Präventive Gewinnabschöpfung im Polizeirecht: Verbindlichkeit ihrer exekutiven Ausgestaltung im Innen- wie Außenverhältnis sowie eine vertiefte Betrachtung des ersten Verfahrensstadiums, der Sicherstellung nach niedersächsischem Landesrecht [1 ed.] 9783428580385, 9783428180387

Das Werk beschäftigt sich primär mit dem niedersächsischen Landesrecht und diskutiert unter Einbeziehung eigenständig er

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German Pages 342 [343] Year 2022

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Präventive Gewinnabschöpfung im Polizeirecht: Verbindlichkeit ihrer exekutiven Ausgestaltung im Innen- wie Außenverhältnis sowie eine vertiefte Betrachtung des ersten Verfahrensstadiums, der Sicherstellung nach niedersächsischem Landesrecht [1 ed.]
 9783428580385, 9783428180387

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Das Recht der inneren und äußeren Sicherheit

Band 14

Präventive Gewinnabschöpfung im Polizeirecht Verbindlichkeit ihrer exekutiven Ausgestaltung im Innen- wie Außenverhältnis sowie eine vertiefte Betrachtung des ersten Verfahrensstadiums, der Sicherstellung nach niedersächsischem Landesrecht

Von Katharina M. Peukert

Duncker & Humblot · Berlin

KATHARINA M. PEUKERT

Präventive Gewinnabschöpfung im Polizeirecht

Das Recht der inneren und äußeren Sicherheit Herausgegeben von Prof. Dr. Dr. Markus Thiel, Köln

Band 14

Präventive Gewinnabschöpfung im Polizeirecht Verbindlichkeit ihrer exekutiven Ausgestaltung im Innen- wie Außenverhältnis sowie eine vertiefte Betrachtung des ersten Verfahrensstadiums, der Sicherstellung nach niedersächsischem Landesrecht

Von

Katharina M. Peukert

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover hat diese Arbeit im Jahr 2020 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2022 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Satz: Textforma(r)t Daniela Weiland, Göttingen Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 2199-3475 ISBN 978-3-428-18038-7 (Print) ISBN 978-3-428-58038-5 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2019/20 von der Juristischen Fakultät der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover als Dissertation angenommen. Großer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Kay Waechter, für die Betreuung der Arbeit, die stete Gesprächsbereitschaft und die bereichernde Zeit als Mitarbeiterin an seinem Lehrstuhl. Weiterhin danke ich Herrn Prof. Dr. BerndDieter Meier für die geführten Gespräche und Anregungen bzgl. des statistischen Teils meiner Arbeit sowie für die überaus zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Der Graduiertenakademie der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität danke ich sehr herzlich für das entgegengebrachte Vertrauen sowie die finanzielle Unterstützung meiner Promotion. Ein großer Dank gebührt auch Herrn Prof. em. Dr. Lic. Hubert Paul Treiber sowie Herrn Prof. i. R. Dr. iur. Jörg-Detlef Kühne, deren Büro ich während der Beendigung meiner Arbeit nutzen durfte. Sie boten mir damit ausreichend Raum zur ungestörten Finalisierung des Werks. Mein Dank gilt dabei im Besonderen Herrn Prof. Treiber, der mir zwecks Recherche u. a. Zugang zu wichtigen Datenbanken verschafft hat. Dank dieser Unterstützung konnte ich das Gesetzgebungsverfahren eng im Blick behalten und begleiten sowie die Aktualität meiner Arbeit durch stete Anpassung an die veränderte Rechtslage, den Wandel des Nds. SOG zum NPOG und der Novellierung der §§ 26 ff., bewahren. Mein Dank gilt auch Frau Ulrike Treiber, die in besonders herausfordernden Phasen der Entstehung stets die passenden Worte zur Stärkung fand, jedoch die Vollendung der Dissertation leider nicht mehr miterleben durfte. Für das Korrekturlesen bedanke ich mich zudem sehr herzlich bei Frau Elke Kühne, die das gesamte Werk in überaus kurzer Zeit sehr sorgfältig gegengelesen hat und mir damit eine große Hilfe war. Ein überaus großer Dank gebührt meinem Verlobten, Dr. Reent Ricklef Reents, der ebenfalls am Lehrstuhl von Herrn Prof. Waechter beschäftigt war und der mich in formalen Fragen, wie der Formatierung und Aktualisierung von Fußnoten, in der finalen Phase meiner Promotion sehr unterstützt und mir auf diese Weise ebenfalls in zeitlicher Hinsicht sehr geholfen hat. Der größte Dank jedoch gebührt meinen Eltern, Margareta Anna und Walter Heinrich Johannes Peukert, ohne deren fortwährende Unterstützung in jedweder Hinsicht die Arbeit nicht entstanden wäre; ihnen ist sie deshalb gewidmet. Hannover, im November 2021

Katharina M. Peukert

Inhaltsverzeichnis A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 II. Methode und Struktur der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 B. Begriff und Historie der Gewinnabschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 I. Repressive Gewinnabschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 II. Präventive Gewinnabschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 III. Mögliche Variante des klassischen Polizeirechts  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 C. Rechtsgrundlagen der Gewinnabschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 I. Erweiterte Einziehung – § 73a StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 II. Sicherungseinziehung – § 74b StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 III. Selbständige Einziehung – § 76a StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 1. § 76a I–III StGB – Nachträgliche Vermögensabschöpfung . . . . . . . . . . . . . . 49 2. §§ 76a IV StGB, 437 StPO – Einziehung von Vermögen unklarer Herkunft

51

IV. Bedürfnis eines PräGe-Verfahrens – §§ 26 ff. Nds. SOG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 1. Verbliebene Regelungslücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 2. Zweifel an Legitimität strafrechtlicher Einziehungsregelungen . . . . . . . . . . 55 a) Kritik betreffs § 73a StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 b) Kritik betreffs § 74b StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 c) Kritik betreffs § 76a IV StGB i. V. m. § 437 StPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 D. Kompetenz für eine Präventive Sicherstellung inkriminierter Sachen . . . . . . . . . 63 I. Grundsatz: Landesgesetzgebungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 II. Sperrwirkung – qua Annexkompetenz zu Art. 74 I Nr. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . 64 III. Vorrang strafrechtlicher Einziehungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

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Inhaltsverzeichnis

E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen bei der Durchführung der Präventiven Gewinnabschöpfung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 I. Landesrechtliche Grenzen der Präventiven Gewinnabschöpfung . . . . . . . . . . . . 73 1. Gemeinsamer Runderlass des Ministeriums für Inneres und Sport (MI) und des Justizministeriums (MJ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 a) Darstellung des Runderlasses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 b) Verbindlichkeit des Runderlasses für Gemeinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 c) Verbindlichkeit des Runderlasses im Außenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . 80 aa) Organisatorische Verwaltungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 bb) Verhaltenslenkende Verwaltungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 (1) Außenwirkung ermessensleitender Verwaltungsvorschriften . . . 89 (a) Unmittelbare Außenwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 (b) Mittelbare Außenwirkung durch Selbstbindung . . . . . . . . . 91 (aa) Fingierte oder faktische Verwaltungspraxis maßgeblich? 94 (bb) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 (cc) Zulässigkeit und Gebot einer Neubegründung der faktischen Verwaltungspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 (dd) Erforderliches Ausmaß einer Abweichung zur Neubegründung und Reichweite der Bindung nach Art. 3 I GG 101 (ee) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 (c) Mittelbare Außenwirkung aufgrund Vertrauensschutzes . . . 105 (d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 (2) Außenwirkung norminterpretierender Verwaltungsvorschriften

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cc) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 d) Folgen einer rechtswidrigen Verwaltungsvorschrift im Innen- und Außenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 e) Folgen der Nichtbeachtung einer rechtmäßigen Verwaltungsvorschrift . . 112 f) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 2. Verfahrensstadium 1: Sicherstellung nach § 26 Nds. SOG . . . . . . . . . . . . . . . 114 a) Rechtsnatur des § 26 Nds. SOG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 b) Formelle Rechtmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 aa) Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (1) Subsidiaritätsgrundsatz – § 1 II 1 Nds. SOG . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (2) Straftatenverhütung – § 1 I 3 Nds. SOG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 (a) Vorrang der Polizei oder Gleichrangigkeit i. R. v. § 1 I 3 Nds. SOG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 (b) Spanne der Anwendbarkeit – begrenzt auf das Vorfeld? . . . 122 (c) Ende des Vorrangs und Übergang auf die Verwaltungsbehörden 125 (3) Einschränkung – § 1 III Nds. SOG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136

Inhaltsverzeichnis

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(4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 bb) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 cc) Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 c) Materielle Rechtmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 aa) Tauglicher Sicherstellungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 (1) Bargeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 (2) Buchgeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 (a) Bargeld, welches von der StA auf ein Konto eingezahlt wurde 145 (aa) Sachbegriff im Gefahrenabwehrrecht . . . . . . . . . . . . . 146 (bb) Verfassungsrechtliches Analogieverbot . . . . . . . . . . . . 148 (α) Analogieverbot nach Art. 103 II GG . . . . . . . . . . . 148 (β) Analogieverbot nach Art. 104 I 1 GG . . . . . . . . . . 153 (γ) Allgemeines Analogieverbot aus Art. 20 II, III GG 155 (δ) Analogieverbot aus Grundrechten . . . . . . . . . . . . 161 (ε) Analogiegebot aus Art. 3 I GG i. V. m. Art. 20 III GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 (cc) Einfachrechtliches Analogieverbot . . . . . . . . . . . . . . . 163 (dd) Analogievoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 (α) Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 (β) Planwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 (γ) Vergleichbare Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 (δ) Zusammenfassung und Abwägung . . . . . . . . . . . . 174 (ee) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 (b) Buchgeld bei dem Verdächtigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 (3) Untypisches: Grundstücke – Immobilien – Räume . . . . . . . . . . 178 (4) Typische Sicherstellungsobjekte einer PräGe . . . . . . . . . . . . . . . 180 bb) Tauglicher Sicherstellungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 (1) § 26 Nr. 1 Nds. SOG – Gegenwärtige Gefahr – zulässige Bewertungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 (a) Gefahrbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 (aa) Gefahrenquelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 (bb) Gefahrbegriff und Schutzgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 (cc) Öffentliches Interesse an Verhinderung des Schadenseintritts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 (b) Erforderlicher Grad der zeitlichen Nähe und der Wahrscheinlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 (aa) Indiztatsachen bei BtM-Delikten . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 (α) Szenetypische Stückelung und Relevanz der illegalen Herkunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200

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Inhaltsverzeichnis (β) Mehrfache Ermittlungen bzw. Verurteilungen, ihre Vereinbarkeit mit Unschuldsvermutung und Resozialisierungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 (γ) Höhe des aufgefundenen Geldbetrages . . . . . . . . . 204 (δ) Aktuelle Kontakte oder Drogenkonsum . . . . . . . . 204 (bb) Indiztatsachen bei Hehlerei oder ähnlichen Delikten . 205 (cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 (c) Bar- oder Buchgeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 (d) Andere Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 (e) Gegenwärtige Gefahr auch bei Sicherung von Rückforderungsansprüchen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 (aa) Vorrang von § 26 Nr. 2 Nds. SOG? . . . . . . . . . . . . . . . 214 (α) Direkte Anwendung von § 26 Nr. 2 Nds. SOG bei unkörperlichen Sachen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 (β) Analoge Anwendung von § 26 Nr. 2 Nds. SOG bei unkörperlichen Sachen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 (bb) Fehlender zivilrechtlicher Schutz als Hindernis einer präventiven Maßnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 (cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 (2) § 26 Nr. 2 Nds. SOG – Schutz privater Rechte – zulässige Bewertungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 (a) Zum Schutz privater Rechte vor Verlust oder Beschädigung 221 (aa) Widerlegung der Eigentumsvermutung – § 1006 I 1 BGB 221 (α) Grundsätzliche Anforderungen an die primäre Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 (β) Beweislastumkehr / besondere Anforderungen im Gefahrenabwehrrecht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 (γ) Erhöhte Anforderungen bei Bargeld? . . . . . . . . . . 229 (δ) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 (bb) Zulässigkeit trotz unbekanntem Berechtigten? . . . . . . 231 (cc) Zivilrechtlicher Schutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 (b) Dem Besitz entgegenstehender Wille des Berechtigten . . . . 233 (c) Erforderlichkeit einer gegenwärtigen oder konkreten Gefahr? 234 (d) Bargeld und die Folgen einer Einzahlung zwecks Verwahrung 235 (e) Indiztatsachen für eine Widerlegung von § 1006 I 1 BGB mangels Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 (f) Deliktische Herkunft allein ausreichend? . . . . . . . . . . . . . . . 239 (3) Runderlass: Sicherstellung von Bargeld bevorzugt nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 cc) Polizeipflichtigkeit – Adressierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241

Inhaltsverzeichnis

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d) Rechtsfolge – Möglichkeiten und Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 aa) Entschließungsermessen: Anspruch / matr. Pflicht auf Einschreiten? 242 bb) § 26 Nr. 1: Ermessensreduktion auf Null bei Bargeld . . . . . . . . . . . . 247 cc) § 26 Nr. 2: Ermessensreduktion auf Null bei fehlendem zivilrecht­ lichen Schutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 dd) §§ 26 Nr. 2, 4 III Nds. SOG: Zulässigkeit trotz unbekanntem Berechtigten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 ee) Erforderlichkeit der Belassung eines „Schonvermögens“ . . . . . . . . . 253 ff) Entzug des Tatanreizes als zulässiger Gesichtspunkt? . . . . . . . . . . . 255 gg) Zulässiger Anreiz, dass die investierte Arbeit nicht „wirkungslos verpuffen“ soll? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 hh) Fiskalische Beweggründe als zulässige Motive? . . . . . . . . . . . . . . . . 258 (1) Zielsetzung der 500 € Bagatellgrenze des Runderlasses . . . . . . 259 (2) Staatsaufgabe Sicherheit – ihre Vereinbarkeit mit Beschränkungen aufgrund fiskalischer Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 (3) Einfachrechtliche Ausgestaltung der Sicherheit – Zulässigkeit von fiskalischen Erwägungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 (4) Haushaltsrecht als zu beachtende innere Grenze . . . . . . . . . . . . 262 (a) Rechtswirksamkeit des Haushaltsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . 264 (b) Grad der Beachtlichkeit des Haushaltsrechts und seine Auswirkungen auf das zu gewährleistende Maß an Sicherheit . 266 (c) Unzulässigkeit der Mittelbeschaffung als entscheidungstragender Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 (d) Beachtlichkeit fiskalischer Erwägungen im Rahmen der Spielräume des Nds. SOG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 (e) Zulässige Zweckbegrenzung aufgrund unverhältnismäßigen Kostenaufwands? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 (5) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 3. Dauer der Rechtswirksamkeit einer Sicherstellung nach § 26 Nds. SOG . . . 275 a) Keine Präklusion wegen fehlender oder fehlerhafter Mitwirkung . . . . . . 276 b) Ende der Rechtswirksamkeit trotz Bestandskraft der Sicherstellung . . . . 280 aa) Bindungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 bb) Erledigung gemäß § 43 II VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 cc) Verstoß gegen Treu und Glauben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 dd) Verpflichtung zum Widerruf / Rücknahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 II. Veränderung der Grenzen durch Novellierung des Nds. SOG mit Gesetz vom 20.05.2019 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292

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Inhaltsverzeichnis

F. Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337

Abkürzungsverzeichnis à a. A. a. E. a. F. AB NGefAG

zu, je andere Auffassung am Ende alte Fassung Ausführungsbestimmungen zum Niedersächsischen Gefahrenabwehrgesetz Abs. Absatz Abschn. Abschnitt Agrarrecht, Zeitschrift für das gesamte Recht der LandwirtAgrarR schaft, der Agrarmärkte und des ländlichen Raumes Allg. Allgemein AllGO Verordnung über die Gebühren und Auslagen für Amtshandlungen und Leistungen (Allgemeine Gebührenordnung – AllGO –) vom 05.06.1997 (VORIS 202200144) Allgemeine Städteordnung von 1851 (Hannover) AllgStädteO Anh. Anhang AöR Archiv des öffentlichen Rechts (Zeitschrift) ArbR Arbeitsrecht Arg. Argument Art. Artikel AS Anfangsseite Allgemeines Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und ASOG Ordnung in Berlin Amtliche Sammlung von Entscheidungen der OberverwaltungsAS RP-SL gerichte Rheinland-Pfalz und Saarland Allgemeiner Teil AT AWGÄndG / StGBuaÄndG Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze Az. Aktenzeichen B. Beschluss Bachelor of Arts B. A. Baurecht, Zeitschrift für das gesamte öffentliche und private BauR Baurecht Bereinigte Sammlung des bayerischen Landesrechts BayBS Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt (Zeitschrift) BayGVBl Bayerische Verwaltungsblätter, Zeitschrift für öffentliches Recht BayVBl und öffentliche Verwaltung Betriebs-Berater (Zeitschrift) BB Bd. Band BDSG Bundesdatenschutzgesetz Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und BeamBeamtStG ten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz)

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Abkürzungsverzeichnis

BeckGrossOK-BGB beck-online.GROSSKOMMENTAR zum BGB BeckOK-BGB Beck’scher Online-Kommentar zum BGB BeckOK-StGB Beck’scher Online-Kommentar zum StGB BeckOK VwVfG Beck’scher Online-Kommentar zum VwVfG begünst. begünstigender Bek. Bekanntmachung Bes. Besonderes BFHE Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl. Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof BGHSt Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen BHO Bundeshaushaltsordnung BK Bonner Kommentar zum Grundgesetz Bln. Berlin BR Bundesrat BremPolG Bremisches Polizeigesetz BRS Informationsdienst Öffentliches Baurecht (Zeitschrift) BSG Bundessozialgericht BSGE Entscheidungen des Bundessozialgerichts bspw. beispielsweise BT Bundestag BtM Betäubungsmittel BtMG Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz) BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerfGE Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts BVerfGG Bundesverfassungsgerichtsgesetz BVerwG Bundesverwaltungsgericht BVerwGE Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts BVFG Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge BW Baden-Württemberg BWPolG Baden-Württembergisches Polizeigesetz BZgA Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bzgl. bezüglich bzw. beziehungsweise BZR Bundeszentralregister CDU Christlich Demokratische Union CERN Conseil européen pour la recherche nucléaire (deutsch: Europäische Organisation für Kernforschung) CSU Christlich Soziale Union d. der / die / das / des des Gesetzes d. G. d. G. v. des Gesetzes vom d. h. das heißt dass. dasselbe

Abkürzungsverzeichnis

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ders. derselbe DienstR Dienstrecht dieselbe / n dies. div. diverse Deutsche Mark DM DÖD Der Öffentliche Dienst (Zeitschrift) Die Öffentliche Verwaltung, Zeitschrift für öffentliches Recht DÖV und Verwaltungswissenschaft Deutsche Richterzeitung (Zeitschrift) DRiZ Drs. Drucksache Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift) DVBl Deutsche Verwaltungspraxis, Fachzeitschrift für die öffentliche DVP Verwaltung Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht DZWir Electronic Government E-Government Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz EGGVG EGL Ergänzungslieferung Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EGMR Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten EGOWiG Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch EGStGB Einl. Einleitung Einw. Einwohner Europäische Menschenrechtskonvention EMRK entspr. entsprechend Ermessensleitende Regelung ErmlR et cetera etc. Europäische Union EU evtl. eventuell Europäische Zentralbank EZB f. folgend FeV Fahrerlaubnisverordnung Fortfolgend (max. zwei Seiten oder Randnummern) ff. Fortfolgend (mehr als zwei Seiten oder Randnummern) ff Fn. Fußnote FS Festschrift Gesetz vom G. v. Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Niedersächsischen GBD Landtags GBl. Gesetzesblatt Gemeinsam / gemäß Gem. Ges. Gesamt GesBl. Gesetzblatt Gewerbearchiv, Zeitschrift für Gewerbe- und WirtschaftsverGewArch waltungsrecht Gewerbepol. Gewerbepolizei GewO Gewerbeordnung GG Grundgesetz ggf. gegebenenfalls

18 GlüStV

Abkürzungsverzeichnis

Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag) GoA Geschäftsführung ohne Auftrag grds. / Grds. grundsätzlich / Grundsatz GVBl. Gesetzes- und Verordnungsblatt GVVG-ÄndG Gesetz zur Änderung der Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten (GVVG-Änderungsgesetz) GwG Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straf­ taten (Geldwäschegesetz) h. L. herrschende Lehre h. M. herrschende Meinung HannKomm Hannoverscher Kommentar zur Niedersächsischen Verfassung HannV Hannoversche Verfassung HessGVBl. Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen HGR Handbuch der Grundrechte HGrG Gesetz über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder (Haushaltsgrundsätzegesetz) HiFi High Fidelity (deutsch: Hohe Klangtreue) HRRS Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung im Strafrecht Hrsg. Herausgeber HS. Halbsatz HSOG Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung HStR Handbuch des Staatsrechts i. d. F. in der Fassung i. d. R. in der Regel i. E. im Ergebnis i. H. in Höhe i. H. v. in Höhe von i. R. d. im Rahmen des i. R. e. im Rahmen einer i. R. v. im Rahmen von i. S. d. im Sinne des i. S. e. im Sinne einer i. S. v. im Sinne von i. V. m. in Verbindung mit InfAuslR Informationsbrief Ausländerrecht (Zeitschrift) insb. insbesondere IÖD Informationsdienst Öffentliches Dienstrecht (Zeitschrift) IP Internet Provider JA Juristische Arbeitsblätter (Zeitschrift) Jh. Jahrhundert JK Jura-Kartei (Zeitschrift) JÖR Jahrbuch des Öffentlichen Rechts der Gegenwart Juristische Rundschau (Zeitschrift) JR Jur. Juristisch JURA Juristische Ausbildung (Zeitschrift) JurionRS Jurion Rechtsprechung

Abkürzungsverzeichnis

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Juristische Schulung (Zeitschrift) JuS Juristen Zeitung (Zeitschrift) JZ Kommunikation & Recht (Zeitschrift) K & R Kap. Kapitel Kfz Kraftfahrzeug KK-StPO Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung KommAufsicht Kommunalaufsicht Kommunaljurist, Rechtsberater für Gemeinden, Landkreise, GeKommJur meindeverbände und kommunale Wirtschaftsunternehmen (Zeitschrift) KommR Kommunalrecht KommunalPraxis / Spezial KommunalPraxis, Fachzeitschrift für Verwaltung, Organisation und Recht, Unterreihe Spezial KS Kernseite Lb Lehrbuch Lfg. Lieferung LG Landgericht LHO Landeshaushaltsordnung lit. littera LK Landkreis Landes- und Kommunalverwaltung, Verwaltungsrechts-Zeitschrift LKV für die Länder Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen LoBlS Loseblattsammlung LS Leitsatz LT Landtag LV Landesverfassung Entscheidungen der Verfassungsgerichte der Länder Baden-​ LVerfGE Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen meines Erachtens m. E. mit Gesetzesstand vom m. GStd. v. mit weiteren Nennungen m. w. N. mit Wirkung vom m. W. v. MarkenG Markengesetz matr. materiell-rechtlich Musterentwurf für ein einheitliches Polizeigesetz MEPolG Ministerium des Innern und Sport MI Ministerium der Justiz MJ mögl. möglich Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch MüKoBGB Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch MüKoStGB Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung MüKoStPO Münchener Kommentar zum Straßenverkehrsrecht MüKoStVR neue Fassung n. F. nicht veröffentlicht n. v. Niedersächsische Bauordnung NBauO

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Abkürzungsverzeichnis

Niedersächsisches Beamtengesetz NBG Niedersächsische Disziplinargesetz NDiszG Nds. Niedersächsisch Gemeinsame Geschäftsordnung der Landesregierung und der Nds. GGO Ministerien in Niedersachsen Nds. GVBl. Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt Niedersächsischer Landtag Nds.LT Niedersächsisches Ministerialblatt Nds. MBl. Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Nds. SOG Ordnung Niedersächsisches Verwaltungsblatt NdsVBl Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz Nds. VwVfG Niedersächsisches Gefahrenabwehrgesetz a. F. NGefAG Niedersächsisches Glücksspielgesetz NGlüSpG Niedersächsisches Justizgesetz NJG Neue Juristische Wochenzeitschrift NJW Neue Juristische Wochenzeitschrift – Rechtsprechungs-Report NJW-RR Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz NKomVG Niedersächsisches Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit NKomZG Zeitschrift für öffentliches Recht in Norddeutschland NordÖR Norminterpretierende Regelung NorminR Niedersächsisches Polizei- und Ordnungsbehördengesetz NPOG Nr. Nummer NRW Nordrhein-Westfalen Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen NRWV NS Nationalsozialismus Neue Zeitschrift für Strafrecht NStZ Natur und Recht, Zeitschrift für das gesamte Recht zum Schutze NuR der natürlichen Lebensgrundlagen und der Umwelt NV Niedersächsische Verfassung Niedersächsisches Verwaltungskostengesetz NVwKostG Niedersächsisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz NVwVG Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht NVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht  – Rechtsprechungs-ReNVwZ-RR port Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter NWVBl Neue Zeitschrift für Sozialrecht NZS Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht NZV Neue Zeitschrift für Wirtschafts-, Steuer- und UnternehmensNZWiSt strafrecht oder Ähnliches o. Ä. OA Ordnungsamt obj. objektiv öff. öffentlich OLG Oberlandesgericht OrdnungsR Ordnungsrecht Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anOrgKG derer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität

Abkürzungsverzeichnis

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OS. Orientierungssatz Osnabrücker Verfassung OsnaV OVG Oberverwaltungsgericht Sächsisches Oberverwaltungsgericht OVG Bautzen Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg OVG Berlin OVG Bremen Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen Hamburgisches Oberverwaltungsgericht OVG Hamburg Rheinland-Pfälzisches Oberverwaltungsgericht OVG Koblenz Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht OVG Lüneburg Nordrhein-Westfälisches Oberverwaltungsgericht OVG Münster Saarländisches Oberverwaltungsgericht OVG Saarlouis Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte für das Land OVGE MüLü Nordrhein-Westfalen in Münster und für das Land Niedersachsen in Lüneburg: mit Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes Nordrhein-Westfalen und des Niedersächsischen Staatsgerichtshofes OWiG Ordnungswidrigkeitengesetz Parlamentarischer Rat Parl.Rat Personal Computer PC PH Polizeihandbuch PlPr. Plenarprotokoll Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen StaatPolAufgG Bay lichen Polizei (Polizeiaufgabengesetz) PolG Polizeigesetz Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen PolG NW Polizeil. Polizeilich PolR Polizeirecht PolVerwG Polizeiverwaltungsgesetz PolVO Polizei-Verordnung PräGe Präventive Gewinnabschöpfung Präventive Sicherstellung inkriminierter Sachen PräSiS preuß. preußisches Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts Preuß.OVGE Preußische Verordnung PreußVO Preußisches Oberverwaltungsgericht PrOVG Preußisches Polizeiverwaltungsgesetz PrPVG Preußisches Verwaltungsblatt, Wochenschrift für Verwaltung u. PrVBl Verwaltungsrechtspflege in Preußen (Zeitschrift) Polizei – Studium – Praxis: PSP; Fachzeitschrift für Studierende PSP und Praktiker RdErl. Runderlass Recht der Landwirtschaft (Zeitschrift) RdL RegBl Regierungsblatt rev. revidierte RGBl. Reichsgesetzblatt Entscheidungssammlung des Reichsgerichts in Strafsachen RGSt Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren RiStBV rm rechtmäßig

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Abkürzungsverzeichnis

Rn. Randnummer RO Rechtsordnung Rspr. Rechtsprechung RÜ Rechtsprechungsübersicht S. Seite s. o. siehe oben Sächsische Verwaltungsblätter SächsVBl. Sächsischer Verfassungsgerichtshof SächsVerfGH Schr. Schriftlicher 12. Sozialgesetzbuch SGB XII Schleswig-Holsteinisches Landesverwaltungsgesetz SH LVwG Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch SK-StGB sog. sogenannt Sozialrecht (Zeitschrift) SozR spez. speziell St. Stand StA Staatsanwaltschaft StaatsR Staatsrecht StädteO Städteordnung StGB Strafgesetzbuch Entscheidungen des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs StGHE StK Staatskanzlei StPO Strafprozessordnung str. strittig Strafverteidiger-Forum (Zeitschrift) StraFo Strafrecht StrafR / StrR Strafverteidiger (Zeitschrift) StV StVG Straßenverkehrsgesetz StVR Straßenverkehrsrecht subj. subjektiv Tarifvertrag des Öffentlichen Dienst TVÖD u. und unter anderem u. a. unter Umständen u. U. und Weitere u. W. Uniform Resource Locator URL Urt. Urteil United States Dollar US-Dollar von / vom v. V. Verfassung VA Verwaltungsakt Var. Variante VereinsG Vereinsgesetz Verf. Verfassung VerfR Verfassungsrecht VerwaltungsverfahrensR Verwaltungsverfahrensrecht Verwaltungsarchiv, Zeitschrift für Verwaltungslehre, VerwalVerwArch tungsrecht u. Verwaltungspolitik

Abkürzungsverzeichnis

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VerwGbkt Verwaltungsgerichtsbarkeit VerwR Verwaltungsrecht Verwaltungsrechtsprechung (Zeitschrift) VerwRspr VG Verwaltungsgericht VGH Verwaltungsgerichtshof VGH Kassel Hessischer Verwaltungsgerichtshof Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg VGH Mannheim Bayerische Verwaltungsgerichtshof VGH München Sammlung von Entscheidungen des Bayerischen VerwaltungsgeVGHE By richtshofs und des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vgl. vergleiche Vorläufige Niedersächsische Verfassung VNV Vorb. Vorbemerkung Niedersächsisches Vorschrifteninformationssystem VORIS Verwaltungsrundschau, Zeitschrift für Verwaltung in Praxis und VR Wissens VV Verwaltungsvorschrift VV-E Verwaltungsvorschrift-Entwurf VwGO Verwaltungsgerichtsordnung VwVfG Verwaltungsverfahrensgesetz VwVfR Verwaltungsverfahrensrecht VwVG Verwaltungsvollstreckungsgesetz VwZG Verwaltungszustellungsgesetz WaffG Waffengesetz wirtsch. wirtschaftlich WirtschaftsverwaltungsR Wirtschaftsverwaltungsrecht Wirtschaft und Verwaltung, Themenheft zum Gewerbearchiv WiVerw WP Wahlperiode Weimarer Reichsverfassung WRV WuM Wirtschaftsinformatik & Management (Zeitschrift) zum Beispiel z. B. zum Teil z. T. Zeitschrift für Beamtenrecht ZBR Zeitschrift für Wett- und Glücksspielrecht ZfWG Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik ZIS zit. zitiert Zeitschrift für Miet- und Raumrecht ZMR ZPO Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik ZRP Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft ZStW Verordnung über Zuständigkeiten auf verschiedenen Gebieten ZustVO-SOG der Gefahrenabwehr (Niedersachsen)

A. Einführung I. Einleitung Die Präventive Gewinnabschöpfung, oftmals in Fachkreisen auch PräGe genannt, stützt sich auf das allgemeine Gefahrenabwehrrecht der Länder und wird bereits seit längerem – vermehrt durch die jeweiligen Ordnungsämter seit 2003 – sowohl in Niedersachsen als auch in anderen Bundesländern praktiziert. Dabei sind mit Blick auf die Rechtsprechung als weitere Bundesländer insbesondere Bayern, Bremen und Nordrhein-Westfalen besonders hervorzuheben. Länderübergreifend wird mittels der Präventiven Gewinnabschöpfung im Allgemeinen das Ziel verfolgt, durch präventiv-gefahrenabwehrrechtliche Sicherstellung und nachfolgende Verwertung, in Niedersachsen gemäß §§ 26 ff des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG)1 – seit dem 24.05.2019 inhaltlich unverändert nach §§ 26 ff des Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (NPOG)2 –, die Rückgabe von zuvor im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens strafrechtlich sichergestellter Sachen an eine beschuldigte Person zu vermeiden, um insbesondere die Gefahr der potentiellen Begehung einer Straftat abzuwehren oder auch private Rechte zu schützen. Dabei beinhaltet die Präventive Gewinnabschöpfung mehrere Verfahrensschritte. Im 1. Verfahrensstadium werden aufgefundene inkriminierte Sachen nach § 26 Nr. 1 oder Nr. 2  Nds. SOG  – nun gem. § 26 Nr. 1 oder Nr. 2 NPOG – vorläufig sichergestellt. Im 2. Verfahrensstadium wird das Asservat als zwingende Folgemaßnahme nach § 27 Nds. SOG – nun § 27 NPOG  – in Verwahrung genommen. Anschließend wird i. d. R. nach einer Frist von einem Jahr, wenn das Asservat nicht an eine berechtigte Person herausgegeben werden kann, ohne dass die Voraussetzungen einer Sicherstellung erneut eintreten würden, im 3. Verfahrensstadium die Verwertung der Sache nach § 28 I Nr. 4, III Nds. SOG – nun § 28 I Nr. 4, III NPOG – durchgeführt. Nach weiteren drei Jahren nach Ablauf des Jahres der Verwertung fällt der durch Verwertung erlangte Erlös im Rahmen eines Auffangrechtserwerbs nach § 29 I, II Nds. SOG – nun § 29 I, II NPOG – im 4. und abschließenden Verfahrensstadium an den Fiskus. Die * Die vorliegende Bearbeitung berücksichtigt die bis zum 15.01.2019 veröffentlichte Rechtsprechung wie Literatur. 1 Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG) vom 19.01.2005, Nds.  GVBl. Nr. 2/2005, S.9, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 16.5.2018, Nds. GVBl. Nr. 6/2018, S. 66. Vergleichbare Regelungen etwa: §§ 40 ff HSOG, 38 ff ASOG, 23 ff BremPolG, 43 ff PolG NW, Art. 25 ff BayPAG. 2 Durch Art. 1 Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung und anderer Gesetze vom 20.05.2019, Nds. GVBl. Nr. 8/2019, S. 88–105, in Kraft seit dem 24.05.2019.

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A. Einführung

vorliegende Bearbeitung konzentriert sich auf eine eingehende Untersuchung der hinsichtlich des 1. Verfahrensstadiums bestehenden Problematiken, insofern der sich i. d. R. einer strafrechtlichen anschließenden präventiv-gefahrenabwehrrechtlichen Sicherstellung inkriminierter Sachen. Der unmittelbare Anschluss einer präventiv-gefahrenabwehrrechtlichen Sicherstellung an eine strafrechtliche, die mangels Erfüllung der Voraussetzungen einer Einziehung einzustellen ist, wird unterschiedlich bewertet und durchaus kontrovers diskutiert. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird die Zulässigkeit einer Präventiven Sicherstellung inkriminierter Sachen mit Blick auf das 1. Verfahrensstadium anhand der niedersächsischen Rechtslage eingehend untersucht – insb. auch unter Berücksichtigung der Novellierung des Nds. SOG mit Gesetz vom 20.05.2019.3 Die vorliegende Arbeit behandelt die rechtlichen Aspekte der Präventiven Gewinnabschöpfung nach dem niedersächsischen Polizei- und Ordnungsrecht. Während der überwiegenden Zeit der Bearbeitung der Thematik durch diese Dissertation galt das Nds. SOG.4 Im Stadium der Letztüberarbeitung trat die Novellierung zum NPOG in Kraft. Da sich die für die Präventive Gewinnabschöpfung relevanten Normen der §§ 26 ff Nds. SOG nach der Reform inhaltlich nicht grundlegend von den nun geltenden §§ 26 ff NPOG unterscheiden, stellt diese Arbeit weiterhin auf die Regelungen des Nds. SOG ab, geht am Ende der Arbeit jedoch auf die Auswirkungen der Reformierung für die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit ein. Vorgreifend sei erwähnt, dass eine explizite Regelung der Präventiven Gewinn­abschöpfung auch im gegenwärtig geltenden NPOG nicht enthalten ist. Jedoch sah ein Gesetzesentwurf vom 03.08.20165 die Einführung eines § 26a NGefAG-E vor, der von der Rechtsprechung aufgezeigte Regelungslücken schließen wollte. Der Gesetzesentwurf von 2016 wurde aber in der 17. Legislaturperiode weder verabschiedet noch in der neuen Legislaturperiode wiedereingebracht. Stattdessen wurde der Gesetzesentwurf durch einen neuen, inhaltlich veränderten Entwurf vom 08.05.20186 „abgelöst“. Dieser sah mit der Einführung eines § 29a NPOG-E die Schaffung einer noch weitergehenden, generellen Sicherstellungsmöglichkeit von Buchgeld sowie dazugehörigen Folgemaßnahmen vor. Von den vorgeschlagenen Änderungen und ergänzenden Neuerungen zu § 26 Nds. SOG nahm der Gesetzgeber jedoch wieder Abstand. Einzig § 28 Nds. SOG wurde im neuen NPOG um einen Abs. 4 S. 1, die Möglichkeit einer Einziehung, ergänzt. Dabei wurden die in der vorliegenden Arbeit aufgezeigten bestehenden Regelungslücken vom Landesgesetzgeber aber auch bei der Novellierung des Nds. SOG mit Gesetz vom 20.05.2019 verkannt, so dass die Reform keine Änderungen der Ergebnisse der Dissertation bedingt hat. 3

Durch Art. 1 Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung und anderer Gesetze vom 20.05.2019, Nds. GVBl. Nr. 8/2019, S. 88–105, in Kraft seit dem 24.05.2019. 4 Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG) vom 19.01.2005, Nds.  GVBl. Nr. 2/2005, S. 9, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 16.05.2018, Nds. GVBl. Nr. 6/2018, S. 66. 5 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 03.08.2016, Drs. 17/6232, S. 2–23. 6 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 08.05.2018, Drs. 18/850, S. 1–25.

I. Einleitung

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Für die Durchführung einer Präventiven Gewinnabschöpfung spricht eine Vielzahl von praktischen Erwägungen. So erscheint es sehr reizvoll Gelder, Immobilien oder auch sonstige Gegenstände aus dem kriminellen Kreislauf entnehmen zu können, um diese der Allgemeinheit zugutekommen zu lassen und sie z. B. zur Gefahrenabwehr einsetzen zu können (Querfinanzierung). So könnte man eventuell Bargeld, welches bei einem Drogendealer sichergestellt worden und schließlich dem Staat zugeflossen ist, wiederum zur Drogenbekämpfung einsetzen. Neben diesen für die Allgemeinheit positiven Aspekten wirft die Präventive Gewinnabschöpfung aus rechtlicher Sicht jedoch noch einige Fragen auf, die eine nähere Betrachtung der Thematik von Nöten machen. Eine solche Frage ergibt sich bereits aus der Wahl der Begrifflichkeit der Präventiven Gewinnabschöpfung. Denn geht man von dem Wortlaut der Präventiven Gewinnabschöpfung aus, so erscheint es naheliegend, dass es primärer Zweck dieses Konstrukts ist, dem Täter seinen Erlös aus begangenen Straftaten zu entziehen, um diesen dem Staat zuzuführen.7 Eine Maßnahme des Nds. SOG – nun NPOG –, in diesem Fall nach den §§ 26 ff, ist – wie im Späteren näher aufgezeigt – jedoch nur rechtmäßig, wenn sie entscheidungstragend zumindest auch gefahrenabwehrrechtlichen Zwecken dient. Des Weiteren wird die Präventive Gewinnabschöpfung in der Regel erst nach Einstellung des Strafverfahrens, nach § 170 II StPO, mangels hinreichenden Tatverdachts vorgenommen.8 Hierbei erscheint es jedoch problematisch, inwiefern in einer solchen Konstellation noch eine Gefahr begründet werden kann. Eine solche Annahme einer Gefahrenlage nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens könnte unter Umständen das verfassungsrechtliche Resozialisierungsgebot aus Art. 2 I, 1 I GG oder die Unschuldsvermutung nach Art. 2 I GG, Art. 6 II EMRK zuwiderlaufen.9 Als weiterer Kritikpunkt wird teilweise vertreten, dass Buchgeld aufgrund der fehlenden Körperlichkeit unter keinen Umständen oder jedenfalls nur eingeschränkt für die Fälle, in denen aufgefundenes Bargeld lediglich zwecks Verwahrung auf ein Konto eingezahlt wurde, einen tauglichen Sicherstellungsgegenstand darstellen könne; dessen Sicherstellungsfähigkeit wird hierbei kurzer Hand und teils ohne mögliche Analogien zu diskutieren abgelehnt.10 Gleiches gilt auch im Hinblick auf andere bestehende Forderungen. Die vorliegende Dissertation wird daher zum einen die soeben erwähnten Fragestellungen näher beleuchten. Darüber hinaus behandelt die Arbeit jedoch noch 7

Siehe auch: OVG Lüneburg, NordÖR 2009, 403 (403 f.). So auch im Fall des OVG Lüneburg, NordÖR 2009, 403 (403). 9 So etwa auch: Wüstenbecker, RÜ 2009, 663 (666). 10 Statt vieler: Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 642; Söllner, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 3 Rn. 326; vgl. auch: OVG Berlin, B. v. 16.09.2002, Az. 1 N 13.00, JURIS, Rn.11; VGH München, NVwZ-RR 2016, 779 (779 ff); VG Augsburg, Urt. v. 09.09.2014, Az.: Au 1 K 13.1276, JURIS, LS. 1, 3, Rn. 24–38, 56–60. 8

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A. Einführung

viele weitere Problemfelder. Dabei beschäftigt sie sich hauptsächlich mit dem niedersächsischen Landesrecht. So wird zum besseren Verständnis der Thematik die Historie kurz dargelegt und eigenständig erhobene Umfragewerte werden mit in die Bearbeitung einbezogen. Problematisiert werden insb. auch die Schnittstellen der Präventiven Gewinnabschöpfung zum Strafrecht. Abgrenzungsschwierigkeiten werden seit der jüngst 2017 umfangreich erfolgten Reform der strafrechtlichen Regelungen zur Gewinnabschöpfung nach §§ 73 ff Strafgesetzbuch (StGB) verstärkt diskutiert. Denn die strafrechtlichen Regelungen wurden in ihrer Anwendung nicht nur erleichtert, sondern auch deren Anwendungsbereich erheblich erweitert.11 Es ist insgesamt fraglich, welcher Anwendungsbereich hierneben für ein PräGe-Verfahren besteht. So wird die Präventive Gewinnabschöpfung für unzulässig gehalten mitunter auch, da nach teils vertretener Auffassung der Betroffene generalisierend als kriminell eingestuft werde. Ferner wird die Reichweite der Präventiven Gewinnabschöpfung seitens Rechtsprechung und Literatur kritisch gesehen. So ist der Frage nachzugehen, wann eine für die Präventive Gewinnabschöpfung notwendige gegenwärtige Gefahrenlage vorliegt und ob sich die Ordnungsbehörden auf bestimmte Indizien zur Begründung stützen können. Fraglich ist u. a. auch, welche Kriterien zur Bewertung bzw. der Widerlegung der Eigentumsvermutung nach § 1006 I 1 BGB, die zugunsten des von der Präventiven Gewinnabschöpfung Betroffenen streitet, sowie der Annahme einer deliktischen Herkunft herangezogen werden können. Problemstellungen sind zudem angezeigt, wenn bspw. der wahre Berechtigte unbekannt, ggf. sogar ihn aufzufinden ausgeschlossen ist. Außerdem werden u. a. die Möglichkeiten und Grenzen, die sich aus dem eingeräumten Ermessen des § 26 Nds. SOG – nun § 26 NPOG – ergeben, näher betrachtet. Insbesondere bei Bargeld als Sicherstellungsobjekt wird eine Sicherstellung bspw. aufgrund seiner Umlauffähigkeit sowie des Unvermögens, legales von illegalem Geld konsequent zu trennen, als eine zur Gefahrenabwehr völlig ungeeignete, damit unverhältnismäßige Maßnahme angesehen. Des Weiteren wird der Behörde die Absicht sich zu bereichern unterstellt. Ferner ist der Frage nachzugehen, ob ein teilweise vertretenes „Schonvermögen“ dem Betroffen verbleiben müsse, bzw. ob eine „Bagatellgrenze“ seitens der Behörden zu berücksichtigen sowie zulässig sei. Schließlich setzt sich die Arbeit auch mit der Dauer der Rechtswirksamkeit des Sicherstellungsbescheides kritisch auseinander. Die vorliegende Arbeit wird die aufgeworfenen Fragestellungen und auch weitergehende Problemstellungen behandeln und Lösungsmöglichkeiten aufzeigen.

II. Methode und Struktur der Untersuchung Ausgangspunkt der Untersuchung ist die Frage einer rechtmäßigen Präventiven Sicherstellung inkriminierter Sachen nach den §§ 26 ff  Nds.  SOG  – nun §§ 26 ff NPOG. Hierzu wird die Präventive Gewinnabschöpfung hinsichtlich der 11

Siehe zur Entwicklung in Kürze unten: S. 30 ff.

II. Methode und Struktur der Untersuchung

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formellen und materiellen Rechtmäßigkeit detailliert beleuchtet. Eine Besonderheit stellt hierbei der Gemeinsame Runderlass des Ministeriums für Inneres und Sport (MI) und des Justizministeriums (MJ) zur Präventiven Gewinnabschöpfung dar.12 Hinsichtlich des Runderlasses werden dessen rechtliche Beachtlichkeit als Verwaltungsvorschrift, die Folgen ihrer Rechtswidrigkeit oder ihrer Nicht-Beachtung bei Rechtmäßigkeit wie auch Problempunkte insb. i. R. d. Zuständigkeiten zwischen Verwaltungsbehörde und Polizei erörtert. Zudem wird der Frage nachgegangen, ob es sich bei der Präventiven Gewinnabschöpfung um ein völliges Novum des Gefahrenabwehrrechts handelt oder es sich lediglich um eine – in Vergessenheit bzw. nicht im öffentlichen Focus stehende  – klassische Maßnahme der Gefahrenabwehr handelt. Die Untersuchung erforscht hauptsächlich die niedersächsische Regelung zur Sicherstellung nach § 26 Nr. 1 und Nr. 2 Nds. SOG – nun § 26 Nr. 1–2 NPOG –, damit das 1. Verfahrensstadium. Dennoch werden i. R. d. Prüfung auch das Recht und die Rechtsprechung aus anderen Bundesländern an passender Stelle herangezogen. Die weiteren Verfahrensstadien der Verwahrung (§ 27 Nds. SOG), der Verwertung und der Vernichtung (§ 28 Nds. SOG) sowie der Herausgabe sichergestellter Sachen oder des Erlöses abzüglich der Kosten (§ 29 Nds. SOG) werden nicht gesondert behandelt, sondern deren rechtlichen Wirkungen fließen im Kontext der Prüfung der Sicherstellung an entsprechenden Stellen ein. Die Arbeit untersucht ferner die Präventive Gewinnabschöpfung hauptsächlich aus verwaltungsrechtlichen und nicht aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten – verfassungsrechtlichen Bedenken und Fragestellungen geht die vorliegende Arbeit dennoch im Rahmen der Prüfung in gebotener Kürze nach. Ziel der Arbeit ist es, den Anwendungsbereich einer rechtmäßigen Präventiven Gewinnabschöpfung aufzuzeigen und dem Normanwender eine hinreichende Hilfestellung und auch der Legislative denkbare zukünftige gesetzliche Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Insbesondere die Ausarbeitung von Indizien (Beweisanzeichen) auf Grundlage einer Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung soll insb. den Ordnungsbehörden eine Hilfestellung zur Bewertung einer Gefahrenlage in Bezug auf eine Präventive Gewinnabschöpfung bieten. Ferner werden dem niedersächsischen Landesgesetzgeber Regelungslücken aufgezeigt und de lege ferenda Möglichkeiten zur Schließung der Gesetzeslücken vorgeschlagen.

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Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515 ff (VORIS 21011); dieser ist befristet ergangen und sollte eigentlich mit Ablauf des 31.12.2014 außer Kraft treten (siehe: Bek. d. StK v. 09.12.2014, Nds. MBl. Nr. 47/2014, S. 963 [VORIS]); der RdErl. wurde jedoch intern per Zwischenerlass verlängert und galt bis zum Erlass einer Nachfolgeregelung fort (so die telefonische Auskunft des zuständigen Referatsleiters des MI vom 05.01.2015); eine solche Nachfolgeregelung ist mit dem Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258 ff (VORIS 21011) ergangen.

B. Begriff und Historie der Gewinnabschöpfung Der Terminus der Gewinnabschöpfung ist, wie im Folgenden näher aufgezeigt,13 ein vorwiegend strafrechtlich geprägter Begriff der Vermögensabschöpfung nach StGB wie StPO, so dass dessen Verwendung im Rahmen der allgemeinen Gefahrenabwehr eine nähere Betrachtung der mit ihr verfolgten Ziele sowie eventuell eine Abgrenzung des gefahrenabwehrrechtlichen zum strafrechtlichen Verfahren, somit zuvörderst eine Definition des neu gesetzten Begriffs der Präventiven ­Gewinnabschöpfung erforderlich macht, um dann im Späteren darauf aufbauend das Verfahren der Präventiven Gewinnabschöpfung auch einer rechtlichen Würdigung unterziehen zu können.

I. Repressive Gewinnabschöpfung Die Abschöpfung des unmittelbar aus der Tat Erlangten, somit des Gewinns, hat im Strafrecht eine lange Tradition. So können die Anfänge der Gewinnabschöpfung bis ins römische Recht zurückverfolgt werden.14 Aus Gründen der Schwerpunktsetzung kann dem im Rahmen dieser Bearbeitung allerdings nicht näher nachgegangen werden. Für die hiesige Bearbeitung muss vielmehr eine eingehendere Betrachtung der aktuelleren Entwicklung genügen. Schon 1871 berechtigte das Reichsstrafgesetzbuch etwa in § 40 a. F.15 im Zusammenhang mit einem vorsätzlichen Verbrechen oder Vergehen zu einer Einziehung des Tatwerkzeugs sowie ebenso des aus der Tat hervorgebrachten Gegenstandes, soweit dieser im Eigentum des Täters oder Teilnehmers stand. Ferner regelte bereits § 335 a. F.16 bezugnehmend auf einen bestimmten Straftatenkatalog als obligatorische Nebenstrafe die Verfallsanordnung des Erlangten oder seines Wertersatzes. Mangels Aufhebung des Reichsstrafgesetzbuchs sowie besagte Normen betreffende Gesetzesänderungen 13

Näheres zur Repressiven Gewinnabschöpfung, siehe unten: S. 43 ff. Eingehend zur Historie der Gewinnabschöpfung siehe etwa: Sotiriadis, Entwicklung der Gesetzgebung über Gewinnabschöpfung und Geldwäsche, 2010, S. 50 ff; Güntert, Gewinn­ abschöpfung als strafrechtliche Sanktion, 1983, S. 4 ff. Zur Entwicklung ab 1992 siehe u. a. auch: Mainzer, DRiZ 2002, 97–103. 15 § 40 StGB i. d. F. v. 15.05.1871, RGBl. 1871, Nr. 24, S. 127 (134): „Gegenstände, welche durch ein vorsätzliches Verbrechen oder Vergehen hervorgebracht, oder welche zur Begehung eines vorsätzlichen Verbrechens oder Vergehens gebraucht oder bestimmt sind, können, sofern sie dem Thäter oder einem Theilnehmer gehören, eingezogen werden. Die Einziehung ist im Urtheile auszusprechen.“ 16 § 335 StGB i. d. F. v. 15.05.1871, RGBl. 1871, Nr. 24, S. 127 (192): „In den Fällen der §§. 331. bis 334. ist im Urtheile das Empfangene oder der Werth desselben für dem Staate verfallen zu erklären.“ 14

I. Repressive Gewinnabschöpfung

31

galten diese zunächst unverändert bis zum 01. Oktober 196817 als vorkonstitutionelles Recht – mangels Widerstreits mit dem Grundgesetz – in der Bundesrepu­ blik gemäß Art. 123 I, 125 GG als Bundesrecht fort; dessen konstitutiver Charakter Art. 123 I GG betreffend in Teilen der Literatur zwar unter Verweis auf die Identität der Bundesrepublik mit dem Deutschen Reich bestritten wird,18 hier mangels Relevanz für die weitere Bearbeitung jedoch nicht näher ausgeführt werden soll. Seither wurde das Recht betreffs der Einziehungs- und Verfallsregelungen mehreren, insbesondere zwei größeren Reformen unterzogen, die die Einziehungs- wie Verfallsregelungen gravierend verändert haben. Zunächst wurden im Rahmen der 2. Strafrechtsreform von 196919, deren Regelungen am 1. Januar 1975 in Kraft getreten sind,20 die Einziehungs- und Verfallsregelungen durch die Einführung der §§ 73 ff StGB a. F. umfassend reformiert, infolgedessen deren Möglichkeiten umfassend erweitert. Hervorzuheben sind ebenso die Erweiterungen von 1992, mit denen weitere Gesetzeslücken geschlossen wurden, insbesondere durch Einführung des Bruttoprinzips mittels Neugestaltung des § 73 I 1 StGB a. F. durch Gesetz vom 28. Februar 1992, welches am 29. Februar 1992 in Kraft getreten ist,21 sowie die Einführung des Erweiterten Verfalls nach § 73 d StGB a. F., welcher am 15. September 1992 in Kraft getreten ist.22 Die zweite umfassende Reform und damit einhergehende gravierende Erweiterung sowie Vereinfachung der strafrechtlichen Gewinnabschöpfung durch Einziehung erfolgte erst jüngst 2017 mit dem Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017, welches am 01. Juli 2017 in Kraft getreten ist.23 Im Kontext der hiesigen Bearbeitung gilt es dabei im Besonderen hervorzuheben die neu geregelte Erweiterte Einziehung nach § 73a StGB, die neu geschaffene Sicherungseinziehung gemäß § 74b StGB sowie die bedeutende Erweiterung der Selbständigen Einziehung nach

17 Am 01.10.1968 trat das Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (­EGOWiG) i. d. F. v. 24.05.1986, BGBl. 1968, Nr. 33, S. 503 (504) in Kraft, welches die Einziehung nach § 40 StGB a. F. weiterentwickelte. 18 So etwa: Seiler, in: Epping / Hillgruber, GG, 2013, Art. 123 Rn. 1.1; Wolff, in: Mangoldt  / ​ Klein / Starck, GG, 2018, Art. 123 Rn. 3 f. Pro konstitutive Wirkung hingegen u. a.: Schulze / ​Jasper, in: Sachs, GG, 2018, Art. 123 Rn. 2; Giegerich, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (08.2012)/08.2018, Art. 123 Rn. 18; Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, 2018, Art. 123 Rn. 1; Hense, in: BK, St.: (12.2015)/12.2018, Art. 123 Rn. 27 ff, 36; Wittreck, in: Dreier, GG, 2018, Art. 123 Rn. 19, 31. 19 Zweites Gesetzes zur Reform des Strafrechts i. d. F. v. 04.07.1969, BGBl. 1969, Nr. 56, S. 717 (734 ff). 20 Gesetz über das Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Reform des Strafrechts i. d. F. v. 30.07.1973, BGBl. 1973, Nr. 63, S. 909 (909). 21 Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze (AWGÄndG / StGBuaÄndG) i. d. F. v. 28.02.1992, BGBl. 1992, I Nr. 10, S. 372 (374). 22 Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) i. d. F. v. 15.07.1992, BGBl. 1992, Nr. 34, S. 1302 (1303, 1312). 23 Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung i. d. F. v. 13.04.2017, BGBl.  2017, Nr. 22, S. 872–894. Zur Reformgenese, siehe ferner: Trüg, NJW 2017, 1913 (1913 f.); Barreto da Rosa, NZWiSt 2018, 215 (215).

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B. Begriff und Historie der Gewinnabschöpfung

§ 76a StGB i. V. m. den neu eingeführten besonderen Verfahrensregelungen gemäß § 437 StPO. Besagte Regelungen werden im Späteren näher dargestellt.24 Während die aufgezeigten Reformen konsequent die Möglichkeiten der strafrechtlichen Gewinnabschöpfung erweitert, die Regelungen systematisiert sowie die Verfahrensweise vereinfacht haben,25 blieb jedoch das Begriffsverständnis über die Jahre – trotz Wechsel im Terminus26 – beständig. Die strafrechtliche Gewinnabschöpfung, aktuell überwiegend als Vermögensabschöpfung bezeichnet, ist von Beginn an dem Prinzip verpflichtet, dass Verbrechen sich nicht lohnen dürfe,27 damit dem Ziel, dem Täter sowie Teilnehmer deliktisch Erlangtes sowie ungerechtfertigte Vorteile wieder zu entziehen, ebenso wie dem Zweck der Verhinderung einer weiteren Tatbegehung durch Einziehung der Gegenstände, die zur Begehung deliktischer Taten gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind oder die bereits aus ihrer Art und den Umständen heraus die Allgemeinheit gefährden; ergo der Einziehung der producta et instrumenta sceleris wie auch der Beziehungsgegenstände.28 Denn eine Belassung des Erlangten beim Täter oder Teilnehmer würde nicht nur die generalpräventive Wirkung zahlreicher Strafvorschriften erheblich schmälern, sie würde darüber hinaus auch das Vertrauen der Bürger in die Gerechtigkeit und Unverbrüchlichkeit der Rechtsordnung nachhaltig schädigen, die Reinvestierung des deliktisch Erlangten in eine erneute Tat-Begehung fördern sowie

24

Näheres zu §§ 73a, 74b, 76a StGB, § 437 StPO, siehe: S. 44 ff, 47 ff., 49 ff. Siehe hierzu, u. a.: Gesetzesentwurf: BT-Drs. 4/650 v. 04.10.1962, S. 102, 240, 248, 250; Gesetzesentwurf: BT-Drs. 5/1319 v. 20.01.1967, S. 59. 2; Schriftlicher Bericht: BT-Drs. 5/4095, S. 39, 42; Gesetzesentwurf: BT-Drs. 12/989 v. 25.07.1991, S. 21, 23; Beschlussempfehlung und Bericht, BT-Drs. 12/2720 v. 04.06.92, S. 40; Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 1 f., 46 ff., 50, 51 f., 57 f., 63, 66 f., 76; Gesetzesentwurf: BT-Drs.  18/9525 v. 05.09.2016, S. 1 f., 45 f., 48 ff., 54 f., 59, 61 ff., 70; Beschlussempfehlung und Bericht: BT-Drs. 18/11640 v. 22.03.2017, S. 1, 77, 79, 82 f. 26 Die strafrechtlichen Regelungen zu Einziehung und Verfall nach §§ 73 ff StGB a. F. wurden 1992 in den Gesetzesmaterialien noch unter dem Begriff der Gewinnabschöpfung besprochen, siehe etwa: Gesetzesentwurf: BT-Drs. 12/989 v. 25.07.1991, S. 23, Beschlussempfehlung und Bericht, BT-Drs. 12/2720 v. 04.06.92, S. 4, 40; im Späteren, 2017, wurden besagte Regelungen und ihre Entwicklung dann ohne inhaltliche Divergenzen in der Semantik nur noch unter dem Begriff der Vermögensabschöpfung diskutiert, hierzu u. a.: Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 1 f., 46 f., Gesetzesentwurf: BT-Drs. 18/9525 v. 05.09.2016, S. 1 f., 45 f. Vereinzelt wird der Begriffswechsel in der Literatur mit einer Erweiterung der Reichweite der Verfallsregelungen begründet; demnach sei der Begriffswechsel dem Wechsel vom Nettoprinzip zum Bruttoprinzip geschuldet, so: Sotiriadis, Entwicklung der Gesetzgebung über Gewinnabschöpfung und Geldwäsche, 2010, S. 25 f. 27 Beschlussempfehlung und Bericht: BT-Drs. 18/11640 v. 22.03.2017, S. 77 (Fraktion CDU / CSU). Dieser rechtspolitische Hintergrund der Abschöpfungsregelungen stieß auch bereits vor der letzten erheblichen Erweiterung durch die Reform 2017 mit seinen Folgen in der Lit. auf Kritik, siehe etwa: Saliger, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, 2017, Vorb. §§ 73 ff Rn. 2, 3c, 5, § 73 Rn. 11 ff, § 73d Rn. 4. 28 Gesetzesentwurf: BT-Drs. 5/1319 v. 20.01.1967, S. 52 ff.; 2. Schriftlicher Bericht: BT-Drs. 5/4095, S. 41. 25

II. Präventive Gewinnabschöpfung

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falsche Anreize zur Begehung weiterer gewinnorientierter Delikte setzten.29 Die Ermächtigungsnormen sind dementsprechend weder als reine Strafe noch als reine Maßregel konzipiert; sie besitzen vielmehr nach dem Willen des Gesetzgebers einen wechselnden Charakter, so dass die Maßnahmen teils Strafzwecke, teils Sicherungszwecke verfolgen können.30 Eine Ausgestaltung ausschließlich als Strafe oder Maßregel sei praktisch einfach nicht durchführbar.31 Die Entwicklung ihrer rechtlichen Ausgestaltung folgte dabei stets kriminalpolitischen Erfordernissen.32 Der strafrechtliche Terminus der Vermögens- bzw. Gewinnabschöpfung steht somit nicht zwangsläufig für eine repressive Maßnahme, sondern erfasst ebenso, wie im Späteren eingehender aufgezeigt,33 auch rein präventive, auf die endgültige Einziehung von Gegenständen unmittelbar ausgerichtete Maßnahmen.

II. Präventive Gewinnabschöpfung Der Begriff der Präventiven Gewinnabschöpfung konnte sich mittlerweile über die Praxis hinaus etablieren. So sind zu dem Terminus der Präventiven Gewinnabschöpfung nicht nur Fragen im Plenum des nds. Landtags gestellt und beantwortet worden sowie zwei Runderlässe des Ministeriums für Inneres und Sport (MI) und des Justizministeriums (MJ) ergangen, sondern es finden sich zu diesem ebenso veröffentlichte Literatur wie rechtskräftige Rechtsprechung.34 Dabei ist die Präventive Gewinnabschöpfung zu einem Schlagwort für die sich einer aufgrund eines Ermittlungsverfahrens erfolgten strafrechtlichen Sicherstellung bzw. Beschlagnahme anschließenden präventiv-polizeilichen Sicherstellung von „offensichtlich nicht rechtmäßig erlangt[en]“ Sachen geworden. Dieses ge 29 Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 46, 71; Gesetzesentwurf: BT-Drs. 18/9525 v. 05.09.2016, S. 45, 65. 30 Gesetzesentwurf: BT-Drs. 4/650 v. 04.10.1962, S. 97, 162, 240, 246 f.; Gesetzesentwurf: BT-Drs. 5/1319 v. 20.01.1967, S. 52, 67. 31 Gesetzesentwurf: BT-Drs. 4/650 v. 04.10.1962, S. 162, 240 f.; Gesetzesentwurf: BT-Drs. 5/1319 v. 20.01.1967, S. 52. 32 Gesetzesentwurf: BT-Drs. 4/650 v. 04.10.1962, S. 102, 240–243, 250; Gesetzesentwurf: BT-Drs. 5/1319 v. 20.01.1967, S. 51–55, 59, 66 f., 69, 71, 130; 2. Schriftlicher Bericht: BT-Drs. 5/4095, S. 39, 41; 3. Beratung v. 9.05.1969, BT-PlPr. 5233, S. 12846 A (Dr. Ehmke, Bundesminister der Justiz); Gesetzesentwurf: BT-Drs. 12/989 v. 25.07.1991, S. 23; Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 1 f., 49 ff., 67, 80, 123; Gesetzesentwurf: BT-Drs. 18/9525 v. 05.09.2016, S. 1 f., 48 f., 62 f., 73, 108 f.; Beschlussempfehlung und Bericht: BT-Drs. 18/11640 v. 22.03.2017, S. 1, 83. 33 Zur rein präventiven Ausrichtung einer strafrechtlichen Einziehungsermächtigung, siehe im Folgenden insb.: S. 51 ff. 34 Siehe etwa: Antwort des MI v. 14.09.2007, LT-PlPr. 15/127, S. 15146 ff.; Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515 ff (VORIS 21011); Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258 ff (VORIS 21011). Zur zum Begriff veröffentlichten Literatur wie Rechtsprechung, siehe in den Fußnoten wie dem Literaturverzeichnis der vorliegenden Arbeit; eine kurze Übersicht findet sich ebenso in: Fn. 53, 54.

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B. Begriff und Historie der Gewinnabschöpfung

fahrenabwehrrechtliche Verfahren soll die grundsätzlich auf eine strafrechtliche Freigabeentscheidung mangels einschlägiger strafrechtlicher Einziehungsermächtigungen folgende Rückgabe des „offensichtlich“ deliktisch Erlangten an die zuvor beschuldigte Person verhindern.35 In Ermangelung spezialgesetzlicher Regelungen stützt sich die Präventive Gewinnabschöpfung insofern auf die §§ 26 ff Nds. SOG. Demnach sollen potentiell deliktisch erlangte Vorteile zur Behebung einer gestörten Rechtslage oder zur Verhinderung der Begehung weiterer Unrechtstaten mit präventiv-polizeilichen Mitteln nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG ebenso wie zur Sicherung privater Rechte nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG abgeschöpft werden können. Der Begriff der Präventiven Gewinnabschöpfung bezeichnet insofern einen speziellen Anwendungsfall der gefahrenabwehrrechtlichen Standardmaßnahme nach §§ 26 ff  Nds.  SOG, damit eine ausschließlich präventive Maßnahme, die grundsätzlich auf eine vorläufige Intervention im Fall einer im Zusammenhang mit inkriminierten Sachen bestehenden gegenwärtigen Gefahrenlage ausgerichtet ist, für die gemäß Runderlass36 die Ordnungsämter primär zuständig sein sollen.37 Ausgehend von dem Wortlaut assoziiert der Begriff der Präventiven Gewinnabschöpfung jedoch, wie bereits eingangs erwähnt, dass der Sinn und Zweck einer so bezeichneten Maßnahme nach §§ 26 ff Nds. SOG schwerpunktmäßig in dem Streben nach Gewinn zu sehen ist.38 Rachor geht dabei u. a. so weit, den Ordnungsämtern aufgrund einer „sehr günstigen Aufwand-Ertrags-Relation“ bei der Sicherstellung, Inverwahrungnahme sowie bei einer sich gegebenenfalls anschließenden Verwertung von Bargeld, im Vergleich mit den ansonsten sicherzustellenden Sachen, ein besonders gesteigertes Interesse an Präventiven-Gewinnabschöpfungs-Verfahren zuzuschreiben.39 Dass eine derartig beschriebene „günstige“ Relation sich in der Praxis jedoch nicht wiederspiegelt, geht nicht nur aus den Gesprächen mit den zuständigen Ordnungsämtern sowie der in diesem Zusammenhang erfolgten Akteneinsicht hervor, sondern soll darüber hinaus kurz mit der folgenden Darstellung veranschaulicht werden. So hat eine Auswertung 35

So u. a.: Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515 ff (­­VORIS 21011); Gem.  RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258 ff (­VORIS 21011); OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2009, 954 (954 f.); dass., NdsVBl 2015, 250 (251); Böhrenz / ​Siefken, Nds.SOG, 2014, § 26 Rn. 8; Hunsicker, Kriminalistik 2003, 234 (234); ders., NordÖR 2009, 62 (62 f.). 36 Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515 (1515) (­­VORIS 21011); Gem.  RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258 (258) (­VORIS 21011). 37 Näheres zur rechtlichen Würdigung der Zuständigkeit, im Späteren: S. 117 ff. 38 So etwa auch, eine Güterbeschaffungsabsicht annehmend: Rachor, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 691; Söllner, NJW 2009, 3339 (3341); ders., DVBl 2010, 529 (531). Ähnlich ebenso: Kirchhoff, Kriminalistik, 2017, 518 (523); Thiée, StV 2009, 102 (105); ders., StV 2010, 215 (216 f.). Deren Interpretation beruht insbesondere auf der Aussage von Hunsicker, der die PräGe als „lukrative Chance“ bei den „Verantwortlichen für den Haushalt“ anpreist, in: Hunsicker, PräGe in Theorie und Praxis, 2008, S. 6. 39 Rachor, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 691.

35

II. Präventive Gewinnabschöpfung

der Sicherstellungsverfahren einer Stadt mit höheren Fallzahlen ergeben, dass nur 21,78 %40 der PräGe-Verfahren Bargeld als Sicherstellungsobjekt aufweisen, andere die Verwahrung und Verwertung betreffend in der Relation „ungünstigere“ Sachen wie Schuhe und insb. Kleidungsstücke mit 11,86 % oder etwa diverse Elektronikgeräte, darunter insbesondere Mobiltelefone, mit 10,84 % somit die überwiegende Mehrheit der PräGe-Verfahren betreffen. Fallzahlen aufgeteilt entsprechend dem jeweiligen Sicherstellungsobjekt

6,05%

7,42%

22,25%

4,57% 4,50% 9,67% 11,86%

10,84% 8,79% 4,57%

4,88%

4,59%

Bargeld, wie Sonderprägungen & andere Währungen i. H. v. 0,47 % Schuhe & insb. Kleidungsstücke Uhren & Schmuck Werkzeug, Baumaschinen & Baumaterialien Fernseher sowie Ton- & Bildwiedergabe-Zubehör PCs, Laptops, Notebooks & Zubehör div. Elektronikgeräte, wie insb. Mobiltelefone & Zubehör Motorräder, Auto, Diesel & sonst Kfz-Teile, insb. Navigationsgeräte Fahrräder, Fahrradteile & Zubehör div. Haushalts-, Kosmetik- & Hygieneartikel, wie Rasierer & Parfum Alkoholika, Zigaretten & Tabak div. Gegenstände, wie Brillengestelle, Spielzeug, Handtaschen, etc.

Dieses Diagramm repräsentiert nicht ganz Niedersachsen. Diesbezüglich wurden von Verfasserin nur Daten einer Stadt (aller PräGe-Verfahren bis Stand: 19.06.2013) mit höheren Fallzahlen ausgewertet.41 40 In der Statistik zusammen mit Sonderprägungen und anderen Währungen (Reichsmark & US-Dollar) i. H. v. 0,47 % aufgeführt unter dem Gesamtwert von 22,25 %. 41 Die in der Arbeit aufgezeigten Statistiken dienen einzig der Veranschaulichung, erheben aufgrund der Basisdatengröße jedoch keinen Anspruch auf einen repräsentativen Aussagegehalt. Bei der im 1. Punkt benannten aufgefundenen anderen Währung handelt es sich um Reichsmark sowie US-Dollar. Unter dem im 4. Punkt benannten Werkzeug befindet sich mitunter auch spezielles Einbruchs- & Aufbruchswerkzeug. Zu den im 7. Punkt aufgeführten diversen

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B. Begriff und Historie der Gewinnabschöpfung

Ein derartiges Verständnis, demgemäß die Präventive Gewinnabschöpfung primär dazu diene, die eigenen Haushaltskassen aufzubessern, scheint zudem bestätigt durch eine Betrachtung der im Folgenden aufgezeigten prozentualen Verteilung der sichergestellten Sachen hinsichtlich der Folgemaßnahmen nach §§ 28, 29 Nds. SOG. So hat eine Auswertung der Sicherstellungsverfahren einer Stadt mit höheren Fallzahlen ergeben, dass im Anschluss an die Verwahrung nach § 27 Nds. SOG nur 1,41 % der sichergestellten Sachen einem berechtigten Dritten zugeführt werden konnten, zudem 5,63 % wieder an die Person, bei der sie sichergestellt worden sind, herausgegeben worden sind, während hingegen 85,21 % der Asservate im Anschluss an eine Verwertung in Form des erzielten Wertersatzes an den Fiskus gefallen sind. Prozentuale Verteilung der sichergestellten Sachen hinsichtlich §§ 28, 29 Nds. SOG

5,63% 1,41%

5,63% 2,11%

Herausgabe an die Person bei der sichergestellt wurde Herausgabe an einen Berechtigten Vernichtung

85,21%

Zuführung zu einem gemeinnützigen Zweck Auffangerwerb des Fiskus

Dieses Diagramm repräsentiert nicht ganz Niedersachsen. Diesbezüglich wurden von Verfasserin nur Daten einer Stadt (aller PräGe-Verfahren bis Stand: 19.06.2013) mit höheren Fallzahlen ausgewertet.42

Allerdings darf bei der Betrachtung obiger Werte nicht außer Acht gelassen werden, dass es ebenso aufgrund anderer Gründe zu solch einem Zahlenverhältnis kommen kann. So kann es etwa im Bereich der organisierten Kriminalität typisch für prognostizierte Verschleierungsdelikte wie u. a. Geldwäsche nach § 261 StGB sein, dass die Gefahrenlage anhaltend fortbesteht. Ebenso wie es für Diebstahloder Betrugsdelikte nach §§ 242 ff, 263 ff StGB typisch sein kann, dass der wahre Berechtigte sich etwa aus Scham oder zu großer räumlicher oder zeitlicher Distanz

Elektronikgeräten zählen mitunter für Cannabis-Indoor-Plantagen benötigte Geräte wie Wachstumslampen ebenso wie eine Waschmaschine, Taschenlampen, Digitalkameras oder etwa eine Espressomaschine. Zu dem 12. Punkt, diverse Gegenstände, zählen etwa ebenso Geldbörsen, Wasserpfeifen, sichergestellte Cannabis-Pflanzen wie auch u. a. Recyclingmaterialien & Schrott. 42 Die in der Arbeit aufgezeigten Statistiken dienen einzig der Veranschaulichung, erheben aufgrund der Basisdatengröße jedoch keinen Anspruch auf einen repräsentativen Aussage­ gehalt.

II. Präventive Gewinnabschöpfung

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zwischen Tat und Auffinden des deliktisch Erlangten nicht ermitteln lässt. Schließlich ist jedoch entscheidend, dass ein normativer Grundsatz sich nicht zwangsläufig auch in der Empirie wiederfinden muss. Es genügt vielmehr, wenn für das Bestehen einer Ausnahme ein rechtfertigender Grund43 dargelegt werden kann.44 Ein derartiger Schluss, allein ausgehend von dem soeben aufgezeigten Zahlenverhältnis auf ein Gewinnstreben als entscheidungstragenden Zweck ohne eingehende Betrachtung der ursächlichen Bedingungen, wäre daher zu oberflächlich, zu trivial, so dass der aufgezeigten prozentualen Verteilung allein kein bestätigender Aussagegehalt zugesprochen werden kann. Eine solche teils unterstellte Zielsetzung ist darüber hinaus aber auch, wie im Späteren näher aufgezeigt,45 mit dem Nds. SOG weder in Einklang zu bringen noch genereller Zweck einer Präventiven Gewinnabschöpfung. Nach § 1 I Nds. SOG erstreckt sich der Aufgabenbereich der Polizei wie der Verwaltungsbehörden im Rahmen des Nds. SOG allein darauf, zu Zwecken der Gefahrenabwehr tätig zu werden. Ein Streben nach Gewinn ist diesem Regelwerk hingegen völlig fremd. Ein Handeln mit einer solchen entscheidungstragenden Zielsetzung kann somit auf der Grundlage des Nds. SOG nicht rechtmäßig vorgenommen werden. Indes leitet der Terminus der Präventiven Gewinnabschöpfung jedoch fehl. Die Maßnahme der Präventiven Gewinnabschöpfung verfolgt primär das Ziel durch Sicherstellung und eventuell nachfolgende Verwertung, §§ 26 ff Nds. SOG, „offensichtlich“ deliktisch Erlangtes Nicht-Berechtigten zu entziehen sowie die Vorbereitung und Begehung einer weiteren Straftat zu verhindern.46 So sieht dies auch das niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport, welches den Begriff der Präventiven Gewinnabschöpfung als „Ergebnis einer Sicherstellung und anschließenden Verwertung von Sachen aus gefahrenabwehrrechtlichen und damit präventiven Gründen“47 definiert. Der Schwerpunkt einer solchen Maßnahme muss daher, um rechtmäßig zu sein, stets in der Gefahrenabwehr liegen. Dementsprechend zielt auch der Runderlass des MI und MJ nicht direkt auf eine Einziehung der sichergestellten Sachen, sondern führt eine solche einzig mittelbar als mögliche Rechtsfolge der Verwertungs- und Herausgaberegelungen nach §§ 28, 29 Nds. SOG an. Insofern zeigt der Runderlass allein den richtigen Verfahrenslauf auf für 43

Zu den Gründen einer Sicherstellung siehe im Späteren: S. 180 ff. Auf nähere Ausführungen zu den Gründen einer sich anschließenden Verwertung nach § 28 Nds. SOG sowie einer zulässigen Herausgabeverweigerung nach § 29 Nds. SOG muss hier jedoch aus Gründen der Schwerpunktsetzung verzichtet werden. 44 Vgl. z. B. Kompetenzregelungen im GG: Grundsatz Land  – Ausnahme Bund; dennoch häufiges Handeln des Bundes. 45 Näheres zu der Frage der Zulässigkeit fiskalischer Erwägungen im Gefahrenabwehrrecht, siehe im Späteren: S. 258 ff. 46 So u. a. auch: OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2009, 954 (955); dass., NdsVBl 2015, 250 (251). 47 Antwort des MI v. 14.09.2007, LT-PlPr. 15/127, S. 15147. Siehe u. a. auch: Hunsicker, Kriminalistik 2018, 670 (672): welcher gleichfalls der Frage der Verwertung wie Nicht-Herausgabe im Fall anhaltender Sicherstellungsgründe eine nachrangige Bedeutung zuweist.

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B. Begriff und Historie der Gewinnabschöpfung

die normativen Ausnahmefälle, in denen eine Herausgabe des Asservats an die Person, bei der es sichergestellt worden ist, auch nach Jahresfrist gem. § 28 I Nr. 4 Nds. SOG aufgrund fortbestehender Sicherstellungsgründe nicht zulässig sowie die Herausgabe des Verwertungserlöses nach Ablauf weiterer 3 Jahre gem. § 29 II 2, 3 Nds. SOG an einen Berechtigten nicht möglich ist. Einzig in derartigen normativen Ausnahmesituationen kann die Präventive Gewinnabschöpfung mit ihren Folgemaßnahmen nach §§ 28, 29 Nds. SOG mittelbar eine Einziehung bewirken. Dass dem Fiskus Geld zufließt, kann damit zwar potentielle Folge einer Sicherstellung im Rahmen eines Präventiven Gewinnabschöpfungsverfahrens sein, darf und ist sowohl nach den ministerialen Hinweisen als auch den von mir mit den zuständigen Ordnungsämtern geführten Gesprächen aber nicht das für die Maßnahmenergreifung angestrebte entscheidungserhebliche Ziel. Nun stellt sich jedoch die Frage, wie es zu der Wahl sowie auch der Etablierung eines solch provokanten Begriffs kommen konnte, der leicht fehlinterpretiert werden kann. Betrachtet man die Präventive Gewinnabschöpfung einmal näher, so ist auffällig, dass die sichergestellten Sachen in der Regel mit einem Verdacht auf Diebstahl, Hehlerei oder Drogenhandel einhergehen. Sichergestellt werden, wie folgende Graphik veranschaulicht, somit meist Gegenstände, die insb. im Wege eines Diebstahls erlangt zu sein scheinen und somit als potenzieller „Gewinn“ eines Verdächtigen aus einer mutmaßlichen Straftat anzusehen sind. Fallzahlen aufgeteilt nach dem im vorherigen Ermittlungsverfahren verfolgten Delikt

7,91% 10,70%

5,58% 54,88% Diebstahl Betrug Hehlerei

12,56%

BtM-Delikte Geldwäsche Sonstiges 8,37%

Dieses Diagramm repräsentiert nicht ganz Niedersachsen. Diesbezüglich wurden von Verfasserin nur Daten einer Stadt (aller PräGe-Verfahren bis Stand: 19.06.2013) mit höheren Fallzahlen ausgewertet.48

48

Die in der Arbeit aufgezeigten Statistiken dienen einzig der Veranschaulichung, erheben aufgrund der Basisdatengröße jedoch keinen Anspruch auf einen repräsentativen Aussagegehalt.

II. Präventive Gewinnabschöpfung

39

Der Begriff der Präventiven Gewinnabschöpfung ist somit zwar missverständlich, aber unter der Prämisse legitim, dass der Terminus die vermögensordnende Funktion sowie die Tatsache hervorheben soll, dass im Rahmen einer so bezeichneten Maßnahme hauptsächlich Gewinne aus einer potenziellen Straftat zwecks Sicherung privater Rechte oder zur Abwehr der Gefahr der Begehung potentieller Folgedelikte, wie etwa der Hehlerei, sichergestellt werden. Unzulässig, insbesondere durch die anordnenden Amtswalter, ist sein Gebrauch jedoch als Repräsentant für die Absicht der Behörde sich zu bereichern, wie etwa von Thiée unterstellt.49 Die Präventive Gewinnabschöpfung bezeichnet somit schlicht ein vorläufiges Sicherstellungsverfahren nach §§ 26 ff Nds. SOG von meist potenziell illegal erlangten Sachen aus gefahrenabwehrrechtlichen Gründen, der sich unter Umständen auch eine Verwertung nach § 28 Nds. SOG sowie Herausgabeverweigerung nach § 29 II Nds. SOG, insofern ein endgültiger Entzug anschließen kann. Dahinter steht der Gedanke, dass die vermutlich illegal erlangten Sachen insbesondere nicht für die Finanzierung neuer Straftaten zur Verfügung stehen sollen.50 Ob und wenn inwieweit dies einen tauglichen und zulässigen Grund darstellt, wird im Späteren näher diskutiert.51 Um Fehlinterpretationen zu vermeiden, wäre es aber ratsam, anstatt des provokanten Begriffes der Präventiven Gewinnabschöpfung solche Maßnahmen fortan nur noch wertneutral als das, was sie sind, nämlich Präventive Sicherstellungen inkriminierter Sachen, kurz PräSiS, zu bezeichnen.52 Da der Begriff der Präventiven Gewinnabschöpfung, kurz PräGe, sich in Fachkreisen jedoch schon zu einem festen Schlagwort ausgebildet hat, wird ein solcher Wechsel des Terminus sich kaum durchsetzen können. Um Irritationen zu vermeiden, wird im Folgen-

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Thiée, StV 2010, 215 (216). So z. B.: Hunsicker, Der Kriminalist 10/2006, 430 (430). 51 Siehe unten: S. 181 ff. 52 Gleichfalls kritisch: OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2009, 954 (955). Ebenfalls andere Begrifflichkeiten vorschlagend, etwa: Kirchhoff, Kriminalistik, 2017, 518 (523): statt PräGe, der nicht den „wahren Charakter“ der Maßnahme treffe, sondern auf ein Gewinnstreben hindeute, die Bezeichnung des Verfahrens als Sicherstellung von mit Gefahren behafteten Gegenständen präferierend; diese Benennung ist, wenn auch auf eine andere Art und Weise, jedoch ebenfalls unglücklich gewählt, denn, wie im Späteren näher aufgezeigt, müssen Gefahren nicht zwingend dem sicherzustellendem Gegenstand anhaften, sondern können gleichfalls aus dem beabsichtigten Verhalten des Betroffenen resultieren. Andere Begrifflichkeit wählend, u. a. auch: Veith, Der Kriminalist 10/2017, 16 (18): statt PräGe Verfahren als Polizeirechtliche Vermögenssicherung bezeichnend; Terminus unpassend, denn Maßnahmen zielen nicht nur auf Vermögenssicherung, sondern darüber hinaus allg. auf die Gefahrenabwehr, im Rahmen der vorliegenden Arbeit näher betrachteten speziellen Anwendungsfall der gefahrenabwehrrechtlichen Standardmaßnahme nach §§ 26 ff  Nds.  SOG insb. auf die Verhinderung weiterer Straftaten. Vgl. ebenso anders: Würtenberger / Heckmann / Tanneberger, PolR-BW, 2017, § 5 Rn. 221: Verfahren als präventive Sicherstellung von durch Straftaten erlangten Sachen bezeichnend; ebenfalls aber unglücklich gewählt, da in der hier näher betrachteten Konstellation Straftaten gerade nicht gerichtlich festgestellt werden konnten. 50

40

B. Begriff und Historie der Gewinnabschöpfung

den daher auch weiterhin von dem Begriff der Präventiven Gewinnabschöpfung Gebrauch gemacht.

III. Mögliche Variante des klassischen Polizeirechts  Die erst um 2006 vermehrt auftretende Diskussion53 zu dem Verfahren der Präventiven Gewinnabschöpfung sowie die daraufhin zu dem Schlagwort vermehrt ergehende Rechtsprechung54 werfen die Frage auf, ob die Präventive Gewinn­ abschöpfung eine mögliche Variante des klassischen Polizeirechts oder aber ein völliges Novum des Gefahrenabwehrrechts darstellt. Nach Auskunft der Ordnungsämter haben Osnabrück 2003 sowie ihr nachfolgend die Ämter in Braunschweig und Göttingen 2004 mit der Durchführung von Präventiven Sicherstellungen inkriminierter Sachen begonnen. Gleichfalls, noch vor Erlass der ministerialen Verwaltungsvorschriften zur Präventiven Gewinn­ abschöpfung, begann 2005 auch Oldenburg mit derartigen Sicherstellungsmaßnahmen.55 Bei der Betrachtung der Fallzahlen der jeweils für die Präventiven Sicherstellungen inkriminierter Sachen in Niedersachsen zuständigen Ordnungsämter in den ersten Jahren seit Aufnahme der PräGe-Verfahren ist eine große Diskrepanz augenfällig. So finden sich sowohl Städte mit einer in der Relation auffällig hohen Zahl an geführten Verfahren, dabei sticht insbesondere eine Stadt mit bis Ende 2011 insgesamt geführten 148 Verfahren, gefolgt von einem Ordnungsamt mit bis Ende 2011 geführten 82 Verfahren, im Besonderen hervor, als auch Städte mit auffällig geringer Fallzahl, darunter insbesondere ein Ordnungsamt mit bis Ende 2011 lediglich einem geführten Verfahren, gefolgt von einem weiteren Amt, dass zwar bis Ende 2011 insg. 6 Verfahren geführt hat, welche allerdings alle aus einem Jahr stammen. 53 Siehe u. a.: Hunsicker, Kriminalistik 2006, 615–618; ders., Die Polizei 2006, 252–258; ders., Der Kriminalist 10/2006, 430–435; Finger, Die Polizei 2006, 259–264; Pausch, Die Kriminalpolizei 2006, 98–102; Waechter, NordÖR 2008, 473–479; Söllner, DVBl 2009, 1320– 1322; ders., NJW 2009, 3339–3343; Hüls / Reichling, StraFo 2009, 198–203; Barthel, KommJur 2009, 81–88; Artkämper, PSP 2014, 27–30; Rachor, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 689 ff; Böhrenz / Siefken, Nds.SOG, 2014, § 26 Rn. 8; Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 656 ff. 54 Hierzu u. a.: BVerfG, NVwZ 2012, 239–240: Nichtannahmebeschluss infolge unzureichender Substantiierung; OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2009, 954–957: Begriff jedoch als missverständlich kritisierend; dass., NdsVBl 2015, 250–253; VG Braunschweig, B. v. 19.10.2006, Az.:  5  B  284/06, JURIS; dass., Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5  A  25/08, JURIS; dass., Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, JURIS; VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS; VG Lüneburg, Urt. v. 13.01.2011, Az.: 6 A 143/09, JURIS. Begriff der PräGe vermeidend, siehe u. a.: OVG Lüneburg, NordÖR 2013, 269–272; VG Braunschweig, B. v. 18.01.2007, Az.: 5 B 332/06, JURIS. 55 Beginn der Verfahren in den übrigen zuständigen niedersächsischen Ordnungsämtern: ­Aurich, Hannover und Verden – 2007; Hildesheim wie Stade – 2008; Bückeburg wie Lüneburg – 2009. Näheres zur Zuständigkeit, siehe: S. 117 ff.

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III. Mögliche Variante des klassischen Polizeirechts  

Fallzahlen OA (11) OA (10) OA (9) OA (8) OA (7) OA (6) OA (5) OA (4) OA (3) OA (2) OA (1) 0

10

OA (1) 2003 - 2008 5 2009 0 2010 3 2011 0

20 OA (2) 48 10 8 16

30

40

OA (3) 0 1 0 0

50 OA (4) 6 0 0 0

2003 –2008

60

70

OA (5) 19 13 9 15 2009

80

90

OA (6) 1 3 8 3

OA (7) 0 2 2 3

2010

2011

100

110

OA (8) 3 2 1 6

120

130

140

150

OA (9) OA (10) OA (11) 71 1 6 15 2 6 27 8 14 35 14 19

Die zugrundeliegenden empirischen Daten (aller nds. PräGe-Verfahren bis Stand: 31.12.2011) wurden von Verfasserin durch Umfragen erhoben.56

Der Ursache für diese augenfällige Diskrepanz kann im Rahmen dieser Arbeit jedoch, da nicht zur Kernfrage gehörig, nicht näher nachgegangen werden. Insofern bedarf es einer gesonderten empirischen verwaltungswissenschaftlichen Arbeit. Im Rahmen dieser Arbeit muss jedoch aus Gründen der Schwerpunktsetzung ein kurzer Verweis auf die Stellungnahme der Ordnungsämter zu der Frage nach der Ursächlichkeit genügen. Demnach wurden die geringeren Fallzahlen insbesondere damit begründet, dass die Zusammenarbeit mit den Staatsanwaltschaften nicht überall gleich eng gegeben sei. Zudem gaben einige Ämter die Durchführung von PräGe-Verfahren aufgrund von verwaltungsgerichtlichen Urteilen, die ihre getroffenen PräGe-Maßnahmen nicht bestätigt, sondern für rechtswidrig erklärt haben, generell auf. Ferner hätten aber auch die örtlichen Gegebenheiten einen entscheidenden Einfluss auf die anfallenden Verfahren. In einem Gebiet, in dem etwa auch der Zoll aktiv ist und mit dem Ordnungsamt zusammenarbeite, führe dies im Besonderen zu höheren Fallzahlen. Vom Zoll übermittelt würden dabei in erster Linie zuvor geführte Ermittlungsakten zu Geldwäsche und BtM-Delikten. Schließlich seien die den PräGe-Maßnahmen zugrundeliegenden Wertungen der jeweiligen 56

Die in der Arbeit aufgezeigten Statistiken dienen einzig der Veranschaulichung, erheben aufgrund der Basisdatengröße jedoch keinen Anspruch auf einen repräsentativen Aussagegehalt.

42

B. Begriff und Historie der Gewinnabschöpfung

Ordnungsämter, ab wann das Einschreiten durch eine Präventive Sicherstellung inkriminierter Sachen als unverhältnismäßig zu betrachten sei, höchst divergent. So führt nach Auskunft der Ordnungsämter die vom Gemeinsamen Runderlass des MI und MJ festgelegte Bagatellgrenze57 i. H. eines Sachwerts des Sicherstellungsgegenstandes von unter 500 € zu dem Resultat, dass ein Großteil der Kommunen die Sicherstellung von Sachen mit einem Wert von unter 500 € fast ausnahmslos als unverhältnismäßig ansehen, während andere Kommunen aufgrund der erreichten Systematisierung der Verfahrensabläufe den zu betreibenden Aufwand sowie die zusätzlich anfallenden Kosten als in der Relation so gering einstufen, dass auch die Sicherstellung von sehr geringwertigen Gegenständen wie Modeschmuck, Tabak, Autoradios oder Kleidungsstücken, für die im Späteren erwartbar ebenso nur ein geringwertiger Verwertungserlös i. H. v. 1,10 €, 25,– €, 37,– € sowie 75,– € erzielt werden konnte, überwiegend als verhältnismäßig angesehen wird. Der recht späte Beginn der Durchführung von Präventiven Gewinnabschöpfungsmaßnahmen durch die jeweiligen Ordnungsämter in den Jahren 2003–2009 könnte nun zu dem Schluss verleiten, dass die Präventive Sicherstellung inkriminierter Sachen tatsächlich ein völliges Novum des Gefahrenabwehrrechts darstelle. Eine vertieftere Auswertung der Rechtsprechung zeigt jedoch auf, dass die Maßnahmen im Sinne einer sogenannten Präventiven Gewinnabschöpfung in den letzten Jahren lediglich eine Renaissance erleben. So wurden bereits nach preußischem Recht, zwar ohne Herausbildung eines besonderen Schlagwortes, die Sicherstellungsnormen auf derartige Fallgestaltungen der Präventiven Sicherstellung inkriminierter Sachen angewendet.58 Die Systematisierung des Präventiven Gewinnabschöpfungsverfahrens durch die ministerialen Runderlässe von 2007 wie 2015 sowie der politische Wille, kriminalpolitischen Bedürfnissen noch besser gerecht zu werden, Straftaten zu verhindern und die Unverbrüchlichkeit der Rechtsordnung zu wahren,59 haben daher lediglich zu einer verstärkten Anwendung klassischen Gefahrenabwehrrechts geführt, dieses, wie im Späteren näher aufgezeigt, in Grenzen auch fortentwickelt,60 ohne dabei jedoch ein völliges Novum zu begründen. 57

RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515 (1516), Nr. 3.5 (­VORIS 21011); ersetzt durch den Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/​ 2015, S. 258 (259), Nr. 3.5 (­VORIS 21011). Näheres zur Bagatellgrenze, siehe im Späteren: S. 75, 258 ff. 58 Preuß.OVGE 28, 414–417: Präventive Sicherstellung von Fischen zur Verhinderung von Straftaten mit anschließender öffentlicher Versteigerung, während zur repressiven Maßnahmenergreifung unbefugt. Preuß.OVGE 100, 127–132: Präventive Sicherstellung illegal erlangter Arzneimittel im Anschluss an eine repressive Beschlagnahme nicht ausgeschlossen, soweit Gefahr fortbesteht; zudem befugt zu einer dauerhaften Entziehung durch Vernichtung oder Verwertung, wenn Rückgabe an Berechtigten unmöglich. 59 Zur Intention, siehe etwa: Antwort des MI v. 14.09.2007, LT-PlPr. 15/127, S. 15146 ff.; Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515 ff (­VORIS 21011); Gem. RdErl. d. MI u. MJ v.  15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258 ff (­VORIS 21011); Rohde / Schäfer, NdsVBl 2010, 41 (41, 44): sehen dabei in der die Rechtsordnung wiederherstellenden präventiv-ordnenden Maßnahme jedoch ein „gewisses sanktionierendes Element“. 60 Zur Rechtsfortbildung siehe insb.: S. 145 ff.

C. Rechtsgrundlagen der Gewinnabschöpfung Gewinnabschöpfungsmöglichkeiten finden sich viele in den verschiedensten Regelwerken, sowohl im Zivilrecht, etwa in Form einer Opferentschädigung über Schadensersatz nach § 823 BGB, im Strafrecht, insb. mittels der Einziehungsregelungen nach §§ 73 ff StGB oder durch Verzichtserklärungen des Beschuldigten qua informeller Absprache61, als auch im übrigen Öffentlichen Recht, wie u. a. dem Gefahrenabwehrrecht nach §§ 26 ff Nds. SOG, deren eingehenderer Betrachtung und rechtlichen Würdigung diese Arbeit verpflichtet ist. Dabei wurde gerade das Strafrecht über die Jahre verstärkt für die Aufgabe der unmittelbaren Gewinnabschöpfung präpariert, indem, wie bereits kurz aufgezeigt werden konnte,62 Anwendungsbereiche stetig vergrößert sowie Verfahrensweisen erleichtert worden sind. Wie aufgezeigt, ist hingegen die hier näher betrachtete Präventive Gewinnabschöpfung keine Gewinnabschöpfung im klassischen Sinn. Denn die Abschöpfung unrechtmäßig erlangten Vermögens, damit der Übergang des aus der Tat Erlangten auf den Staat, wird im Rahmen einer Präventiven Gewinnabschöpfung allenfalls über die potentiellen Folgemaßnahmen, die Verwertung nach § 28 I, III Nds. SOG mit einem sich anschließenden Auffangrechtserwerb des Staates nach § 29 I, II Nds. SOG, bewirkt, kann jedoch anders als bei einer Gewinnabschöpfung im herkömmlichen Sinn nie der entscheidungstragende Zweck63 sein. Die mit der Entziehung verbundenen Ziele der repressiven i. S. v. strafrechtlichen sowie der präventiven i. S. v. gefahrenabwehrrechtlichen Gewinnabschöpfung sind dabei in der Regel dennoch gleich. So kann sie bezwecken, den Täter nicht in dem Genuss des deliktisch Erlangten zu belassen, den Geschädigten oder sonst Berechtigten der betroffenen Sachen vor Verlust oder Beschädigung zu schützen oder aber sie kann der Gefahrenabwehr in Form der Verhinderung einer weiteren Tatbegehung dienen.64 Dabei ist letztere präventive Zielsetzung, wie im Späteren noch genauer erläutert wird, auch in Teilbereichen des Strafrechts eine zumindest bei an gerichtlich festgestellte Straftaten anknüpfenden Maßnahmen der Besserung und Sicherung oder auch als Rechtfertigung von Strafe eine zulässige Zweckbestimmung.65 Infolgedessen ist sich aus Gründen der Schwerpunktsetzung im Weiteren auf eine 61

Näheres zur Verzichtserklärung, siehe: Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis, 2015, Rn. 422 ff; Kilchling, Gewinnabschöpfung in Europa, 2002, S. 36 f., 59; Hüls / Reichling, StraFo 2009, 198 (198 f.); Finger, Die Polizei 2006, 259 (263). 62 Siehe oben: S. 30 f. 63 Näheres hierzu im Späteren: S. 258 ff. 64 Siehe zu den Zwecken einer Repressiven sowie Präventiven Gewinnabschöpfung: S. 30 ff, 33 f. Ebenso u. a.: Waechter, NordÖR 2008, 473 (476). 65 Zur präventiven Zweckbestimmung im Rahmen des Strafrechts, siehe im Folgenden: S. 64 ff.

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C. Rechtsgrundlagen der Gewinnabschöpfung

begrenzte Darstellung der einschlägigsten Rechtsgrundlagen des Strafrechts, mit denen eine Überschneidung der Anwendungsbereiche stattfinden könnte sowie die eine potentielle Sperrwirkung für Maßnahmen nach dem Nds. SOG nachsichziehen könnten, zu beschränken. Insofern muss ebenso die Sicherungsinstrumente nach §§ 111b ff, 111e ff StPO betreffend,66 die durch eine vorläufige Sicherstellung inkriminierter Gegenstände im laufenden Strafverfahren nach § 111b I 2 StPO bei gegebenen dringenden Gründen die Durchführung einer später notwendig gerichtlich anzuordnenden Einziehung oder Unbrauchbarmachung gewährleisten sollen, alternativ bei begründeter Annahme nach Abs. 1 S. 1 sicherstellen können, ein kurzer Verweis auf das Bestehen dieser genügen. Erst jüngst 2017 wurden die strafrechtlichen Regelungen zur Gewinnabschöpfung im Zuge einer umfangreichen Reform nicht nur weiter vereinfacht sowie ihre Anwendung erleichtert, sondern auch deren Anwendungsbereich abermals erheblich erweitert.67 Die meisten Überschneidungen im Anwendungsbereich mit der Präventiven Gewinnabschöpfung weisen insbesondere die §§ 73a, 74b, 76a StGB, § 437 StPO auf, die im Folgenden daher näher dargestellt werden.

I. Erweiterte Einziehung – § 73a StGB So erlaubt die reformierte Erweiterte Einziehung nach § 73a I StGB, zuvor § 73d StGB a. F.,68 die Einziehung von Taterträgen, damit dem, was durch oder für eine rechtswidrige Tat erlangt worden ist, sowie in Kombination mit § 73c StGB die Einziehung des Wertes der Taterträge69 ohne dessen konkrete Zuordnung zu einer gerichtlich festgestellten Tat.70 Ausreichend ist entsprechend den Ermächtigungsgrundlagen vielmehr die uneingeschränkte Überzeugung des Gerichts, dass die Erträge aus irgendeiner rechtswidrigen Tat erlangt worden sind; ein Täterbezug, 66

Näheres zu den Sicherungsinstrumenten, u. a.: Meißner / Schütrumpf, Vermögensabschöpfung, 2018, Rn. 121 ff; Knierim, in: Knierim / Oehmichen / Beck / Geisler, Ges. StrR, 2018, Kap.  21 Rn. 12 ff, 16 ff, 38 ff. 67 Siehe zur Entwicklung in Kürze oben: S. 30 ff. 68 Sprachliche Änderung, Einziehung statt Verfall, und Neufassung mit Gesetz vom 13.04.2017: Art. 1 Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung v. 13.04.2017, BGBl. I 2017, S. 872 (872 f.). Änderung, Einziehung statt Verfall, rein redaktioneller Art, zur Betonung der umfassenden Neuregelung, denn vorheriger Verfalls-Begriff war mit „vielfältigen rechtlichen“ Problemen behaftet, sowie zur Annäherung an den europäischen Begriff „confiscation“, siehe: Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 2, 50, 66. Gesetzesentwurf: BT-Drs. 18/9525 v. 05.09.2016, S. 2, 48, 61. 69 § 73c StGB erlaubt im Fall der Unmöglichkeit einer Einziehung des Erlangten auch die Einziehung des Wertes von Taterträgen; näheres hierzu etwa bei: Beck / Knierim, in: Knierim / ​ Oehmi­chen / Beck / Geisler, Ges. StrR, 2018, Kap. 16 Rn. 44, 53, 69 ff.; Meißner / Schütrumpf, Vermögensabschöpfung, 2018, Rn. 70; Heuchemer, in: BeckOK-StGB, 2018, § 73c StGB, Rn. 1 ff. 70 Näheres zu § 73a StGB, siehe z. B.: Heger, in: Lackner / Kühl, StGB, 2018, § 73a Rn. 1 ff; Heuchemer, in: BeckOK-StGB, 2018, § 73a StGB, Rn. 1 ff; Beck / Knierim, in: Knierim / Oehmi­ chen / Beck / Geisler, Ges. StrR, 2018, Kap. 16 Rn. 39 ff; Meißner / Schütrumpf, Vermögens­ abschöpfung, 2018, Rn. 64 ff.

I. Erweiterte Einziehung – § 73a StGB 

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sprich die gerichtliche Feststellung einer anderen, bzgl. der einzuziehenden Erträge nicht ursächlichen, rechtswidrigen Tat, ist allerdings auch bei einer Erweiterten Einziehung noch erforderlich.71 Dabei gelten Gegenstände wie Rechte im Zusammenhang mit einer Tat bereits als erlangt, wenn der Täter oder Teilnehmer72 die bloße Verfügungsgewalt über sie innehat. Ein vorheriger Übergang des Eigentums auf den Täter oder Teilnehmer ist insofern nicht zwingend erforderlich. Ist die Einziehung eines Gegenstandes hingegen nicht möglich oder wird von einer solchen gem. §§ 73 III, 73b III StGB abgesehen, so bestimmt sich der nach § 73c StGB einzuziehende Wert des Erlangten nach § 73d StGB, der in seiner neuen, reformierten Fassung das Bruttoprinzip getreu dem Grundsatz konkretisiert, dass das in Verbotenes Investierte unwiederbringlich verloren ist, und insofern ebenso den quasi-kondiktionellen Charakter der Abschöpfungsregelungen hervorhebe, als dass § 73d StGB mit dieser Regelung dem Regelungsgedanken des § 817 S. 2 BGB folge.73 An die erforderliche Überzeugung des Gerichts von der deliktischen Herkunft des Erlangten seien auch weiterhin keine überspannten Anforderungen zu stellen. Die neu eingefügte Verfahrensregelung nach § 437 StPO soll, obwohl speziell für die Selbständige Einziehung geschaffen, entsprechend der Gesetzesbegründung ebenso im Rahmen einer Erweiterten Einziehung mit ihrem Aussagegehalt unterstützend bei der Begründung herangezogen werden können, insbesondere da sie Erwägungen normiere, die nach der Rechtsprechung auch bereits vor der Reformierung für eine Erweiterte Einziehungsanordnung maßgebend waren und den Gesetzesmaterialien die Absicht zu entnehmen ist, dass der Gesetzgeber dieses Richterrecht qua Reform festschreiben wollte.74 71 Ist jedoch die Herstellung des Zusammenhangs des aufgefundenen Erlangten zu einer konkreten Tat möglich, so ist § 73 StGB vorrangig zu prüfen und eine Einziehung nach § 73a StGB ausgeschlossen; so auch: Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 72; Gesetzesentwurf: BT-Drs. 18/9525 v. 05.09.2016, S. 66; Fischer, StGB, 2018, § 73a Rn. 5, 9 f. 72 § 73b StGB: Erlaubt die Einziehung des Erlangten unter bestimmten Umständen auch gegen Andere; Näheres hierzu u. a. bei: Meißner / Schütrumpf, Vermögensabschöpfung, 2018, Rn. 69, 71; Beck / Knierim, in: Knierim / Oehmichen / Beck / Geisler, Ges. StrR, 2018, Kap.  16 Rn. 57 f.; Heuchemer, in: BeckOK-StGB, 2018, § 73b StGB, Rn. 1 ff. 73 Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 58 f., 74; Gesetzesentwurf: BT-Drs. 18/9525 v. 05.09.2016, S. 55 f., 67 f.: Bestimmung erfolgt somit in zwei Schritten; 1. Schritt, rein gegenständlich, was ist sowohl direkt als auch indirekt aus der Verwirklichung des Tatbestands wem zugeflossen; 2. Schritt, Berücksichtigung von Gegenleistungen soweit diese nach § 73d I StGB abzugsfähig, damit nicht selbst in verbotswidrige Handlungen oder Geschäfte investiert worden sind; Gesetzesentwurf: BT-Drs. 18/9525 v. 05.09.2016, S. 69: nach Abs. 2 können, dem Regelungsgehalt des § 73b StGB a. F. entsprechend, sowohl Umfang wie Wert des Erlangten als auch die abzugsfähigen Aufwendungen geschätzt werden. Näheres zu § 73d StGB, siehe u. a.: Heuchemer, in: BeckOK-StGB, 2018, § 73d StGB, Rn. 1 ff; Beck / Knierim, in: Knierim / Oehmichen / Beck / Geisler, Ges. StrR, 2018, Kap.  16 Rn.  72 ff. 74 Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S.71; Gesetzesentwurf: BT-Drs. 18/9525 v. 05.09.2016, S. 66. So auch: Meißner / Schütrumpf, Vermögensabschöpfung, 2018, Rn. 68; Heger, in: Lackner / Kühl, StGB, 2018, § 73a Rn. 8; Pelz, NZWiSt 2018, 251 (252); Meyer, NZWiSt 2018, 246 (250). Näheres zu § 437 StPO im Folgenden bei § 76a StGB, siehe unten: S. 51, 52 f.

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C. Rechtsgrundlagen der Gewinnabschöpfung

Die Anordnung der Erweiterten Einziehung nach § 73a I StGB, alternativ des Wertes der Taterträge nach § 73c StGB, ist bei vorliegenden Voraussetzungen grds. obligatorisch.75 Mit der rechtskräftigen gerichtlichen Anordnung der Einziehung geht das Eigentum nach § 75 StGB, der die bislang geltenden Regelungen der §§ 73e und 74e StGB a. F. zur Wirkung von Verfall und Einziehung zusammenführt und für die §§ 73 ff sowie 74 ff StGB n. F. einheitlich festlegt,76 auf den Staat über. Dem Rechtsübergang steht dabei die mangelnde Rechtsinhaberschaft des Einziehungsadressaten nach Abs. 1 S. 1 Nr. 2 nicht entgegen, sofern der Gegenstand in Kenntnis der Tatumstände dem Adressaten für die Tat oder vergleichbare Zwecke gewährt worden ist. Entsprechendes gilt, wenn der durch die Tat Geschädigte sein Eigentum an der aufgefundenen Sache, wie etwa im Fall eines Diebstahls infolge des § 935 I BGB, nicht verloren hat. Nach § 75 I 2 StGB bewirkt die rechtskräftige Einziehung in derartigen Konstellationen, angelehnt an die zivilrechtlichen Fundvorschriften, einen aufschiebend bedingten Rechtsübergang auf den Staat, bei dem 6  Monate nach Mitteilung der Rechtskraft der Einziehungsanordnung bei der zuständigen Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde das Recht auf den Staat übergeht, sofern der Geschädigte innerhalb dieser Zeitspanne sein Recht nicht angemeldet hat.77 Insofern wurde mit der 2017 in Kraft getretenen Reform der Anwendungsbereich der Erweiterten Einziehung erheblich erweitert auf alle den Erträgen zugrundeliegenden rechtswidrigen Taten, indem die ursprüngliche Begrenzung auf einen Katalog bestimmter, schwerer Straftaten aufgehoben worden ist. Mit Blick auf die vermögensordnenden und normstabilisierenden Ziele der Vermögensabschöpfung sei laut Gesetzesmaterialien dieser umfassende Aufbruch der vorherigen Systematik nur folgerichtig, um zum einen dem Vertrauen des Bürgers nicht zu schaden sowie zum anderen auch keine falschen Anreize zu setzen.78 Ferner wurde die Erforderlichkeit eines unmittelbaren Tatbezugs im Wege einer Konkretisierung des Bruttoprinzips mittels eines Begriffswechsels, „durch“ statt „aus“, aufgegeben, womit ebenfalls eine Erweiterung des Anwendungsbereichs, der sich nun nicht 75

Heger, in: Lackner / Kühl, StGB, 2018, § 73a Rn. 10; Heuchemer, in: BeckOK-StGB, 2018, § 73a StGB, Rn. 18, § 73c StGB, Rn. 11. 76 Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 77 f.; Gesetzesentwurf: BT-Drs. 18/9525 v. 05.09.2016, S. 70 f. 77 Bei unverschuldetem Fristversäumnis greift §§ 44 ff. StPO analog; erfolgt die gerichtliche Einziehungsanordnung in der irrigen Auffassung, der eingezogene Gegenstand gehöre dem Täter, so dass eine Mitteilung der Rechtskraft der Anordnung an den Geschädigten unterbleibt, so steht dies einem Rechtsverlust an den Staat durch die Einziehungsanordnung entgegen, nicht aber dem Verlust durch sich im späteren anschließende Verwertungsmaßnahmen; näheres zu den Folgen des staatlichen Eigentums- oder Rechtserwerbs für die sonstigen dinglichen Rechte Dritter nach Abs. 2, der Wirkung einer nicht rechtskräftigen Anordnung nach Abs. 3 sowie insgesamt zu § 75 StGB, der Wirkung der Einziehungsanordnung: Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 77 f.; Gesetzesentwurf: BT-Drs. 18/9525 v. 05.09.2016, S. 70 f.; ­Heger, in: Lackner /  Kühl, StGB, 2018, § 75 Rn. 1 ff; Heuchemer, in: BeckOK-StGB, 2018, § 75 StGB, Rn. 1 ff. 78 Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 3, 60 f., 70 f.; Gesetzesentwurf: ­BT-Drs. 18/9525 v. 05.09.2016, S. 3, 57 f., 65.

II. Sicherungseinziehung – § 74b StGB 

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mehr einzig auf direkte, sondern auch auf indirekte Vorteile erstreckt, geschaffen worden ist.79 Diese Neuregelung sei laut den Gesetzesmaterialen zugleich eine Akzentuierung des quasi-kondiktionellen Charakters der Vermögensabschöpfung.80

II. Sicherungseinziehung – § 74b StGB Inhaltlich unverändert und lediglich aus systematischen Gründen in eigener Regelung neu verankert wurde die Sicherungseinziehung nach § 74b StGB.81 Insofern besteht neben der Möglichkeit der Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln sowie Tatobjekten nach § 74 StGB darüber hinaus die Option der Anordnung einer im Ermessen stehenden Sicherungseinziehung zum Schutz vor Gefahren, somit einer Maßnahme mit vorwiegend präventiver Ausrichtung.82 Die Feststellung einer rechtswidrigen und vorsätzlichen Anknüpfungstat bleibt folglich auch nach § 74b StGB n. F. zwingend erforderlich. Demnach können nach Abs. 1 wie zuvor nach § 74 II Nr. 2, III StGB a. F. Gegenstände, die nach ihrer Art und nach den Umständen die Allgemeinheit gefährden, damit eine generelle Gefährlichkeit aufweisen, oder bei denen die Gefahr besteht, dass sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen werden, sprich ihre geplante Verwendung eine individuelle Gefährlichkeit begründet, auch bei schuldloser Begehung (Abs. 1 Nr. 1) oder fremdem Eigentümer (Abs. 1 Nr. 2) eingezogen werden.83 Dabei müsse die Gefahrenlage nach beiden Alternativen bereits eine konkrete sein.84 79 Hierzu: Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 58, 66, 68, 70 f.; Gesetzesentwurf: BT-Drs. 18/9525 v. 05.09.2016, S. 55, 61 ff. So auch: Heger, in: Lackner / Kühl, StGB, 2018, § 73a Rn. 6, § 73 Rn. 5; Pelz, NZWiSt 2018, 251 (251); sowie kritisch: Saliger, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, 2017, Vorb. §§ 73 ff Rn. 3c. Andere Auffassung, § 73a I StGB auf die bloße Einziehung des unmittelbar aus der Tat Erlangten sowie alternativ dessen direkten Surrogates begrenzend als Ausgleich der fehlenden gerichtlichen Feststellung der für den Ertrag ursächlichen Tat: Beck / Knierim, in: Knierim / Oehmichen / Beck / Geisler, Ges. StrR, 2018, Kap. 16 Rn. 42; im Ergebnis ebenso: Heuchemer, in: BeckOK-StGB, 2018, § 73a StGB, Rn. 7, 11; Fischer, StGB, 2018, § 73a Rn. 14. 80 Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 58, 67. Gesetzesentwurf: BT-Drs. 18/9525 v.  05.09.2016, S. 55, 62. Beschlussempfehlung und Bericht: BT-Drs. 18/11640 v. 22.03.2017, S. 78 f. 81 Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 76; Gesetzesentwurf: BT-Drs. 18/9525 v. 05.09.2016, S. 70. Näheres zu § 74b StGB, u. a.: Heger, in: Lackner / Kühl, StGB, 2018, § 74b Rn. 1 ff; Heuchemer, in: BeckOK-StGB, 2018, § 74b StGB, Rn. 1 ff; Meißner / Schütrumpf, Vermögensabschöpfung, 2018, Rn. 87 ff. 82 Kinzig, in: Schönke / Schröder, StGB, 2019, Vorb. §§ 73 ff Rn. 21; Eser / Schuster, in: Schönke / Schröder, StGB, 2019, § 74b Rn. 2; Saliger, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, 2017, Vorb. §§ 73 ff Rn. 8 f., § 74 Rn. 30; Joecks, in: MüKoStGB, 2016, § 74 Rn. 39. 83 Bei der Anwendung der Sicherungseinziehung nach Abs. 1 ist die Vorrangigkeit der §§ 74, 74a StGB zu beachten, ebenso u. a.: Fischer, StGB, 2018, § 74b Rn. 7. Zur Rechtfertigung der Erstreckung auf tatunbeteiligte Dritte, siehe etwa: Eser / Schuster, in: Schönke / Schröder, StGB, 2019, § 74b Rn. 2. 84 Heger, in: Lackner / Kühl, StGB, 2018, § 74b Rn. 1a; Heuchemer, in: BeckOK-StGB, 2018, § 74b StGB, Rn. 2: Abs. 1 Alt. 1 greift auch bei einer Gefährdung von Einzelinteressen, soweit

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C. Rechtsgrundlagen der Gewinnabschöpfung

In Abs. 2 und 3 des § 74b StGB n. F. finden sich, ebenfalls inhaltlich unverändert, die Entschädigungsregelungen des § 74 f StGB a. F. für tatunbeteiligte Dritte wieder.85 Für die vorliegende Bearbeitung von besonderem Interesse ist dabei speziell die Ausnahmeregelung nach Abs. 3 S. 1 Nr. 2, dernach eine Entschädigung eines von der Einziehung betroffenen Dritten nicht gewährt wird, wenn ebenfalls andere außerstrafrechtliche Rechtsvorschriften zu einer dauerhaften Einziehung entschädigungslos berechtigen. Insofern ergibt sich das gesteigerte Interesse an dieser Ausnahmeregelung aus den Gesetzesmaterialien, welche „namentlich die Polizeigesetze der Länder“ sowie die darin verankerte gefahrenabwehrrechtliche Sicherstellung in Kombination mit ihren Folgemaßnahmen als eine andere neben der strafrechtlichen Einziehung bestehende alternative Möglichkeit benennt, die im Einzelfall gleichfalls einen entschädigungslosen86 dauerhaften Entzug einer Sache begründen kann.87 Unabhängig von der Frage nach der Berechtigung kann dieser expliziten Erwähnung entnommen werden, dass es für eine abschließende Wirkung der strafrechtlichen Einziehungsregelungen bereits an einem dahingehenden Willen des Bundesgesetzgebers mangelt. Dieser wollte vielmehr nur für den Bereich die Belange der Allgemeinheit seinen Schutz erfordern. Vgl. auch: Eser, in: Schönke / Schröder, StGB, 2014, § 74 Rn. 32; Eser / Schuster, in: Schönke / Schröder, StGB, 2019, § 74b Rn. 4. 85 Ausführlicher zur Entschädigungspflicht, siehe: Heger, in: Lackner / Kühl, StGB, 2018, § 74b Rn. 1b ff; Fischer, StGB, 2019, § 74b Rn. 10 ff; Heuchemer, in: BeckOK-StGB, 2018, § 74b StGB, Rn. 4 ff; Eser / Schuster, in: Schönke / Schröder, StGB, 2019, § 74b Rn. 9 ff. 86 Denn ein gegebenenfalls zu leistender Wertersatz ist keine Entschädigung im technischen Sinne, so dass eine derartige Leistungspflicht einem Ausschluss der Entschädigungspflicht nicht entgegenstehe; dieser Umstand wird aber i. d. R. in Form einer Billigkeitsentschädigung nach Abs. 3 S. 2 zu berücksichtigen sein: Heger, in: Lackner / Kühl, StGB, 2018, § 74b Rn. 6; Fischer, StGB, 2019, § 74b Rn. 16 f. Vgl.: Gürtler, in: Göhler, OWiG, 2017, § 28 Rn. 16, 20; Förster, in: Rebmann / Roth / Herrmann, OWiG I, St.: (09.2008)/06.2018, § 28 Rn. 21, 23. 87 Gesetzesentwurf: BT-Drs. 4/650 v. 04.10.1962, S. 251: „Nummer 4 schließt die Entschädigung aus, wenn die Einziehung oder Unbrauchbarmachung keine Enteignung ist, weil es im konkreten Fall auch auf Grund anderer als strafrechtlicher Vorschriften zulässig gewesen wäre, dem Dritten den Gegenstand ohne Entschädigung dauernd zu entziehen. Mit dieser Anknüpfung an außerstrafrechtliche Gesetze beschreibt der Entwurf die Fälle, in denen das Gesetz die Grenzen des Eigentums festsetzt. Fälle dieser Art finden sich z. B. in […]. Die Polizeigesetze der Länder kennen die Sicherstellung von Gegenständen aus Präventivgründen, d. h. zum Schutze der Allgemeinheit vor Gefahr oder zur Vermeidung der missbräuchlichen Verwendung. In diesen Fällen ist unter gewissen Voraussetzungen auch die Entziehung des Eigentums oder die Vernichtung oder Unbrauchbarmachung zulässig. Wird der Gegenstand im Rahmen der Entziehung veräußert, so ist der Erlös herauszugeben oder er tritt an die Stelle des entzogenen Gegenstandes (vgl. z. B. §§ 6 bis 9, 26 bis 28, 38 des Polizeigesetzes von Baden-Württemberg vom 21.11.1955, GesBl. S. 249; Art. 9 bis 12, 23 bis 31, 56 des Bayerischen Polizeiaufgabengesetzes vom 16.10.1954, BayBS I S. 442; §§ 9 bis 16, 23 bis 27, 65 des Polizeiverwaltungsgesetzes von Rheinland-Pfalz vom 26.03.1954, GVBl. S. 31).“ Gesetzesentwurf: BT-Drs. 5/1319 v. 20.01.1967, S. 60: „[identischer Text, einzig mit teils aktuelleren Gesetzesverweisen] (vgl. z. B. §§ 6 bis 9, 26 bis 28, 38 des Polizeigesetzes von Baden-Württemberg vom 21.11.1955, Gesetzblatt für Baden-Württemberg, S. 249; Art. 9 bis 12, 23 bis 31, 53 des Bayerischen Polizeiaufgabengesetzes i. d. F. vom 03.04.1963, Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt S. 95, 120; §§ 9 bis 16, 23 bis 27, 65 des Polizeiverwaltungsgesetzes von Rheinland-Pfalz vom 26.03.1954, Sammlung des bereinigten Landesrechts von Rheinland-Pfalz 2012–1).“

III. Selbständige Einziehung – § 76a StGB 

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des Strafrechts allgemeine, einheitliche und abschließende Regelungen schaffen, nicht jedoch darüber hinaus. Auch in den späteren Gesetzesmaterialien finden sich keinerlei Hinweise für ein Umdenken. Insofern ist dieser Punkt im Späteren, bei der Frage nach den Kompetenzen, noch von mitunter entscheidender Bedeutung.

III. Selbständige Einziehung – § 76a StGB Die Selbständige Einziehung nach § 76a StGB ist im Zuge der jüngsten umfassenden Reform, ebenso wie § 73a StGB, erheblich erweitert worden und erfasst bei entsprechendem, im pflichtgemäßen Ermessen stehenden Antrag der Staatsanwaltschaft oder des Privatklägers nach § 435 StPO88 sowohl Taterträge, Wertersatz, Tatprodukte, Tatmittel wie Tatobjekte.89 1. § 76a I–III StGB – Nachträgliche Vermögensabschöpfung So ist eine Selbständige Einziehung von Vermögenswerten sowie anderen Gegenständen, die einer festgestellten konkreten Anknüpfungstat zugeordnet werden können, nach Abs. 1 S. 1 neben entgegenstehenden tatsächlichen Gründen nun ebenso möglich, wenn der Verfolgung oder Verurteilung einer bestimmten Person rechtliche Gründe  – wie etwa eine andauernde Verhandlungsunfähigkeit nach § 206a StPO oder das rechtliche Hindernis des Strafklageverbrauchs gemäß dem Grundsatz ne bis in idem aus Art. 103 III GG – entgegenstehen.90 Dabei ist nach § 76a I 1 StGB die Anordnung der Einziehung, die zuvor aufgrund der tatsäch­ 88

Näheres zu den formellen Voraussetzungen einer Selbständige Einziehung nach § 76a StGB, siehe etwa bei: Eser / Schuster, in: Schönke / Schröder, StGB, 2019, § 76a Rn. 17; Meißner  / ​ Schütrumpf, Vermögensabschöpfung, 2018, Rn. 73 ff.; Heger, in: Lackner / Kühl, StGB, 2018, § 76a Rn. 9. 89 Näheres zu § 76a StGB: Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 79 ff.; Gesetzesentwurf: BT-Drs. 18/9525 v. 05.09.2016, S. 72 ff.; Heger, in: Lackner / Kühl, StGB, 2018, § 76a Rn. 1 ff; Fischer, StGB, 2019, § 76a Rn. 1 ff; Meißner / Schütrumpf, Vermögensabschöpfung, 2018, Rn.72 ff; Beck / Knierim, in: Knierim / Oehmichen / Beck / Geisler, Ges. StrR, 2018, Kap. 16 Rn. 99 ff. 90 Unzulässig bleibt hingegen auch weiterhin gemäß § 76a I 3 StGB eine Selbständige Einziehung bei einem zur Straftatenverfolgung erforderlichem aber fehlendem Strafantrag, Ermächtigung oder Strafverlangen, da ansonsten Prozessvoraussetzungen, die nicht im Einfluss­bereich der Strafverfolgungsbehörden liegen, missachtet und außer Kraft gesetzt werden würden; ebenso besteht nach Satz 3 ein rechtlicher Ausschlussgrund in einer die Einziehungsanordnung betreffend bereits ergangenen rechtskräftigen Ablehnungsentscheidung, hierzu: Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 79; Gesetzesentwurf: BT-Drs. 18/9525 v. 05.09.2016, S. 72. Anders jedoch, u. a. die neu geschaffene Möglichkeit der Einziehung bei andauernder Verhandlungsunfähigkeit nach § 206a StPO sowie gleichfalls die neue Ermächtigung zur Einziehung von Taterträgen bei Anderen im Fall des Todes des Erblassers nach § 73b I Nr. 3 StGB verkennend: Heuchemer, in: BeckOK-StGB, 2018, § 76a StGB, Rn. 3, 5.

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C. Rechtsgrundlagen der Gewinnabschöpfung

lichen oder rechtlichen Unmöglichkeit des subjektiven Verfahrens unterblieben ist, im Wege der Selbständigen Einziehung obligatorisch; § 76a I 2 StGB regelt entsprechend eine fakultative Einziehungsmöglichkeit für die Fälle, deren Grundtatbestände eine Ermessensentscheidung vorsehen, wie der Unmöglichkeit der Sicherungseinziehung nach § 74b StGB.91 Mit der Erweiterung des § 76a I StGB durch die Reform 2017 wurde mithin die rechtliche Möglichkeit einer nachträglichen Vermögensabschöpfung geschaffen.92 Entsprechendes gilt nach § 76a II StGB im Fall einer eingetretenen Verjährung der Straftatenverfolgung die Anknüpfungstat betreffend. Damit ist eine Umgehung der Abschöpfungsregelungen sowie Verhinderung einer Einziehung93 durch die kaum widerlegbare Behauptung, Erlangtes stamme aus einer konkreten aber verjährten Tat, nicht mehr möglich, und steigert so in erheblichen Umfang die Praktikabilität der Maßnahme.94 Der Anwendungsbereich der selbständigen Anordnung ist im Fall der Verjährung der Verfolgbarkeit der Anknüpfungstat nach Abs. 2 jedoch auf die Einziehung des Tatertrages und des Wertersatzes, damit die Grundtatbestände nach §§ 73, 73b, 73c StGB, sowie die Fälle der Sicherungseinziehung und der Unbrauchbarmachung nach §§ 74b, 74d StGB beschränkt. Schließlich ermöglicht § 76a III StGB, welcher der vorherigen Rechtslage entspricht, im Rahmen eines nachträglichen Verfahrens eine Anwendung des Abs. 1 auch für den Fall, dass das Gericht von Strafe abgesehen hat oder das Verfahren nach pflichtgemäßem Ermessen der Staatsanwaltschaft, des Gerichts oder im Einvernehmen beider eingestellt worden ist.95 Abs. 3 erweitert aber nicht nur die Möglichkeiten des selbstständigen Verfahrens, sondern verlängert insofern auch die Verpflichtung zur Durchführung des Verfahrens sowie Anordnung der Einziehung über die Entscheidung des Gerichts sowie der Staatsanwaltschaft zur Beendigung des subjektiven Verfahrens hinaus und ist damit von besonderer praktischer Relevanz. Eine Erweiterung des im Folgenden aufgezeigten Anwendungsbereichs von § 76a IV StGB mittels Abs. 3 ist hingegen aufgrund der Anforderung, dass der Nachweis einer konkreten Tat nicht geführt werden kann, ausgeschlossen.96

91

Siehe u. a.: Fischer, StGB, 2019, § 76a Rn. 5 f. Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 3, 50, 61, 79; Gesetzesentwurf: BTDrs. 18/9525 v. 05.09.2016, S. 3, 48, 57, 72. Zur neu eingefügten Befugnis der nachträglichen Einziehung von Taterträgen trotz Verjährung der Erwerbstat: Beschlussempfehlung und Bericht: BT-Drs. 18/11640 v. 22.03.2017, S. 82. 93 Vor der Reform 2017 als Verfall statt Einziehung benannt geregelt. 94 Beschlussempfehlung und Bericht: BT-Drs. 18/11640 v. 22.03.2017, S. 82. 95 Näheres zu den Möglichkeiten der Beendigung des subj. Verfahrens, siehe u. a.: Heger, in: Lackner / Kühl, StGB, 2018, § 76a Rn. 4; Eser / Schuster, in: Schönke / Schröder, StGB, 2019, § 76a Rn. 8. 96 Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 80; Gesetzesentwurf: BT-Drs. 18/9525 v. 05.09.2016, S. 73. 92

III. Selbständige Einziehung – § 76a StGB 

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2. §§ 76a IV StGB, 437 StPO – Einziehung von Vermögen unklarer Herkunft In dem neu geschaffenen, an anglo-amerikanischem wie italienischem Recht orientierten Abs. 4 ist jedoch eine erhebliche Erweiterung des Anwendungsbereichs der Selbständigen Einziehung nach § 76a StGB begründet, der die Einführung eines neuen, eigenständigen Einziehungsinstruments für deliktisch erlangtes Vermögen unklarer Herkunft regelt, dessen Wirkung, die Einziehung, daher gesondert in Abs. 4 S. 2 festgelegt ist.97 So erlaubt § 76a IV StGB die Selbständige Einziehung von aufgrund eines bloßen Verdachts sichergestellter Gegenstände auch nach erfolgtem Freispruch oder Verfahrenseinstellung nach § 170 II StPO mangels hinreichendem Tatverdacht, soweit der Gegenstand im Rahmen eines Verfahrens wegen des Verdachts einer bestimmten schweren Straftat des Katalogs nach § 76a IV 3 StGB sichergestellt worden ist, ist jedoch anders als § 76a I 1 StGB nicht als zwingende Regelung ausgestaltet worden, sondern nur mit einem intendierten Ermessen zur Vermeidung unverhältnismäßiger Einzelfallanordnungen.98 Erforderlich ist weder die gerichtliche Feststellung der konkreten Erwerbstat noch irgendeiner anderen rechtswidrig begangenen Tat, sondern einzig die richterliche Überzeugung betreffs der illegalen Herkunft, die gem. § 76b I StGB maximal 30 Jahre zurückliegt und zu dessen Begründung maßgeblich die Umstände des hierfür neu geschaffenen § 437 StPO zu berücksichtigen sind.99 Dabei sei nach den Gesetzesmaterialen bei der Auslegung die Rechtsprechung zu § 261 StGB entsprechend heranzuziehen und das Tatbestandsmerkmal „herrühren“ bereits erfüllt, wenn nach wirtschaftlicher Betrachtung zwischen Gegenstand und Anknüpfungstat ein Kausalzusammenhang besteht; insgesamt seien an die erforderliche Überzeugung keine überspannten Anforderungen zu stellen.100 Demnach ist die in einer rechtswidrigen Tat begründete Ursächlichkeit ausreichend, ohne dass die in Bezug genommene Anknüpfungstat prozessual ordnungsgemäß festgestellt worden ist oder werden muss. 97

Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 2, 50, 62, 80; Gesetzesentwurf: ­BT-Drs. 18/9525 v. 05.09.2016, S. 2, 48, 58, 73: vergleichbar dem anglo-amerikanischen Institut der „non-conviction-based confiscation / forfeiture“ sowie dem „misure di prevenzione“ des italienischen Rechts. 98 Näheres zur Unverhältnismäßigkeit der Einziehungsanordnungen, bei dessen Ermittlung es insb. das Verhalten des Betroffenen und das Ausmaß seiner Bösgläubigkeit sowie die Rechtsprechung des BGH zur Unterscheidung der Verschiebungs- von Erfüllungsfällen zu berücksichtigen gilt: Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 81; Gesetzesentwurf: B ­ T-Drs. 18/9525 v. 05.09.2016, S. 73 f. 99 § 437 StPO komme aber nicht nur eine maßgebende Bedeutung bei der Begründung der richterlichen Überzeugung zu, dieser sei zugleich ebenso ein verfahrensrechtlicher Schutz des gutgläubigen Dritten, so: Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 81; Gesetzesentwurf: BT-Drs. 18/9525 v. 05.09.2016, S. 74. 100 Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 80; Gesetzesentwurf: B ­ T-Drs. 18/9525 v. 05.09.2016, S. 73: erstreckt sich die Überzeugung betreffs der deliktischen Herkunft nur auf einen Teil der aufgefundenen Gegenstände, so seien für die Bestimmung der Einziehungsgegenstände die für den Geldwäschetatbestand bei „Teilkontamination“ entwickelten Grundsätze heranzuziehen.

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C. Rechtsgrundlagen der Gewinnabschöpfung

Damit ist die Erweiterung des § 76a StGB um Abs. 4, die Einziehung Vermögens unklarer Herkunft,101 aufgrund seiner absoluten Unabhängigkeit von einer Verurteilung des Betroffenen im Strafrecht ein völliges Novum. Dies gilt jedoch nicht für seine Grundbausteine §§ 76a, 73d StGB a. F. Bereits vor der Strafrechtsreform in 2017 war zum einen nach § 76a StGB a. F. eine Einziehung von Gegenständen, die einer festgestellten konkreten Anknüpfungstat zugeordnet werden konnten, bei fehlender Verurteilung aufgrund tatsächlicher Gründe, wie der Verhandlungsunfähigkeit oder Flucht, möglich. Zum anderen ermächtigte schon § 73d StGB a. F., der lediglich eine Anlasstat aus dem Bereich der organisierten Kriminalität vorausgesetzt hat, zu einer Einziehung des für oder aus anderen rechtswidrigen Taten Erlangten, wobei die anderen Taten nicht konkret festgestellt oder abgeurteilt werden mussten. § 76a IV StGB n. F., der nun gänzlich auf eine Anlasstat verzichtet und stattdessen nur noch ein Anlassverfahren voraussetzt, stellt damit eine Fortentwicklung und Symbiose der genannten Regelungen dar, die jedoch in ihrer erweiterten Ausgestaltung dem bisherigen Strafrecht fremd war.102 Ein weiteres absolutes Novum im Strafrecht ist der neu eingefügte, nicht enumerative § 437 StPO, welcher der Rechtsprechung zu § 73d StGB a. F. folgend, die zur verfassungskonformen Auslegung des früheren erweiterten Verfalls entwickelten Indizien zusammenfasst und eine klare Leitlinie schaffen soll.103 Demnach ist bei der Überzeugungsbildung, dass der fragliche Gegenstand aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, im Rahmen des § 76a IV StGB n. F. entscheidend heranzuziehen der Umstand, (1.) ob ein grobes Missverhältnis zwischen dem Wert des Gegenstandes und den rechtmäßigen Einkünften des Betroffenen besteht. Diesem Umstand kommt dabei gemäß dem Gesetzgeberwillen ein besonderer Beweiswert zu.104 Etwas weniger gewichtig, aber insbesondere auch als Indiz zu berücksichtigen sind (2.) das Ergebnis der Ermittlungen des Anlassverfahrens, (3.) die Umstände, unter denen der Gegenstand aufgefunden und sichergestellt worden ist sowie (4.) die sonstigen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen.105 101 Begriff der unklaren Herkunft etwa von Meyer (NZWiSt 2018, 246 [246]) als nicht „sachgerecht“ kritisiert, da es das Ziel der Maßnahme, Vermögen dessen deliktische Herkunft gestützt auf kriminalistisches Erfahrungswissen zur Überzeugung feststeht einzuziehen, nicht widerspiegelt. Begriff als Schlagwort für die Maßnahme damit zwar unglücklich gewählt, aber in der Sache dennoch korrekt, da die Herkunft des nach § 76a IV StGB einzuziehenden Gegenstandes nicht konkret ermittelt und bewiesen werden muss, sondern die Überzeugung von der deliktischen Herkunft zur Maßnahmenergreifung nach § 76a IV StGB genügt. 102 So auch: Hinderer / Blechschmitt, NZWiSt 2018, 179 (180 f.). Hinderer / Blechschmitt bezeichnen den neu eingefügten § 76a IV StGB daher als ein Xenomorph, in: NZWiSt 2018, 179 (180). 103 Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 62, 71, 80, 104. Gesetzesentwurf: BTDrs. 18/9525 v. 05.09.2016, S. 58, 66, 73, 92. 104 Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 62, 104. Gesetzesentwurf: BT-Drs. 18/9525 v. 05.09.2016, S. 58, 92. 105 Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 62, 71. Gesetzesentwurf: BT-Drs. 18/​ 9525 v. 05.09.2016, S. 58, 66. Zur Eignung der in § 437 StPO angeführten Indiztatsachen, insb. der Auffindesituation, sich kritisch äußernd, siehe etwa: Meyer, NZWiSt 2018, 246 (246, 248).

IV. Bedürfnis eines PräGe-Verfahrens – §§ 26 ff. Nds. SOG 

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Dabei ist der mit § 437 StPO neu eingeführte Indizienkatalog für die vorliegende Bearbeitung von besonderem Interesse, da sich die in § 437 StPO angeführten Umstände in dem im Späteren zum PräGe-Verfahren herausgearbeiteten Indizienkatalog entsprechend wiederfinden.106 Diese Ähnlichkeit vermag allerdings nicht zu überraschen. Den Maßnahmen, der repressiven Einziehung nach § 76a IV StGB wie auch der Präventiven Sicherstellung inkriminierter Sachen nach § 26 Nds. SOG, für die die Kataloge jeweils geschaffen worden sind, liegen nicht nur vergleichbare Lebenssachverhalte zugrunde, das Auffinden einer Sache, die wahrscheinlich aus irgendeiner rechtswidrigen Tat erlangt worden ist. Sie verfolgen vielmehr darüber hinaus auch sich entsprechende Zwecke, eine bestehende Störung der Rechtsordnung zu beseitigen und die Reinvestition in die kriminelle Begehung weiterer Taten zu verhindern,107 wenn auch auf unterschiedliche Art und Weise, repressiv durch unmittelbare Einziehung und präventiv durch grundsätzlich vorläufige Sicherstellung. Beiden Maßnahmen, der repressiven i. S. v. strafrechtlichen wie der präventiven i. S. v. gefahrenabwehrrechtlichen, liegen folglich Prognoseentscheidungen zugrunde. Beide Kataloge, der in § 437 StPO wie auch der im Späteren zur PräGe herausgearbeitete, sind daher ein Versuch der Objektivierung der Entscheidungsfindung durch Generalisierung108 und führen zur Überzeugungsbildung auf kriminalistischem Erfahrungswissen basierende Umstände an. Denn bei den zu treffenden Prognoseentscheidungen handelt es sich um objektive Möglichkeitsurteile, die auf einer „generalisierten Betrachtung des Einzelfalles“109 beruhen und nur mit Hilfe von Erfahrungswissen getroffen werden können.110

IV. Bedürfnis eines PräGe-Verfahrens – §§ 26 ff. Nds. SOG Es bestehen somit bereits vielfache Wege, eine Gewinnabschöpfung vorzunehmen. Dies wirft die Frage auf, warum neben diesen mannigfaltigen Möglichkeiten überhaupt noch ein Erfordernis für die Durchführung eines PräGe-Verfahrens, welches sich auf die §§ 26 ff. Nds. SOG stützt, bestehen sollte. Ein Bedürfnis besteht jedoch sehr wohl. Zum einen schließen auch die jüngst reformierten strafrechtlichen Einziehungsregelungen nicht alle Lücken, zum anderen bestehen an der rechtlichen Zulässigkeit, insbesondere der §§ 74b, 76a IV StGB, 437 StPO, welche

106

Vgl. herausgearbeiteter Indizienkatalog im Rahmen der PräGe, siehe unten: S. 197 ff., 205 ff, 210 f. 107 Siehe zu den Zwecken des § 76a IV StGB: Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 62, 71 f. Gesetzesentwurf: BT-Drs. 18/9525 v. 05.09.2016, S. 58, 66. Entsprechend zu § 26 Nds. SOG, siehe im Späteren: S. 181 ff, 197 ff, 205 ff, 220 ff. 108 Vgl. zu § 437 StPO: Meyer, NZWiSt 2018, 246 (248). Näheres zur Objektivierung, siehe im Folgenden: S. 199, Fn. 781. 109 von Kries, in: Vierteljahrsschrift Philosophie, 1888, S. 179 (203). 110 Näheres zum Begriff des objektiven Möglichkeitsurteils: von Kries, in: Vierteljahrsschrift Philosophie, 1888, S. 179–240, 287–323, 393–428.

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C. Rechtsgrundlagen der Gewinnabschöpfung

den Anwendungsbereich der PräGe, einen Vorrang der strafrechtlichen Regelungen unterstellt, am meisten beschränken,111 erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel. 1. Verbliebene Regelungslücken Auch die reformierten strafrechtlichen Einziehungsregelungen ermächtigen nicht in jedem Fall, in dem die konkret vorliegenden Umstände zu der Überzeugung führen, dass die aufgefundenen Gegenstände deliktisch erlangt worden sind, zu einem Einschreiten, um die Gefahr des Fortbestehens einer gestörten Rechtslage oder der Reinvestierung in die weitere Begehung rechtswidriger Taten zu beseitigen. Zwar wurden die strafrechtlichen Regelungen mit der Reform 2017 umfassend erweitert; so erstreckt sich § 73a  StGB mittlerweile auf alle Delikte sowie auf direkte wie indirekte Vorteile, § 76a I StGB greift nicht mehr nur bei tatsächlicher, sondern auch bei rechtlicher Unmöglichkeit einer Verfolgung oder Verurteilung einer Person und § 76a IV StGB, der allein aufgrund einer richterlichen Überzeugung von der deliktischen Herkunft eines Gegenstandes zu einer Einziehung ermächtigt, wurde dem Maßnahmenkatalog hinzugefügt. Allerdings bedingen die Einziehungsermächtigungen nach §§ 73a, 74b, 76a I StGB alle die gerichtliche Feststellung einer vorsätzlichen und rechtswidrigen Anknüpfungstat. § 76a IV StGB ist wiederum bedingt durch den in Abs. 4 S. 3 benannten Katalog von Anlassverfahren, welcher jedoch die den PräGe-Verfahren zu einem Großteil zugrunde liegenden Delikte, wie Diebstahl, Hehlerei und Betrug,112 nicht erfasst. Ein umfassendes, flexibles Einschreiten wird durch die strafrechtlichen Regelungen damit nicht ermöglicht, so dass im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr auch weiterhin ein Bedürfnis für ein präventives, gefahrenabwehrrechtliches Einschreiten besteht.113

111

Zu den Reformzielen sowie den neuen §§ 74b, 76a IV StGB, siehe: Gesetzesentwurf: BT, 05.09.2016, Drs. 18/9525 S. 2, 3, 11, 48. 112 Siehe oben, zu den vor dem PräGe-Verfahren verfolgten Delikten im Ermittlungsverfahren: S. 38. 113 Diese trotz der Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung durch Gesetz vom 13.04.2017 (in Kraft getreten am 01.07.2017, BGBl. 2017, Nr. 22, S. 872–894) weiterhin bestehenden Lücken und das damit bestehende Bedürfnis für ein präventives gefahrenabwehrrechtliches Einschreiten unter Missachtung kompetenzrechtlicher Fragen sowie des Willens des Bundesgesetzgebers verkennend, das Nds. Justizministerium (MJ) im Rahmen der letzten Reformierung des Nds. SOG durch Art. 1 Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung und anderer Gesetze vom 20.05.2019, in Kraft seit dem 24.05.2019 (Nds. GVBl. Nr. 8/2019, S. 88–105; seither NPOG statt Nds. SOG), siehe: Schriftlicher Bericht: Nds.LT, 13.05.2019, Drs. 18/3723, S. 27; Ausschussprotokoll MI: Nds. LT, PlPr. 18/35 v. 08.11.2018, S. 32; Vorlage 32 des GBD: Nds.LT, 26.10.2018 zu Drs. 18/850, Az.: 81/85/891/1179–85, S. 63 f. Näheres zu den Änderungen des Gefahrenabwehrrechts sowie den Auswirkungen auf die vorliegende Arbeit durch die Reform des Nds. SOG mit Gesetz vom 20.05.2019, siehe im Späteren: S. 292 ff.

IV. Bedürfnis eines PräGe-Verfahrens – §§ 26 ff. Nds. SOG 

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Dabei stehen einem gefahrenabwehrrechtlichen Einschreiten die strafrechtlichen Regelungen auch nicht kompetenziell entgegen. Eine abschließende Wirkung kommt den strafrechtlichen Regelungen nicht zu.114 2. Zweifel an Legitimität strafrechtlicher Einziehungsregelungen Schließlich besteht aber auch über die verbliebenen Regelungslücken hinaus aufgrund der erheblichen verfassungsrechtlichen Zweifel115 an den strafrechtlichen Einziehungsregelungen, insbesondere an §§ 73a, 76a IV StGB i. V. m. § 437 StPO, ein Bedürfnis nach einer präventiven i. S. v. gefahrenabwehrrechtlichen Sicherstellungsmöglichkeit inkriminierter Sachen nach §§ 26 ff Nds. SOG, damit eines PräGe-Verfahrens. a) Kritik betreffs § 73a StGB Die Reform der strafrechtlichen Einziehungsregelungen von 2017 ist in der Literatur sehr schnell auf erhebliche Kritik gestoßen. Freilich ist nicht jede in der Literatur erhobene Kritik auch überzeugend. So wird bezüglich der Novellierung des § 73a StGB etwa vereinzelt kritisiert, dass die Reform der Opferentschädigung im Rahmen der Einziehungsregelungen, genauer die Abschaffung der einen Verfall ausschließenden Zugriffssperre bei vorrangig bestehenden Schadensersatzansprüchen von Tatopfern nach § 73 I 2 StGB a. F., eine Privilegierung der Opfer von Vermögensdelikten darstelle.116 Mangels vorliegender Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem kann in besagten Regelungen jedoch keine Privilegierung erblickt werden. Denn bei Vermögensdelikten soll mittels der Erweiterten Einziehung die fortdauernde Störung der Rechtsordnung durch den unrechtmäßig erlangten Vermögensvorteil beseitigt werden, wohingegen bei Nicht-Vermögensdelikten, wie etwa bei Straftaten gegen Leib oder Leben die Störung der Rechtslage bereits beendet und eine Wiederherstellung der ursprünglichen Rechtssituation durch staatliches Einschreiten schlicht nicht möglich ist. Zudem bieten nicht nur die Einziehungsregelungen allein eine über die Strafe hinausgehende Ausgleichsmöglichkeit. Eine solche gestattet ebenso das Adhäsionsverfahren, bei dem nach §§ 403 ff StPO auf Antrag des Verletzten, der geltend macht, dass ihm unmittelbar aus der Tat ein vermögensrechtlicher Anspruch gegen den Beschuldigten erwachsen sei, der zivilrechtliche Schadensersatzanspruch statt im Zivilprozess bereits im Strafverfahren mitentschieden wird und so einen über die Strafe hinausgehenden Ausgleich schafft. Dabei ist das Adhäsionsverfahren insbesondere üblich zum 114

Näheres hierzu im Folgenden: S. 69 f. Die strafrechtlichen Einziehungsregelungen, §§ 73 ff StGB, müssen sich überwiegend an nationalen Grundrechten messen lassen, zum Teil aber auch an EU-Recht, soweit sie die EU Richtlinie umsetzen; näheres zum Prüfungsmaßstab: Höft, HRRS 2018, 196 (197 f.). 116 So: Beck / Knierim, in: Knierim / Oehmichen / Beck / Geisler, Ges. StrR, 2018, Kap. 16 Rn. 52. 115

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C. Rechtsgrundlagen der Gewinnabschöpfung

Schutz der Opfer von Gewaltdelikten und ist seit 2004 nur noch vom Gericht unter begrenzten Voraussetzungen ablehnbar.117 Selbst die reformierten Einziehungs­ regelungen sowie die in diesem Rahmen vorgenommene Neuregelung der Opferentschädigung zwecks Verbesserung118 können aufgrund ihrer Beschränkung auf Kondiktionsansprüche entsprechend den Rechtsgedanken der §§ 812 ff BGB das Adhäsionsverfahren nicht in Gänze ersetzen.119 Durchgreifender ist hingegen die Kritik, die reformierten Einziehungsregelungen würden strafrechtliche Garantien missachten und seien schlicht als präventive Maßnahmen im Strafrecht systemfremd, überschritten daher das im rechtsstaatlichen Strafrecht zulässige Maß. So ist die Novellierung der Erweiterten Einziehung nach § 73a StGB aus mehreren Gründen kritikwürdig. Zwar soll in der Erweiterten Einziehung nach dem Gesetzgeberwillen als Maßnahme eigener Art keine pönale Reaktion auf eine begangene strafbare Handlung, sondern schlicht eine Antwort auf eine gegenwärtig bestehende Störung der Vermögensordnung, damit gerade keine sanktionsähnliche Maßnahme zu sehen sein, mit der Folge, dass strafrechtliche Prinzipien wie der Schuldgrundsatz nicht zu beachten sein.120 Bei näherer Folgenbetrachtung erscheint dies jedoch nur wenig überzeugend. Zweifel an der verfassungsrechtlichen Legitimation bestanden mit Blick auf die strafrechtlichen Garantien, wie der Unschuldsvermutung und dem Schuldgrundsatz, in der Literatur auch bereits vor der Reform von 2017 seit Einführung des Bruttoprinzips mit der Reform von 1992121 bzgl. der Verfallsregelungen, darunter insb. des Erweiterten Verfalls nach § 73d StGB a. F.;122 während ein strafender oder strafähnlicher Charakter des Erweiterten Verfalls vom BVerfG, damit die Einschlägigkeit des Schuldgrundsatzes sowie der Unschuldsvermutung abgelehnt worden ist.123 Zwar ist dem BVerfG 117 Zur geschichtlichen Entwicklung sowie den zulässigen Gründen für ein Absehen von einer Entscheidung, in Kürze etwa: Schmitt, in: Meyer-Goßner / Schmitt, StPO, 2018, Vor § 403, Rn. 1 ff., § 406, Rn. 8 ff. 118 Herbeiführung bedeutender Verbesserungen durch Novellierung der Opferentschädigung bestreitend: Barreto da Rosa, NZWiSt 2018, 215 (216). 119 Trüg, NJW 2017, 1913 (1918); Barreto da Rosa, NZWiSt 2018, 215 (216). 120 Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 71 f.; Gesetzesentwurf: BT-Drs. 18/​ 9525 v. 05.09.2016, S. 66. 121 Zur Entwicklung der Einziehungsregelungen in Kürze, siehe: S. 30 f. 122 Siehe u. a.: Herzog, JR 2004, 494 (495 ff.): sanktionsähnliche Maßnahme bejahend, u. a. abstellend auf einen Übelscharakter im Sinne einer „sozialethischen Deklassierung“; Heger, in: Lackner / Kühl, StGB, 2014, § 73 Rn. 4b; Eser, in: Schönke / Schröder, StGB, 2014, Vorb. §§ 73 ff Rn. 19; Eser / Schuster, in: Schönke / Schröder, StGB, 2019, Vorb. §§ 73 ff Rn. 15 ff m. w. N.; ausführlich zum Meinungsstreit: Joecks, in: MüKoStGB, 2016, § 73 Rn. 8 ff m. w. N.; Schäuble /  Pananis, NStZ 2019, 65 (66 f.) m. w. N. 123 BVerfGE 110, 1 (13 ff, 22 f.). Maßnahme habe kondiktionsähnlichen Charakter entspr. der Gesetzessystematik der §§ 812 ff. BGB: BVerfGE 110, 1 (21). Eine strafende Wirkung komme der Maßnahme auch nicht durch ihre strafergänzende Funktion (Minderung der abschreckenden Strafwirkung möglich, wenn Vorteile der Tat wieder herausgegeben werden, damit auf Dauer beim Täter verbleiben würden) zu: BVerfGE 110, 1 (19).

IV. Bedürfnis eines PräGe-Verfahrens – §§ 26 ff. Nds. SOG 

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darin zuzustimmen, dass nicht bereits jede Einbuße an Freiheit oder Vermögen, damit jede faktische Übelszufügung, einer Maßnahme einen sanktionsähnlichen Charakter verleiht, sondern auch andere wertende Kriterien zu berücksichtigen sind.124 Bei der Beurteilung der Rechtsnatur der Maßnahme könne ihre faktische Wirkung jedoch nicht allein mit der Begründung überspielt werden, dass sie den Betroffenen nicht individuell in seiner Rechtssphäre treffen sollte, sondern mit ihr einzig generalpräventive Zwecke verfolgt werden, nämlich die Wiederherstellung einer ordnungsgemäßen Vermögenslage. Die Erweiterte Einziehung kann existenzvernichtende Folgen nach sich ziehen, so dass das Gebot der intersubjektiven Gerechtigkeit trotz präventiver Zielsetzung125 die Annahme eines sanktionsähnlichen Maßnahmencharakters sowie die Anwendbarkeit des Schuldgrundsatzes, damit die Berücksichtigung von Verantwortung und Verdienst, gebiete.126 Die diesbezüglich bereits zur alten Rechtslage erhobene Kritik wird durch die Ausweitung der Einziehungsermächtigungen nun noch bestärkt.127 So wird in großen Teilen der Literatur in der Erweiterten Einziehung nach § 73a StGB n. F. eine sanktionsähnliche Maßnahme gesehen und infolgedessen die Legitimität der Ermächtigungsgrundlage in Zweifel gezogen.128 Denn infolge der Aufgabe des ehe 124

BVerfGE 110, 1 (14). Der Erweiterter Verfall nach § 73d StGB a. F. ist wie die Erweiterte Einziehung nach § 73a StGB n. F. sowohl retrospektiv wie prospektiv; sie knüpfen an vergangenes, wenn auch nicht stets konkretisierbares Unrecht an, um einen unberechtigten Besitz oder Vermögensvorteil in der Zukunft zu beenden; ihr Zweck, die Fortdauer der Störung der Rechtsordnung zu unterbinden, ist damit allein auf die Zukunft gerichtet, rein präventiv, damit ein Fall der Gefahrenabwehr; vgl.: BVerfGE 110, 1 (17 f.). 126 Saliger, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, 2017, Vorb. §§ 73 ff Rn. 5; vgl. Hinderer / Blechschmitt, NZWiSt 2018, 179 (183) sowie Heuchemer, in: BeckOK-StGB, 2018, § 73 StGB, Rn. 1.16: ebenfalls tatsächliche Wirkungen der Maßnahme als einen der entscheidenden Faktoren für Rechtsnatur anführend. Ebenso sanktionsähnliche Maßnahme bejahend, u. a.: Herzog, JR 2004, 494 (495 ff.); Gebauer, ZRP 2016, 101 (102); Heger, in: Lackner / Kühl, StGB, 2014, § 73 Rn. 4b; Eser, in: Schönke / Schröder, StGB, 2014, Vorb. §§ 73 ff Rn. 19; Eser / Schuster, in: Schönke / Schröder, StGB, 2019, Vorb. §§ 73 ff Rn. 15 ff m. w. N.; Fischer, StGB, 2019, § 73 Rn. 5 m. w. N. Kritisch, für Strafcharakter strafrechtliche Natur des zugefügten Übels verlangend: Saliger / Schörner, StV 2018, 388 (390). Kein kondiktionsähnlicher, sondern strafender Charakter, denn Einziehungs-Folgen können über bloße Rückabwicklung des Erlangten hinaus infolge des Bruttoprinzips auch ein Minus im Vermögen des Betroffenen begründen; zudem verweigern die Einziehungsermächtigungen nicht bloß entspr. § 817 S. 2 BGB den Rechtsschutz für die Rückabwicklung, damit eine staatliche Begünstigung, sondern berechtigen zu einem staatlichen Eingriff mit konfiskatorischer Wirkung, eingehender: Herzog, JR 2004, 494 (498); Heger, in: Lackner / Kühl, StGB, 2014, § 73 Rn. 4b; vgl. u. a.: Gebauer, ZRP 2016, 101 (102 f.) m. w. N.; Eser / Schuster, in: Schönke / Schröder, StGB, 2019, Vorb. §§ 73 ff Rn. 16. 127 Siehe u. a.: Heuchemer, in: BeckOK-StGB, 2018, § 73 StGB, Rn. 1, 1.16; Saliger, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, 2017, Vorb. §§ 73 ff Rn. 3c, 5. Zudem noch Friktionen mit dem Akkusationsprinzip sowie der Eigentumsgarantie anführend: Trüg, NJW 2017, 1913 (1915, 1918). 128 Sanktionsähnliche Maßnahme bejahend, u. a.: Eser / Schuster, in: Schönke / Schröder, StGB, 2019, Vorb. §§ 73 ff Rn. 15 ff m. w. N. Vgl. auch, einen Strafcharakter annehmend betreffs der reformierten Einziehungsregelungen nach §§ 73 ff StGB i. V. m. Art. 7 EMRK: LG Kaiserslautern, StV 2018, 333 (333 f.); dazu jedoch kritisch: Saliger / Schörner, StV 2018, 388 (389 f., 392). 125

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C. Rechtsgrundlagen der Gewinnabschöpfung

mals die Reichweite begrenzenden Straftatenkatalogs, bestehend aus zuvörderst Delikten der organisierten Kriminalität, in Kombination mit der Konkretisierung des Bruttoprinzips, wurde der Anwendungsbereich der Norm auf alle Delikte sowie indirekte Vorteile ausgeweitet, aufgrund dessen die von der Maßnahme ausgehenden erheblichen Belastungen auf einen um eine Vielzahl größeren Betroffenenkreis drastisch erweitert, wodurch der Maßnahme ein strafähnlicher Charakter zukomme, ergo der Schuldgrundsatz zu beachten sei, so dass eine schlicht rechtswidrige Tat als Anknüpfungspunkt ohne Schuldbezug den Legitimationsanforderungen nicht genügen könne.129 Auch führt der mit § 437 StPO neu eingefügte Indizienkatalog, der nicht nur bei einer Selbständigen Einziehung nach § 76a StGB, sondern ebenso bei einer Erweiterten Einziehung nach § 73a StGB im Rahmen der Überzeugungsbildung, ob die aufgefundenen Gegenstände eine deliktische Herkunft aufweisen, zu Anwendung gelangen soll,130 zu einer Aushebelung der Unschuldsvermutung, denn der Beschuldigte darf nicht mehr folgenlos schweigen, will er die vorliegenden, vom Katalog benannten Indizien entkräften. § 437 StPO führt zu einer faktischen Beweislastumkehr und aufgrund dessen zu einer faktischen Umgehung des Schweigerechts des Beschuldigten, missachtet damit strafrechtliche Prinzipien.131 129

U. a.: Beck / Knierim, in: Knierim / Oehmichen / Beck / Geisler, Ges. StrR, 2018, Kap.  16 Rn. 13, 15 f., 46. 130 Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S.71; Gesetzesentwurf: BT-Drs. 18/9525 v. 05.09.2016, S. 66. Siehe auch oben: S. 44 ff. 131 Entsprechendes gilt, wenn ein strafähnlicher Charakter der Maßnahme abgelehnt wird, dann besteht zwar formalrechtlich kein Verstoß gegen Unschuldsvermutung, denn schweigende Verteidigung grds. möglich, jedoch ist der Beschuldigte faktisch gehalten sich zur Frage der legalen Herkunft zu äußern, diese Aussage könnte dann aber im Strafverfahren gegen ihn verwendet werden; so: Pelz, NZWiSt 2018, 251 (252). Anders, einen Verstoß gegen den Unschuldsgrundsatz wegen mangelndem Strafcharakter ablehnend: Heger, in: Lackner / Kühl, StGB, 2018, § 76a Rn. 9. Ebenso eine faktische Beweislastumkehr annehmend, u. a.: Meißner / Schütrumpf, Vermögensabschöpfung, 2018, Rn. 84; Höft, HRRS 2018, 196 (202); Schilling / Hübner, StV 2018, 49 (51, 56); Barreto da Rosa, NZWiSt 2018, 215 (217): dieser spricht allerdings nur von einer Vermutung, das Gericht muss jedoch mehr als vermuten, es muss von einer deliktischen Herkunft überzeugt sein. Anders, aufgrund der Fremdartigkeit harter Beweisregelungen im Strafrecht sowohl Beweislastumkehr wie Anscheinsbeweis durch § 437 StPO negierend: Meyer, NZWiSt 2018, 246 (248); ders., StV 2017, 343 (346 f.); Saliger, ZStW 2017, 995 (1027 ff). Zu § 437 StPO insbesondere problematisch die vom Gesetzgeber beabsichtigte Anwendung der zu § 261 StGB entwickelten Rechtsprechung, nach der, sollte sich die Überzeugung betreffs der deliktischen Herkunft nur auf einen Teil der aufgefundenen Gegenstände erstrecken, für die Bestimmung der Einziehungsgegenstände die für den Geldwäschetatbestand bei „Teilkontamination“ entwickelten Grundsätze heranzuziehen seien: Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 80; Gesetzesentwurf: BT-Drs. 18/9525 v. 05.09.2016, S. 73. Wenn überhaupt, können die zu § 261 StGB entwickelten Grundsätze für die Einziehungsermächtigungen nach §§ 73 ff StGB jedoch nur begrenzt herangezogen werden; die Folge dieser Grundsätze, dass neben dem Vermögen, bei dem das Gericht von deliktischer Herkunft überzeugt ist, auch legale Vermögenswerte mit abgeschöpft werden können, erhöht die Belastung des Betroffenen erheblich und führt mit Blick auf Art. 14 GG zur Unverhältnismäßigkeit der Einziehung, siehe im Folgenden: S. 60 f.

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b) Kritik betreffs § 74b StGB Bezüglich der Sicherungseinziehung nach § 74b StGB bestehen allenfalls verfassungsrechtliche Zweifel insbesondere hinsichtlich seiner kompetenziellen Zulässigkeit. Insofern ist auf die Ausführungen im Folgenden zu verweisen.132 c) Kritik betreffs § 76a IV StGB i. V. m. § 437 StPO § 76a IV StGB i. V. m. § 437 StPO ist hingegen in der Literatur auf erhebliche Kritik gestoßen. Während die Erweiterung der Selbständigen Einziehung um die Möglichkeit der Einziehung von Gegenständen unklarer Herkunft ohne eine gerichtlich festgestellte konkrete Anknüpfungstat nach § 76a IV StGB i. V. m. § 437 StPO gemäß Gesetzgeberwillen den quasi-kondiktionellen Charakter der Maßnahme nicht in Frage stellen soll,133 ein sanktionsähnlicher Charakter vielmehr auch aufgrund der Verfahrensausgestaltung, ad rem nicht ad personam, abzulehnen134 und die strafrechtlichen Prinzipien, wie der Schuldgrundsatz, auf die Selbständige Einziehung aufgrund ihrer präventiven Ausrichtung135 nicht anzuwenden sein sollen,136 sieht ein großer Teil der Literatur in der Selbständigen Einziehung nach Abs. 4 sehr wohl einen Strafcharakter. Mangels erforderlicher Feststellung von Ort, Zeit oder Art und Weise einer Tatbegehung berechtigt § 76a IV StGB strukturell zur Anordnung einer Verdachtssanktion.137 Die zum Erweiterten Verfall nach § 73d StGB a. F. ergangene BVerfG-Rechtsprechung, dernach aufgrund der 132

Zu der kompetenzrechtlichen Zulässigkeit, siehe im Folgenden: S. 64 ff. Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 50. Gesetzesentwurf: BT-Drs. 18/9525 v. 05.09.2016, S. 48. Quasi-kondiktionellen Charakter bejahend, ebenso: Meyer, NZWiSt 2018, 246 (246 f.); Höft, HRRS 2018, 196 (199 f.). 134 Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 104. Gesetzesentwurf: BT-Drs. 18/​ 9525 v. 05.09.2016, S. 92. So auch: Heger, in: Lackner / Kühl, StGB, 2018, § 76a Rn. 9; Höft, HRRS 2018, 196 (199). Anders, das Abstellen auf die Verfahrensausgestaltung, ad rem, als bloße Fiktion und damit als ungeeignet zur Außerkraftsetzung strafrechtlicher Prinzipien ablehnend, u. a.: Schilling / Hübner, StV 2018, 49 (53 f.). 135 Präventive Ausrichtung: Störungen der Vermögensordnung zur Verhinderung von Nutznießen oder der Reinvestierung in kriminelle Begehung zu beseitigen. 136 Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 62. Gesetzesentwurf: BT-Drs. 18/9525 v. 05.09.2016, S. 58. So auch: Höft, HRRS 2018, 196 (198). 137 Pelz, NZWiSt 2018, 251 (252); Hinderer / Blechschmitt, NZWiSt 2018, 179 (183): gerade auch in Anbetracht seiner weitreichenden tatsächlichen Auswirkungen. Ferner sanktionsähnlichen Charakter bejahend, u. a.: Beck / Knierim, in: Knierim / Oehmichen / Beck / Geisler, Ges. StrR, 2018, Kap. 16 Rn. 109, 10 ff; Saliger, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, 2017, Vorb. §§ 73 ff Rn. 3c, 2, 5; Gebauer, ZRP 2016, 101 (104, Fn. 38). Vgl. die Negierung eines Strafcharakters sowie die daraus resultierende Unanwendbarkeit strafrechtlicher Prinzipien bezweifelnd: Meißner / Schütrumpf, Vermögensabschöpfung, 2018, Rn. 86. Ferner sei auch aus der EGMR Rechtsprechung keine rechtliche Unbedenklichkeit der Einziehungsermächtigung nach § 76a IV StGB ableitbar: Hinderer / Blechschmitt, NZWiSt 2018, 179 (184 f.). Anders, sanktionsähnlichen Charakter ablehnend, wegen ad rem Verfahren, EGMR Rechtsprechung und weiteren Ausführungen zur Rechtsnatur: Höft, HRRS 2018, 196 (199 ff.). 133

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C. Rechtsgrundlagen der Gewinnabschöpfung

präventiv-ordnenden Ziele ein sanktionsähnlicher Charakter sowie die Anwendbarkeit strafrechtlicher Grundsätze abzulehnen seien, kann auf § 76a IV StGB n. F. infolge der erheblichen Ausweitung der Einziehungsmöglichkeit durch die vollständige Loslösung von einer gerichtlich festgestellten Anknüpfungstat nicht entsprechend übertragen werden; hinzu käme als eine entsprechende Übertragbarkeit hindernder Umstand ferner die weitreichende Verlagerung der Beweislast zu Ungunsten des Betroffenen.138 Die Maßnahme muss sich daher nicht nur an Art. 14 I GG, sondern auch an den strafrechtlichen Garantien, wie dem Schuldprinzip, dem nemo tenetur se ipsum accusare sowie dem nullum crimen, nulla poena sine lege Grundsatz, messen lassen.139 Zwar fußt der § 437 StPO140 auf von der Rechtsprechung zu § 73d StGB a. F. entwickelten Indizien,141 wie bereits oben kurz aufgezeigt, führt er jedoch aufgrund der in Verbindung mit der Gesetzesbegründung sowie der Loslösung von einer gerichtlichen Tatfeststellung bewirkten faktischen Beweislastumkehr u. a. zur Missachtung des nemo tenetur Grundsatzes sowie dem damit korrespondierenden Schweigerecht des Betroffenen.142 § 76a IV StGB i. V. m. § 437 StPO steht aber auch mit Blick auf Art. 14 I GG mit der Verfassung in Widerspruch.143 Laut Gesetzgeberwillen ist die Rechtsprechung 138

Eingehender: Hinderer / Blechschmitt, NZWiSt 2018, 179 (182 ff.). Trüg, NJW 2017, 1913 (1916, 1918); Gebauer, ZRP 2016, 101 (104, Fn. 38); Hinderer  / ​ Blechschmitt, NZWiSt 2018, 179 (183); Schilling / Hübner, StV 2018, 49 (54); Beck / Knierim, in: Knierim / Oehmichen / Beck / Geisler, Ges. StrR, 2018, Kap. 16 Rn. 109, 10 ff. Kritische Literaturstimmen zusammenfassend: Höft, HRRS 2018, 196 (197) m. w. N. 140 Ferner wird in § 437 StPO in Teilen eine ungerechtfertigte Verletzung der freien richter­ lichen Beweiswürdigung nach § 261 StPO gesehen; kritische Stimmen zusammenfassend: Höft, HRRS 2018, 196 (197) m. w. N. Vgl. auch: Schilling / Hübner, StV 2018, 49 (55). Anders, einen Verstoß gegen § 261 StPO sowie die sich aus der Verfassung ergebenden „Mindestanforderungen an eine zuverlässige Sachverhaltsaufklärung im Strafverfahren“ mangels Beweisregelung (Richter seien nicht durch § 437 StPO gebunden und Ermittlungsdruck liege weiterhin bei der StA) ablehnend, mit näheren Ausführungen: Höft, HRRS 2018, 196 (201 f.). 141 Hierzu näher, u. a.: Köhler, in: Meyer-Goßner / Schmitt, StPO, 2019, § 437, Rn. 3 f. 142 Siehe oben: S. 58, Fn. 131. Hinderer / Blechschmitt, NZWiSt 2018, 179 (183); Schilling  / ​ Hübner, StV 2018, 49 (56 f.); kritische Literaturstimmen zusammenfassend: Höft, HRRS 2018, 196 (197) m. w. N. Beweislastumkehr folge zwar nicht zwingend aus dem Wortlaut der Norm, jedoch aus der Gesetzesbegründung: Hinderer / Blechschmitt, NZWiSt 2018, 179 (182). Hinderer / Blechschmitt meinen gar, die Verlagerung der Darlegungs- und Beweislast durch § 437 StPO kehre den Grundsatz in dubio pro reo um in in dubio contra reo, in: NZWiSt 2018, 179 (183); dieser Schluss ist aber wohl zu weitgehend, denn das Gericht kann nicht aufgrund von Zweifeln eine deliktische Herkunft annehmen, muss vielmehr von deliktischer Herkunft überzeugt sein mit einem ausreichenden Grad an Sicherheit, bei dem vernünftige und nicht bloß auf einer denktheoretischen Möglichkeit basierende Zweifel nicht mehr bestehen; zur erforderlichen Überzeugung, siehe etwa: Schmitt, in: Meyer-Goßner / Schmitt, StPO, 2019, § 261, Rn. 2. 143 Begründet zudem Gefahr der Umgehung des Vorrangs der an eine konkrete Anknüpfungstat gebundenen Einziehungsermächtigungen: Saliger, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, 2017, Vorb. §§ 73 ff Rn. 3c. Anders, § 76a IV StGB tangiere zwar die verfassungsrechtlichen Grenzen, verletze diese jedoch nicht: Barreto da Rosa, NZWiSt 2018, 215 (217). 139

IV. Bedürfnis eines PräGe-Verfahrens – §§ 26 ff. Nds. SOG 

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zu § 261 StGB144 entsprechend heranzuziehen, so dass auch die Grundsätze zur Teilkontamination anzuwenden sind, mit der Folge, dass neben dem Vermögen, bei dem das Gericht von der deliktischen Herkunft überzeugt ist, auch legale Vermögenswerte mit abgeschöpft werden können. Dieser Zugriff auf Gegenstände, bei denen das Gericht nicht von einer deliktischen Herkunft überzeugt ist, erhöht die Belastung noch einmal erheblich und ist mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht mehr zu vereinen.145 Ein derartiger Zugriff entspricht nicht mehr dem Gesetzeszweck, Störungen der Vermögensordnung zu beseitigen. Bei Anwendung der Grundsätze zur Teilkontamination ermöglicht § 76a IV StGB, dass gerade mehr, als rechtswidrig erlangt wurde, abgeschöpft wird; darüber hinaus ist auch der Adressatenkreis mangels einer Begrenzung auf den Bereich der organisierten Kriminalität zu weit gefasst bei weitreichender Verlagerung der Sachverhaltsermittlung zu Lasten des Betroffenen, was mit Blick auf Art. 14 I GG die Unverhältnismäßigkeit der Selbständigen Einziehung begründet.146 Schließlich ist § 76a IV StGB i. V. m. § 437 StPO zudem auch eher ein Instrument des Gefahrenabwehrrechts und systematisch wie kompetenziell nicht im StGB zu verankern.147 Auch das Abstellen auf den Zweck der positiven Generalprävention kann eine derart erweiterte Abschöpfung nicht mehr rechtfertigen, da die Herkunft gerade nicht mehr nachgewiesen werden muss, § 76a IV StGB nicht einmal mehr die richterliche Feststellung irgendeiner Anknüpfungstat voraussetzt, die als Indiz für eine deliktische Herkunft herangezogen werden könnte. § 76a IV StGB ist somit noch mehr als § 73a StGB von Nachweisen losgelöst. Darin liegt ein strafrechtlicher Systembruch, die Einziehungsregelung geht damit über den Rahmen des rechtsstaatlichen Strafrechts hinaus.148 Die Einziehungsermächtigung ist vielmehr allein abhängig von einer Gefahrenprognose, ermögliche insofern eine reine Verdachtsmaßnahme,149 und ist infolgedessen im Strafrecht deplatziert. Ermäch­tigungsgrundlagen, deren Rechtsfolge sich nicht auf Nachweise, sondern 144

§ 261 StGB fand ebenso Aufnahme in den Straftatenkatalog nach § 76a IV S. 3 StGB; die Aufnahme stieß auf Kritik, da § 261 StGB als „Türöffner“ fungiere, die Selbständige Einziehung nicht mehr nur zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität und des Terrorismus Anwendung finde, sondern nun auch das gesamte Wirtschaftsstrafrecht mit einbeziehe, so: Trüg, NJW 2017, 1913 (1916). Anders, die Ausweitung des Anwendungsbereichs durch Aufnahme des § 261 StGB sei keine Erhebliche, denn die Herkunftstaten werden durch den Katalog in S. 3 ohnehin nicht begrenzt, nur die Anlassverfahren sind begrenzt, sprich die Anlasstaten wegen derer Ermittlungen aufgenommen worden sind, aus der das Eingezogene aber nicht zwingend herrühren muss, so auch u. a.: Höft, HRRS 2018, 196 (204); vgl. ebenso: Hinderer / Blechschmitt, NZWiSt 2018, 179 (181). 145 Vgl.: Gebauer, ZRP 2016, 101 (104). 146 Eser / Schuster, in: Schönke / Schröder, StGB, 2019, § 76a Rn. 13; sowie eingehender, einen Verstoß gegen Art. 14 I GG aufzeigend: Höft, HRRS 2018, 196 (202 ff.). Vgl. auch: Meyer, StV 2017, 343 (345). 147 Vgl.: Trüg, NJW 2017, 1913 (1916). 148 So auch: Gebauer, ZRP 2016, 101 (104). Vgl. ebenso, mit näheren Ausführungen bereits zu § 73d StGB a. F.: Herzog, JR 2004, 494 (497 f.). 149 Gebauer, ZRP 2016, 101 (104).

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C. Rechtsgrundlagen der Gewinnabschöpfung

auf Prognosen stützt, sind nicht im Strafrecht, sondern im Gefahrenabwehrrecht zu regeln.150 3. Zwischenergebnis Insgesamt betrachtet sollte dies allein ausreichender Anlass sein, die strafrechtlichen Einziehungsregelungen zu überdenken. Eine endgültige Klärung der aufgezeigten Kritikpunkte, der Frage nach der Rechtsnatur, der Geltung strafrechtlicher Garantien sowie der Folgen ihrer Nicht-Berücksichtigung, die strafrechtlichen Einziehungsregelungen betreffend kann und muss im Rahmen dieser Arbeit aufgrund ihrer gefahrenabwehrrechtlichen Schwerpunktsetzung aber nicht geleistet werden. Ein Bedürfnis für eine gefahrenabwehrrechtliche Regelung besteht bereits durch die verbliebenen aufgezeigten Regelungslücken sowie die im Folgenden näher aufgezeigte Kompetenzwidrigkeit der Selbständigen Einziehung nach § 76a IV StGB i. V. m. § 437 StPO.

150

Näheres zu der kompetenzrechtlichen Problematik im Folgenden, siehe: S. 64 ff.

D. Kompetenz für eine Präventive Sicherstellung inkriminierter Sachen Aufgrund der mannigfaltigen Möglichkeiten einer repressiven i. S. v. strafrechtlichen Gewinnabschöpfung, deren Anwendungsbereiche sich teilweise mit dem der Präventiven Sicherstellung inkriminierter Sachen nach §§ 26 ff Nds. SOG überschneiden, gilt es im Folgenden zunächst einmal näher zu beleuchten, inwieweit eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes oder des Landes gegeben ist.

I. Grundsatz: Landesgesetzgebungskompetenz Die im Rahmen dieser Arbeit näher betrachtete Präventive Sicherstellung inkriminierter Sachen nach §§ 26 ff Nds. SOG dient dem Zweck, potentiell deliktisch erlangte Vorteile zur Behebung einer gestörten Rechtslage oder zur Verhinderung der Begehung weiterer Unrechtstaten mit präventiv-polizeilichen Mitteln nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG ebenso wie zur Sicherung privater Rechte nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG abzuschöpfen. Die Präventive Sicherstellung inkriminierter Sachen ist damit eine ausschließlich präventive Maßnahme, die grundsätzlich auf eine vorläufige Intervention im Fall einer im Zusammenhang mit inkriminierten Sachen bestehenden gegenwärtigen Gefahrenlage ausgerichtet ist, somit auf die Gefahrenabwehr, während das Strafrecht zwar auch die Beseitigung einer Störungslage beabsichtigt, damit ebenfalls präventiv ausgerichtet ist,151 dabei allerdings, anders als das Gefahrenabwehrrecht, ebenso die Einziehung und damit den Eigentumsübergang auf den Staat unmittelbar bezweckt.152 Das Gefahrenabwehrrecht schöpft nicht ab wie das Strafrecht, sondern gibt inter alia die Sachen nicht zurück, derbezüglich die gegenwärtige Gefahr besteht, dass die Sachen nicht dem von der Sicherstellung Betroffenen, sondern einem Dritten zustehen. Damit will die Präventive Gewinnabschöpfung nach dem Nds. SOG die Wiederherstellung eines rechtswidrigen Zustandes verhindern, was von einer Behörde grundsätzlich auch anders nicht verlangt werden darf.153 Zum Eigentumserwerb des Staates aber kommt es nur im Wege eines Auffangrechtserwerbs nach §§ 28 I, III, 29 I, II Nds. SOG, wenn der 151

Vgl.: BVerfGE 110, 1 (14, 16 f.). Zu den präventiven Zielen repressiver Einziehungsregelungen; siehe u. a. oben: Fn. 125. 152 OVG Lüneburg, NdsVBl 2015, 250 (251): „Maßnahme hat allein […] präventiven Charakter […] ohne repressive Zweckbestimmung“. So auch entsprechend: VGH München, BayVBl 2017, 339 (341); VG Köln, Urt. v. 03.05.2018, Az.: 20 K 7407/16, JURIS, Rn. 52. 153 Vgl. ebenso: VGH München, BayVBl 2017, 339 (341); VG Hamburg, B. v. 09.02.2017, Az.: 17 E 7585/16, JURIS, Rn. 35, 43.

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D. Kompetenz für eine P  räventive Sicherstellung inkriminierter Sachen

wahre Eigentümer oder anderweitig Berechtigte über Jahre nicht auffindbar ist. Die Präventive Sicherstellung inkriminierter Sachen setzt damit zu einem großen Teil nur einen alle Rechtsgebiete übergreifenden Grundsatz um, wonach eine mit der Rechtsordnung nicht übereinstimmende Vermögenslage auszugleichen ist.154 Dabei ist auch eine Sicherstellung zur Störungsbeseitigung eine Sicherstellung zur Gefahrenabwehr, denn die Gefahrenlage endet nicht mit dem Eintritt des Verstoßes gegen die Rechtsordnung, sondern dauert an, bis die Störung nicht länger fortdauert.155 Damit ist die Gesetzgebungskompetenz der Länder zur Regelung der Präventiven Sicherstellung inkriminierter Sachen grundsätzlich eröffnet, denn die Gesetzgebungskompetenz für die Gefahrenabwehr liegt gemäß Art. 30, 70 GG prinzipiell bei den Ländern.156 Allerdings wird die landesrechtliche Kompetenz in Teilen der Literatur mit dem Argument bestritten, dass bestehende bundesrechtliche Regelungen des Strafrechts vorrangig zu beachten seien und eine Sperrwirkung entfalten würden.157 So wird u. a. behauptet, dass die Präventive Gewinnabschöpfung nach §§ 26 ff Nds. SOG eine Umgehung der Grenzen der repressiven Einziehungsmöglichkeiten nach der StPO und dem StGB darstelle.158 Insofern gilt es im Folgenden die Frage zu beantworten, ob die Normen des Strafgesetzbuches, §§ 73 ff StGB, sowie entsprechende Regelungen der StPO betreffend der Gewinn- oder auch Vermögensabschöpfung abschließende Regelungen darstellen, die dem Anwendungsbereich des Nds. SOG kompetenziell entgegenstehen.

II. Sperrwirkung – qua Annexkompetenz zu Art. 74 I Nr. 1 GG Eine Regelungskompetenz des Bundesgesetzgebers bei rein präventiv ausgerichteten Maßnahmen der Gefahrenabwehr, die als materielles Polizeirecht grundsätzlich reine Ländersache sind, kann sich nur qua Annexkompetenz zu Art. 74 I Nr. 1 GG ergeben.159 Nach Art. 74 I Nr. 1 GG obliegt das Strafrecht der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Der Strafrechts-Begriff ist dabei allerdings nicht verfassungsrechtlich definiert. Die Auslegung von Wortlaut, Gesetzeshistorie, Systematik und Normzweck ergebe nach Rechtsprechung sowie herrschender 154

BVerfGE 110, 1 (20). Vgl. ebenso: VGH München, BayVBl 2017, 339 (341). BVerfGE 110, 1 (17). 156 So i. E. etwa auch: OVG Lüneburg, NdsVBl 2015, 250 (251). Vgl. hierzu auch: BVerfGE 113, 348 (367 ff). Ausnahmen nach Art. 70 GG durch anderweitige Zuweisung der Kompetenzen zum Bund finden sich etwa in: Art. 73 Nr. 5, 9a, 10 GG. 157 So etwa: Rachor, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 693; Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 661; Söllner, NJW 2009, 3339 (3339); ders., DVBl 2013, 598 (599). 158 Siehe etwa: Thiée, StV 2009, 102 (102 f.). 159 So etwa auch: Volk, NStZ 1999, 165 (167). 155

II. Sperrwirkung – qua Annexkompetenz zu Art. 74 I Nr. 1 GG 

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Lehre in der Literatur, dass unter Strafrecht im verfassungsrechtlichen Sinne nicht nur das Schuldstrafrecht, damit das Festsetzen eines strafwürdigen Verhaltens sowie der repressiven schuldausgleichenden Reaktion durch Strafe auf eine Unrechtstat, zu subsumieren sei, sondern ebenso Regelungen die eine präventive Reaktion vorsehen, dabei gleichfalls an Straftaten anknüpfen, in diesen Taten ihre Rechtfertigung finden und ausschließlich für Straftäter gelten.160 Entscheidend gestützt wird diese Auslegung von dem Umstand, dass der Parlamentarische Rat in der Schaffungsphase des Grundgesetzes ein bereits existierendes zweispuriges Strafrechtssystem mit sowohl repressiven Strafen wie auch präventiven Maßregeln vorgefunden hatte und keine Bemühungen unternommen hat, dieses wieder abzuschaffen und zu einem einspurigen System des repressiven Schuldstrafrechts rückzubauen.161 Bereits in den Zwanzigerjahren, zurückgehend auf die sogenannte moderne Schule um Franz v. Liszt (1920–29),162 entwickelte sich mit Einführung der Maßregeln, der zweiten Spur im Strafrecht, eine präventive Ausrichtung des Strafrechts.163 Gemäß diesem Verständnis ist der Bundesgesetzgeber damit berechtigt, punktuell Bereiche, die eigentlich – wie das Gefahrenabwehrrecht nach Art. 30, 70 GG – grundsätzlich164 kompetenzrechtlich dem Landesgesetzgeber zur näheren rechtlichen Ausgestaltung zugewiesen sind, als Annex an sich zu ziehen, soweit dies für einen wirksamen Vollzug der Bestimmungen des Schuldstrafrechts notwendig ist.165 Gefahrenabwehrende Maßnahmen, die keine Anlasstat zur notwendigen Voraussetzung haben oder die sich ebenso gegen andere Personen als Straftäter richten können, unterfallen daher auch nach Rechtsprechung wie herrschender Auffassung nicht dem Bundesgesetzgeber qua Annexkompetenz.166 Es stellt sich damit die Frage: „Was darf Strafrecht?“ In Zeiten einer veränderten Risikowahrnehmung sowie einer bestehenden, mit der obj. Sicherheitslage im Widerspruch stehenden Kriminalitätsfurcht, deren 160

BVerfGE 109, 190 (190, 212 ff). BVerfGE 109, 190 (214 f., 218 f.). 162 Zuvor herrschte ein reger Streit der Schulen, dann aber im Jahr 1902 erste Anzeichen einer Konsensbildung auf einem Juristentag anlässlich der Revision des StGB und schließlich Einführung einer Maßregel, damit des zweispurigen Strafrechts, durch das Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung v. 24.11.1933, RGBl. I 1933, S. 995 ff, in Kraft getreten am 01.01.1934; näheres zur Entwicklung der Zweispurigkeit im Strafrecht: Frisch, ZStW 1982, 565 (572 f.). Schließlich kamen als dritte Spur auch die Einziehungs- und Verfallsregelungen hinzu; hierzu etwa: Herzog, JR 2004, 494 (494). 163 Hassemer, HRRS 2006, 130 (133); ders., StV 2006, 321 (323 f.); ders., in: Jenseits des rechtsstaatlichen StrafR, 2007, S. 99 (107 f.). Genauer bei: Frisch, ZStW 1982, 565 (572 f. zur Entwicklung, 574 f. zur Bedeutung Liszts). 164 Zu beachtende Ausnahmen etwa: Art. 73 I Nr. 9a GG (ausschließliche Bundeskompetenz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus), Art. 73 I Nr. 10 GG (ausschließliche Bundeskompetenz zur Regelung der Zusammenarbeit von Bund und Land in Bereichen der Kriminalpolizei, Verfassungsschutz wie dem Schutz vor Gefährdung auswärtiger Belange). 165 BVerfGE 109, 190 (215); Volk, NStZ 1999, 165 (167). 166 BVerfGE 109, 190 (215, 217). 161

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D. Kompetenz für eine P  räventive Sicherstellung inkriminierter Sachen

Resultat ein gesteigertes Sicherheitsbedürfnis des Bürgers ist, wandelt sich das Strafrecht immer mehr zu einem Präventionsstrafrecht, welches zunehmend die Freiheit der Sicherheit opfert.167 Insofern unterscheiden sich durch den Wandel des Strafrechts vom reinen Schuldstrafrecht hin zur Gefahrenabwehr die Aufgaben des Strafrechts sowie des Gefahrenabwehrrechts in ihrer allgemeinen Ausrichtung nicht länger voneinander. Wie, auf welche Art und Weise die Gefahrenabwehr bewirkt werden soll und verfassungsrechtlich zulässig bewirkt werden kann, unterscheidet sich jedoch gravierend.168 Das Strafrecht entfernt sich in Folge des Wandels zunehmend von seinem freiheitssichernden Konzept, den klassischen strafrechtlichen Zielen und Grenzen hin zu einem allgemeinen Sicherheitsrecht, bei dem die Grenzen von Polizei- und Strafrecht an Klarheit und Bestimmtheit verlieren, dadurch immer mehr verschwimmen und vollständig zu verschwinden drohen.169 Während strafrechtliche Eingriffe des Staates sich zu Beginn noch aus der begangenen Tat heraus rechtfertigten, gemäß dem Grundsatz quia peccatum est, fasste im späteren Verlauf auch die Prävention Fuß im Strafrecht, erst mittelbar als Zweck der Strafe, punitur ne peccetur,170 spätestens mit Einführung des § 76a IV StGB i. V. m. § 437 StPO ermächtigt das Strafrecht seit 2017 aber auch zu unmittelbar gefahrenabwehrenden Maßnahmen ohne jeglichen Täter oder Tatbezug, quasi intervenitur ne peccetur. Ein reines Präventionsstrafrecht bringt aber die Gefahr der grundsätzlichen Maßlosigkeit des Präventionsparadigmas mit sich, die im Strafrecht zumindest ihre Begrenzung in der Voraussetzung einer zurechenbaren schuldhaft begangenen Unrechtstat finden muss.171 Andernfalls wäre im reinen Präventionsstrafrecht auch die Ergreifung von Sicherungsmaßnahmen wegen bloßer Unrechts-Gedanken möglich, die sich nach außen noch nicht manifestiert haben. Das Strafrecht aber soll Handlungen, nicht Gedanken kontrollieren, so dass staatliche Eingriffe wegen einer Gefährlichkeit im Rahmen des Strafrechts nur durch eine schuldhaft und zurechenbar begangene Unrechtstat, damit einzig durch Verhaltensweisen, welche Freiheitsrechte Anderer verletzen, zu legitimieren und zu begründen sind.172

167

Näheres zur Entwicklung hin zur Prävention: Sieber, NStZ 2009, 353 (353); v. Liszt, ZStW 3/1883, 1 ff; Hassemer, ZIS 2006, 266 (269 f.); ders., HRRS 2006, 130 (132, 134 ff); ders., StV 2006, 321 (323, 324 ff). 168 So auch: Hassemer, HRRS 2006, 130 (139, 142 f.); ders., StV 2006, 321 (329, 331 f.). 169 Sieber, NStZ 2009, 353 (355); Hassemer, StV 2006, 321 (326). Die Grenzen zwischen Strafrecht und Polizeirecht seien immer dann überschritten, wenn die strafrechtliche Missbilligung allein an einer prognostizierten Gefährlichkeit einer Person anknüpft: Timm, Gesinnung und Strafrecht, 2012, S. 215 f., 216 ff, 224 ff, 250 ff; vorsichtiger, lediglich derartige Strafnormen als rechtsstaatlich fragwürdig, zumindest besonders begründungsbedürftig ansehend: Gierhake, ZIS 2015, 292 (299). 170 Näheres zur Entwicklung hin zur Prävention: v. Liszt, ZStW 3/1883, 1 ff; Hassemer, ZIS 2006, 266 (269 f.); ders., HRRS 2006, 130 (132, 134 ff); ders., StV 2006, 321 (323, 324 ff). 171 Sieber, NStZ 2009, 353 (356). 172 Sieber, NStZ 2009, 353 (356). Vgl. (zu Strafe statt Maßregeln): Gierhake, ZIS 2015, 292 (296, 299); Timm, Gesinnung und Strafrecht, 2012, S. 86, 110, 260.

II. Sperrwirkung – qua Annexkompetenz zu Art. 74 I Nr. 1 GG 

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Während Maßnahmen des Gefahrenabwehrrechts stets die Abwehr von Gefahren unmittelbar zum Ziel haben, muss auch das Strafrecht seinem Kern treu bleiben, seinen konstituierenden Voraussetzungen, seinen verfassungsrechtlichen Garantien und Schranken wie dem personalen Schuldprinzip und der Unschuldsvermutung, die aus der Natur des Schuldstrafrechts, dem Treffen eines sozialethischen Unwerturteils, folgen, und darf infolgedessen nur mittelbar im Rahmen einer angemessenen repressiven Antwort auf eine begangene kriminelle Tat seine Maßnahmen auf die Zukunft richten und für Sicherheit sorgen, nicht aber als rein präventive Maßnahme der Gefahrenabwehr unter dem bloßen Etikett des Strafrechts.173 Insofern haben reine Gefährlichkeitsprognosen keinen Platz im Strafrecht.174 Wünsche nach Sicherheit, denen auch durch andere Normen außerhalb des Strafrechts bzgl. ihrer zu erwartenden Effektivität kongruent nachgekommen werden kann, haben im Strafrecht, welches dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechend als schärfstes Steuerungsinstrument des Staates stets ultima ratio ist und bleiben muss, keinen Platz.175 Eine nähere Betrachtung der 2017 reformierten strafrechtlichen Einziehungsregelungen weist nicht nur gefährliche parallele Tendenzen zur strafrechtlichen Regelsetzung zu Zeiten des früheren nationalsozialistischen Regimes auf, sondern überschreitet darüber hinaus die soeben aufgezeigten Grenzen strafrechtlicher Ermächtigungsnormen mit präventiver Zwecksetzung. Bereits 2006 zeigte Hassemer explizit warnend Tendenzen der Strafrechts­ reformen zur strafrechtlichen Regelsetzung zu Zeiten des früheren nationalsozialistischen Regimes auf und gemahnte zum Festhalten an strafrechtlichen Traditionen und Garantien, wie dem Personenbezug des Strafrechts, dem Treffen eines angemessenen reaktiven Unwerturteils sowie dem Schuldgrundsatz.176 Auch in der Strafrechtsreform von 2017 finden sich derartige Tendenzen erschreckend deutlich wieder und gebieten es, die Warnung Hassemers – angesichts der Schwerpunktsetzung dieser Bearbeitung kurz – zu aktualisieren. So verwischen aufgrund der Strafrechtsreform von 2017 partiell, insbesondere durch Schaffung der §§ 76a IV StGB, 437 StPO, nicht nur die Grenzen von Strafrecht und Polizeirecht bis hin zu einer völligen Ununterscheidbarkeit, darüber hinaus wurde unter der Flagge

173

So auch: Hassemer, HRRS 2006, 130 (141 ff.); ders., StV 2006, 321 (330 ff.); ders., ZIS 2006, 266 (268 ff, 272 f.: Prävention als Hoffnung nicht unmittelbares Produkt); ders., in: Jenseits des rechtsstaatlichen StrafR, 2007, S. 99 (131 f., 135); Sieber, NStZ 2009, 353 (356, 363). 174 Vgl. (zu Strafe statt Maßregeln): Gierhake, ZIS 2015, 292 (296); Timm, Gesinnung und Strafrecht, 2012, S. 129 ff. 175 Hassemer, HRRS 2006, 130 (143); ders., StV 2006, 321 (331); ders., in: Jenseits des rechtsstaatlichen StrafR, 2007, S. 99 (136). Für eine strikte Trennung von einem repressiv interpretierten Strafrecht und einem der Prävention verschriebenen Polizeirecht eintretend, sie als für ein rechtsstaatliches Strafrecht unverzichtbar erachtend: Gierhake, ZIS 2015, 292 (292, 297); Timm, Gesinnung und Strafrecht, 2012, S. 16, 38 ff, 111 ff. 176 Hassemer, StV 2006, 321 (324, 331 f.); ders., HRRS 2006, 130 (143).

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D. Kompetenz für eine P  räventive Sicherstellung inkriminierter Sachen

der Verbrechensbekämpfung das strafrechtliche Abschöpfungsregelungswerk zudem fortwährend mit dem beharrlichen Streben nach Vereinfachung reformiert.177 Dabei wurde sich ähnlich wie zur NS-Zeit einer Entformalisierung des Rechts bedient, indem Maßnahmen eigener Art geschaffen worden sind, die nicht an den Schuldgrundsatz sowie die Unschuldsvermutung gebunden sind (etwa §§ 73a, 76a StGB, 437 StPO),178 indem u. a. Verjährungsfristen für unbeachtlich erklärt (§ 76a II StGB) und Begründungen durch Schaffung eines Indizienkatalogs vereinfacht worden sind (§ 437 StPO).179 Schließlich überschreiten die 2017 reformierten strafrechtlichen Einziehungsregelungen aber auch zumindest partiell die oben aufgezeigten Grenzen eines rechtsstaatlichen Strafrechts. Nicht nur dass Maßnahmen zur Störungsbesei­tigung wie die repressiven Einziehungsregelungen mit präventiver Zielsetzung, die einzig dem Wunsch nach Sicherheit entsprechen, trotz ihrer Vergangenheitsbezogenheit180 ebenso im öffentlichen Gefahrenabwehrrecht ohne Einbußen bezüglich der Effektivität zulässig sind, die Reaktion auf eine Störung der Vermögenslage insofern nicht zwingend eine Repressive sein muss181 und damit im Strafrecht als schärfstes Steuerungsinstrument des Staates, welches stets nur als ultima ratio herangezogen werden darf, keinen Platz haben. Spätestens mit Einführung des § 76a IV StGB i. V. m. § 437 StPO, der noch stärker von Nachweisen losgelöst ist als § 73a StGB, haben die strafrechtlichen Sicherungsmaßnahmen auch ihren Mantel des Schuldstrafrechts endgültig abgeworfen, denn für die Maßnahmenergreifung ist eine Tat-Feststellung nicht mehr erforderlich.182 Das Vorliegen eines bloßen Verdachts einer in Abs. 4 S. 3 genannten Anknüpfungstat in Kombination mit der Überzeugung von einer deliktischen Herkunft genügt bereits für das strafrecht­ liche Einschreiten durch Einziehung. Damit ist die selbständige Einziehung nach § 76a IV StGB einzig abhängig von Gefahrenprognosen und als eine rein präventive Maßnahme zu qualifizieren, die zur Strafverfolgung aufgrund ihrer absoluten Unabhängigkeit von einer Verurteilung des Betroffenen nicht notwendig ist. In der

177

Gesetzesentwurf: BR-Drs. 418/16 v. 12.08.2016, S. 50, 63; Gesetzesentwurf: BT-Drs. 18/​ 9525 v. 05.09.2016, S. 59; Beschlussempfehlung und Bericht: BT-Drs. 18/11640 v. 22.03.2017, S. 77. 178 Zum Bestehen eines sanktionsähnlichen Charakters repressiver Einziehungsregelungen und der Beachtlichkeit strafrechtlicher Garantien als deren Folge; siehe oben: S. 55 ff, 59 ff. 179 Zur strafrechtlichen Regelsetzung im nationalsozialistischen Regime: Naucke, Über die Zerbrechlichkeit rechtstaatlichen Strafrechts, 2000, S. 318 f. 180 Vermögensordnende Maßnahmen zur Störungsbeseitigung sind sowohl retrospektiv wie prospektiv, denn sie knüpfen an vergangenes, wenn auch nicht stets konkretisierbares Unrecht an, um einen unberechtigten Besitz oder Vermögensvorteil in der Zukunft zu beenden; ihr Zweck, die Fortdauer der Störung der Rechtsordnung zu unterbinden, ist damit allein auf die Zukunft gerichtet, rein präventiv, damit eine verhindernde Maßnahmen der Gefahrenabwehr und keine missbilligende, vergeltende des Strafrechts; so auch: BVerfGE 110, 1 (17 f.). 181 Vgl.: BVerfGE 110, 1 (17). 182 Näheres zu § 76a IV StGB; siehe oben: S. 51 ff.

II. Sperrwirkung – qua Annexkompetenz zu Art. 74 I Nr. 1 GG 

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Folge ist die Regelung im Strafrecht kompetenziell völlig deplatziert.183 Mangels ihrer Notwendigkeit für das Strafverfahren kann der Bundesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz nicht qua Annexkompetenz zu Art. 74 I Nr. 1 GG an sich ziehen, so dass der strafrechtlichen Regelung auch keine Sperrwirkung für den Landesgesetzgeber zugeschrieben werden kann. Aber selbst wenn unterstellt wird, dass der Gesetzgeber bei der Regelung der präventiv ausgerichteten Einziehungsermächtigungen nach §§ 73a, 74b, 76a StGB, 437 StPO seine Kompetenzen nicht überschritten hat, so kommt den strafrechtlichen Regelungen jedenfalls keine abschließende, damit gefahrenabwehrrechtliche Regelungen sperrende Wirkung zu.184 Der Bundesgesetzgeber wollte bei der Normierung der Einziehungsregelungen nur strafrechtlich einheitliche, allgemeine und abschließende Regelungen schaffen, nicht aber darüber hinaus eine generell, auch andere Rechtsgebiete betreffende abschließende Wirkung erzielen. Dieser gesetzgeberische Wille wird insbesondere deutlich mit Blick auf die Gesetzesmaterialien zu der Ausnahmeregelung nach § 74b III 1 Nr. 2 StGB, dernach eine Entschädigung eines von der Einziehung betroffenen Dritten nicht gewährt wird, wenn ebenfalls andere außerstrafrechtliche Rechtsvorschriften zu einer dauerhaften Einziehung entschädigungslos berechtigen.185 Die Gesetzesmaterialien benennen namentlich „[d]ie Polizeigesetze der Länder“ sowie die darin verankerte gefahrenabwehrrechtliche Sicherstellung in Kombination mit ihren Folgemaßnahmen als eine andere neben der strafrechtlichen Einziehung bestehende alternative Möglichkeit, die im Einzelfall gleichfalls einen entschädigungslosen186 dauerhaften Entzug einer Sache

183 So etwa auch: Gebauer, ZRP 2016, 101 (104). Vgl. u. a.: Herzog, JR 2004, 494 (497 f.). Siehe auch zu § 76a IV StGB oben in Kürze: S. 61. 184 So etwa auch: OVG Lüneburg, NdsVBl 2015, 250 (251). Vgl. hierzu auch: BVerfGE 113, 348 (367 ff). Vgl. ebenso, eine Sperrwirkung durch die strafrechtlichen Regelungen ablehnend, da zwar sowohl repressive als auch präventive Regelungen auf die Herkunft der Sache abstellen, aber nur das Gefahrenabwehrrecht entscheidend auf die geplante Verwendung abstelle: VGH Kassel, NJW 2018, 3401 (3401); dabei aber verkennend, dass auch die Sicherungseinziehung nach § 74b StGB, die in der neuen Fassung lediglich aus systematischen Gründen in einer eigener Regelung neu verankert wurde, anknüpfend an eine geplante Verwendung, die eine individuelle Gefährlichkeit begründet, zu einer Einziehung ermächtigt. Anders etwa, eine abschließende Wirkung der §§ 73 ff StGB a. F. wie n. F., als Nebenfolge einer strafrechtlichen Verurteilung, kurz feststellend bejahend: Rachor, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 693; Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 661; Söllner, NJW 2009, 3339 (3339); ders., DVBl 2013, 598 (599). Vgl. auch: OVG Bremen, StV 2015, 625 (626 f.); VG Wiesbaden, B. v. 06.06.2016, Az.: 2 L 431/16. WI, JURIS, LS, Rn. 39 ff. Vgl. weiter, eine Abschöpfung von Gewinnen als dem Gefahrenabwehrrecht wesensfremd bezeichnend und §§ 73 ff StGB a. F. eine abschließende Wirkung bzgl. inkriminierte Gelder zusprechend: VG Augsburg, Urt. v. 09.09.2014, Az.: 1 K 13.1276, JURIS, Rn. 33. 185 Vgl. oben, zu § 74b StGB: S. 47 ff. 186 Denn ein gegebenenfalls zu leistender Wertersatz ist keine Entschädigung im technischen Sinne, so dass eine derartige Leistungspflicht einem Ausschluss der Entschädigungspflicht nicht entgegenstehe; dieser Umstand wird aber i. d. R. in Form einer Billigkeitsentschädigung

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D. Kompetenz für eine P  räventive Sicherstellung inkriminierter Sachen

begründen kann.187 Dieser expliziten Erwähnung der parallel anwendbaren präventiven i. S. v. gefahrenabwehrrechtlichen Regelungen kann unabhängig von der Frage nach der allgemeinen verfassungsrechtlichen wie kompetenziellen Zulässigkeit der repressiven i. S. v. strafrechtlichen Einziehungsnormen entnommen werden, dass es für eine abschließende Wirkung der strafrechtlichen Einziehungsregelungen bereits an einem dahingehenden Willen des Bundesgesetzgebers mangelt. Dieser wollte einzig für den Bereich des Strafrechts allgemeine, einheitliche und abschließende Regelungen schaffen, nicht jedoch darüber hinaus. Für ein späteres Umdenken des Bundesgesetzgebers finden sich – auch in den Gesetzesmaterialien der Folgejahre – keinerlei Hinweise. Weder das StGB noch die StPO stehen insofern der Anwendung des Nds. SOG zur Präventiven Gewinnabschöpfung kompetenziell entgegen.188 Ein anderes Ergebnis wäre, u. a. mit Blick auf die trotz der repressiven Einziehungsmöglichkeiten noch verbliebenen Regelungslücken,189 auch mit dem Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr nicht zu vereinbaren.

nach Abs. 3 S. 2 zu berücksichtigen sein: Heger, in: Lackner / Kühl, StGB, 2018, § 74b Rn. 6; Fischer, StGB, 2019, § 74b Rn. 16 f. Vgl.: Gürtler, in: Göhler, OWiG, 2017, § 28 Rn. 16, 20; Förster, in: Rebmann / Roth / Herrmann, OWiG I, St.: (09.2008)/06.2018, § 28 Rn. 21, 23. 187 Gesetzesentwurf: BT-Drs. 4/650 v. 04.10.1962, S. 251: „Nummer 4 schließt die Entschädigung aus, wenn die Einziehung oder Unbrauchbarmachung keine Enteignung ist, weil es im konkreten Fall auch auf Grund anderer als strafrechtlicher Vorschriften zulässig gewesen wäre, dem Dritten den Gegenstand ohne Entschädigung dauernd zu entziehen. Mit dieser Anknüpfung an außerstrafrechtliche Gesetze beschreibt der Entwurf die Fälle, in denen das Gesetz die Grenzen des Eigentums festsetzt. Fälle dieser Art finden sich z. B. in […]. Die Polizeigesetze der Länder kennen die Sicherstellung von Gegenständen aus Präventivgründen, d. h. zum Schutze der Allgemeinheit vor Gefahr oder zur Vermeidung der mißbräuchlichen Verwendung. In diesen Fällen ist unter gewissen Voraussetzungen auch die Entziehung des Eigentums oder die Vernichtung oder Unbrauchbarmachung zulässig. Wird der Gegenstand im Rahmen der Entziehung veräußert, so ist der Erlös herauszugeben oder er tritt an die Stelle des entzogenen Gegenstandes (vgl. z. B. §§ 6 bis 9, 26 bis 28, 38 des Polizeigesetzes von Baden-Württemberg vom 21.11.1955, GesBl. S 249; Art. 9 bis 12, 23 bis 31, 56 des Bayerischen Polizeiaufgabengesetzes vom 16.10.1954, BayBS I S. 442; §§ 9 bis 16, 23 bis 27, 65 des Polizeiverwaltungsgesetzes von Rheinland-Pfalz vom 26.03.1954, GVBl. S. 31).“ Gesetzesentwurf: BT-Drs. 5/1319 v. 20.01.1967, S. 60: „[identischer Text, einzig mit teils aktuelleren Gesetzesverweisen] (vgl. z. B. §§ 6 bis 9, 26 bis 28, 38 des Polizeigesetzes von Baden-Württemberg vom 21.11.1955, Gesetzblatt für Baden-Württemberg S. 249; Art. 9 bis 12, 23 bis 31, 53 des Bayerischen Polizeiaufgabengesetzes i. d. F. vom 03.04.1963, Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt S. 95, 120; §§ 9 bis 16, 23 bis 27, 65 des Polizeiverwaltungsgesetzes von Rheinland-Pfalz vom 26.03.1954, Sammlung des bereinigten Landesrechts von Rheinland-Pfalz 2012–1).“ 188 Ebenso i. E.: OVG Lüneburg, NdsVBl 2015, 250 (251). So auch entsprechend: VGH München, BayVBl 2017, 339 (341); VGH Kassel, NJW 2018, 3401 (3401); VG Hamburg, B. v. 09.02.2017, Az.: 17 E 7585/16, JURIS, Rn. 35, 44 ff.; VG Köln, Urt. v. 03.05.2018, Az.: 20 K 7407/16, JURIS, Rn. 42, 48, 51. 189 Zu den verbliebenen Regelungslücken siehe oben: S. 54 f.

IV. Zwischenergebnis 

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III. Vorrang strafrechtlicher Einziehungsregelungen Den strafrechtlichen Regelungen zur Gewinnabschöpfung kommt gegenüber präventiv-polizeilichen Möglichkeiten auch kein Vorrang zu.190 Weder existiert eine diesbezüglich explizite Regelung, die ein derartiges Verhältnis anordnet,191 noch ergibt sich durch Auslegung eine derart subsidiäre Stellung präventiv-gefahrenabwehrrechtlicher Regelungen gegenüber strafrechtlichen Einziehungsregelungen.192 Dem Strafrecht kommt allerdings ein faktischer Vorrang zu, da eine Gefahrenlage bei strafrechtlicher Sicherstellung, die dem Betroffenen wie eine gefahrenabwehrrechtliche Sicherstellung gleichfalls die Verfügungsgewalt über die fragliche Sache entzieht, nicht weiter besteht.193 Es ist daher zu erwarten, dass insbesondere aufgrund der neu geschaffenen Einziehungsmöglichkeit nach §§ 76a IV StGB, 437 StPO trotz der diesbezüglich aufgezeigten verfassungsrechtlichen Problematik sich der Anwendungsbereich der Sicherstellung inkriminierter Sachen nach §§ 26 ff Nds. SOG, zumindest vorübergehend, faktisch verkleinert.194 Bleibt die repressive i. S. v. strafrechtliche Stelle allerdings untätig, so dass die Gefahrenlage unverändert fortbesteht, ist der präventiven Stelle aufgrund ihrer eigenen Entscheidungskompetenz ein eigenes Einschreiten nach §§ 26 ff Nds. SOG unbenommen.

IV. Zwischenergebnis Die Gesetzgebungskompetenz für eine Präventive Sicherstellung inkriminierter Sachen liegt damit nach Art. 30, 70 GG bei den Ländern. Die repressiven Einziehungsregelungen nach StGB und StPO sind zumindest partiell kompetenziell unzulässig. Darüber hinaus kommt ihnen mangels dahingehendem Gesetzgeberwillen aber auch keine abschließende, gefahrenabwehrrechtliche Regelungen sperrende Wirkung zu. Es besteht allerdings ein faktischer Vorrang strafrechtlicher Einziehungsregelungen, denn wird einer Gefahrenlage bereits mit einer repressiven Ein-

190 Maßnahmen nach dem StGB oder der StPO können grundsätzlich nicht gleichzeitig neben präventiven Maßnahmen des Nds. SOG angewandt werden; liegen einer Sicherstellung von Sachen, die auch einer strafrechtlichen Einziehung unterliegen, sowohl präventive als auch repressive Ziele zugrunde, so richtet sich die Rechtsnatur der Maßnahme nach dem Schwerpunkt der Maßnahme; so auch: Böhrenz / Siefken, Nds.SOG, 2014, § 26 Rn. 1; vgl. etwa auch: Knape / Schönrock, ASOG, 2016, § 38 Rn. 18. 191 So auch entsprechend: VG Köln, Urt. v. 03.05.2018, Az.: 20 K 7407/16, JURIS, Rn. 53, 56 f. 192 Anders etwa, dem Strafrecht als Bundesrecht einen Vorrang vor dem Polizeirecht als Landesrecht zusprechend: Rachor, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 693; Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 661. 193 Aufgrund des faktischen Vorrangs besteht auch nicht das Problem einer kollidierenden Doppelzuständigkeit repressiver und präventiver Stellen. 194 So auch entsprechend: VG Köln, Urt. v. 03.05.2018, Az.: 20 K 7407/16, JURIS, Rn. 57.

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D. Kompetenz für eine P  räventive Sicherstellung inkriminierter Sachen

ziehung begegnet, besteht die Gefahr nicht länger fort, so dass die Voraussetzungen einer Präventiven Gewinnabschöpfung nach den §§ 26 ff Nds. SOG nicht mehr gegeben sind. Bleiben die repressiven Stellen aber untätig, ist ein gefahrenabwehrrechtliches Einschreiten nach §§ 26 ff Nds. SOG bei entsprechender Gefahrenlage grundsätzlich möglich.

E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen bei der Durchführung der Präventiven Gewinnabschöpfung  Im Folgenden gilt es, die rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen einer Präventiven Gewinnabschöpfung nach §§ 26 ff Nds. SOG unter landesrechtlichen Aspekten näher zu beleuchten.

I. Landesrechtliche Grenzen der Präventiven Gewinnabschöpfung Da es sich bei der Präventiven Gewinnabschöpfung (PräGe) um eine Maßnahme handelt, die sich vor allem auf landesrechtliche Vorschriften stützt (§§ 26 ff Nds. SOG, s. o.195), sind insbesondere und zuallererst die landesrechtlichen Grenzen zu beachten. Anderweitig einfließende, insbesondere verfassungsrechtlich sich ergebende Grenzen, werden inzident berücksichtigt. 1. Gemeinsamer Runderlass des Ministeriums für Inneres und Sport (MI) und des Justizministeriums (MJ) Parlamentarische Regelungen, die gezielt für eine Präventive Gewinnabschöpfung erlassen worden sind, finden sich in Niedersachsen nicht (s. o.196). Allerdings haben das Ministerium für Inneres und Sport (MI) und das Justizministerium (MJ) 2007 einen Gemeinsamen Runderlass zu dem Verfahren der Präventiven Sicherstellung inkriminierter Sachen erlassen.197 Dieser ist 2015 durch eine Nachfolgeregelung ersetzt worden.198 Während die darin getroffenen Regelungen im Folgenden kurz dargestellt werden, findet die rechtliche Würdigung der einzelnen Vorschriften jedoch erst später im Rahmen des jeweils einschlägigen Prüfungspunktes statt.

195

Siehe oben: S. 33 ff, 53 ff. Siehe oben: S. 33 ff. 197 Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515 ff (­VORIS 21011); dieser ist befristet ergangen und sollte eigentlich mit Ablauf des 31.12.2014 außer Kraft treten (siehe: Bek. d. StK v. 09.12.2014, Nds. MBl. Nr. 47/2014, S. 963 [­VORIS]); der RdErl. wurde jedoch intern per Zwischenerlass verlängert und galt bis zum Erlass einer Nachfolgeregelung fort (so die telefonische Auskunft des zuständigen Referatsleiters des MI vom 05.01.2015); eine solche Nachfolgeregelung ist mit dem Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258 ff (­VORIS 21011) ergangen. 198 S. o. Fn. 197. 196

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

a) Darstellung des Runderlasses Der Runderlass von 2007 sowie von 2015 untergliedert sich in 9 Teile.199 Der erste Punkt („Inhalt“) beinhaltet lediglich eine Einführung. Er skizziert, was unter dem Begriff der „Präventiven Gewinnabschöpfung“ zu verstehen ist, und legt dar, dass für einen effektiven Einsatz eine gute Kooperation zwischen Staatsanwaltschaft, Polizei und zuständiger Verwaltungsbehörde erforderlich ist (s. o.200). Der zweite Teil („Zuständigkeit“) regelt die sachliche und örtliche Zuständigkeit. Demnach ist grundsätzlich die Gemeinde für die Sicherstellung, Verwahrung und eventuelle Verwertung einer Sache sachlich zuständig (gem. § 97 I Nds. SOG). Die Eilzuständigkeit der Polizei hingegen sei i. d. R. nicht einschlägig; ebenso wenig wie deren originäre Zuständigkeit nach § 1 I 3 Nds. SOG. Des Weiteren sei die Gemeinde für die Verwahrung und evtl. Verwertung auch dann sachlich zuständig, wenn ausnahmebedingt die Polizei die Sicherstellung vorgenommen hat. Örtlich zuständig (nach § 100 I 2 Nds. SOG) sei dabei die Verwaltungsbehörde am Sitz der die Herausgabeentscheidung treffenden Staatsanwaltschaft.201 In dem dritten Teil („Allgemeine Hinweise“) werden Tatbestandsvoraussetzungen (Sicherstellungsobjekte; § 1006 BGB), Rechtsgrundlagen, Besonderheiten (i. V. m. Bargeld) sowie das Ermessen (Bagatellgrenze) besprochen. Danach könne Sicherstellungsobjekt allein eine Sache (§ 90 BGB) sein, somit Bargeld, nicht aber Buchgeld (eine Forderung auf Bargeld). Buchgeld gelte hingegen als Bargeld, wenn es erst durch Einzahlung zwecks Verwahrung auf ein Verwahrkonto zu Buchgeld geworden ist. Eine weitergehende analoge Anwendung auf beim Betroffenen entdecktes Buchgeld sei hingegen ausgeschlossen.202 Des Weiteren komme als taugliche Rechtsgrundlage sowohl § 26 Nr. 1 Nds. SOG als auch § 26 Nr. 2 Nds. SOG, der weiter gefasst sei als Nr. 1, in Betracht.203 Darüber hinaus wird angeordnet, dass eine Sicherstellung von Bargeld, wenn die Möglichkeit besteht, auf § 26 Nr. 1 Nds. SOG, statt Nr. 2, zu stützen sei.204 Zudem sei eine Sicherstellung nach § 26 Nr. 2 Nds.  SOG nur nach erfolgreicher Widerlegung der Eigentumsvermutung (§ 1006 BGB) anzuordnen. Die Widerlegung könne dabei auch auf Indiztatsachen und Erfahrungssätze (teils beispielhaft aber nicht abschließend aufgezählt) gestützt werden. Gelingt die Widerlegung der Vermutung, trete zugleich eine Beweislastumkehr ein mit der Folge, dass nun der Betroffene den Eigentumsnachweis erbrin-

199

1. Inhalt, 2. Zuständigkeit, 3. Allgemeine Hinweise, 4. Hinweise für die Staatsanwaltschaft und Polizei im Rahmen des Ermittlungsverfahrens, 5. Hinweise für die Durchführung der Sicherstellung gemäß § 26 Nds. SOG, 6. Hinweise zur Verwahrung, 7. Hinweise zur Verwertung, 8. Hinweise zu Verwertungserlös / Kosten, 9. Übergangs-/Schlussbestimmungen. 200 Zum Begriff, siehe oben: S. 33 ff. 201 Rechtliche Würdigung betreffs Zuständigkeit, siehe unten: S. 117 ff. 202 Rechtliche Würdigung betreffs Sicherstellungsgegenstand, siehe unten: S. 139 ff. 203 Zur Rechtsgrundlage, siehe auch oben: S. 33 ff., 53 ff. 204 Rechtliche Würdigung betreffs Sicherstellungsgrund, siehe unten: S. 180 ff.

I. Landesrechtliche Grenzen  

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gen müsse.205 Schließlich ist in diesem Teil darüber hinaus eine Bagatellgrenze festgelegt worden. Sie führt zu einem intendierten Ermessen, indem sie anordnet, dass bei entsprechenden Anhaltspunkten sichergestellt werden „soll“, außer der Wert der sicherzustellenden Gegenstände liege unter 500 €. Ist diese Summe nicht erreicht, so „sollte“ sie unterbleiben, wenn die Abwägung zwischen Aufwand, Kosten, Art des Sicherstellungsobjekts und Persönlichkeit des Betroffenen die Sicherstellung „unverhältnismäßig erscheinen“ lasse. Ab einem Wert von 500 € sei eine solche „sorgfältige […] Prüfung, ob eine Rückgabe untunlich ist oder nicht“, jedoch nicht erforderlich.206 In dem vierten Teil („Hinweise für die Staatsanwaltschaft und Polizei im Rahmen des Ermittlungsverfahrens“) wird ein genauer Verfahrensablauf vorgegeben, wie Polizei und insb. Staatsanwaltschaft einen Fall der Präventiven Sicherstellung inkriminierter Sachen erkennen können und welche Schritte bei Vorliegen einzuleiten sind. So „ist“ zuallererst im Ermittlungsverfahren frühestmöglich unter dem Hinweis auf die Sicherstellungsmöglichkeit nach § 26 Nds. SOG darauf hinzuwirken, von dem Betroffenen eine Verzichtserklärung bzgl. der Rückgabe zu erlangen.207 Gibt der Betroffene eine solche nicht ab, so sei im zweiten Schritt von der Staatsanwaltschaft unter Beachtung der Hinweise des dritten Teils zu prüfen, ob eine Sicherstellung nach § 26 Nr. 1 oder Nr. 2 Nds. SOG in Betracht kommt. Dies beinhalte, dass die Voraussetzungen für Maßnahmen nach §§ 111b ff. StPO, § 94 StPO, §§ 73 ff. StGB oder für den erweiterten Verfall nicht gegeben sind.208 Kommt die Staatsanwaltschaft zu dem Schluss, dass eine Sicherstellung nach § 26 Nr. 1 oder Nr. 2 Nds. SOG in Betracht kommt, so seien im dritten Schritt die Akten unmittelbar an die zuständige Behörde zu übersenden. In eiligen Fällen sei diese zudem vorab per Telefon oder Fax über die Sachlage zu informieren.209 Die Information habe dabei so früh zu erfolgen, dass die Verwaltungsbehörde noch vor der Freigabe den Sicherstellungsbescheid erlassen kann. Die Staatsanwaltschaft könne im vierten Schritt erst nach dem Erlass des Sicherstellungsbescheides die Freigabeentscheidung bekannt geben. Bei Bekanntgabe gegenüber der Verwahrstelle habe die Staatsanwaltschaft zudem auf die Sicherstellung durch die Verwaltungsbehörde aufmerksam zu machen. Der fünfte Teil („Hinweise für die Durchführung der Sicherstellung gemäß § 26 Nds. SOG“) enthält eine deklaratorische Regelung sowie Verfahrenshinweise. So wird angeordnet, dass die Gemeinde über eine Sicherstellung (§ 26 Nds. SOG) unter Beachtung der Hinweise des dritten Teils selbstständig entscheiden kann. Wird ein Sicherstellungsbescheid erlassen, so ist dies dem letzten Gewahrsamsin 205

Rechtliche Würdigung betreffs § 1006 BGB i. R. d. § 26 Nr. 2 Nds. SOG, siehe unten: S. 221 ff. 206 Rechtliche Würdigung betreffs Bagatellgrenze, siehe unten: S. 258 ff. 207 Zur Verzichtserklärung siehe: S. 43 Fn. 61. 208 Zu den mögl. Wegen einer Gewinnabschöpfung und den 2017 novellierten strafrechtlichen Einziehungsmöglichkeiten siehe: S. 43 ff, 71. 209 Zum Verfahren siehe später: S. 137 f.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

haber bekannt zu geben. Ist die Sache bereits durch eine andere Behörde präventiv sichergestellt worden, so bedürfe es jedoch keiner erneuten Sicherstellung durch die Verwaltungsbehörde.210 Im sechsten Teil („Hinweise zur Verwahrung“) finden sich Verfahrensregelungen zur Verwahrung (§ 27 Nds. SOG). Demnach sind die sichergestellten Sachen unverzüglich bei der verwahrenden Stelle abzuholen und in eigene Verwahrung zu nehmen. In Bezug auf die Abholung werden jedoch bei Einigkeit zwischen alter und neuer Verwahrstelle auch abweichende Regelungen zugestanden. Dabei ist sicherzustellen, dass die Verwahrstücke durch geeignete Erfassung (z. B. Art, Anzahl, Maß, Gewicht) und Kennzeichnung (Name, Anschrift des Betroffenen, Beginn der Sicherstellung) zweifelsfrei identifiziert werden können. Zwecks ordnungsgemäßer Übergabe könne dabei auch auf die entsprechenden Unterlagen der vorherigen Verwahrstelle zurückgegriffen werden.211 Der siebte Teil („Hinweise zur Verwertung“) erläutert, wann eine Sache verwertet werden „soll“, wann eine Verwertung nicht erforderlich ist und was als Erlös gilt. Danach „soll“ eine Sache verwertet werden, wenn sie nicht herausgegeben werden kann (§ 29 I Nds. SOG). Ist die Person, zu deren Gunsten nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG die Sicherstellung erfolgt ist, nicht auffindbar, könne das Asservat nach § 28 I Nr. 4 Nds. SOG verwertet werden. Dabei sei der von der Sicherstellung unmittelbar Betroffene keine berechtigte Person i. S. d. § 28 I Nr. 4 Nds. SOG. Auch bei einer Sicherstellung nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG könne die Sache gem. § 28 I Nr. 4 Nds. SOG verwertet werden, da bei einer Herausgabe die Gefahrenlage regelmäßig wieder aufleben würde. Eine Verwertung von Bargeld oder Buchgeld (zwecks Verwahrung eingezahltes Bargeld) sei hingegen nicht erforderlich. Das Bargeld könne aber dennoch als Erlös angesehen werden, wenn die Voraussetzungen des § 28 I Nr. 4 Nds. SOG vorlagen. Ansonsten richte sich die Verwertung grds. nach §§ 28 f. Nds. SOG (entsprechend dem Bezugserlass).212 Im achten Teil („Hinweise zu Verwertungserlös / Kosten“) finden sich Regelungen zum Umgang mit dem Verwertungserlös sowie zur Kostenverteilung. Demnach ist der Erlös zunächst nach den Vorschriften des BGB zu hinterlegen, wenn eine berechtigte Person nicht zu ermitteln ist (vgl. § 29 II 2 Nds. SOG). Der Anspruch auf Herausgabe erlösche gem. § 29 II 3 Nds. SOG dabei jedoch schon nach 3 Jahren (anders § 383 BGB). Keine berechtigte Person i. S. d. § 29 II Nds. SOG sei dabei die Person, gegen die das Ermittlungsverfahren eröffnet wurde. Der Verwertungserlös sei demnach nicht an sie auszuzahlen. Der Erlös falle nach Ab-

210

Rechtliche Würdigung bzgl. Verfahren und Form einer Sicherstellung nach § 26 Nds. SOG, siehe: S. 137 f., 138 f. 211 Auf eine rechtliche Würdigung betreffs der Verwahrung musste aus Gründen der Schwerpunktsetzung verzichtet werden. 212 Auf eine rechtliche Würdigung betreffs der Verwertung musste aus Gründen der Schwerpunktsetzung verzichtet werden.

I. Landesrechtliche Grenzen  

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lauf der drei Jahre an den Kostenträger (vgl. §§ 29 II 3, 105 IV Nds. SOG).213 Die Kosten der Sicherstellung haben die nach §§ 6, 7 Nds. SOG Verantwortlichen zu tragen (§ 29 III 1 Nds. SOG). Kosten meint dabei alle finanziellen Aufwendungen, die durch die Sicherstellung, Verwahrung und evtl. Verwertung entstanden sind. Dazu können ggf. Gebühren nach dem Verwaltungskostengesetz anfallen. Zur Feststellung der Kostenpflicht und zur Höhe habe ein Kostenbescheid zu ergehen. Die Kosten können nach Ablauf der drei Jahre auch mithilfe des erzielten Erlöses oder dem Bargeld getilgt werden (§ 29 III 4 Nds. SOG).214 Der neunte Teil („Übergangs-/Schlussbestimmungen“) enthält lediglich Übergangs- und Schlussbestimmungen. Danach bleiben Nummer 75 IV der Richtlinie für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV v. 01.01.2008) im Übrigen unberührt. Der Runderlass schreibt den betroffenen Behörden somit ein genaues Verfahren bzgl. der Präventiven Gewinnabschöpfung vor. Zudem wird u. a. vorgegeben, wie der Begriff „Sache“ (§ 26 Nds.  SOG) oder „berechtigte Person“ (§ 28 I Nr. 4 Nds. SOG) auszulegen ist. Auch wird durch den Runderlass ein gewisser Rahmen gesetzt, wie die zuständige Behörde ihr Ermessen auszuüben hat (z. B. Bagatellgrenze). Es stellt sich daher die Frage, ob und wenn wodurch dieser Runderlass für die Gemeinden Verbindlichkeit entfaltet. Eine solche Wirkung käme dem Runderlass nur zu, wenn die „Hinweise“ im Rahmen der Fachaufsicht (§ 170 I 2 NKomVG) erlassen worden sind. b) Verbindlichkeit des Runderlasses für Gemeinden Bei der Präventiven Gewinnabschöpfung werden zwar die Gemeinden tätig, jedoch nicht in dem Bereich ihrer kommunalen Selbstverwaltung nach Art. 28 II GG, Art. 57 NV. § 97 VI, I Nds. SOG weist die Gefahrenabwehr allgemein den Gemeinden als Aufgabe des übertragenen Wirkungskreises zu. Dies bedeutet, dass die Gefahrenabwehr keine Selbstverwaltungsaufgabe der Kommune, sondern eine staatliche Auftragsangelegenheit darstellt (§ 6 I 1 NKomVG). § 97 VI Nds. SOG ist dabei Ausfluss eines historischen Wandels. Denn die Gefahren­abwehr ist jedenfalls zum Teil zeitweise als örtliche Angelegenheit angesehen worden.215 213

Zur Dauer der Rechtswirksamkeit einer Sicherstellungsmaßnahme: S. 275 ff. Auf eine eingehende rechtliche Würdigung betreffs der Herausgabe musste aus Gründen der Schwerpunktsetzung verzichtet werden. 214 Zur Herausgabe in Kürze; siehe auch: S. 275 f. Eine vertiefte Betrachtung der Herausgabe sowie der Kosten des Verfahrens nach §§ 26 ff Nds. SOG musste, da nicht zur Kernfrage gehörig, hier dahinstehen. 215 Vgl. zur „Ortspolizei“ auf Reichsebene die Paulskirchenverfassung (v. 28.03.1849) Artikel XI, § 184: „Jede Gemeinde hat als Grundrechte ihrer Verfassung: […] b) die selbstständige Verwaltung ihrer Gemeindeangelegenheiten mit Einschluß der Ortspolizei, unter gesetzlich geordneter Oberaufsicht des Staates; […]“; anders aber sowohl die Bismarck’sche Reichsver-

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fassung (v. 16.04.1871), die die kommunale Selbstverwaltung generell nicht vorsah, als auch in der WRV, die den Gemeinden zwar erneut ein Grundrecht auf Selbstverwaltung gewährt, aber dabei keinen Aufgabenbereich benennt, mit der Folge einer eintretenden Entkommunali­ sierung der Polizei: WRV (v. 11.08.1919) Zweiter Hauptteil, Art. 127: „Gemeinden und Gemeindeverbände haben das Recht der Selbstverwaltung innerhalb der Schranken der Gesetze.“ Vgl. ebenso auf Ebene Preußens die sich kurzfristig dem Regelungsentwurf der Frankfurter Nationalversammlung (18.05.1848–31.05.1849; Art. 102 Nr. 3) anschließende (oktroyierte) Preußische Verfassung (v. 05.12.1848), Titel IX, Art. 104: „[…] 3) Den Gemeinden insbesondere steht die selbstständige Verwaltung ihrer Gemeindeangelegenheiten zu, mit Einschluß der Ortspolizei. Den Zeitpunkt und die Bedingungen des Überganges der Polizeiverwaltung an die Gemeinden wird das Gesetz bestimmen. Die polizeilichen Funktionen können in Städten von mehr als 30.000 Einwohnern auf Staatsorgane übertragen werden. […]“. Jedoch schon wieder deutlich abgeschwächt mit der Folge der Rückentwicklung zum staatlichen Polizeimonopol durch das PolVerwG v. 11.03.1850 (§ 1: „Die örtliche Polizei-Verwaltung wird […] im Namen des Königs geführt […]“) in der (revidierten) Preußischen Verfassung (v. 31.01.1850), Titel IX, Artikel 105: „[…] 3) Den Gemeinden insbesondere steht die selbstständige Verwaltung ihrer Gemeindeangelegenheiten unter gesetzlich geordneter Oberaufsicht des Staats zu. Über die Beteiligung der Gemeinden bei Verwaltung der Ortspolizei bestimmt das Gesetz. Zur Aufrechthaltung der Ordnung kann nach näherer Bestimmung des Gesetzes durch Gemeindebeschluß eine Gemeinde-Schutz- oder Bürgerwehr errichtet werden“. In Preußen herrschte somit vorwiegend das Konzept „Polizei als Staatsaufgabe“. Anders aber im Königreich Hannover: So wurden 1833 in die HannV (aufgehoben und Wiederinkraftsetzung der Landes- und landständischen Verfassung vom 07.12.1819 am 01.11.1837) Grundsätze für die Verfassung und Verwaltung der Städte aufgenommen, nach denen die städtische Polizei einzig eine durch den Magistrat wahrzunehmende Angelegenheit der Stadt darstellt und nur „wo besondere Umstände solches erforderlich machen“, kann die Regierung „eine eigene Polizeibehörde anordnen“ (§ 53 Nr. 6 HannV v. 26.09.1833; so auch § 59 Nr. 6 HannV v. 06.08.1840; vgl. ebenso der durch § 19 d. G. v. 05.09.1848 (Rechtskraft d. G. am 19.04.1855 vom Bund aberkannt) veränderte § 59 HannV, der die Polizeiverwaltung ebenfalls den Magistraten zuschreibt und die Notwendigkeit einer AllgStädteO anordnet; so auch durch Wiederinkraftsetzung des § 59 HannV v. 1840 (leicht verkürzt infolge AllgStädteO v. 1851) durch G. v. 01.08.1855); diese Grundsätze finden ihre Konkretisierung und Erweiterung (Regierung verliert das Recht, die ausführende Person zu bestimmen) in der AllgStädteO v. 01.05.1851 (Grundlage: HannV v. 1848 [s. o.]), die für selbstständige Städte, amtssässige Städte und Vorstädte mit mehr als 1500 Einw. die Ortspolizei ebenfalls als Teil der kommunalen Selbstverwaltung in Hannover, wenn auch häufig eingeschränkt, anerkennt (vgl. §§ 4, 70: „[… Der Magistrat] versieht im Stadtgebiet die Polizei (vgl. jedoch § 77), […]“, §§ 77 ff. AllgStädteO v. 01.05.1851 (Stüve), in Kraft 01.10.1852, aus finanziellen Gründen angenommen nur von 42 der 73 Städte; vgl. ebenfalls §§ 4, 71: „[… Der Magistrat] versieht im Stadtgebiet die Polizei (vgl. jedoch § 78), […]“, § 78: „[… Die Regierung kann], wo besondere Umstände solches erforderlich machen, eine eigne Polizeibehörde anordnen […]“, § 79 rev. AllgStädteO v. 24.06.1858; anders jedoch mit Erlass des § 1 PreußVO v. 20.09.1867: „Die örtliche Polizeiverwaltung wird […] im Namen des Königs geführt. […]“ – Erstreckung des preuß. Polizeisystems auf Hannover (Delegation statt Selbstverwaltung) infolge der Annexion durch G. v. 20.09.1866). Vgl. auch auf Ebene der Stadt die Verhältnisse Osnabrücks: Die OsnaV sicherte ursprünglich der Stadt eine hohe Selbstständigkeit; auch die Polizei war der Stadt überlassen; dies änderte sich allerdings mit der OsnaV v. 31.10.1814 bis zum Erlass der vorläufigen OsnaV v. 08.12.1848 (Stüve; später Grundlage der AllgStädteO v. 1851); ab 1814 stand das Magistratsmitglied bei der Besorgung der Sicherheitspolizei in seiner Funktion als Polizeidirektor unter direktem Befehl der Regierung (siehe §§ 2, 16 ff OsnaV v. 31.10.1814; bzgl. Polizei [außer Gewerbepol.] keine Veränderung durch Verf. v. 12.05.1817); die OsnaV v. 1814 nahm der Stadt somit die volle Polizeigewalt (altes Hoheitsrecht – Capitulatio perpetua

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Dass mit Art. 57 IV NV der maßgeblich tragende Grund der finanziellen Belastung der Kommunen an sich entfallen ist, führt jedoch zu der Frage, ob die Gefah­ renabwehr nicht doch zum Teil wieder als Selbstverwaltungsaufgabe zu begreifen ist.216 Nach Art. 28 II 1 GG muss den Gemeinden „das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln“. Das BVerfG hat die Begriffswahl „alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ dahingehend konkretisierend ausgelegt, dass unter der Formulierung „diejenigen Bedürfnisse und Interessen [zu verstehen sind], die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der Gemeinde betreffen […]“.217 Unter diese Definition lassen sich auch aktuell sehr wohl Teile des Gefahrenabwehrrechts – wie Maßnahmen aufgrund eskalierender Konflikte zwischen Gemeindeeinwohnern oder infolge Behinderungen des Straßenverkehrs im Gemeindegebiet – subsumieren.218 So kann u. U. von Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft gesprochen werden, wenn sich die Auswirkungen der Gefahr auf das Gemeindegebiet beschränken und zudem die Möglichkeiten der Kommune zur erfolgsversprechenden Abwehr nicht überschreiten.219 Im Fall der Präventiven Gewinnabschöpfung besteht jedoch in der Regel die Gefahr der Hehlerei, der Begehung von BtM-Delikten oder des endgültigen Verlusts einer Sache nach einem Diebstahl.220 Die diesbezüglich bestehenden Gefahren begrenzen sich somit nicht v. 28.07.1650); mit der V. v. 1848 und der AllgStädteO v. 1851 fiel die Besorgung der Polizei jedoch wieder der Stadt zu; bis die Selbstverwaltung hinsichtlich der Sicherheits-, Ordnungsund gerichtlichen Polizei bereits am 20.07.1859 erneut ein jähes Ende fand (Einführung einer königlichen Polizeidirektion auf Grundlage der PolVO v. 14.07.1859 als Folge der revidierten AllgStädteO v. 1858); erst am 01.01.1868 erlangt Osnabrück die Polizeiverwaltung durch G. v. 21.12.1867 zurück. Siehe hierzu Kühne, Die Reichsverfassung der Paulskirche, 1998, S. 438 ff; Naas, Die Entstehung des Preußischen Polizeiverwaltungsgesetzes von 1931, 2003, S. 66 f.; Heffter, Die deutsche Selbstverwaltung im 19. Jahrhundert, 1969, S. 293, 301, 302; Behr, in: Naunin, Städteordnungen des 19. Jh., 1984, S. 174 ff, 182 f., 186 f.; Meier, Die Verwaltungsgeschichte, 1899, S. 556, 560 f., 573 f., 580 f.; Brüning, Hannoversche Geschichtsblätter, 18/1915, 353 (359, 361, 376, 378 f., 387); Grolle, Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Landeskunde von Osnabrück, 53/1932, 117 (122, 126, 139 f., 204, 220, 223 ff); Siebert, Die hannoversche StädteO von 1851/58, 1975, S. 35, 40 f., 53; Anschütz, in: FS für Heinrich Brunner, 1914, 339 (339 f., 344–347); Peucker, PrVBl 1925/26, 437 (439); Gusy, Die Weimarer Reichsverfassung, 1997, S. 234. So z. T. auch Waechter, in: HannKomm, 2012, Art. 57 Rn. 33. 216 Vgl. Waechter, in: HannKomm, 2012, Art. 57 Rn. 33. Zum finanziellen tragenden Grund siehe auch: Kühne, Die Reichsverfassung der Paulskirche, 1998, S. 441 f.; Rasch, DÖV 1960, 81 (83): zur gesch. Entwicklung der Polizei. 217 BVerfGE 79, 127 (151 f.); 110, 370 (400): [Satzende: …; auf die Verwaltungskraft der Gemeinde kommt es hierfür nicht an]. 218 Siehe: Lange, in: FS für Volkmar Götz, 2005, 437 (444): mit weiteren Beispielen. 219 So u. a.: Lange, in: FS für Volkmar Götz, 2005, 437 (444). Für die Erwägung einer Bewältigung im Rahmen kommunaler Selbstverwaltung siehe auch: Möstl, Die staatliche Garantie für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, 2002, S. 363. 220 Vgl. oben aufgeführtes Diagramm zu PräGe-Verfahren, aufgeteilt entsprechend den zuvor im Ermittlungsverfahren verfolgten Delikten: S. 38.

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nur auf das Gemeindegebiet, sondern reichen u. U. weit über dieses hinaus. Denn bei einer drohenden Hehlerei ebenso wie bei drohenden BtM-Delikten ist es durchaus wahrscheinlich, dass eine Veräußerung außerhalb des Gemeindegebietes stattfinden wird. Ebenso wahrscheinlich kann es u. U. sein, dass der unbefugte Besitzer mit der Sache des Berechtigten das Gemeindegebiet verlässt. Ein örtlicher Bezug ist im Rahmen der Präventiven Gewinnabschöpfung somit zu verneinen. Der Streit, ob die Zuweisung nach § 97 VI Nds. SOG durch verfassungskonforme Auslegung dahingehend reduziert werden muss, dass eine Zweckmäßigkeitskontrolle bei Örtlichkeitsbezug zu unterbleiben hat, kann hier daher dahinstehen. Nach § 97 VI, I Nds. SOG obliegt die Präventive Gewinnabschöpfung als Maßnahme der Gefahrenabwehr somit den Gemeinden im übertragenen Wirkungskreis (§ 6 NKomVG). Dabei unterliegen die Kommunen der Fachaufsicht durch die Fachminister gemäß §§ 98 Nds. SOG, 6 II, 170 ff NKomVG, Art. 57 V NV. Dies hat zur Folge, dass die Gemeinden – als der dem Ministerium für Inneres und Sport (MI) nachgeordneten Behörde innerhalb desselben Verwaltungszuges – einer Zweckmäßigkeitskontrolle seitens des MI unterliegen. Weisungen des MI, damit auch der eingangs erwähnte Runderlass zu dem Verfahren der Präventiven Sicherstellung inkriminierter Sachen, sind daher für die Kommunen verbindlich. Diese Verbindlichkeit gegenüber den Kommunen wirft allerdings zwei Folgefragen auf. Können die betroffenen Bürger ein Handeln der zuständigen Behörde entsprechend dem Runderlass einklagen? Und wirkt sich ein Zuwiderhandeln gegen einzelne Vorschriften des Runderlasses auf die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes aus? Es ist somit nicht allein die innerrechtliche Verbindlichkeit von Relevanz. Vielmehr gilt es des Weiteren zu klären, ob der Runderlass auch im Außenverhältnis Verbindlichkeit entfaltet. c) Verbindlichkeit des Runderlasses im Außenverhältnis Die Verbindlichkeit eines Runderlasses ist jedoch grundsätzlich auf das Innenrecht der Verwaltung beschränkt. Denn der Runderlass beinhaltet bloß allgemeine Verwaltungsvorschriften. Also „Regelungen, die innerhalb der Verwaltungsorganisation von übergeordneten Verwaltungsinstanzen […] an nachgeordnete Behörden […] ergehen und die dazu dienen Organisation und Handeln der Verwaltung näher zu bestimmen“.221 Diese Regelungen stellen grundsätzlich – mangels Außenwirkung  – keine unmittelbar wirkenden Rechtsnormen i. S. v. Art. 20 III,

221

Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 2007, Bd. V, § 104 Rn. 4. Vgl. u. a. auch: Erichsen  / ​ Klüsche, JURA 2000, 540 (540); Guckelberger, Die Verwaltung 2002, 61 (62); Maurer / Waldhoff, Allg. VerwR, 2017, § 24 Rn. 1; Bull / Mehde, Allg. Verwaltungsrecht mit Verwaltungslehre, 2015, Rn. 226; Battis, Allg. VerwR, 2002, S. 34. Vgl. zur grds. Innenwirkung die ständige Rspr., u. a.: BVerfGE 78, 214 (227); 100, 335 (338 f.); BVerwGE 34, 278 (280); 35, 159 (161).

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97 I GG dar.222 Sinn und Zweck allgemeiner Verwaltungsvorschriften ist es neben der Rationalisierung des Verwaltungsverfahrens, eine einheitliche Rechtsanwendung durch die Behörden zu gewährleisten.223 Verwaltungsvorschriften richten sich daher unmittelbar an die jeweils zuständige Behörde, nicht aber an den jeweils von dem Verwaltungsverfahren betroffenen Bürger. Dennoch können Verwaltungsvorschriften unter Umständen auch eine Außenwirkung entfalten. Ob eine solche Bindungswirkung besteht, kann jedoch nicht generell beantwortet werden. Vielmehr gilt es, zwischen den verschiedenen Typen von Verwaltungsvorschriften zu differenzieren. Diese gliedern sich zunächst in organisatorische und verhaltenslenkende Verwaltungsvorschriften. aa) Organisatorische Verwaltungsvorschriften Organisatorische Verwaltungsvorschriften sind Regelungen zu Behördenaufbau, Zuständigkeit und Verfahren, die nicht lediglich bestehendes Recht auslegen, sondern in diesem bewusst offen gelassene Regelungslücken ausfüllen.224 Daher wird zum Teil vertreten, dass sie eine unmittelbare Außenwirkung kraft administrativer Organisationsgewalt besitzen.225 Im hier behandelten Runderlass finden sich solche Lücken ergänzenden organisatorischen Verwaltungsvorschriften hinsichtlich der Zuständigkeit.226 Die beinhalteten Regelungen zur sachlichen Zuständigkeit im Rahmen der Straftatenverhütung legen, wie im Späteren noch genauer aufgezeigt wird,227 anders als die übrigen Regelungen zu Zuständigkeit und Verfahren nicht lediglich vorhandenes Recht aus; sie ergänzen es vielmehr. Es stellt sich daher nun die Frage, ob diese von der Exekutive geschaffenen Regelungen kraft originären Administrativrechts eine Außenwirkung entfalten können oder ob sich deren Verbindlichkeit nicht lediglich auf den internen Bereich beschränkt.

222

Vgl. u. a. auch: BVerfGE 26, 90, (96); 58, 45 (49 f.); 61, 15 (18); 78, 214 (227); BVerwGE 143, 50 (58 f.); BVerwG, ZBR 2006, 347 (349); dass., NVwZ 2003, 1384 (1384); BVerwGE 104, 220 (222); 100, 335 (339 f.); BVerwG, NVwZ-RR 1996, 47 (48); VGH Mannheim, DVBl 2009, 1255 (1256 f.). 223 So auch Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 2007, Bd. V, § 104 Rn. 24 f. Vgl. zum Teil ebenso Jarass, JuS 1999, 105 (109); Guckelberger, Die Verwaltung 2002, 61 (61). 224 Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (543); Kautz, GewArch 2000, 230 (231); Guckelberger, Die Verwaltung 2002, 61 (64); Maurer / Waldhoff, Allg. VerwR, 2017, § 24 Rn. 7. Näheres zur Typisierung von Verwaltungsvorschriften z. B.: Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, 1968, S. 278 ff. 225 Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 2007, Bd. V, § 104 Rn. 19 ff, 49 f.; ders., Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, 1968, S. 502 ff; Stern, StaatsR II, 1980, S. 661; Wallerath, Allg. VerwR, 2009, § 4 Rn. 35. 226 RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515, Nr. 2.1 (­VORIS 21011); nun Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258 Nr. 2.1 (­VORIS 21011) i. V. m. dem Bezugserlass: RdErl. d. MI v. 16.07.1998, Nds. MBl. Nr. 31/1998, S. 1078, zu § 1 Nr. 1.2 (­VORIS 21011100000060). 227 Siehe unten: S. 118 ff.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

Eine originäre Organisationsgewalt der Exekutive lässt sich hinsichtlich interner Verfahrensnormen, die lediglich den internen Geschäftsgang betreffen, unstreitig bejahen. Problematisch wird es hingegen, wenn man diese auch auf externe Verfahrensvorschriften wie die hier relevanten Zuständigkeitsregelungen, die das Verhältnis zum Bürger unmittelbar betreffen, erstrecken möchte. Für die Annahme eines originären Administrativrechts spricht Art. 56 II NV, indem er den rechtsstaatlichen Gesetzesvorbehalt aus Art. 2 II NV bzw. Art. 20 III GG dahingehend konkretisiert, dass allein „[d]er allgemeine Aufbau und die räumliche Gliederung der allgemeinen Landesverwaltung […] eines Gesetzes [bedürfen]“. Den Gesetzesmaterialien ist zu entnehmen, dass sich der Vorbehalt – zur Sicherung der Reaktionsfähigkeit der Verwaltung  – ausdrücklich nur auf diese Grundlagen des Verwaltungsaufbaus beschränken soll; einzelne Zuständig­ keiten aber sollen von diesem Vorbehalt, anders als die Orientierungsnorm Art. 77 NRWV es vorsieht, der die Verwaltungsorganisation mit Ausnahme der „Einrichtung der Behörden im Einzelnen“ insgesamt unter einen Gesetzesvorbehalt gestellt hat, nicht erfasst werden.228 Gegen ein solch originäres Administrativrecht spricht jedoch u. a. Art. 43 NV. Hierin ist eine Konkretisierung sowohl des Rechtsstaats- als auch des Gewal­ tenteilungs- sowie des Demokratieprinzip zu erblicken.229 Art. 43 NV entspricht Art. 80 I GG230 und normiert die Voraussetzungen für den Erlass einer Verordnung. Dabei durchbricht er das Prinzip der Gewaltenteilung nach Art. 2 I NV, Art. 20 II 2 GG, indem er der Exekutive eine Rechtsetzungsbefugnis zuspricht. Diese De 228

Siehe zur Entwicklung des Art. 56 II NV: Verfassungsausschuss, Nds.LT, 1. WP, 13. Sitzung v. 23.11.1950, in: VNV v. 13.04.1951, Band I, S. 272–277, 307; Verfassungsausschuss, Nds.LT, 1. WP, 16. Sitzung v. 11.01.1951, in: VNV v. 13.04.1951, Band I, S. 391–394, 405; Verfassungsausschuss, Nds.LT, 1. WP, 19. Sitzung v. 19.01.1951, in: VNV v. 13.04.1951, Band I, S. 507 f., 536; Verfassungsausschuss, Nds.LT, 1. WP, 20. Sitzung v. 31.01.1951, in: VNV v. 13.04.1951, Band I, S. 562 f., 575 f.; Verfassungsausschuss, Nds.LT, 1. WP, 22. Sitzung v. 09.02.1951, in: VNV v. 13.04.1951, Band I, S. 641, 654; Gegenüberstellung der VNV und der Verfassungsentwürfe: Nds.LT, 18.06.1992, Drs. 12/3350 S. 116 f.; Gegenüberstellung der VNV und des Verfassungsentwurfs des Sonderausschusses: Nds.LT, 10.03.1993, Drs. 12/4651 S. 31; Schriftlicher Bericht: Nds.LT, 23.12.1993, Drs. 12/5840 S. 35; Sonderausschuss, Nds.LT, 12. WP, 31. Sitzung v. 12.10.1992, in: NV v. 19.05.1993, Band I, S. 8; Sonderausschuss, Nds. LT, 12. WP, 37. Sitzung v. 11.01.1993, in: NV v. 19.05.1993, Band I, S. 7 f.; Sonderausschuss, Nds.LT, 12. WP, 38. Sitzung v. 15.01.1993, in: NV v. 19.05.1993, Band I, S. 4; Sonderausschuss, Nds.LT, 12. WP, 41. Sitzung v. 26.02.1993, in: NV v. 19.05.1993, Band I, S. 25; Sonderausschuss, Nds.LT, 12. WP, 42. Sitzung v. 21.04.1993, in: NV v. 19.05.1993, Band I, S. 8. Bzgl. Art. 77 NRWV und dem darin enthaltenen institutionellen Gesetzesvorbehalt, der sich auch auf die Regelung der Zuständigkeiten, insbesondere der sachlichen, erstreckt, siehe: Tettinger, in: Löwer / Tettinger, NRWV, 2002, Art. 77 Rn. 5, 12 ff, 19 f.; Schönenbroicher, in: Heusch / Schönenbroicher, NRW LV, Art. 77 Rn. 1, 5 f., 12, 19. Siehe auch Weißer, in: HannKomm, 2012, Art. 38 Rn. 7; Dronsch, in: Korte / Rebe, NV, 1986, S. 281. 229 BVerfGE 18, 52 (59); 49, 89 (126). So auch: Steinbach, in: HannKomm, 2012, Art. 43 Rn. 5. 230 Referenten-Begründung zum Entwurf einer VNV, Nds.LT, 1. WP, in: VNV v. 13.04.1951, Band II, S. 12.

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legation lässt Art. 43 NV jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen zu und begründet somit nicht nur eine exekutive Rechtsetzungskompetenz, sondern setzt dieser zugleich auch ihre Grenzen; auch eine analoge Anwendung auf Verwaltungsvorschriften ist somit nicht möglich.231 Den Gesetzesmaterialien ist klar zu entnehmen, dass unter dem in Art. 43 NV verwendeten Verordnungsbegriff gerade nicht Verwaltungsvorschriften zu verstehen sind; bereits der Verfassungsgesetzgeber hat zwischen Verordnungen und Verwaltungsvorschriften als Unterfällen der Ausführungsvorschriften unterschieden.232 Eine planwidrige Regelungslücke kann daher nicht angenommen werden. Dem Gesetzgeber war es zudem als Lehre aus der nationalsozialistischen Zeit sowie aus rechtsstaatlichen Erwägungen ein sehr wichtiges Anliegen, die Möglichkeiten der Exekutive, außenwirksame Durchführungsbestimmungen zu erlassen, einzugrenzen. Um dies zu gewährleisten, setzte er daher den Erlass solcher außenwirksamen Vorschriften in Abhängigkeit einer Ermächtigung durch formelles Gesetz, welches die Grundsätze regelt und durch Formulierung von Inhalt, Zweck und Ausmaß klar die Grenzen aufzeigt.233 So obliegt es allein der Entscheidung des Gesetzgebers, welche Fragen durch im Außenverhältnis verbindliche und somit gesetzesgleiche Regelung geklärt werden. Art. 43 NV lässt folglich keinen Raum für eine darüberhinausgehende exekutive Rechtsetzung; schließt somit eine Verwaltungsvorschrift mit Außenwirkung quo originären Administrativrechts auch für Regelungen die nicht dem Gesetzesvorbehalt unterliegen aus. Eine solche über den Art. 43 NV hinausgehende außenwirksame, exekutive Normsetzung ohne klar ersichtliche Ermächtigung würde dem Willen des Verfassungsgesetzgebers widersprechen und ist daher nicht mit der Verfassung vereinbar. Der hier diskutierte Gemeinsame Runderlass kommt damit, schon wegen der Sperrwirkung des Art. 43 NV und mangels ersichtlicher Ermächtigung, als außenwirksame Zuständigkeitsregelung nicht in Betracht. Selbst wenn man annehmen würde, dass Art. 43 NV die exekutiven Rechtsetzungsmöglichkeiten nicht abschließend regelt, sondern für den Bereich, in dem 231

Siehe Verfassungsausschuss, Nds.LT, 1. WP, 9. Sitzung v. 07.11.1950, in: VNV v. 13.04.1951, Band I, S. 172. Vgl. Remmert, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (12/2013)/08.2018, Art. 80 Rn. 48. 232 Referenten-Begründung zum Entwurf einer VNV, Nds.LT, 1. WP, in: VNV v. 13.04.1951, Band II, S. 12; Verfassungsausschuss, Nds.LT, 1. WP, 16. Sitzung v. 11.01.1951, in: VNV v. 13.04.1951, Band I, S. 338. Vgl. auch Ausschuss für Zuständigkeitsabgrenzung, Parl.Rat, 13. Sitzung v. 15.10.1948, in: Rat III, S. 548–551; Ausschuss für Zuständigkeitsabgrenzung, Parl.Rat, 14. Sitzung v. 10.11.1948, in: Rat III, S. 572. 233 Referenten-Begründung zum Entwurf einer VNV, Nds.LT, 1. WP, in: VNV v. 13.04.1951, Band II, S. 12; Verfassungsausschuss, Nds.LT, 1. WP, 9. Sitzung v. 07.11.1950, in: VNV v. 13.04.1951, Band I, S. 172; Verfassungsausschuss, Nds.LT, 1. WP, 19. Sitzung v. 19.01.1951, in: VNV v. 13.04.1951, Band I, S. 506. Art. 34 VNV wurde ohne inhaltliche Änderungen übernommen; einzig die Formulierung wurde zur Verdeutlichung der Voraussetzungen einer exekutiven Rechtsetzung überarbeitet: Schriftlicher Bericht: Nds.LT, 23.12.1993, Drs. 12/5840 S. 26. Siehe auch: BVerfGE 1, 14 (60); 2, 307 (334); 5, 71 (77); 23, 62 (72); 78, 249 (272); 85, 97 (105); Steinbach, in: HannKomm, 2012, Art. 43 Rn. 1, 17; Mann, in: Sachs, GG, 2018, Art. 80 Rn. 1.

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kein Gesetzesvorbehalt greift, eine Lücke lässt,234 so bedarf es dennoch einer gesetzlichen Ermächtigung. Eine Regelungszuweisung ist entsprechend dem mit der Einführung von Art. 43 NV verfolgtem Zweck, eine Vermengung von Legislative und Exekutive bis zur Unkenntlichkeit zu vermeiden und die exekutive Rechtsetzungsmöglichkeit klar zu begrenzen,235 unverzichtbar. Verwaltungsvorschriften können somit auch nach dieser Auffassung nicht externe Geltungskraft erlangen, wenn kein gesetzlicher Verweis auf sie existiert. Ein solcher ist bzgl. der hier in Rede stehenden Zuständigkeitsregelung jedoch nicht ersichtlich. Zwar weisen Art. 38 I, 56 II NV der Exekutive einen weiten organisatorischen Handlungsspielraum zu, der auch die Regelung von Zuständigkeiten erlaubt, dieser ist jedoch grundsätzlich nur von der Landesregierung als Kollegialorgan wahrnehmbar und nicht von den einzelnen Ministerien. Art. 38 III NV ermöglicht der Landesregierung zwar eine Delegation auf andere Stellen, wie z. B. das Ministerium, es lässt sich jedoch kein Organisationsbeschluss der Landesregierung auffinden, in dem von dieser Delegationsbefugnis hinsichtlich der Organisationsgewalt Gebrauch gemacht worden ist.236 Wie § 7 Nds. GGO zeigt, hat die Landesregierung sich die Organisation der öffentlichen Verwaltung vorbehalten; sie beschließt somit über die jeweiligen Zuständigkeiten und Delegationsmöglichkeiten im Einzelnen.237 Die AB NGefAG,238 die die Zuständigkeitsverteilung i. R. d. Straftatenverhütung ergänzend regeln, wurden vom MI erlassen, zur näheren Regelung befugt war jedoch gem. § 7 Nr. 13 Nds. GGO i. V. m. Art. 38 I NV allein die Landesregierung. Da dem MI somit nicht die Organisationsgewalt zustand, kann diese Regelung per Verwaltungsvorschrift auch keine Außenwirkung kraft administrativem Organisationsrecht zukommen unabhängig von der Frage, ob Verwaltungsvorschriften eine solche unmittelbare Außenwirkung überhaupt auslösen können oder ob für eine außenwirksame Regelung nicht eine Verordnung erforderlich gewesen wäre. Dieser weite Vorbehalt der Organisationsbefugnisse ist zudem auch mit der aus dem Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip (Art. 2 I, II NV, Art. 20 II, III GG) abgeleiteten Wesentlichkeitstheorie vereinbar; zwar unterliegen auch mittelbar grundrechtsrelevante Entscheidungen dem Parlamentsvorbehalt,239 jedoch ist Art. 38 I, III NV, der die Organisationsgewalt weitgehend der Exekutive zuschreibt, ebenfalls von 234

Siehe z. B.: Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (544); Busch, Art. 80 I 2 GG, 1992, S. 109 f.; Remmert, JURA 2004, 728 (732). 235 Referenten-Begründung zum Entwurf einer VNV, Nds.LT, 1. WP, in: VNV v. 13.04.1951, Band II, S. 12; Verfassungsausschuss, Nds.LT, 1. WP, 9. Sitzung v. 07.11.1950, in: VNV v. 13.04.1951, Band I, S. 172; Verfassungsausschuss, Nds.LT, 1. WP, 16. Sitzung v. 11.01.1951, in: VNV v. 13.04.1951, Band I, S. 338; Schriftlicher Bericht: Nds.LT, 23.12.1993, Drs. 12/5840 S. 26; Steinbach, in: HannKomm, 2012, Art. 43 Rn. 3. Vgl. auch: Mann, in: Löwer / Tettinger, NRWV, 2002, Art. 70 Rn. 3. 236 So auch: Hagebölling, NV, 2011, Art. 38 S. 153. 237 So auch: Weißer, in: HannKomm, 2012, Art. 38 Rn. 17. 238 RdErl. d. MI v. 16.07.1998, Nds. MBl. Nr. 31/1998, S. 1078, zu § 1 Nr. 1.2 (­VORIS 21011100000060). Siehe auch: Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258 Nr. 2.1 (­VORIS 21011). 239 Sommermann, in: Mangoldt / Klein / Starck, GG, 2018, Art. 20 Rn. 276 ff.

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Verfassungsrang.240 Der vom MI erlassene Runderlass verstößt somit auch gegen diesen in Art. 38 I, III NV gesetzlich normierten Vorbehalt, welcher der Regierung die Entscheidungskompetenz vorbehält. Darüber hinaus beinhaltet Art. 43 II 1 NV – als unverzichtbare Voraussetzung exekutiver Rechtsetzung – ein Zitiergebot. Demnach müssen exekutive Regelungen klar ihre Rechtsgrundlage ausweisen. Dies soll sicherstellen, dass die von einem exekutiven Rechtsetzungsakt Betroffenen nachvollziehen können, ob für einen solchen Akt eine ausreichende Ermächtigung bestand und das zulässige Maß eines solchen Handelns nicht überschritten worden ist.241 Eine so gewährte Überprüfungsmöglichkeit ist für einen demokratischen Rechtsstaat unerlässlich.242 Vorausgesetzt, dass Art. 43 NV die exekutive Rechtsetzungsmöglichkeit nicht abschließend regelt, wird man daher eine solche Überprüfungsmöglichkeit für einen außenwirksamen Normerlass per Verwaltungsvorschrift ebenfalls verlangen müssen. Gründe, warum bei außenwirksamen Verwaltungsvorschriften geringere Anforderungen hinsichtlich der Transparenz gestellt werden sollten, sind nicht ersichtlich; gerade in Anbetracht der Tatsache, dass es an einer grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Verankerung dieser exekutiven Rechtsetzungsmöglichkeit und einer verfassungsrechtlichen Erlaubnis zur Durchbrechung des Gewaltenteilungsprinzips fehlt. Das Zitiergebot ist daher aus rechtsstaatlichen Gründen auch bei außenwirksamen Verwaltungsvorschriften zu beachten. Auch diesem Erfordernis genügt die AB NGefAG243 jedoch nicht. Des Weiteren fehlt es bereits an einer für organisatorische Verwaltungsvorschriften charakteristischen bewussten Regelungslücke. Die Gesetzesmaterialien zur Änderung des § 1 Nds. SOG244 geben keinen Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber der Exekutive die Abgrenzung zwischen Polizei und Verwaltungsbehörde im Bereich der Straftatenverhütung überlassen wollte. Es drängt sich vielmehr der Eindruck auf, dass dieser die Aufgabenverteilung zwischen Polizei und Verwaltungsbehörde abschließend regeln wollte und schlicht übersehen hat, dass mit der Unanwendbarkeit der Regelzuständigkeitsverteilung nach § 1 II 1 Nds. SOG und der Einführung von § 1 I 3 Nds. SOG im Rahmen der Straftatenverhütung die Abgrenzungskriterien für einen Zuständigkeitswechsel von der Polizei auf die Verwaltungsbehörden fehlen,245 das Ende der vom Gesetzgeber beabsichtigten origi 240

So auch: Weißer, in: HannKomm, 2012, Art. 38 Rn. 15. Verfassungsausschuss, Nds.LT, 1. WP, 9. Sitzung v. 07.11.1950, in: VNV v. 13.04.1951, Band I, S. 172. 242 BVerfGE 101, 1 (42 f.); Steinbach, in: HannKomm, 2012, Art. 43 Rn. 20. 243 RdErl. d. MI v. 16.07.1998, Nds. MBl. Nr. 31/1998, S. 1078, zu § 1 Nr. 1.2 (­VORIS 21011100000060). 244 Siehe insb.: Gesetzesentwurf: Nds.LT, 25.11.1992, Drs. 12/4140 S. 45–47; Schriftlicher Bericht: Nds.LT, 07.03.1997, Drs. 12/6395 S. 2 f. Anders z. B. im Schr. Bericht v. 1981; dort werden Ausführungsbestimmungen ausdrücklich erwähnt; sie sollen etwas zu Abs. 2 klarstellen, nicht aber regeln: Schriftlicher Bericht: Nds.LT, 22.10.1981, Drs. 9/2908 S. 2. 245 Ebenfalls den abschließenden Charakter bejahend: Ipsen, NV, 2011, Art. 38 Rn. 11. 241

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nären Zuständigkeit nach § 1 I 3 Nds. SOG somit ungeregelt ist.246 Eine bewusste Regelungslücke ist daher abzulehnen. Dies wirft jedoch die Frage auf, ob die Exe­ kutive nicht auch in Bereichen von planwidrigen Lücken schließend tätig werden kann und sollte oder ob dies gem. dem Prinzip des Vorrangs und Vorbehalts des Gesetzes allein dem Gesetzgeber oder in Rechtsfortbildung den Gerichten vorbehalten ist. Diese Frage kann hier jedoch unbeantwortet bleiben, da das Schließen dieser Regelungslücke gem. Art. 38 I, 37 II Nr. 1 NV mangels Delegation jedenfalls nicht dem MI zustand, sondern allenfalls der Landesregierung als Kollegialorgan. Ebenfalls gegen ein originäres Administrativrecht spricht der Umstand, dass Gerichte nach Art. 2 II, 51 IV NV, Art. 20 III, 97 I GG zwar an das Gesetz, nicht aber an Verwaltungsvorschriften gebunden sind.247 Letztere können zwar Gegenstand, nicht aber Maßstab einer gerichtlichen Überprüfung sein.248 Es ist somit vor Abschluss des Gerichtsverfahrens nicht ermittelbar, ob die zuständige oder unzuständige Behörde gehandelt hat, da der Richter die Verwaltungsvorschriften nicht beachten muss und eigene Kriterien festlegen kann.249 Aus rechtsstaatlichen Gesichtspunkten, insbesondere der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit, bedarf es aber einer verbindlichen Regelung, die nicht vom Gericht abänderbar ist; dies gilt im Besonderen für Regelungen wie die hier in Rede stehende Zuständigkeitsregelung, die über die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes entscheiden und einen Aufhebungsanspruch nach § 42 I Var. 1 VwGO begründen können.250 246

Näheres zur Regelungslücke: S. 125 ff. Vgl. u. a.: BVerwGE 100, 335 (339); Sachs, in: Sachs, GG, 2018, Art. 20 Rn. 107. Dennoch zu beachten, wenn Exekutive gesetzlich zum Erlass befugt wurde; dann zumindest dem gültigen Anwendungsbefehl unterworfen: Meyer, in: Münch / Kunig, GG, 2012, Art. 97 Rn. 20; Remmert, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (12/2013)/08.2018, Art. 80 Rn. 211; hier fehlt es jedoch wie aufgezeigt an einer solchen Ermächtigung, so dass dieser Streit hier dahinstehen kann. 248 BVerfGE, 78, 214 (227). So ebenfalls Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (544); Jarass, JuS 1999, 105 (107); Kautz, GewArch 2000, 230 (235); Erichsen, in: Erichsen, Allg. VerwR, 1998, § 17 Rn. 4; Erichsen, JK 98, VwVfG §§ 48, 49/17; Möstl, in: Ehlers / Pünder, Allg. VerwR, 2016, § 19 Rn. 4; Dürig, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (Grundwerk)/05.2015, Art. 3 I Rn. 432; vgl. auch Kirchhof, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (09.2015)/08.2018, Art. 3 I Rn. 286. 249 So auch bereits geschehen; das OVG Lüneburg widerspricht teilweise den AB NGefAG im Bereich der Straftatenverhütung; somit im gesetzesergänzenden Regelungsbereich des RdErl. d. MI v. 16.07.1998, Nds. MBl. Nr. 31/1998, S. 1078, zu § 1 Nr. 1.2 (­VORIS 21011100000060): OVG Lüneburg, NordÖR 2009, 369 (370 f.); OVG Lüneburg, Urt. v. 18.05.2010, Az.: 11 LC 566/09, JURIS, Rn. 27–53, 55; OVG Lüneburg, B. v. 16.01.2014, Az.: 11 ME 313/13, JURIS, Rn. 2, 5 f., 7. 250 Dass die Verletzung der sachlichen Zuständigkeitsregelung nicht nur die Rechtswidrigkeit der Maßnahme, sondern auch eine subjektive Rechtsverletzung und somit einen Aufhebungsanspruch begründet, folgt bereits aus einer systematischen Gesetzesauslegung: Wenn Kompetenz-, Verfahrens- und Formvorschriften nach Willen des Gesetzgebers grundsätzlich kein subjektives Recht begründen sollen, wäre § 46 VwVfG, der den Ausschluss des Aufhebungsanspruchs regelt, nicht nur überflüssig, sondern gar systemwidrig, da diese Mängel alleine in keinem Fall, mangels relevanter Rechtsverletzung i. S. d. §§ 42 II, 113 I 1 VwGO, eine Aufhebung begründen könnten; § 46 VwVfG käme somit höchstens deklaratorische Wirkung zu; dies überzeugt jedoch nicht, da die in der Norm benannten Fehler mangels subj. Rechtsverletzung niemals, wie von § 46 VwVfG vorgesehen, beachtlich i. S. v. einklagbar sein könnten, selbst dann nicht, 247

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Ebenfalls rechtsstaatlich sehr problematisch, insbesondere unter dem Blickwinkel der Rechtsklarheit, ist bei der außenwirksamen Rechtsetzung durch Verwaltungsvorschriften die fehlende Publikationsverpflichtung.251 Verwaltungsvorschriften sind bereits wirksam, wenn sie nur intern bekannt gegeben werden. Selbst eine einmal veröffentlichte Verwaltungsvorschrift kann durch eine neue interne Verwaltungsvorschrift abgeändert oder ganz ersetzt werden. Es stellt sich somit die Frage, ob der Bürger nach dem Rechtsstaatsprinzip die Möglichkeit haben muss, auf einen Blick erkennen und prüfen zu können, ob eine Maßnahme ihm gegenüber formell rechtmäßig ergangen ist oder zu einer Aufhebung berechtigt, oder ob es genügt, wenn er dies erst nach einer Bitte um Auskunft betreffend einer möglicherweise aktuell existierenden Verwaltungsvorschrift samt Ermächtigung erkennen kann. Den Äußerungen zum Zitiergebot des Art. 43 NV folgend, müssen die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen jedoch ohne Nachfragen auf einen Blick erkennbar und überprüfbar sein.252 Transparenz ist gerade im Bereich der Gefahrenabwehr aus demokratischen und rechtsstaatlichen Gründen zwingend erforderlich.253 Lässt man einmal die Sperrwirkung des Art. 43 NV und die aufgezeigte fehlende wenn sich die Regelmissachtung auf die materielle Ebene auswirkt (so die Regel z. B. bei Ermessensentscheidungen). Zudem sind Zuständigkeitsregelungen Teil der gesetzlichen Eingriffsgrundlagen und als solche dienen sie neben den öffentlichen Interessen auch dem Schutz des Eingriffsadressaten; auch wenn die Regelungen hauptsächlich öffentliche Interessen verfolgen, ist bei abgrenzbarem Personenkreis in Anbetracht des Rechtsstaatsprinzips sowie Art. 19 IV GG stets die Auslegung vorzugswürdig, die den Betroffenen subjektive Rechte zuspricht; nach der Schutznormtheorie sind Zuständigkeitsregelungen damit subjektiv berechtigend. Ebenfalls ein subj. Recht bejahend u. a.: OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2006, 378 (379 f.); OVG Lüneburg, B. v. 16.01.2014, Az.: 11 ME 313/13, JURIS, Rn. 5 ff, 12; BVerwGE 21, 352 (353); 30, 138 (139, 145); BVerwG, DÖV 1972, 173 (173). So auch: Ramsauer, in: Kopp / Ramsauer, VwVfG, 2018, § 46 Rn. 23; Peuker, in: Knack / Henneke, VwVfG, 2014, § 46 Rn. 23; Sennekamp, in: Fehling / Kastner / Störmer, VerwR, 2016, § 42 VwGO Rn. 52; Emmenegger, in: Fehling / Kastner / Störmer, VerwR, 2016, § 113 VwGO Rn. 41; Schenke, in: Kopp / Schenke, VwGO, 2018, § 42 Rn. 84, 156; Wahl, in: Schoch / Schneider / Bier, VwGO I, St.:  (Grundwerk)/09.2018, Vorb. zu § 42 II Rn. 116; Wahl / Schütz, in: Schoch / Schneider / Bier, VwGO I, St.: (Grundwerk)/09.2018, § 42 II Rn. 48 f.; Schmidt-Aßmann, Allg. VerwR als Ordnungsidee, 2006, Kap. 4 Rn. 60. Zur Begründung einer subjektiven Rechtsverletzung durch Missachtung einer sachlichen Zuständigkeitsregel kann ebenso die Elfes-Rechtsprechung und die darauf fußende Adressatentheorie herangezogen werden; diese spricht Jedem bei belastenden Maßnahmen aus Art. 2 I GG ein Recht auf Schutz vor formell wie materiell ungesetzlichem Handeln der Behörden zu; siehe u. a.: BVerfGE 6, 32 (37, 41) [Elfes-Urteil]; 9, 83 (88); 19, 206 (215); 29, 402 (408); 33, 44 (48); 42, 20 (27 f.); 51, 77 (95); 112, 1 (21). Siehe ebenfalls: Emmenegger, in: Fehling / Kastner / Störmer, VerwR, 2016, § 113 VwGO Rn. 41; Erichsen, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 1989, Bd. VI, § 152 Rn. 45; Papier, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 2010, Bd. VIII, § 177 Rn. 53; Sennekamp, in: Fehling / Kastner / Störmer, VerwR, 2016, § 42 VwGO Rn.  51; Nedden, VR 1985, 369 (369); Wolff, in: Sodan / Ziekow, VwGO, 2018, § 113 Rn. 35 ff. 251 Siehe z. B. Kautz, GewArch 2000, 230 (233); Guckelberger, Die Verwaltung 2002, 61 (65); Rebe, in: Korte / Rebe, NV, 1986, S. 237. 252 S. o.: S. 85. Siehe auch: Verfassungsausschuss, Nds.LT, 1. WP, 9. Sitzung v. 07.11.1950, in: VNV v. 13.04.1951, Band I, S. 172. 253 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 25.11.1992, Drs. 12/4140 S. 45.

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Bindung der Gerichte unberücksichtigt, könnte dem eine Verwaltungsvorschrift daher nur genügen, wenn eine geschlossene Normenkette auf diese verweist, die Verwaltungsvorschrift selber die Ermächtigung zum außenwirksamen Erlass benennt und man zumindest eine Publikationspflicht in einem offiziellen Presseorgan für Verwaltungsvorschriften begründet, die Außenwirkung in Anspruch nehmen wollen. Den AB NGefAG fehlt aber nicht nur ein solcher Verweis auf eine Rechtsgrundlage, sondern es mangelt, wie aufgezeigt, bereits an einer Ermächtigung durch formelles Gesetz. Zudem fehlt es dem hier thematisierten Gemeinsamen Runderlass bereits am Willen, außenwirksames Recht zu erzeugen. Der erste Erlass254 trat mit Ablauf des 31.12.2014 außer Kraft, während der nachfolgende255 erst am 15.02.2015 erging; vom 01.01.2015 bis zum 14.02.2015 war lediglich ein interner Zwischenerlass in Kraft.256 Eine solche Praxis kann den rechtsstaatlichen Erfordernissen jedoch nicht genügen und zeigt zugleich, dass die Regelungen nicht an den Bürger, sondern allein an die Verwaltung adressiert sind;257 eine unmittelbare Außenwirkung von den Vorschriften somit auch nicht bezweckt ist. Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die hier in Rede stehenden Runderlässe258 hinsichtlich der organisatorischen Regelungen keine Außenwirkung entfalten, sondern einzig im Innenverhältnis verbindlich sind. Eine Außenwirkung von organisatorischen Verwaltungsvorschriften kann gemäß dem Grundsatz „keine Gleichheit im Unrecht“ auch nicht über Art. 3 I GG i. V. m. einer Verwaltungspraxis mittelbar entstehen.259 Denn wie aufgezeigt obliegt die Entscheidungsgewalt über die Organisation der öffentlichen Verwaltung und damit auch der Zuständigkeitsregelungen gem. Art. 38 I, 37 II Nr. 1 NV der Landesregierung als Kollegialorgan; eine Delegation auf einzelne Ministerien liegt im vorliegenden Fall nicht vor.260 Eine Verwaltungspraxis, die auf Grundlage einer Verwaltungsvorschrift des MI eigenständig eine ungeregelte Zuständigkeit an sich zieht, verstößt folglich gegen diese Zuweisung und ist somit als „Unrecht“ zu klassifizieren. Eine solche kann daher auch keine mittelbare Außenwirkung über Art. 3 I GG entfalten.

254

Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515 ff (­VORIS 21011); außer Kraft mit Ablauf des 31.12.2014, siehe: Bek. d. StK v. 09.12.2014, Nds. MBl. Nr. 47/2014, S.  963 [­VORIS]. 255 Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258 ff (­VORIS 21011). 256 So die telefonische Auskunft des zuständigen Referatsleiters des MI vom 05.01.2015. 257 Siehe hierzu z. B.: Kautz, GewArch 2000, 230 (233); Guckelberger, Die Verwaltung 2002, 61 (65). 258 Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258 ff (­VORIS 21011); RdErl. d. MI v. 16.07.1998, Nds. MBl. Nr. 31/1998, S. 1078, zu § 1 Nr. 1.2 (­VORIS 21011100000060). 259 Näheres zur mittelbaren Außenwirkung von VV über Art. 3 I GG; siehe entspr. im Folgenden: S. 91 ff. 260 S. o.: S. 84.

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bb) Verhaltenslenkende Verwaltungsvorschriften Im Übrigen handelt es sich bei den Regelungen des Erlasses um verhaltens­ lenkende Verwaltungsvorschriften. Diese untergliedern sich ihrerseits in norminterpretierende, ermessensleitende, sachverhaltsermittelnde261, gesetzesergänzende262, normkonkretisierende263 und gesetzesvertretende264 Vorschriften.265 Für die Betrachtung der Bindungswirkungen des Runderlasses von Relevanz sind jedoch lediglich die norminterpretierenden und ermessensleitenden Verwaltungsvorschriften, denn von den anderen ist in dem Erlass kein Gebrauch gemacht worden. Die Bindungswirkung von sachverhaltsermittelnden, gesetzesergänzenden, normkonkretisierenden und gesetzesvertretenden Vorschriften ist hier daher nicht näher zu behandeln. (1) Außenwirkung ermessensleitender Verwaltungsvorschriften Ermessensleitende Verwaltungsvorschriften kleiden den der Verwaltung eröffneten Entscheidungsspielraum durch die Vorgabe von Entscheidungsmaßstäben und -mustern aus.266 Sie dienen daher, ebenso wie die norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften, der Vereinheitlichung zwecks Gleichbehandlung.267 Dem zuständigen Sachbearbeiter muss jedoch  – trotz bestehender Verbindlichkeit im 261

Bei fehlender gesetzlicher Regelung; z. B. Verfahrensregelungen, wie das Einholen von Sachverständigengutachten. Hierzu: Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 2007, Bd. V, § 104 Rn. 26. 262 Oder auch Gesetzesvertretende; sie ersetzen eine fehlende Regelung in einem normbedürftigen Bereich oder vervollständigen eine bestehende Norm und machen sie dadurch erst vollzugsreif; wie z. B. die Festsetzung der Regelsätze im Sozialhilferecht (§ 28 SGB XII in der vor dem 01.01.2011 geltenden Fassung). Siehe hierzu: Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 2007, Bd. V, § 104 Rn. 27 ff; Maurer / Waldhoff, Allg. VerwR, 2017, § 24 Rn. 14. 263 Sie legen nicht nur aus, sondern konkretisieren Generalklauseln oder unbestimmte Rechtsbegriffe, die sonst, mangels Richtwerten, Verhaltensregeln etc., nicht anwendbar wären; Konkretisierungsermächtigung muss jedoch im Gesetz angelegt sein; anerkannt vom BVerwG z. B. im Technikrecht. Siehe Näheres: BVerwGE 72, 300, (316, 320) – Wyhl; BVerwG, DVBl 1995, 516 (517); dass., NuR 1996, 522 (523); BVerwGE 107, 338 (340 ff.); 110, 216 (219); Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 2007, Bd. V, § 104 Rn. 30 ff; Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (547 f.); Remmert, JURA 2004, 728 (728, 731 ff); Jarass, JuS 1999, 105 (105, 108 ff); Kautz, GewArch 2000, 230 (231, 233 ff); Guckelberger, Die Verwaltung 2002, 61 (64 f.); Maurer / Waldhoff, Allg. VerwR, 2017, § 24 Rn. 11, 31 ff. 264 Im Bereich der „gesetzesfreien“ Leistungsverwaltung; Subventionsrichtlinien basierend auf einer groben Richtungsvorgabe im Haushaltsplan; hierzu: Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 2007, Bd. V, § 104 Rn. 33 f. 265 Näheres zu den Typisierungen insgesamt siehe: Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 2007, Bd. V, § 104 Rn. 24 ff. 266 Vgl. Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (543); Remmert, JURA 2004, 728 (728); Kautz, GewArch 2000, 230 (231); Guckelberger, Die Verwaltung 2002, 61 (64); Maurer / Waldhoff, Allg. VerwR, 2017, § 24 Rn. 13. 267 Siehe hierzu u. a.: BVerwGE 34, 278 (281).

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

Innenverhältnis268  – ein gewisser Spielraum verbleiben, um jeden Einzelfall für sich angemessen bescheiden zu können. Die Entscheidung darf folglich nicht bloßer Subsumtionsakt sein.269 Ob und in welcher Intensität eine ermessensleitende Verwaltungsvorschrift Außenwirkung besitzt, ist umstritten. (a) Unmittelbare Außenwirkung So wird teils eine unmittelbare Außenwirkung kraft originären Administrativrechts bejaht.270 Zur Begründung angeführt wird eine entsprechende Anwendung von Ermessensgrundsätzen. Denn der durch Gesetz gewährte Spielraum der Verwaltung besteht nicht nur bis zum Erlass des Bescheides. Er ist vielmehr auch im Rahmen einer späteren gerichtlichen Kontrolle gemäß § 114 VwGO zu berücksichtigen; wenn auch nur eingeschränkt. Dieser Maßstab sei daher entsprechend auch bei der Überprüfung von ermessensleitenden Verwaltungsvorschriften anzuwenden.271 Eine solche unmittelbare Außenwirkung kann jedoch nur entstehen, wenn gleichzeitig mit der Einräumung des Ermessensspielraums der Verwaltung auch die Berechtigung zum Erlass originären, außenwirksamen Administrativrechts erteilt worden ist.272 So ist es grundsätzlich Aufgabe des Gesetzgebers, das Bürger-Staat-Verhältnis festzulegen. Nur kraft gesetzlicher Delegation und aufgrund besonderer Ermächtigung, die Inhalt, Zweck und Ausmaß genauestens bestimmt, kann dieses Verhältnis nach Art. 43 I NV oder Art. 80 I GG per Verordnung außenwirksam auch durch die Verwaltung geregelt werden.273 Während die Verordnung auf den Funktionsbereich der Gesetzgebung gerichtet ist, richtet sich die Verwal­tungsvorschrift auf den Funktionsbereich der Verwaltung. Entsprechend den Grundsätzen des Vorrangs und Vorbehalts des Gesetzes (Art. 2 II, 20 III GG) ist ein Handeln der Verwaltung kraft originären Administrativrechts unstreitig immer dann ausgeschlossen, sobald ein Normierungsbedürfnis besteht oder gesetzliche Regelungen bereits getroffen worden sind.274 Im Bereich der hier relevanten Ein 268

Zu den im Innenverhältnis Verbindlichkeit entfaltenden Vorschriften, siehe oben: S. 74 ff, 77 ff. 269 So etwa auch: Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 2007, Bd. V, § 104 Rn. 25; Kirchhof, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (09.2015)/08.2018, Art. 3 I Rn. 286. 270 So u. a.: Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 2007, Bd. V, § 104 Rn. 57, 59; ders., in: Erichsen, Allg. VerwR, 1998, § 6 Rn. 51; ders., in: FS BVerwG, 1978, S. 433 (447 f.); Krebs, VerwArch 1979, 259 (271); Stober, in: Wolff / Bachof / Stober, VerwR I, 2017, § 24 Rn. 29; Stern, StaatsR II, 1980, S. 661. 271 BVerwGE 44, 1 (6); 58, 45 (51 f.); Bock, JA 2000, 390 (393 f.). 272 Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (544). 273 So u. a.: Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (544). Vgl. auch Jarass, JuS 1999, 105 (110); Wallerath, Die Selbstbindung der Verwaltung, 1968, S. 102 ff.; Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (Lfg. 24)/10.2010, Art. 84 Rn. 108; Kirchhof, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (01.2011)/08.2018, Art. 84 Rn. 176. Anders: Remmert, JURA 2004, 728 (732): die Regelung „unwesentlicher“ Fragen sei von Art. 80 I GG nicht untersagt. 274 Vgl. BVerwGE 34, 278 (282 f.); Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (544). Vgl. auch: Kautz, GewArch 2000, 230 (232); Guckelberger, Die Verwaltung 2002, 61 (65). Anders:

I. Landesrechtliche Grenzen  

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griffsverwaltung kann eine Verwaltungsvorschrift daher grundsätzlich keine unmittelbare Außenwirkung entfalten.275 (b) Mittelbare Außenwirkung durch Selbstbindung Möglicherweise könnte jedoch eine mittelbare Außenwirkung der Verwaltungsvorschriften durch eine Selbstbindung der Verwaltung über den Grundsatz der Gleichbehandlung aus Art. 3  I GG entstanden sein. Übt die Verwaltung ihr Ermessen stets in der gleichen Art und Weise aus, so bildet sich eine ständige Verwaltungspraxis. Über das Gebot der Gleichbehandlung nach Art. 3 I GG ist die Behörde daher grds. verpflichtet, die ständige Verwaltungspraxis auch bei zukünftigen Fällen fortzuführen.276 Orientiert sich die Verwaltung bei ihrem Handeln an Verwaltungsvorschriften, so beeinflussen diese mittelbar das Verwaltungsverfahren und somit das Verhältnis zum Bürger.277 Für den Bürger entsteht folglich ein Anspruch auf Gleichbehandlung aus Art. 3 I GG. Er kann daher verlangen, dass nicht ohne sachlichen Grund von der bisherigen ständigen Verwaltungspraxis und der damit übereinstimmenden Verwaltungsvorschrift abgewichen wird.278 Da die Remmert, JURA 2004, 728 (732 f.): aufgrund des hohen Bedarfs an Erläuterungen, Konkretisierungen, etc. von Rechtsnormen beim „Vollzug“ sowie der bestehenden Außenwirkung bei konkreter Anwendung des Gesetzes, sei u. U. auch die Außenwirksamkeit von Zwischenakten (VV) bereits zu bejahen (besonders bei Veröffentlichung der VV). 275 Gegen eine solche unmittelbare Außenwirkung spricht auch, dass eine Verwaltungsvorschrift sich allein an die Verwaltung richtet; sie ist gerade nicht an den Bürger adressiert; eine unmittelbare Außenwirkung kann mit ihr daher grundsätzlich nicht bezweckt sein; ein „rechts­ erzeugender Normwille“ ist somit gerade nicht gegeben. Zudem fehlt es für eine unmittelbare Außenwirkung an einer ausreichenden Bekanntgabe; wenn, erfolgt eine Veröffentlichung i. d. R. allein verwaltungsintern in Rundschreiben oder Ministerialblättern, nicht aber im Amtsblatt der Gemeinde oder Ähnlichem. Darüber hinaus sehen Art. 2 II, 51 IV NV, Art. 20 III, 97 I GG die Bindung der Gerichte an das Gesetz, nicht aber an Verwaltungsvorschriften (die eben keine Rechtsnormen sind)  vor. Vgl. auch: BVerfGE 78, 214 (227); BVerwGE 31, 149 (153); 61, 15 (18); 100, 335 (339); 107, 338 (340); 116, 332 (333); BFHE 66, 111 (112); 126, 217 (219). Ebenso: Jarass, JuS 1999, 105 (107); Kautz, GewArch 2000, 230 (232 f.); Guckelberger, Die Verwaltung 2002, 61 (65); Maunz, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (10.1996)/05.2013, Art. 80 Rn. 18. Vgl. auch: Maurer / Waldhoff, Allg. VerwR, 2017, § 24 Rn. 33. 276 BVerwGE 36, 323 (327). Hierzu näher: Dürig, in Maunz / Dürig, GG, St.: (Grundwerk)/​ 05.2015, Art. 3 I Rn. 430; Nußberger, in: Sachs, GG, 2018, Art. 3 Rn. 119; Stern, StaatsR III/1, 1988, S. 1331; Maurer / Waldhoff, Allg. VerwR, 2017, § 24 Rn. 27. 277 Vgl.: BVerwGE 35, 159 (161); 36, 323 (327); BVerwG, DVBl 1982, 195 (196 f.); BVerwGE 52, 193 (199); 100, 335 (339); 143, 50 (59). So auch: Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (545); Remmert, JURA 2004, 728 (730); Wallerath, Allg. VerwR, 2009, § 4 Rn. 47; Maurer / Waldhoff, Allg. VerwR, 2017, § 24 Rn. 26 ff; Uerpmann, BayVBl 2000, 705 (706); Jarass, JuS 1999, 105 (107 f.); Stober, in: Wolff / Bachof / Stober, VerwR I, 2017, § 24 Rn.  29; Kautz, GewArch 2000, 230 (231); Bull / Mehde, Allg. Verwaltungsrecht mit Verwaltungslehre, 2015, Rn. 233; Battis, Allg. VerwR, 2002, S. 35. 278 BVerwGE 8, 4 (10); 34, 278 (281); 44, 136 (138); 85, 163 (168); 143, 50 (59); Wallerath, Allg. VerwR, 2009, § 4 Rn. 47. Vgl.: Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (545); Maurer / Waldhoff, Allg. VerwR, 2017, § 24 Rn. 27.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

Verwaltungsvorschriften für die nachgeordneten Behörden verpflichtend sind,279 ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Verwaltung sich stets bei ihrem Handeln an den Verwaltungsvorschriften orientieren wird. Somit ist grundsätzlich eine mittelbare Außenwirkung von Verwaltungsvorschriften über Art. 3 I GG zu bejahen. Diese Bindungswirkung ist jedoch flexibel. Denn Art. 3 I GG gebietet es, individuelle Besonderheiten zu berücksichtigen.280 Eine Außenwirkung kraft Selbstbindung ist jedoch im Umkehrschluss u. U. abzulehnen, wenn sich das Handeln der Behörde nicht an der Verwaltungsvorschrift orientiert. Denn eine Selbstbindung an Verwaltungsvorschriften kann grundsätzlich erst entstehen, wenn die zuständige Behörde wenigstens einmal für sich entschieden hat, der in Rede stehenden Verwaltungsvorschrift zu folgen. Hat die handelnde Behörde für sich jedoch entschieden, die Verwaltungsvorschrift trotz ihrer Verbindlichkeit nicht zu beachten, kann die Vorschrift keine Wirkung nach außen entfalten. Denn entscheidender Anknüpfungspunkt für eine Bindungswirkung über das Gleichbehandlungsgebot gemäß Art. 3 I GG ist die faktische ständige Verwaltungspraxis und nicht die Verwaltungsvorschrift selbst.281 Fehlt aber bereits eine begründete Verwaltungspraxis, die sich an den Verwaltungsvorschriften orientiert, kann auch keine Ungleichbehandlung in Zusammenhang mit den Verwaltungsvorschriften entstehen. Anders jedoch, wer vertritt, dass in dem Erlass der Verwaltungsvorschriften selbst die Begründung einer Verwaltungspraxis zu sehen sei (antizipierte Verwaltungspraxis), da die Verwaltungsvorschriften aufgrund ihrer 279

Hierzu oben: S. 77 ff. Vgl.: BVerwGE 19, 48 (55); 33, 233 (239); BVerwG, DÖV 1979, 793 (793); BVerwGE 70, 127 (142); Stern, StaatsR III/1, 1988, S. 1358; Berg, JuS 1980, 418 (419); Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (545); Kautz, GewArch 2000, 230 (232). Vgl. auch: Maurer / Waldhoff, Allg. VerwR, 2017, § 24 Rn. 29. Nicht nur die Verwaltungspraxis, sondern auch die VV können daher aus sachlichen, willkürfreien Gründen für die Zukunft geändert werden; die eine veröffentlichte VV abändernde neue VV braucht dabei nicht zwangsläufig veröffentlicht werden; vgl.: BVerwGE 104, 220 (223 f., 227 f.). 281 BVerwGE 34, 278 (281); 35, 159 (161 ff); 44, 1 (6); 44, 136 (138); BVerwG, NJW 1979, 280 (280); BVerwGE 58, 45 (49); BVerwG, NVwZ-RR 1996, 47 (48); dass., NJW 1996, 1766 (1767); BVerwGE 104, 220 (223); BFHE 126, 217 (219); VGH Kassel, ZBR 1988, 261 (261); OVG Saarlouis, Urt. v. 15.07.1993, Az.: 1 R 11/93, JURIS, Rn. 32. Vgl. auch: BVerfGE 1, 82 (83 f.). So auch: Dürig, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (Grundwerk)/05.2015, Art. 3 I Rn. 442; Rüfner, in: BK, St.: (10.1992)/12.2018, Art. 3 I Rn. 174. Vgl.: Heun, in: Dreier, GG, 2013, Art. 3 Rn. 58; Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 2007, Bd. V, § 104 Rn. 54 mit weiteren Gründen für eine Bindungswirkung; Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (545); Remmert, JURA 2004, 728 (730); Jarass, JuS 1999, 105 (108); Kautz, GewArch 2000, 230 (232, 235); Guckelberger, Die Verwaltung 2002, 61 (66, 81); Bull / Mehde, Allg. Verwaltungsrecht mit Verwaltungslehre, 2015, Rn. 141, 233; Huber, Allg. VerwR, 1997, S. 54; Schenke / Ruthig, in: Kopp / Schenke, VwGO, 2018, § 114 Rn. 41; Stern, StaatsR III/1, 1988, S. 1358; Dürig, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (Grundwerk)/05.2015, Art. 3 I Rn. 433; Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (Lfg. 24)/​ 10.2010, Art. 84 Rn. 101; Maurer / Waldhoff, Allg. VerwR, 2017, § 24 Rn. 27; Battis, Allg. VerwR, 2002, S. 35; Bumke, Relative Rechtswidrigkeit, 2004, S. 139 f.; Wollenschläger, DVBl 2007, 589 (597); Aschke, in: Bader / Ronellenfitsch, VwVfG, 2016, § 40 Rn. 71. Für eine generelle Möglichkeit der Neubegründung siehe: BVerwGE 70, 127 (136); 104, 220 (223). 280

I. Landesrechtliche Grenzen  

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Verbindlichkeit im Innenbereich Indiz für eine zukünftige entsprechende Praxis seien.282 Ein Abweichen von der zukünftig erwarteten ständigen Praxis ohne sachlichen Grund wird dann als Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 I GG gewertet.283 Dem Betroffenen wird somit trotz tatsächlich fehlender ständiger Verwaltungspraxis ein Anspruch aus Art. 3 I GG auf Befolgung der Verwaltungsvorschrift gewährt. Dieses Abstellen auf eine lediglich durch Verwaltungsvorschriften vorgeschriebene Praxis beschränkt sich dabei jedoch nicht nur auf den sogenannten „ersten Fall“. Vielmehr soll darüber hinaus auch die tatsächliche Verwaltungspraxis nur insoweit von Relevanz für eine mittelbare Außenwirkung sein, soweit sie von dem Urheber der Verwaltungsvorschrift entweder gebilligt oder aber zumindest geduldet wird. Anders geartete Verwaltungspraxen – durch Abweichungen nachgeordneter Stellen – seien hingegen irrelevant.284 Während das Konstrukt der „antizipierten Verwaltungspraxis“ noch den Anschein erweckt, maßgeblich sei auch weiterhin für die Selbstbindung über Art. 3 I GG die Verwaltungspraxis, ist das Ergebnis in beiden Fällen gleich. Maßgeblich soll allein der Wille des Vorschriftengebers sein. Dem Betroffenen stünde demnach sowohl bei fehlender tatsächlicher Verwaltungspraxis als auch bei bestehender Praxis allein ein Anspruch aus Art. 3 I GG auf Umsetzung des von dem Urheber der Verwaltungsvorschriften Gewollten zu. Diese Ansprüche werden dabei jedoch nur auf eine fingierte Bezugsgröße statt auf eine faktische gestützt. Es wird somit im Rahmen des Art. 3 I GG miteinander verglichen, was sein „soll“ und nicht was „ist“. 282

So die Rechtsprechung, siehe u. a.: BVerwG, DÖV 1971, 748 (748); BVerwGE 52, 193 (199); BVerwG, DVBl 1982, 195 (196 f.); dass., DVBl 1982, 198 (198 f.); dass., NVwZ-RR 1996, 47 (48); VGH Mannheim, DVBl 2009, 1255 (1256 f.); OVG Münster, OVGE MüLü 31, 107 (109). Vgl. auch: Wallerath, Allg. VerwR, 2009, § 4 Rn. 47; Kautz, GewArch 2000, 230 (231); Maurer / Waldhoff, Allg. VerwR, 2017, § 24 Rn. 28. 283 BVerwGE 19, 48 (55); 52, 193 (199); BVerwG, DVBl 1982, 195 (196 f.); Wallerath, NWVBl 1989, 153 (162); Stober, in: Wolff / Bachof / Stober, VerwR I, 2017, § 24 Rn. 26; Uerpmann, BayVBl 2000, 705 (705 f.). Ablehnend aber ebenfalls: Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (546); Bull / Mehde, Allg. Verwaltungsrecht mit Verwaltungslehre, 2015, Rn. 233 ff; Scheffler, DÖV 1980, 236 (238); Nußberger, in: Sachs, GG, 2018, Art. 3 Rn. 119; Battis, Allg. VerwR, 2002, S. 35 f. Kritisch und im Einzelfall ebenfalls ablehnend: Maurer / Waldhoff, Allg. VerwR, 2017, § 24 Rn. 28. 284 Soweit sie keine Rückschlüsse auf eine dementsprechend landesweit geänderte Praxis zulassen. So u. a.: BVerwGE 34, 278 (280 f., 283 f.); 44, 72 (74 f.); 52, 193 (199); BVerwG, DVBl 1982, 195 (196 f.); BVerwGE 70, 127 (142); 71, 342 (347); 86, 55 (58); 85, 163 (168); BVerwG, NVwZ-RR 1996, 47 (48); dass., NJW 1996, 1766 (1767); BVerwGE 100, 335 (339 f.); BVerwG, DVBl 1998, 191 (193); dass., DÖD 1999, 113 (114); BVerwGE 112, 63 (67); BVerwG, ZBR 2006, 347 (349); OVG Lüneburg, B. v. 07.10.2011, Az.: 8 LA 93/11, JURIS, Rn. 6; dass., B. v. 23.01.2014, Az.: 8 LA 144/13, JURIS, Rn. 12; OVG Münster, NWVBl 2000, 184 (184); dass., B. v. 05.02.2014, Az.: 6 B 10/14, JURIS, Rn. 6; VGH  Mannheim, DVBl 2009, 1255 (1256 f.); OVG Koblenz, NVwZ-RR 2000, 522 (523); BSG, NZS 1998, 533 (535); BSGE 85, 92 (96). Vgl. ebenfalls: BVerwGE 143, 50 (59 f.). So auch: Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 40 Rn. 124 unter Verweis auf: BVerwGE 86, 55 (58). Siehe zudem: Guckelberger, Die Verwaltung 2002, 61 (81); Gerhardt, in: Schoch / Schneider / Bier, VwGO II, St.: (Grundwerk)/09.2018, § 114 Rn. 22. Anders (einzig Bindung an die Praxis): BVerfGE 116, 135 (153 f.); BVerwG, NVwZ 2003, 1384 (1384); BVerwGE 118, 379 (382 f.).

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

(aa) Fingierte oder faktische Verwaltungspraxis maßgeblich? Dass Art. 3 I GG auf einen „Soll-“ statt auf einen „Ist-“ Zustand abstellt, ist nicht überzeugend. Für eine solche Fiktion könnte im ersten Moment zwar der Umstand sprechen, dass eine Verwaltungsvorschrift u. U. bekannter als die Verwaltungspraxis ist. Dem kann jedoch zweierlei entgegengehalten werden. Zum einen werden Verwaltungsvorschriften nur selten veröffentlicht. Denn für ihre Wirksamkeit ist allein die Bekanntgabe an die Adressaten erforderlich. Ohne Veröffentlichung wird der Betroffene aber auch keine Kenntnis über einen durch die Verwaltungsvorschrift vorgesehenen Ablauf erlangen können. Sieht die Verwaltungsvorschrift für ihn günstigere Umstände vor, so kann sich der Betroffene daher bei abweichender Praxis mangels Kenntnis auch nicht auf sie berufen.285 Zum andern entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass Verwaltungsvorschriften durch Billigung oder zumindest Duldung der erlassenden Stelle jederzeit abgeändert oder gar aufgehoben werden können.286 Dies macht die Sachlage jedoch noch unübersichtlicher. Für den Betroffenen wird es schon schwer genug sein, die ständige Verwaltungspraxis zu recherchieren. Der Umstand, ob der Verwaltungsvorschriften-Urheber die Verwaltungspraxis billigt oder zumindest duldet, wird für ihn aber i. d. R. nicht ermittelbar sein. Bekannter, i. S. v. leichter ermittelbar, ist somit die tatsächliche ständige Verwaltungspraxis und nicht die „fingierte Verwaltungspraxis“. Für ein Abstellen auf den „Soll“- statt den „Ist“-Zustand könnte des Weiteren auf den ersten Blick auch die praktische Notwendigkeit einer auf einer Fiktion basierenden Gleichheitsbindung (Art. 3 I GG) sprechen.287 Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises sind nach Weisung der Fachaufsichtsbehörden zu erfüllen, so § 6 II 1 NKomVG. Es ist somit selbstverständlich, dass die nachgeordneten Behörden nicht entsprechend ihrer eigenen Wertungen tun und lassen können, was sie wollen. Sie haben sich vielmehr, soweit vorhanden, nach den Weisungen der Fachaufsichtsbehörde zu richten. Doch was resultiert aus dieser Feststellung? Dass die Fachaufsichtsbehörde nicht jedes Abweichen von Weisungen von sich aus bemerken und korrigieren kann, ist offensichtlich. Ist sie auch nicht Widerspruchsbehörde, entweder weil das Widerspruchsverfahren abgeschafft worden ist288 oder weil sie nicht zuständig ist289, so wird sie im Regelfall auch nicht durch ein aktives Handeln des Bürgers Kenntnis von einer etwaigen Schieflage erlangen. Die praktische Notwendigkeit einer Korrektur im gerichtlichen Verfahren erscheint daher zunächst einmal naheliegend. Doch wenn ein bloßer Verstoß gegen Verwaltungsvorschriften nicht einmal die Kommunalaufsichtsbehörde zum Einschreiten berechtigt,290 285

Dies kann aber auch schlicht für eine Bekanntgabepflicht sprechen. Siehe u. a.: BVerwGE 52, 193 (199); BVerwG, DVBl 1982, 195 (197); Guckelberger, Die Verwaltung 2002, 61 (81 f.). 287 So die aus der Praxis hervorgehende Argumentation. 288 So in Niedersachsen; § 80 I NJG. 289 Siehe hierzu § 73 I VwGO. 290 Vgl. u. a.: OVG Koblenz, NVwZ-RR 2007, 702 (702); Smollich, in: Blum / Baumgarten / ​ Freese, NKomVG II, St.: 12.2017/04.2018, § 170 Rn. 6. 286

I. Landesrechtliche Grenzen  

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warum sollte ein solcher dann zum Einschreiten der Gerichte berechtigen? Diese Frage bedarf hier jedoch keiner Klärung, denn bei näherer Betrachtung stellt sich heraus, dass eine Korrektur im gerichtlichen Verfahren bereits nicht erforderlich ist. Der Fachaufsichtsbehörde steht gerade im Gefahrenabwehrrecht eine sehr starke und effiziente Möglichkeit offen, ihre Weisungen selber durchzusetzen. Nach § 102 I 1 Nds. SOG kann sie einzelne Maßnahmen, wenn erforderlich, anstelle der zuständigen Gefahrenabwehrbehörde selber treffen.291 Hierfür bedarf sie lediglich der Kenntnis über ein Auseinanderfallen von Praxis und Weisung. Ausreichend wäre somit, wenn das jeweils angerufene Gericht der zuständigen Fachaufsichtsbehörde eine Mitteilung über die Nichtbefolgung von Weisungen zukommen ließe und sich auf eine Rechtmäßigkeitsprüfung beschränken würde, die nicht das Innenrecht über Art. 3 I GG i. V. m. einer sehr fragwürdigen Konstruktion ins Außenrecht zieht (s. o.). Die Fachaufsichtsbehörde, der allein die Letztendscheidungskompetenz über Ermessensfragen zusteht, hätte dann die Möglichkeit sich entweder für oder gegen ein Abweichen von ihrer Weisung zu entscheiden. Schließt sie sich aus sachlichen Gründen der abweichenden Praxis an, so kann sie ihre Weisung dementsprechend neu erteilen und auf diese Weise für eine einheitliche Umsetzung durch die nachgeordneten Behörden Sorge tragen. Auch eine einmal erlassene Verwaltungsvorschrift würde dem nicht entgegenstehen. Bereits die Billigung oder Duldung der abweichenden Praxis würde zumindest zu einer Abänderung, wenn nicht gar zu einer Aufhebung einer einmal erlassenen Verwaltungsvorschrift, im konkreten Fall des Runderlasses des MI und des MJ, führen.292 Hält die Fachaufsichtsbehörde aber an ihrer per Verwaltungsvorschrift erteilten Weisung fest, so kann sie selbst eine Umsetzung erzwingen, entweder durch eine bereits angesprochene Selbstvornahme nach § 102 I 1 Nds. SOG, falls die nachgeordnete Behörde eine Gefahr nicht oder nicht ausreichend gemäß einer Weisung abgewehrt hat,293 oder mithilfe von kommunalaufsichtlichen Maßnahmen im Wege der Amtshilfe (Art. 35 I GG, §§ 4–8 VwVfG i. V. m. § 1 I Nds. VwVfG) nach §§ 173 f. NKomVG i. V. m. § 171 V 3 NKomVG294, wenn die nachgeordnete 291

Näheres zur Selbstvornahme nach § 102 I 1 Nds. SOG und ihren Folgen siehe u. a.: Klaes, Selbsteintritt, 2008, S. 23 ff; dies., DVBl 2009, 1298 (1302 f.). 292 Siehe u. a.: BVerwGE 52, 193 (199); BVerwG, DVBl 1982, 195 (197); Guckelberger, Die Verwaltung 2002, 61 (81 f.). 293 Ob eine vorherige Einzelweisung der Fachaufsichtsbehörde ergehen muss oder ob eine solche aufgrund der Verwaltungsvorschriften entbehrlich ist, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Eine Entbehrlichkeit ist anzunehmen, wenn mit Ihrer Befolgung nicht gerechnet werden kann; entweder, weil die Behörde zur sachgerechten Umsetzung nicht oder nicht im erforderlichen Umfang in der Lage ist, oder deren Befolgung pflichtwidrig verweigert. So auch: OVG Lüneburg, NVwZ 1982, 385 (386); dass., OVGE MüLü 47, 330 (331 ff.); VG Lüneburg, B. v. 18.11.2005, Az.: 3 B 80/05, JURIS, Rn. 13; AB NGefAG v. 16.07.98, Nds. MBl. 31/1998, S. 1078, zu § 102 Nr. 102.1 (­VORIS 21011100000060); Saipa, Nds. SOG, St.: (10.2014)/08.2017, § 102 Rn. 1; Denninger, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. D Rn. 66; Böhrenz /​ Siefken, Nds.SOG, 2014, § 102 Rn. 1; Ipsen, Nds. KommR, 2011, Rn. 859. Siehe auch den Gesetzesentwurf v. 16.10.1979: Nds.LT-Drs. 9/1090, S. 114. 294 Nach § 171 V 3 NKomVG ist die Kommunalaufsichtsbehörde zur Unterstützung der Fachaufsicht bei der Umsetzung von Weisungen verpflichtet; allerdings ist die Kommunalaufsicht in

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

Behörde eine Maßnahme weisungswidrig angeordnet hat.295 Ordnet die Aufsichtsbehörde daraufhin einen Widerruf nach § 49 VwVfG i. V. m. § 1 I Nds. VwVfG an und bleibt die nachgeordnete Behörde dennoch untätig, so kann die Rechtsaufsichtsbehörde im Wege der Amtshilfe einen Widerruf mittels Ersatzvornahme nach § 174 II NKomVG anstelle der nachgeordneten Behörde vornehmen.296 der Wahl ihrer Mittel frei (Auswahlermessen). Mit Rücksicht auf die Entschlusskraft und Verantwortungsfreude der beaufsichtigten Behörde gem. § 170 I 3 NKomVG ist in der Regel aber wohl zunächst die weniger einschneidende Maßnahme der Beanstandung (Gesetzesverletzung = weisungswidrige Anordnung) nach § 173 NKomVG zu wählen. Diese kann zugleich mit einem Aufhebungs- und Rückabwicklungsverlangen (§ 173 I 3 NKomVG) verbunden werden. Wird die Beanstandung daraufhin von der beaufsichtigten Behörde ignoriert, kann im Nachhinein zur Anordnung und ggf. Ersatzvornahme nach § 174 NKomVG gegriffen werden. Siehe hierzu u. a. Lange, KommR, 2013, Kap. 17 Rn. 197 ff; Smollich, in: Blum / Baumgarten / Freese, NKomVG II, St.: 12.2017/04.2018, § 173 Rn. 10 ff; § 174 Rn. 1 ff; Brüning / Vogelgesang, KommAufsicht, 2009, Rn. 217, 250. 295 Eine Selbstvornahme nach § 102 I 1 Nds. SOG ist im Fall einer weisungswidrigen aber ansonsten rechtmäßigen Anordnung durch die nachgeordnete Behörde nicht anwendbar; die Befugnis zur Selbstvornahme greift nach ihrem Wortlaut einzig zur Bewältigung einer Gefahrenlage. Das Vorliegen einer Gefahr gem. § 2 Nr. 1 lit. a Nds. SOG ist jedoch bei bloß weisungswidriger aber ansonsten außenrechtskonformer Anordnung einer Maßnahme des Nds.  SOG mangels relevanter Verletzung der Rechtsordnung zu verneinen. Denn eine Verletzung ist einzig von Relevanz bzgl. des Teils der Rechtsordnung, der das Verhältnis zum Bürger nicht aber die Beziehungen der unterschiedlichen Organisationsebenen des Staates bzw. der Verwaltung zueinander regelt. Die Verletzung der §§ 6 II, 170 II NKomVG, 97 VI, I Nds. SOG durch weisungswidriges Handeln sowie u. a. die damit einhergehende Verletzung der beamtenrechtlichen Weisungsgebundenheit nach §§ 35, 1 BeamtStG, 1 Nr. 2, 7 IV, 3 III NBG, 80 VI NKomVG begründet somit keine Gefahr i. S. d. Nds. SOG. Zudem durchbricht § 102 I 1 Nds. SOG einzig die instanzielle Zuständigkeit; sie ermächtigt die höhere Behörde jedoch nicht zu einem Handeln außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der nach §§ 97, 1, 100 Nds. SOG sowie nach der ZustVO-SOG ursprünglich sachlich wie örtlich zuständigen Verwaltungs- oder Polizeibehörde. Ihre Anwendung ist vielmehr auf den Geltungsbereich nach § 3 I Nds. SOG beschränkt. Der Widerruf gem. § 49 VwVfG eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes ist jedoch eine Maßnahme des Allgemeinen Teils und nicht der Gefahrenabwehr i. S. d. Nds. SOG. Die Zuständigkeit für einen Widerruf nach § 49 VwVfG ist daher nicht durch § 102 I 1 Nds. SOG erweiterbar. Ein Einschreiten der Kommunalaufsicht ist aber dennoch möglich aufgrund der Verletzung der nach §§ 6 II, 170 II NKomVG, 97 VI, I Nds. SOG sowie u. a. nach §§ 35 BeamtStG, 1 Nr. 2, 7 IV, 3 III NBG, 80 VI NKomVG bestehenden Pflicht zur Befolgung von Weisungen. Siehe zur Selbstvornahme auch: AB NGefAG v. 16.07.98, Nds. MBl. 31/1998, S. 1078, zu § 102 Nr. 102.1 (­VORIS 21011100000060); Waechter, Polizei- und Ordnungsrecht, 2000, Rn. 288; Böhrenz / Siefken, Nds.SOG, 2014, § 102 Rn. 2; Ipsen, Nds. Polizei- und Ordnungsrecht, 2010, Rn. 715. Vgl. auch: Pieroth / Schlink / Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2016, § 8 Rn. 15; Kingreen / ​Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, § 7 Rn. 13. Zum Einschreiten der Kommunal­aufsicht: Vgl. OVG Münster, NVwZ 2003, 492 (493). Siehe auch: Lange, KommR, 2013, Kap. 17 Rn. 197; Ipsen, Nds. KommR, 2011, Rn. 860; Brüning / Vogelgesang, KommAufsicht, 2009, Rn. 325. 296 Vgl.: VGH Kassel, NVwZ-RR 1990, 96 (97); Smollich, in: Blum / Baumgarten / Freese, NKomVG II, St.: 12.2017/04.2018, § 170 Rn. 26 f.; Ipsen, NKomVG, 2011, § 174 Rn. 3; ders., Nds. KommR, 2011, Rn. 858 ff; Waechter, KommR, 1997, S. 137 Rn. 215; Burgi, KommR, 2015, § 8 Rn. 38. Ob die Durchsetzung durch die Kommunalaufsichtsbehörde infolge des Grds. der „Einheit der Aufsicht“ und / oder der Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage bei Zwangsmaßnahmen gegenüber Gebietskörperschaften mit eigenen Rechtssubjekten (Art. 57 IV, V NV, §§ 6 I, II, 170 II NKomVG) zu erfolgen hat, kann hier offenbleiben.

I. Landesrechtliche Grenzen  

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Das MI kann somit nicht nur unproblematisch die Umsetzung von fachaufsichtlichen Weisungen selber erzwingen, das tatsächliche Einschreiten per Selbst(§ 102 I 1 Nds. SOG) oder auch Ersatzvornahme (§§ 174 i. V. m. 171 V 3 NKomVG) kann vielmehr darüber hinaus auch noch als direkter Anknüpfungspunkt für eine landesweite Bindung herangezogen werden. Denn wird das MI als Aufsichtsbehörde tätig und setzt ihre Weisungen um, existiert zwangsläufig auch eine tatsächliche Handlung. Diese Handlung kann dann u. U. als erster Fall einer tatsächlichen Verwaltungspraxis gewertet werden und somit zu einer Bindung über Art. 3 I GG für den gesamten Zuständigkeitsbereich der Aufsichtsbehörde führen. Ist die Aufsichtsbehörde – wie hier – eine Landesbehörde, führt dies somit zu einer landesweiten Bindung im Außenverhältnis, auf die sich der Bürger im Einzelfall dann auch in einem zukünftigen gerichtlichen Verfahren berufen kann. Ein solch aktives Vorgehen der Aufsichtsbehörde würde somit nicht nur die gerichtliche Korrektur weisungswidrigen Handelns nachgeordneter Behörden entbehrlich machen, sondern darüber hinaus auch die auf eine bloße Fiktion gestützte Gleichheitsbindung (Art. 3 I GG). Eine solche Entbehrlichkeit kann jedoch nur durch rechtskonformes Handeln entstehen. Der gerichtliche Hinweis, der Grundlage für ein aktives Vorgehen der Aufsichtsbehörde ist, müsste daher auch in rechtlich zulässiger Weise erteilt werden dürfen. Rechtliche Bedenken hinsichtlich einer allg. Mitteilung des Gerichts an die zuständige Fachaufsichtsbehörde bestehen jedoch nicht. Regelungen, wann und unter welchen Umständen Mitteilungen rechtlich zulässig sind, finden sich im EGGVG, §§ 12 ff. Jedoch sind diese Vorschriften allein auf Mitteilungen der ordentlichen Gerichtsbarkeit sowie der Staatsanwaltschaft anwendbar, nicht aber der Verwaltungsgerichtsbarkeit.297 Auffällig ist bei diesen Regelungen dennoch, dass nur Mitteilungen, die personenbezogene Daten beinhalten, besonderen Beschränkungen unterliegen. Hieraus lässt sich schließen, dass die bloße Mitteilung über das Abweichen einer Behörde von einer Weisung jederzeit ohne Weiteres möglich ist. Rechtsvorschriften,298 die einem solchen Vorgehen entgegenstehen, sind nicht ersichtlich. Denn bei einer lediglich allgemeinen Mitteilung können keine Rechte der im Verfahren beteiligten Person verletzt werden. Die Fachaufsichtsbehörde wird bei bestehender Unkenntnis vielmehr erst durch ein Auskunftsverlangen, zu welchem sie nach § 172 II NKomVG berechtigt ist, auf den Einzelfall aufmerksam werden.299 297 Grund hierfür ist das Nichtbestehen einer vergleichbaren allg. Pflicht zur Übermittlung personenbezogener Daten. Siehe auch Gesetzesentwurf: BT, 22.05.96, Drs. 13/4709, S. 20; Mayer, in: KK-StPO, 2013, § 12 EGGVG, Rn. 2. 298 Wie z. B. §§ 25 I, 23 BDSG; die bei allg. Mitteilungen mangels Übermittlung personenbezogener Daten nicht einschlägig sind. 299 Da die Anfrage der Fachaufsichtsbehörde sich an eine ihr nachgeordnete Behörde richtet, muss das Verhältnismäßigkeitsprinzip hinsichtlich der Frage nach dem zulässigen Maß der Belastung einer Kommune in diesem Zusammenhang nicht beachtet werden; die Anfrage muss vielmehr lediglich zur Durchführung der Aufsicht erforderlich sein. Siehe hierzu: Ipsen, NKom VG, 2011, § 172 Rn. 5; Pewestorf, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 1 Rn. 111.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

In der Regel wird die Fachaufsicht jedoch bei derzeitiger Rechtsauffassung bereits im Wege der Amtsermittlungspflicht von dem Gericht im Rahmen der Sachverhaltsermittlung auf die Schieflage aufmerksam gemacht werden. Denn ob die Fachaufsicht eine Praxis billigt oder zumindest duldet, wird wohl in vielen Fällen nur durch eine Nachfrage ermittelbar sein.300 Eine gesonderte Mitteilung wird somit meist nicht mehr erforderlich sein. Entfällt die Voraussetzung der Billigung bzw. Duldung einer tatsächlichen Praxis, so kann u. U. bei der Fachaufsichtsbehörde auch die tatsächliche Praxis erfragt werden. Die Fachaufsichtsbehörde würde somit ebenfalls bereits im Wege der Sachverhaltsermittlung Kenntnis erlangen. Die Kenntnis der Fachaufsicht von der Schieflage zwischen Praxis und Weisung kann somit in der Regel im Rahmen der Sachverhaltsermittlung zwangsläufig entstehen. Sie kann ansonsten aber auch unproblematisch durch eine kurze allg. Mitteilung des Gerichts hergestellt werden. Da der Fachaufsichtsbehörde wie aufgezeigt bei Kenntnis der Sachlage eigene effiziente Wege zur Beseitigung der Schieflage offen stehen (s. o.), ist die praktische Notwendigkeit einer gerichtlichen Korrektur daher abzulehnen. Dieses Ergebnis entspricht auch dem Prinzip der Gewaltenteilung, gem. Art. 20 II 2 HS. 2 GG. Denn Ermessensentscheidungen obliegen allein der Verwaltung und somit der Exekutive. Es ist gerade nicht Aufgabe der Judikative, Ermessensentscheidungen im Ganzen zu überprüfen und damit einhergehend Innenrecht über Art. 3 I GG i. V. m. einer sehr fragwürdigen Konstruktion ins Außenrecht zu ziehen (s. o.). Die Reichweite der gerichtlichen Überprüfung soll sich vielmehr allein auf die Überschreitung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens beschränken, vgl. § 114 VwGO. Ebenfalls gegen ein Abstellen auf eine „fingierte Verwaltungspraxis“ statt auf eine tatsächliche spricht zudem bereits der Wortlaut zur Begründung einer Selbstbin­dung der Verwaltung. Die Selbstbindung über Art. 3 I GG kann nur durch „ständige Verwaltungspraxis“ entstehen.301 Die Bedeutung des Wortes „Praxis“ ist im Duden erläutert als „Aufführung, Anwendung von Gedanken, Vorstellungen, Theorien o. Ä. in der Wirklichkeit“ oder „bestimmte Art und Weise, etwas zu tun, zu handhaben“.302 Der Begriff „Praxis“ meint im Sprachgebrauch somit etwas Gelebtes, Reales nicht jedoch etwas Gewolltes und rein Fingiertes. Diesem Wortlautargument kann jedoch kein hohes Gewicht zukommen, da der betrachtete Wortlaut, „Verwaltungspraxis“, nicht Teil der Norm (Art. 3 I GG) ist, sondern lediglich der Wortlaut des bisherigen Verständnisses betreffend die Begründung einer Selbstbindung der Verwaltung betrachtet worden ist. Mit guten Argumenten kann ein solches jedoch leicht durch ein neues weiterentwickeltes Verständnis ersetzt werden. 300

So z. B. in dem Fall: BVerwGE 86, 55 (58). Anerkannt sowohl in der herrschenden Lehre als auch in der Rechtsprechung. Statt vieler: Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 40 Rn. 105. 302 So Duden online, abgerufen unter URL: http://www.duden.de/rechtschreibung/Praxis​ #Bedeutung1a (Stand: 27.03.2014). 301

I. Landesrechtliche Grenzen  

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Gegen ein Abstellen auf den „Soll-“ Zustand spricht ferner, dass Art. 3 I GG allein die Gleichheit vor dem „Gesetz“ gewährt. Hält man aber m. E. zu Recht daran fest, dass Verwaltungsvorschriften keine Rechtsnormen303, sondern bloßes Innenrecht darstellen, so kann hier nicht der lediglich von einer Verwaltungsvorschrift ausgehende „Soll“-Zustand relevant sein.304 Ein Abstellen auf eine bloße Fiktion führt zu einer tatsächlichen Verbindlichkeit der Verwaltungsvorschriften auch gegenüber dem Bürger und somit faktisch zu einer unmittelbaren Außenwirkung. Denn es ist trotz Gehorsamspflicht nicht sicher, dass eine Verwaltungsvorschrift im Späteren auch tatsächlich im Außenverhältnis von der Verwaltung befolgt wird. Die Außenwirkung ergibt sich somit nicht länger aus Art. 3 I GG, sondern wird vielmehr allein auf den Willen des Verwaltungsvorschriften-Urhebers gestützt.305 Eine solche unmittelbare Außenwirkung soll den Verwaltungsvorschriften jedoch auch nach ganz herrschender Meinung gerade nicht zukommen.306 (bb) Zwischenergebnis Für eine Selbstbindung der Verwaltung muss somit vielmehr allein der tatsächlich bestehende gesetzeskonforme Zustand maßgeblich sein, der dann mittelbar im Regelfall auch den Verwaltungsvorschriften eine Außenwirkung zukommen lässt (s. o.).307

303 Dieser Begriff wird unterschiedlich verwendet. Im Rahmen dieser Arbeit ist stets Rechtsnorm im engeren Sinne gemeint: Regelung mit unmittelbarer Außenwirkung; siehe Näheres oben: S. 80 f., Fn. 222. 304 So auch: Dürig, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (Grundwerk)/05.2015, Art. 3 I Rn. 432, 442; Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (546). Vgl. ebenfalls: Wallerath, Die Selbstbindung der Verwaltung, 1968, S. 104 f.; Maurer / Waldhoff, Allg. VerwR, 2017, § 24 Rn. 28: keine Außenwirkung, wenn dem ersten streitigen Fall kein Zweiter folgt; Battis, Allg. VerwR, 2002, S. 35 f. So auch: BVerwGE 5, 1 (8 f.); 34, 278 (283 f.); BVerwG, NJW 1980, 75 (75); dass., DVBl 1982, 195 (197); dass., InfAuslR 1984, 268 (269); dass., DVBl 1986, 110 (111); BVerwGE 112, 63 (67); BSGE 85, 92 (96); OVG Lüneburg, Urt. v. 15.04.1992, Az.: 7 L 3790/91, JURIS, Rn. 54; OVG Münster, NWVBl 2000, 184 (184); Guckelberger, Die Verwaltung 2002, 61 (81 f.); Jarass, JuS 1999, 105 (108); Kautz, GewArch 2000, 230 (235). 305 So u. a. auch: Bull / Mehde, Allg. Verwaltungsrecht mit Verwaltungslehre, 2015, Rn. 233. 306 Siehe oben: S. 89 ff. mit Verweis auf a. A. Ebenso: Dürig, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (Grundwerk)/05.2015, Art. 3 I Rn. 442; Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (546). Siehe auch: Nußberger, in: Sachs, GG, 2018, Art. 3 Rn. 119; Bull / Mehde, Allg. Verwaltungsrecht mit Verwaltungslehre, 2015, Rn. 233 ff; Battis, Allg. VerwR, 2002, S. 34–36. Zur Verbindlichkeit Bürger-Verwaltung: Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 2007, Bd. V, § 104 Rn. 41 ff.; ders., DVBl 1981, 857 (859); Stober, in: Wolff / Bachof / Stober, VerwR I, 2017, § 24 Rn. 29. Vgl. ebenso: Remmert, JURA 2004, 728 (730). 307 So auch: OVG Saarlouis; Urt. v. 15.07.1993, Az.: 1 R 11/93, JURIS, Rn. 32; Ko, Verwaltungsvorschriften als Außenrecht, 1991, S. 21; Dürig, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (Grundwerk)/​ 05.2015, Art. 3 I Rn. 433; Guckelberger, Die Verwaltung 2002, 61 (81). Vgl. auch: Wallerath, Die Selbstbindung der Verwaltung, 1968, S. 105 ff.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

Verwaltungsvorschriften können somit m. E. höchstens ein durch die tatsächliche Praxis widerlegbares Indiz für eine zukünftige ständige Verwaltungspraxis darstellen.308 Denn der zuständige Amtswalter darf aufgrund seiner dienstrechtlichen Gehorsamspflicht grundsätzlich nicht von der Verwaltungsvorschrift abweichen.309 Umgekehrt mag daher ein Verstoß gegen Verwaltungsvorschriften auch ein Indiz für einen Verstoß gegen die Verwaltungspraxis sein. Wird jedoch eine neue, von der Verwaltungsvorschrift abweichende Praxis begründet oder wurde die Verwaltungsvorschrift zu keiner Zeit in die Praxis umgesetzt, kann es auch keine mittelbare Außenwirkung geben. So ist spätestens mit dem ersten Verwaltungsverfahren, welches von der zuständigen Behörde im Widerspruch zu der Vorschrift sowie dem Willen des Vorschriftengebers beschieden wird, eine neue Verwaltungspraxis begründet, wenn dies mit der Absicht geschieht, alle zukünftigen Fälle ebenfalls nach dem neuen Maßstab zu bescheiden.310 (cc) Zulässigkeit und Gebot einer Neubegründung der faktischen Verwaltungspraxis Eine solche Neubegründung stellt keinen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot dar, da im Nachfolgenden alle weiteren Verwaltungsverfahren nach den gleichen Grundsätzen beschieden werden sollen.311 Auch muss eine solche generelle Neubegründung zulässig sein, da eine Reaktion auf neu erlangte Erfahrungen oder eine Anpassung an einen Wandel der Rahmenbedingungen sonst nicht möglich wäre.312 Eine Neubegründung für die Zukunft ist somit nicht nur gerechtfertigt, sondern geboten, wenn ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung besteht.

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So ebenfalls: BVerwG, DÖV 1981, 679 (680); dass., InfAuslR 1984, 268 (269); dass., DVBl 1986, 110 (111); BSGE 85, 92 (96); OVG Lüneburg, Urt. v. 15.04.1992, Az.: 7 L 3790/91, JURIS, Rn. 54; Battis, Allg. VerwR, 2002, S. 35; Bull / Mehde, Allg. Verwaltungsrecht mit Verwaltungslehre, 2015, Rn. 239a, 233 ff; Starck, in: Mangoldt / Klein / Starck, GG, 2010, Art.  3  I Rn. 269; Wallerath, Die Selbstbindung der Verwaltung, 1968, S. 105 f.; Guckelberger, Die Verwaltung 2002, 61 (82). 309 So zumindest in dem hier einschlägigen Fall der intrasubjektiven Verwaltungsvorschriften; Weisungsgebundenheit der Beamten gem. §§ 35, 1 BeamtStG, 1 Nr. 2, 3 III NBG; der Angestellten gem. § 106 S. 1, 6 II GewO. Siehe auch: Jarass, JuS 1999, 105 (105 f.); Maurer / Waldhoff, Allg. VerwR, 2017, § 24 Rn. 23; § 22 Rn. 34 f.; Guckelberger, Die Verwaltung 2002, 61 (64); Dürig, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (Grundwerk)/05.2015, Art. 3 I Rn. 433. 310 Siehe u. a.: Dürig, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (Grundwerk)/05.2015, Art. 3 I Rn. 439: Neubegründung und Selbstbindung mit der ersten Entscheidung der Verwaltung. 311 Kein Verbot der Neubegründung. Vgl. u. a.: Kautz, GewArch 2000, 230 (232); Dürig, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (Grundwerk)/05.2015, Art. 3 I Rn. 446 ff; Wallerath, Die Selbstbindung der Verwaltung, 1968, S. 67 f. 312 BVerwGE 70, 127 (136); 104, 220 (223). Vgl.: Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 2007, Bd. V, § 104 Rn. 61; Dürig, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (Grundwerk)/05.2015, Art. 3 I Rn. 452.

I. Landesrechtliche Grenzen  

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Denn es gilt der Grundsatz, „keine Gleichheit im Unrecht“.313 Auch das Abstellen auf den „Ist“- statt den „Soll“-Zustand verletzt diesen Grundsatz nicht. Denn fehlt die gelebte Praxis als Mittler, der der Verwaltungsvorschrift auch im Außenverhältnis über Art. 3 I GG Verbindlichkeit verleiht, so ist die durch Verwaltungsvorschrift getroffene Regelung im Außenverhältnis irrelevant (s. o.). Wird also gegen sie verstoßen, ist in der verletzenden Handlung im Gegensatz zum Innenverhältnis im Außenverhältnis kein Unrecht zu sehen, solange sie nicht zugleich gegen bestehendes Außenrecht verstößt. (dd) Erforderliches Ausmaß einer Abweichung zur Neubegründung und Reichweite der Bindung nach Art. 3 I GG Eine Neubegründung der Verwaltungspraxis muss folglich unabhängig von den Instanzen möglich sein. Zu klären bleibt daher, welches Ausmaß eine Abweichung annehmen muss, um eine Neubegründung der Praxis herbeizuführen. Genügt für eine Neubegründung das geschlossene Abweichen einer Behörde oder müssen alle Adressaten der Verwaltungsvorschrift abweichen, um das durch die Verwaltungsvorschrift begründete Indiz zu widerlegen?314 Ein Anspruch auf Gleichbehandlung nach Art. 3 I GG besteht nur gegenüber dem konkret zuständigen Verwaltungs­ träger.315 Denn die Selbstbindung wird allein durch das Handeln der Behörden begründet (s. o.). Die jeweils handelnde Behörde wiederum kann aber nur in ihrem Zuständigkeitsbereich für Gleichbehandlung sorgen. Die durch eine Handlung ausgelöste Bindung einer Behörde muss daher auch auf den konkreten Zuständig­

313

Vgl. hierzu: BVerfG, NVwZ 1994, 475 (476); BVerwGE 34, 278 (283 f.); 78, 280 (283); Dürig, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (Grundwerk)/05.2015, Art. 3 I Rn. 180; Stern, StaatsR III/1, 1988, S. 1332; Berg, JuS 1980, 418 (421); Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 40 Rn. 117; Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (545). Vgl. auch: Jarass, JuS 1999, 105 (110 Fn. 67); Kautz, GewArch 2000, 230 (235). Näheres zu dem Grundsatz „keine Gleichheit im Unrecht“ siehe bei: Dürig, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (Grundwerk)/05.2015, Art. 3 I Rn. 437. 314 Dass die Bindungswirkung sich allein auf den jeweils handelnden Amtswalter erstreckt, ist abwegig und wird hier daher nicht näher besprochen. So wohl auch weder in Rspr. noch Lit. vertreten; siehe u. a.: Dürig, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (Grundwerk)/05.2015, Art. 3 I Rn. 441; Wallerath, Die Selbstbindung der Verwaltung, 1968, S. 77; Puhl, in: Mellinghoff / Palm, Gleichheit im Verfassungsstaat, 2008, S. 67 (89) m. w. N. 315 Siehe: BVerfGE 1, 82 (83 ff.); 21, 54 (68); 42, 20 (27); 76, 1 (73); 79, 127 (158); BVerwGE 5, 1 (9); 70, 127 (132); 78, 192, (205); 129, 116 (120 f.). So auch: Dürig, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (Grundwerk)/05.2015, Art. 3 I Rn. 440, 442; Heun, in: Dreier, GG, 2013, Art. 3 Rn. 58; Starck, in: Mangoldt / Klein / Starck, GG, 2010, Art. 3 I Rn. 270; Wollenschläger, in: Mangoldt  / ​ Klein / Starck, GG, 2018, Art. 3 I Rn. 196; Osterloh, in: Sachs, GG, 2011, Art. 3 Rn. 81; Nußberger, in: Sachs, GG, 2018, Art. 3 Rn. 81. Vgl. auch: Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 2007, Bd. V, § 104 Rn. 63 a. E.; Ipsen, in: Neumann / Nipperdey / Scheuner, Die Grundrechte  II, 1954, S. 111 (148 Fn. 117); Wallerath, Die Selbstbindung der Verwaltung, 1968, S. 76 ff. Andere Auffassung: Kischel, in: Epping / Hillgruber, GG, 2013, Art. 3 Rn. 103 ff; Puhl, in: Mellinghoff / Palm, Gleichheit im Verfassungsstaat, 2008, S. 67 (88 ff).

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

keitsbereich des handelnden Verwaltungsträgers begrenzt sein.316 Handelt das Ordnungsamt, begrenzt sich die Bindung über Art. 3 I GG somit auf die jeweilige Gemeinde, deren Ordnungsamt tätig geworden ist. Auch die Einleitung eines Wider­spruchsverfahrens kann im Fall der PräGe nicht zu einer größeren Reichweite führen. Sieht man einmal davon ab, dass das Widerspruchsverfahren in Niedersachsen für Maßnahmen nach dem Nds. SOG abgeschafft worden ist (§ 80 I NJG), so fehlt es für eine Erweiterung der Bindung über Art. 3 I GG ebenfalls an einer gemeinsamen „Beschwerdebehörde“.317 Nach § 73 I Nr. 1, Nr. 2 VwGO i. V. m. §§ 14 V, VI, 15 II, 16 II NKomVG und § 98 S. 1 Nr. 1 und 2 Nds. SOG würde über einen im Rahmen des PräGe-Verfahrens erhobenen Widerspruch entweder der Landkreis oder erneut die Behörde, die den beanstandeten Verwaltungsakt erlassen hat, entscheiden.318 Da auch die für PräGe-Verfahren zuständigen319 kreisangehörigen Städte keinem gemeinsamen Landkreis angehören, könnte somit auch der Erlass eines Widerspruchsbescheides mangels gemeinsamer „Beschwerdebehörde“ die Bindungswirkung über Art. 3 I GG nicht erweitern. Eine landesweite Bindung über Art. 3 I GG kann vielmehr einzig über ein unmittelbar außenrechtlich relevantes Handeln des Ministeriums begründet werden. Irrelevant ist an dieser Stelle daher auch der Umstand, dass anstelle der handelnden Behörde das MI – als die der handelnden Behörde übergeordnete Fachaufsichtsbehörde – für ein einheitliches Verhalten der nachgeordneten Behörde Sorge tragen kann. Denn während zwar eine dem MI nachgeordnete Behörde nicht über ein generelles, zukünftiges Abweichen von einer bisherigen Praxis einer anderen nachgeordneten Behörde mit Wirkung für diese entscheiden kann, steht diese Entscheidungsbefugnis jedoch der gemeinsamen Fachaufsichtsbehörde zu. Für den Fall der PräGe würde dies somit bedeuten, dass wenn das zuständige Ordnungsamt für A von einer bisherigen Praxis in B abweichen möchte, es diesbezüglich die Entscheidung der gemeinsamen Fachaufsichtsbehörde einholen müsste, da es allein keinen Einfluss auf andere nachgeordnete Behörden nehmen kann. Die Entscheidung der Fachaufsichtsbehörde bzgl. der zukünftigen Praxis kann jedoch allein 316

Vgl. insb.: BVerwGE 5, 1 (9); 70, 127 (132); OVG Münster, OVGE MüLü 6, 88 (88); OVG Münster, OVGE  MüLü  9, 180 (187); OVG Koblenz, NVwZ-RR 2004, 50 (51); Dürig, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (Grundwerk) 05.2015, Art. 3 I Rn. 442 f.; Rüfner, in: BK, St.: (10.1992)/12.2018, Art. 3 I Rn. 162, 172; Ipsen, in: Neumann / Nipperdey / Scheuner, Die Grundrechte II, 1954, S. 111 (148 Fn. 117); Wallerath, Die Selbstbindung der Verwaltung, 1968, S. 76 ff. 317 Vgl. hierzu u. a.: Ipsen, in: Neumann / Nipperdey / Scheuner, Die Grundrechte II, 1954, S. 111 (148 Fn. 117). Beschwerdebehörde, hier wie auch im Folgenden, nicht im rechts-technischen Sinne einer zu erhebenden Beschwerde, sondern i. S. e. Oberbegriffs für die Behörde an die allg. die Rechtsbehelfe, wie Widersprüche, zu richten wären. 318 Beschwerdebehörde wäre nach § 73 I Nr. 1, Nr. 2 VwGO i. V. m. §§ 14 V, VI, 15 II, 16 II NKomVG und § 98 S. 1 Nr. 1 und 2 Nds. SOG für: (1) Aurich = Landkreis (LK); (2) Braunschweig = Stadt; (3) Bückeburg = LK; (4) Göttingen = Stadt; (5) Hannover = Stadt; (6) Hildesheim = Stadt; (7) Lüneburg = Stadt; (8) Oldenburg = Stadt; (9) Osnabrück = Stadt; (10) Stade = LK; (11) Verden = LK. 319 Siehe Näheres zur Zuständigkeit unter: S. 117 ff.

I. Landesrechtliche Grenzen  

103

durch Weisungen, z. B. in Form von Verwaltungsvorschriften, ergehen. Würde man die Änderung der Verwaltungspraxis aber allein von einer allg. Weisung abhängig machen, so würde die Gleichbehandlung nach Art. 3 I GG abermals einzig vom Innenrecht abhängig sein. Das aber wiederum ist mit Art. 3 I GG nicht vereinbar. Denn allein die Maßgeblichkeit des Innenrechts würde faktisch zu einer unmittelbaren Außenwirkung führen. Eine solche Wirkung können Verwaltungsvorschriften aber gerade nicht auslösen.320 Ein Verstoß gegen sie hat zwar dienstrechtliche Konsequenzen aber keine verfassungsrechtlichen.321 Eine Bindung über Art. 3 I GG hat daher nicht nur außenrechtlich relevante Folgen, sondern kann überhaupt erst durch ausschließlich außenrechtlich relevante Akte, z. B. tatsächliche Handlungen, entstehen.322 Art. 3 I GG gewährt somit allein einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Zuständigkeitsbereich der im Außenverhältnis unmittelbar verantwortlichen Behörde.323 Hier somit grds. allein im Zuständigkeitsbereich des jeweils handelnden Ordnungsamtes, gegen deren Rechtsträger (Stadt) auch evtl. Klagen zu richten sind. Nur wenn das Ministerium als oberste Fachaufsichtsbehörde die nachgeordneten Behörden nicht nur anweisen, sondern darüber hinaus durch ein unmittelbar außenrechtlich relevantes Handeln in Erscheinung treten würde, wäre eine landesweite Verbindlichkeit über Art. 3 I GG zu bejahen (s. o.).324 Ein solches unmittelbares außenrechtlich relevantes Handeln des MI als Aufsichtsbehörde ist, wie bereits dargelegt,325 auch nicht von vornherein völlig auszuschließen. So könnte eine landesweite Bindung zum einen möglicherweise durch einen Selbsteintritt der Fachaufsicht nach § 102 I 1 Nds. SOG oder aber eventuell auch durch eine Ersatzvornahme der Kommunalaufsicht im Wege der Amtshilfe nach § 174 II NKomVG i. V. m. § 171 V 3 NKomVG entstehen.326 Für eine Begrenzung des Gleichbehandlungsanspruchs aus Art. 3 I GG auf die konkret zuständige Behörde könnte auf den ersten Blick zudem die föderalistische Struktur auf Bundes- und Landesebene sowie das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen aus Art. 28 II GG sprechen.327 Diese Argumentation ist auf den 320

Siehe oben: S. 90 f. Näheres zu den Folgen eines Verstoßes unter: S. 112 ff. 322 So auch: Dürig, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (Grundwerk)/05.2015, Art. 3 I Rn. 442. Andere Auffassung: Puhl, in: Mellinghoff / Palm, Gleichheit im Verfassungsstaat, 2008, S. 67 (88 ff): ob die Maßnahme, mit der die übergeordnete Behörde einen Gleichklang der ihr nachgeordneten Behörden erreichen möchte, Innen- oder Außenrechtsqualität besitze, sei für eine Bindung über Art. 3 I GG nicht von Relevanz. 323 BVerfGE 1, 332 (346). Siehe u. a. auch: Wallerath, Die Selbstbindung der Verwaltung, 1968, S. 78 f. 324 Vgl. u. a.: Wallerath, Die Selbstbindung der Verwaltung, 1968, S. 80. 325 Siehe oben: S. 95 f. 326 Siehe oben: S. 97 f. 327 BVerfGE 10, 354 (371); 21, 54 (68); 106, 62 (145); 106, 225 (241); 114, 371 (383); Puhl, in: Mellinghoff / Palm, Gleichheit im Verfassungsstaat, 2008, S. 67 (92 f.); Boysen, Gleichheit im Bundesstaat, 2005, S. 102 f., 171. Ohne Verweis auf Art. 28 II GG die Beschränkung der Gleichheitsbindung auf den konkreten Zuständigkeitsbereich auch auf kommunaler Ebene be 321

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

hier in Rede stehenden Fall der Präventiven Gewinnabschöpfung jedoch nicht anwendbar. Sie rechtfertigt allein Unterschiede zwischen weisungsfreien, autonomen Behörden.328 Denn Voraussetzung dieser Argumentation ist nicht die bloße Zuweisung der Wahrnehmungs-, sondern der Letztentscheidungs- bzw. Sachkompetenz. Letztere steht den Behörden im PräGe-Verfahren jedoch gerade nicht zu, da diese Aufgabe nur im übertragenen Wirkungskreis und somit weisungsgebunden wahrgenommen wird.329 Schließlich spricht aber auch die Entscheidung gegen eine Organleihe auf kommunaler Ebene für eine Begrenzung des Gleichbehandlungsanspruchs aus Art. 3 I GG auf den Zuständigkeitsbereich der jeweils konkret handelnden Behörde. Denn aufgrund der Ablehnung der Organleihe handelt die kommunale Behörde funktionell wie organisatorisch als eigenständige Behörde. Statt einer Eingliederung der kommunalen Behörde in die Landesverwaltung nimmt sie die Aufgaben der Gefahrenabwehr vielmehr als Auftragsangelegenheit im übertragenen Wirkungskreis wahr (vgl. § 97 I, VI Nds. SOG i. V. m. § 6 I 1 NKomVG). Es handelt sich somit um eine eigene, wenn auch weisungsgebundene Aufgabe der Gemeinde.330 Folglich ist auch eine unmittelbare Zurechnung der Handlungen der ausführenden Behörde zum „ausleihenden Verwaltungsträger“, hier dem Land, abzulehnen.331 Gerade das Fehlen einer unmittelbaren Zurechnung spricht aber für eine alleinige Bindung der Kommune über Art. 3 I GG und nicht für eine darüber hinausgehende landesweite Bindung. Hierin liegt gerade die Konsequenz aus der Entscheidung gegen eine Organleihe. Denn mit der Entscheidung gegen eine Organleihe ging eine Verlagerung der Wahrnehmungskompetenz vom Land auf die Gemeinde einher. (ee) Zwischenergebnis Ein Anspruch auf Gleichbehandlung besteht folglich allein qua ständiger fakti­ scher Verwaltungspraxis gegenüber dem konkret handelnden Verwaltungsträger. Im Fall der Präventiven Gewinnabschöpfung handeln i. d. R. die jeweils zuständigen Ordnungsämter. Verwaltungsträger eines zuständigen Ordnungsamtes ist nach Art. 57 III NV, § 2 II NKomVG mangels anderweitiger gesetzlicher Regelungen die Gemeinde, in deren Gebiet sich das Ordnungsamt befindet. Die Sicherung der Gleichbehandlung innerhalb des gesamten Bundeslandes ist somit, auch wenn jahend: Osterloh, in: Sachs, GG, 2011, Art. 3 Rn. 81; Nußberger, in: Sachs, GG, 2018, Art. 3 Rn. 81. Siehe auch: Fastenrath, JZ 1987, 170 (173, 177). 328 So auch: Dürig, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (Grundwerk)/05.2015, Art. 3 I Rn. 444. 329 Siehe oben: S. 77 ff. 330 Maurer / Waldhoff, Allg. VerwR, 2017, § 21 Rn. 55; Peine / Siegel, Allg. VerwR, 2018, Rn. 138; Ipsen, NKomVG, 2011, § 6 Rn. 5. Näheres zu den Folgen der Ablehnung einer Organleihe, vgl. auch: Klaes, DVBl 2009, 1298 (1298 f., 1302 f.). 331 Siehe hierzu Näheres: Maurer / Waldhoff, Allg. VerwR, 2017, § 21 Rn. 54; Wallerath, Allg. VerwR, 2009, § 5 Rn. 67; Battis, Allg. VerwR, 2002, S. 77; Waechter, KommR, 1997, S. 135 Rn. 213.

I. Landesrechtliche Grenzen  

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vom Runderlass gewollt, nach Art. 3 I GG nicht erforderlich und steht einer Neubegründung der Verwaltungspraxis nicht entgegen. Es genügt somit bereits das generelle Abweichen innerhalb einer Gemeinde, um eine neue Verwaltungspraxis begründen zu können und das durch die Verwaltungsvorschrift begründete Indiz für eine bestehende Verwaltungspraxis zu widerlegen.332 Gleiches gilt, wenn ein Verwaltungsträger geschlossen eine bereits von Beginn an von der Verwaltungsvorschrift abweichende Verwaltungspraxis betreibt. Eine mittelbare Außenwirkung der Verwaltungsvorschriften ist dann im ersten Fall mit der Neubegründung oder im zweiten von Beginn an zu verneinen. Es liegt in diesen Fällen vielmehr allein ein innenrechtliches Problem vor, welches jedoch z. B. durch Disziplinarmaßnahmen behoben werden kann.333 Dies wäre auch stringent, da, so auch h. M., es sich grundsätzlich bei einer Verwaltungsvorschrift nur um Innenrecht handelt. Anders nur, wenn man den Verwaltungsvorschriften eine unmittelbare Außenwirkung zuerkennen oder auf einen von einer Verwaltungsvorschrift ausgehenden „Soll“-Zustand abstellen würde. Aus soeben dargelegten Gründen ist eine so weitgehende Außenwirkung jedoch nicht überzeugend. Sie führt zudem zu skurrilen und nicht haltbaren Ergebnissen. Wird z. B. lediglich eine Einzelweisung erteilt, so kann dies für die Weisungsgebundenen eine ebenso intensive Verbindlichkeit haben, als wenn die Weisung in Form einer Verwaltungsvorschrift erteilt worden wäre. Auch kann sie ebenso starke ermessensleitende Wirkungen entfalten. Wird diese Einzelweisung nun wiederholt erteilt, kann von ihr ebenso wie von Verwaltungsvorschriften eine „fingierte Verwaltungspraxis“ ausgehen. Während ein Verstoß gegen die Verwaltungsvorschrift den außenrechtskonformen Bescheid rechtswidrig machen könnte,334 würde hingegen der Verstoß gegen die Einzelweisungen nach bisherigem Meinungsstand die Rechtmäßigkeit eines außenrechtskonformen Bescheides nicht tangieren. Allein die Art des Erlasses durch Verwaltungsvorschrift kann aber doch nicht der Grund sein, dass in dem einen Fall bei Verstoß die Maßnahme im Außenrechtsverhältnis rechtswidrig ist und in dem anderen Fall trotz gleich intensivem Verstoß rechtmäßig bleibt. (c) Mittelbare Außenwirkung aufgrund Vertrauensschutzes Des Weiteren wird teils eine mittelbare Außenwirkung der Verwaltungsvorschriften aufgrund Vertrauensschutzes (Art. 2 I GG i. V. m. dem Rechtsstaatsprinzip) an 332 Vgl. fehlende Bindung durch Abweichung einer Landesverwaltung von einer Bundesverwaltungsvorschrift: BVerwGE 70, 127 (136); 104, 220 (223); Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 2007, Bd. V, § 104 Rn. 61; Mühlenbruch, Außenwirksame Normkonkretisierung, 1992, S. 64 f.; Tünnesen-Harmes, in: Jarass, WirtschaftsverwaltungsR, 1997, § 7 Rn. 32. 333 Vgl. u. a.: Dürig, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (Grundwerk)/05.2015, Art. 3 I Rn. 442. Dazu später Näheres: S. 112 ff. 334 Siehe hierzu auch: S. 89 ff, 112 ff.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

genommen.335 Der Vertrauensschutzgedanke ist von Verfassungsrang, denn er ist im Rechtsstaatsprinzip verankert.336 Für eine derartige Bindungswirkung muss jedoch zunächst einmal ein schutzwürdiges Vertrauen in die Verwaltungsvorschriften bestehen. Wie oben bereits festgestellt, richten sich Verwaltungsvorschriften jedoch an die Verwaltung und nicht an den Bürger. Ein vertrauenserweckendes Verhalten, dass die Verwaltungsvorschrift auch für einen außerhalb der Verwaltung stehenden Bürger Verbindlichkeit entfalten soll, liegt somit gerade nicht vor. Verwaltungsvorschriften kommen daher als Anknüpfungspunkt für ein schutzwürdiges Vertrauen des Bürgers nicht in Betracht.337 Hat die Behörde jedoch, wenn auch nur konkludent, die zukünftige Umsetzung der Verwaltungsvorschrift in Aussicht gestellt, so kann aufgrund dieser Äußerung ein schutzwürdiges Vertrauen begründet werden.338 Denn allein die Zusage ist, im Gegensatz zur Verwaltungsvorschrift, an einen außerhalb der Verwaltung stehenden Bürger adressiert. Allein sie kann somit Anhaltspunkt für ein schutzwürdiges Vertrauen sein.339 Darüber hinaus kann insbesondere bei ermessensleitenden Verwaltungsvorschriften kein schutzwürdiges Vertrauen für die Zukunft entstehen, da diese stets unter dem Vorbehalt der Änderung erlassen werden. Denn diese müssen bei Veränderungen der Sachlage oder bei neuen Erkenntnissen schnell abänderbar sein.340 Auch kann ein Vertrauen auf die Umsetzung der angeordneten Praxis doch jedenfalls nur bei bekanntgegebenen Verwaltungsvorschriften zu berücksichtigen sein, da bei fehlender Bekanntgabe ein Vertrauen mangels Kenntnis nicht entstehen kann. Doch auch eine Bekanntgabe kann an dem fehlenden Vertrauenstatbestand nichts ändern, solange trotz Bekanntgabe offensichtlich ist, dass die Verwaltungsvorschrift allein an die Behörde und nicht an Bürger gerichtet ist.341

335

Nur in seltenen Ausnahmefällen zu bejahen: Jarass, JuS 1999, 105 (108); BVerwGE 35, 159 (161 ff.); 104, 220 (223); OVG Münster, BB 1976, 1534 (1534); Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 40 Rn.  104; Di Fabio, VerwArch 1995, 214 (224 f.); Klein, in: FS Forsthoff, 1967, S. 163 (179 f.). 336 BVerfGE 49, 168, 185; 104, 220 (223). 337 So: Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (546); Maurer / Waldhoff, Allg. VerwR, 2017, § 24 Rn. 30. Andere Auffassung: siehe Fn. 335. 338 Siehe auch: Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (546); Maurer / Waldhoff, Allg. VerwR, 2017, § 24 Rn. 30. Vgl. auch: BVerwGE 35, 159 (163). 339 So: Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (546). 340 BVerwG, NJW 1980, 75 (75); BVerwGE 104, 220 (223 f.); BVerwG, DÖD 1999, 113 (114); Guckelberger, Die Verwaltung 2002, 61 (68 f.). 341 BVerwGE 104, 220 (226 ff.); OVG Münster, DVBl 1980, 648 (649). So ebenfalls: Maurer / Waldhoff, Allg. VerwR, 2017, § 24 Rn. 30. Anders BVerwG, das den Vertrauenstatbestand aufgrund bes. Umstände bejahte, jedoch ohne Verallgemeinerungsfähigkeit: BVerwGE 35, 159 (163).

I. Landesrechtliche Grenzen  

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(d) Zwischenergebnis Ermessensleitenden Verwaltungsvorschriften kommt mit Blick auf den Grundsatz des Vorrangs und Vorbehalts des Gesetzes (Art. 2 II, 20 III GG) und dem im Gefahrenabwehrrecht als Eingriffsverwaltung bestehenden Normierungsbedürfnis keine unmittelbare Außenwirkung kraft originären Administrativrechts zu. Wird kontinuierlich von den Verwaltungsvorschriften abgewichen, kann auch keine mittelbare Außenwirkung der ermessensleitenden Vorschriften – als bloßem Innenrecht  – kraft Selbstbindung über eine fingierte Verwaltungspraxis (Art. 3 I  GG) oder aufgrund Vertrauensschutzes (Art. 20 III, 28 GG) entstehen. Durch Änderung der tatsächlichen Verwaltungspraxis kann die Verwaltungsvorschrift zumindest im Außenverhältnis somit faktisch unbeachtlich gemacht werden.342 Dabei ist für eine Neubegründung der ständigen Verwaltungspraxis, die bei entsprechendem sachlichen Grund gem. dem Grundsatz „keine Gleichheit im Unrecht“ nicht nur zulässig, sondern u. U. geboten ist, bereits das Abweichen eines zuständigen Verwaltungsträgers ausreichend, wenn dies mit der Absicht geschieht, alle zukünftigen Fälle ebenfalls nach dem neuen Maßstab zu bescheiden. Denn die Bindungswirkung des Art. 3 I GG und damit verbunden der Anspruch auf Gleichbehandlung ist auf den Zuständigkeitsbereich der im Außenverhältnis unmittelbar verantwortlichen Behörde beschränkt. Anders hingegen, eine mittelbare Beachtlichkeit der Verwaltungsvorschriften begründend, wenn die Verwaltungsvorschriften tatsächlich Eingang in die Verwaltungspraxis gefunden haben. Art. 3 I GG vermittelt dann über die ständige faktische Verwaltungspraxis eine Außenwirkung, so dass ein Bescheiden entsprechend der Verwaltungsvorschrift auch von einem betroffenen Bürger bis zu einer generellen Neubegründung der Verwaltungspraxis eingeklagt werden kann. Dabei kann über Art. 3 I GG auch eine landesweite Bindungswirkung aufgrund faktischer Verwaltungspraxis erzielt werden, indem das MI als oberste Fachaufsichtsbehörde die nachgeordneten Behörden nicht nur anweist, sondern darüber hinaus durch ein unmittelbar außenrechtlich relevantes Handeln in Erscheinung tritt, mittels Selbsteintritt nach § 102 I 1 Nds. SOG oder durch Ersatzvornahme der Kommunalaufsicht im Wege der Amtshilfe nach § 174 II NKomVG i. V. m. § 171 V 3 NKomVG. (2) Außenwirkung norminterpretierender Verwaltungsvorschriften Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften dienen der Beseitigung von Zweifeln bei der Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen. Sie beschleunigen den Arbeitsablauf und gewährleisten ein gewisses Maß an Gleichbehandlung durch Vereinheitlichung.343 Hinsichtlich der Bindungswirkungen besteht insoweit Einigkeit, dass norminterpretierende Verwaltungsvorschriften keine unmittelbare 342

So auch: Kautz, GewArch 2000, 230 (235). Siehe auch: Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 2007, Bd. V, § 104 Rn. 24; Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (546); Kautz, GewArch 2000, 230 (231); Guckelberger, Die Verwaltung 2002, 61 (61, 64); Maurer / Waldhoff, Allg. VerwR, 2017, § 24 Rn. 11.

343

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

Außenwirkung entfalten.344 Denn norminterpretierende Verwaltungsvorschriften legen lediglich unbestimmte Rechtsbegriffe auf Tatbestandsebene, wie vorliegend etwa den Sachbegriff des § 26 Nds. SOG,345 näher aus. Diesbezüglich steht der Verwaltung aber, anders als im Rahmen des Ermessens, gerade kein Handlungsspielraum zu. Denn Art. 19 IV GG weist die letztverbindliche Auslegung von Tatbestandsmerkmalen grundsätzlich den Gerichten zu. Auch eine mittelbare Außenwirkung norminterpretierender Verwaltungsvorschriften über Art. 3 I GG ist grundsätzlich abzulehnen.346 Denn grundsätzlich steht der Verwaltung nicht die Letztentscheidungskompetenz bei der Auslegung von gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen zu.347 Vielmehr kann die Auslegung prinzipiell durch die Gerichte vollumfänglich entsprechend den Art. 19 IV 1, 20 III, 92 GG überprüft werden.348 Die Verwaltung ist daher nicht in der Lage, eine eigenständige fortwährende Verwaltungspraxis zu bilden. Diese ist vielmehr, mangels eines der Verwaltung eingeräumten Spielraums, bereits durch die gesetzlichen Regelungen vorgegeben.349 Dem Bürger steht aus Art. 3 I GG somit allein ein Anspruch auf Gleichbehandlung bei fehlerfreier Gesetzesanwendung zu. Eine durch Verwaltungsvorschrift vorgegebene Auslegung ist dabei jedoch irrelevant.350 Anders wiederum bei der Verwaltung eröffneten Beurteilungsspielräumen.351 Hier liegt die Letztentscheidungskompetenz bei der Verwaltung. Eine umfassende 344

So auch u. a.: BVerwGE 34, 278 (280 f.); dass., NJW 1985, 1234 (1234); Ossenbühl, in: Erichsen, Allg. VerwR, 1998, § 6 Rn. 47; Ehlers, in: Ehlers / Pünder, Allg. VerwR, 2016, § 2 Rn. 7; Bull / Mehde, Allg. Verwaltungsrecht mit Verwaltungslehre, 2015, Rn. 236; Ladeur, DÖV 2000, 217 (219); Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (546 f.); Jarass, JuS 1999, 105 (107); Maurer / Waldhoff, Allg. VerwR, 2017, § 24 Rn. 44. Vgl. auch: BVerfGE 78, 214 (227); BVerwGE 107, 338 (340); 116, 332 (333). 345 Siehe u. a., zunächst Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515, Nr. 3.1 (­VORIS 21011); nun Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258, Nr. 3.1 (­VORIS 21011): „§ 26 Nds. SOG erlaubt […] nur die Sicherstellung von Sachen i. S. des § 90 BGB. Darunter fällt Bargeld, aber kein Buchgeld“. Näheres zum Sachbegriff, siehe insb. unten: S. 145 ff. 346 BVerwGE 45, 197 (200); 34, 278 (282 ff.); 36, 313 (315); Lange, NJW 1992, 1193 (1196); Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (547); Jarass, JuS 1999, 105 (108); Bull / Mehde, Allg. Verwaltungsrecht mit Verwaltungslehre, 2015, Rn. 236; Koch, JURA 2000, 179 (181); Guttenberg, JuS 1993, 1006 (1011). Vgl. auch: Maurer / Waldhoff, Allg. VerwR, 2017, § 24 Rn. 44, 27 ff. 347 BVerfGE 61, 82 (111); Schmidt-Aßmann, Allg. VerwR als Ordnungsidee, 2006, S. 49 f.; Papier, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 2010, Bd. VIII, § 177 Rn. 69 f.; Ladeur, DÖV 2000, 217 (219); Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (547); Jarass, JuS 1999, 105 (108). Vgl. auch: Kautz, GewArch 2000, 230 (233 f.); Guckelberger, Die Verwaltung 2002, 61 (79 f.). 348 BVerfGE 78, 214 (227); BVerwGE 107, 338 (340); 116, 332 (333); Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (547); Wallerath, Allg. VerwR, 2009, § 7 Rn. 80; Erichsen, JK 89, GG, Art. 19 IV 1/13; ders., JK 93, GG, Art. 19 IV/14 a / b; Uerpmann, BayVBl 2000, 705 (705). 349 So ebenfalls: BVerwGE 34, 278 (282 f.); Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (547). 350 So auch: BVerwGE 34, 278 (281 f.). 351 Näheres zu den Voraussetzungen von Beurteilungsspielräumen siehe: BVerfGE 61, 82 (111, 114 f.); Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig, GG, St.:  (07.2014)/08.2018, Art. 19 IV Rn. 185 ff, 191 ff; Erichsen, JK 93, GG, Art. 19 IV/14 a / b.

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gerichtliche Kontrolle ist hier daher nicht möglich.352 Allein die Grundlagen der Entscheidungsfindung und das Verfahren können auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden. Die Entscheidung selbst kann jedoch nicht durch das Gericht ersetzt werden.353 Wird nun durch norminterpretierende Verwaltungsvorschrift eine bestimmte Auslegung vorgegeben und fortlaufend angewandt, so entsteht eine über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehende ständige Verwaltungspraxis. Diese begründet dann einen Anspruch des Bürgers auf Gleichbehandlung über Art. 3 I GG. Eine mittelbare Außenwirkung norminterpretierender Verwaltungsvorschriften ist im Zusammenhang mit der Verwaltung eröffneten Beurteilungsspielräumen somit zu bejahen.354 Allerdings ist den Behörden im Rahmen der §§ 26 ff Nds. SOG ein solcher Beurteilungsspielraum nicht eröffnet. Die norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften der einschlägigen und vorliegend näher betrachteten Runderlässe entfalten daher weder eine unmittelbare Außenwirkung noch eine mittelbare über Art. 3 I GG. cc) Zwischenfazit Grundsätzlich ist daher festzuhalten, dass Verwaltungsvorschriften für die der Erlassbehörde nachgeordneten Behörden verbindlich sind. Die Behörden sind somit zur Umsetzung der darin aufgeführten Regelungen prinzipiell verpflichtet.355 Darüber hinaus haben die Betroffenen unter Umständen einen einklagbaren Anspruch auf Einhaltung der per Erlass getroffenen Regelungen.356 Während den organisatorischen und den norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften der einschlägigen, näher betrachteten Runderlässe weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Außenwirkung zukommt, entfalten die ermessensleitenden Verwaltungsvorschriften, wie etwa die vom Runderlass aufgestellte Bagatellgrenze,357 soweit 352 Stern, StaatsR II, 1980, S. 763 f.; Pieroth / Klemm, JuS 1995, 780 (781); Erichsen, DVBl 1985, 22 (25); Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (547). Vgl. auch: Kautz, GewArch 2000, 230 (234 f.). 353 Sachs, in: Sachs, GG, 2018, Art. 19 Rn. 146; Erichsen, VerwR u. VerwGbkt I, 1984, S. 198 f.; Kluth, in: Wolff / Bachof / Stober, VerwR I, 2017, § 31 Rn. 15 ff; Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (547). 354 Siehe hierzu: Ossenbühl, in: Erichsen, Allg. VerwR, 1998, § 6 Rn. 47, Fn. 118; Sendler, in: FS für Ule, 1987, S. 337 (356, Fn. 91); Menger, VerwArch 1972, 213 (214); Koch / Rubel / ​ Heselhaus, Allg. VerwR, 2003, § 3 Rn. 119; Maurer / Waldhoff, Allg. VerwR, 2017, § 24 Rn. 45; Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (547); Jarass, JuS 1999, 105 (108); Sachs, in: Stelkens  / ​ Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 40 Rn. 215. 355 Siehe: S. 77 ff, 110 f. 356 Hierzu: S. 80 ff, 112 ff. 357 Siehe u. a. zunächst Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515, Nr. 3.5 (­VORIS 21011); nun Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258, Nr. 3.5 (­VORIS 21011): „[Eine präventive Sicherstellung] sollte nur dann unterbleiben, wenn der administrative Aufwand und / oder die […] Kosten […] eine Sicherstellung unverhältnismäßig erscheinen lassen. Insoweit bedarf es regelmäßig nur dann einer sorgfältigen

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

sie in die ständige faktische Verwaltungspraxis übernommen worden sind, über Art. 3 I GG mittelbare Außenwirkung, die einen einklagbaren Anspruch des Bürgers auf Gleichbehandlung begründen kann. Es stellt sich nun aber die Frage, ob diese Grundsätze auch für rechtswidrige Verwaltungsvorschriften gelten. Darüber hinaus gilt es zu klären, welche Folgen ein Abweichen von der Verwaltungsvorschrift nach sich zieht. d) Folgen einer rechtswidrigen Verwaltungsvorschrift im Innen- und Außenverhältnis Verwaltungsvorschriften, die gegen geltendes Recht verstoßen, sind prinzipiell rechtswidrig, damit unwirksam und unbeachtlich.358 Denn im Außenverhältnis führt eine rechtswidrige Verwaltungsvorschrift und eine dadurch begründete rechtswidrige Verwaltungspraxis dazu, dass der betroffene Bürger sich auch nicht mittelbar auf sie berufen kann. Ursächlich für diese Negierung einer mittelbaren Außenwirkung über Art. 3 I GG ist der Grundsatz „Keine Gleichheit im Unrecht“.359 Entsprechend dem Prinzip des Vorrangs und Vorbehalts des Gesetzes darf und vor allem kann die Verwaltung durch ihre Verwaltungspraxis keine über die bestehende obj. Rechtslage hinausgehende Eingriffsbefugnis schaffen. Ebenso kann sie in einem normbedürftigen Bereich nicht mehr gewähren als das Gesetz.360 Sieht die der Verwaltungsvorschrift entsprechende ständige Übung etwa die Nichtanwendung einer zulässigen und gebotenen belastenden Maßnahme vor, so kann sich der übungswidrig belastete Bürger daher nicht auf die „Verschonung“ anderer Personen in ansonsten gleichgelagerten Fällen berufen. Anders hingegen im Innenverhältnis. Die bloße Rechtswidrigkeit einer Verwaltungsvorschrift führt hier nicht unmittelbar auch zu einer Unbeachtlichkeit dieser Vorschrift. Denn in dem Fall der Rechtswidrigkeit ist der zuständige Sachbearbeiter gem. §§ 36, 1 BeamtStG grundsätzlich lediglich zur Remonstration befugt und verpflichtet.361 Ob eine Verwaltungsvorschrift anzuwenden ist, entscheidet sich Prüfung, […], wenn der Wert der Gegenstände im konkreten Fall in der Summe unter 500 € liegt“; Näheres zur Bagatellgrenze, später: S. 258 ff. 358 BVerwGE 34, 278 (281 f., 285 f.); 36, 323 (325); 92, 153 (154). Remmert, JURA 2004, 728 (729); Jarass, JuS 1999, 105 (106); Kautz, GewArch 2000, 230 (237); Rogmann, Bindungswirkung von Verwaltungsvorschriften, 1998, S. 231 f. Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (544): vertreten hierbei die Auffassung, dass die Rechtswidrigkeit einer innerrechtlichen Verwaltungsvorschrift nicht mithilfe eines Außenrechtsverstoßes begründet werden kann, da dieser nicht Maßstab der Überprüfung von Innenrecht sein könne. 359 Vgl.: BVerwGE 34, 278 (280 ff, 285 f.) zur NorminR und ErmlR; 36, 313 (315 ff.); 36, 323 (327); BVerwG, DÖV 1973, 135 (135): zur ErmlR; BVerwGE 45, 197 (200 f.); 92, 153 (154 f., 157): zur NorminR und ErmlR. So auch: Kautz, GewArch 2000, 230 (232); Maurer / Waldhoff, Allg. VerwR, 2017, § 24 Rn. 48; Guttenberg, JuS 1993, 1006 (1008). 360 So u. a.: BVerwGE 34, 278 (281). 361 Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (544 f.).

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maßgeblich nach der Verwerfungskompetenz. Diese geht einher mit der Geschäftsleitungsgewalt. Somit obliegt letztendlich die Entscheidung über die Anwendung, Aussetzung oder sich möglicherweise anschließende Aufhebung derselben Stelle, die auch die Verwaltungsvorschrift erlassen hat.362 Im Fall des dieser Diskussion zugrundeliegenden Runderlasses zur Präventiven Gewinnabschöpfung können somit einzig das MI und das MJ als erlassende Stelle über eine Aufhebung oder Aussetzung entscheiden. Die Gemeinde aber bleibt bis zu dieser Entscheidung zur Befolgung verpflichtet; ebenso der im Konkreten zuständige Amtswalter. Der zuständige Sachbearbeiter hat somit auch eine rechtswidrige Verwaltungsvorschrift bis zu ihrer Aussetzung oder Aufhebung durch das MI und das MJ auszuführen.363 Für die Rechtmäßigkeit seines Handelns ist er im Außenverhältnis aber dennoch grundsätzlich persönlich verantwortlich.364 Durch Remonstration kann sich der zuständige Sachbearbeiter jedoch von dieser Verantwortung befreien.365 Die aufgrund der intern bestehenden Pflicht zur Befolgung einer rechtswidrigen Verwaltungsvorschrift durch den jeweiligen Amtswalter getroffene Maßnahme, wie z. B. die „Verschonung“ trotz bestehender Pflicht zur Durchführung einer belastenden Maßnahme, kann dann aber selbstverständlich im Außenverhältnis dennoch nicht zur Begründung einer mittelbaren Außenwirkung über Art. 3 I GG herangezogen werden. Wird aufgrund einer rechtswidrigen Verwaltungsvorschrift und der internen Folgepflicht eine belastende Maßnahme getroffen, so kann diese gleichwohl im Außenverhältnis von dem Betroffenen bedenkenlos und mit guten Erfolgsaussichten angegriffen werden.366

362

So bei hierarchischer Verwaltungsstruktur: Remmert, JURA 2004, 728 (729); Jarass, JuS 1999, 105 (106); Schröder, VV in der gerichtlichen Kontrolle, 1987, S. 78 f.: zumindest bei intrasubjektiven VV. 363 Soweit sein Handeln nicht evident straf- oder ordnungswidrig wäre oder die Menschenwürde verletzten würde. Siehe für den Beamten §§ 35 S. 2–3, 36 II 3–4, 1 BeamtStG, 1 Nr. 2, 3 III NBG: „[…] allgemeine Richtlinien [seiner Vorgesetzten sind] zu befolgen“; Weisungs­ gebundenheit des Angestellten nach §§ 106 S. 1, 6 II GewO; außer es droht ein evidenter Verstoß gegen Strafrechtnormen. Vgl. bzgl. der Beamten auch: Jarass, JuS 1999, 105 (106); Guckelberger, Die Verwaltung 2002, 61 (77); Bumke, Relative Rechtswidrigkeit, 2004, S. 133. Bzgl. der Angestellten siehe auch: Battis, in: Ehlers / Fehling / Pünder, Bes. VerwR III, 2013, § 88 Rn. 41. 364 Für Beamte siehe §§ 36 I, 1 BeamtStG; anders hingegen für Angestellte; diese sind gem. §§ 106 S. 1, 6 II GewO zur Umsetzung dienstlicher Anordnungen eines Vorgesetzten verpflichtet und unterliegen dabei keiner Remonstrationspflicht i. S. d. BeamtStG, so dass sie den Vollzug einer Weisung daher grds. nicht persönlich zu vertreten haben; außer die Umsetzung würde evident gegen Strafrechtnormen verstoßen. So u. a. auch: Battis, in: Ehlers / Fehling / Pünder, Bes. VerwR III, 2013, § 88 Rn. 41; Remmert, JURA 2004, 728 (729); Jarass, JuS 1999, 105 (106). 365 Für Beamte nach §§ 36 II 3; 1 BeamtStG, 1 Nr. 2; 3 III NBG; anders aber für Angestellte: diese sind mangels Remonstrationspflicht grds. nicht persönlich verantwortlich (s. o. Fn. 364). So u. a. auch: Battis, in: Ehlers / Fehling / Pünder, Bes. VerwR III, 2013, § 88 Rn. 41; Remmert, JURA 2004, 728 (729); Jarass, JuS 1999, 105 (106). Vgl. auch: Guckelberger, Die Verwaltung 2002, 61 (77 f.). 366 Siehe oben: S. 110.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

e) Folgen der Nichtbeachtung einer rechtmäßigen Verwaltungsvorschrift Werden Verwaltungsvorschriften nicht beachtet, so bleiben sie u. U. dennoch wirksam und für den jeweils zuständigen Sachbearbeiter auch weiterhin als verbindliche Regelungen bestehen. Denn die neubegründete Verwaltungspraxis innerhalb einer Gemeinde kann kein ausreichendes Indiz für eine konkludente Änderung der Verwaltungsvorschrift sein, wenn die abweichende Stelle nicht alleiniger Adressat der Verwaltungsvorschrift ist. Der hier in Rede stehende Runderlass beabsichtigt eine einheitliche Regelung innerhalb Niedersachsens. Das abweichende Handeln eines Verwaltungsträgers kann hierbei lange unentdeckt bleiben. Von einer konkludenten Abänderung der Verwaltungsvorschrift durch Billigung oder zumindest Duldung des Vorschriften-Urhebers kann hier bei vereinzeltem Abweichen daher nicht die Rede sein. Anders hingegen, wenn geschlossen, im hier relevanten Fall somit landesweit, ständig in gleichbleibender Art und Weise von der Verwaltungsvorschrift abgewichen wird.367 Zumindest eine Duldung der erlassenden Stelle kann dann angenommen werden. Neubegründete Verwaltungspraxis und Wille des Vorschriften-Urhebers würden dann infolge der konkludenten Abänderung in Form der Anpassung an die gelebte Praxis nicht länger im Widerspruch zu einander stehen. Im Rahmen der Innenwirkung von Verwaltungsvorschriften können Verstöße gegen diese durch den Sachbearbeiter sowohl, handelt ein Beamter, durch Einleitung eines Disziplinarverfahrens368 oder, handelt ein Angestellter, durch Abmahnung und ggf. verhaltensbedingte Kündigung als auch haftungsrechtlich369 geahndet werden, denn dieser unterliegt einer durch Gesetz begründeten ­Gehorsams- und Amtswahrnehmungspflicht.370 Doch es ist fraglich, ob sich ein solcher Verstoß durch Nichtbeachtung der Verwaltungsvorschrift auch auf das Außenverhältnis negativ auswirkt. Grundsätzlich ist eine Außenwirkung von Verwaltungsvorschrif­

367

BVerwGE 52, 193 (199); Guckelberger, Die Verwaltung 2002, 61 (81 f.). Die Missachtung der Folgepflicht durch einen Beamten einer niedersächsischen Kommune stellt ein Dienstvergehen i. S. v. §§ 47 I 1, 1 BeamtStG dar. Die Verfolgung solcher Vergehen richtet sich gem. §§ 47 III, 1 BeamtStG nach dem Niedersächsisches Disziplinargesetz (NDiszG). Das NDiszG sieht gem. § 6 NDiszG verschiedene Folgemaßnahmen, wie Geldbußen (§ 8 NDiszG), vor, die zur Störungsbeseitigung geeignet sind. 369 Bei Angestellten Schadensersatz gem. §§ 280 ff, 611 BGB (z. B. aus §§ 280 I, 611 BGB bei Geltendmachung von Integritätsschäden infolge einer Pflichtverletzung durch Schlechtleistung aufgrund weisungswidrigem Handeln) sowie Schadensersatz aus unerlaubter Handlung (§§ 823 ff BGB); ggf. unter Beachtung von § 3 VI TVöD (Haftungsbegrenzung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit); bei Beamten sowohl für Eigen- als auch Fremdschäden gem. §§ 48 S. 1, 1 BeamtStG, 51 NBG. Siehe Näheres zur Haftung der Angestellten: Müller / Preis, ArbR im öff. Dienst, 2009, Rn. 523 ff. 370 Beamtenrechtliche Weisungsgebundenheit nach §§ 35, 1 BeamtStG, 1 Nr. 2, 3 III NBG, 80 VI NKomVG; Weisungsgebundenheit eines Arbeitnehmers gem. §§ 106 S. 1, 6 II GewO. So u. a.: Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 2007, Bd. V, § 104 Rn. 44; Langer, in: Wichmann / Langer, Öff. DienstR, 2018, Teil 3 Rn. 601, 667 ff. 368

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ten zu verneinen.371 Auch eine mittelbare Außenwirkung ist abzulehnen, wenn die Verwaltungsvorschrift nicht angewandt wird.372 Daher steht dem Bürger grundsätzlich auch kein Rügerecht zu, wenn die Behörde mehr verlangt als von der Verwaltungsvorschrift vorgesehen.373 Die getroffene Maßnahme bleibt somit trotz des Abweichens von der Verwaltungsvorschrift rechtmäßig, soweit kein Verstoß gegen gesetzliche Regelungen vorliegt.374 Folglich ist ein Rügerecht darüber hinaus u. U. auch bei bestehender mittelbarer Außenwirkung zu verneinen. Denn wird eine Verwaltungsvorschrift angewandt und entfaltet dadurch über Art. 3 I GG mittelbare Außenwirkung, so kann im Einzelfall ein Abweichen dennoch gerechtfertigt sein. Bestehen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht375 zwischen dem von der Vorschrift typisierend geregelten Fall und dem konkret zu entscheidenden, dass sie ein Abweichen rechtfertigen, aber nicht erzwingen können, so führt sowohl die Befolgung als auch das Abweichen von der Verwaltungsvorschrift im Außenverhältnis zu einer rechtmäßigen Maßnahme, soweit kein anderweitiger Gesetzesverstoß vorliegt.376 Gänzlich folgenlos bleibt ein abweichendes Handeln jedoch auch im Außenverhältnis nicht. Zwar kann bei lediglich mittelbarer Außenwirkung der Bürger die handelnde Behörde u. U. nicht zur Umsetzung der Verwaltungsvorschriften zwingen, jedoch kann er den infolge der Nichtbefolgung bei ihm entstandenen Schaden über den Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34  GG „liquidieren“, wenn die entsprechende Vorschrift als Tatbestandselement fungiert.377 Die getroffene Maßnahme bleibt jedoch grundsätzlich rechtmäßig. Rechtswidrig wird sie nur, wenn in der Nichtbefolgung der Verwaltungsvorschriften zugleich auch ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungs­ gebot aus Art. 3 I GG (z. B. durch Willkür) oder andere gesetzliche Regelungen (z. B. durch ermessensfehlerhafte Entscheidung) zu sehen ist.378

371

Siehe oben: S. 80 ff. Anders hingegen wer der Rspr. folgt und als maßgeblich allein die tatsächliche Praxis anerkennt, die vom Urheber der VV gebilligt oder zumindest geduldet wird (S. 92 f., vgl. ebenso: S. 105 f.). Eine Nichtbefolgung der gebilligten Praxis kann dann u. U. zu einem rechtswidrigen Unterlassen oder einer rechtswidrigen Maßnahme führen, es sei denn die Ungleichbehandlung ist durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. Vgl. u. a.: VGH Mannheim, NVwZ 1999, 547 (547); OVG Münster, B. v. 05.02.2014, Az.: 6 B 10/14, JURIS, Rn. 9: Zurückweisung einer Beschwerde gegen eine Untersagungsanordnung aufgrund der Unmöglichkeit von Rückschlüssen auf eine zumindest geduldete, landesweite Praxis. 373 Ebenso: Jarass, JuS 1999, 105 (107). Vgl. auch: Dürig, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (Grundwerk)/05.2015, Art. 3 I Rn. 442; Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 1 Rn.  212. 374 Vgl. hierzu auch: BVerfGE 116, 135 (153 f.); BVerwG, NVwZ 2003, 1384 (1384); BVerwGE 118, 379 (382 f.); 143, 50 (57 f., 60); VGH Mannheim, DVBl 2009, 1255 (1256 f.). Anders hingegen wohl der zunehmend überwiegende Teil der Rechtsprechung (s. o.). 375 So „Neue Formel“ des BVerfG: BVerfGE 55, 72 (88). Siehe auch: Herzog, in: Maunz / ­Dürig, GG, St.: (09.2015)/09.2015, Art. 3 Anh. Rn. 6 ff. 376 So auch: Kautz, GewArch 2000, 230 (232). 377 Siehe auch: Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 2007, Bd. V, § 104 Rn. 46; Dürig, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (Grundwerk)/05.2015, Art. 3 I Rn. 442 Fn. 1. 378 So u. a. ebenfalls: BVerwGE 143, 50 (58). Vgl. auch: Kautz, GewArch 2000, 230 (232). 372

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f) Zwischenfazit Es bleibt somit festzuhalten, dass sich weder der Bürger auf eine Verwaltungsvorschrift berufen kann, um aus dieser Rechte herzuleiten, noch die Behörde, um die Rechte des Bürgers zu beschränken, wenn diese nicht Eingang in die gelebte Verwaltungspraxis gefunden hat. Darüber hinaus kann auch eine in die Praxis umgesetzte Vorschrift nur Wirkung entfalten, wenn sie nicht gegen Außenrecht verstößt. Ferner endet die mittelbare Außenwirkung, wenn die Praxis eines Verwaltungsträgers von der Verwaltungsvorschrift abweicht, unabhängig davon, ob die Neubegründung die Billigung und Duldung der Erlassbehörde gefunden hat. Der zuständige Amtswalter hat jedoch bei einem eigenmächtigen Abweichen nach Art. 3 I GG im Innenverhältnis mit disziplinar- oder vertrags- und haftungsrechtlichen Konsequenzen zu rechnen. Denn die Verwaltungsvorschrift bleibt wirksam, bis sie durch zumindest konkludentes Verhalten der Erlassbehörde aufgehoben oder abgeändert wird. Im Außenverhältnis bleibt ein Verstoß gegen die Verwaltungsvorschrift, soweit die Neubegründung der Verwaltungspraxis durch sachliche Gründe gerechtfertigt war, für die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes (§ 35 VwVfG) jedoch folgenlos, wenn gesetzliche Regelungen hierdurch nicht verletzt worden sind. Denn eine Verwaltungsvorschrift kann zwar Gegenstand, nicht aber Maßstab einer gerichtlichen Kontrolle sein.379 Vergleichbares gilt für die der internen Folgepflicht entsprechenden Beachtung einer rechtswidrigen Verwaltungsvorschrift, die als „Unrecht“ zu qualifizieren ist und damit keine mittelbare Außenwirkung über Art. 3 I GG entfalten kann. Die so erlassene belastende Maßnahme kann von dem Betroffenen mit guten Erfolgsaussichten angegriffen werden. 2. Verfahrensstadium 1: Sicherstellung nach § 26 Nds. SOG Des Weiteren ist zu prüfen, ob § 26 Nr. 1 oder Nr. 2 Nds. SOG, wie vom Runderlass behauptet,380 eine taugliche Ermächtigungsgrundlage für das erste Verfahrensstadium der PräGe darstellen. Hierzu ist zunächst kurz auf die Rechtsnatur des § 26 Nds. SOG einzugehen.

379

BVerwGE 78, 214 (227). So ebenfalls: Erichsen / Klüsche, JURA 2000, 540 (544); Jarass, JuS 1999, 105 (107); Kautz, GewArch 2000, 230 (235); Erichsen, in: Erichsen, Allg. VerwR, 1998, § 17 Rn. 4; ders., JK 98, VwVfG §§ 48, 49/17; Dürig, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (Grundwerk)/05.2015, Art. 3 I Rn. 432. 380 Zunächst Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515, Nr. 3.2 (­VORIS 21011); nun Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258, Nr. 3.2 (­VORIS 21011).

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a) Rechtsnatur des § 26 Nds. SOG Die Rechtsnatur der Ermächtigungsgrundlage für die Präventive Sicherstellung inkriminierter Sachen, § 26 Nds. SOG, ist umstritten. So wird in der Sicherstellung zum einen ein Realakt,381 zum anderen ein Verwaltungsakt382 nach § 35 S. 1 VwVfG i. V. m. § 1  I  Nds. VwVfG383 mit anschließender Herausgabe oder Vollstreckung gesehen. Die Systematik des Polizeirechts deutet jedoch darauf hin, dass die Sicherstellungsnorm allein zu einer Herausgabeverfügung ermächtigen soll, die bei Bedarf mit Zwang (§§ 64 I, ff. Nds. SOG) durchgesetzt werden kann und lediglich darauf zielt, die Besitzverhältnisse vorläufig zu ändern.384 Geht man infolge des offenen Wortlauts aber davon aus, § 26 Nds. SOG sei originäre Befugnisnorm, die unmittelbar zum Handeln in Form der Wegnahme berechtige, so ist selbst nach dieser Ansicht ein vorheriges Herausgabeverlangen per Verwaltungsakt erforderlich. Denn der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet einen Vorrang der verbalen Gewalt vor der tatsächlichen. Der Vorrang basiert darauf, dass ein verbales Einschreiten im Vergleich mit einem tatsächlichen ein milderes Mittel darstellt. Es kann unter Umständen durch Aufklärung der Sachlage ein Einschreiten insgesamt entbehrlich machen oder zumindest den Ablauf bei gleicher Effizienz milder ausgestalten.385 Ist 381 OVG Münster, NVwZ-RR 2000, 429 (430); VGH München, NJW 2001, 1960 (1960). So: Rachor, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 673; Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 643 f.: bezeichnet in Rn. 644 die Sicherstellung als „einen mit einem Realakt einhergehenden Verwaltungsakt“; Böhrenz / Siefken, Nds.SOG, 2014, § 26 Rn. 4; Schwabe, NJW 1983, 369 (370); Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, Rn. 160. 382 Diese Auffassung vertretend sowohl Rechtsprechung als auch h. L. mitunter aufgrund der Formenklarheit: Siehe Rechtsprechung: OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2009, 954 (954); VG Braunschweig, NZV 2002, 343 (344); vgl. ebenso: BVerwGE 109, 203 (206); OVG Münster, DVBl 1991, 1373 (1373 f.); VGH Kassel, NJW 1999, 3793 (3793); OVG Koblenz, NVwZ-RR 1989, 299 (300); VGH München, BayVBl 1997, 634 (634): zwar Realakt annehmend, diesem allerdings dabei dennoch einen regelnden Inhalt zusprechend. Zur Literatur: Wüstenbecker, RÜ 2009, 663 (664); Waechter, Polizei- und Ordnungsrecht, 2000, Rn. 710; Gusy, Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, Rn. 286; Ipsen, Nds. Polizei- und Ordnungsrecht, 2010, Rn. 449; Kugelmann, Polizei- und Ordnungsrecht, 2012, Kap. 6 Rn. 93; Knemeyer, Polizei- und Ordnungsrecht, 2007, Rn. 251; Götz / Geis, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, § 8 Rn. 61; Ramsauer, in: Kopp / Ramsauer, VwVfG, 2018, § 35 Rn. 114; Schenke, in: Kopp / Schenke, VwGO 2018, Anh § 42 Rn. 35; Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 35 Rn. 73, 81, 96 f., § 9 Rn. 57 f. Differenziert, u. a.: Würtenberger, in: Ehlers / Fehling / Pünder, Bes. VerwR III, 2013, § 69 Rn. 195: grds. VA außer bei Abwesenheit des Betroffenen, dann Realakt; Pieper, Polizei- und OrdnungsR NRW, 2017, Rn. 399: grds. VA, in Rn. 407 die adressaten-neutrale Sicherstellung hingegen als Realakt ansehend; vgl. u. a. auch: Schoch, in: Schoch, Bes. VerwR, 2018, Kap. 1 Rn. 490, 631; Schenke / Schenke, in: Steiner / Brinktrine, Bes. VerwR, 2018, § 2 Rn. 118 ff. 383 Auf die Nennung von § 1 I Nds. VwVfG wird im Folgenden verzichtet. 384 Waechter, Polizei- und Ordnungsrecht, 2000, Rn. 710; Barthel, DVP 2005, 276 (277). 385 Pieroth / Schlink / Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2016, § 12 Rn. 10, § 19 Rn. 1; Kin­ green / ​Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, § 11 Rn. 10, § 18 Rn. 1; Rachor, in: Lisken  / ​ Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 674; Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 644; Waechter, Polizei- und Ordnungsrecht, 2000, Rn. 710; Böhrenz / Siefken, Nds.SOG, 2014, § 26 Rn. 4; Schwabe, NJW 1983, 369 (370).

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

der Aufenthaltsort einer Sache noch unbekannt, so ist die zuständige Stelle darüber hinaus nicht nur zu einem Herausgabeverlangen verpflichtet, sondern dies ist in diesem Moment auch die einzige Möglichkeit und kann unter Umständen eine aufwendige Suche entbehrlich machen.386 Ist jedoch der (letzte) Gewahrsamsinhaber abwesend oder ergibt sich aus anderen Umständen, dass eine Herausgabeanordnung z. B. aus zeitlichen Gründen nicht zum Erfolg führen kann, so gebietet der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz keine vorherige Anordnung der Sicherstellung. Die Sache kann vielmehr direkt im Wege eines Realaktes sichergestellt werden.387 Eine Vollstreckung ist bei Annahme einer Handlungsbefugnis grds. nicht erforderlich.388 Der Streit führt jedoch zu keinen wesentlichen Unterschieden bei der rechtlichen Bewertung einer Sicherstellung. Von Relevanz ist er im Wesentlichen nur hinsichtlich der Verfahrensanforderungen,389 der Erforderlichkeit einer Vollstreckung und dem möglichen Rechtsschutz. Die Frage bedarf hier daher keiner weitergehenden Klärung.390 Festzuhalten bleibt, dass beide Ansichten, Handlungsbefugnis und / oder Anordnungsbefugnis, gut vertretbar sind. Im Vorfeld der Präventiven Gewinnabschöpfung befinden sich die sicherzustellenden Sachen i. d. R. bereits infolge einer vorzeitigen Beschlagnahme nach StPO oder Ähnlichem bei der Verwahrstelle. Der Betroffene erhält dann, um die PräGe durchzuführen, i. d. R. einen schriftlichen Verwaltungsakt, indem die Sicherstellung der Sache verfügt wird.391 Die weitere Bearbeitung basiert daher auf der Auffassung, dass die Sicherstellung gemäß §§ 26, 64 II, 66 Nds. SOG per Verwaltungsakt mit evtl. anschließender Vollstreckung vorgenommen wird.

386

Rachor, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 674; Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 644. 387 Pieroth / Schlink / Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2016, § 12 Rn. 10; Kingreen / Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, § 11 Rn. 10. Vgl. auch: Böhrenz / Siefken, Nds.SOG, 2014, § 26 Rn. 4; Würtenberger, in: Ehlers / Fehling / Pünder, Bes. VerwR III, 2013, § 69 Rn. 195; Schoch, in: Schoch, Bes. VerwR, 2018, Kap. 1 Rn. 631. 388 Anders, wenn Grenze eines schwachen Eingriffs überschritten; z. B. Funktionsfähigkeit einer Sache zerstört wird; siehe: Pieroth / Schlink / Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2016, § 12 Rn. 13 f.; Kingreen / Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, § 11 Rn. 14 f. 389 Für Realakte gelten die Verfahrensvorschriften des VwVfG nicht; vgl. § 9 VwVfG. 390 Frage ebenso oftmals durch Gericht offengelassen; so z. B.: OVG Münster, OVGE MüLü 42, 109 (110); dass., NJW 1993, 2698 (2698); dass., NJW 2001, 1961 (1961); dass., OVGE MüLü 48, 152 (153). Zu den geringen Unterschieden siehe u. a. auch: Pieroth / Schlink / Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2016, § 12 Rn. 11a; Kingreen / Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, § 11 Rn. 12. Ebenfalls Frage grds. nicht entschieden: Selmer / Gersdorf, Verwaltungsvollstreckung, 1996, S. 29 ff, 64 ff; allerdings gehen Selmer / Gersdorf davon aus, dass unerheblich von der Rechtsnatur, VA oder Realakt, die Standardmaßnahme selbst zu einer Vollstreckung ohne Rückgriff auf das allg. Vollstreckungsrecht berechtige. 391 Vgl. hierzu auch: RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515 f., Nr. 1, 4.4, 5, 6.1 (­VORIS 21011); ersetzt durch den Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258 f., Nr. 1, 4.4, 5, 6.1 (­VORIS 21011).

I. Landesrechtliche Grenzen  

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b) Formelle Rechtmäßigkeit Folglich gilt es im Weiteren zu klären, ob die Gemeinden einen Sicherstellungsbescheid nach § 26 Nds. SOG zwecks Präventiver Gewinnabschöpfung, wie vom Runderlass vorgesehen, überhaupt formell rechtmäßig anordnen können.392 aa) Zuständigkeit Im Rahmen der Zuständigkeit gilt es zu beachten, dass die Aufgabe der Gefahren­ abwehr nach § 1 I 1 Nds. SOG393 der Polizei und den Verwaltungsbehörden gemeinsam zugewiesen ist. (1) Subsidiaritätsgrundsatz – § 1 II 1 Nds. SOG Dieses Konkurrenzverhältnis zwischen Polizei und Verwaltungsbehörde löst § 1 II 1 Nds. SOG jedoch auf. Danach ist das polizeiliche Handeln grundsätzlich subsidiär gegenüber dem verwaltungsbehördlichen. Denn die sachliche Zuständigkeit der Polizei besteht gemäß § 1 II 1 Nds. SOG nur in Eilfällen.394 Die Präventive Gewinnabschöpfung ist jedoch eine Maßnahme, die in der Regel nur nach einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren eingeleitet wird.395 Die Staatsanwaltschaft kann im Allgemeinen die Verwaltungsbehörden daher so frühzeitig über die Aktenlage informieren, dass diese genug Zeit hat, um einen Sicherstellungsbescheid vor der Freigabe der Sachen zu erlassen. Von einem Eilbedürfnis kann hier in der Regel daher nicht die Rede sein. Gem. §§ 1 I 1, II 1, 97 I Nds. SOG fällt eine Sicherstellung im Rahmen einer Präventiven Gewinnabschöpfung somit grundsätzlich in den primären sachlichen Zuständigkeitsbereich der Verwaltungsbehörden, damit der Ordnungsämter.396

392 Siehe RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515 f., Nr. 2, 5 (­VORIS  21011); ersetzt durch den Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258 f., Nr. 2, 5 (­VORIS 21011). 393 Seit dem 24.05.2019, inhaltlich unverändert: § 1 NPOG; durch die Reform des Nds. SOG mit Gesetz vom 20.05.2019; näheres zu deren fehlenden Auswirkungen auf die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit, siehe: S. 292 ff. 394 § 1 II 1 Nds. SOG: „[…] soweit die Gefahrenabwehr durch die Verwaltungsbehörden nicht oder nicht rechtzeitig möglich erscheint.“ 395 Siehe hierzu auch: RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515 f., Nr. 1, 4 (­VORIS 21011); ersetzt durch den Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258 f., Nr. 1, 4 (­VORIS 21011). So auch, nach Auskunft der Ordnungsämter, grds. die tatsächliche Praxis. 396 Bzgl. der Eilzuständigkeit so ebenfalls: RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515, Nr. 2.1 (­VORIS 21011); ersetzt durch den Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258, Nr. 2.1 (­VORIS 21011).

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

(2) Straftatenverhütung – § 1 I 3 Nds. SOG § 1 I 3 Nds. SOG weckt jedoch Zweifel an der prinzipiellen Richtigkeit dieser Aussage, zwar nicht im Zusammenhang mit § 26 Nr. 2 Nds. SOG, dieser dient allein dem Schutz privater Rechte, aber bzgl. einer Sicherstellung nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG, welcher lediglich eine gegenwärtige Gefahr voraussetzt. Die einer PräGe-​ Maßnahme nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG zugrundeliegende Gefahrenprognose rechnet nämlich in vielen Fällen mit einer baldigen Verwirklichung von Straftaten wie der Hehlerei oder der Begehung von BtM-Delikten.397 Dies könnte eine vorrangige Zuständigkeit der Polizei begründen. Denn nach § 1 I 3 Nds. SOG „[hat d]ie Polizei […] insbesondere auch Straftaten zu verhüten“. Satz 3 konkretisiert somit die Aufgabenverteilung nach Abs. 1 S. 1. Es stellt sich daher nun die Frage, ob sich § 1 II 1 Nds. SOG ebenfalls auf Abs. 1 S. 3 bezieht, da Satz 3 Abs. 1 S. 1 lediglich konkretisiert, oder ob eine Anwendung des Abs. 2 S. 1 auf Abs. 1 S. 3 ausgeschlossen ist. Hierbei gilt es entscheidend zu berücksichtigen, dass sich § 1 II 1 Nds. SOG in der aktuellen Fassung explizit nur noch auf Abs. 1 S. 1 bezieht. Diese Einschränkung des Abs. 2 S. 1 auf Abs. 1 S. 1 wurde nämlich erst 1994 zusammen mit den Sätzen 2 und 3 des Abs. 1 in das Gesetz eingefügt. Die gleichzeitige Einführung dieser Beschränkung des Abs. 2 S. 1 auf Abs. 1 S. 1 macht deutlich, dass der Gesetzgeber eine Einschränkung des Abs. 1 S. 3 durch Abs. 2 S. 1 gerade nicht wollte.398 Abs. 2 S. 1 ist daher eng am Wortlaut auszulegen. Eine Erstreckung auf Abs.1 S. 3 ist abzulehnen. (a) Vorrang der Polizei oder Gleichrangigkeit i. R. v. § 1 I 3 Nds. SOG? Fraglich ist dementsprechend, wonach sich im Bereich der Straftatenverhütung die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen den Verwaltungsbehörden und der Polizei richtet. Sind nach § 1 I 1 Nds. SOG Polizei und Verwaltungsbehörden mit Wegfall 397

Vgl. oben angeführtes Diagramm zu PräGe-Verfahren, aufgeteilt entsprechend den zuvor im Ermittlungsverfahren verfolgten Delikten: S. 38. 398 Satz 3 (ebenso Satz 2) wurde erst 1994 (Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung, Nds. GVBl. Nr. 04/1994, S. 71 [71]) in Abs. 1 eingefügt zur Klarstellung, dass die Straftatenverfolgungsvorsorge als auch Verhütung von Straftaten ebenso eine Aufgabe der Polizei darstellen (so Gesetzesentwurf: Nds.LT, 25.11.1992, Drs. 12/4140 S. 46; wie auch Schriftlicher Bericht: Nds.LT, 07.03.1997, Drs. 12/6395 S. 2); 2007 (Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung, Nds. GVBl. Nr. 37/2007, S. 654 [654]) wurde der Aufgabenkreis einem BVerfG-Urteil (BVerfGE 113, 348 [367 ff]) entsprechend infolge festgestellter Kompetenzwidrigkeit durch Reduzierung des Satz 3 auf die Verhütung von Straftaten begrenzt (so Gesetzesentwurf: Nds.LT, 29.05.2007, Drs. 15/3810 S. 16). Siehe hierzu u. a. auch: Gesetzesentwurf: Nds.LT, 25.11.1992, Drs. 12/4140 S. 46 f.; OVG Lüneburg, NordÖR 2009, 369 (370 f.); OVG Lüneburg, Urt.  v. 18.05.2010, Az.: 11 LC 566/09, JURIS, Rn. 53, 55; OVG Lüneburg, B. v. 16.01.2014, Az.: 11 ME 313/13, JURIS, Rn. 5; VG Hannover, NVwZ-RR 2008, 616 (616); Böhrenz / Siefken, Nds. SOG, 2014, § 1 Rn. 2, 5. Vgl. auch: Waechter, Polizei- und Ordnungsrecht, 2000, Rn. 296.

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des Subsidiaritätsgrundsatzes gem. Abs. 2 S. 1 für die Gefahrenabwehr gleichrangig zuständig oder beinhaltet Abs. 1 S. 3 eine ausschließliche Kompetenz der Polizei im Bereich der Straftatenverhütung oder jedenfalls einen Vorrang der Polizei, so dass sich der Grundsatz nach Abs. 2 S. 1 im Bereich der Straftatenverhütung umkehrt? § 1 I 3 Nds. SOG regelt einen solchen Vorrang, anders als Abs. 2 S. 1, explizit jedenfalls nicht; ebenso wenig eine ausschließliche Kompetenz der Polizei. Zudem soll Abs. 1 S. 3 nur eine deklaratorische Wirkung zukommen,399 so dass die Annahme einer gleichrangigen Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden und Polizei zunächst einmal naheliegend ist. Der Wortlaut des Abs. 1 S. 3, „[d]ie Polizei hat […] insbesondere auch Straftaten zu verhüten“, würde dann lediglich eine zu erwartende Häufigkeit wiedergeben, die u. a. dem Umstand geschuldet ist, dass z. B. im Vorfeldbereich die jeweiligen Befugnisnormen400 fast ausschließlich allein die Polizei zu einem Handeln ermächtigen. Eine solche Auslegung führt jedoch zu einer atypischen Gesetzesregelung, denn sie geht, indem sie die in der Praxis zu erwartende Verteilung prognostiziert, in gesetzesuntypischer Weise über eine rein klarstellende Funktion hinaus. Zudem benennt Abs. 1 S. 3 explizit nur „die Polizei“ und nicht, wie in Abs. 1 S. 1, auch die Verwaltungsbehörden. Die ausschließliche Benennung der Polizei im Zusammenhang mit dem Aufgabenfeld der Straftatenverhütung kann als Indiz für eine originäre Zuständigkeit der Polizei im Bereich der Straftatenverhütung und somit für eine Umkehr der regulären Verteilung nach Abs. 2 S. 1 gewertet werden. Darüber hinaus stehen Maßnahmen zur Straftatenverhütung in einem engen Zusammenhang mit Maßnahmen zur Straftatenverfolgung, für die nach der StPO ebenfalls die Polizei zuständig ist.401 Gerade im Zusammenhang mit Straftaten vereinen sich häufig i. R. v. doppelfunktionalen Maßnahmen der Polizei sogar präventive als auch repressive Zielsetzungen. Die Nähe der Straftatenverhütung zur Straftatenverfolgung spricht somit ebenfalls für einen Vorrang der Polizei nach § 1 I 3 Nds. SOG. Des Weiteren fehlen den Verwaltungsbehörden zur Straftatenverhütung i. d. R. nicht nur die erforderlichen Vollzugskräfte 402

399

So Gesetzesentwurf: Nds.LT, 25.11.1992, Drs. 12/4140 S. 42, 46; Schriftlicher Bericht: Nds.LT, 07.03.1997, Drs. 12/6395 S. 2. 400 Allein die Polizei berechtigen, insb.: §§ 12 VI [Befragung und Auskunftspflicht], 14  I [Kontrollstellen], 31 II [Datenerhebung], 32 I, III 2 Nr. 1, V Nr. 2–5 [Datenerhebung durch technische Mittel], 34 I Nr. 2, Nr. 3  [Datenerhebung durch längerfristige Observation], 37  I [Kontrollmeldung], 45 I 4 [Datenabgleich] Nds. SOG. Beide, Verwaltungsbehörde und Polizei, berechtigend, etwa: §§ 13 I Nr. 2, Nr. 3 [Identitätsfeststellung], 15 I Nr. 2 [erkennungsdienstliche Maßnahmen], 17 IV [Aufenthaltsverbot], 24 III, V [Durchsuchung v. Wohnungen], 44 II Nr. 2 [öffentliche Bekanntgabe] Nds. SOG. 401 So auch: Böhrenz / Siefken, Nds.SOG, 2014, § 1 Rn. 9. 402 Wobei dem Argument einer fehlenden Durchsetzungsmöglichkeit mangels Vollzugskräften allerdings keine hohe Relevanz zukommen kann, da die Polizei in solchen Fällen nach §§ 1 IV, 51 II 1 Nds. SOG Vollzugshilfe zu leisten hat; anders wenn der unmittelbare Zwang die Maßnahme dominiert. Zur Vollzugshilfe siehe auch: Ipsen, Nds. Polizei- und Ordnungsrecht, 2010, Rn. 723.

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und Sachkenntnisse,403 sondern auch die notwendigen Ermächtigungsgrund­ lagen.404 So sind der Polizei z. B. im Vorfeldbereich insbesondere die Informationsgewinnungsbefugnisse vorbehalten.405 Auch nach Abs. 2 S. 1 wäre daher i. d. R. ein Handeln der Polizei i. R. d. Straftatenverhütung angezeigt gewesen. Insofern trifft Abs. 1 S. 3 keine völlig neue Regelung. Schließlich war die Verhütung von Straftaten bereits von jeher Sache der Polizei.406 Mit der Regelung des Abs. 1 S. 3, die der Polizei im Bereich der Straftatenverhütung den Vorrang einräumt, wurde folglich lediglich ein schon längst anerkannter Grundsatz normiert und klargestellt. Nach § 1 I 3 Nds. SOG besitzt die Polizei im institutionellen Sinne somit die originäre Zuständigkeit im Bereich der Verhütung von Straftaten. Eine solch eindeutige Re 403 Anders als für die Tätigkeit in einer Verwaltungsbehörde sind die Grundlagen der Kriminalitätskontrolle Teil des Lehrplans eines jeden Polizeianwärters; siehe für Polizei: § 4 II 5 Gesetz zur Neuordnung der Ausbildung für den gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst in Niedersachsen v. 13.09.2007, Nds. GVBl. Nr. 28/2007, S. 444 (444) i. V. m. der Prüfungsund Studiensatzung für den Bachelorstudiengang Polizeivollzugsdienst an der Polizeiakademie Niedersachsen v. 17.08.2012, Nds. MBl. Nr. 29/2012, S. 651 ff und dem Modulhandbuch „Polizeivollzugsdienst (B. A.)“ der Polizeiakademie Niedersachsen, St.: 13.07.2015, u. a. Modul 2 S. 32 ff., abrufbar unter der URL: www.pa.polizei-nds.de/download/72280/ Modulhandbuch_2015-2016_Stand_13.07.2015.pdf (zuletzt abgerufen am 25.09.2015); für die öffentliche Verwaltung: § 35 Verordnung über die Ausbildung und Prüfung für den allgemeinen Verwaltungsdienst in den Laufbahnen der Fachrichtung Allgemeine Dienste v. 23.05.2012, Nds. GVBl. Nr. 11/2012, S. 168 (173) exemplarisch i. V. m. der Studienordnung für den Bachelorstudiengang Öffentliche Verwaltung der Hochschule Osnabrück, St.: 13.05.2013, abrufbar unter der URL: https://www.hs-osnabrueck.de/uploads/media/BA_WiSo_BOD_SO_WS_2013.pdf (zuletzt abgerufen am 25.09.2015) und dem Modulhandbuch der Hochschule Osnabrück, St.: 01.12.2014, insb. S. 2917 ff, abrufbar unter der URL: http://www.hs-osnabrueck.de/uploads/ media/MoPPS_Modulhandbuch_20141201.pdf (zuletzt abgerufen am 25.09.2015). 404 AB NGefAG v. 10.06.1994, Nds.  MBl. Nr. 23/1994, S. 996 (996 f.), zu § 1 Nr. 1.2 (­VORIS 21011100000048). Böhrenz / Siefken, Nds.SOG, 2014, § 1 Rn. 9. Ebenfalls eine bessere Sachkenntnis annehmend, daher auch bessere Eignung für Prognoseentscheidung: OVG Lüneburg, B. v. 16.01.2014, Az.: 11 ME 313/13, JURIS, Rn. 9. 405 Siehe oben: Fn. 400. So auch: AB NGefAG v. 29.11.1995, Nds. MBl. Nr. 01/1996, S. 2, zu 2. Nr. 1.2 b) (­VORIS 21011100000049); AB NGefAG v. 16.07.1998, Nds. MBl. Nr. 31/1998, S. 1078, zu § 1 Nr. 1.2 (­VORIS 21011100000060); RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515, Nr. 2.1 (­VORIS 21011); ersetzt durch den Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258, Nr. 2.1 (­VORIS 21011). Vgl. auch: Lorentz-Link, Verhältnis zwischen Polizei und Ordnungsbehörden, 1998, S. 93 f. 406 So Gesetzesentwurf: Nds.LT, 25.11.1992, Drs. 12/4140, S. 45. Siehe auch zur alten Rechtslage (Einführung des § 1 II 1 Nds. SOG): Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 09/1090 S. 53, 70: demgemäß wurde auch bereits 1979 für gewisse Teilbereiche der Gefahrenabwehr eine originäre Kompetenz der Polizei angenommen (z. B. für schlicht hoheitliches Handeln, wie Streifenfahrten, allg. Verkehrsüberwachung); zudem wurden Aufgaben im Vorfeld von Straftaten (die Beobachtung und Befragung von Personen etc.) als Teil der Gefahrenabwehr verstanden, mit dem Erfolg, dass bereits vor Einführung des § 1 I 3 Nds. SOG viele Gefahren durch die Dauerpräsenz der Polizei bereits im Keim abgewandt werden konnten. So auch, mit Ausnahme des Nebenstrafrechts: Waechter, Polizei- und Ordnungsrecht, 2000, Rn. 292; Böhrenz / Siefken, Nds.SOG, 2014, § 1 Rn. 5.

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gelung der Zuständigkeiten ist auch sowohl aus Sicht der Behörden als auch der Bürger notwendig. Andererseits könnte es bei einer Doppelzuständigkeit von Polizei und Verwaltungsbehörde u. a. zu Kompetenzschwierigkeiten und einem unnötigen Kostenaufwand durch Doppelarbeit kommen. Zudem wäre für den Bürger – trotz berechtigten Interesses – nicht klar ersichtlich, welche Behörde in seinem Fall entscheidungsbefugt ist.407 Diese Auslegung ist folglich nicht nur teleologisch geboten, sondern sie entspricht ebenfalls dem Willen des Gesetzgebers, der einzig festhalten wollte, „was schon seit jeher unumstritten war“.408 § 1 I 3 Nds. SOG räumt der Polizei somit im Bereich der Straftatenverhütung einen Vorrang ein;409 eine ausschließliche Kompetenz der Polizei begründet Satz 3 jedoch nicht.410 Denn anders, als man nach der Lektüre der Begründung des Entwurfs von 1992 annehmen könnte,411 entspricht es weder der Regelungsabsicht, noch ist es teleologisch geboten, die Verwaltungsbehörden im Bereich der Straftatenverhütung von der Aufgabenwahrnehmung völlig auszuschließen; die Verwaltungsbehörden sind daher subsidiär zuständig. Zwar werden in der Begründung des Entwurfs der Landesregierung die Verwaltungsbehörden ausdrücklich von der allgemeinen Kriminalitätsbekämpfung ausgeschlossen; da der verwendete Begriff der „allgemeinen Kriminalitätsbekämpfung“ jedoch weder legaldefiniert noch in der Kriminologie gebräuchlich ist,412 bleibt zum einen der Aussagegehalt dieser Formulierung leider im Unklaren, zum anderen wird aber auch im später folgenden Schriftlichen Bericht des Ausschusses für innere Verwaltung413 ausdrücklich erklärt, dass es gerade nicht die Regelungsabsicht des mit Abschluss des Gesetzesvorhabens neu eingefügten Satz 3 sei, die Verwaltungsbehörden von dem Aufgabenfeld der Straftatenverhütung auszuschließen, da auch Konstellationen denkbar seien, in denen die Verwaltungsbehörden Straftaten, wie eine Gewässerverunreinigung nach § 324 StGB, zu verhüten hätten. Dass es sich bei letzteren Normvorstellungen nicht lediglich um Überlegungen von am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Personen handelt, sondern diese Vorstellungen auch dem Willen des Gesetzgerbers entsprechen, zeigt sich darin, dass der Gesetzeswortlaut diesen Erwägungen entsprechend geändert worden ist. So wurde die Formulierung des Entwurfs der Landesregierung, „außerdem“, mit dem Ziel, einen Ausschluss der Verwaltungsbehörden von den Vorfeldaufgaben zu verhindern, ersetzt durch die 407

So auch: Maurer / Waldhoff, Allg. VerwR, 2017, § 21 Rn. 46. So Gesetzesentwurf: Nds.LT, 25.11.1992, Drs. 12/4140 S. 45 f. Siehe auch Schriftlicher Bericht: Nds.LT, 07.03.1997, Drs. 12/6395 S. 2. 409 So ebenfalls: OVG Lüneburg, NordÖR 2009, 369 (370); dass., Urt. v. 18.05.2010, Az.: 11 LC 566/09, JURIS, Rn. 27, 55; dass., B. v. 16.01.2014, Az.: 11 ME 313/13, JURIS, Rn. 2, 5, 8. 410 So auch: OVG Lüneburg, NordÖR 2009, 369 (371); dass., Urt. v. 18.05.2010, Az.: 11 LC 566/09, JURIS, Rn. 27; dass., B. v. 16.01.2014, Az.: 11 ME 313/13, JURIS, Rn. 5. 411 Siehe Gesetzesentwurf: Nds.LT, 25.11.1992, Drs. 12/4140 S. 46. 412 Üblicher Begriff der Kriminologie ist vielmehr die Kriminalprävention, die sich u. a. gliedert in primäre, sekundäre und tertiäre Kriminalprävention; siehe hierzu u. a.: Meier, Krimi­ nologie, 2016, § 10 Rn. 1 ff. 413 Siehe Schriftlicher Bericht: Nds.LT, 07.03.1997, Drs. 12/6395 S. 2. 408

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Wortwahl „insbesondere auch“.414 Die Vermeidung eines Ausschlusses ist für eine effektive Gefahrenabwehr auch unerlässlich. Die Kriminalprävention kann nicht allein von der Polizei bewältigt werden; sie erfordert vielmehr ein ressortübergreifendes Tätigwerden.415 § 1 I 3 Nds. SOG kehrt somit die reguläre Verteilung der Zuständigkeit nach § 1 I 1, II 1 Nds. SOG um und gewährt im Bereich der Straftatenverhütung der Polizei statt den Verwaltungsbehörden den Vorrang.416 (b) Spanne der Anwendbarkeit – begrenzt auf das Vorfeld? § 1 I 3 Nds. SOG begründet insofern zwar grds. einen Vorrang der Polizei, doch es bleibt fraglich, ob dieser Vorrang auch bei einer Sicherstellung zur Präventiven Gewinnabschöpfung einschlägig ist. Satz 3 schafft einen Aufgabenbereich noch lange bevor eine Gefahr überhaupt erst entstanden ist, um das Entstehen zu verhindern.417 Erlaubt sind im Vorfeld von Gefahren insbesondere Informationserhebungseingriffe418 (wie z. B. eine Identitätsfeststellung nach § 13 I Nr. 2–4 Nds. SOG, die Erhebung personenbezogener Daten gem. § 31 II Nds. SOG), aber auch sonstige Eingriffe zur Vermeidung der Gefahrentstehung (wie z. B. eine Sicherstellung nach § 26 Nr. 3 Nds. SOG; Aufenthaltsverbot nach § 17  IV  Nds.  SOG) oder eingriffslose Tätigkeiten (wie z. B. spez. Beratungsprogramme zur Vorbeugung von Einbrüchen419).420 Doch wann endet diese originäre Zuständigkeit der Polizei? Endet sie mit der Entstehung einer konkreten Gefahr, so dass mit deren Entstehung wieder die Regelzuständigkeitsverteilung nach § 1 I 1, II 1 Nds. SOG greift? Oder endet sie erst, wenn die Gefahr sich verwirklicht hat oder endgültig abgewehrt werden konnte? Es gilt somit zu klären, was genau unter dem Begriff „Verhütung“ zu verstehen ist. Der Wortlaut der Norm – „Straftaten zu verhüten“ – eröffnet der Polizei ein weites Spielfeld. Danach besitzt die Polizei die originäre Zuständigkeit für ein Tätigwerden sowohl im Vorfeld einer konkreten Gefahr (gerichtet auf die Begehung einer Straftat) als auch über deren Entstehen hinaus bis zum Eintritt einer 414

So auch: Schriftlicher Bericht: Nds.LT, 07.03.1997, Drs. 12/6395 S. 2. Meier, Kriminologie, 2016, § 10 Rn. 19. 416 So u. a. auch: AB NGefAG v. 10.06.1994, Nds. MBl. Nr. 23/1994, S. 997, zu § 1 Nr. 1.2 (­VORIS 21011100000048); AB NGefAG v. 16.07.1998, Nds. MBl. 31/1998, S. 1078, zu § 1 Nr.  1.2 (­VORIS 21011100000060). 417 So auch die Gesetzesbegründung: Nds.LT, 25.11.1992, Drs. 12/4140 S. 45, 46; sowie der schriftliche Bericht: Nds.LT, 07.03.1997, Drs. 12/6395 S. 2. Ebenfalls: Waechter, Polizei- und Ordnungsrecht, 2000, Rn. 273; ders., in: Brandt / Schinkel, Staats- und VerwR für Nds., 2002, S. 173 (196 f.); Möstl, DVBl 2007, 581 (584, 587 f.); Böhrenz / Siefken, Nds.SOG, 2014, § 1 Rn. 5. 418 Siehe u. a. oben: Fn. 400, 405. 419 Beratungsprogramm der Kriminalpolizei: „die Kriminalpolizei rät“. 420 Waechter, Polizei- und Ordnungsrecht, 2000, Rn. 273; ders., in: Brandt / Schinkel, Staatsund VerwR für Nds., 2002, S. 173 (199 f., 202 ff.); Böhrenz / Siefken, Nds.SOG, 2014, § 1 Rn. 5. 415

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Straftat oder bis zu ihrer endgültigen Verhinderung.421 Bei der Präventiven Gewinnabschöpfung nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG besteht in der Regel die Gefahr der Hehlerei, der Begehung von BtM-Delikten oder des endgültigen Verlusts einer Sache nach einem Diebstahl.422 Zu einem großen Teil dient die Sicherstellung nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG im PräGe-Verfahren somit, entsprechend dem Wortlaut von § 1 I 3 Nds. SOG, der „Verhütung von Straftaten“. Dementsprechend fiele die Sicherstellung in den originären Zuständigkeitsbereich der Polizei nach § 1 I 3 Nds. SOG.423 Dies wird jedoch teils mit der Begründung abgelehnt, dass nach Abschluss des Strafverfahrens die originäre Kompetenz zur Verhütung zukünftiger Straftaten nicht betroffen sei.424 Allerdings wird hierbei verkannt, dass die Sicherstellung nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG oftmals mit der Gefahr der Hehlerei oder der Begehung von BtM-Delikten, demnach mit der Gefahr der Straftatenbegehung begründet wird (s. o.). Dennoch könnte möglicherweise entsprechend der Regelungsabsicht sowie der Teleologie eine restriktive Auslegung des § 1 I 3 Nds. SOG, die den Vorrang des polizeilichen Einschreitens nach Satz 3 auf das Vorfeld einer konkreten Gefahr beschränkt, geboten sein. So wurde Satz 3, wie eingangs bereits erwähnt,425 laut Gesetzesbegründung lediglich zur Klarstellung eingefügt. Als Nachweis, dass auch nach vorheriger Rechtslage die „Verhütung von Straftaten“ bereits Aufgabe der Polizei war, wurde auf ein Urteil des BVerwG von 1990 verwiesen, welches sich bzgl. des Gefahrenabwehrrechts426 allein mit Informationserhebungsbefugnissen im Vorfeld einer konkreten Gefahr befasst.427 Auch als exemplarische Maßnahmen werden in der Gesetzesbegründung einzig Vorfeldmaßnahmen genannt, wie z. B. Beratungsprogramme oder die Beobachtung krimineller Szenen.428 Es liegt insofern die Annahme nahe, dass Satz 3 sich einzig auf die Zuweisung von Aufgaben im Vorfeld einer konkreten Gefahr beschränken soll. Andererseits sieht der Gesetzesentwurf der Landesregierung am Ende seiner Begründung zu § 1 I 3 Nds. SOG 421 Dieser Ansicht folgend: Böhrenz / Siefken, Nds.SOG, 2014, § 1 Rn. 5; Hunsicker, PräGe in Theorie und Praxis, 2008, S. 46; ders., Kriminalistik 2003, 234 (237). Anderer Ansicht, jedoch ohne diese Fragestellung zu diskutieren: Waechter, in: Brandt / Schinkel, Staats- und VerwR für Nds., 2002, S. 173 (196 f.). 422 Vgl. oben angeführtes Diagramm zu PräGe-Verfahren, aufgeteilt entsprechend den zuvor im Ermittlungsverfahren verfolgten Delikten: S. 38. 423 Befürwortend: Hunsicker, PräGe in Theorie und Praxis, 2008, S. 46; ders., Kriminalistik 2003, 234 (237). 424 So: Barthel, DVP 2005, 276 (277): jedoch These ohne ausdrückliche Erwähnung von § 1 I 3 Nds. SOG allein zur Begründung der Ablehnung einer Eilkompetenz angeführt; ders., KommJur 2009, 81 (83): abermals ohne Berücksichtigung von § 1 I 3 Nds. SOG, einzig zur Ablehnung der polizeilichen Eilkompetenz. 425 Siehe oben: S. 119. 426 Genauer: § 15 I, 1 I PolG NW (Fassung vom 25.03.1980). 427 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 25.11.1992, Drs. 12/4140 S. 46; verwiesen auf BVerwG, NJW 1990, 2768 (2769 f.). Vgl. auch Schriftlicher Bericht: Nds.LT, 07.03.1997, Drs. 12/6395 S. 2. 428 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 25.11.1992, Drs. 12/4140 S. 46.

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explizit vor, dass Verwaltungsbehörden weder im Vorfeld noch bei dem Bestehen einer konkreten Gefahr für die „allgemeine Kriminalitätsbekämpfung“ zuständig seien.429 Des Weiteren ist in selbigem Entwurf i. R. d. Feststellung, dass die Verhütung von Straftaten bereits seit längerem (nachweisbar bis 1794) Aufgabe der Polizei gewesen sei, nur von einer nicht bestehenden Beschränkung auf die Abwehr einer konkreten Gefahr die Rede.430 Dies zeigt trotz der unscharfen Formulierung „allgemeine Kriminalitätsbekämpfung“, dass jedenfalls die Landesregierung als Initiator sehr wohl auch an den Bereich der bestehenden Gefahr gedacht hat und diesen mit in die Aufgabenzuweisung gem. § 1 I 3 Nds. SOG einbeziehen wollte. Dies entspricht auch dem Telos der Norm. Denn Sinn und Zweck einer Zuständigkeitsregelung ist es sicherzustellen, dass die fachlich am besten ausgebildete und mit den erforderlichen Sachmitteln ausgestattete Behörde tätig wird.431 Aufgrund der Ausbildung,432 den zur Verfügung stehenden Einsatzmitteln und der polizeilichen Dauerpräsenz spricht daher auch im Stadium einer bestehenden Gefahr in Anbetracht der besten Eignung vieles für eine vorrangige Zuständigkeit der Polizei im institutionellen Sinne. Zwar ist mit zunehmender Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Schadens für die öffentliche Sicherheit und Ordnung auch der weitere Verlauf der Dinge leichter vorhersehbar, kriminalistisch-kriminologische Erfahrungen daher nur noch in geringerem Maße von Nöten,433 meist liegt der Schwerpunkt dann jedoch in der Erforderlichkeit polizeilicher Einsatzmittel; rein verwaltungsrechtliches Handeln wird in der Regel nicht genügen. Aufgrund dieser zu erwartenden Dominanz ist ein Vorrang der Polizei auch bei bestehender Gefahr zweckdienlich. Einer so weiten Erstreckung des § 1 I 3 Nds. SOG könnte jedoch die Systematik der Norm entgegenstehen. Denn die grundsätzliche Subsidiarität des polizeilichen Handelns nach § 1 I 1, II 1 Nds. SOG könnte bei weitergehender Auslegung, die den Vorrang nach § 1 I 3 Nds. SOG auch auf den Zeitraum des Bestehens einer konkreten Gefahr erstreckt, ansonsten zu einem Großteil aufgehoben werden. Schließlich werden Maßnahmen nach dem Nds. SOG oftmals auf das Bestehen der Gefahr der Verwirklichung eines Straftatbestands (Körperverletzung, Sachbeschädigung, Diebstahl, Hehlerei – wie auch im Fall der PräGe –, Gewässer-, Boden- oder Luftverunreinigung etc.) gestützt. Unmittelbare Folge könnte daher eine Erweiterung der polizeilichen Zuständigkeit zulasten des in § 1 II 1 Nds. SOG klar formulierten Grundsatzes sein. Dieser sollte durch die Einführung von § 1 I 3 Nds. SOG jedoch gerade nicht geschwächt werden.434 Die Ergänzung der Regelun 429

Gesetzesentwurf: Nds.LT, 25.11.1992, Drs. 12/4140 S. 46. Gesetzesentwurf: Nds.LT, 25.11.1992, Drs. 12/4140 S. 45. 431 BVerfGE 68, 1 (86); 98, 218 (252); Denninger, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 2011, Bd. IX, § 193 Rn. 12; Maurer / Waldhoff, Allg. VerwR, 2017, § 21 Rn. 46. Vgl. auch: Larenz / Canaris, Methodenlehre, 1995, S. 221; Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, 1983, S. 175. 432 S. o.: Fn. 403. 433 So auch: Waechter, JZ 2002, 854 (855). 434 Lediglich zur Klarstellung eingefügt; keine Erweiterung der Zuständigkeiten: Gesetzesentwurf: Nds.LT, 25.11.1992, Drs. 12/4140 S. 46 f.; Schriftlicher Bericht: Nds.LT, 07.03.1997, Drs. 12/6395 S. 2. Siehe auch oben: Fn. 406. 430

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gen zu den Aufgaben von Verwaltungsbehörden und Polizei ist vielmehr einzig als Konsequenz der Erweiterung der Befugnisse zur Datenerhebung und -verarbeitung sowie des spezifischen Erfahrungswissens der Polizei eingefügt worden,435 wobei ihr dabei einzig deklaratorischer Charakter zukommt. Allerding ist es bereits unklar, ob eine solche Erweiterung tatsächlich eintreten würde.436 Zudem muss ein normativer Grundsatz sich nicht zwangsläufig auch in der Empirie wiederfinden. Es genügt vielmehr, wenn ein Grund für eine Ausnahme dargelegt werden kann.437 Eine Beschränkung des § 1 I 3 Nds. SOG entgegen dessen offenem Wortlaut ist aus systematischen Erwägungen daher nicht geboten. Mangels Erwägungen, die eine engere Auslegung gebieten, besteht die originäre Zuständigkeit der Polizei zur Straftatenverhütung nach § 1 I 3 Nds. SOG folglich im Zeitpunkt einer konkreten Gefahr ebenso wie im Vorfeldbereich. (c) Ende des Vorrangs und Übergang auf die Verwaltungsbehörden Anders als § 1 II 1 Nds. SOG trifft Abs. 1 S. 3 aber leider keine Regelung, wann der Vorrang der Polizei im Bereich der Straftatenverhütung endet und die Zuständigkeit auf die Verwaltungsbehörden übergeht. Da die Verwaltungsbehörden in Abs. 1 S. 3 nicht einmal erwähnt worden sind, enthält der mögliche Wortsinn des Abs. 1 S. 3 auch bei weitester Auslegung keinerlei Anhaltspunkte für ein Ende des Vorrangs der Polizei. Wie aufgezeigt ist diese Lücke auch nicht durch Heranziehung von Verwaltungsvorschriften zu schließen.438 Eine Lösung kann daher aktuell nur über eine offene Rechtsfortbildung gefunden werden.439 Hierfür müsste § 1 Nds. SOG eine Gesetzeslücke im engeren Sinn aufweisen. Eine solche liegt vor, wenn die Norm in einem geregelten Bereich für eine bestimmte Konstellation keine Regelung getroffen hat und diese zugleich nicht dem rechtsfreien Raum belassen werden kann.440 § 1  Nds.  SOG regelt die Aufgabenverteilung im Bereich der Gefahrenabwehr an Verwaltungsbehörden und Polizei; im Bereich der Straftatenverhütung fehlt es, wie aufgezeigt, aber zwischen Verwaltungsbehörden und Polizei an einer Zuständigkeitsabgrenzung. Abgrenzungskriterien im Bereich der 435

S. o.: Fn. 400, 403. Siehe auch: AB NGefAG v. 29.11.1995, Nds. MBl. Nr. 01/1996, S. 2, zu 2. Nr. 1.2 b) (­VORIS 21011100000049); AB NGefAG v. 16.07.1998, Nds. MBl. Nr. 31/1998, S. 1078, zu § 1 Nr. 1.2 (­VORIS 21011100000060); RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515, Nr. 2.1 (­VORIS 21011); ersetzt durch den Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258, Nr. 2.1 (­VORIS 21011); Lorentz-Link, Verhältnis zwischen Polizei und Ordnungsbehörden, 1998, S. 93 f.; Götz / Geis, Allg. Polizei- und Ordnungs­ recht, 2017, § 17 Rn. 11. 436 So gibt es z. B. eine Vielzahl an Ordnungswidrigkeiten, die ebenfalls ein gefahrenabwehrrechtliches Einschreiten erforderlich machen können. 437 Näheres siehe oben: S. 37 Fn. 44. 438 Siehe hierzu: S. 81 ff. 439 Siehe hierzu: Larenz / Canaris, Methodenlehre, 1995, S. 143 f., 187 ff. 440 Larenz / Canaris, Methodenlehre, 1995, S.191 ff.

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Straftatenverfolgung werden einzig in der AB NGefAG zu § 1 Nr. 1.2 benannt.441 Wie aufgezeigt, genügt diese Benennung durch exekutiven Runderlass mangels Außenwirkung jedoch nicht. Neben der Sperrwirkung des Art. 43 NV fehlte der die AB NGefAG erlassenden Stelle auch die erforderliche Organisationsgewalt; diese oblag nach Art. 38 I, 37 II Nr. 1 NV der Landesregierung als Kollegialorgan.442 Es kommt daher allenfalls zum Schließen der Lücke eine exekutive Regelung per Verordnung gem. Art. 43 NV in Betracht. Eine solche Verordnung existiert jedoch ebenfalls nicht. Eine Gesetzeslücke ist zu bejahen. Des Weiteren müsste ein Regelungsbedürfnis bestehen. Zuständigkeitsregelungen entscheiden, wie aufgezeigt, mit über die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes, sind subjektiv berechtigend und können daher einen Aufhebungsanspruch begründen.443 Dies wirft die Frage auf, ob Zuständigkeitsregelungen nicht als wesentlich für die Grundrechtsverwirklichung anzusehen sind und folglich unter den Vorbehalt des Gesetzes nach Art. 2 II NV bzw. Art. 20 III GG fallen.444 Die verfassungsrechtlich getroffene Kompetenzverteilung darf jedoch nicht durch einen allgemeinen alles umfassenden Vorbehalt infolge eines überdehnten Verständnisses des Demokratieprinzips unterwandert werden.445 Die Gewaltenteilung nach Art. 2 I NV bzw. Art. 20 II GG bezweckt nicht nur Machtverteilung und Kontrolle, sondern auch die funktionale Richtigkeit einer Entscheidung durch die bestgeeignetste Behörde.446 In Niedersachsen wurde die Organisation, damit auch die Regelung der Zuständigkeiten, qua Verfassung der Landesregierung zugewiesen, Art. 38 I, 37 II Nr. 1 NV; von einer Einbeziehung in den Gesetzesvorbehalt nach Art. 56 II NV, der den Vorbehalt aus Art. 2 II NV bzw. Art. 20 III GG konkretisiert, wurde ausdrücklich abgesehen.447 Der Parlamentsvorbehalt nach Art. 2 II NV bzw. Art. 20 III GG greift daher nicht. Das Parlament ist aber nach Art. 38 I a. E. NV448 in der Lage, die Regelung an sich zu ziehen. Von dieser Möglichkeit hat der Landtag im Nds. SOG auch Ge 441 AB NGefAG v. 16.07.1998, Nds. MBl. 31/1998, S. 1078, zu § 1 Nr. 1.2 (­VORIS 210111​ 00000060). 442 Siehe oben: S. 81 ff. 443 Siehe oben: Fn. 250. 444 Zum Vorbehalt und dessen Weiterentwicklung: BVerfGE 8, 155 (167); 40, 237 (249); 47, 46 (78 f.); 49, 89 (126 f.); 80, 124 (132); 84, 212 (220); Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke, GG, 2018, Art. 20 Rn. 69. 445 BVerfGE 49, 89 (125); Denninger, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 2011, Bd. IX, § 193 Rn. 11. 446 BVerfGE 68, 1 (86); 98, 218 (252); Denninger, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 2011, Bd. IX, § 193 Rn. 12. 447 Siehe oben: S. 82. 448 Art. 38 I, 37 II Nr. 1 NV enthält als Einschränkung einen explizit genannten Gesetzesvorrang; dieser hat den in der VNV verwendeten Gesetzesvorbehalt in der Absicht ersetzt, dem Landtag zu ermöglichen die Organisation jederzeit an sich ziehen zu können; siehe zur Entwicklung: Referenten-Begründung zum Entwurf einer VNV, Nds.LT, 1. WP, in: VNV v. 13.04.1951, Band II, S. 11; Verfassungsausschuss, Nds.LT, 1. WP, 20. Sitzung v. 31.01.1951, in: VNV v. 13.04.1951, Band I, S. 562; Verfassungsausschuss, Nds.LT, 1. WP, 22. Sitzung v. 09.02.1951, in: VNV v. 13.04.1951, Band I, S. 629; Art. 29 I VNV v. 13.04.1951, Nds. GVBl. Nr. 16/1951,

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brauch gemacht, so dass der Vorrang des Gesetzes nach Art. 2 II NV bzw. Art. 20 III GG greift. Es gilt daher zu klären, ob dieser Vorrang einer lückenergänzenden Regelung entgegensteht. Der Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes besagt, dass das Gesetz nicht durch niedere Akte, Verordnungen, Verwaltungsvorschriften etc., abgeändert, außer Kraft gesetzt oder durchbrochen werden darf.449 Der Vorrang kann jedoch nur greifen, soweit eine Regelung auch tatsächlich besteht, die abgeändert oder durchbrochen werden kann; er stellt jedoch kein grundsätzliches Verbot richterlicher Lückenschließung dar.450 Vorliegend ist in § 1 Nds. SOG einzig der Vorrang der Polizei i. R. d. Straftatenverhütung geregelt, während das Ende planwidrig ungeregelt blieb. Eine ausschließliche Zuständigkeit der Polizei sollte nach dem Willen des Gesetzgebers gerade nicht begründet werden; ein Ende muss somit unter bestimmten, bisher leider ungeklärten Voraussetzungen eintreten können.451 Eine eindeutige Regelung der Zuständigkeiten ist dabei i. S. d. Rechtssicherheit, insbesondere der Rechtsklarheit und -vorhersehbarkeit, der Funktionsfähigkeit der Verwaltung sowie unter Berücksichtigung der schweren Folgen eines unzuständigen Handelns, nämlich der Rechtswidrigkeit des VA und der Verletzung in subjektiven Rechten,452 unerlässlich (s. o.453). Für eine Regelungspflicht spricht des Weiteren, dass die sachliche Zuständigkeitsverteilung auch die materielle Ebene beeinflussen kann, soweit ein Beurteilungsspielraum besteht oder Ermessen eröffnet worden ist. Denn Organisations- und verfahrensrechtliche Regelungen sind gehalten, das Erreichen einer sachrichtigen Entscheidung anzustreben; förderlich sind in diesem Zusammenhang u. a. die Bündelung von speziellem Fachwissen sowie die Gleichheitswahrung durch Schaffung der Gewähr einer gleichmäßigen Verwaltungspraxis durch Zuständigkeitsfestlegung einer Behörde.454 Fehlt es jedoch mangels klarer Zuständigkeitenverteilung an einer solchen Aufgabenbündelung, so werden die handelnden Behörden aufgrund unterschiedlichen Kenntnisstandes und Erfahrung voraussichtlich vergleichbare Situationen anders beurteilen und bewältigen; auf diese Weise könnte eine Gleichbehandlung nach Art. 3 I GG aber nicht mehr gewährleistet werden. Die Gleichheitsbindung entsteht nur gegenüber ein und demselben Verwaltungsträger, geht jedoch nicht darüber hinaus.455 Ordnungsämter S. 103 (107); Sonderausschuss, Nds.LT, 12. WP, 33. und 34. Sitzung v.  06.11.1992, in: NV v. 19.05.1993, Band I, S. 17; Schriftlicher Bericht: Nds.LT, 23.12.1993, Drs. 12/5840 S. 25; § 38 I NV v. 26.05.1993, Nds. GVBl. Nr. 17/1993, S. 107 (111). 449 Siehe hierzu u. a.: Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke, GG, 2018, Art.  20 Rn. 69; Sachs, in: Sachs, GG, 2018, Art. 20 Rn. 112. 450 Vgl. u. a.: BVerfGE 98, 49 (59 f.). 451 Vgl. Schriftlicher Bericht: Nds.LT, 07.03.1997, Drs. 12/6395 S. 2. 452 Eine Nichtigkeit infolge sachlicher Unzuständigkeit kommt nach § 44 II VwVfG nicht in Betracht; ebenso wenig nach § 44 I VwVfG mangels evidenter Unzuständigkeit, so dass nur eine Rechtswidrigkeit in Frage kommt. Denn der Fehler einer sachlichen Unzuständigkeit kann weder nach § 45 VwVfG geheilt werden, noch ist dieser unbeachtlich gem. § 46 VwVfG. Siehe auch: Fn. 250. 453 Siehe ebenfalls: S. 120 f. 454 Denninger, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 2011, Bd. IX, § 193 Rn. 74 f., 80. 455 Siehe oben: S. 101 ff.

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und Polizeibehörden haben aber gerade nicht dieselben Verwaltungsträger, so dass die Gleichheitsbindung leicht umgangen werden könnte. Unbeabsichtigte Lücken sind daher nach Möglichkeit entsprechend dem Willen des Gesetzgebers und der Teleologie per Rechtsfortbildung zu schließen und können nicht dem rechtsfreien Raum überlassen werden.456 Auch Gerichte sind nach Art. 2 II NV, Art. 20 III GG zwar grds. an Recht und Gesetz gebunden; dennoch ist es ihnen nicht verwehrt, bei Bedarf das Recht weiterzuentwickeln.457 Den Gesetzesmaterialien ist zu entnehmen, dass der Übergang der Zuständigkeit von der Polizei- auf die Verwaltungsbehörde von sachlichen Gründen abhängig sein soll; Anhaltspunkte für ein Wahlrecht der Polizei sind hingegen nicht zu finden.458 Ein solches entspricht auch nicht der Systematik des Nds. SOG; auch die Regelzuständigkeitsverteilung nach § 1 II 1 Nds. SOG lässt den Behörden keine direkte Entscheidungsfreiheit, sondern verknüpft den Zuständigkeitswechsel – ganz im Sinne der Effektivität der Gefahrenabwehr – mit einer sachlichen Erwägung, nämlich dem Anschein der nicht oder nicht rechtzeitig möglichen Gefahrenabwehr durch die Verwaltungsbehörden. Ein Wahlrecht ist daher bereits entsprechend der Regelungsabsicht sowie aus systematischen Erwägungen abzulehnen. Ferner sprechen auch teleologische Erwägungen gegen eine solche Annahme. Sinn der Zuständigkeitsregelungen ist es sicherzustellen, dass die fachlich am besten ausgebildete und mit den erforderlichen Sachmitteln ausgestattete Behörde tätig wird.459 Dieser Sinn und Zweck geht jedoch verloren, wenn die Zuständigkeiten von Absprachen statt von sachlichen Erwägungen abhängig gemacht werden würden. Schließlich ist eine solche Einigung für einen Zuständigkeitswechsel von der nach § 1 I 3 Nds. SOG vorrangig zuständigen Polizeibehörde auf eine Verwaltungsbehörde auch bereits aufgrund der gesetzlichen Kompetenzverteilung irrelevant.460 In der Rechtsprechung wird, ohne eine Regelungslücke zu thematisieren, vertreten, dass die originäre Zuständigkeit der Polizei nach Absprache auf die Verwaltungsbehörde übergehe, wenn Erstere ein Einschreiten „aufgrund ihrer kriminalistischen Erfahrungen“ nicht für geboten halte.461 Dies erscheint jedoch nicht sinnvoll. Das OVG hatte sich mit dem Aufenthaltsverbot nach § 17 IV Nds. SOG zu beschäftigen; einer Maßnahme zur Straftatenverhütung nach § 1 I 3 Nds. SOG. Die Maßnahme setzt somit im Vorfeldbereich an; in diesem sind jedoch krimi 456

Lückenfüllung als herkömmliche richterliche Aufgabe; siehe u. a.: BVerfGE 3, 225 (242 ff.); 13, 153 (164); 82, 286 (304); 98, 49 (59 f.). Vgl. auch: Larenz / Canaris, Methodenlehre, 1995, S.191, 193. 457 BVerfGE 96, 375 (394 f.); Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke, GG, 2018, Art. 20 Rn. 91. 458 Siehe Schriftlicher Bericht: Nds.LT, 07.03.1997, Drs. 12/6395 S. 2. 459 Siehe oben: Fn. 446. 460 So auch: OVG Lüneburg, B. v. 16.01.2014, Az.: 11 ME 313/13, JURIS, Rn. 7, 9. 461 OVG Lüneburg, NordÖR 2009, 369 (371); dass., Urt. v. 18.05.2010, Az.: 11 LC 566/09, JURIS, Rn. 53; dass., B. v. 16.01.2014, Az.: 11 ME 313/13, JURIS, Rn. 7.

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nalistisch-kriminologische Kenntnisse ebenso wie Erfahrung aus dem Einsatzgeschehen mit Straftätern aufgrund der großen zeitlichen Distanz zu dem eventuell eintretenden Schaden von besonderer Bedeutung.462 Aufgrund der Ausbildung,463 der Dauerpräsenz der Polizei und des unmittelbaren Kontaktes mit Straftätern ist die Polizei aber genau in solchen Fällen als die sachnähere, kriminologisch kundigere Behörde zu qualifizieren. Entscheidet nun aber gerade die kundigere Behörde, dass sie ein Einschreiten für nicht geboten hält, erscheint es höchst problematisch und widerspricht ferner dem Sinn und Zweck von Zuständigkeitsregelungen, wenn die sachfremdere Verwaltungsbehörde sich für ein Einschreiten entscheidet und Maßnahmen veranlasst. Die Rechtswidrigkeit einer solchen Anordnung aufgrund einer falschen Gefahrenprognose oder fehlerhafter Ermessensentscheidung liegt in einem solchen Fall nahe. Zudem erscheint dies auch abermals unter Gleichheitsgesichtspunkten problematisch.464 Ferner ergibt sich eine solche Möglichkeit auch nicht aus der Norm; diese räumt der Polizei nicht das Recht des ersten Zugriffs ein, sondern weist der Polizei die originäre Zuständigkeit für Maßnahmen i. R. d. Straftatenverhütung zu. Die sachliche Zuständigkeit kann gerade nicht einfach durch Verzicht an eine andere Behörde weitergegeben werden; hierfür bedarf es vielmehr, wie auch den Gesetzesmaterialen zu entnehmen ist, sachlicher Gründe. Dennoch kann sich in Ausnahmefällen eine solche Situation in zulässiger Weise ergeben, in der die Polizei ein Einschreiten für nicht geboten hielt und die Verwaltungsbehörde daraufhin nach Absprache tätig wird. Hierfür müssen sich die zu beurteilenden Umstände jedoch verändert haben, so dass sie ein Handeln der Verwaltungsbehörde als sachnäher erscheinen lassen. Insofern könnte für einen Übergang der Zuständigkeit auf die Verwaltungsbehörde sprechen, dass der Polizei zwar aufgrund der ihr vorbehaltenen Erkenntnisgewinnungsbefugnisse und des aus ihrer repressiven Tätigkeit erlangten spezifischen Erfahrungswissens ein Vorrang zwecks wirksamer Bekämpfung von kriminellen Gefahren eingeräumt worden ist,465 allerdings mit zunehmender zeitlicher Nähe zum befürchteten Schadenseintritt die Anforderungen an die kriminalistisch-kriminologisch zu beurteilende Gefahrenlage sinken. Je näher die Verwirklichung des Schadenseintritts rückt, desto deutlicher zeichnet sich der weitere Kausalverlauf ab und ist daher auch für Laien prognostizierbar.466 Im Bereich einer bestehenden Gefahr gebietet die kriminologische Ausbildung daher nicht zwangsläufig ein Tätigwerden der Polizei zur Straftatenverhütung, vielmehr ist u. U. auch ein Einschreiten der Verwaltungsbehörden angebracht.

462 So auch von der Rechtsprechung vertreten: OVG Lüneburg, NordÖR 2009, 369 (370); dass., Urt. v. 18.05.2010, Az.: 11 LC 566/09, JURIS, Rn. 53; dass., B. v. 16.01.2014, Az.: 11 ME 313/13, JURIS, Rn. 9. 463 Siehe oben: Fn. 403. 464 Vgl. oben: S. 127 f. 465 Siehe oben: Fn. 400, 403, 405. 466 Waechter, JZ 2002, 854 (855).

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Des Weiteren kann sich ein Übergang der Zuständigkeit auf die Verwaltungsbehörde ebenfalls aus einer besseren Eignung ergeben. Eine solch bessere Eignung könnte etwa aus einer größeren Leistungsfähigkeit der Verwaltungsbehörde z. B. infolge größere Lagerkapazitäten oder der größeren Erfahrung mit dem Umgang mit präventiv sichergestellten Sachen oder Fundsachen (z. B. aufgefundene Fahrräder) resultieren.467 Ebenfalls für eine Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde und ein Ende des Vorrangs spricht der Umstand, dass § 1 II 1 Nds. SOG zwar i. R. d. Straftatenverhütung nach § 1 I 3 Nds. SOG nicht anwendbar ist (s. o.), die Einschränkung des § 1 II 1 Nds. SOG auf Abs. 1 S. 1 aber gleichzeitig zu keiner Erweiterung der polizeilichen Zuständigkeit führen soll; § 1 I 3 Nds. SOG soll vielmehr einzig deklaratorische Wirkung zukommen.468 Damit eine solche Erweiterung der Zuständigkeit nicht entsteht, muss das polizeiliche Einschreiten immer dann hinter dem verwaltungsrechtlichen zurückstehen, wenn eine Befugnisnorm beide zum Einschreiten berechtigt und die Gefahrenabwehr auch durch die Verwaltungsbehörde rechtzeitig möglich erscheint; somit u. a. deren Fähigkeiten nicht übersteigt.469 So z. B., wie hier, im Fall der Sicherstellung nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG; die Norm berechtigt im 1. Halbsatz sowohl Verwaltungsbehörden als auch die Polizei; ob eine Gefahrenabwehr durch Einschreiten der Verwaltungsbehörde rechtzeitig möglich erscheint, ist daher jeweils im Einzelfall zu beurteilen. Ferner soll nach den Gesetzesmaterialien auch die enge sachliche Nähe zu Aufgaben, die ohnehin von der Verwaltungsbehörde zu bewältigen sind, ein Ende des Vorrangs der Polizei begründen; so z. B. bei drohender Gewässerverunreinigung und der Verwirklichung des Straftatbestandes nach § 324 StGB.470 Auch das MI hat sich in den AB NGefAG zu § 1 Nr. 1.2 für ein Ende des Vorrangs der Polizei nach § 1 I 3 Nds. SOG ausgesprochen, sobald ein „[…] ‚schlichtes‘ ordnungsbehördliches Eingreifen zur Verhütung einer Straftat ausreicht (z. B. […], Sicherstellung) oder verwaltungsmäßige Bearbeitungsformen – ggf. neben oder ergänzend zu polizeilichen Maßnahmen – erforderlich sind (z. B. schriftliches Aufenthaltsverbot […]) oder ein enger Zusammenhang zu anderen ihnen obliegenden Aufgaben gegeben ist (z. B. Einrichtung eines Präventionsrates)“.471 Dies ist zwar so generell bzgl. der Sicherstellung nicht haltbar, denn es sind immer Konstellationen denkbar, in denen ein einfaches ordnungsbehördliches Eingreifen in Form einer Sicherstellung eben nicht genügt, sondern ein solches Einschreiten z. B. zu 467

Hunsicker, Kriminalistik 2003, 234 (238). Vgl. auch: Barthel, KommJur 2009, 81 (83); ders., DVP 2005, 276 (277); Kirchhoff, Kriminalistik, 2017, 518 (519). 468 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 25.11.1992, Drs. 12/4140 S. 45, 47; Waechter, Polizei- und Ord­ nungsrecht, 2000, Rn. 296. 469 Waechter, Polizei- und Ordnungsrecht, 2000, Rn. 296. 470 Siehe: Schriftlicher Bericht: Nds.LT, 07.03.1997, Drs. 12/6395 S. 2. 471 So: AB NGefAG v. 29.11.1995, Nds.  MBl. Nr. 01/1996, S. 2, zu 2. Nr. 1.2 b)  (­VORIS 21011100000049). AB NGefAG v. 16.07.1998, Nds. MBl. Nr. 31/1998, S. 1078, zu § 1 Nr. 1.2 (­VORIS 21011100000060).

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spät kommen könnte, aber bzgl. des Prinzips.472 Dies erscheint mit Blick auf die Geschichte und den hieraus resultierenden Drang zur „Entpolizeilichung“473 auch der stringentere, ratsamere Weg zu sein. Für die Präventive Gewinnabschöpfung ergibt sich dementsprechend eine sachliche Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde. § 26 Nr. 1 Nds. SOG berechtigt sowohl Polizei als auch Verwaltungsbehörde. Zudem erscheint eine Verhinderung der drohenden Straftaten auch durch ordnungsbehördliches Einschreiten möglich. Die Sicherstellung erfolgt i. d. R. lediglich durch schriftlichen Bescheid und damit durch verwaltungsmäßige Bearbeitungsformen, da sich der Sicherstellungsgegenstand bereits zuvor in behördlicher Verwahrung befindet.474 Für die Prognoseentscheidung kann sich die Verwaltungsbehörde zum einen auf polizeiliche Kriminalstatistiken stützen, sie kann jedoch auch die von der Staatsanwaltschaft übermittelten Akten heranziehen oder sich gem. § 1 II 2 Nds. SOG von der Polizei durch eine Zusammenfassung der Erkenntnisse unterrichten lassen. Des Weiteren gibt es i. d. R. einschlägige Indizienkataloge, die die Verwaltungsbehörde abarbeiten kann. Da die Sicherstellung eine gegenwärtige Gefahr voraussetzt, der befürchtete Schaden somit in allernächster Zeit einzutreten droht, sind keine vertieften kriminalistisch-kriminologischen Kenntnisse erforderlich. Um die Gesetzeslücke im Interesse der Rechtssicherheit und Klarheit sowie der Funktionsfähigkeit der Verwaltung endgültig zu schließen, ist aber ein legislativer Akt erforderlich. Aufgrund der hier gefundenen Erkenntnisse bietet sich für eine Gesetzesänderung daher folgende ergänzende Formulierung an (nach Abs. 2 S. 1 einzufügen): „Die Verwaltungsbehörden werden in den Fällen des Abs. 1 S. 3 tätig, soweit die Verhütung von Straftaten durch sie rechtzeitig möglich erscheint, ggf. auch ergänzend zu polizeilichen Maßnahmen, wenn der verwaltungsorganisatorische Aufwand klar im Vordergrund steht.“

Letzter Halbsatz dient dabei der Klarstellung, dass im Sinne der gemeinsamen Aufgabe der Gefahrenabwehr und der arbeitsteiligen Wahrnehmung durch Polizei und Verwaltungsbehörde die Maßnahmen zur Bewältigung einer Gefahr in enger Zu 472

Vgl. auch: OVG Lüneburg, NordÖR 2009, 369 (370); dass., Urt. v. 18.05.2010, Az.: 11 LC 566/09, JURIS, Rn. 53. 473 Entpolizeilichung: Eine nach 1945 einsetzende gesetzgeberische Tendenz, die Gefahrenabwehraufgaben den zivilen Verwaltungsbehörden zuzuordnen; Begrenzung des Polizeibegriffs auf die Schutz- und Kriminalpolizei (Polizeibehörden). Siehe hierzu u. a.: Ipsen, Nds. Polizeiund Ordnungsrecht, 2010, Rn. 19 f., 26. Der aktuelle Trend ist jedoch teils wieder gegenläufig: So wurde z. B. das Verordnungsrecht, welches der Polizei im institutionellen Sinne im Zuge der Entpolizeilichung einst entzogen worden ist (siehe hierzu u. a.: Waechter, Polizei- und Ordnungsrecht, 2000, Rn. 731), dieser bereits 2004 mit Auflösung der Bezirksregierungen i. R. e. Neuorganisation der Polizei wieder eingeräumt (Nds.LT-Drs. 15/960, S. 1, 10, 13). 474 So Auskunft der in Niedersachsen zuständigen Ordnungsämter. Siehe auch: RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515, Nr. 2.1 (­VORIS 21011); ersetzt durch den Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258, Nr. 2.1 (­VORIS 21011).

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sammenarbeit getroffen werden können, teils auch müssen. So kann die Polizei die Verwaltungsbehörde nach § 1 II 2 Nds. SOG gerade auch über die Eventualität oder das Bestehen einer Gefahrenlage, ob nun konkret, gegenwärtig etc., unterrichten; die unterrichtete Behörde kann daraufhin eigenständig entscheiden, ob sie eingreifend tätig wird.475 Die Verwaltungsbehörde muss ihre Maßnahmen somit gerade nicht auf eigene Erkenntnisse stützen. Wenn bei der zur Gefahrenabwehr erforderlichen Maßnahme der verwaltungsorganisatorische Aufwand überwiegt, liegt die Zuständigkeit i. R. d. Straftatenverhütung daher bei der Verwaltungsbehörde; auch wenn diese ihre Maßnahme nur auf von der Polizei übermittelte Kenntnisse stützen kann.476 Möglicherweise könnte dieser legislative Akt aber auch von der Exekutive per Verordnung gem. Art. 43 NV vorgenommen werden. Hierzu bedarf es zunächst einer Verordnungsermächtigung. Die Verordnungsermächtigungen aus § 97 Nds. SOG greifen jedoch nicht. Weder nach Abs. 3, dieser ermächtigt einzig zur Aufgabenübertragung per Verordnung von der eigentlich zuständigen Gemeinde an privilegierte Gemeinden und Landkreise,477 noch nach Abs. 4, welcher lediglich zur Aufgabenübertagung an Polizeibehörden ermächtigt, wenn dies zur sachgerechten Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Ebenso wenig wie nach Abs. 5, der einzig zur Übertragung von Aufgaben, die ihrem Wesen nach nur von einer obersten Landesbehörde wahrgenommen werden können, an ein Ministerium berechtigt.478 Als Verordnungsermächtigung zur Schließung der Regelungslücke, der Frage wann die Zuständigkeit von der Polizei auf die Verwaltungsbehörde übergeht, sind diese Ermächtigungen daher ungeeignet. Eine Verordnungsermächtigung könnte sich jedoch bereits unmittelbar aus der Verfassung (NV) ergeben. Art. 37 NV, der die Zuständigkeiten der Landesregierung abschließend benennt, weist in Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Art. 38 I NV der Landesregierung als Kollegialorgan, soweit nicht bereits gesetzlich geregelt, die Organisationsgewalt über die öffentliche Verwaltung zu.479 Organisationsgewalt meint 475

Siehe hierzu u. a.: Böhrenz / Siefken, Nds.SOG, 2014, § 1 Rn. 12. Andere Auffassung: OVG Lüneburg, B. v. 16.01.2014, Az.: 11 ME 313/13, JURIS, Rn. 9. 477 Entsprechendes gilt für den mit Art. 3 Gesetz zur Neuregelung von Vorschriften über Verordnungen und Zuständigkeiten sowie zur Rechtsbereinigung vom 22.10.2014, Nds. GVBl. 21/2014, S. 291 (292) reformierten § 97 III Nds. SOG, der einzig zu einer Aufgabenübertragung ermächtigt, „wenn die Wahrnehmung dieser Aufgaben durch die Gemeinden einen unverhält­ nismäßigen Verwaltungsaufwand mit sich bringen würde oder aus anderen Gründen unzweckmäßig wäre“; näheres zu den Änderungen: Gesetzesentwurf: Nds.LT, 30.04.2014, Drs. 17/1468, S. 4, 19. 478 Hierzu u. a.: Böhrenz / Siefken, Nds.SOG, 2014, § 97 Rn. 6 ff. 479 Referenten-Begründung zum Entwurf einer VNV, Nds.LT, 1. WP, in: VNV v. 13.04.1951, Band II, S. 10; Verfassungsausschuss, Nds.LT, 1. WP, 8. Sitzung v. 25.10.1950, in: VNV v. 13.04.1951, Band I, S. 155, 156 f.; Verfassungsausschuss, Nds.LT, 1. WP, 13. Sitzung v. 23.11.1950, in: VNV v. 13.04.1951, Band I, S. 272, 307; Verfassungsausschuss, Nds.LT, 1. WP, 16. Sitzung v. 11.01.1951, in: VNV v. 13.04.1951, Band I, S. 391; Ipsen, NV, 2011, Art. 38 Rn. 9. 476

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„[…] die Kompetenz zur Bildung, Errichtung, Einrichtung, Änderung, Aufhebung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts sowie Organen und Dienststellen des Staates durch die Bestimmung ihrer Zuständigkeit, ihrer inneren Ordnung, ihrer persönlichen und sachlichen Ausstattung sowie ihrer Beziehungen zueinander […]“.480 Nach Art. 37 II Nr. 1; 38 I NV beschließt die Landesregierung folglich u. a. über die Zuständigkeiten. Jedoch nur solange diese nicht bereits gesetzlich anderweitig geregelt sind, denn nach Art. 38 I NV kann der Landtag nicht nur erforderliche Organisationsregelungen treffen, sondern diese Regelungsbefugnis generell jederzeit an sich ziehen.481 Die Frage, wann i. R. d. Straftatenverhütung nach § 1 I 3 Nds. SOG die Zuständigkeit auf die Verwaltungsbehörden übergeht, blieb bisher jedoch leider ungeregelt. Eine Regelung ist aus rechtsstaatlichen Gesichtspunkten allerdings erforderlich (s. o.). Art. 38 I NV könnte möglicherweise aber auch nur eine Zuständigkeitsnorm sein, dann müsste das Parlament eine Ermächtigung erlassen. Dies erscheint jedoch nicht sinnvoll, da dem Parlament kein Regelungsspielraum verbliebe und bei parlamentarischer Untätigkeit die Zuständigkeitsnorm nicht umgesetzt werden könnte. Dagegen spricht ebenfalls, dass die Regelung der Zuständigkeiten gerade von dem Gesetzesvorbehalt nach Art. 56 II NV ausgenommen worden sind, um die Verwaltung vor Versteinerung zu bewahren.482 Art. 38 I NV beinhaltet somit eine Ermächtigung der Landesregierung zur Regelung der Organisation der öffentlichen Verwaltung. Die Regelungsart ist dabei offen gelassen, so dass Fragen, die lediglich den Innenbereich betreffen, sehr flexibel per Verwaltungsvorschrift geregelt werden können; Regelungen, die jedoch den Außenbereich anbelangen i. V. m. Art. 37 II Nr. 1 NV per Verordnung zu treffen sind. Des Weiteren kommt als Verordnungsermächtigung ebenfalls Art. 37 II Nr. 6 NV in Betracht; danach hat die Landesregierung, soweit gesetzlich nicht anders bestimmt, ebenso über Verordnungen zu beschließen. Zieht man die Gesetzesmaterialien zu Rate, so ergibt sich, dass Art. 37 II Nr. 6 NV zweierlei beinhaltet; zum einen eine Auffangregelung, wenn eine Verordnungsermächtigung für eine rechtsbegründende oder -aufhebende Verordnung keinen Regelungsbefugten benennt, zum anderen aber auch eine grundsätzliche Regelung, dass Organisationsverordnungen von der Landesregierung erlassen werden. Dies ergibt sich aus dem ursprünglichen Wortlaut des Art. 37 II Nr. 6 NV; dessen Änderung diente einzig sprachlichen Zwecken, sollte jedoch keine inhaltliche Veränderung herbeiführen.483 480

Stern, StaatsR II, 1980, S. 793 f.; ders., StaatsR I, 1984, S. 824. Ähnlich u. a.: Elster, in: Korte / Rebe, NV, 1986, S. 317; Kluth, in: Wolff / Bachof / Stober / Kluth, VerwR II, 2010, § 81 Rn.  4 ff. 481 Hierzu wurde der Normtext bewusst geändert; von „soweit nicht ein Gesetz erforderlich ist“ zu „soweit nicht Gesetze die Organisation regeln“: Schriftlicher Bericht: Nds.LT, 23.12.1993, Drs. 12/5840 S. 25. Siehe auch: Fn. 448. 482 So u. a.: Verfassungsausschuss, Nds.LT, 1. WP, 13. Sitzung v. 23.11.1950, in: VNV v. 13.04.1951, Band I, S. 273. Siehe ebenfalls oben: S. 82. 483 Ursprüngliche Formulierung: „6. Verordnungen zur Ausführung der Gesetze, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.“: Regierungsvorlage: Nds.LT, 26.05.1950, Drs. 1/2073,

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Durch Art. 38 I, 37 II Nr. 1, 6 NV wird Art. 43 NV jedoch nicht entbehrlich, da dieser genauere Rahmenbedingungen für den Verordnungserlass festlegt (wie in Abs. 2 S. 1: die Benennung der Rechtsgrundlage). Eine originäre Verordnungsbefugnis ist hierin gerade nicht zu erblicken; Art. 43 NV begründet einzig ein gesetzesabhängiges Verordnungsrecht, nur dass das ermächtigende Gesetz sich hier eben direkt aus der Verfassung ergibt.484 Es stellt sich daher die Frage, ob eine Verfassungsnorm eine Ermächtigungsgrundlage für Verordnungen nach Art. 43 NV darstellen kann. Art. 38 I, 37 II Nr. 1, 6 NV besitzen als Verfassungsnormen eine höhere demokratische Legitimation als Parlamentsgesetze; wenn aber Parlamentsgesetzte als Ermächtigungsgrundlage i. S. d. Art. 43 I NV genügen, muss eine Verfassungsnorm erst recht als Ermächtigungsgrundlage in Frage kommen können. Des Weiteren sieht Art. 43 I 2 NV vor, dass die ermächtigenden Gesetze Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung bestimmen müssen. Aufgrund der allgemeinen Formulierung von Art. 38 I, 37 II Nr. 1, 6 NV erscheint es aber fraglich, ob diese den Anforderungen gerecht werden. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass diese Kriterientrias explizit genannt wird; es reicht vielmehr, wenn diese sich aus dem Gesamtzusammenhang, u. a. der Entstehungsgeschichte oder dem Regelungszweck, ergibt.485 Inhalt und Ausmaß der Verordnungsermächtigung sind dabei aus Art. 38 I NV i. V. m. Art. 56 II NV und den Gesetzesmaterialien zu entnehmen; so obliegt es der Landesregierung die Organisation der Verwaltung, wie Zuständigkeitsfragen, zu regeln; während der allgemeine Aufbau und die räumliche Gliederung der allg. Landesverwaltung ebenso wie bestehende gesetzliche Regelungen jedoch explizit ausgenommen worden sind.486 Auch das Ziel der Ermächtigung, eine Versteinerung der Verwaltung zu verhindern und die Funktionsfähigkeit der Verwaltung zu gewährleisten, kann den Umständen, insbesondere den Gesetzes-

in: VNV v. 13.04.1951, Band  II, S. 1440; Verfassungsausschuss, Nds.LT, 1. WP, 8. Sitzung v. 25.10.1950, in: VNV v. 13.04.1951, Band I, S. 155; Verfassungsausschuss, Nds.LT, 1. WP, 20. Sitzung v. 31.01.1951, in: VNV v. 13.04.1951, Band I, S. 575. Die Formulierung „zur Ausführung der Gesetze“ wurde einzig aus redaktionellen Gründen gestrichen; auch später mit Einführung der NV sollten keine inhaltlichen Veränderungen bewirkt werden: Verfassungsausschuss, Nds.LT, 1. WP, 22. Sitzung v. 09.02.1951, in: VNV v. 13.04.1951, Band I, S. 629, 652; Gegenüberstellung der VNV und der Verfassungsentwürfe: Nds.LT, 18.06.1992, Drs. 12/3350 S. 76 f.; Gegenüberstellung der VNV und des Verfassungsentwurfs des Sonderausschusses: Nds.LT, 10.03.1993, Drs. 12/4651 S. 21; Schriftlicher Bericht: Nds.LT, 23.12.1993, Drs. 12/5840 S. 25; Sonderausschuss, Nds.LT, 12. WP, 41. Sitzung v. 26.02.1993, in: NV v. 19.05.1993, Band I, S. 17; Sonderausschuss, Nds.LT, 12. WP, 42. Sitzung v. 21.04.1993, in: NV v. 19.05.1993, Band I, S. 7. 484 Vgl.: Steinbach, in: HannKomm, 2012, Art. 43 Rn. 1; Mann, in: Sachs, GG, 2018, Art. 80 Rn. 1. 485 Nds. StGHE 1, 144 (156); BVerfGE 58, 257 (277); Rebe, in: Korte / Rebe, NV, 1986, S. 238. Vgl. zu Art. 80 GG, etwa: Haratsch, in: Sodan, GG, 2018, Art. 80 Rn. 14. 486 Siehe hierzu: S. 82 sowie Fn. 228.

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materialien, entnommen werden.487 Die Verordnungsermächtigung nach Art. 38 I, 37 II Nr. 1, 6 NV ist somit auch bestimmt genug i. S. d. Art. 43 I 2 NV. Schließlich stellt sich die Frage, ob Zuständigkeitsregelungen von Art. 43 NV überhaupt erfasst werden können, denn Art. 43 I 1 NV verweist bzgl. der zu erlassenden Vorschriften auf Art. 41 NV. Durch Zuständigkeitsregelungen können jedoch keine Rechte oder Pflichten begründet, geändert oder aufgehoben werden.488 Zudem fällt bei exakter Wortlautauslegung von Art. 41 NV auf, dass dieser mit Art. 43 I 1 NV in Widerspruch steht. Art. 41 NV normiert einen allgemeinen Gesetzesvorbehalt, demgemäß die Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechten und Pflichten durch staatliche Gewalt der Gesetzesform bedürfen; eine anderweitige Regelung somit ausgeschlossen sei. Art. 43 I 1 NV besagt hingegen, dass auch solche Regelungen i. S. d. Art. 41 NV mit entsprechender Ermächtigung durch Verordnung getroffen werden dürften. Da beiden Normen Verfassungsrang zukommt und unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialen, ist Art. 43 I 1 NV daher so auszulegen, dass Art. 41 NV in Art. 43 I 1 NV explizit nur benannt worden ist, um deutlich hervorzuheben, dass „auch“ und nicht nur ausschließlich Vorschriften i. S. v. Art. 41 NV durch Verordnung geregelt werden können; Organisationsverordnungen somit ebenfalls unter Art. 43 NV fallen.489 Als Ermächtigungsgrundlage für Organisationsverordnungen i. S. d. Art. 43 NV kommen Art. 38 I, 37 II Nr. 1, 6 NV folglich in Betracht. Die Lösung hat ihre Schwächen, da Art. 38 I, 37 II Nr. 1, 6 NV nicht klar als Verordnungsermächtigung formuliert worden sind, sondern lediglich allgemein von Beschluss sprechen und ebenfalls explizit keinen Normierungszwang für außenwirksame Regelungen festlegen. Zudem ist die Bedeutung von Art. 37 II Nr. 6 NV überhaupt nur in Kombination mit den Gesetzesmaterialien ersichtlich. Jedoch erscheint diese Lösung als bestmöglicher Kompromiss für ein praktikables Ergebnis, welches zudem die meiste Rechtssicherheit und Klarheit bietet. Denn der Gesetzgeber ist hinsichtlich der Abgrenzung zwischen Polizei und Verwaltungsbehörde i. R. d. Straftatenverhütung untätig geblieben und auch nicht zur näheren Regelung verpflichtet (kann an sich ziehen, muss es aber nicht). Die Regelungskompetenz ist qua Verfassung der Landesregierung zugewiesen worden, Art. 38 I NV, diese ist jedoch, anders als die Legislative, aus dem Rechtstaatsgebot und der Notwendigkeit der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung zur Regelung verpflichtet. Diese Aufgabe kann von der Landesregierung zwar delegiert werden, Art. 38 III NV, von dieser Möglichkeit hat sie jedoch keinen Gebrauch gemacht (s. o.), so dass, selbst wenn man Verwaltungsvorschriften eine Außenwirkung zubilligen würde, der vom MI erlassene Runderlass die Lücke nicht schließen könnte. 487

Siehe: Fn. 482 sowie S. 82. So auch: BVerwGE 120, 87 (98). 489 Verfassungsausschuss, Nds.LT, 1. WP, 9. Sitzung v. 07.11.1950, in: VNV v. 13.04.1951, Band I, S. 172; Verfassungsausschuss, Nds.LT, 1. WP, 19. Sitzung v. 19.01.1951, in: VNV v. 13.04.1951, Band I, S. 505; Schriftlicher Bericht: Nds.LT, 23.12.1993, Drs. 12/5840 S. 26. So etwa auch: Ipsen, NV, 2011, Art. 43 Rn. 6, Art. 41 Rn. 8, 10. 488

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Eine Regelung durch Verwaltungsvorschriften ist darüber hinaus aber auch nach oben aufgezeigten Gründen (Sperrwirkung des Art. 43 NV, fehlende Publikationsverpflichtung etc.) abzulehnen. Hervorzuheben ist hierbei noch einmal die Bindung der Gerichte nach Art. 2 II, 51 IV NV, Art. 20 III, 97 I GG an Recht und Gesetz; nicht aber an Verwaltungsvorschriften.490 Eine gerichtliche Entscheidung die eine Verordnung zu berücksichtigen hat, ist zwar ebenfalls nicht hundert Prozent vorhersehbar, da auch eine Verordnung Spielraum für Auslegung belässt; allerdings vorhersehbarer als bei einer Verwaltungsvorschrift, da diese, wie aufgezeigt, vom Gericht nicht nur ausgelegt, sondern auch vollständig ignoriert werden kann. Bleibt die Gesetzgebung weiterhin untätig, ist eine Lückenschließung per Verordnung daher nicht nur möglich, sondern aus rechtsstaatlichen Gründen überaus wünschenswert. (3) Einschränkung – § 1 III Nds. SOG Schließlich gilt es zu beachten, dass für eine Sicherstellung zum Schutz privater Rechte nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG die Zuständigkeit der Gefahrenabwehrbehörden durch § 1 III Nds. SOG beschränkt wird.491 Denn beim Schutz privater Rechte gebührt grds. den Zivilgerichten der Vorrang. Den Gefahrenabwehrbehörden obliegt diese Aufgabe nach § 1 III Nds. SOG einzig, wenn der gerichtliche Schutz nicht rechtzeitig erlangt werden kann und bei Untätigkeit der Behörden die Verwirklichung des privaten Rechts z. B. durch Verlust oder Vernichtung unmöglich gemacht oder zumindest erheblich erschwert wird; es muss somit ein sofortiges Einschreiten erforderlich sein. Im Rahmen der PräGe kann ein solches sofortiges Handlungsbedürfnis i. d. R. angenommen werden, da z. B. bei nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG sichergestelltem Bargeld unmittelbar nach der Herausgabe durch die Staatsanwaltschaft zu befürchten ist, dass dieses Geld ausgegeben und aufgrund dessen nicht länger an den berechtigten Besitzer zurückgegeben werden kann; der Anspruch auf Herausgabe in der Folge zumindest wesentlich erschwert i. S. d. § 1 III Nds. SOG würde. Dies kann durch ein Einschreiten der Verwaltungsbehörden verhindert werden, da die Staatsanwaltschaft in der Lage ist, die Verwaltungsbehörde rechtzeitig vor der Freigabe der Asservate über die Sachlage zu informieren; eines Einschreitens der Polizei, wie dies aufgrund des Eilbedürfnisses grds. in den Fällen von § 1 III Nds. SOG erforderlich ist, bedarf es hier daher nicht.

490

Siehe oben: S. 86. Im RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515, Nr. 2.2 (­VORIS 21011); ersetzt durch den Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258, Nr. 2.2 (­VORIS 21011) nicht berücksichtigt. 491

I. Landesrechtliche Grenzen  

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(4) Zwischenergebnis Sachlich zuständig sind bei einer Sicherstellung im Rahmen der PräGe zur Straftatenverhütung gem. §§ 1 I 3, 97 I Nds. SOG sowie auch in den übrigen Fällen zum Schutz privater Rechte gemäß §§ 1 I 1, II 1, III, 97 I Nds. SOG somit die jeweiligen Ordnungsämter der Gemeinde. Eine Sonderzuweisung nach § 97 Nds. SOG, insbesondere nach § 97 IV Nds. SOG, per Verordnung ist hier nicht ersichtlich. Ebenso kommt grds. keine besondere Zuweisung nach § 102 Nds. SOG, insbesondere nach Abs. 2, in Frage. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 100 I 2 Nds. SOG. Da in der Regel die präventiv sicherzustellenden Gegenstände im Vorfeld bereits von der Staatsanwaltschaft mit repressiven i. S. v. strafrechtlichen Mitteln sichergestellt worden sind,492 sind dementsprechend die Ordnungsämter zuständig, in deren Bezirk besagte Staatsanwaltschaft liegt, bei der der Gegenstand schließlich nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens wieder freigegeben wird. Denn erst im Moment der Freigabe kann eine Gefahr, z. B. i. S. v. § 26 Nr. 1 Nds. SOG aufgrund beabsichtigter missbräuchlicher, illegaler Verwendung oder i. S. v. § 26 Nr. 2 Nds. SOG wegen eines drohenden Verlustes, erneut entstehen.493 Eine Freigabe an einem anderen Ort kommt nicht in Betracht, da eine Bringschuld nach entsprechender Anwendung von § 697 BGB nicht besteht und zudem der Sitz der überweisenden oder annehmenden Bank unerheblich ist, da bis zur Freigabe durch Überweisungsanordnung allein die Staatsanwaltschaft die Verfügungsgewalt über den Geldbetrag inne hat.494 bb) Verfahren Ein allgemein vorgeschriebenes Verfahren speziell für Gefahrenabwehrbehörden existiert nicht. Es gilt jedoch die allgemeinen Verfahrensvorschriften des VwVfG zu beachten. Die Anwendbarkeit dieser Vorschriften richtet sich nach der Rechtsnatur der im PräGe-Verfahren einschlägigen Maßnahme, denn bei Realakten greift das VwVfG nicht (siehe § 9 VwVfG). Die Sicherstellung nach § 26 Nds. SOG ist als belastender Verwaltungsakt zu klassifizieren.495 Dem von der Sicherstellung Betroffenen ist daher nach § 28 I VwVfG rechtliches Gehör zu gewähren, es sei denn, es liegt eine Ausnahme z. B. infolge Eilbedürftigkeit nach § 28 II Nr. 1 VwVfG vor. Ein solcher Eilfall wird in der Regel aber abzulehnen sein, da die Verwaltungsbehörde frühzeitig durch die 492 Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258, Nr. 1, 2.1, 2.2, 4.3, 4.4 (­VORIS 21011). 493 So auch: RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515, Nr. 2.2 (­VORIS  21011); ersetzt durch den Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258, Nr. 2.2 (­VORIS 21011). 494 Siehe u. a.: VG Oldenburg, B. v. 30.01.2008, Az.: 2 A 969/07, JURIS, OS. 5, Rn. 31 f. 495 Siehe oben: S. 115 f.

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Staatsanwaltschaft über mögliche Gefahrenlagen informiert werden soll, was auch dem grundsätzlichen Ablauf entspricht.496 Sollte in Ausnahmefällen dennoch die Zeit für eine Anhörung aufgrund der großen zeitlichen Nähe des drohenden Gefahreintritts einmal nicht ausreichen, ist dies aufgrund der Ausnahmeregelung nicht weiter problematisch. Weitere Ausnahmen nach Abs. 2 sowie Abs. 3 kommen bei PräGe-Fällen eher nicht in Betracht, so dass bei der Präventiven Gewinnabschöpfung grundsätzlich eine Anhörungspflicht nach § 28 I VwVfG besteht. Des Weiteren könnten spezielle Verfahrensvorschriften greifen. Aufgrund der „Verfahrenswirkung von Grundrechten“ wurden bereits im NGefAG einzelne Befugnisnormen mit speziellen Verfahrensvorschriften versehen.497 Diese bestehen zumindest teilweise auch heute noch fort (so z. B. §§ 19, 25 I Nds. SOG: Richter­vorbehalt). Bei der Sicherstellung nach § 26 Nds. SOG sind diese aber nicht ersichtlich. Sollten die Anhörungspflicht nach § 28 I VwVfG oder andere Verfahrensvorschriften missachtet worden sein, bleibt ein solcher Verstoß aufgrund der Heilungs­ möglichkeit von Verfahrensfehlern nach § 45 I, II VwVfG in der Regel für die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes ohne Folgen; eine Heilung ist unproblematisch bis zur letzten Tatsacheninstanz möglich. Zudem begründen Verfahrensfehler, auch wenn eine Heilung nach § 45  I, II VwVfG nicht möglich ist, keinen Anspruch zur Aufhebung des formell rechtswidrigen Verwaltungsaktes, wenn eine Unbeachtlichkeit nach § 46 VwVfG anzunehmen ist; besagte Verletzung somit auf die Sachentscheidung offensichtlich keinen Einfluss hatte. Gerade bei Ermessensentscheidungen, wie der Sicherstellung nach § 26 Nds. SOG, ist eine solche offensichtliche Beachtlichkeit aber grundsätzlich nicht auszuschließen. Wurde z. B. der Untersuchungsgrundsatz nach § 24 VwVfG durch unzureichende Ermittlungen verletzt, so kann eine anders lautende Ermessensentscheidung nicht von vornherein ausgeschlossen werden; eine Beachtlichkeit wäre anzunehmen.498 cc) Form Spezielle Formvorschriften zwecks Grundrechtssicherung499 finden sich in der Befugnisnorm, § 26 Nds. SOG, nicht. Gemäß dem Grundsatz der Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens nach §§ 10, 37 II 1 VwVfG kann die Sicherstellung daher per schriftlichen, elektronischen, mündlichen oder sonstigen Verwaltungs 496 Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258, Nr. 4.3, 4.4 (­VORIS 21011). Siehe auch: Fn. 395. 497 So deutlich: SächsVerfGH, LVerfGE 4, 303 (367). Siehe auch: Waechter, in: Brandt / Schinkel, Staats- und VerwR für Nds., 2002, S. 173 (194). 498 Vgl. auch: Schwarz, in: Fehling / Kastner / Störmer, VerwR, 2016, § 46 VwVfG Rn.  27. 499 Hierzu u. a.: Waechter, in: Brandt / Schinkel, Staats- und VerwR für Nds., 2002, 173 (195).

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akt erlassen werden. Im Rahmen der Präventiven Gewinnabschöpfung ergeht der Sicherstellungsbescheid i. d. R. schriftlich.500 Nach § 39 I VwVfG besteht somit eine Begründungspflicht. Des Weiteren muss ein schriftlicher Verwaltungsakt nach § 37 III, VI VwVfG die erlassende Behörde erkennen lassen, vom Behördenleiter, seinem Vertreter oder Beauftragten unterzeichnet worden sein und eine Rechtsbehelfsbelehrung beinhalten. Bei Verstößen gegen Formvorschriften bestehen ebenfalls die bereits erwähnten Heilungsmöglichkeiten und Unbeachtlichkeiten nach §§ 45 I, II, 46 VwVfG. Auf obige Ausführungen kann entsprechend verwiesen werden. Sollte infolge erforderlicher aber fehlender Begründung oder mangels erforderlicher Anhörung ein Rechtsbehelf verfristet sein, gilt die Versäumung nach § 45 III VwVfG als unverschuldet. Fehlt es an einer Rechtsbehelfsbelehrung oder weist diese Fehler auf, beträgt nach § 58 II VwGO die Rechtsbehelfsfrist grds. 1 Jahr ab Zustellung statt 1 Monat nach § 70 I VwGO, §§ 80 I NJG, 74 I VwGO. c) Materielle Rechtmäßigkeit Für die materielle Rechtmäßigkeit der Sicherstellung im Rahmen der Präventiven Gewinnabschöpfung müssen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 26 Nds. SOG erfüllt sein. aa) Tauglicher Sicherstellungsgegenstand Es müsste zunächst ein tauglicher Sicherstellungsgegenstand gegeben sein. Grundsätzlich sind alle Sachen nach § 26 HS. 1 Nds. SOG501 sicherstellungsfähig. Die Frage, ob ein tauglicher Sicherstellungsgegenstand gegeben ist, erscheint jedoch insbesondere sowohl bei Buch- als auch bei Bargeld problematisch. (1) Bargeld Sachen i. S. v. § 26 Nds. SOG sind zumindest alle körperlichen Gegenstände entsprechend § 90 BGB. Ob darüber hinaus weitere unkörperliche Gegenstände dem

500 Siehe hierzu: Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258, Nr.  5.2 (­VORIS 21011). 501 Seit dem 24.05.2019, inhaltlich unverändert: § 26 HS. 1 NPOG; durch die Reform des Nds. SOG mit Gesetz vom 20.05.2019; näheres zu deren fehlenden Auswirkungen auf die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit, siehe: S. 292 ff.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

Sachbegriff unterfallen, wird im Späteren besprochen.502 Bargeld ist jedenfalls physisch fassbar und damit als Gegenstand grds. bedenkenlos sicherstellungsfähig.503 In Teilen der Literatur wird jedoch die Frage aufgeworfen, ob für Bargeld möglicherweise eine Ausnahme gelten muss, da Bargeld zwar eine Sache darstellt, dessen Tauschwert jedoch höher als der Materialwert ist und dabei eine Beschränkung auf eine bestimmte Verwendungsart nicht besteht.504 Bargeld kann vielmehr in jedwede Gegenstände oder Dienstleistungen eingetauscht werden, egal ob zu legalen oder illegalen Zwecken. Das nach § 26 Nds. SOG aber nur Sachen mit einer klar erkennbaren Gebrauchsbestimmung und einer Identität von Material- und Tauschwert sicherstellungsfähig sein sollen, geht aus der Norm wie auch deren Gesetzesmaterialien505 in keiner Weise hervor. Ebenso ist eine Reduktion aus teleologischen Gründen auf Gegenstände mit einer klaren Gebrauchsbestimmung und Wertidentität nicht erforderlich. Eine durch Sicherstellung abzuwehrende Gefahr kann auch bei beabsichtigtem atypischem Gebrauch einer Sache entstehen, wie z. B. dem Angriff mit einem Steakmesser oder einer Axt, dessen reiner Materialwert in der Regel ebenfalls unter dem Tauschwert liegen wird. Gründe für eine solche Reduktion sind nicht nur nicht erkennbar, eine Reduktion würde darüber hinaus auch klar dem Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr widersprechen. Ob auch Bargeld als Sache, z. B. durch einen gezielten Wurf mit Münzen in Richtung Gesicht oder durch seinen Tauschwert, z. B. durch Verwendung zum BtM-Handel, eine Gefahrenlage schaffen kann, gilt es im Späteren unter dem Punkt Sicherstellungsgrund506 zu klären. Eine Ausnahme von der Sicherstellungsfähigkeit ist aus diesen Gründen jedenfalls abzulehnen. Die Sicherstellungsfähigkeit wird zum Teil aber auch damit verneint, dass bei der Schaffung des § 26 Nds. SOG die Sicherstellung von Bargeld nicht mit beabsichtigt worden sei.507 Die Gesetzesmaterialien zeigen jedoch anderes auf.508 So wurde bereits 1979, ganz zu Beginn der Schaffung der Sicherstellungsnorm, Geld als tauglicher Sicherstellungsgegenstand berücksichtigt und explizit benannt.509 502

Siehe unten: S. 144 ff. So auch u. a.: OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2009, 954 (954 f.); dass., NordÖR 2013, 269 (270); dass., NdsVBl 2015, 250 (251); VG Braunschweig, B. v. 19.10.2006, Az.: 5 B 284/06, JURIS, LS, Rn. 19 ff; dass., B. v. 18.01.2007, Az.: 5 B 332/06, JURIS, LS, Rn. 18 ff; VG Olden­ burg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, 2. OS, Rn. 106 f.; Hunsicker, StV 2010, 212 (214). 504 Siehe u. a.: Thiée, StV 2009, 102 (103 f.); Hüls / Reichling, StraFo 2009, 198 (202); Söllner, NJW 2009, 3339 (3340); ders., DVBl 2009, 1320 (1321); Kirchhoff, Kriminalistik, 2017, 518 (522). 505 Siehe hierzu insb.: Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 87; Heise / Riegel, MEPolG, 1978, S. 83: Begründung zu § 21 Nr. 3 d: „auch Sachen wie Geld und Ausweispapiere“. 506 Siehe unten: S. 211 ff. 507 Thiée, StV 2009, 102 (104): einzig allgemein auf Kommentierung und Urteile zu § 40 I Nr. 4 HSOG verweisend. Söllner, DVBl 2009, 1320 (1320): allerdings eine Sicherstellungsfähigkeit aufgrund der Sacheigenschaft dennoch bejahend. 508 Nur für das Nds. SOG überprüft, nicht für das HSOG. 509 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 87. 503

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Auch bei dem Musterentwurf, dessen § 21 MEPolG übernommen worden ist,510 wurde Bargeld anscheinend als tauglicher Sicherstellungsgegenstand berücksichtigt.511 Dass dies in einem anderen Zusammenhang erfolgt ist, dem Nr. 3 lit. d: Ermöglichung oder Erleichterung der Flucht einer festgehaltenen Person, ist für die Frage der grundsätzlichen Sicherstellungsfähigkeit von Bargeld unschädlich, da die verschiedenen Nummern sich alle auf den gleichen, im ersten Halbsatz aufgeführten Sachbegriff beziehen. Offen bleibt die Frage, ob Bargeld nicht nur eine Fluchtgefahr i. S. v. § 26 Nr. 3 lit. d Nds. SOG begründen kann, sondern auch einen tauglichen Sicherstellungsgrund i. S. v. § 26 Nr. 1 oder Nr. 2 Nds. SOG. Dieser Frage wird allerdings erst im Späteren nachgegangen.512 Eine Ausnahme von der Sicherstellungsfähigkeit ist jedenfalls weiterhin abzulehnen. Jedoch könnten auch die Folgemaßnahmen (§ 27: Verwahrung, § 28: Verwertung, Vernichtung und § 29: Herausgabe) als Indiz für eine fehlende Sicherstellungsfähigkeit gewertet werden. Während die Anwendung der Folgemaßnahme nach § 27 I Nds. SOG, der zu einer Inverwahrungnahme des Asservats verpflichtet und dabei, soweit die Verwahrung bei der Verwaltungsbehörde oder der Polizei als unzweckmäßig erscheint, auch eine andere geeignete Weise der Aufbewahrung oder Sicherung zulässt, noch unmittelbar möglich ist, erscheint insbesondere § 28 Nds. SOG, Verwertung und Vernichtung, für Bargeld nicht einschlägig, da Bargeld bereits einen Nennwert sowie eine Umlauffähigkeit besitzt und einer Verwertung durch öffentliche Versteigerung oder freihändigen Verkauf nicht bedarf. Ob die Folgemaßnahmen tatsächlich für Bargeld nicht oder aber analog anwendbar sind oder gar eine Einziehung als Minusmaßnahme zur Vernichtung möglich ist513 oder statt einer Verwertung auf die Verwahrung eine Herausgabepflicht folgt, bedarf einer vertieften gesonderten Überprüfung, auf die mangels Entscheidungserheblichkeit für die Kernfrage dieser Bearbeitung hier aus Gründen der Schwerpunktsetzung jedoch verzichtet werden muss. Denn sollte die nähere Prüfung zu einer fehlenden Anwendbarkeit der Verwertungsregelungen kommen, drängt sich aufgrund der in den Gesetzesmaterialien expliziten Erwähnung von Geld als Sicherstellungsgegenstand, der bemüht offenen Gestaltung der §§ 26 ff Nds. SOG, die es gerade ermöglichen sollte, alle potentiellen Gefahrenlagen allein begrenzt durch die geforderte Gegenwärtigkeit der Gefahr zu erfassen,514 sowie unter Be 510

Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 87. Siehe: Heise / Riegel, MEPolG, 1978, S. 83: Begründung zu § 21 Nr. 3 d: „auch Sachen wie Geld und Ausweispapiere“. 512 Hierzu später: S. 180 ff. 513 Diese Fragestellung wurde obsolet durch die Novellierung des Nds. SOG mit dem Gesetz vom 20.05.2019 (Art. 1 Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung und anderer Gesetze vom 20.05.2019, Nds. GVBl. Nr. 8/2019, S. 88–105, in Kraft seit dem 24.05.2019) und der damit verbundenen Ergänzung der Verwertungs- und Vernichtungsmöglichkeiten nach § 28 IV 1 Nds. SOG, nun § 28 IV 1 NPOG, um eine Einziehungsermächtigung. Näheres zur Novellierung des Nds. SOG mit Blick auf das PräGeVerfahren; siehe unten: S. 292 ff. 514 Siehe zur offenen Gestaltung der §§ 26 ff Nds. SOG, ebenso: S. 163 f. 511

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

rücksichtigung des Effektivitätsgrundsatzes zumindest eine Verwahrungspflicht nach § 27 I Nds. SOG bis zum Entfallen der Sicherstellungsvoraussetzung mit anschließender Herausgabepflicht nach § 29 Nds. SOG oder alternativ, bei Fortbestehen der Sicherstellungsgründe nach einer Frist von einem Jahr, die Vernichtung des Asservats gem. § 28 IV Nr. 1, 2, I Nr. 4 Nds. SOG auf, so dass man allein aufgrund einer unklaren Anwendbarkeit der Folgemaßnahme der Verwertung die grundsätzliche Sicherstellungsfähigkeit von Bargeld jedenfalls nicht verneinen kann. Schließlich wird die Sicherstellungsfähigkeit zum Teil aber auch mit der Überlegung verneint, dass nicht alle Sachen automatisch sicherstellungsfähig seien. So könnten z. B. Führerscheine bei wahrscheinlich anstehender Trunkenheitsfahrt nicht sichergestellt werden. Daraus folge, dass die Sicherstellungsfähigkeit erst recht auch für Bargeld abzulehnen sei.515 Wie bereits festgestellt, ergeben sich weder aus der Norm § 26 Nds. SOG selbst noch aus dem Gesetzgeberwillen oder dem Normzweck Einschränkungen, die bestimmte Sachen von der grundsätzlichen Sicherstellungsfähigkeit ausschließen. Dennoch könnte eine solche Ausnahme sehr wohl durch andere vorrangige, abschließende Regelungen begründet sein. Der Einzug des Führerscheins ist für das Strafverfahren geregelt in § 69 StGB, in § 94 III StPO sowie bei dringenden Gründen als vorläufige Maßnahme in § 111a StPO. Als verwaltungsbehördliche Maßnahme ist der Einzug nach verwaltungsbehördlicher Feststellung der fehlenden Eignung oder Befähigung geregelt in § 3 I, II StVG.516 Eine vorläufige Möglichkeit des Einzugs des Führerscheins wie im Strafverfahren besteht jedoch nicht. Dem Einzug nach § 69 StGB, § 111a StPO und § 3 StVG ist es gemein, dass er zum Teil sogar ausschließlich präventive Ziele verfolgt, die Allgemeinheit vor ungeeigneten Kraftfahrzeugführern zu schützen.517 Dies wirft die Frage auf, ob überhaupt noch Raum für eine Sicherstellung nach dem Gefahrenabwehrrecht besteht. In Ausnahmefällen kann jedoch sehr wohl ein Be 515 So: Thiée, StV 2009, 102 (104). Anders, Sicherstellungsfähigkeit von Bargeld im Gegensatz zum Führerschein, allerdings bzgl. Letzterem begrenzt auf die Sicherstellung nach § 40 Nr. 4 HSOG, bejahend, vgl. u. a.: Meixner / Fredrich, HSOG, 2016, § 40 Rn. 5, 12. 516 Ausführungsvorschriften: §§ 46, 47 FeV. 517 BVerfG, NJW 2001, 357 (357); dass., NJW 2005, 1767 (1768); BVerwG, NZV 1996, 84 (84); BGH, NJW 1962, 1211 (1211); BGHSt 22, 385 (392 f.); dass., NJW 2005, 1957 (1957 f.); OVG Hamburg, NJW 2002, 2123 (2124); Dauer, in: Hentschel / König / Dauer, StVR, 2018, § 3 StVG Rn. 13; Hühnermann, in: Burmann / Heß / Hühnermann / Jahnke / Janker, StVR, 2018, § 3 StVG Rn. 1; Koehl, in: MüKoStVR, 2016, § 3 StVG Rn. 1; König, in: Hentschel / König / Dauer, StVR, 2018, § 69 StGB Rn. 1; Fischer, StGB, 2019, § 69 Rn. 2; Burmann, in: Burmann / Heß / ​ Hühnermann / Jahnke / Janker, StVR, 2018, § 69 StGB Rn.  1; Kretschmer, in: MüKoStVR, 2016, § 69 StGB Rn. 1; Athing / v. Heintschel-Heinegg, in: MüKoStGB, 2016, § 69 Rn. 2–5, 10, 96; Gerhold, in: Graf, StPO, 2018, § 94 Rn. 26; König, in: Hentschel / König / Dauer, StVR, 2018, § 111a StPO Rn. 1; Gercke, in: Gercke / Julius / Temming / Zöller, StPO, 2019, § 111a Rn.  1; Lohse, in: Krekeler / Löffelmann / Sommer, StPO, 2010, § 111a Rn. 1; Hauschild, in: MüKoStPO, 2014, § 111a Rn. 2; Huber, in: Graf, StPO, 2018, § 111a Rn. 12; Schmitt, in: Meyer-Goßner / Schmitt, StPO, 2018, § 111a Rn. 1, 15 f.; Burmann, in: Burmann / Heß / Hühnermann / Jahnke / Janker, StVR, 2018, § 111a StPO Rn. 1; Krafka, in: MüKoStVR, 2016, § 111a StPO Rn. 1; Bruns, in: KK-StPO, 2013, § 111a StPO, Rn. 1; Waechter, Polizei- und Ordnungsrecht, 2000, Rn. 718.

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darf für eine Sicherstellung nach Gefahrenabwehrrecht bestehen. Tritt z. B. spontan eine körperliche Beeinträchtigung auf, die die Eignung des Kfz-Führers, wenn auch nur vorübergehend, zerstört, eine Sicherstellung nach StPO jedoch mangels dringender Gründe für die Annahme einer rechtswidrigen Tat noch nicht möglich ist, so kann sehr wohl eine sofortige Sicherstellung des Führerscheins nach Gefahrenabwehrrecht erforderlich werden, um die zumindest zeitweise ungeeignete Person zum Schutz der Allgemeinheit vom Führen eines Fahrzeuges abzuhalten. Auch wenn in vielen Fällen z. B. die Sicherstellung des Zündschlüssels die geeignetere und zur Gefahrenabwehr erforderliche Maßnahme sein wird, so kann eine parallele Sicherstellung des Führerscheins dennoch geboten sein, wenn zu befürchten ist, dass der zeitweise ungeeigneten Person noch weitere Fahrzeuge zur Verfügung stehen könnten. Zwar führt die Sicherstellung des Führerscheins nicht automatisch zum Entzug der Fahrerlaubnis, jedoch ist auch bereits das Fahren ohne Führerschein nach § 4 II 2 FeV unzulässig und fördert daher das Ziel der Gefahrenabwehr. Dies wird im Gegensatz zum Fahren ohne Fahrerlaubnis sowie zum Fahren ohne nach § 94 StPO entzogenem Führerschein jedoch nicht als Straftat nach § 21 StVG, sondern lediglich als Ordnungswidrigkeit nach § 75 Nr. 4 i. V. m. § 4 II 2 FeV geahndet.518 Ferner ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit den Normen der StVG, dem StGB und der StPO den Entzug des Führerscheins abschließend regeln wollte. Dies wäre darüber hinaus aber auch unbeachtlich, da den Ländern und nicht dem Bund die Kompetenz zur Gefahrenabwehr nach Art. 70 ff GG zukommt und § 26 Nds. SOG nicht gezielt auf den Entzug des Führerscheins ausgerichtet ist, sondern nur in eilbedürftigen Ausnahmesituationen zu einer Sicherstellung des Führerscheins, ohne dabei die Fahrerlaubnis zu entziehen, damit zu einer divergenten Rechtsfolge berechtigt. Der Führerschein ist damit grundsätzlich auch gefahrenabwehrrechtlich sicherstellungsfähig.519 Dem ungeachtet kann mangels Vergleichbarkeit zudem nicht lediglich im Wege eines Erst-Recht-Schlusses eine fehlende Sicherstellungsfähigkeit bei Führerschei 518

Der Frage, ob § 21 StVG bei gefahrenabwehrrechtlicher Sicherstellung analog anzuwenden ist, wird hier mangels Relevanz für die aufgeworfene Frage nicht näher nachgegangen. 519 BGH, NJW 1962, 2104 (2105); OLG Köln, NJW 1968, 666 (666 f.); LG Verden, B. v. 07.09.2011, Az.: 3 Qs 43/11, JURIS, Rn. 10. Offen gelassen: BGHSt 22, 385 (394). So im Ergebnis auch: Schmitt, in: Meyer-Goßner / Schmitt, StPO, 2018, § 111a Rn. 16; Gercke, in: Gercke / Julius / Temming / Zöller, StPO, 2019, § 111a Rn.  21; Lohse, in: Krekeler / Löffelmann / Sommer, StPO, 2010, § 111a Rn. 16; Hauschild, in: MüKoStPO, 2014, § 111a Rn. 39; Huber, in: Graf, StPO, 2018, § 111a Rn. 12; Burmann, in: Burmann / Heß / Hühnermann / Jahnke / Janker, StVR, 2018, § 111a StPO Rn. 8a; Bruns, in: KK-StPO, 2013, § 111a StPO, Rn. 15; Athing /  v. Heintschel-Heinegg, in: MüKoStGB, 2016, § 69 Rn. 105; Hühnermann, in: Burmann / Heß / ​ Hühnermann / Jahnke / Janker, StVR, 2018, § 3 StVG Rn. 20; Koehl, in: MüKoStVR, 2016, § 3 StVG Rn. 52 f.; Waechter, Polizei- und Ordnungsrecht, 2000, Rn. 718; Dahs, NJW 1968, 632 (632 f.); Trupp, NZV 2004, 389 (391); Meyer-Goßner, NZV 2004, 565 (565).

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nen auf Bargeld übertragen werden. Während der Führerschein allein den Beweis einer Erlaubnis verkörpert, ist Bargeld ein Tauschmittel, das in jegliche Sachen oder Dienstleistungen umgetauscht werden kann. Bargeld ist mangels entgegenstehender Gründe daher als Sache i. S. d. § 26 Nds. SOG sicherstellungsfähig.520 (2) Buchgeld Die Sicherstellungsfähigkeit von Buchgeld erscheint hingegen problematisch. Denn Buchgeld unterfällt als Forderung nicht dem explizit benannten Sachbegriff des § 26 HS. 1 Nds. SOG, der nach überwiegender Auffassung ein körperlicher ist und dem des § 90 BGB entspricht.521 Aufgrund der fehlenden Körperlichkeit von Buchgeld wird daher teilweise vertreten, dass Buchgeld unter keinen Umständen einen tauglichen Sicherstellungsgegenstand darstellen könne, und dessen Sicherstellungsfähigkeit schnell und teils ohne mögliche Analogien zu diskutieren, abgelehnt.522 520

So im Ergebnis auch: OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2009, 954 (954 f.); dass., B. v. 20.09.2010, Az.: 11 ME 32/10, JURIS, Rn. 17 f.; dass., NdsVBl 2013, 172 (172); dass., NordÖR 2013, 269 (269, 270); dass., B. v. 21.11.2013, Az.: 11 LA 135/13, JURIS, OS. 1, Rn. 6; dass., NdsVBl 2015, 250 (251); VG Braunschweig, B. v. 19.10.2006, Az.: 5 B 284/06, JURIS, LS, Rn. 21 f.; dass., B. v. 18.01.2007, Az.: 5 B 332/06, JURIS, LS, Rn. 19 f.; VG Oldenburg, B. v. 30.01.2008, Az.: 2 A 969/07, JURIS, Rn. 27 f.; VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, JURIS, 1. LS, Rn. 18 f.; dass., Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 25/08, JURIS, 2. LS, Rn. 21 f.; VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, 2. OS, Rn. 107; VG Lüneburg, Urt. v. 13.01.2011, Az.: 6 A 143/09, JURIS, Rn. 21; Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258, Nr. 3.1 (­VORIS 21011); Rachor, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 672, 689, 695, 701; Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 642, 663, 669; Neuhäuser, in: Möstl / Weiner, Nds.SOG, 11/2018, § 26 Rn. 21; Saipa, Nds. SOG, St.: (07.2016)/08.2017, § 26 Rn. 3; Artkämper, PSP 2014, 27 (29); Barthel, KommJur 2009, 81 (84); Hunsicker, Der Kriminalist 2006, 430 (430); ders., NordÖR 2009, 62 (63); ders., StV 2010, 212 (214); Söllner, NJW 2009, 3339 (3339 f.); ders., DVBl 2009, 1320 (1320); Vahle, DVP 2014, 298 (299); Waechter, NordÖR 2008, 473 (477). Vgl. ebenfalls: OVG Bremen, StV 2015, 625 (625, 627); VGH München, NVwZ-RR 2016, 779 (779). 521 So u. a.: OVG Lüneburg, NordÖR 2013, 269 (269, 270); Neuhäuser, in: Möstl / Weiner, Nds.SOG, 11/2018, § 26 Rn. 21, 23; Rachor, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 671; Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 641. 522 Rachor, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 672, 691; Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 642; Söllner, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 3 Rn. 326; Barthel, KommJur 2009, 81 (84); ders., DVP 2005, 276 (278 Fn. 31); Söllner, NJW 2009, 3339 (3341 ff.); ders., DVBl 2009, 1320 (1321); ders., DVBl 2010, 529 (530 f.); ders., DVBl 2010, 1385 (1386 ff.); Hunsicker, Der Kriminalist 2006, 430 (430): später jedoch teilweise, im Fall einer Einzahlung zwecks Verwahrung, feststellend bejahend, in: StV 2010, 212 (214). Vgl. auch: OVG Berlin,

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Andere Stimmen in Literatur und Rechtsprechung halten diese Sichtweise, gerade in Fällen, in denen Bargeld im Rahmen eines strafrechtlichen Verfahrens sichergestellt oder beschlagnahmt und zum Zwecke der Verwahrung zu Buchgeld umgeformt worden ist, jedoch für zu formal. Sie verfolgen daher die Auffassung, dass § 26 HS. 1 Nds. SOG diesbezüglich eine planwidrige Regelungslücke enthalte und das bereits zuvor sichergestellte Bargeld, welches nur zur zweckmäßigeren Verwahrung in Buchgeld umgewandelt worden ist, in analoger Anwendung des § 26 Nds. SOG weiterhin als Bargeld anzusehen sei. Folglich soll das Buchgeld in einem solchen Fall auch weiterhin einen tauglichen Sicherstellungsgegenstand nach § 26 Nds. SOG darstellen.523 Schließlich vertritt ein kleiner Teil der Literatur, leider ohne Begründung, auch über den vorgenannten Fall hinaus, dass die Sicherstellungsfähigkeit von Buchgeld generell mittels analoger Anwendung des § 26 Nds. SOG zu bejahen sei.524 Zur Feststellung, ob eine Sicherstellungsfähigkeit nach § 26 Nds. SOG trotz fehlender Körperlichkeit dennoch zu bejahen ist, gilt es insofern zu unterscheiden zwischen Buchgeld, welches als Bargeld und somit Sache i. S. d. § 26 Nds. SOG bei dem Betroffenen sichergestellt oder beschlagnahmt und lediglich zwecks Verwahrung von den Strafverfolgungsbehörden in Buchgeld umgeformt worden ist, und Buchgeld, das bei dem Betroffenen bereits als Buchgeld vorgefunden worden ist. (a) Bargeld, welches von der StA auf ein Konto eingezahlt wurde Mangels direkten Verweises in § 26 Nds. SOG auf § 90 BGB kann kurz hinterfragt werden, ob der Sachbegriff des Nds. SOG sich tatsächlich mit dem des BGB deckt und damit eine direkte Anwendung von § 26 Nds. SOG auf unkörperliche Gegenstände ausschließt. So gilt es zwar grundsätzlich die Einheit und Klarheit der Rechtsordnung zu wahren, dies bedeutet im Interesse des jeweiligen Norm-

B. v. 16.09.2002, Az.: 1 N 13.00, JURIS, Rn.11; VGH München, NVwZ-RR 2016, 779 (779 ff); VG Augsburg, Urt. v. 09.09.2014, Az.: Au 1 K 13.1276, JURIS, LS. 1, 3, Rn. 24–38, 56–60. 523 OVG  Lüneburg, B. v. 23.05.2011, Az.: 11 PA 158/11, n. v., S. 2; dass., NordÖR 2013, 269 (269, 270 f.); dass., B. v. 21.11.2013, Az.: 11 LA 135/13, JURIS, OS. 1, Rn. 6, 17; dass., NdsVBl 2015, 250 (251); VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 25/08, JURIS, LS. 1, Rn. 19: dann sei jedoch der Grund nach Nr. 2 nicht mehr möglich; dass., Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, JURIS, LS. 5, Rn. 33; VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, OS. 3, Rn. 108–112: dabei aber missverständlich: stellt sowohl auf die weite Auffassung von Rohde / Schäfer, NdsVBl 2010, 41 (44), als auch auf den begrenzten Analogieschluss des Allg. RdErl. ab; Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515, Nr. 3.1 (­VORIS 21011), ersetzt durch den Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258, Nr. 3.1 (­VORIS 21011); Neuhäuser, in: Möstl / Weiner, Nds.SOG, 11/2018, § 26 Rn. 23 f.; Artkämper, PSP 2014, 27 (29); Hunsicker, StV 2010, 212 (214); Vahle, DVP 2014, 298 (299). Vgl. auch: OVG Bremen, NJW 2016, 2901 (2902). 524 Rohde / Schäfer, NdsVBl 2010, 41 (44).

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

zweckes aber nicht zwangsläufig auch eine Begriffseinheit.525 So kann der Normzweck grundsätzlich Unterschiede in der Begriffsauslegung gebieten. Dabei darf die Auslegung nur nicht soweit über den allg. Sprachgebrauch hinausgehen, dass der Bürger dadurch bei Anwendung völlig überrascht wird.526 (aa) Sachbegriff im Gefahrenabwehrrecht Gegen eine Begrenzung auf körperliche Gegenstände spricht, dass vor Einführung der Standardmaßnahme die Sicherstellung, Verwahrung und Verwertung auf die Generalklausel gestützt worden ist und bei der Neuregelung einzig von einer Reduzierung der Reichweite durch einen engeren zeitlichen Bezug zum befürchteten Schadenseintritt bei gleichem Grad der erwarteten Schwere gesprochen wird. Die Beschaffenheit des Sicherstellungsgegenstandes wird hingegen nicht näher thematisiert oder gar explizit begrenzt.527 Zudem wird in der Anmerkung zu § 21 MEPolG der Unterschied einer Sicherstellung von Gegenständen nach StPO und PolG nur in der Zielrichtung gesehen,528 während unter Gegenständen nach der StPO aber sowohl körperliche wie unkörperliche verstanden werden.529 Es bleibt allerdings unklar, ob bei besagter Gesetzesänderung wie auch bei der Anmerkung schlicht nicht an diesen Unterschied gedacht oder ob der Vergleich in dieser Hinsicht bewusst getroffen worden ist, insbesondere da in der Begründung explizit „Sachen wie Geld und Ausweispapiere“ als sicherstellungsfähig benannt wurden.530 Denn der zur Klärung beigefügte Hinweis ist leider ebenfalls mehrdeutig. So kann mit Geld sowohl Bar- als auch Buchgeld oder aber auch nur Bargeld gemeint worden sein. Auch die Nennung der Ausweispapiere bietet keine eindeutige Auslegungsmöglichkeit. Einerseits kann man aus dessen Nennung schließen, dass eine Sicherstellung von Unkörperlichem wie Buchgeld nicht mit beabsichtigt worden ist, wenn trotz Körperlichkeit bereits für Ausweispapiere eine Klarstellung für erforderlich gehalten worden ist. Andererseits können Ausweispapiere jedoch

525 Vgl.: BVerfGE 25, 309 (313); Engisch, Die Einheit der Rechtsordnung, 1935, S. 43–46; Schmidt, in: Schmidt, Vielfalt des Rechts – Einheit der Rechtsordnung?, 1994, S. 12 f.; Felix, Die Einheit der Rechtsordnung, 1998, S. 157–159, 189–193, 226–229; Kruis, NVwZ 2012, 797 (800). 526 Vgl. u. a.: Felix, Die Einheit der Rechtsordnung, 1998, S. 226–229; Berner / Köhler / Käß, PolAufgG Bay, 2010, Vorb. zu Art. 25–28, Rn. 9. 527 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 50, 66, 87. 528 Heise / Riegel, MEPolG, 1978, S. 84: Anmerkung zu § 21, Nr. 2. Die Anmerkungen zum MEPolG sind von Relevanz, da die Regelungen des MEPolG beinahe wortgleich, jedenfalls aber inhaltlich identisch ins Nds. SOG übernommen worden sind: Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 50 f.; Beschlussempfehlung: Nds.LT, 07.10.1981, Drs. 9/2865 S. 2 f., 21; Schriftlicher Bericht: Nds.LT, 22.10.1981, Drs. 9/2908 S. 12. 529 Hierzu u. a.: Schmitt, in: Meyer-Goßner / Schmitt, StPO, 2018, § 94 Rn. 4; § 111b, Rn. 4. 530 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 87; Heise / Riegel, MEPolG, 1978, S. 83: Begründung zu § 21 Nr. 3 d: „auch Sachen wie Geld und Ausweispapiere“.

I. Landesrechtliche Grenzen  

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auch nur benannt worden sein, um klarzustellen, dass deren Urkundeneigenschaft der Sicherstellungsfähigkeit nicht durch etwaige vorrangige Regelungen im Wege steht. Die Gesetzesmaterialien können zur Klärung des Sachbegriffs daher nicht beitragen. Es ist aufgrund dessen das allgemeine Wortverständnis unter Berücksichtigung seiner Etymologie näher zu betrachten. Der Begriff Sache hat seinen Ursprung in der germanischen Rechtssprache und stand einzig für einen Rechtsstreit, somit etwas Unkörperliches.531 Mit der Zeit gewann der Begriff neue Bedeutungen und Verwendungszusammenhänge hinzu und stand nun u. a. auch für körperliche Gegenstände, Angelegenheiten, Gegenstände oder Schuld, hat seine Verwendung für Unkörperliches dabei somit zu keiner Zeit verloren.532 Selbst im BGB wird der Sachbegriff nicht nur i. S. d. § 90 BGB verwendet, sondern steht in § 119 BGB auch für unkörperliche Gegenstände wie etwa ein Unternehmen, eine Erbschaft oder Forderungen.533 Dabei wirkt § 119 BGB in zwei Richtungen. Zum einen kann er einen Bürger begünstigen, indem er ihm ermöglicht, sich von einem Rechtsgeschäft zu befreien, auf der anderen Seite wirkt er sich für die Partei, die an dem Rechtsgeschäft festhalten möchte, jedoch negativ aus. Zudem ist auch bereits in manchen Bereichen des öffentlichen Rechts anerkannt, dass öffentliche Sachen nicht nur physisch fassbare Objekte, sondern auch unkörperliche sein können, wie der Luftraum oder die Elektrizität.534 Ferner muss auch nach dem allgemeinen Wortverständnis mit dem Begriff Sache nicht zwingend etwas Körperliches gemeint sein. So kann z. B. Sache nicht nur für einen Vorfall, Anliegen oder Ziel stehen, sondern wird zum Teil auch umgangssprachlich in Redewendung wie: „Die Sache überweise ich dir später.“ als Synonym für Buchgeld angewendet. Die Verwendung des Sachbegriffs für Buchgeld ist daher nicht etwas, mit dem man unter keinen Umständen zu rechnen braucht und damit grundsätzlich für den Bürger nicht völlig überraschend. Ein solches Begriffsverständnis entspricht auch dem Zweck des Nds. SOG, eine effektive Gefahrenabwehr zu gewährleisten. Wenn von unkörperlichen Gegenständen gegenwärtige Gefahren ausgehen und die Gefahren durch Entzug besagter Gegenstände abgewendet werden können, dann ist eine solch weite Auslegung auch geboten. Welche Voraussetzungen eine Gefahr in dieser Konstellation zu erfüllen hat und welche Folgemaßnahmen sich anschließen können, gilt es im Späteren zu klären.535 Ein Ausschluss des Buchgeldes bereits vom

531

Drosdowski / Grebe / Köster, Duden-Etymologie, 1963, S. 582. Siehe hierzu u. a.: Köbler, Etymologisches Rechtswörterbuch, 1995, S. 348. 533 Hierzu u. a.: Armbrüster, in: MüKoBGB, 2015, § 119 BGB, Rn. 130; Wendtland, in: BeckOK-BGB, 2018, § 119 BGB, Rn. 43. 534 Siehe u. a.: Peine / Siegel, Allg. VerwR, 2018, Rn. 1062. 535 Siehe unten, zum tauglichen Sicherstellungsgrund: S. 180 ff; eine vertiefte Betrachtung der Folgemaßnahmen, insb. der Frage, ob und wenn wie die Verwertungsregelung nach § 28 Nds. SOG nicht nur auf Bar- sondern auch auf Buchgeld anwendbar ist, muss im Rahmen der vorliegenden Arbeit aus Gründen der Schwerpunktsetzung dahinstehen. 532

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

Sachbegriff ist jedoch weder nach dem möglichen Wortsinn noch nach dem Normzweck geboten. Entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch und im Sinne des Normzwecks umfasst der Sachbegriff daher auch Buchgeld, so dass eine Sicherstellungsfähigkeit nach § 26 Nds. SOG direkt bejaht werden kann. Ob der Sachbegriff aber auch andere unkörperliche Gegenstände als Sicherstellungsgegenstand mitumfasst, bedarf einer näheren Prüfung, die den vorliegenden Rahmen sprengen würde.536 Anders jedoch in Literatur und Rechtsprechung,537 die den Sachbegriff des § 26 Nds. SOG auf körperliche Gegenstände begrenzen. Mangels physischer Präsenz des Buchgeldes ist dann eine Sicherstellung nach § 26 Nds. SOG allenfalls durch Analogie möglich. Da die Maßnahme der Eingriffsverwaltung zu untergliedern ist, muss dann aber zunächst geklärt werden, ob grundsätzlich überhaupt ein Analogieschluss möglich ist oder ob ein Analogieverbot besteht. (bb) Verfassungsrechtliches Analogieverbot Zuallererst könnte sich ein solches Verbot aus der Verfassung ergeben. Dabei sind zunächst die Verbote durch spezielle verfassungsrechtliche Regelungen näher zu betrachten, um im Anschluss deren mögliche Einflüsse auf ein allgemeines Analogieverbot zu diskutieren. (α) Analogieverbot nach Art. 103 II GG Art. 103 II GG wird überwiegend als Analogieverbot für den Bereich des materiellen Strafrechts verstanden.538 Als Reaktion auf das Analogiegebot nach § 2 StGB 536 Vgl., den Sachbegriff nicht auf Körperlichkeit beschränkend: VG Hannover, ZfWG 2016, 469 (471). Vgl. ebenfalls, die Sicherstellungsfähigkeit unkörperlicher Gegenstände grundsätzlich bejahend: Berner / Köhler / Käß, PolAufgG Bay, 2010, Vorb. zu Art. 25–28, Rn. 9. Vgl. auch, das Bedürfnis der Klärung des Sachbegriffs anerkennend: VGH München, NVwZ-RR 2014, 522 (522 f.); schließlich jedoch unkörperliche Gegenstände ausschließend, mangels klarstellender Formulierung, dass nicht Sache i. S. d. § 90 BGB gemeint sei, und da bei unkörperlichen Gegenständen ein öff.-rechtl. Verwahrungsverhältnis nicht möglich sei: VGH München, NVwZ-RR 2016, 779 (780). 537 So u. a.: OVG Lüneburg, NordÖR 2013, 269 (270); Neuhäuser, in: Möstl / Weiner, Nds. SOG, 11/2018, § 26 Rn. 21; Rachor, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 671; Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 641. 538 So u. a.: BVerfGE 14, 174 (185); 73, 206 (235 f.); 92, 1 (13 ff); 126, 170 (194 ff); Degenhart, in: Sachs, GG, 2018, Art. 103 Rn. 53 f., 57, 69; Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke, GG, 2018, Art. 103 Rn. 65, 70; Sodan, in: Sodan, GG, 2018, Art. 103 Rn. 20; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, 2018, Art. 103 Rn. 46 f.; Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (12.1992)/12.2016, Art. 103 II Rn. 163 f., 167, 225; Bach, Analogieverbot im VerwR,

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von 1935,539 dessen Aufhebung durch den Alliierten Kontrollrat 1945 verkündet worden ist, und den durch das Gebot ermöglichten Missbrauch zur NS-Zeit wurde im Folgejahr 1946 das Analogieverbot gesetzlich wieder eingeführt.540 Eine direkte Anwendung ist entsprechend dem möglichen Wortsinn auf Regelungen mit strafrechtlichem Charakter beschränkt und kann sich daher nicht auf das Gefahrenabwehrrecht erstrecken.541 Eine analoge Anwendung auf das Gefahrenabwehrrecht scheidet mangels einer planwidrigen Regelungslücke542 sowie einer fehlenden Vergleichbarkeit aus.543 Das Verbot sei eine abschließende Regelung für strafbegründende oder -verschärfende Lückenfüllung544 und basiert, wie im Folgenden genauer aufgezeigt, auf für das Strafrecht spezifischen Überlegungen. Schließlich kann Art. 103 II GG weder als Argument für noch gegen ein Analogieverbot im Öffentlichen Recht herangezogen werden. Zwar liegen dem Erfordernis eines formellen Gesetzes545 und dem damit einhergehenden strafrechtlichen Analogieverbot nach Art. 103 II GG auch allgemeine rechtsstaatliche Erwägungen – wie Vertrauensschutz, Bestimmtheitsgrundsatz und Rechtssicherheit – zugrunde, allerdings basiert Art. 103 II GG ebenso auf einigen für das Strafrecht spezifischen Überlegungen. Der für das übrige Öffentliche Recht eher unüblichen Eigenart, dass die Strafnorm in ihrer Bestimmtheit Abschrecken und Rechtsverstöße vermeiden soll, damit generalpräventive Zwecke verfolgt, wird teilweise mangels Nachweisbarkeit ihrer Relevanz bei der Schaffung von Art. 103 II GG, obwohl auf den von v. Feuerbach mit der Theorie vom psychologischen Zwang

2011, S. 120 f.; Rudolphi / Jäger, in: SK-StGB I, 2017, § 1 Rn. 1 f., 45, 58; Fischer, StGB, 2019, § 1 Rn. 2; Jescheck / Weigend, StrafR AT, 1996, S. 134 f.; Roxin, StrafR AT I, 2006, § 5 Rn. 8, 26 ff, 40 ff. 539 § 2 StGB i. d. F. v. 28.06.1935, RGBl. 1935, I, S. 839: „Bestraft wird, wer eine Tat begeht, die das Gesetz für strafbar erklärt oder die nach dem Grundgedanken eines Strafgesetzes und nach gesundem Volksempfinden Bestrafung verdient. Findet auf die Tat kein bestimmtes Strafgesetz unmittelbar Anwendung, so wird die Tat nach dem Gesetz bestraft, dessen Grundgedanke auf sie am besten zutrifft.“ 540 Siehe Näheres u. a.: Schmidt, VerwArch 2006, 139 (152 f., 161 f.). Zu § 2 StGB von 1935, seiner Bedeutung und seiner Folgen: Rüping, in: FS für Dietrich Oehler, 1985, S. 27 (29 ff). 541 So auch explizit: BVerfGE 109, 133 (167). Vgl.: BVerfGE 14, 174 (185); 32, 346 (361 f.); 71, 108 (115 f.); 75, 329 (340); Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (12.1992)/12.2016, Art. 103 II Rn. 164 f, 185, 195, 225 f.; Degenhart, in: Sachs, GG, 2018, Art. 103 Rn. 54; Schmidt, VerwArch 2006, 139 (156 f.); Lücke, Vorläufige Staatsakte, 1991, S. 109. 542 So auch: Schmidt, VerwArch 2006, 139 (160); Lücke, Vorläufige Staatsakte, 1991, S. 109 ff. 543 So auch: Lücke, Vorläufige Staatsakte, 1991, S. 109. 544 Lücke, Vorläufige Staatsakte, 1991, S. 109 ff. Vgl. auch Papier, Gesetzesvorbehalte & Demokratieprinzip, 1973, S. 177. 545 Teils ebenfalls für ausreichend erachtete Rechtsverordnungen: BVerfGE 14, 174 (185 f.); 32, 346 (362 f.): wie auch Satzungen genügen dem Erfordernis eines Gesetzes; 75, 329 (342); Degenhart, in: Sachs, GG, 2014, Art. 103 Rn. 63 f.: nur zur näheren Konkretisierung. Andere Auffassung: Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (12.1992)/12.2016, Art. 103 II Rn. 183.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

geprägten Grundsatz nulla poena sine lege zurückgehend, zwar nur wenig Gewicht zugemessen.546 Jedoch ist wesentliche Grundlage des Art. 103 II GG der aus der in Art. 1 I GG i. V. m. Art. 2 I GG geschützten Würde wie Eigenverantwortlichkeit des Menschen folgende Grundsatz nulla poena sine culpa. Für eine schuldhafte Begehung ist insbesondere die Möglichkeit, vor Tatbegehung von dessen Unrecht Kenntnis zu erlangen, zwingende Voraussetzung und kann allein durch formelles Gesetz547 nicht aber Analogie gewährleistet werden. Diese Vorhersehbarkeit ist gerade im Bereich des materiellen Strafrechts, in dem ein Unwerturteil mit korrespondierender öffentlicher Missbilligung getroffen wird, von besonderer Relevanz, damit der Einzelne eigenverantwortlich ein strafbares Verhalten vermeiden kann. In diesem Sinn verschärft Art. 103 II GG die bereits im aus Art. 20 III GG folgendem Rechtsstaatsprinzip angelegten Garantien, wie Bestimmtheitsgebot und Vorbehalt des Gesetzes.548 Auch die besonders hohe Intensität des Eingriffs durch Strafe kann klar umrissene Strafbestimmungen durch den Gesetzgeber zwingend erforderlich machen und ein spezifisch strafrechtlicher Grund für eine Verschärfung der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Garantien gewesen sein. Denn Strafe stellt anders als gefahrenabwehrrechtliche Maßnahmen nach dem Nds. SOG nicht nur begangenes Unrecht fest, sondern haftet dem Verurteilten einen sittlichen Makel an, der u. U. im Alltag zu weiteren Nachteilen, von sozialer Ächtung bis zum Verlust der Arbeitsstelle, führen kann.549 Ob der besonderen Eingriffsqualität aber bei Schaffung des Art. 103 II GG ein solch großes Gewicht zukam, ist unklar, zumal unter diesen Umständen auch nach der Wesentlichkeitstheorie ein formelles Gesetz550

546

Bach, Analogieverbot im VerwR, 2011, S. 125 ff; Bohnert, Feuerbach und der Bestimmtheitsgrundsatz im StrafR, 1982, S. 9 ff, 29. Anders: Papier, Gesetzesvorbehalte & Demokratieprinzip, 1973, S. 177; Roxin, StrafR AT I, 2006, § 5 Rn. 22 f. Zur Vermeidung von Rechtsverletzungen durch Strafdrohung (psychologischen Zwang) als Grund für eine gesetzliche Regelung, siehe insb.: Feuerbach, Lb des Peinlichen Rechts, 1847, § 12–20, 84; Schreiber, Gesetz und Richter, 1976, S. 118 f., 216. Den Zweck relativierend: Mittermaier, in: Feuerbach, Lb des Peinlichen Rechts, 1847, § 20a. 547 S. o.: Fn. 545. 548 Vgl.: BVerfGE 71, 108 (114 ff.); 73, 206 (234 ff.); 75, 329 (341); 109, 133 (171 f.); 126, 170 (194 ff); Grünwald, in: FS für Arthur Kaufmann, 1993, S. 433 (438); Bach, Analogieverbot im VerwR, 2011, S. 122 f., 127; Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (12.1992)/12.2016, Art. 103 II Rn. 164 f., 167, 178, 184 f.; Degenhart, in: Sachs, GG, 2014, Art. 103 Rn. 53 ff, 67. Ebenso, aber mit reduzierter Gewichtung als Grundlage: Roxin, StrafR AT I, 2006, § 5 Rn. 24 f. Vgl. auch: Rudolphi / Jäger, in: SK-StGB I, 2017, § 1 Rn. 2; Schreiber, Gesetz und Richter, 1976, S. 209 ff, 213 ff; Wolff, in: HGR V, 2013, § 134, Rn. 2, 13 f., 18; Sax, in: Bettermann / Nipperdey / Scheuner, Die Grundrechte III/2, 1959, S. 908 (997 ff). 549 So auch: Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig, GG, St.:  (12.1992)/12.2016, Art. 103 II Rn. 165, 195. Vgl. auch: Wolff, in: HGR V, 2013, § 134, Rn. 2, 11 f.; Schmahl, in: Schmidt-­ Bleibtreu / ​Hofmann / Henneke, GG, 2018, Art.  103 Rn.  57; Schreiber, Gesetz und Richter, 1976, S. 230 f. 550 Oder zumindest Rechtsverordnung: vgl. oben: S. 149. Bach, Analogieverbot im VerwR, 2011, S. 128 f.

I. Landesrechtliche Grenzen  

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erforderlich ist. Eine Erforderlichkeit nach der Wesentlichkeitstheorie steht einer deklaratorischen Regelung zur Hervorhebung der Relevanz und besonderen Bedeutung im Strafrecht aber nicht im Wege und kann somit dennoch als Grund Berücksichtigung gefunden haben. Ferner sichert Art. 103 II GG die Objektivität, denn der mit der konkreten Tat befasste Richter läuft Gefahr, im Einzelfall infolge emotionaler Betroffenheit übertrieben zu reagieren, wenn weder das Ob einer Strafbarkeit noch der Strafrahmen festgesetzt wäre. Während die Legislative mit nüchternem, da nicht mit Einzelfällen konfrontiertem Blick objektiver über die Strafwürdigkeit einer Tat entscheiden kann.551 Auch die historische Betrachtung offenbart strafrechtliche Besonderheiten, aufgrund derer Art. 103 II GG geschaffen worden ist. So versuchte man im frühen 19. Jahrhundert die Willkür des Monarchen, an die sich die Richter insbesondere im 17. und 18. Jahrhundert gebunden sahen, in Strafsachen durch Schließung richterlicher Freiräume per Normierung zu unterbinden. Auch die Erfahrungen aus der NS-Zeit, in der das vorher bestehende Analogieverbot durch ein Analogiegebot ersetzt worden ist,552 zeigen, wie leicht das Strafrecht z. B. zwecks Disziplinierung missbraucht werden kann und wie wichtig eine klare Normierung ist.553 Art. 103 II GG wurde als Konsequenz dieser Erfahrungen beinahe wortidentisch zu Art. 116 WRV554 und mit derselben Bedeutung daher gezielt auf das materielle Strafrecht begrenzt in das Grundgesetz aufgenommen.555 Für diesen auf mit einem Unwerturteil und einer korrelierenden öffentlichen Missbilligung einhergehenden Sanktion reduzierten Anwendungsbereich spricht zudem, dass der Wortlaut nicht ähnlich allgemein gefasst worden ist wie etwa 1946/1947 in den Verfassungen Badens556,

551

Schreiber, Gesetz und Richter, 1976, S. 165, 167, 181 f., 201 f., 218 f., 230 f.; Jung, in: FS für Rudolf Wassermann, 1985, S. 875 (884): „objektiver Vertrauensgedanke“; Jakobs, StrafR AT, 1991, Abschn. 4 Rn. 9; Grünwald, in: FS für Arthur Kaufmann, 1993, S. 433 (436 f.); ­Jescheck / Weigend, StrafR AT, 1996, S. 134 f.; Roxin, StrafR AT I, 2006, § 5 Rn. 19: als Ausformung des Ziels der Sicherung des Freiheitsschutzes des Bürgers; Bach, Analogieverbot im VerwR, 2011, S. 132 f.; Rudolphi / Jäger, in: SK-StGB I, 2017, § 1 Rn. 2; Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (12.1992)/12.2016, Art. 103 II Rn. 175, 182. 552 S. o.: S. 148 f. 553 Näheres: Schreiber, Gesetz und Richter, 1976, S. 25 ff., 97 ff., 118 ff., 156 ff., 181 ff., 191 ff., 201 ff., 217 ff., 230 f.; Roxin, StrafR AT I, 2006, § 5 Rn. 12 ff., 19; Bach, Analogieverbot im VerwR, 2011, S. 130 ff. m. w. N. Zu § 2 StGB von 1935, seiner Bedeutung und seiner Folgen: Rüping, in: FS für Dietrich Oehler, 1985, S. 27 (29 ff). 554 Art. 116 WRV (v. 14.08.1919, RGBl. 1919, Nr. 152, S. 1383 [1405]): „Eine Handlung kann nur dann mit einer Strafe belegt werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Handlung begangen wurde.“ 555 BVerfGE 109, 133 (167 f.). Näheres u. a.: Roxin, StrafR AT I, 2006, § 5 Rn. 16, 18 f.; Lücke, Vorläufige Staatsakte, 1991, S. 110 f. Vgl.: Wolff, in: HGR V, 2013, § 134, Rn. 2. 556 Art. 90 I 1 Verfassung des Landes Baden v. 22.05.1947, RegBl d. Landesregierung Baden v. 28.05.1947, 2. Jahrgang, Nr. 21, S. 129 (136).

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

Bayerns557, Württemberg-Hohenzollerns558, Hessens559, von Rheinland-Pfalz560 oder des Saarlands561.562 Ebenfalls für eine auf das materielle Strafrecht bezogene abschließende Regelung spricht, dass Analogien im Sinne des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 I GG getroffen werden, um wesentlich Gleiches gleich behandeln zu können.563 Art. 103 II GG durchbricht gerade dieses Gebot, indem es einen solchen Schluss bei vergleichbaren Situationen nicht zulässt und die Beseitigung dieses Ungleichgewichts dem Gesetzgeber vorbehält. Eine solche Beschränkung bedarf infolge der Grundrechtsrelevanz einer expliziten Regelung, die für das übrige Öffentliche Recht aufgrund des Wortlauts aber nicht in Art. 103 II GG, nicht einmal analog, gesehen werden kann.564 Für eine fehlende Übertragbarkeit des Analogieverbotes spricht zudem die andersartige Struktur des Strafrechts. Das Strafrecht dient dem Rechtsgüterschutz, lässt hierbei aufgrund seiner Subsidiarität – der Strafe als schärfstes Schwert und damit letztes Mittel565 – gegenüber dem übrigen Öffentlichen Recht und dem Zivilrecht jedoch bewusst Lücken. Das Auffinden planwidriger Regelungslücken wird damit um ein Vielfaches schwerer. Zudem greift die Strafe stets erst nach begangenem Unrecht und damit nach Eintritt des schädigenden Ereignisses, während das Gefahrenabwehrrecht vor dessen Eintritt ansetzt, um diesen zu verhindern. Das Bedürfnis nach einer Analogie ist hier somit höher, da der Schaden noch abgewandt werden kann. Ferner hat die Exekutive im Strafrecht566 ihre ausführende Funktion im Wesentlichen eingebüßt. Anders als im übrigen Öffentlichen Recht, kann sie im Strafrecht keine verbindlichen Entscheidungen treffen. Der Richter ist weder daran gebunden, welche Tatbestände angeklagt worden sind, noch, welches Strafmaß beantragt worden ist. Die Schwächung der Exekutive führt somit vorherrschend zu einer Aufgabenverteilung zwischen Legislative und Judikative, während im übrigen Öffentlichen Recht die Exekutive den Bürger verpflichten 557

Art. 70 I Verfassung des Freistaates Bayern v. 02.12.1946, BayGVBl v. 08.12.1946, Nr. 23, S. 333 (338). 558 Art. 68 I Verfassung für Württemberg-Hohenzollern v. 20.05.1947, RegBl für das Land Württemberg-Hohenzollern v. 31.05.1947, Nr. 1, S. 1 (7). 559 Art. 2 II Verfassung des Landes Hessens v. 01.12.1946, HessGVBl. v. 18.12.1946, Nr. 34/35, S. 229 (230). 560 Art. 2 Verfassung für Rheinland-Pfalz v. 18.05.1947, Verordnungsblatt d. Landesregierung Rheinland-Pfalz v. 24.05.1947, 1. Jahrgang, Nr. 14, S. 209 (212). 561 Art. 2 Verfassung des Saarlandes v. 15.12.1947, Amtsblatt des Saarlandes v. 17.12.1947, Nr. 67, S. 1077 (1078). 562 Lücke, Vorläufige Staatsakte, 1991, S. 110 f. 563 Zum Verhältnis Analogie und Gleichheitssatz: Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, 1983, S. 25, 57, 71. 564 Lücke, Vorläufige Staatsakte, 1991, S. 111 f. Vgl. auch: Dürig, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (Grundwerk)/05.2015, Art. 3 I Rn. 401; Schwabe, DVBl 1997, 351 (352). 565 BVerfGE 39, 1 (45). 566 Strafrecht im engeren Sinn, ohne Ordnungswidrigkeitenrecht.

I. Landesrechtliche Grenzen  

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kann und die Judikative das Handeln der Exekutive überprüft.567 Eine Lockerung der Regelungen im Strafrecht ist als Lehre aus der Vergangenheit nicht ratsam, da sie der Exekutive neue Einflussmöglichkeiten bietet und Missbräuche ermöglicht. Im übrigen Öffentlichen Recht hingegen war eine solche Entmachtung der Exekutive nicht erforderlich. Art. 103 II GG basiert somit auf zu vielen strafrechtlichen Eigenarten, als dass deren Regelung auf das übrige Öffentliche Recht übertragen werden könnte. Das strafrechtliche Analogieverbot besagt jedoch auch nicht, dass kein allgemeines für das übrige Öffentliche Recht einschlägiges Analogieverbot etwa aus rechtsstaatlichen Erwägungen nach Art. 20 III GG neben dem besonderen Verbot bestehen kann. Art. 103 II GG könnte auch allein zur besonderen Hervorhebung aufgrund der strafrechtlichen Besonderheiten historisch veranlasst eine deklaratorische Wirkung zukommen.568 Rückschlüsse auf ein Für und Wider eines darüber hinaus bestehenden Verbots sind somit aus Art. 103 II GG nicht ableitbar. (β) Analogieverbot nach Art. 104 I 1 GG Art. 104 I 1 GG konkretisiert den Gesetzesvorbehalt aus Art. 2 II 3 GG und beinhaltet ebenfalls ein Analogieverbot; allerdings nur bzgl. Analogien zu Lasten eines Festgehaltenen oder Freiheitsbeschränkten.569 Zwar gibt es auch im Gefahrenabwehrrecht freiheitsbeschränkende Maßnahmen, die für diese Arbeit relevante Sicherstellung zielt jedoch einzig auf eine vorläufige Entziehung von Sachen, allenfalls noch Forderungen, nicht aber auf eine Beschränkung körperlicher Bewegungsfreiheit. Eine direkte Anwendung des Art. 104 I 1 GG auf eine im Rahmen der Sicherstellung angedachte Analogie scheidet daher aus. Auch ein Verbot durch analoge Anwendung des Art. 104 I 1 GG ist mangels Vergleichbarkeit für die Sicherstellung abzulehnen. Denn Art. 104 I 1 GG wurde mit der ebenfalls historisch bedingten klaren Absicht geschaffen, eine Rückkehr zur ehemals insbesondere im Dritten Reich nach Aussetzung des Art. 114 WRV570 1933 gängigen, nicht überprüfbaren und willkürlichen Schutzhaftpraxis zwecks Disziplinierung und teils auch Terrorisierung von Opfern für die Zukunft aus-

567

Siehe u. a.: Roxin, StrafR AT I, 2006, § 5 Rn. 20 f.; Wolff, in: HGR V, 2013, § 134, Rn. 16 f. Näheres: Bach, Analogieverbot im VerwR, 2011, S. 119 ff. 569 Näheres: BVerfGE 29, 183 (195 f.); Degenhart, in: Sachs, GG, 2018, Art. 104 Rn. 4 f., 9 ff; Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, 2018, Art. 104 Rn. 2 f.; Kunig, in: Münch / Kunig, GG, 2012, Art. 104 Rn. 5 f., 8, 10; Rüping, in: BK, St.: (08.2008)/12.2018, Art. 104 Rn. 26, 27 f., 30; Schmidt, VerwArch 2006, 139 (157). 570 Art. 114 WRV (v. 14.08.1919, RGBl. 1919, Nr. 152, S. 1383 [1405]) qualifizierte die Freiheit der Person als Grundrecht und setzte es unter einen Gesetzesvorbehalt, allerdings ohne den heute üblichen Richtervorbehalt. 568

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

schließen zu wollen; ferner mit dem Ziel Eingriffe nicht nur kontrollierbar, sondern durch das Erfordernis eines formellen Gesetzes auch kalkulierbar zu machen.571 Schließlich können auch aus Art. 104 I 1 GG wie aus Art. 103 II GG weder Schlüsse für noch gegen ein das übrige Öffentliche Recht betreffende Analogieverbot gezogen werden. So fordert Art. 104 I 1 GG für freiheitsbeschränkende Maßnahmen als Ermächtigung zwar explizit ein formelles Gesetz, einer solch deutlichen Forderung kommt aufgrund ihrer Rarität in der Verfassung auch eine herausragende Bedeutung zu. Allerdings könnte hierin auch lediglich eine historisch veranlasste deklaratorische Regelung zur Hervorhebung der besonderen Relevanz einer vorhersehbaren und kontrollierbaren Freiheitsbeschränkung zu sehen sein. Denn freiheitsbeschränkende Maßnahmen erfordern aufgrund ihrer Eingriffsschwere572 bereits nach dem allgemeinen Vorbehalt des Gesetzes aus Art. 20 III, II  GG i. V. m. der Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts ein formelles Gesetz. Des Weiteren können auch aus der Ähnlichkeit des Art. 104 I 1 GG mit Art. 20 II, III GG keine solchen Schlüsse gezogen werden. Art. 104 I 1 GG dient zwar ebenfalls der Rechtssicherheit und weist damit als besondere Ausformung des Rechtsstaatsprinzips große Parallelen zu Art. 20 III GG auf,573 der wiederum u. U. gleichermaßen einen Vorbehalt des Gesetzes begründen kann. Auch legt Art. 104 I 1 GG durch die Forderung eines formellen Gesetzes zudem den erforderlichen Grad der demokratischen Legitimation fest, verlangt auf diese Weise einen parlamentarischen Rechtsetzungsakt und zeigt damit ebenso eine besondere Nähe zu Art. 20 II GG. Jedoch genügt allein der gleiche Begründungsansatz für eine allgemeine Übertragung des besonderen, generellen Analogieverbotes auf Art. 20 II, III GG nicht, da Art. 104 I 1 GG neben der Anknüpfung an Demokratie- und Bestimmtheitserfordernisse zusätzlich deutliche Verschärfungen beinhaltet wie die generelle Voraussetzung einer formellen Ermächtigungsgrundlage, die erhöhten Anforderungen an die Bestimmtheit, die Erklärung von Formvorschriften zu einem Verfassungsgebot oder den Richtervorbehalt in Art. 104 II GG.574 Schließlich kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass das Analogieverbot als Lehre aus dem Versagen der Exekutive in der Vergangenheit nur bei schwersten 571

Näheres zur Geschichte und Entwicklung: Doemming, in: JÖR 1, 1951, S. 1 (745 ff); Rüping, in: BK, St.: (08.2008)/12.2018, Art. 104 Rn. 1 ff, 8 ff, 12, 15; Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke, GG, 2018, Art.  104 Rn.  1, 4 f. 572 So schützt das Recht auf Freiheit der Person wie das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 II 1 GG die „physischen Bedingungen menschlicher Existenz“, ist „Grundlage und Voraussetzung [menschlicher) Entfaltungsmöglichkeiten“ und wird in Art. 2 II 2 GG daher auch als unverletzlich bezeichnet; ihm kommt damit ein hohes Gewicht zu: BVerfGE 131, 268 (290 f.); Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, 2018, Art. 2 Rn. 110, 120; Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke, GG, 2018, Art.  104 Rn.  1. 573 Schmahl, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke, GG, 2018, Art. 104 Rn. 15; Bach, Analogieverbot im VerwR, 2011, S. 140, 143. 574 So auch: Bach, Analogieverbot im VerwR, 2011, S. 144.

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Grundrechtseingriffen im Rahmen des Art. 104 I 1, 103 II GG greifen soll, eine Übertragung des besonderen Verbots auf den allgemeineren Art. 20 III, II GG damit nicht möglich ist. Andererseits lässt sich genauso wenig ausschließen, dass sich außerhalb des von Art. 103 II, 104 I 1 GG geregelten Bereichs nicht auch Eingriffskonstellationen von derartigem Gewicht ergeben können, die aufgrund der hinreichend zu gewährleistenden Rechtssicherheit einen erhöhten rechtsstaatlichen Schutz und damit ein Analogieverbot erforderlich machen können.575 Damit ist Art. 104 I 1 GG so speziell auf die Bewegungsfreiheit zugeschnitten und enthält besonders auf diese abgestimmte Voraussetzungen, während nicht ausgeschlossen werden kann, dass dem aus ihm resultierenden Analogieverbot nur eine deklaratorische Wirkung zukommt, so dass Rückschlüsse auf ein Für und Wider eines darüber hinaus bestehenden generellen Verbots auch nicht aus Art. 104 I 1 GG ableitbar sind.576 (γ) Allgemeines Analogieverbot aus Art. 20 II, III GG Aus der Betrachtung des Art. 104 I 1 GG aber auch des Art. 103 II GG ergibt sich daher als einziger zulässiger Schluss, dass kein generelles explizites Analogieverbot für das übrige Öffentliche Recht besteht. Es bleibt aber noch zu klären, ob und wenn ab wann Art. 20 II, III GG aufgrund demokratischer und rechtsstaatlicher Erwägungen ein Analogieverbot erforderlich macht. Ein Vorbehalt des Gesetzes und damit einhergehendes Verbot könnte sich für die Eingriffsverwaltung zunächst aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit aus Art. 20 III GG ergeben. Rechtssicherheit ist ein wichtiger Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips und folgt aus Art. 20 III GG. Rechtssicherheit erfordert eine Transparenz, sprich Vorhersehbarkeit wie auch Bestimmtheit und Beständigkeit von Rechtsnormen. Dies könnte einer analogen Anwendung entgegenstehen, da sie den Wortlaut der Norm übersteigt.577 Art. 20 III GG lässt jedoch Hinweise auf den entscheidenden Bezugspunkt für einen Vorbehalt des Gesetzes vermissen aufgrund der bloß allgemeinen Formulierung der Bindung der Gewalten an die verfassungsgemäße Ordnung, Gesetz und Recht. Ob ein Eingriff durch den Gesetzeswortlaut oder Gesetzeszweck gedeckt und vorhersehbar sein muss, bleibt daher zunächst unklar. Die historische 575

Ebenso: Bach, Analogieverbot im VerwR, 2011, S. 145. So auch ausführlicher: Bach, Analogieverbot im VerwR, 2011, S. 140 ff. 577 Bejahend: BVerfG, DVBl 1997, 351 (351 f.); Papier, Gesetzesvorbehalte & Demokratieprinzip, 1973, S. 178 f.: am Wortlaut festhaltend; Felix, Die Einheit der Rechtsordnung, 1998, S. 389 f., 397 f.; Söllner, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 3 Rn. 326; Konzak, NVwZ 1997, 872 (873); Schiessl / Hübner, BB 2006, 1533 (1536 f.); Wolff, in: HGR V, 2013, § 134, Rn. 88: nur feststellend. Näheres zur Rechtssicherheit, u. a.: Bach, Analogieverbot im VerwR, 2011, S. 148 ff. 576

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Betrachtung ergibt, dass der Vorbehalt auf einem Ende des 18. Jahrhunderts entstandenen Bedürfnis nach freier Entfaltung und Rechtssicherheit basiert. Auch das führt aber, u. a. mangels überlieferter Analogieverbote, leider zu keinen sicheren Schlüssen, ob nun der Wille oder der Wortlaut maßgebliches Kriterium ist. Die Analogie war jedoch bereits Anfang des 19. Jahrhundert eine anerkannte juristische Methode.578 Dies spricht eher gegen eine Bindung an den weitestmöglichen Wortsinn, lässt einen eindeutigen Schluss aber ebenfalls nicht zu. Die historische Betrachtung ist zur Klärung daher wenig hilfreich.579 Heute ist anerkannt, dass gemäß dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot aus Art. 20 III GG Gesetze hinreichend klar und bestimmt formuliert sein müssen, so dass der Bürger die Folgen der Norm für sich im Voraus erkennen kann. Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht absolut, denn es ist Aufgabe der Legislative abstrakt-generelle Regelungen zu treffen, während eine Vielzahl von Fällen sowie veränderte Lebensbedingungen aber nur durch eine allgemeine Formulierung erreicht werden.580 Daher ist eine gewisse Unbestimmtheit in Grenzen unumgänglich. Dem Bestimmtheitsgebot kann zudem auch noch im Nachhinein durch Konkretisierung infolge einer Rechtsprechungspraxis basierend auf anerkannten Auslegungsmethoden, wie dem Telos der Norm, der Systematik und Historie, Genüge getan werden.581 Dabei ist auch die Judikative an den Bestimmtheitsgrundsatz gebunden und darf infolgedessen keinesfalls mehr Unsicherheit produzieren, sondern im Gegenteil mehr Klarheit durch Konkretisierung.582 Prominentes Beispiel einer ausreichenden Bestimmtheit durch judikative Konkretisierung ist etwa die gefahrenabwehrrechtliche Generalermächtigung nach § 11 Nds. SOG. So ist das Argument der Rechtssicherheit durch Bestimmtheit und Vorhersehbarkeit allenfalls zu Beginn der analogen Anwendung zu berücksichtigen. Ein Analogieverbot aufgrund der einzig für den ersten Fall gegebenen Rechtsunsicherheit erscheint daher als überkorrekt, zumal andere Verfassungswerte wie der Gleichheitssatz583 eine Analogie aufgrund der Bindung an das Recht gegebenenfalls erforderlich machen können.584 Schließlich spricht aber auch der fließende und kaum präzise auszu 578

Analogieschluss vermutlich sogar bereits zu Zeiten der Römer gängiges juristisches Mittel zur Rechtserkenntnis; angeführt wird in diesem Kontext gerne, dass die in den leges duodecim tabularum (Zwölftafelgesetze; XII. Tafel, 8, 6) geregelte Tierhalterhaftung für quadrupedes (Vierfüßer) durch actio utilis des Praetors auf Straußenhalter analog angewendet wurde; die Überlieferung lässt jedoch Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Anekdote offen; siehe hierzu u. a.: Kramer, Juristische Methodenlehre, 2016, S. 204 f.; Schmidt, VerwArch 2006, 139 (140). 579 Mit näheren Ausführungen zur geschichtlichen Entwicklung: Bach, Analogieverbot im VerwR, 2011, S. 107 ff. 580 BVerfGE 3, 225 (243); Bach, Analogieverbot im VerwR, 2011, S. 149 f. 581 BVerfGE 14, 245 (253 f.); 21, 73 (79 ff); 50, 256 (263); 54, 143 (144 f.); 78, 205 (212 f.); OVG Lüneburg, OVGE MüLü 11, 292 (294); Bach, Analogieverbot im VerwR, 2011, S. 150; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, 2015, Art. 20 Rn. 133. 582 BVerfGE 92, 1 (19); Bach, Analogieverbot im VerwR, 2011, S. 152. 583 Näheres unten: S. 162. 584 Vgl. etwa: BSGE 104, 285 (285, 289, 292 f.). So auch: Schwabe, DVBl 1997, 351 (352); ders., Probleme der Grundrechtsdogmatik, 1977, S. 116. Vgl.: Hemke, Methodik der Analogie-

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machende Übergang von einer extensiven Auslegung zu einer analogen Rechtsanwendung gegen ein allgemeines Analogieverbot.585 Teil des Rechtsstaatsprinzips aus Art. 20 III GG ist ebenfalls der Schutz des Vertrauens in die bestehende Rechtsordnung, somit eine Beständigkeit des Rechts. Dies hindert aber Judikative wie Exekutive nicht, von ihrer Praxis abzuweichen, wenn sie zu einer „besseren“ Rechtserkenntnis gelangt sind.586 Der Vertrauensschutz kann nur in besonderen Ausnahmesituationen zu einem Festhalten an bisheriger Rechtsprechung oder Verwaltungspraxis zwingen. Zwar bestimmt insbesondere das Gericht durch Auslegung und Konkretisierung die Rechtslage mit, so dass argumentiert werden kann, dass der Bürger grds. auch in die Beständigkeit einer Rechtsprechungspraxis vertrauen darf.587 Jedoch spricht Art. 20 III GG expressis verbis von einer Bindung der Exekutive wie Judikative an Recht und Gesetz. Art. 20 III GG bindet die Gewalten somit nicht nur an das Gesetz, sondern auch darüber hinaus an Recht, damit an ungeschriebene Normen. Zur Befolgung des Rechts eröffnet Art. 20 III GG damit den Gewalten die Möglichkeit, eine Rechtsfortbildung vorzunehmen, und zwingt bei „besserer“ Rechtserkenntnis zu einer Änderung der Rechtsprechungs- oder Verwaltungspraxis.588 Art. 20 III GG steht einer Analogie insoweit nicht grundsätzlich entgegen. Des Weiteren gilt es zu berücksichtigen, dass Regelungen einem natürlichen Alterungsprozess unterliegen und mit sich verändernden tatsächlichen wie rechtlichen Verhältnissen konfrontiert sind. Dabei können veränderte Umstände bewirken, dass neu entstandene Sachverhalte, obwohl vom Gesetzgeberwillen und Normzweck ebenso erfasst, dennoch nicht mehr unter den Wortlaut eines Gesetzes subsumierbar sind. Das Gesetz kann somit aufgrund eines Wandels mit der Zeit lückenhaft werden und unter Beachtung des Gleichheitssatzes eine neue Bewertung, was Recht i. S. d. Art. 20 III GG ist, erforderlich machen. Basiert die Lückenhaftigkeit einer Regelung auf einem gesellschaftlichen Wandel oder rechtlichen Entwicklungen, steht bei Vergleichbarkeit einer richterlichen Lückenschließung bildung im öff. Recht, 2006, S. 291 f.; Lücke, Vorläufige Staatsakte, 1991, S. 114 f.: Einzelfallabwägung erforderlich, i. d. R. aber anzunehmen, wenn Lücke bewusst für Judikative offengelassen, wenn offensichtlich systemwidrig oder nach Gesamtschau offenkundig vorhersehbar. 585 BSG, SozR 3–4100 § 59e Nr. 1, S. 6. 586 Etwa: Badura, StaatsR, 2018, Kap. D, Rn. 60, S. 441 f. Anders: Papier, Gesetzesvorbehalte & Demokratieprinzip, 1973, S. 178 f. 587 BSGE 51, 31 (37). 588 BVerfGE 9, 338 (349); 34, 269 (286 f.): pro praktische Vernunft als Argument; 87, 273 (279 f.); 88, 145 (166 f.); 128, 193 (209 ff.); BGHZ 132, 119 (129 f.); 147, 320 (324); Badura, StaatsR, 2015, Kap. D, Rn. 60, S. 401 ff.; Sachs, in: Sachs, GG, 2018, Art. 20 Rn. 121; Sachs, in: Stern, StaatsR III/2, 1994, S. 436; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 44 Rn.  53 f.; Maurer, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 2006, Bd. IV, § 79 Rn. 143 f., 147, 149, 154; Bach, Analogieverbot im VerwR, 2011, S. 153 ff: ein Rückwirkungsverbot diskutierend; Hemke, Methodik der Analogiebildung im öff. Recht, 2006, S. 191 ff, 199 f.; Schmidt, VerwArch 2006, 139 (158); Gern, DÖV 1985, 558 (562). Vgl. auch: Leisner, DVBl 1986, 705 (706 f.); BVerfGE 84, 212 (227). Früher anderer Auffassung: BGHZ 66, 8 (13); 85, 64 (66); 87, 150 (155 f.).

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

durch Analogie somit verfassungsrechtlich nichts entgegen.589 Erst wenn Exekutive oder Legislative bei der Lückenschließung erkennbar autark, den Gesetzgeberwillen missachtend handeln und sich über die Bindung aus Art. 20 III GG an Recht und Gesetz hinwegsetzen, ist die Grenze einer zulässigen Rechtsfortbildung durch Analogie überschritten und der Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes verletzt.590 Es stellt sich daher die Frage, ob §§ 26 ff Nds. SOG durch einen solchen Wandel lückenhaft, ergänzungsbedürftig sowie -fähig geworden sind. Zu früheren Zeiten, insbesondere um 1979 bis 1981, der Entstehungszeit der speziellen Sicherstellungsnormen,591 war bargeldloses Zahlen weder so einfach noch üblich wie zur heutigen Zeit.592 Auch die Beschaffung illegaler Gegenstände als Werkzeug für kriminelle Handlungen, wie Waffen oder Drogen, war früher, in der Entstehungszeit des Nds. SOG und der damit einhergehenden Regelung der Sicherstellung, mangels Internet593 nur auf tatsächlichen Schwarzmärkten möglich. Heute ist dies jedoch einfach und anonym über das Darknet mittels einer Bezahlung durch Kryptowährung möglich, die wenn überhaupt, dann nur äußerst schwer nachverfolgbar ist594 und durch Einzahlung von Bar- oder Buchgeldbeträgen etwa auf ein Kunden-­ 589 BVerfGE 34, 269 (286 ff): grds. verfassungsrechtlich zulässig aber mit unterschiedlichen sich aus der Rechtsstaatlichkeit ergebenden Grenzen; 82, 6 (11 ff.): generell formuliert ohne Ausgrenzung belastender Analogien; 98, 49 (59 f.); OVG Berlin, Urt. v. 10.09.2008, Az.: OVG 2 B 17.07, JURIS, Rn. 17; Badura, StaatsR, 2018, Kap. D, Rn. 60, S. 441 f.: solange nicht eigenmächtig über den Gesetzgeberwillen hinweg gehandelt wird. Vgl. auch: Sachs, in: Sachs, GG, 2018, Art. 20 Rn. 121. 590 BVerfGE 87, 273 (273, 279 f.). Vgl. auch: BVerfGE 108, 150 (160); BVerfG, NVwZ 2010, 373 (375); BSGE 104, 285 (285, 289, 292 f.); Badura, StaatsR, 2018, Kap. D, Rn. 60, S. 441 f. Vgl. ebenfalls: Sachs, in: Stern, StaatsR III/2, 1994, S. 436. 591 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090; Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG) v. 17.11.1981, Nds. GVBl. Nr. 43/1981, S. ­347–364. 592 Zahlungen allenfalls körperlich etwa mit Bargeld, Verrechnungsscheck und Barscheck oder unkörperlich per Überweisung am Bankschalter möglich. Zur Entwicklung der Zahlungsmöglichkeiten siehe etwa: Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 395 f., 398 f. 593 Erst 1991 wurde das System des World Wide Web entwickelt, eine Kombination aus Browser und Editor, welches das Internet, das ursprünglich 1969 für militärische Zwecke entwickelt worden ist und bis 1991 nur von Universitäten genutzt werden konnte, für kommerzielle Zwecke der Öffentlichkeit erschloss. Stärkere Verbreitung fand es erst ab 1993 mit dem ersten grafikfähigen kostenlosen Webbrowser und der unbeschränkten Freigabe des World Wide Web durch das CERN. Näheres zur historischen Entwicklung: Berners-Lee, Der Web-Report, 1999, S. 20 ff. Siehe ebenfalls, teils mit kleinen Abweichungen: Kienle, Internationales Strafrecht und Straftaten im Internet, 1998, S. 4 ff; Freund, Strafbarkeit von Internetdelikten, 1998, S. 5 ff; Finke, Strafrechtliche Verantwortung von Internet-Providern, 1998, S. 2 ff; Germann, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung im Internet, 2000, S. 33 f. 594 Zwar sind die Transaktionen vollständig, dauerhaft und öffentlich im Netz dokumentiert, die Anonymität der Zahlungen ist jedoch gegeben, wenn weder IP-Adresse noch Bitcoin-Adresse einem Nutzer zugeordnet werden können. Die Verwendung des Tor-Netzwerks kann daher durch ständig wechselnde, die eigene überlagernde IP-Adressen in Verbindung mit einem Bitcoin-Mixer Anonymität bieten. Folglich sind die Transaktionen mit Kryptowährung, die in der Regel zwischen zwei Privaten stattfinden, zwar je nach Umständen nicht oder nur schwer nachverfolgbar, dabei aber auch dem Risiko ausgesetzt, dass sich eine Seite nicht

I. Landesrechtliche Grenzen  

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Wallet entsteht. Es ist daher festzustellen, dass der gesellschaftliche Wandel, legt man den Sachbegriff wie hier unterstellt mit der h. M. so aus, dass er sich nicht auf unkörperliche Gegenstände erstreckt, zur Lückenhaftigkeit des Gesetzes geführt hat. Denn Gefahren können heutzutage ebenso durch sowie für unkörperliche Gegenstände wie etwa Buchgeld entstehen, nach dem eng ausgelegten Wortlaut von § 26 Nds. SOG aber nicht durch Sicherstellung abgewendet werden. Daher könnte eine wortlautgetreue Anwendung zu einem Gleichheitsverstoß führen,595 damit eine Auslegung wider die Bindung an das Recht und folglich ein Verstoß gegen Art. 20 III GG darstellen. Ein Analogieverbot ist in diesem Fall daher abzulehnen. Ein Vorbehalt des Gesetzes und damit einhergehendes Verbot analoger Rechtsanwendung könnte sich aber auch aufgrund demokratischer Erwägungen aus Art. 20 II GG ergeben. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wuchs der Wunsch nach aktiver Mitgestaltung durch demokratisch legitimierte Organe und eine Erweiterung des Vorbehalts, der bis dato nur auf rechtsstaatlichen Aspekten fußte, wurde lange diskutiert.596 Doch erst 1975 sprach sich das BVerfG klar für einen demokratischen Gesetzesvorbehalt aus, demnach nicht nur ein Eingriff in Eigentum oder Freiheit, sondern jedes staatliche Handeln, das unmittelbar einen Bürger betrifft und eine Entscheidung über grundsätzliche Fragen voraussetzt, einer formellen gesetzlichen Grundlage bedarf. Als Begründung führt es an, dass die Gewährung von Leistungen für die Freiheit ebenso bedeutsam sein kann wie das Unterlassen von Eingriffen. Der Vorbehalt gewährleistet in den Fällen eine unmittelbare demokratische Legitimation, ein parlamentarisches Verfahren, welches ein höheres Maß an Öffentlichkeit und dadurch mehr Möglichkeiten zum Ausgleich widerstreitender Interessen bietet.597 Die Ausdehnung des Gesetzesvorbehalts aus demokratischen Erwägungen wirft daher die Frage auf, ob eine Analogie auch diesen Anforderungen noch gerecht werden kann oder ob diese Erweiterung zwangsläufig zu einer Begrenzung der Auslegungsmöglichkeiten auf den weitestmöglichen Wortsinn führen muss. So könnte einer exekutiven oder judikativen analogen Rechtsanwendung eine gerinredlich verhält. Zu der Problematik siehe etwa: Plate, Sprecher des Bundesinnenministeriums auf der Regierungspressekonferenz vom 25.07.2016  – der Wortlaut der Regierungspressekonferenz ist abrufbar auf der URL: https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/ Pressekonferenzen/2016/07/2016-07-25-regpk.html (Stand: 06.02.2017); Kannenberg, Darkwallet: Neue Bitcoin-Wallet verspricht volle Anonymität  – abrufbar unter der URL: https://​ www.heise.de/newsticker/meldung/Darkwallet-Neue-Bitcoin-Wallet-verspricht-volle-Anony​ mitaet-2181469.html (Stand: 06.02.2017). 595 Näheres siehe unten: S. 162 f., 164 ff. 596 BVerfGE 8, 155 (167); Bach, Analogieverbot im VerwR, 2011, S. 111 ff.; Stern, StaatsR I, 1984, S. 802 f., 808 f.; Schmidt-Aßmann, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 2004, Bd. II, § 26 Rn. 63 ff.; Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 2007, Bd. V, § 101 Rn. 29 ff., 41 ff. 597 BVerfGE 40, 237 (249); 47, 46 (79); 49, 89 (126); 58, 257 (278); 61, 260 (275); 76, 1 (75 f.); 77, 170 (230 f.); 83, 130 (152); 88, 103 (116); 98, 218 (251 f.); 108, 282 (311 ff.); BVerwGE 108, 355 (361 ff.); 134, 59 (80 f.). Näheres zur geschichtlichen Entwicklung: Bach, Analogieverbot im VerwR, 2011, S. 111 ff.

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gere und eventuell unzureichende demokratische Legitimation zukommen, sieht man in der Anwendung die Schaffung neuen Rechts.598 Ebenso könnte in ihr ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung liegen. Allerdings heißt Gewaltenteilung nicht, dass die drei Gewalten, Exekutive, Legislative und Judikative, völlig losgelöst isoliert nebeneinanderstehen. Gemäß ihrem Zweck soll Gewaltenteilung vielmehr eine gegenseitige Kontrolle und Machtbegrenzung bewirken, was wiederum eine gewisse Überschneidung voraussetzt. Soweit die analoge Rechts­anwendung nicht den Kernbereich der Legislative betrifft, sich somit nicht auf einen im Wesentlichen neuen ungeregelten Bereich erstreckt, steht die Gewaltenteilung aus Art. 20 II GG einer solchen damit nicht entgegen.599 Erstreckt sich die Analogie daher auf einen neuen Tatbestand, der zwar nicht dem Wortlaut entsprechend aber bereits vom Gesetzeszweck erfasst ist, will die Analogie dem Gesetzeszweck somit nur zur vollen Umsetzung verhelfen, ist der Kernbereich nicht betroffen und ein Verstoß daher abzulehnen. Ferner kann auch die Forderung nach einer demokratischen Legitimation allein keinen Totalvorbehalt, sprich generelles Analogieverbot, begründen. Andernfalls würde dem Demokratieprinzip aus Art. 20 II GG nicht nur mehr Gewicht zukommen, als der Bindung an das Recht nach Art. 20 III GG, letztere würde vielmehr durch eine so strenge Forderung von demokratischer Legitimation vollständig ausgehebelt.600 Letztlich ist für das Bestehen eines Vorbehalts entscheidend, wie man die Wesentlichkeitstheorie, nach der der parlamentarische Gesetzgeber alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen hat, versteht. Ob sie sich auf die rein objektive Vorschrift, sprich den getroffenen Wortlaut bezieht oder aber den getroffenen gesetzgeberischen Willen für wesentlich erachtet. Da die genaue Regelung durch Auslegung des Wortlauts der Norm erst ermittelt werden muss, als Auslegungsmethode dabei neben der Systematik als wesentlicher Aspekt auch der Telos der Norm und der gesetzgeberische Wille anerkannt und zu beachten ist, spricht vieles dafür, den dokumentierten ermittelbaren Gesetzgeberwillen hinter dem Wortlaut als wesentlich und maßgeblich zu bezeichnen.601 Nach der Wesentlichkeitstheorie hat der parlamentarische Gesetzgeber daher die wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen, die dann in förmlichen Gesetzen lediglich ihre Konkretisierung finden und bei deren Auslegung der in den Gesetzesmaterialien dokumentierte Gesetzgeberwille zu beachten ist.602 Solange Exekutive und Judikative bei einer analogen 598

Bejahend: Konzak, NVwZ 1997, 872 (873); Gusy, DÖV 1992, 461 (464). Etwas zurückhaltender zur demokratischen Legitimation der Richter und seinen Folgen: Ipsen, Richterrecht und Verfassung, 1975, S. 201 ff. 599 BVerfGE 3, 225 (247 f.); 9, 268 (279 f.); 34, 52 (59). So auch: Gern, DÖV 1985, 558 (561 f.). 600 Näheres zur personellen, funktionellen und institutionellen Legitimation: Hemke, Methodik der Analogiebildung im öff. Recht, 2006, S. 232 ff, 234 f. 601 Vgl. etwa: BVerfGE 88, 145 (166 f.): Wortlaut muss zurückstehen, wenn etwa durch teleologische Auslegung ein verfassungskonformer Zustand hergestellt werden kann; BSG, SozR 3–4100 § 59e Nr. 1, S. 6; Badura, StaatsR, 2018, Kap. D, Rn. 60, S. 441 f.; Larenz / Canaris, Methodenlehre, 1995, S. 149 ff. 602 BVerfGE 49, 89 (126 ff); BVerfGE 101, 1 (34 f.).

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Rechtsanwendung nicht gegen den gesetzgeberischen Willen handeln und diesen durch eigene Absichten ersetzen, sondern den im Gesetz verankerten Rechtsgedanken schlicht zu Ende denken und dessen Umsetzung ermöglichen, spricht das Demokratieprinzip daher ebenfalls nicht für ein Analogieverbot.603 Die Voraussetzungen einer Analogie stellen die Wahrung dieser Grenze zuverlässig sicher. Denn eine Analogie kommt nur bei Planwidrigkeit einer Lücke und Vergleichbarkeit der Fälle in Betracht, die gemäß der Regelungsabsicht des Gesetzgebers zu schließen ist. Die Analogie ist daher stets abhängig vom Willen des Gesetzgebers. Lässt sich dieser nicht ermitteln und bleibt somit unklar, ob der Gesetzgeber die Regelung auch auf die fehlende Konstellation hätte anwenden wollen, oder wurde die Ungleichbehandlung vom Gesetzgeber beabsichtigt, so ist eine Analogie nicht möglich.604 Auch der auf demokratischen Erwägungen basierende Vorbehalt des Gesetzes aus Art. 20 II GG kann ein Analogieverbot folglich nicht begründen. (δ) Analogieverbot aus Grundrechten Ein Analogieverbot könnte sich aber auch direkt aus den von der belastenden Maßnahme betroffenen Grundrechten ergeben. So kann etwa das Verbot aus Art. 104 I 1 GG im Wege des Erst-Recht-Schlusses auch auf Eingriffe in das existenziellere, höherwertige Recht auf Leben aus Art. 2 II 1 Var. 1 GG übertragen werden. Den übrigen Grundrechten ist ein solch besonderer Vorbehalt jedoch fremd und auch nicht im Wege eines Erst-Recht-Schlusses zu konturieren.605 Die Sicherstellung mit ihren Folgemaßnahmen nach §§ 26 ff Nds. SOG könnte die Eigentumsfreiheit aus Art. 14 I 1 GG, jedenfalls aber die Handlungsfreiheit aus Art. 2 I GG beschränken. In das Eigentumsrecht kann z. B. je nach Eingriffsqualität gemäß Art. 14 I 2 GG per Inhalts- und Schrankenbestimmung durch Gesetz oder nach Art. 14 III GG per qualifizierten Gesetzesvorbehalt durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden. Ein formelles, parlamentarisches Gesetz ist expressis verbis somit nicht verlangt. Eine Beschränkung auf förmliche Gesetze könnte aber aus der unterschiedlichen Formulierung durch Gesetz, etwa in Art. 14 I 2 GG, und durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes, z. B. in Art. 14 III GG, entnommen werden. Zwar liegt ein solcher Schluss auf den ersten Blick nahe, ist aber aus systematischen Erwägungen heraus abzulehnen. So zeigt sich zum einen ein deutlicher Wertungswiderspruch, wenn etwa leichte Eingriffe 603

BVerfGE 82, 6 (12 f.); 87, 273 (279 f.); BSGE 104, 285 (285, 289, 292 f.). So ebenfalls: Schwabe, DVBl 1997, 351 (352); Sachs, in: Stern, StaatsR III/2, 1994, S. 436; Badura, StaatsR, 2018, Kap. D, Rn. 60, S. 441 f.; Schmidt, VerwArch 2006, 139 (158 f.). Ähnlich: Gern, DÖV 1985, 558 (562 f.); Zippelius, Jur. Methodenlehre, 2012, S. 57 f.: wegen Art. 3 I GG als Ausgangspunkt nur Lücken im Gesetz nicht RO. Andere Auffassung: Konzak, NVwZ 1997, 872 (873); ähnlich auch: Schiessl / Hübner, BB 2006, 1533 (1537). 604 So etwa: BVerfGE 82, 6 (11 ff.); 98, 49 (59 f.); BVerwGE 101, 51 (54 f.). Ebenso: Bach, Analogieverbot im VerwR, 2011, S. 115. 605 Schmidt, VerwArch 2006, 139 (157 f.).

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in das Eigentum nach Abs. 1 nur durch förmliches Gesetz möglich sein sollen, während eine stark beeinträchtigende gezielte Enteignung bereits auf Grund eines Gesetzes, damit ohne vorgeschriebenes Gesetzgebungsverfahren unter geringeren Anforderungen zulässig sein soll. Zum andern ergibt auch der Vergleich mit Art. 104 I 1 GG, der explizit einen Vorbehalt des formellen Gesetzes anordnet, indem er Freiheitsbeschränkungen „nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes“ zulässt, durch seine Einleitung, „nur auf Grund“, dass der obigen Formulierung eine solche Bedeutung nicht zukommen kann. Die angefügte Formulierung „auf Grund eines Gesetzes“ in einigen Grundrechten dient vielmehr nur der Klarstellung, dass Beschränkungen nicht zwangsläufig unmittelbar auf ein formelles Gesetz zurückgehen müssen.606 Durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes ist entsprechend den Wertungen zu Art. 20 II, III GG daher so zu verstehen, dass es genügt, wenn nur der allgemeine Rechtsgedanke als wesentliche Regelung dem Gesetz zu entnehmen ist, während der gesetzlich geregelte Tatbestand zur Verwirklichung des gesetzgeberischen Willens auf einen nicht geregelten Fall übertragen wird.607 Den Grundrechten, insbesondere Art. 14 GG, ist ein Analogieverbot daher ebenfalls nicht zu entnehmen. (ε) Analogiegebot aus Art. 3 I GG i. V. m. Art. 20 III GG Nicht nur, dass der Verfassung kein Verbot analoger Rechtsanwendung entnommen werden kann, aus Art. 3 I GG i. V. m. Art. 20 III GG könnte sich im Gegenteil möglicherweise sogar ein Analogiegebot ergeben. Bei der für die Entscheidungsfindung erforderlichen Bewertung, was Recht i. S. d. Art. 20 III GG ist, ist auch der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 I GG zu berücksichtigen. Nach diesem darf weder etwas wesentlich Gleiches ungleich, 606

So auch: Sachs, in: Stern, StaatsR III/2, 1994, S. 445 f.; Dürig, in: Neumann / Nipperdey / ​ Scheuner, Die Grundrechte II, 1954, S. 507 (526); Bachof, in: Bettermann / Nipperdey / Scheuner, Die Grundrechte III/1, 1972, S. 155 (210); Papier / Shirvani, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (04.2018)/08.2018, Art. 14 Rn. 418, 656, 658. Vgl.: Stern, in: Stern / Becker, GR, 2019, Einl. Rn. 140, 147 ff.; Becker, in: Stern / Becker, GR, 2019, Art. 14 Rn. 172; Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, 2018, Art. 14 Rn. 34 f.; Scholz, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (06.2006)/08.2018, Art. 12 Rn. 311; Breuer, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 2010, Bd. VIII, § 170 Rn. 12, § 171 Rn. 1. Anders formuliert: BSGE 104, 285 (285, 289, 292 f.). 607 BVerfGE 69, 315 (316, 361 f., 369 ff); 82, 6 (11 ff., 15 f.); 108, 150 (159 f.); BVerfG, NVwZ 2010, 373 (375). Vgl. auch: BSGE 104, 285 (285, 289, 292 f.). So auch: Sachs, in: Sachs, GG, 2018, Vor Art. 1 Rn. 107, 112; Schmidt, VerwArch 2006, 139 (157 f.). Vgl. ebenso: Sachs, in: Stern, StaatsR III/2, 1994, S. 436, 445 f. Andere Auffassung: Söllner, DVBl 2010, 1385 (1387): u. a. darauf abstellend, dass i. S. v. Art. 20 III GG Schranken eines Grundrechts stets ihren konkreten Anwendungsbereich erkennen lassen müssen; dabei anscheinend verkennend, dass dies gegen jede analoge Anwendung im grundrechtsrelevanten Bereich sprechen würde und die Rechtsbindung generell keine Berücksichtigung mehr finden könnte.

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noch etwas wesentlich Ungleiches gleich behandelt werden ohne ausreichende verfassungsrechtliche Rechtfertigung.608 Auf die subjektive Seite des Gleichbehandlungsgebots aus Art. 3 I GG, die allein bei gegenüber einem Dritten bestehenden Schutzpflichten einen Eingriff durch richterliche Rechtsfortbildung aus Gleichheitsgründen ermöglichen würde, kommt es für die Frage analoger Rechtsanwendung dabei nicht an. Jedenfalls im Zusammenspiel mit dem sich aus Art. 20 III GG ergebenden Gebot der Rechtsklarheit, sprich Wertungswiderspruchsfreiheit,609 kommt Art. 3 I GG auch ein objektiv-rechtlicher Gehalt zu.610 Das sich hieraus ableitende Gebot materieller Gerechtigkeit ist als ein Teil des Rechts i. S. v. Art. 20 III GG damit von der Judikative stets zu beachten und kann zu einer analogen Rechtsanwendung zwingen.611 Ein Vorrang kommt dabei weder der Rechtssicherheit noch dem Gleichbehandlungsgebot zu.612 Ob eine Analogie geboten ist, entscheidet sich vielmehr einzelfallabhängig durch Abwägung der Rechtssicherheit auf der einen und dem objektiv-rechtlichen Gleichbehandlungsgebot auf der anderen Seite. (cc) Einfachrechtliches Analogieverbot Einer Analogie könnte aber auch ein einfachrechtliches Verbot entgegenstehen. Anders als für den strafrechtlichen Bereich, vgl. § 1 StGB, ist ein solch allgemeines Verbot für das allgemeine wie besondere Verwaltungsrecht nicht ersichtlich. Auch der Wortlaut der anzuwendenden Normen §§ 26 ff  Nds.  SOG deutet den Sicherstellungsgegenstand betreffend nicht, etwa durch eine besonders hohe Regelungsdichte, auf ein Analogieverbot hin.613 § 26 Nds. SOG spricht ohne nähere Konkretisierung allgemein von einer Sache. Auch § 27 I Nds. SOG enthält keine nähere Beschreibung, sondern ist im Gegenteil so offen gestaltet, dass für Sachen jeglicher Beschaffenheit eine geeignete Verwahrungsmöglichkeit arrangiert und genutzt werden kann. Ebenso ist auch § 28 Nds. SOG bemüht, möglichst flexibel 608

BVerfGE 3, 58 (135 f.); 42, 64 (72); 71, 255 (271); 115, 51 (61 f.). BVerfGE 25, 216 (226 f.). 610 Vgl., teils nur i. V. m. Art. 20 III GG bejaht: BVerfGE 35, 263 (271 f.); 41, 1 (13 f.); 82, 6 (12); 115, 51 (61 f.); Starck, in: Mangoldt / Klein / Starck, GG, 2010, Art. 3 I Rn. 230; Jarass, in: HGR II, 2006, § 38, Rn. 41; Sachs, in: Sachs, GG, 2018, Vor Art. 1 Rn. 31; Nußberger, in: Sachs, GG, 2018, Art. 3 Rn. 65; Heun, in: Dreier, GG, 2013, Art. 3 Rn. 66; Larenz, Methodenlehre, 1991, S. 381. 611 BVerfGE 66, 331 (335 f.); 71, 354 (362 f.); BSG, SozR 3–4100 § 59e Nr. 1, S. 6; Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, 2018, Art. 20 Rn. 65; Bach, Analogieverbot im VerwR, 2011, S. 147, 172 f.; Hemke, Methodik der Analogiebildung im öff. Recht, 2006, S. 136; Larenz / Canaris, Methodenlehre, 1995, S. 193. Vgl. auch: Leisner, DVBl 1986, 705 (708); Schmidt, VerwArch 2006, 139 (163); Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, 1983, S. 25, 57, 71. 612 BVerfGE 3, 225 (237–241, 242–244). Vgl.: Maurer, in: Isensee / Kirchhof, HStR, 2006, Bd. IV, § 79 Rn. 38, 145–149, 154: kein Rückwirkungsverbot aus Vertrauensaspekten bei richterlicher Rechtsfortbildung, da nicht Rechtsetzung, sondern Rechtsfindung und der Bindung nach Art. 20 III GG an das Recht; Bach, Analogieverbot im VerwR, 2011, S. 173 ff. 613 Vgl.: Schmidt, VerwArch 2006, 139 (160 f.). 609

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für jegliche Art von Sachen entweder eine Verwertungs- oder jedenfalls Vernichtungsmöglichkeit zu regeln. Des Weiteren spricht auch die Gesetzgebungsentwicklung gegen ein den §§ 26 ff Nds. SOG immanentes Analogieverbot. Die Schaffung der speziellen Sicherstellungsermächtigung mit ihren Folgemaßnahmen war wesentlich motiviert von der Absicht, die Reichweite der ehemals auf der Generalklausel basierenden Sicherstellung durch einen engeren zeitlichen Bezug zum befürchteten Schadenseintritt bei gleichem Grad der erwarteten Schwere einzuschränken.614 Eine Begrenzung des Sicherstellungsgegenstandes wurde hingegen nicht, auch nicht im Späteren, beabsichtigt. Im Gegenteil verstand der Gesetzgeber unter einer sicherstellungsfähigen Sache bereits von Beginn an etwa auch Geld,615 jedoch, wie es aus Gründen der Schwerpunktsetzung in einer anderen Arbeit näher aufzuzeigen sowie dessen Folgen eingehender zu besprechen gilt, ohne dies auch bei den Folgemaßnahmen zu bedenken. Zwar hat der Gesetzgeber getragen von Transparenzerwägungen möglichst erschöpfende Vorschriften schaffen wollen,616 was einer Analogie entgegenstehen könnte. Allerdings hat er selbst dabei schon zu Beginn erkannt, unverkennbar an der Wortwahl möglichst erschöpfend in der Begründung zum Gesetzesentwurf von 1979, dass eine abschließende Regelung ein nicht zu erreichendes Ziel ist, so dass einer Rechtsfortbildung entsprechend dem Willen des Gesetz­gebers nichts entgegensteht. Mit Blick auf diese bemüht offene Gestaltung des Sachbegriffs und im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr kann aus §§ 26 ff Nds. SOG daher kein einfachrechtliches Analogieverbot herausgelesen werden. Ein allgemeines einfachrechtliches Analogieverbot für §§ 26 ff Nds. SOG besteht somit nicht. Es gilt jedoch stets im Einzelfall nach abschließenden Sonderregelungen Ausschau zu halten, wie etwa § 37 I 2 WaffG,617 denen gegenüber §§ 26 ff Nds. SOG gemäß § 3 I 2 Nds. SOG subsidiär ist. (dd) Analogievoraussetzungen Für eine zulässige analoge Anwendung des § 26 Nds. SOG auf Buchgeld, welches von der Staatsanwaltschaft durch Einzahlung von Bargeld zwecks Verwahrung erst geschaffen worden ist, müssen des Weiteren aber auch die Analogievoraus 614

Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 66, 87. Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 87. 616 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 50. 617 Berechtigt zur Sicherstellung von Waffen und Munition und sperrt die Anwendung von §§ 26 ff Nds. SOG; die Spezialgesetze sind jedoch i. d. R. nicht vollständig abschließend; ein Eingreifen nach Nds. SOG ist insoweit in Eilfällen, wenn ein Handeln nach der spezielleren Vorschrift nicht rechtzeitig vorgenommen werden kann, vorübergehend nach § 3 I 3 Nds. SOG möglich; vgl.: OVG Lüneburg, NordÖR 2010, 308 (309); Neuhäuser, in: Möstl / Weiner, Nds. SOG, 11/2018, § 26 Rn. 2; Böhrenz / Siefken, Nds.SOG, 2014, § 3 Rn. 1 f. 615

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setzungen bejaht werden können. Hinsichtlich des von der Staatsanwaltschaft umgewandelten Bargelds muss somit eine planwidrige Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage bestehen. Laut Runderlass wie auch Rechtsprechung wird eine analoge Anwendbarkeit von § 26 Nds. SOG betreffend Buchgeld, welches erst von der Staatsanwaltschaft zu Zwecken der Verwahrung von Bargeld zu Buchgeld umgewandelt worden ist, häufig lediglich feststellend angenommen.618 Dies gilt es jedoch argumentativ zu untermauern sowie kritisch zu hinterfragen. (α) Regelungslücke Zunächst muss § 26 Nds. SOG somit eine Regelungslücke aufweisen. Eine solche Lücke ist gegeben, wenn nach Sinn und Zweck einer formellen Norm oder des Gesetzeskatalogs eine zu erwartende Regelung fehlt.619 § 26 Nds. SOG bezweckt durch vorläufige Entziehung einer Sache Gefahren, die von dieser durch ihre Beschaffenheit oder ihrer geplanten Verwendung ausgehen oder alternativ für diese bestehen,620 abzuwehren. Wie bereits dargelegt, hat insbesondere der technische Wandel neue Gefahrenquellen, wie etwa einen virtuellen Schwarzmarkt über das Darknet verbunden mit neuen unkörperlichen anonymen Zahlungsmöglichkeiten, hervorgerufen.621 Durch diese neuen Möglichkeiten können daher Gefahren ebenso von unkörperlichen Gegenständen ausgehen. Folgt man dem herrschenden Verständnis den Sachbegriff622 betreffend und begrenzt den Sicherstellungsgegenstand auf einen physisch fassbaren, ist eine Regelungslücke für Buchgeld wie auch für andere Forderungen daher im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr zu bejahen. Anders jedoch ein Teil der Literatur, der eine Regelungslücke für von der Staats­anwaltschaft in Buchgeld umgewandeltes Bargeld verneint aufgrund der Möglichkeit der Rückumwandlung mittels Auszahlung des Buchgeldes vor der Gefahrentstehung durch Freigabe der aufgrund eines strafrechtlichen Verfahrens 618

Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515, Nr. 3.1 (­VORIS 21011); ersetzt durch den Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258, Nr. 3.1 (­VORIS 21011). So auch nur in der ersten Entscheidung und äußerst knapp, auf eine Nähe zum MEPolG und nicht näher bezeichneten Gesetzeszweck abstellend: OVG Lüneburg, NordÖR 2013, 269 (270 f.); dass., Urt. v. 21.11.2013, Az.: 11 LA 135/13, JURIS, Rn. 6; dass., NdsVBl 2015, 250 (251); VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 108–113; VG Braunschweig, Urt. v. 07.09.2016, Az.: 5 A 192/15, JURIS, Rn. 20. Vgl. auch: OVG Bremen, NJW 2016, 2901 (2902). Ebenfalls zustimmend, aber nur allg. auf den Schutzzweck und die Nähe zum MEPolG abstellend: Neuhäuser, in: Möstl / Weiner, Nds. SOG, 11/2018, § 26 Rn. 23 ff. So ebenfalls feststellend: Rohde / Schäfer, NdsVBl 2010, 41 (44); Artkämper, PSP 2014, 27 (29). Andere Auffassung etwa: VGH München, NVwZ-RR 2016, 779 (780 f.); VG Augsburg, Urt. v. 09.09.2014, Az.: Au 1 K 13.1276, JURIS, Rn. 26 ff, 59. 619 So auch etwa: OVG Münster, Urt. v. 17.03.2004, Az.: 1 A 661/02, JURIS, Rn. 48; Larenz  / ​ Canaris, Methodenlehre, 1995, S. 193 f. 620 Näheres zum Sicherstellungsgrund unten: S. 180 ff. 621 Siehe oben: S. 158 f. 622 Näheres zum Sachbegriff oben: S. 146 ff.

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sichergestellten Sachen.623 Zudem bestünden bereits Rechtsgrundlagen, §§ 73 ff StGB, die zur Einziehung von Geldern, Bargeld ebenso wie Buchgeld, ermächtigen, wenn auch mit höheren Anforderungen.624 Gegen diese Sichtweise wird von der Rechtsprechung teils die fehlende Praktikabilität angeführt.625 Allein Praktikabilitätserwägungen zur Begründung einer Regelungslücke erscheinen jedoch zunächst wenig überzeugend. Entscheidend ist vielmehr, dass die Nichtannahme einer Regelungslücke zu eventuellen Wertungswidersprüchen und willkürlichen Entscheidungen führen kann. So würde die Staatsanwaltschaft willkürlich das Vorliegen der Sicherstellungsvoraussetzungen nach Nds. SOG herbeiführen können, indem sie mal vor der Freigabe eine Auszahlung veranlasst und mal nicht. Zudem würde eine so enge Sichtweise eine Berücksichtigung des objektiv-rechtlichen Gleichbehandlungsgebots in wesentlich gleich gelagerten Fällen von vornherein unmöglich machen und der Rechtssicherheit in unzulässiger Weise generell den Vorrang gewähren.626 Schließlich ist auch der Verweis auf bestehende Rechtsgrundlagen, §§ 73 ff StGB, zudem zu undifferenziert. So zielen diese in einem primär repressiven Regelwerk verorteten Normen auf einen anderen Zweck. Während §§ 73 ff StGB eine Gewinnabschöpfung, somit einen endgültigen Entzug von Geldern beabsichtigen, bezweckt und ermächtigt § 26 Nds. SOG lediglich zu einer vorläufigen Entziehung. Ein endgültiger Entzug, damit eine Gewinnabschöpfung, kann mit einer Präventiven Sicherstellung in­kriminierter Sachen gerade nicht unmittelbar erreicht werden. Ein solcher kann allenfalls mittelbar in manchen Fällen einer andauernden Gefahr eine auf §§ 28, 29 Nds. SOG beruhende notwendige Nebenfolge sein, während grds. bei entfallener Gefahr aber nach § 29 I Nds. SOG eine Herausgabepflicht besteht. Da mit § 26 Nds. SOG somit nur ein vorläufiger und eben nicht wie von §§ 73 ff StGB ein endgültiger Entzug begründet werden kann,627 können die strafrechtlichen Vorschriften insoweit einer analogen Anwendung von § 26 Nds. SOG nicht entgegenstehen. Entsprechendes gilt für das Verhältnis zu den Folgeregelungen, insb. auch für §§ 28, 29 Nds. SOG. Zur näheren Begründung muss an dieser Stelle, mit Blick auf die Kernfrage der vorliegenden Bearbeitung, ein Verweis auf die eingangs zu 623

Söllner, DVBl 2010, 1385 (1386 f.); ders., NJW 2009, 3339 (3341); ders., DVBl 2009, 1320 (1321); ders., DVBl 2010, 529 (531). 624 Seit der Reform 2017 ist die Einziehung nach dem StGB zwar mitunter ebenfalls ohne eine festgestellte rechtswidrige Tat, aber auch weiterhin nur durch richterliche Entscheidung möglich; näheres zu §§ 73 ff StGB a. F. etwa: Fischer, StGB, 2017, § 73 Rn. 2a ff.; § 73a Rn. 2 ff; § 73d Rn. 8 ff; näheres zu §§ 73 ff  StGB n. F. etwa: Fischer, StGB, 2019, § 73 Rn. 3 ff; § 73a Rn. 3 ff; § 73c Rn. 2 ff.; § 76a IV Rn. 2, 9 ff. Als Argument gegen eine Regelungslücke: Söllner, DVBl 2010, 1385 (1387). Kompetenzrechtliche Bedenken äußernd: VGH München, NVwZRR 2016, 779 (780); abschließende Regelung behauptend: VG Augsburg, Urt. v. 09.09.2014, Az.: Au 1 K 13.1276, JURIS, Rn. 33. 625 OVG Lüneburg, NordÖR 2013, 269 (270); VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 109. 626 Siehe oben: S. 156 f., 162 f. 627 Näheres zur Dauer der Rechtswirksamkeit einer Sicherstellung nach § 26 Nds. SOG siehe: S. 275 ff.

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den strafrechtlichen Regelungen sowie Gesetzgebungskompetenzen gemachten Ausführungen genügen.628 Eine Regelungslücke ist demnach jedenfalls für § 26 Nds. SOG bezüglich Forderungen anzunehmen. (β) Planwidrigkeit Die Regelungslücke müsste aber auch planwidrig sein. Diese Planwidrigkeit der Lücke muss sich dabei direkt aus dem Gesetz durch eine historische und teleologische Betrachtung erschließen lassen.629 Wie bereits aufgezeigt, ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien der Wille zur Schaffung einer möglichst abschließenden Regelung von gefahrenabwehrrechtlichen Maßnahmen. 1981 bekam die Sicherstellung, die bis dahin auf der Grundlage der Generalklausel durchgeführt worden ist, in starker Anlehnung an § 21 MEPolG630 eine eigenständige Ermächtigungsgrundlage zur Begrenzung ihrer Reichweite und ist bis dato im Wesentlichen unverändert geblieben. Im Fokus stand bei der Einführung eine Begrenzung der erforderlichen zeitlichen Nähe zum befürchteten Schadenseintritt, somit der Sicherstellungsgrund. Hinweise auf eine Begrenzung des Sicherstellungsgegenstandes finden sich hingegen nicht. Der Gesetzgeber war vielmehr bemüht, im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr bzgl. des Sicherstellungsgegenstandes eine offene Gestaltung zu finden. Dabei wurde Geld, zwar in einer anderen Konstellation und bzgl. der Form undifferenziert, bereits 1979 im Zusammenhang mit Gefangenen als Gefahrenquelle erkannt und als tauglicher Sicherstellungsgegenstand exemplarisch aufgeführt.631 Buchgeld findet hingegen keine explizite Erwähnung. Von einem planvollen Schweigen kann hier daher nicht ausgegangen werden.632 Es besteht vielmehr ein begründeter Verdacht, dass bei der Schaffung der Sicherstellungsnorm dem Gesetzgeber Buchgeld als Gefahrenquelle gedanklich schlicht nicht präsent war. In der Entstehungszeit, 1979 bis 1981, war die Gefahrenlage einfach eine andere. Es gab noch kein öffentlich zugängliches Internet, die Zahlungsmöglichkeiten waren noch nicht so weit entwickelt, ebenso die Gesetzeslage.633 Erst 1989 begann man sich auf Bundesebene für den strafrechtlichen Bereich Gedanken über die Zusammenhänge von ille 628

Keine Sperrwirkung durch strafrechtliche Regelungen, siehe: S. 64 ff. Näheres: Larenz / Canaris, Methodenlehre, 1995, S. 194 f. 630 Zur Relevanz des MEPolG, siehe: Fn. 528. 631 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 50, 66, 87. Siehe oben: S. 139 f., 146 f., 163 f. 632 Andere Auffassung, eine bewusste Ausrichtung auf körperliche Gegenstände ohne nähere Ausführungen behauptend: Söllner, DVBl 2010, 1385 (1387); vgl. auch: VGH München, NVwZ-RR 2016, 779 (780); VG Augsburg, Urt. v. 09.09.2014, Az.: Au 1 K 13.1276, JURIS, Rn. 31. 633 Siehe oben: S. 158 f. 629

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gal erlangten Geldern, deren Transferwegen und deren Refinanzierung, etwa in BtM-Geschäfte, zu machen und wie vorteilhaft eine Gewinnabschöpfung für die Straftatenbekämpfung wäre. In diesem Zusammenhang fiel auf, dass zwar exem­ plarisch angeführte Rauschgiftgeschäfte grundsätzlich mit Bargeld getätigt werden, Gelder für oder aus diesen Delikten, etwa um den Zwischenhändler zu bezahlen oder sie zu waschen, dann jedoch oft über Banken in das oder aus dem Ausland transferiert werden.634 So wurde etwa die Geldwäsche, deren drohende Verwirk­ lichung bereits mehrfach Anlass für eine Präventive Gewinnabschöpfung war, erst 1992 für strafbar erklärt.635 Um einer Geldwäsche effektiv entgegentreten zu können, wurde den Banken daraufhin 1993 eine Anzeige- und Identifizierungspflicht aufgegeben.636 Aufgrund des Bankgeheimnisses war ein Auffinden dieser Gelder bei der Bank vorher kaum möglich. 1993 verbreitete sich dann auch das Internet und es entwickelten sich etwa virtuelle Schwarzmärkte im Darknet zusammen mit anonymen unkörperlichen Zahlungsmethoden.637 Das Gefahrenbewusstsein wie auch Potential betreffend unkörperliche Gegenstände ist somit erst im Laufe der Zeit entstanden. Aufgrund der offenen Gestaltung von §§ 26 ff Nds. SOG wie auch des Umstandes, dass der Gesetzgeber nur eine Begrenzung der zeitlichen Nähe zum befürchteten Schaden sicherstellen wollte, ist mit Blick auf eine beabsichtigte effektive Gefahrenabwehr eine Planwidrigkeit der Lücke daher anzunehmen.638 Ein Teil der Literatur lehnt die Planwidrigkeit allerdings mit dem Argument ab, § 26 Nds. SOG sei mit seinen Folgemaßnahmen gezielt auf eine bloß vorläufige Maßnahme ausgerichtet. Sei eine Sicherstellung über einen längeren Zeitraum erforderlich, müsse der sichergestellte Gegenstand entweder verwertet und der erzielte Erlös ausgekehrt oder alternativ vernichtet werden. Ein Bedürfnis für eine analoge Anwendung bestünde nur, wenn eine dauerhafte Einziehung erreicht werden soll.639 Dabei wird jedoch verkannt, dass die §§ 26 ff Nds. SOG auch ohne Rechtsfortbildung nicht stets auf eine Vorläufigkeit begrenzt sind, sondern die Folgemaßnahmen sehr wohl auch zu einem endgültigen Entzug ermächtigen können. So ermächtigt etwa § 28 III 4 Nds. SOG die Behörden, den Sicherstellungsgegenstand ohne Ersatzpflicht einem gemeinnützigen Zweck zuzuführen, wenn eine Verwertung in angemessener Frist fehlschlägt. Aber auch die angeführte Möglichkeit 634

Bericht des Bundesministers für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit über die Rauschgiftsituation und die Grundzüge eines nationalen Rauschgiftbekämpfungsplans v. 02.11.1989, BT-Drs. 11/5525, S. 15 ff. Siehe ebenfalls: Hess, in: Scheerer / Vogt, Drogen und Drogenpolitik, 1989, S. 455, 479 f. 635 Art. 1 Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) v. 15.07.1992, BGBl. I 1992, S. 1302 (1304). 636 Art. 1 Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz – GwG) v. 25.10.1993, BGBl. I 1993, S. 1770 (1771 ff.). 637 Siehe oben: S. 158 f. 638 So auch, allerdings nur knapp auf die Nähe zu § 21 MEPolG und den Gesetzeszweck abstellend: OVG Lüneburg, NordÖR 2013, 269 (270). 639 Söllner, DVBl 2010, 1385 (1387); ders., in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 3 Rn. 326.

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einer Vernichtung führt nach § 28 IV Nr. 2 Nds. SOG entschädigungslos zu einem endgültigen Entzug, wenn etwa eine Verwertung aus nicht näher begrenzten Gründen unmöglich ist. Schließlich sieht § 29 II 3 Nds. SOG unter besonderen Voraussetzungen sogar vor, dass der Verwertungserlös auch an den Fiskus fallen kann. Die Vorläufigkeit der Sicherstellung ist entsprechend den §§ 26 ff Nds. SOG somit bloß die Regel, während in Ausnahmefällen ein endgültiger Entzug nicht nur erforderlich werden kann, sondern auch explizit vorgesehen ist. Auch die Sicherstellung zur Präventiven Gewinnabschöpfung ist – trotz irreführender Bezeichnung640 – grundsätzlich zunächst auf einen vorläufigen Entzug zur Gefahrenabwehr ausgerichtet und widerspricht damit nicht der gesetzlichen Grundentscheidung. Ein endgültiger Entzug ist nur möglich, wenn auch die Voraussetzungen der Folgemaßnahmen nach §§ 28, 29 Nds. SOG vorliegen.641 Dass der in der Praxis überwiegende Teil der im Rahmen einer PräGe sichergestellten Gegenstände nicht wieder an den vorherigen Besitzer, bei dem sichergestellt worden ist, herausgegeben wird,642 steht diesem Regel-Ausnahme-Grundsatz nicht entgegen. Denn ein normativer Grundsatz muss sich nicht zwangsläufig auch in der Empirie wiederspiegeln. Ausnahmen müssen vielmehr einzig begründet sein.643 Bei erforderlicher differenzierter Betrachtung steht der vorläufige Charakter des § 26 Nds. SOG damit einer Planwidrigkeit der Regelungslücke nicht entgegen. Des Weiteren wird eine planwidrige Regelungslücke bezüglich § 26 Nds. SOG aber auch wegen der auf Buchgeld unanwendbaren Folgemaßnahmen der Verwahrung und Verwertung wie auch aufgrund der Nichtregelung einer mit § 111c StPO in der alten wie neuen Fassung vergleichbaren präventiven Regelung für Forderungen abgelehnt.644 Dieses Vorbringen ist jedoch ebenfalls nicht geeignet, eine planwidrige Regelungslücke generell auszuschließen. Dass Folgemaßnahmen durch einen Analogieschluss in gleichem Maße ergänzungsbedürftig werden, ist nicht ungewöhnlich. Vielmehr sind Folgeanalogien erwartbar, da die planwidrige Lücke, die auf einem Versehen oder einem gesellschaftlichen oder rechtlichen Wandel beruht, aus Gründen der Logik auch bei den gleichzeitig und in einem Zusammenhang getroffenen Regelungen bestehen wird.645 Aus selbigem Grund 640

Siehe oben: S. 27, 34 ff. Auf eine eingehende Betrachtung der Voraussetzungen der Folgemaßnahmen, muss, mit Blick auf die Kernfrage der vorliegenden Bearbeitung, hier verzichtet werden. 642 Vgl. oben angeführtes Diagramm zu der prozentualen Verteilung der Folgemaßnahmen nach §§ 28, 29 Nds. SOG im PräGe-Verfahren: S. 36. 643 Vgl. oben: S. 37, Fn. 44, S. 124 f. 644 Verweisend auf § 111c StPO a. F.: Rachor, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 672, 691; verweisend auf § 111c StPO n. F.: Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 642. Ebenfalls ablehnend aufgrund von § 111c StPO a. F., vgl.: VGH München, NVwZ-RR 2016, 779 (780); VG Augsburg, Urt. v. 09.09.2014, Az.: Au 1 K 13.1276, JURIS, Rn. 32. 645 Der Frage, ob die Folgemaßnahmen tatsächlich einer Analogie bedürfen und wenn, inwieweit ein solcher Analogieschluss zulässig ist, kann im Rahmen der hiesigen Arbeit aus Gründen der Schwerpunktsetzung nicht weiter nachgegangen werden. 641

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kann auch aus dem Fehlen einer mit § 111c StPO646 a. F. wie n. F. vergleichbaren, Forderungen erfassenden präventiven Sicherstellungsnorm nicht auf ein vorsätz­ liches Nicht-Benennen geschlossen werden. Zum einen werden hier Normen unterschiedlicher Gesetzgeber verglichen, zum anderen hat sich, wie oben aufgezeigt, die Gefährlichkeit von unkörperlichen Gegenständen erst weit nach 1981, der Entstehungszeit der §§ 26 ff Nds. SOG, entwickelt.647 Statt § 111c StPO a. F. wie n. F. als ein Ausschlusskriterium für eine analoge Anwendung zu sehen, begrüßen Teile der Rechtsprechung aber auch die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke. Denn eine analoge Anwendung erweitert die gefahrenabwehrrechtlichen Möglichkeiten einer Sicherstellung auf Forderungen und gleiche so die präventiven Möglichkeiten den repressiven i. S. v. strafrechtlichen nach §§ 111c III, 111d StPO a. F. an.648 Es ist jedoch nicht erkennbar, warum eine solche Angleichung vonnöten sein soll. Mit Blick auf die Anmerkung zum MEPolG, in der die Doppelfunktion der Polizei angesprochen wird und ein Unterschied in den repressiven Maßnahmen nach der StPO und den präventiv-gefahrenabwehrrechtlichen nur in der Zwecksetzung gesehen wird, kann gefragt werden, ob die präventiv-gefahrenabwehrrechtliche Sicherstellung einer repressiven i. S. v. strafrechtlichen nicht doch vom Gegenstand her vollständig gleichen sollte.649 Eindeutige Anhaltspunkte finden sich für einen solchen Schluss jedoch nicht. Auch das OVG Lüneburg trägt Argumente für eine Angleichung nicht vor. Vielmehr kann in dieser Äußerung nur eine eigenständige rechtspolitische Erwägung des Gerichts gesehen werden, die aber eine analoge Anwendung aufgrund der alleinigen Maßgeblichkeit des gesetzgeberischen Willens nicht begründen kann. Zudem würde eine analoge Anwendung, die präventive Sicherstellung nicht nur an die repressiven Maßnahmen angleichen, sondern aufgrund geringerer Voraussetzungen sogar überflügeln.650 Anhaltspunkte für oder gegen eine Planwidrigkeit der Regelungslücke können aus dieser Erwägung jedenfalls nicht gezogen werden. Ebenso kann auch mit dem Verweis auf § 33 II 1, I Nr. 3 BWPolG, eine in Baden-Württemberg bestehende präventive Sicherstellungsnorm, die die Beschlagnahme von Forderungen explizit regelt, ein planvolles Schweigen des niedersächsischen Gesetzgebers nicht begründet werden.651 Die Normen wurden nicht nur von unterschiedlichen Gesetzgebern verfasst, sondern darüber hinaus zu unterschiedli 646 Bereits 1974 in die StPO aufgenommen, aber lange Zeit kaum beachtet: Art. 21 Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch (EGStGB) v. 02.03.1974, BGBl. I 1974, S. 469 (505); Lohse, in: Krekeler / Löffelmann / Sommer, StPO, 2010, Vorb. §§ 111b–111p Rn. 2. 647 Vgl. zum Gefahrenbewusstsein ebenfalls: Lohse, in: Krekeler / Löffelmann / Sommer, StPO, 2010, Vorb. §§ 111b–111p Rn. 2. 648 Vorgebracht zu §§ 111c III, 111d StPO a. F.: OVG Lüneburg, NordÖR 2013, 269 (270). Seit 2017 geregelt in §§ 111c II, 111e StPO n. F. 649 Heise / Riegel, MEPolG, 1978, S. 84: Anmerkung zu § 21 Nr. 2. Zur Relevanz des MEPolG, siehe: Fn. 528. 650 VGH München, NVwZ-RR 2016, 779 (781). 651 Entsprechend anderer Auffassung etwa: VGH München, NVwZ-RR 2016, 779 (780).

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chen Zeiten. Der baden-württembergische Gesetzgeber hat erst 2008 die ausdrückliche Beschlagnahmemöglichkeit von Forderungen in § 33  BWPolG aufgenommen,652 während § 26 Nds. SOG seit 1981 im Wesentlichen unverändert geblieben ist.653 Bis ein neues Signal durch eine § 26 Nds. SOG betreffende gesetzgeberische Entscheidung gesetzt wird,654 ist es daher Aufgabe der Gerichte i. S. v. Art. 20 III GG nicht nur die Gesetze zur Umsetzung zu bringen, sondern ebenso dem Recht entsprechend zu entscheiden und etwa auch Gleichheitsaspekte zu berücksichtigen. Einer Planwidrigkeit wird schließlich ebenso entgegengehalten, dass bei analoger Erstreckung der Sicherstellungsbefugnis auf Forderungen die Gefahr entstehe, dass die Grenze zwischen Strafverfolgung und Gefahrenabwehr verwische.655 Inwiefern von dieser Gefahr auf eine gesetzgeberische Absicht, Forderungen bewusst nicht zu regeln, zu schließen sein soll und dies somit einer Planwidrigkeit entgegenstehe, erschließt sich nicht. Jedenfalls ist die Annahme einer derartigen Gefahr aufgrund der auch weiterhin erforderlichen, den jeweiligen Aufgabenbereichen entsprechenden unterschiedlichen Motivationslage an dieser Stelle nicht angebracht. Dass repressive i. S. v. strafrechtliche wie präventiv-gefahrenabwehrrechtliche Ermächtigungen sich oftmals nur in der Zweckausrichtung unterscheiden, während sie die gleiche Art Maßnahme stützen, ist nicht unüblich und, wie den Anmerkungen zum § 21 MEPolG entnommen werden kann,656 dem Gesetzgeber bewusst. Die Regelungslücke ist folglich auch planwidrig. (γ) Vergleichbare Interessenlage Des Weiteren müsste eine vergleichbare Interessenlage bestehen. Die zu vergleichenden Tatbestände müssen dafür in den für die gesetzliche Regelung maßgeblichen Punkten gleich sein. Dabei ergeben sich die maßgeblichen gesetzgeberischen Wertungen erneut aus dem Telos der Norm.657 652

Erst wirksam seit dem 22.11.2008, eingefügt durch Gesetz v. 18.11.2008, GBl. 2008, S. 390. 1994 wurde die Sicherstellungsnorm lediglich gendergerecht gemacht, indem Nr. 2 eine weibliche Form hinzugefügt worden ist: Beschlussempfehlung: Nds.LT, 23.11.1993, Drs. 12/5735 S. 20, 22; Art. 1 Nr. 23 Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung, Nds. GVBl. Nr. 04/1994, S. 71 (74); § 26 NGefAG, Nds. GVBl. Nr. 09/1994, S. 172 (180). 654 §§ 26 ff Nds. SOG betreffende neu getroffene gesetzgeberische Entscheidung durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung und anderer Gesetze vom 20.05.2019; diese führte zu keinen Veränderungen der Ergebnisse dieser Arbeit; Näheres siehe: S. 292 ff. 655 VG Augsburg, Urt. v. 09.09.2014, Az.: Au 1 K 13.1276, JURIS, Rn. 34. 656 Heise / Riegel, MEPolG, 1978, S. 84: Anmerkung zu § 21 Nr. 2: „im Einzelfall [kann] eine Sicherstellung nach Polizeirecht als auch auf Grund der Strafprozessordnung gerechtfertigt sein“. Zur Relevanz des MEPolG, siehe: Fn. 528. 657 Näheres: Larenz / Canaris, Methodenlehre, 1995, S. 202 f. 653

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Wie bereits aufgezeigt, verfolgt § 26 Nds. SOG mit seinen Folgemaßnahmen den Zweck, Gegenstände für, von oder durch die eine Gefahr besteht,658 zur Abwehr dieser Gefahr durch Sicherstellung dem unmittelbaren Besitzer bis zum Entfallen der Gefahr zu entziehen. Durch den bereits aufgezeigten gesellschaftlichen wie rechtlichen Wandel659 können unkörperliche Sachen heutzutage genauso wie körperliche eine Gefahrenquelle darstellen und einen Entzug bis zur Abwehr erforderlich machen. Damit sind sie in für § 26 Nds. SOG maßgeblicher Hinsicht gleich.660 Gründe, warum für unkörperliche Gegenstände eine Ausnahme bestehen und sie von der Sicherstellung ausgeschlossen sein sollten, sind nicht ersichtlich. Es kann letztlich nicht darauf ankommen, ob das Geld in einer Sache, wie etwa einem Sparbuch oder Scheck, verkörpert wird, solange von, für oder durch den Gegenstand eine für § 26 Nds. SOG ausreichende Gefahr ausgeht. Eine solche Differenzierung wäre sehr zufällig, trotz eines im Einzelfall denkbaren gleich starkem Bedürfnisses nach einer Gefahrenabwehr. Dies soll an einem Beispiel verdeutlicht werden. Zwischen den Tatbeständen, dass mit Bargeld auf einem örtlichen Schwarzmarkt oder mit durch Scheingeschäften getarntem Buchgeld bei einem Zwischenhändler im Ausland Drogen gekauft und damit BtM-Delikte begangen werden sollen, bestehen bezüglich der Gefährdungslage und dem verfolgten Ziel der Abwehr keine wesentlichen Unterschiede. Dies gilt auch mit Blick auf mögliche Grundrechtsbeeinträchtigungen.661 Ob im Einzelfall eine für § 26 Nds. SOG ausreichende Gefährdung besteht, ist ebenso für körperliche Sachen stets auf ein Neues zu überprüfen. Es besteht somit auch eine vergleichbare Interessenlage. In Teilen der Rechtsprechung wird eine vergleichbare Interessenlage speziell für Buchgeld, das erst von der Staatsanwaltschaft durch Einzahlung von beschlagnahmten Bargeld zwecks Verwahrung geschaffen worden ist, hingegen mit praktischen Erwägungen begründet. Die Sicherstellung verfolge schließlich das Ziel, einer Person die Verfügungsgewalt über eine Sache zu entziehen, dabei ergäben sich zwischen Buchgeld und Bargeld keine Unterschiede. Die Aufbewahrung von größeren Bargeldsummen in einer Räumlichkeit wecke Begierden und berge ein hohes Sicherheitsrisiko. Verwahrstellen seien daher zur Aufbewahrung größerer Mengen nicht geeignet. Es bestehe daher ein praktisches Bedürfnis,662 Bargeld zwecks Verwahrung auf ein Konto einzuzahlen. Der Gesetzgeber hätte die Rechtsfolge des § 26 Nds. SOG bei Kenntnis dieses Bedürfnisses mit auf diese Konstellation erstreckt.663 Grundsätzlich gilt, dass praktische Erwägungen durchaus einen 658

Näheres zum Sicherstellungsgrund: S. 180 ff. Siehe oben: S. 158, 167 f. 660 Ebenfalls einen Unterschied verneinend, allerdings nur auf zwecks Verwahrung entstandenes Buchgeld bezogen: OVG Lüneburg, NordÖR 2013, 269 (270). 661 Aufgrund der verwaltungsrechtlichen Schwerpunktsetzung muss im Rahmen dieser Arbeit auf nähere Ausführungen zu dieser verfassungsrechtlichen Fragestellung, ob etwa eine Verletzung von Art. 14 I GG zu bejahen oder zu negieren ist, verzichtet werden. 662 OVG Lüneburg, NordÖR 2013, 269 (270); VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 109. 663 OVG Lüneburg, NordÖR 2013, 269 (270). 659

I. Landesrechtliche Grenzen  

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gewichtigen, bei der Rechtsfortbildung zu berücksichtigenden Grund darstellen können. Die Grenzen sind jedoch überschritten, wenn praktische Erwägungen mit dem Gesetzgeberwillen in Widerspruch stehen.664 Die sich einer Sicherstellung anschließenden Verwahrungsmöglichkeiten sind gesetzlich explizit in § 27 Nds. SOG geregelt. Dabei schreibt § 27 I 2 Nds. SOG expressis verbis vor, bei Unzweckmäßigkeit der Verwahrung bei der Behörde andere geeignete Verwahrmöglichkeiten, auch außerhalb der Verwaltung bei Dritten zu nutzen. § 27 Nds. SOG erlaubt somit ausdrücklich, Praktikabilitätserwägungen vorzunehmen. Es liegt daher nahe, dass eine Übertragung dieser gesetzlichen Entscheidung auf Vormaßnahmen durch die Staatsanwaltschaft, bei konsequentem Zuendedenken mit vom Gesetzgeberwillen erfasst worden wäre.665 Einer anderen Gesetzesinterpretation würde die in § 27 I 2 Nds. SOG getroffene Entscheidung, dass stets eine zweckmäßige Verwahrungsmöglichkeit zu nutzen ist, entgegenstehen. Bei Nicht-Erstreckung würden sich daher mit Blick auf den Gesetzeskontext Wertungswidersprüche ergeben. Denn eine Sicherstellung von bereits durch die Staatsanwaltschaft zur strafrechtlichen Verwahrung auf ein Konto eingezahltem Bargeld, somit Buchgeld, wäre aufgrund einer eng ausgelegten,666 wortlautgetreuen Bindung der Sicherstellungsmaßnahme nach § 26 Nds. SOG an die Sacheigenschaft unzulässig, während Praktikabilitätserwägungen bei der Verwahrung nach § 27 I 2 Nds. SOG jedoch ausdrücklich erwünscht sind. Dass eine Analogie in diesem Fall praktisch ist, da sie Arbeitsabläufe vereinfacht, ist offensichtlich. Andernfalls müsste die Staatsanwaltschaft erst das Buchgeld durch Auszahlung in Bargeld rückumwandeln, während die Gefahrenabwehrbehörden später zur Verwahrung eventuell nicht nur wieder aus Sicherheitsaspekten zur Umwandlung in Buchgeld befugt, sondern eventuell zur Vermeidung von Wertminderung zur Einzahlung auf ein verzinstes Konto sogar verpflichtet sind. Dieser Punkt bedarf jedoch mit Blick auf die Kernfrage der vorliegenden Bearbeitung einer gesonderten Prüfung.667 Ein weiterer Teil der Rechtsprechung lehnt dieses Ergebnis hingegen ab. Eine Vergleichbarkeit sei wegen der unterschiedlichen Nähe zum befürchteten Schaden nicht gegeben. So sei der Bargeldfluss in der Regel nicht nachvollziehbar, daher ein beliebtes Mittel für kriminelle Geschäfte. Wohingegen Kontoguthaben und dessen Bewegungen verfolgbar seien und eine Identifizierungspflicht bei Ein- und Auszahlungen ab einer gewissen Höhe bestehe. Daher seien kriminelle Vereinigungen auch so bemüht, mittels Geldwäsche, etwa durch mehrere kleine Einzahlungen mithilfe von Mittelsmännern, die kriminelle Herkunft der Gelder 664

BVerfGE 71, 354 (363 f.); Leisner, DVBl 1986, 705 (708). Andere Auffassung, ohne Berücksichtigung des Gesetzeskontextes: VGH München, NVwZ-​RR 2016, 779 (781); VG Augsburg, Urt. v. 09.09.2014, Az.: Au 1 K 13.1276, JURIS, Rn. 31, 35. 666 Zum weiten Begriffsverständnis, siehe oben: S. 146 ff. 667 Eine eingehendere Betrachtung der Folgemaßnahme nach § 27 I 2 Nds. SOG sowie einer etwaig bestehenden Pflicht zur Einzahlung von sichergestelltem Bargeld kann im Rahmen dieser Bearbeitung aus Gründen der Schwerpunktsetzung nicht geleistet werden. 665

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

zu verschleiern.668 Für erneute kriminelle Geschäfte sei aber erst eine Auszahlung notwendig.669 Dabei wurden jedoch etwa die Gefahren, die durch das Darknet in Verbindung mit unkörperlicher, anonymer Kryptowährung670 oder durch mit Buchgeld zu bezahlenden, getarnten Großkäufen bei ausländischen Drogendealern671 entstehen können, verkannt. Ferner berücksichtigt diese Sichtweise ebenso nicht die rechtliche Entwicklung. So ist etwa die Terrorismusfinanzierung und damit das Sammeln, Entgegennehmen und Zurverfügungstellen von Vermögenswerten, worunter auch Forderungen zu verstehen sind,672 seit dem 13.06.2015 nach § 89c StGB673 strafbar. Von Buchgeld kann folglich sehr wohl eine mit von körperlichen Gegenständen hervorgerufene vergleichbare Gefahr ausgehen. Überdies kann es für eine Versagung der Vergleichbarkeit mit der Folge einer generellen Ablehnung einer analogen Anwendung aber auf die bestehende Gefahrennähe nicht ankommen. Die Gefahrennähe ist eine eigenständige Voraussetzung des § 26 Nds. SOG, die neben der Voraussetzung eines zulässigen Sicherstellungsgegenstandes erfüllt sein muss. Auch körperliche Sachen besitzen ein unterschiedlich hohes Gefahrenpotenzial. Dies kann einer analogen Anwendung generell nicht entgegenstehen. Es ist nicht auszuschließen, dass auch Forderungen das erforderliche Maß einer Gefährdung für eine Sicherstellung erreichen können. Sowohl bei analoger wie bei direkter Anwendung von § 26 Nds. SOG bedarf es stets einer einzelfallbezogenen Prüfung, ob alle Voraussetzungen, damit auch die erforderliche Gefahrennähe, erfüllt sind. Einer vergleichbaren Interessenlage steht eine stets einzelfallabhängige Gefahrennähe somit nicht entgegen. (δ) Zusammenfassung und Abwägung Schließlich muss, wie die Prüfung der verfassungsrechtlichen Grenzen ergeben hat, für eine Zulässigkeit einer Analogie das objektiv-rechtliche Gleichbehandlungsgebot das durch die Fortbildung reduzierte Gebot der Rechtssicherheit überwiegen.674 668

VGH München, NVwZ-RR 2016, 779 (781); VG Augsburg, Urt. v. 09.09.2014, Az.: Au 1 K 13.1276, JURIS, Rn. 37 f. 669 VG Augsburg, Urt. v. 09.09.2014, Az.: Au 1 K 13.1276, JURIS, Rn. 38. 670 Siehe oben: S. 158 f. 671 Vgl. hierzu etwa bereits: Bericht des Bundesministers für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit über die Rauschgiftsituation und die Grundzüge eines nationalen Rauschgiftbekämpfungsplans v. 02.11.1989, BT-Drs. 11/5525, S. 15 ff. Siehe ebenfalls: Hess, in: Scheerer / Vogt, Drogen und Drogenpolitik, 1989, S. 455, 479 f.; Suendorf, Geldwäsche, 2001, S. 395 f., 398 f. 672 Näheres: Schäfer, in: MüKoStGB, 2017, § 89c Rn. 7 ff, 12. 673 Eingefügt mit: Art. 1 Gesetz zur Änderung der Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten (GVVG-Änderungsgesetz  – GVVG-ÄndG) v. 12.06.2015, BGBl. I Nr. 23/2015, S. 921 (926 f.); Gesetzesentwurf v. 11.03.2015, BT-Drs. 18/4279, S. 9: zuvor bereits in teils reduzierter Weise strafbar aufgrund von § 89a StGB, der m. W. v. 04.08.2009 mit Art. 1 Gesetz zur Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten v. 30.07.2009, BGBl. I Nr. 49/2009, S. 2345 (2437 f.) eingefügt worden ist. 674 Siehe oben: S. 155 ff, 162 f.

I. Landesrechtliche Grenzen  

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Eine Erstreckung des Sachbegriffs auf Forderungen kann mit Blick auf den Regelungszweck nicht sehr überraschen. Wie aufgezeigt können durch einen gesellschaftlichen wie rechtlichen Wandel Gefahren in der heutigen Zeit ebenso für sowie von unkörperlichen wie körperlichen Gegenständen ausgehen beziehungsweise bestehen. Diese Veränderung war für den Gesetzgeber, der mit der Einführung einer speziellen Sicherstellungsnorm nur eine Begrenzung der zeitlichen Nähe zur Gefahr erreichen wollte, 1981 noch nicht vorhersehbar. Regelungszweck des § 26  Nds. SOG ist eindeutig die effektive Gefahrenabwehr. Es kann daher aufgrund der bemüht offenen Gestaltung hinsichtlich des Sicherstellungsgegenstands davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber bei Kenntnis die Rechtsfolge der Sicherstellung auch auf Forderungen erstreckt hätte. Auch führt die analoge Anwendung auf Forderungen zu keiner großen Abweichung vom Wortlaut des Gesetzes. § 26 Nds. SOG spricht expressis verbis nicht von körperlichen Gegenständen, sondern einzig allgemein von Sachen. Dieser Begriff wird aber sowohl in der Rechtssprache als auch im allgemeinen Sprachgebrauch nicht ausschließlich für körperliche, sondern auch für unkörperliche Gegenstände verwendet.675 Mit Blick auf den Regelungszweck, die Planwidrigkeit der Lücke und die vergleichbare Interessenlage kann eine analoge Anwendung auf Forderungen daher nicht völlig überraschen, so dass das objektiv-rechtliche Gleichbehandlungsgebot im vorliegenden Fall das Gebot der Rechtssicherheit überwiegt.676 Eine analoge Anwendung des § 26 Nds. SOG auf Buchgeld ist damit geboten. (ee) Zwischenergebnis Bei einer näheren Betrachtung des Gesetzeswortlauts von § 26 Nds. SOG, genauer des Begriffs Sache, lassen sich aus den Gesetzesmaterialien zwar keine eindeutigen Schlüsse für eine Auslegung ziehen. Allerdings ergibt eine Betrachtung des allgemeinen Wortverständnisses unter Berücksichtigung seiner Etymologie, dass sowohl in der Rechtssprache als auch im allgemeinen Sprachgebrauch die Sache auch als etwas Unkörperliches verstanden werden kann. Im Sinne des Normzwecks, einer effektiven Gefahrenabwehr, umfasst der Sachbegriff daher bereits durch Auslegung auch Buchgeld, so dass eine Sicherstellungsfähigkeit nach § 26 Nds. SOG direkt bejaht werden kann. Lehnt man eine solche Auslegung mit der h. M. ab, ist jedenfalls die analoge Anwendung betreffend Bargeld, welches durch die Staatsanwaltschaft zur Verwahrung auf ein Konto eingezahlt worden ist, zu bejahen. Die in der Literatur teils aufgeworfene Frage, ob eine Buchgeld betreffende Gefahrenabwehr auch durch den Erlass eines Veräußerungs- und Verfügungsverbots gestützt auf § 11 Nds. SOG 675

Vgl. oben: S. 146 ff. Andere Auffassung, deutliche Überschreitung des Wortlauts nur behauptend: Söllner, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 3 Rn. 326. 676

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

möglich,677 oder ob ein solches durch § 26 Nds. SOG gesperrt ist, bedarf hier aufgrund der geringeren Eignung zur Gefahrenabwehr und der zumindest analogen Anwendbarkeit von § 26 Nds. SOG auf durch von der Staatsanwaltschaft zwecks Verwahrung auf ein Konto eingezahltes Bargeld keiner weiteren Klärung. (b) Buchgeld bei dem Verdächtigen Des Weiteren ist aufgrund der überwiegend unterschiedlichen Behandlung von vorgefundenem Buchgeld und zwecks behördlicher Verwahrung entstandenem Buchgeld zu hinterfragen, ob auch bei dem Verdächtigen aufgefundenes Buchgeld als sicherstellungsfähiger Gegenstand anzusehen ist. Dabei kann allerdings größtenteils auf obige Ausführungen Bezug genommen werden. Mit Blick auf die obigen Erwägungen zum Sachbegriff ist auch hier eine direkte Anwendung des § 26 Nds. SOG auf bei dem Verdächtigen vorgefundenes Buchgeld zu bejahen. Denn die oben vorgenommene Auslegung des Sachbegriffs beruht nicht auf Praktikabilitätserwägungen oder auf sonstigen aus der staatsanwaltlichen Umwandlung des Bargelds hervorgehenden Besonderheiten.678 Folgt man dieser Auslegung nicht, so bleibt mangels bestehenden Analogieverbots für §§ 26 ff Nds. SOG679 erneut die Möglichkeit einer analogen Rechtsanwendung auf bei dem Verdächtigen vorgefundenes Buchgeld. Eine solche Erstreckung wird im überwiegenden Teil der Literatur und Rechtsprechung jedoch schnell und teils ohne mögliche Analogieschlüsse zu diskutieren abgelehnt. Demnach scheide eine Sicherstellung in jedem Fall von vornherein aus, wenn bei dem Verdächtigen zum Zeitpunkt der Sicherstellung keine körperliche Sache vorliegt.680 So auch ge 677

So knapp: Barthel, DVP 2005, 276 (278, Fn. 31); ders., KommJur 2009, 81 (86). Näheres siehe oben: S. 146 ff. 679 Obige Erwägungen zum verfassungsrechtlichen wie einfachrechtlichem Analogieverbot gelten, da nicht auf Besonderheiten infolge der behördlichen Umwandlung von Bargeld in Buchgeld zwecks Verwahrung gestützt, hier entsprechend; siehe oben: S. 148 ff, 163 f. 680 OVG Lüneburg, NordÖR 2013, 269 (270 f.); dass., B. v. 21.11.2013, Az.: 11 LA 135/13, JURIS, OS. 1, Rn. 6; dass., NdsVBl 2015, 250 (251); VG Oldenburg, Urt.  v.  29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, OS. 3, Rn. 108–112: allerdings missverständlich; sowohl der weiten Auffassung von Rohde / Schäfer, NdsVBl 2010, 41 (44), als auch dem begrenzten Analogieschluss des Allg. RdErl. (Fn. 681) und des OVG Lüneburg zustimmend, Rachor, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 672, 691; Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 641; Neuhäuser, in: Möstl / Weiner, Nds. SOG, 11/2018, § 26 Rn. 23 ff.; Söllner, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 3 Rn. 326; Barthel, KommJur 2009, 81 (84); ders., DVP 2005, 276 (278, Fn. 31); Söllner, NJW 2009, 3339 (3341 ff.); ders., DVBl 2009, 1320 (1321); ders., DVBl 2010, 529 (530 f.); ders., DVBl 2010, 1385 (1386 ff.); ders., DVBl 2013, 45 (47); Hunsicker, Der Kriminalist 2006, 430 (430): später jedoch teilweise, im Fall einer Einzahlung zwecks Verwahrung, bejahend, in: StV 2010, 212 (214). Vgl. auch: OVG Berlin, B. v. 16.09.2002, Az.: 1 N 13.00, JURIS, Rn.11; VGH München, NVwZ-RR 2016, 779 (779 ff.); VG Augsburg, Urt. v. 09.09.2014, Az.: Au 1 K 13.1276, JURIS, LS. 1, 3, Rn. 24–38, 56–60. 678

I. Landesrechtliche Grenzen  

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mäß dem Runderlass des MI und MJ, der knapp feststellt, dass es nicht möglich sein soll, Geld, welches bei dem Verdächtigen in Form von Buchgeld vorliegt, nach § 26 Nds. SOG sicherzustellen.681 Dementgegen vertritt einzig ein kleiner Teil der Literatur, leider ohne Begründung, auch über den vorgenannten Fall hinaus, dass die Sicherstellungsfähigkeit von Buchgeld generell mittels analoger Anwendung des § 26 Nds. SOG zu bejahen sei.682 Die Analogievoraussetzungen und die gegen eine analoge Anwendung von § 26 Nds. SOG vorgebrachten Punkte, wie bereits bestehende zur Einziehung berechtigende Regelungen in §§ 73 ff StGB, unpassende Folgemaßnahmen oder etwa die unterschiedliche Nähe von körperlichen und unkörperlichen Gegenständen zum befürchteten Schaden, wurden bereits oben eingehend besprochen. Die sich aus der behördlichen Umwandlung von Bargeld ergebenden Besonderheiten, wie die Möglichkeit einer Rückumwandlung in einen körperlichen Gegenstand durch Auszahlung des zwecks Verwahrung entstandenen Buchgelds vor der staatsanwaltschaftlichen Freigabeentscheidung und die Anführung von Praktikabilitätserwägungen, haben sich dabei als nicht entscheidungserheblich herausgestellt. Für einen zulässigen Analogieschluss spricht vielmehr maßgeblich die offene Gestaltung der §§ 26 ff Nds. SOG, dass der Gesetzgeber mit der Einführung der Spezialermächtigung nur eine Begrenzung der zeitlichen Nähe sicherstellen wollte, wie auch der gesellschaftliche und rechtliche Wandel, durch den unkörperliche Gegenstände ebenso wie körperliche eine Gefahrenquelle darstellen beziehungsweise selbst gefährdet sein können, was zu einer planwidrigen Lückenhaftigkeit bei vergleichbarer Interessenlage geführt hat.683 Schließlich basiert auch die Abwägung des objektiven Gleichbehandlungsgebots mit dem Gebot der Rechtssicherheit auf keinen umwandlungsbedingten Besonderheiten und gilt entsprechend. Da § 26 Nds. SOG expressis verbis nur von Sachen spricht, nicht explizit Körperlichkeit verlangt und der Begriff Sache im rechtlichen wie auch im allgemeinen Sprachgebrauch sowohl für etwas Körperliches wie auch etwas Unkörperliches gebraucht werden kann, überwiegt mit Blick auf die Regelungsabsicht das objektiv-rechtliche Gleichbehandlungsgebot, so dass eine analoge Erstreckung des § 26 Nds. SOG auf Buchgeld generell geboten ist.684

681

Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515, Nr. 3.1 (­VORIS 21011), ersetzt durch den Gem. RdErl. d. MI u. MJ v.  15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258, Nr. 3.1 (­VORIS 21011). 682 Rohde / Schäfer, NdsVBl 2010, 41 (44). VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, OS. 3, Rn. 108–112: allerdings missverständlich; sowohl der weiten Auffassung von Rohde / Schäfer, als auch dem begrenzten Analogieschluss des Allg. RdErl. und des OVG Lüneburg zustimmend (s. o. Fn. 680). 683 Näheres siehe oben: S. 164 ff. 684 Näheres zur Abwägung, siehe oben: S. 174 f.

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(3) Untypisches: Grundstücke – Immobilien – Räume Die Frage, ob Sachen sicherstellungfähig sind, stellt sich jedoch auch in anderen Bereichen. So ist zu klären, ob im Rahmen der Präventiven Gewinnabschöpfung für eine Sicherstellung auch eher untypische Gegenstände, wie Grundstücke, Immobilien oder einzelne Räume, als tauglicher Gegenstand in Betracht gezogen werden können. Grundstücke, Immobilien oder auch einzelne Räume sind körperliche Gegenstände und als solche ebenfalls durch Anbringung von Siegeln grundsätzlich nach § 26 Nds. SOG als Sache sicherstellungsfähig.685 Diese Auslegung deckt sich nicht nur mit dem Wortlaut von § 26 Nds. SOG, sondern auch mit dem Telos der Norm, eine effektive Gefahrenabwehr zu ermöglichen. Auch von Grundstücken, Immobilien oder einzelnen Räumen kann eine gegenwärtige Gefahr ausgehen, wenn diese etwa zur Drogenproduktion oder als Drogenlager und Umschlagplatz genutzt werden. Ob in diesem Zusammenhang eine ausreichende Gefahr besteht, ist einzelfallabhängig, führt aber in keinem Fall zu einer Reduktion des Sachbegriffs auf einen ausschließlich mobiliaren.686 Denn Gefahr und Sache sind zwei eigenständige Tatbestandsvoraussetzungen, die für eine rechtmäßige Sicherstellung kumulativ vorliegen müssen. Abweichendes ergibt sich auch nicht mit Blick auf die Folgemaßnahmen. So sieht § 27 I 1 Nds. SOG als grundsätzliche Folge zwar die Verwahrung bei der Verwal-

685

OVG Lüneburg, NordÖR 2010, 308 (308, 309): grundsätzliche Sicherstellungsfähigkeit von Immobilien durch Versiegelung bejahend; bei Wettbüros sind jedoch die speziellen Glücksspielregelungen (GlüStV, NGlüSpG) nach § 3 I 2 Nds. SOG vorrangig zu beachten; eine Sicherstellung nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG ist daher nur in Eilfällen zulässig, wenn ein Einschreiten nach Glücksspielrecht nicht rechtzeitig möglich ist. Keine grundsätzliche Ablehnung, sondern einzig infolge eines verengten Gefahrenbegriffs: OVG Lüneburg, NVwZ 2016, 164 (165); VG Hannover, ZfWG 2016, 469 (471); Hebeler, JA 2016, 318 (319). Vgl. auch: OVG Koblenz, AS RP-SL 41, 231 (231, 234 ff); VGH Kassel, NJW 1981, 2270 (2270 f.); dass., BRS 55 (1993), Nr. 204, 579 (582); Rachor, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 671; Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 641; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 209; Neuhäuser, in: Möstl / Weiner, Nds. SOG, 11/2018, § 26 Rn. 21, 29a f.; Böhrenz / Siefken, Nds. SOG, 2014, § 26 Rn. 2; Waechter, Polizei- und Ordnungsrecht, 2000, Rn. 708, 710; ders., in: Brandt / Schinkel, Staats- und VerwR für Nds., 2002, S. 173 (223); Saipa, Nds. SOG, St.: (Juli 2016)/08.2017, § 26 Rn. 3; Söllner, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 3 Rn. 326; Ruder, KommunalPraxis / Spezial 2016, 7 (8); Fischer, NVwZ 2015, 1644 (1645); ders., NVwZ 2016, 164 (168); Söllner, DVBl 2013, 45 (45 f.); Pieroth / Schlink / Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2016, § 19 Rn. 5; Kingreen / Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, § 18 Rn. 6; Gusy, Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, Rn. 343 f.; Götz / Geis, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, § 8 Rn. 58, 68; Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, Rn. 38, 162. Vgl. auch: Reitzig, Die polizeirechtliche Beschlagnahme von Wohnraum zur Unterbringung, 2004, S. 96. Offen: Lange, NdsVBl 2016, 72 (77). 686 Näheres zum Erfordernis einer gegenwärtigen Gefahr nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG, siehe unten: S. 181 ff.

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tungsbehörde oder Polizei und damit einen tatsächlichen, mit einem Ortswechsel verbundenen, vorläufigen Entzug der sichergestellten Sache vor. Allerdings wurde bereits bei der Normschaffung erkannt, dass ebenfalls Konstellationen denkbar sind, in denen eine Sache zur Gefahrenabwehr sichergestellt werden muss, bei der aber eine behördliche Verwahrung von vornherein unmöglich ist. So lässt § 27 I 2 Nds. SOG, soweit die Beschaffenheit der sicherzustellenden Sache eine Verwahrung unmöglich oder auch nur unzweckmäßig macht, explizit eine Sicherung oder Aufbewahrung des Asservats auch auf andere geeignete Weise zu.687 Ob ferner die Verwertung und Vernichtung nach § 28 Nds. SOG als eventuelle Folgemaßnahme auf Immobilien anwendbar ist, erscheint aufgrund ihrer Ausrichtung auf bewegliche Sachen zwar problematisch, bedarf hier jedoch mit Blick auf die Kernfrage der vorliegenden Bearbeitung keiner Klärung, da die Verwertung keine zwingende Folge der Sicherstellung ist.688 Die Sicherstellung von immobilen Sachen könnte aber durch andere abschließende Regelungen gesperrt sein.689 So genießen etwa Sonderregelungen gemäß § 3 I 2 Nds. SOG eine Vorrangstellung. Sonderregelungen, die eine Entziehung von unbeweglichen Sachen vorsehen, sind etwa §§ 3 I 2 Nr. 1, Nr. 3; 11; 12 II VereinsG,690 § 79 II NBauO,691 oder auch § 9 I GlüStV, § 22 NGlüSpG i. V. m. § 70 NVwVG, §§ 64 I; 69 Nds. SOG.692 Wie bei mobilen Sachen ist auch bei immobilen damit stets einzelfallabhängig nach vorrangigen abschließenden Regelungen Ausschau zu halten. Soweit aufgefundenen Sonderregelungen eine abschließende Wirkung zukommt, ist in der Regel aber selbst dann noch ein gefahrenabwehrrechtliches Einschreiten nach Nds. SOG in Eilfällen gemäß § 3 I 3 Nds. SOG zulässig.693 Einer grundsätzlichen Klassifizierung unbeweglicher Sachen als zulässige Sicherstellungsgegenstände kann die etwaige Existenz einer abschließenden Regelung im Einzelfall jedenfalls ebenso nicht entgegenstehen.

687

Zur offenen Gestaltung des § 27 Nds. SOG, der Verwahrung als Folgemaßnahme, siehe auch: S. 163, 172 f. Vgl. auch: VGH Kassel, NJW 1981, 2270 (2270 f.). 688 § 28 III Nds. SOG verweist lediglich auf § 979 BGB, eine Vorschrift, die ausschließlich bewegliche Sachen betrifft, so dass eine Verwertung von immobilen Sachen, wenn, nur unter Zuhilfenahme eines Analogieschlusses zulässig wäre. Aus Gründen der Schwerpunktsetzung muss insoweit in der Sache jedoch ein vergleichender Verweis auf das OVG Koblenz, AS RPSL 41, 231 (235 f.), genügen. 689 Vgl. oben beim einfachrechtlichen Analogieverbot: S. 164. 690 Zur Einziehung eines Grundstücks nach VereinsG vgl. etwa: VGH München, Urt. v. 26.11.2007, Az.: 4 B 07.104, JURIS; VG Augsburg, Urt. v. 22.11.2006, Az.: Au 4 K 06.744, JURIS. 691 Zum Verhältnis des Bauordnungsrechts und dem Gefahrenabwehrrecht, vgl.: OVG K ­ oblenz, AS RP-SL 41, 231 (231, 234 f.); VG Mainz, BauR 2012, 935 (935 f.). 692 Zum Verhältnis des Glückspielrechts und dem Gefahrenabwehrrecht: OVG Lüneburg, NordÖR 2010, 308 (308 f.); VG Braunschweig, B. v. 18.11.2009, Az.: 5 B 203/09, JURIS, OS, Rn. 17, 19 f. 693 So etwa zum Glücksspielrecht: OVG Lüneburg, NordÖR 2010, 308 (308 f.).

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

Es ist damit festzuhalten, dass auch Untypisches wie Grundstücke, Immobilien oder einzelne Räume als unbewegliche Sachen grundsätzlich sicherstellungsfähig sind.694 (4) Typische Sicherstellungsobjekte einer PräGe Typische Gegenstände einer Präventiven Gewinnabschöpfung nach Nds. SOG sind aber eher körperliche, bewegliche Gegenstände. Häufig sichergestellt werden etwa neben Bargeld auch technische Geräte,695 wie Computer, Fernseher, HiFiAnlagen, Handys, Autoradios oder Navigationssysteme, ebenso aufgefundener Schmuck696, Kleidungsstücke697, Badetücher, Parfüms698 und vieles mehr.699 Diese Gegenstände sind aufgrund ihrer Körperlichkeit alle unproblematisch nach § 26 Nds. SOG sicherstellungsfähig. Abschließende Regelungen sind auch hier einzelfallabhängig zu berücksichtigen. bb) Tauglicher Sicherstellungsgrund Für eine rechtmäßige Präventive Sicherstellung inkriminierter Sachen müsste des Weiteren neben einem zulässigen Sicherstellungsgegenstand auch ein taug­ licher Sicherstellungsgrund gegeben sein. Dabei stützt sich die Präventive Gewinnabschöpfung entweder auf § 26 Nr. 1 Nds. SOG, das Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr, oder auf § 26 Nr. 2 Nds. SOG, den Schutz privater Rechte, so dass § 26 Nr. 3 Nds. SOG hier unberücksichtigt bleiben kann.700

694

Ebenfalls im Rahmen der PräGe untypisch aber auch unbestritten möglich ist die Sicherstellung von Hunden und anderen Tieren; auf deren grundsätzliche Sicherstellungsfähigkeit nach §§ 26, 7 I 2 Nds. SOG wird hier daher nur kurz hingewiesen. Hierzu etwa: VG Göttingen, B. v. 25.07.2012, Az.: 1 B 156/12, JURIS, 1. LS, Rn. 8; VG Stade, B. v. 28.06.2011, Az.: 1 B 510/11, JURIS, Rn. 24. 695 Vgl.: VG München, Urt. v. 14.01.2015, Az.: M 7 K 13.3043, JURIS, OS, Rn.15, 31 ff. 696 VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, OS 2, Rn. 106 f. Vgl. auch: VGH München, BayVBl 2017, 339 (339 f.); VG Ansbach, Urt. v. 08.10.2004, Az.: AN 5 K 04.​ 00664, JURIS, OS, Rn. 1, 7, 19 ff. 697 Vgl.: VG Köln, NVwZ-RR 2010, 352 (353). 698 VG Hannover, NVwZ-RR 2008, 616 (616). 699 Vgl. oben angeführtes Diagramm zu PräGe-Verfahren, aufgeteilt entsprechend dem jeweiligen Sicherstellungsobjekt: S. 35. Vgl. auch: VG Karlsruhe, Urt. v. 10.05.2001, Az.: 9 K 2018/99, JURIS, LS, Rn. 2 f., 14 ff. 700 Seit dem 24.05.2019, inhaltlich unverändert: § 26 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3 NPOG; durch die Reform des Nds. SOG mit Gesetz vom 20.05.2019; näheres zu den fehlenden Auswirkungen der Reform auf die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit, siehe: S. 292 ff.

I. Landesrechtliche Grenzen  

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(1) § 26 Nr. 1 Nds. SOG – Gegenwärtige Gefahr – zulässige Bewertungskriterien Für eine Sicherstellung nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG gilt es damit zunächst zu beleuchten, welche Voraussetzungen an das Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr als Sicherstellungsgrund zu stellen sind. Insbesondere mit Blick auf die Rechtsprechung ist zu überlegen, ob die Voraussetzung einer gegenwärtigen Gefahr, damit der geforderte Grad an Nähe zum befürchteten Schadenseintritt, durch die Bildung von Fallgruppen präzisiert werden kann.

(a) Gefahrbegriff Die Voraussetzungen einer gegenwärtigen Gefahr sind in § 2 Nr. 1 lit. b Nds. SOG legaldefiniert. Demnach ist eine gegenwärtige Gefahr zu bejahen, wenn ein Schaden für die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht nur in absehbarer Zeit bei hinreichender Wahrscheinlichkeit eintreten wird (konkrete Gefahr), sondern vielmehr das schädigende Ereignis bereits begonnen hat oder jedenfalls unmittelbar oder in allernächster Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevorsteht. Im Unterschied zur konkreten Gefahr nach § 2 Nr. 1 lit. a Nds. SOG fordert die gegenwärtige Gefahr damit nicht nur ein höheres Maß an zeitlicher Nähe zum befürchteten Schaden, sondern auch einen gesteigerten Grad an Wahrscheinlichkeit hinsichtlich des Eintritts des schädigenden Ereignisses. Dabei bleibt der exakt erforderliche Grad an zeitlicher Nähe und Wahrscheinlichkeit allerdings trotz Legaldefinition mangels genauer Festlegung, etwa durch Nennung einer maximalen Anzahl von Tagen oder Stunden bis zum befürchteten Schadenseintritt, offen für Auslegung. Ebenso offen wie die Anforderungen an die zeitliche Nähe und den erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit ist nach dem Wortlaut der Norm das Verhältnis des Sicherstellungsgegenstandes, der Sache, zum Sicherstellungsgrund, der Gefahr. Es gilt folglich zu klären, ob § 26 Nr. 1 Nds. SOG nur greift, wenn die mit einer Sicherstellung abzuwehrende Gefahr von der Sache ausgeht oder für diese besteht oder ob eine Sicherstellung nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG ebenso zulässig ist, wenn die Sache erst in Kombination mit einer Verwendungsabsicht eine Gefahrenquelle darstellt oder die Sache nur als Hilfsmittel zur Abwehr einer losgelöst von dem Sicherstellungsobjekt bestehenden Gefahr geeignet ist.

(aa) Gefahrenquelle Es ist daher zunächst zu klären, welche Quellen eine nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG abzuwehrende Gefahr begründen können.

182

E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

Unstreitig kann eine Sache nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG sichergestellt werden, um eine direkt von ihr ausgehende Gefahr abzuwehren.701 Diese Variante ist nicht nur mit dem Wortlaut der Norm702 zu vereinbaren. Vielmehr ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien sowie den Anmerkungen zum MEPolG, dass die Abwehr einer durch die Beschaffenheit einer Sache hervorgerufenen Gefahr mittels deren Sicherstellung vorderstes Ziel des Gesetzgebers war. Exemplarisch wird hierzu die Sicherstellung von in Warenauslagen zum Kauf angebotenem verdorbenem Fleisch oder von Explosivstoffen angeführt.703 Ebenso unstreitig und vom Wortsinn des § 26 Nds. SOG erfasst, ist eine Gefahr, die zwar nicht direkt von der Sache selbst ausgeht, jedoch aus der beabsichtigten Verwendung entsteht.704 Diese Konstellation wird auch in den Anmerkungen zum MEPolG explizit als zulässiger Sicherstellungsgrund aufgeführt.705 Exemplarisch benannt wird in diesem Zusammenhang etwa die Sicherstellung von Kraftfahrzeugen.706 Hingegen wird von der Rechtsprechung sowie Teilen der Literatur eine Gefahr im Sinne des § 26 Nr. 1 Nds. SOG und damit ein Sicherstellungsgrund verneint, 701 Etwa: OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2009, 954 (955); dass., NordÖR 2013, 269 (271); dass., B. v. 21.11.2013, Az.: 11 LA 135/13, JURIS, OS 4, Rn. 12; dass., NdsVBl 2015, 250 (251); dass., NVwZ 2016, 164 (165); VG Braunschweig, B. v. 18.11.2009, Az.: 5 B 203/09, JURIS, Rn. 17. Vgl.  auch: VG Augsburg, Urt. v.  09.09.2014, Az.: Au 1 K 13.1276, JURIS, Rn. 43. So auch: Waechter, in: Brandt / Schinkel, Staats- und VerwR für Nds., 2002, S. 173 (223); Götz / Geis, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, § 8 Rn. 62; Gusy, Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, Rn. 284; Pieroth / Schlink / Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2016, § 19 Rn. 7; Kingreen / Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, § 18 Rn. 8; Söllner, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 3 Rn. 331; Rachor, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 676, 678: ebenso wenn die Gefahr nicht unmittelbar von der Beschaffenheit ausgeht, sondern erst im Zusammenhang mit der rechtlichen Einordnung der Sache entsteht. Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 646, 648. 702 „[…] können eine Sache sicherstellen, [1.] um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren […]“. 703 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 66, 87; Heise / Riegel, MEPolG, 1978, S. 84: Anmerkung zu § 21 Nr. 3. Zur Relevanz des MEPolG, siehe: Fn. 528. 704 So etwa: OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2009, 954 (955); dass., DVBl 2010, 909 (909); dass., NordÖR 2013, 269 (271); dass., B. v. 21.11.2013, Az.: 11 LA 135/13, JURIS, OS 4, Rn. 12; dass., NdsVBl 2015, 250 (251); dass., NVwZ 2016, 164 (165); VG Braunschweig, B. v. 18.11.2009, Az.: 5 B 203/09, JURIS, Rn. 17. Vgl. auch: OVG Bremen, NordÖR 2013, 85 (86 f.); dass., StV 2015, 625 (626); dass., NJW 2016, 2901 (2902); VG Augsburg, Urt. v. 09.09.2014, Az.: Au 1 K 13.1276, JURIS, Rn. 43. Ebenso:  Waechter, in: Brandt / Schinkel, Staats- und VerwR für Nds., 2002, S. 173 (223); Götz / Geis, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, § 8 Rn. 62; Gusy, Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, Rn. 284; Pieroth / Schlink / Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2016, § 19 Rn. 7; Kingreen / Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, § 18 Rn. 8; Söllner, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 3 Rn. 331; ­Rachor, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 677; Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 647. 705 Heise / Riegel, MEPolG, 1978, S. 84: Anmerkung zu § 21 Nr. 3. Zur Relevanz des MEPolG, siehe: Fn. 528. 706 Heise / Riegel, MEPolG, 1978, S. 84: Anmerkung zu § 21 Nr. 3.

I. Landesrechtliche Grenzen  

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wenn weder von der Sache selbst noch von ihrer beabsichtigten Verwendung eine Gefahr ausgeht, sondern die Sache bloß als Hilfsmittel sichergestellt werden soll, sodass die Gefahrenabwehrbehörden diese zur Abwehr einer vom Sicherstellungsobjekt völlig losgelösten, sachfremden Gefahr verwenden können.707 Der Gefahrenbegriff des § 26 Nds. SOG wird damit auf obige zwei Alternativen verengt. Anhaltspunkte für eine solche Reduktion des Gefahrenbegriffs finden sich hierfür im Gesetzeswortlaut jedoch nicht. Der Wortlaut beabsichtigt vielmehr gerade die Sicherstellung von Sachen, „um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren“; eine notwendige Sachbezogenheit der Gefahr findet hingegen keine Erwähnung.708 Gegen eine Einbeziehung von sachfremden Gefahren wird allerdings teilweise angeführt, dass ansonsten § 26 Nr. 1 Nds. SOG die Inanspruchnahme eines NichtStörers mitregeln würde. Dies hätte zur Konsequenz, dass die strengeren Voraussetzungen des § 8 Nds. SOG obsolet wären.709 Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass sich die Frage, wer Adressat einer Maßnahme ist, grundsätzlich nicht nach den Befugnisnormen, sondern nach den §§ 6–9 Nds. SOG richtet. Nach § 9 Nds. SOG sind die prinzipiellen Regelungen zum Verhaltens-, Zustands- sowie Nicht-Störer nach §§ 6–8 Nds. SOG gerade nur dann nicht anwendbar, „soweit die Vorschriften des Dritten Teils710 Maßnahmen auch gegen andere Personen zulassen“. § 26 Nr. 1 Nds. SOG enthält eine solche, zum Ausschluss der §§ 6–8  Nds.  SOG führende 707

OVG Lüneburg, NVwZ 2016, 164 (165). Vorherige Entscheidungen mit entsprechender Fragestellung ließen den § 26 Nds. SOG völlig unberücksichtigt, so etwa: OVG Lüneburg, NJW 2010, 1094 (1095); VG Hannover, WuM 1991, 290 (290 f.); VG Oldenburg, Urt. v. 22.05.2012, Az.: 7 A 3069/12, JURIS, Rn. 55; VG Lüneburg, ZMR 2015, 907 (908). Ebenfalls eine Gefahrenquelle ohne Sachzusammenhang für unzureichend erachtend: Suckow / Hoge, NGefAG, 1999, Rn. 189; Pewestorf, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 1 Rn. 267; Söllner, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 3 Rn. 18; Erichsen / Biermann, JURA 1998, 371 (376 f.); Hebeler, JA 2016, 318 (319). Andere Auffassung: Waechter, in: Brandt / Schinkel, Staats- und VerwR für Nds., 2002, S. 173 (223); Götz / Geis, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, § 8 Rn. 62, 68, § 10 Rn. 8; Gusy, Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, Rn. 284, 343 f.; Pieroth / Schlink / Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2016, § 19 Rn. 5; Kingreen / Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, § 18 Rn. 6; Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, Rn. 162; Würtenberger / Heckmann / Tannenberger, PolR-BW 2017, § 5 Rn. 335: ausgehend von der Beschlagnahme nach § 33 BWPolG, die äußerlich der Sicherstellung gleicht (Würtenberger / Heckmann / Tannenberger, PolR-BW 2017, § 5 Rn. 222). Vgl. auch, eine Sicherstellung zum Erhalt eines Hilfsmittels ebenso zulassend: Reitzig, Die polizeirechtliche Beschlagnahme von Wohnraum zur Unterbringung, 2004, S. 96 ff; Ruder, Polizei- und ordnungsrechtliche Unterbringung von Obdachlosen, 1999, Rn. 244 ff. Offengelassen: Ruder, KommunalPraxis / Spezial 2016, 7 (8 f.). 708 So auch: Pieroth / Schlink / Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2016, § 19 Rn. 5; Kin­ green / Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, § 18 Rn. 6; Fischer, NVwZ 2016, 164 (168); ders., NVwZ 2015, 1644 (1645); Neuhäuser, in: Möstl / Weiner, Nds.SOG, 11/2018, § 26 Rn. 3, 29a; Götz / Geis, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, § 8 Rn. 68 Fn. 192. Im Ergebnis ebenso: Waechter, Polizei- und Ordnungsrecht, 2000, Rn. 708. 709 Waechter, in: Brandt / Schinkel, Staats- und VerwR für Nds., 2002, S. 173 (223): Das Entfallen der strengeren Voraussetzungen nach § 8 Nds. SOG könne aber durch hohe Anforderungen bei der Erforderlichkeit und Angemessenheit gelöst werden. 710 Befugnisregelungen: §§ 11–49 Nds. SOG.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

Erweiterung des Adressatenkreises jedoch nicht, sondern regelt ganz allgemein, dass Sachen sichergestellt werden können, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren. Ein Normadressat wird von § 26 Nr. 1 Nds. SOG somit nicht genannt. Allein § 26 Nr. 3 Nds. SOG benennt einen Adressatenkreis durch Konkretisierung der Person, indem er den Zustand des nach Rechtsvorschriften Festgehaltenwerdens voraussetzt, so dass die grundsätzlichen Adressatenregelungen, damit auch § 8 Nds. SOG, auf § 26 Nr. 1 Nds. SOG anwendbar sind.711 Diese Auslegung entspricht nicht nur dem Gesetzeswortlaut, sondern auch dem Gesetzgeberwillen. § 9 Nds. SOG wurde, obwohl im MEPolG nicht explizit aufgeführt, aber dennoch mit dessen Auffassungen inhaltlich identisch, allein zur Klarstellung in das Nds. SOG aufgenommen, um sicherzustellen, dass Standardmaßnahmen, die selbst eine Regelung beinhalten, gegen wen eine Maßnahme zu richten ist, nicht auch den Voraussetzungen der Adressatenregelungen nach §§ 6–8 Nds. SOG gerecht werden müssen.712 Zur Verdeutlichung wird im Gesetzesentwurf des Nds. SOG von 1981 hierzu § 11 I Nr. 1 Nds. SOG713 exemplarisch angeführt, demnach die Gefahrenabwehrbehörden die Identität einer Person feststellen können, zur Abwehr einer Gefahr. In diesem Fall greife mangels eigener Adressatenregelung § 6 Nds. SOG;714 während bei § 11 I Nr. 2–4 Nds. SOG, der die Person etwa durch den Aufenthalt an einem bestimmten Ort näher konkretisiert,715 eine eigene Adressatenregelung getroffen wird, die die Anwendbarkeit von §§ 6–8 Nds. SOG insoweit derogiert.716 Dieses im Gesetzesentwurf gewählte Beispiel weist bezüglich des Normaufbaus starke Parallelen zu § 26 Nds. SOG auf. Auch § 26 Nr. 1 Nds. SOG enthält wie aufgezeigt keine Konkretisierungen bezüglich des Adressatenkreises, so dass §§ 6–8 Nds. SOG parallel anzuwenden sind, während § 26 Nr. 3 Nds. SOG die Standardmaßnahme gezielt gegen nach Rechtsvorschriften festgehaltene Personen richtet und den grundsätzlichen Adressatenregelungen insoweit vorgeht. Fasst man unter § 26 Nr. 1 Nds. SOG somit auch sachfremde Gefahrenquellen, so dass die Maßnahme sich gegen Nicht-Störer richten muss, wird diese Inanspruchnahme daher von § 26 Nr. 1 Nds. SOG mangels eigener Adressatenregelungen nicht mitgeregelt, sondern ist nur in Kombination mit § 8 Nds. SOG durchführbar, so dass eine Ab 711 So auch: Ullrich / Weiner / Brüggemann, Niedersächsisches Polizeirecht, 2012, Rn. 296; Pieroth / Schlink / Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2016, § 19 Rn. 13, § 9 Rn. 84; Kingreen  / ​ Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, § 18 Rn. 14, § 9 Rn. 85; Ullrich, in: Möstl / Weiner, Nds. SOG, 11/2018, § 9 Rn. 2 f. Vgl. auch: Reitzig, Die polizeirechtliche Beschlagnahme von Wohnraum zur Unterbringung, 2004, S. 97. Anders aber u. a.: Neuhäuser, in: Möstl / Weiner, Nds. SOG, 11/2018, § 26 Rn. 10. 712 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 73 f.; Schriftlicher Bericht: Nds.LT, 22.10.1981, Drs. 9/2908 S. 4. Zur Relevanz des MEPolG, siehe: Fn. 528. 713 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 10. 714 Für § 7, 8 Nds. SOG gilt entsprechendes: Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 74. 715 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 10. 716 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 73; Schriftlicher Bericht: Nds.LT, 22.10.1981, Drs. 9/2908 S. 4 f. Vgl. auch: RdErl. d. MI v. 16.07.1998, Nds. MBl. Nr. 31/1998, S. 1080, zu § 9 Nr. 9.0 (­VORIS 21011100000060).

I. Landesrechtliche Grenzen  

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senkung der Voraussetzung der Inanspruchnahme von Nicht-Störern bei Anwendung auf sachfremde Gefahren nicht zu befürchten ist. Entgegenstehendes ist auch nicht aus den Gesetzesmaterialen zu § 26 Nds. SOG ableitbar. So kann eine derartige Einschränkung nicht bereits aus dem bloßen Umstand geschlossen werden, dass zur Erläuterung des Anwendungsbereichs von § 26 Nr. 1 Nds. SOG exemplarisch im Gesetzesentwurf nur die Sicherstellung von verdorbenem Fleisch und in den Erläuterungen zum MEPolG bloß Gefahren resultierend aus der Sachbeschaffenheit oder der Verwendungsabsicht sowie insbesondere die Sicherstellung von Kraftfahrzeugen angeführt werden,717 während es hingegen an einem Beispiel für einen polizeilichen Notstand, in dem eine Sache nur als Hilfsmittel sichergestellt wird, fehlt. Da eine Sicherstellung bei einem Nicht-Störer eben keinen typischen Fall einer Sicherstellungsmaßnahme nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG darstellt, sondern eine solche Sicherstellung eben nur als ultima ratio in einer besonderen Ausnahmesituation, in der Gefahren u. a. nicht rechtzeitig von den Gefahrenabwehrbehörden selbst abgewendet werden können, in Betracht kommt, ist diese Konstellation nicht geeignet, um den grundsätzlichen Charakter der Standardmaßnahme aufzuzeigen. Der Mangel einer exemplarischen Aufzählung einer sachfremden Gefahr vermag daher weder zu verwundern noch kann aus ihrem bloßen Fehlen auf einen Ausschluss sachfremder Gefahren geschlossen werden. Schließlich könnte eine Sicherstellung zur Abwehr einer sachfremden Gefahr aber auch unzulässig sein, wenn die konkrete Gefahrenabwehr eine Weitergabe der durch Sicherstellung erlangten tatsächlichen Sachherrschaft der Behörde an einen Dritten erfordert.718 Denn nach § 27 I Nds. SOG ist die Verwahrung des Sicherstellungsgegenstandes notwendige Folge der Standardmaßnahme und muss bei der Sicherstellung daher mitbezweckt sein.719 Die Abwehr einer sachfremden Gefahr durch den Entzug einer Sache eines Nicht-Störers setzt deren Verwendung zur Zweckerfüllung und damit auch einen zumindest vorläufigen Entzug der tatsächlichen Sachherrschaft sowie die Begründung eigener Sachherrschaft zwingend voraus.720 Nach der Übergabe an einen Dritten besitzt die Behörde aber nicht mehr die tatsächliche Sachherrschaft an dem Sicherstellungsgegenstand. Dies könnte einem

717 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 87; Heise / Riegel, MEPolG, 1978, S. 84: Anmerkung zu § 21 Nr. 3. Zur Relevanz des MEPolG, siehe: Fn. 528. 718 So etwa im Fall der Gefahrenabwehr durch Unterbringung von Obdachlosen und Flüchtlingen; hierzu exemplarisch: OVG Lüneburg, NVwZ 2016, 164–168. 719 So etwa auch: Neuhäuser, in: Möstl / Weiner, Nds. SOG, 11/2018, § 26 Rn. 12. 720 Ebenso: Rachor, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 667 f.; Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 637 f.; Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, Rn. 158 ff., 162; Knemeyer, Polizei- und Ordnungsrecht, 2007, Rn. 251. Vgl. auch: Reitzig, Die polizeirechtliche Beschlagnahme von Wohnraum zur Unterbringung, 2004, S. 94 f., 97 f. Andere Auffassung, die Notwendigkeit des Ausschlusses des vorherigen Besitzers mittels obligatorischer Folge einer Verwahrung ablehnend, vgl. etwa: Berner / Köhler / Käß, PolAufgG Bay, 2010, Art. 25, Rn. 1, 9.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

behördlichen Verwahrungsverhältnis i. S. d. § 27 I Nds. SOG entgegenstehen.721 Die Behörde ist aber dennoch im mittelbaren Besitz der Sache. Auch dürfen nach § 27 I 2 Nds. SOG bei der Verwahrung Dritte eingeschaltet werden, wenn etwa die behördliche Verwahrung unzweckmäßig erscheint, so dass ein Verwahrungsverhältnis bei Weitergabe an einen Dritten dennoch bestehen kann.722 Problematischer erscheint die Frage, ob während der Verwahrung die Sache zur Gefahrenabwehr genutzt werden darf. Es ist daher durch Auslegung das Begriffsverständnis von einer Verwahrung i. S. d. § 27 Nds. SOG zu ermitteln. Anders als zur Art und Weise einer Verwertung nach § 28 III Nds. SOG enthält § 27 Nds. SOG keinen Verweis auf entsprechend anzuwendende zivilrechtliche Regelungen. Mangels bestehender Begriffseinheit ist daher entsprechend dem Gesetzeszweck und im Rahmen des noch möglichen Wortsinns die Bedeutung einer öffentlich-rechtlichen Verwahrung zu ermitteln.723 Aufgrund des offenen Wortlauts von § 26 Nr. 1 Nds. SOG, der lediglich auf den für das gesamte Nds. SOG legaldefinierten Gefahrenbegriff abstellt und der keine Begrenzung auf Gefahrenquellen mit Sachzusammenhang vorsieht,724 sowie mit Blick auf den Normzweck einer effektiven Gefahrenabwehr, kann die Interpretation, dass sichergestellte Sachen im Rahmen einer Verwahrung nicht nur vor Schaden bewahrt werden sollen, sondern, wenn erforderlich und dem Sicherstellungsgrund entsprechend, auch verwendet werden können, zudem nicht völlig überraschen. Für dieses Ergebnis spricht, dass auch in anderen Bereichen der Rechtsordnung der Verwahrungsbegriff dementsprechend ausgelegt wird. So sind nach § 94 I StPO zu Beweiszwecken sichergestellte Gegenstände in Verwahrung zu nehmen, können aber dennoch während der Verwahrung zum Beweis untersucht, angeführt und damit entsprechend dem Sicherstellungszweck benutzt werden. Die genaue Klärung des Verwahrungsbegriffs bedarf jedoch einer ein 721

Aufgrund dessen eine Maßnahme nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG ablehnend, etwa: Erichsen  / ​ Biermann, JURA 1998, 371 (376 f., 378, Fn. 121); Volkmann, JuS 2001, 888 (890); Masing, DÖV 1999, 573 (574). 722 Fischer, NVwZ 2015, 1644 (1645); Pieroth / Schlink / Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2016, § 19 Rn. 5; Kingreen / Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, § 18 Rn. 6; Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, Rn. 38, 162. Vgl. auch: Reitzig, Die polizeirechtliche Beschlagnahme von Wohnraum zur Unterbringung, 2004, S. 98 ff. Abgabe des Asservats an Dritten zur Gefahrenabwehr ebenfalls zulassend, allerdings Dritten als Besitzdiener klassifizierend: Ruder, Polizei- und ordnungsrechtliche Unterbringung von Obdachlosen, 1999, Rn. 244. Gegen die Einordnung als Besitzdiener spricht jedoch, dass der Eingewiesene gerade nicht uneingeschränkt weisungsgebunden ist; er kann die Wohnung etwa nach seinen Wünschen einrichten, Besuch empfangen sowie die Wohnung frei nach seinem Wunsch betreten und verlassen; so auch: Reitzig, Die polizeirechtliche Beschlagnahme von Wohnraum zur Unterbringung, 2004, S. 100 f.; Erichsen / Biermann, JURA 1998, 371 (376, 378 Fn. 121): Letztere allerdings mittelbaren Besitz für Sicherstellung als unzureichend erachtend. 723 Zur Begriffseinheit, siehe oben: Fn. 525. Die Auslegung darf nicht dazu führen, dass der Bürger bei Anwendung von der Bedeutung völlig überrascht wird, vgl. u. a.: Felix, Die Einheit der Rechtsordnung, 1998, S. 226–229; Berner / Köhler / Käß, PolAufgG Bay, 2010, Vorb. zu Art. 25–28, Rn. 9. 724 So ebenfalls, vgl.: Reitzig, Die polizeirechtliche Beschlagnahme von Wohnraum zur Unterbringung, 2004, S. 96 f.

I. Landesrechtliche Grenzen  

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gehenderen Betrachtung. Für nähere Ausführungen ist hier allerdings kein Raum. Die Inanspruchnahme eines Nicht-Störers im polizeilichen Notstand nach § 8 Nds. SOG kann stets nur als ultima ratio vorgenommen werden. Grundsätzlich ist die Polizei zur Gefahrenabwehr verpflichtet; vgl. §§ 1 I; 8 I, II Nds. SOG. Sie kann daher nur vorübergehend einen Unbeteiligten in Anspruch nehmen,725 so dass ein endgültiger, gefahrenabwehrrechtlicher Entzug durch Eigentumsübergang von einem Nicht-Störer auf den Fiskus, dessen Möglichkeiten und Grenzen diese Arbeit näher untersucht, in diesen Fällen nicht denkbar ist. Bei der Sicherstellung von Buchgeld726 sind die Banken zwar i. d. R. zur Interaktion mit den Gefahrenabwehrbehörden betreffend der sichergestellten Beträge verpflichtet, ohne dass von ihnen oder den jeweiligen Beträgen eine Gefahr ausgeht; quasi als Nicht-Störer. Die Sicherstellungsmaßnahme richtet sich jedoch allein an den Kontoinhaber, dessen geplante Verwendung der sicherzustellenden Geldbeträge eine Gefahrenlage i. S. d. § 26 Nr. 1 Nds. SOG in analoger Anwendung begründet, so dass die Sicherstellungsmaßnahme in der Folge nach § 6 I Nds. SOG an diesen als Verhaltensstörer zu adressieren ist. Die jeweils von dem gefahrenabwehrrechtlichen Einschreiten betroffenen Banken sind in den hier relevanten Fällen damit nicht Nicht-Störer i. S. v. Adressaten der Sicherstellungsmaßnahmen nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG, sondern als Zahlungsdienstleister der Betroffenen einzig Drittbeteiligte der gegen die Kontoinhaber adressierten Bescheide, deren Vollziehung durch Pfändung in analoger Heranziehung zivilrechtlicher Regelungen zu erfolgen hat.727 Es bleibt daher festzuhalten, dass § 26 Nr. 1 Nds. SOG nicht auf bestimmte Gefahrenquellen begrenzt ist. Der Sicherstellungsgrund einer gegenwärtigen Gefahr kann vielmehr sowohl aus der Sachbeschaffenheit sowie der Verwendungsabsicht als auch aus sachfremden Quellen resultieren. (bb) Gefahrbegriff und Schutzgüter Bevor auf die Voraussetzungen der Gegenwärtigkeit näher eingegangen werden kann, muss jedoch zunächst der einfache Gefahrbegriff nach § 2 Nr. 1 lit. a Nds. SOG erfüllt sein, auf den die gegenwärtige Gefahr nach § 2 Nr. 1 lit. b Nds. SOG aufbaut. Die Anforderungen an die zeitliche Nähe und den Grad der erforderlichen 725

Näheres hierzu u. a.: Ullrich, in: Möstl / Weiner, Nds. SOG, 11/2018, § 8 Rn. 1, 22; Böhrenz / Siefken, Nds. SOG, 2014, § 8 Rn. 1, 5, 7. 726 Welches unmittelbar als solches bei dem von der Maßnahme Belasteten aufgefunden worden ist. 727 Aufgrund der festgestellten Planwidrigkeit der bzgl. aufgefundenem Buchgeld bestehenden Regelungslücke, ist auch die bzgl. der Folgemaßnahmen vorzufindende Regelungslücke nur logisch und durch Rechtsfortbildung unter Heranziehung bereits bestehender zivilrechtlicher Regelungen zur Pfändung nach der Zivilprozessordnung in analoger Anwendung zu schließen. Nähere Ausführungen zur Stellung der Bank und ihrer Verpflichtung zur Interaktion mit den Gefahrenabwehrbehörden zur Vollziehung des an den Kontoinhaber adressierten Sicherstellungsbescheids müssen aufgrund der Schwerpunktsetzung der Arbeit vorliegend dahinstehen.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts bedürfen aufgrund der Steigerung dieser Voraussetzungen durch die für eine Sicherstellung nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG erforderliche Gegenwärtigkeit dabei allerdings bloß einer groben Skizzierung. Während hingegen die Anforderungen an den zu erwartenden Schaden für die öffentliche Sicherheit und Ordnung für eine gegenwärtige Gefahr nach § 2 Nr. 1 lit. b Nds. SOG dieselben sind wie für eine konkrete nach Nr. 1 lit. a.728 Folglich muss zunächst ein Schaden für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu befürchten sein. Anders als für die Gefahrbegriffe findet sich zu dem Terminus der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zwar keine Legaldefinition, allerdings wurden diese Begrifflichkeiten bewusst nicht in dem gesetzlichen Begriffskatalog aufgeführt. Ihre Bedeutung war bereits zum Zeitpunkt des Gesetzesentwurfs von 1979 durch Rechtsprechung wie Rechtswissenschaft eindeutig konkretisiert und bestimmt. Diesem Verständnis schloss sich der Gesetzgeber an und übernahm die Begrifflichkeiten unverändert in das Nds. SOG.729 Danach ist unter der öffentlichen Sicherheit, „die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung, der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen sowie des Bestandes, der Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates und sonstiger Hoheitsträger“, zu verstehen.730 Während die öffentliche Ordnung „die Gesamtheit der ungeschriebenen Verhaltensregeln, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden und mit dem Wertgehalt des Grund­gesetzes zu vereinbarenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens inner-

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Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 66. Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 64 f.; mit Verweis auf: Drews /  Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr II, 1977, S. 106 ff; Götz, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 1973, S. 56 f.; Drews / Wacke, Allg. Polizeirecht, 1961, S. 55. Der Katalog nach § 2 wurde primär in das Nds. SOG aufgenommen, um ein einheitliches Verständnis und eine Bindung der Rechtsprechung sicherzustellen für Begriffe, die entweder völlig neue geschaffen, oder die eine abweichende Bedeutung erhalten haben: Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 52. 730 Näheres: Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 232 ff; vgl. auch bereits: Drews / Wacke, Allg. Polizeirecht, 1961, S. 63 ff; wie auch: Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr II, 1977, S. 117 ff; Ullrich, in: Möstl / Weiner, Nds. SOG, 11/2018, § 2 Rn. 9 ff; Denninger, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. D Rn. 16 ff; Waechter, Polizei- und Ordnungsrecht, 2000, Rn. 221 ff; ders., in: Brandt / Schinkel, Staats- und VerwR für Nds., 2002, S. 173 (210 f.); Pieroth / Schlink / Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2016, § 8 Rn. 3 ff; Kingreen / Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, § 7 Rn. 2 ff; Schenke, Polizeiund Ordnungsrecht, 2018, Rn. 53 ff; Saipa, Nds. SOG, St.: (07.2016)/08.2017, § 1 Rn. 5 ff, 14; Thiel, Polizei- & OrdnungsR, 2016, § 8 Rn. 8 ff; Kugelmann, Polizei- und Ordnungsrecht, 2012, Kap. 5 Rn. 35 ff; Poscher / Rusteberg, JuS 2011, 984 (985). Zum Schutz privater Rechte statt auf Rechtsordnung auf subjektive Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen abstellend: Götz / Geis, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, § 4 Rn. 3, 6 ff; ebenso bereits: Götz, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 1973, S. 34 ff; Ullrich / Weiner / Brüggemann, Niedersächsisches Polizeirecht, 2012, Rn. 7 ff; Ipsen, Nds. Polizei- und Ordnungsrecht, 2010, Rn. 81 ff; Knemeyer, Polizei- und Ordnungsrecht, 2007, Rn. 100 f.; Pewestorf, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 1 Rn. 47 ff; Gusy, Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, Rn. 79 ff. 729

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halb eines bestimmten Gebiets anzusehen ist“, bezeichnet.731 Für die Präventive Gewinn­abschöpfung von Relevanz ist dabei hauptsächlich die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung, damit die öffentliche Sicherheit. Denn eine PräGe-Maßnahme wird entweder auf die prognostizierte Begehung von Straftaten gestützt, wie etwa Hehlerei oder BtM-Delikte,732 damit auf einen Verstoß gegen materielle Verbotsnormen des Strafrechts als Teil der Rechtsordnung, oder aber auf die Sicherung privater Rechte. Auch zivilrechtliche Vorschriften sind ein Teil der Rechtsordnung. Bereits in der Begründung zu § 14 PrPVG wurde zur Erläuterung der öffentlichen Sicherheit der Schutz vor Schäden durch den „[…] Bruch einer Norm der öffentlichen oder privaten Rechtsordnung […]“ angeführt.733 Zudem repräsentiert die gesamte Rechtsordnung den allgemeinverbindlichen Willen des demokratischen Gesetzgebers, der bei Bruch einer Norm, unabhängig ob öffentlich- oder privatrechtlicher Natur, missachtet werden und folglich eine Störung der öffentlichen Sicherheit darstellen würde.734 Schließlich verweist auch der Gesetzgeber zur Erläuterung des Begriffs der Sicherheit und Ordnung auf den „normale[n] tatsächlich vorhandene[n] Bestand an Rechtsgütern“ und schließt damit in Fortführung der bisherigen Rechtsprechung private mit ein.735 Die öffentliche Sicherheit erfasst daher nicht nur die Unverletzlichkeit der öffentlichen, sondern ebenso der privaten Rechtsordnung. (cc) Öffentliches Interesse an Verhinderung des Schadenseintritts Neben dem betroffenem Schutzgut der Rechtsordnung muss aber auch ein öffentliches Interesse an der Verhütung des Schadens bestehen, damit die öffentliche 731

Eingehend: Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 245 ff; Ullrich, in: Möstl / Weiner, Nds. SOG, 11/2018, § 2 Rn. 40 ff; Ullrich / Weiner / Brüggemann, Niedersächsisches Polizeirecht, 2012, Rn. 20 ff; Denninger, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. D Rn. 35 ff; Götz / Geis, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, § 5 Rn. 1 ff; Pieroth / Schlink / Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2016, § 8 Rn. 46 ff; Kingreen / Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, § 7 Rn. 42 ff; Ipsen, Nds. Polizei- und Ordnungsrecht, 2010, Rn. 111 ff; Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, Rn. 63 ff; Waechter, Polizei- und Ordnungsrecht, 2000, Rn. 211 ff; Thiel, Polizei- & OrdnungsR, 2016, § 8 Rn. 34 ff; Knemeyer, Polizei- und Ordnungsrecht, 2007, Rn. 102 f.; Saipa, Nds. SOG, St.: (07.2016)/08.2017, § 1 Rn. 6 ff; Gusy, Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, Rn. 96 ff; Pewestorf, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 1 Rn. 59 ff. 732 Vgl. oben angeführtes Diagramm zu PräGe-Verfahren, aufgeteilt entsprechend den zuvor im Ermittlungsverfahren verfolgten Delikten: S. 38. 733 So zitiert in: Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr II, 1977, S. 117. 734 Drews / Wacke, Allg. Polizeirecht, 1961, S. 65; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr II, 1977, S. 121. Dieser Wertung schloss sich der Gesetzgeber mit ausdrücklichem Verweis auf Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr II, 1977, S. 106 ff; Götz, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 1973, S. 56 f.; Drews / Wacke, Allg. Polizeirecht, 1961, S. 55 an: Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs.  9/1090, S. 65. So auch noch: Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 236. 735 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 64, 65. So auch: BVerwGE 82, 34 (40).

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

Sicherheit gefährdet ist.736 Dieses Erfordernis wird jedoch teilweise als obsolet angesehen.737 Diese Ansicht steht allerdings sowohl mit dem Wortlaut des § 2 Nr. 1 lit. a Nds. SOG als auch mit dem Willen des Normgebers in Widerspruch. Der Gesetzgeber wollte die Fortführung der gängigen, ein öffentliches Interesse voraussetzenden Rechtsprechung durch die Spezifizierung der Sicherheit und Ordnung als „öffentliche“ sicherstellen.738 Erläuternd führte er hierzu aus, dass (für eine konkrete Gefahr) „nicht nur ein privates, sondern ein allgemeines (öffentliches) Interesse an der Verhütung“ bestehen muss.739 Unproblematisch ist ein öffentliches Interesse an einer Verhinderung des Schadenseintritts zu bejahen, wenn eine Gefahr für die Allgemeinheit besteht, unabhängig ob diese in der gesamten Bevölkerung oder einer unbestimmten Personenmehrheit zu sehen ist. Hingegen erscheint das Bestehen eines öffentlichen Interesses an der Schadensverhinderung problematisch, wenn die Gefahrenlage lediglich für eine konkrete Person besteht.740 Diese Gefahrenlage kann zwei Ursachen haben, zum einen die Selbst-, zum anderen die Fremdgefährdung. Dabei ist die Selbstgefährdung, etwa durch gefährliche Sportarten oder den Genuss risikobehafteter Lebensmittel, generell von Art. 2 I GG gedeckt und es besteht kein öffentliches Interesse an einem Einschreiten.741 Dies ändert sich jedoch, wenn die Selbstgefährdung auf die Öffentlichkeit ausstrahlt, indem aus ihr heraus Gefahren für Andere resultieren. So zum Beispiel, wenn ein Forscher sich 736

Ein öffentliches Interesse ebenso voraussetzend: Thiel, Polizei- & OrdnungsR, 2016, § 8 Rn. 8, § 4 Rn. 28 ff; Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, Rn. 56; Gusy, Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, Rn. 81; Götz / Geis, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, § 4 Rn. 19 f.; ebenso bereits: Götz, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 1973, S. 35 f. 737 Waechter, Polizei- und Ordnungsrecht, 2000, Rn. 231 ff: nicht nur das Erfordernis eines öffentlichen Interesses ablehnend, sondern auch Notwendigkeit einer verfassungskonformen Reduzierung durch Streichung des Öffentlichkeitsbezugs auf eine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung annehmend. Ähnlich Waechter, in: Brandt / Schinkel, Staats- und VerwR für Nds., 2002, S. 173 (211 f.). 738 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 52, 65; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr II, 1977, S. 113 f. 739 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 65 sich Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr II, 1977, S. 106 ff; Götz, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 1973, S. 56 f.; Drews / Wacke, Allg. Polizeirecht, 1961, S. 55 anschließend. 740 Drews / Wacke, Allg. Polizeirecht, 1961, S. 59 ff.; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr II, 1977, S. 113; Götz, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 1973, S. 35 f.; ebenso später: Götz / Geis, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, § 4 Rn. 28. 741 Ein Sonderfall ist die Selbstgefährdung durch geplanten oder versuchten Suizid, da dieser in den überwiegenden Fällen nicht freiverantwortlich vorgenommen wird und dieser Umstand in der üblicherweise nur kurzen Zeitspanne vor dem Schadenseintritt nicht geklärt werden kann; ein öffentliches Interesse an der Verhinderung ist hier zu bejahen, zumal nach § 330c StGB a. F. (jetzt § 323c StGB), der den solidarischen Lebensschutz bezweckt, ein Suizidversuch als Unglücksfall zu werten ist und damit auch dem normalen Bürger eine Handlungspflicht zur Verhinderung auferlegt und ein öffentliches Interesse an dem Schutz vor nicht freiverantwortlichen Schädigungen begründet: Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr II, 1977, S. 115 f.; v. Heintschel-Heinegg, in: BeckOK-StGB, 2018, § 323c StGB, Rn. 11 f. Hierzu etwa ähnlich: Götz, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 1973, S. 35 f.; ebenso später: Götz / Geis, Allg. Polizeiund Ordnungsrecht, 2017, § 4 Rn. 28; Denninger, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. D Rn. 31 f.

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selbst mit Cholera-Bakterien infiziert hat und von ihm daher für Andere ein Ansteckungsrisiko ausgeht.742 Nicht von Relevanz für das Bestehen eines öffentlichen Interesses ist dabei die Tatsache, wo die Gefährdungslage zu verorten ist, ob im öffentlichen oder im privaten Kreis. Besteht eine Gefahrenlage etwa aufgrund des Fundes eines Bombenblindgängers auf einem privaten, befriedeten Grundstück, so besteht dennoch ein öffentliches Interesse an einer Entschärfung und Behebung der Gefahrensituation, da diese i. d. R. aufgrund der zu befürchtenden Explosionsreichweite auch auf andere Personen ausstrahlt.743 Während es an einem öffentlichen Interesse bei Gefahren fehlen kann, obwohl diese in einem öffentlichen Bereich zu verorten sind. So etwa bei unbekleidetem Sonnen und Schwimmen an und in öffentlichen Seen, wenn diese Bereiche zum einen sehr abgeschieden sowie schwer zugänglich und zum anderen die dort präsenten Personen durch die gleiche Auffassung verbunden sind.744 Eine Fremdgefährdung kann sowohl von der Natur als auch anderen Personen ausgehen. Soweit die Fremdgefährdung auch einen strafrechtlichen Tatbestand erfüllt, ist ein öffentliches Interesse an der Verhinderung unproblematisch gegeben. Besteht die Fremdgefährdung jedoch einzig in der Missachtung zivilrechtlicher Vorschriften, ist ein öffentliches Interesse an gefahrenabwehrrechtlichem Einschreiten grundsätzlich nicht gegeben. Zwar ist auch hierin eine Verletzung der Rechtsordnung zu erblicken. Allerdings sieht die Zuständigkeitenregelung hier ein zivilrechtliches Einschreiten vor, indem diese Streitigkeiten primär dem Zivilgericht zugewiesen sind. Erst im Eilfall überwiegt bei einer Gefahr für private Rechte das öffentliche Interesse an der Unversehrtheit der materiellen Rechtsordnung das öffentliche Interesse an der Einhaltung der regulären Zuständigkeitsordnung. Ein solcher Eilfall ist zu bejahen, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und eine Gefahrenprognose besteht, dass ohne gefahrenabwehrrechtliches Einschreiten die Verwirklichung des privaten Rechts unmöglich oder jedenfalls wesentlich erschwert wird.745 Diese Rechtsprechung des Preußischen OVG fand zunächst in anderen Bundesländern,746 schließlich aber auch Aufnahme in

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Helfritz, Verwaltungsrecht, 1949, S. 97; Drews / Wacke, Allg.  Polizeirecht, 1961, S. 61; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr II, 1977, S. 114. Ähnlich: Götz, Allg. Polizeiund Ordnungsrecht, 1973, S. 36; vgl. später: Götz / Geis, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, § 4 Rn. 28. 743 BGH, VerwRspr 1953, 319 (319 f.). Drews / Wacke, Allg. Polizeirecht, 1961, S. 60; Drews  / ​ Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr II, 1977, S. 114. 744 PrOVG 103, 148 (152). Drews / Wacke, Allg. Polizeirecht, 1961, S. 61; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr II, 1977, S. 114. 745 So auch bereits: PrOVG 59, 441 (446 f.); dass., 77, 333 (336 ff.). Drews / Wacke, Allg. Polizeirecht, 1961, S. 111 f.; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr II, 1977, S. 114, 123; Götz, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 1973, S. 34 f.; ebenso später: Götz / Geis, Allg. Polizeiund Ordnungsrecht, 2017, § 4 Rn. 19 f. 746 Drews / Wacke, Allg. Polizeirecht, 1961, S. 112, mit Verweis auf: § 2 BWPolG, § 2 BremPolG; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr II, 1977, S. 123, mit Verweis auf: § 2 II BWPolG, § 4 II Bln. ASOG, § 2 BremPolG, § 3 HSOG, § 175 SH LVwG.

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das Nds. SOG von 1981. So kommt dem Schutz privater Rechte gemäß § 1 III Nds. SOG nur ein subsidiärer Schutz im Eilfall zu.747 Ein Bedürfnis zur Streichung des Öffentlichkeitsbezugs ist nicht ersichtlich. Vielmehr ist das allgemeine Abstellen auf die möglichen Auswirkungen auf die Öffentlichkeit und nicht auf die konkret betroffenen Personen als Teil einer schützenswerten Gesamtheit zu bevorzugen, da je nach Stellung der konkreten Personen in der Gesellschaft die Frage, ob ein öffentliches Interesse zu bejahen ist, ansonsten unterschiedlich beantwortet werden könnte.748 Die Streichung des Öffentlichkeitsbezugs kann auch nicht ohne Weiteres dem Interesse einer Klärung etwaiger streitiger Fälle dienlich sein.749 Denn müsste ein öffentliches Interesse in diesen Fällen tatsächlich abgelehnt werden, würde die Streichung des Öffentlichkeitsbezugs zu einer Befugniserweiterung entgegen dem ausdrücklichen Gesetzgeberwillen führen. Dieser Widerstreit kann nicht mit der Berufung auf ein verfassungsrechtliches Gebot, Grundrechte zu schützen, aufgelöst werden. Denn eine Abweichung vom Normtext durch Rechtsfortbildung ist überhaupt erst zulässig, wenn die Auslegung des möglichen Wortsinns versagt und zu keinem verfassungskonformen Ergebnis führt. Die Grundrechte können aber auch als Ausdruck des Interesses aller Einwohner an einem Schutz und damit als öffentliches Interesse an einer Schadensverhinderung gewertet werden,750 so dass es an einem Bedürfnis für eine Rechtsfortbildung durch verfassungskonforme Reduzierung des Wortlauts, genauer des Begriffs der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, fehlt. Dieser Weg der Klärung durch Auslegung ist zu bevorzugen. Er steht nicht nur mit dem noch möglichen Wortsinn, sondern auch mit dem Willen des Gesetzgebers in Einklang. Es bleibt somit festzuhalten, dass als ein Teil der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auch ein öffentliches Interesse an der Verhinderung der prognostizierten 747

Näheres zur Sicherung privater Rechte als Sicherstellungsgrund, siehe unten: S. 220 ff. So auch: Ullrich, in: Möstl / Weiner, Nds. SOG, 11/2018, § 2 Rn. 13; Denninger, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. D Rn. 17; Waechter, Polizei- und Ordnungsrecht, 2000, Rn. 222; Pieroth / Schlink / Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2016, § 8 Rn. 16, § 5 Rn. 42; Kingreen / Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, § 7 Rn. 14, § 3 Rn. 42; Saipa, Nds. SOG, St.: (07.2016)/08.2017, § 1 Rn. 5.2, 14; Böhrenz / Siefken, Nds. SOG, 2014, § 1 Rn. 13; Kugelmann, Polizei- und Ordnungsrecht, 2012, Kap. 5 Rn. 67 f., 70; Thiel, Polizei- & OrdnungsR, 2016, § 4 Rn. 28 ff; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 228 ff, 238. Anders § 1 III Nds. SOG als Aufgabenerweiterung wertend: Gusy, Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, Rn. 90 ff; Knemeyer, Polizei- und Ordnungsrecht, 2007, Rn. 135. 748 Drews / Wacke, Allg. Polizeirecht, 1961, S. 60. 749 Früher problematische Frage z. B., ob bei häuslicher Gewalt ein öffentliches Interesse an der Verhinderung der Schadensverwirklichung besteht; so Waechter, in: Brandt / Schinkel, Staats- und VerwR für Nds., 2002, S. 173 (212). 750 BVerfGE 7, 198 (205); 35, 79 (114); 39, 1 (41); 77, 170 (214). Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr II, 1977, S. 115; Denninger, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. D Rn. 30. Vgl. bereits: Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, 1969, S. 190; Häberle, Öffentliches Interesse, 1970, S. 269 f.

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Schadensverwirklichung bestehen muss. Dieses ist unproblematisch zu bejahen bei der zur Begründung einer Präventiven Gewinnabschöpfung einerseits angeführten drohenden Begehung von Straftaten. Darüber hinaus besteht ein öffentliches Interesse an der Abwehr aber ebenso bei der anderenfalls zur Begründung einer Präventiven Gewinnabschöpfung angeführten Gefährdung privater Rechte, wenn deren Schutz durch Zivilgerichte nicht rechtzeitig erlangt werden kann und ohne gefahrenabwehrrechtliche Maßnahmen die Geltendmachung der privaten Rechte unmöglich oder zumindest wesentlich erschwert würde. (b) Erforderlicher Grad der zeitlichen Nähe und der Wahrscheinlichkeit In einem weiteren Schritt ist der für eine konkrete wie gegenwärtige Gefahr erforderliche Grad an zeitlicher Nähe und Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu bestimmen. Denn der gegenwärtigen Gefahr muss im Vergleich zur konkreten stets ein gesteigertes Maß an zeitlicher Nähe sowie an Wahrscheinlichkeit der Schadensverwirklichung zukommen. Wie bereits einleitend festgestellt, lässt der Wortlaut dabei aufgrund der offenen Formulierung einen sehr weiten Spielraum für Auslegung.751 So erfordert die Annahme einer konkreten Gefahr nach § 2 Nr. 1 lit. a Nds. SOG das Bestehen einer Sachlage, dernach ein Schaden mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit eintreten wird. Es bedarf damit sowohl für eine konkrete Gefahr als auch für den darauf aufbauenden gegenwärtigen Gefahrenbegriff nach § 2 Nr. 1 lit. b Nds. SOG einer Prognose, die sich nicht auf bloße Vermutungen, sondern auf eine Sachlage, sprich auf objektive Anhaltspunkte, stützt. Dabei fußt die Prognoseentscheidung über die zu erwartenden Folgen auf einer Gesamtschau gesammelten Tatsachenwissens, bei deren Einschätzung insbesondere kriminalistische Erfahrungswerte, aber ebenso wissenschaftliche, technische oder sonstige Erkenntnisse maßgeblich sind.752 Das herrschende Verständnis zum Gefahr­begriff, genauer zu der Frage, aus welcher Sichtweise diese Prognoseentscheidung zu beurteilen ist, ob aus einer rein objektiven oder aus einer normativ-subjektiven, kann mit Recht hinterfragt werden. So lässt der Normtext etwa offen, auf welche Sichtweise bei der Beurteilung einer Gefahrenlage abzustellen ist, ob auf die der handelnden Behörde aus einer ex ante Sicht oder auf die des Gerichts in einer ex post Betrachtung. Diese Fragestellung erfordert eine eingehende Betrachtung, 751

Siehe oben: S. 181. OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2009, 954 (955); dass., NdsVBl 2015, 250 (250 ff.); Ullrich  / ​ Weiner / Brüggemann, Niedersächsisches Polizeirecht, 2012, Rn. 296; Kugelmann, Polizei- und Ordnungsrecht, 2012, Kap. 5 Rn. 109; Götz / Geis, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, § 6 Rn. 9; Ipsen, Nds. Polizei- und Ordnungsrecht, 2010, Rn. 130; Gusy, Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, Rn. 112 f.; Böhrenz / Siefken, Nds. SOG, 2014, § 2 Rn. 2; Denninger, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. D Rn. 47 f.; Thiel, Polizei- & OrdnungsR, 2016, § 8 Rn. 53 f.; Möstl, Die staatliche Garantie für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, 2002, S. 169 f.; Würtenberger, in: Ehlers / Fehling / Pünder, Bes. VerwR III, 2013, § 69 Rn. 235. 752

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zählt jedoch nicht zum Kern der vorliegenden Bearbeitung und muss hier daher dahinstehen. In der weiteren Bearbeitung wird daher im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr und mit Blick auf den Willen des Gesetzgebers, der ebenso eine Anscheinsgefahr, bei der zwar aus einer ex ante Sicht vertretbar jedoch tatsächlich objektiv zu keiner Zeit eine drohende Schädigung besteht, mit unter den Gefahrenbegriff verstanden haben will,753 dem herrschenden normativ-subjektiven Verständnis gefolgt.754 Maßgeblich für die Beurteilung, ob eine ausreichende Gefahrenlage besteht, ist im Weiteren daher die Sicht eines objektiven besonnenen Amtswalters.755 Doch ab wann ist der erforderliche Grad an zeitlicher Nähe und prognostischer Sicherheit für eine konkrete oder gegenwärtige Gefahr erreicht? Ein exaktes Mindestmaß, ab dem die für eine konkrete Gefahr erforderliche hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts in einer absehbaren Zeit angenommen werden kann, lässt der Wortlaut der Legaldefinition nicht erkennen. Das Erfordernis der hinreichenden Wahrscheinlichkeit wird in den Gesetzesmaterialien umschrieben als erkennbar vorhandene Möglichkeit. Die zeitlichen Angaben des Eintritts in absehbarer Zeit werden gleichgesetzt und näher umrissen mit der Formulierung in überschaubarer Zukunft.756 Ebenso offen formuliert ist das erforderliche Maß bei der gegenwärtigen Gefahr. Wann von einer Schadensverwirklichung in allernächster Zeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit gesprochen werden kann, wird vom Gesetzgeber durch die Forderung einer erwarteten Verwirklichung in allernächster Zeit mit einer im Vergleich zur konkreten Gefahr erheblich größeren Wahrscheinlichkeit sowie den Verweis auf die Begründung zum MEPolG auch nur geringfügig präzisiert.757 So ist die geforderte Gegenwärtigkeit nach der Begründung zum MEPolG deckungsgleich mit dem in den Notwehr­ 753 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 65 verweisend auf BVerwG, NJW 1974, 807 (809). 754 Für eine kritische Betrachtung des Gefahrbegriffs siehe etwa: Jaeckel, Gefahrenabwehrrecht und Risikodogmatik, 2010, S. 99 ff. 755 So auch: OVG Lüneburg, NJW 2006, 391 (394); dass., NVwZ-RR 2009, 954 (955); dass., NdsVBl 2015, 250 (252); VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 25/08, JURIS, Rn. 23; VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 115; VG Braunschweig, Urt. v. 07.09.2016, Az.: 5 A 192/15, JURIS, Rn. 20; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 223; Thiel, Polizei- & OrdnungsR, 2016, § 8 Rn. 54; Kugelmann, Polizei- und Ordnungsrecht, 2012, Kap. 5 Rn. 98 f., 114; Pieroth / Schlink / Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2016, § 4 Rn. 47; Kingreen / Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, § 8 Rn. 48. Zur Entwicklung von einem rein objektiven zu einem normativ-subjektiven Gefahrverständnis siehe u. a.: Denninger, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 47 ff; Pieroth / Schlink / Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2016, § 4 Rn. 31 ff; Kingreen / Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, § 8 Rn. 33 ff; Jaeckel, Gefahrenabwehrrecht und Risiko­ dogmatik, 2010, S. 90 ff; Möstl, Die staatliche Garantie für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, 2002, S. 164 ff. Abweichende Meinung: Götz / Geis, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, § 6 Rn. 18 ff.; Schwabe, DVBl 1982, 653 (655 f.). 756 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 65. 757 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 66.

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regelungen nach § 32 II StGB, § 227 BGB verwendeten Begriff.758 In dessen Kontext wird Gegenwärtigkeit jedenfalls bereits bei der dem Versuchsbeginn unmittelbar vorausgehenden Vorbereitungshandlung als gegeben angesehen.759 So wird Gegenwärtigkeit bejaht, soweit ein Verhalten unmittelbar in eine Verletzungshandlung umschlagen kann und bei einem abwartenden Nichteinschreiten die erfolgreiche Gefahrenabwehr gefährdet werden würde.760 Im Einzelfall kann damit auch bereits die naheliegende Möglichkeit des Schadenseintritts eine Gegenwärtigkeit begründen.761 Eine exakte zeitliche wie prognostische Grenze der Mindestanforderungen lässt sich aber auch bei den Notwehrregelungen nicht ausmachen. Die Bestimmung einer festen Grenze ist dem Gefahrbegriff jedoch auch wesensfremd. Eine feste Grenze des geforderten Grads an zeitlicher Nähe und prognostischer Sicherheit kann somit weder bei der konkreten noch bei der gegenwärtigen Gefahr getroffen werden. Die offene Formulierung der Gefahrbegriffe ist im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr erforderlich, um einzelfallgerecht reagieren zu können, da bevorstehende Gefahren nicht vollständig im Voraus prognostizierbar sind, so dass stets ein gewisser Restzweifel verbleibt. Für den zu erduldenden Grad an verbleibenden Zweifeln ist dabei maßgeblich das drohende Schadensausmaß zu beachten. Denn das geforderte Maß an Nähe und Sicherheit korreliert mit der drohenden Schwere des befürchteten Schadens. Je größer und folgenschwerer der potentielle Schaden, umso geringer sind die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit der Schadensverwirklichung.762 Gleiches gilt für die zeitliche 758

Heise / Riegel, MEPolG, 1978, S. 25: Allgemeine Begründung Nr. 5. So auch: Böhrenz / Siefken, Nds. SOG, 2014, § 2 Rn. 5; Barthel, DVP 2005, 276 (278 Fn. 32). Zur Relevanz des ­MEPolG, siehe: Fn. 528. 759 So auch bereits u. a.: BGHSt 25, 229 (230 f.); Perron / Eisele, in: Schönke / Schröder, StGB, 2019, § 32 Rn. 14. 760 So bereits: RGSt 53, 132 (133); dass., 61, 216 (217); dass., 67, 337 (339 f.); BGH, Az.: 1 StR 145/55, JurionRS 1955, 12175 Rn. 33; dass., Az.: 5 StR 130/60, JurionRS 1960, 11886 Rn. 8; dass., Az.: 2 StR 60/65, JurionRS 1965, 12243 Rn. 3; dass., NJW 1973, 255 (255); Roxin, StrafR AT I, 2006, § 15 Rn. 22 ff; Kindhäuser, in: Kindhäuser / Neumann / Paeffgen, StGB, 2013, § 32 Rn. 51 f.; Rövekamp, in: Gsell / Krüger / Lorenz / Reymann, BeckGrossOK-BGB, 2018, § 227, Rn. 29; Dennhardt, in: BeckOK-BGB, 2018, § 227 BGB, Rn. 10. Ähnlich: Erb, in: ­MüKoStGB, 2017, § 32 Rn. 106, 108 f.; Kühl, in: Lackner / Kühl, StGB, 2014, § 32 Rn. 4; Fischer, StGB, 2019, § 32 Rn. 17; Dörner, in: Schulze, BGB, 2019, § 227, Rn. 4; Grothe, in: MüKoBGB, 2015, § 227 BGB, Rn. 9; Mansel, in: Jauernig, BGB, 2018, § 227, Rn. 4. Das Abstellen auf eine Gefährdung der erfolgreichen Gefahrenabwehr als für zu weitgehend erachtend: Perron / Eisele, in: Schönke / Schröder, StGB, 2019, § 32 Rn. 14. Noch weitergehender hingegen, nur auf die aus einem Nichteinschreiten eventuell resultierende Unmöglichkeit oder Erschwerung der Gefahrenabwehr abstellend: Schmidhäuser, Strafrecht AT, 1975, Kap. 9 Rn. 94. 761 So u. a.: Rövekamp, in: Gsell / Krüger / Lorenz / Reymann, BeckGrossOK-BGB, 2018, § 227, Rn. 29; Dennhardt, in: BeckOK-BGB, 2018, § 227 BGB, Rn. 10. 762 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 65 f. Ebenso etwa: OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2009, 954 (955); dass., NordÖR 2013, 269 (271); VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 25/08, JURIS, Rn. 23; dass., Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, JURIS, Rn. 20; VG Oldenburg, Urt.  v.  29.06.2010, Az.:  7 A  1634/09, JURIS, Rn. 115; VG Braunschweig, Urt. v. 07.09.2016, Az.: 5 A 192/15, JURIS, LS. 2, Rn. 20, 24; Böhrenz / Siefken, Nds.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

Nähe.763 Die Grenzen der Anforderungen an eine gegenwärtige Gefahr sowie die Frage ihrer Erfüllung sind daher in jedem Einzelfall neu und für sich genommen in einer abwägenden Gesamtschau von Gefahrindizien und Gegenindizien zu überprüfen und zu beurteilen, wobei ein Gegenindiz auch das bloße Nichtbestehen eines typischen Gefahrindizes sein kann.764 Dabei muss aber auch bei der Befürchtung des größtmöglichen Schadens jedenfalls eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Verwirklichung bestehen, so dass bei entsprechend großem drohenden Schaden auch eine an Tatsachen anknüpfende entferntere Möglichkeit der Verwirklichung für die Begründung einer gegenwärtigen Gefahr ausreichen kann.765 Das bloße Bestehen eines allgemeinen Lebensrisikos ist für die Begründung einer Gefahr jedoch unzureichend; entscheidend ist, ob das Risiko rechtlich geduldet wird oder nicht.766 Festzuhalten ist somit, dass der jeweilige Einzelfall bestimmenden Einfluss auf die Grenzen der Anforderungen an eine gegenwärtige Gefahr sowie die Frage ihrer Erfüllung hat. Dennoch lässt sich, wie im Folgenden erläutert, mittels Auswertung der niedersächsischen Rechtsprechung zur Präventiven Gewinnabschöpfung jedenfalls eine begrenzte Verallgemeinerbarkeit dieser Anforderungen basierend auf kriminalistischem Erfahrungswissen feststellen. So zeigt die Auswertung der Rechtsprechung mehrere für die Annahme einer gegenwärtigen Gefahrenlage relevante Indiztatsachen, die nicht nur auf eine deliktische Herkunft, sondern darüber hinaus auf die für das Bestehen einer Gefahrenlage gerade relevante Annahme der weiteren Begehung krimineller Taten in allernächster Zeit und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schließen lassen. Die Urteile unterteilen sich hier-

SOG, 2014, § 2 Rn. 2, 5; Denninger, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. D Rn. 53; Götz / Geis, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, § 6 Rn. 7; Drews / Wacke /  Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 224; Waechter, in: Brandt / Schinkel, Staats- und VerwR für Nds., 2002, S. 173 (210); Thiel, Polizei- & OrdnungsR, 2016, § 8 Rn. 53; Pewes­ torf, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 1 Rn. 18 f.; Fischer, NVwZ 2016, 164 (169). 763 So auch: BVerfGE 115, 320 (378): im Rahmen der von der Senatsmehrheit abweichenden Meinungsäußerung der Richterin Haas; Waechter, in: Brandt / Schinkel, Staats- und VerwR für Nds., 2002, S. 173 (210). 764 So etwa auch: OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2009, 954 (955); dass., NdsVBl 2015, 250 (250, 252); VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 25/08, JURIS, Rn. 37; Kugelmann, Polizei- und Ordnungsrecht, 2012, Kap. 5 Rn. 109; Gusy, Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, Rn. 118 f. 765 BVerwG, DÖV 1970, 713 (715); BVerwGE 47, 31 (40); 62, 36 (38 f.); 116, 347 (356); vgl. ebenso zur abstrakten Gefahr: OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2001, 742 (745). Drews / Wacke /  Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 224; Götz, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 1973, S. 56; Thiel,  Polizei- & OrdnungsR, 2016, § 8 Rn. 53. Vgl. auch: OLG Düsseldorf, NVwZ 2002, 629 (629). 766 Kugelmann, Polizei- und Ordnungsrecht, 2012, Kap. 5 Rn. 117; Götz / Geis, Allg. Polizeiund Ordnungsrecht, 2017, § 6 Rn. 9; Gusy, Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, Rn. 109 f., 119; Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, Rn. 77; Pieroth / Schlink / Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2016, § 4 Rn. 6; Kingreen / Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, § 8 Rn. 6; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 225.

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bei im Wesentlichen in zwei Fallgruppen, zum einen stellen sie auf Betäubungsmitteldelikte, zum anderen auf Hehlerei oder ähnliche Delikte ab.767 (aa) Indiztatsachen bei BtM-Delikten Für eine rechtmäßige Sicherstellung von Bar- oder Buchgeld in Verbindung mit Betäubungsmitteldelikten werden, um zunächst eine deliktische Herkunft der Gelder zu begründen, als Indiztatsachen herangezogen: 1. Ob das Bargeld in einer szenetypischen Stückelung mit einer auffälligen Häufung von 100, 50, 20 Euro oder 10 Euro-Scheinen aufgefunden worden ist.768 2. Ob Verdachtsmomente aus der organisierten Kriminalität gegeben sind.769 3. Ob Kontakte zur Drogenszene bestehen.770 4. Ob mehrfache Ermittlungen, bzw. Verurteilungen, insbesondere wegen BtMBesitz und Handel, gegen den von der Sicherstellung Betroffenen als Täter oder Teilnehmer geführt werden.771 5. Ob ein hoher Geldbetrag aufgefunden worden ist.772 6. Ob das Geld an einem versteckten oder ungewöhnlichen Auffindeort oder in entsprechender Aufbewahrungsart gefunden worden ist.773 767

In der Rechtsprechung zur Präventiven Sicherstellung nach §§ 26 ff Nds. SOG findet sich auch ein Urteil zu einer dritten Fallgruppe, der Abwehr von Gefahren durch den Jihadismus, sprich Terrorismus; dies soll hier aufgrund seiner Sonderstellung als Einzelfall nur kurz skizziert werden: liegen hinreichende Anhaltspunkte vor, dass eine Person sich radikalisiert sowie ein terroristisches Netzwerk gesucht oder aufgebaut hat, spricht laut VG Braunschweig für eine Begehung krimineller Handlungen im Namen des Jihad (1.) entscheidend die Mitnahme hoher Bargeldbeträge bei der (versuchten) Ausreise als typisches Verhaltensmuster sowie (2.) die unplausible Darlegung einer anderen Verwendungsabsicht; so: VG Braunschweig, Urt. v. 07.09.2016, Az.: 5 A 192/15, JURIS, Rn. 22 f. Indiztatsache (1.) basiert dabei, ohne dass das VG es benennt, auf kriminalistischem Erfahrungswissen; zu diesem Näheres im Folgenden. 768 OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2009, 954 (955); dass., NordÖR 2013, 269 (271 f.); dass., B. v. 21.11.2013, Az.: 11 LA 135/13, JURIS, OS 2, Rn. 8; VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, JURIS, Rn. 24; VG Osnabrück, Urt. v. 31.10.2011, Az.: 6 A 7/09, S. 5, n. v. 769 OVG Lüneburg, NordÖR 2013, 269 (271); dass., B. v. 21.11.2013, Az.: 11 LA 135/13, JURIS, OS 3, Rn. 10. 770 OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2009, 954 (956); VG Osnabrück, Urt. v. 31.10.2011, Az.: 6 A 7/09, S. 6 f., n. v. 771 OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2009, 954 (956 f.); dass., NordÖR 2013, 269 (271 f.); dass., B. v. 21.11.2013, Az.: 11 LA 135/13, JURIS, OS 3, Rn. 10; VG Oldenburg, B. v. 30.01.2008, 201 Az.: 2 A 969/07, JURIS, Rn. 25–27; VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, JURIS, Rn. 24; VG Osnabrück, Urt. v. 31.10.2011, Az.: 6 A 7/09, S. 6, n. v. 772 OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2009, 954 (955); dass., NordÖR 2013, 269 (271); VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, JURIS, Rn. 29; VG Osnabrück, Urt. v. 31.10.2011, Az.: 6 A 7/09, S. 5, n. v. 773 OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2009, 954 (956); dass., NordÖR 2013, 269 (271 f.); VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, JURIS, Rn. 24.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

7. Ob die Herkunft der Gelder oder die diesbezügliche Verwendungsabsicht unplausibel, beziehungsweise widersprüchlich erklärt wird.774 8. Ob der Betroffene an oder in der Nähe von einem bekannten Drogenumschlagsplatz angetroffen worden ist, eventuell darüber hinaus ein auffälliges Verhalten, wie etwa das in kurzer Zeit wiederholte Wechseln zwischen Auto und bekanntem Umschlagsplatz, gezeigt hat.775 9. Ob bei dem Betroffenen Drogen aufgefunden worden sind oder der Betroffene positiv auf verbotene Betäubungsmittel getestet worden ist.776 Ferner werden für eine rechtmäßige Sicherstellung von Bar- oder Buchgeld in Verbindung mit Betäubungsmitteldelikten, um schließlich eine weitere Begehung krimineller Taten in allernächster Zeit und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu begründen, als Indiztatsachen herangezogen: 1. Ob die deliktische Herkunft der Gelder aus BtM-Delikten angenommen werden kann; denn bei Annahme darf in der Regel mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf eine Reinvestierung in erneute kriminelle Drogendelikte geschlossen werden.777 2. Ob der Betroffene weiterhin bestehende Kontakte zur Drogenszene besitzt.778 Aus dieser Gesamtschau der von der Rechtsprechung angeführten Indiztat­ sachen zeigt sich, dass folgende Tatsachen, von denen mittels Logik auf die für die Tatbestandserfüllung erforderliche Haupttatsache des Bestehens einer gegenwärtigen Gefahr geschlossen werden kann, am durchschlagendsten zu beachten sind: 1. Szenetypische Stückelung, 2. Mehrfache Ermittlungen bzw. Verurteilungen, 3. Hoher Geldbetrag, 4. Aufbewahrungssituation, 5. Aktuelle Kontakte oder Drogenkonsum, 6. Unplausible bzw. widersprüchliche Angaben. 774 OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2009, 954 (956): keine erkennbaren legalen Einkünfte; dass., NordÖR 2013, 269 (271 f.); VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, JURIS, Rn. 24; VG Osnabrück, Urt. v. 31.10.2011, Az.: 6 A 7/09, S. 6, n. v. 775 OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2009, 954 (955); VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, JURIS, Rn. 24. 776 OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2009, 954 (956); VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, JURIS, Rn. 24; VG Osnabrück, Urt. v. 31.10.11, Az.: 6 A 7/09, S. 6, n. v. 777 OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2009, 954 (955 f.); dass., NordÖR 2013, 269 (271); dass., B. v. 21.11.2013, Az.: 11 LA 135/13, JURIS, Rn. 8, 10; VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, JURIS, LS. 2, Rn. 22. 778 OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2009, 954 (956); VG Osnabrück, Urt. v. 31.10.2011, Az.: 6 A 7/09, S. 6 f., n. v.

I. Landesrechtliche Grenzen  

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Bis auf das letzte Indiz der widersprüchlichen Angaben, die lediglich die Glaubwürdigkeit des Betroffenen erschüttern, stellen alle anderen aufgeführten Tatsachen dabei auf kriminalistisches Erfahrungswissen ab. Zwar wird das bloße Heranziehen von kriminalistischer Erfahrung zur Begründung teilweise als unzureichend angesehen.779 Gerade dieses Wissen, welches nicht gleichzusetzen ist mit Alltagswissen, sondern mit Erfahrungsregeln, ist für die Beurteilung der Sachlage jedoch zwingend erforderlich, da es sich bei der zu treffenden Prognoseentscheidung um objektive Möglichkeitsurteile handelt, die auf einer „generalisierten Betrachtung des Einzelfalles“780 beruhen und nur mit Hilfe von Erfahrungswissen getroffen werden können.781 Dabei ist einer Prognoseentscheidung sowohl diagnostisch ob der Vollständigkeit wie prognostisch immanent das Verbleiben von Zweifeln ob der Richtigkeit des vermuteten zum Schaden führenden Kausalverlaufs, dessen zulässiger Grad, wie bereits aufgezeigt, mit der drohenden Schwere des befürchteten Schadens korreliert.782 Die genaue Feststellung des drohenden Schadensausmaßes bedarf stets einer Betrachtung des Einzelfalls. Die den hier betrachteten Entscheidungen zugrundeliegende Drogenkriminalität verursacht erhebliche Schäden für die öffentliche Sicherheit, was die Anforderungen an die zeitliche Nähe wie prognostische Sicherheit bedeutend vermindert. So können harte Drogen wie Heroin nicht nur die Gesundheit in erheblicher Weise schädigen, sondern auch Leben nehmen, so dass die befürchtete Begehung von BtM-Delikten Art. 2 II 1 GG bedroht. Aber auch weiche Drogen können erhebliche Rechtsgüter gefährden. So wird etwa das Canabisverbot mit wichtigen Gemeinschaftsbelangen, nämlich insbesondere dem Schutz der Jugend vor Gesundheitsgefährdung und Drogenabhängigkeit, gerechtfertigt.783 Ob die damals vom BVerfG getroffene Gefährlichkeitsbeurteilung Cannabis betreffend noch aktuell ist, mag bezweifelt werden.784 779

Ohne nähere Ausführungen: Hüls / Reichling, StraFo 2009, 198 (202). Indizien, wie die Verstrickung in eine kriminelle Szene oder die Heranziehung des Kreislaufmodells, als allgemeine Lebenserfahrung einordnend und für unzureichend erachtend: Rachor, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 693; Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 660. 780 von Kries, in: Vierteljahrsschrift Philosophie, 1888, S. 179 (203). 781 Näheres zum Begriff des objektiven Möglichkeitsurteils: von Kries, in: Vierteljahrsschrift Philosophie, 1888, S. 179–240, 287–323, 393–428. Empirische Untersuchen zu den Indiztatsachen scheinen, falls existent, nicht veröffentlicht worden zu sein; mit Blick auf den theoretisch begründeten Ansatz einer Objektivierung von von Kries sind derartige Untersuchungen jedoch äußerst wünschenswert. 782 So auch: Möstl, Die staatliche Garantie für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, 2002, S. 170 f.; Thiel, Polizei- & OrdnungsR, 2016, § 8 Rn. 52; Pieroth / Schlink / Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2016, § 4 Rn. 39; Kingreen / Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, § 8 Rn. 41; Jaeckel, Gefahrenabwehrrecht und Risikodogmatik, 2010, S. 91 ff. Vgl. u. a. ebenso: Gusy, Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, Rn. 111, 124. 783 BVerfGE 90, 145 (174); Götz / Geis, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, § 4 Rn. 28. 784 So ist etwa die vom BVerfG angenommene Schrittmacherfunktion von Cannabis zu härteren Drogen wie Heroin heute wissenschaftlich nicht mehr haltbar; näheres hierzu m. w. N. etwa unter der von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zu verantwortenden URL: http://www.drugcom.de/topthema/mai-2011-vom-kiffen-zum-heroin/ (Stand: 21.05.2017).

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

Dieser Fragestellung kann hier, da nicht zum Kernbereich der Arbeit zugehörig, jedoch nicht weiter nachgegangen werden. (α) Szenetypische Stückelung und Relevanz der illegalen Herkunft Von besonderer Relevanz für die Beurteilung, ob eine gegenwärtige Gefahrenlage besteht, ist insbesondere die szenetypische Stückelung von Bargeld in 100, 50, 20 Euro und 10 Euro-Scheine.785 Sie beruht auf der kriminalistischen Erkenntnis, dass im Bereich der Drogenkriminalität der Verkauf von verbotenen Betäubungsmitteln an den Enddealer wie auch Endverbraucher typischerweise in Konsumentenportionen à 50 Euro vorgenommen wird. Des Weiteren wird auch die Bezahlung der Importeure mit den Einnahmen aus besagten Verkäufen in selbiger Stückelung bestritten, die dann wiederum die so erlangten Einnahmen in vorgenannter typischer Stückelung gesammelt direkt wieder ihrerseits für Beschaffungsgeschäfte nutzen.786 Der An- und Verkauf von Betäubungsmitteln findet demnach in einem geschlossenen Kreislauf statt.787 Es wird somit ein Modell,788 das im konkreten Fall zwar erwartbar aber nicht zwingend der Wirklichkeit entsprechen muss, unter der Annahme herangezogen, dass die betroffene Person ein professioneller, sprich geschäftsmäßiger Dealer ist. Gerade durch diesen kriminalistischen Erfahrungswert des für Beschaffungsgeschäfte zumindest teilweise notwendigen Rückflusses der erlangten Gelder in erneute BtM-Delikte ist die Indiztatsache der szenetypischen Stückelung von besonderer Brisanz, da die szenetypische Stückelung nicht nur auf eine illegale Herkunft hindeutet, sondern darüber hinaus auch ein deutliches Indiz für die wahrscheinlich baldige Begehung zukünftiger gleichgelagerter Delikte darstellt.789 Diese Relevanz kann jedoch in Anbetracht der aufgezählten Nennwerte bezweifelt werden. Denn von den sieben existenten Scheinarten werden von der Rechtsprechung, wenn auch in unterschiedlichen Urteilen, insgesamt vier benannt. Zudem sind die drei nicht-benannten Banknoten, 5, 200 Euro und 500 Euro-Scheine, 785

OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2009, 954 (955); dass., NordÖR 2013, 269 (271 f.); dass., B.  v.  21.11.2013, Az.:  11 LA 135/13, JURIS, OS  3, Rn. 8, 10; VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, JURIS, Rn. 22, 24; VG Osnabrück, Urt. v. 31.10.2011, Az.: 6 A 7/09, S. 5, n. v. 786 OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2009, 954 (955 f.); dass., NordÖR 2013, 269 (271 f.); dass., B. v. 21.11.2013, Az.: 11 LA 135/13, JURIS, OS 2, Rn. 8; VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, JURIS, Rn. 24; VG Osnabrück, Urt. v. 31.10.2011, Az.: 6 A 7/09, S. 5, n. v. 787 OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2009, 954 (955); VG Osnabrück, Urt. v. 31.10.2011, Az.: 6 A 7/09, S. 5, n. v. 788 Zum Kreislaufmodell, vgl. etwa: Schneider / Dreer / Riegler, Geldwäsche, 2006, S. 35 f.: zum Modell entwickelt von André Zünd; Hess, in: Scheerer / Vogt, Drogen und Drogenpolitik, 1989, S. 479 f. 789 Ebenso, die deliktische Herkunft als Indiz für eine Reinvestierung in vergleichbare Straftaten wertend, u. a.: Söllner, DVBl 2009, 1320 (1321); ders., DVBl 2010, 529 (532).

I. Landesrechtliche Grenzen  

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dabei auch die am seltensten im Umlauf Befindlichen. Schließlich gilt es gerade bei der Indizwirkung ausgehend von der in allen Urteilen aufgezählten besonderen Häufung von 50 Euro-Noten zu bedenken, dass der sog. 50er generell, also nicht nur speziell bei BtM-Handel, die mit deutlichem Abstand am häufigsten im Umlauf befindliche Banknote ist.790 Andererseits ist für die Aufbewahrung größerer Bargeldbeträge eher die Verwendung von Banknoten mit höheren Nennwerten, 200  Euro und 500 Euro-Scheine, gedacht sowie erwartbar.791 Mangels der Veröffentlichung der genauen Basisdaten, aus denen das kriminalistische Erfahrungswissen sich gebildet hat,792 können zu der tatsächlichen Aussagekraft der vielfach entscheidend herangezogenen szenetypischen Stückelung hier daher keine weiterführenden Ausführungen getroffen werden. Zur Untermauerung ihrer Indizwirkung ist eine Veröffentlichung der näheren Umstände, auf denen das Erfahrungswissen fußt, wünschenswert. Den oben angeführten Erwägungen zum Kreislaufmodell, die hier aus Gründen der Schwerpunktsetzung genügen müssen, wird sich im Weiteren daher angeschlossen. Wesentlich für das gefahrenabwehrende Einschreiten ist dabei die aufgrund der erforderlichen Reinvestierung bestehende Annahme der zukünftigen Begehung weiterer deliktischer Handlungen und nicht die Annahme der deliktischen Herkunft an sich,793 denn diese liegt in der Vergangenheit und stellt für sich allein genommen, etwaige dringende privatrechtliche Ansprüche einmal ausgeklammert, grundsätzlich keine weiteren zukünftigen Schäden für die öffentliche Sicherheit in Aussicht. Bestehen ausreichende Anhaltspunkte, die auf eine entsprechende illegale Verwendung legaler Gelder schließen lassen, begründen entgegen vereinzelter Auffassung gemäß dem Sinn und Zweck der Gefahrenabwehr auch diese die für eine Sicherstellung erforderliche Voraussetzung einer gegenwärtigen Gefahr.794 Teil des Tatbestandes bei einer Sicherstellung nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG ist nicht

790 Vgl. zum Bargeldumlauf, allerdings auf den Euroraum abstellend, etwa folgende Statistiken, abgerufen unter URL: https://www.ecb.europa.eu/stats/policy_and_exchange_rates/ banknotes+coins/circulation/html/index.en.html (Stand:  19.07.2017); https://de.statista.com/ statistik/daten/studie/186249/umfrage/euro-banknoten---bargeldumlauf/ (Stand: 19.07.2017); https://de.statista.com/infografik/8779/verteilung-der-euro-banknoten-im-bargeldumlauf/ (Stand: 19.07.2017). 791 Vgl. hierzu etwa folgende Anmerkung der EZB, abgerufen unter URL: https://www.ecb. europa.eu/euro/banknotes/circulation/html/index.de.html (Stand: 19.07.2017). 792 Derartige empirische Untersuchungen konnten von der Verfasserin jedenfalls nicht aufgefunden werden. 793 Vgl.: OVG Lüneburg, NdsVBl 2015, 250 (250, 252). 794 Anders, die deliktische Herkunft als notwendige Voraussetzung bezeichnend: VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, JURIS, LS. 2. Die deliktische Herkunft zu einer zwingenden Voraussetzung zu erklären, ist mit dem Normzweck, eine effektive Gefahrenabwehr zu gewährleisten, jedoch nicht vereinbar. Wenn stichhaltige Anhaltspunkte bestehen, dass ein Verdächtiger erstmalig mit einem größeren, angesparten, legalen Bargeldbetrag in allernächster Zeit einen großen Drogendeal abwickeln möchte, ist nicht ersichtlich, warum ein präventives Einschreiten durch Sicherstellung des Geldes generell unzulässig sein sollte.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

die Frage nach der Eigentums-, sondern der Gefahrenlage. Ausschlaggebend für ein präventives Einschreiten ist somit einzig die prognostizierte Handlung, für die die illegale Herkunft, etwa aufgrund einer geringeren Hemmschwelle bei der erneuten Reinvestierung von Geldern in Deliktisches795 oder aufgrund des oben geschilderten Kreislaufmodells, aber mit ein entscheidendes Indiz sein kann.796 Die illegale Herkunft ist somit eine Indiztatsache unter mehreren zur Begründung einer drohenden Schadensverwirklichung in allernächster Zeit, jedoch keine zwingende Voraussetzung. (β) Mehrfache Ermittlungen bzw. Verurteilungen, ihre Vereinbarkeit mit Unschuldsvermutung und Resozialisierungsgebot Die Annahme, dass die Gelder aus Drogendelikten erlangt worden sind und der Angetroffene ein geschäftsmäßiger Dealer, die Reinvestierung in die weitere Begehung also mit dem Kreislaufmodell anzunehmen ist, wird dabei durchschlagend gestützt durch die Indiztatsache der bereits mehrfach geführten Ermittlungsverfahren bzw. Verurteilungen wegen vergleichbarer deliktischer Handlungen als Täter wie auch Teilnehmer.797 Wie auch andere Gefahrindizien kann jedoch auch dieses zu einem gegenteiligen Schluss führen, wenn der Betroffene umgekehrt nicht mehrfach in Erscheinung getreten oder zwar mehrfach auffällig geworden ist, jedoch

795

Vgl.: Hüls / Reichling, StraFo 2009, 198 (201 f.); Waechter, NordÖR 2008, 473 (478). Vereinzelte Stimmen in der Literatur kommen zu dem Schluss, dass, nimmt man eine drohende Begehung erneuter BtM-Straftaten an, mit entsprechender Argumentation das gesamte Geld, eventuell sogar Vermögen, des Betroffenen und nicht nur das illegal Erlangte sichergestellt werden müsste; so etwa: Thiée, StV 2009, 102 (103); ders., StV 2010, 215 (216); Hüls / Reichling, StraFo 2009, 198 (201). „Nachzuweisen“ ist aber gerade, dass das sicherzustellende Geld bzw. Vermögen für illegale Handlungen verwendet werden soll; vgl. u. a.: Waechter, NordÖR 2008, 473 (478). Das Geld muss somit bereits eine besondere Nähe zur prognostizierten kriminellen Tat aufweisen, wofür die szenetypische Stückelung in Kombination mit dem Kreislaufmodell bei BtM-Delikten, wie auch die deliktische Herkunft aufgrund einer geringeren Hemmschwelle bei der Reinvestierung in neue illegale Handlungen gerade entscheidende Anhaltspunkte darstellen. Diese notwendige Nähe spricht in der Regel gegen die Sicherstellung des gesamten Geldes bzw. Vermögens. Sollten jedoch im Einzelfall stichhaltige Anhaltspunkte darauf schließen lassen, dass der Betroffene plant in allernächster Zeit mit seinem gesamten, unabhängig ob legal oder deliktisch erlangten, Bar- oder Buchgeld bzw. Vermögen illegale Handlungen vorzunehmen etwa, weil der Betroffene beabsichtigt sein gesamtes Vermögen einer terroristischen Vereinigung zur Verfügung zu stellen, strafbar nach § 129a V 1 StGB, so kann dies unter Umständen auch die präventive Sicherstellung des gesamten Geldes oder auch Vermögens nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG gebieten. 797 OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2009, 954 (956 f.); dass., NordÖR 2013, 269 (271 f.); dass., B. v. 21.11.2013, Az.: 11 LA 135/13, JURIS, OS 3, Rn. 10; VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, JURIS, Rn. 24; VG Oldenburg, B. v. 30.01.2008, Az.: 2 A 969/07, JURIS, Rn. 25–27; VG  Osnabrück, Urt.  v.  31.10.2011, Az.: 6 A 7/09, S. 6, n. v. Anders, die Heranziehung mangels Aussagekraft betreffend zukünftigem Verhalten sowie Verwendungsabsicht sehr kritisch betrachtend und als Feindbekämpfung bezeichnend: Thiée, StV 2009, 102 (104). 796

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in einem anderen Bereich.798 Dabei ist allerdings das Bestehen einer jahrelangen Pause während einer zu verbüßenden Haftstrafe irrelevant, da die Ursache in dem bloßen Fehlen von Gelegenheiten zu vermuten ist.799 Ferner steht auch die Einstellung des Ermittlungsverfahrens oder die Unschuldsvermutung der Heranziehung als Indiz für deliktisches Handeln nicht entgegen, da zum einen dennoch Verdachtsmomente verbleiben können, die ein Bedürfnis nach einer Sicherstellung begründen,800 und zum andern die Feststellung eines Tatverdachts nicht zu vergleichen ist mit einer Schuldfeststellung. Diese Feststellungen sind vielmehr substanziell völlig verschieden, denn die Feststellung eines Tatverdachts setzt eben gerade keine Schuld voraus.801 Schließlich steht ebenso der Heranziehung von Verurteilungen als Indiz, das verfassungsrechtliche Resozialisierungsgebot aus Art. 2 I, 1 I GG nicht im Wege.802 Dieses Gebot gibt dem Gefangenen zwar einen Anspruch und verpflichtet den Staat, im Rahmen eines Strafvollzugs mit belastenden Maßnahmen auch die Wiedereingliederung in die Gesellschaft durch Förderung der Fähigkeit und des Willens zur verantwortlichen Lebensführung zu bezwecken, um Rückfälle zu verhindern.803 Liegen nach der Freilassung allerdings neue Anhaltspunkte für die zukünftige Begehung ähnlicher Taten vor, steht das Resozialisierungsgebot, welches eine freiwillige Mitwirkung des Verurteilten voraussetzt und daher bei verweigerter Mitwirkung bereits aus diesem Grund erfolglos sein kann, der Annahme einer Gefahr nicht grundsätzlich entgegen.804 Während das alleinige Bestehen von mehreren in der Vergangenheit liegenden Ermittlungsverfahren sowie Verurteilungen als Indiz mangels aktueller Anhaltspunkte zwar für die Begründung einer gegenwärtigen Gefahrenlage nicht ausreichend ist, kann es in der Gesamtschau sehr wohl neben anderen Indiztatsachen Berücksichtigung finden und ein Bild der wahrscheinlichen zukünftigen Begehung durch die Betrachtung der vorherigen mitzeichnen. 798

Vgl.: VG Lüneburg, Urt. v. 13.01.2011, Az.: 6 A 143/09, JURIS, Rn. 25 f.; VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 25/08, JURIS, Rn. 33. So auch: Söllner, NJW 2009, 3339 (3341). 799 OVG Lüneburg, B. v. 21.11.2013, Az.: 11 LA 135/13, JURIS, Rn. 10. 800 OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2009, 954 (954 f.); dass., NordÖR 2013, 269 (272); VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, JURIS, Rn. 26; VG Oldenburg, B. v. 30.01.2008, Az.: 2 A 969/07, JURIS, Rn. 27. So auch: Söllner, NJW 2009, 3339 (3341). 801 So auch: OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2009, 954 (955); dass., NordÖR 2013, 269 (272). Ebenso zur Unschuldsvermutung: BVerfG, NJW 2002, 3231 (3232). Zur Aufrechterhaltung präventiver Maßnahmen: BVerwG, NJW 1989, 2640 (2640 f.). So etwa auch: Barthel, DVP 2005, 276 (282); Wüstenbecker, RÜ 2009, 663 (666). 802 Kritisch: Waechter, NordÖR 2008, 473 (477). Anders: Hüls / Reichling, StraFo 2009, 198 (202). 803 Fischer, StGB, 2019, § 46 Rn. 3; Roxin, StrafR AT I, 2006, § 3 Rn. 12 ff; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / Henneke, GG, 2018, Art.  1 Rn.  46. 804 Roxin, StrafR AT I, 2006, § 3 Rn. 39. Im Ergebnis so wohl auch: Waechter, NordÖR 2008, 473 (477).

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

(γ) Höhe des aufgefundenen Geldbetrages Schließlich ist auch die Höhe des aufgefundenen Geldbetrages maßgeblich zu beachten. Während hohe Beträge, die etwa in Relation zu den legalen Einnahmen des Betroffenen außer Verhältnis stehen, für eine illegale Herkunft und zusammen mit weiteren Anhaltspunkten für eine Reinvestierung in weitere kriminelle Handlungen, damit für eine Gefahrenlage sprechen können,805 kann eine geringe Summe auf legale Absichten hindeuten. Denn werden nur geringe Summen aufgespürt, ist nicht auszuschließen, dass diese für die Deckung der allgemeinen Lebenshaltungskosten und damit für legale Zwecke verwendet werden.806 Teilweise wird daher vertreten, dass eine Sicherstellung geringer Beträge generell nicht möglich sei. Andererseits sei eine konturenlose Ausweitung zu befürchten, die den Alltag unangemessen beeinträchtige, ohne dabei eine effektive Gefahrenabwehr erzielen zu können.807 Hierbei wird jedoch verkannt, dass die Gefahrenprognose stets in einer Gesamtschau aller zur Verfügung stehenden Indiztatsachen getroffen werden muss. Die aufgefundene geringe Summe an sich vermag zwar nicht auf eine illegale Verwendung hindeuten, liegen jedoch weitere Anhaltspunkte vor, die einen solchen Schluss mit ausreichender Sicherheit begründen, kann eine gegenwärtige Gefahrenlage nicht einzig wegen einer zu geringen Summe trotz anderer stichhaltiger Indiztatsachen generell abgelehnt werden. Wird somit lediglich ein geringer Betrag aufgefunden, ist es entscheidend, ob andere erhebliche Anhaltspunkte gegeben sind, die auf eine illegale Verwendung hindeuten, um eine gegenwärtige Gefahrenlage zu begründen. Von einer generellen Unmöglichkeit des Bestehens einer Gefahr bei geringen Beträgen kann jedoch keine Rede sein. (δ) Aktuelle Kontakte oder Drogenkonsum Schließlich sind weitere, auf die zukünftige Begehung krimineller Handlungen hindeutende Indiztatsachen von durchschlagender Relevanz, wie ob der Betroffene aktuelle Kontakte zur Drogenszene besitzt oder sogar selbst Drogen konsumiert,

805

So etwa: OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2009, 954 (955 f.): aufgrund der Gesamthöhe von 27.280 € auf illegale Herkunft geschlossen; dass., NordÖR 2013, 269 (271 f.): illegale Herkunft von 15.990 € angenommen. 806 VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, JURIS, Rn. 29: hat 1.010 Euro als zu gering angesehen; Söllner, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 3 Rn. 340; ders., NJW 2009, 3339 (3341): bei einer alleinstehenden Person seien Beträge bis zu einer Höhe des dreifachen Sozialhilfesatzes, 3 × 351 € = 1.053 €, als zu gering anzu­ sehen. Entspr. seit dem 01.01.2019 mit gestiegenem Sozialhilfesatz (Verordnung v. 19.10.2018, BGBl. I Nr. 36/2018, S. 1766): 3 × 424 € = 1.272 €. 807 Vgl.: VG Braunschweig, B. v. 19.10.2006; Az.: 5 B 284/06, JURIS, LS; dass., Urt. v. 18.01.2007; Az.: 5 B 332/06, JURIS, Rn. 23. So etwa auch: Söllner, NJW 2009, 3339 (3341); Hunsicker, StV 2010, 212 (214).

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die damit seine aktuelle Situation näher präzisieren.808 Das VG Braunschweig hält hingegen den erneuten Drogenfund allein für unzureichend, um auf eine Beteiligung am Drogenhandel zu schließen, auch wenn dieser den Verdacht eines Drogenkonsums begründet, ohne weitere Ausführungen zu den Folgen einer Abhängigkeit vorzunehmen.809 Dabei ist gerade bei einem Drogensüchtigen der unerlaubte Kauf von Betäubungsmitteln und damit eine geplante, illegale Verwendung seines Geldes sehr wahrscheinlich, so dass bei einer süchtigen Person angedacht werden kann, ob nicht etwa die Spezifizierung einer gegenwärtigen Gefahr in Form einer Dauergefahr anzunehmen ist. Denn die einer Dauergefahr typologisch immanenten Merkmale, dass der genaue Zeitpunkt oder Ort des Schadenseintritts zwar ungewiss ist, mit dessen Verwirklichung aufgrund konkreter Anhaltspunkte in einem gewichtigem Ausmaß jedoch jederzeit gerechnet werden müsse,810 sind bei einem Süchtigen zu bejahen, da dieser in der Regel durch seine Abhängigkeit zu einem erneuten Kauf von Betäubungsmitteln gezwungen ist und mit dem sich daran anschließenden Konsum seine Gesundheit in einem erheblichen Maße schädigt.811 Die Figur der Dauergefahr als Ausformung der gegenwärtigen Gefahr wird in Teilen der Literatur, u. a. aufgrund seiner Nähe zu einer abstrakten Gefahr und der damit einhergehenden befürchteten potentiellen Grenzverwischung, jedoch auch kritisch gesehen.812 Dieser Fragestellung vermag hier allerdings mit Blick auf die Kernfrage der Arbeit nicht weiter nachgegangen werden. (bb) Indiztatsachen bei Hehlerei oder ähnlichen Delikten Die Auswertung der niedersächsischen Rechtsprechung zur Präventiven Gewinnabschöpfung ergibt in der zweiten Fallgruppe, in der die Begehung von Hehlerei oder ähnlichen Delikten prognostiziert wird, dass, um zunächst eine deliktische Herkunft der Gelder oder anderer aufgefundener Sachen zu begründen, folgende 808 So auch: Waechter, NordÖR 2008, 473 (477): zusätzlich als bedeutendes Indiz für die weitere Begehung auf die Benutzung von Scheinadressen oder auch die weitere strafrechtliche Auffälligkeit von ehemaligen Mittätern verweisend. 809 VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, JURIS, Rn. 30. 810 So auch die Senatsminderheit des BVerfG: BVerfGE 115, 320 (360 f.). Näheres zu der Dauergefahr siehe etwa: Pewestorf, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 1 Rn. 29; Denninger, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. D Rn. 55 f. 811 Vergleichbar kann bei konkreten Anhaltspunkten, eventuell auch bei der Annahme, der Betroffene sei ein geschäftsmäßiger Dealer, von einer Dauergefahr gesprochen werden, wenn dieser seine Existenz auf der Drogenkriminalität aufgebaut hat und daher zur Aufrechterhaltung mit einer Reinvestierung zu rechnen ist. 812 Vgl. kritisch: Baller / Eiffler / Tschisch, ASOG, § 1 Rn. 36. Anmerkend: Pewestorf, in: Pewes­torf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 1 Rn. 29. Die Senatsmehrheit des BVerfG sieht in der Dauergefahr zum Teil auch nur eine konkrete, zeitlich noch nicht so fortgeschrittene Gefahr; die Senatsminderheit hingegen senkt die Anforderungen an die zeitliche Nähe sowie die Wahrscheinlichkeit mit der umgekehrten Proportionalität zum Schadensausmaß ab: BVerfGE 115, 320 (364).

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

Indiztatsachen herangezogen werden. Da eine deliktische Herkunft auch bei der im Späteren noch eingehender betrachteten Sicherstellung zum Schutz privater Rechte nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG darzulegen ist, die Voraussetzungen von § 26 Nr. 1 und Nr. 2 Nds. SOG sich insoweit überschneiden, so dass die angeführten Indiztatsachen geeignet sind, sich zu ergänzen, wurde die Rechtsprechung zu Nr. 2 aus Gründen der Übersichtlichkeit ebenso bereits hier vergleichend berücksichtigt. Als Beweisanzeichen angeführt werden: 1. Ob die Herkunft der Sachen, darunter auch Geld, oder die diesbezügliche Verwendungsabsicht unplausibel beziehungsweise widersprüchlich erklärt wird.813 2. Ob nach den finanziellen Verhältnissen des Betroffenen, insbesondere seinen legalen Einkünften, die Herkunft der Gelder sowie anderer Sachen plausibel erklärbar erscheint.814 3. Ob ein hoher Geldbetrag aufgefunden worden ist, der deutlich den zur gewöhnlichen Lebensführung erforderlichen übersteigt und dessen Beisichführen bloß unplausibel erklärt werden kann.815 4. Ob eine Vielzahl gleicher Sachen eventuell sogar ohne bestehende Verwendungsmöglichkeit aufgefunden worden ist.816 5. Ob die Sachen originalverpackt aufgefunden worden sind.817 6. Ob das Geld sowie andere Sachen an einem versteckten oder ungewöhnlichen Auffindeort oder in entsprechender Aufbewahrungsart gefunden worden sind.818 813

OVG Lüneburg, NdsVBl 2015, 250 (251 f.); VG Braunschweig, B. v. 19.10.2006, Az.: 5 B 284/06, JURIS, Rn. 25 f.; dass., Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 25/08, JURIS, Rn. 31; VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 133. Vgl. auch zu Nr. 2: VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 154, 156; VG Hannover, NVwZ-RR 2008, 616 (617). Die Nicht-Deklaration von Bargeld als einzige Indiztatsache für eine deliktische Herkunft als unzureichend erachtend: VG Lüneburg, Urt. v. 13.01.2011, Az.: 6 A 143/09, JURIS, Rn. 27 f. 814 OVG Lüneburg, NdsVBl 2015, 250 (252); VG Braunschweig, B. v. 18.01.2007; Az.: 5 B 332/06, JURIS, Rn. 22; VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 133, 135. Aufgrund Nichterfüllung Umkehr in ein Gegenindiz: VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 25/08, JURIS, Rn. 35. Vgl. auch zu Nr. 2: OVG Lüneburg, B. v. 20.09.2010, Az.: 11 ME 32/10, JURIS, Rn. 10, 14; VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 153; VG Hannover, NVwZ-RR 2008, 616 (616). 815 OVG Lüneburg, NdsVBl 2015, 250 (252); VG Braunschweig, B. v. 19.10.2006, Az.: 5 B 284/06, JURIS, LS. 1; dass., Urt. v. 18.01.2007, Az.: 5 B 332/06, JURIS, LS. 1, OS. 2, Rn. 23; VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 137. 816 So i. R. v. Nr. 2: VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 151, 159; VG Hannover, NVwZ-RR 2008, 616 (616 f.). 817 So i. R. v. Nr. 2: VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 149. 818 OVG Lüneburg, NdsVBl 2015, 250 (252); VG Oldenburg, Urt.  v.  29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 136. Vgl. auch zu Nr. 2: OVG Lüneburg, B. v. 20.09.2010, Az.: 11 ME 32/10, JURIS, Rn. 11, 16; VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. ­158–166; VG Hannover, NVwZ-RR 2008, 616 (616).

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7. Ob Spuren deliktischer Herkunft an den Sachen zu erkennen sind, wie verblie­ bene Preisschilder, Sicherungsetiketten oder Beschädigungen durch gewaltsames Entfernen letzterer.819 8. Ob die Sachen vermischt mit erwiesen gestohlenen aufgefunden worden sind.820 9. Ob in der Umgebung zuletzt vermehrt Diebstähle zu verzeichnen waren sowie anonyme Hinweise vorliegen.821 10. Ob mehrfache Ermittlungen bzw. Verurteilungen, insbesondere wegen vergleichbarer Delikte, gegen den von der Sicherstellung Betroffenen als Täter oder Teilnehmer geführt werden.822 11. Ob Herkunftsnachweise, Rechnungen etc., fehlen823 oder abgehörte Gespräche über die Beschaffung von Eigentumsnachweisen existieren und unter Beachtung der Beweisverwertungsverbote verwendbar sind.824 12. Ob die aufgefundenen Sachen in jeglicher Art nicht einer gewöhnlichen, wirtschaftlichen Haushaltsführung entsprechen.825 Des Weiteren werden für eine rechtmäßige Sicherstellung von Sachen, insbesondere Bar- oder Buchgeld, in Verbindung mit Hehlerei oder ähnlichen Delikten, um schließlich eine weitere Begehung krimineller Taten in allernächster Zeit und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu begründen, als Indiztatsachen herangezogen: 1. Ob bereits mehrfache vergleichbare Verurteilungen zu verzeichnen sind, die den Betroffenen von der weiteren Tatbegehung bisher auch nicht abhalten konnten.826

819 So i. R. v. Nr. 2: VG Hannover, NVwZ-RR 2008, 616 (616); VG Oldenburg, Urt.  v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 150, 152. 820 So i. R. v. Nr. 2: VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 157, 159. 821 VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 121. Aufgrund Nichterfüllung Umkehr in ein Gegenindiz: VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 25/08, JURIS, Rn. 33. 822 VG Braunschweig, B. v. 19.10.2006, Az.: 5 B 284/06, JURIS, Rn. 21; VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 122–130, 132. Vgl. auch zu Nr. 2: OVG Lüneburg, B. v. 20.09.2010, Az.: 11 ME 32/10, JURIS, Rn. 12, 16; VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 155, 167; VG Hannover, NVwZ-RR 2008, 616 (617). 823 So i. R. v. Nr. 2: VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 154; VG Hannover, NVwZ-RR 2008, 616 (617). 824 VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 25/08, JURIS, Rn. 31, 34. 825 So i. R. v. Nr. 2: VG Hannover, NVwZ-RR 2008, 616 (616). 826 VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 139, 141 (allein unzureichend jedoch Indiz); VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 25/08, JURIS, Rn. 22. Anders, wenn geführte illegale Tätigkeit in Relation zum aufgefundenen Geldbetrag nur von geringem Gewicht, so dass mit einer baldigen Reinvestierung nicht gerechnet werden kann: OVG Lüneburg, NdsVBl 2015, 250 (252 f.).

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

2. Ob auch weiterhin erhebliche finanzielle Probleme bestehen, die bereits zuvor der Anlass für kriminelle Handlungen waren.827 3. Ob die Art und Weise der vorherigen Tatbegehungen auf eine für zukünftige kriminelle Taten anzunehmende erforderliche oder zumindest erwartbare Reinvestierung der vorgefundenen Geldbeträge, etwa für erforderliche Hotel-, Reisekosten oder Beschaffungsgeschäfte, schließen lässt.828 4. Ob die deliktische Herkunft der aufgefundenen Sachen angenommen werden kann; denn bei Annahme dürfe in der Regel mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf die Begehung eines Hehlerei-Delikts geschlossen werden.829 5. Ob Verdachtsmomente hinsichtlich der Zugehörigkeit zur organisierten Kriminalität gegeben sind.830 Aus dieser Gesamtschau der von der Rechtsprechung angeführten Indiztatsachen zeigt sich, dass folgende Indizien am durchschlagendsten zu beachten sind: 1. Mehrfache Ermittlungen bzw. Verurteilungen, 2. Hoher Geldbetrag oder eine Vielzahl gleicher Sachen, 3. Deliktische Herkunft der Sachen, 4. Aufbewahrungssituation, insb. ob originalverpackt oder vermischt mit erwiesen illegal Erlangtem, 5. Aktuelle Verbindungen zur organisierten Kriminalität, 6. Unplausible bzw. widersprüchliche Angaben. Ein Vergleich mit der ersten Fallgruppe zeigt dabei deutliche Ähnlichkeiten auf. Auch hier basieren die angeführten Indiztatsachen, bis auf das letzte, lediglich die Glaubwürdigkeit des Betroffenen erschütternde Indiz der widersprüchlichen An­gaben, auf kriminalistischem Erfahrungswissen, welches für eine Prognoseentscheidung zwingend erforderlich ist.831 Fraglich ist aber, ob bei den hier zugrundeliegenden Hehlerei- oder vergleichbaren Delikten in Anbetracht des Schadensausmaßes ebenso der gleiche Grad an bei einer Prognoseentscheidung zulässigerweise

827

VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 140, 143. OVG Lüneburg, NdsVBl 2015, 250 (252 f.); VG Braunschweig, B. v. 19.10.2006, Az.: 5 B 284/06, JURIS, LS. 1, 24, 29; dass., Urt. v. 18.01.2007, Az.: 5 B 332/06, JURIS, Rn. 22 f., 26; VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 142 f. Bei mangelnder Führungsrolle sowie bloß geringer Tatbeteiligung als Indiztatsache für drohende Reinvestierung jedoch unzureichend: OVG Lüneburg, NdsVBl 2015, 250 (253). 829 VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 144. 830 VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 25/08, JURIS, Rn. 22. Allein das Sich­ bewegen in einem kriminellen Milieu ist für den Schluss auf eine weitere Begehung unzu­ reichend: OVG Lüneburg, NdsVBl 2015, 250 (252 f.). 831 Näheres siehe oben: S. 199. 828

I. Landesrechtliche Grenzen  

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verbleibenden Zweifeln besteht wie bei den zuvor betrachteten BtM-Delikten. Ein Vergleich ohne Einzelfallbezug verbietet sich jedoch. Mangels bestehender abstrakter Rangordnung der Grundrechte untereinander832 kann es auch keine abstrakt wertende Entscheidung zwischen dem bedrohten Rechtsgut Leben und Eigentum ob der unterschiedlichen Einstufung des Schadensausmaßes geben. Es verbleibt daher nur die allgemeine Feststellung, dass auch das Eigentum ein bedeutendes Grundrecht ist, so dass dessen drohende Verletzung je nach Einzelfall ebenfalls eine bedeutende, die Anforderungen an die zeitliche Nähe wie prognostische Sicherheit deutlich mindernde Wirkung zukommen kann. Bis auf die Indiztatsache der szenetypischen Stückelung gleichen sich die Indizien, die auf eine zukünftige Begehung krimineller Taten hindeuten, mit denen im Rahmen der Drogenkriminalität angeführten. Die obigen Ausführungen zu den Indiztatsachen der mehrfach geführten Ermittlungen bzw. Verurteilungen833 sowie der Höhe des aufgefundenen Geldbetrages834 gelten entsprechend. Der szenetypischen Stückelung kommt hingegen im Bereich der Vermögenskriminalität gerade keine entscheidende Aussagekraft zu, wie zuvor bei den BtM-Delikten. Zum einen fehlt es an einer für diesen Bereich u. a. durch kriminalistisches Erfahrungswissen objektiv belegbaren typischen Stückelung.835 Zum anderen ist für die Begehung einer Hehlerei oder anderer Vermögensdelikte eine Reinvestierung erlangter Gelder, auch nach kriminalistischem Erfahrungswissen, in der Regel nicht erforderlich. Von der deliktischen Herkunft kann, anders als bei der Drogenkriminalität, für die nach kriminalistischer Erfahrung ein geschlossener Geldkreislauf typisch, eine Reinvestierung der Gelder in zukünftige Delikte zumindest teilweise daher zu erwarten ist, bei der Hehlerei oder ähnlichen Delikten folglich nicht, wie vom VG Oldenburg angenommen,836 gemeinhin auf eine Reinvestierung zur weiteren Begehung mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit geschlossen werden.837

832

BVerfGE 35, 202 (203, 225); Bethge, in: Maunz / Schmidt-Bleibtreu / Klein / Bethge, BVerfGG, St.: (02.2018)/10.2018, § 90 Rn. 311. Zur Unfruchtbarkeit der Lehre von den „stärkeren“ und „schwächeren“ Verfassungsnormen: Leisner, Der Abwägungsstaat, 1997, S. 160 ff. 833 Auch hier steht etwa die Einstellung des Verfahrens einem Schluss auf zukünftige Tatbegehung nicht entgegen, soweit ein Restverdacht verbleibt, der ein Bedürfnis nach einer Sicherstellung begründet; so: VG Braunschweig, B. v. 19.10.2006, Az.: 5 B 284/06, JURIS, Rn. 21; dass., Urt. v. 18.01.2007, Az.: 5 B 332/06, JURIS, OS. 1, Rn. 20; dass., Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 25/08, JURIS, Rn. 20; obige Ausführungen gelten entsprechend, siehe: S. 202 f. 834 VG Braunschweig, B. v. 19.10.2006; Az.: 5 B 284/06, JURIS, LS; dass., B. v. 18.01.2007; Az.: 5 B 332/06, JURIS, Rn. 23: bejahend, dass eine Sicherstellung geringer Beträge, die auch für die Deckung der allgemeinen Lebenshaltungskosten gedacht sein können, generell nicht möglich sei; die dem widersprechenden obigen Ausführungen gelten entsprechend, siehe: S. 204. 835 Anders, eine typische Stückelung i. R. v. § 26 Nr. 2 Nds. SOG ohne nähere Begründung als Indiz andenkend: OVG Lüneburg, B. v. 20.09.2010, Az.: 11 ME 32/10, JURIS, Rn. 16. 836 VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 119. 837 OVG Lüneburg, NdsVBl 2015, 250 (250, 252).

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

Anderes ergibt sich jedoch eventuell im Zusammenspiel mit mehreren aktenkundigen Ermittlungsverfahren bzw. Verurteilungen. Lässt die aus diesen ableitbare Art und Weise der Tatbegehung eine notwendige Reinvestierung erkennen, etwa weil der Betroffene nicht in seinem heimischen Umfeld, sondern bundesweit Vermögensdelikte begeht und hierdurch zur Tatbegehung notwendig Geld in Unterkünfte und Fortbewegungsmittel investieren muss, so kann auch im Bereich der Vermögensdelikte eine Gefahr von Geldern durch ihre beabsichtigte Verwendung ausgehen. Dafür muss jedoch, wie bei den BtM-Delikten, eine wiederholte, sprich geschäftsmäßige Begehung naheliegen. Vergleichbar mit legalen Geschäftsprozessen ist bei derartiger Begehung eine zumindest teilweise Reinvestierung gewonnener Gelder notwendig, um das Geschäft zu erhalten und neue Gewinne erzielen zu können. Dabei ist entscheidend, dass zwischen dem aufgefundenen Geld und dem prognostizierten Delikt ein enger Zusammenhang besteht.838 Besteht ein solch enger Zusammenhang hingegen nicht, fehlt es auch an einer gegenwärtigen Gefahr durch das Geld. Während die deliktische Herkunft von Geldern im Bereich der Vermögens­ kriminalität somit in der Regel keine Indiztatsache für eine zukünftige deliktische Begehung sein kann, gilt wiederum das Gegenteil für deliktisch erlangte Sachen. Kann die deliktische Herkunft der aufgefundenen Sachen angenommen werden, darf in der Regel mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf die baldige Begehung eines Hehlerei-Delikts geschlossen werden.839 Ein solcher Schluss ist nur möglich, wenn kriminalistische Erfahrungswerte diese Annahme stützen. Leider wurden diese vom VG Oldenburg aber weder als solche benannt noch die Erfahrungsregel anderweitig begründet. Um dieser Aussage eine höhere Objektivität zu verleihen, sind jedoch weitere, insbesondere empirische Untersuchen wünschenswert.840 Des Weiteren muss dieser generellen Aussage wohl auch eine Einschränkung hinzugefügt werden. So erscheint ein solcher Schluss nur dann wahrscheinlich, wenn keine eigene Verwendungsabsicht bzw. -möglichkeit des Betroffenen, etwa aufgrund der hohen Stückzahl der aufgefundenen Sachen, erkennbar ist. (cc) Zwischenergebnis Zusammenfassend lässt sich daher für alle Deliktsbereiche feststellen, dass es für das Bestehen einer gegenwärtigen Gefahr maßgeblich auf folgende Indiztatsachen ankommt:

838 VG Braunschweig, B. v. 19.10.2006, Az.: 5 B 284/06, JURIS, LS, Rn. 24, 29; dass., B. v. 18.01.2007, Az.: 5 B 332/06, JURIS, LS. 1, OS. 2, Rn. 23. So u. a. auch: Hunsicker, StV 2010, 212 (214). 839 VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 144. 840 Bestehende empirische Untersuchungen zu dieser Fragestellung konnten leider nicht aufgefunden werden.

I. Landesrechtliche Grenzen  

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1. Ob ein hoher Geldbetrag oder eine Vielzahl gleicher Sachen, evtl. in einer ungewöhnlichen Aufbewahrungssituation oder im Missverhältnis zu den finanziellen Verhältnissen des Betroffenen, insb. seinen legalen Einkünften, aufgefunden worden sind. 2. Ob konkrete Anhaltspunkte für eine deliktische Verwendung zu verzeichnen sind, wie etwa die szenetypische Stückelung im BtM-Bereich oder die deliktische Herkunft der Sachen bei prognostizierten Hehlerei-Delikten. 3. Ob aktuelle Verbindungen zur kriminellen Szene bestehen. 4. Ob unplausible bzw. widersprüchliche Angaben gemacht worden sind. 5. Und am entscheidendsten, ob gegen den Betroffenen mehrfache Ermittlungen bzw. Verurteilungen wegen ähnlicher Delikte aktenkundig sind, deren Art und Weise auf eine strafrechtliche Verwendung schließen lässt; insbesondere bei Bargeld auf eine notwendige Reinvestierung zur weiteren Tatbegehung oder etwa bei Sachen auf eine anschließende Hehlerei. (c) Bar- oder Buchgeld Auffällig bei der für die nähere Betrachtung der Indiztatsachen erforderlichen Durchsicht der Entscheidungen ist, dass es sich bei dem Sicherstellungsgegenstand in diesen Fällen fast durchgängig um Bar- oder Buchgeld handelt, während die von den Verwaltungsbehörden vorgenommenen PräGe-Maßnahmen überwiegend andere Sachen, wie technische Geräte, Kleidung oder Schmuck, betreffen.841 Diese Häufung vermag zu einem Großteil den Besonderheiten von Bar- und Buchgeld geschuldet sein, die eine Sicherstellung nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG problematisch erscheinen lassen. So wird Geld etwa eine Sonderstellung zugeschrieben, da von Geld an sich grundsätzlich keine Gefahren ausgehen könnten, dessen Nennwert den reinen Sachwert übersteigt, es bereits eine Umlauffähigkeit besitzt und mannigfaltige Verwendungsmöglichkeiten eröffnet.842 Dass diese Besonderheiten einer Präventiven Sicherstellung inkriminierter Sachen allerdings weder nach dem Wortlaut der Norm noch dem Willen des Gesetzgebers oder teleologischen Erwägungen entgegenstehen, wurde bereits dargelegt.843 Diese Eigenschaften, die zum Teil auch bei anderen Sachen bestehen,844 haben lediglich zur Folge, dass aufgrund der bestehenden Umlauffähigkeit von Geld es zur Begründung einer gegenwärtigen

841

Vgl. oben angeführtes Diagramm zu PräGe-Verfahren, aufgeteilt entsprechend dem jeweiligen Sicherstellungsobjekt: S. 35. 842 So u. a. etwa: Söllner, NJW 2009, 3339 (3340); ders., DVBl 2009, 1320 (1321). Kritisch: Thiée, StV 2009, 102 (103 f.); ders., StV 2010, 215 (216). 843 Siehe obige Ausführungen entsprechend: S. 140. 844 Siehe u. a. oben: S. 140.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

Gefahr entscheidend auf die bestehende Verwendungsabsicht ankommt,845 die wie aufgezeigt eine i. R. d. § 26 Nr. 1 Nds. SOG zu beachtende Gefahrenquelle darstellt846 und für die im konkreten Einzelfall jeweils ausreichende Anhaltspunkte für eine illegale zukünftige Verwendung der aufgefundenen Gelder vorliegen müssen.847 Genau darin ist aber auch die Schwierigkeit der Gefahrenprognose begründet.848 Geld ist schlicht ein Tauschgut, welches sowohl für illegale als auch legale Zwecke verwendet werden kann, und damit prinzipiell eine neutrale Sache ohne ein in sich begründetes grundsätzliches Gefahrenpotential. Für eine zulässige Sicherstellung von Bar- bzw. Buchgeld müssen daher die Indiztatsachen auf eine zukünftige illegale Verwendung gerade der aufgefundenen Gelder, z. B. zur Finanzierung von Straftaten, schließen lassen, welches nur mithilfe von kriminalistischen Erfahrungswissen möglich ist.849 Bar- bzw. Buchgeld nimmt dabei nur dem Anschein nach eine Sonderstellung ein, wie aufgrund seines reinen Tauschwerts und seiner fehlenden Beschränkung auf eine bestimmte Verwendungsart eventuell zunächst vermutet werden könnte. Eine in etwa vergleichbare Situation findet sich auch hinsichtlich manch anderer körperlicher Sachen. So etwa bei Kfz’en oder auch einfachem Druckpapier, welche ebenfalls für illegale wie legale Zwecke verwendet werden, damit gleichfalls als neutrale Sache bezeichnet werden können. So kann z. B. Druckpapier einerseits legal für die Anfertigung einfacher Briefe oder Rechnungen verwendet werden, andererseits kann es aber auch mit entsprechendem Inhalt beschriftet etwa zur Erpressung und damit für illegale Zwecke gebraucht werden und somit durch Verwendungsabsicht zur Gefahrenquelle werden, ohne dass dem Papier an sich ein grundsätzliches Gefahrenpotenzial immanent ist. Es ist folglich in keiner Weise ungewöhnlich, dass die Prognoseentscheidung zur Begründung einer Gefahrenlage oftmals im Zusammenhang mit dem mutmaßlichem Verhalten und nicht allein mit Blick auf die Sache getroffen werden muss. Ansonsten wären Sachen, deren Gefahrenpotenzial rechtlich geduldet wird, sowie Sachen ohne in sich begründetes Gefahrenpotenzial von der Sicherstellung generell ausgenommen, obwohl eine entsprechende Verwendungsabsicht des Besitzers sehr wohl Gefahren hervorrufen kann. Dies steht nicht nur mit dem Normzweck einer effektiven Gefahrenabwehr im Widerspruch, sondern ermöglicht auch keinen angemessenen Grundrechtsschutz des Bürgers. Um den Einzelfall genau beurteilen zu können, ist in den meisten Fällen, soweit nicht bereits der Besitz der Sache selbst eine Verletzung der öffentlichen Sicherheit darstellt oder etwa die Gefahr sich nicht bloß durch einfachen Zeitablauf zu verwirklichen droht, wie etwa bei einem einsturz-

845 So u. a. auch: OVG Lüneburg, NdsVBl 2015, 250 (251); Söllner, NJW 2009, 3339 (3340); ders., DVBl 2009, 1320 (1321). 846 Näheres oben: S. 181 f. 847 Siehe oben: S. 193 ff. 848 Kritisch, im Ergebnis die Verhältnismäßigkeit verneinend, etwa: Thiée, StV 2009, 102 (103 f.). 849 Siehe oben: S. 199.

I. Landesrechtliche Grenzen  

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gefährdeten Haus,850 gerade das prognostizierte Verhalten ausschlaggebend für die Frage, ob eine Gefahr besteht und ein Einschreiten erforderlich sowie angemessen ist. Dabei kommt den oben genannten Indiztatsachen bei der Prognose des zu erwartenden Verhaltens, wie aufgezeigt, eine entscheidende Rolle zu. (d) Andere Sachen Selbiges gilt kongruent für die anderen im Rahmen der PräGe aufgefundenen Sachen. Um Sachen anderer Art nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG sicherzustellen, wird in der Regel angeführt, es handele sich bei den aufgefundenen Gegenständen wahrscheinlich um Diebesgut, welches alsbald abgesetzt werden soll.851 Gestützt wird sich dabei zur Rechtfertigung der Sicherstellung richtiger Weise nicht auf den behaupteten, begangenen Diebstahl, sondern auf die zukünftige, prognostizierte Hehlerei nach § 259 StGB. Die Sicherstellung wird somit zum Schutz der öffentlichen Sicherheit, in Form der Rechtsordnung, vorgenommen. Maßgeblich kommt es dabei auch hier auf die prognostizierte Verwendungsabsicht des Betroffenen an. Dies entspricht grundsätzlich dem Sinn und Zweck der Norm, § 26 Nr. 1 Nds. SOG. Die offene Frage ist hingegen, ab wann eine solche Prognose gefestigt genug ist, um eine Sicherstellung rechtfertigen zu können. Dies ist eine Entscheidung des Einzelfalls, bei der aber entscheidend oben angeführte Indiztatsachen zu beachten sind. (e) Gegenwärtige Gefahr auch bei Sicherung von Rückforderungsansprüchen? Schließlich stellt sich die Frage, ob die Sicherstellung von Sachen wie Buchgeld auch zur Sicherung privater Rückforderungsansprüche nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG zulässig ist. Dies erscheint bereits mit Blick auf § 26 Nr. 2 Nds. SOG fraglich. So könnte in § 26 Nr. 2 Nds. SOG eine besondere, abschließende Regelung zur Sicherung privater Rechte durch Sicherstellung zu erblicken sein, so dass Nr. 1 für den ausschließlichen Schutz privater Rechte nicht herangezogen werden kann. Ein solch abschließender Charakter kommt § 26 Nr. 2 Nds. SOG jedoch nicht zu.852 850

Bei einem einsturzgefährdeten Haus sind nach § 3 I 2 Nds. SOG die Sonderregelungen in der NBauO zu beachten, so dass ein präventives Einschreiten nach Nds. SOG u. U. nur im Eilfall nach § 26, 3 I 3 Nds. SOG zulässig ist. 851 So etwa: VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 144. 852 Die Zulässigkeit einer Sicherstellung zum Schutz privater Rechte nach Nr. 1 ebenfalls feststellend annehmend: VG Braunschweig, B. v. 19.10.2006, Az.: 5 B 284/06, JURIS, Rn. 30: bei Bargeld, allerdings dabei § 26  Nr.  2  Nds.  SOG verkennend; dass., Urt. v. 02.12.2009, Az.:  5 A 25/08, JURIS, LS. 2, 4, Rn. 19, 22, 26: bei Buchgeld, allerdings ohne die Erforderlichkeit einer Analogie, auch bzgl. § 26 Nr. 1 Nds. SOG, zu diskutieren oder gar zu erwägen; ferner aufgrund der Umwandlung in Buchgeld bloß feststellend die Anwendbarkeit von § 26  Nr.  2  Nds.  SOG ablehnend, dafür bzgl. § 26 Nr. 1 Nds. SOG knapp bejahend; dass., Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, JURIS, LS. 1, 3, Rn. 19, 31, 33: bei Buchgeld, aller­ dings ebenso ohne die Erforderlichkeit einer Analogie, auch bzgl. § 26 Nr. 1 Nds. SOG, zu

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

Nr. 2 wurde einzig als „ein Anwendungsfall der Gefahrenabwehr“ unter mehreren zum Schutz privater Rechte in das Nds. SOG mit aufgenommen; diese Regelung erschien aus deklaratorischen Gründen angebracht, zumal vergleichbare Regelungen bereits vorher bestanden.853 Der Wille, eine abschließende Regelung zu treffen, lässt sich darin nicht erkennen. Eine solche Wirkung würde ferner mit dem Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr im Widerspruch stehen. Eine Sperrwirkung geht von § 26 Nr. 2 Nds. SOG insofern nicht aus. Sollte die Vereitelung oder wesentliche Erschwerung der Verwirklichung privater Rechte drohen und ein zivilgerichtlicher Schutz, etwa mittels dinglichen Arrests nach §§ 916 I, 917 I ZPO, nicht rechtzeitig zu erlangen sein,854 ist die Annahme einer gegenwärtigen Gefahr sowie die sich darauf stützende Sicherstellung von Sachen daher grundsätzlich auch zur Sicherung privater Rückforderungsansprüche zulässig.855 (aa) Vorrang von § 26 Nr. 2 Nds. SOG? Allerdings gilt es im Weiteren ebenso zu beachten, dass, lehnt man mit der herrschenden Meinung den weiten auch unkörperliche Gegenstände erfassenden Sachbegriff ab,856 die Sicherstellung von Buchgeld zur Sicherung von Rückforderungsansprüchen nur mittels Analogie auf § 26 Nr. 1 Nds. SOG gestützt werden kann.857 Dies führt aber zwangsläufig zu der Frage, ob eine analoge Anwendung von § 26 Nr. 2 Nds. SOG nicht sachgerechter wäre.858

diskutieren oder gar zu erwägen; ferner aufgrund der Umwandlung in Buchgeld bloß feststellend die Anwendbarkeit von § 26 Nr. 2 Nds. SOG ablehnend, dafür bzgl. § 26 Nr. 1 Nds. SOG knapp bejahend; VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 108 ff, 116: bei Buchgeld, dabei zwar kurz eine Analogie diskutierend, allerdings im Weiteren nur knapp § 26 Nr. 1 Nds. SOG bejahend ohne eine analoge Anwendung von Nr. 2 zum Schutz privater Rechte zu erwägen; VG Lüneburg, Urt. v. 13.01.2011, Az.: 6 A 143/09, JURIS, Rn. 21, 23, 28: bei Bargeld, allerdings dabei § 26 Nr. 2 Nds. SOG verkennend. 853 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 87; Heise / Riegel, MEPolG, 1978, S. 83: Begründung zu § 21 Nr. 2. 854 Subsidiäre Zuständigkeit des Gefahrenabwehrrechts für den Schutz privater Rechte nach § 1 III Nds. SOG. 855 Zum öffentlichen Interesse bzgl. präventiver Maßnahmen zum Schutz privater Rechte siehe oben: S. 191 f. 856 Näheres zum Sachbegriff siehe oben: S. 146 ff. 857 Dies verkennend, u. a.: VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 25/08, JURIS, LS. 2, 4, Rn. 19, 22, 26; dass., Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, JURIS, LS. 1, 3, Rn. 19, 31, 33. Anders, eine Analogie berücksichtigend, allerdings nur im Zusammenhang mit § 26 Nr. 1 Nds. SOG: VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 108 ff, 116. 858 Ebenfalls § 26 Nr. 2 Nds. SOG heranziehend, jedoch ohne die Erforderlichkeit einer Analogie bei der Sicherstellung von Buchgeld gar zu erwägen: VG Oldenburg, B. v. 30.01.2008, Az.: 2 A 969/07, JURIS, Rn. 28.

I. Landesrechtliche Grenzen  

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(α) Direkte Anwendung von § 26 Nr. 2 Nds. SOG bei unkörperlichen Sachen? Ähnlich wie oben bei der Diskussion des Sachbegriffs, könnte allerdings auch hier mangels Verweises auf zivilrechtliche Normen sowie aufgrund nicht-beste­ hender Begriffseinheit der Normzweck bei der Sicherstellung von Buchgeld zum Schutz privater Rechte eine von § 903  BGB abweichende, Art. 14 I 1 GG entsprechende Auslegung des Eigentumsbegriffs und damit direkte Anwendung von § 26 Nr. 2 Nds. SOG gebieten.859 Denn während Eigentum i. S. d. § 903 BGB ausschließlich das Vollrecht an einer körperlichen Sache bezeichnet,860 ist der Eigentumsbegriff i. S. d. Art. 14 I 1 GG wesentlich weiter. Dieser erfasst nicht nur dingliche, auf körperliche Sachen bezogene Rechtspositionen wie das Eigentum i. S. d. § 903 BGB an ursprünglich sichergestelltem Bargeld, sondern auch alle vermögenswerten Rechte, die dem Anspruchsinhaber als „sein Recht“ zur eigenen Disposition zugeordnet sind,861 wie der durch die Umwandlung des Bar- in Buchgeld entstandene Rückzahlungsanspruch nach § 29 Nds. SOG des wahren Berechtigten gegen die nach § 27 Nds. SOG verwahrende Behörde. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich keine beabsichtigte Einschränkung des Schutzes privater Rechte. Die Einführung von § 26 Nr. 2 Nds. SOG sollte vielmehr einzig klarstellen, dass eine Sicherstellung in Eilfällen i. S. d. § 1 III Nds. SOG auch zur Abwehr von Gefahren betreffend privater Rechte anwendbar ist.862 Mit Blick auf den Normzweck von § 26 Nr. 2 Nds. SOG ist ferner kein Grund ersichtlich, warum die Zulässigkeit von gefahrenabwehrenden Maßnahmen von der Körperlichkeit des Sicherstellungsobjekts abhängig sein sollte, zumal in der heutigen Zeit die für ein zulässiges, präventives Einschreiten hinreichende Gefährdung privater Rechte hinsichtlich körperlicher wie unkörperlicher Sachen gleichermaßen bestehen kann.863 Gegen eine über § 903 BGB hinausgehende Auslegung könnte jedoch sprechen, dass § 26 Nr. 2 Nds. SOG von „Eigentümer oder die Person, die rechtmäßig die tatsächliche Gewalt innehat,“ spricht. Die damit benannte zweite Variante bezieht sich somit ausdrücklich auf körperliche Sachen, denn an unkörperlichen kann man keine tatsächliche, sondern nur eine rechtliche Gewalt innehaben. Allerdings ist § 26 Nr. 2 Nds. SOG ebenso im Kontext seiner zwingenden Folgemaßnahmen zu betrachten. Wie bereits festgestellt werden konnte, ist § 27 Nds. SOG bezüglich der möglichen Beschaffenheit der Sache jedoch bewusst offen und flexibel aus-

859

Zum Nichtbestehen einer Begriffseinheit und seinen Folgen sowie dem weiten Sachbegriff, siehe oben: S. 145 ff. 860 Näheres hierzu u. a.: Staudinger / Althammer, BGB III, 2016, § 903, Rn. 2; Berger, in: Jauer­ nig, BGB, 2018, vor § 903, Rn. 1. 861 BVerfGE 42, 263 (294); 45, 142 (179); 70, 278 (285); 83, 201 (208 f.); 112, 93 (107). 862 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 87; Heise / Riegel, MEPolG, 1978, S. 83: Begründung zu § 21 Nr. 2. 863 Zur geschichtlichen Entwicklung der Zahlungsmöglichkeiten siehe oben: S. 158 f.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

gestaltet worden.864 Praktikabilitätserwägungen sind bei der Verwahrung nach § 27 I 2 Nds. SOG nicht nur zulässig, sondern ausdrücklich erwünscht. Eine Verwahrung von Geldbeträgen ist in Form von Buchgeld statt in Bargeld nicht nur sicherer, sondern zudem auch praktischer und damit nach § 27 Nds. SOG zu bevorzugen. Ferner würde eine strenge Auslegung zudem das Vorliegen der Voraussetzungen von Zufall und Willkür abhängig machen. Geht nämlich einer polizeirechtlichen Sicherstellung etwa eine strafrechtliche voraus, würde eine Verwahrung des aufgefundenen Bargelds in Form von Buchgeld durch Eigentumsübergang nach §§ 948, 947, 949 BGB die Voraussetzungen einer sich anschließenden präventivgefahrenabwehrrechtlichen Sicherstellung trotz Fortbestehen der Gefahrenlage für das in gleicher Weise gewandelte und gefährdete private Rückforderungsrecht entfallen lassen. Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen sowie willkürlichen Entscheidungen ist eine Art. 14 I 1 GG entsprechende Auslegung des Eigentumsbegriffs daher auch im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr zu befürworten. Schließlich vermag eine im Vergleich zu § 903 BGB weitere Auslegung des Eigentumsbegriffs auch nicht völlig zu überraschen. Zum einen aufgrund der Prominenz der Reichweite der Eigentumsgarantie nach Art. 14 I 1 Var. 1 GG, zum anderen, da im allgemeinen Sprachgebrauch durchaus auch die Bezeichnung Forderungseigentümer üblich ist. Mit Blick auf den Normzweck sowie das allgemeine Wortverständnis können unter Eigentum i. S. d. § 26 Nr. 2 Nds. SOG somit nicht nur Vollrechte an körperlichen Sachen, sondern ebenso alle vermögenswerten Rechte, die dem Anspruchsinhaber als „sein Recht“ zur eigenen Disposition zugeordnet sind, gezählt werden. (β) Analoge Anwendung von § 26 Nr. 2 Nds. SOG bei unkörperlichen Sachen? Folgt man hingegen der in Literatur und Rechtsprechung vorherrschenden engeren Auslegung des Eigentumsbegriffs,865 so erscheint bei einer Sicherstellung von Buchgeld zum Schutz privater Rechte jedenfalls aber eine analoge Anwendung von § 26 Nr. 2 Nds. SOG sachgerechter, als von § 26 Nr. 1 Nds. SOG. § 26 Nr. 2 Nds. SOG ist eine deklaratorische Regelung, mit der der Gesetzgeber, auch aus gesetzes-historischen Gründen, einzig die besondere Hervorhebung der Zulässigkeit einer Sicherstellung zum Schutz privater Rechte im Sinne des § 1 III

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Hierzu oben: S. 172 f. So u. a.: VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.:  5 A 25/08, JURIS, LS. 2, Rn. 19; dass., Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, JURIS, LS. 5, Rn. 33; Böhrenz / Siefken, Nds. SOG, 2014, § 26 Rn. 2, 7; Rachor, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 671 f., 694 f.; Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 641 f., 663 f.

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Nds. SOG bezweckt hat.866 Ein eigener Regelungsgehalt ist § 26 Nr. 2 Nds. SOG nicht inhärent. Private Rechte sind ein Bestandteil der Rechtsordnung. Ihr Schutz liegt in Eilfällen, in denen gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne präventives Einschreiten die Verwirklichung des privaten Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert würde, zudem auch im öffentlichen Interesse.867 In derart gelagerten Eilfällen steht folglich der Eintritt des schädigenden Ereignisses, der Vereitelung oder wesentlichen Erschwerung der privaten Rechtsverwirklichung, zumindest auch in allernächster Zeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bevor, wobei der jeweilige Einzelfall bestimmenden Einfluss auf die Grenzen der Anforderungen an eine gegenwärtige Gefahr sowie die Frage ihrer Erfüllung hat.868 Die für § 26 Nr. 2 Nds. SOG erforderlichen Eilfälle erfüllen damit auch stets den für § 26 Nr. 1 Nds. SOG erforderlichen gegenwärtigen Gefahrbegriff nach § 2 Nr. 1 lit. b Nds. SOG. Mit Blick auf den Willen des Gesetzgebers, der für den Schutz privater Rechte zur Klarstellung eine besondere Regelung geschaffen hat,869 ist es daher sachgerechter, diese Kategorisierung und besondere Hervorhebung beizubehalten und für den Schutz von privaten Rückforderungs­ ansprüchen nicht § 26 Nr. 1 Nds. SOG analog, sondern § 26 Nr. 2 Nds. SOG analog heranzuziehen, dem insoweit ein Vorrang durch speziellere Regelung zukommt. Der analogen Anwendung von § 26 Nr. 2 Nds. SOG steht auch kein Analogieverbot entgegen. Insoweit darf entsprechend auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.870 Auch die Analogievoraussetzungen wurden bereits ausführlichst behandelt, so dass hier eine kurze Einlassung genügen soll.871 Aufgrund des dem § 26 Nr. 2 Nds. SOG zugrundeliegenden Regelungszwecks, Gefahren für private Rechte im Sinne des § 1 III Nds. SOG durch eine vorläufige Entziehung in Eilfällen abzuwehren, ist auch hier durch den uneingeschränkten Verweis auf § 1 III Nds. SOG, der klarstellend darauf hinweist, dass alle privaten Rechte in Eilfällen zu schützen sind,872 sowie infolge des technischen Wandels873 für einen effektiven Schutz eine Erstreckung des Eigentumsbegriffs auf alle vermögenswerten Rechte, die dem Anspruchsinhaber als „sein Recht“ zur eigenen Disposition zugeordnet sind, und damit eine Anpassung der Reichweite an die der Eigentumsgarantie nach 866

Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 87; Heise / Riegel, MEPolG, 1978, S. 83: Begründung zu § 21 Nr. 2. 867 Ihrem Schutz kommt im Nds. SOG lediglich eine subsidiäre Stellung zu, die durch § 1 III Nds. SOG nochmals verdeutlicht wird: Heise / Riegel, MEPolG, 1978, S. 26: Begründung zu § 1 Abs. 2. Näheres zum öffentlichen Interesse am Schutz privater Rechte durch präventive Maßnahmen siehe oben: S. 191 f. 868 Zum erforderlichen Grad an zeitlicher Nähe und Wahrscheinlichkeit siehe oben: S. 193 ff. 869 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 87; Heise / Riegel, MEPolG, 1978, S. 83: Begründung zu § 21 Nr. 2. 870 Siehe oben: S. 148 ff. 871 Vgl. oben: S. 164 ff. 872 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 87, 71; Heise / Riegel, MEPolG, 1978, S. 83: Begründung zu § 21 Nr. 2; S. 26: Begründung zu § 1 Abs. 2. 873 Siehe oben: S. 158 f.

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Art. 14 I 1 Var. 1 GG erwartbar. Dafür spricht ebenso entscheidend die bewusst offene Gestaltung der §§ 26 ff. Nds. SOG sowie der Gesetzgeberwille, der mit der Einführung der Spezialermächtigung nur eine Begrenzung der zeitlichen Nähe sicherstellen wollte.874 Eine planwidrige Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage ist folglich betreffend unkörperlicher Sachen, an denen kein Eigentum nach § 903 BGB bestehen kann, zu bejahen. Schließlich vermag die Erstreckung des Eigentumsbegriffs auf alle vermögenswerten Rechte i. S. d. Art. 14 I 1 Var. 1 GG aufgrund der Prominenz der Reichweite der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie sowie der im allgemeinen Sprachgebrauch durchaus üblichen Bezeichnung Forderungseigentümer auch nicht völlig zu überraschen, so dass das objektiv-rechtliche Gleichbehandlungsgebot im vorliegenden Fall das Gebot der Rechtssicherheit überwiegt und infolge dessen eine analoge Anwendung des § 26 Nr. 2 Nds. SOG auf Eigentum i. S. d. Art. 14 I 1 Var. 1 GG, damit auf alle vermögenswerten Rechte, die dem Anspruchsinhaber als „sein Recht“ zur eigenen Disposition zugeordnet sind, generell geboten ist. (bb) Fehlender zivilrechtlicher Schutz als Hindernis einer präventiven Maßnahme Folgt man hingegen dem Ansatz der Rechtsprechung und stützt die Sicherstellung zur Sicherung von Rückforderungsansprüchen auf § 26 Nr. 1 Nds. SOG, allerdings in analoger Anwendung, so gilt es im Weiteren bei der Prüfung des Einzelfalls zu beachten, dass ein gefahrenabwehrendes Einschreiten generell verwehrt ist, wenn der Anspruch dessen Verwirklichung bedroht ist, keinen zivilrechtlichen Schutz genießt.875 So etwa, wenn der Leistende gegen gesetzliche Verbote verstößt. Zwar ist ein Verpflichtungsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nach § 134 BGB nichtig und kann damit grundsätzlich nach bereicherungsrechtlichen Vorschriften kondiziert werden. Jedoch schließt § 817 S. 2 BGB derartige Rückforderungsansprüche aus, bei denen sich der Leistende selbst außerhalb der Rechtsordnung bewegt hat.876 Dabei kann hier offenbleiben, ob in diesem Fall zur Wahrung der Einheit der Rechtsordnung bereits das Bestehen einer gegenwärtigen Gefahr mangels Schutz durch die Rechtsordnung abzulehnen ist oder ein solches Einschreiten schlicht ermessensfehlerhaft wäre.877 Anders aber eventuell etwa bei einem unzulässigen Kauf von Betäubungsmit­ teln. Ein solcher verstößt gegen § 29 I Nr. 1 BtMG. Ein Zweck dieser Norm ist es, den Eigentümerwechsel zu verhindern, so dass die Nichtigkeit des Verpflichtungs­ 874

Vgl. oben: S. 167 f. So etwa auch: VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, JURIS, LS. 4, Rn. 32. 876 BGHZ 35, 103 (107); dass., 36, 395 (399); dass., 44, 1 (6); Schwab, in: MüKoBGB, 2017, § 817 BGB, Rn. 10; Stadler, in: Jauernig, BGB, 2018, § 817, Rn. 8. 877 Als Ermessensfehler ansehend: VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, JURIS, LS. 4, Rn. 32. 875

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geschäfts nach § 134 BGB aufgrund einer Fehleridentität auf das Erfüllungsgeschäft durchschlägt.878 Die Herkunft aus BtM-Delikten muss dafür jedoch bewiesen sein. Eine bloße Gefahrenprognose ist hierfür nicht ausreichend.879 Ist eine solche Herkunft jedoch erwiesen, damit eine Fehleridentität, sprich eine Ausnahme vom Abstraktionsprinzip zu bejahen, ist fraglich, ob § 817 S. 2 BGB auf den Herausgabeanspruch aus § 985 BGB analog angewendet werden kann, um auch diesen auszuschließen. Während die Rechtsprechung eine analoge Anwendung von § 817 S. 2 BGB ablehnt, wird diese von der herrschenden Lehre in der Literatur befürwortet.880 Dieser Streit vermag hier, da er nur begrenzt das Thema dieser Bearbeitung tangiert, jedoch nicht weiter verfolgt werden. Vielmehr genügen in diesem Kontext folgende Überlegungen. Nimmt man mit der herrschenden Lehre eine analoge Anwendbarkeit an, so verweigert § 817 S. 2 BGB auch im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, wie zuvor bei den bereicherungsrechtlichen Vorschriften, dem Leistenden den Rechtsschutz bei Rückforderungsansprüchen. Folgt man hingegen der Rechtsprechung, so wird dem Käufer bei der Geltendmachung seines Rückforderungsanspruchs nach § 985 BGB der Rechtsschutz zwar nicht verwehrt. In diesem Fall ist aufgrund der Strafbewehrtheit des Drogenkaufs jedoch ein mangelnder Rückführungswille des Käufers sehr wahrscheinlich. Der mutmaßliche Wille des Berechtigten ist aber gerade bei dem Schutz privater Rechte von maßgeblicher Bedeutung, denn in dieser Konstellation ist in der Sicherstellung eine öffentlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag zu erblicken.881 Gegen den Willen des Berechtigten ist ein gefahrenabwehrrechtliches Eingreifen daher ebenso unzulässig.882 (cc) Zwischenergebnis Ein präventives Einschreiten zur Sicherung privater Rückforderungsansprüche ist damit nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG sowohl in direkter wie analoger Anwendung durch den Vorrang des § 26 Nr. 2 Nds. SOG verwehrt. Auch wenn nicht der oben präferierten weiten Auslegung des Eigentumsbegriffs i. S. d. Art. 14 I 1 Var. 1 GG 878

BGHSt 31, 145 (146 ff.); Ellenberger, in: Palandt, 2019, § 134, Rn. 13; Armbrüster, in: MüKoBGB, 2015, § 134 BGB, Rn. 10; Vossler, in: Gsell / Krüger / Lorenz / Reymann, ­BeckGross​ OK-BGB, 2018, § 134, Rn. 96. Vgl. auch: Söllner, NJW 2009, 3339 (3340). 879 So etwa auch: Söllner, NJW 2009, 3339 (3340). 880 Näheres zu diesem Streit, siehe etwa: Schwab, in: MüKoBGB, 2017, § 817 BGB, Rn. 18 ff.; Stadler, in: Jauernig, BGB, 2018, § 817, Rn. 9; Wiese, in: Schulze, BGB, 2019, § 817, Rn. 6; Sprau, in: Palandt, 2019, § 817, Rn. 12. 881 OVG Lüneburg, B. v. 20.09.2010, Az.: 11 ME 32/10, JURIS, OS. 2, Rn. 18; VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, JURIS, LS. 4, Rn. 32. So auch: Rachor, in: Lisken  / ​ Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 696 f.; Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 664 f.; Neuhäuser, in: Möstl / Weiner, Nds. SOG, 11/2018, § 26 Rn. 30; Söllner, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 3 Rn. 346; ders., NJW 2009, 3339 (3340). Näheres zum Schutz privater Rechte, siehe auch: S. 220 ff. 882 Zum mutmaßlichen Willen, siehe unten: S. 233 f.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

gefolgt wird, so kommt aufgrund der vom Gesetzgeber getroffenen Kategorisierung jedenfalls der analogen Anwendung von § 26 Nr. 2 Nds. SOG bei Maßnahmen zum Schutz ausschließlich privater Rechte infolge speziellerer, deklaratorischer Regelung ein Vorrang zu. Folgt man hingegen dem Ansatz der Rechtsprechung und stützt eine Sicherstellung zum Schutz privater Rückforderungsansprüche auf § 26 Nr. 1 Nds. SOG, so ist dies jedenfalls nur in analoger Anwendung möglich. Schließlich ist ein präventives Einschreiten aber generell verwehrt, wenn das gefährdete private Recht keinen zivilrechtlichen Schutz genießt. So etwa im Fall des § 817 S. 2 BGB, wenn der Leistende sich außerhalb der Rechtsordnung bewegt hat. Zur Wahrung der Einheit der Rechtsordnung ist dann entweder bereits das Bestehen einer gegenwärtigen Gefahr abzulehnen oder aber ein Einschreiten als ermessensfehlerhaft anzusehen. Im Ergebnis ebenso beim gefahrenabwehrenden Einschreiten zur Sicherung von Rückforderungsansprüchen im Zusammenhang mit Betäubungsmittelgeschäften. Infolge des § 134 BGB und der bei Betäubungsmittelgeschäften anzunehmenden Fehleridentität ist eine Präventive Sicherstellung inkriminierter Sachen entweder mit der herrschenden Lehre aufgrund der analogen Anwendung von § 817 S. 2 BGB883 oder aber mit der Rechtsprechung infolge des aus der Strafbewehrtheit des Verhaltens resultierenden, mutmaßlich fehlenden Rückführungswillens zu verneinen. Basieren die Rückforderungsansprüche jedoch auf Delikten wie Diebstahl oder Hehlerei, bei denen sich der zur Rückforderung Berechtigte selbst nicht außerhalb der Rechtsordnung bewegt hat sowie die entwendete Sache selbst und kein bloßes Surrogat sichergestellt werden kann, so ist die Sicherung derartiger privater Rechte aufgrund der spezielleren Regelung und dem daraus resultierenden Vorrang jedenfalls ausschließlich nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG in direkter Anwendung zulässig. (2) § 26 Nr. 2 Nds. SOG – Schutz privater Rechte – zulässige Bewertungskriterien Ein weiterer im Rahmen der Präventiven Gewinnabschöpfung angeführter, in Einzelfällen auch neben § 26 Nr. 1 Nds. SOG einschlägiger,884 tauglicher Sicherstellungsgrund ist der soeben bereits erwähnte Schutz privater Rechte nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG, dessen Voraussetzungen im Folgenden unter Beachtung der niedersäch 883 Anders, den zivilrechtlichen Schutz nur knapp mittels Verweis auf die direkte Anwendbarkeit von § 817 S. 2 BGB sowie den mutmaßlich fehlenden Rückführungswillen versagend, etwa: VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, JURIS, LS. 4, Rn. 32. 884 So etwa im Fall von aufgefundener Hehlerware, bei dem nicht nur die Sachen zur Sicherung vor Verlust zum Schutz privater Rechte nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG sichergestellt werden können, sondern ebenso nach Nr. 1 zur Verhinderung einer zu befürchtenden Hehlerei nach

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sischen Rechtsprechung und der in diesem Rahmen angeführten Indiztatsachen näher betrachtet werden. (a) Zum Schutz privater Rechte vor Verlust oder Beschädigung Nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG können Sachen sichergestellt werden, um den Eigentümer oder den berechtigten Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung selbiger zu schützen. Wesentlich für ein Einschreiten nach Nr. 2 ist somit im Gegensatz zu Nr. 1 die Eigentums- und Besitzlage der aufgefundenen Sachen. Ist folglich anzunehmen, dass eine aufgefundene Sache deliktisch erlangt worden ist, so kann, soweit nach § 1 III Nds. SOG ein zivilgerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist, diese zum Schutz des Berechtigten vor dauerhaftem Verlust oder Beschädigung nach Nr. 2 sichergestellt werden. Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass zum einen der Eigentumsbegriff auch weiter als der des § 903 BGB ausgelegt werden kann885 und zum anderen nach § 1006 I 1 BGB zugunsten des tatsächlichen Besitzers einer beweglichen Sache grundsätzlich die Eigentumsvermutung streitet. Denn aufgrund der tatbestandlichen Anknüpfung des § 26 Nr. 2 Nds. SOG an zivilrechtlich geregelte Eigentumsfragen sowie mangels diesbezüglich bestehender Sonderregelung ist die Anwendbarkeit der zivilrechtlichen Regelung auch im Gefahrenabwehrrecht gegeben.886 Folglich ist für eine Sicherstellung von körperlichen, beweglichen Sachen nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG die Widerlegung der Vermutung zwingend erforderlich. Infolgedessen gilt es § 1006 BGB, seine Voraussetzungen und Folgen, näher zu betrachten. (aa) Widerlegung der Eigentumsvermutung – § 1006 I 1 BGB Die Eigentumsvermutung nach § 1006 I 1 BGB ist gemäß § 292 ZPO eine wider­ legliche Vermutung887 zugunsten888 des Eigenbesitzers beweglicher Sachen889 mit § 259 StGB. Derart u. a. bei: OVG Lüneburg, B. v. 21.11.2013, Az.: 11 LA 135/13, JURIS, Rn. 4 f., 13; VG Hannover, NVwZ-RR 2008, 616 (616); VG Oldenburg, B. v. 30.01.2008, Az.: 2 A 969/07, JURIS, Rn. 28; dass., Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 103, 114, 144 f.; VG Osnabrück, Urt. v. 31.10.2011, Az.: 6 A 7/09, S. 5, 7, n. v. 885 Näheres zum Eigentumsbegriff des § 26 Nr. 2 Nds. SOG, siehe oben: S. 215 f. 886 Vgl. hierzu: BVerwG, NJW 2003, 689 (690). 887 Gleiches gilt nach § 292 ZPO i. V. m. § 173 VwGO ebenso für den hier näher betrachteten Bereich einer präventiven Sicherstellung nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG. 888 § 1006 BGB kann nicht zum Nachteil des Besitzers herangezogen werden; Näheres siehe etwa: Staudinger / Gursky, BGB III, 2013, § 1006, Rn. 34 f. So u. a. auch: VG Oldenburg, B. v. 30.01.2008, Az.: 2 A 969/07, JURIS, OS. 2, Rn. 9. 889 Ausgenommen sind jedoch etwa Sparbücher oder Fahrzeugbriefe, denn statt per Einigung und Übergabe folgt das Eigentum am Papier dem darin verbrieften Recht; hierzu: Berger, in: Jauernig, BGB, 2018, § 1006, Rn. 1; Schulte-Nölke, in: Schulze, BGB, 2019, § 1006, Rn. 1, 4; Staudinger / Gursky, BGB III, 2013, § 1006, Rn. 2.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

doppelter Vermutungswirkung, nämlich einer Eigentumserwerbsvermutung wie auch einer Bestandsvermutung bis zu dem Zeitpunkt der Begründung eines neuen fremden Eigenbesitzes.890 Die Vermutung bewirkt dabei nicht nur schlicht eine Eigentumszuordnung. Aufgrund des engen Zusammenhangs von § 1006  BGB mit §§ 929 ff. BGB sowie der traditionell vermuteten Identität von Eigentum und Besitz erstreckt sich die Vermutung nach § 1006 I 1 BGB vielmehr sowohl 1. auf die Begründung von Eigenbesitz nach § 872 BGB bei Besitzerlangung als auch 2. die damit zugleich einhergehende Begründung von unbedingtem Eigentum.891 Jedoch greift diese Vermutungswirkung nicht, wenn der sich auf die Vermutung berufende unmittelbare Eigenbesitzer entweder zuvor bereits Fremdbesitz erlangt hat892 oder aber die Eigentumserlangung zeitlich vor oder nach der Besitzerlangung liegt.893 Während ein zeitlicher Dissens von Eigenbesitz- und Eigentums­ erlangung ebenso wie ein vorheriger Fremdbesitz an der Sache somit den Ausschluss der Eigentumsvermutung zur Folge haben, steht hingegen die im Rahmen des § 26 Nr. 2 Nds. SOG befürchtete deliktische Herkunft der Sache der Vermutungswirkung nicht entgegen. Zwar greift in Parallelwertung zu § 935 BGB die Vermutungswirkung nach § 1006 I 2 BGB nicht gegenüber einem früheren Besitzer, dem die Sache abhandengekommen ist.894 Jedoch ist dieser Ausschluss nach Abs. 1 S. 2 gerade auf den früheren Besitzer begrenzt, so dass die Vermutung zwar nicht gegenüber dem früheren Besitzer, wohl aber gegenüber der Behörde greift, so dass eine Sicherstellung nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG nur bei erfolgter Widerlegung der Vermutung nach § 1006 I 1 BGB zulässig ist. Die Widerlegung der Vermutung nach § 1006 I 1 BGB erfordert grundsätzlich entweder den Nachweis, dass es sich bei der aufgefundenen Sache um eine abhandengekommene, damit den Eigentumserwerb ausschließende i. S. d. § 935 BGB895 890

BGH, NJW 1995, 1293 (1293). Zur Bestandsvermutung: Berger, in: Jauernig, BGB, 2018, § 1006, Rn. 1; Staudinger / Gursky, BGB III, 2013, § 1006, Rn. 7. Bestandsvermutung besteht auch im Rahmen des § 1006 II BGB; hierzu etwa: Staudinger / Gursky, BGB III, 2013, § 1006, Rn. 19. 891 Eigentumsvermutung: BGH, NJW 1994, 939 (940 f.); dass., NJW 2002, 2101 (2102); dass., NJW-RR 2005, 281 (281 f.); Berger, in: Jauernig, BGB, 2018, § 1006, Rn. 1; Herrler, in: Palandt, 2019, § 1006, Rn. 1, 4; Staudinger / Gursky, BGB III, 2013, § 1006, Rn. 1, 7, 11. Für die Vermutung nach § 1006 II BGB gilt entsprechendes; hierzu etwa: Staudinger / Gursky, BGB III, 2013, § 1006, Rn. 19. 892 BGH, NJW 2005, 1581 (1583); Berger, in: Jauernig, BGB, 2018, § 1006, Rn. 1; SchulteNölke, in: Schulze, BGB, 2019, § 1006, Rn. 3; Herrler, in: Palandt, 2019, § 1006, Rn. 4; Staudinger / Gursky, BGB III, 2013, § 1006, Rn. 6 f. 893 Herrler, in: Palandt, 2019, § 1006, Rn. 4; Staudinger / Gursky, BGB III, 2013, § 1006, Rn. 7. Ebenso nicht, wenn erst nach Besitzerlangung Erwerb eines Nichtberechtigten durch Genehmigung: Staudinger / Gursky, BGB III, 2013, § 1006, Rn. 9. Zudem muss der Besitzerwerb im Inland stattgefunden haben; maßgeblich für dingliche Rechte ist dabei das Recht des Lageortes; hierzu: Staudinger / Gursky, BGB III, 2013, § 1006, Rn. 52. 894 Vgl. hierzu etwa: Staudinger / Gursky, BGB III, 2013, § 1006, Rn. 15. 895 Nicht jedoch, da keine derogative Wirkung nach § 935 II BGB, bei Geld, Inhaberpapieren sowie Sachen, die im Wege öffentlicher Versteigerung oder in einer Versteigerung nach § 979 Ia BGB veräußert werden.

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sowie die Vermutungswirkung nach § 1006 I 2 BGB derogierende Sache handelt896 oder die Erschütterung der Vermutungsbasis, somit den Nachweis eines mangelnden Eigenbesitzes897 oder aber die Erschütterung der Vermutung selbst durch den Nachweis, dass der Betroffene trotz Eigenbesitzwillen zum Zeitpunkt des Besitzerwerbs kein Eigentum erworben hat.898 Dabei gilt es jedoch entscheidend zu beachten, dass der Ausschluss der Vermutungswirkung nach § 1006 I 2 BGB, wie soeben aufgezeigt, explizit nur einem früheren Besitzer gegenüber greift. Die Behörde kann sich daher nicht, wie etwa von Neuhäuser angenommen,899 auf § 1006 I 2 BGB und damit allein auf das bloße Abhandenkommen berufen. Während ein früherer Besitzer infolge von § 1006 I 2, II BGB somit für das Entfallen der Vermutungswirkung allein den unfreiwilligen Besitzverlust und damit das Abhandenkommen nachweisen muss, muss die Behörde, die sich eben nicht auf § 1006 I 2 BGB berufen darf, obendrein noch das Eigentum eines Dritten nachweisen.900 Gelingt ihr dieser Nachweis des früheren Eigentums eines Dritten sowie eines Abhandenkommens bei Sachen, bei denen ein gutgläubiger Erwerb nach § 935 BGB aufgrund eines Abhandenkommens ausgeschlossen ist, ist damit dann aber auch die Eigentumsvermutung erschüttert, so dass § 1006 I 1 BGB zwar nicht nach Abs. 1 S. 2 entfällt, aber dennoch widerlegt und damit wirkungslos ist. Die Behörde hat im Rahmen einer Sicherstellung nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG daher stets entweder den Nachweis des fehlenden Eigenbesitzes oder aber des Eigentums eines Dritten zu erbringen. (α) Grundsätzliche Anforderungen an die primäre Darlegungs- und Beweislast Neben den Regeln der materiellen Beweislast, denen entsprechend die primäre Beweislast im Bereich der Eingriffsverwaltung, bei dem staatliche Stellen eine in ihrem Interesse liegende belastende Rechtsfolge zu treffen beabsichtigen, stets die Behörde trifft, ist im Rahmen einer Sicherstellung nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG grundsätzlich auch die Einschlägigkeit der Eigentumsvermutung nach § 1006 I 1 BGB zu beachten.901 Während dabei unstreitig die Vermutung nach Abs. 1 S. 1 nur greift, wenn der Betroffene seiner Behauptungslast entspricht und sich auf Eigenbesitz,

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BGH, NJW 1995, 1293 (1293 f.); Berger, in: Jauernig, BGB, 2018, § 1006, Rn. 5; Herrler, in: Palandt, 2019, § 1006, Rn. 6; Staudinger / Gursky, BGB III, 2013, § 1006, Rn. 15: Beweis des Abhandenkommens erforderlich. 897 Berger, in: Jauernig, BGB, 2018, § 1006, Rn. 5; Herrler, in: Palandt, 2019, § 1006, Rn. 7. 898 BGH, NJW 2015, 1678 (1680); Herrler, in: Palandt, 2019, § 1006, Rn. 7 f.; Berger, in: Jauernig, BGB, 2018, § 1006, Rn. 5. Für die Widerlegung der Vermutung nach § 1006 II BGB gilt entsprechendes; hierzu etwa: Staudinger / Gursky, BGB III, 2013, § 1006, Rn. 19. 899 So etwa: Neuhäuser, in: Möstl / Weiner, Nds. SOG, 11/2018, § 26 Rn. 36. 900 So etwa auch mit weitergehenden Ausführungen: Spohnheimer, in: Gsell / Krüger / Lorenz / ​ Reymann, BeckGrossOK-BGB, 2018, § 1006, Rn. 43–44, 46, 48–52. 901 Ebenso u. a.: VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 25/08, JURIS, LS. 4, Rn. 29 f.; Schenke, in: Kopp / Schenke, VwGO, 2018, § 108 Rn. 13.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

damit zumindest implizit auch auf sein Eigentum beruft,902 ist umstritten, welche Anforderungen zur Widerlegung an die Beweislast zu stellen sind. Dabei noch unstrittig trifft die primäre Darlegungs- und Beweislast, dass der, der Eigenbesitz behauptet, nicht Eigentümer ist, stets die jeweils andere Partei, im Rahmen des § 26 Nr. 2 Nds. SOG somit die Behörde, die im Zivilrecht das Gegenteil der Behauptung zur Überzeugung des Gerichts nach § 286 ZPO beweisen müsste.903 Das Gericht entscheidet somit nach freier Überzeugung, ob es eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für unwahr erachtet. Dieser Grundsatz der freien Beweiswürdigung gilt dabei nicht nur für Zivilgerichte, sondern nach § 108 I 1 VwGO ebenso für Verwaltungsgerichte, so dass die zivilrechtlichen Erwägungen zu den an die Beweislast zu stellenden Anforderungen grundsätzlich übernommen werden können. Jedoch ist umstritten, welcher Grad an Überzeugung zur Widerlegung der Eigentumsvermutung erforderlich ist. Während teilweise die volle Überzeugung verlangt wird, dass der sich auf die Vermutung Berufende nicht Eigentümer ist,904 genügt etwa Schenke bereits das Bestehen von erheblichen Zweifeln an der Eigentümer 902

Hierzu etwa: Staudinger / Gursky, BGB III, 2013, § 1006, Rn. 42. Anders Neuhäuser, in: Möstl / Weiner, Nds. SOG, 11/2018, § 26 Rn. 36: der darin eine Widerlegung der Vermutung sieht, statt die Nichterfüllung des Vermutungstatbestandes; dabei Söllner, NJW 2009, 3339 (3340), zitierend, der jedoch in diesem Kontext richtigerweise ebenfalls von einer Nichterfüllung des Tatbestands, statt einer Widerlegung der Vermutung spricht. Der strittigen Frage, ob auch ein Fremdbesitzer sich auf die für einen höherrangigen mittelbaren Besitzer streitende Eigentumsvermutung nach § 1006 I, III BGB berufen kann, vermag im Rahmen dieser Arbeit aus Gründen der Schwerpunktsetzung nicht nachgegangen werden; es bleibt hier daher bei dem Verweis auf den i. V. m. einem Pachtvertrag eine derartige Erweiterung bejahenden BGH, NJW 2002, 2101 (2101 f.); weitergehender: Staudinger / Gursky, BGB III, 2013, § 1006, Rn. 35 f. sowie andererseits jedwede Erweiterung ablehnend u. a.: Baldus, in: MüKoBGB, 2017, § 1006 BGB, Rn. 23, 26 f. 903 BGH, NJW 2002, 2101 (2102). Gemäß den Regeln der materiellen Beweislast trifft diese Last im Bereich der Eingriffsverwaltung auch ohne § 1006 I 1 BGB stets die Behörde; siehe oben zu Fn. 901. Die die Behörde treffende primäre materielle Beweislast hingegen verkennend und aufgrund fehlenden unmittelbaren Besitzes von der Unanwendbarkeit der Vermutungswirkung nach § 1006 I 1 BGB auf eine volle primäre Beweispflicht des von der Sicherstellung nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG Betroffenen bzgl. seiner Eigentumsposition oder anderweitigen Berechtigung schließend: VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 147. Damit ignoriert das VG Oldenburg jedoch nicht nur die Regeln der materiellen Beweislast, sondern verkennt ebenso die Anwendbarkeit der Eigentumsvermutung zugunsten eines mittelbaren Besitzers nach § 1006 III BGB. Zur strittigen Frage, ob auch ein Fremdbesitzer sich auf die für einen höherrangigen mittelbaren Besitzer streitende Eigentumsvermutung nach § 1006 I, III BGB berufen kann, in Kürze vorherige Fn.: 902. 904 BGH, NJW 2002, 2101 (2102). So auch: VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 25/08, JURIS, Rn. 29, 39: eine volle Überzeugung des Gerichts verlangend, allerdings dabei ein nach den Umständen wahrscheinlicher erscheinendes Eigentum eines Dritten zur Widerlegung der Vermutung als ausreichend erachtend; Söllner, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 3 Rn. 347: verweisend auf VGH München, VGHE By 63, 277 (278), welches jedoch, anders als Söllner, keine absolute Unwahrscheinlichkeit, sondern lediglich eine wahrscheinlichere Eigentümerstellung verlangt (siehe Fn. 908); Söllner, NJW 2009, 3339 (3340). Anders ebenso, keinen vollständigen Ausschluss von Zweifeln verlangend: BGH, NJW 1993, 935 (937); Staudinger / Gursky, BGB III, 2013, § 1006, Rn. 43, 47.

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stellung.905 Aufgrund des unzuverlässigen Schlusses vom Besitz auf das Eigentum, dürfen jedoch generell an die Widerlegung keine übersteigerten Anforderungen gestellt werden; so können bereits Beweisanzeichen und Erfahrungssätze ausreichend sein.906 Dabei muss für eine Widerlegung im Rahmen der zivilrechtlichen Wertung das Eigentum eines Anderen aber zumindest aufgrund von Indizien, die „mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewißheit“907 das nach § 1006 I 1 BGB zu vermutende Eigentum erschüttern, wenigstens wahrscheinlicher sein.908 Dementsprechend bedarf es zur Entkräftung der Eigentumsvermutung nicht der Widerlegung jeder nur abstrakt denkbaren Erwerbsmöglichkeit.909 Grundsätzlich genügt bereits die Widerlegung der behaupteten Erwerbsweise im Rahmen einer freien Beweiswürdigung für die Widerlegung der Vermutung.910 Schweigt der Vermutungsbegünstigte allerdings zu der Art und Weise des Eigentumserwerbs, fehlt in der Regel der Gegenseite für einen Gegenbeweis jeglicher Anknüpfungspunkt. Aufgrund der daraus resultierenden Beweisnot der anderen Partei wird das Schweigen daher zum Teil als Missachtung einer aus der Wahrheitspflicht nach § 138 ZPO abgeleiteten Aufklärungsobliegenheit gewertet und damit das Entfallen der Vermutungswirkung begründet,911 wohingegen Andere ein solches Verhalten als rechtsmissbräuchlich und nach §§ 242, 826 BGB zu Korrigierendes ablehnen912 oder aufgrund des Schweigens im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO zu einer negativen Bewertung bezüglich der Eigentümerstellung des sich auf

905

Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, Rn. 159 Fn. 427. BVerwG, NJW 2003, 689 (690); OVG Lüneburg, B. v. 20.09.2010, Az.: 11 ME 32/10, ­JURIS, OS. 1, Rn. 9, 16; VG Hannover, NVwZ-RR 2008, 616 (616); Neuhäuser, in: Möstl  / ​ Weiner, Nds. SOG, 11/2018, § 26 Rn. 37, 73; Söllner, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizeiund OrdnungsR, 2013, Kap. 3 Rn. 347. Näheres, siehe u. a. ebenso: BGH, NJW  1961, 777 (779); Staudinger / Gursky, BGB III, 2013, § 1006, Rn. 47; Baldus, in: MüKoBGB, 2017, § 1006 BGB, Rn. 66 f. 907 BGH, NJW 1993, 935 (937). 908 So auch: BVerwG, NJW 2003, 689 (690); BGH, NJW 1993, 935 (937); VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 25/08, JURIS, Rn. 29; Neuhäuser, in: Möstl / Weiner, Nds. SOG, 11/2018, § 26 Rn. 73. Vgl. ebenfalls: OVG Münster, B. v. 11.08.2010, Az.: 5 A 298/09, JURIS, Rn. 33, 35; VGH München, VGHE By 63, 277 (278); dass., NVwZ-RR 2012, 686 (688). 909 BGH, JR 1978, 18 (20); BGH, NJW 2015, 1678 (1680); Staudinger / Gursky, BGB III, 2013, § 1006, Rn. 49; Baldus, in: MüKoBGB, 2017, § 1006 BGB, Rn. 68, 50. 910 So etwa: BGH, NJW 1960, 1517 (1518); BGH, NJW 2015, 1678 (1680); OVG Münster, B. v. 11.08.2010, Az.: 5 A 298/09, JURIS, Rn. 29, 31; Staudinger / Gursky, BGB III, 2013, § 1006, Rn. 48; Baldus, in: MüKoBGB, 2017, § 1006 BGB, Rn. 68, 50; Herrler, in: Palandt, 2019, § 1006, Rn. 7 f.; Berger, in: Jauernig, BGB, 2018, § 1006, Rn. 5; Neuhäuser, in: Möstl / Weiner, Nds. SOG, 11/2018, § 26 Rn. 73; Söllner, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 3 Rn. 347. 911 So etwa: Medicus, in: FS für Fritz Baur, 1981, S. 63 (77 ff., 80, 82); Staudinger / Gursky, BGB III, 2013, § 1006, Rn. 49. Ähnlich, auf sekundäre Beweislast abstellend u. a.: Baldus, in: MüKoBGB, 2017, § 1006 BGB, Rn. 50, 21. Anders, bloßes Bestreiten des Eigentumserwerbs für Aufklärungsobliegenheit als unzureichend erachtend: Spohnheimer, in: Gsell / Krüger / Lorenz / Raymann, BeckGrossOK-BGB, 2018, § 1006, Rn. 67.1. 912 So etwa: Münch, in: Soergel, BGB, 2007, § 1006 Rn. 26. 906

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

die Vermutung Berufenden kommen.913 Diesem Streit kann im Rahmen dieser Arbeit aus Gründen der Schwerpunktsetzung jedoch nicht weiter nachgegangen werden. Für die weitere Bearbeitung muss vielmehr die Feststellung genügen, dass das Schweigen des Vermutungsbegünstigten jedenfalls nach einer Widerlegung naheliegender Erwerbsmöglichkeiten bei fehlenden konkreten Anhaltspunkten im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 108 I 1 VwGO grundsätzlich negativ zu bewerten ist und, sollte der Begünstigte seiner durch einen derartigen Vortrag begründeten sekundären Darlegungslast hinsichtlich der in seiner Sphäre liegenden Erwerbsumstände trotz der nach § 26 II 1, 2 VwVfG, § 86 I 1 HS. 2 VwGO bestehenden Mitwirkungspflicht nicht nachkommen,914 „mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewißheit“915 zu einer wahrscheinlicheren Eigentümerstellung eines Anderen und damit, wie im Fall einer Widerlegung einer behaupteten Erwerbsweise, zu einer Entkräftung der Vermutungswirkung aus § 1006 I 1 BGB führt. (β) Beweislastumkehr / besondere Anforderungen im Gefahrenabwehrrecht? Fraglich ist jedoch, ob dieser Grundsatz, dass für eine Widerlegung des § 1006 I 1 BGB nach freier Beweiswürdigung das Eigentum eines Anderen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit wahrscheinlicher sein muss, so auch ins Gefahrenabwehrrecht zu übernehmen ist. Bei einer gefahrenabwehrrechtlichen Sicherstellung nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG geht es nicht allein um Eigentumsfragen, sondern gerade auch um die Ermöglichung einer effektiven Sicherung in Eilfällen. Es gilt somit, auch mit Blick auf die Wahrung der Einheit der Rechtsordnung, die verschiedenen zivilrechtlichen wie gefahrenabwehrenden Zwecke bei der Auslegung der anzuwendenden Normen, §§ 26 Nr. 2 Nds. SOG, 1006 I 1 BGB, zu beachten. Während § 1006 I 1 BGB den Schutz des aktuellen Besitzers bezweckt, der in der Regel seinen Eigentumsnachweis nicht mehr führen kann und sich damit in einer Beweisnot befindet, da entweder der Voreigentümer verstorben ist, er sich an das Rechtsgeschäft nicht mehr erinnern kann oder Belege nicht mehr verfügbar sind, indem er in Anlehnung an §§ 929 ff BGB grundsätzlich den Eigenbesitz als ausreichenden Nachweis für das Eigentum erachtet,916 bezweckt § 26 Nr. 2 Nds. SOG, allein bei bestehender Eilbedürftigkeit, ganz generell den Schutz des tatsächlich berechtigten Besitzers vor Verlust oder Beschädigung seiner Sache. Gerade diese Eilbedürftigkeit kann und muss jedoch den Anwendungsbereich der Eigentums 913

Näheres: Staudinger / Gursky, BGB III, 2013, § 1006, Rn. 49. Vgl. OVG Lüneburg, B. v. 23.05.2011, Az.: 11 PA 158/11, n. v. S. 3. Näheres zu den Folgen einer fehlenden Mitwirkung i. S. d. § 26 II VwVfG siehe unten: S. 277 ff. 915 BGH, NJW 1993, 935 (937). 916 Staudinger / Gursky, BGB III, 2013, § 1006, Rn. 27. 914

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vermutung maßgeblich bestimmen. Zwar nicht indem sie, wie von einigen Stimmen behauptet,917 eine Beweislastumkehr, somit eine Ausnahme vom rechtlichen Grundsatz, aus gefahrenabwehrrechtlichen Gesichtspunkten im rechtlichen Sinne begründet. Eine Beweislastumkehr wie nach § 12a Zoll-Vollzugsgesetz ist im Nds. SOG gerade nicht existent.918 Allerdings kann die Eilbedürftigkeit faktisch sehr wohl zu einem derartigen Wechsel führen, da nach Tatbestandserfüllung, damit nach erfolgreicher Widerlegung der Vermutung, die Beweislast für das Gegenteil, also für das Eigentum des durch die Sicherstellung Belasteten, dem von der Maßnahme Betroffenen in Form einer sekundären Darlegungslast obliegt.919 Im Ergebnis ist den Gerichten somit zuzustimmen, allerdings handelt es sich bei der Begriffswahl einer Beweislastumkehr um eine falsa demonstratia non nocet. Ferner ist mit Blick auf den Telos der §§ 26 Nr. 2, 1 III Nds. SOG zu verhindern, dass die Verwirklichung von privaten Rechten vereitelt oder wesentlich erschwert wird, so ist der erforderliche Grad an Wahrscheinlichkeit einzelfallabhängig und jeweils, wie im Polizeirecht üblich, flexibel in Relation zu der zeitlichen Nähe und der befürchteten Schadenshöhe zu bestimmen. Dabei gilt es bei der Auslegung sowohl den in §§ 26 Nr. 2, 1 III Nds. SOG als auch in § 1006 I 1 BGB getroffenen Wertungen zur Geltung zu verhelfen, so dass an dem grundsätzlich im Rahmen des § 1006 I 1 BGB zur Widerlegung geforderten Grad der Überzeugung, damit dem zumindest wahrscheinlicheren Eigentum eines Dritten,920 nicht einseitig festgehalten werden kann. Denn das für den Nachweis eines wahrscheinlicheren Eigentums Erforderliche wird in Eilfällen in der Regel aufgrund der zeitlichen Dringlichkeit nicht zu erbringen sein. Nach teleologischer Auslegung der §§ 26 Nr. 2, 1 III Nds. SOG ist zur Verhinderung einer Vereitelung oder wesentlichen Erschwerung der Verwirklichung privater Rechte in Eilfällen der erforderliche Grad an Gewissheit daher beim ersten Auffinden in der Regel gering, so dass das Eigentum eines Drit 917 So etwa, die Regeln der materiellen Beweislasst verkennend eine Beweislastumkehr annehmend: VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 147; näheres hierzu, oben: Fn. 903. Vgl. u. a. auch mit unglücklicher Begriffswahl, eine bedeutungsfremde Verwendung des Terminus der Beweislastumkehr nicht hervorhebend, möglicherweise aber dennoch ebenso auf eine faktische Umkehr abstellend: VG Hannover, NVwZ-RR 2008, 616 (616 f.); VG Stade, Az.: 1 A 19/07, in: Hunsicker, Entscheidungssammlung, 2017, S. 59 (64); vgl. ebenso: VG Regensburg, Az.: RN11 K 03.1962, in: Hunsicker, Entscheidungssammlung, 2017, S. 107 (114). Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515 (1516), Nr. 3.4 (­VORIS 21011); ersetzt durch den Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258 (259), Nr. 3.4 (­VORIS 21011). Gegen eine Beweislastumkehr, dabei aber den Grund für die Anwendung des § 1006 BGB i. R. d. herangezogenen Urteile missdeutend, u. a.: Waechter, NordÖR 2008, 473 (477 f.). 918 So auch: Söllner, NJW 2009, 3339 (3340). 919 BGH, NJW 2002, 2101 (2102): Bestehen einer sekundären Darlegungslast im Rahmen von § 1006 BGB offenlassend. Zur freien Beweiswürdigung sowie sekundären Darlegungslast, siehe oben: S. 226. 920 Gemäß den grundsätzlichen Anforderungen an § 1006 I 1 BGB (siehe oben S. 223 ff.) widerlegt, wenn „mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewißheit“ das Eigentum eines Dritten wenigstens wahrscheinlicher ist; so u. a.: BGH, NJW 1993, 935 (937).

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ten zur Widerlegung von § 1006 I 1 BGB nicht zwangsläufig bei Sicherstellung wahrscheinlicher sein muss. Dies ist auch mit dem Telos des § 1006 I 1 BGB vereinbar, denn § 26 Nr. 2 Nds. SOG begründet nur eine vorläufige Maßnahme, während auf der anderen Seite, bei gefahrenabwehrrechtlichem Nicht-Einschreiten, jedoch eine Rechtsvereitelung oder zumindest wesentliche Erschwerung der Verwirklichung privater Rechte droht, so dass für eine zulässige Sicherstellung und damit erforderliche Widerlegung von § 1006 I 1 BGB bereits die Plausibilität des Eigentums eines Drittens je nach Relation zur zeitlichen Schadensnähe und befürchteten Höhe ausreichend sein kann. Die Plausibilität des Eigentums eines Dritten muss mit Blick auf den Telos der Normen daher beim ersten Auffinden und Sicherstellen der Sache in der Regel genügen.921 Erst mit fortlaufender Verwahrung sowie damit einhergehender Zeit zur Sachverhaltsaufklärung aller entscheidungsrelevanten für den Betroffenen positiven wie negativen Umstände, zu der die Behörde nach § 24 VwVfG auch verpflichtet ist, steigt aufgrund der in § 1006 I 1, II BGB angelegten Wertung der erforderliche Grad an Gewissheit bezüglich der streitigen Eigentumsposition. Allerdings dürfen auch bei gesteigertem Grad, wie aufgezeigt,922 keine zu hohen Anforderungen an die Widerlegung gestellt werden. So kann etwa auch bei der gesteigerten Anforderung eines zumindest wahrscheinlicheren Eigentums bereits eine Branchenüblichkeit eines Eigentumsvorbehalts die Vermutung widerlegen.923 Je nach zeitlicher Nähe sowie drohender Schadenshöhe variiert der erforderliche Grad an Gewissheit daher von einer bloßen erforderlichen Plausibilität bis hin zu einem wenigstens wahrscheinlicheren Eigentum eines Dritten.924 Damit wird in der Regel der erforderliche Grad an Gewissheit bezüglich der Eigentumslage bei der Sicherstellung gemäß § 26 Nr. 2 Nds. SOG sowie bei der hierzu erforderlichen Widerlegung der Vermutung nach § 1006 I 1 BGB geringer sein als bei der späteren Entscheidung über eine Verwertung oder Herausgabe nach §§ 28, 29 Nds. SOG sowie der in diesem Zusammenhang inzident erforderlichen Widerlegung der Eigentumsvermutung nach § 1006 II BGB. Denn bei dieser sich anschließenden Folge-Entscheidung stand zur Beurteilung der Eigentumsfrage mehr Zeit zur Verfügung, so dass die Indizlage sowie der erforderliche Grad an Wahrscheinlichkeit der Eigentumsposition grundsätzlich anders zu beurteilen sind als bei dem ersten Auffinden und Sicherstellen der Sache. Bei einer derartigen Auslegung von §§ 26 Nr. 2, 28, 29 Nds. SOG, 1006 I 1, II BGB ergeben sich durch 921 Im Ergebnis ebenso, aufgrund des allein vorläufigen Charakters und des bloßen Erfordernisses einer Gefahr bereits Anhaltspunkte als ausreichend erachtend: VG  Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 148; Waechter, NordÖR 2008, 473 (476 f.). 922 Siehe oben: S. 223 ff. 923 Siehe: BGHZ 42, 53 (55 f.); Staudinger / Gursky, BGB III, 2013, § 1006, Rn. 47. 924 Anders, auch bei zugestandener Beweiserleichterung ein mindestens wahrscheinlicheres Eigentum eines Dritten fordernd, aber z. B.: VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 25/08, JURIS, Rn. 29.

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die unterschiedliche Anwendung des § 1006 I 1, II BGB bei Sicherstellungs- und späterer Verwertungs- oder Herausgabeentscheidung auch weder Zirkelschluss noch Wertungswidersprüche. Denn kann eine Sache aufgrund des im Einzelfall erforderlichen, etwa infolge der fortgeschrittenen Zeit sowie neu hinzugewonnener Indizien gesteigerten Grads an Gewissheit nicht nach § 28 I Nr. 4 Nds. SOG verwertet werden und ist daher in der Folge wieder an den Betroffenen herauszugeben, dann kann die Sache auch nicht erneut nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG sichergestellt werden, da der bei der Prüfung einer Verwertung anzulegende Grad an Gewissheit dann identisch bei der Prüfung einer erneuten Sicherstellung heranzuziehen ist. Schließlich ergibt sich ein Widerspruch auch nicht im Zusammenhang mit § 29 Nds. SOG und der darin enthaltenen Wertung, dass es der Polizei nicht zuzumuten sei, Eigentumsberechtigungen zu prüfen.925 Denn auch bei gesteigerter Anforderung ist zur Widerlegung der Vermutung nach § 1006 I 1, II BGB gemäß § 108 VwGO, wie soeben aufgezeigt, lediglich die Überzeugung von einem zumindest wahrscheinlicheren Eigentum eines Dritten ausreichend; eine detaillierte Eigentumsprüfung damit nicht erforderlich. Darüber hinaus ermöglicht § 29 I 2 Nds. SOG für den Fall, dass eine Herausgabe an die Person, bei der die Sache sichergestellt worden ist, nicht möglich ist, eine Herausgabe an eine andere Person, soweit diese ihre Berechtigung glaubhaft machen kann. Die Glaubhaftmachung erfordert ihrerseits gemäß dem allgemeinen Wortverständnis dabei eine zumindest überwiegend wahrscheinliche Berechtigung.926 Damit deckt sich die gesteigerte Anforderung zur Vermutungswiderlegung, die ein zumindest wahrscheinlicheres Eigentum eines Dritten voraussetzt, widerspruchsfrei mit der im Rahmen des § 29 I 2 Nds. SOG geforderten Glaubhaftmachung einer Berechtigung im Fall der unmöglichen Herausgabe an die Person, bei der sichergestellt worden ist. Ein Wertungswiderspruch liegt somit auch durch die unterschiedliche Anwendung des § 1006 I 1, II BGB im Zusammenhang mit §§ 26 Nr. 2, 29 Nds. SOG nicht vor. (γ) Erhöhte Anforderungen bei Bargeld? Des Weiteren ist der Frage nachzugehen, ob bei Bargeld als Sicherstellungsobjekt, wie von Söllner vertreten,927 zur Widerlegung der Eigentumsvermutung besonders gesteigerte Anforderungen vorliegen müssen. Hierfür spricht der Umstand, dass die Eigentumsvermutung an §§ 929 ff BGB angelehnt auf dem Grund 925

Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 88; Heise / Riegel, MEPolG, 1978, S. 89: Begründung zu § 24 Abs. 1. 926 Creifelds, Rechtswörterbuch, 2017, S. 597. Vergleichbar, vom „Nachweis einer erheblichen Wahrscheinlichkeit der zu beweisenden Tatsache“ sprechend, so Duden online, abgerufen unter URL: https://www.duden.de/rechtschreibung/Glaubhaftmachung (Stand: 06.02.2018). Wie oben auch: Söllner, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 3 Rn. 393. Vgl. ebenso: Saipa, Nds. SOG, St.: (05.2013)/08.2017, § 29 Rn. 2. 927 Söllner, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 3 Rn. 349: dabei auf ein nicht-einschlägiges Urteil des VGH München abstellend.

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satz aufbaut, dass mit Eigenbesitz auch Eigentum erlangt wird.928 Da § 935 II BGB auch den Eigentumserwerb in gutem Glauben nach §§ 932 ff BGB bei abhanden gekommenen Geld929 aufgrund seiner Umlauffähigkeit zulässt,930 ist der Rückschluss vom Besitz auf das Eigentum bei Geld im Vergleich zu anderen, nicht in Abs. 2 aufgeführten Sachen ein zuverlässigerer. Dies könnte bei erster Betrachtung daher zu gleichermaßen gesteigerten Anforderungen an die Widerlegung der Vermutungswirkung führen.931 Auch unabhängig von der in § 29 Nds. SOG zum Ausdruck kommenden Wertung, dass eine Prüfung der Berechtigung den zuständigen Stellen nicht zugemutet werden kann, führt der zuverlässigere Schluss jedoch nicht zu einer derartigen Verschärfung der Tatbestandsvoraussetzungen, sondern wirkt sich lediglich auf die Subsumtion im Einzelfall aus.932 Denn aufgrund des zuverlässigeren Schlusses sowie der grundsätzlich kaum möglichen Individualisierbarkeit von Bargeld933 ist der zu erbringende Aufwand zur Erreichung des im Einzelfall erforderlichen Grads an Überzeugung, bis hin zu einem wahrscheinlicheren Eigentum eines Dritten, in der Regel höher. (δ) Zwischenergebnis Die Widerlegung der Eigentumsvermutung nach § 1006 I 1 BGB erfordert somit entweder die Erschütterung der Vermutungsbasis durch den Nachweis mangelnden Eigenbesitzes oder aber die Erschütterung der Vermutung selbst, entweder durch den Nachweis eines zeitlichen Dissens, bei dem die Eigentumserlangung zeitlich vor oder nach der Besitzerlangung liegt, oder den Nachweis, dass der Betroffene generell kein Eigentum erworben hat. Auf einen Ausschluss der Vermutungswirkung nach § 1006 I 2 BGB durch den bloßen Nachweis eines Abhandenkommens der aufgefundenen Sache kann sich die Behörde jedoch nicht berufen. Der offenen Frage, ob auch ein Fremdbesitzer sich auf die für einen höherrangigen mittelbaren Besitzer streitende Eigentumsvermutung nach § 1006 I, III BGB berufen kann, konnte aus Gründen der Schwerpunktsetzung leider nicht näher nachgegangen werden.934 Während den Vermutungsbegünstigten zwar grundsätzlich nur eine Behauptungslast trifft, er sich für die Anwendbarkeit von § 1006 I 1 BGB somit nur auf 928

Hierzu u. a.: Staudinger / Gursky, BGB III, 2013, § 1006, Rn. 2. Ebenso bei Inhaberpapieren und Sachen, die im Wege einer öffentlichen Versteigerung oder einer Versteigerung nach § 979 Ia BGB erworben worden sind; vgl. § 935 II BGB. 930 Näheres u. a.: Oechsler, in: MüKoBGB, 2017, § 935 BGB, Rn. 14 f. 931 Dies annehmend: Söllner, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 3 Rn. 349: dabei auf ein nicht-einschlägiges Urteil des VGH München abstellend. 932 Ebenfalls keine gesteigerten Voraussetzungen zur Vermutungswiderlegung infolge der Besonderheiten beim Bargeld annehmend, siehe u. a.: Staudinger / Gursky, BGB III, 2013, § 1006, Rn. 51, 42 ff. 933 Problem der Individualisierbarkeit kann allerdings auch bei anderen Sachen aus standardisierter Herstellung bestehen, wie etwa bei Sammlermünzen oder einfachen Goldringen. 934 Hierzu in Kürze, einen Einblick in den Streitstand aufweisend, oben: Fn. 902 a. E. 929

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seinen Eigenbesitz berufen muss und zu einer Schilderung der Erwerbsweise nicht verpflichtet ist, kann dennoch ein Schweigen des Vermutungsbegünstigten nach § 108 I 1 VwGO negativ zu bewerten sein. Denn eine Widerlegung naheliegender Erwerbsmöglichkeiten bei fehlenden konkreten Anhaltspunkten begründet eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der in der Sphäre des Vermutungsbegünstigten liegenden Erwerbsumstände. Kommt der Begünstigte dieser trotz nach § 26 II 1, 2 VwVfG, § 86 I 1 HS. 2 VwGO bestehender Mitwirkungspflicht nicht nach, kann daher „mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewißheit“935 eine wahrscheinlichere Eigentümerstellung eines Anderen und damit, wie im Fall der Widerlegung einer behaupteten Erwerbsweise, eine Entkräftung der Vermutungswirkung nach § 1006 I 1 BGB angenommen werden. Dabei besteht eine Beweislastumkehr aus gefahrenabwehrrechtlichen Gründen nicht. Eine teleologische Auslegung der §§ 26 Nr. 2, 1 III Nds. SOG, 1006 I 1 BGB ergibt allerdings, dass der erforderliche Grad an Gewissheit im Gefahrenabwehrrecht von einer bloßen erforderlichen Plausibilität bis hin zu einem wenigstens wahrscheinlicheren Eigentum eines Dritten je nach zeitlicher Nähe sowie drohender Schadenshöhe variiert. Beim ersten Auffinden der Sache wird der erforderliche Grad an Gewissheit bezüglich der Eigentumslage bei der Sicherstellung gemäß §§ 26 Nr. 2 Nds. SOG, 1006 I 1 BGB daher in der Regel geringer sein als bei der späteren Entscheidung über eine Verwertung oder Herausgabe nach §§ 28, 29 Nds. SOG, 1006 II BGB. Zirkelschlüsse wie Wertungswidersprüche zwischen §§ 1006 I 1 und 1006 II BGB sowie im Zusammenhang mit § 29 Nds. SOG entstehen dabei nicht. Schließlich führen die Besonderheiten bei Bargeld auch zu keinen gesteigerten Tatbestandsvoraussetzungen hinsichtlich der Vermutungswiderlegung. Sie erhöhen allerdings bei der Subsumtion in der Regel den erforderlichen Begründungsaufwand, um den im Einzelfall je nach zeitlicher Nähe sowie drohender Schadenshöhe erforderlichen Grad an Gewissheit bezüglich der Eigentumslage zu erreichen. (bb) Zulässigkeit trotz unbekanntem Berechtigten? Ist die Eigentumsvermutung erfolgreich widerlegt, ist im Weiteren fraglich, ob ein präventives Einschreiten zum Schutz privater Rechte nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG auch zulässig ist, wenn der zu schützende Berechtigte ein Unbekannter ist. Hierbei ist jedoch bereits unklar, ob es sich bei der besagten Problematik um eine Tatbestandsfrage handelt ober diese nicht vielmehr der Rechtsfolgenseite zuzuordnen ist. Dass es sich hierbei um eine Frage des Tatbestands handelt, könnte aus der Wortlautformulierung zu entnehmen sein, die von „die Eigentümerin oder den Eigentümer oder die Person“ und damit bestimmten Personen spricht. Eine derartige 935

BGH, NJW 1993, 935 (937).

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Bestimmtheit findet sich jedoch nicht in den Gesetzesmaterialien wieder, so dass der Tatbestand des § 26 Nr. 2 Nds. SOG nicht in derartiger Weise erweiternd auszulegen ist.936 Die Verwendung der bestimmten Artikel begründet sich vielmehr in der indirekten Bestimmtheit der verwendeten Normen durch den weiteren Kontext. Gemeint ist folglich der oder die Eigentümer / in oder der rechtmäßige Inhaber der tatsächlichen Gewalt einer aufgefundenen und gefährdeten Sache. Ob ein Einschreiten nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG auch bei unbekanntem Berechtigten zulässig ist, ist aufgrund von § 4 III Nds. SOG, dem Prinzip der Zweckerreichung, aber eine Frage der Rechtsfolge und wird dementsprechend erst im Folgenden näher betrachtet. (cc) Zivilrechtlicher Schutz Im Weiteren entscheidend zu beachten ist jedoch der Umstand, ob das mit dem präventiven Einschreiten zu sichernde private Recht auch einen zivilrechtlichen Schutz genießt. Insoweit kann hier auf die obigen Ausführungen verwiesen werden,937 so dass eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse genügen soll. Ein präventives Einschreiten ist generell verwehrt, wenn das gefährdete private Recht, so im Fall des § 817 S. 2 BGB, keinen zivilrechtlichen Schutz genießt. § 817 S. 2 BGB greift, wenn sich der Leistende außerhalb der Rechtsordnung bewegt hat. Zur Wahrung der Einheit der Rechtsordnung ist dann entweder bereits das Bestehen einer gegenwärtigen Gefahr abzulehnen oder aber ein Einschreiten als ermessensfehlerhaft anzusehen. Entsprechendes gilt für Rückforderungsansprüche aus Betäubungsmittelgeschäften. Allerdings ist in diesem Zusammenhang § 134 BGB sowie eine einschlägige Fehleridentität zu berücksichtigen. Eine Präventive Sicherstellung inkriminierter Sachen ist daher entweder mit der herrschenden Lehre aufgrund der analogen Anwendung von § 817 S. 2 BGB938 oder aber mit der Rechtsprechung infolge des aus der Strafbewehrtheit des Verhaltens resultierenden, mutmaßlich fehlenden Rückführungswillens939 zu verneinen. Zu bejahen ist ein zivilrechtlicher Schutz hingegen etwa bei aus Diebstahl erlangten Sachen. Ein zivilrechtlicher Schutz in Form von Rückforderungsansprüchen ergibt sich insoweit u. a. aus §§ 823 I sowie II, 249 BGB i. V. m. § 242 StGB. 936

Im Ergebnis ebenso, allerdings die möglichen Auswirkungen infolge von § 4 III Nds. SOG auf Rechtsfolgenseite verkennend: VG Stade, Az.: 1 A 19/07, in: Hunsicker, Entscheidungssammlung, 2017, S. 59 (65). 937 Siehe oben: S. 218 f. 938 Anders, den zivilrechtlichen Schutz nur knapp mittels Verweis auf die direkte Anwendbarkeit von § 817 S. 2 BGB sowie den mutmaßlich fehlenden Rückführungswillen versagend, etwa: VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, JURIS, LS. 4, Rn. 32. 939 Näheres zur Maßgeblichkeit des mutmaßlichen Willens des Berechtigten im folgenden Abschnitt.

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(b) Dem Besitz entgegenstehender Wille des Berechtigten Aufgrund der Zielrichtung einer präventiven Sicherstellung nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG, private Rechte zu schützen, ist die Zulässigkeit eines präventiven Einschreitens entscheidend von dem Willen des Rechtsinhabers abhängig. Da § 26 Nr. 2 Nds. SOG aber gerade nicht einen Auftrag des Berechtigten als Tatbestandsvoraussetzung beinhaltet,940 ist der wirkliche Wille des Berechtigten in der Regel nicht bekannt. Die Sicherstellung nach Nr. 2 ist folglich eine öffentlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag.941 Insoweit kann vergleichbar auf das Zivilrecht verwiesen werden. Es ist daher bei Nicht-Kenntnis des wirklichen der mutmaßliche Wille des Berechtigten als maßgeblich anzusehen. Dieser muss folglich für ein zulässiges Einschreiten dem Besitz des von der Maßnahme unmittelbar Betroffenen entgegenstehen; die Wegnahme also im Sinne des Berechtigten sein.942 Zur Ermittlung des mutmaßlichen Willens ist, vergleichbar wie bei der zivilrechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag, die hypothetische Frage zu stellen, ob der nach Nr. 2 zu schützende Berechtigte als Geschäftsherr im Zeitpunkt der Sicherstellung als Geschäftsübernahme mit dieser durch die gefahrenabwehrende Stelle als Geschäftsführer bei Kenntnis der Umstände einverstanden gewesen wäre.943 Erst wenn diese hypothetische Frage nicht beantwortet werden kann, ist maßgeblich das objektive Interesse des wahren Berechtigten heranzuziehen.944 Das objektive Interesse ist zu bejahen, wenn das Einschreiten für den Berechtigten in der konkreten Situation objektiv vorteilhaft und nützlich ist.945 Dabei gilt als anerkannter Grundsatz, dass der mutmaßliche Wille im Zweifel stets dem objektiven Interesse folgt.946 Das gefahrenabwehrrechtliche Einschreiten muss daher aus Sicht eines besonnenen Amtswalters für den Berechtigten sachgerecht erscheinen.947 940

So auch: AB NGefAG v. 16.07.1998, Nds. MBl. 31/1998, S. 1078, zu § 1 Nr. 1.3 (­VORIS 21011100000060). 941 OVG Lüneburg, B. v. 20.09.2010, Az.: 11 ME 32/10, JURIS, OS. 2, Rn. 18; VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, JURIS, LS. 4, Rn. 32. So auch: Rachor, in: Lisken  / ​ Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 696 f.; Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 664 f.; Neuhäuser, in: Möstl / Weiner, Nds. SOG, 11/2018, § 26 Rn. 30; Söllner, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 3 Rn. 346; ders., NJW 2009, 3339 (3340). 942 Hierzu u. a.: Böhrenz / Siefken, Nds. SOG, 2014, § 26 Rn. 7; Neuhäuser, in: Möstl / Weiner, Nds. SOG, 11/2018, § 26 Rn. 33; Barthel, DVP 2005, 276 (279); Söllner, NJW 2009, 3339 (3341). So auch knapp, oben: S. 219. 943 Vgl. hierzu u. a.: Schäfer, in: MüKoBGB, 2017, § 683 BGB, Rn. 6; Thole, in: Gsell / Krüger / Lorenz / Raymann, BeckGrossOK-BGB, 2018, § 683, Rn.  24. 944 Vgl. hierzu u. a.: Schäfer, in: MüKoBGB, 2017, § 683 BGB, Rn. 6. 945 Vgl. hierzu u. a.: Schäfer, in: MüKoBGB, 2017, § 683 BGB, Rn. 7. 946 Thole, in: Gsell / Krüger / Lorenz / Raymann, BeckGrossOK-BGB, 2018, § 683, Rn.  24; Gehrlein, in: BeckOK-BGB, 2018, § 683 BGB, Rn. 3. 947 BVerwG, BayVBl. 2000, 380 (381); Rachor, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 696 f.; Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 664 f.; Neuhäuser, in: Möstl / Weiner, Nds. SOG, 11/2018, § 26 Rn. 33.

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Einen dementsprechenden Willen wird man zumindest für die Fälle unproblematisch bejahen können, bei denen der Verdacht naheliegt, dass die Sachen aus Straftaten, wie etwa Diebstahl, Raub oder Unterschlagung, stammen und somit illegal erlangt worden sind. Sollte sich dennoch im Nachhinein ergeben, dass der mutmaßliche Wille sich nicht mit dem wirklichen Willen des Berechtigten deckt, so ist dies für die Maßnahme an sich folgenlos.948 Die Maßnahme wird aufgrund dessen nicht rechtswidrig, allerdings wird in der Regel ab Kenntnis eines derartigen Willens eine Herausgabepflicht durch Wegfall der Voraussetzungen nach § 29 I  1 Nds. SOG entstehen. Anders aber, wenn eine Sache wie Bargeld aus BtM-Delikten erlangt worden ist. Aufgrund der Strafbewehrtheit eines solchen Handelns kann nicht angenommen werden, dass der Berechtigte des Geldes dieses mithilfe der gefahrenabwehrenden Stellen durch Sicherstellung zurückerlangen möchte. Denn bei Rückforderung des Geldes aufgrund von § 134 BGB sowie der bestehenden Fehleridentität müsste der Berechtigte seinen illegalen sowie strafbedrohten Umgang mit BtMMitteln zugeben, so dass ein präventives Einschreiten weder dem mutmaßlichen Willen noch dem objektiven Interesse entspricht, da es auch aus objektiver Sicht durch die strafrechtlichen Konsequenzen nicht als vorteilhaft angesehen werden kann.949 (c) Erforderlichkeit einer gegenwärtigen oder konkreten Gefahr? Anders als den Schutz privater Rechte benennt § 26 Nr. 2 Nds. SOG hingegen explizit nicht als Tatbestandsvoraussetzung nicht nur den erforderlichen Grad einer Gefahr, sondern darüber hinaus auch das Erfordernis einer Gefahr an sich nicht. Dies könnte zu dem Schluss verleiten, dass im Rahmen von § 26 Nr. 2 Nds. SOG für ein rechtmäßiges präventives Einschreiten eine Gefahr keine Voraussetzung ist. Oder aber die Voraussetzungen im Vergleich zu Nr. 1, der explizit eine gegenwärtige Gefahr voraussetzt, geringer sind, so dass bereits das Vorliegen einer konkreten Gefahr ein präventives Einschreiten ermöglicht.950 Die Anforderung hinsichtlich des Bestehens einer Gefahrenlage erscheinen jedoch nur auf den ersten Blick geringer. Bei weiterer Betrachtung ergibt sich dagegen eine Kongruenz in Bezug auf den erforderlichen Grad einer Gefahr. So setzt 948

So u. a. auch: Rachor, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 697; Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 665. 949 Siehe auch zum präventiven Einschreiten i. V. m. BtM-Delikten sowie Näheres zu § 134 BGB und der bestehenden Fehleridentität, oben: S. 218 f. 950 So: Waechter, in: Brandt / Schinkel, Staats- und VerwR für Nds., 2002, S. 173 (223): i. R. d. Nr. 2 eine unwiderlegliche gesetzliche Vermutung einer konkreten Gefahr annehmend; Söllner, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 3 Rn. 346; Pieroth  / ​ Schlink / Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2016, § 19 Rn. 11; Kingreen / Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, § 18 Rn. 12. Vgl. auch bereits: Wagner, PolG NRW, 1987, § 21 Rn. 25.

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auch Nr. 2 wie Nr. 1 das Bestehen einer gegenwärtigen Gefahr voraus. Denn wie bereits aufgezeigt werden konnte, ist § 26 Nr. 2 Nds. SOG eine deklaratorische Regelung; besitzt folglich keinen eigenen Regelungsgehalt. § 26 Nr. 2 Nds. SOG soll durch spezielle Regelung vielmehr nur die Anwendbarkeit der Sicherstellungsnorm auch zum Schutz privater Rechte i. S. d. § 1 III Nds. SOG in Eilfällen hervorheben.951 Ist ein solcher Eilfall zu bejahen, ist dementsprechend der Eintritt des schädigenden Ereignisses in Form der Vereitelung oder wesentlichen Erschwerung privater Rechtsverwirklichung ohne präventives Einschreiten mangels rechtzeitiger Möglichkeit gerichtlichen Schutzes zumindest auch in allernächster Zeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit zu befürchten und damit auch das Bestehen einer gegenwärtigen Gefahr nach § 2 Nr. 1 lit. b Nds. SOG anzunehmen. Dabei bestimmt auch hier der jeweilige Einzelfall die genauen Grenzen der Anforderungen an eine gegenwärtige Gefahr.952 § 26 Nr. 2 Nds. SOG erfordert somit ebenso wie Nr. 1 für ein zulässiges Einschreiten das Bestehen einer gegenwärtigen Gefahr. Ferner ist eine gegenwärtige Gefahr in den von Nr. 2 skizzierten Eilfällen stets zu bejahen. (d) Bargeld und die Folgen einer Einzahlung zwecks Verwahrung Je nach Auslegung des Eigentumsbegriffs hat Bargeld in Kombination mit der Art seiner Verwahrung zudem entscheidenden Einfluss auf die Anwendbarkeit von § 26 Nr. 2 Nds. SOG. Denn wenn Bargeld zwecks Verwahrung auf ein Konto eingezahlt, somit in Buchgeld umgewandelt wird, geht das Eigentum an der Sache nach §§ 948, 947, 949 BGB an die Bank über und dem ursprünglich Berechtigtem verbleibt ein bloßer Rückforderungsanspruch. Eine direkte Anwendung von § 26 Nr. 2 Nds. SOG als Rechtsgrundlage ist dann nur noch zulässig, wenn dem oben erarbeiteten weiten Eigentumsbegriff i. S. d. Art. 14 I 1 Var. 1 GG gefolgt wird, der alle vermögenswerten Rechte, die dem Anspruchsinhaber als „sein Recht“ zur eigenen Disposition zugeordnet sind, erfasst.953 Anders hingegen, wenn mit der herrschenden Meinung dem engen Eigentumsbegriff i. S. d. § 903 BGB gefolgt wird, der sich nur auf dingliche, auf körperliche Sachen bezogene Rechtspositionen erstreckt. Aufgrund des durch Einzahlung bewirkten Eigentumsübergangs an die Bank nach §§ 948, 947, 949 BGB ist eine Sicherstellung zum Schutz privater Rechte dann nur noch nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG

951

Näheres zum Gefahrbegriff des § 26 Nr. 2 Nds. SOG, seinen gesetzes-historischen Gründen sowie der Kongruenz der Voraussetzungen mit Nr. 1, siehe oben: S. 216 f. Zum öffentlichen Interesse an präventiven Maßnahmen zum Schutz privater Rechte, siehe oben: S. 191 f. Zum Gesetzgeberwillen: Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs.  9/1090, S. 87; Heise / Riegel, MEPolG, 1978, S. 83: Begründung zu § 21 Nr. 2. 952 Zum erforderlichen Grad an zeitlicher Nähe und Wahrscheinlichkeit, siehe oben: S. 193 ff. 953 Zum weiten Eigentumsbegriff, siehe oben: S. 215 f.

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in analoger Anwendung zum Schutz des durch Einzahlung entstandenen Rückzahlungsanspruchs möglich.954 Eine analoge Anwendung von § 26 Nr. 1 Nds. SOG zum Schutz der neu entstande­ nen Forderung ist aufgrund der vom Gesetzgeber getroffenen Kategorisierung hingegen abzulehnen. Insoweit kommt § 26 Nr. 2 Nds. SOG analog ein Vorrang zu.955 (e) Indiztatsachen für eine Widerlegung von § 1006 I 1 BGB mangels Eigentums Für die ein präventives Einschreiten nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG auslösende Annahme, dass das aufgefundene Geld oder die aufgefundenen, beweglichen Sachen anderer Art einem in der Regel noch unbekanntem Dritten zustehen, muss, wie soeben aufgezeigt, zunächst die Eigentumsvermutung nach § 1006 I 1 BGB widerlegt werden. Die Auswertung der niedersächsischen Rechtsprechung zur Präventiven Gewinnabschöpfung nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG ergibt, dass für die Widerlegung des § 1006 I 1 BGB sowie die Annahme der deliktischen Herkunft dabei folgende Indiztatsachen angeführt werden: 1. Ob die Herkunft der Sachen, darunter auch Geld, oder die diesbezügliche Verwendungsabsicht unplausibel, beziehungsweise widersprüchlich erklärt wird.956 2. Ob nach den finanziellen Verhältnissen des Betroffenen, insbesondere seinen legalen Einkünften, die Herkunft der Sachen plausibel erklärbar erscheint.957

954

Zur analogen Anwendung des § 26 Nr. 2 Nds. SOG bei engen Eigentumsbegriff, siehe oben: S. 217 f. Hingegen § 26 Nr. 2 Nds. SOG direkt anwendend: VG Oldenburg, B. v. 30.01.2008, Az.: 2 A 969/07, JURIS, Rn. 28. Ebenso die Notwendigkeit einer Analogie verkennend und darüber hinaus § 26 Nr. 1 Nds. SOG direkt anwendend: VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 25/08, JURIS, LS. 2, 4, Rn. 19, 22, 26; dass., Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, ­JURIS, LS. 1, 3, Rn. 19, 31, 33. Anwendbarkeit von § 26 Nr. 2 Nds. SOG lediglich verneinend, weder Analogie noch alternative Sicherstellungsmöglichkeit prüfend: Söllner, DVBl 2010, 529 (531). 955 Zum Vorrang von § 26 Nr. 2 Nds. SOG, siehe oben: S. 216 f. Diesen Vorrang verkennend, u. a.: VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 108 ff, 116: bei Buchgeld § 26 Nr. 1 statt Nr. 2 Nds. SOG analog heranziehend; VG Lüneburg, Urt. v. 13.01.2011, Az.: 6 A 143/09, JURIS, Rn. 21, 23, 28: bei Bargeld § 26 Nr. 2 Nds. SOG verkennend. 956 VG Hannover, NVwZ-RR 2008, 616 (617): Warenlager als Gegenstand; VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 25/08, JURIS, Rn. 31, 36: Buchgeld als Gegenstand; zum Teil aufgrund Nichterfüllung Umkehr in ein Gegenindiz; VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 156: Schmuck als Gegenstand. 957 OVG Lüneburg, B. v. 20.09.2010, Az.: 11 ME 32/10, JURIS, Rn. 10, 14: Bargeld als Gegenstand; VG Hannover, NVwZ-RR 2008, 616 (616): Warenlager als Gegenstand; VG Stade, Az.: 1 A 19/07, in: Hunsicker, Entscheidungssammlung, 2017, S. 59 (64): diverse Gegenstände; VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 25/08, JURIS, Rn. 35: Buchgeld als Gegenstand; aufgrund Nichterfüllung Umkehr in ein Gegenindiz; VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 153, 159: Schmuck als Gegenstand.

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3. Ob eine Vielzahl gleicher Sachen eventuell sogar ohne bestehende Verwendungsmöglichkeit aufgefunden worden ist.958 4. Ob die aufgefundenen Sachen in jeglicher Art nicht einer gewöhnlichen, wirtschaftlichen Haushaltsführung entsprechen.959 5. Ob die Sachen originalverpackt aufgefunden worden sind.960 6. Ob Spuren deliktischer Herkunft an den Sachen zu erkennen sind, wie verbliebene Preisschilder, Sicherungsetiketten oder Beschädigungen durch gewaltsames Entfernen von letzteren.961 7. Ob die Sachen vermischt mit erwiesen gestohlenen aufgefunden worden sind.962 8. Ob die Sachen an einem versteckten oder ungewöhnlichen Auffindeort oder in entsprechender Aufbewahrungsart gefunden worden sind.963 9. Ob Herkunftsnachweise, Rechnungen etc., fehlen964 oder abgehörte Gespräche über die Beschaffung von Eigentumsnachweisen existieren und unter Beachtung der Beweisverwertungsverbote verwendbar sind.965 10. Ob in räumlicher und zeitlicher Nähe zuletzt Diebstähle zu verzeichnen waren, eventuell sogar anonyme Hinweise vorliegen.966 11. Ob mehrfache Ermittlungen bzw. Verurteilungen, insbesondere wegen vergleichbarer Delikte, gegen den von der Sicherstellung Betroffenen als Täter oder Teilnehmer aktenkundig sind.967 958 VG Hannover, NVwZ-RR 2008, 616 (616): Warenlager als Gegenstand; VG Stade, Az.: 1 A 19/07, in: Hunsicker, Entscheidungssammlung, 2017, S. 59 (64): diverse Gegenstände; VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 151, 159: Schmuck als Gegenstand. 959 VG Hannover, NVwZ-RR 2008, 616 (616): Warenlager als Gegenstand; VG Stade, Az.: 1 A 19/07, in: Hunsicker, Entscheidungssammlung, 2017, S. 59 (64): diverse Gegenstände. 960 VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 149: Schmuck als Gegenstand. 961 VG Hannover, NVwZ-RR 2008, 616 (616): Warenlager als Gegenstand; VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 150, 152: Schmuck als Gegenstand. 962 VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 157, 159: Schmuck als Gegenstand. 963 OVG Lüneburg, B. v. 20.09.2010, Az.: 11 ME 32/10, JURIS, Rn. 11, 16: Bargeld als Gegenstand; VG Hannover, NVwZ-RR 2008, 616 (616): Warenlager als Gegenstand; VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 158–166: Schmuck als Gegenstand. 964 VG Hannover, NVwZ-RR 2008, 616 (617): Warenlager als Gegenstand; VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 154: Schmuck als Gegenstand. 965 VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 25/08, JURIS, Rn. 31, 34: Buchgeld als Gegenstand. 966 OVG Lüneburg, B. v. 20.09.2010, Az.: 11 ME 32/10, JURIS, Rn. 12, 16: Bargeld als Gegenstand; VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 25/08, JURIS, Rn. 33: Buchgeld als Gegenstand; aufgrund Nichterfüllung Umkehr in ein Gegenindiz. 967 OVG Lüneburg, B. v. 20.09.2010, Az.: 11 ME 32/10, JURIS, Rn. 12, 16: Bargeld als Gegenstand; VG Hannover, NVwZ-RR 2008, 616 (617): Warenlager als Gegenstand; VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 25/08, JURIS, Rn. 33: Buchgeld als Gegenstand; aufgrund

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Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich die aufgeführten Indizes fast vollständig mit den bereits oben i. R. d. Gefahrenabwehr nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG zu der zweiten Fallgruppe aufgeführten Beweisanzeichen gleichen.968 Auch in diesem Zusammenhang ist der Nachweis einer deliktischen Herkunft von Bargeld sowie anderen beweglichen Sachen erforderlich gewesen, so dass die überwiegende Kongruenz nicht zu überraschen vermag. Vielmehr sind die Listen dazu geeignet sich zu ergänzen. Allerdings zeigt sich ein Unterschied bei der Betrachtung der Gewichtung der für die jeweiligen Schlüsse maßgeblichen Indiztatsachen. So sind für eine Widerlegung der Eigentumsvermutung nach § 1006 I 1 BGB mangels Eigentum folgende Indiztatsachen am durchschlagendsten zu beachten: 1. Ob ein hoher Geldbetrag969 oder eine Vielzahl gleicher Sachen, eventuell sogar ohne bestehende Verwendungsmöglichkeit aufgefunden worden sind. 2. Ob die Verwendungsabsicht oder die Herkunft der Sachen, darunter auch Geld, insbesondere unter Berücksichtigung der finanziellen Verhältnisse unplausibel, beziehungsweise widersprüchlich erklärt worden sind. 3. Ob die Sachen an einem versteckten oder ungewöhnlichen Auffindeort oder in entsprechender Aufbewahrungsart gefunden worden sind, insbesondere wenn vermischt mit erwiesen illegal Erlangtem. 4. Ob Spuren deliktischer Herkunft an den Sachen zu erkennen sind, wie Sicherungsetiketten oder Beschädigung durch gewaltsames Entfernen letzterer. 5. Und am entscheidendsten, ob gegen den Betroffenen mehrfache Ermittlungen bzw. Verurteilungen wegen ähnlicher Delikte aktenkundig sind. Ein Vergleich zu den i. R. d. § 26 Nr. 1 Nds. SOG angeführten Indiztatsachen zeigt abermals deutliche Ähnlichkeiten. Bis auf das Indiz der unplausiblen und widersprüchlichen Angaben basieren auch die oben aufgeführten auf kriminalistischem Erfahrungswissen, welches für eine Prognoseentscheidung zwingend erforderlich ist.970 Ein anderes Ergebnis ist aufgrund der Identität beider zu der deliktischen Herkunft erarbeiteten Listen auch nicht möglich. Insofern darf, auch für die Erläuterungen zu den einzelnen Indiztatsachen, nach oben verwiesen werden.971 Das OVG Lüneburg führt zudem als Beweisanzeichen für eine deliktische Herkunft von Bargeld eine auffällige Stückelung in 500 Euro-Scheine an.972 Warum Nichterfüllung Umkehr in ein Gegenindiz; VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 155, 167: Schmuck als Gegenstand. 968 Vgl. oben: S. 205 ff. 969 So i. R. v. Nr. 1: OVG Lüneburg, NdsVBl 2015, 250 (252); VG Braunschweig, B. v. 19.10.2006, Az.: 5 B 284/06, JURIS, LS. 1; dass., Urt. v. 18.01.2007, Az.: 5 B 332/06, JURIS, LS. 1, OS. 2, Rn. 23; VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 137. 970 Näheres siehe oben: S. 199. 971 Siehe oben: S. 205 ff. 972 OVG Lüneburg, B. v. 20.09.2010, Az.: 11 ME 32/10, JURIS, Rn. 16: Bargeld als Gegenstand.

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diese Art der Stückelung auffällig sein soll, wird allerdings nicht näher erläutert und lässt sich auch nicht logisch erschließen. 500 Euro-Scheine sind für die Aufbewahrung größerer Bargeldbeträge bewusst geschaffen worden; ihre Verwendung zu diesem Zweck daher i. d. R. auch erwartbar, zumindest aber grundsätzlich nicht unplausibel.973 Das Auffinden eines größeren Bargeldbetrags in einer Stückelung in 500 Euro-Scheinen lässt daher im Allgemeinen keine Rückschlüsse auf eine deliktische Herkunft zu und kann nicht prinzipiell negativ bewertet werden. Ist eine Widerlegung der Eigentumsvermutung nach § 1006 I 1 BGB erfolgt, trifft, wie aufgezeigt, den von der Sicherstellung Belasteten eine sekundäre Darlegungslast.974 Ein pauschales Vorbringen, die Sachen seien über Jahre gekauft und eingelagert worden, ist für einen überzeugenden Nachweis dabei unzureichend.975 (f) Deliktische Herkunft allein ausreichend? Das OVG Lüneburg führt in einer seiner Entscheidungen aus, dass die Widerlegung der Eigentumsvermutung nach § 1006 I 1 BGB durch Indiztatsachen zwar generell möglich ist, die angenommene deliktische Herkunft des Sicherstellungsgegenstandes allein jedoch nicht ausreicht, um von dem Bestehen eines fremden, schützenswürdigen Eigentumsrechts zur Rechtfertigung einer Sicherstellung nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG ausgehen zu können.976 Für die Richtigkeit dieser Aussage kommt es entscheidend auf den bestehenden Kontext an, genauer das der Sicherstellung zugrundeliegende Delikt. Geht die deliktische Herkunft von Bargeld etwa auf illegalen BtM-Handel zurück, so ist, wie aufgezeigt,977 entweder dem Rückforderungsanspruch der zivilrechtliche Schutz generell verwehrt oder mit der Rechtsprechung ein gefahrenabwehrrechtliches Einschreiten infolge des wegen der Strafbewehrtheit des Verhaltens mutmaßlich fehlenden Rückführungswillens unzulässig, so dass eine derartige deliktische Herkunft allein für eine Sicherstellung zum Schutz privater Rechte nicht genügen kann. Geht die deliktische Herkunft aber u. a. auf einen Diebstahl zurück, so genießt der Rückforderungsanspruch zivilrechtlichen Schutz, so dass die deliktische Herkunft allein grundsätzlich einen Sicherstellungsgrund nach Nr. 2 begründet.978 Selbst wenn das Diebesgut Bargeld ist und das Eigentum des Bestohlenen z. B. 973 Vgl. hierzu etwa folgende Anmerkung der EZB, abgerufen unter URL: https://www.ecb. europa.eu/euro/banknotes/circulation/html/index.de.html (Stand: 19.07.2017). 974 Zur sekundären Darlegungslast, siehe oben: S. 225 f., 277 ff. 975 VG Hannover, NVwZ-RR 2008, 616 (617); VG Oldenburg, Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 168. 976 OVG Lüneburg, NdsVBl 2015, 250 (253). 977 Siehe oben: S. 218 f., 232. 978 Eine konkrete Zuordnung zu einem Delikt oder zu einer Person ist nicht erforderlich; so im Ergebnis auch: OVG Lüneburg, B. v. 08.02.2011, Az.: 11 LA 6/11, S. 3 f., n. v.; VG Hannover, NVwZ-RR 2008, 616 (617).

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durch Vermischung nach §§ 948, 947, 949 BGB untergegangen ist, begründet allein die deliktische Herkunft je nach Auslegung des Eigentumsbegriffs979 infolge des ebenso gewandelten Rückforderungsanspruchs entweder eine direkte oder jedenfalls eine analoge Anwendbarkeit von § 26 Nr. 2 Nds. SOG. (3) Runderlass: Sicherstellung von Bargeld bevorzugt nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG Hinsichtlich Bargeldes wird eine Sicherstellung aufgrund der Prognose einer gegenwärtigen Gefahr nach Nr. 1 vom Runderlass als vorzugswürdig angepriesen. Denn die Betroffenen einer Sicherstellung seien, sofern sie das Geld nicht gestohlen haben, in der Regel auch Eigentümer der bei ihnen aufgefundenen Beträge.980 Grundsätzlich ist hierbei zunächst einmal zu ergänzen, dass es natürlich nicht nur bei einem Diebstahl mangels Einigung zu keinem Eigentumswechsel nach § 929 BGB kommt, sondern ebenso bei vergleichbaren Delikten, wie z. B. Raub. Wurde eine Sache hingegen aufgrund eines nichtigen Verpflichtungsgeschäfts deliktisch erlangt, so ist dem Runderlass grundsätzlich zuzustimmen, dass die Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäfts aufgrund des im Sachenrecht herrschenden Trennungsprinzips meist nicht auf das Verfügungsgeschäft durchschlägt. Vom Runderlass nicht berücksichtigt wurde jedoch, dass dies z. B. anders zu beurteilen ist, wenn es sich bei den illegalen Geschäften um Drogengeschäfte handelt. Denn bei solchen schlägt der Fehler des Verpflichtungsgeschäfts auf das Verfügungsgeschäft durch und es liegt eine so genannte Fehleridentität vor, so dass der Leistende grundsätzlich die Eigentumsposition behält.981 Allerdings ist in einem solchen Fall, der Empfehlung des Runderlasses entsprechend, ein Vorgehen nach Nr. 1 sogar die einzige Möglichkeit für ein präventives Einschreiten, da aufgrund der Strafbewehrtheit des illegalen BtM-Handels jedenfalls eine Rückführung des Geldes, wie aufgezeigt, nicht dem mutmaßlichen Willen des Leistenden entspricht, so dass eine Sicherstellung zum Schutz privater Rechte nach Nr. 2 nicht zulässig ist. Das Eigentum an Bargeld kann aber auch durch Vermischung nach §§ 948, 947, 949 BGB untergegangen und auf den von der Sicherstellung unmittelbar Betroffenen übergegangen sein. Allerdings kann ein derartiger Eigentumsuntergang einer Sicherstellung zum Schutz privater Rechte nicht grundsätzlich entgegenstehen. Folgt man dem oben aufgezeigten weiten Eigentumsbegriff,982 so ist die durch Eigentumsuntergang entstandene Forderung auf Rückzahlung eine ebenso nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG zu schützende Position. Folgt man hingegen dem engen 979

Zum Eigentumsbegriff i. S. d. § 26 Nr. 2 Nds. SOG, siehe oben: S. 215 f. Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515 (1516), Nr. 3.3 (­VORIS  21011); ersetzt durch den Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258, Nr. 3.3 (­VORIS 21011). 981 Näheres hierzu, oben: S. 218 f. 982 Siehe oben: S. 215 f. 980

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Eigentumsbegriff, so ist ein Schutz privater Rechte jedenfalls nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG analog möglich. Eine Sicherstellung nach Nr. 1 könnte aber in der Tat aus anderen Gründen zu bevorzugen sein. So besteht die Zuständigkeit zum Schutz privater Rechte, damit auch für § 26 Nr. 2 Nds. SOG, nach § 1 III Nds. SOG nur subsidiär in Eilfällen, während der Gefahrenabwehr nach § 1 I 1 Nds. SOG als primärer Aufgabe, auch durch Sicherstellung nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG, nachzukommen ist. Die Sicherstellungsgründe schließen sich dabei nicht gegenseitig aus. Im Einzelfall kann das Entschließungsermessen vielmehr auch dahingehend auf Null reduziert sein, dass eine Anwendung beider Gründe geboten ist.983 Die Frage, nach welcher Nummer eine Sache, darunter auch Bargeld, „bevorzugt“ sicherzustellen ist, ist daher, wie im Gefahrenabwehrrecht üblich, keine Frage der Vorliebe, sondern eine Frage der Erforderlichkeit des Einzelfalls. cc) Polizeipflichtigkeit – Adressierung Des Weiteren muss sich die Maßnahme auch gegen den richtigen Adressaten, der die gefahrenabwehrende Maßnahme zu dulden hat und somit polizeipflichtig ist, wenden. Ob eine Person eine solch präventive Maßnahme zu dulden hat, richtet sich prinzipiell nach den §§ 6–8 Nds. SOG. Diese finden nach § 9 Nds. SOG nur dann keine Anwendung, soweit die Vorschriften des Dritten Teils Maßnahmen auch gegen andere Personen zulassen. Da nur in § 26 Nr. 3 Nds. SOG eine eigene weitergehende Adressierungsregelung durch Abstellen auf den Zustand des Festgehaltenen getroffen wird, finden die Regelungen zu Verhaltens-, Zustands- und Nicht-Störer nach §§ 6–8 Nds. SOG daher sowohl auf § 26 Nr. 1 Nds. SOG als auch § 26 Nr. 2 Nds. SOG Anwendung.984 d) Rechtsfolge – Möglichkeiten und Grenzen Sind die Tatbestandsvoraussetzungen einer Sicherstellung erfüllt, so ist im nächsten Schritt das von § 26 Nds. SOG eröffnete pflichtgemäße Ermessen zu prüfen. Somit kann die handelnde Behörde gemäß § 5 Nds. SOG i. V. m. § 40 VwVfG tätig werden, muss es unter Umständen aber nicht. Im Bereich der Gefahrenabwehr gilt somit das Opportunitätsprinzip und nicht, wie im Strafrecht, das Legali 983

Zum Ermessen siehe im Folgenden: S. 241 ff. Näheres zur Anwendbarkeit der §§ 6–8 Nds. SOG auf § 26 Nr. 1, Nr. 2 Nds. SOG, der Frage, ob § 26 Nds. SOG nicht generell eine eigene Adressatenregelung beinhaltet sowie zur Stellung der Banken nicht als Nicht-Störer, sondern als bloße Drittbeteiligte der gegen die Kontoinhaber bzgl. aufgefundenem Buchgeld adressierten Bescheide, deren Vollziehung durch Pfändung in analoger Heranziehung zivilrechtlicher Regelungen zu erfolgen hat, unter Berücksichtigung des Gesetzgeberwillens; siehe oben: S. 183 ff. 984

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tätsprinzip. Dabei ist generell zwischen dem Entschließungsermessen, ob die Behörde tätig wird, und dem Auswahlermessen, wie und gegen wen sie tätig wird, zu unterscheiden. aa) Entschließungsermessen: Anspruch / matr. Pflicht auf Einschreiten? Gemäß § 5 Nds. SOG i. V. m. § 40 VwVfG kann die handelnde Behörde somit grundsätzlich zwischen mehreren gleich geeigneten, erforderlichen und angemessenen, damit verhältnismäßigen Rechtsfolgen wählen. Das Opportunitätsprinzip gewährt den gefahrenabwehrenden Stellen dabei eine gewisse Flexibilität, um eine bestmögliche Abwehr der insgesamt bestehenden Gefahren zu ermöglichen; ein Nicht-Einschreiten erfordert folglich stets aufgrund des § 1 I Nds. SOG, der Aufgabe der Gefahrenabwehr, sowie nach Art. 20 III GG, der Gesetzesbindung der Verwaltung, damit der Pflicht die geltenden Normen zu achten und zu schützen, einen sachgerechten, im öffentlichen Interesse liegenden Grund.985 Insofern ist das Entschließungsermessen im Kern ebenso ein Auswahlermessen, denn beim Entschließungsermessen gilt es stets zwischen mehreren Gefahrenlagen abzuwägen und einzelfallabhängig zu entscheiden, bei welcher Gefahr eingeschritten werden soll. Allerdings kann das Ermessen im Einzelfall auch auf Null reduziert sein, so dass eine konkrete Pflicht zum Einschreiten besteht. Gemäß § 40 VwVfG ist das Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung sowie innerhalb der gesetzlichen Grenzen auszuüben. Ein präventives Einschreiten bezweckt generell den Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bei möglichst geringer Belastung betroffener Personen.986 Der Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr ist daher maßgeblich zu berücksichtigen; i. R. d. § 26 Nr. 2 Nds. SOG im Besonderen der Schutz privater Rechte. 985 Ebenso u. a.: VG Oldenburg, Urt.  v.  29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 170; Heise / Riegel, MEPolG, 1978, S. 33: Anmerkung Nr. 3 zu § 3 Abs. 1; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 370 f., 373; Götz / Geis, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, § 11 Rn. 4 f.; Kugelmann, Polizei- und Ordnungsrecht, 2012, Kap. 5 Rn. 187, 193, Kap. 10 Rn. 8; Waechter, Polizei- und Ordnungsrecht, 2000, Rn. 426 f., 429, 433; ders., in: Brandt / Schinkel, Staats- und VerwR für Nds., 2002, S. 173 (249); Suckow / Hoge, NGefAG, 1999, Rn. 284; Böhrenz / Siefken, Nds. SOG, 2014, § 5 Rn. 4; Knemeyer, Polizei- und Ordnungsrecht, 2007, Rn. 126; Pewestorf, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 1 Rn. 162; Rachor, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 127; Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 118; Pieroth / Schlink / Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2016, § 10 Rn. 32, 41; Kingreen / Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, § 10 Rn. 34, 43; Barthel, DVP 2005, 276 (280). 986 So u. a. auch: Ramsauer, in: Kopp / Ramsauer, VwVfG, 2018, § 40 Rn. 20, 34 ff., 73 ff.; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 382; Kugelmann, Polizei- und Ordnungsrecht, 2012, Kap. 5 Rn. 193, 195, Kap. 10 Rn. 14, 16; Pewestorf, in: Pewestorf / Söllner / ​ Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 1 Rn. 178 f.; Ullrich / Weiner / Brüggemann, Niedersächsisches Polizeirecht, 2012, Rn. 80.

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Dabei liegt es nach § 22 S. 1 VwVfG allein im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde, in der Regel somit des Ordnungsamtes,987 in welchen Fällen und zu welchem Zeitpunkt ein Verfahren zur Sicherstellung nach § 26 Nds. SOG eingeleitet wird. Die Staatsanwaltschaft trifft durch Übersendung der Akten, eventuell auch mit BZR-Auskunft, und Beifügen eines entsprechenden Ratschlags zwar in der Regel eine Vorauswahl,988 jedoch kann das Ordnungsamt auch eigenständig tätig werden und entsprechende Ermittlungsakten von Polizei und Staatsanwaltschaft anfragen.989 Letzteres Vorgehen ist jedoch eher selten, zumal eine Kenntniserlangung von entsprechenden Umständen für eine in Frage kommende Sicherstellung sich für Ordnungsämter eher schwierig gestaltet. Bevor ein Fall in der Zeitung erscheint, sollte dieser dem Ordnungsamt durch Übersendung der Akten schon bekannt sein. Allerdings scheint eine Kenntniserlangung durch Übersendung in einigen Bezirken an einer mangelnden Kooperation zu scheitern. Das Entschließungsermessen, somit die Entscheidung, ob eine Maßnahme zu ergreifen ist, liegt jedoch allein bei den i. d. R. zuständigen Ordnungsämtern. Bei der Einschätzung, ob einzugreifen ist, steht der zuständigen Behörde insofern ein eigenes Ermessen zu, so dass sie auch die Einschätzung, ob eine Gefahr vorliegt, eigenständig trifft und nicht an vorherige Wertungen der Staatsanwaltschaft oder des Strafgerichts gebunden ist.990 Ihre Entscheidung ist im darauf­ folgenden Verfahren nach §§ 40, 114 VwVfG wiederum eingeschränkt gerichtlich auf seine Rechtmäßigkeit hin überprüfbar.991 Zu klären ist insoweit, ob die insbesondere anhand der Ermächtigungsnorm sowie des Verfassungsrechts zu bestimmenden gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten worden sind oder ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist.992 987

Zur Zuständigkeit, siehe oben: S. 117 ff. So das Vorgehen nach Auskunft der zuständigen Ordnungsämter; ebenso nach: Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515 (1516), Nr. 4.1–5.1 (­VORIS 21011); ersetzt durch den Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258 (259), Nr. 4.1–5.1 (­VORIS 21011); u. a. so auch: Barthel, DVP 2005, 276 (278). 989 Nach Auskunft der zuständigen Ordnungsämter so allerdings nur vereinzelt gängiges Vorgehen. 990 So auch: Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515 (1516), Nr. 5.1 (­VORIS 21011); ersetzt durch den Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258 (259), Nr. 5.1 (­VORIS 21011). 991 Anders jedoch, eine vollgerichtliche Überprüfung annehmend, u. a.: Rupp, NJW 1969, 1273 (1273–1278); aus Gründen der Schwerpunktsetzung kann diesem Streit hier jedoch nicht nachgegangen werden; insofern muss ein Verweis auf Schenke, der sich gegen eine volle Überprüfbarkeit ausspricht, sowie Ramsauer genügen, in: Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, Rn. 95; Ramsauer, in: Kopp / Ramsauer, VwVfG, 2018, § 40 Rn. 12 ff., 18 ff., 85. 992 So u. a. auch: Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 374 ff.; Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, Rn. 95; Thiel, Polizei- & OrdnungsR, 2016, § 8 Rn. 156, 158; Kugelmann, Polizei- und Ordnungsrecht, 2012, Kap. 5 Rn. 191 f., Kap. 10 Rn. 12 f.; Waechter, in: Brandt / Schinkel, Staats- und VerwR für Nds., 2002, S. 173 (248); Ramsauer, in: Kopp / Ram­ sauer, VwVfG, 2018, § 40 Rn. 12 ff., 18 ff., 33 ff, 85 ff; Pewestorf, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 1 Rn. 173 f., 182 f., 184; Böhrenz / Siefken, Nds. SOG, 988

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

Ein unzulässiger Gebrauch und damit ein Ermessensfehler ist folglich anzunehmen bei Ermessens-Nichtgebrauch, Ermessens-Überschreitung, Ermessens-​ Unterschreitung oder anderweitigem Ermessens-Fehlgebrauch. Wesentlicher Anhaltspunkt für das Bestehen oder Nicht-Bestehen derartiger Fehler ist dabei die Begründung nach § 39 I 3 VwVfG des streitigen Verwaltungsakts. Ist dieser unzureichend begründet worden, so ist dies ein entscheidendes Indiz für das Bestehen eines Ermessensfehlers. Insofern hat die handelnde Stelle für eine ordnungsgemäße Ermessensentscheidung wenigstens nachträglich gemäß § 45 I Nr. 2 VwVfG die Sicherstellung nach § 26 Nds. SOG auch hinsichtlich seiner Ermessenserwägungen schlüssig zu begründen.993 Wobei die Ermessenserwägungen dabei explizit nach § 114 S. 2 VwGO im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nur noch ergänzend, erläuternd ausgeführt, jedoch nicht völlig neu, erstmalig angeführt werden dürfen.994 Ist die Heilung eines Ermessensfehlers hingegen nicht möglich, folgt hieraus in der Regel, soweit nicht eine Unbeachtlichkeit des Fehlers für die getroffene Ermessensentscheidung besteht, die Rechtswidrigkeit, in seltenen Fällen nach § 44 VwVfG auch die Nichtigkeit der getroffenen Maßnahme.995 Dabei ist ein Ermessensnichtgebrauch anzunehmen, wenn die Behörde generell verkannt hat, dass die Tatbestandsvoraussetzungen einer Ermächtigungsnorm etwa aufgrund eines Sachverhalts- oder eines Rechtsirrtums erfüllt sind, oder dass die Entscheidung im Ermessen der Behörde stand und stattdessen von einer Verpflichtung ausgegangen ist oder aus anderen Gründen schlicht keine eigenen Ermessenserwägungen angestellt hat.996 Ein Fehlgebrauch durch Ermessens-Überschreitung ist hingegen zu bejahen, entweder wenn der von der Ermächtigung gewährte Ermessensspielraum durch die Wahl einer schärferen, die gesetzliche Obergrenze überschreitenden Rechtsfolge verlassen wird, oder wenn die gewählte Maßnahme infolge einer Ermessens2014, § 5 Rn. 7; Rachor, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 107; Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 97. 993 Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 40 Rn. 57 ff., 85. 994 Näheres zu den genauen Voraussetzungen eines zulässigen Nachschiebens von Ermessenserwägungen, siehe u. a.: BVerwG, NJW 1999, 2912 (2912); Pewestorf, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 1 Rn. 175; Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 45 Rn. 18, 22; Schenke / Ruthig, in: Kopp / Schenke, VwGO, 2018, § 114 Rn. 49 ff.; Stuhlfauth, in: Bader / Funke-Kaiser, VwGO, 2018, § 114 Rn. 50 ff. 995 Näheres zu den Folgen eines Ermessensfehlers, seinen potentiellen Heilungsmöglichkeiten und seiner in seltenen Fällen gegebenen Unbeachtlichkeit, siehe u. a.: Ram­sauer, in: Kopp / Ram­ sauer, VwVfG, 2018, § 40 Rn. 94 ff, § 46 Rn. 32 ff. 996 Näheres hierzu: BVerwGE 11, 95 (97); 15, 196 (199); 68, 267 (274); Aschke, in: Beck­OKVwVfG, 2018, § 40 VwVfG, Rn. 81 ff; Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 40 Rn. 86 f.; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 379; Böhrenz / Siefken, Nds. SOG, 2014, § 5 Rn. 4; Pewestorf, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 1 Rn. 185; Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, Rn. 96; Waechter, in: Brandt / ​ Schinkel, Staats- und VerwR für Nds., 2002, S. 173 (251); Pieroth / Schlink / Kniesel, Polizeiund Ordnungsrecht, 2016, § 10 Rn. 36; Kingreen / Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, § 10 Rn. 38.

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reduktion, insbesondere resultierend aus dem Übermaßverbots, vom zulässigen Ermessensspielraum ausgenommen ist.997 Dabei kann eine Überschreitung auch in einer Unterschreitung zu sehen sein, wenn etwa resultierend aus dem Untermaßverbot eine Ermessensreduktion anzunehmen ist, und die gewählte Maßnahme oder gar das Untätigbleiben hinter den daraus resultierenden zulässigen und gebotenen Möglichkeiten zum Einschreiten zurückbleibt.998 Insofern kommt es entscheidend auf die in § 4 Nds. SOG deklaratorisch geregelte Verhältnismäßigkeit der Maßnahme an.999 Ein Ermessensfehlgebrauch auf sonstige Weise besteht bei Ermessensmissbrauch, wenn sich die Entscheidung maßgeblich auf sachfremde, nicht dem Zweck der Ermächtigungsnorm entsprechende Erwägungen stützt, oder bei einem Ermessensdefizit, wenn entscheidende Umstände bei der Entscheidungsfindung entweder auf einer Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes nach § 24 VwVfG durch unvollständige, irrtümliche oder schlicht fehlerhafte Sachverhaltsaufklärung basieren, gänzlich missachtet oder i. R. e. Ermessensdisproportionalität nur in einer hinsichtlich ihrer Bedeutung unzureichenden Gewichtung beachtet worden sind.1000 997

Näheres hierzu: BVerfGE 15, 226 (234); BVerwGE 11, 95 (97); Aschke, in: ­­BeckOK-​ VwVfG, 2018, § 40 VwVfG, Rn. 93 ff, 55 f.; Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 40 Rn. 48, 91 ff.; Heise / Riegel, MEPolG, 1978, S. 30 f.: Anmerkungen zu § 2 Abs. 1 und 2, S. 33: Anmerkung Nr. 2 zu § 3 Abs. 1; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 378, 383, 389 ff; Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, Rn. 97; Thiel, Polizei- & OrdnungsR, 2016, § 8 Rn. 170, 177; Götz / Geis, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, § 11 Rn. 11 ff, 24 ff; Pewestorf, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 1 Rn. 187, 206 ff.; Rachor, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 143 ff.; Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 143 ff.; Pieroth / Schlink / Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2016, § 10 Rn. 36; Kingreen / Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, § 10 Rn. 38. Mit Blick auf den Kern der Arbeit wird die grundsätzlich zulässige Möglichkeit des Adressaten einer präventiven Maßnahme, das behördlich bestimmte durch ein selbst gewähltes, damit zumindest subjektiv milderes, die Allgemeinheit nicht stärker belastendes Austauschmittel zu ersetzen, nicht weiter ausgeführt; hierzu aber u. a. näher: Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 72; Heise / Riegel, MEPolG, 1978, S. 32: Begründung zu § 3 Abs. 2; Götz / Geis, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, § 11 Rn. 28; Pewestorf, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 1 Rn. 180 f.; Rachor, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 172; Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 164. 998 Näheres hierzu: Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 392 f., 397 ff; Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, Rn. 97; Götz / Geis, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, § 11 Rn. 5, 11 ff; Rachor, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 127; Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 118. Auf die rechtliche Qualität einer Duldung durch Nicht-Einschreiten sowie ihre weiteren Folgen kann hier aus Gründen der Schwerpunktsetzung nicht eingegangen werden; Näheres siehe u. a.: Götz / Geis, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, § 11 Rn. 8, 41. 999 Näheres: Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 71 f.; Heise / Riegel, ­­MEPolG, 1978, S. 30 f.: Begründung zu § 2 sowie Anmerkungen zu § 2 Abs. 1 und 2. 1000 Näheres hierzu: BVerfGE 51, 386 (399 f.); BVerwGE 4, 298 (300); 11, 95 (97); 78, 285 (295 f.); 82, 246 (257 f.); Aschke, in: ­BeckOK-VwVfG, 2018, § 40 VwVfG, Rn. 85, 87 ff, 91 ff.; Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 40 Rn. 80 ff, 88 ff.; Drews / Wacke / ­Vogel / ​ Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 376, 378 ff; Böhrenz / Siefken, Nds. SOG, 2014, § 5 Rn. 4;

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

Nicht nur hinsichtlich eines etwaigen Ermessens-Nichtgebrauchs gilt es folglich die Möglichkeit einer Ermessensreduzierung zu berücksichtigen, bei der das Ermessen bis auf Null, damit bis hin zu nur noch einer zulässigen Entscheidung, der Vornahme oder Nicht-Vornahme, reduziert sein kann. Eine derartige Reduzierung kann sich je nach Einzelfall insbesondere entweder aus den Schutzpflichten der Grundrechte oder aus Art. 3 I GG sowie der daraus resultierenden Selbstbindung der Verwaltung ergeben.1001 Auch ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften können, wie oben eingehend aufgezeigt, über Art. 3 I GG eine Ermessensreduzierung bewirken, soweit ihre Regelungen tatsächlich Eingang in die Verwaltungspraxis gefunden haben und nicht gegen Außenrecht verstoßen.1002 Ob gar eine Ermessensreduktion auf Null zu bejahen ist, richtet sich jeweils danach, wie gewichtig das bedrohte Rechtsgut ist, wie groß der potentielle Schaden ist, mit welchem Grad an zeitlicher Nähe sowie Wahrscheinlichkeit der Schadenseintritt bevorsteht, welche Risiken aus einem präventiven Einschreiten folgen, wie groß der zu betreibende Aufwand ist und ob andere, vorrangiger zu beseitigende Gefahren bestehen.1003 Je nach Einzelfall kann sich eine Pflicht zum Einschreiten somit nicht nur bei besonders intensiven Gefahrenlagen ergeben. Die weiteren Voraussetzungen, wann aus der Pflicht ebenfalls ein Anspruch auf Einschreiten resultiert, können aus Gründen der Schwerpunktsetzung nicht näher dargestellt werden. Im Rahmen der PräGe ist der Inhaber des gefährdeten privaten Rechtsguts, wie Eigentum im Fall des § 26 Nr. 2 Nds. SOG, in der Regel jedenfalls anfänglich unbekannt und damit generell nicht in der Lage, einen Solchen geltend zu machen. Es muss hier daher die bloße Feststellung genügen, dass bei einer Gefährdung privater Rechtsgüter und einer bestehenden Pflicht zum Einschreiten ­Pewestorf, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 1 Rn. 186; Waechter, Polizei- und Ordnungsrecht, 2000, Rn. 442 f.; Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, Rn. 98; Thiel, Polizei- & OrdnungsR, 2016, § 8 Rn. 169; Pieroth / Schlink / Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2016, § 10 Rn. 35 f.; Kingreen / Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, § 10 Rn. 37 f. 1001 Hierzu, u. a.: Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 383 ff, 396 ff; Böhrenz / Siefken, Nds. SOG, 2014, § 5 Rn. 5; Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 40 Rn. 39 ff, 48 ff, 69 ff; Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, Rn. 97, 100; Thiel, Polizei- & OrdnungsR, 2016, § 8 Rn. 172 f.; Waechter, Polizei- und Ordnungsrecht, 2000, Rn. 462; Götz / Geis, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, § 11 Rn. 9 f.; Pewestorf, in: Pewestorf / Söllner / Tölle, PH Polizei- und OrdnungsR, 2013, Kap. 1 Rn. 187 ff. 1002 Näheres zur Außenwirkung ermessensleitender Verwaltungsvorschriften, den Folgen ihrer Rechtswidrigkeit oder Nichtbeachtung von rechtmäßigen Regelungen im Innen- sowie Außenverhältnis, siehe oben: S. 80 f., 89 ff, 110 ff. 1003 Siehe u. a.: BVerwGE 11, 95 (97); Götz / Geis, Allg. Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, § 11 Rn. 5 f.; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 400 ff.; Thiel, Polizei- & OrdnungsR, 2016, § 8 Rn. 155, 172; Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, Rn. 97, 100 f.; Kugelmann, Polizei- und Ordnungsrecht, 2012, Kap. 5 Rn. 193, 195 f., Kap. 10 Rn. 3, 14, 16 f.; Böhrenz / Siefken, Nds. SOG, 2014, § 5 Rn. 2; Rachor, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 125 f., 128; Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 115 ff.; 119; Pieroth / Schlink / Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2016, § 10 Rn. 41; Kingreen / Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, § 10 Rn. 43.

I. Landesrechtliche Grenzen  

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aufgrund der Grundrechte die ermächtigenden Rechtsnormen nicht lediglich den Schutz von Allgemeininteressen bezwecken und somit stets auch einen Anspruch des Rechtsgutsinhabers begründen.1004 bb) § 26 Nr. 1: Ermessensreduktion auf Null bei Bargeld Eine Ermessensreduktion auf Null im Sinne einer generellen Unzulässigkeit präventiven Einschreitens müsste man insbesondere bei Bargeld als Sicherstellungs­ objekt zur Abwehr prognostizierter BtM-Delikte als Sicherstellungsgrund annehmen, wenn man etwa Thiée in der Auffassung folgt, dass eine Sicherstellung von Bargeld aufgrund seiner Umlauffähigkeit sowie des Unvermögens, legales von illegalem Geld konsequent zu trennen, speziell in dem soeben skizzierten Zusammenhang aber auch allgemein eine zur Gefahrenabwehr völlig ungeeignete, damit unverhältnismäßige Maßnahme sei.1005 Wie bereits oben eingehend aufgezeigt werden konnte, sind die Umlauffähigkeit von Bargeld sowie das Unvermögen einer konsequenten Trennung legaler von illegalen Geldbeträgen jedoch grundsätzlich kein Ausschlusskriterium für eine Präventive Sicherstellung inkriminierter Sachen.1006 So ist es für eine präventive Sicherstellung nicht untypisch, dass von dem Asservat selbst keine unmittelbaren Gefahren ausgehen. Ob ein präventives Einschreiten durch Sicherstellung in derart gelagerten Fällen zulässig ist, richtet sich dann entscheidend nach der Verwendungsabsicht des Besitzers. Liegen ausreichende Indizien für eine beabsichtigte illegale Verwendung der aufgefundenen Geldbeträge vor, so dass eine Gefahrenlage anzunehmen ist, so ist grundsätzlich auch die Sicherstellung dieser Beträge eine geeignete, den Zweck der Gefahrenabwehr fördernde Maßnahme. Die Herkunft des Geldes ist dabei, wie oben näher aufgezeigt, nur als Indiz von Relevanz, aber nicht zwingende Voraussetzung.1007 Je nach Einzelfall kann auch legal erlangtes Geld sicherzustellen und für die Abwehr einer Gefahrenlage geeignet sein, wenn gerade die geplante Verwendung des aufgefundenen Geldes Gefahren begründet. 1004 Im weiteren Schritt ist ebenso die Reduzierung des Auswahlermessens hinsichtlich der Maßnahme sowie des Störers zu prüfen; ansonsten besteht einzig ein Anspruch des Rechtsgutsinhabers auf fehlerfreie Ermessensausübung. Näheres siehe u. a.: Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 402 ff.; Pieroth / Schlink / Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2016, § 10 Rn. 42, 45 ff., § 5 Rn. 50 ff.; Kingreen / Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, § 10 Rn. 44, 47 ff., § 3 Rn. 51 ff. Näheres allgemein zum Anspruch bei Ermessensentscheidungen, siehe etwa: Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 40 Rn. 52 ff. 1005 Thiée, StV 2009, 102 (103 f.); ders., StV 2010, 215 (216). 1006 Näheres zur scheinbaren Sonderstellung von Bargeld aufgrund seiner Umlauffähigkeit und der Maßgeblichkeit des prognostizierten Verhaltens für die Annahme einer gegenwärtigen Gefahr, siehe oben: S. 139 f., 211 ff. 1007 Näheres zu Indiztatsachen, wie der Herkunft von Bargeld, und ihrer Relevanz zur Begründung einer Gefahrenlage, siehe oben: S. 197 ff.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

Die Sicherstellung von Bargeld kann damit nicht generell als ungeeignet und damit unverhältnismäßig abgetan werden. Die Verhältnismäßigkeit einschließlich der Geeignetheit einer Sicherstellung gilt es vielmehr auch bei Bargeld stets einzelfallabhängig unter Bezugnahme auf die jeweils prognostizierte Verwendungsabsicht zu beurteilen. cc) § 26 Nr. 2: Ermessensreduktion auf Null bei fehlendem zivilrechtlichen Schutz Eine Ermessensreduktion auf Null in Form einer generellen Unzulässigkeit präventiven Einschreitens ist allerdings, wie oben aufgezeigt und soweit nicht bereits im Tatbestand berücksichtigt,1008 bei einer Sicherstellung zum Schutz privater Rechte anzunehmen, wenn besagten Rechten der zivilrechtliche Schutz verwehrt ist. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Sicherung privater Rechte an körperlichen Gegenständen, bei denen grundsätzlich in Eilfällen § 26 Nr. 2 Nds. SOG direkt anwendbar ist, als auch bei der Gefährdung privater Rechte an unkörperlichen Sachen, bei denen, folgt man dem oben aufgezeigten weiten Eigentumsbegriff, § 26 Nr. 2 Nds. SOG ebenfalls direkt anzuwenden ist. Folgt man der weiten Auslegung hingegen nicht, kommt jedenfalls der analogen Anwendung des § 26 Nr. 2 Nds. SOG zur Wahrung der vom Gesetzgeber getroffenen Kategorisierung ein Vorrang zu. Folgt man hingegen dem Ansatz der Rechtsprechung, so ist der Schutz privater Rückforderungsansprüche an unkörperlichen Sachen auf § 26 Nr. 1 Nds. SOG in analoger Anwendung zu stützen.1009 Eine Versagung des zivilrechtlichen Schutzes besteht etwa nach § 817 S. 2 BGB, wenn der Leistende sich außerhalb der Rechtsordnung bewegt hat. Dies gilt ebenso im Fall eines unzulässigen Kaufs von Betäubungsmitteln, bei dem aufgrund einer Fehleridentität die Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäfts auf das Erfüllungsgeschäft durchschlägt, so dass das Eigentum an der Sache bei dem Leistenden verblieben ist, soweit der herrschenden Lehre gefolgt wird, die durch eine analoge Anwendung des § 817 S. 2 BGB auf § 985 BGB dem privaten Recht im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis ebenso wie im Bereicherungsrecht den zivilrechtlichen Schutz verwehrt. Anders hingegen mit der Rechtsprechung, die dem Recht zwar nicht durch analoge Anwendung den zivilrechtlichen Schutz abspricht, allerdings aufgrund der Strafbewehrtheit des unzulässigen Drogenkaufs einen mangelnden Rückführungswillen annimmt, der einem präventiven Einschreiten wie aufgezeigt ebenso entgegensteht. Ein derart entgegenstehender mutmaßlicher Wille lässt allerdings wie dargetan bereits den Tatbestand entfallen. Anders beim fehlenden zi 1008 Näheres zu der Zulässigkeit einer gefahrenabwehrrechtlichen Sicherung privater Rechte sowie den Folgen eines fehlenden zivilrechtlichen Schutzes auf Tatbestands- wie Rechtsfolgenseite, siehe oben: S. 213 ff, 232. 1009 Näheres zum Vorrang des § 26 Nr. 2 Nds. SOG auch bei der Sicherung privater Rechte an unkörperlichen Sachen, siehe oben: S. 214 ff.

I. Landesrechtliche Grenzen  

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vilrechtlichen Schutz privater Rechte; entspricht ein präventives Einschreiten dem mutmaßlichen Willen, ist ein Einschreiten aufgrund der Wahrung der Einheit der Rechtsordnung dann entweder bereits auf Tatbestandsseite infolge nichtbestehender Gefahrenlage, jedenfalls aber auf Rechtsfolgenseite, als ermessensfehlerhaft anzusehen.1010 dd) §§ 26 Nr. 2, 4 III Nds. SOG: Zulässigkeit trotz unbekanntem Berechtigten? Ein Ermessensfehler könnte ebenso anzunehmen sein bei Vornahme einer Präventiven Sicherstellung inkriminierter Sachen nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG trotz unbekanntem Berechtigten. Denn bei einer Sicherstellung zum Schutz privater Rechte könnte der Umstand, dass der Berechtigte unbekannt ist, möglicherweise mit § 4 III Nds. SOG, dem Prinzip der Zweckerreichung, in Konflikt stehen. Das ein präventives Einschreiten jedoch nicht generell einzig aufgrund der Unbekanntheit des Berechtigten verwehrt sein kann, folgt bereits aus der Konzeption des § 26 Nr. 2 Nds. SOG. Die Sicherstellung nach Nr. 2 soll die Vereitelung oder wesentliche Erschwerung privater Rechtsverwirklichung in Eilfällen verhindern. Ein Auftrag des Berechtigten ist, wie aufgezeigt, hierzu gerade nicht erforderlich.1011 Grundsätzlich genügt es vielmehr, wenn die Umstände im Einzelfall auf einen unberechtigten Besitz des von der Maßnahme Betroffenen schließen lassen. Hierzu ist die Kenntnis des wahren Berechtigten zunächst aber prinzipiell nicht erforderlich. Im Regelfall ist damit nicht nur der wahre Wille des Berechtigten, sondern der Berechtigte selbst unbekannt. Anhaltspunkte, warum in einem Eilfall gerade dem anfänglich unbekannten, damit in der Regel selbst gänzlich handlungsunfähigen und im Besonderen schutzbedürftigen Berechtigten einer aufgefundenen Sache der Eigentumsschutz nach Art. 14 I GG verwehrt sein soll, sind nicht ersichtlich. Ein Einschreiten bei anfänglicher Unkenntnis des Berechtigten ist daher grundsätzlich zulässig. Fraglich ist jedoch, wie lange diese Unkenntnis fortbestehen darf. Nach § 4 III Nds. SOG sind Maßnahmen des Nds. SOG nur solange zulässig, „bis ihr Zweck erreicht ist oder es sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann“. Eine präventive Sicherstellung nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG könnte demzufolge generell unzulässig sein, wenn das Auffinden des Berechtigten ausgeschlossen ist. Allerdings ist es zum einen nicht gänzlich auszuschließen, dass der Berechtigte einer zum Schutz sichergestellten Sache sich im Laufe des Verfahrens von alleine hilfe­ersuchend bei der Polizei oder dem Ordnungsamt meldet. Zum anderen besteht gemäß 1010

Näheres zum fehlenden zivilrechtlichen Schutz und der Relevanz des mutmaßlichen Willens, siehe oben: S. 218 ff., 232 ff. Als ermessensfehlerhaft ansehend, etwa: VG Braunschweig, Urt. v. 02.12.2009, Az.: 5 A 238/08, JURIS, LS. 4, Rn. 32. 1011 § 26 Nr. 2 Nds. SOG ist eine öffentlich-rechtliche GoA; siehe ebenso oben: S. 219, 233 f.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

§ 24 I VwVfG eine Amtspflicht zur Sachverhaltsaufklärung. Solange diese nicht beendet, die Suche nach einem Berechtigten somit noch nicht eingestellt ist, ist ein Auffinden des Geschädigten grundsätzlich auch nicht auszuschließen und eine Zweckerreichung noch möglich. Derzeit sind im Rahmen der Amtsermittlung wiederholte Bekanntgaben von zum Schutz sichergestellter Sachen zwecks Ermittlung eines Berechtigten in der gängigen Praxis unüblich. Allerdings ist dieser Umstand für die rechtliche Beurteilung nicht weiter von Relevanz. Die Praxis kann nicht den rechtlichen Maßstab setzen. Das Rechtsstaatsprinzip verlangt vielmehr eine normative Grenzsetzung. Diese ist in § 4 III Nds. SOG zu erblicken. Zu beantworten ist daher die Frage, ab wann sich zeigt, dass die Zweckerreichung ausgeschlossen ist. Welche Mühen müssen betrieben werden und muss überhaupt von den gefahrenabwehrenden Stellen aktiv nach einem Berechtigten gesucht werden? Letzteres ist klar zu bejahen. Die Verpflichtung zur aktiven Suche eines Berechtigten folgt bereits unmittelbar aus der Amtsermittlungspflicht nach § 24 I VwVfG i. V. m. der Schutzpflicht aus Art. 14 I GG. Schließlich ist gerade die Art und Weise der Besitzerlangung ausschlaggebend für die Frage der Berechtigung des Betroffenen, damit der erforderlichen Widerlegung des § 1006 I 1 BGB, und insbesondere der wahre Berechtigte kann entscheidende Hinweise zur konkreten Modalität der Besitzerlangung des von der Sicherstellung unmittelbar Betroffenen geben. Betrachtet man den zu betreibenden Aufwand, so ist es den Behörden zur aktiven Suche eines Berechtigten bei den heute zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten durchaus zumutbar, zumindest „online“ auf einer öffentlich zugänglichen Webseite entweder durch eine in regelmäßigen Abständen wiederholte Bekanntgabe, anlassbezogen oder durch dauerhaftes Einstellen in einen nach Stichpunkten, wie Sicherstellungsdatum und Gegenstandsbezeichnung, durchsuchbaren Katalog nach dem Berechtigten zu suchen. Der Einzelfall kann jedoch auch größere Anstrengungen gebieten. So etwa, wenn sich bei der Sachverhaltsermittlung Hinweise auf mehrere mögliche Berechtigte ergeben. Dann gebietet grundsätzlich bereits die Amtsermittlungspflicht, die potentiellen Berechtigten persönlich anzuschreiben. Das Ausmaß der Bemühungen kann daher je nach Einzelfall stark variieren. Die Veröffent­lichung durch Bekanntgabe in einem öffentlich zugänglichen „Online­ katalog“ ist dabei aber wohl das grundsätzlich gebotene Mindestmaß an Bemühungen, soweit diese nicht die Abwehr von im Zusammenhang bestehender weiterer Gefahrenlagen oder die Sachverhaltsaufklärung im Ganzen entscheidend beeinträchtigt oder gar verhindert. Im Allgemeinen gilt es insofern diese Anstrengungen zum Auffinden des wahren Berechtigten aufgrund der Amtsermittlungspflicht i. V. m. Art. 14 I GG bis zum Ende der Verwahrung durch Erlöschen des Herausgabeanspruchs nach § 29 II 3 Nds. SOG zu betreiben. Eine Sicherstellung nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG ist damit auch bei unbekanntem Berechtigten zumindest bis zur Beendigung der Sachverhaltserforschung, somit grundsätzlich bis zum Er­ löschen des Herausgabeanspruchs nach § 29 II 3 Nds. SOG zulässig.1012 1012 So im Ergebnis auch: OVG Lüneburg, Az.: 11 PA 391/07, in: Hunsicker, Entscheidungssammlung, 2009, S. 64 (66): allerdings nicht auf Ermittlungen, sondern die Möglichkeit, dass

I. Landesrechtliche Grenzen  

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Eine Zweckverfehlung nach § 4 III Nds. SOG und damit Unzulässigkeit einer Aufrechterhaltung der Sicherstellung durch Ermessensüberschreitung könnte allerdings anzunehmen sein, wenn sich im Rahmen der Sachverhaltserforschung im Einzelfall gezeigt hat, dass das Auffinden eines Berechtigten mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten oder gar ausgeschlossen ist;1013 so etwa im Fall eines sichergestellten gestohlenen Warenlagers, welches zwar einem Bekleidungsunternehmen aber keiner der diesem unterstehenden selbstständigen Niederlassung zugeordnet werden kann, so dass die Ermittlung des Berechtigten, genauer des Eigentümers, vor dem Erlöschen des Herausgabeanspruchs aufgrund Unmöglichkeit einzustellen und in der Konsequenz das Asservat wieder an den Betroffenen herauszugeben ist. Derart strenge Anforderungen an die Zweckerreichung lassen sich jedoch weder den Gesetzesmaterialien entnehmen, noch sind sie mit dem Zweck einer effektiven Gefahrenabwehr vereinbar. Zwar bezweckt § 26 Nr. 2 Nds. SOG den Schutz privater Rechte, damit den Schutz von Individual­ interessen, allerdings stellt der unberechtigte Besitz auch stets zugleich eine Verletzung der Rechtsordnung dar, welche der wesentliche Anknüpfungspunkt für ein zulässiges gefahrenabwehrendes Einschreiten nach Nds. SOG ist. Denn wie bereits aufgezeigt werden konnte, überwiegt in Eilfällen das öffentliche Interesse an der Wahrung der materiellen Rechtsordnung das öffentliche Interesse an der Einhaltung der regulären Zuständigkeitsordnung.1014 Das öffentliche Interesse an der Unversehrtheit der Rechtsordnung ist aber gerade nicht von der Kenntnis des Berechtigten abhängig, denn die Kenntnis oder Unkenntnis ändert für sich nichts an der Verletzung. Das öffentliche Interesse an der Unversehrtheit der Rechtsordnung besteht daher auch bei unbekanntem Berechtigtem, solange dessen mutmaßlicher Wille gegen den Besitz des Betroffenen spricht und damit eine Rechtsverletzung sowie ein präventives Einschreiten im Eilfall in zulässiger Weise tatbestandlich begründet. Die bloße Unkenntnis des Berechtigten kann daher generell nicht die Unzulässigkeit nach § 4 III Nds. SOG bewirken. Andernfalls wäre bei einer Berechtigter Ansprüche noch geltend machen wird, abstellend; OVG Lüneburg, B. v. 20.09.2010, Az.: 11 ME 32/10, JURIS, OS. 2, Rn. 18: auf Möglichkeit des Ermittlungserfolgs abstellend; dass., B. v. 08.02.2011, Az.: 11 LA 6/11, n. v. S. 3 f.: erforderlich sei allein die erfolgreiche Widerlegung des § 1006 BGB, nicht aber der Nachweis eines Berechtigten; VG Hannover, NVwZ-RR 2008, 616 (617): auf missbräuchlichen Gebrauch abstellend, ebenso eine generelle Entbehrlichkeit des Auffindens eines Berechtigten annehmend, jedoch ohne Berücksichtigung von § 4 III Nds. SOG; VG Oldenburg, B. v. 30.01.2008, Az.: 2 A 969/07, JURIS, Rn. 28: kurz feststellend als zulässig erachtet; dass., Urt. v. 29.06.2010, Az.: 7 A 1634/09, JURIS, Rn. 169: für zulässig erachtend, soweit die Sachverhaltserforschung noch betrieben wird; hier durch Veröffentlichung von Fotos; Neuhäuser, in: Möstl / Weiner, Nds. SOG, 11/2018, § 26 Rn. 31: ebenso auf Möglichkeit des Ermittlungserfolgs abstellend; Böhrenz / Siefken, Nds. SOG, 2014, § 26 Rn. 7: knapp feststellend, ohne Berücksichtigung von § 4 III Nds. SOG. Vgl. u. a. auch: OVG Münster, B. v. 11.08.2010, Az.: 5 A 298/09, JURIS, LS. 1, Rn. 38: ebenfalls auf die Möglichkeit des Ermittlungserfolgs abstellend. 1013 So: Waechter, NordÖR 2008, 473 (476). So feststellend mit Verweis auf Waechter auch Thiée, in: StV 2010, 215 (216). 1014 Näheres zum öffentlichen Interesse bei Fremdgefährdung privater Rechte, siehe oben: S. 191.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

Unkenntnis eine Durchsetzung und Wahrung der Rechtsordnung unmöglich, denn den Zivilgerichten ist die Durchsetzung mangels Kenntnis des zur Klage befugten Berechtigten ebenfalls nicht möglich. Dies entspricht aber nicht dem Sinn und Zweck des § 1 III Nds. SOG. Dieser soll gerade sicherstellen, dass die Rechtsordnung stets gewahrt wird; auch in Eilfällen, in denen ein zivilgerichtliches Einschreiten nicht rechtzeitig möglich ist. Die Annahme einer Zweckverfehlung im Fall eines auf Dauer unbekannten Berechtigten ist daher auch nicht im Sinne des Gesetzgeberwillens.1015 Problematisch erscheint, dass eine Sicherstellung trotz unbekanntem Berechtigten nicht fähig ist, zur Wahrung der Rechtsordnung die ursprünglichen rechtmäßigen Zustände wiederherzustellen. Allerdings verschafft sie dem Berechtigten durch die amtliche Verwahrung mehr Zeit zur Geltendmachung seiner Ansprüche und schafft schließlich durch §§ 26 ff Nds. SOG als Auffangregelung und Folge der Unmöglichkeit der Wiederherstellung des ursprünglichen einen neuen rechtmäßigen Zustand. Bei diesem fällt der Erlös der sichergestellten Sache schließlich an den Fiskus und kommt so zumindest der Allgemeinheit zugute, statt unter Verletzung der Rechtsordnung beim Betroffenen zu verweilen. Die Sicherstellung ist daher auch bei einem unbekannten Berechtigten eine zur Wahrung der Unversehrtheit der Rechtsordnung im öffentlichen Interesse liegende, damit zweckgemäße Maßnahme durch Wiederherstellung zwar nicht ursprünglicher, aber jedenfalls rechtmäßiger Zustände. Ist folglich das Auffinden eines Berechtigten mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten oder gar ausgeschlossen, so dass die Ermittlungen noch vor dem Erlöschen des Herausgabeanspruchs aufgrund Unmöglichkeit eingestellt werden, ist eine Zweckverfehlung nach § 4 III Nds. SOG dennoch nicht anzunehmen, da der Zweck in der Wahrung der Rechtsordnung besteht, und eine Aufrechterhaltung der Sicherstellung grundsätzlich zulässig.1016 Vereinzelt wird vertreten, dass sich die generelle Zulässigkeit einer Sicher­ stellung trotz unbekanntem Berechtigten zudem bereits aus § 29 II 2 Nds. SOG ergäbe.1017 Denn dieser regelt explizit für den Fall einer nicht zu ermittelnden berechtigten Person die Folgen einer bestehenden Herausgabepflicht durch Umwandlung in eine Hinterlegungsverpflichtung. Diese spezielle Regelung könnte allerdings auch ebenso gut einzig für nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG sichergestellte Sachen eingefügt worden sein, bei denen der durch die Wegnahme unmittelbar Betroffene nicht Berechtigter i. S. d. Norm ist, wie etwa bei einer ursächlich angenommenen drohenden Hehlerei. Insoweit kommt § 29 II 2 Nds. SOG für die hier betrachtete Fragestellung keine Aussagekraft zu. 1015

Siehe hierzu: Heise / Riegel, ­MEPolG, 1978, S. 26: Begründung zu Abs. 2, S. 29: Begründung zu § 1a, S. 83: Begründung zu § 21 Nr. 2. 1016 Ohne Berücksichtigung von § 4 III Nds. SOG im Ergebnis ebenso die generelle Entbehrlichkeit des Nachweises eines Berechtigten annehmend: OVG Lüneburg, B.  v.  08.02.2011, Az.: 11 LA 6/11, n. v. S. 3 f.: erforderlich sei allein die erfolgreiche Widerlegung des § 1006 BGB; VG Hannover, NVwZ-RR 2008, 616 (617): auf missbräuchlichen Gebrauch des Betroffenen abstellend. 1017 Vgl.: VG Regensburg, Az.: RN11 K 03.1962, in: Hunsicker, Entscheidungssammlung, 2017, S. 107 (114).

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Festzuhalten bleibt, dass die bloße Unkenntnis des Berechtigten weder anfänglich noch im späteren Verlauf der Sicherstellungsmaßnahme eine Ermessensüberschreitung durch Zweckverfehlung nach § 4 III Nds. SOG, damit eine Rechtswidrigkeit des präventiven Einschreitens begründen kann. ee) Erforderlichkeit der Belassung eines „Schonvermögens“ Eine Ermessensüberschreitung könnte allerdings fußend auf dem Sozialstaatsgebot, Art. 20 I, 28 I 1 GG, bei einer Sicherstellung anzunehmen sein, die dem Betroffenen weniger als das zur Existenzsicherung Erforderliche belässt. Derartige die Sicherstellung zwecks Sicherung des Existenzminimums oder von Unterhaltsverpflichtungen beschränkende Regelungen sind im Nds. SOG nicht getroffen worden. Insoweit stellt sich die Frage, ob im Rahmen des Gefahrenabwehrrechts durch analoge Anwendungen der Regelungen der ZPO zum Pfändungsschutz1018 dem Betroffenen ein „Schonvermögen“1019 sowie bei bestehenden Unterhaltsverpflichtungen das zu dessen Begleichung Erforderliche zu belassen ist.1020 So fordert etwa das VG Braunschweig zwecks Sicherung des Existenzminimums und Verhinderung der Missachtung jeglicher Pfändungsfreigrenzen, dass aufgefundene und sichergestellte Bargeldbeträge in der Summe größer sein müssten, als das üblicherweise zum Lebensunterhalt Erforderliche, und zudem ein enger Bezug zwischen dem Geld, den aktenkundigen Delikten und einer prognostizierten erneuten Begehung bestehen müsse.1021 Zum Teil wird aber auch eine Schonung des Vermögens zur Sicherung des Lebensunterhalts für obsolet erachtet, da der Betroffene bei Bedarf Sozialleistungen beziehen könne.1022 Es erscheint jedoch fraglich, ob eine Sicherstellung geeignet als auch erforderlich, damit verhältnismäßig und ermessensfehlerfrei ist, wenn der Betroffene den sichergestellten Betrag oder Teile dessen am Ende nach entsprechender Antragstellung durch die Beziehung von Sozialleistungen wieder ausgezahlt bekommt. Auf den ersten Blick entsteht durch ein solches Vorgehen nur doppelter Verwaltungsaufwand ohne einen längerfristigen Effekt. Allerdings kann es den gefahrenabwehrrechtlichen Stellen im Rahmen des § 29 I Nds. SOG bereits nicht zugemutet werden, die Eigentumsposition am

1018

Zum Pfändungsschutz siehe etwa: §§ 850 ff sowie insb. §§ 850c, 850d, 850i, 850k ZPO. „Schonvermögen“ steht hier für einen Restbestand an Vermögen, der zur Sicherung des Existenzminimums, genauer des physischen Überlebens, möglicherweise für eine Sicherstellung nach § 26 Nds. SOG unantastbar ist. Dieser Begriff wird ebenfalls bereits mit abweichender Bedeutung sowohl im Sozialrecht als auch im Unterhaltsrecht verwendet und steht dort für die Beschränkung der Verpflichtung eigenes Vermögen zum Lebensunterhalt oder i. R. d. Unterhaltspflicht einzusetzen. 1020 Diese Fragestellung kurz aufwerfend und in den Bereich des Ermessens verweisend, ebenso: Waechter, NordÖR 2008, 473 (478). 1021 So: VG Braunschweig, B. v. 18.01.2007, Az.: 5 B 332/06, JURIS, Rn. 23. 1022 Waechter, NordÖR 2008, 473 (478). 1019

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Asservat zu prüfen.1023 Gleiches muss daher prinzipiell für die viel komplexere Prüfung einer für einen Sozialleistungsanspruch erforderlichen Bedürftigkeit des Betroffenen gelten. Entscheidend für die Rechtmäßigkeit einer Sicherstellung ist die ex ante Sicht. Solange die gefahrenabwehrenden Stellen aufgrund der Umstände im Einzelfall in zulässiger Weise zu der Überzeugung gelangen, dass eine Sicherstellung aufgrund der prognostizierten Gefahrenlage zweckmäßig, geeignet, erforderlich sowie angemessen, damit verhältnismäßig ist, ist ein präventives Einschreiten auch rechtmäßig. Wie im Weiteren mit der eventuell entstandenen Bedürftigkeit des Betroffenen umzugehen ist, hängt maßgeblich vom jeweiligen Einzelfall ab. Ähnliches gilt bezüglich der Schonung des Vermögens des von der Sicherstellung Betroffenen aufgrund bestehender Unterhaltspflichten. Ob ein präventives Einschreiten durch Sicherstellung trotz bestehender Unterhaltsverpflichtungen des Betroffenen rechtmäßig ist, richtet sich auch hier im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr einzig nach der Verwendungsabsicht, damit der prognostizierten Gefahrenlage. So kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Störer im Einzelfall beabsichtigt, seinen Verbindlichkeiten nicht nachzukommen und das aufgefundene und sicherzustellende Geld stattdessen in Straftaten zu investieren. Schließlich kann der Besitzer über Bargeld wie auch sein übriges Vermögen grundsätzlich frei verfügen. Es kommt daher auch hier entscheidend auf die Umstände im Einzelfall an. Dabei ist der zu betreibende Begründungsaufwand aber deutlich höher, wenn nach den Umständen im Einzelfall das gesamte Vermögen, somit auch das zum Lebensunterhalt Erforderliche, sichergestellt werden soll, da der Täter aus physischen zwingenden Gründen zum Überleben wenigstens Essen und Trinken benötigt. Aber selbst in einer derart extremen Situation können extreme Gründe ein rechtmäßiges präventives Einschreiten begründen. Daher kann es im Gefahrenabwehrrecht auch kein bestimmtes „Schonvermögen“ als feste Grenze geben. Das Ausmaß des zulässigerweise sicherzustellenden Vermögens richtet sich im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr stets nach dem jeweiligen Einzelfall und der jeweils prognostizierten Verwendungsabsicht. Liegen etwa Anhaltspunkte vor, dass der Betroffene so fanatisch ist, dass er z. B. all sein Vermögen einer Terrorvereinigung schenken möchte, so muss eine Sicherstellung all jenes Vermögens zum Schutz von Leben und Gesundheit und zur Verhinderung der Begehung eines Verbrechens nach § 129a V StGB1024 bei einer derartigen Absicht, auch ohne Beachtung von Pfändungsgrenzen, zulässig sein. Allerdings gilt es hierbei zu beachten, dass aufgrund der gravierenden Belastung des Betroffenen der Begründungsaufwand für eine derartige Verwendungsabsicht trotz der ebenso gewichtigen bedrohten Rechtsgüter deutlich erhöht ist. Ein solches Verhalten kann aber insbesondere bei einem zu befürchtenden Selbstmordattentäter nicht ausgeschlossen werden. In 1023

Bei Herausgabe an einen Anderen als den, bei dem sichergestellt worden ist, genügt die bloße Glaubhaftmachung; siehe hierzu: Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 88; Heise / Riegel, ­MEPolG, 1978, S. 89: Begründung zu § 24 Abs. 1. 1024 § 129 a V StGB = Unterstützung terroristischer Vereinigungen.

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einem derartigen Fall wird dann aber wohl auch eine Sicherungsverwahrung geboten sein, so dass der Lebensunterhalt durch die Ingewahrsamnahme gesichert ist. Ein festes, von präventiven Maßnahmen unantastbares „Schonvermögen“ kann mit Blick auf die Vielgestaltigkeit der potentiellen Sachverhalte sowie auf den Normzweck, einer effektiven Gefahrenabwehr, daher nicht angenommen werden. In welchem Ausmaß das Vermögen eines Betroffenen in verhältnismäßiger Weise sichergestellt werden darf, richtet sich einzig nach der im Einzelfall prognostizierten Verwendungsabsicht, sprich Gefahrenlage. ff) Entzug des Tatanreizes als zulässiger Gesichtspunkt? Ein Ermessensfehler könnte ferner darin zu erblicken sein, dass die Maßnahme zwecks Entzugs des Tatanreizes getroffen worden ist. Gemäß § 40 VwVfG ist im Rahmen des Ermessens der Zweck der Maßnahme entsprechend dem Zweck der Ermächtigungsnorm, damit allein sachlich, auszuüben. Eine Erweiterung des zulässigen Ziels ist allerdings durch das übrige einschlägige Recht möglich, wie insbesondere durch Grundrechte, soweit diese durch die Ermessensentscheidung im Einzelfall zu schützen sind.1025 Dabei wird vereinzelt vertreten, dass autonome, nicht aus einschlägigen Regelungen ableitbare Zwecke infolgedessen nur soweit zulässig sind, solange sie den durch einschlägige Normen gesetzten Rahmen nicht überschreiten.1026 Insoweit stellt sich zunächst die Frage, ob das Nds. SOG, im Besonderen § 26 Nds. SOG, neben der Abwehr von konkreten Gefahrenlagen ebenso General- wie Spezialprävention bezweckt oder ob letztere Zielsetzungen einzig im strafrechtlichen Bereich zulässig sind. Der im Strafrecht i. R. d. Strafzwecktheorien gebräuchliche Begriff der Spezialprävention bezeichnet den Schutz der Allgemeinheit durch Anknüpfung an die konkrete Gefährlichkeit eines Täters und dessen Resozialisierung, damit Prävention durch Strafe.1027 Wohingegen der Begriff der Generalprävention den Schutz der Allgemeinheit durch Strafandrohung, somit durch Abschreckung der Gesellschaft von der Begehung einer Tat mittels des Aufzeigens von normativen Grenzen und den Folgen ihrer Missachtung, benennt.1028 Diese Präventionsansätze finden sich aber auch in entsprechender Weise im Gefahrenabwehrrecht wieder. So knüpft das Nds. SOG zum einen zu einem wesentlichen Teil wie die Spezialprävention an 1025 So auch: Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 40 Rn. 74; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 40 Rn.  63. 1026 Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 40 Rn. 73. 1027 Näheres zur Spezialprävention etwa: Fischer, StGB, 2019, § 46 Rn. 3, 7; Kinzig, in: Schönke / Schröder, StGB, 2019, Vorb. zu §§ 38 ff. Rn. 7 ff; Kühl, in: Lackner / Kühl, StGB, 2014, § 46 Rn. 2, 27. 1028 Näheres zur Generalprävention etwa: Kinzig, in: Schönke / Schröder, StGB, 2019, Vorb. zu §§ 38 ff. Rn. 3 ff; Kühl, in: Lackner / Kühl, StGB, 2014, § 46 Rn. 2, 28.

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die Gefährlichkeit eines Störers an und beabsichtigt, die Verwirklichung der aus der Gefährlichkeit hervorgegangenen Gefahrenlage durch gezielte Maßnahmen zu verhindern. Ein wesentlicher Unterschied besteht hier darin, dass die Spezialprävention an der bloßen Gefährlichkeit ansetzt und auf die Verhinderung einer Straftatenbegehung zielt, noch bevor eine Gefahr i. S. d. Nds. SOG überhaupt entstanden ist, während das Nds. SOG mit seinen Ermächtigungsgrundlagen typischerweise an bestehende Gefahrenlagen anknüpft. Allerdings ist das Nds. SOG nicht auf die Abwehr bestehender Gefahrenlagen beschränkt. So gehört, wie oben bereits aufgezeigt werden konnte,1029 nach § 1 I 3 Nds. SOG zu den originären Aufgaben der Polizei etwa auch die Verhütung von Straftaten. Zu diesem Zweck ermöglicht das Nds. SOG bereits im Vorfeld einer Gefahr aufgrund einer bloßen Gefährlichkeit als spezialpräventive Maßnahme etwa die Sicherstellung einer Sache nach § 26 Nr. 3 Nds. SOG oder das Aussprechen eines Aufenthaltsverbots nach § 17 IV Nds. SOG. Zum anderen finden sich in diesem nach Satz 3 der Polizei eröffneten Vorfeld­bereich aber auch entsprechende generalpräventive originäre Aufgaben der Polizei, wie etwa schlichtes hoheitliches Handeln in Form von Streifenfahrten oder allgemeiner Verkehrsüberwachung. Jedenfalls bei präventiven Maßnahmen ohne Eingriffscharakter, wie etwa bei Streifenfahrten der Polizei, ist eine derartige alleinige general- wie spezialpräventive Zielrichtung auch im Gefahrenabwehrrecht damit nicht unüblich und, wie den Gesetzesmaterialien entnommen werden kann, im Sinne des Normzwecks.1030 Ob aber auch belastende Maßnahmen allein aus general- oder spezialpräventiven Zwecken getroffen werden dürfen, erscheint hingegen problematisch.1031 Diese Fragestellung bedarf im Rahmen der vorliegenden Bearbeitung allerdings keiner eingehenderen Klärung, da der Tatbestand einer Sicherstellung sowohl nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG als auch nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG das Bestehen einer gegenwärtigen Gefahr voraussetzt, deren Abwehr durch präventives Einschreiten stets bereits der primären Zielrichtung des Nds. SOG, der Unterbrechung des prognostizierten Kausalverlaufs, entspricht. Die spezial- wie generalpräventive Absicht, insbesondere dem Betroffenen, aber auch der Gesellschaft durch Entzug der aufgefundenen Sache zugleich ebenso den Tatanreiz zu nehmen, schwingt daher u. a. 1029

Näheres zum Vorfeldbereich nach § 1 I 3 Nds. SOG, siehe oben: S. 118 ff. Siehe hierzu etwa: Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 09/1090 S. 53, 70: demgemäß wurden bereits 1979 gewisse Aufgaben, wie Streifenfahrten, allg. Verkehrsüberwachung, mit spezial- wie generalpräventiver Zielrichtung als der gefahrenabwehrrechtlichen Zwecksetzung entsprechend für in originärer Kompetenz der Polizei liegend, damit zulässig erachtet; zudem wurden Aufgaben im Vorfeld von Straftaten (die Beobachtung und Befragung von Personen etc.) als Teil der Gefahrenabwehr verstanden, so dass bereits vor Einführung des § 1 I 3 Nds. SOG viele Gefahren durch die Dauerpräsenz der Polizei bereits im Keim abgewandt werden konnten; siehe ebenso oben: Fn. 406, S. 122 f. Hierzu auch: Waechter, DÖV 1999, 138 (144). 1031 Näheres zur Zulässigkeit einer spezial- wie generalpräventiven Zielsetzung bei präventiven Maßnahmen, siehe etwa: Waechter, Polizei- und Ordnungsrecht, 2000, Rn. 443; ders., DÖV 1999, 138 (138 f., 144 f.). 1030

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bei prognostizierten Vermögensdelikten lediglich neben der entscheidungstragenden Zielsetzung, der Abwehr der gegenwärtigen Gefahrlage, mit.1032 Wie soeben aufgezeigt werden konnte, sind aber auch spezial- wie generalpräventive Zwecke im Sinne des Nds. SOG, so dass ihr Anführen allein eine Sicherstellung zu Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr zwar nicht rechtfertigen mag, ihr Mitschwingen mangels Erweiterung oder sonstige Einflussnahme auf die Maßnahme jedoch auch nicht als dem Normzweck des Nds. SOG nicht entsprechend, damit zweckwidrig angesehen werden kann. Allein der Umstand, dass eine präventive Sicherstellung neben der Abwehr der gegenwärtigen Gefahrenlage zusätzlich auch spezial- wie generalpräventive Zwecke verfolgt, begründet daher ebenfalls keinen Ermessensfehler. gg) Zulässiger Anreiz, dass die investierte Arbeit nicht „wirkungslos verpuffen“ soll? Ein Ermessensfehler mit der Konsequenz der Rechtswidrigkeit der Maßnahme könnte allerdings in dem zum Teil vorgebrachten Anreiz zu erblicken sein, dass die investierte Arbeit nicht „wirkungslos verpuffen“ soll. Eine derartige Zwecksetzung entspricht weder den nach § 40 VwVfG maßgebenden Zielen des Nds. SOG, noch kann sie aus übrigen einschlägigen Normen, auch nicht den Grundsätzen der Verfahrensökonomie, entnommen werden. Ein solcher Ansporn ist schlicht als persönliche Motivation zu kategorisieren und, wie aufgezeigt,1033 als solcher eine sachwidrige Erwägung.1034 Dies folgt auch bereits aus dem Beamtenrecht, §§ 33 I, 34 BeamtStG.1035 Eine derartige Zwecksetzung begründet daher einen Ermessensfehlgebrauch durch Missbrauch. Ein Ermessensfehlgebrauch hat aber nicht zwingend die Rechtswidrigkeit des verwaltungsrechtlichen Handelns zur Folge. Vielmehr ist die Maßnahme rechtmäßig, soweit der Ermessensfehler für die getroffene Entscheidung nicht kausal war. An einem derartigen Rechtswidrigkeitszusammenhang fehlt es, wenn der Begründung zu entnehmen ist, dass sich die Maßnahme auf mehrere Erwägungen stützt, die aber nicht alle zusammen entscheidungstragend sind. Hat die handelnde Stelle die Maßnahme derart auf mehrere, für sich tragende Gründe gestützt, so ist

1032

Vgl. auch, beim Abschleppen eines Fahrzeug Generalprävention als zusätzlichen Zweck für zulässig erachtend, u. a.: BVerwG, DVBl 1983, 1066 (1067); BVerwG, NJW 1990, 931 (931); BVerwGE 149, 254 (256, 264); Waechter, DÖV 1999, 138 (145). 1033 Siehe oben zum Ermessensmissbrauch: S. 245. 1034 Ermessenfehler durch sachwidrige Erwägung unter Missachtung der Neutralitätspflicht, siehe etwa: BVerwGE 26, 135 (140). So u. a. auch: Aschke, in: ­BeckOK-VwVfG, 2018, § 40 VwVfG, Rn. 48, 91; Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 40 Rn. 82; Maurer / Waldhoff, Allg. VerwR, 2017, § 7 Rn. 17, 22. 1035 Vgl.: Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 381.

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die getroffene Entscheidung nach ständiger Rechtsprechung rechtmäßig, solange nur eines der angeführten selbsttragenden Motive zulässig i. S. d. § 40 VwVfG ist, so dass dem Ermessensfehler keine Entscheidungsrelevanz zukommt und daher ohne Veränderung hinweggedacht werden kann.1036 Die Motivation, dass bereits investierte Arbeit nicht „wirkungslos verpuffen“ soll, ist im Ergebnis damit zwar ermessensfehlerhaft, führt jedoch nicht zu einer Rechtswidrigkeit der Maßnahme, soweit die Entscheidung von der zuständigen Stelle auf mehrere Zwecke gestützt worden ist, die nicht alle zusammen, sondern für sich, die Maßnahme tragen sollen. Besteht somit kein Rechtswidrigkeitszusammenhang des Ermessensfehlers mit der Entscheidung, ist das Anbringen sachwidriger Erwägungen im Ergebnis daher unerheblich. hh) Fiskalische Beweggründe als zulässige Motive? Des Weiteren könnte auch die Berücksichtigung fiskalischer Beweggründe1037 i. S. e. finanziellen, amtlichen Interesses, im Besonderen das Setzen einer Wertgrenze, eine sachwidrige, damit fehlerhafte Ausübung des Ermessens darstellen. Denn auf den ersten Blick ergeben sich rechtlich gravierende Zweifel ob der Vereinbarkeit des Gefahrenabwehrrechts mit der teils vorgetragenen Zielsetzung, mittels der Präventiven Gewinnabschöpfung öffentliche Haushalte zu sanieren, Personalstellen zu finanzieren wie auch mit der generalisierenden Festlegung eines bestimmten Werts als Bagatellgrenze für das Einschreiten.1038

1036 Mit Blick auf die Kernfrage der vorliegenden Bearbeitung vermag dieser Grundsatz des allgemeinen Verwaltungsrechts hier nicht näher diskutiert zu werden; es müssen an dieser Stelle vielmehr folgende Verweisungen genügen: BVerwG, DÖV 1973, 414 (415); dass., DÖV 1979, 374 (375) m. w. N.; dass., DÖV 1979, 375 (377) m. w. N.; BVerwGE  62, 215 (222); BVerwG, DVBl 1988, 687 (688); dass., DVBl 2001, 726 (729); vgl. ebenso: VG München, Urt. v. 03.03.2014, Az.: M 21 K 12.1532, JURIS, Rn. 46; Schenke / Ruthig, in: Kopp / ​Schenke, VwGO, 2018, § 114 Rn. 6a, 18; Gerhardt, in: Schoch / Schneider / Bier, VwGO II, St.: (05.1997)/​ 09.2018, § 114 Rn. 12. Vgl. auch, Ermessensnichtgebrauch unbeachtlich bei Reduktion auf Null: BVerwGE 57, 1 (5 f.). Siehe auch u. a., für Unbeachtlichkeit den Rechtsgedanken des § 46 VwVfG heranziehend: Schwarz, in: Fehling / Kastner / Störmer, VerwR, 2016, § 114 VwGO Rn. 54. Anders jedoch, die Zulässigkeit einer entsprechenden Heranziehung der Ausnahmeregelung bei materiellen Fehlern verneinend, etwa: Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 46 Rn. 9 f., § 40 Rn. 82. 1037 Begriff hier verwendet zur Bezeichnung des wirtschaftlichen Interesses an dem Erhalt sowie der Mehrung der staatlichen Mittel. Dieser Begriff wird jedoch nicht stets einheitlich gebraucht; üblich ist u. a. ebenso eine Verwendung zur Bezeichnung allen privatrechtlichen Handelns des Staates; näheres zur divergierenden Begriffsverwendung, siehe etwa: Peters, DÖV 2001, 749 (750). 1038 Bzgl. der Zweifel ebenso u. a.: Waechter, NordÖR 2008, 473 (478).

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(1) Zielsetzung der 500 € Bagatellgrenze des Runderlasses Eine solche Bagatellgrenze in Höhe von 500 Euro sieht allerdings der Gemeinsame Runderlass des MI und MJ1039 in seinen Verfahrenshinweisen zur Präven­ tiven Sicherstellung inkriminierter Sachen vor. Dabei scheint der Sinn und Zweck dieser Bagatellgrenze darin zu bestehen, für ein kostendeckendes Arbeiten sowohl die durch Sicherstellung und Verwahrung entstehenden Kosten als auch den Verwaltungsaufwand zu reduzieren. Allerdings regelt bereits § 29 III Nds. SOG, dass die Kosten einer Sicherstellung, damit alle in diesem Zusammenhang anfallenden Aufwendungen sowie die nach dem Verwaltungskostengesetz in diesem Kontext zu erhebenden Gebühren,1040 den nach §§ 6, 7 Nds. SOG verantwortlichen Störern zur Last fallen. Da gerade Sinn und Zweck von Gebühren nach § 3 II 1 NVwKostG die Kostendeckung ist, bemessen nach dem durchschnittlich im Rahmen der Amtshandlung anfallenden Aufwands,1041 bleibt als Grund für die Schaffung einer Bagatellgrenze wohl einzig die Abwälzung eines Insolvenzrisikos. Denn zur Sicherung der Kostenerstattung kann ein Asservat zwar nach § 29 III 3 Nds. SOG bis zur Zahlung einbehalten werden, ist dessen Wert jedoch zu gering, erweist sich dieser Sicherungsmechanismus als untauglich. Es drängt sich daher insoweit der Verdacht auf, dass die primäre Ebene der Maßnahmenergreifung zur Sicherung der sekundären Ebene, des Kostenausgleichs, instrumentalisiert werden soll. In dieser Gestalt wäre die Einbeziehung einer Bagatellgrenze somit auf den Erhalt staatlicher Mittel ausgerichtet und damit als fiskalische Erwägung einzustufen. Gegen eine derartige Überlegung spricht jedoch, dass bei einer Sicherstellung nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG zum Schutz privater Rechte die im Rahmen der Maßnahme anfallenden Kosten nach §§ 29 III, 7 II 2 Nds. SOG ohnehin weder dem Eigentümer noch sonst Berechtigten auferlegt werden können. Denn im Rahmen des Schutzes privater Rechte durch eine Präventive Gewinnabschöpfung wird die tatsächliche Gewalt an der aufgefundenen Sache anders als in klassischen Fällen privaten Rechtsschutzes, wie etwa in Abschleppfällen aufgrund eines offenen Fensters, ohne den Willen eines Berechtigten ausgeübt. In der Konsequenz ist in derart gelagerten Fällen die Einbehaltung des Asservats zur Sicherung der Kostentragung mangels Eignung unzulässig, damit als Sicherungsmechanismus generell ungeeignet. Eine Instrumentalisierung der primären Ebene zur Sicherung der Sekundären ist insofern unmöglich. Die Bagatellgrenze kann insoweit nur zu einer Sicherung der Kostendeckung führen, wenn der Berechtigte nicht auffindbar ist, die Sache 1039

Zunächst Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515 (1516), Nr. 3.5 (­VORIS 21011); nun Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258 (259), Nr. 3.5 (­VORIS 21011). 1040 So kann für eine Sicherstellung mit anschließender Verwahrung neben den angefallenen finanziellen Aufwendungen eine Gebühr zwischen 20 bis 165 € nach §§ 1 I 1, II; 3 I, II, V; 5; 13 NVwKostG i. V. m. § 1 AllGO und der Tarifstelle 108.3.2 der Anlage zur AllGO erhoben werden. 1041 Näheres zum Kostenausgleich durch Gebühren, siehe etwa: Waldhoff, in: Ehlers / Fehling / Pünder, Bes. VerwR III, 2013, § 67 Rn. 120 f., 125, 127.

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in der Folge nach einem Jahr gemäß § 28 Nr. 4 Nds. SOG versteigert wird und der Erlös nach weiteren drei Jahren nach Ablauf des Verwertungsjahres gemäß §§ 29 II Nds. SOG, 983, 981 BGB an den Fiskus, damit in der Regel bei Tätigkeit des Ordnungsamtes an den jeweiligen kommunalen Haushalt fällt. Aber selbst wenn die Bagatellgrenze nicht eine derartige Absicherung der sekundären Ebene bezwecken sollte, liegen der Aufstellung einer Wertgrenze in Höhe von 500 Euro dennoch fiskalische Erwägungen zugrunde. So werden die 500 Euro im Runderlass jedenfalls als Indiz angeführt, ab wann die Kosten-Nutzen-Relation einer Sicherstellung zur Gefahrenabwehr unverhältnismäßig erscheint, so dass in der Folge die Maßnahme aus Kostengründen zu unterbleiben hat. Es gilt daher im Weiteren zunächst zu klären, ob fiskalische Erwägungen im Bereich des Gefahrenabwehrrechts überhaupt grundsätzlich zulässig sind. (2) Staatsaufgabe Sicherheit – ihre Vereinbarkeit mit Beschränkungen aufgrund fiskalischer Erwägungen Die Zulässigkeit fiskalischer Erwägungen im Rahmen der Gefahrenabwehr erscheint aufgrund der Bedeutung der Aufgabe höchst problematisch. Die Gefahrenabwehr ist eine zentrale, essentielle Staatsaufgabe, auf deren Herleitung hier aus Gründen der Schwerpunktsetzung jedoch nicht weiter eingegangen werden kann. Denn die genaue Verankerung der Aufgabe ist strittig, für die Bearbeitung jedoch nicht weiter von Relevanz. Für die weitere Betrachtung genügt vielmehr bereits das bloße Bestehen der staatlichen Verpflichtung zur Wahrung der inneren Sicherheit, die aufgrund ihrer staatstragenden Bedeutung weder aufgegeben werden kann noch deren Bestehen bestritten wird. Insofern soll hier zur Herleitung der Verpflichtung der bloße Verweis auf insbesondere von Hobbes wie Locke geprägte vorrechtliche Gesichtspunkte, Art. 20 I GG sowie grundrechtliche Schutzpflichten genügen.1042 Insofern sind Art. 20 I GG sowie die grundrechtlichen Schutzpflichten nicht nur als Organisations- wie Legitimationsnorm zu deuten, sondern begründen zugleich auch einen Handlungsauftrag, welcher insoweit nicht nur das staatliche Gewaltmonopol rechtfertigt, sondern zudem im erheblichen 1042 Näheres zur Herleitung der Staatsaufgabe Gefahrenabwehr und seiner Verankerung in vorrechtlichen Gesichtspunkten wie Staatlichkeit und Gewaltmonopol, in Art. 20 I GG mit seinen allgemeinen Staatsprinzipien oder den grundrechtlichen Schutzpflichten, siehe u. a.: BVerfGE 49, 24 (56 f.); Gusy, Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, Rn. 71 ff; Kugelmann, Polizei- und Ordnungsrecht, 2012, Kap. 5 Rn. 10 ff, 207 f.; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 1 f.; Möstl, Die staatliche Garantie für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, 2002, S. 3–32, 37 ff, 84 ff; Stoll, Sicherheit als Aufgabe, 2003, S. 3 ff, 15 f.; Ipsen, Nds. Polizei- und Ordnungsrecht, 2010, Rn. 5 f.; Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, Rn. 474 f.; Habermann, Gebühren für Gefahrenabwehr, 2011, S. 164 ff; Pieroth / Schlink / Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2016, § 2 Rn. 1 f.; Kingreen / Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, § 2 Rn. 1 f.; Thiel,  Polizei- & OrdnungsR, 2016, § 1 Rn. 1; Gusy, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-­ Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 175 (176, 182, 202).

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Maße die Herrschaftsgewalt des Staates legitimiert.1043 Diese Legitimation wird daher durch mangelhafte Aufgabenerfüllung erschüttert.1044 Es stellen sich daher folgende Fragen. Ist die Berücksichtigung fiskalischer Erwägungen als Mangel der Aufgabenerfüllung anzusehen? Welches Maß an Sicherheit hat der Staat insofern zu gewährleisten? Dabei ist einzig sicher feststellbar, dass u. a. aufgrund des verdeckten kriminellen Handelns eine Garantie absoluter Sicherheit generell unmöglich ist, eine solche vollumfängliche Garantie aber aufgrund der bestehenden widerstreitenden Schutzund Freiheitsinteressen sowie der zur Umsetzung erforderlichen gravierenden Freiheitseinbußen bis hin zur völligen Unfreiheit auch nicht erstrebenswert ist.1045 Insofern erschöpft sich der Handlungsauftrag in einer Annäherung an einen Idealzustand.1046 Es bleibt damit nur das öffentliche Sicherheitsbedürfnis zu ermitteln und den Gefahrenabwehrapparat auf diesen auszurichten. Zur weiteren Klärung kann aus Gründen der Schwerpunktsetzung im Rahmen der vorlie­genden Bearbeitung aber ebenso nur feststellend darauf eingegangen werden, dass das vom Staat zu gewährleistende Maß an Sicherheit von der Kenntnis der potentiellen Risiken im Zusammenspiel mit ihrer Umwelt, ihrer Regulierbarkeit und der dementsprechend zu treffenden Abwägung hinsichtlich ihrer rechtlichen Duldung, damit zum Teil von unbekannten tatsächlichen Größen abhängt, seine Bestimmung sich damit einer Determinierung allein durch verfassungsrechtliche Auslegung entzieht und infolgedessen einer näheren Ausgestaltung durch verfassungskonformes einfaches Recht bedarf, wobei in Anbetracht der aufgezeigten Unwägbarkeiten sowie der erforderlichen Abwägungen dem Gesetzgeber ein weiter legislatorischer Gestaltungsspielraums zuzugestehen ist.1047 Mit Blick auf die Kernfrage der vorliegenden Bearbeitung wird im Weiteren die Verfassungsmäßigkeit des zur näheren Ausgestaltung der Garantie getroffenen einfachen Rechts, damit die Beachtung des aufgezeigten Gestaltungsspielraums bei der Schaffung der differenzierten Regelungen zur näheren Bestimmung des zu gewährleistenden Maß an Sicherheit unterstellt.

1043

Näheres siehe u. a.: Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 1 f.; Ipsen, Nds. Polizei- und Ordnungsrecht, 2010, Rn. 5 f.; Gusy, Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, Rn. 71 ff; Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, Rn. 474 f. 1044 Näheres: Ipsen, Nds. Polizei- und Ordnungsrecht, 2010, Rn. 5 f.; Kugelmann, Polizei- und Ordnungsrecht, 2012, Kap. 5 Rn. 207; Thiel, Polizei- & OrdnungsR, 2016, § 1 Rn. 1. 1045 Hierzu näher u. a.: Stoll, Sicherheit als Aufgabe, 2003, S. 7, 25 f., 266 f., 269; Peters, DÖV 2001, 749 (761); Waechter, Polizei- und Ordnungsrecht, 2000, Rn. 4; Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, Rn. 475. 1046 So auch: Peters, DÖV 2001, 749 (761). 1047 Näheres siehe etwa: Gusy, Polizei- und Ordnungsrecht, 2017, Rn. 75 f.; Kugelmann, Polizei- und Ordnungsrecht, 2012, Kap. 5 Rn. 14 f.; Stoll, Sicherheit als Aufgabe, 2003, S. 269; Möstl, Die staatliche Garantie für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, 2002, S. 24, 37 ff, 90 ff.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

(3) Einfachrechtliche Ausgestaltung der Sicherheit – Zulässigkeit von fiskalischen Erwägungen? Das Grundgesetz überantwortet mit Art. 70 ff GG die Aufgabenwahrnehmung der inneren Sicherheit grundsätzlich in Länderkompetenz.1048 Das Land wiederum weist die Aufgabe der allgemeinen Gefahrenabwehr in § 1 I 1 Nds. SOG gemeinsam der Polizei sowie den Verwaltungsbehörden zu. Dabei besteht, wie bereits näher aufgezeigt,1049 aufgrund des in den Ermächtigungsgrundlagen i. V. m. §§ 5 Nds. SOG, 40 VwVfG verankerten Opportunitätsprinzips nur eine Pflicht zur Prüfung, ob einzuschreiten ist, jedoch keine generelle Pflicht zum Einschreiten; freilich bedarf ein Nicht-Einschreiten stets eines sachlichen Grundes. Dabei ist nach § 40 VwVfG der Ermächtigungszweck sowie die Beachtung der gesetzlichen Grenzen von entscheidender Relevanz. Im Rahmen des Nds. SOG, damit auch bei der hier näher betrachteten Sicherstellung, ist daher maßgeblich die Effektivität der Gefahrenabwehr bei der Zwecksetzung einer Maßnahme zu berücksichtigen. Es ist jedoch fraglich, ob das Nds. SOG neben dieser Zielrichtung auch fiskalische Erwägungen zulässt. Immerhin ist das Ermessen aber nach § 40 VwVfG nur innerhalb der gesetzlichen Grenzen auszuüben, damit ist neben der Ermächtigungsgrundlage zugleich auch anderes einschlägiges Recht zu beachten. Eine Zulässigkeit fiskalischer Erwägungen könnte sich insofern aus einschlägigem Haushaltsrecht ergeben. (4) Haushaltsrecht als zu beachtende innere Grenze Für die im Rahmen der Bearbeitung hier näher betrachtete Präventive Sicherstellung inkriminierter Sachen sind, wie aufgezeigt werden konnte,1050 grundsätzlich die Ordnungsämter zuständig. Obwohl diese die Aufgabe der Gefahrenabwehr im übertragenen Wirkungskreis für das Land wahrnehmen, ist bei der Aufgabenwahrnehmung für sie, anders als für die Polizeibehörden, nicht das Haushaltsrecht des Landes, sondern einzig der Kommunen maßgeblich.1051 Insofern kommt ihnen nach §§ 111 II LHO, 153 NKomVG eine Sonderstellung zu. Demgemäß ergibt sich für die Ordnungsämter eine Pflicht zur Berücksichtigung fiskalischer Interes­sen aus dem Kommunalwirtschaftsrecht, genauer §§ 110 I, II, 113 I 1, III 1, 2 NKomVG. Denn nach § 110 II NKomVG ist die Verwaltung zu einem sparsamen und wirtschaftlichen Umgang mit den Mitteln verpflichtet, die ihr die Kommune nach §§ 110 I, V, 113 I 1, III 1, 2, 115 II NKomVG zur Aufgabenerfüllung in erforderlichem Umfang persönlich wie sachlich zur Verfügung zu stellen verpflichtet

1048

Ausnahmen von diesem Grundsatz finden sich etwa in: Art. 73 Nr. 5, 9 a, 10 GG. Siehe oben: S. 242 ff. 1050 Näheres zur Zuständigkeit, siehe oben: S. 117 ff. 1051 Zur Sonderstellung etwa: Kobusch, in: HannKomm, 2012, Art. 70 Rn. 54. 1049

I. Landesrechtliche Grenzen  

263

ist.1052 Dabei gebietet das Gebot der Sparsamkeit die Vermeidung unnötiger Ausgaben, während das Gebot der Wirtschaftlichkeit sowohl ein Minimalprinzip des geringsten Mitteleinsatzes zur Zweckerreichung verkörpert, insofern im Wesentlichen identisch ist mit dem Sparsamkeitsgebot, als auch ein Maximalprinzip der bestmöglichen Zweckerreichung mit einem bestimmten Mitteleinsatz.1053 Ergo sind die Ergebnisse des Minimal- wie Maximalprinzips in der Regel divergent. Zudem ist das Ziel der inneren Sicherheit, wie bereits aufgezeigt, unerreichbar, so dass der Zweck der Gefahrenabwehr stets nur in einem Streben hin zu einer Annäherung an den Idealzustand gewertet werden kann.1054 Insofern empfiehlt es sich, den unbestimmten Begriff der Wirtschaftlichkeit eher als Effizienzgebot im Sinne einer Kosten-Nutzen-Analyse zur Kostenoptimierung zu interpretieren.1055 Der Mitteleinsatz muss somit in Relation zum Zweck der Maßnahme gesetzt effizient sein, damit erforderlich, indem das Ziel nicht gleich effektiv mit geringerem Aufwand erreicht werden kann, sowie angemessen, so dass der verfolgte Zweck die aufgewendete Zeit, die eingesetzten persönlichen wie sachlichen Mittel rechtfertigt, wobei die Zwecksetzung des jeweiligen Fachrechts die Grenzen des Abwägungsspielraums setzt.1056 Dabei ist gerade die Angemessenheit der für die Maßnahme aufzubringenden Kosten schwierig zu beurteilen, da der Nutzen oft nicht in einem reinen finanziellen Wert beziffert werden kann.1057 So auch im allgemeinen Gefah 1052 Für ein Handeln der Polizei gilt nach Landesrecht Ähnliches, denn ein vergleichbares Wirtschaftlichkeitsgebot findet sich ebenso auf bundes- wie landesrechtlicher Ebene in den §§ 6 I HGrG, 7 I BHO, 7 I LHO; insofern beinhaltet auch auf diesen Ebenen das Gebot der Wirtschaftlichkeit als Teil des Optimierungsgebots ein auf den geringsten Mitteleinsatz gerichtetes Sparsamkeits- wie ein das bestmögliche Ergebnis bezweckendes Ergiebigkeitsprinzip; hierzu u. a.: Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 11 (21, 23); Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 245 (249, 258 ff.); Gröpl, VerwArch 2002, 459 (474 f.); Peters, DÖV 2001, 749 (749, 752). 1053 Näheres: Thiele, NKomVG, 2017, § 110 Rn. 3 ff.; Lange, KommR, 2013, Kap. 16 Rn. 53 ff; Ipsen, NKomVG, 2011, § 110 Rn. 11; Rose, in: Blum / Häusler / Meyer, NKomVG, 2017, § 110 Rn. 22; Rosenzweig, in: Brandt / Schinkel, Staats- und VerwR für Nds., 2002, S. 265 (334); Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 245 (246); Ram­sauer, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, VwVfG, 2002, S. 387 (410); Peters, DÖV 2001, 749 (752, 756); Engels, in: BK, St.: (08.2010)/12.2018, Art. 114 Rn. 248. 1054 Näheres siehe oben: S. 260 f. 1055 Hierzu: Lange, KommR, 2013, Kap. 16 Rn. 51, 54; Rose, in: Blum / Häusler / Meyer, NKomVG, 2017, § 110 Rn. 22; Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 245 (246 f.); Gröpl, VerwArch 2002, 459 (475 f.); Peters, DÖV 2001, 749 (749); Kobusch, in: HannKomm, 2012, Art. 70 Rn. 36 f.; Heun, in: Brandt / ​ ­Schinkel, Staats- und VerwR für Nds., 2002, S. 123 (140); Engels, in: BK, St.: (08.2010)/12.2018, Art. 114 Rn. 248. 1056 Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 11 (17 ff.); Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 245 (255); Engels, in: BK, St.: (08.2010)/12.2018, Art. 114 Rn. 250 ff., 257 ff. 1057 Näheres: Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 245 (246 ff.); Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 11 (27 ff); Engels, in: BK, St.: (08.2010)/12.2018, Art. 114 Rn. 259.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

renabwehrrecht, bei dem die Maßnahmen im öffentlichen Interesse ergriffen werden und folglich neben dem im Einzelfall abzuwendenden Schaden insbesondere auch die Wahrung der Rechtsordnung als zu beachtendes Schutzgut sowie soziale Gesichtspunkte mitzuberücksichtigen sind.1058 Dementsprechend erschöpft sich auch bei einer Präventiven Sicherstellung inkriminierter Sachen der Nutzen nicht in dem reinen Sachwert des Asservats. Bei der Beachtung des Effizienzgebots ist der Exekutive insbesondere aufgrund prognostischer Unsicherheiten bzgl. der weiteren Geschehensabläufe sowie der nicht eindeutig berechenbaren, sondern wertungsabhängigen, damit mangels der einen bestehenden zwingend richtigen Kosten-Nutzen-Relation ein weiter Beurteilungsspielraum eröffnet.1059 Insofern ist ein Verstoß gegen das Effizienzgebot erst begründet, wenn die ergriffenen Maßnahmen mit den Grundsätzen eines vernünftigen Wirtschaftens schlechthin unvereinbar sind.1060 (a) Rechtswirksamkeit des Haushaltsrechts Diese Verpflichtung zur Wahrung der gebotenen Wirtschaftlichkeit durch effizienten Mitteleinsatz wird nach § 156 I Nr. 3 NKomVG vom Rechnungsprüfungsamt kontrolliert, kann in der Regel aufgrund des gem. § 113 III 3 NKomVG1061 allein im öffentlichen Interesse liegenden Sparsamkeits- und Wirtschaftlichkeitsgebots mangels subjektivem Recht jedoch nicht von dem Betroffenen eines Verwaltungsakts mittels Klage angegriffen werden.1062 Insofern wird vertreten, dass die haushaltsrechtliche Verpflichtung zur Einhaltung des Haushaltsplans sowie der Beachtung der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit das Ermessen als bloßes Innenrecht ohne Relevanz im Außenverhältnis binde.1063 1058

Ebenso etwa: Waechter, NordÖR 2008, 473 (478); Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 392. Siehe auch, einen Nutzen nicht nur in finanziellen Aspekten, sondern ebenso in der Bewahrung des Gerechtigkeitsgefühls des Bürgers vor einer drohenden Schädigung durch ein Nicht-Einschreiten erblickend: Rohde / Schäfer, NdsVBl 2010, 41 (46). 1059 Lange, KommR, 2013, Kap. 16 Rn. 51, 55; Peters, DÖV 2001, 749 (754). 1060 Vgl.: OVG Münster, DÖV 1991, 611 (612); Thiele, NKomVG, 2017, § 110 Rn. 5; Lange, KommR, 2013, Kap. 16 Rn. 55; Gröpl, VerwArch 2002, 459 (481). 1061 § 113 III 3 NKomVG: Der Haushaltsplan begründet weder Ansprüche und Verbindlichkeiten, noch hebt er diese auf. Vgl. auch: § 3 II HGrG, § 3 II BHO, § 3 II LHO. 1062 Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 374, 393; Ipsen, NKomVG, 2011, § 110 Rn. 9; Lange, KommR, 2013, Kap. 16 Rn. 53 Fn. 109; Peters, DÖV 2001, 749 (753 f.); Gröpl, VerwArch 2002, 459 (481 f., 484). Vgl. u. a.: VG Neustadt, Urt. v. 23.05.2012, Az.: 1 K 1101/11.NW, JURIS, Rn. 17. 1063 So etwa, die Berücksichtigung von fiskalischen Erwägungen nur im Rahmen der Einsatzplanung, des taktischen Ermessens für zulässig, im Einzelfall jedoch für sachwidrig erachtend: Waechter, Polizei- und Ordnungsrecht, 2000, Rn. 431 f., 443. Näheres u. a.: Drews / Wacke / ​ Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 373, 375, 393; Hoffmann-Riem, in: HoffmannRiem / ​Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 11 (24, 35, 49); Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 245 (258).

I. Landesrechtliche Grenzen  

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Dass die Berücksichtigung fiskalischer Erwägungen im Außenverhältnis als sachfremdes Motiv anzusehen sei, ist gerade eine im Polizeirecht erwachsene Rechtsauffassung.1064 Eine Klageberechtigung des Betroffenen wegen einer Missachtung des Gebots ergebe sich somit nur ausnahmsweise, wenn aufgrund der Maßnahme zudem ein Kostenbescheid erlassen und der Betroffene damit mehr als erforderlich, damit unverhältnismäßig belastet wird.1065 Bereits die Trennung zwischen Innenund Außenrecht ist insoweit jedoch unglücklich, da jegliche Sparsamkeits- wie Wirtschaftlichkeitsentscheidungen, selbst auf der Organisationsebene etwa durch Vorgabe von Schwerpunkten, auch auf den späteren Einzelfall ausstrahlen.1066 Zudem ist in dem angeführten Fall des Kostenbescheids die Verletzung des haushaltsrechtlichen Grundsatzes im Ergebnis völlig irrelevant. Die Klageberechtigung folgt in der aufgezeigten Konstellation einzig aus der nicht erforderlichen Mehrbelastung, damit aus dem nicht gerechtfertigten intensiveren Eingriff in das durch Art. 14 I GG geschützte Eigentum des Betroffenen. Anders jedoch, kann fiskalischen Erwägungen in Form von haushaltsrechtlichen Grundsätzen auch im Außenverhältnis eine entscheidende Relevanz zukommen, wenn die Effizienzerwägungen im Rahmen eines von der Ermächtigungsgrundlage eröffneten Spielraums berücksichtigt worden sind. Dafür spricht zum einen, dass die Haushaltsgrundsätze zwar kein subjektives Recht vermitteln, aber dennoch als objektives Recht zu beachten sind, sowie zum anderen ihre verfassungsrechtliche Verankerung. Denn die Verpflichtung zur Berücksichtigung fiskalischer Erwägungen zwecks effizienten Ressourcengebrauchs erschöpft sich nicht einzig in dem soeben aufgezeigten einfachrechtlichen Gebot, sondern ist darüber hinaus zudem ein anerkanntes in Art. 114 II 1 GG sowie auf Landesebene in Art. 70 I 1 NV verankertes Verfassungsprinzip, gilt als solches, soweit nicht andere Rechtsprinzipien wie der Vorrang des Gesetzes entgegenstehen, grundsätzlich für die gesamte Rechtsordnung und ist insofern als Handlungsmaßstab im Allgemeinen zu beachten.1067 Dementsprechend ist das Sparsamkeits- wie Wirtschaftlichkeitsgebot von den zuständigen Ordnungsämtern nicht nur nach § 10 VwVfG, der zu einer einfachen, zweckmäßigen, zügigen, aber auch effizienten Verfahrensdurchführung

1064 Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 245 (263 f.). 1065 Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 393; Ram­sauer, in: Hoffmann-​ Riem / Schmidt-Aßmann, VwVfG, 2002, S. 387 (410 f.). 1066 Ebenso: Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 11 (49 f.). 1067 Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 11 (21, 23, 35); Gröpl, VerwArch 2002, 459 (474 ff., 478 f., 484); Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 245 (255, 264 ff.); Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 373 f., 393; Peters, DÖV 2001, 749 (749, 752 ff). Ebenso Handlungsmaßstab nach einfachem Recht, siehe u. a.: Lange, KommR, 2013, Kap. 16 Rn. 53, 83; Ipsen, NKomVG, 2011, § 110 Rn. 9.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

verpflichtet, verfahrensrechtlich zu beachten,1068 sondern über Art. 114 II 1 GG bzw. Art. 70 I 1 NV sowie § 110 II NKomVG auch materiell rechtlich im Rahmen des von der Ermächtigungsgrundlage eröffneten Ermessensspielraums.1069 Schließlich gebietet auch Art. 3 I GG eine derartige Berücksichtigung fiskalischer Erwägungen.1070 Als Ausprägung der Verteilungsgerechtigkeit trägt das Effizienzgebot anknüpfend an die dienende Funktion jedweder Staatsgewalt sowie die Begrenztheit aller, auch öffentlicher Mittel, den staatlichen Stellen den unverzichtbaren schonenden, rationalen Einsatz von Ressourcen zur Bewahrung der zur Aufgabenerfüllung erforderlichen Gestaltungsspielräume auf.1071 (b) Grad der Beachtlichkeit des Haushaltsrechts und seine Auswirkungen auf das zu gewährleistende Maß an Sicherheit Ferner muss ihre Berücksichtigung aber auch mit der Zielsetzung des Nds. SOG vereinbar sein. Art. 114 II 1 GG sowie Art. 70 I 1 NV gebieten neben der Wirtschaftlichkeit ebenso die Ordnungsmäßigkeit. Dementsprechend ist gemäß Verfassungsprinzip sowie § 110 I NKomVG das Effizienzgebot zwar stets in die Abwägung mit einzubeziehen, dieser Beachtlichkeit folgt jedoch nicht zwangsläufig auch eine Auswirkung im Abwägungsergebnis.1072 Der Grad der Berücksichtigungsfähigkeit fiskalischer i. S. v. wirtschaftlicher Interessen bemisst sich vielmehr, gemäß dem Grundsatz lex specialis derogat legi generali, nach dem jeweiligen Fachrecht.1073 1068 Zwar findet sich in § 10 VwVfG keine explizite Verpflichtung zu einer effizienten Verfahrensdurchführung, benannt ist insoweit lediglich die Verpflichtung zur Einfachheit, Zweck­ mäßigkeit sowie Zügigkeit, allerdings wird die Verpflichtung zur Effizienz aufgrund des Rechtsstaatsprinzips, der jeweils einschlägigen Grundrechte, insbesondere des Art. 3 I GG hinsichtlich Verteilungsgerechtigkeit, sowie der Leistungsfähigkeit der Verwaltung dennoch in § 10 VwVfG hineingelesen, hierzu Näheres u. a.: Ram­sauer, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, VwVfG, 2002, S. 387 (410); ders., in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 10 Rn. 4, § 40 Rn. 75 f.; Wittinger, in: Obermayer / Funke-Kaiser, VwVfG, 2018, § 10 Rn. 2, 19 f., 22. 1069 Ebenso u. a.: BVerwGE 139, 150 (179); Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 373 f., 393, 402; Thiel, Polizei- & OrdnungsR, 2016, § 8 Rn. 183; Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 245 (263 ff.). 1070 Gleichfalls etwa: Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 40 Rn. 90. 1071 Näheres zur Legitimation des Effizienzgebots sowie der u. a. aus Art. 14 GG ableitbaren Verpflichtung zu einem schonenden, rationalen Umgang mit aus Abgaben erlangten öffentlichen Finanzmittel, siehe etwa: Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 245 (249 ff., 256, 268 f.); Gröpl, VerwArch 2002, 459 (468); Peters, DÖV 2001, 749 (754 ff.). 1072 Gröpl, VerwArch 2002, 459 (481, 484); Peters, DÖV 2001, 749 (756). 1073 Art. 114 II 1 GG sowie Art. 70 I 1 NV gebieten neben der Wirtschaftlichkeit ebenso die Ordnungsmäßigkeit. Dabei begründet die Heranziehung des Fachrechts als Konkretisierung des Verfassungsprinzips der Wirtschaftlichkeit auch keinen Verstoß gegen den Vorrang der Verfassung; Näheres siehe u. a.: Peters, DÖV  2001, 749 (756); Engels, in: BK, St.: (08.2010)/12.2018, Art. 114 Rn. 247, 260. Siehe ferner, zur Abhängigkeit der Erfüllbarkeit des haushaltsrechtlichen Optimierungsgebots vom Regelungskontext, insbesondere den Zielvorga-

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Gebietet dieses einen bestimmten Grad an Effektivität, ist die zuständige Stelle insoweit zu einem Einschreiten rechtlich verpflichtet, kann die erforderliche Maßnahme daher auch nicht als unwirtschaftlich und damit unzulässig klassifiziert werden.1074 Dementsprechend kann das Haushaltsrecht über die Verpflichtung zu einem effizienten Mitteleinsatz nach § 110  II  NKomVG sowie die Verbindlichkeit des durch Satzung gem. § 113 III 2 NKomVG festgesetzten Haushaltsplans aufgrund der Maßgeblichkeit des die Staatsaufgabe konkretisierenden Fachrechts auch nicht allein den Umfang der zu erfüllenden Aufgabe, damit das zu gewährleistende Maß an Sicherheit, relativieren.1075 So verbietet zwar § 110 VII NKomVG den Kommunen sich zu überschulden,1076 jedoch haben diese ihre Haushaltswirtschaft gemäß dem wichtigsten haushaltsrechtlichen Grundsatz nach § 110 I NKomVG so zu planen und zu führen, dass die Erfüllung ihrer Aufgaben i. S. d. § 4 NKomVG, damit auch der im übertragenen Wirkungskreis zu erfüllenden Aufgabe der Gefahrenabwehr, stets gesichert ist.1077 Dabei ist der durch Satzung festgesetzte Haushaltsplan nach § 113 III 2 NKomVG für die Verwaltung zwar grundsätzlich verbindlich.1078 Zeigt sich jedoch im laufenden Haushaltsjahr, dass trotz Ausnutzung jeder Sparmöglichkeit ein erheblicher Fehlbetrag entstehen wird, so ist zur Sicherung der Aufgabenerfüllung nach §§ 115 II; 110 I NKomVG vorrangig eine Nachtragshaushaltssatzung zu erlassen1079 oder in sachlich dringend zu erfüllenden sowie zeitlich unerlässlichen Ausnahmesituationen auch nach § 117 I 1 NKomVG eine über- wie außerplanmäßige Aufwendung zulässig.1080

ben der Ermächtigung sowie den möglichen Optionen: Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem  / ​ Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 11 (24, 34 f., 36 f., 51); Papier, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 231 (233 f., 243); Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 245 (263 ff.); Gröpl, VerwArch 2002, 459 (475 f., 480 f.); Peters, DÖV 2001, 749 (756, 762). 1074 So auch: Kobusch, in: HannKomm, 2012, Art. 70 Rn. 35; Hoffmann-Riem, in: HoffmannRiem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 11 (18 f., 34); Schmidt-​Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 245 (264); Peters, DÖV 2001, 749 (754 ff.). 1075 Ebenso u. a.: Papier, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 231 (234, 242 f.); Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 11 (24 f., 34 f., 52, 56); Peters, DÖV 2001, 749 (755 f., 762). 1076 Thiele, NKomVG, 2017, § 110 Rn. 12. 1077 Näheres zum Grundsatz nach § 110 I NKomVG: Lange, KommR, 2013, Kap. 16 Rn. 52; Ipsen, NKomVG, 2011, § 110 Rn. 2; Rose, in: Blum / Häusler / Meyer, NKomVG, 2017, § 110 Rn. 21. 1078 Zu gesetzlichen Ausnahmen der Verbindlichkeit, etwa: Thiele, NKomVG, 2017, § 113 Rn. 4; Lange, KommR, 2013, Kap. 16 Rn. 33. 1079 Bloß feststellend: Ipsen, Nds. KommR, 2011, Rn. 809; Rosenzweig, in: Brandt / Schinkel, Staats- und VerwR für Nds., 2002, S. 265 (335). Näheres zum Nachtragshaushalt: Lange, KommR, 2013, Kap. 16 Rn. 33, 47 f., 87. 1080 Lange, KommR, 2013, Kap. 16 Rn. 85 f.

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(c) Unzulässigkeit der Mittelbeschaffung als entscheidungstragender Zweck Demzufolge ist gem. § 40 VwVfG eine Berücksichtigung fiskalischer Erwägun­ gen rechtmäßig, sofern die Zielsetzung der Ermächtigungsgrundlage ein effizientes, wirtschaftliches, ressourcenschonendes Handeln zulässt.1081 Somit können finanzielle Interessen des Fiskus, im Sinne einer Mittelbeschaffung, aufgrund der Missachtung des vorrangig zu beachtenden Ermächtigungszwecks niemals alleiniger entscheidungstragender Zweck einer zulässigen, sachgemäßen Maßnahme nach dem Nds. SOG sein.1082 Die von Hunsicker vereinzelt zur Anpreisung der Präventiven Gewinnabschöpfung angedeutete Überlegung, dass die öffentlichen Haushalte durch die Abschöpfung kriminell erlangter Werte saniert werden könnten und dies gleichfalls zu einer Entlastung des Steuerzahlers führen könnte, ist daher generell als ein Werben mit einer sachwidrigen Erwägung zu klassifizieren und darf keinesfalls bewusst den entscheidungstragenden Zweck einer die Sicherstellung befürwortenden Ermessensentscheidung darstellen.1083 Vergleichbares gilt für die teils vorgebrachten Zwänge, die eigene Stelle müsse aus den in Frage kommenden Sicherstellungen mit anschließender Verwertung finanziert werden. Auch diese fiskalischen Erwägungen missachten den Ermächtigungszweck, ihre Berücksichtigung ist eine Heranziehung von persönlichen Motiven und als solche unzulässig, da sachwidrig.1084 (d) Beachtlichkeit fiskalischer Erwägungen im Rahmen der Spielräume des Nds. SOG Indes eröffnet einen Entscheidungsspielraum im Rahmen des Nds. SOG sowohl das Opportunitätsprinzip nach § 5 Nds. SOG wie auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nach § 4 Nds. SOG. Fraglich ist, ob innerhalb dieses Spielraums auch haushaltsrechtliche Grundsätze nach Maßgabe der Zwecksetzung des Nds. SOG Berücksichtigung finden dürfen.

1081

So u. a. auch: Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 10 Rn. 16b, § 40 Rn. 19 f.; Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 245 (263 f.). 1082 Zum Zweck des Nds. SOG, siehe ebenso oben: S. 242. So etwa auch: Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 381; Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 40 Rn. 74, 76; Papier, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 231 (240 f.); Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 40 Rn. 65; Aschke, in: ­BeckOK-VwVfG, 2018, § 40 VwVfG, Rn. 49, 88; Maurer / Waldhoff, Allg. VerwR, 2017, § 7 Rn. 22. 1083 Hunsicker, DIE POLIZEI 2006, 252 (253); ders., PräGe in Theorie und Praxis, 2008, S. 6, 15, 81, 84, Klappentext: wirbt mit der Lukrativität der Präventiven Gewinnabschöpfung zugunsten des Fiskus für eine intensivere Nutzung des § 26 Nds. SOG in diesem Sinne. 1084 Zu den Folgen, vgl. oben: S. 257 f.

I. Landesrechtliche Grenzen  

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Eine nähere Betrachtung der Gesetzesentwicklung zeigt, dass der Normierung des Opportunitätsprinzips maßgeblich die Begrenztheit der persönlichen wie sachlichen Mittel und deren sachgerechte Verteilung, damit fiskalische Erwägungen zugrunde liegen. So erstreckt sich die Staatsaufgabe der Gefahrenabwehr zwar grundsätzlich auf alle Gefahrenlagen, unabhängig von ihrer Art und Schadenshöhe, jedoch soll aufgrund der begrenzten Ressourcen der Ermessensspielraum den Behörden die notwendige Flexibilität eröffnen, indem er eine vorrangige Abwehr von gravierenden Gefahrenlagen vor weniger Gravierenden legitimiert und zur bestmöglichen Abwehr der insgesamt bestehenden Gefahren zudem ermöglicht, Bagatellen zu vernachlässigen.1085 So kann im Einzelfall etwa ein Nicht-Einschreiten bei Bagatellen zwecks Erhaltung einer Einsatzreserve für potentielle größere Gefahrenlagen angesichts der Begrenztheit der Ressourcen durch das Opportunitätsprinzip nach § 5 I Nds. SOG gerechtfertigt sein.1086 Dabei ist das Opportunitätsprinzip für eine effektive Gefahrenabwehr, sprich für die effektive Wahrnehmung der Staatsaufgabe, essentiell, da eine Abwehr aller Gefahren, nicht nur mangels Kenntnis,1087 sondern insbesondere auch mit den vorhanden Mitteln schlicht unmöglich ist, so dass eine effektive Gefahrenabwehr einen effizienten Mitteleinsatz, damit fiskalische Erwägungen bedingt und dementsprechend die Abwägung der Schwere der Gefahr mit dem zu betreibenden Aufwand zur Abwehr im Rahmen der Ermessensentscheidung legitimiert.1088 Denn ein ineffizientes Handeln verstößt nicht nur wie aufgezeigt gegen die im öffentlichen Interesse liegenden haushaltsrechtlichen Grundsätze, sondern schmälert durch unnötigen Mitteleinsatz die zukünftige Möglichkeiten der Aufgabenerfüllung, beeinträchtigt damit sowohl die Effektivität der Gefahrenabwehr im Allgemeinen als auch die Verteilungsgerechtigkeit nach Art. 3 I GG. Zur Aufrechterhaltung der Aufgabenerfüllung, sprich des zu gewährleistenden Maßes an Sicherheit, führt eine derartige Missachtung 1085 Heise / Riegel, ­MEPolG, 1978, S. 33: Anmerkung Nr. 3 zu § 3 Abs. 1. Der ­MEPolG wurde inhaltsgleich in das Nds. SOG übernommen: Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 50 f., 63, 72. Sich anschließend: Pieroth / Schlink / Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2016, § 10 Rn. 41; Kingreen / Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, § 10 Rn. 43; Ipsen, Nds. Polizei- und Ordnungsrecht, 2010, Rn. 263 f.; Suckow / Hoge, NGefAG, 1999, Rn. 282; Ullrich / Weiner / Brüggemann, Niedersächsisches Polizeirecht, 2012, Rn. 85. Als Grund i. V. m. Vielgestaltigkeit der potentiellen Gefahrenlagen sowie der Planungsmöglichkeit zur Optimierung, ebenso: Waechter, Polizei- und Ordnungsrecht, 2000, Rn. 426, 429, 433; Kugelmann, Polizei- und Ordnungsrecht, 2012, Kap. 5 Rn. 193, 196. 1086 So auch: Pieroth / Schlink / Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht, 2016, § 10 Rn. 41; Kin­ green / Poscher, Polizei- und Ordnungsrecht, 2018, § 10 Rn. 43. 1087 Zur Unmöglichkeit der Garantie einer absoluten Sicherheit, siehe oben: S. 261. 1088 Ebenso: Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 11 (21, 25, 47); Gröpl, VerwArch 2002, 459 (468); Peters, DÖV 2001, 749 (750, 755); Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 373 f., 402; Ipsen, Nds. Polizei- und Ordnungsrecht, 2010, Rn. 263 f. Als Grund i. V. m. Vielgestaltigkeit der potentiellen Gefahrenlagen sowie der Planungsmöglichkeit zur Optimierung, ebenso: Waechter, Polizei- und Ordnungsrecht, 2000, Rn. 426, 429, 433. Vgl. auch über Ökonomisierbarkeit der Sicherheit zu einer Beachtlichkeit des Effizienzgebots: Gusy, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 175 (177, 202).

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fiskalischer Erwägungen daher in letzter Konsequenz, soweit eine Optimierung der Ressourcenverteilung etwa durch Kürzung und Umverteilung der Mittel für freiwillig übernommene Aufgaben unmöglich ist,1089 zu einem unnötigen, damit nicht gerechtfertigten Eingriff in Art. 14 I GG durch steuerliche Mehrbelastung.1090 Dass im Rahmen der Ermessensentscheidung nach dem Gesetzgeberwillen auch fiskalische Erwägungen im Sinne von Effizienzerwägungen zu berücksichtigen sind, zeigt sich ebenso im Rahmen des Auswahlermessens. Denn das Nds. SOG hält die zuständigen Stellen sowohl nach § 4 I Nds. SOG, der Regelung der Verhältnismäßigkeit, genauer der Erforderlichkeit bei mehreren möglichen und zur Abwehr geeigneten Maßnahmen, als auch nach § 5 II 2 Nds. SOG, der die Zulässigkeit eines vom Betroffenen angedienten Austauschmittels näher bestimmt, nicht nur nach § 4 I Nds. SOG zur geringsten Belastung und Berücksichtigung des Individualinteresses des Betroffenen an, sondern darüber hinaus in §§ 4 I, 5 II 2 Nds. SOG auch zur geringsten Belastung sowie Berücksichtigung der Interessen der Allgemeinheit. Da ein effizienter Ressourceneinsatz im öffentlichen Interesse liegt, sind mangels Begrenzung der Art der angeführten Belastung1091 damit auch finanzielle Mehrbelastungen miterfasst. Insofern sind auch nach § 4 I Nds. SOG sowie § 5 II 2 Nds. SOG in einer für die Erforderlichkeitsprüfung untypischen, weil im Widerstreit stehende Interessen abwägenden Weise finanzielle Erwägungen im Rahmen des eröffneten Ermessensspielraums sowohl in Bezug auf den Betroffenen, als auch die Allgemeinheit, ergo Effizienzerwägungen des Fiskus zulässig wie geboten.1092 Andernfalls führt eine Missachtung, wie bereits zu § 5 I Nds. SOG näher aufgezeigt, auch im Rahmen des Auswahlermessens nicht nur zu einer Beeinträchtigung der Effektivität der Gefahrenabwehr sowie der Verteilungsgerechtigkeit nach Art. 3 I GG, sondern letztendlich ebenso zu einem ungerechtfertigten Eingriff in Art. 14 I GG mittels einer zur weiteren Aufgabenerfüllung erforderlichen Abgabenerhöhung. Das Polizeirecht eröffnet im Rahmen des Entschließungs- wie Auswahlermessens nach §§ 4, 5 Nds. SOG damit ebenso einen Entscheidungsspielraum für einen effizienten Mitteleinsatz, so dass fiskalische Erwägungen bei der Abwägung sehr wohl als ein sachgerechter und verbindlicher Zweck nicht nur herangezogen wer-

1089 Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 11 (25). 1090 So auch: Papier, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 231 (242, 243). Vgl. ferner zu den Folgen eines nur auf Effektivität gerichteten Handelns: Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 245 (248). 1091 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 71 f.; Heise / Riegel, ­MEPolG, 1978, S. 30: Begründung zu § 2, Abs. 1, S. 32: Begründung zu § 3 Abs. 2. 1092 So auch: Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 11 (19, 24, 35, 38, 51); Peters, DÖV 2001, 749 (756): wirtsch. Interesse = öff. Interesse; Thiel, Polizei- & OrdnungsR, 2016, § 8 Rn. 183; Waechter, Polizei- und Ordnungsrecht, 2000, Rn. 453.

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den können, sondern zu deren Berücksichtigung die Ämter sogar verpflichtet sind. Diese Verpflichtung wirkt sich allerdings, wie aufgezeigt, nicht ebenso zwangsläufig auf das Ergebnis aus. Insofern gilt es gerade im Rahmen des Auswahlermessens zumindest das Minimalprinzip des Wirtschaftlichkeitsgebots angesichts der dienenden treuhänderischen Funktion sowie angesichts der Mittelbegrenztheit zur Sicherung einer nachhaltigen Aufgabenerfüllung auch im Bereich der allgemeinen Gefahrenabwehr nicht nur generell, sondern auch entscheidungserheblich zu beachten.1093 Denn insoweit verursacht die Berücksichtigung der Effizienzerwägungen keine Abstriche am Grad der Zielerreichung, sondern gebietet einzig den geringsten Ressourceneinsatz zur Zweckerreichung, somit besteht kein Widerspruch zwischen Ermächtigungszweck und fiskalischen Erwägungen. (e) Zulässige Zweckbegrenzung aufgrund unverhältnismäßigen Kostenaufwands? Die im Runderlass festgesetzte Bagatellgrenze in Höhe von 500 €1094 geht allerdings über diesen Grad der Berücksichtigung von fiskalischen Erwägungen hinaus, indem er mittels des angeführten 500 €-Sachwerts näher bestimmt, wann gegen eine bestehende Gefahrenlage, die sich in dem Verdacht der unrechtmäßigen Herkunft aufgefundener Sachen begründet, aus Kostengründen nicht weiter vorzugehen ist, mithin fiskalische Erwägungen den Ermächtigungszweck der Gefah­ renabwehr relativieren. Derartige Bagatellgrenzen sind im Gefahrenabwehrrecht zwar nicht unüblich, so gab es Bagatellgrenzen, z. B. zur Regelung der polizeilichen Verpflichtung zur Unfallaufnahme ab einer Sachschadenshöhe von 500 DM, auch schon zuvor,1095 dennoch erscheinen sie insbesondere unter der Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte problematisch, werden in der Konsequenz teilweise sogar völlig abgelehnt.1096

1093

So auch: Peters, DÖV 2001, 749 (755 f., 760, 762); Papier, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-­ Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 231 (241, 243). 1094 Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515 (1516), Nr. 3.5 (­VORIS  21011); ersetzt durch den Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258 (259), Nr. 3.5 (­VORIS 21011). 1095 Eine derartige Regelung per Verwaltungsvorschrift aufgrund dringenderer Pflichten für zulässig erachtend, dabei berücksichtigend, dass auch ein geringer Schaden dennoch im Einzelfall für einen sozialschwächeren Betroffenen gewichtig sein kann, etwa: Drews / Wacke / ​ ­Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 402. 1096 Siehe etwa: Waechter, NordÖR 2008, 473 (478): dabei statt auf eine Bagatellgrenze i. H. v. 500 € noch auf eine anfänglich in einem Entwurf des MJ v. 04.02.2004 angedachte aber nicht umgesetzte Wertgrenze i. H. v. 1000 € abstellend (Fundstelle des VV-E laut Barthel, DVP 2005, 276 [280]: 4104-S4.149 S. 3 n. v.); Rohde / Schäfer, NdsVBl 2010, 41 (46).

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

Aufgrund der aufgezeigten Abhängigkeit der Effektivität der Gefahrenabwehr im Allgemeinen von einem effizienten Ressourceneinsatz sowie der vom Gesetzgeber im Rahmen des Opportunitätsprinzips gemäß § 5 I Nds. SOG anlässlich der Begrenztheit der Mittel gebilligten nicht nur temporären, sondern vollständigen Vernachlässigung von Bagatellen zugunsten der Abwehr dringenderer Gefahren kann die Festlegung einer Bagatellgrenze allerdings nicht generell als unzulässig, da sachwidrig abgetan werden, soweit sie den zuständigen Stellen einen Spielraum zur Schaffung von Einzelfallgerechtigkeit belässt. Eine Maximalgrenze des zulässigen Einschreitens setzt dabei § 4 II Nds. SOG, der eine präventive Maßnahme nur solange für angemessen erachtet, wie ihr angestrebter Erfolg zum herbeigeführten Nachteil nicht erkennbar außer Verhältnis steht. Insoweit darf unter Beachtung der angeführten Gesetzesmaterialien zu § 5 I Nds. SOG sowie nach systematischer Auslegung, der Heranziehung der §§ 5 II, 4 I Nds. SOG, die beide zur geringsten Belastung der Allgemeinheit anhalten,1097 gerade nicht nur der Nachteil des konkret Belasteten in die Verhältnismäßigkeitsabwägung eingestellt werden, sondern auch der für die Allgemeinheit entstehende. Insofern ergibt sich aus §§ 4 II, 5 I Nds. SOG angesichts der Begrenztheit der Mittel zur Sicherung der Effektivität im Allgemeinen auch eine Begrenzung der Aufgabenerfüllung, somit ein zulässiges Nicht-Einschreiten aus Kostengründen, soweit Bagatellen zugunsten der Abwehr dringender Gefahren zu vernachlässigen sind oder Aufwand und Erfolg erkennbar außer Verhältnis stehen;1098 in Literatur und Rechtsprechung entsprechend anerkannt unter dem Terminus Vorbehalt des Möglichen.1099 Dementsprechend kann allein die mangelnde Kostendeckung durch das Asservat, wie sie vereinzelt als Begründung der Bagatellgrenze angeführt wird, keinen sachgerechten Grund für ein Nicht-Einschreiten darstellen.1100 Allerdings eröffnet das Nds. SOG sehr wohl einen Spielraum, innerhalb dessen das Effizienzgebot, damit fiskalische Erwägungen, die Aufgabe der Gefahrenabwehr in zulässiger Weise relativieren kann. Die im Runderlass verankerte Bagatellgrenze legt den Wert 500 € lediglich als Indiz dafür fest, dass bei Unterschreitung eine sorgfältige Prüfung erforderlich ist, ob Aufwand und Kosten in Relation zum erstrebten Erfolg ein Einschreiten unver 1097

Näheres zu den Gesetzesmaterialien sowie der Auslegung der Normen, siehe oben: S. 268 ff. 1098 Im Ergebnis ebenso: Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 402; Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 11 (52); Papier, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 231 (241, 243). 1099 Näheres zum Vorbehalt des Möglichen: BVerwG, NVwZ  1991, 1180 (1181); dass., NVwZ  2002, 206 (207); OVG Lüneburg, NVwZ-RR  2000, 504 (505); Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 11 (52); ­Peters, DÖV 2001, 749 (761); Ullrich / Weiner / Brüggemann, Niedersächsisches Polizeirecht, 2012, Rn. 84 f.; Thiel, Polizei- & OrdnungsR, 2016, § 8 Rn. 183. Vgl. auch: Papier, in: Hoffmann-​ Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Herausforderung, 1998, S. 231 (232). 1100 Als Begründung anführend etwa: Hunsicker, Kriminalistik 2003, 234 (238). Dies ebenso ablehnend u. a.: Waechter, NordÖR 2008, 473 (478).

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hältnismäßig erscheinen lassen. Die Bagatellgrenze beinhaltet damit keine starre Grenze, sondern belässt einen Spielraum zur Schaffung von Einzelfallgerechtigkeit. Die vom MI wie MJ bestimmte Wertgrenze ist damit nicht generell unzulässig, sondern legt zunächst einmal nur ein Indiz für die Auslegung der im Rahmen einer Präventiven Sicherstellung inkriminierter Sachen zu prüfenden Angemessenheit des zur Gefahrenabwehr erforderlichen Mitteleinsatzes fest. Es stellt sich aber die Frage, ob die Wertgrenze in ihrer festgesetzten Höhe erwartbar nur vernachlässigungsfähige Bagatellen erfasst. Eine Maßnahme ist nach § 4 II Nds. SOG, wie bereits aufgezeigt, unverhältnismäßig, damit unzulässig und in der Folge ebenso zu vernachlässigen, wenn die Relation von Aufwand und Nutzen „erkennbar außer Verhältnis steht“, insofern erkennbar unangemessen ist. Dabei ist die Maßgeblichkeit der Erkennbarkeit des Missverhältnisses der im Rahmen der Gefahrenabwehr im Regelfall schnell zu treffenden Entscheidung geschuldet und ist gleichbedeutend mit Erheblichkeit.1101 Wie oben bereits aufgezeigt, gestaltet sich jedoch gerade die Ermittlung der Angemessenheit der Kosten-Nutzen-Analyse als schwierig, da der Nutzen einer gefahrenabwehrenden Maßnahme sich nicht in einem rein finanziellen Wert erschöpft, sondern etwa auch soziale Erwägungen zu berücksichtigen sind.1102 So ist der Verlust von 500 € Sachwert für einen Geringverdiener ein erheblicher und gerade keine Bagatelle. Um die Zulässigkeit der im Runderlass festgesetzten Bagatellgrenze endgültig zu klären, gilt es daher zwingend die Frage zu beantwor­ ten, ob bei potentiell der Sicherstellung unterliegenden Gegenständen bis zu einer Summe von 500 € noch von infolge der Mittelbegrenztheit zu vernachlässigen Bagatellen gesprochen werden kann. Dies erfordert nicht nur eine nähere Bestimmung des Werts des Nutzens, sondern auch der zur Abwehr aufzubringenden Kosten. Aufgrund dessen vermag die Frage nach der Angemessenheit der Kosten-Nutzen-Relation im Rahmen dieser Bearbeitung jedoch nicht endgültig geklärt zu werden. Zum einen bereits mangels Kenntnis über den genauen Kostenbedarf sowie die Verteilung und Auslastung der vorhandenen sachlichen wie persönlichen Mittel der gefahrenabwehrenden Stellen, u. a. aber auch wegen des bestehenden Spielraums für sozialpolitische Entscheidungen. Es muss daher mit Blick auf die Schwerpunktsetzung der Hinweis genügen, dass an der Angemessenheit der Bagatellgrenze erheblich Zweifel bestehen, denn Aufwand und Kosten einer gefahrenabwehrenden Maßnahme erscheinen nicht unverhältnismäßig hoch. In der von dem Runderlass geschilderten Situation ist eine Sicherstellung oder Beschlagnahme der aufgefundenen potentiell unrechtmäßig erlangten Sachen nämlich bereits durch die Staatsanwaltschaft erfolgt.1103 Diese hat in der Regel auch 1101 BVerwGE 26, 305 (309); Waechter, in: Brandt / Schinkel, Staats- und VerwR für Nds., 2002, S. 173 (252); Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 392. 1102 Siehe oben: S. 263 f. 1103 So auch die Verfahrenshinweise: Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 16.11.2007, Nds. MBl. Nr. 50/2007, S. 1515 (1516), Nr. 3.5, 4, 5, 6 (­VORIS 21011); ersetzt durch den Gem. RdErl. d. MI u. MJ v. 15.02.2015, Nds. MBl. Nr. 10/2015, S. 258 (259), Nr. 3.5, 4, 5, 6 (­VORIS 21011).

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

den zugrundeliegenden Sachverhalt bereits ermittelt sowie die Gegenstände katalogisiert, so dass der Amtswalter des für eine Präventive Sicherstellung inkriminierter Sachen zuständigen Ordnungsamtes grundsätzlich alle zur Entscheidung erforderlichen Informationen der von der Staatsanwaltschaft übersandten Akte entnehmen kann und keine weiteren Ermittlungen veranlassen muss. Sach- wie Personalkosten fallen damit sowohl bei einer Entscheidung zum Einschreiten als auch zum Nicht-Einschreiten in erwartbar etwa gleicher Höhe an. Damit bleiben in der Regel nur die Lagerkosten einer Verwahrung als Mehraufwand, die je nach Art der Sache sowie ihrer Verwahrung sehr unterschiedlich hoch anfallen können. Gerade bei der Verwahrung von Geld auf einem Verwahrkonto fallen Lagerkosten entweder aufgrund einer nicht unüblichen kostenlosen Kontoführung gar nicht erst an oder verursachen jedenfalls nur sehr geringe Kosten. Ansonsten variieren die anfallenden Kosten stark, je nach Größe, Sicherungs-, etwa bei Schmuck, oder Pflegebedürfnis des Asservats, z. B. bei Tieren. Dabei kann die zuständige Stelle nach §§ 1 I 1, II, 3 I, II, V, 5, 13 NVwKostG i. V. m. § 1 AllGO sowie der Tarifstelle 108.3.2 der Anlage zur AllGO nicht nur bereits bis zu 165 € allein an Gebühren zur Kostendeckung erheben, sondern bei externer Verwahrung darüber hinaus sogar noch die Lagerkosten als Aufwendungen von dem unmittelbaren Besitzer als Verhaltensstörer nach §§ 29 III, 6 Nds. SOG ersetzt verlangen.1104 (5) Zwischenergebnis Zusammenfassend lässt sich daher feststellen, dass die Berücksichtigung fiskalischer Beweggründe i. S. v. Effizienzerwägungen sehr wohl sachgerecht ist, soweit diese nicht über den durch das Nds. SOG eröffneten Spielraum hinausgehen, der zur Bewahrung der Effektivität der Gefahrenabwehr im Allgemeinen angesichts der Begrenztheit der Ressourcen erforderlich ist. Insofern gebietet das Effizienzgebot gemäß Art. 114 II 1 GG bzw. Art. 70 I 1 NV sowie § 110 II NKomVG im Rahmen eines durch §§ 5 I, II, 4 I Nds. SOG eröffneten Auswahlermessens bereits bei der Erforderlichkeit des Mittels eine Abwägung zwischen der geringsten, darunter auch finanziellen Belastung des Einzelnen sowie der geringsten der Allgemeinheit. Aber auch darüber hinaus eröffnen §§ 5 I, 4 II Nds. SOG im Rahmen des Entschließungsermessens aufgrund der Mittelbegrenztheit sowie der dadurch bedingten Abhängigkeit der Effektivität der Gefahrenabwehr von einem effizienten Mitteleinsatz einen Spielraum zur Berücksichtigung fiskalischer Erwägungen, so dass zur Bewahrung der Effektivität im Allgemeinen unverhältnismäßige Kosten ein Nicht-Einschreiten, damit eine begrenzte Relativierung der Gefahrenabwehr begründen können. Ein alleiniges Einschreiten mit der Zielsetzung der Sanierung öffentlicher Haushalte oder der Finanzierung von Personalstellen ist jedoch auf 1104 Nach § 7 II 2 Nds. SOG nicht jedoch vom Eigentümer oder sonst Berechtigtem, wenn unmittelbarer Besitzer die tatsächliche Gewalt ohne den Willen eines Berechtigten ausgeübt hat. Zu der Gebührenpflicht siehe auch oben: S. 259.

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grund der Missachtung des Ermächtigungszwecks der Gefahrenabwehr sachwidrig, damit ermessensfehlerhaft und rechtswidrig, soweit der Maßnahme nicht noch andere eigenständige entscheidungstragende Erwägungen zugrunde liegen. Die im Runderlass getroffene Bagatellgrenze, die eine Summe von bis zu 500 Euro als Indiz für eine unverhältnismäßige Kosten-Nutzen-Relation festlegt, ist hingegen generell nicht unzulässig, da für derartige Überlegungen, wie gezeigt werden konnte, grundsätzlich sehr wohl ein Spielraum eröffnet ist. Es bestehen jedoch hinsichtlich der festgesetzten Höhe gravierende Zweifel daran, dass Aufwand wie Kosten einer Sicherstellungsmaßnahme derart hoch sind, dass sie in Relation zu dem Nutzen bei Unterschreitung der Grenze unangemessen erscheinen. Die Berücksichtigung fiskalischer Erwägungen wird allerdings, soweit nicht als einziger, damit sachwidriger Grund für ein Einschreiten angeführt, nur auf der objektiv-rechtlichen Ebene relevant, da das Effizienzgebot nicht subjektiv berechtigend ist, im Allgemeinen auch kein Anspruch auf ein Einschreiten des potentiell Geschädigten existiert oder mangels Kenntnis geltend gemacht werden kann und schließlich auch bei Nicht-Einschreiten mangels Belastung kein Anlass zur Gegenwehr besteht.1105 Ebenso wenig kann ihre Berücksichtigung im Rahmen eines eröffneten Auswahlermessens von dem Belasteten mangels Sachwidrigkeit der Erwägung im Rahmen einer Klage angegriffen werden. 3. Dauer der Rechtswirksamkeit einer Sicherstellung nach § 26 Nds. SOG Die Präventive Sicherstellung inkriminierter Sachen nach § 26 Nds. SOG dauert an, bis sie durch eine ihrer Folgemaßnahmen, entweder durch eine Verwertung oder Vernichtung des Asservats nach § 28 Nds. SOG oder durch eine Herausgabe nach § 29 Nds. SOG, abgelöst wird. Dabei besteht nach § 29 I Nds. SOG die Pflicht, das Asservat unverzüglich an den unmittelbar von der Sicherstellung Betroffenen herauszugeben, „sobald die Voraussetzungen [des § 26  Nds.  SOG] weggefallen sind“ (Abs. 1 S. 1). Ist eine Herausgabe an diese Person „nicht möglich“, so kann die sichergestellte Sache auch an eine andere Person herausgegeben werden, wenn diese ihre „Berechtigung glaubhaft“ gemacht hat (Abs. 1 S. 2). Eine Herausgabe ist jedoch ausgeschlossen, wenn dadurch die Voraussetzungen des § 26 Nds. SOG wiederaufleben würden (Abs. 1 S. 3). Herauszugeben ist dabei grundsätzlich die Sache selbst. Ist diese jedoch bereits verwertet worden, z. B. da die Sicherstellungsvoraussetzungen auch nach einem Jahr noch vorlagen (§ 28 I Nr. 4 Nds. SOG), so ist zumindest der Erlös herauszugeben (Abs. 2 S. 1). Ist eine berechtigte Person aber weder vorhanden noch auffindbar, so ist der Erlös jedenfalls zu hinterlegen (Abs. 2 S. 2). Erst nach drei Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem die Verwertung 1105 So etwa auch: Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann, Effizienz als Heraus­forderung, 1998, S. 11 (52).

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stattgefunden hat, erlischt der Anspruch der unmittelbar betroffenen oder befugten anderen Person auf Herausgabe (Abs. 2 S. 3).1106 Grundvoraussetzung für einen die Präventive Gewinnabschöpfung beendenden Anspruch auf Herausgabe des Asservats oder zumindest des Erlöses ist somit der „Wegfall der Voraussetzungen einer Sicherstellung“. Entgegen dem Vorbringen des OVG Lüneburg steht der Pflicht zur Beendigung einer Sicherstellung durch Herausgabe nach § 29 I Nds. SOG dabei weder die Bestandskraft des Sicherstellungsbescheids entgegen noch ist der Betroffene wegen einer fehlerhaften Mitwirkung bzgl. eines Vorbringens von Tatsachen präkludiert, die auch bereits im Zeitpunkt der Sicherstellung hätten objektiv aufgeklärt werden können.1107 a) Keine Präklusion wegen fehlender oder fehlerhafter Mitwirkung Für einen „Wegfall“ der Voraussetzungen einer Sicherstellung sei es nach OVG Lüneburg erforderlich, dass Tatsachen vorgetragen werden, die nicht bereits im Zeitpunkt der Sicherstellung hätten objektiv aufgeklärt werden können.1108 Dies erscheint auf den ersten Blick plausibel, da ein nicht rechtzeitiges Vortragen seitens des Betroffenen trotz obj. bestehender Möglichkeit starke Zweifel an der Glaubhaftigkeit begründen können. Bei näherer Betrachtung kann einer solch engen Definition des Begriffs „Wegfall“ aber nicht gefolgt werden. Sie führt zu einer willkürlichen Verkürzung der Rechte des Betroffenen. Ein von einer Sicherstellung Betroffener kann unter Umständen von der Situation so überrascht und überfordert sein, dass es gut möglich erscheint, dass er das Naheliegendste, wie die Herkunft und den rechtmäßigen Besitz darzulegen und z. B. Zeugen für den rechtmäßigen Besitz zu benennen, schlicht vergisst. Stellt die zuständige Behörde z. B. ein Auto nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG sicher, bei dem sie befürchtet, es handele sich um Diebesgut, so erscheint es durchaus möglich, dass der überraschte und mit der Situation überforderte Bürger zunächst die Zulassungsbescheinigung Teil 2 (Kfz-Brief) nicht vorzeigt oder einfach in dem Moment nicht finden kann. Es ist jedoch kein sachlicher Grund ersichtlich, warum der Betroffene nun für dieses Vergessen oder Nichtauffindenkönnen direkt „bestraft“ werden sollte, indem ihm allein wegen der bereits bestehenden objektiven Möglichkeit des Nachweises im Zeitpunkt der Sicherstellung nun verwehrt wird, den Nachweis für seinen rechtmäßigen Besitz noch nachzutragen. Eine solche Präklusion ist als Sanktion des Betroffenen für eine fehlende oder fehlerhafte Mitwirkung im Nds. SOG weder vorgesehen noch angebracht. Sie lässt sich auch 1106 Aufgrund der Schwerpunktsetzung der vorliegenden Bearbeitung müssen nähere Ausführungen zu den Voraussetzungen und Problemen der sich einer präventiv-polizeilichen Sicherstellung anschließenden Folgemaßnahmen nach §§ 27 ff. Nds. SOG hier dahinstehen. 1107 So: OVG Lüneburg, NdsVBl 2013, 172 (172). Siehe hierzu auch Vorinstanz: VG Osnabrück, Urt. v. 05.09.2012, Az.: 6 A 216/11, n. v. 1108 So: OVG Lüneburg, NdsVBl 2013, 172 (172).

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nicht unter Heranziehung des allg. Verwaltungsrechts begründen. § 24 VwVfG begründet keine (durchsetzbare) Auskunftspflicht,1109 ebenso wenig § 26 II VwVfG, § 86 I 1 HS. 2 VwGO. Zwar sieht § 26 II VwVfG eine Mitwirkungslast des Betroffenen vor. Jedoch ist die Untätigkeit trotz Zumutbarkeit der Mitwirkung grds. für das Verfahren folgenlos. Denn die Mitwirkungslast ist lediglich eine Obliegenheit und kann nicht mit Zwang durchgesetzt werden.1110 Nicht ausgeschlossen sind jedoch mittelbare negative Folgen. Denn es ist grds. davon auszugehen, dass der Betroffene für ihn günstige Umstände von sich aus vorgetragen hätte, so dass die Verweigerung der Mithilfe eventuell negative Konsequenzen haben kann.1111 So kann nach §§ 26 II, 10 VwVfG i. V. m. allgemeinen Rechtsgrundsätzen eine fehlende Mitwirkung zu einer Beschränkung der Amtsermittlungspflicht führen.1112 Dergestalt dass Tat­ sachen, die der Sphäre eines Bürgers zuzuordnen sind, von ihm vorgebracht werden müssen. Unterlässt er dies und bestehen keine Anhaltspunkte für die Behörde, in diese Richtung zu ermitteln, so muss der Bürger die negativen Folgen eines infolge seiner fehlenden Mitwirkung falsch ermittelten Sachverhalts tragen.1113 1109 Ritgen, in: Knack / Henneke, VwVfG, 2014, § 24 Rn. 65; OVG Koblenz, AS RP-SL 20, 343 (347). 1110 Siehe u. a.: Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 26 Rn. 40, 43, § 24 Rn. 12a; Kallerhoff / Fellenberg, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 26 Rn.  46; Luch, in: Bauer  / ​ Heckmann / Ruge / Schallbruch / Schulz, VwVfG, 2014, § 26 Rn.  31; Engelhardt, in: Obermayer, VwVfG, 1999, § 26 Rn. 152; Heßhaus, in: Bader / Ronellenfitsch, VwVfG, 2016, § 24 Rn. 8; BVerwGE 11, 274 (275); 34, 248 (250); Pünder, in: Ehlers / Pünder, Allg. VerwR, 2016, § 14 Rn. 30; Kallerhoff / Fellenberg, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 26 Rn. 45 ff. 1111 Siehe: Ritgen, in: Knack / Henneke, VwVfG, 2014, § 26 Rn. 104; Luch, in: Bauer / Heckmann / Ruge / Schallbruch / Schulz, VwVfG, 2014, § 26 Rn.  32; Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 26 Rn. 44; § 24 Rn. 12b f., 50; Bull / Mehde, Allg. Verwaltungsrecht mit Verwaltungslehre, 2015, Rn. 631. Siehe auch: Gesetzesentwurf (VwVfG): BT-Drs. 07/910 v. 18.07.1973, S. 50. Vgl. auch: Engelhardt, in: Obermayer, VwVfG, 1999, § 24 Rn. 262; OVG Bautzen, SächsVBl. 1994, 107 (108): jagdrechtliche Zuverlässigkeit; Kallerhoff / Fellenberg, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 26 Rn.  52 f. 1112 So u. a.: Luch, in: Bauer / Heckmann / Ruge / Schallbruch / Schulz, VwVfG, 2014, § 26 Rn. 31 f., § 24 Rn. 24; Herrmann, in: Bader / Ronellenfitsch, VwVfG, 2016, § 26 Rn. 37 f.; Schwarz, in: Fehling / Kastner / Störmer, VerwR, 2016, § 26 VwVfG Rn.  35; Decker, in: Wolff  / ​ Decker, VwGO / VwVfG, 2012, § 26 VwVfG Rn. 5; Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 26 Rn. 40, 43, § 24 Rn. 12a, 23; Ritgen, in: Knack / Henneke, VwVfG, 2014, § 26 Rn. 106, § 24 Rn. 65; Kallerhoff / Fellenberg, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 24, Rn. 28, § 26 Rn. 44; Pünder, in: Ehlers / Pünder, Allg. VerwR, 2016, § 14 Rn. 30 f. So auch: BVerwG, NVwZ 1987, 404 (404 f.); OVG Münster, OVGE MüLü 43, 152 (157). Vgl. etwa auch frühere Rspr.: BVerwGE 11, 274 (275); 34, 248 (250); 49, 103 (107); 59, 87 (103 f.); BVerwG, Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 45; BSGE 4, 116 (118 f.); Kopp, VerfR und VwVfR, 1971, S. 36; z. T. a. A.: Ule / Laubinger, VerwaltungsverfahrensR, 1995, § 21 Rn. 2 f.; OVG Koblenz, AS RP-SL 20, 343 (347). 1113 Vgl.: Kallerhoff / Fellenberg, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 26 Rn. 44, 53; Ritgen, in: Knack / Henneke, VwVfG, 2014, § 26 Rn. 104; § 24 Rn. 65; Ziekow, VwVfG, 2013, § 24 Rn. 11; Borgs, in: Meyer / Borgs, VwVfG, 1982, § 26 Rn. 5; BVerwG, NVwZ 1987, 404 (405); BVerwG, NVwZ-RR 2006, 759 (760); OVG Münster, OVGE MüLü 43, 152 (158); VGH München, AgrarR 1997, 330 (332).

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Die Mitwirkungslast ändert jedoch nichts an der Verpflichtung der Behörde zur Sachverhaltsaufklärung sowie an ihrer alleinigen Verantwortlichkeit für die Entscheidung.1114 Besondere Mitwirkungspflichten können nicht auf § 26 II VwVfG gestützt werden. Sie bedürfen einer besonderen Anordnung im Fachrecht.1115 Für eine Präklusion ist eine solche Spezialregelung aufgrund des Gesetzesvorbehalts bei belastenden Maßnahmen zwingend erforderlich.1116 Darüber hinaus ist eine Präklusion auch aus dem Grund abzulehnen, da sie zu einer faktischen Verpflichtung des Betroffenen führen würde.1117 Denn dieser könnte durch den drohenden Rechtsverlust gezwungen werden, seinem Mitwirkungsrecht nachzukommen. Das entspricht aber nicht dem Sinn und Zweck der Norm. Diese soll die Sachverhaltsermittlung nur erleichtern und das Verfahren fördern, nicht jedoch dem Betroffenen unmittelbar zum Nachteil gereichen.1118 § 26 II VwVfG stellt vielmehr einzig und allein eine Konkretisierung der Risikoverteilung für die Berücksichtigung von Tatsachen bei der Beweiswürdigung dar, die der Sphäre des Beteiligten zuzuordnen sind.1119 Unterlässt ein Beteiligter seine Mithilfe und trägt für ihn günstige Tatsachen, die in seiner Sphäre liegen, nicht vor, so muss der Betroffene den unrichtig ermittelten Sachverhalt daher hinnehmen. Ein hierauf gestützter Verwaltungsakt ist zwar fehlerhaft, die Ermessensentscheidung bleibt jedoch dennoch rechtmäßig und kann nicht mit dem Einwand angegriffen werden, die Behörde hätte den nicht vorgetragenen Sachverhalt berücksichtigen müssen.1120 Da § 26 II VwVfG aber gerade 1114

Siehe u. a.: Luch, in: Bauer / Heckmann / Ruge / Schallbruch / Schulz, VwVfG, 2014, § 24 Rn. 23; Ziekow, VwVfG, 2013, § 24 Rn. 11. Ebenso: OVG Münster, BauR 2008, 1873 (1874 f.). 1115 Vgl.: Ritgen, in: Knack / Henneke, VwVfG, 2014, § 26 Rn. 108, 110: gilt ebenso bei str. Frage der polizeil. Gefahrerforschung bei Verdachtslage; Schink, DVBl 1989, 1182 (1186 f.); Kallerhoff / Fellenberg, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 26 Rn. 46, 57, 63. 1116 Siehe: Kallerhoff / Fellenberg, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 26 Rn. 46, 54, 52, 57; Ziekow, VwVfG, 2013, § 26 Rn. 19, 20. 1117 So auch: Luch, in: Bauer / Heckmann / Ruge / Schallbruch / Schulz, VwVfG, 2014, § 26 Rn. 32. Vgl. ebenfalls: Ritgen, in: Knack / Henneke, VwVfG, 2014, § 26 Rn. 104; OVG Bautzen, SächsVBl. 1994, 107 (108): jagdrechtliche Zuverlässigkeit. 1118 Vgl. Luch, in: Bauer / Heckmann / Ruge / Schallbruch / Schulz, VwVfG, 2014, § 26 Rn.  29, 32; Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 26 Rn. 40: „Mittel zur Durchsetzung und Verteidigung der Rechte der Beteiligten“; Kallerhoff / Fellenberg, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 26 Rn. 46 f.: ebenso nur auf mittelbar nachteilige Rechtsfolgen verweisend. Kopp, VerfR und VwVfR, 1971, S. 36 ff. Vgl. auch: Ritgen, in: Knack / Henneke, VwVfG, 2014, § 26 Rn. 104, 105, 113 f. 1119 Schwarz, in: Fehling / Kastner / Störmer, VerwR, 2016, § 26 VwVfG Rn. 36. Vgl. auch Engel­hardt, in: Obermayer, VwVfG, 1999, § 26 Rn. 150, § 24 Rn. 101; Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 26 Rn. 43; Ritgen, in: Knack / Henneke, VwVfG, 2014, § 26 Rn. 104; § 24 Rn. 65. Siehe ebenfalls: BVerwG, NVwZ 1987, 404 (405); OVG Münster, OVGE MüLü 43, 152 (152, 157); VGH Mannheim, DÖV 1994, 1055 (1056); VGH Mannheim, NVwZRR 1992, 141 (141 f.). 1120 Siehe: BVerwG, Urt. v. 30.01.1969, Az.: III C 153.67, JURIS, Rn. 20; Kallerhoff / Fellen­ berg, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 26 Rn. 52. BVerwG, InfAuslR 1985, 199 (199). Vgl. auch: Schwarz, in: Fehling / Kastner / Störmer, VerwR, 2016, § 26 VwVfG Rn.  35; Decker,

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nicht zu einer Präklusion führt, steht es dem Betroffenen grundsätzlich offen, mit dem Einwand, Grundlage des Bescheides sei eine unzutreffende Sachlage, gegen den auf falsche Tatsachen gestützten Verwaltungsakt einen Rechtsbehelf einzu­ legen.1121 Auch für zukünftige Entscheidungen, wie vorliegend hinsichtlich der Frage nach der Herausgabepflicht gemäß § 29 Nds. SOG zu entscheiden ist, gilt es mangels Präklusion den neu vorgetragenen Sachverhalt somit zu berücksichtigen. Das in § 26 II VwVfG verankerte Mitwirkungsrecht des Beteiligten ist eben nur eine Obliegenheit, die nicht zu einem Verlust von materiellen Rechten, konkret dem Verlust des Herausgabeanspruchs aus § 29 I 1 Nds. SOG, führen kann.1122 Bei einem so engen Verständnis des Begriffs „Wegfall“, wie es aus der Entscheidung des OVG Lüneburg hervorgeht, handelt es sich vielmehr um eine Auslegung contra legem. Es liegt gerade in der Natur des Gefahrenabwehrrechts, um dessen Effektivität gewährleisten zu können, dass Maßnahmen bereits sehr früh bei Vorliegen von konkreten Anhaltspunkten, die eine Gefahrenlage begründen, teilweise auch bereits noch früher aufgrund eines bloßen Verdachts,1123 getroffen werden können. Können die dahingehenden Hinweise jedoch im Nachhinein glaubhaft oder sogar nachweisbar widerlegt werden, so ist das Bestehen einer Gefahrenlage zumindest ex nunc zu verneinen. Liegt eine Gefahrenlage aber nicht mehr vor, ist auch die Maßnahme zwingend zu beenden. Bereits der Gesetzesentwurf von 1979 macht dies deutlich. Dieser sieht in seiner Begründung zu § 26 I Nds. SOG (dem § 29 I Nds. SOG m. GStd. v. 16.05.2018) explizit vor, dass eine Sicherstellung nur solange „gerechtfertigt ist, solange ihre Gründe vorliegen“.1124 Ein unverzügliches Ende gebietet darüber hinaus auch das Prinzip der Zweckerreichung gemäß § 4  III  Nds.  SOG. Nach dieser Norm sind Maßnahmen des Nds. SOG nur solange verhältnismäßig und somit zulässig, „bis ihr Zweck erreicht ist oder es sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann“. Diesen Grundsatz hat § 29 I 1 Nds. SOG aufgegriffen. Seine Formulierung „sobald die Voraussetzungen […] weggefallen sind, […]“ macht deutlich, dass es sich bei § 29 I 1 Nds. SOG gerade um eine besondere Ausprägung des in § 4 III Nds. SOG verankerten Prin-

in: Wolff / Decker, VwGO / VwVfG, 2012, § 26 VwVfG Rn.  5; Ritgen, in: Knack / Henneke, VwVfG, 2014, § 26 Rn. 104. Zur Fehlerhaftigkeit, vgl.: Peuker, in: Knack / Henneke, VwVfG, 2014, Vor § 43 Rn. 40. 1121 So auch: Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 24 Rn. 12d; BVerwGE 77, 240 (244). Z. T. a. A.: BVerwGE 67, 206 (207 f.); dass., BayVBl 1986, 153 (153 f.); Sendler AöR 1969, 130 (147 f.). Kritisch: Ule, VerwArch 1971, 114 (126). Vgl. BVerwGE 69, 46 (52): Prüfling muss leistungsbeeinträchtigende Störungen des Prüfungsablaufs bspw. durch Lärmstörungen unverzüglich geltend machen, nachträgliche Rüge nicht möglich. 1122 Vgl. auch: Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 24 Rn. 12d. 1123 Die Gefahrenabwehrbehörden können bei einem Gefahrenverdacht zuvörderst Gefahrerforschungsmaßnahmen zur näheren Sachverhaltsermittlung treffen; knappe Aufzählung von Vorfeldmaßnahmen, u. a.: S. 122; zum erforderlichen Grad der Gefahrenlage für eine Präventive Sicherstellung nach Nds. SOG, siehe Näheres: S. 193 ff. 1124 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 16.10.1979, Drs. 9/1090, S. 88.

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zips der Zweckerreichung handelt.1125 § 4 III Nds. SOG ist insofern ebenso wie § 29 I 1 Nds. SOG eine Ausprägung des Übermaßverbots in zeitlicher Hinsicht.1126 Die Normen geben folglich einen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wieder. Dieser ist jedoch per se von Verfassungsrang. Die wiederholte Nennung im Nds. SOG kann somit nur deklaratorische Wirkung entfalten.1127 Der Gesetzgeber bringt durch die Wortwahl „sobald“ in § 29 I 1 Nds. SOG zum Ausdruck, dass das Übermaßverbot in zeitlicher Hinsicht für ihn hier von besonderer Bedeutung ist. Auch die Wortlautauslegung spricht insofern dafür, dass eine mangelnde oder gar fehlende Mitwirkung nicht zu einer Präklusion führen kann. Bei neu vorgebrachten Anhaltspunkten gilt es vielmehr im Rahmen des § 29 I Nds. SOG stets zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer Sicherstellung (§ 26 Nds. SOG) noch vorliegen. Es kann entsprechend dem Sinn und Zweck des Gefahrenabwehrrechts demzu­ folge ein „Wegfall“ nicht allein deshalb verneint werden, weil die entsprechende Sachlage auch bereits im Zeitpunkt der Sicherstellung aus objektiver Sicht hätte aufgeklärt werden können. Die Definition des Begriffs „Wegfall“ durch das OVG ist vielmehr zu eng und mit dem Nds.  SOG nicht vereinbar. Sie mag für den konkreten Fall zutreffen, da der späte Vortrag im konkreten Fall die Glaubhaftigkeit der Aussage erschüttert hat. Sie ist jedoch nicht als feste Regelung verallgemeinerungsfähig. Unter „Wegfall“ ist vielmehr allein das bedingungslose, rein faktische Entfallen der Voraussetzungen des Sicherstellungsbescheides zu verstehen. Sind die Voraussetzungen des § 26 Nds. SOG dementsprechend nicht länger gegeben und würden durch eine Herausgabe auch nicht erneut eintreten, so ist das Asservat grundsätzlich unverzüglich an den von der Sicherstellung unmittelbar Betroffenen wieder herauszugeben (§ 29 I 1 Nds. SOG) unabhängig davon, ob die dem Wegfall zugrundeliegenden Tatsachen bereits zum Erlasszeitpunkt hätten aufgeklärt werden können. Ein Ermessen ist den Behörden insoweit bei Tatbestandserfüllung nicht eröffnet. b) Ende der Rechtswirksamkeit trotz Bestandskraft der Sicherstellung Dem Ende der Rechtswirksamkeit der Maßnahme und der Pflicht zur Beendigung der Präventiven Sicherstellung inkriminierter Sachen nach § 26 Nds. SOG durch Herausgabe nach § 29 I Nds. SOG steht auch nicht die Bestandskraft des Sicherstellungsbescheids entgegen.1128 Zwar hält das OVG Lüneburg das neue Vorbringen, der unmittelbar Betroffene habe rechtmäßig besessen, für rechtlich unerheblich, denn es werfe allein Zwei 1125

So auch: Saipa, Nds. SOG, St.: (05.2013)/08.2017, § 29 Rn. 1. Ebenfalls: Saipa, Nds. SOG, St.: (08.2015)/08.2017, § 4 Rn. 4. 1127 So auch: Rachor, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2012, Kap. E Rn. 147; Graulich, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2018, Kap. E Rn. 138. 1128 So aber vom OVG Lüneburg angenommen: OVG Lüneburg, NdsVBl 2013, 172 (172). 1126

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fel hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der erfolgten Sicherstellung nach § 26 Nr. 1, Nr. 2 Nds. SOG auf.1129 Ist der Sicherstellungsbescheid aber schon in Bestandskraft erwachsen, habe der Vortrag, die Sicherstellung sei nicht rechtmäßig erfolgt, keine rechtlichen Auswirkungen, da der bestandskräftige Bescheid Rechtsgrundlage für die weitere Verwahrung sei. Damit ein Herausgabeanspruch nach § 29 I S. 1 oder S. 2 Nds. SOG entstehen könne, müsse der Bescheid daher zunächst aufgehoben werden.1130 Eine so starre Verknüpfung zwischen erfolgtem, bereits bestandskräftigem Sicherstellungbescheid nach § 26 Nds. SOG und dem Bestehen eines Herausgabeanspruchs nach § 29 I Nds. SOG kann jedoch so zwingend und undifferenziert nicht angenommen werden. Die Behörde ist nach § 29 I 1 Nds. SOG i. V. m. § 24 VwVfG verpflichtet, bei gegebenem Anlass wie auch nach einem Jahr, wenn die Verwertung der sichergestellten Sache nach § 28 I Nr. 4 Nds. SOG ansteht, zu überprüfen, ob die Voraussetzungen einer Sicherstellung noch vorliegen. Stützt sich die erfolgte Sicherstellung nun z. B. allein auf § 26 Nr. 2 Nds. SOG und wurde glaubhaft vorgetragen, dass der Betroffene das Geld oder allgemein die Sache berechtigt besessen habe, so ist der Sicherstellungsgegenstand nach § 29 I 1 Nds. SOG zwar grundsätzlich nicht an den Dritten, aber immerhin wieder an den Betroffenen herauszugeben. Die Behörde kann sich dabei nicht ohne Weiteres einfach auf das Bestehen eines bestandskräftigen Sicherstellungsbescheides als Rechtsgrund zum Behaltendürfen stützen. § 29 I Nds. SOG ist dabei ebenso wenig wie § 28 I Nr. 4 Nds. SOG auf die Phase vor dem Eintritt der Bestandskraft beschränkt. Das würde andernfalls § 29 I 1 Nds. SOG, demgemäß bei Wegfall der Voraussetzungen für eine Sicherstellung eine Herausgabe zu erfolgen hat, ebenso wie § 28 I Nr. 4 Nds. SOG ad absurdum führen. In diesen Normen liegt eine Aufforderung zur erneuten Prüfung der Sicherstellungsvoraussetzungen unabhängig von der Bestandskraft des ursprünglichen Bescheides. Andernfalls könnte die Behörde z. B. ein wegen konkreter Anhaltspunkte oder in Ausnahmefällen bereits ein aufgrund eines bloßen Verdachts sichergestelltes Auto mit eintretender Bestandskraft einfach behalten und unter Umständen ohne weitere Voraussetzungen nach einem Jahr verwerten, obwohl der Betroffene mittlerweile seinen zunächst verschollenen Kfz-Brief wiedergefunden hat und damit sein Eigentum an dem Auto nachweisen kann. Es erscheint unbillig und widerspricht dem Normzweck von §§ 29 I 1, 28 I Nr. 4 Nds. SOG, wenn der Betroffene erst durch Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG gegen den ursprünglichen Sicherstellungsbescheid vorgehen müsste. Dies gilt im Besonderen, da die Bestandskraft bereits nach einem Monat eintreten kann (§§ 70, 74  VwGO). Die Forderungen nach einer erneuten Prüfung aus § 29 I 1 Nds. SOG, im Besonderen aber nach 1129

So: OVG Lüneburg, NdsVBl 2013, 172 (172). Siehe hierzu auch Vorinstanz: VG Osnabrück, Urt. v. 05.09.2012, Az.: 6 A 216/11, n. v. 1130 So: OVG Lüneburg, NdsVBl 2013, 172 (172): ob mit Wirkung ex nunc oder ex tunc sei dabei irrelevant.

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§ 28 I Nr. 4 Nds. SOG, würden daher nur für kurze Zeit oder bei noch laufendem Beschwerde- oder Gerichtsverfahren greifen. In der Regel wären sie aber ohne Wirkung. Es ist daher notwendig zunächst einmal exakt zu differenzieren, auf was genau sich die materielle Bestandskraft des Sicherstellungsbescheides erstreckt. Dabei gilt, dass die Bestandskraft die Einzelfallgerechtigkeit nicht unzumutbar beeinträchtigen darf.1131 aa) Bindungswirkung Bereits vor Beginn der materiellen Bestandskraft ist eine (erlassende) Behörde, genauer ihr Rechtsträger, grundsätzlich infolge des bestehenden Aufhebungs- und Abweichungsverbotes im Sinne der Rechtsklarheit sowie der Verfahrensökonomie gehindert, eine von einer vorausgehenden Verwaltungsentscheidung abweichende Entscheidung zu treffen oder erstere aufzuheben.1132 Dies lässt sich auf eine besondere Selbstbindung der Verwaltung zurückführen.1133 Ein Abweichungsverbot im weiteren Sinne besteht auch für Gerichte und andere Behörden in Form der Beachtlichkeit (Tatbestandswirkung). Dieses resultiert aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Rechtsprechung (Art. 20 III GG). Danach sind alle bewirkten Rechtsänderungen eines Verwaltungsaktes bis zu seiner Unwirksamkeit von allen Behörden wie auch Gerichten zu beachten und bei der eigenen Entscheidung als bestehende neue Rechtslage zugrunde zu legen.1134 Für eine Bindung der Gerichte ist allerdings die formelle Bestandskraft zwingend erforderlich. Anders als bei der Bindung der erlassenden Behörde reicht die bloße Wirksamkeit nicht aus. Solange ein Verwaltungsakt anfechtbar ist, kann ein Gericht diesen noch aufheben. Der Grad der Rechtssicherheit eines noch anfechtbaren Verwaltungsaktes ist somit gering. Ihre Intensität ist in diesem Stadium zu schwach, um die Bindung der Gerichte an Recht und Gesetz durchbrechen zu

1131

Schwarz, in: Fehling / Kastner / Störmer, VerwR, 2016, § 43 VwVfG Rn.  3; Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 1b. Siehe auch: Schenke, in: BK, St.: (02.2009)/​ 12.2018, Art. 19 IV Rn. 182 ff; Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig, GG, St.: (07.2014)/08.2018, Art. 19 IV Rn. 235 ff. 1132 Siehe hierzu u. a.: Müller, in: Huck / Müller, VwVfG, 2016, § 43 Rn. 8; Ziekow, VwVfG, 2013, § 43 Rn. 3; Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 14, 14c, 31; Peuker, in: Knack / Henneke, VwVfG, 2014, § 43 Rn. 17; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 35, 41, 43, 134 f. Abweichende Meinung, es bedürfe einer spezialgesetzlichen Anordnung, kann hier unter Berücksichtigung der Schwerpunktsetzung nicht diskutiert werden; kurz benannt in: Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 43, Fn. 76, demnach a. A.: BVerwGE 48, 271 (279). 1133 So u. a.: Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 54, 135. Zur Frage, wer außer der erlassenden Behörde dem Verbot unterliegt: Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 104 ff. 1134 Ziekow, VwVfG, 2013, § 43 Rn. 4; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 137, 140, 142.

I. Landesrechtliche Grenzen  

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können.1135 Gleichwohl wird teilweise vertreten, dass mit Eintritt der materiellen Bestandskraft auch Gerichte und andere Behörden an das Abweichungsverbot gebunden seien.1136 Denn die Bindung der Gerichte hebt die Gleichstellung von Exekutive und Judikative hervor. Ausschlaggebend für die Erstreckung der Bindungswirkung auf die Gerichte ist jedoch das verfassungsrechtlich verankerte Streben nach Rechtssicherheit (Art. 20 GG). Allein letzteres legitimiert, dass Regelungen per Verwaltungsakt trotz Verstoßes gegen die Rechtsordnung dennoch wirksam sein können.1137 Wären die Gerichte nicht gebunden, würde die Funktion der Bestandskraft unterlaufen. Die Behörden müssten bei Berufung auf die Bestandskraft u. U. fürchten, dass die Gerichte ihre Entscheidungen später wieder aufheben, weil sie sich eben nicht gebunden sehen.1138 Diese mit formeller Bestandskraft für die Gerichte eintretende Beachtlichkeit erstreckt sich jedoch grds. nur auf den Entscheidungstenor. Einzelfallabhängig kann sie aber auch gewertete Tatsachen, wie Gefährdungstatbestände, mit erfassen. Die festgestellte Gefahrensituation ist dann als gegeben hinzunehmen und nicht neu zu überprüfen.1139 Der Umfang der Bindungswirkung bestimmt sich aber auch in diesen Ausnahmefällen durch die per Verwaltungsakt konkret getroffene Regelung. Der Inhalt des Bescheids ist somit zwar von allen rechtsanwendenden Stellen zu beachten und eigenen Entscheidungen zugrunde zu legen. Auf künftige Entscheidungen, für die dem Bescheid keine präjudizielle Wirkung zukommt, wirkt sich die Tatbestandswirkung jedoch nicht

1135

BVerwGE 94, 16 (17 f.). Vgl.: Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 106, 123 f.; Windthorst, in: Detterbeck / Windthorst / Sproll, Staatshaftung, 2000, § 11 Rn. 26; anders: Knöpfle, BayVBl 1982, 225 (228 f.); Ortloff, NJW 1987, 1665 (1666); Gaentzsch, NJW 1986, 2787 (2790); dahingehend auch: Gerhardt, in: Schoch / Schneider / Bier, VwGO II, St.: (Grundwerk)/10.2016, Vorb. § 113 Rn. 16; Michalski, DZWir 1996, 353 (354). 1136 In Einzelfällen anders: BVerwGE 48, 271 (275 ff): Bindungswirkung der Gerichte bestehe nur, wenn die Bestandskraft nach gerichtlicher Sachprüfung eingetreten ist; zwecks effektiven gerichtlichen Grundrechtsschutzes. Anders jedoch wieder z. B. in: BVerwGE 72, 8 (13): Bindungswirkung infolge Bestandskraft nicht nur für Behörden, sondern auch für Gerichte. Siehe näheres Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 123 f. Der Streit wird hier jedoch nicht geführt, da das OVG die Bindungswirkung nicht anzweifelt. 1137 So: Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 123. Zum Arg. Gewaltenteilung siehe auch: Ruffert, in: Ehlers / Pünder, Allg. VerwR, 2016, § 22 Rn. 1; Knöpfle, BayVBl 1982, 225 (228). Zum Arg. Rechtssicherheit: BVerfGE 60, 253 (269 f.); 105, 48 (57 f.). Siehe zu letzterem Arg. ebenso: Merten, NJW 1983, 1993 (1996); Berkemann, DVBl 1986, 183 (184); Broß, VerwArch 1987, 91 (106); Sachs, K & R 2001, 13 (22); Kopp, DVBl 1983, 392 (400); Ehlers, K & R 2001, 1 (4 f.). 1138 So auch: Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 43 Rn.  124. 1139 Vgl.: BVerwGE 74, 315 (320); OVG Lüneburg, NVwZ 1988, 560 (560); BVerwG, NVwZ 2009, 120 (121). Siehe auch: Peuker, in: Knack / Henneke, VwVfG, 2014, § 43 Rn. 21; Schemmer, in: Bader / Ronellenfitsch, VwVfG, 2016, § 43 Rn. 27. Anders, aber im Ergebnis gleich: Ziekow, VwVfG, 2013, § 43 Rn. 4; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 43 Rn.  56; Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 35 Rn. 143: die Gründe spielen bei der Bestimmung des Umfangs der Bindungswirkung eine große Rolle, erwachsen jedoch nicht in Bestandskraft.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

aus.1140 Bestehen Zweifel hinsichtlich der Reichweite der Bindungswirkung, so ist die streitige Frage (u. a.) anhand der gesetzlichen Grundlagen zu entscheiden.1141 Im vorliegenden Fall ist zu entscheiden, ob eine Herausgabe nach § 29 I Nds. SOG trotz bestandskräftigem, nicht aufgehobenem Sicherstellungsbescheid zu erfolgen hat. § 29 I 1 Nds. SOG bezieht sich dabei unmittelbar auf § 26 Nds. SOG. Eine Herausgabe hat demnach zwingend zu erfolgen, „sobald die Voraussetzungen für die Sicherstellung weggefallen sind“. So gebietet es auch das Prinzip der Zweckerreichung gemäß § 4 III Nds. SOG.1142 Ob die Voraussetzungen für die Sicherstellung rechtmäßig angenommen worden sind, ist aufgrund der Bestandskraft und der damit einhergehenden Tatbestandswirkung nicht mehr zu überprüfen. Die basierend auf der im Erlasszeitpunkt zugrunde gelegten Sach- und Rechtslage getroffenen Tatsachenwertungen sind vielmehr als gegeben hinzunehmen. Neu vorgebrachte Umstände sind jedoch von dem Regelungsgehalt des Sicherstellungsbescheides und somit von der Bindungswirkung ausgenommen. Dennoch entfaltet die Regelung auch weiterhin bis zur Unwirksamkeit des Bescheides ihre volle Wirkung.1143 Liegen neue Anhaltspunkte vor, die für einen „Wegfall“ sprechen, gilt es im Rahmen des § 29 I Nds. SOG allerdings trotz bestandskräftig verfügter Sicherstellung zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer Sicherstellung (§ 26 Nds. SOG) noch vorliegen. Sinn und Zweck des Abweichungsverbotes ist es, u. a. das Entstehen von sich widersprechenden Entscheidungen zu verhindern.1144 Ein solcher Widerspruch kann aber bei auf unterschiedlichen Sachverhalten beruhenden Entscheidungen erst gar nicht aufkommen. Ein Verstoß gegen das Abweichungsverbot kann durch eine Entscheidung zur erneuten Prüfung der Sicherstellungsvoraussetzungen hinsichtlich des neu ermittelten Sachverhaltes somit nicht entstehen. Dennoch gilt es zu beachten, dass die Wirksamkeit der Regelung des Verwaltungsaktes aufgrund der Bestandskraft auch weiterhin besteht. Ist ein Wegfall der Tatbestandsvoraussetzungen zu bejahen, ist daher das Vorliegen einer mit der Änderung der Sachlage einhergehenden Erledigung oder die Möglichkeit einer Aufhebung zu überprüfen (§ 43 II VwVfG).

1140

Peuker, in: Knack / Henneke, VwVfG, 2014, § 43 Rn. 22. Siehe: Schwarz, in: Fehling / Kastner / ​Störmer, VerwR, 2016, § 43 VwVfG Rn. 20; Steinweg, Zeitlicher Regelungsgehalt des VA, 2006, S. 73; OVG Münster, InfAuslR 2008, 103 (103 f.). 1141 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 14, 16; Schmidt-De Caluwe, Der VA in der Lehre Otto Mayers, 1999, S. 281 ff. 1142 Zum Übermaßverbot in zeitlicher Hinsicht, siehe auch: S. 279 f. 1143 Vgl.: Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 100; BVerwG, BayVBl 1998, 346 (346); BGHZ 143, 362 (369); Beaucamp, LKV 2006, 291 (294); Ram­sauer, in; Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 14, 16; Schemmer, in: Bader / Ronellenfitsch, VwVfG, 2016, § 43 Rn. 28. 1144 So u. a.: Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 41, 108; Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 14c. Siehe auch: BVerfGE 60, 253 (270 f.); Martens, JuS 1975, 69 (74 f.); Merten, NJW 1983, 1993 (1996 f.); Kopp, DVBl 1983, 392 (398) m. w. N.; grds. ebenso: Krebs, VerwArch 1976, 411 (416).

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Eine weitergehende Feststellungswirkung kommt im Fall der Sicherstellung nach § 26 Nds. SOG bereits mangels ausdrücklicher, gesetzlicher Anordnung nicht in Betracht.1145 Selbst wenn eine solche einschlägig wäre, könnte auch diese hinsichtlich einer neuen Sachlage keine Bindungswirkung entfalten. Einer Überprüfung der Sicherstellungs-Voraussetzungen bei neu vorgebrachter Sachlage steht somit nichts entgegen. bb) Erledigung gemäß § 43 II VwVfG Die Beachtlichkeit der Regelung wirkt folglich grundsätzlich noch fort. Möglicherweise hat die veränderte Sachlage jedoch zu einer Erledigung i. S. d. § 43 II VwVfG und damit zu einer Unwirksamkeit des Sicherstellungsbescheides geführt. Letzterer dürfte dann nicht länger als bestandskräftiger und damit unangreifbarer Rechtsgrund zum Behaltendürfen herangezogen werden. Nach § 43 II VwVfG endet die Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes mit dessen wirksamer Aufhebung oder durch seine Erledigung. Dabei sind die in § 43 II VwVfG benannten Gründe nicht abschließend. Die Wirksamkeit kann vielmehr auch enden, wenn der Verwaltungsakt sich „auf andere Weise erledigt“ hat. Im vorliegenden Fall spricht bereits vieles für eine solche Unwirksamkeit infolge Erledigung auf andere Weise nach § 43 II Var. 5 VwVfG; demnach für ein automatisches Ende der Wirksamkeit des Verwaltungsaktes. Ein actus contrarius seitens der Behörde oder des Gerichts wäre dann in diesem Fall für das Ende der Wirksamkeit gerade nicht erforderlich. Der Betroffene wäre somit auch nicht gezwungen tätig zu werden, um eine Wiederaufnahme o. Ä. zu erreichen. Grundsätzlich liegt eine Erledigung i. S. v. § 43 II Var. 5 VwVfG vor, wenn der Verwaltungsakt keine regelnde Wirkung mehr besitzt.1146 Ein solcher Regelungsverlust könnte z. B. durch Vollziehung des Sicherstellungsbescheides eingetreten sein.1147 Hier ist der Sicherstellungsbescheid jedoch Rechtsgrund zum Behaltendürfen. Eine regelnde Wirkung ist somit noch gegeben.

1145 Vgl.: OVG Münster, InfAuslR 2008, 103 (103 f.); Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 160, 161: so z. B. § 15 V BVFG a. F. (ähnlich aktuell § 15 I 2–4 BVFG). Eine solche Wirkung ist grundsätzlich nicht Bestandteil eines Verwaltungsaktes; vgl. hierzu u. a.: Peuker, in: Knack / Henneke, VwVfG, 2014, § 43 Rn. 26; Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 26, 31; Schemmer, in: Bader / Ronellenfitsch, VwVfG, 2016, § 43 Rn. 25, 36 f.; Müller, in: Huck / Müller, VwVfG, 2016, § 43 Rn. 11; Schwarz, in: Fehling / Kastner / Störmer, VerwR, 2016, § 43 VwVfG Rn. 18; Ziekow, VwVfG, 2013, § 43 Rn. 3; Wolff, in: Wolff / Decker, VwGO / VwVfG, 2012, § 43 VwVfG Rn.  26. 1146 Schäfer, in: Obermayer, VwVfG, 1999, § 43 Rn. 26; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 204. 1147 Vgl. hierzu u. a.: Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 41b.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

Es könnte aber u. U. eine Erledigung infolge Wegfalls des Regelungsobjektes vorliegen.1148 Regelungsobjekt ist im Fall der Sicherstellung einzig der sichergestellte Gegenstand. Dieser ist aber nicht untergegangen. Weggefallen ist möglicher­ weise allein die Gefahrenlage. Ein Wegfall der Causa ist aber nicht mit dem Wegfall des Regelungsobjekts gleichzusetzen. Der Sicherstellungsbescheid könnte sich jedoch auch durch Zeitablauf erledigt haben. Bei Dauerverwaltungsakten ist dies abschnittsweise stets die Regel, solange sie keine Wirkung für die Vergangenheit entfalten.1149 Ob ein Dauerverwaltungsakt sich insgesamt und nicht nur abschnittsweise erledigt hat, richtet sich grds. nach dem jeweiligen Inhalt des Verwaltungsaktes, kann u. U. aber auch einer gesetzlichen Regelung zu entnehmen sein. Ergibt sich aus dem Inhalt oder einer gesetzlichen Regelung, dass die innere Wirksamkeit des Verwaltungsaktes nur für einen bestimmten Zeitraum gelten soll, so entfällt die Wirksamkeit automatisch mit dem Ende dieser Zeitspanne.1150 Für eine wirksame Befristung (Nebenbestimmung) bedarf es keines festen Zeitpunktes. Dieser muss jedoch zumindest bestimmbar sein. Hängt das Ende der Wirksamkeit von einem Ereignis ab, so kann darin zumindest dann keine Befristung gesehen werden, wenn ungewiss ist, ob das Ereignis überhaupt eintreten wird.1151 Eine Befristung kann daher nicht durch Auslegung in einen Sicherstellungsbescheid hineingedeutet werden. Denn ob im Rahmen der Sicherstellung die Gefahr im Späteren wegfallen wird, kann i. d. R. nicht vorhergesehen werden. Der Wegfall ist vielmehr von einer ungewissen Entwicklung der Sachlage abhängig. Eine Erledigung durch Zeitablauf ist daher im vorliegenden Fall ebenfalls zu verneinen. Eventuell könnte sich der Sicherstellungsbescheid aber aufgrund einer veränderten Sach- und Rechtslage erledigt haben. Eine solche bleibt für die innere Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes jedoch in der Regel ohne Folgen.1152 Der Gesetz 1148 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 43 Rn.  212; Schwarz, in: Fehling / Kastner / Störmer, VerwR, 2016, § 43 VwVfG Rn. 36. Siehe auch: BVerwGE 87, 319 (323); BVerwG, NVwZ 1991, 570 (571); OVG Münster, NVwZ-RR 1996, 503 (503 f.); Ruffert, BayVBl 2003, 33 (35 f.). 1149 Ziekow, VwVfG, 2013, § 43 Rn. 18; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 207. 1150 Siehe: Stein, in: Bauer / Heckmann / Ruge / Schallbruch / Schulz, VwVfG, 2014, § 43 Rn.  23; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 206. Anders, aber im Ergebnis ebenfalls unwirksam infolge Erledigung: Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 40c: Dieser differenziert nicht, sondern nimmt eine Erledigung durch Zeitablauf auch bei Eintritt einer auflösenden Bedingung an. 1151 Siehe ebenso: BVerwGE 60, 269 (275 f.); Ziekow, VwVfG, 2013, § 36 Rn. 6. 1152 BVerwGE 143, 87 (94 Rn. 25); OVG Lüneburg, RdL 2006, 324 (325); dass., IÖD 2007, 236 (237); OVG  Berlin, B. v. 04.05.06, Az.: 5 N 17.05, JURIS, Rn. 3 ff; VGH München, B. v. 14.08.2007, Az.: 8 ZB 07.1162, JURIS, Rn. 10; BGHZ 143, 362 (369); Peuker, in: Knack  / ​ Henneke, VwVfG, 2014, § 43 Rn. 40. Vgl. auch: ders., in: Knack / Henneke, VwVfG, 2014, Vor § 43 Rn. 52 f.; Schwarz, in: Fehling / Kastner / Störmer, VerwR, 2016, § 43 VwVfG Rn.  31; Ram­ sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 15b, 42; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 100, 220, 218; Beaucamp, LKV 2006, 291 (294); Ziekow, VwVfG,

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geber hat die Möglichkeit einer Veränderung erkannt und zur Bewältigung damit einhergehender Probleme die §§ 48, 49, 51 VwVfG geschaffen. Eine Erledigung kommt daher nur in Ausnahmefällen in Betracht. Ergibt die Auslegung, dass bei veränderten Umständen der Verwaltungsakt nach Inhalt und Zweck sowie nach den ihm zugrundeliegenden Normen keine Regelungswirkung mehr begründen soll, so kann im Einzelfall eine Erledigung infolge Gegenstandslosigkeit anzunehmen sein.1153 Eine solche Gegenstandslosigkeit eines Verwaltungsaktes könnte z. B. dadurch entstehen, dass die nach dem Inhalt der Regelung maßgeblichen Voraussetzungen für die per Verwaltungsakt getroffene Regelung im Nachhinein entfallen.1154 Nicht jedoch, wenn ein bestimmter Geltungszeitraum vorgesehen ist.1155 Letzteres ist bei einer Sicherstellung aber eher untypisch. Maßgebliche Voraussetzung einer Sicherstellung nach § 26  Nds.  SOG ist das Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr (Nr. 1) oder der erforderliche Schutz privater Rechte (Nr. 2). Dies muss auch zwingend aus dem Verwaltungsakt als Causa hervorgehen. Ist im Nachhinein glaubhaft oder nachweisbar vorgetragen worden, dass eben diese Voraussetzungen nicht länger vorliegen, so würde nach dieser Auffassung die Wirksamkeit des VA trotz bereits eingetretener Bestandskraft durch Erledigung auf andere Weise nach § 43 II VwVfG enden. Der ursprüngliche Sicherstellungsbescheid könnte folglich ab diesem Moment nicht länger als Rechtsgrundlage für das Behaltendürfen herangezogen werden. Problematisch erscheint jedoch auch hier, dass für einen solchen Fall – Tatbestandsvoraussetzungen eines rechtmäßigen VA sind durch Änderung der Sachlage nicht mehr erfüllt – gerade die §§ 49, 51 I Nr. 1 VwVfG geschaffen worden sind. Allein die Änderung der Sachlage und der damit einhergehende Wegfall der Tatbestandsvoraussetzungen können somit nicht zu einer Erledigung führen. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Verwaltungsakt nach Inhalt, Zweck und materiellem Recht auch weiterhin Geltung beanspruchen soll.

2013, § 43 Rn. 17 f. Berührt die Wirksamkeit generell nicht: Schäfer, in: Obermayer, VwVfG, 1999, § 43 Rn. 24 f.: danach bliebe dem Betroffenen nur der Weg über §§ 49, 51; dies ist aber in manchen Fällen weder interessengerecht noch im Sinne des Gesetzes. 1153 Wolff, in: Wolff / Decker, VwGO / VwVfG, 2012, § 43 VwVfG Rn.  37; Schwarz, in: Fehling / Kastner / Störmer, VerwR, 2016, § 43 VwVfG Rn.  31; Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 42, 42a; Kluth, NVwZ 1990, 608 (613); Kopp, BayVBl 1989, 652 (653 f.); ders., BayVBl 1990, 524 (524 f.); z. T. a. A.: Schenke, BayVBl 1990, 107 (108 ff.). Zur Gegenstandslosigkeit siehe ferner: OVG Lüneburg, RdL 2006, 324 (325); Schemmer, in: Bader / Ronellenfitsch, VwVfG, 2016, § 43 Rn. 53, 53.1. 1154 Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 41. Siehe auch: BVerwGE 67, 99, 103 (103 f.); VGH Mannheim NVwZ-RR 2006, 154 (156); Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 35 Rn. 245; Schemmer, in: Bader / Ronellenfitsch, VwVfG, 2016, § 43 Rn. 50; Peuker, in: Knack / Henneke, VwVfG, 2014, § 43 Rn. 44; Bronnenmeyer, Widerruf rm begünst. VA, 1994, S. 59. 1155 Schemmer, in: Bader / Ronellenfitsch, VwVfG, 2016, § 43 Rn. 55.1; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 218. Vgl.: OVG Münster, NWVBl 1993, 393 (394).

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

Möglicherweise hat sich der Bescheid aber durch den Eintritt einer auflösenden Bedingung erledigt. Ob der Bescheid eine solche beinhaltet, ist mangels ausdrücklicher Formulierung durch Auslegung zu ermitteln. Was genau Inhalt des Verwaltungsaktes geworden ist, bestimmt sich, im Gegensatz zu der Bekanntgabe, dabei nicht allein nach dem Willen der Behörde. Vielmehr kommt es bei der Frage nach dem Inhalt des Verwaltungsaktes entscheidend auf die Sicht des Empfängers an.1156 Ausschlaggebend ist somit, wie der von der Sicherstellung Betroffene den der Sicherstellung zugrundeliegenden Bescheid verstehen durfte. Bei der Auslegung ist ebenfalls das dem Verwaltungsakt zugrundeliegende wie auch das mit ihm im Zusammenhang stehende materielle Recht zu beachten.1157 Dabei gilt der Grundsatz, dass Unklarheiten zum Nachteil der Behörde und nicht des Betroffenen auszulegen sind.1158 Eine Sicherstellung ist lediglich als vorläufige Maßnahme konzipiert worden. Sie ist nach §§ 26 Nr. 1, Nr. 2, 29 I 1, 4 III Nds. SOG nur „solange“ zulässig, bis ihr Zweck (Gefahrenabwehr und Schutz der Rechte eines privaten Dritten) erreicht ist oder nicht mehr erreicht werden kann. Das Prinzip der Zweckerreichung wird durch diese Normen im Besonderen betont.1159 Der Wortlaut der Normen zielt auf eine erneute Prüfung. Ein bloßes Berufen auf die eingetretene Bestandskraft kann dem Übermaßverbot, auf das der Gesetzgeber hier gerade besonderen Wert gelegt hat, nicht gerecht werden. Besteht eine Gefahr z. B. länger als 1 Monat, so ist zwar der Sicherstellungsbescheid rechtmäßig und unter Umständen bereits in Bestandskraft erwachsen. Besteht die Gefahr jedoch nach Ablauf dieser Zeit nicht mehr fort, müsste die Sache entsprechend dem Übermaßverbot (§§ 29 I 1, 4 III Nds. SOG) herausgegeben werden. § 29 I 1 Nds. SOG liefe ins Leere, wenn dem einfach die Bestandskraft entgegengehalten werden könnte. Dies kann mit Blick auf die starke Betonung des Übermaßverbotes vom Gesetzgeber nicht gewollt gewesen sein. Die Gesetzessystematik sowie Sinn und Zweck der Normen zu Sicherstellung und Herausgabe sprechen somit dafür, dass ein Sicherstellungsbescheid nach § 26 Nr. 1 oder Nr. 2 Nds. SOG stets unter der auflösenden Bedingung des Wegfalls der Gefahr oder der Schutzbedürftigkeit steht. Auch der Verwaltungsakt weist durch seine Begründung den Betroffenen auf diese Zweckbindung hin. Der Betroffene wird daher den Verwaltungsakt nach obj. Gesichtspunkten dahingehend 1156

Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 185: bereits der Gesetzgeber verwies diesbezüglich auf die Erklärungstheorie aus dem Zivilrecht. So auch: Stein, in: Bauer / Heckmann / Ruge / Schallbruch / Schulz, VwVfG, 2014, § 43 Rn.  18; Schwarz, in: Fehling  / ​ Kastner / Störmer, VerwR, 2016, § 43 VwVfG Rn. 29; Schäfer, in: Obermayer, VwVfG, 1999, § 43 Rn. 22; Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 15a. 1157 Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 15, 15a. Siehe auch: BVerwGE 84, 11 (14). 1158 Zumindest solange keine subjektiven Rechte Dritter betroffen sind; Gebot gesetzeskonformer Auslegung. So u. a.: Stein, in: Bauer / Heckmann / Ruge / Schallbruch / Schulz, VwVfG, 2014, § 43 Rn. 18; Schwarz, in: Fehling / Kastner / Störmer, VerwR, 2016, § 43 VwVfG Rn.  29; Schäfer, in: Obermayer, VwVfG, 1999, § 43 Rn. 22; Ziekow, VwVfG, 2013, § 43 Rn. 14; Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 35 Rn. 73a, 80. Siehe zum Gebot gesetzeskonformer Auslegung: Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 62, 74. 1159 Zum Übermaßverbot in zeitlicher Hinsicht, siehe auch: S. 279 f.

I. Landesrechtliche Grenzen  

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verstehen müssen, dass mit Wegfall der Gefahr oder Schutzbedürftigkeit auch die Sicherstellung endet. Eine Erledigung durch den Eintritt einer auflösenden Bedingung kann hier bei Wegfall der Causa somit angenommen werden. Ebenso kommt eine Erledigung durch nachträglichen Verlust der Steuerungswirkung in Betracht.1160 Eine dementsprechende „spiegelbildliche“ Regelung findet sich in § 43 II VwVfG.1161 Denn es besteht zwischen § 43 II VwVfG, der die Wirksamkeit des Verwaltungsaktes regelt, und § 35 S. 1 VwVfG, der den Begriff des Verwaltungsaktes regelt, eine enge Verbindung. § 35 S. 1 VwVfG sieht vor, dass ein Verwaltungsakt auf eine Rechtswirkung nach außen „gerichtet“ sein muss und betont auf diese Weise die notwendige Zweckgerichtetheit einer solchen Maßnahme.1162 Entfällt dieser Zweck, auf den die Maßnahme sich richtet, so muss auch deren Wirksamkeit nach § 43 II VwVfG enden. Ähnlich wie bei dem Ende durch Zeitablauf, führt somit eine veränderte Sachlage ausnahmsweise doch, infolge des Wegfalls des Zwecks, die Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes herbei. Eine Erledigung (§ 43 II Var. 5 VwVfG) ist dann zu bejahen. Die Voraussetzungen für eine solche Erledigung können im Interesse der Rechtssicherheit dabei jedoch nur unter strengen Bedingungen angenommen werden, um die willentliche, förmliche Aufhebung (§§ 48, 49 VwVfG) nicht zu unterwandern.1163 Eine Sicherstellung nach § 26 Nr. 1, Nr. 2 Nds. SOG bezweckt entweder die Gefahrenbeseitigung oder den Schutz der Rechte eines privaten Dritten. Besteht die Gefahr oder die Schutzwürdigkeit des Dritten aufgrund eines veränderten Sachverhaltes jedoch nicht länger, so ist der Regelungszweck der Gefahrenabwehr oder des Schutzes vollständig erreicht, wenn auch nicht durch die angeordnete Sicherstellungsmaßnahme. Eine Erledigung auf andere Weise ist somit ebenfalls infolge des nachträglichen Verlusts der Steuerungswirkung anzunehmen. Dies entspricht auch dem Übermaßverbot in zeitlicher Hinsicht, § 4 III, 29 I 1 Nds. SOG.1164 cc) Verstoß gegen Treu und Glauben Sollte der Verwaltungsakt dennoch als nicht erledigt und somit wirksam angesehen werden, so könnte ein Berufen auf den Sicherstellungsbescheid als Rechtsgrund zum Behaltendürfen hier ferner gegen Treu und Glauben verstoßen. Denn in 1160 So auch: Müller, in: Huck / Müller, VwVfG, 2016, § 43 Rn. 24. Hierzu: BVerwG, NVwZ 1998, 729 (730); dass., BauR 1999, 733 (733). Ebenfalls: Schemmer, in: Bader / Ronellenfitsch, VwVfG, 2016, § 43 Rn. 55; Peuker, in: Knack / Henneke, VwVfG, 2014, § 43 Rn. 45. Ähnlich: Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 217: Erledigung bei Zweckerreichung. 1161 BVerwG, NVwZ 1998, 729 (730); dass., BauR 1999, 733 (733); OVG Lüneburg, NVwZRR 2007, 365 (367). 1162 So: BVerwGE 77, 268 (271 ff); BVerwG, NVwZ 1998, 729 (730). Siehe auch: Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 35 Rn.  147. 1163 So auch: Peuker, in: Knack / Henneke, VwVfG, 2014, § 43 Rn. 45; Erfmeyer, VR 2002, 329 (330). 1164 Zum Übermaßverbot in zeitlicher Hinsicht, siehe auch: S. 279 f.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

offensichtlichen Fällen ist es den Behörden nicht gestattet, Befugnisse aus einem rechtswidrigen, aber dennoch wirksamen Verwaltungsakt herzuleiten, wenn dieser gegen Treu und Glauben verstößt.1165 dd) Verpflichtung zum Widerruf / Rücknahme Folgt man einer solchen Auslegung nicht und geht stattdessen auch weiterhin von einem wirksamen Sicherstellungsbescheid aus, begründet § 29 I Nds. SOG dennoch bei Wegfall der Voraussetzungen von § 26 Nds. SOG eine Herausgabepflicht. Ihr kann trotz wirksamer Sicherstellung nachgekommen werden. Ein Verstoß gegen das Abweichungsverbot würde dadurch nicht begründet werden. Die handelnde Behörde kann sich nicht in jedem Fall auf die bestehende Bestandskraft stützen. Unter Umständen hat sie dem Herausgabeverlangen stattzugeben.1166 Liegen die Voraussetzungen einer Sicherstellung nicht mehr vor, besteht nach den §§ 29 I 1, 26 Nr. 1, Nr. 2, 4 III Nds. SOG nicht nur eine Herausgabepflicht, sondern auch ein Herausgabeanspruch des Betroffenen. Denn die Bindungswirkung des Sicherstellungsbescheides erstreckt sich lediglich auf das zum Zeitpunkt des Erlasses faktisch Vorgetragene.1167 Das Ermessen ist in diesem Fall je nach vertretener Auffassung entweder i. R. d. Widerrufs nach § 49 I VwVfG eines ex nunc rechtswidrigen Sicherstellungsbescheides1168 oder i. R. d. Rücknahme nach § 48 I 1 VwVfG eines ex nunc rechtswidrigen Sicherstellungsbescheides1169 mit Blick auf das Übermaßverbot gemäß §§ 29 I 1, 4 III Nds. SOG durch den Herausgabeanspruch auf Null reduziert. 1165

So u. a.: Wolff, in: Wolff / Decker, VwGO / VwVfG, 2012, § 43 VwVfG Rn.  8; Schemmer, in: Bader / Ronellenfitsch, VwVfG, 2016, § 43 Rn. 28; Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 18. In diesem Sinne etwa ebenso: BSG, DVBl 1990, 218 (219): trotz Eintragung in Handwerksrolle keine Bindung des Sozialversicherungsträgers bei offensichtl. nicht handwerksgem. Betrieb. 1166 Im Rahmen der §§ 48, 49 VwVfG sind Widerruf oder Aufhebung möglich; vgl. hierzu u. a.: Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 43 Rn.  35; Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 43 Rn. 21: eine vgl. Situation anführend; die Rechtslage bei wiederholter Stellung eines Bauantrages. Hingegen a. A.: OVG Lüneburg, NVwZ 1985, 431 (431): allein die gerichtlich rechtskräftig bestätigte Bestandskraft des VA könne einer wiederholten Antragstellung entgegenstehen. Aber auch dabei ist zu beachten, dass sich die Bestandskraft nicht auf neu Vorgebrachtes erstreckt, s. o.: S. 284. 1167 Näheres siehe oben: S. 282 ff. 1168 Siehe: Stein, in: Bauer / Heckmann / Ruge / Schallbruch / Schulz, VwVfG, 2014, § 48 Rn.  11; Ram­sauer, in: Kopp / Ram­sauer, VwVfG, 2018, § 48 Rn. 57, 59, § 49 Rn. 8 f., 21; Peuker, in: Knack / Henneke, VwVfG, 2014, Vor § 43 Rn. 53 f., § 49 Rn. 21, 25, § 48 Rn. 46; Osterloh, JUS 1991, 610 (611); Erichsen / Brügge, JURA 1999, 155 (157). Siehe auch: Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 35 Rn. 78, 81: konkludente Aufhebung möglich; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 2018, § 49 Rn. 5 f., § 44 Rn. 16: Erlasszeitpunkt für Frage der Rechtmäßigkeit entscheidend, außer abweichender Regelung im materiellen Recht. 1169 Zur anderen Auffassung siehe: BVerwGE 84, 111 (113 f.); BVerwG, DÖV 1990, 1021 (1022); BVerwGE 92, 32 (35 f.); 97, 214 (220 f.). Ebenso: Ule / Laubinger, VerwaltungsverfahrensR, 1995, § 61 Rn. 21: eine Rücknahme dogmatisch als vorzugswürdig erachtend; Bronnenmeyer, Widerruf rm begünst. VA, 1994, S. 53–72; Brede, VA mit Dauerwirkung, 1996, S. 138,

I. Landesrechtliche Grenzen  

291

Die zuständige Behörde ist daher verpflichtet, den Vollzug des in Rede stehenden Sicherstellungsbescheides zu beenden, ihn zu widerrufen oder zurückzunehmen und die Herausgabe des Asservats zu veranlassen.1170 Auch das Gericht muss die veränderte Sachlage trotz wirksamem, bestandskräftigem Sicherstellungsbescheid beachten.1171 Es hat infolge des durch den Herausgabeanspruch reduzierten Ermessens in seinem Urteil die Behörde zu verpflichten (§ 113 V 1 VwGO), den Sicherstellungsbescheid zu widerrufen (oder zurückzunehmen) und die Herausgabe des Asservats zu veranlassen. c) Zwischenergebnis Das OVG Lüneburg weist somit zwar richtig darauf hin, dass Zweifel, die u. U. durch das neue Vorbringen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Sicherstellungsbescheids begründet werden, hier nicht von Belang sind. Denn alle rechtsanwendenden Stellen müssen die Regelung des Sicherstellungsbescheids infolge der von einem bestandskräftigen Verwaltungsakt ausgehenden Tatbestandswirkung ohne erneute Überprüfung der Rechtmäßigkeit beachten. Es hat das neue Vorbringen aber dennoch zu berücksichtigen. Denn weder ist der Betroffene wegen einer fehlerhaften Mitwirkung bzgl. eines neuen Vorbringens von Tatsachen, die auch bereits im Zeitpunkt der Sicherstellung hätten objektiv aufgeklärt werden können, präkludiert,1172 noch kann das Gericht sich in dem vorliegenden Fall bei der Prüfung eines die Sicherstellungsmaßnahme beendenden Herausgabeanspruchs nach § 29 I S. 1 oder S. 2 Nds. SOG einfach auf dessen Bestandskraft berufen. Die Bestandskraft des Sicherstellungsbescheides erstreckt sich allein auf das zu dem Erlasszeitpunkt faktisch Vorgetragene. Werden neue Anhaltspunkte vorgetragen, gilt es die Voraussetzungen des § 26 Nds. SOG hinsichtlich des veränderten Sachverhalts erneut zu prüfen. Diesbezüglich kann sich nicht auf die Bestandskraft des ursprünglichen Verwaltungsaktes gestützt werden.1173 Stellt sich bei der Prüfung heraus, dass z. B. der Regelungszweck entfallen ist, so führt dies automatisch zu einer Erledigung auf andere Weise nach § 43 II Var. 5 VwVfG;1174 somit zu einer Unwirksamkeit des ursprünglichen Sicherstellungsbescheides. Wird dies von der Behörde oder dem Gericht angezweifelt, ist jedenfalls ein Berufen auf den Sicherstellungsbescheid als Rechtsgrund zum Behaltendürfen unzulässig, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des § 26 Nds. SOG nicht mehr vorliegen und ein Berufen 141; Schenke / Baumeister, JuS 1991, 547 (547 ff); Kleinlein, VerwArch 1990, 149 (150 ff); Lange, WiVerw 1979, 15 (15 ff.). 1170 So auch: Saipa, Nds. SOG, St.: (08.2015)/08.2017, § 4 Rn. 5, St.: (05.2013)/08.2017, § 29 Rn. 1; Böhrenz / Siefken, Nds. SOG, 2014, § 4 Rn. 4; Schoch, in: Schoch, Bes. VerwR, 2018, Kap. 1 Rn. 653. 1171 Siehe oben: S. 284 f. 1172 Zur Mitwirkungsobliegenheit, siehe oben: S. 276 ff. 1173 Zu der Bindungswirkung, siehe oben: S. 282 ff. 1174 Eingehender zu § 43 II Var. 5 VwVfG, oben: S. 285 ff.

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

daher gegen Treu und Glauben verstoßen würde.1175 Schließlich ist aber auch, je nach Auffassung, entweder das Ermessen des Widerrufs oder der Rücknahme nach §§ 49, 48 VwVfG sowohl durch den entstandenen Anspruch wie auch die Pflicht zur Herausgabe aus § 29 I 1 Nds. SOG dahingehend reduziert, dass der Sicherstellungsbescheid zumindest aufzuheben und das Asservat herauszugeben ist.1176 Der neue Vortrag, der Betroffene habe rechtmäßig besessen, kann entgegen dem OVG Lüneburg somit sehr wohl relevant für die Prüfung eines Herausgabeanspruchs trotz bestandskräftigem Sicherstellungsbescheid und die Beendigung der Rechtswirksamkeit der Sicherstellungsmaßnahme sein. Denn er wirft nicht allein Zweifel an der Rechtmäßigkeit der erfolgten Sicherstellung auf, sondern ist auch insbesondere mit Blick auf die Zweckerreichung einer Maßnahme wegen des verfassungsrechtlichen Übermaßverbots in zeitlicher Hinsicht von entscheidender Bedeutung für die Dauer der Rechtswirksamkeit einer Sicherstellungsmaßnahme.

II. Veränderung der Grenzen durch Novellierung des Nds. SOG mit Gesetz vom 20.05.2019 Durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung und anderer Gesetze vom 20.05.2019 wurde die Fassung des Nds. SOG, wie sie der vorliegenden Arbeit zugrunde gelegt worden ist, novelliert.1177 Im Rahmen dieser Gesetzesreform erhielt das Niedersächsische Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG) u. a. eine neue Überschrift und heißt seitdem Niedersächsisches Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (NPOG). Die Rechtsgrundlage einer Präventiven Sicherstellung inkriminierter Sachen nach §§ 26 ff Nds. SOG, nun §§ 26 ff NPOG, blieb aber im Wesentlichen unverändert.1178 Nur § 28 NPOG, der zuvor nach § 28 Nds. SOG einzig die Folgemaßnahmen der Verwertung und Vernichtung regelte, wurde in Abs. 4 S. 1 um die Möglichkeit der Einziehung ergänzt. Während im laufenden Gesetzgebungsverfahren noch auf verschiedene Weise Änderungen der Sicherstellungsermächtigung nach § 26 Nds. SOG zur Lückenschließung und Anpassung an die Rechtsprechung vorgeschlagen worden sind, konnten sich diese zum Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens jedoch nicht durchsetzen. 1175

Zum Verstoß gegen Treu und Glauben, oben: S. 289 f. Näheres zur Aufhebungsverpflichtung nach §§ 48/49 VwVfG, oben: S. 290 f. 1177 Art. 1 Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung und anderer Gesetze vom 20.05.2019, Nds. GVBl. Nr. 8/2019, S. 88–105, in Kraft seit dem 24.05.2019. 1178 § 2 Nr. 1 Nds. SOG wurde, den Begriff der gegenwärtigen Gefahr betreffend nun § 2 Nr. 2 NPOG, nur redaktionell verändert und mit einer neuen verbesserten Gliederung versehen; hierzu: Gesetzesentwurf: Nds.LT, 08.05.2018, Drs. 18/850, S. 1, 37. Auch §§ 98, 100 Nds. SOG wurden reformiert, dies führte jedoch nicht zu Veränderungen der Aussagen und Ergebnisse der vorliegenden Arbeit; näheres zu den Änderungen: Gesetzesentwurf: Nds.LT, 08.05.2018, Drs. 18/850, S. 25, 77. 1176

II. Veränderung der Grenzen durch Novellierung des Nds. SOG  

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Der Gesetzesentwurf vom 03.08.20161179 sah etwa die Einführung eines § 26a vor, der die hinsichtlich Buchgeld, das als Bargeld aufgefunden und zwecks Verwahrung auf ein Verwahrkonto eingezahlt worden ist, bestehenden Regelungslücken der Rechtsprechung entsprechend schließen sollte. Dazu sollte § 26a folgende Fassung erhalten: „§ 26 a – Sicherstellung von Buchgeld (1) Die Verwaltungsbehörden und die Polizei können Bargeld, das von einer Strafverfolgungsbehörde sichergestellt oder beschlagnahmt und zwecks Verwahrung auf ein Verwahrkonto eingezahlt wurde (Buchgeld), unter den Voraussetzungen des § 26 Nr. 1 oder 2 sicherstellen. Die Sicherstellung bedarf der Zustimmung durch die zuständige Staatsanwaltschaft. Das sichergestellte Buchgeld ist in Verwahrung zu nehmen. (2) Die Person, bei der die Strafverfolgungsbehörde das Bargeld sichergestellt oder beschlagnahmt hat, ist über die Sicherstellung und den Grund der Sicherstellung zu unterrichten. (3) Die Sicherstellung ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen weggefallen sind. Das Buchgeld ist an diejenige Person herauszugeben, bei der es von der Strafverfolgungsbehörde sichergestellt oder beschlagnahmt wurde. Ist die Herausgabe an sie nicht möglich, so kann das Buchgeld an eine andere Person herausgegeben werden, die ihre Berechtigung glaubhaft macht. Die Herausgabe ist ausgeschlossen, wenn dadurch erneut die Voraussetzungen für eine Sicherstellung eintreten würden. (4) Liegen die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 vor, wird das Buchgeld als Erlös behandelt. § 29 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend. Abweichend von § 29 Abs. 2 Satz 3 erlischt der Anspruch auf Herausgabe des Erlöses drei Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem das Buchgeld hinterlegt wurde.“1180

Der Gesetzesentwurf von 2016 wurde aber in der 17. Legislaturperiode weder verabschiedet noch in der neuen Legislaturperiode wiedereingebracht. Stattdessen wurde der Gesetzesentwurf durch einen neuen, inhaltlich veränderten Entwurf vom 08.05.20181181 „abgelöst“. Dieser sah mit der Einführung eines § 29a, statt des zuvor angedachten § 26a, die Schaffung einer noch weitergehenden, generellen Sicherstellungsmöglichkeit von Buchgeld sowie dazugehörigen Folgemaßnahmen vor. § 29a sollte nicht nur die bestehende Regelungslücke bezüglich Bargeldes, welches zwecks Verwahrung in Buchgeld umgewandelt worden ist, schließen, sondern darüber hinaus bei Bestehen einer gegenwärtigen Gefahrenlage zur Abwehr auch die Sicherstellung von bei dem Betroffenen aufgefundenem Buchgeld oder anderen Vermögensrechten ermöglichen. Mit dem Entwurf vom 08.05.2018 wurde insofern eine umfassende Schließung der bestehenden, im Rahmen dieser Arbeit auch aufgezeigten,1182 Regelungslücken bezweckt. Dazu sollte § 29a folgende Fassung erhalten:

1179

Gesetzesentwurf: Nds.LT, 03.08.2016, Drs. 17/6232, S. 2–23. Gesetzesentwurf: Nds.LT, 03.08.2016, Drs. 17/6232, S. 6–7. 1181 Gesetzesentwurf: Nds.LT, 08.05.2018, Drs. 18/850, S. 1–25. 1182 Zu den Regelungslücken; näheres siehe oben: S. 145 ff, 165 ff., 176 f., 215 ff. 1180

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E. Rechtsprobleme / rechtliche Grenzen  

„§ 29 a – Sicherstellung von Forderungen (1) Unter den Voraussetzungen des § 26 Nr. 1 können die Verwaltungsbehörden und die Polizei eine Forderung oder andere Vermögensrechte, die nicht den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegen, sicherstellen. Die Sicherstellung hat in den Fällen des Satzes 1 die Rechtswirkungen einer Pfändung gemäß § 829 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Zivilprozessordnung. Sie bedarf der Schriftform. Ihr ist ein Hinweis auf die in Satz 2 bezeichneten Rechtwirkungen beizufügen. (2) Sobald die Voraussetzungen für die Sicherstellung weggefallen sind, ist sie aufzuheben. Die Aufhebung bedarf der Schriftform. § 29 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 3 gilt entsprechend. (3) Dauert die Sicherstellung ein Jahr an, ohne dass sie nach Absatz 2 aufzuheben ist, ist die Forderung oder das andere Vermögensrecht durch die Verwaltungsbehörde oder die Polizei einzuziehen. § 28 Abs. 2 Satz 1 gilt entsprechend. (4) Auf die Sicherstellung und die Einziehung finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte sinngemäß Anwendung. An die Stelle des Vollstreckungsgerichts treten die Verwaltungsbehörden und die Polizei.“1183

Von den vorgeschlagenen Änderungen und ergänzenden Neuerungen zu § 26 Nds. SOG nahm der Gesetzgeber jedoch wieder Abstand. Es stellt sich daher die Frage, ob sich der Sachbegriff i. S. d. § 26 NPOG durch das bewusste Nicht-Schließen der während des Gesetzgebungsverfahrens aufgegriffenen und thematisierten Regelungslücken zwingend verengt hat. Den Gesetzesmaterialien ist zu entnehmen, dass der im Entwurf vorgeschlagene § 29a NPOG einzig aus dem Grund nicht umgesetzt und eingeführt worden ist, da nach dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Niedersächsischen Landtags (GBD) wegen der Strafrechtsreform aus dem Jahr 2017 und der daraus resultierenden erheblichen Erweiterung der repressiven i. S. v. strafrechtlichen Einziehungsmöglichkeiten ein Regelungsbedürfnis für eine Präventive Sicherstellung inkriminierter Sachen auf Grundlage der §§ 26 ff Nds. SOG nicht länger bestehen würde.1184 Wie bereits zu Beginn der vorliegenden Arbeit aufgezeigt worden ist, konnte eine weitestgehende Schließung bestehender Regelungslücken durch die Strafrechtsreform von 2017, wie vom GBD angenommen, allerdings nicht erreicht werden. So bestehen trotz der reformbedingten Erweiterung der repressiven Einziehungsmöglichkeiten auch weiterhin noch Regelungslücken, mitunter auch wegen der verfassungsrechtlichen Grenzüberschreitungen der neuen repressiven Einziehungsregelung nach §§ 76a IV StGB i. V. m. 437 StPO, die im Rahmen einer effektiven Gefahrenabwehr durch präventiv-gefahrenabwehrrechtliche Regelungen und

1183

Gesetzesentwurf: Nds.LT, 08.05.2018, Drs. 18/850, S. 7–8. Siehe hierzu: Schriftlicher Bericht: Nds.LT, 13.05.2019, Drs. 18/3723, S. 27; Ausschuss­ protokoll MI: Nds.LT, PlPr. 18/35 v. 08.11.2018, S. 32; Vorlage 32 des GBD: Nds.LT, 26.10.2018 zu Drs. 18/850, Az.: 81/85/891/1179–85, S. 63 f. 1184

II. Veränderung der Grenzen durch Novellierung des Nds. SOG  

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Sicherstellungsmöglichkeiten zu schließen sind.1185 Diese auch weiterhin bestehenden Lücken wie auch der Wille des Bundesgesetzgebers, der explizit keine polizeirechtlichen Regelungen ausschließen wollte, die im Ergebnis zu einer gleichen Wirkung führen können,1186 wurden vom Landesgesetzgeber schlicht verkannt, so dass auch weiterhin eine Planwidrigkeit der im Rahmen dieser Arbeit aufgezeigten Regelungslücken anzunehmen ist. Damit sind die in der vorliegenden Bearbeitung erarbeiteten und aufgezeigten Analogieschlüsse mangels entgegenstehenden Gesetzgeber-Willens auch weiterhin möglich. Denn der Gesetzgeber hat einzig auf eine dahingehende Regelung verzichtet, da er die bestehenden Regelungslücken und damit einhergehend die Erforderlichkeit ihrer Schließung verkannt hat, hätte aber andernfalls eine entsprechende Regelung selbst vorgesehen und getroffen, die sowohl die Sicherstellung von ursprünglich als Bargeld aufgefundenen Sachen, die zwecks Verwahrung in Buchgeld umgewandelt worden sind, wie auch die Sicherstellung von als Buchgeld aufgefundenen Sachen ermöglicht hätte. Entsprechendes gilt für die aufgezeigten Regelungslücken bzgl. der Zuständigkeit – genauer hinsichtlich des Endes des Vorrangs der Polizei nach § 1 I 3 Nds. SOG – sowie bzgl. dem Eigentumsbegriff – i. R. d. Sicherstellungsgrundes nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG – bzw. bzgl. der Möglichkeit seiner weiten Auslegung i. S. d. Art. 14 I 1 GG. Die diesbezüglich bestehenden Regelungslücken bzw. die Erforderlichkeit einer weiten Auslegung wurden im Gesetzgebungsverfahren nicht erkannt und thematisiert. Anhaltspunkte für einen geänderten Gesetzgeberwillen sind daher auch insoweit nicht ersichtlich. Die Reformierung des Nds. SOG mit Gesetz vom 20.05.2019 führt damit zu keinen Veränderungen für die in der vorliegenden Bearbeitung gefundenen Ergebnisse.

1185

Zu den trotz der Strafrechtsreform v. 2017 auch weiterhin bestehenden Regelungslücken und dem Bedürfnis eines PräGe-Verfahrens aufgrund verfassungsrechtlicher Zweifel bzgl. repressiven Einziehungsregelungen; näheres siehe oben: S. 53 ff. 1186 Näheres hierzu, siehe oben: S. 69 f.

F. Schlussbetrachtung Die vorgenannten Ergebnisse werden nachfolgend in einer abschließenden Schlussbetrachtung thesenhaft1187 dargestellt: (1) Der vorwiegend strafrechtlich geprägte Terminus der Vermögens- bzw. Gewinnabschöpfung steht mittlerweile ebenso für präventiv-gefahrenabwehrrechtliche Maßnahmen. Die strafrechtlichen Anfänge reichen bis ins römische Recht zurück. Im Reichsstrafgesetzbuch von 1871 berechtigte § 40 a. F. zu einer Einziehung des Tatwerkzeugs sowie von Tatgegenständen und § 335 a. F. enthielt als obligatorische Nebenstrafe die Verfallsanordnung des Erlangten oder seines Wertersatzes. Sie galten unverändert bis 1968 als vorkonstitutionelles Recht. Die Einziehungs- und Verfallsregelungen nach §§ 73 ff StGB a. F. traten 1975 in Kraft. Zuletzt wurden diese 2017 umfassend novelliert; infolgedessen deren Möglichkeiten erheblich erweitert – insb. durch §§ 73a, 76a IV StGB n. F. i. V. m. 437 StPO n. F. – sowie u. a. das Verfahren vereinfacht. Die strafrechtliche Gewinnabschöpfung ist seit Beginn an dem Prinzip verpflichtet, dass Verbrechen sich nicht lohnen dürfe, damit dem Ziel, dem Täter sowie Teilnehmer deliktisch Erlangtes und ungerechtfertigte Vorteile wieder zu entziehen, ebenso wie dem Zweck der Verhinderung einer weiteren Tatbegehung. Die Ermächtigungsnormen sind weder reine Strafe noch reine Maßregel. (2) Die Präventive Gewinnabschöpfung (PräGe) ist zu einem Schlagwort für die sich einer aufgrund eines Ermittlungsverfahrens erfolgten strafrechtlichen Sicherstellung bzw. Beschlagnahme anschließenden präventiv-polizeilichen Sicherstellung von „offensichtlich nicht rechtmäßig erlangt[en]“ Sachen geworden. In Ermangelung spezialgesetzlicher Regelungen stützt sich die PräGe seit dem 24.05.2019 auf die Sicherstellungsnormen nach §§ 26 ff Nds. SOG (nun §§ 26 ff NPOG) und ist grundsätzlich auf eine vorläufige Intervention ausgerichtet. Der Sinn und Zweck der PräGe-Maßnahme ist nicht, wie der Wortlaut mitunter assoziiert, ein Streben nach Gewinn. Vielmehr sollen potentiell deliktisch erlangte Vorteile zur Behebung einer gestörten Rechtslage, zur Verhinderung der Begehung weiterer Unrechtstaten oder zur Sicherung privater Rechte abgeschöpft werden. Dass dem Fiskus Geld zufließt, ist lediglich eine potentielle Folge der PräGe. Um Fehlinterpretationen zu vermeiden, sollte die Maßnahme fortan nur noch wertneut­ ral als Präventive Sicherstellung inkriminierter Sachen, kurz PräSiS, bezeichnet werden. Bereits nach preußischem Recht wurden die Sicherstellungsnormen – ohne Herausbildung eines besonderen Schlagwortes – zur Präventiven Sicherstellung 1187 Es werden die einzelnen Ergebnisse der Arbeit hier ohne Einzelnachweise dargestellt. Wegen der Einzelnachweise wird auf die entsprechenden Stellen in der Arbeit verwiesen.

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inkriminierter Sachen angewendet. Insb. die Systematisierung des Präventiven Gewinnabschöpfungsverfahrens durch die ministerialen Runderlässe von 2007 wie 2015 hat lediglich zu einer verstärkten Anwendung klassischen Gefahrenabwehrrechts geführt; die PräGe ist insofern kein völliges Novum. Soweit die Arbeit auf bei den zuständigen Ordnungsämtern erhobene Umfragewerte abstellt und zur Veranschaulichung der PräGe aufgrund der Basisdatengröße nicht repräsentative Statistiken aufführt betreffend eine Stadt mit höheren Fallzahlen, ist festzuhalten, dass bei einem Informationsaustausch und einer Zusammenarbeit zwischen den Ordnungsämtern und der Staatsanwaltschaft oder weiteren Behörden, insb. dem Zoll, höhere Fallzahlen der PräGe festgestellt werden konnten; ferner, dass die überwiegende Mehrheit der PräGe-Verfahren nicht Bargeld, sondern andere die Verwahrung und Verwertung betreffend in der Relation „ungünstigere“ Sachen als Sicherstellungsobjekt aufweisen – nur 21,78 % der PräGe-Verfahren betreffen Bargeld – und mit dem Verdacht auf Diebstahl oder Hehlerei einhergehen – 54,88 % Diebstahl und 12,56 % Hehlerei als prognostizierte Herkunftstat bzw. weiterer Tatbegehung; schließlich, dass in der überwiegenden Mehrheit der PräGe-Verfahren die Asservate im Anschluss an eine Verwertung in Form des erzielten Wertersatzes an den Fiskus fallen – 85,21 %. (3) Überschneidungen zwischen repressiv-strafrechtlichen und präventiv-gefahrenabwehrrechtlichen Sicherstellungen sind gegenwärtig. Dabei weisen die meisten Überschneidungen im Anwendungsbereich mit der Präventiven Gewinnabschöpfung insbesondere die §§ 73a, 74b, 76a StGB, 437 StPO auf. Der mit § 437 StPO 2017 neu eingeführte Indizienkatalog ist für die vorliegende Bearbeitung von besonderem Interesse, da sich die in § 437 StPO angeführten Umstände in dem zum PräGe-Verfahren herausgearbeiteten Indizienkatalog entsprechend wiederfinden. Der Grund für diese Parallele liegt darin begründet, dass den strafrechtlichen wie gefahrenabwehrrechtlichen Maßnahmen, denen die Kataloge dienen, vergleichbare Lebenssachverhalte zugrunde liegen, beide sich entsprechende Zwecke – eine bestehende Störung der Rechtsordnung zu beseitigen und die Reinvestition in die kriminelle Begehung weiterer Taten zu verhindern  – verfolgen und beide eine Prognoseentscheidung, damit ein objektives Möglichkeitsurteil, bedingen. Beide Kataloge sind insofern ein Versuch der Objektivierung der Entscheidungsfindung durch Generalisierung und fußen zur Überzeugungsbildung auf kriminalistischem Erfahrungswissen. Trotz dieser mannigfaltigen strafrechtlichen Möglichkeiten eine Gewinnabschöpfung vorzunehmen, besteht gleichwohl ein Bedürfnis für die Durchführung eines gefahrenabwehrrechtlichen PräGe-Verfahrens. Denn auch die 2017 reformierten, erheblich erweiterten strafrechtlichen Einziehungsregelungen schließen zum einen nicht alle Regelungslücken – so bedingen die Einziehungsermächtigungen nach §§ 73a, 74b, 76a I StGB alle die gerichtliche Feststellung einer vorsätzlichen und rechtswidrigen Anknüpfungstat; § 76a IV StGB ist wiederum bedingt durch den in Abs. 4 S. 3 benannten Katalog von Anlassverfahren, welcher jedoch die den PräGe-Verfahren zu einem Großteil zugrunde liegenden Delikte, wie Diebstahl, Hehlerei und Betrug, nicht erfasst  –, ein umfassendes,

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flexibles Einschreiten wird durch die strafrechtlichen Regelungen damit nicht ermöglicht; zum anderen bestehen an der rechtlichen Zulässigkeit, insbesondere der §§ 76a IV StGB, 437 StPO, welche den Anwendungsbereich der PräGe – einen faktischen Vorrang der strafrechtlichen Regelungen unterstellt – am meisten beschränken, erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel. (4) Die Gesetzgebungskompetenz zur Regelung der PräGe liegt gemäß Art. 30, 70 GG bei den Bundesländern. Eine abschließende, eine präventiv-gefahrenabwehrrechtliche Sicherstellung sperrende Wirkung ist den strafrechtlichen Einziehungsregelungen mangels dahingehendem Gesetzgeberwillens nicht inhärent, wie insbesondere aus den Gesetzesmaterialien zu § 74b III 1 Nr. 2 StGB hervorgeht; auch nicht qua Annexkompetenz zu Art. 74 I Nr. 1 GG. Vielmehr wurden insb. mit der Selbständigen Einziehung nach §§ 76a IV StGB, 437 StPO die Grenzen eines rechtsstaatlichen Strafrechts überschritten, mit der Folge ihrer Kompetenzwidrigkeit, da sie bereits ohne Täter oder Tatbezug, allein auf einen Gefahrenverdacht gestützt, einschlägig und damit zur Strafverfolgung nicht notwendig sind. Den Regelungen nach §§ 73 ff StGB kommt allenfalls ein faktischer Vorrang zu, da eine Gefahrenlage bei strafrechtlicher Sicherstellung nicht weiter besteht. Ferner weisen die 2017 reformierten strafrechtlichen Einziehungsregelungen gefährliche parallele Tendenzen zur strafrechtlichen Regelsetzung zu Zeiten des nationalsozialistischen Regimes auf. (5) Das Nds. Ministerium für Inneres und Sport (MI) und das Nds. Justizministerium (MJ) haben 2007 sowie als Nachfolgeregelung 2015 je einen Gemeinsamen Runderlass zum Verfahren der PräGe erlassen. Dieser ist für die Kommunen – als dem MI nachgeordneten Behörden innerhalb desselben Verwaltungszuges – verbindlich zu beachten. Die Verbindlichkeit des Runderlasses ist als bloße Verwaltungsvorschrift grds. auf das Innenrecht der Verwaltung beschränkt. Eine Außenwirkung der organisatorischen Vorschriften kann gemäß dem Grundsatz „keine Gleichheit im Unrecht“ auch nicht mittelbar über Art. 3 I GG i. V. m. einer Verwaltungspraxis entstehen. Denn die Entscheidungsgewalt über die Organisation der öffentlichen Verwaltung und damit die Zuständigkeitsregelung gem. Art. 38 I, 37 II Nr. 1 NV obliegt der Landesregierung als Kollegialorgan; eine Delegation auf einzelne Ministerien liegt bei der PräGe nicht vor. Eine mittelbare Außenwirkung der ermessensleitenden Vorschriften ist über Art. 3 I GG zu bejahen, so dass ein Bescheiden entsprechend der Verwaltungsvorschrift auch von einem betroffenen Bürger bis zu einer generellen Neubegründung der Verwaltungspraxis eingeklagt werden kann. Anknüpfungspunkt für eine Bindungswirkung kann einzig die faktische ständige Verwaltungspraxis und nicht die Verwaltungsvorschrift selbst sein. Diese ist höchstens ein durch die tatsächliche Praxis widerlegbares Indiz für eine zukünftige ständige Verwaltungspraxis. Wird kontinuierlich von den Verwaltungsvorschriften abgewichen, kann auch keine mittelbare Außenwirkung der Verwaltungsvorschriften kraft Selbstbindung (Art. 3 I GG) oder aufgrund Vertrauensschutzes (Art. 20 III, 28 GG) entstehen. Durch Änderung der tatsächlichen Verwaltungspraxis kann die Verwaltungsvorschrift zumindest im Außenverhältnis

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somit faktisch unbeachtlich gemacht werden. Dabei ist für eine Neubegründung der ständigen Verwaltungspraxis – die bei entspr. sachlichen Grund gem. dem Grundsatz, „keine Gleichheit im Unrecht“ nicht nur zulässig, sondern u. U. geboten ist – bereits das Abweichen eines zuständigen Verwaltungsträgers ausreichend, wenn dies mit der Absicht geschieht, alle zukünftigen Fälle ebenfalls nach dem neuen Maßstab zu bescheiden. Denn die Bindungswirkung des Art. 3 I GG und damit verbunden der Anspruch auf Gleichbehandlung ist auf den Zuständigkeitsbereich der im Außenverhältnis unmittelbar verantwortlichen Behörde beschränkt. Dabei kann über Art. 3 I GG bei von den Verwaltungsvorschriften abweichenden Handlungen auch eine landesweite Bindungswirkung aufgrund faktischer Verwaltungspraxis erzielt werden, indem das MI als oberste Fachaufsichtsbehörde die nachgeordneten Behörden nicht nur anweist, sondern darüber hinaus durch ein unmittelbar außenrechtlich relevantes Handeln als direktem Anknüpfungspunkt und erstem Fall in Erscheinung tritt  – mittels Selbsteintritt nach § 102 I  1  Nds. SOG (nun § 102 I 1 NPOG) oder durch Ersatzvornahme der Kommunalaufsicht im Wege der Amtshilfe nach § 174 II NKomVG i. V. m. § 171 V 3 NKomVG –, so dass nicht nur die gerichtliche Korrektur weisungswidrigen Handelns nachgeordneter Behörden entbehrlich ist, sondern darüber hinaus auch die auf eine bloße Fiktion gestützte Gleichheitsbindung. Die norminterpretierenden Vorschriften entfalten weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Außenwirkung über Art. 3 I GG mangels eröffneter Spielräume und Letztentscheidungskompetenz bzgl. der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale; dem Bürger steht insofern aus Art. 3 I GG allein ein Anspruch auf Gleichbehandlung bei fehlerfreier Gesetzesanwendung zu. (6) Weder kann sich der Bürger auf eine Verwaltungsvorschrift berufen, um aus dieser Rechte herzuleiten, noch die Behörde, um die Rechte des Bürgers zu beschränken, wenn diese nicht Eingang in die gelebte Verwaltungspraxis gefunden hat. Darüber hinaus kann auch eine in die Praxis umgesetzte Vorschrift nur Wirkung entfalten, wenn sie nicht gegen Außenrecht verstößt. Ferner endet die mittelbare Außenwirkung, wenn die Praxis eines Verwaltungsträgers von der Verwaltungsvorschrift abweicht, unabhängig davon, ob die Neubegründung die Billigung und Duldung der Erlassbehörde gefunden hat. Der zuständige Amtswalter hat jedoch bei einem eigenmächtigen Abweichen nach Art. 3 I GG im Innenverhältnis mit disziplinar- oder vertrags- und haftungsrechtlichen Konsequenzen zu rechnen. Denn die Verwaltungsvorschrift bleibt wirksam, bis sie durch zumindest konkludentes Verhalten der Erlassbehörde aufgehoben oder abgeändert wird. Im Außenverhältnis bleibt ein Verstoß gegen die Verwaltungsvorschrift, soweit die Neubegründung der Verwaltungspraxis durch sachliche Gründe gerechtfertigt war, für die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes (§ 35 VwVfG) jedoch folgenlos, wenn gesetzliche Regelungen hierdurch nicht verletzt worden sind. Denn eine Verwaltungsvorschrift kann zwar Gegenstand, nicht aber Maßstab einer gerichtlichen Kontrolle sein. Vergleichbares gilt für die der internen Folgepflicht entsprechende Beachtung einer rechtswidrigen Verwaltungsvorschrift, die als „Unrecht“ zu qualifizieren ist und damit keine mittelbare Außenwirkung über Art. 3 I GG ent-

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falten kann. Die so erlassene belastende Maßnahme kann von dem Betroffenen mit guten Erfolgsaussichten angegriffen werden. (7) I. R.d. sachlichen Zuständigkeit ist nach § 1 I 1, II 1 Nds. SOG (nun § 1 I 1, II 1 NPOG) das polizeiliche Handeln grundsätzlich subsidiär gegenüber dem verwaltungsbehördlichen und auf Eilfälle begrenzt. Bei der PräGe liegt ein Eilbedürf­ nis in der Regel nicht vor, so dass für Maßnahmen nach § 26 Nr. 2 Nds. SOG (nun § 26 Nr. 2 NPOG) zum Schutz privater Rechte die sachliche Zuständigkeit der Ordnungsämter begründet ist; wobei die Beschränkung nach Abs. 3 – wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig erlangt werden kann – zu beachten ist. So aber nicht für Maßnahmen nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG (nun § 26 Nr. 1 NPOG), deren zugrundeliegende Gefahrenprognose in vielen Fällen auf eine baldige Verwirklichung von Straftaten abstellt. Denn § 1 I 3 Nds. SOG (nun § 1 I 3 NPOG) kehrt die reguläre Verteilung der Zuständigkeit nach § 1 I 1, II 1 Nds. SOG (nun § 1 I 1, II 1 NPOG) um und gewährt im Bereich der Straftatenverhütung der Polizei statt den Verwaltungsbehörden den Vorrang – die Einführung der Beschränkung des Abs. 2 S. 1 auf Abs. 1 S. 1 im Jahr 1994 macht deutlich, dass der Gesetzgeber eine Einschränkung des Abs. 1 S. 3 durch Abs. 2 S. 1 nicht wollte; eine ausschließliche Kompetenz kommt der Polizei insoweit nicht zu. Die Kriminalprävention erfordert ein ressortübergreifendes Tätigwerden, die Verwaltungsbehörden sind insofern hinsichtlich der Straftatenverhütung grds. subsidiär zuständig. (8) Die Polizei besitzt im Rahmen der Straftatenverhütung die originäre Zuständigkeit für ein Tätigwerden sowohl im Vorfeld einer konkreten Gefahr als auch über dessen Entstehen hinaus bis zum Eintritt einer Straftat oder ihrer endgültigen Verhinderung. Gründe für eine restriktivere Auslegung sind nicht ersichtlich. Die Gesetzesmaterialen lassen trotz unscharfer Formulierung bzgl. der „allgemeinen Kriminalitätsbekämpfung“ erkennen, dass bei der Einfügung des Abs. 1 S. 3 jedenfalls die Landesregierung als Initiator sehr wohl auch an den Bereich der bestehenden Gefahr gedacht hat und diesen mit in die Aufgabenzuweisung gem. § 1 I 3 Nds. SOG (nun § 1 I 3 NPOG) einbeziehen wollte. Dies entspricht auch dem Telos der Norm, dessen Sinn und Zweck es ist, sicherzustellen, dass die fachlich am besten ausgebildete und mit den erforderlichen Sachmitteln ausgestattete Behörde tätig wird. Aufgrund der Ausbildung, den zur Verfügung stehenden Einsatzmitteln und der polizeilichen Dauerpräsenz spricht im Stadium einer bestehenden Gefahr in Anbetracht der besten Eignung im Allgemeinen vieles für eine vorrangige Zuständigkeit der Polizei. Eine Beschränkung des Abs. 1 S. 3 entgegen dessen offenen Wortlaut ist aus systematischen Erwägungen daher nicht geboten. (9) Anders als § 1 II 1 Nds. SOG (nun § 1 II 1 NPOG) trifft Abs. 1 S. 3 aber keine Regelung, wann der Vorrang der Polizei im Bereich der Straftatenverhütung endet und die Zuständigkeit auf die Verwaltungsbehörden übergeht. Der mögliche Wortsinn enthält keinerlei Anhaltspunkte für ein Ende des Vorrangs. Wie aufgezeigt ist diese Lücke auch nicht durch Heranziehung von Verwaltungsvorschriften zu schließen. Zum Schließen der Lücke kommt allenfalls eine exekutive Regelung

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per Verordnung gem. Art. 43 NV in Betracht. Eine solche Verordnung existiert jedoch nicht. Eine planwidrige Gesetzeslücke ist zu bejahen, die im Wege der Rechtsfortbildung zu schließen ist. Eine eindeutige Regelung der Zuständigkeiten ist i. S. d. Rechtssicherheit, der Funktionsfähigkeit der Verwaltung, sowie unter Berücksichtigung der schweren Folgen eines unzuständigen Handelns, nämlich der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes und der Verletzung in subjektiven Rechten unerlässlich. Unbeabsichtigte Lücken sind nach Möglichkeit entsprechend dem Willen des Gesetzgebers und der Teleologie per Rechtsfortbildung zu schließen und können nicht dem rechtsfreien Raum überlassen werden. Aufgrund der hier gefundenen Erkenntnisse bietet sich für eine Gesetzesänderung folgende ergänzende Formulierung an (nach Abs. 2 S. 1 einzufügen): „Die Verwaltungsbehörden werden in den Fällen des Abs. 1 S. 3 tätig, soweit die Verhütung von Straftaten durch sie rechtzeitig möglich erscheint, ggf. auch ergänzend zu polizeilichen Maßnahmen, wenn der verwaltungsorganisatorische Aufwand klar im Vordergrund steht.“

Demnach sind für eine PräGe nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG (nun § 26 Nr. 1 NPOG) aufgrund des i. d. R. überwiegenden verwaltungsorganisatorischen Aufwands gem. §§ 1 I 3, 97 I Nds. SOG (nun §§ 1 I 3, 97 I NPOG) überwiegend die Ordnungsämter sachlich zuständig. (10) Sachen als Sicherstellungsgegenstand i. S. v. § 26 HS. 1 Nds. SOG (nun § 26 HS. 1 NPOG) sind zumindest alle körperlichen Gegenstände entsprechend § 90 BGB, darunter auch str. wie Führerscheine und Bargeld – dass etwa nur Sachen mit einer klar erkennbaren Gebrauchsbestimmung und einer Identität von Materialund Tauschwert sicherstellungsfähig sein sollen, geht aus der Norm wie auch deren Gesetzesmaterialen in keiner Weise hervor. Darüber hinaus besteht zwar der Grds. der Einheit der Rechtsordnung aber keine Begriffseinheit. Ferner ergeben sich weder aus § 26 Nds. SOG (nun § 26 NPOG) selbst, noch aus dem Gesetzgeberwillen oder dem Normzweck Einschränkungen, die bestimmte Sachen ausschließen oder dernach die Sicherstellungsfähigkeit eine Körperlichkeit der Sache bedingt. Auch nach dem allgemeinen Wortverständnis ist mit dem Begriff Sache nicht zwingend eine körperliche gemeint, so dass eine erweiterte Auslegung nicht völlig zu überraschen vermag. Ein Ausschluss von Buchgeld bereits vom Sachbegriff ist weder nach dem möglichen Wortsinn noch nach dem Normzweck geboten, so dass der Sachbegriff des Nds. SOG (nun NPOG) weiter auszulegen ist als der nach § 90 BGB und sich auch auf unkörperliche Sachen erstreckt. (11) Bei engem Verständnis des Sachbegriffs, ist § 26 Nds.  SOG (nun § 26 NPOG) jedenfalls analog anzuwenden – sowohl bzgl. Buchgeld, dass als Bargeld aufgefunden und von der Staatsanwaltschaft zwecks Verwahrung auf ein Konto eingezahlt wurde, als auch bzgl. beim Betroffenen aufgefundenem Buchgeld. Verfassungs- oder einfachrechtliche Analogieverbote bestehen nicht. Solche ergeben sich weder direkt noch in analoger Anwendung aus Art. 103 II, Art. 104 I 1, Art. 20 II, III GG, noch aus den von der belastenden Maßnahme betroffenen Grundrechten. Vielmehr kann im Einzelfall ein verfassungsrechtliches Analogiegebot nach Art. 3

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I i. V. m. Art. 20 III GG bestehen. Eine Regelungslücke für Buchgeld wie für andere Forderungen ist im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr sowie u. a. zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zu bejahen. Infolge der offenen Gestaltung von §§ 26 ff Nds. SOG (nun §§ 26 ff NPOG), eines veränderten Gefahrenbewusstseins wie auch Potentials unkörperlicher Gegenstände sowie dem Umstand, dass der Gesetzgeber nur eine Begrenzung der zeitlichen Nähe zum befürchteten Schaden sicherstellen wollte, ist zudem eine Planwidrigkeit anzunehmen. Auch mit der Nicht-Anpassung i. R. d. Novellierung des Nds. SOG 2019, während andere Bundesländer ihre Präventiven Sicherstellungsnormen entspr. ergänzt haben, ist ein planvolles Schweigen des nds. Gesetzgebers nicht begründbar. Insb. wegen des gesellschaftlichen, technischen wie rechtlichen Wandels besteht ebenso eine vergleichbare Interessenlage, da unkörperliche Sachen genauso wie körperliche eine Gefahrenquelle darstellen können. In der Abwägung überwiegt mitunter wegen des allgemeinen Wortverständnisses das objektiv-rechtliche Gleichbehandlungsgebot das Gebot der Rechtssicherheit. Grundstücke, Immobilien oder einzelne Räume sind in direkter Anwendung sicherstellungsfähig. Zu achten ist stets auf abschließende Regelungen; daneben bleibt eine Sicherstellung aber i. d. R. in Eilfällen gemäß § 3 I 3 Nds. SOG (nun § 3 I 3 NPOG) zulässig. (12) Die PräGe stützt sich entweder auf § 26 Nr. 1 Nds. SOG (nun § 26 Nr. 1 NPOG), das Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr, oder auf § 26 Nr. 2 Nds. SOG (nun § 26 Nr. 2 NPOG), den Schutz privater Rechte. Dabei ist der Gefahrbegriff nach Nr. 1 nicht auf bestimmte Gefahrenquellen begrenzt. Eine nähere Klärung des Verwahrungsbegriffs – ob das Asservat während der Verwahrung genutzt werden darf – bedarf es mangels Relevanz für die PräGe vorliegend nicht, denn die Inanspruchnahme eines Nicht-Störers nach § 8 Nds. SOG (nun § 8 NPOG) kann stets nur ultima ratio sein und keinen Eigentumsübergang auf den Fiskus begründen. Die von einer PräGe-Maßnahme betroffenen Banken sind nicht Nicht-Störer i. S. v. Adressaten der Sicherstellungsmaßnahmen nach Nr. 1, sondern als Zahlungsdienstleister der Belasteten einzig Drittbeteiligte der gegen die Konto­inhaber adressierten Bescheide. Das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit erfasst die Unverletzlichkeit der öffentlichen ebenso wie der privaten Rechtsordnung. Das öffentliche Interesse an der Verhütung eines Schadens ist nicht obsolet. Dabei besteht das öffentliche Interesse in Eilfällen auch an der Abwehr einer Gefährdung privater Rechte, wenn das öffentliche Interesse an der Unversehrtheit der materiellen Rechtsordnung das öffentliche Interesse an der Einhaltung der regulären Zuständigkeitsordnung überwiegt. (13) Der jeweilige Einzelfall hat bestimmenden Einfluss auf die Grenzen der Anforderungen an eine gegenwärtige Gefahr sowie die Frage ihrer Erfüllung. Die Bestimmung einer festen Grenze als Mindestmaß ist dem Gefahrbegriff wesensfremd; mit dem Zweck einer effektiven Gefahrenabwehr unvereinbar. Dabei erfordert nicht nur eine Sicherstellung nach Nr. 1, sondern auch nach Nr. 2 – als bloß deklaratorische Regelung  – für ein zulässiges Einschreiten das Bestehen einer gegenwärtigen Gefahr; zugleich ist eine solche in den von Nr. 2 skizzierten Eilfällen stets zu bejahen.

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(14) Mittels Auswertung der nds. Rechtsprechung zur PräGe lässt sich eine begrenzte Verallgemeinerbarkeit der Anforderungen an eine gegenwärtige Gefahr basierend auf kriminalistischem Erfahrungswissen feststellen. Danach sind mehrere für die Annahme einer gegenwärtigen Gefahrenlage relevante Indiztatsachen feststellbar, die nicht nur für eine Sicherstellung nach Nr. 1 sowie Nr. 2 auf eine deliktische Herkunft, sondern darüber hinaus auf die für das Bestehen einer Gefahrenlage nach Nr. 1 gerade relevante Annahme der weiteren Begehung krimineller Taten in allernächster Zeit und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schließen lassen. Dabei ist die deliktische Herkunft für eine Sicherstellung nach Nr. 1 zwar ein Indiz für eine weitere Begehung krimineller Taten, aber keine zwingende Voraussetzung. Die Urteile unterteilen sich im Wesentlichen in zwei Fallgruppen, Betäubungsmitteldelikte / Hehlerei oder ähnliche Delikte. Zusammenfassend lässt sich für alle Deliktsbereiche feststellen, dass es für das Bestehen einer gegenwärtigen Gefahr maßgeblich auf folgende Indiztatsachen ankommt; ob: 1. ein hoher Geldbetrag oder eine Vielzahl gleicher Sachen, evtl. in einer ungewöhn­ lichen Aufbewahrungssituation oder im Missverhältnis zu den finanziellen Verhältnissen des Betroffenen, insb. seinen legalen Einkünften, aufgefunden worden sind, 2. konkrete Anhaltspunkte für eine deliktische Verwendung zu verzeichnen sind, wie etwa die szenetypische Stückelung im BtM-Bereich oder die deliktische Herkunft der Sachen bei prognostizierten Hehlerei-Delikten, 3. aktuelle Verbindungen zur kriminellen Szene bestehen, 4. gegen den Betroffenen mehrfache Ermittlungen bzw. Verurteilungen wegen ähnlicher Delikte aktenkundig sind, deren Art und Weise auf eine strafrechtliche Verwendung schließen lässt; insbesondere bei Bargeld auf eine notwendige Reinvestierung zur weiteren Tatbegehung oder etwa bei Sachen auf eine anschließende Hehlerei und / oder 5. unplausible bzw. widersprüchliche Angaben gemacht worden sind. Die angeführten Indiztatsachen basieren, bis auf das letzte, lediglich die Glaubwürdigkeit des Betroffenen erschütternde Indiz der widersprüchlichen Angaben, auf kriminalistischem Erfahrungswissen. Gerade dieses Wissen, welches nicht gleichzusetzen ist mit Alltagswissen, sondern mit Erfahrungsregeln, ist für die Beurteilung der Sachlage zwingend erforderlich, da es sich bei der zu treffenden Prognoseentscheidung um objektive Möglichkeitsurteile handelt, die auf einer „generalisierten Betrachtung des Einzelfalles“ beruhen und nur mit Hilfe von Erfahrungswissen getroffen werden können. Die Einstellung des Ermittlungsverfah­ rens oder die Unschuldsvermutung stehen der Heranziehung mehrfach geführter Ermittlungsverfahren bzw. Verurteilungen wegen vergleichbarer deliktischer Handlungen als Indiz nicht entgegen, da dennoch Verdachtsmomente verbleiben können, die ein Bedürfnis nach einer Sicherstellung begründen, und die Feststellung eines Tatverdachts – der gerade keine Schuld bedingt – nicht zu vergleichen

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ist mit einer Schuldfeststellung. Auch steht der Heranziehung von Verurteilungen als Indiz das Resozialisierungsgebot nicht entgegen. Das Gebot bezweckt die Wiedereingliederung in die Gesellschaft, um Rückfälle zu verhindern. Liegen nach der Freilassung allerdings neue Anhaltspunkte für die zukünftige Begehung ähnlicher Taten vor, steht das Resozialisierungsgebot, welches eine freiwillige Mitwirkung des Verurteilten voraussetzt und daher bei verweigerter Mitwirkung bereits aus diesem Grund erfolglos sein kann, der Annahme einer Gefahr nicht grundsätzlich entgegen. (15) Ein präventives Einschreiten zur Sicherung privater Rückforderungsansprüche ist nach § 26 Nr. 1 Nds. SOG (nun § 26 Nr. 1 NPOG) sowohl in direkter wie analoger Anwendung durch den Vorrang des § 26 Nr. 2 Nds. SOG (nun § 26 Nr. 2 NPOG) aufgrund der vom Gesetzgeber getroffenen Kategorisierung verwehrt. Der Eigentumsbegriff in Nr. 2 ist mangels Verweis auf zivilrechtliche Normen, aufgrund nicht-bestehender Begriffseinheit sowie mangels sich aus den Gesetzesmaterialen ergebenden beabsichtigten Einschränkungen des Schutzes privater Rechte mit Blick auf den Normzweck und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen nicht entspr. § 903 BGB – ausschließlich das Vollrecht an einer körperlichen Sache bezeichnend – sondern i. S. d. Art. 14 I 1 GG, damit weiter auszulegen. Mit Blick auf den Normzweck sowie das allgemeine Wortverständnis können unter Eigentum i. S. d. Nr. 2 somit nicht nur Vollrechte an körperlichen Sachen, sondern ebenso alle vermögenswerten Rechte, die dem Anspruchsinhaber als „sein Recht“ zur eigenen Disposition zugeordnet sind, gezählt werden. (16) Bei engem Verständnis des Eigentumsbegriffs, ist zur Sicherung privater Rückforderungsansprüche dem Gesetzgeberwillen entsprechend jedenfalls eine analoge Anwendung von § 26 Nr. 2 Nds. SOG (nun § 26 Nr. 2 NPOG) sachgerechter, als nach Nr. 1. Dem steht kein Analogieverbot entgegen. Ferner ist mitunter aufgrund des technischen Wandels, der bewusst offenen Gestaltung sowie dem Gesetzgeberwillen entspr. eine planwidrige Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage zu bejahen. Die Erstreckung des Eigentumsbegriffs auf alle vermögenswerten Rechte i. S. d. Art. 14 I 1 Var. 1 GG vermag aufgrund der Prominenz der Reichweite der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie sowie der im allgemeinen Sprachgebrauch durchaus üblichen Bezeichnung Forderungseigentümer auch nicht völlig überraschen, so dass das objektiv-rechtliche Gleichbehandlungsgebot im vorliegenden Fall das Gebot der Rechtssicherheit überwiegt. (17) Wesentlich für eine PräGe nach Nr. 2 – im Gegensatz zu Nr. 1 – ist die Eigentums- und Besitzlage der aufgefundenen Sachen. Zu beachten ist, dass zugunsten des tatsächlichen Besitzers einer beweglichen Sache grds. die Eigentumsvermutung nach § 1006 I 1 BGB streitet, deren Widerlegung für eine Sicherstellung von körperlichen, beweglichen Sachen nach Nr. 2 zwingend erforderlich ist. Die Widerlegung der Vermutung nach § 1006 I 1 BGB erfordert entweder die Erschütterung der Vermutungsbasis durch den Nachweis mangelnden Eigenbesitzes oder aber die Erschütterung der Vermutung selbst, entweder durch den Nachweis

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eines zeitlichen Dissens, bei dem die Eigentumserlangung zeitlich vor oder nach der Besitzerlangung liegt, oder den Nachweis, dass der Betroffene generell kein Eigentum erworben hat. Auf einen Ausschluss nach § 1006 I 2 BGB durch den bloßen Nachweis eines Abhandenkommens der aufgefundenen Sache kann sich die Behörde nicht berufen. (18) Zur Entkräftung der Eigentumsvermutung bedarf es nicht der Widerlegung jeder nur abstrakt denkbaren Erwerbsmöglichkeit. Es genügt bereits die Widerlegung der behaupteten Erwerbsweise im Rahmen einer freien Beweiswürdigung für die Widerlegung der Vermutung. Den Vermutungsbegünstigten trifft grundsätzlich eine Behauptungslast; für die Anwendbarkeit von § 1006 I 1 BGB muss er sich somit auf seinen Eigenbesitz berufen, ist aber zur Schilderung der Erwerbsweise grds. nicht verpflichtet. Ein derartiges Schweigen ist aber nach § 108 I 1 VwGO negativ zu bewerten. Die Widerlegung naheliegender Erwerbsmöglichkeiten bei fehlenden konkreten Anhaltspunkten begründet eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der in der Sphäre des Vermutungsbegünstigten liegenden Erwerbsumstände. Kommt der Begünstigte dieser trotz nach § 26 II 1, 2 VwVfG, § 86 I 1 HS. 2 VwGO bestehender Mitwirkungspflicht nicht nach, kann daher „mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewißheit“ eine wahrscheinlichere Eigentümerstellung eines Anderen und damit, wie im Fall der Widerlegung einer behaupteten Erwerbsweise, eine Entkräftung der Vermutungswirkung angenommen werden. (19) Eine Beweislastumkehr wie nach § 12a Zoll-Vollzugsgesetz ist im Nds. SOG (nun NPOG) gerade nicht existent. Allerdings führt die Eilbedürftigkeit faktisch zu einem Wechsel, da nach erfolgreicher Widerlegung der Vermutung, die Beweislast für das Eigentum des durch die Sicherstellung Belasteten diesem in Form einer sekundären Darlegungslast obliegt. Dabei ist der erforderliche Grad an Gewissheit beim ersten Auffinden der Sache in der Regel gering. Eine teleologische Auslegung der §§ 26 Nr. 2, 1 III Nds. SOG (nun NPOG), 1006 I 1 BGB ergibt, dass der erforderliche Grad an Gewissheit im Gefahrenabwehrrecht von einer bloßen erforderlichen Plausibilität bis hin zu einem wenigstens wahrscheinlicheren Eigentum eines Dritten je nach zeitlicher Nähe sowie drohender Schadenshöhe variiert. Beim ersten Auffinden der Sache wird der erforderliche Grad an Gewissheit bzgl. der Eigentumslage bei der Sicherstellung gem. §§ 26 Nr. 2 Nds. SOG (nun NPOG), 1006 I 1 BGB daher i. d. R. geringer sein, als bei der späteren Entscheidung über eine Verwertung oder Herausgabe nach §§ 28, 29 Nds. SOG (nun NPOG), 1006 II BGB. Zirkelschlüsse wie Wertungswidersprüche zwischen §§ 1006 I 1 und 1006 II BGB sowie im Zusammenhang mit § 29 Nds. SOG (nun NPOG) entstehen dabei nicht. (20) Die Besonderheiten bei Bargeld führen zu keinen gesteigerten Tatbestandsvoraussetzungen hinsichtlich der Vermutungswiderlegung. Sie erhöhen allerdings bei der Subsumtion aufgrund des zuverlässigeren Rückschlusses auf das Eigentum sowie der grds. kaum möglichen Individualisierbarkeit von Bargeld i. d. R.

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den erforderlichen Begründungsaufwand, um den im Einzelfall je nach zeitlicher Nähe sowie drohender Schadenshöhe erforderlichen Grad an Gewissheit bzgl. der Eigentumslage zu erreichen. Aufgrund des durch Einzahlung bewirkten Eigentumsübergangs an die Bank nach §§ 948, 947, 949 BGB ist eine Sicherstellung zum Schutz privater Rechte aufgrund des Vorrangs ferner nur noch nach Nr. 2 je nach Begriffsverständnis in direkter oder analoger Anwendung (s. o. 15, 16) zum Schutz des durch Einzahlung der StA entstandenen Rückzahlungsanspruchs möglich. (21) Die Auswertung der nds. Rechtsprechung zur PräGe nach Nr. 2 ergibt, dass die für die Widerlegung des § 1006 I 1 BGB sowie die Annahme der deliktischen Herkunft entscheidenden Indizien eine überwiegende Kongruenz mit den bereits oben i. R. d. Gefahrenabwehr nach Nr. 1 aufgeführten Beweisanzeichen aufweisen. Auch in diesem Zusammenhang ist der Nachweis einer deliktischen Herkunft von beweglichen Sachen erforderlich gewesen, so dass dies nicht zu überraschen vermag. Vielmehr sind die Listen geeignet sich zu ergänzen. Allerdings zeigt sich ein Unterschied bei der Betrachtung der Gewichtung der für die jeweiligen Schlüsse maßgeblichen Indiztatsachen. Zusammenfassend sind für die Widerlegung der Vermutung nach § 1006 I 1 BGB mangels Eigentums folgende Indiztatsachen am durchschlagendsten zu beachten, ob: 1. ein hoher Geldbetrag oder eine Vielzahl gleicher Sachen, eventuell sogar ohne bestehende Verwendungsmöglichkeit aufgefunden worden sind, 2. die Verwendungsabsicht oder die Herkunft der Sachen, darunter auch Geld, insbesondere unter Berücksichtigung der finanziellen Verhältnisse unplausibel, beziehungsweise widersprüchlich erklärt worden sind, 3. die Sachen an einem versteckten oder ungewöhnlichen Auffindeort oder in entsprechender Aufbewahrungsart gefunden worden sind, insbesondere wenn vermischt mit erwiesen illegal Erlangtem, 4. Spuren deliktischer Herkunft an den Sachen zu erkennen sind, wie Sicherungsetiketten oder Beschädigung durch gewaltsames Entfernen letzterer und / oder 5. gegen den Betroffenen mehrfache Ermittlungen bzw. Verurteilungen wegen ähnlicher Delikte aktenkundig sind. Bis auf das Indiz der unplausiblen und widersprüchlichen Angaben basieren die oben aufgeführten auf kriminalistischem Erfahrungswissen, welches für eine Prognoseentscheidung zwingend erforderlich ist (s. o. 14). (22) Eine PräGe zum Schutz privater Rechte ist generell verwehrt, wenn das gefährdete private Recht keinen zivilrechtlichen Schutz genießt. So im Fall des § 817 S. 2 BGB, wenn sich der Leistende außerhalb der Rechtsordnung bewegt hat. Zur Wahrung der Einheit der Rechtsordnung ist entweder bereits das Bestehen einer gegenwärtigen Gefahr abzulehnen oder ein Einschreiten als ermessensfehlerhaft anzusehen. Entspr. gilt für Rückforderungsansprüche aus BtM-Geschäften. Allerdings ist in diesem Zusammenhang § 134 BGB sowie eine einschlägige Feh-

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leridentität zu berücksichtigen. Eine PräGe ist daher entweder mit der herrschenden Lehre aufgrund der analogen Anwendung von § 817 S. 2 BGB oder aber mit der Rechtsprechung infolge des aus der Strafbewehrtheit des Verhaltens resultierenden, mutmaßlich fehlenden Rückführungswillens zu verneinen; der Berechtigte müsste nämlich seinen illegalen sowie strafbedrohten Umgang mit BtM-Mitteln zugeben. Aufgrund der Zielrichtung einer Sicherstellung nach Nr. 2, private Rechte zu schützen, ist die Zulässigkeit eines präventiven Einschreitens jedoch entscheidend von dem Willen des Rechtsinhabers abhängig. Zu bejahen ist ein zivilrechtlicher Schutz etwa bei aus Diebstahl erlangten Sachen; dieser ergibt sich dann u. a. aus §§ 823 I sowie II, 249 BGB i. V. m. § 242 StGB. (23) Der Gem. RdErl. zur PräGe preist hinsichtlich Bargeldes eine Sicherstellung aufgrund der Prognose einer gegenwärtigen Gefahr nach Nr. 1 als vorzugswürdig an. Denn die Betroffenen einer Sicherstellung seien, in der Regel auch Eigentümer der bei ihnen aufgefundenen Beträge. Das Trennungsprinzip sichert aber nicht stets die Wirksamkeit des Verfügungsgeschäfts. Zudem gibt es weitere Gründe, warum der Betroffene kein Eigentum an der Sache haben könnte. Die Frage, nach welcher Nummer eine Sache, darunter auch Bargeld, „bevorzugt“ sicherzustellen ist, ist, wie im Gefahrenabwehrrecht üblich, keine Frage der Vorliebe, sondern eine Frage der Erforderlichkeit des Einzelfalls. Allerdings ist etwa im Fall von illegalem BtM-Handel ein Vorgehen nach Nr. 1 die einzige Möglichkeit für eine PräGe, da dem privaten Recht entweder der zivilrechtliche Schutz verwehrt ist oder jedenfalls ein Einschreiten nicht dem mutmaßlichen Willen entspricht. (24) Die allgemeinen Regelungen zu Verhaltens-, Zustands- und Nicht-Störer nach §§ 6–8 Nds. SOG (nun NPOG) sind sowohl auf Nr. 1 als auch Nr. 2 anzuwenden. Nur § 26 Nr. 3 Nds. SOG (nun NPOG) trifft eine eigene Adressierungsregelung durch Abstellen auf den Zustand des Festgehaltenen. (25) Eine Ermessensreduktion auf Null im Sinne einer generellen Unzulässigkeit präventiven Einschreitens besteht nicht bei Bargeld als Sicherstellungsobjekt zur Abwehr prognostizierter BtM-Delikte als Sicherstellungsgrund. Die Umlauffähigkeit von Bargeld sowie das Unvermögen einer konsequenten Trennung legaler von illegalen Geldbeträgen sind keine Ausschlusskriterien für eine PräGe. Eine präventive Sicherstellung richtet sich entscheidend nach der Verwendungsabsicht des Besitzers. Die Herkunft des Geldes ist dabei nur als Indiz von Relevanz, aber nicht zwingende Voraussetzung. Die Sicherstellung von Bargeld kann damit nicht generell als ungeeignet und damit unverhältnismäßig abgetan werden. Die Verhältnismäßigkeit, einschließlich der Geeignetheit einer Sicherstellung gilt es vielmehr auch bei Bargeld stets einzelfallabhängig unter Bezugnahme auf die jeweils prognostizierte Verwendungsabsicht zu beurteilen. (26) Eine Ermessensreduktion auf Null in Form einer generellen Unzulässigkeit präventiven Einschreitens ist allerdings, soweit nicht bereits im Tatbestand berücksichtigt, bei einer Sicherstellung zum Schutz privater Rechte anzunehmen, wenn besagten Rechten der zivilrechtliche Schutz verwehrt ist. Dies gilt sowohl hinsicht­

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lich der Sicherung privater Rechte an körperlichen Gegenständen, bei denen grundsätzlich in Eilfällen § 26 Nr. 2 Nds. SOG (nun § 26 Nr. 2 NPOG) direkt anwendbar ist, als auch bei der Gefährdung privater Rechte an unkörperlichen Sachen, bei denen, folgt man dem oben aufgezeigten weiten Eigentumsbegriff, Nr. 2 ebenfalls direkt, ansonsten analog anzuwenden ist. (27) Ob ein Einschreiten nach Nr. 2 auch bei unbekanntem Berechtigten zulässig ist, ist aufgrund von § 4 III Nds. SOG (nun § 4 III NPOG), dem Prinzip der Zweckerreichung, eine Frage der Rechtsfolge. Die bloße Unkenntnis des Berechtigten begründet weder anfänglich noch im späteren Verlauf der Sicherstellungsmaßnahme eine Ermessensüberschreitung durch Zweckverfehlung. Dass eine PräGe nicht generell einzig aufgrund der Unbekanntheit des Berechtigten verwehrt sein kann, folgt bereits aus der Konzeption des § 26 Nr. 2 Nds. SOG (nun NPOG). Ein Auftrag oder die Kenntnis des wahren Berechtigten ist gerade nicht erforderlich; ein Einschreiten bei anfänglicher Unkenntnis des Berechtigten ist die Regel. Aus der Amtsermittlungspflicht nach § 24 I VwVfG i. V. m. der Schutzpflicht aus Art. 14 I GG folgt die Verpflichtung zur aktiven Suche eines Berechtigten unmittelbar. Als gebotenes Mindestmaß ist es den Behörden zur aktiven Suche bei den heute zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten durchaus zumutbar, zumindest „online“ auf einer öffentlich zugänglichen Webseite entweder anlassbezogen oder durch dauerhaftes Einstellen in einen nach Stichpunkten durchsuchbaren Katalog nach dem Berechtigten zu suchen. Der Einzelfall kann auch größere Anstrengungen gebieten. Solange die Suche nicht beendet ist, ist ein Auffinden des Geschädigten grundsätzlich nicht auszuschließen und eine Zweckerreichung noch möglich. Die Verpflichtung zur aktiven Suche eines Berechtigten gilt bis zum Ende der Verwahrung durch Erlöschen des Herausgabeanspruchs nach § 29 II 3 Nds. SOG (nun NPOG). Ist das Auffinden eines Berechtigten mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten oder gar ausgeschlossen, so dass die Ermittlungen noch vor dem Erlöschen des Herausgabeanspruchs aufgrund Unmöglichkeit eingestellt werden, ist eine Zweckverfehlung nach § 4 III Nds. SOG (nun NPOG) dennoch nicht anzunehmen, da der Zweck in der Wahrung der Rechtsordnung besteht, und eine Aufrechterhaltung der Sicherstellung grundsätzlich zulässig. (28) Eine Ermessensüberschreitung ist auch nicht  – fußend auf dem Sozialstaatsgebot, Art. 20 I, 28 I 1 GG – bei einer Sicherstellung anzunehmen, die dem Betroffenen weniger als das zur Existenzsicherung Erforderliche belässt. Ein von präventiven Maßnahmen unantastbares „Schonvermögen“ kann mit Blick auf die Vielgestaltigkeit der potentiellen Sachverhalte sowie aufgrund einer effektiven Gefahrenabwehr nicht angenommen werden. In welchem Ausmaß das Vermögen eines Betroffenen sichergestellt werden darf, richtet sich einzig nach der im Einzelfall prognostizierten Verwendungsabsicht, sprich Gefahrenlage. (29) Keinen Ermessensfehler begründet das Mitschwingen der Absicht, dem Betroffenen durch Entzug der aufgefundenen Sache ebenso den Tatanreiz zu nehmen. Spezial- wie generalpräventive Zwecke sind solche im Sinne des Nds. SOG (nun

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NPOG), so dass ihr Anführen allein eine Sicherstellung zu Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr zwar nicht rechtfertigen kann, ihr Mitschwingen mangels Erweiterung oder sonstige Einflussnahme auf die Maßnahme jedoch auch nicht als dem Normzweck des Nds. SOG (nun NPOG) nicht entsprechend, damit zweckwidrig angesehen werden kann. (30) Das Ziel, dass bereits investierte Arbeit nicht „wirkungslos verpuffen“ soll, ist eine persönliche Motivation, damit eine sachwidrige Erwägung, in der Folge zwar ermessensfehlerhaft, führt aber nicht zu einer Rechtswidrigkeit der Maßnahme, soweit die Entscheidung von der zuständigen Stelle auf mehrere Zwecke gestützt wurde, die nicht alle zusammen, sondern für sich, die Maßnahme tragen sollen. Besteht somit kein Rechtswidrigkeitszusammenhang des Ermessensfehlers mit der Entscheidung, ist das Anbringen sachwidriger Erwägungen im Ergebnis unerheblich. (31) Keinen Ermessensfehler begründet grds. die Berücksichtigung fiskalischer Beweggründe i. S. v. Effizienzerwägungen trotz der staatlichen Verpflichtung zur Wahrung der inneren Sicherheit, die aufgrund ihrer staatstragenden Bedeutung weder aufgegeben werden kann noch deren Bestehen bestritten wird. Dabei ist das zu gewährleistende Maß an Sicherheit von unbekannten tatsächlichen Größen abhängig, so dass seine Bestimmung einer Ausgestaltung durch verfassungskonformes einfaches Recht bedarf. Das Ermessen ist nach § 40 VwVfG nur innerhalb der gesetzlichen Grenzen auszuüben. Für die PräGe sind i. d. R. die Ordnungsämter zuständig. Den Kommunen kommt nach §§ 111 II LHO, 153 NKomVG eine Sonderstellung zu, dernach eine Pflicht zur Berücksichtigung fiskalischer Interessen aus dem Kommunalwirtschaftsrecht (§§ 110 I, II; 113 I 1, III 1, 2 NKomVG) besteht. Sie sind zu einem sparsamen und wirtschaftlichen Umgang mit den Mitteln verpflichtet. Da das Ziel der inneren Sicherheit unerreichbar ist und nur die Annäherung an den Idealzustand angestrebt werden kann, muss der Mitteleinsatz in Relation zum Zweck der Maßnahme gesetzt effizient sein, damit erforderlich, indem das Ziel nicht gleich effektiv mit geringerem Aufwand erreicht werden kann, sowie angemessen, so dass der verfolgte Zweck die aufgewendete Zeit, die eingesetzten persönlichen wie sachlichen Mittel rechtfertigt, wobei die Zwecksetzung des jeweiligen Fachrechts die Grenzen des Abwägungsspielraums setzt. Bei einer PräGe erschöpft sich der Nutzen nicht in dem reinen Sachwert des Asservats. Ein Verstoß gegen das Effizienzgebot ist erst begründet, wenn die ergriffenen Maßnahmen mit den Grundsätzen eines vernünftigen Wirtschaftens schlechthin unvereinbar sind. (32) Eine Berücksichtigung fiskalischer Beweggründe i. S. v. Effizienzerwägun­ gen ist sachgerecht, soweit diese nicht über den durch das Nds. SOG (nun NPOG) eröffneten Spielraum hinausgeht, der zur Bewahrung der Effektivität der Gefahrenabwehr im Allgemeinen angesichts der Begrenztheit der Ressourcen erforderlich ist. Insofern gebietet das Effizienzgebot gemäß Art. 114 II 1 GG bzw. Art. 70 I 1 NV sowie § 110 II NKomVG im Rahmen eines durch §§ 5 I, II, 4 I Nds. SOG (nun NPOG) eröffneten Auswahlermessens bereits bei der Erforderlichkeit des

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Mittels eine Abwägung zwischen der geringsten, darunter auch finanziellen Belastung des Einzelnen sowie der geringsten der Allgemeinheit. Aber auch darüber hinaus eröffnen §§ 5 I, 4 II Nds. SOG (nun NPOG) im Rahmen des Entschließungsermessens aufgrund der Mittelbegrenztheit sowie der dadurch bedingten Abhängigkeit der Effektivität der Gefahrenabwehr von einem effizienten Mitteleinsatz einen Spielraum zur Berücksichtigung fiskalischer Erwägungen, so dass zur Bewahrung der Effektivität im Allgemeinen unverhältnismäßige Kosten ein Nicht-Einschreiten, damit eine begrenzte Relativierung der Gefahrenabwehr begründen können. (33) Ein alleiniges Einschreiten mit der Zielsetzung der Sanierung öffentlicher Haushalte oder der Finanzierung von Personalstellen ist aufgrund der Missachtung des Ermächtigungszwecks der Gefahrenabwehr sachwidrig, damit ermessens­ fehlerhaft und rechtswidrig, soweit der Maßnahme nicht noch andere eigenständige entscheidungstragende Erwägungen zugrunde liegen. (34) Die im Runderlass getroffene Bagatellgrenze, die eine Summe von bis zu 500 Euro als Indiz für eine unverhältnismäßige Kosten-Nutzen-Relation festlegt, ist nicht generell unzulässig, da für derartige Überlegungen grundsätzlich ein Spielraum eröffnet ist. Auch lässt die Bagatellgrenze selbst mangels starrer Grenze einen Spielraum für Einzelfallgerechtigkeit. Es bestehen jedoch hinsichtlich der festgesetzten Höhe insb. unter Berücksichtigung sozialer Erwägungen gravierende Zweifel daran, dass Aufwand wie Kosten einer Sicherstellungsmaßnahme derart hoch sind, dass sie in Relation zu dem Nutzen bei Unterschreitung der festgesetzten Grenze unangemessen erscheinen. Allein die mangelnde Kostendeckung durch das Asservat, wie vereinzelt zur Begründung der Bagatellgrenze vorgebracht, ist kein sachgerechter Grund für ein Nicht-Einschreiten. (35) Die Berücksichtigung fiskalischer Erwägungen wird, soweit nicht als einziger, damit sachwidriger Grund für ein Einschreiten angeführt, nur auf der objektiv-rechtlichen Ebene relevant, da das Effizienzgebot nicht subjektiv berechtigend ist, im Allgemeinen auch kein Anspruch auf ein Einschreiten des potentiell Geschädigten existiert oder mangels Kenntnis geltend gemacht werden kann und schließlich auch bei Nicht-Einschreiten mangels Belastung kein Anlass zur Gegenwehr besteht. Ebenso wenig kann ihre Berücksichtigung im Rahmen eines eröffneten Auswahlermessens von dem Belasteten mangels Sachwidrigkeit der Erwägung im Rahmen einer Klage angegriffen werden. (36) Grds. müssen alle rechtsanwendenden Stellen die Regelung des Sicherstellungsbescheids infolge der von einem formell bestandskräftigen Verwaltungsakt ausgehenden Tatbestandswirkung ohne erneute Überprüfung der Rechtmäßigkeit beachten. Das OVG Lüneburg weist somit zwar richtig darauf hin, dass Zweifel, die u. U. durch das neue Vorbringen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Sicherstellungsbescheids begründet werden, hier nicht von Belang sind. Es hat das neue Vorbringen aber dennoch zu berücksichtigen. Denn weder ist der Betroffene wegen einer fehlerhaften Mitwirkung bzgl. eines neuen Vorbringens von Tatsachen,

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die auch bereits im Zeitpunkt der Sicherstellung hätten objektiv aufgeklärt werden können, präkludiert, noch kann das Gericht sich in dem vorliegenden Fall bei der Prüfung eines die Sicherstellungsmaßnahme beendenden Herausgabeanspruchs nach § 29 I S. 1 oder S. 2 Nds. SOG (nun NPOG) einfach auf dessen formelle Bestandskraft berufen. Die Bestandskraft des Bescheides erstreckt sich allein auf das zu dem Erlasszeitpunkt faktisch Vorgetragene. Werden neue Anhaltspunkte vorgetragen, gilt es die Voraussetzungen des § 26 Nds. SOG (nun NPOG) hinsichtlich des veränderten Sachverhalts erneut zu prüfen. (37) Grundvoraussetzung für ein Ende der Rechtswirksamkeit einer Sicherstellung infolge eines Anspruchs auf Herausgabe des Asservats oder zumindest des Erlöses ist der „Wegfall der Voraussetzungen einer Sicherstellung“. Unter „Wegfall“ ist allein das bedingungslose, rein faktische Entfallen der Voraussetzungen des Sicherstellungsbescheides zu verstehen. Ein Ermessen ist den Behörden bei Tatbestandserfüllung nicht eröffnet. (38) Stellt sich bei der Prüfung des neu Vorgebrachten heraus, dass zB. der Regelungszweck entfallen ist, so führt dies automatisch zu einer Erledigung auf andere Weise nach § 43 II Var. 5 VwVfG; somit zu einer Unwirksamkeit des ursprünglichen Sicherstellungsbescheides. Wird dies von der Behörde oder dem Gericht angezweifelt, ist jedenfalls ein Berufen auf den Sicherstellungsbescheid als Rechtsgrund zum Behaltendürfen unzulässig, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des § 26 Nds. SOG (nun NPOG) nicht mehr vorliegen und ein Berufen daher gegen Treu und Glauben verstoßen würde. Schließlich ist aber auch, je nach Auffassung, entweder das Ermessen des Widerrufs oder der Rücknahme nach §§ 49, 48 VwVfG sowohl durch den entstandenen Anspruch wie auch die Pflicht zur Herausgabe aus § 29 I 1 Nds. SOG (nun NPOG) dahingehend reduziert, dass der Sicherstellungsbescheid zumindest aufzuheben und das Asservat herauszugeben ist. (39) Der neue Vortrag, der Betroffene habe rechtmäßig besessen, kann entgegen dem OVG Lüneburg sehr wohl relevant für die Prüfung eines Herausgabeanspruchs trotz bestandskräftigem Sicherstellungsbescheid und die Beendigung der Rechtswirksamkeit der Sicherstellungsmaßnahme sein. Denn er wirft nicht allein Zweifel an der Rechtmäßigkeit der erfolgten Sicherstellung auf, sondern ist auch insbesondere mit Blick auf die Zweckerreichung einer Maßnahme wegen des verfassungsrechtlichen Übermaßverbots in zeitlicher Hinsicht von entscheidender Bedeutung für die Dauer der Rechtswirksamkeit einer Sicherstellungsmaßnahme. (40) Die Reformierung des Nds. SOG mit Gesetz vom 20.05.2019 (nun NPOG) führt zu keinen Veränderungen der in der vorliegenden Bearbeitung gefundenen Ergebnisse. Die in der Arbeit aufgezeigten Regelungslücken – weiterhin bestehend trotz der Strafrechtsreform 2017 – wurden vom Landesgesetzgeber verkannt. Es bleibt daher bei den hier herausgearbeiteten Analogieschlüssen.

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Sachverzeichnis ff.: Fortfolgend (max. zwei Seiten oder Randnummern); ff: Fortfolgend (mehr als zwei Seiten oder Randnummern) Adressatenkreis  183 ff., 187, 241 Amtsermittlungspflicht 250 Analogiegebot  162 f. Analogieverbot, einfachrechtliches  163 f. Analogieverbot, verfassungsrechtliches ​148  ff – aus Art. 20 II, III GG  155 ff – aus Grundrechten  161 f. – Historie  148 f., 151 f., 155 f. – nach Art. 103 II GG  148 ff – nach Art. 104 I 1 GG  153 ff. Analogievoraussetzungen  164 ff, 176 f. – Abwägung  174 f., 177 – Planwidrigkeit  167 ff, 177 – Regelungslücke  165 ff., 177 – vergleichbare Interessenlage  171 ff, 177 Auskunftspflicht, siehe unter Widerlegung der Eigentumsvermutung

Buchgeld  144 ff, 211 ff. – beim Verdächtigen aufgefunden  176 f. – Kryptowährung  158 f., 174 – Runderlass 74 – Sicherstellungsfähigkeit  144 ff – durch Auslegung, siehe Sachbegriff im Gefahrenabwehrrecht – nach Analogieschluss, siehe Analogievoraussetzungen – Veräußerungs- und Verfügungsverbots ​ 175 f. – welches als Bargeld von der StA auf ein Konto eingezahlt wurde  145 ff – zur Terrorfinanzierung  174

Bagatellgrenze, siehe fiskalische Beweggründe Bargeld  139 ff, 211 ff. – als Sicherstellungsobjekt  35, 139 ff, 145 ff – bzgl. Schutz privater Rechte  235 f. – Ermessenreduktion auf Null, siehe unter Ermessen – Folgen einer Einzahlung zwecks Verwahrung  145 ff, 235 f. – Kreislaufmodell, siehe unter kriminalistisches Erfahrungswissen – Runderlass  74, 240 f. – Sachbegriff  146 ff. – Sicherstellungsfähigkeit  140 ff – Tauschwert  140, 212 f. – Widerlegung der Eigentumsvermutung ​ 229 f. Bestandskraft  280 ff Beweislastumkehr, siehe unter Widerlegung der Eigentumsvermutung Bindungswirkung der Sicherstellung  282 ff

Einziehung – aufgrund eines Verdachts  51 ff. – Bruttoprinzip  31, 45, 57 f. – erweiterte Einziehung  44 ff – Indizien  52 f. – nachträgliche  49 f. – Reform  30 ff, 46 f., 54 – selbständige Einziehung  49 ff – Sicherungseinziehung  47 ff. – Teilkontamination  60 f. – verfassungsrechtliche Bedenken  55 ff, 66 ff – Vermögen unklarer Herkunft  51 ff. Erledigung der Sicherstellung, siehe unter Präventive Gewinnabschöpfung Ermessen  241 ff – Auswahlermessen  242, 270 f. – Entschließungsermessen  242 ff – Entzug des Tatanreizes  255 ff. – Ermessensdefizit 245

Darknet  158 f., 165, 168, 174 – Kryptowährung, siehe unter Buchgeld

338 – – – – – – – – – – – – – – –

Sachverzeichnis

Ermessensdisproportionalität 245 Ermessensmissbrauch  245, 257 Ermessensnichtgebrauch 244 Ermessensreduktion auf Null  246 Ermessensreduktion auf Null bei Bargeld ​ 247 f. Ermessensreduktion auf Null bei fehlendem zivilrechtl. Schutz  248 f. Ermessens-Überschreitung  244 f. Ermessens-Unterschreitung  244 f. Existenzsicherung, siehe Ermessen – Schon­ vermögen fiskalische Beweggründe, siehe dort Heilung von Ermessensfehlern  244 investierte Arbeit soll nicht wirkungslos verpuffen  257 f. Prinzip der Zweckerreichung  249 ff, 279 f., 284, 288 Schonvermögen  253 ff. unbekannte Berechtigte  249 ff

Fiskalische Beweggründe  258 ff – Bagatellgrenze  42, 74 f., 258 ff., 271 ff – einfachrechtliche Ausgestaltung der Sicherheit  262, 266 ff – Haushaltsrecht als innere Grenze  262 ff – Mittelbeschaffung als unzulässiges Motiv ​268 – Staatsaufgabe Sicherheit  260 f., 267, 269 f. – unverhältnismäßiger Kostenaufwand 271 ff – Zulässigkeit  260 ff Folgemaßnahmen – allgemein  25 f., 29, 36 ff., 43, 168 f. – Auffangrechtserwerb  43, 63 f., 169, 259 f., 275 f. – Einziehung  141, 292 – gem. Runderlass  74, 76 f. – Herausgabe  37 f., 141 f., 169, 275 ff – Kosten  259 f., 273 f. – Verwahrung  141 f., 163, 172 f., 178 f., 185 ff., 215 f. – Verwertung  37 f., 43, 141 f., 163 f., 168 f., 179, 259 f., 275, 281 – Vernichtung  141 f., 163 f., 168 f., 179 – Zuführung zu gemeinnützigem Zweck ​ 168 – Zulässigkeit der Verwendung während der Verwahrung  185 ff.

Gefahr – Begriff  181 ff, 187 ff., 189 ff – Betrug  36 f., 38, 54 – BtM-Delikte  38, 41, 79 f., 118, 123, 167 f., 172, 197 ff, 218 f., 240 – Cannabis 199 – Dauergefahr 205 – Diebstahl  36 f., 38, 54, 79, 123, 213, 240 – Drogenhandel, siehe Gefahr  – BtM-Delikte – Entstehung durch beabsichtigte Freigabe durch Staatsanwaltschaft  136 f., 166 – Fremdgefährdung 191 – Gefahrenquelle  181 ff – gegenwärtige Gefahr  181 ff, 193 ff, 213 ff – Geldwäsche, siehe dort – Hehlerei  38, 54, 79 f., 118, 123, 213 – Hilfsmittel zur Abwehr sachfremder Gefahren  182 ff – Indiztatsachen, siehe dort – konkrete Gefahr  181, 190, 193 ff – Öffentliche Ordnung  188 f. – Öffentliche Sicherheit  188 f. – Öffentliches Interesse  189 ff – Schutzgüter  187 ff. – Selbstgefährdung  190 f. – Verletzung zivilrechtlicher Vorschriften ​ 189, 191 f. – zeitliche Nähe und Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts  193 ff Gefahrenabwehr als Selbstverwaltungsaufgabe ​77  ff Gegenwärtige Gefahr, siehe unter Gefahr – fehlender zivilrechtlicher Schutz 218 f., 232 – Schutz privater Rechte, siehe dort – Sicherung von Rückforderungsansprüchen ​ 213 ff, 232, 235 f. Geldwäsche  36, 38, 41, 168 Generalprävention  61, 255 ff. Gewinnabschöpfung – präventive Gewinnabschöpfung, siehe dort – Rechtsgrundlagen (Überblick)  43 f. – repressive Gewinnabschöpfung, siehe dort – Sperrwirkung durch Strafrecht  48 f., 53 ff., 64 f., 69 f. – Vergleichbarkeit der Indizienkataloge  53

Sachverzeichnis – Vorrang strafrechtlicher Regelungen – faktisch 71 – rechtlich 71 Grundstücke  178 ff. Herausgabe, siehe unter Folgemaßnahmen Immobilien, siehe Grundstücke Indiztatsachen bei BtM-Delikten  197 ff – aktuelle Kontakte  197, 204 f. – aktueller Aufenthaltsort  198 – Annahme der Reinvestition  200 ff. – auffälliges Verhalten  198 – Auffindeort / Aufbewahrungsart  197 – BtM-Besitz oder -Handel  197, 198, 205 – Drogenkonsum  198, 204 f. – Höhe des aufgefundenen Geldbetrages ​ 197, 204 – mehrfache Ermittlungen  197, 202 f. – positiver Drogentest  198, 204 f. – Relevanz der illegalen Herkunft  200 ff. – Resozialisierungsgebot, siehe dort – Szenetypische Stückelung  197, 200 ff. – Unschuldsvermutung, siehe dort – Verdachtsmomente aus organisierter Kriminalität 197 – Verurteilungen  197, 202 f. – unplausible bzw. widersprüchliche Erklärungen  198, 199 Indiztatsachen bei BtM-Delikten für weitere Begehung – aktuelle Kontakte zur Drogenszene  198 – deliktische Herkunft des Geldes  198 Indiztatsachen bei Hehlerei oder ähnlichen Delikten  205 ff – anonyme Hinweise  207 – Auffindeort / Aufbewahrungsart  206 – entspricht nicht gewöhnlicher Haushaltsführung 207 – Herkunft nach finanziellen Verhältnissen plausibel 206 – Herkunftsnachweise fehlen  207 – Höhe des aufgefundenen Geldbetrages ​ 206, 209 – mehrfache Ermittlungen  207, 209 – Nähe zu vermehrten Diebstählen  207 – originalverpackte Sache  206 – Rechnungen fehlen  207

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– Spuren deliktischer Herkunft  207 – unplausible bzw. widersprüchliche Erklärungen 206 – Vermischung mit erwiesen gestohlenen Sachen 207 – Verurteilungen  207, 209 – Verwendungsmöglichkeit fehlt  206, 210 – Vielzahl gleicher Sachen  206, 210 Indiztatsachen bei Hehlerei oder ähnlichen Delikten für weitere Begehung – Art und Weise vorheriger Tatbegehung deutet auf Reinvestierung  208, 210 – deliktische Herkunft  208, 210 – finanzielle Probleme fortbestehend  208 – mehrfache vergleichbare Verurteilungen ​ 207 – Verdachtsmomente bzgl. organisierter Kri­ minalität 208 Indiztatsachen für die Widerlegung der Eigentumsvermutung  206, 236 ff – anonyme Hinweise  237 – auffällige Stückelung in 500 €-Scheinen ​ 238 f. – Auffindeort / Aufbewahrungsart  237, 238 – entspricht nicht gewöhnlicher Haushaltsführung 237 – finanzielle Verhältnisse des Betroffenen ​ 236 – Herkunftsnachweise fehlen  237 – Höhe des aufgefundenen Geldbetrages ​238 – mehrfache Ermittlungen  237, 238 – Nähe zu vermehrten Diebstählen  237 – Originalverpackung 237 – Rechnungen fehlen  237 – Spuren deliktischer Herkunft  237, 238 – unplausible bzw. widersprüchliche Erklärungen bzgl. Herkunft oder Verwendungsabsicht  236, 238 – Vermischung mit erwiesen gestohlenen Sachen ​237, 238 – Verurteilungen  237, 238 – Verwendungsmöglichkeit fehlt  237, 238 – Vielzahl gleicher Sachen  237, 238 kriminalistisches Erfahrungswissen  53, 128 f., 193, 196 f., 199 ff, 208 ff., 212, 238 – Kreislaufmodell  200 ff., 209 Kryptowährung  158 f., 174

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Sachverzeichnis

Mitwirkungspflicht  226, 231, 277 ff. örtliche Angelegenheit  77 ff. Opportunitätsprinzip  241 f. Präventive Gewinnabschöpfung  25 ff, 33 ff, 73 ff – andere Bundesländer  25, 170 f. – Bedeutung / Begriff  25, 33 ff, 63 f. – Bestandskraft, siehe dort – Bindungswirkung der Sicherstellung, siehe dort – Dauer der Rechtswirksamkeit  275 ff – Erledigung der Sicherstellung  285 ff – auf andere Weise  285 ff – aufgrund veränderter Sach- und Rechts­ lage  286 f. – durch auflösende Bedingung / Wegfalls der Causa  288 f. – durch nachträglichen Verlust der Steuerungswirkung 289 – durch Zeitablauf  286 – infolge Gegenstandslosigkeit  287 – infolge Wegfalls des Regelungsobjekts ​ 286 – Fachaufsicht  77, 80, 94 ff, 102 f. – Fallzahlen  40 f. – Geschichte  25 f., 40, 42, 158 f., 167 f. – Gesetzgebungskompetenz  63 ff – Herausgabe, siehe Folgemaßnahmen – Informationsgewinnung durch Staatsanwaltschaft  75, 137 f. – Kosten  76 f., 259 f., 273 f. – Präklusion wegen fehlender oder fehlerhafter Mitwirkung  276 ff – rechtliche Grenzen  73 ff – Rechtsgrundlage  25 f., 34, 73 – Runderlass, siehe dort – Strafrecht, siehe dort und repressive Gewinnabschöpfung – Übermaßverbot  279 f., 288 f., 290 – Veränderung durch die Novellierung des Nds. SOG mit Gesetz vom 20. 05. 2019 ​ 292 ff – Verfahrenshinweis / -ablauf  75 f., 137 f. – Verfahrensstadien 25 – Verpflichtung zum Widerruf / Rücknahme, siehe Rücknahme oder Widerruf

– Verstoß gegen Treu und Glauben, siehe Treu und Glauben – Verwahrung, siehe Folgemaßnahmen – Verwaltungsvorschriften, siehe dort – Verwertung, siehe Folgemaßnahmen Präventive Sicherstellung inkriminierter Sachen, siehe Präventive Gewinnabschöpfung Räume, siehe Grundstücke repressive Gewinnabschöpfung  30 ff – Bedeutung / Begriff  32 f. – Einziehung, siehe dort – Geschichte  30 ff. Resozialisierungsgebot 203 Rücknahme der Sicherstellung  290 f. Runderlass zur präventiven Gewinnabschöpfung ​73  ff., siehe auch Verwaltungsvorschriften – Administrativrecht  81 ff, 90 f. – Darstellung  74 ff – Folgen einer Nichtbeachtung  112 f. – Folgen einer Rechtswidrigkeit  110 f. – Innenrecht  80 f., 88, 89 f. – mittelbare Außenwirkung  88, 91 ff, 105 f., 108 f. – Rechtsnatur  80 f. – Verbindlichkeit für Gemeinden  77 ff – Verbindlichkeit im Außenverhältnis  80 ff Sachbegriff im Gefahrenabwehrrecht  146 ff., 176 Schonvermögen, siehe Ermessen  – Schonvermögen Schutz privater Rechte  188 f., 220 ff – Bargeld, siehe dort – deliktische Herkunft  239 f. – entgegenstehender Wille des Berechtigen ​ 233 f. – Ermessenreduktion auf Null bei fehlendem zivilrechtlichem Schutz, siehe unter Ermessen – Gefahr, gegenwärtig oder konkret  234 f. – Indiztatsachen für die Widerlegung der Eigentumsvermutung, siehe dort – unbekannter Berechtigter  231 f., 249 ff – vor Verlust oder Beschädigung  221 ff – Widerlegung der Eigentumsvermutung, siehe dort

Sachverzeichnis Sekundäre Darlegungslast, siehe unter Widerlegung der Eigentumsvermutung Sicherheit als Staatsaufgabe, siehe unter fiskalische Beweggründe Sicherstellung  114 ff – Geschichte  140 f., 167 – in Baden-Württemberg  170 f. – Rechtsnatur  115 f. Sicherstellungsgegenstand  139 ff – als Hilfsmittel zur Abwehr sachfremder Gefahren, siehe unter Gefahr  – Hilfsmittel – Ausweispapiere  146 f. – Autoradios  42, 180 – Badetücher 180 – Bargeld, siehe dort – Buchgeld, siehe dort – Computer  35, 180 – Elektronikgeräte 35 – Explosivstoffe 182 – Fernseher 180 – Führerschein  142 ff. – Grundstücke, siehe dort – Handy 180 – HiFi-Anlagen 180 – Immobilien, siehe Grundstücke – Kleidungstücke  35, 42, 180 – Kraftfahrzeuge  35, 182 – Kryptowährung, siehe dort – Modeschmuck 42 – Navigationsgeräte 180 – Parfüm 180 – Räume, siehe Grundstücke – Schmuck  35, 180 – Schuhe 35 – Tabak 42 – typische Sachen  35, 180 – verdorbenes Fleisch  182 Sicherstellungsgrund  180 ff – Gefahr, siehe dort – Gefahrenabwehr  37 f., 181 ff – Gewinnstreben  34 ff, 268 – Schutz privater Rechte, siehe dort Spezialprävention  255 ff. Störereigenschaft, siehe Adressatenkreis – Nicht-Störer, siehe Adressatenkreis – Verhaltensstörer, siehe Adressatenkreis – Zustandsstörer, siehe Adressatenkreis

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Strafrecht – Bedeutung / Begriff  64 ff – gefährliche Tendenzen  67 f. – Kritik  66 ff – Präventionsstrafrecht  65 ff. – Schuldstrafrecht  65 f. – Sperrwirkung, siehe unter Gewinnabschöpfung – Strafrechtssystem 65 – ultima ratio  67, 68 – Wandel  65 f., 68 Treu und Glauben  289 f. Übermaßverbot, siehe unter Präventive Gewinnabschöpfung Unschuldsvermutung 203 Verwahrung, siehe unter Folgemaßnahmen Verwaltungsvorschriften, siehe auch Runderlass – antizipierte Verwaltungspraxis  93 – Außenwirkung ermessensleitender Verwaltungsvorschriften  89 ff – Außenwirkung norminterpretierende Verwaltungsvorschriften  107 ff. – Befolgungspflicht  80, 110 f. – Billigung / Duldung  93 ff, 112 – faktische Verwaltungspraxis  92, 94 ff – fingierte Verwaltungspraxis  92 f., 94 ff – Folgen der Nichtbeachtung rechtmäßiger Verwaltungsvorschriften, siehe unter Runderlass – Folgen rechtswidriger Verwaltungsvorschriften, siehe unter Runderlass – Gleichheitsgrundsatz – Anknüpfungspunkt  94 ff – Reichweite der Bindung  101 ff – landesweite Bindung  102 f. – mittelbare Außenwirkung ermessensleitender Verwaltungsvorschriften durch Selbst­ bindung  91 ff – mittelbare Außenwirkung ermessensleitender Verwaltungsvorschriften durch Vertrauensschutz  105 f. – mittelbare Außenwirkung norminterpretierende Verwaltungsvorschriften  108 f. – Neubegründung faktischer Verwaltungspraxis ​100  f.

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Sachverzeichnis

– – – –

organisatorische  81 ff Organleihe 104 Remonstration des Amtswalters  110 f. Selbst- / Ersatzvornahme der Fachaufsicht ​ 95 ff., 103 – unmittelbare Außenwirkung ermessensleitender Verwaltungsvorschriften  90 f. – verhaltenslenkende  89 ff – Verwerfungskompetenz  110 f. Verwertung, siehe unter Folgemaßnahmen

Wahrscheinlichkeit des Gefahreintritts, siehe Gefahr – zeitliche Nähe und Wahrscheinlichkeit Widerlegung der Eigentumsvermutung ​221 ff – Anforderungen bei Bargeld, siehe unter Bargeld – Auskunftspflicht  277 ff – Beweislastumkehr  226 f., 231 – deliktische Herkunft  222 – erforderlicher Grad an Gewissheit  226 ff – erforderlicher Grad bei Folgemaßnahmen ​ 228 f.

– Indiztatsachen, siehe Indiztatsachen für die Widerlegung der Eigentumsvermutung – sekundäre Darlegungslast 225  f., 227, 230 f., 239, 277 ff. Widerruf der Sicherstellung  290 f. Zuständigkeit  117 ff – allgemein / gem. Runderlass  74 – für Schutz privater Rechte  136 – für Straftatenverhütung  118 ff – Rechtsetzungsbefugnis zur Zuständigkeits­ regelung ​82  ff – Regelungslücke bzgl. Ende des Vorrangs (Straftatenverhütung)  85 f., 125 ff – Straftatenverhütung (Begriff)  122 ff. – Subsidiaritätsgrundsatz  117, 119 ff, 125 – Übergang der originären Zuständigkeit bei Straftatenverhütung auf Verwaltungsbehörde  125 ff – Verordnungsermächtigung  132 ff – Vorrang der Polizei bei Straftatenverhütung  118 ff – Vorschlag zum Schließen der Regelungslücke ​131  f.