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German Pages [720] Year 1986
Günter Rexilius Siegfried Grubitzsch Psychologie (Herausgeber)
Theorien - Methoden - Arbeitsfelder Ein Grundkurs
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Die 34 Beiträge dieses «Grundkurses» geben die Hauptströmungen der gegenwärtigen Psychologie wieder, analysieren die fruchtbarsten theoretischen und empirischen Ergebnisse, informieren über methodische Prioritäten und theoretische Neuansätze, verweisen auf die praktischen Anwendungsmöglichkeiten und Folgen. Leitend dabei sind die Fragen nach der gesellschaftlichen Funktion dieses Fachs, nach den sozialgeschichtlichen Entstehungszusammenhängen sowie den Auswirkungen auf die Gestaltung von Lebens- und Arbeitsbedingungen. Was die Psychologie vom und für den Menschen weiß, welchen Beitrag sie zur Verbesserung seiner Lebensqualitäten zu leisten vermag, sind weitere Problemstellungen. Gerade weil es nicht kritische Psychologie gibt, sondern verschiedene Zugänge, ist dieser Grundkurs darauf angelegt, einen umfassenden Überblick über die Sachfragen der Psychologie in ihrer gesellschaftlichen Verantwortung zu geben und eine Diskussion über ihre Perspektiven anzuregen.
DM 29,80
Über die Herausgeber D R . GÜNTER REXILIUS, Jahrgang 1943, Priv.-Doz., ist Dozent für Psychologie an der Universität/Gesamthochschule Wuppertal. Forschungsschwerpunkte: Sozial- und Persönlichkeitstheorie, Wissenschafts- und Erkenntnistheorie. - Veröffentlichungen: Grundzüge einer kritischen Psychologie. Gießen 1977; Testtheorie Testpraxis. Reinbek bei Hamburg 1978 (zus. m. S. Grubitzsch); Handbuch psychologischer Grundbegriffe. Reinbek bei Hamburg 1981 (zus. m. S. Grubitzsch).
Jahrgang 1940, ist Professor für Psychologie mit dem Schwerpunkt psychologische Diagnostik an der Universität Oldenburg; Arbeiten zur Kritik der Psychologie und der psychologischen Diagnostik; Forschungsarbeiten zu Fragen der Psychologie als Sozialtechnologie; Gründer und Mitherausgeber der Zeitschrift «Psychologie und Gesellschaftskritik» (seit 1977); Leiter der 1985 gegründeten «Test- und gutachtenpsychologischen Beschwerde- und Beratungsstelle» an der Universität Oldenburg; 1986 Gastprofessor an der Universität Wien (Psychodiagnostik und Forensische Psychologie). - Veröffentlichungen u. a.: Testtheorie - Testpraxis. Reinbek bei Hamburg 1978; Handbuch psychologischer Grundbegriffe. Reinbek bei Hamburg 1981, daneben Mitarbeit an mehreren Büchern und zahlreichen Zeitschriftenaufsätzen. D R . SIEGFRIED GRUBITZSCH,
Günter Rexilius/ Siegfried Grubitzsch (Hg.)
Psychologie Theorien - Methoden - Arbeitsfelder Ein Grundkurs
no ro ro rowohlts enzyklopädie
rowohlts enzyklopädie Herausgegeben von Burghard König
Originalausgabe Umschlagentwurf Werner Rebhuhn Veröffentlicht im Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg, Oktober 1986 Copyright © 1986 by Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg Satz Times (Linotron 202) Gesamtherstellung Clausen & Bosse, Leck Printed in Germany 2980-ISBN 3 499 55419 4
Inhalt Vorwort der Herausgeber 9 Günter Rexilius Psychologie - eine Wissenschaft vom Alltag? 11
1 Psychologische Arbeitsfelder Ernst v. Kardorff Soziales Feld 23 Gerd Wiendieck Wirtschaftspsychologie 49 Marianne Gronemeyer Psychologie in der Politik 64 Rudolf Miller Umweltpsychologie 81 Klaus Grabska Gesellschaftliche Kontrolle 100
2 Psychologische Institutionen Ernst v. Kardorff Klienten 121 Gunter Herzog Gesellschaftliche Institutionen 144 Rainer Balloff Der Psychologe 160 Rainer Balloff Die Gesetze 179
3 Psychologisches Handeln Hans Zygowski Einzeltherapie 201 Georg Hörmann Gruppentherapien 223 Heiner Zillmer Forschung 242 Arne Raeithel .Statistik 262 Siegfried Grubitzsch Psychodiagnostik 283
4 Bausteine menschlicher Lebensäußerungen Joscijka Gabriele Abels Wahrnehmung 313 Adam Zurek Denken und Bewußtsein 332 UteOsterkamp Emotion 343 Ute Osterkamp Motivation 362 Klaus Holzkamp Handeln 381 Günter Rexilius Persönlichkeit 403 Heiner Keupp Normalität und Abweichung 424
5 Theoretische Annäherungen Johannes Reichmayr Psychoanalyse 453 Wolf gang Rechtien Ganzheits-, Gestalt- und Feldtheorie 476 Klaus-Jürgen Bruder Lerntheorien 497 Adam Zurek Kognitive Theorie 516 Heiner Dunckel Handlungstheorie 533
6 Geschichte der Psychologie Barbara Grüter Individualgeschichte 557 Ulfried Geuter Psychologie im Nationalsozialismus 577 Walter Gummersbach Psychologie in Deutschland seit 1945 599 Alexandre Metraux Zur geschichtlichen Entwicklung der Psychologie in Ost- und Westeuropa und in Nordamerika 620
7 Funktionsbestimmung von Psychologie Angelika Ebrecht Wissenschafts- und erkenntnistheoretische Positionen 641
Wolfgang Maiers / Morus Markard Kritische Psychologie 661 Peter Mattes / Günter Rexilius Über die Wissenschaft Psychologie und die, die sie betreiben 681
Über die Verfasser 699 Personenregister 701 Sachregister 708
Vorwort der Herausgeber Als wir den planten, war er gedacht als eine neue Form von Lehrbuch mit dem Anspruch, psychologisches Wissen und Handeln im Überblick und doch umfassend darzustellen. Er sollte den wissenschaftlichen Maßstäben genügen, die sich in der traditionellen Psychologie und auch in der deutschsprachigen Psychologie die Form fester Regeln für die Herstellung wissenschaftlicher Texte angenommen haben; dann sollte er Forum einer kritischen Diskussion der Gegenstände, Vorgehensweisen und Ergebnisse dieser Psychologie sein; schließlich wollten wir den richten auf Entwicklungslinien, die der Psychologie Zukunftschancen eröffnen. Als uns die ersten Texte erreichten, wurde schnell deutlich, daß eine Annäherung an die psychologische Publikationsländschaft mit ihren gängigen Ansprüchen nur bedingt möglich war. Der erste Schreck die Hochschulsozialisation formt ihre Über-Ich-Anteile mit nicht weniger Nachdruck als die familiäre - wurde von probaten Abwehrmechanismen in Überlegungen umgeleitet, was mit den in Form und Inhalt sehr unterschiedlichen Beiträgen anzufangen sei. Blieb noch ein übrig? Je mehr Autoren ihre Manuskripte schickten, desto mehr gewann ein Konzept Konturen, das dem ursprünglichen nicht entsprach, aber seine eigenen Reize zu entfalten begann. Uns beeindruckte zunächst die Tatsache, daß alle Autoren, ungewollt und ungefragt allein durch das Vorhandensein ihrer Beiträge faktisch an einem Konzept zur Darstellung der gegenwärtigen Psychologie mitwirkten; sie veränderten gewissermaßen den üblichen Vorgang einer inhaltlichen und strukturellen Vorgabe durch die Herausgeber, mit der diese vor allem ihre eigenen Vorstellungen umsetzen wollten. Zweitens überzeugten die meisten Beiträge, auch wenn sie nicht den Vorstellungen der Herausgeber in manchen oder auch in vielen Einzelheiten entsprachen, durch ihre Qualität. Das dritte und letztlich entscheidende Argument für die Realisierung eines Grundkurses lieferte die der Texte: Hier offenbarte sich nicht irgendeine wertneutrale, objektive oder herrschende Psychologie, sondern Autoren stellten in erster Linie - mehr oder weniger ausgeprägt - sich und ihr Verhältnis zu dieser Wissenschaft dar. Was manchem als Schwäche erscheinen mag, betrachten wir als eine Stärke dieses Buches, die wir bei der Lektüre der Manuskripte immer mehr schätzen lernten - eine sehr subjektive Interpretation von Arbeit mit und innerhalb der Wissenschaft Psychologie, die dem Leser ganz neue Perspektiven bei der Betrachtung psychologischer Themen und Arbeits-
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Vorwort der Herausgeber
bereiche eröffnen kann, wenn er bereit ist, die Verbindung von wissenschaftlichem Anspruch und subjektiver Sichtweise zu akzeptieren. Der will keinen vollständigen Überblick über die Psychologie in Theorie und Praxis anbieten, er weist Lücken auf, die teilweise konzeptionell bedingt sind, teilweise auf individuelle Selektionskriterien von Autoren zurückgehen. Der Gesamteindruck ist nicht einheitlich, weder in bezug auf die Darstellungsform noch auf die inhaltliche Präsentation. Neben diesen Einschränkungen sind die Vorzüge hervorzuheben. Enthalten ist in diesem Buch, was uns an der traditionellen Psychologie in ihrer gegenwärtigen Entwicklungsphase wichtig zu sein scheint. Über die reine Darstellung psychologischen Wissens hinaus haben viele Autoren sich bemüht, Inhalte und Methoden der herrschenden Psychologie kritisch zu hinterfragen und auf ihre Aporien, Sackgassen und verkürzten Perspektiven hin abzuklopfen; von dieser Seite her betrachtet stellt der ein in der deutschsprachigen Psychologie bislang einmaliges Unterfangen dar. Schließlich reicht der Gehalt vieler Beiträge über Bestandsaufnahme und Kritik hinaus - in diesem Band werden erstmals die wichtigsten Versuche, die Psychologie als Gesellschaftswissenschaft weiterzuentwickeln, kompakt und zum Kennenlernen zusammengefaßt. Das, was die Zukunft der Psychologie sein kann oder sein wird, ist von den doch sehr unterschiedlichen Ausgangspunkten einer des Psychologen sind - ein Ventil für den seelischen Druck suchen, der entsteht, wenn die von den inneren Kontrolloperationen abgesteckten Bewegungsspielräume zu eng werden. Auch der soziale Hintergrund alltäglicher Ereignisse, die in der einen oder anderen Weise Gegenstand psychologischen Interesses oder Handelns werden können, umschreibt das strukturelle Fundament des gewöhnlichen Alltags nicht vollständig; aber er ist ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Wege, der Alltag und Wirklichkeit zusammenbringen soll. Es stimmt einerseits, «daß die alltäglichen Beziehungen zwischen den Menschen - das - sich langsamer verändern als die Struktur des Staates» (Lefebvre 1974, S. 57) und seiner Institutionen, der . Frankfurt/M. 1972. Ruitenbeek, H. M., Die neuen Gruppentherapien. Stuttgart 1974.
Heiner Zillmer
Forschung 1 Vorüberlegungen 242 2 Umfang und allgemeine Aufgaben psychologischer Forschung 244 3 Wissenschaftstheoretische Voraussetzungen psychologischer Forschung 245 Die analytische Wissenschaftstheorie - Kritischer Rationalismus Die dialektisch-materialistische Wissenschaftsreflexion Zusammenhang der Positionen 4 Überblick über die wichtigsten Methoden 248 Erhebungsmethoden - Auswertungsmethoden 5 Forschungsstrategien 252 Naturwissenschaftliche Forschungsstrategien Geisteswissenschaftlich-hermeneutische Forschungsstrategien Sozialwissenschaftliche Forschungsstrategien Emanzipatorische Forschungsstrategien-Techniken und Methoden der empirischen Sozialforschung im Rahmen emanzipatorischer Forschungsstrategien
1 Vorüberlegungen «Wann Krieg beginnt, das kann man wissen, aber wann beginnt der Vorkrieg. Falls es da Regeln gäbe, müßte man sie weitersagen» {Christa Wolf, Kassandra).
Lange bevor die Ereignisse zu Tage treten, unübersehbar, haben Kräfte gewirkt, unsichtbar, die sie hervorbringen. Es gibt die Regeln, nach denen sich die Katastrophen bilden, die menschgemachten, und sie sind ergründbar. Einiges kennen wir schon, vieles wissen wir noch nicht, und die Regeln der Vorkriege zu erforschen ist eine unaufschiebbare Aufgabe. Für uns alle. Wir wollen sehen, ob uns die Psychologie mit ihrer Forschung helfen kann. Psychologische Forschung läßt sich nicht als einheitliches Bild darstellen. Wie kaum eine andere Wissenschaft ist sie in streitende Richtungen zerrissen. Ich gebe einen Überblick über die wichtigsten Gesichtspunkte und Ansätze von Forschung in der akademischen Psychologie, setze sie in
Forschung
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Beziehung zu einem idealisierten Bild ganzheitlicher, lebensgestaltender Forschung und entwerfe abschließend die Hauptlinien emanzipatorischer, fachübergreifender Forschungsstrategien, in denen meine parteiliche Sicht von Forschung zum Ausdruck kommt. Das Kind als Forscher Zum Vorbild nehmen wir das Kleinkind. Was wir gemeinhin Spielen nennen, betreibt das Kleinkind als ernsthafte Arbeit: Forschen. Tag für Tag, wenn Erwachsene es nicht daran hindern. Folgen wir Barbara Sichtermanns (1982, S. 56) Beschreibung: «Kaum hast du Ruth aus dem Bett aufgenommen und sie mit einem Frühstück vollends munter gemacht, so mußt du erleben, daß sie sich in ihre Versuche stürzt, mit erstaunlicher Energie und Zähigkeit, mit allerdings noch beschränkter Geduld, was dazu führt, daß sie meist mehrere Versuchsreihen parallel laufen hat. Sie arbeitet mit der - ich möchte fast sagen - weltfremden Beharrlichkeit des