"Gelehrte Liebesnöte" – Lateinischer Petrarkismus der Frühen Neuzeit 9783110779882, 9783110780048, 9783110780246, 2022937140

This volume contains studies on how Petrarchism, i.e., poems about love in the style of the Italian Francesco Petrarca (

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German Pages 409 [410] Year 2022

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Table of contents :
Vorwort
Inhalt
Einleitung
Grundlagen und Grundzüge des (lateinischen) Petrarkismus
Anthropologische Reflexionen im europäischen Petrarkismus
Das Problem der Liebe in Petrarcas De gratis amoribus (De remediis utriusque fortune 1,69)
Das „eiskalte Feuer“ und andere Koinzidenzen von Gegensätzen – die lateinische Liebesdichtung der Frühen Neuzeit zwischen Petrarkismus, antiker Tradition und barocker Argutia
Theorie und Praxis des lateinischen Petrarkismus im Italien des 15. und 16. Jahrhunderts
The Challenge of Petrarch’s Legacy – Love and innamoramento in Salutati and Some Elegiac Collections of the Fifteenth Century
Petrarca-Rezeption und Landino-Nachfolge in der Flametta des Ugolino Verino
Der Name als Programm, die Sammlung als Prinzip – das Liebeskonzept der Gedichtsammlung Lucina des Paveser Dichters Albrisius im petrarkistischen Diskurs des Quattrocento
Nunc ludit Venus alma – Petrarkisches und Petrarkistisches in den frühen Lusus Pastorales
Translating Petrarch’s Vernacular Poems in Latin in Early-Modern Italy
Petrarkismen des 16. Jahrhunderts nördlich der Alpen
Antikisierung und Konfessionalisierung – Petrarcaübersetzungen ins Altgriechische bei Joseph Justus Scaliger und Martin Crusius
Love Poetry and Petrarchism in 16th Century Poland (1500–1590) – Considerations Concerning an Absence
Ein Querschnitt des lateinischen Petrarkismus des 15. und 16. Jahrhunderts in Westeuropa
Die Veneres Blyenburgicae (1600) oder die Zähmung petrarkistischen Blütentreibens in der geordneten Anlage eines Renaissance-Gartens
Weltlicher und geistlicher Petrarkismus des 17. Jahrhunderts in Nord- und Osteuropa
A Petrarchist Poet among his Friends – Zacharias Lund’s Poematum Juvenilium Libri IV (1634) in its Socio-Literary Context
Le pétrarquisme dans la poésie religieuse de Maciej Kazimierz Sarbiewski
Anhang
Lateinische Übersetzungen von Petrarcas Rerum vulgarium fragmenta bis 1700
Register
Personen- und Stellenregister
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"Gelehrte Liebesnöte" – Lateinischer Petrarkismus der Frühen Neuzeit
 9783110779882, 9783110780048, 9783110780246, 2022937140

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„Gelehrte Liebesnöte“ – Lateinischer Petrarkismus der Frühen Neuzeit

Frühe Neuzeit

Studien und Dokumente zur deutschen Literatur und Kultur im europäischen Kontext Herausgegeben von Achim Aurnhammer, Joachim Hamm, Wilhelm Kühlmann, Martin Mulsow und Friedrich Vollhardt

Band 246

„Gelehrte Liebesnöte“ – Lateinischer Petrarkismus der Frühen Neuzeit Herausgegeben von Beate Hintzen

ISBN 978-3-11-077988-2 e-ISBN (PDF) 978-3-11-078004-8 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-078024-6 ISSN 0934-5531 Library of Congress Control Number: 2022937140 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2022 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Frontispiz: Otto van Veen: Amorum Emblemata, Antwerpen 1608, S. 229. Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com

Vorwort Der vorliegende Band ist vor allem das Ergebnis einer Tagung, die im Januar 2019 unter dem Titel „Glacie circumdatus uror – der neulateinische Petrarkismus“ an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn stattgefunden hat. Die Idee zu dieser Tagung stammt von Alexander Winkler, der auch den größten Teil der Organisationsarbeit übernommen hat. Dass er sich schließlich durch Pflichten verschiedener Art gezwungen sah, die Mitherausgabe niederzulegen, bedaure ich außerordentlich. Mir bleibt, an dieser Stelle zuallererst ihm meinen Dank für die Idee, die hervorragende Zusammenarbeit und seine Mitwirkung am Text der Einleitung sowie an der Zusammenstellung der lateinischen Übersetzungen von Petrarcas Rerum vulgarium fragmenta im Anhang auszusprechen. Für die Mitwirkung an dieser Zusammenstellung gilt mein Dank ebenso Giacomo Comiati, der hierfür all seine Entdeckungen handschriftlicher Übersetzungen zur Verfügung gestellt hat. Zu danken habe ich überhaupt allen, die ihre Beiträge für diesen Band zur Verfügung gestellt haben. Das Spektrum der Tagung wurde erweitert durch Beiträge einer themenverwandten Ringvorlesung sowie Verschriftlichungen von Gastvorträgen u.a. Die reibungslose Zusammenarbeit mit den Beiträgern hat mir die Herausgebertätigkeit sehr erleichtert. Den Editoren der Reihe Frühe Neuzeit danke ich für die Aufnahme des Bandes, insbesondere Achim Aurnhammer für etliche hilfreiche und weiterführende Hinweise, dem De Gruyter Verlag für die Unterstützung bei der Redaktion, Timothy Sowka für seine sorgfältigen Formatierungsarbeiten, nicht zuletzt aber der Philosophischen Fakultät der Universität Bonn und der Deutschen Forschungsgemeinschaft, ohne deren finanzielle Förderung die Tagung nicht hätte stattfinden können.

Bonn im April 2022

https://doi.org/10.1515/9783110780048-202

Beate Hintzen

Inhalt Beate Hintzen, Alexander Winkler  Einleitung  1

Grundlagen und Grundzüge des (lateinischen) Petrarkismus  Michael Bernsen  Anthropologische Reflexionen im europäischen Petrarkismus  21 Bernhard Huss  Das Problem der Liebe in Petrarcas De gratis amoribus (De remediis utriusque fortune 1,69)  39 Beate Hintzen  Das „eiskalte Feuer“ und andere Koinzidenzen von Gegensätzen – die lateinische Liebesdichtung der Frühen Neuzeit zwischen Petrarkismus, antiker Tradition und barocker Argutia  63

Theorie und Praxis des lateinischen Petrarkismus im Italien des 15. und 16. Jahrhunderts  Christoph Pieper  The Challenge of Petrarch’s Legacy – Love and innamoramento in Salutati and Some Elegiac Collections of the Fifteenth Century  97 Gernot Michael Müller  Petrarca-Rezeption und Landino-Nachfolge in der Flametta des Ugolino Verino  123 Carolin Anna Giere  Der Name als Programm, die Sammlung als Prinzip – das Liebeskonzept der Gedichtsammlung Lucina des Paveser Dichters Albrisius im petrarkistischen Diskurs des Quattrocento  155

X  Inhalt Iris Sticker  Nunc ludit Venus alma – Petrarkisches und Petrarkistisches in den frühen Lusus Pastorales  191 Giacomo Comiati  Translating Petrarch’s Vernacular Poems in Latin in Early-Modern Italy  215

Petrarkismen des 16. Jahrhunderts nördlich der Alpen  Thomas Gärtner  Antikisierung und Konfessionalisierung – Petrarcaübersetzungen ins Altgriechische bei Joseph Justus Scaliger und Martin Crusius  241 Francesco Cabras  Love Poetry and Petrarchism in 16th Century Poland (1500–1590) – Considerations Concerning an Absence  267

Ein Querschnitt des lateinischen Petrarkismus des 15. und 16. Jahrhunderts in Westeuropa  Beate Hintzen  Die Veneres Blyenburgicae (1600) oder die Zähmung petrarkistischen Blütentreibens in der geordneten Anlage eines Renaissance-Gartens  291

Weltlicher und geistlicher Petrarkismus des 17. Jahrhunderts in Nord- und Osteuropa  Elena Dahlberg  A Petrarchist Poet among his Friends – Zacharias Lund’s Poematum Juvenilium Libri IV (1634) in its Socio-Literary Context  329 Maria Łukaszewicz-Chantry  Le pétrarquisme dans la poésie religieuse de Maciej Kazimierz Sarbiewski  355

Inhalt  XI

Anhang  Giacomo Comiati, Beate Hintzen, Alexander Winkler  Lateinische Übersetzungen von Petrarcas Rerum vulgarium fragmenta bis 1700  373

Register  Personen- und Stellenregister  389

Beate Hintzen, Alexander Winkler

Einleitung

 Zum Begriff des Petrarkismus in der Forschung Wie kaum ein anderes Buch haben Francesco Petrarcas (1304–1374) Rerum vulgarium fragmenta (RVF) 1 die Geschichte der europäischen Lyrik beeinflusst. Der Canzoniere, wie die Sammlung der insgesamt 366 Gedichte zumeist genannt wird, wurde zunächst in Italien, später aber auch in ganz Europa eifrig gelesen und nachgeahmt, übersetzt und kommentiert. Petrarcas Lyrik wurde somit zu einem weit verbreiteten Modell und konstanten Referenzpunkt für Generationen von Dichterinnen 2 und Dichtern der Frühen Neuzeit, so dass sich in der Forschung der Begriff ‚Petrarkismus‘ fest etablieren konnte, mit dem, um Gerhard Regns allgemeine Definition zu zitieren, die „imitative Bezugnahme auf […] die in italienischer Sprache geschriebene Lyrik der von Petrarca selbst so benannten Rerum vulgarium fragmenta“, also eine kreative Rezeption des lyrischen Petrarca im Zeichen von imitatio und aemulatio bezeichnet wird. 3 Obwohl der Petrarkismus, wie beispielsweise Gerhart Hoffmeisters Monographie Petrarkistische Lyrik 4 zeigt, auf nahezu alle wichtigen Literaturen des frühneuzeitlichen Europas eingewirkt hat, ist jedoch eine befriedigende Definition, was der Petrarkismus an sich eigentlich sein soll, nur schwer zu geben. Folgende  1 Die maßgebliche kritische Ausgabe des Canzoniere, nach der in diesem Band zitiert wird, ist Francesco Petrarca: Canzoniere. Hg. und kommentiert von Marco Santagata. Mailand 1996 (weitere Auflagen 1996, 2004, 2011, 2014). Eine weitere, auch wegen ihres Kommentars einschlägige Ausgabe ist Francesco Petrarca: Canzoniere – Rerum vulgarium fragmenta. Hg. von Rosanna Bettarini. Turin 2005. 2 Dem weiblichen Petrarkismus widmet sich insbesondere Ulrike Schneider: Der weibliche Petrarkismus im Cinquecento. Transformationen des lyrischen Diskurses bei Vittoria Colonna und Gaspara Stampa. Stuttgart 2007, die S. 64–82 einen Forschungsüberblick liefert. 3 Gerhard Regn: Petrarkismus. In: Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Bd. 6 (2003), Sp. 911– 921, hier Sp. 911. Ganz ähnlich hatte zuvor bereits Ernest Hatch Wilkins (A General Survey of Renaissance Petrarchism. In: Comparative Literature 2 (1950), S. 327–342, hier S. 327) den Petrarkismus bewusst möglichst umfassend beschrieben als “productive activity in literature, art, or music under the direct or indirect influence of the writings of Petrarch, the expression of admiration for him, and the study of his works and of their influence.” Für einen Überblick über die Forschung zum Petrarkismus vgl. die Petrarkismus-Bibliographie 1972–2000. Hg. von Klaus W. Hempfer, Gerhard Regn und Sunita Scheffel. Stuttgart 2005. 4 Gerhart Hoffmeister: Petrarkistische Lyrik. Stuttgart 1973. https://doi.org/10.1515/9783110780048-001

  Beate Hintzen, Alexander Winkler Ansätze werden vertreten: Dem Verständnis Klaus W. Hempfers vom Petrarkismus als System 5 steht die These Rainer Warnings gegenüber, der für den Petrarkismus das Bachtin’sche Konzept der Dialogizität (bzw. gar der ,Polylogizität‘) bemühte, das imstande ist, die Pluralität der im Petrarkismus wirksamen Diskurse zu beschreiben. Dieser These zufolge ist der Petrarkismus als Dialog zwischen Autoren und Texten anzusehen. 6 Mit ähnlichem Ergebnis, aber auf umgekehrtem Weg versuchte Roberto Gigliucci, 7 dem Pluralismus des Petrarkismus gerecht zu werden. Statt in einer möglichst allgemein gehaltenen Synthese die Ontologie des Petrarkismus zu fassen, sucht er ihm durch analytische Beschreibung – sozusagen phänomenologisch – nahe zu kommen. Er untergliedert daher zunächst in einen „petrarchismo koiné“ und einen „petrarchismo plurale“. Unter dem petrarchismo koiné fasst er das Projekt der linguistischen und thematischen Vereinheitlichung entsprechend dem Schattenbild der monostilistischen imitatio Bembos, verstanden als Alternative zur mellificatio Polizianos. 8 Diesem petrarchismo koiné stellt Gigliucci einen petrarchismo plurale gegenüber, von dem er insgesamt 13 Facetten (petrachismo classicista, bucolico, grave, antigrave usw.) identifiziert, die sich allesamt überschneiden und kaum in einer reinen Form isolierbar sind, 9 und kurz beschreibt. Michael Bernsen schließlich definiert den Petrarkismus als eine aus poetischen Formeln bestehende lingua franca, ein standardisiertes, die Volks- oder Nationalsprachen übergreifendes, an den Höfen verwendetes, 10 internationales Verständigungsmittel, 11 wobei auch einer Sprache

 5 Vgl. Klaus W. Hempfer: Probleme der Bestimmung des Petrarkismus. Überlegungen zum Forschungsstand. In: Die Pluralität der Welten – Aspekte der Renaissance in der Romania. Hg von Wolf-Dieter Stempel und Karlheinz Stierle. München 1987, S. 253–277; ders.: Die Pluralisierung des erotischen Diskurses in der europäischen Literatur des 15. und 16. Jahrhunderts (Ariost, Ronsard, Shakespeare, Opitz). In: Germanisch-Romanische Monatsschrift 38 (1988), S. 251–264. 6 Vgl. Rainer Warning: Petrarkistische Dialogizität am Beispiel Ronsards. In: Die Pluralität der Welten. Aspekte der Renaissance in der Romania. Hg. von Wolf-Dieter Stempel und Karlheinz Stierle. München 1987. 7 Roberto Gigliucci: Appunti sul petrarchismo plurale. In: Italianistica: Rivista Di Letteratura Italiana 34,2 (2005), S. 71–75 (www.jstor.org/stable/23937524). 8 Vgl. Gigliucci: Appunti (Anm. 7), S. 71. 9 Vgl. Gigliucci: Appunti (Anm. 7), S. 72. 10 Vgl. Daniel Dornhofer: Petrarkistischer Diskurs und höfische Kommunikation im Wandel: Strategien schottischer Dichter, 1580–1625. Heidelberg 2012 (Neues Forum für allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft 47). 11 Vgl. Michael Bernsen: Der Petrarkismus, eine lingua franca der europäischen Zivilisation. In: Der Petrarkismus – ein europäischer Gründungsmythos. Hg. von Michael Bernsen und Berhard Huss. Göttingen 2011, S. 15–23.

Einleitung  

üblicherweise eine gewisse Systematik eigen ist. Unabhängig aber davon, ob der Petrarkismus als System, Sprache oder Diskurs bezeichnet wird, besteht ein grundsätzliches Problem darin, ein dynamisches Phänomen in eine überzeitlich Definition zu fassen. Versteht man nämlich mit Niklas Luhmann die Liebe an sich als „symbolisch generalisiertes Kommunikationssystem“, 12 das historischem Wandel unterworfen ist, unterliegt auch der Petrarkismus als Liebessystem, -sprache oder -diskurs epochenspezifischem Wandel. Diesen abstrakten Petrarkismus-Konzepten steht die ‚inklusive‘ und flexiblere Definition Gerhard Regns gegenüber, die zwar vom System-Begriff ausgeht, an die aber in unseren Zusammenhang zunächst leichter anzuknüpfen ist. Regn sieht den Nukleus des Petrarkismus in der „Darstellung eines auf Petrarca rückführbaren Liebeskonzeptes [...] und zwar unter Nutzung eines gleichfalls petrarkisch grundgelegten Ausdruckrepertoires“ 13, dynamisiert dieses ‚System‘ jedoch insofern, als er auch den Fall unter den Petrarkismus subsumiert, dass „dieses System nicht integral realisiert wird, sondern lediglich einzelne seiner Elemente“. Diese Dynamisierung ermöglicht einen Petrarkismus auch abseits des „definitorischen Zentrum[s]“. Zum Nukleus gehört dabei: 1) das neuplatonisch getönte, idealisierende und in sich geschlossene Liebessystem, in dem Motive wie die schmerzhaft unerfüllte Liebe, die Unerreichbarkeit der Geliebten, der stark typisierte Schönheitspreis mit Hilfe rhetorischer Mittel, insbesondere der Antithese gestaltet werden; 2) die poetischen Formen des Sonetts, der Ballata, der Sestine, der Kanzone und des Madrigals; 3) die Sprache Petrarcas, der Pietro Bembo die Vorrangstellung als des einzigen Musters für die volkssprachige Lyrik zuerkannte und die schon im 16. Jahrhundert nicht zuletzt auch durch spezielle Petrarca-Reimbücher einen normativen Status erlangte. 14 Die sprachliche Dimension ist naturgemäß ein inneritalienisches Phänomen, doch die Verbreitung der genannten poetischen Formen, insbesondere der von Petrarca am häufigsten benutzen Sonett-Form, in den europäischen Volkssprachen kann sicherlich als ein tragendes Element des Petrarkismus bezeichnet werden. Thomas Borgstedt geht sogar so weit, den eigentlichen Petrarkismus im deutschen Sprachraum an die Sonettform zu binden. 15 Wesentliches Prinzip des Sonetts sowie der anderen vier Formen ist der Reim. Man kann zwar nicht sagen,  12 Niklas Luhmann: Liebe als Passion. Zur Codierung von Intimität. Frankfurt a.M. 1082, S. 21. 13 Regn: Petrarkismus (Anm. 3), Sp. 915. 14 Vgl. Thomas Borgstedt: Petrarkismus. In: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Neubearbeitung des Reallexikons der deutschen Literaturgeschichte. Hg. von Jan Dirk Müller, Bd. 3, Berlin 2003, S. 59; Regn 2003 (Anm. 3), Sp. 911. 15 Vgl. Thomas Borgstedt: Topik des Sonetts. Gattungstheorie und Gattungsgeschichte. Tübingen 2009 (Frühe Neuzeit 138), S. 269–278.

  Beate Hintzen, Alexander Winkler dass es den Reim im Lateinischen nicht gibt, aber er ist kein antikes Formprinzip. Nun lassen sich in der neulateinischen Dichtung, in der – z.B. von Julius Cäsar Scaliger, Daniel Heinsius, Kaspar von Barth, Paul Fleming – überhaupt in allerlei Hinsicht metrisch experimentiert wurde, dennoch reimende Sonette und Sestinen nachweisen. Allerdings handelt es sich hierbei keineswegs um ein Massenphänomen: Elena Maria Duso vermag 45 vollständig lateinische und 33 halblateinische gereimte Sonette in Italien für die Zeit vom 13. bis zum 17. Jahrhundert zu versammeln, 16 eine lateinische Sestine, in der in Strophen von jeweils sechs Hexametern immer die gleichen sechs Wörter am Ende des Verses polyptotonartig durchdekliniert werden, findet sich in Cristoforo Landinos Gedichtzyklus Xandra. 17 In der lateinischen Dichtung der Frühen Neuzeit dominieren hingegen überhaupt und auch speziell in der Liebesdichtung die klassischen antiken Metren, d.h. die im engeren Sinne lyrischen Formen, wie sie bei Horaz zu finden sind, jambische Trimeter, Hinkjamben, Hendekasyllaben, Hexameter und – vor allem – das aus Hexameter und Pentameter bestehende Distichon, und zwar sowohl in epigrammatischer Kürze als auch in elegischer Länge. Einen Petrarkismus strenger Observanz, wie er sich beispielsweise in Italien auch unter dem Begriff des ‚Bembismus‘ ausprägte, 18 kennt die lateinische Literatur dementsprechend nicht, ebensowenig gibt es einen lateinischen Canzoniere in petrark(ist)ischem Sinn. Spuren petrark(ist)ischen Einflusses sind gleichwohl weit verbreitet. Im vorliegenden Band, dem ersten, der sich dem lateinischen Petrarkismus in extenso widmet, soll es nicht um die Wesensbestimmung des Petrarkismus als solchen gehen, sondern vielmehr um eine kritische Musterung des Einflusses, den der Petrarkismus auf die lateinische Literatur der Frühen Neuzeit ausgeübt hat. Es bietet sich also an, neben dem definitorischen Kern des Petrarkismus im strengen Sinne auch Texte zu berücksichtigen, die Eigenschaften aufweisen, die eher in die definitorische Peripherie des Petrarkismus fallen. Eine eindeutige Identifikation ‚echt‘ petrarkistischer Elemente fällt dabei in der Regel schwer, da der Liebesdiskurs des Petrarkismus selbst, wie an den Definitionen  16 Vgl. Elena Maria Duso: Il sonetto latino e semilatino in Italia nel Medioevo e nel Rinascimento. Rom 2004. Auch Walter Mönch (Das Sonett. Gestalt und Geschichte. Heidelberg 1955, S. 140f. und 145) sowie Jozef IJsewijn und Dirk Sacré (Companion to Neo-Latin Studies, Part II: Literary, Linguistic, Philological and Editorial Questions. Leuwen 1998 [Supplementa Humanistica Lovanensia. 14], S. 17–19) beschreiben das lateinische Sonett als Randphänomen. 17 Vgl. Mauro de Nichilo: Petrarca, Salutati, Landino: RVF 22 e 132. In: Rivista di letteratura italiana 33,2: Petrarca volgare e la sua fortuna sino als Cinquecento (2004), S. 143–161, hier S. 149– 151; vgl. zu Landino, Xandra 1,7: Seni senarii ad imitationem Petrarchae. 18 Nach Pietro Bembo (1470–1547), der in seinen Prose della volgar lingua Petrarcas Canzoniere zum Modell für die volkssprachliche Lyrik in Italien erhob.

Einleitung  

Warnings und Gigliuccis abzulesen ist, durch eine Diskurspluralität gekennzeichnet ist, d.h. in der Tradition der antiken Liebesdichtung (v.a. des Properz und des Ovid) wurzelt, 19 auf die mittelalterliche Minnedichtung zurückgeht, in der Renaissance mit neuplatonischen Philosophemen angereichert wird. Schon in seinen außeritalienischen volkssprachlichen Spielarten unterliegt das petrarkistische Dichten weniger dem normierenden Einfluss des zum Modell erhobenen Canzoniere. Dies spitzt sich im Bereich des Lateinischen zu, da hier einerseits die formal-metrische Distanz zum Modell wegen des in der Regel fehlenden Reims und der überkommenen antiken Metrik nahezu unüberwindbar ist und sich andererseits der Rekurs auf die antiken Muster gewissermaßen am Petrarkimus vorbei stärker aufdrängt, als dies für die volkssprachlichen Literaturen der Fall ist. Die intertextuellen bzw. interdiskursiven Relationen werden also in dem Maß verunklart, dass kaum mehr entscheidbar ist, ob ein Autor auf ein antikes Modell, Petrarca oder den Petrarkismus rekurriert. Aufgrund der weiten Verbreitung des Petrarkismus in der europäischen Lyrik der Frühen Neuzeit ist jedoch immer auch davon auszugehen, dass dem Petrarkismus die Rolle eines intertextuellen ‚Katalysators‘ zufällt, dass also der petrarkistische Diskurs als Intertext fungiert, der den Rückgriff auf traditionell antike Modelle motiviert. Gerade in der Lyrik des 16. Jahrhunderts prägen sich Stilrichtungen aus wie etwa der Catullianismus, die Anakreontik oder die an Martial orientierte Dichtungsweise eines Marot. Als Hypothese ließe sich formulieren, dass die lateinische Lyrik der Frühen Neuzeit versuchte, beispielsweise mit dem Catullianismus Alternativen zum petrarkistischen Modell zu etablieren, diese also sozusagen als parapetrarkistische Dichtungssysteme aufzufassen sind. Da wie gesagt der Kern des Petrarkismus, der sich aus dem Dreiklang Liebeskonzept, Sprache und Form zusammensetzt, im Lateinischen kaum vollständig realisiert werden kann, gewinnt die definitorische Peripherie an Bedeutung. Ein Cluster petrarkistischer Charakteristika abseits von Sprache und Form umfasst unter anderem: – die Makrostruktur: Gedichtzyklen, die um eine mehr oder weniger zur donna angelicata stilisierte Geliebte kreisen und dabei die Geschichte des Liebesverlangens des lyrischen Ichs thematisieren, – die Liebesphilosophie und Amortheologie

 19 Zur antiken Literatur in Petrarcas Canzoniere vgl. die Studie Maurizio Fiorillas: I classici nel Canzoniere. Padua 2012.

  Beate Hintzen, Alexander Winkler – – – –

das antinomisch-paradoxale Liebeskonzept der voluptas dolendi, der Wechsel zwischen Glück und Schmerz 20 die antithetische, oxymorale und paradoxale Rhetorik, für die das Oxymoron des „eiskalten Feuers“ exemplarisch sein dürfte 21 Namens und Wortspiele nach dem Muster: Laura, l’aura, lauro … Schönheitskataloge mit Preziosenmetaphern, in denen der Körper der Geliebten gewissenmaßen von oben nach unten „abgescannt“ wird.

Dass der lateinische Petrarkismus von der Forschung bislang nur wenig berücksichtigt wurde, ist wohl in erster Linie darauf zurückzuführen, dass die lateinische Philologie zur Frühen Neuzeit ihre institutionellen und methodischen Wurzeln in der Klassischen Philologie hat. Nachdem es in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts von nationalphilologischer Seite mehrere sehr beachtliche Vorstöße gab, auch die lateinische Literatur adäquat einzubinden, 22 ist die enge synchrone Verzahnung von volkssprachlichen und lateinischen Diskursen in der Frühen Neuzeit erst in jüngeren Jahren als eigenständiges Phänomen in den Blick der Forschung geraten, 23 obwohl von einer veritablen frühneuzeitlichen Statuskonkurrenz des gelehrten Latein mit den innovativen ästhetischen Errungenschaften der volkssprachigen Literaturen, insbesondere des Italienischen, zu sprechen ist. So wird beispielsweise nicht nur Torquato Tassos Stanzenepos Gerusalemme Liberata ins Lateinische übersetzt und nachgeahmt, sondern auch  20 Vgl. Gerhard Regn: Systemunterminierung und Systemtransgression. Zur PetrarkismusProblematik in Marinos Rime amorose (1602). In: Der petrarkistische Diskurs. Spielräume und Grenzen. Akten des Kolloquiums an der Freien Universität Berlin. Hg. von Klaus W. Hempfer und Gerhard Regn, 23.–27.10.1991. Stuttgart 1993, S. 255–280, hier S. 256. 21 Vgl. Leonard Forster: The Icy Fire: Five Studies in European Petrarchism, Cambridge 1969; ders.: Das eiskalte Feuer. Sechs Studien zum europäischen Petrarkismus, übersetzt von Jörg-Ulrich Fechner. Kronberg/Ts. 1976; den Beitrag von Beate Hintzen: Das eiskalte Feuer, in diesem Band. 22 So z.B. Karl Otto Conrady: Lateinische Dichtungstradition und deutsche Lyrik des 17. Jahrhunderts. Bonn 1962 (Bonner Arbeiten zur deutschen Literatur 4); James W. Binns: The Latin Poetry of English Poets. London 1974. 23 Vgl. Marc Föcking und Gernot Michael Müller (Hg.): Abgrenzung und Synthese. Lateinische Dichtung und volkssprachliche Traditionen in Renaissance und Barock. Heidelberg 2007 (Germanisch-Romanische Monatsschrift, Beiheft 31); Nikolaus Thurn: Neulatein und Volkssprachen: Beispiele für die Rezeption neusprachlicher Literatur durch die lateinische Dichtung Europas im 15.–16. Jh. München 2012; Thomas Deneire (Hg.): Dynamics of Neo-Latin and the Vernacular. Language and Poetics, Translation and Transfer. Leiden 2014 (Medieval and Renaissance Authors and Texts 13); Alexander Winkler, Florian Schaffenrath (Hg.): Neo-Latin and the Vernaculars. Bilingual Interactions in the Early Modern Period. Leiden, Boston 2019 (Medieval and Renaissance Authors and Texts 20).

Einleitung  

sein Schäferspiel Aminta in Deutschland (Stettin) zuerst in der lateinischen Version von Andreas Hiltebrandt – in Konkurrenz zu Jurga Valentin Winthers lateinischem Pastor fidus – aufgeführt. 24 Das Sonett An der Liebsten Vaterland des ,Vaters der deutschen Dichtung‘ Martin Opitz wird 1631 von Paul Fleming ins Lateinische übersetzt, ebenso Opitz’ deutsche Epigramme 1635 von dem mährischen Schulmann Martin Nessel. 25 Als prominentes Beispiel der beschriebenen Statuskonkurrenz ist der Petrarkismus in Bernsens Begrifflichkeit als lingua franca der europäischen Dichtung ein Gegenstand, der sich besonders zu eignen scheint, die bilingualen Diskursdynamiken zu beleuchten. Denn die Übernahmen spezifisch volkssprachlicher Elemente in die lateinische Literatur lassen Aussagen über die Offenheit und Lebendigkeit der lateinischen Literatur in der Neuzeit zu. Die den vernakularen Hypotexten abgerungenen Kompromisse und ihnen aufgezwungenen Überformungen im lateinischen Text umreißen wichtige Charakteristika der lateinischen Literatur der Frühen Neuzeit, die sich durch das besondere Spannungsverhältnis zwischen ihrer Nähe zur Literatur und Geisteswelt der Antike und ihre internationale Verbreitung auf der einen Seite und, auf der anderen Seite, durch ihren kontinuierlichen und unvermeidlichen Dialog mit den Vernakularsprachen vor allen anderen Sprachen auszeichnet. Darüber hinaus verschafft die lateinische Sprache dem Petrarkismus als internationaler lingua artificalis nicht nur durch ihren internationalen Gebrauch eine doppelte Internationalisierung, sondern sie trägt ihn auch von den Höfen in weitere Gesellschaftsschichten hinein, zunächst in die den Höfen oft nahestehenden Universitäten, an denen die lateinische Sprache das internationale und interdisziplinäre Kommunikationsmedium darstellt, und von dort in das Bildungsbürgertum. Bei der komparatistischen Betrachtung lateinischer und volkssprachlicher Texte mag nichtsdestoweniger oftmals der Eindruck entstehen, es handele sich um zwei verschiedene Welten. Mit Blick auf den Petrarkismus hat Ettore Allodoli darauf hingewiesen,

 24 Vgl. Achim Aurnhammer: Andreas Hiltebrandt – ein pommerscher Dichterarzt zwischen Späthumanismus und Frühbarock. In: Pommern in der Frühen Neuzeit: Literatur und Kultur in Stadt und Region. Hg. von Wilhelm Kühlmann. Tübingen 1994, S. 199–225, hier S. 205 und 210– 211; Jacob Sense: Tassus Latinus. 100 Jahre lateinische Nachdichtungen der Gerusalemme liberata (1584–1683): Gentilis – Valentianus – Vannius – de Placentinis – Libassi. Hildesheim u.a. 2019. 25 Vgl. Beate Hintzen: Daniel Heinsius, Martin Opitz und Paul Fleming. Übersetzung und Transfer vom Griechischen ins Deutsche und vom Deutschen ins Lateinische. In: Deneire (Anm. 23), S. 177–201, bes. S. 187–200.

  Beate Hintzen, Alexander Winkler che i petrarchisti così platonici nei loro versi italiani diventavano (e l’esempio dell’Ariosto è calzante) sensuali e lubrici se poetavano in latino all’oraziana o all’ovidiana. Ariosto infatti tiene Migilla fra le braccia, se scrive in latino, e molto strettamente la tiene, mentre in italiano è „nel dir lento e restio“, ossequioso, devoto all’alta beltade. 26 dass die Petrarkisten, die in ihren italienischen Versen so platonisch waren, sinnlich und unzüchtig wurden (und das Beispiel von Ariosto ist schlagend), wenn sie auf Latein in horazischer oder ovidischer Manier dichteten. Ariosto hält Migilla tatsächlich in den Armen, wenn er lateinisch schreibt, und hält sie ganz fest, während er im Italienischen „im Sprechen langsam und zögerlich“, hörig und hingegeben der hehren Schönheit verbleibt.

Wenngleich es nun wohl in vielen Fällen zutreffend sein mag, dass sich, je nachdem welche Sprache ein Dichter wählt, auch der dichterische Ausdruck und Habitus ändert, so wäre es doch unangebracht, die beiden Diskurswelten als hermetisch voneinander getrennt zu denken. Vielmehr gibt es zahlreiche Beispiele dafür, dass die neulateinische Literatur ihren volkssprachlichen Gegenpart wahrnimmt, auf ihn reagiert, sich zu ihm in ein Verhältnis setzt, sich auch an ihm ein Beispiel nimmt. Es mag an dieser Stelle genügen, auf Jean Salmon Macrins liminale Ode im Paratext zu Du Bellays L’Olive zu verweisen, in denen dieser die von Du Bellay besungene Dame namens Olive in eine Reihe stellt mit Petrarcas Laura, mit Calvus’ aus Catulls Carmen 96 bekannter Quintilia, mit Tibulls Nemesis und mit Ovids Corinna: 27 Felix Olivae carminibus tuae, An vate felix illa suo magis, Lauram secutura hinc Petrarcae, Quintiliam, Nemesim, Corinnam? Bist du glücklicher mit den Gedichten deiner Oliva oder über ihren Dichter, da sie von nun an Petrarcas Laura folgen wird, der Quintilia, der Nemesis, der Corinna?

Während der erwartete intertextuelle Bezugsrahmen für Du Bellays L’Olive hiermit deutlich beschrieben ist, überrascht doch, dass Macrin im Folgenden auch seine verstorbene Gattin Gelonis erwähnt, der er zahlreiche lateinische Gedichte gewidmet hatte:

 26 Ettore Allodoli: L’antipetrarchismo del Cinquecento. In: Annali della cattedra petrarchesca 8 (1938), S. 67–95, hier S. 78 (zitiert nach Hempfer: Probleme der Bestimmung [Anm. 5], S. 271, Anm. 43). 27 Zitiert nach der Ausgabe: Joachim Du Bellay: Œuvres poétiques. Tome I. Premiers receuils (1549–1553). Hg. von Daniel Aris und Françoise Joukovsky. Paris 1993, S. 16.

Einleitung  

Conjungeretur his utinam mea Olim Gelonis! Wenn doch mit ihnen einst meine Gelonis vereint würde!

Gelonis habe es wegen ihres untadeligen Lebenswandels verdient, auf ewig gelobt zu werden („Laude ut perenni digna sit evehi“). 28 Hierzu sei jedoch nur Du Bellay imstande „argutis [...] rythmis“, d.h. mit geistreichen und gereimten Gedichten. An Macrins Ode lässt sich also sowohl eine Verbindungslinie zwischen antiker sowie zeitgenössischer volkssprachlicher und lateinischer Liebesdichtung als auch ein Bewusstsein um – in diesem Fall – formale Unterscheidungsmerkmale erkennen. Die Diskurskombination, die Warning bereits für den Petrarkismus an sich postuliert hat, kennzeichnet also den lateinischen Petrarkismus in noch höherem Maß. Die langue der lateinischen Liebesdichtung der Frühen Neuzeit ist insofern plural und weist eine Vielzahl von Komponenten auf, die – mitunter nach bestimmten Regeln – kombiniert werden können. Als diese Komponenten ließen sich, um eine unschwer erweiterbare Liste zu eröffnen, folgende identifizieren: 1) die römische Liebeselegie (servitium amoris, Amor-Allegorie), 2) Catullische Hendecasyllaben (Deminutive, tändelnder Preis der puella), 3) Priapeen (derbobszöne Bildlichkeit), 4) Griechische Anthologie und Martial (pointierte Epigrammatik), 5) Anakreontik, 6) Kussgedichte (im Stil des Janus Secundus auf Basis v.a. Catullischer Vorbilder). 7) Hohelied. Der Petrarkismus mit seinen typischen Elementen der Schmerzliebe, der theologischen Sublimierung der Liebe und seinen formalen Charakteristika (Antithese, Parallelismus, Oyxmoron, Paradox) kann in einer solchen Liste seinen Platz finden. Dem weitreichenden und tiefgreifenden Einfluss des Petrarkismus auf die europäische Liebesdichtung sind jedoch wohl auch grundlegendere Modifikationen des lateinischen erotischen Diskurses zuzuschreiben. So ist z.B. zu fragen, ob die Präferenz für gewisse Themen (z.B. die Entfernung der Geliebten durch Tod oder Reise, Amor-Allegorie) und Motive (Feuer-Eis, bittersüße Liebe), die in der klassischen Literatur zwar zu finden, doch bei Weitem weniger prominent sind, mit dem Petrarkismus zu erklären ist. Dieser hätte damit die Ausdrucksmöglichkeiten des neulateinischen Liebesdiskurses durch Selektion restrukturiert.

 28 Du Bellay: Œuvres poétiques (Anm. 27), S. 16.

  Beate Hintzen, Alexander Winkler

 Neue Annäherungen an den (lateinischen) Petrarkismus und exemplarische Fallstudien aus der lateinischen Literatur der Frühen Neuzeit Die in diesem Band versammelten Beiträge schließen an die im vorangehenden Kapitel vorgestellten Konzepte an und versuchen erste Antworten auf die gestellten Fragen zu geben. Von ihnen sind die drei ersten eher theoretisch-konzeptionell ausgerichtet, während die weiteren, im Rahmen des Möglichen chronologisch geordneten, vor allem exemplarische Fallstudien bieten. Hiervon sind jeweils fünf dem lateinischen Petrarkismus in Italien und fünf demjenigen nördlich der Alpen gewidmet. Die Texte der besprochenen italienischen Autoren entstammen dem 15. (Antonio Beccadelli, Giovanni Marrasio, Cristoforo Landino, Ugolino Verino, Aurelius Laurentius Albrisius) und dem 16. Jahrhundert (Pietro Bembo, Andrea Navagero, Marcantonio Flaminio, Nicolò d’Arco, Achille Bocchio, Ludovico Annibale Della Croce, Filippo Gheri, Marco Vasio, Girolamo Massario, Flaminio Rai). Aus dem 16. Jahrhundert werden außerdem ein in Frankreich geborener Autor (Joseph Justus Scaliger), ein deutscher (Martin Crusius) und zwei polnische Autoren (Jan Kochanowski, Mikołaj Sęp Szarzyński) besprochen, sodann eine in den Niederlanden publizierte Anthologie zur lateinischen Liebesdichtung von der Wende des 16. zum 17. Jahrhundert sowie aus dem 17. Jahrhundert ein schwedischer (Zacharias Lund) und ein polnischer Autor (Maciej Kazimierz Sarbiewski). Abgeschlossen wird der Band durch eine Zusammenstellung der aufgefundenen lateinischen Übersetzungen von Gedichten des Canzoniere. Zu Beginn der theoretischen Abteilung geht Michael Bernsen in „Anthropologische Reflexionen im europäischen Petrarkismus“ von seiner Definition des Petrar-kismus als zwar im Medium der Nationalsprachen geführtes, jedoch standardisiertes internationales Verständigungsmittel, als eine lingua artificalis über Liebesfragen aus. Petrarca bietet hierbei dem renascimentalen Subjekt ein Identifikationsangebot, da er sich der Brüchigkeit seines Ichs und der Vielzahl und Widersprüchlichkeit der Rollen, die sein Ich in seiner Literatur übernimmt, zum Trotz als eine Autorität zu stilisieren weiß, die ihre Biographie beherrscht. Die Unfähigkeit und auch Unwilligkeit des Ichs, der dolendi voluptas verstanden als erhabenes Martyrium zu entfliehen, identifiziert Bernsen als einen Habitus, den die petrarkistischen Dichter im Rahmen ihres eigenen self-fashioning nicht nur ebenfalls nicht ablegen wollen, sondern dezidiert pflegen.

Einleitung  

Aus Petrarca selbst, d.h. aus den unübersehbaren Bezügen zwischen seinen erfolgreichsten Texten, den RVF im volgare und den lateinischen Dialogen De remediis utriusque fortune, entwickelt Bernhard Huss unter dem Titel „Das Problem der Liebe in Petrarcas De gratis amoribus (De remediis utriusque fortune 1,69)“ Theorie und praktisches Funktionieren des liebeslyrischen Petrarkismus in seiner typischen Verquickung einer Liebessprache mit einem Liebeskonzept. Schon bei Petrarca selbst verflechten sich also der volkssprachige und der lateinische Diskurs über die Liebe. Die enge Verflechtung der beiden Texte, in der De remediis utriusque fortune gewissermaßen den moralphilosophischen und dichtungstheoretischen Metadiskurs zum Primärdiskurs der RVF bildet, weiß Huss durch die Einbeziehung einer italienischen Übersetzung von De remediis utriusque fortune aus dem ersten Drittel des fünfzehnten Jahrhunderts durch den Florentiner Giovanni Dassaminiato (1360–1428) noch plastischer zu machen, da in der Übersetzung sowohl durch Vermeidung wörtlicher Zitate aus den RVF als auch durch das Gegenteil die Folie der petrarkischen Dichtung stärker durchscheint. Bilden oxymorale Formulierungen einen der Schwerpunkte, die Huss im Rahmen der petrarkistischen Liebessprache untersucht, so stellt das wohl prominenteste petrarkistische Oxymoron des eiskalten Feuers den Ausgangs- und Mittelpunkt von Beate Hintzens Beitrag „Das ,eiskalte Feuer‘ und andere Koinzidenzen von Gegensätzen – die lateinische Liebesdichtung der Frühen Neuzeit zwischen Petrarkismus, antiker Tradition und barocker Argutia“ dar, in dem zunächst lateinische Übersetzungen des Sonetts RVF 134 untersucht werden. RVF 134 ist neben RVF 132 das am häufigsten übersetzte Sonett des Canzoniere, wobei diese Häufigkeit gemeinhin damit erklärt wird, dass sich in diesen beiden Sonetten sowohl das Liebeskonzept als auch die antithetisch-oxymorale Form besonders greifbar verwirklicht. (Zur einem vergleichenden Überblick über lateinische Übersetzungen von Gedichten aus dem Canzoniere s.u. zum Beitrag von Giacomo Comiati.) Obwohl Petrarca den Gegensatz von Feuer und Eis nicht nur im Sonett 134 zelebriert und das Oxymoron dasjenige sprachliche Mittel ist, mit dem er in De remediis utriusque fortune die Liebe definiert, kann hierbei gezeigt werden, dass gerade dieses Oxymoron sich erst den lateinischen Übersetzungen verdankt. Weiterhin wird u.a. an den Übersetzungen die Amalgamierung des Petrarkismus mit Sprache und Motivik der antiken griechischen und lateinischen (Liebes-)Lyrik analysiert sowie die Analogie von volkssprachigem Sonett und lateinischem Epigramm im Petrarkismus diskutiert. In einem letzten Schritt wird eine Verbindung des zu Antithese und Oxymoron neigenden Petrarkismus mit dem barocken Dichtungsideal der Argutia hergestellt, die ihrerseits u.a. in der Form eines

  Beate Hintzen, Alexander Winkler Oxymorons als concors discordia bestimmt wird, und damit ein Zusammengehen von Petrarkismus und Argutia im Barock konstatiert. Am Beginn der Fallstudien steht mit Christoph Piepers Aufsatz „The Challenge of Petrarch’s legacy – Love and innamoramento in Salutati and Some Elegiac Collections in the Fifteenth Century“ eine Untersuchung über den Umgang mit der Frage nach der Vereinbarkeit von Tugend und Liebe und auch über die Vereinbarkeit von Tugend und das Schreiben über Liebe. Diese Frage wurde von Coluccio Salutati mit der Einschränkung positiv beantwortet, dass nämlich die Liebe zu einer Frau und das Schreiben über sie nur dann statthaft ist, wenn diese Liebe transitorisch ist und – wie bei Petrarca – zu einer Haltung der Vernunft führt. Pieper analysiert nun die Darstellung des innamoramento in einer Elegie Antonio Beccadellis, im Angelinetum des Giovanni Marrasio und in den beiden Fassungen der Xandra Cristoforo Landinos im Hinblick auf die Moralität von Liebe und Liebesdichtung und auf den transitorischen Charakter der Liebe des Dichter-Ichs und kommt zu dem Ergebnis, dass Beccadelli und Marrasio der Liebesdichtung trotz ihrer zugestandenen moralischen Schwäche Wert beimessen, Landino, einer der innovativsten lateinisch schreibenden Dichter des 15. Jahrhunderts in Italien, aber den Beginn seiner Xandra nach dem Modell Petrarcas von der ersten zu zweiten Fassung derart umarbeitet, dass er sich von seiner Liebe, dem Werk des Amor, gegen das er sich nicht wehren konnte, als einer Phase seiner Jugend distanziert. Im Zuge der Verbreitung des Neuplatonismus in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, der die Liebe als Medium des Aufstiegs zu Gott sanktionierte, wurde die Apologie die Liebesthemas für Landinos Nachfolger obsolet, doch die Etablierung Petrarcas als Klassiker neben den antiken Dichtern zur Aufgabe. Zur den Nachfolgern Landinos in Florenz gehörte Ugolino Verrino, dessen Flametta, eine der Sammlungen von Liebesgedichten, die im Sog von Landinos Xandra mit ihrer speziellen Hybridität entstanden, das Thema von Gernot Michael Müllers Beitrag „Petrarca-Rezeption und Landino-Nachfolge in der Flametta des Ugolino Verino“ bildet. Insofern setzt Müllers Beitrag denjenigen von Pieper gewissermaßen fort. Müller untersucht die Frage, ob und in welcher Weise Verino – bei aller deutlich markierten Orientierung am Modell Landinos – außerdem die spezielle Petrarca-Rezeption seines Vorgängers fortsetzte. Zu diesem Zweck rekapituliert er im ersten Kapitel die wesentlichen Koordinaten, die Landinos Rückgriff auf Petrarca bestimmen und skizziert die Verbindung des petrarkischen und des elegischen Modells, das für seine Sammlung typisch ist. Im folgenden Kapitel mustert er exemplarische Gedichte, um einen Eindruck von Ugolino Verinos Landino-Nachfolge zu vermitteln. Darin zeigt sich, dass Verino sich im Verlauf seines Flametta-Zyklus deutlich von Landino distanziert, was

Einleitung  

nicht zuletzt zu einer deutlichen Modifikation von Petrarcas Rolle für seine Dichtung führt. Auf der Basis dieses Ergebnis spezifiziert das letzte Kapitel nicht nur Methode und Absicht von Verinos Auseinandersetzung mit seinem Modell Landino, sondern dient auch dazu, dem Flametta-Zyklus seine besondere Position im lateinischen Petrarkismus des italienischen Quattrocento zuzuweisen. Mit einem bisher unedierten, in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts entstandenen Zyklus aus dem Norden Italiens beschäftigt sich Carolin Anna Giere unter dem Titel „Der Name als Programm, die Sammlung als Prinzip – das Liebeskonzept der Gedichtsammlung Lucina des Paveser Dichters Albrisius im petrarkistischen Diskurs des Quattrocento.“ Sie untersucht den als Liebesroman konzipierten Elegien-Zyklus, der in seinem poetischen Umfeld anders als die in Florenz situierten Xandra und Flametta eine Ausnahme darstellt, zunächst unter ähnlichen Aspekten wie Pieper und Müller die Sammlungen Landinos und Verinos, nämlich mit einem Fokus auf den praefationes und dem inammoramento, und widmet sich dann der Doppelrolle des lyrischen Ich als poeta/amator und Herausgeber. Hierbei kann sie zeigen, dass die Rolle der geliebten Lucina, deren Name die von Albrisius ausgiebig verwendete Lichtmetaphorik präfiguriert, im innamoramento zwar in der Tradition der Laura-Rolle steht, jedoch aktiver angelegt ist, dass die poetische Fassung dieses innamoramento aus einem Erinnerungsakt des lyrischen Ich erwächst, explizit in dessen Autobiographie verankert und ohne nachträgliche Reue niedergeschrieben wird. Insofern beobachtet Giere bei Albrisius ebenso wie Pieper bei Landino einerseits eine kontinuierliche Petrarca-Nachfolge, andererseits eine deutliche Tendenz zu Diskontinuität und Überbietung. Die Lusus Pastorales, mit denen sich Iris Sticker in ihrem Beitrag „Nunc ludit Venus alma. Petrarkisches und Petrarkistisches in den frühen Lusus Pastorales“ beschäftigt, sind eine literarische Form, in der es in erster Linie um Liebe in einem bukolischen Setting geht, die sich erst in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Italien entwickelte, als deren Begründer und wichtigste Vertreter Pietro Bembo, Andrea Navagero und Marcantonio Flaminio gelten und denen in der Forschung petrarkistische Züge attestiert werden. Sticker identifiziert jedoch in diesen Gedichten weniger typisch ,petrarkistische‘ Elemente als direkte PetrarcaImitation, und zwar insbesondere bei Flaminio im Motiv der mitfühlenden Natur. Das hedonistisch-sensuelle Liebeskonzept Bembos und Navageros steht eher im Gegensatz zur petrarkistischen Liebe. Einen vergleichenden Gesamtüberblick über lateinische Übersetzungen von Gedichten aus dem Canzoniere bietet schließlich Giacomo Comiati unter dem Titel „Translating Petrach’s Vernacular Poems in Latin in Early Modern Italy“. Dieser Überblick bezieht sich zunächst auf die erwähnte, am Ende des Bandes

  Beate Hintzen, Alexander Winkler abgedruckte Auflistung der aufgefundenen Übersetzungen, die sich einer Kooperation von Giacomo Comiati, Beate Hintzen und Alexander Winkler verdankt. Comiati identifiziert im ersten Schritt die Gedichte und Gedichtgruppen, die übersetzt bzw. häufig übersetzt wurden und beschäftigt sich dann vor allem mit den besonders zahlreichen Übersetzungen der Sonette RVF 132 und 134 (zu den Gründen, weshalb diese Texte so häufig übersetzt wurden, s.o. zum Beitrag von Hintzen und in den Beiträgen von Comiati und Hintzen selbst), und zwar mit einem Fokus auf denjenigen, die im Italien des 16. Jahrhunderts entstanden sind. In seinen Vergleich unter metrischen, stilistischen und rhetorischen Aspekten stehen im Fall von RVF 134 diejenigen Übersetzungen im Vordergrund, die im Beitrag von Hintzen ausgespart sind, nämlich die fünf Übersetzungen eines sonst unbekannten Titus Gallicus aus dem 16. Jahrhundert, die ausschließlich in Handschriften überliefert sind, die Comiati in italienischen Bibliotheken entdeckt hat. Thomas Gärtner vergleicht in „Antikisierung und Konfessionalisierung – Petrarcaübersetzungen ins Altgriechische bei Joseph Justus Scaliger und Martin Crusius“ zwei überaus unterschiedliche griechische Übersetzungen, nämlich Scaligers Teilübersetzung des Triumphus Cupidinis und Crusius’ Übersetzung der drei Babylon-Sonette RVF 136–138. Letztere weist außer zur petrarkischen Vorlage durchaus auch Bezüge zur lateinischen Übersetzung Marrasios auf und ihr ist wiederum eine lateinische Übersetzung des Erhard Cellius begegeben, die ebenfalls nicht nur auf Petrarca, sondern auch auf Marrasio rekurriert. Gärtner legt offen, dass die Übersetzung des Philologen, Gelehrten und langjährigen Professors der Leidener Universität Scaliger sich weitgehend nahtlos unter die formal und inhaltlich antikisierenden lateinischen Übersetzungen von PetrarcaTexten einreiht, die sicherlich oft dazu dienen, herausragende Sprachbeherrschung zu demonstrieren, dass hingegen der dezidierte Protestant Crusius, der ebenfalls als Gräzist prominent war, seine amplifizierende Petrarca-Übersetzung zu einem Angriff gegen das katholische Rom funktionalisiert und deshalb auch nicht das Lateinische, die Sprache Roms, sondern das Griechische als Sprache des Protestantismus benutzt. Francesco Cabras durchmustert in „Love Poetry and Petrarchism in 16th Century Poland (1500–1590) – Considerations Concerning an Absence“ sowohl volkssprachige als auch lateinische Liebesdichtung polnischer Autoren des 16. Jahrhunderts. Hierbei kann er zwar hier und dort Spuren der Rezeption der volkssprachigen Rerum vulgarium fragmenta nachweisen, kommt jedoch in der Summe zu dem Ergebnis, dass die polnischen Dichter unter dem selbst auferlegten Druck, sich vor den europäischen Eliten in der Literatur als gleichwertig zu erweisen, ihre Modelle vorwiegend unter den lateinischen und griechischen Klas-

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sikern suchten und dass, wenn Petrarca zum Referenz-Autor erkoren wurde, der lateinische Petrarca den Vorzug vor dem volkssprachigen erhielt. Gewissermaßen einen Abschluss der Überlegungen zum lateinischen Petrarkismus des 15. und 16. Jahrhunderts bildet innerhalb des vorliegenden Bandes der Beitrag von Beate Hintzen „Die Veneres Blyenburgicae (1600) oder die Zähmung petrarkistischen Blütentreibens in der geordneten Anlage eines Renaissance-Gartens.“ Denn, an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert von dem Niederländer Damas van Blijenburg publiziert, bietet diese Anthologie einen nicht nach Autoren, sondern systematisch in Analogie zu zeitgenössischen Gartenanlagen geordneten Querschnitt der lateinischen Liebesdichtung von Tito Vespasiano Strozzi bis zu Janus Douza, Janus Lernutius und weiteren niederländischen Zeitgenossen des Editors. Als petrarkistisch ausgewiesen ist diese Sammlung nicht nur durch die Auswahl aus solchen Autoren, die als prominente Petrarkisten gelten, wie z.B. Julius Cäsar Scaliger, sowie aus Sammlungen zum Lobpreis von Schönheit und Tugend herausragender nobildonne, sondern vor allem durch die explizite Inanspruchnahme von Petrarca als moralische und poetische Autorität in den Widmungsbriefen. Die Analyse der Sammlung schließt sich insofern an die Beiträge von Bernsen, Pieper und Müller an, als nach dem Urteil des Editors dieser Anthologie nicht mehr das Verfassen petrarkistischer Dichtung, sondern deren Lektüre als eine für die Jugend passende Tätigkeit sowie die Kenntnis dieser Texte als bürgerlicher Bildungshabitus erwiesen wird. Einen Blick auf den skandinavischen Petrarkismus des 17. Jahrhunderts gestattet Elena Dahlbergs Porträt des Holsteiner August-Buchner-Schülers Zacharias Lund, Verfasser deutscher und lateinischer Dichtung, „A Petrarchist Poet among his friends. Zacharias Lund’s Poematum Juvenilium Libri IV (1634) in its Socio-Literary Context“. Dahlberg vermittelt über die Biographie das Bild eines weitgereisten Dichters sowie durch die kursorische Analyse seiner Poemata Juvenilia vor dem Hintergrund seiner Ausbildung, die er zu größeren Teilen in Hamburg und Wittenberg erhielt, das Bild eines versierten Dichters, dessen ostentativ ovidisierender Stil an Ovid wie an weiteren antiken Klassikern geschult ist und der auch mit der zeitgenössischen lateinischen Dichtung seiner Lehrer und weiteren Autoren des deutschen und niederländischen Sprachraums vertraut zu sein scheint. Petrarkistisch Anmutendes wie Paradoxa in der Art von captivus capio, peto petitus, mens amens dürften als System-/Diskurs-Referenzen zu erklären sein. Zum Abschluss des Bandes führt Maria Łukaszewicz-Chantry mit „Le pétrarchisme dans la poésie religieuse de Maciej Kazimierz Sarbiewki“ am Beispiel des Jesuiten Sarbiewski, des sogenannten polnischen Horaz, auf das spezielle Gebiet des geistlichen Petrarkismus, in dem die petrarkistische Art, die Liebe zwischen

  Beate Hintzen, Alexander Winkler Mann und Frau zu gestalten, auf die Gestaltung der Liebe zwischen Mensch und Gott/Christus übertragen wird. Łukaszewicz-Chantry demonstriert, wie sich vor dem Hintergrund einer neuplatonischen Amor-Theologie vor allem in den lateinischen Epigrammen De divino amore, aber auch in einigen Oden und Epoden die Rezeption antiker Modelle (vor allem des Horaz) und biblischer Modelle (vor allem des Hohelieds), die schon Petrarcas Modelle bildeten, aber recht offensichtlich auch die Rezeption petrarkistischer Motive und Gestaltungsmittel verschlingen, wobei letztere Sarbiewski wohl über die zeitgenössische lateinische Literatur vermittelt waren. Zu den identifizierbaren Charakteristika des Petrarkismus gehören neben den gehäuft eingesetzten Stilmitteln der Antithese und des Paradox insbesondere die Topik der zergliedernden Schönheitsbeschreibungen (z.B. in einer Beschreibung des Jesus-Kindes) sowie die Vorstellung einer unerfüllten, zwischen Glück und Schmerz schwankenden Liebe, bei der das Gefühl des brennenden Verlangens dominiert. Die Neuerung, die Sarbiewski in das petrarkistische Modell einbringt, ist die Symmetrie in der Beziehung des liebenden ,Paares‘ Gott und Mensch. Beide können sowohl liebendes Subjekt als auch geliebtes Objekt sein. Ebenfalls sind die Beschreibungen der Figuren, die auf der neuplatonischen Vorstellung vom Schönen beruhen, das untrennbar mit dem Guten verbunden ist, symmetrisch aufgebaut. Doch in diesen Beschreibungen und in den lyrischen Situationen, in denen sie auftreten, ist eine ausgeprägtere Sinnlichkeit zu beobachten, die sowohl typisch für den Barock ist als auch dem ignatianischen Prinzip der applicatio sensuum entspricht. Wie in Hintzens Beitrag „Das eiskalte Feuer“ erweist sich hier der Petrarkismus also als Charakteristikum lateinischer Barockdichtung.

 Fazit Auch wenn in diesem Band lateinische petrarkistische Dichtung nur exemplarisch analysiert werden konnte, scheinen sich doch gewisse Tendenzen abzuzeichnen. Zunächst bezeugt die hohe Zahl der Übersetzungen von Gedichten der RVF ins Lateinische den poetischen Wettbewerb lateinisch schreibender Autoren mit dem toskanischen Canzoniere. Der von Huss deutlich gemachte Zusammenhang von Petrarcas volkssprachigem und lateinischem Werk verstärkt sich im lateinischen Petrarkismus: Die Chiffre des Petrarkismus, das „eiskalte Feuer“, ist eigentlich eine lateinische Erfindung. Bestimmte Züge des Petrarkismus scheinen sich vorzugsweise in bestimmten Zeit- und Sprachräumen zu verwirklichen. So finden sich um eine der Laura ähnliche Figur kreisende, als Liebesroman konzipierte lateinische Zyklen vorzugsweise im Italien des 15. Jahrhunderts, wobei,

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jeweils mit deutlicher Überbietungstendenz, nicht nur auf Petrarca, sondern auch auf spätere Vorgänger Bezug genommen wird. Im Gegenzug hierzu können auch Absenzen konstatiert werden. Die beschriebene weitgehende Absenz des Petrarkismus in der lateinischen Liebesdichtung des 16. Jahrhunderts in Polen und die Fokussierung der Autoren auf die Referenzmodelle der Antike finden anscheinend ihre Parallele in der lateinischen Liebesdichtung des deutschen Sprachraums im 15. und 16. Jahrhundert. Denn Beiträge, die z.B. zu Conrad Celtis angeboten worden waren, wurden zurückgezogen, weil die zu untersuchenden Texte sich im Wesentlichen auf die antiken Modelle bezogen. Prominente Petrarkisten des deutschen Sprachraums wie Martin Opitz und Paul Fleming sind dem 17. Jahrhundert zuzuordnen und haben ihre petrarkistische Liebesdichtung zum größeren Teil auf Deutsch verfasst. Zum Funktionieren des lateinischen (wie des volkssprachigen) Petrarkismus gehört die Vereinnahmung Petrarcas als moralische Autorität. Das lässt sich in der frühen Rezeption in Italien ebenso beobachten wie bei einem niederländischen Editor einer petrarkistisch ausgerichteten Anthologie von lateinischer Liebesdichtung, die bis zum Jahr 1600 verfasst wurde. Das Gleiche gilt für die Verfestigung des Petrarkismus als Habitus sowohl in der volkssprachigen poetischen Produktion als auch in der lateinischen Rezeption. Außerdem wird der Petrarkismus aus der Liebesdichtung in andere Kontexte transferiert. Übersetzungen von Petrarca-Sonetten werden im deutschen Sprachraum des 16. Jahrhunderts im Streit der Konfessionen instrumentalisiert, petrarkistische Motivik im polnischlitauischen Sprachraum zu Beginn des 17. Jahrhunderts in geistlicher Dichtung zur Abbildung der Gottesliebe verwendet. Dieser letztere Transfer steht in Opposition zur weitgehenden Ignorierung des Petrarkismus durch lateinisch schreibende polnische Dichter des 16. Jahrhunderts. Allerdings bietet sich auch hier wieder an, eine Parallele zum deutschen Sprachraum zu ziehen, weil auch Paul Fleming sich im lateinischen Teil seines Werkes außer in der Hochzeitsdichtung besonders in seiner stark religiös fundierten Feundschaftsdichtung immer wieder petrarkistischer Topik und Motivik bedient. Schließlich scheinen im 17. Jahrhundert rhetorische Elemente insbesondere des lateinischen Petrarkismus in der barocken Argutia-Ästhetik aufzugehen. Hierfür ist eine Möglichkeit der Erklärung, dass sich das Lateinische für argute Formulierungen besonders eignet, und zwar sowohl durch seine Neigung zur Hypotaxe und zu kompakter Formulierung als auch durch Mehrdeutigkeiten, die sich aus dem Fehlen eines Artikels ergeben, aus der verhältnismäßig geringen Formenvielfalt sowie aus dem ebenfalls geringen Umfang des Vokabulars, in dem im Gegenzug etliche Wörter ein breites Bedeutungsspektrum aufweisen.



Grundlagen und Grundzüge des (lateinischen) Petrarkismus

Michael Bernsen

Anthropologische Reflexionen im europäischen Petrarkismus Petrarkismus heißt zunächst nichts anderes als Nachahmung Petrarcas 1. Und dieser Petrarkismus ist ein europäisches Phänomen. Die Nachahmung Petrarcas setzt im 15. Jahrhundert an den padanischen Höfen und insbesondere am aragonesischen Hof in Neapel ein. Im 16. Jahrhundert ahmt man dann Petrarca in Spanien und Portugal, Frankreich, England, später in Deutschland und anderweit nach. Für diese gesamteuropäische Dichtung liefert Petrarca einen entscheidenden Anknüpfungspunkt: Er stellt den in den unterschiedlichen europäischen Idiomen schreibenden Autoren unterhalb der volkssprachlichen Ausprägungen ihrer Dichtungen eine gemeinsame Sprache aus Formeln zur Verfügung, die um einen thematischen Kern, eine Denkform, kreist: die dolendi voluptas der Liebeserfahrung. War die lingua franca des Lateins die den Europäern gemeinsame Kommunikationssprache der Gelehrsamkeit, so fand die literarische Reflexion über Fragen der Liebe, also des konkreten Verhaltens in einer entscheidenden Frage der europäischen Zivilisation, in den Sprachen der Nähe, den Volkssprachen statt. Ihr Sitz im Leben ist im Mittelalter wie in der Renaissance im Wesentlichen der Hof, dessen mündliche Kultur keinen lateinischen Umgang kennt. Im 15. und im 16. Jahrhundert ist die Reflexion über die Liebe in der Dichtung in allen europäischen Volkssprachen ausgeprägt und in zum Teil länderspezifischen Gattungen vorfindbar. Diese Reflexion ist ein wesentlicher Bestandteil der Diskussionen über die Standards menschlichen Verhaltens und damit der Zivilisation. Wenn man sich über gemeinsame Fragen dieser Zivilisation, die im Europa des 16. Jahrhunderts ähnliche Entwicklungen nimmt und somit alle Europäer tangiert, verständigen will, dann muss man die unterschiedlichen Volkssprachen in eine gemeinsame Verbindung bringen. Die Anknüpfung an Petrarca ist ein probater Weg, jenseits aller volkssprachlichen Eigentümlichkeiten zueinander zu finden. Sie scheint zudem das Bedürfnis zu befriedigen, bei aller emotiven Bedeutung der nähesprachlichen Überlegungen zur Liebe durch den Gebrauch einer lingua artificialis dem Sujet auch eine gewisse Gelehrsamkeit und Wissen-

 1 Die Eingangsüberlegungen dieses Beitrags greifen Argumente von Vf.’s Beitrag: Der Petrarkismus, eine lingua franca der europäischen Zivilisation (in: Der Petrarkismus – ein europäischer Gründungsmythos. Hg. von Michael Bernsen und Bernhard Huss. Göttingen 2011 [Gründungsmythen Europas in Literatur, Musik und Kunst 4], S. 15–30) auf, den die folgenden Reflexionen fortsetzen. https://doi.org/10.1515/9783110780048-002

  Michael Bernsen schaftlichkeit als Ausdruck des gemeinsamen Nachdenkens zu geben. Auf diese Weise wird der Petrarkismus ein standardisiertes internationales Verständigungsmittel über Liebeserfahrungen. Petrarkistisches Schreiben vereinigt zwei Aspekte der Sprache: Es zeugt von der Vielheit der Einzelsprachen und ihrem Relativismus sowie von der Absicht, eine die europäischen Kulturen verbindenden einheitlichen Sprache zu finden. Um diese Überlegungen fortzutreiben, lohnt sich ein Blick auf den Sitz im Leben des Petrarkismus, und zwar jenseits der Debatten, die die ungemein reichhaltige deutsche Forschung zum Petrarkismus bestimmen: die Frage, ob es sich beim Petrarkismus um ein System handelt – wie Klaus Hempfer und zahlreiche seiner Schüler meinen 2 – oder eher um einen Dialog zwischen Autoren und Texten, wie Rainer Warning 3 ausführt. Das Problem, welches sich stellt, wenn man nach dem Sitz im Leben des Petrarkismus fragt, ist folgendes: Was genau macht Petrarca für die Höfe des 16. Jahrhunderts nachahmenswert? Wieso wird den europäischen Höfen ausgerechnet Petrarca zum Vorbild, der dem Modell der mittelalterlichen höfischen Geselligkeit das einsame Leben im Vaucluse vorzieht und die Einsamkeit seiner Liebe zu Laura im Canzoniere zum Thema macht? Einige wesentliche Gründe seien kurz genannt: Die Liebesdichtung ist, seit sie im 13. Jahrhundert ihre sogenannte ‚sizilianische Wende‘ vollzogen und die Werbungssituation der Minnedichtung hinter sich gelassen hat, zu einem bevorzugten Medium einer freien Reflexion geworden, in dem die Liebeserfahrung auf ihre erkenntnistheoretischen Implikationen sowie auf ihre philosophisch-theologischen Dimensionen hin befragt wird. Ablesbar ist das schon an der bei den Sizilianern entstandenen Gedichtform des Sonetts, welche für die Reflexion der quaestiones spezieller Liebesfragen entsprechende Strukturen bereitstellt. Die Lyrik trifft nun in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, der beginnenden Frühen Neuzeit, auf einen Ordnungsschwund und eine Pluralisierung von Wissen, die für das Individuum in besonderer Weise die Frage der Selbstbewahrung auf den Plan ruft. Und für diese Situation liefert Petrarca interessante Reflexionsangebote: Der Sprecher des Canzoniere erweist sich als jemand, der zumindest zeitweilig sein seelisches Gleichgewicht verloren hat. Petrarcas lyrisches Ich ist eine multiple Persönlichkeit, die in unterschiedlichen Identitäten komplementär zu

 2 Vgl. dazu insbesondere Klaus W. Hempfer: Probleme der Bestimmung des Petrarkismus. Überlegungen zum Forschungsstand. In: Die Pluralität der Welten. Aspekte der Renaissance in der Romania. Hg. von Wolf-Dieter Stempel, Karlheinz Stierle. München 1987 (Romanistisches Kolloquium 4), S. 253–277. 3 Rainer Warning: Petrarkistische Dialogizität am Beispiel Ronsards. In: Stempel, Stierle (Anm. 2), S. 327–358.

Anthropologische Reflexionen im europäischen Petrarkismus  

Hause ist. An den Höfen der Renaissance geht es um die Selbstbewahrung im Prozess der voranschreitenden europäischen Zivilisation, in dem der Einzelne gezwungen ist, aus Gründen der Selbstbehauptung sein Verhalten – wie Norbert Elias sagt – durch die Herausbildung eines Zauns aus Ängsten den jeweiligen konkreten Anforderungen der Gesellschaft anzupassen. Dieser Prozess, den Stephen Greenblatt lange nach Elias als „self-fashioning“ bezeichnet, 4 erfasst alle Bereiche menschlichen Verhaltens, naturgemäß ganz besonders die Frage des Umgangs mit der Erotik. Vor diesem Hintergrund wird noch deutlicher, was Petrarca so interessant für die europäischen Höfe des 16. Jahrhunderts macht: Dem Sprecher des Canzoniere, dies ist Thema des Einleitungssonetts, scheint es zu gelingen, trotz seiner multiplen Persönlichkeit und der Vielfalt der Rollen, die er besetzt, die Vorstellung einer einheitlichen Persönlichkeit zu entwerfen. Allen Krankheitssymptomen, Phantastereien, klaren Erkenntnissen, reuevollen Einsichten zum Trotz – alles Formeln des Einleitungssonetts des Canzoniere – sieht es so aus, als könne er seine Biographie einigermaßen beherrschen. Petrarca stilisiert sich als eine Autorität, die die Fragmentarik des Daseins und die Brüchigkeit des Subjekts in Form einer Biographie zu fassen vermag. An Petrarca kann man darüber hinaus sehen, wie man es im Kampf der Selbsterhaltung schafft, zu einer Autorität zu werden, und zwar nicht nur als stilbildende auctoritas sondern als vorbildliche Person. Dies führt dazu, dass Petrarca zum Musterautor des 16. Jahrhunderts wird. Diese Überlegungen lassen sich ein Stück weitertreiben, wenn man einen Blick auf ein Kernproblem Petrarcas und des sich anschließenden Petrarkismus wirft. Am Ende der Kanzone 264 des Canzoniere steht einer der am meisten zitierten Verse der Sammlung (RVF 264,136): „[...] veggio ’l meglio, et al peggior m’appiglio.“ 5 [Ich sehe das Beste und klammere mich an das Schlechteste.] Gemeint ist, dass der Sprecher des Canzoniere klar erkennt, dass er sich eigentlich um sein Seelenheil kümmern sollte, er sich aber dennoch aus welchen Gründen auch immer weiterhin zäh der Beschäftigung mit dem Mundanen, namentlich der Liebe zu Laura sowie der Sorge um seinen Nachruhm, widmet. Die Frage ist letztlich die, was genau eigentlich den Sprecher hindert, jenen ascensus des Liebenden anzutreten und jene Läuterung zu vollziehen, die so viele Vorläufer Petrarcas zum Thema gemacht haben.

 4 Stephen Greenblatt: Renaissance Self-Fashioning. From More to Shakespeare. Chicago, London 1980. 5 Francesco Petrarca: Canzoniere. Hg. von Marco Santagata, Milano 1996 (I Meridiani), S. 1043. Im Folgenden im laufenden Text nach dieser Ausgabe zitiert.

  Michael Bernsen Die Kanzone 264 ist das Einleitungsgedicht zum zweiten Teil des Canzoniere nach dem Tod Lauras. Ihr kommt schon allein aufgrund dieser Stellung eine exemplarische Bedeutung zu. Die zitierte Abschlussformel „veggio ’l meglio, et al peggior m’appiglio.“ zeigt an, dass sich der Sprecher seiner misslichen Situation bewusst ist, diese aber nicht abzustellen in der Lage ist. Die Kanzone reflektiert, wie es klarsichtiger kaum geht, das Dilemma: Zwei Stimmen sprechen im Innern des lyrischen Ichs miteinander: „L’un penser parla con la mente [...]“ [Der eine Gedanke spricht mit dem Verstand] – heißt es in Vers 19 – und dieser Gedanke sagt zum Sprecher mit dem bekannten stoischen Bild vom Rossebändiger (Verse 32–34): „Mentre che ’l corpo è vivo, | ài tu ’l freno in bailia de’ penser’ tuoi: | deh stringilo [...]“ [Solange Dein Körper lebt, hast Du den Zügel in der Gewalt Deiner Gedanken: So zieh ihn an!] D.h. die Einsicht in das Fehlverhalten ist vorhanden. An der cognitio liegt es somit nicht. Der Sprecher fragt sich dann jedoch, wieso jene Sehnsüchte nach dem Mundanen ihn dennoch nicht aus ihren Klauen entlassen. Da ist zum einen der Wunsch nach Nachruhm: „per fama glorïosa“, heißt es in Vers 59. Und zum andern natürlich jenes Begehren nach Laura: „quell’altro voler“ (Vers 73), deren Bedichtung ja den Grund für den Nachruhm liefert. Es liegt aber auch nicht grundsätzlich am Willen des Sprechers, an der volitio, dieser misslichen Situation zu entrinnen, sagt er doch resümierend (RVF 264,72): „[...] vorre’ ’l ver abbracciar, lassando l’ombre.“ [… Ich will das Gute ergreifen, den Schatten hinter mir lassen.] Was ist es dann, was den Sprecher zurückhält, wenn doch Vernunft und Wille zur Abkehr vorhanden sind? Das Thema des Hinauszögerns der Abwendung vom Mundanen war auch schon Thema des Secretum meum, jener Schrift, in der sich ein fiktiver Francesco mit einem ebenso fiktiven Kirchenvater Augustinus unterhält. Dort hatte Augustinus Francesco eben jenes Zögern angesichts der Verfolgung von amor und inanis gloria vorgehalten und ihn zur Umkehr aufgerufen. Francesco hatte ihm allerdings listig unter Hinweis auf die plötzliche, mirakulöse Bekehrung des Augustinus, wie dieser sie in seinen Confessiones schildert, geantwortet, es fehle ihm offenbar an der göttlichen Gnade, umzukehren. 6 Francesco macht auf diese Weise auf eine blinde Stelle in Augustinus Theologie aufmerksam: die Theorie vom freien Willen, vom liberum arbitrium. Augustinus behauptet zwar, der Mensch habe einen freien Willen, lässt aber überhaupt keinen Zweifel daran,

 6 Im Secretum heißt es von Francesco: „volui nec potui“ (In: Francesco Petrarca: Prose. Hg. von Guido Martellotti, Pier Giorgio Ricci, Enrico Carrara und Enrico Bianchi, Milano, Napoli 1955, S. 21–215, hier S. 40). Vgl. dazu den grundlegenden Aufsatz von Joachim Küpper: Das Schweigen der veritas. Zur Kontingenz von Pluralisierungsprozessen in der Frührenaissance (Francesco Petrarca, Secretum). In: Poetica 23 (1991), S. 425–475, bes. S. 455.

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dass es ohne einen göttlichen Gnadenakt keine wirkliche Willensentscheidung gibt. 7 Auch in der Kanzone 264 kommt dieses Argument gleich zwei Mal vor, wenn der Sprecher zu Beginn erklärt, er habe Gott tausend Mal angefleht, ihm die Flügel zu verleihen, zum Himmel aufzufliegen (Verse 6–8): „[...] mille fïate ò chieste a Dio quell'ale | co le quai del mortale | carcer nostro intelletto al ciel si leva.“ Dann aber habe er feststellen müssen, dass Gott ihm diese Flügel verweigere und ihn nicht erhebe (Vers 9): „Ma infin a qui nïente mi releva [..]“. Man beachte die Doppelbödigkeit von „releva“, das nicht nur die Erhebung sondern auch die Offenbarung, die rilevazione, die per Gnadenakt erfolgenden Erkenntnis, ins Spiel bringt. Und an anderer Stelle fragt der Sprecher der Kanzone (Verse 86–87): „Signor mio, ché non togli | omai dal volto mio questa vergogna?“ [Mein Herr, warum nimmst du mir jetzt nicht diese Schande vom Gesicht?] Wie wenig es letztlich jedoch um die göttliche Gnade als der maßgeblichen Instanz der Aufhebung des Dilemmas, sondern mindestens in gleichem Maße um ein anthropologisches Problem geht, zeigt die ganz andere Antwort, die die Kanzone ebenfalls gleich zwei Mal liefert: Es ist der einmal gewonnene Habitus des sinnlichen Begehrens, den der Sprecher seit dem plötzlichen innamoramento am Karfreitagstag nicht mehr ablegen kann. Dieser hindert ihn daran, sein Verlangen nach Liebe und der Nachruhm versprechenden Liebesdichtung aufzugeben (RVF 264,91–92 und 99–105): Quel ch’i' fo veggio, et non m’inganna il vero mal conosciuto [...] ché mortal cosa amar con tanta fede 100 quanta a Dio sol per debito convensi, piú si disdice a chi piú pregio brama. Et questo ad alta voce ancho richiama la ragione svïata dietro ai sensi; ma perch'ell’oda, et pensi 105 tornare, il mal costume oltre la spigne, [...] (Hervorherung von mir) Das was ich tat, sehe ich, und das schlecht verstandene Wahre täuscht mich nicht, [...] denn mit solcher Treue eine sterbliche Sache zu lieben, welche allein Gott aus Pflicht zukommt, verbietet sich umso mehr demjenigen, der sich nach mehr Preis sehnt. Und dieser ruft mit

 7 Vgl. die bei Küpper (Anm. 6), S. 460, Anm. 129, angeführten Stellen: „Zur Gnade als Voraussetzung der Erkenntnis siehe unter anderem Augustinus De civitate Dei 8, S. 9–10. Zu Augustins vorbehaltloser Verurteilung der Möglichkeit einer rein rationalen Erkenntnis, das heißt einer Wahrheitserfahrung, der nicht Glaube und Gnade vorausgehen, siehe dessen Confessiones 4,15 (24 und 25); 5,3 (4 und 5); 4 (7); 6,5 (8); 7,1(2);3 (4); 10,5 (7) sowie De vera religione 4 (6).

  Michael Bernsen lauter Stimme erneut die Vernunft, die vom Weg hinter den Sinnen abgekommen ist; Doch obwohl sie hört und denkt umzukehren, schiebt die schlechte Gewohnheit sie weit weg, […]

Es ist der Habitus, stets nach Laura zu schauen, der den Sprecher des Canzoniere fest in seinem Griff hält. Er löst jenes ihm unbegreifliche, immer wiederkehrende zweifelhafte Hinauszögern der Besserung aus: „dubbioso è ’l tardar“ hatte es in Vers 35 geheißen. Und am Ende der Kanzone wird der Gedanke erneut aufgegriffen. Mehrmals fragt sich der Sprecher, wann und wie es dazu hatte kommen können. 8 Auf der einen Seite empfindet er Scham und Trauer, auf der anderen Seite klammert er sich geradezu an jenen Habitus, der ihn dazu treibt, bis an sein Lebensende auf diese Weise fortzufahren und dadurch sozusagen mit dem Tod in Verhandlung zu treten (Verse 125–126): „un piacer per usanza in me sí forte | ch’a patteggiar n’ardisce co la morte.“ [ein Gefallen durch Gewohnheit in mir so stark, dass es wagt, mit dem Tod zu verhandeln.] Petrarcas Kanzone lenkt den Blick auf eine Kategorie menschlichen Handelns, die in der Folgezeit und insbesondere im Petrarkismus eine besondere Bedeutung erlangen wird. Sie wird dies vor allem dadurch, dass in der auf Petrarca folgenden Phase des Humanismus anthropologische Kategorien gegenüber theologischen zunehmend an Bedeutung gewinnen. Dass es Petrarca weder im Secretum und erst recht nicht im Canzoniere in erste Linie um die göttliche Gnade als handlungsauslösendes Moment geht, zeigen die zahlreichen weiteren Stellen, an denen die anthropologische Frage nach der Kraft des Habitus aufgeworfen wird. Die Rede ist bald vom Habitus als usanza, bald von costume, aber auch direkt von abito oder metaphorisch von giogo, von rete, als dem Netz, in dem der Sprecher gefangen ist, von tela, dem schicksalhaften Gewebe, von nodo, als Knoten der Liebe. Bald wird der Habitus vom Sprecher als „schuldige Gewohnheit“ oder als „altes Bündel“ verurteilt, eine Metapher die die Last ebenso bezeichnet wie die schicksalhafte Verknüpfung (RVF 81,1–4): Io son sí stanco sotto ’l fascio antico de le mie colpe et de l’usanza ria ch’i’ temo forte di mancar tra via, et di cader in man del mio nemico.

 8 „Or ch’i’ mi credo al tempo del partire | esser vicino, o non molto da lunge, | come chi ’l perder face accorto et saggio, | vo ripensando ov’io lassai ’l vïaggio | de la man destra, ch’a buon porto aggiunge [...]“ (Verse 117–121).

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Ich bin so ermattet unter dem alten Bündel meiner Schuld und der schlechten Gewohnheit, dass ich stark fürchte, vom Weg abzukommen und in die Hand meines Feindes zu fallen.

Bald verschafft diese Gewohnheit ungeahnte Freuden (RVF 211,1–2): Voglia mi sprona, Amor mi guida et scorge, Piacer mi tira, usanza mi trasporta [...] Verlangen spornt mich an, Amor leitet mich und wird meiner gewahr, Lust zieht mich, Gewohnheit reißt mich mit [...]

Der Habitus verschafft auf der eine Seite Schmerz und auf der andern Seite eine doppelte Freude, die der Liebe sowie die des Dichtens (RVF 258,9–11): L’alma, nudrita sempre in doglia e ’n pene (quanto è ’l poder d’una prescritta usanza!), contra ’l doppio piacer sí ’nferma fue, [...] Die Seele, stets in Schmerz und Leid genährt (Wie groß ist die Macht einer vorgeschriebenen Gewohnheit!) war derart schwach angesichts der doppelten Freude [...]

Dem Sprecher des Canzoniere ist jedwede andere Tätigkeit außerhalb der dolendi voluptas verwehrt, hat der Habitus doch die Natur übermannt (RVF 28,111): „[...] né Natura può star contra ’l costume.“ Er will dies auch gar nicht. Laura hat ihn zwar seines freien Willens beraubt („questa che mi spoglia | d’arbitrio [...]“ [RVF 29,3–4]). Eine Befreiung aus den Fesseln der Liebe, die der Sprecher des Canzoniere in Gedanken durchspielt, zeigt ihm nur Lug- und Truggestalten („sí mentite larve“). Er hält daher am Habitus der dolendi voluptas fest und erklärt, dass das Joch der Freiheit vorzuziehen ist (RVF 89,7 und 10–11): „Oimè, il giogo et le catene et le ceppi | eran piú dolci che l’andare sciolto.“ [Oh weh, das Joch, die Ketten und die Fesseln waren süßer als das Gehen in Freiheit.] Den Habitus ablegen, dies weiß der Sprecher, kann man ohnehin nicht so einfach. Man kann nur in der Art der Stoiker mit der Kunst des rechten Verhaltens mögliche üble Folgen eindämmen (RVF 355,12–14): Né dal tuo giogo, Amor, l’alma si parte, ma dal suo mal; con che studio tu ’l sai; non a caso è vertute, anzi è bell’arte. Von Deinem Joch, Amor, wendet sich die Seele nicht ab; aber von seinen Übeln; mit welchem Eifer, weißt Du, Tugend kommt nicht von ungefähr, ist eine hohe Kunst.

  Michael Bernsen Auffällig ist, dass nahezu alle Gedichte des Canzoniere, die Zeitangaben zum Ablauf der 21 Jahre andauernden Liebe zu Laura zum Gegenstand haben, auch auf das Problem des Habitus verweisen. Dass Petrarca dennoch im Einleitungsgedicht seiner Sammlung seinen Sprecher behaupten lässt, dieser habe sich geläutert und seine Liebesphantastereien hinter sich gelassen, ist von der neueren Forschung als plausibel beurteilt worden: Petrarca habe – so der Münchener Italianist Gerhard Regn – auf der Ebene eines symbolischen Diskurses eine mutatio vitae suggeriert, die auf der Ebene der Liebesgeschichte mit Laura so nicht eingelöst werde. Die Semantik der Liebesgeschichte läuft immer wieder auf den Aufschub der Läuterung hinaus, die auf der symbolischen Diskursebene des Canzoniere behauptet wird. 9 Dieser Interpretation zufolge ist gerade die Ambivalenz des Canzoniere der Grund für die intensive Rezeption Petrarcas in der Renaissance. Der mittelalterlichen Auffassung, dem Sprecher sei die Gnade der Reue zuteil geworden und habe ihn veranlasst, seine Liebesphantastereien zu bereuen – „del mio vaneggiar vergogna è l frutto | e ’l pentirsi“ [Scham und Reue sind die Frucht meiner Phantastereien (...),Verse 12– 13] heißt es im Einleitungssonett – steht die anthropologische Erkenntnis gegenüber, der Sprecher sei seinem einmal gewonnenen Habitus vollends ausgeliefert. Im Zuge der Rezeption Petrarcas rückt das Problem des Habitus naturgemäß in den Vordergrund, geht es doch an den Höfen der Renaissance um die Selbstbehauptung des Höflings und das self-fashioning seines Verhaltens. Derjenige, der Petrarca zum geradezu klassischen Vorbild der Nachahmung gemacht und damit jene Welle des europäischen Petrarkismus im 16. Jahrhundert ausgelöst hat, ist der venezianische Humanist, Sekretär von Papst Leo X. und römische Kurienkardinal Pietro Bembo. Bembo geht es in erster Linie um die Normierung der Volkssprache angesichts der zahlreichen italienischen Dialekte, mit dem Ziel, die Vorrangstellung des Lateinischen zu beenden. In seiner Hauptschrift Prose della volgar lingua (1525) stellt er Boccaccio als Vorbild für die Prosa, Petrarca als das der Lyrik heraus. Durch sein Konzept der Nachahmung der ottimi, der Besten, gewinnt er eine erhebliche Autorität in der questione della lingua. Bembo gilt aber seiner Epoche nicht nur als Normierer der italienischen Sprache, sondern auch als Kenner in Liebesfragen. Dies geht vor allem auf sein Frühwerk Gli Asolani (1505) zurück, fiktive Gespräche in Prosa und Gedichten über drei verschiedene Liebeskonzeptionen am Hof von Asolo im Veneto. Dass Bembo als die zeitgenös-

 9 Gerhard Regn: Poetik des Aufschubs: Giovanni Colonna und die Architekur des Canzoniere (zu RVF CCLXVI und CCLXIX). In: Petrarca-Lektüren. Hg. von Klaus W. Hempfer und Gerhard Regn. Gedenkschrift für Alfred Noyer-Weidner, Wiesbaden 2003 (Text und Kontext 17), S. 185– 211, bes. S. 188–189 und S. 208–209.

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sische Autorität in Liebesfragen angesehen wird, zeigt vor allem das letzte Buch von Baldassare Castigliones Libro del cortegiano (1528) wo er maßgebliche Ausführungen zur Liebe macht. Das Buch vom Höfling befasst sich mit dem Verhalten des idealen Höflings sowie der Unterweisung des jugendlichen Fürsten; es kreist wie auch später Baltasar Graciáns El Discreto (1646) in Spanien grundlegend um die Frage des Habitus. In seiner Summa theologica hatte Thomas von Aquin diese Frage unter Rückgriff auf Aristoteles’ Hexis-Konzept aus der Nikomachischen Ethik (2,6) entwickelt: Thomas spricht differenzierend von einem äußeren Habitus, also der sichtbaren, nach außen getragenen Haltung des Menschen, und einem inneren Habitus als der rechten Einstellung (Summa theologica, I–II, q. 49, 1). Jeder Mensch hat eine natürliche dispositio, in einer bestimmten Weise zu handeln, die durch eine stete Einübung zu einer festen Tätigkeitsprägung wird. Der Habitus verleiht der Handlungsbereitschaft somit Dauerhaftigkeit (Summa theologica, I– II, q. 49, 2). In seiner Ausrichtung ist er neutral, d.h. es kann ein guten wie einen schlechten Habitus geben (Summa theologica, II–II, 108,2). Diese Kategorie menschlichens Verhaltens wird zum zentralen Thema der Hofmannstraktate und Dialoge höfischen Verhaltens. Bereits im ersten Buch der Asolani, in dem es um die Liebe als passio geht, macht Bembo den für ihn schlechten Habitus der dolendi voluptas zum Thema: In dieser für Bembo schlechten Form der Liebe gebe es die trügerische Gewohnheit – „la lusinghevole usanza“ – in die man von Tag zu Tag ohne Überlegung immer weiter hineingerate, und dieses Übel werde zur zweiten Natur, aus der wir nicht heraus wollen, selbst wenn wir es könnten („ci naturiamo nel nostro male, che uscir di lui, eziandio potendo, non vogliamo.“) 10 Zu Beginn des vierten Buchs des Cortegiano wird dann die Frage aufgeworfen, ob die Erziehung des Menschen auf dem Weg der Erläuterung von Vernunftgründen oder dem der Einübung von Gewohnheiten erfolgen soll, und eindeutig zugunsten letzterer Option beantwortet. Da die körperlichen Begierden des Kindes vor der Vernunft ausgeprägt sind, „muss man“, so erklärt Ottaviano Fregoso, Doge der Republik Genua, „mit der Erziehung der Gewohnheit beginnen, welche die der Vernunft noch nicht fähigen Begierden leiten und sie durch guten Gebrauch auf das Gute lenken kann“ („Devesi [...] far prima la erudizione con la consuetu 10 Pietro Bembo: Gli asolani (= Biblioteca della letteratura italiana). http://www.letteraturaitaliana.net/pdf/Volume_4/t81.pdf (15.04.2019), S. 51. Die Online-Edition basiert auf der Ausgabe: Pietro Bembo: Prose della volgar lingua, Gli Asolani, Rime. Hg. von Carlo Dionisetti, Turin 1966. Im Folgenden nach dieser Ausgabe im laufenden Text zitiert. Da die vorliegende Analyse sich wesentlich der Text-Mining-Verfahren bedient und erst durch die Auswertung größerer digitalisierter Korpora möglich wurde, werden die folgenden Stellen aus Primärwerken nach den benutzten Online-Ausgaben zitiert.

  Michael Bernsen dine, la qual po governare gli appetiti non ancora capaci di ragione e con quel bon uso indrizzargli al bene [...].“) 11 Das höchste Ziel der Hofmannskunst ist es, dem Fürsten durch Lenkung seiner äußerlichen Gewohnheiten Tugenden wie die Gerechtigkeit, die Freizügigkeit und die Großzügigkeit zum verinnerlichten Habitus werden zu lassen (vgl. 4, XLVI). Wie Pietro Bembo ausführt, gilt dies insbesondere in Fragen der Liebe, der Steuerung der besonders starken Liebesleidenschaft. Dabei unterscheidet er grundsätzlich zwei Weisen des Liebens: Liebe ist – hier spricht der von Marsilio Ficino inspirierte Platoniker – grundsätzlich Anziehung durch das Schöne, durch die Harmonie der Proportion, die die Seele des Liebenden zur Erkenntnis der Idee emporführt. Wenn also jemand „von dem Verlangen ergriffen worden ist, diese Schönheit als etwas Gutes zu genießen, sich aber vom Urteil der Sinne führen lässt“ (S. 366: „Essendo adunque l’anima presa dal desiderio di fruir questa bellezza come cosa bona, se guidar si lassa dal giudicio del senso [...]“), verfällt er in den grundlegenden Irrtum, dass der Körper die Hauptursache der Liebe ist. Dieser falsche Habitus führt zu Sättigung und Überdruss oder zu einer fortwährend anhaltenden Sehnsucht, in jedem Fall zur dolendi voluptas. Der richtige Habitus liege jedoch im Erkennen des „Einflusses der göttlichen Güte“ (S. 365: „influsso della bontà divina“) beim Anblick eines schönen Körpers oder ebenmäßigen Gesichts. Beide Verhaltensweisen entsprechen Jugend und Alter, der Jugend, weil deren Sinne „äußert mächtig sind“ (S. 367: „il senso, il quale nell’età giovenile è potentissimo“), dem „reiferen Alter“, da „die Seele vom Gewicht des Körperlichen weniger belastet ist“ und die Liebenden sich dem von vernünftiger Wahl geleiteten Verlangen zuwenden, wodurch ihnen der vollkommene Besitz der Schönheit zuteil wird (S. 367: „se questi tali [nella età piú matura] quando già l’anima non è tanto oppressa dal peso corporeo e quando il fervor naturale comincia ad intepidirsi, s’accendono della bellezza e verso quella volgono il desiderio guidato da razional elezione, non restano ingannati e posseggono perfettamente la bellezza;“ [wenn diese [im reifen Alter], deren Seele nicht mehr derart von der leiblichen Kraft unterdrückt wird und wenn die natürliche Sehnsucht sich abzukühlen beginnt, von der Schönheit entzündet werden und ihr das von vernünftiger Wahl geleitete Verlangen zuwenden, bleiben sie nicht betrogen und besitzen die Schönheit vollkommen;]). Die Zügellosigkeit jugendlichen Begehrens ist für Bembo dann entschuldbar, wenn die Liebenden „diese Liebe gänzlich aufgeben, sobald sie nicht mehr im jugendlichen Alter

 11 Baldassare Castiglione: Il Libro del cortegiano (= Biblioteca della letteratura italiana). http://www.letteraturaitaliana.net/pdf/Volume_4/t84.pdf (15.04.2019), S. 339. Im Folgenden nach dieser Ausgabe im laufenden Text zitiert. Die Online-Edition basiert auf der Ausgabe: Baldesar Castiglione: Il libro del Cortegiano. Hg. von Giulio Preti. Turin 1965.

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stehen, indem sie sich dann von dem sinnlichen Verlangen wie von der niedrigsten Stufe der Leiter, auf der man zur wahren Liebe aufsteigen kann, abkehren.“ (S. 368: „[...] quando non son piú nella età giovenile, in tutto l’abbandonino, allontanandosi da questo sensual desiderio, come dal piú basso grado della scala per la qual si po ascendere al vero amore.“). Um nun dem Eindruck der Realitätsferne zu entgehen, ein Vorwurf, den Ludovico da Canossa mit dem Argument in die Debatte einbringt, dass es „von vielen für unmöglich gehalten wird, dass Liebe und Vernunft vereinbar seien“ (S. 375: „[...] da molti è riputato impossibile che amor stia con la ragione.“), lässt sich Bembo nach anfänglichem Zögern auch auf die Beantwortung der entscheidenden Frage ein, die Petrarca so sehr beschäftigt hatte, wie man denn einen einmal gewonnenen Habitus sinnlich motivierter Liebe überwinden kann (S. 376): [...] quando qualche grazioso aspetto di bella donna lor s’appresenta, [...] tale che esso, come esperto in amore, conosca il sangue suo aver conformità con quello, [...] è che l’anima comincia [...] a [...] sentir in sé quello influsso che la commove, ed a poco a poco la riscalda, [...], deve in questo principio provedere di presto rimedio, e risvegliar la ragione e di quella armar la ròcca del cor suo; e talmente chiuder i passi al senso ed agli appetiti, che né per forza né per inganno entrar vi possano. Wenn sich ihm [...] der Anblick einer schönen Frau bietet, [...] so dass er, in der Liebe erfahren, den Einklang der Wallungen seines und ihres Blutes erkennt [...] und jenen Einfluss in sich zu spüren beginnt, der [die Seele] erregt und allmählich erhitzt, [...] dann muss er schon bei diesem Beginn für schnelle Abhilfe sorgen, die Vernunft wecken und mit ihr die Festung seines Herzens besetzen und auf diese Art den Sinnen und Begierden die Zugänge derart versperren, dass sie weder durch Gewalt, noch durch List eindringen können.

Und noch ein weiters remedium amoris zur Verhinderung des Habitus einer vornehmlich lustbetonten Liebe gerichtet auf den Körper der Frau führt Bembo ins Feld: Die Ausrichtung des Begehrens auf den Körper ein und derselben Dame ist allein aufgrund der Fessel, an diesen einen Körper gebunden zu sein, unweigerlich mit Schmerz verbunden: Der Liebende soll sich in seiner Einbildungskraft nach und nach immer weitere Aspekte der Schönheit vorstellen, so dass er durch die Akkumulation der Schönheitsvorstellungen zu einem universellen Begriff von Schönheit vorstößt (S. 382: „cumulando insieme tutte le bellezze farà un concetto universale“). Auf diese Weise werde er gleichsam durch höheres Licht geblendet (ebd.: „offuscato da [...] maggior lume“) und gebe die Betrachtung nur einer einzigen Dame zugunsten einer Kontemplation universeller Schönheit auf (ebd.: „cosí non piú la bellezza particular d’una donna, ma quella universale, che tutti i corpi adorna, contemplarà [...]“). Bembos Seelenlehre zur Überwindung des Habitus der dolendi voluptas, die man gemäß moderner Verhaltenstherapien als ‚instrumentelle bzw. operante

  Michael Bernsen Konditionierung‘ bezeichnen würde, stößt bei den Diskussionspartnern des Libro del Cortegiano am Ende des Traktates mehrfach auf Kritik. Emilia Pia da Montefeltro beendet Bembos Verzückung mit der ironischen Bemerkung, er solle Acht geben, dass sich über seine Gedanken nicht auch seine Seele vom Körper löse (S. 388), und der skeptische Cesare Gonzaga stellt nüchtern fest (S. 388): „La strada [...] che a questa felicità conduce, parmi tanto erta, che a gran pena credo che andar vi si possa.“ [Die Strasse [...], die zu diesem Glück führt, scheint mir so steil, dass man sie, wie ich glaube, nur mit großer Mühe beschreiten kann.]. Inwieweit die petrarkistische Lyrik sich flächendeckend des Habitus-Themas annimmt, zeigen allein einige weitere beliebig ausgewählte Beispiele. Anders als der höfische Traktat zielt die Lyrik nicht auf die Etablierung sozialer Normen und Verhaltensweisen, sondern auf deren freie Reflexion. In Bembos Lyrik ist das Problem der Überwindung des Habitus der dolendi voluptas kein wirkliches Thema. Das Einleitungssonett seiner Rime von 1530 ist, wie seinerzeit Alfred Noyer-Weidner überzeugend gezeigt hat, 12 gegenüber dem des Petrarkaschen Canzoniere, auf das es sich bezieht, von einem episch-didaktischen Überbietungs-Gestus geprägt. Der Sprecher zeigt keinerlei Reue über seine Liebesphantasien, will diese auch gar nicht überwinden; im Gegenteil spricht er davon, den Anfechtungen heroisch Stand gehalten zu haben (Verse 1–2): 13 „Piansi e cantai lo strazio e l’aspra guerra, | ch’i’ ebbi a sostener molti e molti anni [...]“ [Ich beweinte und besang die Qual und den rauen Krieg, den ich über viele, viele Jahre auszuhalten hatte]. Die Leser sollen durch die Lektüre der Rime, so der diaktische Anspruch neben dem epischen, auf den Weg zu Gott geführt werden (Verse 13– 14): „adorar Dio solo si dee nel mondo, ch’è suo tempio.“ [Gott allein muss man in der Welt anbeten, die sein Tempel ist.] Entsprechend sind die Rime so konzipiert, dass sie zwar Petrarcas Sprache rund um die dolendi voluptas per imitatio aufgreifen, desssen Sujet der sündigen Verstrickung in die Leidenschaft jedoch auf das ganz andere Thema eines platonisch geprägten Liebesverständnisses umlenken. Schon ein flüchtiger Blick auf das bekannte fünfte Sonett der Sammlung Crin d’oro crespo e d’ambra tersa e pura, vermag dies zu zeigen (S. 3): Crin d’oro crespo e d’ambra tersa e pura, ch’a l’aura su la neve ondeggi e vole, occhi soavi e più chiari che ‘l sole, 4 da far giorno seren la notte oscura,  12 Alfred Noyer-Weidner: Lyrische Grundform und episch-didaktischer Überbietungsanspruch in Bembos Einleitungsgedicht. In: Romanische Forschungen 86 (1974), S. 314–358. 13 Pietro Bembo: Rime (Anm. 10).

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riso, ch’acqueta ogni aspra pena e dura, rubini e perle, ond’escono parole sì dolci, ch’altro ben l’alma non vòle, 8 man d’avorio, che i cor distringe e fura, cantar, che sembra d’armonia divina, senno maturo a la più verde etade, leggiadria non veduta unqua fra noi, 12 giunta a somma beltà somma onestade, fur l’esca del mio foco, e sono in voi grazie, ch’a poche il ciel largo destina. Haare aus goldnen Locken und Amber makellos und rein, welche du im Wind auf dem Schnee wogst und fliegen lässt, Augen süß und klarer als die Sonne, [4] um die dunkle Nacht zum heiteren Tag zu machen, Lachen, welches jede raue und harte Last mildert, Rubine und Perlen, denen Worte entströmen, so süß, dass die Seele kein anders Gut will, [8] Hand aus Elfenbein, die das Herz zerreisst und raubt, Gesang, welcher göttlicher Harmonie zu entspringen scheint, reifer Verstand im grünsten Alter, Anmut noch nie von uns gesehen, [12] im Einklang mit größter Schönheit, größter Redlichkeit, gaben meinem Feuer Zunder, und in euch ist Gnade, die der großzügige Himmel nur wenigen verleiht.

Der innamoramento dieses Sprechers modelliert von vornherein jedweden Schmerz zu sanftem Empfinden beim Anblick der Dame um. Eher wie bei Dantes Begegnung mit Beatrice, geschildert im Sonett Tanto gentile der Vita nova, führen hier Erfahrungen der Umnachtung sowie der Last unmittelbar zur Erkenntnis göttlicher Harmonie, die der Irradiation in der Begegnung mit der Dame entspringt. Die Geliebte des Sprechers steht für Anmut, Redlichkeit und reifen Verstand – „senno maturo“ (Vers 10). Mit einer solchen grundlegenden dispositio des Sprechers kann sich kein schlechter Habitus herausbilden. Ein solcher Habitus würde spontan überwunden, wie es in der Stanze 25 heißt (S. 117): [...] al primo incontro vostro suol destarsi penser, che fa gentil d’alma villana, e se potesse in voi fiso mirarsi, sormonteriasi oltra l’usanza umana: tutto quel, che gli amanti arde e trastulla, a lato ad un saluto vostro è nulla. [...] bei der ersten Begegnung mit Euch pflegt das Denken zu erwachen, das die hässliche Seele veredelt, und wenn Sie sich in Euch geradewegs selbst betrachten könnte, würde Sie die menschliche Gewohnheit übersteigen: alles das, was die Liebenden entflammt und unterhält, zählt an der Seite eines Grußes von Euch nichts.

  Michael Bernsen Die Lyrik Bembos wie auch die von ihm maßgeblich beeinflusste europäische pertrarkistische Dichtung imitiert Petrarca mit dem Ziel, über einen Gebrauch sprachlicher und stilistischer Formeln des Vorbilds unterschiedliche Rollen durchzuspielen, die das lyrische Ich im Zuge des self-fashioning einnimmt. Dieses Ziel der Dichtung benennt – um ein ganz anderes Beispiel zu nennen – der spanische Autor und Zeitgenosse Bembos Garcilaso de la Vega, dessen Dichtung einen regelrechten Antityp zu der Bembos darstellt. Im dritten Sonett seiner Petrarca imitierenden Verwendung dieser Gedichtform lässt er seine Sprecher angesichts unheilvoller Liebeserfahrungen sagen (Verse 7–8): 14 „pienso remedios en mi fantasía“ [ich denke mir Heilmittel in meiner Phantasie aus]. Er tut dies angesichts einer Erfahrung der Liebe als Leid, die die Süße nur allzu oft beiseitelassen muss. So heißt es im gleichen Sonett: „El que más cierto espero es aquel día | que acabará la vida y el cuidado.“ [Das, was ich mit Sicherheit eines Tages erwarte ist, dass das Leben und die Selbstsorge zu Ende gehen werden]. Gerhard Penzkofer hat in einem Beitrag über Das unsichtbare Subjekt. Lyrische Rolle und Subjektivität bei Garcilaso gezeigt, inwieweit die Leidenserfahrung einer durch und durch profanierten Liebe beim spanischen Autor einen „Blick in verborgene Seelenräume“ 15 ermöglicht. Und weiter Penzkofer: „Die Rolle der Dame beschränkt sich vorwiegend darauf, den männlichen Verschmelzungswunsch zu verhindern. In den Vordergrund der Texte rücken dagegen die Gefühle des abgewiesenen Liebenden und seine panischen Reaktionen auf die traumatische Trennungserfahrung.“ 16 Der heroische Held, den Bembo noch als Vorbild seinen Lesern vor Augen gestellt hatte, wird in Garcilasos Lyrik dekonstruiert. Auf diese Weise wird seine Dichtung zu einem Experiment – so Penzkofer –, „in dem der Autor lyrische Rollen, Formen der Ich-Aussage und Typen der Subjektivität erprobt, ohne sich mit ihnen zu identifizieren.“ 17 In diesem Zusammenhang kommt naturgemäß auch die Frage des Habitus zur Sprache. So heißt es denn im fünften Sonett Garcilasos, der Sprecher sei schon von Geburt an dazu bestimmt, die Dame zu lieben (S. 23, Vers 9): „Yo no nascí sino para quereros [...]“ [Ich bin nicht  14 Garcilaso de la Vega: Soneto III. In: Obra poética. https://www.rae.es/sites/default/files/Obra_poetica_Garcilaso_de_la_Vega.pdf (15.04.2019), S. 20, Vers 6. Die Online-Edition basiert auf der Ausgabe: Garcilaso de la Vega, Obra poética. Hg. Bienvenido Morros. Vorwort Rafael Lapesa. Barcelona 1995 (Biblioteca clásica 27). Im Folgenden nach dieser Ausgabe im laufenden Text zitiert. 15 Gerhard Penzkofer: Das unsichtbare Subjekt. Lyrische Rolle und Subjektivität bei Garcilaso. In: José Morales Saraiva (Hg.): Garcilaso de la Vega. Werk und Nachwirkung. Frankfurt a.M. 2004, (Biblioteca Ibero-Americana 94), S. 133–169, hier: S. 149. 16 Penzkofer (Anm. 15), S. 142. 17 Penzkofer (Anm. 15), S. 165.

Anthropologische Reflexionen im europäischen Petrarkismus  

geboren ohne Euch zu lieben]. Aus dieser Disposition erwächst ein Habitus, der den Lieben unentwegt antreibt (S. 23, Vers 11): „por hábito del alma misma os quiero [...]“ [Durch den Habitus der Seele selbst liebe ich Euch]. Und im sechsten Sonett stellt der Sprecher fest, dass sich die schlechte Gewohnheit nicht überwinden lässt und dies somit die Aufgabe der Selbstsorge bedeutet (S. 25): Por ásperos caminos he llegado a parte que de miedo no me muevo, y sia mudarme a dar un paso pruebo, 4 allí por los cabellos soy tomado; mas tal estoy que con la muerte al lado busco de mi vivir consejo nuevo, y conozco el mejor y el peor apruebo 8 o por costumbre mala o por mi hado Por otra parte, el breve tiempo mío y el errado proceso de mis años, en su primer principio y en su medio, 12 mi inclinación, con quien ya no porfío, la cierta muerte, fin de tantos daños, me hacen descuidar de mi remedio. Über harte Wege bin ich angekommen (ein Stück weit dorthin, wo) einerseits, dass ich mich vor Angst nicht mehr bewege, und wäre es mir gegeben, mich einen Schritt weit zu bewegen, würde ich das ausprobieren, [4] bin ich dort bei den Haaren ergriffen; aber ich bin so, dass ich mit dem Tod an der Seite für mein Leben neuen Rat suche, und ich kenne das Beste und das Schlimmste probiere ich aus, [8] entweder durch schlechte Gewohnheit oder durch mein Schicksal. Auf der anderen Seite, meine kurze Zeit. und der irrige Verlauf meiner Jahre, in seinem ersten Anfang und in seiner Mitte, [12] meine Neigung, auf die ich keine Vertrauen mehr habe, der sichere Tod, Ende so vieler Übel bringen mich dazu, meine meine Selbstsorge aufzugeben (Hilfsmittel zu vernachlässigen).

Ein besonderer Fall verdient zum Schluss noch eine Erwähnung, weil hier die Reflexionen über den Habitus gehäuft vorkommen: der der petrarkistischen Autorin Gaspara Stampa. Sie setzt in ihrer Petrarca-Imitatio wiederum ganz andere Akzente als Bembo. Auch Stampas Anliegen ist es, dem Leser ihrer Rime Heroismus in Liebesfragen vor Augen zu führen: Im Einleitungsgedicht Voi, ch՚ascoltate in queste meste rime möchte sie Ruhm für ihre erlittenen Liebesqualen erlangen, allerdings nicht um den Leser zur Abkehr zu bewegen, sondern im Gegenteil von ihm bewundert zu werden: 18  18 Gaspara Stampa: Rime (= Biblioteca della letteratura italiana). http://www.letteraturaitaliana.net/pdf/Volume_4/t103.pdf (15.04.2019), S. 3, Verse 9–11. Die Online-Edition basiert auf der

  Michael Bernsen [...] spero ancor che debba dir qualcuna – Felicissima lei, da che sostenne per sì chiara cagion danno sì chiaro! Ich hoffe noch, dass eine Frau zu mir sagen muss: Glücklich die, die aushält aus so klarem Grund ein so großes Übel!

Die Provokation ist eine doppelte, da hier eine Sprecherin einen Mann umwirbt – hinter den meisten Gedichten scheint Stampas dreijährige unglückliche Liebesverbindung zum Conte Collatino di Collato auf – und da sie die Frauen auffordert, ungeniert ihre erotischen Wünsche zu verfolgen. Stampa spielt mit den neoplatonischen Vorstellungen Bembos, wenn sie im achtundreißigsten Sonett ihre Seufzer nach oben schickt mit dem Ergebnis, dass hier keine Irradiation stattfindet, sondern sich aufgrund der Abwesenheit des Geliebten der Habitus herausbildet, die Liebe stärker als passio denn als Süsse zu erfahren (S. 40): Qualunque dal mio petto esce sospiro, ch’escono ad or ad or ardenti e spessi dal dì che per mio sole gli occhi elessi, 4 ch’a prima vista a morte mi ferîro, vanno verso il bel colle, ove pur miro, benché lontana, e vanno anche con essi i miei pensieri e tutti i sensi stessi; 8 né val s’io li ritengo o li ritiro, perché la propria loro e vera stanza son que’ begli occhi e quella alma beltade, che prima mi destâr la desianza. 12 O pur sieno ivi accolti da pietade! di che non spero, poi che per usanza vi suol sempre aver luogo crudeltade. Welcher Seufzer auch immer meiner Brust entspringt, die immer wieder auströmen brennend und erloschen, seit dem Tag, an dem die Augen als meine Sonne erwählt wurden, [4] die mich beim ersten Anblick zu Tode verletzt haben, Sie gehen zu jenem schönen Berg, auf den ich schaue, obgleich weit entfert – und mit ihnen gehen meine Gedanken und selbst all die Gefühle; [8] es nütze nichts, wenn ich sie zurückhalte oder zurückziehe. Denn ihre einzige und wahre Heimstatt sind jene schönen Augen und jene Seelen-Schönheit, die anfänglich mein Begehren geweckt haben. [12] Ach, könnten sie doch nur von Mitleid begleitet werden! Etwas, was ich nicht zu hoffen wage, weil für gewöhnlich sich dort nur Grausamkeit zu finden pflegt.

 Ausgabe: Gaspara Stampa: Rime. Hg. von Rodolfo Ceriello, Mailand 1976. Im Folgenden nach dieser Ausgabe im laufenden Text zitiert.

Anthropologische Reflexionen im europäischen Petrarkismus  

So geschieht es, dass die Sprecherin sich stets von Neuem fragt, wann sie endlich das Joch ablegen kann, welches die freie Willensausübung verhindert (S. 91, LXXXVIII, Verse 9-11): „Ahi, quando fia giamai ch’un giorno possa | voler col mio voler, resa a me stessa, | del grave giogo periglioso scossa?“ [Ach, wann wird es jemals geschehen, dass ich eines Tages mit meinem Willen werde wollen können, mir selbst zurückgegeben, dem schweren, gefährlichen Joch entronnen]. Aus langer Gewohnheit, so heißt es in Sonett 105, sei das Gift zur natürlichen Speise geworden (S. 109, CV, Vers 10–11: „per lunga usanza si fece natural cibo il veleno.“). Auf der anderen Seite erkennt die Sprecherin jedoch, wie sehr sie den Habitus braucht, die im Laufe der Zeit liebgewonnene Kette, da es vor allem diese Kette ist, die Lebensintensität gewährt (S. 173, CLXVIII, Vers 6–7): „la catena, | [...] la qual le piace sì, sì le diletta [...]“. Und so berichten die späteren Sonette der Rime vom Bruch der Sprecherin mit dem stets abwesenden Mann und der Hinwendung zu einem andern, ganz in der Tradition der mittelalterlichen chanson de change. Im Sonett CCVII Poi che m’hai resa, Amor, la libertade wird die Freisetzung der Sprecherin durch Amor angesprochen, wobei der Liebesgott zugleich darum gebeten wird, den alten Habitus beizubehalten (S. 212, Vers 6): „segua il mio costume usato“. Er wird zudem darum gebeten, die neue Liebe doch bitte etwas gemäßigter ausfallen zu lassen (Vers 7): „fa’ ch’io arda di foco più temprato“. Stampas lyrisches Ich reflektiert den Habitus der dolendi voluptas in all seinen Auswirkungen. Die Sprecherin empfindet ihn als Martyrium, jedoch ein Martyrium erhabener Größe (S. 236, CCXXXI, Verse 12–14): „Questa varia usanza | di gioir e patire | fa maggior il martìre.“ [Diese wechselnde Gewohnheit sich zu erfreuen und zu leiden macht das Martyrium erhaben.] Erich Auerbach hat seinerzeit in seinem bemerkenswerten Artikel Passio als Leidenschaft von 1941 19 den Habitus der dolendi voluptas einer historischen Betrachtung unterzogen und genau diesen Aspekt des erhabenen Myrtyriums, den Stampa in den Petrarkismus einbringt, nachgezeichnet. Die Liebe ist antikem Verständnis zufolge stets als passio als Leiden, nach stoischem und teils auch christlichem Verständnis als Krankheit der Seele aufgefasst worden. In der mittelalterlichen gloria passionis der Mystiker sieht Auerbach einen Wandel 20 dieser Auffassung: Die glühende Verehrung Gottes ist Leiden und Freude in eins. Aus dem passiven Liebeserleiden wird die aktive Leidenschaft. Für Auerbach ist diese Entwicklung der Nährboden der petrarkistischen Liebesdichtung, die den Habi-

 19 Erich Auerbach: Passio als Leidenschaft. In: Publications of the Modern Language Association 56, 4 (1941), S. 1179–1196. 20 Auerbach (Anm. 19), S. 1183.

  Michael Bernsen tus der dolendi voluptas gar nicht ablegen will, sondern pflegt 21. Diese Disposition und Haltung ist eine probate Grundlage der Selbstbezüglichkeit des rinascimentalen Subjekts, wo der Einzelne Rollen einnimmt, Masken trägt und auf diese Weise Verhaltensmodelle durchspielt, die in der höfischen Welt überlebenswichtig waren.

 21 Auerbach (Anm. 19), S. 1188, Anm. 13.

Bernhard Huss

Das Problem der Liebe in Petrarcas De gratis amoribus (De remediis utriusque fortune 1,69) Petrarcas De remediis utriusque fortune ist in seiner schieren Textquantität und in dem Versuch, alle nur denkbaren Aspekte des menschlichen Lebens zu besprechen, ein imposanter Text. 1 Er besteht aus zwei Büchern; einer jeweils ausführlichen Vorrede folgen im ersten Buch 122, im zweiten Buch 131 Dialoge. 2 Stets fällt in diesen 253 Gesprächen der personifizierten Vernunft (Ratio) der Löwenanteil des Redequantums zu. Ratio ergeht sich zum Teil in ausführlichen Tiraden und Exkursen, während ihre Gesprächspartner, Personifikationen der vier stoischen ‚passiones animi‘ (Freude/Gaudium und Hoffnung/Spes im ersten Buch, Schmerz/Dolor und Furcht/Metus im zweiten Buch), deutlich einsilbiger agieren. Im ersten Buch (über das ‚Glück‘) will Ratio dartun, dass die unterschiedlichsten Anlässe und Objekte für Freude und Hoffnung irrelevant oder gefährlich und jedenfalls für die seelische Ruhe und Zufriedenheit des Individuums zu vernachlässigen seien. Im zweiten Buch (über das ‚Unglück‘) versucht Ratio ein Gleiches hinsichtlich aller möglichen bedrückenden, schmerzhaften, angsterregenden Lebensumstände. Insgesamt erfassen die Dialoge so viele menschliche Lebenslagen und Probleme, dass man den Text häufig als ein – der Terminus mag freilich schief sein – ‚enzyklopädisches‘ Werk begriffen hat. Dieser umfassende Charakter, zusammen mit der Tatsache, dass Petrarca dieses in den 1350er Jahren begonnene, 1360 zu einem ersten Abschluss gekommene, bis 1366 weiter überarbeitete Werk anders als so viele andere seiner Texte tatsächlich abgeschlossen und  1 Der vorliegende Aufsatz ist im Zuge der Vorbereitung des ersten Bandes einer lateinisch-deutschen kommentierten Gesamtausgabe von De remediis entstanden: Francesco Petrarca: De remediis utriusque fortune/ Heilmittel gegen Glück und Unglück. Lat.-dt. Hg. und komm. von Bernhard Huss. Übers. von Ursula Blank-Sangmeister. Band 1: Heilmittel gegen das Glück. Stuttgart 2021. Nach dieser Ausgabe wird im vorliegenden Aufsatz zitiert. Die umfangreichen moralphilosophischen und literarischen Probleme, die dieser Text aufwirft, und ihre Behandlung in bisheriger Forschung können an dieser Stelle nicht angemessen dargestellt werden. Hierfür sei auf Einleitung und Literaturverzeichnis der genannten Ausgabe verwiesen. 2 Die moderne Zählung von 132 (statt richtig 131) Dialogen in Buch 2 beruht auf einer fehlerhaften Abtrennung von Kap. 2,9, die heutige Ausgaben in Orientierung an rinascimentalen Drucken vornehmen. Der handschriftliche Befund von De remediis zeigt dagegen eindeutig, dass der von Carraud und anderen als eigenständiges Kapitel „De damno passo“ ausgewiesene Abschnitt nicht von dem vorhergehenden Kapitel 2,8 „De paupertate et damno“ zu trennen ist. https://doi.org/10.1515/9783110780048-003

  Bernhard Huss selbst autoritativ publiziert hat, 3 dürfte ein Hauptgrund für den stupenden Erfolg von De remediis sein. Der Text verbreitete sich noch zu Lebzeiten des Autors rasch und erreichte bis in die höchsten Kreise von Politik und Gesellschaft Aufsehen. Insgesamt kennen wir, verkürzende und divulgierende Versionen sowie Übersetzungen und Bearbeitungen in anderen Sprachen mitgerechnet, über 270 Handschriften des Textes. 4 Noch im 15. Jahrhundert setzt die Drucktätigkeit ein, und bis ins 17. Jahrhundert erscheinen Dutzende von Druckausgaben in zahlreichen europäischen Ländern. 5 Erst im Zeitalter der Aufklärung ebbt die Rezeption spürbar ab; bis dahin prägen die europäische Autorphysiognomie Petrarcas diese lateinischen Dialoge mehr als seine weiteren lateinischen Werke und auch mehr als seine italienischen Texte (Rerum vulgarium fragmenta, Trionfi), die freilich in Italien und überall dort besonders aufmerksam rezipiert werden, wo man sich für petrarkistische Lyrik interessiert. Auch an der früh einsetzenden Übersetzungstätigkeit (ins Französische, Italienische, Deutsche, Katalanische, Spanische,  3 Zur Datierung vgl. Klaus Heitmann: La genesi del ‚De remediis utriusque fortune‘ del Petrarca. In: Convivium Jg. 25 N.S. 1 (1957), S. 9–30, hier S. 9–25; George W. McClure: Sorrow and Consolation in Italian Humanism. Princeton 1991, S. 202–203 mit Anm. 2; Timothy Kircher: On the Two Faces of Fortune (‚De remediis utriusque fortunae‘). In: Petrarch. A Critical Guide to the Complete Works. Hg. von Victoria Kirkham und Armando Maggi. Chicago 2009, S. 245–254, hier S. 245 mit Anm. 1; Concetta Bianca: ‚De remediis utriusque fortunae‘. In: Petrarca nel tempo. Tradizione lettori e immagini delle opera. Ausst. Kat. Arezzo. Sottochiesa di San Francesco. 22.11.2003– 27.01.2004. Hg. von Michele Feo. Arezzo 2004, S. 384–388; Monique Rivella: Il concetto di fortuna dalle ‚Controversiae‘ di Seneca il Retore al ‚De remediis utriusque fortune‘ di Francesco Petrarca. In: Francesco Petrarca. L’opera latina. Tradizione e fortuna. Atti del XVI Convegno Internazionale (Chianciano-Pienza 19–22 luglio 2004). Hg. von Luisa Rotondi Secchi Tarugi. Florenz 2006 (Quaderni della Rassegna 46), S. 593–609, hier S. 593–594; Francesco Petrarca: Rimedi all’una e all’altra fortuna [Auswahl]. Hg. von Enrico Fenzi. Neapel 2009 (Umanesimo e Rinascimento 1), S. 8–14. 4 Vgl. zum Manuskriptbestand Nicholas Mann: The Manuscripts of Petrach’s ‚De remediis‘. A Checklist, In: Italia Medioevale e Umanistica 14 (1971), S. 57–90; Nicholas Mann: I manoscritti del ‚De remediis utriusque fortune‘. In: Feo (Anm. 3), S. 389–395; sowie berichtigend und mit einer Liste weiterer 19 Manuskripte Carmen Cardelle de Hartmann: Lateinische Dialoge 1200– 1400. Literaturhistorische Studie und Repertorium. Leiden, Boston 2007 (Mittellateinische Studien und Texte 37), S. 588–589. 5 Zu den frühneuzeitlichen Drucken vgl. Francesco Petrarca: De’ rimedii dell’una e dell’altra fortuna di Messer Francesco Petrarca. Volgarizzati nel buon secolo della lingua per D. Giovanni Dassaminiato, monaco degli Angeli. Hg. von Casimiro Stolfi. Bd. 1. Bologna 1867, S. 41–43; Willard Fiske: Francis Petrarch’s Treatise ‚De remediis utriusque fortunae‘. Text and Versions. In: Bibliographical Notes 3 (1888), S. 1–48; Jürgen Geiß: Zentren der Petrarca-Rezeption in Deutschland (um 1470–1525). Rezeptionsgeschichtliche Studien und Katalog der lateinischen Drucküberlieferung. Wiesbaden 2002, S. 143–200, 299–342; Cardelle de Hartmann (Anm. 4), S. 589–590.

Das Problem der Liebe in Petrarcas De gratis amoribus  

Tschechische, Englische) 6 zeigt sich: Dieser Text ist Petrarcas internationaler Bestseller. In der insgesamt bis vor kurzem recht verhaltenen Forschung 7 wird De remediis völlig unterschiedlich behandelt. Der Text wird als säkular und pagan, aber auch als klar christlich eingestuft, er gilt als stoizistisch oder auch als augustinisch, man nennt ihn einen Gründungstext der europäischen Renaissance, aber auch ein ungewöhnlich mittelalterliches Erzeugnis von Petrarcas Schreibstube, und schließlich unterstellt man ihm sowohl Kohärenz und Geschlossenheit (im Sinne einer durch Ratio ausgedrückten, unbezweifelten moralphilosophischen Lehre) als auch Widersprüchlichkeit und Offenheit (die durch die Dialogform befördert werde). 8 Diese Divergenz der Einschätzungen ist sicherlich dadurch bedingt, dass es in De remediis erhebliche Friktionen unterschiedlicher moralphilosophischer und religiös-theologischer Perspektiven gibt, deren Verhältnis als hybride Offenheit bestimmt werden oder im Sinne einer Dominanzbildung homogenisiert werden kann (in dem Sinne, dass ‚zwar‘ auch stoizistische Lehren in De remediis vorkämen, ‚aber‘ letztlich doch eine christlich-augustinische Weltsicht durchschlage – oder ggf. umgekehrt). Die Friktionen sind aber zunächst einmal schlicht zu konstatieren, und entsprechende Widersprüche und Inkohärenzen sind bei Petrarca ggf. epistemologisches Programm. 9 Ein dafür exemplarischer und außerdem besonders komplexer Fall liegt in Dialog 1,69 De gratis amoribus [Über die  6 Vgl. zu den frühneuzeitlichen Übersetzungen Mann: A Checklist (Anm. 4), S. 86–90; Joachim Knape: Die älteste deutsche Übersetzung von Petrarcas Glücksbuch. Texte und Untersuchungen. Bamberg 1986 (Gratia 15); Feo (Anm. 3), S. 388; Mann: I manoscritti (Anm. 4), S. 395; Lina Bolzoni: Petrarca e le tecniche della memoria (a proposito del ‚De remediis‘ ). In: Humanistica. Per Cesare Vasoli. Hg. von Fabrizio Meroi und Elisabetta Scapparone. Florenz 2004 (Istituto Nazionale di Studi sul Rinascimento. Studi e Testi 42), S. 41–50, hier S. 42; Fritz Peter Knapp: Die älteste deutsche Übersetzung von Petrarcas ‚De remediis utriusque fortunae‘ im Kontext der Tiroler Literatur zu Anfang des 15. Jahrhunderts. In: Francesco Petrarca in Deutschland. Seine Wirkung in Literatur, Kunst und Musik. Hg. von Achim Aurnhammer. Tübingen 2006, S. 25–38; Cardelle de Hartmann (Anm. 4), S. 583–584; Lina Bolzoni: Tra Petrarca e Sebastian Brant. Il ‚De remediis‘ e le immagini della memoria. In: Sorte e ragione. Petrarca in Europa. Lezione Sapegno 2003. Hg.von Lea Ritter Santini. Turin 2008, S. 181–211, hier S. 184. 7 Vgl. für einen allgemeinen Überblick Romana Brovia: Per uno stato degli studi petrarcheschi. Un decennio di bibliografia sul ‚De remediis‘ (2003–2013). In: Petrarchesca 2 (2014), S. 93–116. 8 Für die Aufarbeitung der widersprüchlichen Forschungslage sei nochmals auf die Einleitung der in Anm. 1 genannten De remediis-Edition verwiesen. 9 Vgl. Bernhard Huss: Kohärenz und Inkohärenz in Petrarcas lyrischer Liebesgeschichte (‚Rerum vulgarium fragmenta‘ und ‚Trionfi‘). In: Lyrische Kohärenz im Mittelalter. Spielräume – Kriterien – Modellbildung. Hg. von Susanne Köbele, Eva Locher, Andrea Möckli und Lena Oetjens. Heidelberg 2019 (Germanisch-Romanische Monatsschrift, Beiheft 94), S. 213–262.

  Bernhard Huss Liebesfreuden] vor, in dem es nicht nur um die rechte Einschätzung sinnlicher Liebe, sondern darüber hinaus auch noch um das dichterische Schreiben über solche Liebe geht. Hier kommt zum Widerstreit unterschiedlicher philosophischer und theologischer Positionen komplexitätssteigernd die Dimension von Petrarcas eigener Tätigkeit als Liebeslyriker zum Tragen. Hinter den Dialogpartnern scheint bedingt durch diese Fassung des Liebesthemas die Autorfigur Petrarca und ein bedeutsamer Teil von Petrarcas Textcorpus auf. Anders als sonst in De remediis steht hier der Literat Petrarca in vernehmlicher Weise hinter den Kulissen der Debatte. Dies äußert sich in einer Infiltration ‚petrarkistischer‘ Liebesrede in das Dialoggeschehen. Die Problematik, die sich damit verbindet, zeichnet sich schon im lateinischen Text klar ab, wird aber noch plastischer beim Blick in eine italienische Version, die im frühen Quattrocento entstanden ist, nämlich den volgarizzamento De’ rimedii dell’una e dell’altra fortuna von Giovanni Dassaminiato (Da Samminiato, Da San Miniato). Daher blicken wir im Folgenden zunächst in Petrarcas Original und halten anschließend die italienische Fassung Giovannis daneben. 10 In De gratis amoribus versucht die Freude, die geschlechtliche Liebe als etwas Positives darzustellen, während die Vernunft im Verlauf des Dialogs mit vielerlei Argumenten die moralische Gefährlichkeit und Verwerflichkeit der Liebe darzutun versucht. Evidentermaßen wird damit ein Kardinalthema petrarkischen Schreibens aufgegriffen, das im dritten Buch des Secretum meum 11 (wo Franciscus für, ‚Augustinus‘ gegen die Liebe plädiert) ebenso eindringlich verhandelt wird wie in den Rerum vulgarium fragmenta – man denke etwa an die Canzone Rerum vulgarium fragmenta 360, wo vor dem Richterstuhl der Vernunft Amor sich selbst verteidigt, das lyrische Ich dagegen die Rolle des Anklägers der Liebe einnimmt. Im Secretum meum (s. bes. 3,103–104) ebenso wie in Rerum vulgarium fragmenta 360 (s. bes. Verse 155-157) bleibt die Entscheidung über den Wert oder Unwert der Liebe letztlich offen. Auch in unserem Dialog wird eine mögliche Abkehr Gaudiums von der Liebe angedeutet (was ein für De remediis recht untypischer, auf Einsicht beruhender Wandel des Affekts wäre), aber keineswegs als tatsächlich vollzogen dargestellt. Doch der Reihe nach. Den Anstoß zum Dialog mit Ratio liefert, wie stets, eine Affektaussage, hier die freudige Mitteilung Gaudiums „Gratis fruor amoribus“ [Ich genieße die Freu-

 10 Die italienische Fassung Giovannis zitiert nach Petrarca, Stolfi (Anm. 5), 2 Bde. 11 Das Secretum meum wird im Folgenden zitiert nach Francesco Petrarca: Secretum meum/ Mein Geheimnis. Lateinisch-Deutsch. Hg. von Bernhard Huss und Gerhard Regn. 2. Auflage. Mainz 2013 (excerpta classica 21).

Das Problem der Liebe in Petrarcas De gratis amoribus  

den der Liebe] (§ 1). Auf den ersten höhnischen Widerspruch der Ratio (§ 2: „Gratis insidiis opprimendus!“ [Da tappst du freudig in die Falle.]) antwortet Gaudium mit einer klanglichen Variation ihres ersten Satzes: „Gratis uror amoribus“ [Ich bin Feuer und Flamme.]. Die Äußerungen Gaudiums sind auf eine Paronomasie „fruor“ – „uror“ angelegt, die nur auf der primären Wortebene einen Gegensatz zu transportieren scheint, in Wirklichkeit aber ein und denselben Zustand des Liebesgenusses bezeichnet: ‚genießen‘ und ‚brennen‘ sind hier dasselbe. Die oxymorale Antithetik, die hier aufscheint, erinnert stark an Petrarcas Liebesdichtung. Tatsächlich steigt nun Ratio genau an dieser Stelle weiter ein und greift das ‚Brennen‘ explizit auf (§ 4): „Bene ais: ‚uror‘; est enim amor latens ignis, gratum vulnus, sapidum venenum, dulcis amaritudo, delectabilis morbus, iocundum supplicium, blanda mors“ [Mit Recht sagst du ‚ich bin Feuer und Flamme‘. Die Liebe ist nämlich ein verborgenes Feuer, eine angenehme Wunde, ein wohlschmeckendes Gift, eine süße Bitternis, eine erfreuliche Krankheit, eine willkommene Strafe, ein schmeichelnder Tod.]. Die Vernunft listet einen ganzen Katalog von oxymoralen Bezeichnungen der Liebe, der geradezu wirkt, als sei er aus dem volgare der Fragmenta ins Lateinische übersetzt worden. Der plakative Bezug auf Petrarcas eigene Liebeslyrik ist unübersehbar, ist doch das paradoxale Oxymoron geradezu zu einem Markenzeichen petrarkischer und dann allenthalben petrarkistischer Liebesrede geworden, die die Liebe als „viva morte“, „dilectoso male“ usw. thematisiert und die hierin ausgedrückte affektische Kontrarietät explizit diskutiert. 12 Um welche Art von Liebe es sich handelt, wird spätestens klar, als Ratio für eine ihres Erachtens falsche Ansicht von der vermeintlichen Gegenseitigkeit der Liebe sarkastisch das Zeugnis von „nocturnum muliercule tue murmur“ [das nächtliche Geflüster deiner Geliebten] (§ 6) anführt und Gaudium das nächtliche Bettgeflüster keineswegs in Abrede stellt (§ 7). Von dieser Liebe scheint man nun zunächst nicht in einem moralphilosophischen Duktus reden zu können, sondern das Gespräch ist weiter in ‚petrarkistischen‘ Stilemen gehalten (§§ 9–10: Gaudium: „dulciter ardeo“ [ich bin sanft entflammt]. Ratio: „Ego vero, quo suavius arseris eo cautius ex incendio fugiendum consulo: tunc sunt mala periculosissima, cum delectant. Sepe suavitatem hanc durissimus finis exasperat“ [Ich jedoch rate dir, die Leidenschaft umso achtsamer zu vermeiden, je süßer du entflammt bist. Am gefährlichsten sind die Übel, die erfreuen. Häufig verwandelt ein überaus hartes Ende diese Süße in Bitterkeit] – eine ganze Replik

 12 Etwa Rerum vulgarium fragmenta 132 (die obigen Zitate dort Vers 7). Vgl. für die amourösen Oxymora Petrarcas exemplarisch Rerum vulgarium fragmenta 134 „Pace non trovo, et non ò da far guerra“ mit den ausführlichen weiteren Hinweisen in den Kommentaren von Bettarini und von Santagata.

  Bernhard Huss im oxymoralen Register). Das führt dazu, dass auch an Stellen, wo die Liebe abgeurteilt werden soll, ein latentes, positives Faszinosum mitschwingt, das in den positiv konnotierten Elementen der antithetischen Fügungen aufscheint. Resultat ist eine implizite Ambivalenz der Liebeswertung, wie man sie an vielen Stellen der Fragmenta antrifft. Davon muss sich Ratio freimachen wollen, und sie versucht es zuerst mit dem Topos „Jeder Liebende ist blind und leichtgläubig“ (§ 8). Die ‚Leichtgläubigkeit‘ der Liebenden den Insinuationen Amors gegenüber entspringt der Ausschaltung des Vernunfturteils durch amourös bedingte Affekte. Ratio polemisiert gegen die so aufgefasste Liebe als das ihr grundsätzlich feindliche Prinzip. Doch wechselt sie fürs Erste keineswegs in ein moralphilosophisches Register, sondern bleibt im Strahlungsbereich der Dichtung, indem sie schon jenen Topos aus antiker Literatur bezieht (vgl. Ovid, Metamorphoses 7,826; Epistulae heroidum 6,21), dann – fürs eigene Beweisziel durchaus verzichtbar, wo nicht kontraproduktiv – unverhohlen auf Ovids Remedia amoris (§ 10) anspielt 13 und schließlich wörtlich einen Vergilvers (Bucolica 8,108) zitiert (§ 12: „qui amant ipsi sibi somnia fingunt“ [Liebende schaffen sich ihre eigenen Träume]). Doch fruchtet der Rekurs auf die Dichtung nicht, und Gaudium insistiert (§ 15): „Apud me, fateor, delectabile est amare“ [Ich finde, wie ich zugebe, die Liebe angenehm.]. Da wechselt Ratio die Argumentationsspur und polemisiert ad hoc gegen Gaudiums Charakterisierung der Liebe als Positivum (§ 16): „Odiosum mallem ac molestum, quo et fuga mali promptior foret et propinquior spes salutis“ [Mir wäre es lieber, du fändest sie widerwärtig und mühselig; dann würdest du vor dem Übel rascher fliehen, und die Hoffung auf Rettung wäre näher.]. Wäre die Liebe ein Ausweis von Unglück, ließe sich leichter dagegen angehen (nämlich wie Ratio es in Buch 2 gegen die Manifestationen der ‚fortuna adversa‘ allenthalben tut). Nun dagegen – im Einklang mit Petrarcas Aussagen über die besondere Schwierigkeit, dem Glück zu begegnen, in der Vorrede zu Buch 1, §§ 8–9 – muss mit besonderen Schwierigkeiten gegen das vermeintliche Glücksgefühl der Liebe argumentiert werden, weil es sich hier (so Ratio in einer Andeutung eines Themas, das sie später deutlicher aufgreifen wird) um eine Frage der individuellen Einstellung, also des Willens handelt (§ 16): „Nunc delectatio morbum alit; sanus enim fieri respuit quem  13 Ratio sagt in § 10: „Credis ex me audire quod ille magister amorum ait, ut feliciter ardens gaudeas et vento tuo naviges; voluptatis id quidem, non consilii est.“ [Du erwartest wohl von mir, dass ich wiederhole, was jener Lehrer der Liebe sagte, nämlich dass einer, der glücklich verliebt ist, sich freuen und mit günstigem Wind segeln solle.]. Die Anspielung geht auf Remedia amoris 13–14 („Siquis amat quod amare iuvat, feliciter ardet: | Gaudeat, et vento naviget ille suo.“ [Wenn einer liebt, was zu lieben freut, ist er glücklich entbrannt: | Mag er’s genießen und mit günstigem Wind segeln.]).

Das Problem der Liebe in Petrarcas De gratis amoribus  

delectat egrotare“ [Jetzt aber nährt das Vergnügen die Krankheit; wer gerne krank ist, lehnt es nämlich ab, gesund zu werden]. Ratio beginnt jetzt aber noch immer keine philosophische Erörterung, sondern greift auf Beispiele zurück, die apotropäisch wirken sollen (§ 18): Abschreckende Liebesgeschichten aus der Historie (Julius Caesar und Hannibal, deren Liebe zu Kleopatra bzw. einem ‚leichten Mädchen‘ aus Apulien allerdings recht äußerlich, aufgrund eines politisch-sozialen Decorums, negativ eingestuft werden), Liebende aus dem Mythos (die entweder unter ihrer Würde agieren, wie Jupiter, Mars und Herakles, oder tatsächlich unglücklich sind und zu Schaden kommen, wie Byblis, Prokris, Pyramus, Iphis), schließlich Liebende aus der Literatur, deren Liebe erheblichen Schaden für sie selbst und andere angerichtet hat (die Liebesgeschichten, die das Handeln der griechischen Protagonisten des Trojanischen Kriegs motivieren). Der gemeinsame Nenner dieser sehr unterschiedlichen Beispiele ist: Könnten diese Liebenden sich von ihrer Affektgesteuertheit distanzieren und die Umstände ihres Liebens sowie seine Konsequenzen gewissermaßen von außen betrachten, müssten sie vernunftgemäß handeln und die Liebe beenden. Der Erkenntnis müsste der Wille hierzu folgen, wie Ratio eisern ansetzt. Doch Gaudium folgt der negativen Bewertung der Liebe nicht; statt dessen stellt die Freude die Frage nach der Bewertung des Hasses, wenn denn die Liebe schon ein Übel sein solle (§ 19): „Amo. Quid de odio dices, si amorem damnas?“ [Ich liebe. Was aber wirst du über den Hass sagen, wenn du die Liebe verdammst?]. Diese Frage setzt eine Graduierung zwischen Liebe und Hass voraus und unterstellt, der Hass sei schlechter als die Liebe, wo nicht gar der absolut negative Gegenpol zu einem dann notwendig positiven Pol der Liebe. Damit ist die Vernunft auf das philosophische Terrain gestoßen und antwortet zunächst (§ 20): „Ut tu accipis, utrunque damnabo neque ideo bonum aliquid dicam quod adversum malo sit. Duo enim extrema, sibi invicem adversa pariterque a medio, hoc est a virtute, distantia pariter mala sunt“ [So wie du diese Gefühle verstehst, werde ich sie beide verdammen. Ich werde nämlich nicht schon deswegen etwas als ein Gut bezeichnen, weil es einem Übel entgegengesetzt ist. Denn zwei Extreme, die einander entgegengesetzt und in gleicher Weise von der Mitte, der Tugend, entfernt sind, sind in gleicher Weise Übel]. Somit respondiert Ratio mit einem Rekurs auf das aristotelische Theorem der Tugend als Mitte zwischen zwei an sich immer schlechten Extremen (Nikomachische Ethik 2,5–6): Dies nicht so sehr, weil sie sich als konsequente Aristotelikerin gerieren möchte, sondern vielmehr, um Gaudiums Insinuation abzuwehren, die Liebe sei ‚mehr wert‘ und etwas Positiveres als der Hass. Das aristotelische Theorem impliziert, eine Abstufung von Gefühlsstärke und Gefühlspolung, eine Dämpfung des jeweiligen extremen Affekts laufe auf die Tugend (in der Mitte zwischen den Extremen)

  Bernhard Huss hinaus. Doch der Aristotelismus steht hier quer zu dem eigentlichen Ziel von Ratios Diskurs: Denn keineswegs soll die Liebe abgemildert werden, sie (als sinnliche Liebe begriffen) soll statt dessen im Sinne eines stoizistischen Rigorismus eliminiert werden. Es handelt sich, wie Ratio jetzt einzufallen scheint, hier nicht um das Ziel einer ‚Mitte‘ im aristotelischen Sinn. Statt einer abgemilderten Liebe das Wort zu reden müsste man vielmehr die Belanglosigkeit der Liebe aufweisen. So macht Ratio einen philosophisch ziemlich unsauberen Gedankensprung von der aristotelischen Tugendvorstellung zu ‚mittleren‘ Dingen im Sinne der stoischen ‚indifferentia‘, immerhin vielleicht unterstützt von Seneca, der tatsächlich die ‚indifferentia‘ auch als ‚media‘ bezeichnet. 14 Ratio sagt also (§ 24): „Odium atque amorem indifferentia dixerim: nam ut odisse vitium et amare virtutem eque laudabile est, sic seu virtutis odium seu vitii amor eque damnabile“ [Hass und Liebe sind, so möchte ich behaupten, gleichgültige Dinge. Denn wie es gleichermaßen lobenswert ist, das Laster zu hassen und die Tugend zu lieben, so sind der Hass auf die Tugend oder die Liebe zum Laster gleichermaßen zu verurteilen]. Während es sich im stoischen Diskurs bei den ‚indifferentia‘ aber zuvörderst um externe Güter und Zustände handelt, die für den Stoiker weder gut noch schlecht sein sollen (etwa Gesundheit oder Krankheit, Reichtum oder Armut, politische Spitzenpositionen oder Verbannung, letztlich auch Leben oder Tod), 15 stellt Ratios Argumentation ganz auf die Indifferenz der Affekte Hass und Liebe ab: Nicht diese Emotionen an sich trügen einen Wertindex, sondern die Objekte, auf die sie sich jeweils richteten. An ihnen soll sich die grundsätzliche ethisch-moralische Haltung des Individuums erweisen. Der Diskurs müsse daher im Kern um die Antithese Tugend vs. Laster kreisen, so dass für Ratio beide Affekte in ihrer unterschiedlichen Gerichtetheit letztlich irrelevant werden: Über Tugend und Laster kann nur die Vernunft befinden, niemals ein Gefühl. In gewisser Weise bedient sich Ratio hier eines argumentativen Kniffs, denn das tatsächliche Objekt von Gaudiums Liebe (vor allem ja der Körper jener flüsternden Bettgespielin) ist natürlich nicht schlicht indifferent im Sinne der Stoiker, sondern ein Skandalon nicht zuletzt für das christliche Empfinden. Wenn der Gegenstand der Liebe das Wesen und den Wert der Liebe erkennen lässt, muss es mehrere Formen der Liebe geben, also eine mehrfach kodierte Begrifflichkeit der Liebe. Mit dieser Annahme ist Ratio in einem diskursiven Parforceritt nun bei

 14 Vgl. ausführlich dazu Seneca, Ad Lucilium 10,82,14–15. 15 Vgl. einschlägige Stellen wie Seneca, Ad Lucilium 10,82,9–14 und Cicero, De finibus bonorum et malorum 3,16,53.

Das Problem der Liebe in Petrarcas De gratis amoribus  

platonistisch-christlichen Ausdifferenzierungen der Liebe angekommen. 16 Entsprechend unterscheidet Ratio jetzt die Liebe zum Unsichtbaren, Göttlichen, Unvergänglichen als Positivum von der Liebe zum Sichtbaren, Körperlichen, Vergänglichen als Negativum (ein Strategem, das weder zur vorher verfochtenen aristotelischen Mitte noch zum stoizistischen indifferentia-Konzept passt). Mit einem Fervor, der demjenigen des ‚Augustinus‘ und seiner an Franciscus gerichteten Belehrungen aus Petrarcas Secretum meum entspricht, 17 exaltiert Ratio nun die Gottesliebe und diffamiert die Sinnenliebe als eine Art von blasphemischer Verehrung eines falschen Gottes (§§ 26, 28). Doch Gaudium ist unbeeindruckt und wählt nun ein alterstypologisches Argument: Die Liebe sei Teil der ‚iuveniles ludi‘ und als solche nicht zu verdammen (§29). Offensichtlich kennt Gaudium die Definition der Lyrik durch Horaz, ars poetica 83–85, wo als ein typisches Thema junger Leute in Leben und Dichtung „iuvenum curas“ genannt werden (85). Gewissermaßen soll die Liebe einem ‚anakreontischen‘ Sektor oder Zeitabschnitt des Lebens zugehören; ein ganz leiser erster Vorausklang auf das Thema Liebesdichtung, das nun sogleich aufkommen wird. Auch Ratio gerät in ihrer Replik sogleich wieder ins poetische Register und spricht quasi petrarkistisch (§ 30: „ah miser!, quos inter scopulos fragilem cymbam agis!“ [ach du Armer, zwischen welch gefährlichen Klippen versuchst du den zerbrechlichen Kahn hindurchzusteuern!]), bevor sie sich kurz noch ermannt und nachdrücklich zu unterstreichen versucht, die Möglichkeit einer Abkehr von der weltlichen Liebe sei allein von der Willenseinstellung des Individuums abhängig (§§ 33–34 Gaudium: „Amo: nec possum aliter nec volo“ [Ich liebe: ich kann nicht anders und will es auch nicht], Ratio: „Posses nempe si velles et forsan adhuc volventibus annis voles, usw.“ [Du könntest es freilich, wenn du nur wolltest. Und vielleicht wirst du mit den Jahren noch den Willen dazu aufbringen, usw.]). Damit ist sie in einen stoizistischen Voluntarismus zurückgefallen, wie

 16 Der Kommentar von Rawski (Francesco Petrarca: Petrarch’s Remedies for Fortune Fair and Foul. Übers. und komm. von Conrad H. Rawski. 5 Bde. Bloomington, Indianapolis 1991) verweist z. St. passend auf eine Augustinus-Stelle aus den Enarrationes in Psalmos 31,2,5 (PL 36,260). 17 Vgl. etwa ‚Augustinus‘ in Secretum meum 3,29: „Nichil est quod eque oblivionem Dei contemptumve pariat atque amor rerum temporalium, iste precipue quem proprio quodam nomine Amorem et, quod sacrilegium omne transcendit, Deum etiam vocant, ut scilicet humanis furoribus excusatio celestis accedat fiatque divino instinctu scelus immane licentius.“ [Es gibt nichts, was so sehr dazu führt, dass Gott vergessen und verachtet wird, wie die Liebe zu vergänglichen Dingen, und vor allem diejenige, die man mit einer Art Eigenname als ‚Amor‘ und sogar – schlimmer als jeder Frevel! – als Gott bezeichnet, natürlich damit dem menschlichen Wahnsinn eine himmlische Entschuldigung zur Seite tritt und ein ungeheures Vergehen durch einen göttlichen Antrieb noch zügelloser werden kann.].

  Bernhard Huss ihn häufig auch der ‚Augustinus‘ des Secretum meum vertritt, besonders energisch im ersten Buch des Dialogs mit Franciscus. 18 Doch auch das hat keine Resonanz, und so ist Ratio bereits am Aufgeben (ähnlich wie ‚Augustinus‘ in Secretum meum 3,105); es bleibt ihr zunächst nur ein etwas hilfloser Sarkasmus (§ 36): „Age igitur; lude, insani, somno letare: experrectus flebis“ [Nur zu. Hab deinen Spaß, sei verrückt und erfreu dich an deinen Träumen: Nach dem Aufwachen wirst du weinen]. Statt wie in De remediis meist üblich bei der Wiederholung der Grundaussage vom Anfang des Dialogs zu bleiben, führt Gaudium nun einen neuen Aspekt in die Diskussion ein. Nicht ‚weinen‘, sondern ‚singen‘ will die Freude, soll heißen: Liebesgedichte verfassen, und dadurch Trost im von Ratio für die Zukunft angedrohten Liebesleid gewinnen (§ 37): „Ego vero non flebo, sed canam meque ipsum more amantium carminibus consolabor“ [Ich werde aber nicht weinen, sondern singen und mich nach Art der Liebenden mit Gedichten trösten]. So ist nun die Verbindung des Themas sinnliche Liebe mit dem Schreiben von Texten über die Liebe nicht nur (wie zu Beginn des Dialogs) implizit nahegelegt, sondern ganz explizit formuliert. Die Funktion einer ‚Tröstung‘, die die Gedichte haben sollen, verweist dabei auf klassische Vorbilder wie Horaz, Carmen 4,11,35–36 („minuentur atrae | carmine curae“ [finstere Sorgen werden sich durch ein Lied/ein Gedicht vermindern]), spielt aber vor allem auf die Trostfunktion an, die in den Rerum vulgarium fragmenta aus der Warte des unglücklich liebenden Ich der Liebesdichtung häufig zugeschrieben wird, im Sinne der berühmten Zeile RVF 23,4: „Perché cantando il duol si disacerba“ [Weil der Schmerz durch Singen seine Bitterkeit verliert]. 19 Ratio, die gerade dabei war, die Waffen zu strecken, springt auf dieses Thema sofort an (§ 38: „Est hoc quidem de quo multa dici possunt et quando huc me trahis insistam“ [Darüber lässt sich freilich vieles sagen. Und da mich auf dieses Thema bringst, will ich nun näher darauf eingehen]). Sie scheint zuallererst von einer Faszination für die Liebeslyrik getrieben, wenn sie zwar von Unvernunft und Wahnsinn der Liebenden spricht, die sich in lyrischen Texten manifestiere (notabene: das geschieht unter Rückgriff auf den literarischen Topos ‚amantes amentes‘ 20), zugleich aber die Qualität der griechischen und lateinischen Liebeslyrik betont (§ 38): „Nam et poetas Graiorum et vestros quedam de  18 Vgl. im Secretum meum u.a. 1,3; 1,10–12; 1,15–16; 1,26; 1,33. 19 Vgl. die zahlreichen weiteren Stellenangaben im Kommentar von Santagata und Bettarini, u.a. RVF 127,10–11 „[…] dirò, perché i sospiri | parlando àn triegua, et al dolor soccorro“; 276,4 „cerco parlando d’allentar mia pena“. 20 Vgl. Plautus, Mercator 1,1,82: „amens amansque“, Terenz, Andria 1,3,218: „nam inceptiost amentium, haud amantium“; Apuleius, Apologia 84,1: „Dic tu, quibus verbis epistulam finierit mulier obcantata, vecors, amens, amans“.

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alienis, multa de suis amoribus plausibiliter conscripsisse compertum est“ [Bekanntlich haben ja sowohl die Dichter der Griechen als auch die euren auf wunderschöne Weise über die Liebe geschrieben]. Der Inhalt der Liebesgedichte von Autoren wie Sappho, Alkaios, Anakreon, Ovid, Catull, Properz, Tibull wird von der Vernunft erwartungsgemäß verurteilt, doch schreibt ihre diesbezügliche Diskussion zugleich eine – für die Bekämpfung von Gaudiums Irrtum keineswegs erforderliche – Skizze einer ganzen Gattung und ihrer Geschichte, mag es sich dabei auch um ein „vanitatis genus“ [Genre der Nichtigkeit] (§ 38) handeln. Schlimm ist allerdings, dass auch eine Autorität wie Platon sich in diesem Genus versucht hat (Ratio denkt an die Platon zugeschriebenen erotischen Epigramme, für die sie den Philosophen binnen kurzem explizit attackieren wird), 21 womit aus der Diskussion der Liebeslyrik heraus die Stellung der Philosophen zur Liebe zur Debatte steht. Zunächst nimmt sich Ratio die Stoiker vor und möchte, ausgehend von dem herausfordernden Diktum „Stoici vero et sapientem amaturum esse dicunt“ [Nach Ansicht der Stoiker wird auch der Weise lieben] (Cicero, Tusculanae disputationes 4,34,72), sicherstellen, dass sich dahinter keine stoische Lizenz zur sinnlichen Liebe verbirgt; dabei wird unterstrichen, dass die sinnliche Liebe keinesfalls die von den Stoikern stets geforderte Freiheit von Begierde und Affekt sicherstellen kann, sondern das Gegenteil mit sich bringt. Daher könne mit der von Cicero bezüglich der stoischen Liebestheorie erwähnten ‚Schönheit‘ (vgl. ebd. „[Stoici] amorem ipsum ‚conatum amicitiae faciendae ex pulchritudinis

 21 Ratio leitet in § 38 die Diskussion der Relation der Philosophen zur Liebe mit der Bemerkung ein „Apud illos tamen non communes quosque sed severissimos philosophorum stoicos ipsumque, quod miraberis, Platonem in hoc errore versatos scimus.“ [Wie wir wissen, sind bei den Griechen nicht nur alle gewöhnlichen, sondern auch die Stoiker, die strengsten der Philosophen, und sogar, was dich wundern wird, Platon diesen Irrweg gegangen.] und verschärft den Angriff wenig später zu „Plato, inquam, utique summus vir, de amoribus suis etiam turpibus, quanquam vero philosopho nulla libido non turpis et inconcessa sit, pace tanti viri dixerim, multa licentius scripsit quam quibus platonicum nomen ascribendum esset.“ [Platon also, in jedem Fall ein ganz herausragender Mann, hat auch, obwohl für einen wahren Philosophen jedes sexuelle Verlangen schändlich und unstatthaft ist, über seine schimpflichen Liebesbeziehungen vieles – mit Verlaub – so freizügig geschrieben, dass es unter seinem Namen nicht hätte erscheinen dürfen.]. Diese Bemerkung bezieht sich ebenso wie das in § 38 Folgende auf die Platon zugeschriebene, erotisch getönte Epigrammatik, die zu großen Teilen in der Anthologia Palatina bzw. Planudea erhalten, aber auch in anderen Textkonglomeraten überliefert ist. Petrarca konnte mindestens der berühmte Text bekannt sein, in dem das lyrische Ich (‚Platon‘) den Agathon küsst, siehe den griechischen Text mit lateinischer Paraphrase bei Aulus Gellius, Noctes Atticae 19,11 und Macrobius, Saturnalia 2,2,15–17. Auf die Macrobius-Stelle spielt Petrarca in Seniles 15,11,13–14 explizit an; Paragrapenzählung des lateinischen Texts nach der Ausgabe Francesco Petrarca: Res seniles. Lateinisch-Italienisch. Hg. von Silvio Rizzo mit Monica Berté. 5 Bde. Florenz 2006–2019.

  Bernhard Huss specie‘ definiunt“ [Die Stoiker definieren die Liebe gerade als ‚das Bestreben, ausgehend von einer Erscheinungsform/vom Anblick des Schönen Freundschaft zu schließen]) niemals eine körperliche Schönheit gemeint sein. In ihrem Versuch darzutun, welche Art von Liebe einem Stoiker denn dann zukommen könne, lässt sich die Vernunft aus dem Rayon der stoischen Philosophie ins biblische Christentum treiben und definiert den stoischen Weisen im Sinne der Bergpredigt um, indem sie ihm alle Arten von ‚caritas‘ von der Nächstenliebe bis hin zur Feindesliebe zuschreibt und nicht versäumt, den in der Bergpredigt fixierten diesbezüglichen göttlichen Auftrag zu erwähnen (§ 38): „Amabit enim sapiens deum, ut dixi, amabit et proximum, amabit virtutem, sapientiam, patriam, parentes, filios, fratres et amicos et, si verus sapiens fuerit, etiam inimicos amabit, non propter illos, fateor, sed propter eum qui hoc iubet“ [Der Weise wird nämlich, wie gesagt, Gott lieben, er wird auch seinen Nächsten lieben, er wird die Tugend, die Weisheit, das Vaterland, die Eltern, Kinder, Brüder und Freunde lieben, und falls er ein echter Weiser ist, wird er sogar seine Feinde lieben, nicht um ihretwillen, wie ich zugebe, sondern aus Liebe zu dem, der dies befiehlt]. 22 Mit dieser philosophisch-theologischen Hybridisierung verlässt Ratio die Stoiker, geht nun auf jene verwerflichen Gedichte Platons ein (s.o.), denen sie allerdings, fürs Poetische hochsensibel, stilistische Brillianz im Sinne lyrischer ‚Süße‘ (‚stili dulcedo‘) bescheinigt, und kommt unter Zitation von zwei Horazversen (Sermones 1,2,109– 110 „Hiscine versiculis speras tibi posse dolores | atque estus curasque graves e pectore pelli?“ [Hoffst du, mit diesen Verslein könnten dir Schmerzen, | Verunsicherung und schwere Sorgen aus der Brust vertrieben werden?]) zu dem Schluss, das Verfassen lyrischer Texte lindere die amouröse Qual nicht, sondern verschärfe sie statt dessen. Das Ziel Ratios ist hier nicht nur, Gaudium von der Lust an körperlicher Liebe abzubringen, sondern auch vom Schreiben einschlägiger Texte. Das entspricht ganz dem Ziel, das ‚Augustinus‘ im dritten Buch des Secretum meum verfolgt (3,94 et passim), wenn er in ausführlicher Argumentation eindringlich zu erweisen sucht, die literarische Beschäftigung des Franciscus entspringe seiner verwerflichen Bindung an ‚amor‘ und ‚gloria‘ und müsse zugunsten einer Konzentration auf das christlich verstandene Seelenheil aufgegeben werden. Wie Franciscus in Secretum meum (3,103–104), so signalisiert auch Gaudium an unserer Stelle nun eine mögliche Einsicht, ein Einlenken, dessen Konsequenzen aller-

 22 Vgl. Mt 5,43–44 „audistis quia dictum est […] diliges proximum tuum et odio habebis inimicum tuum […] Ego autem dico vobis: diligite inimicos vestros.“ [Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist …: ‚Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen.‘ … Ich aber sage euch: ‚Liebet eure Feinde.‘]; s. auch Lk 6,27–28; 6,35.

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dings offenbleiben (§ 39): „Credere iam tandem admonitus et expertus incipio; quamobrem, si libet, omissis aliis ad remedia stilum verte“ [Aufgrund deiner Ermahnung und meiner eigenen Erfahrung beginne ich jetzt doch, dir zu glauben] (zur Formulierung vgl. Franciscus in Secretum meum 1,7 „Oblivisci ceperam, sed incipio recordari“ [Ich hatte begonnen es zu vergessen, fange aber an mich zu erinnern]). Wunschgemäß beginnt Ratio mit einer Diskussion verschiedener Heilmittel der Liebe, vom Ortswechsel bis hin zum gefährlichen Mittel, absichtlich eine neue Liebesbeziehung zu beginnen, um die alte zu vergessen. 23 Zentral gestellt wird erneut der Wille zum Abbruch der Liebe, letztlich sei der Erfolg jedes Heilmittels abhängig von einer positiven voluntativen Haltung des Betroffenen. 24 Unter den besprochenen Remedien hebt die Vernunft als für „edle Geister“ besonders tauglich das Schamgefühl hervor, das der unschicklich Liebende verspüre (§ 40): „Multos preterea curavit pudor, quod maxime generosis animis accidit, dum obversatur infamia irrisioque dumque se digito signari vulgique fabulam fieri dolent, dum sub oculos redit rei feditas, fructu vacua, plena dedecore, plena periculis, plena doloribus ac penitentie causis“ [Viele hat außerdem das Schamgefühl kuriert, was besonders bei edlen Geistern der Fall ist, wenn ihnen Schande und Spott begegnen, wenn es sie schmerzt, dass mit dem Finger auf sie gezeigt wird und die Masse über sie herzieht, und wenn ihnen ihre abscheuliche Leidenschaft wieder vor Augen tritt, die keine Früchte trägt, sehr un-

 23 Eine ähnliche Diskussion von Heilmitteln gegen die Liebe führen in Secretum meum 3,36–71 ‚Augustinus‘ und Franciscus, z.T. ebenfalls unter Rückgriff auf Ciceros Thematisierung der Liebe in den Tusculanae disputationes. Dabei werden Ortswechsel (3,39–46; 3,52) und sonstige äußere Maßnahmen anders als in den Worten der Ratio dezidiert abgelehnt und noch nachdrücklicher als in unserem Dialog auf die Notwendigkeit einer inneren, willensmäßigen und auf Einsicht beruhenden Distanzierung von sinnlicher Liebe insistiert. – Die ‚neue Liebe‘ als Gegenmittel zur alten findet Ratio nach einer Diskussion der Ersetzung von Vashti durch Esther als Frau von Artaxerxes/Ahasuerus (Referenztext ist Flavius Josephus, Antiquitates Judaicae 11,6,2,195–203, vgl. die biblische Vorlage Esther 1,1–2,18) einerseits gefährlich, andererseits aber potentiell nützlich! Der Respekt und das Interesse des Autors gegenüber der in Josephus aufscheinenden biblischen Welt (Petrarca hat in seinem Josephuskodex Parisinus lat. 5054, fol. 162r, den Beginn des Passus mit der Randnotiz „consilium ad sedandum amorem“ versehen, vgl. Refe, Laura: Le postille del Petrarca a Giuseppe Flavio (Codice Parigino lat. 5054) (Florenz 2004) [Materiali per l’Edizione Nazionale delle Opere di Francesco Petrarca 3], S. 196–197), die hinter diesem Beispiel stehen, führen Ratio hier in ein Argument, das für ihre Grundthese ausgesprochen schädlich ist. 24 § 40: „Esse enim in egrotantis arbitrio ut sanus fiat, mox ut bona fide velle ceperit et blande consuetudinis dulces nexus abruperit, laboriosum certe sed volenti possibile.“ [Es liegt nämlich im Ermessen des Kranken, gesund zu werden, wenn er denn beginnt, es zuversichtlich zu wollen und die süßen Bande einer liebgewonnenen Gewohnheit zerreißt, was sicherlich mühsam, aber für den, der es will, möglich ist.].

  Bernhard Huss ehrenhaft, gefährlich und mit vielen Schmerzen verbunden ist und viel Anlass zur Reue gibt]. Damit liefert Ratio geradezu eine Inhaltsangabe des Proömialsonetts von Petrarcas Rerum vulgarium fragmenta, mithin eines Textes, der programmatischen Wert für Petrarcas gesamte Liebesdichtung hat. Als ‚fabula vulgi‘ in aller Munde zu sein und die Zeigefinger der Menge auf sich gerichtet zu sehen, wird in RVF 1,9–11 als sehr unerwünschte Konsequenz aus der Liebeserfahrung und der diese Erfahrung verarbeitenden Liebesdichtung des lyrischen Subjekts präsentiert („Ma ben veggio or sì come al popol tutto | Favola fui gran tempo, onde sovente | Di me medesmo meco mi vergogno“ [Aber ich sehe nun sehr wohl, wie ich dem ganzen Volk | lange Zeit zum Gerede diente, wofür ich häufig | mich vor mir über mich selbst schäme]). Auch in den Fragmenta resultiert daraus unmittelbar Erkenntnis, Scham, Reue und der Wunsch nach einer Umkehr, die zugleich eine Abkehr von der Welt wäre (1,12-14: „Et del mio vaneggiar vergogna è ’l frutto, | E ’l pentersi e ’l conoscer chiaramente | Che quanto piace al mondo è breve sogno“ [Und meines eitlen Tuns Frucht ist Scham, | und Reue und die klare Erkenntnis, | dass alles, was der Welt gefällt, ein kurzer Traum ist]). So macht Ratio implizit die starke Präsenz von Petrarcas Rolle als lyrischer Autor und seiner liebeslyrischen Texte in diesem Dialog erneut deutlich. Sie konterkariert aber auch ihre sehr grundsätzliche Warnung vor lyrischer Rede: Denn ganz offensichtlich werden in Liebeslyrik, wie man an RVF 1 ablesen kann, nicht nur die Verlockungen der Liebe dargestellt und exaltiert, sondern auch ihre negativen Folgen und die Gefahren reflektiert, die sie mit sich bringt – Lob der Liebe und Absage an die Liebe sind in Petrarcas Lyrik kopräsent, weshalb der undifferenzierte Generalangriff Ratios auf die Liebesdichtung als „vanitatis genus“ (s.o.) ins Leere läuft. Der implizite Autor des Dialoggeschehens inszeniert eine diskursive Situation, in der die Skepsis gegenüber Weltverfallenheit und Säkularität zum Ausdruck kommt, aber nicht als letztgültige Position durchschlägt. Dementsprechend hilflos ist Ratio am Schluss ihrer Behandlung möglicher ‚remedia amoris‘. Wenn selbst alle Heilmittel zusammen versagen sollten (§ 40: „Si neque horum aliquo neque omnibus convalescas“ [Wenn du weder mithilfe eines dieser Heilmittel noch mithilfe aller gesund wirst]), müsse man sich auf die Ursachen der ‚Krankheit‘ konzentrieren (Gesundheit, Schönheit, Reichtum, Muße, Jugend, und zwar offenbar teils auf der Seite der Liebenden, teils der Geliebten) und sich deren Gegenteil vor Augen halten (Krankheit, Hässlichkeit, Armut, anstrengende Arbeit, vorgerücktes Alter). Diese antithetische Argumentationsmethode entspricht zwar in weiten Teilen einem allgemeinen Strukturmuster von Ratios Reden in De remediis, ist aber als Abschluss einer so aufwendigen Debatte sehr halbherzig. Der Dialog bricht damit ab. Gaudium äußert sich nicht

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mehr, so dass wir über den ‚Erfolg der Behandlung‘ nichts erfahren. Makrostrukturell ergibt sich eine ironische Konterkarierung von Ratios Heilmethoden durch den Beginn des folgenden Dialogs (1,70 De ortu filiorum), wo Gaudium in § 1 verkündet: „Nati michi sunt filii“ [Mir sind Kinder geboren worden]. Auch in diesem Dialog teilt also Gaudium das Bett mit einer weiblichen Person, die nunmehr schwanger geworden ist. Wir haben gesehen, dass der gesamte Dialog De gratis amoribus in der Argumentation gegen die Sinnenliebe alle möglichen philosophischen und theologischen Register zu ziehen versucht; aristotelische, stoizistische und platonische Tugendlehren, die untereinander absolut inkompatibel sind, werden aufgerufen; der Platonismus wird mit dem Christentum verschaltet, doch auch das Ideal des stoischen Weisen wird christianisiert, indem stoische ‚Liebe‘ mit der Liebeskonzeption der Bergpredigt überschrieben wird. Das hat zwar Anklänge an die Position des Augustinismus, der in der Übernahme stoizistischer Philosopheme den menschlichen Affekt prinzipiell positiver grundiert als die Stoa, 25 ist aber im Rahmen des Dialogverlaufs nicht schlüssig und bringt Ratios Anliegen auch nicht voran. Überdies wird das gesamte Thema von vornherein auf der großenteils unausgesprochenen Folie von Petrarcas eigener Liebesdichtung ausgebreitet. In dieser ist die Bewertung der Liebe ebenso wie des von Petrarca immer wieder thematisierten Schreibens über die Liebe notorisch prekär und ambivalent, und diese Ambivalenz wird Ratio in ihrer Beweisführung niemals los. Wenn man Petrarcas Dialog ins Italienische übersetzt, ist man zwangsläufig mit dem Problem konfrontiert, dass das primäre italienischsprachige Referenzmodell für die Textpassagen, die sich auf Liebeslyrik beziehen, von Petrarca selbst stammt. Während im lateinischen Original Ratios und Gaudiums Diskurs sich beim Reden über das Schreiben über die Liebe in sprachlicher Distanz halten konnten, fallen in einem volgarizzamento der Metadiskurs und der petrarkische Primärdiskurs der Liebesrede linguistisch-stilistisch in eins. Das schafft eine Herausforderung für den Übersetzer, da ein solcher linguistischer Registerwechsel ideologisch belastet ist und die Rede Ratios und Gaudiums über die Liebe Petrarcas ambivalente Aussagen über die Liebe umso stärker evoziert, je unvermeidlicher die Nähe des Metadiskurses (De remediis) zum Primärdiskurs (Rerum vulgarium fragmenta) wird.

 25 Vgl. Alvin Jacob Holloway: The Transformation of Stoic Themes in St. Augustine. Fordham 1966, S. 234–246, 255–257, 266; Marcia L. Colish: The Stoic Tradition from Antiquity to the Early Middle Ages. Bd. 1. Leiden 1985, S. 222–225.

  Bernhard Huss Dieser Herausforderung stellte sich in den 1420er Jahren der Florentiner Giovanni Dassaminiato (1360–1428), 26 dessen volgarizzamento 1427 vollständig vorlag. Dassaminiatos Leben ist vor allem aus seinem Briefwechsel mit Coluccio Salutati 27 zu rekonstruieren, darüber hinaus sind einige andere Dokumente von Bedeutung, etwa das Professbuch des Klosters Santa Maria degli Angeli, 28 in dem er als Subprior sein Leben beschloss. Giovanni war früh mit Literatur in Berührung gekommen, 29 kannte sicherlich die Texte der ‚tre corone fiorentine‘ gut, wandte sich aber in ökonomischer Frustration vom Schriftstellertum ab. Er verdingte sich zeitweise als Soldat und hatte einen Posten in der Verwaltung als Sekretär eines nicht identifizierbaren Fürsten oder Potentaten, bevor er sich von der Welt abwandte und als Camaldulenser ins Kloster Santa Maria degli Angeli eintrat. 30 Er übersetzte mehrere Texte ins volgare, darunter De remediis (als De’ Rimedii dell’una e dell’altra Fortuna, 31 woraus er auch Fioretti de’ Rimedii contro

 26 Vgl. zu Giovanni Dassaminiato allgemein Viviana Pelloni: Giovanni da San Martino. In: Dizionario Biografico degli Italiani. Bd. 56. http://www.treccani.it/enciclopedia/giovanni-dasan-miniato_%28Dizionario-Biografico%29/. 2001 (10.02.2020) und die nach wie vor nützliche und sorgfältige Darstellung seiner Vita bei Georg Dufner: Die Moralia Gregors des Großen in ihren italienischen volgarizzamenti. Padua 1958 (Medioevo e Umanesimo 4), S. 33–50. 27 Vgl. zu Giovannis Korrespondenz mit dem florentinischen Kanzler Remi Coulon (Hg.): Beati Iohannis Dominici Cardinalis S. Sixti Lucula Noctis. Paris 1908 (Opera Selecta Scriptorium Ordinis Praedicatorum 1), S. LII-LXXVII; Theodore F. Rich: Giovanni da Sanminiato and Coluccio Salutati. In: Speculum 11 (1936), S. 386–390; Berthold L. Ullman: The Humanism of Coluccio Salutati. Padua 1963, S. 60–61, 69; Berthold L. Ullman: Studies in the Italian Renaissance. Rom 1973 (Storia e Letteratura. Raccolta di Studi e Testi 51), S. 248–249; Claudio Mésoniat: Poetica theologia. La Lucula Noctis di Giovanni Dominici e le dispute letterarie tra ‘300 e ‘400. Rom 1984 (Uomini e Dottrine 27), S. 7, 33–34, 65–66. 28 Zu S. Maria degli Angeli, einer Bildungsstätte und einem Ort der Auseinandersetzung mit literarischen Texten und mit der Bildenden Kunst, vgl. Costanzo Somigli und Tommaso Bargellini: Ambrogio Traversari, monaco Camaldolese. La figura e la dottrina monastica. Bologna 1986, S. 50–54. 29 Vgl. Dufner (Anm. 26), S. 35. 30 Zu Giovannis mönchischem Leben und seiner Karriere im Kloster, wo er Organisationstalent bewiesen zu haben scheint und als Ökonom geschätzt war, vgl. Dufner (Anm. 26), S. 40–50, Mésoniat (Anm. 27), S. 36–37. 31 Vgl. zu Giovannis volgarizzamento von Petrarcas Text allg. Rosella Bessi: Note su volgarizzamento del ‚De remediis utriusque fortune‘. In: Quaderni Petrarcheschi 9–10 (1992/93), S. 629– 639; Petrarca/Fenzi (Anm. 3), S. 51–53. Im Verlauf des Quattrocento scheint Giovannis Version in der Gunst des italienischen Lesepublikums das lateinische Original überflügelt zu haben: Mann: A Checklist (Anm. 4), S. 58; Julie Singer: Blindness and Therapy in Late Medieval French and Italian Poetry. Cambridge 2011, S. 96 mit Anm. 43); es sind eine Reihe von Abschriften für teils illustre Auftraggeber bekannt: Mann: A Checklist (Anm. 4), S. 89–90; Bessi (Anm. 31),

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Fortuna extrapolierte und separat in Umlauf brachte) und die Moralia Gregors des Großen. 32 Giovanni ist vor allem als wichtige Figur im Disput um die Wertigkeit der Dichtung von Bedeutung; er hat in Schreiben an Salutati und an dessen Vertrauten Angelo Corbinelli dichtungskritisch Stellung bezogen, hat Salutati zu dessen umfangreichster brieflicher Verteidigung der Dichtung provoziert und hat die Vorlage für die theologische Verdammung der Dichtung in Giovanni Dominicis Lucula noctis geliefert. 33 In dem erhaltenen Brief an Corbinelli warnt Giovanni, der hier die antiliterarischen Ressentiments eines Apostaten zu haben scheint, eindringlich vor der Beschäftigung mit weltlicher Dichtung: 34 Insbesondere sind es zunächst die Liebesgeschichten der antiken Literatur und des Mythos, die Giovanni scharf verurteilt (Daphne, Proserpina, Mars und Venus, Bacchus, Priapus, Europa); explizit genannt werden Ovids Amores, Statius’ Achilleis, Homers Odyssee (Z. 36–40). Aber auch die Epik schlechthin (Lucan, Pharsalia; Statius, Thebais) ebenso wie die „tragedorum commenta satirorumve censure mordaces“ [die Erfindungen der Tragöden und die bissige Kritik der Satiriker] erregen Giovannis starkes Missfallen (Z. 40–43). Insgesamt sind alle diese Texte substanzlos und blasphemisch und schädigen die Moral des Lesepublikums in verheerender Weise (Z. 43–47). Alle nur denkbaren Ausformungen von Unzucht und mangelndem Anstand werden von der Literatur akzeptiert und ausgestellt (Z. 47–50), „ubi omnium proponitur spurcitiarum sentina, scelerum scola, et omnium instrumenta vitiorum“ [wo der Abschaum aller Schmutzigkeiten, eine Schule des Verbrechens und aller Laster Mittel dargeboten werden] (Z. 51–52). Insbesondere moralisch Ungefestigte sind durch Lektüre dichterischer Texte in hohem Maße gefährdet (Z. 130–132). Unter Verweis auf den Hieronymusbrief 21,13 wird überdies vor der Lektüre paganer Philosophen und Redner gewarnt (Z. 56–64). Zwar sei es besser, Seneca und Aristoteles direkt zu lesen als etwas aus Dichtung lernen zu wollen, doch am weitaus besten sei die Lektüre

 S. 638–639; Mann: I manoscritti (Anm. 4), S. 395. Zur Textbasis der von uns herangezogenen Edition von 1867 vgl. Petrarca, Stolfi (Anm. 5), S. 34–35. 32 Vgl. detailliert Dufner (Anm. 26), S. 51–80. 33 Vgl. Ullman: The Humanism (Anm. 27), S. 63–64, 69; Mésoniat (Anm. 27), S. 37; Bodo Guthmüller: Zur religiösen Polemik gegen das Studium der antiken Dichter in Italien um 1400. In: Wechselseitige Wahrnehmung der Religionen im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit. Teil II. Kulturelle Konkretionen (Literatur, Mythographie, Wissenschaft und Kunst). Hg. von Ludger Grenzmann, Thomas Haye, Nikolaus Henkel und Thomas Kaufmann. Berlin, Boston 2012 (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen N.F. 4), S. 95–96 (dort passim zum Kontext der Diskussion um die Dichtung). 34 Der Brief ist publiziert in Ullman: Studies (Anm. 27), S. 247–253 (Kap. 11); wir zitieren nach Ullmans Zeilenzählung.

  Bernhard Huss der Heiligen Schrift (Z. 108–127). Die Dichtung gilt Giovanni schlechterdings als Werkzeug des Teufels, der sich freilich eines süßen Stils bediene, um zur Unmoral zu verlocken (Z. 91–95: „Ne dubites hanc poesim esse muscipulam diaboli qua miseras animas ad imaginem Dei factas de Cristi corpore surripiat, que, dum leni modulatione sonori carminis vanarumque fictione fabularum mentem demulcet, a sui rectitudine tramitis false suadela dulcedinis distrahit“ [Zweifle nicht daran, dass diese Dichtung eine Falle des Teufels ist, mit der er die unglücklichen, nach dem Abbild Gottes geschaffenen Seelen vom Kruzifix wegführt und die, indem sie mit der sanften Melodie eines klangvollen Liedes und mit der Erfindung lügenhafter Geschichten den Geist bezaubert, ‹die Seelen› von ihrem rechten Weg durch die Überredungskunst falscher Süße wegzieht]). Und mit Boethius (De consolatione philosophiae 1,1,8–9) wird festgehalten, die Dichtung sei durch ihre gefährliche Präsentation eines moralisch anrüchigen Affektszenariums ein grundsätzliches Hindernis für die Betätigung der menschlichen Vernunft (Z. 70–71: „Hec sunt enim que infructuosis affectuum spinis uberem fructibus rationis segetem necant.“ [Dies sind nämlich diejenigen, die mit den unfruchtbaren Dornen der Affekte die fruchtreiche Saat der Vernunft töten.]). Giovanni präsentiert sich somit auf einer Linie mit der Polemik der Ratio in De remediis, ohne deren ab und an aufblitzende Wertschätzung poetischer Diktion zu teilen. Dies wird, so kann man annehmen, Folgen haben, wenn Giovanni sich bei seiner Übersetzungsarbeit an De remediis (seines Erachtens der Text eines zutiefst christlichen Autors 35) den Dialog De gratis amoribus vornimmt. 36 Wie geht Giovanni mit diesem Dialog um? Zunächst einmal fällt auf, dass er sich bemüht, seinem italienischen Lesepublikum Petrarcas Text durch Beifügungen näher zu bringen, die Realia, metaphorische Wendungen oder Elemente des Mythos erläutern: Die Anspielung auf Kleopatra als Caesars Geliebte etwa (§ 18: „ab amore regio“) vereindeutigt der volgarizzamento zu (278): „della reina Cleopatra“. Ratios sarkastische Einlassung (§ 8) „Quod si fidem iuramento amatorio vis inesse, scriptum ab amante cyrographum tenera in glacie testibus austris in medium profer“ [Wenn du überprüfen willst, ob ein Liebesschwur vertrauenswürdig ist, dann lege den von deiner Geliebten auf dünnes Eis geschriebenen Schwur den Südwinden als Zeugen vor] ergänzt Giovanni im Anschluss an seine relativ freie Übersetzung mit einer Erläuterung dieser Metaphorik (277): „i quali venti, perchè sono caldi, tosto struggeranno la ghiaccia, e così vedrai poco durare l’amore di colei verso di te, quante [sic] fa la ghiaccia al caldo“ [welche Winde,  35 Vgl. Bessi (Anm. 31), S. 632–633, 639. 36 Im Folgenden zitieren wir den volgarizzamento mit der Seitenzahl der Edition Stolfi sowie ggf. mit der von uns ergänzten Paragraphenzählung nach der lateinischen Edition Carraud.

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weil sie heiß sind, bald das Eis schmelzen lassen, und so wirst du sehen, dass die Liebe von dieser da zu dir kurzlebig ist, wie es dem Eis in der Hitze geht]. Die Anspielung auf den eifersüchtigen Kampf um Helena als eine Hauptursache des Trojanischen Kriegs (§18: „notis Troiam flammis ardentem“ [den berühmten Brand von Troja]) erklärt Giovanni durch den expliziten Verweis auf Helenas Entführung (279): „e come Troia fu arsa per la presura d’Elena, che ogni uomo sae“ [und wie Troja aufgrund von Helens Entführung verbrannt wurde, wie jeder Mensch weiß]. Auch die Bemühung um eine gewisse ‚Italianisierung‘ des Texts soll ihn für italienischsprachige Rezipienten zugänglicher machen: So setzt Giovanni sowohl zu den lateinischen Dichtern als auch zu den römischen Philosophen eine entsprechende Herkunftsbezeichnung (281, § 38: „Ancora che dirò dei vostri Italiani? Cioè, Ovidio, Catullo, Properzio, Tibullo [...]“, „più maturità e continenzia ne’ filosafi Italiani, che ne’ Greci [...] alcuno filosafo Italiano“ [Was kann ich noch über Eure Italiener sagen? Das heißt, Ovid, Catull, Properz, Tibull [...]“, „mehr Reife und Selbstbeherrschung bei italienischen Philosophen, als bei den Griechen [...] irgendein italienischer Philosoph]), wo Petrarcas Ratio nur von ‚vestri‘ spricht. Deutlich dogmatischer orientiert fallen Eingriffe aus, mit denen Giovanni die Textaussagen moralphilosophisch verschärft, religiös vereindeutigt oder theologisch korrigiert. Dass an Stellen, die auf den christlichen Gott anspielen, dieser von Giovanni auch explizit genannt wird (282, § 38: „propter eum qui hoc iubet“ [in Rücksicht auf den, der dies befiehlt] wird „per rispetto di colui, che lo comanda, cioè Idio“ [aus Respekt vor dem, der es befiehlt, also vor Gott]), ist ein etwas kraftloses Beispiel; andere Fälle sind deutlicher: So etwa in § 12, wo Petrarcas Ratio die Meinung Dritter anführt, wonach das Vorliegen oder Nicht-Vorliegen von Gegenliebe für den Liebenden gleichermaßen schädlich sei („Etsi enim facilitatem amoris atque difficultatem eque nocivam quidam dicant, quod facilitate animus capiatur, cum difficultate contendat“ [Auch wenn manche sagen, in der Liebe seien Mühelosigkeit und Schwierigkeit gleichermaßen schädlich, weil das Herz durch die Mühelosigkeit erobert wird, aber gegen die Schwierigkeit ankämpft]), und Giovanni in italienischer Phrasierung termini technici der kirchlich-theologischen Sündenlehre wie den ‚habitus peccandi‘ (für den sündhaften Zustand des Menschen schlechthin) einführt (277: „benchè alcuni dichino, che l’usufruttare dell’amore, e il non potere usufruttare ugualmente nuoce; però che l’animo è preso tosto dall’attitudine del peccare; e quando vuole e non può, allora hae a contendere“ [obwohl einige sagen, dass der Genuss der Liebe und die Unfähigkeit, sie zu genießen, gleichermaßen schädlich sind, da der Geist schnell in die Haltung des Sünders gerät; und wenn er will und nicht kann, dann muss er mit sich ringen]). So wird die von Gaudium freudig genossene Liebe

  Bernhard Huss aus theologischer Warte zu einem ‚peccatum‘ erklärt und ein Diskurs der Sündhaftigkeit eingeführt, der im lateinischen Text allenfalls subkutan präsent ist. In die von Ratio in § 28 vorgenommene Verurteilung der Vergottung sinnlicher Liebe führt Giovanni den Begriff „lussuria“ (als Bezeichnung einer Todsünde, für das offenere lateinische „libidinem“) ein, vereindeutigt „deo vestro“ zu „al vostro dio falso“ und rechtfertigt den Höllensturz, den Ratio den Liebenden ankündigt („celi deus [...] vos trudet in tartarum“) durch die erweiterte Phrasierung (280): „lo Idio vero del cielo vi metterà nello ‘nferno per i vostri mali“ [der wahre Gott des Himmels wird euch für eure Sünden in die Hölle schicken]. In dieselbe Richtung einer theologischen Verschärfung des Diskurses durch den forcierten Sündengedanken geht die Wiedergabe von (§ 32) „studium voluptatis“ [Trieb zur Lust] durch (280) „l’appetito disordinato e il diletto carnale“ [ungezügelte Begierde und fleischliche Lust] („di diletti carnali“ wird auch in § 38 zu den von Ratio erwähnten ‚epicuree res‘ ergänzt, mit denen Platon sich lyrisch befasst habe [283]). Wo Ratio zu Gaudium nur sarkastisch gesagt hatte (§ 36) „experrectus flebis“ [nach dem Aufwachen wirst du weinen], heißt es bei Giovanni explizit (281) „quando tu ti sveglierai e riconoscerai il tuo peccato, tu piangerai“ [wenn du aufwachst und deine Sünde erkennst, wirst du weinen]. Giovannis Ragione ist also eine theologisch rektifizierte Vernunft. Von einer solchen kann man erwarten, dass sie das lateinische Vokabular der Ratio, das unmittelbar aus den Rerum vulgarium fragmenta abgeleitet schien, mit großer Vorsicht gebraucht, zumal wenn man jene klar ablehnende Haltung Giovanni Dassaminiatos zur Dichtung und insbesondere zur poetischen Liebesthematik bedenkt. Was macht der volgarizzatore unter diesen Vorzeichen mit der Kaskade petrarkistisch wirkender Oxymora aus § 4 („amor latens ignis, gratum vulnus, sapidum venenum, dulcis amaritudo, delectabilis morbus, iocundum supplicium, blanda mors“, s.o.)? Er übersetzt folgendermaßen: „Bene dici, che tu ardi: però che l’amore è uno fuoco latente, graziosa fedita, saporoso veleno, dolce amaritudine, dilettevole infermità, iocondo tormento e piacevole morte“. Damit ist das Kunststück geschafft, eine Kette petrarkistischer Paradeformulierungen so ins Italienische zu bringen, dass sich dabei kein einziges in den Fragmenta belegtes Oxymoron ergibt, obwohl Petrarcas Lyrikbuch natürlich reiches Material für eine an Petrarca orientierte Formulierung bereitgehalten hätte. Lediglich die Begriffe „f(u)oco“, „veleno“, „dolce“, „(g)iocondo“, „tormento“ und „morte“ kommen überhaupt in den Fragmenta vor. Alle anderen von Giovanni verwendeten Termini gibt es dort, zuvörderst schon aus metrischen Gründen, nirgends. 37  37 Auch „ferita“ (als Entsprechung zu „fedita“) gibt es in den Fragmenta nicht als Substantiv, nur einmal als Partizip (RVF 88,14).

Das Problem der Liebe in Petrarcas De gratis amoribus  

Die ‚petrarkischste‘ Stelle in diesem Dialog quittiert Giovannis Ragione mit einer angestrengten linguistischen Verweigerungshaltung. In der auffälligen sprachlichen Verrenkung, die sich dadurch ergibt, wird allerdings gerade das präsent, was hier verdrängt werden soll. Und auch Giovanni gelingt es nicht, den im volgare überall durchscheinenden Stilemen zu entkommen, die Petrarca geprägt hat; vgl. beispielsweise § 1 (276) „Io mi pasco di grazioso amore“ (vgl. RVF 93,14 „ch’ i’ mi pasco di lagrime, et tu ‘l sai“, 164,10 „’l dolce et l’ amaro ond’ io mi pasco“, 207,40 „Di mia morte mi pasco“), § 3 (276) „Io ardo di grazioso amore“ (RVF 80,35 „i’ ardo come acceso legno“, zu „ardo“ vgl. RVF 132,5; 134,2; 164,5–6; 165,13; 194,14; 203,1; 330,8 und sehr viele weitere Formen von ‚ardere‘), § 10 (277) „suavemente amerai“ (RVF: 13mal „soavemente“), § 16 (278) „il diletto nutrica il male“ (RVF 132,7 „o dilectoso male“), § 17 (278) „quanto ad me, pare grande senno l’amare“ (RVF 105,35–36 „A me pur pare | senno“, sechsmal „senno“). Selbst da, wo Bezüge auf die Fragmenta leichter vermeidbar gewesen wären, schleichen sie sich ein: So wird aus der lateinischen Wendung (§ 30, s.o.) „quos inter scopulos fragilem cymbam agis!“, die natürlich auf die reiche Schifffahrtsmetaphorik anspielt, wie sie in den Fragmenta immer wieder verwendet wird, bei Giovanni (280) „ed ahi! misero! fra quali scogli meni tu la fragile tua navicella?“, ein Pfad zu RVF 206,39 „questa stanca navicella“ und zur gesamten Bildlichkeit des zwischen Klippen auf unruhiger See navigierenden Seelenschiffs, das zum petrarkischen Standardrepertoire gehört (vgl. exemplarisch die Sestine RVF 80 mit den Reimwörtern ‚scogli‘, ‚legno‘ (nave), ‚porto‘, ‚vela‘; RVF 235,5–6; RVF 264,83 u.ö.). Ein Syntagma wie „dolcemente ardo“ (277) für „dulciter ardeo“ (§ 9) ist eine wörtliche Entsprechung zu RVF 325,104 „ch’ altro piú dolcemente mai non arse“. Schließlich wird ein Syntagma wie „sine suspirio“ (§ 38) ohne Not übersetzt mit „sanza sospetto“ (282), faktisch ein Zitat der prominenten Stelle RVF 3,7 „senza sospetto“. Und in § 40 schließlich übersetzt Giovanni Ratios „vulgique fabulam fieri“ mit „essere fatti favola del popolo“ (284) – unmöglich, dabei nicht an RVF 1,9–10 „al popol tutto | favola fui“ (s.o.) zu denken. Damit hat Giovanni (nicht nur in diesem Fall) exakt mit dem Wortmaterial der italienischen Stelle übersetzt, auf die Petrarcas lateinischer Text offensichtlich abzielt, und markiert das programmatische Proömialsonett hier noch klarer als Petrarcas Textvorlage das tun konnte. Giovanni Dassaminiato versucht in seiner italienischen Version von De gratis amoribus, eine Ragione zu installieren, die die Sinnenliebe noch strikter und in theologischem Sinn schärfer, da unter mehrfachem Rekurs auf den christlichen Sündenbegriff verfahrend, ablehnt als Petrarcas Ratio. Wo Ratio die Liebe mannigfach und unter Inkaufnahme zahlreicher philosophischer Inkohärenzen kritisiert hatte, ohne ihr Bewusstsein der stilistischen Qualität und des ästhetischen

  Bernhard Huss Faszinosums von Liebeslyrik verhehlen zu können, soll Ragione diese Liebe als Sünde verwerfen und so eindeutig negativieren wie unter den Bedingungen christlich-theologischen Denkens nur möglich. Allein, das sprachliche Register des volgare macht Ragione einen Strich durch die Rechnung: Obwohl sie es vermeiden möchte, spricht sie doch unwillkürlich in ihrem gegen Liebe und Liebeslyrik gerichteten Diskurs die Sprache des Gegners. Der liebeslyrische Petrarkismus, in seiner typischen Verquickung einer Liebessprache mit einem Liebeskonzept, sollte bekanntlich erst im Cinquecento durch Bembos Normierung als vorbildhaft kodifiziert werden, doch Petrarca als ‚modello di lingua‘ ebenso wie als ‚modello di poesia amorosa‘ ist schon rund einhundert Jahre vorher unausweichlich präsent, in all seinen Widersprüchen und in der unauflöslichen Verbindung der linguistischen mit der amourösen Dimension. Casimiro Stolfi, der Herausgeber des volgarizzamento, hat die Verwerfungen des Diskurses von Ragione wohl unfreiwillig signalisiert und verschärft, indem er De gratis amoribus folgendes Distichon vorangestellt hat: „Durius in terris nihil est, quod vivat amante; | Vis res et famam perdere? tutus ama“ [Nichts auf Erden ist härter als das Leben des Liebenden. | Willst du Besitz und Ruf verlieren? Dann liebe unbesorgt] (Properz, Elegiae 2,17,9 mit freier Fortsetzung). Damit übernimmt Stolfi in der Titelei von Dialog 1,69 das Distichon aus der Feder von Johann Pinitian, das zusammen mit entsprechenden Versen für die anderen Dialoge von De remediis das erste Mal in der bei Steiner in Augsburg 1539 erschienenen Zweitausgabe des deutschen Glücksbuchs publiziert wurde (hier: fol. LXVIIr). 38 Diese Distichen haben sich im 16. Jahrhundert weit verbreitet, erscheinen in Drucken des lateinischen Originals erstmals 1605 und tragen maßgeblich zur frühneuzeitlichen Emblematisierung der Themen von De remediis bei. 39 Im Fall des volgarizzamento von De gratis amoribus arbeitet das von Stolfi einkopierte Distichon an der Textoberfläche der Ablehnung der Sinnenliebe durch Ragione zu. Freilich ist es zugleich ein unfreiwilliger Verweis auf ein Textcorpus, das ungeachtet seiner Ablehnung durch Ratio den empirischen Autor in seinen Bann geschlagen und  38 In Stolfis Textgrundlage, dem Codex Laurentianus Plut. 90 inf. 9, gibt es diese Distichen nicht. 39 Vgl. dazu Pierre Laurens: Un aspect de la fortune du ‚De remediis‘ de Pétrarque en Europe du Nord. De l’illustration à la mise en emblèmes. In: Francesco Petrarca: da Padova all’Europa. Atti del Convegno Internazionale di Studi. Padova. 17–18 giugno 2004. Hg. von Gino Belloni, Giuseppe Frasso, Manlio Pastore Stocchi, Giuseppe Velli. Rom 2007, S. 246–248; Bolzoni: Tra Petrarca (Anm. 6), S. 195, 206; Paul Michel: Transformation und Augmentation bei Petrarca und seinen Meistern. In: Enzyklopädistik 1550–1650. Typen und Transformationen von Wissensspeichern und Medialisierungen des Wissens. Hg. von Martin Schierbaum. Münster 2009 (Pluralisierung & Autorität 18), S. 349–377, hier S. 353.

Das Problem der Liebe in Petrarcas De gratis amoribus  

jahrzehntelang beschäftigt hat: Properz als wichtiger Repräsentant der lateinischen Liebeselegie zählt bekanntermaßen zu den bedeutendsten Textvorbildern von Petrarcas Lyrikzyklus. 40 Das aus Properz entwickelte Verspaar lehnt die Liebe ab, doch sein Erscheinen über dem Text macht wie ein Motto just jenes „vanitatis genus“ sichtbar und hörbar, das Ratio und Ragione so gern zum Schweigen bringen wollten.

 40 Vgl. zur Rolle von Properz als für Petrarca exemplarischer Autor der lateinischen Liebeselegie Marco Baglio, Antonietta Nebuloni Testa und Marco Petoletti (Hg.): Le postille del Virgillo ambrosiano. Bd. 1. Rom, Padua 2006 (Ente Nazionale Francesco Petrarca. Studi sul Petrarca), S. 121–123.

Beate Hintzen

Das „eiskalte Feuer“ und andere Koinzidenzen von Gegensätzen – die lateinische Liebesdichtung der Frühen Neuzeit zwischen Petrarkismus, antiker Tradition und barocker Argutia  Das „eiskalte Feuer“ und der lateinische Petrarkismus . Das Referenzsystem Petrarkismus Das Oxymoron vom „eiskalten Feuer“ bzw. „icy fire“ 1 diente Leonard Forster einmal als Chiffre für den europäischen Petrarkismus schlechthin. Diese Chiffre scheint gut gewählt. Denn sie steht ebenso für den petrarkistischen Liebesschmerz wie für die antithetisch-paradoxale Rhetorik, die als weiteres Charakteristikum des petrarkistischen Liebesdiskurses gilt, der sich im sogenannten Canzoniere bzw. den von Petrarca selbst so benannten Rerum vulgarium fragmenta (im Folgenden als RVF abgekürzt) manifestiert. Anders ausgedrückt: Die Verwendung der Feuer-Eis-Metaphorik für den Liebesschmerz kann als Systemreferenz innerhalb der Rezeption des petrarkistischen Liebesdiskurses angesehen werden. Von dieser Systemreferenz, der Verwendung eines einschlägigen Motivs und eines typischen rhetorischen Mittels lässt sich eine zweite Spielart der Rezeption von größerer Nähe zum Referenztext der RVF Petrarcas unterscheiden, nämlich die Einzeltextreferenz, bei der durch Zitat oder Anspielung auf ein einzelnes Gedicht der RVF Bezug genommen wird. Hierbei stellt wiederum die Übersetzung die Form der Bezugnahme mit der größten Nähe zum Referenztext dar. Unter dem Titel Übersetzung und Nachahmung im europäischen Petrarkismus versammelt Luzius Keller dementsprechend neben Studien zum Petrarkismus auch Übersetzungen und eng geführte Adaptationen von 14 Sonetten Petrarcas

 1 Leonard Forster: The Icy Fire. Five Studies in European Petrarchism, Cambridge 1969; ders.: Das eiskalte Feuer. Sechs Studien zum europäischen Petrarkismus, übersetzt von Jörg-Ulrich Fechner. Kronberg/Ts. 1976. https://doi.org/10.1515/9783110780048-004

  Beate Hintzen (RVF 1, 35, 131, 132, 133, 134, 161, 162, 167, 189, 190, 209, 224, 248, 365) in italienischer, französischer, spanischer, portugiesischer, englischer, niederländischer, deutscher und auch lateinischer Sprache. 2 Bei den meisten volkssprachigen Übertragungen handelt es sich um Sonette. Mit 61 von 138 präsentierten Gedichten stellen die französischen den größten Teil dar und lassen den Petrarkismus dieser Art als primär französisches Phänomen erscheinen. Dagegen nehmen sich die vier abgedruckten lateinischen Gedichte sehr bescheiden aus, jedoch erweist sich ihre Zahl, wenn man ein wenig nachforscht, als keinesfalls repräsentativ. Die Zahl ist zum einen deutlich höher, zum anderen sind die gleichen Sonette, die besonders häufig in die Volkssprachen übersetzt oder adaptiert wurden, RVF 132–134, hiervon wiederum vor allem RVF 132 und 134, auch am häufigsten ins Lateinische übersetzt worden, 3 wobei die deutliche antithetische Struktur dieser Sonette, in der sich das Paradox der „petrarkistischen“ Liebe manifestiert, als Grund dafür angegeben wird, dass sie so häufig übersetzt und nachgeahmt wurden. 4 In beiden Sonetten verwendet Petrarca die Feuer-Eis-Metaphorik, aller 2 Vgl. Luzius Keller (Hg.): Übersetzung und Nachahmung im europäischen Petrarkismus. Studien und Texte. Stuttgart 1974 (Studien zur Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft 7), S. 271–435. 3 Eine Sammlung von lateinischen Übersetzungen der einzelnen Gedichte der RVF findet sich im Anhang zu diesem Sammelband. 4 Vgl. Thomas Borgstedt: Topik des Sonetts. Gattungstheorie und Gattungsgeschichte. Tübingen 2009 (Frühe Neuzeit 138), S. 309. Als Gründe für die Bevorzugung bei den Übersetzungen nennt Borgstedt für alle drei Sonette die manifeste antithenische Textstruktur, für RVF 132 zusätzlich die Präsentation der theoretischen Liebesdefinition, die im Paradox der „petrarkistischen“ Liebe besteht. Vgl. zu dieser Frage auch Comiati, in diesem Band, S. 226–228. Als volkssprachige Übersetzungen/Adaptationen nennt Keller (Anm. 2) die folgenden: RVF 132: französisch (6): Jacques Peletiers du Mans (Sonett, S. 316), Vasquin Philieul (Sonett, S. 317), Antoine de Baїf (2 Sonette, S. 318–319), Jacques Grévin (Sonett, S. 320), Philippe Desportes (Sonett, S. 321); spanisch (2): Juan Boscan (Sonett, S. 322), Antonio de Lo Frasso (Sonett, S. 324); englisch (3): Geoffrey Chausser (Royal Stanzas, S. 326), Thomas Watson (Sechszeiler, in denen die ersten vier Verse kreuz- und die beiden letzten paargereimt sind, S. 327), Samuel Daniel (Sonett, S. 328); deutsch (2): Martin Opitz (Sonett, S. 329). RVF 133: italienisch (2): Francesco Copetta, Beccuti (Sonett, S. 336), Domenico Veniero (Sonett, S. 340–343); französisch (4): Vasquin Philieul (Sonett, S. 338), Pierre de Ronsard (Sonett, S. 344), Antoine de Baїf (Sonett, S. 345), Etienne Jodelle (Sonett, S. 346); deutsch (1): August Adolf von Haugwitz (Sonett, S. 347). RVF 134: französisch (8): anonym (Dizain, S. 350), Jacques Pelletier du Man (Sonett, S. 351), Pierre de Ronsard (Sonett, S. 352), Olivier de Magny (Sonett, S. 353), Monsieur de Bussely de Lenocourt (Sonett, S. 354), Louise Labé (Sonett, S. 355), Claude de Pontoux (Sonett, S. 356); spanisch (4): Antonio de Lo Frasso (Sonett, S. 358), Miguel de Cervantes (Octava real, S. 360), Diego D᾿Avalos y Figueroa (Sonett, S. 362), Lope de Vega (Sonett, S. 364); portugiesisch (1): Luis Vas de Camões (Sonett, S. 366); englisch (3): Sir Thomas Wyatt (Sonett, S. 368), Thomas Watson (Sechszeiler s.o., S. 389), Thomas Lodge (Sonett, S. 370).

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dings nicht in der von Forster verwendeten Form einer contradictio in adiecto. Im Folgenden soll nun insbesondere anhand von lateinischen Übersetzungen der RVF gezeigt werden, dass das Oxymoron des „eiskalten Feuers“ entgegen einer These, es stamme aus der antiken Epigrammatik, tatsächlich auf Petrarca zurückgehen dürfte, sich in seiner kompakten und verknappten Formulierung aber eher dem lateinischen Petrarkismus verdankt, wie sich außerdem in der lateinischen Dichtung der Frühen Neuzeit Petrarca- bzw. Petrarkismus-Rezeption und die Rezeption der antiken Literatur verbinden und zwischen dieser lateinischen und der zeitgenössischen volkssprachlichen Dynamiken entstehen, und dass schließlich im 17. Jahrhundert der Petrarkismus, die Antike-Rezeption und die Lehre der Argutia, d.h. der Kunst des scharfsinnigen Formulierens, eine Allianz eingehen.

. Lateinische Übersetzungen der Rerum vulgarium fragmenta Achim Aurnhammer hat für RVF 132 S᾿amor non è die folgenden fünf lateinischen Übersetzungen ausfindig gemacht: 5 – Coluccio Salutati (1331–1406): Ohne Titel: Si fors non sit amor (14 Hexameter, wohl noch zu Lebzeiten Petrarcas). In: Codex Palatinus 185, Biblioteca Nazionale Centrale, Florenz, fol. 122r; Latin 8731, Bibliotheque Nationale, Paris, fol. 77v; Codex 1136, Bibliotheca Riccardiana, Florenz, fol. 80v; Zardo, 6 S. 307; Wilkins, 7 S. 262; de Nichilo, 8 S. 156; Duso, 9 S. LVIII. – Cristoforo Landino (1425–1498): Quaerit qua perturbatione sit affectus: Si non vexat amor (6 Distichen). In: Xandrae libri tres, I 14 [um 1443]; Carmina omnia, Florenz 1939, S. 16; Keller (Anm. 2), S. 331; vgl. Aurnhammer (Anm. 5), S. 191, Anm. 8.

 5 Vgl. Achim Aurnhammer: Martin Opitz᾿ petrarkistisches Mustersonett Franchisci Petrarchae (Canzoniere 132), seine Vorläufer und Wirkung. In: Francesco Petrarca in Deutschland. Seine Wirkung in Literatur, Kunst und Musik. Hg. von Achim Aurnhammer. Tübingen 2006 (Frühe Neuzeit 118), S. 189–210, hier S. 191–193. 6 Antonio Zardo: Il Petrarca e i Carraresi. Mailand 1887. 7 Ernest H. Wilkins: The Making of the „Canzoniere“ and Other Petrarchan Studies. Rom 1951 (Storia e letteratura. Raccolta di studi e testi 38). 8 Mauro de Nichilo: Petrarca, Salutati, Landino: RVF 22 e 132. In: Rivista di letteratura italiana 33,2: Petrarca volgare e la sua fortuna sino al Cinquecento (2004), S. 143–161. 9 Elena M. Duso: Il sonetto latino e semilatino in Italia nel Medioevo e nel Rinascimento. Rom, Padua 2004.

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Willem Canter (1542–1575): De Amore. Ex Petrarca: Quod si nil amor est (7 Distichen). In: Delitiae C. Poetarum Belgicorum, 10 Bd. 1, S. 946–947; Aurnhammer (Anm. 5), S. 191–192, Anm. 8. Thomas Watson (1557–1592): Ohne Titel: Hoc si non sit amor (14 Hexameter). In: Watson, Hekatompathia 6, 11 S. 20; Watson, Poems, 12 S. 42; Keller (Anm. 2), S. 332; vgl. Aurnhammer (Anm. 5), S. 192. Georgius Tilenus (1556/7–1590): Ex Italico Petrarchae: Si non est id amor (7 Distichen). In: Delitiae Poetarum Germanorum, 13 Bd. 6, S. 873; Fechner, 14 S. 47; Keller (Anm. 2), S. 333, Aurnhammer (Anm. 5), S. 192.

Hinzu kommen außerdem fünf weitere Übersetzungen: – anonym: Ohne Titel: Quid, si non amor est, denique sentio (14 Verse im Asclepiadeus minor). In: Codex Vaticanus latinus 5226, fol. 241r. 15 – Alessandro Braccesi (1445–1503): Si video quae damna sequor, quae pestis adurat (7 elegische Distichen). Amores 12. In: Braccesi, 16 S. 22 (Nr. 12). – Niccolò d’Arco (1479–1546): Ex eodem (sc. Petrarcha): Si non est amor hic, ergo quid sentio? (4 Distichen). In: d’Arco, 17 S. 258.

 10 Delitiae C. Poetarum Belgicorum, Huius Superiorisque Aevi illustrium, Collectore Ranutio Ghero. 4 Bde. Frankfurt 1614. 11 The Ἑκατομπαθία or Passionate Centurie of Love, Devided into two parts: whereof the first expresseth the Authors sufferance of Love: the latter, his long farewell to Love and all his tyrannie. Composed by Thomas Watson Gentleman and published at the request of certaine Gentlemen his very frendes. London [1582]. 12 Thomas Watson: Poems. Hg. von Edward Arber. Birmingham 1870. 13 Delitiae Poetarum Germanorum, Huius Superiorisque Aevi illustrium, Collectore A. F. G. G. 6 Bde. Frankfurt 1612. 14 Jörg-Ulrich Fechner (Hg.): Das deutsche Sonett. Dichtungen, Gattungspoetik, Dokumente. München 1969. 15 Diese Übersetzung wird angezeigt von de Nichilo (Anm. 8, S. 159 mit Anm. 80). Es handelt sich um die folgenden 14 Verse im Maß des Asclepiadeus minor: „Quid (cod. Quod), si non Amor est, [quid] (in der Handschrift durchgestrichen) denique sentio;| Verum quis, si Amor est, quidve rei obsecro? | Si quid fortè boni est, letificam („letificam“ in der Handschrift korrigiert aus „laetificam“, „-fer-“ für „-fic-“ über der Zeile) unde opus, | At, si res mala, cur poena süavis est? | Uror sique libens, cur queror, et fleo, | Si invitus, mihi quidnam querimonia? | O viva heu mihi mors, o placidum malum, | Quî in me tanta potes, si id minus approbo? | Atquê, si id probo, nec iam merito queror, | Ceu navis fragilis, fluctibus obruta | Vafris, in medio destituor mari. | Jam, inops consilij, lapsibus et patens, | Ut me ipsum lateat, quid faciam aut velim, | Sic aestate tremam, sic hieme aestuem.“ 16 Alessandro Braccesi: Carmina. Hg. von Alessandro Perosa. Florenz 1943. 17 Nicolai Archii Comitis Numerorum libri IV. Quartus ex codice Autographo nunc primum prodit. Verona 1762.

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Jean-Edouard du Monin (1559–1586): Ah! Si non amor est, quid id est quod sentio? (8 Distichen). In: Beresithias, 18 S. 80–81; 19 Veneres, 20 S. 511–512. Adriaen van der Burch (1540/50–1606): Anne amor? at si non amor est quod sentio quidnam est? (8 Distichen). In: Laudes, 21 S. 121–122; Veneres (Anm. 20), S. 510–511; Delitiae C. Poetarum Belgarum (Anm. 10), Bd. 1, S. 870. 22

Weiterhin hat der niederländische Staatsmann und Dichter Janus Dousa eine Elegie vorgelegt, in der RVF 132 und RVF 134 kombiniert sind: 23 – Janus Dousa: Ex Rhytmis [sic] Italicis Francisci Petrarchae: Esse quid hoc dicam quod sentio? quid, nisi amorem (24 Distichen). In: Poematia, 24 S. 565– 566; Delitiae C. Poetarum Belgorum (Anm. 10), Bd. 2, S. 130–132. Von RVF 133 Amor m᾿a posto habe ich bisher eine Übersetzung entdeckt: – Paul Schede Melissus (1539–1602): Ex Italico Petrarchae: Factus amans ego sum (7 Distichen). In: Epigrammatum liber sextus, Erato. In: Schediasmatum reliquiae, Frankfurt 1575, S. 102–103; Schediasmata poetica, Paris 1586, S. 164; 25 Veneres (Anm. 20), S. 409. Von RVF 134 Pace non trovo lassen sich nach Salutatis erster Übersetzung aus dem 14. Jahrhundert (Nec pacem invenio [13 Hexameter]. In: Codex Palatinus 185, Biblioteca Nazionale Centrale, Florenz, fol. 122r; Latin 8731, Bibliotheque Nationale, Paris, fol. 78r; Codex 1136, Bibliotheca Riccardiana, Florenz, fol. 80v; Zardo [Anm. 6], S. 307; Duso [Anm. 9], S. 26.) in Drucken immerhin fünf mehr oder

 18 Ioannis Edoardi du Monin, Burgundionis Gyani Beresithias, sive mundi creatio, Ex Gallico G. Sallustij du Bartas Heptamero expressa. Ejusdem Edoardi manipulus poeticus non insulsus. Paris 1579. 19 Vgl. Gilles Banderier: Le triomphe de la langue française: Du Monin et Pétrarque. In: Les poètes français de la Renaissance et Pétrarque. Hg. von Jean Balsamo. Genf 2004, S. 413–426, hier S. 421. 20 Veneres Blyenburgicae, sive Amorum Hortus: In quinque areolas divisus, et Frag‹r›antissimis. Cxlviij. Celeberrimorum Poetarum flosculis refertus, opera Damasi Blyenburgy Batavi. H.F. Dordrecht 1600. 21 Laudes illustrissimae Hieronymae Columnae, Ascanii Columnae et Janae Aragoniae filiae, vario genere carminum a diversis celebratae, opera Adriani Burchii editae. Cum miscellaneis A. Burchii aliquot poëmatibus. Antwerpen 1582. 22 Vgl. Catharina Ypes: Petrarca in de Nederlandse letterkunde. Amsterdam 1934, S. 92. 23 Vgl. ebd. 24 Poemata pleraque selecta […]. Leiden 1609. 25 Vgl. Eckart Schäfer: Paulus Melissus – der erste deutsche Petrarkist? In: Aurnhammer: Francesco Petrarca in Deutschland (Anm. 5), S. 91–110, hier S. 93, Anm. 11.

  Beate Hintzen weniger wortgetreue separate und vollständige lateinische Übersetzungen aus dem 16. und 17. Jahrhundert nachweisen: 26 – Nicolas Bourbon (1503–1550): Ex Franc‹isco› Petrarcha: Non pacem invenio (14 Hexameter). In: Bourbon, Basel 1533, 27 S. M3v; Paris 1533, 28 S. M5v; 1538, 29 liber 3, S. 113; 1540, 30 liber 3, 113, S. 197f. liber 3, S. 113; 2008, 31 S. 838–840; Keller (Anm. 2), S. 371. – Luigi Annibale Della Croce (1509–1577): Amantium contrarii affectus: Nec pacem invenio (7 Distichen). In: Carmina illustrium poetarum Italorum 1576, 32 Bd. 1, S. 285–286; Veneres (Anm. 20), S. 459; Delitiae Italorum poetarum, 33 Bd. 1, S. 860–861; Carmina illustrium poetarum Italorum 1719, 34 Bd. 3, S. 524; Codex II. V. 160, Biblioteca Centrale Nazionale, Florenz, fol. 34v; Codex MM 693, Biblioteca Civica „Angelo Mai“ Bergamo, Teil 2, fol. 73r; Codex Vaticanus latinus 5226, Biblioteca Apostolica Vaticana, Rom, fol. 241v. 35  26 Zu den ausschließlich handschriftlich überlieferten Übersetzungen dieses Sonetts von Flaminio Rai und Titus Gallicus siehe den Beitrag von Giaccomo Comiati, in diesem Band, S. 234– 238. 27 Nicolai Borbonii Vandorperani Nugae. Eiusdem Ferraria. Basel 1533. 28 Nicolai Borbonii Vandoperani Nugae. Paris 1533. 29 Nicolai Borbonii Vandoperani Lingonensis, Nugarum Libri Octo […]. Paris 1538. 30 Nicolai Borbonii Vandorperani Lingonensis, Nugarum libri octo. Basel 1540. 31 Nicolas Bourbon: Nugae (Bagatelles) 1533. Edition critique, introduction et traduction par Sylvie Laigneau-Fontaine. Genf 2008. 32 Carmina Illustrium Poetarum Italorum, Io. Matth. Toscanus conquisivit, recensuit, bonam partem nunc primum publicavit. 2 Bde. Paris 1576–1577. 33 Delitiae CC. Italorum Poetarum, Huius Superiorisque Aevi illustrium, Collectore Ranutio Ghero. 2 Bde. Frankfurt 1608. 34 Carmina Illustrium Poetarum Italorum. 11 Bde. Florenz 1719–1726. 35 Diese Übersetzung wird von Pierre Laurens (L’abeille dans l’arbre. Célébration de l’épigramme de l’époque alexandrine à la fin de la Renaissance. Paris 1989 [Collection d’études anciennes publiée sous patronage de l’association Guillaume Budé 59], S. 377) – wohl auf Grund der Marginalie „Iovius“ zum vorvorangehenden Gedicht – in den Veneres (Anm. 20) Paulo Giovio zugeschrieben. Diese Zuschreibung wird einschließlich der falschen Seitenangabe (S. 48 statt S. 459) von de Nichilo übernommen (Anm. 8, S. 156 mit Anm. 66). Bei dem in den Veneres mit „Iovius“ indizierten Gedicht handelt es sich jedoch um eines der Benedicti Iovii Novocomensis Disticha (vgl. die Ausgabe s.l. ca. 1530, S. A4v, in der bayerischen Staatsbibliothek). In den übrigen oben genannten Anthologien wird die Übersetzung von Pace non trovo unter den Gedichten della Croces zitiert. Sie ist außerdem anonym überliefert im Codex MM 693, Teil 2, fol. 73r (ein Konvolut von 115 Blättern, das von zahlreichen Händen, hauptsächlich aus dem 16. Jahrhundert, geschrieben wurde, vgl. Oskar Kristeller: Iter Italicum: accedunt alia itinera; A Finding List of Uncatalogued or Incompletely Catalogued Humanistic Manuscripts of the Renaissance in Italian and Other Libraries. 6 Bde. und Indexband. London u.a. 1963–1997, Bd. 1, 1965, S. 14; Bd. 5, 1990, S. 483b–484a; de Nichilo, Anm. 8, S. 156, Anm. 66) sowie im Codex Vaticanus Latinus 5226,

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Adriaen van der Burch (1540/50–1606): Pax et amicitiae nulla mihi sede parantur (11 Distichen). In: Laudes (Anm 21), S. 122–123; Veneres (Anm. 20), S. 467; Delitiae C. Poetarum Belgarum (Anm. 10), Bd. 1, S. 870–871. 36 Girolamo Cicala (1599–1643): Versio ex italico Petrarchae: Nec pacem invenio (7 Distichen). In: Clytia sive Versiones I: Versiones 8, in: Cicala, 37 S. 445. Emanuele Tesauro (1592–1675): Nec mihi pax ulla est (13 Hexameter). In: Tesauro 1654, 38 S. 547, Tesauro 1968, 39 S. 456, Keller 1974 (Anm. 2), S. 372.

. Lateinische Übersetzungen von RVF 134 Da Aurnhammer den größeren Teil der Übersetzungen von RVF 132 schon besprochen hat und RVF 133 anscheinend weniger Interesse bei den lateinisch schreibenden Dichtern gefunden hat, möchte ich mich im Folgenden RVF 134 und seinen gedruckten lateinischen Übersetzungen zuwenden, 40 aber, bevor ich die Texte bespreche, wenigstens eine knappe Einordnung der einzelnen Übersetzungen in ihre Kontexte vornehmen: Salutati hat auch RVF 132 übersetzt (s.o.) und scheint überhaupt Freude daran gehabt zu haben, vom Italienischen ins

 fol. 241v. De Nichilo, dem der vollständige handschriftliche Text anscheinend nicht vorliegt, zitiert aus dem Codex MM 693 nur die beiden ersten Verse: „Nec pacem invenio, nec sunt mihi bella gerenda. | Affligunt pariter spes, metus aestas, hyems“, die mit gerenda statt timenda (1) und pariter statt penitus (2) von der gedruckten Version abweichen und geht nicht von der Identität sondern nur von einer Ähnlichkeit der Übersetzungen aus. Tatsächlich ist der Text der beiden Handschriften mit Ausnahme von vier markierten Varianten (s. die Edition des Textes im Anhang dieses Beitrags) mit dem unter Della Croces Namen gedrucktem identisch. 36 Vgl. Ypes (Anm. 22), S. 92. 37 Girolamo Cicala: Carmina. Edizione critica, introduzione, traduzione e note di Marco Leone. Lecce 2011. 38 Il cannocchiale Aristotelico, O sia Idea delle argutezze heroiche Vulgarmente chiamate Imprese. Et di tutta l’arte Simbolica, et lapidaria Contenente ogni Genere di figure et inscrittioni Espressive di Arguti et Ingeniosi Concetti. Esaminata in fonte Co’ rettorici precetti Del divino Aristotele, Che comprendono tutta la Rettorica, et Poetica Elocutione. Del Conte D. Emanuele Tesauro Cavalier Gran Croce De’Santi Mauritio, et Lazaro. Turin 1654. 39 Emanuele Tesauro: Il cannocchiale aristotelico. Hg. von August Buck. Bad Homburg, Berlin, Zürich 1968. 40 Salutatis und Tesauros Übersetzungen werden im Folgenden ausführlicher besprochen und daher im Text präsentiert, zu den Übersetzungen der anderen Autoren s. den Anhang am Ende dieses Beitrags. Zu den handschriftlich überlieferten Übersetzungen vgl. den Beitrag von Comiati, in diesem Band.

  Beate Hintzen Lateinische zu übersetzten. Denn er hat auch Teile aus Dantes Commedia übertragen. 41 All diese Übersetzungen sind bis ins 19. Jahrhundert nur handschriftlich überliefert worden. Bourbons Übersetzung findet sich ab 1533 in den Ausgaben seiner Nugae, zu deutsch Bagatellen, die im Laufe der Zeit, d.h. in den Ausgaben der Jahre 1538 und 1540, auf acht Bücher anwachsen. Sie steht neben zahlreichen von vornherein auf Latein verfassten Gedichten, Übersetzungen von eigenen griechischen Gedichten, von griechischen Gedichten aus der Anthologia Planudea, von drei Übersetzungen französischer Gedichte des Landsmannes und Zeitgenossen Clément Marot und einem weiteren Petrarca zugeschriebenen Gedicht. 42 Della Croce ist in erster Linie dadurch fassbar, dass er eine Edition des griechischen Liebesromans Leukippe und Kleitophon von Achilleus Tatios mit lateinischer Übersetzung vorgelegt hat. Seine wenigen Gedichte einschließlich der einen Petrarca-Übersetzung sind wohl nur in den oben genannten Anthologien publiziert worden. Seine Übersetzung von RVF 134 findet sich überdies anonym in zwei zeitgenössischen Handschriften. 43 Van der Burchs Übertragung von RVF 134 steht wie bei Salutati neben der von RVF 132 (s.o.). Hinzu kommt eine von RVF 19. 44 Alle drei Übersetzungen sind zunächst 1582 als Appendix zu einer Sammlung von poetischen Laudationes auf Gerolama Colonna veröffentlicht worden. 45 Cicala hat nicht nur einige Sonette Petrarcas übersetzt (RVF 3, 90, 134, 159, 164, 183, 216, 301), sondern auch etliche weitere italienische Gedichte, so z.B. von Tasso, Ariosto und Marino. 46 Auffällige wörtliche Übereinstimmungen machen wahrscheinlich, dass er die Fassungen Salutatis und Della Croces gekannt hat. 47 Einen Sonderfall bildet die Version des Jesuiten Tesauro. Sie dient als Illustration einer bestimmten Form der Metapher in seinem auf Italienisch ver 41 Vgl. Ronald G. Witt: Hercules at the Crossroads. The Life, Works and Thought of Coluccio Salutati. Durham 1983, S. 433. 42 Zu den Übersetzungen Marots vgl. Bourbon: Ausgabe 1540 (Anm. 30), S. 96 (2,7), S. 305 (5,58) und S. 308 (5,67), zur Übersetzung des Petrarca zugeschriebenen Grabepigramms auf Laura ebd. S. 405 (7,51). 43 S.o. S. 68 mit Anm. 35. 44 S. die Aufstellung der bisher ermittelten lateinischen Übersetzungen von Gedichten aus Petrarcas RVF am Ende dieses Bandes. 45 Laudes Illustrissimae Hieronymae Columnae. Zu diesem Druck vgl. den Beitrag von Hintzen: Die Veneres Blyenburgicae, in diesem Band, S. 300–302. 46 Vgl. Cicala (Anm. 37), S. 426–536. 47 Cicala 1 = Della Croce 1 (in der Version der Codices): „Nec pacem invenio nec sunt mihi bella gerenda“; Cicala 3: „et super astra volo et iaceo telluris in imo“ vgl. Salutati 4: „et super astra volans iaceo telluris in ymo“; Cicala 4 = Della Croce 4: „quicquid in orbe manu“; Cicala 9 = Della Croce 9: „cerno carens oculis, clamoque elinguis“; Cicala 11: „exosusque mihi alterius sum captus amore“ vgl. Della Croce 11: „exosusque mihi alterius constringor amore“.

Das „eiskalte Feuer“ und andere Koinzidenzen von Gegensätzen  

fassten Traktat Il cannochiale aristotelico. Dieses Aristotelische Fernrohr gilt als bedeutende Schrift zur barocken Argutia. 48 Petrarca präsentiert in RVF 134 sein Sprecher-Ich in einem Zustand, für den die angeredete donna verantwortlich gemacht wird und der durch die gleichzeitige Präsenz oder die gleichzeitige Nicht-Präsenz von unvereinbaren Gegensätzen gekennzeichnet ist: Frieden und Krieg, Hass und Liebe, Feuer und Eis, Fesselung und Freiheit, Tod und Leben usw. Hierbei werden Fesselung und Tod, Freiheit und Leben analog gesetzt. Denn die Opposition von Fesselung und Freiheit wird in den Versen 5f. doppelt in chiastischer Anordnung formuliert und in den beiden folgenden Versen die Nicht-Freilassung sowohl mit der Nicht-Tötung als auch dem Nicht-Lebenlassen gleichgesetzt. Bis auf drei Ausnahmen „Veggio senza occhi“ (9), „Pascomi di dolor“ und „piangendo rido“ (12), in denen Oppositionen zwischen Prädikat und Adverbiale oder zwischen Prädikat und Objekt bestehen, die Oppostion also im weiteren Sinne in einer Contradictio in adiecto formuliert ist, werden diese Gegensätze parataktisch mit den Konjunktionen „et“ oder „et … et“ (1, 2 [2x], 3, 4, 7, 9, 13), „non … ne“ oder „ne … ne“ (5, 6, 8) formuliert, wobei „et“ bzw. „et … et“ deutlich überwiegt. Das Versende entspricht regelmäßig einem deutlichen syntaktischen Einschnitt: Pace non trovo, et non ò da far guerra; e temo, et spero, et ardo, et son un ghiaccio; et volo sopra ᾿l cielo, et giaccio in terra;  et nulla stringo, et tutto ᾿l mondo abbraccio. Tal m᾿à in pregion, che non m᾿apre né serra, né per suo mi riten né scioglie il laccio; et non m᾿ancide Amore, et non mi sferra, 8 né mi vuol vivo, né mi trae d᾿impaccio. Veggio senza occhi, et non ò lingua et grido; et bramo di perir, et cheggio aita; et ò in ogio me stesso, et amo altrui. 12 Pascomi di dolor, piangendo rido; egualmente mi spiace morte et vita: in questo stato son, donna, per voi. Frieden finde ich nicht und habe nichts, um Krieg zu führen; ich fürchte sowohl als ich hoffe, brenne sowohl als ich Eis bin; ich fliege hoch zum Himmel und liege auf der Erde; [4] ich berühre nichts und umarme die ganze Welt. So hält mich im Gefängnis, der es mir weder öffnet noch schließt, weder mich von sich aus zurückhält noch mir die Schlinge löst; weder bringt Amor mich um noch kettet er mich los, [8] weder will er mich leben lassen noch befreit er mich vom Hindernis. Ich sehe ohne Augen, auch habe ich keine Zunge und schreie;

 48 Vgl. Buck. In: Tesauro: Ausgabe 1968 (Anm. 39), S. V–XXI.

  Beate Hintzen ich sehne mich danach zu sterben und bitte um Hilfe; ich hege Hass gegen mich selbst und liebe eine(n) andere(n). [12] Ich nähre mich am Schmerz, unter Weinen lache ich; gleichermaßen missfallen mir Tod und Leben; in diesem Zustand bin ich, Herrin, durch euch. 49

Da der Vokativ der lateinischen domina mit drei Kürzen metrisch nur eingeschränkt verwendet werden kann, 50 ist es nicht überraschend, dass dieses Äquivalent der toskanischen donna nicht eingesetzt wird. Salutati hält sich mit seiner „Laurea“ noch eng an Petrarcas Laura, doch, während van der Burch Zuflucht zu einer neutralen „faemina“ (21) nimmt, hält die in der römischen Liebeselegie etablierte „puella“ (Della Croce 14, Cicala 14) bzw. „amica“ (Bourbon 14) Einzug. Tesauro kann angesichts seines Kontexts auf die Apostrophe verzichten. Von den parataktischen Konjunktionen sind in den Übersetzungen „et“ bzw. „et … et“ und seine Entsprechungen „-que“, „atque“, „ac“ oder „pariter“ seltener als bei Petrarca vertreten (Salutati 2, 3, 12/13; Bourbon 2, 4, 10, 13; Della Croce 8, 13; van der Burch 1, 3; Cicala 2 [2x], 3, 10, 13; Tesauro 2, 8, 10, 11), „nec“ bzw. „nec … nec“ und seine Entsprechungen „nec … -ve … -ve“ oder „haud … nec“ hingegen häufiger (Salutati 1, 5, 6/7, 8/9; Bourbon 1, 5, 7, 8; Della Croce 1, 5, 6, 7, 8; van der Burch 19, 20; Cicala 1, 5, 6, 7; Tesauro 1, 5, 6, 7). Im Gegenzug dazu, dass der Zustand des Ich auf diese Weise häufiger negativ formuliert wird, wenden Salutati, Bourbon, Della Croce und Tesauro das gleichzeitige Missfallen an Tod und Leben von Petrarcas Ich (13: „egualmente mi spiace morte e vita“) positiv: „mors et vita grata […] est“ (Salutati 12), „Mors et vita mihi grata est“ (Bourbon 13), „vita mihi pariter, pariter sunt funera cordi“ (Della Croce 13), „mors placet, ac vitam rogito“ (Tesauro 10). Einzig Cicala (13) formuliert deutlich negativ: „me pariter subeunt mortis me taedia vitae“, und van der Burch, der auch sonst amplifiziert (s.u.), präsentiert die eine Aussage innerhalb eines Distichons gleich in vier verschiedenen Formulierungen, und zwar im Hexameter zuerst in einer längeren negativen, dann in einer kürzeren positiven, im Pentameter zuerst in einer kürzeren negativen, dann in einer längeren positiven (19f.): „nec mihi vita placet, nec mors, simul utraque grata est | neutra placet, sed nec displicet ulla tamen“. Auch wenn so Kürze und Prägnanz verloren gehen, bildet van der Burch die Unfähigkeit des

 49 Übersetzung der Verf. in Anlehnung an die Versübersetzungen von Geraldine Gabor, ErnstJürgen Dreyer und Karlheinz Stierle. 50 Tatsächlich findet sich die domina in der römischen Liebeselegie bis auf wenige Ausnahmen nur in obliquen Kasus. Im Nominativ und Vokativ erscheint sie ausschließlich in der Synaloephe: Properz 2,9,45: „Nec domina ulla meo ponet vestigia lecto“; Ovid, Amores 2,2,7: „domina est obnoxia servo“; 2,15,11: „Tunc ego te cupiam, domina, et tetigisse papillas“ (Vgl. Paolo Mastandrea und Luigi Tessarolo: A CD-Rom of Latin Medieval Poetry [650–1250 A.D.], with a Gateway to Classical and Late Antiquity Texts. Florenz 2001).

Das „eiskalte Feuer“ und andere Koinzidenzen von Gegensätzen  

Ich, zu einer Entscheidung zwischen zwei Extremen oder irgendeiner anderen Lösung zu kommen, am deutlichsten ab. In der Summe gleichen sich wohl die Verschiebungen zu positiven oder negativen Formulierung aus. Überdies ist im Toskanischen der lautliche Unterschied zwischen „mi spiace“ und „mi piace“ gering. Zusätzlich zu den parataktischen Konjunktionen werden im Lateinischen die klassischen Konjunktionen der Antithese verwendet, d.h. „at“ (Bourbon 1, 3), „sed“ (Bourbon 7, zusätzlich zu „nec … nec“; van der Burch 20, zusammen mit „tamen“) und „tamen“ (van der Burch 5), außerdem das Asyndeton (Della Croce 2, 4; van der Burch 8, 15, 16, 17, 22; Cicala 4, 8). Deutlich häufiger als bei Petrarca finden sich hypotaktische Formulierungen (Salutati 2, 4, 8/9 [2x], 10/11, 11/12 [2x]; Bourbon 2, 6, 9 [2x], 11, 12 [2x]; Della Croce 3, 9 [2x], 11, 12 [2x]; van der Burch 2, 4, 9f., 11f., 13, 13f., 14, 18 [2x]; Cicala 9 [2x], 11, 12 [2x]; Tesauro 2, 3, 3f., 9 [2x], 11f., 12), außerdem setzen namentlich van der Burch (5/6, 9/10, 11/12, 13/14) und Tesauro (3/4, 5/6, 7/8, 10/11, 11/12, 12/13) das Enjambement ein. Durch diese Mittel wird die Sprache kompakter und werden die Oppositionen in den lateinischen Texten verschärft. Während nun van der Burch wie gesagt amplifiziert, und zwar etwa um die Hälfte auf 22 Verse, entsprechen Bourbons, Della Croces und Cicalas Übersetzungen der Vorlage versweise, sei es nun in Hexametern oder elegischen Distichen. Salutati und Tesauro hingegen komprimieren jeweils auf 13 Hexameter. Diese Komprimierung, die ebenfalls eine Verschärfung der Oppositionen bewirkt, ist genauer zu betrachten. Allerdings ist angesichts der schwierigen Überlieferungslage nicht unstreitig, dass Salutati tatsächlich komprimiert. Der Text lässt sich aus den drei genannten Handschriften wie folgt herstellen: Coluccio Salutati Nec pacem invenio, nec adest ad bella facultas, et metuo et spero, glacieque immersus aduror, nihil stringo et totum teneo complexibus orbem, 4 et super astra volans iaceo telluris in ymo. Nec cui sum captus aperit vel carcere claudit, nec sinit esse suum mihi nonque quod impedit, aufert, nec me occidit Amor, nec pectore tela revellit. 8 Absque oculis video, sine lingua flebile clamo, cumque perire velim, tamen auxiliamina posco atque odio memet habeo, delector alīus. Lugubris in risus solvor pascorque dolore, 12 morsque et vita mihi nullo discrimine grata est, inque statu tali pro vobis, Laurea, dego.

  Beate Hintzen 4 ymo] Pal. 185, Latin 8731: imo 1136 5 vel] Pal. 185, Latin 8731: ut 1136 6 mihi nonque quod impedit aufert] Pal. 185 (unter Annahme einer Lücke von 2 Halbversen zwischen „suum und mihi“, die durch entsprechende Leerstellen und durch „deficit“ angezeigt wird): mihi nec quod impedit aufert Latin 8731: laqueum nec s‹a›eva resolvit 1136 9 cumque] Pal. 185, Latin 8731: sumque 1136 tamen] Pal. 185, Latin 8731: tum 1136 auxiliamina] Pal. 185: auxilia Latin 8731: auxiliantia 1136 10 delector] Pal. 185: dellector Latin 8731: deletto 1136 11 pascorque] Pal. 185, Latin 8731: impascorque 1136 12 morsque et] Pal. 185, 1136: morsque Latin 8731 nullo] Latin 8731: nulloque Pal. 185, 1136 3: häufige Junktur am Hexameterende: totum … orbem; häufig an dieser Stelle im Hexameter: complexibus; 4: Vergil, Aeneis 1,34: telluris in –x; 5: Manilius 2,954; Paulinus von Nola, Carmen 19,541; Cyprianus Gallus, Genesis 1206: carcere claudi(t) (am Hexameterende); 6: Properz 2,23,16: nec sinit esse; 9: 5 Mal bei Ovid: flebile –x; 13: häufiges Hexameterende: nullo discrimine –x Nicht finde ich Frieden und es gibt keine Möglichkeit zum Krieg, ich fürchte sowohl als ich hoffe, in Eis getaucht brenne ich, ich berühre nichts und halte die ganze Welt umarmt, [4] und, indem ich über die Sterne fliege, liege ich in der Tiefe der Erde. Nicht macht der, von dem ich gefangen bin, auf oder schließt im Kerker ein, nicht lässt er mich ihm gehören und nimmt auch nicht fort, was mich hindert. [8] Nicht tötet mich Amor, aber zieht auch nicht das Geschoss aus der Brust. Ohne Augen sehe ich, ohne Zunge schreie ich jämmerlich, und obwohl ich sterben möchte, verlange ich trotzdem Hilfe und verfolge mich selbst mit Hass, als Liebhaber einer/s anderen. [12] Traurig breche in Lachen aus und nähre mich am Schmerz, Tod und Leben sind mir ohne Unterschied lieb, und ich lebe in solch einem Zustand für euch, Lorbeerfrau.

Zum einen ist Salutati anscheinend auf lexikalischer Ebene um wörtliche Übertragung bemüht und sogar – im Rahmen des Möglichen – um Klangähnlichkeit. Denn zur Wiedergabe des toskanischen stringo benutzt er das lateinische stringo, das zwar in der Bedeutung ,streifen, (leicht) berühren‘ in der klassischen Dichtung belegt ist (Vergil, Aeneis 5,163; 8,63; 9,294; Ovid, Amores 3,2,12; Metamorphoses 11,733 u.a.), aber im Zusammenhang weniger nahe liegt als das metrisch gleiche tango. Zum anderen stellt er (nach allen drei Handschriften) Verse und Halbverse um. So hat er in seiner Übersetzung Petrarcas Verse 3 und 4 ebenso vertauscht wie die beiden Hälften von Petrarcas Vers 12 und außerdem die erste Hälfte von Petrarcas Vers 7 und eine sinngemäße Entsprechung der ersten Hälfte von Vers 8 zu seinem Vers 7 kombiniert. Deshalb scheint es nicht unwahrscheinlich, dass die Reduktion von Petrarcas zweitem Quartett auf drei Verse, die mit einer Umstellung und logisch-rhetorischer Straffung einhergeht, auf Salutatis Entscheidung und nicht auf einen Überlieferungsfehler zurückzuführen ist. Auch geben weder Grammatik noch Metrik noch ein inhaltlicher Bruch einen Hinweis darauf, dass zwischen „suum“ und „mihi“ in Vers 6, wie es im Codex Palatinus 185 geschieht, eine Lücke von zwei Halbversen (die zweite Hälfte von Vers 7 und

Das „eiskalte Feuer“ und andere Koinzidenzen von Gegensätzen  

die erste Häfte von Vers 8) anzunehmen ist, d.h. dass insgesamt ein ganzer Vers ausgefallen ist. Dass „mihi nonque quod impedit aufert“ nicht der zweiten Hälfte von Petrarcas Vers 6 „né scioglie il laccio“, sondern der zweiten Hälfte von dessen Vers 8 „né mi trae d᾿impaccio“ entspricht, sollte angesichts der anderen Umstellungen unproblematisch sein. Der Codex 1136 der Biblioteca Riccardiana bietet zwar mit „laqueum nec s‹a›eva resolvit“ ein alternatives Ende des sechsten Verses, das „né scioglie il laccio“ entspricht, jedoch keine Alternative zum Beginn eines dann folgenden Hexameters, der mit „mihi nonque quod impedit aufert“ endet. Darüber hinaus ist der gesamte sechste Vers des Codex 1136 agrammatisch. Vieles spricht also für die Annahme, dass die Formulierung „laqueum nec s‹a›eva resolvit“ einen späteren Versuch darstellt, den sechsten Hexameter der Vorlage stärker anzunähern, dass aber Salutati Petrarcas Verse 5–8 in drei Verse zusammenschmolzen hat. Die Feststellung des Sprecher-Ichs, dass Amor es weder ganz einsperrt noch freilässt, wird auf diese Weise doppelt, und zwar in chiastischer Anordnung getroffen, diejenige, dass Amor weder ganz tötet noch die Ursache der Verwundung beseitigt, einfach, und zwar parallel zu Nicht-Einsperrung und Nicht-Freilassung. Dass Tesauro verknappt hat, steht außer Frage. Der Druck zeigt nur 13 Hexameter: Nec mihi pax ulla est, ullus neque militat hostis; Et spero, et trepido: gelidus me sauciat ardor: Astra peto, defixus humi: nil denique stringens, 4 Immensum cupidis cingo complexibus orbem. Nec cohibet, nec laxat iter qui carcere septum Me tenet. Haud vinclis adigit, nec vincla resolvit. Nec perimit, nec sanat Amor. Mihi perfidus annos 8 Demetit: atque annis finem non destinat ullum. Eloquor elinguis: lumen sine lumine cerno: Mors placet, ac vitam rogito: ferus urgeo caecis Meme odiis; adamoque Feram. Mihi sola voluptas 12 Est dolor: et misto fundens suspiria risu: En, inquam, pro te qualis mihi vita relicta est. 1: Ovid, Amores: 1,9,1+2: militat omnis amans; Claudian, Carmen 7,97: cui militat aether; 24,52: cui militat omnis; 2: Properz 4,8,64: sauciat ora manu; Ovid, Ars amatoria 3,239: quae sauciat ora; 708: sauciat ungue genas; Lukrez: 6,1172f.: in fluvios partim gelidos ardentia | morbo membra dabant (in der Beschreibung der Pest); 3: Lukan 1,64: astra petes; 76: astra petent; 11: Ovid, Epistulae heroidum 19,17: o mea sola voluptas; 13: Ovid, Epistulae ex Ponto 4,16,49: tantum modo vita relicta est Es gibt für mich keinen Frieden, aber es leistet auch kein Feind seinen Kriegsdienst; ich hoffe sowohl als ich fürchte; eiskaltes Feuer versehrt mich; zu den Sternen strebe ich, an

  Beate Hintzen den Boden gefesselt; indem ich nichts berühre, [4] umschließe ich in gieriger Umarmung den unermesslichen Erdkreis. Weder versperrt noch gibt den Weg frei, der im Kerker eingeschlossen mich hält. Nicht zerrt er mich durch die Fesseln und löst sie auch nicht. Weder vernichtet noch rettet Amor. Mir misst der unzuverlässige [Gott] Jahre [8] zu und bestimmt den Jahren kein Ende. Ich spreche sprachlos; das Licht sehe ich ohne Augenlicht; am Tod finde ich Gefallen und bitte wiederholt um mein Leben; grausam bedränge ich mich mit blindem Hass und verliebe mich in eine Grausame. Für mich bildet das einzige Vergnügen [12] der Schmerz und abwechselnd mit Gelächter stoße ich Seufzer aus und sage: „Ach welch ein Leben ist mir durch dich übriggeblieben!“

Die beiden analogen Oppositionen Fesselung und Freiheit, Tod und Leben sind in den Versen 5 bis 8 jeweils doppelt und parallel formuliert, die vier Verse überdies durch Enjambements eng verklammert. Die Opposition Tod und Leben wird in Vers 10 in paralleler Anordnung wieder aufgenommen und wiederum erzeugen Enjambements einen kompakten Zusammenhang der Verse 10 bis 13. Hinzu kommen der häufige Einsatz der Hypotaxe, die Paronomasien von eloquor und elinguis sowie von lumen als Licht und Augenlicht (9) und die Bezeichnung sowohl des liebenden Sprechers als auch der geliebten Adressatin als grausam (10f.: „ferus […] feram“), wobei sich beider Grausamkeit gegen den Sprecher richtet.

. Die coincidentia oppositorum bei Petrarca und in seinen lateinischen Übersetzungen Tesauro verwendet Petrarcas Sonett als eines von zahlreichen sowohl aus der antiken lateinischen als auch aus der italienischen Literatur stammenden Exempla für die metafora di oppositione, 51 was nichts anderes bedeutet als die coincidentia oppositorum, eine im Barockzeitalter besonders geschätzte Figur des geistreichen Scharfsinns. Es ist das einzige Beispiel, das Tesauro nicht im Original präsentiert, und es liegt nahe, dass seine Übersetzung dazu dienen sollte, die von Petrarca präsentierten Kontraste und das Staunenswerte an ihnen noch schärfer hervortreten zu lassen. 52 Tesauro ist auch derjenige, der den Gegensatz von Feuer und Eis schließlich in die Contradictio in adiecto im engen Sinn vom „gelidus […] ardor“, dem „eiskalten Feuer“, gefasst hat. Petrarca hatte die Parataxe „et ardo, et son un  51 Vgl. Tesauro: Ausgabe 1654 (Anm. 38), S. 531–551; Ausgabe 1968 (Anm. 39), S. 441–460. 52 Vgl. Ezio Raimondi: Eine petrarkistische Stilübung Emanuele Tesauros. In: Keller 1974 (Anm. 2), S. 256–269, hier S. 261–264.

Das „eiskalte Feuer“ und andere Koinzidenzen von Gegensätzen  

ghiaccio“ [ich brenne sowohl als ich Eis bin] vorgegeben. Della Croce und Cicala folgten ihm eng mit „affligunt […] aestus, hyems“ [es beugen nieder … Hitze, Winterkälte] und „et ardeo sumque gelu“ [ich brenne sowohl als ich Eis bin]. Salutati, Bourbon und van der Burch bauten den Gegensatz zwischen Prädikat und Adverbialie auf. So sagt Salutati „glacieque immersus aduror“ [in Eis getaucht brenne ich], Bourbon „glacie circumdatus uror“ [ich brenne mitten im Eis] und van der Burch umgekehrt „ferventi congelor aestu“ [in glühender Hitze erstarre ich zu Eis]. Tesauro, wie gesagt, bedient sich der Contradictio in adiecto im engeren Sinne und sagt: „gelidus me sauciat ardor“ [eiskaltes Feuer versehrt mich]. Zu dieser Schärfung der Formulierung dürfte u.a. die für die lateinische Sprache typische Neigung zur Hypotaxe beigetragen haben. In diesem Zusammenhang sind zwei Beobachtungen zu Petrarcas Schriften, eine zu den Rerum vulgarium fragmenta, eine zu der lateinischen Schrift De remediis utriusque fortunae bemerkenswert. Zum einen wird der Gegensatz von Feuer und Eis in den Rerum vulgarium fragmenta nicht nur einmal zelebriert: RVF 30,10: ghiacciare il foco, arder la neve [dass das Feuer gefriert, der Schnee brennt] RVF 30,31: dentro pur foco et for candida neve [innen reines Feuer und außen glänzendweißer Schnee] RVF 132,14: e tremo a mezza state, ardendo il verne [ich bibbere mitten im Sommer, während ich im Winter brenne] RVF 146,5f.: O fiamma, o rose sparse in dolce falda | di viva neve [Oh Flamme, oh Rosen, ausgestreut in einer süßen Schicht lebendigen Schnees] RVF 182,1–4: Amor, che᾿ncende il cor d᾿ardente zelo, | di gelata paura il ten constretto, | et qual sia piú fa dubbio a l᾿intellecto | la speranza o ᾿l temor, la fiamma o ᾿l gielo [Amor, der das Herz mit brennendem Eifer entzündet, hält es mit eisiger Furcht eingeschnürt und erweckt, was schlimmer sein dürfte, dem Verstand Zweifel zwischen Hoffnung oder Furcht, Flamme oder Eis.] RVF 202,1f.: D᾿un bel, chiaro, polito et vivo ghiaccio | move la fiamma che m᾿incende et strugge [aus einem schönen, klaren, geschliffenen und lebendigen Eis rührt die Flamme, die mich entzündet und vergehen lässt] RVF 220,14: che (sc. i belli occhi) mi cuocono il cor in ghiaccio e᾿n foco [die (sc. die schönen Augen) mir das Herz in Eis und in Feuer kochen].

Zum anderen wird das Oxymorum, d.h. die Contradictio in adiecto, die Forster (und in der Folge auch Jörg-Ulrich Fechner) als Kennzeichen des Petrarkismus gilt, oder anders ausgedrückt: „die Ausarbeitung des Arsenals der petrarkistischen Paradoxe“ 53 von Petrarca selbst in De remediis utriusque fortunae 1, 69: De  53 Leonard Forster: Petrarkismus und Neulatein. In: Der petrarkistische Diskurs. Spielräume und Grenzen. Akten des Kolloquiums an der Freien Universität Berlin, 23.–27.10.1991. Hg. von Klaus W. Hempfer und Gerhard Regn. Stuttgart 1993, S. 165–185, hier S. 166; vgl. Jörg-Ulrich

  Beate Hintzen gratis amoribus lateinisch etabliert, wo die personifizierte Vernunft der personifizierten Freude die wahre, d.h. zerstörerische Natur der Liebe darlegt: 54 Bene ais, uror. Est enim amor latens ignis, gratum vulnus, sapidum venenum, dulcis amaritudo, delectabilis morbus, iucundum supplicium, blanda mors. Mit „ich brenne“ benennst du es richtig. Denn die Liebe ist verborgenes Feuer, willkommene Wunde, schmackhaftes Gift, süße Bitterkeit, erfreuliche Krankheit, angenehme Qual, verführerischer Tod.

Es ist vielleicht nicht zufällig, dass wir das Prädikat „uror“ bzw. „aduror“ bei Salutati und Borbon wiederfinden. Das „eiskalte Feuer“, das Forster wie gesagt 1969 im Titel seiner Studien zum Petrarkismus zur Chiffre des Petrarkismus an sich macht, 55 ist jedenfalls zwar als Motiv und in seiner rhetorischen Struktur in den RVF und in De remediis utriusque fortunae durch Petrarca vorgeprägt, aber erst im lateinischen Petrarkismus ausformuliert worden. Es wäre insofern interessant zu wissen, ob Forster Tesauros Übersetzung von RVF 134 gekannt hat. Er geht in seinem Oxymoron jedenfalls deutlich weiter als Karlheinz Stierle, der ein Zitat aus Petrarcas RVF, nämlich seine Übersetzung von RVF 132,14 „Ich bin im Sommer Eis, im Winter Feuer“ als Titel für seine deutschen Auswahlübersetzung aus dem Canzoniere wählt.

 Feuer und Eis/Wasser in der antiken Dichtung Forsters Verdienst, die Aufmerksamkeit der Forschung auf den neulateinischen Petrarkismus gerichtet zu haben, ist unbestreitbar groß. Eine gewisse Einseitigkeit mag man ihm jedoch vorwerfen. In einem Aufsatz von 1993 führt er z.B. ein Distichon von Tito Vespasiano Strozzi, in dem die Geliebte als rettender Hafen des Sprecher-Ichs apostrophiert wird, auf Petrarca (RVF 151) zurück, wobei er mehr Differenzen als Parallelen findet, 56 obwohl die Metapher von der (gefährlichen) Schifffahrt des Lebens und dem rettenden Hafen in der antiken Literatur bereits topisch ist (Cicero, Tusculanae disputationes 5,5; Horaz, Carmen 1,14,1–3; Augustinus, De beata vita 1–2) und obwohl Strozzi das Motiv in einem Epigramm  Fechner: Klopstocks Petrarch und Laura (und die Nachfolger – und die Folgen?). In: Aurnhammer: Francesco Petrarca in Deutschland (Anm. 5), S. 313–347, hier S. 331. 54 Zur Analyse von De gratis amoribus s. den Beitrag von Berhand Huss, in diesem Band. 55 Forster: The Icy Fire und Das eiskalte Feuer (Anm. 1). 56 Vgl. Forster: Petrarkismus und Neulatein (Anm. 53), S. 168.

Das „eiskalte Feuer“ und andere Koinzidenzen von Gegensätzen  

der Anthologia Planudea (Ia 30,5 fol. 8r = Anthologia Palatina 10,21) voll ausgebildet finden konnte. 57 Forsters Thesen blieben mithin nicht unwidersprochen und fanden ihren Widerspruch ausgerechnet im Zusammenhang der eben als petrarkistisches Motiv schlechthin bestätigten coincidentia oppositorum von Feuer und Eis bzw. Wasser, da Eis nichts anderes ist als gefrorenes Wasser. Für diese coincidentia oppositorum wurde in Analogie zum Oxymoron, dem Spitzstumpfen, der Begriff des Hydroporicon, des Wasserfeurigen, geprägt. Es ist Pierre Laurens, der u.a. in einer Monographie zur Geschichte des Epigramms vom Hellenismus bis zur Renaissance zu erweisen versucht, dass in einigen lateinischen Epigrammen der Frühen Neuzeit die entsprechende Motivik weniger auf Petrarca als auf antike Texte, namentlich Epigramme der griechischen Anthologie, rekurriert. Leider nennt Laurens als griechische Hydroporica etliche, die nicht in der Anthologia Planudea, d.h. dem in der Renaissance bekannten Überlieferungsstrang der griechischen Anthologie tradiert sind, sondern in der erst zu Beginn des 17. Jahrhunderts (wieder) aufgefundenen Anthologia Palatina. Nur vier der von ihm genannten Epigramme (5,176.209.281; 16,14) sind vor dem Beginn der 17. Jahrhunderts zugänglich gewesen und auf der Opposition von Feuer und Wasser aufgebaut. 58 Das einzige antike Liebes-Epigramm, in dem Laurens tatsächlich die Opposition von Eis bzw. Schnee und Feuer nachweisen kann, 59 ist ein Epigramm der  57 Strozzi hat bei Guarino Veronese studiert und in diesem Rahmen auch Griechisch gelernt. Wenn man Walther Ludwig (Die Borsias des Tito Strozzi. Ein lateinisches Epos der Renaissance [hg., eingel., komm.]. München 1977, S. 15f.) folgt, kokettiert Strozzi sogar mit seinen für den frühen Quattrocento elitären Griechischkenntnissen. Ludwig geht nämlich davon aus, dass die Eroticon libri Strozzis nach den Erotika des 7. Planudea-Buches benannt sind und die puella Anthia nach der Protagonistin Anthia von Xenophos Ephesiaka. Dass Guarino durch Bessarion, der sich ab 1438 auf dem Konzil in Florenz und Ferrara aufhielt, mit der Planudea bekannt geworden sein kann, vermutet Ludwig plausibel unter Berufung auf James Hutton (The Greek Anthology in Italy to the Year 1800. Ithaca, New York u.a. 1935, S. 37). 58 Vgl. Laurens: L’abeille dans l’arbre (Anm. 35), S. 382, Anm. 2. Von den genannten Epigrammen sind 5,290.291; 12,81.92 nicht in der Anthologia Planudea enthalten, in 5,138 geht es allein um das Feuer der Liebe, nicht um Wasser oder Eis, in 5,298 weder um Feuer noch um Wasser. Zur Überlieferung der Anthologia Planudea und der Anthologia Palatina sowie deren Tradierung insbesondere in lateinischen und volkssprachigen Übersetzungen vgl. Beate Hintzen (Czapla): Die Griechische Anthologie als klassisches Paradigma einer durch Übersetzungen vermittelten Rezeption. In: Übersetzung als Vermittlerin antiker Literatur. Hg. von Wolfgang Kofler, Florian Schaffenrath und Karlheinz Töchterle. Innsbruck, Wien, Bozen 2009 (Comparanda 11; Pontes 5), S. 272–296, hier S. 272–280. 59 Vgl. Pierre Laurens: «Le dizain de neige»: Histoire d’un poème, ou des sources latines du petrarquisme europeen. In: Acta Conventus Neo-Latini Turonensis. Hg. von Jean-Claude Margolin. Paris 1980, Bd. 1, S. 557–570.

  Beate Hintzen Anthologia Latina (706 Riese), in dem das Sprecher-Ich von seiner Geliebten Julia mit Schneebällen beworfen wird und diese Schneebälle wie (Liebes-)Feuer empfindet. Von diesem Epigramm, das in der Frühen Neuzeit zunächst handschriftlich kursierte und 1579 von Claude Binet in seiner Edition dem Petron zugewiesen wurde, 60 kann Laurens eine breite lateinische Rezeption von Ugolino Verino (1438–1516), Angelo Poliziano (1454–1494), Girolamo Angeriano (1470–1535), Nicolas Bourbon (1503–1550), Lilio Gregorio Gyraldi (1479–1552), Antonio de Gouveia (1505–1565), Janus Secundus (1511–1536), Johannes Posthius (1537–1597) und zwei anonymen Texten bis zu Jacob van den Eynde (1575–1611) sowie die französische durch Clément Marot (1496–1544) nachzeichnen. 61 Diese Rezeptionsgeschichte lässt sich noch um die spezielle Rezeption Andrzej Krzyckis (1482– 1537) erweitern, der das spätantike Epigramm wörtlich übernimmt und als sein eigenes ausgibt, 62 sowie um lateinische Gedichte von John Parkhurst (1512–1575), Bonaventura Vulcanus (1538–1614) und Hugo Grotius (1583–1645). 63 Allerdings ist nicht zu übersehen, dass, wie Laurens selbst einräumt, 64 die Verwendung der

 60 Vgl. C. Petronii Arbitri Itemque aliorum quorundam veterum Epigrammata hactenus non edita Cl. Binetus conquisivit et nunc primum publicavit. Poitiers 1579, S. 6. 61 Vgl. Laurens: Le dizain de neige (Anm. 59), S. 557–565. 62 Andreae Cricii Carmina. Ed. Kazimierz Morawski. Krakau 1888 (Editiones Academiae Litterarum Cracoviensis, Corpus antiquissimorum poetarum Poloniae Latinorum 3), S. 210 (Liber VI: Carmina amatoria 19: De Lydia puella). Vgl. zu diesem Epigramm auch den Beitrag von Cabras, in diesem Band, S. 267, Anm. 3. 63 Vgl. Anthologia veterum Latinorum epigrammatum et poematum sive Catalecta poematum Latinorum in VI. libros digesta, ex Marmoribus et Monumentis Inscriptionum vetustis, et Codicibus MSS. Eruta, primum a Josepho Scaligero, Petro Pithoeo, Frid. Lindenbrogio, Theod. Jansonio Almelovenio, aliisque, colligi incepta. Nunc autem ingenti ineditorum accessione locupletata, concinniorem in ordinem disposita, et nonnullis Virorum Notis excerptis illustrata, cura Petri Burmanni Secundi, qui perpetuas Adnotationes adjecit. Bd. 1. Amsterdam 1759, S. 650f.; James W. Binns: John Parkhurst and the Traditions of Classical Latin Poetry in Sixteenth-Century England. In: International Journal of the Classical Tradition 1,1 (1994), S. 52–61, hier S. 59; Harm van Dam: „The Honour of Letters“. Bonaventura Vulcanius, Scholar and Poet. In: Hélènes Cazes: Bonaventura Vulcanius, Works and Networks. Brughes 1538 – Leiden 1614. Leiden, Boston 2010 (Brill’s Studies in Intellectual History 194), S. 47–68, hier S. 62. 64 Vgl. Laurens: Le dizain de neige (Anm. 59), S. 562; weitere von Laurens (S. 564) angeführte Textpassagen stammen nicht aus Liebesgedichten, sondern beziehen sich auf vulkanische Quellen (Anthologia Latina 211,7–8 Riese = 202,7–8 Shackleton Bailey; 212,4–5 Riese = 203,4–5 Shackleton Bailey; Ennodius, Epistolae 5,8, S. 132,14–15 Hartel) oder den schneebedeckten Vulkan Ätna (Claudian, De raptu Proserpinae 1,165–169). Laurens’ Behauptung, diese Passagen, die er ohne Stellenangabe zitiert, bei Tesauro (Il cannochiale Aristotelico. Venedig 1663) gefunden zu haben, lässt sich leider nicht verifizieren, da die angegebene Seitenzahl 535 offensichtlich nicht korrekt ist.

Das „eiskalte Feuer“ und andere Koinzidenzen von Gegensätzen  

Feuer-Eis-Opposition dieses Epigramms sich von der Petrarcas dadurch unterscheidet, dass sie nicht rein metaphorisch ist, sondern ihren Ausgang vom konkreten Schneeball nimmt. Darüber hinaus ist m.E. zu bezweifeln, dass die Dichter des 15., 16. und 17. Jahrhunderts das Gedicht so begeistert rezipiert hätten, wenn ihr Interesse für die Feuer-Eis-Opposition nicht durch Petrarca und den Petrarkismus geweckt gewesen wäre. Ansonsten sind nämlich die Epigramme der Anthologia Latina, soweit ich es sehe, deutlich seltener rezipiert worden als z.B. die der Anthologia Planudea. Insofern stellt die lateinische Rezeption von Anthologia Latina 706 Riese aus meiner Sicht eher eine Kontamination von antikem Referenztext und der Motivik Petrarcas dar.

 Neulateinischer Petrarkismus zwischen Petrarca und der antiken Dichtung Dass der rechte Weg wie so oft etwa in der Mitte verläuft, d.h. hier zwischen der Rezeption des Petrarkismus und der Rezeption antiker Texte, lässt sich auch mit Hilfe weiterer neulateinischer Hydroporica zeigen. Eine Sammlung ausschließlich von Hydroporica, d.h. von Epigrammen bestehend aus zwei bis zehn elegischen Distichen (gerahmt von zwei Epigrammen Ad Lectorem), die alle diese Art der conincidentia oppositorum umkreisen, bildet der liber hydroporicon, des eben genannten Jacob van den Eynde. Dieser liber hydroporicon ist in der Edition von van den Eyndes Poemata aus dem Jahr 1611 enthalten und wird auch von Forster in dem genannten Aufsatz von 1993 angezeigt. 65 Von den 50 Hydroporica habe ich vier ausgewählt, von denen eines m.E. wesentlich petrarkistisch ist, eines ganz und gar unpetrarkistisch, eines nur scheinbar petrarkistisch und eines ein Amalgam antiker und petrarkistischer Motivik. Einen petrarkistischen Schönheitspreis unter Zergliederung des Körpers in den weißen Hals und die weißen Hände sowie der roten Lippen und Wangen und gleichzeitig den Vorwurf der Kaltherzigkeit der Liebesglut erregenden Geliebten bildet auf der Grundlage der Gegensätze Eis bzw. Schnee und Feuer sowie der weißen Farbe des kalten Schnees und der roten Farbe des brennenden Feuers das Epigramm De Lucia: 66

 65 Vgl. Forster: Petrarkismus und Neulatein (Anm. 53), S. 180. 66 Iacobi Eyndius ab Haenstede Centurionis Batavi Poemata. Leiden 1611, S. 110–111: De Luciâ.

  Beate Hintzen

Sumeret a caelo cum primum Lucia formam, Hinc nive, et hinc flamma membra notavit Amor. Hinc nive candidulas manus, et lactea colla, Et cor, candidius frigidiusque nive. 5 Hinc flamma roseasque genas, atque ignea labra, Et, qui de cilii fulgura dant, oculos. Est his cognati concors discordia coeli Et genus, ut vires temperiesque poli. Gleich als Lucia vom Himmel ihre Schönheit erhielt, zeichnete Amor ihre Glieder hier durch Schnee, dort durch die Flamme aus, hier mit Schnee die glänzend weißen Hände und den milchigen Hals sowie das Herz, das glänzender und kälter ist als Schnee, [5] dort mit der Flamme die rosigen Wangen und die feurigen Lippen sowie die Augen, die vom Lid aus Blitze schießen lassen. Ihnen ist die einträchtige Zwietracht des verwandten Himmels eigen und dessen Art, d.h. seine Gewalt und seine Mäßigung.

Darüber hinaus enthält dieses Gedicht den Begriff der concors discordia (7), der einträchtigen Zwietracht, der eine Variante der coincidentia oppositorum in der Form der contradictio in adiecto dastellt, die sich als typisch für den Petrarkismus erwiesen hat. Es ist die gleiche Formulierung die später der Jesuit Maciej Kasimierz Sarbiewski (1595–1640) als Definition für das acutum, die scharfsinnige Pointierung im barocken Epigramm benutzen wird. 67 Völlig unpetrarkistisch ist hingegen das folgende Distichon Gegen einen unfähigen Maler (In ineptum pictorem): 68 Unda Deukalion, Phaethon tuus igne perire Munere vel meruit pictor inepte tuo. Durch die Flut verdiente dein Deukalion, durch Feuer dein Phaethon, unfähiger Maler, in deinem Werk unterzugehen.

Hier handelt es sich eindeutig um die Verknappung eines Epigramms von Lukillios aus der Planudea (IIa 19,2, fol. 24r = Anthologia Palatina 11,214): Γράψας Δευκαλίωνα, Μενέστρατε, καὶ Φαέθοντα ζητεῖς, τίς τούτων ἄξιός ἐστι τίνος.  67 Sarbiewski, Maciej Kasimierz: Wykładi poetiky (Praecepta poetica). Hg. von Stanisław Skimina. Breslau, Krakau 1958, S. 5, Z. 20–22; vgl. Beate Hintzen (Czapla): Petrarkistischer Diskurs, christliche Mystik und die Umsetzung der eigenen acutum-Lehre in Sarbiewskis Aloysius-Epigrammen. In: Sarbiewski. Der polnische Horaz: Hg. von Eckart Schäfer. Tübingen 2006, S. 177– 193, hier S. 188–191. 68 Van den Eynde (Anm. 66), S. 115: In ineptum pictorem.

Das „eiskalte Feuer“ und andere Koinzidenzen von Gegensätzen  

τοῖς ἰδίοις αὐτοὺς τιμήσομεν· ἄξιος ὄντως ἐστὶ πυρὸς Φαέθων, Δευκαλίων δ’ ὕδατος. Nachdem du, Menestratos, Deukalion und Phaethon gemalt hast, fragst du, welcher von diesen welchen Wert hat. Nach ihren eigenen Maßstäben werde ich sie einschätzen: Tatsächlich des Feuers wert ist Phaethon, Deukalion aber des Wassers.

Als petrarkistischer Topos gelten die Augen als Ursache der Liebe wie z.B. in RVF 84,1f.: Occhi piangete: accompagnate il core | che di vostro fallir morte sostene [Augen weint: Begleitet das Herz, das durch euer Versagen den Tod erträgt!]. Van den Eynde verbindet diesen Topos mit dem Gegensatz von Feuer und Wasser, da die Augen gleichzeitig Ursache des Liebesbrandes sind und das Wasser der Tränen vergießen: 69 Ad eandem Te videre oculi, exarsit cor; corde calente Edita sunt geminis flumina luminibus. Luminum aquis iterum sed cordis flamma renata est; In me aqua sic ignem gignit, et ignis aquam. 5 Igne et aqua periisse iuvat; sic tota peribit Haec mundi series igne, perivit aqua. An dieselbe: Die Augen sahen dich, das Herz fing Feuer. Als das Herz glühte, ergossen sich Ströme aus beiden Augen. Doch durch das Wasser der Augen erhielt die Flamme des Herzens neue Nahrung. So erzeugt in mir das Wasser Feuer und das Feuer Wasser. [5] Durch Feuer und Wasser zugrunde zu gehen gefällt mir. So wird diese ganze Weltenabfolge durch Feuer beendet werden und ging durch Wasser unter.

Größere Nähe als zu Petrarca zeigt van den Eyndes Version des Augen-Motivs jedoch zu einem Epigramm des Paulos Silentiarius (Planudea VII 58, fol. 71r = Anthologia Palatina 5,226): Ὀφθαλμοί, τέο μέχρις ἀφύσσετε νέκταρ Ἐρώτων, κάλλεος ἀκρήτου ζωροπόται θρασέες; τῆλε διαθρέξωμεν, ὅπῃ σθένος· ἐν δὲ γαλήνῃ νηφάλια σπείσω Κύπριδι Μειλιχίῃ. 5 εἰ δ’ ἄρα που καὶ κεῖθι κατάσχετος ἔσσομαι οἴστρῳ γίνεσθε κρυεροῖς δάκρυσι μυδαλέοι, ἔνδικον ὀτλήσοντες ἀεὶ πόνον· ἐξ ὑμέων γάρ, φεῦ, πυρὸς ἐς τόσσην ἤλθομεν ἐργασίην.

 69 Van den Eynde (Anm. 66), S. 111: Ad eandem.

  Beate Hintzen Augen, wie lange schöpft ihr den Nektar der Eroten, ihr mutigen Zecher ungemischter Schönheit? Lasst uns so weit fortlaufen, wie wir können. In Ruhe aber werde ich der Aphrodite der Versöhnung Trankopfer ohne Wein darbringen. [5] Wenn ich aber auch dort von Liebesraserei besessen sein werde, werdet ihr nass von kalten Tränen und weiterhin berechtigten Kummer erleiden. Denn, ach, durch euch sind wir in eine solche Feuerfabrik geraten.

Sowohl auf petrarkistische als auch auch auf antike Motive und Texte rekurriert van Eynde im Epigramm Ad Venerem: 70 Cum sis nata Venus spumosis aequoris undis, Filia maternum multa refers pelagus. Oranti surdum est pelagus, tu surda precanti, Quin etiam aequoreis durior es scopulis. 5 In mare nunc veniunt venti, nunc suda serena, Pacem in amore tuo bellaque saeva geris. Cum sis nata Venus spumosis aequoris undis, Filia maternum nulla refers pelagus. Unda necat flammam, tu vivos ingeris ignes 10 Quos nec terra potest, ferre, nec unda potest. Si tamen hae flammae, queis nos constringis, et uris; Has potius salsas esse putamus aquas. Da du, Venus, aus den schäumenden Wogen des Meeres geboren bist, spiegelst du als Tochter in vielerlei Hinsicht das mütterliche Meer wider. Für Bitten ist taub das Meer, du bist taub gegenüber Bittflehenden. Ja, du bist sogar härter als die Klippen des Meeres. [5] Auf dem Meer wehen mal Stürme, mal herrscht heiteres Wetter. Frieden hältst du in deiner Liebe und führst wütende Kriege. Da du, Venus, aus den schäumenden Wogen des Meeres geboren bist, spiegelst du als Tochter das mütterliche Meer überhaupt nicht wider. Das Meer löscht die Flamme, du bringst starkes Feuer, das weder die Erde noch das Meer ertragen kann. Wenn jedoch dies Flammen sind, womit du uns bedrängst und verbrennst, glauben wir, dass es eher salziges Wasser ist.

Das Paradox, dass die aus dem Wasser des Meeres stammende Göttin die Flammen der Liebe erzeugt, hat bereits der hellenistische Dichter Meleagros in Worte gefasst (Planudea VII 106, fol. 73r,5f. = Anthologia Palatina 5,176,5f.): θαῦμα δέ μοι, πῶς ἆρα διὰ γλαυκοῖο φανεῖσα κύματος ἐξ ὑγροῦ, Κύπρι, σὺ πῦρ τέτοκας.

 70 Van den Eynde 1611 (Anm. 66), S. 113: Ad Venerem.

Das „eiskalte Feuer“ und andere Koinzidenzen von Gegensätzen  

Ein Wunder aber bleibt es für mich, Kypris, wie du, nachdem du dem blauen Meer entstiegen bist, aus Wasser Feuer (gemeint ist der Eros) geboren hast.

Darüber, dass eine Meeresnymphe, nämlich Galatea, härter bzw. unbeweglicher als Klippen sei, ließ Ovid den Polyphem klagen (Metamorphoses 13,799–801: „durior annosa quercu, fallacior undis, […] his immobilior scopulis“ [härter als uralte Eichen, betrügerischer als Wellen, […] unbeugsamer als diese Klippen]). Doch die Gleichzeitigkeit von Frieden und Krieg klingt nach Petrarcas „Pace non trovo, et non ò da far guerra“. Diese Amalgamierung von Petrarkistischem und Antikem, wie sie sich an den Hydroporica van den Eyndes demonstrieren ließ, dürfte das Charakteristikum vieler neulateinischer Liebesgedichte bilden. Sie lässt sich natürlich bei Übersetzungen nicht für die Motivik nachweisen, doch auch die Übersetzungen erfahren eine gewisse Antikisierung, zunächst natürlich durch die Umsetzung in die antike Metrik, 71 dann durch den Ersatz der donna durch die puella oder amica der römischen Liebeselegie, durch die Verschiebung der grammatikalischen Struktur hin zu der für die lateinische Sprache typischen Hypotaxe und schließlich dadurch, dass, wie die nachgewiesenen Parallelstellen belegen, konventionelle Junkturen aus der Hexameter- und Distichen-Literatur verwendet werden, insbesondere aus Vergil und Ovid, den erklärten Vorbildern klassischen poetischen Stils. Auffällig ist hierbei nur die Dichte von Junkturen aus der römischen Liebesdichtung bei Tesauro. Insbesondere das Prädikat „militat“ (1) evoziert das berühmte „militat omnis amans“ Ovids (Amores 1,9,1f.). In der Summe aber verleihen die Parallelen zur antiken Dichtung den Übersetzungen vor allem sprachlich antikisierende Klassizität. Für Tilenus᾿ Übersetzung von RVF 132 konstatiert Aurnhammer eine den vorgestellten Übersetzungen von RVF 134 vergleichbare sprachliche Antikisierung und gedankliche Zuspitzung und zieht daraus die Schlussfolgerung: „Tilenus überträgt Petrarcas italienisches Sonett in ein wirkungsvolles lateinisches Epigramm.“ 72 Doch was sich bei Aurnhammer eher wie ein Vorwurf liest, weil sich Tilenus damit vom Sonett entfernt, dürfte dieser als ein Kompliment aufgefasst haben. Denn natürlich geht es den Dichtern bei der Übersetzung von volkssprachigen Texten ins Lateinische, selbst bei der Übersetzung des wirkmächtigen Petrarca, nicht darum, lateinische Doubletten herzustellen, sondern sie versuchen

 71 Zur fast vollständigen Dominanz klassischer antiker Metren in der lateinischen Dichtung der Frühen Neuzeit s. die Einleitung dieses Bandes, S. 4. 72 Aurnhammer: Martin Opitz᾿ petrarkistisches Mustersonett (Anm. 5), S. 193.

  Beate Hintzen zielsprachenorientiert umzuformen und aus dem toskanischen Klassiker in jeder Hinsicht einen lateinischen Klassiker zu machen. Die bisher verfolgte Form des Petrarkismus, die auf der coincidentia oppositorum beruht, wird von Forster und in dessen Nachfolge von Jörg-Ulrich Fechner als ,geistreicher‘ von einem ,ernsthaftem‘ Petrarkismus unterschieden, der sich durch den Anschluss an das petrarkistische Ethos, d.h. die „Anbetung der Geliebten als Symbol des Göttlichen“ 73 auszeichnet. Bringt man diese Unterscheidung mit den Ergebnissen von Borgstedt zusammen, ergibt sich – jedenfalls für den deutschen volkssprachigen Petrarkismus – eine weitgehende Identität von ,geistreichem‘ Petrarkismus und Sonett-Petrarkismus. Für den lateinischen Petrarkismus gehen m.E. entsprechend ,geistreicher‘ Petrarkismus und Epigramm-Petrarkismus zusammen. Schließlich sind die coincidentia oppositorum und andere Formen der Pointierung in antiken Epigrammen nicht zwangsläufig, aber doch häufiger zu finden. Weil aber petrarkistisches Dichten im Lateinischen sehr oft epigrammatisch ist, überwiegt im Lateinischen der ,geistreiche‘ Petrarkismus gegenüber dem ,ernsthaften‘. Borgstedt beobachtet überdies eine Rückkoppelung des lateinischen Petrarkismus mit der volkssprachigen, insbesondere der deutschen Dichtung, d.h. eine Epigrammatisierung des Sonetts (Opitz, Fleming) unter dem Eindruck des zeitgenössischen lateinischen Epigramms. Diese Beobachtung wird bestätigt von Aurnhammer, der eine Orientierung von Opitz᾿ deutscher Übersetzung von RVF 132 sowohl am toskanischen Original als auch an den lateinischen Fassungen von Tilenus und Canter nachweist.

 Der Epigramm-Petrarkismus und die barocke Argutia Die Rückkoppelung des lateinischen Petrarkismus mit der (pointierten) SonettDichtung des 17. Jahrhunderts wird möglicherweise durch den Umstand befördert, dass die coincidentia oppositorum ein grundlegendes Muster bildet, in dem sich die barocke Argutia verwirklicht, und somit Petrarca bzw. der Petrarkismus

 73 Vgl. Leonard Forster: Zur Bedeutung des neulateinischen Petrarkismus. In: Leonard Forster: Das eiskalte Feuer (Anm. 1), S. 113–122, 119; ders.: Petrarkismus und Neulatein (Anm. 53), S. 166.; Fechner: Klopstocks Petrarch und Laura (Anm. 53), S. 331. Siehe hierzu bes. Petrarca, Secretum 3, 9: „[mulier] […] in cuius aspectu […] divini specimen decoris effulget“ [die Frau, bei deren Anblick das Ideal göttlicher Schönheit aufleuchtet].

Das „eiskalte Feuer“ und andere Koinzidenzen von Gegensätzen  

an sich ein geeignetes Referenzmodell der Barock-Dichtung darstellt. Wie erwähnt 74 dient dem Jesuiten Tesauro, der in seinem Aristotelischen Fernrohr alle Arten von „Arguti et ingeniosi Concetti“ 75 behandelt, seine Übersetzung von Petrarcas RVF 134 als eines von mehreren Beispielen einer bestimmten Form der Metapher. Bei dieser Metapher handelt es sich um die „Metafora […] di Oppositione“, was in der Sache nichts Anderes bedeutet als die coincidentia oppositorum, ohne dass diese unbedingt in einer contradictio in adiecto ausgedrückt sein muss. 76 Einen noch höheren Stellenwert für die Verwirklichung der Argutia als von Tesauro wird der coincidentia oppositorum von zwei weiteren Jesuiten zugemessen, deren Schriften im vorliegenden Zusammenhang insofern von besonderer Bedeutung sind, als sie zum einen auf Latein verfasst sind, zum anderen die Argutia darin vorrangig im Kontext von Vorschriften behandelt wird, wie Epigramme zu schreiben sind, also dasjenige Genus, in dem sich der lateinische Petrarkismus vorzugsweise verwirklicht. Es handelt sich um die zu Lebzeiten nicht gedruckte Schrift De acuto et arguto liber unicus sive Seneca et Martialis 77 des Litauers Sarbiewski sowie die Ars nova Argutiarum (Köln 1649) 78 des Rheinländers Jacob Masen (1606–1681). Für Sarbiewski bildet die coincidentia oppositorum die Grundlage der Argutia bzw. des acutum schlechthin und er verwendet in seiner Definition, wie erwähnt, 79 – was sicherlich zufällig, aber doch bemerkenswert ist – das gleiche Oxymoron der concors discordia, das van den Eynde in seinem auf petrarkistischen Topoi aufgebauten Epigramm De Lucia verwendet: 80 Acutum est oratio continens affinitatem dissentanei et consentanei, seu dicti concors discordia vel discors concordia.

 74 S.o. S. 70–71, 76. 75 Tesauro: Ausgabe 1654 (Anm. 38) im Titel. 76 Vgl. Tesauro: Ausgabe 1654 (Anm. 38), S. 531–551; Ausgabe 1968 (Anm. 39), S. 441–460. 77 Sarbiewski: Ausgabe 1958 (Anm. 67), S. 1–20. 78 Ars nova Argutiarum Honestae Recreationis In tres partes Divisa. Continet I. Argutias Epigrammaticas ex varijs Fontibus deductas. II. Argutias familiares. III. Argutias epigraphicas, seu variarum inscriptionum. Auctore R.P. Iacobo Masen Societatis Jesu. Köln 1649 79 S.o. S. 82. 80 Sarbiewski: Ausgabe 1958 (Anm. 67), S. 5,20–22. In der antiken Literatur findet sich die discordia concors nur einmal (Manilius 1,142) bezogen auf die vier Elemente, während die umgekehrte Formulierung der concordia discors zweimal bezogen auf die Elemente verwendet wird, nämlich von Horaz (Epistola 1,12,19) und von Ovid (Metamorphoses 1,433), sowie einmal mit politischem Bezug von Lukan (1,98).

  Beate Hintzen Die Pointe/ das Scharfsinnige ist eine Aussage, die einen Zusammenhang zwischen Widersprüchlichem und der Sache Entsprechendem herstellt, bzw. zwieträchtige Eintracht oder einträchtige Zwietracht.

Masen nennt die coincidentia oppositorum in seiner Ars nova Argutiarum (Pars I, Cap. III) als erste Quelle (fons) der Argutia: 81 Repugnantium sive oppositorum cum suis repugnantibus, sive oppositis conjunctio. Verbindung von Widerparten bzw. Gegensätzen mit ihren Widerparten bzw. Gegensätzen.

Während Sarbiewski seine Beispiele hauptsächlich aus den Epigrammbüchern Martials bezieht und eher selten ein eigenes Beispiel heranzieht oder eines anderen Jesuiten (zitiert werden Bernhard van Bauhuysen [1576–1619], Jakob Bidermann [1578–1639], Tarquinio Galluzzi [1574-1649]), bietet Masen für jede Quellader (vena) jeder Quelle (fons) der Argutia zunächst ein Konvolut von Beispielen aus Martial, dann von Zeitgenossen (Recentiores), dann eigene (biblische) Beispiele. Aus den Beispielen der Recentiores lassen sich wiederum Belege für das Zusammengehen von barocker (jesuitischer) Argutia-Lehre und dem lateinischen Petrarkismus ermitteln. Denn unter diesen Beispielen für die erste Quellader der ersten Quelle der Argutia findet sich das folgende Epigramm (6,5) des John Owen (1564-1622), das wohl als ultimative Verknappung der petrarkistischen Liebe in einem Distichon mit deutlichem Anklang an RVF 134 gesehen werden kann: 82 Libertas, carcer; pax, pugna; dolenda voluptas; Spes, metus est; fel, mel; seria, ludus Amor. Freiheit und Kerker, Frieden und Krieg, schmerzliche Lust, Galle und Honig, Ernst und Spiel ist die Liebe.

Masens Beispiele für die vierte Quellader der vierten Quelle der Argutia („Lusus verborum, et ad rerum sententiarumque usum allusio“ [Wortspiel und Anspielung auf die Verwendung von Geschichte und Sentenzen]) 83 geben sogar die Möglichkeit, den Bogen zurück zum Ausgang dieses Beitrags, zum Oxymoron des kalten Feuers zu schlagen, auch wenn es nun einen anderen Sinn erhält. Masen zitiert dort nämlich Owens Epigramm 1,26: 84

 81 Ars nova Argutiarum (Anm. 78), S. 18. 82 Ebd., S. 25. 83 Ebd., S. 108. 84 Ebd., S. 133.

Das „eiskalte Feuer“ und andere Koinzidenzen von Gegensätzen  

Ignis amor si sit (veluti proverbia dicunt) Heu mihi quam tuus est frigidus ignis, amor! Wenn die Liebe Feuer sein sollte (wie die Sprichworte sagen), weh mir, was für ein kaltes Feuer ist deine Liebe.

Es passt ins Bild, dass sich auch bei diesem Zweizeiler die Geister daran scheiden, ob er eher auf die antike Literatur oder den Petrarkismus rekurriert. So sieht der Kommentator John Martyn eine Anspielung auf Ovids Ars amatoria (1,224: „et Venus in vinis ignis in igne fuit“ [und Venus im Wein war Feuer im Feuer]), 85 obwohl bei Ovid nur von Feuer die Rede ist, nicht von Kälte. M.E. zu Recht vertritt hingegen Dana Sutton die Ansicht, 86 Owen habe eine Standard-Metapher aus dem rhetorischen Repertoire des petrarkischen Sonetts im Sinn. Denn nicht nur auf die Koinzidenz der Gegensätze Feuer und Kälte scheint er anzuspielen, die u.a. in RVF 132 und 134 zelebriert wird, sondern auch auf die in RVF 132 gestellte Frage, was die Liebe ist.

 85 Vgl. John R. C. Martyn: Ioannis Aodoeni Epigrammata. 2 Bde. Leiden 1976–78 (Textus Minores 69 und 70), Bd. 1, S. 108. 86 Vgl. Dana F. Sutton zu diesem Distichon. In: The Philological Museum. The Epigrammata of John Owen (Ioannis Audoenus) (1606–1613). A Hypertext Critical Edition by Dana F. Sutton. The University of California, Irvine. Posted September 1, 1999. Revised December 12, 1999: http:// www.philological.bham.ac.uk/owen/notes.html#I.26.1 (01.06.2019).

  Beate Hintzen

Anhang: Petrarcas RVF 134 und die lateinischen Übertragungen von Nicolas Bourbon, Luigi Annibale Della Croce, Adriaan van der Burch und Girolamo Cicala Nicolas Bourbon Nugae 504: Ex Franc Petrarcha Non pacem invenio, at bello me nemo fatigat; Et spero et timeo, glacie circumdatus uror; In terra iaceo, at volitans feror aethera supra; 4 Mens mea nil stringit totumque amplectitur orbem. Qui me in carcere habet, mihi nec clauditve aperitve; Nec vult esse suum cuius me vincula nectunt; Nec me occidit Amor, sed nec me compede solvit, 8 Nec vivum superesse sinit, nec quaerere pacem. Absque oculis clare video, clamo sine lingua; Et pacem fugito, precibus mihi et illa roganda est; Denique qui me odi, alterius consumor amore. 12 Rideo suspirans, me pasco doloribus ipsis. Mors et vita mihi grata est, placet utraque iuxta. Sic ego sum pro te, pro te sum talis, amica. 1: Lukrez 1423f.: nunc aurum et purpura curis | exercent hominum vitam belloque fatigant; 3: volitans: oft an dieser Versstelle; 4: Catull 64,30: totumque qui amplectitur orbem, 6: Vergil, Bucolica 8,79: Necte, Amarylli, modo et „Veneris“, dic, „vincula necto.“ Kleinigkeiten 504: Aus dem Francesco Petrarca Nicht finde ich Frieden, aber mit Krieg setzt mir keiner zu; ich hoffe und bin in Angst, brenne mitten im Eis; ich liege auf dem Boden, fliege aber über den Äther; [4] meine Seele berührt nichts und umfasst den ganzen Erdkreis. Der mich im Kerker hält, schließt ihn mir weder noch öffnet ihn; nicht will der, dessen Fesseln mich binden, dass ich sein bin; nicht tötet mich Amor, aber löst mich auch nicht aus der Fessel; [8] weder lässt er mich überleben noch Frieden suchen. Ohne Augen sehe ich deutlich, schreie ohne Zunge; den Frieden scheue ich und muss ihn durch Bitten erflehen; schließlich verzehre ich mich, der ich mich hasse, zu einer/m anderen in Liebe. [12] Ich lache seufzend, weide mich geradezu an den Schmerzen. Tod und Leben sind mir lieb, beide gefallen mir gleichermaßen. In diesem Zustand bin ich, so bin ich durch dich, Geliebte. Luigi Annibale Della Croce Amantum contrarii affectus Nec pacem invenio nec sunt mihi bella timenda, Affligunt penitus spes, metus, aestus, hyems.

Das „eiskalte Feuer“ und andere Koinzidenzen von Gegensätzen  

Et prostratus humi pennis super aethera tollor, Stringo nihil, claudo quicquid in orbe manu. Nec clausa est, nec porta patet mihi carceris atri: Nec teneor, nec sunt vincla soluta mihi. Nec morti me tradit Amor, compede solvit, 8 Nec me luce frui, nec iubet ille mori. Cerno carens oculis, clamoque elinguis ad auras, Aeternos obitus, auxiliumque peto. Exosusque mihi alterius constringor Amore, 12 Dant lacrymae risum, fert alimenta dolor. Vita mihi pariter, pariter sunt funera cordi: Tu mihi, tu tanti causa Puella mali. 4

1 timenda] Drucke: gerenda Codices 2 penitus] Drucke: pariter Codices 7 nec2] Drucke, MM 693: neque Vat. lat. 5226 10 aeternos] Drucke: extremos Codices 1: Vergil, Aeneis 7,444; Silius Italius 7,785; 8,218: bella gerenda (am Hexameterende); 3: Ilias latina 463: Ille ruit prostratus humi; Silius Italicus 15,246: Tum prostratus humi; Vergil, Aeneis 1,379: super aethera nota est; Ovid, Fasti 3,347: super aethera motum; Lukan 1,678: super aethera raptam; 4: Ovid, Ars amatoria 1,56 = fasti 1,284: quicquid in orbe fuit; Fasti 1,494: quicquid in orbe patet; 5: Silius Italicus 15,78: caeli porta patet; Iuvencus 1,517: nec prius e tenebris solveris carceris atri; 9: Statius, Thebais 3,593 = Silius Italicus 2,417: it clamor ad auras; 14: Vergil, Aeneis 6,93f.: causa mali tanti coniunx iterum hospita Teucris | externique iterum mali; 11,479: iuxtaque comes Lavinia virgo, causa mali tanti Die widersprüchlichen Gefühle der Liebenden: Weder finde ich Frieden noch muss ich Krieg befürchten (Codices: führen), es beugen tief (Codices: gleichermaßen) nieder Hoffnung, Furcht, Hitze, Winterkälte. Zu Boden geworfen, erhebe ich mich auf Schwingen über den Äther, [4] Ich berühre nichts und umschließe alles auf dem Erdkreis mit der Hand. Weder ist mir die Tür des finsteren Kerkers verschlossen noch steht sie offen, Weder werde ich gehalten noch sind mir die Fesseln gelöst. Weder übergibt mich Amor dem Tod noch löst er mich aus der Schlinge, [8] weder lässt er mich das Leben(slicht) genießen noch sterben. Ich erkenne ohne Augen und schreie ohne Zunge in die Lüfte. Um ewigen (Codices: endenden) Tod und Hilfe bitte ich. Voll Hass auf mich werde ich durch die Liebe zu einer/m anderen gefesselt. [12] Es bringen die Tränen Lachen hervor, es gewährt Nahrung der Schmerz. Leben und Tod sind mir gleichermaßen, gleichermaßen lieb. Du bist mir, du bist, Mädchen, der Grund für so großes Leid. Adriaan van der Burch Pax et amicitiae nulla mihi sede parantur; Et si bella velim, non habeo unde geram. Et metuo, et spero; ferventi congelor aestu: 4 Sydera summa petens, haereo fixus humi. Nil teneo, nil possideo, tamen omnia dives Amplector, mundus quae spatiosus habet. Saevus in obscuro me carcere detinet hostis, 8 Claudere quem misero quem reserare negat.

  Beate Hintzen Et cum non cupiat Domini me Iure tenere, Vincla tamen non vult solvere ne fugiam. Cum crudelis Amor vita privare iacentem 12 Nolit, non tamen is vivere me patitur. Absque oculis video, clamoribus aethera rumpo Elinguis, claros do sine voce sonos. Vivere dulce puto, moriendi pascor amore; 16 Ut vivam ut moriar, quaero frequenter opem. Depereo quemcumque alium, me fervidus odi, Rideo flens, lacrymae sunt mihi deliciae. Nec mihi vita placet, nec mors, simul utraque grata est, 20 Neutra placet, sed nec displicet ulla tamen. Conditione utor dubia hac, o Faemina, per te: Tu mihi causa boni, tu mihi causa mali. 1: Ovid, Ars amatoria 3,436: in nulla sede moratur Amor; Ibis 158: nulla sede quietus eris; 4: Ovid, Fasti 3,34; 5,39; tristia 1,2,20: sidera summa ⏑–(x); Paulinus von Nola, Carmen 20,89: fixus humi; 5: häufige Junktur: tamen omnia –x; 6: Ovid, Tristia 2,38: Iure capax mundus nil Iove maius habet; 7: Vergil, Bucolica 16,45: detinet hostis (am Hexametereende); 9: Ovid, Epistulae heroidum 3,154: domini iure venire iube; 11: Vergil, Bucolica 10,29; Aeneis 6,24; Anthologia Latina 11,5: crudelis amor; 14: [Tibull] 3,4,70: nec similes chordis reddere voce sonos; 15: Catull 68,162: qua viva vivere dulce mihi est; Vergil, Aeneis 6,93; 11,480: causa mali tanti; Ovid, Remedia amoris 768: Aemulus est nostri maxima causa mali. Frieden und Eintracht gibt es nirgends für mich; selbst wenn ich Krieg will, habe ich keinen Grund, ihn zu führen. Ich fürchte sowohl als ich hoffe; in glühender Hitze erstarre ich zu Eis: [4] Indem ich hoch zu den Sternen strebe, hänge ich fest am Boden. Nichts halte, nichts besitze ich; dennoch umfasse ich in Reichtum alles, was die weite Welt bereit hält. Ein grimmiger Feind hält mich im dunklen Kerker fest, [8] den er mir elendem zu verschließen, den er zu entriegeln sich weigert. Und obwohl er nicht wünscht, mich unter dem Recht des Herrn zu halten, will er trotzdem meine Fesseln nicht lösen, damit ich nicht fliehe. Obwohl der grausame Amor mich, da ich [am Boden] liege, nicht des Lebens [12] berauben will, lässt er mich trotzdem nicht leben. Ohne Augen sehe ich, mit Geschrei zerreiße ich die Luft ohne Zunge, deutliche Laute gebe ich ohne Stimme von mir. Zu leben halte ich für süß, an der Begierde zu sterben nähre ich mich; [16] um zu leben, um zu sterben, erbitte ich häufig Hilfe. Ich vergehe [vor Liebe] zu einem anderen, hasse mich leidenschaftlich. Ich lache weinend, die Tränen sind mir Wonne. Weder gefällt mir das Leben noch der Tod, gleichzeitig ist mir beides lieb. [20] Keines von beiden gefällt, aber dennoch missfallen beide nicht. In dieser Lage des Zweifels befinde ich mich, Frau, durch dich. Du bist für mich Ursache des Guten, du Ursache des Übels. Girolamo Cicala Versio ex italico Petrarchae Nec pacem invenio nec sunt mihi bella gerenda, Et timeo et spero; et ardeo sumque gelu; Et super astra volo et iaceo telluris in imo; 4 Nihil stringo, amplector quicquid in orbe manu.

Das „eiskalte Feuer“ und andere Koinzidenzen von Gegensätzen  

Vincior a quo nec laxor nec carcere frenor, Nec sibi me retinet nec mihi vincla levat; Me nec Amor perimit, nec ferro crura resolvit, 8 Vivere me prohibet, me vetat ille mori. Cerno carens oculis, clamoque elinguis; et urget me desiderium mortis, opemque peto. Exosusque mihi, alterius sum captus amore. 12 Aerumnis pascor, rideo collacrymans; Me pariter subeunt mortis me taedia vitae: Has pro te cogor ferre, puella, vices. 1: Vergil, Aenis 7,444; Silius Italicus 7,785; 8,218: bella gerenda (am Hexameterende); 3: Vergil, Aenis 1,34: telluris in –x; 4: Ovid, Ars amatoria 1,56 = fast. 1,284: quicquid in orbe fuit; fast. 1,494: quicquid in orbe patet; 5: Vergil, Aenis 1,54: carcere frenat (am Hexameterende); 6: Tibull 3,11,13: vel serviat aeque | vinctus uterque tibi vel mea vincla leva; 7: Ovid, Ars amatoria 3,272: vinclis crura resolve suis am Hexameterende; 10: Ovid, Fasti 6,146 opemque petit (am Hexameterende); 11: Vergil, Aenis 12,392; Ovid, Metamorphoses 6,465; 8,435: captus amore (am Hexameterend; 13: Ovid, Metamorphoses 10,482.625; Epistulae ex Ponto 1,9,21; nux 159; Statius, Thebais 7,462; Valerius Flaccus 6,325; Iuvenal 11,207: taedia vitae (am Hexameterende) Übersetzung aus dem Italienischen Petrarcas: Weder finde ich Frieden noch muss ich Krieg führen, ich fürchte sowohl als ich hoffe; ich brenne sowohl als ich Eis bin; ich fliege hoch zum Himmel und liege tief unten auf der Erde; [4] ich berühre nichts, umarme alles auf dem Erdkreis mit der Hand. Von wem ich gefesselt werde, werde ich weder freigelassen noch im Ker-ker gehalten, weder hält er mich für sich zurück noch löst er mir die Fesseln; weder tötet mich Amor noch löst er den Fuß aus dem Eisen, [8] zu leben hindert mich jener, verbietet mir zu sterben. Ich erkenne ohne Augen und schreie ohne Zunge; es treibt mich die Sehnsucht nach dem Tod und ich bitte um Hilfe. Voll Hass auf mich bin ich durch die Liebe zu einer/m anderen gefangen. [12] Am Kummer nähre ich mich, lache weinend; gleichermaßen überkommt mich der Widerwille gegen den Tod wie gegen das Leben: Dieses Schicksal muss ich deinetwegen, Mädchen, ertragen.



Theorie und Praxis des lateinischen Petrarkismus im Italien des 15. und 16. Jahrhunderts

Christoph Pieper

The Challenge of Petrarch’s Legacy – Love and innamoramento in Salutati and Some Elegiac Collections of the Fifteenth Century  Introduction In the first half of the fifteenth century the first humanists wrote collections of poetry intended to revive the elegiac code offered by the Augustan masters like Propertius, Tibullus and Ovid. However, it is also beyond doubt that these poets were not only indebted to ancient models, but were similarly aware of the huge tradition of love poetry in volgare that culminated in the works of Dante and especially Petrarch. I contend that it is important to acknowledge in a more systematical way the impact of Petrarch’s Rerum vulgarium fragmenta on these Latin poets of the Quattrocento for a full assessment of the beginnings of European Petrarchism. In the following, I wish to contribute to this project by focusing not on stylistic or rhetorical aemulatio of the Petrarchan model, but on the ethical debate triggered by his love poems. Generally speaking, Petrarch’s importance as initiator of a new intellectual movement, as the ‘father of humanism’, was quickly recognized, especially in North Italian centres like Florence. But his lyric speaker’s love for Laura, even if stylistically regarded as a highlight of the Italian volgare, offered a challenge with regard to contents. My chapter is divided into two sections. The first (subheadings 2 and 3) is dedicated to Coluccio Salutati, an author who was both a fervent admirer of Petrarch and a severe critic of indulging oneself in the feelings of love. As a test case, I will analyse some letters directed to Pellegrino Zambeccari in the early 1390s, which show how ethically problematic love poetry could be. In the second section (subheadings 4 and 5) I will turn to the moment of the speaker’s innamoramento in some elegiac poems of the fifteenth century, and will examine how they respond to the Petrarchan model and how they increase its moral acceptability.

 Petrarch as a cultural and moral hero The considerable difficulty in ennobling amorous poetry in early humanistic circles can be shown through the example of an eminent figure of the time: Coluccio https://doi.org/10.1515/9783110780048-005

  Christoph Pieper Salutati, who was a fervent admirer of Petrarch and had since the 1360s been on friendly terms with him and Giovanni Boccaccio. 1 When Petrarch died in 1374, Salutati, just arrived in Florence to embark on his political career, composed an appraisal of Petrarch’s intellectual inheritance that embraces most of the features of his later canonization. 2 In a famous letter to Roberto Guidi, the young count of Battifolle, written on 16 August 1374 and thus less than a month after the death of the venerated maestro, Salutati offers a true laudatio funebris. Petrarch is hailed as an extraordinary, sublime author and man, the glory of his era: motus sum, fateor, qui viderim illud nedum huius florentis urbis lucidum iubar, sed totius Italie nostreque etatis lumen extinctum […] istudque eloquentie sidus omniumque virtutum domicilium superni numinis benignitate nobis indultum. 3 I am deeply moved, I confess, when I see that not only this bright splendor of this flourishing city, but the light of all Italy and of our time has been extinguished […], this star of eloquence and homeland of all virtues, granted to us by the benevolence of the highest god.

In a daring synkrisis with the major ancient authorities, Salutati then extols Petrarch above all writers of antiquity because he alone has achieved the highest standards in prose (similar to Demosthenes and Cicero), poetry (similar to Vergil and all Greek lyrical poets) and philosophy (similar to Seneca). Among these achievements, Salutati mostly counts the deceased’s Latin production, but he also touches upon the Rerum vulgarium fragmenta, Petrarch’s so-called Canzoniere: taceo in hoc dicendi gignasio quo alternatis consonantibusque versiculorum finibus materna lingua vulgarium auricole demulcentur, in quo octo sexque carminibus, aut si quid

 1 A detailed assessment of Salutati’s judgments about Petrarch throughout his life is offered by Marcello Aurigemma: I giudizi sul Petrarca e le idee letterarie di C. Salutati. In: Atti e memorie dell’Arcadia, ser. 3, 6.4 (1975–1976), pp. 67–146. 2 Cf. on this famous letter recently Martin L. McLaughlin: Latin and Vernacular from Dante to the Age of Lorenzo (1321–ca. 1500). In: The Cambridge History of Literary Criticism. Ed. by Alastair Minnis and Ian Johnson. Cambridge 2005, vol. 2, pp. 612–625, here p. 615 (with further references); Timothy Kircher: Petrarch and the Humanists. In: The Cambridge Companion to Petrarch. Ed. by Albert Russell Ascoli and Unn Falkeid. Cambridge 2015, pp. 179–190, here pp. 180– 181. 3 The text is quoted from the edition Epistolario di Coluccio Salutati. Ed. by Francesco Novati. 4 vols., Rome 1891–1911, vol. 1, pp. 176–187 (= Ep. 3.15), here p. 177, ll. 15 and 20–21. The following references will indicate ‘Volume number.Page number.Line number’. All translations in this chapter are my own, unless otherwise indicated.

The Challenge of Petrach’s Legacy  

paucioribus expediendum fuit, omnium consensu et compatriotam suum Aligherium Dantem, divinum prorsus virum, et ceteros antecessit. 4 I do not mention that field of eloquence in which the ears of the masses are allured by the alternatingly rhyming end of verses in the mother tongue, a genre in which he, with eight plus six verses [sc. the sonnet consisting of 8 + 6 verses] or, if a thought must be unwound, with even less, has surpassed according to the judgment of all, even his compatriot Dante Alighieri, a truly divine man, and all the others [sc. vernacular poets].

The end of the sentence merits special attention: Dante (here classified as a divine man) was slowly canonized around the year of Petrarch’s death: in 1373, Boccaccio, on the invitation of the city of Florence, lectured in public on the Comedia, and had already written his Trattatello in laude di Dante. Thus, if Salutati one year later in a letter composed in Florence writes that Petrarch has outrivalled the divine Dante, he implicitly attributes to him, as the author of the Rerum vulgarium fragmenta, a similar status of supernatural auctoritas. 5 Important for my further argument is that Petrarch’s excellence is not restricted to his rhetorical and intellectual skills, but also includes his insights in moral philosophy and his virtuous behaviour (the virtutes of which he is said to be the homeland in the quotation above). Salutati explicitly asserts that Petrarch’s virtuous life is reflected in his works: “quid virtuosum inter mortales inque rerum istarum corruptibilium societate potest optari quod ille iamdiu suis operibus omnium passionum fece purgatis suisque non sit meritis assecutus?” [What kind of virtuousness can one wish for amongst men and in the society of all perishable things that he has not achieved for his merits, since his works have already been purged from the dregs of all passions?]. 6 Without mentioning the vernacular poems of the Rerum vulgarium fragmenta here, it is probable that they are in Salutati’s mind. We know from other early assessments of Petrarch’s life that the amorous poems were in need of defence. Although Giovanni Boccaccio and Filippo Villani in their biographies of their revered friend and master are mostly concerned with his Latin works, they both comment briefly on the vernacular poems as well. 7 Boccaccio immediately defends the verses against the charge of immorality. After a long appraisal of Petrarch’s excellent character, he also says that the vulgaria poemata on his love for Lauretta do not disagree (non obstat) with this image. Referring to Petrarch’s own interpretation of the poems in  4 Novati (n. 3), 1.183.6–11. 5 Cf. on the comparison Dante-Petrarch in the letter Aurigemma (n. 1), pp. 86–88. McLaughlin (n. 2), pp. 615–616 recalls that in later years, Salutati would value Dante as higher than Petrarch. 6 Novati (n. 3), 1.177.28–178.1. 7 See for a very brief overview Kircher (n. 2), p. 180.

  Christoph Pieper his Secretum, Boccaccio writes: “Laurettam illam allegorice pro laurea corona, quam postmodum est adeptus, accipiendam puto. quid opus est verbis? nihil enim potest de virtutibus et scientia huius poetae respective ad veritatem meus calamus explicare” [I think that this Lauretta must be understood as an allegory for the laurel crown, which he later obtained. Why should I write more? For my writing pen cannot explain anything with regard to truth about the virtues and knowledge of this poet]. 8 Even more apologetic is Boccaccio’s contemporary Filippo Villani in his biography of Petrarch, which he included in his Liber de origine civitatis Florentiae et eiusdem famosis civibus (completed in 1383). He introduces the vernacular poems (the vulgares odae atque sonitii) as compositions “in quibus incredibilem et fere angelicam, 9 si sic dicere fas est, dictandi potestatem atque decorum ostendit. tanta siquidem dulcedine fluunt ut ab eorum pronuntiatione etiam senes gravissimi nesciant abstinere” 10 [in which he shows an incredible and almost – if I may say so – angelic power and grace of expression. For they flow with such sweetness that even the most authoritative old men cannot abstain from reciting them]. The reference to the old men implicitly leads up to the theme of possible criticism to which Villani explicitly returns towards the end of his biographical sketch. According to him, most readers have criticized Petrarch for his amorous poetry: “existimavere plerique Petrarcham, cum beneficiis ecclesiasticis aleretur nec ab odis lascivientis cupidinis abstineret, parum sanctae vitae studuisse” [most people believe that Petrarch did not strive enough towards a pious life, because he was fed with the benefactions of the church and did not abstain from his odes about licentious love]. 11 Villani, however, contradicts this opinion: Petrarch’s death, during which the bystanders could see his soul emanating towards heaven, has definitively proven his virtuousness. In short, Salutati’s judgment of 1374 is in line with that of his older contemporaries Boccaccio and Villani: all three acknowledge that Petrarch’s moral grandeur was such that

 8 Giovanni Boccaccio, De vita et moribus domini Francisci Petrarchae de Florentia, quoted from Le vite di Dante, Petrarca e Boccaccio scritte fino al secolo decimosesto. Ed. by Angelo Solerti. Milan 1904, pp. 253–264, here pp. 262–263. The poetic coronation of 1341 and the previous exam in front of King Robert of Naples is the most elaborately narrated episode of Petrarch’s life in Boccaccio’s De vita (it fills one out of twelve pages in Solerti’s edition). 9 Solerti (n. 8) prints “incredibile et fere angelicum” in his edition and refers to the text I adopt only in a footnote (it is unclear whether as his conjecture or as a variant in one of the manuscripts). 10 Filippo Villani, De vita et moribus Francisci Petrarchae poetae laureati, in Solerti (n. 8), pp. 275–281, here p. 279. On Villani’s judgment of Petrarch’s vernacular poems, see briefly Aurigemma (n. 1), p. 118. 11 Ibid., p. 281.

The Challenge of Petrach’s Legacy  

he could even treat the potentially lascivious theme of love in an impeccably virtuous manner.

 Salutati readdressing Petrarch’s moral excellence This, however, is only part of the story. As has been demonstrated by others, already five years after Petrarch’s death Salutati had toned down the exuberant praise. 12 Again almost fifteen years later, he was confronted with a kind of intrusion of Petrarchan-style poetry into real life. His reaction shows that he no longer considered love of the kind that Petrarch had described as virtuous; on the contrary, as will become clear, he now accuses Petrarch of having written lascivious verses. The incident that triggered such a reaction was the following: Salutati’s younger colleague and friend, the Bolognese chancellor Pellegrino Zambeccari, had been in love with a girl called Giovanna, who, however, had refused to marry him and instead found another husband. Zambeccari, even though himself married to another woman, obviously could not stop loving her, and, what is more important in this context, writing about his love for her. 13 He did so both in poems and in letters which he sent to his friends, among whom was Salutati. From the letters concerning this affair, the most famous one is the latest from 1398, as it is often adduced as being an important source for Salutati’s reflections on the vita activa versus the vita contemplativa 14 – but for our current study, the earlier letters dating from the years between 1392 and 1394 are more relevant. 15 In four subsequent letters Salutati does his utmost to dissuade his friend from indulging in his erotic passion and from expressing it in a similarly passionate way. As an alternative, he offers Zambeccari a more valuable and virtuous object of his love:

 12 Cf. Ronald G. Witt: In the Footsteps of the Ancients. The Origins of Humanism from Lovato to Bruni. Leiden, Boston, Cologne 2000, p. 315. Cf. also Aurigemma (n. 1), p. 111 on Salutati’s increasing need to defend Petrarch against critics at the moment when humanistic scholarship and Latin style developed further. 13 For the biographical background cf. Novati (n. 3), vol. 3, p. 3 n. 1. Aurigemma (n. 1) does not include these letters in his overview of Salutati’s attitude towards Petrarch. 14 Ibid., vol. 3, pp. 285–308 (= Ep. 10.16). This letter is discussed, among others, in Ronald Witt: Hercules at the Crossroads. The Life, Works and Thought of Coluccio Salutati. Durham (NC) 1983, pp. 351–353; it is translated in: Benjamin Kohl, Ronald Witt (eds.): The Earthly Republic. The Italian Humanists on Government and Society. Philadelphia 1978, pp. 93–114. 15 Novati (n. 3), vol. 3, pp. 3–52 (= Ep. 9.1–4).

  Christoph Pieper god and god’s creation. I contend that Salutati not only comments on the inappropriate love of a representative of a social elite, but treats this love and the writing about it as interconnected phenomena. This means not only that Salutati is addressing Zambeccari as political and moral advisor, but that we can also extract various pieces of literary criticism from the letters. On the basis of this supposition, let me highlight some central aspects of his arguments. According to Salutati love can have two mutually exclusive objects, one based on sensual stimuli and another based on a virtuous and faithful attitude directed towards god. According to the latter, it would even be possible to love a woman, as long as one sees the beloved as an imago dei, as Salutati expresses at the end of the third letter: “ama Iohannem, ama et omnem rationalem creaturam, non ad recreationem, sed ad felicitatem, non tui gratia, sed eius, qui contemplatione diligitur [i.e., deus]” [love Giovanna, also love every rational creature of god, but not for recreation, but for happiness, not for your sake, but for the sake of him who is loved through contemplation]. 16 Yet, Zambeccari is in the grip of the sensual and egoistic type of love. From the outset, Salutati presents this passion as erroneous. He says that he had hoped that his friend “would have put an end to your love stories which burn you and which make you mad, and (what is more dangerous and the craziest thing) through which you think to earn glory by burning and being mad” (“te tuis amoribus, quibus ureris et insanis quibusque (quod pericolosius et insanissimum est) te uri et insanire gloriosum ducis, finem et terminem posuisse”). If this turns out to be impossible, Salutati at least hopes that “after having understood the errors of your past life and after having changed your way of life, you are less mad than usual” (“minusque solito recognitis erroribus exacte vite, iam mutatis consiliis insanire”). 17 With this opening, Salutati evokes two important Petrarchan themes. In the first sonnet of the Rerum vulgarium fragmenta, Petrarch programmatically had defined his love for Laura as an error of his youthful ego that was partly different from his present, more mature one (“in sul mio primo giovenile errore | quand’era in parte altr’uom da quel ch’i’ sono”, [in my first juvenile confusion, when I was partly another man than I am now], RVF 1.3–4). Michael Bernsen has therefore described the Canzoniere as “ein geschlossenes Werk im Sinne einer Bekehrungshistorie”; 18  16 Ibid., 3.40.16–18. 17 Ibid., 3.4.2–4 and 6–7. 18 Michael Bernsen: Die Problematisierung lyrischen Sprechens im Mittelalter. Eine Untersuchung zum Diskurswandel der Liebesdichtung von den Provenzalen bis zu Petrarca. Tübingen 2001, p. 303. According to Bernsen, this conversion in Petrarch did not carry overt religious flavours; the focus in the Rerum vulgarium fragmenta remains on the earthly love for Laura, even in the last canzone to the Virgin Mary (ibid., pp. 317–319).

The Challenge of Petrach’s Legacy  

Salutati also invites Zambeccari to convert and distance himself from his passionate feelings. 19 It is unclear whether Salutati also saw Petrarch’s distancing as incomplete: rather than showing a Christian conversion and the abolition of erotic in favour of spiritual love, the poems of the Canzoniere remain deeply ambiguous and constantly merge the religious and human aspects of love and the beloved woman. 20 In the words of Andreas Kablitz, Laura appears from the very beginning “als Heilsbringerin und Verführerin in eins”. 21 Especially dubious is the honesty of Petrarch’s repentance with regard to the glory he wanted to achieve with his vernacular poems, 22 as he himself famously ‘admits’ in his conversation with St Augustine in the Secretum: his fascination for Laura was triggered more by her name (which recalls the laurel crown of the poeta laureatus) than by her beauty. 23 Even if Salutati does not refer in his letter explicitly to the such poetic glory, the fact that Zambeccari obviously considers his love for Giovanna as glorious for himself (gloriosum) connects it to Petrarch’s famous poetological allegory. Petrarchan echoes continue to arise. At several points in his letters, Salutati refers to the way in which Zambeccari has described his beloved Giovanna. A representative example is the following passage from the first letter: miraris formam, laudas speciem, predicas pulchritudinem, oculos sideribus equas, faciem soli, illi te servum asseris, illam tibi dominam confitens immemor quod ab initio data nobis fuerit in socium, post transgressionem autem abdicata sit in servam. 24

 19 The theme of Zambeccari’s error returns at the end of the second letter, Novati (n. 3), 3.20.16– 19. 20 Cf. Francesco Petrarca: Canzoniere. Ed. by Marco Santagata. Milan 22004, p. 8 ad loc.: “la trasformazione non è completa perché nell’uomo nuovo sopravvivono ancora residui dell’errore passato.” On p. 9, he speaks of “la dialettica cambiamento/persistenza”. 21 Andreas Kablitz: ‘Era il giorno ch’al sol si scoloraro per la pietà del suo factore i rai.’ Zum Verhältnis von Sinnstruktur und poetischem Verfahren in Petrarcas Canzoniere. In: Romanistisches Jahrbuch 39 (1988), pp. 45–72, here p. 49. For the paradoxical role of Laura in the story of ‘salvation’ of the poet, cf. Aldo S. Bernardo, Laura as a nova figura. In: id. (ed.): Francesco Petrarca Citizen of the World. Proceedings of the World Petrarch Congress Washington, D.C., April 6–13 1974. Padua 1980, pp. 179–192, here p. 191 (on RVF 289): “The poet’s salvation had all along lain in the very flames of his love, but only Laura’s death had revealed that to him.” 22 Cf. Bernsen (n. 18), p. 308, who argues that a major problem of Petrarch’s lyric subject is that it is attracted by earthly things, especially earthly glory. 23 Cf. Gerhard Regn: Allegorice pro laurea corona. Dante, Petrarca und die Konstitution postmittelalterlicher Dichtungsallegorese. In: Romanistisches Jahrbuch 52 (2000), pp. 128–152, esp. p. 142. 24 Novati (n. 3), 3.5.3–8.

  Christoph Pieper You admire her outward appearance, praise her attractiveness, make her eyes equal the stars, her face equal the sun, you affirm that you are her servant and confess that she is your mistress, and in doing so you forget that in the beginning she [the woman as such] has been given as a mate to us and that after the violation of god’s law she has been relegated to servitude.

It is interesting to note once more the tension between Salutati’s biblical-religious perspective on women as the ‘servants of men’ and Zambeccari’s allegedly (known only from Salutati’s version) literary perspective which turns his beloved into his mistress, thus referring to the ancient and medieval topos of servitium amoris. In fact, almost everything that (according to Salutati) Zambeccari has used when describing Giovanna are topical descriptions of women in both Roman love elegy and/or in the dolce stil novo, and thus also in Petrarch’s Rerum vulgarium fragmenta. 25 In another passage from the second letter, he adds more features: apart from the blond hair (“flavis crinibus”) and star-like eyes (“oculis sidereis”), Zambeccari loves (and writes about) Giovanna’s delicate conversation („placabiliter loquatur”), fine movements (“venuste moveatur”), and especially her refined dancing (“saltet egregie”) that has allowed her to become the leader of a chorus of dancers (“dux choree mille modis noverit variare gressus”, suggesting the image of the beloved leading a circular dance of the Muses on Mount Helicon). 26 The description again is part of the long tradition of love poetry since antiquity, but the graciousness of movement and talking is especially reminiscent of the beloved women in the stil novo (it suffices to think of Beatrice in the Tanto gentile-sonnet from Dante’s Vita nova 26) and in Petrarch. In RVF 90 Laura’s physical beauty is praised, before Petrarch turns to extolling her moving and talking in the third stanza. Her total appearance is then compared to a living sun (again). All elements together form the typical donna angelica known from Italy’s late medieval literary tradition: 27

 25 For the eyes equalling the stars, cf. e.g. Petrarch, RVF 157.1–12: “hebeno i cigli, et gli occhi eran due stelle, | onde Amor l’arco non tendeva in fallo” (cf. Ovid, Amores 2.16.44: “per me perque oculos, sidera nostra, tuos”; Propertius 3.9.14: “non oculi, geminae, sidera nostra, faces”); for the face equalling the sun, cf. Petrarch, RVF 37.81–85: “Le treccie d’òr che devrien fare il s o l e | d’invidia molta ir pieno, | e‘l bel guardo sereno, | ove i raggi d’Amor sí caldi sono | che mi fanno anzi tempo venir meno”. 26 Novati (n. 3), 3.18.27–19.6. 27 Cf. Santagata (n. 20), p. 445 ad loc., and Francesco Petrarca: Canzoniere = Rerum vulgarium fragmenta. Ed. by Rosanna Bettarini. Turin 2005, 438 ad loc., who both refer to Dante’s sonnet 26, as well.

The Challenge of Petrach’s Legacy  

Non era l’andar suo cosa mortale, ma d’angelica forma; et le parole sonavan altro, che pur voce humana. Uno spirito celeste, un vivo sole fu quel ch’i’ vidi: et se non fosse or tale, piagha per allentar d’arco non sana. 28 Her walk was no mortal thing, but had the essence of angels; 29 and her words sounded differently than a normal human voice: a celestial spirit, a living sun was what I saw. And if now she would not be as she was then, the wound does not heal, even if the bow is no longer bent.

It is thus quite obvious that Salutati connects Zambeccari’s praise of Giovanna (no matter whether in verse or prose) to the tradition of the dolce stil novo, which found its sublimation and suspension in Petrarch’s poetry. 30 This truly Petrarchan tone in Zambeccari’s representation of his beloved obviously went so far

 28 Petrarch, RVF 90.9–14. The last verse is proverbial, cf. Santagata (n. 20), p. 446 ad loc. and Bettarini (n. 27), p. 439 ad loc. 29 For my translation of forma as essence, cf. Bettarini (n. 27), p. 439 ad loc. 30 Salutati also recurs to intertextual allusions in order to show Zambeccari the fruitlessness of his love. In the third letter, he compares this love to that of Apollo and Daphne through a quotation from the standard version of the story in Ovid’s Metamorphoses: “sicque ‘ureris et sterilem sperando nutris amorem’. spectas enim flavos ‘collo pendere capillos’, ‘vides igne micantes | sideribus similes oculos, vides oscula, que non | est vidisse satis; laudas digitosque manusque | bracchiaque et nudos media plus parte lacertos; | si qua latent, meliora putas’, ut de Phebo et Daphne dixit Ovidius” [thus ‘you burn and foster a sterile love with hopes’. For you see how her blond ‘hair hangs from her neck’, ‘you see her eyes, sparkling like fire and similar to the stars; you see her little mouth, and it is not enough to see it; you praise her fingers and hands, her arms and upper arm, more than halfway naked; and if something is hidden, you think it is even better,’ as Ovid said about Apollo and Daphne], Novati [n. 3], 3.32.29–33.3, quoting Ovid, Metamophoses 1.496–502. Famously, the Apollo and Daphne myth is a major constituent of Petrarch’s collection, cf. esp. the famous ‘metamorphosis canzone’ (RVF 23). In RVF 34 Petrarch invokes Apollo and asks whether his love for Daphne is still burning (the blond hair in vers 3 is also referred to by Salutati; according to Santagata (n. 20), 187 ad loc., “il biondo è attributo laurano, non dafneo”); in a second step, then, Petrarch cross-fades his own lyrical persona with Apollo through the figure of the beloved girl: Laura is Daphne (see above for her being the laurel as well). In the sonnet, this is condensed in verses 7–8, “difendi or l’onorata et sacra fronde, | ove tu prima, et poi fu’ invescato io” and vers 13 where he speaks of Laura/Daphne as “la nostra donna”. The Daphne theme in Petrarch has been widely studied, cf. e.g. Peter Hainsworth: The Myth of Daphne in the Rerum vulgarium fragmenta. In: Italian Studies 34 (1979), pp. 28–44; Sarah Sturm-Maddox: Petrarch’s Metamorphoses. Text and Subtext in the Rime sparse. Columbia (MO) 1985, pp. 9–38.

  Christoph Pieper that he, too, characterized Giovanna as a kind of angelica figura or donna celeste, 31 as Salutati suggests in his second letter: celica quidem, inquis, inter alias est, morum omnium exornata decore. sit hoc ultimum, ut libet: celicam tamen unde potes asserere? secundum animam equidem de nichilo facti sumus aut, si placuerit cum Platonicis delirare, non ipsa solum sed omnes e celo sumus. 32 You say that she is heavenly among the other women, adorned with the grace of all moral behaviour. Leave this last point as you wish. But how can you claim that she is heavenly? We have been created from nothing according to our soul, or, if we want to rave with the Platonic philosophers, not only she [sc. Giovanna], but we all stem from heaven.

Strictly speaking, what I have presented so far does not prove that Salutati with his heavy criticism of Zambeccari’s passion also rejects the poetic model of Petrarch evoked by Zambeccari (via Salutati). Therefore, I now turn to the passage of the letters where the connection is made explicit. An important reason for Salutati rejecting Zambeccari’s love is that his addressee muddles the distinction between fiction and real life and lives his public life according to the Petrarchan poetic model. This inappropriate behaviour leads to criticism from his fellow citizens and reduces his public authority. 33 But even this criticism is a reference to Petrarch’s literary world, more specifically to the prefatory sonnet RVF 1.9–11 (“ma ben veggio or sí come al popol tutto | favola fui gran tempo, onde sovente | di me mesdesmo meco mi vergogno” [but now I see well that I have long been a reason for rumours among the people, and for this I often am ashamed of myself]). Obviously Salutati is keen on balancing himself on the edge between real life and poetic imagery, all the while criticizing his fellow politician. He can do so because he himself is also a poet. At one point, he adduces verses of his own to argue that love for earthly beauty is doomed to end soon. 34 More relevant is a second passage where he admits that in his youth he also was in love and even

 31 It goes beyond the scope of this chapter to discuss at length how exactly Petrarch reacted to the existing tradition of the donna angelica (most notably of Beatrice in the Comedia). Cf. Bernsen (n. 18), pp. 303–319 for a nuanced treatment of the theological and philological discussions that Petrarch incorporates in the female protagonist of his Canzoniere. Whereas Bernsen nevertheless stresses the earthly focus of Petrarch’s poetry, Bernardo (n. 21) develops the figure of Laura from Petrarch’s deep spiritualism. 32 Novati (n. 3), 3.11.31–12.3. 33 Cf. the second letter (Novati [n. 3], 3.14.6–8): “sic amas ut te putent omnes, hoc est vulgus, […] insanire.” 34 Ibid., 3.29.26–30.2.

The Challenge of Petrach’s Legacy  

wrote poetry about his amorous passion – his lost Bucolicum carmen. 35 He even confesses that the erotic thoughts returned to him when he was already an elderly man. Again he dealt with his passion in poetry, but the verses he wrote then were no longer sentimental, but full of self-incrimination: “vulgariter cecini: ‘quid facies, o senex crispe et cane, compulse per virtutum tertii celi?’ sed – laus Deo! – sic michimet displicui quod laqueum preparatum rupi et fugi” [I sang in the vernacular: ‘What are you going to do, curly white-haired old man, rushed through the third sphere of heaven?’ But – praise to god! – I displeased myself so much that I broke and fled the snare that was already prepared]. 36 The lesson to learn for Zambeccari is easy: love might be acceptable for youngsters, but as soon as one grows older, one must no longer yield to it and surely not write enthusiastically about it without any form of critical distance. It is exactly at this point of his argument that Salutati explicitly adduces Petrarch, whom Zambeccari in vain invokes as witness of the defence: nec, ut me ad amorem horteris aut te excuses, Petrarcam nostrum ponas in exemplum. amavit ille, nec, ut arbitraris, honeste, imo ad libidinem et furiose. hoc ipse fatetur in principio suorum ‘Fragmentorum’, ubi se apud amantes veniam reperturum esse confidit ex iuvenilibus suis erroribus. 37 And please, do not come up with the example of our Petrarch in order to seduce me to love or to excuse yourself! He loved, but not honourably, as you think, but lustfully and madly. He himself says this at the beginning of his (Rerum vulgarium) fragmenta, where he trusts that lovers will be indulgent with his juvenile errors.

The passage seems to overturn the hymnic praise of Petrarch’s moral integrity, which we have seen above. Even the ethical exemplum Petrarch was not virtuous, but salacious in his love for Laura. Nonetheless, one has to be careful – the quoted passage does not mean that the revered predecessor is now presented as utterly immoral. He is seen as a man who has gone through immoral behaviour in his youth (cf. again RVF 1.9.3–4), but has freed himself from it, exactly as Salutati has done, but Zambeccari has not yet done. The difference between the latter and Petrarch is that the author of the Rerum vulgarium fragmenta in his own poems distances himself from his passion by invoking the temporal gap which divides the moment of writing the poems from the moment of the first innamoramento. Thus (as most modern commentators would say), Petrarch might not free  35 Ibid., 3.17.24–27: “arsi, cum etas tulit, et ego Iohannem habui meam, quam bucolico carmine ficto ex interpretatione vocabuli sub nomine Caristes, quod ‘Dei gratia’ sonat, cecini.” 36 Ibid., 3.17.33–18.2. 37 Ibid., 3.18.2–7.

  Christoph Pieper himself completely from his love, but (as Salutati hints) he is at least aware of the moral problem. 38 The reason for this lies in the acknowledgment that love is the enemy of reason, the basis of moral behaviour. 39 This means that according to Salutati, love poetry in the vein of Petrarch is not good per se, but it has at least potential for the good in that it can show the moral development of its author at the moment he distances himself from his amorous feelings. It is only when a man and author, like Zambeccari, does not reach this reflective mode and remains chained to his immediate sensual and passionate feelings, that love and love poetry are a danger to one’s moral stance. To sum up this first part on Salutati: as Marc Laureys has argued in a chapter on Salutati’s Latin poetry, the author’s attitude towards poetry in general is ambiguous: on the one hand he often defends poetry (especially the ancient poets) against maligni in terms of the fourteenth book of Boccaccio’s Genealogia deorum gentilium; on the other hand he never questions the unavoidable primacy of Christian culture. 40 We see this attitude in nuce in his letters to Pellegrino Zambeccari written between 1392 and 1394. Salutati chastises his friend for his love on the grounds of a Christian countermodel of love, which should be directed to god instead of god’s creature (“creaturam plus Deo diligis”, 41 is one of his charges). 42 Second, he criticizes Zambeccari’s way of writing about love through many formulations that echo the discours amoureux of Petrarch’s vernacular poetry – although this criticism is more nuanced, as Salutati does not condemn Petrarch’s poetry, but only the amorous feelings that have triggered it and the hope to gain renown from this poetry. As Laureys writes, “con la poesia si può conquistare soltanto una fama superficiale e transitoria, che non ha nessun valore in

 38 Cf. Kablitz (n. 21), p. 65, who asserts that from the moment of the innamoramento on Good Friday “konstituiert sich im Canzoniere die ‘Liebesgeschichte’ des Sängers gerade gegen die Zweifel an ihrer Legitimität”. 39 Cf. Sabrina Stroppa: Amore. In: Lessico critico petrarchesco. Ed. by Luca Marcozzi and Romana Brovia. Rome 2016, p. 49. I recall that Salutati had said a similar thing already in 1374 in the phrase “suis operibus omnium passionum fece purgatis” quoted above. 40 Marc Laureys: La poesia latina di Coluccio Salutati. In: Coluccio Salutati e l’invenzione dell’umanesimo. Atti del convegno internazionale di studi, Firenze, 29–31 ottobre 2008. Ed. by Concetta Bianca. Rome 2010, pp. 295–314, here p. 305. 41 Novati (n. 3), 3.5.19. 42 Therefore, his criticism is also framed as helping Zambeccari’s earthly honour (as a friend) and religious salvation (as a brother) at the same time: “non enim intendo te amicum meum et fratrem meum […] non in viam rectam salutis et honoris quantum potero revocare” (ibid., 3.20.16–19).

The Challenge of Petrach’s Legacy  

confronto ai fondamentali valori cristiani”. 43 If this conclusion is true for all kinds of poetry, it might be even more adequate for the love themes Petrarch had treated in his Rerum vulgarium fragmenta. Indeed, the text about Petrarch’s poetry quoted above continues like this: “nec umquam memini me legisse quenquam ob amorem nomen eternum fuisse consecutum” [and I do not remember having read that anyone procured eternal fame for himself because of love] 44 – not even the great Petrarch.

 The challenge of the innamoramento in fifteenth-century elegy The case of Coluccio Salutati shows how ambiguous the Petrarchan model could be: respect for the great poet and great philosophical mind clashes with a distancing from the theme proper of the Rerum vulgarium fragmenta: the succumbing to love. The problem was increased (or perhaps even triggered) by the fact that Zambeccari and Salutati had chosen a different concept of how to lead one’s life: whereas Petrarch advocated a secluded life dedicated to studies and meditation, Salutati and Zambeccari both were active politicians and tried to combine their humanistic interest with the service for the common good and the state. Part of Salutati’s criticism centres around Zambeccari’s improper amorous behaviour as a distinguished representative of his community; he simply is too old and lives too honourable a life to be allowed to surrender to love any longer. 45 It is this articulated attitude towards love poetry that continued to be present in early fifteenth-century humanism, especially in Tuscany. Here humanists developed an ideal of a politically relevant humanism, for which Hans Baron has coined the term ‘civic humanism’. 46 When in the generation after Salutati’s death

 43 Laureys (n. 40), p. 305. Laureys’ view is more nuanced than that of David Robey: Humanist Views on the Study of Italian Poetry in the Early Italian Renaissance. In: The Cambridge History of Literary Criticism. Ed. by Alastair Minnis and Ian Johnson. Cambridge 2005. Vol. 2, pp. 626– 647, here pp. 630–631, who argues that Salutati radically assimilates poetry to Scripture and thereby attributes a huge value and even truth to it. 44 Novati (n. 3), vol. 3.18.7–8. 45 See above n. 42 (Zambeccari’s religious salus and political honos are at stake). 46 Baron’s notion has been criticized for having followed the ideal too much and for having underestimated the rhetorical elements of the writings especially of Leonardo Bruni, cf. e.g. James Hankins: The ‘Baron Thesis’ after Forty Years and Some Recent Studies of Leonardo Bruni. In: Journal of the History of Ideas 56 (1995), pp. 309–338, here p. 326: “Florentine republicanism

  Christoph Pieper poets turned to ancient love elegy as a model for their own poetry, they had to find answers to the question of why such a topic would be a fitting theme. The problem increases if one considers that most of the authors were also using their poetry as a means to win the favour of patrons who would finance their lives and eventually allow them access to high-ranked offices like secretaries, university lecturers or even politicians. 47 Partly, the poems could build their apologies on ancient intertexts. Catullus (who was considered a proto-elegist) 48 served as a model for the distancing of the œuvre from the poet’s biography, but this happened more explicitly in epigrams than in love elegies. 49 Propertius, Tibullus and Ovid were evoked as models for both the implied author and for his beloved puella. But even if ancient elegists reflected their own opposed attitude compared to traditional Roman morals, the genre was never self-defensive with regard to its theme: love was only metapoetically relativized in comparison to the higher epos, but hardly as a morally inferior topic. This means that within the ethical standards advanced by Coluccio Salutati, ancient elegy was a problematic genre. The elegiac speaker is attracted to the girl’s physical appearance, to her dancing and singing, the aim is pleasure and the incitement for both love and life is non-rationality. 50 The humanists of Northern Italy in the Quattrocento therefore often transformed the ancient  as presented by Salutati and Bruni was a rhetorical artefact and not necessarily in keeping with either private beliefs.” But apart from this, the term ‘civic humanism’ is still a useful category if applied in a less emphatic way as describing humanists’ attempts to reconcile humanistic studies and active political life. 47 For the theme of patronage in humanist poetry, see Susanna de Beer: The Poetics of Patronage. Poetry as Self-Advancement in Giannantonio Campano. Turnhout 2013. 48 He served as a model for the mixed content of poetic collections which we would rather define as a mixture of elegiac and epigrammatic poetry. Cf. on the closeness of elegy and epigram in fifteenth-century poetics, The Neo-Latin Epigram. A Learned and Witty Genre. Ed. by Susanna de Beer, Karl Enenkel and David Rijser. Leuven 2009. 49 Cf. Catullus 16.5–6: “nam castum esse decet pium poetam | ipsum, versiculos nihil necesse est.” Martial imitates it in 1.4.8: “lasciva est nobis pagina, vita proba”. See for the topic Donatella Coppini: Dummodo non castum. Appunti su trasgressioni, ambiguità, fonti e cure strutturali nell’Hermaphroditus del Panormita. In: Filologia umanistica. Per Gianvito Resta. Ed. by Vincenzo Fera and Giacomo Ferraù. Padua 1997, pp. 407–427; and ead.: Dummodo non castum a Nimium castus liber. Osservazioni sull’epigramma latino nel Quattrocento. In: Les Cahiers de l’humanisme 1 (2000), pp. 185–208. Her articles focus on epigram, but as epigram and elegy were closely connected genres in the Quattrocento, she also treats some elegiac collections en passant. 50 Suffice to think of Propertius’ programmatic definition of the attitude of an elegiac lover: “nullo vivere consilio” (Propertius 1.1.6). Also Ovid’s self-conscious and proud role of praeceptor amoris could be seen as frivolous. A very good introduction to Roman love elegy is Niklas Holzberg: Die römische Liebeselegie. Eine Einführung. 6th edition. Darmstadt 2015.

The Challenge of Petrach’s Legacy  

elegiac discourse by blending it with elements of Petrarch’s Rerum vulgarium fragmenta. In his poetry, they found a less physical and more detached concept of love, as Salutati had already observed. By focusing on the virtues of Petrarch’s poetic ego, they implicitly increased the positive evaluation of love poetry and downplayed the moral complexities that had troubled Salutati in his letters to Zambeccari. 51 The development of Petrarch’s cycle turned out to be especially inspiring: the transformation of erotic love into a kind of religious poetry, particularly through the second part in which dead Laura is hailed as a virtuous ideal: 52 a quick check for the words castità and virtude relating to Laura reveal an increasing frequency the further we get in the collection. 53 In sonnet 261, one of the last poems in part one, we find the following extraordinary characterization of Laura’s ability to inspire virtuous behaviour: Come s’acquista honor, come Dio s’ama, come è giunta honestà con leggiadria, ivi s’impara, et qual è dritta via di gir al ciel, che lei aspetta et brama. 54 How to achieve honour, how to love God, how to combine honesty with grace: this can be learned here, and also which is the direct way to heaven, which expects and desires her.

The very end of the first part, sonnet 263, culminates in an apotheosis of Laura’s celestial chastity:

 51 Cf. Mauro de Nichilo: Petrarca, Salutati, Landino. RVF 22 e 132. In: Italianistica 33.2 (2004), pp. 143–161, here p. 144, who recalls that not all readers of the fifteenth century agreed with such a positive interpretation. He quotes Francesco Patrizi who was not charmed by Petrarch’s poems and considered them trivial and vain. 52 For Laura as a representative of virtue, cf. Sister Prudence Allen: The Concept of Woman. Vol. 2.1: The Early Humanist Reformation (1250–1500). Grand Rapids (MI), Cambridge (UK) 2002, p. 266; cf. also Annelise Morani Brody: Laurus semper castissimus sed non redemptor. In: Italica 81 (2004), pp. 297–310, who stresses that Laura is virtuous and chaste, but does not help Petrarch to ascend into divine spheres himself. 53 In my view, the most striking occurrences are: ‘castità’: RVF 263.12–14, 286.10, 317.10, 343.9, 351.2; ‘virtù/vertù’: RVF 29.53, 47.13, 73.38, 211.9, 213.2, 228.9, 240.10, 248.9, 254.7, 289.14, 295.14, 325.91, 337.6, 338.7, 351.7, 354.7. 54 Ibid., 261.5–8.

  Christoph Pieper L’alta beltà ch’al mondo non à pare noia t’è, se non quanto il bel thesoro di castità par ch’ella adorni et fregi. 55 The sublime beauty, which is unequalled on earth, is tedious for you, was it not that it seems to crown and decorate the beautiful treasure of chastity.

The crown of chastity takes up the first stanza of the sonnet, where the laurel crown of generals and poets is mentioned, thus linking Laura’s perfection to the poetic exquisiteness of her poet Petrarch. 56 If, furthermore, Renaissance readers were inclined to read Petrarch’s final canzone to the vergine bella Maria as an apotheosis of Laura/love, then it was possible to interpret the cycle of the Rerum vulgarium fragmenta, in an imitation of Dante, as a way leading from temptation to redemption. 57 I have suggested that in Salutati’s letters to Zambeccari love poetry is already framed as a genre that almost paradoxically is at the same time thematically immoral and can be used to suggest the author’s moral development. In this, it is considered a rather transitional genre in the process of gaining authorial maturity, but not the final proof of its author’s effective ethos. As I have shown elsewhere, this take on love elegy was also prominent among fifteenth-century poets. Often love poetry symbolized the inner development of the elegiac speaker, a development leading from egoistic, carnal love to more altruistic, sociable goals, and thereby also to greater moral stability. 58 This was also reflected in prose

 55 Ibid., 263.12–14. Cf. Santagata (see n. 20), p. 1046 ad loc.: “[...] la frustrazione amorosa legata all’imprendibilità di Laura-Dafne si rovescia nella elevazione della castità dell’amata”. 56 Cf. Bettarini (n. 27), 1168 ad loc. 57 Cf. e.g. below for Francesco Filelfo’s interpretation. Modern interpretations often highlight the difference from the last canto of Dante’s Paradiso, cf. e.g. Bernsen (n. 18), pp. 317–319, who argues that even the last canzone to the Virgin Mary remains secular poetry in that it addresses once more earthly love; the attempt to read the Rerum vulgarium fragmenta as a religious conversion is thwarted by the “Liebescogitatio” of the lyrical subject; “[d]ie dichterische Rede ist aus der sie vormals umgreifenden religiösen bzw. theologischen Superstruktur freigesetzt” (p. 319). One could mention as further evidence one of the last sonnets, RVF 364.5–7, where the speaker expresses his despair and loss of all virtue (“[…] et mia vita reprendo | di tanto error che di vertude il seme | à quasi spento […]”). 58 Cf. Christoph Pieper: Xandrae cesserunt illa vel illa simul. Landinos Xandra und die sogenannten ‘poeti medicei’ (Ugolino Verino, Naldo Naldi und Alessandro Braccesi). In: Cristoforo Landinos Xandra und die Transformationen römischer Liebesdichtung im Florenz des Quattrocento. Ed. by Wolfgang Kofler and Anna Novokhatko. Tübingen 2016, pp. 61–80, esp. p. 77: “Andererseits hat gerade Landino vorgezeichnet, wie innerhalb einer elegischen

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treatises of the time. Leon Battista Alberti’s Amator, for example, defines two genera of love, “alterum omni … turpidine vacuum, … virtute et moribus magis quam utilitate vuluptateque aliqua productum…, alterum … corruptum et minime perfectum” [the one kind free of all ignominy, shaped more by virtue and moral behaviour than by egoism and any lust; the other corrupt and all but perfect]. 59 The two are a constant source of strife between reason and desire. 60 Similarly, Francesco Filelfo, who wrote a commentary on the Rerum vulgarium fragmenta in the 1440s, read the collection as a retrospect of a poet who has defeated his sensual voluptuousness and has now attained the victory of the rational soul. 61 Filelfo, like Salutati, sees this conversion especially expressed in poem 1. In RVF 1.4 the speaker says that he “was partly another man than he is now” (“quand’era in parte altr’uom da quel ch’i’sono”); Filelfo has the following note: “perho che alhora io obediva la parte irrationale delanima cioè allappetito sensitive nel cui tempestoso domicilio habitano le turbulentissime passioni; ma hora obedisco alla parte rationale” [this is because then I obeyed the irrational part of the soul, that is the sensual appetite, in the stormy house of which live the most tumultuous passions; but now I obey the rational part]. 62

 Putting morality to the test: love and virtue in Beccadelli, Marrasio and Landino In the following, I will build on the train of thought outlined above when turning to a few examples of early humanistic poetry and looking especially at the  Sammlung die poetische Entwicklung der Ich-persona (die von den tenues versus der Elegie zum genus grave fortschreitet) mit seiner moralischen Entwicklung kombiniert werden konnte.” 59 Leon Battista Alberti, Amator. In: id., Opera inedita et pauca separatim impressa. Ed. Girolamo Mancini. Florence 1890, pp. 1–18, here p. 3. 60 Ibid., p. 2: “enutritur duello rationis adversus desiderium”. 61 Thus Ezio Raimondi: Francesco Filelfo, interprete del Canzoniere. In: Studi Petrarcheschi 3 (1950), pp. 143–164, here p. 154. Filelfo dedicated the commentary to Filippo Maria Visconti, who might have been interested in the project because he wanted to stress the historical bonds between Petrarch and Milan against the Florentine appropriation of the ‘tre corone’ Dante, Petrarch and Boccaccio, as is suggested by Carlo Dionisotti: Fortuna del Petrarca nel Quattrocento. In: Italia medioevale e umanistrica 17 (1974), pp. 61–113, here p. 79. 62 I quote from the edition Petrarcha con doi commenti sopra li sonetti e canzone. Venice: Bernardino Stagnino 1522, p. IIIr. In the commentary of the other poems (which according to Filelfo were still written under the influence of irrationality), Filelfo is quite severe with Petrarch’s utterances of penitence, cf. Dionisotti (n. 61), pp. 81–82.

  Christoph Pieper beginning of love, which is the moment when rationality is the farthest removed from the speaker. Therefore, I contend, it is a moment in need of special argumentative commitment and auto-defensive strategies. I will argue that several elegiac poems show an awareness of this moral complexity centred around erotic love. One strategy could be to label amorous passion explicitly as error. The poem Laus Elisiae by Antonio Beccadelli (Panormita), for example, refers to the potential crimen of loving a girl because of her beauty. Although the poem is not part of an elegiac corpus, it shows typical characteristics of elegiac discourse of the Quattrocento. The text was most probably written in Beccadelli’s Paduan years (1429–1434). In the first verses of the poem he describes Elisia’s outward beauty, her attractive speech and her hand that can work so well (probably a reference to the traditional spinning or tissue work). But, so the speaker continues, Lisia possesses one crimen: she captures many men with her singing: “unum crimen habes, sed si modo crimen amari est, | quod cantu nolens pectora multa capis” [you have one fault, if it really is a fault to be loved: you capture many hearts with your singing, against your will]. 63 The relativizing sentence ‘if it is indeed a crimen to be loved’ reminds the readers of the moral discussions regarding love poetry. Beccadelli’s poem suggests that any alleged immorality is questionable (si … crimen est) if the object of love is worthy enough. Fittingly, he mentions the girl’s moral perfection and how it matches the same excellence of the poetic speaker; both are therefore not to be reproached: “hoc etiam felix, quod formosissima pulchro | scilicet et casto casta puella places” [And also in this aspect are you blessed that you, most lovely, please the beautiful [i.e., the elegiac speaker], and that you, chaste, please the chaste]. 64 Even if the poem is written in a light tone and even if the tone of verses 11–12 show an almost Ovidian irony, they nevertheless suggest that in early humanistic elegiac poetry love and guilt could be closely connected. Beccadelli’s poem was probably composed only slightly later than the famous ‘first’ elegiac collection, the short Angelinetum by Giovanni Marrasio. In the  63 Antonio Baccadelli, Laus Elisiae 11–12. The text is quoted from Francesco Arnaldi, Lucia Gualdo Rosa, Liliana Monti Sabia (eds.): Poeti latini del Quattrocento. Milan and Naples 1964, pp. 18–20 (Lucia Gualdo Rosa was responsible for the edition of Beccadelli, she dates it to around 1430). There is a variant of the distich, which is printed in editions of the eighteenth and nineteenth century (e.g. in Quinque illustrium poetarum … lusos in Venerem. Ed. by Angelo Maria Bandini. Paris 1791, p. 46; and Antonii Panormitae Hermaphroditus. Ed. by Friedrich Karl Forberg. Coburg 1824, p. 189) and which Gualdo Rosa has retained as verses 9–10 in her edition: “inter opus tantum dulce, o dulcissima cantas, | et cantu nolens pectora multa capis”. 64 Ibid. 21–22. The word castus might be an allusion to Catullus 16.5–6 (see n. 49).

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prefatory poem Marrasio addresses Leonardo Bruni. He praises the Florentine chancellor as the champion of Greek and Latin learning and as the hero of a new era of erudition, and twice asks forgiveness for his own much less rational behaviour, as is testified by the poems he sends to Bruni. The little refrain “indulgere velis nostro, Arretine, furori, | sive sit ille furor, sive sit ille dolor” [be indulgent with my fury, Leonardo Arretinus [Bruni], be it fury or love] 65 has become especially famous because it induced Bruni to answer Marrasio with a letter on the Platonic concept of furor poeticus. The letter was useful for the reassessment of love poetry as such in that Bruni explicitly defines divine love as having sprung from the contemplation of beauty via a sensual perception of a beautiful object. 66 Marrasio’s poem, however, also lines up with the one by Beccadelli quoted above. Amorous poetry is presented as at least potentially irrational and thereby morally feeble. But at the same time, even if it is less worthy than Bruni’s historiographical works and his Latin translations of Aristotle and Plato, it is still sufficiently worthy to be sent to the Florentine humanist as an appeal for protection as a patron. My third example is elegy 1.3 from Cristoforo Landino’s Xandra. 67 The collection plays a major role in the development of humanistic elegy in the first half of the fifteenth century, comparable only to Tito Vespasiano Strozzi’s Eroticon libri. 68 Landino’s poem on the beginning of his amorous feelings is known in two  65 Giovanni Marrasio, Angelinetum 1.21–22 and 1.31–32 (quoted from Giovanni Marrasio: Angelinetum et carmina varia. Ed. by Gianvito Resta. Palermo 1976). 66 Cf. Leonardi Bruni Arretini Epistolarum libri octo. Ed. Laurentius Mehus. Florence 1741, vol. 2, pp. 36–40, here p. 39: “oritur autem ex verae pulchritudinis contemplatione, cuius effigiem visu intuentes acerrimo ac violentissimo sensuum nostrorum, stupentes ac velut extra nos positi totis affectibus in illum corripimur.” [It arises moreover from the beholding of true beauty; looking at its image with the most passionate and violent gaze, confounded and, as it were, placed outside ourselves, we are carried away with all the feelings of our senses fastened on it.] Translation: Giovanni Marrasio: Angelinetum and Other Poems. Transl. by Mary P. Chatfield. Cambridge (MA) 2016, p. 47. 67 The following is based on my previous interpretation in Christoph Pieper: Elegos redolere Vergiliosque sapere. Cristoforo Landinos Xandra zwischen Liebe und Gesellschaft. Hildesheim 2008, pp. 101–117, esp. 109–112. However, here I focus more on the role of Petrarch’s intertext, which has also been identified by Natascia Tonelli: Landino. La Xandra, Petrarca e il codice elegiaco. In: Il rinnovamento umanistico della poesia. L’epigramma e l’elegia. Ed. by Roberto Cardini and Donatella Coppini. Florence 2009, pp. 303–320, here pp. 312–313. 68 I have already argued elsewhere that Strozzi’s poem Quod die solemni divi Georgii amare Anthiam coeperit imitates Petrarch in that it connects a specific date to the moment of him falling in love. Whereas Petrarch had chosen Good Friday, i.e. 6 April 1327, Strozzi refers to St George’s day (23 April). Cf. Christoph Pieper: Medievalisms in Latin Love Poetry of the Early Italian Quattrocento. In: Early Modern Medievalisms. The Interplay between Scholarly Reflection and

  Christoph Pieper versions. The first, written for the first edition of the Xandra in 1444 by the then 19-year-old poet, is not yet very much interested in questions of the morality of its implied author. The poem begins with a medieval Natureingang and describes the beauties of spring. In this pleasant setting Xandra shoots an arrow into the speaker’s breast: “tunc tua me primum certissima, Xandra, sagitta | fixit et in pectus ducit amoris iter” [Then your arrow hit me for the first time, Xandra, and led love the way into my heart]. 69 It is possible, but by no means certain that Landino already wanted to refer to Petrarch’s third poem in the Rerum vulgarium fragmenta, a poem that is fascinating not only for the superimposition of a religious and an amorous discourse (famously, the innamoramento happens on Good Friday and thus immediately evokes the word field of sin and redemption), but also for the double role of Amor/Laura in the act of turning the speaker into a lover. In the first stanza, it is Laura who captures him with her eyes (“quando i’ fui preso, et non me ne guardai, | ché i be’ vostr’occhi, donna, mi legaro” [when I was captured, and I was ill-prepared that your beautiful eyes, lady, tied me]). 70 But towards the end, Amor turns out to be the agens in that he has shot the wounding arrow into the speaker’s heart. 71 This agency of the god of love himself had of course already been announced in RFV 2, when Amor is said to have taken vengeance on Petrarch by shooting his arrows at him. In the words of Natascia Tonelli, Laura owes her sheer existence to a whimsy of Amor. 72 Landino’s innamoramento poem in the earlier version of the Xandra has obvious parallels with Petrarch’s, such as the woman catching and binding her lover, and the arrows and the entering of love into the heart, but also the

 Artistic Production. Ed. by Alicia Montoya, Sophie van Romburgh and Wim van Anrooij. Leiden, Boston 2010, pp. 45–65. 69 Cristoforo Landino, Xandra first version 4.7–8 (= second version 1.3.33–34). I quote from the edition Christophori Landini Carmina omnia. Ed. by Alessandro Perosa. Florence 1939. 70 Petrarch, RVF 3.3–4. 71 Cf. ibid. 3.9–14, esp. 12–13: “non li fu honore | ferir me de saetta.” On the double role of Laura as Amor’s medium (and thus potentially an enemy) and salvation for the speaker, cf. Adelia Noferi: Frammenti per i Fragmenta di Petrarca. A cura e con una nota di Luigi Tassoni. Rome 2001, p. 66. 72 Natascia Tonelli: I sonetti 2 e 3 dei Rerum vulgarium fragmenta. In: Lectura Petrarce 20 (2000), pp. 173–190, here p. 178: “è l’arcano maggiore di Laura che trae origine da una vendetta di Amore”. It is worth mentioning that according to the commentary of the Canzoniere by Francesco Filelfo the order of sonnets 2 and 3 should be turned around, so that the innamoramento poem should be read before the one on Amor’s vengeance. This makes the changed agency from Laura to Amor in RVF 3 more conspicuous, as Amor is not introduced as an agens before. Cf., however, Raimondi (n. 61), p. 153, who speaks of Filelfo’s arbitrary, “fantastica cronologia” throughout his commentary.

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important difference that in Landino Amor is not mentioned as agens – Xandra alone wounds her lover. The second edition of the Xandra dating from 1458 had a much more public context in that the author probably used it as part of his attempt to be appointed professor of Latin poetics and rhetoric at the Florentine Studium urbis. As such, the question of whether the elegiac speaker can show his own moral development in elegiac poetry becomes more urgent. It is therefore not surprising that the Petrarchan overtones are massively increased. 73 As well, the poem about the beginnings of love gets a quite drastic new shape: a section is added at the beginning, in which the speaker invokes the Muse Erato to help him and in which he remembers with grief his youth when he had not yet been captured by love. 74 Then, he continues as follows: heu quis tunc fueram, quis nunc? an vertere mentes ius tibi, pro, tantum, saeve Cupido, datur? tu mea servitio pressisti colla nefando ut primum dominae vidimus ora meae. 75 Alas, who had I been then, and who am I now? Cruel Cupido, have you been given such a huge right of changing the minds of men? You have pressed my neck in abominable servitude, as soon as I first saw the face of my mistress.

Within this chapter I do not want to comment on the obvious ancient models Landino is invoking, 76 but instead to focus on Cupido’s role. In the new version, the god of love begins the attack on the speaker, and this means that the verses about Xandra’s eyes capturing him, which follow later, are presented as a logical consequence of Amor’s assault. Thus, Xandra is turned into an ally of the god of love.

 73 Cf. Gernot Michael Müller: Zwischen Properz und Petrarca. Strategien der aemulatio im Xandra-Zyklus des Cristoforo Landino. In: Abgrenzung und Synthese. Lateinische Dichtung und volkssprachliche Traditionen in Renaissance und Barock. Ed. by Marc Föcking and Gernot Michael Müller. Heidelberg 2007, pp. 133–164; cf. also the summary in Pieper: Elegos redolere (n. 67), pp. 318–321, and now Bruce McNair, Cristoforo Landino. His Works and Thoughts. Leiden, Boston 2019, pp. 14–19. See also Müller, in this volume, p. 126–132. 74 Cf. Landino, Xandra 1.3.5–10: “hic libet, heu, primae tempus meminisse iuventae, | cum vacuum tanti pectus amoris erat, | cum poteram totas securus stertere noctes | et ridere miser si quis amator erat, | necdum turbabant moestum suspiria pectus, | ore nec a tristi salsa fluebat aqua.” [Here it is allowed, alas, to remember my first youth, when my breast was still free from such love, when I could safely snore whole nights long and mock anyone who was a lover. Sighs did not yet disturb my sad breast, and salty liquid did not yet flow from my sad face.]. 75 Landino, Xandra 1.3.11–14. 76 In Pieper: Elegos redolere (n. 67), pp. 103–106, I have also analysed intertextual relations with the ancient pretexts, i.e. Propertius and Ovid’s Amores.

  Christoph Pieper This new order closely imitates Petrarch’s two sonnets about the beginning of love. In RVF 2, haughty Amor takes vengeance and wounds the speaker, whereas in poem 3 Laura and Amor work together as double agentes in harming him. 77 The results of Landino’s revision of his poem are manifold: it is at the same time more classical and more Petrarchan; and it reflects a more mature nature of the elegiac speaker. If Xandra has been assimilated to Laura, then he also shapes himself at least in parts as a Petrarchan voice, one who is conscious of love poetry as a transitional phase of the development of a young man. There has been a time when he was untouched by love, and now he is in love. The adding of these temporal layers already prelude the end of the collection when Landino will free himself from love’s enchainment and will turn to patriotic, and this means non-egoistic themes: the praise of Florence and the Medici. The third book of the Xandra can be read as an emulation of Petrarch, whose final canzone to the Virgin Mary opens the collection to a realm of love that is far removed from carnal egoism. 78 If we accept the suggestion that Landino attempted to approach the second version of the Xandra as being closer to the Petrarchan model, did he also imitate Petrarch’s first sonnet? This poem, in which Petrarch partly distances himself from his own youthful involvements and looks back on them with a mixture of shame and self-defence, was a major reason why Salutati could harmonize the love poetry of the Rerum vulgarium fragmenta with his overall concept of Petrarch as a virtuous man. In a similar vein, Francesco Filelfo’s above-mentioned commentary of the Canzoniere (datable around 1446 and which Landino might have already known when working on his second edition) defines the poem as remedy against disgrace. According to him Petrarch, when writing the sonnet, had indeed freed himself completely from love’s wounds. 79 According to Filelfo’s interpretation, Petrarch presents love as an intolerable passion against which every wise man should defend himself. 80

 77 Cf. Pieper: Elegos redolere (n. 67), pp. 110–111. 78 Cf. Pieper: Elegos redolere (n. 67), ch. 5 for an in-depth analysis of this thematic switch. 79 Petrarcha con doi commenti (n. 62) (my emphasis): “Ilche [sc. the first poem] principalmente mi par lui havere fatto per potere inqualche parte r e m e d i a r e a l l a i n f a m i a […] et per mostrare s e e s s e r e a l t u t t o l i b e r o d a q u e l l o a r c i e r o e da cui strali era già molti e molti anni stato con amorosi incendii vulnerato.” [He seems to have composed this poem in the first instance to be able to diminish the disgrace … and in order to show that he is completely free from the archer, by whose arrows he had been wounded for many, many years with loving blaze.] For the date of the commentary cf. Gino Belloni: Laura tra Petrarca e Bembo. Studi sul commento umanistico-rinascimentale al Canzoniere. Padua 1992, p. 58, and Dionisotti (n. 61), p. 79. 80 Cf. ibid., p. IIIIr (on RVF 3): “[…] ciascuno da cui la ragione al tutto fugita e sbandita non sia, non altrimente da ogni strale damore se suol defendere che da cosa abhominabile e mortale; il

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In Landino’s second version of the Xandra, we indeed have a similar beginning. In the prefatory poem, with which he dedicates his collection to Piero de’ Medici, he plays with the ancient topos of dedications: 81 qui nunc censuram mavult tolerasse legentum terna olim potuit lustra latere liber. namque pudens gnarusque sui sapienter ineptas in lucem nugas noluit ire suas. 82 The book, which now prefers to bear the censorship of the readers, has been able to hide for fifteen years. For it is modest and knows itself, and prudently it did not wish that its silly trifles should be visible.

But compared to the ancient models, Landino enhances the idea of alleged ineptitude. The book is said to have hidden for fifteen years – which corresponds more or less to the time between the first and the second version of the Xandra – because it was aware of its own weakness. It is not exactly the same idea as expressed in Petrarch, indeed, as the reason for the auto-defence of Landino’s book is poetical immaturity, whereas Petrarch’s first sonnet speaks about moral immaturity. But what is similar is the fact that the two texts mark a temporal distance between the writing of the poems and the publication, and that some kind of development within the speaker has taken place, which partly distances his present state from his juvenile work. Taken together with the Petrarchan re-writing of elegy 1.3, I argue that Landino alludes to the first three sonnets of Petrarch’s Rerum vulgarium fragmenta at the beginning of his first book of the Xandra. From the very beginning Petrarch is programmatically included in the canon of important elegiac models, with an equal status as the ancient auctoritates. This claim will continue in the following three books, most visibly with a translation/adaptation of a poem by Petrarch in Latin senari and by including two epitaphs for Petrarch in the third book of the Xandra, in which he is hailed as the vernacular Pindar and Horace. On this point Landino differs most from Coluccio Salutati, who had claimed that no one had

 perché manifesta la intollerabile possanza di tal passione.” [Everyone whose rationality has not fled and left him completely, uses to defend himself against all arrows of love, not differently than against an abominable and mortal thing; this reason shows how intolerable it is to be possessed by such a passion.] 81 Cf. Catullus 1 (“lepidum libellum”); but (more importantly) many of Martial’s books open with poems that send the book on a journey to the dedicatee. Cf. Mario Citroni: Le raccomandazioni del poeta. Apostrofe al libro e contatto col destinatario. In: Maia 38 (1986), pp. 111–146. 82 Landino, Xandra 1.1.1–4.

  Christoph Pieper ever become famous because of love, or from Filelfo’s commentary, in which love is presented as an utterly unworthy theme for a wise man. 83 Landino, instead, confers eternal poetic fame on the poet of the Rerum vulgarium fragmenta – hoping, of course, to achieve part of the same glory for his own achievements. His Xandra therefore is an important step towards accepting the vernacular Petrarch as a full-fledged poetic authority.

 Conclusion Landino’s imitatio Petrarcae, which turned out to be highly successful (his Xandra was copied and much read, and its author was rewarded with the hoped-for position at the Studium Florentinum) was a milestone in the increasing interest in Petrarch’s vernacular poetry as a model for imitation. A fascinating way to check how contemporaries read Landino’s poetry is offered by the elegiac collections of three younger Florentine poets who, inspired by Landino’s success, used him as a model to such an extent that Nikolaus Thurn has even spoken of Landinism. 84 A close connection to Landino’s opening is found in Alessandro Braccesi’s Amores. Braccesi also has a prefatory poem to Guidobaldo da Montefeltro in which he excuses his poems as a product of his younger years and furthermore praises Guidobaldo’s virtus. The actual start of love is then narrated with many hints at Petrarchan and Landinian beginnings, especially by referring to Amor’s tela and to the lumina of the beloved Flora, who helps Amor to capture the speaker. 85 Interestingly, however, Braccesi’s following poem starts with a long and explicit discussion of virtus, which has always been the guiding principle of the speaker’s life: “sed mihi tu fulvo, virtus, pretiosior auro | sola places, probitas ingenuusque pudor” [but you alone, virtue, more precious to me than yellow  83 Cf. Dionisotti (n. 61), p. 83. 84 Cf. Nikolaus Thurn: Neulatein und Volkssprachen. Beispiele für die Rezeption neusprachlicher Literatur durch die lateinische Dichtung Europas im 15. und 16. Jahrhundert. München 2012, p. 143. 85 Alessandro Braccesi, Amores 4.3–4 and 7–10: “nondum expertus eram pharetrati numinis arma | nec mea dum pallens tinxerat ora color […], | armatus cum me iaculis aggressus inermem | in caput insiluit fortibus ille meum | opposuitque mihi radiantia lumina Florae | pulchrius in tota qua foret urbe nihil.” [I was not yet experienced with the weapons of the quivered god, and no bleak colour had ever been on my cheeks …, when he attacked me with weapons, whilst I was unarmed, and jumped on my head with his strong javelins; and he set the radiant eyes of Flora before my eyes – nothing could have been more beautiful in the whole city.] I quote from the edition Alexandri Bracci Carmina. Ed. Alessandro Perosa. Florence 1943.

The Challenge of Petrach’s Legacy  

gold, please me, and you, honesty and natural modesty]. 86 The second half of the poem then continues the expected laments of a lover whose puella does not want to pity him. Braccesi’s collection was finished in the 1480s and thus in the heyday of Lorenzo de’ Medici’s reign. It was also a time when Plato’s philosophy had become the leading philosophical trend among Florentine humanists. Salutati in his correspondence with Zambeccari had still mocked the Platonic philosophers for their raving thoughts (see above, “si placuerit cum Platonicis delirare”). In late fifteenth-century Florence, Plato had become an authority of the highest degree. This changed philosophical attitude also influenced the way of reading Petrarch’s Rerum vulgarium fragmenta. Salutati in 1374 insisted on Petrarch’s virtuous character and in the 1390s felt the need to stress that the author had distanced himself from his immoral love in his youth, an interpretation still visible in Filelfo’s commentary. In the Xandra, instead, and even more clearly in later Florentine poets, love became one of the four Platonic frenzies and as such a means towards philosophical insight. In Cristoforo Landino’s Prolusione petrarchesca, an opening lecture of a course at the Florentine Studium in 1467 (and thus in the years in which Marsilio Ficino’s Neo-Platonism had already influenced Florentine culture), 87 the content of the Rerum vulgarium fragmenta needs no defence any longer. Instead, Landino feels the need to explain his reasons for offering a course on vernacular poetry: Saranno per aventura alcuni […] e’ quali si persuaderanno o già per insino ad ora s’hanno persuaso, questa mia impresa di volere in sì celebre ginnasio e nobilissimo Studio […] leggere il poema di Francesco Petrarca essere piuttosto di riprensione che di laude degna, stimandosi forse che questo medesimo tempo più utilemente nella investigazione o delle latine o delle greche lettere spender si potessi. 88 There will eventually be some who will be persuaded or have already been persuaded until now that my intention and wish to read the poem by Francesco Petrarch in this famous gymnasium and very distinguished Studium is rather worthy of criticism than of praise, because they may think that this time could be spent more usefully with researching Latin or Greek literature.

 86 Ibid. 5.21–22. 87 Roberto Cardini (in Cristoforo Landino: Scritti critici e teorici. Ed. by Roberto Cardini. Rome 1974) dates it to 1467 against earlier suggestions that it was delivered in 1460. 88 Cardini (n. 87), vol. 1, p. 33, ll. 4–11.

  Christoph Pieper Obviously Landino did not agree. For him, Petrarch had becom one of the classical models, and his love poetry was therefore a fitting subject of study, also and especially for a professor of Latin rhetoric and poetics. 89

 89 I am grateful to Beate Hintzen and Alexander Winkler for their much appreciated editorial guidance. As well, I thank Alexander Winkler for having sent me a photocopy of the article by Aurigemma (n. 1). Thanks also to Cornelis van Tilburg for editorial help and to Laura Napran for correcting my English.

Gernot Michael Müller

Petrarca-Rezeption und Landino-Nachfolge in der Flametta des Ugolino Verino  Einleitung Zu den Charakteristika der erotischen Dichtung in der italienischen Renaissance gehört eine Pluralität von Themen und Formen, deren Voraussetzung in einer Vielzahl von verfügbaren Modellen zu suchen ist. Diese rührt zum einen von einer facettenreichen volkssprachlichen Tradition her, die ihren Ursprung im Mittelalter hat und am Übergang von diesem zur Renaissance keinesfalls obsolet geworden ist, 1 zum anderen in der im Laufe des 14. Jahrhunderts beginnenden und sich sukzessive intensivierenden und verbreiternden Rezeption antiker, dabei vor allem lateinischer Autoren und Gattungen. 2 Unter diesen sticht bekanntlich die römische Liebeselegie hervor, 3 während auf der Seite der Volkssprache Petrarcas Rerum vulgarium fragmenta zum alles dominierenden und im weiteren Verlauf die gesamte frühneuzeitliche Entwicklung im Bereich der erotischen Dichtung prägenden Modell avancieren. 4 In diesem Zusammenhang ist in der Forschung schon vor Längerem darauf hingewiesen worden, dass dieser Befund ab der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert zu einer signifikanten Ausdifferenzierung der Möglichkeiten, über Liebeserfahrung poetisch zu reflektieren, geführt hat, die als Epochenmerkmal zu verstehen sei und für die die griffige Wendung einer „Pluralisierung des erotischen

 1 Vgl. Christoph Pieper: Medievalisms in Latin Love Poetry of the Early Italian Quattrocento. In: Early Modern Medievalisms. The Interplay between Scholarly Reflection and Artistic Production. Hg. von Alicia C. Montoya, Sophie van Romburgh und Wim van Anrooij. Leiden 2010, S. 45–65. 2 Vgl. überblicksweise James Grantham Turner: The Erotic Renaissance. In: The Cambridge Companion to Erotic Literature. Hg. von Bradford K. Mudge. Cambridge 2017, S. 85–104. 3 Vgl. für einen Überblick Luke B. T. Houghton: Renaissance Latin Love Elegy. In: The Cambridge Companion to Latin Love Elegy. Hg. von Thea S. Thorsen. Cambridge 2013, S. 290–305. 4 Als Auswahl aus der neueren Forschungsliteratur sei verwiesen auf Andrea Afribo: Petrarca e petrarchismo. Capitoli di lingua, stile e metrica. Rom 2009 (Lingue e letterature Carocci 94) sowie auf die Beiträge in: Der petrarkistische Diskurs. Spielräume und Grenzen. Hg. von Klaus W. Hempfer. Stuttgart 1993 (Text und Kontext 11), und in: Der Petrarkismus – ein europäischer Gründungsmythos. Hg. von Michael Bernsen. Göttingen 2011 (Gründungsmythen Europas in Literatur, Musik und Kunst 4). https://doi.org/10.1515/9783110780048-006

  Gernot Michael Müller Diskurses“ in die Diskussion eingebracht worden ist. 5 Daran anknüpfende Studien haben indes ergänzend aufdecken können, dass die vorangehende Phase rinascimentaler Liebesdichtung eher von einem experimentierfreudigen Ausloten von Affinitäten und Konvergenzen durchzogen war. Dies hat auf der Ebene des Einzelgedichts die Bildung hybrider Formen und Inhalte, auf der Sammlungsebene ein produktives Nebeneinander unterschiedlicher Modellbezüge befördert. 6 Komplementär dazu zeigt diese Periode der rinascimentalen Dichtung noch keine durchschlagende Tendenz, die Vielfalt an vorhandenen Vorbildern entlang der für die frühneuzeitliche Dichtung insgesamt grundlegenden Sprachdichotomie von Latein und vernakulären Idiomen zu systematisieren, 7 wofür gerade das Phänomen eines lateinischen Petrarkismus einen aussagekräftigen Beleg liefert. 8 Zu den prominentesten Vertretern dieser vor allem das italienische Quattrocento prägenden Phase gehört der Florentinische Dichter und Gelehrte Cristoforo Landino, 9 der spätestens in der zweiten Fassung seiner Gedichtsammlung, die

 5 Vgl. grundlegend Klaus W. Hempfer: Die Pluralisierung des erotischen Diskurses in der europäischen Lyrik des 16. und 17. Jahrhunderts (Ariost, Ronsard, Shakespeare, Opitz). In: Germanisch-Romanische Monatsschrift 38 (1988), S. 251–264. 6 Vgl. Jörg Robert: Lateinischer Petrarkismus und lyrischer Strukturwandel. Die Autorisierung der Liebeselegie im Licht ihrer rinascimentalen Kommentierung. In: Questo leggiadrissimo Poeta! Autoritätskonstitution im rinascimentalen Lyrik-Kommentar. Hg. von Gerhard Regn. Münster 2004 (Pluralität & Autorität 6), S. 111–154, hier S. 111–112. 7 Zum Verhältnis von Latein und vernakulären Sprachen in der frühneuzeitlichen Dichtung vgl. die Beiträge in: Abgrenzung und Synthese. Lateinische Dichtung und volkssprachliche Traditionen in Renaissance und Barock. Hg. von Marc Föcking und Gernot Michael Müller. Heidelberg 2007 (Germanisch-Romanische Monatsschrift, Beiheft 31). 8 Zur Rezeption Petrarcas in der neulateinischen Lyrik vgl. für einen ersten Überblick Leonard Forster: Petrarkismus und Neulatein, in: Der petrarkistische Diskurs (Anm. 4), S. 165–185. 9 Zur Biographie des in Pratovecchio 1425 geborenen und 1498 in Florenz gestorbenen Cristoforo Landino und zu seinem Œuvre s. zuvorderst Christoph Pieper: Elegos redolere Vergiliosque sapere. Christoforo Landinos ‚Xandra‘ zwischen Liebe und Gesellschaft. Hildesheim, Zürich, New York 2008 (Noctes Neolatinae 8), S. 21–26; vgl. des Weiteren: Ursula Rombach: Vita activa und vita contemplativa bei Cristoforo Landino. Stuttgart 1991 (Beiträge zur Altertumskunde 17), S. 19–32 und die Artikel von Roberto Cardini: Art. „Landino, Cristoforo (1424–1498)“. In: Dizionario critico della letteratura italiana, Bd. 2. Turin 1986, S. 528–531; Craig Kallendorf: Art. „Landino (Cristoforo, 1424–1498)“. In: Centuriae Latinae. Cent une figures humanistes de la Renaissance aux Lumières offertes à Jacques Chomarat. Hg. von Colette Nativel. Genf 1997 (Travaux d’humanisme et renaissance 314), S. 477–483 und Simona Foà: Art. „Landino (Landini), Cristoforo“. In: Dizionario biografico degli Italiani, Bd. 63. Rom 2004, S. 428–433. Die Abweichung im Geburtsjahr in den Titeln der aufgelisteten Lexikonartikel ergibt sich aus der gelegentlichen Orientierung am Florentiner Kalender, in dem das Jahr am 25. März begann (Landinos Geburtstag

Petrarca-Rezeption und Landino-Nachfolge in der Flametta des Ugolino Verino  

nach der dort besungenen Geliebten Xandra betitelt ist, 10 eine programmatische Verbindung von liebeselegischem und petrarkischem Modell unternommen hat. 11 Mit dieser hat er in seinem Wirkumfeld anregend auf eine Reihe jüngerer Literaten gewirkt, die in der Forschung bislang nur sporadisch und eher verhalten rezipiert worden sind. 12 Einer von ihnen ist Ugolino Verino, dem die folgenden Ausführungen gelten werden. 13 Sie werden der Frage nachgehen, ob und in welcher Weise Verino in seinem Flametta betitelten Gedichtzyklus mit der deutlich markierten Orientierung am Vorbild Landinos auch dessen spezifische Rezeption Petrarcas fortgeführt hat. Hierzu sollen zunächst die wesentlichen Koordinaten, die Landinos Rückgriff auf Petrarca prägen, rekapituliert und die für seine Gedichtsammlung charakteristische Verbindung von petrarkischem und liebeselegischem Modell knapp skizziert werden. Das anschließende Kapitel, das das Zentrum des Beitrags bildet, wird daraufhin Einblick in die Landino-Nachfolge Ugolino Verinos geben. Ergebnis der dafür angestrengten Lektüre exemplarischer Gedichte wird sein,  ist der 8. Februar); s. hierzu: Arthur M. Field: The origins of the Platonic Academy of Florence. Princeton 1988, S. 232 mit Anm. 2. 10 Zur Entstehungs- und Textgeschichte der Sammlung und ihrer verschiedenen Fassungen s. Christophori Landini carmina omnia. Hg. von Alessandro Perosa, Florenz 1939, S. XXXVII–XLIV, zur Überlieferung S. XLIV–LV, Roberto Cardini: La critica del Landino. Florenz 1973 (Studi e testi 4), S. 1–15, Martin McLaughlin: Literary Imitation in the Italian Renaissance. The Theory and Practice of Literary Imitation in Italy from Dante to Bembo. Oxford 1995, S. 167–168, und Pieper: Elegos redolere Vergiliosque sapere (Anm. 9), S. 90–101 mit Blick auf die Veränderungen in Textbestand und Inhalt. 11 Vgl. hierzu Gernot Michael Müller: Zwischen Properz und Petrarca. Strategien der aemulatio im Xandra-Zyklus des Cristoforo Landino. In: Abgrenzung und Synthese (Anm. 7), S. 133–164, Natascia Tonelli: Per queste orme. Studi sul canzoniere di Petrarca. Pisa 2016 (Strumenti di filologia e critica 22), S. 227–242 sowie grundlegend zur Xandra Landinos und ihren gesellschaftlichen Rahmenbedingungen Pieper: Elegos redolere Vergiliosque sapere (Anm. 9). 12 Für einen ersten Überblick s. Nikolaus Thurn: Neulatein und Volkssprachen. Beispiel für die Rezeption neusprachlicher Literatur durch die lateinische Dichtung Europas im 15.–16. Jahrhundert. München 2012 (Humanistische Bibliothek. Texte und Abhandlungen. Reihe I. Abhandlungen 61), S. 143–157 sowie Christoph Pieper: Xandrae cesserunt illa vel illa simul. Landinos Xandra und die sogenannten poeti medicei (Ugolino Verino, Naldo Naldi und Alessandro Braccesi). In: Cristoforo Landinos Xandra und die Transformation römischer Liebesdichtung im Florenz des Quattrocento. Hg. von Wolfgang Kofler und Anna Novokhatko. Tübingen 2016 (NeoLatina 20), S. 61–80, für den gerade angedeuteten Zusammenhang besonders S. 65–67. 13 Ugolino Verino wurde 1438 in Florenz geboren, gestorben ist er dort 1515. Sein aus zwei Büchern bestehender Flametta-Zyklus entstand 1464. Vgl. zu Vita und Œuvre die ältere Arbeit von Alfonso Lazzari: Ugolino e Michele Verino: studi biografici e critici. Contributo alla storia dell’umanesimo in Firenze. Turin 1897 sowie Thurn: Neulatein und Volkssprache (Anm. 12), S. 27–28.

  Gernot Michael Müller dass sich Verino im Verlauf seines Flametta-Zyklus’ signifikant von seinem Modell Landino verabschiedet, was nicht zuletzt zu einer deutlichen Modifizierung der Rolle Petrarcas für dessen Poetik führt. Ausgehend von diesem Befund wird das letzte Kapitel nicht nur Methode und Zielrichtung der Auseinandersetzung Verinos mit seinem Vorbild Landino benennen, sondern dem Flametta-Zyklus auch seine spezifische Position im neulateinischen Petrarkismus des italienischen Quattrocento zuweisen können.

 Koordinaten einer hybriden Poetik – Cristoforo Landinos zweite Xandra-Fassung Landinos Umarbeitung und Erweiterung seines Xandra-Zyklus von einem auf drei Bücher, die im Jahr 1458/59 abgeschlossen war, 14 geht unter anderem mit einer expliziten poetischen Standortbestimmung des lyrischen Ichs in der Elegie 2,4 einher. Diese orientiert sich am translatio-Schema und begreift das eigene poetische Schaffen als Zielpunkt einer Migration dichterischer Kompetenz von Griechenland über Rom ins heimatliche Florenz. Dabei verweist das Gedicht zwischen der römischen Zwischenstation, die in indirekter Formulierung durch den Elegiker Properz repräsentiert wird, und dem lyrischen Ich auf Petrarca und damit auf einen heimatlichen Dichter, der den für rinascimentale Adaptationen des translatio-Schemas üblichen direkten Anschluss an den römischen Vorläufer relativiert. 15 Vor dem Hintergrund, dass der griechische Ausgangspunkt eher vage  14 Vgl. die Literatur in Anm. 10. Für eine Charakterisierung der ersten Xandra-Fassung mit Verweis auf die einschlägige Literatur s. Pieper: Elegos redolere Vergiliosque sapere (Anm. 9), S. 90– 101 und Gernot Michael Müller: Variationen der Liebe und des Lebens. Über die unterschiedlichen Konzepte der Liebesdichtungen Cristoforo Landinos. In: Dialoge mit dem Altertum. Sinnstiftungen aus der Vergangenheit in Antike, Früher Neuzeit und Moderne. Hg. von Bardo Maria Gauly, Gernot Michael Müller und Michael Rathmann. Heidelberg 2019 (Bibliothek der Klassischen Altertumswissenschaften. Neue Folge, 2. Reihe 159), S. 211–248, hier S. 218–224. 15 Landino, Xandra A 2,4,1–10: „Callimachus roseam Graja testudine nympham | Et dominae lusit cygnea colla suae. || Dicere sed Latio voluit te, Cynthia, plectro | hic, cuius nota est Asis ob ingenium. || At Petrarca tuas versu cantavit Etrusco, | Laura, comas: doctus carmina docta facit. || Lauram cantavit, qua se sua Gallia iactet | et nuribus Tuscis cedere velle neget. || Ast ego nec Graja cithara nec posse Latina | sat videor: Tusce carmina nulla cano.“ [Kallimachos spielte auf der griechischen Leier von der rosenfarbenen Nymphe und den schwanengleichen Hals seiner Geliebten. Mit lateinischer Laute wollte indes von Dir, Cynthia, der dichten, ob dessen Begabung Assisi berühmt ist. Dagegen besang Petrarca deine Haare, Laura, im etruskischen Vers: Als Gelehrter hat er gelehrte Lieder geschmiedet. Laura hat er besungen, deren sich ihr Frankreich

Petrarca-Rezeption und Landino-Nachfolge in der Flametta des Ugolino Verino  

bleibt und ganz allgemein auf das kallimacheische Dichtungsideal als Ausgangspunkt der skizzierten ebenso transhistorischen wie transregionalen Linie verweist, 16 scheint das lyrische Ich mit dieser hauptsächlich auf eine besondere Affinität zur römischen Liebeselegie und hier vor allem zu Properz verweisen zu wollen, die durch den ebenfalls genannten heimischen Vorläufer Petrarca jedoch signifikante Konkurrenz erhält. Die Konsequenzen, die sich aus dieser in der Forschung bereits beobachteten Selbstpositionierung für die Poetik der zweiten Xandra-Fassung ergeben, lassen sich bereits im weiteren Verlauf desselben Gedichts greifen. 17 Denn sein im Rückgriff auf einschlägige Bescheidenheitsbekundungen 18 als zu ambitioniert beurteiltes Vorhaben, in die Nachfolge der genannten poetischen Größen zu treten, begründet das lyrische Ich mit den Vorzügen seiner Geliebten, die zu besingen er den Auftrag habe. Diese entsprechen nur sehr eingeschränkt jener Cynthia, die Properzens lyrisches Ich bekanntlich gelehrt habe, gerade die sittsamen Mädchen zu verachten, wie es seine Rezipienten im programmatischen Eingangsgedicht der Properzischen Monobiblos wissen lässt. 19 In der Tat nimmt Xandra

 rühmt und deretwegen es den toskanischen Mädchen nicht zu weichen gedenkt. Ich jedoch scheine weder auf der griechischen noch auf der lateinischen Leier genügend versiert zu sein; auf Toskanisch singe ich keine Lieder.] Zitate aus der Xandra Landinos folgen der Ausgabe von Perosa: Christophori Landini carmina omnia (Anm. 10). Die Übersetzungen stammen vom Autor. Perosa bezeichnet in seiner kritischen Edition die zweite (weil seiner Meinung nach endgültige) Fassung mit der Sigle A und die erste Fassung von 1444 mit der Sigle B. Zum Konzept der translatio und seiner Adaptation in der rinascimentalen Literatur s. immer noch maßgeblich Franz Josef Worstbrock: Translatio artium. Über die Herkunft und die Entwicklung einer kulturhistorischen Theorie. In: Archiv für Kulturgeschichte 47 (1965), S. 1–22. 16 Zum kallimacheischen Dichtungsideal und seiner Rezeption in Rom s. einführend und mit Hinweisen zur grundlegenden Literatur Alessandro Barchiesi: Roman Callimachus. In: Brill’s Companion to Callimachus. Hg. von Benjamin Acosta-Hughes, Luigi Lehnus und Susan Stephens. Leiden 2011, S. 511–533. 17 Zur Interpretation des Gedichts s. Müller: Zwischen Properz und Petrarca (Anm. 11), S. 133– 137 sowie knapp Tonelli: Per queste orme (Anm. 11), 227–229. 18 Vgl. für den Hintergrund in der augusteischen Dichtung Giovanni d’Anna: La ‚recusatio‘ in Virgilio, Orazio e Properzio. In: Cultura e scuola 19 (1980), S. 52–61 und Cesare Marco Calcante: Excusatio e praestructio: La retorica della trasgressione nel Callimachismo augusteo. In: Sileno 37 (2011), S. 15–30, vgl. auch Barbara Weinlich: The Story of a Poet’s Apologetic Emancipation. The Recusatio-Narratives in Propertius 3.3, Amores 1.1, 2.1, and 3.1. In: Helios 37 (2010), S. 129– 152. 19 Properz 1,1,1–6: „Cynthia prima suis miserum me cepit ocellis, | contactum nullis ante cupidinibus. || tum mihi constantis deiecit lumina fastus | et caput impositis pressit Amor pedibus, || donec me docuit castas odisse puellas | improbus, et nullo uiuere consilio.“ [Cynthia nahm als erste mich Armen mit ihren Augen gefangen, den vorher keine Leidenschaften angerührt hatten.

  Gernot Michael Müller Landinos lyrisches Ich bei aller äußerlichen Schönheit, die sie grosso modo mit den Geliebten der römischen Elegiker verbindet, 20 vor allem auch durch ihre feinen Charakterzüge, durch Bildung, die als einer Frau von Stand angemessen bezeichnet wird, sowie durch auffallende Sittsamkeit ein, die eine Zurückhaltung im Hinblick auf die für die Geliebten der römischen Liebeselegie konstitutive erotische Offenheit impliziert. 21 Durch dieses Eigenschaftsprofil korrespondiert Landinos Xandra mit einem Charakteristikum, das ihr Dichter im Proömium seines Dante-Kommentars als entscheidendes und die römischen Liebesdichter bei ansonsten zahlreichen Ähnlichkeiten übertreffendes Qualitätsmerkmal Petrarcas gewürdigt hat, nämlich dass dieser erotische Themen grundsätzlich zurückhaltend behandle und sich daher jeglicher Obszönitäten enthalten habe. 22 Über die Konzeption seiner Xandra-Figur will Landino offensichtlich Petrarca nacheifern und auf diese Weise die für diesen reklamierte Auszeichnung gegenüber den römischen Liebeselegikern auch für sich nutzbar machen. Der sich hierin andeutende aemulative Anspruch

 Da schlug Amor mir die Augen nieder, die sonst immer hochmütig blickten, drückte mir den Kopf zu Boden, setzte seinen Fuß darauf und lehrte mich so, anständige Frauen zu hassen und ohne Plan zu leben.] Der lateinische Text folgt der Ausgabe von Fedeli, die Übersetzung stammt vom Autor. Für eine Lektüre dieser Elegie s. etwa Georgios P. Tsomis: Properz, 1.1 und Ovid, Amores 1.1. In: Athenaeum 97 (2009), S. 477–488, hier S. 477–482. 20 Einführend für eine Typologie der Geliebten in der römischen Liebeselegie s. Mathilde Skoie: ‚The woman‘. In: The Cambridge Companion to Latin Love Elegy (Anm. 3), S. 83–96 und Paul Allen Miller: The puella: accept no substitutions! In: ebd., S. 166–179. 21 Landino, Xandra A 2,4,25–28; 37–40: „Nam neque tam moveor taurinis captus ocellis, | ista satis quamvis causa furoris erat, || quam quod nec mores desunt in cuncta venusti, | libera nec quicquid nosse puella velit. || […] || Huic pudor in faciem ducit persaepe colorem, | qualem purpureas cernis habere rosas.“ [Denn ich bin nicht so sehr erregt, weil ich von den Stieräuglein gefangen bin, so sehr dies ein ausreichender Grund für meinen Liebeswahn wäre, sondern vielmehr, weil ihr bei allem weder ein anmutiger Charakter noch all das fehlt, was ein freigeborenes Mädchen zu wissen wünscht […]. Ihr treibt die Scham häufig die Farbe ins Gesicht, die man an den purpurfarbenen Rosen erblicken kann.] 22 Cristoforo Landino: Proemio al commento Dantesco. In: ders.: Scritti critici e teorici. Hg. von Roberto Cardini. 2 Bde. Rom 1974, Bd. 1, S. 138, 5–10: „È [sc. Petrarca] negli affetti amatori or lieto or mesto, e in forma tutti gl’esprime che né o a Ovidio lo pospongo né a Properzio. Ma quello in che ottiene sopra tutti la palma, in ogni lascivia materia, benché sia giocondissimo, nientedimeno osserva lieta modestia né mai diviene osceno.“ [Bei den Liebesaffekten ist er entweder fröhlich oder traurig und er drückt sie alle dergestalt aus, dass ich ihn weder Ovid noch Properz nachordnen möchte. Aber darin trägt er vor allen den Siegespreis davon, dass er bei jedem unzüchtigen Gegenstand, mag er auch äußerst ergötzlich sein, dennoch heiteres Maß walten lässt und nie obszön wird.] Die Übersetzung stammt vom Autor. Vgl. auch Müller: Zwischen Properz und Petrarca (Anm. 11), S. 149–152.

Petrarca-Rezeption und Landino-Nachfolge in der Flametta des Ugolino Verino  

wird durch die Elegie 2,27 am Ende des zweiten Buchs der Xandra-Sammlung erhärtet, in der das lyrische Ich als Ergebnis einer Reise seiner titelgebenden Geliebten nach Rom festhält, dass diese dort auf mehr Zuspruch gestoßen sei als jene Frauen, die einst von den römischen Liebeselegikern und ihrem Vorgänger Catull besungen worden seien. 23 Wenngleich dieser Befund dort mit den Augen auf ein körperliches Merkmal zurückgeführt wird, lässt sich vor dem Hintergrund der Affinitäten zwischen dem erwähnten Petrarca-Lob und der Charakterisierung Xandras in der poetologischen Elegie 2,4 doch schließen, dass ihr Überbietungspotential wesentlich auf jenen Merkmalen basiert, die sie entschieden von den elegischen Liebhaberinnen abhebt, nämlich jene mores venusti und der hervorgehobene pudor. 24 Dass er aus seiner Sicht so erfolgreich den Wettbewerb mit den römischen Elegikern aufzunehmen vermag, ergibt sich folglich daraus, dass sich sein lyrisches Ich einer Geliebten verschrieben hat, die in ihren Wesenszügen mehr der Laura Petrarcas denn der Cynthia des Properz ähnelt. Entsprechend hat Landino den Auftakt der Liebe seines lyrischen Ichs gegenüber Xandra signifikant in Anlehnung an einschlägige Gedichte Petrarcas gestaltet, wie er auch die rechtfertigende Ansprache an sein Publikum in der Elegie 1,2 in amplifizierender Weise Petrarcas Auftaktsonett nachgebildet hat. 25 Der Ein 23 Landino, Xandra A 2,27: „Dives erat quondam formosis Roma puellis, | quarum nunc cineres ossaque cana tegit. || Errantemque suis vidit te, Cynthia, laeta | porticibus flavis spargere colla comis; || vidit et, egregium cum Lesbia pulchra Catullum | ureret, et dixit: Lesbia pulchra mea est. || Vidit et arrisit, facies cum blanda Corinnae | Sub iuga Nasonem cogeret ire suum, || atque oculos Nemesis figentes corda Tibulli | vidit: erat vatis carmine nota sui. || At nuper Xandrae vidit cum lumina nostrae, | iuravit nihil hac posse decere magis.“ [Einst war Rom reich an wohlgestalten Mädchen; jetzt bedeckt es deren Asche und weißen Knochen. Freudig sah es dich, Cynthia, durch seine Säulenhallen flanieren und dabei deine blonden Haare über deinen Hals ausbreiten: Es sah auch, wie die schöne Lesbia den vortrefflichen Catull in Glut versetzte, und sprach: Die schöne Lesbia ist mein. Es sah und lachte, als das reizende Gesicht der Corinna ihren Naso unter das Joch zwang. Auch sah es, wie die Augen der Nemesis das Herz des Tibull durchbohrten: Sie war bekannt durch das Lied ihres Dichters. Doch als es neulich die Augen unserer Xandra sah, schwor es, dass nichts mehr zur Zierde gereichen könne als diese.] Vgl. zu dieser Elegie die Interpretation in Müller: Zwischen Properz und Petrarca (Anm. 11), S. 155–157. 24 S. hierzu nochmals das Zitat in Anm. 21. Der aemulative Charakter der Xandra-Figur wird dadurch unterstrichen, dass sich diese aufgrund ihres Eigenschaftsprofils letztlich als Inkarnation aller Wünsche der elegischen Dichter deuten lässt, die von ihren puellae jenen pudor fordern, der Xandra zu eigen ist (s. einschlägig Tibull 1,3,83–84 und 1,6,67–68; vgl. auch Properz 1,2,83–84 mit Blick auf die Berühmtheit der griechischen puellae sowie ders. 3,19,1–4; s. schließlich Ovid, Amores 1,3, wo in den Versen 13–14 mores und pudor explizit nebeneinander erwähnt werden). Ich verdanke diese Hinweise Adrian Weiß. 25 Landino, Xandra A 1,2,1–14; 21–24: „Si te Pierides, vatum si tutor Apollo, | vivere, parve liber, saecula longa velint, || hos fuge, quos nullo quondam violaverit arcu | neve suis facibus usserit

  Gernot Michael Müller stieg der zweiten Xandra-Fassung soll durch seine vielfältigen Bezüge auf das Narrativ des petrarkischen innamoramento somit in programmatischer Weise zu erkennen geben, dass hier ein elegischer Zyklus anhebt, der vermittels spezifischer Petrarca-Rezeption eine signifikante und über die Gestaltung der Geliebten die Überbietung der liebeselegischen Vorbilder ermöglichende Transformation erfährt. 26 Aber auch das petrarkische Modell lässt Landino hinter sich, wenn er seine Liebesdichtung mit einer in der zeitgenössischen Dichtung auch anderswo zu beobachtenden Abkehr von dem für das Auftaktsonett Petrarcas konstitutiven pentimento legitimiert, mit dem dieser aus der Perspektive des Alters distanzierend und selbstkritisch auf seine jugendliche Laura-Liebe zurückschaut. 27 Denn anders als sein Vorbild konfiguriert Landinos lyrisches Ich erotische Erfahrung als zu entschuldigende, wenn sie denn auf das Lebensalter der Jugend eingeschränkt bleibt, und damit nicht als grundsätzlich zur Reue veranlassende Verirrung. 28

 asper Amor; || namque negant veniam tristes qui fronte severa | censuraque graves mollia verba notant. || Si quis at hamatis transfixus corda sagittis | pertulerit nostri vulnera cruda dei, || hic veniamque dabit simul et miserebitur ultro | nec feret in nostris lumina sicca malis; || nam semel indignas furias expertus amantum | asseret in terris durius esse nihil. || Praesertim ignoscet nimium iuvenilibus annis; | semper enim haec aetas digna favore venit || […]. || Vos igitur, nostro quos experientia damno | admonet in caecos cautius ire dolos, || principis obstate: licet. Nam fixa medullis | flamma semel numquam vellier inde potest.“ [Sofern dich, kleines Buch, die Musen und Apoll, der Beschützer der Dichter, über lange Jahrhunderte leben lassen möchten, meide diese, die der hartherzige Amor niemals mit seinem Pfeil verletzt noch mit seinen Fackeln versengt hat. Denn traurig verweigern diejenigen Verzeihung, die ernst und mit gestrenger Stirn zärtliche Worte mit ihrer Kritik belegen. Doch wenn einer, das Herz von den hakenförmigen Pfeilen durchstochen, die grausamen Wunden unseres Gottes ertragen hat, wird er verzeihen und sich gleichzeitig sogar erbarmen, und seine Augen werden angesichts unseres Leidens nicht trocken bleiben. Denn wenn einer einmal die unverschuldete Raserei der Liebenden kennengelernt hat, wird er beipflichten, dass es auf Erden nichts Härteres gibt. Vor allem wird er dies noch allzu jugendlichen Jahren verzeihen; denn dieses Alter ist der Gunst immer wert […]. Ihr also, die die Erfahrung durch unseren Schaden ermahnt, den verborgenen Listen vorsichtiger zu begegnen, wehret den Anfängen. Das steht euch frei! Denn hat sich die Flamme einmal im Inneren festgesetzt, kann man sie von dort niemals mehr ausreißen.] 26 Für eine Interpretation des Gedichts und seiner Funktion im Werkzusammenhang s. Müller: Zwischen Properz und Petrarca (Anm. 11), S. 138–141 sowie Tonelli: Per queste orme (Anm. 11), S. 232–235. 27 Vgl. Petrarca, Canzoniere 1,1–8. Vgl. hierzu Müller: Zwischen Properz und Petrarca (Anm. 11), S. 139–140. 28 Vgl. Landino, Xandra A 1,2,13–14 (Zitat in Anm. 25). Vgl. Müller: Variationen der Liebe und des Lebens (Anm. 14), S. 228–231 und 236.

Petrarca-Rezeption und Landino-Nachfolge in der Flametta des Ugolino Verino  

In der Tat motiviert Landinos lyrisches Ich seine an Properz angelehnte Abkehr von der Liebesdichtung zugunsten von Themen, die dem Lob der von den Medici regierten Arno-Metropole und ihrer Gelehrten und Künstler zuarbeiten, welche er am Übergang vom zweiten zum dritten Xandra-Buch vollzieht, nicht wie der antike Elegiker mit dem Überdruss an Widerständigkeit und Flatterhaftigkeit seiner Geliebten. 29 Vielmehr deuten wiederholte Hinweise auf die inzwischen fortgeschrittene Dauer seiner Liebe zu Xandra im zweiten Buch an, dass die thematische Neuausrichtung als Reflex auf die vom lyrischen Ich eingangs getroffene Einschränkung zu verstehen ist, dass Liebeserfahrung und letztlich auch die poetische Rede darüber nur während des knappen Zeitfensters der Jugend zu rechtfertigen sei. Komplementär dazu will das lyrische Ich in dieser auch die Chance zur dichterischen Weiterentwicklung verstanden wissen, als Möglichkeit, am neuen Gegenstand zu wachsen, 30 nachdem es seine Liebesdichtung gegenüber seinem Adressaten Piero de’ Medici zuvor mehrfach als spielerische Kleinigkeit definiert und ihren poetischen Wert damit betont niedrig angesetzt hatte. 31 Mit der Petrarcas reuigen Rückblick auf seine Laura-Liebe modifizierenden Akzeptanz erotischer Erfahrung in der Jugend geht folglich ein Verständnis von Liebesdichtung als Spielerei einher, die gleichsam als Übungsfeld und Vorstufe für ein höheres poetisches Register vorgestellt und in biographischer Hin 29 Vgl. Properz 3,24 und 3,25. Für eine Lektüre diese beiden Gedichte im Kontext des dritten Properz-Buchs s. Kevin Newman: The Third Book: Defining a Poetic Self. In: Brill’s Companion to Propertius. Hg. von Hans-Christian Günther. Leiden 2006, S. 319–352, hier S. 349–350. 30 Landino, Xandra A 3,2: „Musa Fluentini, claudo licet anxia gressu, | i, Maecenatis splendida tecta subi. || Dic modo qui misere poterat vix stridulus anser | exiguum rauco carmen hiare sono, || iam liquidum niveis sublatus ad aethera plumis | sperat olorinos edere posse modos. || Nam quod Gorgonei non praebuit unda liquoris | olim nec Clarii laurea silva dei, || hoc ego nunc hausi Tyrrheno e fonte profectus, | qui fluit e Medica lucida lympha petra.“ [Geh, Muse, und sei es ängstlich mit hinkendem Gang, und nähere dich dem prächtigen Haus des Florentinschen Maecenas. Sag ihm, dass der, der noch vor Kurzem kläglich wie eine schnatternde Gans kaum ein kleines Gedicht mit rauem Ton von sich zu geben vermocht hatte, jetzt, da er mit schneeweißen Federn in die klare Luft emporgehoben wurde, hofft, schwanengleiche Klänge hervorbringen zu können. Denn was einst das Gewässer der Hippokrene nicht gewähren konnte und auch nicht das Lorbeergehölz des Gottes aus Klaros, das habe ich nun getrunken, entsprungen aus einer tyrrhenischen Quelle, deren klares Wasser aus dem Mediceischen Fels fließt.] Vgl. Müller: Variationen der Liebe und des Lebens (Anm. 14), S. 235–236. 31 Landino, Xandra A 1,1,1–4: „Qui nunc censuram mavult tolerasse legentum | terna olim potuit lustra latere liber; || namque pudens, gnarusque sui sapienter ineptas | in lucem nugas noluit ire suas.“ [Das Buch, das es jetzt vorzieht, sich der Kritik seiner Leserschaft zu stellen, vermochte dreimal fünf Jahre verborgen zu bleiben. Denn schüchtern und sich seiner bewusst wollte es seine törichten Nichtigkeiten nicht ans Licht bringen.] Vgl. Müller: Variationen der Liebe und des Lebens (Anm. 14), S. 224–226.

  Gernot Michael Müller sicht damit ebenfalls in die Frühphase einer dichterischen Karriere, mithin als Gegenstand eines Jugendwerks situiert wird. Landinos zweite Xandra-Fassung präsentiert sich somit als ingeniöses Amalgam von liebeselegischen und petrarkischen Motiv- und Systemreferenzen, wobei der Rückgriff auf letztere eben nicht nur als Erweiterung des liebeselegischen Registers genutzt, sondern in programmatischer Weise als Möglichkeit verstanden wird, dieses im Hinblick auf die Konzeption der Geliebten und infolgedessen auf die erotische Thematik insgesamt im Sinne des Petrarca-Lobs im Proömium des Dante-Kommentars zu überbieten, während umgekehrt die Orientierung am liebeselegischen Repertoire mit einer Modifizierung der petrarkischen Beurteilung seiner Liebeserfahrung zugunsten von deren Akzeptanz in der Jugend einhergeht. Ergebnis ist das Konzept einer erotischen Poesie, die als Verarbeitung von Jugenderfahrungen als legitim angesehen wird und als solche auch einen wichtigen Platz in der Entwicklung eines Dichters als spielerische Vorstufe für höhere Register beanspruchen darf. 32

 Ugolino Verinos Flametta-Zyklus zwischen Landino-Nachfolge und Distanzierung Dass sich Ugolino Verino mit seinem Flametta betitelten Gedichtzyklus 33 in die Nachfolge Landinos stellt, macht sein lyrisches Ich in der fünften Elegie explizit, wenn es dort den Vergleich Xandras mit den Geliebten der römischen Liebeselegie aus der Elegie 2,27 des Vorgängers verkürzend aufgreift 34 und ihn in verhalten aemulativer Intention auf seine Geliebte Flametta ausweitet (Verino, Flametta 1,5): 35

 32 Vgl. hierzu auch den Beitrag von Christoph Pieper, in diesem Band, S. 117. 33 Für einen Überblick über Entstehung und Inhalt des Flametta-Zyklus s. Nikolaus Thurn: Petrarchismo nella scuola fiorentina di Cristoforo Landino. In: Studi umanistici piceni 28 (2008), S. 141–148, hier S. 142–144 und ders.: Neulatein und Volkssprachen (Anm. 12), S. 29–30; vgl. auch Pieper: Xandrae cesserunt illa vel illa simul (Anm. 12), S. 64. 34 Vgl. das Zitat aus Landino, Xandra A 2,27 oben in Anm. 23. 35 Zitate aus Verinos Flametta folgen der Ausgabe: Ugolino Verino: Flametta. Hg. von Luciano Mencaraglia. Florenz 1940 (Nuova collezione di testi umanistici inediti o rari 3). Die Übersetzungen stammen vom Autor. Zu diesem Gedicht s. die knappen Hinweise bei Thurn: Neulatein und Volkssprachen (Anm. 12), S. 36 sowie in Pieper: Xandrae cesserunt illa vel illa simul (Anm. 12), S. 68–69.

Petrarca-Rezeption und Landino-Nachfolge in der Flametta des Ugolino Verino  

Roma licet iactet pulchras habuisse puellas Quarum nunc tantum nomen inane manet, Cinthia vel Nemesis romanae gloria gentis Xandrae cesserunt illa vel illa tamen. 5 At nunc quae nostro celebrata est carmine virgo, Flametta, etruscae gloria gentis erit. Mag sich Rom auch brüsten, schöne Mädchen besessen zu haben. Von ihnen bleibt heute nur noch der leere Name. Cynthia oder Nemesis waren der Ruhm des römischen Volkes und dennoch musste die eine wie die andere Xandra weichen. [5] Jetzt aber wird Flametta, die durch unsere Dichtung zu Ruhm gelangt ist, die Zierde des toskanischen Volkes sein.

Verinos lyrisches Ich greift in den ersten beiden Distichen des Gedichts auf die in Landinos Vorlage formulierte Gewissheit zurück, Xandras Aufenthalt in Rom werde offenbar machen, dass diese ihren römischen Vorgängerinnen überlegen sei, um im darauffolgenden letzten Distichon klarzustellen, dass nun Flametta dank seiner Dichtung die Nachfolge Xandras antreten dürfe. 36 Tatsächlich ähneln sich die beiden toskanischen Konkurrentinnen der von den römischen Elegikern besungenen Frauen, worauf Verinos lyrisches Ich offensichtlich seine Überzeugung gründet, dass nun Flametta wie zuvor Landinos Xandra jene in den Schatten stellen wird. Erkennbar wird dies in der vorangehenden Elegie, in der das lyrische Ich Flametta über die Ursachen seines innamoramento bei ihrer ersten Begegnung informiert und hierzu einen Katalog von Eigenschaften der Geliebten anführt, der jenem teilweise exakt gleicht, den Landinos lyrisches Ich in seiner Elegie 2,4 im Hinblick auf Xandra ausformuliert hat. 37 Denn neben den Vorzügen ihrer Augen, ihres Gesichts und ihrer Gestalt hebt Verinos lyrisches Ich auch Flamettas sittsamen Charakter und ihre Züchtigkeit hervor (Verino, Flametta 1,4,15–22, 31–32): 38 15 Sydereas postquam aspexi, tua lumina, flamas, Quae mihi phoebeae lampadis instar erant,

 36 Komplementär dazu berichtet das lyrische Ich in Flametta 1,20, dass ihm Apoll in einer Traumvision erschienen sei und es nach einem Lob auf Landino als Dichter der Xandra dessen Nachfolger genannt habe (29–34). Vgl. hierzu Pieper: Xandrae cesserunt illa vel illa simul (Anm. 12), S. 69–70. 37 Vgl. hierzu das Zitat aus Landino, Xandra A 2,4 oben in Anm. 15. 38 Vgl. daraus die Verse 21b–22a mit Landino, Xandra A 2,4,27 und 37. Der bei Landino auch genannte pudor der Besungenen wird bei Verino in Flametta 1,6,24 hervorgehoben. Thurn: Neulatein und Volkssprachen (Anm. 12), S. 146 und 148 weist darauf hin, dass Verino sein lyrisches Ich und dessen Geliebte als von gleichem gesellschaftlichem Stand konzipiert, wodurch ein weiterer Unterschied zu den Geliebten der römischen Liebeselegie benannt ist.

  Gernot Michael Müller Cum faciem vidi nitidam flavosque capillos, Phoebe, tuas possent qui superare comas, Principium hinc lacrymae nostrique habuere dolores, 20 Nequitiae inde meae tristis origo fuit. Me miserum! Quid agam? Magno pudor obstat amori. Me sancti mores, me tua forma rapit. […] Et dulces risus moresque in cuncta venustos, Denique quicquid agis mens mea semper amat. [15] Nachdem ich deine Augen erblickt hatte, himmlische Flammen, die mir gleich dem Glanz der Sonne waren, und als ich dein strahlendes Gesicht und die blonden Haare bemerkt hatte, die deine Haartracht übertreffen können, Phoebus, nahmen von da an meine Tränen und Schmerzen ihren Ausgang [20] und dieser Moment war der traurige Anfang meiner Nichtsnutzigkeit. Ich Armer! Was soll ich tun? Die Scham steht meiner großen Leidenschaft im Wege. Mich erobern dein anständiger Charakter und deine Gestalt […] und dein liebliches Lachen sowie dein in jeder Hinsicht liebenswerter Charakter, schließlich liebt mein Denken immerfort alles, was du tust.

Jedoch belässt es Verinos lyrisches Ich nicht dabei, die Vorzüge Flamettas in einem Eigenschaftsprofil zu verorten, das sich an Landinos Xandra-Lob orientiert. 39 Außerdem ist es bemüht, für seine Liebesdichtung Verständnis einzufordern, indem es in der ersten Elegie analog zu Landinos lyrischem Ich sein jugendliches Alter als Entschuldigung anführt, dem seine als leichte Spielerei charakterisierte Liebesdichtung geschuldet sei. Allerdings kündigt es in seiner Widmungsansprache an Lorenzo de’ Medici ebenso an, der prekären erotischen Thematik demnächst abschwören und diese durch gewichtigere Gegenstände ersetzen zu wollen, da es bereits auf das 25. Lebensjahr zusteuere. Ähnlich wie Landinos Pendant deutet es somit an, und dies bereits ganz zu Beginn seiner Sammlung, dass es mit dem Ende der Jugend auch dem lusus über die Liebe entsagen werde. 40 Allerdings lässt es ebenso durchblicken, dass es in diesem ein wichtiges Übungsfeld und die notwendige Voraussetzung erkennt, später der

 39 Parallel zu Landinos Elegie 2,4,11–16 nennt Verinos lyrisches Ich in 1,21,25–32 Flametta die Ursache für sein dichterisches Können. Zu den genannten Versen Landinos s. Müller: Zwischen Properz und Petrarca (Anm. 11), S. 135–136. 40 Die Bewertung von Liebesdichtung als Betätigungsfeld einer leichten Muse erfolgt gleich zu Beginn des Gedichts (Verino, Flametta 1,1,3–4): „Exiguo quamvis teneros ludamus amores | Carmine, nec grandis spiritus in ore sonet || […]“ [Wie sehr wir in unserer Dichtung auch unsere Jugendliebe besingen und kein erhabener Atem aus meinem Mund tönt, […].]

Petrarca-Rezeption und Landino-Nachfolge in der Flametta des Ugolino Verino  

Herausforderung höherstehender Themen gerecht zu werden (Verino, Flametta 1,1,15–22): 41 15 Ignoscas, oro, nimium iuvenilibus annis, Et tantum ingenii semina cerne mei. Nam mihi quinta licet vixdum contingere lustra Vitae, et iam nobis excidit istud opus. Quid si pegaseo nitidus se in fonte libellus 20 Abluit, et nostri si placuere sales, Tunc dabit ingenio haec tantas fiducia vires, Ut tentem altiloquo grandia ferre pede. [15] Bitte sei nachsichtig mit meinen allzu jungen Jahren und nimm allein die ersten Anzeichen meines Talents wahr. Denn obwohl ich kaum erst das fünfundzwanzigste Lebensjahr erreicht habe, entwischt mir trotzdem jetzt schon dieses Werk. Wenn sich das Büchlein in der Quelle des Pegasus [20] reingewaschen hat und wenn unsere Scherze Gefallen gefunden haben, dann wird mir das Vertrauen in meine Begabung so viele Kräfte verleihen, dass ich den Versuch wagen werde, mit erhabenem Metrum von bedeutenden Themen zu erzählen.

Ergänzend zu dieser Rechtfertigung gegenüber Lorenzo de’ Medici greift Verino in der zweiten Elegie, die er an seine Leserschaft im Allgemeinen adressiert, auch noch den Rest des Argumentationstableaus auf, mit dem Landinos lyrisches Ich in amplifizierender Adaptation von Petrarcas erstem Sonett die Dichtung über seine Xandra-Liebe legitimiert hat. In Gestalt eines Priamel seine Entscheidung für die erotische Dichtung als verschiedenen anderen Arten von Dichtung und anderen beruflichen Tätigkeiten gleichberechtigte Wahl selbstbewusst begründend, 42 bestätigt er dabei nicht nur deren biographische Einschränkung auf die

 41 Vgl. die fast wortgleiche Entsprechung zwischen Vers 15 und Landino, Xandra A 1,2,13. Verino konzipiert in Vers 16 Liebesdichtung als Gelegenheit, die Begabung für Höheres sichtbar zu machen. Im Folgenden erscheint sodann das Urteil des Widmungsträgers als entscheidende Instanz und als Gradmesser, ob das lyrische Ich sich den Schritt zu ambitionierter Dichtung überhaupt zutrauen darf. Eine ähnliche Rolle weist Landinos lyrisches Ich seinem Adressaten Piero de’ Medici in der Widmungselegie der zweiten Xandra-Fassung für die Sammlung insgesamt zu (Landino, Xandra A 1,1,1–20); vgl. hierzu Müller: Variationen der Liebe und des Lebens (Anm. 14), S. 224–226. Dabei suggeriert Landinos lyrisches Ich ein Einverständnis zwischen sich und seinem Adressaten, die auf literarischer Urteilskraft beruht. Ein Reflex darauf findet sich in Verinos erster Elegie in Vers 24; s. hierzu das Zitat unten in Anm. 65. 42 Verino, Flametta 1,2,15–36. Voran geht ein Abschnitt (5–14), in dem das lyrische Ich verschiedene Dichtungsgattungen und ihre Themen erwähnt sowie auf deren wichtigste antike Autoren anspielt.

  Gernot Michael Müller Jugend, 43 während dem Alter andere Haltungen ziemen, sondern er verstärkt zudem Landinos Rechtfertigungsstrategie mit der Überzeugung, Liebeserfahrung in der Jugend stelle sogar eine unerlässliche Voraussetzung für eine wirksame Herzensbildung dar (Verino, Flametta 1,2,37–40; 45–46): Mi teneros versus Musae tribuere benignae, Ludereque imparibus mi tribuere modis, Dum iuvenis, dum sum flagranti pronus amori, 40 Ast alios mores cana senecta ferret. […] 45 Quod tua si nostros damnat censura libellos, Orbae cor dicam tygridis esse tibi. Mir haben die gütigen Musen die zarten Verse zugewiesen und mir haben sie zuteil werden lassen, in ungleichmäßigen Metren zu scherzen, solange ich ein junger Mann, solange ich der lodernden Liebe zugeneigt bin. [40] Das graue Alter wird einen anderen Lebenswandel mit sich bringen […] [45] Wenn deine Kritik meine Büchlein verurteilt, muss ich sagen, dass du das Herz eines verwaisten Tigers besitzt.

Korrespondierend mit der umfassenden Rechtfertigungsstrategie, dass Dichtung, die der Verarbeitung erotischer Erfahrung gilt, in jugendlichen Jahren nicht nur erlaubt und zu verzeihen sei, 44 sondern sogar eine wichtige Funktion für die charakterliche und poetische Entwicklung spiele, orientiert sich Verino auch dahingehend an Landinos Vorbild, 45 dass sein lyrisches Ich gegen Ende des ersten  43 Das erotische Thema der Sammlung wird sogleich in den Versen 1–4 offensiv genannt, wobei das lyrische Ich zugleich durchblicken lässt, dass es bei seinen Lesern mit Befremden darüber rechnet. Ähnliche Befürchtungen artikulieren sich in Landino, Xandra A 1,2, worauf sich Verino hier variierend bezieht. Vgl. hierzu Müller: Variationen der Liebe und des Lebens (Anm. 14), 228– 230. 44 Entsprechend betont das lyrische Ich in Flametta 1,10,29–30, dass in der Jugend zu lieben keine Schande sei. Hintergrund dieser Bemerkung ist die Klage, dass Flamettas Mutter ihre Tochter zu Hause einsperre und damit eine Begegnung mit dem lyrischen Ich unmöglich mache. 45 Weitere deutliche Anklänge an Landinos Xandra finden sich in Verinos Elegie 1,3, die ein an das eigene Buch adressiertes Propemptikon darstellt und variierende Bezüge zu Landino, Xandra A 1,1 aufweist, welches wiederum eine auf den neuen Widmungsadressaten Piero de’ Medici abgestimmte Neubearbeitung des Dedikationsgedichts an Leon Battista Alberti der ersten Fassung darstellt. Dem zögernden, weil die ignorante Menge wie das Urteil des gelehrten Adressaten fürchtenden Gedichtbuch Landinos stellt Verino indes eines gegenüber, das fast zu selbstbewusst aus dem Haus seines Autors drängt: „Crede mihi, nimium properas tener ire, libelle, | Et fugere antiquos, tecta paterna, Lares. || Impia nonne times ventosi murmura vulgi, | Cumque velis nequeas ipse redire domum? || Tristia tam docti peregrini iudicis ora | Non horres, quem sic officiose petis? || Vade, sed heu poteras nobiscum tutius esse: | Deprehensis quotiens flebis inepte notis.“ [Glaub mir, zartes Büchlein, du beeilst dich zu sehr, fortzugehen und den alten

Petrarca-Rezeption und Landino-Nachfolge in der Flametta des Ugolino Verino  

Buchs von Flametta ablässt. Ursache hierfür ist jedoch keine mit Landinos lyrischem Ich vergleichbare Entscheidung aus freien Stücken, die sich als Folge seines Alterungsprozesses andeutet, 46 sondern die besungene Dame selbst, die einen älteren Mann namens Bruno ehelicht. 47 Auf diese Weise gleichsam von außen gezwungen, jegliche Hoffnung auf Erfolg zu begraben, erfolgt die Abkehr vom erotischen Gegenstand am Übergang vom ersten zum zweiten Buch der Sammlung denn auch weniger konsequent als am Übergang vom zweiten zum dritten Buch der zweiten Xandra-Fassung Landinos. Denn obwohl Flamettas Heirat jegliche Erfolgsaussichten des lyrischen Ichs zunichte macht, vermag es nicht wirklich von dieser abzulassen, auch wenn es

 Laren, deinem väterlichen Haus, zu entfließen. Fürchtest du etwa nicht das bigotte Gemurmel des wetterwendischen Volks und dass du nicht mehr nach Hause zurückkehren kannst, wenn du es wolltest? Schaudert es dich nicht vor dem finsteren Blick des so sehr gelehrten fremden Kritikers? Geh, doch hättest du, ach, bei uns sicherer sein können: Wie oft wirst du weinen, du Tor, weil dir Beschimpfungen zu Ohr gekommen sind.] Zum Verhältnis der Widmungsgedichte der beiden Xandra-Fassungen zueinander s. Müller: Variationen der Liebe und des Lebens (Anm. 14), S. 221–226. Verinos 19. Elegie des ersten Buchs greift mit der Aufforderung an Piero de’ Medici, dieser möge seine Gedichte in der Freizeit als Erholung von den Lasten des Regierungsalltags lesen, eine Verwendungsempfehlung auf, die Landino demselben bereits in Xandra A 2,1,5– 8 gegeben und die ihre Vorprägung in Antonio Becadellis Widmungsgedicht an Cosimo de’ Medici hat, mit dem er seinen Hermaphroditus eröffnet (ebd., 1,1,1–2): „Cum vacuus curis fueris, pauloque severis | Amotis, laeta haec carmina fronte leges. || Inter longa iocos admittere seria prodest, | Nec semper curis invigilare iuvat. || Quod si forte meos laudabis, Petre, libellos, | Vertice tum feriam sydera celsa meo.“ [Wenn du frei von Dienstgeschäften sein solltest und die ernsteren von diesen etwas von dir wegschieben konntest, lies diese Gedichte mit heiterer Miene. Es nützt, zwischen langen Zeiten der Ernsthaftigkeit Phasen des Scherzens zuzulassen. Es macht keine Freude, sich immer um die Geschäfte zu sorgen. Wenn du meine Büchlein dann vielleicht loben wirst, Piero, werde ich mit meinem Haupt an die hochaufragenden Gestirne stoßen.] Zu Landinos Vorbild und dessen Beziehung zu Becadellis Widmungsgedicht s. Pieper: Elegos redolere Vergiliosque sapere (Anm. 9), S. 73–78 und Müller: Variationen der Liebe und des Lebens (Anm. 14), S. 226–228. 46 Vgl. Müller: Variationen der Liebe und des Lebens (Anm. 14), S. 233–235. 47 Vgl. Verino, Flametta 1,27: „Ad Flamettam quae Bruno nupsit“ [An Flametta, die Bruno geheiratet hat]. Vorbereitet wird dieser harte Schnitt in der Elegie davor, in der dem lyrischen Ich die Muse Erato im Traum erscheint und es darüber informiert, dass Flametta einen anderen, älteren Mann heiraten werde. Freilich glaubt das lyrische Ich der Prophezeiung dort betont trotzig nicht. Den Grund hierfür deutet es in 1,27,19–28 an, nämlich dass Flametta dem lyrischen Ich zuvor durchaus ewige Treue versprochen habe. Thurn: Neulatein und Volkssprachen (Anm. 12), S. 145 nennt das erste Buch einen „Liebesroman“, der im zweiten Buch anderen Themen weicht. Seine Stationen zeichnet er ebd., S. 146–147 nach; vgl. ähnlich auch Pieper: Xandrae cesserunt illa vel illa simul (Anm. 12), S. 77.

  Gernot Michael Müller ihr in der letzten an sie adressierten Elegie das Versprechen dazu gibt. 48 Dieses spezifische Unvermögen kündigt sich bereits zuvor an, wenn sich Verinos lyrisches Ich bald selbst nicht erklären kann, warum es seiner Liebe immer neue Nahrung gibt, 49 bald sich in der Manier Petrarcas anklagt, zum Gespött der Leute geworden zu sein, ohne freilich wie dieser daraus die Konsequenz von Scham und pentimento zu ziehen. 50 Denn es erkennt, dass Amor seine Vernunft unterworfen habe und dass gegen ihn ohnehin jeder machtlos sei. 51 In diesem Sinn

 48 Verino, Flametta 1,29,31–32: „Discedam quamvis abs te discedere nollem, | Hinc tamen imperium me iubet ire tuum.“ [Ich will fortgehen, auch wenn ich von dir nicht fortgehen kann. Trotzdem zwingt mich dein Befehl von hier wegzugehen.] In der anschließenden letzten Elegie des ersten Buchs bekennt das lyrische Ich erneut, sich von Flametta nicht lossagen zu können. Ähnlich hatte es sich in Elegie 1,28 bereits gegenüber dem Freund Lotterio Neroni geäußert (vgl. ebd., 25): „Quid faciam? finem nequeo praescribere amori.“ [Was soll ich denn tun? Ich kann meiner Liebe kein Ende verordnen.] Thurn: Neulatein und Volkssprachen (Anm. 12), S. 146 nennt die sich im ersten Buch der Flametta entfaltende Liebesgeschichte denn auch eine unglückliche. 49 Vgl. Verino, Flametta 1,23: „Conqueritur de adversa fortuna in amore“ [Er beklagt sich über sein Unglück in der Liebe]. 50 Verino, Flametta 1,9,15‒16: „Fabula per populum, per compita cuncta volamus | Designat digitis nos quoque turba suis.“ [Das Gerede über uns fliegt durch die ganze Bevölkerung und über alle Plätze. Auch zeigt die Menge mit den Fingern auf uns.], oder Flametta 1,24,19–20: „Insanus digitis populus te signat euntem, | Nequitiam ridens damnat et ille tuam.“ [Das irre Volk zeigt auf dich, wenn du vorbeigehst, und verurteilt lachend deine Liederlichkeit.] Vgl. Petrarca, Canzoniere 1,9–14: „Ma ben veggio or sì al popol tutto | favola fui gran tempo, onde sovente | di me medesmo meco mi vergogno; || et del mio vaneggiar vergogna è ’l frutto, | e ’l pentérsi, e ’l conoscer chiaramente | che quanto piace al mondo è breve sogno.“ [Wohl seh’ ich nun, wie ich in aller Munde | Das Märlein lange war, und solche Bekenntnis | Macht, dass beschämt ich drob in mir erglühte; || Und meiner Torheit einz’ge Frucht zur Stunde | ist Scham und Reu’ und deutliche Erkenntnis, | Dass Weltlust wie ein kurzer Traum entfliehe.] Das Zitat aus Petrarcas Canzoniere folgt der Ausgabe Francesco Petrarca: Canzoniere. Hg. und kommentiert von Marco Santagata, Mailand 1996. Die Übersetzung stammt von Karl Förster in: Francesco Petrarca: Canzoniere. Zweisprachige Auswahl (Italienisch-Deutsch) aufgrund der Übertragung von Karl Förster. Ausgewählt, eingeleitet und mit Anmerkungen versehen von Gerhard Regn, Mainz 1987. 51 Verino: Flametta 1,24,23–26: „Victa iacet ratio, nam nunc meliora volentem | Me peiora sequi compulit asper Amor. || Quis saevi posset contra ire Cupidinis arcum? | Quis putet armatum vincere posse deum?“ [Besiegt liegt meine Vernunft am Boden, denn während ich mich bessern will, zwingt mich der strenge Amor dem Verderblichen zu folgen. Wer könnte sich dem Bogen des schrecklichen Cupido widersetzen? Wer glaubt denn, den bewaffneten Gott besiegen zu können?] In der darauffolgenden Elegie legt das lyrische Ich sodann unter Heranziehung zahlreicher mythologischer Beispiele ausführlich dar, dass die Vernunft gegen Amor chancenlos ist. Vgl. hierzu auch die unmittelbar auf die von Flamettas Eheschließung mit Bruno folgende Elegie an den Freund Lotterio Neroni (1,28: „Ad Locterium Neronium amicissimum“ [An Lotterio Neroni,

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erscheint bereits Verinos Elegie 22 als programmatisch für das letzte Drittel des ersten Buchs, wenn sein lyrisches Ich in dieser zwar Cupido auffordert, es nicht immerfort zu verwunden, es sein Anliegen aber damit begründet, dass es sich ihm ohnehin bereits lebenslang ergeben habe, um schließlich von Venus zu erflehen, sie möge ihren Sohn anhalten, es milder zu behandeln (Verino, Flametta 1,22,1–10; 13–14; 25–26): Desine iam pharetras puer evacuare sagittis In me Verinum, saeve Cupido, tuas, Pone tuos arcus, tibi porrigo pectus inerme, Pars intacta tuo est vulnere nulla mihi, 5 Spicula quo figas non est locus, omnia telis Plena tuis: quid enim nunc furiose paras? Quaere alios iuvenes, alias tibi quaere puellas, Dum vivam aligeri servus Amoris ero; Sum, fateor, miles tuus, ambitiose Cupido. 10 Cur laceras pectus militis ipse tui? […] Quae requies, quis finis erit, Cytherea, furori? Crudelis nati comprime tela tui. […] 25 Iussa tamen carae faciet genetricis alumnus, Servitium ut tradat mitius ille mihi. Hör schon auf, deine Köcher mit Pfeilen gegen mich Verino zu leeren, schrecklicher Knabe Cupido. Leg deine Bögen beiseite, ich strecke dir ein wehrloses Herz entgegen. Kein Teil von mir ist frei von deinen Verwundungen. [5] Es gibt keine Stelle Platz mehr, an die du deine Pfeile heften kannst: Alles ist voll von deinen Geschossen. Was hast du Rasender denn nun noch im Sinn? Such dir andere Knaben, such dir andere Mädchen! Solange ich lebe, werde ich ein Sklave des geflügelten Amors sein. Ich bin, das bekenne ich, dein Soldat, eitler Cupido. [10] Warum quälst du selbst das Herz deines Soldaten? […] Welche Ruhe, welches Ende wird meinem Liebesrasen gesetzt werden, Göttin aus Kythera? Halte die Geschosse deines grausamen Sohnes zurück! […] [25] Dennoch wird dein Sprössling den Befehlen seiner lieben Mutter folgen, sodass jener mir sanfter seine Knechtschaft auferlegt.

Verinos lyrisches Ich bleibt am Ende des ersten Buchs folglich anders als Landinos Pendant weiterhin von Amor gefangen und scheint trotz aller Klage letztlich nicht in der Lage zu sein, von ihm loszukommen. Dass es Verinos lyrischem Ich innerhalb des Flametta-Zyklus tatsächlich nicht zu gelingen scheint, sich jenen höheren Gegenständen zuzuwenden, die es

 den besten Freund]), in welcher das lyrische Ich einräumt, dass die weisen Ratschläge des Adressaten gegenüber der Befehlsgewalt Amors nichts ausrichten könnten.

  Gernot Michael Müller laut seiner Widmung an Lorenzo auf seine Liebesdichtung folgen lassen will, 52 wird zu Beginn des zweiten Buches offenkundig. Denn sein erstes Gedicht, das erneut an Lorenzo de’ Medici adressiert ist, inszeniert virtuos den vergeblichen Versuch, sich von der Liebesthematik abzukehren, was dem lyrischen Ich deswegen nicht gelingt, weil Cupido es nicht freigibt (Verino, Flametta 2,1,1–6; 13–14): 53 Qui modo, Laurenti, miro inflamatus amore Flamettae lusi carmina multa meae, Grandia nunc ausum tragico cantare coturno Me vetuit prolis facta Cupido tuae. 5 Tune audes, inquit, Medicum describere gesta, Gesta maroneis vix referenda sonis? […] Sub duce me multi aeternum sunt nomen adepti, Quorum perpetuo fama perennis erit. Nachdem ich bis jetzt, Lorenzo, von außerordentlicher Leidenschaft entbrannt war und viele Gedichte auf meine Flametta geschrieben habe, wollte ich mich nun an bedeutende Themen im erhabenen Stil heranwagen. Doch Cupido hat mir verboten, die Taten deines Geschlechts zu besingen. [5] „Wagst du es etwa“, sprach er, „über die Taten der Medici zu schreiben, Taten, die sich kaum mit dem Gesang eines Vergil wiedergeben lassen? […] Unter meiner Führung haben viele sich einen Namen für die Ewigkeit erworben, deren Ruf dauerhaften Bestand hat.“

Auf Amors harsche Mahnung, sich ja nicht an das Tatenlob der Medici zu wagen, reagiert das lyrische Ich im zweiten Gedicht trotz der Perspektive, dass sich auch durch Liebesdichtung ewiger Ruhm erlangen ließe, 54 einmal mehr mit der inständigen Bitte, dieser möge es doch hinfort nicht weiter quälen und sich stattdessen eine Armee aus anderen Knaben und Mädchen sammeln. 55 Doch auch diesmal  52 Vgl. hierzu nochmals das Zitat oben auf S. 135. Das zweite Buch in Verinos Flametta markiert somit gerade nicht das Erwachsenwerden des Dichters, wie Thurn: Neulatein und Volkssprachen (Anm. 12), S. 157, meint. 53 Vgl. die Verse 13–14 mit Landino, Xandra A 1,2,7–12. 54 Entsprechend hatte sich das lyrische Ich freilich bereits selbst geäußert, wenn es in Flametta 1,2,15–16 beim Leser seiner Gedichte dadurch Verständnis zu erwirken gedachte, dass sich durch Epik und Liebesdichtung gleichermaßen Ruhm erlangen ließe. 55 Verino, Flametta 2,2,1–8: „Ad Cupidinem ne amplius eum vexet: Emeritum cur me rursus tua castra, Cupido, | Militiae cogis signa superba sequi, || Principis atque iterum iurare in verba fidelem | Me numquam aligeri deserere arma dei? || Cur ita vexatur qui iam dediscit amare | imbellis miles proelia saeva pati? || Sunt tibi tyrrheni iuvenes multaeque puellae | Viribus atque annis turba petenda tibi.“ [An Cupido, damit er ihn nicht noch länger quält: Warum zwingst du mich, Cupido, der ich doch meinen Wehrdienst abgeleistet habe, wieder, Cupido, wieder deinen Feldlagern, deinen hochmütigen Kriegsbannern zu folgen, erneut den Treueeid auf dich als Führer

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wird es offensichtlich nicht gehört: Am Ende des Gedichts bleibt ihm nichts anderes übrig, als erneut zu beklagen, wie sehr es Amor mit seinem Liebesfeuer quält. 56 Wenn es ihm im Folgenden dennoch gelingt, das Thema zu wechseln, dann wohl deswegen, weil es sich schämt, von seiner Liebe zu sprechen, wie es gegen Ende desselben Gedichts bekennt. 57 In der Tat scheint diese weiterhin in ihm zu schwelen, wie aus dem 22. Gedicht des zweiten Buchs erkennbar wird, in dem sich das lyrische Ich erneut verzweifelt fragt, ob es denn nie von Cupido loskomme (Verino, Flametta 2,22,1–4): Ergo ero quem semper figant tua tela, Cupido, Et miser adverso semper amore premar? Hei mihi, nulla dies niveo signanda lapillo Defluet? infelix en ego semper ero? Werde ich also der sein, den deine Geschosse, Cupido, für immer durchbohren, und immerfort elend von widriger Leidenschaft niedergedrückt werden? Ach, wird mir kein Tag mehr vergehen, den ich zu den glücklichen rechnen darf? Werde ich denn immer unglücklich sein?

Und erneut gibt es sich selbst die Antwort, indem es Amor eine Macht zuspricht, gegen die sogar Bewaffnete nichts ausrichten können, 58 weil er die Vernunft

 zu schwören und zwingst mich niemals die Waffen des geflügelten Gottes zu verlassen? Warum wird der, der bereits zu lieben verlernt hat, so sehr drangsaliert, als kriegsmüder Soldat schreckliche Schlachten aushalten zu müssen? Es gibt für dich am thyrrenischen Meer viele Knaben und Mädchen. Diese Schar sollst du dir aufgrund ihrer Kräfte und ihres Alters holen.] 56 Verino, Flametta 2,2,33–34: „Me miserum quantae vexant mea pectora flammae, | Me miserum quantis ignibus urit Amor!“ [Ach ich Elender, wie viele Flammen quälen mein Herz, ach ich Elender, mit wie vielen Feuerszungen entflammt mich Amor!] 57 Verino, Flametta 2,2,27–30: „Non possum, licet ipse velim, narrare furorem | Obstat scribenti nam pudor ipse mihi. || Quod licitum est aliis, nobis est turpe fateri, | Nostra erit hoc uno littera manca loco.“ [Ich kann, mag ich es selbst auch noch so sehr wollen, von meinem Liebeswahn nicht erzählen. Denn die Scham selbst hindert mich am Schreiben. Was anderen zu bekennen freisteht, ist für uns eine Schande. Unsere Schrift wird an dieser einen Stelle mangelhaft sein.] Die kurze dritte Elegie des zweiten Buchs lässt sodann durchblicken, dass sich Verinos Büchlein trotz der Warnung des lyrischen Ichs zu den Ratsherren der Stadt Florenz aufmacht. In diesem Zusammenhang spricht es sein Produkt mit „lascive“ (2,3,5) an und markiert damit, dass er es weiterhin als kurzweiligen lusus versteht. 58 Verino, Flametta 2,22,19–20: „Cuncta videt, quamvis caecus, puer, omnia vincit, | Armatos superat nudus et ille deos.“ [Der Knabe sieht alles, wie sehr er auch blind ist, alles besiegt er, Bewaffnete überwältigt jener Gott, auch wenn er nackt ist.]

  Gernot Michael Müller ausschalte und Klugheit ins Leere laufen lasse. 59 Somit prophezeit es sich selbst, Venus immer aufs Neue zur Beute zu werden, weil seine Liebesglut durch Flametta nicht gestillt werden konnte. 60 Auf diese Weise bleibt ihm nichts weiter übrig, als für die anderen als Warner aus Erfahrung zu fungieren 61 oder selbst zum Mahner zu werden, der andere von einem ähnlichen Schicksal zu bewahren sucht, wenn er etwa Lucrezia Donati auffordert, das Werben Lorenzos de’ Medici zu erhören, damit dieser nicht an ungestillter Liebe zugrunde gehe. 62 Im letzten Gedicht des zweiten Buchs und damit der ganzen Sammlung gelingt es dem lyrischen Ich dann allerdings doch, sich erfolgreich von Venus und Amor loszusagen und den Bruch mit der erotischen Dichtung zu vollziehen. 63  59 Verino, Flametta 2,22,41–46: „Rectius amentes quam dicere possis amantes, | Expers est omnis nam rationis amans, || Et meliora vident et deteriora sequuntur. | Quid facias? saevo mens sub Amore iacet. || Prudentes pereunt, sed quid prudentia prodest? | Indomitus captis mentibus haeret Amor.“ [Korrekter sollte man Liebende Wahnsinnige nennen, denn ein Liebender ist völlig frei von Vernunft. Auch sehen sie das Bessere und folgen doch dem Schlechteren. Was machst du? Der Verstand liegt dem grausamen Amor machtlos zu Füßen. Kluge gehen zugrunde, aber was richtet Klugheit schon aus? Unbezähmbar lässt Amor die gefangenen Gemüter nicht mehr los.] 60 Ebd., 49–50: „En age, semper eris Veneris nova praeda, Verine, | Non satis ad flammas Flamea virgo fuit.“ [Also gut, immer wieder aufs Neue wirst du Venus zur Beute werden, Verino, das Mädchen Flametta war für deine Flammen nicht genug.] Im übernächsten Gedicht grenzt sich Verinos lyrisches Ich sodann vom epischen Dichter Bartolomeo Platina und dem Anspruch, selbst Epik zu verfassen, ab und nennt sich einen lusor amoris (2,24,9). 61 Verino, Flametta 2,42: „Ad Federigum adolescentem ne amoris illecebris capiatur“ [An den Jüngling Federico, damit er sich nicht von den Verlockungen der Liebe fangen lässt]. 62 Verino, Flametta 2,43,45–46; 49–50: „Quin age, non alius tota praestantior urbe | Est iuvenis, si non saevus adesset amor | […]. | Nunc, saeva, immiti patieris amore perire? | Et quis te iuvenis dignior alter erat?“ [Kurz und gut: Es gibt keinen anderen vortrefflicheren jungen Mann in der ganzen Stadt, wenn ihm nicht der grausame Amor im Nacken sitzen würde […]. Willst du es nun zulassen, Grausame, dass er aus wilder Leidenschaft zugrunde geht? Und welcher andere junge Mann wäre dir ein würdigerer?] Vgl. in dieselbe Richtung gehend auch 2,49 Ad Nicolaum Beninum et Ginevram eius amicam [An Niccolò Benigni und seine Freundin Ginevra]. 63 Verino, Flametta 2,55,1–18 Ad Venerem et Cupidinem ut tandem ab eo recedant et finem elegis imponant: „Tempus adest elegis teneris imponere finem | Et Medicis Petri gesta referre mei. || Aurea, cede, Venus, tuque, o formose Cupido, | Vestraque de campo vellite signa meo. | Area maior equis iam nunc pulsetur anhelis. | Non sunt imbelli grandia danda lirae. || Carminibus blandis insanos lusimus ignes, | Dum sterili ieci semina tristis humo, || Cum me torreret Flamettae candida forma, | Carminaque ingratae milia multa dedi. || Iam satis est, Herato versus genialis abito | Vosque cupidinei turba valete chori. || Haec cecinisse sat est viridis dum pertulit aetas | Intonsas vario nectere flore comas. || Atque coronatus convivia lauta peregi | Dum licuit Veneri tempora prima dari. || Iam satis insani fuimus, nova fabula vulgi, | Alma recede meis nunc, Citherea, libris.“ [An Venus und Cupido, damit sie endlich von ihm ablassen und den Elegien ein Ende setzen: Die Zeit ist gekommen, meinen jugendlichen Elegien ein Ende zu setzen

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Allerdings scheint ihm dieser Schritt auch hier nicht gänzlich aus eigener Kraft zu gelingen. Vielmehr bedarf es der Weisung eines weiteren Gottes. Es sei Apoll gewesen, der das weiterhin selbstvergessen dahinlebende lyrische Ich mit der mahnenden Anfrage wachgerüttelt habe, ob es etwa für immer der Liebesdichtung und damit der leichten und spielerischen Poesie verfallen bleiben wolle, und ihm geheißen habe, endlich die Medici zu besingen (Verino, Flametta 2,55,19–24): 20

Me residem increpuit graviter crinitus Apollo: En tu nugarum semper amator eris? Semper et imbelles ludes, lascive, puellas Mollis et ad curas nate poeta leves? En age, materiam Medices in carmina praebent Quae sint maeonio digna furore cani. Als er mich untätig sah, schalt mich heftig Apoll mit seinem langlockigen Haar: Wirst du denn immer ein Liebhaber läppischer Dinge bleiben? Willst du für immer, Lüstling, die unkriegerischen Mädchen besingen, poetischer Weichling, geboren nur für die unbedeutenden Sorgen der Liebe? Auf geht’s, die Medici liefern Stoff für Gedichte, die es wert sind, mit homerischer Begeisterung besungen zu werden.

Tatsächlich hatte sich der Vollzug dieses Schritts bereits in drei vorangehenden Gedichten angedeutet, deren Anlass der Tod Cosimos de’ Medici ist. Zwar stehen diese auf einer Linie mit einigen weiteren Gedichten des zweiten Buchs, die der Klage über verstorbene Personen gewidmet sind. 64 Doch verweist ihr Inhalt, das Lob auf die Taten Cosimos, untrüglich auf die dichterische Neuausrichtung, die Apoll im Abschlussgedicht der Sammlung vom lyrischen Ich fordert. Folglich geben sie schon vorab einen Hinweis darauf, dass dieses inzwischen tatsächlich in  und von den Taten meines Piero de’ Medici zu berichten. Reizende Venus, weiche, und auch du, schöner Cupido, reißt eure Banner aus meinem Schlachtfeld. Über ein größeres Feld sollen meine schnaubenden Pferde jetzt traben. Größere Themen darf man einer unkriegerischen Lyra nicht anvertrauen. Mit schmeichelhaften Liedern besangen wir die rasenden Feuer. Allerdings warf ich dabei betrübt Samen auf unfruchtbaren Boden, als mich Flamettas strahlende Gestalt quälte und viele tausende Lieder einer Undankbaren schenkte. Jetzt ist es wirklich genug: Erato, Muse des fröhlichen Verses, mach dich fort, und ihr, Cupidos zahlreicher Chor, lebt wohl! Es reicht, Derartiges gesungen und die ungeschorenen Haare auf verschiedene Weise frisiert zu haben, solange das Jugendalter dauerte. Auch habe ich bekränzt an vornehmen Gastmählern teilgenommen, solange es erlaubt war, den ersten Lebensabschnitt Venus zu schenken. Jetzt waren wir wirklich lange genug verrückt und immer wieder aufs Neue das Gerede der Leute, jetzt ziehe dich von meinen Büchern zurück, holde Göttin aus Kythera.] 64 Eine davon gilt dem Tod einer Lisia in Flametta 2,50, die als Nachfolgerin Flamettas angedeutet wird, aber nur in dieser einen Elegie Erwähnung findet.

  Gernot Michael Müller der Lage ist, sich jenen Themen zuzuwenden, die es Lorenzo de’ Medici zu Beginn der Sammlung angekündigt hat, wenn es sich in der Liebesdichtung ausreichend erprobt haben werde. 65 Am Ende gelingt es Verinos lyrischem Ich doch, wie dasjenige Landinos von der als jugendliches Übungsterrain verstandenen Liebesdichtung zu den höherwertigen Themen des Medici-Lobs zu wechseln, dies allerdings mit beträchtlicher Verzögerung und letztlich nur als Projekt für die Zukunft, das im Rahmen der Sammlung selbst keine Realisierung mehr findet.

 Verinos Gedichtsammlung als poetischer Kommentar zu Landinos hybridem Liebeskonzept Verinos Landino-Rezeption präsentiert sich als ambivalent. Auf der einen Seite übernimmt er aus der zweiten Xandra-Fassung seines Vorgängers die Rechtfertigungsstrategie, dass Liebesdichtung als jugendliche Übung und Vorbereitung für größere dichterische Herausforderungen zu akzeptieren sei, und er verortet komplementär dazu auch das Alter seines lyrischen Ichs explizit in der entsprechenden Lebensphase. Außerdem übernimmt er von ihm das Selbstverständnis seiner Dichtung als spielerische Kleinigkeiten, die ihrem Widmungsträger zur Kurzweil und Entspannung dienen sollen. Andererseits weicht Verino von seinem Vorbild deutlich ab, wenn es seinem lyrischen Ich nicht gelingt, sich innerhalb der Sammlung von der erotischen Leidenschaft loszusagen und jenen im Auftaktgedicht des ersten Buchs anvisierten Wechsel zu ambitionierteren Inhalten zu vollziehen.

 65 Verino, Flametta 1,1,19–28: „Quid si pegaseo nitidus se in fonte libellus | Abluit, et nostri si placuere sales, || Tunc dabit ingenio haec tantas fiducia vires, | Ut tentem altiloquo grandia ferre pede. || Per te, Laurenti, Laurus parnasia floret, | Cum faveas doctis doctus et ipse viris. || Praestitit hoc Petri et magni clementia Cosmi | Semper ut egregios tollat ad astra viros. || Sic Medicum toto nomen celebrabitur orbe, | Nec finem imponet laudibus ulla dies.“ [Wenn sich das Büchlein in der nährenden Quelle des Pegasus gewaschen hat und wenn unsere unernsten Gedichte Gefallen gefunden haben, dann wird das daraus resultierende Vertrauen meinem Talent so große Kräfte verleihen, dass ich versuchen will, bedeutendere Dinge mit erhabenem Versfuß zu besingen. Für dich, Lorenzo, wird der Lorbeer vom Parnass blühen, weil du gebildeten Menschen gewogen und dabei selbst ein Gebildeter bist. Die Milde Pieros und des großen Cosimo hat stets dies geleistet: Sie hebt hervorragende Menschen bis zu den Sternen. So wird der Name der Medici auf dem ganzen Erdkreis gefeiert werden und kein Tag wird seinem Lob eine Grenze setzen.]

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Die Gedichte des zweiten Buchs gelten zwar trotzdem weitgehend anderen Inhalten. Dennoch lässt Verino mehrmals durchblicken, dass sein lyrisches Ich im Hintergrund weiterhin Amor verfallen ist. 66 Außerdem unterscheiden sich die Gegenstände erheblich von jenen, die das dritte Buch von Landinos zweiter Xandra-Fassung prägen. 67 Sie betreffen etwa die Trauer über Verstorbene, welche den Ursprung der Elegie im Klagegesang reflektiert, oder entsprechende Epitaphien, 68 Glückwünsche für die Ehe, welche die Liebesthematik variierend aufgreifen, 69 Freundschaftsbekundungen, die der römischen Elegie ebenfalls nicht fremd sind, 70 oder Tadel und Invektiven 71 sowie satirisch gefärbte Spötteleien über gesellschaftlich nicht akzeptierte sexuelle Vorlieben, die der erotischen Thematik affin sind. 72 Das Buch verkörpert somit eher das Konzept einer varietas von Gelegenheitsthemen, die es mit Landinos erster Xandra-Fassung oder Antonio Beccadellis Hermaphroditus verwandt machen. 73 Die fortdauernde Verstrickung

 66 Erotische Themen erscheinen im zweiten Flametta-Buch somit nicht nur in der Form epigrammatischer Invektiven, wie Thurn: Neulatein und Volkssprachen (Anm. 12), S. 145 meint. 67 Zu Inhalt und Funktion des dritten Xandra-Buchs s. fundamental Pieper: Elegos redolere Vergiliosque sapere (Anm. 9), S. 229–309 und knapp Müller: Zwischen Properz und Petrarca (Anm. 11), S. 147–149 sowie Tonelli: Per queste orme (Anm. 11), S. 241–242. 68 S. etwa Verino, Flametta 2,5: De Albera puella quae sub porticu attrita est [Über das Mädchen Albera, das unter einer Säulenhalle zermalmt worden ist), 2,6: Epitaphium Alberae puellae [Der Grabstein des Mädchens Albera], 2,21: Epitaphium egregii civis Petri Benini [Der Grabstein des hervorragenden Bürgers Piero Benigni]. 69 S. etwa Verino, Flametta 2,4: De nuptiis Benedicti et Lisae [Über Benedettos und Lisas Hochzeit]. 70 S. etwa Verino, Flametta 2,14: Ad Iustum amicum [An den Freund Giusto], 2,15: Ad eundem [An denselben]; zur Freundschaftsthematik in der römischen Liebeselegie s. etwa Roy K. Gibson: How to win girlfriends and influence them. Amicitia in Roman Love Elegy. In: Proceedings of the Cambridge Philological Society 41 (1995), S. 62–82 und Fabio Stock: Amici/amicitia in Properzio. In: I personaggi dell’elegia di Properzio. Atti del convegno internazionale Assisi, 26–28 maggio 2006. Assisi 2008, S. 213–231. 71 S. etwa Verino, Flametta 2,16: In Philippum Maledicum [Gegen das Lästermaul Filippo], 2,32: In Petrum Ipocritam [Gegen den scheinheiligen Piero]. 72 S. etwa Verino, Flametta 2,10: Ad Amerigum Corsinum de fugiendo puerorum amore [An Amerigo Corsini darüber, dass die Knabenliebe zu meiden ist], 2,12: De quodam rustico qui intravit lupanar Florentinum [Über einen gewissen Bauern, der ein Florentiner Bordell betreten hat], 2,28: In Franciscum [Gegen Francesco], 2,38: In Franciscum Pediconem [Gegen den Kinderschänder Francesco]. 73 Zu Inhalt und Konzept der ersten Xandra-Fassung s. Antonia Wenzel: Die Xandra-Gedichte des Cristoforo Landino. Heidelberg 2010 (Kalliope 10); für einen ersten Zugang zu Beccadellis Hermaphroditus s. etwa Donatella Coppini: Dummodo non castum. Appunti su trasgressioni, ambiguità, fonti e cure strutturali nell’Hermaphroditus del Panormita. In: Filologia umanistica per

  Gernot Michael Müller des lyrischen Ichs in den Fängen Amors zeitigt somit die Konsequenz, dass es sich lediglich auf solche Gegenstandsbereiche auszugreifen erlaubt, die dem Repertoire der Gelegenheitsdichtung zuzurechnen sind und sich im weiteren Sinne im Horizont der Liebesthematik ansiedeln lassen. Diese Eigentümlichkeiten gegenüber Landinos zweiter Xandra-Fassung führen indes nicht dazu, dass Verino Petrarca aus seinem Modellreservoire verabschieden würde. Dies gilt nicht nur für jene Aspekte, die auf Landinos kreativer Rezeption des volkssprachlichen Dichters basieren, wie etwa jene soeben rekapitulierten Aspekte, die das Selbstverständnis und die Rechtfertigung von Liebesdichtung betreffen, oder die Prägung der Geliebten durch Eigenschaften, die den Frauenfiguren der römischen Liebeselegie fremd sind und deren Überbietung begründen. Darüber hinaus durchziehen weitere petrarkistische Motive und Konzepte die Sammlung, die zum Teil bereits von Landino verwendet worden sind. 74 Beispiel hierfür ist die sechste Elegie des ersten Buchs, in der sein lyrisches Ich Flametta über die Folgen aufklärt, die seine Liebe zu ihr in seinem Körper zeitigt, und diese im Rückgriff auf ein besonders häufig adaptiertes Sonett Petrarcas, nämlich Nummer 132 („S’amor non è“) beschreibt, wonach dem Liebenden Hitze und Kälte in umgekehrtem Verhältnis zur Außentemperatur befallen. 75  Gianvito Resta. Hg. von Vincenzo Fera und Giacomo Ferraù. Padua 1997 (Medioevo e umanesimo 94), Bd. 1, S. 407–427. 74 Eine detaillierte Bestandsaufnahme der antiken wie volkssprachlichen Modelle, denen Verinos Flametta-Zyklus verpflichtet ist, sowie von deren sprachlichen Einflüssen fehlt in der Literatur ebenso wie eine Kommentierung. Dies kann hier selbstredend ebenso wenig geleistet werden, sodass sich die vorliegenden Ausführungen auf einige Anmerkungen beschränken müssen. Vgl. für einen ersten Überblick Pieper: Xandrae cesserunt illa vel illa simul (Anm. 12), S. 65–67. 75 Verino, Flametta 1,6,7–12: „Stat pecus in stabulis, recubat peronatus ad ignem | Pastor, brumali sydere cuncta rigent. || Me solum flamae rapiunt, me fervidus ignis | Urit, et in tanto frigore fervet amor. || Sed nimis, ah, verum sumpsit de nomine flamae | Flametta, ardoris maxima flama mei.“ [Das Vieh steht im Stall, der gestiefelte Hirte ruht sich am Feuer aus und alles liegt starr unter dem Winterhimmel. Nur mich haben die Flammen im Griff, nur mich versengt das glühende Feuer, und trotz so großer Kälte lodert die Liebe. Ach, wahrhaftig hat Flametta ihren Namen von der Flamme erhalten, sie, die größte Flamme meiner Begierde.] S. des Weiteren ebd. 21–22: „Et tamen in gelido caluerunt pectore flamae | Tempore sic uno frigus et ardor erat.“ [Und dennoch verursachten die Flammen in einem kalten Herzen Hitze und zur gleichen Zeit war mir kalt und heiß.] Vgl. Petrarca: Canzoniere 132,14: „E tremo a mezza estate, ardendo il verno.“ [Im Winter glüh’ ich, und beb’ in Sommers Gluten.] (Übersetzung von Karl Förster). Vgl. hierzu auch Landino, Xandra 1,5,35–42. Thurn: Neulatein und Volkssprachen (Anm. 12), S. 149 weist auf Vorbilder für den Traum von Verinos lyrischem Ich, in dem ihm die Heirat Flamettas angekündigt wird (1,26), bei Petrarca hin, nämlich auf Canzoniere 250, in dem dessen lyrischem Ich in einem Traum der Tod Lauras prophezeit wird, und die darauffolgende Nummer, in der es seine diesbezügliche Ungläubigkeit artikuliert.

Petrarca-Rezeption und Landino-Nachfolge in der Flametta des Ugolino Verino  

Jedoch fehlt in Verinos Flametta die Programmatik, mit der Landino seine Petrarca-Rezeption in der zweiten Xandra-Fassung begleitet hat und die dort die Grundlage für seinen ambitionierten Versuch markiert, durch eine Anreicherung der römischen Liebeselegie mit petrarkischen Elementen deren Überbietung zu erzielen. 76 Dementsprechend unterlässt es Verino, jene aus Landino übernommenen Aspekte, die hierfür einschlägig sind, entsprechend zu markieren oder seine Sammlung mit einer vergleichbaren Rekurrenz an Gedichten zu beginnen, die sich ganz oder teilweise an Petrarcas Canzoniere orientieren. 77 Diesem motivischen und kompositorischen Befund entspricht, dass Cupido in der Auftaktelegie des zweiten Buchs Petrarca lediglich als jüngstes Beispiel einer Reihe berühmter Liebesdichter anführt, um Verinos lyrischem Ich vor Augen zu führen, dass sein Widerstand gegen ihn zwecklos ist (Verino, Flametta 2,1,19–20; 29–34): 78 Lusisti infamem, miserande, Licorida, Galle, Dixisti Nemesim, culte Tibulle, tuam […] Divino Laurae tyrrhenus amore Petrarca 30 Cantavit gallae lactea colla suae; Per me turba viget clarorum maxima vatum Quae nunc letheis mersa lateret aquis, Et te militiae volitantis taedet Amoris Et pudet in castris signa tulisse meis? 20

Du hast, bejammernswerter Gallus, die berüchtigte Lycoris besungen, [20] du, feiner Tibull, von deiner Nemesis erzählt […] der Toskaner Petrarca [30] hat aus göttlicher Liebe den schneeweißen Hals seiner französischen Laura besungen. Von mir bezieht die größte Schar von berühmten Dichtern ihr Ansehen, die ansonsten jetzt verborgen läge, überspült vom Wasser der Lethe, und du bist des Kriegsdienstes für den flatterhaften Amor überdrüssig und du schämst dich, in meiner Kaserne die Feldzeichen ergriffen zu haben?

Zwar repräsentiert Petrarca in dieser Aufzählung den einzigen Dichter, der nicht der Antike angehört. Eine eigenständige oder gar herausgehobene Position leitet sich für ihn daraus aber nicht ab. Diese ostentative Beiordnung neben die ein–

 76 So datiert Verinos lyrisches Ich das Datum seines innamoramento in Flametta 1,4,9–10 auch weniger präzise, als es Landino in ebenso deutlicher wie amplifizierender Anlehnung an Petrarca in Xandra A 1,3,19–44 tut. Vgl. hierzu Müller: Zwischen Properz und Petrarca (Anm. 11), S. 141–143. 77 So konzipiert Verino sein lyrisches Ich erst im zweiten Buch als warnendes Beispiel oder Mahner: s. etwa Verino, Flametta 2,42. Demgegenüber verwendet Landino hierzu schon die zweite Elegie des ersten Buchs (vgl. Landino, Xandra A 1,2,21–24). 78 Vgl. zu dieser Stelle Pieper: Xandrae cesserunt illa vel illa simul (Anm. 12), S. 66.

  Gernot Michael Müller schlägigen Vorbilder antiker Liebesdichtung, und dies in jener Elegie, die offenkundig macht, dass Verinos lyrischem Ich die Befreiung aus den Fängen Amors nicht gelingen will, markiert somit eine deutliche Distanzierung von der programmatischen Rolle, die Landino Perarca in seiner zweiten Xandra-Fassung zukommen lässt. Komplementär zu diesem Befund lässt Verino das zweite Modell, an dem Landino seine hybride Poetik entwickelt hat, sogar gänzlich ungenutzt, nämlich Properz, der in kompositorischer Hinsicht die Vorlage für die Abkehr des lyrischen Ichs von der Liebesthematik und seine anschließende Hinwendung zu im weiteren Sinne patriotischen Gegenständen am Übergang vom zweiten zum dritten Buch lieferte. 79 Auf diese Weise stellte der römische Elegiker die Koordinaten bereit, in denen sich die Orientierung an Petrarcas Canzoniere so inszenieren ließ, dass sie als Überbietung des liebeselegischen Paradigmas wahrgenommen werden konnte. 80 Verino ist ein solches Anliegen, wie gesehen, fremd. Nachdem er sein lyrisches Ich am Übergang vom ersten zum zweiten Buch dezidiert nicht von Amor loskommen lassen will, bot sich eine Adaptation des charakteristischen Themenwechsels in Properzens viertem Buch und seiner Beweggründe als Modell nicht mehr an. Dessen ungeachtet fallen die Affinitäten zur römischen Liebeselegie in Verinos Flametta eher noch prononcierter aus als in Landinos zweiter Xandra-Fassung. Neben der Verarbeitung gängiger Motive und Gedichttypen wie dem Paraklausithyron, 81 der Mahnung an die Verehrte, dem äußeren Erscheinungsbild nicht zu viel Aufmerksamkeit angedeihen zu lassen, 82 oder wiederholter, bald drohender, bald resignierter Klagen, dass ihn Flametta nicht erhöre, 83 verdichten sich diese insbesondere am Ende des ersten Buchs und zu Beginn des zweiten. So  79 Es soll an dieser Stelle nur darauf hingewiesen sein, dass das vierte Properz-Buch dem liebeselegischen Rahmen tatsächlich treuer bleibt als Landinos Adaptation, die sich ganz auf höherstehende Themen verlegt. Vgl. die Lektüre des vierten Properz-Buchs durch Hans-Christian Günther: The Fourth Book. In: Brill’s Companion to Propertius (Anm. 29), S. 353–359, bes. der Überblick über die Komposition des Buchs S. 353–357. Zu den gelegentlichen Reflexen auf Xandra im dritten Xandra-Buch s. unten Anm. 92 und 93. 80 Vgl. hierzu Müller: Zwischen Properz und Petrarca (Anm. 11), S. 146–149. 81 Vgl. Verino, Flametta 1,14: De exclusione sibi ab amica [Über seine Trennung von der Freundin] (vgl. als Vorlage in der römischen Liebeselegie etwa Tibull 2,3,73–78; Properz 1,16 oder Ovid, Amores 3,11). 82 Vgl. Verino, Flametta 1,18: Ad Flamettam nimis duram ne tantum formae tribuat [An die allzu hartherzige Flametta, auf dass sie ihrem Aussehen nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken möge] (vgl. hierzu etwa ähnlich Ovid, Amores 1,14). 83 Vgl. Verino, Flametta 1,10: Ad Petrum Vectorium de duritie Flamettae [An Pietro Vettori über die Hartherzigkeit Flamettas] (vgl. als Vorbild beispielsweise Properz 3,12,20–21).

Petrarca-Rezeption und Landino-Nachfolge in der Flametta des Ugolino Verino  

ist Flamettas Eheschließung mit einem älteren Mann letztlich dem elegischen Motiv des gesellschaftlich arrivierteren Konkurrenten nachgebildet, der dem lyrischen Ich die Geliebte zu entwenden vermag. 84 Daneben verweisen die darauffolgenden Elegien 28 bis 30 mit der Klage, dass Verinos lyrisches Ich von Flametta nicht loszukommen vermag, auf das Ideal des foedus aeternum und seinen grundsätzlich utopischen Charakter. 85 Schließlich erinnert das Verbot, sich höheren Gegenständen zuzuwenden, mit dem Cupido das lyrische Ich im Auftaktgedicht des zweiten Buchs belegt, speziell an den Beginn von Ovids Amores, wo Amor dem lyrischen Ich kurzerhand in jedem zweiten Vers ein Metrum entwendet und dessen ursprünglichen Plan, ein Epos zu verfassen, damit zunichte macht. 86 Die wiederholte militärische Metaphorik in diesem und dem folgenden Gedicht im zweiten Flametta-Buchs greift nicht zuletzt den von demselben Elegiker angestrengten Vergleich zwischen Liebes- und Kriegsdienst auf. 87 Der Rückgriff auf das liebeselegische Motivrepertoire erreicht in Verinos Sammlung folglich dort eine besondere Intensität, wo sich dieser von seinem Modell Landino zu entfernen beginnt. An die Stelle einer kompositorischen Anlehnung an den Liebeselegiker Properz, die jenem dazu dient, sein lyrisches Ich gegenüber den aus Petrarca heraus entwickelten Postulaten an eine tolerierbare Liebesdichtung als treu zu inszenieren, tritt bei Verino eine Verdichtung liebeselegischer Motive, um dem Scheitern seines lyrischen Ichs an ebenjenen Postulaten deutlichen Ausdruck zu verleihen. Ungeachtet dieser konstitutiven Variation bleibt Verino an den Rändern seiner Flametta den grundlegenden Kompositionsprinzipien, die die zweite Xandra-

 84 Vgl. in der römischen Liebeselegie einerseits den vir der puella, den es mit verschiedenen Strategien hinters Licht zu führen gilt (etwa in Tibull 1,2 oder Ovid, Amores 1,4), andererseits den reichen Nebenbuhler (etwa bei Tibull 1,5,47–48; vgl. ferner Tibull 1,6,9–10; Ovid, Amores 3,11). Der Vorwurf des lyrischen Ichs an Flametta, dass sie ihm die Treue versprochen habe, in 1,27,19– 28 variiert ferner das elegische Motiv der untreuen Geliebten, wenngleich sich hinter Flamettas Heirat mit Bruno gesellschaftliche Zwänge andeuten (vgl. Flametta 1,29,15–22, wo die Besungene auf das Eheversprechen der Eltern gegenüber Bruno verweist, dessen Verbindlichkeit selbstredend über ihrem eigenen Versprechen gegenüber dem lyrischen Ich stünde). 85 Dass das lyrische Ich auf eine für immer dauernde Beziehung abzielt, wird verschiedentlich deutlich: vgl. Flametta 1,6,27–28 oder 1,21,33–36 (das lyrische Ich wolle Flametta ewig besingen). Zum foedus aeternum in der römischen Liebeselegie s. einschlägig Tibull 1,9 und insbesondere Properz 3,20. 86 S. Ovid, Amores 1,1,1–6. 87 Vgl. einschlägig Ovid, Amores 1,9,1–2 sowie Properz 1,6,30. Eine Anleihe aus Ovid ist auch der Beginn der Elegie 1,2 mit der Würdigung verschiedener Dichtungsarten, denen das lyrische Ich seine Liebesdichtung gegenüberstellt. Diese greift die vergleichbare Rechtfertigung des ovidischen Ichs in Amores 1,15 auf.

  Gernot Michael Müller Fassung Landinos ausmachen, durchaus treu, wenn er, wie gesehen, sein lyrisches Ich am Ende der Sammlung den Abschied von der Liebesdichtung vollziehen lässt, die er zu Beginn als vorübergehende Übung der Jugend definiert hat– te. 88 Es ist allerdings die signifikante Verschiebung jener als biographische Notwendigkeit angekündigten Weiterentwicklung des poetischen Repertoires, mit der sich Verino den Spielraum eröffnet, um sukzessive Eigenständigkeit gegenüber seinem anfangs markierten Modell zu entwickeln. Diese zielt ganz offensichtlich darauf, den Weg, den sein lyrisches Ich bis zu seiner dichterischen Neuausrichtung zurückzulegen hat, als anderen und mithin komplexeren zu konfigurieren. Dieses Anliegen verdichtet sich am Übergang vom ersten zum zweiten Buch, als Verinos lyrisches Ich jenen thematischen Wechsel nicht zu vollziehen vermag, der Landinos Pendant praktisch lautlos glückt, und es dessen Vorbildcharakter somit implizit infrage stellt. Verino ging es somit nicht nur darum, sich durch die sukzessive Abweichung von seinem Modell als virtuoses Dichtertalent zu präsentieren, sondern sich auch mit Inhalt und Konzept der zweiten XandraFassung Landinos auseinanderzusetzen. Sein Flametta-Zyklus avanciert dadurch zum poetischen Kommentar. 89

 88 Freilich kündigt auch Landino in der letzten Elegie des dritten Buchs an, dass er nun ein carmen maius auf Piero de’ Medici folgen lassen wolle, wenn die Musen seiner Xandra eine wohlwollende Aufnahme bei diesem herbeiführten (Xandra A 3,19,7–16). Jedoch folgt diese Zukunftsperspektive auf den erneuten Hinweis, dass er bereits innerhalb der Sammlung vom erotischen lusus zum Lob seines Förderers gewechselt ist und damit bereits das unambitionierte Versmaß für hohe Themen verwendet hat (ebd., 1–6): „Lusimus ardentes teneris haec Guido sub annis, | ut canerem nostrae lumina sancta deae, || ut canerem Xandram cuius tantum uror ab igne, | quantum Sicaniis non furit Aetna iugis. || Interdum nostri sic Maecenatis honores | strinximus ut gracili qui canit alta pede.“ [Von Liebe entbrannt, scherzten wir, Guido, während unserer Jugend, sodass ich die makellosen Augen unserer Göttin besang, sodass ich Xandra besang, von deren Glut ich so sehr entflamme, wie der Aetna in den sizilianischen Bergen nicht wütet. Zwischenzeitlich haben wir auf diese Weise den Ruhm unseres Maecenas gestreift wie einer, der Erhabenes im zarten Versfuß singt.] Landinos drittes Buch erscheint im Rückblick seiner Abschlusselegie somit als eine Art Zwischenstufe zwischen der erotischen Dichtung der ersten beiden Bücher und dem angekündigten Epos auf Piero. Demgegenüber betrachtet Verinos lyrisches Ich beide Bücher seiner Flametta im letzten Gedicht des zweiten Buchs, wie gesehen, als lusus mit erotischem Inhalt (Flametta 2,55,7–12) und Apoll bestätigt diese Einschätzung in seiner abschließenden Aufforderung zum Themenwechsel auch (21–22). Dieser und Verinos lyrisches Ich wollen im Rückblick somit gerade nichts von einem Themenwechsel innerhalb der Sammlung wissen, der auf das nun angemahnte Medici-Epos vorausweist (23–24), wie Landinos Pendant. 89 Nur angemerkt werden kann hier, dass diese Tendenz in eine poetische Kommunikation zwischen Verino und jenen anderen beiden Dichtern eingebunden ist, die sich mit Landinos Xandra auseinandersetzen, nämlich Alessandro Braccesi und Naldo Naldi. So wendet sich Verino in Flametta 2,26 an Naldo Naldi, während dieser die Elegie 1,12 seiner Elegiarum libri tres an ihn

Petrarca-Rezeption und Landino-Nachfolge in der Flametta des Ugolino Verino  

In der Tat scheint es Verinos Anliegen gewesen zu sein, die Abkehr von der Liebesdichtung als tendenziell weit schwierigeren Prozess zu problematisieren, als Landino dies suggeriert. Sein lyrisches Ich kann letztlich so unbeschwert von der erotischen Dichtung ablassen, weil das Themenrepertoire der römischen Liebeselegie wie auch Petrarcas im Moment seiner souverän und ohne inneren Widerstand vollzogenen poetischen Neuausrichtung ohnehin obsolet geworden ist. Demgegenüber bleibt es für Verinos lyrisches Ich über den gesamten FlamettaZyklus hinweg aktuell, weil dieses seiner Sehnsucht nach Flametta trotz ihres Verlusts durch die Ehe mit Bruno nicht abzuschwören vermag. 90 Eros erscheint bei Verino somit als potenziell unbeherrschbare Macht, der aus freiem Willen nicht beizukommen ist. Sie lässt sich nur dann in Schranken weisen, wenn die von ihr entfachte Sehnsucht auf Erfüllung trifft. Wo diese nicht erfolgt, bleibt auch der Vorsatz des Poeten, am Ausgang seiner Jugend von einer entsprechenden Dichtung abzulassen, unrealisierbar; es sei denn, ein mächtigerer Gott interveniert, wie es Verino seinem lyrischen Ich am Ende seines Flametta-Zyklus widerfahren lässt, um die fundamentale Machtlosigkeit gegenüber Amor damit abschließend mit ironischem Unterton nochmals zu bestätigen. Vor dem Hintergrund dieser impliziten Auseinandersetzung mit Landinos zweiter Xandra-Fassung wird auch verständlich, warum Verino die Orientierung am liebeselegischen Repertoire signifikant intensiviert. Grund hierfür ist, dass sein lyrisches Ich diesem wegen seines Unvermögens, von Flametta abzulassen, dauerhaft verhaftet bleiben muss. Die insgesamt konsequentere Gattungsreferenz auf die römische Liebeselegie und damit die Abschwächung der hybriden Poetik Landinos ist somit Folge von Verinos kommentierender Auseinandersetzung mit dieser. Der Tendenz zu einer stärkeren Gattungsreinheit folgt letztlich auch das Themenspektrum des zweiten Buchs. 91 Zwar verliert es die liebeselegische Klage

 und die Geliebte seines lyrischen Ichs Flametta adressiert. Braccesi richtet das Wort an Verino schließlich im 15. Gedicht seines Liber secundus epistolarum ad amicos, das zusammen mit seinem Amorum libellus ein aufeinander bezogenes Diptychon bildet. Vgl. hierzu Thurn: Neulatein und Volkssprachen (Anm. 12), S. 144. 90 Dass das dauerhafte Scheitern einer Beziehung mit Flametta der Grund für das Unvermögen des lyrischen Ichs ist, sich aus Amors Schlingen zu befreien, geht aus Verino, Flametta 2,22,49– 50 hervor (s. das Zitat in Anm. 60). 91 Dazu gehört auch die Tendenz zur Reduktion nicht elegischer Versmaße bei Verino. Während im ersten Buch der zweiten Xandra-Fassung noch eine Fülle verschiedener Versmaße begegnen, was als Reflex auf deren strukturell und thematisch anders geartete erste Fassung zu werten ist, finden sich in Verinos Flametta nur noch zwei Gedichte in Odenform im ersten Buch (1,12 und 1,14). Vgl. Thurn: Neulatein und Volkssprachen (Anm. 12), S. 144; zu den komsitori-

  Gernot Michael Müller weitgehend aus dem Blick, aber es weicht trotzdem signifikant von dem inhaltlichen Programm ab, das Landino im dritten Buch seiner zweiten Xandra-Fassung realisiert hat. Während letzteres den Beleg liefern soll, dass sein lyrisches Ich den Übergang von der Liebesdichtung zu einem höheren poetischen Register erfolgreich vollzogen hat, 92 verlegt sich Verinos Pendant, wie angedeutet, auf Inhalte, die eher dem epigrammatischen Register entsprechen, dem liebeselegischen Repertoire oder allgemeiner jenem hellenistischer Kleindichtung aber weiterhin affin bleiben. 93 Zwar darf es gegen Ende seiner Sammlung zumindest einen exemplarischen Einblick geben, dass es die Befähigung zum ernsten Medici-Lob schließlich erlangt hat. 94 Die von Apolls mahnender Intervention eingeleitete poetische Neuausrichtung und damit die Einlösung des in der Widmungselegie des ersten Buchs formulierten Vorsatzes erfolgt anders als bei Landino gleichwohl erst jenseits der Grenzen des Flametta-Zyklus. Dass Verinos thematische variatio gegenüber der zweiten Xandra-Fassung nicht nur als Folge der fortdauernden Macht Amors über sein lyrisches Ich wahr-

 schen und intentionalen Unterschieden der beiden Xandra-Fassungen s. Müller: Variationen der Liebe und des Lebens (Anm. 14), S. 218–228. 92 Freilich findet Xandra auch in Landinos drittem Buch gelegentlich Erwähnung, etwa in Xandra A 3,5,1–8 im Rahmen eines Versprechens, Xandra nie zu vergessen, oder in A 3,15 als Aufhänger für eine recusatio, wonach das lyrische Ich nicht von Waffentaten, sondern vom Lob Florenz’ singen wolle, wenn ihm Apoll dereinst die Kräfte dazu gewähren werde, was auf die Ankündigung des letzten Gedichts 3,19 vorausweist. Dieses beginnt in den Versen 1–4 ebenfalls mit einer Erinnerung an seine Liebesdichtung auf Xandra (s. hierzu Anm. 88); vgl. Tonelli: Per queste orme (Anm. 11), S. 236–237. Im Gegensatz zu Verino sieht Landino an diesen Stellen allerdings keinen Grund zur Klage, weil sich sein lyrisches Ich aus freien Stücken von der Fokussierung auf seine Liebe zu Xandra zu lösen vermochte. 93 Vgl. hierzu knapp Thurn: Neulatein und Volkssprachen (Anm. 12), S. 40 und 145, der die Nähe des zweiten Buchs zur Epigrammatik hervorhebt, und Pieper: Xandrae cesserunt illa vel illa simul (Anm. 12), S. 76, der dem zweiten Flametta-Buch den Charakter eines epigrammaton liber zuweist. Einige Gedichte des ersten Buchs weisen bereits auf den neuen thematischen Rahmen voraus und arbeiten damit der inhaltlichen Kohärenz beider Bücher zu, etwa Flametta 1,8, das eine Invektive gegen eine Kupplerin und ein geiziges Mädchen darstellt, oder 1,17, das die beißende Schmähung einer hässlichen alten Frau enthält. 94 Auch dieser Bereich ist in nuce bereits im ersten Buch präsent, etwa in dem Traumgesicht Apolls in Flametta 1,20, in dessen Verlauf der Gott auch Piero de’ Medici als Förderer der Kunst lobt (25–28). In der Tat hatte das lyrische Ich im Widmungsgedicht an Lorenzo bereits angedeutet, dass es neben der Liebesthematik auch einige ernstere Inhalte eingestreut habe (Flametta 1,1,5–6): „Attamen inserui nonnumquam seria ludis, | Ne levis ex omni parte libellus eat.“ [Jedoch habe ich den kurzweiligen bisweilen auch ernste Themen beigemischt, damit das Büchlein nicht gänzlich als unernstes in die Öffentlichkeit geht.] Im zweiten Buch weist bereits die 45. Nummer mit dem Lob auf das eigene Zeitalter Elemente des Medici-Lobs auf.

Petrarca-Rezeption und Landino-Nachfolge in der Flametta des Ugolino Verino  

genommen werden soll, sondern auch einer poetologischen Programmatik folgt, gibt die Auftaktelegie des zweiten Buchs fast beiläufig zu erkennen. Denn in ihr versucht Cupido nicht nur, Verinos lyrischem Ich über sein Verbot ambitionierterer Themen hinwegzuhelfen, indem er ihm auseinandersetzt, dass auch mit Liebesdichtung Berühmtheit zu erlangen sei, 95 sondern er erinnert es auch daran, dass sein Werk ein elegisches Korpus markiert (Verino, Flametta 2,1,37–40): 96 En age, materiam dabimus tibi versibus aptam Et Medicum maior gesta poeta ferat. Iurgia blanditiae lacrimaeque precesque minaeque, 40 Est elegi proprium carminis istud opus. Los jetzt: Wir werden dir einen geeigneten Stoff für deine Verse geben und von den Taten der Medici wird ein bedeutenderer Dichter berichten. Gezänk, Schmeicheleien, Tränen, Bitten und Drohungen: [40] Dieses Werk gehört zur elegischen Dichtung.

Die thematische Signatur des zweiten Flametta-Buchs begründet sich somit nicht nur daraus, dass Amor das lyrische Ich nicht aus seiner Macht entlassen will, sondern auch aus gattungstypologischen Erwägungen. Während der Inhalt von Landinos drittem Buch den elegischen Gattungsrahmen tendenziell sprengt, führt Amors Befehl dazu, dass Verinos lyrisches Ich diesem bis zum Schluss zumindest affin bleibt. Einmal mehr erweist sich die Abkehr von Landinos zweiter Xandra-Fassung am Übergang vom ersten zum zweiten Buch des Flametta-Zyklus nicht nur als virtuose variatio, sondern als bewusste Distanzierung Verinos von der hybriden Poetik seines Vorgängers. Zusammenfassend lassen sich im Hinblick auf Verinos Landino-Nachfolge zwei Ergebnisse festhalten: Zum einen führt seine Auseinandersetzung mit der zweiten Xandra-Fassung zu einer grundsätzlicheren Orientierung an Gestaltungsspielraum, Motivrepertoire und Ich-Konzeption der Liebeselegie. Hierdurch vollzieht er eine deutliche Distanzierung vom poetologischen Konzept seines Vorgängers, mit dem dieser den Wettbewerb mit der römischen Liebeselegie gesucht hat. Dessen ungeachtet greift auch Verino auf Petrarca zurück, wenn er seiner Flametta-Figur Charakteristika zuweist, die sie ähnlich wie die Xandra Landinos mit Petrarcas Laura verwandt macht, oder wenn er mit geeigneten Motiven  95 Vgl. Verino, Flametta 2,1,31–32 im Zitat oben auf S. 147. 96 Demgegenüber hatte Landinos lyrisches Ich seinen elegischen Versen in Xandra A 3,1,3–4 dezidiert geheißen, sich nun höheren Themen zuzuwenden: „Nunc elegi tempus, graviori insurgite plectro, | exiguum vestro munere crescat opus.“ [Elegische Verse, jetzt ist es Zeit: Erhebt euch zu ernsthafterem Gesang, durch euren Beitrag soll das kleine Werk wachsen.] Vgl. dazu Müller: Variationen der Liebe und des Lebens (Anm. 14), S. 234–235.

  Gernot Michael Müller aus dessen Canzoniere das liebeselegische Repertoire ergänzt. Eine grundsätzlichere Ausrichtung an der Liebeselegie schließt den Rückgriff auf Petrarca somit nicht aus. Grund hierfür ist, dass Verino hiermit nicht mehr die Transformation des liebeselegischen Paradigmas verfolgt wie Landino, sondern lediglich dessen motivische Erweiterung. Er drängt die Bedeutung Petrarcas für die Poetik seines Flametta-Zyklus somit entscheidend zurück und reduziert den volkssprachlichen Dichter gleichsam zu einem mit der römischen Liebeselegie kompatiblen Motivgeber. Zum anderen öffnet er seine Liebesdichtung aber für ein Spezifikum, das für die von Petrarca ausgehende Dichtungstradition typisch ist. Denn indem er durch das Spannungsfeld von Anlehnung und Abweichung die Liebeskonzeption Landinos kritisch reflektiert und dessen Optimismus hinsichtlich der Realisierbarkeit eines poetischen Lebenskonzepts, das der Liebesdichtung einen legitimen Platz in der Jugend zugesteht, als prekär entlarvt, verfolgt er eine Strategie, die einen konstitutiven Bestandteil der petrarkistischen Gattungspoetik markiert. Denn charakteristisch für die vielfältigen Gedichtsammlungen, die ab dem 15. Jahrhundert in dichter Folge das Liebesmodell Petrarcas adaptieren, ist ihre wechselseitige Kommentierung vermittels intertextueller, motivischer oder kompositorischer Referenzen und Variationen. 97 Mit der Reduzierung der Bedeutung Petrarcas zugunsten einer stärkeren Orientierung an der römischen Liebeselegie arbeitet Verino somit nicht nur einer Ausdifferenzierung der poetischen Systeme zu, die auf die Pluralisierung des erotischen Diskurses im 16. Jahrhundert vorausweist. Indem diese Eigentümlichkeit des Flametta-Zyklus’ aus einer grundlegenden Auseinandersetzung mit Landinos Liebeskonzeption erwächst, leitet sich gerade aus ihr aber auch jener charakteristische reflexive Zug ab, der Verinos Liebesdichtung wiederum in die Nähe petrarkistischer Intertextualität stellt. Auch wenn Verino Petrarca keine programmatische Rolle mehr für seine erotische Poesie einräumt, erweist sich diese daher trotzdem als innovatives Beispiel des lateinischen Petrarkismus.

 97 Vgl. etwa Andreas Kablitz: Die Selbstbestimmung des petrarkistischen Diskurses im Proömialsonett (Giovanni Della Casa – Gaspara Stampa) im Spiegel der neueren Diskussion um den Petrarkismus. In: Germanisch-Romanische Monatsschrift 42 (1992), S. 381–414, sowie Dietrich Scholler: Bembos Rime im Horizont des Renaissanceklassizismus. In: Klassik und Klassizismen in römischer Kaiserzeit und italienischer Renaissance. Hg. von Marc Föcking und Claudia Schindler. Stuttgart 2020 (Hamburger Studien zu Gesellschaften und Kulturen der Vormoderne 9), S. 155–166.

Carolin Anna Giere

Der Name als Programm, die Sammlung als Prinzip – das Liebeskonzept der Gedichtsammlung Lucina des Paveser Dichters Albrisius im petrarkistischen Diskurs des Quattrocento  Ein Paveser Dichter außerhalb der Zentren humanistischer Liebeselegie Die Liebeslyrik repräsentierte eine florierende Gattung im Italien des Quattrocento, besonders geprägt freilich durch das Modell des petrarkischen Canzoniere 1 des eben vergangenen Trecentos. Doch nicht nur im Bereich der Volkssprachen entwickelte sich hierin eine neue Spielart, ausgehend von der Gattungstradition der provenzalischen Troubadourdichtung und des Dolce stil nuovo. Als „genre retrouvé“ 2 mit charakteristischen Differenzen zum antiken Modell 3 knüpfte die neulateinische Elegie geradezu als „Nobilitierung des Volgare“ 4 am petrarkischen Vorbild an. Der soziokulturelle Sitz im Leben des Lateinischen als paneuropäische lingua franca bestimmte in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts diesen zunächst einseitigen Austausch von volkssprachlicher zu neulateinischer  1 Zitate aus dem Werk Petrarcas werden im Folgenden zitiert nach der Ausgabe: Francesco Petrarca: Canzoniere. Hg. von Marco Santagata. Milano 1996. Petrarcas eigener Werktitel Rerum vulgarium fragmenta wird zumeist abgekürzt als RVF verwendet; die Nummerierung der Gedichte erfolgt wie in der verwendeten Ausgabe in arabischen Ziffern. 2 Jörg Robert: Lateinischer Petrarkismus und lyrischer Strukturwandel. Die Autorisierung der Liebeselegie im Licht ihrer rinascimentalen Kommentierung. In: Questo leggiadrissimo Poeta! Autoritätskonstitution im rinascimentalen Lyrik-Kommentar. Hg. von Gerhard Regn. Münster 2004, S. 111–154, hier S. 112. 3 Vgl. Luke Houghton: Renaissance Latin love elegy. The Cambridge Companion to Latin Love Elegy. Hg. von Thea S. Thorsen. Cambridge 2013, S. 290–305, hier S. 291. 4 Jörg Robert: Amabit sapiens, cruciabitur autem stultus. Neuplatonische Poetik der Elegie und Pluralisierung des erotischen Diskurses um 1500. In: Lateinische Lyrik der frühen Neuzeit. Poetische Kleinformen und ihre Funktionen zwischen Renaissance und Aufklärung. Hg. von Beate Czapla, Ralf Georg Czapla und Robert Seidel. Tübingen 2003 (Frühe Neuzeit 77), S. 35–73, hier S. 48. https://doi.org/10.1515/9783110780048-007

  Carolin Anna Giere Literatur in Italien entscheidend mit, waren es doch allenthalben die Gelehrtenkreise der höfischen Akademien, die im Sinne einer humanistischen Konversationskultur ihre Diskurse möglichst breitenwirksam auf Latein formulierten. 5 Regionale Ausformungen poetischen Ausdrucks wurden auf diese Weise über die Grenzen der Stadtstaaten, Herzogtümer oder Königreiche des eigenen höfischen Wirkumfeldes hinweg erfahrbar. Dennoch waren es zunächst ganz bestimmte humanistische Zentren, die dem elegisch-petrarkesken 6 Dichten im Italien des 15. Jahrhunderts einen besonderen Wert beimaßen. Siena gilt in diesem Sinne als „culla della nuova poesia latina“; 7 hier fanden sich zwischen 1420 und 1425 junge Humanisten zusammen, die wie Panormita (Antonio Beccadelli), Giovanni Marrasio und Enea Silvio Piccolomini erotische, liebeslyrische Sammlungen der kleinen Form zusammenstellten und damit „die moderne Rezeption – auch – der antiken Liebeselegie einleiten sollten“ 8. Besonders die studii in Florenz (Cristoforo Landinos Xandra) und Ferrara (Tito Vespasiano Strozzis Cinthia) knüpften in der zweiten Hälfte des Quattrocento an diese Art von einzelnen Gedichten verbindender Liebespoesie an und konstituierten ein neuartiges Literatursystem, das etablierte Diskurse wie das der heimisch-mittelalterlichen Dichtungstradition mit petrarkischen Eigenheiten 9 und aktuellen Tendenzen zusammenfügte. Dabei dichteten sie in umfangreichem Maße noch präziser liebeselegisch und entwarfen wie ihre antiken römischen Vorbilder eine Art „Liebesroman“, in dem es als Ausgangspunkt jugendli-

 5 Nikolaus Thurn beschreibt die lateinische Literatur dieser Zeit als eine mit einem „Januskopf“ versehene, da sie sich zum einen als „länder- und regionenübergreifende Kommunikation der gebildeten Welt“ präsentierte, andererseits aber gerade deshalb nur einen eingeschränkten Rezipientenkreis ansprechen konnte. Vgl. Nikolaus Thurn: Neulatein und Volkssprachen. Beispiele für die Rezeption neusprachlicher Literatur durch die lateinische Dichtung Europas im 15.–16. Jahrhundert. München 2012, S. 9. 6 So der prägnante Begriff bei Thurn (ebd. S. 120), der die lateinische Dichtung mit petrarkischen Einflüssen in Abgrenzung zur volkssprachlichen petrarkistischen Dichtung beschreibt. Die Begriffsverwendung soll im Folgenden in ebendieser Sinngebung gebraucht werden. 7 Vgl. Domenico De Robertis: L’esperienza poetica del Quattrocento. In: Storia della letteratura italiana. Il Quattrocento e l’Ariosto. Hg. von Emilio Cecchi, Natalino Sapegno. Bd. 3. Milano 1965, S. 283–628, hier S. 450. 8 Thurn (Anm. 5), S. 123. 9 An dieser Stelle soll nicht von einer abgrenzbaren Definition petrarkischer oder auch petrarkistischer Charakteristika ausgegangen werden, da sich zu viele Überschneidungen der einzelnen Diskurse allein aus demjenigen Grund ergeben, dass auch Petrarca Motiviken der antiken wie mittelalterlichen Liebesdichtung verwendete. Vgl. hierzu die ‚Resignation‘ Hoffmeisters in Bezug auf einen Definitionsversuch anhand eines petrarkistischen Motivrepertoires: Gerhart Hoffmeister: Petrarkistische Lyrik. Stuttgart 1973, bes. S. 2.

Der Name als Programm, die Sammlung als Prinzip  

chen Liebeswahn zu überwinden galt. Dadurch dass die Sammlungen – anders als bei den Sieneser Dichtern, die im Sinne eines „anti-Florenz“-Bemühens nach freier Kunstausübung strebten – 10 jeweils den Mäzenatenfamilien Medici und Este gewidmet waren, erfuhr die Elegie der neuen Dichtergeneration zudem eine auch inhaltlich spürbare Politisierung. 11 Gerade unter diesem Gesichtspunkt der kulturellen Positionierung scheint es nicht unerheblich, dass die Beschäftigung mit dem liebeselegischen Genre weiter im Norden Italiens eine viel geringere oder zumindest unscheinbarere war, sind doch von den Höfen in Mailand und Pavia im Machtbereich der Sforza keine vergleichbar bekannten Werke dieser Gattung überliefert oder rezipiert worden. 12 Stattdessen beschäftigten sich Größen wie Francesco Filelfo und Lorenzo Valla, orientiert am „politischen Tagesgeschäft der Fürsten“, 13 bevorzugt mit epischen Großformen, Lob- und Schmähreden oder historischen Darstellungen, wobei „ogni buon propositio era finito in una stanca adulazione“ 14. Auch epigrammatische Sammlungen wie De iocis et seriis des Filelfo widmeten sich nicht dem Thema Liebe, sondern bezogen sich allgemein auf das Leben am Hofe und variierten Themen wie die Selbstdarstellung des Autors oder das Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem Geldgeber. 15

 10 Vgl. die entsprechenden Ausführungen bei De Robertis (Anm. 7), S. 449–450. 11 Vgl. hierzu beispielsweise die Untersuchungen von Christoph Pieper zur Xandra des Christoforo Landino: Elegos redolere Vergiliosque sapere. Cristoforo Landinos „Xandra“ zwischen Liebe und Gesellschaft. Hildesheim 2008 (Noctes Neolatinae/Neo-Latin Texts and Studies 8), insbesondere Kapitel 5 „Die ,Xandra‘ als Teil des florentinischen Machtdiskurses“. 12 Auch wenn Panormita (Antonio Beccadelli) als Professor und Hofdichter in Pavia und Mailand tätig gewesen war, so fällt doch zumindest die Entstehungszeit seiner erotischen Epigrammschrift Hermaphroditus (1425/1426) in die Zeit zuvor am Hofe in Siena. 13 Oliver Götze: Der öffentliche Kosmos. Kunst und wissenschaftliches Ambiente in italienischen Städten des Mittelalters und der Renaissance. München 2010, S. 291. 14 Eugenio Garin: La cultura milanese nella seconda metà del XV secolo. In: Fondazione Treccani degli Alfieri per la storia di Milano. L’età sforzesca dal 1450 al 1500. Bd. 7. Mailand 1956, S. 539–690, hier S. 591. 15 Eine vermeintliche Ausnahme scheint der politisch versierte Fabrizio Elfiteo Genesio zu sein, dessen Elegiarum libellus (ca. 1466) als Stilprobe für die Bewerbung um das Amt des Sekretärs der Sforza eingeschätzt wird. Zwar könnte die kleine Sammlung von zwanzig Elegien aufzeigen, dass eine Beschäftigung auch im Mailänder Umkreis stattgefunden hatte. Dass jedoch das Gesamtwerk dem neapolitanischen Fürsten Alfonso von Aragon gewidmet ist sowie eines der Gedichte Elfiteos Freund Giannantonio Campano, legt einen Entstehungszusammenhang mit dem süditalienischen Raum und den dortigen humanistischen Bemühungen nahe. Zum Autor und zur Unklarheit über die Entstehungszeit seiner Elegiensammlung vgl. Nadia Covini: Elfiteo, Fabrizio. In: Dizionario Biografico degli Italiani 42. Rom 1993, S. 443–446. Der Text der Elegien

  Carolin Anna Giere Vor diesem Hintergrund ortsgebundener quattrocentesker Dichtungsbemühungen bemerkenswert (und vielleicht gerade deshalb von der Forschung um den Mailänder Humanismus bisher nur stiefmütterlich behandelt) ist eine vordergründig liebeselegische Gedichtsammlung aus Pavia mit dem Titel Lucina (1474). 16 Es ist das einzige vollständig und unikal 17 überlieferte Werk des nur wenig bekannten Dichters Aurelius Laurentius Albrisius. 18 Die Dedikation der autographischen und in drei Büchern insgesamt 127 Gedichte verschiedener Metren beinhaltenden, prachtvoll gestalteten Widmungshandschrift lässt auf eine Verpflichtung des gebürtigen Cremonensers gegenüber dem einflussreichen Sekretär der Sforza-Familie Francesco (genannt Cicco) Simonetta schließen. Das von der Sammlung selbst verzeichnete Entstehungsdatum fällt außerdem zusammen mit den Amtsjahren des Kastellans Giovanni Attendolo Bolognini, der damals die Aufsicht über die Burg in Pavia sowie die dortige Bibliothek führte und in enger persönlicher Verbindung zu den Sforza gestanden haben muss. 19 Umso verwunderlicher ist es da, dass der unter dem Einfluss jener beiden mächtigen Figuren wirkende Albrisius als einziges Werk gerade eine Sammlung liebeslyrischer Gedichte hinterlässt, die darüber hinaus alles andere als ein einheitliches Auftragswerk abzubilden scheint: Neben der Praefatio und dem ersten Buch der Lucina ist Albrisiusʼ zweites sowie drittes Buch gerade nicht dem etwaigen Mäzen Cicco Simonetta oder gar dem amtierenden Herzog selbst gewidmet, wie es für den Mailänder Humanistenkreis üblich gewesen wäre. Stattdessen wendet sich das zweite Buch an den gerade einundzwanzigjährigen 20 Sohn seines Förderers Gian Giacomo Simonetta, der zu jener Zeit noch kein Amt innegehabt haben dürfte.

 findet sich bei: Tammaro de Marinis, Alessandro Perosa: Nuovi Documenti per la storia del Rinascimento. Florenz 1970, S. 144–166. 16 Bisher beschäftigt sich lediglich ein Aufsatz von Thomas Haye mit dem Inhalt der Lucina. Vgl. Thomas Haye: Die Lucina des Paveser Dichters Aurelius Laurentius Albrisius. In: Studi Medievali 56 (2015), S. 239–278. 17 Der Codex Madrid, Biblioteca Nacional, Mss. 6028 stellt den einzigen Überlieferungsträger des Werkes Lucina dar. Lediglich das Gedicht 2, 14 der Sammlung wird zusätzlich durch den Codex Florenz, Biblioteca Riccardiana, Mss. 1458 überliefert. Vgl. hierzu auch ebd. S. 241–242. 18 Die Lebensdaten des Dichters sind bisher nicht zu ermitteln. In der Forschung Erwähnung findet Albrisius bei Simonetta Cerrini: Libri e vicende di una famiglia di castellani a Pavia nella seconda metà del quattrocento. In: Studi petrarchesci 7 (1990), S. 339–409, hier S. 369 und Marcello Simonetta: Rinascimento segreto. Il mondo del Segretario da Petrarca Machiavelli. Mailand 2004, S. 127–151, hier S. 133. 19 Vgl. hierzu Cerrini (Anm. 18), S. 354–161. Cerrini vermerkt zudem ausgerechnet Albrisius als einen derjenigen Dichter, der seine Bekanntschaft zu Attendolo schriftlich vermerkte (S. 369) und bezieht sich dabei wohl auf die Widmung des Gedichts 1, 29 innerhalb der Lucina. 20 Vgl. Haye (Anm. 16), S. 256.

Der Name als Programm, die Sammlung als Prinzip  

Das dritte Buch schließlich – noch erstaunlicher – wendet sich an einen Bischof Giovanni von San Lamberto 21, der völlig außerhalb des familiären und politischen Kontextes des Autors steht. Die einzelnen Gedichte der drei Bücher sind mit Widmungen an mehr oder weniger bekannte Persönlichkeiten des humanistischen und politischen Zirkels rund um Mailand und Pavia versehen. Ohne die Bezüge der diversen Dedikationen an dieser Stelle genauer zu beleuchten, ergibt sich bereits ein Eindruck von der Komplexität des Entstehungszusammenhangs des Werkes: Albrisius schrieb eine liebeslyrische Gedichtsammlung mit verschiedenen Widmungsempfängern innerhalb eines humanistischen Kreises, der in seiner Literaturproduktion nachgerade keine Berührung mit dem neuartigen Quattrocento-Konzept einer petrarkisierenden Elegie aufweist. Auch wenn Petrarcas Rerum Vulgarium Fragmenta dem Paveser Dichterkreis in jedem Fall bekannt gewesen sein dürften, 22 ist eine Rezeption des Canzoniere-Dichters nicht von vornherein eindeutig abschätzbar. 23 Der vorliegende Beitrag möchte eben hier ansetzen: Wie petrarkesk ist die neulateinische Gedichtsammlung des Paveser Dichters tatsächlich? Welche Motive und Charakteristika lassen sich auf die Vorlage des volkssprachlichen Werkes oder auch auf den vor allem im Florenz dieser Zeit kursierenden Petrarkismus zurückführen? Für eine Untersuchung dieser Fragen entscheidend ist das jeweilige Liebeskonzept, das der Sammlung nicht nur inhaltlich, sondern auch in Aufbau und Form zugrunde liegt. Ausgehend von einer Einordnung des Genres in seinen literar-, bzw. diskursgeschichtlichen Hintergrund des Quattrocento sollen deshalb (un)typische Charakteristika der das Konzept bestimmenden Figuren Amor, puella und poeta/amator in ihrer Konstellation bei Albrisius innerhalb der ersten beiden Gedichte (Praefatio und 1,1) herausgearbeitet werden, da sie in ihrer einleitenden Funktion für die Sammlung als programmatisch gelten dürften.

 21 Die Annahme der Zuordnung des Namens zu diesem Bischof folgt der Ansicht von Thomas Haye, ebd., S. 263. 22 Vgl. die Ausführungen zu einer die RVF Petrarcas enthaltenden Handschrift, die anhand von Emblemata und Initialen Galeazzo Maria Sforza und der Paveser Bibliothek zugeordnet werden kann. Hierzu Cerrini (Anm. 18), S. 382. 23 Für diese These kann Nikolaus Thurns Untersuchung zur lateinischen Liebesdichtung im 15. Jahrhundert zum Anlass genommen werden, die unter anderem am Beispiel des oben genannten Elfiteo feststellt, dass die „Liebes-Elegiensammlungen aus dem Norden Italiens [.] sich zwar zeitgleich, aber offensichtlich unabhängig von der Florentiner Richtung [entwickeln]; sie weist [sic!] hier auch ganz andere Besonderheiten auf.“, vgl. Thurn (Anm. 5), S. 174.

  Carolin Anna Giere

 Gattungsspezifische Besonderheiten und diskursive Praxis im italienischen Quattrocento Ausschlaggebend für die Entwicklung einer diskursiven Praxis der Liebeslyrik im Quattrocento war die durch die geistesgeschichtlichen Gegebenheiten der Zeit zu begreifende Funktion von Dichtung, die auch im außeruniversitären Kontext zu Grundfragen der menschlichen Existenz Stellung zu beziehen vermochte und so in Sprach- und Dichtungstheorien zur Spielart der Philosophie wurde. 24 Das Verständnis einer poetischen Praxis hängt damit eminent vom gelehrten Diskurs der Zeit ab, dessen Voraussetzungen hier nur kurz umrissen werden können: Sowohl Innovation als auch Tradition sind in ihrer distinktiven Eigenheit als Teil einer komplexen epistemologischen Entwicklung zwischen Hochmittelalter und beginnender Neuzeit zu verstehen. Bestimmt war diese von einer durch den philosophischen Nominalismus erklärten Abwendung vom scholastischen ordomundi-Gedanken hin zu einer für die menschliche Logik nicht zu bewältigenden geistigen Vielheit. Was in der Scholastik ontologisch durch die Möglichkeit rationalen Begreifens einer göttlichen potentia ordinata abgesichert schien und im analogen Diskurs der Reduktion des Vielen auf den Einen (Gott) bestätigt wurde, löste sich unter „dem Diktat des nominalistischen ‚nescio‘“ auf in eine kontingente und erkenntnispessimistische Weltauffassung: 25 Dem menschlichen Subjekt der auf Ockham und andere zurückgehenden Philosophie war durch die ad absurdum geführte scholastische Ordnung eine neue schrankenlose Allmacht Gottes entgegengetreten, die zu jeder Zeit alles zu „wollen“ und zu erschaffen in der Lage war. Für den menschlichen Verstand ergab sich auf diese Weise eine nicht nur willkürlich, sondern auch sinnlos anmutende creatio ex nihilo durch den nominalistischen Gott: „Erkenntnis als individuelle Bemühung, als Zugriff auf ein Ganzes von erfüllender Wahrheit, erwies sich als aussichtslos.“ 26 Das Außerkraftsetzen jeglicher Sinnsysteme ging einher mit einer unmöglich geworde 24 Thomas Leinkauf beschreibt die Entwicklung der Geistesgeschichte aus den Universitäten heraus als „Signatur der Periode“. Vgl. Thomas Leinkauf: Grundriss Philosophie des Humanismus und der Renaissance (1350–1600). Bd. 1. Hamburg 2017, S. 16, Anm. 38. 25 Vgl. die Studie Joachim Küppers, die wie die bekannte Untersuchung Hans Blumenbergs (Die Legitimität der Neuzeit, Frankfurt a.M. 1988) von einem epistemologischen Bruch zwischen Hoch- und Spätmittelalter ausgeht, die Annahmen desselben jedoch auch kritisch beleuchtet: Joachim Küpper: Diskurs-Renovatio bei Lope de Vega und Calderón. Untersuchungen zum spanischen Barockdrama. Mit einer Skizze zur Evolution der Diskurse in Mittelalter, Renaissance und Manierismus. Tübingen 1990 (Romanica Monacensia 32), S. 21. 26 Blumenberg (Anm. 25), S. 172.

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nen Integration weltlicher Wahrheiten in die ordnungsgebende Superstruktur, wie sie noch das Hochmittelalter gekannt hatte. Die Widersprüche zwischen christlicher Lehre und rationaler Erkenntnis hatten eine Krise des Wissens hervorgerufen, die sich auf den gesamten gelehrten Diskurs erstreckte. Die Bewältigungsstrategie der Literatur, neue Autoritäten aus der Beschäftigung mit antiken Autoren zu etablieren, war schon deshalb zum Scheitern verurteilt gewesen, da auch die Positionen der Antike heterogen waren und keine einheitlich verbindliche Wahrheit zu konstituieren vermochten. 27 In dieser Hinsicht etablierte sich, was zum einen als epistemologischer Bruch zwischen scholastischem Hoch- und nominalistischem Spätmittelalter wie zum anderen auch als Kontinuität zwischen Mittelalter und Renaissance definiert werden kann: 28 der Versuch eines sinnstiftenden Nebeneinanders distinktiver Diskurse und Autoritäten in heterogener Pluralität. 29 Literarisch fand der Nominalismus seine erste größere Expression – noch dazu in einer besonders radikalen Auslegung – 30 bei Petrarca. Dieser stilisierte sich bekanntlich selbst als strahlende und zentrale Figur am Rand einer herbeigesehnten Epochenschwelle. 31 Sein poetisches Programm, das er in seinem Traktat Secretum meum diskutiert 32 und in seinen Rerum vulgarium fragmenta expliziert, reflektiert die nominalistisch-ockhamistische Lösung und zugleich  27 Vgl. hierzu Klaus W. Hempfer: Die Konstitution autonomer Vernunft von der Renaissance bis zur Aufklärung. In: Grundlagen der politischen Kultur des Westens. Berlin, New York 1987, S. 95–115, hier S.100–101. 28 Bezug genommen wird hier auf den Streit innerhalb der Literatur über eine potentielle Epochengrenze zwischen Mittelalter und Renaissance. Abhängig gemacht wird die Beurteilung entweder von dem Charakteristikum Kontinuität oder Diskontinuität. Vgl. hierzu auch Anm. 34. 29 Bernhard Huss argumentiert treffend, wie die als Chaos beschriebene Epoche der Vielheit als „Chance des Nebeneinander“ aufgefasst werden kann. Vgl. Bernhard Huss: Lorenzo de’ Medicis Canzoniere und der Ficinianismus. Philosophica facere quae sunt amatoria. Tübingen 2007 (Romanica Monacensia 76), S. 19. Vgl. zum Pluralitätsaspekt gegenüber der Autoritätenkonstitution innerhalb der Renaissance-Episteme auch die Ergebnisse des Sonderforschungsbereiches 573 ,Pluralisierung und Autorität‘, hier insbesondere Wulf Oesterreicher, Gerhard Regn und Winfried Schulze (Hg.): Autorität der Form – Autorisierung – Institutionelle Autorität. Münster 2003 (Pluralisierung & Autorität 1). 30 Vgl. Joachim Küpper: Das Schweigen der Veritas und die Worte des Dichters. Berlin, New York, S. 19, der für diese Beurteilung Petrarcas Liebe zu Augustinus anführt und Boccaccios Zuschreibung, Petrarca sei ein ,zweiter Ockham‘, zitiert. 31 Diese Eigenschaft der Selbstpräsentation wurde für Petrarca schon in der älteren Literatur immer wieder – so an dessen Werk Die Besteigung des Mont Ventoux – festgemacht und findet eine grundsätzliche Zusammenfassung bei Karlheinz Stierle: Francesco Petrarca. Ein Intellektueller im Europa des 14. Jahrhunderts. München 2003, S.15 und S. 731–752, bes. S. 749. 32 Vgl. hierzu Küpper (Anm. 30), S. 19–20.

  Carolin Anna Giere Problematik der Relativierung von Wahrheitskonzepten in einer kontingenten Welt. Fokussiert auf das dem Singulären und partikulär Erfahrenen ausgesetzte Subjekt artikuliert Petrarca die individuelle Erfahrung eines lyrischen Ichs, das sich weder der Wahrhaftigkeit seines ersten Eindrucks sicher sein noch auf die bei Dante Alighieri zugesicherte Erleuchtung durch die engelsgleiche Dame hoffen kann. In der Aufhebung einer verbindlichen Wahrheit hatte sich bei Petrarca und seinen Nachahmern eine poetische Praxis etabliert, die „mit ihren Techniken der Verdichtung lyrischer Pluralität und intertextueller Pluralisierung“ eine Strukturkomplexität bestätigte und dynamisch steigerte, die im Trecento ihren Ausgangspunkt genommen hatte. 33 Damit wird der Streit darum, wie sich die von Petrarca ausgehende literarische Epoche selbst gesehen haben mochte, obsolet. Denn selbst wenn Petrarca als Zeuge einer epochalen Diskontinuität geführt wird, der durch seine Beweisführung einer Illegitimität der translatio imperii den Bruch zur vorausgehenden Mittelaltertradition statuierte, dann ist dieses Selbstverständnis ebenso Ausdruck der Epoche wie die Reaktion einer diskursiven Pluralität auf eine kontinuierliche Steigerung struktureller Komplexität seit dem ausgehenden Mittelalter. 34 Dass gerade das Genre der neulateinischen Liebesdichtung dieser poetischen Praxis zu entsprechen wusste und damit das Nebeneinander der einander eigentlich konträren Tendenzen von einerseits Diskontinuität und anderseits Kontinuität bestätigte, hat mehrere Gründe. Zunächst entsprach die Wahl des antiken Genres Elegie der für die Epoche der Renaissance typischen Rückbeziehung auf etablierte Autoritäten wie Ovid oder Properz und war geradezu das lateinische Pendant subjektbezogenen Sprechens zum petrarkischen Canzoniere im Volgare – ausdrücklich ohne dem volkssprachlichen Vorbild dabei entgegenwirken zu wollen. 35 Vielmehr ist eine gegenteilige Strategie zu beobachten, die insbesondere den Gattungsspezifika der Elegie selbst zuzuschreiben ist: Einerseits fanden die Quattrocentisten in der Elegie ein Genre vor, das bereits in seiner grundsätzlichen Anlage dafür geeignet war, pluralen Dichtungsstrukturen zu entsprechen  33 Vgl. Stierle (Anm. 31), S.15. 34 Vgl. den Standpunkt Karlheinz Stierles bezüglich einer Strukturkomplexität gegenüber Klaus W. Hempfers „Diskontinuitätshypothese“, ebd. S. 15 und Anm. 12, sowie dagegen Klaus W. Hempfer: Probleme traditioneller Bestimmungen des Renaissancebegriffs und die epistemologische ‚Wende‘. In: Renaissance. Diskursstrukturen und epistemologische Voraussetzungen. Hg. von Klaus W. Hempfer. Stuttgart 1993, S. 9–45, hier S. 12. 35 Vgl. hierzu auch die Ausführungen Thurns, dass für die neulateinische Liebesdichtung „die Imitatio Petrarcas übersehen und die Poesie […] sogar explizit als a-petrarkistisch bezeichnet“ wird: Thurn (Anm. 5), S. 119.

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und durch eigene Aspekte modifiziert zu werden. 36 So bot ihre poetologische Offenheit die Möglichkeit, in freier dichterischer Praxis drei Referenzsystemen zur selben Zeit – lateinischer Antike, mittelalterlichem Stilnovismus und Petrarkismus – gerecht zu werden. Zugleich war die Gattung durch die römischen Elegiker auf eben dasjenige Thema beschränkt worden, das alle Systeme miteinander verband: die Liebe zu einer puella. Andererseits spiegelte der seit den römischen Elegikern auf das lyrische Ich bezogene selbstreferentielle wie auch dialogische Charakter der Elegie gerade diejenige humanistische Dichtungsabsicht 37 wider, die den epistemologischen Gegebenheiten von Innovation und Epochenbruch entsprechen konnte: In der Fokussierung der Liebesqualen des Subjekts war es möglich geworden, losgelöst vom theologischen Korsett transzendenter Verheißungen eines ascensus-Schemas autoreflexiv Stellung zu beziehen – und damit zeitwie ortsgebunden relevante Aussage zu treffen. 38 Das Merkmal der Elegie als  36 Auch wenn die moderne Begriffsbestimmung der Elegie zumeist auf die relativ kurze Episode einer klagenden Liebeselegie im Augusteischen Zeitalter eingeht, kennen die Ursprünge in der griechischen Literatur keine solche Eingrenzung. Stattdessen wird selbige für die verschiedensten Inhalte gebraucht. Vgl. Bernhard Zimmermann (Hg.): Die Literatur der archaischen und klassischen Zeit. Handbuch der Griechischen Literatur der Antike, Bd. 1. München 2011, S. 132. So durchzieht die elegische Literaturgeschichte weniger die Eros-Thematik als vielmehr ausschließlich die Form des elegischen Metrums. Erst die Neoteriker der augusteischen Zeit führten die Gattung schließlich zu einer Liebeselegie, wie sie auch der neuzeitliche Gattungsbegriff der Elegie versteht. 37 Bezug genommen wird hier ausdrücklich nicht auf die durch Stierle postulierte und von Peter von Moos kritisierte Unterscheidung von „monologischem Mittelalter“ und „dialogischer Renaissance“. Vgl. Karlheinz Stierle: Gespräch und Diskurs – Ein Versuch im Blick auf Montaigne, Descartes und Pascal. In: Das Gespräch. Hg. von dems. und Rainer Warning. München 1984 (= Poetik und Hermeneutik 11), S. 297–334., insb. S. 306–312 und vgl. Peter von Moos: Literaturund bildungsgeschichtliche Aspekte der Dialogform im lateinischen Mittelalter. In: Tradition und Wertung. Festschrift für Franz Brunhölzl. Hg. von Günter Bernt u.a. Sigmaringen 1989, S. 165–209, insbesondere S. 165. und Anm. 3. Gemeint ist stattdessen ausschließlich die quantitativ wie funktional zu bezeichnende humanistische Argumentationsweise, die Hempfer als „Dialogisierung des theoretischen Diskurses in der Renaissance“ zusammenfasst. Vgl. Klaus W. Hempfer: Zur Interdependenz und Differenz von „Dialogisierung“ und „Pluralisierung“ in der Renaissance. In: Pluralisierungen. Konzepte zur Erfassung der Frühen Neuzeit. Hg. von Jan-Dirk Müller, Wulf Oesterreicher and Friedrich Vollhardt. Berlin, New York 2010 (Pluralisierung und Autorität 21), S. 71–94, hier S. 77. 38 Dass die Positionen des Dichters mit denen des Mäzens übereinstimmen mussten, gebot schon die Patronagebeziehung der neulateinischen Dichterlandschaft. Nina Mindts Untersuchung zu Tito Vespasiano Strozzi verweist auf die Ursprünge dieses soziokulturellen Aspekts im antiken Rom. Vgl. Nina Mindt: The Inner-Poetic History of Latin Love Poetry in Tito Vespasiano Strozzi’s ,Eroticon‘. In: Renaissance Rewritings. Ed. by Helmut Pfeiffer, Irene Fantappiè und Tobias Roth. Berlin, Boston 2017 (Transformationen der Antike 50), S. 157–178, hier S. 163.

  Carolin Anna Giere carmen iuvenile 39 kam der Selbstpräsentation, die es zur Annahme des dichterischen Werkes durch den Mäzen vorzubringen galt, dabei besonders gelegen. Auch der betagte Humanist profitierte auf diese Weise vom Einsatz der Gattung: Die Vorlage eines literarisch hochklassigen Jugendwerkes im Rückblick suggerierte eine dichterische und sogar moralische Expertise bereits in jungen Jahren. 40 Dieser Bandbreite an Spezifika mag es geschuldet sein, dass sich die Gattung der Elegie im Quattrocento einer besonderen Beliebtheit unter Humanisten erfreute. Die insgesamt uneindeutigen Gattungsgrenzen ermöglichten es Poeten wie Cristoforo Landino (1425–1498) und Naldo Naldi (1439–1513), etablierte Diskurse wie die antiken und mittelalterlichen Dichtungstraditionen mit petrarkischen Eigenheiten sowie den epistemologischen Gegebenheiten zu einem Literatursystem zusammenzufügen und als neuartiges Ausdrucksmittel innerhalb ihres regionalen Bezugs zu etablieren: das – wenn auch (bisher) nur ungenau definierbare – Genre der humanistischen Liebeselegie.

 Das Liebeskonzept der Gedichtsammlung . Der Name der Geliebten Ein eigener Name für die zu besingende Geliebte ist für ein liebeselegisches Dichten seit der Antike grundlegend. Nicht ohne Grund wählt Ovid den Namen Corinna, Properz Cynthia oder Catull Delia, um die Gefühle zur vermeintlich erdachten puella auch in der Wortbedeutung verankert zu sehen. 41 Nicht anders sind die Tendenzen in der volkssprachlichen Dichtung: Petrarca selbst benennt seine stilnovistische donna angelicata Laura, ohne hierbei auf allegorische Spielereien zu verzichten. Laura ist in der Bilderwelt des lauro Inbegriff eines vereinten doppelten Subjekts, das irdisch und göttlich, sterblich und unsterblich zugleich anmutet. Erst in der differenzlosen Stimme des Ichs entlässt Petrarca die irdische Er-

 39 Schon bei Properz ist die Liebeselegie der Jugend vorbehalten. Vgl. Properz 1,5,7. 40 Vgl. hierzu Christoph Pieper: Landinos Xandra und die sogenannten poeti medicei. In: Christofero Landinos Xandra und die Transformation römischer Liebesdichtung im Florenz des Quattrocento. Hg. von Wolfgang Kofler und Anna Novokhatko. Tübingen 2016, S. 61–80, hier S. 63. 41 So ist der Name Corinna beispielsweise in seiner Wortetymologie ein lateinischer Diminutiv des griechischen Wortes korê (Mädchen) und zugleich ein Synonym für das lateinische Wort puella. Die Bedeutung knüpft damit klar an die einer elegischen Geliebten, nicht einer historisch realen Frau an.

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scheinung seiner donna angelicata in die Trennung einer göttlichen madonna und irdischen puella Laura. 42 Ähnlich bedeutungsvoll ist auch der Name Lucina in der Gedichtsammlung des Albrisius gewählt: Mythologisch ist er als Beiname der Iuno sowie der Diana 43 besetzt und steht in direkter Verbindung mit deren Funktion als Geburtsgöttin. Etymologisch sind lux, lucere und luna mit Lucina verbunden und eröffnen den Rahmen der götterbezogenen Lichtmetaphern. Dadurch, dass der identitätsgebende Name der Geliebten das Gesamtwerk betitelt, knüpft Albrisius nicht nur an neulateinische und volkssprachliche Gedichtbücher seiner Zeit an (vgl. Boccaccios Fiametta [1343/4], Marrasios Angelinetum [um 1429], Piccolominis Cinthia [nach 1429], Landinos Xandra [um 1444 und um 1458/9]) und macht damit an exponiertester Stelle sowohl Sujet als auch Genre der Gedichtsammlung deutlich, sondern weist auch die Doppelfunktion Lucinas für die Sammlung voraus: Sie ist puella und Werk in einem. Nicht selten gelingt es dem Leser kaum, beide Instanzen voneinander zu unterscheiden. Inwieweit Lucina auch im petrarkischen Sinne qua Namensdeutung die Inspirationsfunktion für die Gedichtsammlung übernimmt und dabei göttlich unnahbare oder menschlich reale Züge annimmt, soll im Folgenden anhand der ersten beiden Gedichte der Sammlung herausgearbeitet werden. Entscheidend für die Funktion der Lucina ist ihre Rolle innerhalb des Liebeskonzeptes, das traditionell in der Dreierkonstellation Amor – puella – poeta/amator funktioniert.

. Die Praefatio als Beginn der Liebe und die Rolle Amors Schon mit dem Widmungsgedicht an Cicco Simonetta, das dem Werk als Praefatio voransteht, knüpft Albrisius an das Versprechen des Titels seiner Gedichtsammlung an und legt das liebeselegische Sujet als Grundbaustein seiner Gedichtsammlung fest. Nicht ohne Grund spricht er dabei seinen Gönner auf beinahe dieselbe Art und Weise an, wie Horaz in den Carmina seinen Förderer Maecenas (Praefatio 1–4): 44

 42 Vgl. die Untersuchung von Corinna Wild: Göttliche Stimme, irdische Schrift. Dante, Petrarca und Caterina da Siena. Berlin, Boston 2017 (Trends in Medieval Philology 29), S. 203. 43 Vgl. beispielsweise die Zuschreibung der Wesensgleichheit von Lucina und Diana bei Catull 34,13 und Cicero, De natura deorum 2, 68–69. 44 Vgl. den ebenfalls seinen Mäzen bezüglich seiner Abstammung rühmenden Beginn der Carmina des Horaz: „Maecenas atavis edite regibus, | o et praesidium et dulce decus meum“ (Horaz, Carmen 1,1,1–2).

  Carolin Anna Giere Mecoenas equitum, Calabrae quoque gloria gentis, Insubrium et quinti maxima cura ducis! Excipe, quae tenera parvo nec honore iuventa Scribere Lucinae pauca coegit amor. Mecoenas, du Ruhm der Ritter sowie des kalabrischen Volkes, du liebster Schützling der Insuber und des fünften Herzogs [von Mailand], lausche dem Wenigen, was mich die Liebe zu Lucina in zarter, aber nicht unehrenvoller Jugend zu schreiben zwang. 45

Ebenfalls in der Nachfolge der großen antiken Dichter des Maecenaskreises beschreibt Albrisius in elegientypischer Manier gleich zu Beginn des Werkes die Initiation seines Schreibprozesses durch die Liebe selbst: amor Lucinae habe ihn zum Verfassen der folgenden Verse gezwungen (4: „coegit“). Ovids Amores klingen an, steht doch auch hier die Jurisdiktion in Bezug auf das Liebesdichten am Beginn. 46 Allerdings ist bei Ovid der Liebesgott Amor und nicht das Liebesgefühl zur konkreten Geliebten Initiator der elegischen Dichtung. Wie es zu dieser zum antiken Modell veränderten Situation kommt, erklären die folgenden Verse, die das Ausgangsgeschehen referieren (Praefatio 5–10): 5 Nostra prius dulci tepefacta Cupidinis ira Nec fuerant molli pectora tacta ioco. Prima pharetratos Lucina infixit amores. Usserat ante meum nulla puella iecur. Dulcibus ergo puer flamis accensa puellae 10 Supposui tenero mollia corda iugo. Zuerst war mein Herz durch den süßen Zorn Cupidos erwärmt, durch seinen milden Scherz aber nicht bewegt worden. Als erste bohrte mir [dann] Lucina die Liebespfeile aus dem Köcher [ins Innere] hinein. Kein Mädchen zuvor hatte mir die Leber verbrannt. Noch als Junge unterwarf ich deshalb mein weiches, durch die süßen Flammen des Mädchens entzündetes Herz ihrem zarten Joch.

 45 Alle Übersetzungen der hier zitierten fremdsprachigen Texte stammen von der Verfasserin. 46 Vgl. Ovid, Amores 1,1,3–5: „par erat inferior versus; risisse Cupido | dicitur atque unum surripuisse pedem. | ,quis tibi, saeve puer, dedit hoc in carmina iuris?‘“

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Der Zorn Cupidos, 47 der bekanntlich in der antiken römischen Dichtung oft ausschlaggebend ist für die Verliebtheit zweier Figuren, 48 hatte die Herzen des künftigen Liebespaares bei Albrisius also nur erwärmen („tepefacta Cupidinis ira“), nicht aber – wie gewöhnlich – durch seine Liebespfeile entflammen können. Während bei Ovid die puella Corinna erst in den Prozess des Verliebens eintritt, nachdem Amor das Herz des lyrischen Ichs durch seinen Pfeilschuss für die Liebe zu ihr vorbereitet hat, werden die Rollen und Machtverhältnisse bei Albrisius verschoben: Cupido, der gemeinhin als saevus charakterisiert wird, erscheint mit „süßem Zorn“ und „mildem Scherz“, was ihn zu einem machtlosen Akteur der Szenerie werden lässt. Stattdessen ist die puella Lucina diejenige, die dem Liebesgott aushilft und ihrem eigenen künftigen amator – parallel zur properzischen Cynthia – 49 als prima das Liebesgefühl anheftet sowie das Feuer im lyrischen Ich (9: „dulcibus flamis“) entfacht. Doch auch diese antike Vorlage des Liebesbeginns bei Properz wird bei Albrisius überboten, bleibt Lucina doch nicht nur Amors Werkzeug oder zweites Ich, als welches sie dessen Machtausübung vorbereitet, 50 sondern übernimmt seine Eigenschaften insgesamt und agiert an seiner statt. Eine Machtumwälzung von der puella auf Amor, die bei Properz durch ein (symbolisches) Zu-Boden-Drücken des lyrischen Ichs durch Amor gekennzeichnet ist, 51 fällt bei Albrisius aus oder funktioniert sogar entgegengesetzt. 52 Damit ergibt sich trotz vielerlei Anspielungen ein zu den antiken Modellen von Beginn an grundverschiedenes Liebeskonzept für Albrisius’ Sammlung: Lucina ist nahezu alleinige Initiatorin des Prozesses des Verliebens, während Amor lediglich Werkzeug in Bezug auf seine Attributionen bleibt. Gleichzeitig wird die Liebe zu etwas Persönlichem zwischen puella und lyrischem Ich. Im Gegensatz zu Ovids Vorlage trifft der Liebespfeil das lyrische Ich nicht zuerst in Bezug auf  47 Auch wenn Cupido und Amor in ihrer literarischen Funktion grundsätzlich synonym verwendet werden (vgl. dazu Heinrich Fliedner: Amor und Cupido. Untersuchungen über den römischen Liebesgott. Meisenheim 1974 [Beiträge zur Klassischen Philologie 53], S. 52), unterstreicht die Verwendung des Namens Cupido (5) hier die Differenz zu amor Lucinae (4), denn das Liebesgefühl steht gerade nicht in Zusammenhang mit dem Liebesgott. 48 Vgl. die syntaktisch- sowie wortgleiche Verwendung der Junktur Cupidinis ira in der Apollound-Daphne-Metamorphose des Ovid (Metamophoses 1,453–454): „Primus amor Phoebi Daphne Peneia, quem non | fors ignara dedit, sed saeva Cupidinis ira.“ 49 Vgl. Properz 1,1,1: „Cynthia prima suis miserum me cepit ocellis.“ 50 Vgl. die entsprechende Analyse der „Wechselwirkung“ von puella und Amor bei Properz von Christoph Pieper im Vergleich zur Xandra (Anm. 11), S. 105. 51 Vgl. Properz 1,l,4: „et caput impositis pressit Amor pedibus.“ 52 Das Motiv der Unterwerfung des lyrischen Ichs wird zwar auch bei Albrisius aufgegriffen (tenerum iugum), allerdings entsprechend der umgekehrten Machtverhältnisse gegenüber der puella, noch dazu aktiv und geradezu freiwillig durch den amator selbst.

  Carolin Anna Giere das Dichten, also in die Form des Gedichts, 53 sondern bis in sein tiefstes Inneres, seine Leber: „meum iecur usserat“ (8). Die hier zitierte Leber war nach antikem Glauben gerade derjenige Bereich des Körperinneren, wo der Sitz der Affekte lokalisiert ist – und damit die sinnliche Liebe. 54 Indem Amors – oder besser Lucinas – Pfeil das Ich direkt und persönlich trifft, wird die Liebe nicht erst über die Dichterrolle initiiert, sondern umgekehrt der Zwang des Dichtens über die bereits entfachte Liebe begründet. Die Betonung einer Persönlichkeit des lyrischen Ichs als amator, aber auch der Lucina als Initiatorin des Liebesprozesses, die aktiv handelnd die göttlichen Eigenschaften Amors übernimmt, tangieren die antiken elegischen Beschreibungen nur entfernt. Zwar dringt auch Properzʼ Cynthia in die Persönlichkeit des Ichs ein, indem ihre Augen seine innere Einstellung zur Liebe grundlegend verändern. 55 Vergleichbar im Inneren durch einen Pfeil getroffen aber wird erst Petrarcas lyrisches Ich im Canzoniere (RVF 3,9–10): Trovommi Amor del tutto disarmato, et aperta la via per gli occhi al core Es fand mich Amor vollkommen unbewaffnet und der Weg durch die Augen zu meinem Herzen stand ihm offen.

Durch die Augen trifft der Liebespfeil ihn mitten ins Herz, das nach mittelalterlicher Vorstellung der Ort sinnlicher Liebe war. Dieses Mal ist Amor der Schütze, was aber nur – wie schon bei Properz – durch vorbereitende Maßnahmen und eine Schwächung des Ichs durch die Augen der puella vorweg möglich wurde (RVF 3,1–4): Era il giorno ch’al sol si scoloraro per la pietà del suo factore i rai, quando i’ fui preso, et non me ne guardai, ché i be’ vostr’occhi, donna, mi legaro. Es war der Tag, an dem sich die Strahlen an der Sonne in Trauer um ihren Schöpfer entfärbten, als ich gefangen wurde, und es mich nicht versah, denn eure schönen Augen, Herrin, banden mich.

 53 Vgl. hier die inhaltliche Parallelität zu Landinos Schilderung: Pieper (Anm. 11), S. 104. 54 Vgl. Horaz, Carmen 1, 25, 15: „iecur ulcerosum“. 55 Vgl. Properz 1,1,1–2 sowie die Analyse hierzu von Christoph Pieper (Anm. 11), S. 104.

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Durch das Zusammenwirken von Amor und puella scheinen die Grenzen ihrer Persönlichkeiten und Eigenschaften zu verschmelzen. Petrarcas Laura erfährt diesbezüglich geradezu eine Apotheose: Sie nimmt göttliche Züge an und ersetzt den am Karfreitag sterbenden Christus als neue Sonne. 56 In dieser petrarkischen Vorstellung findet die neulateinische Elegie zahlreiche Anknüpfungspunkte. So lässt Landino seine Xandra in der bekannteren zweiten Fassung (1458/59), die als erste „konsequente Entwicklung der Liebeselegie in der Renaissance unter dem Stern Petrarcas“ 57 gelten kann und besonders für die folgende Generation Florentiner Humanisten Vorbildcharakter entwickeln sollte, ebenfalls ein Werkzeug oder eine Helferin Amors werden und mit dessen Eigenschaften verschmelzen. 58 Dass sie darüber hinaus sogar selbst den Liebespfeil in das Innere des lyrischen Ichs abschießt, verbindet die Xandra-Erzählung mit dem Liebesbeginn bei Albrisius (Xandra 1,3,33–34): Tunc tua me primum certissima, Xandra, sagitta fixit et in pectus duxit amoris iter. Damals hat mich zuerst dein sicher treffender Pfeil durchbohrt, Xandra, und hat seinen Weg für die Liebe ins Herz gebahnt.

Und doch bleibt Xandra als zweites Ich Amors weiterhin dem Gott unterstellt und fungiert lediglich als Wegbereiterin 59 für die Liebeseinwirkungen, während Lucina allein und aus scheinbar freien Stücken das von Amor erwartete Werk vollführt. Ihr untersteht umgekehrt sogar der Liebesgott als Helfer für den Pfeilschuss, indem er die Herzen des künftigen Liebespaares erwärmt und damit vorbereitet. So greift das erste Gedicht der Lucina zwar in veränderter Weise die petrarkische oder auch petrarkeske Liebesinitiation auf. Ein tatsächliches innamoramento als Situation des ersten Erblickens nach dem Modell Petrarcas (wie auch als Zentralmotiv der romanischen Minnelyrik) 60 aber ergibt sich erst durch die verbindende Betrachtung der Praefatio mit dem ersten Gedicht der Sammlung.

 56 Vgl. die Analyse der „Christianisierung Lauras“ (S. 137) bei Gerhard Regn: ,Allegorice pro laurea corona‘. Dante, Petrarca und die Konstitution. In: Romanistisches Jahrbuch 51 (2000), S. 128–152, hier S. 137–138. 57 Thurn (Anm. 5), S. 128. 58 Vgl. hierzu ausführlich Pieper (Anm. 11), S. 102. 59 Vgl. diesbezüglich die Entsprechung von „via“ (RVF 3,10) und „iter“ (Xandra 1,3,34). 60 Vgl. hierzu insbesondere die Untersuchung von Michael Schwarze: Unsagbare Augen-Blicke. Das innamoramento in Francesco Petrarcas Canzoniere. In: Anblick / Augenblick. Ein interdisziplinäres Symposion. Hg. von Michael Neumann. Würzburg 2005, S. 109–129.

  Carolin Anna Giere

. Doppeltes innamoramento und die Rolle der Geliebten Saepe revertenti studiorum ad iura meorum, Structa ubi Francisci surgere templa vides (Exacta fuerant iam nata crepuscula nocte 61), Visa mihi niveo surgere nympha toro. 5 Auroram vidisse putes, ubi proximus orbem Sol habet et resides ad iuga cogit equos. Forte caput nitidum specula porrexerat alta. Sensit enim socias concrepuisse fores. Obstupui claram tanti vi luminis aedem 10 Fundere Apollineum nostra per ora iubar. (1,1,1–10) Als ich mich auf meinem gewohnten Rückweg unter das Gebot meiner Studien begab, schien sich mir dort, wo du das errichtete Gotteshaus des Franciscus sich erheben siehst (schon war, da die Nacht verstrichen, die Dämmerung herangekommen), eine Nymphe aus einem weißen Bette zu erheben. Man hätte glauben können, dort Aurora zu erblicken, wo der ihr nachfolgende Sol den Erdkreis bereits in seinem Besitz hat und die trägen Pferde ins Joch zwingt. Zufällig hatte sie ihr glänzendes Haupt in die hohe Höhe gereckt. Denn sie nahm wahr, dass eine Flügeltür geknarrt hatte. Ich war erstaunt, dass das strahlende Gebäude durch die Kraft eines so großen Lichtes den apollinischen Morgenstern über mein Gesicht ausgoss.

Auf dem Weg zum Studium der Rechte, vielleicht in die Universität, geht das lyrische Ich an der Kirche San Francesco vorbei und erblickt wie durch Zufall eine wunderschöne Frau am Fenster, die ihm wie die Sonne selbst erscheint. Anstatt wie Francesco Petrarca die Ausgangssituation des innamoramento mit einem bedeutungsschweren religiösen Feiertag zu verknüpfen, genügt es für Albrisius, auf sein Vorbild selbst zu rekurrieren: Der Ort des Geschehens befindet sich bei den heiligen Städten eines gewissen Franciscus; die Kirche verweist als „clara aedes“ (9) auf eben jene Santa Clara zu Avignon, in der Petrarca seine Laura am 6. April 1327 das erste Mal erblickt zu haben vorgibt. Wie Laura, deren erster Anblick mit dem weichenden Sonnenlicht zur Sterbestunde Jesu zusammenfällt, 62 scheint auch Lucina Auslöserin einer besonderen Lichtsituation zu sein: In direkter Verknüpfung mit der oben beschriebenen Bedeutung ihres Namens steht sie als Morgenröte (5: „Aurora“) in göttlicher Relation sowohl in Bezug auf die antike Mythologie als auch auf die mittelalterliche Bezeichnung der christlichen Mutter Gottes. Dass die petrarkische Laura ebenfalls in einer Bezie-

 61 In der Handschrift: „noctis“ [fol. 2v]. 62 Vgl. den Auszug aus dem Canzoniere Petrarcas oben sowie Anm. 56.

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hung zu Maria steht, 63 verbindet Lucina überdies mit der petrarkischen Geliebten. Dabei funktioniert die Lichtattribution Lucinas analog zur Schönheitsbeschreibung Lauras durch Objekte, die mit ihrem Namen verknüpft sind: Lucinas Haupt glänzt, als ginge von ihr eine vis luminis aus, die den Apollineum iubar erst möglich macht. Beides, Lichtgestalt sowie Identifikation mit der Jungfrau Maria, passt nicht zufällig ebenso in die bereits aufgezeigte Relation Lucinas zur Geburtsgöttin Diana und findet wiederum eine Rückbindung an Petrarcas Laura: Auch diese wird mit den Attributen der Mondgöttin und Schwester Apolls besetzt sowie mit ihrer mythologischen Geschichte verbunden (vgl. hierzu RVF 23). Die göttliche Ausdeutung der Namensmetonymie Lucinas wird zusätzlich in der Attribution „nympha“ (4) als erstes Bild für ihre Erscheinung geweckt: Als νύμφη ist sie etymologisch eine „junge Frau im heiratsfähigen Alter“, die semantisch als Figur zwischen Mensch und Göttin ideal in das Bild der Geburts- und Fruchtbarkeitsgöttin und zugleich real-weltlichen puella passt. So erweitert Albrisius die Überblendung von der unerreichbaren madonna Laura zur elegischen puella und übernimmt damit das antike Urkonzept der divina puella 64, das sich im mittelalterlich-romanischen Frauenlob ebenso wiederfindet wie in der petrarkischen, petrarkistischen und neulateinisch-petrarkesken Liebesdichtung. 65 Als Gestalt zwischen lichthafter Göttlichkeit und keuscher Zurückhaltung im Irdischen erhebt sich die „nympha“ Lucina aus einem weißen – und damit jungfräulich reinen – Bett (4: „niveo surgere nympha toro“) 66. Dem zeitgenössischen Leser dürfte dieser Anklang an Petrarcas Laura, die er als „stella in terra“ (RVF 29,46) 67 im Ohr gehabt hat, ebenso wenig entgangen sein wie derjenige durch die folgende Beschreibung Lucinas als „Aurora“ (Vers 5). Der Morgenröte ist die petrarkische Laura nicht nur onomatopoetisch verbunden (l’aurora), sondern auch hinsichtlich ihrer im Canzoniere immer wieder tangierten mythologischen Relation zu  63 Vgl. Georg Rabuse: Petrarcas Marienkanzone im Licht der ,Santa Orazione‘ Dantes. In: Petrarca 1304–1374: Beiträge zu Werk und Wirkung. Hg. von Fritz Schalk. Frankfurt a.M. 1975, S. 243–254. 64 Vgl. die bekannte Arbeit von Godo Lieberg: Puella divina. Die Gestalt der göttlichen Geliebten bei Catull im Zusammenhang der antiken Dichtung. Amsterdam 1962. 65 Vgl. beispielsweise Landinos Xandra, die als „ninfe fiesolane“ ihren Platz zwischen der sterblichen und göttlichen Welt einnimmt, wobei sie in einem regionalen Bezug zur Stadt Florenz steht. Vgl. Christoph Pieper: Lamenting, Dancing, Praising. The Multilayered Presence of Nymphs in Florentine Elegiac Poetry of the Quattrocento. In: The Figure of the Nymph in Early Modern Culture. Hg. Von Karl Enenkel und Anita Traninger. Berlin, Boston 2018, S. 193–224, hier S. 209. 66 Vgl. die Anspielung auf Properz 2,26,21: „surge, poeta toro“. 67 Ihre göttliche Haltung lässt Laura ihre Keuschheit bewahren, wie der Lorbeer sein grünes Blatt bewahrt: „Ch’è stella in terra, et come in lauro foglio | conserva verde il pregio d’onestade“ (RVF 29,46–47).

  Carolin Anna Giere Daphne: 68 Ihr liebender Verfolger Apollon ist zugleich auch der Sonnengott Phoebus Apollo (Sol), vor dem sie sich noch als verwandelter lauro schützen muss. 69 Dass Lucina als Lichtgestalt „Aurora“ ausgerechnet den „Apollineum iubar“ über dem Antlitz ihres Voyeur ausgießt (10) und ihn dadurch zu ihrem amator macht, verbindet Albrisius’ puella dezidiert mit der Daphne-Laura. Dabei bleibt Lucina in der Beschreibung ihres Beobachters ebenfalls das reine, jungfräuliche, der Liebe abgeneigte Wesen, indem sie beim Aufstehen aus dem Bett nur zufällig ihren Kopf am Fenster für den Vorübergehenden zeigt (7: „forte porrexerat alta“). Der Grund dafür war – so erklärt es sich das lyrische Ich – eine Tür, die geknarrt hatte. In diesem zufälligen Moment, in dem der Protagonist die puella Lucina das erste Mal erblickt, wird das innamoramento mit voller Kraft in Gang gesetzt. Das von ihr ausgehende Licht überstrahlt ihn, wie auch ihre Schönheit selbst (1,1,11– 14): Mirabar dulcis oculos, et eburnea colla, Mirabar roseos (ut polus astra) sinus. Colligit in nodum neglectos luthea crinis Vitta, tegunt sparsae lactea terga comae. Bewundernd sah ich ihre lieblichen Augen und ihren elfenbeinfarbenen Hals an, bewundernd auch die rosigen Brüste, wie ein Pol seine Sterne [ansieht]. Eine goldgelbe Binde verband das Haar nachlässig zu einem Knoten, hier und dort herausgefallene Haare lagen auf dem milchweißen Rücken.

Die Beschreibung des Körpers der Lucina erfolgt über einige wenige, geradezu topische Merkmale: Von den Augen wandert der Blick des Voyeurs herab über den Hals, die Brüste und das Haar bis zum Rücken der puella. Trotz der wenigen Bestandteile führt der Protagonist bildhaft denjenigen Ausschnitt Lucinas vor Augen, den er selbst über sich am Fenster zu sehen vermag. Die descriptio pulchritudinis bedient sich bewusst des Schönheitskatalogs europäischer Liebeslyrik und ergibt in seiner Auflösung in einzelne Körperteile das typische, für den Petrarkismus viel zitierte Bild der „synthetic lady“. 70 Eine Beschreibung der puella a capite usque ad pedes, wie sie dem antiken Topos elegischer Texte mit dem

 68 Vgl. beispielsweise RVF 30 sowie RVF 27. 69 Vgl. RVF 34. 70 Abgeleitet ist dieser in der Literatur viel vermerkte und wohl zumeist durch die prominente Zitation im Werk von Gerhart Hoffmeister (Petrarkistische Lyrik. Stuttgart 1973, S. 25) bekannte Begriff aus der Untersuchung von A. H. Schutz: Ronsard’s Amours XXXII and the Tradition of the Synthetic Lady. In: Romance Philology l (1947/1948), S. 125–135.

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Fokus auf ihren sexuellen Reiz entstammt, 71 finden wir in diesem Sinne nicht vor. Vielmehr entspricht die Beschreibung der gewählten Körperteile und des Ausschnitts den Vorstellungen mittelalterlicher Schönheitsbelobigungen als „Hauptfunktion der epideiktischen Rede“ 72. Dass diese bereits im zweiten Gedicht der Sammlung angeordnet ist, findet überdies ihre Legitimation in hochmittelalterlichen Poetiken wie der des Matthäus von Vendôme, die anhand der Metamorphose von Jupiter und Callisto darlegt, dass die descriptio pulcritudinis der puella argumentativ für das folgende Liebesgeschehen sei und deshalb als nachvollziehbare Begründung für den Leser gleich zu Beginn angeführt werden müsse. 73 Anders jedoch als die mittelalterlichen und auch petrarkischen Körperbeschreibungen 74 sind es bei Albrisius nicht die Haare, sondern die Augen Lucinas, die zuerst bewundernd Erwähnung finden. Diese Verschiebung in der Beschreibungsreihenfolge ist nicht zufällig gewählt. Albrisius betont auf diese Weise explizit die Augen als diejenigen Körperteile, welche zuerst den Blick des lyrischen Ichs auf sich ziehen und damit als Ausgangspunkt des Liebesprozesses – als innamoramento – stehen. Schon die altprovenzalischen Troubadours und italienischen Stilnovisten beurteilten die Augen vor dem Hintergrund der augustinischen Erkenntnis- und Sinneslehre geradezu platonisch 75 als edelsten, gottnahen

 71 Vgl. beispielsweise Ovids Corinna-Beschreibung in den Amores 1,5. 72 Vgl. § 239 in Heinrich Lausberg: Handbuch der literarischen Rhetorik. Bd. 1. München 1973, hier S. 130. 73 Vgl. entsprechende Stelle in den Ars versificatoria 1,40: „Amplius, si agatur de amoris efficatia, quomodo scilicet Iupiter Parrasidis amore exarserit, prelibanda est puelle descriptio et assignanda puellaris pulcritudinis elegantia, ut audito speculo pulcritudinis verisimile sit et quasi coniecturale auditori Iovis medullas tot et tantis insudasse deliciis.” [Ferner müssen wir, wenn es um die Wirksamkeit der Liebe geht, wie beispielsweise Jupiter in rasender Liebe zu der aus Parrhasien (= Callisto) entbrannt war, zuerst eine Beschreibung der Geliebten ausführen und die Eleganz ihrer jugendlichen Schönheit bestimmen, damit es dem Hörer dieser Schönheit, als hätte er sie in einem Spiegel gesehen, gleichsam glaubwürdig erscheint, warum Jupiters Innerstes vor lauter Entzücken in Schweiß geraten war (und zu diesem Fehltritt verleitet wurde).] Der lateinische Text wurde entnommen aus Mathei Vindocinensis Opera: Ars versificatoria. Storia e letteratura. Hg. von Franco Munari. Bd. 3. Rom 1988, S. 171. 74 Bei Petrarca finden in den jeweils nur angedeuteten Körperbeschreibungen Lauras zumeist die Haare die erste Erwähnung. Vgl. die Gedichte RVF 90,1; 143,9; 227,84–85 sowie die entsprechende Beschreibung der Reihenfolge der zusehenden Körperteile im RVF 127,83–84: „e‘l primo dí ch’i vidi a l’aura sparsi | i capei d’oro, ind’io sì subito arsi“. 75 Seit Platon sind die Augen das Fenster zur Seele. Vgl. Platon, Timaios, 47 a–f. In: Platon. Werke in acht Bänden. Griechisch und Deutsch. Hg. von Gunter Eigler. Darmstadt 1970. Bd. 7. S. 80–83.

  Carolin Anna Giere Sinn in der Vermittlung der höchsten Güter, zu denen die Liebe zählt. 76 Für Albrisius’ Zeit finden die Augen ihre sicherlich bedeutsamste Aufnahme als causa amoris bei Petrarca, der in seinem Canzoniere zwar keine explizite descriptio pulchritudinis Lauras anführt, 77 das innamoramento-Motiv höfischer Minne-Lyrik jedoch in seiner Grundbedeutung aufgreift: In demjenigen Moment, in dem der Sprecher die Augen des Mädchens erblickt, dringt ihre Schönheit durch seine Augen bis ins Herz, dem Sitz Amors, vor: Es ist ,Liebe auf den ersten Blick‘. Die christlich-mariologische Relation, die Petrarcas Laura in diesem Zusammenhang erfährt, wird bei Albrisius durch die Charakteristika ihrer Körperteile (11: „dulces oculi, eburnea colla“) aufgenommen, liegt der Ursprung des typischen Schönheitskatalogs des Mittelalters doch nicht nur in der griechisch-römischen Antike, sondern vor allem auch in den Beschreibungen des Hohelieds 78 der Bibel. 79 Eine Wendung scheint die Körperbeschreibung hingegen hinsichtlich der zuletzt genannten – und deshalb zunächst als weniger wichtig gedeuteten – Haare Lucinas zu nehmen. Ihre offenen, vom Wind verwehten Haare (13–14: „neglectos crinis | sparsae comae“) besitzen – wie schon bei Petrarcas Laura – 80 eine sinnliche, erotische Konnotation und sind der zuvor möglichst triebsublimierenden Beschreibung entgegengesetzt. In mehrfacher Weise klingt durch die Wortwahl

 76 Der Kirchenvater Augustinus erörtert seine Erkenntnislehre insbesondere in dem Traktat De Trinitate (Buch XI). Besprochen wird diese ausführlich bei Ulrich Wienbruch: Erleuchtete Einsicht. Zur Erkenntnislehre Augustins. Bonn 1989. 77 Rüdiger Schnell beschreibt Schönheit und Sehen als einheitliche „nichtpoetische“ und stattdessen „natürliche Ursache“, die eines der bedeutendsten psychologischen Probleme der causa amoris des Mittelalters ausmacht. Vgl. Rüdiger Schnell: Causa Amoris. Bern, München 1985, S. 241–275, hier S. 241. Bei Petrarca ist diese Einheit des Seh-Aktes der schönen Gestalt implizit. 78 Die Augen finden hier ebenfalls an erster Stelle Erwähnung, wobei das Adjektiv dulcis dem üblichen Motivkreis marianischer Hymnik zugerechnet werden kann. Auch der elfenbeinfarbene Hals (11) findet sich in der biblischen Beschreibung (Vgl. HL 7,4: „Collum tuum sicut turris eburnea […]“), ist aber in der römisch-antiken Schönheitsbeschreibung ebenso gängig (vgl. Ovid Metamorphoses 3,422 und 4,335.) wie in der petrakesken-neulateinischen Dichtung des Quattrocento. So wird Albrisius, sollte ihm die erste Fassung der Xandra-Gedichte Landinos zugänglich gewesen sein, die Schönheitsbekundung gegenüber Xandra bei der Wahl seines Verses in zumindest semantischer Hinsicht mitgedacht haben: „Et mirabuntur crines et eburnea colla“ (Xandra antiquior 10,19). 79 Zur mariologischen Ausdeutung des Hohelieds vgl. Klaus Schreiner: Maria. Jungfrau, Mutter, Herrscherin. München 1994, S. 175. Diese mittelalterliche „gefühlvolle“ (ebd.) Marienverehrung dürfte den Idealtypus der engelsgleichen Schönheit der Troubadours und Stilnovisten beeinflusst haben. 80 Vgl. das Sonett RVF 196 sowie die Kanzone RVF 270.

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die Metamorphose von Jupiter und Callisto an, 81 die auch Matthäus von Vendôme – wie oben erwähnt – als Beispiel für seine poetischen Ausführungen wählte. Ebenso wie die Nymphe Callisto erwacht auch Lucina gerade von einer Bettruhe (vgl. 4: „surgere nympha toro“), so dass ihr Haar entsprechend ungeordnet und unfrisiert ist: In einem Knoten („in nodum“) werden die Haare nur noch teilweise und locker durch ein Band („luthea vitta“) zusammengehalten; die übrigen ungebundenen fallen auf den nackten Rücken. Offen wallendes und kunstlos vernachlässigtes Haar ist in der antiken Poesie nicht nur verführerisch für den beobachtenden amator, 82 sondern zugleich Zeichen jungfräulicher Ungebundenheit der puella. 83 Ob diese jedoch selbst Ambitionen hegt, dürfte dem Protagonisten allein aus seiner Beobachtung ihrer Gestalt ungewiss bleiben, da – schenkt man Ovids Kenntnissen Glauben – nur Mädchen mit frisiertem Haar den Männern gefallen wollen. 84 Die unbekümmerte und unbewusste Schönheit Lucinas, die ihres natürlichen Liebreizes wegen keiner weiteren Pflege bedarf, 85 schlägt dabei einen erneuten Bogen zu der auch mit Petrarcas Laura verbundenen Nymphe Daphne, deren ungebundene Haare ebenfalls durch eine Kopfbinde („vitta“) gehalten werden. 86 Noch eindrücklicher ist die Relation zu dem ebenfalls von Ovid kreierten Bild der Nymphe Crocale, die der Göttin Diana in der Actaeon-Erzählung das Haar in perfekter syntaktischer wie semantischer Analogie zu Albrisius’ Beschreibung in einem Knoten zusammenlegt (Ovid, Metamophoses 3,168:  81 Vgl. die Parallelen zu Ovid, Metamorphoses 2, 412–415: „non erat huius opus […]| nec positu variare comas. ubi fibula vestem, | vitta coercuerat neglectos alba capillos, | miles erat Phoebes […]“. Callisto wird wie Lucina in demjenigen Moment beschrieben, in dem ihr Voyeur sie das erste Mal erblickt. Neben der syntaktischen fällt die semantische Analogie beider descriptiones ins Auge: Synonymisch steht das Haar wie bei Ovid betont im Mittelpunkt – zum einen in seiner Bedeutung der langen, weichen Frauenhaare, die einer Frisur bedürfen („coma“), und zum anderen als zu beschreibendes Körperteil des Menschen („crinis“). Vgl. Die Synonyme des Oberbegriffs „Haar“ bei Hermann Menge: Lateinische Synonymik. Heidelberg 1977, S. 150. 82 Vgl. neben der Callisto-Erzählung auch die Lucretia-Episode in den Fasti: „neglectae collo sic iacuere comae“ (Ovid, Fasti 2,772). Ovid lässt sein lyrisches Ich argumentieren, dass es dem amator einerlei sei, ob die puella ihr Haar frisiere oder nicht. Vgl. Ovid, Amores 2,4. 83 Vgl. hierzu die insbesondere an den Haaren festgemachte Schönheit Cynthias bei Properz (beispielsweise Properz 2,1,1–3) sowie die Ausführungen zur Funktion und Bedeutung des Haarmotivs in der Antike in dem Kapitel „Haar als Schönheitssymbol und erotisches Stimulans“ von Ingrid Hohenwallner: Venit odoratos elegia nexa capillos. Haar und Frisur in der römischen Liebeselegie. Möhnesee 2001 (Arianna 2), S. 11–20. 84 Vgl. den entsprechenden Hinweis in Ovids Medicamina faciei femineae, wobei die Junktur „positu variare capillos“ (Medicamina faciei feminae 19) den Ursprung des Callisto-Verses verrät. 85 Vgl. diesbezüglich erneut die Beschreibung der Lucretia in Ovids Fasti (2,764): „nulla factus ab arte decor“. 86 Vgl. Ovid, Metamorphoses 1,477: „vitta coercebat positos sine lege capillos“.

  Carolin Anna Giere „conligit in nodum“), während sie selbst unfrisiert bleibt. So erscheint Lucina nicht nur als „nympha“, 87 sondern ist erneut auch mit der Göttin Diana selbst verbunden. Diese indirekte Korrelation lassen die folgenden Verse des Gedichts schließlich konkret werden, indem sie die Figur der Phoebe-Diana und LatoniaTochter für Lucina aufnehmen (1,1,15–18): Inde videbatur Latonia surgere Phoebe, Roscida syderio quom fugat axe diem. Vidit ubi aspectus fugit prius inscia nostros Attonitaque scias delituisse domo. Da schien eine latonische Phoebe sich zu erheben, wenn sie tauend auf einem strahlenden Wagen den Tag in die Flucht schlägt. Nachdem sie mich erblickt hatte, floh sie vor meinem Anblick – zuvor kannte sie mich nicht –, und du sollst wissen, dass sie sich bestürzt im Haus versteckte.

Unverkennbar nimmt das Bild der sich erhebenden Mondgöttin Diana die bereits in Vers 5 geschilderte Szenerie der aufstehenden Nymphe Lucina wieder auf: „Visa mihi niveo surgere nympha toro“. Das Geschehen läuft immer wieder vor dem inneren Auge des Ichs ab: Zufällig ergibt es sich, dass er eine junge Frau am Fenster zu sehen bekommt, die sich aus der Reaktion auf das Knarren einer Tür heraus unwissentlich ihrem Voyeur in ganzer Schönheit zeigt. Als Lucina sich dann aber seiner Blicke gewahr wird, flieht sie erschrocken aus dem Zimmer. Die Situation des Erblickens seiner puella erscheint dem Protagonisten wie die viel zu kurze Nacht der körperlichen Vereinigung, die durch die nahende Dämmerung sogleich wieder beendet wird. Eingedenk des mittelalterlichen Typus der Alba besingt er zunächst Lucinas „Aufgehen“ als Mondgöttin Diana („Latonia surgere Phoebe“), um im folgenden Vers 16 mit dem Bild Auroras aus Ovids bekanntem ,dawn song‘ 88 zu bemerken, dass die Nacht – und damit die Situation des Anblickens – schon wieder im Begriff ist, ihr Ende zu nehmen. Denn in diesem Moment erblickt Lucina ihren zuvor unbemerkten und unbekannten Voyeur (17: „inscia“) und vollzieht die bereits angedeutete Flucht, indem sie aus dem Zimmer schwindet und sich im Haus versteckt.

 87 Vgl. auch die Relationen, die die beiden mit Lucina vergleichbaren Nymphen Callisto und Daphne zu Diana haben: Während Callistos Beschreibung darin mündet, eine Soldatin der Phoebe zu sein (Ovid, Metamorphoses 2,415: „miles erat Phoebes“), wird Daphne als der unvermählten Diana selbst Nacheifernde illustriert (1,476: „innuptaeque aemula Phoebes“), die ihren Vater persönlich um ewige Jungfräulichkeit wie die ihres Vorbildes bittet (1,486–487). 88 Vgl. Ovid, Amores 1,13,1–3: „Iam super Oceanum venit a seniore marito | flava pruinoso quae vehit axe diem. | quo properas, Aurora?“

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In ihrer Flucht klingt für Lucina nicht nur erneut die Mythologie um Daphne an. Mit „Attonitamque“ am Versanfang rezitiert Albrisius einmal mehr die Callisto-Erzählung und konkret denjenigen Moment, in dem der unverschuldete Fehltritt der Nymphe vor den Augen der Diana und ihrer jungfräulichen Begleiterinnen zu Tage tritt: Als der armen Callisto zum Baden in der Quelle gegen ihren Willen die Kleider vom Leib gerissen werden, versucht sie entsetzt mit ihren Händen den schwangeren Körper zu verhüllen. 89 Das gleiche Entsetzen packt Lucina, als sie bemerkt, unbeabsichtigt am Fenster ihren Körper zu zeigen. In der metaphorischen Überblendung gerät der Leser in die Wahrnehmung eines Als-Ob-Modus, 90 durch welchen Lucina an die Stelle der entkleideten Callisto tritt. Auch wenn ihre Nacktheit bei Albrisius keine explizite Erwähnung findet, so lässt die Beschreibung der Haare, die verstreut über ihren weißen Rücken fallen (14: „tegunt sparsae lactea terga comae“), in der Vorstellung des Lesers doch zumindest die Möglichkeit einer Entblößung zu: In der Bewegung der Flucht löst sich das zuerst büstenhaft frontale Abbild Lucinas (Augen, Hals und Brust) auf in das des von Windstößen entblößten und von wehendem Haar umspielten Körpers der Daphne, die von ihrem Voyeur als Fliehende nur als noch schöner empfunden wird. 91 In doppelter Fasson nutzt Albrisius so geschickt das von Petrarca im Madrigal RVF 52 manifestierte Konzept der metonymischen Relation, das die Situation am Bade für die lediglich entschleierte Laura als „Phantasma der gänzlich enthüllten Göttin [Diana]“ der Actaeon-Geschichte impliziert. 92 Der ungewollt präsentierte Körper in fliehender Bewegung reicht aus, um für Lucina das Bild der entblößten Nymphen zu assoziieren, zugleich aber auch die Referenz zu Laura aufrecht zu erhalten. Neuerlich gelingt diese über die Konnotation der Daphne-Figur: Auch Laura wird im Canzoniere immer wieder in ihrer sinnlichen Schönheit des vom Wind verwehten und durch l’aura bewegten Haares beschrieben. 93

 89 Vgl. insbesondere die syntaktisch gleiche Verwendung des Adjektivs „attonitus“ in Ovid, Metamorphoses 2,463: „attonitae manibusque uterum celare volenti“. 90 Vgl. dieselbe Feststellung Florian Mehltretters für die Flussszene im Canzoniere, in der der Betrachter den Eindruck hat, ,als ob‘ Laura durch die Abnahme ihres Schleiers nackt würde wie die badende Diana bei Ovid. Vgl. Florian Mehltretter: Kanonisierung und Medialität. Petrarcas Rime in der Frühzeit des Buchdrucks (1470–1687). In Zusammenarbeit mit Florian Neumann. Berlin 2009 (Pluralisierung und Autorität 17), S. 60. 91 Vgl. Ovid, Metamorphoses 1,527–530. 92 Vgl. Mehltretter (Anm. 90), S. 60. 93 Vgl. insbesondere semantisch die Gedichte RVF 90,1: „Erano i capei d’oro a l’aura sparsi“, RVF 227,84–85: „e‘l primo dí ch’i vidi a l’aura sparsi“ sowie RVF 143,9–10: „Le chiome a l’aura sparse, et lei conversa | indietro veggio“.

  Carolin Anna Giere Bis hierher hat die Analyse Lucinas ein insgesamt kaum fassbares Bild der Geliebten gezeichnet, das zwischen mariologisch-göttlichen und sinnlichmenschlichen Zügen angesiedelt ist und dabei antike Topoi ebenso bedient wie mittelalterliche, vor allem aber auf beide Diskurse vereinende petrarkische Merkmale zurückgreift. In dieser Hinsicht darf wohl die Junktur dulcis oculos (Vers 11) als zentral für das Gedicht 1,1 des Albrisius gedeutet werden: Zum einen ist sie geradewegs in der Mitte (11) der Erzählung des Gedichtes (1–22) angeordnet und impliziert das Motiv des innamoramento als causa amoris selbst. Zum anderen knüpft „dulcis oculos“ über die Semantik an den Inhalt des ersten Gedichts der Sammlung, der Praefatio, an: So sind Lucinas Augen erst in der Folge als „dulcis“ und Auslöser des „Verliebens auf den ersten Blick“ beschrieben, nachdem sie (bzw. die puella) in der Praefatio mit „dulcibus flamis“ (Praefatio 9) das Feuer im Herzen des lyrischen Ichs entfacht hatten (Praefatio 10: „corda accensa“). Die Parallelität zu Petrarcas Canzoniere ist dabei in mehrfacher Hinsicht unübersehbar: Zunächst sind Lauras Augen zwar nicht selbst süß oder lieblich, in ihnen aber entbrennt ebenfalls ein Entzücken (dolcezza), das von dort weiter ins Herz hinabgeschickt wird und das innamoramento schließlich auslöst. 94 Weit entscheidender jedoch ist die bei Albrisius aus der Gedichtstruktur resultierende zweigeteilte Situation eines innamoramento, deren Vorbild ebenfalls in Petrarcas Gedichtanordnung zu vermuten ist: Die für den Canzoniere oben beschriebene Situation der zufälligen Begegnung am Karfreitag (RVF 3) ist nicht allein ausschlaggebend für das Verlieben des Protagonisten in seine donna. Auch RVF 2 ist Teil der innamoramento-Situation, wobei beide Sonette weniger in der Narration als vielmehr als „zwei diskontinuierliche Rede- bzw. Erinnerungsakte“ zu ein und demselben Ereignis des Sich-Verliebens miteinander zusammenhängen: 95 Während RVF 2 eine „traditionell gehaltene Version“ 96 der Liebesinitiation durch den profan-antiken Gott Amor beschreibt, ersetzt RVF 3 die moralphilosophische Perspektive des innamoramento-Geschehens durch eine christlich-theologische und installiert als Auslöser der Liebe sowie der folgenden „Passionsgeschichte“

 94 Vgl. in der sog. Augenkanzone 72,39: „che dolcemente mi consuma et strugge“. 95 Vgl. hierzu Franz Penzenstadler: Augenblicke der Erinnerung – erinnerte Augenblicke. Zeitfragmente in Petrarcas Rerum vulgarium fragmenta. In: Der lyrische Augenblick. Eine Denkfigur der Romania. Hg. von Milan Herold und Michael Bernsen. Berlin, Boston 2015 (Romanische Literaturen der Welt 55), S. 69–98, hier S. 79. 96 Catharina Busjan: Petrarca-Hermeneutik. Die Kommentare von Alessandro Vellutello und Giovan Andrea Gesualdo im epochalen Kontext. Berlin, Boston 2013 (Pluralisierung & Autorität 28), hier S. 143.

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des Protagonisten dessen zufällige Begegnung mit Laura. 97 Verglichen mit den ersten beiden Gedichten der albrisischen Sammlung ist zumindest die strukturelle Reminiszenz zweier differenter Erinnerungen an das Ereignis der Liebesinitiation augenscheinlich: In der Praefatio der Lucina schildert das lyrische Ich seine profan-moralphilosophische Erinnerung an die eigene Überwältigung durch den mythologischen Akt des Pfeilschusses. Das zweite Gedicht der Sammlung (1,1) ist dagegen schon dadurch ebenfalls christlich kontextualisiert, dass die Beschreibung von Ort, Zeit und Lichtsituation implizit auf Petrarcas Karfreitags-Gedicht rekurriert. Anders als bei Petrarca jedoch verzichtet die erste Erinnerung bei Albrisius auf das typische Einwirken des Liebesgottes Amor. Stattdessen ist Lucina Auslöserin beider Erinnerungsszenarien des Verliebens: Sowohl aktiv und „wissentlich“ durch ihren Pfeilschuss als auch passiv und „inscia“ (17) durch ihre Lichtgestalt erreicht sie ein innamoramento, das den Protagonisten entflammt bzw. illuminiert. Es ist dieser konträre Habitus Lucinas, der mit dem singulären Akt des innamoramento koinzidiert und als Produkt der Imagination des lyrischen Ichs aufnimmt, was Michael Bernsen für Petrarcas Canzoniere als „Zeichen eines Ausgeliefertseins an die Kontingenz der sinnlichen Welt“ bezeichnet. 98 Das lyrische Ich des 15. Jahrhunderts, das sich als eigenständig reflektierende Instanz vor dem zeitgenössisch epistemologischen Hintergrund des Nominalismus der Situation des innamoramento rückblickend zu entsinnen versucht, scheitert. Sein aristotelischer Wahrnehmungsvorgang 99 präsentiert sich erschüttert. Die systematisch-analytische Erfassung der Geliebten und ihrer Gestalt im stilnovistisch typischen Moment der admiratio 100 misslingt. Statt der klaren Er 97 Vgl. die Deutung von Andreas Kablitz, der die Situation am Karfreitag als allegorischen Beginn des Leidenswegs Christi ausdeutet: Andreas Kablitz: Laura und die alten Mythen. Zum Verhältnis von antikem Mythos und christlicher Heilsgeschichte in Petrarcas Canzoniere. In: Petrarca-Lektüren. Hg. von Klaus W. Hempfer und Gerhard Regn. Stuttgart 2003 (Text und Kontext. Romanische Literaturen und Allgemeine Literaturwissenschaft 17), S. 69–96, hier S. 78. 98 Vgl. Michael Bernsen: Die Problematisierung lyrischen Sprechens im Mittelalter. Eine Untersuchung zum Diskurswandel der Liebesdichtung von den Provenzalen bis zu Petrarca. Tübingen 2001, S. 322. 99 Dieser sieht vor, dass 1) nach dem Erfassen des Körpers mit den äußeren Sinnen wie der Augen 2) das Gesehene anschließend mit Hilfe der eigenen Vorstellungs- und Einbildungskraft in der Erinnerung abgespeichert wird, um dann 3) mit dem Verstand andere bereits bewahrte Bilder zu vergleichen und zu beurteilen. Vgl. Schnell (Anm. 77), S. 244. 100 Der charakteristisch verwirrende Moment des Erblickens der Dame führte noch bei Giacomo da Lentini dazu, der transzendenten Stellung der Dame gewahr zu werden und diesbezüglich sogar die Macht Gottes und seine Schöpfung in Frage zu stellen. Eine Erkenntnis dieser Art wird bei Petrarca unmöglich. Der Moment des Erblickens ist geprägt von der „Aussetzung menschlichen Verstehens und Begehrens“. Vgl. Bernsen (Anm. 98), S. 298.

  Carolin Anna Giere kenntnis bleibt dem Protagonisten das Paradoxon einer konträren, zweigeteilten Erinnerung an ein und denselben Moment, die in zwei Sachverhalten aufgeht und zunächst unabhängig voneinander stehen und gelesen werden kann: Einerseits legt der Protagonist in der Praefatio dar, dass er sich verliebt habe, und führt dies als Ausgangsgrund für seine Gedichtsammlung an. In seiner Erinnerung ist Lucina selbst Auslöserin des Liebesgefühls (amor), wodurch dem Leser eine bewusste Absicht ihrerseits suggeriert wird. Andererseits schildert das folgende Gedicht 1,1 für sich genommen lediglich das Ereignis des ersten Erblickens der puella durch das lyrische Ich in einer zufälligen und von Lucina unbeabsichtigten Situation, ohne dass die Liebe (amor) ein einziges Mal Erwähnung findet. Zwar scheint der Körper Lucinas das Begehren des lyrischen Ichs zu wecken. Das Erblicken der Augen der Geliebten jedoch avanciert erst dann zum innamoramento als Konzept der Liebe auf den ersten Blick, wird auch die Konsequenz „amor Lucinae“ (4) aus der Praefatio mitgedacht. Beide Eingangsgedichte zusammengenommen machen schließlich deutlich, worum es tatsächlich geht: die Wirkung der Liebessituation auf das lyrische Ich. Grundlegendend dafür ist nicht das Handeln der puella, die den Dichter zu ihrem amator machen will, sondern das durch Zeit und Ort klar definierte narrative Moment des Erblickens derselben am Fenster durch das lyrische Ich. Sowohl die Amor-Allegorie im ersten Gedicht der Sammlung als auch die göttlichen Anklänge im zweiten Gedicht umweben diese grundlegende Erinnerung an die puella lediglich, während sie zugleich den tatsächlichen innamoramento-Augenblick für den Leser erst als solchen kenntlich machen. Fragen wir an dieser Stelle also erneut nach der Rolle der puella für den Liebesprozess in den Ausgangsgedichten der Lucina des Albrisius, wird deutlich, dass sie durch das doppelte innamoramento weniger als Teilhaberin am Liebesprozess definiert wird als vielmehr als „ent-objektiviert[e]“ 101 und in ihrer Wirklichkeit nicht bestimmbare Erscheinung innerhalb der Erinnerungsperspektive des betrachtenden Subjektes – ganz so wie die petrarkische Laura.

. Lyrisches Ich – poeta/amator – Herausgeber: Die Sammlung als (autobiographisches) Prinzip Im Rückblick auf die bisherige Analyse der Eingangsgedichte wird deutlich, dass Albrisius seine Gedichtsammlung gleich zu Beginn als souveräne Liebeslyrik verortet: Inhaltlich geht es zunächst um die Entstehung der Liebe, die als psycho 101 Penzenstadler (Anm. 95), S. 86.

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logisch problematischer Vorgang seit jeher zentraler Bestandteil der Liebesdichtung ist. 102 Motivisch bedient sich Albrisius dafür des in der Lyrik des fin’amors konstitutiven innamoramento, dessen Bedeutung als Akt des ersten Erblickens der schönen Frauengestalt nicht erst im Mittelalter die entscheidende Wahrnehmungsfunktion zukam. 103 Dabei ist als Grundursache für die Liebe auf den ersten Blick freilich stets die Schönheit der durch den Sänger wahrgenommenen Dame mitzudenken, der die höfische Lyrik der Provenzalen mit dem Motiv des Frauenlobs Ausdruck verlieh. 104 Auch dieses Motivs bedient sich Albrisius, wenn er das innamoramento mit der oben analysierten descriptio pulchritudinis verschränkt. Weit wichtiger als diese in Gedicht 1,1 implizierte Wertung der Geliebten durch die positive Körperbeschreibung ist für die Gesamtdeutung der Liebesentstehung bei Albrisius jedoch das indirekte Frauenlob der Praefatio. Lucina ermöglicht dem Protagonisten, was Amor versäumt hatte: Durch sie wird er nicht nur zum amator, sondern auch zum „poeta amatoris“ (vgl. 4) – zumindest in seiner subjektiven Erinnerungswahrnehmung. Wenn nun Franz Penzenstadler für die Einzelgedichte der RVF Petrarcas zwei unterschiedliche Realisierungsalternativen des Frauenlobs herausstellt, nämlich zum einen diejenige „über eine wertende oder Wertungen implizierende Deskription der Dame selbst“ und zum anderen diejenige „über eine Deskription des Empfindens und Denkens des Liebenden, das indirekt den Wert der Dame bestätigt“, 105 dann sind diese beiden Darstellungsformen des Lobs bei Albrisius nunmehr bereits in den ersten beiden Gedichten, genauer noch: in ein und demselben Augenblick realisiert. Parallel zum Konzept des doppelten innamoramento wird für Lucina somit ein ,doppeltes Frauenlob‘ installiert, das nicht nur den motivischen Rahmen der Liebesentstehung erweitert, sondern darüber hinaus primär diskursgeschichtlich wie poetologisch Relevanz erhält und an eben jener epistemologischen Überwindung der stilnovistischen Liebeskonzeption anknüpft, die auch Petrarcas Canzoniere ver-

 102 Vgl. die entsprechenden Ausführungen zur Minnelyrik bei Eduard Wechßler: Das Kulturproblem des Minnesangs. Studien zur Vorgeschichte der Renaissance. Halle 1909, Bd. 1, insb. S. 381–386 sowie zur Beurteilung antiker Liebesursachen das Kapitel „Sources of love“ bei Saara Lilja: The Roman Elegists’ Attitude to Women, Helsinki 1965, S. 110–155. 103 Schon in der antiken Poesie spielten die Augen eine zentrale Rolle im Liebesprozess, wobei Grundursache für die ,Liebe auf den ersten Blick‘ freilich stets die Schönheit der durch den Sänger wahrgenommenen Dame darstellte. Vgl. Lilja (Anm. 102), S. 112. 104 Vgl. Hugo Friedrich: Epochen der italienischen Lyrik. Frankfurt a.M. 1964, S. 5. 105 Vgl. Franz Penzenstadler: ,Sì come eterna vita è veder Dio‘ (,Rerum vulgarium fragmenta‘ Nr. 191). Petrarcas Dekonstruktion stilnovistischer Poetik. In: Petrarca-Lektüren (Anm. 97), S. 147–183, hier S. 147.

  Carolin Anna Giere anschaulicht. 106 Absichtlich nämlich geht Albrisius mit den beschriebenen Dopplungen über die hochmittelalterliche causa amoris hinaus, die mit dem innamoramento sowie dem Frauenlob in Gedicht 1,1 bereits erfüllt gewesen wäre. Der neue Wert, der Lucina und ihrer Rolle als puella auf diese Weise für das lyrische Ich als poeta und die gesamte Liebeskonzeption bei Albrisius zukommt, überbietet auch Petrarcas Konzeption stilnovistischer Überwindung – zumindest teilweise. Eindrücklich präsentiert sich dies auch in dem noch nicht betrachteten Schluss des ersten Gedichtes der Gedichtsammlung des Albrisius (19–22). Bisher war das Bild, das das lyrische Ich von Lucina beschrieben hatte (1–18), ein von lichtmetaphorischen sowie göttlich-mythologischen Anklängen geprägtes, das der stilnovistischen Poetik einer „theologisch sanktionierten Funktion des Schönen in der Schöpfung“ 107 entsprechen konnte. Wie bei Petrarca, so versucht auch das lyrische Ich bei Albrisius auf diese Weise den Weg der thomistischen Lehre zur intellektuellen Erkenntnis zu gehen und die sinnliche Wahrnehmung der mundanen Schönheit durch einen ascensus zum eigentlich Schönen, dem summum bonum, zu ersetzen. 108 Doch auch wenn Lucina dem lyrischen Ich von Beginn an als göttliches Schöpfungswerk erscheint und die Lichtmetaphorik eine metaphysische wie theologische Weltdeutung suggeriert, bleibt sein Betrachtungshabitus in der grundständigen Szenerie verfangen, die immer wieder vor seinem inneren Auge abläuft: 109 Das zufällige Erblicken ihres (nackten) Körpers am Fenster. Dies bestätigt sich insbesondere dadurch, dass die Schönheit gerade nicht – wie in Texten des Dolce stil nuovo üblich – 110 in und als Folge mit moralisch-theologischen Tugenden verknüpft wird. Statt von caritas oder fides zu sprechen, betont der Sprecher zum Abschluss des Gedichtes 1,1 die irdische Präsenz Lucinas, die als reale Person des zeitgenössischen Leserum 106 Vgl. ergänzend zu den Ausführungen in Kapitel 2 dieses Beitrags die Skizze zum generellen epistemologischen Hintergrund in Klaus W. Hempfer: Probleme der Bestimmung des Petrarkismus. Überlegungen zum Forschungsstand. In: Die Pluralität der Welten. Aspekte der Renaissance in der Romania. Hg. von Wolf-Dieter Stempel und Karlheinz Stierle. München 1987, S. 253– 277, sowie zur Wahrheitskonzeption bei Petrarca: Gerhard Regn: Der andere Weg: Humanismus, Philosophie und Dichtung in Petrarcas ,Canzoniere‘ (Zu ,Rerum fulgarium fragmenta‘ Nr. 7). In: Das 14. Jahrhundert. Krisenzeit. Hg. von Walter Buckl. Regensburg 1995. S. 153–178. 107 Penzenstadler (Anm. 105), S. 166. 108 Thomas von Aquin zufolge ist die Erkenntnis von Schönheit immer schon eine intellektuelle. Vgl. die Besprechung zum Auszug aus dessen Werk Summa Theologiae von Francis Joseph Kovach: Die Ästhetik des Thomas von Aquin. Eine genetische und systematische Analyse. Berlin 1961 (Quellen und Studien zur Geschichte der Philosophie 3), S. 238–239. 109 Vgl. die Ausführungen zur Bedeutung der Habitus-Psychologie von Jürgen Miethke: Ockhams Weg zur Sozialphilosophie. Berlin 1969, S. 173. 110 Vgl. die Erläuterungen zu Dantes Vita Nova bei Penzenstadler (Anm. 105), S. 166.

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feldes das zufällige Ereignis am Fenster dadurch selbst bestätigt, dass sie es ihrer Nachbarin weitererzählt (1,1,19–22): 20

Neve putes somnum falsa et commenta fateri: Testor ego horrifici numen utrumque Iovis. Hanc si forte roges, nunquamque Lucina negabit. Nam convicinae rettulit ista meae. Aber du darfst nicht glauben, dass dir der Traum falsche Dinge oder Lügen zeigt: [20] Ich bezeuge es bei beiden Zeichen der Macht des schrecklichen Jupiters. Wenn du diese zufällig fragen solltest, wird Lucina es niemals verneinen. Denn eben diese erzählte es meiner Nachbarin.

Mit diesem Ende des Szenarios bleibt die Andeutung einer stilnovistischen donna angelicata schlussendlich der irdischen Erscheinung verhaftet, und die Möglichkeit einer Disposition transzendenter Wirklichkeit durch die läuternde Wirkung der donna auf den Liebenden löst sich auf. Was gerade noch als Augenblick göttlicher Partizipation und Teilhabe am Ewigen für den Protagonisten anmutete, erscheint nun als träumerischer Rückblick auf einen illusionären Moment sinnlichen Begehrens. Damit ergibt sich für das Liebeskonzept des Albrisius über die bloße Zurücknahme der Eigenschaft Lucinas als göttliche Mittlerin hinaus, was Rainer Warning als „Dekonstruktion der Amortheologie“ für Petrarcas Canzoniere im Vergleich zu Dantes Vita Nova untersucht. 111 Während die Stilnovisten die Liebesdichtung in „theologisierender Apologie“ als „Niederschrift des Amordiktats“ empfunden hatten, welche auf die Erweckung Amors im Dichter durch den Blick der Geliebten sowie deren göttlicher Vermittlung innerhalb einer zeitenthobenen memoria angewiesen war, 112 löste Petrarca seine Laura-Liebe durch das Einfügen einer zeitlichen Distanz zum Erfahrenen aus „jedweder transzendentaler Überblendung“ 113 heraus. Zwar zitiert der Canzoniere die erotische Betroffenheit amortheologischer und metaphysischer Fülle in Vokabular, Motivik und Thematik wie schon Dante in seiner Vita Nova. 114 Dadurch jedoch, dass das lyrische Ich bei Petrarca den Anblick der Geliebten als imaginatives Konstrukt

 111 Vgl. den wichtigen und viel zitierten Beitrag von Rainer Warning: Imitatio und Intertextualität. Zur Geschichte lyrischer Dekonstruktion der Amortheologie: Dante, Petrarca, Baudelaire. In: Interpretation. Das Paradigma der europäischen Renaissance-Literatur. Festschrift für Alfred Noyer-Weidner zum 60. Geburtstag. Hg. von Klaus W. Hempfer und Gerhard Regn. Wiesbaden 1983, S. 288–317. 112 Vgl. ebd. S. 289–290. 113 Bernsen (Anm. 98), S. 294. 114 Vgl. Warning (Anm. 111), S. 313.

  Carolin Anna Giere eines utopischen Augenblicks des Plötzlichen 115 in seiner eigenen Erinnerung stilisiert und damit die memoria als zeitenthobene Wahrheit aus der gottesnahen Ewigkeit in einen subjektiven und zeitlich fassbaren Rahmen verlegt, erhält die stilnovistische Fiktion eine deutliche Verschiebung ihrer Inszenierung von Identität. Es geht nicht mehr um das in Amor installierte Begehren, das Dante Alighieris Beatrice im Ich auszulösen und zu Höherem führen vermag, sondern um die (auch) sinnlichen „Glücksmomente“ im Subjekt des lyrischen Ichs selbst, die in intertextuellen Verweisstrukturen innerhalb des RVF eine Zeitstringenz der Erinnerung abbilden. 116 Gerade diese Ebene petrarkischer Reflexion einer dekonstruierten Amortheologie evoziert die Liebeskonzeption bei Albrisius bereits in den ersten beiden Gedichten: Zunächst scheint der stilnovistische Diskurs in orthodoxer Weise aktualisiert und die typische Differenz zwischen literalsinniger Fiktion und theologisch konnotierter Referenz bestätigt, wenn der Liebesgott seine Erweckung durch die Dame findet (Praefatio) und zugleich der Urgrund der Liebe im Anblick der Augen der göttlich anmutenden Geliebten liegt (Gedicht 1,1). In mehrfacher Hinsicht jedoch wird das ambivalente System 117 der Stilnovisten offenbart und unterlaufen, aber auch die Dekonstruktion Petrarcas übertroffen: Zum einen geht die Personifikation Amors in Lucina selbst auf und findet nur in der Allegorie der Liebespfeile ein Pendant – in Verschiebung ihrer semantischen Rolle. Die zitierte Amorfiktion bricht auseinander. Zum anderen ist der Liebes-Augenblick nur so lange Partizipation am göttlichen Sein, bis Ewigkeit und Augenblick in der ,Plötzlichkeit‘ der Liebesbegegnung (7: „forte caput […] porrexerat“) auseinanderfallen und die Dimension von Zeitlichkeit sowohl Identitätsgewinnung als auch memoria neu bestimmt. Das lyrische Ich selbst definiert die Liebes-Situation seinem Leser gegenüber explizit als „somnum“ (19) und bestätigt so das eigene Bewusstsein als poeta darüber, sein Erlebnis als amator aus der subjektiven Erinnerung heraus sowie im Jetzt der Sprecherperspektive zu berichten. Der dichterisch prä-

 115 Vgl. die bekannte Untersuchung zur Augenblickspoetik der Moderne von Karl Heinz Bohrer: Plötzlichkeit. Zum Augenblick des ästhetischen Scheins. Frankfurt a.M. 1981, auf die auch Warning in Bezug auf Petrarca verweist und dessen Grußsonette als „paradigmatische Instanzen“ der „Ästhetik des Plötzlichen“ bezeichnet. Vgl. Warning (Anm. 111), S. 311. 116 Vgl. Warning (Anm. 111), S. 312. 117 Die Troubadourlyrik nutzt zur eigenen Legitimation der zu besingenden (unchristlichen) Liebe Normen bereits etablierter Systeme wie die des christlichen Denkmodells und suggeriert dementsprechend Kompatibilität über den konnotativen Einsatz der Referenzen. Vgl. hierzu Rainer Warning: Lyrisches Ich und Öffentlichkeit bei den Trobadors. In: Deutsche Literatur im Mittelalter. Kontakte und Perspektiven. Hugo Kuhn zum Gedenken. Hg. von Christoph Cormeau. Stuttgart 1979, S. 120–159, hier besonders S. 135–144.

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sentierte Augenblick des innamoramento erscheint auf diese Weise „jenseits von Wahrheit und Lüge als imaginatives Konstrukt“. 118 Für die Rolle des Ichs in der Liebeskonzeption bedeutet dies eine Subjektfokussierung der absoluten Form. Vom Subjekt unabhängige und damit objektive Aussagen über das irdische Leben erscheinen dem epistemologischen Grundgedanken der petrarkischen Zeit entsprechend unmöglich. Identität konstituiert sich anders als bei den Stilnovisten nicht mehr durch Amor, der „substantielles Zentrum“ 119 und rhetorische wie metaphysische Fundierung zugleich verkörpert. Auch Petrarcas amortheologische Überwindung wird in dieser Hinsicht weiter dekonstruiert, wird nicht die puella zu Amors Helferin, sondern umgekehrt Amor zum Helfer Lucinas. Statt der göttlichen Eingabe des Dichters und seiner spirituellen Läuterung durch die göttliche Mittlerin ist die Liebeserfahrung in den ersten beiden Gedichten der Lucina allein geprägt durch die subjektive und psychologische Rekonstruktion der Erfahrung im lyrischen Ich selbst. Der Wahrheitsanspruch eines dominierenden theologischen Diskurses wird ohne die Möglichkeit des Strebens nach der Partizipation am objektiven metaphysischen Sein hinfällig. Das Ergebnis ist die „Auflösung des Identischen selbst“, was sich in der intertextuellen Strukturkomponente Petrarcas von mehreren thematisch gleichen Gedichten offenbart und in den unterschiedlichen Schilderungen desselben Ereignisses, des innamoramento, gipfelt. 120 Wahrheit ist nur noch relativ – zumindest was die Erinnerungsfiktion betrifft. In anderer Hinsicht nämlich – und dies im Gegensatz zu Petrarca – ist Albrisius bemüht, die Liebessituation zu verifizieren. So lässt er Lucina auf narrativer Ebene dem innamoramento die diesem gemeinhin innewohnende ‚Wahrheit‘ 121 zurückgeben, indem sie das als „somnum“ deklarierte Geschehen selbst bestätigt (21–22). Dass die Empfängerin dieser Nachricht dabei ausgerechnet die Nachbarin des poeta (22: „convicinae ista meae“) ist, suggeriert dem Leser nicht nur eine historische Wahrheit, sondern auch biographische Glaubhaftigkeit: Anhand nachvollziehbarer Referenzen stilisiert sich das TextIch als Liebender und zugleich innertextlicher Dichter, als „erlebende[s]“ und

 118 Karin Westerwelle: Bilderscheinung, flüchtige Schönheit und Ästhetik der Farbe. Baudelaires À une passante und La belle Dorothée. In: Der lyrische Augenblick. Hg. von Milan Herold und Michael Bernsen. Berlin, Boston 2015, S. 149–188, hier S. 151. 119 Warning (Anm. 111), S. 312. 120 Vgl. zur Bedeutung des intertextuellen Spiels bei Petrarca ebd., S. 304. 121 Vgl. hierzu Michael Schwarzes Ausführungen zum Wahrheitsbezug des innamoramento über die Augen, der in der Erkenntnistheorie Augustins begründet sei: Schwarze (Anm. 60), hier S. 110.

  Carolin Anna Giere „erzählende[s]“ Ich, 122 das zwischen Narration und Reflexion seine eigene Biographie konstruiert. Empirisch verifiziert erscheint die Autobiographie bei Albrisius schließlich durch eine dritte ,Instanz‘ des lyrischen Ichs in der Praefatio, die schon bei Petrarca im Einleitungssonett das Wort führt. Das Ich schaut in der ,Herausgeberrolle‘ rückblickend auf die eigene vergangene Liebesgeschichte und kündigt seinem Mäzen Simonetta recht sachlich an, was er als Leser der folgenden Gedichtsammlung aus der Perspektive des lyrischen Ichs durchlebt haben wird (Praefatio 11–16): Ducere concessis primos sub amoribus annos, Tristia fas dulci lavere cuncta mero, Mox aliis vitam studiis, ubi prima iuventus Coeperit, atque alia flectere lora manu. Claudi lustra quater properabant, Ciche, poeta Quom lusit placido, quos legis, ore modos. Es ist erlaubt, die ersten Jahre in legitimer Liebe zu verbringen, alles Traurige mit köstlichem, unvermischten Wein zu vertreiben, dann aber, sobald das Mannesalter beginnt, sein Leben anderen Beschäftigungen zu zuwenden und mit anderer Hand die Zügel zu lenken. Ein Zeitraum von zwanzig Jahren war dabei, eilig seinem Ende entgegenzugehen, Cichus, als der Dichter mit huldvollem Munde die Lieder, die du liest, zu seinem Zeitvertreib verfertigte.

Den argomenti der Canzonieri des Cinquecento nicht unähnlich – wenn auch nicht in prosaischer Abfassung – 123 geben die ersten drei Verse des Abschnitts neben einer Rechtfertigung des Herausgebers auch eine Inhaltsübersicht der drei Bücher der folgenden Sammlung wieder: Zuerst würden sich Liebeserfüllung und -ablehnung abwechseln (Buch 1 und 2), bis der amator sich schließlich – und das ganz in petrarkistischer Manier – von der Liebe zu seiner Lucina abwendet und sich „aliis studiis“, nämlich dem Priesteramt, widmet. Mit der Ansprache Cicco Simonettas innerhalb dieses Selbstkommentars 124 markiert der Sprecher den Wechsel in seine Herausgeberrolle deutlich. Während er soeben noch auf der Ebene des Text-Ichs seine Entwicklung zum poeta-amator in der Amor-Lucinageleiteten Liebessituation erläutere, kehrt er nun „als ‚Inszenator‘ des makrostrukturellen ,Textes der Geschichte‘“ 125 zurück: Er knüpft an seine Kommunikation mit dem Leser seiner Gedichtsammlung an, die er eingangs mit dem Lob  122 Vgl. die Unterscheidung bei Gerhard Regn: Torquato Tassos zyklische Liebeslyrik und die petrarkistische Tradition. Studien zur Parte Prima der Rime (1591/1592). Tübingen 1987, S. 33. 123 Vgl. die Ausführungen bei Regn (Anm. 122), S. 76. 124 Die Begriffsbezeichnung ist übernommen von ebd. 125 Ebd., S. 33.

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seines Mäzens und der Bitte, seine Liebeserfahrungen zu verfolgen, auf einem „socio-cultural and contextual level“ 126 verankert hatte (vgl. 1–4: „Mecoenas equitum, […] excipe […]“). Im Gegensatz zu Petrarcas Einleitungssonett ergibt sich damit für die Praefatio ein recht plötzlicher Wechsel der Erzählerinstanzen und eine eher verschwommene Perspektivierung des lyrischen Ichs (Herausgeber – poeta/amator – Herausgeber). Zwar präsentiert sich auch bei Albrisius der Herausgeber im Jetzt gegenüber den in der Vergangenheit entstandenen Liebesgedichten, distanziert sich aber nicht derart als gealterter und „geläuterter“ Protagonist von seinem jungen Text-Ich wie Petrarca in seinem Einleitungssonett, um die Leserschaft (RVF 1,4: „Voi ascoltate […]“) vor den einstigen Fehlern seiner selbst zu warnen. 127 Vielmehr legt Albrisius seinem in der verschwommenen Perspektivierung von Herausgeber und poeta agierenden Ich sogar die gegenteilige Bewertung seiner eigenen Sammlung über die Liebe in den Mund: „tenera parvo nec honore iuventa“ (3) seien die Verse von ihm unter einem Liebeszwang niedergeschrieben worden. Absichtlich setzt „honore iuventa“ – wenn auch durch die vorherigen adjektivischen Abmilderungen – Petrarcas „giovenile errore“ (RVF 1,3) in eben derselben Versposition am Ende des dritten Verses ins Gegenteil. Spricht man der Praefatio des Albrisius vergleichbar zum Einleitungssonett Petrarcas ebenfalls beide Funktionen, die des Prologs sowie die des Epilogs, 128 zu, dann stellt die positive Bewertung des Schreibprozesses der Lucina als liebeselegische Sammlung – im Gegensatz zu allen zuvor ermittelten Übereinstimmungen zum petrarkischen Canzoniere und dessen epistemologischen Hintergrund – eine Zäsur dar, die sich auf die Gesamtdeutung des Werkes auswirkt: Ohne Reuebekundungen des autobiographischen Ichs aus der Rückschau 129 wird eine Einsicht gegenüber einer mutatio vitae und damit der Abkehr von „Momenten sündhafter Verblendung“ 130 zumindest in Frage gestellt. Stattdessen wirkt die Bemerkung des Herausgeber-Ichs geradezu extraliterarisch und im Sinne der

 126 Mindt (Anm. 38), S. 157. 127 Vgl. die entsprechende Untersuchung zum Einleitungssonett bei Alfred Noyer-Weidner: Poetologisches Programm und erhabener Stil in Petrarcas Einleitungsgedicht zum Canzoniere. In: Italienische Studien 8 (1985), S. 5–26. 128 Diese beiden Funktionen wurde für das Einleitungssonett Petrarcas immer wieder festgehalten, so u.a. von ebd., bes. S. 5–7 sowie Santagata (Anm. 1), S. 5–6. 129 Vgl. zu Petrarcas „bekannteste[m] Reuegedicht“: Klaus W. Hempfer: ,Rerum vulgarium fragmenta‘ XXXI: Diskursive Antinomien und die Konkurrenz alternativer Wirklichkeitsmodellierungen in Petrarcas ,Canzoniere. In: Petrarca-Lektüren (Anm. 97), S. 39–67, hier S. 43. 130 Penzenstadler (Anm. 105), S. 169.

  Carolin Anna Giere gattungsspezifischen Besonderheit der neulateinischen Elegie als „Visitenkarte“ 131 des jungen – und bereits ,ehrenvoll‘ schreibenden – Dichters gegenüber seinem Mäzen.

 Fazit Die neulateinische Liebesdichtung des Quattrocento ist den epistemologischen Konfigurationen der Renaissance und den damit einhergehenden Pluralisierungstendenzen ebenso unterstellt wie die volksprachlich humanistische Dichtung, die bei Francesco Petrarca ihren großen Anfang und erst durch Pietro Bembo ihre endgültige Regulierung 132 findet. Die von Jörg Robert treffend als „eklektisch-plural“ beschriebene liebeslyrische Poetik dieser Zeit führte nicht nur bei den Florentiner Dichtern zu einer Neuordnung von Narrativen, Formentypen und sogar Funktionen für die Liebeselegie – stets im Ausloten des problematischen sinnlich-hedonistischen Liebeskonzeptes der Antike gegenüber der spirituell-petrarkischen oder sogar neuplatonischen Variante. Die Gedichtsammlung des Paveser Dichters Albrisius zeigt beispielhaft, wie auch im Mailänder Milieu die Elegie zur „Arena“ 133 humanistischer Dialogizität der rivalisierenden liebespoetischen Sprachen wird. So hat sich aus der Analyse der beiden einleitenden Gedichte der Lucina-Sammlung ein Dichtungsverständnis der Nachahmung ergeben, das sich nicht nur aus den beiden seit der Antike grundlegenden Impulsen Rhetorik und Metaphysik speist, sondern auch die petrarkische Reflexion der Dekonstruktion metaphysischer Konnotationen aufnimmt, wie sie Rainer Warning für den Canzoniere als präfigurativ herausarbeitete. 134 Lucina, deren Name ebenso das Programm der Liebesdichtung präsumiert wie Petrarcas Laura, ist durch ihre Schönheit bereits im Moment des innamoramento nicht mehr allein Mittlerin des Ewigen und der Teilhabe am Sein, sondern vor allem obligater Teil der subjektiven Erinnerungs- und Sinnkonstitution als „Erkenntnis der Zeitlichkeit und Vergänglichkeit alles Irdischen“. 135 Dabei steht ihr Frauenlob im

 131 Den Begriff hat in der gleichen Bedeutung treffend Christoph Pieper für die poeti medicei verwendet: Pieper (Anm. 40), hier S. 77. 132 In seinen Prose della lingua wird Bembo im Cinquecento klare Regeln für einen petrarkistischen Liebesdiskurs aufstellen, der sich von einem pluralisierenden System der Elegie differenziert und emanzipiert. 133 Michael Bachtin: Die Ästhetik des Wortes. Frankfurt 1979, S. 244. 134 Vgl. Warning (Anm. 111). 135 Penzenstadler (Anm. 105), S. 179.

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imitativen Spannungsverhältnis intertextueller antiker und stilnovistischer sowie zusätzlich petrarkischer Motive und findet in mehrfacher Weise Überbietungstendenzen, die über die literar- und diskurshistorische Deutungsabsicht hinausgehen. Das neue aktive und Amor-typische Verhalten der Lucina verschiebt die Rollen der diskursiven Liebeskonzepte und schafft dem Protagonisten in seinen Funktionen als amator, poeta und Herausgeber eine zusätzliche Komponente biographischer Glaubwürdigkeit. Zwar ist der Gegenstand des poetischen Diskurses – die (sinnliche) Schönheit der puella – wie bei Petrarca positiviert, indem die moralische Sünde allein beim faszinierten amator liegt und der Gebrauch des Schönen dem poeta und gereiften Herausgeber zugutekommt. 136 Der Verzicht der nachträglichen Reue im Einleitungsgedicht aber zugunsten der Betonung eines ehrenhaften Schreibprozesses expliziert eine kulturwissenschaftliche Absicht hinter der Gedichtsammlung des Albrisius, die sich in den durch Patronageverhältnisse bestimmten Zeitkontext der quattrocentesken Elegie einpasst: Der Herausgeber der Lucina inszeniert sich als autobiographisch ernstzunehmender und bereits durch seine Jugenddichtung unterstützenswerter Zeitgenosse. Um einen möglichen machtpolitischen Einfluss der Gedichtsammlung eruieren zu können, wie ihn Landinos Xandra in Florenz gehabt haben musste, ist eine Gesamtauswertung der Lucina-Gedichte unabdingbar. 137 Zumindest für den Anfang der Liebesgeschichte aus Mailand jedoch kann ein petrarkistisches Liebeskonzept konstatiert werden, das in wenigen und doch ausschlaggebenden Überbietungen ganz im Sinne der Divergenz von Diskontinuität und zugleich Kontinuität eine individuelle neulateinische Antwort auf die epochalen Gegebenheiten leistet.

 136 Vgl. die Schlussfolgerungen zu Petrarca bei ebd. 137 Eine kommentierte Edition der Lucina des Albrisius ist in Arbeit.

Iris Sticker

Nunc ludit Venus alma – Petrarkisches und Petrarkistisches in den frühen Lusus Pastorales Die literarische Form der Lusus Pastorales entwickelte sich in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Italien. Als Begründer und wichtigste Vertreter gelten Pietro Bembo (1470–1547), Andrea Navagero (1483–1529) und Marcantonio Flaminio (1498–1550). 1 Bembo und Navagero stammten aus Venedig, Flaminio aus dem nahen Serravalle. Die Lusus Pastorales kombinieren Elemente mehrerer antiker Gattungen, besonders der Bukolik, Liebeselegie, Lyrik und Epigrammatik. 2 Daneben wurden bereits mehrfach Einflüsse Petrarcas konstatiert. Scorsone spricht von „formule petrarchistiche“ 3 bei Navagero und von „contaminazioni coi termini d’una cultura petrarchista“ bei Flaminio, dessen Lusus Pastorales er „il canzoniere bucolico flaminiano“ 4 nennt. Scorsone zitiert reichlich Texte aus Navageros und Flaminios Lusus, doch fehlt eine tiefer gehende Analyse, die petrarkistische Elemente an den Texten selbst nachwiese. Reflektierter ist Ferronis Interpretation von Flaminios zweitem Buch der Lusus Pastorales (dem vierten Buch der Gesamtausgabe seiner Carmina), das er in Anlehnung an Chiodo 5 als „il ‚canzoniere pastorale‘ dedicato a Hyella“ 6 bezeichnet. Ferroni untersucht die

 Ich danke Felix Krings (Bonn) für die akribische Lektüre des Manuskriptes und wertvolle Hinweise sowie den Organisatoren und Teilnehmern der Tagung Glacie circumdatus uror, besonders der Herausgeberin des Bandes, für die fruchtbare Diskussion des Beitrags. 1 Vgl. William Leonard Grant: Neo-Latin Literature and the Pastoral. Chapel Hill 1965, S. 336. 2 Vgl. Iris Heckel. In: Floris van Schoonhoven: Lalage sive Amores Pastorales – Lalage oder Bukolische Liebesgedichte (1613). Hg., übers. und komm. von Iris Heckel. Tübingen 2014 (NeoLatina 22), S. 58–61. Grant nennt die Lusus Pastorales „a lyric form of bucolic“ (William Leonard Grant: The Neo-Latin Lusus Pastoralis in Italy. In: Medievalia et Humanistica 11 [1957], S. 94–98, hier S. 94). 3 Massimo Scorsone: Il lusus pastoralis: lineamenti di storia di un genere letterario. In: Proteo 3,1 (1997), S. 23–33, hier S. 26. 4 Ebd., S. 29. 5 Vgl. das Kapitel „Il ‚canzoniere‘ per Hyella“ in: Domenico Chiodo: Suaviter Parthenope canit. Per ripensare la ‚geografia e storia‘ della letteratura italiana. Soveria Mannelli 1999, S. 85–98. Der Begriff fällt noch auf S. 92. Zu einer möglichen Petrarca-Imitation in Flaminios viertem Buch der Carmina sagt Chiodo jedoch nichts weiter. 6 Giovanni Ferroni: Dulces Lusus. Lirica pastorale e libri di poesia nel Cinquecento. Alessandria 2012, S. 236. https://doi.org/10.1515/9783110780048-008

  Iris Sticker Struktur des Gedichtzyklus 7 und verweist zudem auf Petrarcas suavitas oder dulcedo des Stils, die Flaminio imitiere. 8 Auch Ferroni geht von den Texten der Lusus Pastorales aus, ohne Petrarcas Canzoniere direkt zum Vergleich heranzuziehen. In diesem Beitrag sollen die Lusus Pastorales des Bembo, Navagero und Flaminio jeweils auf makrostrukturelle Petrarca-Rezeption, aber auch auf motivische Imitationen untersucht werden, d.h. auf das Verwenden einzelner petrarkischer oder petrarkistischer Elemente. Die drei Autoren der frühen Lusus Pastorales waren mit Petrarcas Canzoniere vertraut. Bembos gemäßigte Form des Petrarkismus, die ohne übertriebene Häufung rhetorischer Figuren auskam, beeinflusste auch seinen jüngeren Zeitgenossen Navagero. 9 Flaminio gehört zu den Übersetzern einzelner Gedichte aus dem Canzoniere ins Lateinische; 10 er übertrug die Kanzone RVF 126 in glyconeische Strophen. 11 Wie im Folgenden gezeigt werden soll, ist die im engeren Sinne ,petrarkistische‘ Tradition in den Lusus Pastorales nicht prominent. Dagegen nehmen alle drei Autoren unmittelbar auf Petrarcas Dichtung Bezug.

 Petrarca und die antike Tradition Bei der Betrachtung der Wirkung von Petrarcas Canzoniere auf die lateinische Dichtung des Cinquecento und damit auch auf die lateinischen Lusus Pastorales ergeben sich zwei grundsätzliche methodische Probleme: Zum einen ist eine Imitation von Petrarcas italienischer Lyrik im volgare prinzipiell leichter nachzuweisen als in lateinischen Texten, zum anderen ist es oft schwer, Einflüsse des Canzoniere von denen antiker Vorbilder zu trennen, umso mehr, da auch Petrarca die antiken Autoren imitiert. In seinen lateinischen Epistolae familiares nennt Petrarca als klassische Stilvorbilder Cicero für die Prosa und Vergil für die Poesie. 12 In Petrarcas italienischer Lyrik (RVF 187) steht Vergil unter den drei größten

 7 Vgl. das Kapitel „Il ‚canzoniere pastorale‘“ in: Ferroni (Anm. 6), S. 248–270. 8 Vgl. Ferroni (Anm. 6), S. 232. 9 Vgl. Alice E. Wilson. In: Andrea Navagero: Lusus. Text and Translation. Edited with an Introduction and with a Critical Commentary by Alice E. Wilson. Nieuwkoop 1973, S. 7 und 13. 10 Vgl. die Aufstellung lateinischer Übersetzungen von Texten des Canzoniere am Ende dieses Bandes. 11 Diese Übersetzung wird im Abschnitt 5 des Beitrags ausführlicher besprochen. 12 Vgl. Petrarca, Epistolae familiares 24,4,4–7 (an Cicero); zu Vergil auch 24,11,1–2 (an Vergil): „Eloquii splendor, latie spes altera lingue, | Clare Maro […]“. Vgl. dazu W. Theodor Elwert: Vergil

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Dichtern aller Zeiten neben Homer und dem mythischen Wundersänger Orpheus. Petrarca imitiert in seiner lateinischen Dichtung im Einzelnen alle drei Werke Vergils; darüber hinaus erfolgt eine strukturelle Imitation der Aeneis im Epos Africa und der Bucolica in den zwölf hexametrischen Eklogen des Bucolicum Carmen. 13 Der Einfluss Vergils auf Petrarcas italienische Lyrik ist wiederum schwerer nachzuweisen, doch wurden Echos Vergils auch im Canzoniere beobachtet. 14 Zudem gibt es inhaltliche Bezüge zwischen Petrarcas lateinischem Bucolicum Carmen und dem italienischen Canzoniere: Der Canzoniere ist wie das Bucolicum Carmen in bukolisch-ländlicher Umgebung angesiedelt, und die Geliebte Laura, die zentrale Figur des Canzoniere, wird auch in mehreren Eklogen des Bucolicum Carmen besungen. 15 Bembo fordert wie schon Petrarca, dass sich lateinische Prosa sprachlich an Cicero und lateinische Dichtung an Vergil zu orientieren habe. Als maßgebliches stilistisches Vorbild für die volkssprachliche italienische Dichtung empfiehlt Bembo das aus Sicht des Cinquecento „alte“ Toskanisch Petrarcas, das als überzeitlicher Standard etabliert werden solle. 16 Auf der Ebene der motivischen Parallelen jedoch kann im Einzelfall nicht immer klar unterschieden werden, ob eine Imitation beispielsweise Vergils oder Petrarcas vorliegt oder auf beide Prätexte zugleich angespielt wird. Bisher wurde von den Lusus Pastorales als Literaturform gesprochen, was eine gewisse thematische und strukturelle Gleichartigkeit der Texte suggeriert. Tatsächlich beobachten wir von Bembo über Navagero bis zu Flaminio die allmähliche Herausbildung einer neuen Gattung. 17 Trotz einiger motivischer und formaler Konstanten weisen die drei Gedichtsammlungen auch deutliche Unterschiede auf. Die Texte werden daher zunächst gesondert betrachtet.

 und Petrarca. In: Würzburger Jahrbücher für die Altertumswissenschaft 8 (1982), S. 117–127, hier S. 119. 13 Vgl. Elwert (Anm. 12), S. 120–121. 14 Vgl. Ebd., S. 125–127. 15 Petrarca, Bucolicum Carmen 3: Liebe zu Laura; 9–11: Lauras Tod. 16 Vgl. Carol Kidwell: Pietro Bembo. Lover, Linguist, Cardinal. Montréal, London, Ithaca 2004, S. 223 und 226–230 (mit Verweis auf Bembos Gli Asolani und besonders auf seine Prose della volgar lingua). 17 Vgl. Grant: Pastoral (Anm. 1), S. 336: „[…] two books of lyric lusus pastorales (‚pastoral toys‘ or pastoral vignettes), in which Flaminio followed and perfected a form introduced by Bembo and Navagero“ und bes. Grant: Lusus Pastoralis (Anm. 2), S. 94–95. Dort unterscheidet Grant zwischen einzelnen lyrisch-pastoralen Gedichten („pastoral vignettes“), wie Bembo und Navagero sie geschrieben hätten, und zusammenhängenden, eine Liebesgeschichte erzählenden Lusus Pastorales, wozu er Flaminios Hyella-Buch zählt.

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 Pietro Bembo Als Archeget der Lusus Pastorales gilt Pietro Bembo. Seine lateinischen Gedichte entstanden ab den 1490er Jahren bis ca. 1510. Nur drei Stücke wurden zu Bembos Lebzeiten publiziert, 18 die anderen kursierten jedoch unter der Hand, wie Bembos Briefwechsel belegt, in dem er Freunde zur Kritik zugeschickter Gedichte ermuntert. 19 Die editio princeps des Petri Bembi Carminum Libellus erfolgte erst posthum (1552). 20 Die Anordnung der Gedichte dort stammt vermutlich nicht vom Autor. 21 Pastoral sind nur die ersten neun Carmina, in denen die Figur des Pan oder Faun im Zentrum steht. Die beiden Waldgottheiten sind nicht klar unterschieden. Danach folgen in der editio princeps ein Seitenwechsel und eine neue Überschrift: Petri Bembi Amores. Darunter sind die Gedichte 10–15 gefasst, Liebeselegien an und über jeweils verschiedene Geliebte. Nach einem weiteren Seitenwechsel folgen vermischte Gelegenheitsgedichte, von denen die meisten auf historische Personen Bezug nehmen, einige aber auch fiktive Personen oder antike Mythen zum Thema haben. Das Gedicht, das in der Edition den Anfang bildet, ist mit Pastorum Chorus überschrieben und stellt einen von einem Hirtenchor gesungenen Hymnus an Pan in 88 Phalaeceen dar. Der erste und sechste Vers („Pastores tua turba te rogamus, | Nos et res tueare, Dive, nostras“ [Wir Hirten, dein Gefolge, wir bitten dich, Göttlicher, beschütze uns und unseren Besitz]) wird im Folgenden stets als Refrain wiederholt, wodurch sechszeilige Strophen entstehen. Der Refrain fehlt nur in der kürzeren Schlussstrophe von vier Versen. Die Form erinnert zunächst an Gedichte antiker Lyrik wie Catulls strophischen Hymnus an Diana (Catull 34). Dass ein langes Gedicht aus jeweils gleich langen Strophen mit einer kürzeren Schlussstrophe endet, ist jedoch kein Kennzeichen antiker Lyrik, sondern ein Merkmal petrarkischer Kanzonen. Statt des im Lateinischen unüblichen Reims wirkt bei Bembo der Refrain strukturbildend.

 18 Benacus, Pro Corycio votum ad Deos und Hymnus ad divum Stephanum; vgl. Marco Pecoraro: Per la storia dei carmi del Bembo. Una redazione non vulgata. Venedig, Rom 1959, S. 7. 19 Vgl. ebd., S. 10–13. Zu den brieflich kursierenden Gedichten gehörte demnach z.B. auch das pastorale Faunus ad Nymphas. 20 Petri Bembi Carminum libellus. Cum privilegiis. Venetiis. MDLII. Zitiert wird im Folgenden nach Pietro Bembo: Carmina. Testo e note a cura di R. Sodano. Turin 1990. 21 Die Anordnung der Gedichte ist z.B. in dem früheren Codex Antonianus anders; vgl. Pecoraro (Anm. 18), S. 104; ediert ebd. auf S. 149–175. Auch der Wortlaut stimmt nicht immer überein, und manche Passagen wurden offenbar erst später ergänzt.

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Der Hirtenchor entfaltet eine frühlingshafte bukolische Umgebung mit grünenden Hügeln, weidenden Ziegen und Schafen sowie einer klaren Quelle als Tränke. Er bittet um Abwehr alles Bösen und die Wiederkehr eines goldenen Zeitalters, was an Vergils vierte Ekloge denken lässt. Dazwischen finden wir in der dritten Strophe Venus und ihr Gefolge (Bembo, Carmen 1,15–16): „Nunc ludit Venus alma, nunc sorores | Festas Gratia poscit ad choreas.“ [Jetzt spielt die holde Venus, jetzt, Schwestern, ruft die Grazie zu festilichen Reigentänzen.] Hier sowie an mehreren weiteren Stellen 22 gebraucht Bembo die Begriffe lusus und ludere, die seit der Antike für das Liebesspiel und auch für spielerische Dichtung stehen. Die pastores, die als Chor auftreten, gehören zum Personal auch der folgenden Gedichte, 23 und alles findet in pastoralem Ambiente statt. Den Titel Lusus Pastorales tragen Bembos Gedichte jedoch noch nicht. Auch hieran sieht man, dass keine von Beginn an ausgeformte Gattung vorliegt, sondern dass die Lusus Pastorales als erkennbare und imitierbare Literaturform sich erst allmählich entwickeln. Bembos weitere pastorale Gedichte sind in elegischen Distichen verfasst. Auf den Pan-Hymnus folgen zwei Gedichte des Faunus, der über Zurückweisungen klagt, dann drei Weihepigramme an Faun, als siebtes eine längere Erzählung darüber, wie Pan beinahe ertrank, als er Galatea vergewaltigen wollte, und als achtes ein witziges Priapeum, in dem eine Blume mit dickem rotem Blütenkopf implizit eine obszöne Doppeldeutigkeit erhält, während auf der Wortebene alles bis zuletzt harmlos bleibt. 24 Das neunte Gedicht ist ein langes Grabepigramm für zwei Hirten, in dem wie in Vergils zehnter Ekloge diverse Gottheiten auftreten, die die Toten beweinen, wobei wieder besonders Pan angerufen wird. Zentrale Elemente sind ein bukolisches Setting mit weidenden Herden, grünen Hügeln, schattigen Bäumen, Quellen und Flüssen; darin befinden sich Waldgottheiten wie Pan und Nymphen und – bei Bembo eher als Randfiguren – verliebte oder dichtende Hirten. Diese Elemente gehen auf Vergil und die antike Bukolik zurück. Der Ton ist jedoch deutlich frivoler als bei Vergil. Hierin und in der Verwendung von Phalaeceen und elegischen Distichen zeigt sich unter anderem der Einfluss Catulls und

 22 Auch in Carmen 2,9: „lusibus“; 2,30: „ludit“; 7,55: „lusit; lusimus.“ 23 Auch in Carmen 3,17; 7,9; 9,35.38. 24 Besonders gelungen ist das Wortspiel am Ende, in dem die Blume den Gattungsnamen „Menta pusilla“ erhält, und zwar mit dem Zusatz: „Sic illam Roma diserta vocat“ (Bembo, Carmen 8,77–78). Die implizierte Diminutivform von menta lässt natürlich vor allem an Catull denken (vgl. z.B. Catull 37,3; 94; 105). Grant nennt Bembos Priap-Gedicht als Beispiel für „pastoral vignettes“, die „so obscene as to be incredible“ seien (Grant: Lusus Pastoralis [Anm. 2], S. 94 mit Anm. 7).

  Iris Sticker der römischen Liebeselegie. Einige Gedichte weisen epigrammatische Züge auf, und Gedicht acht setzt die Carmina Priapea voraus. Sowohl Bembos Pan/Faun als auch der Priap streben klar nach sexueller Vereinigung. Ein Vorbild dafür, dass offen ausgesprochene erotische Ambitionen konsequent in eine bukolische Umgebung verlegt werden, bietet die mittelalterliche okzitanische Pastourelle. 25 Bembo beschäftigte sich mit okzitanischer Literatur, die in Italien als Sprache der Dichtung und als Fundament auch der italienischen Lyrik galt. 26 In der Pastourelle wird in der Regel eine Standardsituation variiert: Ein Ritter gelangt in ein ländliches Gebiet fern der höfischen Konventionen und trifft dort auf eine hübsche Schäferin („pastorella“), die er zu verführen versucht, was zumeist in Dialogform wiedergegeben wird. Teilweise gelingt es der Hirtin, sich durch kluge Argumentation den Avancen zu widersetzen, oder andere Hirten kommen ihr zur Hilfe und vertreiben den Ritter mit physischer Übermacht. Manchmal kommt es zu einvernehmlichem Verkehr, und gelegentlich mündet das Gespräch in eine Vergewaltigung. Durchgehend wird dabei höfische Moral missachtet, und an die Stelle der idealisierten Minne tritt offenes sexuelles Begehren. Möglich ist dies, weil der Ritter allein und unbeobachtet von Standesgenossen in einer dezidiert nicht höfischen Umgebung auf eine Frau geringeren Standes trifft. 27 Bembos pastorale Gedichte entfernen sich noch weiter von der mittelalterlichen Minnedichtung, indem an die Stelle des Ritters, der inmitten der bukolischen Umgebung immerhin noch die höfische Gesellschaft repräsentiert, lüsterne antike Gottheiten treten. Dies bedeutet eine Abkehr von der mittelalterlichen Vorstellungswelt und eine verstärkte Hinwendung zu antiken Traditionen. Ein struktureller Einfluss Petrarcas lässt sich in Bembos erotisch-bukolischen Gedichten um Pan/Faun und Priap nicht feststellen. Doch die Frauengestalt Telesilla, die in jedem der drei Abschnitte des Carminum Libellus jeweils einmal vorkommt, scheint eine Hommage an Petrarca zu sein. Die Geliebte Telesilla erinnert in einigen Aspekten an Petrarcas Laura, was bei der Wahl des Namens beginnt. Laura wird im Canzoniere bekanntlich immer wieder mit dem Lorbeer assoziiert, dem Baum des Dichtergottes Apoll, wobei Petrarca mit der Assonanz

 25 Den Hinweis auf diese Parallele verdanke ich Michael Bernsen. 26 Vgl. Kidwell (Anm. 16), S. 221–225. 27 Vgl. zur Pastourelle allgemein die ausführliche Einleitung in Geri L. Smith: The Medieval French Pastourelle Tradition. Poetic Motivations and Generic Transformations. Gainesville, Tallahassee u. a. 2009, hier S. 1–69. Eine Sammlung okzitanischer Pastourelle mit moderner italienischer Übersetzung bietet Claudio Franchi: Pastorelle occitane. Alessandria 2006.

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von „Laura“ und „lauro“ spielt. 28 Der Name Telesilla verweist auf eine Dichterin aus Argos (5. Jh. v.Chr.), deren Versmaß, ein akephaler Glykoneus, nach ihr Telesilleion genannt wurde. 29 Beide Frauennamen sind mit Poesie assoziiert, wenn auch in unterschiedlicher Weise. In dem längeren Gedicht Faunus ad Nympeum fluvium von insgesamt 38 Versen wird Telesilla in zwei Distichen erwähnt (Bembo, Carmen 2,27–30): Sive Lycam puerum coepi mollire precando, Seu tacitus, qua se fert Telesilla, sequor, Ille preces non audit amantis, at illa sequentem Praevolat, et tardum ludit, ut aura, senem. Sei es, dass ich versuchte, den Knaben Lycas durch Bitten zu erweichen, sei es, dass ich still dahin folge, wohin Telesilla sich bewegt – jener erhört die Bitten des Liebenden nicht, und auch sie eilt dem Verfolger voran und verspottet den langsamen Greis wie der Wind.

Telesilla flieht vor dem Faun wie der Wind – „ut aura“. Im Italienischen wird die „aura“, wenn man sie mit Artikel schreibt, zur „L’aura“/Laura, ein Wortspiel, das wir bei Petrarca häufig finden. 30 In Bembos lateinischem Gedicht könnte das für sich genommen auch Zufall sein, denn der Vergleich des schnellen Laufes mit dem Wind ist zu topisch, als dass man zwingend an Laura dächte. Die beiden „Telesilla-Gedichte“ 11 und 37 stützen jedoch die Annahme, dass Telesilla als petrarkische Geliebte stilisiert wird. Petrarcas Laura stirbt im letzten Teil des Canzoniere und wird betrauert. Bembos letztes Telesilla-Gedicht Carmen 37 ist ein Epitaph für die gestorbene Geliebte: „Quid mors tam pulchram rapuisti dura puellam? | Nunquid, me miserum, te quoque tangit amor?“ [Warum hast du, grausamer Tod, das so schöne Mädchen geraubt? Erfasst etwa – o ich Armer – auch dich die Liebe?] Vielfältiger sind die Bezüge in der Kurzelegie Carmen 11, die einige petrarkistische Elemente aufweist: Ne valeam, Telesilla, tuo ni semper in ore Saevus Amor facibus cum pharetraque sedet.

 28 Vgl. besonders die Rahmung des Verses RVF 197,1 durch „L’aura […] lauro.“ Vgl. weiter z.B. RVF 30,1: „Giovene donna sotto un verde lauro“ [Eine junge Frau unter einem grünen Lorbeer]; RVF 34; 188. Die Gedichte des Canzoniere werden zitiert nach Francesco Petrarca: Canzoniere. Edizione commentata a cura di Marco Santagata. 2. Auflage. Mailand 2004. 29 Vgl. Paul Maas: Telesilla. In: RE 5 A1 (1934), S. 384–385. Telesilla wird bei Plutarch und Pausanias erwähnt; es existieren von ihr nur spärliche Fragmente. 30 Vgl. das in Anm. 28 zitierte RVF 197,1; weiter z.B. RVF 109,9: „L’aura soave“; 196,1: „L’aura serena.“

  Iris Sticker Nam quoties mala verba moves, toties mihi pectus Vapulat heu pueri de pharetra et facibus. 5 Sed peream, Telesilla, tuo ni semper in ore Blanda Venus violis cum casiaque sedet. Oscula nam quoties mihi das auferre petita, Das toties Veneris et casiam et violas. Quid Siculis ingrata favis absynthia misces? 10 Sive mihi tantum sis bona, sive mala, Altero uti superem laetus, dum te mea vita Placata potior, altero uti moriar. Ich will verdammt sein, Telesilla, wenn nicht beständig in deinem Munde der grausame Amor mit Fackeln und Köcher sitzt. Denn sooft du böse Worte von dir gibst, sooft wird mir das Herz vom Köcher und den Pfeilen des Knaben geschlagen. Aber ich will des Todes sein, Telesilla, wenn nicht beständig in deinem Munde die kosende Venus mit Veilchen und wildem Zimt sitzt. Denn sooft du mir ersehnte Küsse zu rauben gibst, sooft gibst du mir der Venus wilden Zimt und ihre Veilchen. Was mischst du bitteren Wermut mit sizilischem Honig? Sei mir entweder gewogen oder übel gesinnt, damit ich durch das erstere glücklich überlebe, wenn ich dich, mein Leben, besänftigt besitze, oder damit ich durch das letztere sterbe.

Typisch für den Petrarkismus sind Amor mit seinen Pfeilen (hier in den Versen 1– 4), das auf Sappho zurückgehende, 31 von Petrarca vielfach verwendete Motiv der süßbitteren Liebe, 32 die hier im Mischen von Honig und Wermut symbolisiert wird (Vers 9), sowie die Antithese von Leben und Tod 33 (in den Versen 11–12 jeweils am Versende: „vita“ – „moriar“). Hier zeigt sich jedoch zugleich die Schwierigkeit, Einflüsse Petrarcas von denen antiker Vorbilder zu trennen. Bereits Meleager lässt Eros sich in den Augen der Geliebten verbergen. 34 In RVF 71,7 sitzt Amor in Lauras Augen: „Occhi leggiadri dove Amor fa nido.“ [Liebliche Augen, wo Amor ein Nest baut.] Aus ihren Augen können Pfeile hervorgehen, so z.B. in RVF 270,76–77: „L’arme tue furon gli occhi, onde l’accese | saette uscivan d’invisibil foco“ [Deine Waffen waren die Augen, aus denen Pfeile von unsichtbarem

 31 Vgl. Sappho 130 Voigt: Ἔρος […] γλυκύπικρον ἀμάχανον ὄρπετον [Eros […], das süßbittere unbezwingliche Tier.] Sapphos Dichtung war zu Petrarcas oder Bembos Zeit jedoch nicht bekannt. 32 Vgl. z. B. RVF 129,21: „questo mio viver dolce amaro“ [dieses mein süß-bitteres Leben]; 164,9– 10: „’l dolce et ’l amaro ond’io mi pasco“ [das Süße und das Bittere, wovon ich mich nähre]. 33 Vgl. z. B. RVF 132,7: „O viva morte“ in dem oft zitierten Sonett „S’amor non è, che dunque è quel ch’io sento?“ 34 Vgl. Anthologia Palatina 5,177,10 = Planudea 7,16 f. 69r (HE 4199): τοξότα, Ζηνοφίλας ὄμμασι κρυπτόμενος. Diesen Hinweis verdanke ich Beate Hintzen.

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Feuer entzündet hervorgingen]; 35 RVF 87,5.11: „il colpo de’ vostr’occhi […] Ecco lo strale onde Amor vòl che mora“ [Der Schuss aus Euren Augen … Sieh den Pfeil, durch den Amor will, dass er stirbt] und öfter. 36 Überhaupt schießt Amor im Canzoniere sehr oft mit Pfeilen. 37 Lauras Antlitz und besonders ihre Augen haben im Canzoniere auch sonst immer wieder eine starke Wirkung auf den Liebenden; sie sind Quelle seiner Liebe und seines Schmerzes. 38 Auch wenn Bembo Meleagers Epigramm gekannt hat, ist es daher wahrscheinlich, dass seine insgesamt noch am ehesten „petrarkistische“ Telesilla-Elegie auch von der sehr häufigen Verwendung des Motivs bei Petrarca beeinflusst ist. Bembos Amor sitzt freilich nicht in den Augen, sondern im Munde 39 der Geliebten (Verse 1–2), und zwar zusammen mit Venus (Verse 5–6). Dass nicht der Blick, sondern der küssende Mund als „Sitz der Liebe“ gewählt wird, ist bereits ein Hinweis darauf, dass Bembos Liebesdichtung sensueller ist als Petrarcas. Die petrarkische Geliebte bleibt immer unerreichbar. Bembo unterscheidet hingegen zwei Situationen, die in den Versen 1–4 und 5–8 in schematischer Weise mit etlichen Wortwiederholungen einander gegenübergestellt werden: Telesilla ist manchmal abweisend (Vers 3), manchmal lässt sie sich küssen (Vers 7). Amors Pfeile sind dabei Symbol der Abweisung, nicht etwa – wie es seit der Antike topisch ist – Grund für das Entbrennen in Liebe. Als positives Gegenelement sitzt Venus neben Amor in Telesillas Mund und streut Blumen, was die erhaltenen Küsse symbolisiert. Damit ist auch das Motiv von Süße und Bitterkeit in Vers 9 unpetrarkisch umgedeutet: Gemeint ist nicht die dolendi voluptas, die innere Zerrissenheit des Liebenden zwischen süßem Verlangen und bitterem Schmerz, sondern ein tatsächlicher Wechsel von harten Worten und süßen Küssen. Telesilla ist kein fernes, angebetetes Ideal, keine donna angelicata, sondern eine launische Geliebte wie in der römischen Liebeselegie. Wir haben hier also keinen ,integralen Petrarkismus‘ vorliegen, sondern das, was Regn als Mischung von petrarkistischen Motiven einerseits und einer hedonistisch-sensuellen Liebes-

 35 Übersetzung nach: Petrarca, Francesco: Canzoniere. 50 Gedichte mit Kommentar. Italienisch/Deutsch. Übersetzt und herausgegeben von Peter Brockmeier. Stuttgart 2006. 36 Das Motiv ist im Canzoniere häufig; vgl. z.B. noch RVF 95,5–6. 37 Vgl. z.B. RVF 3,13: „ferir me de saetta“. Die Belege ließen sich vermehren. 38 Vgl. z.B. RVF 9,10–12: „così costei, ch’è tra le donne un sole, / in me movendo de’ begli occhi i rai / crïa d’amor pensieri, atti e parole“ [so schafft jene, die unter den Frauen eine Sonne ist, indem sie die Strahlen der schönen Augen auf mich richtet, in mir Gedanken, Taten und Worte der Liebe (Übersetzung Brockmeier, Anm. 35)]; RVF 133,5: „Dagli occhi vostri uscìo ’l colpo mortale“ [Von Euren Augen ging der Todesstoß aus]; RVF 75. 39 Os ist hier mit „Mund“ zu übersetzen, nicht allgemein mit „Antlitz“, da aus Telesillas os Worte (Vers 3) und Küsse (Vers 7) hervorgehen.

  Iris Sticker konzeption andererseits beschreibt. 40 Die petrarkische Grundstimmung innerer Zerrissenheit, die sich nicht nur im Leiden an der schmerzlich-süßen Liebe zeigt, sondern auch in einem Ringen zwischen Verhaftung im Irdischen und Streben nach Himmlischem, wäre in spielerischer Liebesdichtung fehl am Platz.

 Andrea Navagero Die schon bei Bembo beobachtete Verbindung von bukolischen, lyrischen, elegischen und epigrammatischen Elementen prägt auch die 47 erhaltenen 41 Gedichte des Navagero, die den Titel Lusus tragen. Die Lusus wurden 1530 posthum herausgegeben, mehr als zwanzig Jahre vor Bembos Carmina. 42 Da beide Dichter aus Venedig stammten und einander kannten, ist jedoch davon auszugehen, dass der jüngere Navagero Bembos Gedichte in Form der vorab kursierenden Handschriften gelesen hatte. Navagero erwähnt Bembo in zwei Gedichten namentlich. 43 Navageros Lusus beginnen mit einer Serie von 18 recht kurzen Gedichten in elegischen Distichen, die stark von der Anthologia Palatina bzw. Planudea beeinflusst sind. 44 Die meisten dieser Epigramme sind in ländlicher Umgebung angesiedelt; es werden Waldgötter wie Pan und Nymphen und Gottheiten der Landwirtschaft wie Ceres und Bacchus angerufen. Dazwischen lesen wir Grabepigramme auf Hunde, ein Epigramm über einen locus amoenus und – noch eher vereinzelt – Liebesgedichte. 45 Die Gedichte 19 bis 47 sind metrisch vielfältig; auch die Länge variiert sehr stark. Neben elegischen Distichen finden wir hier jeweils mehrere Gedichte in Hexametern, Phalaeceen, Jamben und verschiedenen lyrischen Strophen. 46 Die meisten auch dieser Gedichte sind in einer bukolischen Umgebung verortet. Etliche sind Liebesgedichte, die sich wie in Bembos Amores

 40 Vgl. Gerhard Regn: Petrarkismus. In: Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Hg. von Gert Ueding. Bd. 6. Tübingen 2003, S. 911–921, hier S. 914–915. 41 Gedicht 47 bricht nach wenigen Versen ab. 42 Andreae Naugerii Patricii Veneti Orationes duae, Carminaque nonnulla. [Venetiis MDXXX.] Zitiert wird im Folgenden nach der Edition von Wilson (Anm. 9). 43 Navagero, Lusus 30,1–2 (an Paolo Canalis und Pietro Bembo): „Canale optime, tuque Bembe, nostri | Amantissimi utrique, amati utrique“; Lus. 36,2. 44 Vgl. Wilson (Anm. 9), S. 84. 45 Grabepigramme auf Hunde: 8; 10; locus amoenus: 9; Liebe: 6; 7; 12, 13; 18. 46 Hexameter: 20; 27; 44; 47; Jamben (epodisch): 29; jambische Trimeter: 45; 46; Phalaeceen: 30; 31; 32; 43; glyconeische Strophen: 34; alceische Strophen: 35; sapphische Strophen: 36; 37; 41.

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an verschiedene Geliebte richten. Dazwischen steht ein christlich geprägter Hymnus an den Erzengel Gabriel. 47 Vier Gedichte unter den Lusus Navageros thematisieren zeitgenössische historische Ereignisse. 48 Lusus 40 ist ein Grabepigramm in drei elegischen Distichen für den ungarischen König Ludwig II., der 1526 in der Schlacht von Mohács gegen die osmanischen Truppen Suleimans I. gefallen war. Die anderen drei Gedichte stehen in Bezug zu Navageros Heimat Venedig. Lusus 35 in Form einer horazischen Ode in alkäischen Strophen handelt vom Bündnis der Liga von Cambrai gegen Venedig, das 1509 zur Niederlage Venedigs geführt hatte. Lusus 20 erinnert an die Kämpfe zwischen der ,Heiligen Liga‘ unter Papst Julius II. gegen Ludwig XII. von Frankreich, die 1512 in Norditalien ausgefochten wurden. In Form einer hexametrischen Ekloge beginnt es mit einem bukolischen Rahmen und der Ankündigung eines „dignum carmen“, das dann gesungen wird. Lusus 44 feiert ebenfalls in Hexametern die Geburt eines Sohnes von Bartolommeo d’Alviano, einem Freund Navageros und Condottiere der Republik Venedig. Es erinnert stark an Vergils vierte Ekloge, bis hin zur Ankündigung eines neuen goldenen Zeitalters nach der Geburt des Kindes. Schon Vergil spielte in seinen Bucolica immer wieder auf zeitgenössische Ereignisse an, und der spätantike Vergilkommentator Servius meinte z.B. unter der persona des Hirten Tityrus Vergil selbst erkennen zu können. 49 Dies ließ die Gattung später als besonders geeignet für Allegorien erscheinen. Bekanntlich trieb Petrarca die Allegorie in lateinischen hexametrischen Eklogen am weitesten, so dass die Texte ohne Erläuterungen des Autors gar nicht mehr verständlich waren. 50 Auch Navagero verzichtet auf die Nennung von Personennamen und setzt stattdessen entweder klassische Hirtennamen oder allgemeine Bezeichnungen wie rex. Die Ereignisse werden nur evoziert, nicht beschrieben; die historischen Hintergründe muss man kennen und erschließen. Im Gegensatz zu Petrarca betreibt Navagero jedoch keine systematische Verdunkelung, und zumindest für seine Zeitgenossen dürften die Anspielungen ohne Weiteres verständlich gewesen sein. Strukturell erinnern Navageros Lusus zunächst an Catulls Gedichtbuch. Es gibt einen epigrammatischen Teil und einen, in dem kürzere und längere Gedichte miteinander abwechseln, außerdem Liebesgedichte und solche mit politischem Zeitbezug sowie daktylische Versmaße mit lyrischen Strophen, Jamben

 47 Navagero, Lusus 34. 48 Zu den historischen Hintergründen vgl. den Kommentar von Wilson (Anm. 9), S. 84–94. 49 Vgl. Servius, Commentarius in Vergilii eclogas 1,1: „hoc loco Tityri sub persona Vergilium debemus accipere; non tamen ubique, sed tantum ubi exigit ratio.“ 50 Vgl. z.B. Grant: Pastoral (Anm. 1), S. 86–87; Elwert (Anm. 12), S. 121.

  Iris Sticker und Phalaeceen. Der Ton in Navageros Lusus ist jedoch nur manchmal catullisch, und dann nie derb-obszön oder invektivisch. Vieles erinnert an Vergil, anderes an Horaz oder die griechische Epigrammatik. Sowohl die Gesamtstruktur als auch fast alle Einzelaspekte der Lusus lassen sich mit der Rezeption unterschiedlicher antiker Vorbilder erklären. Eine Verbindung einiger bei Navagero beobachteter Elemente ist jedoch auch schon in Petrarcas Canzoniere vorgeprägt. Der Canzoniere ist vor allem als Dichtung bekannt geworden, in der ein lyrisches Ich seine unglückliche Liebe zu Laura besingt. Wie eingangs erwähnt, geschieht dies in einer bukolisch-ländlichen Atmosphäre, so wie Laura andererseits auch Teil von Petrarcas Bucolicum Carmen ist. Bereits im Canzoniere stehen jedoch zwischen den Laura-Gedichten gelegentlich solche, die nicht von Liebe, sondern von aktuellen politischen Ereignissen oder von Freunden des Dichters handeln, so z.B. die Kanzone RVF 128 „Italia mia“ über die Auseinandersetzung um Parma im Winter 1344/45 51, die drei Sonette 136–138 gegen die päpstliche Kurie, 52 RVF 27 und 28 über einen geplanten Kreuzzug 53 oder RVF 10 an Stefano Colonna. 54 Einige Gedichte des Canzoniere sind christlich-religiös geprägt, so z.B. das Sonett RVF 4, 55 die Kanzone RVF 264 oder der das Werk abschließende Marienhymnus, die Kanzone RVF 366. Auch formale variatio ist vorhanden: Kurze Gedichte, vor allem Sonette, wechseln mit langen Kanzonen. Wie Hutton darlegt, lässt sich das volkssprachliche Sonett als Äquivalent zum griechischen und lateinischen Epigramm auffassen, mit dem es die Kürze und die formale Geschlossenheit gemeinsam hat. 56 Auch wenn Navageros Epigramme zweifellos von der Anthologia Palatina beeinflusst sind, wäre es denkbar, dass er die poetische Form des Epigramms zugleich als Entsprechung eines petrarkischen Sonetts empfand. Eine petrarkische Struktur lässt sich bei Navagero besonders gut an der Sektion Lusus 21–38 zeigen, die ich als „Hyella-Zyklus“ bezeichnen möchte. 57 Das zentrale Thema ist die Liebe, wobei von insgesamt vierzehn Gedichten mit Lie-

 51 Vgl. Santagata (Anm. 28), S. 619. 52 Vgl. ebd., S. 672. 53 Vgl. ebd., S. 136. 54 Vgl. ebd., S. 47. 55 Das Ende dieses Sonetts läuft allerdings wieder auf die geliebte Laura hinaus. 56 Vgl. James Hutton: The Greek Anthology in Italy to the Year 1800. Ithaca, New York 1935, S. 56–58. Reflexionen darüber kann Hutton erst ab der Mitte des 16. Jahrhunderts nachweisen, doch schließt das nicht aus, dass Dichter auch vorher schon eine Ähnlichkeit von Epigramm und Sonett wahrnahmen. 57 Bereits Ferroni spricht zumindest in Bezug auf die eigentlichen Gedichte an Hyella von einem „ciclo di Hyella“; vgl. Ferroni (Anm. 6), S. 83.

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besthematik sieben an Hyella gerichtet sind. 58 Dazwischen sind vier Gedichte mit anderen Themen eingestreut: ein Epigramm auf einen Lorbeer und eins auf eine Statue des Pythagoras, der Hymnus an den Erzengel Gabriel 59 und das oben beschriebene historische Gedicht 35. In dieser petrarkisch anmutenden Sequenz, in der wie im Canzoniere Liebesgedichte überwiegen, diese aber mit einzelnen christlichen und politischen Gedichten durchsetzt sind, wirkt das Epigramm auf einen Lorbeerbaum wie eine Hommage an Petrarca und seine mit dem „lauro“ assoziierte Laura. Navagero benennt den Lorbeer nicht direkt, sondern bezeichnet ihn als heiligen Schatten der Musen und des Apoll (Lusus 23,7: „sacris musarum et Apollinis umbris“). Auch Petrarca umschreibt den Lorbeer in einigen Gedichten als Apolls Baum. Besonders eng ist die Parallele zu RVF 34, das mit der Anrufung des Apoll beginnt und in dem der Lorbeer als „sacra fronde“ bezeichnet wird (RVF 34,7). Petrarkistische Elemente sind in Navageros Lusus nicht prominent. Zwar wird häufig Feuermetaphorik in Bezug auf die Liebe verwendet, 60 doch könnten die Motive in dieser Weise auch aus der antiken Liebesdichtung stammen. Sie treten weder übertrieben gehäuft auf, noch nehmen sie die typisch petrarkistische Form von Antithesen an. Der Liebende brennt, aber nicht mitten im Eis. Gerade in den Hyella-Gedichten jedoch geht – wie schon bei Bembos Telesilla – wieder vom Antlitz der Geliebten besondere Wirkung aus (Navagero, Lusus 32,1–6): Quamvis te peream Hyella totam: Nec pars sit mea lux tui ulla, quae me Saevo non penitus perurat igne: Fulgentes tamen illi, amabilesque 5 Illi, sideribus pares ocelli Nostri maxima causa sunt furoris. Obgleich ich vor Liebe zu dir, Hyella, als ganzer Person vergehe, und es keinen Teil von dir gibt, mein Licht, der mich nicht tief innen mit grausamem Feuer verbrennt, sind doch jene strahlenden und lieblichen, jene den Sternen gleichen Äuglein der größte Grund für meine Liebesraserei.

 58 Navagero, Lusus 21; 22; 28; 30; 32; 33; 38. 59 Lorbeer: Navagero, Lusus. 23; Pythagoras: Lusus 24; Erzengel: Lusus 34. 60 Vgl. z.B. Navagero, Lusus 22,18: „flammae“; 25,11–12: „It prope, et incutiens blandas in pectore flammas | Omnia iucundo accendit amore Venus“; 25,47–48: „Cantemus molles formosae Amathusidos ignes | Quidque ferox arcu, quid face possit amor“; 25,59–60: „Exarsit: penitusque insano perditus igne | Sensit ferventes intima ad ossa faces“; 26,5: „Cessit amor certe: soliti cessere calores“; 27,80: „ardet Iolas“.

  Iris Sticker Hyellas Augen bringen den Liebenden geradezu um (Lusus 30,32: „his, qui miserum necant, ocellis“), wie auch Petrarca von Lauras Augen sagt (RVF 133,5): „Dagli occhi vostri uscìo ’l colpo mortale.“ [Von Euren Augen ging der Todesstoß aus.] 61 In Gedicht 38 ist das intertextuelle Spiel komplexer. Die Macht der Augen der Geliebten reicht so weit, dass Hyellas Blick für den Liebenden Tag und Nacht bedeutet (Navagero, Lusus 38,6–10): Fert mihi noctem oculis, fert mihi Hyella diem. Nam quoties a me nitidos avertit ocellos: Ipsa in luce etiam nox tenebrosa premit. At quoties in me nitidos convertit ocellos Candida et in media sit mihi nocte dies. Hyella bringt mir die Nacht, bringt mir den Tag mit ihren Augen. Denn sooft sie ihre glänzenden Äuglein von mir abwendet, bedrückt mich im Tageslicht selbst düstere Nacht. Aber sooft sie ihre glänzenden Äuglein zu mir hinwendet, ist für mich mitten in der Nacht strahlender Tag.

Petrarca setzt mehrfach die Geliebten mit der Sonne gleich; so z.B. RVF 28,3: „ch’è sola un sol“ [die allein eine Sonne ist]. 62 Dass die An- oder Abwesenheit der Geliebten auf den Liebenden gleichsam die Wirkung von Naturkräften hat, ist zudem verwandt mit dem Motiv des oder der Geliebten als Wirkkraft in der Natur, das bereits auf Vergils siebte Ekloge zurückgeht. Dort lässt die Abwesenheit des Alexis alles vertrocknen, während das Kommen der Phyllis alles zum Grünen bringt. 63 Auch Petrarcas Laura lässt durch ihre Anwesenheit Blumen erblühen, so z.B. in RVF 165,1–4: Come ’l candido pie’ per l’erba fresca i dolci passi honestamente move, vertù che ’ntorno i fiori apra et rinove, de le tenere piante sue par ch’esca.

 61 Vgl. auch RVF 39,1–2: „Io temo sì de’ begli occhi l’assalto | ne’ quali Amore et la mia morte alberga.“ [Ich fürchte so sehr den Angriff durch die schönen Augen, in denen Amor und mein Tod wohnen.] 62 Vgl. weiter z.B. die Klage nach Lauras Tod (RVF 338,1): „Lasciato ài, Morte, senza sole il mondo.“ [Tod, du hast die Welt ohne Sonne zurückgelassen.] 63 Vgl. bes. Vergil, Eclogae 7,55–56: „omnia nunc rident: at si formosus Alexis | montibus his abeat, videas et flumina sicca“; 7,59–60: „Phyllidis adventu nostrae nemus omne virebit, | Iuppiter et laeto descendet plurimus imbri.“

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Wenn der weiße Fuß die süßen Schritte sittsam durch das frische Gras bewegt, scheint die Kraft, die ringsum die Blumen öffnet und erneuert, von ihren zarten Sohlen auszugehen. 64

Rhetorisch fasst Navagero die Wirkung von Hyellas Augen in ein durchaus petrarkistisches Spiel mit Antithesen und Oxymora, wobei die Verse Navagero, Lusus 38,7 und 38,9 eine parallele Struktur mit vielen Wortwiederholungen aufweisen. Ähnliches hatten wir bei dem besonders ,petrarkistischen‘ Gedicht Bembos, Carmen 11, beobachtet.

 Marcantonio Flaminio Während Navageros Lusus eine Anordnung gemäß dem Prinzip der variatio bieten, reserviert Marcantonio Flaminio Buch drei und vier seiner insgesamt acht Bücher Carmina ausschließlich für bukolische Liebesgedichte, die bei ihm erstmals den Titel Lusus Pastorales tragen. 65 Andere Themen werden in die anderen Bücher ausgelagert. Die Gedichte des dritten Buches ergeben formal und inhaltlich ein sehr einheitliches Bild. Sie alle sind recht kurz und in elegischen Distichen verfasst, haben also die Form von Epigrammen, deren Ähnlichkeit mit dem volkssprachlichen Sonett bereits erwähnt wurde. Wie bei Bembo und Navagero handeln sie von unterschiedlichen Geliebten. Die Protagonisten sind bei Flaminio durchweg Hirten, die sich in schattigen Tälern und an klaren Quellen treffen, Schafe weiden und Hirtengötter wie Pan um Schutz anrufen. Auch hier sind die Frauen keine fernen Idealgestalten, sondern prinzipiell zugängliche Geliebte, die man an

 64 Vgl. weiter RVF 325,81–85, wo rückblickend von Lauras „ersten Schritten“ und ihrer damals schon vorhandenen Wirkung auf die Natur erzählt wird: „[…] or carpone, or con tremante passo, | legno, acqua, terra o sasso | verde facea, chiara, soave, et l’erba | con le palme o coi pie’ fresca et superba, | et fiorir coi belli occhi le campagne, | et acquetar i vènti et le tempeste | con voci anchor non preste.“ [Erst auf allen vieren, dann mit unsicherem Schritt ließ sie Holz, Wasser, Erde oder Stein grün, klar, weich und mit den Händen oder mit den Füßen das Gras frisch und prächtig werden, und mit den schönen Augen (ließ sie) die Gefilde erblühen, die Winde und die Stürme sich legen, mit Worten, die noch nicht fertig sind.] (Übersetzung Brockmeier, Anm. 35.)] 65 M. Antonii Flaminii Carminum Liber Tertius Lusus Pastorales continens; M. Antonii Flaminii Carminum Liber Quartus Reliquos Lusus Pastorales continens. In der Erstedition sind die Lusus Pastorales nur ein Teil von Buch 3; die Gedichte 1 und 2 fehlen darin (Carmina Quinque Illustrium Poetarum, Quorum nomina in sequenti charta continentur [… M. Antonii Flaminii Libri IIII …]. Cum privilegio ad decennium. Venetiis, ex officina Erasmiana Vincentii Valgrisii: MDXLVIII.).

  Iris Sticker einen locus amoenus einladen oder denen man Geschenke versprechen kann 66 und die zwar nicht immer, aber doch gelegentlich die Liebe erwidern. 67 Im vierten Buch der Carmina finden sich neben elegischen Distichen auch Jamben und Phalaeceen. Im ersten Gedicht dieses Buches stellt Flaminio sich ausdrücklich in die Nachfolge Catulls. Das ganze Buch ist einer Geliebten gewidmet, deren Namen Hyella wir aus Navageros Lusus kennen. Bei Flaminio ist die Geliebte jedoch schon im dritten Gedicht des Buches gestorben; ihr Tod wird vom lyrischen Ich 23 Gedichte lang betrauert. Für ein solch umfangreiches poetisches Trauerbuch kenne ich kein antikes Vorbild, während man sogleich an den Tod der Laura in Petrarcas Canzoniere denkt, die in einem Werk von insgesamt 366 Gedichten etwa 100 Gedichte lang betrauert wird. Wohl vor allem deshalb wurde für das Hyella-Buch Flaminios die Bezeichnung canzoniere pastorale geprägt. 68 Wie man erst allmählich erfährt, ist Hyella an Liebeskummer gestorben, weil ihr Geliebter Iolas auf Drängen seines Vaters eine andere heiraten musste. Iolas beschreibt seine eigene Trauer und die der ganzen bukolischen Umwelt, schwelgt in Erinnerungen an die wunderschöne Geliebte, malt sich aus, wie sogar die Götter der Unterwelt Hyellas Schönheit bewundern, ist von Schuld zerfressen und will schließlich selbst sterben, um wieder mit Hyella vereint zu sein. Einiges erinnert hier an Petrarca: Im Tod ist Hyella genauso unerreichbar wie Laura, Erinnerungen an die Lebende vermischen sich mit der Idealisierung der Toten, und der Wunsch der Vereinigung im Tode wird immer stärker. 69 Während Petrarcas Lyrik jedoch von tiefem Schmerz durchdrungen ist, gehört das Hyella-Buch Flaminios zu seinen Lusus, also zur nicht ernsthaften Dichtung. Eine biographische Interpretation, wie sie Chiodo vorschlägt, lehnt bereits Ferroni zu Recht ab. 70 Die emotionale Distanzierung des Autors wird auch in den Rahmengedichten des Buches deutlich. Der Tod der Hyella wird dem Leser in geradezu ironischer Weise mitgeteilt: In Carmen 4,3 ist der erste, der Hyella nach ihrem Tod vermisst, nicht der Liebende, sondern ein Ziegenbock. Carmen 4,4 beginnt mit einer Catull-Reminiszenz, 71 durch die die gestorbene Geliebte implizit mit Lesbias Schoßvögelchen gleichgesetzt wird: Man vergleiche Flaminio, Carmen 4,4,1–2 („Adeste o  66 Vgl. z.B. Flaminio, Carmen 3,10; 3,15; 3,16; 3,17; 3,19. Zitiert wird im Folgenden nach: Marcantonio Flaminio: Carmina. Testo e note a cura di Massimo Scorsone. Turin 1993. 67 Vgl. z.B. Flaminio, Carmen 3,4; 3,20. 68 Vgl. Chiodo (Anm. 5), S. 85 und 92; Ferroni (Anm. 6), S. 236 und 248–270. 69 Vgl. dazu z.B. RVF 277–278; 313; 333–334; 357–358. 70 Vgl. Chiodo (Anm. 5), S. 93; Ferroni (Anm. 6), S. 250–251. 71 Grant: Lusus Pastoralis (Anm. 2), S. 95–96 zeigt Parallelen insgesamt zwischen Flaminios Caper-Gedichten und Catulls Passer-Gedichten auf, interpretiert dies aber nicht als Ironie, sondern sieht einen „artfully sentimental effect“ gegeben.

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Satyri, bonique Fauni, et | Quidquid capripedum est ubique divum“ [Kommt herbei, ihr Satyrn und gute Faune, und was es auch immer überall an ziegenfüßigen Göttern gibt]) mit Catull 3,1–2 („Lugete, o Veneres Cupidinesque, | et quantum est hominum venustiorum“ [Trauert, ihr Venusgöttinnen und Amoren und wie viel an recht reizenden Menschen es gibt]). Nach dem letzten Trauergesang des Iolas tritt in Carmen 4,25 der Sprecher ganz aus der Rolle des trauernden Liebenden heraus und wendet sich an einen Freund (Flaminio, Carmen 4,25,1–2.5): „Haec, dulcissime Turriane, lusi | Molli carmine, nec laborioso, […]. | Nunc Musas vocor ad severiores.“ [Dies, mein liebster Turrianus, habe ich spielerisch gedichtet in einem zärtlichen, nicht beschwerlichen Lied. (…) Nun werde ich zu ernsteren Musen gerufen.] Eine Identifikation mit dem Lyrischen Ich wird nachhaltig vermieden, indem der Dichter sich von der persona des liebenden und trauernden Hirten Iolas klar distanziert.

 „Pathetic fallacy“ Zum Schluss soll ein Motivkreis betrachtet werden, der ein wesentliches Element bukolischer Dichtung darstellt: die bukolische Landschaft. Schon in Vergils Eklogen ist die Landschaft nicht nur Kulisse, sondern Berge, Täler, Flüsse und Wälder trauern mit dem unglücklich Liebenden oder betrauern seinen Tod, was als „pathetic fallacy“ bezeichnet wird. 72 Die Natur erscheint göttlich beseelt; sie kann um Schutz der Herden angefleht 73 oder als Zeuge angerufen werden. 74 Der unglücklich Liebende zieht sich in die Einsamkeit der Wälder zurück und klagt dort sein Leid (Vergil, Eclogae 2,3–5): tantum inter densas, umbrosa cacumina, fagos adsidue veniebat. ibi haec incondita solus montibus et silvis studio iactabat inani. Nur zwischen dichte Buchen, die schattigen Wipfel, kam er beständig. Dort sprach er einsam in vergeblichem Eifer diese wirren Worte zu den Bergen und Wäldern.

 72 Vgl. z.B. Vergil, Eclogae 5,27–28: „Daphni, tuum Poenos etiam ingemuisse leones | interitum montesque feri silvaeque loquuntur“; 10,13–15 (Gallus): „illum etiam lauri, etiam flevere myricae, | pinifer illum etiam sola sub rupe iacentem | Maenalus et gelidi fleverunt saxa Lycaei.“ 73 Vergil, Eclogae 7,45–47: „muscosi fontes et somno mollior herba, | et quae vos rara viridis tegit arbutus umbra, | solstitium pecori defendite.“ 74 Vergil, Eclogae 5,21: „vos coryli testes et flumina Nymphis.“

  Iris Sticker In Petrarcas Canzoniere gehört genau das zu den Grundelementen: Der Liebende erträgt die Gesellschaft anderer Menschen nicht und flüchtet sich in die Einsamkeit der Natur, so dass der Canzoniere größtenteils in einer bukolischen Umgebung spielt. Ein Beispiel unter vielen 75 ist das berühmte Sonett RVF 35 (hier die Verse 1–2 und 9–11): Solo et pensoso i più deserti campi vo mesurando a passi tardi et lenti […], sì ch’io mi credo omai che monti et piagge et fiumi et selve sappian di che tempre sia la mia vita, ch’è celata altrui. Allein und in Gedanken durchmesse ich die ödesten Gegenden mit zögerndem, langsamem Schritt […], so dass ich schließlich glaube, dass Berge und Hänge und Flüsse und Wälder wissen, von welcher Art mein Leben ist, das den Menschen verborgen bleibt. 76

Wie Stierle in seiner Monographie zu Petrarcas Landschaften gezeigt hat, ist die Landschaftserfahrung ein wesentliches Element in vielen Werken Petrarcas. Stierle unterscheidet dabei zwischen einer „Fernlandschaft“, wie sie sich etwa bei der Besteigung des Mont Ventoux dem weit schweifenden Blick auftut, und der umgrenzten „Nahlandschaft“, zu der das lyrische Ich sich in engem Bezug befindet. 77 In De vita solitaria dient die Einsamkeit der Reflexion und Selbsterkenntnis. Stierle sieht dies als wichtigstes Charakteristikum auch der petrarkischen Lyrik: Die Landschaft ist „Reflexionsraum“; 78 Petrarcas Lyrik ist eine Dichtung des „pensare“. 79 In der einsamen Landschaft steht dem Liebenden aber auch  75 Vgl. weiter z.B. RVF 116,9–11: „In una valle chiusa d’ogni ’ntorno, | ch’è refrigerio de’ sospir’ miei lassi, | giunsi sol cum Amor, pensoso et tardo“ [In einem rundum abgeschlossenen Tal, das meinem unglücklichen Seufzen Trost bietet, traf ich alleine auf Amor, nachdenklich und langsam(en Schrittes) (Übersetzung Brockmeier, Anm. 35)]; RVF 129,4–6: „Se ’n solitaria piaggia, rivo o fonte, | se ’nfra duo poggi siede ombrosa valle, / ivi s’acqueta l’alma sbigottia“ [Wenn ein Bach oder eine Quelle an einem einsamen Ort liegt, wenn ein schattiges Tal zwischen zwei Hügeln liegt, so kommt die verstörte Seele dort zur Ruhe (Übersetzung Brockmeier, Anm. 35)]; RVF 303,5–7: „fior’, frondi, herbe, ombre, antri, onde, aure soavi, | valli chiuse, alti colli et piagge apriche, | porto de l’amorose mie fatiche.“ [Blumen, Laub, Gras, Schatten, Höhlen, Wellen, liebliche Lüfte, geschlossene Täler, hohe Hügel und sonnige Hänge, Zuflucht vor meinem Liebeskummer.] 76 Übersetzung Brockmeier (Anm. 35). 77 Vgl. Karlheinz Stierle: Petrarcas Landschaften. Zur Geschichte ästhetischer Landschaftserfahrung. Krefeld 1979, S. 21. 78 Vgl. ebd., S. 34. 79 Vgl. ebd., S. 50–51; vgl. aus den obigen Beispielen RVF 35,1: „Solo et pensoso“; 116,11: „pensoso et tardo.“

Nunc ludit Venus alma  

das Bild der Geliebten vor Augen, ja manchmal scheint sie sich geradezu in der umgebenden Natur zu manifestieren, im klaren Wasser, im Gras, im Stamm einer Buche oder in einer Wolke. 80 Wie schon oben in RVF 35 deutlich wird, finden wir auch bei Petrarca immer wieder das vergilisch-bukolische Motiv der „pathetic fallacy“, eine emotionale Hinwendung zu der als belebt vorgestellten Natur, die den Schmerz des unglücklich Liebenden und später des verzweifelt Trauernden kennt und mitempfindet. 81 Wälder und Flüsse sind wie bei Vergil Zeugen („testimoni“; „testes“) des Geschehens um sie herum (RVF 71,37–38): „O poggi, o valli, o fiumi, o selve, o campi, | o testimon’ de la mia grave vita“ [O Hügel, o Täler, o Flüsse, o Wälder, o Felder, o Zeugen meines schweren Lebens]; 82 vgl. dazu Vergil, Eclogae 5,21: „vos coryli testes et flumina Nymphis“ [Ihr Haselsträucher und Flüsse seid den Nymphen Zeugen]. 83 Es gibt keinen Zweig oder Stein, keinen Grashalm und keine Blume, keinen Tropfen Wasser und kein Tier des Waldes, das nicht wüsste, wie groß die bittere Qual des Liebenden nach Lauras Tod ist. 84 Der Liebende ruft auch die Orte an, die eine Erinnerung an eine unmittelbare Berührung durch die Geliebte bewahren (RVF 126,1–13): Chiare, fresche et dolci acque, ove le belle membra pose colei che sola a me par donna; gentil ramo ove piacque

 80 RVF 129,40–43: „I’ l’ò più volte (or chi fia che mi ’l creda?) | ne l’acqua chiara et sopra l’erba verde | veduto viva, et nel tronchon d’un faggio | e ’n bianca nube.“ [Ich habe sie mehrmals (wer wird es mir wohl glauben?) im klaren Wasser und auf dem grünen Gras lebendig gesehen, und im Stamm einer Buche und in einer weißen Wolke. (Übersetzung Brockmeier, Anm. 35.)] Vgl. Stierle (Anm. 77), S. 34. Vgl. auch RVF 176. 81 Stierle (Anm. 77, S. 39) übersieht diese Antiken-Reminiszenz und interpretiert m.E. fälschlich: „Die Landschaft ist Negation der Gesellschaft, sie bedeutet Abwesenheit von Gesellschaft, aber indem sie diese Abwesenheit bedeutet, kann sie zugleich auch schon Substitut der abwesenden Gesellschaft werden. Die Blicke derer, denen das Ich entflohen ist, setzen sich gleichsam in der Landschaft fort […].“ 82 Übersetzung Brockmeier (Anm. 35). 83 Ähnlich Properz 1,18,19–20: „vos eritis testes, si quos habet arbor amores, | fagus et Arcadio pinus amica deo.“ 84 RVF 288,9–14: „Non è sterpo né sasso in questi monti, / non ramo o fronda verde in queste piagge, | non fiore in queste valli o foglia d’erba, | stilla d’acqua non vèn di queste fonti, | né fiere àn questi boschi sì selvagge, | che non sappian quanto è mia pena acerba.“ [Es gibt kein Reisig noch einen Stein in diesen Bergen, keinen Zweig oder grünes Laub an diesen Hängen, keine Blume in diesen Tälern oder einen Grashalm, kein Tropfen Wasser kommt von diesen Quellen, keine so wilden Tiere sind in diesen Wäldern, die nicht wüssten, wie groß meine bittere Qual ist.]

  Iris Sticker 5 (con sospir’ mi rimembra) a lei di fare al bel fianco colonna; herba et fior’ che la gonna leggiadra ricoverse co l’angelico seno; 10 aere sacro, sereno, ove Amor co’ begli occhi il cor m’aperse: date udïenzia insieme a le dolenti mie parole extreme. Helle, frische und süße Wasser, in die sie, die allein mir Herrin scheint, die schönen Glieder tauchte; edler Stamm, wo es ihr gefiel (mit Seufzen erinnere ich mich), dem schönen Leib eine Säule zu suchen; Gras und Blumen, die der anmutige Rock verbarg mit dem engelhaften Busen; heilige, heitere Luft, wo Amor mit schönen Augen mir das Herz öffnete: Schenkt alle Gehör meinen letzten klagenden Worten. 85

Neben der auch hier zu beobachtenden „pathetic fallacy“ ist diese Strophe eine der am ehesten erotisch wirkenden Stellen im Canzoniere: Für Petrarca ist Laura unberührbar, aber die Natur umfängt sie in geradezu liebevoller Umarmung. 86 Ein Mitempfinden der Natur mit dem Liebenden finden wir bei Bembo nicht und bei Navagero kaum, bei Flaminio jedoch sehr ausgeprägt. In Bembos pastoralen Gedichten ist die bukolische Umgebung tatsächlich nur Kulisse, so wie übrigens auch in der okzitanischen Pastourelle. In Navageros Lusus 27 klagt der Liebende in der Einsamkeit und ruft die Wälder und eine Pappel als Zeugen seiner Liebe zu Amaryllis an. 87 Beides lässt sich vollkommen als Vergil-Imitation verstehen. 88 Flaminio hingegen kreiert in beiden Büchern Lusus Pastorales eine pathetisch mitfühlende Landschaft. Im vierten Buch der Carmina, dem canzoniere pastorale für Hyella, finden wir mehrfach das konventionelle vergilische Motiv, dass die Natur mit dem Liebenden mittrauert. So beweint die Natur die gestorbene Geliebte (Flaminio, Carmen 4,16,24–27): Te silva maesta luxerit, te limpidi Fontes, Hyella, te Taburni horridae  85 Übersetzung Brockmeier (Anm. 35). 86 Ähnlich noch RVF 162, wo der Liebende Gras und Blumen glücklich preist, die von der Geliebten berührt wurden. 87 Vgl. Navagero, Lusus 27,10–11.74–75: „Interea hic ego muscoso prostratus in antro | Ipse meos solus mecum meditabor amores. […] Hae testes mihi sunt silvae, vicinaque silvis | Populus haec: cuius tale est in cortice carmen.“ [Inzwischen sinne ich selbst, ausgestreckt in einer moosbewachsenen Grotte, allein bei mir über meine Liebe nach. […] Zeugen sind mir diese Wälder und diese den Wäldern benachbarte Pappel, in deren Rinde ein solches Lied steht.] 88 Vgl. Vergil, Eclogae 2,3–5; 5,21; zitiert jeweils oben.

Nunc ludit Venus alma  

Flevere cautes; caerula se condidit Sol nube, dira ne videret funera. Dich betrauerte der betrübte Wald, dich betrauerten die klaren Quellen, Hyella, die schroffen Klippen des Monte Taburno beweinten dich; die Sonne verbarg sich in einer dunklen Wolke, damit sie deinen schrecklichen Tod nicht sähe.

An anderer Stelle wird die Umgebung direkt angeredet (Flaminio, Carmen 4,22,1– 5): Formosa myrte, roscido imminens antro, Antrum loquaci suave murmurans fonte; Fons care, fletu facte amare de nostro; O quam beate viximus, quoad vixit Hyella vestra! Schöne Myrte, die sich zur taufeuchten Höhle hinneigt; durch eine murmelnde Quelle lieblich rauschende Höhle; liebe Quelle, die du durch meine Tränen bitter geworden bist; o wie glücklich lebten wir, solange eure Hyella lebte!

Gegen Ende des Gedichtes nimmt der unglückliche Iolas, der sich dem Tode weiht, pathetisch Abschied von dieser ihn umgebenden Landschaft (Flaminio, Carmen 4,22,49–50): „Valete silvae, tuque fons mihi care | Vale, vale antrum, myrte floridula salve“ [Lebt wohl, ihr Wälder, und du mir liebe Quelle leb wohl, leb wohl, du Grotte, du blühende Myrte lebe wohl]. Die Quelle in Carmen 4,22,5, die von den Tränen des Liebenden bitter geworden ist, schwoll bereits in Carmen 4,5 durch ihre eigenen Tränen um Hyella unmäßig an; vgl. bes. Carmen 4,5,3–4: „Ah miser! exstinctae turbat te casus Hyellae: | Ipse tuis crescis, perdite, de lacrimis.“ [Ach du Elende! Das Schicksal der gestorbenen Hyella wühlt dich auf: du selbst schwillst an, Unglückliche, durch deine eigenen Tränen.] Das Motiv geht auf Petrarca zurück (RVF 301,2): „fiume che spesso del mio pianger cresci“ [Fluss, der du oft von meinen Tränen schwillst]. Petrarcas dezenten lyrischen Vers dehnt Flaminio in Carmen 4,5 bis an die Grenze des Erträglichen aus: Zugleich mit der Quelle schwillt auch Flaminios Gedicht an, so dass es eine Länge von 84 Versen erreicht. Man fragt sich, ob auch hier eine gewisse ironische Distanzierung des Dichters von der persona des trauernden Hirten stattfindet. Im dritten Buch der Carmina wird die bukolische Umgebung in zwei komplementären Gedichten als Ort glücklicher Liebe angerufen. Das erste ist eine Bitte um Schutz der Liebenden (Flaminio, Carmen 3,4,1–2.5–6): Intonsi colles, et densae in collibus umbrae Et qui vos placida fons rigat ortus aqua […]

  Iris Sticker Este boni, tutasque mihi praebete latebras, Dum sedet in gremio cara Nigella meo. Bewaldete Hügel, und dichte Schatten auf den Hügeln, und entsprungene Quelle, die euch mit sanftem Wasser netzt, seid gewogen und gewährt mir ein sicheres Versteck, während die liebe Nigella in meinem Schoß sitzt.

Im zweiten Gedicht wird dem Ort, an dem Phyllis den Liebenden das erste Mal küsste, zum Dank alles Gute gewünscht (Flaminio, Carmen 3,20,1–5): Irrigui fontes, et fontibus addita vallis, Cinctaque piniferis silva cacuminibus, Phyllis ubi formosa dedit mihi basia prima, Primaque cantando parta corona mihi, Vivite felices… Erfrischende Quellen und Tal bei den Quellen und Wald, umgeben mit pinientragenden Wipfeln, wo die schöne Phyllis mich das erste Mal küsste und wo ich mir zuerst durch meinen Gesang einen Kranz erwarb, 89 lebt glücklich…

Erfüllte Liebe in bukolischer Umgebung ist weder vergilisch noch petrarkisch. Mir scheint jedoch ein Anklang an die oben zitierte erste Strophe aus RVF 126 gegeben, wobei Flaminio die ,Umarmung‘ der Geliebten durch die Natur zur Umarmung der Liebenden in der Natur umgestaltet. Die Kanzone RVF 126 übertrug Flaminio ins Lateinische, so dass er gerade mit diesem Gedicht besonders vertraut gewesen sein wird. Die Übersetzung ist nicht Teil der Lusus Pastorales, 90 doch lässt sich an diesem Text eine Verbindung von eindeutiger Petrarca-Rezeption mit der Imitation antiker Texte aufzeigen. Aus der Langstrophe von 13 Versen im italienischen Original werden in Flaminios Version vier jeweils vierzeilige glyconeische Strophen. 91 Die Entsprechung der ersten petrarkischen Strophe lautet (Flaminio, Carmen 1,6,1–16): O fons Melioli sacer, Lympha splendide vitrea,

 89 Bei dem Dichterkranz denkt man sicherlich auch an Petrarca, der als Dichter mit dem Lorbeer gekrönt wurde. 90 Die lateinische Fassung mit dem Titel De Delia wurde in die Edition von Flaminios Carmina als sechstes Gedicht im ersten Buch aufgenommen. 91 Chiodos Bemerkung, Flaminio habe Petrarcas Kanzone in „un’elegante ode oraziana“ übersetzt (Chiodo, Anm. 5, S. 86), ist irreführend. Glyconeische Strophen kommen in horazischer Lyrik nicht vor, wohl aber zweimal bei Catull (34 und 61). Wörtliche und motivische Imitation des Horaz ist aber natürlich vorhanden.

Nunc ludit Venus alma  

In quo virgineum mea Lavit Delia corpus; 5 Tuque lenibus enitens Arbor florida ramulis, Qua latus niveum, et caput Fulsit illa decorum; Et vos prata recentia, 10 Quae vestem nitidam, et sinum Fovistis tenerum uvida Laeti graminis herba; Vosque aurae liquidi aetheris, Nostri consciae amoris, ad15 este, dum queror, atque vos Suprema alloquor hora. O heilige Quelle des Meliolus, schimmernd von kristallenem Wasser, in der meine Delia den jungfräulichen Leib wusch; und du blühender Baum im Glanz deiner linden Zweige, an den sie die schneeweiße Hüfte und den zierlichen Kopf lehnte; und ihr frischen Wiesen, die ihr das glänzende Kleid und den zarten Busen mit dem feuchten Halm des üppigen Grases erquicktet; und ihr klaren Himmelslüfte, Zeugen unserer Liebe – steht mir bei, während ich klage und euch in meiner letzten Stunde anflehe.

Flaminios Petrarca-Übersetzung ist durchsetzt von Anklängen an antike lateinische Dichtung. So lässt sich zu den Versen 1–2 der Beginn der Horazode 3,13 vergleichen („O fons Bandusiae, splendidior vitro“), zu den Versen 5–6 Catull 61,21– 22: „floridis velut enitens | myrtus Asia ramulis“; zu den Versen 7–8 Vergil, Eclogae 6,53 („ille latus niveum molli fultus hyacintho“), zu Vers 9 Vergil, Aeneis 6,674 („prata recentia“), zu Vers 12 Vergil, Eclogae 5,26 („graminis … herbam“) und zu den Versen 15–16 Vergil, Eclogae 8,19–20 („dum queror et divos […] extrema moriens tamen adloquor hora“). So schwierig es im Einzelnen oft ist, in neulateinischer Dichtung petrarkische und petrarkistische Elemente von Antikenrezeption zu trennen, zeigt doch dieses Beispiel, dass für einen Dichter des italienischen Cinquecento beides ohne Weiteres Hand in Hand geht.

 Fazit Die Lusus Pastorales des Bembo, Navagero und Flaminio imitieren nicht die petrarkistische Petrarca-Imitation, sondern Petrarca selbst. Typisch ,petrarkistische‘ Elemente sind in den Lusus Pastorales nicht prominent. Auch liegt kein

  Iris Sticker integraler Petrarkismus vor, sondern die spielerische Dichtung der Lusus ist geprägt von einem hedonistisch-sensuellen Liebeskonzept, in dem die Geliebte nicht geradezu überirdisch idealisiert wird und auch nicht prinzipiell unerreichbar ist. Der wichtigste Einfluss des Canzoniere scheint mir auf einer anderen Ebene zu liegen und geht über eine bloße Motivimitation hinaus. Vor allem bei Navagero lassen sich strukturelle Ähnlichkeiten erkennen: Ein lyrisches Ich singt in bukolischer Umgebung oft von Liebe, gelegentlich auch von aktuellen Ereignissen, lässt trotz der Verwendung antiker Mythologie eine christliche Grundhaltung erkennen und verwendet für all dies wechselnde Gedichtformen. Auch in Flaminios Lusus Pastorales sind strukturelle Gemeinsamkeiten gegeben, wenn auch in anderer Weise. Dort spricht ein liebendes Ich inmitten einer bukolischen Umgebung aus Bergen, Tälern, Flüssen und Wäldern, die nicht nur Kulisse ist, sondern Anteil an Freud und Leid des Liebenden nimmt. Ein Liebender und die umgebende Natur betrauern in einer langen Reihe von Gedichten den Tod der Geliebten. Die Lusus Pastorales lassen sich durchaus als Gattungsmischung aus antiken Elementen erklären, vor allem der Bukolik, Lyrik, Liebeselegie und Epigrammatik. Grant weist jedoch darauf hin, dass neulateinische Dichter sich normalerweise an den vorgegebenen antiken Gattungsformen orientierten, und sieht die Lusus Pastorales als einen Sonderfall an, welcher der Erfindung einer ganz neuen Literaturform am nächsten komme. 92 Daran anknüpfend kann man die Frage stellen, welche Impulse dazu führten, dass im italienischen Cinquecento gerade diese neue literarische Gattung entstand. Hier scheint es naheliegend, dass die Vorbildfunktion, die Petrarcas Canzoniere in der volkssprachlichen Dichtung entfaltete, auch in der lateinischen Dichtung dieser Zeit eine gewisse Wirkung zeigte. So kann man die Lusus Pastorales als Versuch sehen, in der lateinischen Dichtung eine Form zu schaffen, die ein Pendant zu Petrarcas italienischer Lyrik bildet.

 92 Vgl. Grant: Lusus Pastoralis (Anm. 2), S. 98: „There were experiments a-plenty within the limits of these forms, naturally, but there is no example in Neo-Latin literature of the invention of a new, major form of poetry. The nearest one comes to free invention is the production of such a minor development as the lusus pastoralis.“

Giacomo Comiati

Translating Petrarch’s Vernacular Poems in Latin in Early-Modern Italy Within the complex and variegated phenomenon of the influence of vernacular culture on early-modern Latin literature, a key role is played by the impact and stimulus that Petrarch’s Italian poetic works had on the humanistic and Renaissance lyrical texts composed in Latin. 1 In these latter works, one may find an array of Petrarchan echoes and features that were often combined with or, sometimes, even hidden under a set of allusions to Classical works. The literary tesserae drawn from Petrarchan vernacular texts by early modern poets to forge their new lyrical Latin mosaics could significantly vary in the number and ways they were combined. Those scholars who have investigated this trend pointed out that it was not uncommon among humanistic and Renaissance authors to resort to using, on the one hand, Petrarchan vernacular poems as a point of reference for the structure of their Latin texts and, on the other hand, ancient Latin works as their main linguistic and rhetorical sources. 2 Yet, this was not a strict paradigm  The research work that led to this contribution benefitted in no small part from a Research Fellowship from the Ludwig Boltzmann Institute for Neo-Latin Studies in Innsbruck. I would like to express my gratitude to the whole institute for this and in particular to its director, Prof. Florian Schaffenrath. 1 Cf. Francesco Tateo: Properzio fra Petrarca (RVF 35) e Pontano (Parthen. 1,6). Una nota. In: La parola del testo 1 (2010), pp. 61–64; Donatella Coppini: I canzonieri latini del Quattrocento. Petrarca e l’epigramma nella struttura dell’opera elegiaca. In: ‘Liber’, ‘Fragmenta’, ‘Libellus’ prima e dopo Petrarca. In ricordo di D’Arco Silvio Avalle. Seminario internazionale di studi, Bergamo, 23–25 ottobre 2003. Ed. by Francesco Lo Monaco, Luca Carlo Rossi, and Niccolò Scaffai. Florence 2006, pp. 209–238; Barbara Beleggia: Echi petrarcheschi negli ‘Eroticon libri’ di Tito Vespasiano Strozzi. In: Il petrarchismo. Un modello di poesia per l’Europa. Vol. 2. Ed. by Floriana Calitti and Roberto Gigliucci. Rome 2006, pp. 553–568; Ilaria Landi: I ‘Rerum vulgarium fragmenta’ tra modelli dell’elegia senese e fiorentina del Quattrocento. In: Il petrarchismo (n. 1), pp. 517–552; Mauro De Nichilo: Petrarca, Salutati, Landino: RVF 22 e 132. In: Italianistica 33.2 (May–August 2004), pp. 143–161; Italo Pantani: ‘La fonte d’ogni eloquenzia’: il Canzoniere petrarchesco nella cultura poetica del Quattrocento ferrarese. Rome 2002; Francesco Bausi: Modi e forme della poesia umanistica (tra latino e volgare). In: L’identità nazionale nella cultura letteraria italiana. Atti del III congresso nazionale dell’ADI, Lecce-Otranto, 20–22 settembre 1999. Vol. 1. Ed. by Gino Rizzo. Galatina 2001, pp. 89–96; Donatella Coppini: Tradizione classica e umanistica nella poesia di Callimaco Esperiente. In: Callimaco Esperiente poeta e politico del ’400. Ed. by Gian Carlo Garfagnini. Florence 1987, pp. 119–149; Andrea Severi: Leggere i moderni con gli antichi e gli antichi coi moderni. Petrarca, Valla e Beroaldo. Bologna 2017, pp. 15–37. 2 Cf., at least, Pantani (n. 1), p. 145; and Severi (n. 1), pp. 26–28. https://doi.org/10.1515/9783110780048-009

  Giacomo Comiati and indeed it was not rare for modern poets to imitate and receive Petrarch’s Italian lyrics in their Latin compositions in many more nuanced, articulate and manifold ways than just structurally or thematically. 3 This article aims at investigating one of the most explicit and all-embracing forms through which this imitative phenomenon found expression: I will study those poetic cases in which the Petrarchan vernacular texts were the core points of reference for the new compositions, i.e., those cases in which the new Latin lyrics were wholly conceived as translations of Petrarch’s Italian originals. The literary phenomenon of the Latin translations of Petrarch’s Italian poems (or Rerum vulgarium fragmenta [RVF], as they are also called) germinated in Italy during the second half of the fourteenth century and later flourished throughout the following centuries (even up to the late nineteenth) across the whole of Europe. 4 The analysis that will be carried in the following pages will be mainly focused on the translations produced in the Italian peninsula during the fifteenth and sixteenth centuries, even though some observations about the early specimina of this trend and its longue durée will be provided.

 The phenomenon of the Latin translations of Petrarch’s fragmenta Outlining the phenomenon of early-modern Latin translations of Petrarchan fragmenta is not a simple task. The underlying difficulty is twofold. First, in a literary world – such as the early-modern one – where imitation and emulation of models were not just key to poetic practice but also found expression in multiple forms, it is not always straightforward to establish with precision what texts can

 3 Cf., at least, Paola Vecchi Galli: Petrarca fra Tre e Quattrocentro. In: Storia della letteratura italiana. Vol. 11. Ed. by Enrico Malato. Rome 2003, pp. 161–188; Natascia Tonelli: Landino: la ‘Xandra’, Petrarca e il codice elegiaco. In: Il rinnovamento umanistico della poesia. L’epigramma e l’elegia. Ed. by Roberto Cardini and Donatella Coppini. Florence 2009, pp. 303–320; as well as the bibliography quoted in n. 1 of this article. 4 For an overview of the phenomenon, cf., at least, Magdalena Bilińska: Traduzioni latine del Canzoniere di Petrarca sino alla metà del Cinquecento. In: Italia e Europa: dalla cultura nazionale all’interculturalismo. Vol. 2. Ed. by Bart van den Bossche, Michel Bastiaensen, Corinna Salvadori Lonergan and Stanisław Widłak. Florence 2006, pp. 181–188; and Severi (n. 1), pp. 15–22 and 39–72.

Translating Petrarch’s Vernacular Poems in Latin in Early-Modern Italy  

properly be defined as translations. 5 Secondly, part of the material constituting the corpus of texts that we aim to examine still has to be brought to light. As far as the first issue is concerned, it is important to explain that, despite the methodological complexity of dealing with a wide variety of texts, parameters for coherent classification have been applied to select the material to be included in this investigation. Only those Latin poems modelled in their entirety on a single Petrarchan precedent, in terms of both content and form, have been included in the current analysis. Accordingly, even those carmina that remodulated a clear Petrarchan element in their lines, yet failed to render the remnant of the text from which that element was originally drawn, have been excluded from our census, as happens, for instance, with Cristoforo Landino’s elegy 2.9 Conqueritur de amore or Giovanni Pontano’s Carmen 1.6 of his Parthenopeus. In both of these cases the Petrarchan topos of the melancholic poet roaming in the natural world – as it has been expressed in the opening of sonnet 35 of the Canzoniere – was masterfully handled, but the rest of the vernacular text was omitted from the Latin verses. 6 As far as the highly probable lack of some (if not several) translations from the examined corpus is concerned, it is undeniable that part of the literary material relevant to the current investigation still lies uncharted. Yet, a significant percentage of it has already been traced. A general overview of the early modern Latin translations of Petrarch’s vernacular texts was provided by Magdalena Bilińska in 2006. 7 This analysis was built upon and followed by a series of academic contributions, which mostly dealt with specific aspects of the phenomenon and helped us to expand our understating of it. 8 Further exploratory work that I carried on in various European libraries permitted me to bring  5 On the phenomenon of early modern literary translation, cf., at least, Carlo Dionisotti: Tradizione classica e volgarizzamenti. In Id.: Geografia e storia della letteratura italiana. Turin 1967, pp. 103–144; Gianfranco Folena: Volgarizzare e tradurre. Turin 1991; Sergio Lubello (ed.): Volgarizzare, tradurre, interpretare nei sec. XIII–XVI. Zurich 2011; and Elisa Gregori (ed.): ‘Fedeli, diligenti, chiari e dotti’: traduttori e traduzione nel Rinascimento. Padua 2016. 6 Cf. Severi (n. 1), pp. 15–37. 7 Cf. Bilińska (n. 4). 8 Cf., among the others, Severi (n. 1), pp. 39–72; De Nichilo (n. 1); Loredana Chines: Petrarchismo tra immagini e parole nelle forme letterarie del Cinquecento bolognese. In: Ead.: ‘Di selva in selva ratto mi trasformo’. Identità e metamorfosi della parola petrarchesca. Rome 2010, pp. 107–117; Marco Sinico: Un manoscritto roncioniano dei ‘Carmina’ di Flaminio Rai. In: Archivio storico pratese 88 (2012), pp. 125–145. Other scholarly contributions – devoted to single translations – will be quoted in the following pages. A detailed research work on Petrarchan translations included in early-modern printed anthologies and single-author’s lyric editions was conducted too. The results of this work are included in the list of Latin translations of Petrarch’s poems printed at the end of this volume.

  Giacomo Comiati new manuscript sources to light and, accordingly, to add some items to the list of early modern Latin translations of Petrarch. This updated list (which includes all the texts embraced by the present analysis as well as many others, which were excluded since they fell outside the geographical and chronological remits established for this investigation) is printed at the end of this volume and contains almost eighty elements. 9 Hence, even if the considerations that will be offered in this article must be seen as the results of a research that is still in progress, the quantity of data that is already possible to explore allows us to outline some tendencies within the phenomenon at hand (analysed here for the first time across the whole chronological period 1400–1600) and also draw some preliminary conclusions that it is not unlikely to hypothesise that will be supported by further material evidence that potentially (and hopefully) may be disclosed in the future. After having set out these methodological caveats, an overview of the phenomenon is – I believe – necessary, in order to outline its evolution and observe its trends, synchronic developments and reverberations. As mentioned above, the first Latin translations of Petrarchan fragmenta date back to the closing decades of the fourteenth century and to Coluccio Salutati, who transformed Petrarch’s sonnets 132 (“S’amor non è, che dunque è quel ch’io sento”) and 134 (“Pace non trovo, et non ho da far guerra”) into two carmina in hexameters. 10 Salutati’s precedent was soon followed by similar initiatives. This trans-lingual, literary phenomenon flourished throughout the Italian peninsula and developed (although being stimulated by purposes that were different – as we will see – from those at which the first translator aimed to reach) during the entire fifteenth century thanks to the works of, among others, Cristoforo Landino, Naldo Naldi,  9 See the appendix at the end of this volume. 10 On Salutati’s translations, cf. Severi (n. 1), pp. 18–19; Bilińska (n. 4), pp. 181–182; De Nichilo (n. 1), pp. 156–158; Elena Maria Duso: Il sonetto latino e semilatino in Italia nel Medioevo e nel Rinascimento. Rome 2004, p. LVIII; Ronald G. Witt: Hercules at the crossroads. The life, works and thought of Coluccio Salutati. Durham 1983, p. 433; and Francesco Bausi: Coluccio traduttore. In: Medioevo e Rinascimento 22 (2008), pp. 33–57. The translation of RVF 132 can be read in Bausi (n. 10), pp. 33–40; De Nichilo (n. 1), pp. 156; Antonio Zardo: Il Petrarca e i Carraresi. Milan 1887, p. 307; and Ernest Wilkins: The Making of the ‘Canzoniere’ and other Petrarchan Studies. Rome 1951, p. 262. It is also preserved in the following manuscripts: Florence, Biblioteca Nazionale Centrale (BNC), Pal. 185, fol. 122v; Florence, Biblioteca Riccardiana (Ricc), 1136, fol. 80v; Paris, Bibliothèque Nationale, Latin 8731, fol. 77v; Vatican City, Biblioteca Apostolica Vaticana (BAV), Vat. Lat. 2616, fol. 331v. The translation of RVF 134 can be read in Bausi (n. 10), pp. 33–40; Zardo (n. 10), p. 307; Duso (n. 10), p. 26; and is preserved in the following manuscripts: Florence, BNC, Pal. 185, fol. 122v; Florence, Ricc, 1136, fol. 80v; Paris, Bibliothèque Nationale, Latin 8731, fol. 78r; Vatican City, BAV, Vat. Lat. 2616, fol. 331v, and Reg. Lat. 1973, fol. 20r.

Translating Petrarch’s Vernacular Poems in Latin in Early-Modern Italy  

Alessandro Braccesi, Alberto Longo, Pietro Barozzi, and Beroaldo the Elder. 11 This literary practice became even richer and more variegated during the following century in an unprecedented, ample array of lyrical forms by an even larger number of Italian acolytes, spanning from Nicolò d’Arco to Marcantonio Flaminio, from Achille Bocchio to Ludovico Annibale Della Croce, from Filippo Gheri to Marco Vasio, from Girolamo Massario to Flaminio Rai, not to mention the anonymous authors that must not be omitted from this literary group. 12 It is also  11 Landino translated RVF 22, 132, and 273 in three carmina belonging to his poetic collection Xandra (i.e., poems 1, 7; 1, 14; and 1, 17). On his translations, cf. Severi (n. 1), pp. 18–19; Bilińska (n. 4), p. 182; De Nichilo (n. 1); and Tonelli (n. 3), pp. 199–200. Naldi translated RVF 12, 46, 215, and 327 in four poems: three belong to his Elegiarum libri tres (i.e., elegies 1, 15; 1, 20; and 1, 9) and one to his Epigrammaton liber (1, 35). On his translations, cf. Severi (n. 1), p. 19; and Bilińska (n. 4), p. 182. Braccesi translated RVF 102 and 132 in two carmina (i.e., 1, 11 and 1, 12). On his translations, cf. Severi (n. 1), pp. 19–20; and Bilińska (n. 4), p. 182. Longo translated RVF 15. Cf. Bilińska (n. 4), p. 183. Both Barozzi and Beroaldo the Elder translated RVF 366. Cf. Severi (n. 1), pp. 40–53; and Bilińska (n. 4), pp. 182–183. Barozzi’s poem can be read in Giovanni Battista Contarini: Anecdota veneta. Vol. 1. Venice 1757, pp. 198–268, here pp. 241–242; and in two manuscripts: Chicago, University of Chicago Library, ms. 470, fols. 51r ff; and Milan, Veneranda Biblioteca Ambrosiana, O 58 Sup., fols. 45v–49v. Beroaldo’s translations can be read in Filippo Beroaldo: Orationes et quamplures appendiculae versuum. Bononia 1515, pp. AA6v–BB1r, and in two manuscritps: Florence, BNC, Magl. XXXV 225, fols. 36v–38v; and Vatican City, BAV, Reg. Lat. 29, fols. 259v–261r. 12 D’Arco translated RVF 50, 132 and 220 in three poems included in his book of carmina: Nicolò d’Arco: Numerorum libri IV [...]. Verona 1762, pp. 253, 258 and 257. Flaminio translated RVF 126. It can be read in Marcantonio Flaminio: Carmina. Ed. by Massimo Scorsone. Turin 1993, pp. 14– 16. Various early versions of this poem can be found in: Florence, Ricc. 901, fols. 107r–109v; Vatican City, BAV, Vat. Lat. 6250, fols. 38r–40r (this version of Flaminio’s carmen was wrongly attributed to M. Muzzarelli by Vattasso, cf. Marco Vattasso: I codici petrarcheschi della Biblioteca Vaticana. Rome 1908, entry 59); and Venice, Biblioteca Marciana, It. X, 93 (=6432), unnumbered fols. [*]r–[*]v and [**]r after fol. 121. On Flaminio’s translation, cf. Giacomo Comiati: The Reception of Petrarch and Petrarchists’ Poetry in Marcantonio Flaminio’s Carmina. In: The Influence of Vernacular Discourses on Neo-Latin Literature. Ed. by Florian Schaffenrath and Alexander Winkler. Leiden, Boston 2019, pp. 188–211, here pp. 202–207; Bilińska (n. 4), p. 184; and Giovanni Ferroni: ‘La persona dell’humanista’. Immagini della giovinezza di Marcantonio Flaminio (1515– 1529). In: Lirica in Italia 1494–1530. Esperienze ecdotiche e profili storiografici. Ed. by Uberto Motta and Giacomo Vagni. Bologna 2017, pp. 197–247, here pp. 233–238. Bocchio translated RVF 128, which can be read in: Parma, Biblioteca Palatina, 555, fols. 108r–114r. Cf. Severi (n. 1), p. 20; and Chines (n. 8), p. 110. Della Croce translated RVF 134, which can be read in: Vatican City, BAV, Vat. lat. 5226, fol. 241v. A slightly different version of it is in: Florence, BNC, II. V. 160, fol. 34v; Bergamo, Biblioteca civica Angelo Mai, MM 693, 2, fol. 73r. Della Croce’s translation was printed in: Carmina Illustrium Poetarum Italorum […]. Ed. by Giovan Matteo Toscano. Paris 1576, pp. 285–286; Veneres Blyenburgicae sive Amorum hortus. Ed. by Damasus Blyenburg. Dordrecht 1600, p. 459; Delitiae CC Italorum Poetarum […]. Vol. 1. Ed. by Ranuccio Gherio. Frankfurt 1608,

  Giacomo Comiati worth noting that, during the sixteenth century, this phenomenon began to be practised by non-Italian authors working in Italy and also spread to other regions beyond the Alps. Indeed, from the middle decades of the Cinquecento onwards, various authors from across the European continent followed the Italians’ footsteps and devoted their efforts to render Petrarch’s poems into Latin. The works, for example, of the Spanish Pietro Amato, the Croatian Marko Marulič, the French Nicolas Bourbon and Jean-Edouard Du Monin, the Dutch Adriaen van der Burch and Willem Canter, the German Paul Schede Melissus and the British Thomas Watson made this Italian-based literary phenomenon into a pan-European one. 13 During the Baroque age, too, both transalpine and Italian poets (from among the latter one should at least mention Emanuele Tesauro, Girolamo Cicala, and Giovanni Francesco Buonamici) continued to write new Petrarchan Latin translations. 14 This literary practice persisted – albeit less widespread – in both the eighteenth century (as the poem by Matteo Burdegato, who rendered madrigal 121 into a carmen in Elegiac couplets, witnesses) 15 and the nineteenth century (as

 pp. 860–861; and Carmina Illustrium Poetarum Italorum. Vol. 3. Florence 1719–1726, pp. 524– 525. Vasio translated RVF 366, preserved in Udine, Biblioteca Civica Vincenzo Joppi, Fondo principale 43, fols. 24–27. Cf. Severi (n. 1), pp. 64–66; Bilińska (n. 4), p. 185; and Francesco Spessot: Una versione Latina dal Petrarca dell’umanistra friulano Marco Vasio. In: Studi goriziani 31 (1962), pp. 147–155. Massario translated RVF 136–138. These poems are printed in: Girolamo Massario: Eusebius captivus […]. Basel 1553, pp. 189–191. Cf. Bilińska (n. 4), p. 184. Finally, Rai translated RVF 126, 134, 272 and 302. His poems are preserved in: Florence, Ricc, 901, fols. 19r–21r, and 174r–175r; and Prato, Biblioteca Roncioniana, 355. R VI 10. Cf. Severi (n. 1), p. 70 n. 59; Bilińska (n. 4), p. 187; and Sinico (n. 8). 13 Amato translated RVF 128 and 366. Cf. Severi (n. 1), p. 20 and n. 17, and pp. 66–69; Sinico (n. 8), p. 141; and Bilińska (n. 4), pp. 184–185. Marulič translated RVF 366. Cf. Severi (n. 1), pp. 53– 59; and Bilińska (n. 4), pp. 183–184. Bourbon translated RVF 134. Cf. Bilińska (n. 4), pp. 184. Du Monin translated RVF 132; van der Burch RVF 19, 132, and 134; Canter RVF 19 and 132; Schede RVF 9 and 133; and Watson RVF 132, 164, 364 and 365. For details of where the texts of these poems can be read, see the appendix at the end of this volume. 14 Tesauro translated RVF 134. Cf. Ezio Raimondi: Un esercizio petrarchesco di Emanuele Tesauro. In: Id.: Letteratura barocca. Studi sul Seicento italiano. Florence 1961, pp. 77–94; and De Nichilo (n. 1), p. 156 n. 66. Cicala translated RVF 3, 90, 134, 159, 164, 183, 216 and 301. Cf. Marco Leone: Introduzione. In: Girolamo Cicala: Carmina. Ed. by Marco Leone. Lecce 2011, pp. 7–67. For details of where the texts of these poems can be read, see the appendix at the end of this volume. Other seventeenth-century authors who translated Petrarch in Latin include: Carlo Sinibaldi da S. Elpidio, Giovanni Francesco Buonamici, Pierre Fenouillet, and Jacques Guijon. Cf. Bilińska (n. 4), p. 188. 15 This poem by Burdegato is printed in: Giovanni Antonio Volpi: Carminum libri tres […]. Padua 1725, p. 318. Other eighteenth-century authors who translated some Petrarchan poems in Latin include: Hieronymus de Bono Bononiensis (whose translation of RVF 5 – dated 1726 – is

Translating Petrarch’s Vernacular Poems in Latin in Early-Modern Italy  

it is shown, for instance, by Luigi Dalla Vecchia’s translation of Petrarch’s canzone 366). 16 The carmina written by the post-1700 translators eloquently confirm the longue durée of the phenomenon of the Latin translations of Petrarch throughout the modern era. Yet, despite the apparently similar outcomes of this longlived literary practice, one should remember that the later forms of this phenomenon were mostly rhetorical displays of erudition, with a different aim from that of the poems of the Humanistic and Renaissance authors. Nonetheless, it is worth remarking that this translating practice did not decrease with the Renaissance civilisation, but continued to flourish in new forms throughout the modern period.

 Selecting Petrarchan poems for translation In considering the whole corpus of the Latin translations of Petrarch’s fragmenta, it becomes apparent that those who participated in this tradition seem to have done so only by samples. Indeed, all the translators (except one) rendered just a single or, at least, a very small group of Petrarchan poems into Latin. It is very significant that one could name only one author (the Tuscan Flaminio Rai from Prato) who – according to his own statement 17 – might have laboured to translate the whole Canzoniere into Latin and that, at the same time, a contemporary sixteenth-century chronicler recounts that the endeavour of this very author was irremediably lost. On the basis of the account made by the canon Giovanni Pierallini, it seems that the manuscript containing the work by Rai – that the poet had decided to dedicate to Emperor Rudolf II of Habsburg – was stolen (and subsequently lost) one night from the lodging where Rai was staying, while he was following the imperial court from Vienna to Prague: Seguitando la corte di Rodolfo da Vienna a Praga, una notte che era alloggiato in un cotal borgo, gli furon rubati tutti i suoi versi, tra i quali era la versione latina di tutto il Canzoniere del Petrarca, da lui accuratamente trascritta, ed in segno d’onore e di fede dedicata

 preserved in: Oxford, Bodleian Library, ms. Additional A. 35, fols. 10v–11v), Antonio Cesari, and Thomas Gray. Cf. Bilińska (n. 4), p. 188. 16 Cf. Luigi Dalla Vecchia: La canzone Vergine bella di Messer Francesco Petrarca tradotta in esametri latini […]. Vicenza 1866. In her article, Bilińska states that the nineteenth-century author E. Salvo translated the whole Petrarchan Canzoniere in Latin. Cf. Bilińska (n. 4), pp. 187– 188; and Giuseppe Bellucci: Di una traduzione latina del ‘Canzoniere’ di Petrarca. In: Il Baretti 40 (1873), p. 316. 17 Cf. Severi (n. 1), pp. 69–70.

  Giacomo Comiati all’imperatore. Ognuno può credere se di tal furto ei rimanesse dolente: erano que’ versi la cosa più cara che avesse al mondo, e, più che è, tutto il suo patrimonio. Né per quanto s’adoprasse col signore di quel paese per iscoprire il ladro, fu possibile rinvenirlo. 18 While following the court of Emperor Rudolf from Vienna to Prague, one night when he was staying in that little hamlet, someone stole all his poems, among which there was the Latin translation of the whole Canzoniere by Petrarch, that he had carefully transcribed, and dedicated to the emperor as a sign of his honour and faith. Everyone can see how sorrowful this theft made him: those poems were the most precious thing he possessed in the whole world, and, even more than that, they made up his own capital. Although he persistently asked the lord of that region to discover who the thief was, it has never been possible to find that out.

Apparently, the stolen manuscript was the only existing copy of the complete work by Rai, who later seems to have decided not to devote any more time to it. Only four Latin translations by Rai are known today (preserved in two manuscripts housed in Florence and in Prato, respectively): 19 the Carmen “Lymphae lucidulae atque item” in five-line strophes (known as second Glyconian strophe) rendering canzone 126 “Chiare, fresche et dolci acque”, and the Carmina “Nec pacem invenio nec quicum proelior est mi”, “Vita volans fugit, ulla brevis neque constitit hora” and “Cura mihi me surripiens illo extulit illa” – all in Elegiac couplets – translating sonnets 134 “Pace non trovo, et non ho da far guerra”, 272 “La vita fugge, et non s’arresta una hora”, and 302 “Levommi il mio pensier in parte ov’era”, respectively. It is impossible to state with absolute certainty whether Rai had actually translated the rest of the Canzoniere too. Yet, what is striking is the fact that no one else attempted a similar enterprise. This datum is relevant per se and may invite us to infer that, among the reasons that moved early-modern authors to render Petrarch’s poems into Latin, was not the need to make them known to a readership with no knowledge of Italian. 20 Petrarch’s fragmenta did not require such a ploy to circulate successfully. And when the demand for translations arose, a different typology of translation – those in some vernacular languages (e.g. French or English) – was sufficient. 21 Indeed, considering how  18 Giovanni Pierallini: Flaminio Rai. In: Pel calendario pratese del 1846. Memorie e studi di cose patrie. Prato 1846, pp. 79–88, here p. 82. Cf. Severi (n. 1), pp. 69–70. 19 See above n. 12. 20 The contrary hypothesis is sustained by Bilińska (n. 4), p. 187. 21 See, for instance, the French translations of Petrarch composed by Clément Marot, Vasquin Philieul, and Philippe de Maldeghem; and the English translations (of either the Canzoniere or the Trionfi) written by Thomas Wyatt, John Florio, Henry Parker, and William Fowler. On the French translations, cf., at least, Jean Balsamo: ‘Nous l’avons tous admiré, et imité: non sans cause’. Pétrarque en France à la Renaissance: un livre, un modèle, un mythe. In: Les Poètes

Translating Petrarch’s Vernacular Poems in Latin in Early-Modern Italy  

important the Canzoniere was for the new Renaissance culture in terms of aesthetics, rhetoric and poetics, it became fundamental, in the mid-to-late sixteenth century, that Petrarch’s poems became accessible, beyond the Alps, to a larger audience (including those who had no linguistic competence in the original language in which his texts were written). Yet, Latin translations seemed not to have served this purpose, otherwise there would have been further signs of or some other attempts to do a complete translation of the whole Petrarchan book of rhymes into Latin. What Rai may have wanted to achieve through his purported translation of the entire Canzoniere (and what he may have achieved with his extant four translations) was some poetic celebrity for having created a learned, linguistic stravaganza, attesting to his rhetorical talent and sophistication, rather than a work that benefitted the transalpine readers with Latin but no Italian who wished to explore Petrarch’s poems. Nonetheless, with his four existing carmina translating four different Petrarchan sonnets, Rai can already be considered as one of the authors who rendered one of the highest numbers of Petrarchan rhymes into Latin. Almost all the other poets (both Italian and not) translated just one or two fragmenta each. Out of the three hundred and sixty-six poems that constitute Petrarch’s Canzoniere, there is evidence (on the basis of the corpus on which the present analysis is based) that only thirty have been translated into Latin by Italian authors between late 1300 and 1600. Yet, the resulting number of carmina, which render these thirty fragmenta into Latin, is higher than thirty, because some Petrarchan texts were translated more than once by different literati. The number of translated poems becomes forty-six, if one considers the work of both sixteenth-century non-Italian authors and pan-European seventeenth-century ones. Among the forty-six translated fragmenta, a clear preference was shown for sonnets (thirty-eight of them were turned into Latin: RVF 1–7, 9, 12, 15, 19, 46, 90, 102, 132–134, 136–138, 153, 159, 162, 164, 183, 189, 208, 215, 216, 220, 272, 273, 291, 301, 302, 327, 364 and 365). The early-modern authors also translated five canzoni (RVF 50, 126, 128, 129 and 366), one ballad (RVF 59), one sestina (RVF 22), and one madrigal (RVF 52). As mentioned above, another Petrarchan madrigal (RVF  français de la Renaissance et Pétrarque. Ed. by Jean Balsamo. Geneva 2004, pp. 13–32; and Jean Balsamo, Vito Castiglione Minischetti, and Giovanni Dotoli (eds.): Les Traductions de l’italien en français au XVIe siècle. Fasano, Paris 2009. On the English translations, cf., at least, Anthony Robert Mortimer (ed.): Petrarch’s ‘Canzoniere’ in the English Renaissance. Bergamo 1975; Stephen Minta: Petrarch and Petrarchism: the English and French traditions. Manchester 1980; Gordon Braden: Wyatt and Petrarch: Italian Fashion at the Court of Henry VIII. In: Annali d’Italianistica 22 (2004), pp. 237–265; and Alessandra Petrina: Petrarch’s ‘Triumphi’ in the British Isles. Cambridge 2020.

  Giacomo Comiati 121) was translated into Latin during the eighteenth century. 22 During the fourteenth century, only two fragmenta were translated (RVF 132 and 134). Throughout the Quattrocento the attention of the literati was, instead, focused on ten poems in total: RVF 132 was translated again, as well as nine other fragmenta (eight of which – sonnets 12, 15, 46, 102, 215, 273 and 327, and sestina 22 – would not be translated again in later centuries; while one – canzone 366 – was, instead, among those that caught the attention of sixteenth-century authors too). 23 During the Cinquecento, Italian authors translated twenty-two Petrarchan poems: three (i.e., RVF 132, 134 and 366) that had already been translated, and nineteen other texts (i.e., RVF 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 9, 50, 126, 128, 136, 137, 138, 153, 220, 272, 291 and 302). 24 Among them, only four (sonnets 132 and 134 and canzoni 126 and 366) were translated by more than one Italian author during the sixteenth century. If one takes transalpine literati into consideration within this overview, it is possible to add other five fragmenta to the list of those translated into Latin during the sixteenth century (i.e., RVF 19, 133, 164, 364 and 365) and one can also count further versions of nine Petrarchan poems already translated by Italians (RVF 9, 128, 132, 134, 136, 137, 138, 291 and 366). 25 If we add seventeenth-century authors to the picture, the number of Petrarchan texts translated into Latin becomes higher,  22 The madrigal 121 was translated by Matteo Burdegato. See n. 15. 23 The Petrarchan poems translated during the fifteenth century are as follows. The name of the translator is given beside each poem in brackets: RVF 12 (Naldi), 15 (Longo), 22 (Landino), 46 (Naldi), 102 (Braccesi), 132 (Landino and Braccesi), 215 (Naldi), 273 (Landino), 327 (Naldi) and 366 (Barozzi and Beroaldo the Elder). See n. 11. For details of where the texts of these poems can be read, see the appendix at the end of this volume. 24 The Petrarchan poems translated during the sixteenth century are as follows. The name of the translator is given beside each poem in brackets: RVF 1–7 (anonymous author of BAV, Barb. Lat. 1858, fols. 189r–190v), 9 (anonymous author of BAV, Barb. Lat. 1858, fol. 191r), 50 (d’Arco), 126 (Flaminio Rai), 128 (Bocchio), 132 (d’Arco and anonymous author of BAV, Vat. Lat. 5226, fol. 241r), 134 (Della Croce, Rai, and Titus Gallicus), 136–138 (Massario), 153 (anonymous author of BAV, Barb. Lat. 1858, fol. 191r), 220 (d’Arco), 272 (Rai), 291 (an author named Lovisino, whose text is preserved in: Venice, Biblioteca Marciana, It. X, 93 [=6432], unnumbered fol. r+v placed between fols. 247 and 248), 302 (Rai), and 366 (Vasio and Gheri). See n. 12. For details of where the texts of these poems can be read, see the appendix at the end of this volume. 25 The Petrarchan poems translated by European authors during the sixteenth century are as follows. The name of the translator is given beside each poem in brackets: RVF 9 (Schede), 19 (Canter and van der Burch), 128 (Amato), 132 (Canter, Watson, du Monin, Tilenus, and van der Burch), 133 (Schede), 134 (Bourbon and van der Burch), 136–138 (Cellius), 164 (Watson), 291 (Germain Vaillant de Guélis – if the label ‘Germanus Valens’ written next to the carmen in Lucca, Biblioteca Statale, 2634, fol. 12r refers to him), 364 (Watson), 365 (Watson and van Suys), and 366 (Amato and Marulič). See n. 13. For details of where the texts of these poems can be read, see the appendix at the end of this volume.

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since one must include eleven other fragmenta too (i.e., RVF 52, 59, 90, 129, 159, 162, 183, 189, 208, 216 and 301). 26 Moving back to the work of Italian authors from the late-1300s to 1600, twenty-six out of the thirty fragmenta that we listed were translated into Latin only once, while four poems (i.e., RVF 126, 132, 134, 366) were translated various times by various authors. Canzone 126 was translated twice – by two different poets – during the sixteenth century. 27 The other three fragmenta had been those who received the highest degree of attention. Canzone 366 (“Vergine bella, che di sol vestita”) was turned into Latin four times by four different authors (twice in the fifteenth century by Pietro Barozzi and Beroaldo il Vecchio, and twice in the sixteenth century by Filippo Gheri and Marco Vasio). 28 If we also add to this list those translations made by non-Italian poets, one can count two other versions of RVF 366 composed by two sixteenth-century authors (Marko Marulič and Pietro Amato). Sonnet 132 (“S’amor non è, che dunque è quel ch’io sento”) was translated five times by five different authors (once in the Trecento, as already mentioned, by Salutati, twice in the Quattrocento by Cristoforo Landino and Alessandro Braccesi, and twice in the Cinquecento by Nicolò d’Arco and an anonymous poet). 29 Considering also the sixteenth-century transalpine literati and those of the seventeenth century, one can count six more Latin versions of the sonnet, each one composed by a different poet (Willem Canter, Thomas Watson, Jean-Edouard Du Monin, Georgius Tilenus, Adriaen van der Burch, Janus Dousa). 30 Sonnet 134 (“Pace non trovo, et non ho da far guerra”) was translated by

 26 The Petrarchan poems translated during the seventeenth century are as follows. The name of the translator is given beside each poem in brackets: RVF 52 (Buonamici), 59 (Buonamici), 90 (Cicala), 129 (Dousa), 159 (Cicala), 162 (one or two anonymous authors whose two Latin versions of this sonnet are preserved in: Florence, BNC, Magl. VIII. 47, fol. 262r–262v), 183 (Cicala), 189 (Guijon), 208 (Fenouillet), 216 (Cicala) and 301 (Cicala). Seventeenth-century authors also translated some fragmenta that had already been translated before, i.e., RVF 132 (Dousa), 134 (Cicala, Tesauro and Dousa), 164 (Cicala) and 365 (Huygens). See n. 14. For details of where the texts of these poems can be read, see the appendix at the end of this volume. 27 RVF 126 was translated once by Flaminio Rai and once by Marcantonio Flaminio. On Rai’s translation, cf. Severi (n. 1), p. 70 n. 59; Bilińska (n. 4), p. 187; and Sinico (n. 8). On Flaminio’s translation, cf. Comiati (n. 12), pp. 202–207; Ferroni (n. 12), pp. 233–238; Bilińska (n. 4), p. 184. 28 On the Latin translations of RVF 366, cf. Severi (n. 1), pp. 39–72; and Bilińska (n. 4), pp. 182– 185. 29 On the Latin translations of RVF 132, cf. De Nichilo (n. 1), pp. 154–161; Severi (n. 1), pp. 18– 20; Bilińska (n. 4), pp. 181–182; and Tonelli (n. 3), pp. 199–200. 30 Cf. Achim Aurnhammer: Francesco Petrarca in Deutschland. Seine Wirkung in Literatur, Kunst und Musik. Tübingen 2006, pp. 191–192; Gilles Banderier: Le triomphe de la langue

  Giacomo Comiati four Italian authors (by Salutati in the fourteenth century, and by Luigi Annibale Della Croce, Flaminio Rai and Titus Gallicus in the sixteenth century). 31 Whereas each of the first three authors rendered RVF 134 once, the fourth (Titus) translated it five times. Hence, sonnet 134 is the poem from Petrarch’s Canzoniere that has been translated into Latin most. If one adds the five other translations by both sixteenth-century non-Italian authors (i.e., Nicolas Bourbon, Adriaen van den Burch and Janus Dousa) and seventeenth-century Italian ones (i.e., Girolamo Cicala and Emanuele Tesauro), the number of carmina (written by a total of nine authors) translating RVF 134 reaches the impressive quota of thirteen. 32 It is worth noting that two of the three poems by Petrarch that received the greatest attention from and were most well-liked by later translators (i.e., RVF 132 and 134) were exactly those Petrarchan texts that had been translated first. This obviously cannot be a mere coincidence. It is undeniable that the first Latin versions of these two sonnets may have stimulated a certain emulative attitude in those later authors who, aiming to translate Petrarch’s poems into the language of the ancients, were willing to compete, rhetorically and stylistically, with already existing translations, as is proven by the fact that, a few decades after the composition of Salutati’s carmina, two of the three fifteenth-century poets who first translated some fragmenta into Latin wrote a carmen translating one of those sonnets already chosen by Salutati (indeed, both Landino and Braccesi turned RVF 132 into Latin). This trend became even more widespread and pervasive during the following century with two further carmina derived from RVF 132 and

 française: Du Monin et Pétrarque. In: Balsamo: Les Poètes français (n. 21), pp. 413–428, here p. 421; and Catharina Ypes: Petrarca in de Nederlandse letterkunde. Amsterdam 1934, p. 92. 31 On the Latin translations of RVF 134 written by Italian authors, cf. De Nichilo (n. 1), pp. 155– 156; Severi (n. 1), p. 18; and Duso (n. 10), p. 26. In his article, De Nichilo states that it also exists a translation of this poem written by Paolo Giovio. Yet, the poem Nec pacem invenio, ac bello me nemo fatigat attributed to Giovio (cf. De Nichilo [n. 1], p. 156 n. 66) was rather composed by Nicolas Bourbon. This carmen by the French humanist is printed (with a minor variant: the first word is ‘non’ and not ‘nec’) in the anthology Veneres Blyenburgicae sive Amorum hortus [Dordrecht 1600] quoted by De Nichilo as the source where to find Giovio’s poem. The lyric – explicitly attributed to Bourbon in the anthology – is printed at pp. 484–485, while at p. 48 (to which De Nichilo refers in his n. 66 as the page where to read Giovio’s text) one can read the last lines of a poem by Scorelius, a carmen by Campanus, and the beginning of a text by Flaminio. 32 On the translations of RVF 134 written both by sixteenth-century non-Italian authors and seventeenth-century Italian ones, cf. Bilińska (n. 4), p. 184; Zardo (n. 10), p. 307; Raimondi (n. 14); Pierre Laurens: L’abeille dans l’ambre. Célébration de l’épigramme de l’époque alexandrine à la fin de la Renaissance. Paris 1989, pp. 376–377; Marcel Françon: Une imitation du sonnet de Pétrarque: ‘Pace non trovo’. In: Italica 20 (1943), pp. 127–131; Id.: Sur le sonnet de Petrarque ‘Pace non trovo’. In: Italica, 27 (1950), pp. 211–213; and Ypes (n. 30), p. 92.

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seven more from RVF 134 (or, actually, eight and twelve, if we consider the transalpine and post-1600 texts), as the data mentioned in the previous paragraphs testifies. Before wondering what invited numerous early-modern translators to turn their attention to these two sonnets, it is important to consider what features and aspects of RVF 132 and 134 attracted Salutati in the first place. Yet, in order to try to answer this question, one should first clarify why the humanist decided to translate some Petrarchan poems into Latin. As other eminent literati of both his generation and the following one, Salutati was interested in providing Petrarch the status of classic and literary authority as part of his general effort to incorporate him into the official humanistic culture. 33 For Salutati, the poems of the Canzoniere had full right to be included in his programme of classicistic re-foundation of literature and culture. 34 Hence, Petrarch’s Italian texts were presented by Salutati as high in status. Translating, then, a specimen of Petrarch’s vernacular poems into Latin cannot but have been a statement to prove, through a tangible literary example, that the Italian fragmenta had a comparable prestige to any text written in Latin. While having the possibility to opt for any poem among the several hundred composed by Petrarch to stress his point, Salutati chose sonnets 132 and 134. There may have certainly been some impromptu factors – maybe a personal inclination, potentially inspired by his own aesthetic taste – that invited Salutati to focus his attention specifically on these two poems. But his choice may also be (more or less) partially read as resulting from the stimulus of two interwoven factors, which could have conceivably influenced him and would have also been crucial for the translating activities of later poets. These motivating factors can be identified as, first, the desire to give a Latin voice to feelings of love through those forms and nuances that modern sensitivity had developed to deal with them in the vernacular, and, second, the wish to exhibit one’s capability to re-create in contemporary Latin the refined calembour of rhetorical and linguistic elegantiae displayed in some of the

 33 Cf., at least, Berthold L. Ullman: The Humanism of Coluccio Salutati. Padua 1963, pp. 240– 241; Eugenio Garin: La cultura filosofica del rinascimento italiano. Florence 1961; Id.: La letteratura degli umanisti. In: Storia della letteratura italiana. Vol. 3. Ed. by Emilio Cecchi and Natalino Sapegno. Milan 1966, pp. 12–35 and 332–333; Carlo Dionisotti: Salutati Coluccio. In: Enciclopedia Dantesca. Vol. 4. Ed. by Umberto Bosco. Rome 1973, pp. 1086–1087; Witt (n. 10); and Giuliano Tanturli: Filologia del volgare intorno al Salutati. In: Coluccio Salutati e l’invenzione dell’Umanesimo. Ed. by Concetta Bianca. Rome 2010, pp. 83–144. 34 On Salutati’s admiration for Petrarch, cf. Ullman (n. 33), pp. 240–244; Dionisotti (n. 33); Bausi (n. 10); and Marc Laureys: La poesia latina di Coluccio Salutati. In: Coluccio Salutati e l’invenzione dell’Umanesimo (n. 33), pp. 295–314, here pp. 302–303.

  Giacomo Comiati masterpieces that vernacular poetry had produced. 35 Sonnets 132 and 134 may have appeared particularly appropriate to nurture both these tendencies, since they are constructed on a series of flamboyant antinomies, which offered the translator an almost endless series of formal potentialities to show off his competence and the distinction of his style while rendering them into his new texts, and, at the same time, the chance to give expression in his translations to sensitivities painted through tonalities partly unknown to the ancients. The same motivations – certainly combined with the emulative attitude of literary competition we referred to before – may be the basis of the decision of other authors, who aimed at translating some vernacular poems into Latin, to focus specifically their attention on RVF 132 and 134. In more general terms, one might argue that these two motivating factors can be seen as the two main forces that altogether inspired early-modern authors to translate Petrarchan poems in their carmina. Undeniably, other reasons played a role in the phenomenon, too. Throughout the fifteenth century, for instance, some additional metaliterary, linguistic and content-based motives contributed as further background components in stimulating the Latin translations of the fragmenta. When vernacular language began not to be perceived as being provided with a less inferior status to the classical language, the act of translating vernacular texts into Latin started to be seen not only as more acceptable per se, but also capable of carrying manifold positive effects, as Beroaldo the Elder eloquently stated in a sentence that may appear – according to the words of Andrea Severi – as the emblem of the cultural transmission process promoted by Italian Humanism. 36 Beroaldo declared that translations should be praised for refining an author’s intelligence, increasing the elegance of the receiving language and enriching its vocabulary. 37 This approach towards translations had certainly motivated and, at the same time, provided a formal justification to the contemporary translating practice of the fragmenta into Latin. Yet, this phenomenon was also inspired by a new attitude towards the Italian literary world that acted as a corollary derived from the new status and dignity of the vernacular language. The new way of perceiving the vernacular meant that some prominent Italian works (such as Petrarch’s Canzoniere) began to be seen by humanists as literary points of reference as authoritative as the works of classical antiquity. This fact invited mid-

 35 On the reception of the lyric themes of RVF 132 in the European culture, cf. De Nichilo (n. 1), pp. 156–157; and Severi (n. 1), p. 20. 36 Cf. Severi (n. 1), p. 7. 37 Beroaldo’s original sentence reads: “Ingenium mediusfidius vegetatur, eloquutio expolitur, supellex verborum optimorum copiosissima comparator”, quoted in Severi (n. 1), p. 7.

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and late-fifteenth-century poets to consider Petrarch’s vernacular œuvre as a new linguistic and stylistic source from which to derive material for their Latin compositions. 38 Both the wide-ranging features Italian humanists used and the Latin language that they developed resulted from the blending of different elements, among which some were explicitly taken from vernacular works. As Ilaria Landi writes, “il latino degli umanisti, costruito assemblando la lingua delle più varie opere della latinità, si plasma non senza ridotti e significativi apporti del volgare”. 39 Accordingly, Latin translations of Petrarchan fragmenta appear to emerge as the manifestation of this phenomenon taken to its extremes. Still, a further reason supports the flourishing of humanistic translations of Petrarch. Indeed, it is important to remember that fifteenth-century authors considered Petrarch’s book of rhymes not just a linguistic model, but also as an example to follow when dealing with specific themes in their Latin lyrics. 40 Scholars have observed that it was not uncommon for mid- and late-fifteenth-century poets to employ Petrarchan motifs and topoi with the precise intentions of including descriptions and praises of chaste forms of love in their own poetic collections and, at the same time, reducing the obscene tonalites reached by the early generations of humanists in their books of carmina, which closely followed the example of Martial and the ancient Priapean poems. 41 In parallel, Petrarch’s fragmenta were also the reference point for some fifteenth-century lyrical Latin texts in which reflections about religious reverberations onto the individual’s intimate sphere were at stake. 42 Consequently, the translations – throughout the Quattrocento – of a wide-ranging array of Petrarchan poems, including the canzone to the Virgin (the most popular text to be rendered into Latin at the time, as men 38 Cf., at least, Coppini: I canzonieri (n. 1); Beleggia (n. 1); Landi (n. 1); Pantani (n. 1); and Tonelli (n. 3). 39 “The Latin of the humanists, created through a process of combining different linguistic elements drawn from various, classical Latin literary works, was also moulded on the basis of nonminor contributions offered by the Italian vernacular”. Landi (n. 1), p. 545. 40 Cf., at least, Bausi (n. 1); Severi (n. 1), pp. 15–37; Beleggia (n. 1); De Nichilo (n. 1); Tonelli (n. 3); and Comiati (n. 12). 41 Cf. Coppini: I canzonieri (n. 1), p. 228: “L’inserzione dei RVF nella poesia latina contribuisce se non proprio a conferire castità, ad abbassare il tono osceno raggiunto nella prima metà del secolo sulla scorta di Marziale e dei Priapea dal filone epigrammatico elegiaco della poesia umanistica”. Cf. also Donatella Coppini: La scimmia di Marziale. ‘Veteres’ e ‘novi’ nella poesia di Giano Pannonio. In: Italia e Ungheria all’epoca dell’umanesimo corviniano. Ed. by Sante Graciotti and Cesare Vasoli. Florence 1994: pp. 71–88, here p. 86; Severi (n. 1), pp. 18–19; and De Nichilo (n. 1), p. 145. 42 Cf., at least, Severi (n. 1), pp. 39–40, but also pp. 41–72 and the secondary bibliography quoted at p. 40 n. 1.

  Giacomo Comiati tioned above), can be read as the ultimate expression of the content-based approaches that humanists had towards the Canzoniere. A close interest for some specific topics dealt with in Petrarch’s book of rhymes was at the core of other translations that flourished during the sixteenth century (such as, for instance, those by Girolamo Massario, who rendered Petrarch’s anti-papal sonnets RVF 136–138 into Latin and included them in his polemical work against Catholicism, Eusebius captivus, after having converted to Protestantism and moved to Basel). 43 Yet, it seems that during the Cinquecento the majority of those who translated Petrarchan poems into Latin were mostly aiming at either modulating in their texts some of those thematic features and traits that were not derivable from classical poetry, but were quintessential to modern sensitivity (such as the tender and effusive aspects of love), or giving life to an erudite and exquisite, rhetorical game by competing in terms of linguistic and stylistic audaciousness with the undisputed literary authority of the Italian lyrical tradition. One of the most telling examples of both these trends is offered by the series of five translations of the same sonnet (RVF 134) that were composed by the same author – Titus Gallicus – in the mid 1540s and have been transmitted in manuscript form. 44

 Metrical and rhetorical aspects of the translations After this overview of the reasons that contributed to the rise and flourishing of the Petrarchan translating phenomenon, we should now focus on the formal aspects of these translations. From a metrical point of view, it is worth noticing that Salutati’s choice of employing the hexameters to render Petrarch’s sonnets into Latin was not followed by any fifteenth-century author. On the contrary, all the humanistic translators opted to use Elegiac couplets to turn the vernacular sonnets into Latin carmina. This fact should be considered more as the result of a  43 On Massario, cf. Bilińska (n. 4), p. 184, and Thomas Gärtner, in this volume, pp. 256–260. On Petrarch’s political poems and the early-modern authors’ interest for them, cf., at least, Enrico Fenzi: Petrarca politico e diplomatico tra Genova e Venezia, 1351–1355. In: Petrarca politico. Ed. by Francesco Furlan and Stefano Pittaluga. Genoa 2016, pp. 63–108; Chines (n. 8); Sinico (n. 8), p. 141; and Severi (n. 1), p. 20. 44 This series of poems is preserved in: Florence, Biblioteca Medicea Laurenziana, Ashb. 346, fols. 269r–271v; and in another manuscript (presumably a copy of the former): Florence, BNC, Magl. VIII 47, fols. 266r–268r.

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shared standardizing principle rather than the application of a pre-established norm. Nonetheless, the data we possess shows that there was no exception to this trend. More metrical freedom seems, instead, to have been present in the fifteenth-century translation of poems that were not sonnets. The stanzas of canzone 366 were rendered, for examples, with either Phalecian hendecasyllables (by Barozzi) or a set of hexameters (by Beroaldo the Elder). Hexameters were also employed by Landino in his translation of sestina 22. Throughout the following century, the standards and models of the first humanistic translations remained in place. Yet, the array of metrical options did not fail to be broadened. Whereas the most popular choice for rendering a vernacular sonnet into Latin remained the employ of the Elegiac couplet during the Cinquecento too (as the translations by d’Arco, Della Croce, Rai, and Titus Gallicus – as well as most of the non-Italian authors – testify), other options were considered and explored. On the one hand, Massario and the anonymous author of the nine translations preserved in the Vatican manuscript Barb. Lat. 1858 chose the hexameters to render some Petrarchan sonnets into Latin. 45 The same choice was made by three sixteenth-century transalpine authors too (Watson, van Suys, and Bourbon). 46 On the other hand, D’Arco decided to use the Phalecian hendecasyllables to translate sonnet 220, while two other poets (the author of the translation of RVF 291 in manuscript It. X, 93 (=6432) of the Marciana Library in Venice and that of the translation of RVF 132 in manuscript II. V. 160 of the National Library in Florence) 47 opted, respectively, for the Sapphic minor strophes and the minor Asclepiadeans to turn the hendecasyllables of Petrarch’s sonnets into Latin verse. The gamut of metrical alternatives employed to render Petrarchan poems into Latin becomes even more variegated if one considers the sixteenth-century translations of the canzoni. The most traditional options – employed for the sonnets – played a role in this field too (as d’Arco’s translation of RVF 50 in Elegiac couplets and that by the Gheri of RVF 366 in hexameters bear witness), 48 but most Italian authors who translated Petrarchan canzoni explored the potentialities of other Latin poetic verses and strophes. Flaminio recurred to a tetrastich stanza inspired by Catullus and formed of

 45 Massario translated RVF 136–138; while one can read the translations of RVF 1–7, 9 and 153 in ms. BAV, Barb. Lat. 1858, fols. 189r–191r. 46 All the translations by Watson (RVF 132, 164, 364, and 365), van Suys (RVF 365) and Bourbon (RVF 134) are in hexameters. 47 For these two poems, see Venice, Biblioteca Marciana, It. X, 93 (=6432), unnumbered fols. [*]r–[*]v and [**]r after fol. 121; and Florence, BNC, II. V. 160, fol. 34r. 48 On Gheri’s translation, cf. Severi (n. 1), pp. 59–64.

  Giacomo Comiati three Glyconeans and one Ferecratean to translate canzone 126 49, while Rai opted for a series of five-line Glyconean strophes in his translation of the same poem. 50 Bocchio chose one of the two lyrical forms mostly used by Horace – the Alcaic strophe – to translate RVF 128, and Vasio rendered RVF 366 in Iambic dimeters. 51 The array of metrical options broadens even slightly more if we focus on the sixteenth-century transalpine translators. While some poets recurred to the most traditional options to translate Petrarch’s canzoni (both Marulič and Dousa chose the Elegiac couplets for their translations of RVF 366 and 129), the Spanish Pietro Amato picked the Sapphic stanzas for his Latin version of RVF 366 (even though he used the hexameters to render canzone 128). 52 Ultimately, during the seventeenth century this translating liberty seems to shrink throughout the whole of Europe, since a propensity to employ exclusively either the Elegiac couplets or the hexameters becomes widespread. The data that has been collected shows that during the Cinquecento the most daring metrical experimentations to render Petrarchan sonnets into carmina have often been conducted in those cases in which the literati decided to translate a fragmentum that had not been translated into Latin before. Indeed, those Petrarchan sonnets that were translated the most often seem to have inspired the least number of metrical experiments from their authors. Three out of the four poems translating RVF 132, composed during the fifteenth and the sixteenth century in Italy, were written in Elegiac couplets (while only one was in minor Asclepiadean verses). 53 The proportion becomes even more significant if one considers the other five sixteenth-century transalpine poems rendering the same text, because four out of five recur to the same Elegiac structure (whereas just one displays the use of the hexameters). 54 In the case of the Latin versions of sonnet 134, the picture assumes even more monochrome tonalities, since all translations written in Italy during the sixteenth century – as well as all those composed

 49 This strophe formed of three Glyconeans and one Ferecratean was used by Catullus in his hymn to Diana, poem 34, ‘Dianae sumus in fide’. 50 On Rai, cf. Severi (n. 1), p. 70. 51 On Bocchio, cf. Chines (n. 8). On Vasio, cf. Severi (n. 1), pp. 64–66; and Bilińska (n. 4), p. 185. 52 On Marulič’s and Amato’s translations, cf. Severi (n. 1), pp. 53–59 and 66–69; Bilińska (n. 4), pp. 184–185; and Sinico (n. 8), p. 141. 53 Landino, Braccesi, and d’Arco opted for the Elegiac couplets, while the anonymous poet, whose text is preserved in manuscript form (Florence, BNC, II. V. 160, fol. 34r), chose the Asclepiadean verses. 54 Tilenius, du Monin, Canter, and van der Burch opted for the Elegiac couplets, whereas Watson chose the hexameters. The seventeenth-century author who translated the same sonnet (Dousa) employed the Elegiac couplets too.

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throughout Europe in the same period, except that by Bourbon (who followed Salutati’s model by employing the hexameters) – opt for the standard choice of using the couplets. Nevertheless, this metrical uniformity seems not to correspond at all to an analogous regularity in the fields of lexical and stylistic choices displayed by the various authors in their carmina. Considering the widest array of translations of the same Petrarchan text – those concerning RVF 134 – will allow us to observe this phenomenon in its manifold facets from as many perspectives as possible. While rendering sonnet 134, “Pace non trovo, et non ho da far guerra”, into his carmen “Nec pacem invenio, nec adest ad bella facultas”, Salutati seemed interested mainly in providing a literal rendition of the vernacular base-text. 55 His lexical choices seem to follow his wish to translate the Petrarchan lines word-forword. 56 The unvarying tones of the humanist’s language derive from the constant quest for linguistic alternatives which had no precedent in the poetical vocabulary of the ancients (e.g., the syntagms “absque oculis” and “sine lingua” of line 9 of Salutati’s carmen – “Absque oculis video, sine lingua flebile clamo” – translating Petrarch’s hendecasyllable “Veggio senza occhi, et non ho lingua et grido”; or the word “auxiliamina” of line 10, rendering the vernacular “aita” of line 10 of the sonnet). Yet, the humanist’s verses, rich – as they are – in prose formulas and expressions, are not lacking in lyric elements. 57 They, in fact, display a few tesserae derived from Latin poems, even though these texts date to the late antiquity, as witnessed by the employment, for instance, of a syntagm such as “carcere claudit” at the end of Salutati’s fifth line (found only in Manilius and Cyprianus Gallus). 58 Nonetheless, these terms contribute to providing a nuance of lyricism to the humanist’s hexameters. A much higher degree of lyricism is, instead, a distinctive trait of both Flaminio Rai’s and Ludovico Annibale Della Croce’s translations of the same sonnet. Let us focus on the latter, 59 “Nec pacem invenio, nec sunt mihi bella timenda”, composed in the mid sixteenth century.

 55 For the Tuscan text and a German translation of RVF 134 and also for Salutati’s Latin text with apparatus criticus and apparatus similium, a German translation and analysis see Hintzen: Das eiskalte Feuer, in this volume, pp. 71–75. 56 Cf. Bilińska (n. 4), p. 182; and De Nichilo (n. 1), p. 158. 57 For an analysis of the lyric tesserae drawn from Latin antiquity in Salutati’s translation of RVF 132, cf. De Nichilo (n. 1), pp. 158–159. On Salutati’s familiarity with the poetic language of the ancients, cf. Laureys (n. 34), pp. 301–302. 58 For “aduror”, see Paulinus Nolanus, Carmen 20,173 (and Hintzen: Das eiskalte Feuer, in this volume, p. 78); for “carcere claudit”, see Manilius 2,954 and Cyprianus Gallus, Genesis 1206. 59 For Della Croce’s Latin text with apparatus criticus and apparatus similium and for a German translation, see Hintzen: Das eiskalte Feuer, in this volume, pp. 90–91.

  Giacomo Comiati Della Croce imbued his lines with words and syntagms drawn from the Roman Elegiacs, mostly Propertius and Ovid. Lexemes such as “cerno” (line 9), “lacrimae” (line 12), “alimenta” (line 12), and “dolor” (line 12) all belong to the Elegiac vocabulary. In Della Croce’s couplets, among these diverse Propertian and Ovidian features one can also observe some extravagant interpolations derived from literary sources of the silver and bronze ages of antiquity. For instance, the expression “prostratus humi” (line 3, translating Petrarch’s hemistich “et giaccio in terra”) had only been used by Silius Italicus. 60 Besides, the word “elinguis” belongs to the poetic vocabulary of Prudentius and Dracontius. 61 All these linguistic and rhetorical features are intertwined in Della Croce’s carmen in a delicate latticework of classical elements that enhances the stylistic refinement of the poem’s language through the expressive reminiscences that each term carries with it. Yet, what stresses the difference between this translation and Salutati’s even more is the rich set of rhetorical elements that the sixteenth-century author employs to render Petrarch’s expressive hendecasyllables. For instance, line 4 of the vernacular sonnet – built through a list of four verbal items (“e temo, et spero; et ardo, et son un ghiaccio”), each of which seems to quickly metamorphose into the following in order to convey the turmoil of feelings of the poet’s amorous suffering – is eloquently rendered in the first pentameter of Della Croce’s carmen where four substantives (“spes, metus, aestus, hyems” [hope, fear, passion, coldness]), each of which corresponds to a verb employed by Petrarch, are aligned to create the same expressionistic effect. While translating the same line, Salutati made use, instead, of a verbal tricolon (“et metuo et spero, […] aduror” [and I fear and hope, (…) I am burnt]). Furthermore, Della Croce precisely follows Petrarch’s example in powerfully employing the negative particle “non/né” eight times over four lines – exactly as we find in the second quatrain of RVF 134 – to stress the agitated state of mind of the tormented poet. Finally, the sixteenth-century author includes twice a repetition of a word (“pariter” and “tu”) at the end of his Latin poem (lines 14–15: “vita mihi pariter, pariter sunt funera cordi | tu mihi, tu tanti caussa puella mali” [life or the death of my heart are the same to me; you, oh girl, you are the cause of my suffering]), aiming at rendering the sense of frustration that dominates the vernacular model in his carmen. As mentioned above and as this last example eloquently shows, one of the core traits of the sixteenth-century Latin translations of Petrarch’s fragmenta was the wish to embellish the target text with as many stylistic and rhetorical features  60 For “prostratus humi”, see Silius Italicus 15, 246. 61 For “luce frui”, see Claudianus, De sexto consulatu Honorii Augusti 364; and for “elinguis”, see Prudentius, Peristephanon 10, 2 and 993; Dracontius, Satisfactio 40.

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as possible, so that it could be seen not only as an elegant re-interpretation of the tropes and motives that were proper to the source text, but also as a new poem capable of competing with its model in metrical and rhetorical mastery and thematic depth. In some cases, this dual purpose seems to have become the main (albeit not the sole) aim that regulated the translating practice, as the five carmina written by the same author and all rendering sonnet 134 into Latin bear witness. The prose preface dated December 1544 and transcribed before this set of translations in one of the two manuscripts (Florence, Biblioteca Medicea Laurenziana, Ashb. 346) that preserves these texts conveys important pieces of information regarding the author of these carmina and the general context in which this enterprise flourished. 62 The name of the author of these poems is Titus Gallicus, who states that he translated RVF 134 “plurifariam” [in multiple ways] 63 and wishes to offer them as a literary present to his friend Aulus Sperantius. This latter is invited to judge the quality of his friend’s work and decide whether Titus can rightly be called the “victor” [winner] of the translating game he completed, if not on the basis of the value of what he achieved, at least on that of the quantity of the endeavours he managed to accomplish (“Nam nisi virtute” – writes Titus to Aulus – “at certe numero victores erimus” [Indeed, I will be a winner, if not on the basis of the value (of my writings), then certainly for the quantity (of them)]). 64 As modest as this last sentence may make Titus sound, one can presume that he was, on the contrary, very proud of his achievement. Indeed, through an exquisitely erudite, literary tour de force, he managed to render Petrarch’s sonnet into five carmina in Elegiac couplets, four of which are the same length of the vernacular model (i.e., fourteen lines – as long as the translations by Salutati and Della Croce were) and one almost double (twenty-six lines). In each Latin poem, Titus expressively showed off his stylistic and metrical competence, but he also managed to focus his attention and give voice to some specific thematic nuances of the source text, thus making of his five compositions a fine example of a rhetorical exercise with delicate exegetical reverberations. In order to prove this point, let us first consider the opening lines of Titus’s translations. It is telling to point out the fact that the pronominal game of the original text – in Petrarch’s sonnet it is the poet who looks (in vain) for peace (“Pace non trovo”) and wishes not to make war with Love (“non ho da far guerra”) – is respected and reproduced in its entirety in the first translation (“Non pacem

 62 Florence, Biblioteca Medicea Laurenziana, Ashb. 346, fols. 269r–271v. The other manuscript (presumably a copy of the former) is Florence, BNC, Magl. VIII 47, fols. 266r–268r. 63 Florence, Biblioteca Medicea Laurenziana, Ashb. 346, fol. 269r. 64 Ibid. fol. 269v.

  Giacomo Comiati impetro bellum non ipse repono” [I do not gain peace and I do not leave war aside]), the more literal one that Titus wrote, while in the second – and, even more, in the third one – the way the personal pronouns are used undergoes an articulate and meaningful modification. In the second carmen (“Pax mihi non paritur: bellum non iure pararim”), the poet seems to have been left only with the power to decide whether to render war (“bellum non iure pararim” [I would not move to war according to the law]), whereas the peace (of both his mind and heart) is presented as a condition offered to him by an external entity thanks to the change of the subject in the first hemistich of the line (“pax mihi non paritur” [the peace is not given to me]). This description of the poet as a fragile creature exposed to the arbitrary will of external forces becomes even more explicit in the opening line of the third carmen (“Conditio mihi tam belli quam pacis adempta est” [Both being at peace and being at war are denied to me]), where the lyric I seems dispossessed of both the status of being in peace and that of being at war. In his first three translations, thanks to what may appear as a simple stylistic adjustment, Titus actually paints differently nuanced pictures – all potentially inspired by the Pe-trarchan sonnet – of a poet more or less left at the mercy of the god of love. The fragile status of the poet as the partial maker of his own fortune, as presented in the second translation (since he seems capable of just choosing whether to wage war or not), is emphasised by another rhetorical trait that Titus makes use of in the second couplet of the carmen, the repetition of the adverb “hinc”, which pinpoints the constant dramatic changes of the conditions of the lyric I, repeatedly forced – in accordance to the exegetical angle from which Titus chose to observe the sonnet – into a new state of mind by the powerful Eros (“Hinc super astra levor, terris hinc deprimor imis | omne hinc amplector, nilque manu hinc teneo” [From here I am taken to the stars, but from there I am crashed to the lowest ground; from here I embrace the whole world, yet still I hold nothing in my hands], translating Petrarch’s lines 2–3, “et volo sopra ’l cielo, et giaccio in terra; | et nulla stringo, et tutto ’l mondo abbraccio”). In order to stress a similar point, in his third translation Titus uses an analogous rhetorical feature (i.e., the recourse to the particle “non” in the third and fourth couplets of the carmen for as many times as Petrarch did in the second quatrain of his sonnet), a feature also used by Della Croce. It is remarkable to note that, certainly aiming to avoid colouring his lines with unnecessarily convoluted overtones, Titus did not make use of this trait in the second carmen, where the adverb “hinc” was reiterated, but rather employed it only in his third translation, where no previous verbal repetitions were extant. Further rhetorical nuances are present in the last two translations. Differently from what happens in the other three carmina, the couplets of the fourth

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Latin poem (“Non pacem refero iustum non infero bellum” [I do not find peace, I do not enter into a lawful conflict]) are imbued with epic and mythological images. If one focuses, for example, on the way that Titus renders Petrarch’s description of the poet’s figurative movements caused by his inner torments in the third line of his sonnet (“et volo sopra ’l cielo, et giaccio in terra”), it becomes clear that he opted for some expressions that would be more apt to sketch a pseudo-epic journey beyond earthly limits (“Sydereas inviso domos ditemque reviso” [I visit the houses of the heavens and go to the underworld again]). But the presence of such mythical vocabulary in this poem may not merely be a stylistic embellishment per se. It is worth noting that, in this fourth translation, just like the first one and the vernacular model, it is the lyric I who is again capable of looking for peace and tries to avoid war. By matching this renewed presentation of the poet as the acting artificer of his fortune with the heroic momentum alluded to by the new gamut of lexical choices, it is possible that Titus wanted to stress subtly the fact that the poet could also be perceived as an intrepid figure courageously battling with love, passion, and doom. The epic and mythological lexis dominates the fifth translation even more deeply (“Non pax ulla mihi est: belli haud ratio gerendi” [Peace is not for me, nor is the ability to make war]). An example is shown by the way in which the second hemistich of line 2 in Petrarch’s sonnet (“et ardo, et son un ghiaccio”) is developed into an entire couplet, coloured with strong mythological tones (“Quam nec inextintis mons ignibus Aetna relatus | ardeo quam gelidus nec Rhodope rigeo” [I burn more than Mount Aetna, known for its inextinguishable flames, and freeze more than the gelid Mount Rhodope]). Yet, it seems that in this last text the author makes use of this unique vocabulary mostly to show off his rhetorical mastery by charging the text with an array of precious literary elegantiae, since otherwise it would maybe appear too accurately meticulous that almost every half line of the vernacular source is expanded into a longer and more convoluted phrase so much so that the original fourteen hendecasyllables become thirteen Elegiac couplets in the end. Overall, as these examples show, Titus’s carmina can, then, be rightly considered as a series of multifaceted, deep and sophisticated readings of the complex set of rhetorical features and semantic tones of a Petrarchan sonnet, which they rework in different ways and to which they give voice in their lines in several manners, while variously focusing on specific elements of the vernacular precedent. Finally, it can be said that these five translations of RVF 134, as well as those previously examined, offer a fine example of erudite re-interpretations of the stylistic and thematical traits that are proper to the Italian model with which the new carmina compete in literary inventiveness and audacious verbal structures. In parallel, while transferring elements, motives and features from the vernacular

  Giacomo Comiati linguistic context into the Latin version, it can be stated that the translators have also expanded the remits of the Latin lyric poetry, by bringing into it new features and attributes that were proper to modern sensitivity. Thus, the wide-ranging and miscellaneous array of carmina rendering Petrarch’s vernacular texts into Latin shows how multi-layered and nuanced the early-modern translating activity and the literary field of Neo-Latin Petrarchism were. At the same time, the series of poetic texts examined supports the fact that the phenomenon of Latin translations of the poems from the Canzoniere cannot be ignored when investigating the influence of vernacular literature, in general, and the reception of Petrarch’s poetry, in particular, onto the early-modern Latin poetic world.



Petrarkismen des 16. Jahrhunderts nördlich der Alpen

Thomas Gärtner

Antikisierung und Konfessionalisierung – Petrarcaübersetzungen ins Altgriechische bei Joseph Justus Scaliger und Martin Crusius Bevor auf die beiden im Beitragstitel genannten, griechisch schreibenden Autoren eingegangen wird, seien einige vorbereitende Bemerkungen zum antikisierenden neulateinischen Petrarkismus vorausgeschickt. Dabei soll es um drei Beispieltexte gehen: 1) Der erste Text ist bislang ungedruckt. Er stammt von dem zu Beginn des 16. Jahrhundert schreibenden Humanisten Ambrogio Novidio Fracco aus Ferrara. 1 Dieser machte sich seinen Namen (sofern man ihn denn kennt) durch eine Nachbildung des poetischen Werks des Augusteers Ovid; Novidius steht in diesem Sinne für Novus Ovidius. Doch in seinen Hendekasyllaben 2 hat er auch ausgiebig Catull imitiert. Hier sei ein Gedicht aus einer Handschrift der Biblioteca Alessandrina 3 in Rom zitiert:  1 Fracco trat zunächst mit einer anlässlich des Sacco di Roma (1527) an die personifizierte Roma gerichteten Consolatio (1538) an die Öffentlichkeit (Ambrosii Novidii Fracci Ferentinatis Consolatio ad Romam. Rom 1538), dann vor allem durch seine 1547 und 1559 gedruckten Sacri fasti, einen den ovidischen Fasti verpflichteten christlichen Festkalender (Ambrosii Novidii Fracci Ferentinatis Sacrorum Fastorum Libri xii. Rom 1547 bzw. Antwerpen 1559). Daneben stehen mehrere kaum bekannte, handschriftlich im Codex Corsinianus 1327 überlieferte Werke, eine Sammlung von Heroidenbriefen Fraccos (sowohl Antworten auf ovidische Briefe als auch Eigenkompositionen) und ferner eine fünf Bücher umfassende Sammlung von Elegien trauernder Tendenz über den Sacco di Roma namens De adversis. Dieses Werk ist offenkundig analog zu den ovidischen Tristien konzipiert, denn das dritte Buch zerfällt als einziges nicht in Einzelelegien, sondern besteht aus einem zusammenhängenden Gebet und entspricht somit in seiner Sondergestaltung dem zweiten, an Augustus gerichteten Tristien-Buch. Ferner lässt sich aus ebendiesem dritten Buch von De adversis eine von Fracco begonnene, aber bislang sonst weder in Handschriften noch in Drucken nachweisbare Metamorphosendichtung christlicher Ausrichtung erschließen. Überdies sind im Codex Corsinianus mehrere Bücher einer größeren Epigrammsammlung Fraccos überliefert. Die einzige ausführliche Abhandlung zu diesem Autor: Benedetto Pecci: L’umanesimo e la „Cioceria“. Trani 1912, S. 209–399. 2 Ausführlich zu den Hendecasyllaben Fraccos: Thomas Gärtner: Catull-Rezeption in den unedierten Gedichten des Ambrogio Novidio Fracco. In: Paideia 74 (2019), S. 791–823 (zum hier besprochenen Gedicht vgl. S. 806). 3 Ms. A 10, fol. 58 v. https://doi.org/10.1515/9783110780048-010

  Thomas Gärtner AD PURPURILLAM Id gustu mihi dulce melque amarum, Aestus frigidus aestuansque frigus, Lugubris iocus hillarisque fletus, Vulnus absque cruore, sana plaga, 5 Ver nudum foliis, hyems serena, Scylla prospera, mitis et Charybdis, Vita mortua morsque viva 4 semper. Amabo, mea vita Purpurilla: Si sic tu mihi semper es, quid ergo 10 Me infelicius est beatiusque? An Purpurilla: Dieser Zustand ist für mich süß zu schmecken und zugleich ein bitterer Honig, frostige Hitze und zugleich glühender Frost, ein trauriger Scherz und zugleich ein heiteres Weinen, eine Verwundung ohne Blut, ein gesundmachender Hieb, [5] ein Frühling ohne Blätter, ein sonniger Winter, eine glückverheißende Skylla und eine freundliche Charybdis, ein abgestorbenes Leben und ein stets lebendiger Tod. Ich werde Dir Dank wissen, Purpurilla, mein Leben: Wenn Du so immer zu mir bist, was also [10] gibt es dann Unglücklicheres und zugleich Glücklicheres als mich?

Es besteht substanziell (in den Versen 1–6) aus einer imposanten Reihe oxymorischer Paradoxien: „bitterer Honig, kalte Hitze, trauriger Scherz, heilsame Wunde, frühlingshafter Winter, milde Scylla bzw. Charybdis und lebendiger Tod“ mit den jeweiligen Umkehrungen, wobei im letzten Fall mit der Konjektur viva für überliefertes vita der grammatischen Konzinnität etwas nachgeholfen werden muss. In den das Gedicht beschließenden Versen wird diese komplexe, typisch petrarkeske Schilderung auf das dauerhafte erotische Empfinden des Ichs gegenüber einer gewissen Purpurilla übertragen. Dabei verrät Vers 8 deutlichen Einfluss Catulls, der eine obszöne Selbsteinladung an Ipsitilla (Catull, Carmen 32) mit den Worten „Amabo, mea dulcis Ipsitilla“ beginnt. Und auch die Schlussaussage, die wieder an die paradoxe Gefühlslage des Sprechers anknüpft („Was also gibt es Unglücklicheres und zugleich Glücklicheres als mich?“) ist einem hendekasyllabischen Gedicht Catulls verpflichtet; Catulls Carmen 9, das die schlichte Freude des Dichters über das Wiedersehen mit seinem alten Freund Veranius zum Ausdruck bringt, endet mit dem Vers „Quid me laetius est beatiusve?“. Fracco hat also den catullischen Gedichtschluss, den er in anderen Gedichten im schlichten Sinne der Freude nachbildet, modifiziert: Er ersetzt „me laetius“ durch „me infelicius“ und gibt damit, indem er „in privativum“ in die Elisionsfuge einrückt, dem catullischen Gedichtschluss den in seinem eigenen  4 viva Konjektur für überliefertes vita. Vgl. die Übersetzung von Petrarcas RVF 132,7 „O viva morte“ (unten zitiert).

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ganzen Gedicht zentralen Gedanken einer oxymorisch paradoxen Gefühlslage des Ichs bei. An diesem Gedicht kann man also beobachten, wie man mit Hilfe einfacher und gut nachverfolgbarer Techniken der Catull-Imitation eine petrarkeske Gefühlsparadoxie zum Ausdruck bringen kann. In den meisten Fällen wird jedoch, wenn man im Neulateinischen Petrarkeskes wieder antikisieren möchte, nicht auf Catull, sondern auf die römische Liebeselegie zurückgegriffen. In dieser antiken Gattung verbindet sich typischerweise die Klage des amator über sein Liebesleiden mit narrativen Schilderungen seines Scheiterns in der militia amoris. Überhaupt ist es ein Characteristicum der römischen Liebeselegie, dass die Klage des unglücklichen Liebenden immer in engem Verbund mit konkreten Schilderungen seiner faktischen Misserfolge steht. Eine Klage ohne konkreten narrativen Kontext ist hier eher ungewöhnlich. Das hat zur Folge, dass neulateinische antikisierende Rückbezüge auf Petrarca dazu tendieren, ein solches faktisches Scheitern des Liebenden miteinzubeziehen, während das petrarkische Original einfach nur Gefühlsexpression, aber eigentlich nicht konkrete Misserfolgsschilderung sein will. Das soll im Folgenden an zwei lateinischen Bearbeitungen petrarkischer Sonette gezeigt und dabei zugleich der Übergang zum ersten der beiden griechisch schreibenden Autoren vorbereitet werden. 2) Landino hat in der zweiten Fassung seiner Gedichtsammlung Xandra Petrarcas RVF 132 geradezu wörtlich übersetzt. Schon der Auftakt „Wenn es keine Liebe ist, was ist es denn?“ macht das Abhängigkeitsverhältnis unverkennbar. Antonia Wenzel hat in ihrer gründlichen Behandlung der B-Fassung 5 der Xandra die Gedichte schon in ihrer Einleitung zusammengestellt. Landino, Xandra B 23 Si non vexat amor, quidnam mea pectora vexat? Pergite Pierides, dicite, queso, dee! Vel michi, quid sit amor qualisve, referte, Camene, Si mala tot nobis congerit asper Amor! 6 5 Si dulcis, dulci cur tot permiscet amara? 7 Dulcia vel qui dat, si sit amarus Amor? Aut michi si flame consumunt corda volenti, Unde igitur nobis tanta querela venit?

 5 Antonia Wenzel: Die Xandra-Gedichte des Cristoforo Landino. Heidelberg 2010 (Kalliope 10): Gedicht B 23. Vgl. besonders Wenzel, S. 74–75. 6 Zur Pentameterklausel vgl. Tibull 1,6,2. 7 Vgl. Catull, Carmen 68,8: „Quae (sc. Venus) dulcem curis miscet amaritiem.“

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Invito vel si comburunt ossa calores, Quid misero tantum proderit usque queri? Talibus, heu, fragili in lembo me fluctibus equor Iactat et in scopulos iam ruit ipsa ratis. Wenn mich nicht Liebe quält, was quält dann meine Brust? Auf, Ihr Musen, sagt es mir bitte! Oder kündet mir, Musen, was und welcher Art die Liebe ist, wenn ein bitterer Liebesgott mir so viele Leiden versammelt! [5] Wenn er süß ist, warum mischt er dann mit dem Süßen so viel Bitteres? Oder wie kommt es, dass er Süßes gibt, wenn der Liebesgott doch bitter ist? Oder wenn die Liebesflammen mir mit meiner Zustimmung das Herz verzehren, woher kommt dann also so großes Klagen über mich? Oder wenn die Liebesglut mir gegen meinen Willen die Knochen versengt, [10] was wird es mir Unglücklichem dann nützen, fortgesetzt so sehr zu klagen? Inmitten solcher Fluten (weh!) schleudert mich das Meer in meinem brüchigen Boot umher – und schon stürzt mein Schiff selbst in die Klippen.

RVF 132 S’amor non è, che dunque è quel ch’ io sento? Ma s’egli è amor, perdio, che cosa et quale? Se bona, onde l’effecto aspro mortale? 4 Se ria, onde sì dolce ogni tormento? S’a mia voglia ardo, onde ’l pianto e lamento? S’a mal mio grado, il lamentar che vale? O viva morte, o dilectoso male, 8 come puoi tanto in me, s’io nol consento? Et s’io ’l consento, a gran torto mi doglio. Fra sì contrari vènti in frale barca mi trovo in alto mar senza governo, 12 sì lieve di saver, d’error sì carca ch’i’ medesmo non so quel ch’io mi voglio, et tremo a mezza state, ardendo il verno. Wenn es nicht Liebe ist, was ist dann das, was ich fühle? Aber wenn es Liebe ist, bei Gott, was ist es und wie beschaffen? Wenn es gut ist, woher kommt die bittere, tödliche Wirkung? [4] Wenn es böse ist, warum sind alle Qualen so süß? Wenn ich freiwillig brenne, wozu das Weinen und Klagen? Wenn ich es zu meinem Nachteil wünsche, was nützt das Lamentieren? Oh, lebendiger Tod, o köstliches Übel, [8] wie vermagst du so viel in mir, wenn ich nicht einwillige? Und wenn darin einwillige, quäle ich mich völlig zu Unrecht. Unter solch gegensätzlichen Winden befinde ich mich in einem zerbrechlichen Boot auf dem hohen Meer ohne Steuer, [12] so leicht an Wissen, an Irrtum so schwer, dass ich selbst nicht weiß, was ich will, und zittere mitten im Sommer, während ich im Winter brenne. 8

 8 Diese und alle weiteren Übersetzungen von Petrarcas Texten wurden von Beate Hintzen und Alexander Winkler angefertigt.

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Was hier beim Textvergleich auffällt, ist eine gewisse Rahmung des petrarkischen Gedichtes in der lateinischen Fassung. Anders als im Original wird bei Landino die Frage nach dem Wesen der das Ich bedrängenden Erscheinung den Musen zur Beantwortung vorgelegt (Vers 2): „Pergite, Pierides, dicite, queso, dee!“ Eine Frage, die man den Musen in dieser Weise zur Beantwortung vorlegt, wird man nicht gerne völlig unbeantwortet und ohne Aufschluss im Raum stehen lassen. Und in der Tat geht Landino auch am Ende des Gedichts, namentlich im Schlusspentameter, in einem Punkt über Petrarca hinaus. Petrarca hat seine Situation zuletzt als die eines Schiffahrenden unter denkbar ungünstigen Bedingungen ausgemalt: bei ungünstigen Windverhältnissen, auf einem zerbrechlichen Schiff, ohne Steuergewalt und in disparatem psychischen Zustand. Der Gedanke eines finalen Schiffbruchs liegt sicher nahe, aber er wird bei Petrarca nicht ausgesprochen, dem es nur auf die völlig zerrüttete psychische Situation des Liebenden ankommt. Aber Landino formuliert diesen Gedanken im zweiten Teilsatz seines letzten Distichons explizit aus: Das Schiff stürzt nunmehr seinerseits in die Klippen hinein („et in scopulos iam ruit ipsa ratis“). Auf diese Weise erhält das lateinische Gedicht eine Abrundung durch einen Rekurs auf die äußere Faktizität (der Schiffbruch des Schiffes muss doch wohl dem finalen Scheitern der Liebesbeziehung entsprechen), 9 wie er dem nur auf die Expression einer heillosen Gefühlslage ausgerichteten petrarkischen Original fremd ist. 3) Eine ähnliche Überformung eines petrarkischen Originals durch eine lateinische Übersetzung lässt sich auch ein Jahrhundert später in einem völlig anderen kulturellen Umfeld beobachten, nämlich bei dem englischen Dichter und Übersetzer Thomas Watson (gestorben 1592), der vor allem als erster Übersetzer der sophokleischen Antigone 10 bekannt wurde. Watson lebte lange Zeit in Frankreich bzw. Italien und machte sich auch durch die Vermittlung kontinentaler volkssprachlicher Dichtung nach England verdient. Im Jahr 1584 veröffentlichte er eine Anthologie namens Hekatompathia or Passionate Centurie of Love 11; diese Anthologie enthält 100 Stücke, unter denen sich auch mehrere lateinische Übersetzungen aus Petrarca finden. Hier sei auf Stück 66 dieser Anthologie näher eingegangen. Es handelt sich um eine lateinische Übersetzung von Petrarcas RVF 164 nach moderner Zählung, einer nächtlichen Klage des liebenden Ichs. Watson  9 „Auferor in scopulos igitur subversaque toto | Obruor oceano“ (Ovid, Metamorphosen 10,593– 594) resümiert Byblis nach der Zurückweisung durch ihren Bruder im Zusammenhang einer längeren von nautischer Metaphorik geprägten Partie. 10 Sophoclis Antigone interprete Thoma Watsono. London 1581. Online-Ausgabe von Dana Sutton: http://www.philological.bham.ac.uk/watson/antigone/index.html (19.05.2020). 11 Thomas Watson: The ἙΚΑΤΟΜΠΑΘΊΑ or Passionate Centurie of Love. London 1584.

  Thomas Gärtner hat in verschiedener Weise mit der Form des Sonetts experimentiert; hier gibt er die Verse einfach durch genau 14 entsprechende lateinische Hexameter ohne Reim wieder unter Beibehaltung der Strophenform. Dum coelum, dum terra tacet ventusque silescit Dumque feras volucresque quies complectitur alta Noxque agit in gyrum stellantes sydere currus 4 Inque suo lecto recubat sine flumine pontus, Multa ego contemplor: studeo, conflagro, gemisco, Et, mea quae dulcis paena est, mihi semper oberrat. In me bella gero plenusque doloris et irae, 8 Paxque mihi modica est Laurae solius in umbra. Oritur 12 ex uno claro mihi fonte et acerbum Et quod dulce sapit; quorum depascor utroque, Unica meque manus laedit laesoque medetur, 12 Martyriumque meum nullo quia limite clausum est, Mille neces pacior, vitas totidemque resumo Quoque die, superestque mihi spes nulla salutis. Während der Himmel, während die Erde schweigt, der Wind verstummt und während tiefe Ruhe die wilden Tiere und Vögel umschlungen hält und die Nacht ihren sternenbesetzten Wagen über die Kreisbahn treibt [4] und das Meer ohne Fluten in seinem Bett ruht, überlege ich vieles: Ich eifre, glühe, stöhne, und meine Qual, die zugleich süß ist, schwebt mir ständig vor Augen; ich führe Krieg gegen mich selbst, erfüllt zugleich von Schmerz und Zorn, [8] und ein wenig Frieden finde ich im Schatten einzig meiner Laura. Es entsteht mir aus einer gemeinsamen klaren Quelle sowohl Bitteres als auch das, was süß schmeckt; von beidem nähre ich mich; eine einzige Hand verletzt mich und heilt mich in meiner Verletzung. [12] Und weil mein Martyrium durch keine Grenze beschlossen ist, leide ich tausend Tode, und erhalte ebenso oft das Leben wieder zurück an jedem Tag, und es verbleibt mir keinerlei Hoffnung auf Rettung. RVF 164 Or che ’l ciel et la terra e ’l vento tace et le fere e gli augelli il sonno affrena, Notte il carro stellato in giro mena 4 et nel suo letto il mar senz’onda giace, vegghio, penso, ardo, piango; et chi mi sface sempre m’è inanzi per mia dolce pena: guerra è ’l mio stato, d’ira et di duol piena, 8 et sol di lei pensando ò qualche pace. Così sol d’una chiara fonte viva  12 Das Metrum könnte z.B. durch Porgitur geheilt werden. Oritur mit langem O- ist unmetrisch, und die Länge in der ersten Silbe hat zumindest im Mittellateinischen nur wenige Parallelen (vgl. http://www.mgh.de/~Poetae/Prosodie.htm [19.05.2020]).

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move ’l dolce et l’amaro ond’io mi pasco; una man sola mi risana et punge; 12 e perché ’l mio martir non giunga a riva, mille volte il dì moro et mille nasco, tanto da la salute mia son lunge. Während der Himmel und die Erde und der Wind schweigen und der Schlaf die wilden Tiere und Vögel festhält, die Nacht ihren sternenbesetzten Wagen auf der Kreisbahn treibt [4] und das Meer ohne Welle in seinem Bett ruht, wache ich, denke nach, brenne, weine, und sie, die mich herausfordert, steht mir immer vor Augen zu meinem süßen Kummer: Krieg voller Zorn und Trauer ist mein Zustand, [8] und nur beim Gedanken an sie habe ich etwas Ruhe. So fließt nur aus einer klaren, lebendigen Quelle das Süße und das Bittere, von dem ich mich ernähre; eine Hand allein heilt und verletzt mich; [12] und weil mein Martyrium das Ufer nicht erreicht, sterbe ich tausendmal am Tag und werde tausendmal geboren, so weit bin ich von meinem Heil entfernt.

Auffälligkeiten finden sich am Ende der beiden Gedichtshälften. In Vers 8 heißt es bei Petrarca, dass das Ich einigen Frieden ausschließlich beim Gedanken an seine angeredete Geliebte findet. In der lateinischen Version Watsons wird der Aspekt, dass die Geliebte dem Ich Frieden verschafft, indem dieses an sie denkt („pensando“), einfach ausgespart. Der entsprechende lateinische Vers lautet „Paxque mihi modica est Laurae solius in umbra“. Die Schattenmetaphorik lässt sich wohl nur so erklären, dass Laura als lebensspendender Baum verstanden wird, der dem Ich nur selten einen friedvollen Aufenthalt in ihrem Schatten gestattet. Diesen lateinischen Wortlaut wird man nicht so deuten, dass das Ich nur an Laura denkt, sondern dass es sich tatsächlich bei ihr aufhält; aber die friedvollen Aufenthalte in ihrem Schatten sind relativ selten („modica“), während im petrarkischen Original optimistischer von „einigem Frieden“ (8: „qualche pace“) die Rede ist, der sich jedoch nur aus dem Denken an die Geliebte ergibt, also auf die psychische Situation des Ichs beschränkt bleibt – wohingegen in der lateinischen Übersetzung von einem eher seltenen persönlichen Umgang mit Laura die Rede zu sein scheint. Ein ganz ähnliches Bild ergibt sich am Gedichtende. Bei Petrarca schließt sich an die tausend Tode und Wiedergeburten, welche das Ich täglich in seiner Imagination erlebt, ein epiphonem-artiges Resümee an: „So weit bin ich von meiner Rettung (bzw. von meinem Wohlergehen) entfernt“. Dieses Resümee bezieht sich bei Petrarca ausschließlich auf die psychische Situation des Ichs bzw. auf sein ,Seelenheil‘. Anders jedoch in der lateinischen Übersetzung, wo man die Worte „superestque mihi spes nulla salutis“ ohne weiteres in dem Sinne verstehen kann „und auch für die Zukunft bleibt mir keinerlei Hoffnung auf mein Seelenheil, d.h. eine finale Verwirklichung meiner hoffnungslosen Liebe.“ Da hier ein enger Anschluss fehlt, wie er im italienischen „tanto“ gegeben ist, muss man

  Thomas Gärtner den Schlusssatz keineswegs auf das psychische Innenleben des Autors bzw. auf sein – vielleicht auch christlich auszudeutendes – Seelenheil beschränken. Auch klassische Vorbilder der Hexameterklausel, wie Ovid, Tristia 1,2,33 „nec spes est ulla salutis“ (Ovid im Seesturm vom Ertrinken bedrängt) weisen keinesfalls in die Richtung eines bloß psychologischen Verständnisses. Der spätantike Dichter Maximian bezeichnet das Schwinden seiner Hoffnung auf die erfolgreiche Verwirklichung eines erotischen Verhältnisses mit den Worten „nec spes ulla salutis erat“ (3,44). Auch hier scheint die lateinische Übersetzung des Petrarca-Gedichtes durch Watson das faktisch-äußere Scheitern des amator (über sein bloß psychisches Erleben hinaus) stärker miteinzubeziehen. Soweit die Vorbemerkungen über antikisierende neulateinische Petrarca-Imitation; nun soll auf die beiden griechisch schreibenden Autoren eingegangen werden, die im Beitragstitel angekündigt sind, Joseph Justus Scaliger und Martin Crusius. Zunächst einige bio-bibliographische Fakten über beide Persönlichkeiten: Joseph Justus Scaliger lebte von 1540 bis 1609. Er war das zehnte Kind des ebenfalls schon als Humanist berühmten Julius Caesar Scaliger. Mit dem Griechisch-Unterricht des Adrianus Turnebus in Paris vermochte er wenig anzufangen und arbeitete lieber autodidaktisch; für die Lektüre des ganzen Homers soll er 21 Tage gebraucht haben. 1562 bekannte er sich zum Protestantismus. Nach der Bartholomäusnacht 1572 kehrte er Frankreich für einige Zeit den Rücken und hielt sich in Genf auf. Der konfessionelle Fanatismus protestantischer Prediger war ihm jedoch stets zuwider. Scaligers Poemata graeca wurden im Jahr 1615 von Petrus Scriverius posthum, jedoch im Auftrag Scaligers selbst herausgegeben. 13 Die Ausgabe ist zwei führenden niederländischen Gelehrten des Frühbarocks, Hugo Grotius und Daniel Heinsius, gewidmet. Sie enthält, wie bereits die ausführliche Fassung des Titels verrät, fast ausschließlich Übersetzungen ins Griechische, und zwar aus dem Lateinischen, Italienischen und Französischen. Der größte Teil des Buches besteht aus einer Anthologie ins Griechische übersetzter Martial-Gedichte, die jedoch eingeteilt ist nach Sachgruppen verschiedener Epigramme, wie wir sie etwa in der Gliederung der Anthologia Graeca finden. Vorangestellt ist der Anthologie ein bilingual griechisches und lateinisches Einleitungsepigramm Scaligers an Casaubonus, welches die Provenienz der griechi-

 13 Ios. Scaligeri Poemata Graeca versa ex Lat. Ital. et Gall. Petrus Scriverius publicabat. Lugduni Batavorum 1615. Hierzu vgl. Walther Ludwig: Hellas in Deutschland. Darstellungen der Gräzistik im deutschsprachigen Raum aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Hamburg 1998, S. 57.

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schen Epigrammata klärt 14: Sie entstanden angeblich nachts, wenn Scaliger schlaflos auf seinem unbeleuchteten Bett lag und sich an von ihm in seiner Jugend auswendig gelernte lateinische Epigramme erinnerte. Auf diese Anthologie folgen Poematia selecta, die nur noch einen relativ geringen Restteil des Werkes ausmachen; es handelt sich um griechische Übersetzungen u.a. aus Cicero, Catull, sämtlichen augusteischen Dichtern (mit Ausnahme Ovids) und dem jambischen Prolog des Persius. Hierauf folgen die Übersetzungen aus dem Italienischen und Französischen. Scaliger übersetzt ein Stück aus der Terzinendichtung Trionfi des Petrarca, und zwar aus dem Triumphus Amoris. Ex triumpho Amoris Francisci Petrarchae cap. III in fine 15 Ex Italico Ἔρως τύραννος, καὶ τυραννικοὶ νόμοι Ἔρωτος· ἀλλὰ καίπερ ὡς τυραννικοὶ τηρητέοι γ’· ὡς ἥδε γῇ τε καὶ θεοῖς κοινὴ κέκρανται καὶ παλαίφατος δίκη. 5 οἶδ’, ὡς ἑαυτῆς καρδία λιάζεται, καὶ τὰς στάσεις καὶ συμβάσεις παλιμβόλους καὶ μὴ στενάζειν καιρίαν πεπληγμένος, χὡς αἷμα φέβεται πῇ μὲν ἐπτοημένον, p. 107 πῇ δ’ ὡς ἔρευθος ἀμφιδέδρομε χρόα 10 αἰδοῖ δυσωποῦν ἢ παχνούμενον φόβῳ.  14 Μέσφα μοι ἢ μελέταις συλώμενον ἢ διὰ γῆρας | ἔρρει ἀπ’ ὀφθαλμῶν κῶμα, Κασαυβόνιε, | ὧν ἔμαθον νέος ὢν ἢ μνήμων εἰμὶ Λατίνων, | Ἑλλάδος εἰς χάριτος μέτρα μετεφρασάμην. [5] καὶ τὰ μὲν ἀγρυπνῶν ἐπ’ ἀλαμπέος, οἷον ἄλυχνος, | νύκτα δι’ ὀρφναίην ἐξεπόνησα λέχους. | τῶν δέ τιν’ Ἀρκτώων γαίης ἄπο τῆλε Βαταύων | κομψὰ μέν, οὐκ ἀτρόμῳ δ’ ὄμματι πρὸς σὲ περᾶ. | φῶς γὰρ ὁρᾷν οὐ τολμᾷ ἀταρβήτοισι προσώποις, | [10] ὧν μήτηρ ἡ Νύξ, ὁ Σκότος ἐστὶ πατήρ. (In Vers 9 geschrieben προσώποις statt überliefertem προσωπαῖς, vgl. Empedokles fr. 44 ἀνταυγεῖ πρὸς Ὄλυμπον ἀταρβήτοισι προσώποις) „Dum mihi vel curis, senio vel somnus abactus | fessa, Casauboni, lumina nullus habet, | quae didici iuvenis, memori quae mente Latina | nunc teneo, Graio versa lepore dedi. | [5] haec lecto sine luce meo, sine teste lucerna | nocte nigra vigili structa fuere mihi. | quaedam horum Arctois procul ad te missa Batavis | culta quidem veniunt, non tamen orba metu. | intrepida radios acie nam cernere, quod Nox | [10] se peperit, Tenebrae quod genuere, timent. || Lugduni Batavorum |noctibus brumalibus in grabatulo.“ [Solange mir der Schlaf, entweder geraubt durch Sorgen oder infolge meines Alters, von meinen Augen abirrt, Casaubonus, setzte ich lateinische Stücke, die ich in meiner Jugend lernte oder die ich noch im Gedächtnis habe, in die Versmaße der griechischen Sprachkunst um. (5) Und damit mühte ich mich in meiner Schlaflosigkeit die ganze finstere Nacht hindurch auf meinem unbeleuchteten Lager, da ich keine Lampe habe. Einige von diesen Stücken kommen nun von den fernen Niederlanden im Norden zu Dir, zwar kunstvoll ausgearbeitet, aber doch nicht ohne Zittern im Blick. Denn sie wagen nicht mit furchtlosen Augen ins Licht zu blicken, deren Mutter die Nacht (10) und deren Vater das Dunkel ist. Leiden in den Niederlanden, in Winternächten auf dem Lager.] 15 Gedruckt nach Scaliger (Anm. 13), S. 106–108.

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οἶδ’ ὡς λοχάζει κρύφιος ἐν θρόνοις 16 ὄφις, τάς τ’ οὔτ’ ἐν ὕπνοις οὔτ’ ἀγρυπνίαις μύσεις· καὶ τὸν θρασὺν μὲν ἐξ ἀμηχάνων βίον οἶδ’, ἐξ ἀέλπτων δ’ ἐλπίδας σιτούμενον· καὶ τοὺς ἐμῆς μὲν δυσμενεστάτης στίβους ἰχνηλατεῖν οἶδ’, ἐντυχεῖν 17 δὲ τοῖς τρέμειν καὶ τὴν ἐρῶντος εἰς ἐρώμενον φύσιν μεταλλαγεῖσαν, ἔκ τ’ ἀνωμάλων ὅπως παντοῖος ὄψιν γίνομαι καὶ τὴν χρόαν μικροῦ γέλωτος καὶ μακρῶν ὀδυρμάτων, ψυχή τε πῶς ζῇ καρδίας ἀπόξενος· οἶδ’ ἐξ ἐμαυτοῦ μυρί’ ἠπατημένος καὶ δυστέκμαρτον πῦρ ἐμὸν διζήμενος θέρμην ἄπωθεν, χεῖμα δ’ ἐγγύθεν σπάσας 18 οἶδ’, ὡς Ἔρως ἔναυλον ἐν φρεσὶ βρέμει καὶ τὸν λογισμὸν στηθέων πάντ’ ἐκπτοεῖ καὶ πῶς τέτηκε καρδία πολυτρόπως· οἶδ’, ὁσσίχῳ μὲν εὐγενεστάτη βρόχῳ, ὅταν μονάζῃ παντὸς ἠρημωμένη, ψυχὴ κρατεῖται, μηδ’ ὑπασπίζων πάρα, καὶ τὰς ποτήσεις τάς θ’ ἑκηβόλους τυπὰς καὶ τὰς ἀπειλὰς τὰς βολάς τ’ ἐπίσταμαι Ἔρωτος· ὡς βίαιος, ὡς ἐπίκλοπος, ὅπως ὁμοίως οὐκ ἀεὶ τροχηλατεῖ· ὡς ἐλπὶς οὐ δηναιός, αἰανὲς δ’ ἄχος, κεναὶ δὲ πάντῃ πίστεων ὑποσχέσεις· ὡς ὀστέοις μὲν καῦμ’ ἐπάργιμον 19 φλέγει, τυφλὰς δὲ φλεψὶ πῶς ἐνισκήπτει βολάς, ὅθεν γ’ ἐναργὴς ὄλεθρος, ἐμφανές τε πῦρ· ὡς οὖν ἐρώντων, οἶδα, θρασύδειλος βίος, πλάνος τε κἀβέβαιος, ὡς εἰπεῖν ἔπος· ὡς πόλλ’ ἀδευκῆ γλυκέος ἡττᾶται μικροῦ· ἤθη τε τούτων, τά τε μέλη καὶ τοὺς στόνους, τὸ φθέγμα τ’ ἄτονον, τὰς μεταξύ τ’ ἀναβολάς, βραχὺν 20 γέλωτα καὶ μακρὰ στενάγματα, ἀψινθίου τε τοῦ μελικρήτου πόμα.

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 16 Statt θρόνοις vielleicht θάμνοις oder ῥόδοις zu schreiben. 17 Überliefert ist ἐυτυχεῖν. 18 Vielleicht σπάσαι zu schreiben. 19 Vielleicht ἐπάργεμον zu schreiben. 20 Überliefert ist βραχμὴ.

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Hoc poematium inter equitandum vertebat Ios. Scaliger in Pictonibus anno 1563, oblatum statim nobiliss(imo) Ludovico Castanaeo Rupiporaeo in monasterio S. Mariae de Misericordia, oblatum etiam M. Ant. Mureto Romae anno 1565. Eros ist ein Tyrann, und tyrannisch sind die Gesetze des Eros; aber auch wenn sie tyrannisch sind, müssen sie doch eingehalten werden; dann das ist die Satzung, welche für die Erde wie für die Götter allgemein und von Alters her verfügt ist. [5] Ich weiß, wie ein Herz zur Abweichung von sich selbst gebracht wird, und kenne die Entzweiungen und die im Wechsel damit erfolgenden Übereinkünfte und verstehe es, nicht zu klagen, wenn ich den entscheidenden Treffer erhalten habe, und ich weiß, wie das Blut einerseits (aus den Adern) verscheucht flieht und andererseits sich Röte um die Haut legt, [10] durch Scham das Gesicht entstellend oder einfrierend aus Furcht. Ich weiß, wie eine Schlange auf dem Thron (?) im Hinterhalt liegt, und kenne den Zustand, dass man weder im Schlaf noch in der Schlaflosigkeit die Augen zu schließen vermag; und ich kenne die trotz hilfloser Lage mutvolle Lebensform, welche sich an Hoffnungen trotz hoffnungsloser Lage sättigt; [15] und ich verstehe es, den Wegen meiner schlimmsten Feindin nachzuspüren und andererseits davor zu zittern, auf diese Wege zu treffen, und ich weiß, dass sich die Natur des Liebenden zum Geliebten verändert, und wie ich infolge unterschiedlicher Bedingungen alle möglichen Erscheinungsformen und Hautfarben annehme, [20] infolge von geringem Anlass zum Lachen und häufigem Anlass zum Jammern, und wie eine Seele in Entfremdung von ihrem Herzen lebt; ich weiß, dass ich unzählige Male von mir selbst getäuscht worden bin und ich verstehe es, bei meinem Streben nach dem schwer auszumachenden Feuer Hitze aus der Entfernung, Kälte aber aus der Nähe zu beziehen. 21 [25] Ich weiß, wie Eros im Inneren des Sinnes brüllt und jegliche Überlegung aus der Brust verscheucht und wie ein Herz auf vielerlei Art dahinschmilzt; ich weiß, wie durch eine ganz winzige Schlinge [30] die edelste Seele, wenn sie von jedermann verlassen alleine steht und keiner ihr zur Seite kämpft, beherrscht wird; ich verstehe mich auf die Flugwege und die fernhin treffenden Hiebe und die Drohungen und die Würfe des Eros: wie gewalttätig, wie diebisch er ist, wie er nicht immer gleich seinen Wagen fährt; [35] wie die Hoffnung nicht lange dauert, das Leid aber fortwährt, wie Versprechungen in jeder Hinsicht leer von Erfüllungen bleiben; wie der Liebesbrand in den Knochen matt lodert, wie er unsichtbare Treffer in die Adern senkt, aus denen sich offenkundiges Verderben und sichtbares Feuer ergibt; [40] ich weiß, wie also das Leben von Liebenden mutig und zugleich feige ist, irrend und unstet, um es so zu sagen; wie vieles Bittere dem wenigen Süßen unterliegt; und (ich kenne) die Sitten von diesen (Liebenden), ihr Leid und Stöhnen, ihr kraftloses Sprechen, ihre zwischenzeitlichen Erholungen, [45] ihre kurze Freude und ihr langes Stöhnen, ihren aus Wermut und Honig gemischten Trank. Dieses kleine Gedicht übersetzte während des Reitens Joseph Scaliger in Poitiers im Jahre 1563, sogleich gewidmet dem Ludovicus Castanaeus Rupiporaeus im Kloster von Mariae Gnaden, gewidmet ferner dem Marcus Antonius Muretus in Rom im Jahr 1565.

 21 Die Übersetzung legt die Konjektur σπάσαι zugrunde.

  Thomas Gärtner

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Petrarca, Triumphus Cupidinis III Dura legge d’Amor! ma benché obliqua, servar conviensi, però ch’ella aggiunge di cielo in terra, universale, antiqua. Or so come da sé ’l cor si disgiunge, e come sa far pace, guerra e tregua, e coprir suo dolor quand’altri il punge; e so come in un punto si dilegua e poi si sparge per le guance il sangue, se paura o vergogna avven che ’l segua; so come sta tra’ fiori ascoso l’angue, come sempre tra due si vegghia e dorme, come senza languir si more e langue; so de la mia nemica cercar l’orme e temer di trovarla, e so in qual guisa l’amante ne l’amato si trasforme; so fra lunghi sospiri e brevi risa stato, voglia, color cangiare spesso; viver stando dal cor l’alma divisa; so mille volte il dì ingannar me stesso; so, seguendo ’l mio foco ovunque e’ fugge, arder da lunge ed agghiacciar da presso; so com’ Amor sovra la mente rugge, e com’ ogni ragione indi discaccia, e so in quante maniere il cor si strugge; so di che poco canape s’allaccia un’anima gentil quand’ella è sola e non v’è chi per lei difesa faccia; so com’Amor saetta e come vola, e so com’or minaccia ed or percote, come ruba per forza e come invola, e come sono instabili sue rote, le mani armate, e gli occhi avvolti in fasce, sue promesse di fé come son vote, come nell’ossa il suo foco si pasce e ne le vene vive occulta piaga, onde morte e palese incendio nasce. In somma so che cosa è l’alma vaga, rotto parlar con subito silenzio, ché poco dolce molto amaro appaga, di che s’ha il mel temprato con l’assenzio. Hart ist das Gesetz des Amor! Aber obwohl es verquer ist, muss es eingehalten werden, weil es – universell und alt – [150] vom Himmel zur Erde reicht. Nun weiß ich, wie das Herz sich von sich selbst trennt und wie es versteht, Frieden, Krieg und Waffenstillstand zu machen und seinen Schmerz zu verbergen, wenn andere es stechen; und ich weiß, wie das Blut mal schwindet [155] und sich mal über die Wangen ergießt, wenn Angst oder Scham sich

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einstellen, denen es folgt; ich weiß, wie die Schlange zwischen den Blumen versteckt ist, wie man immer zwischen zwei Zuständen die Augen offen und geschlossen hält, wie man ohne zu vergehen stirbt und vergeht; [160] ich vermag es, die Fährten meiner Feindin aufzuspüren und fürchte mich davor, sie zu finden, und ich weiß, auf welche Weise der Liebende sich in den Geliebten verwandelt; ich kenne im Zustand zwischen langen Seufzern und kurzem Lachen das Verlangen, oft die Farbe zu wechseln; [165] zu leben, indem die Seele vom Herz getrennt bleibt; ich vermag mich tausendmal am Tag selbst zu täuschen; ich vermag, indem ich meinem Feuer folge, wohin auch immer es flieht, aus der Ferne zu brennen und aus der Nähe zu frieren; Ich weiß, wie Amor über dem Verstand brüllt [170] und, wie er dann jede Vernunft vertreibt, und ich weiß, auf wie viele Arten das Herz schmilzt; ich weiß, durch welch dünne Schnur eine freundliche Seele sich binden lässt, wenn sie allein ist und es niemanden gibt, der für sie die Verteidigung übernimmt; [175] ich weiß, wie Amor schießt und wie er fliegt, und ich weiß, wie er mal bedroht und mal schlägt, wie er mit Gewalt raubt und wie er stiehlt, und wie unbeständig seine Räder sind, seine Hände bewaffnet und seine Augen von einer Binde bedeckt sind, [180] seine Treueversprechen leere Wünsche sind, wie in den Gebeinen sich sein Feuer nährt und in den Adern eine versteckte Wunde schwärt, aus der Tod und sichtbares Feuer entstehen. Kurz gesagt, ich weiß, was eine unstete Seele ist, [185] mit plötzlichem Schweigen gebrochenes Sprechen, weil wenig Süße viel Bitterkeit ausgleicht, deren Natur der Honig mit Wermut angenommen hat.

Metrisch handelt es sich bei Scaligers Übersetzung um jambische Trimeter. In der lateinischen Subskription des Stückes heißt es, dieses sei während des Reitens („inter equitandum“) im Jahr 1563 in Poitiers entstanden und anschließend verschiedenen Persönlichkeiten gewidmet worden. Scaliger übersetzt – anders als die bisher betrachteten Dichter und auch anders als Crusius – kein isoliertes Petrarca-Gedicht, sondern setzt mitten in den Trionfi, im Abschnitt über den Triumphus Cupidinis, ein. Im Original ist von den harten Gesetzen Amors die Rede; Scaliger übersetzt diesen Gedanken mit der plakativen, überschriftartigen Junktur Ἔρως τύραννος 22 (1) und kommt vom Tyrannen zu dessen tyrannischen Gesetzen; diese müssen, wiewohl tyrannisch, dennoch von den Menschen (und auch von den Göttern) befolgt werden (2f.: ἀλλὰ καίπερ ὡς τυραννικοὶ | τηρητέοι γ’). Mit dem mehrfach wiederholten Begriff τύραννος und auch dem hieran anknüpfenden Wortspiel τυραννικοὶ | τηρητέοι bleut Scaliger stärker als sein Modell die plakative Vorstellung einer persönlichen Macht ein, die über die Betroffenen tyrannische Macht ausübt. Das stilistisch bestimmende Merkmal des Folgenden ist die anaphorische Verwendung von italienisch so bzw. griechisch οἶδα. Der Sprecher versteht es inzwischen, mit der diktatorischen Macht des Liebesgottes fertigzuwerden. Scaliger demonstriert seine gräzistische Kompetenz in grammatikalischer Hinsicht  22 Laut Platon, Politeia 573b, ist Ἔρως τύραννος eine alte Vorstellung.

  Thomas Gärtner vor allem dadurch, dass er die im Griechischen im Vergleich zum volgare umfangreicheren Möglichkeiten, ein Verb des Wissens zu konstruieren, voll ausschöpft: Er verwendet in ständigem Wechsel Akkusativobjekte, abhängige Fragesätze mit ὡς, ὅπως oder πῶς, prädikative Partizipialkonstruktionen im Akkusativ oder Nominativ oder auch Infinitive in dem Sinne ,verstehen, etwas zu tun‘. Hier soll nur auf eine Partie etwas näher eingegangen werden, nämlich diejenige, wo der Sprecher seine Fähigkeit bekundet, mit den verschiedenen Aggregatzuständen des von ihm ständig zu führenden erotischen Krieges fertigzuwerden. Im Italienischen werden hier drei Begriffe genannt (152): Frieden (pace), Krieg (guerra) und Waffenstillstand (tregua). Scaliger (6) beschränkt sich dagegen auf ein Begriffspaar, nämlich στάσεις („Aufruhr“) und συμβάσεις („Vertragschluss“); die Reziprozität der beiden Begriffe wird durch das hinzugesetzte παλιμβόλους ins Licht gesetzt; dieses Begriffspaar enthält gerade nicht wie das Italienische Petrarcas die voces propriae für Krieg und Frieden (das wären im Griechischen πόλεμος und εἰρήνη), sondern zwei ungewöhnlichere Vokabeln, die wieder eindeutig auf ein klangliches Wortspiel (vgl. zuvor τυραννικοὶ | τηρητέοι) angelegt sind. In der griechischen Fassung gibt es also nur die zwei Alternativen Krieg und Frieden, keinen vermittelnden Übergangszustand des Waffenstillstands wie die tregua bei Petrarca. Schon dieser Unterschied zeigt, dass Scaliger hier weniger als Petrarca der ständige Wechsel zwischen verschieden Zuständen vorschwebt, sondern vielmehr eine definitive kriegerische Entscheidung in der elegischen militia amoris, die natürlich immer zuungunsten des amator ausgeht. Dies beweist der folgende Vers: Laut Petrarca versteht das Ich, seinen Schmerz zu bedecken, „wenn ein anderer es verletzt“ (153). Mit solchen Läsionen muss man natürlich ständig rechnen, wenn man sich in einem dauernden Wechsel zwischen Krieg, Frieden und Waffenstillstand befindet. Dagegen erweitert Scaliger (7) das klaglose Ertragen, das negativ formulierte μὴ στενάζειν, durch ein nominativisches Partizip καιρίαν (sc. πληγὴν) πεπληγμένος; der Sprecher versteht „nicht zu klagen, wenn er den entscheidenden Treffer erhalten hat“ (formales Vorbild ist Aischylos, Agamemnon 1343 ὤμοι πέπληγμαι καιρίαν πληγὴν ἔσω [πλευρῶν ἔσω Weil: πληγὴν ἐγώ Karsten]); der Leser ist frei darin, das Partizip fakultativ-kondizional („falls ich einmal entscheidend getroffen sein sollte“) oder faktisch-kausal („da ich ja nun einmal entscheidend getroffen bin“) zu deuten. In jedem Fall wird wieder die typische elegische Situation bezeichnet, dass der amator die entscheidende Niederlage in der militia amoris erlitten hat, also sein erotisches Ziel, die Geliebte zu erkämpfen, verfehlt hat. Dagegen ist bei Petrarca gar nicht an diese entscheidende Niederlage, sondern an den psychisch quälenden dauernden Zustandswechsel gedacht.

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Eine ähnliche Verschiebung könnte man auch an einer anderen Stelle im weiteren Fortgang beobachten, wo im volgare (172) nur von der Festschnürung der schutzlosen Seele (allaccia) die Rede ist, in der griechischen Version Scaligers dagegen mit βρόχῳ […] κρατεῖται (28/30) die finale Bändigung durch eine Schlinge bezeichnet und somit die Metaphorik einer schließlichen Niederlage hinzugegeben wird. Bei Petrarca scheint es eher um die Qual der fortwährenden Einschnürung, bei Scaliger dagegen eher um das finale In-Bande-Legen zu gehen. Immer wieder fügen die antikisierenden Wiedergaben Petrarcas die Nuance einer „endgültigen Bezwingung“ hinzu, die typisch ist für die auf die finale Erfolglosigkeit des liebenden Ichs hinzielende römische Liebeselegie, weniger jedoch für das sich in qualvollen Paradoxien ergehende Psychologisieren Petrarcas. Die griechische Antikisierung Scaligers unterscheidet sich in diesem Punkt nicht wesentlich von den zuvor besprochenen lateinischen. Nun aber zu der zweiten griechisch schreibenden Person, Martin Crusius, 23 der von 1526 bis 1607 lebte, also fast gleichzeitig mit dem ca. 15 Jahre später geborenen Scaliger. Crusius gilt als einer der Begründer des deutschen Philhellenismus. Er war der Sohn eines frühen protestantischen Geistlichen in Süddeutschland; Zentrum seines Wirkens war seit 1559 die Universität Tübingen. Crusius besuchte regelmäßig die Kirche und pflegte die von ihm dort gehörten Predigten in griechischer Sprache nachzuschreiben; diese Nachschriften füllen insgesamt 20 Bände, die sich heute noch in der Universitätbibliothek Tübingen befinden 24; so verband Crusius den geistlichen Nutzen des Kirchbesuchs mit permanenter griechischer Sprachübung. Im Jahr 1567, vier Jahre nach der Petrarca-Übersetzung Scaligers, erschienen in Basel die Poematum Graecorum libri duo des Crusius 25. Etwa die Hälfte des Werks enthält das erste Buch dieser Gedichte, die Evangelia Dominicalia, ausgedehnte Evangelienversifikationen in griechischen Distichen; eine Parallelversion in lateinischen Distichen, die stets auf der rechten Seite neben dem griechischen Text steht, hat Crusius seinem Tübinger Kollegen Erhard Cellius überlassen. Das zweite Buch von Crusius’ Poemata Graeca beginnt mit einer griechisch-lateinischen Hexameterversifikation der biblischen Susanna-Geschichte; 26 hierauf fol-

 23 Zu Crusius vgl. Ludwig (Anm. 13), S. 28–82. 24 Signaturen Mb 19–1 bis Mb 19–20. 25 Martini Crusii Poematum Graecorum libri duo. Basel 1567. Hierzu Ludwig (Anm. 13), S. 41– 42 26 Hierzu: Stefan Weise, Χελκιάδος μέλλων θυμοῦ περὶ σώφρονος εἰπεῖν ‒ Griechische Paraphrasen der Susanna-Geschichte aus der Renaissance (Martin Crusius und Georg Koch). In: Die Septuaginta ‒ Themen, Manuskripte, Wirkungen. Hg. von Eberhard Bons, Michaela Geiger,

  Thomas Gärtner gen Versifikationen ausgewählter Psalmen und anderer Bibeltexte, dann ein Schmähgedicht gegen die Papisten und hierauf eine Umdichtung von Petrarcas Stücken RVF 136–138 in griechisch-lateinischen Distichen (wobei die lateinische Version wieder von Erhard Cellius stammt). 27 Die folgenden Gedichte, die ich hier nicht mehr im Einzelnen nachvollziehen kann, könnte man als Gelegenheitsdichtungen bezeichnen, in denen der biblisch-christliche Anteil deutlich zurücktritt. Die Petrarca-Bearbeitung des Crusius steht also ziemlich genau am Ende des fast ausschließlich christlich geprägten Teils der Carmina graeca des Crusius. Gegenüber Scaligers oben besprochener Übersetzung aus den Trionfi weist die Crusius-Bearbeitung von Petrarcas RVF 136–138 völlig andere Züge auf. Diese drei petrarkischen Sonette sind gegen den damaligen päpstlichen Hof zu Avignon gerichtet (die lautliche Ähnlichkeit zwischen Avignon und Babylon tat wohl ein Übriges, die Gleichsetzung in RVF 137 zu erleichtern). Die metrische Form von Crusius’ Versifikation ist das elegische Distichon; einem Sonett entsprechen jeweils 14 elegische Distichen, wobei aber nicht jeweils exakt ein Distichon einem italienischen Vers entspricht. Man hat also eine Art von Triptychon (unterteilt durch die gewissermaßen als Kapitelzähler verwendeten Buchstaben α, β und γ) aus ingesamt 42 Distichen. Bemerkenswerterweise ist Crusius nicht der erste, der diese drei petrarkischen Sonette in die alten Sprachen übersetzt hat. Eine lateinische Übersetzung (in 42 Hexametern) hat bereits 1553 der Protestant Hieronymus Massarius in seinem unter dem Pseudonym Hieronymus Marius erschienenen Eusebius captivus 28 vorgelegt. Der Arzt Girolamo Massario gehörte in den 1550er Jahren zur Tischgemeinschaft des Crusius in Straßburg, wie dieser selbst in seinen Annales Suevici 29 bezeugt; von ihm lernte er auch nach demselben Selbstzeugnis das Italienische. 30 Dabei werden die (fast gleichzeitig gedruckten) Petrarca-Gedichte und ihre Über-

 Frank Ueberschaer, Marcus Sigismund und Martin Meiser. Tübingen 2020 (Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament), S. 868–885. 27 Crusius (wie Anm. 25), Liber secundus, S. 58–63. 28 Eusebius captivus sive modus procedendi in curia Romana contra Lutheranos, in quo praecipua Christianae religionis capita examinantur, trium dierum actis absolutus per Hieronymum Marium. Basel 1553, S. 188–191. Den Hinweis auf diese Stelle (übermittelt von Beate Hintzen) schulde ich Giacomo Comiati, der auf folgenden Aufsatz verweist: Magdalena Bilinska: Traduzioni latine del Canzoniere di Petrarca fino alla metà del Cinquecento. In: Italia e Europa. Dalla cultura nazionale all' interculturalismo, Atti del XVI. congresso dell’AIPI, Cracovia, 26–29 agosto 2004. Hg. von Bart van den Bossche u.a. Florenz 2006. Bd. 2, S. 181–189, hier S. 184. 29 Annalium Suevicorum dodecas tertia. Frankfurt 1596, S. 688. 30 Zum Italienischlernen des Crusius vgl. Ludwig (Anm. 13), S. 35: „Dazu lernte er 1552 Italienisch, da er die Brüder von Werter als ihr Praezeptor nach Italien zu begleiten hoffte.“

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setzung eine wichtige Rolle gespielt haben. Crusius kannte diese lateinische Fassung also mit Sicherheit und ihre Kenntnis schlägt sich auch in der lateinischen Übersetzung des Cellius nieder: Primär musste Cellius natürlich das Griechische des Crusius übersetzen, aber Massarius wirkt im Lateinischen des Cellius (besonders in den Hexametern), gelegentlich aber auch im Griechischen des Crusius deutlich genug, wie die im Kursivdruck angezeigten Markierungen in der am Ende dieses Beitrags gegebenen Textsynopse zeigen. Hier haben wir also ein ausgeprägtes Beispiel von lateinisch-griechischer „Petrarca-Philologie“. Die Bearbeitung des ersten Sonetts zeichnet den moralischen Niedergang der angesprochenen Kirche; es endet damit, dass das Aufsteigen des Gestanks vom lüsternen Leben der als einer frevelhaften Geliebten gezeichneten Kirche zu Gott beschrieben wird (27: ὡς κάκκην ἀναβῆναι); dieses Motiv bildet gewissermaßen das Scharnier zu der folgenden, entsprechend RVF 137f. hinzugesetzten Strafprophezeiung. Sogleich im ersten Vers des RVF 137 entsprechenden Fortgangs wird die Geliebte als „Babylonierin“ (29) bezeichnet; natürlich fungiert die ,Hure Babylon᾿ hier als Umschreibung für die (angestammtermaßen und zu Crusius’ Zeiten wieder in Rom beheimatete) katholische Kirche unter der Führung des Papstes. Im Leben der Geliebten wird (23–28, noch gemäß RVF 136) eine einstige asketische Lebensphase, welche der noch unverdorbenen Frühkirche entspricht, und der spätere Sittenverfall, entsprechend der zunehmenden Korruption der römischen Kirche im Mittelalter, unterschieden. Wie im Leben dieser „Geliebten“ zwei zeitliche Phasen unterschieden werden, so auch in der folgenden Strafandrohung. Diese bleibt grundsätzlich zeitlich vage; die Strafe wird sich zu gegebener Zeit vollziehen, aber nicht „wann ich (sc. der Sprecher des Gedichtes) es will“ (42). Zunächst soll die Strafe sich gemäß RVF 137 innerweltlich durch einen „jungen Sultan“ (39–43) verwirklichen, erst dann (71f., gemäß RVF 138) durch das endzeitliche Gericht Christi. Hinter dem im Original unbestimmt bleibenden „jungen Sultan“ (der dort einfach als Leerformel für den schlimmsten Erzfeind der katholischen Kirche steht) versteht der deutsche Protestant Crusius den Reformator Martin Luther 31. Abgesichert wird diese Deutung durch eine neben den griechischen Text gesetzte Zwischenüberschrift: Lutherus ingens vulnus inflixit: sed Christus extremo iudicio ἐκτρίψει. Die zwei Zeitphasen im Leben der Geliebten korrespondieren also in symmetrischer Weise mit den zwei Zeitphasen der angedrohten Bestrafung. Die beiden Phasen der Bestra-

 31 Für diese Ausdeutung des „Sultans“ auf den Glaubenserneuerer Luther ist es essenziell, dass Crusius bei Petrarca 137,8 die Variante „fede“ und nicht „sede“ vor sich hatte; diese Variante wird in allen in der Textsynopse berücksichtigten lateinischen und griechischen Textfassungen rezipiert.

  Thomas Gärtner fung zerfallen in ein Vaticinium ex eventu (über Luther) und eine apokalyptische Endzeitprophetie. Damit fassen wir eine völlig neuartige, allegorisch-ekklesiologisch-konfessionalisierende Petrarca-Rezeption. Auch wenn Scaliger und Crusius ungefähr gleichzeitig lebten, Crusius genaugenommen älter und sein Gedicht vielleicht sogar früher als dasjenige Scaligers entstanden ist (denn auch hier muss das Datum des Drucks in einer umfassenden Sammlung natürlich nicht identisch mit dem Entstehungsdatum sein), so muss man Crusius doch letztlich schon als Vertreter einer späteren und fortgeschritteneren Literaturepoche auffassen. Beide literarischen Persönlichkeiten haben die drastische Ostentation ihrer hohen sprachlichen Griechischkenntnisse gemeinsam: Scaliger erreicht diesen gräzistischen Potenzbeweis durch sein nächtliches Übersetzen von Martial-Epigrammen und seine improvisierende Übersetzungstätigkeit hoch zu Pferd, Crusius dagegen durch seine massenhafte Gräzisierung von Predigten. Schon in dieser verschiedenen Wahl der bevorzugten Gegenstände der Gräzisierung zeigt sich die unterschiedliche kulturelle Sozialisierung der beiden Gelehrten: Scaliger gehört noch zu den Renaissancehumanisten, für welche die Beherrschung des Griechischen (ebenso wie die intime Kenntnis der Welt der römischen Liebeselegie) selbstverständlicher und einer Rechtfertigung nicht bedürftiger Selbstzweck ist. Mit Crusius beginnt dagegen eine spätere Epoche, für welche die souveräne aktive Beherrschung des Griechischen Voraussetzung für eine weiterentwickelte protestantische Form des Humanismus ist, welche gerade deshalb auf das Griechische zurückgreift, um das Lateinische, die Sprache des als Kirchenzentrum verhassten Rom, zu transzendieren und der ursprünglichen Heilswahrheit gewissermaßen um einen Schritt näherzukommen. Die lateinische Fassung seiner Versifikationen überlässt Crusius fast geringschätzig einem Mitarbeiter. Ein Gedicht, welches das katholische Rom als Hure Babylon entlarvt, muss sich schon formal höher qualifizieren als durch die bloße Verwendung der Sprache ebendieses Roms. Für Scaliger ist Petrarca letztlich ein vielleicht nicht ganz mit der wünschenswerten Trennschärfe wahrgenommener neuzeitlicher Spätling der römischen Liebeselegie; Crusius dagegen montiert aus drei Sonetten Petrarcas ein komplexes triptypchisches ekklesiologisches Endzeitgedicht. Dieses vereinnahmt für das von Crusius eingeläutete neue protestantisch-philhellenische Zeitalter Petrarca ungefähr mit der gleichen Kühnheit, mit welcher etwa in der Spätantike die Centonendichterin Proba den Dichter Vergil für das Christentum vereinnahmte.

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Anhang: Synopse der behandelten Texte Petrarca RVF 136 Fiamma dal ciel su le tue treccie piova, malvagia, che dal fiume et da le ghiande per l’altrui impoverir se' ricca et grande, 4 poi che di mal oprar tanto ti giova; nido di tradimenti, in cui si cova quanto mal per lo mondo oggi si spande, de vin serva, di lecti et di vivande, 8 in cui Luxuria fa l’ultima prova. per le camere tue fanciulle et vecchi vanno trescando, et Belzebub in mezzo co’ mantici et col foco et co li specchi. 12 Già non fostù nudrita in piume al rezzo, ma nuda al vento, et scalza fra gli stecchi: or vivi sì ch’a Dio ne venga il lezzo.

RVF 137 L’avara Babilonia à colmo il sacco d’ira di Dio, e di vitii empii et rei, tanto che scoppia, ed à fatti suoi dèi 4 non Giove et Palla, ma Venere et Bacco. Aspectando ragion mi struggo et fiacco; ma pur novo soldan veggio per lei, lo qual farà, non già quand’io vorrei, 8 sol una fede 32, et quella fia in Baldacco. Gl’idoli suoi sarranno in terra sparsi, et le torre superbe, al ciel nemiche, e i suoi torrer’ di for come dentro arsi. 12 Anime belle et di virtute amiche terranno il mondo; et poi vedrem lui farsi aurëo tutto, et pien de l’opre antiche.

 32 Eine Variante lautet sede.

Massarius (1553)

in diros crines e coelo decidat ignis [p. 189] execranda lues; quae lympha et glande relictis extenuans inopes praegrandis opimaque facta es; ac tibi iucunda est tot iniqua patrare voluptas. o scelerum sedes et nidus proditionum, unde haec cernuntur totum diffusa per orbem; ferclorum Bacchique comes lectique ministra, in qua luxuries alta ceu regnat in arce; per conclave senes, per turpe cubile cynaedi ludunt et Satanae non desunt undique folles luxurie inflati, speculis succensaque flamma. non his deliciis olim nutrita fuisti, sed proiecta noto, duris pede nuda salebris: nunc vivis, tuus ut conscendat foetor Olympum.

non saturanda gerit vastum Babylonia saccum, plenum bile Dei, vitiis, immanibus ausis, quae manant late; quae numina suspicit, haud sunt Iuppiter et Pallas, sed amorum diva et Iacchus. poenas expectans flaccesco et duriter angor. pultanum at cerno venientem et flagra ferentem. sed vereor, ne, quam cupiamus, serius adsit. una fides cunctos cinget Babylonis in urbe; impia per terras idola refracta iacebunt, flagrabunt turres, et tecta minantia coelo turricolaeque cadent ardenti fulguris igne. foelices animae, virtutis et aemula turba incolet has terras; tandem spectare licebit aurea virtutum sanctarum tempora reddi.

  Thomas Gärtner RVF 138 Fontana di dolore, albergo d’ira, scola d’errori, et templo d’eresia, già Roma, or Babilonia falsa et ria, 4 per cui tanto si piange et si sospira; o fucina d’inganni, o pregion dira, ove ’l ben more, e ’l mal si nutre et cria, di vivi inferno, un gran miracol fia 8 se Cristo teco alfine non s’adira. Fondata in casta et humil povertate, contra’ tuoi fondatori alzi le corna, putta sfacciata: et dove ài posto spene? 12 Negli adulteri tuoi? ne le mal nate richezze tante? Or Constantin non torna; ma tolga il mondo tristo che ’l sostene.

fons aerumnarum, domus irae, plena furoris, [p. 191] errorum ludus, sectarum mobile templum; Roma quidem fueras, nunc es Babylonia fallax, ex qua tot luctus gemitusque feruntur in orbem. o fraudum mater, carcer teterrimus irae, carnificina boni, sed iniqui sedula nutrix, vivorum infernus: miraclum insigne futurum, si nunquam contra te Christi saeviat ira. casta in pauperie tua sunt fundamina iacta, sed modo fundantes oppugnas cornibus altis. quidnam frontis habes meretrix? quo niteris audax? spes in adulteriis, spes est in divite cista? non igitur redeat te Constantinus adaugens, protinus at miserum, qui sustinet, auferat orbem

Übersetzung von Petrarcas Sonetten RVF 136 Flamme vom Himmel regne auf deine Zöpfe, Verworfene, die du vom Fluss und den Eicheln durch die Verarmung anderer reich und groß bist, [4] da du durch böse Taten so viel gewinnst; Nest des Verrats, in dem alles Böse ausgebrütet wird, das sich heute über die Welt verbreitet, Dienerin des Weins, des Bettes und der Speisen, [8] in der die Wollust zum Äußersten vorstößt. Durch deine Kammern tänzeln Mädchen und alte Männer in Liebeleien und Beelzebub in der Mitte mit Blasebalg und Feuer und Spiegeln. [12] Du warst schon nicht erzogen auf Daunen und in Kühle, sondern nackt vor dem Wind und barfuß zwischen den Stöcken: Nun lebst du so, dass zu Gott dein Gestank gelangt. RVF 137 Das habgierige Babylon hat seinen Sack mit Gottes Zorn und ruchlosen und grausamen Verbrechen so gefüllt, dass er platzt, und hat zu seinen Göttern [4] nicht Jupiter und Pallas gemacht, sondern Venus und Bacchus. Auf Recht wartend, verschleiße ich mich und ermatte: aber ich sehe einen neuen Sultan für es, der, wenn ich es nicht mehr erleben werde, [8] nur einen Sitz errichten wird, und der wird in Bagdad sein. Seine Götzen werden über die Erde zerstreut werden und seine stolzen Türme, die dem Himmel feindlich sind, und seine Wächter, außen und innen verbrannt. [12] Schöne Seelen, die der Tugend freund sind, werden die Welt halten; und dann werden wir sehen, wie sie ganz golden wird und erfüllt von alten Werken. RVF 138 Quelle des Kummers, Herberge des Zorns, Schule des Irrtums und Tempel der Ketzerei, früher Rom, jetzt Babylon, falsch und böse, [4] um die wir so viel weinen und seufzen: oh Schmiede des Betrugs, oh grausames Gefängnis, wo das Gute stirbt und das Böse genährt und hervor-

Antikisierung und Konfessionalisierung  

gebracht wird, Hölle der Lebenden, ein großes Wunder wird sein, [8] wenn Christus sich nicht endlich gegen dich wendet. Gegründet in keuscher und demütiger Armut, erhebst du deine Hörner gegen deine Gründer, du unverschämte Hure: und worauf hast du deine Hoffnung gesetzt? [12] Auf deine Ehebrüche? Auf deinen übel entstandenen so großen Reichtum? Nun kehrt Konstantin nicht zurück; sondern nimmt die traurige Welt hinfort, die für ihn eintritt.

Crusius (1567) α. φλὸξ ἐξ Οὐλύμπου μαλερὴ πυρὸς αἰθομένοιο [p. 58] καλὸν ὕπερθε πέσοι σῶν ἐπὶ πλέγμα τριχῶν, δαιμονίη, βίον ἣ μέτριον καὶ σώφρονα λεῖπες, τὴν βαλάνων βρῶσιν, τὴν ποταμοῖο πόσιν 5 ἄλλους εἰς πενίην ἅμ’ ἀμηχανίην τε βαλοῦσα εὐδαίμων ἐγένου καὶ δυνατὴ σὺ λίην· ὕβρις ἐπεὶ τόσον οὐλομένη σέθεν ἥνδανε θυμῷ, ἐξέπεσές τε νόμων εὐσεβίης τε Θεοῦ. πάγκακος ὦ καλιά, μῆτέρ τε νεοσσοτροφοῦσα 10 σχέτλιον ὀρνίθων παμμιαρῶν μέγ’ ἔθνος, ἀμπλακιῶν μυσαρὴ τροφὲ καὶ κακότητος ἁπάσης, κόσμου σπειρομένης πανταχόσ’ εἰς χθόν’ ὅλου. omne ibi genus flagitiorum ἐν θαλίῃσι κυλινδομένη μελιηδέϊ τ’ οἴνῳ, τῶν μαλακῶν δούλη λυσιμελῶν τε λεχῶν, 15 πάσης εἰς ἄκρον τῆς μαχλοσύνης ἐλάσασα, θηρίον ἀνδρομανὲς καὶ δαπανηρὸν ἄγαν. ἀμφαδίην αἰσχρουργίαι 33 κοίτῃς ἐνὶ σῇσι ἄρρητα δρώντων ἄντα Θεοῖο βροτῶν. τοῖσι δὲ παιζόντεσσι δυσάντητος πάρα Δαίμων, 20 πῦρ ἅμα καὶ φύσας ἠδὲ κάτοπτρον ἔχων ἔργα βλέπει γελόων κακά· παντοίην δ’ ἄρ’ ἀϋτμὴν μᾶλλον ἀναρριπίσων ἐξανίησι φλόγα.

Cellius (1567) flamma vorax caelo flagrantis decidat ignis [p. 59] in, vesana, tuae nobile plegma comae. sobria vita tibi moderataque spernitur omnis; non fluvii potus, glandis et esca placet. pauperie reliquos onerans et sorte sinistra tu facta es felix, tu nimiumque potens, noxia quandoquidem tibi sic petulantia cordi est postpositis iussis et pietate Dei. pessime nide, parens teterrima, plurima nutris perquam foedatae pignora semper avis, o scelerum nutrix, o impietatis et omnis, quae tibi sparguntur per loca cuncta soli.

quae dape te farcis, dulci vinoque volutas, mollis es o mollis serva petulca tori. omnis spurcities sua te per culmina duxit: bellua sic ferves igne furente virum. per tua conspicue quam foeda cubilia fiunt: ante patrant homines facta nefanda Deum. Daemone terribili coram haec spectante geruntur, qui folles, ignem qui speculumque tenet. Improba facta nitet ridens, et flamina quaevis

 33 Zum Metrum von αἰσχρουργίαι vgl. 66 πικρίας.

suscitat, ut flammae vis magis aucta crepet.

  Thomas Gärtner at principium valde fuit humile καὶ μὴν ἐξ ἀρχῆς οὐκ ἤχθης ἁβροδιαίτως, at non principiis tam mollibus alta fuisti, nec quondam victus tam tibi lautus erat. οὐδὲ τροφὴ τρυφερὰ σοὶ τὸ παλαιὸν ἔην. 25 ἐν ζαμενέσσι πέλες γυμνὴ πνοιῇς ἀνέμοιο, nuda per insani vivebas flamina venti, οὐδ’ ἐπ’ ἀκανθάων σοῖσι πέδιλα ποσί. nec tibi per spinas calceus ullus erat. nunc ita sed vivis, superos ut foetor ad ipsos νῦν δ’ αὖ τὸν ζώεις βίον, ὡς κάκκην ἀναβῆναι σοῦ θεομισήτου αἴσχεος ἄχρι Θεοῦ. pervolet ex vitae labe putrente tuae. β. χρυσομανὴς ἑτάρη Βαβυλωνὶς πλήρεα σάκκον 30 τῆς θείας ὀργῆς ὃν μεγακήτε’ ἔχει καὶ κακιῶν ἀθέων ἰδ’ ἀγηνορίας ἀλεγεινῆς,

ista rapax amplum meretrix Babylonica saccum divini plenum dira furoris habet. hunc scelus, impietas et aperta superbia complet, ut fracto iam non effluat inde parum. ὥστ’ ἤδη ῥήγνυσθ’, ἔκ τε τὰ πολλὰ ῥέειν. ἡ δὲ θεοὺς ἐκλέξαθ’ ἑούς, οὐ Παλλάδ’ Ἀθή- At legit divos sibi quos? non inclyta Pallas, νην [p. 60] [p. 61] οὐδὲ μένος μεγάλου αἰγιόχοιο Διός, aegiochi vires nec placuere Iovis, 35 ἀλλὰ φιλομειδῆ 34, τερπνήν, ἁπαλὰν 35 Ἀφρο- sed lasciva Venus, mollis iucundaque risu, δίτην uvis ac hedera conspicuusque deus. ἠδὲ πολυστάφυλον κισσοκόμην τε θεόν. quando tandem veniet poena? προσδοκόων κρίσιν ἠδὲ δίκην, ἣν ἄν ποτε Iudicium expectans, quibus et cruciabere, poeτίσαις, nas θυμὸν ἐμὸν κατέδω, σάρκα τε τήκομ’ cor 38 edo, tabescunt et mea membra mihi. ἐμήν. ἤδη γοῦν Σολτᾶνα νέον τιν’ ἀπόπροθεν certe Sultanum iuvenem praesagio quendam, ἀθρῶ 40 τῆς ἕνεκα στείχονθ’, οἷ τε φέροντα κακόν· hanc propter veniens qui mala multa dabit, ὃς καθελὼν τῆς ὕβριν ἰδὲ σθένος ἐξαλαπά- huius et evertet tumido cum robore fastum ξας (tempore completo, non ego quando vo(εἰν ἰδίοις καιροῖς, οὐχ ὅτε βούλομ’ ἐγώ) lam). πίστιν πᾶσι μόνην τεύξει μίαν· ἡ δ’ ἄρ’ ἐσεῖ- atque fide cunctos una constringet, et illa ται κλεινῷ ἐϋκτιμένης ἐν Βαβυλῶνος ἕδει. existet clarae per Babylonis humum.

 34 Vielleicht zu schreiben φιλομειδῆ. 35 Vielleicht zu schreiben ἁπαλὴν. 38 Vielleicht aus metrischen Gründen cor edo (vgl. Cicero, fragmentum poeticum 60,2: „Ipse suum cŏr edens“). Doch vgl. Thesaurus Linguae Latinae 4, Sp. 930,10–15.

Antikisierung und Konfessionalisierung  

Lutherus ingens vulnus inflixit: sed Christus extremo iudicio ἐκτρίψει 45 εἰδώλων πλῆθος σέο γλυπτῶν χωνευτῶν τε εἰς χθόνα πηδήσει, ἄλλυδις ἄλλο ῥιφέν· πύργων δ’ ἀρρήκτων στεφανώματα οὐρανομηκέων ἐχθίστων καὐτῷ ὑψιμέδοντι Θεῷ καὶ πύργων φύλακες, μεγάρων τ’ αἰπεινὰ κάρηνα 50 ἔξω καυθήσοντ’ ἐνδοτέρω τε πυρί. αἱ δ’ ἀγαθαὶ ψυχαὶ, θεοτερπέος ᾗσι μέμηλεν εὐνομίης, αὐτῆς δ’ εἵνεκα δεινὰ πάθον, ἔσσονται γεραραί, οἰκήσουσ’ ἄσπετον αἶαν, καί σφιν ἀνασσόμενος κόσμος ὑπέσσεθ’ ἅπας. 55 τὸν δ’ ἀπὸ τοῦδ’ ὅλον ὀψόμεθα χρυσοῦν ἀνιόντα, ἔργων τ’ ἀρχαίων μεστὸν ἐόντα πάλιν. congeries malorum, quae in hac Lerna sunt γ. φρεῖαρ τῶν ἀλγῶν τε μελαινάων τ’ ὀδυνάων, στάθμ’ ὀργῆς, ἔδεθλον μήνιος εὐρὺ κακῆς 36, γυμνάσιον σκολίων ἀπατῶν τε δόλων τε κακούργων, 60 νηὲ λύκων βαρέων αἱρετικῆς τε πλάνης, Ῥώμη μὲν τὸ πάλαι, Βαβυλὼν δ’ αὖτ’ ἄφρονι θυμῷ, μήδεα κλεψινόοις ἀγκύλ’ ἔχουσα φρεσίν· ἣν διὰ τόσσον ἄχος καὶ τόσση πενθὰς ἀνίη καὶ περιωδυνία, καὶ στοναχαὶ δὲ τόσαι, 65 κιβδήλων κλοπίμων κακὸν ἐργαστήριον ἠθῶν, πικρίας φυλακὴ ἠδὲ χόλοιο δόμε· ἔνθα δικαιοσύνη θνήσκει καὶ πάντα τὰ καλά, ἔνθα φύει κακότης, ἐκτρέφεταί τε κόρος· Τάρταρε τῶν δειλῶν μερόπων, οὓς σῷ στόματ’ αἰνῷ [p. 62] 70 δαρδάπτεις ὠμῶς ζῶντας, ὅλους τε φάγεις.

 36 Überliefert ist κακῆσι. 39 Überliefert ist fors.

copia sculptorum tunc fusorumque tuorum lapsa cadet, variis undique sparsa modis, et validas turres, ornatu celsa petentes sidera, quae et summo displicuere Deo, et vigiles harum nec non capita alta domorum intus et extra ardens sternet ubique calor. sed bona corda, quibus divis gratissima virtus curae erat ac ob eam multa tulere mala, inclyta semper erunt terras habitando patentes, totus et hic ipsis subditus orbis erit. tunc totum auratum veteremque videbimus illum, rursus et antiquis moribus esse gravem.

O fons 39 aerumnae, gravium scaturigo dolorum, o irae sedes hospitiumque malae, fraudibus intortis schola plena dolisque malignis, vasta luporum aedes haereticaeque luis, Roma quidem quondam, Babylon nunc mente perempta, consilia occulto corde dolosa tegens, unde dolor tantus, tantae sunt unde querelae, unde tot et planctus, tot gemitusque fluunt, fabrica furtorum morumque taberna malorum, tristiciae o carcer, fellis amara domus, hic ubi iusticia et quaevis moriuntur honesta, sed mala nascuntur, turpia quaeque vigent, Tartare trux hominum miserorum, gutture tristi [p. 63] quos mordes vivos, quos penitusque voras.

  Thomas Gärtner ἦ μέγα θαῦμ’ ἂν ἔοι, εἰ νηποινεὶ τάδ’ ἐς αἰεὶ δρῴης μὴ Χριστοῦ χωομένοιό ποτε. post humilitatem superbia et ingratitudo ἐν μὲν σωφροσύνῃ τὸ κατ’ ἀρχὰς σεῖο θέμεθλα ἔν τε φρέν’ αὐτάρκει ἀκτεάνῳ τε βίῳ. 75 νῦν δ’ ἐπὶ τοὺς κτιστὰς σέθεν, οἳ τὰ θεμείλια σεῖο πῆξαν, ἐπαιωρεῖς θρυπτομένη σὰ κέρα. πόρνη Κυπρομανές, κυνὸς ὄμματ’ ἔχουσα, θρασεῖα, πῶς ὄλεθρον φεύξῃ; ποῦ σέθεν ἐλπίδ’ ἔχεις; ἐν μοιχοῖσι τεοῖς; ἐνὶ πλούτου πλήθεϊ τόσσῳ 80 φυομένῳ τ’ ἀδίκως αὐξομένῳ τε κακῶς;

nae fuerit mirum, sine poena talia semper si facias tandem non prohibente Deo.

sobria ponebas prima fundamina fronte: mens contenta sua paupere sorte fuit. at nunc contra illos, tibi qui fundamina primo iecerunt, tollis cornua vasta ferox. o meretrix demens, audax oculisque caninis praedita, qui fugies? spes ubi iacta tibi? anne in adulteriis? an divitiis opibusque tantis, quas quaeris, quas cumulasque male?

Constantini donatio μή μοι νῦν Κωνσταντῖνος πάλιν ἐξ Ἀΐδαο ne Constantinus mihi nunc revocatus ab Orco εἰς φάος ἀκαμάτου ἠελίοιο μόλοι· rursus in attenti lumina solis eat, ἀλλ’ αἴροι μᾶλλον τὰ πολύστονα πείρατα 37 sed fines potius gemebundos subtrahat orbis, κόσμου, τοῖο κυβερνήτης ὃς πέλεν ἠδὲ κρατεῖ. illius qui ius sceptraque solus habet.

Übersetzung von Crusius’ griechischer Fassung (1567): α. Eine gewaltige Flamme sengenden Feuers möge vom hohen Himmel auf die schönen Locken deiner Haare fallen, du Ungeheuerliche, die du die maßvolle und besonnene Lebensweise verlassen hast, die Speise von Eicheln, den Trank von Flusswasser. Während du andere in Armut und Hilflosigkeit zugleich stürztest, wurdest du im Übermaße wohlhabend und mächtig. Nachdem verderblicher Übermut so sehr deinem Herzen gefiel, stürztest Du aus den Satzungen und der frommen Verehrung Gottes. O du grundverdorbenes Nest und du Mutter eines gewaltigen grässlichen Volkes von zutiefst befleckten Jungvögeln, Du schändliche Amme von Verfehlungen und jeglicher Schlechtigkeit, die sich allseitig in das Gebiet der ganzen Welt aussät! Dort ist jegliche Art von Schandtaten Die du dich wälzest in Gelagen und bei honigsüßem Weine, Sklavin von weichen und sorglosen Betten, die du es bis zur Spitze jeglicher Buhlerei getrieben hast, ein nach Männern rasend verlangendes und im Übermaß verschwenderisches Untier! Vor aller Augen stehen die Schandtaten der Menschen, die in deinen Betten Unsägliches tun im Angesichte Gottes.

 37 Überliefert ist σπείρατα.

Antikisierung und Konfessionalisierung  

Während sie so ihr Spiel treiben, ist Satan der Schwerzubekämpfende bei ihnen, Feuer zugleich und Blasebälge und einen Spiegel bei sich habend. Er blickt lachend auf ihre Übeltaten; um Dampf aller Art noch mehr aufzufächeln, lässt er eine Flamme in die Höhe steigen. Aber der Anfang war von großer Bescheidenheit Und doch führtest du dich anfänglich nicht in einer solch luxuriösen Lebensweise auf und in alter Zeit war deine Ernährungsweise nicht so verwöhnt. In heftigen Windböen warst du nackt, und nicht einmal auf Dornen trugen deine Füße Schuhe. Jetzt aber wiederum lebst du ein solches Leben, dass der Gestank deiner gottverhassten Schande bis zum Allmächtigen aufsteigt. β. Die nach Gold rasende babylonische Hetäre hat ihren geräumigen Sack voll von Gottes Zorn, von gottlosen Bosheiten und von verderblichem Wagemut, so dass dieser (Sack) bereits platzt und sein zahlreicher Inhalt ausströmt. Sie aber wählte sich ihre eigenen Götter, nicht Pallas Athene, nicht den ägishaltenden Zeus mit seiner gewaltigen Kraft, sondern nur die gerne lächelnde, verlockende, zärtliche Aphrodite und den rebenreichen, efeubehaarten Gott (Bacchus). Wann endlich wird die Strafe kommen? In der Erwartung des Urteils und der Strafe, die du wohl büßen wirst, verzehre ich mein Herz und lasse mein Fleisch dahinschmelzen. Und so sehe ich nunmehr bereits irgendeinen jungen Sultan aus der Ferne, der ihretwegen herbeikommt und ihr Übles mitbringt; dieser wird ihren Übermut vernichten, ihre Stärke vernichten (zu seinem eigenen Zeitpunkt, nicht dann, wann ich es will) und für alle einen einzigen einheitlichen Glauben herstellen; dieser wird dann im berühmten Wohnsitz des wohlgegründeten Babylon Bestand haben. Luther hat eine gewaltige Wunde zugefügt: aber Christus wird beim Jüngsten Gericht vernichten Die gewaltige Menge deiner gravierten und gegossenen Götzenbilder wird auf den Boden stürzen, zerstreut in alle Richtungen. Die Kränze der unzerstörbaren, bis zum Himmel reichenden Mauertürme, die sogar den hochwaltenden Gott selbst überaus verhasst sind, die Wächter dieser Türme und die hochragenden Dächer der Paläste werden außen und weiter innen vom Feuer verbrannt werden. Doch die guten Seelen, denen an gotterfreuender Wohlgesetzlichkeit gelegen war und die um ihretwillen Furchtbares erduldeten, werden in hoher Ehre stehen, werden die gewaltige Erde bewohnen, und die gesamte Welt wird unter ihrer Herrschaft stehen. Diese (Welt) aber werden wir von da an ganz im goldenen Schmuck zurückkehren und wieder voll von den (guten) alten Werken sein sehen. Die Zusammenhäufung von Lastern, die sich in diesem Lernäischen Sumpf befinden γ. Du Quell der Schmerzen und finsteren Leiden, Heimstätte des Zorns, geräumiger Wohnsitz üblen Grolls, Tummelplatz von krummen Betrügereien und frevelhaften Listen, Tempel von schädlichen Wölfen und häretischem Irrglauben, in alter Zeit Rom, jetzt dagegen Babylon mit unbesonnenem Mute, verdrehte Listen in Deinem trügerischen Sinne tragend, derenthalber soviel Leid, so großer jammervoller Kummer, übermäßiger Schmerz und so gewaltiges Stöhnen entstanden, üble Werkstätte fälschender und diebischer Charakterzüge, Wachstelle der Bitterkeit und Haus des Grolls, wo die Gerechtigkeit stirbt und alles Gute, wo die Bosheit entsteht und der Überdruss großgezogen wird, Tartaros der feigen Sterblichen, die du lebend mit Deinem grässlichen Maul roh zerfleischt und als ganze verschlingst – wahrlich, es wäre

  Thomas Gärtner ein großes Wunder, wenn du dies ohne Strafe für immer weiter tätest und dir Christus nicht irgendwann einmal zürnte. Nach Bescheidenheit Hochmut und Undank In Besonnenheit bestanden anfangs deine Fundamente, in selbstgenügsamem Sinn und einem besitzlosen Lebenswandel. Jetzt aber hebst du gegen deine Gründer, die deine Grundfesten legten, voller Verwöhntheit deine Hörner empor. Nach Kypris (Aphrodite) rasend verlangende Hure, Hundsaugen tragende, unverschämte, wie willst du dem Verderben entkommen? Worin hast du Deine Hoffnung? In deinen Ehebrechern? In der gewaltigen Menge deines Reichtums, der ungerecht entstand und verbrecherisch wuchs? Die Konstantinische Schenkung Möge mir jetzt Konstantin nicht wieder aus dem Hades in das Licht der unermüdlichen Sonne treten, sondern möge vielmehr derjenige die jammervollen Grenzen der Welt hinfortnehmen, der stets ihr Lenker war und über sie herrscht.

Francesco Cabras

Love Poetry and Petrarchism in 16th Century Poland (1500–1590) – Considerations Concerning an Absence In this essay I would like to talk about an absence. This statement is intentionally exaggerated, for in XVI century Polish Literature there actually is something if we talk about love poetry and about allusions to Petrarch, as I will show later. However, I think it is indisputable that in comparison to other literatures, on the one hand we find quite late examples of love poetry, while on the other hand, we can find really rare episodes of Petrarchism. 1 I will study this problem through the works of the two most important poets of the period, that is Jan Kochanowski (1530–1584) and Mikołaj Sęp Szarzyński (1550–1581). The first Polish poet to write poems on the beauty of women and on love was Andrzej Krzycki (Cricius, 1482–1537), who wrote an elegy (Critius, Diamantae Puellae 4.10) 2 and a handful of love epigrams (carmina amatoria) inspired by ancient Latin literature. 3 He was followed shortly after by Jan Dantyszek (Dantiscus,

 1 As the title of the article states, I want to discuss Polish Renaissance poetry. For this reason, I do not take into account Grabowiecki’s Setnik Rymów duchownych, because they are the fruit of a new, incipient cultural period, that is the Baroque. As for Petrarchism, I understand this word in its wider meaning: from translations of Petrarch’s poems to imitations of them, both stylistic and conceptual. 2 According to the edition: Andreae Cricii Carmina, edidit, praefatione instruxit, adnotationibus illustravit Casimirus Morawski, Cracoviae, 1888. 3 Amongst the epigrams, there is also a blatant copy of an epigram attributed to Petronius (the most recent editions generally expunge this text from Satyricon) which, at first sight, because of the wide use of oxymora and paradoxes as well as the general poetic imagery may be interpreted as Petrarchistic (such is the opinion of Jerzy Ziomek, Renesans, Warszawa 2002, p. 84), which in fact is not. Krzycki simply changed the name of the addressee, from “Iulia” to “Lydia”, copying word by word the text of the ancient poet: “Me nive candenti petiit modo Lydia. Rebar | Igne carere nivem: nix tamen ignis erat. | Quid nive frigidius? Nostrum tamen urere pectus | Nix potuit manibus, Iulia, missa tuis. | Quis locus insidiis dabitur mihi tutus amoris, | Frigore concreta si latet ignis aqua? | Lydia sola potes nostras extinguere flammas, | non nive, non glacie, sed pote sign epari” [Lidia hit me with a white snowball. I thought snow had no fire inside, but in fact that snow was fire! What is colder than snow? In spite of this, the snow your hands launched at me, Lidia, set my heart on fire! Who could ever offer me a safe place from love, if fire hides inside cold frozen water? Lidia, you are the only one who could extinguish my fire, not by snow nor by ice, but only thanks to another, identical fire.] This fact is widely known, see for instance Joanna Pietrzak Thébault, Andrzej Krzycki – Andreas Cricius (1482–1537): évêque de paradoxes. In: https://doi.org/10.1515/9783110780048-011

  Francesco Cabras meaning “from Gdańsk”, 1485–1548), whose elegy Ad Grineam was printed by Heller in 1518. Before these elegies we have to look at Filippo Bonaccorsi’s Fannietum and at Konrad Keltis’Quattuor libri Amorum, if we want to find examples of love poetry in Polish Literature. 4 Both these authors are “exogenous” to Polish culture: they came to Poland from other cultural contexts, bringing with them very important innovations, like the Latin love elegy that, little by little, would become an important genre in Polish literature too. Jan Kochanowski (1530–1584) was fully aware of the novelty of his Elegiarum libri Quattuor (not published until 1584, but written throughout his life), when writing in the elegy 1.12.9–16: Hic me Sauromatam durum gelidaque sub Arcto Eductum ad ripas, Vistula flave, tuas, A studiis belli avertit patriaque tuenda, Unica quae priscos cura tenebat avos Pacificasque artes dulcemque ante omnia Musam Perdocuit, quae vis fertur inesse deo, 15 Frigida ne tantum Thrace, sed dicere vatem Quondam etiam posset Sarmatis ora suum.

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Love dissuaded me, raised under the northern sky, [10] on your banks, reddish yellow Vistula, from busying myself with war and the defence of the fatherland, which were the only concerns of my forefathers. Love taught me (for he is able to teach this kind of thing) the arts of Peace and especially the sweetest of them all, Poetry, [15] so that not only the cold Thrace, but also Sarmatia could finally say that it has his own bard too.

 Sèizième Siècle 11 (2015), p. 53 and n. 36. For the reception of the ancient epigram in early modern times cf. Hintzen, Das eiskalte Feuer, pp. 79–81. 4 It is worth remembering that, as far as Mediaeval Polish literature is concerned, there are no examples of something comparable to courtly love or in any case to the abstractions and philosophical implications of Petrach’s Canzoniere. All that we have are some metrical epistles both in Polish and in Latin as well as a few, short lines written in the margins of manuscripts. At least the metrical epistle Dawnom zwiedził cudze strony (A long time ago I visited foreign lands) should be quoted, where there are some traces of servitium amoris topos, as well as Wiersz o chlebowym stole (Poem about the banquet table) by Przecław Słota. In this poem, a satire on bad manners, we also read some lines on the beauty and virtues of women. See Marcello Piacentini, Dalle origini all’umanesimo. In: Storia della letteratura polacca. Edited by Luigi Marinelli, Torino 2004. pp. 35–37.

Love Poetry and Petrarchism in 16th Poland (1500–1590)  

Kochanowski’s purpose here is to refine Sarmatians, not used to poetry (in general) and to love poetry in particular, 5and that he is totally focused on love poetry is confirmed by what we read in lines 17–20: At mihi nec silvas deducere montibus altis, Nec trahere insuetas carmine cura feras: Cura mihi est cantu teneram placare puellam Et duro affixas posti aperire fores. I do not trouble myself to make the forests come down from the high mountains, nor I do make untamed animals follow me thanks to poetry, for poetry’s only concern is to conquer my sweet girl and to open her home’s cruel door. 6

I think what I have written is sufficient to make the reader appreciate the novelty represented by Jan Kochanowski’s and Sęp Szarzynski’s love poetry in 16 century Polish literature on the one hand and, on the other hand, the absence of Petrarch. As far as Petrarch is concerned, the first (scattered) evidence of his reception in Poland is to be found in a manuscript with which Jan Olkusz presented the Cracow University library in 1464, where – amongst a series of epitaphs – there is also Petrarch’s auto-epitaph, which, incidentally, can still be read today on the grave of the poet, in Arquà Petrarca. We also know that in the library of Jan z Dąbrówki – the chancellor responsible for the reform of the syllabus, where Latin classics appeared little by little at the expense of the mediaeval canon – there were such authors as Vergil, Plato, Valerius Maximus, Cicero and also De vita solitaria and De Remediis utriusque fortunae by Petrarch. 7 After these scarce traces

 5 According to Stefan Zabłocki, Od Prerenesansu do Oświecenia, Warszawa, 1976, pp. 118–123, Filippo Bonaccorsi and Konrad Keltis were the two poets most responsible for spreading the image of the Polish lands as cold and inhospitable ones, and of the Poles as rough, unrefined people, starting from the poetic material they could find in Vergil and Ovid (e.g. Georgica 3.349–383; Tristia 3.10). As far as Bonaccorsi (Callimaco Esperiente) is concerned, see epigram 1.12 (De frigore sarmatico), while Keltis wrote in his elegy 1.3.13–14: “Exercet vacuos ubi crudus Sarmata campos | Et male compositis incolit arva casis.” [Where the rough Sarmatian toils himself ploughing empty fields and lives on the farmland in poorly build shacks.] 6 See also what Kochanowski writes in Pieśni 2.2.1–8: “Nie dbam, aby zimne skały | Po mym graniu tańcowały; | Niech mię wilcy nie słuchają, | Lasy za mną nie biegają. | Hanno, tobie k woli śpiewam, | Skąd jesli twą łaskę miewam, | Przeszedłem już Amfijona | I lutnistę Aryjona.” [I do not trouble myself to make cold stones dance to my music, nor do I care if the wolves do not listen to me or the stones do not run after me. Anna, it is for you that I sing, so if I meet with your approval, I am better than Amphion, better than Arion’s lyre]. See also Propertius 2.13.5–8. 7 To be kept in mind regarding this point: Paul W. Knoll, The University Context of Kochanowski’s Era: Humanism and the Academic Culture of the Early Renaissance in Poland. In: The

  Francesco Cabras that come from the Cracovian academic milieu, the episode of the three foricoenia on Petrarch by Jan Kochanowski, forms the following chapter of Petrarch’s reception in Polish Literature. In his Foricoenia, a collection of short epigrams published in 1584 in the same volume as the elegies, we read three poems on Petrarch (6, 7, 70). The third of the series (De Philenide) is rather a funny play on words which involves the two authorities of Italian mediaeval literature, Dante and Petrarch: “Petrarcham vates Nasica Philenide coram | Laudabat. Dantem malo – Philenis ait” [Nasica was praising Petrarch in front of Philenide. ‘I prefer Dante’ – said Philenide.], 8 while the remaining two are, from our point of view, more interesting: In tumulum Francisci Petrarcae (6) Si memor ipse sui est animus post funera, culte Petrarca, et cineri vivit inustus amor, Certe non tantum cepisti morte dolorem, Quam gaudes Laurae nunc comes ire tuae, 5 Quae fati invidia primis oppressa sub annis Te summo in luctu liquerat et lacrimis. Nunc vos Lethaeae spatiantes margine ripae Elysii spectat plebs numerosa fori. Felices animae, quarum dissolvere foedus 10 Mors quoque et extremi non potuere rogi! To the burial mound of Francesco Petrarca: If the soul after death still retains the memory of itself, learned Petrarch, and love still lives, inextinguishable, even in dust, for sure when you died you did not suffer as much as you are now enjoying walking together with Laura, [5] who left you in mournful tears when envious fate overwhelmed her in the bloom of youth. Now a great number of souls are looking at you while you walk along the banks of the Lethe. Oh you, blissful souls, which [10] not even death was able to separate, nor was the pyre that burns everything!

 Polish Renaissance in its European Context. Ed. by Samuel Fiszman and CzesławMiłosz, Bloomington 1988, pp. 194–196. 8 Here Kochanowski is playing with the double meaning of the latin “Dantem”, which can be both an accusative form from Dantes, Dante (name of the poet) and the accusative of the present participle dans, meaning “the one who gives [me money]”. On this epigram see also Andrzej Litwornia, Petrarka w kulturze przedromantycznej Polski. In: Barok Polski wobec Europy. Kierunki dialogu. Materiały międzynarodowej konferencji naukowej w Radziejowicach, 13–15 maja 2002 roku. Edited by Ewa Bem-Wiśniewska, Warszawa 2003, p. 341 and n. 23. Litwornia suggests that this small epigram should be compared with the lazzi tradition of paduan-venetian comedy. See also Tadeusz Ulewicz, Iter Romano-Italicum Polonorum, Kraków 1999, pp. 205–206.

Love Poetry and Petrarchism in 16th Poland (1500–1590)  

De scriptiis eiusdem (7) Immatura tuae dum defles funera Laurae, Illam immortalem teque, Petrarca, facis. On the writings of the same: While lamenting the untimely death of your Laura, you are making both of you, Petrarch, immortal.

The sixth Foricoenium in particular has been often considered as a petrachist signal, starting from its position in the collection, which could recall symbolism connected to the number six in Petrarch’s Canzoniere and, at the same time, has been interpreted as an homage to Petrarch. 9 It is hard to share such an interpretation once we realise that the most important hypotexts 10 of these epigrams are a couple of elegies from Tibullus and Ovid, as indicated by Zofia Głombiowska: 11 attention has to be paid to Tibullus 1.3.57–58: “Sed me, quod facilis sum tenero semper Amori, | Ipsa Venus campos ducet in Elysios” [Venus herself, for I am always submissive to sweet Love, will lead me through the Elysian fields] and to the lines 63–66 of the same elegy: Hic iuvenum series teneris immixta puellis Ludit, et assidue proelia miscet amor. Illic est, cuicumque rapax mors venit amanti, Et gerit insigni myrtea serta coma.

 9 Jörg Schulte, Jan Kochanowski i Renesans Europejski. Osiem Studiów, Warszawa 2012, pp. 160–165. I do not share Schulte’s interpretation, as I have written reviewing his book, see Francesco Cabras, A proposito dell’eredità classica e neolatina nella poesia di Jan Kochanowski. Riflessioni su un nuovo recente studio. In: Studi Slavistici 10 (2013), pp. 255–257. See also Zofia Głombiowska: Foricoenium 6 “In tumulum Franc. Petrarcae” Jana Kochanowskiego a problem petrarkizmu w jego tworczości. In: Symbolae philologorum Posnaniensium graecae et latinae 8 (1988), pp. 163– 182, who discusses the (limited) presence of Petrarch in Kochanowski’s poetry, demonstrating incidentally the absence of Petrarch not only in the Foricoenium we are commenting here. On this epigram see also Mieczysław Brahmern, Petrakizm w poezji polskiej XVI wieku, Kraków 1927, pp. 38–39 and n. 3. The scholar places this epigram in the context of the 16 Century vogue of writing poetry on the grave of Laura, encouraged also by Francis I, King of France. 10 By this word I am thinking about the text the poet refers to, regardless of the type of relations between Kochanowski’s text and the quoted/ imitated/ translated text. I am aware of Gerard Genette’s important analysis of this matter, Palinsesti. La letteratura al secondo grado, Torino 1997, but in order to discuss the topic I am dealing with, it is sufficient to use this generic definition. 11 Zofia Głombiowska, Łacińska i polska muza Jana Kochanowskiego, Warszawa 1988, pp. 133– 136. The analysis of the two Foricoenia I am offering the reader is deeply indebted to Głombiowska’s work.

  Francesco Cabras Here, in the Elysian Fields, a crowd of young boys plays mingled with girls, while Love joins battles all the time. Over there, there are the ones who were snatched away by death: myrtle crowns their beautiful hair.

And again, as far as the first lines of the Foricoenium are concerned, Ovid’s influence is clear as we read Amores 3.9.59–60: 12 “Si tamen e nobis aliquid nisi nomen et umbra | Restat, in Elysia valle Tibullus erit” [If, however, aught of us remains, but name and spirit, Tibullus will exist in the Elysian vales.]; 13 65–66: “His comes umbra tua est, si qua est modo corporis umbra; | Auxisti numeros, culteTibulle, pios.” [Of these, thy shade is the companion; if only there is any shade of the body, polished Tibullus; thou hast swelled the blessed throng]. If Petrarch is in this epigram, there is rather the poet of the unlucky love between Sofonisba and Messinissa in Africa 5, 546–554 (The italics indicate the passages Kochanowski probably had in mind while writing): O utinam infernis etiam nunc una latebris Umbra simus, liceat pariter per claustra vagari Mirtea, nec nostros Scipio disiungat amores! Ibimus una ambo flentes, et passibus iisdem 550 Ibimus, eterno connexi federe; nec nos Ferreus aut nostros Scipio interrumpet amores. Invidiosa deis Herebi populoque silentum Ac Cereris genero, cunctisque beatior umbris Umbra ferar: dulces nec Scipio franget amores. Oh, how I would like the Gods to allow us to stay together in the afterlife, shadows in the underworld walking together through myrtle gardens and Scipio could not disjoin our Love! [550] We will walk together, both crying, following the same paths, joined together by an eternal pact; the cruel Scipio will not separate our love. I will be considered the most blissful shadow out of the underworld, the envy of the gods of Hades, of the other souls and of Pluto. Scipio will not shatter our love.

If we look at the elegies, the situation is not different: out of almost 3,500 lines (four books of elegies), the only line that makes me suspect (but I have to confess that I am still quite sceptical) an imitation from Petrarch, is what we read at 2.6.3: “Tunc adaperta via est nostro tam longa dolori”, to be compared with RVF 3.9– 11: “Trovommi Amor del tutto disarmato, | Et aperta la via per li occhi al core | che

 12 Amores 3.9 is an elegy in memory of Tibullus, the poet Kochanowski imitates the most in this Foricoenium. 13 All translations of Ovid’s Amores are by Henry T. Ryley, https://www.gutenberg.org/files/ 47676/47676-h/47676-h.htm, last access 15/12/2019.

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di lagrime son fattiuscio e varco” [Love discovered me all weaponless, and opened the way to the heart through the eyes, which are made the passageways and doors of tears.], 14 but we may find such an image also in Petrarch’s Latin works, for instance in Familiares 13.8.2: “Multa quidem hinc [sensibus] michi mala provenisse memini, presertim ab oculis, qui ad omne precipitium mei fuerunt duces.” [I remember that from the senses came to me a lot of misfortunes, especially from the eyes, who led me to the abyss.] If we take a look at another passage (2.9.17–18) that could come from Petrarch: “Ergo deiecto quoties incedere vultu | Spectas in solis me, Ligurine, locis” [So, Ligurinus, as often as you see me walk through waste lands with my face down ...], the generic resemblance to RVF 35,1–2: “Solo et pensoso i più deserti campi | vo’ mesurando [...]” [Alone and thoughtful, through the most desolate fields, | I go measuring out ...] must be explained by the common source of the two texts, 15 that is, Propertius 1.18.1–4: “Haec certe deserta loca et taciturna querenti, | Et vacuum Zephyri possidet aura nemus. | Hic licet occultos proferre impune dolores, | Si modo sola queant saxa tenere fidem” [Truly this is a silent, lonely place for grieving, and the breath of the West Wind owns theempty wood. Here I could speak my secret sorrows freely, if only these solitary cliffs could be trusted.]. 16 In addiction to these considerations, we may point out the Latin elegy by Tito Vespasiano Strozzi, Eroticon libri 5.4.43–46; 55–58: Vos sylvae testes et vos habitantia silvas Numina, qualis inest pectore flamma meo; 45 Scitis enim, solus dum lentis passibus erro, Quos edam gemitus, qualiaverba loquar. […] 55 Conventusque hominum celebres, urbemque perosus, Frustra desertis perditus abdor agris, Et quocumque tuli gressum miser, usque latentem Invenit, et lateri sedulus haeret amor. You, forests and deities who dwell in them, know which flame burns in my chest, [45] for you know, how I groan in pain and what kind of words I say, while slowly roaming. […] [55] I hate both throngs and cities, that is why, desperate, I retire to solitary fields, but in vain, for everywhere I go, Love is always at my side and always finds me, no matter where I hide.

 14 All the RVF translations are by Anthony S. Kline, https://www.poetryintranslation.com/ PITBR/Italian/Petrachhome.php, last access 03/04/2022. 15 As far as the relations between Petrarch’s sonnet and Propertius 1.18 are concerned, see Antonio La Penna, L’integrazione difficile. Un profilo di Properzio, Torino 1977, p. 260 and n. 16. 16 All Propertius’ translations are by Anthony S. Kline.

  Francesco Cabras Reading Kochanowski’s elegies one is under the impression that the scanty traces of Petrarch which appear from time to time are due to the mediation of Neo Latin poets (and this may be true in the case of T. V. Strozzi, mentioned above) or come to Kochanowski rather from the latin works of Petrarch, as in the case of the connections between Petrarch’s Africa and the sixth Foricoenium. A similar case is to be found in elegy 4.2.103: “Pone modum lacrimis, fas non est flere beatos” [set a measure to tears, it is not right to weep for the blessed], a line which is probably connected with Africa 5.683: “Pone modum lacrimis metamque impone querelis” [set a measure to tears and put an end to lamentations]. It may, moreover, seem that the syntagm terrena moles in elegy 4.2.114 (“Cum terrena animus mole solutus abiit” [when the soul freed from earthly burden passed away]) comes from RVF 28.78: “terrena soma” [the earthly body] and 32.6–7: “[...] ‘l duro et greve | terreno incarco [the harsh and heavy earthly burden]”, but its origin is to be found in Boethius, Consolatio philosophiae 3.9.25: “Dissice terrenae nebulas et pondera molis” [Scatter the clouds and get rid of the weight of your human body], which Marullo was too reminiscent of in Hymnus naturalis 1.93: “Exutosque olim terrenae pondera molis.” 17 Moreover, from a structural point of view, the case of elegy 2.6.1–2 is of great relevance when we deal with Petrarchism in 16 century Polish literature in general and in Kochanowski in particular: “Infaustus fuit ille dies, cum, Lydia, primum | Occurristi oculis aspicienda meis” [Unfortunate was that day, Lydia, when you first appeared to my eyes]. This couplet is highly representative of the distance between Kochanowski and Petrarchism, for one of the most important features of Petrarchist poetry was the exact dating of all the key moments of the love story between the poet and his beloved (first meeting with the woman, anniversaries, separation and the death of the girl etc.) while Kochanowski is very

 17 Andrzej Litwornia’s writing on this aspect is important, offering scholars a thorough survey on the presence of Petrach in pre-romantic Polish Literature (Andrzej Litwornia, n. 6, pp. 333– 363). This article basically confirms the scanty presence of Petrarch’s love poetry in Polish culture up to Romanticism; Litwornia insists rather on the necessity of new research on the reception of the “Latin Petrarch” and, in case, on the mediation between vernacular Petrach and the Polish poetry carried out by the Neolatin authors. From this respect is of extreme relevance the reception of Petrarch’s Griselda (“De insigni obedientia et fide uxoria”, Epistolae seniles 17.3, a Latin translation of the last story from Boccaccio’s Decameron) in the Polish culture. See on this Grzegorz Franczak, Gli inizi della fortuna petrarchesca in Polonia. In: Monica Febbo, Piotr Salwa (ed.): Petrarca a jedność kultury europejskiej/ Petrarca e l’unità della cultura europea. Materiały międzynarodowego zjazdu/ Atti del convegno internazionale. Warszawa 27–29 V 2004, Warszawa 2005, pp. 353–377; Id., Vix imitabilis. La “Griselda” polacca fra letteratura e cultura popolare, Kraków 2006.

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general on this point, claiming how unlucky the day he met Lidia for the first time was. Nothing to do with the long and refined blessing that Petrarch “gives” to the day, the month, the year, the season, the time, the moment when he first met Laura (RVF 61). This text is in any case still not very precise as far as the dating of the love story is concerned, but we may easily find more precise poems on this point, starting from RVF 3.1–4: “Era il giorno ch’ al sol si scoloraro | per la pietà del suo fattore i rai, | quando i’ fui preso, et non me ne guardai, | chéi be’ vostr’ occhi, donna, mi legaro” [It was the day when sun’s ray was darkened in pity for its Maker, that I was captured, and did not defend myself, because your lovely eyes had bound me, Lady]; 211.12–14: “Mille trecento ventisette, a punto | sul’ora prima, il dì sesto d’aprile, nel laberinto intrai, né veggo ond’ esca”[Thirteen twenty-seven, at the beginning, of the first hour, on the sixth day of April, I entered the labyrinth, and see no escape]. This being the situation,what we find reading the Neo-Latin Petrarchists is not surprising and Landino’s Xandra is quite instructive in this regard, for the poet falls in love at the age of nineteen 18 and during spring; 19 in 2.7.1–2 four years have passed since he met Xandra for the first time, 20 while in 2.8.45–46 21 five years have passed. Moreover, if we take a look at the accurate commentary by Marco Santagata (1996: 311–312) on RVF 61, the “benediction” scheme (and the “malediction” one, which is symmetrical) are of biblical origin, 22 but the novelty introduced by Petrarch and the Petrarchists is not only the exact dating of the event, but the relation of this event to the horoscope, because the elements listed by the poet in the first quatrain constitute the essential information needed in order to cast somebody’s horoscope (1–4): “Benedetto sia ’l giorno, e ’l mese, et l’anno, | et la stagione, e ’l tempo, et l’ora, e ’l punto, | e ’l bel paese, e ’l loco ov’io fui giunto | da’ duo begli occhi che legato m’ànno” [Blessed be the day, and the month and the year, | and the season, and  18 Xandra 1.2.15–18: “Vertere Gorgoneae nam cum me lumina Xandrae | in silicem primum sic potuere novam, | ternis addideram lustris vix quattuor annos.” [When first I recognized that the eyes of Xandra, like a Gorgon’s, could turn me to a thing of stone, I had scarcely added thrice five years to four.] All Landino’s poems’ translations are by Mary P. Chatfield. 19 Xandra 1.3.19–20: ‟Quin et tempus erat quo iam sub vere tepenti | Pectora nostra solent igne calere novo.” [Indeed time was when, as the warming spring drew near, my heart was wont to glow with newborn heat.] 20 Xandra 2.7.1–2: ‟Quarta nimis misero mihi iam devolvitur aestas| Ex qua, Xandra, tuus me male vexat amor.” [The fourth summer has now come to me in my wretchedness, Xandra, since your love began to cause me bitter grief.] 21 Xandra 2.8.45–46: ‟Totum praeteriit (sed quae sunt praemia?) lustrum, | Ex quo, Xandra, tuus me male vexat amor.” [A full lustrum has gone by (but with what reward?) in which your love has tortured me, Xandra.] 22 Santagata quotes for example Dn 3.52–90.

  Francesco Cabras the time, and the hour, and the moment, | and the beautiful country, and the place where I was joined | to the two beautiful eyes that have bound me.] As far as the Neo-Latin elegy is concerned, I have already mentioned the case of Landino, which adheres to Petrarch’s “rules”, for he tells the reader the pivotal dates of his liaison with Sandra. Ioannes Secundus has to be taken into consideration too, because he was the first (as far as I know) of the Neo-Latin poets to start the habit of writing anniversary elegies. The title of the three elegiae sollemnes is definitely significant: Elegiae solemnestres, consequentibus tribus post adamatam Iuliam annis, mense Maio Cupidini dedicatae. Lines 21–22 of the second elegy confirm that the poet was aware of his own innovation: “Primus ego ingredior, nullo de more, sacerdos | Annua nequitiae ponere sacra meae.” [I’m the first priest to celebrate annual ceremonies to my inconsiderateness, something no one before me used to do]. I quoted Secundus because Kochanowski surely had this poet in mind while arranging the structure of his elegiac books: after two books that focussed obsessively on Lidia and the love story involving her, the poet “admits” the external world to his poetry, the third and fourth book not being thematically limited to love, but dealing with topics such as politics, philosophy and religious problems (for instance in elegy 4.3 Kochanowski reflects on theodicy) 23 and – even more importantly in order to demonstrate a connection between Kochanowski and Secundus – the Polish poet ends the second book with an elegy (2.11) in which he dreams of himself committing suicide (according to the model of the Ovidian Heroides 15) in order to be “reborn” as a lover (in the third book the poet includes a short cycle of love elegies to a new woman, Pasifile) and as a poet, for he deals with topics other than love. Kochanowski achieves these aims by reusing a structural expedient he found in Secundus, which is to say the dream motif: Secundus, in the last elegy (entitled Somnium) of his first book, dreams of making love to his beloved Iulia, which is a kind of “compensation” for what he has not had from the girl and, at the same time (and here is the connection with Kochanowski) is also a rite of passage for a poet who, after this metaphorical death, will be able to focus on new lovers and poetical challenges. Another clear contact point with Secundus is that, having described his own suicide, the poet addresses Charles the Fifth, praising him because he was able to abdicate on time, once he realised that old age would have prevented him from reigning in the proper way; Kochanowski too, this is the point, is “too old” for a

 23 See, on this structure in Secundus’ elegies: Jean Second, Oeuvre Complètes. Tome II. Elegiarum libri tres, Edition critique établie et annotée par Roland Guillot, p. 20. Secundus “admits” the external world to his poetry first of all by “focusing his attention” on lovers other than Iulia (in the second book) and finally (in the third book), writing elegies on topics other than love.

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certain kind of love (and of poetry), a point that he will make clear in elegy 3.1.7– 12. 24 Secundus also chose Charles the Fifth as an interlocutor in elegy 3.2, an elegy which pursues a polemic text against the greed of women; once again, as in the dream, the character of Charles has a structural role here, for Secundus is abandoning love poetry in order to deal with new topics and the King represents these new topics, being a political personality. Finally, as far as Kochanowski’s elegy is concerned, the consistency of this royal character with what we read in the first part of the elegy must be stressed: yes, the dream has worked and Charles the Fifth, described as a senex sapiens, indirectly confirms the dream’s effectiveness (2.11.83–88): Nunc vitae laudisque satur suprema quieto Expectas animo fata diemque tuum, 85 Qui te haud invitum mortali hoc carcere solvat Et nitida summi sistat in arce poli, Magnus ubi Alcides, ubi Liber, ubi ipse Quirinus Purpureo succos nectaris ore bibunt. Now, sated by food and life, wait serenely for what destiny has prepared and for the day [85] when you – being pleased with this! – will be freed from the prison that your body is and raised to the bright heights of heavens, where Hercules, Liber and Romulus himself drink nectar with their purple-coloured mouths.

The poet is now wise enough to abandon the love we knew reading the first two books. It is definitely time to love Pasifile and to write the new type of poetry we were talking about. This digression on the structure of this elegiac collection helps me to underline the relevance of the fact that Kochanowski, who evidently chose Secundus as a structural model, intentionally avoided imitating one of his most important innovations, that is, the composition of anniversary elegies, a typical element of Petrarchist poetry. And, to conclude these remarks on Kochanowski’s Latin poetry, it has to be stressed that the idealisation of the woman as well as the widespread symbology connected to her (e.g.: the pair Laura/Lauro, the number 6 as a symbolic element in the construction of Canzoniere) is completely absent in the Elegiarum libri Quattuor. Indeed, Lidia is not an idealised woman at all and she appreciates the

 24 See in particular the couplet 11–12: “Haec fieri potuere olim, maturior aetas | His alios mores postulat et studia.” [All these things (me sleeping outside the lover’s door at dawn or kicking the door begging for the permission to enter her house) might happen erstwhile; mature age requires other manners and other passions.]

  Francesco Cabras pleasures of love; she sometimes sleeps with the poet, 25 sometimes with other lovers, 26 something inconceivable in Petrarch’s world; with the typical attitude of an elegiac puella, she is unfaithful and makes the poet suffer because she is cruel and greedy for money. It may be useful to spend some time considering elegy 1.4,5–8, an elegy to a friend (Andrea) who is about to leave his beloved Menophile: Tun oblivisci flavum potes, improbe, crinem Lucentesque oculos marmoreamque manum? Et quoties nivea venit tibi candida planta Menophile, obscura gaudia nocte ferens. Could you – ungrateful one! – forget her blonde hair, her shining eyes, her marble hand? And could you really forget how many times the snow-footed and faithful Menophile came to you, bringing to you, by walking through the dark night, the pleasures of love?

Weare dealing with another typical elegiac girl who does not shrink from love. What is most interesting here is the descriptio we read in lines 5–7. First of all, this description is made up of elements that basically come from ancient poetry; 27 secondly, we have to take into consideration what Giovanni Pozzi 28 writes about the descriptio puellae. The Middle Ages inherited the topoi of the description of the girl from Greek and Latin literature and, especially thanks to Petrarch, created a canon that was transmitted to the Renaissance. Basically, the single parts of a woman’s body that it is possible to describe in poetry are strictly selected (the  25 See for instance what Venus says to the poet about Lidia, the girl he is continuously complaining about (Elegia 2.4.41–44): ‟Atqui non facibus succensis, non Hymenaeo | Deducente tuum contigit illa torum, | Sed furtim et tacitis obrepsit sola tenebris | Quodque facit, nulla lege coacta facit.” [Still, she came to your bed walking the streets without the torches’ light and not obliged by any marriage, but stealthy creeping through the darkness, all alone. What she does, she does it freely, not bound by any law.] 26 See for instance Elegia 1.14, where the poet complains that he is forced to sleep in the open, outside the girl’s door, while another, richer man, is making love to her, adding that money actually stole him his beloved girl. 27 See for instance Proptius 2.2.5: ‟fulva [blonde] coma”; for the shining eyes Ovid, Ars 2.721: ‟Adspices oculos tremulo fulgore micantes”; for the marble hand see Callimaco Esperiente, Carmen 130.8: ‟Marmorea sumpsit pocula plena manu”, while the foot is compared to the snow in Catullus 61.9–10. For other loci paralleli cf. my commentary on the couplet in: Jan Kochanowski. Elegiarum libri Quattuor. Edzione critica commentata. Edited by Francesco Cabras, Firenze 2019, ad loc.1.4.5–7. 28 Giovanni Pozzi: Il ritratto della donna nella poesia di inizio cinquecento e la pittura di Giorgione. In: Lettere Italiane 31, 1 (1979), pp. 1–30; Id., Nota additiva alla descriptio puellae. In: Id., Sull’orlo del visibile parlare, Milano, 1993, pp. 173–184.

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hair, eyes, face, chin, breasts, hands, feet) and in addition they have to be presented in the order highest (the hair) to lowest (the feet). Petrarch restricted the number of parts that a poet may deal with in describing a woman (the hair, eyes, cheeks, mouth, neck, breasts and hands). Pozzi calls the description we find in Petrarch the “short canon”, while the other descriptions, which also deal with other parts of the body such as the feet (this is true in the case of Kochanowski’s fragment) belong to the so called “long canon”, which would end up being banned from high lyric poetry and was confined to lower poetic genres such as comic poetry. I think we can safely claim that traces of Petrarch in Kochanowski’s Latin elegies are quite scanty. As far as vernacular poetry is concerned, the situation does not change, but one case of Petrarchism is really interesting. I have Pieśń 2.21 in mind: 29 Srogie łańcuchy na swym sercu czuję, Lecz to szczęściem szacuję, Żem jest tak pięknym sidłem ułowiony; Wesoło żywę, w trosce położony, 5 A w tym swoim wzdychaniu Mam rozkosz przeciw ludzkiemu mniemaniu. Oczy dziwnej piękności, W których sie wszytki najdują wdzięczności, Dzień to błogosławiony, 10 Kiedym ja waszym sidłem upleciony. Cruel chains I feel on my heart, but it is not a great pain, considering that I am caught in such a beautiful snare. In such misery I live a happy life, [5] And in sighing I found a plea-

 29 This is in my opinion the only poem we can clearly interpret as an imitation of the Italian poet. The other, scanty fragments which may be connected to Petrarch are to be found only in the so called Fragmenta, a collection of poetical fragments published posthumously in 1590 by the publisher Jan Januszowski and not included in the previous edition of the two books of Pieśni. The ninth fragment in particular, if not directly indebted to Petrarch, may at least be connected to Romance lyric poetry, for the woman is explicitly compared to an angel and it is stated explicitly that the place where she sits is (or is becoming) a Paradise. We are, and it is worth underlining this, dealing with an exception, statistically quite irrelevant: out of 72 pieśni (I include here the 49 pieśni printed on the basis of the 1586 edition plus the twelve parts of the poem Sobótka and the 11 Fragmenta), we have just two poems which remind us of Petrarch. The two books of Pieśni (a word we could translate as Carmina, not only because this is the meaning of the Polish word, but also because Kochanowski clearly chose Horace as his principal model in writing these poems), were printed posthumously in 1586 by Jan Januszowski, who also printed the Fragmenta abo pozostałe pisma [Fragments or remaining writings] in 1590.

  Francesco Cabras sure that no one could imagine.Your beautiful eyes is whereeveryone finds his joy. Blessed be the day, [10] When your cord was wrapped around my heart.

Reading this Pieśń 30 one is under the impression that is dealing with an episode of “second-hand Petrarchism”, which is to say not a direct imitation of Petrarch but rather of some 16 century Petrachistic poem, which the fact that such a famous incipit (RVF 61) has been moved to the end of the text also seems to suggest. This poem offers me the opportunity to discuss some of Nowicka-Jeżowa’s interpretations which are in my opinion quite difficult to accept. After stating that Kochanowski interpreted Petrarchism as “a poetic road to reach the knowledge of beauty through love opened by the ancient poets and ultimately marked off by Petrarch”, 31 she underlines – having admitted that there are in fact scanty intertextual traces of Petrarch 32 – that the connections between Kochanowski and Petrarchism are to be found in the Neoplatonic elements of his poetry, considering that one of the most relevant features of Bembism was the attempt at a renewal of classicism thanks to the aesthetic theories of neoplatonic philosophy, and especially the belief that beauty originates from the proportions and harmony of all existing things. Kochanowski is indeed attracted by Platonism (and Neoplatonism may in fact have influenced him), 33 but I would like to underline that Plato-

 30 Alina Nowicka Jerzowa and Madrygały Staropolskie: Z dziejów liryki miłosnej w epoce Renesansu i Baroku. Wrocław, Warszawa, Kraków, Gdańsk 1978, pp. 49–50, see in this poem a madrigal structure, while Brahmer (n. 9, pp. 77–78; 195) recognises here, although with due caution, an attempt to imitate the structure of the Italian ballad. See on this pieśń also Marcello Piacentini: Odi slave vòltesull’Arno. In: Europa Orientalis 31 (2012), pp. 299–309, especially pp. 306–307. 31 Alina Nowicka-Jeżowa: O Petrarkiźmie w liryce miłosnej Jana Kochanowskiego. In: Petrarca a jedność kultury europejskiej/ Petrarca e l’unità della cultura eropea. Materiały międzynarodowego zjazdu/ Atti del convegno internazionale. Edited by Monica Febbo and Piotr Salwa. Warszawa 27–29 V 2004. Warszawa 2005, pp. 387–404. The quote is from p. 392: „Kochanowski postrzegał petrarkizm jako drogę poetów, przetartą przez starożytnych, a wyznaczoną przez mistrza z Arezzo.” 32 Ibid., p. 392. Nowicka-Jeżowa adds, moreover, that Kochanowski, not having any mediaeval Polish vernacular model of love poetry at his disposal, was rather imitating Greek and Latin poets, as far as intertextuality is concerned. 33 See for instance what I wrote in: Francesco Cabras (n. 27, pp. 65–68) on the poet’s tendency towards a philosophical “syncretism” which may have been influenced by Ficino’s pia philosophia, that is to say the idea that there exists an ideal connection between the whole of ancient philosophy (Platonism–Aristotelianism–Stoicism) and Christian philosophy. See on this also Eugenio Garin: L’ummanesimo italiano. Filosofia e vita civile nel rinascimento. Bari 2008, pp. 97–100; 148–153. On the other hand, the case of Kochanowski’s elegy 3.16 may be of some relevance here: the elegy is an epithalamium to a friend, Andrzej Dudycz. The central section of

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nism and Neoplatonism existed apart from Petrarchism. Once we have ascertained that there are no evident textual traces of Petrarch in Kochanowski’s poetry, 34 that there are no stylistic similarities 35 between the poets and that there are no similar structures in the poetic collections, 36 it seems to me quite risky to postulate the presence of Petrarch in Kochanowski on the basis of the presence of Platonic or Neoplatonic philosophy in his verse. Moreover, as far as the collection of Pieśni is concerned, the love poems are not only based on an elegiac structure, but are also full of textual contact points with the works of Horace and the Latin elegists in general, what we may appreciate by simply leafing through the pages of the outstanding critical edition with

 the elegy (27–88) is a rewriting of Plato’s Symposium. According to Zofia Głombiowska, W poszukiwaniu znaczeń. O poezji Jana Kochanowskiego, Gdańsk 2001, pp. 137–140, there are no evident traces of the presence in the elegy of Ficino’s translations of the platonic dialogue; in addition to this, Kochanowski totally ignores the spiritual Neoplatonic interpretation of the dialogue as presented by Ficino in his treatise De Amore. See also my commentary on the elegy, Cabras (n. 38, pp. 580–591). 34 In addition to the scanty textual fragments of Petrarch I have discussed on these pages, in Kochanowski’s Treny there are interesting and convincing parallels with Petrarch’s Canzoniere, as indicated by Grażyna Urban-Godziek: Patrum erga filiam amor luctuosus. L’espressione funebre dell’amore familiare nella poesia di Giovanni Pontano e Jan Kochanowski. Paralleli e ispirazioni. In: Studi Slavistici 3 (2006), pp. 65–80. The most convincing parallel is, in my opinion, the one between Treny 19.33–35 and RVF 291.1–4. In any case, the predominant role in inspiring Kochanowski, according to Urban-Godziek, is played mainly by Giovanni Pontano’s Latin poems. See also the Polish version of the article, Grażyna Urban-Godziek: Treny Jana Kochanowskiego wobec włoskiej tradycji funeraliow poświęconych dziewczętom (Giovanni Boccaccio, Giovanni Pontano i inni). In: Terminus 10, z. 2 (2008), pp. 79–121. 35 On this point see Zofia Głombiowska’s thorough analysis (n. 9), where she stresses for instance the rareness in Kochanowski’s works of pivotal stylistic features of Petrarch’s poetry such as the oxymoron (the ones we find in Pieśni 2.21 which I have just discussed are indeed a rarity). 36 I have stressed in this article the absence in the Elegiarum libri Quattuor of a structural element which is typical of Petrarchist poetry, that is, anniversary poems. In addition, it is worth underlining that the diegesis of the love poems is organised according to the elegiac model, from the idealisation of woman to the discovery that she is in actual fact greedy and unfaithful (so following a metaphorical “descending movement” from top to bottom), while the Petrarchist diegesis is based on an opposite “movement”, from the bottom of sensual pleasure (and sin), to the prayer to the Virgin at the end of Canzoniere (366). See Zofia Głombiowska (n. 9, p. 136); on the presence of elegy in Kochanowski’s Pieśni see also: Id.: Inspiracje elegijne w I księdze Pieśniach J. Kochanowskiego. In: Meander 33, z. 3, (1978), pp. 147–158. The presence of an elegiac structure in Kochanowski’s Fraszki has also recently been stressed, see Tomasz Lawenda: Fraszkimiłosne Jana Kochanowskiego. Paradygmat elegijny. Lublin 2018.

  Francesco Cabras commentary prepared by a research team in 1991. 37 I would only like to add some remarks to what the scholars wrote when commenting on pieśń 1.4, a text which is the first love poem of the entire collection and which starts telling the ‘love story’ between the poet and his beloved in medias res (as Propertius did in his first book) and not from the very beginning (as did Petrarch). The poet gets hit by Love’s arrows (1–2): “Złota to strzała I krom wszego jadłu była, | Którą mię niepochybna Miłość ugodziła” [The arrow whom Love, infallible bowman, ran me through with was gilded and without venom]. The adjective “niepochybna” [infallible] referring to Love is clearly taken from Ovid, Amores 1.1.25, where it is an attribute of sagittae [arrows]: “Me miserum! Certas habuit puer ille sagittas!” [poor me, this boy had arrows that were sure to hit], which the authors of the commentary noticed. 38 In the second part of the text (5–7) we read a description of servitium amoris: Nie to niewola służyć, ale słyżyć, Kto twych posług niewdzięczen, to nawiętszemu Nieszczęściu równa. Tobie dzięka bądź, Miłości, iżeś mię uchowala takowej żałości. To serve does not necessarily mean to be a slave, but it becomes real slavery when you serve a person who does not appreciate your service. I thank you, Love, for you spared me this misfortune.

Basically, the poet is not complaining and is satisfied with his own predicament, which recalls the situation of Propertius 2.20.19–20: “Quod si nec nomen ne me tua forma teneret, | Posset servitium mitem tenere tuum” [And if your name or your beauty could not hold me, the gentleness of your demands would indeed], a situation that is by the way as pleasant as the situation we read about in Horace, where he talks of the “grata compes” [pleasant chain] 39 whom Mirtale “detains” him with. The most evident proof of the “elegicity” of this pieśń is what we read at the end of the text, where the poet wishes his beloved girl had not lost his beauty in spite of the passing time:

 37 Jan Kochanowski, Dzieła wszystkie, t. IV: Pieśni. Edited by: Maria Renata Mayenowa, Krystyna Wilczewska, Barbara Otwinowska and Maria Cytowska, Wrocław, Warszawa, Kraków 1991. 38 As far as I am concerned, I would like to add Propertius 1.7.15, where the adjective refers to the bow: “Te quoque si certo puer hic concusserit arcu”. 39 See for instance Horatius, Carmen 1.33.14: “Grata detinuit compede Myrtale”. Compes is also to be found in the first elegy of the first book of Kochanowski’s Elegiarum libri Quattuor (line 35), but here Love is cruel to the poet: “Me crudelis Amor invicta compede vinxit.”

Love Poetry and Petrarchism in 16th Poland (1500–1590)  

A bodaj ta wdzięczna twarz odmiany nie znała, Byś dobrze i Sybillę laty przerównała. How I would like your face to not change, even if you should live longer than Sybil did.

This statement is a reprise of what we read in Propertius 2.2.15–16: Hanc utinam faciem nolit mutare senectus, Etsi Cumaeae saecula vatis aget! I wish that old age would not change your face, even if you live as long as the Cumaean prophetess!

The important difference in the two fragments I have quoted is to be found in the verb, for the Polish przerównać is not a perfect synonym of the Latin ago. As I translated it, przerównać means rather ‘to live longer’ and not ‘to live as long as’. Kochanowski, who started to tell his love story in medias res, as Propertius did, now seems to be winking at his model: “You wish Cynthia to live as long as Sybil did without losing her beauty? Well, I wish my woman would live even longer than Sybil without losing her beauty”, as if he suggested that his beloved deserves more than Cynthia to live a long time. After this pieśń, 1.7 is a propemptikon for a girl who is about to leave for a journey, where the poet begs her to come back as soon as possible; in 1.15 he accuses the girl of being unfaithful and greedy, while according to what we read in 1.21 (a paraklausyphyron), the poet is forced to sleep outside the girl’s door. I think these quick remarks could give the reader an idea of the situation of the love poems we are dealing with in Pieśni. One point remains to be discussed, that is, the almost total absence of the sonnet in 16 Century Polish literature. 40 According to a study by Lucylla Pszczołowska, 41 before Grabowiecki’s Setnik duchowych rymów (1590) 42 there are only nine polish sonnets, three written by Kochanowski, who was incidentally the first

 40 Of course, as I have already said at the beginning of this article, I do not consider here the works of Grabowiecki. 41 Lucylla Pszczołowska: Sonet od renesansu do Młodej Polski. In: Słowiańska metryka porównawcza. Edited by Lucylla Pszczołowksa and Dorota Urbańska. t. V. Warszawa 1993, pp. 7–33, see especially pp. 7–17. 42 It is worth remembering that in any case the sixteen sonnets we read in this collection of religious poems are not original works by Grabowiecki, but only translations of Gabriele Fiamma’s sonnets.

  Francesco Cabras to use this metrical solution, and six written by Mikołaj Sęp Szarzyński. 43 As far as Kochanowski’s sonnets are concerned, they were published in the 1584 Fraszki. 44 Of the three sonnets there is only one that deals with love themes, 45 but in a really non Petrarchistic way: the sonnet is indeed addressed to a beloved woman, but at the same time is totally focussed – after the first quatrain devoted to her beauty – on the theme of poetry that makes the dedicatee immortal, a typical classical theme and, which is more important and probative as far as classical inspiration is concerned – what Kochanowski writes evidently imitates Propertius 3.2.17–22, as pointed out by Alkesandra Oszczęda: 46 Imię twe, pani, które rad mianuję, Najdziesz w mych rymiech często napisane, A kiedy będzie od ludzi czytane, 4 Masz przed inszymi, jesli ja co czuję. Bych cię z drogiego marmoru postawił, Bych cię dał ulać i z szczerego złota [...], 8 Jeszcze bych cię czci trwałej nie nabawił. I mauzolea, i egiptskie grody  43 According to Pszczołowska (n. 52, p. 15) he was the “inventor” of the Polish name of the gender, sonnet. 44 A collection of three books of Polish epigrams. After Kochanowski the fraszka (singular form of fraszki, literally meaning ‘leafy branch’) became a literary gender. Kochanowski, who probably got to know the word during his stay in Padua (cf. the Italian frasca), uses this word as a synonym of nugae, ‘worthless things’. On the story of the genre see Sante Graciotti: Le «Frasche» e le «Fraszki» da Padova alla Polonia. In: Venezia e la Polonia nei secoli dal XVII al XIX. Edited by Sante Graciotti and Vittore Branca. Venezia, Roma 1965, pp. 313–326. 45 The other two sonnets, Fraszki 2.105 (Do Franciszka) and 3.24 (Do Stanisława Wapowskiego) are occasional poems. 2.105 celebrates Franciszek Masłowski’s travels: the friend travels more than Ulysses and Jason and has now arrived, after his departure from Rome, in a cold and inhospitable country (maybe Poland, this is not said explicitly), where there is a new Medea and a new Circe. The new (modern) Circe is so skilled that she could easily transform the ‘ancient’ Circe into a bear. Sonnet 3.24 is at the same time an homage to Stansław Wapowski, a courtier and a diplomat, and a laudatio temporis acti: Wapowski deserves to be admired, for he has gained a good reputation and respect from other people only thanks to his virtue, not by corruption or fawning. Blessed were the times when no one paid attention to wealth, but instead everyone was ready to take up arms to defend Poland. I would draw the reader’s attention to the fact that, at least as far as 2.105 is concerned, we are dealing with classical imagery (Ulysses and Jason’s journeys) and characters (Ulysses, Jason, Medea, Circe). 46 Aleksandra Oszczęda: Kochanowski, Propercjusz i piramidy – wokół fraszki Do Paniej (I 97). In: Dobrym towarzyszom gwoli. Studia o Foriceniach i Fraszkach Jana Kochanowskiego. Edited by Roman Krzywy and Radosław Rusnak. Warszawa 2014, pp. 167–179.

Love Poetry and Petrarchism in 16th Poland (1500–1590)  

Ostatniej śmierci próżne być nie mogą; Albo je ogień, albo nagłe wody, 12 Albo je lata zazdrościwe zmogą; Sława z dowcipu sama wiecznie stoi, Ta gwałtu niezna, ta się lat nie boi. You will find your name, which I say with joy, often written in my poems, and when people read it, if I am not wrong, you will surpass all other woman. [4] Should I sculpt you out of the most expansive marble or found you out of gold [...], [8] You would not win undying fame. Mausolea and Egyptian pyramids cannot finally escape death, for they are destroyed by fire or downpours or by the envy of time. [12] The only enduring fame is that which comes from the wit of poetry, for it does not have to sustain the violence of time.

Here we have the Propertian fragment (3.2.17–22): Fortunata, meo si qua est celebrata libello! Carmina erunt formae tot monumenta tuae. Nam neque Pyramidum sumptus adsidera ducti, 20 nec Iovis Elei caelum imitata domus, Nec Mausolei dives fortuna sepulcri mortis ab extrema condicione vacant Aut illis flamma aut imber subduce thonores, annorum aut ictu, pondere victa, ruent. 25 At non ingenio quaesitum nomen ab aevo excidet: ingenio stat sine mortedecus. Happy the girl, who is famed in my book! My poems are so many records of your beauty. The Pyramids reared to the stars, at such expense; [20] Jupiter’s shrine at Elis that echoes heaven; the precious wealth of the tomb of Mausolus; not one can escape that final state of death. Their beauty is taken, by fire, by rain, by the thud of the years: ruined; their weight all overthrown. [25] But the name I have earned, with my wit, will not be razed by time: Mind stands firm, a deathless ornament.

I would also draw attention to the last line, since the expression “niezna” is a perfect translation of the Latin “nescit”. This word, “nescit”, appears in Kochanowski’s elegy 3.7.68, dedicated to his friend Ossoliński and which deals with the same theme as the Polish fraszka: only poetry can ensure the dedicatee eternal fame: “Musarum nescit gloria sola mori” [only poetic fame does not know how to die/ cannot die], a line which is connected to Horace’s Carmen 4.8.28, 47 a line that  47 Modern editors, starting from Lachmann, tend to expunge this line. Horace plays a role of capital importance when Kochanowski deals with the motif of poetry that immortalises the dedicatee and – in general – when he discusses the problems of literary theory. See what I wrote on this in Cabras (n. 27, pp. 31–37).

  Francesco Cabras modern editors of the text tend to expunge (“Dignum laude virum Musa vetat mori” [the muse forbids that a glorious man should die]). The situation I have outlined while discussing Kochanowski does not change if we look at Sęp Szarzyński. 48 The six sonnets he wrote have nothing to do with love poetry, for they focus almost exclusively on religious problems. Yet it is precisely in the first sonnet that we may find one of the few fragments of Petrachistic origin. After the first quatrain on the fugacity of time and on the greediness of death, which is always ready to take our lives and to interrupt our frivolous pleasures, the poet adds (5–8): A ja, co dalej, lepiej cień głęboki błędów mych widzę, które gęsto jędzą strwożone serce ustawiczną nędzą, i z płaczem ganię młodości mej skoki. The more I live, the better I see the deep shadow of my mistakes, which often torment my heart, terrified by an implacable Fury; for this reason I cry the mistakes of my youth.

The edition by Grześkowiak, Karpiński and Mroczewicz suggests, as far as line 8 is concerned, the presence of Jan Kochanowski who wrote, in his translations of the Psalms (Psałterz Dawidów 25.14): “A mej młodości postepki wszeteczne | wygładź z pamięci [..]” [I pray You, my Lord, to forget my youthful disgraceful deeds], but I would also see here a slight presence of RVF 1: compare for instance “lepiej cień głęboki | błędów mych widzę” [the better I see the deep shadow of my mistakes] with the incipit of Petrarch’s line 9: “Ma ben veggio or sì” [Yet I see clearly now] or “i z płaczem ganie młodości mej skoki” [I cry the mistakes of my youth] with RVF 1.3: “in sul mio primo giovenile errore” [In my first vagrant youthless]. Nothing else will be found if we search for Petrarch in the remaining five sonnets, but we may find some traces of Petrarch’s love poetry in the Fraszka do  48 1550 ca.–1581. Szarzyński left us a smaller number of works in comparison to Jan Kochanowski. The last critical edition with commentary of his poems includes fewer than seventy texts (there are sonnets, Psalms’ paraphrases, love poems, pieśni, epitaphs and epigrams: Mikołaj Sęp Szarzyński: Poezjezebrane. Ed. by Radosław Grześkowiak and Adam Karpiński, in collaboration with Krzysztof Mrowcewicz. Warszawa 2001). Szarzyński, although he lived at the same time as Kochanowski, is a transition poet, that is, his works, written during the flowering of Renaissance culture in Poland, are a presage of the forthcoming Baroque, both from a thematic point of view (the feeling of sin, the pervading presence of death) and stylistic (profusion of figures of speech, paradoxes, convoluted syntax where enjambementdominates). A volume of his poems (Mikołaja Sępa Szarzyńskiego Rytmy abo Wiersze Polskie) was published (maybe in Lviv), by his brother Jakub Sęp Szarzyński only in 1601, twenty years after the poet died.

Love Poetry and Petrarchism in 16th Poland (1500–1590)  

Zosie: once he has described his situation, that of a suffering crying lover who, at the same time is burning because of his inner fire of love, Szarzyński adds these words: “żywot mnie już opuścił, śmierć się mie wziąć boi” [Life does not want to leave me, while death is scared of me], 49 which are a clear imitation of Petrarch RVF 134.7–8: “et non m’ancide Amore, et non mi sferra | nè mi vuol vivo, nè mi trae d’impaccio” [And Love does not destroy me, and does not lose me, wishes me not to live, but does not remove my bar]; 13: “Egualmente mi spiace morte e vita” [Death and life displease me equally]. Jadwiga Kotarska 50 quotes a few other fragments from the Erotyki (love poems) by Szarzyński, amongst which the most interesting is the incipit from the poem Do Kasie: Jako lód taje przezroczysty z leka, Kiedy go ogień zagrzewa z daleka, tak jak na twarz twą na każdą godzinę patrzam a ginę. As the clear ice melts delicately when fire heats it from afar, so do I every time I look at your face.

This fragment is surely inspired by Ovid, Metamorphoses 3.487–490 (Narcissus falling in love with himself), 51 but Szarzyński changes the Ovidian wax into a more Petrarchist “ice”: 52 Non tulit ulterius, sed, ut intabescere flavae Igne levi cerae matutinaeque pruinae Sole tepente solent, sic attenuatus amore Liquitur et tecto paulatim carpitur igni He could no longer bare it out. But fainting straight for paine, As lith and supple waxe doth melt against the burning flame,

 49 Jadwiga Kotarska: Petrarkizm w poezji miłosnej Polskiego Baroku. Trwanie i przemiana. In: Barok Polski wobec Europy. Kierunki dialogu. Materiały międzynarodowej konferencji naukowej w Radziejowicach, 13–15 maja 2002 roku. Edited by Ewa Bem-Wiśniewska. Warszawa 2003, pp. 368–370, already noticed the relationship between this line and Petrarch’s sonnet. 50 Kotarska (n. 63, pp. 365–374). 51 See Grzeźkowiak, Karpiński, Mrowcewic (n. 61, ad loca). On this topic see also Anthologia Palatina 5.210.1–2 (Asclepiades): Τῷ θαλλῷ Διδύμη με συνήρπασεν ὤ μοι, ἐγὼ δὲ | τήκομαι, ὡς κηρὸς πὰρ πυρί, κάλλος ὁρῶν. (Didyme by the branch she waved at me has carried me clean away, alas! And looking at her beauty, I melt like wax before the fire.) Translation by William R. Paton. 52 On this motif see the classic study by Leonard Forster: The Icy Fire: Five Studies in European Petrarchism, Cambridge 1969.

  Francesco Cabras Or morning dewe against the Sunne that glareth on the same: Even so by piecemale being spent and wasted through desire, Did he consume and melt away with Cupids secret fire 53

The contrast between ice and fire is surely of Petrarchan origin, but the fact that the starting point of the poet is to be found in classical literatures should be appreciated, and there are cases, like the fraszka o Kasi i o Anusi, that are a blatant re-writing of Ovidian texts with some Catullian elements (in this case we are dealing with an imitation of Amores 2.10 and Catull 85). 54 At the end of this outline I must share the opinion of Brahmer, Weintraub, Głombiowska and Litwornia: 55 paraphrasing the title of an article by Weintraub, the foundations of 16 century Polish love poetry are first of all Latin foundations. The reason for this choice is to be probably found, as argued by Weintraub, in a sort of psychological inferiority complex, so that the Polish poets felt the necessity to legitimate themselves as poets before the European intellectual elite, first of all by imitating Latin and Greek Classics. In addition to this, the thorough absence of a courtly culture in Poland must be borne in mind and, as a consequence, of courtly love, which forced the poets to look at classical models in order to write love poems, while for instance the talian Petrarchists had Petrarch, and above all this model was endorsed by authorities such as Pietro Bembo. If there was Petrarch in 16 Century Polish literature, there was above all and first of all the Latin Petrarch and, in any case, his love poetry does not seem to have found eager imitators.

 53 Translation by Brooke Moore, http://www.perseus.tufts.edu/hopper/text?doc=Perseus% 3Atext%3A1999.02.0074%3Abook%3D3%3Acard%3D435, last access 15/12/2019. 54 Se the commentary ad loca in: Grzeźkowiak, Karpiński, Mrowcewicz (n. 61, ad loca). 55 Brahmer (n. 9); Weintraub, Od Reya do Boya, Warszawa 1977, pp. 30–44; Głombiowska (n. 9 and 11); Litwornia (n. 6).



Ein Querschnitt des lateinischen Petrarkismus des 15. und 16. Jahrhunderts in Westeuropa

Beate Hintzen

Die Veneres Blyenburgicae (1600) oder die Zähmung petrarkistischen Blütentreibens in der geordneten Anlage eines Renaissance-Gartens  Die Veneres Blyenburgicae – eine Anthologie von Liebesgedichten . Der Herausgeber und die Druckgeschichte Die Veneres Blyenburgicae, sive Amorum Hortus 1 sind eine etwa 950 Seiten starke Sammlung von Liebesgedichten, die im Jahr 1600 publiziert wurde, und stehen damit in der stattlichen Reihe von Anthologien, d.h. Blütenlesen oder Blumengärten, lateinischer Poesie, die im 16. und 17. Jahrhundert auf den Markt gelangten. Ihr Herausgeber ist Damas van Blijenburg, der 1558 als Angehöriger einer alten adligen Familie geboren wurde und wie die meisten männlichen Familienmitglieder zur politischen Prominenz der Stadt Dordrecht gehörte. Trotz seiner literarischen Bildung ist er nicht selbst als Dichter hervorgetreten im Gegensatz zu seinem zwei Jahre jüngeren Neffen Adriaen van Blijenburg, der schon 1599 starb und von dem einige Gedichte in der Anthologie enthalten sind. 2 Die Familie war ursprünglich katholisch, trat aber später in großen Teilen zum Calvinismus über. Von ihrer Prominenz zeugen die Porträts zahlreicher Mitglieder im Museum Simon van Gijn in Dordrecht. 3 Der soziale und kulturelle Kontext, in dem die Veneres Blyenburgicae entstanden, kann insofern als konservativ bezeichnet werden.

 1 Veneres Blyenburgicae, sive Amorum Hortus: In quinque areolas divisus, et Frag‹r›antissimis. Cxlviij. Celeberrimorum Poetarum flosculis refertus, opera Damasi Blyenburgy Batavi. H.F. Dordrecht 1600. 2 Vgl. Nieuw Nederlandsch Biografisch Woordenboek. Hg. von Philipp Christiaan Molhuysen und Petrus Johannes Blok. 10 Bde. Leiden 1911–1937, Bd. 4 (1918), Sp. 175f. 3 Vgl. M. R. de Vrij: De portretten van de familie Van Blyenburgh in het Museum mr. Simon van Gijn in Dordrecht. In: Holland, regionaal-historisch tijdschrift 26,2 (1994), S. 112–124. https://doi.org/10.1515/9783110780048-012

  Beate Hintzen Die Anthologie ist, wie einem Widmungsbrief zu entnehmen ist (S. * ij v – *

iij r), auf den zurückzukommen sein wird, als zweiter Teil einer auf fünf Bände

angelegten Sammlung von Gedichten konzipiert, von denen der erste, der 260 Seiten umfassende Cento ethicus ein Jahr vor den Veneres Blyenburgicae 1599 erschien. 4 Dieser wesentlich stoisch ausgerichtete Cento enthält Texte, die als Anleitung zum ,guten‘ und damit ,glücklichen‘ Leben dienen können und war nach der Aussage des Herausgebers wie die Veneres Blyenburgicae zur Lektüre sehr junger Männer vorgesehen. Ein dritter Band, Sales, mit Texten über Ökonomie und ein vierter, Dialogismi, mit Texten über die Staatsverwaltung war für den mittleren Lebensabschnitt gedacht, ein fünfter Sententiarum Thesaurus für den letzten Lebensabschnitt. Doch die Bände drei bis fünf sind offensichtlich niemals zur Ausführung gekommen, obwohl Damas van Blijenburg erst um 1616 starb. 5 Die Veneres Blyenburgicae sind hingegen noch zu Lebzeiten van Blijenburgs, nämlich 1613 erneut aufgelegt worden, und zwar unter dem Titel Apicula Batava, wobei es den Anschein hat, dass der Buchblock der Veneres Blyenburgicae einfach mit einem neuen Titelblatt versehen worden ist. Drucke der Veneres Blyenburgicae können heutzutage in etlichen Bibliotheken eingesehen werden, außerdem bieten sowohl die Bayerische Staatsbibliothek als auch google books kostenfreie Digitalisate an. 6

. Die Auswahl der Dichter sowie der ,ernsthafte‘ und der ,geistreiche‘ Petrarkismus Die Anthologie enthält laut Titelblatt Texte von 148 Dichtern, von denen die meisten Italiener sind, von denen wiederum zwei jeweils selbst eine Anthologie herausgegeben haben: Giovanni Antonio Taigeto († um 1600), der 1566 den Band der Carmina Praestantium Poetarum edierte, und Giovanni Matteo Toscano (1500– 1576), der Editor der zweibändigen Carmina illustrium poetarum Italorum aus dem Jahr 1576/77. 7 Als Dokument petrarkistischen Dichtens in lateinischer Sprache  4 Cento Ethicus Ex varijs Poëtis hinc inde contextus Per Damasum Blyenburgicum Batavum. Iuventutis maximè institutioni accomodatus. Leiden 1599. 5 Vgl. Nieuw Nederlandsch Biografisch Woordenboek, Bd. 4 (Anm. 2), Sp. 175. 6 https://reader.digitale-sammlungen.de/resolve/display/bsb10190251.html (09.06.2019) und https://books.google.de/books/about/Veneres_Blyenburgcae_sive_amorum_hortus.html?id=9 WITAAAAQAAJ&redir_esc=y (09.06.2019). 7 Carmina Praestantium Poetarum, Io. Antonii Taygeti Academici Occulti studio ex quamplurimis selecta; Nusquam antea in lucem edita. Brixen 1566 (im Folgenden abgekürzt zitiert als Carm. Praest.); Carmina Illustrium Poetarum Italorum, Io. Matth. Toscanus conquisivit,

Die Veneres Blyenburgicae  

wurde sie bereits 1971 von Leonard Forster ins Spiel gebracht. 8 Sie diente Forster als Beleg für zwei Thesen, dass nämlich zum einem in der neulateinischen Dichtung diejenige Spielart überwiege, für die das Spiel mit Antithesen und Oxymora besonders charakteristisch ist und die er als ,geistreichen‘ Petrarkismus bezeichnet, im Gegensatz zum ,ernsthaften‘ Petrarkismus, der deutlich neuplatonisch getönt sei und sich durch die „Anbetung der Geliebten als Symbol des Göttlichen“ 9 auszeichne, und dass zum anderen dieses Überwiegen des ,geistreichen‘ Petrarkismus auf dem Einfluss Julius Cäsar Scaligers (1484–1558) beruhe, eines dezidierten Vertreters dieser Spielart. Der Einfluss Scaligers, so Forster, manifestiere sich darin, dass Scaliger in den Veneres Blyenburgicae mit 89 (von 1137) Gedichten vertreten sei und damit alle anderen aufgenommenen Dichter weit übertreffe. Forsters Eindruck, dass sich das, was er ,geistreichen‘ Petrarkismus nennt, in neulateinischer Dichtung sehr oft finde, kann zwar bestätigt werden, 10 ob aber Scaliger dafür wesentlich verantwortlich gemacht werden kann, müsste noch genauer untersucht werden. Offensichtliche Scaliger-Rezeption lässt sich vor allem im 17. Jahrhundert in den Manes Scaligeri, Lipsiani und Dousici des Niederländers Daniel Heinsius (1580–1655) sowie in der Rubella, seu Suaviorum liber I. des deutschen Barocklyrikers Paul Fleming (1609–1640) fassen. 11 Allerdings sind von den in den Veneres Blyenburgicae zitierten italienischen Dichtern viele älter als  recensuit, bonam partem nunc primum publicavit. 2 Bde. Paris 1576–1577 (im Folgenden abgekürzt zitiert als Carm. Ital. 1576/7, 1–2). 8 Vgl. Leonard Forster: On Petrarchism in Latin and the Role of Anthologies. In: Acta Conventus Neo-Latini Lovaniensis. Proceedings of the First International Congress of Neo-Latin Studies Louvain 23–28 August 1971. Hg. von Jozef Ijsewijn und Eckhard Keßler. Leuwen 1973, S. 235–244, hier S. 238–244; ders.: Zur Bedeutung des neulateinischen Petrarkismus. In: Leonard Forster: Das eiskalte Feuer. Sechs Studien zum europäischen Petrarkismus, übersetzt von Jörg-Ulrich Fechner. Kronberg/Ts. 1976, S. 113–122, hier S. 116–122. 9 Leonard Forster: Petrarkismus und Neulatein. In: Der petrarkistische Diskurs. Spielräume und Grenzen. Akten des Kolloquiums an der Freien Universität Berlin, 23.–27.10.1991. Hg. von Klaus W. Hempfer und Gerhard Regn. Stuttgart 1993, S. 165–185, hier S. 166; vgl. Jörg-Ulrich Fechner: Klopstocks Petrarch und Laura (und die Nachfolger – und die Folgen?). In: Francesco Petrarca in Deutschland: Seine Wirkung in Literatur, Kunst und Musik. Hg. von Achim Aurnhammer. Tübingen 2006 (Frühe Neuzeit 118), S. 313–347, hier S. 331. Siehe hierzu bes. Petrarca, Secretum 3,9: „[mulier] […] in cuius aspectu […] divini specimen decoris effulget“, außerdem RVF 41,2; 152,2; 200,9–14; 323,52f. Zur Verbindung von idealisierter Schönheit und Keuschheit sowie Beschreibungen himmlischer Schönheit im menschlichen Körper vgl. auch Italo Pantani: «La fonte d’ogni eloquenzia». Il canzoniere petrarchesco nella cultura poetica del Quattrocento ferrarese. Rom 2002, S. 257, 267–268. 10 Vgl. Hintzen: Das eiskalte Feuer, in diesem Band, S. 86. 11 Vgl. Beate Hintzen: Paul Flemings Kußgedichte und ihr Kontext. Göttingen 2015 (Super alta perennis. Studien zur Wirkung der Klassischen Antike 16), S. 348–350, 456.

  Beate Hintzen Scaliger, und weder Ägidius Periander (1543–1568) hatte in seine Horti tres Amoris Amoenissimi italienischer, französischer und deutscher Dichter, die 1567 erschienen, 12 Gedichte Scaligers aufgenommen noch Toscano in seinen erwähnten Carmina illustrium poetarum Italorum von 1576/7. Damas van Blijenburgs Vorliebe für Scaliger könnte vielleicht einfach dem Zeitgeschmack an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhunderts entsprechen, einer Zeit in der die Kunst des scharfsinnigen Formulierens in Mode kam, die mit dem ,geistreichen‘ Petrarkismus und damit auch Scaligers Art zu dichten weitgehend koinzidierte. 13 Überdies können Forsters quantitative Angaben über die Anteile der einzelnen Dichter innerhalb der Veneres Blyenburgicae nur in der Tendenz, nicht aber in ihren absoluten Zahlen gelten. Nur 73 Gedichte der Veneres Blyenburgicae ließen sich nämlich Scaliger sicher zuweisen, davon 43 aus dem Buch der Thaumantia, 23 aus den Nova Epigrammata und 7 aus den Manes Catulliani. 14 Dass wir Forsters Zahlen nur mit Vorsicht benutzen können, liegt aber nicht daran, dass er nicht sorgfältig gezählt hat, sondern an der etwas unübersichtlichen, um nicht zu sagen schlampigen Anlage der Anthologie, die gleich am Titelblatt deutlich wird:

 12 Horti tres Amoris Amoenissimi, praestantissimorum poetarum nostri seculi, flosculis et plantulis odoriferis iam primum ab Aegidio Periandro Bruxel. Brabant. Consiti: In quibus nihil praeter nomen quod pias Lectoris aures offendat, continetur. In his quoque praeter acumen ingenij et varietatem, sententias varias et selectas, quilibet colligere poterit tanquam flores purissimos, 3 Bde.: Bd. 1: Hortus Italorum Poetarum; Bd. 2: Hortus Germanorum Poetarum; Bd. 3: Hortus Gallorum Poetarum. Frankfurt 1567 (im Folgenden abgekürzt zitiert als Horti 1–3). 13 Vgl. Hintzen: Das eiskalte Feuer, in diesem Band, S. 86–89. 14 Vgl. Iulii Caesaris Scaligeri viri clarissimi poemata in duas partes divisa. Pleraque omnia in publicum iam primum prodeunt: reliqua vero quam ante emendatius edita sunt. Sophoclis Aiax Lorarius stylo Tragico à Iosepho Scaligero Iulij F. translatus. Eiusdem epigrammta quaedam, tum Graeca tum Latina, cum quibusdam è Graeco versis. [Heidelberg?] 1574, S. 224–255, 113–149 und 634–663; die Ausgabe der Poemata, [Genf] 1591 ist seitenidentisch, in der Ausgabe [Heidelberg] 1600 finden sich die genannten Bücher S. 209–238, 106–139 und 593–620. In den Ausgaben der Poemata von 1574 und 1591 finden sich die identifizierten Gedichte in der Reihenfolge, in der sie in die Veneres Blyenburgicae aufgenommen wurden, auf folgenden Seiten: Thaumantia: 236 (8), 233 (33), 255 (33), 249 (78), 227 (878), 253 (157), 225f. (172), 252 (178), 248 (231, 226 (299), 229 (375), 230 (390), 253 (390), 225 (399), 249 (460f.), 224f. (483), 231 (484), 225 (514f.), 228 (515), 228f. (515), 229 (515f.), 234f. (516), 235 (516), 241f. (516), 242 (517), 244 (517), 245 (517f.), 246f. (518), 247 (518), 252 (518f.), 253f. (631), 248f. (652), 247 (705), 225 (752), 231 (766f.), 227 (780f.), 230 (833), 250f. (833), 242 (848), 237 (848f.), 252 (Appendix 5), 251 (Appendix 40), 230 (Appendix 75); Nova Epigrammata: 140 (78), 114 (171), 147 (256), 117 (389), 146f. (389), 142 (398), 115 (426), 121 (435), 142 (435), 142 (435), 143 (435f.), 119 (460), 145 (483), 134 (514), 141 (705f.), 141 (748), 138 (774f.), 126 (783), 125 (786), 128 (845), 133 (849), 117 (853), 129 (854), 113 (862); Manes Catulliani: 645 (427), 634 (652), 635 (653), 637 (675), 636 (738), 638 (848, 637 (Appendix 15).

Die Veneres Blyenburgicae  

Veneres Blyenburgicae, sive Amorum Hortus: In quinque areolas divisus, et Frag‹r›antissimis. Cxlviij. Celeberrimorum Poetarum flosculis refertus, opera Damasi Blyenburgy Batavi.

Dieses Titelblatt weist zunächst einmal einen Druckfehler auf. Es muss natürlich frangrantissimis, nicht fragantissimis heißen. Dieser Druckfehler ist in der Neuauflage der Apicula Batava korrigiert. Dann ist wie gesagt von 148 Dichtern die Rede, aus deren Werk Texte ausgewählt wurden. Tatsächlich enthält aber die Liste dieser Dichter (S. * viij v) 149 Namen und müsste – entsprechend der Tatsache, dass jeweils zwei Amalthei, Dousae, Strozzi und Taygeti genannt sind, – wenigstens 150 Namen enthalten, weil zwar nur ein Gyraldus genannt ist, es aber Texte von zwei verschiedenen Gyraldi (Cynthius und Lilius) gibt. 15 In der Neuauflage ist von „ungefähr 150 Dichtern“ die Rede. Von den drei Amalteo-Brüdern Girolamo, Cornelio und Giovanni Battista sind die Namen der beiden ersteren in die Autorenliste aufgenommen (Amaltheus, H. und Amaltheus, C.), tatsächlich abgedruckt sind aber Gedichte von Girolamo und Giovanni Battista. 16 Im Gegenzug scheint von Giovanni Angelo Taigeto kein Gedicht aufgenommen zu sein. 17 Fast unmöglich aber werden Angaben darüber, wie viele Gedichte eines Autors aufgenommen worden sind, dadurch, dass die Zuordnung der Gedichte zu Autoren keineswegs eindeutig ist. Denn die Autorangabe erfolgt nur mit dem Nachnamen in einer Marginalie, aber nicht für jedes einzelne Gedicht. Eigentlich liegt es nahe, dass unbezeichnete Gedichte jeweils dem letztgenannten Autor zuzuschreiben sind, was aber durchaus nicht immer der Fall ist. So ist z.B. auf Seite 459 nur ein Distichon auf der Seitenmitte einem Iovius zugeschrieben. Der Prämisse entsprechend, dass auch die folgenden Gedichte von einem Iovius verfasst wurden, findet sich der letzte Text auf der Seite Nec pacem invenio nec sunt mihi bella timenda, eine Übersetzung von RVF 134, in der Forschungsliteratur Paulo Giovio zugeschrieben. 18 Tatsächlich aber stammt diese Übersetzung von Luigi Annibale Della Croce. Umgekehrt wurde das einzige Gedicht, das van Blijenburg  15 Die Liste der Autoren ist als Anhang 1 am Ende dieses Beitrags zusammen mit einigen biobibliographischen Angaben abgedruckt. 16 S.u. Anhang 1. 17 S.u. Anhang 1. 18 Die Zuschreibung des Distichons und der Petrarca-Übersetzung an Paolo Giovio stammt von Pierre Laurens (L’abeille dans l’arbre. Célébration de l’épigramme de l’époque alexandrine à la fin de la Renaissance. Paris 1989 [Collection d’études anciennes publiée sous patronage de l’association Guillaume Budé 59], S. 377). Bei dem mit „Iovius“ indizierten Gedicht handelt es sich jedoch um eines der Benedicti Iovii Novocomensis Disticha (vgl. die Ausgabe s.l. ca. 1530, S. A4v, in der bayerischen Staatsbibliothek). Die Petrarca-Übersetzung von Pace non trovo wird in mehreren Anthologien unter den Gedichten Della Croces zitiert. Vgl. hierzu Hintzen: Das eiskalte Feuer, in diesem Band, S. 68 mit Anm. 35.

  Beate Hintzen Della Croce (Cruceius, S. 667f.) zuschreibt, von Denis Lambin verfasst, der im Autorenkatalog nicht aufgeführt ist. 19 Das Distichon auf der Mitte der Seite ist von Benedetto Giovio. Das Gedicht, das zwischen dem von Benedetto Giovio und dem von Della Croce abgedruckt ist, habe ich bisher noch keinem Autor zuweisen können. Ähnlich verhält es sich auf Seite 510f.: Das Gedicht, das zwischen dem mit dem Namen Burchius und dem mit dem Namen Bellaius bezeichneten steht, stammt nicht wie das voranstehende von Adriaen van der Burch, sondern von Jean-Edouard de Monin. Die Liste solcher Fälle könnte beliebig verlängert werden, doch die präsentierten Fälle reichen wohl aus, um zu zeigen, dass die Annäherung an die Veneres Blyenburgicae über die Autoren schwierig ist. Sie bietet sich auch deshalb nicht an, weil diese Anthologie, im Gegensatz zu den meisten anderen dieser Zeit, eben nicht nach Autoren, sondern systematisch geordnet ist. Diese systematische Ordnung hat eine doppelte Dekontextualisierung und eine Neukontextualisierung zur Folge, eine Dekontextualisierung von den Zyklen, aus denen viele der Texte stammen, und angesichts der eher ungenauen Autorzuweisungen eine teilweise Dekontextualisierung von den Autoren sowie eine Neukontextualisierung im Ordnungssystem des Gartens.

 Die Anlage der Veneres Blyenburgicae als Garten . Reale Gärten und die Veneres Blyenburgicae, sive Amorum Hortus Mit dem zweiten Titel der Anthologie Amorum Hortus: In quinque areolas divisus, Liebesgarten, der in fünf Felder eingeteilt ist, zeigt van Blijenburg bereits an, dass er anders z.B. als Ägidius Periander die Gartenmetapher ernst nimmt. Periander hatte nämlich in seinen Horti tres amoris amoenissi italienischer, französischer und deutscher Dichter aus dem Jahr 1567 20 einfach nur jeden Dichter mit einer Pflanze oder einem Vogel gleichgesetzt, wobei einige Pflanzen bzw. Vögel zwar mehrfach vorkommen, aber jeweils einen anderen Dichter symbolisieren. Pflanzen und Vögel werden so angeordnet, dass sich eine gewisse Rahmenstruktur ergibt. Letztlich handelt es sich aber dem Titel zum Trotz um eine reine AutorenAnthologie. Dahingegen spiegelt Blijenburgs Einteilung in areolae, der Verklei 19 S.u. Anhang 1, S. 315–323. 20 Periander (Anm. 12).

Die Veneres Blyenburgicae  

nerung von areae, einem Begriff, der sich auch in Gartenplänen wiederfindet, die typische Ordnung von Renaissancegärten in geometrischen Figuren. Allerdings weisen die meisten, und gerade besonders berühmte Gärten eine gerade Anzahl von Feldern und damit eine axialsymmetrische Anlage auf. Dies ist z.B. der Fall im Garten der Villa Medici bei Castello mit sechs Feldern, 21 im botanischen Garten von Padua mit vier Feldern (Abb. 1) und ausgerechnet im botanischen Garten von Leiden, den Blijenburg gekannt haben könnte, der quadratisch angelegt und in vier Felder eingeteilt ist. 22 Die Ordnungen der Gärten folgen nicht nur ästhetischen Prinzipien, sondern erfüllen symbolische Funktion. Dies lässt sich insbesondere aus der Anlage des botanischen Gartens von Padua ableiten, in dem vier Quadrate innerhalb eines Quadrates, das seinerseits in einen Kreis eingepasst ist, ein griechisches Kreuz bilden. Dieser Garten bildet die Neuschöpfung des Gartens Eden, einer vollständigen Sammlung der Flora der ganzen Welt. Vor allem aber spiegelt die perfekte Geometrie im Mikrokosmos des Gartens die Perfektion der göttlichen Schöpfung. 23 Ebenso ist der poetische Amorum Hortus wie gesagt systematisch angelegt und spiegelt nach dem Willen Blijenburgs die ganze Welt der Liebe, wie sich aus zwei seiner sechs Widmungsbriefe ergibt, von denen jeweils einer jedem der fünf Felder und einer dem gesamten Hortus vorangestellt ist. Im Widmungsbrief des gesamten Hortus beschreibt Blijenburg seine Arbeitsweise des Sammelns und Ordnens (* iij r): Amorum omnia ferè genera è divinis Poetarum aliquot eruta monumentis, sivè lucubrationibus, brevitèr describens indem ich beinahe alle Arten der Liebe, nachdem ich sie aus den göttlichen Denkmälern oder Nachtarbeiten einiger Dichter aufgestöbert habe, bündig ordne

Im Widmungsbrief zum ersten Feld erläutert er die Gartenmetapher als geordnete Anlage der verschiedenen Arten (3f.):

 21 Vgl. Luke Morgan: Design. In: A Cultural History of Gardens in the Renaissance. Hg. von Elisabeth Hyde. London 2013 (A Cultural History of Gardens. Hg. von Michael Leslie und John Dixon Hunt 3), S. 17–42, Abb. 1,3 auf S. 23. 22 Vgl. Gerda van Uffelen: The Libri Picturati and the Early History of the Hortus Botanicus Leiden. In: Drawn after Nature. The Complete Botanical Watercolours of the 16th-century Libri Picturati. Hg. von Jan de Koning u.a. Leiden 2008, 54–59, Abb. 2 auf S. 56 und Abb. 3 auf S. 57. 23 Vgl. Morgan (Anm. 21), S. 17.

  Beate Hintzen Placuit unum inde volumen conficere, et VENERES BLYENBURGICAS, sive, AMORIS HORTUM inscribere, eo quod universae hic dicendi Veneres concurrunt: et, ut in horto florum et foliorum, [Amoris et Castitatis symbola] ita Amorum hic quoque varia genera describuntur. Ich beschloss daher, einen Band zustande zu bringen und deswegen BLIJENBURGISCHE LIEBLICHKEITEN oder LIEBESGARTEN zu betiteln, weil vom hier zu Nennenden sämtliche Lieblichkeiten zusammenkommen und wie in einem Garten verschiedene Arten von Blumen und Blättern, Zeichen von Liebe und Keuschheit, so auch hier verschiedene Arten von Liebe angeordnet werden.

Der geordneten Präsentation einer Gesamtheit haftet natürlich etwas Museales an. Bevor wir uns aber dieser Welt der Liebesarten zuwenden können, ist noch zu klären, wie die fünf poetischen Felder van Blijenburgs dennoch mit realen Garteneinteilungen in Einklang zu bringen sind. Tatsächlich zeigt nämlich der Plan für die Giusti-Gärten in Verona ansatzweise ein fünftes Feld, 24 da die axialsymmetrische Anlage von vier Rechtecken durch ein blütenartig geformtes Zentrum aufgelockert wird. Eine entsprechende Anordnung von fünf rechteckigen Feldern, von denen eines das Zentrum bildet und vier weitere sich symmetrisch um dieses Zentrum gruppieren, findet sich voll ausgebildet in einigen Gartendarstellungen Johann Vredemanns (Abb. 2), und aus dieser Anordnung ergibt sich auch diejenige der Areolae von van Blijenburgs Amorum Hortus in Anhang 2, in dem leider die Größe der Felder, wie sie sich in Seitenzahlen ausdrückt, nicht der Größe der Tabellenteile entsprechen konnte: Das größte ist in Wahrheit das mittlere dritte Feld, das 233 Seiten umfasst, gefolgt vom ersten Feld mit 216 Seiten. Das kleinste ist das vertikal dem ersten korrespondierende, vierte Feld mit nur 89 Seiten, während die ebenfalls vertikal korrespondierenden Felder zwei und fünf mit 135 bzw. 161 Seiten sich in der Größe nicht sehr unterscheiden. Innerhalb des Kosmos der Liebe korrespondieren jedoch thematisch jeweils horizontal die Felder eins und zwei, die dem Objekt der Liebe, der amica oder puella gewidmet sind, sowie die Felder vier und fünf, auf denen göttliche Mächte und Accessoirs der Liebe situiert sind, während das zentrale mittlere Feld das Gravitationszentrum der Liebe bildet, wie sie sich in der Dichtung zu manifestieren pflegt. Denn dieses Feld gehört dem liebenden Subjekt, dem Sprecher-Ich der Texte.

 24 Vgl. Margherita Zalum: Plantings. In: A Cultural History of the Gardens (Anm. 21), S. 73–95, hier Abb. 3,4 auf S. 84.

Die Veneres Blyenburgicae  

. Die fünf Felder der Veneres Blyenburgicae, sive Amorum Hortus sowie der ,ernsthafte‘ und der ,geistreiche‘ Petrarkismus Die Felder eins und zwei unterscheiden sich dadurch, dass im ersten Feld Gedichte versammelt sind, in denen das Sprecher-Ich die an- oder abwesende Geliebte anredet, sie grüßt, einlädt, bittet, tadelt, sich von ihr verabschiedet usw., im zweiten Feld aber über die Geliebte gesprochen wird, und zwar im Wesentlichen positiv. Zwischen dem hier ausgebreiteten Schönheits- und Tugendpreis verschiedener wahrscheinlich fiktiver puellae sind Gedichte zum Lob zahlreicher realer Frauen gepflanzt, die im 16. Jahrhundert lebten. Hierunter sind die Dichterinnen und Humanistinnen Olympia Fulvia Morata (1526-1555), Anna Pallantia (Anna von Palant, 1550-1599) und Camilla Morella (Camille de Morel, 1547– nach 1611) zu nennen, von denen letztere auch mit einem eigenen Gedicht vertreten ist (S. 30). 25 Gedichte von Hieronymus Angenosius, Philip van Marnix, Theodor Zwinger und Gilbert Cousin auf und an Olympia Fulvia Morata, die in Ferrara geboren wurde, einige Jahre in Schweinfurt lebte und in Heidelberg starb, sind zwar dem zweiten Feld zugeordnet, aber erst in die Appendix aufgenommen worden (S. Nnn ijr–iiijr). Sie stammen vermutlich alle aus Moratas Opera omnia. 26 Anna Pallantia vom Niederrhein und die Französin Camilla Morella hatten nicht nur denselben Lehrer, nämlich Karel Utenhove (1536-1600), sondern wurden auch vom selben Dichter besungen, dem Franken Paul Schede Melissus (1539–1602). Die auf die Pallantia abgedruckten (S. 309–311, 315f., 332) stammen hauptsächlich aus Schedes Epigrammta, 27 die auf die Morella (S. 332–337) abgedruckten ausschließlich aus seinen Melica. 28 Auf die Morella finden sich überdies Gedichte

 25 Zu Olympia Fulvia Morata vgl. Dorothea Vorländer: Morata, Olympia Fulvia. In: Neue Deutsche Biographie. Bd. 18. Berlin 1997, S. 85–86; zu Anna Pallantia vgl. Leonard Forster: Charles Utenhove and Germany. In: Kleine Schriften zur deutschen Literatur. Amsterdam 1977, (Chloe, Beihefte zum Daphnis 1), S. 60–80, hier S. 66–67; zu Camilla Morella vgl. Philip Ford: Rennaissance Salon: The Morel Houshold. In: Renaissance and Reformation/ Renaissance et Réforme, Neue Serie 28,1 (2004), S. 9-20. 26 Vgl. Olympiae Fulviae Moratae, Foeminae doctissimae, ac plane divinae, Opera omnia cum eruditissimorum testiminijs. Basel 1580, S. 246–248, 258. 27 Melica 3. In: Melissi Schediasmata poetica, secundo edita multo augustiora. Paris 1586, Teil 1, S. 198f.; Epigrammata 3: Thaleia, Epigrammata 6: Erato, Epigrammata 7: Polyhymnia. In: Schediasmata, Teil 3, S. 81f., 195, 246. 28 Melica 3. In: Schediasmata (Anm. 27), Teil 1, S. 194–201.

  Beate Hintzen von Jean Dorat (S. 326f.) 29 und Joachim du Bellay (S. 327f.), 30 auf die Pallantia von Franz Modius (S. 301–303), 31 welcher der Dichterin dadurch göttlichen Rang verleiht, dass er die Ähnlichkeit ihres Namens mit Pallas, dem Beinamen der Athene, zu einem Vergleich der beiden zugunsten der Pallantia ausnutzt. Die prominenteste Stellung unter den realen Frauen erhält jedoch allein auf Grund der Anzahl der auf sie publizierten Gedichte die wohl um 1598 verstorbene Geronima Colonna, eine römische Adlige und venezianische Patrizierin, Tochter des Herzogs von Paliano Ascanio Colonna (ca. 1500–1557) und der Giovanna d’Aragona (ca. 1502–1575), Nichte der von zahlreichen Zeitgenossen bewunderten Dichterin Vittoria Colonna (1490–1547), seit 1559 Gattin des Camillo Pignatelli, Herzog von Monteleone usw. (gest. 1583), Mutter eines Sohnes und einer Tochter, eine religiöse Frau, die sich für Literatur und Astrologie interessierte und der zu Lebzeiten einige religiöse Publikationen gewidmet wurden. 32 Entnommen sind die Gedichte offensichtlich den von Adriaen van der Burch edierten und 1582 in Antwerpen von Christoph Plantin (1520–1589) gedruckten Laudes Illustrissimae Hieronymae Columnae. Bei diesen Laudes handelt es sich wiederum um die lateinische Auswahl aus einer Sammlung von Gedichten auf Geronima Colonna im Volgare, in lateinischer und griechischer Sprache, die der neapolitanische Patrizier Ottavio Sammarco 1568 in Padua unter dem Titel Il Tempio della divina signora Donna Geronima Colonna d’Aragona veranstaltete und an der er van der Burch beteiligte, als dieser sich zum Jurastudium in Padua aufhielt. 33 Sammarco  29 Jean Dorat: Les Odes latine. Texte présenté, établi, traduit, annoté par Geneviève Demerson. Clermont-Ferrand 1979, S. 178–195. 30 Vgl. Joachim du Bellay: Poematum libri quattuor quibus continentur elegiae, varia epigrammata, amores, tumuli. Paris 1558, Epigramm 62, S. 481 (Export aus: Library of Latin Texts – Series A, Turnhout, 13.06.2019). 31 Vgl. Francisci Modii Brugensis Poemata Ad Amplissimum et Splendiss: Erasmum Neustetterum, cognomento Sturmerum, Equitem Francum etc. Würzburg 1583, S. 45–46. 32 Zu Lebensdaten und Charakteristik der Geromina Colonna vgl. Monica Bianco: Il ,Tempio‘ a Geronima Colonna d’Aragona ovvero la conferma di un archetipo. In: „I più vaghi e i più soavi fiori“. Studi sulle antologie di lirica del Cinquecento. Hg. von Monica Bianco und Elena Strada, Alessandria 2001, S. 149–155. 33 Vgl. den Widmungsbrief Adriaen van der Burchs an Christoph Plantin in: Laudes Illustrissimae Hieronymae Columnae, Ascanii Columnae et Ianae Aragonae filiae, vario genere carminum a diversis celebratae, opera Adrianae Burchii editae. Cum miscellaneis aliquot eiusdem Adriani Burchii carminibus. Antwerpen 1582, S. * 2 r. Der Tempio des Sammarco, der Gedichte von 90 Autoren vereinigt, liegt sowohl in einem von Lorenzo Pasquati besorgten Druck (Ottavio Sammarco: Il Tempio della divina signora Donna Geronima Colonna d’Aragona. Padua 1568) als auch in einer im Vorwort von Sammarco auf das Jahr 1568 datierten, in der Biblioteca Governativa dei Gerolamini von Neapel aufbewahrten Handschrift (M.C.F. 1–2) vor. Zur Handschrift vgl. Paul Oskar Kristeller: Iter Italicum: accedunt alia itinera; a finding list of uncatalogued or

Die Veneres Blyenburgicae  

folgte beim „Bau“ seines literarischen Tempels Girolamo Ruscelli, der 1554 bzw. 1555 einen solchen Tempel für Geronimas Mutter Giovanna d’Aragona in Venedig aus italienischen, lateinischen, griechischen und spanischen Gedichten errichtet hatte: Del Tempio alla divina Donna Giovanna d’Aragona, fabricato da tutti i più gentili spiriti, et in tutte le lingue principali del mondo, denjenigen „Tempel“, den Monica Bianco für den Archetyp des entsprechenden Subgenres innerhalb der Gattung der enkomiastischen Anthologie hält. 34 Beide Tempel stehen jedenfalls gleichzeitig in der Tradition und im Gegensatz zu denjenigen Gedichtsammlungen zum Lob schöner Frauen, die als Teil eines vom florentinischen Staatsmann Lorenzo il Magnifico initiierten Liebesrituals entstanden und in dezidierter Tradition von Petrarcas Canzoniere als Gesellschaftsspiel inszeniert wurden, jedoch nicht vom Liebhaber selbst verfasst, sondern bei namhaften Dichtern in Auftrag gegeben wurden. Nachdem es sich zunächst wie wahrscheinlich bei Lorenzo und der von ihm favorisierten Lucrezia Donati um „platonische“ Verhältnisse handelte, bildeten den Hintergrund im 16. Jahrhundert durchaus auch reale Liebesverhältnisse wie z.B. diejenigen des Kardinals Alessandro Farnese (1520–1589) mit Faustina Mancini (um 1519–1543) und Livia Colonna (1522–1554), eine gesellschaftliche Entwicklung, die wohl im Zuge von Reformation und Gegenreformation ihr Ende fand. 35 Im Gegensatz zum beschriebenen Gesellschaftsspiel sahen die Editoren der beiden „Tempel“ ihre Aufgabe ausschließlich in der Ehrung und der Verewigung der Tugend von Giovanna und Geronima. 36 Es liegt nahe, dass van Blijenburg eine Ausgabe der Laudes Illustrissimae Hieronymae Columnae (ebenso wie eine Ausgabe des Paul Schede Melissus) besessen hat, weil er in einem Widmungsbrief von s e i n e m Burchius und s e i n e m Melissus spricht (S. 226), während ihm eine Ausgabe des Pontano vom Adressaten leihweise überlassen worden war (S. 225). Die Laudes Illustrissimae Hieronymae Columnae enthalten Gedichte von 59 zumeist italienischen Autoren. Von 31 dieser Autoren hat van Blijenburg die Gedichte in seine Veneres Blyenburgicae über-

 incompletely catalogued humanistic manuscripts of the Renaissance in italian and other libraries. 6 Bde. und Indexband. London u.a. 1963–1997, Bd. 1 [1965], S. 397; Bd. 2 [1967], S. 547; zur gedruckten Fassung des Tempio und seiner Entstehung vgl. Bianco (Anm. 32), S. 155–158. 34 Vgl. Bianco (Anm. 32), S. 162–165. Zur weitgehenden Identität der Ausgaben von 1554 und 1555 vgl. S. 159, Anm. 67. Benutzt wird hier das online verfügbare Exemplar von 1555, das in zwei Teilen paginiert ist, die italienischen Gedichte als 1. Teil, S. 1–388, die lateinischen, griechischen und spanischen Gedichte als 2. Teil, S. 1–159: https://archive.org/dtails/bub_gb_pieUY6J0_SgC (01.06.2020). 35 Vgl. zur Inszenierung dieses Liebesspiels Ingeborg Walter und Roberto Zapperi: Das Bildnis der Geliebten. Geschichten der Liebe von Petrarca bis Tizian. München 2007. 36 Vgl. Bianco (Anm. 32), S. 166.

  Beate Hintzen nommen. 37 Die von van der Burch ausgewählten Laudes der Colonna können die schon für die Antike topische Revision des Paris-Urteils (z.B. Anthologia Graeca 5,222 = Planudea 7,33) variieren wie z.B. in diesen zwei Distichen des Desiderius Lignamineus [16. Jh.]): 38 Iudicio Paridis risit Cytherea, quod ipsa Nuda Deas forma vicerit una duas: Abs te nunc vinci dolet alma COLUMNIA: tanta est In te nobilitas, gratia, forma, decus. Beim Urteil des Paris lachte Venus, dass sie als einzelne nackt zwei Göttinnen an Schönheit übertraf. Dass sie nun von dir übertroffen wird, holde Colonna, empfindet sie schmerzlich: So herausragend sind bei dir Adel, Anmut, Schönheit und Würde.

Sie können aber auch als Hymne auf die keusche Schönheit eines göttlichen Wesens gestaltet sein, als Preis einer donna angelicata oder, wie es im Titel beider Tempi formuliert ist, einer divina signora. 39 Beispiel hierfür ist sowohl eine Epode des Humanisten und Druckers Paolo Manuzio (1512–1574): 40 Hesperus aetherii longe pulcherrimus orbis Internitet stellas vagas; Et rosa fragrantes flores tulit inter honorem Cruore tincta Cypriae: 5 At te femineae decus o HIERONYMA gentis Terris dedere Caelites.

 37 Es handelt sich um die Gedichte folgender Autoren: Arcutius, Ioannes Baptista (S. 280); Bargeus, Petrus Angelius (S. 358); Bizarrus, Petrus (S. 254); Bonannus, Vincentius (S. 268); Burchius, Adrianus (S. 267); Corvinus, Elias (S. 323); Dragius, Laurus (S. 293); Ellebodius, Nicasius (S. 357); Ferrarius, Ioannes Baptista (S. 258); Franzonius, Hieronymus (S. 294); Gonzaga, Bonaventura (S. 293); Gorraea, Thomas (S. 238, 341); Gyraldus, Cynthius Ioannes Baptista (S. 237, 253, [283], 338, 356); Lignamineus, Desiderius (S. 236); Lucatellus, Bernardinus (S. 239); Lupatus, Bartholomaeus (S. 299); Manutius, Paulus (S. 279); Othelius, Marcus Antonius (S. 281, 299); Paganinius, Paganus (S. 321); Panciaticus, Bartholomaeus (S. 279); Parthenius, Bernardinus (S. 247); Pasinus, Iulius (S. 337); Pellicia, Paulus (S. 357); Petrella, Bernardinus (S. 320); Quaerengus, Antonius (S. 251, 321); Robortellus, Franciscus (s. 285=540); Sammarcus, Ioannes Vincentius (S. 357); Taygetus, Ioannes Antonius (S. 257); Terminius, Nicolaus (S. 257); Turcus, Ioannes Antonius (S. 285). 38 Veneres Blyenburgicae (Anm. 1), S. 236 = Laudes (Anm. 33), S. 67. Zu Lignamineus s. Anhang 1, S. 319. 39 Zum Motiv der göttlichen Schönheit im menschlichen Körper s.o. Anm. 9. 40 Veneres Blyenburgicae (Anm. 1), 279f. = Laudes (Anm. 33), S. 2. Zu Manutio s. Anhang 1, S. 319.

Die Veneres Blyenburgicae  

Der Abendstern leuchtet bei weitem als schönster des Himmelskreises unter den wanderenden Gestirnen hervor und unter den duftenden Blumen erhält die Rose, die vom Blut der Venus gefärbt ist, den Ehrenpreis. [5] Aber dich, du Zierde des weiblichen Geschlechts, Gerolama, gaben der Erde die Götter.

als auch ein Epigramm des Giovanni Antonio Taigeto: 41 Pectora cum miror, latamque HIERONYMA frontem, Et quod ebur roseo candet in ore tibi, Adde his purpureasque genas, flavosque capillos, Collaque Riphaea non minus alba nive, 5 Et cum sidereis multos transfigis ocellis, Hosque eadem castis moribus excrucias; Cumque per immensi spatiaris sidera Caeli, Quidque ferant, fati prospicis ante diem, Te tunc Uranien, te tunc ego dicere Phoeben 10 Cogor, et Idaliam te reor esse Deam. Wenn ich deine Brust bewundere, Gerolama, und dein breites Antlitz und, dass in deinem rosigen Gesicht die Farbe des Elfenbeins leuchtet, außerdem die purpurnen Wangen und die blonden Haare und den Hals, der ebenso weiß ist wie der Schnee des riphäischen Gebirges, [5] und wenn du viele mit deinen Sternenaugen durchbohrst und diese auch durch deinen keuschen Charakter peinigst, wenn du die Sterne durchmusterst und, was sie sagen, vor dem Schicksalstag voraussagst, dann muss ich dich Urania, dann muss ich dich Phöbe nennen, [10] dann glaube ich, dass du die Göttin vom Ida bist.

Pikanterweise hat van Blijenburg jedoch nicht nur Gedichte auf nobildonne aufgenommen, deren Tugend über jeden Zweifel erhaben war, sondern z.B. auch auf die erwähnte Livia Colonna, die Tochter von Marcantonio Colonna und Lucrezia Franciotti della Rovere, die nach dem Tod ihres Mannes Marzio Colonna im Jahr 1546 die Geliebte des Kardinals Farnese geworden war. Nachdem Livia von einer Augenkrankheit genesen war, ließ der Kardinal auf dieses Ereignis Gedichte schreiben. 42 Diese Gedichte, etwa zu zwei Drittel italienische, zu einem Drittel lateinische wurden in einer Handschrift zusammengefasst, die als Codex Barbarinus latinus 3693 in der Bibliotheca Vaticana aufbewahrt wird 43 und eine Giulio Clovio zugeschriebene Miniatur mit Livias Bildnis als Frontispiz enthält. 44 Farnese ließ zu Lebzeiten noch weitere Gedichte auf Livia verfassen sowie Gedichte

 41 Veneres Blyenburgicae (Anm. 1), S. 257 = Laudes (Anm. 33), S. 8. Zu Taigeto s. Anhang 1, S. 322. 42 Vgl. Walter, Zapperi (Anm. 35), S. 127. 43 https://digi.vatlib.it/view/MSS_Barb.lat.3693 (01.06.2021). 44 Vgl. Walter, Zapperi (Anm. 35), S. 127f.

  Beate Hintzen auf ihren gewaltsamen Tod. So erschien 1555 in Rom ein Band ausschließlich mit italienischen Gedichten, der (zur Tarnung) dem Kardinal Ippolito d’Este gewidmet ist, unter dem Titel Rime di diversi ecc. autori, in vita, e in morte dell’ill. S. Livia Col., wodurch explizit die Einteilung der Ausgaben Petrarcas fortgeführt wurde. 45 Auch das Titelblatt dieses Bandes zeigt Livia Colonna, und zwar als Witwe. Es wird vermutet, dass dieses Bild auf einem von vier von Farnese in Auftrag gegebenen Gemälden der donna beruhte, die wie die Gedichtsammlungen zum Liebesritual gehörten. 46 Van Blijenburg druckt drei Gedichte auf Livia Colonna ab, die nicht im Codex Barbarinus latinus 3693 enthalten sind, zwei über ihre Augenkrankheit (S. 346) von Giovanni Paulo Cesario (?–1568) und eines auf auf ihre der Venus vergleichbare Schönheit (S. 254) von Francesco Franchini (1500–1559). Er mag sie in Poemata-Ausgaben der beiden Dichter gefunden haben. 47 Dass er von der mehr als 150 Jahre zurückliegenden Liebesaffäre gewusst hat, ist wohl unwahrscheinlich. Die Texte auf die d’Aragona, Colonne, Morata, Pallantia und Morella sowie auf die anderen realen Frauen können also dem lateinischen Gedicht von Angelo Poliziano auf den Tod der Simonetta Vespucci, in dem Forster „das eminent petrarkistische Motiv der geliebten Schönheit, die den leiblichen Tod übersteht,“ 48 gestaltet sieht, ebenso an die Seite gestellt werden wie den von Federica Signoriello 49 vorgestellten volkssprachigen Preisungen diverser Sieneser donne aus der Feder von Bernardo Lapini (Ilicino), Benedetto da Cingoli und Niccolò Angeli sowie den zahlreichen Gedichten auf Geronimas berühmte Tante Vittoria und insofern als Beispiele des ,ernsthaften Petrarkismus‘ gelten. Sie werden von van Blijenburg am Ende des ersten und im zweiten Widmungsbrief auch entsprechend angekündigt (S. A iij r):  45 Vgl. ebd., S. 133f. 46 Vgl. ebd., S. 127f. und 133f. 47 Ioannis Caesarii Consentini Varia Poemata, et Orationes. Venedig 1562, S. 31. Francischi Franchini Consentini Poetae elegantissimi Poemata. [Basel] 1558; zu weiteren Ausgaben der Poemata Franchinis sowie zu seinem Leben vgl. ausführlich Domenico Campana: Francesco Franchini: http://www.iliesi.cnr.it/ATC/htm/accos/Franchini.html (07.07.2019). Der Aufsatz von Antonio Guaglianone: Un umanista Consentino: Francesco Franchini (1495–1559). In: Archivio storico per la Calabria e la Lucania 17 (1948), S. 123–132, enthält keine Lebensdaten, sondern nur allgemeine Bemerkungen zu Auszügen aus Franchinis Dichtungen. 48 Vgl. Forster: Petrarkismus und Neulatein (Anm. 9), S. 168–170. 49 Vgl. zu diesen Texten und den besungenen donne Federica Signoriello: Coexistence and Contamination of Vernacular and Latin in Alessandro Braccesi’s Bilingual Tribute to Camilla Saracini. The Literatures of Siena and Florence between Illustrious Women and Neoplatonism. In: Neo-Latin and the Vernaculars. Bilingual Interactions in the Early Modern Period. Hg. von Alexander Winkler und Florian Schaffenrath. Leiden, Boston 2019, S. 166–187, hier S. 182–184.

Die Veneres Blyenburgicae  

[…] habebis […] Areolam secundam, in qua docebimur […] quia in omni pulchritudine sivè corporea, sive incorporea, nihil abundet, quam divini vultus splendor in rebus creatis relucens: ideò amantem nihil terrenum, nihil quoque corporeum, vel humanum, sed divinum aliquid amare. 50 Du wirst das zweite Beet erhalten, in dem wir erfahren, (…) dass, weil in jeder körperlichen wie nicht-körperlichen Schönheit nichts in Fülle vorhanden ist als der Glanz des göttlichen Antlitzes, der sich in allem Erschaffenen widerspiegelt, der Liebende nichts Irdisches, auch nichts Körperliches oder Menschliches liebt, sondern etwas Göttliches.

Im dritten Feld überwiegt hingegen der ,geistreiche Petrarkismus‘. Denn neben etlichen anderen Gestaltungen der widersprüchlichen Gefühle von (unglücklich) Liebenden finden sich Übersetzungen von Petrarca-Sonetten, und zwar von solchen, in der sich das Paradox der ,petrarkistischen‘ Liebe deutlich manifestiert. Dies sind die Übersetzung von RVF 19 Son animali al mondo Adriaen van der Burchs (1540/50–1606) Tam sunt elato nonnulla animalia visu (7 Distichen, S. 510), 51 in direktem Anschluss die Übersetzungen von RVF 132 S’amor non è Adriaen van der Burchs Anne amor? at si non amor est quod sentio quidnam est? (8 Distichen, S. 510f.) 52 und Jean-Edouard du Monins (1559–1586): Ah! Si non amor est, quid id est quod sentio? (8 Distichen, S. 511f.), 53 die Übertragung von RVF 133 Amor m’a posto des Melissus Ex Italico Petrarchae: Factus amans ego sum (7 Distichen, S. 409) 54 sowie schließlich die lateinischen Fassungen von RVF 134

 50 Vgl. auch Veneres Blyenburgicae (Anm. 1), S. P ij v: „[…] Lego. Areolam, inquam, hanc secundam, in qua promiseram demonstraturum: quod in omni pulchritudine nihil abundaret, quam divini vultus splendor in rebus creatis relucens.“ [Ich übersende wie gesagt dieses zweite Feld, ich dem ich, wie ich versprochen hatte, zeigen werde, dass in jeder Schönheit nichts in Fülle vorhanden sei als der Glanz des göttlichen Antlitzes, der sich in allem Geschaffenen widerspiegelt.] Vgl. Forster: Das eiskalte Feuer (Anm. 8), S. 117. 51 Laudes (Anm. 33), S. 121; Delitiae C. Poetarum Belgicorum, Huius Superiorisque Aevi illustrium, Collectore Ranutio Ghero. 4 Bde. Frankfurt 1614 (im Folgenden angekürzt zitiert als Del. Belg. 1–4), Bd. 1, S. 869. 52 Laudes (Anm. 33), S. 121–122; Del. Belg. 1 (Anm. 51), S. 870; vgl. Catharina Ypes: Petrarca in de Nederlandse letterkunde. Amsterdam 1934, S. 92. 53 Ioannis Edoardi du Monin, Burgundionis Gyani Beresithias, sive mundi creatio, Ex Gallico G. Sallustij du Bartas Heptamero expressa. Ejusdem Edoardi manipulus poeticus non insulsus. Paris 1579, S. 80–81; vgl. Gilles Banderier: Le triomphe de la langue française: Du Monin et Pétrarque. In: Les poètes français de la Renaissance et Pétrarque, Hg. von Jean Balsamo. Genf 2004, S. 413–426, hier S. 421. 54 Epigrammatum liber sextus, Erato. In: Melissi Schediasmatum reliquiae. Frankfurt 1575, S. 102–103; Melissi Schediasmata poetica. Paris 1586, S. 164; vgl. Eckart Schäfer: Paulus Melissus – der erste deutsche Petrarkist? Francesco Petrarca in Deutschland. Seine Wirkung in Literatur,

  Beate Hintzen Pace non trovo von Luigi Annibale Della Croce (1509–1577) Amantium contrarii affectus: Nec pacem invenio (7 Distichen, S. 459) 55 und wiederum von Adriaen van der Burch Pax et amicitiae nulla mihi sede parantur (11 Distichen, S. 467). 56 Es ist sicherlich nicht zufällig, dass sich von den identifizierten Gedichten Scaligers etwa 42% auf diesem Feld finden. Anrufungen von Liebesgöttern, wie sie das vierte Feld bilden, sind typisch für jegliche Art von Liebesdichtung von der frühen Antike an, wie z.B. in Sapphos berühmten Gebet an Aphrodite (fragmentum 1 Lobel/Page). Die Apostrophen des fünften Feldes an Accessoirs der Geliebten haben zwar ihren Ursprung ebenso in der griechischen Anthologie – hier findet sich z.B. der Wunsch, der Becher der Geliebten zu sein (Anthologia Graeca 5,71.261.295 = Planudea 7,15.67.84) – und in der römischen Liebeselegie – hier beneidet Ovids persona den Ring, den er der Geliebten zum Geschenk macht (Amores 2,15) – wie bei Petrarca, dessen Sprecher-Ich vom Besitz von Lauras Handschuh überwältigt scheint (RVF 199–201), gelten aber vor allem als typische Spielart des ,geistreichen‘ Petrarkismus. 57 Immerhin hat Blijenburg seinen Lesern Dousas unappetitlichen Wunsch, das Schnupftuch seiner Geliebten zu sein erspart (Basium 19). 58 Auch auf diesem Feld ist ein beträchtlicher Anteil der identifizierten Scaliger-Gedichte zu entdecken, nämlich etwa 27%.

 Widmungsadressaten und Petrarca-Zitate Nicht nur durch die – unmarkierten – Petrarca-Übersetzungen jedoch und Forsters Petrarkismus-Etikett sind die Veneres Blyenburgicae als petrarkistische Anthologie ausgewiesen, sondern auch dadurch, dass im Widmungsbrief des gesamten Gartens, der an Janus Dousa (Jan van der Does, 1545–1604) gerichtet ist, Petrarca an einer Stelle als Autorität in Anspruch genommen und an einer  Kunst und Musik. Hg. von Achim Aurnhammer. Tübingen 2006 (Frühe Neuzeit 118), S. 91–110, hier S. 93, Anm. 11. 55 Carm. Ital. 1576/7, 1 (Anm. 12), S. 285–286; Delitiae CC. Italorum Poetarum, Huius Superiorisque Aevi illustrium, Collectore Ranutio Ghero. 2 Bde. Frankfurt 1608 (im Folgenden abgekürzt zitiert als Del. Ital. 1–2)., Bd. 1, S. 860–861; Carmina Illustrium Poetarum Italorum. 11 Bde. Florenz 1719–1726 (im Folgenden abgekürzt zitiert als Carm. Ital. 1719/26, 1–11, 1–2), Bd. 3, S. 524; cod. MM 693, Teil 2, fol. 73r; cod. Vat. lat. 5226, fol. 241v; zur Zuschreibung dieser Übersetzung s.o. Anm. 18. 56 Laudes (Anm. 33), S. 122f.; Del. Belg. 1 (Anm. 51), S. 870f, vgl. Ypes (Anm. 52), S. 92. 57 Vgl. Pantani (Anm. 9), S. 266f. 58 Vgl. Iani Douzae a Noortvvyck Poemata pleraque selecta […]. Leiden 1609, S. 599.

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anderen Stelle – ohne Markierung – mehr oder weniger wörtlich zitiert wird. 59 Ziemlich zu Beginn des Widmungsbriefes charakterisiert Blijenburg zunächst die Autoren, aus denen er seine Lesefrüchte gewonnen hat, und nennt dann zwei Kategorien, unter denen er die Zitate ausgewählt hat (S. * ij r–v): Attamen Autorum copia destitutus, quos deligerem diù deliberavi: tandem delectatus celebriorum quorundam Poetarum scriptis, in quibus sentiebam purioris animi spiritum, et benè temperati cerebri fluxum quendam igneum, paeneque divinum; horum sententias conquisivi: è quibus primam, et (ut quibusdam placet) praecipuam Philosophiae partem, quae ad Mores spectat, et Amores: (Amor enim omnium (ut vult PETRARCA) bonorum causa, conservator, finis, et sui ipsius praemium) ex parte addidici. Schließlich fand ich Freude an den Schriften einiger Dichter, in denen ich den Atem eines reineren Geistes und den gewissermaßen feurigen und beinahe göttlichen Fluss eines wohlgemäßigten Sinnes spürte. Deren Gedanken habe ich gesammelt, aus denen ich mir als ersten und besonderen (wie einige meinen) den Teil der Philosophie teilweise angeeignet habe, der sich auf die Ethik und die Liebe bezieht (die Liebe ist nämlich, wie Petrarca behauptet, die Ursache, der Bewahrer und das Ziel jeden Gutes und Belohnung ihrer selbst).

Zunächst einmal wird hier deutlich, dass Blijenburg seine Zitate für den Cento Ethicus und die Veneres Blyenburgicae, d.h. für die mores und die amores, zumindest teilweise aus denselben Quellen gewonnen hat. Tatsächlich finden sich 39 der 149 Namen aus dem Autorenkatalog der Veneres Blyenburgicae auch im Katalog des Cento Ethicus. 60 Außerdem kann sowohl die beschriebene Auswahl der Autoren als auch die Wahl der Kategorien und die Definition der Liebe als idealistisch und neuplatonisch bezeichnet werden. 61 Allerdings hat Petrarca das, was ihm hier untergeschoben wird, nicht über den Amor gesagt, sondern (sinngemäß)

 59 Vgl. dagegen Ypes (Anm. 52, S. 95), die konstatiert, die Veneres Blyenburgicae enthielten außer der Übersetzung des Melissus von RVF 133 (s.o.) im Gegensatz zum Cento ethicus keine Zitate aus Petrarca. 60 Alciatus, Andrelinus, Angerianus, Arcutius, Bellaius, Bembus, Blyenburchius, Boissartus, Borbonius, Buchananus, Capilupus, Castiglionius, Codrus, Dactius, Erasmus, Flaminius, Forculatus, Gyraldus, Hessus, Iunius, Lampridius, Lotichius, Macrinus, Marius, Marullus, Melissus, Modius, Morus, Muretus, Pictorius, Politianus, Posthius, Rogerius, Roselettus, Sconaeus, Stroza, Torrentius, Ursinus, Vulteius; vgl. Veneres Blyenburgicae (Anm. 1), S. * vj v; Cento Ethicus (Anm. 4), S. * 8 r–v. 61 Vgl. Forster (On Petrarchism in Latin, Anm. 8, S. 119), der „die offenkundige Tendenz des Hortus amoris, wie sie in den Einleitungen zu den einzelnen Teilen zum Ausdruck kommt“ als „idealistisch und neuplatonisch“ bezeichnet.

  Beate Hintzen über die Virtus und die Caritas, und zwar über die Virtus in Epistolae familiares 21,15,5: 62 Vera tamen virtus, ut philosophis placet, ipsa sibi est stimulus, ipsa est premium, ipsa sibi cursus et bravium. Die wahre Tugend jedoch ist sich selbst Ansporn, sich selbst Belohnung, sich selbst Wettlauf und Kampfpreis.

und über die Caritas in Epistolae familiares 18,8,4–5: Virtus est amicitiae fundamentum, ad quam servandam nichil requiritur preter mutuam caritatem [...] caritas tamen stimulos non requirit, sese contenta est, ipsa sibi calcar und premium. Die Tugend ist die Basis der Freundschaft, zu deren Erhaltung nichts verlangt wird außer gegenseitiger Hochschätzung/Liebe [...] die Hochschätzung/Liebe jedoch verlangt keinen Ansporn, sie ist mit sich zufrieden, sich selbst Sporn und Belohnung.

Auch wenn also diejenige Liebesdefinition, die Blijenburg an den Eingang seines Liebesgartens stellt, Petrarca nur mittelbar zugeschrieben werden kann, steht dort auf diese Weise eine philosophisch begründete Art der Liebe unter der Schirmherrschaft des Vertreters eines wohlanständigen Liebeskonzeptes, wie überhaupt Petrarca nicht nur als Stilideal, sondern auch als moralisch vorbildliche Person angesehen wurde. 63 Es handelt sich jedoch nicht um das Liebeskonzept, das für Blijenburg den verus Amor darstellt. Vor der Identifizierung des verus amor aber möchte ich mich Blijenburgs Definition des Amor mundanus atque paganus, des Amor umbratilis et falsus, d.h. des irdischen und heidnischen, des Schein-Amor und falschen Amor zuwenden. Diesen Amor definiert Blijenburg zunächst durch seine Macht über die heidnischen Götter Jupiter, Mars und Vulkan, dann durch ein Zitat aus Plautus’ Trinumus (668–672), in dem der Eigensinn und die Launenhaftigkeit eines Liebenden beschrieben werden, und zuletzt auf folgende Weise (S. * iiij r):

 62 Vgl. auch Petrarcas De remediis utriusque fortunae 1,81,20: „Magnum satis ipsa sibi virtus est premium; conscientia bonorum operum nichil est dulcius.“ [Eine hinreichend große Belohnung ist die Tugend sich selbst; nichts ist süßer als das Bewusstsein guter Werke.] 63 Vgl. hierzu die Beiträge von Bernsen und Pieper, in diesem Band, S. 28–31 und S. 101–109.

Die Veneres Blyenburgicae  

Haec illi; alij verò alitèr: Appellantes, Lasciuum hunc Amorem: Absconditum ardorem, Delectabile vulnus, Dulce venenum, Gratam amaritudinem, Amabile malum, Laetum supplicium, ac Blandum interitum. So sagen die einen, andere anders, indem sie diesen Amor mutwillig nennen, verborgenes Feuer, angenehme Wunde, süßes Gift, holde Bitterkeit, liebliches Übel, erfreuliche Qual und verführerischen Tod.

Hierbei handelt es natürlich um die oft zitierte, aus Oxymora bestehende, jedem Petrarkismusforscher wohlbekannte Aussage über die zerstörerische Natur der Liebe aus Petrarcas De remediis utriusque fortunae (1,69): Est enim amor latens ignis, gratum vulnus, sapidum venenum, dulcis amaritudo, delectabilis morbus, iucundum supplicium, blanda mors. Denn die Liebe ist verborgenes Feuer, willkommene Wunde, schmackhaftes Gift, süße Bitterkeit, erfreuliche Krankheit, angenehme Qual, verführerischer Tod.

Der falsche Amor ist also der petrarkistische Amor, insbesondere der Amor des dritten Feldes, der Amor von RVF 132 und 134, wo die widerstreitenden Gefühle und die dolendi voluptas des Sprecher-Ichs in Antithesen und Oxymora beschrieben werden. Doch es geht nicht um einen Antagonismus vom ,geistreichen‘ Petrarkismus der präsentierten Gedichte und einem ,ernsthaften‘ Petrarkismus der Widmungsbriefe, wie es Forster vertritt. Blijenburgs wahrer Amor ist vielmehr die eheliche Liebe, mit der die dolendi voluptas ebenso inkompatibel ist wie die Anbetung einer donna angelicata, die mit einem anderen verheiratet ist (S. * iiij r): Ab hoc [sc. falso] igitur Amore abhorrentes moneo & adhortor, ut ad Amorem verum accedant, per quem, nascitur sancta illa inter virum & uxorem societas, qua nulla iucundior, tutior, securior, castior, cum quilibet eorum idem quod alter, in uno conformi animo duo corpora, in duobus corporibus unus animus, unusque consensus. Nulla etenim est vis uxoria caritate maior [...]. Diejenigen, die von diesem [sc. den falschen Amor] Amor nichts wissen wollen, mahne ich und fordere sie auf, sich dem wahren Amor zuzuwenden, durch den jene heilige Gemeinschaft zwischen Mann und Frau entsteht, die angenehmer, sicherer, sorgloser und keuscher ist als jede andere, wenn jeder von beiden mit dem anderen übereinstimmt, zwei Körper in einer gleichförmigen Seele sind und in zwei Körpern eine Seele und völlige Übereinstimmung. Keine Kraft ist nämlich stärker als die Gattenliebe […].

Nachdem sich aber Blijenburgs verus Amor als (uxoria) caritas entpuppt hat, ist seine zuerst vorgeführte idealistisch und neuplatonisch klingende Definition der Liebe wörtlicher aus Petrarca zitiert als zunächst angenommen. Diese – eheliche – Liebe aber wird der philosophisch-religiösen Diktion zum Trotz nicht

  Beate Hintzen deshalb als sancta societas bezeichnet, weil sie, wie es in manchen lutherisch geprägten Epithalamien geschieht, 64 der allegorischen Auslegung des Hohelieds entsprechend das reziproke Liebesverhältnis zwischen Gläubigem bzw. Kirche und Christus spiegele, sondern, weil die Ehe dem Gesetz entspricht (605: „legibus nostris confirmatum Amorem“; 606: „legittimi coniugij“) und weil die Ehe und die damit verbundene Kinderzeugung auch staats- und gesellschaftstragend ist (S. * iiij r–v): Quamobrem omnes et singulos appello Beatos, qui hanc societatem (legittimum Matrimonium volo) firma fide ineunt, indissolubilem vitae consortem mente tota diligunt, genus humanum virtute sua augent, sibi similes liberos procreant, & prudenter ac relligiosè nutriunt, educant, ac guberna‹n›t: ut cum adoleverint Patriae, Parentibus, Propinquis, Amicisque praesidio, honori, & usui esse queant. Deshalb preise ich alle zusammen und jeweils einzeln glücklich, die diese Gemeinschaft (ich meine die rechtmäßige Ehe) mit fester Überzeugung eingehen, die unauflöslich mit ihnen verbundene Lebenspartnerin von ganzem Herzen lieben, das menschliche Geschlecht durch ihre Tugend vermehren, sich selbst ähnliche Kinder zeugen und sie klug und fromm aufziehen, erziehen und leiten, so dass diese, wenn sie erwachsen sind, Vaterland, Eltern, Verwandte und Freunde schützen, ehren und ihnen nützen können.

Dementsprechend werden für die Partnerwahl sehr pragmatische Ratschläge erteilt, dass z.B. Liebe zwischen einander ähnlichen Charakteren entsteht (607: „Similitudinem praecipuè morum, et ingeniorum Amoris esse parentem“) 65 oder dass eine künftige Ehefrau fleißig und sparsam sein soll: Haec AREOLAE est summa […] ut, cum ad eam aetatem perveneris, quae dicti coniugij exiget coniunctionem, et contigerit fortè (quam pulcherrimam tibi exopto) infeliciore forma, spectes decus animi: aut si indotata (ditissimus ipse) sed industria, sed frugalis, ad rem parandam alacris, ad servandam vigilans: scias illam sat dotis habere, quae tali dotata est ingenio. Dies ist die Hauptsache dieses Beetes, […] dass du, wenn du in das Alter kommst, das die Verbindung der genannten Ehe fordert und dir eine Frau von geringerer äußerer Schönheit zuteil wird (obwohl ich dir eine möglichst schöne wünsche), auf die Schönheit ihrer Seele schaust oder, wenn sie ohne Mitgift ist (schließlich bist du sehr reich), aber fleißig, aber

 64 Vgl. Hintzen: Paul Flemings Kußgedichte (Anm. 11), S. 432. 65 Vgl. [Jean Louis Vives:] Ioannes Lodovici Vivis Valentini, De anima et vita libri tres. Opus insigne, nunc primum in lucem editum. Basel: Robertus Winter 1538, S. 155: „Similitudo enim amoris est causa […] Sed ad amorem conciliandum fortior est animorum similitudo, quàm corporum.“ [Die Ähnlichkeit ist der Grund der Zuneigung. Doch um Zuneigung zu stiften, ist die Ähnlichkeit der Seelen stärker als die Ähnlichkeit der Körper.]

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sparsam und eifrig im Erwerb und aufmerksam in der Bewahrung des Vermögens, weißt, dass diejenige, die mit einem solchen Charakter ausgestattet ist, genug Mitgift hat.

Diese wohlmeinenden Ratschläge erhält einer der Widmungsadressaten der fünf Felder. Denn wie gesagt hat jedes Feld einen eigenen Widmungsadressaten, bei denen es sich durchweg um Söhne bedeutender niederländischer Väter handelt. 66 Von ihnen sind die ersten drei, die jeweils als iuvenis angeredet werden, Adriaen Manmaker (3), 67 der 21-jährige Cornelis van der Myl (225) 68 und Joachim van Myerop (367), 69, und der als adulescens angesprochene 15-jährige Michael van Crayesteyn (605), 70 offensichtlich unverheiratet. Diese vier werden eindringlich vor der unvernünftigen Liebe gewarnt. Die zitierte Empfehlung, bei der Auswahl der Ehefrau auf die Tugenden Fleiß und Sparsamkeit zu achten, ergeht an den jüngsten von ihnen, Michael van Crayesteyn. Im Gegensatz zu den Adressaten der ersten vier Felder ist derjenige des fünften, Pieter Maelson, 71 so van Blijenburg, mit einer matrona inter primas honesta (703) vermählt. Diese Widmung des letzten Feldes an einen verheirateten Mann bildet gewissermaßen einen Rahmen mit der Widmung des Gesamtwerkes an den seinerzeit überaus prominenten Janus Douza, der nicht nur als verheirateter Mann, sondern auch als weiser Familienvater, der durch eine stattliche Kinderschar gesegnet ist (* iiij v: „familiae Pater sapientissimus, faecundo liberorum proventu beatus“), apostrophiert (* iiij

 66 Vgl. Forster: On Petrarchism in Latin (Anm. 8), S. 119. 67 Adriaen Manmaker wurde in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts geboren und wird von Stephanus Claviger 1601 in einem Brief als nobilis et eruditus iuvenis angeredet (vgl. Biographisch Wordenboek der Nederlanden. Haarlem 1869, Bd. 1, S. 146); er war Sohn des Adriaen Manmaker (gestorben 1590), Schatzmeister von Seeland (vgl. ebd., S. 145). 68 Cornelis van der Myl, 1579–1642, war Sohn des Adriaen van der Myl (geboren 1538 in Dordrecht, gestorben 1590), eines niederländischen Staatsmanns und Juristen. 69 Joachim van Cuyck van Mierop (?–1643), war Sohn des Cornelis van Cuyck van Mierop (gestorben 1608), Dynast von Hoogwoude und Eertswoude, Herr von Calslagen und Sgrevelsrecht, Steueraufseher von Holland und Westfriesland. 70 Michael van Crayesteyn, geboren in Dordrecht 1585 (vgl. https://www.stamboomnederland.nl/etalage/Martine_Zoeteman_Studenten_voor_1600_geboren_77843/index.html#p1236, 02.01.2019), war Jura-Student in Leiden am 19.02.1601 (vgl. Album Studiosorum Academiae Lugduno-Batavae MDLXXV–MDCCCLXXV. Accedunt nomina curatorum et professorum per eadem saecula. Den Haag 1875, Sp. 62), Sohn von Wouter von Crayesteyn (1545–1624), Dynast von Wulven und Rat und Bürgermeister von Dordrecht (vgl. Matthys Balen: Beschryvinge Der Stad Dordrecht, Dordrecht 1677, S. 257–259. 71 Pieter von Maelson (gestorben 1620), wird ab 1599 als Schöffe und ab 1605 mehrmals als Bürgermeister von Enkhuisen genannt (vgl. Historie der vermaarde Zeer en Koopstadt Enkhuisen, verwatende Hare Herkomste en Voortgang. Enkhuisen 1719, S. 72–77).

  Beate Hintzen v – * vj r) und als Patronus und Defensor gegen Kritiker in Anspruch genommen wird, die dem Herausgeber vorwerfen, Laster vorzuschreiben, schlechte Sitten zu lehren und Heiliges mit Unheiligen zu vermischen (* vj r: „nil praeterquam vitia praecipere, turpes mores docere, et sacra profanis miscere“).

 Die Rechtfertigung petrarkistischer Dichtung für calvinistische Konservative Wenn das eigentliche Ziel des Lebens die eheliche Liebe ist und für die präsentierte petrarkistische Dichtung ein mächtiger Schirmherr gesucht werden muss, stellt sich natürlich die Frage, weshalb jemand überhaupt 950 Seiten petrarkistische Gedichte sammelt und ediert. Eine Autorisierung findet van Blijenburg in der Poetizität der Texte. Wie um 1500 die römische Liebeselegie durch ihre poetische Qualität rechtfertigt wird, 72 lobt er die Eleganz von Giovanni Pontanos Werken (225: „elegantissima ipsius [sc. Pontani] scripta“) und attestiert allen Dichtern, aus denen er seine Auswahl getroffen hat, mit folgenden Worten ästhetische Perfektion (S. 4): […] qui risus, lusus, basia, et incredibilem in Amore amantium laetitiam […] corde hilari, divinique aestro spiritus perciti, adeo felicitèr decantarunt, ut amatoriarum suarum gratiarum decori […] nihil addi, nihil demi, nihil quoque mutari posset. […] die Lachen, Spiele, Küsse und die unglaublichen Freuden der Liebenden bei der Liebe […] mit heiterem Herzen und von der Begeisterung eines göttlichen Geistes angetrieben derart glücklich besingen, dass der Schönheit ihrer zärtlichen Lieblichkeiten […] nichts hinzugefügt, nichts weggenommen und auch nichts davon verändert werden kann.

Diese Rechtfertigung wird dadurch erleichtert, dass petrarkistische Dichtung in der Regel keine Obszönitäten enthält bzw. van Blijenburg unanstößige Texte ausgewählt hat (4: „omni remota obscoenitate“ [wobei jede Obszönität fernliegt]). So hatte Forster bereits angemerkt, dass von den Dichtern des deutschen Sprachraums Conrad Celtis völlig fehlt. Möglicherweise liegt dies aber nicht an dessen „ausgeprägt[er] Individualität“, 73 sondern daran, dass Celtis mit „mixta corpora“  72 Vgl. Jörg Robert: Lateinischer Petrarkismus und lyrischer Strukturwandel. Die Autorisierung der Liebeselegie im Licht ihrer rinascimentalen Kommentierung. In: Questo leggiadrissimo poeta! Autoritätskonstitution im rinascimentalen Lyrik-Kommentar. Hg. von Gerhard Regn. Münster u.a. 2004 (Pluralisierung und Autorität 6), S. 111–154, hier S. 117. 73 Forster: On Petrarchism in Latin (Anm. 8), S. 121.

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hin und wieder ganz unverblümt die fünfte Stufe der quinque lineae amoris erreicht (z.B. Ode 3,13 Ad Ursulam Thermas secum petentem 17f.: „Oscula dein labellis Ursa figes corporibus per sua vota mixtis.“ [Dann wirst du, Ursa, auf die Lippen Küsse drücken, während sich die Körper wunschgemäß vereinigt haben.]). 74 Dass umgekehrt Paul Schede Melissus mit vielen Gedichten vertreten ist, erklärt sich nach dem bisher Ausgeführten leicht daraus, dass sein Petrarkismus dezidiert auf die Ehe ausgerichtet ist (z.B.: Rosinae meae suavissimae, dulcissimae, iucundissimae C.F. 1f.: „Quanti te faciam, futura conjux, Ex hoc carmine discito mariti.“ [Wie hoch ich die schätze, künftige Gattin, magst man aus diesem Lied des Ehemanns ersehen.]), 75 abgesehen davon, dass Zufälligkeiten der Verfügbarkeit von Anthologien und Autoren-Ausgaben bei der Zusammenstellung der Veneres Blyenburgicae eine Rolle gespielt haben dürften. 76 Van Blijenburgs zweite Rechtfertigung für die exzessive Präsentation des falschen Amor besteht in seiner Versicherung, alles, was er in seinem Liebesgarten geschrieben und gesammelt habe, sei auf gute Sitten und darauf gerichtet, das Wüten der Leidenschaften zu besänftigen (S. * v r: „omnia quae in hoc amoris horto à me sunt scripta et collecta, ad bonos mores, et sedandam affectuum rabiem esse relata“), und der Behauptung, er führe durch den Garten dieser Liebe von der unerlaubten zur erlaubten, d.h. zu jener göttlichen und durch unsere Gesetze sanktionierten Liebe (S. 605: „per AMORIS huius HORTUM, ab illicito, ad licitum, nempè ad divinum illum, et legibus nostris confirmatum Amorem adducere“). Auf welche Weise und warum es möglich sein soll, über den falschen Amor zu seinem Gegenteil zu gelangen, sagt er nicht. Bei seinen jungen Adressaten, die, soweit es sich ermitteln lässt, treue Staatsdiener und Ehemänner geworden sind, scheint seine Methode gefruchtet zu haben. Doch da Blijenburg sich selbst der Speisemetapher bedient, indem er das dritte Feld als voll von den himmlischen Näschreien und Leckerbissen der griechischen und römischen Anmutsgöttinnen bezeichnet (S. 367: „tertiam hac areolam […] aethereis Charitum et Gratiarum cupedijs, ac scitamentis refertam“), widerstehe ich nur schwer der Versuchung, seine Therapie mit dem Versuch zu vergleichen, jemanden, der eine ungesunde Vorliebe für Süßes hat, von dieser Vorliebe durch eine große Packung Nougatpralinen zu kurieren, in der Hoffnung, ihm werde vom übermäßigen Ge 74 Conradi Celtis Protucij, primi in Germania poetae coronati, libri Odarum quatuor, cum Epodo, et saeculari carmine, diligenter et accurate impraessi, et hoc primum typo in studiosorum emolumentum editi. Straßburg 1513, S. K1v. 75 Melissi Schediasmatum reliquiae. Frankfurt a.M. 1575, S. 388; vgl. Eckart Schäfer: Die „Dornen“ des Paul Melissus, in: Humanistica Lovaniensia. Journal of Neo-Latin Studies 22 (1973), S. 218–255, hier S. 238. 76 S.o. S. 301.

  Beate Hintzen nuss des Konfekts so übel werden, dass er Ekel dagegen entwickelt und sich fortan nur noch von Healthfood ernährt. Vielleicht haben aber nicht nur die eindringlichen Mahnungen der Widmungsbriefe für das protestantische Ideal ehelicher Liebe ihre Wirkung gezeitigt, sondern auch die Musealisierung der Schönheiten des Petrarkismus in der schönen Ordnung eines Renaissancegartens, den sich sehr junge Männer als schöne und bunte, aber lebensferne Spielwiese zur Ergötzung und gleichzeitig zur Abschreckung anschauen dürfen. Die Kenntnis petrarkistischer Dichtung weist die Mitglieder der konservativen calvinistischen Gesellschaft als literarisch Gebildete aus, die Ablehnung des poetisch verfassten Liebeskonzeptes als nützliche Mitglieder der Gesellschaft und tragende Säulen des Staates. Die gesellschaftliche Funktion, die im 16. Jahrhundert dem Verfassen von petrarkistischen Gedichten zukam, reduzierte sich zunehmend auf die Lektüre dieser Gedichte. Die Beschränkung der Lektüre auf das jugendliche Alter entspricht der Bezeichnung von Liebesgedichten als Iuvenilia. 77 Der erwachsene Mann hat sich ernsthaften Dingen zuzuwenden.

 77 Vgl. Robert (Anm. 72), S. 126 und 140, und siehe Pieper und Müller, in diesem Band, S. 109– 113 und 130.

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Anhang 1: Veneres Blyenburgicae, Poetarum per quos profecimus, et quorum usi sumus testimonijs Catalogus Damas van Blijenburgs Katalog ausgezogener Autoren 78 enthält bis auf wenige Ausnahmen nur deren Nachnamen. Dieser Katalog ist im Folgenden, soweit ermittelbar, um die Vornamen und Lebensdaten ergänzt. Die angegebenen Seitenzahlen bezeichnen diejenigen Seiten, auf denen die jeweiligen Autorennamen als Marginalien erscheinen. 79 Darüber hinaus sind – in chronologischer Reihenfolge – die Fundstellen in denjenigen Anthologien angegeben, in denen (die) Texte der von van Blijenburg präsentierten Autoren aufgenommen sind, die vor den Veneres Blyenburg publiziert und erwiesenermaßen oder möglicherweise als Quellen benutzt wurden, d.h. Taigetos Carmina Praestantium poetarum (1566, s. Anm. 7), Perianders Horti (1567, s. Anm. 12), Toscanus’ Carmima Illustrium Poetarum Italorum (1576/7, s. Anm. 7) und van der Burchs Laudes Hieronymae Colonnae (1582, s. Anm. 33). Da manche Autoren nur über den Abdruck ihrer Gedichte in den von Janus Gruterus (1560-1627) edierten Delitiae italienischer (Del. Ital., s. Anm. 55), französischer (Del. Gall.) 80, deutscher (Del. Germ.) 81 und flämischer (Del. Belg., s. Anm. 51) ermittelbar sind, werden auch die Fundstellen der Autoren in diesen Anthologien angegeben. Alciatus, Andreas (Andrea Alciati, 1492–1550; Del. Ital. 1, S. 12–56) 643 Altilius, Gabrielis (Gabriele Altilio, 1436–1501; Horti 1, S. 191r–195v; Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 189v–194r; Del. Ital. 1, S. 57–64) 260 Amaltheus, Hieronymus (Girolamo Amalteo, 1507–1574; Carm. Praest., S. 4v–6r; Carm. Ital. 1576/7, 1, S. 12r–17v; Del. Ital. 1, S. 65–74) 180 (=Del. Ital. 1, S. 71), 412 (=Del. Ital. 1, S. 73), 847 (=Del. Ital. 1, S. 71) [Amaltheus, Cornelius (Cornelio Amalteo, 1530–1603; Carm. Ital. 1576/7, 1, S. 18r–v; Del. Ital. 1, S. 75–79)] ‹Amaltheus, Ioannes Baptista (Giovanni Battista Amalteo, 1525–1573; Carm. Ital. 1576/7, 1, S. 19r–34r; Del. Ital. 1, S. 79–) 139 (=Carm. Ital. 1576/7, 1, 33r=Del. Ital. 1, S. 102), 749 (=Carm. Ital. 1576/7, 1,33r=Del. Ital. 1, S. 101f.), 824 (=Carm. Ital. 1576/7, 1,33v–34r=Del. Ital. 1, S. 102f.)› Andrelinus, Publius Faustus (Fauste Andrelin, 1462–1518; Horti 3, S. 28v) 58, 375, 422, 485, 681 Angenosius, Hieronymus (Jérôme Angenosius) App. 57

 78 S.o. S. 295. 79 S. ebd. 80 Delitiae C. Poetarum Gallorum, Huius Superiorisqve Aevi illustrium, Collectore Ranutio Ghero, 3 Bde., [Frankfurt] 1609. 81 Delitiae Poetarum Germanorum, Huius Superiorisque aevi illustrium, Collectore A. F. G. G. 6 Bde. Frankfurt 1612.

  Beate Hintzen Angerianus, Hieronymus (Girolamo Angeriano, 1470–1535; Del. Ital. 1, S. 174–230) 101, 150, 169, 176, 178, 185, 192, 202, 230, 243, 292, 304, 328, 380, 401, 419, 420, 454, 488, 593, 649, 673, 696, 708, 730, 751, 753, 757, 774, 778, 863 Arcutius, Ioannes Baptista (Giovanni Battista Arcucci, geboren in den ersten Jahrzehnten des 16. Jh.s; Laudes, S. 30f.; Del. Ital. 1, S. 258–273) 280 (=Laudes, S. 30f.=Del. Ital.1, S. 272f.) Areostus, Ludovicus (Ludovico Ariosto, 1474–1533; Horti 1, S. 268r–276v; Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 263v–272r; Del. Ital. 1, S. 273–287) 32 (=Horti 1, S. 272v=Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 269r), 118 (=Horti 1, S. 276v= Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 272r), 300 (=Horti 1, S. 272–273r=Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 269r–v), 537 (=Horti 1, S. 272v=Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 269r) Augurellus, Ioannes (Giovanni Aurelio Augurelli, 1456–1524; Del. Ital. 1, S. 287–321) 416, 618, 665, 666, 718, 756, 759, App. 31, 43, 60 Auratus, Ioannes (Jean Dorat, 1508–1588; Del. Gall. 1, S. 264–384) 179, 325 Balbus, Hieronymus (Girolamo Balbi, eigent. Accellini, um 1450–1535; Del. Ital. 1, S. 321–334) App. 14, 42, 47, 56, 70, 73, 76, 79 Bargaeus, Petrus Angelius (Pier Angelio Bargeo, Pietro degli Angeli, 1517–1596; Laudes, S. 3) 358 (=Laudes, S. 3) Bellaius, Ioachimus (Joachim du Bellay, 1522–1560; Del. Gall. 1, S. 390–487) 28, 50, 118, 239, 278, 327, 339, 443, 482, 511, 631 Bembus, Petrus (Pietro Bembo, 1470–1547; Horti 1, S. 229r–231r; Carm. Ital. 1576/7, 1, S. 153v– 177v; Del. Ital. 1, S. 342–379) 103 (=Carm. Ital. 1576/7, 1, S. 160v–161r), 539 (=Carm. Ital. 1576/7, 1, S. 160v) Bentius, Tryphon (Trifone Benci, ?– nach 1571; Carm. Praest., S. 41v–42r; Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 204v–205v; Del. Ital. 1, S. 397f.) 826 (=Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 204v-205r=Del. Ital. 1, S. 397) Berzosa, Ioannes (Juan Verzosa, 1523–1574; Carm. Praest., S. 39v, 78r; Horti 1, S. 309r) 298 (=Carm. Praest., S. 78r) Bizarrus, Petrus (Pietro Biz[z]ari, 1525–1586; Laudes, S. 60f.; Del. Ital. 1, S. 436–441) 284 (=Laudes, S. 60f.; Del. Ital. 1, S. 440f.) Blyenburgius, Damasus (Damas van Blijenburg, 1558–1616) Blyenburgius, Adrianus (Adriaan van Blijenburg, 1560–1599; Del. Belg. 1, 587–) 53, 95, 211, 428, 442 Bocchius, Achilles (Achille Bocchi, 1488–1562) App. 77 Bonan(n)us, Vincentius (Florentiner Dichter des 16. Jh.s; Laudes, S. 1) 268 (=Laudes, S. 1) Bonefonius, Ioannes (Jean Bonnefon, 1554–1614; Del. Gall. 1, S. 656–707) 7, 50, 77, 212, 344, 373, 458, 481, 490, 562, 640, 694, 706, 708, 731, 736, 756, 767, 857 Boissartus, Ianus Iacobus (Jean Jacques Boissard, 1528–1602) 111 Borbonius, Nicolaus (Nicolas Bourbon, ca. 1503–1551; Del. Gall. 1, S. 766–793) 31, 113, 173, 177, 279, 292, 318, 418, 441, 484, 601, 666, 690, 719, 758, 843 Bottherius, Ioannes (Giovanni Botero, 1544–1617; Del. Gall. 1, S. 707) 77

Die Veneres Blyenburgicae  

Buchananus, Georgius (George Buchanan, 1506–1582) 51, 100, 158, 188, 192, 218, 493, App. 51 Burchius, Hadrianus (Adriaen van der Burch, 1540/50–1606; Laudes, S. 73; Del. Belg. 1, S. 861– 929) 32, 92, 267 (=Laudes, S. 73), 467, 510 Caesarius, Ianus (Giovanni Paulo Cesario, ?–1568; Del. Ital. 1, S. 501–509) 301, 346, 418, 619, 658, 685, 790, 800, App. 15, 23, 64, 70, 74 Calcagninus, Caelius (Celio Calcagnini, 1479–1541; Horti 1, S. 182r–190v) 345, 346 (=Horti 1, S. 183v), 445 (=Horti 1, S. 184v–185r) Campanus, Ioannes Antonius (Gianantonio Campano, 1429–1477; Del. Ital. 1, S. 557–566) 48, 115, 247, 258, 422, 444, 470, 496, 556, 621, 632, 688, 834 Capilupus, Hippolytus (Ippolito Capilupo, 1512–1580; Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 156r–168r; Del. Ital. 1, S. 621–663) 241 (=Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 161v=Del. Ital. 1, S. 629.655) Capilupus, Lelius (Lelio Capilupo, 1497–1560; Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 308r–340v; Del. Ital. 1, S. 572–621) 28?, 91?, 296?, 442?, 568?, 669?, 742?, 851? Castilionus (korrigiert nach S. 17), Balthasar (Baldassare Castiglione, 1478–1529; Carm. Praest. S. 76r–v; Horti 1, S. 231v–240v; Carm. Ital. 1576/7, 1, S. 61v–76r; Del. Ital. 1, S. 716–738, nicht aber das hier abgedruckte Gedicht) 17 (=Horti 1, S. 233r–v=Carm. Ital. 1576/7, 1, S. 70r–v) Chrysostomus, Ioannes (Giovanni Crisostomo Zanchi, um 1500–1566, Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 208–; Del. Ital. 1, S. 762) 277 (=Del. Ital. 1, S. 762) Codrus ‹Urceus›, Antonius (Antonio Cordro Urceo, 1446–1500, Del. Ital. 1, S. 766–769) 46, 161 Cognatus, Gilbertus (Gilbert Cousin, 1506–1572) App. 59 Cordus, Euricius (1486–1535; Del. Germ. 2, S. 638–932) 184 Corvinus, Elias (1537–1602; Laudes, S. 11) 323 (=Laudes, S. 11) Cotta, Ioannes (Giovanni Cotta, 1480–1510, Horti 1, S. 8r–11v; Carm. Ital. 1576/7, 1, S. 77r–82v; Del. Ital. 1, S. 814–822) 40 (=Horti 1, S. 10v–11r=Carm. Ital. 1576/7, 1, S. 81v-82r), 99 (=Horti 1, S. 8v), 168 (=Horti 1, S. 9v=Carm. Ital. 1576/7, 1, S. 78r–v), 396 (=Horti 1, S. 8v–9r= Carm. Ital. 1576/7, 1, S. 77r–78r) Crottus, Iulius Aelius (Ausgabe seiner Gedichte: Ferrara 1564; Del. Ital. 1, S. 846–860) 15, 34, 60, 114, 173, 252, 255, 290, 304, 341, 393, 454, 492, 626, 828, App. 6, 10, 82 Cruceius, Ludovicus Hannibal (Luigi Annibale Della Croce, 1499–1577; Del. Ital. 1, S. 860–864) 667 (=Denis Lambin: Übersetzung von Ludovico Ariostos Orlando furioso 2,1 [Ingiustissimo Amor, perché sì raro … e chi m’ha in odio vuoi ch’adori et ami.]. In: Dionysii Lambini Monstroliensis Regii Professoris, in Q. Horatium Flaccum ex fide atque auctoritate complurium librorum manuscriptorum a se emendatum et aliquoties recognitum, et cum diversis exemplaribus antiquis comparatum, multisque locis purgatum, Commentarii copiosissimi et ab auctore plus tertia parte post primam editionem amplificati. Editio postrema, Frankfurt 1577, S. 78D zu Horaz’ Carmen 3,5) Dactius, Andreas (Andrea Dazzi, 1473–1548; Horti 1, S. 220r–228v; Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 235v–243v; Del. Ital. 1, S. 875–892) 38 (=Horti 1, S. 228v=Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 243v),

  Beate Hintzen 121 (=Horti 1, S. 225v= Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 240v), 275 (=Horti 1, S. 220r–v=Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 235v–236r), 374 (=Horti 1, S. 225v=Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 240v) Dardanius, Bernardinus? (Bernardino Dardano, 1472–1535) 472 Decimator, Henricus (Heinrich Decimator, 1544–1615; Del. Germ. 2, S. 1080–1082) 359 Doletus, Stephanus (Étienne Dolet, 1509–1546; Del. Gall. 1, S. 863–870) 619 Douza Pater, Janus (Jan van der Dous, 1545–1604; Del. Belg. 2, S. 44–160) 25, 79, 156, 167, 190, 232, 342, 373, 390, 399, 519, 644, 753, 768, 839, App. 53, 55, 57, 61, 65, 66, 69, 71 Douza Filius, Ianus (Jan van der Does, 1521/2–1596; Del. Belg. 2, S. 160–220) 21, 80, 167, 399, 733, 806 Dragius, Laurus (Laudes, S. 61f.) 293 (=Laudes, S. 61f.) Ducchus, Caesar (Carm. Praest., S. 8r–13v; Horti 1, S. 337r–341v; Del. Ital. 1, S. 901–906) 134 (=Carm. Praest. 10v=Horti 1, S. 337v=Del. Ital. 1, S. 902), 528 (= Carm. Praest. 10v–11r=Horti 1, S. 337v-338r=Del. Ital. 1, S. 902f.) Ellebodius, Nicasius (1535–1577; Laudes, S. 13; Del. Belg. 2, S. 220) 357 (=Laudes, S. 13), 419 Erasmus, Desiderius (1469–1536, Del. Belg. 2, S. 220–283) 457 Etruscus, Ianus (um 1570; Carm. Ital. 1576/7, 1, S. 276v–279r; Del. Ital. 1, S. 906–916) 720 (=Del. Ital. 1, S. 911–915) Euangelista, Ioannes Baptista (Giovanni Battista Evangelisti, 16. Jh., Del. Ital. 1, S. 916–920) 135, 339 (=Del. Ital. 1, S. 917) Ferrarius, Ioannes Baptista (Laudes, S. 82) 258 (=Laudes, S. 82) Flaminius, Marcus Antonius (Marcantonio Flaminio, 1498–1550; Carm. Praest., S. 48v; Horti 1, S. 150v–168v; Del. Ital. 1, S. 972–1045) 8, 14, 48, 157, 342, 488, 738, 791, 805, 819, 837, 845, 853 Forcatulus, Stephanus (Étienne Forcadel, 1519–1578; Horti 3, S. 29r–44v; Del. Gall. 1, S. 899– 922) 135, 181, 190, 201, 240, 247, 355, 386, 476, 633 Franchinus, Franciscus (Francesco Franchini, Cosenza, 1500–1559; Horti 1, S. 250v–267v; Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 244v–263r; Del. Ital. 1, S. 1126–1158) 38, 123, 174, 193, 223, 234, 254, 274, 300, 325, 345, 412, 434, 456, 465, 526, 530, 782, 789, 800, 846, App. 30, 47 Franzonius, Hieronymus (Laudes, S. 74) 294 (=Laudes, S. 74) Gaillius, Andreas (Andreas von Gail, 1526–1587) App. 53 Gambara, Laurentius (Lorenzo Gambara, 1495–1585; Horti 1, 196r–212r; Del. Ital. 1, S. 1174– 1206) 616 Girardus, Ioannes (Jean Girard, 1518–1586; Horti 3, S. 58r–69r; Del. Gall. 1, S. 946–955) 30, 73, 505, 559, 634, 659, 687 Gonzaga, Bonaventura (–1586; Laudes, S. 52) 283 (14f. = Laudes, S. 52) Gorraea (falsch für Corraea), Thomas (Tomaso Correa, 1536–1595; Laudes, S. 78f.; Del. Ital. 1, S. 770–779) 238 (=Laudes, S. 78), 341 (=Laudes, S. 79) Gouveanus, Antonius (António de Gouveia, ca. 1505–1566; Horti 1, S. 310r–312v) 45 (=Horti 1, S. 311r), 138 (=Horti 1, S. 311r)

Die Veneres Blyenburgicae  

Grudius, Nicolaus (Nicolaas Nicolai Everaerts, 1504–1570; Del. Belg. 2, S. 535–681) 9,27, 88, 162, 204, 300, 527, 653, 813 Gruterus, Janus (Jan de Gruytere, 1560–1627; Del. Belg. 2, S. 681–880) 362, 386, 428, 512, 664, 673, 684, 709, 715, 733, 863, App. 76 Gyraldus, 82 Cynthius Ioannes Baptista (Giambattista Giraldi, genannt Cinzio, 1504–1573, Laudes, S. 53–59) 237 (=Laudes, S. 55,1–8), 252 (=Laudes, S. 57), [283] (=Laudes, S. 55f.), 338 (=Laudes, S. 58), 356 (=Laudes, S. 56), 567 (=Laudes, S. 53f.) Gyraldus, Lilius Gregorius (Giglio Gregorio Giraldi, 1479–1552; Del. Ital. 1, S. 1230–1238) 136, 161, 199, 238, 295, 411, 628, 830, 835 Hessus, Eobanus (Eoban Koch, 1488–1540; Horti 2, S. 25r–42r; Del. Germ. 2, 1283–1456) 142 Incerti auctores 11, 182, 213, 274, 355, 505, 724 Iovius, Benedictus (Benedetto Giovio, 1471–1545, Del. Ital. 1, S. 1248–1256) 459 (= Del. Ital. 1, S. 1254) Iunius, Hadrianus (Adriaen de Jonghe, 1511–1575, Del. Belg. 3, S. 7–37) 527 Lampridius, Benedictus (Benedetto Lampridio, ?–1540; Carm. Ital. 1576/7, 1, S. 83r–152v; Del. Ital. 1, S. 1271–1384) 75 (= Del. Ital. 1, S. 1303f.), 613 (= Del. Ital. 1, S. 1383f.), 621 (=Carm. Ital. 1576/7, 1, S. 103r–v=Del. Ital. 1, S. 1303) Laurus, Petrus? (Pietro Lauro, ca. 1510–1568) 476 Lernutius, Janus (Jan Lernout, 1545–1619; Del. Belg. 3, S. 114–295) 268, 419, 426, 513, 539, 565, 707, 750, 829, App. 7, 42, 45 Lignaminaeus, Desiderius (16. Jh.; Laudes, S. 67; Del. Ital. 1, S. 1384) 236 (=Laudes, S. 67=Del. Ital. 1,1384) Lotichius Secundus, Petrus (Peter Lotz, 1528–1560; Horti 2, S. 93r–105r; Del. Germ. 3, S. 1297– 1489) 74, 393 (= Horti 2, 97r), 464, 584, 779 Lucatellus, Bernardinus (Laudes, S. 67f.; Del. Ital. 1, S. 1394–1399) 239 (=Laudes, S. 67f. = Del. Ital. 1, S. 1399) Lupatus, Bartholomaeus (Laudes, S. 75) 299 (=Laudes, S. 75) Macrinus, Salmonius (Jean Salmon Macrin, 1490–1557; Horti 3, S. 8v–18v; Del. Gall. 2, S. 453– 574) 130, 163, 286, 360, 473, 509, 662, 688, 723, 803, 821, App. 49, 54 Malevoltus, Horatius (Carm. Ital. 1576/7, 1, S. 280; Del. Ital. 2, S. 5) 397 (= Del. Ital. 2, S. 5) Manutius, Paulus (Paolo Manuzio, 1512–1574; Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 171r–172v; Laudes, S. 2; Del. Ital. 2, S. 22–25) 279 (=Laudes, S. 2=Del. Ital. 2, S. 25) Marius, Antonius (Del. Ital. 2, S. 25–32) 838 (= Del. Ital. 2, S. 31) Marnix, Philippus (Philip van Marnix, 1540–1598) App. 58 Marullus, Michaelis (Michele Marullo, 1458–1500) 7, 12, 26, 151, 172, 213, 233, 303, 403, 424, 540, 609, 691, 758, 806, 810, 818, 844

 82 Im Autorenverzeichnis ist nur ein Gyraldus genannt.

  Beate Hintzen Melissus, Paulus Schedius (Paul Schede, 1539–1602; Del. Germ. 4, S. 342–493) 16, 34, 56, 100, 158, 193, 208, 233, 285, 297, 304, 329, 347, 377, 392, 408, 436, 485, 599, 629, 710, 744, 783, 785, 815, 817, 827, 849, 851 Modius, Franciscus (Franz Modius, 1556–1597, Del. Belg. 3, S. 597–630) 301, 395, 463, 620, 665, App. 20, 40, 63 Molsa, Franciscus Maria (Francesco Maria Molza, 1489–1544; Carm. Praest. S. 59r–v, 129v–130r; Horti 1, S. 297–; Carm. Ital. 1576/7, 1, S. 35r–59v; Del. Ital. 2, S. 38–73) 235, 640 (=Carm. Praest., S. 59r–v=Horti 1, S. 297v-298v), 835 (=Carm. Ital. 1576/7, 1, S. 50r) Moninus, Ioannis Eduardus (Jean–Edouard du Monin, 1559–1586; Del. Gall. 2, S. 581–584) 49, 73, 385, 771 Morella, Camilla (Camille de Morel, 1547–nach 1611) 30 Morus, Thomas (Thomas More, 1477–1535) 201 Muretus, Marcus Antonius (Marc Antoine Muret, 1526–1585; Del. Gall. 2, S. 721–814) 134, 160, 636, 706, 826, 829, 870, App. 2, 12, 16, 40, 47, 50, 55, 67, 70, 78 Naugerius, Andreas (Andrea Navagero, 1483–1529; Horti 1, S. 241r–259v; Carm. Ital. 1576/7, 1, S. 195r–216r; Del. Ital. 2, S. 104–134) 156, 364, 623, 625, 825 Othelius, Marcus Antonius (Marco Antonio Ottelio, 1548–1628; Laudes, S. 48–51) 281 (=Laudes, S. 48–50), 298 (=Laudes, S. 50f.) Paganinius, Paganus (1483–1538; Carm. Praest., S. 40r–v; Laudes, S. 44f.) 321 (=Laudes, S. 45) Panigarola, Franciscus (Francesco Panigarola, 1548–1594; Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 178r–180r) 411 (= Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 179r) Pannonius, Janus (Ivan Česmički, 1434–1472) 26, 111, 372 Pantiaticus, Bartholomaeus (Laudes, S. 1) 279 (Verse 8–12=Laudes, S. 1) Parthenius, Bernardinus (Bernardino Partenio, ca. 1500–1589; Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 209v– 211v; Laudes, S. 62–65; Del. Ital. 2, S. 185–201) 247 (= Laudes, S. 62–65=Del. Ital. 2, S. 198f.) Paschasius, Stephanus (Étienne Pasquier, 1529–1615; Del. Gall. 2, S. 843–1021) 301, 395, 414, 463, 579, 648, 670, 685, 749, App. 4, 5, 9, 25, 43, 46, 48 Pasinus, Iulius (Laudes, S. 14f.) 337 (=Laudes, S. 14f.) Pellicia, Paulus (Laudes, S. 31) 357 (=Laudes, S. 31) Petrella, Bernardinus (Bernardino Petrella, 16. Jh.; Laudes, S. 13) 320 (=Laudes, S. 13) Pictorius, Ludovicus Bigus (Ludovico Bigo Pittorio, 1452/4–1525; Del. Ital. 1, S. 404–436) 77, 184 Pigna, Ioannes Baptista (Giovanni Battista Pigna, 1529-1575; Horti 1, S. 279r–297v; Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 287v–304v; Del. Ital. 2, S. 216–245) 152 (=Horti 1, S. 281r–v=Del. Ital. 2, S. 219f.=Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 289r–290r), 235 (=Horti 1, S. 282r= Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 290v=Del. Ital. 2, S. 221) Politianus, Angelus (Angelo Poliziano, 1454–1494; Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 56r–132r; Del. Ital. 2, S. 256–368) 124, 198, 262, 297, 493, 775

Die Veneres Blyenburgicae  

Pontanus, Ioannes Iovianus (Giovanni Gioviano Pontano, 1428/9–1503; Horti 1, 87v–150r; Del. Ital. 2, S. 368–492) 12, 29, 39, 49, 174, 217, 220, 242, 258, 295, 364, 378, 388, 421, 453, 471, 494, 571, 622, 636, 642, 683, 711, 723, 743, 822, 831, 835, 855 Porcelius = Basilius Parmensis (Basilio da Parma, 1425–1457) 660 (= Isottaeus 2,7) Posthius, Ioannes (Johannes Posth, 1537–1597; Del. Germ. 5, S. 122–244) 93, 236, 293, 319, 329, 355, 371, 410, 492, 551 Priulus, Aloisius (–1560; Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 206r–208r; Del. Ital. 2, S. 497–500) 179 (=Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 206r–v=Del. Ital. 2, S. 497f.) Quaerengus, Antonius (Antonio Quaerengi, 1546–1633; Laudes, S. 5–8, 46–48) 251 (=Laudes, S. 46f.), 321 (=Laudes, S. 5–8) Rhodiginus, Ludovicus Caelius (Ludovico Maria Ricchieri, 1469–1525) 338, 669 Robortellus, Franciscus (Francesco Robortello, 1516–1567; Carm. Praest., S. 61v–62r; Laudes, S. 3f.; Del. Ital. 2, S. 540) 285 (=540=Laudes, S. 3) Rogerius, Danielis (Daniel Rogers, 1538?–1591) 39 (=Valens Acidalius, Macedonii), 121, 181, 203, 411, 508, 659, App. 48 Roselettus, Claudius (Claude Rosselet, Ausgabe der Epigramme: Leiden 1537; Del. Gall. 3, S. 254–262) 184, 411 Sabinus, Georgius (Georg Sabinus, 1508–1560; Horti 2, S. 55r–63r; Del. Germ. 5, S. 920–1176) 111, 202 Sammarcus, Ioannes Vincentius (Laudes, S. 66) 357 (=Laudes, S. 66) Sannazarius, Iacobus (Jacopo Sannazaro, 1458–1530; Horti 1, S. 324v–336r; Del. Ital. 2, S. 602– 761) 138, 160, 254, 467, 529, 618, 707, App. 17 Scaliger, Iulius Caesar (Giulio Cesare Scaligero, 1484–1558; Del. Ital. 2, S. 778–919) 8, 33, 78, 157, 171, 172, 178, 231, 256, 299, 375, 389, 390, 398, 426, 435, 460, 483, 514, 631, 652, 675, 705, 738, 748, 752, 766, 774, 780, 783, 786, 833, 845, 848, 853, 862, App. 5, 15, 40, 75 Schellenbergius, Christophorus (Christoph Schellenberg, ?–1576; Horti 2, S. 254r–276r; Del. Germ. 5, S. 1209–1389) 670 (=Auszug aus: Horti 2, S. 254v-256r) Sconaeus, Cornelius (Cornelius Schoon[e], 1540–1611, Del. Belg. 4, S. 68–87) 141, 191, 202 Scorelius, Adrianus (Adriaen Schoorl, 1530–1559; Horti 2, S. 141v–148v; Del. Belg. 4, S. 124–135) 46, 119, 175, 176, 186, 648, 678 Secundus, Ioannes (Jan Everaerts, 1511–1536; Horti 2, S. 183–; Del. Belg. 4, S. 146–352) 10, 88, 200, 232, 461, 520, 551, 597, 663, 671, 679, 716, 732, 765, 840, App. 45 Sepinus, Gervasius (Gervais Sepin, Ausgabe von Erotopaegnia: Paris 1553; Horti 3, S. 69r–94v; Del. Gall. 3, S. 743–829) 468 (=Horti 3, S. 83r–84r), 686 (=Hor-ti 3, S. 79v–80r) Seydelius, Bruno (Bruno Seidel, 1530–1591) 196, 215, 554 Sinapius, Chiliano (Kilian Senf, 1516–1563) App. 59 Spinula, Franciscus (Publio Francesco Spinula, 1520–1567; Del. Ital. 2, S. 986–990) 63, 137, 148, 221, 361, 405

  Beate Hintzen Stephanus, Henricus (Henri Estienne, 1581–1598; Del. Gall. 3, S. 840–909) 75, 202, 216, 441, 505, 558 Stopius, Nicolaus (Nicolaas de Stoop, ?–1568; Laudes, S. 15–25; Del. Belg. 4, S. 359–368) 272 (=Teil einer polimetrischen Dichtung, in: Tempio a Giovanna d’Aragona, 83 2. Teil, S. 75–107, hier S. 98) Stroza Pater, Titus Vespasianus (Tito Vespasiano Strozzi, 1425–1505; Horti 1, S. 33v–87r; Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 356r–357r; Del. Ital. 2, S. 990–1071) 25, 35, 66, 81, 185, 193, 199, 344, 446, 477, 497, 647, 727, 734, 742, 782, 808 Stroza Filius, Hercules (Ercole Strozzi, 1471–1508; Horti 1, S. 11v–33r; Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 341r–355v; Del. Ital. 2, S. 1071–1118) 82, 294, 298, 318, 449, 478, 504, 727 Sussanaeus, Hubertus (Hubert Sussaneau, 1512–1550) 180, 441 [Taygetus, (Ioannes) Angelus (Giovanni Angelo Taigeto, um 1560; Carm. Praest., S. 43v–45r; Horti 1, S. 308r–v; Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 286v–287r; Del. Ital. 2, S. 1118f.)] Taygetus, (Ioannes) Antonius (Giovanni Antonio Taigeto; Carm. Praest., S. 91v–111r; Horti 1, S. 344r–352r; Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 275v–283r; Laudes, S. 8f. [3 Gedichte]; Del. Ital. 2, S. 1119–1146) 183 (Carm. Praest. S. 108v–109r=Horti 1, S. 346v–347r= Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 277v–278r), 222 (= Horti 1, S. 352r= Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 283r=Del. Ital. 2, S. 1146), 257 (=Laudes, S. 8f., 2. Gedicht), 456 (=Horti 1, S. 350r–v= Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 281v), 630 (=Horti 1, S. 351r= Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 282r), 696 (=Horti 1, S. 351v= Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 282v) Tebaldaeus, Antonius (Antonio Tebaldeo, 1463–1537; Carm. Ital. 1576/7, 1, S. 225r–230r; Del. Ital. 2, S. 1147–1152) 140 (=Carm. Ital. 1576/7, 1, S. 226r), 252 (=Carm. Ital. 1576/7, 1, S. 228v), 363 (=Carm. Ital. 1576/7, 1, S. 226v), 668 (=Carm. Ital. 1576/7, 1, S. 225v) Terminius, Nicolaus (Laudes, S. 38) 257 (=Laudes, S. 38) Theseus, Ioannes/Ianus (Gedichtausgabe: [Venedig] 1535; Del. Ital. 2, S. 1153f.) 23, 41, 55, 104, 220, 239, 358, 487, 506, 613, 659, 850 Torrentius, Laevinus (Lieven van der Beke, 1525–1595; Del. Belg. 4, S. 395–449) 20 (=Del. Belg. 4, S. 425f.), 438 (=Del. Belg. 4, S. 426f.) Toscanus, Ioannes Matthaeus (korr. nach S. 40), (Giovanni Matteo Toscano, 1500–1576; Carm. Ital. 1576/7, 1, S. 2r–7r; Laudes, S. 88f.) 45, 129, 162, 166, 187, 198, 253, 273, 277, 325, 496, 638 (=Laudes, S. 88f.), 668, 803, 832, 850 Turcus, Ioannes Antonius (ital. Arzt, 2. Hälfte des 16. Jh.s: De principiis naturae commentarii tres, Verona 1576; Laudes, S. 68) 285 (=Laudes, S. 68) Valerianus, Ioannes Pierius? (Giovanni Pierio Valeriano; Del. Ital. 2, S. 1193–1380), 580, 800, App. 4, 24 Vallambertus, Simon (Simon de Vallambert, –1558; Horti 3, 45r–46v; Del. Gall. 3, S. 1123–1128) 100 (= Horti 3, S. 45r–v), 272 (= Horti 3, S. 46v)  83 S.o. S. 300–301 mit Anm. 34.

Die Veneres Blyenburgicae  

Veselius, Theodorus (Théodore de Bèze, 1519–1605) 56, 109, 168, 527, 560, 634, 769, 784, App. 78, 79, 80 Vicecomes, Hieronymus (Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 226r–v; Del. Ital. 2, S. 1397f.) 277 (=Ausschnitt aus Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 226r–v=Del. Ital. 2, S. 1397f.) Vrsinus ‹Velius›, Casparus (Caspar Ursinus Velius, 1493–1539; Horti 2, 246r–252r; Del. Germ. 6, S. 992–1045) 32, 102, 173, 254, 422, App. 64 Vtenhovius, Carolus (Karel von Utenhove, 1536–1600) 30, 278 Vulteius, Ioannes (Jean Vouté oder Visagier, Ausgabe von Epigrammen: Leiden 1537, von Hendekasyllaben: Paris 1538; Del. Gall. 3, S. 1131–1147) 19, 31, 37, 74, 125, 149, 176, 186, 202, 289, 329, 363, 382, 404, 440, 471, 474, 526, 552, 861, App. 45 Weydlingus 268 (= Verse aus Heinrich Decimator, Epithalamium I: M Georgio Schlio et Margaretae Schmides, in: Poematum Henrici Decimatoris Giffhornensis libri IIII. Leipzig 1586, S. H1v) Zanchius, Basilius (Basilio Zanchi, Bruder von Giovanni Crisostomo Zanchi, s.o. Chrysostomus, 1501–1558; Horti 1, 169r–182r; Carm. Ital. 1576/7, 2, S. 188v–189r; Del. Ital. 2, S. 1472f.) 236=271 (=Horti 1, S. 181v) Zwingerus, Theodorus (Theodor Zwinger, 1533–1588) App. 59, 61

  Beate Hintzen

Anhang 2: Die fünf Felder des Hortus Amorum Areola Prima. Ad Amicam. Areola Secunda. Laudes. Ad Adrianum Manmakerum. Ad Cornelium van der Myl. Divisiones. Divisiones, seu Flores I. Salutationes I. Excellentia Foeminei Sexus II. Invitationes II. Similitudines III. Allusiones III. Laudes IV. Preces IV. Virtutes V. Lamenta V. Musica VI. Ad Amicam, et econtrâ VI. De Prudentia, Ingenio,et Eloquentia Amicae VII. De vita, fidelitate, et miseria sua VII. De Pudicitia, et Castitate virginum IIX. De virtute, et praestantia Amoris IIX. De Pulchretudine Foeminarum X. Vituperia A Saevitia Areola Tertia. Ad Seipsum. Areola Quinta. Ad Animum, MenA Duritie Ad Ioachimum a Myerop. tem, Mortem, et Similia. Ab Avaritia Divisiones, seu Frutices. Ad Petrum Maelsonium. A Superbia I. Vota Surculi. A Fuco II. Suspiria I. Animo, Menti, Cordi, et GeA Sordibus III. Amores nio A Garrulitate IV Desideria II. Ad Pueros, Puellas, AdoleA Levitate V. Gaudia scentes, Sodales, et Servos XI. Excusationes, et veniae VI. Dolores III. Ad Anum, Acum, Apes, et petitiones VII. Fides Araneam XII. Valedictiones VIII. Ad Seipsum IIII. Ad Leporem, Catellum, et IX. Ad Amicos Caprum V. Ad Aviculas, Turtures, Passeres, Philomelas, et Psittacos VI. Phaenici, Hyrundini, Turdo, et Acanthidi VII. Ad Musas, Cytharam, Che-

Areola Quarta. Ad Venerem et Cupidinem. Ad Michaelem a Crayesteyn. Semina. I. Pro Venere II. In Venerem III. De Venere IV. Ad Venerem V. Pro Cupidine VI. In Cupidinem VII. De Cupidine VIII. Ad Cupidinem

lyn, Lyram, et Choreas VIII. Ad Manum, Dentem, Linguam, Pedem, et Imaginem suam IX. Ad Rosas, Violas, Flores, Corollas, et Aurea mala. X. Ad Annulum, Gemmas, Vniones, et Monilia XI. Fibulae, Vehiculo, Clatris, et Speculo XII. Fluuio, Fonti, Ruri, et Hortulo XIII. Ad Iovem, Martem, Phaebum, Floram, Faunum, et Charites XIIII. Ad Luciferum, Auroram, Auram, Caurum, et Solem XV. Ad Vesperum, Lychnum, Lectulum, Somnum, Stellas, Lunam, et Noctem XVI. Ad Febrim, Amantium umbras, Mortem, et Charontem

Die Veneres Blyenburgicae  

Abbildungen

Abb. 1: Pianta dell’horto dei semplici di Padova. In: L’Horto di Semplici di Padoua, Que si vede primiramente la forma di tutta la Pianta con le sue misure: & indi i suoi Partimenti distinti per Numeri in ciasuna Arella, Intagiato in Rame. Venedig: Girolamo Porro 1591 (ohne Seitenzahl).

Abb. 2: Hortorum viridariorumque elegantes et multiplices formae ad architectonicae artis normam affabre delineatae a Iohanne Vredemanno Frisio, Antwerpen 1583, hier: 3. Auflage, ca. 1636, S. 77.



Weltlicher und geistlicher Petrarkismus des 17. Jahrhunderts in Nord- und Osteuropa

Elena Dahlberg

A Petrarchist Poet among his Friends – Zacharias Lund’s Poematum Juvenilium Libri IV (1634) in its Socio-Literary Context The present paper concerns Petrarchism in one particular collection of Neo-Latin poetry, the 1634 Poematum Juvenilium Libri IV by Zacharias Lund (1608–1667), which reflects the environment where Lund obtained his humanist training. The analysis shows that his aesthetic values included the so-called Petrarchist idiom, to use Leonard Forster’s label. 1 In addition, it will be argued that Lund’s Latin Petrarchism exhibits a high level of originality and deserves to be appreciated in its own right. 2

 Zacharias Lund: Life and Poetic Œuvre Zacharias Lund was born in 1608 in the village of Nübel (now Nybøl) in Schleswig. 3 His career path was pursued in a typically humanist manner. After obtai 1 Leonard Forster: The Icy Fire. Five Studies in European Petrarchism. Cambridge 1969, pp. 8. 2 When using the terms Petrarchist and Petrarchan, I follow the convention established in Forster 1969. 3 The fullest account of Lund’s biography will be found in Ulrich Moerke: Die Anfänge der weltlichen Barocklyrik in Schleswig-Holstein. Hudemann, Ris, Lund. Neumünster 1972, pp. 133–149. See also Minna Skafte Jensen, The Latin Poet Zacharias Lund (1608–1667). In: Friendship and Poetry. Studies in Danish Neo-Latin Literature. Ed. by Marinane Pade, Karen Skovgaard-Petersen and Peter Zeeberg. Copenhagen 2004, pp. 125–127. The latter is a translation of Minna Skafte Jensen: Latindigteren Zacharias Lund (1608–1667). In: Fund og Forskning 33 (1994), pp. 19–34. In addition, the following works by Minna Skafte Jensen are significant for understanding the various facets of Lund’s poetry: Competing Aesthetics in the Poetry of Zacharias Lund (1608– 1667). In: Welche Antike? Konkurrierende Rezeptionen des Altertums im Barock. 1–2. Ed. by Ulrich Heinen, Elisabeth Klecker, Hartmut Laufhütte, Barbara Mahlmann-Bauer, Dirk Niefänger, Sandra Richter, Wilhelm Schmidt-Biggemann, Johann Anselm Steiger and Guillaume van Gemert. Wiesbaden 2011, pp. 985–994; Dänische Lateindichtung als Vermittlerin europäischer Kulturströmungen nach Dänemark 1550–1660. In: Europa in Scandinavia. Kulturelle und soziale Dialoge in der frühen Neuzeit. Ed. by Robert Bohn. Frankfurt a.M., Berlin, Bern, New York, Paris, Wien (studia septemtrionalia 2), pp. 85–90; Zacharias Lund (1608–67) and the Early Baroque. In: Skandinavische Literaturen der Frühen Neuzeit. Ed. by Jürg Glauser and Barbara Sabel. Tübingen, Basel 2002 (Beiträge zur Nordischen Philologie 32), pp. 9–16; A Latin Poem by Zacharias Lund (1608–1667). In: Erudition and Eloquence. The Use of Latin in the Countries of the Baltic https://doi.org/10.1515/9783110780048-013

  Elena Dahlberg ning primary education at the schools of Sonderburg and Flensburg, Lund spent five years in Hamburg. There, he followed his elder brother’s example and attended the prestigious Johanneum. With its focus on the Classics, the Johanneum provided Zacharias Lund with profound proficiency in Latin. This milieu became a perfect soil in which to cultivate learned friendships, relationships that Lund came to cherish throughout his live. In 1630, Lund matriculated at Wittenberg, while many of his friends by then had left for Leiden. This did not prevent them from exchanging letters and poems. These social and literary networks are featured both in Lund’s German and in his Latin poems. In addition to the stimulating environments of the Johanneum and Wittenberg, Lund was lucky to have two family members who could provide him with inspiration in the field of poetry writing: at least two persons from Lund’s closest family had practised poetry composition, viz. his maternal grandfather Zacharias Widing (1560–1601) and his elder brother Johannes (ca. 1602–1659). The time that Lund spent in Wittenberg totaled less than eighteen months, but these months were the more important for his formation as a Neo-Latin poet. It was there that Lund met with the renowned professor of rhetoric August Buchner. The famous German scholar saw Lund’s talent and encouraged him to write poetry. After his studies at Wittenberg, Lund headed home. Before reaching his native lands, he made a short séjour in Leipzig. After the university studies, Lund earned a living as a tutor and preceptor of young noblemen. Between the years 1640–45, he accompanied one of his pupils, Holger Vind, on a grand tour through Europe. Upon his arrival home, he was appointed headmaster of the boarding school of Herlufsholm. Three years later, he became the chief librarian of one of the largest libraries in Europe, the library of Jørgen Seefeld in Ringsted with its 26,000 volumes. During the Swedish War (1657–1658), the library was destroyed and its collection scattered. Lund’s last appointment was as Secretary of The Danish Royal Chancery, a position that he held from 1657 until his death in 1667. Today, Lund is mostly known for his Allerhand artige Deutsche Gedichte, which were published in Leipzig in 1636. The collection contains Lund’s own compositions plus translations and paraphrases of other Renaissance poets. In the volume’s preface, Lund made it clear that he was embracing the new trend of writing poetry in the vernacular. But prior to the Allerhand artige Deutsche Gedichte, Lund had released a collection of Latin poems under the title Poematum Juvenilium Libri IV. In 1643, he published an additional collection of poetry con Sea (1500–1800). Ed. by Outi Merisalo and Raija Sarasti-Vilenius. Helsinki 2003 (Humaniora 325), pp. 33–49.

A Petrarchist Poet among his Friends  

sisting of Latin epigrams. This edition is now lost, but we have a number of his other poems preserved as manuscripts. Furthermore, we find Lund’s poetic pieces incorporated in the collections of poetry of his friends. In fact, his Latin poems are small gems that were commended by distinguished humanists such as Buchner and Daniel Heinsius. 4

 Previous research and the aim of the present study Zacharias Lund’s poetry has been the subject of research of several scholars. Ulrich Moerke’s study with its focus on Lund’s Allerhand artige Deutsche Gedichte and Minna Skafte Jensen’s overview of his Latin poetry are the most extensive among these investigations. 5 Both Moerke and Skafte Jensen have pointed out that Lund was a sophisticated poet and a talented translator. They have also demonstrated how Lund absorbed ideas of those who constituted his immediate milieu. Moerke is the one who identifies Petrarchist traits in Lund’s German poetry. Building on these two scholars’ observations, the present contribution will explore Lund’s Neo-Latin Petrarchism is his Poemata Juvenilia. The investigation will also discuss the socio-literary functions of the collection.

 Zacharias Lund’s Poematum Juvenilium Libri IV: Structure and Style Lund composed his first Latin collection when staying in Lütjenhorn in North Friesland as a preceptor of a young nobleman named Hans von der Wisch. He issued the Poematum Juvenilium Libri IV in 1634 with the Hamburg publishing company of Heinrich Werner. Hamburg had just developed into a vibrant literary hub and the Werner publishing house was bringing out literary works of true

 4 About Buchner’s appreciation of Lund’s Latin poetry, see Minna Skafte Jensen 2004 (n. 3), p. 125. For Heinsius’ positive criticism, see Moerke (n. 3), p. 154, n. 263. 5 Moerke (n. 3), pp. 133–202, and Skafte Jensen 2004 (n. 3). See also Anthony J. Harper: Leipzig Poetry after Paul Fleming. In: Daphnis, Zeitschrift für Mittlere Deutsche Literatur, Band 5, Heft 1 (1976), pp. 145–170, here pp. 148–149. Harper finds the Allerhand artige Deutsche Gedichte with no obvious principle of organization and not that experimental.

  Elena Dahlberg Humanist nature, including secular song-books and poetry. 6 It is thus not surprising that Lund with his deep interest in literature had chosen Hamburg for his studies and that he had his collection published with Werner. The Poemata Juvenilia is a quarto volume comprising 116 pages of Lund’s Latin poetry accompanied by thirty-four pages of dedicatory material introducing the edition’s different parts. The volume is dedicated to Duke Philip of SchleswigHolstein. In his Epistola Dedicatoria, Lund explains that he is seeking the duke’s patronage: he celebrates the dedicatee’s godlikeness and places his own writing and learning, “meae chartae meaque studia”, in the duke’s service. The paratexts that follow include short congratulations by Professor of Classical antiquity Heinrich Vagetius, the Hamburg humanist Joachim Petersen, later to be appointed to the post of Secretary of Hamburg, and Lund’s close friend Vincentius Fabricius. 7 Fabricius is the author of the closing congratulatory poem that announces the subject of the collection: Lund’s poetry is concerned with hunting and love for a certain Charinta. The collection is divided into four distinct parts, each of which has an own addressee. The first two parts are books of elegies. The Elegiarum liber primus is dedicated to the young nobleman Hans von der Wisch, who was Lund’s pupil at the time. After the address to the young gentleman, Lund offers his Ad lectorem poem. This introductory poem contains a humble recusatio, where the poet pays a special tribute to Ovid’s elegiac poetry: Si tibi res tanti est, lege bis duo disticha Lector; Et cur rauca legas carmina, certus eris. Ipse loci Genius quotus est, ita quisque Poeta est. In tristi cecinit Tristia, Naso, loco. 8

 6 For an overview of Hamburg’s humanist culture during the period in question, see Antony J. Harper: German Secular Song-Books of the Mid-Seventeenth Century. Cornwall 2003, chap. 5. 7 The copy of Lund’s collection kept in the Royal Library in Stockholm seems to have been Vagetius’ own copy, as it contains the following handwritten greeting: “Henrico Vagetio, P. P. Amico Meo.” 8 For more detail about Ovid’s Tristia as a part of the corpus of Roman amatory poetry, see Denise Eileen McCoskey and Zara Martirosova Torlone: Latin Love Poetry. London 2014, chap. 6. On Ovid as the chief model of early modern elegiac poetry, see Holt N. Parker, Renaissance Latin Elegy. In: A Companion to Roman Love Elegy. Ed. by Barbara K. Gold. Oxford 2014, p. 476. See also Jozef Ijsewijn and Dirk Sacré: Companion to Neo-Latin Studies. Part II. Literary, Linguistic, Philological and Editorial Questions. Leuven 1998, p. 80.

A Petrarchist Poet among his Friends  

If you think it is worth it, read these four distiches, my Reader, and why the poems you are reading are rough, this you will find out for sure. So is the spirit of a place, so is every poet. Naso sang his Sorrows in a sorrowful place. 9

The number of elegies in this first book is eleven. As we already know from Fabricius’ congratulation, hunting and the young narrator’s love for a beautiful Charinta are the subject matter of the poems. The woman’s name might bring to mind Ovid’s Corinna that contains the same number of syllables with exactly the same leghts. Stemming from the Greek χάρις, it refers to the woman’s grace and beauty. The Elegiarum Juvenilium liber secundus contains fourteen poems. It is dedicated to medical doctor Joachim Elstorp, in whose house Lund stayed when in Hamburg. Many of this book’s poems have Lund’s fellow students as their addressees and describe these men’s academic circle. Thus, the scholarly milieus of Wittenberg and Leiden feature here. The main theme of the second book is the speaker’s unrequited love for Charinta and the poet’s advice to his friends who find themselves in similar situations. The third section of the Poemata Juvenilia is entitled Silvae. Its addressee is the poet’s close relative Titus Axenius. As the heading suggests, it offers a mixture of poetic texts in various metres and treating varied subjects. The section opens with a poem about the disaster brought to Europe by the ongoing Thirty Years’ War. A major part of the poems is made up of epitaphs and anagrams of the names of Lund’s friends. Occasionally, the poet returns to some of the themes that he has treated in the elegies, which motifs also include his young character’s passion of Charinta. The final part of the collection, Epigrammata, is dedicated to Buchner himself and consists of a hundred apophthegmatic poems. Many of them are only one distich long. Charinta makes her appearance here, too, and together with her, some of the humanists who were close to Lund. The four sections of the Poemata Juvenilia form a coherent whole. In order to comprehend and appreciate its closing part, the reader has to be familiar with the content of the first parts of the collection. There is no doubt that Lund took his inspiration from Ovid and other ancient elegists. Nevertheless, the most conspicuous feature of his volume is its obvious interplay with more recent literature: Lund’s poems are in constant dialogue both with the poetry by his early modern forerunners and with compositions by his friends. And as will be shown below, many of these Renaissance antecedents had worked in the Petrarchist tradition.

 9 The lines that Lund must have had in mind are Ovid, Tristia 5.3–6: “Hic quoque talis erit, qualis fortuna poetae:| invenies toto carmine dulce nihil. | Flebilis ut noster status est, ita flebile carmen, | materiae scripto conveniente suae.”

  Elena Dahlberg

 Lund’s Neo-Latin predecessors and interlocutors Zacharias Lund studied in Hamburg and then in Wittenberg during exactly those years when Petrarchism was experiencing its boom in Northern Europe: Italian madrigalia enjoyed exceeding popularity there, amatory poems in the vernacular were now in vogue, and books of love emblems were being produced by both Dutch and German scholars. 10 In fact, Lund’s collection of German poetry would contribute to the dissemination of Petrarchism in this part of Europe. Thus, Lund’s German renderings from other languages include his interpretation of one of Joachim du Bellay’s sonnets about the bard’s lute. 11 He also made a translation of a French pastroral play entitled Dieromene. Petrarch himself is praised for his vernacular poetry in the preface to Lund’s Allerhand artige Deutsche Gedichte. 12 Lund’s own German love poetry was highly influenced by Paul Fleming’s poems and thereby readapted Johannes Secundus’ Basia. 13 This said, a considerable number of seventeenth-century writers, Fleming being among these authors, practised translation of vernacular poetry into Latin. 14 Lund participated in this exercise as well: his Juvenilia include Latin interpretations of Italian poems by the fifteenth-century humanists Battista Guarino and Francesco Guicciardini. 15 Thus, the Danish poet was actively engaged both in the new vernacular enterprise and in the contemporary Neo-Latin traditions. In fact, the Neo-Latin convention was an important shaping factor for Lund’s Petrarchist production. And the models to imitate were numerous.

 10 For a good overview of the cultural trends in seventeenth- and eighteenth-century Germany, see Isabella van Elferen: Mystical Love in the German Baroque. Theology, Poetry, Music. Lanham, Toronto, Plymouth 2009 (Contextual Bach Studies 2). 11 The German paraphrase is entitled Der Bräutigam redet fast wie der Frantzos du Bellay seine Laute an. See Zacharias Lund: Allerhand artige Deutsche Gedichte. Leipzig 1636, pp. 19–20. Lund alters the French sonnet’s content: his narrator explains that he wants to exchange his usual lute for a new one for his wedding night. See Moerke (n. 3), p. 175. 12 See Vorrede in Lund (n. 11), p. [9]. 13 Moerke (n. 3), pp. 178–179. 14 On Fleming’s translation of German poetry into Latin, see Beate Hintzen: Daniel Heinsius, Martin Opitz und Paul Fleming. Übersetzung und Transfer vom Griechischen ins Deutsche und vom Deutschen ins Lateinische. In: Dynamics of Neo-Latin and the Vernacular. Language and Poetics, Translation and Transfer. Ed. by Tom Deneire. Leiden, Boston 2014 (Medieval and Renaissance Authors and Texts 13), pp. 177–201, here pp. 187–200. 15 His translation of Guarino’s poem is mentioned in Skafte Jensen 2004 (n. 3), p. 130.

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. Hans Jørgensen Sadolin On Danish soil, Lund could have found a source of inspiration for his amatory verses in the Latin poetry by his compatriot Hans Jørgensen Sadolin (1528–1601). Jørgensen Sadolin, educated in Germany, issued his Elegidia (Wittenberg) in 1552. 16 Among his dedicatees, we meet with Philip Melanchthon. Love and poetry are the collection’s main theme. One of the persons encountered throughout the Elegidia is a woman: Cassionella. The collection’s first elegy about beautiful Cassionella exhibits a number of features that we associate with the poetry of Ovid, Catullus, Propertius and possibly even Johannes Secundus. Among these conceits, we find the poet’s phrases about the unattainability of the beloved one. His only way to reach her is by letters (Ad Cassionellam, 25–28): O quam te cuperem, mea Cassionella, videre, Impediunt cursum flumina multa meum. Vana peto, satis est tantum dixisse puella, Cum rursus scribam nuntius ales ero. 17 O how much I would love to see you, my Cassionella, but many streams obstruct my course. I am trying in vain. I can only say, my girl: ‘When I write to you again, I will be a winged herald.’

The puella is of course both Catullan and Propertian, 18 whereas the phrases vana peto and nuntius ales lead our thoughts to Ovid’s Heroides 18, which is Leander’s letter to Hero. 19 In another elegy, also titled Ad Cassionellam, the young man asks the lady to give him kisses in exchange for his poems. But he immediately reveals that he is going to answer her with kisses. In addition to Catullus, the model for the verses above might have been found in Secundusʼ Basia. That is how Jørgensen Sadolin puts it (Ad Cassionellam, 1–8): O celebris nostro versu laetare puella, Namque tuum nomen iam super astra volat.

 16 Cf. Skafte Jensen 2004 (n. 3), p. 130. See also eadem: Denmark. In: A History of Nordic NeoLatin Literature. Ed. by Minna Skafte Jensen. Odense 1995, pp. 19–65, here p. 24. 17 Hans Jørgensen Sadolin: Elegidia. Wittenberg 1552, p. [7]. 18 For further examples of this Catullan-Propertian trend in poems by other Neo-Latin authors, see Luke B.T. Houghton: Renaissance Latin Love Elegy. In: The Cambridge Companion to Latin Love Elegy. Ed. by Thea Thorsen. Cambridge 2013, p. 300. 19 Ovid, Epistulae 18.47–48: “Vana peto; precibusque meis obmurmurat ipse | quasque quatit, nulla parte coercet aquas.”

  Elena Dahlberg Quid pia virgo mihi pro tali munere reddis? Aurum? Hui‹c› nolo tali‹a› dona dari. 20 5 Basiolam teneris saltem mihi fige labellis, Basiolo vendam carmina nostra tibi. Basia nunc sumpsi, tibi basia reddo vicissim. Nam precio Musas vendere nolo sacras. O my girl, celebrated in my verses, rejoice, as your name now rises higher than the stars. What will you offer me in return, my pious lady, for a gift so great? Gold? I do not want such gifts for this. [5] Just give me a little kiss with your soft lips, and I will sell you my poem for every little kiss. I have now received a kiss and will answer it with my kisses, as I do not want to put a price on the sacred Muses.

In Jørgensen Sadolinʼs longest piece about Cassionella, titled in the same way as the two previous elegies about the young lady, the poetic persona makes an attempt to charm the girl by promising her various delicacies from his garden. Naturally, this place is an alluring place for kissing (Ad Cassionellam, 15–18): Dulcibus implebo pomis, corilisque canistrum, Fructibus et aliis quos meus hortus habet. Solus odorifero placide tibi iunctus in horto, Affigam roseis oscula mille labris. 21 I will fill your basket with sweet apples, hazel, fruit and other things that my garden brings forth. Alone pressed gently to you in the fragrant garden will I leave a thousand kisses on these rosy lips.

They have to seize the moment, as their youth and beauty will pass. All of these subjects, including the theme of the transience of beauty, will be explored in Zacharias Lund’s poems as well. There is no doubt that Lund came into contact with Jørgensen Sadolin’s edition during his years in Wittenberg or perhaps even earlier when still in Sonderburg and Flensburg as a young boy.

 20 Jørgensen Sadolin (n. 17), p. [25]. The 1552 print has hui and tali, which are here changed into huic and talia. 21 Jørgensen Sadolin (n. 17), p. [38–39].

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. Daniel Heinsius A more immediate forerunner to and an interlocutor of Lund was Daniel Heinsius (1580–1655). His elegies celebrating Rossa came out in 1603. 22 Lund dedicates two epigrams to the famous puella of Heinsius. The poems exhibit quite a deal of antiPetrarchism in that they almost exaggerate some of the Petrarchan elements, which Epigramma 70 will demonstrate: Ad Danielem Heinsium de Rossa sua Rossa rosa est Heinsi, aut certe potis esse videri, Sive albore velis, sive rubore potest. Est Rosa rex florum. Rossa est regina Dearum, 5 Quae superat cunctas flore et odore rosas. Sit tibi ros liceat caeli aut solis, mihi certe Rorata est Veneris sanguine Rossa rosa. To Daniel Heinsius on his Rossa: Rossa is Heinsiusʼ rose, or to put it clearly she can certainly appear either as of the colour white, if you wish, or of the colour red. The rose is the queen of flowers. Rossa is the queen of goddesses, [5] as she rises above all the roses with her blossom and fragrance. Whether you have dew from the sky or dew from the sun, for me is Rossa certainly a rose bedewed with Venus’ blood.

Lund’s engament with Heinsius’ love poetry as well his possible interaction with Jørgensen Sadolin’s amatory pieces cannot be considered as evidence of Petrarchist influence. Nevertheless, these links still make it possible to associate Lund’s poetry with literary milieus, of which Petrarchism was an essential part or where this movement had just made its first appearance. 23

 22 For the most recent contribitions on Heinsius’ love poetry, see Daniel Heinsius – Neulateinischer Dichter und Klassischer Philologe. Ed. Eckard Lefèvre and Eckart Schäfer. Tübingen 2008 (NeoLatina 13). See also Georg Ellinger: Geschichte der Neutateinischen Lyrik in den Niederlanden vom Ausgang des fünfzehnten bis zum Beginn des siebzehten Jahrhunderts. Berlin, Leipzig 1933, chap. 7. 23 In the case of Heinsius, we deal with an already established tradition initiated by Johannes Secundus. See e.g. Beate Czapla: Die Entstehung von Kuβ und roter Rose. Die Transformation eines Mythos durch Johannes Secundus und andere. In: Johannes Secundus und die römische Liebeslyrik. Ed. Eckart Schäfer. Tübingen 2004 (NeoLatina 5), pp. 225–238. In the case of Jørgen Sadolin, we can expect that his studies in Melanchton’s Wittenberg also were his introduction to continental poetry of the Petrarchist type.

  Elena Dahlberg

. Vincentius Fabricius A third early modern poet to draw inspiration from was Lund’s friend Vincentius Fabricius (1612–1667). In fact, the Dane addresses this German humanist more frequently than others, and it is Fabriciusʼ juvenile poetry that provides us with the best key for understanding the context of Lund’s Latin amatory pieces. Fabricius had met Lund at the Johanneum in Hamburg. 24 After his learned studies in Hamburg, he moved to Leiden. After obtaining a proper humanist training, he enjoyed a successful career as the mayor of Danzig. While still a student he got to meet many of the greatest literary minds of his time. When in Leiden, he studied for the famous Heinsius. At the age of twenty-one, Fabricius issued his Poematum Juvenilium libri III (1633). It is dedicated to none other than Constatijn Huygens and contains congratulatory verses by Heinsius. The teacher’s poem, In Amores Nortvicenses Vincentii Fabrici sui, refers to Noordwijk on the shore of the North Sea, which was a place for recreation for students from Leiden. Heinsius celebrates Janus Dousa as the champion in the art of poetry among the Dutch and asserts that this achievement especially regards love poetry. Another congratulation was composed by Johannes Meier, who was a friend of both Lund’s and Fabriciusʼ. In his verses, Meier contends that Fabricius’ poetry about his Merilla will make her live for ever. Merilla will feature as Fabricius’ puella in Lund’s Poemata Juvenilia as well. Fabricius’ collection is divided into 1) two books of elegies, 2) a Miscellaneorum Liber, and 3) Epistolae. The title of the first elegy is telling: Ad Danielem Heinsium. De laribus Dousicis. There, the German poet recognizes his chief models. The elegy that follows is dedicated to our Zacharias Lund who is leaving for Holstein: Ad Zachariam Lundium in Holsatiam. Its first distich announces that Lund’s name will never die, thanks to beautiful Charinta and his poetry about her: Lundi, quem faciles Musae, quem blanda Charinta Iam dudum prohibent post tua fata mori. Lund, you whom the gracious Muses, whom the lovely Charinta since a long time ago prevent from perishing after your death.

In this elegy, Fabricius laments the loss of his beloved Phyllis, a tragedy of which Lund, as his close friend, was well aware:

 24 Moerke (n. 3), pp. 141, 144.

A Petrarchist Poet among his Friends  

Haec fuit illa dies, qua me sine amore futurum Iuravi, et, Lundi, tu quoque testis eras. Ter Phoebus (memini) sua signa recensuit, 25 ex quo Occubuit Phyllis, 26 et sine amore fui. Thus was the day when I swore not to pursue love, and Lund, you were also my witness. The Sun has run through his signs three times, since Phyllis died (indeed, I remember this!), and since that time I was left without love.

And as we will see, Lund and Fabricius compared their states of unhappy lovers time and again. It is interesting to note that Fabricius referred to Lund’s Charinta before the release of Lund’s collection. It becomes obvious that they had discussed their poems with each other before the respective collections saw the light in print. 27

 The Petrarchism of Lund’s Poemata Juvenilia From the very first poems of the Poematum Juvenilium Libri IV, the reader realizes that this project had been carefully considered. Carefully constructed, the collection has a clear Leitmotif, which is the narrator’s love for charming but cruel Charinta. The torso of the edition is constituted by the following elegies: 1.3, 1.5, 1.7, 1.9, 2.2, 2.6, and 2.9. The speaker introduces us to this lady in 1.3, which is an encomium to Diana. In the world of the Petrarchist poets, Diana is not only the goddess of hunting, but also a symbol of the lady’s unpredictability. 28 Two poems later, we learn about the protagonist’s growing passion. Elegy 1.7, Somnium, dedicated to poet Petrus Bonnicius, also a native of Schleswig, describes the poetic persona’s dream about his hunt of a beautiful hind. In the second half of the

 25 Cf. Ovid, Fasti 3.575–576: “signa recensuerat bis sol sua, tertius ibat | annus, et exilio terra paranda nova est.” 26 The verb occumbo (‘to set’) makes the reader picture Phyllis as a star. 27 For futher reflections on the literary connections between Fabricius and Lund, see Minna Skafte Jensen, Eine humanistische Dichterfreundschaft des siebzehten Jahrhunderts. In: Humanismus im Norden. Frühneuzeitliche Rezeption antiker Kultur und Literatur an Nord- und Ostsee. Ed. by Thomas Haye. Amsterstam 2000, pp. 265–287. This article is reprinted in Pade, Skovgaard-Petersen and Zeeberg (n. 3), pp. 201–226. 28 Du Bellay refers to Diana as such a symbol in his elegies. See Robert V. Merrill: Considerations on Les Amours de I. du Bellay. In: Modern Philology 33 (1935), pp. 129–138, here p. 130.

  Elena Dahlberg poem, Lund decodes this image: the hind stands for a formosa puella. A similar poem had been written by Fabricius and could have been the inspiration. 29 The first book’s emotional culmination is delivered in 1.9 Se, dum feras capit, captum queritur, where the protagonist becomes Charinta’s prey. The second book of Lund’s elegies accounts for the plight of the lover with broken heart. Many of the poems in this liber are turned into addresses to the poet’s friends and compare their love troubles with those of his young character. These first two parts of the collection are permeated with the mood and language of early modern Petrarchism. The present investigation is the first attempt to see Lund’s Latin poetry in the light of early modern Petrarchism. Leonard Forster’s scheme of analysis of early modern love poetry, which in turn builds upon Hans Pyritz’s insightful observations, has been found useful. 30 All the three traits identified by Forster are found here. Subsequently, the Silvae and the Epigrammata are concerned with the joy of falling in love and the unhappy lover’s wish to perish. Charinta returns in both sections, but it is the Elegiae and the Epigrammata that exhibit archetypical Petrarchism. These literary devices comprise: 1) Images that are associated with external conceits of the Petrarchist idiom. These include motifs such as the aesthetic appearance of the object of affection and the setting for the narrator’s first meeting with her (or the place that the narrator suggests for such a meeting). These passages abound with similes of various kinds and hyperbolic expressions. 2) Thoughts and emotions that describe the lover’s inner state and his wish to depart from this world. These verses will be characterized by the language of Petrarchan juxtapositions and oxymora. 3) The Neoplatonic idea of love as a mystical phenomenon. Similes and parallelisms are used to express this thought. These three conceits will be discussed as they appear in Lund’s collection. The same regards the stylistic devices that are associated with these features of the Petrarchist idiom. Let us turn to 1.5, which describes the place where Lund’s narrative persona wants his first encounter with Charinta to take place. The settings are typically Petrarchist: their first meeting must happen in a cave in a shady

 29 For an in-depth analysis of Lund’s dream poem, see Minna Skafte Jensen: A Dream. In: Pade, Skovgaard-Petersen, Zeeberg (n. 3), pp. 147–163. Skafte Jensen’s focus is on the classical allusions in the Somnium. 30 Forster (n. 1), pp. 8–9. See also Hans Pyritz: Paul Flemings Liebeslyrik. Zur Geschichte des Petrarkismus. Göttingen 1963, pp. 162–163.

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grove resounding with singing springs and covered with beautiful flowers (1.5.9– 14): 10

Huc ades, o mea lux, licet heic habitare Charinta. Heic domus ex puris stet tibi facta rosis. Aspice quam pulchros summittit terra colores, Pictaque quam molles efficit herba toros. Si mecum heic aderis, tibi quam levis effluat aetas! Durum nil metuas, Lux mea, triste nihil. Come here, my sweetheart. Here, Charinta, is the place for you to reside. [10] Let a home stand here made of pure roses for you. Look how the ground exhibits its beautiful colours, how the colourful grass forms a soft bedding. If you come here with me, o what a wonderful time will flow forth for you! Do not fear any hardship, my sweet, do not fear any sorrow.

As Forster points out, Petrarchists indulge in such sceneries, where their first meeting with his sweetheart occurs. 31 Thus, Cristoforo Landino’s character falls in love with his Xandra in similar settings, Xandra 1.3.19–32: Quin et tempus erat quo iam sub vere tepenti pectora nostra solent igne calere novo – Aurea Phrixei nam tum per vellera signi maxima lux mundi, sol agitabat equos – Cum sua nascentes depingunt floribus herbae prata novis foliis cum viret omnis humus, 25 Cum Veneris placidae stimulis excita volucris demulcet querulis frondea rura sonis, Cum desiderio tauri concussa iuvenca consortem viridis quaerit haberi tori, Cumque ovis irrigua nimium lascivit in herba 30 atque gregis sequitur sima capella virum, Omnia cum rident suavi respersa lepore et tenet in terris aurea cuncta Venus, […] 20

Indeed time was when, as the warming spring drew near, [20] my heart was wont to glow with newborn heat – for then the sun, greatest of the world’s lights, begins to drive his horses through Aries’ golden fleece – when the growing plants paint the meadows all with flowers while all the earth grows green with new leaves, [25] when stimulated by the incitements of gentle Venus birds with their plaintive songs allure the leafy countryside, when the heifer, smitten with yearning for the bull, longs to possess the mate of her green bed, and when the sheep capers wildly in the damp grass, [30] and the snub-nose she-goat stalks

 31 Forster (n. 1), p. 12.

  Elena Dahlberg the male of the flock, when all Nature laughs, bedewed with sweet charm and golden Venus embraces everything on earth; […] 32

Lund’s young protagonist expresses his wish to become Charinta’s slave and offers her anything she wants. He celebrates her beauty by comparing her appearance to the beautiful gifts he has ready for her (1.5.23–28): Nunc quoque vel solo, si quid cupis, innue nutu. A me quidquid aves imperiosa petas. 25 Si tibi vina velis, subito tibi vina dabuntur; Pomaque si poscas, protinus illa dabo. Cerea pruna tuis decerpas aequa capillis, Malaque sed labris aemula mala tuis. Give me now also a signal with one single nod, if you want anything. From me will you fetch all the things you wish to obtain on your command. [25] If you would like to have wine, wine will be served for you at once. If you demand fruit, I will bring it to you right away. You will enjoy plums that are as wax-coloured as your hair. Apples will you enjoy as well, but the apples will be emulating your lips.

The reader might recollect Vergil’s second eclogue (2.45–55), where Corydon explains that he had lost his Amaryllis and now it is Alexis who will be receiving his gifts such as apples and prunes. The shepherd asks Alexis to share his life with him in his simple abode, but the handsome boy scorns Corydon, which results in his friend’s suggestion to find a new Alexis to fall in love with. The scenario that Lund’s narrator has in mind is that after teaching the beautiful lady how to hunt, he will be able to take a nap with her in the grass of the grove. Then, after a playful argument, they will exchange kisses. By borrowing phrases from the world of hunting, the lines contain a great deal of eroticism. But even though erotically charged, the tension remains within the boundaries of Petrarchan love (1.5.63– 70): Ambo fatigati somnum capiemus in herba, Actis esse solet rebus amaena quies. 65 Tunc mihi mitis eris. Rapiam tunc crebra licebit Oscula, pugnabis, sed tamen apta dabis. Rapta dabis primo, paulatim sponte datura, Post etiam collo te implicuisse voles. 33  32 The translation relies on but slightly modifies Cristoforo Landino: Poems. Translated by Mary P. Chatfield. Cambridge, MA, London 2008 (The I Tatti Renaissance Library 35). 33 Cf. Tibullus 1.4.53–56: “tunc tibi mitis erit, rapias tum cara licebit oscula:| pugnabit, sed tibi rapta dabit. | rapta dabit primo, post adferet ipse roganti, | post etiam collo se implicuisse velit.”

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70

Hoc mihi contingat liceat sic vivere tecum, Deque tuo cupio pendulus ore mori. Tired the two of us will take a nap in the grass: rest is always delightful when the work has been completed. [65] Then will you be gentle with me. Then will I be able to snatch many kisses, and you will be struggling, but still will give me your kisses suitably. First you will let me steal them, but little by little you will offer them of your own accord. And after this you will wrap yourself around my neck. This be my lot: this be the way for me to enjoy my life with you. [70] And I want to die attached to your mouth. 34

The next poem, 1.6, is entitled Ad amicos absentes. It is the poet’s way to remind the reader that his poems are always in dialogue with those who are his source of inspiration and who constituted his circle of friends in Hamburg and Wittenberg. Thus, Fabricius is addressed there by name. After hearing about his illusory hunting in 1.7, we learn that the narrator’s love makes him suffer. 1.9 starts with the speaker’s appeal to dell-nymphs and Diana. In the vein of other Petrarchist poets, he wants the nymphs and the goddess to hear about his deplorable state. What happens then is the revelation of the inner world of the poetic I: rather than being happy and free, he is now wretched. Nature feels for him, something that is described by means of antitheses (1.9.7–12): Iste locus toties laetus mea gaudia sensit, Nunc sit tristitiae conscius ille meae. Istaec silva meos potuit cognoscere lusus, 10 Nunc eadem questus audiat illa meos. Liber eram, et nullos vacuus meditabar amores, Sperabam nullo vivere servitio. 35 So many times has this place felt my joy with me! May it now be privy to my sorrow. This grove used to see me having fun. [10] May now this grove hear me express my grief. I used to be free. I intended not to share love with anyone. I hoped not to live my life in enslavement.

The lines find a parallel in RVF 288.9–14, where Petrarch proclaims that the hills and the plain of Vaucluse know about his sorrow: Non è sterpo né sasso in questi monti, non ramo o fronda verde in queste piagge, non fiore in queste valli o foglia d’erba,

 34 For a discussion of this kind of eroticism in Petrarchist poetry, see Forster (n. 1), p. 12. 35 Cf. Propertius 2.2.1–2: “Liber eram et vacuo meditabar vivere lecto; | at me composita pace fefellit Amor.”

  Elena Dahlberg 12 stilla d’acqua non ven di queste fonti, né fiere àn questi boschi sì selvagge, che non sappian quanto è mia pena acerba. There is no shrub or stone in these mountains, no branch or green leaf on these slopes, no flower in these valleys, or blade of grass, no trickle of water comes from these springs, nor do these woods have beasts so savage that they do not know how bitter my sorrow is. 36

The next verses explain that the narrator has got ensnared through the work of scheming Amor (1.9.13–14): Nunc Puer imposuit, nunc me nil tale timentem Assueta tandem fraude fefellit Amor. 37 Now the Boy has duped me. Now Amor has finally tricked me with his notorious deceit, unwary as I was of anything of such sort.

After enjoying a blithe hunter’s life, the young man is put in chains. Powerful oxymora, antitheses and paronomasia are found suitable to render his experience (1.9.31–36): Iam mihi tenduntur casses teneorque catenis. 38 Iam mihi securo est insidiatus Amor. Captivus capio, peto iam dudum ipse petitus. Ipse ego dum facio vulnera, vulnus alo. 35 Est mihi mens amens, omnis via devius error. Fessa quies, expers spes, tenebrosa dies. The net is spread to take me and I am held in chains. Treacherous Amor was lying in ambush for me who was caught unaware. Imprisoned, I am on the hunt. I am aiming a blow, but now I myself am hit. While I am delivering wounds, I am nourishing my own wound. [35] My mind is out of its senses. Every road is a wayward stray road. The restfulness is being weary. The aspiration has lost its hope. The daylight is buried in the dark.

The language becomes more and more Petrarchist with every new distich. Thus, the speaker is presented as a sailor who is drowning in his own tears (1.9.39–40):

 36 Petrarch’s Lyric Poems. The Rime sparse and Other Lyrics. Translated and edited by Robert M. Durling. Cambridge, MA, London 1976. 37 Cf. Propertius 2.2.1–2 quoted above in n. 35. 38 Cf. Tibullus 1.6.5–6: “nam mihi tenduntur casses; iam Delia furtim | nescio quem tacita callida nocte fovet.”; 2.4.3–4: “servitium sed triste datur, teneorque catenis, | et numquam misero vincla remittit Amor [...].”

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Si mihi iam saevus fuerint suspiria ventus, Et peream lacrymis naufragus ipse meis. If my sighs now turn into a raging storm, I would perish, shipwrecked among my own tears.

Tears that turn into a river or that cause a river to rise recur in Petrarch’s lyric poems over and over again. In RVF 279.9–11, the poet pictures Laura as if she were still alive and as if he could hear her asking him not to pour forth a river of sadness from his eyes: ‘Deh, perché inanzi ‘l tempo ti consume?’ mi dice con pietate. ‘A che pur versi delgi occhi tristi un doloroso fiume?’ “Ah, why do you consume yourself so before the time?” she says, pityingly. “Why do you still pour forth a sorrowful river from your sad eyes?” 39

And now the reader is exposed to metaphors that must be the most Petrarchist in Lund’s entire corpus. The impression is reinforced by the anaphoric reuse of the words frigus and aestus within three distiches. Oxymora and antitheses are employed here as well (1.9.41–48): Non me detinuit frigus, non terruit aestus, Nulla sitis fuerat nulla morata fames, Quo minus exierim Venatum, sive nitebat Titan, seu mediis Luna rubebat equis. 40 45 Nunc aliud frigus, nunc alter perfurit aestus, Mox Alpes, fibras mox habet Aetna meas. Ardeo frigidior glacie, sitis ebria saevit, Aridaque Ebrietas, esurioque satur. No chill could stop me. No heat could frighten me. There was no thirst, no protracted hunger. I was not prevented from going out on the hunt, whether the Sun shone bright or the Moon blushed, while driving her team across mid-heaven. [45] Now a different chill and a different heat are raging in me. The Alps and Aetna hold my entrails from now on. I am ablaze, even though I am colder than ice. My watery thirst sears me. My drunkenness still needs to drink and my hungry person is full.

There is no doubt that Petrarch’s RVF 132, just recently translated by Opitz, offered images to borrow, but the figures of speech like the one juxtaposing cold  39 Robert M. Durling (n. 36). 40 Cf. Propertius 1.10.7–8: “quamuis labentis premeret mihi somnus ocellos | et mediis caelo Luna ruberet equis, [...].”

  Elena Dahlberg and heat that burn inside the lover’s chest had been adopted by Neo-Latin authors as well. Ugolino Verino puts it this way, Flametta 1.6.9–10 and 19–22: Me solum flammae rapiunt, me fervidus ignis Urit, et in tanto frigore fervet amor. [...] Hei mihi, rivalem nunc hunc, nunc aspicis illum, Frigidius glacie tunc mihi pectus erat. Et tamen in gelido caluerunt pectore flammae, Tempore sic uno frigus et ardor erat. Me alone the flames seize, me the blazing fire burns, and in such great cold my love brazes […] Woe is me, you catch sight of now this rival, now that – then my heart was colder than ice. And yet in my chill heart flames grew warm: thus at one and the same time there was both cold and burning. 41

In the closing part of Lund’s elegy, nature mourns anew as if feeling his distress. Once again, Lund’s lines resonate with the Petrarchan way of looking at love in a Neoplatonic way (1.9.71–72): Et mecum rauco labentem murmure rivum, 42 Et mecum frondes ingemuisse puto. I believe that the river flowing past with its hoarse roar and the leafy branches cried along with me. 43

The topos could have been a loan from ancient poets as well. That is how Vergil describes Eurydice’s death in Georg. 4.460–464: at chorus aequalis Dryadum clamore supremos implevit montis; flerunt Rhodopeiae arces altaque Pangaea et Rhesi Mavortia tellus atque Getae atque Hebrus et Actias Orithyia.

 41 The lines from the Flametta are translated and discussed in Luke B.T. Houghton (n. 18), p. 297–298. 42 Cf. Horatius, Epistulae 1.10.21–22: “purior in vicis aqua tendit rumpere plumbum, | quam quae per pronum trepidat cum murmure rivum?” 43 On the mourning of all nature in Neo-Latin poetry, see Hans Helander: Neo-Latin Literature in Sweden in the Period 1620–1720. Stylistics, Vocabulary and Characteristic Ideas. Uppsala 2004, pp. 524–527.

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But her sister band of Dryads filled the mountain-tops with their cries; the towers of Rhodope wept, and the Pangaean heights, and the martial land of Rhesus, the Getae and Hebrus and Orithyia, Acte’s child. 44

In 1.10, Lund complains about his depression. Moerke believes the poem to have been composed during the poet’s stay in Lütjehorn, where he tutored the young noble Hans von der Winsch. The German scholar points out that this place seems to have offered no stimuli, as the poet describes his state as close to dying. 45 I would like to argue that the poem should be seen in close relation to the preceding elegy: the narrative persona is unhappy because of his unrequited love. The death motif is explored further in the Liber secundus. The second book starts with an elegy addressed to Fabricius, who has lost his Phyllis. Lund wants his friend to find solace in the fact that all beauty fades and that many women are not all that virtuous. Look at Pasiphae and Phaedra! Look at Helen, to name of a few of these frivolous ladies! Eventually, the poet contends that his own Charinta is of this very kind. Johannes Secundus makes the same conclusion in his Elegiae 2.5.29–30, when it turns out that his new lady Neaera is harder of heart than his previous puella: Infidum genus, ah, nuper mea cura, puellae! Mentis pernicies insidiosa bonae! Faithless race, ah – my recent distress – women! Deceitful bane of a fine mind! 46

The closing part of Lund’s elegy is obviously Propertian, as it announces Charinta to have been the young man’s first love, but also to be his last (2.1.81–82): Una Charinta meum cor plus satis ussit, Amoris Quae mihi principium, quae mihi finis erit. 47 Charinta alone has set my heart ablaze more than enough. She is the one, who has incited Love in me. She will be the one to quench it.

 44 Vergil: Eclogues. Georgics. Aeneid I–VI. With an English Translation by H. Rushton Fairclough. Revised by G. P. Goold. Cambridge (MA), London 1999. 45 Moerke (n. 3), p. 143. 46 Johannes Secundus: The Amatory Elegies of Johannes Secundus. Translated by Paul Murgatroyd. Leiden, Boston, Köln 2000. 47 Cf. Propertius 1.12.19–20: “mi neque amare aliam neque ab hac desistere fas est: | Cynthia prima fuit, Cynthia finis erit.”

  Elena Dahlberg The poem ends with the speaker’s declaration that his religion will be his remedy. In the next elegy, 2.2 Ad Charintam, this renunciation of love proves to be unsuccessful: the narrator’s passion still burns him from inside (2.2.1–2): Uror inextincto caecoque Cupidinis aestu. Uror, et arcano totus in igne coquor. I burn of the inextinguishable and blind passion caused by Cupid. Every part of me burns and melts with a hidden fire.

The protagonist appeals to the grove and its inhabitants who know all about his grievances. Alliterations, assonances and homoioteleuta are ubiquitous (2.2.23– 34): Heic taciturna etiam praesunt loca sola querenti. Heic nemora, heic vacuos perfluit Albis agros. 25 Heic quoque non raro nostros testamur amores. Heic veterem pleno pandimus ore fidem. Non mihi amore potest vacuum discedere tempus. Si quid ago, si quid cogito, restat ‘AMO’. Silva mihi fuerit, fuerit mihi bestia testis. 30 Testis et est radix et mihi montis apex. Ipsae, argutae alias, resonant mea verba volucres, Quas toties Elegi detinuere mei. Numquid ego verum dicam, disquire, videbis, Ipsa nec elogiis saxa vacare tuis. 48 Here are now the only places that will be keeping silent about my laments. Here is the grove and the Elbe that traverses the empty fields. [25] Here I speak of my love time and again. I reveal my old faith quite openly. There is no moment in my life that is not filled with love. Whatever I do, whatever I think, one thing remains: ‘I love you.’ May the woods and its inhabitants ought be my witnesses! [30] The foot of the hill and its summit are my witnesses too. Birds themselves, at other times producing musical tones, repeat my words that are held back in my elegies. Ask whether I am telling the truth! You will see that the rocks themselves are filled with the elegies dedicated to you.

The narrator wants to keep his beloved’s fame alive by means of his elegies. The poem stands as a tribute to the genre of amatory poetry. The use of rime is applied again (2.2.57–6):

 48 Cf. Propertius 1.18.31–32: “sed qualiscumque es, resonent mihi ‘Cynthia’ silvae, | nec deserta tuo nomine saxa vacent.”, where the Roman elegist proclaims that the name of Cynthia will be repeated by the woods.

A Petrarchist Poet among his Friends  

Sic tua victuris insculpam nomina saxis. Sic eris in Libris mentio crebra meis. Thus I will carve your name upon the rocks that never vanish. Thus, you will be mentioned over and over again in my works.

When complaining about his love troubles that do not let him either eat or sleep, Lund warns his friends against their passion that will follow them everywhere (2.4). Unfortunately, not even reading poetry offers him refuge. In 2.6, he makes up his mind to leave this world in order to devote himself to another love, i.e. his Christian faith. Entitled Mundo valedicit, the poem starts with a definite farewell to worldly and secular concerns (2.6.1–4): Terra vale, mens alta suos exosa dolores Iam dum detrectat vivere, terra vale. Porta patet caeli. Sanctorum tendimus arcem. Cede Venus, mundi iam mihi sordet amor. Farewell, world! Aiming high, my heart cannot any longer endure its sorrows and now rejects life. Farewell, world! The heavenly door stands open. I am heading for the abode of the Saints. Venus, depart! My love for the earthly is despised by me now.

The narrator is not willing to live a long life. He is consumed by heartache and his poems will be filled with agony. What he wants is to reach heaven, which will be his safe harbour (2.6.11–20): Nolo meam mundi vana levitate Iuventam, Et iam casuris me satiare bonis, Ut mea perpetuis implere poemata curis Cogar, et antiquis incaluisse malis. 15 Ut mala depascat furtim mea corpora Febris, Membraque Fortunae dem laceranda rotis. Est satius semel ut tenues mutatus in auras Liber ab humana ducar in astra via. Heic erit immunis gravibus mens libera curis. 20 Heic tenet innumeras anchora certa rates. I do not want my youth to be content with the empty fickleness of this world and myself enjoy pleasures that pass so that I shall be forced to fill my poems with eternal troubles and be burning because of my old pain. [15] So that the hurtful fever stealthily will consume my body and I thereby will give my limbs to the wheel of fortune to be torn into pieces. It is better if, as soon as I am transformed into thin air and released from the path of the humans, I am free to be carried to the stars. Here my free heart will be immune from burdensome trouble. [20] Here a safe harbour is offered to a many ship.

  Elena Dahlberg The Petrarchan language is in full flow here: life is like a stormy sea, but when you have left the earthly affairs, you will be unbothered by the burning sun or harsh winter. This new state will enable Lund to pursue the chaste love for Christ (2.6.43–46): Lundius heic habitet, castos heic ludat amores, Heic domus, heic mea res, heic mea regna forent. Sancta Trias, supreme pater, dulcissime Jesu, Et tu qui Triados signa Columba dabas. Here will Lund have his abode. Here will he pursue chaste love. Here should my home be, here my life, my realm. Holy Trinity, supreme Father, dearest Jesus, and you who as a dove gave the Trinity its symbol.

This place will be his new Elysium, where he will be composing euphonious hymns (2.6.55–58): Lundius heic sacro Vates calefactus ab igne, Et cinctus semper fronde virente caput, Suavisonos finget modulatis versibus hymnos, Et totum sacro carmine panget opus. Lund the bard, burning with the holy fire and his head crowned with an ever-green bough, will compose sweet-sounding hymns of rhythmical modes and write a whole work of a sacred poem.

We understand that the surroundings he pictured for his romantic rendezvous with Charinta are now exchanged for the paradise of the heaven. The prototypes could be found both in Petrarch himself and in those who readapted him. Cristoforo Landino tries to make a similar choice when singing the heavenly in his Xandra, 1.16.1‒8:

5

Hactenus o lusi, satis est, lasciva Camenae Carmina, plusque satis me malus ussit amor! Nunc meliore lyra, divae, meliora canamus, Nam satis atque super me malus ussit amor. Dicamus coelum, coeli dicamus honores, Sitque mihi lacrimas promere posse pias.

A Petrarchist Poet among his Friends  

Et tandem pigeat tantos sumpsisse labores In cassum; pigeat paeniteatque mei. 49 Thus far, o Muses, I’ve played enough with wanton poems, and wicked Love has burned me even more than enough! Now, goddesses, let me hymn better things with a better lyre, for wicked Love has burned me enough and more. [5] Let me tell of heaven, let me tell of heaven’s glories, and make it so that I can weep godly tears at last. And make me ashamed to have taken on such sufferings in vain; make me both ashamed and penitent. 50

In 2.8, De Amicae perfidia conqueritur, Lund accuses his lady of infidelity. He refers to Tibullus and Ovid, who had the same experience with their puellae. This observation results in a generalization about women’s unreliable nature: inconstans levitas and levis inconstantia are their characteristic features. The next poem, Amori valedicit, seems to be a logical continuation of this insight, as the narrator changes his mind and decides to take leave of love, rather than leaving this world. 51 The Liber secundus is concludes with a pair of fictitious letters: one by Merilla to Fabricius who is leaving Leiden for his family in Germany, and another by Fabricius who replies Merilla that her threats to meet a new lover make him jealous. These two elegies reinforce the purpose of the collection, which is to celebrate Lund’s friendship with his fellow poet. The link to Fabricius’ experiences is kept in the next sections as well, as both the Silvae and the Epigrammata include poetic addresses to Fabricius and their respective puellae. In some of the epigrams, Lund approaches Phyllis as a potential puella for him. Unsurprisingly, Petrarchan imagery pervades the last part of the collection. Thus, one of the epigrams describes Charinta’s love as being hard as a diamond. Another one (61: Ad Charintam) presents it as bitter-sweet: Circumtecta Indo sale mittis amygdala nobis, Esca foras dulcis, intus amara tamen. Vita, quasi tacite dicas: intellige Vates, Qualia dona capis, talis Amica tua est.

 49 For an analysis of this and similar passages on the mundane versus the divine in Landino’s Xandra, see McNair, Bruce: Cristoforo Landino. His Works and Thought. Leiden, Boston 2018, pp. 16–19. For a discussion of the quoted lines, see ibid. p. 17. For a fuller study of Landino’s selffashioning in his Xandra, see Christoph Pieper: Elegos redolere Vergiliosque sapere. Cristoforo Landinos Xandra zwischen Liebe und Gesellschaft. Hildesheim 2008. 50 Landino (n. 32). 51 The poems Mundo valedicit and Amori valedicit have their corresponding parallels in Fabricius’ volume, viz. his Poëticae valedicit and Ad Poëticam redit, both in the section entitled Monobiblos.

  Elena Dahlberg You are sending me almond dipped in Indian salt, a treat that is sweet in appearance, but bitter inside. O my dear, it seems as if you were saying: ‘You have to understand, what kind of gifts you are receiving, such is your girl!’

The juxtaposition dulcis – amara brings to mind the numerous interpretations of Petrarch’s RVF 132, among them the fine renderings by Landino, e.g. in Xandra 1.14.6–7: Si dulcis, dulci cur tot permiscet amara, Dulcia vel qui dat, si sit amarus Amor. If it [love] is sweet, why does it mingle bitter with the sweet; who gives this sweetness, if Love is bitter? 52

Lund’s epigrams about Charinta’s irresistible charm function as the young protagonist’s renouncement of the farewell he had said to his love in the elegies. In this way, Lund follows in the steps of his Petrarchist antecedents, who repeatedly surrender to their secular love. 53 Among the epigrams that are not for Charinta, we meet with pieces for Lund’s dedicatee Duke Philip of Schleswig-Holstein, the poet’s teacher August Buchner, who is celebrated as a successor of Taubmann, his predecessor Heinsius and his own brother Johannes, to whom he is sending Fabricius’ works. There is no doubt that Lund’s edition targeted these learned men as its chief readership.

 Conclusion This contribution has been a first attempt to examine Zacharias Lund’s Poematum Juvenilium Libri IV in the light of Neo-Latin Petrarchism. The examination has demonstrated how Lund followed in the steps of other early modern Petrarchists, both Italian and North European. In his amatory poems, Lund exploited the literary conceits explored by early Renaissance Petrarchists such as Cristoforo Landino, Ugolino Verino, and Johannes Secundus. These traits include the description of the narrator’s external and internal circumstances, the representation of love as a spiritual symbol, and the various linguistic devices used to render this imagery.

 52 Landino (n. 32). 53 Cf. Forster (n. 1), p. 14–15.

A Petrarchist Poet among his Friends  

A close inspection of the texts by contemporary poets reveals that this adoption was a self-conscious process. Thus, the Juvenilia collection of Vincentius Fabricius, a close friend of Lund and his immediate forerunner, explicitly celebrates their dependence on the Latin poetry of Daniel Heinsius and Janus Dousa. Therefore, a straight line can be suggested to show this possible connection: Dousa – Heinsius – Fabricius – Lund. Furthermore, the chief aim of Lund’s edition seems to have been to celebrate his personal friendships, in particular the one with Fabricius. Their literary conversation was carried on even later. In 1685, Fabricius’ son issued an enlarged volume of his father’s Latin poetry and letters. 54 Its second book of elegies is dedicated to love themes and consists of poems, every other of which is by Lund. The Danish poet’s verses reiterate many of the Petrarchist motifs of his and Fabricius’ youth poetry. Lund is deservedly seen as an important contributor to the Humanist movement in Denmark, as it was there he obtained all of his professional appointments. Nevertheless, his Neo-Latin Petrarchism is owed primarily to his German training. Even though the Poemata Juvenilia was Lund’s instrument when seeking patronage in Denmark, it was a means for him to maintain his networks with those who had shaped him as a poet and who shared the same societal and literary values. This circle was constituted by men he had met in his youth in Hamburg and Wittenberg. This observation made, Lund’s poems are not a mere imitation of the ancient and contemporary prototypes, but prove to be their creative adaptation. The volume’s narrative exhibits an admirable consistency and its language displays pleasant sensibility, almost that of the Romantic era. Lund’s skilful interpolation of poetic addresses to his friends that compares their situation creates an elegant balance. In doing so, the Neo-Latin poet succeedes in achieving that equilibrium that many other Petrarchists failed to reach. 55

 54 Vincentii Fabricii […] Orationes civiles, ad Serenissimos, Potentissimosque Poloniae reges, nomine publico habitae. Dissertationes, argumenti varii, in quibus & satyra Pransus Paratus. Epistolae ad illustres ac praecipuos seculi nostri viros eruditos. Poemata, post editionem Belgicam altera parte fere auctiora. Ed. by Friedrich Fabricius. Frankfurt, Leipzig 1685. 55 This research was funded by Åke Wiberg Foundation, for which I am very grateful.

Maria Łukaszewicz-Chantry

Le pétrarquisme dans la poésie religieuse de Maciej Kazimierz Sarbiewski  Introduction Au début du XVIIe siècle, époque de Sarbiewski, Pétrarque était déjà connu en Pologne, comme auteur d’œuvres composées en latin, mais aussi de poésie en volgare. C’est d’ailleurs de cette époque que datent les premières traductions polonaises de trois de ses sonnets et de Triumphus Cupidinis, qui figuraient dans la bibliothèque royale des Vaza et qui furent dédiées au prince Ladislas. 1 Or Sarbiewski connaissait personnellement le prince, et lorsque celui-ci monta sur trône pour devenir Ladislas IV Vaza, le jésuite devint à son tour son prédicateur attitré. Le pétrarquisme se manifeste aussi dans la littérature polonaise de la Renaissance et du Baroque (XVIe–XVIIe siècles), même s’il ne s’y présente certainement pas comme une tendance dominante et si ses traces se laissent observer surtout dans la littérature en langue polonaise. 2 La question se pose alors de savoir ce qui pourrait rattacher Sarbiewski à l’auteur du Canzoniere. Peut-on parler de pétrarquisme dans les œuvres latines du jésuite polonais, alors que lui-même se concevait comme un émule d’Horace et était d’ailleurs connu en Europe sous le surnom d’ Horatius Christianus ou Sarmaticus? Mais Pétrarque était lui-même un lecteur attentif et un admirateur d’Horace, comme il l’a manifesté dans sa lettre au Vénusien qui était aussi un essai précurseur de stylisation horatienne. Quoi qu’il en soit, cette admiration des deux auteurs pour le poète romain est évidemment un motif insuffisant, et il y aura donc lieu de chercher ailleurs les liens littéraires rattachant Sarbiewski à Pétrarque et au pétrarquisme. Leonard Forster a déjà observé certaines traces des motifs pétrarquistes dans quelques œuvres de Sarbiewski. 3 Mais l’œuvre du jésuite est si riche que le sujet n’est certainement pas épuisé.  1 Mieczysław Brahmer: Petrakizm w poezji polskiej XVI wieku. Kraków 1927, p. 122–123. 2 Ibid., p. 25–136. Jadwiga Kotarska: Petrarkizm w poezji polskiego renesansu i baroku. Dans: Studia porównawcze o literaturze staropolskiej. Éd. Teresa Michałowska et Jan Ślaski. Wrocław 1980, p. 29–55, ici p. 33–54. 3 Leonard Forster: Some Examples of Petrarchism in Latin in Slavonic Lands. Dans: Humanistica Lovaniensia 27 (1978), p. 1–9, ici p. 5–9. https://doi.org/10.1515/9783110780048-014

  Maria Łukaszewicz-Chantry

 La théologie d’Amor Parmi les œuvres de jeunesse de Sarbiewski, on trouve des épigrammes (il en a écrit une partie pendant son séjour à Rome en 1623–1625) qui, conformément à la tradition du genre, présentent des thèmes et formes variés. Il s’agit pour la plupart d’œuvres de circonstance, en général des panégyriques, mais également de vers plaisants, satiriques ou religieux. Parmi ces derniers, on trouve un cycle d’une trentaine de poèmes consacrés à l’amour de Dieu, que l’auteur a lui-même intitulés Divini Amores. 4 Ils se rapportent tous au personnage d’Amor, lequel se présente sous diverses variantes. La description la plus complète de ce personnage apparaît dans une épigramme qui a pour titre De Divino Amore (Epigramma 87): 5 Retia nectentem nuper mirabar Amorem (о, quid non facilis fingere possit Amor!). Aurea pinna fuit, lapis aureus, aurea restis, aurea compages, aurea nassa fuit, 5 aureus ipse fuit. Sed dum sibi flumina desunt, „Heu, mea quo vertam retia?”, dixit Amor. „Ad Iesum converte, puer, tua retia”, dixi: „Ipse tibi fuerim piscis et ille mare”. Je contemplais Amor qui nouait ses rets (que n’eût pu faire Amor avec facilité!). Son aiguille était d’or, d’or la pierre et d’or le fil, d’or les nœuds, et d’or étaient les rets, [5] d’or il était lui-même. Mais comme il n’y avait point de rivière, il demanda: «Hé, où dois-je jeter mes filets?» «Vers Jésus, mon enfant, jette tes filets», répondis-je, «je serai ton poisson, et lui sera ta mer.»

Amor y est montré avec des attributs caractéristiques de la chasse ou de la pêche. Amor apparaît aussi comme chasseur dans d’autres épigrammes du même cycle, où il se sert cette fois d’un arc et de flèches (par exemple Epigramma 29: Venatio Amoris; Epigramma 31: Sagitta Divini Amoris), ou parfois d’une torche (Epigramma 4). Dans la description du personnage et de ses attributs, la couleur dominante est l’or, symbole de majesté et de divinité, mais aussi de beauté suprême. Nous y reconnaissons l’image de la divinité bien connue de la tradition littéraire et iconographique, une image qui remonte à l’Antiquité. À l’époque de  4 Cf. Maria Łukaszewicz-Chantry: Metafizyczne epigramaty Macieja Kazimierza Sarbiewskiego. Dans: Studia Classica et Neolatina 7 (2006), p.184–192. 5 Texte de l’édition: Maciej Kazimierz Sarbiewski: Epigrammatum liber (Księga epigramatów). Éd. Magdalena Piskała et Dorota Sutkowska. Warszawa 2003.

Le pétrarquisme dans la poésie religieuse de Maciej Kazimierz Sarbiewski  

Sarbiewski, l’Amor chasseur était déjà devenu personnage emblématique, symbole à la fois de l’amour profane et de l’amour divin. Les Divini Amores s’inscrivent dans un courant caractéristique des poètes jésuites qui ont écrit à propos de l’amour de Dieu, comme par exemple Jacobus Pontanus (Floridorum libri), ou plus tard, Herman Hugo (Pia desideria). Sarbiewski s’est peut-être inspiré directement du recueil d’emblèmes religieux Divini Amoris Emblemata (1615) du poète néerlandais Otto Vaenius, mais il est tentant de chercher à creuser davantage dans les «couches archéologiques» des Divini Amores pour remonter plus loin dans le temps. Dans la chaîne de la tradition qui a fait d’Amor un personnage emblématique, Pétrarque a été un maillon important. Dans le Canzoniere, la divinité apparaît à maintes reprises, le plus souvent dotée d’attributs de chasseur qui, en général, sont dorés (par exemple un filet d’or dans RVF 181,1–2: «Amor fra l’erbe una leggiadra rete d’oro et di perle tese sott’un ramo»). Cette image d’Éros se cristallisera dans les générations pétrarquistes suivantes, y compris dans le domaine de la poésie religieuse. C’est à ce courant, justement, que les emblèmes de Vaenius et les épigrammes de Sarbiewski sont à rattacher. 6 Pétrarque a également pour caractéristique de mettre en confrontation les deux forces que sont l’amour et la mort. Dans les épigrammes de Sarbiewski, ces deux forces apparaissent également comme concurrentes (Epigramma 34): Fortis est ut mors dilectio. (Cant. 8) Mors et Amor gemini pugnant de laude triumphi: Mors pharetra, pharetra conspiciendus Amor. Mors ait: „Expugno certis ego corpora telis“; „Expugno flammis pectora“ dixit Amor, 5 „Maior“, ait „mihi“, Mors, „victoria cedit Amore“; „At mihi maior“ ait, „gloria cedit“, Amor. Tentarent et tela, pares nisi diceret esse victor utroque Deus, victus utroque Deus. Car l’amour est puissant comme la mort. (Canticum 8,6) Les jumeaux Mort et Amour s’affrontent pour la gloire de la victoire : Mort [se voit] avec son carquois, avec son carquois se voit Amour. Mort dit: «Je vaincs les corps par mes flèches certaines»; «Je vaincs les cœurs par mes flammes», répond Amour. «Ma victoire est plus grande que celle d’Amour», rétorque la Mort. «Mais ma gloire est plus grande», répond Amour. Ils s’essaieraient aux flèches, si ne les reconnaissait égaux Dieu, victorieux des deux, et par les deux vaincu.

Amor et Mors utilisent la même arme, et la manient avec art. Leur querelle ne serait probablement pas tranchée si Dieu lui-même n’intervenait pas, lui qui a  6 Cf. Forster (note 3), p. 5.

  Maria Łukaszewicz-Chantry personnellement éprouvé le pouvoir et de la mort, et de l’amour. La pointe de l’épigramme est construite suivant la théorie de Sarbiewski, auteur du traité De acuto et arguto, dans laquelle il définit celle-ci comme „concors discordia vel discors concordia“. 7 La pointe, en effet, concentre des paradoxes afin de créer une harmonie par la diversité. La structure suivant laquelle cette épigramme est construite repose sur un jeu d’antithèses rappelant la poétique des pétrarquistes. Pour comprendre la conception de l’amour chez Sarbiewski et sa théologie d’Amor, tournons nous vers une importante épigramme où Amor et Fortuna s’affrontent au tir, Hastiludium Fortunae et Divini Amoris (Epigramma 3): Dotalis Fortunae anulus orbis. (Seneca) Deus est Sphaera. cuius centrum est ubique. circumferentia nusquam. (Proclus) Meta volaturae steterat teres anulus hastae, anulus ad dociles pervia meta manus. Anulus orbis erat. Fortuna ciebat ad orbem et simul aethereus tela ciebat Amor. 5 Fortunae mediam teres anulus induit hastam. „Maior“, ait, „nobis meta petetur“, Amor et temere iactum iaculatus in aethera telum, „Nusquam meta mea est“, inquit, „ubique mea est.“ L’orbe terrestre est l’anneau de la dot de Fortune. (Sénèque) Dieu est une sphère dont le centre est partout et la circonférence nulle part. (Proclos) L’anneau rond était une cible pour la lance volante – anneau cible accessible pour la main agile. L’anneau était le cercle terrestre. [5] La Fortune prit pour cible la terre, tandis que l’Amor éthéré tirait ses flèches. La lance de Fortune atteignit le centre de l’anneau. «J’ai une cible plus grande», dit Amor, et sans viser il lance son projectile vers le ciel. «Ma cible n’est nulle part, dit-il, et ma cible est partout».

Sarbiewski cite et commente cette épigramme dans son traité sur la mythologie antique, Dii gentium, sorte d’encyclopédie dans laquelle on trouve une entrée consacrée à Amor. 8 Il y explique l’image, l’action et les attributs d’Amor en se livrant à une interprétation allégorique. En s’appuyant sur les auteurs anciens et

 7 Maciej Kazimierz Sarbiewski: Praecepta poetica. Wykłady poetyki. Éd. Stanisław Skimina. Wrocław 1958, p. 10. Cf. Beate Czapla: Petrarkistischer Diskurs, christliche Mystik und die Umsetzung der eigenen acutum-Lehre in Sarbiewskis Aloysius-Epigrammen. Dans: Sarbiewski, der polnische Horaz. Éd. Eckart Schäfer. Tübingen 2006 (Neolatina. 11), p. 177–189, ici p. 188–191. 8 Maciej Kazimierz Sarbiewski: Dii gentium. Bogowie pogan. Éd. Krystyna Stawecka. Wrocław 1972, p. 154.

Le pétrarquisme dans la poésie religieuse de Maciej Kazimierz Sarbiewski  

sur la Bible, il fait une exégèse particulière de ce personnage et présente sa propre philosophie de l’amour. 9 Sarbiewski signale que les Anciens distinguaient deux Amor, le vulgaris et l’aethereus. Et c’est bien sûr le second, l’Amor céleste, qui intéresse plus particulièrement le jésuite, et qui est le protagoniste de l’épigramme que nous venons de citer. Pour Sarbiewski, la représentation même de ce personnage est déjà significative en soi. Il a des ailes, afin de pouvoir s’élever vers le Beau et le Bien. Son attribut, l’arc, symbolise l’arc-en-ciel, qui à son tour est une image de la beauté de toutes les créatures, et dans lequel Dieu est présent. En s’appuyant sur la philosophie platonicienne, Sarbiewski définit l’amour comme une aspiration au Beau. Il illustre le rapport entre l’amour et le Beau en se référant au mythe qui présente Amor comme fils d’Iris, la déesse de l’arc-en-ciel. Si le personnage est toujours représenté avec un arc, c’est pour rappeler sa mère. 10 Mais comment l’arc-en-ciel symbolise-t-il la présence de la beauté spirituelle dans la réalité empirique? Laissons Sarbiewski nous l’expliquer: l’arc-en-ciel se produit lorsque l’invisible rayon de soleil se répand dans un nuage, et en raison de la densité de celui-ci, se colore, ce qui est étranger à sa nature invisible. De la même manière, la Beauté divine la plus subtile, qui est lumière émanant du Bon, se répand dans les créatures, et en raison de leur densité, prend des teintes qui leur sont propres mais qui lui sont étrangères. C’est ainsi que la subtile beauté spirituelle devient visible dans les créatures. 11 Sarbiewski en conclut que l’amour du beau visible mène toujours au Beau invisible. C’est cette vérité qu’il transmet dans son épigramme où Amor et Fortuna rivalisent au tir. La cible d’Amor se trouve partout, car Dieu est partout, même s’il se cache derrière le paravent de la réalité créée, qui n’est toutefois qu’un «papier coloré». Ainsi, où que tombe la flèche d’Amor, elle traverse la mince couche de papier et atteint toujours sa cible véritable, c’est-à-dire Dieu. L’amour que l’on peut éprouver pour la création est ainsi une étape de l’amour pour le Créateur, et en admirant la beauté des choses visibles, l’on peut s’élever vers la contemplation du Beau absolu. 12

 9 Maria Łukaszewicz-Chantry: L’Amor aethereus chez Sarbiewski. Dans: Uranie 8 (1998), p. 153– 160. 10 Ibid., p. 155. Sarbiewski: Dii gentium (note 8), p. 162. 11 Sarbiewski: Dii gentium (note 8), p. 158. 12 Ibid, p. 154. Cf. Łukaszewicz-Chantry: L’Amor aethereus (note 9), p. 154–155.

  Maria Łukaszewicz-Chantry Cette démonstration très plastique de la conception néoplatonicienne de l’amour et cette théologie d’Amor sont assurément très proches de Pétrarque et de ses successeurs. Elle est la clé d’interprétation des œuvres poétiques du jésuite polonais, et en particulier de ses Divini Amores.

 Les époux Les protagonistes des Divini Amores, à côté d’Amor, sont un couple d’époux, Sponsus et Sponsa, qui se languissent l’un de l’autre. Un cycle de poèmes des Lyrica, le recueil le plus célèbre de Sarbiewski, écrit sur le modèle des odes d’Horace, est également consacré à ce couple. Ses personnages sont inspirés de ceux du Cantique des cantiques, livre de la Bible très populaire à son époque. Sarbiewski adopte également une interprétation de ce livre conforme à celle qui prévalait au XVIIe siècle, c’est-à-dire qu’il y voit un poème d’amour où l’époux est Dieu et l’épouse, sa créature humaine, tantôt comprise comme l’homme en général, tantôt sous les traits d’une personne concrète, par exemple Marie – car l’interprétation mariale du Cantique des cantiques était très répandue à l’époque – ou Marie-Madeleine, sainte très populaire au siècle baroque et assimilée à la femme pécheresse de l’Évangile. Dans le poème de Sarbiewski, le sujet parlant qui dévoile et analyse ses propres émotions peut être à la fois l’Époux et l’Épouse. Les épigrammes et odes ayant pour thème l’amour de Dieu sont généralement précédées d’une épigraphe tirée du Cantique des cantiques, dans le but d’inspirer une réflexion à travers la poésie : le poème appelle ainsi à méditer la Bible, ce qui correspond à l’un des principaux exercices spirituels de saint Ignace. Or, cette méditation fait elle-même appel à l’éveil des sens et à leur utilisation, l’applicatio sensuum. Les cinq sens doivent intervenir dans la contemplation. C’est ainsi par exemple que saint Ignace, lorsqu’il évoque la vue, préconise de voir les personnes avec le regard de l’imagination, de méditer à leur propos et de les contempler l’une après l’autre, de prendre conscience de leur situation, et d’essayer de tirer le meilleur parti de cette vision. 13 La façon qu’a Sarbiewski de percevoir les époux et leurs relations est donc importante. L’Époux et l’Épouse sont exceptionnellement beaux, et cette beauté est leur premier trait commun. Dieu, parfaitement beau, objet de ravissement et de contemplation, lui-même impossible à décrire, est source de toute beauté visible. C’est pourquoi l’Épouse, au moment où il lui faut décrire son Époux, peint un

 13 Ignacy Loyola: Ćwiczenia duchowne. Trad. Jan Ożóg. Kraków 2003, p. 55.

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tableau qui représente la nature qui l’entoure, avec des forêts, des champs, un lac, des jardins, des roses et des étoiles. En présentant son tableau, elle explique que c’est à cela que ressemble son Époux, car les créatures sont un reflet fidèle de sa beauté (Epigramma 37). Dieu est impossible à connaître et à décrire, mais s’est fait homme et a ainsi pris une forme visible. Le mystère de l’Incarnation, si important dans la spiritualité ignatienne, permet particulièrement de saisir la beauté divine, qui est incluse dans la matière concrète, dans le corps humain. Sarbiewski se garde cependant de toute description détaillée du Fils de Dieu. Il parle de beauté «en général» („formosae soboles matris et unica formosi soboles patris“) ou insiste sur la lumière ou la majesté qui émanent du Christ. Jésus, „Rex formosissimus regum“, n’a pas besoin des attributs habituels du pouvoir que sont la couronne et le sceptre, car sa tête et ses mains resplendissent déjà d’un éclat d’or (Epigramma 38). Davantage de détails apparaissent dans les descriptions de l’Enfant, qui peut lui aussi jouer le rôle de l’Époux et qui est objet d’amour et de désir de l’homme (cf. Lyricum 2,25,23–34). Dans les prières de l’Église, dans la littérature dévote, Dieu est souvent adoré sous la forme d’un enfant. Sarbiewski a pu également s’en inspirer. Ainsi, si le poète fait appel aux descriptions bibliques du Cantique des cantiques, l’image qu’il crée est cependant si universelle qu’elle peut se rapporter aussi bien à un enfant qu’à un homme adulte, par exemple Lyricum 4,25,21–22: 14 Ambit pulchra tuas caesaries genas, Qualis frondifluis palma viret comis. De jolies boucles entourent ton visage, telles le luxuriant feuillage du palmier.

À un autre endroit, il décrit l’Enfant en faisant appel à un canon bien connu (Liber Epodon 4,7–10): Ut lumen oris, ut renidentes genas, Ut bina frontis sidera, Nivesque colli, quasque purus et tener Titan inauravit comas, Eburneasque tendit in collum manus!

 14 Texte de l’édition: Maciej Kazimierz Sarbiewski: Lyrica quibus accesserunt Iter Romanum et Lechiados fragmentum. Éd. Mirosław Korolko. Warszawa 1980.

  Maria Łukaszewicz-Chantry Quelle lumière [émane] de son visage, combien brillent ses joues, quelles doubles étoiles [sont ses yeux], quel cou blanc de neige, quels cheveux dorés d’un soleil pur et délicat, et [quelles] mains d’ivoire il tend vers [ton] cou.

Les yeux stellaires, les boucles dorées, le cou blanc de neige, les mains d’ivoire sont autant d’éléments de la descriptio puellae telle que l’a codifiée Mathieu de Vandôme dans son Ars versificatoria. Ces descriptions proviennent de la poésie des troubadours, mais on retrouve leur prototype dans la poésie de l’Antiquité (par exemple dans les portraits de Lavinia, Cynthia ou Bissula) 15. Elles sont devenues canoniques notamment grâce aux portraits de Laure et de Sophonisbe, autre héroïne moins connue mais tout aussi belle de l’Afrique de Pétrarque. Comme l’ont observé les chercheurs qui étudient le pétrarquisme, ce canon peut se rapporter aux deux sexes, et en poésie religieuse, également à l’Époux divin. 16 Lorsqu’il décrit l’Enfant, Sarbiewski a recours à des paradoxes. Le petit Jésus, qui n’est pas seulement beau et lumineux, mais dont émane aussi un parfum embaumé et qui est plus doux que le miel (applicatio sensuum), vient au monde dans une pauvre crèche et grelotte de froid (Epigramma 9). Cette épigramme se présente sous une forme qui rappelle singulièrement celle d’un sonnet. 17 Ses descriptions de l’Époux sont également sommaires et universelles, semblant offrir la possibilité de les appliquer à toute belle personne. Cette absence de traits individuels dans les portraits de l’élu est encore une autre caractéristique du courant pétrarquiste. Sarbiewski puise généralement dans les comparaisons et métaphores bibliques: par exemple, l’Épouse est «plus belle que les belles colombes» (Lyricum 4,21). L’image, en revanche, s’enrichit quelque peu lorsque le personnage est concrétisé et devient Marie (nous y reviendrons) ou MarieMadeleine. Forster a observé que dans un portrait de Marie-Madeleine (Lyricum 3,2), Sarbiewski applique le canon de Pétrarque. 18 Mais je pense qu’on peut s’avancer davantage dans l’analyse de cette description, car la situation présentée est exceptionnelle. Marie-Madeleine, en effet, se trouve au pied de la croix où le Christ est en train de mourir. En assistant à sa passion, elle vit elle-même sa mort dans son propre corps (Lyricum 3,2,5–10):

 15 Maria Łukaszewicz-Chantry: Kobieta jako postać literacka w łacińskiej poezji renesansu. Italia i Polska. Wrocław 2014, p. 64–74. 16 Kotarska (note 2), p. 52. Forster (note 3 ), p. 5. 17 Comme l’avait déjà remarqué Johannes Baptista Diel: M. C. Sarbiewski, der Vorgänger Baldes. Dans: Stimmen aus Maria-Laach 4 (1873), p. 355. Cité d’après: Józef Warszawski: „Dramat rzymski“ Macieja Kazimierza Sarbiewskiego TJ (1622–1625). Studium literacko-biograficzne. Rome 1984, p. 173. 18 Forster (note 3), p. 5.

Le pétrarquisme dans la poésie religieuse de Maciej Kazimierz Sarbiewski  

5 Non es, qualis eras; tibi Non mens semianimis restat in artubus: Non fronti tenerae nives, Non vivax roseis purpura vultubus, Non notus superest color, 10 Sed mors marmoreis pingitur in genis. Tu n’es plus ce que tu étais, il ne reste pas de demi-souffle de vie en tes membres : la blancheur de neige n’est plus sur ton front, les rougeurs de la vie ne sont plus sur ton visage de rose, l’on n’y voit plus de couleur, [10] mais la mort se dessine sur des joues de marbre.

On peut observer que Marie-Madeleine est décrite par antithèse, comme le souligne d’ailleurs la répétition du non anaphorique. La description se concentre sur les changements visibles sur son visage et la lamentation sur sa beauté abîmée, et rappelle les sonnets In morte di Madonna Laura; par exemple, le passage suivant (RVF 283,1–4): Discolorato ài, Morte, il piú bel volto che mai si vide, e i piú begli occhi spenti; spirto piú acceso di vertuti ardenti del piú leggiadro et più bel nodo ài sciolto. Tu as décoloré, ô Mort, le plus beau visage qui se vit jamais, et éteint les plus beaux yeux; tu as délié du nœud le plus charmant et le plus beau, l’esprit le plus enflammé d’ardentes vertus. 19

Chez Sarbiewski, la situation est bien sûr différente, puisque la mort ne frappe pas directement Marie-Madeleine mais son bien-aimé. La sainte, qui brûle d’amour pour son Époux en train d’agoniser, le rejoint dans son agonie par sa propre douleur. C’est une scène très visuelle, une illustration très naturaliste de la puissance de la mort et de l’amour, mais aussi une mise en évidence du lien exceptionnel qui lie les Époux. Les héroïnes de Pétrarque ont la particularité de ne pas impressionner seulement l’homme qui est amoureux d’elles, mais aussi, souvent, tout leur environnement. Or Sarbiewski donne également ce trait à l’Épouse (Lyricum 4,21). Lorsqu’elle apparaît, c’est toute la nature qui réagit à sa présence: les nuages s’éloignent, les rapaces s’apaisent, la terre se met à fleurir. On peut bien sûr y

 19 Les Rimes de François Pétrarque. Trad. Francisque Reynard. Paris 1883, p. 197.

  Maria Łukaszewicz-Chantry trouver une allusion à la déesse Vénus et à son influence sur la nature. 20 Les descriptions de cette déesse, par exemple dans l’hymne à Vénus de Lucrèce ou dans l’iconographie ultérieure, ont certainement pu inspirer Sarbiewski, mais le trait en question se retrouve aussi dans les propriétés analogues des personnages de Laure et Sophonisbe. La relation entre les époux est très dynamique: ils sont constamment en mouvement. L’être humain recherche en permanence cet Époux divin qui se cache et lui échappe, semblable au cerf ou à la chèvre farouche: «Vitas sollicitae me similis caprae» (Lyricum 2,19,1). L’Enfant divin lui aussi échappe à l’homme (Epigramma 7,1–2: „Quo tandem meus avolavit ille, formosissimus ille, Natus ille“), même si lui-même recherche également l’homme qui le cherche (Epigramma 7,51–52: „dum Puellum quaero, quaerit et ipse me Puellus“). Ils sont donc en quête l’un de l’autre, une quête dans laquelle c’est tantôt l’un, tantôt l’autre qui s’esquive, paradoxe souligné par les fréquents recours aux chiasmes (cf. Epigramma 17,5: „Assequeris, fugio; fugis, assequor“). Il en émane une impression que cette double poursuite incessante est une sorte de jeu d’amoureux, ce qui ressort à la fin, lorsque l’Épouse s’exclame (Epigramma 40): Et fugis, et fugiens clamas: „Quid, Sponsa, moraris?“ Non fugis, ut fugias; ut capiare, fugis. Tu fuis, et en fuyant tu t’écries: «Qu’attends-tu, Épouse?». Tu ne fuis pas pour fuir: c’est pour qu’on t’attrape que tu fuis.

Il apparaît donc que ce n’est que quand l’un des joueurs s’arrêtera que la rencontre aura lieu (Epigramma 7,57–58: „Stabo, quemque vagum nequit, videbo, | an possit Deus invenire stantem“ [Je resterai immobile, et je verrai celui qui était impossible à voir en mouvement et si Dieu peut trouver celui qui ne bouge pas.]). La pointe de l’épigramme joue ainsi sur le paradoxe du mouvement et de l’immobilité, un motif dont aimaient se servir les pétrarquistes et les poètes baroques. Sarbiewski a de la sorte recours à une métaphore de l’amour déjà bien connue dans la poésie antique et que l’on retrouve chez les pétrarquistes: celle de la chasse. Dans les Divini Amores, l’un des Époux est tantôt chasseur, tantôt gibier (Epigramma 30,7–8):

 20 Maria Łukaszewicz-Chantry: Raj chrześcijański na Polach Elizejskich. Analiza dwóch pieśni Macieja Kazimierza Sarbiewskiego. Dans: Pamiętnik Literacki 91, vol 1 (2000), p. 179–189, ici p. 184–185.

Le pétrarquisme dans la poésie religieuse de Maciej Kazimierz Sarbiewski  

Quam tibi, Christe, capi, venari tam mihi dulce; quam tibi venari, tam mihi dulce capi. Combien il t’est doux, ô Christ, de te laisser prendre, et à moi, de te chasser. Combien il t’est doux de chasser, et à moi de me laisser prendre.

Le jésuite utilise aussi le topos du servitium amoris, qu’il modifie suivant l’esthétique naturaliste baroque (Epigramma 14). L’homme qui aspire à Dieu regarde avec envie cette Marie-Madeleine qui, pour se donner entièrement au Christ, s’est attachée par les cheveux à ses pieds afin de désormais le suivre partout (évocation de la scène de Béthanie où elle a répandu du parfum sur les pieds de Jésus pour ensuite les essuyer avec ses cheveux, Jean 12,3). Sa servitude est donc littérale, tangible, mais aussi réciproque (Epigramma 14,6: „tu captivus eras illius, illa tui“ [tu étais sa prisonnière, elle était le tien]). Chacun des deux personnages, en effet, est à la fois seigneur et serviteur. Sarbiewski modifie ainsi le topos du servitium amoris en y introduisant le paradoxe de la servitude, de la dépendance volontaire et réciproque que s’imposent ceux qui s’aiment. Mais ce couple si bien lié – y compris au sens propre – reste cependant mobile, comme le suggère l’épigraphe de cette épigramme : „Trahe me, post te curremus“ (Canticum 1: «Entraînemoi après toi! Nous courrons.»). Le moteur des Époux – ce qui les met en mouvement –, c’est leur désir inaccompli. L’Épouse qui désire son Époux reste en permanence sur sa faim. Rien ne peut la satisfaire, ni la terre, ni le ciel (Epigramma 26). Rien non plus ne peut remplacer les baisers de son bien-aimé (Epigramma 25). Quand l’Époux tarde à venir, elle brûle littéralement d’amour (Lyricum 2,25,5–6): Nam visi mora Numinis Mi sacris animam torret in ignibus. Car mon âme qui tarde à voir Dieu brûle de flammes sacrées.

Mais un certain paradoxe se présente dans ce désir ardent, dans cet inassouvissement, où la faim devient aussi source de volupté (Epigramma 104,7–8): О Iesu, mea sola fames, mea sola voluptas, quam sapis ipse, tui si sapit ipsa fames! Ô Jésus, ma seule faim et ma seule volupté. Combien donc peux-tu être doux, si la faim de toi est déjà si douce!

L’homme aspire donc à Dieu, mais ce dernier également est présenté comme assujetti aux sentiments, aimant, désireux de l’âme de son Épouse (Deus desi-

  Maria Łukaszewicz-Chantry derans). Il aspire lui aussi à l’union, et il y a dans son cœur une plaie qui ne guérit pas (Epigramma 31). La relation des Époux est dominée par le désir et un inassouvissement dont procède une douleur voluptueuse (voluptas dolendi). L’idée de l’amour inaccompli présente chez Pétrarque est rapportée, chez Sarbiewski, à la relation entre l’homme et Dieu. L’union parfaite avec la personne aimée ne sera possible qu’après la mort, et l’amour des époux évolue donc et mûrit dans une perspective eschatologique.

 Marie – donna angelicata Nombre de poèmes de Sarbiewski ont Marie pour personnage principal. La raison est évidente: à l’époque de la Contre-Réforme, après le Concile de Trente, la piété mariale était très populaire. Elle revêtait plusieurs formes, notamment littéraires, de nombreux poèmes étant dédiés à la Sainte-Vierge. La façon dont le poète construit ce personnage retiendra notre attention. Marie est pour Sarbiewski l’idéal de la femme: elle est à la fois beauté et bonté pures. La beauté de son corps est le reflet de son âme sans tache. Elle est donc donna angelicata dans toute sa plénitude, et dès lors, objet parfait de contemplation amoureuse. Le jésuite polonais a eu de nombreux prédécesseurs qui ont de même traité Marie comme élue digne d’adoration: par exemple, l’auteur des Cantigas de Santa Maria, qui annonce dans son Prologue qu’il se fera le troubadour de Marie. Dans sa description de Marie, le poète emploie divers moyens stylistiques et s’inspire de nombreux modèles. Son portrait de la Vierge est donc une sorte de mosaïque multicolore. Le modèle horatien est notamment très perceptible. Suivant le goût de l’époque, Sarbiewski compose des parodiae sacrae, c’est-à-dire qu’il adapte les odes d’Horace à sa religion en adressant ses imitations à Marie ou en en faisant l’héroïne. Sa Marie n’a cependant pas pour seuls archétypes Vénus et Diane (cf. Lyrica 1,21; 2,26); dans Lyricum 2,13, par exemple, on peut observer certains traits de sa beauté (ex. teretes surae) qui rattachent Marie à la belle esclave Phyllis (cf. Horatius, Carmen 4,18). Les inspirations horatiennes peuvent toutefois coexister avec d’autres sources, notamment bibliques ou pétrarquistes. Nous pouvons citer comme exemple l’ode 4,22, Ad Virginem Matrem, qui exprime le ravissement face à la beauté de Marie et repose sur des métaphores de la lumière:

Le pétrarquisme dans la poésie religieuse de Maciej Kazimierz Sarbiewski  

Qualis aurora consurgens, pulchra ut luna, electa ut sol, terribilis ut castrorum acies ordinata (Cant. 6,10). Quando te dulci sine prole solam Miror, Eoo reducem cubili Miror Auroram, croceo rigantem Aethera nimbo. 5 Mater at Nato simul astitisti, Integram miror radiare lunam, Ora debentem radiosque et almo Lumina soli. Cinge maternis Puerum lacertis: 10 Sol eris, vel quae vigil explicatis Siderum turmis acies tonantem Circumit aulam. Quelle est celle-ci, qui apparaît comme l’aurore, belle comme la lune, radieuse comme le soleil, redoutable comme des troupes déployées? (Canticum 6,10) Quand je te vois seule, sans ton doux Enfant, c’est l’aurore que je vois sortant de sa chambre de l’Est et inondant le ciel de brume dorée. [5] Et lorsque tu es Mère près de ton Fils, je vois la lumière de la pleine lune, qui doit son visage et ses yeux rayonnants au soleil généreux. Enveloppe ton Enfant de tes bras maternels: [10] tu seras soleil ou cortège d’étoiles qui, garde vigilante, entourent un palais céleste.

En épigraphe, le poète cite un passage célèbre du Cantique des cantiques qu’il rapporte à Marie, suivant la tradition de l’Église. En comparant la Vierge à des sources lumineuses dont l’intensité augmente (l’aurore, la lune, le soleil, et finalement l’ensemble des étoiles du firmament), Sarbiewski glorifie, en un crescendo poétique, une femme-être parfait, qui n’est pas de ce monde et répand son éclat autour d’elle. La poétique de cette louange est proche de celle du madrigal. 21 Deux autres odes de Sarbiewski inspirées du Cantique des cantiques présentent également des traits du madrigal. La première a pour titre Dialogus Pueri Iesu et Virginis Matris. C’est une conversation poétique où sont échangés des compliments prononcés tour à tour par l’Enfant et par Marie. 22 Ils sont répartis en qua-

 21 Stefan Nieznanowski: Matka Boska w poezji polskiej. Vol. 1. Lublin 1959, p. 44–45. 22 Selon Forster (note 3), p. 8–9: „[the dialogue] is immediately reminiscent of petrarchistic pastoral.“ À propos des autres sources d’inspiration possibles de Sarbiewski, surtout Horace, Carmen 3,9 et les Floridorum libri de Jacobus Pontanus, voir: Elwira Buszewicz: Sarmacki Horacy i jego liryka. Imitacja-gatunek-styl. Rzecz o poezji Macieja Kazimierza Sarbiewskiego. Kraków 2006, p. 343–355.

  Maria Łukaszewicz-Chantry torze strophes symétriques. Dans la première, c’est l’enfant qui s’adresse à Marie (Lyricum 4,25,1–4): Virgo siderereis pulchrior ignibus, Auro fulgidior, lucidior vitro, Rubro gratior ostro, Alba candidior rosa. Vierge plus belle que les feux des étoiles, plus étincelante que l’or, plus pure que le cristal, plus gracieuse que la pourpre, plus claire que la rose blanche.

Les étoiles, l’or, le cristal pur, la pourpre et la rose blanche font partie de la liste classique de termes de comparaison et de métaphores des portraits de bienaimées. Les comparatifs soulignent la supériorité de Marie sur tout ce qui est beau – et dans la seconde strophe, par analogie, celle de Jésus. Les strophes suivantes présentent des descriptions plus détaillées tantôt de la Vierge, tantôt de Jésus. Quant à Marie, ses yeux sont tels des étangs, ses cheveux tels un diadème, ses seins tels des biches broutant des lis, son visage tel une pomme punique. Ces descriptions sont tirées du Cantique des cantiques, dans lequel l’Époux les utilise pour exprimer le charme de son Épouse, celle-ci lui rendant d’ailleurs la pareille. Sarbiewski agence ces compliments en un dialogue qui suit les conventions de l’amour courtois. 23 La fin est également caractéristique: la seule réaction possible face à tant de beauté ne peut être que l’amour. Marie a donc, tout comme les bienaimées des pétrarquistes, le pouvoir de charmer tout son entourage, ce que Sarbiewski exprime par antithèse: qui n’aime pas la Vierge est plus sauvage que les pires des fauves: le tigre, le léopard, l’ours et le serpent. Le deuxième poème où reviennent les compliments adressés à Marie et à l’Enfant est l’épode 12. Ils sont cette fois exprimés tour à tour par deux chœurs, de filles et de garçons. C’est donc en Marie que culmine le culte de la femme, à qui hommage est rendu sous diverses formes, dont celle de la poésie. Elle est Dame que l’on sert (servitium amoris), elle est aussi pour les poètes source d’inspiration. Bien que tendre et aimante, elle demeure «inaccessible». La rencontre dans toute sa plénitude aura lieu au paradis. Objet de culte, elle façonne l’homme qui lui est soumis, le transforme, le fait mûrir. Elle est préceptrice et guide qui oriente vers la Beauté absolue. Souvent dans les œuvres des pétrarquistes, l’amour d’une femme est une étape vers le Créateur. Tel est le rôle particulier que joue Marie: elle conduit l’homme à Dieu.  23 Nieznanowski (note 21), p. 44–45.

Le pétrarquisme dans la poésie religieuse de Maciej Kazimierz Sarbiewski  

 Conclusion La poésie de Sarbiewski est polyphonique, elle appelle une lecture intertextuelle. Elle s’appuie sur divers codes culturels: principalement la tradition antique, avec, surtout, l’horatianisme, et la tradition biblique, avec pour principal hypotexte le Cantique des cantiques, mais on y trouve aussi des traces des conventions pétrarquistes. Cette superposition d’éléments hétérogènes se manifeste, par exemple, dans la topique de la beauté et les portraits syncrétiques des personnages. Le pétrarquisme de Sarbiewski est plurale, 24 au sens large et dans sa variante spirituelle. Le poète – et c’est un phénomène caractéristique de ce courant – 25 y transporte dans le domaine du sacré la conception de l’amour inaccompli, hésitant entre bonheur et douleur, dans lequel le sentiment dominant est le désir ardent. L’innovation qu’il apporte par rapport au modèle pétrarquiste est la symétrie dans la relation du couple. Dieu et l’homme peuvent être à la fois sujet aimant et objet aimé. Les portraits des personnages, qui reposent sur la conception néoplatonicienne du beau inséparable du bien, sont également composés de manière symétrique (avec une donna angelicata et un «uomo angelicato»). Mais dans leurs descriptions et dans les situations lyriques où ils apparaissent, on peut observer la présence d’une sensualité plus marquée, propre au Baroque et conforme au principe ignatien de l’applicatio sensuum. 26 Pour exprimer l’amour de Dieu, le jésuite polonais adapte certains motifs de la poésie érotique: les flammes, les flèches, le servitium amoris, la chasse et la pêche, les baisers, les métaphores de la lumière. Dans leur nouveau contexte spirituel, ces motifs sont soumis à une réinterprétation. Ce phénomène est bien connu de la poésie religieuse, en particulier celle du courant mystique, et Sarbiewski a donc pu s’inspirer des œuvres de nombreux prédécesseurs. Les topoi abordés par le poète jésuite appellent aussi des figures stylistiques, telles par exemple l’antithèse et le paradoxe. Ses imitations de genres associés au courant pétrarquiste (sonnet, madrigal) sont également intéressantes à observer. L’on retrouve ainsi dans sa poésie certains phénomènes caractéristiques du pétrarquisme transportés dans la poésie néo-latine. La symbiose qu’il opère entre le pétrarquisme et d’autres conventions ou inspirations et sa tendance à effacer  24 Roberto Gigliucci: Appunti sul petrarchismo plurale. Dans: Italianistica: Rivista Di Letteratura Italiana 34,2 (2005), p. 71–75. 25 Kotarska (note 2), p. 51–52. 26 Cf. Kotarska (note 2), p. 52. Mirosława Hanusiewicz: Święte i zmysłowe w poezji religijnej polskiego baroku. Lublin 1998, p. 258–264.

  Maria Łukaszewicz-Chantry les frontières entre elles sont également caractéristiques de la poésie baroque. Des motifs d’origines diverses circulent ainsi librement et forment de nouvelles configurations, pour le bonum commune de la littérature européenne.



Anhang

Giacomo Comiati, Beate Hintzen, Alexander Winkler

Lateinische Übersetzungen von Petrarcas Rerum vulgarium fragmenta bis 1700 RVF 1 Versibus his difflata sonant suspiria curas (14 Hexameter), in: Cod. Barberianus Latinus 1858, Biblioteca Apostolica Vaticana, fol. 189r; Duso 2004, S. 75 RVF 2 Ne toties violatus honos sorderet inultis (14 Hexameter), in: Cod. Barberinus Latinus 1858, Biblioteca Apostolica Vaticana, fol. 189v (vgl. Duso 2004, S. LIXf., 74) RVF 3 Moesta dies aderat, qua summi in funere precis (14 Hexameter), in: Cod. Barberianus Latinus 1858, Biblioteca Apostolica Vaticana, fol. 189v; Duso 2004, S. 76 Ille dies aderat, quo pallida lumina soli (7 elegische Distichen), in: Cicala 2011, S. 469 (vgl. Comiati in diesem Band, S. 220, Anm. 14) RVF 4 Qui pontum, terras et ut miracula rerum (14 Hexameter), in: Cod. Barberianus Latinus 1858, Biblioteca Apostolica Vaticana, fol. 190r–191v; Duso 2004, S. 77 RVF 5 Virgo tuae formae dum laudes auspicor, ipso (14 Hexameter), in: Cod. Barberianus Latinus 1858, Biblioteca Apostolica Vaticana, fol. 189r; Duso 2004, S. 78 RVF 6 Sic desiderium, quod spes incendit inanis (14 Hexameter), in: Cod. Barberianus Latinus 1858, Biblioteca Apostolica Vaticana, fol. 190v (vgl. Duso 2004, S. LIXf., 74) RVF 7 Otia in ignavis somno languentia plumis (14 Hexameter), in: Cod. Barberianus Latinus 1858, Biblioteca Apostolica Vaticana, fol. 190v (vgl. Duso 2004, S. LIXf., 74)

https://doi.org/10.1515/9783110780048-015

  Giacomo Comiati, Beate Hintzen, Alexander Winkler RVF 9 Cum tepidum Tauri hospitium subit ille planeta (14 Hexameter), in: Cod. Barberianus Latinus 1858, Biblioteca Apostolica Vaticana, fol. 191r; Duso 2004, 79 Ad Rosinam. Ex Italico Petrarchae: Phoebus ubi certas anni qui dividit horas (7 elegische Distichen), in: Epigrammatum liber octavus. Urania, in: Schede 1586, S. 253 (vgl. Schäfer 2006, S. 93, Anm. 11) RVF 12 In carmen Petrarcae ad Renatum Pactium: Si potero vitae duros tolerare labores (9 elegische Distichen), in: Naldi, S. 11 (Nr. 1,15) (vgl. Kristeller 1984, S. 31, Anm. 76; Bilińska 2006, S. 182; Severi 2017, S. 19; Comiati, in diesem Band, S.219, Anm. 11) RVF 15 Retrorsum aspicio passim dum corpore fesso (6 elegische Distichen), Albericus Longus, in: Cod. Vaticanus Latinus 9948, Biblioteca Apostolica Vaticana, fol. 105v (vgl. Bilińska 2006, S. 183; Comiati, in diesem Band, S. 219, Anm. 11) RVF 19 Tam forti quaedam pollent animalia visu (6 elegische Distichen), Willem Canter, in: Del. Belg. 1, 1614, 947 (vgl. Ypes 1934, S. 91) Tam sunt elato nonnulla animalia visu (7 elegische Distichen), in: van der Burch 1582, 121; Veneres 1600, 510; Del. Belg. 1, 1614, 869f. (vgl. Ypes 1934, S. 92) RVF 22 Iam satis extremo fuerit servisse furori (Strophen von jeweils sechs Hexametern, in denen immer die gleichen sechs Wörter am Ende des Verses polyptotonartig durchdekliniert werden), in: Landino 1939, S. 10–12 (vgl. De Nichilo 2004, S. 149–164; Bilińska 2006, S. 182; Comiati, in diesem Band, S. 219, Anm. 11) RVF 46 In carmen Petrarcae ad Iohannem Cavalcantem: Permixtum gemmis aurum nitidisque lapillis (9 elegische Distichen), in: Naldi 1934, S. 14 (Nr. 1,20) (vgl. Kristeller 1984, S. 31, Anm. 76; Bilińska 2006, S. 182; Severi 2017, S. 19; Comiati, in diesem Band, S. 219, Anm. 11) RVF 50 Ex Francisco Petrarcha, Elegia: Quum rapidum vergit caelum, versusque cadentem (25 elegische Distichen), d’Arco 1762, S. 253f. (vgl. Comiati, in diesem Band, S. 219, Anm. 12)

Lateinische Übersetzungen von Petrarcas Rerum vulgarium fragmenta bis 1700  

RVF 52 Petrarchae carmen imitatur Ode X. Non al suo amante più, &c. (4 elegische Distichen), Giovanni Francesco Buonamici, in: Bottari, Carmina, Bd. 2, S. 392 (vgl. Comiati, in diesem Band, S. 225, Anm. 26) RVF 59 Imitatur illud Petrarcae Ode. XIV. Perchè quel che mi trasse, &c. (7 elegische Distichen), Giovanni Francesco Buonamici, in: Bottari, Carmina, Bd. 2, S. 392 (vgl. Comiati, in diesem Band, S. 225, Anm. 26) RVF 90 Aurei se dederant crines diffundere vento (14 Hexameter), in: Cicala 2011, S. 439 (vgl. Comiati, in diesem Band, S. 220, Anm. 14) RVF 102 Carmina Petrarcae in latinum versa: Caesar honoratae cervicis proditor illi (7 elegische Distichen), in: Cod. 3021, Biblioteca Riccardiana, Florenz, fol. 11v; Braccesi 1943, S. 21 (Nr. 11) (vgl. Kristeller 1984, S. 31, Anm. 76; Bilińska 2006, S. 182; Severi 2017, S. 20; Comiati, in diesem Band, S. 219, Anm. 11) RVF 126 Lymphae lucidulae atque item (19 Strophen von jeweils vier Glykoneen und einem Pherekrateus), Flaminio Rai, in: Cod. 901, Biblioteca Riccardiana, Florenz, fol. 19r–21r; Cod. 355 R VI 10, Biblioteca Roncioniana, Prato; Giannini 1895, ohne Seitenzählung (vgl. Severi 2017, S. 70, Anm. 59; Bilińska 2006, S. 187; Sinico 2012; Comiati in diesem Band, S. 219, Anm. 12, und S. 222, Anm. 19). De Delia: O fons Melioli sacer (22 Strophen von jeweils drei Glykoneen und einem Pherekrateus), Marcantonio Flaminio, in: Flaminio 1743, S. 13–15; Flaminio 1993, S. 14–16 (vgl. Forster 1993, S. 167; Bilińska 2006, S. 184; Ferroni 2017, S. 233–238; Comiati 2019, S. 188f., 203– 206; Comiati, in diesem Band, S. 219, Anm. 12; Sticker, in diesem Band, S. 212–213); eine frühe Version der Kanzone findet sich in Cod. 901, Biblioteca Riccardiana, Florenz, fol. 107r–109v (vgl. Severi 2017, S. 70, Anm. 59), eine weitere Abschrift der frühen Version (O fons Gargaphie sacer – von Vattasso [1908, Nr. 59] fälschlich M. Muzzarelli zugeschrieben) in Cod. Vaticanus Latinus 6250, Biblioteca Apostolica Vaticana, fol. 38r–40r (16. Jh.). Dieselbe Version findet sich außerdem in Cod. It. X, 93 (= 6432), Biblioteca Marciana, Venedig, unnummerierte fol. [*]r–[*]v und [**]r nach fol. 121)

  Giacomo Comiati, Beate Hintzen, Alexander Winkler RVF 128 Letales utcumque tuo sint corpore clades (172 Hexameter), Pietro Amato Spagnuolo, in: Mantova Benavides 1566, S. 63r–65v; Cod. It. X. 93 [=6432], Biblioteca Marciana, Venedig, fol. 134– 139; Cod. 901, Biblioteca Riccardiana, Florenz, fol. 91r–95v (vgl. Severi 2017, S. 20; Sinico 2012, S. 141; Comiati, in diesem Band, S. 220, Anm. 13) Ad Italiam Ode tricolos tetrastrophos: Et si nihil plane exitialibus (39 alkäische Strophen), Achille Bocchio, in: Biblioteca Palatina 555, Parma, fol. 108r–114r (vgl. Severi 2017, S. 20; Chines 2017, S. 110; Comiati, in diesem Band, S. 219, Anm. 12) RVF 129 Elegia II. Ex eodem (sc. Petrarcha): De cura in curam, in montem de vertice montis (62 elegische Distichen für eine Kanzone von 72 Versen), in: Dousa 1609, S. 567–571; Del. Belg. 2, 1614, S. 132–135 (vgl. Ypes 1934, S. 93) RVF 132 Si fors non sit amor, igitur quid sentio? Vel si (14 Hexameter, wohl noch zu Lebzeiten Petrarcas), Coluccio Salutati, in: Cod. Palatinus 185, Biblioteca Nazionale Centrale, Florenz, fol. 122v; Cod. Latin 8731, Bibliothèque Nationale de France, Paris, fol. 77v; Cod. 1136, Biblioteca Riccardiana, Florenz, fol. 80v; Cod. Vaticanus Latinus 2616, Biblioteca Apostolica Vaticana, fol. 331v; Zardo 1887, S. 307; Wilkins 1951, S. 262; De Nichilo 2004, 156; Duso 2004, LVIII (vgl. Comiati, in diesem Band, S. 218, Anm. 10; Hintzen, Das eiskalte Feuer in diesem Band, S.65) Quaerit qua perturbatione sit affectus: Si non vexat amor, quidnam mea pectora vexat? (6 elegische Distichen), in: Landino 1939, S. 16; Keller 1974, S. 331; Severi 2017, S. 19 (vgl. Aurnhammer 2006, S. 191, Anm. 8; Comiati, in diesem Band, S. 219, Anm. 11; Hintzen, Das eiskalte Feuer, in diesem Band, S. 65). Ex eodem (sc. Petrarcha): Si non est amor hic, ergo quid sentio? sed si (4 Elegische Distichen), in: d’Arco 1762, S. 258 (vgl. Comiati, in diesem Band, S. 219, Anm. 12; Hintzen, Das eiskalte Feuer, in diesem Band, S. 66). Quid, si non amor est, denique sentio (14 Verse im Asclepiadeus minor), in: Cod. Vaticanus Latinus 5226, Biblioteca Apostolica Vaticana, fol. 241r; Carte Strozziane III 135, Archivio di Stato, Florenz, fol. 291r; Cod. II. V. 160, Biblioteca Nazionale Centrale, Florenz, fol. 34r. (vgl. Comiati, in diesem Band, S. 219, Anm. 12; Hintzen, Das eiskalte Feuer, in diesem Band, S. 66, Anm. 15). Si video quae damna sequor, quae pestis adurat (7 elegische Distichen), in: Braccesi 1943, S. 22 (Nr. 12) (vgl. Severi 2017, S. 20; Comiati, in diesem Band, S. 219, Anm. 11; Hintzen, Das eiskalte Feuer, in diesem Band, S. 66.

Lateinische Übersetzungen von Petrarcas Rerum vulgarium fragmenta bis 1700  

De Amore. Ex Petrarca: Quod si nil amor est (7 elegische Distichen), Willem Canter, in: Del. Belg. 1, 1614, S. 946f.; Aurnhammer 2006, S. 191f., Anm. 8 (vgl. Hintzen, Das eiskalte Feuer, in diesem Band, S. 66). Hoc si non sit amor, quod persentisco, quid ergo est? (14 Hexameter), Watson 1582, S. 6; Watson 1870, 42; Keller 1974, S. 332 (vgl. Aurnhammer 2006, S. 192; Hintzen, Das eiskalte Feuer, in diesem Band, S.66). Ah! Si non amor est, quid id est quod sentio? cives (8 elegische Distichen), du Monin 1579, S. 80f. (vgl. Banderier 2004, S. 421); Veneres 1600, S. 511f. (Hintzen, Das eiskalte Feuer, in diesem Band, S. 67) Ex Italico Petrarchae: Si non est id amor, quid erit quod pectore fervet (7 Elegische Distichen), Georgius Tilenus, in: Tilenus 1588, S. 7v; Tilenus, 1597, S. 639; Del. Germ. 6, 1612, S. 873 (vgl. Fechner 1969, S. 47; Keller 1974, S. 333, Aurnhammer 2006, S. 192; Drusi 2007, S. 458; Hintzen, Das eiskalte Feuer, in diesem Band, S. 66) Anne amor? at si non amor est quod sentio quidnam est? (8 Elegische Distichen), van der Burch 1582, S. 121f.; Veneres 1600, S. 510f.; Del. Belg. 1, 1614, S. 870 (vgl. Ypes 1934, S. 92; Hintzen, Das eiskalte Feuer, in diesem Band, S. 67). RVF 133 Ex Italico Petrarchae: Factus amans ego sum (7 Elegische Distichen), Schede 1575, 102f.; Schede 1586, 164; Veneres 1600, S. 409 (vgl. Schäfer 2006, S. 93, Anm. 11; Hintzen, Das eiskalte Feuer, in diesem Band, S. 67). RVF 134 Nec pacem invenio, nec adest ad bella facultas (13 oder 14 Hexameter), Coluccio Salutati, in: Cod. Pal. 185, Biblioteca Nazionale Centrale, Florenz, fol. 122r; Latin 8731, Bibliothèque Nationale de France, Paris, fol. 78r; Cod. 1136, Biblioteca Riccardiana, Florenz, fol. 80v; Zardo 1887, S. 307; Duso 2004, S. 26 (vgl. Comiati, in diesem Band, S. 218, Anm. 10; Hintzen, Das eiskalte Feuer, in diesem Band, S. 67, 73–75). Ex Franc‹isco› Petrarcha: Non pacem invenio, ac bello me nemo fatigat (14 Hexameter), in: Nicolas Bourbon, Basel 1533, S. M3v; Paris 1533, S. M5v; 1538, lib. 3,113; 1540, S. 197f. (lib. 3,113); 2008, S. 838–840; Veneres 1600, S. 484; Keller 1974, S. 371 (vgl. Bilińska 2006, S. 184; Comiati, in diesem Band, S. 220, Anm. 13; Hintzen, Das eiskalte Feuer, in diesem Band, S. 68, 90). Nec pacem invenio, nec quicum proelior est mi (7 elegische Distichen), Flaminio Rai, in: Cod. 901, Biblioteca Riccardiana, Florenz, fol. 174r; Cod. 355. R VI 10, Biblioteca Roncioniana, Prato (vgl. Comiati, in diesem Band, S. 219, Anm. 12, und S. 222, Anm. 19). Amantium contrarii affectus: Nec pacem invenio, nec sunt mihi bella timenda (7 elegische Distichen), Luigi Annibale Della Croce, in: Toscano 1, S. 285f.; Veneres 1600, S. 459; Del. Ital. 1, 1608, S. 860f.; Bottari 3, S. 524; Cod. II. V. 160, Biblioteca Centrale Nazionale, Florenz, fol.

  Giacomo Comiati, Beate Hintzen, Alexander Winkler 34v; Cod. MM 693, Biblioteca Civica „Angelo Mai“, Bergamo, Teil 2, fol. 73r; Cod. Vaticanus Latinus 5226, Biblioteca Apostolica Vaticana, fol. 241v (vgl. Comiati, in diesem Band, S. 219, Anm. 12; Hintzen, Das eiskalte Feuer, in diesem Band, S.68, 90–91). Pax et amicitiae nulla mihi sede parantur (11 elegische Distichen), van der Burch 1582, S. 122f.; Veneres 1600, S. 467; Del. Belg. 1, 1614, S. 870f. (vgl. Ypes 1934, S. 92; Hintzen, Das eiskalte Feuer, in diesem Band, S. 69, 91–92) Versio ex italico Petrarchae: Nec pacem invenio, nec sunt mihi bella gerenda (7 elegische Distichen), Cicala 2011, S. 445 (vgl. Comiati, in diesem Band, S. 220, Anm. 13; Hintzen, Das eiskalte Feuer, in diesem Band, S. 69, 92–3). Nec mihi pax ulla est, ullus neque militat hostis (13 Hexameter), Tesauro 1654, S. 547; 1968, S. 456; Raimondi 1961, S. 85; Keller 1974, S. 372 (vgl. Comiati, in diesem Band, S. 220, Anm. 14; Hintzen, Das eiskalte Feuer, in diesem Band, S. 69, 75–76). Non pacem impetro bellum non ipse repono (14 Hexameter); Pax mihi non paritur: bellum non iure pararim (14 Hexameter); Conditio mihi tam belli quam pacis adempta est (14 Hexameter); Non pacem refero iustum non infero bellum (14 Hexameter); Non pax ulla mihi est: belli haud ratio gerendi (26 Hexameter), Titus Gallicus, in: Cod. Ashburnamianus 346, Biblioteca Medicea Laurentiana, Florenz, fol. 269r–271v; Cod. Magliabechianus VIII. 47, Biblioteca Nazionale Centrale, Florenz, fol. 266r–268r (vgl. Comiati, in diesem Band, S. 234–238). RVF 132 und 134 Ex Rhytmis [sic] Italicis Francisci Petrarchae: Esse quid hoc dicam quod sentio? quid, nisi amorem (24 elegische Distichen), Dousa 1609, S. 565f.; Del. Belg. 1614, S. 130f. (vgl. Ypes 1934, S. 92; Hintzen, Das eiskalte Feuer, in diesem Band, S. 67). RVF 136 In diros crines e coelo decidat ignis (14 Hexameter), in: Massario 1553, S. 189 (vgl. Bilińska 2006, S. 184; Comiati, in diesem Band, S. 220, Anm. 12; Gärtner, in diesem Band, S. 256–257, 259–260). RVF 137 Non saturanda gerit vastum Babylonia saccum (14 Hexameter), in: Massario 1553, S. 189 (vgl. Bilińska 2006, S. 184; Comiati, in diesem Band, S. 220, Anm. 12; Gärtner, in diesem Band, S. 256–257, 259–260). RVF 138 Fons aerumnarum, domus irae, plena furoris (14 Hexameter), in: Massario 1553, S. 191 (vgl. Bilińska 2006, S. 184; Comiati, in diesem Band, S. 220, Anm. 12; Gärtner, in diesem Band, S. 256–257, 259–260)

Lateinische Übersetzungen von Petrarcas Rerum vulgarium fragmenta bis 1700  

RVF 136–138 Idem Francisci Petrarchae Carmen, Latinè ab Erhardo Cellio conversum 1566: Flamma vorax coelo flagrantis decidat ignis (42 elegische Distichen nach der griechischen Übersetzung des Crusius übersetzt), Erhard Cellius, in: Crusius 1567, 2. Buch, S. 59–63; Gärtner, in diesem Band, S. 255–258, 261–266) RVF 153 Ite meae ad gelidam dominae suspiria mentem (14 Hexameter), in: Cod. Barberianus Latinus 1858, Biblioteca Apostolica Vaticana, fol. 191r; Duso 2004, S. 80 RVF 159 Qua coeli regione, typo quo denique rerum (14 Hexameter), in: Cicala 2011, S. 441 (vgl. Comiati, in diesem Band, S. 220, Anm. 14) RVF 162 Laeti flores, natae herbe tellure beata (8 elegische Distichen), in: Cod. Magliabechianus VIII. 47, Biblioteca Nazionale Centrale, Florenz, fol. 262r (vgl. Comiati, in diesem Band, S. 225, Anm. 26) O laeti flores, felicia gramina; que dum (7 elegische Distichen), in: Cod. Magliabechianus VIII. 47, Biblioteca Nazionale Centrale, Florenz, fol. 262v (vgl. Comiati, in diesem Band, S. 225, Anm. 26) RVF 164 Dum coelum, dum terra tacet, ventusque silescit (14 Hexameter), in: Watson 1582, S. 66; 1870, S. 102 (vgl. Gärtner, in diesem Band, S. 245–248) Nunc, ubi iam coelum et tellus silet, omnis et aura (14 Hexameter), in: Cicala 2011, S. 457 (vgl. Comiati, in diesem Band, S. 220, Anm. 14) RVF 183 Dulcia si istius perimunt me lumina visu (14 Hexameter), in: Cicala 2011, S. 459 (vgl. Comiati, in diesem Band, S. 220, Anm. 14) RVF 189 Ex Italico Francisci Petrarchae: Ut Lethe gravis, et plenis oblivia transtris (8 elegische Distichen), Iacobi Guiionii Imitationes Poeticae, in: Guijon 1658, S. 395 RVF 208 Gurgite saxoso, rapida qui concitus unda (14 Hexameter), Pierre de Fenolliet, in: Ménage 1692, S. 28 (vgl. Crescimbeni 1731, S. 306; Ferrazzi 1877, S. 118)

  Giacomo Comiati, Beate Hintzen, Alexander Winkler RVF 215 Ad Laurentem Medicen in Lauram Petrarcae: Cum tibi nobilitas vitae sit iuncta modestae (9 elegische Distichen), in: Naldi 1934, S. 7 (Nr. 1,9) (vgl. Kristeller 1984, 31, Anm. 76; Severi 2017, S. 19; Comiati, in diesem Band, S. 219, Anm. 11) RVF 216 Totam ploro diem; cum postea noctis in umbra (14 Hexameter), in: Cicala 2011, S. 461 (vgl. Comiati, in diesem Band, S. 220, Anm. 14) RVF 220 Ex eodem (sc. Petrarcha): Amabo mihi dic puer Cupido (16 Hendekasyllaben), in: d’Arco 1762, S. 257 (vgl. Comiati, in diesem Band, S. 219, Anm. 12) RVF 272 Vita volas fugit, ulla brevis neque consitit hora (7 elegische Distichen), Flaminio Rai, in: Cod. 901, Biblioteca Riccardiana, Florenz, fol. 174r–v; Cod. 355, Biblioteca Roncioniana, Prato, R VI 10 (vgl. Comiati in diesem Band, S. 219, Anm. 12, und S. 222, Anm. 19). RVF 273 Quid facis infelix? Quidnam Landine miselle (4 elegische Distichen), in: Landino 1939, S. 18 (vgl. Severi 2017, S. 19, Comiati, in diesem Band, S. 219, Anm. 11). RVF 291 Diva, quae nobis croceis rubente (erste Sapphische Strophe, 13 Strophen), „Lovisino“, in: Cod. It. X. 93 [=6432], Biblioteca Marciana, Venedig, nicht nummerierte Blätter r+v zwischen den Blättern 247 und 248 (vgl. Comiati in diesem Band, S. 224, Anm. 24) Purpureis invecta iugis ducebat in aurea (7 elegische Distichen), Germanus Valens (Germain Vaillant de Guélis), in: Cod. 2634, Biblioteca Statale, Lucca, fol. 12r (vgl. Comiati, in diesem Band, S. 224, Anm. 25) RVF 301 O vallis, quae tota meis es plena querellis (14 Hexameter), in: Cicala 2001, S. 463 (vgl. Comiati, in diesem Band, S.220, Anm. 14) RVF 302 Cura mihi me surripiens illo extulit illa (8 elegische Distichen), Flaminio Rai, in: Cod. 901, Biblioteca Riccardiana, Florenz, 901, fol. 174v–175r; Cod. 355 R VI 10, Biblioteca Roncioniana, Prato (vgl. Comiati, in diesem Band, S. 219, Anm. 12, und S. 222, Anm. 19).

Lateinische Übersetzungen von Petrarcas Rerum vulgarium fragmenta bis 1700  

RVF 327 Carmen Petrarchae in Latinos conversum numeros: Abstulit, heu, nullis percens mors improba laurum (8 elegische Distichen), in: Naldi 1943, S. 42 (Nr. 35) (vgl. Kristeller 1984, S. 31, Anm. 76; Bilińska 2006, S. 182; Comiati, in diesem Band, S. 219, Anm. 11) RVF 364 Me sibi ter binos annos unumque subegit (15 Hexameter), in: Watson 1582, S. 90; 1870, S. 126 RVF 365 Lugeo iam querulus vitae tot lustra peracta (14 Hexameter), in: Watson 1582, S. 101; 1870, S. 138 Transmissos ego plango dies: fleo inutile tempus (15 Hexameter), in: van Suys 1590, 19 (vgl. Ypes 1934, S. 94) Praeteritos, male praeteritos mihi conqueror annos (8 elegische Distichen, 1664), in: Huygens 1897, S. 32 (vgl. Angelini, in: Keller 1974, S. 247–254) RVF 366 Ad virginem Dei Matrem Mariam. Ex Francisci Petrarcae Cantilena, vernacula lingua composita; his, quae amorum ejus mentionem faciebant omissis, et aliis, juxta eandem sententiam, quae convenire possent sublatis. Phaleucium Carmen: O virgo speciosa, amicta sole (188 Hendekasyllaben), in: Barozzi 1757, S. 241–245; und in Cod. 470, University of Chicago Library, Chicago, fol. 51r–v (vgl. Ferrazzi 1877, S. 115; Severi 2017, S. 40–46; Comiati, in diesem Band, S. 219, Anm. 11) Paeanes beatae virginis ex Francisci Petrarcae poemate vernaculo in latinum conversi: Virgo decens: quam sol vestit stellaeque coronant (120 Hexameter), in: Beroaldo 1515, S. AA6v– BB1r; und Cod. Magliabechianus XXXV 225, Biblioteca Nazionale Centrale, Florenz, fol. 36v–38v; Cod. Reginensis Latinus 29, Biblioteca Apostolica Vaticana, fol. 259v–261r (vgl. Kristeller 1984, S. 31, Anm. 76; Bilińska 2006, S. 182; Severi 2017, S. 46–53; Comiati, in diesem Band, S.219, Anm. 11). O praestans facie Virgo, quam clara coronant (88 elegische Distichen), Marko Marulič, in: Marulič 1516, S. 148r–150r; Lo Parco 1931, S. 173–187 (vgl. Ferrazzi 1877, S. 115; Forster 1993, S. 167; Bilińska 2006, S. 183f.; Severi 2017, S. 53–59) Virgo quae Solis radians amictu (erste sapphische Strophe, 44 Strophen), Pietro Amato (Spagnuolo), in: Mantova Benavides 1566, 139v–141v; und Cod. It. X, 93 (= 6432), Bibl. Marciana, Venedig, fol. 285–290; (vgl. Ferrazzi 1877, 115; Bilińska 2006, 184f.; Severi 2017, S. 66–69; Comiati in diesem Band, S. 220, Anm. 13) Siderea praestans Virgo redimita corona (80 Hexameter), Filippo Gheri, in: Cod. 555, Biblioteca Palatina, Parma, fol. 369–372 (vgl. Severi 2017, S. 59–64; Comiati, in diesem Band, S. 219, Anm. 12)

  Giacomo Comiati, Beate Hintzen, Alexander Winkler O virgo formosissima (10 Strophen von jeweils 13 jambischen Dimetern und eine Strophe von 7 jambischen Dimetern), Marco Vasio, in: Spessot 1962, 150–155; und Cod. 43, Biblioteca Comunale Joppi, Udine, fol. 24–27 (vgl. Severi 2017, S. 64–66; Comiati, in diesem Band, S. 219, Anm. 12). Duso (2004, LIXf., 74) behauptet, im Cod. Barberianus Latinus 1858, fol. 189r–191r, fänden sich zehn anonyme Hexameterübersetzungen von Petrarca-Sonetten, nämlich von RVF 1–7, 9 und 153. Aus dieser Aufzählung ergeben sich jedoch nur neun Sonette und tatsächlich finden sich, wie eine Überprüfung ergab, in diesem Codex nur diese angegebenen neun Sonette. Forster (1993, S. 167) geht davon aus, dass Watson außer den genannten weitere Petrarca-Übersetzungen angefertigt hat, die ebenso verlorengegangen sind wie eine Gesamtübersetzung des Canzoniere des Italieners Flaminio Rai. Smiljka Malinar (Una parafrasi umanistica del I canto della „Divina Commedia“, in: Studia Romanica et Anglica Zagrabiensia 29–30 [1984–1985], 119–135, bes. 121) behauptet, Marko Marulič habe neben der Canzone Vergine bella (RVF 366) auch die Sonette Poiché voi et io piu volte abbiam provocata (RVF 99) und I vo’ piagendo i miei passati tempi (RVF 365) ins Lateinische übersetzt, leider ohne Beleg bzw. Quellenangabe. Verzeichnis der Textausgaben und Beleg-Autoren [d’Arco, Nicolò:] Nicolai Archii Comitis Numerorum libri IV. Quartus ex codice Autographo nunc primum prodit. Verona 1762. Aurnhammer, Achim: Martin Opitz᾿ petrarkistisches Mustersonett Franchisci Petrarchae (Canzoniere 132), seine Vorläufer und Wirkung. In: Francesco Petrarca in Deutschland. Seine Wirkung in Literatur, Kunst und Musik. Hg. von Achim Aurnhammer. Tübingen 2006 (Frühe Neuzeit 118), S. 189–210. Banderier, Gilles: Le triomphe de la langue française: Du Monin et Pétrarque. In: Les poètes français de la Renaissance et Pétrarque, Hg. von Jean Balsamo. Genf 2004, S. 413–426. [Barozzi, Pietro:] Petri Barocci, Patricii Veneti, Episcopi Bellunensis, dein Patavii Oratio Consolatoria, et Carminum libri tres. In: Giovanni Battista Maria Cantarini: Anecdota Veneta nunc primum collecta ac notis illustrata. Venedig 1757, S. 193–268. [Beroaldo, Filippo:] Varia Philippi Beroaldi Opuscula. [Paris]: Franoys Regnault, [um 1515?]. Bilińska, Magdalena: Traduzioni latine del Canzoniere di Petrarca sino alla metà del Cinquecento. In: Italia e Europa: dalla cultura nazionale all’interculturalismo. Vol. 2. Hg. von Bart van den Bossche, Michel Bastiaensen, Corinna Salvadori Lonergan and Stanisław Widłak. Florenz 2006, S. 181–188. Bottari, Giovanni Gaetano und Tommaso Buonaventura (Hg.): Carmina Illustrium Poetarum Italorum, 11 Bde. Florenz 1719–1726. [Bourbon, Nicolas:] Nicolai Borbonii Vandorperani Nugae. Eiusdem Ferraria. Basel 1533. [Bourbon, Nicolas:] Nicolai Borbonii Vandorperani Lingonensis, Nugarum libri octo. Basel 1540. Bourbon, Nicolas: Nugae (Bagatelles) 1533. Edition critique, introduction et traduction par Sylvie Laigneau-Fontaine. Genf 2008.

Lateinische Übersetzungen von Petrarcas Rerum vulgarium fragmenta bis 1700  

Braccesi, Alessandro: Carmina. Hg. von Alessandro Perosa. Florenz 1943. [Burch, Adriaen van der:] Laudes illustrissimae Hieronymae Columnae, Ascanii Columnae et Janae Aragoniae filiae, vario genere carminum a diversis celebratae, opera Adriani Burchii editae. Cum miscellaneis A. Burchii aliquot poëmatibus. Antwerpen 1582. Chines, Loredana: Petrarchismo tra immagini e parole nelle forme letterarie del Cinquecento bolognese. In: Dies.: Di selva in selva ratto mi trasformo. Identità e metamorfosi della parola petrarchesca. Rom 2010, S. 107–117. Cicala, Girolamo: Carmina. Edizione critica, introduzione, traduzione e note di Marco Leone. Lecce 2011. Crescimbeni, Giovanni Mario: L’Istoria della volgar poesia. Contenente il volume secondo, parte prima de’ Comentarj ed i libri secondo, terzo e quarto dell’Istoria, giusta l’edizione del 1714. Venedig 1730. [Crusius, Martin:] Martini Crusii Poematum Graecorum libri duo. Addita eregione partim ipsius conversione, partim Leonhardi Engelharti, partim Erharti Cellii, carmine Latino. Eiusdem Martini Crusii Orationum Liber unus. Basel [1567]. De Nichilo, Mauro, Petrarca, Salutati, Landino: RVF 22 e 132. In: Petrarca volgare e la sua fortuna sino al Cinquecento. Ed. by Bruno Porcelli. Pisa, Rom 2004, S. 143–161. Delitiae C. Poetarum Belgicorum, Huius Svuperiorisque Aevi illustrium, Collectore Ranutio Ghero. Frankfurt 1614 (4 Bde.). Delitiae C. Poetarum Gallorum, Huius Superiorisque Aevi illustrium, Collectore Ranutio Ghero. Frankfurt 1609 (3 Bde.). Delitiae Poetarum Germanorum, Huius Superiorisque Aevi illustrium, Collectore A. F. G. G. Frankfurt 1612 (6 Bde.). Delitiae CC. Italorum Poetarum, Huius Superiorisque Aevi illustrium, Collectore Ranutio Ghero. Frankfurt 1608 (2 Bde.). Dousa, Janus: Poemata pleraque selecta […]. Leiden 1609. Drusi, Riccardo: Traduzioni cinquecentesche dall’italiano nelle lingue europee. In: Il Rinascimento italiano e l’Europa. Vol. 2 Umanesimo ed educazione. Ed. by Gino Belloni und Riccardo Drusi. Treviso 2007, S. 435–484. Duso, Elena M.: Il sonetto latino e semilatino in Italia nel Medioevo e nel Rinascimento. Rom, Padua 2004. Fechner, Jörg-Ulrich (Hg.): Das deutsche Sonett. Dichtungen, Gattungspoetik, Dokumente. München 1969. Ferrazzi, Giuseppe Jacopo: Bibliografia Petrarchesca. Bessano 1877. Ferroni, Giovanni: ‘La persona dell’humanista’. Immagini della giovinezza di Marcantonio Flaminio (1515–1529). In: Lirica in Italia 1494–1530. Esperienze ecdotiche e profili storiografici. Ed. by Uberto Motta and Giacomo Vagni. Bologna 2017, p. 197–247. [Flaminio, Marcantonio:] Marci Antonii, Joannis Antonii et Gabrielis Flaminiorum Forocorneliensium Carmina […]. Padua 1743.

  Giacomo Comiati, Beate Hintzen, Alexander Winkler Forster, Leonard: Petrarkismus und Neulatein. In: Der petrarkistische Diskurs. Spielräume und Grenzen. Akten des Kolloquiums an der Freien Universität Berlin, 23.–27.10.1991. Hg. Von Klaus W. Hempfer und Gerhard Regn. Stuttgart 1993, S. 165–185. [Guijon, Jacques u.a.:] Iacobi, Ioannis, Andreae, et Hugonis Fratrum Guiioniorum opera Varia. Ex Bibliotheca Philiberti De Lamar Senatoris Divionensis. Dijon 1658. Giannini, Alfredo: Una versione Latina inedita della canzone del Petrarca Chiare, fresche e dolci acque. Alba 1895. Huygens, Constantijn: Gedichten, Bd. 7. Groningen 1897. Keller, Luzius (Hg.): Übersetzung und Nachahmung im europäischen Petrarkismus. Studien und Texte. Stuttgart 1974 (Studien zur Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft. 7). Kristeller, Paul Oskar: Latein und Vulgärsprache im Italien des 14. und 15. Jahrhunderts. In: Deutsches Dante-Jahrbuch 59 (1984), S. 7–35. Landino, Cristoforo: Carmina omnia. Hg. von Alessandro Perosa. Florenz 1939. Lo Parco, Francesco: La canzone alla vergine di Francesco Petrarca dalla secolare ammirazione al singolare omaggio di Marco Marulo. In: Archivio Storico per la Dalmazia 6 (1931), S. 107– 125, 173–189. Mantova Benavides, Marco: Annotationi brevissime, sovra le rime di M. F. P. Lequali contengono molte cose à proposito di ragion civile, sendo stata la di lui prima professione, à beneficio de li studiosi, hora date in luce, con la traduttione della Canzona. Chiare fresche et dolc’aque. Italia mia. Vergine bella. Et del Sonetto. Quando veggio dal Ciel scender l’aura. In Latino. Padua 1566. [Marulič, Marco:] Marci Maruli Spalatensis Evangelistiarum, [Venedig 1516]. [Massario, Girolamo:] Eusebius captivus, sive modus procedendi in curia Romana contra Lutheranos, in quo praecipua Christianae religionis capita examinantur: trium dierum actis absolutus. Per Hieronymum Marium. Basel 1553. Ménage, Gilles: Mescolanze. Rotterdam 21692. [Monin, Jean-Edouard du:] Ioannis Edoardi du Monin […] Beresithias sive mundi creatio […]. Ejusdem Edoardi manipulus poeticus non insulsus. Paris 1579. Naldi, Naldo: Elegiarum libri III. Ad Laurentem Medicen. Hg. von Ladilaus Juhász. Leipzig 1934. Naldi, Naldo: Epigrammaton liber. Hg. von Alessandro Perosa, Budapest 1943. Nichilo, Mauro de: Petrarca, Salutati, Landino: RVF 22 e 132. In: Rivista di letteratura italiana 33,2. Petrarca volgare e la sua fortuna sino als Cinquecento (2004), S. 143–161. Petrarca, Francesco: Canzone alla Vergine, con la traduzione latina dell’umanista Marco Marulič. Hg. von Giuseppe Frasso. Novara 2003. Raimondi, Ezio, Un esercizio petrarchesco di Emanuele Tesauro. In Idem, Letteratura barocca. Studi sul Seicento italiano. Florenz 1961, S. 77–94.

Lateinische Übersetzungen von Petrarcas Rerum vulgarium fragmenta bis 1700  

Schäfer, Eckart: Paulus Melissus – der erste deutsche Petrarkist? In: Francesco Petrarca in Deutschland. Seine Wirkung in Literatur, Kunst und Musik. Hg. von Achim Aurnhammer. Tübingen 2006 (Frühe Neuzeit 118), S. 91–110. [Schede Melissus, Paul:] Melissi Schediasmatum reliquiae, Frankfurt 1575. [Schede Melissus, Paul:] Melissi Schediasmata Poetica. Secundo edita multo auctiora. Paris 1586. Severi, Andrea: Leggere i moderni con gli antichi e gli antichi coi moderni. Petrarca, Valla e Beroaldo. Bologna 2017. Sinico, Marco: Un manoscritto roncioniano dei Carmina di Flaminio Rai. In: Archivio storico pratese 88 (2012), S. 125–145. Spessot, Francesco: Una versione latina dal Petrarca dell’umansita friulano Marco Vasio. In: Studi goriziani 31,1 (1962), S. 147–155. [Suys, Jacobus van:] Carmina tam sacra quam prophana, ex bibliotheca Iacobi Susii. Leiden 1590. Tesauro, Emanuele: Il cannocchiale aristotelico. Turin 1654. Tesauro, Emanuele: Il cannocchiale aristotelico. Hg. von August Buck. Bad Homburg, Berlin, Zürich 1968. [Tilenus, Georgius:] Georgii Tileni Aurimontani V.I.D. Epigrammata. Görlitz 1588. [Tilenus, Georgius:] Georgii Tileni Aurimontani Silesii V.I.D. […] Poematum libri octo. Leipzig 1597. Toscano, Giovanni Matteo (Hg.): Carmina Illustrium Poetarum Italorum, conquisivit, recensuit, bonam partem nunc primum publicavit, 2 Bde. Paris 1576–1577. Vattasso, Marco: I codici petrarcheschi della Biblioteca Vaticana. Rom 1908. Veneres Blyenburgicae sive Amorum hortus. Ed. by Damasus Blyenburg. Dordrecht, 1600. [Volpi, Giovanni Antonio:] Joannes Antonii Vulpii Carminum libri tres. Ejus item Opuscula soluta oratione scripta, quae variis in Voluminibus dispersa ad hoc tempus legebantur. Acessere quorundam Virorum, quibuscum ipsi amicitia intercedit, Poemata nonnulla. Nec non Joannis Antonii Vulpii antiquioris, Patricii et Episcopi Novocomensis, ac Hieronymi ejus fratris Carmina quae supersunt. Padua 1725. [Watson, Thomas:] The Ἑκατομπαθία or Passionate Centurie of Love, Devided into two parts: whereof the first expresseth the Authors sufferance of Love: the latter, his long farewell to Love and all his tyrannie. Composed by Thomas Watson Gentleman and published at the request of certaine Gentlemen his very frendes. London [1582]. Watson, Thomas: Poems. Hg. von Edward Arber. Birmingham 1870. Wilkins, Ernest H.: The Making of the „Canzoniere“ and other Petrarchan Studies. Rom 1951 (Storia e letteratura. Raccolta di studi e testi 38). Zardo, Antonio: Il Petrarca e i Carraresi. Mailand 1887.



Register

Personen- und Stellenregister Alberti, Leon Battista – Amator 113 Albrisius, Aurelius Laurentius 10 – Lucina 13, 158–189 – Praef. 165–169, 186 – 1,1 170–180, 183 Alciati, Andrea 315 Altilio, Gabriele 315 Alkaios 49 Amalteo, Girolamo 295, 315 Amalteo, Cornelio 2,95, 315 Amalteo, Giovanni Battista 295, 315 Amato, Pietro 220, 225, 231 Anakreon 49 Andrelin, Fauste 315 Angeli, Niccolò 304 Angenosius, Jérôme 299, 316 Angeriano, Girolamo 80, 316 anonym – Quid, si non amor est 66 Anthologia Palatina – 5,71 306 – 5,176 79, 84 – 5,209 79 – 5,222 302 – 5,226 83–84 – 5,261 306 – 5,281 79 – 5,295 306 – 10,21 79 – 11,214 82 – 16,14 79 Anthologia Latina – 706 Riese 79 Arcucci, Giovanni Battista 316 Ariosto, Ludovico 8, 316 Aristoteles – Nikomachische Ethik – 2,5 45 – 2,6 29 Augurelli, Giovanni Aurelio 316 Augustinus – Confessiones 24

https://doi.org/10.1515/9783110780048-016

– De beata vita – 1–2 78 – Secrectum 103 Axenius, Titus 333 Balbi, Girolamo Bargeo, Pier Angelio (Pietro degli Angeli) 316 Barozzi, Pietro 219, 225, 231 Barth, Kaspar von 4 Bauhuysen, Bernhard van 88 Beccadelli, Antonio 10, 12, 156 – Laus Elisiae 114 Beke, Lieven van der 322 Bembo, Pietro 2, 3, 10, 13, 188, 191–192, 316 – Gli Asolani 28 – Carmina 194–200, 203, 210, 213–214 – 1 194–195 – 2 197 – 11 197–200 – 37 197 – Questione della lingua 28 – Rime – 1 32 – 5 32–33 – Stanze – 25 33 Benci, Trifone 316 Beroaldo, Filipo d.Ä. 219, 225, 228, 231 Bidermann, Jakob 88 Binet, Claude 80 Biz[z]ari, Pietro 316 Blijenburg, Adriaan van 291, 316 Blijenburg, Damas van 15, 291–314, 316 – Cento Ethicus 292, 307 – Veneres Blyenburgicae 291–314 Boccaccio, Giovanni 98–100 Fiametta 165 Bocchi, Achille 10, 219, 232, 316 Boethius – De consolatione Philosophiae – 1,1 56 – 3,9 274

390  Personen- und Stellenregister Boissard, Jean Jacques 316 Bolognini, Giovanni Attendolo 158 Bonaccorsi, Filippo 268 Bonan(n)us, Vincentius 316 Bonnefon, Jean 316 Botero, Giovanni 317 Bourbon, Nicolas 70, 220, 226, 231– 232, 316 – Non pacem invenio 68, 72–73, 80, 90 Braccesi, Alessandro 219, 225 – Amores 121 – 4 120 – 12 66 Buchanan, George 317 Buchner, August 330, 333, 352 Buonamici, Giovanni Francesco 220 Burch, Adriaen van der 220, 225–226, 317, 301 – Anne amor? 67, 305 – Laudes 300–304 – Pax et amicitiae 69, 72–73, 91–92, 306 – Tam sunt elato 305

Cicala, Girolamo 220, 226 – Nec pacem invenio 69, 72–73, 92–93 Cicero 98, 192, 249, 269 – Tusculanae disputationes – 4,34 49 – 5,5 78 Clovio, Giulio 303 Colonna, Geronima 300–301, 304 Colonna, Livia 301, 303–304 Colonna, Marcantonio 303 Colonna, Marzio 303 Colonna, Paliano Ascanio 300 Colonna, Vittora 300, 304 Cordus, Euricius 317 Correa, Tomaso 318 Corvinus, Elias 317 Cotta, Giovanni 317 Cousin, Gilbert 299, 317 Crayesteyn, Michael van 311 Crottus, Iulius Aelius 317 Crusius, Martin 10, 14, 248, 253, 255– 258, 261–266 Cyprianus Gallus 233

Cäsar 56 Calcagnini, Celio 317 Campano, Gianantonio 317 Canter, Willem 220, 225 – Quod si nil amor est 66 Cantigas de Santa Maria 366 Capilupo, Ippolito 317 Capilupo, Lelio 317 Castiglione, Baldassare 317 Casaubonus, Isaac 248 Castiglione, Baldassare – Libro del cortegiano 29–32 Catull 8, 49, 110, 164, 195, 231, 241– 243, 249, 335 – 3 207 – 61 213 – 85 288 Cellius, Erhard 14, 255–257, 261–264 Celtis, Conrad 17, 268, 312–313 – Carmen 3,13 313 Cesario, Giovanni Paulo 304, 317 Česmički, Ivan 320

Dąbrówki, Jan z 269 Da Cingoli, Benedetto 304 Dalla Vecchia, Luigi 221 Da Montefeltro, Guidobaldo 120 Dante 97, 99, 112, 162 – Vita Nova 183 Dantyszek, Jan 267–268 Da Parma, Basilio 321 D’Aragona, Giovanna 300–301, 304 D’Arco, Nicolò 10, 219, 225, 231 – Si non est amor hic 66 Dardano, Bernardino 318 Dassaminiato, Giovanni 11, 42, 54 – De’ Rimedii dell’una e dell’altra Fortuna 54–60 – Fioretti de’ Rimedii contro Fortuna 54– 55 Dazzi, Andrea 318 De Bèze, Théodore 323 Decimator, Heinrich 318 De Gouveia, Antonio 80

Personen- und Stellenregister  391

De la Vega, Garcilaso – Sonette – 3 34 – 5 34–35 – 6 35 Della Croce, Ludovico Annibale 10, 70, 219, 226, 231, 236, 296, 306, 317 – Nec pacem invenio 68, 72–73, 90–91, 233–234, 295 De’ Medici, Lorenzo 134, 140, 144, 301 De’ Medici, Cosimo 143 De Morel, Camille 299–300, 304, 320 Demosthenes 98 D’Este, Ippolito 304 Dolet, Étienne 318 Donati, Lucrezia 301 Dorat, Jean 316 Douza, Janus, Vater 15, 225–226, 232, 295, 306, 311–312, 318, 338, 353 – Basium 19 306 – Esse quid hoc dicam 67 Douza, Ianus, Sohn 295, 318 Dracontius 234 Dragius, Laurus 318 Du Bellay, Joachim 8, 316, 334 Ducchus, Caesar 318 Du Monin, Jean-Edouard 220, 225, 320 – Ah! Si non amor est 67, 305 Ellebodius, Nicasius 318 Elstorp, Joachim 333 Erasmus, Desiderius 318 Estienne, Henri 322 Etruscus, Ianus 318 Evangelisti, Giovanni Battista 318 Eynde, Jacob van den 80 – Cum sis nata Venus 84–85 – Hydroporicon liber 81 – Sumeret a caelo 81–82, 87 – Te videre oculi 83 – Unda Deucalion 82 Fabricius, Vincentius 332–333, 338– 339, 351–353 – Elegiae – 1,1 338 – 1,2 338–339

– Epistolae 338 – Miscellanea 338 – Poematum Iuvenilium libri III 338 Farnese, Alessandro 301, 303 Ferrarius, Ioannes Baptista 318 Filelfo, Francesco 113, 118, 120–121, 157 Flaminio, Marcantonio 10, 13, 191–192, 219, 231, 318 – Carmina 205–207, 210, 213–214 – 1,6 212–213 – 3,4 211–212 – 3,20 212 – 4,3 206 – 4,4 206–207 – 4,5 211 – 4,16 210–211 – 4,22 211 – 4,25 207 Fleming, Paul 4, 7, 17, 334 – Rubella 293 Forcadel, Étienne 318 Fracco, Ambrogio Novidio 241 – Ad Purpurillam 242 Franchini, Francesco 304, 318 Franciotti della Rovere, Lucrezia 303 Franzonius, Hieronymus 318 Gail, Andreas von 318 Gallicus, Titus 14, 226, 231, 235–238 Galluzzi, Tarquinio 88 Gambara, Lorenzo 318 Gheri, Filippo 10, 219, 225, 231 Giovanni, Bischof von Lamberto 159 Giovio, Benedetto 296, 319 Giovio, Paolo 295 Giraldi, Giambattista, genannt Cinzio 295, 319 Giraldi, Giglio Gregorio 80, 295, 319 Girard, Jean 318 Gonzaga, Bonaventura 318 Gouveia, António de 319 Gregor der Große – Moralia 55 Grotius, Hugo 80, 248 Grudius, Nicolaus 319 Gruytere, Jan de 319 Guarino, Battista 334

392  Personen- und Stellenregister Guicciardini, Francesco 334 Guidi, Roberto 98 Heinsius, Daniel 4, 248, 337–338, 352– 353 – Epigrammata – 70 337 – Manes Scaligeri, Lipsiani, Dousici 293 Hessus, Eobanus 319 Hiltebrandt, Andreas 7 Homer 193 – Odyssee 55 Horaz 4, 16, 119, 232, 282, 355, 360, 366 – Carmina – 1,1 165 – 1,14 78 – 3,7 285–286 – 3,13 213 – 4,11 48 – 4,18 366 – Sermones – 1,2 50 Hugo, Herman – Pia desideria 357 Huygens, Constanijn 338 Ignatius von Loyola 360 Iunius, Hadrianus 319 Kleopatra 56 Kochanowski, Jan 10, 267–286 – Elegiarum libri quattuor – 1,4 278 – 1,12 268–269 – 2,6 272, 274–275 – 2,9 273 – 2,11 276–277 – 3,7 285 – 4,2 274 – 4,3 276 – Foricoenia – 6 270–271 – 7 271 – 70 270 – Fraszki – Imię twe 284–285

– Pieśni – 1,4 282–283 – 1,7 283 – 1,15 283 – 1,21 283 – 2,21 279–280 Krzycki, Andrzej 80, 267–268 Ladislaus IV. Wasa 355 Lambin, Denis 296 Lampridio, Benedetto 319 Landino, Cristoforo 4, 10, 164, 219, 225, 231, 352 – Prolusione petrarchesca 121–122 – Xandra 12, 115–121, 124–154, 156, 165 – 21,1 1 119 – 21,2 129–130 – 21,3 (= 14) 116–117, 119, 169, 341– 342 – 21,14 65, 243–245, 352 – 21,16 350–351 – 22,4 126–129 – 22,7 275 – 22,8 275 – 22,9 217 – 22,27 129 – 23,1 153 – 23,19 150 Lapini, Bernardo 304 Lauro, Pietro 319 Lernutius, Janus 15, 319 Lignaminaeus, Desiderius 319 – Iudicio Paridis 302 Longo, Alberto 219 Lotichius Secundus, Petrus 319 Lucatellus, Bernardinus 319 Lukan – Pharsalia 5 Lund, Johannes 330, 352 Lund, Zacharias 10, 329–331 – Poematum Juvenilium libri IV 15, 332– 333, 339–353

 1 Die hochgestellten Ziffern bezeichnen die erste und zweite Fassung der Xandra.

Personen- und Stellenregister  393

– Ad lectorem 332–333 – 1,3 339 – 1,5 339–343 – 1,7 339 – 1,9 339–340, 343–346 – 1,10 347 – 2,1 347 – 2,2 339, 348–349 – 2,6 339, 349–350 – 2,8 351 – 2,9 339 – 4,61 351–352 Lupatus, Bartholomaeus 319 Macrin, Jean Salmon 319 – L’Olive 1 8–9 Maelson, Pieter 311 Malevoltus, Horatius 319 Mancini, Faustina 301 Manilius 233 Manmaker, Adriaen 311 Manuzio, Paolo 302–303, 319 Marius, Antonius 319 Marnix, Philip van 299, 319 Marot, Clément 70, 80 Marrasio, Giovanni 10, 14, 114–115, 156 – Angelinetum 12, 114, 165 – 1 115 Martial 9, 88 Marulič, Marko 220, 225, 232 Marullo, Michele 320 Masen, Jacob – Ars nova argutiarum 87 – 1,3 88 – 4,4 88 Massario, Girolamo 10, 219, 230–231, 256–257, 259–260 Matthäus von Vendôme 173, 175 – Ars versificatoria 362 Meier, Johannes 338 Melanchthon, Philipp 335 Modius, Franz 320 Molza, Francesco Maria 320 Morata, Olympia Fulvia 299, 304 More, Thomas 320 Muret, Marc Antoine 320

Myerop, Joachim van 311 Myl, Cornelis van der 311 Naldi, Naldo 164, 219 Navagero, Andrea 10, 13, 191–192, 320 – Lusus 200–205, 210, 213–214 – 21–38 202–205 – 23 202 – 30 203 – 32 202 – 38 204–205 Nessel, Martin 7 Olksz, Jan 269 Opitz, Martin 7, 17 Ottelio, Marco Antonio 320 Ovid 8, 49, 97, 110, 162, 164–165, 233– 234, 241, 249, 332–333, 335, 351 – Amores 55, 149 – 1,1 166–167, 282 – 1,9 85 – 1,13 176 – 2,10 288 – 2,15 306 – 3,9 272 – Ars amatoria – 1,224 89 – Epistulae heroidum – 15 276 – 18 335 – Metamorphoses – 1,527–530 177 – 2,463 177 – 3,168 175–176 – 3,487–490 287–288 Owen, John – Epigrammata – 1,26 88–89 – 6,5 88 Paganinius, Paganus 320 Palant, Anna von 299–300, 304 Panigarola, Francesco 320 Pantiaticus, Bartholomaeus 320 Parkhurst, John 80 Partenio, Bernardino 320

394  Personen- und Stellenregister Pasinus, Iulius 320 Pasquier, Étienne 320 Pellicia, Paulus 320 Periander, Ägidius – Horti tres amaris amoenissimi 293, 296 Petersen, Joachim 332 Petrarca, Francesco 1, 3, 5, 12, 16, 21, 97–109, 161–162, 164, 174, 355, 363 – Africa 362 – 5,546–554 272 – 5,683 274 – Bucolicum Carmen 193 – De remediis utriusque fortune 39–42, 269 – 1,69 11, 42–53, 309 – 1,70 53 – 1,81 308 – De vita solitaria 208, 269 – Epistolae familiares – 13,8 273 – 18,8 308 – 21,15 308 – 24,4 192 – RVF 147–154, 162, 181–189 – 1 23, 28, 52, 63, 102, 106–107, 113, 129, 187, 223–224, 286, 373 – 2 116, 118, 178, 223–224, 373 – 3 59, 70, 116, 118, 168, 178, 220, 223–224, 272–273, 275, 373 – 4 202, 223–224, 373 – 5 223–224, 373 – 6 223–224, 277, 373 – 7 223–224, 373 – 9 220, 223–224, 374 – 10 202 – 12 219, 223–224, 374 – 15 219, 223–224, 374 – 19 70, 220, 223–224, 305, 374 – 22 219, 223–224, 374 – 23 48, 171 – 27 202 – 28 27, 202, 204, 274 – 29 27, 171 – 32 274 – 34 203 – 35 63, 208–209, 217, 273

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

– –

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46 219, 223–224, 374 50 219, 223–224, 231, 374 52 177, 223, 225, 375 59 223, 225, 375 61 275–276, 280 71 198, 209 72 178 81 26 87 199 89 27 90 70, 104–105, 177, 220, 223, 225, 375 93 59 102 219, 223–224, 375 105 59 116 208 121 223 126 209–210, 219–220, 222–223– 225, 231, 375 128 202, 219–220, 223–224, 232, 376 129 208–209, 223, 225, 232, 396 131 63 132 14, 59, 63–67, 89, 146, 218– 220, 223–228, 231–232, 244, 305, 308, 345, 352, 376–378 133 63–64, 67, 70, 203, 220, 223– 224, 377 134 11, 14, 59, 63–64, 67–76, 88– 89, 218–220, 223–230, 232–238, 287, 295, 305, 308, 377–378 136 14, 202, 220, 223–224, 230, 256–260, 378–379 137 14, 202, 220, 223–224, 230, 256–260, 378–379 138 14, 202, 220, 223–224, 230, 256–258, 260–261, 378–379 143 177 151 78 153 223–224, 379 159 70, 220, 223, 225, 379 161 63 162 63, 223, 225, 379 164 59, 70, 220, 223–224, 246– 247, 379 165 59,204 167 63

Personen- und Stellenregister  395

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

181 357 183 70, 220, 223, 225, 379 187 192 189 63, 223, 225, 379 190 63 194 59 199 306 200 306 201 306 203 59 208 223, 225, 379 209 63 211 27, 275 215 219, 223–224, 380 216 70, 220, 223, 225, 232, 380 220 219, 223–224, 380 224 63 227 177 235 59 248 63 261 111 263 111–112 264 23–26, 59, 202 270 198 272 220, 222–223–224, 380 273 219, 223–224, 380 279 345 283 363 288 209, 343–344 291 223–224, 380 301 70, 211, 220, 223, 225, 380 302 220, 222–224, 380 303 208 325 59 327 219, 223–224, 381 330 59 355 27 360 42 364 220, 223–224, 381 365 63, 220, 223–224, 381 366 202, 219–221, 223–225, 229, 231–232, 381–382 – Secretum meum 24, 162 – 1,3 48 – 1,7 51 – 1,10–12 48 – 1,15–16 48

– 1,26 48 – 1,33 48 – 3,94 50 – 3,103–104 42 – Trionfo dell’amore 14, 249–255, 355 Petrella, Bernardino 320 Philipp, Herzog von Schleswig-Holstein 332, 352 Piccolomini, Enea Silvio 156 – Cinthia 165 Pierallini, Giovanni 221 Pigna, Giovanni Battista 320 Pignatelli, Camillo 300 Pindar 119 Pinitian, Johann 60 Pittorio, Ludovico Bigo 320 Platon 50, 121, 269 Plautus – Trinumus 668–672 308 Poliziano, Angelo 2, 80, 304, 321 Pontano, Giovanni 301, 312, 321 – Carmina – 1,6 217 Pontanus, Jacobus – Floridorum libri 357 Posthius, Johannes 80, 321 Priulus, Aloisius 321 Properz 49, 60–61, 97, 110, 127, 148– 149, 162, 164, 233–234, 335 – 1,18 273 – 2,17 60 – 2,2 283 – 2,20 282 – 3,2 284–285 Prudentius 234 Quaerengi, Antonio 321 Rai, Flaminio 10, 219, 221–223, 226, 231, 233 Ricchieri, Ludovico Maria 321 Robortello, Francesco 321 Rogers, Daniel 321 Rosselet, Claude 321 Ruscelli, Girolamo – Del Tempio 301

396  Personen- und Stellenregister Sabinus, Georg 321 Salutati, Coluccio 12, 69–70, 97–112, 119, 121, 226–227, 232–233 – Nec pacem invenio 67, 72–75, 218 – Si fors non sit amor 65, 218 Sammarco, Ottavio – Il Tempio 300–301 Sammarcus, Ioannes Vincentius 321 Sadolin, Hans Jørgensen 335 – Elegidia 335 – Dulcibus implebo pomis 336 – O celebris nostro versu 335–336 – O quam te cuperem 335 Sannazaro, Jacopo 321 Sappho 49 – Fragment 1 306 Sarbiewski, Maciej Kazimierz 10, 15, 355–370 – De acuto et arguto liber unicus sive Seneca et Martialis – S. 5 87–88 – S. 10 358 – Dii gentium – S. 154 359 – Epigrammata – 3 358–359 – 4 356 – 7 364 – 9 362 – 14 365 – 17 364 – 25 365 – 26 365 – 29 356 – 30 364–365 – 31 356, 366 – 34 357–358 – 37 361 – 38 361 – 40 364 – 87 356 – 104 365–366 – Epodi – 4 361–362 – 12 368 – Lyrica 360 – 1,21 366

– 2,13 366 – 2,19 364 – 2,25 361, 365 – 2,26 366 – 3,2 362–363 – 4,21 362, 364 – 4,22 366–367 – 4,25 361, 368 Scaliger, Joseph Justus 10, 14, 248–255 Scaliger, Julius Cäsar 4, 15, 248, 293– 294, 321 – Manes Catulliani 294 – Nova Epigrammata 294 – Thaumantia 294 Schede Melissus, Paul 220, 301, 320 – Epigrammata 299 – Factus amans ego sum 67, 305 – Melica 299 Schellenberg, Christoph 321 Schoon[e], Cornelius 321 Schoorl, Adriaen 321 Scriverius, Petrus 248 Secundus, Janus 80, 321, 335, 352 – Basia 334, 335 – Elegiae 276–277 – 2,5 347 Seefeld, Jørgen 330 Seidel, Bruno 321 Seneca 98 Senf, Kilian 321 Sepin, Gervais 321 Silius Italicus 234 Simonetta, Francesco 158, 165, 186 Simonetta, Gian Giacomo 158 Sperantius, Aulus 235 Spinula, Publio Francesco 322 Stampa, Gambara – Rime – 1 35–36 – 38 36–37 – 88 37 – 168 37 – 207 37 – 231 37 Statius – Achilleis 55 – Thebais 55

Personen- und Stellenregister  397

Stolfi, Casimiro 60 Stoop, Nicolaas de 322 Strozzi, Ercole 322 Strozzi, Tito Vespasiano 15, 31, 322 – Eroticon libri 115, 156 – 5,4 273 Sussaneau, Hubert 322 Suys, Jacobus van 231 Szarzyński, Mikołaj Sęp 10, 267, 284, 286–288 – Erotyki 287 – Fraszki 287–288 – Sonette 286 Taigeto, Giovanni Angelo 2,95, 322 Taigeto; Giovanni Antonio 292, 303, 322 Tasso, Torquato – Gerusaleme Liberata 6 – Aminta 6 Taubmann, Friedrich 352 Tebaldeo, Antonio 322 Terminius, Nicolaus 322 Tesauro, Emanuele 220, 226 – Il cannochiale aristotelico 70–71, 87 – Nec mihi pax ulla est 69, 72–73, 75– 76 Theseus, Ioannes/Ianus 322 Thomas von Aquin – Summa theologica – I–II, q. 49,1–2 29 – II–II, 108,2 29 Tibull 8, 49, 97, 110, 351 – 1,3 271–272 Tilenus, Georgius 225 – Si non id est amor 66, 85 Toscano, Giovanni Matteo 292, 294, 322 Turcus, Ioannes Antonius 322 Urceo, Antonio 317 Ursinus Velius, Caspar 323 Utenhove, Karel von 299, 323 Vaenius, Otto – Divini Amoris emblemata 357 Vagetius, Heinrich 332 Valeriano, Giovanni Pierio 322 Valerius Maximus 269

Valla, Lorenzo 157 Vallambert, Simon de 323 Vasio, Marco 10, 219, 225, 231 Vergil 98, 192, 269 – Aeneis 193 – 6,674 213 – Bucolica 193 – 2 207, 342 – 5 209, 213 – 6 213 – 8 213 – Georgica – 4,460–464 346–347 Verino, Ugolino 10, 80, 352 – Flametta 12, 132–154 – 1,1 135, 144 – 1,2 135–137 – 1,3 136 – 1,4 133–134 – 1,5 132–133 – 1,6 146, 346 – 1,9 138 – 1,10 136 – 1,22 139 – 1,23 138 – 1,24 138 – 1,27 137 – 1,29 138 – 2,1 140, 147, 153 – 2,2 140–141 – 2,22 141–142 – 2,43 142 – 2,55 142, 143 Verzosa, Juan 316 Vespucci, Simonetta 304 Vicecomes, Hieronymus 323 Villani, Filippo 99–100 Vind, Holger 330 Vouté, Karel von oder Visagier, Jean 323 Vulcananus, Bonaventura 80 Watson, Thomas 220, 225, 231, 245 – Dum coelum, dum terra iacet 246– 248 – Hoc si non est amor 66 Werner, Heinrich 331–332 Widing, Zacharias 330

398  Personen- und Stellenregister Winther, Jurga Valentin – Pastor fidus 7 Wisch, Hans von der 331, 347 Zambeccari, Pellegrino 97, 100–109, 112, 121 Zanchi, Basilio 323 Zanchi, Giovanni Crisostomo 317 Zwinger, Theodor 299, 323