Die Bezeichnung für »dumm« und »verrück« im Spanischen unter Berücksichtigung ihrer Entsprechungen in anderen romanischen Sprachen, insbesondere im Katalanischen und Portugiesischen 9783111581224, 3484520310, 9783484520318


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INHALTSVERZEICHNIS
EINLEITUNG
A. GEGENSTÄNDE
B. PFLANZEN
C. TIERE
D. DER MENSCHLICHE KÖRPER
E. INTELLEKT
F. BERUFE
G. EIGENNAMEN
H. LAUTWÖRTER
I. UNMOTIVIERTE BEZEICHNUNGEN
SEMASIO-/ ONOMASIOLOGISCHE ÜBERSICHT ÜBER DIE a-BEZEICHNUNGEN
Nicht gedeutete Bezeichnungen
VERZEICHNIS DER BENUTZTEN LITERATUR UND DER ABKÜRZUNGEN
PRIMÄRLITERATUR
SACHREGISTER
WORTREGISTER
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Die Bezeichnung für »dumm« und »verrück« im Spanischen unter Berücksichtigung ihrer Entsprechungen in anderen romanischen Sprachen, insbesondere im Katalanischen und Portugiesischen
 9783111581224, 3484520310, 9783484520318

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BEIHEFTE ZEITSCHRIFT

ZUR

FÜR R O M A N I S C H E

BEGRÜNDET FORTGEFÜHRT

VON GUSTAV

VON WALTHER

HERAUSGEGEBEN

VON

126. Heft

GRÖBER

VON

KURT

PHILOLOGIE

WARTBURG

BALDINGER

INGO

NAGEL

Die Bezeichnung für »dumm« und »verrückt« im Spanischen unter Berücksichtigung ihrer Entsprechungen in anderen romanischen Sprachen, insbesondere im Katalanischen und Portugiesischen

MAX N I E M E Y E R V E R L A G T Ü B I N G E N 1972

ISBN 3-484-52031-0 © Max Niemeyer Verlag Tübingen 1972 Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany Herstellung durch Bücherdruck Helms K G Tübingen Einband von Heinr. Koch Tübingen

VORWORT

Herr Prof. Heinich Kuen, der mir während des Studiums manche Anregung zu vorliegender Arbeit gab und mich bei deren Abfassung mit fachlichem Rat unterstützte, sei an dieser Stelle besonders herzlich gedankt. Mein Dank gilt außerdem Herrn Prof. Kurt Baldinger für die Aufnahme dieser Untersuchung in die Reihe der Beihefte zur Zeitschrift für Romanische Philologie, dem Max Niemeyer Verlag für die Drucklegung und all denjenigen Spaniern, ohne deren Hilfsbereitschaft ich meine Materialsammlung nicht hätte durchführen können. Erlangen, im Juli 1972

Ingo Nagel

I N H A L T S V E R Z E I C H N I S

EINLEITUNG

A.

I

GEGENSTÄNDE

I. Musikinstrumente sowie Gegenstände, die zur Tonerzeugung dienen

9

II. Nahrungsmittel

11

III. Behälter

20

IV. Materialien

27

V. Andere Gegenstände

37

V I . Eigenschaften von Gegenständen

B.

49

PFLANZEN

I. Bäume und Baumfrüchte

52

II. Früchte und Gemüse

C.

60

I I I . Blumen

70

I V . Gräser und Kräuter

71

TIERE

I. Säugetiere

74

1. Haustiere

74

2. freilebende Tiere

93

II. Vögel

D.

95

III. Fische und Ähnliches

123

I V . Insekten

127

D E R MENSCHLICHE K Ö R P E R

I. Einzelne Körperteile und mit ihnen verbundene Vorstellungen . 1. 2. 3. 4.

Der Kopf Augen (Gesichtssinn) Gehör Mund

131 131 150 154 1yy

VII

j. Fuß 6. Hand 7. Obszönes

170 176 177

II. Der Köper in seiner Gesamtheit

18$

1. Körperwuchs 2. Krankheiten III. Funktionen und Tätigkeiten des menschlichen Körpers . 1. Essen und Ähnliches 2. Fortbewegung 3. Verschiedene Tätigkeiten IV. Lebensalter V. Charakter 1. 2. 3. 4. 5. 6. E.

einfach, unschuldig selig, heilig gutmütig, gut ruhig, friedlich unglücklich feierlich

18 j 186 .

192 192 19$ 201 204 207 207 214 219 221 223 224

INTELLEKT

I. Nichtwissen 1. 2. 3. 4.

allgemein Schule Religion Körperliches

II. Nicht intelligent III. wenig Verstand IV. ohne Verstand V. leichtgläubig F.

BERUFE

I. Bauer

240

II. Klerus

243

1. nicht zum Klerus gehörend 2. Laienbruder

243 24;

III. Gelehrter

249

IV. Rekrut

249

V. Sonstige Berufe G.

238

2ji

EIGENNAMEN

I. Geographische und ethnische Eigennamen 1. Spanien VIII

252 253

i . Afrika 3. Griechenland 4. Sonstige

255 256 2J7

II. Personennamen

258

III. Verwandtschaftsnamen

264

H. LAUTWÖRTER I. Typ K + V ( + K ) - K + V ( + K )

166

II. T y p K (m, 1) + V (e) - K (m, 1) + V (o)

268

III. Typ K + V + K (Nasal) - K + V

271

IV. Das Trällern nachahmende Lautungen

279

V. Sonstige

280

I. Unmotivierte Bezeichnungen I. Entlehnung aus dem Lateinischen

284

II. Entlehnung aus dem Arabischen

293

III. Entlehnung aus der spanischen Zigeunersprache

294

IV. Entlehnung aus dem Baskischen

296

V. Entlehnung aus dem Katalanischen

296

VI. Entlehnung aus dem Französischen

297

V I I . Entlehnung aus dem Italienischen

298

Semasio-/Onomasiologische Übersicht über die a-Bezeichnungen



299

Nicht gedeutete Bezeichnungen Verzeichnis der benutzten Literatur und der Abkürzungen

308 •

310

Primärliteratur

31 j

Sachregister

317

Wortregister

320

IX

EINLEITUNG

Über die menschliche Dummheit ist schon viel nachgedacht und geschrieben worden, weniger von den Philosophen - Erasmus Lob der Torheit steht vereinzelt - als von den Medizinern und Psychologen. Die Beschäftigung mit dieser spezifisch menschlichen Eigenschaft dürfte auch aus der Perspektive der Sprache interessant und lohnend sein. So meint Unamuno: »¡Qué de metáforas para llamarle al prójimo tonto! Tonto pudiera ser >tundidoaufs Maul geschaut^ den Sprachgebrauch im Alltag, im spontanen Gespräch beobachtet. 21

22

Die Sprachatlanten liefern für die Bezeichnungen einer affekthaltigen und abstrakten Vorstellung wie 'd', V nur sehr spärliches Material (vgl. A L C K . 283: böig; A I S K . 723: matto; A L F K . 598: fou. A L P I I und A L E A enthalten keine Karten z u 'd', V ) , was damit zusammenhängt, daß es in diesem Bereich der Sprache besonders schwierig ist, bedeutungsgleiche Bezeichnungen z u ermitteln. A u c h kann sich das sujet an die vielfältigen Bezeichnungsmöglichkeiten, über die es in der spontanen Rede verfügt, im Laufe einer Befragung nur schwer erinnern. Charles Bruneau (Patois et Dialectes, R L i R X I X (195 j ) , p. 167) konstatiert wie schwierig es ist, durch Umfragen genaue Bedeutungen, insbesondere von A b strakta z u ermitteln, w a s er am Beispiel v o n fou *v' darlegt.

7

3- Literatur mit stark umgangssprachlichem Einschlag, vorzugsweise moderne volkstümliche Theaterstücke, die - von Ausnahmen abgesehen (Quintero) - aus der Nachkriegszeit stammen. Insgesamt wurden 92 Theaterstücke ausgewertet. Die Belege, die in der Arbeit erscheinen, sind als repräsentativ für usuelle Bedeutungsnuancen anzusehen23. Beim Aufbau der einzelnen Artikel des Hauptteils halten wir uns in der Regel an folgende Anordnung: zu der jeweiligen Bezeichnung setzen wir in Klammern die Übersetzung der Bezeichnungsgrundlage. Es folgen die Angaben der Wörterbücher (MA, MOL, C A B , SG). Wird eines dieser Wörterbücher nicht angeführt, so ist die Bedeutung 'd' bzw. V nicht registriert. Gegebenenfalls kennzeichnen wir das Wort durch (a). Die einer Bedeutungsangabe nachgestellten Ortsangaben beziehen sich auf unsere Umfrage. Der erste Beleg stammt, wenn nicht anders angegeben, aus M A ; das eingeklammerte Datum bezieht sich auf die Grundbedeutung. Um die Vitalität eines Wortes zu belegen, führen wir zu dessen Stamm gehörige Wörter auf (der Einfachheit halber als >Ableitungen< bezeichnet), soweit sie 'Dummheit', 'd werden', bzw. 'Verrücktheit', 'v werden' bedeuten. Der semasiologischen Analyse schließen sich die Ausführungen zur semantischen Herkunft bzw. zum Bezeichnungsmittel an. Es folgen zum Wortfeld 'd', V gehörende Bezeichnungen anderer Sprachen, die der inneren Form nach dem Leitwort des Artikels entsprechen. Die Angaben zum Katalanischen und Portugiesischen, den Sprachen, die wir in erster Linie berücksichtigen, sind - wenn nicht anders angegeben - dem DCV 2 4 bzw. dem E P B entnommen. Im Anschluß an den Hauptteil bringen wir anstelle einer Zusammenfassung eine tabellarische Übersicht über die a-Bezeichnungen25, an der man ablesen kann, wie sich das Feld 'd', V onomasiologisch aufgliedert. Während im Hauptteil durch das Prinzip der Einteilung nach Bezeichnungsmittel notwendigerweise getrennt wurde, was im Wortfeld zusammengehört, gliedern wir hier nach Feldausschnitten und innerhalb dieser nach Bezeichnungsmitteln. Die Tabelle vermittelt somit im Überblick zugleich die Gliederung des Feldes, die bekanntesten Bezeichnungen und die dominierenden Bezeichnungsmittel.

23

Ferner führen w i r sozusagen als >Lebensnachweis< Belege f ü r die Bezeichnungen an, die v o n vielen Spaniern mit Bestimmtheit als inexistent b z w . falsch zurückgewiesen wurden. K a n n man anhand solcher Einzelbelege auch nicht den allgemeinen Sprachgebrauch analysieren, so stellen sie den Ausdruck doch in die lebendige Rede. Besonders in einer Begriffssphäre, w i e der v o n uns behandelten, muß es soweit wie möglich vermieden werden, die Bezeichnungen wie totes Material zu inventarisieren.

24

D i e 1 0 Bände wurden exzerpiert, so daß eine r e l a t i v e Vollständigkeit erzielt sein dürfte. A u f das Zitieren von Textstellen dieser Sprachen haben w i r in der Regel verzichtet.

25

V o n 3 7 3 Bezeichnungen, die den Wörterbüchern nach erwiesen sich nur 1 2 2 , d. h. 30 % als a-Bezeichnungen.

8

gemeinspanisch

sind,

A. G E G E N S T Ä N D E

I. M U S I K I N S T R U M E N T E DIE

ZUR

SOWIE

TONERZEUGUNG

GEGENSTÄNDE, DIENEN

adufe (maurische Schellentrommel) fig. fam. Pandero o persona necia. M A fig. fam. Pandero. Persona estúpida. M O L fig. Schwätzer. S G i.Beleg: 16. Jh. ( i 6 . J h . ) Dieser Trommel-Typ ist heute wenig bekannt im Gegensatz zu pandero (Schellentrommel) fig. fam. Persona necia y que habla mucho con poca substancia. MA, C A B Tonto o bobo. M O L Tölpel. S G i.Beleg: 17. Jh. (14. Jh.) Die Übertragung zu 'd' geht von dem akustischen Eindruck aus. Der Lärm, der von Fröhlichkeit und Ausgelassenheit begleitet wird, wirkt oberflächlich, was sich in den angeführten Bedeutungsnuancen und in dem refrán wiederspiegelt: no todo es oro lo que suena el pandero, womit vor zu großer Leichtgläubigkeit gegenüber einem gehaltlosen, schwatzhaften Menschen gewarnt wird; vgl. auch die falsche, oberflächliche Vorstellung von Spanien, wie sie sich in: España de la pandereta ausdrückt 1 . Daß Fröhlichkeit und Ausgelassenheit entscheidend am Obertragungsmotiv Lärm beteiligt sind, geht auch aus der Bewertung als 'oberflächlich d' oder 'verrückt* dieser gerade beim Spanier so stark ausgeprägten Eigenschaften hervor, besonders im Vorstellungsbereich der Musik, so ist z. B. los andaluces son todos unos bailarines stark negativ getönt. Desgleichen »éstos son músicos, el costado más alegre de los cuatro que tiene la locura«?, sowie músico Santander: 'Chisgarabís, títere*. Umgekehrt ist 'verrückt' Bezeichnungsmittel für einen Begriff ' V g l . noch: »venimos aquí a trabajar y no a tocar la pandereta« ' . . . , nicht um uns zu vergnügen' (M. Mihura: Sublime decisión, T. E. 1 9 J 4 / 5 J , p. 367). 2 Torres Villarroel: Visiones, p. 9 1 .

9

aus dem gleichen Bereich, z . B . in folia, nach Covarrubias® »cierta danza portuguesa de mucho ruido . . . y es tan grande el ruido y el son tan apresurado, que parecen estar los unos y los otros fuera de juicio«. Entsprechend versteht sich kat. cas tan y ola (Kastagnette) or., bal.: 'beneitot, curt d'enteniment' (111,33). D C V stellt die Bedeutung 'd' in die erste Gruppe der von castanyola 'Kastanie' abgeleiteten Bedeutungen, hätte es jedoch in die zweite Gruppe, nämlich zu den von castanyola 'Kastagnette' ausgehenden Bedeutungen einordnen müssen. Darauf deutet die zu pandero 'd' aufgezeigte Entwicklung und vor allem die Tatsache, daß in Mallorca der Kastagnettenhändler eine 'd' Person bezeichnet: castanyoler 'ximple, curt d'enteniment' (111,33). Vielleicht gehört letztere Bedeutung zu castanyoler 'Kastagnettenspieler', obwohl das Wort in dieser Verwendung nur für Menorca belegt ist. In beiden Fällen würde es sich jedenfalls um Sinnberührung handeln, indem die Bezeichnung für eine Person, die mit einem Gegenstand zu tun hat, der 'd' bedeuten kann, ihrerseits die Bedeutung 'd' annimmt. zambombo (zu zambomba 'Hirtentrommel') m. fig. fam. Hombre grosero y rudo de ingenio. M A , C A B Hombre tosco y torpe (selten). M O L pop. Tölpel. S G i.Beleg: 18. Jh. (17. Jh.) Der Erklärung von Corominas »grosero, por lo desapacible del sonido de la zambomba« fügen wir nur hinzu, daß neben dieser Sinnähnlichkeit auch eine Sinnberührung mit eingewirkt haben dürfte, da das Instrument von (als einfältig geltenden) Hirten gespielt wird. Hinzu kommt auch Anlehnung an zambo, zamborotudo 'd' (s. dort). In Andalusien, wohin zambomba auch sachkundlich gehört, hat die bauchige Form des Instruments auch die Bedeutung 'gordinflón' veranlaßt, die V E N C zusammen mit 'bobo' verzeichnet. bombo (Trommel) Cuba: soso, tonto. Tabal descordat (verstimmte Trommel) Emparda-, 'ximplet, beneitot' (X,93); vgl. zum Übertragungsmotiv lärmend tabal val: adj.fig. 'cridaner o xerraire sorollós'; tabalot (zu tabal) m. f. or. occ.: 'eixelebrat; persona que obra esvalotadament, amb poc seny'. (X,94). cencerro (Viehglocke) Persona torpe, bruta. C A B Wie des öfteren scheint C A B auch hier lediglich eine Augenblicksbildung 3

Covarrubias, p. 603. 10

zu verzeichnen. Bekannter ist estar como un cencerro 'ganz verrückt' (SG; Oviedo). Zu letzteren Ausdrücken zwei literarische Belege aus dem andalusischen Sprachgebrauch: Don Nuez: »Y ¿va usté a jacerle cazo a una zeñora que está más loca que un cencerro?«4 Pichardo: »Me parece de un peligro indudable tener a esta señora suelta.« — Damila: »¡Pobre! Está maniática.« Pichardo: »¡Está como un cencerro!« 5 Auf das Motiv Lärm weisen auch die Bedeutungen cencerro 'Schreisuse' (CAB), 'Hombre necio y fanfarrón' (17. Jh.; MA). badajo (Glockenschwengel) fig. fam. Persona habladora, tonta y necia. M A , C A B i.Beleg: 16. Jh. (15. Jh.) Wir können badajo nur in dem refrán belegen en todos los pueblos hay más badajos que campanas (Refr. 45.014). Auch pg. b a dala o (zu badalo 'Glockenschwengel') 'palavroso, homen leviano sem juizo' ( I I I , i o i 2 ) und kat. Alaró batall (Glockenschwengel) f. 'Schwätzerin' (11,363) zeigen, daß die Bedeutung 'd' über die Vorstellung 'geschwätzig' mit dem Nebensinn 'd' vermittelt wurde, eine Bedeutung, die ihrerseits auf die Bewegung des Glockenschwengels zurückgeht. In badalo prov. alent.: 'hörnern leviano sem juizo' scheint die Grundbedeutung 'geschwätzig' dem Nebensinn 'd' gewichen zu sein. Badajo greift aus dem Bereich 'Schwätzer' in den Bereich 'd' über und liegt somit am Rande unseres Wortfeldes.

II.

NAHRUNGSMITTEL

morcilla (Wurst) Aragon: m., f., fig. Die. de la persona tonta, insubstancial. MA, P A R D O Hierher gehört auch Aragón: mórcate (Dickdarm des Schweins, Wurst) 'fig. Persona tonta' (PARDO), von dem sich nicht mit Sicherheit sagen läßt, ob es auf das gleiche Etymon wie morcilla zurückgeht6. Der Vergleich zwischen einem Menschen und einer Wurst beruht darauf, daß letztere der Form nach einem Menschen ähnelt und wie dieser »aus Fleisch gemacht« ist, vgl. span. morcón (dicke Wurst) 'persona gruesa, 4

Quint.: Obr. Compi. I, p. 1077. Quint.: Obr. Compi. I, p. 1196. • DCELC III, p. 434-43 j.

5

11

pequeña y

floja'. M a n könnte annehmen, daß

sich die Bedeutung

'd'

sekundär z u der Bedeutung 'dick, f a u l ' eingestellt habe, was jedoch angesichts der semantischen Parallelen Wurst > 'd' unwahrscheinlich ist. Einem Menschen, den man mit einer Wurst bezeichnet, werden eben geistige und seelische Fähigkeiten abgesprochen. So bezeichnet man in C u b a z. B. mit chorizo

(Wurst) despektiv einen Schwarzen ( M A ) und frz. andouille

be-

deutet neben ' D u m m k o p f ' auch fam. 'Waschlappen, Schlappschwanz'. Z u m expressiven W e r t der Endung -ouille

v g l . B a l l y 7 : »Les voyelles arrondies

(ou, u) projettent les lèvres en avant; or, ce mouvement, même en dehors du langage, bouder,

exprime

faire

mots en -ouille bredouille)

sont

humeur,

la

dérision,

le mépris:

cf.

aussi n'est-ce sans doute pas un hasard si les dépréciatifs

ou burlesques

(vadrouille,

fripouille,

ou le deviennent dans leurs acceptations figurés (andouille,

citrouille, nouille, Colombia,

la mauvaise

la moue;

grenouille)«.

Ecuador:

chorizo

'mentecato,

tonto';

kat.

bot

i

farra

(Wurst) 'persona que aparenta saber molt i sap poc' (11,621-22). mostillo (junger Most) m. Aragón : fig. Insulso, tonto, necio. N a v a r r a : m., adj., pej. Equivale a tonto, sandio, ababol, membrillo, torpe, etc. En la Cuenca llaman mostillo al niño o muchacho torpe, de cortos alcances. M A , I R I Garcia Diego 8 glaubt, mostillo 'd' zu mocho 'sin punta' stellen zu können, in der Annahme, daß beide Wörter auf den T y p MUTILARE zurückgehen. Wenn dieses schon für mocho problematisch erscheint®, so ist es für mostillo, von der lautlichen Seite her gesehen, ausgeschlossen. W i r schließen uns Corominas 1 0 an, indem w i r in dem faden Geschmack, der dem ungorenen Most im Gegensatz zum alkoholischen Wein eignet, das Übertragungsmotiv sehen. In den Bedeutungsentwicklungen zu 'd' ist das Obertragungsmotiv 'geschmacklos' häufig wie überhaupt zwischen dem Bereich Geschmack und dem Bereich Verstand eine enge Analogie besteht. M a n denke nur an lat. safere 'schmecken' > 'wissen'. Angesichts der zahlreichen semantischen Parallelen, die unsere Untersuchung zur Entwicklung geschmacklos > 'd' aufzeigt, halten w i r es f ü r unnötig, mit Corominas in Betracht zu ziehen, daß es sich auch um eine hyperkorrekte Variante von mustio (kat. mustiu neben mustie) handeln könne, zumal dieses W o r t nicht sehr volkstümlich ist. Für den Zusammenhang zwischen mostillo 'Most' und mostillo 'd' spricht schließlich auch der Umstand, daß A r a g ó n , N a v a r r a : mostillero in den Ch. Bally: Linguistique générale, p. 130. RFE VI, p. 123. 11 s. DCELC, s. v. mocho. 10 D C E L C 111,456. 7

8

12

Bedeutungen 'Mostliebhaber, Mosthändler' und Aragón adj. 'inocente, tonto' erscheint. Zur semantischen Entwicklung vgl. kat. castanyoler natas (zu nata 'Sahne, Rahm') adj. Santander: Tonto, sopas o peonzo; flojo que no sirve para nada. Die bildliche Verwendung wurde durch die Vorstellung weich, formlos vermittelt. Vgl. holländisch un snert kerel (Erbsenpureemann) 'homme peu capable' ( Z R P h X X X I V , 5 6 4 ) . panoli (in ö l gebackenes Brot od. Kuchen) m., f., adj. Die. de la persona simple y sin voluntad. M A Bobo. M O L (Madrid, Andalucía, Gandía) Tölpel, Einfaltspinsel (Gaunerspr.). S G Das volitive Element, das M A der Bedeutung zuschreibt, scheint nicht vorzuliegen. Vorherrschend ist vielmehr die Vorstellung 'd - ohne Verstand, begriffsstutzig': »No seas panoli, hombre. Espabila.« (Gandía) »No seas panoli, apártate«, (ungeduldig zu jmd., der den Weg versperrt), (ib.). Ein weiteres Beispiel stammt aus einem Stück 12 , das in der Gegend von Á v i l a spielt: (Demetrio möchte wissen, was mit den Bewohnern der Herrschaftshäuser, die von nun ab dem Volke gehören sollen, geschehen wird.) Saturnino: »Lo que diga Juan. Y o creo que, antes de na, los debíamos juzgar como es de ley, y pa que no digan las potencias.« Demetrio: »¿Qué potencias?« Saturnino: »¡Las extranjeras, so panoli/« Der Nebensinn 'unbedeutend' erscheint in dem Beleg: » Y aemás, no es una panoli de las que vistas una vez y a está visto too.« 13 Die Motivierung ist nach Landschaft und Lebensalter verschieden. N u r im Spanischen des katalanischen Sprachgebiets kann die Grundbedeutung des Wortes bewußt sein, denn im Valenzianischen und in Tortosa bezeichnet panoli aus pa en oli 'coca feta d'una mésela de fariña, sucre, oli i vi blanc (Tortosa) o aiguardent (Maestr. Morella), cuita al forn'. Daneben erscheint auch hier die übertragene Bedeutung 'd': fig. 'beneitot, home curt d'enteniment, excessivament ingenuo o ignorant'. Bei den jüngeren Einwohnern des valenzianischen Dorfes Daimuz ist die Grundbedeutung vollständig verdunkelt, während sie von den älteren Leuten deutlich empfunden wird, da sie dieses Backwerk noch aus ihrer Kindheit kennen. Panoli ist nicht nur im Katalanischen und Spanischen des genannten zweisprachigen Gebietes volkstümlich, sondern auch in Madrid und Andalusien. Das häufige Vorkommen von panoli in den beiden letztgenannten 11 12 13

s. Artikel pandero, S. 9. Juan Ignacio Luca de Tena: El Cóndor sin alas, p. 140. Blasco Ibáñez: Sangre y Arena, p. 131.

13

Regionen sowie der Umstand, daß Wagner die Motivierung dieses Wortes im Katalanischen nicht bekannt war, veranlaßten ihn, panoli

irrtümlicher-

weise als zigeunersprachlich beeinflußte 1 4 , humoristische Bildung

aufzu-

fassen und auf formähnliches finolis 'comedido, cortés' (im Madrider Argot) hinzuweisen 1 5 . Er stellte sich somit gegen eine Herleitung aus dem K a t a l a nischen panoli

'd', die Rohlfs 1 6 zuvor vertreten hatte, wobei letztgenannter

Forscher kat. panoli

'd' seinerseits fälschlich aus lat. PANUCULUS erklärt

hatte. A l s formales und semantisches Seitenstück z u diesem kat. Etymon führen w i r noch an Barcelona: es ser

mes

negat

que

l' alio

Ii

(alioli

auch

allioli = Soße aus Knoblauch und ö l : all i oli) 'esser molt curt d'enteniment' ( V I I , 729), ein Wortspiel mit den Bedeutungen negat 'd' zu negar neinen' (vgl. Artikel negado) tränken', hier negar l'alioli

'ver-

und dem H o m o n y m negar 'ertrinken', 'er-

'die Soße schlecht zubereiten, indem man zum

Knoblauch zuviel ö l hinzugibt', fig. auch 'jmd. die Suppe versalzen'. Die Frage nach dem Übertragungsmotiv v o n panoli

muß im Zusammen-

hang mit den anderen Bezeichnungsmitteln f ü r 'd' aus dem gleichen begrifflichen Bereich 'Brot' beantwortet werden. D a Brot ein alltägliches Nahrungsmittel ist, w i r d ihm -

wenn man v o n der Bedeutung im reli-

giösen Denken einmal absieht 17 - geringer W e r t beigemessen. Das A l l t ä g liche, der geringe Wert ist ein M o t i v , das überwiegend a f f e k t i v bestimmt ist. U m dieses M o t i v f ü r panoli

nachzuweisen, sei erwähnt, daß

panoli

v o r allem ein Nahrungsmittel einfacher Familien ist 18 . D a s M o t i v kommt deutlich zum Ausdruck in Tarragona: esser pa sucat amb oli o esser pa i nous (s. u.) 'esser una cosa molt fácil o de poca importancia' (VIII,94). A u c h hierher gehörendes Mallorca: p amb oli

(mit ö l und Zucker oder

Salz bestrichene Brotschnitte) aus pa amb oli m., f. 'beneitot, curt d'enteniment' ( V I I I , 164) hat sich ganz mit panoli übereinstimmend entwickelt. Desgleichen paninous

(Brot und Nüsse; nicht belegt) m., f. A r a g ó n : 'Tonto,

simple'.

Auch Beinhauer (Umgangsspr., p. 149) kennzeichnet das Wort als »Argot. Ausdruck aus dem Cal6«. 15 RFE IX (1924), p. 279-280. 16 Gerhard Rohlfs, Etimologie spagnuole, Sonderheft des Archivum Romanicum, 1921, V, Nr. 3-4. 17 Diesem Bereich zuzuordnen sind vielleicht die Ausdrücke, in denen ein seelenguter Mensch mit Brot verglichen bzw. identifiziert wird: es mas bueno que el pan - SG notiert unidiomatisches es mejor que el pan - und es un cacho de pan sind den Spaniern aller sozialer Schichten geläufig. Obwohl Gutmütigkeit sich leicht mit Einfalt berührt, vgl. Artikel bonachon, haftet den vorliegenden Ausdrücken keine pejorative Nuance an, so daß sie den oben angeführten, aus der negativen Bewertung des Brotes hergeleiteten Bezeichnungen nicht zur Seite gestellt werden können. 18 vgl. D C V VIII,8i. 14

14

In pantierno, -a (weiches Brot) adj. Navarra: bobalicón, ingenuo, infeliz tritt das Übertragungsmotiv weich hinzu, während in maizopil m. (Navarra: Maistorte) Tierra Estella, Cuenca, Pamplona: 'Torpe, zoquete, obtuso' an 'unverdaulich' (s.a. pelma S. 55) als zusätzliches, vielleicht auch wichtigstes Motiv zu denken ist. Gleiches gilt für Mallorca: esser mes beneit que nido (Kommißbrot) 'esser molt beneitot' (VII,6$ 1).

un pa de

mu-

mendrugo (hartes, übriggebliebenes Brotstück) fig. fam. Rudo, tonto, zoquete. MA fig. fam. Zoquete. Persona torpe. MOL i.Beleg: 15. Jh. (14. Jh.) Das Wort war meinen Gewährsleuten in eigentlicher, nicht aber in übertragener Bedeutung bekannt, außer als Bezeichnung für eine Person, die sehr wenig ißt (Daimuz). Die Vorstellung des geringen Wertes, die, wie erwähnt, bei allen in der Gruppe 'Brot' behandelten Entwicklungen beteiligt ist, tritt hier besonders deutlich in der Grundbedeutung in Erscheinung. Corominas meint, mendrugo 'Brotstück' sei vielleicht aus *mandrugo zu MANDRIA 'minderwertiger Mensch', mda. 'Faulenzer, Dummkopf' (s. v. mandria) durch Kontamination mit mendigo 'Bettler' entstanden und begründet seine Hypothese wie folgt: »Teniendo en cuenta que [mendrugo] significa 'holgazán', 'hombre tosco', en varios dialectos del Norte y del Oeste, quizá empezó por significar 'pordiosero', por ser cosa de mendigos, pues el cat. dial, mandró reúne también los sentidos de 'mendrugo' y 'perezoso', 'hombre de mala vida'«. Diesem Deutungsversuch zufolge wäre mendrugo 'd' direkt aus MANDRIA und nicht aus mendrugo 'Brotstück' hervorgegangen. Die Etymologie von Corominas glauben wir mit einer Reihe von Gesichtspunkten widerlegen zu können. 1. Die Bedeutung 'holgazán' und 'tosco', bzw. 'd' sprechen nicht für die Herleitung von mendrugo aus MANDRIA, sondern erklären sich, wie unser Material zeigt, sehr leicht aus 'Brotstück'. 2. Um die Entwicklung von 'holgazán', 'tosco' zu 'Brotstück' und die Form mendrugo mit e erklären zu können, muß Corominas die nicht belegte Zwischenstufe 'Bettler' ansetzen. 3. Wäre mendrugo wirklich eine analogische Umgestaltung von *mandrugo, so wäre das Fehlen jeglichen Beleges letzterer Form zumindest auffal15

lend und ein weiterer Unsicherheitsfaktor der versuchten Erklärung. 4. A u c h f ü r das kat. mandró

fehlt ein Beleg f ü r die Zwischenstufe 'Bett-

ler'. 5. K a t . mandró cherheit zu

kann nicht, wie Corominas anzunehmen scheint, mit SiMANDRIA

gestellt werden, sondern könnte zu mendrugo

ge-

bildet sein, da im Katalanischen nebentoniges a und e sich zu dem gleichen Mittelzungenvokal entwickelt haben und nur noch in der Schreibung unterschieden werden. 6. Corominas kann keine semantische Parallele zu *'Bettler' >

'Brotstück'

beibringen. Zusammenfassend können w i r feststellen, daß MANDRIA, *mandrugo nicht als Etymon v o n mendrugo 'd', 'Brotstück' angesetzt werden kann, während die von uns vorgetragene Erklärung mendrugo 'Brotstück' > 'd' durch zahlreiche Entsprechungen gestützt ist. D i e Frage nach der H e r k u n f t von mendrugo 'Brotstück', die auch von uns nicht beantwortet wird, liegt außerhalb der Zielsetzung dieser Untersuchung. K a t . G a r r o t x a : crostó (Stück Brot mit viel Kruste, zu crosta 'Kruste') 'beneitot, imbécil' (111,776); ähnlich auch esser un crosta [Brot-]Kruste) 'beneit, curt d'enteniment' (ib.). Frz. croûte (Brotkruste) pop. 'Dussel, D u m m k o p f ' ; Heins 1 " meint, es handle sich »um Anlehnung an die H ä r t e der Brotkruste, also um eine harte Schicht v o n Unwissenheit, die sich um das H i r n lagert und keinen klugen Gedanken durchdringen läßt«, was — wenn man v o n der etwas undurchsichtigen Formulierung einmal absieht - zunächst recht einleuchtend erscheint. W i r sehen jedoch unsere Erklärung dadurch gestützt, daß sämtliche anderen übertragenen Bedeutungen von croûte20 an das M o t i v minderwertig anknüpfen, während die H ä r t e der Rinde als Übertragungsmotiv nicht erscheint. W i r verweisen auch hier auf die Wichtigkeit, bei der Ermittlung des Übertragungsmotivs die Übertragungsmotive anderer Verwendungen des jeweiligen Wortes zu berücksichtigen. N a c h der gleichen Verfasserin 2 1 w i r d bei frz. argot galette (Brot, Kuchen, Fladen) 'd' und t o u r t e (rundes Brot, Fladen) 'd' die übertragene Bedeutung durch die flache b z w . die flache runde Form vermittelt. W i r geben der von uns gegebenen Erklärung den V o r z u g , die die Beteiligung des A f f e k t e s bei der Entstehung aller Brot-Ausdrücke für entscheidend hält. maceruco m. (Ar. 'Teig': 'masa o pasta dura más amasada'; M A ) A r a g ó n : fig. Persona torpe, insulsa, poco inteligente, ruda. M A

19 20

21

A. Heins, p. 360. croûte pop. 'Fraß'; fam. 'schlechtes Bild', vendre qch. pour une croûte de pain 'etw. für einen Pappenstil verkaufen'. A. Heins, p. 361, 366. 16

sopas (zu sopa 'Suppe') m. Santander: Páparo, bobalicón, borono o berzas. Während sopas von M A vielleicht irrtümlicherweise nur als Maskulinum bezeichnet wird, ist sopazas Aragón, Navarra (Ribera, I R I ) : 'persona tonta, abobada' als epizönes Substantiv ausgewiesen. Mundartlich kann auch die manuelle Ungeschicklichkeit Begriffsdominante von sopazas sein: »Es un sopazas, todo lo hace mal« (Segovia). Das Übertragungsmotiv 'weich, formlos, flüssig' entspricht etwa dem von natas (s.S. 13). An die gleiche Vorstellung knüpft auch pg. acorda an (Art Brotsuppe, die besonders charakteristisch für die Küche des Alemtejo ist) 'pessoa mole, negligente, cobarda, fraca, sem energía nem préstimo'. Zum Vergleich mit natas paßt auch die Tatsache, daß sowohl pg. papa-acorda wie span. papanatas 'd' bedeuten (s. Artikel papanatas). Kat. e ss er mes ruc que una sopa 'esser molt curt d'enteniment' (IX,608), esser un sopes 'esser molt curt d'enteniment o d'iniciatives' (X,7). Chile: caldo de ave (chicken broth) 'd' (Kany, Euph., p.49). badulaque (Fleischsuppe aus Lunge und Leber) fig. fam., m., adj. Persona necia e informal. M A m. Botarate o majadero. M O L Persona de poca razón y fundamento. Tonto; torpe; necio. C A B fam. Dummkopf, Maulaffe. S G 1 . Beleg: gegen 1640 ('Gesichtsschminke' 1534, 'Suppe' Mitte des 16. Jh.) Das Wort war keinem der von mir befragten Spanier bekannt. Es stellt sich die Frage, welche der Bedeutungen die ursprüngliche ist. Nach von Wartburg 22 stammt span. pg. badulaque aus dem Altprovenzalischen badaluc 'bobo, babieca', eine Ableitung von badar 'zerstreut, verblüfft sein' (vlat. BATARE 'den Mund weit aufsperren'). Dem von Corominas 23 vorgebrachten Einwand, die Bedeutung 'd' sei wesentlich jünger als die anderen Bedeutungen24, fügen wir noch hinzu, daß einerseits im Portugiesischen die Bedeutung 'd' nicht belegt ist - span. u. pg. badulaque entsprechen sich nur in den Bedeutungen 'Suppe', 'Schminke', nicht in der Bedeutung 'd' wie FEW notiert - , zum anderen hier das Wort in der Bedeutung 'Suppe' schon im 14. Jh. vorkommt. Immerhin halten wir ein Einwirken von badaluc 'd' auf badulaque 'Suppe' für sehr wahrscheinlich, weniger im Hinblick auf eine formale als auf eine semantische Veränderung des Grund22 23 24

F E W 1,287, Anm. 27. D C E L C s. v. Versehentlich datiert M A den ersten Beleg für 'd' auf das 16. Jh., die von ihm zitierte Quelle stammt jedoch aus dem 18. Jh.

17

•Wortes, dessen Herkunft bisher nicht geklärt werden konnte. Dabei denken wir nicht an das von FEW erwähnte aprov. Wort, sondern an seine kat. Entsprechungen Confient; Eivissa: badaluc 'badoc, el qui s'atura a badar per excès d'admiració o per curtor d'enteniment'; Badaluc erscheint auch als Ortsname; L'Escala, Llofrin: badaloc 'id.'. Beide Bezeichnungen gehören zu den vielen 'd' bedeutenden Ableitungen von kat. badar (vgl. Artikel boquiabierto), an dessen Bodenständigkeit kein Zweifel besteht. Im 17. Jh. hatte das Katalanische sein ehemaliges Prestige schon weitgehend verloren, und immer mehr Katalanen zogen es vor, das angesehenere Kastilisch zu sprechen. Die Assoziation zwischen dem span. badulaque 'Suppe' und dem kat. badaluc 'd', die sich bei dem zweisprachigen Katalanen einstellte, wiederholt sich beim heutigen Lexikologen, der als spanische Entsprechung zu kat. badaluc 'd' badulaque verzeichnet (DCV, s. v. badaluc). Nach dem Ausgeführten erübrigt es sich eigentlich, auf die semantische Schwierigkeit von badaluc 'd' > 'Suppe' hinzuweisen. Erwähnt sei in diesem Zusammenhang nur, daß sopa boba 'schlechte gehaltlose Suppe, die von den Klöstern an Bettler ausgegeben wurde' sich einer solchen Entwicklung nicht zur Seite stellt, da boba nicht identisch ist mit span. bobo 'd', sondern ein das Schlürfen der Suppe nachahmendes Schallwort aus dem Italienischen ist25. Wenn unsere Erklärung stimmt, daß die lautliche Analogie zwischen span. badulaque 'Suppe' und kat. badaluc 'd' den Bedeutungswandel von 'Suppe' zu 'd' auslöste, so ist die Frage, die sich Corominas und A. A. Fokker 2 ' stellen und unentschieden lassen, nämlich ob die Bedeutung 'd' von 'Schminke' oder von 'Suppe' ausgegangen ist, von sehr untergeordnetem Interesse. Im ersten Fall wäre das Übertragungsmotiv lästig, wegen der Wirkung des badulaque auf der Haut". Die von Fokker vertretene Etymologie zu badulaque erscheint in diesem wie auch in mehreren anderen Punkten unzutreffend: »Ou est-ce plutôt le fard qui indique ce dernier trait du caractère: celui de faire semblant.«!8 Für die Bedeutung 'd-eitel', 'd-stolz', die hier vorausgesetzt wird, fehlt jeglicher Anhaltspunkt. Im zweiten Fall wäre die Gewöhnlichkeit und Gehaltlosigkeit der Suppe der Ausgangspunkt der Übertragung gewesen, eine Erklärung, die sich schon bei Autoridades (1726) findet: »badulaque 'metafóricamente, y por alusión al guisado, que es de poca substancia, se llama el que es medio bobo, de poca o de ninguna actividad y maña, inútil y de ningún provecho«. Zudem können die von uns unter sopas erwähnten Vorstellungen mit hineingespielt haben. Im Hinblick auf das Übertragungsmotiv und die Parallele sopas erscheint uns die Entwicklung badulaque 'Suppe' (nicht 'Schminke') x badaluc wahrscheinlicher. batueco, -a (hohles Ei) fig. ignorante, simple, grosero, mal educado. SAL, CAB 26 27

s. DCELC 1,472-473. so Corominas. 18

26 28

ZRPh X X X I V , $6if. ZRPh X X X I V , p. 564.

fig. Tölpel, Dummkopf. S G i . Beleg: 1607 'grosero, rústico' (1859 'Windei'; C O R ) Die Einwände, die Corominas hinsichtlich der lautlichen Seite gegen die Etymologien von Rohlfs 29 (wie kat., prov. badoc 'd' zu vlat. BATARE 'den Mund aufsperren') und Wagner30 (zu pg. batoque, span. bitoque 'tarugo'; vgl. tarugo, zoquete, S. 3 y f.) macht, sind überzeugend. Spitzer 31 und nach ihm Corominas leiten kat. ou batoc und Arag. batueco 'hohles Ei, Windei' ab von BATTUERE (wegen des schlagenden Geräusches< eines hohlen Eies). Die semantische Entwicklung 'hohles Ei' > 'd' (entgegen der Chronologie der Bedeutungen) können wir mit unserem Material stützen: kat. Empordä: cap xarbot (nach ou xarbot 'hohlesEi, Windei') 'capbuit o marejat' (X,9i3). Zu 'hohles Ei' > 'd' vgl. auch Artikel chocho, zur vermittelnden Vorstellung 'hohler K o p f ' s. cabeza huera. (S. 134). Zum Verhältnis von batueco zum Eigennamen Las Batuecas s. S. 253. bato hombre rústico y de pocos alcances. MA, M O L (selten) 1. Beleg: 17. J h . " Bato ist nach Wagner", dem sich Corominas anschließt, regressiv gebildet aus batueco. Nur der Vollständigkeit halber sei die Herleitung von M A aus Barros, dem Namen eines berühmten Stotterers erwähnt, nach dem zwar das Gelehrtenwort Batologia gebildet wurde, der aber nicht mit einem volkssprachlichen Ausdruck identisch sein kann - ganz abgesehen davon, daß die Bedeutung von bato nicht 'Stotterer', sondern 'd' ist. Corominas weist bato 'd' für Chile, Colombia, Honduras, den kat. Caló und Mallorca aus, Wagner' 4 für den mexik. Caló. ceribato Aragón: tonto, pazguato. M A Ceribato wird von M A auf célibe, ein rein gelehrtes Wort für 'Junggeselle', zurückgeführt, was aus semantischen und formalen Gründen nicht möglich ist. Wir vermuten eine Zusammensetzung von cero (Null) 'wertloser Mensch' und bato 'd\ Zum T y p des Kompositums vergleiche tontiloco, bobiculto etc.

29

G. Rohlfs: Zur Kenntnis der Pyrenäenmundarten, RLiR V I I , 1 J 7 . M. L. Wagner: Notes Linguistiques sur l'Argot Bare., 37-38. sl L. Spitzer: Lex. aus d. Katal. " N a c h D C E L C 1884; nach Breve Dicc. 1859. " M. L. Wagner: Notes Ling. sur l'Argot Bare., p. 37F. " Rom. Jb. V I , p. 248. 50

19

III. B E H Ä L T E R estar más loco que una cafetera (Kaffeekanne) Der Ausdruck, der allen Gewährsmännern als familiäre, humoristische Wendung der Umgangssprache geläufig war, fehlt in allen Wörterbüchern. Die Verkürzung estar como una cafetera ist gewissermaßen ein Indiz für die Treffsicherheit der Wendung, und so sollte man meinen, das Motiv der Übertragung müsse leicht aufzuspüren sein. Zwar ist der Zusammenhang mit Kaffeekanne im sprachlichen Bewußtsein des Spaniers sehr lebendig, jedoch ist den meisten der Grund der Motivierung nicht ersichtlich. Neben der bei uns üblichen Kaffeekanne versteht man in Spanien unter cafetera eine metallene Kanne mit Filter, in der durch Erzeugung von Wasserdampf Kaffee gekocht wird, ein Küchengerät, das auch im ländlichen Haushalt vorhanden ist. Es ähnelt der elektrischen Kaffeemaschine, nur ist es weitaus primitiver. Dieser Mechanismus funktioniert häufig nur sehr mangelhaft, der durchgefilterte Kaffee läuft geräuschvoll in den oberen Aufsatz der Kanne, soweit er nicht zwischen den aufeinandergeschraubten Teilen hervorsprudelt, kurz, die Kanne >gebärdet sich wie tolllangue Andalusien hacerse el soca 'hacerse el tonto' ( V E N C ) > soca 'taimado' > socarrón. Bei Corominas hingegen müßte man annehmen: socarrón > soca 'taimado', hierzu hacerse el soca eigentlich 'hacerse el taimado', eine innere Form, die zum Ausdruck von 'sich dumm stellen' selten ist59, und schließlich sollte aus diesem Syntagma soca mit der Bedeutung 'd' entstanden sein, was ebenfalls mit semantischen Parallelen wohl kaum belegt werden kann.

87

58

58

Zu der Verbreitung, die die Ableger von lat. soccus 'Schuh', mlat. SOCCA 'Stamm' in letzterer bzw. ähnlicher Bedeutung auf der Pyrenäenhalbinsel gefunden haben, vgl. Garcia de Diego: Etim., 536. Die Frage, ob soccus und SOCCA zum gleichen etymologischen T y p gehören (vgl. op. cit., braucht hier nicht behandelt zu werden. Garcia de Diego vertritt diese Etymologie außer in den >Etimologías Españolas« nur in R F E V I , 1 3 0 und nicht - wie Corominas angibt - auch in R F E V I I , 1 4 1 . In letzterer Zeitschrift erwägt der erstgenannte Forscher hingegen die Möglichkeit eines Zusammenhanges zwischen socarrón, chocarrero und IOCARIUM 'sannio scurra' (Du Cange). Er scheint diesen Deutungsversuch bald wieder verworfen zu haben, da er ihn in den Etimologías nicht mehr erwähnt, und er sogar das Versehen von Corominas, den er mit der genannten falschen Angabe zitiert, nicht bemerkt. vgl. hacerse el tonto, ~ el bobo; anders allerdings hacerse el sueco, soweit unsere Herleitung von 'Schwede' (nicht von 'Holzschuh') zutrifft (vgl. Artikel zapato).

32

tocho (Stock, Knüppel) adj. tosco, inculto, tonto, necio. M A , M O L Navarra, A l i o : tonto, necio. I R I Palencia: necio, tosco; cabezotas, testarudo. M A Asturias: tochu 'chocho', 'loco* ( D C E L C ) , 'ungehobelt und d' (Asturias) »Hoy es palabra v i v a en muchas partes y ni siquiera ajena al castellano común«60. In der Schriftsprache bzw. gehobenen Umgangssprache wird tocho 'd' jedoch nicht verwendet. Wirklich lebendig ist es nur in Mundarten Nordspaniens und auch Nordkataloniens, wohin es von Aragón aus gedrungen ist, und stimmt in seiner Verbreitung überein mit tocho 'Stock, Knüppel' 6 1 , wodurch die Bedeutung 'd' demzufolge meist motiviert erscheint. Wir halten mit Corominas die Etymologie für ungeklärt und beschränken uns im Folgenden darauf, einige kritische Bemerkungen zu den versuchten Erklärungen hinzuzufügen, um diese nach ihrem Wahrscheinlichkeitsgrad zu differenzieren. Wir beginnen mit der Erklärung, die uns am wenigstens vertretbar erscheint. N a c h Corominas könnte tocho vielleicht aus der vorromanischen Wurzel TAUCJ- 'mata', 'cepa' (pg. touga) über mozarabisch táuga hervorgegangen sein. »De ahi también pudo salir tocho en el sentido de 'porra' y luego 'necio como un zoquete'. Estaríamos, pues, ante una v o z dialectal mozárabe, después generalizada« 62 . N u n geht aber aus den Belegen - wie oben erwähnt - hervor, daß tocho 'd', 'Stock' im Norden Spaniens beheimatet ist und auf das Katalanische, Okzitanische und Gaskognische ausgestrahlt hat. Wie könnte das Wort im Süden fehlen, bzw. nicht bodenständig sein, wenn es sich wirklich vom Mozarabischen her ausgebreitet hätte? Die mit dieser Etymologie verbundene Annahme einer Entwicklung von 'Stock' > 'd' ist angesichts der Chronologie ein weiterer Unsicherheitsfaktor (s.u.). Wiederum die sprachgeographischen Tatsachen lassen es unwahrscheinlich erscheinen, daß, wie Corominas erwägt, eine Kreuzung von tonto und chocho vorliegt. Corominas gibt selbst zu bedenken, daß man dann tocho 'd' von 'bastón' trennen müsse, was nicht nur aus semantischen Gründen, wie Corominas anzunehmen scheint, schlecht möglich ist, sondern auch weil sich die mundartliche Verteilung von beiden Bedeutungen weitgehend deckt. Sekundäre Beinflussung von chocho zeigt ast. tochu 'chocho', 'loco'. N a c h Auffassung Krügers 63 beruht die Gruppe tocho 'Stock', 'd' auf einer Schallnachahmung (Schlag), wobei er offensichtlich annimmt, daß 'Stock' die primäre Bedeutung sei. Letzteres bezweifeln wir ebenso wie mit Coro60 61

D C E L C IV,478. Genauere Angaben bei Krüger, V K R V I I I , i 6 und D C E L C s. v.

82

D C E L C IV,479.

18

V K R VIII, 16.

tocho.

33

minas den schallnachahmenden Ursprung eines solchen Wortes. Am meisten überzeugt Corominas Hypothese, es sei auszugehen von *TUSCULUS, einem Diminutiv zu vlat. TUSCUS »'disoluto, desvergonzado', 'vil' [zu span. tosco 'grosero, inculto', IJ. Jh.], por alusión a la gente baja o libertina que vivía en el V I C U S T U S C U S o barrio etrusco de Roma (lat. clás. tuscus 'etrusco, toscano')«94. Sollte kat. toix 'dumm', 'stumpf' von *TUSCEUS kommen, wäre die Produktivität des vlat. Stammes erwiesen. Unverständlicherweise stützt Corominas seine Etymologie nicht durch den Hinweis auf die Chronologie. Die Bedeutung 'dumm' ist seit etwa 1500 belegt65. Bei Nebrija (1492) erscheint bereits eine Ableitung »a t o c h a d o66 o atronado: stolidus«, was uns erlaubt, die Bedeutung 'd' weiter zurück zu datieren. In gegenständlicher Bedeutung 'palo redondo' erscheint tocho hingegen erst in Aut. (1739) und zudem als Aragonismus ausgewiesen, während das gleiche Wörterbuch tocho 'inculto, tonto, necio, tosco' definiert. Die Chronologie spricht also für *TUSCULUS 'gemein, gewöhnlich, ungebildet' 'd' > 'Stock usw.'. An anderer Stelle argumentierten wir gegen eine Erklärung, die den semantischen Vorgang Abstraktum ('d') > Konkretum (Pflanze) ansetzte. Da bei ^TUSCULUS > tocho aber auch die Bedeutung 'gewöhnlich' gegeben ist, bestehen in dieser Hinsicht keine Schwierigkeiten: in der Verbindung Substantiv + tocho 'gewöhnlich' wird durch Ellipse tocho zur Bezeichnung der gewöhnlichen Gegenstände selbst. Man vergleiche ast. bollu tochu 'pan grande, redondo y prolongado', das man in bestimmten Situationen einfach als tochu bezeichnen wird. So wurde tocho zur Bezeichnung des gewöhnlichen Stockes (Aragón: tocho 'bastón rústico' etc.). Unsere Bemerkungen sollten zeigen, daß die Herleitung aus *TUSCULUS einen größeren Wahrscheinlichkeitsgehalt hat als die anderen vorgebrachten Etymologien. So greifen wir einerseits Corominas Etymologie auf ohne andererseits seinen Standpunkt zu teilen, wenn er im Breve Diccionario schreibt: »Origen incierto, hay varias etimologías posibles, de las cuales ninguna se impone. De todos modos es probable que, como en el caso de porra, se pasara de la idea de 'bastón grueso' a la de 'persona grosera'«. Kat. totxo, -a adj. (von dial, totxo 'Stock, Knüppel') 'tose, rústec', dial, 'curt d'enteniment y aturrat, mancat de vivesa mental' stammt nach Corominas" aus dem Aragonesischen; daneben den Affekt verstärkendes t o t xorrot (X,403-404) und im D C V unerklärt gelassenes Menorca: pe totxo , -a 'estúpid, curt d'enteniment' (VIII,53 j), in dem wir eine Kontamination von petm (Furz) und totxo 'd' sehen. M

D C E L C , s. v. tosco. Genaue Angaben im D C E L C . 66 atochado wird bis ins 17. Jh. nachgewiesen (MA) und lebt in Sant. atocharse 'entontecerse' fort. • 7 A I L Cuyo, I i i $4. 68 eine suffigierte Form des gleichen Wortes liegt u.E. ebenfalls in Val.: petorro 'betrunken' vor (XIII,535). 65

34

zoquete m., adj. (übrigbleibendes Holz- oder Brotstück) Persona ruda y tarda en aprender o percibir las cosas que se le enseñan o se le dicen. MA, C A B , (a) pop. Tölpel. SG i.Beleg: 18. Jh. (17. Jh.) Das Wort ist entgegen der Angabe >pop.< bei S G eher umgangssprachlich und schriftsprachlich (selten), die gegenständliche Bedeutung zum Teil unbekannt. Ob zoquete 'Holzstück' auf ar. SUQÄT 'Abfall' oder auf lat. soccus 'Art leichter Holzschuh', mlat. socca 'Stamm' zurückgeht, ist ein ungelöstes Problem der etymologischen Forschung69. Im Rahmen unserer Untersuchung genügt es zu wissen, daß zoquete 'd' aus zoquete 'Hol'zstück, Holzrest' hervorgegangen ist. Auch zoquete 'hartes Brotstück, -rest' käme als Ausgangspunkt in Frage (vgl. Artikel >Brottrato socialc >La pobre chica es una paletitaLos comentarios que hacía en la exposición eran de paleto< (MOL), (a) bäuerl., grober Mensch. (SG) paleto ist sehr gebräuchlich und bezeichnet vor allem den 'ungebildeten einfältigen Landbewohner'. Die Vorstellung 'd - unwissend, abgestumpft, ohne geistige Interessen', also auch ohne Bereitschaft, dem Mangel an Wissen abzuhelfen, liegt vor in: » . . . y todos, hasta el pobre Garabato, tendrían que irse al cortijo, tostándose al sol y embruteciéndose como paletos« 101 . Mit paleto verbindet sich auch die Vorstellung eines 'einfältigen 99

100 101

Zum gleichen Ubertragungsmotiv vgl. auch pg. ser surdo (MOR), span. sordo como una tapia. Worteigentümlichkeiten der brasilianischen Sprache, p. 100. Blasco Ibañez: Sangre y Arena, p. 23 j .

46

como urna

porta

Menschen vom Lande', der in der Stadt hintergangen wird oder alles dumm bestaunt: »AI llegar a Cibeles, Pedro se detuvo a contemplar la statua, rodeada de surtidores. Nieves le puso una mano en un brazo. - Es bonito Madrid, ¿verdad? - Pareces un paleto. ¿No has visto nunca la Cibeles? Pasas por esta plaza cuatro veces al día (.. .)«tQt. In diesen beiden Bereichen 'd' - unwissend', 'd - einfältig' findet sich paleto auch ohne Bindung an die Vorstellung 'Landbewohner', bzw. wird diese in den Nebensinn verdrängt: »Oiga, los griegos y los romanos se reían ya con esto de los dobles (Doppelgänger). N o va a ser tan paleto de negarlo« 103 . Vgl. das von MOL angegebene Beispiel und Nr. 363, p. 85. Seltener steht das Wort im ' d - o h n e Verstand' Bereich: »Este chico es un paleto« (Lehrer von Schüler, den er für die Höhere Schule nicht begabt genug hält; Daimuz). Das Wort ist im heutigen Sprachgebrauch nicht motiviert. Denkt man an unser dtsch. dummer Hirsch so möchte man sich zunächst C O R anschließen, der paleto 'rústico, zafio' herleitet aus paleto 'gamo' (1. Beleg: 1737), das seinerseits zurückgeht auf pala, paleta 'Schaufel', mit der man den Hirsch wegen seines schaufeiförmigen Geweihes bezeichnete. Bei M A finden wir die gleiche Erklärung, die wir aber für wenig wahrscheinlich halten. Warum sollte sich ein so verbreitetes Wort wie paleto 'd' von einem Tier herleiten, dessen Name heute kaum ein Spanier kennt - paleto 'd' ist, wie bereits erwähnt, unmotiviert - , und das auch in der Vorstellung älterer Zeiten kaum eine Rolle gespielt haben dürfte. So sind auch keine anderen metaphorischen Verwendungen von paleto 'Damhirsch' bekannt 104 . Die ältere und geläufige Bezeichnung für 'Damhirsch', gamo, dient im Vergleich zur Hervorhebung der Begriffe 'leicht, schnell', also Vorstellungen, die denen von paleto 'd' fast entgegengesetzt sind: más ligero que un gamo, rápido como un gamo105. Paleto *d' und paleto 'Damhirsch', die zwar beide im 18. Jh. zum ersten Male belegt sind, sind voneinander unabhängig übertragen worden aus paleta 'Schaufel' (seit 1525 zu pala id.). Der vorherrschende Bezug auf den Landbewohner, der paleto in der Bedeutung 'd' schon immer eignete, ist ein weiterer Grund, der es nahelegt, daß der Landbewohner verächtlich nach einem Arbeitsgerät benannt wurde, also N a menübertragung aufgrund von Sinnberührung erfolgte. Die Feststellung, paleto 'd' sei unmotiviert, müssen wir präzisieren, insofern paleto 'd' nicht spontan, aber doch bei längerem Nachdenken des Sprechers mit paleta 'Schaufel' verbunden wird, nie hingegen mit der Bedeutung 'Damhirsch', die - wie bereits erwähnt - weitgehend unbekannt ist. Eindeutige Metony102

Juan Garcia Hortelano: Gente de Madrid, p. 118. Paso, Nr. 349, p. 79-80. 104 Dem Buchwortcharakter von paleto 'Damhirsch' trägt auch DCV Rechnung, wenn es unter (aus dem span, entlehnten) kat. palet 'Damhirsch* verzeichnet 'presa de llibres castellans'. 105 Belege bei Beinhauer: Tier, S. 99.

103

47

mie von paleta 'Schaufel* ist span., kat. paleta m. 'Maurergeselle'. Inkonsequenterweise notiert S G die männliche Form paleto 'd' als figürliche Verwendung von paleto 'Damhirsch', die weibliche Form als figürliche Verwendung von paleta 'Schaufel'. Analog verhält sich kat. corb ellot m. (zu corbella 'Sichel' bzw. val. und dial.: corbellot 'Messer zum Beschneiden der Bäume usw.') 'burlescament, llaurador, treballador del camp' und 'home grosser d'enteniment o de modals' ( I I I , 5 2 1 ) ; kat. magall (Art Hacke), m . , f . 'persona molt rüstica i grossera; cast. paleto, p a t i n ' ( V I I , i i 3 - i i 4 ) und frz.argot être pioche (Hacke) 'être stupide', w o f ü r Heins eine unverständliche Erklärung gibt 109 . Eine weitere auffallende Übereinstimmung mit der Entwicklung von paleto zeigt auch dtsch. Flegel. Wir zitieren Dornseiff 1 0 7 : »Aus ebendenselben Denkvorgängen begreift es sich, wenn ein ständig begleitendes Geräte (sie) oder Werkzeug zugleich die Vorstellung der damit ausgerüsteten Person hervorruft und sie bezeichnet. So wird Flegel als Scheltwort wohl zunächst für den mit dem Flegel umgehenden Bauer gebraucht, während es in der eigentlichen Bedeutung als Gerät fast ganz durch die Zusammensetzung Dreschflegel verdrängt ist«. corta pala (kurze Schaufel) fig. fam. Persona poco inteligente en una cosa. S A L Persona poco inteligente o muy ignorante. C A S fig. einer, der nichts versteht. S G Zum Übertragungsmotiv s. S. 22. Abschließend noch eine Bezeichnung, die sich der inneren Form nach in keine der Untergruppen so recht einfügen läßt: catorce adj. (Gran. 'Irrenhaus' < Hausnummer? 108 ) And. Dicese del hombre loco, sin fundamento. M A Generalmente se dice tio catorce. »Te advierto que no debes hacerle caso, porque es un tio catorce«. V E N C Die gleiche metonymische Bezeichnungsweise findet sich im Katalanischen: Val. estar gàbia (Käfig, Irrenhaus) 'estar molt fluix del cap, esser böig' ( V I , 1 1 4 ) ; kat. goleta f. (Schoner; Irrenhaus) fig. 'beneitot, mancat de seny' (VI,3 30). 106

»Die Vorstellungsverbindung des schweren Werkzeugs, das in die Erde eindringt, mit dem Kopf, der vergeblich bearbeitet wird, hat zur Redensart être pioche 'être stupide' und zu coup de pioche 'folie, extravagance' führen können« (A. Heins, p. 283). 107 Bezeichnungswandel unseres Wortschatzes, p. if. 108 vgl. pg. oito 'Gefängnis' (Wagner: Port. Umgangssprache, p. 22). 48

VI. E I G E N S C H A F T E N

VON

G E G E N S T Ä N D E N

obtuso (stumpf) fig. torpe, tardo en comprensión. M A , C A B tardo o torpe; que comprende difícilmente y con lentitud. M O L schwachsinnig. S G i. Beleg: 18. Jh. (16. Jh.) Obwohl obtuso 'd' (bei den weniger Gebildeten auch die Grundbedeutung) den von mir befragten Spaniern überraschenderweise meist nicht bekannt war, und obwohl obtusión mental 'torpeza intelectual o sensitiva' ein medizinischer Fachterminus ist, nimmt das Wort bisweilen umgangssprachlichen Charakter an: »¡Piensa que a su lado [Tonto del Pueblo] hasta el labrantín más obtuso tiene que poder considerarse un intelectual« 109 ; Dienstmädchen: »Gracias a esto >debuté< con éxito como criada para todo, pues muy obtusa hay que ser para no saber pelar unas patatas, coger unas lentejas, y asar un cacho de ave los domingos« 110 . »Incluso la llamada Petra, que dio muestras de ser la más obtusa de todas, llegó a lanzar unos >arsas< que ponían de pie a un muerto« 1 1 1 . Das Wort steht für ' d - o h n e Verstand'. Die Angabe 'schwachsinnig* bei S G ist unzutreffend. Anders als in der Bedeutung 'd' ist obtuso in der Grundbedeutung eindeutig schriftsprachlich, wobei der gegenständliche Bezug (punta obtusa; vgl. auch Aut.) gegenüber der Verwendung in der Geometrie (ángulo obtuso) zurücktritt. 'Stumpf' schließt sich nach der inneren Form der Gruppe > G E G E N S T Ä N DE< insofern an, als der Verstand mit einem stumpfen Gegenstand verglichen wird, der in das zu Verstehende nicht oder nur schwer eindringen kann. Stumpfer (Gegenstand) > stumpfer Verstand ist auf dem Wege von 'stumpf > 'd' die erste Stufe der Entwicklung, nämlich eine Namenübertragung auf Grund von Sinnähnlichkeit aus dem gegenständlichen in den geistigen Bereich. Als nächster Entwicklungsschritt wird dann das die Sache bestimmende Adjektiv auf die Person bezogen, die mit dieser Sache in Beziehung steht, bzw. sie besitzt: »The transfer of an adjective from a thing to a person who stands in some relation to it must have been common in speech from early times« 118 . Daß die Zwischenstufe charakteristisch f ü r die uns hier beschäftigenden Bezeichnungen ist und nicht etwa ebenso bei anderen Adjektiven f ü r 'd' vorliegt, ersieht man daraus, daß letztere nicht auf den Verstand angewendet werden, was bei ersteren hingegen häufig ist. Man sagt z.B. nicht inteligencia tonta, ~ boba, ~ imbécil etc., wohl aber inteligencia obtusa, ~ roma, bota vgl. z. B. auch dtsch. stumpfsinnig, frz. intelligence obtuse, ~ hébétée, ~ émoussetée. Gleiches gilt von nach innerer 1(

" Laiglesia: Sólo mueren los tontos, p. 83. Laiglesia: Sólo mueren . . . , p. 163. 111 Laiglesia: Sólo mueren . . . , p. 217. 112 Stern: Meaning, p. 273. 110

49

Form und Bedeutung entgegengesetztem 'scharf, spitz': inteligencia aguda, frz. intelligence aigüe, scharfsinnig, engl, sharp intelligence etc.; den Verstand schärfen, kat. esmolar l'enteniment etc. Kat. obtús (id.) fig. 'mancat d'agudesa, de penetració intel• iectual o de sensibilitat' (VII,850), also auch 'stumpfsinnig*. Pg. obtuso (id.) 'que e pouco penetrante, que tem dificultad de compreender, estúpido' ( X I X , 767); frz. obtus 'stumpfsinnig', rum. obtuz. romo, -a adj. (stumpf) fig. obtuso; torpe. Falto de agudeza o listeza. MOL Persona de inteligencia obtusa. C A B romo de espíritu 'geistig abgestumpft'. S G Die Bedeutung 'd', der wir in der heutigen Sprache nicht begegneten, war früher häufiger. Man beachte wiederum, daß das Wort vor allem im Verband mit inteligencia bzw. entsprechenden Bezeichnungen auftritt: »Los mas juiciosos usan destempladamente de estos licores; y les ha puesto la razón tan roma (.. .)«113. Romo ist durch den gleichen Vorstellungsgehalt motiviert wie obtuso und boto, da die Wörter in der Grundbedeutung weitgehend übereinstimmen. Einen diesbezüglichen Unterschied - romo bedeutet in spezialisierter Verwendung 'stumpfnasig' - weiß Torres Villarroel humorvoll zu nutzen: »Nunca he visto nariz tan aguda con entendimiento tan romo« 114 . Kat. rom (id.)'mancat d'agudesa mental'(IX,547); pg. rombo (stumpf) 'estúpido, obtuso a respeito da inteligencia; incapaz de compreender as coisas' ( X X V I , 165). boto (stumpf) rudo, torpe, hablando de una persona o de su ingenio. MA, C A B (aplicado a las personas y a los sentidos) torpe (selten). M O L 1. Beleg: 13. Jh. (13. Jh., C O R ; 17. Jh. irrtümlicherweise bei M A ) Abi.: botedad, boteza (beide veraltet), embotamiento, b o t o s o, -a (veraltet) 'boto' (romo o torpe). M O L Pg. b o t o (stumpf) fig. 'que nao tem agudeza de engenho, falto de agilidade intelectual: inteligencia bota' (IV,987). (más) agudo como (que) punta de colchón (so spitz [spitzer] sein wie [als] die Ecke einer Matraze) fam. y met. del que es bruto y de torpe entendimiento. C A B 113 114

Torres Villarroel: Vis., p. 33. Torres Villarroel: Vis., p. 247. 5°

Wie stark die semantische Motiviertheit der Bezeichnungen vom Typus 'stumpf verblaßt ist, zeigt diese Wendung, wo der Zusammenhang mit der materiellen Grundbedeutung wieder aufgefrischt und dadurch eine humoristische Wirkung erzielt wird, zu der die Ausgefallenheit des Vergleichsgegenstandes noch beiträgt. Vgl. die analog gearteten Vergleiche zu kat. curt (S. 23 jf.). Derb anschaulich ist die katalanische Variante ess er a gut com una punta d' orinal (spitz sein wie die Ecke eines Nachttopfes) (1,346). chato (platt) ist in der Bedeutung 'd' nicht in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen. »Y viven tan tullidos de razón, tan chatos de inteligencia los cortesanos, que les [den unfähigen Ärzten] dan sus joyas, sus vestidos y sus coches porque les desmoronen la vitalidad« 115 , »la inteligencia tan chata« 116 . Ähnlich wie bei romo 'stumpfsinnig* mag bei chato der spezialisierte Sinn 'plattnasig' an dem der Übertragung zugrundeliegenden Vorstellungsgehalt beteiligt sein; vgl. auch kat. camus (platt-, stumpfnasig, cast. romo) veraltet 'beneitot, curt d'enteniment' (11,898), frz. camus (stups-, plattnasig) fig. en rester camus 'betroffen, platt, sprachlos sein'. Frz. êmoussê (stumpf) 'stumpf, träge' (H278), hébété (zu hébéter 'rendre émoussé') 'stumpfsinnig, verdummt; nach N y r o p 1 " hat bête eingewirkt.

115 116 117

Torres Villarroel: Vis., p. j 6 . Torres Villarroel: Vis., p. 33. Gram. Hist. Bd. I V , p. 327.

B. P F L A N Z E N

I.BÄUME UND

BAUMFRÜCHTE

Das Spanische besitzt eine Reihe von Baumbezeichnungen, mit denen es den Begriff 'dumme Person' ausdrücken kann. Hierin nimmt es im Vergleich mit anderen Sprachen wie z. B. dem Französischen und Deutschen, in denen solche Bezeichnungen völlig oder nahezu gänzlich fehlen, eine Sonderstellung ein. Gerade bei der Behandlung dieser Gruppe erweist es sich als zweckmäßig, bei der Erklärung der Bezeichnungen für 'd' nach dem Bezeichnungsmittel einzuteilen und nur sekundär auf das gemeinsame Übertragungsmerkmal hinzuweisen. Man würde nicht den wirklichen semantischen Vorgängen gerecht werden, wollte man zu jedem Baumnamen für 'd' ein bestimmtes, für die Übertragung ausschlaggebendes Merkmal finden. In einigen Fällen können wir ein solches Merkmal aufzeigen, in anderen wird vor allem die Analogie die entscheidende Voraussetzung der Metaphorisierung sein. Wir haben es hier mit einem Vorgang zu tun, der in enger Beziehung steht zu dem der synonymen Radiation. Anstelle der Analogien zwischen Synonymen treten die lockeren Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen Wörtern, die einem gleichen Vorstellungskreis — im vorliegenden Fall dem der Bäume - angehören. Ullmann spricht in diesem Zusammenhang vom >Feldbewußtseincalle de las Acaciasacacio< que >alcornoque< . . . « . In adjektivischer Verwendung, die die Wörterbücher nicht verzeichnen, wird alcornoque von Torres Villaroel8 gebraucht: »un bachiller alcornoque«. pedazo de alcornoque (a) ist emphatischer, weil es noch stärker als alcornoque das Moment des Leblosen, Unbeweglichen ausdrückt4. Neben dem Ubertragungsmotiv 'leblos, unbeweglich', das in allen Baumnamen vorliegt, ist es die Härte des Holzes und vor allem die Sprödigkeit und die Dicke der Rinde 5 , die die Entwicklung zu 'd' vermitteln. Der folgende refrán greift die Härte des Korkeichenholzes, die allerdings noch von der Steineiche übertroffen wird, auf: al alcornoque no hay palo que le toque, sino la encina que le quiebra la costilla. »Jeder hat seinen Gegenspieler, der ihn übertrumpft« verdeutscht Gottschalk'. Ein katalanischer Ausdruck zeigt, wie das harte Eichenholz mit der Dummheit selbst assoziiert wird 7 : Burriana: teñir el cap mes dur que una carrasa (Eiche) 'esser molt cap-clos' (II,1052). Es ist aber in erster Linie die spröde, leichte, gewissermaßen gehaltlos wirkende Korkrinde, die alcornoque zum verbreitesten Baumnamen für 'd' machte. Die ausschlaggebende Rolle, die der Kork bei der Übertragung spielt, verdeutlicht die Tatsache, daß andere Eichenarten nicht 'd' bedeuten, und daß Korkeiche 'd', die mit s u g h e r a 8 nur noch eine Parallele im Italienischen hat, viel weniger verbreitet und seltener als Kork 'd' ist: cabeza de corcho 'Hohlkopf, Strohkopf' (Wb: nur S G ; a); kat. sur o (Kork, Korkeiche) 'molt insensible o molt curt d'enteniment' (X,82) ist durch 'Kork' motiviert, wie auch teñir el cap de suro, das neben 'dickköpfig' (X,82) auch 'd' (Daimuz) bedeutet,und it. testa di sughero (Kork, Korkeiche) 'Strohkopf'; vgl. hingegen span. cabeza de 1

Se prohibe llorar, p. 88. Vis., p. 247. * pedazo ist in dieser Fügung am häufigsten; mit anderen uns hier interessierenden Bezeichnungen verbindet es sich nur gelegentlich: pedazo de animal, ~ de asno, ~ de burro, ~ de atún, ~ de bruto, ~ de idiota, ~ de palo, ~ de estuco. Entsprechend kat. tros de z. B. tros d'ase, ~ d'animal. sprechend kat. tros de - , z. B. tros d'ase, ~ d'animal. 5 Ähnlich cortezudo adj. (dickrindig) 'die. de la persona rústica, inculta* (MA). * Gottschalk, p. 44. 7 Zum Merkmal 'hart' als Bezeichnungsmittel für 'd' vgl. den Artikel duro de 3

8

cabeza.

son sugbere fig. 'dei persone que non intendono nulla' (sehr selten, nur PETR..). 53

alcornoque. Zum Übertragungsmotiv 'leicht' vgl. it.fam. essere un sughero 'leicht wie Kork sein', etc. 'Leicht' liegt als Bezeichnungsmittel für den Bereich 'unüberlegt': lat. levior cortice (Otto: Sprichwörter, p. 94), span. ligero, it. leggero, dtsch. leichtsinnig etc. am Rande des Feldes. abedul (Birke) torpe, bestia, animal (CAB) Wir können das spezielle Motiv der Übertragung nicht erkennen. Bei einer Reihe von Baumnamen wird die Vorstellung 'd' vermittelt durch den faden, schlechten Geschmack der Früchte. Alle diese Bezeichnungen sind sehr selten und waren keinem meiner sujets bekannt. In der neueren Literatur finden wir keinen Beleg. Zum Übertragungsmotiv 'geschmacklos' und seiner Verwendung als Bezeichnungsmittel im Verstandesbereich vgl. insípido, soso, dtsch. fade und S. 12. acerolo m. (Azerolbaum, eine Art Mispelbaum aus der Familie der Rosengewächse) Se emplea en el sentido de torpe, bestia, animal. C A B Es fehlt in allen anderen Wörterbüchern. Die Früchte des j - i o m hohen Baumes sind etwa 2 cm groß und von süßsaurem Geschmack. An das gleiche Motiv, das zur Bedeutung 'd' führt, knüpft auch an pg. azarolado (zu azaróla) adj. 'mal humorado, aziumado'; vgl. dtsch. sauer 'schlecht gelaunt'. algarrobo (Johannisbrotbaum) Ist nach C A B gleichbedeutend mit abedul, also 'torpe, bestia, animal'. Die etwa 12 cm langen Hülsenfrüchte dieses Mittelmeerbaumes enthalten ein unangenehm schmeckendes Fruchtmark, das erst getrocknet einen süßlichen Geschmack annimmt. Die algarrobas werden vor allem als Viehfutter verwendet, für den Menschen sind sie schwer verdaulich. Aut. schreibt: »Dan pesado mantenimiento y son de digerir mui (sie) difíciles«. Daher sagt man im Katalanischen - Katalonien ist eines der Hauptanbaugebiete dieses Baumes9 - fer garrofa 'menjar massa i caure malament a l'estömec' (VI,205). Von 'unverdaulich' aus erklärt sich einmal kat. garrofa 'Lüge', 'Lügner', zum anderen die Bedeutung 'd' von span. algarrobo. Bei algarrobo tritt zu dem Motiv 'schlecht schmeckend' das verwandte Motiv 'schwer verdaulich'; was schwer verdaulich ist, fällt unserem Magen lästig, geht uns auf die Nerven und wird daher zur pejorativen Bezeichnung eines •hier sagt man auch guanyarse les garrofes (cast. ganarse los garbanzos oder las habichuelas 'Bohnen') 'sich die Brötchen verdienen". 54

Menschen. Deutlich zeigt diesen Vorgang pelmazo (auch pelma), das von der Bedeutung 'manjar o comida que se asienta en el estómago' zu der Bedeutung 'persona tarda o pesada en sus acciones' gelangt ist. SG verzeichnet zu pelmazo: 'Faulenzer', 'Dummkopf'. Beide Angaben sind falsch. Pelmazo bedeutet bisweilen 'langweiliger Mensch'10, wird aber vor allem auf einen Menschen angewendet, der einem mit seiner sturen, beharrlichen Art >auf den Wecker gehtc »La lata que me da ese pelmazo«. Die eigentliche Bedeutung 'schwer verdaulich' klingt hier noch stark an11. Das Wort bedeutet also keinesfalls 'dumm' im Sinne von Mangel an Intelligenz. acebuche (wilder Ölbaum) Se emplea en el sentido de torpe, bestia, animal. CAB Es fehlt in allen anderen Wörtebiichern. Die kleinen Oliven dieses Baumes schmecken bitter. Sollte die von Simonet12 gegebene Erklärung stimmen (Einwände s. DCELC) und das ar. Etymon auf ein lat. ACERBUS zurückgehen, so entsprächen sich genau das Benennungsmotiv der Grundbedeutung und das Ubertragungsmotiv von 'd'. Zu lat. ACERBUS gehört nach Simonet und REW (vgl. hingegen DCELC) auch cermeño (Art Birnbaum) m., adj., fig. hombre tosco, sucio, necio. MA, CAB, SG i.Beleg: i8.Jh. (i6.Jh.) Auch hier ist das Ubertragungsmerkmal der saure Geschmack dieser Frühbirne13. Auch bei der Frucht selbst vermittelte nicht die Form sondern der Geschmack die Übertragung: avugo (especie de pera de color verde y de sabor poco agradable, nach Borao und Pardo Asso gleichbedeutend mit 'Frucht des cermeño') Aragón: fam. persona torpe y obtusa (Borao14) In dialektaler Variante abubo (Aragón: fruto del cermeño) Aragón: fig. 'Persona simple, boba' (avubo 'id.'; Pardo Asso). Anders als wir, erklärt 10

11

12 18 14

Beispiel: (das Kind braucht sehr lange, um ans Licht der Welt zu kommen) »¡Vamos, pelma! ¡ A ver si naces de una vez!« (Lai, Sólo mueren los tontos, p. 7). - »¿Cómo piensan llamar a la criatura? preguntó una de las vecinas. Si sigue tardando tanto, la llamaremos pelmaza!« (Lai, Sólo . . . , p. 1 1 ) . Bei Juan Ruiz (Str. 744) bedeutet pelmago 'lästige Angelegenheit': »Este vos tirará todos esos pelmajos/ De pleitos é de fuerzas, de v e r g u e t a s e plajos«. p. 621. Ebenso D C E L C . Borao verzeichnet nicht - wie Corominas angibt - verschiedene Formen ( a b u b o 'cermeña', avugo 'd') für die eigentliche und übertragene Bedeutung.

55

Corominas, nach dem die Entwicklung umgekehrt von 'd' > 'Birne' verlaufen und abubilla 'Wiedehopf' der Ausgangspunkt gewesen sei: »Teniendo en cuenta abubillo 'tonto' podemos sospechar que éste y abubo venga de ABUBILLA, pájaro que el pueblo considera tonto por la monotonía de su canto (comp. fr. dupe 'abubilla' y 'necio, víctima de un engaño')«. Zur semantischen Stützung verweist er auf cermeño: »Así el traslado semántico de tonto a cermeña como el inverso son posibles, dada la falta de madurez15 de la cermeña«. Gegen diese Herleitung1' geben wir folgendes zu bedenken: 1. Nach Ausweis aller Wörterbücher ist im heutigen Sprachbewußtsein 'd' durch Birne motiviert und nicht umgekehrt. Wie verhielt es sich früher? Der älteste Beleg bei Torres Villaroel, den Corominas heranzieht, bringt im gleichem Zusammenhang abubillo 'd' und cermeño 'd', was nach Corominas für seine Erklärung spräche. Das Gegenteil ist der Fall. Die Nähe zu cermeño läßt keinen Zweifel zu, daß beide Bezeichnungen als metaphorisiertes 'Birnbaum' bzw. 'Birne' für 'd' aufgefaßt werden und abubillo keineswegs zu abubilla 'Wiedehopf' gehörig empfunden wird. 2. Für die Feststellung, daß der Wiedehopf beim spanischen Volk als dumm gelte, kann Corominas kein volkskundliches oder sprachliches Zeugnis beibringen. Franz. dupe und das sich als nicht stichhaltig erweisende abubillo reichen nicht aus, um eine Zwischenstufe 'd' anzunehmen, die der Bedeutung 'Birne' vorausgeht. 3. Schließlich und vor allem kann man den Übergang 'd' > 'Birne' nicht wahrscheinlich machen durch den Hinweis auf 'Birne' > 'd'. Für die ganz allgemein seltene Bedeutungsentwicklung von abstrakter zu konkreter Bedeutung können wir in unserem Bereich nur einige wenige Fälle anführen, in denen die aus 'd' entstandene konkrete Bedeutung ihrerseits in die Bedeutung 'd' übertragen wird: Aragón: tontorro 'caballo viejo' (Zamora Vicente, Dial., p. 280), Toulouse: estoupido 'Stockfisch' (Rolland, Faune I I I , i i 7 ) u n d vielleicht Jaén: alonso 'pavo' (Ale. Vene.). Den Beispielen aus der Tierwelt können wir jedoch kein Beispiel aus der Pflanzenwelt zur Seite stellen: Tiere und Menschen können nach psychischen Eigenschaften benannt werden, Pflanzen hingegen im allgemeinen nicht. Dem semasiologischen Vorgang 'Pflanze' > 'd' entspricht also nicht der onomasiologische Vorgang: Benennung der Pflanze nach 'd'. Auf die Problematik der Etymologie von Brüch, der avugo in Zusammenhang mit FAGUS 'Buche' bringt, braucht hier nicht eingegangen zu werden. Coromi15

18

Besser sollte es heißen: >el gusto áspero< wie der gleiche Autor im Artikel cermeña schreibt. Spitzers in Lex. Kat. 11 j Anm. vertretene Etymologie abigo 'Viehknecht' (REW 27) > 'Grobian' > 'gemeine Frucht' wurde schon von Brüch (Arch. Rom. II, Bd. 3, 67) und Meyer-Lübke (REW 27) zu Recht abgelehnt. In begrifflicher und vor allem in lautlicher Hinsicht läßt sie sich noch weniger stützen als Corominas Erklärung.

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nas, der seine eigene Erklärung für »más sencilla« hält, können wir jedenfalls nicht beistimmen, da für uns kein Zweifel daran besteht, daß avago 'd' sekundäre Bedeutung zu avugo 'Birne' ist. Anders ist die Entwicklung bei frz. pop. p o i r e (Birne) > 'Dussel' verlaufen. Die Gedankenverbindung beruht auf der kopfähnlichen Form dieser Frucht - poire ist wie dtsch. Birne eine affektbetonte Bezeichnung des Kopfes - und auf deren weichen, oft matschigen Substanz. Mit letzterem Merkmal hängt vielleicht die Bedeutung von pop. être poire 'gutmütig dumm sein' zusammen. Die kopfähnliche Form - nicht den Geschmack - scheint Kany 1 7 als Obertragungsmotiv von aguacate (Avocadobaum) 'd' in Betracht zu ziehen, da dessen Früchte sehr wohlschmeckend sind: »Sometimes names of fruit trees, as well as fruits have the sense of tonto. Possibly referring to the wood ('blockhead') as well as to the fruit are aguacate (Col, C A , Mex, highland Ec), from Aztec A H U A C A T L 'avocado tree and its fruit', with augmentative aguacatón and the still stronger expression aguacate sin pepa«. Das gleiche Motiv wie bei avugo, das wir aber sachkundlich nicht nachweisen können, liegt möglicherweise auch vor in pero (Nav. Birnenbaum) N a v . (Añorbe; I R I ) tonto, imbécil. M A perara (vgl. perera N a v . 'Birnenbaum') N a v . (Miranda de Arga) 'simplado, medio tonto' (IRI) und perantón N a v . (Cintruénigo, Corella; I R I ) pej. 'soso, tonto' (MA) dürften Ableitungen von pero 'd' sein. Obwohl perantón auch als sehr seltene gemeinspan. Bezeichnung für einen 'großen Menschen' ausgewiesen ist (seit 19. Jh.; MA), erscheint uns Martin Alonsos und Moliners Herleitung aus dem seltenen Technizismus peralto 'altura de una figura o cuerpo geométrico' kaum zu rechtfertigen zu sein. Neben dem semantischen und formalen Gesichtspunkt spricht für die von uns vorgenommene Einordnung auch die auffallende Tatsache, daß pero, perara und perantón 'd' im gleichen Sprachgebiete erscheinen. ciruelo (Pflaumenbaum) fig. fam. Hombre muy necio e incapaz. M A , C A B fig. Tölpel. S G 1. Beleg: 19. Jh. ( i j . Jh.) 17

Euph., p. 65. 57

cirgiiello (Aragón: 'Pflaumenbaum') Aragón: fig. Persona tonta. M A ; Pardo Asso. cerojo (Sant. 'Pflaumenbaum' 18 ) Sant. fig. Torpe, hombre de pocos alcances. Man könnte auch an übertragenes dtsch. Pflaume denken und als Motiv '(pflaumen-)weich' ansetzen. Im Spanischen hat aber ciruela nicht den expressiven Wert wie Pflaume im Deutschen und ist keine volkstümliche Bezeichnung für eine 'minderwertige Person'. Wir vermuten, daß bei Maestro Ciruela 'unfähiger Lehrer' Umbildung von ciruelo eingetreten ist durch den Reim des bekannten refrán: El maestro Ciruela que no sabía leer y puso escuelaAuch sancirole geht auf ciruelo (San Ciruelo) zurück, (s. Artikel sansirolé, S. 263f.). Zu frz. prunier (Pflaumenbaum) 'd' übernimmt Heins' 0 eine Erklärung von Gottschalk, die nicht überzeugt: »Der Pflaumenbaum gilt als dumm und töricht, weil er unten am Stamm unnütze Schößlinge treibt«. Wie bei pero und ciruelo müssen wir uns mit der Angabe des allgemeinen Übertragungsmotives des Baumfeldes 'leblos, unbeweglich' begnügen bei camueso m. (Kantapfelbaum) fig. fam. Hombre muy necio e ignorante. MA, C A B fig. Einfaltspinsel. S G i.Beleg: 17. Jh. (16. Jh.) Unseren Gewährsleuten war weder der Baum noch die übertragene Bedeutung bekannt. Ein Beleg aus der Literatur des i 8 . J h s . : (von einem Ungebildeten, der in einer Buchhandlung ein Kochbuch gekauft hat) »Soltó el camueso la moneda y marchó cargado de la humanidad« 11 . Castro 28 setzt camuesa 'Apfel' bzw. camueso 'Apfelbaum', 'd' in Beziehung zu prov. kat. camús 'platt', 'd', frz. camus 'platt, plattnasig' und ait. cantuso 'platt' 8 ®: * C A M U S I U > span. camueso (vgl. segusiu > sabueso), von hier entlehnt pg. camoes, -sa 'Apfel' und kat. carnosa 'id.' Wahrscheinlicher scheint uns, daß camueso 'd' eine sekundäre Bedeutung zu camueso 'Apfelbaum' ist, was wir freilich nur annehmen dürfen, wenn camueso 'Apfelbaum' 18

19

20 21 22 23

Belegt finden wir bei M A nur cerojal, wozu cerojo eine Variante ist wie mda. pero zu peral, etc. Maestro Ciruela wird auch allgemein auf einen Menschen angewendet, der sich für etwas zuständig hält, ohne dafür befähigt zu sein. Refr. 56803 gibt die Variante: El maestro Quiñones que no sabía leer y daba lecciones. A . Heins, p. 420. Torres Villaroel: Vis., p. 39. R F E V I (1919), p. 3 3 8f. Im Zusammenhang unserer Untersuchung ist die Frage nach der umstrittenen Herkunft des Stammes CAM(B)- ohne Belang.

J8

nicht z u p r o v . kat. camús 'platt', 'd' gehört. Nascentes erklärt den A p f e l baum als Bezeichnung nach seiner H e r k u n f t , w o b e i er sich auf eine A n g a b e eines Gelehrten des 1 7 . Jhs. stützt: »Segundo Severim de Faria esta denom i n a d o p r o v é m do castelo de Camöes, na G a l i z a « . D i e span. und kat. Formen w ä r e n demnach gall.-port. Herkunft 8 4 . Für die E r k l ä r u n g

von

Nascentes, die auch Corominas f ü r die wahrscheinlichere hält und der damit die H e r l e i t u n g v o n ' d ' aus ' A p f e l b a u m ' vertritt, sprechen folgende Gesichtspunkte: r. Bei C a s t r o hat man den Eindruck, er habe das M e r k m a l 'platt' in die A p f e l s o r t e z u r S t ü t z u n g seiner E t y m o l o g i e >hineingedeutet daher wird in dem folgenden, von May (p. 24, Anm. 74) zitierten Beispiel eine große Melone mit einem klugen Kopf verglichen: »aquelas melancias que eram taludas como cabejas de doutores« (Aquilino Ribeiro: Jardim das Tormentas, p. 263).

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riu massa, té el cap de carabassa (IX,505). Kat. amelonat, -a da adj. (1,585); prov. c ar ab as so (Kürbis) 'tête folle, écervelée' (Flore pop. V I , 3 1 ) ; Gard: c ougourlo (Kürbis) 'imbécile' (Flore pop. VI,23); Toulouse: co ujass o (Kürbis) (ib.); frz. gourde f. (Kürbis) fam. 'Dussel', citrouille f. (Flore pop. VI,22), melon m. (Flore pop., 39), cornichon m. (Gurke) (Flore pop. VI,37). Auch der Gattungsname der Kürbispflanze cucurbitacé ist als Bezeichnung für den 'imbécile' belegt (H. 422). It. ci trullo (Kürbis)'Einfaltspinsel'(REW 1956). sandio, -ia adj. necio, simple ú. t. c. s. M A Tonto y majadero; se aplica a las personas a la vez faltas de inteligencia e indiscretas o inoportunas. M O L 1. Beleg: 13. Jh. Das Wort ist nicht nur aus der Umgangssprache geschwunden. Auch in der Schriftsprache ist es kaum noch anzutreffen. Den Spanier, soweit er sandio überhaupt kennt, erinnert das Wort unwillkürlich an die ältere Literatur. Lebendig scheint es aber noch in Navarra (Tabar) zu sein, wo es von Iribarren in der ursprünglichen Betonung sandio 'sandio, estúpido' belegt ist. Die ursprüngliche Form von sandio unterscheidet sich von der modernen, wie Corominas zeigt, hinsichtlich der Betonung und der Bedeutung. Der Akzent lag auf dem i: sandio**, und das Wort bedeutete nicht 'dumm, töricht', sondern 'idiota, loco'. Der Betonungswechsel ist nach Corominas der Tatsache zuzuschreiben, daß das Wort im 16. Jh. veraltet, ungebräuchlich war und bei seiner Wiederaufnahme in die Schriftsprache im 17. Jh. von den synonymen u. antonymen Wörtern necio, zafio, sabio beeinflußt wurde. Wir sehen in sandio metaphorisiertes sandía 'Wassermelone33, eine Ent32

Sendio lautet zwar die Form des ältesten Belegs (Berceo), kommt aber nur vereinzelt und im Portugiesischen gar nicht vor. Die Form ist sicherlich sekundär und rechtfertigt nicht eine lautlich und begrifflich schwierige Herleitung aus SINE DEO, wie sie von Carolina Michaelis versucht wurde. Wir folgen in dieser Auffassung dem D C E L C . Nicht von Corominas erwähnt wird Cejador Frauca (Arcipreste de Hita 11,47, Anm. 991), der ebenfalls glaubt, sendio sei die ursprüngliche Form, und der die absurde Erklärung gibt: »viene de sendos y del subfijo io: propriamente es el simple, de SINGULUS, mediante sendos«. 38 Diese Auffassung vertreten Sainéan: Sources ind. 1,151, Spitzer: Lex Kat. 28, Lokotsch 51, REW 7934a und García de Diego: Dicc. Etim., 491. Interessant ist, daß der erwähnte Betonungswechsel auch bei sandía 'Melone' selbst auftreten kann: (San Luis, Argentinien) »en el tinque conocí que la sandia [sic] era madura« (B. E. Vidal de Battini, El habla rural de San Luis, I, in: Biblioteca de Dialectología Hispanoamericana, VII, Buenos Aires 1949, zit. bei Kany, Euph., p. 219). Bei Iribarren finden wir die Form zandia (Melone) für Larraga und andere Dörfer Navarras ausgewiesen.

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wicklung, zu der wir zahlreiche Parallelen angeführt haben. Corominas hingegen greift die bereits von Diez W b 4 8 j gegebene Erklärung wieder auf, nach der sandio zurückgeht auf den Ausruf S A N C T E DEUS 3 4 . Während Diez aber meint, es sei der Ausruf eines Menschen, der über alles dumm verwundert ist, und der schließlich nach seinem Ausruf benannt wird, zieht Corominas eine andere Erklärung vor: S A N C T E DEUS sei der Ausruf des Mitleids gegenüber einem dummen Menschen. Uns ist nicht ersichtlich, warum Corominas die Diezsche Deutung f ü r semantisch weniger wahrscheinlich hält und meint, eine Ansicht von C.Michaelis aufgreifend, die von diesem angesetzte Entwicklung hätte zu der Bedeutung 'scheinheilig, frömmelnd' führen müssen. Immerhin lassen sich leichter Parallelen finden f ü r die Bezeichnung eines Menschen nach einem f ü r ihn typischen Ausruf oder Redensart - vgl. z . B . goddam 'Engländer' (bigot 'Normanne' 12. J h . ; vielleicht aus aengl. BÎ GOD, cf. Bl. Wb., s. v. bigot), pordiosero 'Bettler', un che 'Argentinier' (nach Anredepronomen che anstelle von tu), Chile: coño 'Spanier' (Kany, Euph., 34) nach dem vulgären, stereotyp verwendeten Ausruf, etc. - als f ü r die Bezeichnung eines Menschen nach einem Ausruf, den man ihm gegenüber macht. Bendito, kat. beneit, frz. benêt, das Corominas als Seitenstück zu seiner Erklärung heranziehen will, überzeugt nicht, da es sehr wahrscheinlich anders zu erklären ist®5. Z w a r ist S A N C T E DEUS lautlich möglich (cf. D C E L C ) , doch berechtigt uns der hypothetische Charakter der begrifflichen Seite der Herleitung, das näherliegende, durch zahlreiche Parallelen gestützte sandía 'Wassermelone' 'd' als wahrscheinlicheres Etymon anzusetzen, zumal die Einwände, die Corominas dagegen vorbringt, abgeschwächt werden können. Sie sollen der Reihe nach hier kurz besprochen werden. 1. sandía 'Melone' »es dudoso se conociera en el Norte de España a princ. s. X I I I « . D a sandía 'Melone' von Corominas f ü r das arabische Spanien in einer lateinischen Übersetzung aus dem Arabischen aus dem 1 3 . J h . belegt wird, könnte sandía wie so viele andere arabische Wörter im 1 3 . Jh. bzw. vorher ins Nordspanische gedrungen sein. 2. »El tono serio de la poesía amatoria y religiosa del s. X I I I está a cien leguas de tales metáforas«. Diesem Einwand stimmen wir weitgehend zu. Möglich wäre allerdings auch, daß der Bildgehalt sehr verblaßt war, was mit den adjektivischen Formen zusammenhängen könnte oder auch damit, daß das Wort in seiner Grundbedeutung 'Melone' wenig verbreitet war. Für das Kastilische ist sandía 'Melone' erstmals bei Nebrija (1495) bezeugt. Bestehen zudem nicht die gleichen stilistischen Bedenken gegenüber San Diosl 'verrückt'? 38 34 35 36

Über Ausrufe und Beteuerungen aus der Welt des Religiösen, s. Weise, p. 169t. s. Artikel bendito. In der Volkssprache jedenfalls war die Metapher Melone 'Dummkopf auch im Altspanischen beliebt: »Don Melón de la Huerta« heißt der clérigo mujeriego in der Endrinaepisode des Libro de Buen Amor (Str. 727). Cejador y Frauca 04

3- »además el nombre sandía no se ha conocido en Portugal (donde dicen melancia)«. Wir vermuten - wie auch Nascentes und Moráis, daß pg. sandeu, sandia über das Spanische ins Portugiesische gedrungen ist, wobei das Wort nur in der übertragenen Bedeutung übernommen wurde, wie es bei Entlehnungsvorgängen oft vorkommt. 4. Schwieriger ist es, dem folgenden Einwand zu begegnen: »la forma portuguesa sandeu se opone a esta etimología rotundamente«. Nun könnte nach dem gleichen Muster pg. judeu, judia, meu apg. mia, nach dem Corominas fem. sandia zu m. sandeu erklärt, auch umgekehrt m. sandeu als Analogiebildung gedeutet werden. Letztere Möglichkeit ist freilich angesichts der vielen Adjektiva auf -io, -ia von geringerer Wahrscheinlichkeit. Gleichzeitig einwirkendes Deu 'Gott', also volksetymologische humoristische Umgestaltung, wäre nicht ausgeschlossen. 5. »Los derivados antiguos sandez, ensandecer, inexplicables si la i fuese antigua pero muy naturales partiendo de DEUS: sande-ez, ensande-ecer«. Wir erklären zwar diese Ableitungen mit Corominas aus sandeo37, sehen aber in letzterer Form eine sekundäre Bildung (s. o.), nicht wie Corominas eine Vorstufe zu sandio. Entsprechend glauben wir, daß die Ableitungen mit einem e: sandez, ensandecer, die ebenfalls alt sind, von sandía aus gebildet wurden, und nicht, wie Corominas meint, auf sandeez und ensandeecer beruhen. Zusammenfassend können wir feststellen, daß die Einwände Corominas gegen sandio 'd' aus sandía 'Melone' sowohl in chronologischer, stilistischer und formaler Hinsicht nicht zwingend sind und jedenfalls nicht die semantisch soviel schwierigere Herleitung aus SANCTE DEUS wahrscheinlicher erscheinen lassen. Pg. sandeu, sandia adj.s. 'tolo, pateta, lorpa' ( X X V I I , 4 6 ) . Wie im Spanischen ist die Bedeutung von ' v ' zu 'd' abgeschwächt worden, und das Wort ist literarisch und veraltet. Es folgen einige Fruchtnamen f ü r 'd', die nicht einem entsprechenden Baumnamen zugeordnet werden können. Figo (Feige) Aragón: Tonto ( 1 2 . - 1 5 . Jh.) sieht durch die Verwendung des Namens seine These gestützt, daß El Libro de Buen Amor nicht als autobiografisches Werk verstanden werden dürfe: »por eso le llama melón, porque suelen ser los tales (los clérigos enamoradizos) unos tales calabacines de tan respetable tomo, que parecen melones, y unos melones tan insustanciados, que parecen calabacines. N o hay nombre en todo el libro que no sea significativo. Y aún hay quien cree que el Arcipreste se fuera a llamar melón a sí mismo!« 37

vg. galiz. sándeo, -ea (mit an span. sandio angeglichener Betonung) adj. »'sandio, loco' según el vocabulario de la Crónica Troyana« (Rodr. Gönz.).

65

Im gleichen Sprachgebiet kommen auch die folgenden Ableitungen vor: figazo

und figoncio.

Aragón y N a v a r r a : tonto

del higo,

von C A B

fälschlich 'tonto de capirote* also als unserem Feld zugehörig definiert, bezieht sich nur auf vorgetäuschte Dummheit. Daneben die kontrahierte Form N a v . : tontoligo

'id.' ( M A , I R I ) . estar

en la higuera

(Feigenbaum) 'estar

en Babia' (a) ist gemeinsprachlich, gehört aber nicht in den Bereich 'unwissend' als permanente Eigenschaft. Man sagt es von einem Menschen, der über eine bestimmte Angelegenheit nicht Bescheid weiß oder der nicht bei der Sache ist: Anselmo (der schließlich merkt, daß er von seiner Freundin seit langem betrogen wird): »Es el colmo! . . . ¡Y yo en la higuera!« ' . . . und ich wußte von nichts' (Laiglesia: Amor, p. 170). Die Vorstellung des Nicht-Sehen-Könnens, auf der letzterer Ausdruck beruht - wer im Feigenbaum steht, kann wegen des dichten Laubwerks, das die großen Blätter bilden, nicht sehen, was um ihn herum vorgeht - steht in keinerlei Zusammenhang mit dem Übertragungsmotiv von figo zu 'd', nämlich der Weichheit der Frucht. Mit dieser Vorstellung wird die Feige in verschiedenen Sprachen assoziiert: Albacete: ser o estar más blando que una macoca (getrocknete Feige) (RFE X X V I I , 2 5 0 ) ; prov. mou coume uno figo (Mistral). Im seelischen Bereich erscheint feigen weich außer im neg. Verstandesbereich auch im Willensbereich: »después de hablar con él quedó más blando que una breva« (Frühfeige) ' . . . wurde er äußerst nachgiebig'; flämisch vijg (Feige) 'poltron' (Flore pop., ~X.,6j); dtsch. Feigling. Willens- und Verstandesmäßiges vereint zeigt kat. Manacor: par et jal figa blana 'persona beneitota i mancada d'activitat (VIII,252/3). Die Weichheit ist Bezeichnungsmotiv der Feige in frz. Argot der Halles de Paris douillette

( 1 8 4 2 , Flore pop., X , 6 2 ) .

Zu 'weich' als Bezeichnungsmittel für 'd' vgl. den Artikel mollar39. Die Übertragung zu 'd' mag auch durch den affektischen Gehalt, den higo als Ausdruck des Nichtigen, Wertlosen schon im Altspanischen89 hatte, gefördert worden sein. Kat. Valencia, Alicante: b acor a (Feige) 'persona fluixa o inútil per curtor d'enteniment (11,197), Ibiza: tiboll (grüne Feige) 'beneitó' (X,28I), parat jal (Feige, Feigenbaum) Mallorca 'bámbol, grosser o curt d'enteniment'40; prov. Jan des Figos (Jan Figo) 'un belitre' (Mistral). In verschiedenen Sprachen veranlassen weiche Früchte wie z. B. die Tomate, die Banane, die Pflaume Vergleiche mit willensschwachen, dummen Menschen. "Berceo: Mil. 34if. und öfter; span. no dársele a uno un higo 'einem völlig gleichgültig sein', no vale un higo 'keinen Pfifferling wert sein'. Vgl. auch Doña Higo 'mujer de poco mérito y poca importancia; más si es presuntuosa' (CAB). 4 0 Daß paretjal eine minderwertige Feigenart ist, zeigt das mallorkinische Volkslied: 38

»Una figuera verdal te sa fruita apreciada; no m'agradas per cunyada perque ets massa paretjal«. (VIII,2J2Í.)

66

melocotón (Pfirsich) m. 'Dummkopf' (Zaragoza, Barcelona). Fehlt in allen Wörterbüchern. Auch in der Fügung cabeza de melocotón wird es vor allem in der Studentensprache verwendet und als Variante zu gleichbedeutendem melón bzw. cabeza de melón empfunden. Der Sinn von melón wird aufgrund von Namenähnlichkeit auf melocotón übertragen, was umso leichter möglich ist, als auch das Feldbewußtsein bei der Übertragung mitwirkt, da melocotón zur Vorstellungsgruppe Früchte 'd' gehört. mamusti (Nav. Frucht der Ulme) Nav. (Pamplona, IRI) adj. Memo, lerdo, atontado, alelado. Schon im Frühjahr, bald nach der Entwicklung der Blätter, reifen die etwa i cm großen, büschelweise wachsenden Früchte, von netzaderigem Flügelsaum umgebenen Nüßchen, und werden vom Winde verweht. Das Motiv des Leichten, Wertlosen paßt nicht zu obiger Bedeutung von mamusti. Wir dürfen annehmen, daß mamusti durch Lautanalogie zu mustio41 zunächst die Bedeutung annahm: Nav. adj. 'die. del que tiene el rostro triste o la expresión mustia o abobada' und vom traurigen, melancholischen Aussehen zu 'dumm aussehend', 'dumm begriffsstutzig' gelangte. Auf die uns gerade für den Spanier typisch erscheinende Bewertung des Temperamentlosen als dumm bzw. Temperamentvollen, Vitalen als Zeichen der Intelligenz kommen wir noch im Artikel pava zu sprechen. Es folgen eine Reihe von Feldfrüchten. berzas (berza 'Kohl') m. Nav. Pamplona, Aóiz: es un berzas 'se dice del individuo torpe, necio o atontado'. IRI (Zaragoza). Andal.: Cobarde. Persona apocada y sin iniciativas. MA Persona egoísta, baldragas o negada. SAL Während berzas 'd' nur in Navarra und Zaragoza vorkommt, ist die suffigierte und expressivere Form berzotas 'torpe, necio, atontado' (MA; IRI) auch in Kastilien, Asturien und im >castellano< von Barcelona gebräuchlich und nicht, wie MA ausweist, auf Navarra beschränkt. Seinem begrifflichen Gehalt nach gehört berzotas in den Bereich ' d - o h n e Verstand', entzieht sich aber oft in seiner vorherrschend affektbetonten Verwendung als Schimpfwort einer genaueren begrifflichen Fixierung. Der stilistische Wert läßt sich in folgendem Beispiel recht gut mit unserem doof aus der Lausbubensprache wiedergeben: »Les recordaba su infancia cuando 41

Dafür spricht auch der adjektivische Gebrauch der übertragenen Bedeutung.

67

escribían con tiza en las paredes de la escuela >Pepe es tontoEl maestro es un berzotas«^. Ein Gefühlswert der >langue< ist der Ausdruck der Verärgerung, der dem Wort meist anhaftet: »Más de una hora nos tuvo aquel berzotas germano practicando los cuatro gritos básicos del baile calé, hasta que los dominamos por completo«43, etwa 'blöder Kerl'. Mit diesem affektischem Gehalt ist es ein häufiges Schimpfwort in der Anrede: (Zwei Personen, die im Dunkeln aufeinanderstoßen) »¿Y por qué no gritó usted, berzotas? - se indignó la propietaria« 44 . Desgleichen unter Autofahrern (gehört). Es handelt sich bei diesen Beispielen um relativ gleichbleibende, sich wechselseitig beeinflussende Kontexte 45 , weshalb wir ' d - o h n e Verstand' + Verärgerung als usuelle Verwendungsweise von berzotas bezeichnen. Hierfür ein letztes Beispiel: »Proponga usted a doña Mili trasladarla a otra casa mejor, dijo el pollo. - ¿Y de dónde saco yo una casa mejor, berzotasr1«46. Für die so divergierenden Bedeutungsangaben von M A für Andalusien und von S A L finden wir keine Belege. Obwohl in dtsch. Kohlkopf 'd' und frz. tête de chou (Kohlkopf) 'd' offensichtlich die kopfähnliche Form der Pflanze bei der Übertragung vermittelnd gewirkt hat - Kohlkopf = Kopf ohne Hirn - und auch im Spanischen kopfähnliche Gegenstände bisweilen auf dumme Personen übertragen werden, dürfte in berzas dieses Merkmal, wenn überhaupt, nur eine sekundäre Rolle gespielt haben, da man hier anders als im Französischen und Deutschen den Kohlkopf in der Grundbedeutung eben nicht als >Kopf< bezeichnet und berza als Bezeichnungsmöglichkeit des Kopfes auch im okkasionellen Gebrauch kaum vorkommen dürfte. Ausschlaggebendes Übertragungsmotiv ist der geringe Wert, die Gewöhnlichkeit der Pflanze, eine Vorstellung, die die Sprache oft aufgreift: Nabos con coles, olla de pobres (Refr. 44717) 47 , berzas y nabos, para en una (zu ergänzen ist wohl olla) entrambos. 'Se dice de aquellos, que siendo de malos propiedades, se conforman y juntan para hacer alguna cosa'. Berzas fig. y fam. 'versos malos' (17. Jh.), dtsch. rede keinen Kohl etc. Die semantische Auffächerung von berzas bzw. berzotas 'Dummkopf' (seinerseits unbestimmt, s. unsere Analyse), 'Feigling', 'Egoist' deutet ebenfalls auf das Motiv 'gewöhnlich, minderwertig'. Diese Ähnlichkeitsbeziehung zwischen Kohl und 'd' ist eher gefühlsmäßiger als begrifflicher Art. Was wir auch in anderen Fällen feststellen konnten, zeigt sich auch hier: es besteht ein Zusammenhang zwischen geringer begrifflicher Schärfe des Übertragungsmotivs und semantischer Unbestimmtheit. Der wertloseste Teil der Pflanze, der Strunk, bezeichnet den Dummkopf im 42 43 44 45

46

Laiglesia: Sólo mueren . . . , p. 106. Laiglesia: Sólo mueren . . . , p. 2 1 7 . Laiglesia: Sólo mueren . . . , p. 3 6 4 . Ullmann (Grundzüge, p. 9 3 ) spricht v o n »Kontexten der langue«, eine Bezeichnung, die besser festen Wortverbindungen vorbehalten bleiben sollte. Laiglesia: Se prohibe . . . , p. 9 3 . 68

Katalanischen, Llofriu: caluix, curt d'enteniment (11,863), tronxo

-a (caluix '(Kohl)Strunk') 'beneitot, (Kohl)Strunk) 'beneitot, curt d'ente-

niment' ( X , J J I ) .

panojo (Santander: 'Maispflanze') Santander: fig. Bobo, mentecapto (Madrid). Panojo bezeichnet zunächst metonymisch den 'ländlichen Menschen', der diese Pflanze anbaut. 'Ländlicher Mensch' verbindet sich mit dem Nebensinn 'd', der dominant wird. Einen Hinweis auf die in Santander vielleicht nur okkasionell vorhanden gewesene Zwischenstufe 'ländlicher Mensch' und deren metonymischen Ursprung gibt die Bezeichnung des Murcianers und seiner Mundart durch panocho 'Maiskolben' (auch adj.), eine besonders in Murcia und Albacete häufige Variante zu Sant. panojo 'Maispflanze' bzw. zu gemeinspan. panoja 'Maiskolben'. Die Tatsache, daß Santander und Murcia wichtige Anbaugebiete dieser Pflanze sind, bestätigen, daß der Bedeutungswandel metonymisch verlaufen, d. h. von einer Kontiguitätsassoziation ausgegangen ist. Volkstümliches panoli 'Tölpel', das Rohlfs irrtümlicherweise auf PANUCULUS, also dem Etymon von panojo, zurückführt (s. Artikel panoli) hat möglicherweise aufgrund der Lautähnlichkeit panojo 'd* beeinflußt; dann wäre panojo dem mehrschichtigen Bedeutungswandel zuzuordnen. zanorio, -a (Nav. zanoria 'Mohrrübe') Nav. (Corella, IRI) pej. Tonto, bobo, torpe. Majas 48 meint, pg. nah o (Rübe) 'd'48, ser nabo 'dumm sein', knüpfe an den Vergleich des Kopfes mit einer Rübe an. Da nabo aber nur gelegentlich den Kopf bezeichnet, nur eine der vielen Metaphern für diesen Körperteil ist, halten wir diese Erklärung nicht für zutreffend. Unverständlich ist, warum Spitzer50 argentinisch: zanagoria m. 'persona de poca valia. Dependiente, servidor de infima clase' unter Abstrakta einreiht und zu der Bedeutung 'verstellte Liebkosungen' stellt, dazu allerdings vermerkt: »vielleicht auch Vergleich«. Ohne Zweifel wurde die Entwicklung 'Rübe' > 'd' durch die Wertlosigkeit dieser Feldfrucht vermittelt und entspricht somit dem Übergang von 'Kohl' zu 'd\ Mit dieser Pflanze tritt nabo häufig in Zusammenhang, ja wird mit ihr buchstäblich >in einen Topf geworfene El nabo y la col bien haya quien los caso (Refr. 44712); le dijeron los nabos a la col: >En la olla nos juntara Dios< (Refr. 44714); vgl. auch die unter Ein sujet meinte, berzas bedeute 'd', da die Esel damit gefüttert werden! Pert., p. 24. 49 »Doute ao demo essa cabeja! N ä o tem siso por um nabo«, Gil Vicente V,73, zit. bei May., Pert. 24. 5 0 Epizöne Nomina, p. 173. 47

49

69

berzas zitierten refranes. Frz. navet, des navets ist Ausdruck der Wertlosigkeit schon in den ältesten Texten: »Mes tez diz ne vaut deus navez« 51 und lebt noch im heutigen Vulgärfranzösisch in der Verneinungsformel des navets neben gleichbedeutendem des panais weiter 52 . Kat. no valer un nap, der oben zitierte Beleg von Gil Vicente, die von Spitzer angeführte Bedeutung zu argent, zanagoria ( L A R bucht zanahoria argent. fam. 'Tonto, bobo', S G amer. 'Tölpel' in der Gaunersprache, M A die Variante mit Hiatustilgung Arg. sanagoria adj. 'memo') weisen ebenfalls auf das Ubertragungsmotiv 'minderwertig'. Kat. pastenaga (Mohrrübe) fig. 'beneitot, persona de poc seny' ( V i l l a u ) , Abi. pastenagada, kat.Empordà: nap (Rübe) 'id.' (VII,699), nap torrat, nap boal (Ochsenrübe) (ib.); frz. argot Paris: p a n a i s (Mohrrübe) 'imbécile' (Sainéan, Lang. Paris, 384), n a v e t 'd'.

III.

BLUMEN

ababol (mda. Klatschmohn) Aragón, N a v a r r a : Persona simple y abobada. M A N a v a r r a , Ribera: Persona simple, abobada y de pocos alcances o infundadas pretensiones. I R I ababol 'Klatschmohn' verzeichnen die Wörterbücher ohne Hinweis auf den nur mundartlichen Charakter des Wortes. Zamora Vicente bezeugt es in der Grundbedeutung f ü r Albacete. Die übertragene Bedeutung erklärt sich aus der Verwendung des Mohns zur Herstellung von Schlaf- und Betäubungsmitteln. So bezeichnet man den Mohn allgemein, zu dessen Familie ababol bzw. gemeinspan. amapola gehören, als adormidera. Das gleiche Motiv, die narkotische Wirkung, greift die Sprache auch bei anderen Pflanzen auf: embelesar (zu mit dtsch. Bilsenkraut stammverwandtem belesa) bedeutet ursprünglich 'Fische betäuben', indem man mit belesa das Wasser vergiftet', im 1 5 . bis 17. Jh. 'verwirren, in Erstaunen setzen', heute 'entzücken' 58 ; ähnlich embeleñar (zu beleño 'Bilsenkraut') 'mit Bilsenkraut einschläfern', 'in Erstaunen setzen'. Vgl. auch tornalocos 'Bilsenkraut' in Valdegovia (Alava) 64 . Wie nahe 'betäuben, benommen machen' bei 'd' liegt, sehen wir schon daran, daß man im Spanischen diese Bedeutung mit atontar, also einem zum Stamm tonto 'd' gehörenden Bezeichnungsmittel wiedergibt: »Acabo de levantarme. Todavía estoy medio atontado«. Vielleicht wäre es zu dieser Entwicklung nicht gekommen, hätte nicht außerdem der lautliche Anklang zu der an 51

Roman de la Rose, v. 18 843. s. Sainéan, Lang. Paris., p. 381-382. 53 cf. DCELC 1,438. 54 Baráibar: Dicc. de Alava, zit. bei Spitzer ZRPh 41,167. 82



Bezeichnungen für 'd' sehr reichen baba-Gruppe bestanden, was angesichts der Variante ababa 'amapola', fam. 'simplón' (nur bei L A R ) nicht zu bezweifeln ist. Ababol gehört somit in die Kategorie »mehrschichtiger Bedeutungswandel - Namenähnlichkeit und Sinnähnlichkeitesta compuesta de facultades contrarias, porque juntamente reprime, resuelve, y maduraeine verrückte Ziege< keine direkte Entsprechung im Spanischen«. Der oben angeführte Vergleich dient lediglich zur Hervorhebung der genannten Eigenschaft 'verrückt w i e Entsprechung unserer dummen Ziege b z w . verrückten

..Eine

Ziege, die aber nicht

aus der >parole< in die >langue< übergegangen ist, finden w i r bei Paso ( N r . 377, S. 12). Carlos: » H a y un animal que odio particularmente. L a cabra. T e mira con unos grandes ojos azules, rumiando y rumiando. C u a n d o menos te lo esperas lanza un grito tembloroso: beeee. Y se pone a dar saltos. Ponle un chicle en la boca a Eugenia, oblígale a que lo mastique, y tendrás una cabra delante de tí«. Kat.

Estar

com

una

cabra

o mes

loco

que

una

783) ist aus dem Spanischen übernommen; L l o f r i u : cabrit

cabra

moll

(II,

'ximplet,

beneitot' (11,792). Pg. cabra (V,297), adj. 'ruin. Esperto, sabido' hat nicht Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch gefunden. M f r . tenir

pour

chievre

wird

'tenir pour sot' ( E H 1 3 J ) ; nfr. la chèvre a pris le loup39

von E H unter die 'd'-Ausdrücke eingereiht, obwohl hier die Ziege weniger für eine 'dumme' als f ü r eine 'schwache, unterlegene Person' steht: 'se dit quand une personne, quoique moins puissante, l'a emporté sur une autre mal intentionnée' (Larousse i960). Einige Wendungen des älteren Italienisch gehen v o m gleichen Bezeichnungsmotiv aus wie das Spanische, nur vollführt hier die betreffende Person die Sprünge zusammen mit der Ziege 40 : cavalcare

la capra, far cavalcare

ad altri la capra delle

sciocchezze

'far

parlare o agiré una persona in modo sciocco, a sproposito' (Gr. D i z . 11,726). Engl, to play the (giddy) goat, 'sich närrisch benehmen, Kapriolen machen.

Die gleiche Erklärung bei Beinhauer, Tier, S. 127, Anm. 72. Die gleiche Beobachtung liegt sicherlich den Bezeichnungen für 'betrunken' zugrunde, wie estar como una cabra (seltener als in der Bedeutung 'verrückt'); pg. (mundartlich): estar com a chiba, mas borracho que um chibato, andas com uma cabra, estar com uma cabra (Kröll, S. 72 und 75-76). 39 vgl. Gottschalk, S. 69. 40 Eine andere Erklärung gibt T O M II,134 mfrz. chevaucher la chèvre dans la vallée 'entreprendre quelque chose de dangereux' (FEW 11,295) scheint auf das Italienische zurückzugehen, -wo der Ausdruck unter anderem schon bei Boccaccio und in mehreren Varianten belegt ist. 38

84

animal (Tier) m., adj. fig. Dícese de la persona incapaz, grosera o muy ignorante. MA, C A B Ignorante o torpe. Se aplica a la persona de poca inteligencia. MOL

(a) i.Beleg: 16. Jh. (13. Jh.) Abi.: animalada »El mayor mal de los males es tratar con animales 'expresión familiar con que censuramos la torpeza o brutalidad de alguno'« (CAB). »animal spricht dem damit Beschimpften schlechthin alle Eigenschaften ab, die den Menschen über das Tier erheben; daher auch seine Vieldeutigkeit«41. Mit dieser begrifflichen Unschärfe und dem starken affektischen Gehalt verbindet sich die häufige Verwendung von animal als Schimpfwort. Die Bedeutung 'd' ohne zusätzliches Merkmal tritt nicht auf. Von einem unintelligenten Schüler kann man u.a. sagen es un burro nicht aber es un animal. Wir können vor allem zwei unterschiedliche usuelle Verwendungsweisen von animal beobachten: 'd' verbindet sich entweder mit dem zusätzlichen Merkmal 'tölpelhaft, ungeschickt' oder mit 'rücksichtslos, grob'. Von beiden Merkmalen, die meist dominant auftreten, ist ersteres häufiger. Um einen Eindruck von der oben erwähnten semantischen Unbestimmtheit zu geben, soll hier eine rein okkasionelle Bedeutung angeführt werden: die Nebenvorstellung 'humorlos, langweilig' stellt sich in folgendem Beispiel ein, wo animal im Gegensatz zu 'encantador, salado' steht. Faustina: »Tu no te has divertido (...) con el animal de Lorenzo que no tiene sentido de humor«42. Auch bei der Nuance 'albern' in der animal in folgendem Wortspiel auftritt, handelt es sich um eine vereinzelte Kontextbedeutung: »Cuando se aburrían de ser animales cuadrúpedos (er hat Katze, sie Maus gespielt), recobraban su posición de bípedos, aunque sin dejar de ser animales«43. animalazo m. fig. individuo sumamente ignorante. M A augm. v. animal. SG animalito m. Dícese así en tono de reproche al inocente y crédulo. C A B dim. v. animal. SG Die von C A B gemachte Angabe entspricht nur einer rein okkasionellen BeBeinhauer: Umgangssprache, S. 36, Anm. 37; vgl. auch Beinhauer: Tier, S. 12. Paso Nr. 3J9, p. 1$. 43 Laiglesia: Sólo se mueren los tontos, p. I6J. 41

42

85

deutung. N u r selten ist auch die Abschwächung durch das Diminutivsuffix wie in den folgenden Belegen, w o die Bedeutung an die unter animal angegebene anknüpft: Lorenzo: »Vamonos, Antonio, que terminamos en la cárcel con este animalito« (Antonios Freundin, die mit der Polizei gedroht hat)44. - Jorge: »Cualquier día te matarán, Antonio«. - Antonio: »Tú no entiendes«. - Jorge: »No, claro. Soy un animalito y huelo las cosas«45. In letzterem Beispiel tritt der Bezug auf 'Mangel an Verstand' besonders deutlich hervor. animalucho m. Dícese en sentido metafórico, al inocente, torpe y crédulo. C A B M A und S G verzeichnen animalucho nur in der Bedeutung 'häßliches Tier'. bestia (Tier) 4 ' m. f., adj. Persona ruda e ignorante. M A , M O L , C A B (a) i. Beleg: 18. Jh. (10. Jh.; C O R ) Abi.: abestiado, abestiarse, abestializado, abestializarse,

bestialidad.

Wie animal gehört auch bestia zu den Bezeichnungen, die zu der allgemeinen Bedeutung 'd' ein Merkmal hinzufügen, das relativ konstant ist, nämlich 'rücksichtslos, grob, brutal'. Diese Vorstellungsinhalte sind meist dominant und werden häufiger mit bestia als mit animal assoziiert. Ersteres tendiert somit deutlich in den Bereich 'rücksichtslos, brutal'. Hier ist Beinhauer47 ungenau, wenn er schreibt, bestia werde wie frz. bête in der Bedeutung 'd' verwendet. Este alumno es muy bestia entspricht nicht cet élève est très bête. Im Sprachbewußtsein dominiert bei vielen Sprechern die Vorstellung 'rücksichtslos, brutal': »Este bestia ha pegado a un niño« »Eres un bestia« (Junge zu seinem Spielkameraden, der ihm das Bein gestellt hat). Diese Bedeutung trifft ebenfalls für alle Belege von Paso zu (Nr. 377, p. Ii und 59; Nr. 349, p. 88 u. 89). N u r selten kommt bestia der Bedeutung von frz. bête nahe wie in dem folgenden refrán 48 , w o die Bedeutung durch das Wortspiel bedingt sein kann: Quien tiene bestia y anda Paso N r . 363, p. j é . Paso: Rebelde, p. m . 46 Etwas spezieller als das ganz allgemeine animal (= 'Nicht-Mensch') ist die A n wendung v o n bestia, das neben 'Tier schlechthin' auch 'Lasttier' und 'Zugtier' bedeutet: bestia de carga. Beinhauer: Tier, p. 12. 47 Das Tier, p. 12. 48 In der Bedeutung 'd' ohne zusätzliche Komponente auch schon bei Berceo (Milagros, I X . El clérigo ignorante, Str. 230): 44

45

»El que a mí cantava la missa cada día, T u tovist que facia ierro de eresia: Judguesti lo por bestia e por cosa radia, tollisteli la orden de la capellanía«.

86

a pie, más bestia es él 'wer etwas besitzt und es nicht ausnutzt, ist ein törichter Mensch' 4 '. Ein weiterer Unterschied zu frz. bête ist die Motiviertheit des spanischen bzw. die Unmotiviertheit des französischen Wortes. Im adjektivischen Gebrauch, besonders in Syntagmata wie los muy bestias ist der Verlust der Motivierung im Ansatz vorhanden. Bestia ist in adjektivischer Funktion häufiger als animal. Der späte Beleg (18. Jh.) legt Bedeutungsentlehnung aus dem Katalanischen oder dem Französischen nahe 50 . D a aber die Übertragung 'Tier' zu 'd' keineswegs ungewöhnlich ist, liegt eher Gedankenparallelität oder synonymische Radiation vor. bestiazo, adj. m. aum. de bestia And. : Persona ruda, zafia. M A Bestiajo, adj., m. And. : desp. hombre de pocas luces. M A cuadrúpedo

(Vierfüßler)

Met. y fam., se dice de la persona torpe, bruta, ordinaria, grosera, de mala educación y poco entendimiento. C A B Wird das gelehrte Wort in übertragener Bedeutung verwendet, was sehr selten vorkommt, so wird aus dem gelehrten ein humoristischer Gefühlswert. Die volkssprachliche Entsprechung, die ich nur in Daimuz gehört habe, ist animal de cuatro patas Es übersetzt animal de quatre potes, das, von D C V I, p. 664 nur für Katalonien und die Balearen belegt, auch im Valenzianischen verbreitet ist. Die Gleichsetzung des Menschen mit animal wird durch den affektischen Zusatz de cuatro patas noch unterstrichen. Vergleiche diese Intensivierung des pejorativen Gefühlswertes mit der von Beinhauer 51 verzeichneten humoristischen Augenblicksbildung bípedo casual und anda en dos 49

akat. bzw. afrz. Belege s. DCV 11,459 und Godefroy 111,320. Gottschalk: Sprichwörter, S. 101. Man vergleiche zu diesem refrán das bekannte Enxiemplo II aus dem Conde Lucanor: »Et el fijo dijo, que decían verdat, que pues la bestia iba descargada que non era buen seso ir entre amos de pie; et entonce mandó el omne bueno a su fijo que subiese en la bestia« (Talgreen: Locutions figurées calquées et non calquées. In: Mémoires de la Société Néophilologique, Bd. IX (1932), p. iff. Helsingfors; vgl. Klein: Volkstümliche sprichwörtliche Vergleiche, p. 8). 51 Beinhauer: Umgangssprache, p. 37.

50

87

pies por la misericordia de Dios (er geht auf zwei Füßen durch Gottes Gnaden) 'dicese de la persona torpe, bruta' (CAB). Bei den Tieren einer bestimmten Gattung können wir annähernd sagen, welche Beobachtungen veranlaßt haben, das Tier für 'd' zu halten. Die Übertragung 'Tier' zu 'dummer Mensch' beruht hingegen auf dem ganz allgemeinen Gegensatz Mensch - Tier, wobei 'unbegabt mit Vernunft' ein wichtiges aber nicht das alleinige Merkmal ist. Da die der Übertragung zugrundeliegende Ähnlichkeitsbeziehung nicht näher zu umreißen ist, ist auch die Bedeutung unbestimmt52. Schon im Lateinischen wendete man die allgemeine Bezeichnung für das Tier belua auf einen dummen Menschen an53. Kat. animal, m. 'home groller, que demostra poc enteniment o falta de sentit moral' (1,664); anímala, f.; animal de quatre potes; Mall., Men.: animal fora s'anima; bestia (11,460)'persona estúpida o ignorante, que obra irracionalment'54, bestiola (kleines Tier), f.; bestiot, -a adj.; pee, pega (VIII,3jo) 'bestial, grosser d'enteniment' (fer la pee cerdà 'fer el beneit, fingirse beneitot') ist, wie prov. pee Ç> frz. pecque 'd') 'd', nicht motiviert, da das Wort nicht in der Bedeutung des lateinischen Etymons PECUS 'Vieh' weiterlebt. Die Bedeutung 'd' könnte sich aus der Bedeutung 'Schaf entwickelt haben; vgl. Meyer-Lübke 55 : »akat., valenc. pec 'Wollschaf', 'einfältig'«. Pg. animal, m. (1,721); animale) o\ bes ta, i., adj. (IV,596) 'pessoa muito estúpida, bruta ou ignorante'; bes ta quadr ada ; bes ta chapada ; (Maç 16); quadrúpede, m. (XXIII,787). Frz. bête ; rum. animal, dobitoc »dobitoc dient gleichzeitig in übertragener Bedeutung als Bezeichnung für einen 'dummen' und 'taktlosen Menschen'. Die entsprechende Verwendung des Synonyms animal 'Tier' beschränkt sich hingegen ausschließlich auf die moralischen Eigenschaften, ohne dabei speziell die menschliche Dummheit zu meinen«5®. It. animale 'Schafskopf; it. bestia 'Schafskopf. In keiner der angeführten Sprachen scheint 'Tier' so zentral im Feld 'd' zu liegen wie frz. bête. cebón, m. (Mastschwein) Persona gruesa y de movimientos torpes y ordinarios. Hombre de poco entendimiento. C A B vgl. d. Beinhauer-Zitat, op. cit., S. 18. Paschall 24. 54 »Ton pare y ta mare son/ dues persones agudes, /emperö tu, si no müdes, /ets sa mes besti del mon« (Llucmajor), Griera 11,142. 55 REW 6339. 56 B. Techtmeier: Uber die Synonymie der Bezeichnungen für 'dumm' und 'klug, gescheit' in der rumänischen Gegenwartssprache, Beitr. z. rom. Phil., S. 87.

52 53

88

Das Wort wird wie andere Bezeichnungen für 'Schwein' vor allem auf einen 'dicken Menschen' angewendet. Vereinzelt verbindet es sich mit dem Nebensinn *d\ chanchulin, m. (Schwein) Individuo simple y de poco fundamento. M A chanchulin, m. (Schwein) Desígnase así a toda persona torpe, ordinaria, bruta, de mala educación y poco entendimiento. C A B Persona torpe, ignorante o abrutada. M O L Wir haben für animal de bellota nur einen Beleg in einem in Andalusien spielenden Theaterstück gefunden, und zwar in der Bedeutung 'brutaler, ordinärer Mensch': Pedrito: »Ese a quien le llaman el Tuétanos? Ese es un animal de bellotas. ( . . . ) oí como rumor de gritos y bofetadas, y ( . . . ) que decía poco más o menos: >¡Grandísima . . . bueno, aquí un adjetivo fuerte; bastante fuerte — al primer tío ladrón que vea y o entrar por esa puerta, le doy dos patás en las mandíbulas! 'geistig langsam' > 'langweilig' scheint uns typisch für die Gefühlswelt der Spanier zu sein, wo öfter als anderswo der langsame, bedachtvolle, ruhig gesetzte Mensch als soso 'langweilig' bewertet wird, wovon, 87 88

89

Tier, S. 89. vgl. auch ponerse más colorado que un pavo und Perú: empavón, -a adj. 'pavón, corto de genio que se avergüenza con facilidad' (MA). Ein sehr langsam fliegendes Kriegsflugzeug nannte man im Bürgerkrieg volkstümlich una pava, und in Lüttich bedeutet päve (Pfauhenne) 'femme indolente' (FEW VIII,90b).

98

wie es der Sprachgebrauch zeigt, besonders die Frau betroffen ist. Vereinzeltes esta mujer es una pava 'stolze, eingebildete Frau' erklärt sich als falsche Anlehnung an pavo (real) 'Pfau'® 0 in más orgulloso que un pavo (real) und zu diesem gehöriges pavonearse 'sich aufplustern, dicktun, einherstolzieren'91. Im Libro de Buen Amor (Str. 1086) wird pavón 'Pfau' mit den Vorstellungen 'munter, lebhaft, kräftig' verbunden, die denen durch pava (Truthenne) 'sosa' ausgedrückten entgegengesetzt sind: »Muchos faysanos, los lofanos pavones/ Veníen muy bien garnidos, enfiestos los pendones«. Kany 9 ' erwähnt als einziges Bezeichnungsmerkmal von Truthahn 'd' den Kropf dieses Tieres: »An important element in the semantic change to tonto is the turkey's wattle (the wrinkled and highly colored fleshy process of the skin hanging from its throat or even its crop), which resembles a goiter, a physical deformity often associated with cretinism or idiocy«98. Dieser Auffassung können wir nicht beipflichten, zum einen weil dieses Merkmal für eine Entwicklung zu 'd' weniger naheliegend ist als die von uns gemachten Beobachtungen, zum anderen weil das Material, mit dem Kany die Entwicklung vom 'Kropf' zu 'd' belegen will, nicht stichhaltig ist. Warum sollten Méx., C A : güecho, güegüecho 'd', die neben 'Truthahn' auch 'Kropf' bedeuten, nicht von ersterer Bedeutung ausgegangen sein? Auch p a p o 'd' dürfte kaum zu 'Kropf', sondern vielmehr zur Gruppe papar gehören (s. Artikel papón, S. 193). Und schließlich ist die von Kany in Betracht gezogene Verbindung von Guat.: cantimplora 'Kropf und Arg., Urug.: cantimpla 'd' rein hypothetisch (s. cantimplora, S. 23). Ecuad.: cotudo 'der einen Kropf hat', 'd' allein reicht nicht aus, die von uns postulierte naheliegende Entwicklung von Truthahn > ' d ' zu widerlegen. América94: pavísimo adj. 'tonto, tontísimo'; Perú: pavón (nicht pavón 'Pfau', sondern Aument. zu pavo 'Truthenne') 'corto de genio'; von einem Argentinier hörten wir: »Este pavote no comprende nada«. »¡Qué tipo pavotel« Chile: p avuncio adj. 'pavisoso, pavitonto'; CA, Méx.: chumpipe,-a, chompipe,-a (Nachahmung des Schreies junger Truthähne), verkürzt chumpe, -a und chompe, -a 'd': Méx.: guajolote m. (Truthahn) 'tonto, necio', verkürzt jolote 'id.', auch adj. guaj olotón, -a 'id.' hat sich gekreuzt mit Hond., Méx.: guaje (calabaza 80

pg. paväo m. (!) (Pfau) wird gleichermaßen auf einen eingebildeten Mann wie auf eine eingebildete Frau angewendet (Basto, V K R IV, p. 69). 91 Als man den Truthahn aus Nordamerika nach Europa importierte, nannte man ihn pavo, womit man bis zum Siglo de Oro den Pfau bezeichnet hatte. Nun wurde der Zusatz real 'wirklich, echt' notwendig, um letzteren vom Truthahn zu unterscheiden. Cf. DCELC. 98 Euph., p. $3ff. 93 Euph., p. 53. 94 Die meisten der im Folgenden aufgeführten Bezeichnungen finden sich auch bei Kany, Euph., p. $2f. 99

vinatera 95 ) fig. "bobo, tonto', ú . t . c . adj.; Antillas:

guanajo,

-a m . , f .

(Truthahn) fig. 'pavo, páparo, tonto'. A u c h hier liegt eine Kontamination vor, und z w a r mit guanaco,

-a m. f. (Lamaart) Mittel- u. Südamerika:

'tonto, simple'. C o l u m b i a : pisco

(Truthahn) 'tonto' und

piscuancio

'id.'. K a t . indio

t m. 'beneitot o eixelebrat', mes estufat

que un indiot

'molt

vanités' (VI,640); K a t . mda. pioc,

-a m. i f. 'beneitot, curt d'enteniment'.

Prov.

(Truthahn) (Klein, sprichwörtl. V e r -

besti

coume

gleiche, S. 62). Frz.

un

piot

dinde

(Truthenne) fam. 'dumme Gans',

(Truthahn) fam. 'Einfaltspinsel'; f r z . argot (19. Jh.) (1849), 'ivre' (1867) zu arg. se pavoiser

dindon

pavois

'insensé'

'se parir de tous les atours', 'sich

brüsten' (1867), 'se griser' (1867) leitet das F E W ( V I I I . 7 9 ) - dieser Erklärung schließt sich Heins (S. 298) an - aus nfrz. pavoiser

her, das 1690

als 'entourer de toile (un navire) pour le combat ou pour réjouissance' erscheint und seinerseits zurückgeht auf a f r z . pavois 'Schild' (nach dem H e r stellungsort Pavia). Se pavoiser 'sich brüsten', aus dem pavois 'insensé' über das M o t i v lächerlich wirkende Eitelkeit hervorgeht, w ä r e z w a r aus der Bedeutung v o n pavoiser

'beflaggen etc.' verständlich, dennoch ziehen w i r

es vor, das W o r t als Entlehnung aus span. pavo, pavonearse

'umherstolzie-

ren, sich brüsten' aufzufassen. Für die spanische H e r k u n f t spricht: 1. die Gleichheit der Bedeutung v o n se pavoiser

und pavonearse;

die E x -

pressivität und die Volkstümlichkeit des spanischen Verbes und von pavo dürften

die mündliche

Übernahme

ins französische A r g o t

gefördert

haben. 2. nfrz. V a y r a c (Lot): pavoiser unmittelbar auf se pavoiser

'devenir rouge de visage' f o l g t im F E W

'sich brüsten', zu dem es semantisch ebenso-

wenig w i e zu 'beflaggen' paßt, sich aus pavo

aber ohne weiteres ver-

steht. 3. se pavaner

'umherstolzieren, sich brüsten' z u pavane

'spanischer T a n z '

aus span. pavana (zu pavo) mag die Übernahme begünstigt haben. mochuelo

(Kauz)

Fig. A r a g ó n : Fatuo, tonto, abobado. M A Sinónimo de torpe, tonto, cándido. C A B Die metaphorische Verwendung der Eule und des Kauzes 9 6 f ü r einen 'd' 95 96

s. auch Artikel calabaza, S. 6off. cf. Berchem (Contribution à l'étude des noms d'oiseaux en roumain), der auf die häufige Verwechselung der Namen für 'Eule' und 'Kauz' in den Wörterbüchern hinweist. Im Hinblick auf die uns beschäftigende Fragestellung, können wir jedoch beide Vögel in einem Artikel behandeln, da ihre übertragenen Bedeutungen von gleichen Beobachtungen ausgehen, und sie in der Vorstellung des Volkes gemeinhin nicht unterschieden werden. 100

Menschen erklärt Riegler etwas ungenau, wenn er sagt, die Sprache befände sich »in vollkommener Übereinstimmung mit der Naturgeschichte, wenn sie diesen Vogel als geistig plumpes Tier betrachtet«97. Herzberger88 meint, es werde bei dieser Übertragung auf die Dummheit des Kauzes angespielt, der sich an Hand von Lockpfeifen, die den Schrei kleiner Vögel nachahmen, auf den eigens dafür angebrachten Leimruten fangen ließe. Die große Zahl von Eulennamen für 'd', die auf verschiedenen Gebieten auftreten, machen diese Erklärung unwahrscheinlich, spielt doch die angeblich leichte Fangbarkeit des Vogels" wie überhaupt die Jagd auf ihn in der Vorstellung des Volkes keine Rolle. Bei Riegler100 lesen wir zudem, der Kauz werde zur Jagd anderer Vögel verwendet, was sich niederschlägt in Ausdrücken wie impaniare la civetta 'den Kauz mit der Leimspindel fangen, d.h. einen Gauner begaunern* und pare preso a la civetta 'er wirkt so unbeholfen, als ob man ihn mit dem Kauz gefangen hätte'. Sinnentsprechend erklärt Sainéan it. acivettato »'dégourdi, rendu sage par l'expérience' (comme les oiseaux attirés par la chouette, qui ont trouvé le moyen de se tirer d'affaire)« 101 . Die Erklärung der Metapher liegt auf der Hand: die Eule und die anderen Nachtvögel dieser Familie sind bei Tageslicht blind und wirken infolgedessen unbeholfen und 'd' 102 . Wir können nicht entscheiden, ob die Blindheit bei Tage oder die (durch sie verursachte) Schwerfälligkeit der Bewegung die leitende Vorstellung der Übertragung zu 'd' gewesen ist. Auch die im Altertum herrschende Auffassung von der Eule als kluges Tier - sie war das Attribut der Minerva - spielt auf ihren Gesichtssinn an; nur geht man hier von ihrer Sehschärfe bei Nacht aus. Anders Wagner, RFE, X I (1924), p. 274: »[die Nachtvögel] se consideran, por la torpeza [der Bewegung] e inmovilidad que manifiestan al menos durante el día, como símbolo de la reflexión taciturna y melancólica, y por tanto de la Ciencia«. Wir bezweifeln nicht nur die Richtigkeit von »por tanto de la Ciencia«, sondern glauben, daß auch die Bedeutungen 'nachdenklich', 'melancholisch', 'eigenbrötlerisch' nicht durch die Merkmale torpeza und inmovilidad veranlaßt werden. Sie sind vielmehr der zurückgezogenen Lebensweise dieser Nachtvögel zuzuschreiben, die ihnen den Ruf eingebracht hat, ungesellig, eigenbrötlerisch, melancholisch zu sein, wie es die von Wagner angeführten Belege, z.B. brescianisch »loch 'allocco, fig. balordo, stordito'; loch loch 'triste, mesto, pensieroso'« und die von uns weiter unten gegebenen Belege zeigen. Wenn wir die räumliche Verbreitung der Bezeichnungen betrachten, so 87 98 89

100 101

Das Tier, S. 1 2 3 . E . Herzberger: Ausdrücke für Dummheit, S. 247. In der ornithologischen Literatur und in den Sprachen finde ich hierauf keinen Hinweis. R . Riegler: Tier, S. 1 1 9 . Créât, mét., S. 1 1 3 .

101

fällt auf, daß sie sich in bestimmten Sprachen konzentrieren, auf einem Gebiet, das sich von Katalonien über Südfrankreich bis Italien erstreckt, während sie in der übrigen Romania und anderen Sprachen nur vereinzelt oder gar nicht vorkommen, was ohne Zweifel zeigt, daß die Übertragungen nicht in jedem Falle unabhängig erfolgten, sondern auf synonymer Radiation beruhen. Kat. mus sol m. 'beneitot, curt d'enteniment; cast, mochuelo, gaznápiro' (VII,677); Balaguer, Camp de Tarr.: dugo m. (IV,614); Garrotxa, Empordà, Lluçanès, Plana de Vie Berga, Costa de Llevant, Vallès, Bare., LI.: gamarús m. (VI,6j); Muntanya: gatis m. (VI,234); rouss.: llucaret (VII,67); Valls: menea f. (VII,408); Valles: mil oc m. (VII,423) gehört sicherlich zu miloca (Art kleiner Uhu), nicht wie in DCV zu rouss. miloc 'pastor de la Cerdanya que en hivern baixa al pia per pasturar-hi el ramat'; miloc 'Hirte' läßt sich seinerseits herleiten aus miloca 'Eule', da die Namen dieses Vogels häufig auf eigenbrötlerische oder zurückgezogen lebende Menschen übertragen werden, vgl. pg. coruja 'Misanthrop', frz. hibou 'Einsiedler, komischer Kauz', sp. buho fig. 'persona huraña', dtsch. Kauz, kat. tot sol com una òliba (VII,887-888). Camp de Tarr., Conca de Barberà, Falset: xibeca (o sibeca) m.i.f. (X,936); rouss.: xot (X,9é4); Penedès, Camp de Tarr.: xup m. (X,972); Garrotxa: xura m. (X,973). Akat. bacheca (11,189). Auf die Vitalität solcher Bezeichnungen weisen Ableitungen, die nur in der übertragenen Bedeutung verwendet werden, wie xupot, g amar u s s à s, gamarussot, San Feliu de G.: mac al ú s (DCV vermutet Umbildung v o n gamarús), Prov.

cab

etc.

art el,

cabec,

' f o u , insensé'), nichoulo.

cibec,

c ho t,

a f r z . hue

t,

c h oulo,

du,

loco

h o uh ou ; f r z . malin

(auch

comme

une

chouette wird von E . H . (S. 147) in der Bedeutung 'erzdumm' nach SachsVillate 1907 angegeben - E. H. übersieht, daß chouette 'Schlaukopf, Schelm' bedeutet105 und daß es sich bei der von ihr angegebenen Bedeutung um einen rein okkasionellen ironischen Gebrauch handeln kann. Zur Übertragung 'Kauz' - 'schlau' s. oben. Schweiz: gn auca. It. allocco, siolo vettone, testa loco,

locco

(capo

d'assiolo),

(Piem. loue,

go f o ; V e n . : chiusso da

gato;

oulo

barbagianni,

R o m : turululú.

uc,

M o n f e r r . urucch), chiurlo,

; P a r m a : ciò;

ciurlo,

S i z . : cucca-,

Rätorom.: p ü f ; friauL:

asciGenua: catuss10*.

-a

el que ha perdido la razón, irreflexivo, disparatado, e imprudente MA, MOL 108 103

vgl. L. Sainéan: Créât, mét., S. 1 1 3 . vgl. Wörterbücher und Sainéan (Créât, mét., S. 1 1 3 ) , der H.-Bret.: malin comme une chouette 'rusé' belegt.

102

irr-, wahnsinnig, toll; töricht, närrisch, albern. S G i. Beleg: 16. Jh. Abi.: locura, Am. loquera,

loquear.

Loco ist die zentrale Bezeichnung des Feldes V . Aus der Hauptbedeutung 'geisteskrank' 105 ergeben sich verschiedene hyperbolische Verwendungsweisen, wie 'unüberlegt, leichtfertig, töricht', 'verrückt vor einem Gefühl, einer Leidenschaft' (Liebe, Begeisterung, Zorn, Schmerz): estar estar loco por el fútbol, Loco

loco

de

amor,

está loco de ira, ~ de dolor-, cf. M O L s.v.

hebt sich somit von den anderen Bezeichnungen für V

loco.

nicht nur

durch seine zentrale Stellung im onomasiologischen Feld ab, sondern auch zugleich durch die am weitesten gehende Differenziertheit seines semasiologischen Feldes. Ähnlich ist die onomasiologisch-semasiologische Beziehung in anderen Sprachen; vgl. z . B . kat. böig,

pg. doido,

frz. fou,

dtsch.

ver-

rückt. Wie verhält sich loco hinsichtlich der Verwendung von ser und estart

MOL

vermerkt: -»Estar, tanto si se trata de un estado accidental como si lo es permanente; puede, sin embargo, emplearse ser: >Un primo suyo es loco y fue un hermano de su madre engl, cuckold 'Hahnrei' 1 7 4 , dtsch. Gauch 'Kuckuck', 'Hahnrei', 'Narr, Tor' 1 7 5 ; nur im älteren Spanisch in der Bedeutung 'Hahnrei': coquillo (Quiñones de B.), cucrillo (Cancionero de Baen), cuclillo (auch 'Kuckuck') (Góngora, Covarrubias) 176 . In den Nachbarsprachen des Spanischen leben noch heute pg. mda. cuco (VIII,200Í.), kat. Pirineus: cucut (III,809, akat. cugot. F E W I I , i 4 j 6 ) , beide 'Kuckuck', 'Hahnrei'. Vermutlich handelt es sich bei von Beinhauer belegtem más tonto que un cuco um eine sekundäre Bedeutung zu 'Hahnrei'. Anders Beinhauer (Tier, p. 33), der die gleiche Erklärung vertritt wie Kluge-Götze im Falle Gauch ' N a r r ' : Grundlage der Übertragung sei der eintönige sich immer wiederholende R u f . Vgl. Grimm Wb., Bd. V, Sp. 2524: »Wann der Guckkug tausend J a h r alt würde, so lernt er doch nichts anderes denn guckkug«; »Kukuk, Kuku, en Narre bist du« (Scherzwort der Kinder) 1 7 7 . »Von einem Kukuk kann man nicht mehr verlangen als: Kukuk!« 1 7 8 . Von hier aus erklären sich die Kuckuckmetaphern, die nicht 'Hahnrei' sondern allgemein 'd' bedeuten 17 *: griech. xoxxvl; lat . c u c u l u s 'Gimpel, Gauch' 1 8 0 ; it. c u c c o 'Kuckuck', fig. ant. 'sciocco, babbeo* (specie nella locuzione: vecchio cucco) (Gr. Diz.). Das Merkmal 'eintöniger R u f ' kommt deutlich zum Ausdruck in dem Vergleich vecchio come il cucco, den man auf eine alte Person aber auch auf einen veralteten Gegenstand oder eine überholte Idee bezieht. It. c ú c u l o 'Kuckuck', 'uomo sciocco' ( G r . D i z ) und Varianten in den heutigen Dialekten ( c f . D E I ) ; dtsch. Gauch ahd. 'Kuckuck', 'Narr' 1 8 1 . Sicherlich wurde die Entwicklung Kuckuck > 'd' durch den lautsymbolischen Wert der Silbenverdopplung begünstigt; vgl. chocho, tonto, lelo, memo, bobo etc.

p. 88,i j) gehen davon aus, daß man den Hahnrei mit dem Ruf coucou bzw. cocu geneckt habe. Bloch-Wartburg und FEW (s. v. cocu) halten für ausschlaggebend, daß das Kuckucksweibchen keine eheliche Treue kenne; cf. die bibliogr. Hinweise in FEW 11,1456 und EWFS s. v. cocu. 174 Klein: Etym. Dict. 175 Grimm Wb., Bd. IV, Sp. 1526^ 176 DCELC s. v. cuclillo. 177 Deutsches Sprichwörterlexikon, 11,1700. 178 Deutsches Sprichwörterlexikon, 11,1700. 17» Vereinzelt mag sich die Bedeutung 'd' sekundär aus der Bedeutung 'Hahnrei' entwickelt haben - so in erwähntem mas tonto que un cuco und frz. Rouerg: coucou 'niais, nigaud' (FEW) - doch weist im allgemeinen die Verteilung der Bedeutungen 'd' und 'Hahnrei', die - von Einzelfällen abgesehen - nicht auf gleichem Gebiet vorkommen, auf getrennte Entwicklungen. 180 Walde-Hofmann: Lat. Etym. Wb., I, p. 299. 181 In dieser Bedeutung nach Kluge schon um 1000 belegt; während Kuckuck und Gauch 'Hahnrei' erst später bezeugt sind; vgl. Grimm Wb, Bd. IV i.Abt., 1. Hälfte 1526, Bd. V,2j26.

120

caerse de un nido (aus d. N e s t fallen) fig. fam. Ser tonto, cándido, crédulo, fácil de engañar. C A B demasiado crédulo y simplón. C A S N o v . Die verzeichnete Bedeutung 'd - einfältig' findet sich auch in folgendem Beleg: (Fernando hat sich in seiner Einfalt in ein gleichermaßen einfältiges und wenig attraktives Mädchen verliebt) Fernando: »Pos si no es der sielo, ¿de dónde se ha podio usté caé con esa cara tan presiosa? . . . Pepilla (die die beiden beobachtet) (Eya de un nío y tú de otro). Observa la escena con maliciosa burla y se goza en el chasco de Fernando« 182 . Der junge Vogel in seiner Hilflosigkeit ist besonders dazu geeignet, einen unerfahrenen und daher einfältigen Menschen zu bezeichnen. Z u ' d - e i n f ä l t i g ' stellt sich caure

del

niu

dem obigen Ausdruck entsprechend -

kat.

'esser molt ingenu o fácil d'enganyar' (VII,764), z u ' d -

unerfahren' kat. no haver sortit de l'ou 'esser molt jove i mancat d'experiéncia' und teñir encara l'ou al cul 'id.' (VIII,78), sowie dtsch. noch Eierschalen

an den Ohren

die

haben.

N a c h innerer Form und Bedeutung stehen diese Ausdrücke denen unter >LEBENSALTER< angeführten nahe. Frz. niais 'Nestling' pipiolo

'simple, un peu sot, qui n'a aucun usage du monde' ( < a f r z . < *NIDACEM),

aprov. nizaic 'id.' und ait. nidiace 'id.'.

(zu pipiar 'piepsen')

fam. el principiante, novato o inexperto. M A como un pipiolo

'metafórica y familiarmente, se dice de la persona ino-

cente y sencilla con exceso'. C A B 1. Beleg: 1884 ( D C E L C ) Die zentrale Bedeutung des semasiologischen Feldes pipiolo

ist ' K i n d ' mit

tadelndem Nebensinn 'unerfahren', der dem W o r t immer anhaftet, auch dominant werden kann und dann das W o r t in den Bereich 'd - einfältig, sich leicht täuschen lassen' rückt. Es fällt auf, d a ß die Bedeutung ' K i n d ' nur berücksichtigt wird, und z w a r als erste Bedeutung, bei M O L : fam. 'persona m u y joven' und L A R : 'chiquillo, muchachillo, niño'. Allerdings w i r d pipiolo

auch in dieser Bedeutung nicht wertneutral verwendet: (die

Verlobten Juanito und Rosa streiten sich wieder einmal. D o ñ a Rosa, die die beiden zärtlich bemuttert zieht Juanito am O h r ) : »Ven acá tú . . . hacer las paces ahora mismo, pipiólas. pipiolo

182 183

A

( . . . ) ¡ V a y a con los niños!«. Der für

typische negative Gefühlswert klingt in dieser zärtlichen Beschimp-

Quinteros: Obr. Compl. I, p. 1396. Andere timos 'Betrügereien' sind: el timo de la guitarra, ~del portugués (= del sobre), ~ de las limosnas, ~ de las misas; vgl. SG: timo del entierro 'Span. Bauernfängerei (unter dem Vorwand e-s verborgenen Schatzes)'. 121

fung nur leise an. Mit deutlicher Nuance der Herablassung wird es hingegen in Asturien verwendet: pipiolo 'Schüler der i . Oberschulklasse' in der Schülersprache (AP). Das Beispiel zeigt, wie die Bedeutung von 'Kind' hinübergleitet in den Bereich 'unerfahren, Anfänger', in dem pipiolo umgangssprachlich am häufigsten verwendet wird. S G verzeichnet 'Anfänger, Neuling' ungenau als einzige Bedeutung, wobei auch der usuelle negative tadelnde Gefühlsgehalt unberücksichtigt bleibt, der auch den folgenden Beispielen eignet: »éste jugando al dómino es un pipiolo«. »El equipo del pueblo ha perdido por 6 : o porque son unos pipiólos«. Schließlich bedeutet pipiolo 'd - einfältig, sich täuschen lassen', wenn von jemandem, der sich mit einem altbekannten Trick hereinlegen läßt, gesagt wird: »A ese pipiolo le dieron el timo del sobre«183 oder »le engañaron como a un pipiolo«. D C E L C (111,764) stellt pipiolo in Beziehung zu lat. PIPIARE und vermerkt: »voz dialectal it., comp. cat. fam. pipioli, id., pipi it. fam. 'bambino', pippo 'grano, minucia', it. ant. pipione 'pichón, necio', calabr. pipiu 'genitale del bambino'«. Wir können uns der Herleitung aus dem Italienischen nicht anschließen, da Stamm, Endung, sowie das Vorkommen des Wortes selbst es als bodenständig ausweisen. Pipiar 'piepsen' ist nicht gelehrt wie D C E L C vermutet, da pipiar in verschiedenen Mundarten vorkommt, so in Santander: pipiar 'picotear, tomar grano a grano' (García Lomas), Galicia: pipiar 'piar de las aves pequeñas cuando aun están en el nido' (Rodr. Gönz.). Die gleiche Reduplikation des Vogelschreis pi liegt auch substantivischen Bildungen zugrunde, die ebenfalls autochthon sind: pipi m. pop. 'tonto, bobo' und 'soldado de línea' (LAR), 'quinto, soldado, novato' (IRI), Gauner- od. Zigeunerspr.: 'Tölpel' (SG), ser más tonto que Pipi (CAB). Pipi 'd' geht also wie pipiolo 'd' auf den das Piepsen der Vögel malenden Stamm P I - bzw. PIPI- zurück, mit dem man leicht die Vorstellungen des 'Jungen' und 'Kleinen' (cf. pipi pg. kinderspr. 'Küken', 'Vogel', nav.: 'Rekrut', 'Küken', 'Floh* (IRI), andal.: 'Floh', kinderspr. 'Vogel' (Ale. Vene.), it. 'Kind' und pipiolo span. 'Kind', Ecuad.: 'persona de baja estatura') und des Unerfahrenen, Dummen verbindet. Auch dem Suffix nach ist pipiolo iberromanisch. Cast. -uelo entspricht mundartlich, vor allem gallizisch-portugiesisch, zum Teil auch asturisch, -0/0. Die galizische Herkunft von pipiolo wird gesichert durch die Vitalität, die das Wort in diesem Gebiet besitzt: pipiolo, -a adj. y s. 'simple, bobo, memo. Tiene a veces significación despectiva y a veces de conmiseración'. 'Novato, que se deja engañar fácilmente'. Pipioliño, -ña adj. y s. Dim. de pipiolo tiene signifacación cariñosa y aun compasiva, pues suele significar infeliz'. Pipiolada s. f. 'Acción y efecto de incurrir en una simpleza'. 'Burla chasco que sufre la persona poco cauta o menos avisada'. Es fällt auf, daß die argent. und venez. Bedeutung 'bobo, zonzo, mentecato' der galicischen am nächsten steht, was sicherlich zusammenhängt mit der 122

starken Emigration von Galiciern, die in ihrer Heimat vor allem unter dem System der >minifundios< leiden184. Kat. pipioli (auch pipiolo) m. 'Jovenet de primera volada, inexpert' (VIII,600). Pipiol, mda. auch 'klein' (Bol. de Dial. Esp. X X V I I , 9 6 ) fehlt bei D C V und Griera. Die Endung -i dürfte sich aus semantisch nahestehendem panioli erklären, das auch katalanischer Herkunft ist 185 .

III. F I S C H E U N D

ÄHNLICHES

besugo (Meerbrassen) m. Arag. y N a v . fig. Dicen del que es muy tonto, necio. M A (a) N a v . Pamplona: desp. Se aplica al torpe, al obtuso. I R I n. calif.; no free.) Se aplica como apelativo despectivo a una persona. (V. 'Majadero'.) M O L M A gibt ein falsches Bild hinsichtlich der Verbreitung: der Ausdruck ist in fast ganz Spanien volkstümlich, was auch im Widerspruch zu der Angabe >no frec.< bei MOL steht, die außerdem die Bedeutung zu unscharf bestimmt. Aus dem oben genannten Grund dürfte es im D R A , das viel seltenere Wörter, wie z. B. mastuerzo 'd', aufnimmt, nicht fehlen. Man wendet besugo ganz allgemein im Bereich ' d - o h n e Verstand' an: »Eres un besugo« (Lehrer zu einem Schüler), oder: »no seas besugo«. Als häufige Beschimpfung z.B. unter Kraftfahrern verzeichnet es Beinhauer 186 : »¡So besugo! 'Sie (Du) Dummkopf'«. Besugo gehört in die Reihe jener Tiernamen, die nur in der männlichen Form vorkommen und auch in metaphorischer Verwendung nicht auf eine weibliche Person bezogen werden. Die Ableitung abesugado (»es un tipo abesugado«; AP) ist selten. Beim besugo fallen vor allem seine hervorquellenden Glotzaugen auf, die auch seiner Benennung zugrunde liegen, falls die Herleitung aus prov. besu(c) oder besugue 'schielend' richtig ist 187 . Auf das gleiche Merkmal geht auch die übertragene Bedeutung 'd' zurück. Wie lebendig das Motiv des Vergleichs ist, zeigt die Variante ojo de besugo , die in Navarra und Aragón in gleicher Bedeutung wie besugo 'd' gebraucht wird (MA), sowie die Bedeutung 'kurzsichtig', die aber nur in Navarra und Aragón vorzukommen scheint (belegt bei I R I und MA). Entsprechend erklärt sich auch der humoristische Name Pescaderías Coruñesas mit dem man in den 30er Jahren den Círculo de Bellas Artes in der 184

Aus Argentinien ist mir bekannt, daß man den spanischen Einwanderer ganz allgemein verächtlich gallego nennt. 185 s. Artikel panoli. 18 ® W. Beinhauer: Umgangssprache, S. 44. 187 cf. RFE XVI,50i-j02, DCELC I, 4 j2. 123

Calle de Alcalá in Madrid taufte 188 . Die Menschen, die hinter den Glasscheiben saßen und stundenlang das Treiben auf der Straße beobachteten, erinnerten mit ihren glotzenden Augen und ihrem offenen Mund an besugos in einem Fischladen. Der Transparenz der großen Augen der Meerbrassen, in denen man sozusagen lesen kann, ist es zuzuschreiben, wenn man zu einem Menschen, dessen unehrliche Absichten man durchschaut hat, sagt: »te veo besugo, que tienes el ojo claro« 189 . Im Kat. findet sich saboga (alosa vulgaris), ein Fisch, der ebenfalls aufgrund seiner großen Augen adjektivisch in der Bedeutung 'beneitot, badoc' (IX,645) belegt ist; hier kommt also ebenfalls die Nuance des 'Dumm-staunenden' wie bei den oben erwähnten Pescaderías Coruñesas zum Ausdruck. merluzo (merluza 'Kabeljau') merluzo 'd' ist sehr selten. Sehr volkstümlich ist hingegen tener una merluza 'einen Rausch haben', daneben metonymisch und weniger gebräuchlich ser un merluzón 'Trunkenbold' (AP) 190 . Wie verhalten sich die Bedeutungen 'd' und 'Rausch* zueinander? Riegler 191 macht aufmerksam auf die Gleichheit der Symbole für Trunkenheit und Verrücktheit, ohne dies indessen überzeugend zu belegen192; mit Ausnahme des Affen bezeichnen die Tiere, die er anführt (Bär, Fuchs, Wolf, Hund, Katze) in verschiedenen Sprachen nur die Trunkenheit. Für Gleichheit der Bezeichnungen, wobei in diesem Zusammenhang belanglos ist, daß es sich nicht um Verrücktheit sondern um Dummheit handelt, fügen wir aus dem Spanischen hinzu: cernícalo und merluza. Seltenes merluzo 'd' hat sich wahrscheinlich entwickelt aus merluza 'Rausch'. Den Übergang zeigt Sant. amerluzado 'embobado, enamorado ciegamente', wo die Merkmale 'berauscht' und 'geistig gestört (vor Liebe)' zusammen auftreten 193 . Ähnlich dtsch. der Kerl ist besoffen 'verrückt'; borrachera fig. y fam. 'disparate grande, locura', borrachez 'turbación del juicio o de la razón' (vgl. zozí.). Die männliche Form merluzo fällt insofern auf, als der Tiername weiblich ist. Es dürfte Beeinflussung von gebräuchlicherem besugo vorliegen, wie überhaupt bei der Übertragung von Fischnamen die synonymische Radiation gewirkt hat. Aus ihr erklären sich auch Gelegenheitsbildungen wie 188 189

190 191 192

19S

Diese Mitteilung verdanke ich Herrn Alvarez-Prada. Zum Merkmal 'Auge' vgl. schon bei Correas (1627) angeführtes: »Ansi man] en el ojo el besugo como el enfermo en el pulso« Refr. J3 $27. cf. mona 'Rausch' und 'Betrunkener'. WuS V I 194-196, V I I 1 2 9 - 1 3 $ . »Da der Rausch - wissenschaftlich gesprochen - nichts anderes ist durch akute Alkoholvergiftung hervorgerufene Störung der normalen funktionen, so ist es begreiflich, daß man für die Trunkenheit dieselben anwendet wie für die Verrücktheit« WuS V I , i 9 j .

vgl. estar amerluzado 'beschwipst sein' (AP). 124

[erkennt

als eine GehirnSymbole

bacalao

(Kabeljau, Stockfisch), das in folgendem Beispiel nicht in der

lexikalisch belegten Bedeutung 'dürrer Mensch' vorliegt, sondern im Bereich 'd' liegt, ohne d a ß wir die Bedeutung dieser Augenblicksschöpfung präzisieren können 1 9 4 : (Dienstmädchen Juana verärgert von ihrem >novio 'Kopf') m. 'parvo' (Maç 17), frz. bille ('Kugel' > 'Kopf') pop. 'Dummkopf', pop. tête d e b o c h e (nach Rigaud: Dict. d'argot moderne, Paris 1881 2 4 zu Marseille boche 'boule à jouer') 'individu dont l'intelligence est obtuse'. Es genügt nicht mit Maçâs 25 darauf hinzuweisen, daß der Kopf als Sitz des Verstandes auch den Dummkopf bezeichnen kann 2 '. Ausschlaggebend ist vielmehr, daß die Ausgangsstufe ' K o p f auf dem Vergleich mit einem runden Gegenstand beruht; vgl. auch pg. coco, kat. closca im Artikel duro de cabeza. Vermutlich über die Vorstellung 'runder K o p f dürfte vermittelt worden sein it. t o n d o (rund < ROTUNDUS; R E W 74000) 'd - infältig'. Wie nach dem weiter oben Gesagten nicht anders zu erwarten, wird der quadratische Kopf nicht positiver bewertet als der runde: cabeza cuadrada ist in Argentinien ein Spottname vor allem für den dummen, langsam denkenden Deutschen (gehört). Rum. cap patrat (quadratischer Kopf) 'Dummkopf. 88 25 26

24 Cost: Très cartes, p. 30. zit. bei E H , S. 3 1 . A s designaçôes das perturbaçôes, p. 18. Umgekehrt werden die Adjektive tonto, tolo 'd' in ihrer femininen Form tonta, tola (das offene o erklärt sich vermutlich aus Kontamination mit bola mola) zu ironischen Bezeichnungsmöglichkeiten des Kopfes, (cf. Alvarenga, Designaçôes da cabeça, p. 258).

138

Schließlich kann auch der schmale Kopf als dummer Kopf gelten: estrecho de mollera und nach diesem Ausdruck gebildetes estrecho de entendimiento. fam. fig. Se dice de la persona torpe. (CAB) Frz. cerveau étroit 'd'; Cuba: cayuco, -a (Mensch mit schmalem Kopf zu cayuca ' K o p f < cayuco 'kleines Kanu' 27 ) adj. 'torpe, rudo, ignorante'. Eine niedrige Stirn deutet ebenfalls auf wenig Gehirn (vgl. Kapitel >wenig GehirnPflanzen< im Hinblick auf das germ. Etymon *BOSK 'Busch'. 34

38 'Gehirn'

141

mollar (weich, besonders von (Frucht) Fleisch) adj. fig. fam. Api. al que es fácil de engañar o de dejarse persuadir. M A , MOL I.Beleg: 18. Jh. (17. Jh.) Das Motiv 'weich' entwickelt im negativen Verstandesbereich bei weitem nicht die Übertragungskraft wie 'hart', was sich in der beschränkten Zahl von Bezeichnungen und, wie bei mollar, in deren geringerem Verkehrswert und schwächeren Expressivität ausdrückt. Außer mit der Vorstellung 'd' verbindet sich 'weich' häufig mit 'willensschwach', das sowohl als eigene Bedeutung wie auch als Komponente von 'd' auftreten kann. Während der harte Kopf das Wissen nicht in das Gehirn dringen läßt, findet in das weiche Gehirn - mollar gehört im Gegensatz zu duro zu Gehirn und nicht zu Kopf - auch falsche Erkenntnis allzu leicht Eingang. Erstere Vorstellung gelangt in der Bedeutung 'von langsamer Auffassungsgabe' ebenso zum Ausdruck wie letztere in der Bedeutung 'leicht zu täuschen, leicht zu überreden'. Auch kat. or., occ., bal.: t o u , t o v a (weich) 'fluix d'enteniment, fácil d'enganhar' (X,404) bewahrt die gleiche Relation von Bezeichnungsmittel-Bedeutung, weshalb wir die Grundlage der Übertragung in 'weich' (z. B. llit tou) sehen und nicht in 'hohl' (z. B. tronc tou)39, das mit anderen Vorstellungen assoziiert wird (vgl. cabeza hueca). Eindeutig auf 'weich' weist auch der folgende Beleg, bei dem man auch die größere Ausdruckskraft von dur gegenüber tou beachte: Clemantina (von dem einfältigen Ramon, der sich hat täuschen lassen): »És una mica tou l'oncle Ramón, veritat?« Lliberata: »Tou? . . . (donant cops a la taula 40 ) Dur! . . . i ben dur!« 4 1 . bras, de mió lo mole (von weichem Gehirn) (Viotti, bei Maç 18); frz. ramolli (erweicht) 'verkalkt, stumpfsinnig; med. schwachsinnig' muß anders als die obigen Bezeichnungen aus der Fachsprache der Medizin erklärt werden; vgl. ramolissement fig. 'Verkalkung', ~ cérébral 'Gehirnerweichung'. d) Der nicht funktionierende, da kranke Kopf estar mal de la cabeza (krank im Kopf sein) Trastornado o loco. M O L (a) Humoristische Varianten, die uns in Madrid belegt wurden, sind estar mal de la azotea (flaches Dach: K o p f ) , estar mal de la chichi (Kopf, zu chicle ' K o p f ? s.S. 143). Häufiger ist die euphemistische Entspre3

® Aus der mundartlichen Verbreitung der Bedeutungen (s. DCV) lassen sich keine diesbezüglichen Schlüsse ziehen. 40 die gleiche Geste wie bei ser duro de cabeza, siehe dort. 41 Cost: Tres Cartes, p. 21. 142

chung no estar bueno de la cabeza42 (SG; a), die in Form einer Litotes durch Verneinung des Gegenteils zurückhaltender, schonender in der Aussage ist. Auch hier kann der Affektgehalt der volkstümlichen Wendung intensiviert werden, indem cabeza durch expressive, humoristische Bezeichnungen ersetzt wird: (Melquíades hat Frasquita einen Heiratsantrag gemacht) Frasquita: »¡Ave María Purísima! Don Melquíades, usté no está bueno de la jicara« (Schokoladentasse; Kopf) 4 3 . Bueno kann gelegentlich durch bien ersetzt werden, nicht aber mal durch malo: Estrella: »¡Manolo, pon ese disco o me tiro por la ventana!« (Llora) Manolo: »Pero mujer ( . . . ) T u no estás bien de la

cabeza«44

Die Dummheit wird bei den Bezeichnungen der vorliegenden Gruppe als eine Krankheit gesehen, die den Kopf oder das Gehirn befällt. Es handelt sich um auf Sinnberührung beruhenden Entwicklungen, bei denen die Ursache für die Wirkung steht. Colombia: estar mal del chicle (Kaugummi; K o p f , Gehirn) (Kany 2 8 ) ; p g . estar

mal

da

cabega

( V i o t t i ) , so f r er

da

bola

{tola),

má cabega, nao estar bom da cabega alle '(halb-) verrückt' sein (Ma$ 22); rum. nebun {de cap) (nicht gut im K o p f ) ist das Normalwort f ü r 'verrückt'; pg. má cabega ist wohl nicht, wie Mayas meint, 'kranker K o p f , sondern 'schlechter Kopf' 4 5 , dazu ironisches boa cabega 'Narr, Esel' ( M I C H ) ; vermutlich bedeuten beide Ausdrücke nicht 'd' im Sinne unserer Definition und beziehen sich, wie span. mala cabeza, auf Unvernunft und Unüberlegtheit, also auf den schlechten Gebrauch der an sich vorhandenen geistigen Fähigkeiten. In Übereinstimmung mit unserem Einteilungsprinzip erwähnen wir hier nur solche Bezeichnungen, die vom Bezeichnungsmittel her sich explizit oder implizit auf den Kopf oder das Gehirn beziehen. Dies ist auch sicherlich der Fall bei: tocado (Partizip zu tocar 'berühren') Medio loco, algo perturbado. M A , M O L , S G (a) 1. Beleg: 1 7 . Jh. Das Wort wird häufig mit dem präzisierenden Zusatz de la cabeza verwendet. Die Geste des drehenden Fingers an der Schläfe, die den Ausdruck o f t begleitet, stellt für manche Sprecher die Motivierung, nämlich den derart berührten K o p f , dar, über welche aber keinesfalls Klarheit und Einmütigkeit 42

43 44 45

Im Quijote (p. 489) wird einfaches bueno 'bei Verstand' loco gegenübergestellt: »Yo sé "que estoy bueno, replicó el licenciado, ( . . . ) - ¿Vos bueno?, dijo el loco«. Quinteros: Obras Compl. 1,239. Villán: Mayores, S. 391. Im Spanischen bedeutet mala cabeza wie calavera 'leichtlebiger, unsolider Mensch'.

143

herrscht. Grundlage der Übertragung ist entweder das Bild des Kopfes, der einen Schlag bekommen hat, oder ' v ' ist sekundär hervorgegangen aus "angeschlagen, krank' (eigentlich 'von einer Krankheit berührt sein'), eine Bedeutung, die vor allem kat. tocat V eignet: estar tocat dels pits, auch von Früchten und Nahrungsmitteln peres tocades (Birnen, die beginnen, wurmstichig zu werden'; ähnlich N a v . una res tocada 'krankes Rind', una fruta tocada 'fruta que a consecuencia de un golpe se ha puesto blanda en parte'. Im Katalanischen ist tocat ' v ' besonders vital, erscheint in zahlreichen Varianten wie tocat del holet (Pilz, Hut; hier: Kopf) de la caixa de Sant Pere (X.,}2jf.) etc. und nur im Katalanischen gibt es das Verb tocarse 'verrückt werden', 'sauer werden (vom Wein)' etc. (s. D C V X,324). Hiermit könnte zusammenhängen, daß allgemeinsprachliches tocado ' v ' im Valenzianischen besonders häufig zu sein scheint und von L A R geradezu als valenzianisch und argentinisch notiert wird. Am wahrscheinlichsten ist, daß sowohl die onomatopoetisch unterstrichene Vorstellung 'einen Schlag erhalten haben' wie 'angeschlagen, krank' am Übertragungsvorgang beteiligt sind. Analog verhalten sich stammverwandtes campid. tokku, lomb. t o k 'einfältig' neben it. tocco 'getroffen' und mail. tok 'angefressen' (von Früchten) (REW 8767). - Es überwiegen jedoch die Übertragungen, die allein von der Vorstellung einer gewaltsamen Einwirkung auf den K o p f , eines Schlages, als Ursache der Verrücktheit ausgehen: tont o de abarrajo 'tonto de remate' (nur M A ) (zu abarrar 'varear o sacudir', etwa 'mit einer Rute oder einem Stock schlagen'); Ecuador, Argent.: golpeado 'd': »Zutano es mui golpeado para que pueda ser el autor del hecho que se le imputa« 4 '. Frz. toque (Part, von nordfrz. toquer 'schlagen'; Gamillscheg, R E W 8768); kat. Roussillon: tenir una martellada (Schlag mit dem Hammer) 'tenir un poc perturbades les facultats mentals' (VII,268), vermutlich nach frz. avoir un coup de m arte au 'id.'. pg. ter pancada na mola (Schlag auf dem Kopf) 'etwas verrückt sein'. Der Schlag kann metonymisch auch den 'Verrückten' bezeichnen: bras. p a n c a d a (Schlag) m. f. 'leicht verrückt' ( X X , i 58) und transmont. chapadas {cbapada 'Schlag von oben herab') 'sujeito sem habilidade'. Zu pancada gehören auch die mda. Formen des Portugiesischen pancadäo, pancao, pancadola, pancadista, apancado alle 'leicht verrückt sein', 'einen Spleen haben', vgl. pancada 'Manie, Anfall von Verrücktheit'. Das onomatopoetische Element, dessen Einfluß auf span. tocado > 'd' und it.mda. tok, tokku > 'd' wir schon oben erwähnten, ist entscheidend in frz. toc 'doof, bekloppt'. Dtsch. bekloppt. Da keine dieser Bezeichnungen der Schriftsprache angehört, überrascht es umso mehr, eine analoge Ausdrucksweise schon bei Berceo anzutreffen: 46

Kany: Euph., p. 49. 144

Leemos de un clérigo que era tiest herido, (geschlagener K o p f , töricht, verrückt) Ennos vicios seglares fera mient enbevido; Pero que era locco, avie un buen sentido, A m a v a la Gloriosa de corazon complido 4 7 . W i r schließen diese Gruppe des kranken K o p f e s mit z w e i Bezeichnungen ab, die wenig gebräuchlich sind: podrido de la cabeza (verfault im K o p f ) fig. loco o necio. M A tener la cabeza cariada (von Karies befallener K o p f ) ist uns nur als rein okkasionelle Wendung bekannt: (Muelita zeigt sich unverständig) G a u d i a : » ¡ A y , Muelita, tiene usted la cabeza cariada! Habría que empastársela con sustancia g r i s . . .«48.

e) D e r K o p f als gestörter Mechanismus faltarle a uno un tornillo (eine Schraube fehlt) tener flojos los tornillos (die Schrauben locker haben) fig. fam. Tener poco seso. M A Se dice de la persona que dice o hace insensateces. M O L , S G (a) Der

Ausdruck

bezieht

sich zunächst

auf

unvernünftiges,

unüberlegtes,

leichtfertiges Verhalten und erscheint in dieser Verwendung v o r allem in der Variante tener flojos ihm

ist

eine

Schraube

los tornillos,

die also nicht genau mit dtsch.

locker

bei

übereinstimmt. So sagt der Vater

von seiner mehr an ihre Tanzvergnügungen

als an ihre Schulaufgaben

denkenden Tochter: »Está destornillada49

(losgeschraubt; a). H a y que

apretarle

los tornillos«

(gehört). Die lexikalischen Angaben z u

destornilla-

do 'inconsiderado, precipitado, sin seso' ( M A , C A B ) , 'unbesonnen, kopflos' (SG) enthalten nicht die mit dtsch. bei ihm ist eine Schraube einstimmende Bedeutung 'chiflado', die nur M O L

locker

über-

registriert. Sie eignet

auch den anderen Ausdrücken v o m T y p Schraube, vgl. z . B . »chiflada de remate . . . Los tornillos (llevándose cada índice a una y otra sien) más que flojos; y a no h a y tornillos«5®. Eine Ausnahme stellt in dieser Beziehung cabeza destornillada

(a) dar, das ausschließlich der Bedeutung 'unbesonnen,

Milagros de Nuestra Señora, Str. 101. Insúa: El negro que tenía el alma blanca, S. 18. 4 'Bei atornillado (festgeschraubt) fam. 'sin juicio; irreflexivo, loco" (CAB) scheint es sich aufgrund des Bezeichnungsmittels sowie des sonst fehlenden Nachweises in den Wörterbüchern um eine Augenblicksbildung oder um einen Irrtum in der Angabe zu handeln. 50 Méx.: Quevedo y Zubieta: La carnada, p. 181, zit. bei Kany: Euph., p. $9. 47

48

H5

kopflos' vorbehalten scheint. Die enge Berührung beider Verwendungsweisen zeigt folgendes Zitat: Mijita: »¿Despresias mi cariño?« Soledad: »Y ¿qué quiés que haga, si mi suerte es ésa?« Mijita: »¡Ma caigo en la má! ¡A ti te farta argún torniyo! Piénsalo bien, muchacha« 51 . Mit diesen Bezeichnungen gehen wir von der Gruppe nicht funktionierender, da kranker Kopf über zu den Namen, die auf der Auffassung des Kopfes als nicht funktionierender Mechanismus beruhen. Es wäre wohl müßig, die Art dieses Mechanismus näher präzisieren zu wollen, wie Kluge 52 dies unter Bezug auf verrückt (von der Stelle gerückt) tut: »Sofern das Gehirn als Uhrwerk gedacht wurde (vgl. eine Schraube ist locker), war verrückt geeignet, Geisteskrankheit zu bezeichnen«. perder la chaveta (Art Spaltniete) fig. fam. Perder el juicio, volverse loco. MA, MOL, C A B fig. fam. Die Fassung, den Verstand verlieren. S G (a) Obwohl der Ausdruck bei den meisten Sprechern nicht motiviert ist, da sie die gegenständliche Bedeutung nicht kennen, gehört er zu den volkstümlichen Bezeichnungen für V . Ausdruck seiner Vitalität ist auch das Syntagma estar chaveta 'id.', das in den Wörterbüchern fehlt, bzw. von M A nur für Puerto Rico notiert wird, uns aber mehrfach in Spanien (Daimuz, Pamplona, Jaén) begegnet ist, und von Kany 5 3 für Arg., Urug. und Parag. ausgewiesen wird. In Amerika, Venezuela auch eschavetado adj. 'loco', Perú, Chile deschavetado adj. 'id.' Chile deschavetarse 'perder la chaveta'. Noch besser als tornillo ist chaveta zur bildlichen Verwendung geeignet, da mit ihrem Verlust gleich eine Reihe von Teilen verlorengeht, die sie auf einer Stange befestigt. Daher vielleicht auch die gelegentliche Bedeutung 'ser distraído o desmemoriado' (CAB). kat. perdre la x ave ta (=span. chaveta) fam.'perdre el seny'(X,922); da auch hier wie im Spanischen das Wort in seiner gegenständlichen Bedeutung wenig bekannt ist, wurde der Ausdruck ummotiviert zu Valencia perdre la xapeta (Metallscheibchen, kleine Münze) (X,909). chaveta ' K o p f im Pachuco54 beruht auf der Umdeutung von 'Schraube' zu ' K o p f ' im Syntagma perder la chaveta, ein semantischer Vorgang, den Stern55 als Permutation bezeichnet. Interessant ist, wie dtsch. überdreht sein semantisch und der inneren Form nach genau übereinstimmt mit span. p a s a d o d e r o s c a (nicht in das Gewinde greifen, ausgeleiert, überdreht sein) pop. 'verschroben, verrückt' (SG), 'majareta, medio loco' (a, aber nicht häufig). Die Bedeutung erscheint nicht in anderen Wörterbüchern. Nur M O L verzeichnet eine 51

52

53

54

Quintero: Obr. Compl. I, S. 280. Euph., p. 49. 55 M e a n i n g , p. 3 5 iíí.

146

E t y m . Wörterbuch, s. v. verrückt. Rom. J b . V I ( 1 9 J 3 - 5 4 ) , p. 2 5 2 .

bildliche Verwendung von pasarse de rosca: "exagerar en algo, por ejemplo en una actitud, que puede ser buena en sí, pero con la exageración resulta malograda o contraproducente', Beispiele: »Pide 50.000 pts. Se ha pasado de rosca« etwa 'das ist zuviel des Guten, der ist ja verrückt'; Dienstmädchen (von der übertrieben zärtlichen Ausdrucksweise ihrer jungvermählten Herrschaften): »Esta media lengua [media spielt auf die vielen Zärtlichkeitsdiminutiva an] suelen utilizarla todos los recién casados ( . . . ) Pero mis señoritos se pasaban de rosca«58. kat. faltar una rosca (Schraube) a algú 'mancarle una mica d'enteniment' (IX,578), faltar un fern a algú (Schraube) 'id.' (II,1006), Barcelona: faltar un caragol a algú 'id.' (II,1006); kat. mancar una roda a algú (Rad) 'id.' (IX,524); Pg. 57 falta - Ihe un parafuso (Schraube), ter una a duela a menos (Faß-) Daube) 'nao ter o juízo todo, ser desequilibrado' (1,436); está a rosca molda ( X X V I , 2 4 2 ) 'id.', desaparafusado (aufgeschraubt) 'id.', parafusos despertados 'falta da senso ou juízo' (beide Viotti, bei Majas 22). Die Bezeichnungen sind nicht nur in Hinblick auf das Bezeichnungsmittel, sondern auch auf die häufig anklingende Nuance 'unbesonnen, leichtfertig' neben 'leicht v ' den spanischen Ausdrücken äquivalent. Fuentes de N a v a (Palencia): belorta 'bobalicón' (RDTrad. Pop. 1,669) geht sehr wahrscheinlich zurück auf die für das gleiche Wort in Tierra de Campos (Palencia) belegte Bedeutung 'tuerca' (Mutter) (RDTrad. Pop. 11,486). Ähnlich como roscas 'se dice de las personas torpes y brutas' (CAB). Welcher Art der semasiologische Zusammenhang mit den Bezeichnungen vom T y p ihm fehlt eine Schraube ist, können wir nicht präzisieren. Man könnte an eine Entwicklung aufgrund von Namenberührung denken, indem das einzelne, aus dem Syntagma gelöste Wort dessen Bedeutung übernimmt, wogegen jedoch die divergierenden Bedeutungen 'verrückt' - 'dumm, unbeholfen' sprechen. Bei rosca käme als Ausgangsbedeutung auch 'Art Gebäck, Kranzkuchen' in Frage. trastornado, -a (durchgedreht) adj. Part, zu trastornarse 'verrückt werden'. MOL, SG (a) i.Beleg: 17. Jh. (COR) Trastornado kann sich sowohl auf vorübergehende Verwirrung wie auf leichte pathologische Verrücktheit beziehen: »Tiene a su mujer trastornada en una clínica mental« (MOL). Der aus der Medizinersprache hervorgegangene, heute durchaus umgangssprachliche Ausdruck ist in seiner Bezeichnungsgrundlage deutlich unterM 57

Laiglesia: Sólo . . . , p. 16 j . vgl. Mafäs, p. 2 3 ; Alvarenga, p. 259.

147

schieden von den Schraubenbezeichnungen, insofern sein Bildgehalt weniger materieller Natur ist. Das Wort ist in der heutigen Sprache unmotiviert. Pg. trastornado (id.) adj., part, 'que nao está em seu juízo normal; demente' ( X X X I I , 5 51). Volkstümlicher, materieller in der Bezeichnungsgrundlage sind pg. cabeça virada 'amalucado; trastornado; tonto' (XXXVI,296), virarse a algú o miolo 'den Verstand verlieren'; Bras, gíria: virado da bola, ~da cachola, ~do juízo (durchgedreht im Kopf, hier: Verstand) 'leicht v ' (Viotti, zit. bei Maçâs, Pert. 14). Pg. gira (d. Drehen) m.f., adj. pop. 'um tanto amalucado tonto; meio maluco' (XII,403). Dtsch. durchgedreht. Ist die Schraube einmal verloren, so fällt die Maschine - vgl. pg. máquina für 'Kopf' - auseinander: tener

la cabeza

a componer

(etwa 'reparaturbedürftig')

'estar tocado de la cabeza' (MA) bezeichnet das Ergebnis von descomponérsele a uno la cabeza 'turbársele la razón o perder el juicio' (SAL). Beide Wendungen sind selten und schwanken daher in der Bedeutung. So notiert C A B für ersteren Ausdruck 'desmemoriado'; 'distraído'; 'irreflexivo'. Frz. détraqué 'übergeschnappt' geht nicht, wie man in Hinblick auf delirante (zu DE LIRA (ire) 'von der geraden Linie abweichen') und despistado (eig. 'von der Spur abkommen') 'zerstreut' meinen könnte, auf '(se) détourner de la voie' 58 zurück, da diese Bedeutung nur bis ins 17. Jh. bezeugt ist, während détraqué in Verbindung mit dem menschlichen Verstand - esprit détraqué, cerveau détraqué - erst seit Mitte des 19. Jh. ermittelt ist. Auszugehen ist von 'kaputt, entzwei' wie in montre détraquée, machine détraquée. Nur vereinzelt begegnen wir den Wendungen este no carbura (der Vergaser funktioniert nicht) está majareta (Asturias), in der das Bild des Motors aufgegriffen wird. Am. le patina el clotch (Kupplung) está perdiendo la razón. Kany, p. 233 Im Portugiesischen finden wir eine Reihe von Bezeichnungen, die in eigentlicher und übertragener Verwendung synonym sind, nämlich 'entzwei' und 'leicht verrückt sein, einen Spleen haben' bedeuten: desarranjado (do miolo) (VIII,63O), destrambelhado (VIII,822), avariado (III,79i), desafinado (VIII,6x2); nao regular bem (nicht funktionieren) 'id.'. Zum Bild des Kopfes, der entzwei ist, gehört auch estoi68

Aus dieser Bedeutung will Heins V ableiten. 148

rado (das aduelas) (zu estoirar 'zerknallen, mit Getöse zerspringen') 'id.', das von Maçâs ( 2 1 ) wohl zu unrecht anders eingeordnet, nämlich in Verbindung mit starken Gefühlsausbrüchen (estoirar de despeito, estalar de dor etc.) gesehen wird. Frz. fêlé (einen Sprung haben) 'id.'; rum. ficnit (zu serbisch ficnuti 'zerspringen') 'id.'. Zur Relation Bezeichnungsmittel - Bedeutung können wir abschließend feststellen, daß der K o p f , der entzwei ist und nicht funktioniert, durchwegs auf leichte Verrücktheit, nicht etwa auf Dummheit bezogen wird. tener

la cabeza

como

una grillera

(s. A r t i k e l grillado)

ist im Spanischen

der einzige Vertreter eines Benennungstyps f ü r leichte Verrücktheit, der in anderen Sprachen sehr beliebt ist und auf dem Bild des Kopfes beruht, der nicht normal funktioniert, weil er irgendwelche Fremdkörper enthält. Meistens handelt es sich dabei um gewisse Hirntierchen, wozu Riegler 59 ausführt: »Es ist eine uralte, wohl den meisten Völkern geläufige Vorstellung, daß sich im K o p f e des Menschen Elben in Tiergestalt einnisten, die außer physischen Krankheitszuständen, wie z . B . K o p f w e h , Störungen der Denkfähigkeit oder des seelischen Gleichgewichts verursachen. Als Hirntierchen erscheinen hauptsächlich Insekten und Vögel, deren Summen und Schwirren, bzw. Flattern sich sehr passend mit den Gedankensprüngen geistig Abnormaler vergleicht«. Chile tener pajaritos en la azotea (Vögelchen auf der Dachterrasse) 'leicht verrückt' 60 (Alvarenga, p. 2 5 1 , Anm.); in einem urug. Theaterstück 61 finden wir tener gente en el altillo (Leute im Oberstübchen): Rudecina (zu Zoilo, der wieder einen Auftrag nicht richtig ausgeführt hat): »¡Por favor, che! Mirá que voy a creer lo que andan diciendo. Que tenés gente en el altillo«. Pg. ter minhocas (Regenwürmer) 'id.', ter macaquinhos no so ta o (Äffchen auf der Dachterrasse) 'id.' ( X V , 7 0 1 ) ; frz. avoir une araignée la

au

mansarde

Meise

unterm

plafond

'id.', avoir

( H . 3 7 6 ) ' i d . ' ; dtsch. Pony

haben,

une

chauve

souris

einen

Vogel

haben,

Raupen

im

Kopf

h ab en

dans eine (Kem-

per, Tier. Schädlinge, p. 44), Berlin: hast woll'n Keber (Kemper, Tier. Schädlinge, p. 37). N u r in manchen Fällen steht das Hirntierchen f ü r den 'verrückten Gedanken', die 'fixe Idee'. So pg. minhocas62 (nur Plural) (z.B. tem muitas 59 60

61 62

WuS VII,130. span. tener la cabeza a pájaros (llena de pájaros) steht zwar im Bereich geistiger Gestörtheit, ohne sich jedoch der Bedeutung V so stark zu nähern wie dtsch. einen Vogel haben. Mit den spanischen Wendungen verbindet man 'nicht zu verwirklichende Wunschträume, Flausen haben' oder nur 'Mangel an Konzentrationsfähigkeit': »Esta chica piensa ir a Hollywood. Tiene la cabeza llena de pájaros«. »No puedo estudiar hoy, tengo la cabeza a pájaros«. Florencio Sánchez: Barranca Abajo, Teatro Urug. cont., p. 42. vgl. auch dtsch. das ist so ein Vogel von ihm.

149

minhocas na cabega), das auch den Träger dieser Idee bezeichnen kann: minhocas 'pessoa com manias'63. 2. Augen (Gesichtssinn) ciego ofuscado, alucinado. MA, MOL que no sabe, conoce o entiende. M A (a) fig. blind, verblendet. S G Im Sinne der Angabe von MA, nämlich von einem Menschen, dessen Verstand nicht ausreicht, etwas zu verstehen (d-ohne Verstand) wird ciego nicht häufig aber doch allgemein verwendet: »Estará (será) ciego este hombre que no comprende lo que le digo«. Meistens sind es heftige Gefühle, Leidenschaften, die den Menschen blind machen und seine Verstandeskräfte vorübergehend ausschalten. Daher werden Fügungen wie estar ciego de ira, ~de celos ausschließlich mit estar gebildet. Ähnlich bezieht ciego sich auf ein zeitweises Nicht-Mächtigsein des Verstandes, wenn es 'verrückt nach', 'von einem Wunsch besessen sein' ausdrückt: »El niño está ciego con el juego« (cf. MOL). Sinnähnliches obcecado 'ofuscado, ciego' (MOL) wird nur fig. und im gehobenen Stil verwendet. Wie ciego bezieht es sich vor allem auf ein momentanes Verhalten. Häufig tritt die Komponente 'starrsinnig, da von einer Zwangsvorstellung, einem Vorurteil oder einem Gefühl beherrscht', hinzu: Carlos: »¿Cómo se ha atrevido Vd. a insinuar que don Miguel era un hombre obcecadp que no quería dialogar?«64. Wir erwähnen hier noch Aragón: llevar los ojos en la nuca (die Augen im Nacken haben), das sich der inneren Form nach mit tener los sesos en los calcañales (s. S. 136) vergleicht und von M A in der Bedeutung 'no ver lo que está patente. N o tener ingenio' notiert wird. Da der Gesichtssinn der für die Wahrnehmung wichtigste Sinn ist, überrascht es nicht, daß vor allem die mit ihm verbundenen Vorstellungen auf die Ebene geistiger Wahrnehmung transponiert werden. Die Analogie, bzw. Gleichsetzung von '(nicht) sehen' und '(nicht) verstehen' ist Gegenstand zahlreicher volkstümlicher refranes: No saber es como no ver (Refr. 31 980) und Varianten; Tanto es el que no sabe como el que no ve (Refr. 31 978) und Varianten; El ignorante al ciego es semejante (Refr. 31 982). Aus dem Bereich der Tiermetaphern erinnern wir an Luchs {lince), Adler (águila) und andere Tiere, die wegen ihres scharfen Blicks, im Gegensatz zum Maulwurf (s. Artikel topo), die Klugheit verkörpern. ¡O/o! 'Vorsicht!' richtet sich mehr an die Aufmerksamkeit, den Verstand überhaupt, als an die Augen, daher: »¡Ojo, que la vista engaña!« Die beim Spanier sehr beliebte Geste, die darin besteht, daß man durch Herunterziehen des Lides ein Auge 63

Eine Entwicklung über Namenberührung ter minhocas V > (ter)minhocas M V ist unwahrscheinlich. A. Paso, Nr. 377, S. 74. 150

vergrößert, bezeichnet 'Gerissenheit', 'Schlauheit', 'Verstand' 6 5 . V g l . dem Katalanischen:

(Die geschäftstüchtige Senyora von ihren

aus

Aktien):

»les vaig vendre quan anaven molt altes.« Matias: »Fuma! . . . quin ull! 66 Die spanischen Bezeichnungen aus der Sphäre des Gesichtssinns scheinen zahlreicher zu sein als in anderen Sprachen. O b w i r diese Tatsache in Beziehung setzen dürfen mit der egozentrischen H a l t u n g des Spaniers und dem durch sie bedingten besonders engen Verhältnis zum eigenen Körper, wie dies Beinhauer 67 unter Bezug auf die spanischen

Körpermetaphern

überhaupt versucht, ist eine interessante, aber w o h l nur schwer beweisbare Hypothese. D i e allgemein menschliche psychologische Disposition, insbesondere den Gesichtssinn als erkennende Verstandeskraft aufzufassen, ist so ausgeprägt, daß der Sprachbraucher sich einer vergleichenden metaphorischen Ausdrucksweise kaum bewußt ist. Beispiele f ü r die Verbreitung dieser Disposition sind unter vielen anderen lat. perspicax prudents

(langue< gebundene, nebeneinander bestehende usuelle Verwendungsweisen einer gleichen Bedeutung sind. Es überrascht, daß man bisher bei der Erörterung der Herkunft von boquirrubio 'd' nicht an bozal gedacht hat, dessen semantische Entwicklung mit der von boquirrubio übereinstimmt und wahrscheinlich dieser als Vorbild gedient hat. bozal adj., m. fig. fam. Inexperto, ignorante, bobalicón. MA fig. fam. Bisoño; simple, bobo. MOL fam. fig. Nuevo o principiante en un ejercicio; simple; necio o idiota. CAB, D R A E unerfahren, ungeübt. SG 1. Beleg: 16. Jh. Nur M A registriert die Ableitung bozalejo (seit 16. Jh.) 'bozal, bobalicón. Alle von uns konsultierten Wörterbücher verzeichnen 'd' als Übertragung von 'negro recién sacado de su país'. Entsprechend stellt Hatzfeld 85 die Entwicklungsstufen dar: bozal Maulkorb I neuangekommener Neger i Provinzler

'

\ Neuling

83

z.B. La picara Justina, edic. Puyol 11,32, zit. bei Herrero García, RFE XII,168, Anm. 2. 84 In diesem Fall hätten wir boquirrubio unter Alter behandeln müssen. 85 Vergleichende Bedeutungslehre, S. 98. 157

Für das Brasilianische berichtet Buggenhagen 88 , boçal sei die Bezeichnung für den Neger gewesen, der neu aus A f r i k a gekommen war und die portugiesische Sprache nicht beherrschte, im Gegensatz zum negro ladino, dem 'latinisierten, kultivierten und intelligenten Neger'. Von hier versteht sich span. bozal 'aplícase también al niño que empieza a hablar tartamudeante' (SAL), Amer, 'indio o extranjero que habla muy mal el español' (SAL). Auch im Katalanischen hat diese Bedeutung einen Ableger gefunden, wo boçal neben 'Maulkorb', 'Neger' auch 'barbar, tose, inculte' bedeutet, besonders als abwertende Bezeichnung für die Einwohner Pedreguers (Dénia), das von Mallorca aus besiedelt wurde, »perque son molt senzills, mancats de cultura i amb reminiscències mallorquines en llur llenguatge« (11,537). Das bisher Gesagte ließe die Entwicklung 'Neger' zu 'd' wahrscheinlich erscheinen, dennoch ist ohne Zweifel die Bedeutung 'd' die ursprüngliche, da bereits Nebrija 1495 verzeichnet 87 : bozal adj. 'que aun tiene bozo', inexperto, bobalicón', wozu sekundär (negro) bozal tritt. Die Etymologie von R E W 944 : it. barbezzale > span. bozal ist damit hinfällig geworden, ebenso wie die Ansicht C. Michaelis 88 , bei pg. boçal (buçal) 'rude, estúpido, inculto, grosseiro' (IV, 8 07) sei von dem asturischen Eigennamen Don Bueso auszugehen. Schließlich nennen wir noch einige Bezeichnungen, die sich der inneren Form und Bedeutung nach mit boquirrubio und bozal berühren: tener pocas barbas (geringer Bartwuchs), barbiponiente (von beginnendem Bartwuchs), barbilampiño89 (von geringem Bartwuchs, flaumbärtig), und frz. une jeune barbe, avoir la barbe trop jeune (FEW 1,243), 'unerfahren', ohne daß sie die negative Bewertung wie bozal und boquirrubio erfahren haben und als solche-am Rande des Wortfeldes 'd' verbleiben. Hingegen gehört zu 'd' kat. Val. (Gandía) mec,-a (bartlos) 'bovo, beneitot' ( V I I , 3 i 7 ) . Der lange Bart jedoch ist auch im Spanischen Symbol der Weisheit und anderer positiver Eigenschaften. Allerdings sagt man auch hier la barba no da saber (Refr. 6385). b) Geifer, Schleim baboso (jmd., der geifert) fig. fam. Tonto e imbécil. M A , M O L Amer.: dumm, tölpelhaft. S G Chile, México: soso, tonto. S A L i. Beleg: 18. Jh. 86

Worteigentümlichkeiten der brasilianischen Umgangssprache, Säo Paulo, 1951, S. 86. 87 desgleichen D C E L C s. v. bozo. 88 R L 11,202; cf. D C E L C s. v. bozal. 89 cf. Belege bei Herrero García, p. 16zS., wo auch andere psychologische Auffassungen von barbilampiño in der Literatur des 17. Jhs. erwähnt werden.

Vgl. hierzu aus dem refranero: poco barba, poca vergüenza (Refr. 6366), lampiño o ralo de barba, de ése te guarda (Refr. 6365) usw. IJ8

Das Wort ist uns in der Bedeutung 'd' aus dem Argentinischen geläufig, im Spanischen der Halbinsel wird es hingegen in dieser Bedeutung kaum verwendet, aber überall verstanden, was neben der Motivation durch baba 'Geifer' auch der expressiven Lautung und dem Vorkommen von mundartlichen Formen des gleichen Stammes zuzuschreiben ist, die ihrerseits eine Folge der lautlichen Ausdruckskraft des Stammes BAB- sind. Charakteristisch für die spanischen Wörter der BAB- bzw. BABA-Familie - baboso babayu, babanca, babera, babieca, babatel - scheint uns zu sein, daß sie im Gegensatz zu französischen und italienischen Wörtern der gleichen Familie im engen Zusammenhang mit baba 'Geifer' stehen. Aufschlußreich in diesem Zusammenhang ist folgender Beleg: »Por eso mismo, los admitidos en el escalafón [= Rangliste der Dorftrottel] no pueden ser tontos corrientes, sino imbéciles de una estüpidez rayana en la baba«80. Gleiches gilt auch von den portugiesischen und einigen katalanischen Wörtern (s. u.), während die italienischen - z. B. bàbbèo, babbo, babbaccio, etc. (vgl. im einzelnen w. u.) - und französischen - z. B. babouin, baba - lediglich zum expressiven Stamm BAB- gehören und sich lautlich deutlich von it. bava bzw. frz. bave 'Geifer' unterscheiden. Nicht immer werden bei der Zuordnung der uns beschäftigenden Bezeichnungen deren engere Affinität zur BAB- oder BABA-Gruppe berücksichtigt. So erscheint bei Corominas zwar baboso unter BABA, während z.B. astur, babayu unter babieca erscheint und wie dieses der BAB-Familie zugerechnet wird (vgl. aber astur. babaya 'Geifer'), unter der u. a. auch die italienischen Bezeichnungen aufgezählt werden91. Diese Ungenauigkeit wird auch nicht dadurch berichtigt, daß Corominas bemerkt: »Mas de lejos està emparentada està familia con BABA, por la conexión existente entrelas ideas de necedad y de infantilismo.« Baba 'Geifer' geht seinerseits zurück auf den expressiven Stamm BAB-, der das Stammeln des Kindes ausdrückt, wobei der Geifer eine Begleiterscheinung ist. So wirkt auch in den spanischen Bezeichnungen für 'd' neben der Motivation durch baba sekundär der onomatopoetische Stamm BAB-. Im Spanischen ist es nicht zu der divergierenden Entwicklung von BAB- einerseits und vlat. BABA andererseits gekommen, da in dieser Sprache die Opposition v-b nicht besteht; vgl. hingegen FEW 1,195 Z U BABA 'Geifer' im Galloromanischen (und dem größten Teil der Romania): »Der ursprung des wortes ist dergleiche wie beim vorhergehenden [ B A B - ] . Nur ist er der allgemeinen lautlichen entwicklung der spräche gefolgt (...). Das war möglich, weil BABA einen gegenständ bezeichnete, nicht mehr ein geräusch und daher die onomatopoie ihre Wirkung einbüßen mußte«. Bei den Bezeichnungen für 'd' unterscheiden wir also eine Gruppe, die sich von baba 'Geifer' herleitet und sekundär phonetisch motiviert ist, von einer anderen, die ausschließlich phonetisch motiviert ist. 90 01

Laiglesia: Sólo mueren los tontos, p. 83. FEW I notiert von den spanischen Formen nur babieca, und zwar unter dem Stamm bab-. iJ9

Mit baba, baboso assoziiert man u . a . die Vorstellung des Kindes, wie die des alten Menschen, allerdings mit negativer Tönung: babas o hechos sin juicio, fundamento, ni lógica de los ancianos' (CAB), 'el anciano' 2 , el viejo chocho; el niño con pretensiones de hombre' Mit letzterer Angabe vergleicht sich mocoso nach Bedeutung und Form, weshalb wir hier einreihen dürfen

ebenso 'dichos baboso (CAB). innerer

no saber quitarse los mocos fig. fam. C o n que se denota la suma ignorancia de uno, y se le censura se meta en lo que no entiende. M A und caérsele el moco fig. fam. ser simple o poco advertido. M A Aut. registriert caérsele la baba 'se toma para expresar que uno es bobo o simple, porque de cualquiera cosa se admira y queda pasmado con la boca abierta, despidiendo la saliva, y sin responder ni hablar cosa alguna al intento'. Das Kind und der alte (wieder kindisch werdende) Mensch schneiden in der Bewertung der Intelligenz im allgemeinen schlecht ab (vgl. Artikel >Lebensalter Wasser im Munde zusammenläuft), im Mittelalter bedeutete nach R E W 853 b ab o sus in Italien, Frankreich und Spanien 'verrückt' (weil dem Verrückten, Tollwütigen Geifer vor dem Mund steht). Die Schallwurzel BAB- ist vor allem Ausdruck minderwertigen Sprechens, des Stotterns und des Schwatzens. In der Bedeutung 'schwatzen' kommt die Wurzel im Griechischen, Keltischen, in germanischen und romanischen Sprachen vor 94 . Wie nah es sich hier mit verwandtem BABA berührt, zeigt frz. babiller 'schwatzen' neben bavarder 'id.'. Von hier versteht sich leicht seine Eignung zum Ausdruck der Vorstellung *d\ Wer statt zu sprechen nur bab sagen, nur stammeln kann bzw. so aussieht, ist 'd\ Das visuelle Element scheint uns von Wartburg in seiner Bedeutung überschätzt zu haben, wenn dieser Forscher im F E W 1,192, folgende Bedeutungsaffinitäten feststellt: I. baba 'Lippe' (da bab- die einfachste mit den Lippen zu vollziehende Artikulation ist) > 'häßliches Gesicht', II. Tiere wie A f f e (babouin), »baboso (...) regularmente se suele decir de los viejos porque [la baba] abunda en ellos« (Aut.). 95 In der Grundbedeutung mit baboso übereinstimmend und gleicherweise 'verrückt vor Liebe' bedeutend: span. babón, pg. babado, babäo (auch 'd'), etc. 94 cf. FEW I, p. 193. 92

160

Eule, Kröte, die wegen ihrer häßlichen Fratze von dieser Wortfamilie aus benannt werden, III. »die vorgestellten Lippen verraten meist gewisse Charaktereigenschaften des Menschen. A u f diese wird daher die Wortfamilie auch angewendet«, und zwar in den Bedeutungen i . 'dumm', 2. 'schwatzen'. Diese Interpretation trifft vielleicht für ein Wort dieser umfangreichen Familie zu, nämlich für frz. babouin, dem nach seinen vorgestülpten Lippen benannten Pavianaffen, der im 13. bis 16. Jh. auch in der Bedeutung 'sot' erscheint, was nach Bloch-Wartburg (s.v. babouin) »Provient à la fois de ce que les lèvres proéminentes donnent au visage une expression niaise et de ce que les mots de cette même famille servent souvent à caractériser 1'enfantillage«. V o m Französischen gelangte das Wort in beiden Bedeutungen ins Spanische: babuino ('imbécil, cobarde' M A ; selten), Portugiesische: babuino und Italienische: babuino. Zudem wird die durch bab- vermittelte visuelle Vorstellung häufig das Mundaufsperren und nicht die Form der Lippen sein: vgl. z . B . Mallorca: embabaiat, -ada 'embadalit', wozu Aleover ( D C V I V , 7 0 3 ) bemerkt: »derivat de BAB- onomatopeia del qui obra la boca d'admiració« 95 und pg. basbaque m. pop. 'individuo que fica boquiaberto diante de tudo; pateta, parvo' (IV,325), mda. basbana m . a d j . 'parvo, atontado' (ib.). Die Entsprechungen von baboso in anderen Sprachen: kat. bavós, -a (id.) adj. 'curt d'enteniment o mancat d'experièneia' (11,393); PS- baboso (id.) 'parvo, apaixonado' (111,977); Paris pop. b a b a 'stupéfait' mda. 'd' (FEW 1,192). Es folgen zunächst die spanischen und anderssprachigen Bezeichnungen, die in enger Beziehung zu 'Geifer' (span. pg. baba, kat. bava) stehen und nur sekundär lautlich motiviert sind. Ast.: babayu 'tonto de capirote' ( C O R ; Asturias). Wie baboso durch baba 'Geifer', ist babayu ebenfalls durch 'Geifer' motiviert, der im Asturischen babaya heißt. Als Asturianismus erscheint babayu in der an hochsprachliche Lautung angelehnten Form babayo bei Pérez de A y a l a 9 ' : »ese barbillo de Berte era cabalmente un babayo« (mit der Anmerkung: 'idiota baboso'). In einem asturianischen Volkslied aus Lena heißt es: »Y en la plaza de la Pola/ ¡pumba, dale!/ salen todos los babayos« 97 . Die Ableitung Ast. babayada 'tontería' erscheint als babazada 'tontería, cosa sin substancia' im Judenspanischen Bulgariens 98 . N a v . babaleca (de baba, M A ) Bobalicón, soso. Suele aplicarse al alelado y al que habla lentamente con bobería o sosería. M A Bei den ¿«¿-Ausdrücken für 'd' bezeichnet Aleover jedoch BAB- regelmäßig als Stamm, der Stottern, Geifern, schlechtes Sprechen ausdrückt. " Tigre Juan, p. 39. "Daniel G.: Nuevo Zarracina Cancionero Popular Asturiano, RD. Trad. Pop. II (1946), p. 26SÍ. 98 Zamora Vicente: Dial. Esp., p. 366.

95

161

Sal. babanca (de baba, M A ) m. f. Persona boba. M A i . Beleg: 17. Jh. ( M A ) pg. mda. babanca N a v . moquita

(s) m. (und f.?) 'pacóvio, lorpa, palerma' (111,971).

(Nasentropfen)

pej. tonto. M A und babatel (Geifer am ungepflegten Bart)9® bobo, insensato. A u t . gehören insofern zusammen, als die betreffende körperliche Vorstellung selbst ohne morphologische U m f o r m u n g den 'Dummen' bezeichnet. Ebenso kat. b a v a (Geifer) Mallorca, Menorca: m. 'home beneitot, estúpid'; V a l . : f. 'dona curta d'enteniment' (11,390). Es ist nicht so eindeutig, aber dennoch wahrscheinlich, daß baba auch die Grundlage folgender Bezeichnungen f ü r 'd' ist. Zunächst einen Ausdruck, bei dem man die Bedeutung 'd' als Metaphorisierung einer anderen gegenständlichen Bedeutung als 'Geifer' auffassen könnte: bobera babieca o bobo ( 1 7 . - 1 8 . Jh., M A ) m. f. Salamanca: 'tonto, baboso'. M A Spitzer 100 meint, die Bedeutung 'd' knüpfe an babera 'Geifertuch' an, w o gegen w i r zur Stützung unseres Gesichtspunktes zu bedenken geben: babera unterscheidet sich nur im S u f f i x von baboso, Mundart) und babieca

babanca

(in der gleichen

und ist nur ein Glied einer großen

baba-Familie.

A u c h daß die Bedeutung 'd' und 'Lätzchen' in der weiblichen Form des Suffixes übereinstimmen, deutet nicht auf 'Lätzchen* >

'd', da epizöne

N o m i n a auf -a in dieser Wortfamilie (babanca, babaleca, babieca) und auch sonst als pejorative Bezeichnungen v o n Menschen nicht selten sind. Zudem ist babera 'Lätzchen' anstelle v o n babador,

babero wenig verbreitet, und

es lassen sich auch keine semantischen Parallelen zu 'Lätzchen' > 'd' beibringen. babuta N a v . pej. Tonto, zopenco, necio. M A W i r d von M A fälschlicherweise auf lat. UPUPA 'Wiedehopf' zurückgeführt. Zu dieser Bedeutung ('lo que cuelga del cuello cerca de la boca, y la barba, quando no esta bien compuesto (sie) y aliñado' (sie), die Covarrubias registriert, bemerkt Aut.: »tiene poco uso«. 100 Epizöne Nomina, p. 143. 99

162

babutia N a v . Insulto que equivale a baboso. M A babieca m. f. adj. fam. persona distraída, f l o j a y boba. M A bobo. M O L , C A B D u m m k o p f . S G (a) i . Beleg: 13. Jh. Das W o r t ist umgangssprachlich allgemein bekannt, aber nicht häufig. Z w e i Belege in der Nuance 'törichtes Verhalten': Tigre Juan zu Kindern: »Babiecas ¿por qué berreáis?« 101 In dem Dance de Calamocha (Teruel) 102 sagt der caudillo cristiano z u m besiegten Mauren: »Por tanto sé dende hoy güeno/ y no hagas más el babieca,/ renegando bien sereno/ de Mahoma y de la Meca«. Babieca w a r in der älteren Sprache ungleich vitaler. Die A b leitung babequia (bei Juan R u i z auch bavoquia) ist nicht mehr lebendig. Mundartlich noch León: embabiecar 'embaucar, engañar' ( M A ) , in dessen Bedeutung sich die in der älteren Sprache besonders häufige Verwendungsweise von babieca, nämlich 'd — einfältig', spiegelt: »Bien ten me por babieca si y o te lo consiento« 103 ; facer de mi babieca 'burlarse de mi' ( M A ) . Diese Bezeichnung dürfte gleichfalls direkt auf 'Geifer' zurückgehen und nicht den U m w e g über einen Eigennamen (vgl. Babieca, der N a m e des Pferdes v o m C i d ) genommen haben 104 . A u c h bei diesem W o r t vertreten w i r im Gegensatz zu Corominas die Meinung 105 , daß seine A f f i n i t ä t zu BABA 'Geifer' enger ist als zur BAB-Familie, indem w i r auf den erwähnten Pferdenamen und pg. A l e m t e j o : babeca 'cavalo muito grande' (III,972) hinweisen, w o zweifellos auf das Geifern des Pferdes angespielt wird. Z u m vorromanischen, noch im Portugiesischen sehr lebendigen S u f f i x vgl. D C E L C , 1,357. Schließlich scheint das W o r t auch im heutigen Sprachgebrauch, jedenfalls bei vielen Sprechern, durch baba motiviert zu sein, kat. babeca (baveca) veraltet, 'curt d'enteniment'. Wie erwähnt, leitet es A l e o v e r von BAB- ab, obwohl kat. bava (s. o.) 'Geifer' und 'd' bedeutet. Pg. babeca veraltet, fam. 'hörnern néscio, basbaque' (111,972). Z u pg. bab oca 'd' gehört span. mda. (16.-20. Jh.) embabucar 'engañar abusando de la inexperiencia o candor del engañado' (vgl. w . o. babieca - embabiecar),

Perez de Ayala: Tigre Juan, p. 16. RD. Trad. Pop III (1947), p. 593. 108 Berceo, S. M., p. 116. 104 cf. Corominas, s.v. babieca, Anm. 3. Immerhin ist eine sekundäre Beeinflussung durch den Eigennamen möglich: »Ma è certo che la forma del n. p. ha almeno contribuito alla fortuna dell'appellativo« (Migliorini: Dal nome proprio, p. 282, Anm. 2). 105 Auch das FEW 1,192 und D C V 11,189, die ebenfalls zwischen einer BAB- und einer BABA-Gruppe unterscheiden, reihen das Wort in erstere Gruppe ein. 101

102

163

das sich im heutigen Gemeinspanischen embaucar 'id.' fortsetzt. C f . D C E L C s. v. embaucar; Spitzer: Epizöne Nomina p .138, Anm. 3. Galicia, Santander, aspan. babión. 1. Beleg: 1 j . Jh. Gegen die Auffassung Terlingens, es handle sich um Entlehnung aus it. babbione, richtet sich Corominas (ib.) unter Hinweis auf das frühe Auftreten und die mundartliche Verbreitung von babión. Auch hier möchten wir Zusammenhang mit BABA vermuten, wofür auch bei M A bezeugtes babón, -a adj. 'baboso'; fig. 'enamoradizo, amartelado' (MA) zu sprechen scheint: babón X babieca >

babiónì

Wir stellen also fest, daß im Gegensatz zum Spanischen, wo alle Bezeichnungen eine engere Beziehung zu B A B A 'Geifer' als zu B A B - aufweisen, BABA im Galloromanischen und Italienischen keine Bezeichnung für 'd' hinterlassen hat. Nun zu den Bezeichnungen, die nicht an vlat. BABA 'Geifer' bzw. dessen romanische Fortsetzer anknüpfen, sondern direkt zur onomatopoetischen Wurzel BAB- gehören, wie schon die lateinischen Wörter baburrus 'd' (bei San Isidoro, cf. D C E L C ) , babaecalis 'd'. Bemerkenswert ist, daß keine der spanischen Bezeichnungen zur letztgenannten Gruppe gehört. Die richtige Zuordnung der katalanischen Wörter ist schwierig, schon wegen des Zusammenfalls von v (wie in bava) und b in den meisten Mundarten. Wir schließen uns Aleover an, der von BAB- ausgeht, weisen aber auch darauf hin, daß aus den erwähnten phonetischen Gründen in den meisten Fällen eine sekundäre Motivierung durch bava (v = b) 'Geifer' vorliegen dürfte: Mallorca: b a b à m. 'ximplet, beneitot' (11,187), b a b à s m. 'beneitot' (11,189); Mallorca: babai, -a m . f . 'curt d'enteniment i aturat' (11,187); Menorca: babé, -ena m . f . 'insensat, curt d'enteniment' (11,189); Conflent, Ripoll, Torelló: baboia m . f . 'beneitot, persona massa crèdula o escassa d'enteniment' (11,190). Der Stamm BAB- hat auch im Galloromanischen zahlreiche, ausschließlich mundartliche Bezeichnungen hervorgebracht, die im F E W 1,192 zusammengestellt sind und auf deren Aufzählung wir hier verzichten können. Über die nicht weniger zahlreichen mundartlichen Formen des Italienischen gibt das D E I , p. 389-391 Auskunft. Im Gemeinitalienischen erscheinen nur babbeo108 adj. volg. 'sciocco'; babbione107, babudsso 'id.' sind selten (MIL). Das Suffix -eo bei Bezeichnungen für Dummheit und andere negative Eigenschaften erklärt Migliorini (Dal nome proprio al nome comune, p. 275) aus der Verwendung biblischer Namen (wie Bartolomeo, Timoteo, Matteo, etc.) im gleichen Begriffsbereich. 107 vgl. Migliorini, Dal nome proprio, p. 282, Anm. 2: »Le informazioni che abbiamo non ci permettono di far derivare con altrettanta sicurezza l'it. babbione, sp. dial. babión, da Babio, il protagionista dell'ononima commedia dell'XIs«. 106

164

Abschließend verweisen wir auf einige im Kapitel >Eigennamen< verzeichnete Ausdrücke, die auf phonetischer Analogie mit bab- beruhen. bobo, -a (Stotterer) dícese del que tiene poco entendimiento y capacidad. M A extremada y neciamente candoroso (nur X V I - X I X Jh.). M A pasmado, asombrado (nur X V I . Jh.) Se aplica a la persona que dice o hace cosas que denotan falta de inteligencia, de listeza o de discreción; se emplea mucho como insulto y, muy frecuentemente, en broma o sin intención ofensiva. Pazguato. Propenso a admirarse, incluso por cosas que no merecen admiración. Se aplica a veces, como una reconvención suave, a una persona que comete una ingenuidad (auch C A B ) . 2. débil mental M O L dumm, albern, naiv; töricht. SG (a) 1. Beleg: X V . Jh. Für bobo lassen sich vor allem die drei folgenden usuellen Verwendungsweisen feststellen: 1. 'd - einfältig 108 , leichtgläubig, sich leicht täuschen lassen'. Die Einschränkung dieses Gebrauchs auf das 16.-19. Jh- bei M A (vgl. hingegen M O L , C A B ) ist unzutreffend. Belege: (Der Hausherr hat sich das Stillschweigen des Dienstmädchens erkauft) Marioli: »Ya, ya. ¡Dos mil pesetas por parar el disco! N o seas boba, chica. Si dió cuatro cientos duros sería para que callase otras cosas«109. (Laura wurde von drei Männern zum Besten gehalten, die sich als ihre Verehrer ausgaben) Rosita (zu einem der >Heiratsschwindler chocho 'd' (s. S. ii2f.). 168

Pg. b o b o 1 3 0 könnte aus dem Spanischen entlehnt sein181, mit welcher Sprache es die Bedeutung 'gracioso de la comedia' (Hofnarr) teilt. Das EPB verzeichnet 'tolo, pateta, ingènuo', eine von der vorangehenden Bedeutung abgeleitete, in der es selten ist (IV,795). A p r o v . bobs (1318) und sardisch b ovu stammen mit Sicherheit aus dem Spanischen. Ecuador, Guatemala: mudo (stumm, sprachlos) 'tonto de capirote' (MA), Abi. muderia, Guatemala: mudenco (Stotterer) 'd', Perú: mudengo, -et adj. (zu mudo) 'zonzo, mentecato' (MA) 132 , Chile: mutre adj. (wer eine schlechte, unverständliche Aussprache hat, besonders von Ausländern und Araukanern 133 ) fig. 'tonto, bobalicón, bodoque* (MA). Kat. b ö i g , b o j a (nach Montoliu 134 < BALBIUS; nach D C E L C < got. BAUTHS 'stumm', 'taub') ist das Normalwort für 'verrückt', mda. auch 'd\ Pg. g a g à adj., m.f., etwa span. 'chocho' »um velho gagà« dürfte eher eine Parallelbildung zu frz. gaga 'id.' (seit 1879) als aus diesem entlehnt sein - wie EPB, X I I , 2 1 und Nascentes meinen. Zu letzterem vermerkt das FEW13®, GAG sei eine Onomatopoie, die sich wohl ursprünglich auf die Sprechweise von 'd' Personen bezieht. Pg. gago ist das Normalwort für 'Stotterer' und findet sich in gleicher Bedeutung auch im Leonesischen 136 . Pg. tatibitate adj., m . f . (Stotterer) 'pessoa sem expediente (unbeholfen); acanhada, indecisa' (111,785). Frz. bégaud ,-e adj., m. f. Ausdrücke, deren Bezeichnungsgrundlage 'Schwatzen' ist, gehören, da sie sich meist auf oberflächliche Menschen beziehen, nicht zum Wortfeld 'd\ Eine Ausnahme hierzu würde folgende Bezeichnung darstellen, sollte die von Corominas vorgeschlagene Etymologie zutreffen.

gaznápiro,

-a a d j . , m . f .

palurdo, simplón, torpe, que se queda embobado con cualquier cosa. M A (selten) persona torpe, necia o paleta; (falta en el D R A E ) se aplica como insulto benévolo a la persona falta de formalidad o sensatez: »Atiende a lo que te estoy diciendo y no seas gaznápiro«. M O L pop. dummer Gaffer. S G 1. Beleg: 1843 »Palabra familiar reciente, de origen incierto. Quizá de un *GESNAPPER debido a una mezcla de las voces neerlandesas gesnap 'parloteo, charla', y snapper 'charlatán', 'el que quiere coger algo al vuelo', confundidas por los soldados españoles de Flandes o por el habla vulgar flamenca, en los siglos X V I y X V I I « 1 3 7 .

130 132 134 136

cf. Nascentes: »Origem incerta«. auch K a n y : Euph., p. 50. Est. U n i v . V I I , 112, zit. in D C V 11,546. Z a m o r a Vicente: Dial. esp., p. 348.

cf. aber D C E L C 1 , 9 7 2 ; s. o. 133 V gi g r ¡ech. barbaros. 135 F E W i v , 2 o b . 1 3 7 Corominas, s. v . gaznápiro. 131

169

j.Fuß patán (zu pata 'Pfote'; humor, v. Menschen 'Fuß') m., adj. fig. fam. Hombre zafio y tosco. MA, CAB hombre ignorante, zafio y grosero. MOL (a) So bezeichnet man zunächst den 'd, ungehobelten Bauern', und dann auch einen Menschen eines beliebigen Berufsstandes, der die gleichen Eigenschaften wie jener besitzt. Die Bedeutung mit ihren wesentlichen Komponenten 'd - unwissend' und 'von ungehobelten Umgangsformen' ist also primär durch 'd Bauer', sekundär durch pata motiviert. Die meisten Wörterbücher tragen dem Element 'd — unwissend' nicht genügend Rechnung, wenn sie - wie z. B. SG - fig. 'Bauernlümmel, Grobian' notieren. Vgl. auch die Ableitungen patanería 'grosería, rustiquez; simpleza, ignorancia' und patochada 'dicho necio y grosero', das nach Corominas (s.v. patochada) wahrscheinlich in Beziehung mit patán, patoso und anderen Ableitungen von pata steht. patán erklärt sich »por el andar pesado y torpe del rústico, comparado al de un animal«138. Zur sekundären Bedeutungsverschiebung 'd Bauer' > 'd' allgemein vgl. Artikel aldeano. Unter dem Gesichtspunkt des wesentlichen Ziels dieser Untersuchung, nämlich der Ermittlung der Bezeichnungsweisen bzw. -konstanten des Begriffs 'd' klassiert sich patán 'd' primär zu pata und nicht, wie etwa aldeano, zu Bauer, da patán weder eine objektive Bezeichnung des Bauern ist noch war, sondern eben von Anfang an den 'd Bauern' bezeichnete. Andererseits werden in unserer Arbeit in Übereinstimmung mit unserer Wortfeldabgrenzung (s. Einleitung) Wörter, die, anders als patán, nur auf den 'd Bauern' angewendet werden, nicht berücksichtigt. Die zwei folgenden Formen bedeuten nicht 'd Bauer' und sind infolgedessen direkt durch pata motiviert: Aragón: patarieco necio, tonto, insulso. MA Navarra: patoso torpe, rudo, tardo en comprender; inhábil e inexperto. MA Letzteres Wort ist auch im Gemeinspanischen häufig, jedoch in anderer Verwendung, in der es erst kürzlich von der Real Academia in ihr Wörterbuch aufgenommen wurde: 'Se dice de la persona que sin serlo presume de chistosa y aguda'; 'albern' (SG). Der vorherrschende Sprachgebrauch läßt sich genauer wiedergeben mit 'farblos, langweilig, ohne Geist', sin gracia sagt der Spanier, der unter gracia nicht nur 'Witz, Geist, Esprit' versteht, 138

DCELC VII,684. 170

sondern auch 'Anmut des Geistes und des Äußeren (Erscheinung, Bewegung, Umgang usw.)', wo noch die ursprüngliche Bedeutung 'jegliche Gnadengabe Gottes' hindurchschimmert. Wie bedeutungsähnliches soso und pava wird patoso vor allem auf Frauen bezogen: (auf einem Fest) »Esa chica no es nada divertida. Se queda una hora sin hablar. V a y a patosa que es« (Daimuz); »Contemplar dos bonitas piernas de mujer, por patosa que sea su propietaria, tiene más emoción que tienen todos los arabescos« 139 . Von sosa und pava unterscheidet sich patosa dadurch, daß es o f t nicht ein passives Langweilig-, Geistlossein, sondern eine aktive, dem anderen auf die Nerven gehende Langeweile meint. Bisweilen wird das Wort - nicht spontan, nur nach Überlegung - mit pato 'Ente' in Verbindung gebracht, was neben der Formähnlichkeit auch der Einwirkung von pava zuzuschreiben sein dürfte, da dieses Tier sowohl in gegenständlicher als auch in der Nuance der übertragenen Bedeutung 'd' in der Nähe von pato bzw. patoso steht. Im übrigen ist die Grundlage der Benennung wie bei patán die Schwerfälligkeit der Bewegung, vgl. Aragón, N a v a r r a : 'torpe para andar', Aragón: 'großfüßig'. Immerhin weist auch selteneres, nur bei M O L gebuchtes pato m. f., adj. 'patoso' (in der gemeinspanischen Bedeutung) auf sekundäre Anlehnung an pato 'Ente'; vgl. auch die portugiesischen Bezeichnungen. Gleicher onomatopoetischer Herkunft wie span. pata ist gleichbedeutendes kat. pota mit der Ableitung Manacor: potenc, -a adj. 'molt estúpid, brutal' (VIII,804). In kat. mda. es s er mes rue que la pat use a (Hagel) 'esser molt curt d'enteniment' ( V I I I . 3 3 8 ) dürfte die Namenähnlichkeit mit zahlreichen /»«{-Ausdrücken für 'schwerfällig in der Bewegung' (vor allem patut) entscheidend eingewirkt haben. Pg. pato pop. 'tolo, parvo, idiota' ( X X , 6 1 1 ) ; Alemtejo: pato mole que 'id.' (ib.); pg. patego m., adj. pop. 'lorpa, pateta; lapuz, labrego; simplório' ( X X , 5 9 8 ) ; p a t e t a m . f . , adj. 'pessoa tola, parva, palerma, idiota' (XX,604). Maçâs 140 glaubt nicht entscheiden zu können, ob diesen Bezeichnungen pato, -a 'Ente' oder pata 'Pfote' zugrundeliegt. Angesichts von span. pateta 'Klumpfuß', 'krummbeinig', 'Teufel' ist bei pateta 'd' und wohl auch bei patego mit Sicherheit von pata 'Pfote' auszugehen. Zusammenwirken beider Vorstellungen, pato 'Ente' und pata 'Pfote', können im Fall pato 'd' eher vorliegen als die eine o d e r die andere Vorstellung. Schließlich erklärt sich ja auch pato 'Ente' wegen des schwerfälligen Ganges des Tieres 141 aus der gleichen onomatopoetischen Grundlage wie pata. frz. pataud (seit 1 5 0 1 ) adj. 'qui est lent et lourd dans ses mouvements. Par ext. Gestes pataudes, manières pataudes' (Robert, 1962) hält Heins (460) fälschlicherweise f ü r eine Übertragung von pataud 'junger Hund' (1485 als ls

® Laiglesias, Solo . . . , p. 206. Pert., p. 19, p. 25, Anm. 82. 141 auf dem auch der drastische Vergleich tener culo de pato beruht, den Alvar (ZRPh 69 (1953), p. 313) für Granada registriert.

140

I71

Eigenname belegt), das nur eine besondere Verwendung der allgemeineren ersteren Bedeutung darstellt, die sich wie die anderen Ausdrücke dieser Gruppe aus 'Pfote' (frz. patte) bzw. 'schwerfälliger Gang' erklären 142 . Zu der relativen Konstanz, die wir bei diesen Wörtern zwischen Bezeichnungsmittel und Bedeutung in verschiedenen Sprachen feststellen - vgl. span. patân, pg. patego '(schwerfälliger) Landbewohner' - paßt auch der Beleg: »Mimar avait l'allure pataude d'un paysan« (Robert, s.v.), sowie frz. patois 'Bauernsprache, Mundart'. Der Fuß steht auch als pars pro toto für eine 'd' Person in pg. p é - d e c h u m b o (Bleifuß; von langsamem, schwerfälligem Gang) Giria: 'homen estüpido, ignorante, imbecil' (XX,706). Im Brasilianischen ist pé-de-chumbo ein Spitzname für die Portugiesen, mit dem nach Buggenhagen 143 im heutigen Sprachgebrauch auf die »geistige Schwerfälligkeit und das nicht immer Elegante des bäuerlichen Portugiesentypus« angespielt wird. Historisch gesehen sei dies falsch, da man die Portugiesen so nach der Gewohnheit genannt habe, Stiefel zu tragen, durch welche sie sich von der einheimischen Bevölkerung unterschieden. Vielleicht waren beide Momente an der Benennung in der Weise beteiligt, daß man zur spöttischen Charakterisierung der erwähnten Gewohnheit zu einem Ausdruck griff, der seinerseits 'd' bedeutete144. Frz. être bête comme ses pieds hieraus être pied (H.in) sagt man, weil die Füße vom Sitz des Verstandes, dem Kopf, am weitesten entfernt sind 145 , vgl. mâs necio que su zapato (S. 4ofï.). Aus dem gleichen Grund heißt es im Spanischen discurrir con los pies (mit den Füßen denken) 'se dice de la persona torpe, de poco juicio y escaso entendimiento* (CAB). cateto fam. paleto (hombre ignorante y tosco por ser campesino, o de manera que hace que lo parezca). MOL (a) fam. Bauernlümmel, pop. Dummkopf. S G 1 . Beleg: 19. Jh. Wie bei patân 'd' und bei paleto 'd' kann sich die Bedeutung von 'd Bauer' zu 'd - allgemein' verschieben. Nach Corominas 146 könnte es sich um eine Kreuzung von *pateto (zu pata, cf. pg. pateta 'd') X campesino handeln. 142 143 144

145

149

Schon das REW, 6301 notiert pataud 'plumpfüßig', 'Tollpatsch'. Worteigentümlichkeiten der brasilianischen Sprache, S. 90. vgl. bozal (S. ij7f.) *d' als Bezeichnung für den 'neu ins Land gekommenen Neger'. Warum Heins (S. m ) in diesem Zusammenhang u.a. meint, »vielleicht auch weil die Füße keinen eigenen Willen haben oder aber auch, weil sie leicht schmutzig werden« erscheint uns rätselhaft. D C E L C , s. v. cateto.

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calzar pocos puntos (eine kleine Schuh-, Fußgröße haben) Ser poco inteligente o poco apto en general o para cierta cosa. M O L , MA, CAS, CAB Der gegenteilige Sinn wird durch calzar muchos puntos wiedergegeben. Die Redewendung ist heute veraltet, im eigentlichen Sinn überhaupt nicht mehr gebräuchlich 147 . Große Schuhe, bzw. Füße haben steht hier nicht, wie man nach den anderen Ausdrücken dieser Gruppe denken könnte, f ü r Schwerfälligkeit, sondern es ist die Schuhgröße, die auf die geistige Größe übertragen wird, wie es folgender Beleg zeigt: »Le mostró que calzaba muy pocos puntos su ingenio« 148 . K a t . calqar molts (o pocs) punts (id.) 'id.' (VIII,984); vgl. saber de quants de punts se caiga algú 'conéixer-lo bé, sobretot en l'aspecte de l'enteniment o de la moral' (VIII,987); kat. curt de gambals1*' (kurzbeinig), eine beliebte, 'curt d'enteniment' bedeutende Wendung 150 , steht nach Bezeichnungsmittel und Ubertragungsmotiv den Ausdrücken dieser Gruppe nahe, nur daß hier anstelle der schwerfälligen, behinderten Bewegung infolge eines körperlichen Defekts die Vorstellung der (geistig) kleinen Schritte tritt: Reparada von ihrem Diener: » N o el pots polir. És massa curt de gambals«. Roger: »AI contrari! . . . és massa llarg!« (da er sich nur dumm gestellt hatte) 151 . A m Rande führen w i r noch an zancarrón (zu zanca pop. 'Bein, Stelze') profesor ignorante. M O L , M A i . B e l e g : 18. J h . Hier leitet sich die Vorstellung der Unwissenheit nur indirekt aus der psychologischen Interpretation einer körperlichen Beschaffenheit her, da das Wort in der angegebenen übertragenen Bedeutung durch eine andere Metapher vermittelt wurde, nämlich 'magerer, alter, häßlicher, ungepflegter Mensch' (seit 16. Jh.). Der wenig schmeichelhafte Vergleich ist eher der sprichwörtlichen Armut des spanischen Lehrers als dem ungepflegten Äußeren zuzuschreiben. 147

Zur eigentlichen Bedeutung gibt Iribarren (Dichos, p. 218) mehrere Belege aus der älteren Sprache. 148 P. Cristóbal Fonseca: La Vida de Cristo Nuestro Señor (1596), zit. bei Iribarren, Dichos, p. 218. 149 zu curt 'd' vgl. Artikel corto. 150 Piernicurto ist der Name eines der gefoppten Schäfer aus dem Auto del Repelón von Juan del Encina. 151 Marius Relais: Senyora Reparada, p. $9.

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zopenco (zu zopo 'lahm') fam. Tonto y abrutado. MA (a) Se aplica a la persona torpe o muy tosca o ambas cosas. MOL, CAB Tölpel, Dummkopf, Trottel. SG i. Beleg: 18. Jh. Abi.: Ecuador: zopencada. Hier wird ebenfalls die Schwerfälligkeit der Bewegung in den geistigen Bereich übertragen. Neben der Herleitung aus zopo erwähnt Corominas (s. v.) die Möglichkeit einer Grundlage so penco. So, heute meist unmotiviert, ist affektische Verkürzung von señor in Beschimpfungen wie z. B. ¡50 burro\ Zu penco vgl. Artikel rocín. Dem Gesichtspunkt Corominas, daß man sich eher für letzte Erklärung zu entscheiden habe, da das Suffix -enco außer in juristischen Termini im Spanischen selten sei, können wir nicht entsprechen. Enco kommt auch in den uns interessierenden Wortbereichen vor, so z.B. in dem oben erwähnten kat. potenc, und in einem Synonym von zopo : zalenco adj. Colombia: 'renco', Venezuela 'patojo' (MORIN). Zudem ist ein seltenes Suffix bei einem affektisch geladenen Wort nicht ungewöhnlich. Andererseits wäre die Verschmelzung von so + Substantiv vermutlich ohne Seitenstück. Näherliegend ist zopo + -enco vor allem auch aus semantischer Sicht. Corominas (IV,863) verweist in diesem Zusammenhang nur auf Venezuela: chopo (vielleicht lautliche Variante zu zopo) 'torpe, bruto, ignorante' und Chile: chope 'torpe, de muy cortos alcances', ohne die Häufigkeit der Metaphorisierung körperlicher zu geistiger Schwerfälligkeit zu erwähnen - man vergleiche die von uns behandelten Ausdrücke. Auch zopo selbst kommt in figürlicher Verwendung als 'plump, ungeschickt' vor152. Die mit 'd' verbundene Sinnkomponente 'ungehobelte Umgangsformen' paßt zu der w. o. festgestellten Konstanz in der Ubereinstimmung von innerer Form und Bedeutung in den Bezeichnungen dieser Gruppe. Altspan, z alan co 'bobo' (15. Jh.; MA) leitet sich ab aus zalear 'hin und her zerren, schleifen (hier: den Fuß)'; vgl. Venezuela: zalenco 'patojo'. Frz. avoir le cerveau perclus (gliederlahm) ' d ' ( H . , p. 141). tupino (res que tiene el defecto de pisar con la punta de las uñas) Sant.: Corto de entendimiento. MA zambeque (zu zambo 'schiefbeinig') Sant.: Zampatortas, torpe, simplón. MA Da in Cuba zambeque 'tonto, necio' (MOR) auch in der eigentlichen Bedeutung 'schiefbeinig' verwendet wird, gehört es ohne Zweifel zu zambo 152 Ygi j a s Normalwort für 'lahm' cojo in dem refrán cabra coja que quiere siesta, caro le cuesta, wo auf den weniger Begabten, der seinen Mangel an Talent durch erhöhten Fleiß ersetzen muß, angespielt wird. Cf. Beinhauer: Körper II, p. 46.

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'schiefbeinig'. Corominas verzeichnet zambeque, das bei M A etymologisch ungeklärt bleibt, nicht. Die Ableitung zambequería 'tontería' findet sich in Cuba (MORIN), gleichbedeutendes zamborina (samborina) in Andalusien (VENC). zamueco, -a adj. (von Aragón zampo 'zambo, torpe'; MA) N a v . Torpe, zoquete, tardo en comprensión. M A Ar. v N a v . Bobo, alelado. MA In Anbetracht der voranstehenden Formen dürfte Spitzer 153 irren, wenn er pg. T. do Fundäo: zambana m. f. 'burgués lorpa, ou grosseiro; homem ingénuo, boncheiräo, patrazana' auf zambo in der sekundären Bedeutung 'Mischling von Neger und Mulatte' zurückführt. lerdo, -a adj. ( < hinkend) fig. tardo o torpe para comprender o ejecutar una cosa. MA, MOL, C A B (a) i.Beleg: 1335 ('leichtgläubig') Abi.: lerdez. Im heutigen Sprachgebrauch wird das Zentrum des semasiologischen Feldes von lerdo durch die Bedeutung 'd' in der Nuance 'wer nur langsam versteht' eingenommen: (Um arbeitsfrei zu bekommen, schiebt man den Tod einer Tante vor) »Pero a la quinta tía que se le moría a uno en dos semanas, se amoscaba el jefe más lerdo« 154 . »Por lerdo que sea el lector (...) ya sospechará que Carlos rompió con >el Vertebradono seas lerdo< 'no seas tonto, majadero'« 157 . Diese Angabe wird durch unser Material bestätigt. Sowohl der Gewährsmann aus Riocorvo-Yermo (Santander) als auch der aus Hontomín (Burgos) nannten lerdo unter den häufigsten Bezeichnungen für 'd\ Die Bedeutung 'pesado y torpe en el andar. Díc. más comúnmente de las bestias' (MA) ist selten158 und liegt am 153 155 156 157 158

154 Epizöne Nomina, p. 182. Laiglesia: Se prohibe llorar, p. 132. Laiglesia: Se prohibe llorar, p. 49. Laiglesia: Sólo mueren los tontos, p. 308. Cej. V I I , § 64, zit. in D C E L C II, p. 78. vgl. hingegen die Verhältnisse im Argentinischen, wo lerdo 'langsam' häufig ist, auch auf Sachen bezogen: enfermedad lerda. Ähnlich scheinen im Siglo de Oro die Gewichte noch ausgeglichener verteilt gewesen zu sein zwischen den Bedeutungen 'bobo, die inteligencia obtusa' und 'tardo, lento, pesado (de movimientos)'; cf. D C E L C , ib.

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Rande des semasiologischen Feldes und wird im heutigen Sprachbewußtsein nicht etwa als Motivation von 'd' empfunden. Die wichtigsten vorgeschlagenen Etymologien sind folgende: i . Nach Corominas (der wesentliche Gesichtspunkte von Graur übernimmt) < LÜRIDUS 'leichenblaß' griech. X058Ó5 'gekrümmt* > vlat. lordus (neben lurdus, in Glossen des 7 / 8 . Jhs.) 'hinkend' > 'schwerfällig, d'. Es zeigt gleiche Herkunft und Entwicklung wie afrz. lort 'd', nfrz. lourd 'schwer'. 2. Für frz. lourd postuliert von Wartburg 159 die gleiche Etymologie mit dem Unterschied, daß er auf der Stufe von vlat. LORDUS 'hinkend' keine Einmischung von griech. Xogöog 'gekrümmt' in Betracht zieht, das er als mögliches Etymon für span. lerdo erwägenswert, aber problematisch hält, solange die phonetisch erforderliche Zwischenstufe luerdo nicht nachgewiesen ist. Damit spricht er sich für die Trennung von span. lerdo von frz. lourd aus. 3. Gamillscheg 180 bezieht LÜRIDUS nicht ein (wie gelangt er von 'hinkend' zu it., kat. 'schmutzig'?) und führt wie Spitzer 161 , der vor allem span. lerdo im Auge hat, der Bedeutung 'd' zugrundeliegendes lurdus 'hinkend' auf gall. *LORDOS 'Klumpfuß' zu schott. loirc 'id.' zurück. Wir können zu diesen verschiedenen Deutungen nicht kritisch Stellung nehmen, meinen aber auch, daß dies im Hinblick auf die uns interessierende Fragestellung nicht erforderlich ist, da allen vorgeschlagenen Etymologien gemeinsam ist, daß sie lerdo 'd' aus 'hinkend' herleiten. ledro, -a adj. (tal vez metát. de lerdo; M A ) N a v . Alelado, tonto, lerdo. M A Méj.: lerendo

'd' euphemistisch für lerdo (Kany: Euph., p. 49).

6. Hand no ser uno zurdo (nicht linkshändig sein) fig. fam. Ser hábil, inteligente y experimentado. M A , M O L Zurdo, das im allgemeinen nur in eigentlicher Bedeutung verwendet wird, kommt als 'd' nur in dieser verneinten Wendung vor. Gleiches scheint von manco (einarmig) zu gelten, das in der Bedeutung *d' ('torpe, corto') bei C A B angeführt ist, aber an das negative Syntagma tampoco ser manco gebunden zu sein scheint, wie z . B . in: »Francia y Alemania son países de inventores. Pero es que España tampoco es manca en este terreno« 1 ' 2 . 160 EWFS, s. v. lourd. 15» FEW V,4Ö9f. 162 Auskunft und Beleg verdanke ich Herrn Alvarez Prada.

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161

Lex. a. d. Kat., p. 86.

Wie zu erwarten berührt sich das Übertragungsmotiv mit dem der Bezeichnungen vom Typus 'Fuß', 'lahm': wurde bei letzteren ein körperlicher Defekt über die Vorstellung von schwerfälliger Bewegung mit 'd' verbunden, so ist hier die Zwischenstufe 'manuell ungeschickt', pg. acanhotado (zu canboto 'linkshändig, ungeschickt'); 'apalermado' 163 ; kat. manxol, -a adj. (einarmig) 'mancat de bon seny i d'habilitat; cast. torpe' ( V I I , 1 3 1 ) . Mallorca, Palma: anar manco de seny (einarmig) 'böig, no teñir enteniment' (VII,186). »A Cuitadella [Menorca], l'adjectiu manco significa 'que Ii falta un braj' entre eis cuitadans; pero entre pagesos significa 'deficient mental'« (ib.). Bei dieser Bedeutungsentwicklung darf nicht übersehen werden, daß manco im Katalanischen anders als im Spanischen durch mancar 'fehlen' motiviert ist; vgl. etwa manco de seny mit mancat (ohne) de seny.

7. Obszönes tonto de los cajones (Testikel) Muy tonto. Cela, Dicc. Secr., 120. (a) Die intensivierende Funktion des Zusatzes geht aus dem bei Cela (ib.) angeführten Beispiel hervor: »Ese es más que tonto: es tonto de los cojones, que es peor«. Ebenso häufig ist die Variante tonto de los huevos (Cela, Dicc. Secr., 1 1 4 ) ; (a). cojón in der Bedeutung 'tonto, estúpido' (Cela, Dicc. Secr., p. 1 1 6 ) erscheint nach Cela (Dicc. Secr., p. 1 1 6 ) im Spanischen Kataloniens und dürfte eine Lehnbedeutung sein von dem katalanischen Äquivalent Mall., Men.: coli ó 'home curt d'enteniment': »No siguis colló«: 'no facis beneitures' (111,300). Wenn diese und die anderen obszönen Bezeichnungen für 'd' selbstverständlich dem vulgären Sprachgebrauch zugehörig einzustufen sind, so ist dabei doch zu bedenken, daß der >castellano< sprechende Spanier und der Katalane zu dieser Art Sprachgut ein weniger zurückhaltendes, mehr umgangssprachliches Verhältnis haben als andere Völker, auch als die benachbarten Portugiesen164. Manche solcher Wörter, wie z. B. cono werden auch von den Angehörigen gebildeter Kreise gebraucht, sind, infolge ihrer stereotypen Verwendung, fast bar jeden begrifflichen Gehalts und auch nur von relativ geringer affektischer Kraft 1 6 5 . Mit der Feststellung eines weitgehenden Ver163

v g l . Majas 19, die neben dieses Wort auch trasmontano: goche stellt, das vielleicht von frz. gauche komme. 164 vgl. M. L. Wagner: Port. Umgangssprache, V K R X (1937). las w i r wollen hier auf dieses bekannte Charakteristikum der spanischen Umgangssprache nicht näher eingehen, erinnern nur an eine ihrer drastischen Manifestationen, nämlich an die nicht seltene Gewohnheit, in Flüchen Religiöses mit Obszönem zu verbinden.

177

lustes der semantischen Motivierung der uns hier beschäftigenden Bezeichnungen188 ist schon die Frage nach dem Übertragungsmotiv angeschnitten. Das Bindeglied ist rein affektischer Art. So dienen diese Bezeichnungen zum Ausdruck sehr verschiedener Vorstellungen, wie 'Feigheit', 'Dummheit', 'Wertlosigkeit', etc. 187 . Diese Bedeutungen wuchern in verschiedene Richtungen, und es wäre verfehlt, eine aus der anderen ableiten zu wollen wie Heins (119), nach der frz. Paris: couillon 'imbécile' (FEW 11,889) sich im 16. Jh. aus 'lache, poltron, sans énergie' entwickelt habe. Diese Erklärung wird auch von der Chronologie nicht nahegelegt, da - wie aus den Angaben des F E W ersichtlich - beide Bedeutungen etwa gleichzeitig auftreten. Von Wartburgs Vermutung, die übertragenen, auf menschliche Defekte bezogenen Verwendungen der CÖLEUS-Worter im Galloromanischen gingen auf das Italienische zurück, erscheint angesichts der Verbreitung solcher Übertragungen obszöner Vorstellungen ganz allgemein wenig wahrscheinlich. Die entgegengesetzten oder sehr verschiedenen Bedeutungen, die oft einer einzelnen der im folgenden aufgeführten Bezeichnungen eignen, erklären sich nicht aus verschiedenen begrifflichen Bezeichnungsmerkmalen, sondern daraus, daß die Analogie zwischen Grundbedeutung und Übertragung rein affektischer Natur ist. América: cojonudo (zu cojón) 'valiente, atrevido' aber auch 'perezoso, bruto, estúpido' (Kany, 141). Andere Ableger der CÖLEUS-Familie sind kat. coli ó (Testikel) m. 'home curt d'enteniment o mancat de energia', mit euphemistischem Suffixwechsel Manacor: collada m . f . 'betzol, home curt d'enteniment'(111,290); it. coglione (Testikel)'d'. Andalusien: peloto 'persona ruda, sin instrucción'und Ecuador: pelotas m. 'tonto, falto de juicio' dürften sehr wahrscheinlich über 'Testikel' (aus 'Ball') vermittelt worden sein, in welcher Bedeutung das Wort zwar lexikalisch nicht registriert wird, uns aber aus Argentinien geläufig ist. Hier auch pelotudo 'cojonudo', vor allem als Ausdruck der Verärgerung gegenüber jmd., der sich 'd' verhält: »No seas pelotudo«. huevón (zu huevo 'Ei', 'Testikel') Chile, Perú, Venezuela, Puerto Rico 'estúpido, tonto', Centroamérica, México, Antillas 'ocioso, indolente', Chile 'cobarde' im Gegensatz zu México 'valiente' und tener huevos 'ser fuerte, valiente, enérgico' (Kany 168,142). Ecuador: mamey (Tropenfrucht; Cuba: 'Testikel') 'tonto, bobalicón (Cela, Dicc. Secr., 228). América: gandumbas (Salamanca, Venezuela: 'Testikel') m. f. 'Einfaltspinsel, Vagabund' (SG). Columbia, Riohacha: bolsudo (zu bolsa 'Testikel') 'bolonio, tonto' und bolsa (id.) m. 'tonto, zopenco' (Malaret, zit. bei Cela, Dicc. Secr., p. 16jí.). Argentina (gehört): b o lud o (zu bola 'Kugel', 'Testikel') ist gleichbedeutend mit pelotudo (s. o.). Ebenso Chile: troludo (zu trolas 'Testikel'), Col.: tablón (zu tablas 198

187

vgl. Galli, p. 47: »II legame semántico tra il loro significato e questi loro usi è fortemente immotivato«. s. v . CÖLEUS, F E W 11,888-890, Galli, ib.

178

'Testikel') 1 ' 8 . C u b a :

canículo,

-a adj. 'mentecato, necio' ( M A ) dürfte

kaum aus canículo 'zum H u n d gehörig', ein latinisierender, gelehrter Terminus, der bis ins 17. Jh. belegt ist, entstanden, sondern eine Verblümung von canicas 'Kugel, Murmel', "''Testikel' sein. vaina (Andalusien: 'Vagina') m. f., adj. Andalusien: tonto, simple. M A , V E N C gemeinspan. fig. fam. 'persona despreciable' 1 ' 8 N a v a r r a : 'eingebildet, dumm' (hier auch vainada 'Dummheit') (IRI) Hierzu vergleiche Spitzer 1 7 0 : »Das V o l k denkt ungemein sexuell, und w i r müssen uns gewöhnen, die Wortbildungslehre mit den Augen des Psychoanalytikers zu betrachten: eine Menge Schimpfwörter befassen sich in ihrem ursprünglichen Sinn mit der mangelhaften Potenz des Mannes: span. vainazas 'Schwächling' zu vaina ' V a g i n a ' (vgl. argotspan. ser un vaina 'ser un tonto')«. N a c h d e m gerade gezeigt wurde, daß auch CÖLEUS-Ableger in der Bedeutung 'energielos, feige' vorkommen, kann man der von Spitzer angesetzten Entwicklung 'mangelhafte Potenz des Mannes' > 'Schwächling' > 'd' kaum zustimmen. W i r haben schon w . o. festgestellt, daß bei den Bezeichnungen dieser Gruppe eine Filiation der verschiedenen Bedeutungen auf begrifflicher Grundlage nicht möglich ist, sondern diese vielmehr als Ergebnis der Expansion eines affektbetonten Vorstellungskreises zu werten sind. Insofern ist es auch nicht angebracht, mit Spitzer zu sagen, daß das V o l k ungemein sexuell »denke«. Den umgekehrten Bezeichnungsvorgang zeigt tonto 'weibliche Scham' (SG). K a t . conyol (zu cony 'Vagina') 'estúpid' (Griera Tr.); Tortosa: cónnia m. 'taboll, estúpid' gehört eher z u m gleichen W o r t als, wie Spitzer meint, zu cotna, conna 'Speckschwarte'. Zumindest ist es angesichts des Gebrauchswertes von kat. cony, cony o ( < cast. cono) ausgeschlossen, daß die sexuelle Vorstellung nicht entscheidend eingewirkt hätte. Die Feminisierung des Substantivs steht in Einklang mit der -a Endung, die viele iberoromanische Wörter, besonders Schimpfwörter haben, »weil das Weibliche als das Verächtliche gilt« 1 7 1 . Mallorca: flor (Blume; V u l v a ) 'dona bamba, de poc enteniment' ( V , 9 2 i f . ) , (Vagina) ist dazu Mallorca: flor endaina f. 'id.' (V,926). Frz. con die im A r g o t w o h l häufigste Bezeichnung f ü r 'd', vgl. z . B . die Soldaten1,8

189

170 171

Die Mehrzahl der Bezeichnungen finden sich bei K a n y : Euph., p. j 6 f . Hier auch die verbreitetste der am. Bezeichnungen dieser Gruppe pendejo (Schamhaar) 'd' mit zahlreichen Verblümungen und Ableitungen. In den alten Wohnvierteln, den barrios bajos, von Madrid häufig als reines Schimpfwort gebraucht: Angustinillo (verärgert und ungeduldig), echándole hacia fuera: »¡Tira pa lante, so vaina!« 'zieh Leine, du Blödian' (Olmo, Camisa, p. 307). Epizöne Nomina, p. 93. Spitzer: Epizöne Nomina, p. j j f .

179

spräche des 2. Weltkriegs in Sartre, La mort dans l'âme. Aus diesem Werk eines der zahlreichen Beispiele: »Enfin, tu n'es pas con: tu sais bien que la résistance est impossible« 172 . Das Wort hat eine Fülle von 'd' bedeutenden Ableitungen und euphemistischen Verblümungen hervorgebracht. It. ci oncia (Vagina) 'stùpido' (Galli 47), fesso (zu fessa 'Vulva') 'persona sciocca' (Galli, 89), frego ne (zu fregna 'Vagina') 'persona sciocca' (Galli,

47). pijo (zu pija"3 'Penis') 'd' hörten wir im Spanischen Barcelonas und wurde uns auch für Burgos belegt: »Es pijo«, »es un niño pijo«. Lexikalisch verzeichnet finden wir nur vulgäres pijotero, -a adj., m. f., das mit seiner Bedeutung 'lästiger Mensch' auf die gleiche Herkunft weist. Nicar.: pija (Penis) 'd' (Kany: Euph., p. 50). como un pistolo fig. fam. se dice de la persona atolondrada y torpe. La que es fácil de engañar. C A B pistolo ist die männliche Variante zu Venezuela: pistola adj. 'necio, tonto', bei dem es sich nach Spitzer 174 ursprünglich um eine Bezeichnung des Penis handeln könnte. Diese Vermutung läßt sich durch it. pistola, pistolino stützen (Galli, 93). Nicar.: verga (Penis) 'd' und Col., Ven., Méx.: virote (id.) 'd' (Kany: Euph., p. jo). Col. car ajo, cara jete und carajón (id.) 'd' (Kany: Euph., p. 49). Kat. or. car all (Penis) m.'beneitot, curt d'enteniment' (11,1009), or. occ. carallot 'id.' (II , i o i o) ; or. cap de c ar ai n a (euphemistische Tarnung von caroli) 'd' (II,943). Eine interessante Entwicklung zeigt pardal, das im Mallorkinischen sowohl 'schlauer, auf seinen Vorteil bedachter Mensch' wie 'd' bedeutet. Erstere Bedeutung, die sich über das ganze katalanische Sprachgebiet erstreckt, versteht sich als Übertragung von pardal 'Spatz' (vgl. Artikel gorrión, S. i i 4 f . ) . Die Bedeutung 'd' ist nun nicht etwa ironischer Gebrauch von 'klug', knüpft auch nicht an ein anderes Bezeichnungsmerkmal bei 'Spatz' an, sondern beruht auf der Bedeutung 'Penis', welche pardal in Mallorca hat. Diese sexuelle Bedeutung hat hier die Übernahme der Grundbedeutung durch andere Bezeichnungen (teulader, gorrió) veranlaßt und auch der Bedeutung 'klug' eine vulgäre Motivation verliehen: »El mot pardal és usadíssim, però considérât molt grosser, tant per a designar persones molt astutes o egoistes [ . . . ] com persones grosseres o

173

Spitzer : Epizöne Nomina, p. 66. Zur lautlichen Variante picha in der Verblümung más tonto que Pichóte, s. S. 262.

174

Spitzer: Epizöne Nomina, p. 153.

172

180

curtes d'enteniment« (VIII,233-235). Mallorca: pardala 'd Frau* (ib.); mda. virot (Vogelart; Val.'Penis') 'beneitot, curt d'enteniment'(X,834); mda. La Bisbai, Verges: xeliu (zu Cuitadella: xeliua 'Penis') m. 'beneitot' ( X , 9 2 j ) . It. cazzo

(Penis) 'sciocco', cazzone,

testa

di

cazzo

'id.'

(Galli, 47); it. cot alone 'sciocco' zeigt nachGalli (8), daß das Pronomen cotale zunächst eine euphemistische Bezeichnung von 'Penis' gewesen ist; it. minchione (zu minchia 'Penis') 'stúpido' (Galli, 48). Der Entstehung, bisweilen auch der Motivation nach reihen sich in die obszönen Bezeichnungen für 'd' auch die Ausdrücke der folgenden Gruppe ein. faba (dialektale Form von haba 'Bohne') Aragón: m. f. fig. Persona simple, tonta. M A Im >castellano< von Daimuz wird faba entsprechend kat. fava auch als epizönes Adjektiv verwendet: »un hombre faba«. Ausstrahlungszentrum der Bohnenbezeichnungen für 'd' scheint das Katalanische gewesen zu sein. Hier entfalten diese Bezeichnungen eine ungewöhnliche Vitalität (s. u.). In dem Katalonien benachbarten Aragonien findet sich außer dem Leitwort tonto del haba (auch verkürztes tontolaba), das uns auch für Madrid belegt wird, nach dem Gm vulgär ist und nicht von Frauen gebraucht werden darf. Der Ausdruck geht nicht, wie M A meint, auf die Redensart más tonto que un plato de habas zurück, sondern entspricht der Fügung von Aragón: tonto del higo (tontoligo) (s. Artikel figo). Um die durch faba ausgedrückte Dummheit gewissermaßen zu multiplizieren, greift man außerdem zu dem Vergleich más tonto que una mata

de

habas

(Bohnenstaude) ( C A B ;

M a d r i d ) und

más

tonto

que un haz o de pitos (Andalusien) (als ein Feld grüner Bohnen). Im Andalusischen treffen wir auf habichuelo (Bohne) m., adj. 'die. del hombre tosco, bruto' (seit 19.Jh.), auf die Ableitung habicholón, -a adj. 'die. de la persona de mucho cuerpo, poco inteligente' und auf schon w . o . behandeltes vaina (Schote) 'd'. Im Norden und im Westen Spaniens und in Portugal scheint Bohne 'd' nicht vorzukommen, was zu unserer Vermutung paßt, daß das Ausstrahlungszentrum Katalonien gewesen ist. Die übertragene Bedeutung ist aus der Sexualsphäre hervorgegangen, wobei die zugrundeliegenden Bedeutungen 'Testikel', bzw. 'Vagina', die ihrerseits von 'Bohne' bzw. 'Schote' kommen, aus dem heutigen Sprachbewußtsein weitgehend geschwunden sind. Nur tontolaba (s.o.) ist noch - möglicherweise in Anklang an tonto de los cojones — deutlich durch die obszöne Bedeutung motiviert. Zum besonders häufigen Schwund obszöner Motivierungen bzw. Bedeutungen vgl. Sperber 175 , der die Voraussetzung einer sol175

Über den sexuellen Ursprung der Sprache, in Imago, Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften, Heft j, Wien 1912, p. 405-4J3, besonders 428fr. 181

chen Entwicklung im Erlernen der Muttersprache im Kindesalter 178 sieht: »Mit der Erfindung des ersten Werkzeuges wurde ein Wort geschaffen, das zunächst so stark sexuell betont war, daß wir ihm geradezu einen Doppelsinn, 'den Geschlechtsakt ausführen' und 'eine bestimmte Arbeit verrichten, z. B. graben', zuschreiben müssen. Dieses Wort aber wurde von einer jüngeren Generation gelernt, lange bevor der Begattungstrieb in ihr erwacht war, und infolge dessen mußte die geschlechtliche Bedeutung des Wortes zurücktreten, gewissermaßen den Charakter einer uneigentlichen, übertragenen Bedeutung annehmen«177. Spitzers 178 begründeter Einwand, die Schamhaftigkeit, nicht der Generationswechsel sei das entscheidende Moment, soll indessen die Erscheinung des Motivierungsverlustes als solche nicht in Frage stellen. Die Bezeichnungen für Bohne für 'Testikel' und (Bohnen)Schote für 'Vagina', 'Penis' sind häufig, werden allerdings nur selten lexikalisch verzeichnet: lat. vagina, valva, volva 'Vagina', 'Schote', desgleichen span. vaina (die Bedeutung 'Vagina' fehlt in den Wörterbüchern); span. haba 'Bohne', 'Eichel' (FEW III,34ia); And. pito 'Bohne', 'Testikel' 179 ; afrz. hariquoque f. (mfrz. hariquoc m.) 'parties naturelles de la femme' (FEW X X I , 3 2 5 ) ; frz. harico 'Clitorix' (FEW X X I , 16); frz. haricocèle m. 'testicule astrophié à la suite de la syphilis héréditaire' (FEW X V I , 164b); nprov. favo 'Eichel' (FEW 111,339a); it. v ai an a vacanti 'leere Bohnenschote', 'impotenter Penis', 'Dummkopf' (Kalabrien), fava, it. 'vulva' (Galli 91), tose. 'Eichel', campid. fà 'id.' (FEW 1 1 1 , 3 4 1 a ) ; it. fagmolo (Bohne) 'testicolo' 180 , b ac ello (Schote), b aggiano (zu baggiana 'Saubohne'), f agiolo (Bohne) müssen nach Prati 181 über die heute verlorengegangene Bedeutung 'Penis' 182 zu 'sciocco' gelangt sein. Die umgekehrte Entwicklung läßt sich an sard. bertolli 'fagioli' nachweisen. Nach Salvioni 183 bedeutete Bertoldo 'sciocco' (wie im heutigen Genuesischen), nahm dann die nicht mehr erhaltene Bedeutung 'testicolo' an, die zu 'fagiolo' metaphorisiert in sard. bertolli vorliegt. Die italienischen Bezeichnungen zeigen besonders deutlich, wie leicht die obszönen Motivierungen bzw. Bedeutungen verloren gehen, was in verschiedenen Abstufungen bei allen unter faba zusammengestellten und den obszönen Ausdrücken überhaupt der Fall ist. Da die Übertragungen sowohl von 'Bohne' zu 'Geschlechtsteil' wie von 'Geschlechtsteil' zu 'd' in unserer Untersuchung reichlich dokumentiert wer176

dazu U l i m a n n : Grundzüge, I 7 4 Î . mit Literaturangaben.

177

178 Sperber: op. cit. W u S V ( 1 9 1 3 ) , p. 2 0 9 f . vgl. C e l a : Dicc. Secr., p. 2 4 4 : ¡>pito. Es met. formal (los cojones semejan pitos ( . . . ) « . Salvioni: N o t e di dialettologia corsa, p. 7 3 2 . cf. A r c h . Glott. Ital. X V I I ( 1 9 1 7 ) , p. 3 9 3 f . ; Galli, p. 94. Bei fagiolo dürfte eher 'Testikel' (s. o. fagiuolo) die Zwischenstufe gewesen sein. Z R P h 4 2 , p. 6; Galli de Pratesi, p. 96.

179

180 181 182

183

182

den können, halten w i r die v o n uns postulierte Entwicklung 'Bohne' und 'Schote' > 'Testikel' und ' V a g i n a ' > 'd' für gesichert. Für diese Erklärung spricht auch, daß Pratesi im Zusammenhang mit den angeführten italienischen Bezeichnungen und w i r voneinander unabhängig zu der gleichen A u f fassung gelangten. Heins begnügt sich, den sachkundlichen, nicht auf die Transposition zu 'd' bezogenen Hinweis aus dem F E W (111,340a) anzuführen: »die saubohne w a r im altertum sehr verbreitet und diente hauptsächlich als nahrung des niederen Volkes, aber auch der Schweine«. Aus der semantischen Expansionskraft der sexuellen Bedeutung resultiert der ungewöhnliche Bezeichnungsreichtum v o m T y p Bohne (-nschote) 'd', wie denn auch unser Material zeigt, daß von keiner P f l a n z e eine annähernd starke Ubertragungskraft zu 'd' ausgeht. In C u b a

faino,

-a adj. 'tonto, tosco' ( K a n y : Euph., p. 88) vermuten

w i r eine euphemistische lautliche Veränderung von vaina

(s.o.), ein be-

sonders bei Bezeichnungen aus der Sexualsphäre häufiges Verfahren der Sprache 184 . Daneben erscheint mit Akzentverschiebung

C u b a : faino,

adj. 'descortés, rústico, torpe' ( M O R ) . Die Ableitung fainada ( K a n y : Euph., p. 88) deckt sich mit vainada fava

-a

'tontería'

(s.o.). K a t . Cat., Val., Bal.:

(Bohne) m . f . (dem Beleg nach auch adj.) 'persona beneitota, atura-

da, que no es sap desfer de les dificultats' ^ , 7 6 5 ) (Daimuz: un home

fava

'unerfahren', Barcelona: aquesta noia es fava 'fade, temperamentlos; span. 'sosa'), Menorca: favana

'dona capbuit, de poc seny, més presumida que

entenimentada' (V,766), Empordà: favàs, Mallorca: favatenrer, del Falmisell: f aver 'd' (V,768), f a v o t

-assa

adj., m . f . ' d ' ( V , y 6 y ) ,

-a (zu fava tema 'zarte Bohne') m . f . 'd', Ribera a (Bohne) 'd' (V,J6J). 'd'

Favet

(kleine Bohne) m.

woraus sekundär die Bezeichnung eines

Vogels (otis tetrax) genommen wurde. Ableitungen var. C a m p de Tarragona: fesol

favada,

favajar,

jo c a (Bohnenschote, Bohne) m. f., 'd' (Daimuz), mda. baj oc 'd', baja, -ada

-ana

(zu bajoca)

(11,218) m. f. und die abgeleiteten Formen ab a j ana

adj. (1,13), b a j anarr

m. f., Mallorca: bajanenc, adj., bajanot,

-ota,

Bajae zu stellen. Bajana

o, - arr a, b a j anas, -enea

-assa,

adj., Mallorca: bajanòs,

-osa

'Bohne' ist z w a r im Katalanischen nicht belegt,

o verdura bullida' (una bajanada

de col, una bajanada

'Dummheit' bedeutet. Vermutlich hat it.

baggiano

'llegum

de faves,

etc.),

'Dummkopf'

(zu

'Saubohne') die Lebenskraft von bajá in der Bedeutung 'd' ge-

stärkt. Frz. Clermont-Ferrand Marseille: fayou lasse

t,

bajanda

alle 'd', sind z u R E W 885 bajana ' A r t Bohne' aus

muß aber im Altkatalanischen bestanden haben, da mda. bajanada

baggiana

enfa-

(Bohne) ' d ' ( V , 8 3 4 ) , Cat., Al., Bal.: b ci-

fabarot

'imbécile' ( F E W 111,340a); frz.

(Bohne) m. 'imbécile' und das Aumentativ

(Flore pop., I V , 166); Genève:

favi

ole

fayou-

(Bohne) f. (auch für

männliche Personen) 'd' (ib.). 184

Z u dieser Erscheinungsform des Euphemismus cf. Galli, 34Í.; hier weitere Literaturangaben. 183

tener diarrea mental

(Durchfall)

verrückt, übergeschnappt. ( Z a r a g o z a ) Dieser A u s d r u c k , der uns f ü r die v u l g ä r e Volkssprache, besonders f ü r die Schülersprache belegt w i r d , findet sich schon bei Torres de Villarroel 1 8 5 : »Padecía diarrea en los sesos, cámaras en la meollada y desconciertos en la cabeza«. A u f den V e r g l e i c h v o n D e n k - mit Verdauungsstörungen gründen auch cagaboñigos

(Kuhfladen)

Dicese de la persona bruta, torpe, bestia. C A B cagaestiércol

(Mist)

Dicese de la persona bruta, torpe, bestia. C A B Hiermit

vergleicht

sich

kat.

ànima

de

caga

ferro

'persona

molt

beneitota' (1,662). V u l g ä r humoristisch ist más tonto que cagar con bata (Bademantel) sehr 'd' sein. ( Z a r a g o z a ) cirote a d j . C ó r d o b a : pasmado, babieca. M A Bei V E N C

außerdem in der G r a p h i e 1 8 ' sirote

( C ó r d o b a : v a i n a , hombre

despreciable) registriert. Sehr wahrscheinlich

liegt affektische Ü b e r t r a g u n g zugrunde v o n

(zu cera 'Wachs') 'Schusterpech' in der f ü r N a v a r r a unter cirote187

cerote ausge-

wiesenen Bedeutung 'Exkrement' 1 8 8 . sielso (mda. A f t e r ) pej. tonto, inútil, gandul; insulso, soso. M A Bei diesem W o r t beruht die Ü b e r t r a g u n g w i e bei den sexuellen Bezeichnungen nur auf a f f e k t i v e r A n a l o g i e , w o r a u s auch hier der unbestimmte, nur v a g e umrissene Sinn resultiert. 186 Córdoba gehört zum iejeo-Gebiet. Visiones, p. 134. Nebentoniges e fällt im Spanischen wie auch im Portugiesischen nicht selten mit i zusammen: Andai, cbiporro, ceporro; Nav. ciribón, c eribón; pg. vizinbo etc. Für das amer. Spanisch vgl. Zamora Vicente: Dial, p. 379: vistido, visino, Visión etc. 188 In letzterer Bedeutung erscheint cerote auch in Mittelamerika (Kany: Euph., p. 198); vgl. auch D C E L C , s. v. zurullo.

185 187

184

Als Schimpfwort belegen wir aus der Madrider Volkssprache boboelculo'd'i »Te pones y a paladas, llenas un camión de ratas«. - »Se echarían a correr«. - »Muertas, boboelculo, muertas« 18 '.

II. D E R K Ö R P E R I N S E I N E R

GESAMTHEIT

i . Körperwuchs gordo

(dick)

Torpe, tonto, poco avisado. M A i.Beleg: 18. Jh. (14. Jh.) Außer dieser Wörterbuchangabe haben wir keinerlei Anzeichen für den Gebrauch von gordo in der Bedeutung 'd' gefunden. Z w a r ist die Bedeutungsentwicklung von 'dick' über 'von schwerfälliger Bewegung' zu 'd' naheliegend - die umgekehrte Entwicklung zeigt lat. gurdus 'd' > 'dick' - , aber die Sprache wäre in ihrer Mitteilungsfunktion gestört worden, wenn die im gleichen Kontext vorkommenden Bedeutungen 'dick' und 'd' durch das gleiche Wort bezeichnet würden 190 . Aus diesem Grund fehlen Bezeichnungen für 'd' mit erhaltener, auf den Körperwuchs bezogener Grundbedeutung so gut wie ganz, während 'd' + 'dick', 'dünn', 'groß', 'klein' usw. als Komponenten einer gleichen Bedeutung allerdings vorkommen können, wie z . B . in pg. giria: andraes 'dicker und 'd' Mensch', giria: pailäo 'id.' (Majas: Pert. 18, Anm. 29). kat. Mallorca: betzol, -a (betzol 'dicker Bauch', 'dicker Mann'; 'Laienbruder'; zu letzterem s . S . 2 4 j f . ) 'curt d'enteniment' (11,466). Pg. pachocho Prov. 'hörnern tolo, apalermado' (XIX,903) hat nach Wagner 191 ursprünglich 'dick' geheißen. In verschiedenen Gebieten Amerikas erscheinen pacho, pachacho, pachón 'dick', letzteres in Perú auch 'd' (MORIN). Acores: p antouco 'idiota, parvo, tolo, pateta' (XX,206), das bei Majas unerklärt bleibt, setzen wir in Beziehung zu PANTEX 'Bauch', zu dem neben pg. panga 'Bauch' (REW 6207) auch pantura 'id.' (XX,207) gehört. Zu letzteren Bezeichnungen stellt sich nach Bedeutung und innerer Form ein spanischer Ausdruck, den wir nur bei Paso belegt fanden und der keinem 188 190

191

Juan Garcia Hortelano: Gente de Madrid, p. 3 $ . A u c h frz. gros, das im 16.Jh. in der Bedeutung 'grossier', 'stupide' (d'une personne) erscheint ( F E W IV,279b), konnte sich, da es wie gordo Normalwort für 'dick' ist, in dieser Bedeutung nicht durchsetzen. Der polysemantische Konflikt wurde durch die Ableitung grossier (seit 17. Jh.) gelöst, das wie span. grosero auf eine Person von ungehobelten, unkultivierten, plumpen Umgangsformen angewendet wird, also dem Bereich des vorwiegend Körperlichen verhaftet bleibt. O Elemento Cigano no Caläo e na Linguagem Populär Portuguesa, Boletim de Filologia X (1949), p. 309. I8J

unserer Gewährsmänner bekannt war. E r erscheint viermal und zwar immer auf das ungeschickte Verhalten Lauras bezogen, der es nicht gelingt, an den Mann zu kommen: Laura: »¿Soy fea? Pues no ( . . . ) ¿Soy sosa? Pues tampoco ( . . . ) ¿Mala? Y a sabes tú, que no soy mala. Sí . . . , una panchamplas«m. Laura: »Oiga, he decidido dejar de ser panchamplas. O se casa usted hoy, o no se casa« 193 . Zugrunde liegt unseres Erachtens kat. panxa ampie 'breiter, dicker Bauch'; vgl. Juan del Encina: Égloga de Antruejo: »ya comí tanto, que ya estoy tan ancho, que se me rechincha el pancho« 194 .

2. Krankheiten enfermo mental (geisteskrank) (a) Das Wort fehlt in den Wörterbüchern. Es ist eine schonende, affektfreie Bezeichnung für 'v', findet als solche vor allem Verwendung in der Fach- und Behördensprache und deckt sich hinsichtlich Affekt- und Begriffsgehalt mit den formalen Entsprechungen anderer Sprachen. Stilistisch etwa gleich gelagertes demente und alienado unterscheiden sich von vorstehender Bezeichnung dadurch, daß sie von vornherein ein ernsteres Stadium der geistigen Erkrankung bezeichnen. In folgendem Falle könnte enfermo mental daher nicht durch demente oder alienado substituiert werden: Administrador: »Daria usted un excelente argumento a las personas que piensan que su marido es un enfermo mental« 195 . Frz. malade mental (id.) 'id.'; it. mala t o di mente (id.) 'id.'; dtsch. geisteskrank etc. insano (krank) loco, furioso, demente. MA, MOL (a) toll, verrückt. S G Da das Wort in erster Linie der Schriftsprache angehört, auf der gleichen Stilebene wie z. B. demente steht, besitzt es im mündlichen Gebrauch einen euphemistischen Affektgehalt. Der Bildung nach ist das Wort in doppelter Hinsicht ein Euphemismus, da einmal der geistige Defekt schonend durch den körperlichen bezeichnet und zum anderen das Negative durch die Verneinung des Positiven ausgedrückt wird. Einschränkend ist festzustellen, daß lat. sanus und seine romanischen Fortsetzer zwar >körperlich gesund< bedeuten, INSANUS aber im Lateini192

Paso, Nr. 347, p. 33. Paso, Nr. 347, p. 61. 194 Guillermo Díaz-Plaja: Antología mayor de la Literatura española, Barcelona 19692. 1.995195 Vicente Martínez Cuntiño: Servidumbre, Teatro Urug. Cont., p. 258. 198

186

nischen 19 " und in den romanischen Sprachen, in denen es weiterlebt, nur auf geistige Krankheit 1 9 7 bezogen wird. Kat. i n s ä , -na adj. (ungesund) 'böig, foll' (VI,678); pg. insano (id.) 'louco, doido, demente' ( X I I I , 8 J I ) ; it. insano (id.), das von Galli de Pratesi 198 unter »termini completamenti decaduti, addiritura ad essere usati come insulto« aufgeführt wird. Col.: s a n o (gesund) 'd' (Kany: Euph., p. 50) beruht auf Ironie. inválido

(invalide)

fig. falto de vigor y de solidez en el entendimiento. M A ; M O L geistig unvermögend. S G kat. Manacor: embalit m. 'persona inútil per curtor d'enteniment' (IV,707). Eine häßliche, aber leider im Lehrerjargon anzutreffende Bezeichnung ist dtsch. Krüppel 'dummer Schüler'. leso (verwundet 199 ) A m : tonto. ( K a n y : Euph., p. 52) Abi. lesear, lesura, lesera und die Verblümung durch den fiktiven Personennamen ser Le sana200 lesado Chile: releso, a adj. 'muy tonto, muy necio' (MA), Bras. gíria: (id.) V (Viotti, zit. bei Mag., 1 3 ) ; kat. tocat de l'ala (am Flügel getroffen) 'chiflado' (Alvar, p. 309) entstammt der Sphäre der J a g d und vergleicht den geistig Lädierten mit dem angeschossenen Vogel. maleco (zu malo 'krank') N a v . (Tabar; I R I ) Tonto, asimplado (MA) sowie die übrigen Bezeichnungen der Gruppe >Krankheiten< stützen die auch von Majas 2 0 1 aufgegriffene Vermutung, pg. maluco 'mentecapto, doido, louco' ( X V I , 4 4 ) leite sich von malu + S u f f i x -uco her 202 , lat. mens mala; frz. pop. in firme (schwächlich, kränklich, siech) 196

ThLL VII, 1832. Daneben bedeutet span. insano auch 'ungesund (von Speisen, Klima, etc.)'. Galli de Pratesi: Semantica dell'eufemismo, p. 131. 189 nur in gewissen Wendungen der gehobenen Sprache, z. B. crimen de lesa majestad etc. 200 vgl. R. Vilches Acuna: Sem. Esp., p. 28 und Kany: Euph., p. 52. 201 Pert., p. 22. 202 Erbwörtlich hätte sich im Portugiesischen *maüco ergeben, so daß die Form mit span. tnaluco (neben häufigerem malucho) 'kränklich' identisch sein muß, wenn nicht vom pg. Adverb mal {estar mal 'krank sein') + uco auszugehen ist. Die Vermutung einer Grundlage maluco 'Einwohner der Molukken' ist unbegründet. 197

198

187

'dumm, Dummkopf' (EH, 227); it. p a z z o 'verrückt', vielleicht aus PATIENS (REW, 6292). Eng an diese Gruppe schließen sich auch die Ausdrücke an, die wir unter no estar bueno de la cabeza (S. 143) behandelt haben. imbécil (schwach) alelado, escaso de razón. MA, MOL schwachsinnig, blödsinnig. SG (a) 1. Beleg: 19. Jh. (16. Jh.) Imbécil gehört zu den Wörtern, die im Zentrum des Feldes 'd' liegen, also in allen eingangs zu 'd' angeführten Verwendungsweisen vorkommen. Oft drückt das volkstümliche Wort starke Verärgerung des Sprechers aus; daher seine häufige Verwendung als Vokativ, in welcher Funktion es mehr als jedes andere Wort des Feldes 'd' gebraucht wird. Der Affektgehalt kann durch lexikalische oder syntaktische Mittel verstärkt werden: »¡Valiente imbécil!« (Nr. 349, p. 87) »¡Semejante imbécil!« (Nr. 349, p. 48) »¡Habráse visto imbécil (sc. igual a ése)!« »El imbécil de Johny« (Nr. 363, p. 66). Kein Affektgehalt eignet dem Wort, wenn es in der Medizinersprache entsprechend dtsch imbezill auf einen geringen Grad des angeborenen Schwachsinns bezogen wird: »Las formas de la debilidad mental se suelen dividir, según su grado de intensidad, en debilidad, imbecilidad e idiotez«"". Von dieser medizinischen Verwendung her dürfte das umgangssprachliche imbécil seine besondere Intensität bezogen haben. Imbécil ist wesentlich stärker als z.B. estúpido oder tonto: »La muchacha como puede verse, no era tonta: era completamente imbécil«"4. Der medizinische Fachterminus klingt noch an in: Carlos: »Lleva dos días sin salir del cuarto. Dos días como una imbécil . . . Como una imbécil pegada a esa puerta escuchando«205. Vom 16. bis 18. Jh. hat imbécil Betonung und Bedeutung von lat. IMBECILLIS. Die körperliche Schwäche wurde auf die geistige übertragen208, zuerst anscheinend in Frankreich (17. Jh.), von wo die neue Bedeutung ins Spanische entlehnt wurde (1824). Kat. imbécil (imbécilf) (VI,586); pg. imbécil (XIII,J40); frz. im b é eile. Die gleiche Bedeutungsentwicklung vollzog sich bei enteco (siech, 203 804 105 200

Horst Geyer: Tratado de la tontería humana, Barcelona 1 9 6 1 , p. 4 5 . Laiglesia: Se prohibe llorar, p. 22. N r . 2 3 7 , p. 50. Geyer (p. 42) schreibt: »Imbécil es aquél que en el campo intellectual tiene que andar en un bastón (bacillum)!« Der semantische Zusammenhang ist hier nicht richtig dargestellt, da 'stocklos* z w a r die Bedeutung 'schwach', nicht aber ' d ' motivieren konnte. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß IMBECILLIS schon im Lat. in Verbindung mit animus, ingenium verwendet wurde. 188

schwächlich), dessen übertragene Bedeutung 'geistig beschränkt' allerdings nur SG registriert. débil mental (geistig schwach) (a) Im Gegensatz zu imbécil ist débil mental fast ausschließlich der medizinischen Fachsprache (zur Bedeutung s. obiges Zitat von Geyer) verhaftet geblieben. Aufgrund der nicht gelehrten Bildungsweise, seiner durchsichtigen Motivierung, dringt es auch zuweilen in die Umgangssprache. Der folgende Beleg stammt aus der Zeitung Arriba (2.8.67): »Hay una mayoría que considera a De Gaulle, después de aquel >Viva Quebec libre< como si no loco, al menos tocado de debilidad mental por la edad«. Debil de espíritu meint nicht 'Schwäche des Verstandes', sondern 'des Willens' in folgendem Beispiel: »¡No se ha hecho el mundo para los débiles de espíritu! ¡Quién algo quiere . . . , algo . . .!«207 flaco de entendimiento fam. fig. escaso, pobre de esta potencia. CAB scheint nicht von flaco 'mager' ausgegangen zu sein, sondern von in älterem Spanisch häufigem 'schwach'209 (auch moralisch und geistig), entsprechend dem heutigen pg. fraco 'schwach' (außerdem wie im Spanischen, auch 'mager, dürr', wofür man im Portugiesischen im allgemeinen magro sagt); vgl. pg. fraco de cabega 'schwachköpfig', fraco do siso 'id.' usw. Bras. sambangó (schwacher Mensch) 'individuo fraco do siso; atoleimado'; sambanga adj., m. wird nur in der übertragenen Bedeutung 'tolo, palerma; homem ingènuo e bonacheirao; lorpa' verwendet, woran sich vielleicht das allgemeine Bedürfnis der Sprache ablesen läßt, die störende Polysemie, die sich aus dem Zusammenfall der Bedeutungen 'geistig schwach' und 'körperlich schwach' in einem Wort ergibt, zu beheben, indem die ursprüngliche Bedeutung zugunsten der übertragenen aufgegeben wird; vgl. imbécil. Andere Ausdrücke vermeiden von vornherein eine lästige Mehrdeutigkeit durch Hinzufügung erklärender Zusätze; vgl. débil mental, flaco de entendimiento. dtsch. schwacher Schüler, -Spieler etc., schwaches Gedächtnis liegt nicht mehr im Wortfeld 'd', da es mehr auf das Leistungsvermögen als auf den Verstand abzielt. Im Spanischen entspricht dem flojo (locker, lose; alumno flojo, memoria floja), dessen kat. Äquivalent fluix, -a adj. in Manacor als 'curt d'enteniment', cast, 'tonto' erscheint (V,933).

207 208

C. J. Cela: Obr. Compl., II, p. 214. Fernando de Rojas: Celestina II, p. 85: »(...) en querer que un tan flaco e indigno hombre pueda gozar de tu suavíssimo amor?«. 189

mentecato, -a adj., m. f. (aus lat. MENTE CAPTUS 'gefangener Geist') tonto, fatuo, falto de juicio, privado de razón. de escaso juicio y f l a c o de entendimiento. M A , M O L (a) närrisch, töricht; unüberlegt; eingebildeter T o r , T ö l p e l ; schwachsinniger Mensch. S G i . Beleg: 16. Jh. A b i . : mentecatez,

mentecatería.

Mentecato bezieht sich auf einen Menschen, der mit seiner Dummheit lästig fällt und steht somit in der N ä h e von majadero, v o n dem es sich im A f fektgehalt unterscheidet: » N o es siempre insultante como majadero« ( M O L ) : ( V o n Mitschülern, die ihm aus N e i d wegen seiner guten N o t e n das Leben schwer machen) »Los mentecatos me declararon una guerra sin cuartel por temor a que mi cerebro superdotado les birlara los mayores puestos« 20 '. (Rosas Trauergäste verhalten sich ihr gegenüber wenig taktvoll) » Y o estaba aturdida en el centro del corro, deseando que aquellas mentecatas me dejaran a solas con mi tristeza« 210 . Eine weitere Nuance der Verwendungsweise 'd - ohne Verstand' ist 'unfähig': »Acabo de enterarme que para cierto puesto ha sido recomendado un mentecato« 2 1 1 . M entecatón, -a adj. und latinisierendes mentecapto, -a adj. sind selten. Letzteres W o r t zeigt, daß durch seine Ähnlichkeit mit gelehrtem captar 'fangen' ( z . B . captar la atención de los oyentes) zumindest eine Motivation im Ansatz gegeben w a r . V o n den vorangehenden Bezeichnungen der Gruppe >Krankheiten< unterscheidet sich mentecato der inneren Form nach insofern, als nicht 'körperlich krank' auf 'geistig k r a n k ' transponiert wird, sondern die Ursache der geistigen Erkrankung Bezeichnungsmittel ist. Die Bezeichnung reflektiert den sehr alten Glauben 2 1 2 , der kranke Mensch sei von Dämonen >besessen it. cattivo 'schlecht'; hierzu Bloch-Wartburg ( s . v . chêtif): »Chez Sénèque et chez les auteurs eccl. du I V e s. (saint Jérôme), captivus est employé pour désigner une personne qui est dominée par ses passions (ainsi libidinis captivus), d'où le sens de l'it. cattivo 'mauvais'.

214

cf. Paschall, p. $5. Visiones, p. 234. blat de bona lluna (Weizen von gutem Mond) 'persona massa inocent o senzilla, fàcil d'enganhar o d'esser victima de l'egoisme dels altres' gehört nicht hierher. Für 'd' über 'allzu gut' ist auszugehen v o n 'guter Weizen', der, wie mir katalanische Bauern sagten, bei gutem, d. h. bei abnehmendem Mond wegen der günstigen Witterungsverhältnisse geerntet wird.

215 216

A . Heins: D i e Ausdrücke zur Bezeichnung der Dummheit im Französischen, p. 248. 218 Laiglesia: Se prohibe llorar, p. 368. 21® Laiglesia: Se prohibe llorar, p. 370.

217

191

III. F U N K T I O N E N

U N D

T Ä T I G K E I T E N

DES M E N S C H L I C H E N

KÖRPERS

i . Essen und Ähnliches papanatas (Sahneesser) fig. f a m . Hombre simple y crédulo, o demasiado cándido y fácil de engañar. M A (a) Fácil de engañar o que se pasma de cualquier cosa. M O L Gimpel, Trottel. S G i . B e l e g : 18. Jh. Papamoscas (Fliegenesser) ( M A , M O L , S G ) und papahuevos (Eieresser) ( M A , M O L ) stimmen mit papanatas in der N u a n c e 'd - einfältig' überein, ohne dessen Verkehrswert z u erreichen, w a s vielleicht dem U m stand zuzuschreiben ist, d a ß papanatas besonders gut motiviert ist, da der zweite Teil der Zusammensetzung selbst ein Terminus f ü r 'd' ist (vgl. A r t i kel natas). D i e Bedeutung 'd - einfältig' w i r d deutlich ersichtlich aus der Gegenüberstellung mit docto 'gelehrt': »Un docto papanatas aseguraba que el teatro y el cine de nuestro tiempo debían ser así o asá«220. Die Bedeutung 'd' geht auf folgende Faktoren zurück. Papar, ein kindersprachliches W o r t f ü r 'essen', bedeutet manchmal 'glauben' oder 'verstehen', wie es uns z . B . im >castellano< von D a i m u z begegnete: ese no papa ni una 'der begreift gar nichts', was dem lexikalisch f ü r Valencia ausgewiesenen no papar - ne una 'no entendre res del que es veu o del que es sent' (VIII,201) 2 2 1 entspricht. Z u tragar 'schlucken', fig. 'glauben' s. u. Frz. gober 'gierig schlucken', 'leicht glauben', gobeur fig. et fam. 'personne qui croit naïvement tout ce qu'on lui dit' (Robert I I I , p. 318) 'leichtgläubiges Schaf', gobemouches (Fliegenschlucker) 'Einfaltspinsel' decken sich nach Bildgehalt und Bedeutung mit dem Spanischen. O b w o h l pg. papa-moscas m . f . f i g . p o p . 'palerma, tolo, idiota, lorpa' ( X X , 2 2 9 ) wie das spanische und französische Ä q u i v a l e n t auch einen Vogel, den 'Fliegenschnäpper' bezeichnet, dürfte Herzberger 2 2 2 irren, wenn sie meint, die Bedeutung 'd' sei eine Metaphorisierung dieses Vogelnamens. Papar suggeriert durch seine Lautung auch das Aufsperren des Mundes und damit dummes Erstauntsein, was sich in der Verwendungsweise 'leicht erstaunt', ' d - e r s t a u n t sein' vieler der in diesem A r t i k e l angeführten Bezeichnungen niederschlägt. Bezeichnend hierfür ist auch folgender Beleg: »Se queja usted, con muchísima razón, de nuestro papanatismo. Soy el

Paso, Nr. 373, p. 6. comer 'essen* für 'verstehen' gebraucht der Spanier auch in der volkstümlichen Wendung con que se come esto} (z. B. in Hinblick auf ein Gespräch, das in einer ihm unverständlichen Fremdsprache geführt wird). 222 EH, p. 149. 220 221

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primero en avergonzarme de que mis compatriotas, cuando pasea usted por las calles de Madrid, se detengan a contemplarle boquiabiertos«223. Während -natas, -moscas, -huevos die Beliebigkeit des Geglaubten unterstreicht, verzichten, entsprechend frz. gobeur, folgende Bezeichnungen auf einen solchen Zusatz: páparo aldeano u hombre del campo simple e ignorante que de cualquier cosa que ve, para el extraordinaria, se queda admirado y pasmado. MA i. Beleg: 17. Jh. papenco (nur 17. Jh.) papanatas. MA León: papeiro m. fam. tonto, bobo. MA Santander: paparán, -a adj. persona simple o ignorante que a menudo se queda admirado o pasmado. MA Asturias: paparote, -a adj. pasmarote. MA (selten) bobo o papanatas. MOL pg. p a p ar o t a, adj., f. Prov. trasm. 'mulher parva, mansarrona, apalermada, que embasbaca diante de tudo' (XX,23o). Asturias: papaleisón m. (leisón