Prädikative Nominalisierung mit Suffixen im Französischen, Katalanischen und Spanischen 9783111662879, 3484520728, 9783484520721


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German Pages 530 [532] Year 1978

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Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1. Kapitel: Einführung
2. Kapitel: Prädikative Nominalisierungen
3. Kapitel: Prädikative Nominalisierungen im Französischen
4. Kapitel: Prädikative Nominalisierungen im Katalanischen
5. Kapitel: Prädikative Nominalisierungen im Spanischen
6. Kapitel: Zum kontrastiven Vergleich
Nachwort
Bibliographie
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Prädikative Nominalisierung mit Suffixen im Französischen, Katalanischen und Spanischen
 9783111662879, 3484520728, 9783484520721

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B E I H E F T E ZUR Z E I T S C H R I F T FÜR R O M A N I S C H E PHILOLOGIE B E G R Ü N D E T VON GUSTAV

GRÖBER

F O R T G E F Ü H R T VON WALTHER VON WARTBURG HERAUSGEGEBEN VON K U R T

Band 166

BALDINGER

JENS LÜDTKE

Prädikative Nominalisierungen mit Suffixen im Französischen, Katalanischen und Spanischen

MAX NIEMEYER VERLAG TÜBINGEN 1978

Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Für Monika

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Liidtke, Jens: Prädikative Nominalisierungen mit Suffixen im Französischen, Katalanischen und Spanischen / Jens Lüdtke. - Tübingen: Niemeyer, 1978. (Zeitschrift für romanische Philologie: Beih.; Bd. 166) ISBN 3-484-52072-8

ISBN 3-484-52072-8 / ISSN 0084-5396 © Max Niemeyer Verlag Tübingen 1978 Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege zu vervielfältigen. Printed in Germany. Satz: pagina GmbH, Tübingen. Einband: Heinr. Koch, Tübingen.

Inhaltsverzeichnis

VORWORT

XI

1. KAPITEL: EINFÜHRUNG

1

Zur Fragestellung Der Begriff der Nominalisierung Theorie der Wortbildung Wortbildung und Grammatik Wortbildung und Lexikon Analyse und Synthese System und Norm Lexikalisierungen Synchronie und Beschreibung

1 3 5 11 12 12 14 16 18

2. KAPITEL: PRÄDIKATIVE NOMINALISERUNGEN

20

Ebenen der Beschreibung prädikativer Nominalisierungen Zur morphologischen Beschreibung Zur syntaktischen Beschreibung

20 24 31

1. Exkurs: Äquivalente für prädikative Nominalisierungen mit Suffixen. 2. Exkurs : Ansätze zu Beschreibung prädikativer Nominalisierungen....

. .

31 40

Relationen Zugrundeliegende Satzstruktur Topikalisierung Periphrasen Die Typen 1. Deverbale prädikative Nominalisierungen 2. Deadjektivische prädikative Nominalisierungen 3. Desubstantivische prädikative Nominalisierungen 4. Deadverbielle prädikative Nominalisierungen

54 54 56 58 61 62 68 72 74

Negierung Pluralisierung Prädikative Nominalisierungen und Modifizierung Bezeichnungsgruppen Produktivität Zur Beschreibung einzelner Suffixe

74 75 77 78 83 85 V

3 . K A P I T E L : PRÄDIKATIVE N O M I N A L I S I E R U N G E N IM F R A N Z Ö S I S C H E N .

Deverbale prädikative

87

Nominalisierungen

93

-ment -tionl-sionl-ion Maskuline Nullableitungen Feminine Nullableitungen Der Typ feminines Partizip Perfekt Der Typ maskulines Partizip Perfekt -ancej-ence -age -ure -erie -ade -aison/-oison/-(i)son -is -aille -iure -ing Vereinzelte Suffixe mit mehr als einer Abteilung Vereinzelte Suffixe und Ableitungen Ableitungen über ein implizites Verb a) und ein Substantiv in instrumentaler oder lokaler Funktion b) und eine prädikative Ergänzung Vereinzelte Suffixe

94 109 124 130 134 138 138 141 147 150 151 152 154 155 156 157 157 159 160 160 160 161

Deadjektivische

prädikative

Nominalisierungen

-ment -tionl-sionl-ion -(an)ce/-(en)ce -age -ure Vereinzelte Ableitungen mit sonst deverbalen Suffixen -(e)te/-ete/-eite/-ite -isme -erie -eur -esse -ie -itude/-ude -ise -ice Vereinzelte Suffixe Desubstantivische -tion -(an)ce/-(en)ce -age VI

. .

prädikative

Nominalisierungen

162 162 164 167 170 170 172 172 182 191 193 194 195 197 198 199 199 199 200 200 201

-ture/-(t)ure -ite -isme -erie -(er)ie -ie -ise -at

202 203 204 206 207 211

214 214

-e

218

Vereinzelte Suffixe und Ableitungen

218

Deadverbielle

prädikative

Nominalisierungen

4 . K A P I T E L : PRÄDIKATIVE N O M I N A L I S I E R U N G E N IM K A T A L A N I S C H E N

Deverbale prädikative

219

. .

Nominalisierungen

-ment -ciö/siol-iö -(a)n^a/-(e)n^a/-(ä)ncial-(e)ncia Maskuline Nullableitungen (-0/-e/-o) Feminine Nullableitungen (-a) -i -dura -atge Der Typ maskulines Partizip Perfekt Der Typ feminines Partizip Perfekt -dissa -or f. -or m -ö m -6 f. -era -dera -et -all -alla -eria -ia -im Vereinzelte Ableitungen Ableitungen über eine Umstandsbestimmung oder über das Subjekt und ein implizites Verb Ableitungen über eine prädikative Ergänzung und ein implizites V e r b . . . . Deadjektivische -ment -ciöl-iö -esa

prädikative

Nominalisierungen

220

221 222 224 226 226 228 229 229 231 231 233 235 236 236 236 237 237 238 238 238 239 239 239 239 240 240 241 242 242 243 243 VII

-datl-tatl-edatl-itat - (àn) cial-)èn) cia/- (an) ça/-ança -ia (:ia/'-ia) -i'cia -lime -itudl-ud -or -eria -ia -ària -era -ura

245 246 247 247 247 248 249 250 251 252 252 252

Vereinzelte Suffixe

253

Desubstantivische

prädikative

Nominalisierungen

253

-at -atge -(àn) cia/- (èn)cia -eria -esa -ia

253 254 254 254 255 255

-isme Vereinzelte Suffixe u n d A b l e i t u n g e n

256 256

Deadverbielle

prädikative

Nominalisierungen

257

5. KAPITEL: PRÄDIKATIVE NOMINALISIERUNGEN IM SPANISCHEN

258

Deverbale

263

prädikative

Nominalisierungen

-mientol-mento -cionj-sionj-stionj-iön

264 278

-oj- -' -o/-eo m -e m -a/---a f. -0 m •0f. -io -(a)nza/-(a)ncia/-(e)ncia -tura -dura -(a)je -zön M a s k u l i n e s Partizip Perfekt (-do) Feminines Partizip Perfekt (-da) -dera -era -eria

296 309 312 316 316 317 317 321 322 328 331 333 336 340 342 343

VIII

-ido -ort -azo -or Vereinzelte deverbale Suffixe mit mehr als einer Ableitung Vereinzelte deverbale Ableitungen Ableitungen über ein implizites Verb a) und ein Substantiv in instrumentaler oder lokaler Funktion -azo -ada ön Vereinzelte Suffixe b) Ableitungen über ein implizites Verb und ein Substantiv in der Funktion einer prädikativen Ergänzung -ada -eria/-(er)ia Vereinzelte Suffixe Deadjektivische

prädikative

Nominalisierungen

-miento -ciönl-iönl-siön - (an)za/- (an) cia/- (en) cia/-ancia/-encia -(d)ura/-ura Vereinzelte auch deverbale Suffixe -dad/-tad/-edad/-idad -ismo -eza -ez -itud/-tud/-ud -eria/-(er)ia -era -or -ial-ia -icia -edumbrel-idumbrel-umbre Vereinzelte Suffixe und Ableitungen Desubstantivische

prädikative

-miento -dort -(an)cia/-(en) cia/-anza -dad/-edad/-idad -ismo -ez -eria -(er)ia -ial-ia -ado/-ato/-iato -azgo (-adgo, -algo)

Nominalisierungen

344 347 350 351 352 355 356 356 356 363 366 366 366 366 369 371 371 372 372 374 377 380 380 387 391 392 395 396 399 400 401 404 404 404 405 405 405 406 406 407 410 411 412 415 419 423 IX

-aje -(t) ura/-atura/-adura -io Vereinzelte Suffixe und Ableitungen Deadverbielle

6. KAPITEL

prädikative

: ZUM

Nominalisierungen

KONTRASTIVEN

VERGLEICH

424 425 425

426 426

427

NACHWORT

437

BIBLIOGRAPHIE

439

REGISTER

455

Wörterverzeichnis Suffixverzeichnis Sachwörterverzeichnis

455 510 515

Bemerkung: M i t » . . . « werden Wortparaphrasen gekennzeichnet, mit /.../ Periphrasen im Rahmen der Wortbildung.

X

Vorwort ... auf diesen dornigten Pfaden, wo man immer zwischen der doppelten Klippe herumirrt, an trokkenen Wörtern zu kleben, oder in apriorischen Ideen chimärisch sich zu verlieren. Humboldt an Goethe

Eine umfassende Untersuchung der Wortbildung der romanischen Sprachen im Bereich der prädikativen Ableitung ist bis jetzt noch nicht unternommen worden, wenn es auch einige Ansätze in dieser Richtung gibt. In dieser Arbeit werden die Nominalisierungen dargestellt, die das Prädikat als satzsemantische Grundlage haben. Andere prädikative Bildungen wie Nomina agentis, loci oder instrumenti usw. werden hier nur am Rande in Betracht gezogen. In einer funktionellen Wortbildungslehre kommt es nicht auf die jeweils singulären Bedeutungen, sondern auf die systematisch begründbaren Bedeutungen abgeleiteter oder zusammengesetzter Wörter, d. h. auf die Wortbildungsbedeutungen an. Ich versuche, das System der Wortbildungsbedeutungen und das Ausmaß seiner Realisierungen unter funktionell-relationellem Gesichtspunkt zu beschreiben. Darüber hinaus gehören alle derartigen Wörter ins Lexikon, da sie in größerem oder geringerem Maße lexikalisiert sind. Aber von der Tatsache, daß diese Wörter Einheiten des Lexikons sind, ist in einer Wortbildungslehre abzusehen. Die Wortbildung ist als autonomer Bereich im Wortschatz einer Sprache anzusehen; daher beschränke ich mich auf die Darstellung der - notwendigerweise von Idiosynkrasien und Bezeichnungsbesonderheiten abstrahierenden - Wortbildungsbedeutung. Im Vergleich zu Arbeiten zur Wortbildung, die auf einer oft dürftigen Materialbasis beruhen, biete ich ein eher üppiges Material. Meine Absicht dabei war, alle Behauptungen im einzelnen nachprüfbar, die Wortinterpretationen für die Lexikographie auswertbar und das Material für weitere Untersuchungen verfügbar zu machen, auch für solche, die von anderen theoretischen Voraussetzungen ausgehen. Für Rat und Hilfe in verschiedenen Entwicklungsstadien möchte ich Hans Helmut Christmann, Ekkehard Köhler, Reinhold Kontzi, Hans Marchand, Antoni Pous t , Antonio Tovar und Alberto Zuluaga danken. Vor allem aber geht mein Dank an Eugenio Coseriu, der meine Arbeit in jeder Phase gefördert hat; seine Sprachwissenschaft ist, hoffe ich, weitaus stärker in die Darstellung eingegangen, als in den Anmerkungen zum Ausdruck kommt. Meine Frau hat die mühevolle Aufgabe übernommen, das Manuskript abzuschreiben und allzu häufige abrupte brevitas zu verhindern. Kurt Baldinger bin ich für die Aufnahme meiner Arbeit in die Beihefte der Zeitschrift für romanische Philologie zutiefst verpflichtet. Und nicht zuletzt möchte ich meinen Dank und meine Anerkennung für die sorgfaltige Betreuung durch den Max Niemeyer Verlag aussprechen. Das Manuskript ist im wesentlichen im Januar 1975 abgeschlossen worden. Tübingen, im September 1977

1. Kapitel: Einführung

Z u r Fragestellung Es ist üblich geworden, sich zu Beginn einer Arbeit zur Wortbildung über die geringe Beschäftigung mit ihr zu beklagen. Dabei darf es doch nicht wunder nehmen, daß gerade die Wortbildung und noch dazu einige Aspekte der synchronischen Wortbildung erst relativ spät in der strukturellen Sprachwissenschaft behandelt werden, denn eine einigermaßen erschöpfende Behandlung der Wortbildung kann erst dann beginnen, wenn die notwendigen praktischen und theoretischen Voraussetzungen geschaffen worden sind. In einer Phase der Sprachwissenschaft, die vor allem materiell oder historisch und materiell ausgerichtet ist, d. h. die Ausdrucksseite der Sprache betont, steht die Morphologie der Wortbildung oder ihre Geschichte im Vordergrund. Die Wortbildung liegt im Schnittpunkt von Morphologie, Syntax und Semantik und muß sich daher auf die Entwicklung dieser Bereiche der Sprachwissenschaft beziehen. So konnten auf dem Gebiet der romanischen Sprachen die Wortbildungslehren z. B. von John Palsgrave, Friedrich Diez und Wilhelm Meyer-Lübke1 nicht über den damaligen theoretischen Stand der romanischen Sprachwissenschaft hinausgehen, sie spiegeln ihn vielmehr wider. Palsgrave ist der erste, der die Wortbildung einer romanischen Sprache ausführlich dargestellt hat. Er behandelt die Wortbildung als ein Akzidens der einzelnen Redeteile, dazu unterscheidet er noch nach den zugrundeliegenden Redeteilen.2 In den annotations des dritten Buchs stellt er die fran1

J. Palsgrave, L'éclaircissement de la langue française par Jean Palsgrave suivi de la grammaire de Giles de Guez, publiés pour la première fois en France par F. Génin, Paris 1852 (Originaltitel: Lesclarcissement de la Langue Françoyse, 1530 o. O.); F. Diez, Grammatik der romanischen Sprachen, 2. Bd., 3. Aufl., Bonn 1871, S. 276492 ; W. Meyer-Lübke, Historische Grammatik der französischen Sprache, 2. Teil : Wortbildungslehre, 2. durchgesehene Auflage von J. M. Piel, Heidelberg 1966. Siehe zum Beitrag Antonio de Nebrijas zur Wortbildungslehre den Anfang des 5. Kapitels. 2 Dies geht z. B. aus dem Abschnitt »The Fourthe Accident« (des Substantivs) im ersten Buch hervor: »Derivatyon or formation, that is to saye, substantyves somtyme be fourmed of other substantyves, as of pómme, an appiè, pommiér, an apple t r e ; . . . of amy, a frende, amytye, frendshyppe . . . Somtyme they be fourmed of verbes, as of parlóye, I dyde speke, parléor, a man spekar and parlement, a spekyng; of engendrér, to begette, engendrévre, a begetting.« (S. 68)

1

zösische Wortbildung unter diesem Gesichtspunkt in Beispiellisten dar. Seine Betrachtungsweise entspricht im wesentlichen dem theoretischen Stand der lateinischen Grammatiken von Donatus und Priscian; die genaueren Zusammenhänge sollen hier nicht weiter verfolgt werden. Mit Friedrich Diez setzt die historisch-materielle Betrachtung der romanischen Wortbildung ein. Sein Ausgangspunkt ist das lateinische Etymon, dem in der Darstellung die Ergebnisse in den romanischen Sprachen folgen. Funktionsunterschiede werden bei den einzelnen materiellen Verfahren nicht oder nicht durchgehend gemacht. Obwohl aber die lateinische Form zugrunde liegt, beruht die Klassifikation nicht auch auf den zugrundeliegenden Wörtern, sondern auf deren Ergebnissen in den romanischen Sprachen. Hinzu kommt, daß die Suffixe innerhalb der Wortarten nach lautlichen Kriterien klassifiziert werden.3 Von dieser Position rückt bereits Wilhelm Meyer-Lübke mit der Einführung »funktioneller« Kriterien ab.4 Wenn in der vorliegenden Arbeit zusätzlich zur Morphologie als weitere Komponente ein syntaktischer Ansatz für die Beschreibung von prädikativen Nominalisierungen im Französischen, Katalanischen und Spanischen hinzugefügt werden soll, so würde dies im Grunde eine adäquate Syntaxtheorie voraussetzen, die auf die genannten Sprachen anwendbar ist. Da es diese Syntaxtheorie noch nicht gibt, gehe ich einen anderen Weg: Ich greife die theoretischen Ansätze heraus, die geeignet sind, tatsächlich vorhandene oder angenommene Phänomene in der Wortbildung zu beschreiben. Man könnte sogar so weit gehen zu behaupten, falls man die Behauptung der Relevanz der Syntax für die Wortbildung annimmt, daß einige fundamentale Aspekte einer Syntaxtheorie in der Wortbildung auf ihre Adäquatheit hin getestet werden könnten. Als drittes Erfordernis einer möglichst umfassenden Wortbildungslehre (neben der Morphologie und der Syntax) ist in letzter Zeit die Berücksichtigung der Bedeutungs- bzw. Bezeichnungsgruppe hinzugetreten (s. u. Bezeichnungsgruppen ). Mit dieser Arbeit werde ich versuchen, die prädikativen Nominalisierungen als einen klar abgrenzbaren Bereich der Wortbildung des Französischen, Katalanischen und Spanischen unter Einschluß aller seiner wesentlichen Kennzeichen zu beschreiben. Eine solche Beschreibung ist, wie

2

3

So schreibt Diez im 2. Band seiner Grammatik: »Es folgt nunmehr ein Verzeichnis der wichtigsten Ableitungssuffixe nebst einer Auswahl von Beispielen; zuerst die rein vocalischen, dann die mit einfachem, mit doppeltem, mit zwei ungleichen Consonanten. Die Ordnung ist alphabetisch nach dem letzten Buchstaben vor dem Genus- oder Flexionsvocal.« (S. 300)

4

S. dazu weiter unten die Einleitung zu den prädikativen Nominalisierungen im Französischen.

es scheint, für diese drei romanischen Sprachen noch nicht unternommen worden. 5

Der Begriff der Nominalisierung D i e sprachlichen Fakten, die Gegenstand dieser Untersuchung sind, haben sehr verschiedene Benennungen, die sich nicht genau miteinander decken. Traditionell werden sie Abstrakta genannt und in Substantivabstrakta, Adjektivabstrakta und Verbalabstrakta 6 eingeteilt; manchmal werden die Substantivabstrakta nicht als ein getrennter Wortbildungstyp erkannt. Adjektivabstrakta und Verbalabstrakta werden weitaus häufiger als N o m i n a qualitatis und N o m i n a actionis bezeichnet. Der Begriff Abstraktum ist aber kein Kriterium für die Trennung sprachlicher Fakten wie Mitgliedschaft, Weiße, Umsegelung, Diesheit, die zur Wortbildung gehören, von Wörtern wie Friede, Zeit, Raum, die dem primären Wortschatz angehören. Er enthält oftmals den Gegensatz zwischen einem »konkreten« Grundwort und einem »abstrakten« abgeleiteten Wort, wobei »abstrakt« und »konkret« als Bezeichnungskategorien und nicht als Kategorien sprachlicher Gestaltung anzusehen sind. 7 5

Auch die Darstellungen von J. Dubois sind nicht systematisch in diesem Sinne, soweit sie unser Problem betreffen: J. Dubois, Etude sur la dérivation suffixale en français moderne et contemporain, Paris 1962, und Grammaire structurale du français: la phrase et tes transformations, Paris 1969; vgl. auch J. und Cl. Dubois, Introduction à la lexicographie: le dictionnaire, Paris 1971. 6 S. z. B. Meyer-Lübke, op. cit. Die ausführlichste Diskussion der Abstrakta findet sich bei E. Mikkola, Die Abstraktion. Begriff und Struktur, Helsinki 1964; dieses Werk versucht, die möglichen Arten der Abstraktion und Abstraktheit (oder »Abstraktivität«) zu behandeln, ohne aber zu einer klaren und eindeutigen Unterscheidung der Bestimmung von »abstrakt«, d. h. nicht »konkret«, im Hinblick auf die Erfassung der Wirklichkeit und der Bestimmung von »Abstrakta« als innersprachlichen Verfahren zu kommen, wie aus folgendem Zitat, um nur ein Beispiel zu geben, indirekt hervorgeht: »Wir können also feststellen, daß die heutige grammatische Vorstellung, nach der die >Eigenschaftsabstrakta< abstrakt, die entsprechenden Adjektive dagegen konkret sind, schon in der mittelalterlichen Philosophie vorkommt, daß also die Abstraktivität, die wir die >strukturale< nennen, ferne, nicht nur in der Grammatik ruhende Wurzeln hat« (S. 163, von mir unterstrichen). Im wesentlichen systematisiert Mikkola oft allerdings ohne genügend kritische Distanz. Die Ergebnisse der Untersuchung hat er in Die Abstraktion im Lateinischen, 2 Bde., Helsinki 1964, auf eine Einzelsprache angewandt. Sein Ziel war aber nicht die Untersuchung des Systems sprachlicher Abstrakta im Lateinischen, sondern er wollte den Grad der sog. Abstraktheit der lateinischen Gebrauchs- und Kunstsprache anhand von Texten feststellen. Seine Untersuchung betrifft deshalb nur die Verwendung der Abstrakta in der Rede und ihre Häufigkeit. - Zum Problem der Abstraktheit des Französichen siehe auch J. Albrecht, Le français - langue abstraite?, Tübingen 1970. 7

Eine weitere Bezeichnung für Abstraktum, die auch von Mikkola diskutiert 3

Der Begriff Nominalisierung ist eine andere übliche Bezeichnung dieses Bereichs der Sprache. Auch wenn er zu einer innersprachlichen Abgrenzung des Sprachmaterials führt, so müssen doch weitere Präzisierungen vorgenommen werden. Die erste Präzisierung betrifft die sprachliche Ebene, auf die der Begriff Nominalisierung anwendbar ist. Bei Robert B. Lees bezieht sich der Begriff auf Satzteile (clauses) vom Typ That he came (was obvious) und vom Typ His drawing the picture rapidly ... und auf Wörter wie depth oder writing in I approved of his writing because they hadn 7 heard from him for so long ( The Grammar of English Nominalizations, S. 59ff.). In einer Wortbildungslehre sind nur Nominalisierungen vom Typ depth und writing zu behandeln, in der Syntax dagegen die Typen His drawing the picture rapidly ... und That he came (was obvious), die auch als Äquivalente für Nominalisierungen auf der Ebene des Worts funktionieren können, wenn entsprechende lexikalische Einheiten fehlen (s. u. Äquivalente für prädikative Nominalisierungen mit Suffixen)} Als Nominalisierungen sollen in der Wortbildungslehre also nur die Verfahren bezeichnet werden, die unabhängig von der zugrundeliegenden Wortart zur Bildung eines Substantivs als Einheit des Lexikons führen: Das Ergebnis ist immer ein »substantivisches Wort«. Damit sollen Einheiten oberhalb der Ebene des Wortes als Ergebnisse der Nominalisierung ausgeschlossen werden. Diese Abgrenzung soll aber die Bildung von Substantiven auf der Grundlage von Substantiven mit einer syntaktischen Funktion einschließen, z. B. im Französischen {être) prêtre — prêtrise, (être) recteur — rectorat, (se comporter en) arlequin —• arlequinade. Diese Ableitungen werden desubstantivisch genannt, wie (être) beau —• beauté als deadjektivische Ableitung betrachtet wird. Für die Beschreibung der anderen Einheiten oberhalb der Ebene des Wortes, die diesen Nominalisierungen entsprechen können, müßten besondere Termini geprägt werden, damit eine genaue funktionelle Abgrenzung der verschiedenen Äquivalenzebenen möglich wird und diese Ebenen aufeinander bezogen werden können.

wird, ist Hypostasierung. Dieser Begriff ergibt jedoch ebensowenig wie der von H. Hempel, »Konkretum und Abstraktum als sprachliche Kategorien«, Kant-Studien 48 (1956/57), S. 134-160, bes. S. 14f. dafür verwendete Begriff Konversion neue Aspekte für die Sprachwissenschaft. 8 »The nominals generated by the rules which we shall study herein are not themselves sentences, but rather they are noun-like versions of sentences. These transformed sentences must occur as nominals within other sentences, in fact, at just those points where abstract nouns were developed in the phrase-structure of kernel sentences and their simple transforms« (Lees, op. cit., S. 54). - Dagegen werden die zu einem Wort führenden Nominalisierungen als »proper nominalizations« innerhalb der transformationellen Grammatik getrennt von Z. Vendler, Adjectives and Nominalizations, Den Haag und Paris 1968, S. 26ff.

4

Nominalisierungen wie Mitgliedschaft, Weiße, Umsegelung, Diesheit können aber erst dann als autonomer Bereich der Wortbildung bestimmt werden, wenn man die Prädikativität als unterscheidenden Zug hinzunimmt. Auf diese Weise werden diese Nominalisierungen von Nominalisierungen eines Satzes über das Subjekt wie dt. Läufer (»jemand, der läuft«) oder das Mittel wie frz. arrosoir (»ce qui sert à arroser«) usw. unterschieden.® Um darüberhinaus Nominalkompositionen wie dt. Menschsein oder engl, population growth auszuschalten, müssen die prädikativen Nominalisierungen mit Suffixen (und Nullentwicklungen) von den durch Zusammensetzung gebildeten geschieden werden. Die prädikativen Nominalkompositionen kommen in den romanischen Sprachen fast nicht vor (vgl. frz. bien-être). Die prädikativen Nominalisierungen mit Suffixen erlauben eine einheitliche und in sich geschlossene Fragestellung unter syntaktischem Gesichtspunkt, und ihre Erklärung enthält auf dieser Grundlage zugleich eine systematische Erklärung einiger nicht-prädikativer Nominalisierungen.

Theorie der Wortbildung Bevor der Versuch einer solchen Erklärung auf syntaktischer Grundlage unternommen werden kann, ist es nötig, die prädikativen Nominalisierungen in eine Theorie der Wortbildung einzuordnen. Dies ist umso notwendiger, als formal gleiche Wortbildungen auf dem Wege über verschiedene Verfahren entstehen, die infolgedessen erst einmal getrennt werden müssen. Die prädikativen Nominalisierungen können entweder in eine Theorie der Wortbildung eingeordnet werden, die sich auf materielle Kriterien bei der Klassifikation von Verfahren und auf das Determinationsverhältnis der Wortbildungselemente gründet und dann zur Inhaltsanalyse gelangt, wie dies in der Wortbildungslehre H. Marchands10 geschieht, oder in eine Wortbildungstheorie, die zunächst eine Inhaltsanalyse der Wortbildungsverfahren vornimmt und dann ihren materiellen Ausdruck feststellt, wie es in der strukturell-funktionellen Wortbildungslehre E. Coserius11 der ' Diese Annahmen, die zur Abgrenzung des Themas vorausgeschickt werden, werden weiter unten näher begründet. 10 S. dazu vor allem H. Marchand, The Catégories and Types of Present-Day English Word Formation, München 1969, 2. Aufl., und den Aufsatz »Expansion, Transposition and Derivation«, La Linguistique 1 (1967), S. 13-26. 11 Die wichtigsten Behandlungen der Wortbildungstheorie E. Coserius sind enthalten in »Structure lexicale et enseignement du vocabulaire«, Actes du 1"colloque international de linguistique appliquée, Nancy 1964 (1966), II, 1, S. 175-217 ( = Les théories linguistiques et leurs applications, AIDELA 1967, S. 9-51); »Les structures lexématiques«, ZFSL, Beiheft, NF, Heft 1 (1968), S. 3-16; und in der 5

Fall ist. Andere spezielle Ansätze werden bei der Diskussion der prädikativen Nominalisierungen berücksichtigt. Da ich den Teilbereich der Nominalisierungen untersuche, der aufgrund des inhaltlichen Zugs der Prädikativität aus anderen Teilbereichen der Nominalisierung ausgegliedert wird, ordne ich die prädikativen Nominalisierungen in die nach inhaltlichen Kriterien aufgestellte Wortbildungstheorie E. Coserius ein, damit ein kohärenter Versuch der Bestimmung des Verhältnisses des Teilsystems der prädikativen Nominalisierung zu anderen Teilsystemen der Wortbildung und ihrer gegenseitigen Berührungspunkte unternommen werden kann. Dementsprechend werden im folgenden die Grundzüge dieser Theorie kurz dargestellt und die Berührungspunkte mit den prädikativen Nominalisierungen akzentuiert; in einigen Punkten wird die Theorie weiterentwickelt. Die Notwendigkeit einer Integration in die Wortbildungstheorie ergibt sich daraus, daß ein prädikativ nominalisierendes Suffix oft auch andere inhaltliche Verfahren außer den prädikativen Nominalisierungen kennzeichnet und daß einige Bedeutungstypen der prädikativen Nominalisierungen daneben einen besonderen materiellen Ausdruck erhalten. Die Wortbildung gehört nach der Sprachtheorie E. Coserius (s. »Les structures lexematiques«, loc. cit.) zu den lexematischen Strukturen oder Relationen, die entweder paradigmatisch oder syntagmatisch sind. Dabei wird das allgemeine Verhältnis der Strukturelemente zueinander als Relation bezeichnet und die jeweilige bestimmte Wortschatzgestaltung in einem Teilbereich der Sprache als Struktur. Die syntagmatischen Relationen, z. B. die zwischen dt. Schiff, Zug usw. und fahren, erscheinen in der Wortbildung nicht und werden daher im folgenden nicht behandelt. Die paradigmatischen Relationen sind primär und sekundär. Primäre paradigmatische Relationen kommen vor, wenn Lexeme in Opposition zu anderen Lexemen desselben Paradigmas im Wortschatz stehen und wenn die Glieder der Opposition sich gegenseitig einschließen, ohne daß eines von ihnen im Vergleich zum anderen primär ist; so impliziert jung zum Beispiel alt und alt jung aber keines dieser beiden Glieder ist dem anderen gegenüber primär. 12 Diese Relationen schließen die Wortfelder und die im Wintersemester 1966/67 gehaltenen (unveröffentlichten) Vorlesung über Romanische (insbesondere französische) Wortbildung. Die beiden Aufsätze sind in deutscher Übersetzung in E. Coseriu, Einführung in die strukturelle Betrachtung des Wortschatzes, Tübingen 1970, zugänglich. 12 S. dazu H. Geckeier, Zur Wortfelddiskussion. Untersuchungen zur Gliederung des Wortfeldes »alt - jung - neu« im heutigen Französisch, München 1971. - Um ein Beispiel zu geben: Die Glieder a, b, c sind in einem primären Paradigma im Hinblick auf die Opposition gleich; in diesem primären Paradigma kann z. B. b bei den Gliedern b,, b2, b3 verschiedene kategorielle bzw. grammatische Funktionen enthalten. Die Glieder b,, b2, b3 sind ein Paradigma innerhalb von b und deshalb sekundär:

6

lexikalischen Klassen ein. Dagegen umfassen die sekundären paradigmatischen Relationen das gesamte Gebiet der traditionellen Wortbildung und die Konversion. Sie implizieren immer eine nicht umkehrbare Transformation eines primären Wortes. Ein primäres Wort oder Grundwort erhält eine grammatische Bestimmung und wird mit dieser impliziten grammatischen Bestimmung erneut an den Wortschatz zurückgegeben. Beau erhält z. B. die grammatische Bestimmung Prädikativität und Substantivität und wird als beauté wieder an den Wortschatz zurückgegeben. Der Übergang von beau in prädikativer Funktion zu beauté, also von être beau zu beauté, schließt die Subordinierung eines Satzes zu einem Wort ein. Dieser Begriff bezieht sich auf die Eigenschaften grammatischer Schichten. Grammatische Schichten können die minimale Einheit, das Wort, die Wortgruppe, die »Klausel« (clause), der Satz Satz und möglicherweise der Text ein. Eigenschaften dieser Schichten sind Superordinierung, Subordinierung, Koordinierung und Ersetzung.13 Uns betrifft von diesen Eigenschaften nur die Subordinierung. In ihrem Falle funktioniert eine höhere Struktur in einer niedrigeren Schicht. Die Subordinierung einer Wortgruppe zu einem Wort liegt zum Beispiel vor bei weißer Fisch — Weißfisch (mit Fixierung im Lexikon), die eines Satzes zu einem Wort beim Typ x ist schön — Schönheit, er lehrt •— Lehrer. Als Übergangsstufe zwischen dem abstrakt gemeinten Satz und dem Wort kann man methodisch die »Klausel« annehmen, z. B. er lehrt — einer, der lehrt — Lehrer ; x ist schön — die Tatsache, daß x schön ist — Schönheit.14 Die Wortbildung als Ganzes ist ein besonders häufiger Fall von Subordinierung.

So funktioniert etwa beauté im Wortfeld von beau, aber im sekundären Paradigma, während laid im Gegensatz dazu im primären Paradigma funktioniert (Mitteilung von E. Coseriu). ! S. dazu E. Coseriu, »Über Leistung und Grenzen der kontrastiven Grammatik«, Probleme der Kontrastiven Grammatik. Sprache der Gegenwart, Jahrbuch 1969, Düsseldorf 1970, S. 9 - 3 0 ; jetzt auch in G. Nickel (Hrsg.), Reader zur kontrastiven Linguistik, Frankfurt/Main 1972, S. 39-58, bes. S. 49-52. Vgl. auch M. A. K. Halliday, »Catégories of the Theory of Grammar«, Word 17 (1961), S. 241-292, bes. S. 251-254; und W. A. Cook, Introduction to Tagmemic Analysis, New York usw. 1969. ' Der Vorteil der Annahme einer Zwischenstufe liegt darin, daß gleichzeitig mit der Subordinierung auch die Topikalisierung zum Ausdruck kommt, denn in einem Satz vom Typ er lehrt könnte sowohl das Subjekt als auch das Prädikat topikalisiert werden. Die Topikalisierung des Subjekts führt zu Lehrer, die des Prädikats zu Lehre. - Der Begriff der Topikalisierung wird unter Ebenen der Beschreibung prädikativer Nominalisierungen und unter Topikalisierung näher bestimmt.

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Nach der Art der grammatischen Bestimmung werden drei Wortbildungstypen unterschieden: die Modifizierung, die Entwicklung und die Komposition. a) Die Modifizierung entsteht aufgrund einer grammatischen Bestimmung auf der Ebene des Wortes und wird durch ein Affix ausgedrückt. Da kein Wortklassenwechsel eintritt, wird die Modifizierung homogen genannt. Sie entspricht in der Syntax den Typen Adjektiv + Substantiv (frz. maisonnette), Adverb + Verb (frz. chantonner), Adverb + Adjektiv (frz. rougeâtre), Adverb + Adverb (span. ahorita), daneben aber auch der Bestimmung durch das Genus (frz. ânesse) und durch den Numerus (frz. électoral). Die Modifizierungen z. B. des Typs maisonnette haben eine Entsprechung in der Komposition vom Typ dt. Weißfisch, engl, blackbird, frz. belles-lettres, château-fort ; nur liegt in diesen Fällen eine Kombination von Lexemen vor.15 Die prädikativen Nominalisierungen berühren sich mit der Diminutivierung, z. B. it. passeggiata —• passeggiatina, port, sorriso — sorrisinho, und mit der Kollektivbildung und müssen häufig von den Kollektivbildungen getrennt werden, z. B. frz. baronnage / le fait d'être baron / von /les, des barons / . b) Bei der Entwicklung schließt die grammatische Bestimmung des Grundworts eine Funktion im Satz ein. So wird frz. beau oder créer + prädikative Funktion + Substantivierung zu beauté, création. Dieser Fall, 15

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Vgl. dazu schon F. Schmitthenner, Ursprachlehre, Frankfurt/Main 1826, S. 190f.: »Die Verhältnisse, welche durch die Ableitung auf ihren drei verschiedenen Stufen dargestellt werden, können keine anderen als diejenigen sein, welche durch die Sprache überhaupt bezeichnet werden.« Es sind dies insbesondere die Verhältnisse des Geschlechts, der Zahl und des Grades, die in der Modifizierung vorkommen. Diese Verhältnisse erkennt Schmitthenner aber nicht nur in der Ableitung, sondern auch in der »Zusammensetzung der Hauptwörter«: »a) Geschlecht (Grundwort - inn): Hirschkuh - Hindinn; Rehgeiß, Eselstute, Tiegerweibchen. b) Vermehrung und Verminderung, wohin auch die Ausdrücke für die Jungen fallen: Eselfüllen, Bocklamm (Bockslamm [sie] gehört unter dieselbe Kategorie mit Jungfernkind)« (S. 239). Vgl. auch: »Noch muß man, wo der Begriff möglich ist, von dem oben gebildeten Decker durch innerliche Ableitung die Bezeichnung für folgende Verhältnisse bilden können: a) des Geschlechtes: die Decker-inn; b) der Zahl: die Deckerzunft, - denn Deckerei, wie Bürgerei, Deckerschaft wie Burschenschaft u. s. m. ist nicht üblich; c) des Grades, wo aber die teutsche Sprache keine Mehrform, wie die italiänische, sondern nur Minderformen hat: Deckerchen« (S. 192). Die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Klassifikation soll im einzelnen undiskutiert bleiben, denn es geht nur um die partielle inhaltliche Parallelität von Modifizierung und Komposition.

von Ch. Bally (Linguistique générale et linguistique française, S. 116ff.) Transposition genannt, gehört zur Wortbildung; die Konversion hingegen soll als ein grammatisches Verfahren klassifiziert werden, das nicht zur Wortbildung zu rechnen ist; es scheint nur als Übergang zum Substantiv vorzukommen, z. B. frz. rouge + attributive Funktion + Substantivierung zu le rouge / ce qui est rouge /. Gewöhnlich - in gewisser Hinsicht immer - beinhaltet die Entwicklung einen Wortklassenwechsel, d. h. sie ist heterogen." Im Verhältnis des Grundworts zum entwickelten Wort sind zwei Sonderfälle zu unterscheiden: Der erste ist die Entwicklung des Grundworts mit einem bestimmten Gebrauch. Eine Entwicklung dieser Art liegt häufig vor, wenn mehrere Suffixe die gleiche grammatische Bestimmung kennzeichnen, z. B. frz. battage (du blé) gegenüber battement (de la pluie, de mains, du coeur). Die grammatische Bestimmung »Prädikativität« ist bei beiden Entwicklungen gleich, nicht aber der zugrundeliegende Gebrauch von battre, der zur Suffixdifferenzierung führt. Oder bei plénitude liegt ein übertragener Gebrauch von plein zugrunde, so daß etwa * la plénitude du verre nicht möglich ist. Es muß sogar beinahe als Normalfall gelten, daß ein entwickeltes Wort in reduzierter Weise die Bedeutung (d. h. einen bestimmten Gebrauch) des Grundworts enthält. Im Spanischen sind prädikative Mehrfachableitungen häufiger als im Französischen, z. B. werden lava, lavación, lavada, lavado, lavadura, lavaje, lavamiento, lavatorio, lave von lavar abgeleitet. Mehrfachableitungen treten dagegen kaum bei Nomina agentis, loci, instrumenti usw. auf. Der zweite Sonderfall, die systematisch motivierten Bedeutungen von Entwicklungen (z. B. la beauté / le fait d'être beau / und / celui (celle), ce qui est beau (belle) / ) werden bei der allgemeinen Beschreibung der prädikativen Nominalisierungen ausführlicher besprochen ; sie hängen von der mit dem Grundwort vereinbaren Satzstruktur ab. Ein entwickeltes Wort kann seinerseits Ausgangspunkt einer neuen Entwicklung sein. In diesem Sinne kann man in den Einzelsprachen Serienentwicklungen erkennen, z. B. frz. Afrique — africain — africaniser — africanisation. Bei einer solchen Serienentwicklung kann es vorkommen, daß eine Stufe übersprungen wird, indem ein neues Wort geschaffen wird, ohne daß das unmittelbar vorausgehende Wort in der Sprachnorm wirklich vorhanden sein muß. Es gibt im Französischen eine Reihe von Substantiven auf -tion, deren verbale Vorstufe auf -iser in der Norm nicht verwirklicht oder in den Wörterbüchern noch nicht verzeichnet ist; neben frz. algérianisation, fascisation, mondialisation, orphelinisation17 ist in der 16

Z. B. ist die Entwicklung von recteur zu rectorat nicht einfach »desubstantivisch«, sondern enthält ein Prädikat (être recteur) und ist deshalb deverbal (s. auch: Zur morphologischen Beschreibung). 17 S. Blochwitz und Runkewitz, Neologismen der französischen Gegenwartssprache unter besonderer Berücksichtigung des politischen Wortschatzes, Berlin 1971, S.

146-153. 9

Norm des Französischen kein * algérianiser, *fasciser, * mondialiser, *orpheliniser festgestellt worden, obwohl diese Wörter vom Wortbildungstyp vorausgesetzt werden und virtuelle französische Wörter sind. Hier sind Lücken in der Norm der Sprache. Die einseitig gerichtete Orientierung der Entwicklung macht die Feststellung von Lücken in der Reihe der tatsächlich entwickelten Wörter möglich. Ich werde nur die Entwicklungen darstellen, die Nominalisierungen auf der Grundlage der prädikativen Funktion sind; Grundwort dieser Nominalisierung kann ein Wort jeder Wortklasse sein: frz. créer — création (Verb — Substantiv), {être) beau — beauté (Adjektiv — Substantiv), (être) recteur — rectorat (Substantiv — Substantiv), engl. (to be) between —• betweenness (Adverb — Substantiv), dt. dies (sein) — Diesheit (Demonstrativpronomen — Substantiv), usw. c) Die Komposition enthält zwei Elemente, die in grammatischer Beziehung zueinander stehen. Wenn beide Elemente Lexeme sind wie in dt. Gießkanne, dann haben wir eine lexematische Komposition. Ist ein Element dagegen eine Pro-Form wie in frz. arrosoir, dann handelt es sich um eine prolexematische Komposition. Eine Bestimmung des Verhältnisses von prädikativen Nominalisierungen zur Komposition ist nicht nötig, da der Typ der durch Komposition entstandenen prädikativen Nominalisierungen in den romanischen Sprachen so gut wie nicht erscheint (wohl aber im Englischen und Deutschen; vgl. die angeführten Beispiele population growth und Menschsein - s. dazu für das Englische Marchand, Catégories and Types, bes. S. 35-37). Die grammatischen Bestimmungen gehören zur funktionellen Ebene in der Wortbildung. Sie sind die Grundlage für einen Vergleich der Wortbildungsverfahren in den Einzelsprachen. Es kann dabei durch einen Vergleich gezeigt werden, daß die Zahl und Art der grammatischen Bestimmungen zweier Einzelsprachen nicht übereinstimmen (z. B. stellt sich bei einem Vergleich zwischen dem Französischen und Deutschen heraus, daß der prädikative Kompositionstyp Menschsein des Deutschen im Französischen fast nicht existiert); oder ein Vergleich zeigt, daß die materielle Charakterisierung zweier Einzelsprachen bei identischer grammatischer Bestimmung differiert (z. B. die Bestimmung des Mittels in dt. Gießkanne gegenüber dem frz. arrosoir - nach einem Beispiel von Charles Bally, op. cit., S. 120). Es muß an dieser Stelle noch bemerkt werden, daß es in der Wortbildung nicht um die einzelnen Wörter als solche gehen kann, sondern die einzelnen Wörter können immer nur Beispiele für Verfahren sein. Wenn eine vollständige Beschreibung von Wortbildungsverfahren angestrebt wird, so betrifft dies nur die vollständige Beschreibung der Wortbildungsaspekte in den einzelnen Wörtern. Speziell motivierte Lexikalisierungen und Probleme der Bezeichnung einzelner Wörter gehören nicht in den Rahmen der Wortbildungslehre. 10

Wortbildung und Grammatik Bereits Georg von der Gabelentz äußert sich zum Verhältnis zwischen Wortbildung und Grammatik: »Unbestreitbar gehört die Wortbildung zum Sprachbaue, folglich die Lehre von ihr in die Grammatik. Diese Lehre ist aber nur dann vollständig, wenn sie besagt, in welchen Fällen ein jedes Wortbildungsmittel zulässig ist. Und so lässt sich denn vom rein wissenschaftlichen Standpunkte aus nichts dagegen einwenden, dass eine Grammatik den gesammten Wortschatz einer Sprache in sich aufnehme« (Die Sprachwissenschaft, S. 122; vgl. auch unten Analyse und Synthese).

Der Grund dafür, daß die Wortbildung manchmal in die einzelsprachlichen Grammatiken aufgenommen wird (dieser Grund wird kaum geäußert), besteht demnach darin, daß die Wortbildungsverfahren durch eine geschlossene Reihe (nach der Formulierung von Martinet, Eléments de linguistique générale, S. 24f., und anderen) von zulässigen produktiven Wortbildungsmitteln ausgedrückt werden. Die geschlossene Reihe von Wortbildungsmitteln enthält das Inventar der Präfixe und Suffixe im Bereich der Ableitung (manchmal werden die Präfixe oder ein Teil von ihnen zur Komposition gerechnet) und das Inventar der Typen von Kombinationen der Lexemwörter im Bereich der Wortzusammensetzung; eventuell werden noch Hinweise zur Distribution der Wortbildungsmittel gegeben. Dennoch geschieht dies alles selten genug und mit unzureichender theoretischer Fundierung. Nimmt man aber die grammatischen Bestimmungen hinzu, so ergeben sich weitere Gründe für die Behandlung der Wortbildung in der Grammatik. Der Inhalt einer Wortbildung wird im wesentlichen durch eine grammatische Grundlage bestimmt; das neugebildete Wort entsteht durch Subordinierung einer grammatischen Bestimmung. Wagenstandsanzeiger zum Beispiel enthält die Subordinierung eines ganzen Satzes, den man etwa bei Überspringung zweier Stufen der Konstituentenanalyse als / er zeigt den Stand des Wagens an / umschreiben kann; ebenso geht frz. coureur etwa auf eine Satzstruktur vom Typ / il court / zurück, die zu einem Wort subordiniert wird.18

18

S. o. Theorie der Wortbildung. - Die grammatischen Verhältnisse werden z. B. bei Schmitthenner, op. cit., S. 190ff., und Marchand, Categories and Types, S. 32-38 und passim, berücksichtigt, aber nicht als Subordinierung in Bezug zur grammatischen Struktur gesetzt. Die Subordinierung wird oberhalb der Wortebene ausführlich behandelt bei W. A. Cook, op. cit. 11

Wortbildung und Lexikon Da die Verfahren der Wortbildung neue Einheiten des Lexikons ergeben, reicht ein Hinweis auf ihr Verhältnis zur Grammatik nicht aus, um die Stellung der Wortbildung in der Sprache annähernd zu bestimmen. Hierzu schreibt wiederum Georg von der Gabelentz: »Die einzelsprachliche Grammatik lehrt das Zulässige, mithin das, was in jedem Augenblicke thatsächlich werden kann. Das Wörterbuch hingegen, - hierin immer auf dem positiven historischen Standpunkte fussend, - darf und kann nur besagen, was wirklich zur Thatsache geworden ist. Dies gilt in doppelter Hinsicht. Einmal bezüglich der Gebilde. Die Grammatik erklärt: die und die dürfen geschaffen werden. Das Wörterbuch besagt: die und die sind wirklich bereits geschaffen worden. Dann aber auch von den Bedeutungen. Die Grammatik lehrt: das und das ist ein für allemale die Bedeutung des einzelnen Bildungsmittels. Das Wörterbuch gibt Aufschluss darüber, in welchen besonderen Bedeutungen dies Bildungsmittel in den einzelnen Fällen angewandt wird« (op. eil., S. 122-123; vgl. auch S. 88).

Diese Bemerkungen werden von Georg von der Gabelentz ausdrücklich mit Beispielen aus der Wortbildung belegt. Aber gerade so wie die Grammatik mehr enthält als das, was für die Wortbildung relevant ist, so enthält auch das Lexikon weit mehr Aspekte der durch Wortbildung entstandenen Wörter, als in der Wortbildungslehre behandelt werden können. Wortbildungen, deren Beziehungen zur Grundlage idiosynkratisch und nicht durch das Sprachsystem bedingt sind, lassen sich nur in der Lexikologie adäquat erfassen. Diese Hinweise zur Stellung der Wortbildung erscheinen vor allem deshalb notwendig, weil völlig lexikalisierte Wortbildungen, deren Bezug zum Grundwort nicht mehr erkennbar ist, bisweilen immer noch zur Wortbildung gezählt werden.19 Die Unterscheidung zwischen Wortbildung und Wortschatz einer Sprache entspricht teilweise der Unterscheidung von System und Norm (s. u.).

Analyse und Synthese Ein grammatisches System und somit auch ein Wortbildungssystem kann analytisch oder synthetisch beschrieben werden; darauf hat ebenfalls Georg von der Gabelentz hingewiesen: »So ergeben sich zwei einander nothwendig ergänzende grammatische Systeme: das eine nenne ich das analytische, weil in ihm die Spracherscheinungen durch Zerlegung erklärt werden; das andere nenne ich das synthetische, weil es lehrt,

" Z. B. noch viande als Ableitung (ohne Angabe des Grundworts) in der Grammatik von Grevisse, Le bort usage, Gembloux 1964, 8. Aufl., S. 81. 12

die grammatischen Mittel zum Aufbaue der Rede zu verwerthen« (op. cit., S. 85).

Ein Wortbildungstyp kann also, wenn man die Teilnehmer am Kommunikationsprozeß hinzunimmt, unter dem Gesichtspunkt des Sprechers, der Erzeugung, als synthetisches System beschrieben werden und unter dem Gesichtspunkt des Hörers, des Erzeugten, als analytisches System. Diese wichtige Unterscheidung trifft M. Dokulil, wenn er die Wortbildung von der Wortgebildetheit in der synchronischen Wortbildungslehre trennt: . »Auch vom Standpunkt der Synchronie können wir zwei Aspekte der Wortbildung unterscheiden, den prozessuetlen, der auf die Neubildung und Wiedergabe der Bildung der Wörter eingestellt ist, und den struktur-funktionellen, der auf die Struktur der Wortgebilde und deren Funktion zielt« (»Zur Theorie der Wortbildung«, Wissenschaftliche Zeitschrift der Karl-Marx-Universität Leipzig, Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe 17 (1968), S. 205).

Und etwas weiter unten: »Der eigentlichen Wortbildung im prozessuellen Sinne wird somit die » Wortgebildetheit«, die Wortbildungsstruktur gegenübergestellt, ihre Art und Beschaffenheit und ihre Funktion im Sprachsystem und im Sprechakt« (S. 205).

»Ihre Funktion im Sprechakt« soll uns nicht weiter beschäftigen ; Wortbildung und Wortgebildetheit,20 Synthese und Analyse, werden uns nur so weit interessieren, wie sie zur Sprache und nicht zur Rede gehören (vgl. W. Fleischer, Wortbildung der deutschen Sprache der Gegenwart, Halle 1969, S. 17-18). Die Synthese vom Typ pomme —• pommier ist das in der Sprachwissenschaft üblicherweise angenommene Verfahren; neuerdings hat aber H.-M. Gauger (Durchsichtige Wörter. Zur Theorie der Wortbildung, Heidelberg 1971) ausgehend von seiner Vorstellung vom Sprachbewußtsein die analytische Betrachtung vom Typ pommier (— pomme) als Grundsatz für die Beschreibung von Wortbildungen hervorgehoben. Beide Verfahrensweisen haben ihre Berechtigung und sind auf die Wortbildung anwendbar. Die analytische Beschreibung unter dem Gesichtspunkt des Hörers, d. h. die Beschreibung der nach einem bestimmten Verfahren bereits gebildeten Wörter ist sprachwissenschaftlich primär und an sich umfassender und auf diese Weise kann auch ein Wort als Wortbildung beschrieben werden, das nicht mehr im ganzen auf ein anderes zurückgeführt werden kann, also eine über die Wortbildung hinausgehende Lexikalisierung enthält. 21 Die 20

21

D e m Begriff der Wortbildung entspricht bei E. Pichon, Les principes de la suffixation en français, Paris 1942, S. 68, ungefähr der Begriff démarrage, der Wortgebildetheit amarrage. Die Entstehung neuer Wörter wird als »mouvement de pensée« und als individueller Redeakt aufgefaßt, was auch richtig ist. Vgl. M. Dokulil, loc. cit., S. 204, zu den »unproduktiven Vorgängen und Wortgebilden«: »Zum Unterschied von produktiven Gebilden erscheinen sie allerdings

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analytische Beschreibung ist außerdem bei der Zugrundelegung eines Korpus, bei der U n t e r s u c h u n g toter Sprachen oder früherer Stadien heute noch existierender Sprachen angemessen. D a s Ziel der Analyse sollte jedoch i m m e r sein, die o f f e n e n , produktiven Verfahren festzustellen u n d die Möglichkeiten der Synthese aufzuzeigen. 2 2 A u c h in dieser Arbeit wird zunächst der Weg der Analyse eingeschlag e n ; das Ziel dieser Analyse wird die Feststellung der Bedingungen sein, die die D i f f e r e n z i e r u n g der S u f f i x e der prädikativen N o m i n a l i s i e r u n g und die A u s w a h l eines S u f f i x e s zur Bildung einer neuen N o m i n a l i s i e r u n g bestimmen.

System und Norm A u f d e m Wege der Analyse, die i m m e r nur eine Analyse der N o r m der in der Sprache v o r h a n d e n e n Realisierungen ist, wird das System gefunden. 2 3 dem Hörer, dem sie bisher nicht begegnet sind, nicht als etwas Selbstverständliches; er muß ihre Existenz zur Kenntnis nehmen. Daraus folgt, daß die synchronische Wortbildungslehre es nicht nur mit den Wortgebilden produktiver Wortbildungstypen zu tun hat, sondern auch mit solchen Wortgebilden, die zwar nicht mehr als regelmäßiges Vorbild für die Bildung neuer Wörter dienen können, deren Wortbildungsstruktur jedoch lebendig ist, d. h. deren Bedeutung >voraussagbar< (prädiktabel) ist«. 22 In Bezugnahme auf Pichons Begriffe und amarrage wurde dies auch von Gauger gesehen: »Nun sehen wir uns aber anläßlich der Verschiebebildungen gezwungen, auch der umgekehrten Sicht des »démarrage« - »du générateur au dérivé« innerhalb unserer bewußtseinseigenen Betrachtung eine gewisse Berechtigung zuzusprechen. Gerade wenn wir die Funktion jener Bildungen innerhalb konkreter Textstellen untersuchen, zeigt sich, daß auch die Sicht des »démarrage« zu derjenigen gehört, mit welcher die Sprache sich selbst in den Blick nimmt: hier wird tatsächlich vom Grundwort zum abgeleiteten Wort weitergeschritten, hier ist die Bildung gleichsam »in actu« zu greifen; das heißt: der ihr zugrundeliegende »Actus formandi« wird ihr in der konkreten Äußerung restituiert. Hier erleben wir den dynamischen, den » k r e a t i v e n « C h a r a k t e r der Durchsichtigkeit: ein Schaffen im bereits Geschaffenen« (op. cit., S. 75). 23 Ich verwende die Begriffe System und Norm im Sinne E. Coserius; s. dazu »Sistema, norma y habla«, Teoria del lenguaje y lingüistica général, Madrid 1967, 2. Aufl., S. 11-113; »Synchronie, Diachronie und Typologie«, Sprache. Strukturen und Funktionen, Tübingen 1970, S. 71-85, und »System, Norm und >Rede< «, ebd., S. 193-212; D. Kastovsky in OldEnglish DeverbalSubstantives by Means of a Zéro Morpheme, Diss. Tübingen 1968; H. E. Brekle in Generative Satzsemantik und transformationeile Syntax im System der englischen Nominalkomposition, München 1970, und H.-M. Gauger im genannten Werk. Diese Begriffe wurden von D. Kastovsky auf die Wortbildung angewandt, aber in etwas anderer Weise. 14

Da das System der prädikativen Nominalisierungen das komplexeste Teilsystem der Wortbildung in einer Einzelsprache ist, muß man von Anfang an eine weitere Unterscheidung einführen: die Unterscheidung zwischen prädikativen Nominalisierungen als Wörtern und den verschiedenen systematischen Bedeutungen dieser Wörter. Denn während nicht-prädikative Wortbildungen gewöhnlich nur eine durch Wortbildungsverfahren bestimmte Bedeutung haben, enthalten prädikative Nominalisierungen oft auch noch zusätzliche Bedeutungen, vergleiche z. B. occupant / celui qui occupe (un Heu, un pays etc.) / gegenüber occupation / le fait d'occuper / mit den zusätzlichen systematischen Bedeutungen / ce ä quoi, ce dont on s'occupe / und / temps pendant lequel on a occupe (un pays etc.) /. Die Norm der prädikativen Nominalisierungen umfaßt daher nicht nur die allgemein und traditionell verwirklichten lexikalischen Einheiten, sondern auch noch diese zusätzlichen Bedeutungen. Das System umfaßt sowohl die vorhandenen und virtuellen Übergänge von allen Wortklassen zum Substantiv als auch alle systematischen syntaktischen Möglichkeiten des Grundworts, die beim abgeleiteten Wort realisiert werden können. Auf der Ebene des Systems und der Norm der prädikativen Nominalisierungen (und in der Wortbildung im allgemeinen) sollte deshalb überhaupt zwischen möglich (potentialiter) vorhandenen und wirklich (actu) vorhandenen Wörtern, bei den syntaktischen Beziehungen zwischen Grundwort und abgeleitetem Wort zwischen den möglich vorhandenen und wirklich vorhandenen Bedeutungen eines einzelnen Worts unterschieden werden.24 So ist bei occupation die Bedeutung des Subjekts (wer?) oder des Mittels (womit?) möglich, aber in der Norm nicht realisiert. Beim einzelnen Wort müßten System und Norm noch weiter begrenzt werden: Das System enthält beim einzelnen Wort die mit dem Grundwort vereinbare (kompatible) Satzstruktur, die Norm die aus der Satzstruktur tatsächlich hervorgehenden Realisierungen. Manchmal werden mögliche Bedeutungen nicht realisiert, weil sie durch eine andere Wortbildung oder ein einfaches Wort benannt werden; auch dies ist ein Faktum der Norm. Das System der prädikativen Nominalisierungen des Französischen, Katalanischen und Spanischen (im Sinne der überhaupt möglichen Bedeutungen) wird durch ihre syntaktische Basis beschrieben; auf dieser Ebene weisen diese drei romanischen Sprachen keine Unterschiede auf. Dieses System ist ein Teil der funktionellen Sprache. Die Norm, die erhebliche Unterschiede zeigt, wird im Anschluß daran für alle drei Sprachen getrennt dargestellt. 24

Vgl. dazu F. Schmitthenner, op. cit., S. 188, der in der Wortbildung eine Unterscheidung trifft, die der zwischen System und Norm entspricht: »a) möglich (potentialiter) vorhandene Wörter, oder solche, deren Bedingnisse durch die Elemente und Ableitungsgesetze der Sprache gegeben sind, und in b) wirklich (actu) vorhandene oder solche, die zu den cursierenden Schätzen der Sprache gehören.«

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Man kann sich fragen, inwieweit der Sprachtyp in die Behandlung der prädikativen Nominalisierungen einbezogen werden sollte. »Der >Sprachtypla traída de un regalo no me hizo cambiar de actitudel hecho de traerme un regalo .. .< (M. Moliner, Diccionario de uso del español, II, Madrid 1971, s. v. hecho). Sonst wird diese Fügung nicht erwähnt. . . . es inexcusable subrayar en este breve e incompleto catálogo de valores de la Gramática nebrisense el hecho de ofrecemos en sus páginas el primer estudio de! lenguaje artístico español (Introducción zur Gramática castellana von A. de Nebrija, I, Madrid 1946, S. XXXIV). Im Unterschied zur Konstruktion el hecho de que + Satz muß die Konstruktion el hecho de + Inf. dasselbe Subjekt wie der übergeordnete Satz haben. Den französischen Wortgruppen mit le fait de + Infinitivkonstruktion entspricht aber im Spanischen oft eine substantivierte Infinitivkonstruktion : El comer a deshora nunca sienta bien al estómago (J. Bouzet, Grammaire espagnole, S. 229). 34

Sie werden von Bouzet entsprechend im Französischen wiedergegeben: el comer bien - le faií de bien manger, el beber vino - le fait de boire du vin usw. (S. 229). Der substantivierte Infinitiv unterscheidet sich dadurch von der substantivierten Infinitivkonstruktion, daß er sich auch syntaktisch wie ein Substantiv verhält und zum Beispiel Adjektive zu sich nehmen kann (s. u. die Behandlung der Konversion). Die in den Grammatiken oft zitierte Infinitivkonstruktion, die einem Nebensatz entspricht und ein Teil der Morphologie der Wortgruppe ist, ist im Spanischen und Katalanischen (und auch anderen romanischen Sprachen außer dem Französischen) sehr üblich: Sería ésta una razón para que me culparas el ser tratable con las gentes, el tener buen humor, el gustar de vestirme con decencia (J. Bouzet, Grammaire espagnole, S. 230). Le costó la vida el querer afrentar solo aquel peligro (ebda., S. 230).

Parallel zu diesen Typen sind in allen drei Sprachen Konstruktionen mit dem Gerundium, mit dem Partizip und der nicht substantivierten Infinitivkonstruktion möglich. I. Vincenz nennt die beiden ersten ausdrücklich Nominalisierungen. 47 Die Bestimmung ihrer Beziehung zur »Klausel« (clause) und zur Nominalisierung sowie die Abgrenzung zu den Umstandsbestimmungen ist sehr komplex und würde eine eigene Arbeit erfordern. Ein wichtiger Teil einer transformationeilen Grammatik, soweit sie nicht mit der Wortbildung zusammenfällt, müßte sich mit dieser Problematik und mit diesen Fakten befassen. Lexikalische Periphrase. Damit man die Existenz einer lexikalischen Periphrase annehmen kann, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein: Eine Wortgruppe a) funktioniert in Opposition zu einem einfachen Wort, b) ist gegebenenfalls durch ein einfaches Wort ersetzbar, c) ihre Gesamtbedeutung ist nicht aus der Bedeutung der Komponenten zu erschließen. Die lexikalische Periphrase setzt für das hier untersuchte Gebiet das Bestehen der prädikativen Nominalisierungen als Wortbildungstyp voraus und kann eine prädikative Nominalisierung vertreten, wenn diese in der Norm der Sprache nicht realisiert ist. Die Bestimmung dessen, was in jedem Einzelfall eine Wortgruppe periphrasiert, setzt daher die Untersuchung des jeweiligen Teilsystems des Lexikons einer Sprache voraus, in dem man dann Lücken feststellen kann. Diese eventuellen Lücken des Inhalts werden durch Äquivalente auf der Ausdrucksebene ersetzt, wenn z. B. wie in unserem Fall die entsprechende Wortbildung möglich wäre, sie aber in der Norm nicht existiert. Die Formen der lexikalischen Periphra47

»Un cas de nominalisation en français«, Revue roumaine de linguistique 11 (1966), S. 249: »La nominalisation est la transformation d'un prédicat en un nom ou adjectif, verbe à l'infinitif, participe présent, participe passé.« Sie untersucht Fälle vom Typ II n 'aime pas être flatté.

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sen unterscheiden sich nach der Wortklasse des Grundworts und scheinen in den Einzelsprachen unterschiedlich geläufig zu sein. Am häufigsten treten sie wohl im Französischen auf, in dem die Norm oft Neubildungen verhindert oder in ihrem Gebrauch einschränkt, wenn sie existieren. Sehr üblich ist die auch als Nominalperiphrase funktionierende Wortgruppe le fait de + Verb, auf die z. B. F. Brunot ausdrücklich hinweist (La pensée et la langue, S. 207-208) und mit denen Bouzet die substantivierten Infinitivkonstruktionen des Spanischen im Französischen umschrieben hat. Nominalperiphrasen werden darüber hinaus auch dann gebildet, wenn sekundäre Bedeutungen in der Norm einer Einzelsprache nicht entwickelt sind; ihre Bedeutungen sind dann erschließbar: Cai cercar-se una altra mariera de sortir-se del mal pas (M. de Pedrolo, Balanç, S. 147).

Oder das entsprechende Substantiv ist z. B. eine Suppletivform (silenci), bei der die auszudrückende sekundäre Bedeutung nicht deutlich werden würde: Li sembla que en la seva mariera de cattar, en la qualitat del seu silenci mentre ella s'explicaria, trairia el secret que li omple el pap (M. de Pedrolo, Balanç, S. 145).

Manera de callar ist demnach eine Nominalperiphrase für die fehlende sekundäre Bedeutung von silenci. Lücken in der deadjektivischen Nominalisierung, die wiederum besonders im Französischen vorkommen, können z. B. mit le caractère + Adjektiv periphrasiert werden. Beispiele dafür sind caractère exceptionnel, caractère idiolectique, humeur pacifique, esprit rusé, état précaire usw. Neben der lexikalischen Periphrase kann in manchen Fällen auch die entsprechende Wortbildung existieren, z. B. bei caractère scientifique neben scientificité. Dies sind aber nur Schwankungen in der Norm, die meist die eine oder die andere Form je nach dem Normbewußtsein der Sprecher vorzieht. Oder das Bestehen einer Periphrase neben einer Ableitung drückt Bedeutungsunterschiede aus wie bei populaire »qui appartient au peuple, émane du peuple« in caractère populaire und bei populaire »qui plaît au peuple, au plus grand nombre« in popularité. Nicht alle Wortgruppen vom Typ caractère + Adjektiv sind also lexikalische Periphrasen. Sie sind es nur, wenn sie den Kriterien einer lexikalischen Periphrase entsprechen. Daneben kann es geben und gibt es unabhängige syntaktische Kombinationen derselben Form, aber mit anderer Funktion. 48

48

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So sollen im Wörterbuch erscheinende Definitionen wie »caractère de ce qui est conforme« für conformité nicht als lexikalische Periphrasen angesehen werden, da sie in dieser Form nicht in der Rede erscheinen.

Daß möglicherweise auch Substantive, die gewöhnlich nur zu Wortdefinitionen im Lexikon verwendet werden, Teil einer lexikalischen Periphrase sein können, läßt sich mit einem Beispiel aus dem Italienischen belegen : Per l'analfabetismo, inoltre, vi è una controprova: subito dopo la prima guerra mondiale, la promulgazione negli USA del Literacy Act, che richiedeva agli immigrati la condizione di non analfabeta, fece diminuire l'emigrazione transoceanica italiana... (T. De Mauro, Storia linguistica dellltalia unita, Bari 1972, 3. Aufl., S. 59).

Hier ersetzt die lexikalische Periphrase sogar eine fehlende negative desubstantivische prädikative Nominalisierung. Die Konversion (»dérivation impropre«) ist eines der wichtigsten Verfahren zur Bildung von Substantiven, das mit den prädikativen Nominalisierungen konkurriert. Jede Wortklasse außer dem Substantiv kann grundsätzlich durch Konversion substantiviert werden, so daß sich auch dort Konversionen finden, wo Suffixbildungen in der Norm bisweilen nicht vorhanden sind. Die Häufigkeit der Konversion und ihre Typen Hegen in den Einzelsprachen relativ fest. Das Spanische bildet Konversionen am leichtesten, das Katalanische schon weit seltener und am wenigsten das Französische. Der substantivierte Infinitiv 49 verhält sich (im Gegensatz etwa zur spanischen substantivierten Infinitivkonstruktion) wie ein gewöhnliches Substantiv: Er kann durch den Artikel, ein Adjektiv, eine nominale Ergänzung und den Plural bestimmt werden: D'après lui, le sujet (la conscience, la pensée) révèle et dévoile par le dire ce dont il est séparé, à savoir l'objet (H. Lefebvre, Le langage, S. 40-41). Il laisse certainement échapper une partie des richesses du devenir humain et de ce qui naît (H. Lefebvre, Le langage, S. 51). . . . perquè cosa és que's deu molt evitar, en lo alletar dels infants, si la dida és mal sana, y que estiga en peccat... (R. Llull, Libre de Evast e Blanquerna, I, S. 30).

Im Spanischen ist die Konversion des Infinitivs so weit grammatikalisiert, daß es sich fast erübrigt, weitere Beispiele anzugeben: el reir, el andar, el correr, el vocear de los carreteros, e! manso susurrar (Bouzet, Grammaire espagnole, S. 229). In allen drei Sprachen sind Konversionen des Infinitivs feste Einheiten des Wortschatzes geworden: span. atardecer, amanecer, poder, saber; kat. deure, piaer, poder, saber; frz. devoir, vouloir, déjeuner, dîner, souper. Im Französischen ist vielleicht die Seltenheit der Konversion des Infinitivs darauf zurückzuführen, daß sie in der Konjugation auf -er mit der Konversion des Partizips auf -é zusammenfällt (F. Brunot, La pensée et la langue, S. 205). Infinitive der anderen Konjugationen werden 49

Zur Frage, ob das verbum infinitum in die Flexion oder die Ableitung einzuordnen sei, s. K. Togeby, Structure immanente, S. 146f. 37

auch heute noch gelegentlich (z. B. im philosophischen Sprachgebrauch) substantiviert: le dire, le lire, T agir, le non-être, le paraître. Wenn Konversionen des Infinitivs völlig lexikalisiert sind, weisen sie die gleichen sekundären Bedeutungen auf wie die prädikativen Nominalisierungen mit Suffixen (z. B. bei frz. manger, kat. menjar den Objekttyp; vgl. A. Darmesteter, De la création actuelle, S. 54-56). Die Konversion des Adjektivs wird weiter unten als Subjekttyp bei der Behandlung der deadjektivischen prädikativen Nominalisierungen besprochen. Bei den Adverbien und den übrigen Wortklassen ist die Nominalisierung durch Konversion das geläufigste Verfahren, es wird aber meist nur in Fachsprachen, etwa in der Wissenschaft oder der Philosophie angewandt.50 Suppletivformen vom Typ Tod (gegenüber sterben) vertreten sehr oft Nominalisierungen mit Suffixen. Die Suppletion darf aber nicht mit der Ersetzung einer Nominalisierung durch eine andere begrifflich verwechselt werden. Von den Beispielen dormir - sommeil, tomber - chute, jurer serment, frapper - coup, die Charles Bally {Linguistique générale et linguistique française, S. 178) angibt, sind nur die beiden letzten wirkliche Suppletivformen für einige Verwendungen des Grundworts, die beiden ersten sind einfache Ersatzformen.51 Von einer Ersatzform kann man sprechen, wenn eine Form des Paradigmas a im Paradigma b funktioniert (s. o. Theorie der Wortbildung). Zum Beispiel ersetzt sommeil als / le fait de sommeiller / - die etymologische Orientierung sommeil — sommeiller wäre aber auch vertretbar - die fehlende prädikative Nominalisierung von dormir (dormition ist sehr spezialisiert), funktioniert aber gleichzeitig im Paradigma von sommeiller. Bei der Suppletion wird derselbe Inhalt in einem Paradigma verschieden ausgedrückt, ohne daß der Ausdruck in der Sprache sonst erscheint. So hat nez die suppletive Form nas- in nasal und anderen Ableitungen {naseau, nasard, nasiller usw.); die Form nas- kommt aber sonst in der Sprache nicht vor.52 Die Suppletivformen haben auch in der 50

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Eine Klassifikation und Materialsammlung zur Konversion der Adverbien, Pronomina, Präpositionen und Konjunktionen im Französischen ist enthalten in O. Müller, Die Substantivierung anderer Redeteile im Französischen, Diss. Göttingen 1900; vgl. L. Tesnière, Eléments de syntaxe structurale, Paris 1959, S. 417, und dazu die Beispiele bei Malkiel, Das substantivierte Adjektiv im Französischen, Diss. Berlin 1938, S. 24-28, und A. Lombard, Les constructions nominales dans le français moderne, Uppsala und Stockholm 1930, S. 134-136.

Nicht für jeden Gebrauch von jurer tritt serment als suppletive Nominalisierung ein, daneben gibt es juron und jurement. Gleiches gilt für frapper — frappe, frappage, frappement neben coup. Suppletive Nominalisierungen spezialisieren sich in ihrer Verwendung wie Nominalisierungen mit Suffixen. 52 Das Verhältnis von Suppletion und Alternanz diskutiert Chr. Schwarze, »Suppletion und Alternanz im Französischen«, Linguistische Berichte 1970, Heft 6, S. 21-34, der Suppletion als Sonderfall von Alternanz sieht. 38

Rede die Funktion von prädikativen Nominalisierungen z. B. bei der Wiederaufnahme: I en escoltar aquesta critica us vau encongir i vau callar. Aquell encongiment aquell silenci em van impressionar molt (Pàmies, Testament a Praga, S. 82).

i

Diese Suppletivformen beschränken sich nicht auf die deverbalen Nominalisierungen, sondern analoge Formen sind grundsätzlich beim Übergang aller Wortarten zu prädikativen Nominalisierungen zu finden, z. B. bei Adjektiven: vrai - vérité;bei Adverbien:partout - ubiquité; bei Interrogativpronomen: quoi - quiddité. Diese Wörter, die nicht nach offenen Verfahren der Wortbildung gebildet worden sind, müssen unter inhaltlichem Gesichtspunkt in der Norm einer romanischen Einzelsprache genau untersucht werden, da ganze Ableitungssysteme aus gelehrten Wörtern bestehen, z. B. im Französischen oft beim Übergang vom Substantiv zum Adjektiv: bouche - buccal, nez - nasal; vom Substantiv zum Verb: fruit fructifier-, so auch vom Adverb zum Substantiv: partout - ubiquité. In einer Gesamtuntersuchung des Wortschatzes einer romanischen Sprache müßten die Suppletivsysteme als Ergänzungssysteme des Wortbildungssystems behandelt werden. Sommeil und chute wurden als Ersatzformen, nicht als Suppletivformen bezeichnet. Sommeil ist für das Lexikon / le fait de sommeiller /, wie chute / le fait de choir / ist, weil in diesen Fällen eine zugleich materielle wie inhaltliche Verbindung besteht. Beide Wörter sind aber zugleich Ersatzformen, da sie fehlende prädikative Nominalisierungen zu (den häufigen Verben) dormir und tomber durch Ableitungen von (den weniger häufigen oder seltener verwendeten Verben) sommeiller und choir ersetzen. In Texten werden Verben durch Ersatzformen wiederaufgenommen:53 ... toutes les armes n'avaient pas été rendues, mais Chang-Kaï-Shek exigeait ce jour même la remise des armes qui n'avaient pas encore été rendues (A. Malraux, La condition humaine, S. 234). Entiendo que está resuelto el problema práctico cuando está planteado de común acuerdo, aunque las soluciones de él sean diversas, discrepantes (R. Pérez de Ayala, Escritos políticos, S. 19).

Es sollen nur diejenigen Formen Ersatzformen genannt werden, die üblicherweise für eine Lücke im System eintreten. Deutlicher als durch die Textbeispiele wird die Erscheinung durch Beispiele aus dem Lexikon be53

Eine Nominalisierung kann eine andere ersetzen, auch wenn die betreffende Ableitung von einem Grundwort aus existiert. Im nachfolgenden Beispiel wird carecer nicht durch carencia oder carecimiento, sondern durch ausencia wiederaufgenommen: »Es imposible la dedicación pura y plena cuando se carece de libertad de espíritu, cuando la voluntad está cohibida. Y esta ausencia de libertad ...« (R. Pérez de Ayala, Escritos políticos, S. 19).

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legt. Humanité ist mit der Bedeutung / le fait d'être humain / primär eine deadjektivische prädikative Nominalisierung, funktioniert dann aber auch mit der Bedeutung / le fait d'être homme / als desubstantivische prädikative Nominalisierung und mit der Bedeutung / ensemble des hommes / sogar als Kollektivbildung.54 Ebenso hat divinité die Bedeutungen / le fait d'être divin / und daneben die Bedeutung / le fait d'être dieu / (obwohl es déité gibt). Diese Aufzählung soll genügen, die Stellung der prädikativen Nominalisierungen mit Suffixen in ihrem Zusammenhang mit anderen Verfahren zu umreißen. Wenn eine Suffixbildung in der Norm nicht realisiert ist, muß man immer berücksichtigen, ob eine lexikalisierte Konversion, eine Ersatzform, eine Suppletivform, eine lexikalische oder grammatische Periphrase (die eventuell zusammenfallen können) existiert. Haben wir zwei Verfahren zur Verfügung, so liegt üblicherweise eine semantische Differenzierung vor, die der Differenzierung von verschiedenen Suffixbildungen bei gleichem Grundwort (battement, battage) analog ist: man vergleiche die Ausdrücke au sortir du théâtre und à la sortie du théâtre. Unter dem Gesichtspunkt der Produktivität und der Vollständigkeit der Ableitungstypen wird man sehr oft Lücken feststellen können ; diese Lükken werden aber in den meisten Fällen durch andere sprachliche Lösungen, die den Wortbildungen inhaltlich parallel sind, ausgefüllt. Ob und inwieweit zwischen allen aufgezählten konkurrierenden Verfahren funktionelle Unterschiede bestehen, kann vorläufig noch nicht genau bestimmt werden. Für die Übersetzungstheorie könnte die Aufstellung konkurrierender Verfahren von Interesse sein. Wenn in der Zielsprache die Wortbildung der Ausgangssprache nicht vorhanden ist, kann sie durch ein syntaktisches Äquivalent oder eine Periphrase ersetzt werden. 2. Exkurs: Ansätze zur Beschreibung prädikativer Nominalisierungen Zur Beschreibung von prädikativen Nominalisierungen sind die verschiedensten Versuche unternommen worden. Nicht immer betrafen die Beschreibungen die prädikativen Nominalisierungen allein, vor allem dann nicht, wenn sie unter den Begriff Abstrakta subsumiert wurden. Außerdem wurde die Bildung von Abstrakta und deren »Konkretisierung« mit Erscheinungen der Rede, der Sprachgeschichte, der Sprachpsychologie, der Bezeichnung usw. verbunden, so daß man eigentlich nicht die verschiedenen Ansätze zur Beschreibung prädikativer Nominalisierungen unter einen Gesichtspunkt fassen kann: Entsprechend der sprachlichen Komplexität der Wortbildung müssen Ansätze zu ihrer Beschreibung immer Kombinationen von mehreren Argumentationsebenen darstellen. Wenn ich im 54

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Leibniz hat allerdings für / le fait d'être homme / homméité gebildet.

folgenden aber dennoch jeden Ansatz nach einem seiner Kennzeichen benenne, so geschieht dies deshalb, weil der jeweilige im Vergleich mit anderen Erklärungen als typisch angesehen werden kann. Die Notwendigkeit einer Berücksichtigung mehrerer Ansätze, auch wenn sie nicht alle verwendet werden sollen, ist damit zu rechtfertigen, daß auf diese Weise die nicht in Betracht kommenden Ansätze von vornherein eliminiert werden. Nur die Aspekte sollen übernommen werden, die unmittelbar zu einer innersprachlichen Erklärung der Nominalisierungen beitragen. Die metonymische und metaphorische Behandlung sekundärer Bedeutungen von Abstrakta erwähne ich nur kurz, weil sie sehr bald aufgegeben wurde und z. B. schon von Collin (Etude sur le développement de sens du suffixe -ata, S. 74) abgelehnt wurde. Stellvertretend für viele soll ein Zitat von A. Darmesteter zur Metonymie stehen: »Ainsi la plupart des substantifs français en -ement désignent d'abord l'action verbale abstraite qu'exprime le radical, et, par métonymie, le résultat concret de l'action« (De la création actuelle, S. 62).5i A. Lombard [Les constructions nominales, S. 52) erklärt blancheurs und vols als Metaphern: Du nuage léger de la chemisette ... jaillissent d'aimables blancheurs (Zitat aus Courteline), des vols émeraudés sous les arbres circulent (aus Verhaeren).56 Beide Arten der Einordnung sind aber viel zu allgemein, um das Spezifische dieser Wortbildungen auch nur annähernd zu erfassen. Blancheurs und vols ließen sich in der Wortbildung viel angemessener, wenn man vorläufig von der Pluralisierung absieht, als / ce qui est blanc /, / ce qui vole / , das heißt mit einem Subjekt in der Grundlage beschreiben. Stilistisch gesehen mag aber eine metonymische und metaphorische Betrachtungsweise angebracht sein.57 Typisch für eine Entwicklungsphase der Sprachwissenschaft in dem untersuchten Gebiet (und auch sonst) war die Verbindung der psychologischen Betrachtungsweise mit der Sprachgeschichte unter Berücksichtigung elementarer grammatischer Kategorien wie Subjekt, Prädikat, Objekt und Umstandsbestimmungen. Das Problem, das man mit Hilfe der Psychologie lösen wollte, war der Bedeutungswandel vom Abstrakten zum Konkreten; es wurde der Übergang der mit einem Wort verbundenen Vorstellung auf die durch eine Assoziation vermittelte und grammatisch ausgedrückte Vorstellung vorgeschlagen. Ein Beleg dafür findet sich bei Hermann Paul in seinen Prinzipien der Sprachgeschichte (5. Auflage 1920, 1. Auflage 1880). " Weitere Vertreter dieser Auffassung sind u. a. F. Brunot, La pensée et la langue, S. 222; H. Schmidt, Der Pluralgebrauch abstrakter Begriffe im Neufranzösischen, Diss. Mainz 1951 (maschinenschriftlich), S. 18. 56 Ebenso klassifiziert F. Brunot, op. cit., S. 208, /' ascension und andere Wörter in gewissen Bedeutungen als Metaphern. " S. dazu L. Spitzer, Die Wortbildung als stilistisches Mittel..., Halle 1910 (ZrPh, Beiheft 29).

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Im Kapitel Wandel der Wortbedeutung unterscheidet er eine usuelle und eine okkasionelle Bedeutung: »Wir verstehen . . . unter usueller Bedeutung den gesamten Vorstellungsinhalt, der sich für den Angehörigen einer Sprachgenossenschaft mit einem Wort verbindet, unter okkasioneller Bedeutung denjenigen Vorstellungsinhalt, welchen der Redende, indem er das Wort ausspricht, damit verbindet und von welchem er erwartet, dass ihn auch der Hörende damit verbinde« (S. 75). Zudem bezeichne ein Wort okkasionell etwas Konkretes, während es usuell nur etwas Abstraktes bezeichne. Dies ist die psychologische Voraussetzung für den Vorgang der >Übertragung< einer Bezeichnung auf eine andere: »Sehr gewöhnlich in den verschiedensten Sprachen geht eine Eigenschaftsbezeichnung über in die Bezeichnung dessen, dem die Eigenschaft a n h a f t e t . . . Dasselbe wie von den Eigenschaftsbezeichnungen gilt von den sogenannten Nomina actionis, den Vorgangs- und Zustandsbezeichnungen, die aus Verben abgeleitet sind . . . In diesen Fällen ist die Bezeichnung der Handlung auf ihr Subjekt übergegangen, sie kann aber auch auf das Objekt übergehen . . . « (S. 99-100). Ebenso nimmt Paul einen Übergang auf die Bezeichnung des Orts und des Mittels an. Bezeichnend ist die stillschweigende Verbindung einer Bezeichnungskategorie - »die Bezeichnung dessen, dem die Eigenschaft anhaftet,« - mit einer grammatischen Kategorie wie dem Subjekt auf dem Wege über die Assoziation, die zwar hier nicht besonders erwähnt wird, die aber Hermann Pauls Sprachauffassung zugrundeliegt. In der romanischen Sprachwissenschaft wurde die Beschreibung von Wortbildungstypen in historischer Sicht und auf psychologischer Grundlage zum erstenmal von Carl S. Collin unternommen. Sicherlich war er unabhängig von Hermann Paul zu dieser Auffassung gelangt, da die Einbeziehung der Psychologie in die Sprachwissenschaft einer allgemeinen Auffassung der Zeit entsprach. Er schreibt ausdrücklich: »Je distingue donc cinq catégories de sens, correspondant à ces membres principaux de la phrase: sujet, régime direct et suppléments [sic] circonstanciels désignant Y instrument, le temps et le lieu. Dans l'idée principale d'action, toutes ces idées entrent comme idées secondaires, qui sont par association aisément évoquées dans l'esprit« (op. cit., S. 57).58 Die assoziationspsychologische Behandlung Collins wurde in der romanischen Sprachwissenschaft immer wieder aufgegriffen, z. B. von G. Ermecke, K. Baldinger, C. Nagacevschi und ganz besonders von Ernst Gamillscheg in verschiedenen Arbeiten. 59 58

Seine weitere Erklärung der Grundlage der Assoziation, nämlich die Verwendung der Nominalisierung als Subjekt, Objekt, Umstandsbestimmung im Satz, die zugleich ein weiterer Ansatz wäre, soll uns nicht weiter beschäftigen, da diese Erklärung bereits als unannehmbar widerlegt worden ist (s. Nagacevschi). 59 G. Ermecke, Das Wesen der sprachlichen Abstrakta, Diss. Bonn 1929; K. Baldinger, Kollektivsuffixe und Kollektivbegriff, Berlin 1950; C. Nagacevschi, Das Wesen der Konkretisierung der Abstrakta, Diss. Tübingen 1951 (unveröffentlichtes Manuskript); E. Gamillscheg, »Grundzüge der galloromanischen Wortbildung«,

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Was das allgemein Theoretische betrifft, so gehen die von Collin und der Psychologie beeinflußten Arbeiten nicht weit über Paul und Collin hinaus. Gamillscheg berücksichtigt stärker die Verbindung von Bezeichnungskategorien wie Träger der Handlung, Ergebnis der Handlung mit den Grundbestandteilen des einfachen Satzes wie Subjekt und Objekt (Französische Bedeutungslehre, S. 85, 91 f.). Den durch Konkretisierung entstandenen Bedeutungen komme größere Allgemeinheit und Unbestimmtheit zu als den entsprechenden einfachen Wörtern oder auch analogen direkten Ableitungen.60 Er trägt dazu dem Umstand Rechnung, ob durch eine Konkretisierung eine Lücke im Wortschatz ausgefüllt wird oder nicht (op. cit., S. 76). Gamillschegs Schüler C. Nagacevschi untersucht darüber hinaus ausführlich die Unterschiede der Allgemeinheit oder Besonderheit, die zwischen konkretisierten Bedeutungen von Abstrakta und entsprechenden besonderen Wortbildungen (wie z. B. Nomina agentis und Konkretisierung des Subjekts) bestehen. Immer wenn im folgenden sprachpsychologische Schriften zu Rate gezogen werden, werden sie nur insoweit berücksichtigt, als sie über die grammatische Fundierung der Entwicklung sekundärer Bedeutungen bei Nominalisierungen Auskunft geben können. Ist aber der unmittelbare Akt der Sprachschöpfung oder sonst eine Erscheinung der Rede als Problem gestellt, so kann unter anderem die Assoziationspsychologie zur Erklärung beitragen. Die wichtigste sprachpsychologisch ausgerichtete Wortbildungstheorie ist in Jan von Rozwadowskis Buch Wortbildung und Wortbedeutung (Heidelberg 1904) niedergelegt. Vom heutigen Standpunkt aus könnte man dieses Werk als sprachpsychologische Begründung des Determinans-Determinatum-Verhältnisses in der Wortbildung auffassen. Da Jan von Rozwadowski keinen Bezug auf die für uns grundlegenden Beziehungen zwischen Ableitung und zugrundeliegender syntaktischer Struktur nimmt, helfen uns seine Ausführungen bei einer Untersuchung der langue nicht weiter.61 Biblioteca dell' »Archivum Romanicum«, Ser. II, Vol. 2, Genf 1921, S. 1-80; »Über sprachliche Abstrakta und ihre Beziehung zum Konkreten«, Bericht über die Verhandlungen der 19. Tagung des Allgemeinen Deutschen Neuphilologenverbandes, Berlin 1924; »Zur Frage der suffixalen Ableitung«, Behrens-Festschrift, Jena 1929, S. 56-76; Französische Bedeutungslehre, Tübingen 1951. 60 Z. B. op. cit., S. 75: »Was unter die allgemeine Vorstellung subsumiert werden kann, wird gelegentlich durch die allgemeine, übergeordnete Vorstellung ersetzt; der Sprechende verzichtet auf den Ausdruck der Genauigkeit, begnügt sich mit der Andeutung.« 61 Die Bedeutung von Jan von Rozwadowskis Theorien für die moderne Sprachforschung betont F. Mikus, »Jan v. Rozwadowski et le structuralisme syntagmatique«, Lingua 5 (1955/56), S. 1-14. - Interessant wäre es, seinen sprachpsychologischen Ansatz mit dem H.-M. Gaugers in Durchsichtige Wörter. Zur Theorie der Wortbildung, Heidelberg 1971, zu vergleichen. 43

Auf der Grundlage von Rozwadowskis psychologischer Fundierung des Verhältnisses zwischen Determinans und Determinatum hat M. Dokulil eine onomasiologische Klassifizierung der Wortbildungsvorgänge für das Tschechische unternommen.62 Sein Ansatz ist als Kritik an der syntaktischen Fundierung in seinem Aufsatz »Zum wechselseitigen Verhältnis zwischen Wortbildung und Syntax« (TLP 1 (1964), S. 215-224), und als reine Darstellung in seinem umfassenden und grundlegenden Artikel »Zur Theorie der Wortbildung« (op. cit., S. 203-211) erschienen. Während in den sprachpsychologischen Arbeiten keine genaue Differenzierung z. B. zwischen dem Träger einer Handlung und dem Subjekt eines Satzes vorgenommen wurde, ist es Dokulils erklärte Absicht, syntaktische Kategorien von inhaltlichen (onomasiologischen) zu trennen. Er definiert seine Problemstellung folgendermaßen: »Agens der Handlung (Urheber der Tätigkeit), Gegenstand der Handlung, Resultat der Handlung, Werkzeug der Handlung usw. sind keine syntaktischen, sondern inhaltliche, gedankliche Kategorien, genauer gesagt: gnoseologisch-logische Kategorien, die natürlich auch ihre Widerspiegelung (ihren Reflex) im grammatischen Sprachsystem, in den grammatischen, konkret gesagt, syntaktischen Kategorien haben, jedoch keine unmittelbare, einfache, sondern eine mittelbare, komplizierte« (»Zum wechselseitigen Verhältnis...«, S. 218). Dokulil bezieht sich mit diesen Äußerungen auf das, was er Mutationstypus nennt, während die prädikativen Nominalisierungen seinem Transpositionstypus zugehören (»Zur Theorie der Wortbildung«, S. 209f.); er bespricht aber nicht die sekundären Bedeutungsentwicklungen bei prädikativen Nominalisierungen, die dieselben wie beim Mutationstypus sind. Ich nehme deshalb unmittelbar auf den Mutationstypus Bezug. Ich beziehe mich auf die etwas zirkuläre Kritik Dokulils an der syntaktischen Fundierung der Wortbildung in »Zum wechselseitigen Verhältnis zwischen Wortbildung und Syntax«. Sein erster Einwand ist wohl am wenigsten haltbar: Der Agens einer Handlung werde zwar »natürlich« durch das Subjekt ausgedrückt, man könne ihn aber auch z. B. mit einer Adverbialbestimmung ausdrücken (S. 218). Das heißt aber nur, daß Agens der Handlung und Subjekt des Verbs nicht zusammenfallen, sondern verschiedene Begriffe sind. Weiter bringt uns der zweite Einwand: »Andererseits kann dieselbe syntaktische Kategorie auf verschiedene inhaltliche Kategorien hinweisen« (S. 219). Dies ist keine grundsätzliche Widerlegung der 62

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»Zur Theorie der Wortbildung«, fViss. Zeitschrift der Karl-Marx-Universität Leipzig, Ges. u. Sprachwiss. Reihe 17 (1968), S. 203-211: »Wie aus der gegebenen Bestimmung hervorgeht, sind die OK [onomasiologischen Kategorien] prinzipiell zweigliedrig, und zwar in dem Sinne, daß ein Glied immer als bestimmt, das andere als bestimmend auftritt, sie haben also syntagmatischen Charakter« (S. 207). Vgl. zum analogen Unterschied zwischen Kategorien der Sprache und Kategorien der Rede E. Coseriu, Die Lage in der Linguistik, Innsbruck 1973 (Innsbrucker Beiträge zur Sprachwissenschaft, Vorträge 9), bes. 3. 1.

Annahme einer syntaktischen Grundlage. Damit wird nur gesagt, daß verschiedene inhaltliche Kategorien in einer syntaktischen zusammengefaßt werden können, so daß die syntaktische Kategorie, hier zum Beispiel das Subjekt, von dem lexikalischen Inhalt der Wörter weitgehend unabhängig ist. Was von Dokulil als Kritik an der Annahme einer syntaktischen Basis gemeint war, erweist sich als positives Kennzeichen der syntaktischen Fundierung. Gerade so kann entdeckt werden, daß letzten Endes auf einer Ebene der Wortbildung, nämlich derjenigen der systematischen Struktur, das Syntaktische und nicht das Onomasiologische funktionell ist. Dieser Einwand ist aber insofern berechtigt, als man auf diesem Wege zu einer Trennung von syntaktischen Kategorien und von onomasiologischen Kategorien und Bezeichnungsgruppen kommen kann, die sich innerhalb der syntaktischen Kategorien differenzieren. Der dritte Einwand, die Syntax erfasse nicht »den Unterschied zwischen der Kategorie des Gegenstands (Patiens) einer Handlung und der des Resultats einer Handlung« (S. 219), ist eine Wiederholung der vorher angeführten Einwände mit anderen Worten. Patiens einer Handlung und Resultat einer Handlung sind Bezeichnungskategorien, die sich wiederum auf einer anderen Ebene syntaktisch als Objekt zusammenfassen lassen. Auch der letzte Einwand, »die Bedeutung« eines Wortes trete bei Betonung der grammatischen Kategorien gegenüber seiner grammatischen »Funktion« in den Hintergrund, resümiert die vorausgehenden Bemerkungen. Dokulil lehnt die Verknüpfung von Wortbildung und Syntax zwar nicht völlig ab, sondern sucht auf eine genaue Trennung der Ebenen hinzuwirken, damit die Eigenart der Ebene der syntaktischen Struktur und der der Bezeichnung klar hervortreten (S. 223); seine Klassifikation der Wortbildungsverfahren baut er aber ausschließlich auf onomasiologischer Basis unter Ausschaltung der Syntax auf (»Zur Theorie der Wortbildung«, S. 207-210), obwohl eine vorherige syntaktische Klassifikation die Beschreibung in wesentlichen Punkten vereinfachen könnte und dadurch Zusammenhänge von Verfahren aufgedeckt würden. Die positive Leistung Dokulils zur inhaltlichen Analyse der Wortbildung liegt darin, daß er eine Trennung der syntaktischen und der Bezeichnungsebene vornimmt. Dem werde ich dadurch Rechnung tragen, daß ich neben der syntaktischen Basis die Bezeichnungsgruppen (in einem Teilbereich der Wortbildung, aber in anderem Sinne als Dokulil) behandle; den Bezeichnungsgruppen wird auch eine wichtige Rolle bei der Auswahl von Suffixen zugesprochen. Eine Konsequenz, die man aus Dokulils Kritik ziehen kann, was er selbst nicht tut, da er seine Problemstellung nicht auf die Syntax verlagert, ist die Trennung von elementaren syntaktischen Kategorien wie Subjekt, Prädikat, Objekt, Umstandsbestimmungen in ihrer Verwendung in Sätzen und der analogen Entwicklung von sekundären Bedeutungen bei prädikativen Nominalisierungen auf der Grundlage dieser Kategorien. Was in der Wortbildung implizit an syntaktischen Kategorien enthalten ist, erscheint im Satz explizit. 45

Wie Dokulil in seiner Wortbildung von der Sprachpsychologie und der Onomasiologie ausging, so beruht auch die Wortbildungstheorie HansMartin Gaugers auf dem (interpretatorischen, nicht kreativen) Sprachbewußtsein und dem Bezug auf das Bezeichnete oder Gemeinte. Unter dem Gesichtspunkt der Leistung teilt er die Wortbildung ein in Ausgriff, Verschiebung und Variation; diese Einteilung entspricht grosso modo derjenigen Dokulils in Mutations-, Transpositions- und Modifikationstypus (allerdings bezieht sich Gauger nicht auf diese nach anderen Gesichtspunkten vorgenommene Einteilung). Das Kriterium der Leistung in der Wortbildung beruht auf der Bezeichnung: Ist das durch das abgeleitete Wort Bezeichnete im Vergleich zum Grundwort ein »neues« Ding, dann handelt es sich um einen Ausgriff; ist das Bezeichnete kein »neues« Ding, dann ist es eine Verschiebung; und wenn das Bezeichnete nur variiert wird, so handelt es sich um eine Variation (Durchsichtige Wörter, S. 133f.). Der Nachteil dieser Unterscheidung (von Verschiebung und Ausgriff) ist, daß - wird sie konsequent durchgeführt - die Einheit eines Wortes wie assemblée u. v. a. zerrissen wird; in der Bedeutung / le fait de (s') assembler / wäre assemblée eine Verschiebung, in den Bedeutungen / ceux qui s'assemblent / und / lieu où on s'assemble / Ausgriffe. Es ist aber gerade die Einheit zu betonen, die alle systematischen Bedeutungen eines Worts zusammenhält. Von Jens Holt und von Bernard Pottier ist versucht worden, die Suffixauswahl auf den Aspekt zurückzuführen. Die beiden Auffassungen divergieren aber erheblich. Holt63 untersucht die Nomina actionis auf -au; teilweise in Opposition zu -xi5?, -ti, -|ia, -|J.óla reducción de los impuestosun hombre que vende< n'est pas forcément >un vendedon. A l'intégration morphologique correspond une intégration sémantique (>métiermétier< beschränkt sein.

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D a s Problem der Suffixdifferenzierung läßt sich mit der E i n f ü h r u n g der Kategorie des Aspekts in dieser F o r m nicht lösen. A u c h w e n n die Suffixdifferenzierung bei den N o m i n a actionis z u m Teil auf Aspektunterschieden beruht, so ist i m m e r n o c h nicht das Problem der N o m i n a qualitatis und der anderen Verfahren gelöst. Weil die S u f f i x d i f f e r e n z i e r u n g aber bei allen Wortbildungsverfahren v o r k o m m t , sollte m a n nach einer einheitlic h e n Erklärung suchen. 66 " In der transformationell-generativen Grammatik wird, w e n n sie Fragen der Wortbildung behandelt, die Kombinatorik des zugrundeliegenden Wortes bei gleichbleibender »Bedeutung« in die entsprechende Kombinatorik des abgeleiteten Wortes übergeführt, o h n e daß ein Versuch gemacht wird, das System der Paradigmen z u beschreiben. V i e l m e h r wird das System als solches nicht in Betracht gezogen. 6 7 D i e implizierte A n n a h m e der K o m b i natorik ist die Argumentationsgrundlage sowohl der sog. transformationalistischen als auch der lexikalistischen Hypothese. 6 8 Während die N o m i n a 663

Nach der Behandlung von Aspektfunktionen bei Suffixen zur Bildung von Nomina actionis, wobei es zunächst den Anschein hat, als würde er dem Aspekt eine primäre Rolle zusprechen, kommt R. Martin zu dem sicherlich richtigen Schluß: »Ainsi, il serait hasardeux de se fonder sur les exemples du type création/créature, balayage/balayttre, extrêmement rares, pour attribuer au système suffixal une structure aspectuelle précise: en fait l'aspect ne s'y loge que secondairement. Un même suffixe se prête même volontiers à l'expression simultanée (même dans un seul vocable) de traits aspectuels opposés: le suffixe -ance signifie tantôt l'action (inaccompli), tantôt le résultat (accompli - l'accoutumance est le fait de s'accoutumer ou d'être accoutumé). En somme, les notions aspectuelles, sans être absentes du système suffixal français, n'en constituent pas une dimension organisatrice; elles y jouent le rôle discret d'oppositions secondes, mais non point instituées en elles-mêmes« ( Temps et aspect. Essai sur l'emploi des temps narratifs en moyen français, Paris 1971, S. 80). 67 Vgl. dazu E. Coseriu, »Coordinación latina y coordinación románica«, Actas del III Congreso español de estudios clásicos, Madrid 1968, Bd. III, S. 35-57. 68 Die transformationalistische Hypothese vertreten z. B. R. Lees, The Grammar of English Nominalizations, Bloomington und Den Haag 1968, 5. Aufl.; N. Chomsky, Aspects of the Theory of Syntax, Cambridge, Mass., 1965, S. 184ff. ; J. Dubois, Grammaire structurale du français: la phrase et les transformations, Paris 1969; die lexikalistische Hypothese N. Chomsky, »Remarks on Nominalization«, in R. Jacobs und P. Rosenbaum (Hrsg.), Readings in English Transformational Grammar, Waltham, Mass., 1970, S. 184-221 und mit verschiedenen Einschränkungen u. a. B. Fraser, »Some Remarks on the Action Nominalization in English«, in Jacobs/Rosenbaum, op. cit., S. 83-98; F. Bowers, »The Deep Structure of Abstract Nouns«, Foundations of Language 5 (1969), S. 520-533; J. M. E. Moravcsik, »Subcategorization and Abstract Terms«, Foundations of Language 6 (1970), S. 473-487; F. J. Newmeyer, »The Source of Derived Nomináis in English«, Language 47 (1971), S. 786-796. L. P. Pusch diskutiert im Rahmen der generativen Grammatik diese Autoren in Die Substantivierung von Verben mit Satzkom50

lisierungen sowohl Transformationen als auch Einheiten des Lexikons sind, soll in der generativen Grammatik die Nominalisierung, bei der nicht immer zwischen der Entwicklung eines Substantivs und einem funktionellen Äquivalent für dieses Substantiv unterschieden wird, dennoch auf die eine oder andere Hypothese reduziert werden. Da sich bei der Untersuchung der Nominalisierungen unter funktionell-relationellem Gesichtspunkt sehr wenige Berührungspunkte mit der generativen Grammatik ergeben und eine Kritik auch viel umfassender und grundsätzlicher sein müßte, als sie hier gegeben werden kann, werde ich mich nicht auf sie berufen, aber doch eine Transformationsmethode anwenden, die in der Sprachwissenschaft seit langem diskutiert wird und die, wie es scheint, direkt für eine systematische Beschreibung verwertbar ist.69 Vor allem der sprachpsychologische und der onomasiologische Ansatz können funktionell umgedeutet und weiterentwickelt werden. Es gibt aber auch direkte Hinweise für eine innersprachliche transformationelle Beschreibung, die in der generativen Grammatik selten oder gar nicht ausgewertet werden. Der erste wichtige Versuch70 dazu stammt von Friedrich Schmitthenner (vgl. Brekle, Generative Satzsemantik, S. 37ff.) und ist in seiner Ursprachlehre (1826) enthalten. Er nimmt in der Wortbildung dieselben grammatischen Verhältnisse an wie sonst in der Sprache. Bei der Ableitung von Verben sind dies Subjekt, Objekt, Mittel, Ort, Zeit und einige andere Kategorien (S. 190f.). Aber gerade in seiner Behandlung des Nomen verbale abstractum (S. 208) und des Nomen abstractum (S. 206), d. h. des Nomen qualitatis, bezieht er sich nicht ausdrücklich auf die prädikative Grundlage und erwähnt dabei auch keine sekundären Bedeutungsentwicklungen, obwohl er sie mit seinen syntaktischen Kategorien beschreiben könnte. So ist sein Beitrag zu einer systematischen Wortbildungslehre auf syntaktischer Grundlage bedeutender als zum speziellen Problem der Nominalisierung. plementen im Englischen und Deutschen, Frankfurt/Main 1972. Alle Nominalisierungstypen (in einem sehr weiten Sinn) des Französischen versucht M. Tujescu in Le groupe nominal et la nominalisation en français moderne, Bukarest 1972, im Rahmen der generativen Grammatik als Regelsystem darzustellen; s. besonders S. 199, S. 209f„ S. 214, S. 227f. und S. 273-277. 49 Kritik an Einzelheiten würde z. B. die Subkategorisierung betreffen, da Nominalisierungen sowohl »abstrakt« als auch »konkret« sind. Ebenso wie dieser Unterschied nicht gemacht wird, werden auch nicht die systematischen Bedeutungen von den asystematischen getrennt, was bei dieser Methode nicht möglich ist. Und für die ebenfalls im Englischen starke Differenzierung der Suffixe wird keine Erklärung gegeben. - Die Bemühungen der generativen Semantik sind weitgehend spekulativ geblieben, so daß keine eindeutige und sichere Methode zur Erzeugung von Wörtern aus der Tiefenstruktur vorliegt. S. aber unten die Bemerkungen zu Fillmore. 70

Vereinzelte Bemerkungen dazu findet man seit dem Mittelalter, teilweise früher; s. dazu E. Mikkola, Die Abstraktion im Lateinischen, 2 Bde., Helsinki 1969. 51

Die wohl erste Klassifikation des Wortschatzes einer romanischen Sprache auf der Grundlage der Syntax hat K. Mühlefeld mit seiner Einführung in die französische Wortbildungslehre, Phraseologie und Stilistik nach dem System der Vorstellungsverwandtschaft (Leipzig 1898) unternommen. Zwar wird die syntaktische Klassifikation durch »Vorstellungsverwandtschaft«, d. h. psychologisch begründet und wird dann weiter nach logischen Gesichtspunkten unterteilt; dies beeinträchtigt aber nicht den grundsätzlichen Wert der Arbeit, die zum erstenmal konsequent den französischen Wortschatz (unter anderem) im nominalen Bereich nach folgenden Kriterien darstellt: t

Thätigkeitswort und T Abstraktum der Thätigkeit. ouvrir, voyager, faire naufrage - ouverture, voyage, naufrage. e Eigenschaftswort und E Abstraktum der Eigenschaft, vieux, grand, brusque, amer - vieillesse, grandeur, brusquerie, amertume, v Substantiv des Verhältnisses (Beruf, Stand, Konfession) und V das zugehörige Abstraktum. mere, consul, mendiant - maternité, consulat, mendicité. / und Su t Subjekt der Thätigkeit; assaillir - un assaillant. t und Obj t Objekt der Thätigkeit; accuser - un accusé, hériter de qc - l'héritage. / und Mi t Mittel der Thätigkeit; échapper - échappatoire Ausflucht. t und Pro t Produkt der Thätigkeit; blesser - une blessure. t und Ort t abattre - abattoir Schlachthaus. t und Zeit t régner - le règne. e und Su e : vieux, jeune - un vieux, un vieillard, un jeune homme (S. 4-5).

Leider werden diese Gedanken nicht ausführlicher entwickelt, wie sich auch sonst das ganze Buch auf klassifizierte Wortlisten und Anwendungsbeispiele beschränkt. Zugleich erkennt Mühlefeld aber, daß beauté sich aus être beau und maternité aus être mère entwickelt (S. 4, Anmerkung). Damit fügt er den deverbalen und deadjektivischen prädikativen Nominalisierungen Schmitthenners noch die desubstantivischen hinzu. Außerdem wird die prädikative Basis explizit genannt. Auch Otto Jespersen, der sich seinerseits auf Couturat bezieht, geht in The Philosophy of Grommar (London 1924) vom Prädikat als der Grundlage für die Bildung der eigentlichen Abstrakta aus, die er nexus-substantives nennt (S. 136) und die den prädikativen Nominalisierungen genau entsprechen. Sie unterteilen sich je nach der Grundlage weiter in verbal nexus-words vom Typ arrivai und predicative nexus-words vom Typ cleverness. Zu den predicative nexus-words gehört aber auch der Typ scholarship, chaplaincy (S. 136, Fn. 1). Einen Schritt weiter geht Walter Porzig unter ausdrücklicher Ablehnung einer psychologischen Begründung in seinem Aufsatz »Die Leistung der Abstrakta in der Sprache« (Blätter für Deutsche Philosophie 4 (1930/31)): » D a s e c h t e A b s t r a k t u m s t e l l t s i c h sprachlich-deskrip52

tiv immer d a r als V e r g e g e n s t ä n d l i c h u n g e i n e s S a t z i n h a l t s v o m P r ä d i k a t aus « (S. 72). Wie Jespersen erwähnt er den deverbalen (Gang), den deadjektivischen (Röte) und den desubstantivischen Typ (Königtum). Im Gegensatz zu Jespersen deutet er auf sekundäre Bedeutungen hin: »Wörter vom Typ T a n z und H ö h e unterscheiden sich nun offenbar von solchen wie B a u m und H a u s dadurch, daß die größere Mannigfaltigkeit der ihnen gesetzten Beziehungen auch verschiedenartige Wirklichkeitsbeziehungen in der Rede ermöglicht. Diese größere Mannigfaltigkeit ergibt sich daraus, daß die Abstrakta Umsetzungen von Prädikaten sind, und daß die Prädikatfunktion in der Sprache grundsätzlich alles erfassen kann. Das erklärt die starken Verschiedenheiten in ihrer Funktion: H ö h e vergegenständlicht nicht nur den Satzinhalt, d a ß es h o c h ist, sondern auch den, wo es h o c h i s t ; ein Tanz ist es nicht nur, w e n n m a n t a n z t , sondern auch, was m a n t a n z t « (S. 76). Damit kommt Porzig auf dem Weg über das Prädikat letztlich zu den gleichen syntaktischen Kategorien, wie sie vor ihm F. Schmitthenner, H. Paul und K. Mühlefeld aufgestellt hatten. Eine Einschränkung muß allerdings gemacht werden: Porzig bezieht sich nicht auf das Sprachsystem, sondern, wie aus dem Zitat hervorgeht, auf die Leistung der Abstrakta in der Rede,71 die eben gerade darin bestehe, daß sie einen vorausgehenden Satzinhalt in der Wiederaufnahme durch ein Substantiv vergegenständlichten. In diesem Sinne hat sein Schüler J. Seitz auch die Leistung der Abstrakta bei Gregor von Tours untersucht (1938) und Porzig selbst hat dies einige Jahre später (1942) für das Griechische getan. Es ist also sinnvoll, existierende Nominalisierungen in ihrem Funktionieren in der Rede zu zeigen, da das System in ihr noch erkennbar ist. So werden weiter unten die verschiedenen Relationen zwischen Grundund abgeleitetem Wort an Beispielen der Rede verdeutlicht werden, Manche Texte sind sogar durch die häufige Wiederaufnahme des Prädikats geprägt und erreichen durch dieses Mittel eine stärkere Verknüpfung der Gedanken. Deshalb müßte die Nominalisierung auch als Erscheinung der 71

Vgl. S. 71: »Der Zusammenhang wirklicher Wörter untereinander, dessen Formel die >Wurzel< ist, kann nur das Ergebnis von Bewegungen innerhalb der Rede sein.« S. 72: »Man muß also versuchen, eine Wortbildung auch bedeutungsmäßig als Glied einer Rede zu verstehen . . . « Einige Hinweise finden sich auch bei O. Jespersen, The Philosophy of Grammar, S. 136ff. Für das Französische wurde die Leistung der Abstrakta durch den sprachwissenschaftlichen Idealismus untersucht; vgl. dazu u. a. A. Lombard, Les constructions nominales dans le français moderne. Etude syntaxique et stilistique, Uppsala und Stockholm 1930. - Die Gedanken Porzigs hat J. Kurylowicz wiederaufgenommen und in »Dérivation lexicale et dérivation syntaxique« (1936, jetzt in Esquisses linguistiques, Breslau und Krakau 1960, S. 41-50, Neuauflage München 1973, S. 41-50) in seinen Beitrag zur Theorie der Redeteile eingeordnet. Vgl. auch ebda., »La notion de l'isomorphisme«, S. 16-26. 53

Rede in der Textlinguistik und in der Textgrammatik berücksichtigt werden.72 Funktionell gesehen ist die Wiederaufnahme nur ein Anzeichen dafür, daß bestimmten Entwicklungen Prädikate zugrunde liegen. Relationen Der konstitutionelle Teil der prädikativen Nominalisierungen, d. h. ihre Morphologie, braucht nicht weiter ausgeführt zu werden (s. oben Zur morphologischen Beschreibung). Anders verhält es sich mit dem funktionellen und relationellen Teil, d. h. der syntaktischen Beschreibung, der grundlegend für eine Beschreibung dieser Nominalisierungen ist. Dieselbe Beschreibungskategorie kann dabei eine Funktion oder eine Relation zwischen Funktionen sein; das Prädikat ist zum Beispiel eine Funktion im Satz und eine Relation in bezug auf eine prädikative Nominalisierung. Die inhaltlichen Verhältnisse zwischen Grundwort und abgeleitetem Wort werden demnach Relationen genannt; die inhaltlichen Elemente der entsprechenden Grundlage werden, wenn sie unabhängig von ihrer Realisierung in der Wortbildung gesehen werden, Funktionen genannt. Oder in anderen Worten : was auf der Ebene des Satzes Funktionen sind, stellt sich auf der Ebene der Wortbildung als Funktoren von Relationen dar. Die Relationen in der Wortbildung unterscheiden sich gleichzeitig dadurch von den Funktionen, daß sie immer eine Subordination einschließen. Bei den prädikativen Nominalisierungen werden primär Prädikate und damit ganze Sätze und sekundär unmittelbare Satzteile subordiniert. Zugrundeliegende Satzstruktur Das Ergebnis der Übersicht über die verschiedenen Ansätze zur Beschreibung von prädikativen Nominalisierungen war die Entscheidung für die Annahme einer zugrundeliegenden Satzstruktur gewesen. Die zugrundeliegende Satzstruktur einer Wortbildung entspricht der innerstrukturellen Bedeutung eines Satzes. Bei den prädikativen Nominalisierungen kommen dafür nur die unmittelbaren Satzteile in Frage: das Prädikat, als Verb (création) oder Kopula + Adjektiv {beauté), Substantiv (veuvage) oder Adverb (vitesse); sekundär das Subjekt (couronnement / ce qui couronne /); das Objekt (conquête / ce qui est conquis / ) und die Umstandsbestimmungen (z. B. des Ortes in logement / lieu où on loge /). Aber nur wenn ein Verb zugrunde liegt, können alle Satzteile in der Bedeutungsent72

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Zur sprachlichen Leistung und stilistischen Bewertung des »Nominalstils« siehe R. Wells, »Nominal and Verbal Style«, Style in Language, Th. A. Sebeok (Hrsg.), Cambridge, Mass., 1960, S. 213-220, und zur Textverwendung der prädikativen Nominalisierungen (Nomina actionis) im Französischen S. Moirand, »Le rôle anaphorique de la nominalisation dans la presse écrite«, Langue française 28 (déc. 1975), S. 60-77.

wicklung auftreten; wenn ein Adjektiv zugrundeliegt, ist meist nur die sekundäre Entwicklung des Subjekts möglich; bei Substantiven werden die Umstandsbestimmungen der Zeit und des Orts entwickelt. Bei dem seltenen Fall des prädikativ gebrauchten Adverbs gibt es nur die prädikative Bedeutung in der Nominalisierung. Dieses Inventar von Satzfunktionen ist die Grundlage der Entwicklung von Bedeutungen bei Nominalisierungen. Die Einheiten des Inventars stehen aber nicht auf gleicher Ebene. Das Prädikat ist die Grundlage einer primären Bedeutungsentwicklung, alle anderen Satzfunktionen sind die Grundlage sekundärer Bedeutungsentwicklungen. So kann für die Wortbildung nicht angenommen werden, daß Subjekt und Prädikat, Nominalphrase und Verbalphrase auf der gleichen Stufe stehen, sondern an der Spitze der Satzhierarchie steht das Prädikat." Denn mit der Annahme, daß Subjekt und Prädikat zusammen sich auf einer übergeordneten Ebene befänden, wobei dann das Objekt und die Umstandsbestimmungen dem Prädikat untergeordnet wären, könnte man keine adäquate Erklärung für den Status der sekundären Entwicklung des Subjekts geben. Es soll also nicht das Prinzip der binären Satzanalyse in Subjekt und Prädikat (oder Nominalphrase und Verbalphrase) gelten.74 Die innerstrukturelle Bedeutung eines zugrundeliegenden Satzes ist nicht aktualisiert zu denken, sondern sie ist virtuell. So haben Kategorien des Verbums wie Modus, Tempus oder Person, die zu den aktualisierten Formen des Verbums gehören, keine Entsprechung in den von ihnen abgeleiteten Substantiven. Diese Tatsache wird weiter unten mit Textbeispielen im einzelnen belegt werden. 71

F. Kern stellt in der Satzhierarchie die satzbildenden Redeteile oder finiten Verba an die oberste Stelle; ihnen sind die satzbestimmenden Redeteile untergeordnet ( Grundriß der deutschen Satzlehre, Berlin 1884, S. 1 ). Die für die prädikativen Nominalisierungen relevanten Redeteile sind die unmittelbaren: »Bei weitem die meisten Sätze enthalten außer dem satzbildenden, finiten Verbum noch mehrere oder viele Wörter als u n m i t t e l b a r e oder m i t t e l b a r e Bestimmungen. Die unmittelbaren Bestimmungen sind solche, welche das finite Verbum (die Verb a l p e r s o n oder den V e r b a l i n h a l t ) bestimmen. Sie selber werden wieder durch die mittelbaren Bestimmungen bestimmt« (S. 7). Ähnlich äußert sich L. Tesnière, Eléments de syntaxe structurale, Paris 1959, S. 103: »Quant aux actants et aux circonstants, ce sont les subordonnés immédiats du verbe«. Die zentrale Stellung des Verbs wird auch von E. Coseriu angenommen; sie ließe sich an Beispielen aus dem Japanischen, Koreanischen und Baskischen besonders deutlich belegen. In einem Satz wie Hans schlägt Peter ist zuerst ein Schlag da, der in zweiter Linie Peter betrifft; und erst in dritter Linie interessiert, daß das Schlagen von Hans kommt. S. auch die Anmerkung unter Topikalisierung. 74 Dies kann zu unzulänglichen Ergebnissen in der Wortbildungslehre führen: W. Doroszewski in seiner Kommunikation in den Actes du VI' Congrès International des linguistes, Paris 1949, S. 139-146, teilt unsere Substantive zwar in nomsprédicats und noms-sujets ein, muß aber in der Kategorie noms-sujets zu viel Heterogenes unterbringen.

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Topikalisierung Die Topikalisierung in der Wortbildung geht nach allgemeiner Auffassung auf ein topic im zugrundeliegenden Satz zurück; ihr entspricht als zusätzliche Operation die Kommentivierung 75 in der Wortbildung und ein comment im zugrundeliegenden Satz. Die Typen der Topikalisierung kann man nach H. Marchand, der eine Anregung von A. G. Hatcher aufnimmt, 76 durch Aufstellen von bestimmten Fragen feststellen: »What does the Subject do? What happens to the Object? What is the Activity ? If for our purposes we add the question >What about the Adverbial Complement (Ad)?< we should arrive at a pretty satisfactory description of deverbal substantives as based on types of reference« (Categories and Types, S. 33). Es ist in diesem Zusammenhang nicht genügend betont worden, daß bei demselben abgeleiteten Wort und derselben zugrundeliegenden innerstrukturellen Bedeutung mehrere topics und comments erscheinen können. Um dieser Schwierigkeit zu begegnen, soll die Topikalisierung nicht nur in Beziehung zu einer topic-comment-Ebene gesetzt werden, sondern auch zur Topik im älteren Sinne (vgl. K. Becker, Organism der Sprache als Einleitung zur deutschen Grammatik, Frankfurt/Main 1827, S. 313-315), die das Inventar der Mittel zur Hervorhebung im Satz ist. Die Hervorhebung kann durch die Betonung, die Wortstellung (z. B. Inversion) und durch besondere Ausdrucksformen materiell ausgedrückt werden. Beispiele für die Hervorhebung durch Betonung bietet das Deutsche, für die Hervorhebung durch Inversion das Deutsche und Spanische und für die Hervorhebung durch besondere Ausdrucksformen das Französische ( c ' e s t . . . qui/ que ...). Das System der Topikalisierungsmöglichkeiten in der Wortbildung kann durch Fragen festgestellt werden, aber nicht eigentlich durch die Fragen, die A. G. Hatcher und H. Marchand vorschlagen, denn dies sind metasprachliche Fragen. Mit ihnen werden sprachwissenschaftliche Fragen an die Sprache gestellt, so daß die verschiedenen Gegenstände der Fragen wie Subjekt, Objekt, Handlung und Umstandsbestimmungen alle auf der gleichen Ebene liegen und die Fragen daher mit Wasl eingeleitet werden. Anders ist es mit den sprachlichen Fragen, die die Grundlage für das System der Topikalisierung darstellen. Hier ist der Gegenstand der Frage nicht mehr die Sprache, sondern das Außersprachliche. Die Fragen, die zu stellen sind, lauten daher zum Beispiel: Wer singt!, Was singt er?, 75

Der Terminus Kommentivierung wurde von H. Marchand vorgeschlagen (s. H. E. Brekle, Generative Satzsemantik, S. 132). Die Topikalisierung wurde in der Wortbildung von H. Marchand, Categories and Types, S. 32ff., - als »type of reference« - und von H. E. Brekle, op. cit., S. 77-79 und S. 128-135 behandelt. Die beiden Autoren führen auch die wichtigste Sekundärliteratur zu diesem Problem an. 76 »Syntax and the Sentence«, Word 12 (1956), S. 234-250; jetzt auch in F. W. Householder (ed.), Syntactic Theory 1. Structuralist, London 1972, S. 51-65.

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Wo singt er? usw. In der Primärsprache fragt man nicht nach den sprachlichen Funktionen wie in der Metasprache, sondern nach dem Urheber einer Tätigkeit, dem Träger einer Eigenschaft (Subjekt, z. B. frz. qui, qu'estce qui), nach dem Ergebnis, dem Gegenstand einer Handlung (Objekt, z. B. frz. qu'est-ce que), nach der Zeit (quand) usw. Mögliche Topikalisierungen sind dann so sinnvoll oder so sinnlos wie die Fragen, die man zu ihrer Begründung stellen kann. Dabei ist es auffällig, daß man immer nach den unmittelbaren Satzteilen, aber nie nach dem Verb fragen kann.77 Aufgrund dieser sprachlichen Tatsache ist anzunehmen, daß sich die Topik als Inventar der Hervorhebungsmöglichkeiten und die Topikalisierung als Realisierung auf der Ebene des Satzes und der Wortbildung gegenseitig entsprechen. Ein Satz, der keine Form der Hervorhebung enthält, ist nicht topikalisiert. Ein solcher Satz ist die systematische Grundlage einer prädikativen Bedeutung einer Nominalisierung. Ein Satz, der eine Topikalisierung eines unmittelbaren Satzteiles enthält, kann dagegen als systematische Voraussetzung für die Entwicklung nichtprädikativer sekundärer Bedeutungen betrachtet werden. So stellt die Ableitung von prädikativen Grundwörtern aus einfach eine Entwicklung dar, die sekundär bei einer weiteren Bedeutungsentwicklung mit der Topikalisierung verbunden werden kann. Das Vorkommen der verschiedenen Bedeutungen bei einer einzelnen prädikativen Nominalisierung hängt von den Fragen ab, die mit dem Grundwort vereinbar sind und davon, ob nicht das zu Bezeichnende bereits durch ein existierendes Lexem ausgedrückt ist; z. B. qui contrôle? — contrôle / ceux qui contrôlent / gegenüber contrôleur / celui qui contrôl e / , où contrôle-t-ill — contrôle »bureau où on fait un contrôle«, nicht aber qu'est-ce qu'il contrôle — contrôle, denn das, was kontrolliert wird, drückt man spezifischer aus durch compte, billet, texte usw. Die sekundären Topikalisierungen sind nicht ganz so häufig wie die primären: Der Topikalisierung des Subjekts bei den prädikativen Nominalisierungen stehen die Nomina agentis (oder »deverbalen subjektiven Nominalisierungen«) zur Seite, der Topikalisierung des Objekts, des Orts, der Zeit, und des Mittels die Nomina obiecti, loci, temporis, instrumenti. Die prädikativen Nominalisierungen sind ein Sonderfall in der Entwicklung, weil sie nicht wie andere Entwicklungen auf eine Topikalisierung zurückgehen. Dieser Umstand soll als Beleg dafür gewertet werden, daß 77

Vgl. F. Kern, Grundriß, S. 10: »Vom finiten Verbum aus läßt sich das Subjektswort (und dann weiter jede noch übrige Satzbestimmung) erfragen: Z. B. schreibt. Wer schreibt? sie. Was schreibt sie? einen Brief. Wo? im Garten. An wen? an ihre Mutter u. s. w. D a s f i n i t e V e r b u m s e l b e r l ä ß t s i c h so n i e e r f r a g e n , weil es kein F r a g e w o r t giebt, durch welches nach ihm gefragt werden könnte.« - E. Coseriu stellt drei Stufen bei der Erfragung von Satzfunktionen fest: 1) nach dem Verb läßt sich nicht fragen; 2) nach dem Subjekt fragt man mit dem Verb; 3) nach den anderen Funktionen fragt man mit Verb und Subjekt (Vorlesung über Typologie). 57

die prädikativen Nominalisierungen in der Hirarchie der Entwicklungen an der obersten Stelle stehen. Weil bei ihnen die meisten Bedeutungsmöglichkeiten auch sekundär realisiert werden, die sonst nur primär realisiert werden, muß eine Erklärung des Teilsystems der prädikativen Nominalisierungen grundsätzlich eine Erklärung der primären nicht-prädikativen Topikalisierungen enthalten (s. dazu Beispiele S. 113-115). Die Einzelsprachen unterscheiden sich weitgehend in der Ausnutzung der Topik. Die romanischen Sprachen weisen eine starke sekundäre Topikalisierung bei Entwicklungen auf, das Deutsche oder das Englische hat dagegen weit weniger sekundäre Bedeutungen; dafür treten in diesen Sprachen oft Zusammensetzungen oder morphologisch gesondert charakterisierte Ableitungen ein. Dieser Umstand erklärt wohl auch zu einem guten Teil die geringe Produktivität der Wortzusammensetzung und die hohe Produktivität der Ableitungen in den romanischen Sprachen, wenn man sie mit den germanischen Sprachen vergleicht. Periphrasen Da die Materialsammlung und vor allem die Bestimmung der Bedeutungen von prädikativen Nominalisierungen auf Wörterbüchern beruht und die Definitionen der Wörterbücher nicht den Definitionen entsprechen, die in der Wortbildung erforderlich sind, muß einiges zur Lexikoneintragung und zur Bestimmung von Wortbildungsbedeutungen durch eine Periphrase im Bereich der Nominalisierung vorausgeschickt werden. In einem Wörterbuch muß bei Ableitungen der Bezug zum Grundwort bestimmt werden; aber die weitere Lexikalisierung, die über die Bedeutung des Grundworts hinausgeht, interessiert nur das Lexikon einer Sprache, nicht die Wortbildung. So werden etwa im Französischen Wörterbuchdefinitionen für Nomina actionis mit action, für Nomina qualitatis mit état, qualité, für sog. Substantivabstrakta mit poste (conservation - »poste de conservateur«) eingeleitet, an die sich weitere Bestimmungen in der Art von Paraphrasen anschließen, wenn sich eine Ableitung semantisch vom Grundwort differenziert hat. Dieser Grundsatz wird aber in den Wörterbüchern nicht konsequent durchgehalten; innerhalb eines einzigen Wörterbuches variieren die Definitionen bei gleichen Wortbildungstypen sogar beträchtlich. Noch größere Schwierigkeiten zeigen sich beim Vergleich mehrerer Wörterbücher; ein Wort wie cicatrisation wird mit Hilfe von phénomène, état und action in verschiedenen Wörterbüchern definiert. 78 78

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Beispiele für unterschiedliche Wortinterpretationen sind (mit anderer Intention) bei B. Pottier, »La définition sémantique dans les dictionnaires«, TLL (Straßburg) III, 1 (1965), S. 38, zusammengestellt. - J. und Cl. Dubois, Introduction à la lexicographie: le dictionnaire, Paris 1971, S. 86, gehen sogar so weit, eine Wörterbuchdefinition als »paraphrase synonymique« mit »structure sémantique profonde« gleichzusetzen, indem sie die mehr oder weniger zufälligen Paraphrasen als angemessene Umschreibungen annehmen.

Um wenigstens diese Schwierigkeit zu umgehen, verwende ich für jede Einzelsprache nur ein Wörterbuch, da in einem Wörterbuch einer Sprache für eine lexikalische Einheit weniger Inkohärenzen auftreten als in mehreren. Damit kann aber zugleich das Material in gewisser Weise nur relativ zum benutzten Wörterbuch sowohl in der Auswahl der Einheiten als auch in der Bestimmung der Bedeutungen bewertet werden. Die Inkohärenzen in Wörterbüchern kommen vor, obwohl die Wörterbücher für den praktischen Gebrauch bestimmt sind, für den die gleiche sprachliche Erscheinung nach dem gleichen Definitionstyp definiert sein sollte, damit die Analogien in der Wortbildung sofort einsichtig werden. Eine schärfere wissenschaftliche Formulierung von Nominalisierungsdefinitionen würde den praktischen Wert von Wörterbüchern erhöhen und die Orientierung in ihnen erleichtern, da die Information dann ökonomischer und eindeutiger vermittelt werden würde. Da die Wortbildung zum relationellen Bereich der Sprache gehört, muß die Relationalität von Wortbildungen auch in den Wörterbuchdefinitionen zum Ausdruck kommen. 79 In ihnen sollte zunächst das rein Grammatische im Bezug zum Grundwort enthalten sein: die Art der Subordinierung und die Wortklasse des zugrundeliegenden und des abgeleiteten Wortes. Irgendwelche weiteren Komponenten sollten erst nach der relationellen Definition erscheinen. Die Relationalität und solche weiteren Komponenten sind z. B. in »action de marcher« für marche, in »caractère de ce qui est beau« für beauté und in »état de ce qui est ferme« für fermeté enthalten. Diese Umschreibungen sollen Paraphrasen im Gegensatz zu den Periphrasen, die rein grammatisch bedingt sind, genannt werden. Bei der Paraphrase besteht keine notwendige und eindeutige Beziehung zwischen einem Wort und seiner Umschreibung (sie könnte auch anders lauten), bei der Periphrase dagegen gibt es gerade diese notwendige und eindeutige Beziehung, die wir in / le fait de marcher / , / le fait d'être beau / und / le fait d'être ferme / haben. Dennoch muß die Periphrase bei den Entwicklungen im Einzelfall um eine Paraphrase erweitert werden, da die Periphrase aufgrund ihres bloßen Bezugs zur Basis nicht alle Verwendungsmöglichkeiten einer Ableitung umschreiben kann. So ist fermeté zwar mit »état de ce qui est ferme«, aber auch mit »qualité d'une personne qui a une autorité sans brutalité« usw. zu paraphrasieren im Gegensatz zur Periphrase / le fait d'être ferme /, d. h. »qui a une autorité sans brutalité« ist

" R. L. Wagner, »Observations sur les mots construits dérivés en français«, Revue de linguistique romane 25 (1961), S. 382, fordert statt einer logischen Definition eine Bezugnahme auf Situationen und auf Morphologie und Syntax, ohne aber nähere Ausführungen zu machen. - J. Rey-Debove, »La définition lexicographique; bases d'une typologie formelle«, TLL (Straßburg) V, 1 (1967), S. 155-159, erkennt zwar die relationelle Definition für die Adjektive und Adverbien, nimmt sie aber nicht für die hier untersuchten Typen an.

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nur eine Paraphrase von ferme. Die grammatisch fundierte Periphrase kann aber kein Äquivalent für eine Wortbildung sein, schon deswegen nicht, weil sie den Inhalt eines Wortes als Wortgruppe wiedergibt, dann aber auch, weil sie nicht den gesamten Verwendungsbereich eines abgeleiteten Wortes einschließen kann. So sind Periphrasen nur Interpretationsformeln für die grammatisch motivierten Bedeutungen einer Wortbildung. Die Form der Periphrase ist der Morphologie der syntaktischen Subordinierung in der jeweiligen Einzelsprache zu entnehmen. 80 Da Sätze und Prädikate im Französischen mit le fait que + Satz und le fait de + Prädikat subordiniert werden können, lautet die Periphrase für die prädikative Bedeutung einer Nominalisierung entsprechend; aus dem gleichen Grund werden im Katalanischen prädikative Bedeutungen mit el fet periphrasiert. Da diesen Periphrasen im Spanischen meist die substantivierte Infinitivkonstruktion entspricht, gilt sie hier als Periphrase für prädikative Bedeutungen. Um aber jede Verwechslung dieser Interpretationsformeln mit den konkreten Fakten in Texten zu vermeiden, die eine andere Funktion haben können, werden sie immer durch / . . . / gekennzeichnet. Auch die übrigen Periphrasen für sekundäre Bedeutungen sind einzelsprachlich motiviert: Subjekt

Objekt

-

-

Ort

-

Zeit

-

frz. / ce (celui, ceux) qui (se) + Verb / kat. / allö (el, eis) que (se, es) + Verb / span. / lo (el, la, los, las) que (se) + Verb / frz. / c e (celui, Celle, ceux) qui a (ont) été + Part. Pass. / / ce que l'on + Verb / kat. / allö (el, eis) que está (están) + Part. Pass. / span. / lo que uno (se) + Verb / / lo (el, la los, las) que está (están) + Part. Pass. / frz. / lieu oú on + Verb / / lieu oú on est + Substantiv / kat. / lloc on hom está + Part. Pass. / / lloc on hom és + Substantiv / span. / lugar donde uno está + Part. Pass. / frz. / temps pendant lequel on + Verb / / t e m p s pendant lequel on est + Substantiv/

Besonders deutlich wird dies, wenn man die romanischen Sprachen mit anderen Sprachen, z. B. dem Englischen vergleicht. Die desubstantivischen prädikativen Nominalisierungen sind im Englischen mit / the being a . . . / zu umschreiben, weil ein Substantiv, das im Englischen keine prädikative Nominalisierung hat, mit the being a ... um schrieben wird: »Yes, it's true that Dumas was a Negro according to American racial codes, but his being a Negro was the least important thing about him« (R. Wright, White Man, Listen!, S. 73). 60

- kat. / temps que hom + Verb / / temps que hom és + Substantiv / - span. / tiempo que uno + Verb / / tiempo en que uno es + Substantiv / Mittel - frz. / ce qui sert à + Infinitiv / - kat. / allò amb què + Verb quelcom / - span./ lo que sirve para + Infinitiv/ Art und Weise - frz. / manière de + Infinitiv / - kat. / manera de + Infinitiv / - span./modo de + Infinitiv/ Die Periphrasen müssen nicht unbedingt genau diese Form haben. Wichtig ist, daß sie das Grundwort und die grammatischen Bestimmungen des Ableitungsverfahrens enthalten und funktionelle Substantive sind. Die Typen Die Ableitungskategorien prädikativer Nominalisierungen werden im folgenden nach Wortklassen geordnet in der Reihenfolge ihrer Häufigkeit aufgeführt, und bei jeder Ableitungskategorie werden die möglichen sekundären Bedeutungen zusammengestellt. Alle Bedeutungen sollen, wenn möglich, mit Textbeispielen belegt werden, die die Wiederaufnahme eines Prädikats oder eines Satzteils durch eine Wortbildung dokumentieren; sonst werden als Belege Lexikonbeispiele herangezogen, denn für sekundäre Bedeutungen sind anaphorische Verwendungen wegen ihrer relativen Seltenheit in Texten schwerer zu finden. Außerdem werden sekundäre Bedeutungen von Nominalisierungen, falls sie existieren, den entsprechenden primären Wortbedeutungen gegenübergestellt. Die Verbindung der Ableitungen zu den Grundwörtern ist nicht nur aus ihren Bedeutungen deutlich zu entnehmen, sondern auch aus ihrer Syntax. Wenn man z. B. frz. résister à, kat. toparamb sagen kann, dann ist résistance à, topada amb vom System her möglich; in der Norm einer Einzelsprache wird die Syntax der Nominalisierungen sonst aber oft an die Syntax der übrigen Substantive angeglichen (Typ: N de N). Die Frage der Syntax von Ableitungen ist kein Teil der Wortlehre mehr, sondern ein Teil der Wortgruppen- und Satzlehre. Sie hat mit der eigentlichen Wortbildungslehre und mit der Auswahl der Suffixe nichts zu tun und wird darum nicht berücksichtigt. Andererseits ist dies eine Frage, die auch in der transformationeilen Grammatik noch nicht genügend untersucht worden ist. Ebenso fehlen gewöhnlich Angaben über die Rektion von prädikativen Nominalisierungen in Wörterbüchern. Auch die Kollektivbildungen bleiben außerhalb der Betrachtung. Es wurde verschiedentlich ein Zusammenhang zwischen Abstrakta und Kollektiva angenommen (bes. von K. Baldinger, Kollektivsuffixe und Kollektivbegriff, Berlin 1950). Was aber hier als Kollektivum gilt, ist kein ge61

trenntes Verfahren, das etwa die Bildung von Abstrakta voraussetzt, sondern die in diesen Wörtern enthaltenen »kollektiven« Bedeutungen sind jeweils durch den lexematischen Inhalt der einzelnen Grundwörter und ihrer Ableitungen im Einzelfall bedingt. Diese Kollektivbedeutungen greifen wie die sekundären Bedeutungsentwicklungen über die Bereiche einzelner Suffixe hinaus. Sie sind daher kein Problem der Wortbildungsverfahren, denn die Grundlage für die Annahme von Kollektivbedeutungen sind z. B. die iterative Bedeutung bei Verben, quantifizierte Subjekte und Objekte und ganz allgemein die größere Unbestimmtheit sekundärer Bedeutungen gerade bei deverbalen Ableitungen. Alle diese Bedeutungen gehen auf Mengenvorstellungen zurück. Eine auffällige Parallelität, die aber wiederum nicht thematisiert wird, besteht zwischen den Suffixen zur Ableitung von Substantivabstrakta und von Kollektiva (s. Deadjektivische prädikative Nominalisierungen).

1. Deverbale prädikative Nominalisierungen Die deverbalen prädikativen Nominalisierungen sind die häufigsten Nominalisierungen. Da an ihnen die starke Bedeutungsdifferenzierung am meisten auffiel, wurden an ihnen zuerst Beschreibungen auf syntaktischer Grundlage versucht (s. Ansätze zur Beschreibung prädikativer Nominalisierungen). Die Kategorien Modus, Tempus, Person und Numerus, die bei den aktualisierten Formen des Verbums erscheinen, haben keine Entsprechungen in den von Verben abgeleiteten Substantiven. Dagegen bleibt die Diathese erhalten; so ist in den folgenden Beispielen die aktive Bedeutung der Nominalisierung mit / le fait de, el fet de + Verb / und / el + Verb / zu umschreiben: S'il y chante pour d'autres désormais, cela est juste. Mais je reconnais encore la douceur de son chant (J. Guéhenno, Journal, S. 241). »Ai-je vécu comme une femme qu'on protège"!...« De quel droit exerçait-il sa pitoyable protection sur la femme qui avait accepté même qu'il partit? (A. Malraux, La condition humaine, S. 243). Le langage contient, pour l'enfant, pour l'adulte, pour l'homme qui réfléchit, les premières certitudes. La réflexion sur le langage les ébranle (H. Lefebvre, Le langage et la société, S. 26). C'est un droit que les hommes, à mesure qu'ils vieillissent, sont en général peu tentés d'exercer. Le vieillissement, c'est le mensonge même (J. Guéhenno Journal, S. 14). »II n'y a pas de dignité possible, pas de vie réelle pour un homme qui travaille douze heures par jour sans savoir pour quoi il travaille.« Il fallait que ce travail prît un sens, devînt une patrie (A. Malraux, La condition humaine, S. 80).

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Katow le regarda sans fixer son regard (A. Malraux, La condition S. 250).

humaine,

Il allait se faire juger chez les femmes, lui qui n'acceptait aucun jugement Malraux, La condition humaine, S. 274).

(A.

Ferrai faisait semblant de fumer... parce qu'il voyait dans l'atmosphère de la fumerie, dans la pipe qui passe d'une bouche à l'autre, un moyen d'action sur les femmes (A. Malraux, La condition humaine, S. 266). Elis en sofríen com vós, sí, perô el seu sofriment no fou passiu, résignât (Pàmies, Testament a Praga, S. 194). Aquest fou l'objectiu dels homes i les dones de l'equip Dubcek que sofrien com vós en veure com degenerava un sistema politic i social just; com aquesta degenerado ensopia i podria la gent (Pàmies, Testament a Praga, S. 194). . . . i la gent arronsava les espatlles quan jo preguntava, amb aquest arronsament d'espatlles el que em fa més p o r . . . (Pàmies, Testament a Praga, S. 169). Eis primers mesos vaig enyorar la casa dels lliris, amb tant de cel i amb les muntanyes que es tornaven blaves cap al tard. De mica en mica Venyorament em va anar passant (M. Rodoreda, El Carrer de les Camèlies, S. 125-126). » . . . los dos queremos mandar en la casa!« Supongamos que este matrimonio, desavenido por estar compuesto de dos voluntades imperiosas, junto con la unanimidad de deseos coincide en ciertas ideas acerca de lo que debe ser el mando y la obediencia (R. Pérez de Ayala, Escritos políticos, S. 27). D i e passive Bedeutung ist in der N o r m der Einzelsprache weniger häufig realisiert. Hierfür s c h e i n e n syntaktische Äquivalente eintreten zu k ö n n e n (vgl. oben Persönliche u n d Unpersönliche Konstruktionen). D i e Periphrase ist für das Französische / le fait d'être + Part. Pass. / , für das Katalanische / el fet d'ésser + Part. Pass. / und für das Spanische / el ser + Part. Pass. / wie z. B. in frz. obligation / le fait d'être obligé / . U m die Passivität eines N o m e n actionis festzustellen, kann m a n eine Probe v o m Typ »l'élection de quelqu'un par quelqu'un« m a c h e n : Elet fo a abat Blanquerna. Molt desplach a Blanquerna la elecció (R. Llull, Blattquema, II, S. 26). D i e reflexive und mediale Bedeutung mit U m s c h r e i b u n g e n v o m Typ / le fait de s'attendrir / , / el fet de s'afeblir / und / el enfadarse / für attendrissement, afebliment u n d enfado ist in vielen A b l e i t u n g e n realisiert u n d k o m m t auch in T e x t e n bei der W i e d e r a u f n a h m e v o n Prädikaten z u m Ausdruck: Le centre d'intérêt de la réflexion ou de la méditation philosophique se déplaçant, ce déplacement a des conséquences (H. Lefebvre, Le langage et la société, S. 21). ... me dedicaría a una actividad especializada y absorbente: el arte, la ciencia, la industria. Pero en España es imposible la dedicación pura y plena a una actividad preferida, amada (R. Pérez de Ayala, Escritos políticos, S. 19). 63

Die Kategorie des Aspekts soll uns nur am Rande interessieren. Wenn anzunehmen ist, daß Grundwort und Ableitung denselben Aspekt enthalten, dann ist der Aspekt keine speziell in der Wortbildungslehre zu untersuchende Erscheinung. So kann frz. battement semelfaktiv oder frequentat i sein, aber diese Aspekte enthält auch das Grundwort battre; und sowohl bei battement als auch bei battre ist die Frequentativität in der Norm üblicher (vgl. aber unten die Ableitungen über ein implizites Verb). Zusätzlich scheint aber die Resultativität hinzuzukommen, 81 wenn sie mit der Diathese kombiniert wird, z. B. mit dem Aktiv in frz. découverte / le fait d'avoir découvert / , mit dem Passiv in élection / le fait d'être élu /, mit dem Reflexivum in attendrissement / le fait de s'être attendri / (und auch: / le fait d'être attendri /). Periphrasen im Katalanischen sind / el fet d'haver, d'ésser, d'estar + Part. Pass. / und im Spanischen / el haber, ser, estar + Part. Pass. /, ebenso auch reflexiv: Fa la impressici que està més marcida que no li correspondria per l'edat; . . . l'extraordinari és com aquest principi de marciment, amb el seu toc de melancolía, l'arriba a afavorir (J. Sales, Incerta Gloria, S. 68). . . . el meu a v i . . . s'havia penjat... Encara avui no us podría dir quins foren eis motius del penjament del meu avi (Pàmies, Testament a Praga, S. 77-78).

Ganz selten wird bei der prädikativen Nominalisierung eine faktitive Bedeutung hinzugefügt wie in frz. paissance / le fait de faire paître / , passade »course d'un cheval qu'on fait passer et repasser sur un même parcours«, pâturage / le fait de faire pâturer /, kat. voladura »acciò de fer volar un pont, etc.«, span. constancia »acción y efecto de hacer constar alguna cosa de manera fehaciente«. Eine volitive Bedeutung muß man bei einigen katalanischen Ableitungen annehmen, die mit »ganes de . . . « paraphrasiert werden, z. B. {voler) caminar — caminera »ganes de caminar« (weitere Beispiele unter deverbalem kat. -era). Die Ableitung über ein implizites Verb ist ein Verfahren, das für mehrere romanische Sprachen charakteristisch ist. Allerdings ist es im Französischen selten, so daß das Französische sich nicht gut als Beispiel anbietet, sondern eher das Spanische, das mehrere Suffixe zum Ausdruck dieses Verfahrens hat. Zur Interpretation des Typs martillazo oder lanzada bieten sich zwei Möglichkeiten an: entweder die Entwicklung über ein explizites Verb martillar — martillazo, lanzar — lanzada oder über ein implizites Verb mit martillo, lanza als instrumentaler Ergänzung: / batir, dar un golpe con el martillo, la lanza /. 82 Bei der Annahme der Entwicklung über ein ex81

Bei Ableitungen wie blesser — blessure ist anzunehmen, daß die Resultativität bereits in der Grundlage enthalten ist (s. weitere Beispiele bei frz. -ure, span. -dura ). 82 Einen dritten Weg über seine Auffassung vom Sprachbewußtsein bzw. über das

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plizites Verb haben wir Schwierigkeiten, weil es nur in sehr wenigen Fällen zu einer Ableitung auf -azo ein materiell ähnliches Verb gibt, andererseits das Suffix aber sehr produktiv ist. Und wenn es dieses Verb gibt, dann läßt sich die Bedeutung des Nomen actionis auf -azo oder -ada nicht unbedingt vom expliziten Verb ableiten. Martillar paraphrasiert der Durvan mit »batir o dar golpes con el martillo«, während er martillazo mit »golpe dado fuertemente con el martillo« wiedergibt und auch martillada mit »golpe dado con el martillo«, d. h. daß martillar frequentativ ist, martillazo und martillada aber semelfaktiv. Dagegen läßt sich die frequentative Bedeutung von martilleo ohne weiteres auf martillear und martillar zurückführen. Lanzada wird in der ersten Eintragung mit »golpe dado con la lanza« paraphrasiert und in der zweiten Eintragung mit »movimiento que se enseña al caballo obligándole a saltar hacia adelante sobre las patas traseras y con las delanteras en el aire«, die Bedeutungen sind also verschieden. Die erste kann nicht auf lanzar zurückgehen, wohl aber die zweite. Es bleibt also im Rahmen einer syntaktisch orientierten Wortbildungslehre nur der zweite Weg, die Darstellung dieser Ableitung als Entwicklung über ein impliziertes Verb. Martillazo wäre dann mit / el batir, dar un golpe con el martillo / (semelfaktiv) zu umschreiben; dabei ist diese Entwicklung materiell gesehen »desubstantivisch« abgeleitet, inhaltlich aber deverbal. Neben der instrumentalen Ergänzung ist die lokale realisiert, aber seltener: z. B. pechada »golpe dado en el pecho« / el dar un golpe en el pecho / (semelfaktiv). Einige »desubstantivische« Ableitungen, die im Französischen relativ selten, im Katalanischen und Spanischen aber sehr ausgeprägt sind, sind in syntaktischer Hinsicht als Entwicklungen von Substantiven über eine prädikative Ergänzung und ein implizites Verb zu betrachten. Für Substantive wie frz. fanfaronnade, crétinerie wird angenommen, daß ihnen die Funktion der prädikativen Ergänzung, hier en fanfaron, en crétin, mit einem impliziten Verb wie se comporter oder agir zugrundeliegt; so auch z. B. in span. alcaldada / el comportarse como alcalde /. Dabei bezeichnet alcalde sowohl einen Bürgermeister als auch jemanden, der einem Bürgermeister ähnlich ist, ein Unterschied, der zu verschiedenen Redebedeutungen von alcaldada führt: 1) »acción imprudente o inconsiderada que ejecuta un alcalde abusando de la autoridad que ejerce« und 2) »acción semejante, ejecutada por cualquier persona afectando autoridad a abusando de la que tenga«. Bezeichnungsunterschiede wie »Worte«, »Handlungen« oder »semelfaktiv« sind syntaktisch nicht zu berücksichtigen.

Bezeichnete schlägt H.-M. Gauger in Untersuchungen zur spanischen und französischen Wortbildung, Heidelberg 1971, S. 13ff., vor. - Die augmentative Funktion von -azo betrifft uns natürlich nicht.

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Unter den topikalisierten Bedeutungen ist das Subjekt relativ selten und ist in keine Bezeichnungsgruppierung einzuordnen. Es können je nach dem zugrundeliegenden Verb z. B. quantifizierte personale Subjekte (attroupement - / ceux qui s'attroupent ou se sont attroupés / ) oder es kann ein nicht quantifiziertes, nicht personales Subjekt sein wie préfiguration / ce qui préfigure / im folgenden Beispiel: . . . la scène du fratricide n'apparaît plus que comme une préfiguration de la scène du châtiment... (M. Butor, L'emploi du temps, S. 174).

Und entsprechend survivances in: Je refusais les hiérarchies, les valeurs, les cérémonies par lesquelles l'élite se distingue; ma critique ne tendait, pensais-je, qu'à la débarasser de vaines survivances (S. de Beauvoir, Mémoires d'une jeune fille rangée, S. 263-264).

Dabei können Subjekt und Resultativität wie in attroupement kombiniert werden. Bei einem Verbum, das eine Umstandsbestimmung des Mittels zu sich nehmen kann, läßt sich nicht immer mit Sicherheit bestimmen, ob das Subjekt oder das Mittel in der Ableitung zugrundeliegt. Die syntaktische Begründung liegt darin, daß man Sätze vom Typ Er sticht mit der Nadel Die Nadel sticht oder Er schneidet mit dem Messer - Das Messer schneidet gut83 bilden kann. Ebenso kann die Ableitung calculateur sowohl die Maschine, mit der man rechnet, als auch den Menschen, der rechnet, bedeuten. In beiden Fällen ist daher ein Synkretismus der Subjektbedeutung und der instrumentalen Bedeutung anzunehmen. Der Subjekttyp ist mit gesonderter morphologischer Charakterisierung als Nomen agentis realisiert und bildet eine eigene Ableitungskategorie, die sich mit der Bezeichnungskategorie »Urheber einer Tätigkeit« gut von dem unbestimmteren Subjekttyp bei Nomina actionis abhebt und z. B. mit den Suffixen frz. -eur/-teur (voyageur, calculateur), -(a)nt (assistant), kat. -dor (caçador), -aire (cantaire), -(a)nt (caminant), span. -dor (ganador), -(a)nte, -(e)nte {cantante, oyente) gebildet wird. Das direkte Objekt wird sehr häufig topikalisiert und ist bei fast jedem von einem transitiven Verb abgeleiteten Nomen actionis möglich, auch wenn die Objektbedeutung nicht ins Lexikon aufgenommen wurde. Wegen der Häufigkeit der Objektbedeutung konnte sie in der Wiederaufnahme gefunden werden: Comme on ne nous a rien promis, ils n'attendent l'accomplissement d'aucune promesse (J. Guéhenno, Journal, S. 239).

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S. H. Paul, »Über die Aufgaben der Wortbildungslehre«, Sitzungsberichte der philos.-philolog. und der hist. Klasse der bayer. Akademie der Wissenschaften, 1896, S. 697.

. . . oui »a distorted shadow«, une ombre déformée, comme dit J.-C. Hamilton, mais ce qu'il n'avait pas su voir, c'était combien précieuse était cette déformation ! (M. Butor, L'emploi du temps, S. 175). La grande cité silencieuse n'était plus alors qu'un assemblage de cubes massifs et inertes . . . (A. Camus, La Peste, S. 190). Segons que damunt és dit, ordenà lo sant pare apostoli com fos ordenada la glôria de Deu, e ach uficials e ministradors e precuradors a procurar ço que hac ordenat ; e tots jorns s'esforçava aytant com pudia com se seguis del ordenament demunt dit (R. Llull, Blanquerna, II, S. 153).

Neben der sekundären Objektbedeutung, die sich meistens mit der Resultativität verbindet, werden bei Nomina actionis sehr selten und uneinheitlich einige getrennte Suffixe für die primäre Ableitungskategorie des Objekts verwendet, z. B. frz. jeton, nourrisson. Das übliche primäre Verfahren ist die Konversion des Partizip Perfekt: frz. employé, kat. vençut, span. empleado. Das indirekte Objekt ist nicht in der sekundären Bedeutungsentwicklung von Nomina actionis, sondern nur als selbständige Ableitungskategorie festzustellen, die allerdings sehr schwach realisiert ist: frz. -taire (abandonnataire, destinataire, donataire, légataire, mandataire - / celui à qui est abandonnée, destinée, donnée, etc., une chose/; vgl. L. Tesnière, Eléments de syntaxe structurale, 1959, S. 404), kat. - tari (destinatari, donatari), span. -tario (arrendatario, prestatario). Die Umstandsbestimmungen des Orts, des Mittels und der Zeit können entwickelt werden, wenn im Zusammenhang mit dem Grundwort nach dem Ort, dem Mittel und der Zeit gefragt werden kann. Der Ort ist sekundär entwickelt z. B. bei frz. logement / lieu où on loge / und ebenso bei kat. allotjament und span. alojamiento. Die primären Suffixe, bei denen die Ortsbedeutung erscheint, sind innerhalb der drei Sprachen sehr verschieden. Außerdem müssen im Katalanischen und Spanischen die mit den gleichen Suffixen gekennzeichneten Einheiten nach den Kategorien des Orts und des Mittels sorgfältig getrennt werden. Die Frage, ob Wörter wie abreuvoir im Vergleich zu logement und arrosoir zu emballage Ableitungen oder Kompositionen sind, muß vorläufig offenbleiben und gesondert untersucht werden. Es kommt hier nur darauf an, das Vorkommen der temporalen und der instrumentalen Bedeutung in beiden Fällen zu dokumentieren. Beispiele: frz. -erie {garderie), -oir (abreuvoir), kat. -dor, -tori (menjador, dormitori), span. -dor, -dero (comedor, abrevadero). Das Mittel erscheint z. B. sekundär in frz. emballage / ce qui sert à emballer / , kat. abillament, span. recompensa, und primär bei frz. -oir, -et, -ette (arrosoir, jouet, sonnette), kat. -dor, -dora (mocador, tapadora), span. -dero, -dera (prendedero, regadera). 67

Sehr selten wird die Zeit entwickelt, im Französischen beinahe nur bei -aisott, z. B. cueillaison / temps où cueille on (les fruits) / , kat. sega, sembra, span. podazôn, grana. Als eigenes Verfahren scheint die Zeit bei deverbalen Wortbildungen nicht vorzukommen, sondern nur bei »desubstantivischen« mit implizitem Verb und in diesem Fall nur im Französischen: -aison (harengaison). Die Bedeutung Art und Weise ist in frz. allure / manière d'aller / und écriture / manière d'écrire / anzunehmen. Weil man bei den zugrundeliegenden Verben aller und écrire (und auch sonst bei Verben) nach einem Wie? fragen kann, wird die Bedeutung der Art und Weise auf ein zugrundeliegendes Adverb zurückgeführt. Umschreibungen mit manière und façon für derartige Adverbien sind nur grammatische Periphrasen, die grundsätzlich (aber nicht immer in der Sprachnorm) mit einfachen Adverbien kommutierbar sind. Wegen dieser angenommenen adverbiellen Grundlage steht dieser sekundäre Typ den prädikativen Bedeutungen insgesamt gegenüber. Weitere Umstandsbestimmungen. Das genaue Ausmaß der möglichen und vorhandenen sekundären Bedeutungen ist nicht abzusehen. In einer ausgedehnten Untersuchung von Texten oder der Rede würden sich noch mehr Einzelbedeutungen und Bedeutungstypen herausstellen. Die Fragen, die mit den zugrundeliegenden Verben vereinbar sind, sind für das Französische (und entsprechend für das Katalanische und das Spanische): combien?: frz. coût »somme que coûte une chose«, ohne prädikative Bedeutung, ebenso kat. cost, costes, span. costa, coste, costo; frz. écart »distance qui sépare deux choses qu'on écarte ou qui s'écartent l'une de l'autre«, dérive »déviation d'un navire, d'un avion par rapport à sa route, sous l'effet des vents ou des courants«, excès »différence en plus de deux quantités inégales« (zu excéder). de combien?: frz. augmentation, réduction »diminution accordée sur un prix«, kat. eixampla »allo en què s'ha eixamplat alguna cosa«, sobrepuig »allô en què una cosa sobrepuja una altra«. à quoi?: frz. emploi »ce à quoi une chose est employée«, occupation »ce à quoi on consacre son activité, son temps«. Die zu diesen Fragen gehörenden syntaktischen Kategorien (traditionell »Umstandsbestimmungen des Preises, des Maßes« usw. genannt) sollen vorläufig nicht weiter bezeichnet und diskutiert werden. 2. Deadjektivische prädikative Nominalisierungen Die deadjektivischen gehören mit den deverbalen prädikativen Nominalisierungen zu den häufigsten Ableitungen im Französischen, Katalanischen und Spanischen. Es sind grundlegende Wortbildungstypen dieser Sprachen. Neben der prädikativen findet sich bei ihnen gewöhnlich nur die Subjektbedeutung, die aber dafür in der Rede bei sehr vielen dieser 68

Ableitungen entwickelt werden kann und weit üblicher ist als im Englischen oder Deutschen. Der prädikativen Bedeutung liegt »sein« + Adjektiv zugrunde. Da eine solche Wortgruppe die Funktion des Prädikats wie ein Verb übernimmt, soll sie funktionell und relationell mit ihm gleichgesetzt werden (s. L. Tesnière, Eléments de syntaxe structurale, S. 156). Die Grenzen zwischen deadjektivischer und deverbaler Ableitung dürften in Fällen wie abattu — abattement, blasé —• blasement, relâché — relâchement im einzelnen nicht genau zu bestimmen sein. Alternativ zur deadjektivischen könnte man eine deverbal-resultative Ableitung bei abattement, blasement, relâchement usw. annehmen. Oft spricht die lexikalische Bedeutung aber gerade für die Annahme der Ableitung von einem Partizip in adjektivischer Funktion. Beispielsweise ist das im Petit Robert mit »état d'une personne abattue« umschriebene abattement eher auf ein adjektivisches abattu zurückzuführen als direkt auf abattre. Damit soll aber die parallele deverbale Ableitung abattre — abattement nicht ausgeschlossen werden. Eindeutig deadjektivisch sind dagegen Ableitungen wie désœuvré — désœuvrement, die morphologisch nicht mit einem entsprechenden Verb in Verbindung stehen. Besonders zu beachten sind Partizipien des Präsens und des Perfekts, die hier zwar die Funktion eines Adjektivs haben, aber doch mit deverbalen Suffixen nominalisiert werden: . . . la légende d'Hercule et d'Omphale envahit brusquement son imagination, Hercule habillé en femme d'étoffes chiffonnables et tièdes comme celle-ci, humilié et satisfait de son humiliation (A. Malraux, La condition humaine, S. 263). J'étais tellement englué dans mon ravissement que je ne vis pas fonder sur moi une minuscule et luisante pipistrelle (J.-St. Alexis, Romancero, S. 10). . . . i, com que aquest era simpàtic, jovenet i pie de vida, es va fer l'amo. Naturalment, la simpatía i la joventut no haurien estât prou sense la seva capacitat de treball (Pàmies, Testament a Praga, S. 162). Ha d'ésser desesperant, i és explicable que en certs moments la desesperado esdevingui insolència (Pàmies, Testament a Praga, S. 103). La juventud, la fortaleza, la salud, la riqueza, la hermosura, la inteligencia, la bondad, éstos sí son valores esencialmente humanos. Pero si yo soy joven, fuerte, sano, rico, hermoso, inteligente y bueno, cómo ha de estorbar la mala política de mi país al colmo y equilibrio de mi personalidad privilegiada (R. Pérez de Ayala, Escritos políticos, S. 20).

Wie bei den deverbalen Nominalisierungen bildet der Subjekttyp auch bei den deadjektivischen keine eigentliche Gruppe. Die Subjektbedeutungen der einzelnen Wörter sind durch den lexikalischen Inhalt der zugrundeliegenden Adjektive bedingt und sind nicht zu systematisieren. In frz. beauté ist die sekundäre Bedeutung z. B. / celle qui est belle /, während bêtise / ce 69

qui est bête / bedeutet und eine Handlung oder Tat bezeichnen kann. Auch hier ist also eine Klassifikation der Suffixe nicht getrennt über die sekundären Bedeutungen, sondern nur über das Prädikat möglich. Cette année-là, Robert courtisait une jeune beauté d'environ vingt-cinq ans . . . (S. de Beauvoir, Mémoires d'une jeune fille rangée, S. 228). Un après-midi, à la Nationale, le Hongrois me dérangea à deux reprises pour me consulter sur les finesses de la langue française (S. de Beauvoir, Mémoires d'une jeune fille rangée, S. 450). . . . et il utilisait ingénieusement son autorité contre la philosophie de la Sorbonne, contre l'ordre, la raison, l'importance, la bêtise et toutes les vulgarités (S. de Beauvoir, ebda., S. 450).

Es gibt keine besonderen Suffixe zum Ausdruck des Subjekttyps bei Nomina qualitatis. Wenn ein zugrundeliegendes Subjekt ausgedrückt werden soll, greift man auf die Konversion des Adjektivs zurück. Bei der Konversion des Adjektivs bestehen weit mehr Normunterschiede zwischen den drei untersuchten Sprachen und auch gegenüber der Konversion des Infinitivs in der jeweiligen Einzelsprache. Sie ist im Spanischen völlig grammatikalisiert, so daß die Konversion des Adjektivs in der Norm des Spanischen etwa so behandelt wird wie die Konversion des Infinitivs: Lo doliente y debilitado del acento la dementia (E. Pardo Bazán, Los Pazos de Ulloa, S. 228). Con ajenjo me alimenta Dios para probarme, y en balde le pido que aparte de mí ese cáliz de amargura ; pero he pasado y paso en vela muchas noches entregado a la oración, y ha venido a endulzar lo amargo del cáliz una inspiración amorosa del espíritu consolador y soberano (J. Valera, Pepita Jiménez, S. 99). . . . el adjetivo humanus me es tan sopechoso como su sustantivo humanitas, la humanidad. Ni lo humano ni la humanidad, ni el adjetivo simple, ni el sustantivado, sino el sustantivo concreto: el hombre (M. de Unamuno, El sentimiento trágico de la vida, S. 9). Su blancura, su transparencia nítida, lo afilado de los dedos, lo sonrosado, pulido y brillante de las uñas de nácar, todo era para volver loco a cualquier hombre (J. Valera, Pepita Jiménez, S. 118).

Da das Katalanische den Subjekttyp el pobre, la pobre nicht vom prädikativen Typ durch den Artikel wie das Spanische durch die Artikel el, la und lo unterscheiden kann, wird besonders in der gesprochenen Sprache lo als Kastilianismus übernommen (Badia Margarit, Gramática Catalana, I, S. 151 f. und 159ff.). Die Konversion mit el, die der spanischen mit lo entspricht, ist selten und meist lexikalisiert. AI fort del dia hi zumzegen milers de cigales (J. Sales, Incerta Gloria, S. 50).

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Der Substantivierung des Adjektivs hat Malkiel eine eigene Studie gewidmet, in der gerade die Norm der Substantivierung im Französichen stark betont wird. Das »neutrisch substantivierte Adjektiv«, schreibt er, »abstrahiert die Eigenschaft absolut genommen, ohne Rücksicht auf die Gegenstände, an denen sie wahrgenommen wird, und die entsprechende Suffixbildung dient zum Ausdruck des einem Seienden zugesprochenen Attributs« (Das substantivierte Adjektiv im Französischen, Berlin 1938, S. 40). Ich weise nur auf dieses Problem hin, ohne es zu diskutieren, denn eine Diskussion müßte strenggenommen sämtliche parallelen Verfahren funktionell und stilistisch voneinander abgrenzen und bewerten.83* Nur substantivierte Adjektive und keine Ableitungen gibt es bei trouble, vide, creux, vague (Malkiel, op. cit., S. 80); ebenso ist nur noch le sérieux möglich und nicht mehr das von Vaugelas in den Remarques diskutierte sériosité. Die Farbadjektive im besonderen werden meist substantiviert: le noir, le brun, le rouge, le blanc usw., sofern sie nicht auf den Subjekttyp zurückzuführen sind; die Suffixableitungen noirceur, rougeur, verdeur, verdure sind in ihrer Bedeutung spezialisierter als die Konversionen (vgl. Malkiel, op. cit., S. 2-23). Malkiel nimmt stilistische Gründe dafür an, daß *indiscutabilité, *impondérabilité im Dictionnaire Général nicht vermerkt sind, weil diese Ableitungen gegenüber den substantivierten Adjektiven zu schwerfällig sein könnten (S. 47). Ob das substantivierte Adjektiv aber eine prädikative Nominalisierung ersetzen kann, hängt vom lexikalischen Inhalt ab. Le brave, le méchant, l'avare, le jaloux werden auf Menschen bezogen (Malkiel, op. cit., S. 38, und L. Tesnière, Eléments de syntaxe structurale, S. 411 ff.), und deshalb werden sie durch die Substantivierung zu Personenbezeichnungen. Es bestehen also eindeutige Be"* O. Duchâcek nimmt ähnlich wie Malkiel in einer Spezialuntersuchung an: »Le beau est plus abstrait et plus vague que la beauté, il est absolu« (»La beauté, le beau - la joliesse, le joli«, Philologica Pragensia 2 (1959), S. 46). Vor allem aber sehe ich z. B. in le beau die Bedeutung / ce qui est beau / und nicht die Bedeutung / le fait d'être beau /. Und Malkiel umschreibt den stilistischen Wert der substantivierten Adjektive folgendermaßen: »Das Eigentümliche ihres Gehalts: das Wirre, Dumpfe, Uferlose, nicht Umrissene wurde aber als das Kennzeichen der Funktion aufgefaßt, so daß von nun an - eine gleichermaßen für die impressionistische Prosa wie für die symbolistische Poesie willkommene Gelegenheit - die Substantivierung geradezu T r ä g e r i n des Ungewissen, zart Angedeuteten, nicht scharf Erkennbaren wird, eine Färbung, die ihrem innersten Wesen, der Abstreifung der Körperlichkeit gewiß entspricht, ohne daß diese Eignung von der Plejade, den Preziösen, den Klassikern wahrgenommen worden wäre (der verschiedene Stilwert spiegelt sich schon in der Wortwahl ; damals le beau, le laid, le clair, le fier, le vif, le noble, le tendre, le rustique, le domestique - lauter bestimmte Eigenschaften; heute vorwiegend: le décousu, le sous-entendu, le subconscient, le velouté, le traînant, le flottant, l'imprévu, le flou, le mat).« (S. 81). Ich lasse die von Malkiel behandelten Typen quelque chose de bon, je ne sais quoi de bon usw. beiseite. 71

deutungsunterschiede z. B. zwischen le méchant und la méchanceté, l'avare und l'avarice, le jaloux und la jalousie. Auch die Substantivierung der Partizipien geschieht wohl nicht auf prädikativer Grundlage, sondern es kommen nur Bedeutungen vor, die auf ein Objekt zurückgehen (z. B. employé). Weitere sekundäre Bedeutungen. Wenn die zugrundeliegenden Adjektive bestimmte Präpositionen regieren, dann können die entsprechenden sekundären Bedeutungen in seltenen Fällen in den von ihnen abgeleiteten Nomina qualitatis erscheinen. So wäre die Bedeutung von capacités im Textbeispiel von Simone de Beauvoir anders als mit / ce dont elle est capable / kaum zu bestimmen: . . . c'était un sérieux événement de découvrir que je n'étais ni l'unique, ni la première: une parmi d'autres, et soudain incertaine de ses véritables capacités (Mémoires d'une jeune fille rangée, S. 480).

Ebenso geht responsabilités auf (être) responsable (de qqch.) zurück und hat die Bedeutung / ce dont on est responsable / : Il se maria évidemment pour se lester de responsabilités (S. de Beauvoir, Mémoires d'une jeune fille rangée, S. 487).

Weitere französische Beispiele sind: (être) friand (de qqch.) — friandise »petite pièce de confiserie ou de pâtisserie qu'on mange avec les doigts«, (être) gourmand (de qqch.) — gourmandise »mets capables de plaire à un gourmand«, (être) riche (de qqch.) —• richesse. 3.Desubstantivische prädikative Nominalisierungen Ableitungen vom Typ frz. compagnonnage / le fait d'être compagnon /, kat. homenia / el fet d'ésser un home / , span. hombredad / el ser un hombre / sind weitaus seltener als die deverbalen und deadjektivischen Ableitungen. Waren bei ihnen die Periphrasen schon nicht für die genaue Wiedergabe der Bedeutung in Texten angemessen, so sind sie es noch viel weniger für die desubstantivischen Ableitungen, die stark an Bezeichnungsgruppen gebunden sind und viele Lexikalisierungen aufweisen. Sehr auffällig ist, daß ein Teil der Suffixe zur Bildung von desubstantivischen prädikativen Nominalisierungen auch regelmäßig Kollektiva bildet und daß die prädikative und die kollektive Bedeutung sogar bei einzelnen Wortformen genau zu unterscheiden sind, z. B. in frz. baronnage / le fait d'être baron / und / les, des barons /, professorat / le fait d'être professeur / und / les, des professeurs /. Eine Begründung dieser Erscheinung läßt sich noch nicht geben, man könnte aber einen Zusammenhang mit dem Subjekt einer zugrundeliegenden Satzstruktur annehmen, das in Analogie zur prädikativen Bedeutung mit denselben Suffixen ein Kollektivum bildet. In der Regel bezeichnen die den prädikativen Nominalisierungen 72

zugrundeliegenden Substantive Personen. Dies gilt ebenfalls für die Kollektivbildungen, die mit prädikativ nominalisierenden Suffixen abgeleitet sind. Ganz besonders hervorzuheben ist, daß die den desubstantivischen prädikativen Nominalisierungen zugrundeliegenden Personenbezeichnungen metasprachlicher und nicht primärsprachlicher Natur sind, da sie meist »Person« mit einer weiteren Bestimmung bedeuten: So ist compagnon eine Art homme, dem weitere Eigenheiten zugesprochen werden. Auf diese Erscheinung hat als erster Juan Luis Vives in De censura veri hingewiesen und diese Wörter nomina adiecta im Gegensatz zu den nomina absoluta, die die außersprachliche Wirklichkeit primär klassifizieren, genannt.' 3b Prädikativität. Wie der Typ »sein« + Adjektiv funktionell und relationell mit dem Verb gleichgesetzt worden ist, so gilt diese Annahme auch für den Typ »sein« + Substantiv, der den sog. Substantivabstrakta zugrunde liegt. Mit dieser Erklärung werden die desubstantivischen Ableitungen einheitlich dem Prädikatstyp zugeordnet, da Wörtern wie frz. signité, compagnonnage nicht nur signe und compagnon zugrundeliegt, sondern signe und compagnon als Teil eines Prädikats. Was also von H. Marchand »lexikalische Transposition« genannt wird {Catégories and Types, S. 13), weil gewisse Substantive von der lexikalischen Klasse >personal substantive< zur Klasse >abstract, condition-denoting substantive< übergehen, kann unter dem Gesichtspunkt der Prädikativität auf die gleiche Ebene wie die Nomina actionis und qualitatis gestellt werden. Tout syntagme, quelle qu'en soit la complexité, - y compris la phrase, - est un signe ( . . . ) . La signité du syntagne se démontre par la technique des substitutions (H. Frei, Methoden der Sprachwissenschaft, S. 41). On soutiendra que Malice a fait souffrir martyre à Bouqui, c'est vrai, mais je me demande si le compagnonnage de son compère n'a pas apporté quelque chose d'unique à l'incorrigible lourdaud et couillon . . . (J. St. Alexis, Romancero, S. 42). . . . si nostre senyor e pastor Jesu Crist sostench mort per salvar los hómens qui han bisbat, segueix-se que alcun bisbe atrobem qui, per honrar Crist, vulla lexar bisbat per abadia (R. Llull, Blanquema, II, S. 24; abadia nimmt ésserabat mehrmals auf). El més d'octubre de 1941 vaig anar a París a veure si trobava el partit i oferir-me per al que fes falta com és obligació de tot militant, siguin quines siguin les dificultats de la militància (Pàmies, Testament a Praga, S. 161). 83b

S. dazu E. Coseriu, »Zur Sprachtheorie von Juan Luis Vives«, Festschrift Mönch, Heidelberg 1971: »Vives unterscheidet primärsprachliche und metasprachliche Bezeichnungen: rerum nomina und nominum nomina (wie: nomen, verbum, inßexio, tropus, schéma, metaphora, enuntiatio, syUogismus)', und bei den ersteren zwischen rerum nomina [im eigentlichen Sinne] oder absoluta, »quae cujusque essentiam dénotant« und »sine adjecto« bedeuten (wie homo, capra, lapis, aurum), und appellationes, »quae aliquid affingunt substantiae« und »cum adjecto« bedeuten (wie magister, dominus, pater, dives, pauper)« (S. 247-48). 73

Umstandsbestimmungen. Da mit einem zugrundeliegenden Prädikat vom Typ »sein« + Substantiv nur die Frage nach dem Ort und der Zeit(dauer) sinnvoll verbunden werden kann, sind nur diese Bedeutungen sekundär entwickelt. Neben der prädikativen Bedeutung von frz. rectorat existieren die Bedeutungen / lieu où est le recteur / und / temps pendant lequel on est recteur / , ebenso kat. bisbat / temps que hom és bisbe /, rectoría / lloc on hom és rector /, span. aprendizaje / tiempo en (el) que uno es aprendiz / , rectoría / lugar donde uno es rector /. 4. Deadverbielle prädikative Nominalisierungen Wie in den beiden vorherigen Typen ist die Grundlage entsprechend »sein« + Adverb bei den deadverbiellen prädikativen Nominalisierungen. Sie haben keine traditionelle Bezeichnung und sind nicht als eigener Typ festgestellt worden. Da die meisten Adverbien nicht mit »sein«, sondern beim Verbum vorkommen, ist dieser Typ sehr selten belegt. Der Kompositionstyp bien-être, der einzige prädikative Nominalisierungstyp, der als Komposition in den romanischen Sprachen festgestellt wird, gehört inhaltlich gesehen ebenfalls hierher. Zu den wenigen Beispielen, die man anführen kann, zählen frz. (être) a priori — apriorité, (être) a posteriori — aposteriorité mit ihren Entsprechungen im Katalanischen und Spanischen. Dieses Verfahren ist als solches gewöhnlich ein Latinismus; entweder werden daher Grundwort und Ableitung aus dem Latein genommen oder das Wort, das vom Latein aus eine Ableitung ist, funktioniert in den romanischen Sprachen als Suppletivform, z. B. frz. partout - ubiquité (vgl. lat. ubique - ubiquitas). Im Englischen ist dieses Verfahren als Ableitung (betweenness, togethemess), im Deutschen als Wortzusammensetzung (Zusammensein, Hiersein) besser belegt. Sekundäre Bedeutungen haben Ableitungen vom Adverb nicht.

Negierung Prädikative Nominalisierungen, die eine Negierung mit non- enthalten, werden an dieser Stelle nur am Rande erwähnt, da dieses Verfahren bis auf wenige Ausnahmen anscheinend grammatikalisiert ist. Die Negierung geht der prädikativen Nominalisierung unmittelbar voraus, wenn im abgeleiteten Substantiv non- erscheint, sie geht aber nur mittelbar voraus, dies im Fall der deadjektivischen Nominalisierungen, wenn in der Ableitung in- (oder eine Variante) erscheint. Das heißt, daß n'est pas réparé die unmittelbare Vorstufe von non-réparation bei Le poste n'est pas réparé —• La non-réparation du poste ist, daß aber impréparation in L'impréparation de Pierre à cet examen nicht unmittelbar von n'est pas préparé aus, sondern über die Vorstufe ne pas préparé — impréparé entwickelt ist, d. h. 74

über die Negierung des Adjektivs.*4 Durch diese Zwischenstufe impréparé unterscheidet sich impréparation von non-pesanteur / le fait de ne pas être pesant / (dieses ist allerdings in einer speziellen Bedeutung lexikalisiert). Die ins Lexikon aufgenommenen Ableitungen auf frz. in- (im-, il-, ir-) und analoge Ableitungen im Katalanischen und Spanischen sollen auch in die Wortbildung aufgenommen werden, die auf non- wie in frz. nondiscrimination, non-intervention, non-prise en considération usw. dagegen nicht.

Pluralisierung Daß viele Abstrakta und vor allem Nomina qualitatis in den romanischen Sprachen oft einen Plural im Gegensatz zu den germanischen Sprachen haben können, ist gerade von deutschen Romanisten sehr früh bemerkt worden. Der Ausgangspunkt der Diskussion war die Dissertation Die Plurale der Abstrakta im Französischen. Ein Beitrag zur historischen Syntax (Göttingen 1883) von Th. Haas. Er teilt die Plurale nach den Arten von Abstrakta ein in solche von Handlungen, Zuständen und Eigenschaften. Dabei kann der Plural verschiedene Manifestationen (Betätigungen, Äußerungen) einer Eigenschaft, Wiederholungen und verschiedene Arten eines Zustandes ausdrücken. Insbesondere die Pluralisierung unseres Subjekttyps erklärt er als Metapher. Wilhelm Meyer-Lübke hat diese Ergebnisse in den 2. Band seiner Grammatik der romanischen Sprachen (Leipzig 1894) aufgenommen und eingeteilt in konkrete Bedeutungen, in den Ausdruck der Wiederholung einer Handlung oder einer Eigenschaft und in den Ausdruck von mehreren Arten einer Handlung oder Eigenschaft. Diese Interpretation macht sich im wesentlichen auch A. Lombard (Les constructions nominales, 1930, S. 95-106) zu eigen; darüber hinaus führt er die Sekundärliteratur an, die größtenteils Materialsammlungen enthält und wenige Ansätze zur Interpretation des Plurals von Abstrakta bietet. Im Gegensatz zu diesen Deutungen klassifiziert H. Schmidt85 die Plurale von Abstrakta einerseits in einen metonymischen, multiplikativen und hyperbolischen Gebrauch und andererseits in »empirische Begriffsbereiche« wie akustische, visuelle, Geruchswahrnehmung usw. R. Zindel" schließ** Jean Dubois postuliert im zweiten Fall unnötigerweise eine Transformation über den Relativsatz Pierre qui n 'est pas préparé mit anschließender Tilgung von qui und est (Grammaire structurale du français: la phrase et les transformations, S. 86). " Der Pluralgebrauch abstrakter Begriffe im Neufranzösischen, seine historischen und sprachpsychologischen Grundlagen und sein Verhältnis zum Deutschen, Diss. Mainz 1951 (maschinenschriftlich). 86 Des abstraits en français et de leur pluralisation, Bern 1958 (Romanica Helvetica 64). 75

lieh versucht in Beschränkung auf die Nomina qualitatis die Plurale nach den Bedeutungen état, caractère usw. zu ordnen, indem er von den Lexikondefinitionen ausgeht und sie zu systematisieren sucht. Mit diesen Interpretationen werden die Plurale nach Redebedeutungen oder besonders bei H. Schmidt nach der Einteilung der außersprachlichen Wirklichkeit klassifiziert. Bei R. Zindel entsteht dadurch eine weitere Schwierigkeit, daß er das Problem mit den Definitionen der Lexika bearbeitet, wenn er sie auch in Einzelheiten kritisiert; denn die Begriffe état, caractère, qualité definieren nicht erst die Nomina qualitatis, sondern bereits die zugrundeliegenden Adjektive. Abgesehen von diesen Rückgriffen auf die bezeichnete Wirklichkeit und auf Redebedeutungen sind diese Erklärungsversuche in der Hauptsache deshalb abzulehnen, weil Pluralbildungen wie alle morphologischen Prozesse orientierte Verfahren sind und diesem Umstand nicht Rechnung getragen wurde. Sie müssen, außer wenn ein Wort in seiner Pluralform lexikalisiert ist, vom Singular aus beschrieben werden. Um eine Beschreibung der Plurale von Abstrakta leisten zu können, müßte man eine Klassifikation der Singulare vorausschicken. In erster Linie ist demnach die Pluralbildung als orientiertes Verfahren vom Singular aus funktionell zu beschreiben und erst danach kann eine eventuelle weitere Differenzierung nach Redebedeutungen gegeben werden. Eine Klassifikation des Singulars wurde oben auf der Grundlage des Prädikats, des Subjekts, Objekts usw. versucht. Auf dieser Grundlage sollen einige Plurale anhand von Beispielen mit der Periphrase der Wortbildungsbedeutung interpretiert werden: . . . les jours n'auront déjà plus que cette pauvre clarté déchirante, cette clarté de larmes et de lamentation, qu'ils avaient au début d'octobre lors de mes premiers pas, de mes premières recherches [/ le fait de rechercher — Plural /], de mes premières errances [/ le fait d'errer — Plural /], de mes premiers combats [/ le fait de combattre — Plural /], de mes premières défaites [/ le fait d'être défait — Plural /], de mes premières résistances [/ le fait de résister — Plural /] dans cette ville (M. Butor, L'emploi du temps, S. 166). La porte fit osciller la lampe ... Les oscillations de la lampe [/ le fait d'osciller — Plural /] devinrent de plus en plus courtes (A. Malraux, La condition humaine, S. 20-21). Cet intérêt explique bien le fameux discours de de Gaulle à la foire de Lyon le 24 mars 1968. C'est un »oui« aux sollicitations [/ le fait de solliciter — Plural / oder / ce qui est sollicité — Plural /] lyonnaises (R. Lafont, Décoloniser en France, S. 34). Ella no esperava la pregunta i es va encallar una mica, però no era dona d' encallaments [/ el fet d'encallar-se — Plural /] (Pàmies, Testament a Praga, S. 116).

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Oncle Bouqui suivit fidèlement les indications [/ ce qui est indiqué — Plural /] de la percluse (J.-St. Alexis, Romancero, S. 21). . . . par la première fois le parfum des roses s'est mêlé dans l'air aux exhalaisons [/ ce qui est exhalé — Plural /] de la Slee (M. Butor, L'emploi du temps, S. 169). Quand il ne trouvait pas des pelures [/ ce qui est pelé — Plural /] de fruits, des épluchures [/ ce qui est épluché — Plural /], Bouqui pleurait à chaudes larmes (J.-St. Alexis, Romancero, S. 38). Trois mille logements [/ lieu où on loge — Plural /], une zone industrielle, un réseau routier étaient prévus (R. Lafont, Décoloniser en France, S. 64).

Prädikative Nominalisierungen und Modifizierung Besondere Aufmerksamkeit verdienen die Ableitungen, die prädikative Nominalisierungen und Modifizierungen zugleich sind. Nehmen wir ein Beispiel: surproduction bedeutet einerseits nach dem Petit Robert »production excessive dans un équilibre économique« und wäre damit eine Modifizierung von production, andererseits kann aber surproduction wortbildungsmäßig auch mit / le fait de surproduire / periphrasiert werden, so daß in diesem Wort zwei Wortbildungsbedeutungen konvergieren. Diese Konvergenz wird immer möglich sein, wenn ein Präfix ein Verb oder Adjektiv und ein davon abgeleitetes Substantiv in gleicher Weise modifizieren kann wie z. B. frz. sur-, sous-, re-, in-, aber jeweils mit Bevorzugung der entwickelnden oder der modifizierenden Ableitungsbeziehung im Einzelfall. So dürfte sous-production eher eine Modifizierung sein, weil sousproduire normalerweise nicht realisiert wird. Konvergierende Ableitungen sollen hier deshalb nicht aufgenommen werden. Ähnlich steht es mit den Substantiven, die mit frz. auto-, co-, contre-, crypto-, pré-, pro-, pseudo-, quasi-, super- usw. oder den entsprechenden katalanischen und spanischen Elementen zusammengesetzt oder abgeleitet sind, z. B. frz. autodéfense, codécision, contre-subversion, crypto-gaullisme, pseudo-confession, quasi-généralité, super-activité. Inwieweit diese Elemente als Präfixe oder als Kompositionselemente zu betrachten sind, wird davon abhängen, ob sie als Suppletivformen von Lexemen gelten können oder nicht, und in diesem Sinne müßte die ganze Frage der »Pseudosuffixe« noch einmal untersucht werden. Da diese Wortbildungen in den meisten Fällen keine Grundwörter haben, die mit diesen Elementen gebildet werden, braucht man sie nicht bei den prädikativen Nominalisierungen zu behandeln. Ein Hinweis auf die Diminutivbildung ist zwar nicht für das Französische, wohl aber für das Katalanische und das Spanische und andere romanische Sprachen von Belang. Zum Beispiel kann kat. tastet nicht direkt, sondern nur über tast auf tastar bezogen werden; dies etwa im Unter77

schied zu frz. siffler — sifflet, kat. piular —• piulet, die prädikative Nominalisierungen und keine Diminutivbildungen sind, auch wenn die diminutive Idee erhalten bleibt. 87

Bezeichnungsgruppen Wir hatten die Differenzierung der nominalisierenden Suffixe bis zu den Ableitungskategorien verfolgt und festgestellt, daß eine erste Differenzierung nach Ableitungskategorien wie Nomina actionis, qualitatis, agentis usw. vorzunehmen ist. Darin ist aber noch keine Erklärung für die Auswahl der verschiedenen Suffixe innerhalb einer Ableitungskategorie enthalten. 88 87

Eine Frage, die nicht gestellt wird, die man aber aufwerfen könnte, ist die des Ausmaßes der Diminutivableitungen von prädikativen Nominalisierungen. Im Französischen können sie kaum (vgl. réformette ) gebildet werden, was nicht sehr auffällig ist, da Diminutivableitungen im Französischen auch sonst lexikalisiert sind. Andere romanische Sprachen bilden zwar Diminutiva von prädikativen Nominalisierungen, unterscheiden sich aber in der Norm der Realisierungen. Im Katalanischen und Spanischen sind sie möglich, aber nicht besonders häufig, z. B. kat. corregudeta, dormideta, gridel, rialleta, span. gritito usw. Am üblichsten scheinen Diminutivbildungen dieser Art im Portugiesischen zu sein; allein in O Primo Basilio kommen folgende Ableitungen vor, die nicht alle Diminutiva des Romans darstellen und bei denen Wiederholungen des gleichen Worts nicht gezählt werden: tentaföezinhas, pensamentozinhos, confidenciazinhas, maldadezinha, estremecimentozinho, comprazitas, gritinhos, transpiraçâozinha, risadinha, sorrisinho, vaidadezinha, limpezazinha, alegriazinhas. Man kann also zwei Extreme annehmen: auf der einen Seite das Portugiesische mit einer hohen Produktivität und auf der anderen Seite das Französische ohne Produktivität im Bereich dieser Diminutivbildungen, während die übrigen romanischen Sprachen sie in größerem oder geringerem Maße realisieren. "Vgl. E. Coseriu: » . . . pour parvenir à une histoire vraiment structurale, il faudrait poursuivre la recherche et montrer, au moyen de la commutation et des transformations (qui, jusqu'à un certain point, ne sont qu'une forme particulière de la commutation), quelles ont été chaque fois les oppositions entre les différents procédés dérivatifs. Quel est, par. ex., le statut fonctionnel de -aison, -ance, -ée, -is, -ment, etc. en ancien français? S'agit-il de variantes matérielles qui correspondent au même contenu, ou de termes sémantiquement oppositifs? Le nombre des suffixes correspond-il au nombre des fonctions impliquées? Et, si ce n'est pas le cas, quelles sont les fonctions identifiables en tant que telles et quelles sont les variantes d'expression qui correspondent à chaque fonction? Ensuite, quelles sont les limites exactes de la distribution de ces dernières dans la norme de la langue? Aussi, faudrait-il montrer de quelle façon chaque système s'est développé en partant des possibilités données dans le système immédiatement antérieur« (Intervention zu H. Lewicka, »Pour une histoire structurale de la formation des mots en français«, Actas del XI Congreso Internacional de lingüística y filología románicas, Madrid 1968, S. 659). 78

K. Togeby versucht, die Differenzierung einiger Suffixe zur Bildung von Nomina quaiitatis im Französischen als komplimentäre Distribution zu deuten (Structure immanente de la langue française, Paris 1965, S. 174), unterläßt aber eine Erklärung bei anderen Typen. Auch wenn man diesen Lösungsversuch annehmen könnte, wüßte man noch nichts Genaueres über die Bedingungen der Komplementarität. Vielmehr sollte man eher von H. Marchands »type of semantic content« ( Catégories and Types, S. 54) ausgehen und von daher zu einer Lösung zu gelangen suchen. Dieses Problem hat eine Vorgeschichte, die kurz skizziert werden soll. Sie beginnt, wenn man implizite Annahmen von Wortgruppen in der Wortbildungslehre nicht berücksichtigt, mit H. L. Stoltenberg, der nach einem kurzen Hinweis auf die Flexion die Begriffe Wortstand und Wortgestand in die Wortbildungslehre einführt: »Diese einzelnen Wortarten haben z w e i t e n s durch gleiche A b l e i t u n g gekennzeichnete Wortstände. Zum selben Stand gehören z. B. innerhalb der Hauptwortart alle von Zeitwortarten abgeleiteten männlichen Worte auf er (Reiter, Führer), innerhalb der Beiwortart alle Worte mit der Nachsilbe sam (arbeitsam, sparsam), innerhalb der Zeitwortart alle von Beiworten mit Umlaut abgeleiteten Machworte (bräunen, schwärzen) oder alle Wenzielzeitworte mit der Vorsilbe be (beschenken, bestehlen)... Zusammenhänge von Wortständen (die Beiworte auf ig, sam, haft, isch und lieh oder die Zeitworte mit den unbetonten Vorsilben be und ent, ver und zer) bilden Wort ges t ä n d e « (»Wortgruppe«, Archiv, N. S. 61 (1932), S. 82). Was hier Wortgestand genannt wird, entspricht also der Ableitungskategorie und teilt sich in einzelne Wortstände auf. Stoltenberg legt aber in seiner kurzen Notiz noch keinen Wert auf die Differenzierung der Wortstände innerhalb des Wortgestands. Unabhängig von Stoltenberg hat K. Baldinger dieses Phänomen gesehen und die Gruppenbildung, die etwa dem Wortstand entspricht, semantische Nische genannt. Er geht aber einen Schritt weiter und beschreibt bis zu einem gewissen Grade die Differenzierung und Überdachung von Suffixen (Kollektivsuffixe und Kollektivbegriff Berlin 1950, S. 241 ff.). Leo Weisgerber greift die Anregung Stoltenbergs auf, verändert aber die Bezeichnungen, die seitdem vielfach in den Arbeiten über Wortbildung aus der Sicht der inhaltbezogenen Grammatik verwendet werden. In diesem Teilbereich der Wortbildungslehre leistet Weisgerber gegenüber Stoltenberg eher eine terminologische und nicht so sehr eine inhaltliche Neuerung, denn Wortgestand heißt nun einfach Wortstand und Wortstand Nische: »Unter einem Wortstand i s t . . . eine inhaltliche Ausrichtung des Wortschatzes zu verstehen, die mehrere formale Ableitungsweisen zu einer gleichgerichteten geistigen Ausweitung einer größeren Zahl von Stammwörtern zusammenführen kann in einer Weise, daß die zum gleichen Wortstand gehörigen Ableitungen aus dem Inhalt ihrer jeweiligen 79

Stammwörter und der geistigen Ausbaurichtung des Standes bestimmt sind. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Zusammenwirken inhaltlich benachbarter Wortnischen aus verschiedenen Ableitungstypen« (»Vierstufige Wortbildungslehre«, Muttersprache 74 (1964), S. 36; diese Frage hat Weisgerber schon früher z. B. in Grundzüge der inhaltbezogenen Grammatik, Düsseldorf 1962, behandelt). Aus seinen Beispielen geht jedoch deutlich hervor, daß Wortstände nicht auf eine zugrundeliegende Wortklasse beschränkt sind;89 sie sind also nicht immer den Ableitungskategorien gleichzusetzen. So nimmt Weisgerber z. B. einen adjektivischen ZugänglichkeitsWortstand im Deutschen an, der ungefähr in die Nischen-bar, -¡ich, -sam gegliedert wird, ohne daß er berücksichtigt, ob diesen Ableitungen ein Verb oder ein Substantiv zugrunde liegt {ebda., S. 40). Wie aber aus der Untersuchung der Nominalisierungssuffixe hervorgeht, spielt die zugrundeliegende Wortklasse eine wichtige Rolle in der Suffixauswahl. Weisgerbers Abgrenzung von Wortstand und Wortnische wird im großen und ganzen u. a. auch von W. Henzen (Deutsche Wortbildung, Tübingen 1957) übernommen. Nicht an die inhaltbezogene Grammatik, sondern an K. Baldinger knüpft D. Sammet an, wenn sie die Diskussion um die Konstitution von Gruppen in der Wortbildung von neuem beginnt. Baldinger hatte neben dem Begriff der semantischen Nische auch den der Bedeutungsgruppe verwendet, den sie wiederum aufnimmt. Eine Bedeutungsgruppe bildet sich nur innerhalb der mit dem gleichen materiellen Verfahren gebildeten Wörter. Sie gibt Aufschluß über die Art und Weise, wie neue Wörter nach bestehenden Wortbildungsmustern geschaffen werden: Entweder funktioniert die ganze Bedeutungsgruppe als Leitgruppe oder ein neues Wort wird nach einem Leitwort geschaffen. 90 " Andererseits ist bei Weisgerber manchmal ein Wortstand durch ein einziges Wortbildungsmittel charakterisiert; er kann sich auch dann in Wortnischen gliedern (vgl. die Nischen von -ling, op. cit., S. 213ff.). 90 S. dazu D. Sammet: »Wir verstehen unter einer Bedeutungsgruppe eine Anzahl von Wörtern (mindestens zwei semantisch eng benachbarte Wörter machen eine >Paarbildung< aus), die eine bedeutungsmäßige Einheit bilden, d. h. begrifflich verwandte Wörter darstellen. Entscheidendes Merkmal einer solchen Bedeutungsgruppe ist - über diese begriffliche Zusammengehörigkeit ihrer einzelnen Glieder hinaus - die formale Identität der Suffixe bzw. der Wortausgänge . . . In der Bedeutungsgruppe sehen wir einen wichtigen Ansatzpunkt für die Erforschung der suffixalen Ableitungen im Hinblick auf ihre Entstehung. . . . Damit wird ausgesprochen, daß Neubildungen in Analogie zu bereits geläufigen Wörtern bzw. analog zu bestehenden Ableitungsverhältnissen geschaffen werden. Doch braucht nicht unbedingt ein einzelnes Wort Vorbild für die Neubildung zu sein (zumindest ist es in dieser Funktion noch immer ohne weiteres ermittelbar), sondern die Bedeutungsgruppe als Ganzes kann durchaus die Aufgabe eines >leaderword< erfüllen, d. h. neben einem Leitwort gibt es eine Leitgruppe« (Die Substantivbildung mit Suffixen bei Chrétien de Troyes, Tübingen 1968, S. XI). Auf

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Aus den bisherigen Ansatzpunkten, die man im Detail weiterverfolgen könnte, ist zu ersehen, daß große Einigkeit in der Annahme von Gruppenbildungen besteht, während deren begriffliche Zuordnung von Fall zu Fall schwankt. Wenn die Wortbildungsbedeutungen zu E. Coserius Trennung von Bedeutung und Bezeichnung in Beziehung gesetzt werden (»Les structures lexématiques«, ZFSL, Beiheft N. F., 1 (1968), S. 3), dann entsprechen die funktionellen bzw. relationellen Bedeutungen den Sprachbedeutungen (Bedeutungen in der langue), während sich eine Gruppe bei einem Suffix normalerweise aufgrund der Bezeichnung der außersprachlichen Wirklichkeit konstituiert. Eine semantische Gruppe in der Wortbildung soll daher Bezeichnungsgruppe genannt werden. Sie erscheint aber, wie sich bei der Durchsicht des Sprachmaterials herausstellt, innerhalb der funktionellen Einheiten, in unserem Fall der prädikativen Funktion eines Wortes mit einer bestimmten Wortklassenzugehörigkeit. Würde man Bezeichnungsgruppen außerhalb dieser funktionellen Einheiten annehmen wollen, so müßte man z. B. für eine französische Bezeichnungsgruppe »Laute und Geräusche« auch Wörter wie son, ton neben hurlement und clapotis zulassen ; auf diesem Wege würde man aber nicht die bei der Neuschaffung von Wörtern wirksamen Verfahren aufzeigen, die inhaltlich und materiell zugleich sind (s. D. Sammets Leitgruppe). Es ist aber möglich, daß ein Suffix mehrere Bezeichnungsgruppen enthält. Dieser Umstand ist immer dann gegeben, wenn die Bezeichnungsbereiche so verschieden voneinander sind, daß keine Einheit angenommen werden darf. Frz. -aison zum Beispiel verteilt sich unter anderem auf die Bereiche der Vorgänge, die durch die Jahreszeiten bedingt sind (cueillaison, couvaison, fauchaison, tondaison usw.), und auf einen sprachwissenschaftlichen Bereich (comparaison, conjugaison, déclinaison, diphtongaison, terminaison usw.). Es muß betont werden, daß die Bezeichnungsgruppe nicht einer Reihe von Wörtern hinzugefügt wird, sondern Wörter, die schon in der Grundlage einen bestimmten Bereich bezeichnen, werden nur noch neu gruppiert und charakterisiert. Große Schwierigkeiten bereitet in diesem Zusammenhang die Abgrenzung von Bezeichnungsgruppen. Sie sind meist nicht scharf umrissen, so daß jede Charakterisierung immer nur sehr approximativ sein kann. Dieser Umstand ist teilweise dadurch bedingt, daß diesem Problem bis jetzt nur am Rande Aufmerksamkeit geschenkt wurde und daher wenige Vorarbeiten vorliegen. die Rolle des Leitworts hatte bereits K. Baldinger hingewiesen: »In der künftigen Suffix- und Präfixlehre dürfte dem Begriff des Leitworts eine zentrale Stellung zukommen. Keine neue Ableitung mit einem neuen Suffix vollzieht sich planlos oder willkürlich, sondern im Anschluß an eine schon bestehende Bildung. Ist eine ganze Gruppe >synonymer< Bildungen schon konzentriert, so ist natürlich schwer zu sagen, welches Wort der Gruppe den Anstoß zur Neubildung gegeben hat - hier erst verwischt die Grenze zwischen Individuellem und Kollektivem wieder« (»Entstehung und Entwicklung der Suffixe -ard und -and... «, S. 13). Den Begriff des Leitworts hat Y. Malkiel geprägt.

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Eine Bezeichnungsgruppe muß sich nicht unbedingt bilden. Dies deutet H. Marchand an: »With regard to content there is a basic différence between combinations which restrict the expression of content to the underlying syntactic relations and others where the grammatical relations are combined with semantic features« ( Catégories and Types, S. 58). Für jede Ableitungskategorie scheint es Grundsuffixe zu geben, die negativ zu charakterisieren sind, die also dadurch gekennzeichnet sind, daß der Bereich dieser Suffixe nach der Bestimmung der Bezeichnungsgruppen der anderen Suffixe als neutraler Bereich übrigbleibt. Ein solches Grundsuffix etwa ist für die Ableitungskategorie der deverbalen prädikativen Nominalisierungen im Französischen und Katalanischen -ment, im Spanischen -miento, im Deutschen -ung, im Englischen -ing usw. Diese Grundsuffixe sind meist die produktivsten Suffixe einer Ableitungskategorie, sie müssen es aber nicht immer sein, denn gerade Suffixe mit Bezeichnungsgruppen schränken ihre Produktivität oft sehr ein. Aber noch aus einem anderen Grund ist manchmal keine gesonderte Bezeichnungsgruppe anzunehmen, nämlich immer dann, wenn ein wenig produktives oder unproduktives Suffix den neutralen Bereich eines Grundsuffixes einschränkt. Im Französischen sind zum Beispiel die Nullableitungen, die Ableitung nach dem Femininum des Partizips Perfekt und -ance nicht durch Bezeichnungsgruppen charakterisiert. Die Gründe für diese Verhältnisse können nur in einer Beschreibung der geschichtlichen Entwicklung, nicht in einer synchronischen Beschreibung gegeben werden. Diese Überschneidungen von Suffixen treten natürlich nicht nur innerhalb des Bereichs des Grundsuffixes auf, sondern ebenfalls zwischen den anderen Suffixen derselben Ableitungskategorie und teilweise sogar zwischen den Ableitungskategorien selbst. So überschneidet sich im Französischen das deverbale -age und das deverbale -ure bei Bezeichnung handwerklicher Tätigkeiten; die deverbalen Suffixe -ment und -tion greifen auch auf die Nomina qualitatis über (z. B. enjoué -* enjouement, inoccupé — inoccupation). Wenn Überschneidungen von Suffixbereichen darüber hinaus zum Suffixwechsel bei einzelnen Wörtern oder Gruppen von Wörtern führen, wenn z. B. frz. essartement durch essartage ersetzt wird, dann kann man hierin das Wirken der Bezeichnungsgruppen erkennen, denn die Tendenz geht dahin, eine Bezeichnungsgruppe durch ein Suffix zu charakterisieren. Man könnte bei den Bezeichnungsgruppen an umfassendere Gruppierungen denken. So könnte man eventuell alle neutralen Suffixe eines Verfahrens, alle Suffixe zur Bezeichnung von industriellen und handwerklichen Verfahren usw. nach »Universen der Rede« (s. W. M. Urban, Language and Reality, London 1961, S. 197ff.) zusammenfassen. Eine derartige Zusammenfassung erweist sich jedoch erst auf der Ebene der gesamten Wortbildung als sinnvoll, wo es für Wissenschaften, Industrie, Technik 82

usw. bestimmte typische materielle Verfahren gibt, die erst in ihrer Gesamtheit ein Teil eines Universums der Rede darstellen und nicht schon bei einem einzelnen Wortbildungsverfahren. Mit dem Einschluß der Bezeichnungsgruppe sind alle Elemente genannt, die zur Suffixauswahl führen. Die Auswahl eines Suffixes erfolgt innerhalb einer Ableitungskategorie und kann zusätzlich durch eine Bezeichnungsgruppe bestimmt werden. Für die als Leitgruppe funktionierende Bezeichnungsgruppe kann ein Leitwort eintreten (z. B. ist négritude offensichtlich nach servitude gebildet worden). Dies ist dann anzunehmen, wenn ein neues Wort nach einem wenig produktiven oder sonst unproduktiven Verfahren gebildet wird. Auf diese Weise bleibt die Idee des Wortstandes im wesentlichen, wenn auch unter anderen Voraussetzungen, als Ableitungskategorie und die Idee der semantischen Nische als Bezeichnungsgruppe im Sinne einer möglichen zusätzlichen Bestimmung bei einem Suffix erhalten.

Produktivität In der Diskussion der Bezeichnungsgruppe wurde die Frage der Neubildungen und damit die Frage der Produktivität von Verfahren angedeutet. Sie ist für die synchronische Beschreibung wichtig, da der Sprecher weiß, ob ein Wortbildungsmittel für ihn verfügbar ist, d. h. zur Neuschaffung von Wörtern verwendet werden kann oder nicht. Es würde zu weit führen, wenn ich auf die vielen Hinweise zur Produktivität einginge. In fast jeder Arbeit zur Wortbildung finden sich auch Stellungnahmen zur Produktivität, die je nach der theoretischen Ausrichtung des Verfassers einen anderen Sinn haben." Daher gebe ich nur eine kurze Zusammenstellung von Kriterien, die zur Bestimmung der Produktivität beitragen können, und füge zu den üblichen Kategorien die Begriffe »regressiv/progressiv« hinzu: tot

Ausgangspunkt für eine Untersuchung der Produktivität das Suffix zu sein; die Verhältnisse ließen sich ebenso in der und in der Komposition aufzeigen, aber in den romanischen die Suffixbildung sie am deutlichsten erkennen, weil dieses

braucht nicht Präfixbildung Sprachen läßt Verfahren als

" Hinweise dazu gibt u. a. G. Stein, Primäre und sekundäre Adjektive im Französischen und Englischen, Tübingen 1971, S. 55-57. 83

Ganzes viel produktiver ist als Präfixbildung und Zusammensetzung. Die erste Unterscheidung tot/lebendig beruht auf dem Unterschied synchronisch analysierbar/nicht synchronisch analysierbar. In einer Sprachbeschreibung kann man eigentlich nicht von »toten« Suffixen (z. B. -ade in boutade) sprechen, wohl aber in der historischen Sprachwissenschaft, aus der dieser Begriff kommt (vgl. K. Nyrop, Grammaire historique de la langue française, III, Leipzig usw. 1908, § 37). Lebendig sind die Suffixe, die jeweils in einem bestimmten Sprachstadium synchronisch abgrenzbar sind. Die lebendigen Suffixe sind dann als unproduktiv zu betrachten, wenn mit ihnen keine neuen Wörter mehr gebildet werden oder wenn die Neubildung von Wörtern durch ein Leitwort bedingt ist; sie sind produktiv, wenn sie zur Neuschaffung von Wörtern verfügbar sind. Die Produktivität soll nicht absolut genommen werden, sondern immer in bezug auf die Grundwörter, die Bezeichnungsgruppe, die Zahl der Wörter einer Wortklasse gesehen werden. Ein Suffix kann z. B. aufhören, produktiv zu sein, wenn es eine klar umgrenzte Bezeichnungsgruppe hat und von allen oder fast allen Grundwörtern des gleichen Typs die entsprechenden Ableitungen gebildet worden sind (z. B. bei kat. -ària für Dimensionen). Eine bestimmte Produktivität wird auch Einheiten wie frz. -isation, kat. -ització, span. -ización zugeschrieben; dabei ist aber nicht -isation usw. als Ganzes produktiv, sondern die zugrundeliegenden Verben auf -iser, -itzar, -izar, die dann die Produktivität von -tion im Falle einer Nominalisierung nach sich ziehen. Wie auch sonst bei einem Ableitungsverhältnis darf man bei der Beschreibung der Produktivität nicht über die Stufe des unmittelbaren Grundworts hinausgehen. Andererseits ist bei einem Suffix ein Unterschied in der Produktivität zu machen, wenn es verschiedene Verfahren oder Bezeichnungsgruppen umfaßt; z. B. darf die Produktivität von frz. -age in babillage, badinage nicht mit der sehr viel höheren Produktivität der Gruppe von cadrage, durcissage, déplâtrage usw. gleichgesetzt werden (s. frz. deverbales -age). Schließlich soll der Unterschied zwischen regressiv produktiven und progressiv produktiven Suffixen oder Wortbildungsverfahren eingeführt werden. Suffixe sind regressiv produktiv, wenn die Zahl der Neubildungen im Laufe der Zeit abnimmt (z. B. bei frz. -ure)\sie sind progressiv produktiv, wenn die Zahl der Neubildungen im Laufe der Zeit zunimmt oder wenigstens konstant bleibt (z. B. bei frz. -age, - tion). Diese Unterschiede lassen sich aber nur angeben, wenn man weiß, seit wann ein Wort existiert, oder zumindestens, ob ein Wort neu ist oder nicht. Auch diese Unterscheidung ist rein synchronisch gemeint. Nicht nur die Suffixe, sondern auch die suffixalen Ableitungskategorien haben eine bestimmte Produktivität. Die höchste Produktivität überhaupt haben die Nomina actionis, gleich darauf folgen bei den prädikativen Nominalisierungen die Nomina qualitatis ; wenig produktiv sind die prädikativen Ableitungen von Substantiven und fast gleich null diejenigen von Adverbien. 84

Zur Beschreibung einzelner Suffixe Bei der Darstellung der einzelnen Suffixe wird zu Anfang nur auf die ganz spezielle Bibliographie zum jeweiligen Suffix hingewiesen; die übrigen, meist summarischen (oft historischen) Behandlungen der Suffixe in der Sekundärliteratur sind den kurzen bibliographischen Übersichten zu entnehmen, die der Darstellung der prädikativen Nominalisierungen in den einzelnen Sprachen vorausgeschickt werden. Damit die Orientierung bei den einzelnen Suffixen etwas erleichtert wird, habe ich im wesentlichen die folgende Reihenfolge eingehalten: Varianten des Suffixes, Varianten der Grundwörter, prädikative Bedeutungen, nicht-prädikative Bedeutungen, Bezeichnungsgruppe, Suffixüberschneidungen und Produktivität. Die Varianten der Suffixe und der Grundwörter werden im Hinblick auf den Korpus möglichst vollständig angegeben, während die Aufzählung der prädikativen und nicht-prädikativen Bedeutungen bei progressiv produktiven Suffixen nur den approximativen Bestand an tatsächlichen Wörtern und Bedeutungen umfaßt. Innerhalb der prädikativen Bedeutungen ist vor allem die Gruppe der passiven Bedeutungen umfangreicher, als die wenigen verzeichneten Wörter es vermuten lassen, da die Lexika hierüber fast keine Angaben machen. Aber auch die Zahl der resultativen prädikativen Bedeutungen liegt höher. Die Bezeichnungsgruppen können, soweit sie überhaupt bei einem Suffix existieren, nur eine annäherungsweise Zuordnung aufgrund von Verallgemeinerungen geben, denn nicht alle Wörter und nicht alle Bedeutungen eines abgeleiteten Wortes können einer Bezeichnungsgruppe zugeordnet werden. Das zeigt sich besonders an den Überschneidungen von Suffixen: Durch verschiedene Suffixe werden oft verschiedene Redebedeutungen eines Grundworts nominalisiert; aber auch wenn ein abgeleitetes Wort in verschiedenen Bezeichnungsbereichen (z. B. in Terminologien) funktionieren soll, kann es zu Überschneidungen kommen. Am Ende jeder Suffixdarstellung findet sich eine Angabe über die Produktivität eines Suffixes und manchmal auch, wenn die Produktivität rückläufig (regressiv) ist, über die veralteten Wörter, die mit einem bestimmten Suffix abgeleitet sind. Die hohe Zahl von zitierten Ableitungen ergibt sich aus der Fragestellung. In einer Untersuchung der Norm von Suffixen zur Bildung von prädikativen Nominalisierungen - den Suffixen mit den meisten Ableitungen in den drei untersuchten Sprachen - kann man schlecht von zahlreichen Wortbelegen absehen. Auch die Konsultation von rückläufigen Wörterbüchern kann nach funktionellen Kriterien zusammengestellte Wortlisten nicht ersetzen, da eine wesentliche Aufgabe, die Trennung der verschiedenen durch ein Suffix charakterisierten Verfahren, dann noch nicht erfüllt wäre. Annähernde Vollständigkeit in der Darstellung des aus einem Wörterbuch gewonnenen Materials wurde nicht angestrebt, wenn Suffixe 85

sehr produktiv sind und die funktionelle Zuordnung ziemlich eindeutig ist wie bei frz. -ment, -tion, -age, -ite, span. -miento, -ciön, -o, -idad. Die oft wenigen Beispiele in Arbeiten zur Wortbildung können zu falschen Schlüssen oder zu nur sehr bedingten Behauptungen führen (vgl. in diesem Sinne das Kapitel über das Katalanische gegenüber dem Französischen und Spanischen). Dagegen boten die Sammlungen von Neologismen viel Material, es war aber für eine Gesamtdarstellung nicht repräsentativ genug. Es war meine Absicht, auch eine Materialsammlung zu liefern, die unter anderen Gesichtspunkten neu ausgewertet werden kann.

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3. Kapitel: Prädikative Nominalisierungen im Französischen

Die prädikativen Nominalisierungen des Französischen wie die der übrigen romanischen Sprachen sind noch nicht Gegenstand einer Untersuchung geworden, die alle Ebenen der synchronischen Beschreibung zu berücksichtigen versucht. Es fehlt aber nicht an zahlreichen Einzeluntersuchungen meist aus historischer Sicht, und oft wird die Wortbildung in Grammatiken in Form von Listen und auch in Darstellungen des Wortschatzes behandelt. Soweit diese Untersuchungen die prädikativen Nominalisierungen insgesamt betreffen, sollen sie hier nur kurz im Hinblick auf die in Frage kommenden Suffixe charakterisiert werden. Sie werden dann bei den einzelnen Suffixen nur noch aufgeführt, wenn darauf Bezug genommen wird. Arbeiten, die ein oder mehrere Suffixe betreffen, werden bei den jeweiligen Suffixen genannt. Wenn man von Palsgrave,1 der die französische Wortbildung nach dem Muster der lateinischen Grammatik behandelt, absieht, und von der stilistischen und syntaktischen Wortbildungslehre, 2 dann ist die Behandlung der Wortbildung überwiegend historisch orientiert, und so wurde sie auch von A. Darmesteter in De la création actuelle de mots nouveaux dans la langue française et des lois qui la régissent (Paris 1877) trotz des Titels gesehen. Darmesteter hat die substantiv- und adjektivbildenden Suffixe als Nominalsuffixe in einer Liste zusammengefaßt und einmal als Teil der erbwörtlichen »dérivation propre«, zum anderen als Teil der französischen Wortbildung nach lateinischem Muster klassifiziert. Die Artikel über die einzelnen Suffixe beginnen mit der Etymologie, geben eventuell einen Abriß der Geschichte des Suffixes und verzeichnen schließlich die Neubildungen. Diese Abhandlung hat Darmesteter später mit einigen Abwandlungen im Detail in den Cours de grammaire historique de la langue 1 2

Zu Palsgrave s. o. Zur Fragestellung. S. dazu L. Spitzer, Die Wortbildung als stilistisches Mittel, exemplifiziert an Rabelais, nebst einem Anhang über die Wortbildung bei Balzac in seinen »Contes drolatiques«, Halle 1910 (ZRPh, Beiheft 29); A. Lombard, Les constructions nominales dans le français moderne. Etude syntaxique et stylistique, Uppsala und Stockholm 1930 (Diss.); S. Heinimann, Das Abstraktum in der französischen Literatursprache des Mittelalters, Bern 1963 (Romanica Helvetica 73). Von den Werken, die Geschmacksurteile über Neologismen geben oder Sprachformen des Französischen in stilistischer Hinsicht beanstanden oder rechtfertigen sei nur Procès de langage (Paris 1962) von A. Thérive genannt. - Zum Sonderproblem des Übersetzungsvergleichs von Nomina actionis s. M. Wandruszka, Sprachen vergleichbar und unvergleichlich, München 1969, S. 123-128. 87

française (Paris 1895) resümierend aufgenommen. Dagegen enthält der Dictionnaire général (Bd. 2, Paris 1900) von A. Hatzfeld und A. Darmesteter eine Umarbeitung von De la création actuelle. Anstelle der Beschränkung auf Neuschöpfungen wird eine umfassendere Darstellung geboten und die Trennung nach französischer, lateinischer, griechischer usw. Bildung wird aufgegeben. Im 3. Band der Grammaire historique de la langue française (Leipzig, New York und Paris 1908), der sich ausschließlich mit der Wortbildung befaßt, hat Kr. Nyrop die Suffixe ähnlich behandelt. Er hat sie jeweils alphabetisch nach der Herkunftssprache (Latein, germanische Sprachen, Okzitanisch usw.) angeordnet und nicht nach Adjektiv- und Substantivbildung getrennt. In den einzelnen Paragraphen werden die Bedeutungen nach den zugrundeliegenden Wortkategorien nacheinander aufgezählt, falls ein Suffix mehrere Bedeutungen hat. Völlig neu für das Französische war die »funktionelle« Wortbildungslehre von Wilhelm Meyer-Lübke (Zweiter Teil der Historischen Grammatik derfranzösischen Sprache, zweite, durchgesehene und ergänzte Auflage von J. M. Piel, Heidelberg 1966, 1. Auflage 1921). Die gemeinten Funktionen sind in der Benennung etwas heterogen : Funktionen wie Personenbezeichnungen, Tierbezeichnungen werden mit Abstrakta und Kollektiva auf eine Ebene gestellt. Zum ersten Mal werden die prädikativen Nominalisierungen aber zusammen in einer französischen historischen Grammatik als Substantivabstrakta, Adjektivabstrakta und Verbalabstrakta im wesentlichen vom Gesichtspunkt des heutigen Französischen aus behandelt. In den einzelnen Paragraphen wertet Meyer-Lübke aber nur das teilweise sehr veraltete Material seiner Vorgänger aus. E. Gamillschegs »Grundzüge der galloromanischen Wortbildung« (Biblioteca dell' »Archivum Romanicum«, Ser. II, Bd. 2, Genf 1921, S. 1-80) behandelt in ähnlicher Ausrichtung einige historische Probleme, bietet aber keine geschlossene Darstellung von »Ableitungskategorien«. Diese sind zwar implizit der Gegenstand von K. Baldingers Kollektivsuffixe und Kollektivbegriff (Berlin 1950), bei den Verbalabstrakta aber stehen mögliche kollektive Bedeutungen primärer und sekundärer Funktionen im Vordergrund. 3 Darüberhinaus untersucht Baldinger auch die Differenzierung der Suffixe und stellt »semantische Nischen« fest. Leider wird das Wortmaterial nicht synchronisch, diachronisch und nach Dialekten getrennt: Beispiele aus dem Alt-, Mittel-, Neufranzösischen und aus den Dialekten werden zusammen angeführt. Synchronische Untersuchungen früherer Sprachstadien sind erst in den Anfängen. Für das Altfranzösische liegen die Arbeiten von D. Sammet über die Substantivbildung bei Chrestien de Troyes und von E. Dieck3

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Zur Trennung von Kollektivbildung und prädikativen Nominalisierungen s. o. zur Theorie der Wortbildung.

mann über die Substantivbildung in den Fabliaux vor.4 Beide gehen von Meyer-Lübke und vor allem von K. Baldinger aus. Das Mittelfranzösische hat H. Lewicka anhand von Texten, die der gesprochenen Sprache des 15. und 16. Jahrhunderts am nächsten kommen, erforscht und eine umfangreiche Materialsammlung erstellt ; diese Materialsammlung ist zwar nach Grundlage und Ableitung klassifiziert, sie wird in der Einleitung aber leider nicht theoretisch begründet.5 Später hat die Autorin die Forderung nach einer strukturellen Geschichte der französischen Wortbildung erhoben, die sie mit den Nomina actionis und den Nominalkomposita kurz skizziert hat. Die zu untersuchenden Sprachstadien umfassen nach ihrer Ansicht 1) das 12.-13. Jahrhundert, 2) das Ende des 15. bis zur ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, 3) das 17. Jahrhundert und schließlich 4) die Gegenwart. 6 Eine strukturelle Geschichte dieser Art entspräche einer Geschichte der Wortbildungen nach »Ableitungskategorien«, wie sie ebenfalls von Gawetko für das französische Adjektiv unternommen worden ist.7 Eine der englischen Wortbildungslehre von H. Marchand vergleichbare Wortbildungslehre des heutigen Französisch gibt es nicht. Die Ansätze der Einführung in die französische Wortbildungslehre, Phraseologie und Stilistik nach dem System der Vorstellungsverwandtschaft (Leipzig 1898) von K. Mühlefeld wurden nicht weiterentwickelt. Allenfalls wurde die Wortbildung in einigen Grammatiken und lexikologischen Handbüchern 8 mit4

D. Sammet, Die Substantivbildung mit Suffixen bei Chrestien de Troyes, Tübingen 1968 (ZRPh, Beiheft 118). - E. Dieckmann, Die Substantivbildung mit Suffixen in den Fabliaux Tübingen 1969 (ZRPh, Beiheft 119). Vgl. auch G. Merk, »La vitalité des suffixes nominaux, du latin au français«, Revue de linguistique romane 34 (1970), S. 194-223, und L. Przestaszewski, »Quelques observations sur le système des suffixes de noms d'action d'après le >Recueil général des Lexiques français du Moyen Age< «, Kwartalnik Neofilologiczny 16 (1969), S. 273-289. 5 H. Lewicka, La langue et le style du théâtre comique français des XVe et XVIe siècles - la dérivation, Warschau 1960. Besprechung: M. Hoffmann, »A General Linguist's View of Word Formation in Middle French«, Rom Ph 18 (1964-65), S. 54-63. S. auch H. Lewicka, »Quelques types concurrents de noms d'action dans les textes du théâtre comique français des XV*-XVIe s. », Kwartalnik Neofilologiczny 4 (1957), S. 199-211. 6 H. Lewicka, »Pour une histoire structurale de la formation des mots en français«, Actas del XI Congreso internacional de lingüística y filología románicas, Madrid 1968, S. 649-658. 7 M. Gawelko, »Problèmes de méthode dans l'analyse dérivative (basés sur l'adjectif français)«, Kwartalnik Neofilologiczny 17 (1970), S. 37-65; s.o. Ebenen der Beschreibung prädikativer Nominalisierungen. 8 S. besonders A. Andrievska, Cours de lexicologie française, Kiew 1958; N. N. Lopatnikova und N. A. Movchovitch, Précis de lexicologie du français moderne, Moskau 1958; A. Sauvageot, Portrait du vocabulaire français, Paris 1964; H. Mitterand, Les mots français, Paris 1968, 3. Aufl.; J. und Cl. Dubois, Introduction à la lexicographie: le dictionnaire, Paris 1971 ; der Traité de la formation des

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behandelt. Die umfassendste Untersuchung der gesamten französischen Wortbildung ist gegenwärtig »De la formation des unités lexicales« (Grand Larousse de la langue française, Bd. 1, Paris 1971, S. IX-LXXXI) von Louis Guilbert. Diese Wortbildungslehre ist distributioneil, strukturell und transformationeil im Sinne von Jean Dubois (Grammaire structurale du français: la phrase et les transformations, Paris 1969) und hat auch die gleichen Mängel wie die Grammatik von Dubois. Grundlage der Nomina actionis sind konkrete Sätze mit être + Part. Pass. Innerhalb dieser Gruppe werden die Bedeutungen nur nach action und résultat geschieden; der Objekttyp zum Beispiel (crachat, agglomérat) wird nicht vom prädikativen getrennt. Für die deadjektivischen prädikativen Nomina wird eine Grundlage vom Typ Le verre a la »qualité« fragile —• la fragilité du verre (S. XXXVII) angenommen. In beiden Fällen werden die Suffixe nicht zu differenzieren versucht. Die desubstantivische Ableitung ist für Guilbert eine »transformation à partir d'un terme ambivalent comme adjectif et comme nom« (S. XXXVIII) vom Typ II est censeur — Il est (dans l'état de) censeur —• le censorat. Dementsprechend folgen einige Suffixe ohne Trennung von adjektivischer und substantivischer Grundlage. Eine entsprechende Behandlung findet die Wortbildung bei Jean Dubois und René Lagane in La nouvelle grammaire du français (Paris 1973, bes. S. 219-221). Die vollständigste Wortbildungslehre des Französischen verspricht aus den Lexikoneinträgen zu Affixen im Trésor de la langue française (Paris 1971ff.)' hervorzugehen. In den Lexikoneinträgen sind synchronische und diachronische Informationen mit reichem Beispielmaterial enthalten, die Funktionen der Affixe werden getrennt, und jeder Artikel gibt eine umfangreiche Bibliographie. Nicht immer wird aber das Darstellungsprinzip genau eingehalten. Der Begriff Funktion und die Interpretation der Sprachfakten in der vorliegenden Untersuchung fallen nicht mit denen des Trésor zusammen. 10 Der Frage, ob die französische Suffixbildung produktiv sei oder nicht, wurde von einigen französischen Sprachwissenschaftlern eine allzu große Aufmerksamkeit geschenkt. Einige Sprachwissenschaftler versuchten zu zeigen, daß die französische Ableitung produktiv sei, andere, daß sie unproduktiv sei." Oft wurden dabei Wortbildungsverfahren des Französimots en français von S.-A. Leopold und I. Mauritz, Leiden 1924, 3. Aufl., ist manchmal unzuverlässig und bietet nicht mehr als die historischen Grammatiken. 9 Bisher sind erschienen Bd. 1: 1971, Bd. 2; 1973, Bd. 3: 1974. 10 Eine weitere Darstellung unternehmen G. Haensch und A. Lallemand-Rietkötter, Wortbildungslehre des modernen Französisch, München 1972. Die Autoren bleiben bei der alphabetischen Aufzählung der Suffixe. " Im einen Fall spricht man dann von »vitalité«, im anderen von »déficiences« in der französischen Ableitung. S. vor allem die Aufsätze von E. Pichon in Les principes de la suffixation en français, Paris 1942.

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sehen mit funktionell nicht entsprechenden Wortbildungsverfahren anderer romanischer Sprachen verglichen. Wie bereits Aawik gezeigt hat, beruht die Unzulänglichkeit der französischen Ableitung auf dem Fortwirken der restriktiven Norm des 17. Jahrhunderts, die durch die beginnende stärkere Kommunikation mit dem nichtfranzösischen Ausland überwunden werden könne.12 Die Unzulänglichkeit liegt aber nur in der Norm, nicht im System des Französischen. Auch gelten die Feststellungen Aawiks und anderer wohl nicht mehr im vollen Umfang, da inzwischen viele neue Wörter gebildet worden sind. Von den eigentlichen Untersuchungen der Produktivität der französischen Wortbildung ist die bedeutendste die Etude sur la dérivation suffixale en français moderne et contemporain (Paris 1962) von Jean Dubois.13 Sie behandelt die Entwicklung der französischen Suffixbildung zwischen 1906 und 1961 aufgrund zweier Ausgaben des Petit Larousse und ist auch für eine allgemeinere Betrachtung der französischen Wortbildung wichtig. Dubois' Feststellungen beziehen sich aber eigentlich nur auf die Veränderungen in der französischen Suffixbildung während des untersuchten Zeitraums, auch wenn es den Anschein hat, als habe er eine synchronische Beschreibung der französischen Wortbildung im Auge. W. Blochwitz und W. Runkewitz (Neologismen der französischen Gegenwartssprache unter besonderer Berücksichtigung des politischen Wortschatzes, Berlin 1971) haben im wesentlichen die Neologismen aus Zeitungen zwischen 1960 und 1965 gesammelt und belegt. Den Zeitraum von 1966 bis 1971 erfaßt P. Gilbert in seinem Dictionnaire des mots nouveaux (Paris 1971), der mit den darin enthaltenen 5.500 Wörtern den »usage courant« und nicht den »bon usage« widerspiegeln will (S. I). Die französischen Neuschöpfungen des 20. Jahrhunderts sind also ohne größere Lücken kodifiziert. Da es keine annähernd vollständige Materialsammlung zur französischen Wortbildung gibt, war es zunächst notwendig, alle entsprechenden Ableitungen zu sammeln. Ein rückläufiges Wörterbuch des Französischen konnte dazu nicht dienen, da man zuvor alle zu suchenden Ableitungsbe12

J. Aawik, »L'insuffisance de la dérivation française«, Neuphilologische Mitteilungen 12 (1910), S. 76-84. 13 Ähnlich sind ausgerichtet: J. Dubois, L. Guilbert, H. Mitterand, J. Pignon, »Le mouvement général du vocabulaire français de 1949 à 1960 d'après un dictionnaire d'usage«, FM 28 (1960), S. 86-106, 196-210; A. Goldi$, »Despre unele modificâri aie vocabularului limbii franceze actuale«, Revista de filologie romanica fi germanica 6 (1962), S. 105-138, und derselbe Artikel auf Französisch in Revue de linguistique (Bukarest) 7 (1962), S. 360-383. Die Neologismen des 18. Jahrhunderts behandeln F. Gohin, Les transformations de la langue française pendant la 2e moitié du XVIII' siècle (¡740-1789% Paris - Berlin 1903; und M. Frey, Les transformations du vocabulaire français à l'époque de la Révolution 1789-1800, Paris 1925. Nur die Reklamesprache betrifft M. Galliot, Essai sur la langue de ¡a réclame contemporaine, Toulouse 1955. 91

Ziehungen bereits kennen muß. In einigen Fällen waren aber Ableitungsund inhaltliche Beziehungen erst nach systematischer Auswertung eines Wörterbuchs zu erkennen. Eine Beschränkung auf einige Buchstaben des Alphabets (wie z. T. bei Dubois) hätte dabei zu ungenauen Ergebnissen geführt: Der Anteil der prädikativen Nominalisierungen bei den Buchstaben A, C, D, E, I, R ist höher als bei anderen Buchstaben. Die relative Wichtigkeit eines Verfahrens und seine Produktivität läßt sich auch am besten abschätzen, wenn man einen Überblick über die Zahl der gängigen Ableitungen eines Suffixes hat. Für eine solche Bestandsaufnahme bot sich am ehesten der Petit Robert an. Das Wortmaterial ist mit 54.000 Stichwörtern nicht zu umfangreich, so daß nicht allzu seltene Ableitungen verzeichnet werden ; der Petit Robert führt aber doch noch genügend in Fachsprachen und älteren literarischen Texten gebrauchte Wortbildungen auf, die dem heutigen Sprecher noch bekannt sein können. Er nennt eine ziemlich große Zahl von Bedeutungen, gibt Datierungen der Wörter an, die für die Feststellung der Produktivität wichtig sein können, und andeutungsweise Bezeichnungsgruppen oder besser »Universen der Rede« durch Abkürzungen wie didact., sc., techn., usw. Die Bedeutungen werden mit »action de . . . « (»et le résultat de cette action«), »le fait d e . . . « , »le fait d'être + Part.«, »ce qui sert à . . . « , »état, qualité de ce qui e s t . . . « , »caractère ...«, »chose . . . « (für den Subjekttyp bei den Nomina qualitatis), »charge«, »dignité de ...«, »durée de ses fonctions« usw. definiert; aber dieses Prinzip wird nicht konsequent durchgehalten, so daß die unterschiedlich definierten Bedeutungen von neuem einheitlich geordnet werden mußten. Häufig werden eindeutige Ableitungen nicht mit Bezug auf die Grundlage, sondern auf die bezeichnete Sache oder den Tatbestand definiert. Daher benutze ich den Petit Robert nur als Materialsammlung und interpretiere des öfteren die Bedeutungen der Wortbildungen in anderer Weise als der Petit Robert. Die Neologismen zur Angabe der Produktivität entnehme ich den Werken von J. Dubois, W. Blochwitz und W. Runkewitz und P. Gilbert.13" Die morphologischen Beziehungen zwischen Grundwörtern und Ableitungen nehmen in der Darstellung einen großen Raum ein. Die wichtigsten für diese morphologischen Prozesse relevanten Regeln gibt S. A. Schane in Frertch Phonology and Morphology (Cambridge, Mass., 1968) auf der theoretischen Grundlage der generativen Grammatik. Die Unterscheidung gelehrt/nicht gelehrt14 behält er auch für eine synchronische Beschreibung des Französischen bei, da die beiden dieser Unterscheidung lja

Das Dictionnaire inverse du français (Den Haag 1965) von A. Juilland enthält weniger Ableitungen, als man im Petit Robert finden kann, und ordnet die Wörter natürlich nur rein formal; daher war dieses Wörterbuch nicht zu verwenden. 14 Siehe dazu S. 29 und zu den morphonologischen Regeln das Kapitel »The Vowel System« (S. 18-65).

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entsprechenden Klassen von morphologischen Prozessen verschieden behandelt werden.

Deverbale prädikative Nominalisierungen G r u n d s u f f i x e zur deverbalen prädikativen Nominalisierung im Französischen sind -ment, -Hort, -0 m. und f.; -tion hebt sich dadurch ab, daß es »gelehrt« ist. A l l e weiteren Suffixe haben Bezeichnungsgruppen. Nach den Ableitungen, die formal im wesentlichen durch das Perfekt- und Präsenspartizip bedingt sind, folgen die übrigen Suffixe in der Reihenfolge ihrer Häufigkeit, allen voran -age, an das sich wegen der ähnlichen Bezeichnungsbereiche einerseits -ure, andererseits -erie anschließt. Zwar gerade noch als T y p realisiert, aber mit der A u s n a h m e von -erie ohne große Bedeutung für das Französische ist die Entwicklung über ein implizites Verb und ein Substantiv in instrumentaler oder lokaler Funktion bzw. über ein implizites Verb und eine prädikative Ergänzung. Die zahlenmäßig wichtigsten Suffixe zur Bildung von Nomina actionis sind -tion, -ment, -age, aber nur - tion und -age sind progressiv produktiv. Unter den Überschneidungen ist die Konkurrenz zwischen -ment und -age für das Französische charakteristisch. Sonst zeichnet sich das Französische gegenüber dem Katalanischen und Spanischen gerade dadurch aus, daß es wenige parallele Ableitungen hat, und wenn parallele Ableitungen existieren, dann entspricht jede Ableitung einem besonderen Gebrauch des Grundworts. Beispiele für Überschneidungen finden sich bei den Suffixen mit wenigen Ableitungen (z. B. -aille und -ture). Der Vollständigkeit wegen sollen hier auch die Konversionen von Verba genannt werden, die mit deverbalen prädikativen Nominalisierungen mit Suffixen in Konkurrenz treten oder deren Produktivität einschränken können. Einige dieser Wörter werden allerdings nur in der wiederholten Rede (s. S. 16) verwendet: aller et retour

goûter

repentir

pis-aller

juger

rire

avoir

lâcher

savoir

baiser

laisser-aller

savoir-faire

boire

laisser-faire

savoir-vivre

coucher

lancer

sortir

déjeuner

lever

souper

devoir

manger

sourire

dîner

marcher

souvenir

dire

paraître

tomber

être

parler

faire

porter

vivre vouloir

faire-valoir

pouvoir

93

(nach V. Piscolla, L'infinito sostantivato in francese dalle origini ai nostrigiorni, Campobasso 1965, S. 19-21).

Noch kaum systematisch untersucht worden ist das ganze Ausmaß und das Funktionieren der Suppletivformen im Französischen. Dieses Problem soll nicht weiter verfolgt, sondern nur mit einigen Beispielen belegt werden, z. B. aller à cheval - équitation, faire ses dents - dentition, cultiver le jardin - horticulture, brûler - combustion ; dabei liegen das Verb oder die entsprechende Wortgruppe und die Suppletivform nicht auf derselben sprachlichen Ebene. -ment m. / m ä / Die mit dem Suffix -ment abgeleiteten Nomina actionis haben eine morphologisch bedingte derivative Variante des zugrundeliegenden Lexems, die formal etwa der 3. Person Plural des Präsens entspricht: élargir (élargisse-) — élargissement, se recueillir (recueille-) — recueillement, aber in einigen Fällen nicht mit ihr zusammenfällt: z. B. mouvoir — mouvement, soutenir — soutènement. Nach zwei Konsonanten im Auslaut des Lexems wird in der Ableitung [a] gesprochen (»Dreikonsonantengesetz«) -.armement, désarmement, comblement, dépeuplement, essartement usw. Eine morphologisch bedingte Alternanz des zugrundeliegenden Lexems erscheint bei Ableitungen von Verben auf -ir\ / - i - / - /-is-/ affermir (affermisse-) — affermissement affranchir (affranchisse-) — affranchissement ameublir (ameublisse-) — ameublissement anoblir (anoblisse-) — anoblissement applaudir (applaudisse-) — applaudissement barrir (barrisse-) — barrissement enfouir (enfouisse-) — enfouissement enrichir (enrichisse-) — enrichissement frémir (frémisse-) — frémissement jaillir (jaillisse-) — jaillissement mugir (mugisse-) — mugissement noircir (noircisse-) — noircissement pourrir (pourrisse-) — pourrissement raccourcir (raccourcisse-) — raccourcissement ravir (ravisse-) — ravissement retentir (retentisse-) — retentissement surgir (surgisse-) — surgissement tarir (tarisse-) — tarissement travestir (travestisse-) — travestissement vagir (vagisse-) — vagissement 94

vieillir (vieillisse-) — vieillissement vomir (vomisse-) — vomissement usw.

Weitere Beispiele für Ableitungen von Verben auf -ir sind: adoucissement affadissement affaiblissement agrandissement alourdissement amincissement amoindrissement amollissement amuïssement appesantissement approfondissement assagissement asservissement assombrissement assoupissement assouplissement assourdissement assouvissement attendrissement atterrissement attiédissement avachissement aveulissement

avilissement bannissement blanchissement blettissement bondissement bruissement brunissement convertissement dégauchissement dégrossissement dessaisissement divertissement durcissement éclaircissement élargissement endormissement endurcissement enlaidissement épaississement épanouissement équarrissement établissement

étourdissement évanouissement glapissement hérissement jaunissement investissement lotissement racornissement radoucissement raffermissement rafraîchissement rancissement rapetissement rebondissement rembrunissement rétrécissement roussissement rugissement saisissement surenchérissement verdissement usw.

Ausnahmen sind: (ré-, r-)assortir — (ré-, r-) assortiment, blanchir — blanchiment (vgl. aber mit anderen Bedeutungen blanchissement, blanchissage), bâtir — bâtiment, sentir — sentiment. Die Variante -e-ment haben {advenir) —• avènement, dazu événement, consentir —• consentement, (départir — département), recouvrir —• recouvrement, recueillir recueillement, répartir — répartement, soutenir — soutènement, tenir —• tènement, tressaillir — tressaillement, vêtir — vêtement. Unter den Verben auf -re werden mit -ment abgeleitet: abattre — abattement, accroître accroissement, battre — battement, braire — braiment, connaître — connaissement, (débattre — débattement), décroître — décroissement, rabattre rabattement, rendre — rendement. Bei den Verben auf -oir findet sich nur mouvoir — mouvement. Phonisch bedingte regelmäßige Alternanzen sind: / - w a j - / -» / - w a - / aboyer (aboie-) — aboiement

95

apitoyer (apitoie-) — apitoiement chatoyer (chatoie-) — chatoiement convoyer (convoie-) — convoiement coudoyer (coudoie-) — coudoiement dégravoyer (dégravoie-) — dégravoiement flamboyer (flamboie-) — flamboiement foudroyer (foudroie-) — foudroiement fourvoyer (fourvoie-) — fourvoiement (re-)jointoyer ( (re-)jointoie-) —• (re-)jointoiement larmoyer (larmoie-) — larmoiement louvoyer (louvoie-) — louvoiement nettoyer (nettoie-) — nettoiement ondoyer (ondoie-) — ondoiement (dé-, remployer ( (dé-, re-)ploie-) — (dé-, re-)ploiement poudroyer (poudroie-) — poudroiement rougeoyer (rougeoie-) — rougeoiement rudoyer (rudoie-) — rudoiement tournoyer (tournoie-) — tournoiement tutoyer (tutoie-) — tutoiement verdoyer (verdoie-) — verdoiement vouvoyer (vouvoie-) — vouvoiement

aber: grasseyer (grasseye-) — grasseyement

/-ej-/ -

/-e-/

bégayer (bégaie-) — bégaiement déblayer (déblaie-) — déblaiement enrayer (enraie-) — enraiement étayer (étaie-) — étaiement égayer (égaie-) — égaiement remblayer (remblaie-) — remblaiement zézayer (zézaie-) — zézaiement

Zwei verschiedene morphologisch bedingte Ableitungen haben dagegen: enrayer étayer payer

(enraie-) — enraiement (enraye-) — enrayement (étaie-) — étaiement (étaye-) — étayement (paie-) — paiement (paye-) — payement

Von frayer (Jraie-, fraye-)

96

ist nur frayement

abgeleitet.

/.e_/ -

/-e-/

abréger (abrège-) — abrègement (!) affréter (affrète-) — affrètement allécher (allèche-) — allèchement alléger (allège-) — allégement ( !) béguéter (béguète-) — béguètement bléser (blèse-) — blésement ( !) compléter (complète-) — complètement dessécher (dessèche-) — dessèchement empiéter (empiète-) — empiétement (!) lécher (lèche-) — lèchement rapiécer (rapièce-) — rapiècement régler (règle-) — règlement rempiéter (rempiète-) — rempiétement (!) transférer (transfère-) — transfèrement

/-3_/ -

/_£_/

(par-)achever ( (par-)achève-) — (par-)achèvement bourreler (bourrèle-) — bourrèlement craqueter (craquette-, craquète-) — craquètement déceler (décèle-) — décèlement dégrever (dégrève-) — dégrèvement démanteler (démantèle-) — démantèlement dépecer (dépèce-) — dépècement écarteler (écartèle-) — écartèlement égrener (égrène-) — égrènement embrever (embrève-) — embrèvement engrener (engrène-) — engrènement enlever (enlève-) — enlèvement ensorceler (ensorcelle-) — ensorcellement haleter (halète-, halette-) — halètement harceler (harcèle-, harcelle-) — harcèlement marteler (martèle-) — martèlement, martellement morceler (morcelle-) — morcellement museler (muselle-) — musellement niveler (nivelle-) — nivellement prélever (prélève-) — prélèvement relever (relève-) — relèvement rengrener, rengréner (rengrène-) — rengrènement renouveler (renouvelle-) — renouvellement ruisseler (ruisselle-) — ruissellement se soulever (soulève-) — soulèvement soutenir (soutène-) — soutènement voleter (volette-) — volettement

97

Es zeigen sich hier vermeidbare U n r e g e l m ä ß i g k e i t e n der Orthographie bei abrègement, allégement, blésement, empiétement, rempiétement, die i m Widerspruch zur Aussprache und den sonstigen A b l e i t u n g e n desselben Alternanztyps stehen. D i e Verteilung der auf Satzstrukturen beruhenden Bedeutungen ist i m Vergleich zu den anderen deverbalen S u f f i x e n charakteristisch. N e b e n den üblichen Bedeutungen / le fait de + Inf. / und / le fait d'avoir/être + Part. Pass. / tritt die reflexive Bedeutung und die Bedeutung / le fait d'être + Part. Pass. (Adj.) / (s. u. die deadjektivischen N o m i n a l i s i e r u n g e n ) stark hervor. Vielleicht kausativ ist nur (fairej mûrir — mûrissement. Eine Lükke liegt bei août — *aoûter — aoûtement vor. Beispiele für die Bedeutungen / le fait de + Inf. / und / d'avoir/être + Part. Pass. / erübrigen sich wohl. D i e Reflexivität sich vor allem bei den mit den Präfixen a-, dé-, dés-, en-(em-), abgeleiteten Verben auch in den Nominalisierungen, bei d e n e n die tung / le fait de s'être + Part. Pass. / i m m e r möglich ist: abaissement abattement acclimatement accomodement accoudement acoquinement adoucissement affadissement affaiblissement affaissement affermissement affinement affrontement agenouillement agrandissement alourdissement amenuisement amincissement amoindrissement amollissement amuïssement apitoiement apparentement appesantissement approfondissement approvisionnement assagissement assombrissement assoupissement assouplissement 98

assourdissement assouvissement attendrissement attiédissement attifement attroupement avachissement aveulissement avilissement balancement brisement calfeutrement courbement cramponnement dandinement déchaînement déclassement découragement dédoublement défoulement dégagement dégonflement dégorgement dégrisement déguisement délassement dépassement dépeuplement déplacement déroulement

désabonnement désabusement désengagement désossement dessaisissement desserrement détachement détraquement développement déversement dévoilement dévouement divertissement durcissement éboulement ébrouement échauffement éclai rement écoulement écroulement effacement effarouchement effeuillement effondrement effritement également égarement égouttement égrènement élargissement

le fait findet re-(ré-) Bedeu-

emballement embarquement embourgeoisement embrassement émerveillement émiettement encanaillement encrassement endettement endormissement endurcissement enfoncement engouement engouffrement engueulement enkystement enlacement enlaidissement enlisement enracinement enrôlement entassement entêtement entortillement entraînement épaississement épanchement épanouissement

éparpillement éraillement établissement étiolement étirement étoilement étonnement étourdissement évanouissement exondement fendillement fourvoiement gondolement gonflement habillement hérissement logement pelotonnement pliement ploiement pourrissement raccomodement raccrochement racornissement radoucissement raffermissement rafraîchissement ralliement

rapetissement rapprochement rassemblement ravitaillement réabonnement réapprovisionnement réassortiment réchauffement recollement recoupement recourbement recrutement recueillement regroupement rembarquement rembrunissement rengagement rengorgement repliement rétrécissement retroussement rhabillement ridement sabordement tassement tortillement trémoussement

Die passive Bedeutung ist wohl ähnlich häufig wie die reflexive, obwohl das Lexikon sie meistens nicht angibt; die Listen können in beiden Fällen nicht annähernd vollständig sein. D i e Bedeutung ist dann als passiv anzusehen, w e n n sie mit on umschrieben werden kann, z. B. nur die Bedeutung von découragement / le fait d'être découragé / , die man mit einem Satz wie »on le décourage« in Beziehung setzen kann, ist passiv. balancement bannissement bouleversement calfeutrement déboisement

démantèlement démembrement déracinement dérangement écartèlement

ecrasement remplacement renforcement renversement usw.

Das Subjekt ist entwickelt in: accompagnement attroupement couronnement dépassement embêtement emmerdement

empêchement enchantement enrobement enterrement environnement froissement

groupement prolongement rassemblement recrutement suintement

99

D i e Bedeutung ist als Subjekt und zugleich instrumental zu interpretieren: adoucissement dédommagement divertissement encadrement

enjolivement enrichissement épouvantement

jointoiement ornement serrement

entassement lotissement paiement (payement) prélèvement

ramassement scellement terrassement vomissement

assaisonnement habillement pansement

rafraîchissement vêtement

débouquement embouquement établissement

logement retranchement

emmaillottement emmanchement empilement enchâssement enchatonnement endoctrinement enfournement enrobement

façonnement factionnement jugement raccordement retordement soutènement travestissement

Objekt: bâtiment chargement déchargement déménagement développement Mittel: accoutrement affublement approvisionnement Ort: campement cantonnement croisement Art und Weise: accouchement acheminement aiguisement aménagement assaisonnement branlement comportement embranchement

D i e Frage der Zugehörigkeit zu einer Bezeichnungsgruppe ist nicht geklärt. Während die Bedeutung, die Darmesteter, Nyrop und Baldinger angeben, rein syntaktisch interpretierbar ist, besteht für Charles Bally bei -ment gegenüber -age ein Aspektunterschied, und Jean Dubois ordnet das Suffix dem »abstrakten Wortschatz« zu. Untersuchen wir kurz die Bemerkung Ballys: »Les suffixes français de noms d'action -ment et -age semblent supplétifs à première vue; cependant -ment désigne volontiers l'aspect ponctuel ou terminatif (acquittement, enlèvement), -age au contraire très souvent l'aspect duratif ou itératif; il s'agit d'une action qui comporte des opérations successives (élevage, blanchissage, dallage, pavage, griffonnage, barbouillage)...« (Linguistique générale et linguistique française, § 291). Bally scheinen Dubois, der nur noch einen terminativen

100

(und später einen resultativen) Aspekt annimmt, 15 und H. Mitterand zu folgen, der von einem »perfektiven Wert« spricht.16 Iterativ sind aber auch: basculement, bercement, bêlement, durativ z. B. cheminement, flamboiement, fredonnement, gargouillement, denen sich viele andere Beispiele hinzufügen ließen. Diese Aspekte oder Aktionsarten sind bereits in den zugrundeliegenden Verben enthalten. Dagegen kann der auch bei den Ableitungen auf -age mögliche terminative oder resultative Aspekt auf die syntaktisch fundierte Bedeutung / le fait d'avoir/être + Part. Pass. / zurückgeführt werden, nur ist dieser Aspekt in der Norm der französischen Sprache häufiger bei Ableitungen auf -ment als auf -age realisiert. So zeigt sich, daß bei -ment alle aspektuellen Möglichkeiten üblicherweise zu finden sind (z. B. auch die semelfaktive Bedeutung in battement und éternuement neben der iterativen). Bei der Lösung dieser Frage muß man gleichzeitig die Charakteristika von -age berücksichtigen. Da sich aber -ment und -age gerade besonders häufig überschneiden - diese Überschneidung ist die zahlenmäßig stärkste im französischen Lexikon -, kann man aspektuelle Unterschiede zwischen beiden Suffixen kaum annehmen. Zudem müßte eine Differenzierung der deverbalen Nominalisierungssuffixe auf der aspektuellen Ebene in allen Fällen unternommen werden. Gerade das kann aber nicht zur Differenzierung der Suffixe führen. Dubois spricht von der Zugehörigkeit der Nominalisierungen auf -ment zum abstrakten Wortschatz: »Les dérivés en-ment indiquent... des opérations mentales, des attitudes individuelles ou sociales« (Etude sur la dérivation suffixale, S. 31), und an anderer Stelle: » . . . le suffixe -ment se maintient plus facilement dans le vocabulaire abstrait...« (J. und Cl. Dubois, Introduction â la lexicographie, S. 114). Diese Feststellungen beruhen aber auf Untersuchungen der Bewegung des Wortschatzes zwischen 1949 und 1960 bzw. zwischen 1906 und 1961, nicht auf der Untersuchung des stabilen Teils des Wortschatzes. Neuschöpfungen gehören meist den »abstrakteren« Fachsprachen an. Die angenommene »abstrakte« Bedeutung steht im auffallenden Gegensatz zu den Sachgruppen der Ableitungen mit »konkreter« Bedeutung im stabilen Teil des Wortschatzes. Sie sind darüber hinaus die einzigen prädikativen Nominalisierungen der zugrundeliegenden Verben, z. B. bei den Bezeichnungen für Arten des Sprechens: 15

Etude sur la dérivation suffixale, S. 31 : »Plusieurs de ces termes [d. h. einige zitierte Neologismen] indiquent aussi le résultat de l'action marquée par la base. Sans doute est-ce ce sens terminatif qui donne au suffixe son extension particulière dans le vocabulaire économique (par opposition à -age qui indique l'action).« Dieser Aspekt heißt resultativ in J. und Cl. Dubois, Introduction à la lexicographie: le dictionnaire, S. 143. In diesen und anderen Fällen wird die Etude sur ta dérivation suffixale fast wörtlich wieder aufgenommen. " Les mots français, S. 45. 101

balbutiement bégaiement blésement bougonnement chevrotement

grasseyement grondement gueulement marmonnement

marmottement nasillement nasonnement zézaiement

feulement gazouillement glapissement hennissement jappement meuglement miaulement mugissement

pépiement piaillement piaulement ronronnement roucoulement rugissement vagissement

craquètement crépitement crissement gargouillement gloussement grésillement

raclement râlement ronflement sifflement sifflotement tintement

oder f ü r Tierlaute: aboiement barrissement beuglement braillement braiment bramement coassement croassement und sonstige Geräusche: bourdonnement bruissement clapotement clappement claquement craquement

f ü r Bewegungen und Haltungen: accoudement agenouillement attouchement balancement basculement battement bercement boitement boitillement bondissement cahotement

cillement clignement dandinement dodelinement embrassement haussement hochement lancement martellement ondoiement

piaffement piétinement pincement plongement rampement remuement roulement secouement tressaillement trottinement

Das Suffix -ment ist also nicht auf einen Bereich spezialisiert, sondern neutral. 17 So sind auch die Überschneidungen von -ment mit anderen deverbalen Suffixen zahlreich, nicht aber mit -tion, dem anderen bedeutenden neutralen Suffix. In einigen Fällen liegt kein Bedeutungsunterschied der beiden Ableitungen vor: 'Vgl. K. Baldinger, Kollektivsuffixe und Kollektivbegriff, S. 27: »-ment im nfr. -ment ist im nfr. zum charakteristischsten Deverbalia bildenden Suffix geworden, indem es in der Mehrzahl aller Ablt. nur die Handlung substantiviert ohne Weiterentwicklung der Bedeutung.« Baldinger fordert auch eine Untersuchung der Verteilung von -ment und -age (S. 28). 102

crépitement/crépitation décentrement/décentration déclinement/déclination dénivellement/dénivellation

exondement/exondation pullulement/pullulation transplantement/transplantation

Die übrigen Ableitungspaare unterscheiden sich in der Bedeutung: accommodement/accommodation cassement/cassation crucifiement/crucifixion déportement/déportation embarquement/embarcation fondement/fondation mâchement/mastication mouvement/motion

renoncement/renonciation répartement/répartition retirement/retiration éternuement/sternutation sucement/succion susurrement/susurration tremblement/trémulation

Ganz charakteristisch ist die Überschneidung der Bereiche von -ment und -age, dem wichtigsten Fall von Suffixüberschneidung im Französischen. Dabei sind die Ableitungen auf -age fast immer der fachsprachlichen Bezeichnungsgruppe von -age zuzuordnen, unabhängig davon, ob die Bedeutungen der Nominalisierungen gleich sind oder nicht. Es wurde der Versuch gemacht, den Unterschied der beiden Suffixe großenteils auf die Intransitivität bzw. Transitivität, die »übertragene« oder »konkrete« Bedeutung der zugrundeliegenden Verben und auf die Bezeichnung des Zustandes oder der Handlung bei den Ableitungen zurückzuführen (J. Dubois, Etude sur la dérivation suffixale, S. 28, und Trésor de la langue française, s. v. -age). In jedem Fall muß aber außerdem noch die terminologische Zuordnung gegeben werden, die sich dann als umfassender erweist als die Transitivität und Intransitivität, die »konkrete« oder »übertragene« Bedeutung der Verben und die Bezeichnung des Zustands oder der Handlung. In manchen Fachsprachen (Landwirtschaft, Gartenbau, Forstwirtschaft, Weinbau usw.) hält sich eher -ment, aber in der überwiegenden Zahl der Beispiele ist -ment gegenüber -age neutral. Hier die Ableitungen ohne Bedeutungsunterschied: aiguisement/aiguisage caillement/caillage calfeutrement/calfeutrage cambrement/cambrage chiffonnement/chiffonnage clapotement/clapotage convoiement/convoyage creusement/creusage cuvellement/cuvelage déboulonnement/déboulonnage décapement/décapage décintrement/décintrage décoiffement/décoiffage

décoincement/décoinçage déferrement/déferrage défoncement/défonçage défournement/défournage défrichement/défrichage dégauchissement/dégauchissage dégazonnement/dégazonnage dégrossissement/dégrossissage délitement/délitage dépècement/dépeçage dépliement/dépliage dépotement/dépotage dessalement/dessalage 103

drageonnement/drageonnage ébourgeonnement/ébourgeonnage ébranchement/ébranchage écrabouillement/écrabouillage effilement/effillage égouttement/égouttage égrènement/égrenage émottement/émottage empilement/empilage encochement/encochage encuvement/encuvage enfournement/enfournage engluement/engluage enrobement/enrobage entonnement/entonnage épamprement/épamprage épierrement/épierrage équarrissement/équarrissage essartement/essartage étaiement (-ay-)/étayage étalonnement/étalonnage étêtement/étêtage

étuvement/étuvage évidement/évidage façonnement/façonnage gazonnement/gazonnage gondolement/gondolage hachement/hachage lacement/laçage mordillement/mordillage papillonnement/papillonnage poinçonnement/poinçonnage provignement/provignage rapiècement/rapiéçage rayement/rayage régalement/régalage renflouement/renflouage retordement/retordage rhabillement/rhabillage sabordement/sabordage soulignement/soulignage tambourinement/tambourinage trimbal(l)ement/trimbal(l)age vêlement/vêlage

Diese Wörter gehören fast ausnahmslos Fachsprachen an und gehen vor allem auf die produktiven mit de-, e- und en - abgeleiteten Verben zurück. Von den folgenden Paaren sind entweder beide Ableitungen in verschiedenen Fachsprachen lexikalisiert oder das Wort auf -ment, was häufiger vorkommt, gehört zum allgemeinen Wortschatz, während das Wort auf -age auf eine Fachsprache beschränkt ist: abattement/abattage affinement/affinage ajustement/ajustage appareillement/appareillage appontement/appontage arrachement/arrachage arrosement/arrosage atterrissement/atterrissage avivement/avivage barrement/barrage battement/battage blanchissement/blanchissage boisement/boisage bossellement/bosselage brunissement/brunissage chiffrement/chiffrage claquement/claquage cloisonnement/cloisonnage

104

convertissement/convertissage cornement/cornage craquement/craquage déblaiement/déblayage débouchement/débouchage débourrement/débourrage décentrement/décentrage déchaussement/déchaussage décollement/décollage dédoublement/dédoublage déferlement/déferlage dégonflement/dégonflage dérochement/dérochage déroulement/déroulage desserrement/desserrage détachement/détachage doublement/doublage éclaircissement/éclaircissage

effemillement/effemillage effleurement/effleurage emballement/emballage emboîtement/emboîtage embrouillement/embrouillage empaillement/empaillage encaissement/encaissage engrènement/engrenage enlèvement/enlevage enraiement (-ay-)/enrayage enterrement/enterrage entortillement/entortillage épointement/épointage équipement/équipage éreintement/éreintage étalement/étalage étirement/étirage étouffement/étouffage évitement/évitage ferrement/ferrage flottement/flottage forcement/forçage f rayement/f rayage frappement/frappage f rottement/f rottage glissement/glissage gonflement/gonflage grattement/grattage griffonnement/griffonnage groupement/groupage habillement/habillage harponnement/harponnage jaunissement/ jaunissage lavement/lavage léchement/léchage martellement (-èl-)/martelage mouillement/mouillage nettoiement/nettoyage nivellement/nivelage nouement/nouage pansement/pansage

papillotement/papillotage picotement/picotage pincement/pinçage plafonnement/plafonnage rabattement/rabattage raccommodement/raccommodage raccrochement/raccrochage raclement/raclage ramassement/ramassage réchauffement/réchauffage recollement/recollage recoupement/recoupage recouvrement/recouvrage règlement/réglage relèvement/relevage remblaiement/remblayage remboîtement/remboîtage remuement/remuage renforcement/renforçage repavement/repavage repoussement/repoussage retirement/retirage retournement/retournage retroussement/retroussage reverdissement/reverdissage ridement/ridage roulement/roulage sassement/sassage scellement/scellage serrement/serrage sifflement/sifflage soufflement/soufflage talonnement/talonnage tassement/tassage tortillement/tortillage tracement/traçage traînement/traînage tronçonnement/tronçonnage verdissement/verd issage virement/virage

Nicht berücksichtigt ist dabei, wie hoch die jeweilige Frequenz eines Wortes in Texten ist. Statt der relativ klaren Verhältnisse zwischen -ment und -age haben wir sehr vielfältige Beziehungen zwischen -ment und -ure. Nur blettissement/ blettissure, déferrement/déferrure (und déferrage), rancissement/ rancissure und roussissement/roussissure unterscheiden sich nicht. 105

Durch die jeweilige Fachsprache unterscheiden sich dagegen brunissure, ciselure, enchevêtrure, endossure, engrenure, enlaçure, ferrure, noircissure, nouure von den entsprechenden Ableitungen auf -ment. Sonst sind die Nominalisierungen auf -ure nicht prädikativ, sondern sie ergänzen die sekundären Bedeutungen von -ment wie das Subjekt bei enjolivure das Objekt bei bosselure, brisure, enlevure und oft den Ort (Stelle) bei cassure, déchirure, écorchure, enchâssure, enfonçure, froissure, um nur die häufigeren Wörter zu nennen. Da die maskulinen und femininen Nullableitungen wie die auf -ment neutral sind, differenzieren sich parallele Ableitungen in der Sprachnorm nach der Bedeutung in jedem Einzelfall anders. Nur manchmal unterscheiden sie sich durch Semelfaktivität und Iterativität der bezeichneten Handlung bei râle/râlement, rebond/rebondissement, sanglot/sanglotement, souffle/soufflement, aber der Aspektunterschied muß nicht ausschlaggebend sein. Weitere Überschneidungen mit maskulinen Nullableitungen sind: aboiement/abois affrontement/affront convoiement/convoi déblaiement/déblai déclinement/déclin écartement/écart éclatement/éclat élancement/élan engraissement/engrais manquement/manque rabattement/rabat raccordement/raccord raccrochement/raccroc râlement/râle

rebondissement/rebond reculement/recul relâchement/relâche remblaiement/remblai renforcement/renfort repliement/repli retardement/retard retournement/retour saccagement/saccage sanglotement/sanglot soufflement/souffle soutènement/soutien transfèrement/transfert

Die parallelen femininen Nullableitungen sind alle unterschiedlich lexikalisiert: avancement/avance chatouillement/chatouille claquement/claque commandement/commande déchargement/décharge errements/erre frappement/frappe grognement/grogne haussement/hausse mouillement/mouille

rechargement/recharge recoupement/recoupe relâchement/relâche relèvement/relève renversement/renverse repoussement/repousse sapement/sape surenchérissement/surenchère tapement/tape

Anders als die -ment-Ableitungen bezeichnen die Ableitungen nach dem Femininum des Partizips Passiv oft schnelle, heftige Bewegungen: 106

abattement/abattée accroissement/accrue battement/battée, battue chevauchement/chevauchée échappement/échappée équipement/équipée frottement/frottée giclement/giclée

lancement/lancée raclement/raclée retombement/retombée saignement/saignée saisissement/saisie tapement/tapée virement/virée

Ein Teil der Ableitungen auf -is nominalisiert im Gegensatz zu -ment das Objekt in abattis, éboulis, froncis und hachis ; die verbleibenden bezeichnen Geräusche mit geringen Unterschieden im Denotatum: chuchotement/chuchotis, clapotement/clapotis, gargouillement/gargouillis, gazouillement/gazouillis', und mit größeren Unterschieden: arrachement/arrachis, grignotement/grignotis, lavement/lavis, roulement/roulis. Bei einigen negativ gewerteten Handlungen sind die parallelen mit -erie gebildeten Nomina actionis üblicher ( boiterie, criaillerie) oder die Wörter auf -erie werden für Menschen gebraucht (grognerie, gronderie), die auf -ment für Tiere (grognement, grondement). Piaillement und piaillerie, pleurnichement und pleurnicherie, tiraillement und tiraillerie unterscheiden sich voneinander wohl nur durch die Betonung der Iterativität bei -erie, und batterie ist lexikalisiert. Auch die Unterschiede gemeinsamer Ableitungen auf -ment und -ade sind oft gering: appareillement/appareillade (nur für Rebhühner), croisement/croisade (von se croiser), dégoulinement/dégoulinade, embrassement/embrassade, engueulement/engueulade, glissement/glissade, reculement/reculade, roucoulement/roucoulade. Bei ferrement/ferrade sind verschiedene Bedeutungen des zugrundeliegenden Verbs anzunehmen, und dégoulinade realisiert auch den Ort. Die Bedeutung der parallelen Ableitungen auf -ment und -ance sind außer bei résonance und veraltetem résonnement spezialisiert: connaissement/connaissance, errements/errance, soutènement/soutenance. Eine Besonderheit sind die bedeutungsgleichen Ableitungen dessalement/dessalage/dessalaison, entonnement/entonnage/entonnaison, daneben sind nur effeuillement und effeuillaison gegenüber effeuillage bedeutungsgleich. Battaison, déclinaison, flottaison und nouaison unterscheiden sich von battement/battage, déclinement, flottement/flottage und nouement. Jean Dubois nimmt an, -ment sei wenig produktiv, weil es mit -tion und -isme konkurriere. 18 Das Suffix -isme kann jedoch nicht als direkter Konkurrent von -ment angesehen werden, denn es ist nicht deverbal. Auch von Konkurrenz zwischen -ment und -tion wird man kaum sprechen können, nachdem sich nur wenige konkurrierende Ableitungen fest" Etude sur ta dérivation suffixale, S. 31. 107

stellen lassen. Vielmehr hat sich ergeben, daß -ment weit eher parallele Ableitungen auf -age und einigen anderen Suffixen wie -erie und -ade hat als konkurrierende Ableitungen auf -tion, wie auch Dubois selbst für -age festgestellt hat. Das Suffix ist regressiv produktiv, denn es werden zwar noch neue Wörter mit -ment gebildet, aber die Zahl der Neubildungen nimmt ab. Dies geht auch aus der statistischen Untersuchung von Dubois hervor." Eine relativ große Zahl von Ableitungen wird außerdem im Petit Robert als selten, veraltet oder alt angegeben, aus denen ich hier eine kleine Auswahl zusammenstelle: aiguisement arrondissement épamprement haussement mouillement pirouettement pissement placement

rebondissement recouvrement refrènement regorgement repoussement résonnement retirement

saccagement saisissement soufflement sucement ternissement transplantement tronçonnement

Der Bestand der Ableitungen ist aber mit ca. 970 Wörtern im Petit Robert relativ hoch; außerdem sind anscheinend viele potentielle Ableitungennichtgebildetworden. Von Verben wie embroussailler, embrumer, émincer, encorner ist eine Ableitung auf -ment, nicht auf -tion am wahrscheinlichsten. Manche Schriftsteller bilden daher neue Wörter auf -ment, was bei Charles Péguy besonders auffällig ist.20 Hinzu kommt wohl noch, daß prädikative Nominalisierungen eher in Fachsprachen gebraucht werden und nicht so sehr in der Umgangssprache, in der sonst viele Nominalisierungen gerade mit -ment verwendet werden. Wenn man die mit auto- und non- gebildeten Ableitungen beiseite läßt (z. B. autodéveloppement, non-accomplissement), dann bleiben bei Blochwitz und Runkewitz folgende Nominalisierungen übrig: " Ibid., S. 24-27, und J. und Cl. Dubois, Introduction à la lexicographie, S. 136-140. S. H. Emmerich, Nominalsuffixe im Sprachgebrauch Charles Péguys. Untersuchungen zur Wortbildungslehre auf der Grundlage linguistischer Statistik, Diss. Marburg 1960. Er zitiert: abrasement, besognement, consternement, couvrement, débarbouillement, défeuillement, déglinguement, délavement, départagement, déposement, désolement, détendement, effilement, efforcement, embourgeoisement, emplissement, festonnement, finassement, fleuronnement, gueulement, lantemement, ramassement, racolement, recordement, recroisement, recroissement, refermement, remembrement, remplissement, repensement, réservement, ressourcement, resurgement, retorquement, retriplement, roidissement, sourcement, toisonnement, trainassement, iniquement (S. 120-148). Manche dieser Wörter sind Wiederaufnahmen aus älteren Sprachstufen des Frz., einige haben sich durchgesetzt. S. auch Charles Bruneau, »Noms créés au moyen du suffixe - ment', contribution à la néologie chez les écrivains >décadents< «, Studies John Orr, 1953, S. 22-33.

20

108

chamboulement décloisonnement désassentiment désenclavement enchinoisement enquiquinement

expatriement (vgl. expatriation) froufroutement infléchissement prédésarmement

pré-développement préfinancement réaménagement redéploiement ressassement

und bei Gilbert zusätzlich: décongestionnement, décryptement (décryptage), déneigement, déplafonnement, désencombrement, désinvestissement, enregimentement, entre-dévorement. Zum Teil sind auch die zugrundeliegenden präfigierten Verben bereits vorhandene Neuschöpfungen oder potentielle Verben. Wie zu erwarten ist, ist -ment bei produktiven Verbalableitungsverfahren produktiv.21 -tion/-sion/-ion

f. /-sjö/-zjö/-jö/

Das Suffix -tion und seine Varianten werden gewöhnlich nur kurz behandelt, weil es aus dem Lateinischen entlehnt ist. Die morphonologischen und inhaltlichen Verhältnisse sind aber, bedingt durch die unterschiedliche Entwicklung und Anpassung der zugrundeliegenden Wörter und der entsprechenden Ableitungen auf -tion im Französischen, ziemlich komplex. Die Unregelmäßigkeiten der Beziehungen zwischen Grundwort und Ableitung sind zu einem großen Teil für die Dissoziation des französischen Wortschatzes verantwortlich; deshalb stelle ich die Varianten des Suffixes und vor allem die des zugrundeliegenden Lexems nach Konjugationsklassen geordnet ausführlich dar (s. auch deadjektivisches und desubstantivisches -tion). Die Verben auf -er haben eine morphologisch bedingte regelmäßige Ableitungsvariante auf -a- vom Typ admirer (admira-) — admiration (vgl. admira-teur, protesta-taire, divina-toire). Diese Konjugationsklasse mit dieser Ableitungsalternanz ist die einzige wirklich produktive für Nominalisierungen auf -tion. Verben auf -is(er) liegen am häufigsten zugrunde, dann aber auch Verben auf -ifi(er), die die Ableitungsvariante -ifica- haben, z. B. in classifier — classification, édifier —• édification, modifier — modification, ratifier — ratification, vérifier — vérification. Die wenigen mit -éfi- abgeleiteten Verben alternieren bei Nominalisierung regelmäßig mit -éfac-\ cokéfier — cokéfaction liquéfier — liquéfaction putréfier — putréfaction se raréfier — raréfaction

21

rubéfier — rubéfaction torréfier — torréfaction (se) tuméfier — tuméfaction

S. auch die Beispiele bei J. Dubois, Etude sur la dérivation suffixale, S. 31.

109

/-if j e / — / - i f i k a s j ö / acétification acidification alcoolification amplification aurification authentification béatification bonification calorification carnification caséification certification clarification classification codification décalcification déification démystification dénazification dénitrification dévitrification disqualification dulcification édification électrification estérification éthérification

falsification fortification fructification gazéification glorification gratification humidification identification intensification justification lapidification liquidification lubrification modification momification mortification mystification nidification nitrification ossification pacification personnification pétrification planification purification qualification

Dieser Alternanz folgen auch: démultiplication, tion und supplication.

quantification ramification ratification recalcification rectification réédification réunification revivification russification saccharification salification sanctification saponification scarification signification simplification solidification spécification stratification tarification unification vérification versification vinification vitrification vivification

multiplication,

publica-

/-ize/ — /-izasjö/ africanisation alcoolisation alphabétisation américanisation ammonisation arabisation arborisation autorisation berginisation calorisation canalisation cancérisation canonisation 110

capitalisation caractérisation carbonisation carnisation cartellisation champagnisation centralisation chaptalisation christianisation cicatrisation civilisation climatisation cocaïnisation

colonisation commercialisation cotisation crétinisation cristallisation darsonvalisation décentralisation déchristianisation décolonisation démagnétisation démilitarisation déminéralisation démobilisation

démocratisation démonétisation démoralisation dénasalisation dénationalisation dépersonnalisation dépolarisation dépolitisation dératisation désensibilisation désorganisation dévalorisation divinisation dramatisation égalisation électrisation érotisation étatisation éthérisation évangélisation exorcisation extériorisation féminisation fertilisation fossilisation francisation fraternisation galvanisation généralisation germanisation harmonisation hellénisation herborisation hiérarchisation homogénéisation hospitalisation humanisation idéalisation immunisation imperméabilisation impatronisation improvisation indemnisation individualisation industrialisation insensibilisation intellectualisation intronisation

ionisation irisation islamisation isomérisation javellisation koalinisation labialisation laïcisation légalisation lexicalisation libéralisation localisation magnétisation malléabilisation matérialisation mécanisation mémorisation métallisation météorisation militarisation minéralisation miniaturisation mithridatisation mobilisation modernisation mondialisation monopolisation moralisation motorisation nasalisation nationalisation naturalisation neutralisation normalisation organisation oralisation ozonisation palatalisation parkérisation particularisation pasteurisation pénalisation personnalisation phosphorisation poétisation polarisation politisation pollinisation

polymérisation postsynchronisation préconisation pressurisation printanisation prolétarisation pulvérisation rationalisation réalisation régularisation réimperméabilisation remilitarisation revalorisation romanisation sacralisation salpêtrisation satellisation schématisation scolarisation sécularisation sensibilisation signalisation sinisation socialisation sonorisation spatialisation spécialisation spiritualisation stabilisation standardisation stérilisation stigmatisation stylisation subtilisation sulfinisation symbolisation synchronisation syntonisation systématisation taylorisation temporisation thésaurisation titularisation totalisation tuberculinisation tuberculisation tubérisation tyndallisation Ill

uniformisation universalisation urbanisation utilisation valorisation vaporisation

variolisation vascularisation vélarisation verbalisation vernalisation virilisation

visualisation vocalisation volatilisation voltaïsation vulcanisation vulgarisation

Zusätzlich zur vokalischen Alternanz des Verballexems (-a-) erscheinen noch lexikalisch bedingte Varianten bei folgenden Nominalisierungen: /-/

-

/-ja-/

annoncer — annonciation dénoncer — dénonciation énoncer — énonciation

/-3-/ -

prononcer — prononciation renoncer — renonciation

/-g-/

agréger — agrégation abroger — abrogation centrifuger — centrifugation déroger — dérogation désagréger — désagrégation expurger — expurgation fustiger — fustigation interroger — interrogation

léviger — lévigation mitiger — mitigation obliger — obligation prolonger — prolongation propager — propagation purger — purgation subroger — subrogation

Vergleiche dagegen: divaguer — divagation, homologuer —• homologation, usw. Vereinzelte lexikalisch bedingte Varianten haben: abréger — abréviation allouer — allocation appeler — appellation approuver — approbation démontrer — démonstration dénier — dénégation désapprouver — désapprobation deviner — divination douter — dubitation épeler — épellation enflammer — inflammation flotter/fluctuer — fluctuation louer — location manger — manducation mâcher — mastication mesurer — mensuration nier — négation 112

nommer — nomination nombrer — numération ordonner — ordination prêcher — prédication (redoubler) — réduplication régler — régulation relâcher — relaxation réordonner — réordination repeupler — repopulation réprouver — réprobation sauter — saltation saluer — salutation sous-louer — sous-location éternuer — sternutation étrangler/stranguler — strangulation subordonner — subordination

suer — sudation traiter — tractation

transsuer — transsudation trembler — trémulation

Eine Reihe von Verben hat eine unregelmäßige Ableitungsvariante auf - / (vgl. composi-teur): apposer — apposition composer — composition décomposer — décomposition déposer — déposition disposer — disposition exhiber — exhibition expédier — expédition imbiber — imbibition imposer — imposition juxtaposer — juxtaposition s'opposer — opposition poser — position postposer — postposition

présupposer — presupposition proposer — proposition recomposer — recomposition réexpédier — réexpédition réimposer — réimposition répéter — répétition sous-exposer — sous-exposition superposer — superposition supposer — supposition surexposer — surexposition surimposer — surimposition transposer — transposition

Die folgenden Verben werden nominalisiert, ohne daß das Verballexem in seiner Ableitungsform auf -a- auslautet und ohne daß es sonst alterniert (vgl. dagegen continuer — continuation, dévaluer — dévaluation): attribuer — attribution constituer — constitution contribuer — contribution destituer — destitution diluer — dilution diminuer — diminution distribuer — distribution évoluer — évolution instituer — institution

polluer — pollution se prostituer — prostitution reconstituer — reconstitution redistribuer — redistribution restituer — restitution substituer — substitution -disséquer — dissection insérer — insertion réséquer — résection

Bei den übrigen Nominalisierungen liegt zugleich eine lexikalisch bedingte Alternanz der Basis vor: désobstruer — désobstruction obstruer — obstruction corriger — correction diriger — direction ériger — érection exiger — exaction rédiger — rédaction transiger — transaction consumer — consomption présumer — présomption digérer — digestion ingérer — ingestion suggérer — suggestion

s'affliger — affliction protéger — protection asperger — aspersion déterger — détersion émerger — émersion immerger -* immersion submerger — submersion absorber — absorption réabsorber — réabsorption résorber — résorption extorquer -* extorsion rétorquer -- rétorsion s'insurger -- insurrection 113

sucer — succion rescinder — rescision / - z j ô / se scinder — scission

distinguer — distinction projeter — projection crucifier — crucifixion

/-prim-/ — /-presjö/ comprimer — compression décomprimer — décompression exprimer — expression imprimer — impression opprimer — oppression

M-/ -

/-sjô/

adopter — adoption déserter — désertion désinfecter -* désinfection détecter — détection discuter — discussion éditer — édition éjecter — éjection électrocuter — électrocution excréter — excrétion exécuter — exécution exempter exemption infecter — infection injecter — injection inspecter — inspection

/-d-/ -

intercéder — intercession posséder — possession rétrocéder — rétrocession scander — scansion succéder — succession

/-zjô/

corroder — corrosion décider — décision dissuader — dissuasion Statt -tion h a b e n -ion Rückbildungen): 114

intercepter — interception inventer — invention objecter — objection opter — option percuter — percussion persécuter — persécution prospecter — prospection rééditer — réédition réfracter — réfraction réinfecter — réinfection réinventer — réinvention relater — relation répercuter — répercussion sécréter — sécrétion

/-sjô/

accéder — accession appréhender — appréhension céder — cession concéder — concession déposséder — dépossession

/-d-/ -

réimprimer — reimpression réprimer — répression supprimer — suppression surcomprimer — surcompression

s'évader — évasion persuader — persuasion (die z u g r u n d e l i e g e n d e n V e r b e n sind meist sog.

/-(S)jö/ agresser - • agression annexer - • annexion confesser - confession disperser - dispersion expulser - * expulsion presser — pression professer - profession

progresser — progression pousser — pulsion propulser — propulsion recension regresser — regression se repousser — répulsion transgresser — transgression

/-(z)jô/ diffuser — diffusion diviser — division inciser — incision léser — lésion réviser — révision

subdiviser — subdivision superviser — supervision téléviser — télévision transfuser — transfusion

Opiner -* opinion (auch Art und Weise), se rebeller — rébellion haben die S u f f i x f o r m -ion, communier —• communion hat die Variante -fijon wie auch se réunir — réunion (auch Objekt) u n d (s')unir — union. N u r wenige Verben auf -ir werden mit -tion nominalisiert. D i e regelmäßige Ableitungsvariante des Verballexems lautet auf - / - , nicht -issaus, z. B. démolir (démoli-) —• démolition. D i e Liste der Beispiele dürfte mit den folgenden Wörtern vollständig sein: définir — définition déglutir — déglution démolir — démolition finir — finition

partir — partition punir — punition répartir — répartition

Acquérir — acquisition, requérir — réquisition und nourrir — nutrition ( e b e n s o malnutrition) enthalten eine zusätzliche Variante des Verballexems. D i e restlichen N o m i n a l i s i e r u n g e n sind nicht vokalisch abgeleitet: s'abstenir — abstention convenir — convention détenir — détention intervenir — intervention

M-/ -

obtenir — obtention prévenir — prévention retenir — rétention (maintenir — manutention)

/-sjô/

compatir — compassion convertir — conversion intervertir — interversion invertir — inversion

pervertir — perversion reconvertir — reconversion subvertir — subversion

115

/_3_/ -

/-ksjô/

agir — action réagir —• réaction

rétroagir — rétroaction

Ferner: s'infléchir — inflexion réfléchir — réflexion

res(s)urgir — résurrection envahir — invasion

D i e Verben auf -oir haben im Verhältnis zu ihrer Zahl viele Nominalisierungen auf -tion. D i e Ableitungsformen sind alle lexikalisch bedingt: apercevoir — aperception, concevoir — conception, décevoir — déception, percevoir — perception, recevoir —• réception ; pourvoir — provision, prévoir — prévision, (revoir -* révision), voir — vision', émouvoir —• émotion, mouvoir —• motion, promouvoir — promotion ; vouloir —• volition. Auch für die unproduktive Klasse der Verben auf -re ist die prädikative Nominalisierung mit -tion das Hauptverfahren. Alle Ableitungen haben im Vergleich zur Basis lexikalische Varianten. In der Mehrzahl der Fälle ist die Suffixform / - s j ö / : (conduire — conduction) construire — construction déduire — déduction détruire — destruction induire — induction instruire — instruction introduire — introduction produire — production reconduire — reconduction reconstruire — reconstruction réduire — réduction réintroduire — réintroduction reproduire — reproduction retraduire — retraduction séduire — séduction surproduire — surproduction traduire — traduction -admettre — admission compromettre — compromission se démettre — démission émettre — émission omettre — omission permettre — permission réadmettre — réadmission retransmettre — retransmission se soumettre — soumission transmettre — transmission -circonscrire — circonscription 116

décrire — description inscrire — inscription prescrire — prescription proscrire — proscription réinscrire — réinscription retranscrire — retranscription -distendre — distension étendre — extension prendre — préhension prétendre — prétension reprendre — répréhension suspendre — suspension tendre (à) — tension -abstraire — abstraction distraire — distraction extraire — extraction (refaire — réfaction, réfection) soustraire — soustraction -contredire — contradiction dire — diction interdire — interdiction maudire — malédiction prédire — prédiction -adjoindre — adjonction disjoindre — disjonction enjoindre — injonction joindre — jonction oindre — onction

-absoudre — absolution dissoudre — dissolution résoudre — résolution (résoudre — solution) -apparaître — apparition disparaître — disparition réapparaître -* réapparition reconnaître — récognition -corrompre — corruption interrompre — interruption

comparaître — comparution paraître — parution -enfreindre — infraction restreindre — restriction -élire — élection réélire — réélection -perdre — perdition se rendre — reddition tordre — torsion

Wenige Wörter haben die Suffixvariante / - z j ö / : conclure — conclusion exclure — exclusion inclure — inclusion occlure — occlusion

circoncire —• circoncision éclore — éclosion confondre — confusion

Oft ist das an sich mögliche Grundwort nicht realisiert oder nicht ins Lexikon a u f g e n o m m e n worden: ampliation caséation cavitation collimation individuation insalivation médiation nidation nitration placentation sédimentation syllabation

-alcoolification calorification carnification caséification estérification -alphabétisation ammonisation berginisation cancérisation carnisation cartellisation darsonvalisation

isomérisation malléabilisation parkérisation phosphorisation pollinisation printanisation tubérisation tyndallisation variolisation vernalisation voltaïsation

Eine ganze Reihe von morphologisch isolierten Wörtern auf - tion können als Suppletivformen von N o m i n a actionis funktionieren, wobei eine inhaltliche Beziehung aber nicht auf die hier angegebenen Verben oder verbalen Ausdrücke im jeweiligen Einzelfall beschränkt bleiben muß. Innerhalb der prädikativen Nominalisierungen überhaupt weist -tion den größten Anteil an Suppletivformen auf und ist deshalb stark an der Dissoziation des französischen Wortschatzes beteiligt. Die folgenden Beispiele sind nur eine kleine Auswahl: enlever - ablation monter - ascension entendre/écouter - audition écouter - auscultation enfermer - claustration aller à cheval - équitation

désapprouver - improbation faire des lois - législation se mouvoir/se déplacer - locomotion mélanger - mixtion piquer - ponction 117

fournir - prestation demander - question se retirer/reculer - récession ramper - reptation se renverser en arrière - rétrover-

sion choisir - sélection se soulever - surrection tirer - tractation

Bedeutungsbeziehungen dieser Art könnte m a n auch bei den anderen Wörtern dieses Typs a n n e h m e n : abduction ablution circumduction inquisition intuition lactation locution lotion malversation mancipation manumission médication mellification menstruation miction migration mission monition mulsion mussilation nictation (nictitation)

nutation objurgation oblation obsécration olfaction osculation ovation ovulation parturition péjoration pérégrination péremption péréquation perquisition perspiration pétition phonation pollicitation porrection précaution préemption prémonition

prétention procession procrastination propiciation réversion révolution rudération sanction sédation sédition sensation spallation subreption tradition transition translation transmodulation tribulation urtication verbigération vernation vocation

D i e relationeilen Bedeutungen der deverbalen Ableitungen auf -tion weisen - abgesehen von faire observer — observation - keine Besonderheiten auf. D i e häufigste Bedeutung ist / le fait de + Inf. / und die resultative Bedeutung; ebenso erscheint g e w ö h n l i c h i m m e r dann die passivische Bedeutung (zu der die resultative hinzutreten kann), w e n n das zugrundelieg e n d e Verb sie zuläßt. D i e reflexive Bedeutung wird zusätzlich und z u m Teil ausschließlich bei folgenden Ableitungen verzeichnet: abstention accomodation adaptation affliction africanisation agglomération agglutination aggravation 118

alcoolisation alimentation américanisation application appropriation arabisation assimilation association

civilisation coagulation corruption crispation décoloration déformation délectation déminéralisation

démission dénasalisation dépréciation désassimilation deshydratation desquamation dévalorisation diffusion dilatation disculpation dislocation dispersion dissipation division élévation émancipation évasion exclamation exfoliation exondation expatriation expression extension exténuation extravasation fissuration fixation flagellation fossilisation fragmentation

généralisation germanisation humiliation identification imbibition immolation impatronisation infiltration inflammation inflexion insinuation insurrection intensification interpénétration introduction invagination labialisation manifestation matérialisation neutralisation nitrification obstination occupation oxygénation précipitation préoccupation préparation privation production propagation

prostitution qualification raréfaction réalisation reconstitution reddition réincarnation relaxation remémoration reproduction répulsion résignation rétractation rétroversion romanisation scission séparation solidification soumission spécialisation subdivision surrection transformation tuberculisation unification viciation virilisation vocalisation volatilisation

D i e sekundären Bedeutungstypen sind ziemlich gleichmäßig realisiert, so das Subjekt: administration aggravation apparition association attestation attraction autorisation circulation collaboration compensation confirmation consolation contradiction convocation déception

décision décoration définition dégoûtation démarcation démonstration dénégation dénotation diffamation direction distraction documentation éducation élucidation émanation

excitation exhortation explication expression figuration filtration fixation gratification humiliation illustration incarnation incitation indication interprétation justification 119

légalisation motivation opposition organisation personnification préfiguration provocation

rébellion réglémentation réunion satisfaction séduction séparation

signification solution tentation transmission transpiration union

élucubration émission évacuation évocation excavation excrétion exhibition expédition exploitation exportation exposition expression fondation granulation imagination importation improvisation incrustation indication induration infection injection injonction innovation inscription insertion insinuation installation institution interpolation introduction invention mensuration mixtion modification mutilation narration notation omission perception

pétrification plantation possession postposition prédiction préparation préposition prescription prestation prévision proclamation production projection promulgation proposition publication réalisation récitation rédaction réduction réédition réimpression relation répétition représentation reproduction restitution réunion révélation sécrétion sélection subdivision suggestion superposition supposition traduction transformation union vision

das Objekt: abstraction accumulation adaptation adjonction admiration agglomération allégation allocation amplification application apposition acquisition amputation articulation citation communication compilation composition concession consignation consommation constatation construction correction cotisation création cristallisation déclamation déclaration délégation déposition dérivation destruction dévastation division donation dramatisation édition élaboration élévation

120

der Ort déviation exploitation exposition facturation

habitation infection jonction perforation

plantation position réception

das Mittel (vgl. auch Subjekt): argumentation climatisation communication corruption dotation instruction invitation

justification légalisation ornementation ponctuation purgation réglémentation

rémunération séduction signalisation traduction transcription transmission

gemmation occupation

prolongation

manipulation négation nidification notation obturation orchestration organisation plantation ponctuation position préparation présentation production

publication qualification réception récitation répartition salutation scansion sédimentation suspension traduction transmission utilisation vision

die Zeit: digestion expiration die Art und Weise: accentuation administration alimentation appellation caractérisation composition constitution conversation diction énonciation expression formation interprétation manifestation

Trotz der zahlreichen Ableitungen auf -tion, die in der Allgemeinsprache verwendet werden, kann das Suffix nicht als völlig neutral angesehen werden. D i e meisten Ableitungen gehören wissenschaftlichen, politischen und technischen Fachsprachen an, in denen auch fast ausschließlich Neologism e n mit -tion geschaffen werden. A m ausführlichsten hat Jean Dubois das Suffix behandelt, 2 2 dagegen ist es in anderen Abhandlungen weniger beachtet worden. Dubois schreibt das Suffix dem »abstrakten« Wortschatz zu und zählt einige Fachsprachen auf, in denen das Suffix verwendet wird, wie in der Fachsprache der Wirtschaft, Biologie, Geographie, Philosophie, 22

Etude sur la dérivation suffixale, S. 31 -34. 121

Psychologie, Politik, ohne aber eine spezielle Zuordnung des Suffixes - tion zu einer oder mehrerer dieser Fachsprachen zu finden, so daß sich eine detaillierte Aufzählung der Wissenschaften und Sachgebiete erübrigt. Auch die eventuelle Zuordnung von -ification zur Chemie und Industrie betrifft nicht - tion, sondern die zugrundeliegenden mit -ifi(er) gebildeten Verben; ähnliches gilt für die Verwendungsbereiche von -isation. Nur wenige Suffixe überschneiden sich mit-tion. Relativ zahlreich sind dabei noch die Fälle, in denen ein Verb mit - tion und -ment nominalisiert wird (s. bei -ment). Die etwas häufigeren parallelen Ableitungen auf -age sind meist in technischen Bereichen spezialisiert und haben mit der Ausnahme von décantation/décantage, décentration/décentrage, déplantation/déplantage, eine andere Bedeutung als die Ableitung auf - tion : application/applicage captation/captage collection/collectage décortication/décorticage démarcation/démarcage démolition/démolissage dépilation/dépilage élévation/élevage équilibration/équilibrage estivation/estivage filtration/filtrage finition/finissage fixation/fixage

gemmation/gemmage location/louage mastication/masticage numérotation/numérotage passation/passage perforation/perforage régulation/réglage retiration/retirage réunion/réunissage scarification/scarifiage torsion/tordage vaporisation/vaporisage vibration/vibrage

Die übrigen parallelen Ableitungen auf - 0 f. : confession/confesse, déposition/dépose, dérivation/dérive, donation/donne, natation/nage, purgation/purge, visitation/visite; auf - 0 m.: donation/don, récitation/récit, saltation/saut, transporta tion/transport, votation/vote; nach dem fem. Part. Perf.: absolution/absoute, reconduction/reconduite, rémission/remise, requisition/requête, retention/retenue, sudation/suée, vision/vue', auf -ance : domination/dominance, motion/mouvance, observation/observance, ordination/ordonnance, prévision/prévoyance, recognition/reconnaissance; auf -aison: commémoration/commémoraison, exhalation/exhalaison, inclination/inclinaison ; auf -ade\ passation/passade und auf -ure \ striation/striure sind noch unbedeutender. In Anbetracht dieser geringfügigen Überschneidungen ist das Suffix gut von den anderen deverbalen prädikativen Nominalisierungen abgegrenzt. Von allen Varianten des Suffixes ist nur - tion bei formal regelmäßiger Ableitung von Verben auf -er produktiv. Die Mehrzahl der zugrundeliegenden Verben ist mit den Präfixen dé-, dés-, re-(ré-) und dem Suffix -isabgeleitet. Von Verben auf -ir gibt es keine Neubildungen ; sie werden aus inhaltlichen Gründen mit -ment prädikativ nominalisiert. Das Suffix ist progressiv produktiv; zu den schon vorhandenen ca. 1.330 Ableitungen 122

k o m m e n m e h r N e u b i l d u n g e n h i n z u als bei d e n a n d e r e n S u f f i x e n z u r Bildung von prädikativen Nominalisierungen, o h n e daß viele bestehende Abl e i t u n g e n v e r a l t e n . G e r a d e bei N e u b i l d u n g e n ist o f t n u r d a s N o m e n action i s o h n e das m ö g l i c h e z u g r u n d e l i e g e n d e V e r b realisiert. V i e l e N e u b i l d u n gen sind v o m Gesichtspunkt des Französischen aus zugleich Entlehnung e n a u s a n d e r e n S p r a c h e n , bes. d e m E n g l i s c h e n . u n d pseudo-

gebildeten Ablei-

t u n g e n , d i e g l e i c h z e i t i g a u c h d i e P r o d u k t i v i t ä t v o n -tion

D i e m i t auto-,

co-, néo-, non-, post-,

pré-

indirekt erhöhen,

s i n d in d e n f o l g e n d e n W o r t l i s t e n n i c h t e n t h a l t e n . Bei B l o c h w i t z u n d R u n k e w i t z s i n d als N e o l o g i s m e n z u f i n d e n : algérianisation amorisation astrobêtisation atomisation balkanisation bureaucratisation canadianisation ceylanisation chilianisation chimisation

désatellisation désatomisation désertification désétatisation déshumanisation désindustrialisation désinformation désinsectisation désophistication déspécialisation

négativation nucléarisation occidentalisation officialisation orphelinisation parcellisation poldérisation polonisation professionalisation protestantisation

compartimentation

désulfuration

radicalisation

communisation

désynchronisation

complexification

distanciation dynamisation

reconvocation rediffusion

comptabilisation concertation

égyptianisation

régionalisation réharmonisation

concoctation

escalation

réinfestation

congolisation

euratomisation fascisation

réinsertion relativisation

fiscalisation globalisation

renégociation

décléricalisation déculturation démoustication

hyper-organisation indigénisation

restructuration

démythification

institutionnalisation

dénigration

intériorisation

robotisation salinisation

dénucléarisation départementalisation

juvénilisation

sédentarisation

lapinisation malgachisation

sociabilisation social-démocratisation

copinisation décharlisation

départicipation dépassionalisation dépaupérisation dépéréquation déplanification désacralisation

resacralisation revitalisation

marocanisation

statufication

marxisation massification

sud-américanisation

mensualisation

syndicalisation théâtralisation

miniaturisation minorisation

totalitarisation

désaffiliation désaisonnalisation

municipalisation

désanalphabétisation

nébulisation

tunisification viabilisation

trésorisation

123

und bei Gilbert darüber hinaus: 23 acculturation beatnikisation bipolarisation cannibalisation chlochardisation concélébration conceptualisation conscientisation containérisation (containerisation) contractualisation culpabilisation culturalisation cybernation cybernétisation débudgétisation décimalisation déclergification déclochardisation déconfessionalisation décongestion déconnexion décontamination déculpabilisation déculturation dédramatisation démotorisation démoustification dénébulisation départisation dépigeonnisation

dépressurisation déqualification désaliénation déstalinisation diésélisation diversification enregimentation euphorisation européanisation européisation exurbanisation fédéralisation féodalisation fluidification fluorisation fonctionnarisation forfait(air)isation fragilisation gadgétisation groupuscularisation habituation hachélémisation idéologisation implosion infantilisation infériorisation lyophilisation marginalisation mathématisation maximisation médicalisation

minimisation musculation néantisation nuptialisation optimalisation optimation optimisation palettisation parcellarisation planétarisation planétisation poujadisation primarisation privatisation publicisation réification rentabilisation révolutionnarisation sectorisation sécurisation supranationalisation surgélation technicisation technisation technocratisation tertiairisation transitorisation uppérisation vassalisation vedettarisation

Mit -tion gebildete Neologismen findet man auch gewöhnlich in wissenschaftlichen Neuerscheinungen. Maskuline Nullableitungen 2 4 D i e Nullableitungen werden gewöhnlich nicht im Zusammenhang mit den 23

P. Gilbert behandelt die Produktivität, die stilistische Bewertung und Serienentwicklungen bei -iser und -isation in »Le français de demain«, Le Français dans le monde 12 (1973), Heft 96, S. 59-61. 24 Die Nullableitungen werden in der Sekundärliteratur historisch behandelt: E. Egger, »Les substantifs verbaux formés par apocope de l'infinitif«, Revue des langues romanes 6 (1874), S. 5-38, S. 333-360; G. Lené, Les substantifs postverbaux dans la tangue française, Diss. Upsala 1899; N. Dânilâ, »Observations sur la dérivation régressive dans la langue française«, Revue de linguistique (Bukarest) 4 (1959), S. 95-103; G. Merk, » >Déverbaux