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German Pages [738] Year 2023
POLITISCHE PARTIZIPATION IN DER PREUSSISCHEN RHEINPROVINZ 1815–1845 EINE VERFLECHTUNGSGESCHICHTE
KATHARINA THIELEN
STADT UND GESELLSCHAFT Studien zur Rheinischen Landesgeschichte Herausgegeben vom LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte Redaktion Helmut Rönz, Wolfgang Rosen und Keywan Klaus Münster Band 10
Politische Partizipation in der preußischen Rheinprovinz 1815–1845 Eine Verflechtungsgeschichte
von Katharina Thielen
Böhlau Verlag Wien Köln
Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften in Ingelheim am Rhein, der Anton-Betz-Stiftung der Rheinischen Post e. V., der Gesellschaft für nützliche Forschungen zu Trier e. V., der Casino-Gesellschaft Trier e. V., des Erzbistums Köln und des Bistums Trier.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar. © 2023 Böhlau, Lindenstraße 14, D-50674 Köln, ein Imprint der Brill-Gruppe (Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande; Brill USA Inc., Boston MA, USA; Brill Asia Pte Ltd, Singapore; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland; Brill Österreich GmbH, Wien, Österreich) Koninklijke Brill NV umfasst die Imprints Brill, Brill Nijhoff, Brill Hotei, Brill Schöningh, Brill Fink, Brill mentis, Vandenhoeck & Ruprecht, Böhlau, V&R unipress und Wageningen Academic. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Umschlagabbildung: Johann Peter Hasenclever, Arbeiter vor dem Magistrat (um 1848/1850), Öl auf Leinwand, Kunstpalast Düsseldorf, Foto: Kunstpalast – Horst Kolberg – ARTOTHEK. Korrektorat: Christoph Landgraf, St. Leon-Rot Register: Richard Irmler Korrektorat: Constanze Lehmann, Berlin Satz: SchwabScantechnik, Göttingen Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-412-52833-1
Inhalt
Geleitwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 1. Themen und Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 1.1 Partizipationsforschung und Demokratiegeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 1.2 Perspektivwechsel in der Politikgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 1.3 Notabeln im Verwaltungsdienst: politische Akteure zwischen Bürgertum und Adel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 1.4 Regionalgeschichte im globalen Kontext: Das „Rheinland“ und seine Stadtgeschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2. Perspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2.1 Vergleiche, Transfers und Verflechtungen in translokalen Räumen . . . . . 31 2.2 Politische Netzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 2.3 Politische Diskurse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 3. Gliederung und Quellengrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 II. Politische Raumverschiebungen im Rheinland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 1. Die französische Herrschaftsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 2. Politische Partizipationsprinzipien in Preußen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 3. Partizipationsebenen und Kommunikationsbarrieren im Verwaltungsalltag . 65 4. Partizipationsbedingungen und -voraussetzungen im Verwaltungsdienst . . . . 79 III. Politische Partizipation 1815–1845 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 1. Politische Umbruchszeiten und offene Fragen 1813–1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 1.1 Französische Munizipalräte zwischen Pragmatismus und Patriotismus 90 1.2 Die Deputationsbewegung 1815: Konflikte, Hoffnungen und die Relevanz von Repräsentanten, mündlicher Kommunikation und persönlichen Treffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 1.3 Der Beginn der ordentlichen Verwaltung unter außerordentlichen Umständen: Kooperative Partizipationsformen in der Teuerungskrise 1816–1818 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 1.4 Die Verfassungsbewegung 1817/1818: Schriftliche Kommunikation und symbolische Vermittlung . . . . . . . . . . . 127
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2. Aushandlungsprozesse und Grenzverschiebungen 1819–1825 . . . . . . . . . . . . . 145 2.1 Preußische Stadträte und die Rolle des Bürgermeisters . . . . . . . . . . . . . . . 147 2.2 Die Steuerbewegung 1819: Kollektive Partizipationsstrategien und aktive Verflechtungsprozesse der „Rheinprovinzen“ . . . . . . . . . . . . . 162 2.3 Partizipationsformen im Verwaltungsalltag: Implementationsund Kommunikationsprobleme am Beispiel der Steuergesetzgebung . . . . 176 2.4 Partizipationschance Öffentlichkeit? Die Neujustierung der Verwaltungskommunikation und ihrer Kanäle . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 3. Politik zwischen Gehorsam und Protest 1826–1834 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 3.1 Verweigerte Partizipation und Partizipation durch Verweigerung im Stadtrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 3.2 Parlamentarische Partizipation im Provinziallandtag: Französische Errungenschaften und rheinische Besonderheiten . . . . . . . 243 3.3 Die Cholera-Epidemie 1831: Krisenmanagement, Haushaltsplanung und Armenfürsorge am Beispiel der Steuergesetzgebung . . . . . . . . . . . . . 271 3.4 Die (Neu-)Erfindung des Karnevals: Demonstrative Teilnahmslosigkeit und symbolische Protestformen zwischen Julirevolution und Hambacher Fest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 4. Erfolgreiche Eigeninitiativen und gescheiterte Partizipationsversuche 1835–1840 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 4.1 Wissensbestände, Verwaltungsroutinen und Vertrauensfragen im Stadtrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 4.2 Kollektive Ziele und individuelle Partizipationsstrategien in der Wirtschaftspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 4.3 Partizipation durch Religion? Öffentliche Aushandlungsformen im Kölner Ereignis . . . . . . . . . . . . . . . 375 4.4 Der Thronwechsel und die Frage nach angemessenen symbolischen Kommunikations- und Repräsentationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 5. Politische Partizipationskonflikte und enttäuschte Hoffnungen 1841–1847 . . 404 5.1 „Alte“ Stadträte – „neue“ Gemeindeordnung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 5.2 Alte Partizipationsforderungen und neue Kommunikationsformen innerhalb und außerhalb der Provinziallandtage 1841, 1843, 1845 . . . . . 425 5.3 Nationalismus als regionale Partizipationsstrategie? Die Bedeutung von Fördervereinen und Erinnerungsorten . . . . . . . . . . .441 5.4 Neue Gemeindeordnung, neue Stadträte, neue Partizipationsformen? . . 460
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IV. Ausblick: Partizipationschance 1848? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 V. Zusammenfassung und Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475 VI. Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 1. Netzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 2. Akteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514 2.1 Stadträte in Aachen 1815–1845 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 514 2.2 Stadträte in Düsseldorf 1815–1845 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 547 2.3 Stadträte in Koblenz 1815–1845 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 574 2.4 Stadträte in Köln 1815–1845 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 600 2.5 Stadträte in Trier 1815–1845 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 624 VII. Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 653 1. Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 653 2. Ungedruckte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 654 2.1 Archiv der Provinzialstände der Rheinprovinz 1826–1888 . . . . . . . . . . . . 654 2.2 Historisches Archiv der Stadt Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 654 2.3 Landeshauptarchiv Koblenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 655 2.4 Landesarchiv Nordrhein-Westfalen Abteilung Rheinland . . . . . . . . . . . . . 658 2.5 Stadtarchiv Aachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 659 2.6 Stadtarchiv Düsseldorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 660 2.7 Stadtarchiv Koblenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 661 2.8 Stadtarchiv Trier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 661 2.9 Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 663 2.10 Vereinigte Adelsarchive im Rheinland e. V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 663 3. Gedruckte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 663 4. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 669 5. Internetressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 725 VIII. Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 729 1. Ortsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 729 2. Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 730
Geleitwort
Im Jahr 1815 wurde auf dem Wiener Kongress eine stabile Friedensordnung für Europa geschaffen und eine „Vernunftehe“ (Reinhold Koser) zwischen Preußen und dem Rheinland geschlossen. Dass die preußische Herrschaft […] anfangs in allen neuen Rheinlanden – wer wird es läugnen? – nicht populär war, stellte bereits 40 Jahre später einen Allgemeinplatz in der Allgemeinen Zeitung dar, den wir anlässlich des „Epochenjahrs 1815“ in Band 6 unserer Reihe diskutiert haben. Mit dem vorliegenden Band wird Rolle, Herkunft und Mentalität der lokalen Verwaltungsbeamten in den Mittelpunkt gerückt und damit an einige zentrale Aussagen des 1815-Bandes angeknüpft. Es geht in Katharina Thielens Dissertation vor allem um die Vermittlungsfunktion der Beamten zwischen den ca. zwei Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern der noch jungen preußischen Rheinprovinz und der Berliner Zentrale; um ihre Einstellungen, Amtspraktiken, Netzwerke und letztlich auch um ihren Stellenwert für politische Beteiligungs- und Gestaltungsmöglichkeiten in einer verfassungslosen Monarchie am Vorabend der Revolution 1848/49. Vieles mag den Leserinnen und Lesern dabei bekannt vorkommen und an die heutigen Klischees über die deutsche Bürokratie erinnern: Etwa die vermeintliche Schwerfälligkeit des Behördenapparats, das distanzierte Auftreten seiner Vertreter, eine komplizierte Verwaltungssprache und die dazugehörigen Berichte, die in mannigfaltigen Ausführungen heute die Archivregale der Landes- und Kommunalarchive von Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland füllen. Oder aber der Umgang mit politischen Themen, die aus heutiger Sicht relevanter denn je erscheinen: Mit sozialen Ungleichheiten, militärischen Bedrohungen, Umweltkatastrophen und der ersten großen Pandemie der Neuzeit, der noch unerforschten asiatischen Cholera. Anderes überrascht hingegen, so etwa die effektiven und flexiblen Problemlösefähigkeiten der Stadträte in den großen Provinzstädten Aachen, Düsseldorf, Koblenz, Köln und Trier. Ihr (mitunter auch demokratisch geprägter) Aktivismus im Vereins- und Gesellschaftswesen verbunden mit innovativer Politikgestaltung übertraf in Professionalität und Effizienz die „große Politik“ und die Staatsverwaltungen in äußerer Regelmäßigkeit. Gerade aus der kommunalpolitischen Perspektive werden städteübergreifende Verflechtungen sichtbar, die zum Beispiel die Arbeit beim Landschaftsverband noch heute prägen und in der Bewusstseinsregion „Rheinland“ nachwirken. Der Band zeigt somit eindrucksvoll die Katalysatorfunktion der Region für zentrale Entwicklungen der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf und würdigt die in der Forschung unterschätzte Bedeutung
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Geleitwort
der frühen rheinischen Provinziallandtage. Der Beginn der Behördengeschichte des Provinzialverbandes wird damit im Zentrum politischer Partizipation verankert und die Position der rheinischen Verwaltungsbeamten zwischen Staat, Stadt und Gesellschaft kritisch hinterfragt. Bonn, im Mai 2023 Helmut Rönz
Vorwort
Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2022 an der Universität des Saarlandes im Fachbereich Geschichte in geringfügig veränderter Form als Dissertation angenommen und war Teil des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekts zum Thema „Politische Partizipation in der Provinz – Notabeln im liberalen Frankreich und konservativen Preußen“ am Lehrstuhl für Neuere Geschichte und Landesgeschichte. Mein Dank gilt daher in erster Linie der Lehrstuhlinhaberin, Projektleiterin und meiner Betreuerin Prof. Dr. Gabriele B. Clemens, die mich von Anfang an mit großem Vertrauen an der Projektidee beteiligt, die Bearbeitung des Themas unter bestmöglichen Voraussetzungen ermöglicht und mit großer Expertise begleitet hat. Bei Prof. Dr. Lutz Raphael bedanke ich mich herzlich für seine vielfältigen Forschungsimpulse und für die Übernahme des Zweitgutachtens. Wesentliche Vorarbeiten, die Bewältigung des Quellenmaterials und die Weiterentwicklung der Thesen wären ohne die praktische Unterstützung der Projektmitarbeiter und -mitarbeiterinnen, die Anbindung an den Lehrstuhl und die regelmäßigen Gespräche mit meinen Kolleginnen und Kollegen nicht möglich gewesen. Ihnen danke ich für den Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung auf Tagungen sowie innerhalb und außerhalb unserer regelmäßigen Kolloquien. Nach dem Ende der dreijährigen Projektlaufzeit hatte ich das Glück, meine Recherchen mit Hilfe eines Abschlussstipendiums der Graduiertenförderung der Hochschulen des Saarlandes (GraduSaar) in diesem optimalen Arbeitsumfeld auch in Zeiten der Schließung von Archiven und Bibliotheken aufgrund der Corona-bedingten Einschränkungen erfolgreich beenden zu können. Zahlreiche Archivarinnen und Archivare in den Landesarchiven von NordrheinWestfalen und Rheinland-Pfalz, in den Stadtarchiven von Aachen, Düsseldorf, Köln und Trier haben mir dabei geholfen, das unüberschaubare und zum Teil unverzeichnete – in Köln mitunter auch noch nicht restaurierte – preußische Aktenmaterial zu sichten und auszuwerten. Im Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchiv, dem Archiv der Provinzialstände und in den Vereinigten Adelsarchiven im Rheinland e. V. konnte ich insbesondere dank der Hilfe von Dr. Hans-Werner Langbrandtner weiterführende Perspektiven aus den Nachlässen der Akteure aufdecken, die die Untersuchung bereichern. Eine besonders große fachliche und persönliche Förderung wurde mir im Stadtarchiv Koblenz entgegengebracht. Gerade zu Beginn und zum Ende der Projektphase bildete die Alte Burg am Moselufer meiner Heimatstadt einen idealen Arbeitsplatz, an dem ich durch eine Nebenanstellung auch darüber hinaus tätig sein durfte. Hierfür bin ich Stadtarchivar
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Vorwort
Michael Koelges und den Mitarbeiterinnen Roswitha Bender, Judith Höhn-Engers, Kathrin Schmude und Michelle Stieffenhofer zu großem Dank verpflichtet. Weitere Hilfe habe ich dort von Dr. Ingrid Bátori und von Prof. Dr. Ingeborg Henzler erhalten. Der Grundstein für die Auseinandersetzung mit der rheinischen Landesgeschichte wurde während meines Bachelorstudiums an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz im Rahmen meiner Tätigkeit am Institut für Geschichtliche Landeskunde RheinlandPfalz e. V. gelegt. Dem ehemaligen Geschäftsführer Dr. Elmar Rettinger verdanke ich dabei nicht nur die abwechslungsreiche Tätigkeit als studentische Projektmitarbeiterin, sondern auch den Schreibtisch, an dem die Arbeit (wie er vor zehn Jahren prophezeit hatte) entstanden ist – seinem Nachfolger Dr. Kai-Michael Sprenger wichtige Erfahrungen in der Projekt- und Öffentlichkeitsarbeit und der Wirtschaftshistorikerin Dr. Ute Engelen sowie den ehemaligen Mitarbeitern Max Grüntgens und Dominik Kaspar grundlegendes Wissen, von dem ich noch heute profitiere. Dafür, dass ich dieses Wissen während des Masterstudiums als wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl für Kultur- und Mediengeschichte an der Universität des Saarlandes erweitern konnte, war Prof. Dr. Clemens Zimmermann verantwortlich. Ihm möchte ich für die vielen neuen Herausforderungen und Forschungsanregungen, seinen verlässlichen Rat sowie die Übernahme des dritten Gutachtens meinen aufrichtigen Dank aussprechen. Ein weiterer hervorragender Lehrer (wider Willen) und mein ständiger Begleiter durch weite Teile des akademischen „Rheinlands“ ebenso wie durch die gesamte Projektarbeit war Dr. Gunter Mahlerwein, ohne dessen kritischen Kommentare und Ideen die Arbeit in dieser Form nicht entstanden wäre. Bei der Bewältigung wissenschaftlicher und persönlicher Detailfragen hat mir meine Kollegin Maike Jung an unzähligen Abenden in ihrer Küche mit großer Geduld und dem ein oder anderen Glas Wein beigestanden. Eine vollständige, mühevolle Textkorrektur wurde von Annika Jücker in ihren Schulferien übernommen und hat maßgeblich zur Verständlichkeit des Textes beigetragen. Für die rechtzeitige Fertigstellung des Anhangs, der Tabellen und Abbildungen sowie für die notwendige Ablenkung und das Durchhaltevermögen, die ein solches Projekt gleichermaßen erfordern, hat Philipp Helbach gesorgt. Ihm danke ich für seine ruhige Art und sein Verständnis. Mit dem Ende des Projekts 2022 – 200 Jahre nach der Gründung der preußischen Rheinprovinz – kam ich zum LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, d. h. an einen Ort, an dem das institutionelle und kulturelle Erbe des preußischen Rheinlandes sichtbar ist und aufrechterhalten wird. In der gemeinsamen Projektarbeit mit Georg Mölich habe ich nicht nur dankenswerterweise zahlreiche weiterführende Hinweise zu „Preußen im Rheinland“, sondern auch das Privileg erhalten, meine Forschungen in der praktischen Kulturarbeit einzusetzen. Mein besonderer Dank für diese und die darüberhinausgehenden Möglichkeiten gilt daher dem Institutsleiter Dr. Helmut Rönz. Ihm und Keywan Klaus Münster danke ich außerdem für die Aufnahme der Arbeit in die Reihe „Stadt und Gesellschaft. Studien zur Rheinischen Landesgeschichte“. Großzügig gefördert wurde die Drucklegung von der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften und der Anton-Betz-Stiftung der Rheinischen Post e. V.
Vorwort
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Weitere finanzielle Unterstützung erhielt ich vonseiten des Erzbistums Köln sowie aus Trier: von der Gesellschaft für nützliche Forschungen e. V., der Casino-Gesellschaft e. V. und dem Bistum Trier. Widmen möchte ich das Buch meinem Opa, der mir mein Studium mit den „preußischen Tugenden“ eines ehemaligen Mitarbeiters der Koblenzer Bezirksregierung und der liebevoll-pragmatischen Art eines „Rheinländers“ möglich gemacht hat.
I. Einleitung
Politik befindet sich auf dem Prüfstand, Repräsentationen stehen unter Beobachtung, Demokratie ist in der Krise – diese Eindrücke beherrschen die öffentliche ebenso wie die wissenschaftliche Debatte über das Politische der Gegenwart. Der Vergangenheit wird dabei mehr und mehr Aufmerksamkeit geschenkt.1 Die Infragestellung bestehender Ordnungen bei gleichzeitiger Politisierung breiter Bevölkerungsschichten angesichts globaler Herausforderungen, militärischer Bedrohungen und sozialpolitischer Pro bleme rückt das lange 19. Jahrhundert ins Zentrum der Reflexionen. Besonders die Zeitspanne zwischen der Neuordnung Europas auf dem Wiener Kongress 1815 und den europäischen Revolutionen 1848/49 wird als restaurative Schaffensphase europäischer Großmächte und revolutionäre Vorgeschichte im Sinne des Vormärz zunehmend ernst genommen.2 Innerhalb dieser Entwicklung nahmen die süddeutschen Territorien eine Vorreiterposition ein, wohingegen für die preußischen Gebiete ein politischer Stillstand oder Rückschritt proklamiert wurde, der insbesondere den Provinzen im Westen der Hohenzollernmonarchie die schwierige Position „zwischen Restauration und Revolution“ (Faber) oder „zwischen Frankreich und Preußen“ (Koltes) einbrachte. Diese Zwischenstellung verweist auf die Ambivalenz der Epoche und bestärkt die sich allmählich durchsetzende Forschungsmeinung, dass sie als wichtige Übergangszeit zu betrachten ist, in der eine aktive Einflussnahme auf das politische Leben – auch in Teilen Preußens – möglich war.3 Diese These speist sich aus der vorangegangenen Phase der französischen Herrschaft und korrespondiert mit dem Eindruck der Zeitgenossen. Denn beim Übergang der linksrheinischen Gebiete an das Königreich Preußen im Jahr 1815 wusste noch niemand, dass 1 Kruke/Kufferath, Krisendiagnosen, S. 3–20. Vgl. exemplarisch Piorkowski, Ja zum Streit und Nein zur Hetze, URL: https://www.tagesspiegel.de/wissen/debatte-um-krise-der-demokratie-ja-zum-streit-undnein-zur-hetze/23014908.html (abgerufen am 17.4.2019), das Themenheft Repräsentation in der Krise? In: APuZ 40–42 und Merkel, Demokratie. Im Jahr 2018 verabschiedete der Verband der Historiker und Historikerinnen eine Resolution unter URL: https://www.historikerverband.de/verband/stellungnahmen/ resolution-zu-gegenwaertigen-gefaehrdungen-der-demokratie.htmlZ (abgerufen am 17.4.2019). 2 Exemplarisch Langewiesche (Hg.), Demokratiebewegung. Ferner Fickers/Franz/Laux (Hgg.), Repression, Fahrmeir, Revolutionen und zuletzt anlässlich des Revolutionsjubiläums 2023 Kitschun/Thalhofer, Meilenstein. 3 Das von Nipperdey, Bürgerwelt und Wehler, Gesellschaftsgeschichte geprägte Bild wird in neueren Handbüchern dementiert, vgl. Geisthövel, Restauration; Fehrenbach, Régime; Fahrmeir, Europa; Sellin, Restaurationen; Bleek, Vormärz; Graaf/Haan/Vick (Hgg.), Securing Europe; Ross, Barricades.
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Einleitung
die europäischen Großmächte auf dem Wiener Kongress eine in der Rückschau vielfach gerühmte Friedensordnung schufen, die ein halbes Jahrhundert Bestand haben sollte. Im Gegenteil – seit dem revolutionären Umbruch 1789 sah man sich zunehmend dem von Reinhart Koselleck bemerkten Auseinanderdriften von Erfahrungsraum und Erwartungshorizont ausgesetzt und empfand die „Gegenwart als eine Periode des beschleunigten Übergangs und der andauernden Krise“4, in der es zu einer Neujustierung des Verhältnisses zwischen Monarchen und Untertanen kam und von Vertrauen in den „Staat“5 nur bedingt die Rede sein konnte.6 Einige Bewohnerinnen und Bewohner der neuen preußischen Besitzungen auf dem linken Rheinufer reagierten auf dieses „Grundproblem postmoderner Gesellschaften“7 mit der Beibehaltung und Verteidigung der unter Napoleon erreichten Rechte und Freiheiten.8 Innerhalb von fast zwei Jahrzehnten hatte die Zugehörigkeit zu Frankreich vor allem in den Städten zu tiefgreifenden Veränderungen geführt, die nach dem Herrschaftswechsel nicht mehr rückgängig gemacht werden konnten. Neben der partiellen Verwirklichung französischer Revolutionsideen hatte sich nämlich eine neue an Besitz und Leistung orientierte Führungsschicht gebildet, die sich als legitime Vertretung der Bevölkerung verstand und sich nun in einem neuen, ausgesprochen restriktiven politischen System behaupten musste. Ob und mit welchen Mitteln ihr dies gelang und welche Rolle die Bevölkerung dabei spielte, gilt es herauszufinden. Die Aufgabe der vorliegenden Darstellung besteht darin, die Möglichkeiten politischer Partizipation in der preußischen Rheinprovinz in den Jahren 1815 bis 1845 auszuloten.
1. Themen und Forschungsstand 1.1 Partizipationsforschung und Demokratiegeschichte Als Analysekategorie wird der Begriff der politischen Partizipation vor allem in den Politikwissenschaften verwendet und mit dem normativen Konzept der Demokratie verbunden, da er sich auf die „funktionale Einbeziehung konkreter Personen mit ihren konkreten Interessen, Anschauungen und Meinungen in Entscheidungsprozesse“9 bezieht. Als Herrschaft des Staatsvolkes hängt das demokratische Modell unmittelbar von der 4 Leonhard, Verfassung, S. 218. 5 Nach Franz, Staatszugehörigkeit, S. 257 f. wird der Staat im Folgenden „als eine institutionell verfestigte Organisation des Politischen“ verstanden, „die ihre Ordnung weitgehend selbst gestaltet, aber auch Teil größerer politischer Ordnungen sein kann.“ 6 Bei Leonhard, Verfassung, S. 218 wird daher von einer „Verkürzung der Erwartungssicherheit“ gesprochen, vgl. das Konzept bei Koselleck, Kategorien. Vgl. auch Büschel, Untertanenliebe und grundlegend Frevert, Vertrauen, S. 24–29. 7 Leonhard, Verfassung, S. 218. 8 Vgl. grundlegend Faber, Recht und zusammenfassend Owzar, Liberty. 9 Gusy, Zusammenfassung, S. 252 f.
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Beteiligung der zu regierenden Bevölkerung, also von einem Mindestmaß politischer Partizipationsmöglichkeiten, ab. Implizit wird dabei zumeist ein konkretes Ergebnis erwartet, sodass sich der Begriff nicht auf Synonyme wie Einfluss, Teilhabe oder Mitsprache reduzieren lässt. Vor diesem Hintergrund ist die analytische Begriffsverwendung zunächst aus der politikwissenschaftlichen und soziologischen Wahlforschung hervorgegangen. Gleichzeitig wurde auch in der Geschichtswissenschaft immer dann von politischer Partizipation gesprochen, wenn es um die Beschreibung institutionell verankerter Beteiligungsformen und deren Etablierung im Rahmen der Demokratiegeschichte ging.10 Demokratiegeschichte wird je nach Forschungstradition auf unterschiedliche Themen bezogen. In Deutschland ist sie untrennbar mit den Erfahrungen des 20. Jahrhunderts und der Erinnerungspolitik verbunden. Seit den 1990er Jahren werden unter dem Dach der Demokratiegeschichte in erster Linie solche Projekte durchgeführt, die die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus fördern und die Demokratie als moralisch überlegenes Regierungs- und Gesellschaftsmodell darstellen. Die Sozialdemokratie und ihr Scheitern in der Weimarer Republik spielen dabei eine Schlüsselrolle, die zuletzt anlässlich des Jubiläums 2019 herausgestellt wurde. Auch wenn die Verfassungen der süddeutschen Staaten von 1818/19 dabei keineswegs vergessen wurden, stehen demokratiegeschichtliche Themen des 19. Jahrhunderts hinter der bildungspolitischen Relevanz der Erinnerungskultur zur NS-Diktatur hinten an.11 Demgegenüber beginnen die Demokratiegeschichten anderer europäischer Nationen zumeist mit den Revolutionen des 17. und 18. Jahrhunderts. Versteht man Demokratiegeschichte als Ideengeschichte, dann erscheint der Rückgriff auf die Glorious Revolution und auf die Französische Revolution sinnvoll. Auch wurde der Einfluss dieser Ereignisse auf die Entwicklung anderer Staaten und die Verflechtung der jeweiligen Demokratietraditionen diskutiert.12 So werden die linksrheinischen Gebiete beispielsweise als Teil der „Erfahrungsgeschichte des demokratischen Experiments in Frankreich“13, folglich als temporaler Bestandteil der französischen Demokratiegeschichte, aufgefasst. In Verbindung mit der Infragestellung des Nationalstaatsparadigmas leiteten solche Beobachtungen eine Abkehr von modernisierungstheoretischen Erklärungsmodellen und emanzipatorischen Narrativen spezifisch nationaler Demokratiegeschichten ein. Stattdessen setzen sich kulturgeschichtlich inspirierte Analysen der konfliktreichen Genese von Demokratie und der damit verbundenen Facetten demokratischer Praxis durch und werden – wie zum Beispiel die Mainzer Republik oder die Feste auf der Wartburg und 10 Vgl. Steinbach (Hg.), Probleme und in der Rückschau Fahrmeir, Liberalismus. 11 Als Beispiele seien der Verein gegen Vergessen – Für Demokratie e. V. und die Arbeitsgemeinschaft „Orte der Demokratiegeschichte“ genannt. Zum Verfassungsjubiläum siehe exemplarisch Bischoff/Hitze/Reininghaus (Hgg.), Demokratie und die Themenhefte zur Weimarer Republik, in: APuZ 68, Nr. 18–20. Eine neuere, kontrovers diskutierte Ausnahme stellt das Überblickswerk Richter, Demokratie dar. 12 Frie/Planert (Hgg.), Staatsbildung; Franz/Lehners (Hgg.), Nationenbildung; Kurunmäki/Nevers/ Velde (Hgg.), Democracy, vgl. auch Späth, Revolution. 13 Raphael, Demokratiegeschichte, S. 13.
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dem Hambacher Schloss – auch öffentlich wahrgenommen.14 Es hat sich gezeigt, dass demokratische Praktiken keineswegs zwingend von der Existenz einer demokratischen Regierungsform oder eines dazugehörigen Nationalstaates abhängig sind. Im Gegenteil – Forderungen nach Partizipation und Teilhabe treten gerade dann vermehrt auf, wenn diese nicht gewährleistet sind.15 Ein empirisch-instrumentelles Verständnis von Demokratie und Partizipation bestimmt daher die aktuelle Forschungsdiskussion und wird für die Untersuchung von Wahlen,16 Parlamentsdebatten,17 Protestformen,18 Alltagspraktiken19 und Emotionen20 fruchtbar gemacht.21 Ebenso wie sich in der Geschichtswissenschaft eine allmähliche Entkopplung des Partizipationsbegriffs von seiner institutionellen Verankerung abzeichnet, hat die Politikwissenschaft für die Erfassung nicht-institutionalisierter Formen politischer Partizipation Typologien entwickelt, die stetig ergänzt und erweitert werden. Diese „nichtinstitutionalisierten“, „unkonventionellen“ und „illegalen“ Formen der Partizipation lassen sich jedoch nur bedingt auf historische Fragestellungen übertragen, weil sie von gefestigten politischen Rahmenbedingungen ausgehen.22 In Anbetracht dieser Problematik hat Pierre Rosanvallon ein alternatives Begriffsverständnis vorgeschlagen, das den folgenden Ausführungen zugrunde gelegt wird. Seine historisch-philosophischen Studien zum französischen Staatswesen offerieren mögliche Erklärungen gegenwärtiger Entwicklungen und stellen erste Lösungsansätze bereit, die bisher nur von wenigen deutschen Forscherinnen und Forschern aufgegriffen wurden.23 In seiner vierbändigen 14 Bauer/Gerber/Spehr (Hgg.), Wartburgfest; Berkessel/Matheus/Sprenger (Hgg.), Mainzer Republik, vgl. http://www.sozialgeschichte-mainz.de/veranstaltungen/auf-den-spuren-der-demokratiegeschichte.html (Aufruf am 11.5.2019). Allgemein zuletzt Wirsching, Demokratie, der trotz eines Schwerpunktes in der Zwischenkriegszeit die Ambivalenz und Komplexität der Demokratie resümiert. 15 Hierin liegt ein Grund dafür, warum sich auch die Frauengeschichte dem Thema verstärkt widmet, vgl. Heinsohn, Parteien und Paulus, Biographie sowie der Tagungsbericht: Vorhang auf – Frauen in Parlament und Politik im internationalen Vergleich; Tagung zum Anlass 100 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland, unter URL: https://www.hsozkult.de/conferencereport/id/tagungsberichte-8243 (abgerufen am 11.5.2019). 16 Zuletzt Richter, Wahlen, vgl. Anderson, Democracy. 17 Vgl. die Habilitationsschrift von Mergel, Kultur und die Überlegungen bei Best, Parlament. 18 Zwei für die vorliegende Arbeit lehrreiche Beispielthemen behandeln Richard, Eidverweigerung und Jung, Debattenboykotts, vgl. auch ders. (Hg.), Unterlassungspraktiken in erweiterter Perspektive. 19 Vgl. Haas/Hackspiel-Mikosch, Ziviluniformen. Exemplarisch zur politischen Dimension von Konsum Trentmann, Dinge und Torp, Konsum. 20 Vgl. Aschmann, Emotionen und Bardian, Emotionen, URL: www.hsozkult.de/conferencereport/id/ tagungsberichte-8293 (abgerufen am 11.5.2019). 21 Vgl. Richard/Zeilinger, Introduction. Fenske, Demokratie kann trotz der Langzeitperspektive als Gegenbeispiel genannt werden und zeigt, dass modernisierungstheoretische Zugänge noch immer verwendet werden. 22 Schultze, Partizipation, vgl. grundlegend Kaase/Marsh, ‚Political Action‘. 23 Roth, Bürgermacht beschäftigt sich mit ähnlichen Themen, greift Rosanvallon allerdings nicht auf. Anders Raphael, Demokratiegeschichte und Bluhm, Raum sowie in der Politikwissenschaft Niederberger, Republikanismus und Weymans, Freiheit.
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„Problemgeschichte der Demokratie“24 führt er dem Leser vor Augen, dass sich Demokratie als „Bindeglied zwischen Gesellschaft und Staat“25 in einem unaufhörlichen Wandel befindet, der durch das Spannungsverhältnis dieser beiden sich überlagernden Sphären gekennzeichnet ist. Sie ist daher keine abgeschlossene Form einer historisch gewachsenen politischen Ordnung und fußt auf einem mehrdimensionalen Partizipationsbegriff, auf „Ausdruck, Mitwirkung und Intervention.“26 Politische Partizipation setzt demzufolge Meinungsbildung und die Bereitschaft der Meinungsäußerung voraus und wird „durch alle Formen kollektiven Handelns gebildet, die auf die Erreichung eines erwünschten Resultats abzielen.“27 1.2 Perspektivwechsel in der Politikgeschichte Die in der Demokratiegeschichte erkennbare Öffnung für neue Themen, Perspektiven und Theorien korrespondiert mit dem Forschungstrend in der Politikgeschichte. Angeregt durch die angelsächsische Forschung, den cultural turn und aktuelle Debatten unterliegt der traditionellste Bereich der Historiographie seit etwa zwei Jahrzehnten einer umfangreichen Neuinterpretation, die unter dem Stichwort „Neue Politikgeschichte“28 firmiert und längst überfällig war.29 Denn bis ins 20. Jahrhundert hinein schrieben einflussreiche Historiker sprichwörtlich oder faktisch im Dienste des Staates eine Geschichte, die das Nationalbewusstsein bestärkte und auf teleologischen Geschichtsmythen beruhte. Die Dekonstruktion jener „Meistererzählungen“30 wird seit den 1960er Jahren gefordert und stellt eine Herausforderung dar, die trotz einiger Pionierstudien noch immer nicht an Aktualität verloren hat.31 Als Grund hierfür kann die Verlagerung von politikwissenschaftlichen hin zu sozialund kulturwissenschaftlichen Themenschwerpunkten genannt werden. Vertreterinnen und Vertreter der Sozial- und Gesellschaftsgeschichte widmeten sich dem Verhältnis des Staates zu bestimmten Phänomenen und zu unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen – darunter auch der Beziehung zwischen Preußen und den sogenannten Rhein24 Raphael, Demokratiegeschichte, S. 9. 25 Niederberger, Republikanismus, S. 108, vgl. Rosanvallon, Gegen-Demokratie, S. 152. 26 Rosanvallon, Gegen-Demokratie, S. 24, vgl. Richard/Zeilinger, Introduction und Bora, Einleitung, der nach ebd., S. 15 Partizipation als einen „politische[n] Reflexionsbegriff, der Politisierungen fordert und legitimiert“ definiert. 27 Rosanvallon, Gegen-Demokratie, S. 24. Ähnliche Ideen für das 20. Jahrhundert vertritt Roth, Demokratie. 28 Frevert, Politikgeschichte. 29 Schorn-Schütte, Politikforschung, S. 156. Einen epochenübergreifenden Forschungsüberblick, der dies bestätigt, bietet Hochedlinger, Behördengeschichte. 30 Jarausch/Sabrow, Meistererzählung. 31 Burg, Zepter, S. 173 spricht beispielsweise davon, dass „die Bevölkerung begann, die napoleonische Oberhoheit als ‚Fremdherrschaft‘ zu empfinden und zu hassen.“ Dass dies mehrheitlich nicht der Fall war, belegt die Studie von Planert, Mythos, vgl. zuletzt Hagemann, Gedächtnis.
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ländern.32 Zeitgleich wurden umfangreiche Editionsprojekte abgeschlossen, die das unüberschaubare Aktenmaterial sichteten und eine solide Forschungsgrundlage für die Zukunft schufen.33 Dennoch schien mit Reinhart Kosellecks breit rezipiertem „Preußenbuch“34 über die allgemeine politische Geschichte der Hohenzollern alles gesagt zu sein. Stattdessen wurde die französische Herrschaftsphase am Rhein durch eine Vielzahl von Forschungsprojekten gewürdigt und neu interpretiert.35 Erst 30 Jahre später legten namhafte deutsche, britische und französische Historiker neue Gesamtdarstellungen vor, die den „Aufstieg und Untergang Preußens“ (Clark) dem Forschungsstand entsprechend differenziert reflektieren.36 Zuletzt gingen daraus neue Bewertungen hervor, die die preußische Geschichte als „Eine besondere Geschichte“ (Spenkuch) darstellen oder als eine „gesellschaftliche Veranstaltung“ (Neugebaur) begreifen.37 Ergänzt wird diese Literaturgrundlage ferner durch zahlreiche Mikrostudien,38 die ländliche Sphären des Politischen in den Blick nehmen und globalhistorisch angelegte Publikationen in der Tradition Jürgen Osterhammels, die „Neue Perspektiven auf das 19. Jahrhundert“ (Aschmann) aufwerfen und die Kontextualisierung politischer Ereignisse erleichtern.39 Weitere Akzente innerhalb der neuen Politikgeschichte setzte der Bielefelder Sonderforschungsbereich zum Politischen als Kommunikationsraum.40 Für die Angehörigen 32 Vgl. zuletzt ausführlich bei Ribhegge, Preußen. Der Begriff „Rheinland“ wird im Folgenden als Synonym für die Gebiete der preußischen Rheinprovinz verwendet und nicht dem zeitgenössischen, weiter gefassten Sprachgebrauch entlehnt. Dieser und die damit verbundene Selbstbeschreibung als „Rheinländer“ wird noch zu diskutieren sein. Die Bandbreite der sozialhistorischen Forschungsthemen reicht von wirtschaftlichen über kulturelle bis hin zu religionspolitischen Gegenständen und von religiösen Minderheiten über Frauen bis hin zu bestimmten Berufsgruppen. Exemplarisch sei Kastner, Emanzipation genannt. Die Integration des Rheinlandes in den preußischen Staat behandeln Schütz, Integration und Koltes, Rheinland ausführlich. Zuletzt wurde die Provinz bei Schneider/Simon, Gesamtstaat als einer von mehreren Teilen einer „zusammengesetzten Monarchie“ betrachtet. 33 Für diese Arbeit relevant sind beispielsweise die von Joseph Hansen 1919 begonnenen und 2013 abgeschlossenen Rheinische Briefe und Akten 4 Bde. und die rechtswissenschaftlichen Quellencorpora von Schubert, Verhandlungen und ders., Rheinprovinz 6 Bde. 34 Koselleck, Reform. 35 Vgl. Frevert, Politikgeschichte, S. 7–10. Die Literatur zur Franzosenzeit füllt mittlerweile ganze Bibliotheken und kann hier nicht wiedergegeben werden. Eine Zusammenfassung bieten Mölich/Schmalz/ Wilhelm, Einleitung. 36 Clark, Preußen, vgl. kontextualisiert und synthetisiert bei dems., Time and Power. Andere Beispiele sind Neugebauer, Geschichte, Kerautret, Histoire. Eine dreibändige Handbuch-Reihe erschien von 1992 bis 2009, knüpft jedoch an ältere Deutungsweisen an, vgl. Büsch (Hg.), Handbuch. 37 Vgl. Spenkuch, Preußen, der sich bei ebd., S. 13 gegen Clark positioniert und die als Wissensgeschichte angelegte historiografische Rezeptionsgeschichte von Neugebauer, Veranstaltung. 38 Exemplarisch Mahlerwein, Elitenbildung. 39 Aschmann, Moderne; Bleek, Vormärz; Paulmann, Vorherrschaft; Evans, Jahrhundert. 40 Die Publikationsliste findet sich unter URL: https://www.uni-bielefeld.de/geschichte/forschung/sfb584/ publications/index.html (abgerufen am 17.4.2019). Lediglich zwei Aufsätze zu den Repräsentationsformen der Hohenzollern konnten in dem Sammelband von Ute Frevert und Heinz-Gerhard Haupt, Perspektiven ausfindig gemacht werden. Zum Potential Preußens in diesem Kontext vgl. auch Neugebauer, Geschichte.
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des 2012 abgeschlossenen Projektes ist das Politische „der institutionelle, soziale und kulturelle Raum, in dem Menschen über kollektive Angelegenheiten, Interessen und Konflikte mit repräsentativen Anspruch kommunizieren und ein gemeinsames Verständigungsmedium für das Projekt gesellschaftlicher Selbst-Ordnung finden.“41 Politik konstituiert sich demnach kommunikativ als Teilbereich des Politischen respektive im politischen Raum und beruht auf dem in der Frühen Neuzeitforschung entwickelten Aushandlungsprinzip.42 Mit diesem breitrezipierten Konzept konnte der Dualismus zwischen Politikgeschichte und Sozial- und Kulturgeschichte überwunden werden, da „durch die räumliche Sicht der einst klar umrissene Bereich der Politik der Idee einer historisch variablen Abgrenzung und Strukturierung des Politischen gewichen“43 war. In Anlehnung an soziologische Klassiker wie Max Weber, Pierre Bourdieu und Michel Foucault ergibt sich daraus eine prinzipielle Unbestimmtheit des politischen Raums, der durch jene Aushandlungsprozesse erst gebildet und reproduziert wird.44 In der Folgezeit löste die Konzentration auf politische Kommunikationsformen und -räume einen regelrechten Boom an begriffsgeschichtlichen Studien unter Verwendung diskursanalytischer Verfahrensweisen aus. Rasch meldeten sich Kritiker zu Wort, die – trotz der zumeist weit über den diskursiven Rahmen hinausgehenden Erkenntnisse – eine Vernachlässigung der handlungstheoretischen Dimension von Politik anmerkten und für eine stärkere Integration politikwissenschaftlicher Ansätze plädierten.45 In der Politikwissenschaft bezieht sich Politik im Allgemeinen auf „menschliche[s] Handeln, das auf die Herstellung allgemeiner Verbindlichkeit, v. a. von allgemein verbindlichen Regelungen und Entscheidungen in und zwischen Gruppen von Menschen abzielt.“46 Im englischen Sprachgebrauch wird diese handlungstheoretische Dimension in dem Begriff „policy“ greifbar und ist Teil der Unterscheidung von Strukturen (polity), Prozessen (politics) und Inhalten sowie deren Durchsetzung (policy). In der aktuellen Forschung wird dies zunehmend übernommen oder aber die Mehrdimensionalität mit der oben erwähnten Unterscheidung zwischen „dem Politischen“ und „der Politik“ ausgedrückt. Gegenstände und Methoden der policy-Forschung wurden vor allem auf die Verwaltungsgeschichte sowie die Entstehung und Ausdifferenzierung von Politik-
41 Bulst, Einleitung, S. 7 f. ähnlich Haupt, Vorwort, S. 9. Zur Diskussion dieser Definition vgl. Frevert, Politikgeschichte, S. 11–16. 42 Zum in der Forschung zur Frühen Neuzeit verwendetem Konzept des „Aushandelns“ siehe Lüdke, Herrschaft; Brakensiek, Herrschaftsvermittlung und zusammenfassend ders., Einleitung, S. 11–13; SchornSchütte, Politikforschung, S. 85 und S. 108; Frevert, Politikgeschichte, S. 14 f.; Stollberg-Rilinger, Kulturgeschichte. Zu hier verwendeten Unterscheidung von der Politik und dem Politischen vgl. Rosanvallon, Leçon inaugurale, S. 11–17 und Bluhm, Raum, S. 182 f. sowie Steinmetz, Introduction. 43 Bluhm, Raum, S. 187. 44 Haupt, Vorwort, S. 9 und Gusy, Zusammenfassung, S. 249–254. 45 Frings, Plädoyer und ders./Marx, Ökonomie. Vgl. auch die teilweise unsachliche Kritik bei Kraus/Nicklas (Hgg.), Geschichte. 46 Patzelt, Politikwissenschaft, S. 14.
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feldern übertragen.47 Auch greifen Historiker die Vorstellung von „policy-arenas“48 auf, um das spannungsgeladene Nebeneinander von Meinungen und Entscheidungen im politischen Raum zu veranschaulichen. Die policy-Forschung beruht somit auf der von Kari Palonen historisch hergeleiteten Doppeldeutigkeit von Politik als Raum- und Handlungsbegriff.49 Sie zeigt exemplarisch, dass handlungstheoretische Konzepte und raumtheoretisch fundierten Analysen von Kommunikationsprozessen keine Antagonie eo ipso bilden. Vielmehr können beide Perspektiven aufeinander bezogen und als sich ergänzende Zugangsweisen für eine neue Politikgeschichte „jenseits von Strukturwandel und Ereignis“50 verstanden werden. Zusammenfassend lässt die in Umrissen skizzierte Forschungsgeschichte rund um das Politische darauf schließen, dass für die Untersuchung politischer Partizipationsmöglichkeiten die strukturellen Eigenheiten des politischen Raums, die ihn bestimmenden Aushandlungsprozesse und deren Träger mitsamt ihren individuellen und kollektiven Handlungsmöglichkeiten beachtet werden sollten. Der in der Historiographie erprobte Begriff des Aushandelns wird jenem der Kommunikation vorgezogen, weil er mehr auf das politische Charakteristikum des Dissens denn des Konsens verweist und auf Semantiken und Praktiken gleichermaßen Bezug nimmt. Als politische Aushandlungsprozesse werden im Folgenden mehrdimensionale voneinander abhängige Entscheidungsprozesse im politischen Raum verstanden, die in kommunikativen und sozialen Interaktionen manifest werden. Um der Eigenart dieser Aushandlungsprozesse im frühen 19. Jahrhundert gerecht zu werden, bietet sich eine Kombination der historischen Netzwerkund Diskursanalyse an.51 1.3 Notabeln im Verwaltungsdienst: politische Akteure zwischen Bürgertum und Adel Welche Akteure kommen für die Untersuchung politischer Partizipationsmöglichkeiten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts infrage? Wer hatte Zugang zum politischen Raum und konnte sich an kommunikativen und sozialen Aushandlungsprozessen beteiligen? Welche Gesellschaftsgruppen wurden ausgeschlossen und waren dennoch bestrebt, sich Gehör zu verschaffen und an den politischen Geschehnissen zwischen 1815 und 1845 teilzuhaben? Zur Beantwortung dieser Fragen liefert die Geschichtswissenschaft zahlreiche Anhaltspunkte, die die Bedeutung großer Männer revidieren und ein differenziertes Bild 47 Zur Policy-Forschung vgl. Mayntz, Dynamik. Zur Rezeption sei Lutterbeck, Ideengeschichte und der Sonderforschungsbereich „Kulturen des Entscheidens“ in Münster und insbesondere das Teilprojekt von Felix Gräfenberg unter URL: https://www.uni-muenster.de/SFB1150/projektbereiche/projektbereichb/ teilprojektb06.html (abgerufen am 19.04.2019) genannt. 48 Grüne, Gesellschaft, S. 21 oder Holste, Arena. 49 Palonen, Activity, vgl. auch Steinmetz, Semantik. 50 Vgl. den gleichnamigen Aufsatz von Lutz Raphael. 51 Nach Brakensiek, Einleitung, S. 11 verweisen Aushandlungsprozesse auf „Kommunikationsprozesse unter Ungleichen“. Zur Kritik am Kommunikationsbegriff vgl. auch Bluhm, Raum, S. 188 f.
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politischer Akteursgruppen zeichnen. In einzelnen europäischen Staaten und in Teilen des deutschen Bundes bildeten Verfassungen die rechtliche Grundlage für eine politische Beteiligung breiter Bevölkerungsschichten – den Bewohnerinnen und Bewohnern der preußischen Rheinprovinz blieb dieses Recht hingegen bis zur Mitte des Jahrhunderts verwehrt. Dass dies keineswegs zur völligen Teilnahmslosigkeit führte, wurde eingangs erläutert und von James M. Brophy eindrucksvoll belegt.52 Nichtsdestotrotz hemmte das Fehlen rechtlich verankerter Partizipationsmöglichkeiten vor dem revolutionären Aufbruch der 1840er Jahre die Beteiligung der Bevölkerung und hatte einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Artikulation, Organisation und Durchsetzbarkeit ihrer Forderungen. Den Schlüssel zum Erfolg – so die These – bot die lokale Verwaltungsebene.53 Um das Erkenntnisinteresse auf Versuche politischer Mitbestimmung im Alltag zu lenken und den Problemen einer Partizipationsgeschichte von unten begegnen zu können, bietet es sich an, die Verwaltungsbeamten vor Ort in den Fokus zu rücken und sie in ihrer Position als Mittler zwischen den Bedürfnissen und Wünschen der Bevölkerung und der Berliner Gesetzgebung ernst zu nehmen. Die Stadt- und Landräte, Bürgermeister und Regierungsräte werden also nicht – wie oft behauptet wurde – auf ihre Funktion als Ausführungsorgane des preußischen Staates reduziert, sondern als „Schnittstellen“54 inmitten divergierender Interessen und politischer Aushandlungsprozesse betrachtet.55 Einzelne Mikrostudien unterstützen diese Annahme und beleuchten vielfältige Handlungsspielräume im administrativen Ablauf, die im Konflikt zu den politischen Strukturen standen und für individuelle und kollektive Interessen genutzt werden konnten. Verstreute Beobachtungen, die über die Epoche der Frühen Neuzeit hinausgehen, liegen für Stadt- und Landgemeinden im Elsass,56 in Westfalen,57 Baden,58 Bayern59 und HessenDarmstadt60 vor. Sie werden durch einzelne Aufsätze und wenige im nachfolgenden Kapitel vorgestellte Stadtgeschichten ergänzt. Zudem widmet sich die Rechtsgeschichte ähnlichen Phänomenen mit Hilfe des verwaltungswissenschaftlichen Terminus „Regulierte
52 Brophy, Rhineland. 53 Nach Becker, Geschichte, S. 222 wird ihre Funktion als „gate-keeper für den Zugang zu Handlungsmöglichkeiten und Leistungen“ betont. 54 Brakensiek, Herrschaftsvermittlung, S. 5. 55 Das bei ebd., S. 11–15 vorgestellte DFG-Projekt der Universität Duisburg-Essen zur Herrschaftsverdichtung in der Frühen Neuzeit brachte gemeinsam mit dem Trierer DFG-Projekt zum „Staat im Dorf “ zahlreiche Mikrostudien hervor. Im Rahmen des letztgenannten Forschungsprogramms beschreiben Franz, Durchstaatlichung und Raphael, Recht den konzeptionell wie zeitlich an das Herrschaftsverdichtungs-Modell anschlussfähigen Prozess der „Durchstaatlichung“, siehe hierzu auch Osterhammel, Verwandlung, S. 878–882. Zur Anschlussfähigkeit an die Neue Politikgeschichte vgl. den Sammelband Pröve/Winnige (Hgg.), Wissen. 56 Lutterbeck, Ideengeschichte. 57 Ellwein, Zufall; Dethlefs/Owzar/Weiß (Hgg.), Modell; Sunderbrink, Neuordnung. 58 Eibach, Staat; Krosigk, Bürokratiekritik; Zimmermann, Ernährungskrise. 59 Näther, Verwaltungsarbeit. 60 Brakensiek, Amtsführung.
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Selbstregulierung“61, die Verwaltungsgeschichte rekurriert auf die politikwissenschaftliche Implementationsforschung und die Politikwissenschaft greift ihrerseits bevorzugt auf den Governance-Begriff zurück.62 Ein interdisziplinärer Dialog findet allenfalls in Ansätzen statt. Doch insgesamt beschäftigen sich alle genannten Konzepte im weitesten Sinne (auch) mit „Street-Level Bureaucracy“63 und stehen den positivistischen preußischen Behördengeschichten diametral gegenüber.64 Ab dem Zeitpunkt der 100-jährigen Staatszugehörigkeit wurde die Darstellung einer erfolgreichen Etablierung des effektiven Behördenapparats zur Arbeitsaufgabe zahlreicher städtischer Archivare im Kaiserreich. Es mag überraschen, dass die für die zu untersuchenden Städte relevanten Publikationen zwar proborussische, aber keineswegs durchweg antifranzösische Tendenzen aufweisen. Unter Beachtung der mahnenden Worte von Thomas Ellwein, „sich der Bilder zu erwehren, die Verwaltung von sich selbst entworfen hat“65 liefern sie aktenbasierte Informationen für normative und organisatorische Aspekte der Verwaltungstätigkeit, die zum Teil nicht mehr überliefert sind und in die folgenden Ausführungen miteinbezogen werden.66 Darüber hinaus wurde die von Otto Hintze beschriebene Bürokratisierung anhand idealtypischer Gegenüberstellungen von nationalspezifischen Verwaltungsmodellen, zum Beispiel der französischen „bürokratischen“ und der preußischen „kollegialen“ Organisationsform, verifiziert.67 Gemeinsam ist diesen Studien ihr Beitrag zum oft zitierten Bild eines preußischen Beamtenstaats, in dem Herrschaft im Alltag nach Max Weber Verwaltung bedeutete.68 Ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde das Beamtentum daher als staatstragende Gruppe untersucht und der preußischen Verwaltung der Charakter einer ErsatzVerfassung zugeschrieben.69 Weiteren Antrieb erhielt die Auseinandersetzung mit Staats61 Hier relevant ist vor allem der Sammelband von Peter Collin u. a. (Hgg.), Selbstregulierung. Zum Forschungsprogramm vgl. ders., Analysekategorien, wonach mit dem Begriff der „Zwischenraum“ zwischen staatlicher und privater Steuerung in den Blick genommen wird. 62 In Anlehnung u. a. an Mayntz (Hg.), Implementation vgl. Haas, Perspektiven. Nach Seckelmann, Koopera tionsformen, S. 49 f. ist unter Governance in diesem Zusammenhang die „Problemlösefähigkeit eines Gemeinwesens, und zwar in einem (gleichberechtigten) Zusammenwirken öffentlicher und privater Akteure“ zu verstehen. Vgl. Risse, Reflections. Zu beiden Konzepten im Vergleich siehe Collin/Rudischhauser, Selbstregulierung. 63 Lipsky, Street-Level; Fischer, Street-Level. 64 Ellwein, Verwaltungshandeln, S. 45 f., vgl. der Forschungsüberblick bei Neugebauer, Verwaltungsgeschichte und ders., Wissenschaft. 65 Ellwein, Verwaltungshandeln, S. 48. 66 Bär, Behördenverfassung; ders., Geschichte; Gothein, Cöln; Kentenich, Trier; Lau, Geschichte; Most, Geschichte Bd. 2; Hansen (Hg.), Rheinprovinz; ders., Preußen; Schubert, Regierung; vgl. Hashagen, Fremdherrschaft und ders., Herrschaft. 67 Hintze, Abhandlungen; Knemeyer, Verwaltungsreformen und Boldt, Verfassungsgeschichte beachten die französischen Einflüsse daher kaum. Ein gelungener klassischer Vergleich ist Burg, Verwaltung. 68 Weber, Wirtschaft, S. 126. 69 Das von Koselleck, Reform, S. 259 geprägte Bild wurde schon zeitgenössisch thematisiert und wird noch zu diskutieren sein. Die Begriffe „Beamtentum“ und „Bürokratie“ werden im Folgenden synonym verwendet, d. h. dem zeitgenössischen Begriffsverständnis entlehnt und meinen nach Wunder, Bürokratie,
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dienern als soziale Formation, gesellschaftliche Gruppe und politischer Faktor durch sozial- und geschichtswissenschaftliche Arbeiten zur politischen Kultur in Frankreich. Auch wurde die nationale Perspektive allmählich aufgegeben, um interkulturelle Prozesse – die besonders im Rheinland evident sind – in die Verwaltungsgeschichte zu integrieren. Ihr verstaubtes Image als Aktenkunde wurde mittlerweile durch die Idee von Verwaltungskulturen ersetzt, sodass mehr und mehr „dynamische Geschichte[n] des Organisierens“70 geschrieben werden.71 Fragen zu Personalentscheidungen und Qualifikationsmerkmalen schlossen sich an und konnten für die Beamten in der preußischen Rheinprovinz bisher nur bruchstückhaft beantwortet werden.72 Kollektivbiographien, die einen genauen Blick auf die Individuen hinter den Amtsroben erlauben und in Frankreich zum wissenschaftlichen Standard gehören, liegen hauptsächlich für Parlamentsabgeordnete vor. Allen voran wurden den Paulskirchenparlamentariern große Aufmerksamkeit geschenkt.73 Darüber hinaus schlug sich das Interesse an den politischen Akteuren von 1848 in der Liberalismusforschung nieder und wurde in der Verfassungs- und Parteiengeschichte, in der Regional- und Sozialgeschichte sowie in der Migrationsforschung thematisiert.74 Trotz oder gerade wegen der unüberblickbaren Forschungslandschaft zum Liberalismus ist man noch immer um eine adäquate Begriffsbestimmung bemüht. Um Aspekte der neuen Politikgeschichte aufgreifen zu können, wird von dessen ursprünglicher Definition als politische Einstellung Abstand genommen, zumal Jörn Leonhard die darüberhinausgehenden, vielschichtigen Bedeutungsinhalte im historischen Wandel offengelegt hat.75 Als „eine breit angelegte Strömung mit einer kulturellen, sozialen, ökonomischen und politischen Programmatik,“76 die zu Beginn des 19. Jahrhunderts umstritten war, aber stets mit „Selbstständigkeit und Partizipation“77 verknüpft wurde, wird er auch im
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S. 8 die „Staats- oder Organisationform“ einschließlich der ihr angehörigen Personen, die als „Staatsdiener“, „Amtsträger“ oder „(Verwaltungs-)Beamte“ auftreten konnten, vgl. hierzu grundlegend Koselleck, Verwaltung. Haas/Hengerer, Vorwort, S. 7. Exemplarisch Haas, Kultur. Zur Forderung solcher kulturgeschichtlichen Analysen vgl. Becker, Kulturgeschichte und Dröge/Frölich, Verwaltung. Fahrmeir (Hg.), Personalentscheidungen. Erkenntnisse über die politischen Akteure der Rheinprovinz liefern Faber, Verwaltungs- und Justizbeamte; Schindlmayr, Personalpolitik; Poestges, Personalpolitik; Klein, Personalpolitik und vor allem Clemens, Diener, S. 73–102 und zuletzt auch Haase, Haw und Schlemmer, Verwaltung. Vgl. Best/Weege (Hgg.), Handbuch und Torunsky, Handbuch. Hilfreiche Ausnahmen sind Deres, Kölner Rat und Romeyk, Rheinprovinz, vgl. die Angaben im Anhang. Vgl. Historische Kommission Westfalens (Hg.), Wirtschaftsbiographien (1932–2004). Die umfangreiche Liberalismus-Forschung kann an dieser Stelle nicht zusammengefasst werden, exemplarisch sei Lange wiesche (Hg.), Liberalismus genannt. Einen Forschungsüberblick bietet der Sammelband von Jürgen Frölich, Ewald Grothe und Wolther von Kieseritzky (Hg.), Bilanz. Leonhard, Liberalismus. Frölich/Grothe/Kieseritzky, Einführung, S. 21. Ebd., S. 20. Ähnlich Leonhard, Verfassung, S. 219, vgl. grundlegend Gall, Leitbegriffe und die ältere Interpretation bei Schieder, Liberalismus.
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Folgenden nicht unbeachtet bleiben. Zur Hauptträgerschaft dieser Strömung gehörte – so der Forschungskonsens – das Bürgertum.78 Die Bürgertumsforschung füllte seit ihrer Begründung in Bielefeld und Frankfurt am Main ganze Bibliotheken und brachte zahlreiche wichtige Aspekte der Gesellschafts-, Kultur- und Wirtschaftsgeschichte des 19. Jahrhunderts ans Licht.79 Fast beiläufig ging mit der detaillierten qualitativ und quantitativ orientierten Analyse des Bürgertums eine schleichende Lockerung des Gegenstandsbereichs selbst einher, sodass er heute globalgeschichtlich untersucht werden kann.80 Obwohl weiterhin mit Hilfe neuer Methoden versucht wird, die soziale Verfasstheit des Bürgertums auf einen Nenner zu bringen,81 gehören die Unterschiede zwischen Wirtschafts- und Bildungsbürgertum, die Gemeinsamkeiten mit dem sogenannten alten Stadtbürgertum und die Annäherung an adelige Lebenswelten heute ebenso zur reichen Forschungsbilanz wie die Erkenntnisse zum Vereinsleben, zum Wertehimmel und zum industriellen Fortschritt. Hinzu kommt, dass die historische Adelsforschung Beispiele dafür lieferte, dass Personen adeliger Herkunft ihre Monopolstellung nicht nur im preußischen, sondern auch im napoleonischen Herrschaftssystem behaupten konnten. Insbesondere im Rheinland entwickelten sie flexible Anpassungsstrategien, die forschungsgeschichtlich unter dem Stichwort „Oben bleiben“82 subsumiert wurden und eine strenge Abgrenzung vom bürgerlichen Milieu widerlegen.83 Für die Untersuchung der politischen Akteure in der preußischen Rheinprovinz ist es daher ratsam, die Dichotomie zwischen Adel und Bürgertum ad acta zu legen und stattdessen das Konzept der Notabelngesellschaft zu verwenden. Es wird angenommen, dass „die traditionellen bürgerlichen Eliten […] mit dem alten Adel die Gruppe der rheinischen Notabeln“ bildeten, „die zumindest in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Region politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich dominierten.“84 Der in der französischen und italienischen Forschung etablierte Begriff der „Notabeln“ hat gegenüber vergleichbarer Beschreibungskategorien wie „Eliten“ oder „Honoratioren“ den Vorteil, dass er dem zeitgenössischen Sprachgebrauch entlehnt ist und begriffsgeschichtlich auf 78 79 80 81
Das von Gall, Liberalismus geprägte Bild wird bei Möller, Liberalismusgeschichte relativiert. Einen Überblick geben Schäfer, Geschichte und zuletzt Hettling/Pohle (Hgg.), Bürgertum. Dejung/Motadel/Osterhammel (Hgg.), Global Bourgeoisie. Die beispielsweise von Mettele, Bürgertum, S. 57 dargestellte „soziale Einheit“ wird bei Watermann, Netzwerke mit Hilfe der Netzwerkanalyse gesucht. 82 Vgl. Holste/Hüchtker/Müller (Hgg.), Aufsteigen und speziell Frie, Oben bleiben sowie Clemens, Obenbleiben. Aus der Perspektive der longue durée vgl. zuletzt den Tagungsband von Matzerath/Tiersch (Hgg.), Aristoi. Die Reihe „Elitenwandel in der Moderne“ thematisiert ähnliche Phänomene vgl. Reif, Sozialgeschichte. 83 Hierzu trug u. a. das an der Universität Köln initiierte Projekt „Gewinner und Verlierer. Der Rheinische Adel in der ‚Sattelzeit‘ (1750–1850)“ bei, vgl. der Quellenband Gersmann/Langbrandtner (Hgg.), Lebenswelten. Weitere Beobachtungen lieferten zuletzt Ludwig (Hg.), Beamte; Clemens, Adel; Menning, Ordnung; Matzerath, Funktionswandel, vgl. auch die grundlegenden Forschungen von Wienfort, Monarchie; dies., Moderne; dies., Monarchie; dies., Jahrhundert; Reif, Westfälischer Adel; ders., Adelspolitik; ders., Adel; Fehrenbach, Adel. 84 Clemens, Franzosen, S. 12.
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die Notabelnversammlungen in Frankreich, d. h. auf Möglichkeiten politischer Partizipation, zurückgeht. Die lokalen Verwaltungseliten sahen sich – wie noch gezeigt werden soll – als Teil einer Notabelngesellschaft, die sich auf eben dieses Recht berief.85 1.4 Regionalgeschichte im globalen Kontext: Das „Rheinland“ und seine Stadtgeschichten Die preußische Rheinprovinz war ein Verwaltungsgebilde, das 1815 auf dem Wiener Kongress ins Leben gerufen und 1822 aus den Provinzen Jülich-Kleve-Berg und Großherzogtum Niederrhein gebildet wurde. Es bestand formal bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Nach einigen nachgeordneten Grenzkorrekturen erstreckte sich das Territorium von Kleve im Norden bis nach Saarbrücken im Süden und umfasste einen Teil der vormals französischen Gebiete auf dem linken Rheinufer, Teile des Herzogtums Nassau, des Großherzogtums Berg inklusive einiger bereits im 17. und 18. Jahrhundert zu Preußen gehörender Regionen Westfalens sowie die Enklave Wetzlar. In Verbindung mit der angrenzenden Provinz Westfalen bildete die Rheinprovinz ein von den preußischen Kerngebieten im Osten losgelöstes und von der Hauptstadt Berlin weit entferntes Gebiet, das als Westprovinzen in der Literatur zunächst gesondert abgehandelt oder fast völlig ausgeklammert wurde. Dabei wurde in älteren aus der preußischen Perspektive verfassten Studien ein harmonisches Miteinander suggeriert und in neueren, die rheinische Sicht vertretenden Publikationen, ein preußisch-rheinischer Gegensatz konstruiert. Besonders die hier fokussierte frühe Phase preußischer Herrschaft gilt als konfliktreiche, schwierige „Beziehungsgeschichte“86, die durch Vortragsreihen und Ausstellungen tradiert wird und ein rheinisches Regionalbewusstsein fördert.87 Dass dieses heute über die Grenzen der Bundesländer hinausgeht, scheint unerheblich, zumal Diskussionen über regionale Identitäten in Zeiten der Globalisierung wieder en vogue sind.88 85 Fahrmeir, Revolutionen, S. 213; Evans, Jahrhundert, S. 293–406. Zur näheren Begriffsdefinition siehe grundlegend Tudesq, notables, S. 8–10 und ders., conseillers. In Bezug auf das Beamtentum wurde auf dieses nach Raphael, Recht, S. 176 „Amalgam aus Adel und Bürgertum“ in Form einer „Notabelngesellschaft“ auch für die preußische Monarchie bereits hingewiesen, beispielsweise von Koselleck, Reform, S. 245 und Boch, Wachstum, S. 36 f. 86 Mölich/Veltzke/Walter (Hgg.), Beziehungsgeschichte. 87 Exemplarisch Lewejohann/Pries (Hgg.), Beziehungsstatus, zuletzt Becker/Geppert/Rönz (Hgg.), Rheinland und Clemens/Kell (Hgg.), Beziehung. Clark, Preußen, S. 776 und Spenkuch, Preußen, S. 99 f. weisen darauf hin, dass keine gesamtpreußische Identität entstand, folglich auch keine direkte Alternative bestand. Vgl. hierzu Kapitel III. 5.3 und Wienfort, Landesgeschichte, die daraus eine für das Kaiserreich „charakteristische Verflechtung preußischer und deutscher Identität“ ableitet. 88 Vgl. ebd., zuletzt Bauer/Graf (Hgg.), Erfinden. Eine kulturpolitisch motivierte, unsystematische und territorial unausgewogene Zusammenstellung einer aktuellen rheinland-pfälzischen Identität, die sich nicht auf das Rheinland bezieht, findet sich bei Hartmann (Hg.), Region. Zur Einschätzung solcher künstlichen Kollektividentitäten vgl. den Themenband „Regionale Identitäten in Westfalen seit dem 18. Jahrhundert“, in dem Küster, Forschungsproblem, S. 1 die „stabile Koexistenz konkurrierender Projekte auf dem Markt der Identitäten“ und somit die Problematik der Begrifflichkeit aufzeigt.
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Doch zu Beginn des 19. Jahrhunderts konnte von der Region „Rheinland“89 und einer mit ihr verknüpften „rheinischen Identität“90 zunächst nicht die Rede sein. Im Jahr 1822 stellte die Provinz einen künstlich geschaffenen Verwaltungsraum dar, der sozial-, wirtschafts- und kulturräumlich nicht kongruent war. Dieser Raum wurde unter Beachtung vormaliger Verwaltungseinheiten und praktischer Überlegungen in insgesamt fünf Regierungsbezirke eingeteilt: Aachen, Düsseldorf, Köln, Koblenz und Trier. An diesen Standorten der mittleren Verwaltungsebene fanden politische Aushandlungsprozesse zwischen dem Bürgermeister und den Stadträten im Zusammenspiel mit den ihnen übergeordneten Staatsdienern, d. h. mit dem Landrat und den leitenden Beamten der Bezirksregierung statt. Hier konstituierte sich der einschlägigen Literatur zufolge eine „politische Region, die sich nicht zuletzt durch die Opposition gegen die Berliner Integrationspolitik definierte.“91 Auf die Verbindung von Stadt und Kommunalismus bzw. „aktiver bürgerschaftlicher Beteiligung an Gestaltungsprozessen“92 hat Stephan Laux angesichts der aktuellen innenpolitischen Entwicklungen hingewiesen und die anhaltende Konjunktur in der Stadtgeschichtsforschung zurückgeführt. Die der Stadt allgemein zuerkannte Zentralität für politische Veränderungen bildet die Grundlage der Arbeit,93 ohne die vielfach belegten Politisierungsprozesse in ländlich geprägten Regionen und die empirisch hervortretende Diversität der Städte negieren zu wollen.94 Die Notabeln der jeweiligen Städte teilten die Erfahrungen im französischen Herrschaftssystem miteinander, blickten ansonsten jedoch auf je unterschiedliche regionalgeschichtliche Traditionen zurück. Für die Ermittlung politischer Partizipationsstrategien bergen die Unterschiede in den historisch gewachsenen
89 Gorißen, Identitäten, S. 221–236 führt das Rheinland im Wesentlichen auf die territorialen Grenzen der Rheinprovinz zurück. Im Gegensatz dazu datiert Engelbrecht, Rheinland, S. 122 f. die Ursprünge des Begriffs in die Frühe Neuzeit. Auch Dann, Konstituierung, S. 27 f. vertritt die Ansicht, dass sich die Region aus der gemeinsamen Erfahrung der französischen Herrschaft gebildet hat und daher die Verwaltungsgrenzen der linksrheinischen Departements umfasste. Allerdings habe sich mit der „Konstituierung der preußischen Rheinprovinz […] ein seit zwanzig Jahren existierendes größeres Rheinland zerschlagen.“ Vgl. hierzu zuletzt Türk, Liberalismus. 90 Exemplarisch Mölich, Anmerkungen, S. XV. Nach Gorißen, Identitäten, S. 223 kann regionale Identität als „eine spezifische Form ‚kollektiver Identität‘ umschrieben [werden], bei der sich eine Gruppe von Personen als Kollektiv versteht, die ihre Zusammengehörigkeit mit einer spezifischen gemeinsamen Raumerfahrung begründet“ – welche im vorliegenden Fall durch die Auseinandersetzung mit der preußische Herrschaft auf der Basis der Franzosenzeit gekennzeichnet war. 91 Herres, Anfänge, S. 128 und S. 109, vgl. Rönz, Staat in Langzeitperspektive und das Konzept von Brunn, Regionalismus. 92 Laux, Städteforschung, S. 8. 93 Irsigler, Stadtbegriff, S. 15–30. Laux, Kränzchen, S. 246–248 spricht von einer „im Verhältnis zur Feudalwelt höhere[n] Anfälligkeit gegenüber destabilisierenden Kräften von innen wie von außen“ und macht „Beteiligungskonflikte“ als wesentlichen Bestandteil der städtischen Lebenswelt aus, vgl. auch Lenger, Heterogenität, S. 264. 94 Vgl. zum Beispiel Franz/Grewe/Knauff (Hgg.) Landgemeinden und Grüne, Wandel.
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Strukturen Schwierigkeiten und Chancen zugleich. Sie verschließen sich einem synchronen Vergleich und versprechen Erkenntnisse, die auf andere Städte übertragen werden können. Denn das Verhältnis zum Umland und zu den angrenzenden politischen Territorien – zu Frankreich, Belgien, Luxemburg, den Niederlanden, dem Königreich Bayern und den Großherzogtümern Nassau und Hessen-Darmstadt – wird nur dann in die Ausführungen miteinfließen, wenn es den Notabeln als Handlungsorientierung diente. Unter den fünf zu untersuchenden Städten nimmt Aachen aufgrund der geografischen Lage an der belgischen Grenze, der industriellen Vorrangstellung und der symbolischen Funktion als ehemaliger Krönungsort eine herausragende Stellung ein. In der Geschichtswissenschaft wird die Stadt daher vorzugsweise als „katholische Fabrikstadt“95 und als ein „Feld der kulturellen Realisierung von Herrschaft“96 dargestellt. Zu den Akteuren der Frühindustrialisierung und ihrem Umgang mit der sozialen Lage der unteren Bevölkerungsschichten existieren einige ältere wirtschaftsgeschichtliche und neuere sozialgeschichtliche Abhandlungen.97 Davon abgesehen wurde die neuere Geschichte Aachens nur bruchstückhaft untersucht.98 Ein politikgeschichtliches Projekt zu „Bürgerausschüsse[n] in Aachen in der Spätphase des Alten Reiches“99 an der Universität Trier sowie eine Gesamtdarstellung der Stadtgeschichte befinden sich derzeit im Entstehungsprozess.100 In beständiger Konkurrenz zu Aachen wird auch der bevölkerungsreichsten Stadt am Rhein ein hoher Stellenwert innerhalb der Regionalgeschichte zugeschrieben, der sich sowohl im zeitgenössischen Selbstverständnis als auch in der Literatur widerspiegelt. Politisch hatte die freie Reichsstadt Köln unter Napoleon eine Herabsetzung erfahren, die nach dem Herrschaftswechsel nicht mehr rückgängig zu machen war. Wirtschaftlich gelang es den Kölnern hingegen die Kontrolle über den Rheinhandel zu bewahren und sich mit zahlreichen Banken federführend an der Industriefinanzierung zu beteiligen. Kulturell wird ihnen sogar eine einflussreiche Mittlerposition attestiert. Indizien hierfür liefern jüngere Grundlagenstudien zur Stadtgeschichte sowie Publikationen zum Vereinsund Pressewesen.101 Die Stadtgesellschaft ist mit Studien zum „Bürgertum in Köln“102, zu
95 Herres, Parteipolitik; Schmiedl, Religiosität. 96 Tschacher, Aachen, vgl. auch Lau, Städte. 97 Dahmen, Tuchgewerbe; Düwell, Unruhen; Erdmann, Aachen; Boch, Wachstum; Althammer, Herrschaft; Geissler, Umweltkonflikte; Thomes (Hg.), Unternehmer; Jeworrek, Armut. 98 Sobania, Bürgertum; ders., Konstituierungsfaktoren; ders., Stadtbürgertum; Herres, Klassen (1992/93). 99 Vgl. Bürgerausschüsse in Aachen in der Spätphase des Alten Reiches. Innerstädtische Partizipationsbestrebungen zwischen Gemeindeliberalismus und Klientelismus, URL: https://www.uni-trier.de/index. php?id=47557 (abgerufen am 20.2.2020) und das DFG-Projekt zum Thema Partizipative Entwicklung ländlicher Regionen am Institut für Kulturanthropologie der Universität Bonn unter URL: https://www. kulturanthropologie.uni-bonn.de/forschung/aktuelle-forschungsprojekte/dfg-projekt-partizipative-entwicklung-laendlicher-regionen-participative-development-of-rural-regions (abgerufen am 20.2.2020). 100 Zuletzt behandelt Kraus, Aachen die Zeit der französischen Herrschaft. 101 Herres, Köln; ders., Vereine; Lewejohann/Mölich (Hgg.), Beziehungsgeschichte. Ferner Pilger, ZentralDombauverein; Buchheim, Geschichte und Dörstel/Gerlach (Hgg.), Kunstverein. 102 Mettele, Bürgertum und Mergel, Bürgertum.
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„Kölner Eliten“103, zu „Kölner Unternehmer[n]“104, zu „Fremde[n] in Köln“,105 „Protestanten in Köln“106 und „wirtschaftlichen Führungsschichten Kölns“107 sowie zu „rheinischen Unterschichten“108 und dem sogenannten „Pöbel“109 ausgiebig erforscht worden. Auch der „Kölner Rat“110 und einzelne prominente Notabeln des 19. Jahrhunderts gehören zum Repertoire der umfangreichen, akteurszentrierten Stadtgeschichtsschreibung.111 Die in den genannten Titeln fehlende Gruppe der Adeligen nimmt dagegen in der Forschung zur Nachbarstadt Düsseldorf breiten Raum ein.112 Im Stadtvergleich kommt Düsseldorf eine Sonderrolle zu, da es die einzige rechtsrheinische Stadt ist und als Hauptstadt des Großherzogtums Berg formal nicht zum französischen Territorium gehört hatte. Als Verwaltungszentrum und Residenzstadt eines napoleonischen Modellstaates wandelte sich Düsseldorf zwischen 1806 und 1813 zur „multifunktionalen Großstadt mit Industrie- und Dienstleistungsgewerbe“113 – eine durchaus positiv zu bewertende Entwicklung, die durch die Dissertation von Bettina Severin-Barboutie dokumentiert ist.114 Die aus den 1980er Jahren stammende Stadtgeschichte kann mit Aufsätzen ergänzt werden.115 Einige von ihnen beschäftigen sich mit wichtigen Kommunikationsräumen innerhalb der Stadt.116 Darunter ist der rheinische Provinziallandtag, der mehrmals im Düsseldorfer Schloss abgehalten wurde, für die vorliegende Arbeit von besonderem Interesse. Das Standardwerk zu dieser ersten Regionalvertretung datiert allerdings aus dem frühen 20. Jahrhundert und soll mit der vorliegenden Studie um weitere Aspekte bereichert werden.117 Die Leitung des Landtags oblag dem Oberpräsidenten, der seinen Sitz in Koblenz hatte. Der Hauptort der preußischen Rheinprovinz wurde als Präfektur des Rhein-MoselDepartements und Residenzstadt des vormaligen Kurfürsten von Trier bereits auf Kontinuitäten und Brüche innerhalb der Verwaltungsgeschichte hin befragt.118 Für eine tiefergehende Analyse kann auf der für die französische Herrschaftsphase hinlänglich 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118
Frank, Eliten. Henning (Hg.), Unternehmer. Küntzel, Fremde. Becker-Jàkli, Protestanten und Becker, Elitenpolitik. Ebeling, Führungsschichten. Finzsch, Unterschichten. Ebeling, Pöbel. Deres, Kölner Rat; daneben wurden auch politische Strömungen beachtet, zum Beispiel bei Kuhn, Jakobiner; Dowe, Arbeiterbewegung und Seyppel, Parteientstehung. Exemplarisch Spiertz, Groote; Effmert, Oppenheim; Wedel, Wittgenstein; Schwann, Camphausen. Zum Düsseldorfer Adel vgl. Jongmanns, Spee, Heinitz, Salm-Reifferscheidt-Dyck, Schönfuß, Familienpolitik. Herres, Vereine, S. 44. Severin-Barboutie, Herrschaftspolitik. Weidenhaupt, Zeit; ders., Düsseldorf; ders., Persönlichkeiten. Exemplarisch Croon, Vertretung und Müller, Kunstakademie. Croon, Provinziallandtag. Thielen, Notabelnpolitik.
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aufgearbeiteten Stadtgeschichte und einem epochenübergreifenden Sammelband aus den 1990er Jahren aufgebaut werden.119 Innerhalb der Trierer Stadtgeschichte bildet die französische Herrschaftsphase ebenfalls einen Schwerpunkt, der durch die Arbeiten von Gabriele B. Clemens um grundlegende Beobachtungen über den Herrschaftswechsel hinaus erweitert wurde.120 Die Einstellungen und Aktionen der Hauptakteure aus den Bereichen Kultur, Wirtschaft und Verwaltung fanden dabei Erwähnung und lassen sich in einzelnen Aufsätzen nachlesen.121 Zuletzt wurden Karl Marx im Zuge des Jubiläums 2018 und der erste preußische Oberbürgermeister Wilhelm (von) Haw zu Protagonisten neuerer Forschung über die „Notabeln der Franzosenzeit“122 in Trier.123 Weitere zu beachtende Charakteristika der ehemaligen Hauptstadt des Saar-Departements sind die Nähe zur bayrischen Pfalz und zu Frankreich sowie ihre Eigenschaft als Bistum und Sitz des französischen Revisionsgerichthofs.124 Im Laufe des Untersuchungszeitraums zwischen 1815 und 1845 verzeichneten alle genannten Städte ein erhebliches Bevölkerungswachstum und durchliefen wirtschaftliche, infrastrukturelle und soziokulturelle Veränderungen, die eng miteinander verflochten waren und deren nähere Betrachtung zur Stadtgeschichtsforschung am Übergang zur Moderne beiträgt.125
2. Perspektiven 2.1 Vergleiche, Transfers und Verflechtungen in translokalen Räumen Die Verflechtungsgeschichte geht auf das Ende der 1980er Jahre von Michael Werner und Bénédicte Zimmermann erarbeitete Konzept der histoire croisée zurück und bot zunächst eine Alternative zu den Methoden des historischen Vergleichs und der Transfergeschichte.126
119 Vgl. die Dissertationen von François, Koblenz; Henke, Coblentz; Müller, Stadt; Clemens, Immobilienhändler sowie den Sammelband Bátori (Red.), Geschichte. 120 Die neuesten Stadtgeschichten sind Zenz, Geschichte; Düwell/Irsigler (Hgg.), 2000 Jahre und Clemens/ Clemens, Geschichte. 121 Vgl. Clemens, Beamte; dies., Franzosenfreunde; dies., Handelskammer; dies., Gesellschaft. 122 Clemens, Notabeln. 123 Vgl. Bouvier (Hg.), Karl Marx und Haase, Haw. 124 Sie wurden in der Forschung unterschiedlich beachtet, vgl. zuletzt Bohnen/Haase (Hgg.), Kontrolle. Außerdem Wettmann-Jungblut, Rechtsanwälte; Ries (Hg.), Caritas und grundlegend Schieder, Wallfahrt. 125 Zimmermann, Stadtgeschichtsforschung, S. 16 f. 126 Grundlegend Werner/Zimmermann, Vergleich, vgl. Haupt/Kocka, Comparison, S. 19–21. Einen Überblick liefern Welskopp, Geschichte und Bauerkämper, Erträge.
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Hauptgegenstand der vorangegangenen Kritik an der Komparatistik war die Auffassung von Nationalstaaten als natürlich gegebenen Vergleichsobjekten.127 Allen voran forderte Michael Espagne eine Aufhebung des Nationalstaatsdenkens in Verbindung mit einer Erweiterung der bisher einseitig auf strukturelle Entwicklungen ausgelegten Erkenntnisziele, um historische Akteure, mikrohistorische Phänomene und „imbrications culturelles“128 stärker in den Fokus zu rücken.129 Espagnes Plädoyer für eine historische Transferanalyse erweckte große Aufmerksamkeit, wurde vielfach umgesetzt und schließlich ebenfalls infrage gestellt.130 Die beispielsweise von Rolf Reichardt und Hans-Jürgen Lüsebrink angestoßenen Kulturtransfer-Studien zu den linksrheinischen Gebieten thematisierten anfangs überwiegend gerichtete Bewegungen, wohingegen die Verflechtungsgeschichte auf wechselseitige Beeinflussung und Interdependenzen abhebt. Nach Hartmut Kaelble geht es um „das fortwährende Hineindenken und Hineinversetzen in die andere, verglichene Kultur und die fortwährende Überprüfung des Bildes von der eigenen Kultur schon bei der Formulierung von Fragestellung und Forschungsdesign“131. Ähnliche Vorstellungen hatte auch Jürgen Osterhammel, als er sich 2001 für das Konzept der transnationalen Gesellschaftsgeschichte stark machte und es wenige Jahre später exemplarisch in die Tat umsetzte.132 Heute wird der historische Vergleich gemeinhin als „systematische Gegenüberstellung von zwei oder mehreren historischen Einheiten“133 definiert. Die historische Transferforschung hat „die Untersuchung der Übertragung von Ideen und Werten, des Austauschs von Waren, der Migration von Menschen von einer Gesellschaft zur anderen“134 zum Ziel. Die Grenzen sind fließend, denn die einst angeführte Logik, der zufolge ein Vergleich zwei Objekte stets voneinander isoliert, die transnationale Verflechtungsgeschichte sie hingegen zu vereinen sucht, ist haltlos. Einerseits muss auch eine Zusammenführung die grundsätzliche Eigenständigkeit mitdenken, wobei diese andererseits nicht losgelöst von äußeren Einflüssen betrachtet werden kann135 – „ganz gleich ob es sich dabei nun um eine Form des Transfers, des Austauschs oder der gemeinsamen Abhängigkeit transnationaler Prozesse handelt.“136 Stephanie Schlesier ist sogar der Meinung, dass eine Kombination der genannten Perspektiven für die linksrheinischen Gebiete geradezu 127 U. a. bei Tilly, structures S. 80. Osterhammel, Sozialgeschichte, S. 475 hält trotz Kritik an der Nation als „der umfassendste lebensweltliche Bezugsrahmen der meisten Menschen“ fest. 128 Espagne, transferts, S. 13. 129 Erstmals ausgeführt in Espagne/Werner, relations und weitergedacht in Espagne, limites. 130 Vgl. im Überblick Schmale, Kulturtransfer und Middel, Kulturtransfer. 131 Kaelble, Vergleich, vgl. Werner/Zimmermann, comparison. 132 Osterhammel, Gesellschaftsgeschichte. Gemeint ist sein vielbeachtetes, globalgeschichtliches Werk Verwandlung. Auch die Neue Politikgeschichte hat dieses Konzept aufgegriffen, siehe hierzu Albert u. a., Introduction. 133 Kaelble, Vergleich, S. 1. 134 Ebd. 135 Ebd., S. 9; Welskopp, Geschichte, Abs. 15; Haupt/Kocka, Comparison, S. 20. 136 Welskopp, Geschichte, Abs. 14.
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notwendig ist, weil „Grenzräume als (kulturelle) Übergangszonen“137 transnationale Merkmale aufweisen, die als „Transfers“ in Erscheinung treten und nur durch die Gegenüberstellung mit den jenseits der Grenze liegenden Ordnungen – d. h. durch einen Vergleich der deutsch-französischen Rahmenbedingungen – ersichtlich werden.138 Alles in allem mündete die hier nur in ihren Grundzügen dargestellte Forschungsdebatte in einer „Sensibilität gegenüber Veränderungen über die Zeit“139 und im Raum.140 Die Betonung der Ungleichzeitigkeit im Wandel hatte keine völlige Abkehr vom historischen Vergleich oder von der Transfergeschichte zur Folge, sondern eine weite thematische Öffnung für neue Untersuchungsfelder in Kombination mit den Ansätzen, die sich in der Forschungspraxis als sinnvoll erweisen.141 Einer dieser Ansätze ist die Erweiterung, Reduktion oder Verlagerung der transnationalen Perspektive in den translokalen Raum. Mit Blick auf die Globalgeschichte wird Translokalität als „Sichtweise auf grenzüberschreitende Verflechtungen“142 präsentiert, um „Prozesse der Verfestigung bzw. Institutionalisierung“143 zu untersuchen. Dadurch werden Räume – und hierin liegt ein Unterschied zum transnationalen Blickwinkel – weniger vorausgesetzt als vielmehr zum Ergebnis translokaler Transformationsprozesse erklärt.144 Auf der Basis eines relationalen Raumverständnisses145 sollen sie in ihrer Plura lität untersucht werden, sodass imaginierte, symbolische bzw. kommunikativ hergestellte Räume ebenso gemeint sein können wie reale, politische Territorien und Institutionen oder „Räume des Vorübergehenden, Ungeordneten.“146 Es handelt sich also um einen mikrohistorischen Ansatz, der sich für die Erforschung der preußischen Rheinprovinz – als ein sich etablierender politischer Raum und ein künstlich geschaffenes Verwaltungsgebilde – anbietet und sich der Methodik der Verflechtungsgeschichte bedient. In gewisser
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Schlesier, Grenzregionen, S. 271 f. Ebd. vgl. für Europa grundlegend Paulmann, Grenzüberschreitungen und ders., Vorherrschaft, S. 7–37. Welskopp, Geschichte, Abs. 16. Die Betonung der räumlichen Perspektive wurde u. a. von Siegrist, Perspektiven, S. 321–332 ins Feld geführt. 141 Nach Welskopp, Geschichte, Abs. 9 resultierte daraus eine „prinzipiell durch nichts zu begrenzende Bandbreite möglicher Vergleichskonstellationen“, die abhängig von der Fragestellung und der theoretischen Ausgangslage sind. Vgl. Arndt/Reinecke/Häberlen, Geschichtsschreibung. 142 Freitag, Translokalität, S. 2. 143 Ebd. 144 Ebd., S. 6, sodass „auf die Vielgestalt sowohl der möglichen politischen Gebilde als auch auf die nicht primär politisch definierten Grenzen verwiesen werden“ kann. Geppert/Jensen/Weinhold, Verräumlichung hatten bereits ähnliche Ideen, indem sie mit dem Begriff „Verräumlichung“ nach ebd., S. 28 „jenes Set kommunikativer Praktiken, mit dem Individuen Raumbezüge herstellen und sich entsprechend orientieren“ beschrieben. 145 Hier wird auf den sogenannten spatial turn angespielt, der in den vergangenen Jahrzehnten vor allem in der Auseinandersetzung mit der Raumsoziologie erheblichen Einfluss auf die Geschichtswissenschaft ausgeübt hat. Einen Überblick bieten Schwerhoff, Raumpflege und ausführlich Rau, Räume. 146 Freitag, Translokalität, S. 8, vgl. Schwerhoff, Raumpflege, S. 40 f. und Rau, Räume, S. 118 f. und S. 192– 196.
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Weise werden Vorschläge der jüngeren Historiographie zu „Zwischenräumen“147 oder „Grenzregionen“148 angenommen, ohne eine eigene politische Grenzkultur gegenüber relativ abgeschlossenen Entitäten hinter den jeweiligen Staatsgrenzen vorauszusetzen. Konkret soll eine „systematische Verknüpfung unterschiedlicher Betrachtungsmaßstäbe“ durch die Rekonstruktion der „Handlungs- und Vorstellungshorizonte“149 der Akteure in den jeweiligen Städten erfolgen. Diese sind ohne einen Vergleich zwischen der franzö sischen und der preußischen Herrschaftsordnung bzw. der Art, wie sie vor Ort umgesetzt wurden, nicht nachvollziehbar.150 Die ständige Rückkopplung an die ideellen und realen politischen Partizipationsbedingungen vor 1815 gehörte zu den gängigen Denkmustern der Notabeln und prägte ihr Handeln insbesondere in der Verwaltung weit über den Herrschaftswechsel hinaus. Ihre Positionierung innerhalb dieser politischen Raummodelle sowie die Schaffung eigener „Interaktions- und Beziehungsräume“151 sind daher ebenfalls Teil einer translokalen Verflechtungsgeschichte, die so dem angestrebten Brückenschlag zwischen Handlungsund Strukturebene wesentlich zugute kommt. 2.2 Politische Netzwerke Ein Instrumentarium zur Überwindung des mikro-makro-Gegensatzes offeriert die Netzwerkanalyse.152 Die systematische Erforschung von Netzwerken wird in den Sozialwissenschaften seit den 1970er Jahren betrieben. Die Manchester School of Anthropology und Harrison White entwickelten das schon von Georg Simmel diskutierte Modell netzwerkartiger Beziehungsstrukturen weiter und legten erste Anwendungsvorschläge vor.153 Anschließend problematisierte Mark S. Granovetter in den 1980er Jahren die Kontextgebundenheit der Akteure in Form der „embeddedness“154 und setzte heute noch gültige Maßstäbe für eine qualitative Netzwerkforschung. Seine Ergebnisse zu „The
147 Als Zwischenräume werden in einem zeitlich später verorteten Tagungsband nach Lowe/Pletzing/Serrier, Enteignung, S. 9 „Gebiete bezeichnet, in denen es zu ethnischen, kulturellen oder sprachlichen Überlagerungen kommt, insbesondere solche, in denen sich territoriale Ansprüche von Nationalstaaten überschneiden.“ 148 Schlesier, Grenzregionen, S. 287 schlägt zum Beispiel vor, „Phänomene in einem Grenzraum mikrohistorisch vergleichend zu untersuchen, vgl. auch Becker, Sprachvollzug, S. 23–28, der die ethnografischmikrosoziologische Herangehensweise diskutiert. 149 Freitag, Translokalität, S. 14. 150 Dabei erscheinen „die Vergleichseinheiten“ nach Siegrist, Perspektiven, S. 330 „als Struktur- und Prozesseinheiten, weil sie objektiv und funktional zusammenhängen, oder weil sie von den Akteuren als zusammengehörig betrachtet werden.“ 151 Ebd., S. 4. 152 Knappe Einführungen in die Netzwerktheorie liefern Düring/Eumann, Netzwerkforschung; Marx/Reitmayer, Netzwerkansätze; Düring/Keyserlingk, Netzwerkanalyse. 153 White, Identity. 154 Granovetter, embeddedness.
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Strength of Weak Ties“155 rückten Überlegungen zu Beziehungsarten und -intensitäten sowie zu Platzierungsvorteilen der Akteure, etwa im Zentrum eines Netzwerks oder zwischen mehreren Netzwerken, in den Vordergrund.156 In der Folgezeit erschienen theoriegeleitete Handbücher in deutscher Sprache, die sukzessive auf andere Disziplinen ausgedehnt wurden.157 Mitunter als Erste nutzten die Politikwissenschaftler John F. Padgett und Christopher K. Ansell die Netzwerkanalyse für die Erläuterung der politischen Machtposition der Medici-Familie und führten der Geschichtswissenschaft die Brauchbarkeit der Methode für die Elitenforschung vor Augen.158 Die historische Netzwerkforschung stellte dies ihrerseits zunächst für die Wirtschaftselite unter Beweis und ging Händlernetzen, Kreditnetzwerken und Unternehmensstrukturen auf den Grund.159 So zeigte Adelheid von Saldern in ihrer Pionierstudie zur Netzwerkökonomie am Beispiel einer Aachener Unternehmerfamilie, dass die Funktion von Netzwerken vornehmlich in „der Schaffung eines Kommunikationsraumes“160 besteht, der die Weitergabe von Informationen erleichtert und zur Durchsetzung von Interessen individuell und kollektiv genutzt werden kann.161 Inwieweit dieses Potential von politischen Akteuren erkannt und ausgeschöpft wird, beschäftigt wiederum die Politikwissenschaft.162 Im Allgemeinen verweisen Politiknetzwerke auf die anwachsende Komplexität politischer Aushandlungsformen zwischen dem Staat und diversen kollektiven Akteuren, die unter der Regie von Thomas Ellwein und Ralf Zoll bereits in den 1970er Jahren als „Politisches Verhalten“163 analysiert wurden. In der Rechts- und Verwaltungswissenschaft werden solche Netzwerke auch als „Handlungskooperationen“164 bezeichnet und historisch begründet. Die Soziologin Renate Mayntz sieht sie „primär als Erscheinungsform politischer Steuerung im modernen
155 Ders., weak ties. 156 Für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand diskutieren Lemercier, Methoden und Brandes/ Schneider, Netzwerkbilder die Brauchbarkeit der Theorien im Vergleich zu anderen und bezüglich der Visualisierungsmöglichkeiten. Nach ebd., S. 45 ist es „die Stärke von schwachen Beziehungen […], dass ihr Einzugsbereich für Informationen größer ist, ihre Schwäche, dass Informationen natürlich weniger zuverlässig sind.“ Vgl. Düring/Keyserlingk, Netzwerkanalyse, S. 339–342. 157 Jansen, Einführung; Weyer (Hg.), Soziale Netzwerke; ein Forschungsüberblick findet sich bei Marx, Forschungsüberblick und Düring/Gamper/Reschke, Millenium. 158 Padgett/Ansell, Medici. 159 Exemplarisch Clemens (Hg.), Kreditnetzwerke und Ressel, Händlernetz. 160 Saldern, Netzwerkökonomie, S. 13. 161 Diesen kommunikativen Aspekt von Netzwerken betonen unter anderen Brandes/Schneider, Netzwerkbilder, S. 40 und Schneider/Leifeld, Überzeugungssysteme, S. 140 f. 162 Ein frühes, breit rezipiertes Beispiel ist Putnam, Democracy. 163 Gemeint ist die gleichnamige Reihe Ellwein/Zoll (Hgg.), Verhalten (1969 ff.), vgl. auch Ellwein/Hesse, Staat. 164 Hergenröder, Rechtswissenschaft, S. 149. Vgl. das Konzept des „kooperativen Verwaltungshandelns“ bei Ellwein, Verwaltungshandeln.
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Staat“165 und schreibt den Akteuren eine spezifische „Verhandlungslogik“166 zu, die auf eine gemeinsame Entscheidung abzielt. Um diesen Verhandlungs- oder Überzeugungssystemen von policy-Netzwerken auf die Spur zu kommen, sprach sich u. a. der Politologe Volker Schneider für die Untersuchung von Diskursnetzwerken in Politikfeldern aus.167 Mit der Diffusion von Ideen und politischen Diskursen beschäftigt sich auch die Geschichtswissenschaft, die Netzwerkanalyse wird dabei jedoch nur zögerlich integriert. Das bisherige Fehlen geschichtswissenschaftlicher Studien zu politischen Netzwerken – bzw. ihrer Benennung als solche – lässt sich mit der Schwierigkeit in der Rekonstruktion kollektiver politischer Einstellungen begründen, die zur Bedingung für die Existenz solcher Netzwerke erhoben werden. Andreas Fahrmeir bewertet insbesondere die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts als eine für die Netzwerkerfassung problematische Übergangsphase zwischen interpersonellen Netzwerken der Aufklärung und institutionalisierten Netzwerkformen politischer Parteien.168 An diesem Punkt setzt die vorliegende Arbeit an, indem für die Bestimmung von politischen Netzwerken in der preußischen Rheinprovinz die familiären Verbindungen und die Zugehörigkeit zu Vereinen und Kooperationen gleichermaßen zu Rate gezogen werden sollen. Der Fokus liegt weniger auf der ideellen Basis der Netzwerke, als vielmehr auf ihrer strategischen Funktion für die Durchsetzung politischer Partizipationsversuche. Ziel ist es, das Interaktionspotential der lokalen Verwaltungsbeamten festzustellen und ihre daraus resultierenden kollektiven wie individuellen Handlungsmöglichkeiten im politischen Raum abzustecken.169 In vorliegenden Fall sind politische Netzwerke somit als eine bestimmte „Summe von Verbindungen zwischen Menschen“170 zu verstehen und mit Pierre Bourdieus Idee von
165 Knill/Schäfer, Policy-Netzwerke, S. 194. Nach Mayntz, Dynamik, S. 179 sind „corporate actors”, d. h. „organized collectivities, both public and private” gemeint, die in „Policy-Netzwerken“ mit dem Staat interagieren. 166 Nach ders., Policy-Netzwerke besteht diese Logik vor allem aus „Tausch“ und „Aushandlung“, vgl. auch die empirische Studie von Deitelhoff, Überzeugung und allgemein Schneider u. a. (Hgg.), Politiknetzwerke. 167 Janning/Leifeld/Malang/Schneider, Diskursnetzwerkanalyse. 168 Fahrmeir, Politische Netzwerke. Der Sammelband von Jürgen Herres und Manfred Neuhaus (Hgg.), Briefkommunikation verwendet den Netzwerk-Begriff eher metaphorisch. Netzwerkanalytische Ausnahmen, die den Begriff der „politischen Netzwerke“ allerdings nicht analytisch verwenden, sind Lipp/Krempel, Petitions, Rollinger, Freundschaft, Gersmann, Postrevolutionäre Netzwerke und das Forschungsprojekt an der Universität Wien: The Emperor’s Desk: a Site of Policy Making in the Habsburg Empire? URL: https://geschichtsforschung.univie.ac.at/forschung/the-emperors-desk/ (abgerufen am 20.2.2020). 169 Nach Marx/Reitmayer, Netzwerkansätze, S. 869 geht es um die in der Wirtschaftsgeschichte ebenfalls thematisierte „Fähigkeit zur Mobilisierung von Ressourcen, die innerhalb des Netzwerks zirkulieren bzw. die sich aus der Mitgliedschaft im Netzwerk ergeben.“ 170 So die Definition im Themenportal Europäische Geschichte online (EGO) unter URL: http://ieg-ego. eu/de/threads/europaeische-netzwerke (abgerufen am 15.7.2017).
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sozialem Kapital gleichzusetzen.171 Der Kapital-Begriff hat für die Analyse von Netzwerken im politischen Raum den Vorteil, das sich mit ihm gesellschaftliche Machtstrukturen und die ihnen zugrundeliegende ungleiche Verteilung von Ressourcen beschreiben lassen. Dieses Ungleichgewicht ist dem Politischen immanent, sodass sich die Raum-Metapher im Wesentlichen mit Bourdieus Feldtheorie deckt.172 Politische Partizipationschancen hängen demnach von der Verfügbarkeit und dem Einsatz von sozialem, kulturellem und ökonomischem Kapital ab und sind auf unterschiedliche Art und Weise an politische, kulturelle und wirtschaftliche Strukturen gebunden. Als Angehörige eines Netzwerkes stehen politische Akteure entsprechend ihrer Kapitalien nicht gleichberechtigt nebeneinander, sondern sind Teil interner und externer Machtverhältnisse, die je nach Eigenart des politischen Raums und der jeweiligen Netzwerke unterschiedlich stark ausgeprägt sein können und einem stetigen Wandel unterliegen.173 Als „informelle Macht- und Ordnungssysteme“174 beruhen Netzwerke zudem auf bestimmten Normen und Wertvorstellungen, die einen spezifischen Habitus hervorbringen, der den Angehörigen des Netzwerkes zu eigen ist und ebenso exkludierend wie inkludierend wirken kann. Die Personen innerhalb des Netzwerkes teilen daher in der Regel bestimmte Grundüberzeugungen miteinander, stehen jedoch in unterschiedlichen Relationen zueinander. Ihre Beziehungen sind nicht statisch, stützen sich aber stets auf ein Mindestmaß an Vertrauen.175 Die abstrakte Kategorie des Vertrauens nimmt einen zentralen Stellenwert innerhalb der Netzwerkforschung ein. Glaubt man Ute Frevert, so „formt sich Vertrauen vor dem Hintergrund von Erfahrungen und Einstellungen, die sowohl individuell gewonnen als auch kollektiv verbürgt sind.“176 Daraus lässt sich schlussfolgern, dass Vertrauensverhältnisse für die Existenz von Netzwerken ebenso unabdingbar sind, wie die Zugehörigkeit zu Netzwerken für die Generierung von Vertrauen. Als emotionale Beziehungsqualität wurde Vertrauen allerdings je nach zeitlichem und räumlichem Kontext unterschiedlich konnotiert und interpretiert. Obwohl es sich nur schwer aus den Quellen ableiten lässt, ist für das frühe 19. Jahrhundert ein grundlegendes Vertrauen unter Familienmitgliedern 171 Nach Bourdieu, Mechanismen, S. 63 ist soziales Kapital „die Gesamtheit der aktuellen und potentiellen Ressourcen, die mit dem Besitz eines dauerhaften Netzes von mehr oder weniger institutionalisierten Beziehungen gegenseitigen Kennens oder Anerkennens verbunden sind.“ Vgl. auch Saldern, Netzwerkökonomie, S. 20–23, Jansen/Diaz-Bone, Netzwerksstrukturen und Windolf, capital. Zur Verbindung zwischen Bourdieu und der Netzwerkforschung allgemein siehe Düring/Eumann, Netzwerkforschung, S. 372. 172 Vgl. insbesondere Bourdieu, Kritik. 173 Vgl. Bourdieu, Kapital. 174 Saldern, Netzwerkökonomie, S. 176. 175 Das gilt nach ebd., S. 20, Clemens/Reupke, Kreditvergabe, S. 218 und Stark, Netzwerke vor allem für wirtschaftsgeschichtliche Netzwerkanalysen. Vgl. grundlegend Berghoff, Vertrauen. Nach Weyer, Sozialwissenschaften und Frings, Vertrauen bildet die Vertrauensannahme auch die Grundlage soziologischer Netzwerkforschung, zur Bedeutung in den Politikwissenschaften vgl. Marx, Politikwissenschaft. 176 Frevert, Vertrauensfragen, S. 11.
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anzunehmen.177 Dass dies erheblichen Einfluss auf die politischen Strukturen hatte und Klientelbeziehungen und Patronageverhältnisse kein genuin frühneuzeitliches Phänomen sind, haben Historikerinnen und Historiker in den vergangenen Jahren stets von Neuem angemerkt und insbesondere für Fürstenhochzeiten und den hohen Adel herausgearbeitet.178 Dennoch steht Verwandtschaft als „ursprüngliche Form der Vergemeinschaftung“179 einer rationalen politischen Ordnung entgegen und wurde aus der Politikgeschichte des 19. Jahrhunderts weitgehend verbannt.180 In Kontrast dazu werden in der aufstrebenden Historischen Verwandtschaftsforschung familiäre Bindungen als „politische Handlungsressource“181 begriffen und epochen übergreifend untersucht. Dabei ist es das Verdienst systematischer Netzwerkanalysen, dass die Bedeutung von Verwandtschaft auch für die politische Geschichte des 19. Jahrhunderts nicht mehr bestritten werden kann. Für den ländlichen Raum Westfalens konnte Christine Fertig rurale Machtstrukturen und soziopolitische Veränderungen mit Hilfe der Netzwerkanalyse visualisieren.182 Carola Lipp gelang es, die Familienbande der politischen Akteure in Esslingen zu entschlüsseln und so „Verwandtschaft als Sinnzusammenhang von politischem Handeln“183 gleich auf mehreren Ebenen nachzuweisen. Dabei erwiesen sich Vereine als flexible Gemeinschaftsformen, die die Handlungsoptionen familiärer Netzwerke im politischen Raum verstärken, einschränken oder ersetzen konnten.184 Sie sind daher nicht ausschließlich als individuell gewählte Zweckgemeinschaften zu bewerten. Im vorliegenden Untersuchungsraum verdeutlichen sie laut Eberhard Illner sogar „die Kompetenz und den Willen rheinischer Stadtbürger, sich selbst zu regieren.“185 Ihr historischer Stellenwert als „soziale Struktur“ (Nipperdey) und Experimentierfeld für demokratische Praktiken ist weitgehend anerkannt, harrt jedoch noch immer einer systematischen Überprüfung.186 Zwar wurde die bürgerliche Vereinsgeschichte um eine netzwerkanalytische Dissertation bereichert, verwandtschaftliche Beziehungen und politische Fragestellungen wurden dabei jedoch nur am Rande thematisiert.187
177 Zur Begriffsgeschichte siehe dies., Spurensuche, S. 24–29. Die beginnende „familiäre Gefühlskultur“ beschreibt Geisthövel, Restauration, S. 160 f., zum Stellenwert der Familie allgemein vgl. auch Paulmann, Vorherrschaft, S. 186–195. 178 Exemplarisch Clemens, Verwaltungseliten und zeitlich daran anknüpfend Fahrmeir, Personalentscheidungen, zuletzt auch Köhler, Genossen für das frühe 20. Jahrhundert. Zur Begrifflichkeit vgl. Hengerer, Amtsträger. Die politische Funktion der Fürstenhochzeiten der Hohenzollern beleuchtet Schönpflug, Heiraten, den hohen Adel Berghorn, Verwandtschaft. 179 Lipp, Verwandtschaft, S. 32. 180 Vgl. beispielsweise Wunder, Bürokratie, S. 18. 181 Fertig/Lanzinger, Verwandtschaftsforschung, S. 22. 182 Fertig, Westfalen. 183 Lipp, Verwandtschaft, S. 34. 184 Ebd., S. 68–73, vgl. auch dies., Handlungsmuster und dies., Aktivismus. 185 Illner, Elberfeld, S. 161. 186 Ein Versuch ist Hoffman, Geselligkeit, vgl. Nipperdey, Verein und Menning, Ordnung, S. 67–70. 187 Watermann, Netzwerke.
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Die Rekonstruktion politischer Netzwerke in der preußischen Rheinprovinz soll daher einen Beitrag zur Vereins- und Verwandtschaftsforschung leisten und setzt eine prosopographische Analyse und die Ermittlung von Vereinsmitgliedschaften voraus. Um solche Beziehungen aufzuspüren, wurden Informationen zu den einzelnen Lebensläufen der lokalen Verwaltungseliten aus Datenbanken, Kollektivbiographien und Monographien zusammengetragen und das Heiratsverhalten in den örtlichen Zivilstandsregistern recherchiert. Zur Vervollständigung dieser sehr heterogenen Literatur- und Quellengrundlage konnten Konduitenlisten, Personalakten und Autobiographien ergänzend hinzugezogen werden.188 Dabei gilt es im Hinterkopf zu behalten, dass die aus dem biographischen Zugang hervorgehenden Beziehungen von unterschiedlicher Qualität waren, mitunter auch nicht gepflegt wurden und mitnichten als alleiniger Beweis für gegenseitige Unterstützung gewertet werden sollten.189 Relevant sind lediglich diejenigen Verwandten, die sich im Umfeld des jeweiligen politischen Akteurs befanden oder mit ihm nachweislich in Kontakt standen – für die also eine gewisse Interaktionswahrscheinlichkeit angenommen werden kann, wie es auch bei einer gemeinsamen Vereinszugehörigkeit der Fall ist. Im Kern geht es folglich nicht um ihre im Anhang nachzulesenden Verwandtschaftsgrade, sondern um die Möglichkeit sich bei Familien- und Vereinsfesten begegnen und miteinander abstimmen zu können. Für die in der Literatur sehr unterschiedlich behandelten städtischen Assoziations- und Vereinsformen musste eine Auswahl getroffen werden, da Mitgliederlisten nur lückenhaft überliefert sind. Kurzlebige, private oder in den Quellen nicht in Erscheinung tretende Gemeinschaften werden mangels statistischer Daten nicht in die Analyse aufgenommen. Auch müssen die meisten Patenschafts-, Arbeits-, Freundschaftsund Nachbarschaftsverhältnisse aufgrund der unzureichenden Überlieferung außen vor bleiben, obwohl ihnen eine ebenfalls hohe Bedeutung beigemessen wird.190 Mit dieser Auswahl wird versucht, der immensen Quellenbreite habhaft zu werden, ohne den Blick auf das Wesentliche zu verlieren. Sie entspricht der angenommenen Eigenart von politischen Netzwerken zu Beginn des 19. Jahrhunderts und birgt dennoch die Gefahr, dass wichtige Beziehungen übersehen werden. Zur besseren Übersicht wurden punktuelle Netzwerk-Visualisierungen mit dem Open-Source-Programm gephi erstellt.191 188 Personalakten wurden erst ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts systematisch angelegt und existieren daher nur für einige wenige Akteure. Zum Umgang mit prosopographischen Quellen vgl. Brakensiek, Richter. 189 Gestrich, Biographieforschung. Nach Dröge, Regionalgeschichte, S. 2 soll zudem beachtet werden, „welchen Einfluss der Faktor Raum bzw. Region auf Biographien hat“ und dabei – wie bereits angedeutet – das bei ebd., S. 7 f. angenommene Wechselverhältnis von Raum und Identität überprüft werden. Vgl. hierzu auch Frie, Biographie und ders., Schauplätze. 190 Haase, Haw, S. 76–88 zeigt exemplarisch die Bedeutung von Nachbarschaft auf. Zum analytischen Pro blem der Freundschaft vgl. Faulstich, Freundschaft. Freundschaften werden lediglich in den Zivilstandsregistereinträgen von Koblenz und Köln explizit benannt und daher mangels Vergleichbarkeit nicht in die Netzwerke, wohl aber in die Angaben im Anhang aufgenommen. 191 Vgl. https://gephi.org/ (abgerufen am 20.2.2020).
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Die Abstrahierung der Familienbande und Vereinsmitgliedschaften ist aufgrund der hohen Anzahl der zu untersuchenden Akteure notwendig und soll stichprobenartig aufgeschlüsselt und näher erläutert werden. Alles in allem kann also nur eine unvollständige Annäherung an die politischen Netzwerke der rheinischen Notabeln erfolgen, die als Indikator für Handlungsmöglichkeiten im Rahmen der kommunikativen Aushandlungsprozesse gewertet werden.192 2.3 Politische Diskurse Kommunikative Aushandlungsprozesse im politischen Raum können unterschiedliche Formen annehmen und verweisen auf die Tatsache, dass sich Politik im Alltag nicht als zweidimensionaler Akt im Sinne von Befehl und Gehorsam vollzieht. Nach Ute Frevert beruht politische Kommunikation „nicht nur auf einer Sprechhandlung, sondern auch auf einer Verstehenshandlung. Letzteres setzt Partizipation voraus, nicht unbedingt im Sinne einer gleichberechtigten Teilhabe, aber zumindest als wie auch immer generierte Bereitschaft, die Nachricht innerhalb eines vorgegebenen Auswahlbereichs zu situieren und zu lesen.“193 Die kommunikative Weitergabe und Umsetzung obrigkeitsstaatlicher Politik war also von der Kooperationsbereitschaft der Verwaltungsbeamten und ihrer von Lutz Raphael herausgearbeiteten Übersetzungsfähigkeit abhängig. Umgekehrt gehörte auch die Bündelung und Weitergabe der Wünsche und Forderungen aus der Bevölkerung zu ihren Aufgaben.194 Die hier fokussierte Verwaltungskommunikation stellt „nur ein Element im Ensemble politischer Kommunikation“195 dar und zeichnet sich im frühen 19. Jahrhundert durch das Nebeneinander von Anwesenheitskommunikation und Schriftsprache aus. Ersteres beinhaltet die Sitzungen der lokalen Verwaltungsbehörden und ihre Parlamentsdebatten ebenso wie persönliche Treffen und symbolische Praktiken im öffentlichen Raum. Schriftliche Kommunikation bezieht sich auf die im Untersuchungszeitraum eklatant ansteigenden inneradministrativen Kommunikationsmittel und schließt amtliche Kommunikation nach außen, Berichte, Briefe, Presseerzeugnisse, Publikationen und Flugblätter mit ein. Alle genannten Kommunikationsformen und -mittel werden seit jeher mit unterschiedlicher Gewichtung für die wissenschaftliche Ergründung politischer Prozesse in der Geschichte herangezogen.196 Dabei hat sich herauskristallisiert, dass der Sprache eine wirklichkeitskonstruierende Funktion zukommt, indem außer192 Zur Abstrahierungsnotwendigkeit vgl. Lemercier, Methoden, S. 24–26. 193 Frevert, Politikgeschichte, S. 14 f., ähnlich Brakensiek, Herrschaftsvermittlung, S. 3. Dass diese auf die Systemtheorie Luhmanns rekurrierende Erkenntnis vor allem für die Verwaltungssprache gilt, zeigen Collin, Organisation; Becker, Sprachvollzug; Haas, Kultur, S. 36 f. und die grundlegenden Arbeiten von Ellwein, Zufall und ders./Hesse, Staat. 194 Vgl. Raphael, Sprache. Diese „Dreiecks-Kommunikation“ ist nach Brakensiek, Herrschaftsvermittlung, S. 11–15 ein wesentlicher Bestandteil der „Herrschaftsverdichtung“. 195 Raphael, Sprache, S. 185. Zur Einschätzung vgl. Becker, Sprachvollzug, S. 26 f. und Kapitel II. 3. 196 Vgl. beispielsweise Frevert/Braungart (Hgg.), Sprachen.
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sprachliche Wandlungsprozesse von semantischen Veränderungen in Diskursen mitgetragen werden. In Anlehnung an Paul-Michel Foucault werden Diskurse daher als „Legitimität und Ordnung produzierende gesellschaftliche Aussagesysteme und Sinnzuschreibungen verstanden.“197 In der deutschsprachigen Historiographie traf diese konstruktivistische Denkart auf große Widerstände und wurde erst aufgegriffen, nachdem andere Fachrichtungen die Praktikabilität der Diskursanalyse unter Beweis gestellt und weiterentwickelt hatten.198 In Bezug auf die politische Sprache wurde Foucaults diskursanalytischer Werkzeugkasten zunächst von Vertretern der Cambridge School entdeckt. Neben den von Quentin Skinner und John G. A. Pocock in diesem Zusammenhang erarbeiteten Theorien zur historischen Semantik inspirierten die Arbeiten von Ernesto Laclau und Chantal Mouffe die diskursanalytische Forschung zum Politischen.199 Daran anknüpfend konzentriert sich die deutsche Politikwissenschaft auf „ideelle Mechanismen von Macht und Herrschaft“200 und bespricht politische Diskurse vor dem Hintergrund zeitgenössischer Begriffsdebatten.201 Aus der Rechtswissenschaft kamen wichtige Impulse zum diskursiven Zusammenhang des französischen Erbes in der Rheinprovinz und zur Verwaltungskommunikation in Preußen.202 Sie reihen sich in eine breite interdisziplinäre Literaturgrundlage zur preußischen Verwaltungssprache ein, die deskriptiv-sprachpragmatische, kommunikationslinguistische sowie – an Niklas Luhmann orientierte – soziologische Zugänge offeriert.203 Trotzdem fristet die „Sprache der Verwaltung“ (Raphael) in der historischen Diskursforschung zur Sprache des Politischen ein Schattendasein.204 Die Geschichtswissenschaft gibt semantischen Wandelungen bestimmter Grundbegriffe noch immer den Vorzug, wobei im Gegensatz zur Begriffsgeschichte intellektuelle Diskurse auf der Basis von Texten neuerdings durch diskursive Praktiken im Alltag vermittels unterschiedlicher Medien ergänzt werden.205 Zentrale Forschungslücken 197 Janning/Leifeld/Malang/Schneider, Diskursnetzwerkanalyse, S. 62 in Auseinandersetzung mit Foucault, Ordnung. Vgl. einführend Landwehr, Diskursanalyse. Nach ebd., S. 21 unterliegen die Wirklichkeitskonstruktionen bestimmten „Regeln, die es den Beteiligten ermöglichen, im Rahmen eines Diskurses korrekt zu sprechen, zu denken und zu handeln.“ Bei der Diskursanalyse geht es in erster Linie um die Rekonstruktion dieser Regeln. Dass auch „Organisieren und Verwalten als Konstruktion von Wirklichkeit“ betrachtet werden kann, konstatiert Haas, Kultur, S. 11, vgl. auch Steinmetz, Sagbare. 198 Zur polemisch geführten Forschungsdiskussion siehe zusammenfassend Landwehr, Wandel. 199 Pocock, Moment; Skinner, Thought; Laclau/Mouffe, Hegemony. 200 Janning/Leifeld/Malang/Schneider, Diskursnetzwerkanalyse, S. 59. 201 Zum Beispiel Sieber, Macht, vgl. die Überlegungen bei Deitelhoff, Überzeugung sowie die Zusammenfassung der öffentlichen Debatte bei Felder, Diskursanalyse. 202 Peters, code civil und Cancik, Verwaltung. 203 Als Beispiele der verschiedenen Richtungen seien Selting, Verständigungsprobleme, Becker, Geschichte und die grundlegenden Überlegungen bei Luhmann, Verwaltung genannt. 204 Ausnahmen in Langzeitperspektive sind Raphael, Sprache, Becker (Hg.), Sprachvollzug und Haas/Hengerer (Hgg.), Kommunikationsstrukturen. 205 Der Begriff „Politik“ bei Behrisch, Politik, der Begriff der „Repräsentation“ bei Hofmann, Repräsentation und der Begriff „Zeitgeist“ bei Jung, Time, vgl. auch ders., Kulturkritik.
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zum diskursiven Wandel solcher Begriffsfelder sind außerdem Teil der Neuen Politikgeschichte und konnten für liberale und konservative Politikdiskurse im 19. Jahrhundert bereits geschlossen werden.206 Dabei wurde darauf hingewiesen, dass es „nützlich [sei], das Wechselverhältnis von Diskurs und politischem Raum, zwischen Artikulation in Sprache und Praktiken einerseits und sozialen Relationen andererseits, analytisch zu greifen, um sie historisch als strukturiert-strukturierende Beziehung zu beschreiben und zu deuten.“207 Im Kern ist damit die Einbindung der Akteure als Trägergruppe gemeint. Marian Füssel und Tim Neu schlagen hierfür eine praxeologische Erweiterung der Diskursanalyse vor, die in der vorliegenden Studie unter Zuhilfenahme der Netzwerkanalyse geleistet werden soll. Sie betonen die Gemeinsamkeiten der Theorieangebote von Foucault und Bourdieu und unterstreichen den Stellenwert von „habituellen diskursiven Praktiken“, die in „Handlungskontexten“ durch „Aneignungsformen, regelhafte Wiederholungen und Positionskämpfen“ wirksam werden.208
3. Gliederung und Quellengrundlage Die Aneignung der preußischen Verwaltungskommunikation stellte die Rheinländer vor eine erste Hürde, die sie durch das Fehlen verbindlicher Normen nicht ohne Weiteres überschreiten konnten. Für die lokalen Beamten bedeutete der Wechsel von der französischen in die deutsche Amtssprache keine Rückkehr zum Gebrauch ihrer – wenn man so will – Muttersprache.209 Vielmehr wies der preußische Kanzleistil große Unterschiede zu den Gepflogenheiten der französischen Verwaltungssprache auf, die erst erkannt und erlernt werden mussten. Ihre Vermittlerrolle erfüllend, brachten Verwaltungsbeamte ab 1815 daher vermehrt Handbücher auf den Markt, die dem Laien die neuartige Verwaltungskommunikation näherbringen sollten.210 Dieser für die politischen Einflussmöglichkeiten wichtige Aneignungsprozess lässt sich auf semantischer Ebene anhand der Stadtratsprotokolle nachvollziehen. Sie sind für alle Städte lückenlos überliefert, wurden für die Zeit zwischen 1813/14 und 1846/47 vollständig gesichtet und bilden die Basis für die diskursanalytische Untersuchung der Verwaltungskommunikation mit all ihren erwähnten schriftlichen, mündlichen und symbolischen Ausformungen. Als Quellenkorpora weisen die Protokollbücher der fünf 206 Vgl. Bluhm, Raum. Gemeint sind Achtelstetter, Conservatism; Caruso, Nationalstaat; Leonhard, Liberalismus. 207 Bluhm, Raum, S. 204. 208 Füssel/Neu, Doing discourse, S. 229, rezeptiert wurde dieser Ansatz bei Rausch, Konstitution. 209 Siehe hierzu Kapitel II. 3. Zum flexiblen Umgang mit der Amtssprache vgl. die Dissertation von Paye, Kommunikation und Fahrmeir, Persönlichkeiten. 210 Ein Beispiel aus dem vorliegenden Untersuchungsraum ist Der vollständige Secretair für die Rheinprovinzen oder theoretisch-praktische Anleitung zur vollständigen Kenntniß der Staats- und ProvinzialVerfassung, so wie zu Abfassung aller Arten schriftlicher Aufsätze von 1834. Es reiht sich in die allgemeine Ratgeber-Praxis ein, vgl. Margreiter, Diskussion.
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Städte höchst unterschiedliche inhaltlich-konzeptionelle wie sprachliche Merkmale auf, die die angenommene Konsolidierungsphase der Verwaltungssprache bekräftigen.211 So notierte der Trierer Maire und Bürgermeister Anton Joseph Recking bis 1818 alle zwei bis drei Tage akribisch sämtliche Geschehnisse, Anfragen und erforderlichen Maßnahmen zunächst auf Französisch, dann auf Deutsch. Die den Protokollen zuzuordnenden Briefe, Dekrete und Instruktionen sind in umfangreichen Anlagenbänden überliefert und stellen ein Alleinstellungsmerkmal dar, das für die Rekonstruktion der Verwaltungswege von unschätzbarem Wert ist. Diese Aktenführung wurde unter seinem Nachfolger Wilhelm Haw bis zum Jahr 1825 beibehalten. Dann führte Haw eine bewusst rationalisierte Sitzungsordnung ein, berief die Stadträte bis zum Ende seiner Amtszeit 1839 regelmäßig ein- bis zweimal im Monat zusammen und kopierte die zu behandelnden Schriften wörtlich im Protokollbuch. Die Dauer seines Wirkens spricht für eine produktive Zusammenarbeit, die sich auch in den Protokollen vergegenwärtigt. Zentrale Fragen wurden stets von einem fachkundigen Ausschuss vorbereitet, vorgetragen und anschließend im Plenum diskutiert und nötigenfalls in einer Wahl abgestimmt. Die Vorträge oder die ihnen zugrundeliegenden Schreiben der Regierung wurden für die eigene Dokumentation vollständig abgeschrieben, einzelne Meinungen in direkten Zitaten wiedergegeben oder von der entsprechenden Person eigenhändig eingetragen. Die umfangreiche Schreibarbeit leisteten zwei Sekretäre, die Haw wahrscheinlich wegen seiner vergleichsweisen einzigartigen Stellung als Oberbürgermeister und Landrat zustanden. Er gab diese Doppelfunktion nach einer über zwanzigjährigen Amtszeit an den Merziger Landrat Damian Görtz ab, der seinerseits mit kommunalpolitischen Belangen längst vertraut war. Diese stabilen Verhältnisse trugen dazu bei, dass die Trierer Stadtratsprotokolle neben der guten Lesbarkeit die meisten Sachinformationen beinhalten.212 Demgegenüber sind die Koblenzer Protokolle nur schwer verständlich und schwer zu entziffern, da der preußische Oberbürgermeister die monatlichen Sitzungen ab 1818 selbst protokollierte. Sie zeugen somit von seinem Arbeitseifer und/oder seiner Sparsamkeit, spiegeln seine spezifische Wahrnehmung wider und geben mit großer Wahrscheinlichkeit die von ihm im Plenum verwendete Begrifflichkeit wieder. Diskussionen lassen sich indes kaum finden, da es sich in der Regel um rasch geschriebene Ergebnisprotokolle handelt, die ein einvernehmliches Miteinander implizieren. Dass dies jedoch kein Trugschluss war, zeigt seine über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg andauernde Amtszeit sowie seitenfüllende Entwürfe für Gutachten und Petitionen, die – anders als in den anderen Städten – im Rahmen der Stadtratssitzungen gemeinsam abgefasst wurden und die kollektive Meinung repräsentieren.213 211 Vgl. Margreiter, Schreibart und Schorn-Schütte, Politikforschung, S. 104–109. Nach ebd. und Haas, Kultur, S. 36 gilt im Folgenden: „Wo Sprachgesten zur Vereinfachung von Kommunikation in sozial normierten Formeln verkürzt werden, kann man von symbolischer Kommunikation sprechen.“ Zur Quellengattung siehe Niehaus/Schmidt-Hannisa, Protokoll. 212 Stadtarchiv Trier (StATr) Tb 100, Nr. 2–12 Ratsprotokolle (1814–1846), vgl. Kapitel III. 4.1. 213 Stadtarchiv Koblenz (StAK) 623, Nr. 2185–2190 Protokolle des Munizipal- bzw. Stadtrats (1808–1862).
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Ergebnisorientiert sind auch die Kölner Protokoll- und Beschlussbücher, die als einziger Quellenkorpus bereits ausgewertet wurden und nur als verfilmte Kopie eingesehen werden konnten. Nach der Amtsperiode des ersten preußischen Bürgermeisters Karl Josef Freiherr von Mylius von 1815 bis 1819 blieb die Stelle zunächst unbesetzt, sodass die Beigeordneten bis zur Ernennung Adolph Steinbergers im Jahr 1823 die Leitung der Sitzungen übernahmen. In den 1830er Jahren lässt sich in Köln – ebenso wie in Aachen, Düsseldorf und Koblenz – ein abnehmendes Interesse der Sitzungsteilnehmer feststellen, sodass mangels vorgeschriebener Mindestvoten bisweilen keine Beschlüsse gefasst werden konnten. Ein Jahrzehnt später künden die Kölner Protokollbücher allerdings erneut von lebendigen Diskussionen, die bis zu drei Mal im Monat stattfanden und 1844 erstmals publiziert wurden. Die Stadträte in Düsseldorf, Koblenz und Trier folgten diesem Beispiel und verhalfen ihren Beschlüssen im Vormärz ebenfalls zu einer größeren Reichweite.214 Lediglich in Aachen waren sich die Räte über den Umgang mit der öffentlichen Meinung bis 1847 uneinig. Nachdem der letzte französische Maire Cornelius von Guaita wegen seiner nachlässigen Amtsführung und seinen undurchsichtigen Finanzgeschäften 1820 aus dem Amt gedrängt worden war und kein Nachfolger gefunden werden konnte, übernahm Notar Wilhelm Daniels den kommissarischen Vorsitz im Stadtrat. Im Laufe des darauffolgenden Jahrzehnts gelang es ihm nur selten, die vielbeschäftigten Kaufleute und Fabrikanten im Rathaus zu versammeln, sodass über mehrere Jahre kaum Beschlüsse gefasst werden konnten. Die teilweise ungebunden überlieferten Protokollbögen sind daher lückenhaft und zeugen von einem unorganisierten Geschäftsgang, der die Regierung zu Disziplinarmaßnahmen veranlasste und sich nach der Ernennung von Edmund Emundts 1832 zum Oberbürgermeister nur langsam verbesserte.215 Auch in Düsseldorf hatte die Besetzung der Bürgermeisterstelle entscheidenden Einfluss auf die Kommunalpolitik. Hier übernahmen zwischen 1815 und 1848 insgesamt sieben Personen die Amtsgeschäfte, wobei lediglich zwei von der Regierung bestätigt wurden. Infolgedessen waren die Stadtratssitzungen großen zeitlichen Schwankungen und ratsinternen Konflikten ausgesetzt. Letzteres lässt sich aufgrund der eher kurz gehaltenen Ergebnisprotokolle, der ständigen Personalwechsel und einzelner scharf formulierter Seperatvoten vermuten und wird im Laufe der Untersuchung zu ergründen sein. In Kontrast zu den bereits genannten Städten wurde bis in die 1840er Jahre nur das Nötigste – darunter nicht einmal die Vornamen der Ratsherren – notiert, was zum einen mit mangelndem Interesse und dem permanenten Ringen um einen Sekretär erklärt werden kann. Zum anderen bestand die Düsseldorfer Regierung ab 1835 auf die
214 Historisches Archiv der Stadt Köln (HAStK) 350, A 4447 Protokolle des Munizipalrats (1810–1817), Best. 410, A 1–A5 Protokolle des Stadtrates (1813–1845), A6–A12 Beschlussbücher des Stadtrates (1817– 1848), vgl. Kapitel III. 5.2. 215 Stadtarchiv Aachen (StAAc), Schriftgut aus französischer Zeit FRZ 1–111–1–115, Rats- und Ausschussprotokolle (1814–1848) PRZ 1–248–1–252, 1–255, 1–259, 1–1–1–20, vgl. v. a. Kapitel III. 3.1 und 4.1.
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Einsendung der originalen Protokolle – ein Umstand, der in dieser Form einmalig war und noch erklärungsbedürftig ist.216 Der performative Charakter der Protokolle steht in einem gewissen Spannungsverhältnis zur subjektiven Wahrnehmung der einzelnen Verwaltungsbeamten. Durch die Verschriftlichung der Anwesenheitskommunikation wird diese Wahrnehmung notwendigerweise zur Kollektiveinstellung transformiert und eine Komplexitätsreduzierung vollzogen, die das der Wahrnehmung entsprechend Wichtigste benennt und in der Regel eine Entscheidung beschreibt. „Differenzerfahrung und Selbstreflexivität“217 ist den Protokollen demnach inhärent und muss bei der Analyse mitbedacht werden, zumal es die Stadträte gewöhnt waren, „sich selbst als Mitglied einer Institution im Unterschied zu sonstigen persönlichen Merkmalen zu beobachten.“218 Dies offenbart sich in erster Linie in der Kommunikation nach außen. Stehen in den Protokollen die kommunikativen Aushandlungsprozesse innerhalb des Stadtrats in Verbindung mit den Anforderungen aus der Bevölkerung und ihren Verwaltungsaufgaben im Vordergrund, so machen Korrespondenzen mit der Regierung und Eingaben an das Oberpräsidium, das Ministerium oder an den König jene mit den übergeordneten Behörden transparent. Zusätzlich können die Eindrücke und Einstellungen der Regierungsbeamten mit Hilfe der monatlichen Verwaltungsberichte, der sogenannten Zeitungsberichte, illustriert werden. Dabei transportiert das Verwaltungsschriftgut aus dem alltäglichen administrativen Ablauf nicht nur das kollektive Selbstverständnis der Stadt- und Regierungsräte und ihre bevorzugten Kommunikationskanäle, sondern auch ihre Einbindung in politische Diskurse.219 Dominante Diskurse, die sich über den gesamten Untersuchungszeitraum und darüber hinaus hinzogen und in allen Städten anzutreffen sind, betrafen die Wirtschaft, den Bildungsbereich und die Gesetzgebung. Für die Eruierung politischer Partizipationsmöglichkeiten sind die letztgenannten rechtspolitischen Diskurse im Allgemeinen besonders wichtig, weil sie die Handlungsspielräume der Stadträte direkt beeinflussten und den Grad von Mitsprache, Mitwirkung und Intervention anzeigten. Aus diesem Grund wird die Gesetzgebung der Bildungs- bzw. Wirtschaftspolitik gegenüber vor216 Ebd. Stadtarchiv Düsseldorf (StAD) Best. 9, Nr. 9008–90014 Ratsprotokolle (1806–1846). Die Problematik der Identifizierung konnte nicht durch die Literatur und nur zum Teil durch die lückenhafte Angabe der Vornamen in den Ratsprotokollen gelöst werden. Sie beeinträchtigt die Netzwerkanalyse und ist in den Angaben im Anhang nachvollziehbar. 217 Haas/Hengerer, Einführung, S. 11 f. 218 Ebd. und Dröge/Frölich, Verwaltung, S. 367 f. Dass Verwaltungskommunikation aus rechtshistorischer Perspektive „auch ordnungs- und einheitsstiftend wirken“ sollte und Kooperation ein „Grundmodus“ der horizontalen Verwaltungskommunikation war, betont Collin, Organisation, S. 336 f. und S. 347. 219 Vgl. Brakensiek, Alltagsgeschichte und Müller-Botsch, Interdependenz. Zur Rekonstruktion der Regierungsperspektiven wurden die Verwaltungsakten im Landeshauptarchiv Koblenz (LHAK) und im Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Abteilung Rheinland (LA NRW R) konsultiert. Zu den Zeitungsberichten siehe Mellies, Zeitungsberichte.
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gezogen. Im Speziellen kündete die Verwaltungskommunikation in diesem Bereich von der fehlenden Verfassung, von dem Repräsentations- und Rechtssystem und von der Finanzgrundlage: den Steuern. Das Steuerrecht tangierte den unmittelbaren Lebenszusammenhang der Bevölkerung und eignet sich als Sonde für mehrdimensionale Aushandlungsprozesse im Alltag. Die Umsetzung der steuerrechtlichen Instruktionen im Rahmen der staatlich gelenkten Steuerpolitik bildet daher einen Schwerpunkt der Darstellung. Sie war von vertikalen und horizontalen Interessen in Bezug auf das Repräsentations- und Rechtssystem durchzogen und forderte die Vermittlungsfunktion der Stadträte – gerade im Vormärz – in mehrfacher Hinsicht heraus.220 Weitere bekannte kommunalpolitische Konflikte wie jene zwischen Militär und Bevölkerung oder zwischen den Religionsgemeinschaften gehören als Nebendiskurse zu den beachtenswerten Kontexten und können nur am Rande thematisiert werden. Diese Herangehensweise trägt sowohl der Fragestellung als auch dem Forschungsstand Rechnung, indem bestehende Forschungsdesiderate zur Wirkmacht preußischer Verfassungs-, Justiz-, Steuer- und Finanzpolitik in der Provinz geschlossen werden sollen.221 Darüber hinaus ist der Zusammenhang zwischen Repräsentations-, Rechts- und Steuerdiskurs von den sozialen Trägergruppen abhängig und wird durch individuelle und kollektive Positionierungen im politischen Raum und die damit verbundene habituelle Praxis in den jeweiligen Kommunikationssituationen beeinflusst.222 Diese Situationen fanden zu unterschiedlichen Zeitpunkten an unterschiedlichen Orten statt und waren von den vorherrschenden Kommunikationsformen und -mitteln abhängig, deren Überlieferung die Rekonstruktion des diskursiven Zusammenspiels der Verwaltungskommunikation bestimmt. Bei der im Mittelpunkt stehenden Analyse der verschriftlichten Gesprächssituationen unter den Stadträten und mit den übergeordneten Behörden müssen mehrere semantische Reflexionsebenen beachtet werden, weil die zunehmende Verwendung der Schriftsprache keine sinkende Bedeutung von Anwesenheitskommunikation nach sich zog. Die Funktion von zwischenmenschlicher 220 Dieser Meinung ist auch Brakensiek, Alltagsgeschichte und Berghoff/Rahden, Finanzgeschichte, vgl. auch Huhnholz (Hg.), Fiskus. Zur Kontinuität der finanzpolitischen Konflikte in der Stadt, die den Gegenstand als alltagsgeschichtlich ausweisen, vgl. Laux, Kränzchen, S. 249–259. Aufgrund der „Vielzahl von Entscheidungsbetroffenen, sowohl auf privater wie auch auf staatlicher Ebene, deren Interessen im Entscheidungsfindungsprozess berücksichtigt werden müssen“ handelt es sich nach Collin, Organisation, S. 348 um „komplexe Verwaltungsentscheidungen,“ die es zu rekonstruieren gilt. 221 Zum Forschungsstand und der Komplexität des Themas vgl. Paulmann, Vorherrschaft, S. 324–328 und ausführlich Schui, Steuerstaat. In dem Standardwerk Ullmann, Steuerstaat, S. 10 wird die „Prisma- und Prägefunktion“ öffentlicher Finanzen für politische Systeme betont, der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts jedoch nur wenig Raum eingeräumt. Dass dies insbesondere in der Rheinprovinz wichtig war, betont Rummel, Taxes. Für die preußische Finanzpolitik gelten neben einer sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Habilitationsschrift von Spoerer, Steuerlast und einer vergleichenden Studie von Siegert, Steuerpolitik noch immer die veralteten Werke von Mamroth, Geschichte und Käding, Finanzreform als maßgebend. 222 Zur Relevanz der Kontexte vgl. Landwehr, Diskursanalyse, S. 105–110 und Füssel/Neu, Doing discourse, S. 24.
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Interaktion verlagerte sich vielmehr ins Informelle und Persönliche, wo Wege und Grenzen möglicher Operationen ausgemacht werden konnten.223 Wo offizielle Schriftwechsel, behördenübergreifende Treffen oder das Entsenden von Deputationen nicht den gewünschten Erfolg brachten, konnten sich politische Netzwerke als Ersatzforen politischer Kommunikation erweisen, sodass die Sichtung privater und korporativer Nachlässe Hinweise auf diejenigen Handlungschancen innerhalb des Diskurszusammenhangs liefern kann, die in der offiziellen Verwaltungssprache verdeckt bleiben. Ferner werden schriftliche, mündliche und symbolische Kommunikationsformen auf anderen Verwaltungsebenen, zum Beispiel im Provinziallandtag, und im öffentlichen Raum beachtet.224 Exempel für die Kommunikationsbeziehung zur Bevölkerung statuieren öffentlich zugängliche Kommunikationsformen und -medien wie Denkschriften, Festivitäten und Bekanntmachungen auf der einen Seite sowie Eingaben, Proteste und Flugblätter auf der anderen Seite. Ebenso fungierten Zeitungen als Medium öffentlicher Verwaltungskommunikation, dessen Einsatz von einzelnen Verwaltungsbeamten und der restriktiven Zensurpolitik Preußens abhängig war. Die kurzlebige – für die VormärzForschung besonders bedeutsame – Presselandschaft wird daher auf ihre wechselseitige Beziehung zur Verwaltung hin befragt, wobei die Augsburger Allgemeine Zeitung (AAZ) als Referenzpunkt für die politischen Diskurse im Vergleich zur lokalen Berichterstattung systematisch in die Darstellung miteinbezogen wird.225 Eine translokale Verflechtungsgeschichte politischer Partizipation unter den ausgeführten Prämissen erfordert eine schrittweise, aufeinander aufbauende Analyse der unterschiedlichen, sich wechselseitig beeinflussenden Ebenen und Blickwinkel, die dann aufeinander bezogen und im historischen Ereignis- bzw. Diskurszusammenhang untersucht werden können. Um das „Sag-, Mach- und Denkbare“ (Landwehr) im politischen Raum zu Beginn des 19. Jahrhunderts einschätzen zu können, müssen die Regeln, Gewohnheiten und Veränderungen der kommunikativen und sozialen Aushandlungsprozesse im institutionellen und rechtlichen Rahmen untersucht werden (II.). Teil II. befasst sich somit zunächst mit den normativen Vorgaben der französischen Herrschaftsordnung und ihrer Realisierung aus der Sicht der politischen Akteure in den jeweili223 Haas/Hergerer, Einführung, S. 16; ähnlich Seckelmann, Kooperationsformen, S. 32 und Fahrmeir, Persönlichkeiten, S. 216. 224 Hierzu wurden die unter LHAK 403A verzeichneten, originalen Protokolle der Landtage und die Edition von Schütz, Provinziallandtag gesichtet. 225 Vgl. Zimmermann, Presse. Die Augsburger Allgemeine Zeitung (AAZ), die nach Requate, Journalismus, S. 122 f. „in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert zu der wohl wichtigsten deutschsprachigen Tagezeitung werden sollte“, wird der auflagenstärkeren Vossischen Zeitung (VZ) gegenüber vorgezogen, weil sie über ein ausgeprägtes Korrespondentennetzwerk verfügte und nach ebd., S. 129 eine „Vorreiterrolle“ in der Entstehung des Journalismus einnahm. Sie ist online zugänglich und wurde im zwei Jahresturnus auf die Berichterstattung zu Aachen, Düsseldorf, Köln, Koblenz und Trier hin befragt. Die wechselnden Periodika der jeweiligen Städte wurden kursorisch durchgesehen und zusammen mit den anderen genannten Druckerzeugnissen entsprechend ihrer in den Verwaltungsakten dokumentierten politischen Bedeutung und den dazugehörigen Kontexten ausgewählt.
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gen Städten. Dabei wird das napoleonische Partizipationsmodell in Anlehnung an neuere Konzepte der Verwaltungsgeschichte als dynamische Ordnungsform verstanden, die den politischen Raum strukturierte. Die dieser Strukturierung eingeschriebenen Partizipationsprinzipien, -voraussetzungen und -bedingungen sollen dann in vergleichender Perspektive zu Preußen aufgezeigt werden.226 Auf diese Art und Weise können die dem politischen Raum zugehörigen Akteurskonstellationen und die ihnen auferlegten hierarchisch organisierten Handlungsvorgaben auf den jeweiligen Partizipationsebenen in Relation zueinander vorgestellt werden. Dadurch lässt sich ein „Raster für die vertikalen und horizontalen Kommunikationswege“227 anlegen, das im Idealfall durch „Kontrolle, Kooperation/Koordination und Assistenz“228 geprägt war und im Verlauf der Darstellung zu hinterfragen ist. Insgesamt lässt die so anvisierte Reflexivität zwischen Struktur- und Handlungsebene die fluiden Konturierungen des politischen Raums zu Tage treten, sodass sich kein klassischer historischer Vergleich der Verwaltungssysteme ergibt.229 Indes kann ein differenziertes Bild der Übereinstimmungen und Differenzen zwischen den französischen und den preußischen Partizipationsmodellen, zwischen Norm und Praxis und in der Ämtervergabe also zwischen den politischen Akteuren gezeichnet und der älteren Forschung angeschlossen werden.230 Kontinuitäten und Brüche in der Stellenbesetzung erstreckten sich bis auf die unterste Verwaltungsebene. Hier soll ein genauer Blick auf das Verhältnis der Munizipal- bzw. Stadträte zu der Bevölkerung und zu den übergeordneten Beamten, d. h. auf die lokalen politischen Akteure im Wandel der politischen Strukturprinzipien geworfen werden. In Teil III. werden ihre sozialen Aushandlungsstrategien in Verbindung mit dem „Eigensinn“ (Alf Lüdtke) der Verwaltungskommunikation untersucht. Dabei ist zum einen ihre Positionierung im politischen Raum und zum anderen die Schaffung eigener politischer Netzwerke vom Ende der französischen Herrschaftsphase bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts 226 Nach Haas, Kultur, S. 12 f. soll die Etablierung der Verwaltungsstruktur als komplexer Implementationsprozess verstanden werden, bei dem „die zwischen Regelungserlass und Evaluation liegende Phase der Realisierung in ihren kreativen Wirkungen ernst genommen werden muss.“ 227 Haas, Kultur, S. 44. 228 Collin, Organisation, S. 345, wobei mit Kooperationen nach ebd. Entscheidungen gemeint sind, die der „Realisierung eines gemeinsamen Ziels dienen“, während Koordination darauf abzielt, „die Verfolgung verschiedener Ziele möglichst störungsfrei zu gestalten, Zielkonflikte also so zu moderieren, dass die Interessen der Beteiligten hinreichend gewahrt bleiben.“ 229 Dabei waren insbesondere die den normativen Vorgaben eingeschriebenen Reformbestrebungen nach Becker, Geschichte, S. 224 ein per se „transnationales Projekt“. 230 In Anlehnung an die Typologie Tillys, structures, S. 146 wird eine Vergleichsstrategie verfolgt, die die Variationsbreite eines übergeordneten Phänomens fokussiert und „promises to help us make sense of social structures and processes that never recur in the same form, yet express common principles of causality.“ Auch Welskopp, Geschichte, Abs. 16 f. hält am Variationenvergleich fest und ist der Meinung, dass der Vergleich „eines zunächst unabhängig von den Vergleichskontexten zu beschreibendes ‚Phänomens‘ [bedarf], um dieses dann in seinen Ausprägungen innerhalb der Kontexte identifizieren, abgrenzen und deuten zu können.“
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relevant. Diese Langzeitperspektive bezieht sich auf drei Generationen und verspricht Erkenntnisse über soziale Mobilisierungsformen und familiäre Patronageverhältnisse. Die Gruppe der Hauptakteure bildet die mittlere nach 1770 geborene „Epochenumbruchsgeneration.“231 Durch die Offenlegung von Verwandtschaften innerhalb des Stadtrats und zwischen den fünf Stadträten lassen sich soziale Interaktionen ausfindig machen, die die individuellen und kollektiven Handlungsspielräume aufzeigen. Sie werden durch das Vernetzungspotential zu den Beamten der mittleren Verwaltungsebene und in Vereinen und Gesellschaften ergänzt. Die so greifbaren politischen Netzwerke der Notabeln können in ihrer räumlichen und zeitlichen Dimension nur als Momentaufnahmen analysiert und als vereinfachte „Schnappschüsse“232 visualisiert werden. Dennoch machen sie Machtverschiebungen im institutionellen Gefüge nachvollziehbar, die an Machtverhältnisse im politischen Raum gekoppelt waren und die Aneignungs- und Anpassungsstrategien der Notabeln im Rahmen der Verwaltungskommunikation begründen. Dabei erlauben die Quellen keine vollständige Rekonstruktion von „Verwaltungswirklichkeit“233 im Alltag, wohl aber die Eruierung von alltäglichen Formen des Ausdrucks, der Mitwirkung und der Intervention im Bereich der Gesetzgebung.234 Die zeitliche Einteilung der Darstellung dieser alltäglichen politischen Partizipationsformen richtet sich nach äußeren Ereignissen, die diese direkt oder indirekt veränderten: der Herrschaftswechsel 1813/14, die Steuerreform und die Karlsbader Beschlüsse 1819/20, die Einrichtung der Provinziallandtage 1826, die Nachwirkungen der Julirevolution 1830 bzw. des Hambacher Fests 1832 und die Gründung des Zollvereins 1834 sowie die Folgen des Kölner Ereignisses 1837/38 und des Thronwechsels 1840. Eine solche zeitliche Einteilung soll keine klaren Zäsuren markieren, sondern schleichende Übergänge aufzeigen, die zur Verdichtung bestimmter (durchaus alltäglicher) Konfliktfelder führten und Reaktionen der Akteure erforderlich machten. Bezugnehmend auf die Theorie von Michael Werner und Bénédicte Zimmermann stellt sich dabei die Frage, ob sich translokale politische Partizipationsstrategien bildeten und es in den fünf Städten zu einem „wechselseitigen, in sich vernetzten Konstitutionsprozess“ kam, „dessen Akteure jeweils das System des anderen im Kopf hatten und auch strategisch damit operierten, diese Vorstellungen für ihre Zwecke einzusetzen.“235 Für eine Beantwortung ist die systematische Einbeziehung der dargestellten Erfahrungswerte und Erwartungshorizonte der Notabeln, ihre institutionellen Partizipationschancen und die dazugehörigen Kommunikationsformen und -kanäle sowie die Beschaffenheit 231 Frie, Biographie, S. 27. Sie zeichnet sich nach ebd., S. 32 durch die „frühe Grunderfahrung von Traditionsgefährdungen und Traditionsbrüchen“ aus. Zur Perspektive des Eigensinns „die versucht, dicht an den Praktiken und (Selbst-)Deutungen der Einzelnen zu bleiben“, vgl. Lüdtke, Geschichte, S. 139–156, hier S. 146. 232 Lemercier, time, S. 186. 233 Ellwein, Verwaltungshandeln, S. 47. 234 Vgl. Haas, Kultur, S. 42–45. 235 Werner/Zimmermann, Vergleich, S. 619.
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ihrer politischen Netzwerke wichtig. Um dem Prinzip der Reflexivität gerecht zu werden, sollen die individuellen und kollektiven Standpunkte, Praktiken und Begrifflichkeiten in ihrer gegenseitigen Abhängigkeit in einen rechtspolitischen Diskurszusammenhang gestellt werden, der für schriftliche, mündliche und symbolische Formen der Verwaltungskommunikation in den Jahren 1813 bis 1847 abgefragt wird. Zur besseren Lesbarkeit und Orientierung werden die einzelnen Kapitel mit einleitenden Zwischenbilanzen versehen. Die Arbeit endet mit dem vorerst letzten Provinziallandtag und der Einführung der preußischen Gemeindeordnung, da es danach zu einem Personalwechsel in den Stadträten kam. Dadurch wurde die soziale Zusammensetzung nicht in ihren Grundfesten erschüttert, direkte verwandtschaftliche Beziehungen allerdings rechtlich unterbunden.236 Die kommunalpolitischen Veränderungen fielen des Weiteren mit einer Hungersnot zusammen, woraufhin die Politisierung der Bevölkerung verstärkt wurde und die Wege und Mittel politischer Partizipation eine neue Dimension erreichten (IV.). Öffentliche Protestformen vergegenwärtigten fortan den revolutionären Umbruch im Alltag und bilden den abschließenden an weiterführende Forschungen anknüpfenden Schluss der Arbeit (V.).
236 Darüber hinaus ist nach Collin, Organisation eine zunehmende Pluralisierung der Verwaltungsorganisation zu erkennen, die auf die von Ellwein/Hesse, Staat untersuchte Ausdifferenzierung der Behördenapparate folgte und die Verwaltungskommunikation grundlegend veränderte.
II. Politische Raumverschiebungen im Rheinland
1. Die französische Herrschaftsordnung Was die Franzosen in zwanzig Jahren nicht geschafft haben, das haben die Preußen in einem ½ Jahr hingekriegt: dass wir die Franzosen gern zu haben gelernt. 1 (Tagebucheintrag von Sulpiz Boissérée, Köln 1815)
Am 13. September 1804 hielt Napoleon Bonaparte Einzug durch einen von Menschenmassen umsäumten Triumphbogen am Eigelstein in Köln. Nach einem zehntägigen Aufenthalt in Aachen wurde er am Rhein von den amtierenden Staatsbeamten und einer aus der städtischen Oberschicht gebildeten Ehrengarde feierlich empfangen. Während seines Aufenthalts begleitete ihn Ferdinand Franz Wallraff, Professor der Zentralschule und hoch angesehener Kunstsammler, im Auftrag des Maires Johann Jakob von Wittgenstein durch die eigens von ihm geschmückten, mittelalterlichen Gassen vorbei an aufwendig illuminierten Gebäuden zu den Sehenswürdigkeiten der Domstadt. Auf dem Weg zierten kunstvoll gestaltete lateinische Inschriften die Häuserfassaden, die dem französischen Kaiser sowohl die historische Bedeutung als auch die aktuellen Wünsche und Bitten der Stadt vermittelten. Am Hafen warb beispielsweise die Handelskammer öffentlich und gut sichtbar um die Gunst des Staaten- und Epochen-Schöpfer[s] Napoleon. Konkret traten die Notabeln für Begünstigungen der Anstalten für Gewerb, Wissenschaft, Sitten und Kunst sowie geistregende Verschönerungen ein.2 Nach vier Tagen reiste Napoleon über Bonn, Koblenz, Mainz, Trier und Luxemburg zurück nach Paris. Die in öffentliche Spektakel gekleideten Forderungen Kölns wurden gedruckt, übersetzt und ihm zum Andenken nachgesandt. Im Gepäck hatte er außerdem einen umfassenden Eindruck von seinem östlichen Staatsgebiet sowie verschiedene Geschenke, Ergebenheitsadressen und Petitionen.3 1 Sulpiz Boisserée am 8.6.1815 zit. n. Weitz (Hg.), Tagebücher Bd. 1, S. 185. 2 Sammlung 1804, vgl. Kröger, Feierlichkeiten. Zu Wallraff siehe Müller, Wallraff und https://wallraf.mapublishing-lab.uni-koeln.de/ (abgerufen am 12.4.2021). Nach Kentenich, Geschichte, S. 668 f. und Kramp, Napoleon, S. 19 gab es ähnliche Inschriften in Koblenz und Trier. 3 Kröger, Feierlichkeiten; Müller, Köln, S. 67–73. Ebenso hatten der Koblenzer Maire Eltz nach Kramp, Napoleon, S. 24, der Düsseldorfer Graf von Spee und Maire von Pfeill nach ASH, T 13 und Lau, Geschichte, S. 86 f. sowie die Aachener Maires Kolb und Lommessem nach Kraus, Aachen, S. 280 bzw. Huyskens, Handelskammer, S. 48 Napoleon bei seinen Besuchen aufgesucht, um die Interessen der jeweiligen Städte zu vertreten. Die Kölner Handelskammer überreichte dem Kaiser nach Kellenbenz/van Eyll, Geschichte, S. 53 f. ebenfalls zwei Denkschriften. Für Trier vgl. Zenz, Geschichte, S. 29–32; Kentenich, Geschichte, S. 670; Müller, Stadt, S. 395–397 und Groß, Petitionen.
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Politische Raumverschiebungen im Rheinland
Dieser kurze Ausschnitt der Rheinreise Napoleons verdeutlicht das Partizipationspotential einer politischen Festkultur, die in der Revolutionszeit begründet wurde und von dem französischen Kaiser durch hohe Erwartungen und strikte Richtlinien adaptiert worden war. Die rückblickende Beobachtung, dass die Empfangsfeierlichkeiten dabei „in hohem Maße standardisiert erscheinen“4, weil sie sich formal von Stadt zu Stadt ähnelten und anlässlich seines zweiten Besuchs im Jahr 1811 wiederholten – hier daher nicht in Gänze ausgeführt werden – überdeckt ihre inhaltliche Gestaltungsoffenheit und vielschichtigen Bedeutungszuschreibungen. Wie noch zu sehen sein wird, konnten sie sogar bis ins kleinste Detail im Zuge des ersten preußischen Staatsbesuchs im Jahr 1817 reproduziert und problemlos umgedeutet werden. Die wiederkehrenden Behördenbesuche, Stadtführungen, Gewerbeinspektionen, Fanfaren, Feuerwerksspektakel, Theatervorführungen, Diners und Abendbälle beruhten somit zum einen auf strengen Festverordnungen und traditionellen Gepflogenheiten und eigneten sich zum anderen zur mündlichen, schriftlichen und symbolpolitischen Einflussnahme.5 Darüber hinaus dienten sie der Außenwahrnehmung der jeweiligen Städte und ihrer Repräsentanten und konnten sich für diese im wahrsten Sinne des Wortes auszahlen. Besonders Aachen erhielt einen Teil seines alten Glanzes als ehemalige Krönungsstätte deutscher Kaiser zurück, indem Napoleon bewusst an die Herrschaftstradition Karls des Großen und die deutsch-französische Historie anknüpfte. Die Kölner Kaufmannschaft konnte ihr seit 1259 bestehendes Recht auf den Stapel auswärtiger Warengüter und die wirtschaftliche Vorrangstellung im Rheinhandel behaupten und 1804 durch einen Freihafen, 1811 durch einen Sicherheitshafen ausbauen. Gemeinsam mit Mainz wurde diesen beiden Städten als sogenannte bonnes villes de l’Empire français ein herausragender Status innerhalb des französischen Staatsgebiets zuteil.6 Einige Vertreter des Staates vor Ort lernte Napoleon während seiner Anwesenheit persönlich kennen. Sie konnten – je nach Eignung und Reputation – mit Ehrenzeichen, Gehaltszulagen und Beförderungen oder aber mit dem Verlust ihres jeweiligen Amtes rechnen. Zudem stattete er verschiedene Gewerbezweige – seine Ehefrau Joséphine de Beauharnais diverse Wohltätigkeitsanstalten – mit finanziellen Förderungen aus. Außerdem wurden den Gemeinden leerstehende Gebäude zur Armenfürsorge übereignet und lokale Wirtschafts- und Infrastrukturmaßnahmen sowie städtische Bauprojekte, insbesondere die Gründung von Theatern, bezuschusst. Doch analog zu den organisatorischen Anstrengungen von unten waren auch diese Zuwendungen von oben nicht uneigennützig.7 4 Veltzke, Reisen, S. 42. 5 Sellin, Staatskult, vgl. grundlegend Hettling/Nolte, Feste und Schneider, Festkultur, insbes. S. 29–37 sowie Kapitel III. 1.2 und 1.4. Für das Großherzogtum Berg und den dortigen Aufenthalt Napoleons 1811 siehe Severin-Barboutie, Düsseldorf, S. 69–72, Weidenhaupt, Düsseldorf, S. 138–149, ders., Zeit, S. 329–331 und Schmidt, Konformismus. 6 Müller, Köln, S. 74 f., vgl. Kraus, Aachen, S. 268–274 und S. 335, zur Bedeutung des Karlskultes siehe Tschacher, Aachen, S. 199–229 und ders., Funktion. 7 Vgl. Kramp, Napoleon, S. 23–26 und Westholt, Lezay-Marnésia, S. 103–115 für Koblenz; Kentenich, Geschichte, S. 668–679 für Trier; Kraus, Aachen, S. 275–306 für Aachen; Müller, Köln, S. 123 und S. 217 f.
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Der ruhmreiche Feldherr und erste Konsul Frankreichs hatte sich kurz vor seiner Rheinreise, am 18. Mai 1804, zum Kaiser der Franzosen küren lassen und seine Rolle als „Vollender der Französischen Revolution“8 für die langfristige Sicherung seiner Herrschaft genutzt. Nach dem Staatsstreich vom 18. Brumaire VIII. kam die Begründung des napoleonischen Erbkaisertums einer verfassungsrechtlichen Wiedereinführung des für überwunden geglaubten „monarchischen Prinzips“9 gleich, stand der Abkehr vom „Ancien Régime“ jedoch keineswegs entgegen. Die neue Herrschaftsordnung galt vielmehr als Garant der revolutionären Errungenschaften, die mit dem „Code civil“ noch im selben Jahr bestätigt und jedem männlichen, französischen Bürger zugesichert wurden. Sie bestanden im Wesentlichen auf den in der „Déclaration des Droits de l’Homme et du Citoyen“10 1789 festgehaltenen Prinzipien der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.11 In bewusster Anlehnung an diese Prinzipien wurden die neuen Staatsbürger auf dem linken Rheinufer vor der fulminanten und nicht unumstrittenen Krönungszeremonie am 2. Dezember 1804 um ihre schriftliche Zustimmung gebeten. Das entsprechende Plebiszit hatte in Köln knapp 4.500 Befürworter von insgesamt 43.733 Einwohnerinnen und Einwohnern und war als Ausdruck der „volonté générale“12 lediglich von symbolischer Relevanz.13 Nichtsdestotrotz handelte es sich bei dem zeitlich dazwischenliegenden Staatsbesuch Napoleons um mehr als eine Huldigungsreise nach traditionellem Muster. Neben der Legitimation seiner Person stand die Bekräftigung der revolutionären Gesellschaftsordnung, die praktische Demonstration von Herrschaft und die Durchsetzung der damit verbundenen Interessen im Vordergrund. Für die Schaffung gemeinsamer, identitätsstiftender Erinnerungen und die politische Raumbildung, d. h. die französische Staatsbildung, war das Ereignis ebenfalls wichtig, weil es sich um den ersten direkten Kontakt zwischen der Bevölkerung und dem Staatsoberhaupt handelte, obwohl diese de facto bereits seit zehn Jahren zu Frankreich gehörte. In dem vorangegangenen Jahrzehnt hatten die Menschen in den Städten und Dörfern von Kleve im Norden bis Saarbrücken
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für Köln; Weidenhaupt, Düsseldorf, S. 148 f., Severin-Barboutie, Düsseldorf, S. 79 f. und Looz-Corswarem, Besuch für Düsseldorf. Clemens, Franzosen, S. 8. Hintze, Prinzip, vgl. Kirsch, Monarch, S. 78 f., Wienfort, Monarchie, S. 42–44 und Kapitel III. 4.4. Zum Vergleich und zur Einschätzung der „L’orientation monarchique du régime“ vgl. das gleichnamige Kapitel bei Boudon, Consulat, S. 46–49. Vgl. die Déclaration des Droits de l’Homme et du Citoyen vom 26.8.1798 unter URL: ark:/12148/ bpt6k40881 t (abgerufen am 25.08.2021). Raphael, Recht, S. 32; Klinkhammer, Kontrolle, S. 122 f., vgl. zusammenfassend Clemens, Franzosen und Schnabel-Schüle, Geschenke. Zur rechtlichen Dimension der Staatsbürgergesellschaft in erweiterter Langzeitperspektive siehe Paulmann, Vorherrschaft, S. 338–346. Rousseau, contrat, vgl. Nester, Napoleon, S. 376. Zur „Gemeinwohl“-Orientierung vgl. Kapitel III. 2.2 und 2.4. Vgl. Müller, Köln, S. 61 und S. 67 und Molitor, Untertan, S. 197–202 mit entsprechenden Vergleichsangaben zu Aachen. Nach Kramp, Napoleon, S. 22 stimmten 33.382 Personen im Rhein-Mosel-Departement mit Ja, 88 mit Nein. Zur Kaiserkrönung siehe zusammenfassend Braun, Tradition.
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Politische Raumverschiebungen im Rheinland
im Süden tiefgreifende Umwälzungen erlebt, die das Leben an Rhein, Mosel und Maas nachhaltig veränderten.14 Am Beginn der französischen Herrschaft stand der Einmarsch der französischen Revolutionstruppen im Herbst 1794 und das Ende von über 150 historisch gewachsener Herrschaftsterritorien. Mit der Zusammenfassung dieser Gebiete in nur vier Verwaltungseinheiten, in die Departements „Mont-Tonnere“ (Donnersberg), „Sarre“ (Saar), „Rhinet-Mosel“ (Rhein-Mosel) und „Roer“ (Rur), wurden unterschiedliche Herrschaftsverhältnisse und jahrhundertealte Orientierungsmuster innerhalb des Heiligen Römischen Reiches – dann im Reichdeputationshauptschluss 1806 das Reich selbst – aufgehoben. Mit einem Schlag verloren intermediäre Gewalten und traditionelle Ordnungsinstanzen wie die katholische Kirche, die Zünfte und der Adel die ideelle und materielle Grundlage ihres bisherigen Einflusses. In der Alltagskultur verdeutlichte die Präsenz zahlreicher Franzosen und die Allgegenwart der französischen Sprache, die Sichtbarkeit revolutionärer Symbole und die Bildung von Jakobinerclubs, die französische Währung und der republikanische Kalender, dass eine neue Zeit – die sogenannte Franzosenzeit – angebrochen war. Diese war zunächst durch immense Belastungen in Form von Einquartierungen, unerfüllbaren Kontributionszahlungen, Sachleistungen und Requisitionen geprägt. Die völkerrechtliche Anerkennung der linksrheinischen Eroberungen im Friede von Lunéville beendete 1801 den Besatzungszustand und bewirkte die rechtliche Gleichstellung der deutschsprachigen Departements mit den französischen Kerngebieten. Als rechtsverbindliche und „symbolische Ordnung“15 der „nation“16 beschloss die gemeinsame Verfassung vom 18. Mai 1804 den formalen Integrationsprozess.17 In der Konsequenz wurden die bereits eingeleiteten und in Kapitel II. 3. beschriebenen Verwaltungsreformen dem französischen Präsidialmodell angeglichen und der Pariser Zentrale untergeordnet. Als kommunikative Vermittlungspersonen und leitende Staatsbeamte fungierten direkt dem Kaiser unterstellte Präfekten in den Departements hauptorten Aachen (Rur-Departement), Koblenz (Rhein-Mosel-Departement), Mainz 14 Exemplarisch Clemens, Kontinuität, S. 16 und Rowe, Rheinlande, S. 157 f., der darüber hinaus feststellt, dass „die Rheinländer den Sprung vom Mittelalter zur modernen Welt rascher und dramatischer als andere Regionen Europas“ machten. 15 Rausch, Konstitution. 16 Zum französischen Nationsbegriff und seinem Einfluss auf die deutschsprachigen Gebiete vgl. grundlegend Fehrenbach, Nation; Koselleck u. a., Volk, S. 325–329; Echternkamp, Aufstieg, S. 175–195; Kapitel III. 5.3. 17 Rosanvallon, Staat, S. 72–74 und S. 77–79, vgl. zusammenfassend Clemens, Transformationen, S. 63–65; Rönz, Staat, S. 56–67; ders., Friedensschlüsse; Rowe, Reich, S. 48–58; Molitor, Untertan, S. 35–74; Diefendorf, Businessmen, S. 50–80; Graumann, Verwaltung, S. 18–45; Mahlerwein, Rheinhessen, S. 101–111. Engelbrecht, Grundzüge, S. 83–86 weist darauf hin, dass sich die Gleichstellung faktisch bis 1805 hinzog. Für die einzelnen Untersuchungsstädte siehe Müller, Köln, S. 50–59; Müller, Herrschaft, S. 25–36; Müller, Stadt, S. 377–385; Kraus, Moderne, S. 63–104; ders., Aachen, S. 47–136. Zu den konstitutionellen Zirkeln, die beim Großteil der Stadtbevölkerungen keinen Anklang fanden, siehe Kuhn, Jakobiner; Stein, Prosopographie und Pohle, Dautzenberg, S. 235–254.
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(Donnersberg-Departement) und Trier (Saar-Departement). Ab 1807 garantierte das Handelsrecht die bürgerlich-liberalen Eigentumsrechte und die Gewerbefreiheit. 1810 bildete das Strafgesetzbuch in Verbindung mit den beiden Strafprozessordnungen die Grundlage für ein fortschrittliches Gerichtswesen, das partiell bereits seit 1798 bestand und sich durch einen klaren Instanzenweg, die Unabsetzbarkeit der Richter, die Beteiligung von Geschworenen und das Prinzip der Öffentlichkeit auszeichnete.18 Auf diese Art und Weise wurde die in der Französischen Revolution begründete Partizipation der Öffentlichkeit verfassungsrechtlich sanktioniert, die „opinion publique“19 als revolutionärer Schlüsselbegriff auf eine neue Ebene befördert und die korrektive Funktion der öffentlichen Meinung honoriert. Der Bedeutungszuwachs der Öffentlichkeit im Allgemeinen zeigte sich in einer offensiven, kontrollierten Kultur-, Prestige-, Informations- und Pressepolitik Napoleons und wurde in der geschichtswissenschaftlichen Forschung vielfach diskutiert. Fernab empirisch auffindbaren, differenziert zu bewertenden „Öffentlichkeiten“20 wurde der Bevölkerung in der Theorie ein gewisses Mitspracherecht eingeräumt, das in der Praxis nach wie vor umgangen werden konnte. Die politischen Beteiligungsmöglichkeiten im Speziellen richteten sich nach Besitz- und Vermögens verhältnissen und wurden um ein immer wichtiger werdendes Leistungsprinzip ergänzt.21 In Kapitel II. 4. wird zu sehen sein, dass sich vor allem im Justizwesen allgemeingültige Qualifikationskriterien durchsetzten, die einige Beamtensöhne sprichwörtlich von Haus aus mitbrachten; andere an den nahegelegenen französischen Universitäten oder an der 1806 gegründeten Rechtsschule in Koblenz erwerben und zum sozialen Aufstieg nutzen konnten. Als Staatsbeamte wurden Juristen und andere Berufsgruppen, die in den Verwaltungsdienst eintraten, von Napoleon ernannt und streng kontrolliert. Der unmittelbare Bezug ermöglichte es dem Kaiser, eine „ihm ergebene imperiale Elite“22, die „grands notables du premier empire“23, zu kreieren, die zur Konsolidierung seiner Herrschaft unverzichtbar war.24 Die daraus hervorgehende administrative Umstrukturierung des Behördenapparats ging mit einer gesellschaftlichen Umstrukturierung einher. Denn die Veräußerung 18 Dorn, Recht; Grilli, Konzeptionen, ders. Justizorganisation, vgl. Kapitel II. 3. und zusammenfassend Raphael, Recht, S. 42–52, Boudon, Consulat, S. 81–83 sowie Diefendorf, Businessmen, S. 83–110. 19 Zur Begriffsgeschichte siehe grundlegend Hölscher, Öffentlichkeit, S. 446–562; Zimmermann, Meinung; Hohendahl (Hg.), Öffentlichkeit, S. 17–24 und zuletzt Vogel, Opinion. 20 Exemplarisch Schwerhoff, Perspektiven, S. 24, vgl. Hölscher, Struktur, S. 18–20. 21 Vgl. Boudon, Consulat, S. 38–42 und Owzar, Propaganda, zur Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit innerhalb der Verwaltung siehe ders., Occupation, S. 69–73. Nach Hölscher, Öffentlichkeit, S. 438 gilt, „dass ‚öffentlich‘ seitdem nicht nur den Geltungsbereich staatlicher Autorität, sondern zugleich den geistigen und sozialen Raum, in dem diese sich legitimieren und kritisieren lassen muss“ bedeutete, vgl. hierzu die Kapitel III. 2.4 und 5.3. 22 Clemens, Verwaltungseliten, S. 83. 23 Dufraisse/Richard, notables; Tudesq, notables; Clemens, Notabeln. 24 Vgl. Boudon, Consulat, S. 75–79, der ihre Gesamtzahl auf der Basis der Höchstbesteuertenlisten auf ca. 70.000 Personen beziffert; Clemens, Franzosen, S. 12; Mahlerwein, Rheinhessen, S. 117; Raphael, Recht, S. 176; Diefendorf, Businessmen, S. 110–133; Kapitel I. 1.3.
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der ehemals geistlichen und weltlichen Feudalbesitzungen gab allen Gesellschaftsschichten die Chance, Grundbesitz zu erwerben, bevorteilte aber naturgemäß die Vermögenden. Außerdem wusste Napoleon sie für eine umfangreiche „Landschenkungspolitik“25 zu gebrauchen und stattete Angehörige des neuen Militär- und Dienstadels mit lehensähnlichen Majoraten aus dem Domänenbestand und somit mit der für ihr Amt angemessenen wirtschaftlichen Basis aus. Für wirtschaftliche Zwecke und die Errichtung neuer Produktionsstätten konnten investitionsbereite Gewerbetreibende leerstehende Klostergebäude kostengünstig erwerben. Gabriele B. Clemens hat die weitreichenden Auswirkungen dieser Besitzverschiebungen aufgezeigt. Im gesamten französischen Staat kamen im Zeitraum von 1803 bis 1813 ca. 14.000 Immobilien im Wert von 66 Millionen Francs unter den Hammer; allein im Rhein-Mosel-Departement standen ca. 5.000 Objekte zur Disposition. In allen größeren Städten bildeten Handel- und Gewerbetreibende gemeinsam mit Beamten und Freiberuflern die Mehrheit der Käufer und konnten als „Immobilienhändler und Spekulanten“26 zu beachtlichem Reichtum gelangen.27 Hieraus ergibt sich, dass das napoleonische Partizipationsmodell auf einem „erfolgreichen gesellschaftlichen Versöhnungswerk“28 beruhte, das dem Bürgertum politische Mitsprache und soziale Aufstiegschancen eröffnete, ohne den Adel davon auszuschließen. Insofern lieferte Napoleon Antworten auf zentrale Fragen zu angemessenen Repräsentations- und Beteiligungsformen, die nach der Aufklärung nicht nur im revolutionären Paris diskutiert worden waren. Mit Blick auf zahlreiche innerstädtischen Differenzen in den 1780er Jahren hat Michael Rowe ihm daher zu Recht die Rolle eines „Friedenstifter[s]“29 zugeschrieben.30 Allen voran war es 1786 in Aachen zu einer „großen Mäkelei“31 aufstrebender Fabri kanten gegen die alte Ratselite gekommen. Der Konflikt drehte sich um persönliche Intrigen und Wahlmanipulationen und wurde vor dem Reichskammergericht in Wetzlar verhandelt. Er blockierte die Kommunalpolitik, brachte das Gesellschaftsgefüge ins Wanken und sollte die Beziehungen der nachfolgenden Generationen dauerhaft prägen. Hier und in Köln war die politische Beteiligung alteingesessener Familien konstitutiv für die mittelalterlichen Stadtverfassungen und ein ausgeprägtes reichsstädtisches Selbstbewusstsein, das sich im Verhalten der Notabeln während des Herrschaftswechsels und darüber hinaus manifestierte.32 So konnten die Kölner Kaufleute ihre Enttäuschung nicht verbergen, 25 Fehrenbach, Reformen, S. 291. 26 Clemens, Immobilienhändler. 27 Vgl. ebd., S. 42 f., dies., Transformationen, S. 74 f., dies., Diener, S. 80, dies., Armeelieferanten. Pohle, Dautzenberg, S. 302–310 und Müller, Aachen, S. 316–322 liefern Vergleichsangaben für Aachen. 28 Fehrenbach, Reformen, S. 291. 29 Rowe, Rheinlande, S. 149 f. 30 Vgl. ebd. und Nester, Napoleon, S. 109–124; Raphael, Recht, S. 165; Rowe, Reich, S. 98 und S. 114 f.; Diefendorf, Businessmen, S. 126–133; Rosanvallon, Staat, S. 80 und zusammenfassend Clemens, Adel. 31 Carl, Mäkelei. 32 Diefendorf, Businessmen, S. 23–30. Zu den politischen Verhältnissen vor 1794 siehe zusammenfassend ebd., S. 36–49; Mettele, Bürgertum, S. 46–54; Becker-Jákli, Protestanten, S. 55–92; Sobania, Bürgertum,
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als Aachen zum Sitz der Präfektur des Rur-Departements erhoben wurde, hatten sie ihre Partizipationsansprüche doch besonders früh durch die Entsendung einer Deputation nach Paris artikuliert und sich im Rahmen eines Empfangsbanketts für die französischen Revolutionstruppen ausgesprochen kooperativ gezeigt.33 Beide Reichsstädte bildeten zentrale Knotenpunkte innerhalb des translokalen Wirtschaftsgefüges: Köln als rheinischer Handels- und Umschlagplatz für den Warenverkehr mit Holland, Aachen als Gewerbestandort innerhalb der wallonischen Textilindustrieregion. Aus dieser günstigen Ausgangsposition heraus gelang es den dortigen Vertretern des sogenannten rheinischen Wirtschaftsbürgertums ihren gesellschaftlichen und politischen Einfluss problemlos in die Bahnen der napoleonischen Notabelnpolitik zu lenken und unter Preußen bekanntlich auszuweiten.34 Dazu wurde ihnen gemeinsam mit Trier und Mainz im Jahr 1803 ein eigenes politisches Kommunikations- und Repräsentationsforum zugestanden. Die Handelskammern genossen innerhalb des Behördenapparats den Status eines staatlichen (Hilfs-)Organs und setzten sich in der Regel aus neun gewählten Handels- und Gewerbetreibenden zusammen. In Verbindung mit den an allen Departementshauptorten eingerichteten Handelsgerichten konnten die aus den Höchstbesteuerten gebildeten „Notabeln des Handelsstandes“35 ihre Belange fortan weitgehend autonom regeln und eigeninitiativ zum wirtschaftlichen Aufschwung beitragen.36 Die Religions- und Gewerbefreiheit und der Zuzug wohlhabender, protestantischer Kaufleute beschleunigte den wirtschaftlichen Wandel und trug zu einem spürbaren Bevölkerungsanstieg bei. Innerhalb des erweiterten französischen Wirtschaftsraums stand ihnen erstmals ein durch einheitliche Zoll- und Steuergesetze zusammenhängender Absatzmarkt mit mehr als 25 Millionen Konsumenten offen, der ab 1806 durch die Kontinentalsperre von der englischen Konkurrenz abgeschirmt wurde. Unterstützung für Gewerbegründungen und innovative Geschäftsideen wurde den Notabeln von engagierten Präfekten und dem Kaiser höchstpersönlich entgegengebracht, sodass es zu einer regelrechten Gründerwelle von Manufakturen und Verlagsbetrieben kam.37
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S. 200–206; Kraus, Moderne, S. 5–34 und S. 47; Müller, Aachen, S. 293–298; Pohle, Dautzenberg, S. 63–70; Laux, Kränzchen; Müller, Studien. Nach Engelbrecht, Berg, S. 280–285; Müller, Bürgerproteste, Gerteis, Sozialgeschichte, S. 91–97, Lau, Geschichte, S. 152 und Müller, Stadt, S. 56–85 gab es vergleichbare Konflikte auch in Trier, Düsseldorf und Koblenz. Mettele, Bürgertum, S. 1 und S. 61–68; Diefendorf, Businessmen, S. 53–69, der daraus schlussfolgert: „As a result, Cologne’s awareness of the French political style and the realities of dealing with the French was considerably advanced.” Ähnlich Aachen nach Kraus, Moderne, S. 72 f. Boch, Arbeiter, S. 111–113; ders., Wachstum, S. 33–37; Diefendorf, Businessmen, S. 33–35. Zur näheren Eingrenzung des „Wirtschaftsbürgertums“ und seiner Handelsspielräume vgl. Kapitel III. 4.2. Ebd., vgl. exemplarisch die Listen unter StAK 623 2538. Boch, Wachstum, S. 36; Diefendorf, Businessmen, S. 4 f.; Gehlen, Handelskammern, S. 156–158; Für die einzelnen Städte siehe Graumann, Verwaltung, S. 189–191; Müller, Köln, S. 192–194 und S. 216 f.; Kellenbenz/van Eyll, Geschichte, S. 45–56; Kraus, Aachen, S. 253–257; Sobania, Bürgertum, S. 221; Müller, Stadt, S. 392. Clemens, Kontinuität, S. 16 f.; Burg, Zepter, S. 171–177; Kraus, Aachen, S. 336–361; Mettele, Bürgertum, S. 87–89; Koltes, Rheinland, S. 324–330; Müller, Stadt, S. 278–283; Westholt, Lezay-Marnésia, S. 129–140;
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In Aachen stieg die Anzahl der Tuchfabriken beispielsweise von neun im Jahr 1800 auf 41 im Jahr 1807 an. Noch im gleichen Jahr wurden erstmals mechanische Spinnmaschinen nach englischem Vorbild durch den britischen Maschinenbauer William Cockerill eingeführt. Die ersten Dampfmaschinen aus der Werkstatt Cockerills und seiner Söhne in Lüttich kündigten die beginnende Industrialisierung an und wurden in den Fabriken von Georg von Fisenne und Ignatz van Houtem installiert. Sie fuhren zu diesem Zeitpunkt Geschäftsgewinne von ca. 60.000 Francs im Jahr ein und gehörten mit 53 weiteren Tuch- und zehn Nähnadelfabrikanten zu den 100 Höchstbesteuerten, d. h. zu den reichsten Familien der Stadt. Ein großer Anteil der 13.600 Erwerbstätigen, bis 1812 rund 5.300 Personen (40 Prozent) – darunter Frauen und Kinder – war bei ihnen beschäftigt und lebte mehr oder minder am Existenzminimum. Die Bevölkerungszahl hatte am Ende der Franzosenzeit um fast 30 Prozent zugenommen und betrug 30.127.38 In krassem Kontrast zu Aachen und der aufstrebenden Industrieregion am Niederrhein existierte zu diesem Zeitpunkt innerhalb der Stadtmauern von Koblenz eine einzige Fabrik: Hermann Joseph Dietz hatte eine kurfürstliche Burg im Rahmen der Nationalgüterversteigerungen für 14.500 Francs gekauft und zu einer Blechwarenfabrik umfunktioniert, in der ca. 150 Mitarbeiter tätig waren. Weitere im Umland von Koblenz und Trier errichtete Baumwollspinnereien und Manufakturen sind als „Inseln in einem Meer aus Agrarwirtschaft, Handwerk und Handel“39 zu betrachten. Innovationen bestanden in einer Merinoschafzucht des Koblenzer Präfekten Adrien Lezay- Marnésia und in der Zuckerrübenproduktion der „Gesellschaft für nützliche Forschungen“ in Trier und schlugen fehl. Dennoch gehörten auch die zwei bevölkerungsreichsten Städte innerhalb des vormaligen Kurfürstentums Trier zu den Gewinnern der französischen Herrschaftsphase.40 Im geistlichen Zentrum Kurtriers profitierten zu Beginn des Jahrhunderts rund 9.000 Einwohnerinnen und Einwohner von neuen zentralörtlichen Funktionen, die der Sitz der Präfektur des Saar-Departements und des obersten linksrheinischen Gerichtshofs, des Appellationsgerichts, mit sich brachte. In Koblenz, dem weltlichen Herrschaftszentrum des letzten Trierer Kurfürsten, blieben diese Funktionen mit der Übernahme der Präfektur des Rhein-Mosel-Departements unangetastet. Die Stadt am Zusammenfluss von Rhein und Mosel hatte durch die Residenz von Clemens Wenzeslaus von Sachsen bereits einen Modernisierungsschub im Zeichen des aufgeklärten Absolutismus erlebt, an den die anwesenden französischen Staatsbeamten anknüpfen konnten. Darüber hinaus Kentenich, Geschichte, S. 656–660, vgl. grundlegend Kermann, Manufakturen und die allgemeine Entwicklungstendenz in Frankreich, die Boudon, Consulat, S. 70–75 zusammenfasst. 38 Vgl. Sobania, Bürgertum, S. 214–218; Müller, Aachen, S. 324 f.; Herres, Klassen (1992/93), S. 414–424; Kraus, Aachen, S. 410–420; Nach ebd., S. 415–417 betrug die Bevölkerungszahl im Jahr 1795 23.413, vgl. Pohle, Dautzenberg, S. 49–56 und Erdmann, Aachen, S. 122–125, S. 142–145 und S. 172–199, die rund 80 Prozent der Bevölkerung zur „damaligen sozialen Unterschicht“ zählt. 39 Clemens, Kontinuität, S. 17. 40 Dies./Clemens, Geschichte, S. 127; Winkel, Handel, S. 360–367; Schieder (Hg.), Säkularisation, S. 122; Westholt, Lezay-Marnésia, S. 132–134; Kentenich, Geschichte, S. 664–666 und S. 677–681.
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fanden sie bei ihrer Ankunft repräsentative Wohn- und Verwaltungsgebäude vor, die erst im Zuge der Residenzwerdung am Ende der 1780er Jahre erbaut und von den zumeist adeligen Eigentümern zurückgelassen worden waren. Der kommandierende General der Sambre-Maas-Armee, François Séverin Marceau, registrierte von den ursprünglich 8.300 bis 8.500 Einwohnerinnen und Einwohnern 1794 nur noch 7.374 anwesende Personen, darunter neun Adelige. Die meisten Angehörigen des Adels, der Garnison und des Hofstaats hatten gemeinsam mit dem Landesherrn die Flucht ergriffen, weil Koblenz nur wenige Jahre zuvor ein Emigrantenzentrum der Gegenrevolution gebildet hatte. Die Folge war eine rasante „Verbürgerlichung der Oberschicht“41, die im Stadtvergleich einzigartig war und im weiteren Verlauf der Darstellung zu spezifizieren ist.42 Während in Koblenz im Laufe der französischen Herrschaftsphase zahlreiche Angehörige der oberen Mittelschicht in die städtischen Verwaltungsämter nachrücken und im Justizdienst Fuß fassen konnten, ergab sich in Düsseldorf ein anderes Bild. In den Amtsstuben des rechtsrheinischen Verwaltungszentrums teilten sich gebürtige Franzosen wie Jacques Claude Beugnot und alteingesessene, adelige Verwaltungseliten wie Franz Joseph von Nesselrode-Reichenstein, die politische Administration des Großherzogtums Berg – zumal der dortige Adel im Gegensatz zur Kirche von der Säkularisation weitgehend verschont geblieben war.43 Die Nachbarstadt von Köln nimmt eine herausragende Position innerhalb des Stadtvergleichs ein, weil sie Napoleon erst 1806 zufiel und sie als Verwaltungszentrum eines französischen Satellitenstaats nicht zum französischen Staatsterritorium gehörte. Verbunden mit dem zeitlichen Integrationsvorsprung der linksrheinischen Städte führte dies dazu, dass der Modellstaat ebenso wie sein westfälisches Pendant paradoxerweise gerade nicht die Kriterien des ihm angedachten Musterstaats erfüllte. Stattdessen machte sich der Status in einem eklatanten Integrationsdefizit auf verfassungs- und symbolpolitischer Ebene und in zahlreichen noch zu problematisierenden Unterschieden innerhalb der Verwaltungspraxis bemerkbar.44 Diese beruhte zunächst auf der Zugehörigkeit zum pfalzbayrischen Länderverbund der Regionen Jülich, Kleve und Berg, in denen zu Beginn des Jahrhunderts gleichsam 41 Müller, Herrschaft, S. 40. 42 Vgl. zusammenfassend Stein, Koblenz. Nach François, Koblenz, S. 22 und S. 59 f. machte die Oberschicht zuvor mit 2.347 Personen 30,6 Prozent der Bevölkerung aus und umfasste die politisch-administrative Obersicht (1.380 Personen) sowie die wirtschaftliche Obersicht mit Handels- und Kaufleuten und Unternehmern (967 Personen). Zur Bevölkerungsentwicklung, die bis 1813 um 13 Prozent anstieg, vgl. ders., Sozialstrukturen und Köhler, Bevölkerungsentwicklung. Zu Koblenz und Trier in der frühen Neuzeit siehe grundlegend Rapp, Stadtverfassung. Zur Gegenrevolution in Koblenz vgl. Müller, Herrschaft, S. 19–25, Rowe, Reich, S. 144–149 und ausführlich Henke, Coblentz. 43 Clemens, Transformationen, S. 73; Weidenhaupt, Zeit, S. 324; Severin-Barboutie, Düsseldorf, S. 81 f.; dies., Varianten; Burg, Zepter, S. 177–181; Schönfuß, Familienpolitik, S. 28–33. Zur vorfranzösischen Zeit siehe auch Engelbrecht, Berg, S. 143–162 und S. 293. 44 Engelbrecht, Berg, S. 289 f., ders., Grundzüge, S. 89–91 und Owzar, Occupation, S. 69 f., vgl. Severin-Barboutie, Herrschaftspolitik, S. 25–36 und S. 371, die diese Bewertung relativiert.
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Reformen stattgefunden hatten. Zuletzt wurde Düsseldorf als ehemalige Residenz- und Hauptstadt des Herzogtums Bergs von einem Statthalter des Kurfürsten Maximilian IV. von Bayern verwaltet. Am 15. Dezember 1805 tauschte dieser sein Territorium in der Konvention von Schönbrunn gegen das Fürstentum Ansbach ein, sodass Joachim Murat, der Schwager Napoleons – dann Napoleon selbst für seinen noch minderjährigen Neffen Louis Napoleon – die Herrschaft übernahm. Durch zusätzliche aufeinanderfolgende Gebietszuwächse im Rahmen der Koalitionskriege und das Ausbleiben einer Verfassung verharrte das Großherzogtum in den darauffolgenden Jahren in einem unfertigen Übergangszustand, der die angedachte Übertragung der französischen Herrschaftsprinzipien erschwerte.45 Vorteile ergaben sich aus der vorübergehenden Wiederkehr der Residenzfunktion bis zum Abgang Murats 1808 und aus einem Verschönerungsdekret des Kaisers aus dem Jahr 1811. Allerdings konnte eine aufsehenerregende Gewerbeausstellung im gleichen Jahr nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein mit den niederrheinischen Nachbargebieten vergleichbarer Wirtschaftsaufschwung aufgrund der bestehenden Zollgrenzen ausblieb. Hinzu kam die traditionelle Konkurrenz der gegenüberliegenden Handelsmetropole, die durch das neue Privileg eines Freihafens eher erhöht als abgemildert wurde. Von dem politischen Raumbildungsprozess im Linksrheinischen waren die ca. 20.000 Einwohnerinnen und Einwohner Düsseldorfs rechtlich, sozial und wirtschaftlich ausgeschlossen. Identifikationsangebote mit der französischen Nation, wie sie Napoleon propagierte, lassen sich rückblickend allenfalls in den Bereichen der Kunst, Kultur und Geselligkeit finden.46 In allen fünf Untersuchungsstädten wurde das kulturelle Leben direkt oder indirekt von den anwesenden Franzosen bestimmt und bereichert. Viele von ihnen erwarben Grundeigentum und wurden in die städtischen Vereine und Gesellschaften sowie in die Freundes- und Familienkreise der alteingesessenen Eliten aufgenommen.47 Dementsprechend facettenreich sind die deutsch-französischen Wechselbeziehungen und Symbiosen, die die Kulturtransferforschung in der rheinischen Alltagskultur aufspüren konnte. Sie werden an dieser Stelle nicht im Einzelnen wiedergegeben, überdauerten jedoch den Herrschaftswechsel und werden noch eine wichtige Rolle spielen.48 Weitere Gemeinsamkeiten und Vorlieben in der Literatur, Kunst und Dichtung hatten ihre Ursprünge im 18. Jahrhundert und wurden in den oberen sozialen Schichten weitertradiert. Die Stadt Koblenz verfügte beispielsweise über eine öffentliche Bibliothek, eine Lesegesellschaft und das 45 Ebd., S. 17–25. Zur Ausgangslage siehe ebd., S. 37–48, Krumme, Wende, S. 53–77, und ausführlich Müller, Herrschaft und Engelbrecht, Berg, der bei ebd., S. 215–235 auch die Reformen zusammenfasst. 46 Pabst, Kulturpolitik. Dieser Befund wird von den Ausführungen von Schmidt, Kulturtransfer über die Probleme in der Fest- und Verwaltungskultur und der These Severin-Barbouties, Düsseldorf, S. 87 f. gestützt, dass Düsseldorf „zwischen lokal und global“ oszillierte. Zur Bevölkerungsentwicklung vgl. Weidenhaupt, Zeit, S. 355 f. 47 Clemens, Diener, S. 89–93; dies./Clemens, Geschichte, S. 129 f. 48 Vgl. exemplarisch Lüsebrink/Reichhardt (Hgg.), Kulturtransfer und Kapitel III. 5.3.
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städtische Theater, in dem Schauspielgesellschaften sowie Besucherinnern und Besucher aus Frankreich gerngesehene Gäste waren. Die unter Kurfürst Clemens Wenzeslaus zelebrierte Musik- und Hofkultur nach französischem Vorbild blieb der Bevölkerung auch außerhalb der zahlreichen öffentlichen Fest- und Feiertage nicht verborgen. Im Jahr 1808 kamen das Musik-Institut, die Freimaurerloge und eine Casinogesellschaft hinzu, wohingegen die Bibliothek geplündert worden war.49 Ein im großen Stil betriebener Kunstraub zugunsten des französischen Zentralismus und dem im Aufbau befindlichen Louvre bildete die Kehrseite der kulturellen Integrationspolitik und führte zum Verlust bedeutender Inventare, Denkmäler und Kunstsammlungen.50 Die geheimen Séancen der Freimaurer hatten in Frankreich und in den Städten Aachen, Düsseldorf, Trier und Köln bereits eine lange Tradition. Sie galten als vertrauensvoller Treffpunkt auswärtiger Beamter, wohingegen die Casinogesellschaften die sozialen Wandlungsprozesse und die deutsch-französischen Beziehungen abbildeten. Bereits das Motto „Freiheit, Urbanität und Eintracht“, dem sich die 90 Gründungsmitglieder in Koblenz verschrieben, weckte unweigerlich Assoziationen mit den Grundsätzen des Herrschaftswechsels und vereinte die ihm nahestehenden Notabeln miteinander. Analog zum Logenwesen gehörte ein „antiständisch-egalitär geprägtes Zusammensein“51 zu ihren Leitmotiven, sodass in den Casinos von Koblenz und Aachen, in der Kölner „Société“ und in anderen kleineren Geselligkeitszirkeln soziale Rangunterschiede zugunsten der Idee staatsbürgerlicher Gleichheit in den Hintergrund rückten.52 Wirft man einen Blick in die Statuten dieser Gesellschaften, dann ließ sich dieses Ideal jedoch nicht verwirklichen. Neben dem Eintrittsgeld musste man zur Aufnahme von einem Mitglied vorgeschlagen und von zwei Dritteln einer bestimmten Anzahl anwesender Personen mittels Ballotage, d. h. in einer geheimen Abstimmung, als Mitglied angenommen werden. Es handelte sich demnach um exklusive Gemeinschaftsformen, die für die Mehrheit der Bevölkerung nicht zugänglich waren und in erster Linie die Netzwerke der Notabelngesellschaften reproduzierten und erweiterten.53 Außerhalb dieser Netzwerke konnte von Gleichheit nicht die Rede sein. Zwar hatte die französische Staatsbürgeridee die Ständegesellschaft symbolisch abgelöst, doch „[d]ie Kluft zwischen städtischem Großbürgertum und Handwerkerschaft hatte sich sogar noch erweitert.“54 Vor allem letztere sahen sich einer wachsenden Konkurrenz ausgesetzt und 49 Müller, Herrschaft, S. 45–47, vgl. Müller, Stadt, S. 392–394; Clemens, Trier; dies., Gründung; Müller, Aachen, S. 313 f.; Sobania, Bürgertum, S. 222–224; Kraus, Moderne, S. 310–326; Mettele, Bürgertum, S. 169–176; Müller, Köln, S. 258–266; Kapitel III. 2.4. 50 Vgl. Savoy, Kunstraub. 51 Clemens, Trier, S. 504. 52 Ebd.; Müller, Stadt, S. 308; Weichelt, Casino, S. 9–13 und S. 148 f.; Die Statuten der Koblenzer Loge sind bei Erlenmeyer, Gründung, S. 21–23 abgedruckt und besagen, dass die Loge sera ouverte à tout homme libre de sa personne et des ses actions recommandables par leur conduite et leurs moeurs. 53 Vgl. die Casino-Statuten, S. 38–41; Müller, Stadt, S. 307–311; Molitor, Untertan, S. 152; Clemens, Gründung, S. 262; Mettele, Bürgertum, S. 170 f.; ausführlich Hellmuth, Kulturgeschichte, S. 13–142. 54 Mettele, Bürgertum, S. 109.
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wünschten sich das protektionistische Zunftsystem zurück oder hielten im Geheimen daran fest. Die katholische Bevölkerungsmehrheit blieb in religiösen Denkmustern verhaftet, ignorierte die Einschränkungen in der öffentlichen Glaubenspraxis und lehnte die Trennung von Staat und Kirche ab.55 Zahlreiche Familien litten unter den Konskriptionen und verloren Söhne in den Koalitionskriegen, denen sich wohlhabende Wehrpflichtige durch die Entsendung von Stellvertretern entziehen konnten. Allein im Saar-Departement wurden zwischen 1801 und 1813 insgesamt 13.590 Männer zu den Waffen gerufen – ca. 4.300 (32 Prozent) desertierten.56 Doch die Mehrheit der Rheinländer brachte dem französischen Kaiser die geforderte Treue und der französischen Herrschaft eine gewisse Akzeptanz entgegen, weil sich ihre Praktikabilität und Legalität im Alltag bewährt hatte und sich von anderen, u. a. der preußischen, Herrschaftsordnungen abhob.57
2. Politische Partizipationsprinzipien in Preußen Für jede politische Institution gibt es zwei Bedingungen des Fortbestehens: Der Geist der sie durchdringt und die Form die sie umgiebt: Beide müssen wechselseitig und gemeinschaftlich das Ganze schützen und erhalten. Dies schließt Reformen nicht aus, da wo eine gereifte Erfahrung sie nothwendig erweist. Jedoch nur solche Reformen, die den lebendigen Organismus der Institutionen selbst, im Sinne jener Begründung freier entwickeln und die Formen verbessern die sie nach Außen schützen und erhalten sollen. 58 (Rede des Grafen Maximilian August von Loë im rheinischen Provinziallandtag, 1841)
Am 14. Oktober 1806 unterlag die preußische Armee den napoleonischen Truppen in der Schlacht bei Jena und Auerstedt. Anschließend verpflichtete der Friede von Tilsit den preußischen König Friedrich Wilhelm III. zur bedingungslosen Unterstützung der französischen Expansionspolitik. Er verlor fast die Hälfte seines Herrschaftsgebiets und verfiel in eine „Politik der Untätigkeit“59, die erst nach der Teilnahme am verlustreichen 55 Clemens, Transformationen, S. 76; Becker-Jákli, Protestanten, S. 98–100, Müller, Köln, S. 272 f. Zur sozialen Schichtung, die sich in Köln und Aachen durch die traditionelle Dominanz des Handwerks und eine bereits steigende Zahl von Lohnarbeitern auszeichnete vgl. ebd., S. 242–252 und S. 267–271; Mettele, Bürgertum, S. 26 f. und S. 109; Herres, Köln, S. 97–99; Erdmann, Aachen, S. 49 f.; Ebeling, Pöbel, S. 9–15 und S. 182–187; Lenger, Kleinbürgertum, S. 241; Für Trier und Koblenz vgl. Irsigler, Wirtschaftsgeschichte, S. 198–201 und Clemens, Immobilienhändler, S. 13–23. Nach Weidenhaupt, Zeit, S. 362 f., Müller, Herrschaft, S. 143–168 und Müller, Stadt, S. 186–193 und S. 273–277 ist das Übergewicht an Handwerkern und Dienstleistern in Koblenz und Düsseldorf auf den Residenzstatus zurückzuführen. 56 Schmitt, Armee, S. 246–251, vgl. Klinkhammer, Kontrolle, für Köln siehe Müller, Köln, S. 82–89. 57 Rowe, Rheinlande, S. 158, ähnlich Clemens, Diener, S. 96–98; Mahlerwein, Rheinhessen, S. 117–124; Weidenhaupt, Düsseldorf, S. 128; Müller, Köln, S. 410 f.; ders., Aachen, S. 322–324; Severin-Barboutie, Herrschaftspolitik, S. 289. Molitor, Untertan, S. 204–210 betrachtet das Konkordat mit dem Papst 1801 als ausschlaggebend. Zur Einschätzung vgl. Dipper, Einleitung; Rummel, Nachwirken; Owzar, Occupation, S. 74–77; Boudon, Conclusions und allgemein ders., Consulat, S. 147–150. 58 LHAK 403A 35 Bd. 2, Sitzung vom 12.7.1841. 59 Clark, Preußen, S. 401, ähnlich Carl, Rheinland, S. 101.
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Russlandfeldzug 1812 beendet wurde. Beim Sturz Napoleons in der Schlacht bei Leipzig 1813 war die Hohenzollern-Monarchie hochverschuldet, auf ihr Kerngebiet östlich der Elbe zusammengeschrumpft und stand keineswegs auf einer Stufe mit den übrigen siegreichen Großmächten des europäischen Kontinents. Auf dem Wiener Kongress 1815 konnte die preußische Delegation ihre Interessen nicht im vollen Umfang durchsetzen und erhielt statt der erhofften Annexion Sachsens nur Teile des sächsischen Königtums, der Regionen Vorpommerns, Westfalens und des Rheinlandes sowie die Schirmherrschaft über den Deutschen Bund gemeinsam mit Österreich.60 Trotz bzw. gerade wegen der in der Forschung oft als „Katastrophe von 1806/07“61 beschriebenen außen- und innenpolitischen Krise Preußens wurden zu Beginn des 19. Jahrhunderts umfangreiche Reformprojekte ins Leben gerufen. Ein kleiner Kreis preußischer Minister um Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr von und zum Stein und Staatskanzler Karl August von Hardenberg hatte sich das Ziel gesetzt, revolutionären Bestrebungen, wie sie in Frankreich vorgekommen waren, präventiv entgegenzuwirken und das Königreich im Osten der deutschsprachigen Gebiete den gesteigerten Anforderungen an ein modernes Staatswesen anzupassen. Dass der Verwaltungsordnung Frankreichs dabei eine nicht zu unterschätzende Vorbildfunktion zukam, gilt als gesichert und kann im nächsten Kapitel nachverfolgt werden.62 Unter dem Druck der napoleonischen Eroberungspolitik wurden als Erstes die Konflikte innerhalb des preußischen Beamtentums unterwandert, indem das Kabinettssystem durch eine Ministerialbehörde, d. h. eine zentrale Exekutive abgelöst und die Einteilung der Regierung in fünf Fachressorts mit je einem zuständigen Minister durchgesetzt wurde. Auf diese Art und Weise sollte der bürokratische Staatsapparat auf verbesserte arbeitsökonomische Grundpfeiler gestellt werden, um kollegial organisierte Arbeitsabläufe zu optimieren und von ineffizienten, historisch gewachsenen Überformungen zu befreien. Diese Prinzipien wurden 1815 auf die nachgeordneten Verwaltungsebenen übertragen. Dabei wurden die Oberpräsidenten als leitende Beamte zu „Sachverwalter[n] der Provinzinteressen“63, deren Handlungsspielräume zwar nicht mit jenen der franzö sischen Präfekten gleichgesetzt werden können, aber ähnlichen Maximen folgten. Daneben besaßen oder beanspruchten die Angehörigen der nachgeordneten Regierungen, die Regierungspräsidenten und -räte, Befugnisse, die über jene eines Unterpräfekten hinausgingen. Zudem spielte der Landrat als Regierungskommissar auf Kreisebene eine traditionell starke Rolle zwischen der mittleren und unteren staatlichen Ebene, wo wiede60 Vgl. Clark, Preußen, S. 333–399; Koselleck, Reform, S. 163–217; Miek, Preußen, S. 16–64. 61 Ebd., S. 19; Clark, Preußen, S. 333; Koselleck, Reform, S. 153. 62 Raphael, Recht, S. 51 f., Paulmann, Vorherrschaft, S. 317–319, vgl. grundlegend Holtz (Hg.), Krise und Koselleck, Reform, S. 153 f.; ders., Staat, S. 385 betont, dass die persönlichen Ziele der Reformer darin lagen, „von vorneherein, eine neue Gesellschaft nach ihrem Entwurf zu schaffen.“ Zu Stein und Hardenberg siehe exemplarisch Stamm-Kuhlmann, Reformer und ders., Bestandsaufnahme. 63 Schütz, Eingliederung, S. 209, vgl. Burg, Verwaltung, S. 27 und ausführlich Romeyk, Rheinprovinz, S. 61– 81; Hattenhauer, Geschichte, S. 47–53; Koselleck, Reform, S. 221–237.
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rum den Bürgermeistern und Gemeindevertretern in den Städten nach der Einführung der Steinschen Städteordnung eine enorme Eigenständigkeit attestiert werden kann.64 Des Weiteren wurden die innerbehördlichen Veränderungen von einer Umstruk turierung der preußischen Armee, dem Aufbau eines einheitlichen Bildungssystems und der für die Begleichung der Kriegsschulden notwendigen Neuorganisation der Staatsfinanzen begleitet. Außerdem sorgte am 9. Oktober 1807 das sogenannte Oktoberedikt für großes öffentliches Aufsehen. Es kündigte die Bauernbefreiung und somit eine grundlegende Umwälzung der ständischen Gesellschaftsordnung an. Dahinter stand weniger ein revolutionäres Gleichheitsideal als vielmehr der Gedanke, mit der freien Veräußerlichkeit des Eigentums und der Aufhebung der Gutsuntertänigkeit die Voraussetzungen für eine liberale Wirtschaftspolitik zu schaffen. Gemäß der Theorie des Nationalökonoms Adam Smith sollte die freie Entfaltung der Wirtschaft Preußen den Anschluss an die westeuropäischen Staaten garantieren. Die Frage, wie die Ablösung der bäuerlichen Pflichten und die Entschädigung der Gutsherren vonstattengehen sollte, blieb jedoch zunächst ungeklärt und wurde erst im Regulierungs- und Landeskulturedikt 1811, in einer weiteren Deklaration 1816 und im Ablöseedikt 1821 festgeschrieben. Diese Instruk tionen knüpften die Umwandlung von feudalem in privates Eigentum an zahlreiche Bedingungen und verkehrten die Agrarreform schließlich zum Vorteil der Gutsbesitzer. Im Ergebnis wurde die Gewerbefreiheit und mit ihr auch die prinzipielle Möglichkeit einer freien Berufswahl eingeführt und die proklamierte persönliche Freiheit der Bauern nicht zurückgenommen. Gleichzeitig blieben die Privilegien des Adels unangetastet, sodass die Patrimonialgerichtsbarkeit beibehalten und die rechtliche Gleichstellung der meisten Bauern verhindert wurde.65 Hierin treten die ambivalenten Grundprinzipien preußischer Politik im frühen 19. Jahrhundert und die feinen Unterschiede zur französischen Herrschaftsordnung zu Tage. Der provisorische, stets durch weitere Verordnungen veränderbare Charakter von Gesetzestexten und die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen in Bezug auf ihre Durchsetzungskraft prägte die letztlich unvollständige Umsetzung der ambitionierten Reformbemühungen sowie das Verhältnis des Staates zu seinen Provinzen in hohem Maße.66 Die politischen Partizipationsprinzipien zeichneten sich einerseits durch eine gewisse Flexibilität aus, die einen pragmatischen Umgang mit den auf dem Wiener Kongress 64 Zu den Reformen siehe grundlegend ebd., S. 155–216, vgl. zusammenfassend Boldt, Verfassungsgeschichte, S. 69–75; Neugebauer, Geschichte, S. 91–102; Kerautret, Histoire, S. 285–302; Clark, Preußen, S. 364–399; Raphael, Recht, S. 53–58; in Bezug auf die Verwaltungskultur siehe das nachfolgende Kapitel. 65 Vgl. grundlegend Wienfort, Patrimonialgerichte und Dipper, Bauernbefreiung. Die entsprechenden Instruktionen finden sich in: GS 1811, S. 281–299, GS 1816, S. 154–200 und GS 1821, S. 77–82. Miek, Preußen, S. 29–31 konstatiert: „Die Reformen endeten in Preußen dort, wo sie an die politische und soziale Substanz des Staates gerührt hätten: die gesellschaftliche Dominanz des Adels blieb ungebrochen.“ Zur Einschätzung vgl. Koselleck, Reform, S. 132–142 und S. 487–493; Boldt, Verfassungsgeschichte, S. 55 f. und S. 72 f. und Berding, Einordnung. 66 Raphael, Recht, S. 55; Cancik, Verwaltung, S. 16; Miek, Preußen, S. 26; Koselleck, Reform, S. 161; Boldt, Verfassungsgeschichte, S. 55 f.
Partizipationsebenen und Kommunikationsbarrieren im Verwaltungsalltag
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1815 neuerworbenen Gebieten auf dem linken Rheinufer erleichterte. Andererseits stand das Fehlen einer Verfassung der an Rhein und Mosel bestehenden „politischen Kultur oder ‚Mentalität‘ die von einer Abneigung gegen die willkürliche Ausübung von Macht geprägt war“67 fundamental entgegen.68
3. Partizipationsebenen und Kommunikationsbarrieren im Verwaltungsalltag Nachdem das Kollegium vollständig versammelt und so sehr geputzt erschienen war, daß nur wenige der anwesenden Fracks ein mehr als fünfjähriges Alter aufzuweisen hatten, die meisten vielmehr nur noch ein bis zwei Jahre hinter der Mode zurück waren, öffneten sich um 10 Uhr die Flügeltüren und herein traten der Oberpräsident der Rheinprovinz […] und dann hielt man Sitzung, d. h. man setzte sich und schwatzte. 69 (Brief von Otto an seinen Bruder Ludolf Camphausen über die Einführung des neuen Regierungspräsidenten, Trier 1842)
Das 19. Jahrhundert gilt gemeinhin als Geburtsstunde des modernen „Rechts- und Verwaltungsstaats“.70 Ungeachtet älterer, modernisierungstheoretischer Bewertungen der Bürokratie und ihres Einflusses auf die politischen Strukturen der ihr zugeordneten Territorien, steht außer Frage, dass die europäischen Verwaltungen im Laufe des Jahrhunderts umstrukturiert und ausgebaut wurden.71 Dabei hat Lutz Raphael eine routinierte Regelhaftigkeit und die zunehmende Schriftlichkeit innerhalb einer vorgeschriebenen Amtshierarchie zu den „Mindeststandards der reformierten Verwaltungspraxis“72 erklärt. „[E]in klar geordnetes System von Über- und Unterordnung“73, das den Dienstweg vorgab und der Standardisierung von Verwaltungsabläufen Bahn brach, wurde mit dem Präsidialmodell unter Napoleon im Jahr 1800 auf der Basis der seit 1790 bestehenden Verwaltungsgrenzen eingeführt. Diese umfassten 83 Departements in den französischen Kerngebieten und wurden sukzessive auf 50 annektierte Regionen ausgedehnt. Drei Verwaltungsebenen – Departements, Arrondissements und Kantone – bestimmten fortan den zentralistischen Staatsaufbau im Linksrheinischen und wurden erst zehn Jahre später auf die rechtsrheinischen Besitzungen übertragen.74 67 68 69 70 71
Rowe, Rheinlande, S. 143. Vgl. Kapitel III. Otto Camphausen am 22.8.1842 zit. n. Hansen, Briefe, S. 355. Raphael, Recht, S. 10. Ebd., S. 10–15 und S. 34–40. Eine vergleichende Zusammenfassung der Reformen in Preußen und Frankreich findet sich bei ebd., S. 53–61; Wunder, Beamtenreformen, S. 85–98; Burg, Verwaltung, S. 26–32; Boldt, Verfassungsgeschichte, S. 55–69. Zum Begriffsverständnis der Bürokratie vgl. Kapitel I. 1.2. 72 Raphael, Recht, S. 38. 73 Ebd. 74 Ebd., S. 44; Burg, Verwaltung, S. 21; Engelbrecht, Grundzüge, S. 84; Burdeau, Histoire, S. 50 f.; Boudon, Consulat, S. 101 f.; Francksen, Staatsrat, S. 98 f. Severin-Barboutie, Herrschaftspolitik, S. 126–133 und S. 147–151 erläutert die Veränderungen in Düsseldorf, wonach zunächst die preußisch-klevische
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Im Zuständigkeitsbereich der bergischen Hauptstadt Düsseldorf lag das RheinDepartement, das aus den Arrondissements Düsseldorf, Elberfeld, Mülheim und Essen gebildet wurde. Das benachbarte Rur-Departement umfasste die Arrondissements Aachen, Kleve, Köln und Krefeld. Im Süden schloss sich das Rhein-Mosel-Departement mit den Arrondissements Bonn, Koblenz und Simmern und das aus den Arrondissements Trier, Birkenfeld, Prüm und Saarbrücken bestehende Saar-Departement an. Das Donnersberg-Departement gliederte sich in die Arrondissements Mainz, Kaiserslautern, Speyer und Zweibrücken und wurde 1815 dem Großherzogtum Hessen-Darmstadt zugeschlagen, sodass es aus dem vorliegenden Untersuchungsraum und der weiteren Darstellung herausfällt. Auf der nachgeordneten Kantonsebene erfolgte eine Zusammenfassung kleinerer Verwaltungseinheiten, die als Samtgemeinden fortan von einem „Maire“ (Bürgermeister) und einer Munizipalversammlung in den Städten verwaltet wurden. Neben den Aufgaben der ehemaligen Magistrate übernahmen diese „Mairien“ (Bürgermeistereien) also auch die mit der Stadtverwaltung ohnehin zumeist verwobene Administration der umliegenden Dörfer. Die territoriale Neuordnung beachtete somit lokalspezifische Wechselbeziehungen und fußte auf rein pragmatischen Überlegungen und statistischen Kriterien. Diese waren zuvor durch Erkundungsreisen, Volkszählungen und empirische Studien der Präfekten und Fachverwaltungen erhoben worden und spiegeln die zunehmende Verwissenschaftlichung der Verwaltung wider. Umfangreiche Tabellen und Berichte wurden laufend aktualisiert und markierten den Beginn der Bevölkerungsstatistik im Rheinland.75 Daneben ging die Rationalisierung des Verwaltungsraums mit der Strukturierung behördeninterner Kommunikationsketten und der Schaffung neuer Kommunikationsräume einher. An der Spitze befand sich Paris, d. h. der Kaiser persönlich, der in der Hauptstadt von zehn bzw. elf ihm vertrauten Ministern und einem Staatssekretär (Secrétaire d’État) unterstützt wurde. Die départements ministériels umfassten die Außenund Innenpolitik (Département de l’Intérieur, Département des Relations extérieures), die Finanzen (Département des Finances, Département du Trésor impérial), die Justiz (Département du grand juge), die Polizei (Département de la Police générale), die Religion (Département des Cultes) sowie das Kriegs- und Kolonialwesen (Département de la Guerre, Département de l’Administration de la Guerre, Département de la Marine et des Colonies). Ein Wirtschaftsministerium (Département des Manufactures et du Commerce) kam 1811 hinzu. Die Minister und Napoleon standen in ständigem Kontakt
ezirkseinteilung übernommen wurde, bevor Napoleon am 18.12.1808 die Einführung des französiB schen Modells verfügte. 75 Raphael, Recht, S. 48; Rosanvallon, Staat, S. 29–31. Vgl. die Übersicht bei Schieder/Kube, Säkularisation, S. 137 und S. 142–147. Zu den Fachverwaltungen siehe Raphael, Recht, S. 89–92 und exemplarisch Müller, Stadt, S. 143 f. Zur Bildung der Kantone vgl. Ortlepp, Verwaltungsorganisation, S. 145–148, SeverinBarboutie, Herrschaftspolitik, S. 163–165 und S. 176–178 sowie Müller, Köln, S. 135 f., wobei vereinzelnd die Wünsche der Bevölkerung berücksichtigt wurden.
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mit den Präfekten in den Departements, die wiederum mit den Unterpräfekten in den Arrondissements korrespondierten.76 Das Amt des französischen Präfekten diente der Kontrolle der gesamten Lokalverwaltung. Als „l’interprète des vues du gouvernement“77 umfassten seine Aufgaben alle Bereiche des öffentlichen Lebens. Zeitgenössische und rückblickende Beobachter bescheinigen ihm daher „nahezu unumschränkte Macht nach unten“78 bei einer unumgänglichen Weisungsgebundenheit nach oben. Unterstützt und vertreten wurde der Präfekt von dem „secrétaire générale de préfecture“ (Präfektursekretär) und mehreren Angestellten. Dabei handelte es sich zumeist um ortskundige Notabeln wie Franz Joseph Reichensperger und Matthias Simon in Koblenz oder Johann Friedrich Jacobi und Gerhard von Lommessem in Aachen, die während der Abwesenheit ihrer Vorgesetzten vorübergehend die Geschicke der Departements leiteten und somit einen erheblichen Einfluss hatten. Die Präfekten selbst kamen hingegen ausnahmslos aus französischsprachigen Gebieten und blieben in der Regel drei bis fünf Jahre an ihrem Dienstort. Umgekehrt galt das Prinzip der Ortsunabhängigkeit auch für gebürtige Rheinländer, die eine Ausbildung im Staats- oder Justizdienst absolvierten und außerhalb ihrer Heimat zu Präfekten ernannt wurden wie zum Beispiel die Juristen Wilhelm Haw aus Trier und Karl Joseph Freiherr von Mylius aus Köln.79 Lediglich in Düsseldorf bildete das formal eigenständige, faktisch aber von Murat bzw. Napoleon abhängige Staatsministerium des Großherzogtums Berg, insbesondere Innenminister von Nesselrode-Reichenstein und Finanzminister Beugnot, die oberste Verwaltungsinstanz. Nach dem Beispiel der Pariser Oberbehörden wurde ihnen ein zehnköpfiger Staatsrat (Conseil d’État) als Beratungsgremium beigegeben, dem hauptsächlich die altständischen Eliten angehörten. Eine Präfektur unter der Leitung Friedrich Heinrich von Borckes folgte mit der Departementseinteilung und Munizipalisierung im Jahr 1808. Ab 1812 war ein Minister-Staatssekretär als kommunikative Schnittstelle für die bergischen Angelegenheiten in Paris verantwortlich.80 Präfekt Borcke war zuvor in Münster tätig gewesen und stellte als Vertreter eines preußischen Uradelsgeschlechts aus Pommern ein Beispiel für den preußischen Einfluss im Rechtsrheinischen sowie eine Ausnahme unter den französischen Präfekten dar. Seine Ablösung im Jahr 1812 76 Boudon, Consulat, S. 17 f. und S. 55–58; Rosanvallon, Staat, S. 80; Burdeau, Histoire, S. 74–76. 77 Boudon, Consulat, S. 27: „il diffuse dans son département non seulment les directives des ministres, mais aussi l’idéologie du régime.“ 78 Ortlepp, Verwaltungsorganisation, S. 139 f., vgl. Burdeau, Histoire, S. 83. 79 Vgl. ebd., S. 81–87; Burg, Verwaltung, S. 25 und für die einzelnen Städte Graumann, Verwaltung, S. 48–50; Müller, Stadt, S. 286–290, Westholt, Lezay-Marnésia, S. 117–119, Müller, Aachen, S. 316, Sobania, Bürgertum, S. 218 f.; Kraus, Moderne, S. 174–176, ders., Aachen, S. 188–196. Zu den Karrierechancen siehe Severin-Barboutie, Herrschaftspolitik, S. 152 f. und Haase, Haw, S. 89–95 sowie allgemein Clemens, Diener, S. 93–102, dies., Verwaltungseliten, S. 80 und das nachfolgende Kapitel. 80 Vgl. Lau, Geschichte, S. 85–87; Francksen, Staatsrat, S. 23–34 und S. 105–116; ausführlich Severin-Barboutie, Herrschaftspolitik, S. 85–163, die dem Finanzminister bei ebd., S. 98 die höchste Entscheidungsgewalt beimisst. Beugnots Vorgänger war von 1806 bis 1808 ein Vertrauter Murats, Jean Antoine Michel Agar.
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durch Franz Anton Reichsgraf von Spee untermauert die Unterschiede der bergischen Verwaltungspraxis gegenüber der napoleonischen Personalpolitik im Linksrheinischen. Denn Spee bekleidete seit 1805 ein bergisches Geheimrats-, dann ein Provinzialratsamt und gehörte – ebenso wie der für die Personalpolitik mitverantwortliche Innenminister von Nesselrode-Reichenstein – dem ortansässigen Adel an, der seit Jahrhunderten in die lokalen Herrschaftsstrukturen integriert war.81 Demgegenüber traten die Präfekten der anderen Untersuchungsstädte als französische Repräsentanten des Kaisers auf, dessen Interessen sie weitgehend losgelöst von bestehenden Machtverhältnissen vertreten und mit umfangreichen Handlungsspielräumen durchsetzen konnten. Sie taten dies mit unterschiedlichem Erfolg und unter Zuhilfenahme verschiedener Kommunikations- und Verwaltungspraktiken. In der Konsequenz war die Durchsetzung der französischen Herrschaftspolitik stets von der Persönlichkeit, dem Engagement und dem öffentlichen Auftreten eines Einzelnen abhängig und konnte entweder – zum Beispiel in Koblenz – zu einer breiten Akzeptanz des bürokratischen Systems führen oder aber – wie zeitweise in Aachen – zum Gegenteil verleiten. Einigen Präfekten wurde mangelnde Rücksichtnahme, fehlende Kooperationsbereitschaft und nur wenig Interesse an ihrem Verwaltungsgebiet vorgeworfen. Andere konnten sich das Vertrauen der Bevölkerung sichern und zu langfristigen Verbesserungen der städtischen Lebensverhältnisse beitragen.82 So wurde Adrien Lezay-Marnésia in Koblenz große öffentliche Anerkennung und ein fester Platz in der Erinnerungskultur zuteil, weil er infrastrukturelle, gesundheitspolitische und wirtschaftliche Verbesserungen auf den Weg brachte. Dabei trat er in den Kontakt mit den Menschen vor Ort, gab zweimal wöchentlich ein zweisprachiges Informationsblatt heraus und wurde zum Ehrenmitglied der lokalen Gesellschaften ernannt. In der Rückschau verdeutlicht seine nur dreijährige Amtszeit zwischen 1807 und 1810 die personelle Verankerung der napoleonischen Herrschaftsordnung und die Relevanz der öffentlichen Verwaltungskommunikation für die Akzeptanz dieser Ordnung.83 Claudie Paye hat am Beispiel des Königreichs Westphalen herausgearbeitet, dass sich die Kommunikation innerhalb und außerhalb des Verwaltungsalltags weitaus unkomplizierter gestaltete, als es die Sprachbarriere zwischen Deutsch und Französisch vermuten lässt. Ihre Ausführungen zur gemäßigten französischen Sprachpolitik und ihrer alltäglichen Aneignung innerhalb einer vielseitigen Kommunikations- und Inter81 Vgl. ebd., S. 129–131, S. 153–163 und dies., Düsseldorf, S. 76–78. Zu Borcke vgl. Francksen, Staatsrat, S. 230 f. Zu Spee siehe Schmitz, Verlegenheiten und Teil III. 82 Burdeau, Histoire, S. 85. Nach Fahrmeir, Persönlichkeiten, S. 216 f. galt die persönliche Verantwortlichkeit auch für die Verwaltungskultur in Großbritannien. 83 Raphael, Sprache, S. 190–192. Lezay-Marnésia verstand sich selbst nach Westholt, Lezay-Marnésia, S. 107 als „Vater des Departements“, während sein Nachfolger Jean Marie Thérèse Doazan nach ebd., S. 192 weniger engagiert und daher unbeliebt war. Zu seinem konkreten Amtshandeln und den genannten Verbesserungen siehe Jägers, Präfekt. Ein weiteres Beispiel ist der Aachener Präfekt Alexandre Méchin, der von 1802 bis 1804 ein Spitzelsystem im Rur-Departement etablierte, das von seinem Nachfolger Jean Charles Joseph de Laumond beendet wurde, vgl. hierzu Kraus, Aachen, S. 187–197.
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aktionskultur stimmen mit den konsultierten Verwaltungsakten und der einschlägigen Forschung zu den linksrheinischen Departements überein, in denen Sprachprobleme nur selten thematisiert werden.84 Konkret wurde die französische Amtssprache der Bevölkerung durch zweisprachige Informationsmedien und Übersetzungen zugänglich gemacht und den als Übersetzer fungierenden, einheimischen Lokalbeamten durch standardisierte Kommunikationsweisen und vorgefertigte Formblätter näher gebracht. In ehemaligen Grenz-, Kur-, Residenz- und Handelsstädten – d. h. in allen Untersuchungsstädten – konnten sie dabei auf private Sprachfertigkeiten zurückgreifen, die sie vor 1794 erlernt und im Umgang mit den anwesenden französischen Nachbarn eingeübt hatten. Umgekehrt wurden zahlreichen gebürtigen Franzosen Deutschkenntnisse bescheinigt, die den Verwaltungsalltag erleichterten und mündliche Verständigungen möglich machten. Zudem ließen sich leicht „Adhok-Dolmetscher“85 oder „unerwartete bzw. außergewöhnliche Zweisprachige finden, die ihre französischen Sprachkenntnisse nicht über die üblichen Bildungswege oder familiären Umstände erworben hatten“86, wenngleich diese mit der Ausbildung im Justiz- und Verwaltungsdienst die Weichen für eine professionelle Zweisprachigkeit stellten. Maires, die bei repräsentativen Anlässen dennoch kein Französisch sprachen, weckten den Unmut des Kaisers – Fälle, in denen mangelnde Französischkenntnisse zu eklatanten Fehlern und Konflikten im Verwaltungsalltag führten, sind indes nicht überliefert. Vielmehr ist von einer allgemeinen Sensibilität für Verständigungsprobleme und einer erhöhten Kooperationsbereitschaft auszugehen. Kommunikationsbarrieren kamen der Verwaltungspraxis immer dann zugute, wenn französische Staatsdiener sie mit klaren, unmissverständlichen Anweisungen und einer verstärkten öffentlichen Kommunikationsbereitschaft nach außen zu verringern versuchten. Vor diesem Hintergrund gewann die Verwaltungssprache als „Ausdruck der politischen Kultur und der Verwaltungskultur“87 durch den anschließenden Vergleich mit den preußischen Kommunikationsgewohnheiten eine symbolpolitische Bedeutung, die in Teil III. aufgegriffen wird.88 Für die französische Herrschaftsphase legen die Verwaltungsakten den Schluss nahe, dass das Lesen französischer Instruktionen, das Abfassen von Schriftstücken und die Protokollführung während mündlicher Verhandlungen den Amtsträgern auf der unteren Verwaltungsebene keine Probleme bereitete, zumal sie oftmals von bilingualen Schreibern unterstützt wurden. Im administrativen und sozialen Miteinander herrschte also ein pragmatischer Umgang mit der Sprachenfrage, der in der Führung der Zivilstandsregister exemplarisch zum Ausdruck kommt. Die neuartige, standardisierte Dokumentation der Eheschließungen, Geburten- und Sterbefälle wechselte in Koblenz beispielsweise von der Muttersprache der Heiratswilligen über die bevorzugte Schriftsprache 84 85 86 87 88
Paye, Kommunikation. Ebd., S. 153–155. Nach ebd., S. 513 gab es im Alltag sogar „analphabetische Mehrsprachige, die als Dolmetscher auftraten.“ Becker, Sprachvollzug, S. 26 f. Vgl. ders., Geschichte, S. 230 f., Raphael, Sprache, S. 200–205 und Teil III.
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des zuständigen Zivilstandsbeamten hin zu gedruckten Formblättern auf Deutsch und wieder zurück zu geschriebenem Französisch. Da sich die mündliche Kommunikation generell nach der Sprache der anwesenden Sprecherinnen und Sprecher richtete, konnten nicht nur Eheschließungen, sondern auch Munizipal- und Gerichtsverhandlungen auf Deutsch geführt und auf Französisch protokolliert werden. Im Großherzogtum Berg geben die überaus wenigen, deutschsprachigen Protokolle der Munizipalratssitzungen zu erkennen, dass man den Lokalbeamten dort mit einer eigenen Kommunalordnung vom 27. Oktober 1806 administrativ und kommunikativ besonders stark entgegen kam.89 Im Gegensatz zu den 20 Munizipalräten von Düsseldorf dokumentierten die 30 Repräsentanten der Städte Aachen, Köln, Koblenz und Trier ihre Gespräche weisungsgemäß auf Französisch. Bisweilen trafen sie sich dazu weitaus öfter, als es die im Linksrheinischen gültige Munizipalordnung vom 17. Februar 1800 (28. Pluviôse Jahr VIII.) vorschrieb. Statt die Verwaltungsgeschäfte dem Maire zu überlassen und ihm nur einmal im Jahr oder auf Weisung des Präfekten im Rahmen einer sechswöchigen Sitzung beratend zur Seite zu stehen, wurde in den Rathäusern von Köln und Koblenz mehrmals im Monat über die anfallenden Aufgaben verhandelt. In Köln entsprach diese Missachtung der Gesetzesgrundlage der reichstädtischen Gewohnheit, die zahlreiche Munizipalräte selbst erlebt hatten. In Koblenz lässt sie sich mit dem Engagement aufstrebender Notabeln begründen, die erstmals einen Sitz in der Kommunalversammlung erhielten. Diese vergleichsweise große Partizipationsbereitschaft kam den übergeordneten Behörden und der reibungslosen Einführung der Herrschaftsordnung entgegen und wurde nicht beanstandet. Sie lässt sich in Aachen nicht nachweisen und kann mit den vorangegangenen Konflikten der reichstädtischen Parteien und einer eher lockeren Amtsführung der Maires begründet werden. Glaubt man den überlieferten Verwaltungsakten, dann produzierte vor allem Tuchfabrikant Cornelius von Guaita in seiner mehr als zehnjährigen Amtszeit nur einen Bruchteil des Verwaltungsschrifttums, das der Trierer Maire Anton Joseph Recking von 1800 bis 1817 hinterließ.90 Die kommunalpolitischen Unterschiede im Verwaltungsalltag werden in Teil III. ausführlich behandelt und beruhten auf dem patriarchalischen Zug des Präsidialmodells, das dem Bürgermeister eine mit dem Präfekten vergleichbare Fürsorgepflicht auferlegte und unterschiedlich ausgefüllt wurde. Daneben weisen sie auf den Konsolidierungsfaktor der französischen Verwaltungsordnung und die Bedeutung ihrer lokalen Träger mitsamt deren stadtspezifischen Gewohnheiten hin und relativieren ältere Forschungsmeinungen 89 StAD 9008, wobei die Sitzung vom 24.5.1809 eine Ausnahme darstellt, vgl. Kraus, Aachen, S. 149 und Severin-Barboutie, Herrschaftspolitik, S. 133 und S. 182–201, wonach zunächst an preußischen Begriffen festgehalten wurde und sich bei der Einführung der Munizipalitäten ab 1808 große Probleme ergaben. Für Koblenz siehe StAK 656 45, Zivilstandsregister für die Jahre VII bis X, 1803–1813. Weitere eher beiläufige Hinweise zum Umgang mit der Sprachenfrage in den fünf Untersuchungsstädten liefern Rowe, Reich, S. 121, Clemens, Verwaltungseliten, S. 72 f.; Engelbrecht, Grundzüge, S. 84; Grilli, Konzeptionen, S. 265–267; Andreae, Friedensgericht, S. 56; Westholt, Lezay-Marnésia, S. 142; Prößler/Prößler, Wein, S. 41; Kramp, Napoleon, S. 23 f.; Poll, Reiman, S. 297; Müller, Köln, S. 134 f. 90 Vgl. Kapitel III. 1.1 und 2.1.
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zur Bedeutungslosigkeit des französischen Munizipalmodells.91 Zwar stand die rechtliche Einengung des Munizipalrats weit hinter den Kompetenzen der preußischen Stadtverordneten zurück, doch ergaben sich auch aus der Umsetzung des Präsidialmodells weitreichende Handlungschancen, die in allen Untersuchungsstädten ergriffen wurden.92 Selbst Reckings außerordentliche Selbstständigkeit schloss eine produktive Zusammenarbeit mit den Munizipalräten von Trier bei wichtigen Themen nicht aus und ist umso erstaunlicher, als dass er ein Ehrenamt innehatte, für das es nur eine ungesicherte Entschädigung in Höhe von 50 Centime pro 500 Einwohner gab. Aus diesem Grund handelte es sich bei den unter Napoleon ernannten Gemeindevorstehern ausnahmslos um wohlhabende Männer, die über ausreichend Zeit, die notwendigen Finanzmittel und eine gewisse Reputation innerhalb der Stadtgesellschaften verfügten. Letzteres war zwingend notwendig, weil der Maire gleichermaßen als Ausführungsorgan der übergeordneten Behörden, Repräsentant der Bevölkerung und Polizeidirektor fungierte. Als von Napoleon ernannter Staatsdiener trug er dabei eine Uniform, die seine Disziplinargewalt und die französische Staatszugehörigkeit im öffentlichen Raum symbolisierte und einzig in Düsseldorf mehrmals geändert wurde. Die durch Uniformität geförderte Gruppenzugehörigkeit war im Linksrheinischen demnach stetst präsent, im Rechtsrheinischen hingegen nur bedingt gegeben.93 Eine weitere Vermittlungsposition fiel den Friedensrichtern zu. Sie waren für die niedere Gerichtsbarkeit zuständig und schritten in zivil- und polizeigerichtlichen Streitigkeiten ein. Ungelöste Konflikte gingen an die Gerichte erster Instanz, die in den Hauptorten der Arrondissements eingerichtet wurden. An den jährlichen, in der Zeitung veröffentlichten Assisen, d. h. den Verhandlungen schwerer Straftaten, waren drei Richter und zwölf Geschworene an den Kriminalgerichten der Departementshauptorte beteiligt. Ihre Urteilssprüche wurden durch die zum Publikum versammelte Öffentlichkeit nachvollziehbar und verliehen dem Rechtswesen eine neue öffentliche Brisanz und eine noch zu thematisierende politische Relevanz. Anschließend war der Rekurs am Trierer bzw. Düsseldorfer Appellationsgericht, dann am Pariser Kassationsgerichtshof möglich.94 Die Ausrichtung des Justizwesens an der Verwaltungsordnung entsprach den zeitgenössischen Reformforderungen nach einer strikteren Trennung von Justiz und Verwaltung und war in anderen Territorien des europäischen Kontinents nicht gegeben. Das in Preußen seit 91 Exemplarisch Droste, Selbstverwaltung, S. 15. Die Munizipalordnung wird bei Saldern, Selbstverwaltung daher zu Unrecht übergangen. 92 Vgl. Graumann, Verwaltung, S. 73 f. und S. 89–92; Müller, Stadt, S. 131–142; Rowe, Reich, S. 101–103 und Kapitel III. 2.1. Nach Severin-Barboutie, Herrschaftspolitik, S. 133–137 und S. 148–168 waren die „Nischen inoffizieller Partizipation“ in Düsseldorf gering. 93 Molitor, Untertan, S. 63 f.; Ortlepp, Verwaltungsorganisation, S. 145–148; Engelbrecht, Grundzüge, S. 85 und Koltes, Rheinland, S. 151 f. Zu den Uniformen vgl. Severin-Barboutie, Herrschaftspolitik, S. 96 f. und S. 127 f. und S. 151 und grundlegend Hackspiel-Mikosch/Haas, Ziviluniformen sowie Haas, Kultur, S. 447 f. 94 Raphael, Sprache, S. 190 f. Zum Justizwesen und seiner Umsetzung vor Ort vgl. Graumann, Verwaltung, S. 153–204, Müller, Stadt, S. 145 f. und allgemein Klinkhammer, Rolle.
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1794 bestehende „Allgemeine Landrecht“ gewährte keinerlei verbindliche Rechtssicherheit und stand sowohl hinter ortsspezifischen Traditionen als auch hinter der Verwaltung zurück. Geheime Verhandlungen, diverse Sondergerichte, zivilgesetzliche Grauzonen und die Versetzbarkeit der Richter führten zu Intransparenz und Ineffizienz.95 Im französischen Kaiserreich übernahm ein Generalprokurator am öffentlichen Ministerium in Anlehnung an die revolutionäre Idee des öffentlichen Anklägers die Funktion eines unabhängigen Staatsanwaltes, der die Oberaufsicht über die Gerichte führte und einzig und allein dem Gesetz verpflichtet war. Für die Verwaltungsgerichtsbarkeit war ein drei- bis fünfköpfiger Präfekturrat (Conseil de la préfecture) zuständig, der an den Departementshauptorten sowohl aus einheimischen Notabeln als auch aus gebürtigen Franzosen gebildet und durch Napoleon erneuert wurde. Zu seinen Aufgaben gehörten insbesondere Entscheidungen in öffentlichen Rechtskonflikten, die die Steuer-, Immobilien- und Güterverwaltung tangierten. Des Weiteren legten die drei Notabeln die Höhe der Steuern innerhalb des gesetzlichen Rahmens fest, die ab 1804 über zwei weitere Ratsgremien auf den nachgeordneten Verwaltungsebenen aufgeteilt wurden.96 Der „Conseil général du département“ (Departementsrat) versammelte 16 bis 24 für 15 Jahre ernannte Notabeln aus den linksrheinischen Departements zwecks Steuerfestlegung und -aufteilung, Budgetierung und Beratung. Außerdem war es dem Departements rat ausdrücklich gestattet, son opinion sur l’état et les besoins du département kundzutun et l’adresse à son excellence le Ministre de l’intérieur. 97 Er konnte somit direkt mit der Pariser Zentrale in Kontakt treten und die Interessen der Bevölkerung vertreten. Zur Verteilung der direkten Steuerabgaben, der Kontrolle der Gemeindeausgaben und der Durchführung der Militäraushebungen tagte ein weiterer, elfköpfiger Bezirksrat, der „Conseil de l’arrondissement“. Beide Notabelnversammlungen kamen durch ein indirektes Wahlsystem zustande und nacheinander einmal im Jahr für ca. 14 Tage in Aachen, Koblenz und Trier zusammen. Sie wählten ihrerseits die Kandidaten für zentrale Justiz- und Verwaltungsstellen und hatten somit einen beratenden Einfluss auf die napoleonische Personal- und Finanzpolitik in Paris.98 95 Hodenberg, Partei, S. 88–92; Burg, Verwaltung, S. 115–123; Raphael, Recht, S. 54–57, vgl. ausführlich Koselleck, Reform, S. 23–149. 96 Vgl. Burdeau, Histoire, S. 90 f.; Burg, Verwaltung, S. 24–26; Ortlepp; Verwaltungsorganisation, S. 141; Graumann, Verwaltung, S. 59–62. 97 Pluvoise Gesetz Art. VI., abgedruckt im Handbuch für die Bewohner des Rhein- und Mosel-Departements, S. 21. 98 Die Liste der Ratsmitglieder in Koblenz findet sich bei ebd., S. 19 und unter LHAK 256 125, Bl. 48–54. Vgl. die Zusammensetzung in Aachen, Köln und Krefeld und die zahlreichen Tätigkeiten dargestellt bei Graumann, Verwaltung, S. 62–72 und S. 114 f. Nach Ortlepp, Verwaltungsorganisation, S. 142 war vor allem der Departementsrat ein „beratendes und entscheidendes Gremium.“ Diefendorf, Businessmen, S. 98–102 kommt zu einem ähnlichen Ergebnis für das Rur-Departement und weist darauf hin, dass „it helped to represent the public opinion […] it dealt with wide-ranging affairs of state.“ Vgl. auch Burdeau, Histoire, S. 87–89 und Burg, Verwaltung, S. 143 f., der ihnen den Einfluss hingegen weitgehend abspricht.
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In der französischen Hauptstadt stellte der Senat das oberste parlamentarische Organ dar. Ihm gehörten sechs neu geschaffene Erzämter (Grandes Dignités) und 80 Repräsentanten der Bevölkerung sowie weitere von Napoleon mit der Senatorenwürde ausgestattete Personen an. Unter dem Vorsitz des Kaisers verabschiedete der Senat Gesetze, die zuvor im Conseil d’État (Staatsrat) und im gesetzgebenden Körper (Corps legislativ) besprochen wurden. Die auf Lebzeit ernannten Staatsräte tagten ebenfalls unter dem Vorsitz des Kaisers und erhielten eine beratende Stimme bei projets de lois ou les réglements d’administration publique. 99 Als orateurs du Conseil d’État nahmen Vertreter des Staatsrats außerdem an den Sitzungen des „corps legislativ“ teil.100 Der gesetzgebende Körper bestand aus 300 für fünf Jahre ernannten Repräsentanten der Bevölkerung und sollte die revolutionäre Idee der Volksbeteiligung aufrechterhalten. Für ihre Beratungen erhielten sie bis 1807 die Unterstützung eines Tribunats, das ebenfalls aus indirekt gewählten Volksvertretern bestand und 1807 aufgelöst wurde. Analog dazu betrachtete Napoleon den bergischen Staatsrat als une sorte de representation du pays und das Großherzogtum Berg somit nicht als integralen Bestandteil Frankreichs.101 Es blieb von den parlamentarischen Beteiligungsformen in der französischen Hauptstadt ausgeschlossen.102 Diese Räte wurden im Linksrheinischen alle drei bzw. fünf Jahre auf Vorschlag zweier Wahlkollegien zu je einem Drittel erneuert und konnten durch Napoleon um je zehn Personen ergänzt werden. Die Bezirkswahlkollegien (Collège électoral de l’arrondissement) setzten sich aus bis zu 200 Wahlmännern innerhalb des Arrondissements zusammen und wurden von der Kantonalversammlung mit je einer Person pro 500 Einwohner beschickt. In den Departementswahlkollegien (Collège électoral du departement) saßen bis zu 300 Wahlmänner aus den 600 Höchstbesteuerten, die jeweils 1.000 Departementseinwohner repräsentierten und den Departementsrat aus den 30 Höchstbesteuerten ergänzten. Neben der Neubesetzung der Räte konnten die Arrondissementswahlkollegien jeweils zwei Bürger für vakante Stellen im „corps legislativ“ und im Tribunat, die Departementswahlkollegien zudem für den Pariser Senat nominieren.103 Mit den Kantonalversammlungen wurde allen freien männlichen Bürgern, die das 21. Lebensjahr erreicht hatten, am 16. Thermidor Jahr X (4. August 1802) das Grundrecht auf eine begrenzte politische Beteiligung zugesprochen. Tausende Männer konnten so Personalvorschläge für das Amt des Friedensrichters und der Munizipalräte aus den 100 Höchstbesteuerten machen und über die zu wählenden Bezirks- und Departementswahlkollegien bei der Zusammensetzung der Arrondissement- und Departementräte mit99 100 101 102
Konsulatsverfassung vom 28. Floréal Jahr XII. (18.5.1804), Artikel 75. Ebd., Artikel 82. Napoleon zit. n. Severin-Barboutie, Herrschaftspolitik, S. 113 f. Vgl. ebd., S. 134, S. 151 und S. 165–178, wonach die Arrondissements- und Departementsräte formal 1809 von Napoleon ernannt, die Munizipalräte von den Mittelbehörden in Vorschlag gebracht und vom Innenminister eingesetzt wurden. Zur Konsulatsverfassung siehe Boudon, Consulat, S. 14–20. 103 Ebd., S. 42–46; Diefendorf, Businessmen, S. 101 f.; Ortlepp, Verwaltungsorganisation, S. 145; ausführlich Graumann, Verwaltung, S. 96–102.
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wirken. In Koblenz erklärten die Munizipalitäten bei der erstmaligen Einberufung der Versammlungen im Jahr 1803 ca. 2.000 Personen, in Aachen 5.692 Personen und im gesamten Arrondissement Köln 35.599 Personen für wahlberechtigt. In den höchsten Repräsentativorganen in Paris saßen Vertreter des lokalen Adels und der aufstrebenden Kaufmannschaft wie zum Beispiel Joseph Franz Fürst und Altgraf zu Salm-Reifferscheidt-Dyck für das RurDepartement und Christoph Philipp Nell für das Saar-Departement nebeneinander.104 Als „einzige Möglichkeit überhaupt, in bis dahin unbekanntem Maße aktiv am politischen Geschehen zu partizipieren“105 schufen die öffentlichen Wahlversammlungen ein neues politisches Bewusstsein, auf das Sabine Graumann bereits hingewiesen hat. Gemessen an ihren Befugnissen wurde den parlamentarischen „Scheininstitutionen“106 allerdings kaum Bedeutung beigemessen. Das vernichtende Urteil der Historiografie widersprach jedoch dem Eindruck der Zeitgenossen und der politischen Bedeutung, die den Präfektur-, Departement- und Arrondissementräten zugesprochen wurde. Es kann mit Blick auf die preußische Herrschaftsphase und die Ausführungen in Teil III. relativiert werden, da die französischen Ratsgremien eine wichtige Eigenschaft erfüllten, die verwaltungswissenschaftlichen Reformgedanken zu eigen war: „Die Unterwerfung der Verwaltung unter Recht und Gesetz setzte voraus, daß die Rechtmäßigkeit ihres Handelns auch geprüft werden konnte.“107 Nach der Übernahme der linksrheinischen Gebiete durch Preußen sollte sich diese Kontrollfunktion außerhalb des Verwaltungsapparats in Verbindung mit dem Justizwesen zu einem entscheidenden Kriterium entwickeln, an dem die Herrschaftsordnungen gemessen und miteinander verglichen wurden.108 Die preußische Verwaltungsordnung wurde mit der Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzialbehörden vom 30. April 1815 auf neue Grundpfeiler gestellt und in Provinzen, Kreise, Stadt- und Landgemeinden aufgeteilt. Da sich die dreigliedrige Raumeinteilung für die schriftliche Weitergabe von Informationen und die Umsetzung von Aufgaben als überaus effektiv erwiesen hatte, wurde sie im Rheinland beibehalten und auf die übrigen Provinzen des preußischen Königsreichs übertragen. Die Arrondissements Köln, Düsseldorf und Kleve wurden als Regierungsbezirke zur Provinz Jülich-KleveBerg und die Arrondissements Koblenz, Trier und Aachen zur Provinz Großherzogtum Niederrhein zusammengefasst.109 Gleichzeitig blieben die diesen Verwaltungsraum strukturierenden Kommunikationsketten unvollständig, indem König Wilhelm III. das 104 Vgl. die Protokolle der Kantonalversammlungen in Koblenz unter LHAK 256, 6, Bl. 38–85 und die Ergebnisse im Handbuch, S. 13–16. Vgl. Sobania, Bürgertum, S. 213 und Graumann, Verwaltung, S. 93–96 für das Rur-Departement. 105 Ebd., S. 101. 106 Ebd., vgl. Fehrenbach, Reformen, S. 296 und S. 311 f., Diefendorf, Businessmen, S. 97 f., Burg, Verwaltung, S. 24–26, Müller, Stadt, S. 142 und Rowe, Reich, S. 109–114. 107 Raphael, Recht, S. 37. 108 Vgl. Kapitel III. 109 Zur Verwaltungsgeografie siehe das gleichnamige Kapitel bei Burg, Verwaltung, S. 39–49, vgl. Koltes, Rheinland, S. 67–102 und Bär, Behördenverfassung, S. 124–133.
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im „Allgemeinen Landrecht“ festgeschriebene Kollegialitätsprinzip als Form, welche Achtung für die Verfassung, Gleichförmigkeit des Verfahrens, Liberalität und Unparteilichkeit bestätigte.110 Damit widersprachen die Prinzipien der Verwaltungskommunikation der Verwaltungsordnung, indem die Behördenhierarchie nicht auf einer Kommunikationshierarchie basierte.111 Eine unmittelbare Folge war, dass sich für das neue Amt des Oberpräsidenten an der Spitze der Provinzverwaltungen keine klaren Zuständigkeiten finden ließen, da Entscheidungen in Preußen unter dem Vorsitz des für den jeweiligen Fachbereich zuständigen Ministers kollegial, d. h. im Gremium getroffen wurden. Während Napoleon dem Präfekt mit dem Pluvoise-Gesetz unmissverständlich die alleinige Verantwortung übertragen hatte, wurden Verantwortlichkeiten in Preußen aufgeteilt. Die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung sollte durch diese Aufteilung und die gegenseitige Kontrolle der Verwaltungsbeamten selbst gewährleistet sein.112 Die Kollegialität galt auf der obersten Ebene der Ministerien in Berlin und in den Provinzen, wo sie weitreichende Konsequenzen für die administrative Alltagspraxis nach sich zog. Erstens bestimmte sie die behördeninternen Arbeitsabläufe und lässt sich im Verwaltungsschrifttum nachverfolgen, indem Berichte und Gutachten kollektiv verfasst und unterschrieben oder gegenseitig korrigiert, abgezeichnet und weitergeleitet wurden. Dadurch wurden Sachfehler vermieden und das Wissen mehrerer Personen gebündelt und erweitert. Für die Professionalisierung der Verwaltung und die Etablierung routinierter Verfahrensregeln hatte dies auf der einen Seite den Vorteil, dass Vorgänge aufeinander abgestimmt, archiviert und bei Bedarf wieder konsultiert werden konnten. Auf der anderen Seite artete die Kollegialität mit den Worten Reinhard Kosellecks „– auf dem Umweg über die Schriftlichkeit – allzu sehr in eine ständige gegenseitige Belehrung aus“113 und verlängerte die Kommunikationswege. Insofern wirkte die zunehmende Schriftlichkeit der Rationalisierung der Verwaltung entgegen, da sie mit einem enormen Arbeitsaufwand verbunden war. Aus verwaltungswissenschaftlicher Perspektive führte das durchaus fortschrittliche Leitbild kollegialer „Kontrolle, Kooperation/ Koordination und Assistenz“114 also nicht immer zum Ziel. Eine Arbeitsatmosphäre, die durch gegenseitige Kontrollmechanismen und wechselseitige Abhängigkeiten geprägt war, brachte zweitens einen überaus exklusiven Beamtenhabitus hervor, der die preußischen Regierungsräte von den französischen Verwaltungsbeamten unterschied und außenstehenden, rheinischen Bewerbern den Eintritt in den Staatsdienst unter preußischem 110 GS 1815, S. 85, vgl. S. 90 Paragraph 27. Nach Hattenhauer, Geschichte, S. 220 war die Kollegialität „das Sakrament der Verwaltung“. 111 Vgl. Haas, Kultur, S. 195 f. Zur Stellung des Oberpräsidenten vgl. ebd., S. 258–260, Koselleck, Reform, S. 220–237, Bär, Behördenverfassung, S. 134–153; Romeyk, Rheinprovinz, S. 61–81 sowie Kapitel III. 1.4. und 3.2. 112 Haas, Kultur, 185–201; Burg, Verwaltung, S. 147 f., Koselleck, Reform, S. 238 und S. 280. Zur Kontrollfunktion im französischen Verwaltungsalltag siehe exemplarisch Müller, Stadt, S. 148 f. und allgemein Boudon, Consulat, S. 55 f. 113 Koselleck, Staat, S. 393. 114 Collin, Organisation, S. 345, vgl. Kapitel I.1.3.
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Zepter erschwerte. Außerhalb des Kollegiums, d. h. bei den nachgeordneten Amtsträgern und in der Bevölkerung, sorgten schriftliche Kollektiventscheidungen innerhalb des Regierungskollegiums drittens für Unsicherheit. Viertens rief die Aufgabenbewältigung im Arkanbereich der geteilten Verantwortlichkeiten Kompetenzüberschneidungen und Konflikte hervor und konnte zu überflüssigen Mehrarbeiten bzw. Doppelungen oder aber zur Vernachlässigung anfallender Aufgaben führen. Fünftens ließen sich Unterschiede in der Amtsführung nicht mehr eindeutig auf die Einstellungen der Amtsträger zurückführen. Eine lückenhafte Rechtslage verlieh ihren Handlungen vielmehr einen unpersönlichen Charakter und einen vermeintlich willkürlichen Zug, der ihnen im Rheinland vereinzelnd zum Vorwurf gemacht wurde.115 Einige Verwaltungsaufgaben, die in Frankreich per Dekret oder Gesetz definiert und vom Präfekten delegiert und kontrolliert worden waren, waren unter Preußen zunächst strittig. Die für die Kompetenzabgrenzung notwendigen, schriftlichen Dienstanweisungen ließen zunächst auf sich warten und trafen erst Wochen nach der Aufnahme der Verwaltungstätigkeit aus dem weit entfernten Berlin ein, d. h. zu einem Zeitpunkt, zu dem so mancher Staatsdiener bereits nach eigenem Ermessen arbeitete.116 Diese Arbeit fand im frühen 19. Jahrhundert zu einem Großteil in häuslichen Sphären statt. Zu Recht hat Ulrike Ludwig daher auf die informellen Einflusschancen hingewiesen, die sich etwa durch die Weitergabe von Schriftstücken oder die Hinzuziehung informeller Hilfsmittel und anderer Personen im Privaten ergaben. Für Ehefrauen und Familienmitglieder war es ein Leichtes, das Dienstgeheimnis zu umgehen und Akteneinsicht zu erhalten.117 Dabei stapelten sich die Verwaltungspapiere vor 1815 in erster Linie auf dem Schreibtisch des Präfekten, wohingegen sie nach dem Herrschaftswechsel potentiell dem Oberpräsident, den Regierungspräsidenten und je zwölf bis 15 weiteren Regierungsräten zur Bearbeitung ausgehändigt wurden. Sie waren in fast alle kommunalpolitischen Belange entscheidend oder beratend involviert und fertigten in erster Linie Gutachten an, die für die Bewertung von Sach- und Problemlagen hilfreich und für Entscheidungen in Preußen obligatorisch waren.118 Diese bezogen sich laut Dienstinstruktionen auf alle Gegenstände der inneren LandesVerwaltung, 119 die nicht das Gesundheits-, Kirchen- und Bildungswesen betrafen und außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Medizinalkollegiums, der Kirchenverwaltung und der Schulbehörden lagen – die niedere Polizei- und Verwaltungsgerichtsbarkeit 115 Fahrmeir, Persönlichkeiten, S. 217; Koselleck, Reform, S. 243–248 und S. 280–283, vgl. ausführlich Haas, Kultur, S. 201–275. 116 Vgl. Kapitel III.1.3 und Hattenhauer, Geschichte, S. 17 f. Zum Beamtenrecht, das weder in Frankreich noch in Preußen existierte vgl. ebd., S. 219 f. Koselleck, Reform, S. 276 und Bleek, Kameralausbildung, S. 34–38. 117 Ludwig, Verwaltung. 118 Zur Stellung der Regierungen im Verwaltungssystem allgemein siehe Koselleck, Reform, S. 237–245, der betont, dass „immer ein Moment unmittelbarer Herrschaft in ihre Tätigkeit einfloss.“ Vgl. Burg, Verwaltung, S. 27–29. 119 Dienstanweisung vom 23.10.1817, in: GS 1817, S. 228–282.
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miteingeschlossen.120 In Anbetracht der Arbeitsgewohnheiten und -anforderungen waren die Regierungen dieser vage formulierten Fülle von Aufgaben in den zu integrierenden Westprovinzen zunächst nicht gewachsen. Im Laufe der 1820er Jahre kam es daher auf Betreiben der Oberpräsidenten zu einer Ergänzung bürokratischer Steuerungselemente.121 Nach dem Tod des Kölner Oberpräsidenten Christian Ludwig zu Solms-Laubach wurden die bestehenden Provinzen am Rhein per Kabinettorder vom 27. Juni 1822 zusammengelegt und dem Koblenzer Oberpräsidenten von Ingersleben unterstellt. Das Innenministerium verlieh ihm mit der überarbeiteten Dienstanweisung 1825 die gewünschte Ober-Aufsicht auf die Verwaltung der Regierungen und betonte gleichzeitig, dass es aber nicht die Absicht [sei], sie [die Oberpräsidenten] an deren Detailverwaltung Theil nehmen zu lassen; ihre Bestimmung gehet vielmehr nur dahin, die Administration im Ganzen zu beobachten und war somit in der alltäglichen Praxis doch begrenzt.122 Die vorhandenen zwei Abteilungen der Regierungen in Aachen, Düsseldorf, Koblenz, Köln und Trier wurden in fünf Abteilungen mit insgesamt vierzehn Regierungsräten und zwei -assessoren aufgesplittet und je einem Ober- bzw. Geheimen Regierungsrat unterstellt. Die Abteilungen des Inneren, der geistlichen und Unterrichts-Angelegenheiten, der Finanzen, Domänen, Forsten und Steuern fanden sich auch in Berlin wieder und bildeten voneinander getrennte Informations- und Kommunikationsketten. Die Berliner Minister, zu denen noch ein Justiz- und ein Außenminister hinzukamen, berieten den preußischen König seit 1808 im Staatsministeriums und wurden 1817 durch ein „Beamtenparlament“123, den Staatsrat, ergänzt.124 In den Regierungsbezirken führte ein Regierungsrat als Abteilungsleiter ressortspezifische Plenarversammlungen durch und war auf fachkundige sogenannte technische Regierungsräte angewiesen. Per Stimmenmehrheit konnten sie für ihren jeweiligen Fachbereich eigenständig Beschlüsse fassen und dem Regierungspräsidenten zur Genehmigung vorlegen. Dieser war dem Oberpräsidenten unterstellt und ließ die Abteilungen des Regierungskollegiums bei allgemeinen Angelegenheiten geschlossen zusammentreten, um die monatlichen Ver-
120 Vgl. Bär, Behördenverfassung, S. 181–189, Burg, Verwaltung, S. 27–29 und Koselleck, Reform, S. 177 f., S. 238 f. und S. 237–258. 121 Schütz, Studien, S. 63–83 und Sösemann, Oberpräsidenten. 122 GS 1826, S. 1–5. Auch wurde ihm die Stellvertretung der obersten Staatsbehörden in besonderem Auftrage und bei außerordentlichen Veranlassung zugebilligt. Vgl. Diefendorf, Businessmen, S. 264 f. und Koselleck, Reform, S. 237, der dies als „künstlich anmutende, aber empirisch zweckmäßige Lösung“ betrachtet. Ders., Staat, S. 394 resümiert: „So ergibt sich das komplizierte Bild einer Verwaltung, in der das Kollegialsystem und das Präsidialsystem von oben nach unten, vom Ministerium über die Oberpräsidenten der 8 Provinzen und die 25 Regierungskollegien bis zu den 329 Landräten einander ablösten.“ 123 Koselleck, Reform, S. 272. 124 Nach ebd., S. 264–272 gehörten dem Staatsrat vom König ernannte „Prinzen, hohen Militärs, die leitenden Beamten und obersten Richter“ an. Zum Ministerium vgl. ebd., S. 279–283 und ausführlich Holtz, Staatsministerium.
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waltungsberichte zu verfassen oder Gutachten über Gesetzesvorschläge und Steuerfragen auszuarbeiten und nach Berlin zu senden.125 Demnach fand die Kommunikation bei den Bezirksregierungen bei entscheidenden Gegenständen mündlich statt, wohingegen der Informationsaustausch zwischen den Behörden fast ausschließlich schriftlicher Natur war. Die wenigen rheinischen Regierungsräte, die an den wöchentlichen Plenarversammlungen teilnahmen und in autobiografischen Zeugnissen darüber berichten, befanden dies für überflüssig und unproduktiv.126 Ihr Urteil bildet keinen Allgemeinplatz und verweist dennoch auf die Besonderheiten geschlossener Kommunikationskreise, in denen die Inhalte gegenüber der Vortragsqualität und dem Auftreten eines Einzelnen oder aber hinter den Machtverhältnissen und Loyalitäten der Gruppe zurückstehen konnten. Diese nur schwer zu rekonstruierenden symbolpolitischen Implikationen mündlicher Verwaltungskommunikation beeinflussten die Handlungschancen der Regierungs- und Stadträte sowie des späteren Provinziallandtags. Sie hatten in der französischen Verwaltungsordnung keine entscheidende Rolle gespielt und werden noch zu analysieren sein. Besonders die 1826 ins Leben gerufenen Landtage, die Provinzialstände, hielten einem Kompetenzvergleich mit den napoleonischen Ratsgremien nicht stand und übertrafen sie dennoch an politischer Breitenwirkung. Als öffentlich beachtetes Diskussionsund rheinisches Repräsentationsforum durchliefen sie unter dem Vorsitz der Oberpräsidenten im Vormärz eine noch zu ergründende Entwicklung, die ihnen innerhalb der preußischen Verwaltungsordnung ursprünglich nicht angedacht gewesen war.127 Alles in allem klaffte die praktische Umsetzung dieser Ordnung und die ihr zugrundeliegenden Strukturprinzipien weit auseinander. Ein Grund dafür war, dass sie auf dem ständischen Gesellschaftsmodell beruhte, das in der französischen Herrschaftsphase bereits in seinen Grundfesten erschüttert worden war. Staatsbürgerliche Ideale wie „Liberté“ und „Égalité“, die auf der linken Rheinseite fast zwei Jahrzehnte den Kopf der Verwaltungspapiere geziert hatten, lebten dort in den lokalen Verwaltungssprachgewohnheiten weiter. Die Folge waren neue Verständigungsprobleme, die nicht nur auf unerwarteten Sprachbarrieren durch Dialekte und Redewendungen, sondern auch auf unterschiedlichen Ordnungsvorstellungen und miteinander konkurrierenden politischen Prinzipien beruhten.128 An die Stelle der französischen Amtssprache trat der althergebrachte Kanzleistil, den die ehemaligen Munizipalräte zunächst nur unzureichend anwandten. Gesetze, Instruk125 Haas, Kultur, S. 291–302, vgl. Bär, Behördenverfassung, S. 189; Miek, Preußen, S. 106–108 und Romeyk, Rheinprovinz, S. 83–120. 126 Vgl. exemplarisch die Tagebucheinträge Eberhard von Grootes unter HAStK 1552 A1/11, A1/16, A1/21 vom 17. und 20.2.1817, vom 16.2. und 20.12.1818, vom 10.2.1819 sowie der zu Beginn des Kapitels zitierte Kommentar Camphausens. 127 Vgl. Kapitel III. 3.2. 128 Vgl. Teil III.
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tionen und Anfragen wurden ihnen durch den Landrat mitgeteilt – ein Umweg, den sie aus der Franzosenzeit nicht gewohnt waren und mittels direkter Eingaben und persönlicher Vorstellungen stets aussparen wollten. Als Abgesandter der Regierung war er für die Nachrichtenübermittlung zuständig, führte die Aufsicht über diverse Unterbehörden, das städtische Gewerbe und die direkten Steuereinnahmen. Traditionell entstammte er dem ortansässigen Adel und verkörperte die altständischen Herrschaftstraditionen in Preußen.129 Pro forma wurde die strikte Hierarchie gewahrt, obwohl sich die Schlüsselfunktion des preußischen Landratsamts mitsamt den 1828 hinzugefügten Kreisversammlungen in den rheinischen Städten zunächst nicht durchsetzte. In der Praxis führten viele Oberbürgermeister landrätliche Aufgaben aus und bedienten sich einer polizeilichen Ordnungsmacht, die ihnen im preußischen Partizipationsmodell nicht mehr zustand. Auch beantworteten die Regierungsräte als Erstes und nicht immer in Abstimmung mit dem Oberpräsidenten ihre vielfältigen Fragen, die durch die veränderten Rechtsverhältnisse im Raum standen. Dieser Verwaltungsraum sollte sich nach dem Herrschaftswechsel weniger in territorialer als vielmehr in politischer Hinsicht verändern. Informationen wurden nicht mehr übersetzt und erläutert, sondern mehr und mehr zurückgehalten. Als Voraussetzung zur politischen Teilhabe hatte sich die Verwaltungssprache mit dem Rückkehr zur deutschen Amtssprache verkompliziert.130
4. Partizipationsbedingungen und -voraussetzungen im Verwaltungsdienst In dem hiesigen Regierungs-Bezirk, vorzüglich auf dem linken Rheinufer, giebt es keine Verschiedenheit der Stände im Sinne der preußischen Gesetzgebung; daher mußten wir uns lediglich darauf beschränken Ew. Exzellenz im Allgemeinen thätige Männer in Vorschlag zu bringen ohne genau angeben zu können, zu welchen von den drei Ständen solche zu zählen sind. 131 (Schreiben der Regierung an das Ministerium des Innern, Koblenz 1822)
Die Ausbildung des reformierten Verwaltungsstaats hing maßgeblich von der Ausbildung seiner Vertreter ab. Die Rationalisierung der Verwaltung war „erst dann erfolgreich, wenn sie einen neuen Typ von Staatsdiener schufen, der aus formalen und abstrakten Prinzipien Handlungsroutinen und institutionell gefestigte Traditionen machte.“132 Es wurde bereits gezeigt, dass diese Prinzipien in Frankreich und Preußen voneinander 129 Wunder, Bürokratie, S. 88 f. Nach der Tabelle bei Koselleck, Reform, S. 688 stellten Bürgerliche sowohl in Koblenz als auch in Trier bis 1848 mehr als die Hälfte der Landräte, in Aachen überwogen von Beginn an Adelige, vgl. hierzu auch Diefendorf, Businessmen, S. 268–272. Zur Stellung des Landrats siehe Romeyk, Rheinprovinz, S. 137–242; Burg, Verwaltung, S. 133–135, S. 166; Schindlmayr, Personalpolitik, S. 75–105; Bär, Behördenverfassung, S. 128 und S. 220–233; Kapitel III. 2.1 und 3.1 und ausführlich Unruh, Landrat sowie Eifert, Paternalismus. 130 Becker, Geschichte, S. 230 f., vgl. Rosanvallon, Staat, S. 74 f. und Müller, Köln, S. 134 f. am Beispiel Kölns. 131 LHAK 402 169. 132 Raphael, Recht, S. 163.
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abwichen und unterschiedliche Anforderungen an die jeweiligen Staatsdiener stellten. Um dasselbe Ziel, die Durchsetzung von Herrschafts- und Partizipationsinteressen, zu erreichen, mussten sie die Verwaltungssprache beherrschen und weitere Voraussetzungen erfüllen, die im Folgenden dargestellt werden. Sie lassen sich mit dem Kapitalbegriff Pierre Bourdieus umschreiben und umfassten ökonomisches Kapital in Form von materiellen Ressourcen wie Besitz und Vermögen, immaterielles sogenanntes kulturelles Kapital, das sich in Erfahrungswerten, Bildungsstandards und dem damit verbundenen Ansehen inkorporierte sowie traditionelle Klientelverbindungen und private Netzwerke, die als soziales Kapital seit Jahrhunderten für individuelle Karrierewege und politische Partizipationsformen eingesetzt wurden. Dabei stellt sich die Frage, welche Bedingungen ein Verwaltungsamt mit sich brachte und inwieweit es neues Kapital generierte, das zur politischen Einflussnahme genutzt werden konnte.133 Zunächst bildete sowohl unter Frankreich als auch unter Preußen ein gewisses Vermögen die Grundvoraussetzung für den Eintritt in den Staatsdienst. Neu war, dass der bewegliche Besitz im Laufe der französischen Herrschaftsphase dadurch aufgewertet wurde, dass der Steuerbetrag des Einzelnen über den Grad der politischen Beteiligungschancen entschied. Die Bezeichnung „Les cent citoyens les plus imposées“ wurde zur symbolpolitischen Beschreibungskategorie für diejenigen Personen, die das größte finanzielle Kapital und den größten politischen Einfluss besaßen. Um sie für das jeweilige Departement und die einzelnen Städte namentlich zu bestimmen und als Kandidaten für öffentliche Ämter aufzustellen, wurden ihre jährlichen Grund- und Gewerbesteuerbeträge addiert und um weitere Steuerzahlungen – darunter auch Luxussteuern wie die Türen- und Fenstersteuer – ergänzt. Diese Vorgehensweise war nachprüfbar und verschaffte dem Staat einen Überblick über seine Steuerzahler und diesen einen schriftlichen Nachweis ihrer Partizipationsansprüche. Die Höchstbesteuertenlisten wurden gestaffelt und publiziert. Sie setzten neue soziale Distinktionsmerkmale wie den Beruf an die Stelle ständischer Beschreibungskategorien und schufen neue Exklusionsformen, die den Gleichheitsgedanken ad absurdum führten, aber als allgemein anerkanntes Kriterium öffentlicher Reputation mitsamt den dazugehörigen Steuerformen nach 1815 nur ungern aufgegeben wurden.134 Denn in Preußen bildeten diejenigen Personen einen Stand, welchen, vermöge ihrer Geburt, Bestimmung, oder Hauptbeschäftigung gleiche Rechte in der bürgerlichen Gesellschaft beygelegt waren.135 Gemäß dieser Definition des „Allgemeinen Landrechts“ standen der Besitz von Grund und Boden und die damit einhergehenden Geburtsprivilegien der Grund- und Gutsbesitzer noch immer an erster Stelle. Da sich diese Rechte in den 133 Vgl. Bourdieu, Kapital und Kapitel I. 2.2. 134 Vgl. Clemens, Adel, S. 70–73; Burg, Verwaltung, S. 144; Eine Liste der „cent Citoyens les plus imposés de la Commune d’Aix-la-Chapelle“ findet sich beispielsweise unter StAAc RA 699 und bei Kraus, Aachen, S. 198. Zum Umgang mit den Listen und der preußischen Steuerpolitik vgl. Kapitel III. 2. Zur allgemeinen „Neuordnung der Gesellschaft“ siehe grundlegend Paulmann, Vorherrschaft, S. 160–186. 135 Allgemeines Landrecht für die preußischen Staaten (ALR), Titel 1, Paragraph 6.
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östlichen Kernprovinzen im Besitz einzelner weniger Adelsfamilien befanden und auf das Ständeprinzip gründeten, wurden sie Kaufleuten und Beamten, die vergleichbare Nationalgüter im Linksrheinischen ersteigert hatten, zunächst nicht zugestanden.136 Die preußischen Regierungen erklärten sich außerstande, angeben zu können, zu welchen von den drei Ständen solche zu zählen sind. 137 Dabei hatten sich gerade in Preußen im Laufe des 18. Jahrhunderts objektive Qualifikationskriterien für die Beamtenlaufbahn durchgesetzt, die adelige Herrschaftsansprüche grundlegend infrage stellten. Sie bestanden entweder in einer ruhmreichen militärischen Laufbahn oder in einem akademischen Studium der Kameral- bzw. Rechtswissenschaften. Für Juristen, die das Gros des Verwaltungspersonals stellten, war seit 1770 die abschließende Prüfung vor der Oberexaminationskommission, ab 1817 das Staatsexamen üblich und die sich daran anschließende Ämterlaufbahn vorgezeichnet.138 Eine ausgedehnte, unvergütete Ausbildungszeit bedingte zum einen, dass ausschließlich Angehörige der Oberschicht diese Laufbahn einschlugen und althergebrachte Repräsentationsrechte durch Leistungsnachweise und Erfahrungswerte ergänzt und untermauert wurden. Zwar verloren ständische Vorrechte formal an Gewicht, doch in der Praxis wurden sie durch die Prüfungspflicht auf eine neue Legitimationsebene gehoben, die in Teil III. aufgegriffen wird.139 Zum anderen schuf der gruppenspezifische Bildungsweg in Verbindung mit der gemeinsamen Aufgabe einen hohen kollektiven Wissenstand innerhalb der preußischen Mittelbehörden, der die Professionalisierung der Verwaltung vorantrieb und die Basis für ein kollektives Selbstbewusstsein als „sozial hervorgehobene Repräsentanten des Staates“140 bildete. Auf diese Art und Weise etablierte sich im Laufe des 19. Jahrhunderts ein „relativ geschlossenes Sozialmilieu“141, das zeitgenössisch als neuer „Staatsstand“142 wahrgenommen wurde und in seiner Exklusivität in Frankreich nicht existent war.143 Für das dreijährige Studium und die ersten Stufen der preußischen Karriereleiter musste man finanziell unabhängig und ortsungebunden sein. Freie Ausbildungsstellen als Auskultatoren waren begehrt und in der Regel auf zwei pro Regierung begrenzt. Der praktische Vorbereitungsdienst von mindestens sechs Monaten schloss mit einer Referendariatsprüfung ab, an die sich eine mindestens zweijährige Tätigkeit als Regierungsreferendar anschloss. Diese schriftlichen Zwischenprüfungen trugen gleichermaßen 136 137 138 139
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Vgl. Kapitel III. 3.2. LHAK 402 169. Vgl. Romeyk, Rheinprovinz, S. 40–50 und ausführlich Bleek, Kameralausbildung S. 108–162. Haas, Kultur, S. 308–313, vgl. Raphael, Recht, S. 172–178, wonach „die höheren Verwaltungsdienste im 19. Jahrhundert auch jenseits politischer und sozialer Patronage Domäne der besitzenden und gebildeten Klassen“ blieben, wenngleich sie sich langsam für das besitzende Bürgertum öffneten. Siehe hierzu grundlegend Koselleck, Staat, S. 381–383, und die Ausführungen in Kapitel III. 1.4 und 3.2. Raphael, Recht, S. 165. Ebd., S. 178. Boldt, Verfassungsgeschichte, S. 64; Henning, Beamtenschaft, S. 29. Süle, Bürokratietradition, S. 13; Raphael, Recht, S. 44 und S. 56; Paulmann, Vorherrschaft, S. 319.
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zum immer wichtiger werdenden „Wissen des Staates“144 und seiner Prüflinge bei, da die Prüfungsaufgaben aktuelle Problemstellungen im Verwaltungsalltag aufwarfen. Im Anschluss galt es, die erworbenen Kenntnisse im Rahmen einer einjährigen Assessorenzeit zu erproben und sich die Anerkennung des Kollegiums zu erarbeiten. War dies der Fall, so wurde der Anwärter zum Regierungssekretär ernannt und erstmals mit einer Stimme in den Plenarversammlungen und mit 300 bis 400 Talern Einkommen im Jahr ausgestattet. Dieser Betrag war nötig, um eine Familie ernähren zu können, die viele Regierungssekretäre zu diesem Zeitpunkt bereits gegründet hatten. Ein standesgemäßes Leben verlangte ihnen bis zur Beförderung zum Regierungsrat weitere Nebeneinkünfte aus Familien- und Gutsbesitz oder die Übernahme zusätzlicher Arbeiten ab. Daneben stellte das Anciennitätsprinzip das Dienstalter über die Leistungsfähigkeit und führte zu langen Wartezeiten und zu so manchen ungewollten Dienstortwechseln. Danach barg der Staatsdienst jedoch eine solide Existenzgrundlage und zahlreiche wirtschaftliche Vorteile gegenüber anderen Berufsgruppen in Form von Steuervergünstigungen, Pensionsleistungen und die sich allmählich durchsetzende Hinterbliebenenvorsorge.145 Im Gegensatz dazu wurden Verwaltungsposten unter Napoleon großzügig entlohnt und nicht zwingend von einer bestimmten Ausbildung abhängig gemacht. Für die ehemaligen französischen Staatsdiener im Rheinland war der Übertritt in preußische Dienste demnach mit enormen Anstrengungen, veränderten Arbeitsbedingungen und finanziellen Einbußen verbunden, über die der Sprössling der Kölner Posthalterfamilie Eberhard von Groote als Regierungsassessor in Köln in seinem Tagebuch stellvertretend Klage führte.146 Dem obersten Beamten vor Ort standen in Frankreich bis zu 30.000 Francs, in Preußen rund 6.000 bis 7.000 Taler (ca. 22.800 bis 26.600 Francs) zu. Oberregierungsräte erhielten als Abteilungsdirektoren oder Regierungspräsidenten in etwa die Hälfte. Das Einkommen der Präfekturräte lag bei 1.200 bis 2.400 Francs (ca. 315 bis 630 Taler) und war somit durchschnittlich so hoch wie das eines Richters am Ersten Instanzgericht (1.800 Francs bzw. ca. 470 Taler). Regierungsräten wurden in etwa die gleichen Gehaltsansprüche wie französischen Unterpräfekten unter der Voraussetzung zugestanden, dass diese der Dienstzeit, der Eignung und dem Willen des jeweiligen Vorgesetzten entsprachen. Sie differierten zu Beginn des 19. Jahrhunderts zwischen 900 und 1.800 Talern (ca. 3.400 bis 6.800 Francs) und konnten mit der Übernahme zusätzlicher Schreibarbeiten, z. B. mit einem Zensorenamt, aufgestockt und den unterschiedlichen Lebens144 Vgl. Collin/Horstmann (Hgg.), Wissen und Kapitel III. 4.1. 145 Wunder, Geschichte, S. 93–97; Henning, Beamtenschaft, S. 20–26; Koselleck, Reform, S. 91–105. Zur Einschätzung der Ausbildung vgl. Raphael, Recht, S. 79–81. Henning, Beamtenschaft, S. 71–87 benennt „Karrieremuster“ und ebd., S. 126 f. „Bildungswege und Aufstiegschancen“ für nicht-akademische Beamte. Ein Schreiben des Finanzministers vom 11.2.1826, das das Dienstalter inklusive der Jahre in französischen Diensten ausdrücklich zum Beförderungskriterium erklärt, findet sich unter LHAK 442 6349; eine Diskussion über mögliche Themen der Referendariatsprüfung 1829 und eine entsprechende Abhandlung unter ebd. 3468, Bl. 15–112. 146 HAStK 1552 A 1/23, Eintrag vom 16.6.1819.
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haltungskosten an den wechselnden Dienstorten angepasst werden. Technische Räte waren gemessen an ihren Kenntnissen mit 300 Talern (ca. 1.140 Francs) eher unterbezahlt.147 Außerdem war eine Fortführung gewerblicher Aktivitäten und die Ausübung kaufmännischer Berufe innerhalb der französischen Verwaltungsordnung möglich, bei Ehrenämtern in parlamentarischen Gremien sogar zwingend notwendig. Aus diesem Grund konnten Handel- und Gewerbetreibende wie Nikolaus Nebel und Johann Joseph Mazza in Koblenz oder Nadelfabrikant von Guaita in Aachen in der Franzosenzeit noch das Amt eines Oberbürgermeisters ausüben, das in den nachfolgenden Jahren zu einem Juristenmonopol wurde. Kaufleute, denen die französische Handelsgerichtsbarkeit juristische Grundkenntnisse vermittelte, gehörten unter Napoleon zu den unteren Verwaltungsbeamten und konnten bis zum Präfekten aufsteigen, während sie vom preußischen Staatsdienst kategorisch ausgeschlossen wurden. In Anbetracht der wirtschaftlichen Entwicklungen hat die Geschichtswissenschaft diese politische Zurücksetzung der Wirtschaftsbürger als folgenschweren Fehler der preußischen Integrationspolitik bewertet, der erst mit der zögerlichen Übernahme des Handelskammerwesens und der zunehmenden Eigeninitiative populärer Unternehmer am Ende der 1830er Jahre revidiert wurde.148 Die Heterogenität der Staatsbeamten und das Fehlen kameralistischer Lehrstühle und vorgeschriebener Karrierewege im napoleonischen Empire und darüber hinaus stand der Leistungsfähigkeit der französischen Verwaltung auf den ersten Blick diametral gegenüber und stellte sich bei näherer Betrachtung als Motor der Rationalisierung heraus. Pierre Rosanvallon führt dieses Paradoxon auf das Präsidialmodell und die Qualität der Fachverwaltungen sowie der Justiz zurück und begründet es mit den französischen Revolutionsidealen, in denen die „untergeordnete Position des Beamten“149 gegenüber der Nation und der Vorrang der Wahl ihrer Repräsentanten fest verankert war.150 Unter Berufung auf diese Ideale konnte Napoleon eine flexible Personalpolitik verfolgen, die auf Besitz, Leistung und Loyalität beruhte und durch die im vorangegangenen Kapitel dargelegten Wahlpraktiken legitimiert wurde. Obwohl oder gerade weil sie in der Schaffung eines neuen Beamtenadels gipfelte, waren die sozialen Aufstiegschancen im französischen Staat ungleich höher als im preußischen Partizipationsmodell oder im Großherzogtum Berg. Im Rechtsrheinischen kam es nämlich auf Betreiben des ortsansässigen, adeligen Innenministers von Nesselrode-Reichenstein zu einer Bevorzugung seiner
147 Für Frankreich siehe Raphael, Recht, S. 48 f.; Clemens, Diener, S. 84; Ortlepp, Verwaltungsorganisation, S. 144. Zur Bezahlung im preußischen Verwaltungssystem vgl. Romeyk, Rheinprovinz, S. 39 f.; Bär, Behördenverfassung, S. 190–192; Bleek, Kameralausbildung, S. 47 f. und Kübler, Besoldung. 148 Diefendorf, Businessmen, S. 266 f., vgl. Koselleck, Reform, S. 616 und Kapitel III. 4.2. 149 Rosanvallon, Staat, S. 49. 150 Vgl. ebd., S. 40–50 und Müller, Stadt, S. 146–149.
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Standesgenossen und einem „Wiederaufleben altständischer Selektionsmuster“151 – in zahlreichen linksrheinischen Städten trat der umgekehrte Fall ein.152 Besonders das reformierte Justizwesen bot einheimischen Kaufmannssöhnen die Chance zur politischen Teilhabe. Die Natur der Sache brachte es mit sich, dass dieser von der Verwaltung entkoppelte Bereich der öffentlichen Regulierung vorzugsweise mit Einheimischen besetzt wurde. Dabei wurde eine mit der preußischen Beamtenlaufbahn vergleichbare Prüfungspflicht eingeführt, die beispielsweise an der in Koblenz gegründeten Rechtsschule absolviert werden konnte und seit 1809 mit einer „licence en droit“ abschloss.153 Das öffentlich einsehbare Diplom hatte kein preußisches Äquivalent und befähigte seinen Inhaber zur Übernahme eines Richteramts und der Gründung eines Advokat-Anwalts- oder Notariatsbüros, d. h. zu lukrativen Berufen, die ein hohes öffentliches Ansehen genossen. Analog zur preußischen Verwaltung entstand so ein herausragendes Selbstbewusstsein, dass sich in einem zentralen Punkt von dieser abgrenzte: Im Vordergrund der Amtstätigkeit von Juristen stand nicht die im Amtseid oder in den Urteilssprüchen zum Ausdruck gebrachte Staatsunmittelbarkeit, sondern die gesetzlich fixierte Unabhängigkeit. Da das französische Recht nach dem Herrschaftswechsel bekanntermaßen bestehen blieb und mit der preußischen Verwaltung konkurrierte, war der verfassungsrechtliche Dualismus zwischen Justiz und Verwaltung also in den reformierten Verwaltungsordnungen angelegt.154 Während des noch zu diskutierenden „Kampf[es] um das rheinische Recht“155 konnten rheinische Juristen mit der Unterstützung der Bevölkerung und der Wirtschaftselite rechnen. In allen Untersuchungsstädten war die wirtschaftliche und juristische Notabelnelite am Ende der Franzosenzeit über Freundschafts- und Verwandtschaftsnetzwerke miteinander verwoben. Der Übertritt in die gehobene preußische Beamtenliga gelang hingegen nur wenigen von ihnen. Angehörige der Finanzverwaltung konnten beispielsweise mit einer vorrübergehenden Weiterbeschäftigung rechnen, weil die reibungslose Fortführung der Steuererhebung, der Domänenverwaltung und -veräußerung ein wichtiges Anliegen des hochverschuldeten Staates war. Hohe Positionen in den Finanzverwaltungen waren jedoch weder unter Frankreich noch unter Preußen leicht zu ergattern.156 In der Zeit der französischen Herrschaft waren sie direkt dem Finanzministerium zugeteilt und stellten ein bevorzugtes Terrain gebürtiger Franzo151 Severin-Barboutie, Herrschaftspolitik, S. 160–181. 152 Boudon, Consulat, S. 78 f.; nach Raphael, Recht, S. 42–51 sollte mit einem „leistungsorientierte[n] Rekrutierungsverfahren“ ein Gegengewicht zum Adel geschaffen werden. 153 Vgl. ebd., S. 85 und S. 89; Müller, Stadt, S. 150 f.; Wettmann-Jungblut, Rechtsanwälte, S. 35–37; Hodenberg, Partei, S. 103–112; Hattenhauer, Geschichte, S. 306–313. Zur Koblenzer Rechtsschule siehe Mallman, Juristenausbildung. 154 Hodenberg, Partei, S. 151–178; Thielen, Recht, S 45–47. 155 Schubert, Kampf, vgl. Kapitel III. 3.2. 156 Zum Personal in der französischen Finanzverwaltung vgl. Clemens, Verwaltungseliten, S. 74–78 und dies., Beamte, S. 143–155 sowie Rowe, Reich, S. 103 f. und Graumann, Verwaltung, S. 119–125 am Beispiel des Rur-Departements. Für Preußen vgl. Haas, Kultur, S. 175–178.
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sen dar. Es ist daher kaum verwunderlich, dass die dort beschäftigten Einheimischen mehrheitlich über enge Beziehungen zu den anwesenden Franzosen, später zu führenden Beamten aus den preußischen Kernprovinzen, verfügten. Der in Koblenz geborene Apotheker Alexander Peter Lippe war mit Arzt und Stadtrat Franz Wollersheim und dessen Frau, der Schwester des luxemburgischen Präfekturrats und Steuerkontrolleurs Theodor Beving, befreundet. Seine erste Tochter heiratete einen aus dem Norden Frankreichs stammenden payer de la guerre. 157 Lippe leitete zuletzt die Finanzverwaltung in Aachen und beanspruchte hierfür eine Pension, die er nach dem Herrschaftswechsel in Berlin – nicht in Paris – beantragte. König Friedrich Wilhelm III. gewährte ihm 500 Taler der Gnade wegen und schenkte den Verdiensten der verbliebenen Beamten seine grundsätzliche Anerkennung.158 Bereitwillig vertraten daher die Koblenzer Immobilienhändler und Notare Goswin Linz und Clemens Mathieu die Interessen der neuen Obrigkeit in den Spezial-Liquidations-Kommissionen von Aachen und Paris. Im Anschluss erhielt Goswin Linz eine gutbezahlte Anstellung als Domäneninspektor, wohingegen Mathieu lediglich ein Posten in der Rechnungskammer unterbreitet wurde. Wie Linz hatte er sich als Sohn eines kurtrierischen Amtmannes in seiner Jugend für die Französische Revolution und die republikanische Bewegung begeistert. Nach einer erfolgreichen Karriere als Gerichtsschreiber, Kaufmann, Immobilienhändler, Notar und großherzoglich-bergischer Domäneneinehmer war er nicht gewillt, sein Einkommen von beachtlichen 5.000 Francs im Jahr aufzugeben und ging nach Paris. Sein Sohn Carl Gustav Augustin Mathieu begann eine Karriere im Justizdienst, während Linz Söhne zu Regierungsräten aufstiegen. Angesichts ähnlicher sozialer Hintergründe, politischer Einstellungen, Lebensläufe und Qualifikationen statuieren Linz und Mathieu ein Exempel für die Relevanz sozialer Kapitalformen und die undurchsichtige Verquickung persönlicher Beziehungen im politischen Raum. Auch standen die individuellen Handlungsspielräume hoher preußischer Staatsdiener ihren französischen Vorgängern offenbar in Nichts nach. Denn der für die Einführung der preußischen Verwaltung und die Personalpolitik im Rheinland maßgeblich verantwortliche preußische Staatsrat Justus Karl von Gruner ging am 14. Mai 1814 vor dem Koblenzer Standesamt seine vierte Ehe mit Anastasia Robin, der Tochter des französischen Domäneninspektors Georg Pascal Robin, ein. Robin stammte aus dem Elsass, gehörte seit mehr als zehn Jahren zu den ranghöchsten Beamten des RheinMosel-Departements und besaß ein Haus im vornehmsten Viertel der Stadt. Alle drei Trauzeugen dieser Ehe, Lambert Kretzer, Friedrich Lebens und Goswin Linz, erhielten einflussreiche Posten im reorganisierten Verwaltungsapparat.159 157 StAK 656, Zivilstandsregistereintrag H 724/XII. 158 LHAK 441 1469. Vgl. Kapitel III. 1.3 und 5.3. 159 Thielen, Notabelnpolitik, S. 30–32 und S. 66–69. Vgl. die Personalakte von Mathieu unter LHAK 441 9027 und die Ehe seines Sohnes Carl Gustav Augustin mit einer jüdischen Kaufmannstochter Henlé aus Fürth unter StAK 656 Zivilstandsregistereintrag H 100/1836, bei der er als in Paris lebend abwesend war.
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Linz selbst war seit 1803 mit Maria Josefa Burret, der Tochter einer angesehenen kurtrierischen Beamtenfamilie, verheiratet. Zwei ihrer Brüder waren als Friedensrichter tätig und ein weiterer wurde als Maire von Kreuznach zum ersten preußischen Landrat von Koblenz ernannt. Der fünf Jahre jüngere Mathieu hatte eine Kaufmannstochter, die spätere Großtante des Koblenzer Publizisten Joseph Görres Anna Sibille Grebel, zur Frau genommen. Sein Schwager, Advokat-Anwalt Matthias Grebel, wurde 1815 seines Amtes als Beigeordneter des Stadtrats enthoben und sollte in den darauffolgenden Jahren scharfe Kritik an der preußischen Verwaltungsordnung üben. Interessanterweise hatte Georg Pascal Robin (der Schwiegervater Gruners) dieser Hochzeit im Jahr 1802 als ami beigewohnt.160 Aus solchen undurchsichtigen und nur schwer zu rekonstruierenden persönlichen Verbindungen ergibt sich, dass finanzielle und kulturelle Kapitalformen stets in einem sozialen Zusammenhang standen, der im Zweifel über politische Einflusschancen entschied. Diese informelle Eigenart politischer Partizipation im Verwaltungsdienst schien auch Regierungsassessor Wilhelm Goswin Linz bewusst gewesen zu sein, als er seine familiären Hintergründe und die Versprechungen Gruners fünf Jahre später bei seinen Vorgesetzten ins Gedächtnis rief, um sich über seine ausgebliebene Beförderung zu beschweren.161 Dem zehn Jahre jüngeren Halbbruder des Koblenzer Domäneninspektors war es nach eigenen Aussagen unmöglich, [seinen] schon aus 10 Personen bestehenden Haushalt zu ernähren.162 Als Angestellter der Präfektur hatte er zuvor ein jährliches Einkommen von 1.700 Francs (rund 450 Taler) bezogen und bereits im Jahr 1817 ein aussagekräftiges Bewerbungsschreiben verfasst, um eine, [s]einer früheren Dienstverhältnissen gleichstehende Anstellung zu erbitten. 163 Darin wies er auf seine juristische Bildung, seine langjährigen Erfahrungen im französischen Verwaltungsdienst, die Zugehörigkeit zu den ältesten deutschen Familien hiesigen Landes sowie deren weitläufigen Besitzungen und treuen Dienste unter zwei verschiedenen Landesherrn hin.164 Gemeinsam mit zwei Kollegen, Johann Jakob Bohl und Johann Christian Hermengild Gattermann, wurde ihm ein tadelloses Zeugnis erteilt und das Amt eines Regierungssekretärs verliehen, das Bohl bis zu seiner Pensionierung 1843 innehatte. Linz wurde hingegen wie gewünscht zum Regierungsrat in Trier und Gattermann zum Landrat von Adenau erhoben.165 Ihre Väter hatten in der Franzosenzeit gemeinsam als Richter am Zivilgericht gearbeitet, sodass Wilhelm Goswin die Schwester von Christian, Anna Carolina Franziska Gattermann, ehelichte und dieser wiederum eine Ehe mit Wilhelm Goswins Schwester Clara 160 StAK 656, Zivilstandsregistereintrag H 3/Jahr XI. vom 3.10.1802. 161 LHAK 442 3479. 162 ebd., Bl. 24. 163 ebd. 3478. 164 ebd. 165 ebd. 3480, wobei er seine Verbindung zu Gattermann ebenfalls lobend erwähnte. Linz wurde das Examen explizit erlassen und eine Entschädigung in Höhe von 300 Talern für den Verdienstausfall gegenüber seiner vorherigen Anstellung zugestanden.
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Linz einging. Einer seiner Söhne, Franz Richard Maria Joseph Linz, trat in seine Fußstapfen und eiferte seinem Cousin, dem ältesten Sohn von Goswin Linz, nach. Beide legten nacheinander die Referendariatsprüfung in Trier ab, wobei der ältere Posa Claudius Linz im Jahr 1830 die strittige Kommunalverfassung und Richard Linz im Jahr 1836 die steigende Pauperismusfrage besprachen.166 Noch im selben Jahr wurde das jährliche Einkommen seines Vaters Wilhelm Goswin als Abteilungsleiter der Trierer Regierung auf 1.500 Taler erhöht, wohingegen dessen im selben Kollegium tätige Neffe Posa Claudius in einem emotionalen Schreiben um eine Gehaltserhöhung und die Versetzung zu seinen in Coblenz lebenden bejahrten Eltern bat.167 Dort heiratete er ein Jahr später selbst eine geborene Linz, deren Vater in der von seinem Cousin bezeugten Heiratsurkunde nicht genannt wird. Beim Koblenzer Kollegium erwartete ihn sein gleichaltriger Halbonkel, das jüngste von insgesamt 13 Kindern seines Großvaters. Er trug ebenfalls den Rufnamen Richard und war zu diesem Zeitpunkt als Assessor und stellvertretender Bürgermeister tätig.168 Die Netzwerke der Familie Linz ließen sich noch um weitere Brüder, Halbbrüder und Cousins – zum Beispiel um den Koblenzer Steuereinnehmer Carl Joseph Linz – oder um zahlreiche weitläufig anverwandte Notabeln wie den Trierer Verleger bzw. Stadtrat Friedrich Lintz erweitern und auf andere Städte und weitere Familien übertragen. Doch von diesen und von den genannten Familienbanden wird im Verlauf der Darstellung noch die Rede sein. Festzuhalten bleibt, dass die politischen Partizipationschancen in den wechselnden Verwaltungsordnungen von finanziellen und kulturellen Voraussetzungen, kommunikativen Aushandlungsformen sowie sozialen Interaktions- und Protektionsmechanismen anhängig waren und dabei weder den Idealen der französischen Herrschaftsordnung folgten noch den preußischen Partizipationsprinzipien entsprachen.
166 Prüfung und Eignung von Richard Linz sind unter ebd. 3471 und 3472, von Posa Claudius unter 3468 und 3470 dokumentiert. 167 LHAK 442 3470 und 3469. 168 Vgl. StAK 656, Zivilstandsregistereintrag H 85/1837.
III. Politische Partizipation 1815–1845
1. Politische Umbruchszeiten und offene Fragen 1813–1818 Persönlich stehen wir viel schlechter als zur ärgsten französischen Zeit. Die Steuern werden täglich erhöht und gegen Wort und Versprechen mit neuen vermehret, ohne daß auch nur eine der alten schwinde, der Militärpflichtigkeit hatten wir zu jener Zeit völlig Genüge geleistet, jetzt werden wir in Frieden und Krieg neuerdings wieder in die Reihen des ersten Aufgebots gestellt. Der Handel endlich ist auf eine so künstliche Weise durchaus zu Grunde gerichtet, als ob man mit aller List ein friedliches Land hätte ruinieren wollen. 1 (Tagebucheintrag von Eberhard von Groote, Köln 1819)
Im Jahr 1812 brachte der katastrophale Russlandfeldzug die militärische Stärke der „Grande Armée“ ins Wanken und beendete die Expansionspolitik des französischen Kaisers. Der Rückzug blieb weder den Verbündeten noch der Bevölkerung verborgen. In Preußen wurde die bisherige „Politik der Untätigkeit“2 mit der Konvention von Tauroggen ad acta gelegt und ein politischer Kurswechsel eingeleitet, der zur Kündigung der erzwungenen Allianz mit Frankreich führte. Erste patriotische Druckschriften beschworen den politischen Umbruch in der Öffentlichkeit herauf und riefen zu Haß gegen die Franzosen, Krieg gegen die Franzosen, Wiederherstellung deutscher Freiheit und Herrlichkeit auf.3 Das von einzelnen Publizisten konstruierte Nationalgefühl sollte vor allem die deutschsprachige Bevölkerung in den französischen Gebieten mobilisieren.4 Doch bevor ihnen Joseph Görres am Rhein, dem Sinnbild eines geeinten Teutsch lands, 5 mit dem Rheinischen Merkur eine populäre Plattform schuf, galt es zunächst den Machterhalt des Kaisers zu unterstützten. Dazu wurden der Bevölkerung erheb1 HAStK 1552 A1/23, Bl. 4, Tagebucheintrag vom 16.6.1819. 2 Clark, Preußen, S. 401. 3 Arndt, Landsturm, S. 14. Interessanterweise ergab eine kursorische Durchsicht der frühen patriotischen Schriften, dass von „Befreiung“ und „Fremdherrschaft“ nicht wörtlich die Rede war, vgl. hierzu Planert, Mythos, S. 620 f. und Koller, Fremdherrschaft. 4 Clark, Preußen, S. 412–430; Piereth, Propaganda, S. 26 f.; Planert, Mythos, S. 596–613. Zur Publizistik siehe Faber, Rheinlande, S. 26–28 und Kampmann, Presse-Chronik, S. 87 f. Dass auch explizit die Frauen adressiert wurden, zeigt Reder, Frauenbewegung, S. 513–515. Hansen, Preußen, S. 1 konstatiert: „An dem Erwachsen dieses deutschen Nationalbewußtseins, das nach einem langen geschichtlichen Umweg unser Volk zur politischen Einheit geführt hat, waren die Rheinlande selbstständig kaum beteiligt gewesen“, vgl. ebd., S. 5 f. und das zeitgenössische Urteil von Müffling, Leben, S. 204. 5 Exemplarisch Arndt, Teutschlands Strom.
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liche finanzielle Lasten aufgebürdet und zehntausende Rekruten ausgehoben. Darunter befanden sich auch diejenigen Personen, die von der napoleonischen Herrschaft profitiert hatten und in den neu eingerichteten „Gardes de l’Honneur“ daran erinnert wurden. Öffentlich wahrnehmbare Stimmen der Unzufriedenheit und eine steigende Anzahl an Deserteuren waren die Folge – offene Proteste traten jedoch nur auf dem Land und in der Stadt Düsseldorf auf. Die überwiegende Mehrheit schien die Machtpolitik Napoleons zu akzeptieren, zumal sie von den Notabeln der Städte mitgetragen wurde. Ihre Reaktionen auf den Sturz Napoleons und die Herrschaftsübernahme durch das Königreich Preußen stehen im Fokus des nachfolgenden Kapitels.6 Die Jahre 1813 bis 1818 markieren den Übergang vom militärischen Besatzungszustand nach der Schlacht bei Leipzig über die provisorische Verwaltungsorganisation bis hin zur Einrichtung der preußischen Verwaltungsbehörden und dem Arbeitsbeginn der Regierungsräte. Diese mehrfach wechselnden rechtlichen Rahmenbedingungen bedingten die Handlungsmöglichkeiten der Amtsträger vor Ort und spiegeln sich in der Verwaltungskommunikation wider. Um Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Umgang mit der neuen Obrigkeit herauszustellen, werden die kommunikativen Anpassungs- und Aushandlungsformen der Munizipal- bzw. Stadträte in den fünf Untersuchungsstädten wechselseitig beleuchtet. Es wird zu fragen sein, ob ähnliche, in der französischen Verwaltungsordnung gewonnene Erfahrungswerte vergleichbare Partizipationsstrategien hervorbrachten, welche Rolle soziale Beziehungen und symbolische Praktiken dabei spielten und inwieweit damit verbundene Erwartungshaltungen von Preußen beachtet wurden. Dabei soll gezeigt werden, dass der plötzliche Herrschaftswechsel einen langsamen und keineswegs stringenten Wandel der politischen Strukturprinzipien anstieß, der von zahlreichen Alltagskonflikten, fundamentalen Kommunikationsproblemen und einer säkularen Teuerungskrise überschattet wurde. 1.1 Französische Munizipalräte zwischen Pragmatismus und Patriotismus Am 5. November 1813 marschierten alliierte Truppen in die Hauptstadt des Großherzogtums Berg ein. Der mit der Inbesitznahme der eroberten Länder vor Ort betraute preußische Generalgouvernementskommissar Justus Gruner beendete die französische Herrschaftsphase in Düsseldorf mit der Proklamation des Generalgouvernements Berg und rief die deutschen Jünglinge zum Kampfe für Deutschlands Freiheit auf. 7 Die französischen 6
Vgl. Hansen, Preußen, S. 8 f.; Lau, Geschichte, S. 90 f. und ausführlich Horn, l’enracinement. Nach Schmitt, Armee, S. 246 wurden in Trier z. B. 7.190 Rekruten zwischen 1811 und 1813, 4.300 im gesamten SaarDepartement 1813, ausgehoben. Zum erstaunlich geringen Widerstand vgl. ebd., S. 249–251, für die französischen Gebiete in Berg und Westfalen siehe Echternkamp, Propaganda. Zum Wehrdienst siehe Schmitt, Integration und Planert, Zwangsanstalt in vergleichender Langzeitperspektive. 7 Flugblatt vom 17./29.11.1813, beispielsweise zu finden im Nachlass des Grafen von Spee, Archiv Schloss Heltorf (ASH), T 85a oder unter StATr Tb 101/1 mit dem Hinweis 50 Exemplare in der Stadt Trier zu verteilen.
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Minister des innenpolitisch ohnehin instabilen Modellstaats waren bereits während der Schlacht bei Leipzig geflohen. Der leitende Präfekt des Rhein-Departements, Franz Anton Graf von Spee, blieb hingegen auf seinem Posten und meldete sich – gemeinsam mit fast 400 weiteren Düsseldorfern – zum freiwilligen Militärdienst unter preußischer Fahne.8 Seine Frau Sophia geb. von Merveldt gründete einen Frauenverein für die vaterländischen Krieger. 9 Spees politische Flexibilität stellt angesichts seiner hohen Position im napoleonischen Verwaltungssystem ein bemerkenswert konsequentes Beispiel der möglichen Reaktionen rheinischer Beamten auf den Herrschaftswechsel dar und war kein Einzelfall.10 Ihn brachte sein Verhalten – von einem persönlichen Dankschreiben des Königs einmal abgesehen – lediglich in „patriotische Verlegenheiten,“11 die einer Weiterführung seiner Karriere langfristig im Weg standen. Doch bis zu seinem Ausscheiden aus dem höheren Staatsdienst zwei Jahre später stand er seinem neuen Vorgesetzten bei der Reorganisation der Verwaltung als Kreiskommissar zu Diensten, ohne die Geschehnisse in Frankreich aus den Augen zu verlieren.12 Demgegenüber trat der Düsseldorfer Maire Maximilian August Freiherr von Pfeill zurück und beendete seine Amtszeit, nachdem er als ehemals kurkölnischer Kämmerer eine beachtliche Laufbahn zurückgelegt hatte. Zeitgenössische Reaktionen auf diese Entscheidung fehlen. In der nur viermonatigen Amtszeit seines Nachfolgers, des Beigeordneten Franz Heinrich Schnabel, wurde keine Sitzung des Stadtrats protokolliert.13 Der Düsseldorfer Munizipalrat bestand seit dem Jahr 1806 auf der Basis einer eigenen bergischen Stadtverfassung und konnte keine mit den anderen Städten vergleichbaren Verwaltungsroutinen entwickeln.14 Der in der Residenzstadt seit dem 18. Jahrhundert gegebene 8 Zum Beginn der preußischen Herrschaft in Düsseldorf vgl. Lau, Geschichte, S. 92–95; Severin-Barboutie, Herrschaftspolitik, S. 357 f. und Weidenhaupt, Zeit, S. 333–337. Nach ebd., S. 334 wurden etwa 7.000 Wehrdienstleistende aus dem Generalgouvernement Berg gefordert. Im ganzen Rheinland waren es 1815 nach Herres, Köln, S. 41 ca. 40.000 Personen, davon 13.000, die bereits unter Napoleon wehrpflichtig gewesen waren. 9 Reder, Frauenbewegung, S. 122–126 und S. 134–137, nach ebd., S. 145–149 und dems., Elberfeld gab es zahlreiche Konflikte mit dem Elberfelder Verein, der wirksamer war. 10 Vgl. Serna, girouettes; Rausch, Konstitution, S. 58–62. Für Berg und Westfalen vgl. Burg, Karrieren, S. 156–163. Kontrastierend dazu gaben die rheinischen Juristen Franz Georg Joseph von Lassaulx und Georg Friedrich Rebmann ihre Führungspositionen im Justizdienst aus politischen Gründen auf und wechselten nach Nancy und in die Pfalz, vgl. Dufraisse/Richard, notables, S. 111 und Sauder/Wadle (Hgg.), Rebmann. Weitere Reaktionen aus dem Adel finden sich bei Gersmann/Langbrandtner (Hgg.), Lebenswelten, S. 240–247. 11 Formulierung des Nekrologs, abgedruckt bei ebd., S. 277–280. Zu Spee vgl. Jongmanns, Spee und Schmitz, Verlegenheiten. 12 Gersmann/Langbrandtner (Hgg.), Lebenswelten, S. 262 f. vgl. die Dokumente unter ASH T 85a. 13 Vgl. Lau, Geschichte, S. 95, Severin-Barboutie, Herrschaftspolitik, S. 354 und Weidenhaupt, Zeit, S. 333 f. Zur Rolle Pfeills im Modernisierungsprozess der bergischen Verwaltung siehe Engelbrecht, Berg, S. 215–226. 14 Vgl. Kapitel II. 3., Engelbrecht, Grundzüge, S. 89–91; Lau, Geschichte, S. 76–81, Severin-Barboutie, Neugestaltung und dies., Herrschaftspolitik, S. 215–230, wonach der Rat außerdem Anfeindungen aus der Bevölkerung ausgesetzt war.
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Einfluss der Landstände übertrug sich auf das Innenministerium, das mit „einer eher lockeren Handhabung der Verwaltungsgesetze“15 seinerseits dazu beitrug, dass die 20 Räte ihre ehrenamtlichen Aufgaben nur unzureichend wahrnahmen und sie an die übergeordneten Behörden oder das angestellte Personal delegierten. Die für mehrere Wochen angesetzten Sitzungen wurden nur in den ersten zwei Jahren ordnungsgemäß abgehalten. Ein Grund dafür lag in dem mangelnden Interesse der Munizipalräte, die 1808 und 1812 um je ein Drittel ersetzt wurden.16 Pfeill führte dies auf die hohe Anzahl der Kaufleute zurück, deren Angelegenheiten sehr oft ihre Abwesenheit erfordert[en]. 17 Sie stellten knapp die Hälfte der Ratsmitglieder und wurden durch einen Bankier und einen Architekten ergänzt. Mit einer Ausnahme lassen sich keine verwandtschaftlichen Beziehungen innerhalb des Rates aufspüren. Nur sechs Räte waren nachweislich im Vereinsleben aktiv (Abb. 1 Düsseldorf). Davon abgesehen geben die Quellen kaum biografische Informationen preis, sodass bei zwei Gutsbesitzern und einem Rentier berufliche Tätigkeiten und eindeutige Zuordnungen fehlen (Tab. 1 Düsseldorf). Sechs Räte konnten als Juristen, Regierungsbeamte oder ehemalige Hofräte auf vorhandene Verwaltungskenntnisse zurückgreifen – unter ihnen der besoldete Beigeordnete Franz Heinrich Schnabel. Die erste Sitzung nach dem Herrschaftswechsel fand am 2. April 1814 mit acht Kaufleuten und einem Grundbesitzer statt. Unter der Leitung des neuen kommissarischen Oberbürgermeisters, Richter und Arrondissementrat Wilhelm Joseph Degreck, galt es die Militärverpflegung zu regeln.18 Gruner wies unterdessen in Koblenz den dortigen Munizipalrat zur Besprechung des gleichen Sachverhaltes an. Wenige Monate zuvor, am 16. Dezember 1813, hatte dieser noch die Verpflegung des französischen Militärs sichergestellt und – ebenso wie in Aachen und Köln – eine Ergebenheitsadresse an die französische Kaiserin formuliert.19 Völlig unvorbereitet wurde der eigenständig arbeitende Rat aus erfahrenen Notabeln in der Silvesternacht 1813 vom Eintreffen der Alliierten in der Hauptstadt des RheinMosel-Departements überrascht. Präfekt Doazan soll die Neujahrsfeier im städtischen Casino fluchtartig verlassen haben.20 Die Augsburger Allgemeine Zeitung berichtete von brennenden Zollämtern, tausenden Invaliden und hunderten französischen Kriegsgefangenen.21 Befreiungsgefühle und Jubelrufe, die die Redaktion kurze Zeit später in 15 Severin-Barboutie, Herrschaftspolitik, S. 227. 16 Ebd., S. 335 und dies., Düsseldorf, S. 74–78 und S. 82 f.; vgl. die entsprechenden Protokolle unter StAD 9008 und 9009. 17 StAD 9008, Protokoll vom 27.5.1808, wobei die zur Beschlussfassung erforderliche Zwei-Drittel Mehrheit nicht anwesend war, sodass man beantragte, daß die normalmäßige Anzahl auf einen mehr als die Hälfte der Räthe bestimmt werden möge. 18 StAD 90010, Protokoll vom 2.4.1814. Nach Lau, Geschichte, S. 96 f. hatten er und die Räte die Stellen nur widerwillig angenommen. 19 StAK 623 2185, Eintrag Nr. 99 ohne Datum; StAAc FZ 1–114, Eintrag vom 23.10.1813; HAStK 410 A1, Eintrag vom 15.8.1813. 20 Weichelt, Casino, S. 16. 21 Vgl. AAZ Nr. 11 vom 11.1., Nr. 13 vom 13.1., Nr. 19 vom 19.1., Nr. 25 vom 25.1.1814 sowie allgemein ebd. Nr. 22 vom 22.1.1814, S. 88.
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Köln und in Aachen beobachtete, fehlten gänzlich.22 Patriotische Stimmen wurden erst ein Jahr später im Rheinischen Merkur laut.23 Zunächst führte der plötzliche Einmarsch russischer Kosakenregimenter laut dem Zeitzeugen Julius Wegeler dazu, dass man glaubte, es [Preußen] als ein gemäßigteres Rußland ansehen zu müßen. 24 Wie in Düsseldorf bildeten Kaufmänner mit 25 von insgesamt 52 Ratspersonen bis 1813 permanent die Mehrheit im Rat. Zur Zeit des Herrschaftswechsels saßen zwölf von ihnen sowie je drei Handwerker und Gastwirte, zwei Juristen und Posthalter Franz Maas in der Honoratiorenversammlung (Tab. 1 Koblenz).25 Anders als in Düsseldorf gehörten die ehemaligen Mitglieder der französischen Ratsgremien zur Kaufmannschaft und nicht zum alten Amtsadel. Überhaupt führte während des gesamten Untersuchungszeitraums keiner der Koblenzer Stadträte einen Adelstitel – dieses Element der Kommunalpolitik aus kurtrierischer Zeit hatte die französische Herrschaft langfristig verdrängt.26 Dagegen bekleideten im Jahre 1813 zwei gebürtige Franzosen und ein Schweizer das städtische Ehrenamt. Zwei von ihnen, der Beigeordnete Pontieul und Pfandhausdirektor Debeaune, gaben dieses Amt 1813 mitsamt ihrem Wohnort auf. Erstgenannter hielt seine Verbindungen zu Koblenz aufrecht und regelte in den 1820er Jahren von Paris aus die Liquidationsforderungen seines Schwiegervaters, des nach Russland ausgewanderten ehemaligen Maires Franz Joseph Elz.27 Der in Versailles geborene Magloire Bougleux- Pottgeißer verließ den Rat, verblieb aber aufgrund seiner Familienverhältnisse in Koblenz. Er hatte in eine alteingesessene Kaufmannsfamilie eingeheiratet und die Geschäfte seines Schwiegervaters, des Munizipalrats Johann Heinrich Pottgeißer, übernommen.28 Auch wenn die These von Michael Rowe, dass jede dritte Ehe zwischen Franzosen und Ein22 Für Köln spricht die AAZ Nr. 23 vom 23.1.1814, S. 91 davon, dass die Kosakenregimenter mit unbeschreiblichem Jubel empfangen wurden. Für Aachen vgl. ebd., Nr. 36 vom 5.2.1814, S. 144. Der Stadt-Aachener Zeitung (SAZ), Nr. 14 vom 18.1.1814 zufolge, hatten die Einwohner Aachens das Glück, diesen wichtigen Augenblick der Entscheidung, welcher so mancher Stadt ein Augenblick des Schreckens war, ohne alle Gefahr zu überstehen und erleuchteten aus freiem Antriebe ihre Häuser. 23 Zum Rheinischen Merkur, der eine Auflage von 3.000 Exemplaren hatte, und nach Rowe, Reich, S. 237 „represented the political press that formed in Germany in the years between the collapse of Napoleonic censorship and repression following the Karlsbad Decreed of 1819“ vgl. ebd., S. 234–238, Ribhegge, Kampf, S. 62–65, Koltes, Rheinland, S. 419–430, Fink-Lang, Görres, S. 62–70 und Kampmann, Presse-Chronik, S. 87–91. 24 Wegeler, Beiträge, S. 115. Ähnlich Hoyningen-Huene, Erinnerungen, S. XXVIII, vgl. Herres, Anfänge, S. 119 und allgemein ders., Köln, S. 42–45 sowie Spenkuch, Preußen, S. 91 f. 25 Vgl. die Beamten der städtischen Verwaltung 1814/1815 unter StAK 623 2181. 26 Vgl. Kapitel II.1. und Müller, Stadt, S. 289. Nach ebd., S. 207–209 besetzten sie 1789 „alle Schlüsselfunktionen in der Stadtverwaltung“ und machten 9,1 Prozent der Beamten im Magistrat aus. 14 bürgerliche Beamten saßen ebenfalls im Hochgericht und hatten daher bereits vor den Herrschaftswechseln großen Einfluss. Nach ebd., S. 214 wurden wirtschaftsbürgerlichen Aufsteigern der Zugang hingegen vor 1794 verwehrt. Mit dem Eintritt dieser Personen kam es nach ebd., S. 304–307 zu einem „weitgehend personelle[n] Austausch innerhalb der Ratselite.“ 27 Das zeigt ein Schreiben der Regierung vom 17.12.1825 in den Handakten des städtischen Advokatanwalts unter StAK 623 2296. 28 Vgl. StAK 656 45 Zivilstandsregister, Eintrag vom 10. Nivose Jahr 8, vgl. Rowe, Reich, S. 130 und Clemens, Verwaltungseliten, S. 86 f.
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heimischen geschlossen wurde, nicht bestätigt werden kann, sind diese herausragenden Beispiele exemplarisch für das enge Verhältnis zwischen einzelnen gebürtigen Franzosen und den lokalen Honoratiorenfamilien in Koblenz. Diese waren untereinander und innerhalb des Stadtrats zum Teil miteinander verwandt und verschwägert (Abb. 1 Koblenz). Zwölf notable Frauen inklusive einer Schwester des Maires und zwei gebürtigen Französinnen hatten es sich – ebenso wie in allen anderen Untersuchungsstädten – im Juni 1815 zum Berufe gemacht, den verwundeten Vaterlands-Verteidigern so viel möglich zu Hülfe zu eilen. 29 Für eine Vollversammlung im Casino fehlten dem Rat drei Handwerker, zwei Kaufmänner, zwei Gastwirte und Oberbürgermeister Mazza. Die überwiegende Mehrheit der Räte gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Gesellschaft. Fünf von ihnen trafen sich zusätzlich in der Freimaurerloge „L’Union desirée“. 16 Räte fanden sich am 26. März 1814 im Rathaus ein und dokumentierten ihre Gespräche erstmals auf Deutsch.30 Drei Tage nach der Einnahme von Koblenz traf die Armee in Trier ein, wo Gruner vermittels eines Schreibens vom 3. Februar 1814 die amtierenden Beamten bestätigte, zur Eidesleistung verpflichtete und der Mairie 800 Exemplare der Proklamation des Generalgouvernements Mittelrhein zum Aushang sowohl an den Straßenecken als [auch] in den gesamten Wirths- und Weinhäusern der Stadt übersandte.31 Zusätzlich wurde der Herrschaftswechsel mit dem gewöhnlichen Trommelschlage publik gemacht.32 Um eine reibungslose Inbesitznahme zu gewährleisten, ersetzte Gruner den amtierenden Maire Jacob Leistenschneider unter Angabe von Krankheitsgründen durch seinen erfahrenen Vorgänger Anton Joseph Recking.33 Recking hatte bereits von 1770 bis 1794 dem kurtrierischen Magistrat angehört und von 1800 bis 1810 die Geschicke der Stadt geleitet. Den Wunsch, seine wenigen Lebenstage in stiller Entfernung von allen öffentlichen Geschäften zubringen zu können, erfüllte ihm Gruner nicht.34 Die Absage hielt Recking am 10. Februar 1814 seiner sorgfältigen Aktenführung entsprechend wörtlich, neuerdings auf Deutsch, in den Protokollbüchern fest.35 Analog zu seiner ersten Amtszeit standen 29 Reder, Frauenbewegung, S. 513 f., vgl. LHAK 355 831. Darunter befanden sich zwei Ehefrauen der Stadträte Friedrich Lebens und Johann Peter Clemens, Schwester des Stadtrats Hubert Schaaffhausen, sowie Anna Elisabeth Mazza, Ehefrau des bekannten Arztes Modest Settegast. Die Französinnen waren Maria Francisca Albertine Crêpu aus Malmedy, Ehefrau des späteren Stadtrats Carl Anton Tesche und die Schwester des Präfekturrats Theodor Beving, Frau Wollersheim. Zu den Aktivitäten während des Herrschaftswechsels vgl. Reder, Frauenbewegung, S. 201–203 und die Koblenzer Amtsblätter Nr. 62 vom 8.8.1815 und Nr. 69 vom 30.8.1815. 30 StAK 623 2185, Protokoll vom 26.3.1814. Der letzte französische Eintrag derselben Personengruppe datiert vom 16.12.1813. 31 StATr Tb 101/1, Bl. 291 Schreiben vom 6.2.1814. 32 Ebd., Bl. 183, vgl. Tb 100/3, Protokoll Nr. 1378 vom 17.10.1815. 1816 wird stattdessen eine Schelle verwendet, weil Garnisonsstädten das Trommeln untersagt wurde, vgl. Tb 100/4, Eintrag vom 16.1.1816 und Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 797 f. Zur Bedeutung der Publizistik in dieser Phase siehe Schweisthal, Arkanpolitik. 33 StATr Tb 101/1, Schreiben vom 4.2.1814. 34 Ebd., Antwortschreiben vom 5.2.1814. 35 Ebd., Schreiben Gruners vom 7.2.1814 und Protokoll Nr. 1 vom 10.2.1814 unter StATr Tb 100/2.
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ihm dabei der Weinhändler Johann Emmerich Grach und sein Schwiegersohn Urban Peillers als Beigeordnete wunschgemäß zur Seite. Der vermögende Bankier Ludwig Weyprecht Mohr hatte die dritte Beigeordnetenstelle des Belgiers Dupont zugewiesen bekommen, nachdem Joseph Fassbender sie abgelehnt hatte.36 Die Beigeordneten sollten die unmittelbare Aufsicht über die Geschäftsführung der Ausschüsse übernehmen.37 Diese wurden für bestimmte Themen aus dem Munizipalrat und der Bürgerschaft gebildet. Der Munizipalrat im Ganzen wurde nur bei wichtigen Stadtangelegenheiten 38 hinzugezogen und setzte sich 1813 ebenfalls knapp zur Hälfte aus Kaufleuten, zu je einem Viertel aus Handwerkern, Gastwirten und Verwaltungsmännern bzw. Juristen zusammen. Ein Ingenieur bzw. Schiffer, ein Landwirt bzw. Gutsbesitzer, zwei Verleger und ein Arzt sowie Apotheker Peillers kamen hinzu und komplettierten ein heterogenes Sozialprofil des Rats, das jenem in Koblenz ähnelt (Tab. 1 Trier).39 Dabei waren die Gelegenheiten, sich außerhalb des Rathauses in Vereinen zu treffen, weniger häufig. Nur drei Räte waren als Freimaurer aktiv, die Casinogesellschaft existierte noch nicht und die Handelskammer wurde aufgelöst.40 Mohr nahm mit Recking an den Treffen der „Gesellschaft für nützliche Forschungen“ teil. Seine aus Luxemburg stammende zweite Ehefrau gehörte dem Vorstand des Frauenvereins an.41 Auch wenn rund die Hälfte der Räte noch im Jahr 1813 ausschied, zeigt die von Gruner genehmigte Geschäftsordnung, dass sich in Trier eine Verwaltungspraxis etabliert hatte, die eine ständige Mitarbeit aller Notabeln vorsah und mit der französischen Munizipalordnung nicht deckungsgleich war.42 Neben den regulären fünf Ausschüssen wurde sogleich ein weiterer Ausschuss zur Behauptung des Glanzes der Stadt gewählt und dem nach Wien berufenen Trierer Geistlichen Graf Edmund von Kesselstatt eine Bittschrift an die vereinigten Mächte mitgegeben.43 Diese Verfahrens36 Vgl. StATr FrZ, Ausgangsregister Nr. 80, Bl. 246 Schreiben vom 23.6.1814. 37 StATr Tb 100/2, Protokoll Nr. 1 vom 10.2.1814 unter der Überschrift Errichtung einer Civil-Verwaltung der Stadt Trier. Nach Zenz, Verfassung, S. 104 hatte man sich bereits 1801 eine Geschäftsordnung gegeben. 38 Ebd. 39 Vgl. Tabelle 1 Trier. Zur Zusammensetzung vor 1815 siehe Zenz, Verfassung, S. 103–105, der die Tätigkeiten des Rates allerdings zu beschränkt einschätzt. Für Koblenz spricht Müller, Stadt, S. 207 von einer „große[n] soziale[n] Heterogenität der Ratsmitglieder.“ 40 Nach Haase, Haw, S. 359–364 gehörten folgende Personen zu den Freimaurern: Kaufmann Jakob Kleutgen, Notar Johann Mathias Zell, Anton Joseph Recking jun. sowie sein Großvater Nikolaus Recking, nicht aber der Trierer Maire, vgl. Monz, Freimaurerloge. 41 Nach Reder, Frauenbewegung, S. 134 war der Trierer Frauenverein mit der Gründung Mitte Juli 1815 das Schlusslicht. Die Mitglieder des Vorstands sind im Anhang nach Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 465 und S. 603 genannt. Zur „Gesellschaft für nützliche Forschungen“ vgl. Reidel, Gesellschaft. 42 Dabei wurden regelmäßig Notabelnversammlungen einberufen, vgl. exemplarisch die Trierische Kronik (TK) von Januar 1818, S. 12 in der der Stadtrath und die Notabeln der Bürgerschaft eine Deputation an Staatskanzler Hardenberg wählten. 43 StATr Tb 100/2, Protokoll Nr. 1071 vom 16.8.1814. Nach ebd., Protokoll Nr. 1 vom 10.2.1814 gab es folgende Ausschüsse: Ausschuss für die innere und äußere Verwaltung, Polizey-Ausschuss, Militär-VerpflegungsAusschuss, Einquartierungsausschuss, Ausschuss fürs Rechnungs- und Steuerwesen. Die Besetzung erfolgte unter ebd., Nr. 9 vom 11.2.1814. Karl Ruppenthal war beispielsweise Präsident des Polizeiausschusses und befand sich nicht im Stadtrat. Zu seiner Person siehe Kapitel III. 4.3.
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weise spricht für eine relative Geschlossenheit der städtischen Notabelngesellschaft, die mit dem Beziehungsnetz der Räte korrespondiert (Abb. 1 Trier).44 Auch in Koblenz und Köln erweiterte man den rechtlichen Rahmen dahingehend, dass der Munizipalrat üblicherweise ein bis zwei Mal im Monat ohne Aufforderung zusammentrat und die Entscheidungen des Maires stets mitverantwortete.45 Diese Verwaltungspraxis kam einer produktiven Arbeitsweise, d. h. den übergeordneten Verwaltungsbehörden, zugute. Sie kann auf althergebrachte Rechtsgewohnheiten zurückgeführt werden, die einige Munizipalitäten als Magistratsmitglieder selbst erlebt hatten oder von ihren Vätern kannten.46 Zu den „Diener[n] dreier Herren“47 gehörten der Koblenzer Oberbürgermeister Mazza, der Trierer Oberbürgermeister Recking und die Kölner Räte Erven, von Gall, Schaaffhausen und Schülgen. In Köln hatten sieben Munizipalräte das Amt ihres Vaters übernommen – darunter die Bürgermeistersöhne Johann Jakob von Wittgenstein als Maire und Franz Jacob von Herwegh als Beigeordneter und Präsident der Armenverwaltung. In Trier saß Recking seit 1801 sogar gemeinsam mit seinem gleichnamigen Sohn im Rat. Der Buchhändler Jakob Lintz, von dessen Familie noch die Rede sein wird, war seinem Vater Johann Friedrich, dem Trierer Bürgermeister (1789) und Präsident der Zentralverwaltung (1798), gefolgt. Beide Beigeordneten bezeugten am 30. Mai 1807 seine Eheschließung mit Anna Johanna Grach – Emmerich Grach als Schwiegervater, Ludwig Mohr als Trauzeuge und Ehemann seiner Stieftante.48 In seiner dritten Zusammenkunft forderte auch der zur Hälfte erneuerte Rat Düsseldorfs das Versammlungsrecht, ohne jedes Mal eine höhere Authorisation einholen zu müßen. 49 Auf Vorschlag Degrecks waren am 13. Juni 1814 zwei Kaufleute, ein Bankier, ein Arzt, ein Notar sowie der ehemalige Beigeordnete Sibenius, Hypothekenverwahrer Jansen und Regierungsrat von Dorsten zur Ergänzung des Gremiums hinzugekommen – an den nachweisbaren privaten Verbindungen änderte dieser Wechsel
44 StATr Tb 100/2, Protokoll Nr. 1536 vom 1.12.1814, vgl. Schweisthal, Arkanpolitik, S. 142. 45 Das ergab die Durchsicht der Protokolle, vgl. Mettele, Bürgertum, S. 83. Severin-Barboutie, Herrschaftspolitik, S. 240 nennt weitere Beispiele für den gleichen Sachverhalt. Müller, Stadt, S. 207–290 zeigt die Kontinuitäten zur reichstädtischen Ratselite in Koblenz auf. 46 Nach ebd., S. 213 finden sich Bürgermeister Mazza sowie Mitglieder der Familie Maas und Müller im kurtrierischen Magistrat. In Trier ließen sich nach Monz (Hg.), Lexikon Franz Matthias Dupré und Johann Jakob Trost ermitteln. 47 Clemens, Diener. 48 StATr Tb 31/611, Eintrag vom 30.5.1807, vgl. Tb 31/626, Nr. 107/1812. Zudem war Grachs Sohn Johann Georg mit Mohrs Tochter, Catharina Maria, verheiratet, vgl. Tb 13/624, Nr. 22/1811. Grachs Neffe, Arzt Johann Michael, war mit Lintz Schwester Catharina liiert, vgl. ebd., Nr. 77/1802 und die Angaben im Anhang. 49 StAD 90010, Protokoll vom 17.1.1815. Da der Rat in der Folgezeit öfter zusammentrat und dem Koblenzer Stadtrat eigenständige Sitzungen am 11.11.1817 unter StAK 623 2180, ein für allemahl von der Regierung explizit erlaubt wurden, ist auch hier von einer positiven Antwort auszugehen.
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nichts. Die außerdem ernannten Juristen Sibenius, Schramm und Kammerdirektor von Collenbach waren der Meinung, dass die Annahme dieser Stadtrathsstelle mit ihren übrigen Berufspflichten durchaus nicht kompatibel sei und blieben den Sitzungen zunächst fern.50 Auf den ersten Blick lässt sich in Aachen ein ähnlich geringes Interesse an der Kommunalpolitik beobachten. Die Protokollbücher legen nahe, dass der seit 1808 amtierende Maire, Nadelfabrikant Cornelius von Guaita, seinen Amtspflichten nur selten nachkam und nur das Nötigste mit dem Munizipalrat abstimmte.51 Diesem gehörten im Jahr 1813 insgesamt 22 Wirtschaftsbürger an. Es handelte sich bei dieser Personengruppe vorwiegend um wohlhabende Tuch- und Nadelfabrikanten, die untereinander verwandt und verschwägert waren (Abb. 1 Aachen). Die erfolgreichsten Vertreter dieser Familienkreise – Beissel, Claus, van Houtem, Nellessen, Kuetgens oder Springsfeld – sucht man allerdings vergebens in den Listen, sodass sich zentrale private Kommunikationswege nicht visualisieren lassen. Nur Edmund Joseph Kelleter, Leonard Startz und Peter Georg von Fisenne, die Besitzer der ersten Dampfmaschinen, saßen im Gremium. Startz vertrat mit Guaita die amtierende Handelskammer. Stadtrendant de Bey, Branntweinbrenner von Aachten, Gastwirt Walthery und Arzt Solders sowie vier weitere Personen, deren Haupttätigkeit nicht zweifelsfrei ermittelt werden konnte, brachten die soziale Homogenität des Rats nicht ins Wanken (Tab. 1 Aachen). Trotz der Hauptstadtfunktion Aachens sind Juristen und Beamte unter den Räten unterrepräsentiert. Wie in Koblenz, Trier und Köln hatten einige Stadträte am französischen Rätesystem teilgenommen. Nur wenige können der sogenannten Alten Partei, bzw. dem reichsstädtischen Rat, zugeordnet werden.52 Sechs Personen gehörten zum exklusiven „Club Aachener Casino“ und vier weitere, u. a. Guaita, sollten in den nächsten Jahren aufgenommen werden.53 Neben dem Maire fanden sich acht ehemalige Handelskammermitglieder unter den Munizipalräten. Einer von ihnen, Präfekturrat Joseph Aloys Felix Freiherr von Fürth, sowie der Beigeordnete Matthias Solders und Johann Joseph Geuljans gehörten zweifelsfrei zur Freimaurerloge. Stadtrentmeister Matthias de Bey war Präsident der Sakramentsbruderschaft, der fünf weitere Ratsherren angehörten (Abb. 1 Aachen). 22 Räten zeigte Guaita am 10. Februar 1814 erstmals an, daß jetzt wo die kaiserlich-russischen Herrn die hiesige Stadt und Gegenden erobert und besetzt, große Bedürfnisse vorhanden waren.54
50 StAD 90010, Protokoll vom 13.6.1814. Zum traditionellen Selbstverständnis vgl. Engelbrecht, Berg, S. 72– 74 und Severin-Barboutie, Herrschaftspolitik, S. 37–49. 51 StAAc FRZ 1–111 und 1–113, 1–114, 1–115. 52 Vgl. Müller, Aachen, S. 298 f. und S. 309; Sobania, Bürgertum, S. 200–206, S. 219. Zum Aufbau in der Franzosenzeit siehe ebd., S. 209 und Graumann, Verwaltung, S. 74–83. 53 Vgl. Diefendorf, Businessmen, S. 336–338 und ausführlich Arens/Janssen, Geschichte. Demnach gehörten dem Club Schriftführer Johann Heinrich Nutten und Peter Joseph Lingens seit 1805 an. Johann Theodor Peltzer war 1809 wieder ausgetreten. Gerhard Franz von Lommessem wurde 1815, Hermann Joseph Wildt 1817, Cornelius von Guaita 1819 und Conrad Breda 1822 aufgenommen. 54 StAAc FRZ 1–114, Eintrag vom 10.2.1814.
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Oberstes Ziel sei die Bewältigung der Kriegslasten 55 und die Wahrung von Ruhe und Ordnung – die der Stadt-Aachener Zeitung zufolge allerdings zu keinem Zeitpunkt gefährdet gewesen war.56 Ein Grund dafür lag in der vorausschauenden Verhaltensweise der städtischen Oberschicht. Bereits im Vorjahr hatte der Munizipalrat eine Deputation zu den Verhandlungen der Staatsvertreter nach Paris entsandt, um die herausragende Stellung der Stadt im Verwaltungsgefüge zu behaupten. Kurz vor dem Einmarsch der Alliierten am 18. Januar 1814 wurde Präfekt Ladoucette respektvoll verabschiedet, den anrückenden Truppen der russischen Armee entgegengeritten und ein unkontrolliertes Eindringen durch die Stadttore verhindert. Diese Empfangsstrategien hatten sich bereits 1794 bewährt, relativieren die protokollierte Untätigkeit der Munizipalität vor 1813 und lassen Absprachen und Übereinkünfte außerhalb des Rathauses vermuten. Darüber hinaus weisen sie auf ein ausgeprägtes reichsstädtisches Selbstbewusstsein hin, das sie mit ihren Kölner Kollegen teilten.57 In Köln kursierte zur selben Zeit eine öffentliche Rechtfertigung zahlreicher Ratsmitglieder, die 20 Jahre zuvor den anrückenden Revolutionstruppen ein Festessen gegeben hatten.58 Daneben musste sich der als frankreichfreundlich geltende Maire Johann Jakob von Wittgenstein Anfeindungen aus der Bevölkerung stellen, weil er den russischen Zaren im Zuge des Herrschaftswechsels in sein Haus aufnehmen wollte.59 Angeblich ging es ihm und seinen Kollegen lediglich um die Wiedererlangung unserer ehemaligen Wohlfahrt, 60 konkreter: um die Revision der unter Napoleon erfahrenen Zurücksetzung gegenüber Aachen und offensichtlich auch um eine Erklärung ihres politischen Kurswechsels in der Öffentlichkeit.61 Wittgenstein, dessen alteingesessene Patrizierfamilie bereits zahlreiche Vorsteher Kölns gestellt hatte, wurde trotz oder wegen seiner offenkundigen Kooperationsbereitschaft nicht als Oberbürgermeister bestätigt. Dennoch übernahm er bis zum Einsatz seines Nachfolgers 1815 weiterhin die Leitung der monatlichen Stadtratssitzungen und 55 Ebd. Unter ebd., PRZ 1–251 werden die Kosten am 27.1.1814 auf 63.000 Francs veranschlagt, vgl. hierzu auch Kraus, Aachen, S. 437–251. 56 SAZ Nr. 14 vom 18.1.1814. 57 Die Pariser Deputation ist unter StAAc FRZ 1–114, Eintrag vom 26.10.1813 notiert und wurde am 30.10.1813 mit Joseph Geuljans, Leonard Startz und Christian Friedrich Deusner besetzt. Zur Übergabe der Stadtschlüssel 1794 vgl. Kraus, Aachen, S. 55–57 und ders., Moderne, S. 72–74. Für Köln vgl. Mettele, Bürgertum, S. 64. 58 Vgl. die Druckschrift des Stadtrats Friedrich Carl Heimann sen. Zur Widerlegung neu erweckter zwanzigjähriger Verleumdungen, gegen Bürgersinn und Redlichkeit, von Freunden und noch lebenden Tischgästen des Ehrgekränkten, aus eigenem Antrieb zum Drucke befördert. Köln im März 1814 zit. n. Mettele, Bürgertum, S. 1–3, die dieselbe als innerstädtische „Konfliktbegrenzungsstrategie“ bezeichnet. 59 Müller, Köln, S. 99–101. Interessant ist auch, dass Wittgenstein nach Gersmann/Langbrandtner (Hgg.), Lebenswelten, S. 276 Johann Jacob von Bianco bescheinigte, dass dieser 1796 zu Unrecht aus seinem Amt gedrängt worden war. 60 Wittgenstein an Sack im Februar 1814 zit. n. Herres, Köln, S. 36. 61 Ebd., S. 37, vgl. Müller, Köln, S. 96 f. und Mettele, Bürgertum, S. 1–3.
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konnte stets mit der Unterstützung seines ersten Beigeordneten Bernhard Boisserée und rund der Hälfte der 30 Munizipalräte rechnen. Als Vize-Präsident der Handelskammer stand ihm Boisserée auch in diesem Gremium zur Seite. In der Handelskammer, im Stadtrat und im Rat des Rur-Departements arbeitete Wittgenstein außerdem mit dem vermögenden Bankier und Handelsgerichtspräsidenten Abraham Schaaffhausen zusammen. Sein Sohn Heinrich von Wittgenstein nahm dessen Tochter Franziska zur Frau. Seine Stieftochter Lisette von Coels ehelichte einen weiteren populären Notabel der Stadt, den späteren Stadtrat und Politiker Peter Heinrich Merkens. Sein Stiefsohn Friedrich Joseph von Coels wurde 1812 zum Unterpräfekt ernannt und übernahm 1816 die Stelle des Polizeidirektors bzw. Landrats von Aachen.62 Wie Wittgenstein, Schaaffhausen und Boisserée waren mindestens drei weitere Kaufleute im Rechtswesen, am Handelsgericht oder im französischen Verwaltungsdienst aktiv gewesen und verfügten über das rechtliche Grundlagenwissen, das von hauptamtlich arbeitenden Juristen nicht eingebracht wurde. Insgesamt war die Berufsgruppe der Händler, Fabrikanten und Bankiers mit 21 Personen gegenüber zwei Rentiers, einem Gastwirt, einem Buchdrucker, einem General und einem Gerber tonangebend (Tab. 1 Köln). Rund die Hälfte organisierte sich zusätzlich in den wirtschaftlichen Interessensgemeinschaften der Stadt, sodass die gesamte alteingesessene, katholische Wirtschaftselite im Kölner Stadtrat vertreten war.63 Ihre reservierte Einstellung zur Angliederung an Preußen ist in dem oft zitierten Ausspruch Schaaffhausens überliefert: Da heiraten wir aber in eine arme Familie! 64 Ihre Ehefrauen engagierten sich seit 1811 zum Teil in der „Société maternelle“, ab 1814 im vaterländischen Frauenverein. 65 Posthalter Dequer de Jouy und General Vernier räumten als gebürtige Franzosen ihren Posten im Munizipalrat, wohingegen der Belgier Wilhelm Joseph von Kaldenberg zum dritten Beigeordneten ernannt und bis zu seinem Auswanderungsgesuch 1818 mit wichtigen Verwaltungsaufgaben betraut wurde. Er war mit sechs weiteren 62 Zu Heinrich von Wittgenstein vgl. Wedel, Wittgenstein, S. 9–23. Zu Coels siehe Romeyk, Rheinprovinz, S. 396 f. Von der Familie Schaaffhausen fand vor allem die Tochter Abrahams Beachtung, siehe hierzu Houben, Rheingräfin und Steidele, Mertens-Schaaffhausen. 63 Mettele, Bürgertum, S. 80–83. Dabei waren nur zwei Räte, Bolckhaus und Schmitz, protestantisch, vgl. die Angaben im Anhang und Herborn, Ratsherr. 64 Schaaffhausen zit. n. Herres, Köln, S. 42 f., vgl. der Zeitungsbericht der Regierung vom 14.6.1816, in: ders., Regierung, S. 75 f. und die vergleichbare Meinung Wittgensteins bei Wedel, Wittgenstein, S. 53 f. Die Ressentiments der Aachener Fabrikanten werden in den Zeitungsberichten der Regierung unter LHAK 402 85, Bericht vom 7.7.1817, Bl. 203–263 ebenfalls thematisiert, vgl. Reumont, Jugenderinnerungen, S. 60 f. 65 Nach Reder, Frauenbewegung, S. 143 war der Kölner Frauenverein „der zentrale Verein des linksrheinischen Rheinlandes“, vgl. ebd., S. 154–180. Nach Mettele, Bürgertum, S. 101 gehörten dem Verwaltungsrat der „Société“ die Ehefrauen der Stadträte Boissérée, Geyr, Heimann und Therese Wittgenstein an. Zu den Organisatorinnen des Frauenvereins gehörten nach ebd., S. 120–122 Therese Schaaffhausen, Elisa Mumm, Maria von Groote, Maria Anna von Mylius, Maria Foveaux, Frau von Harff, Mathilde Gräfin von Wolff-Metternich, Agnes von Geyr, Maria Blanchard, Maria Agatha von Herwegh, Sophia Schüll, Freifrau von Zuydwyck geb. von Harthausen, Freifrau Maria Charlotta von Heeremann zu Zuydwyck, Pauline zur Lippe, Maria Franziska Hirn, Frau von Sobbe. Zeitgleich saßen vier Ehemänner und Bürgermeister Mylius im Rat.
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Räten Mitglied der Freimaurerloge „Le Secret des trois Rois“. Sein Logenbruder Boisserée verkehrte mit mindestens zehn Ratskollegen in der Casinogesellschaft „Société“. Obwohl keine vollständige Mitgliederliste vorliegt, ist davon auszugehen, dass sich die Mehrheit des Stadtrats dort regelmäßig traf und/oder in privaten Abendgesellschaften zusammenkam, da diese nahezu täglich ausgerichtet wurden (Abb. 1 Köln).66 Alle Munizipalräte des Jahres 1813 gingen ihren Möglichkeiten entsprechend pragmatisch mit dem Herrschaftswechsel um. Mit Ausnahme von Düsseldorf konnten sie dabei auf alte Traditionen, langjährige Erfahrungen, unterschiedlich eingespielte Arbeitsweisen und lokale Netzwerke zurückgreifen. Selbst einzelne aktive Partizipationsversuche mit Hilfe eines demonstrativen Patriotismus nach außen, wie jene des Grafen von Spee, erscheinen vor dem Hintergrund persönlicher Karrieremöglichkeiten und offener Zukunftsperspektiven als wesentlicher Bestandteil dieser flexiblen Handlungsstrategie, die Alfred Reumont in Aachen wie folgt erläuterte: Was im Jahre 1815 im kräftigsten Mannesalter stand, war in der Franzosenzeit gross geworden, kannte die alten Zustände nur aus den Erzählungen der Väter, war in den mächtigen, von rapider Schwungkraft belebten Ideenkreis der napoleonischen Epoche hineingezogen worden, an steten Wechsel großer Begebenheiten gewöhnt. Dieses Krisenbewusstsein innerhalb der Generation seines Vaters erklärte seiner Meinung nach die gemischte Stimmung, welche bei der Vereinigung dieser linksrheinischen Provinz mit Preussen herrschte. Andere Umstände traten hinzu […] die preussische Herrschaft beinahe wie eine Fremdherrschaft erscheinen zu lassen. 67 1.2 Die Deputationsbewegung 1815: Konflikte, Hoffnungen und die Relevanz von Repräsentanten, mündlicher Kommunikation und persönlichen Treffen Am 13. Februar 1814 fand eine Siegesfeier in der Trierer Domkirche statt, die Gruner angeordnet und per Anschlagzettel bekannt gegeben hatte.68 Weitere in den Akten Reckings überlieferte Anschlagzettel sprechen gegen ein konfliktfreies Miteinander und künden von Gerüchten, Steuerverweigerungen und zahlreichen Schwierigkeiten zwischen der Militär- und Kommunalverwaltung.69 Insbesondere Letzteres veranlasste den Trierer Oberbürgermeister zu einer Beschwerdevorstellung an die übergeordnete Verwaltungsbehörde,70 die er selbst mit seinem Beigeordneten Mohr und Hofrat Johann Baptist Hetz66 Zu den privaten Gesellschaften siehe Spiertz, Groote, S. 120–130, zum Casino ist das Werk von Warburg, Casino-Gesellschaft noch immer grundlegend. Eine vollständige Mitgliederliste liegt nicht vor. 67 Reumont, Jugenderinnerungen, S. 51, vgl. Solms-Laubach zit. n. Mettele, Bürgertum, S. 112. Zur Einschätzung siehe Clemens, Reumont; Faber, Leben, S. 17 und Brophy, Nation. 68 StATr Tb 101/1, Anordnung eines allgemeinen Dank- und Siegesfestes für Trier, Koblenz und Worms vom 7.2.1814. Unter ebd., Schreiben vom 10.2.1814 wird das Programm festgelegt. Zum Ablauf vgl. Schneider, Festkultur, S. 43 f., Klupsch, Wyttenbach, S. 180 f. und Weichelt, Casino, S. 157. 69 StATr Tb 101/1, und Tb 101/2. 70 Nach ebd. Tb 100/2, Protokoll Nr. 23 hatte sich ein Offizier äußerst ungestüm und wild, gleich einem für Zorn rasenden betragen. Die dazugehörige Eingabe vom 15.2.1814 findet sich in den Anlagen Tb 101/1.
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rodt nach Kreuznach brachte.71 Hauptkritikpunkt waren die Einquartierungslasten und 25.000 Francs, die zur Errichtung eines Militärlazaretts aufgebracht werden sollten.72 Der Kölner Rat formulierte am 5. Dezember 1814 eine ähnliche Eingabe angesichts der ca. 2.500 anwesenden Militärs, die aus der Stadtkasse zu verpflegen waren.73 Da solche offenen Beschwerden keine Konsequenzen nach sich zogen, boykottierte der Trierer Rat die Treffen der Einquartierungskommission bei der Regierung.74 Der Koblenzer Stadtrat strich den Offizieren nach knapp einem Jahr die verordneten Lebensmittelrationen und forderte eine angemessene Entschädigung für die jeweiligen Quartiergeber.75 Ein Grund für diese letztlich erfolglose Verweigerungshaltung waren andauernde Streitigkeiten zwischen diesen und der Einquartierungskommission, die in der lokalen Presse kein gutes Licht auf die Kommunalverwaltung warfen.76 Einzig in Düsseldorf war der Stadtrat nicht mit der Einquartierungsfrage betraut und rang um Kompetenzerweiterungen. Dabei gelang es den Räten nach eigenen Aussagen nicht, für die Beendigung der bisherigen unerhörten, selbst in der ärgsten Franzosenzeit unerhörten Bedrückungen [ihrer] städtischen Einwohner 77 zu sorgen. Hier musste dem ehemaligen Präfekt Johann Anton Schmitz ein Tagessatz von 10 Francs für die Organi-
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Gemäß dem Schreiben von Gruner vom 26.2.1814 unter ebd. soll Trier als einzige Stadt Unterstützung für die Einquartierungslasten erhalten haben. Ähnliche Konflikte in Düsseldorf nennt Lau, Geschichte, S. 96 f. Zur Problematik allgemein vgl. Röhrig, Truppendurchmärsche. Zur Deputation vgl. StATr Tb 100/2, Protokoll Nr. 889 vom 13.7.1814, der Bericht über die in Kreuznach zugesagten Gelder erfolgte am 20.7. unter ebd. Nr. 929. Eine weitere Eingabe vom 9.12.1816 war nach StATr Tb 100/5, Protokoll Nr. 87 vom 25.1.1817 an den König gegangen und von diesem den Ministern zur Bearbeitung weitergegeben worden. Zum Lazarett vgl. StATr Tb 100/2, Protokoll Nr. 90 vom 28.2.1814 und die Publikation der Maßnahme am 1.3.1814 in den Anlagen Tb 101/1. Wie in den anderen Städten wurden die Gelder durch eine Steuer eingetrieben. Der Aachener Stadtrat führte sie nach StAAc PRZ 1–259 am 10.7.1816 ein. Dass hier kaum Konflikte überliefert sind, kann auf die dürftige Quellenlage, das geringe Interesse des Stadtrats und/ oder auf die von Wensky, Sack und Poll, Reiman außerordentlich positive Bewertung der beiden leitenden Beamten zurückgeführt werden, vgl. hierzu auch Koltes, Rheinland, S. 34 f. Nach Weidenhaupt, Zeit, S. 335 betrug der Anteil der Stadt Düsseldorf zur Kriegssteuer 60.000 Francs. HAStK 410 A1, Sitzung vom 5.12.1814, vgl. Herres, Köln, S. 40 f. Nach dems., Koblenz, S. 51 waren im Schnitt 1.300 Militärs in Koblenz zu verpflegen. Nach Becker-Jàkli, Groote, S. 50 befanden sich beispielsweise fünf Offiziere, acht Bedienstete und zehn Pferde im Hause Groote in Köln. StATr Tb 100/5, Protokoll Nr. 181 vom 18.2.1817, wonach Mohr und Hayn nicht erschienen waren. Nach Bär, Geschichte, S. 73 war der ehemalige Maire Nebel Präsident der Kommission in Koblenz. In der weiteren Erwägung, daß es in dem Herzogtum Nieder-Rhein keine eine Stadt giebt, die so sehr wie Koblenz unter der Einquartierung gelitten hat und noch wirklich leidet, daß ferner in Koblenz wegen Bedürftigkeit der Wohnungen die Offiziere bei weitem nicht alle bei den vermögensten Einwohnern untergebracht werden können […] wurde die Idee nach StAK 623 2185 erstmals am 4.8.1815 besprochen und beantragt und nach ebd., 2186 am 6.12.1818 eigenständig beschlossen, vgl. Herres, Koblenz, S. 49–52 und Tippach, Festungsstadt, S. 340–343. Nach Prößler/Prößler, Wein, S. 42 hatte sich Johann Friedrich Deinhard gegen die Maßnahme ausgesprochen. In Trier wurde der Stadtrat wegen einer Beschwerde des General Geramb unter StATr FrZ, Ausgangsregister Nr. 80, 422 Schreiben vom 24.09.1814 darauf hingewiesen, dass die Rationen nicht angemessen waren. Vgl. Kampmann, Presse-Chronik, S. 94 f. StAD 90010, Protokolle vom 12.12.1814 und vom 14.1.1815, vgl. Lau, Geschichte, S. 98.
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sation der Truppendurchmärsche gezahlt und das Gehalt des dritten Beigeordneten für die Einstellung des Polizeidirektors, des ehemaligen Beigeordneten Schnabel, verwendet werden.78 Die Einladung zu einer Geburtstagsfeier für den König auf Kosten der Stadt schlug Degreck daher aus – eine Illumination des Rathauses war seiner Meinung nach den finanziellen Möglichkeiten angemessen.79 Für die übergeordneten Behörden war dieses Verhalten ein offener Affront, zumal Maßnahmen zu Ehren Obrigkeit seit jeher zu den Aufgaben der Gemeindevertreter gehörten. Besonders im napoleonischen Empire hatte die Festkultur als allgemeinverständliches Mittel symbolpolitischer Machtdemonstration und Disziplinierungsinstrument einen hohen Stellenwert, der allen Beteiligten bewusst war und zur politischen Meinungsäußerung genutzt werden konnte.80 In Düsseldorf und in Köln wurde der 3. August 1814 daher von den preußischen Truppen mit vielem Pomp gefeiert. 81 Die Bevölkerung soll aus Dank für das große Werk der Befreiung daran teilgenommen haben.82 Diese kurze Notiz in der Augsburger Allgemeinen Zeitung war angesichts sonst üblicher Festtagsdarstellungen ein für die Leser verständlicher Hinweis auf die problematische Situation in den besetzten Gebieten. Sie stimmt mit den Forschungsergebnissen Ute Schneiders zur zurückhaltenden Entwicklung der „Politische[n] Festkultur im 19. Jahrhundert“83 und mit den Stadtratsprotokollen überein, da in keiner Stadt Vorkehrungen getroffen wurden. Stattdessen verordnete Recking in Trier zu Beginn des Jahres 1815 Kanonendonner, Glockengeläut und Lichtspiele für Kaiser Franz I. von Österreich und brachte so seine abwartende Haltung unter dem provisorischen Verwaltungsstatut und das noch zu analysierende Protestpotential von Festveranstaltungen zum Ausdruck.84 An der Mosel war man sich darüber im Klaren, dass die künftige politische Bestimmung der Stadt Trier noch nicht entschieden war.85 Der bereits erwähnte Hofrat Johann Baptist 78 StAD 90010, Protokoll vom 27.12.1814, wobei man sich zunächst weigerte und auf den mit jedem Tage noch kläglicher werdenden Zustand der städtischen Finanzen und das dem Stadtrath verfassungsmäßig zustehende Gerechtsam der Quotisierung der Bürger sowohl als die Bewilligung der Ausgaben hinwies. Zum weiteren Vorgehen siehe die Protokolle vom 17.1.1815 und 15.4.1815 sowie Weidenhaupt, Zeit, S. 336 und Lau, Geschichte, S. 141. Nach Burg, Karrieren, war Schmitz, Präfekt des Sieg-Departements, bei der Bevölkerung „sehr verhaßt“. 79 StAD 90010, Protokoll vom 3.8.1814. Vgl. Lau, Geschichte, S. 97. Nach ebd., S. 85–89 waren die Feste zuvor sehr umfangreich. 80 Sellin, Staatskult, S. 152 f., vgl. Kapitel II. 1. und III. 5.3; zur Einschätzung siehe Schneider, Festkultur, S. 65–76 und Büschel, Untertanenliebe, S. 241–273 und S. 293–306. 81 AAZ Nr. 224 vom 12.08.1814, S. 896. 82 Ebd. 83 Vgl. Schneider, Festkultur, S. 43–49. 84 StATr Tb 100/3, Protokoll Nr. 169 vom 11.2.1815, vgl. Kapitel III. 3.4 und 5.3 sowie Faber, Rheinlande, S. 321. Andererseits wurden in Trier gemäß den Anlagen unter StATr Tb 101/3 und des Ausgangsregisters unter ebd. FrZ Nr. 80, Nr. 182 bereitwillig Bälle für die anwesenden Generäle veranstaltet. Nach ebd., Schreiben vom 12.10.1814 gab es auch einen Ball zu Ehren des Königs von Bavaria. Nach Reumont, Jugenderinnerungen, S. 59 war der Kaiser von Österreich auch für die Aachener der eigentliche Repräsentant Deutschlands. 85 StATr Tb 100/2, Protokoll Nr. 1071 vom 16.8.1814.
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Hetzrodt schrieb seine Gedanken Ueber die künftige Verfassung der deutschen Länder des linken Rhein-Ufers in einer Denkschrift nieder und fasste zusätzlich die Ansprüche und Hoffnungen der Stadt Trier im Sinne des Stadtrats zusammen, obwohl er ihm nicht angehörte.86 Hetzrodt war 1786 Mitglied des Trierer Magistrats und 1795/96 der Aachener Zentralverwaltung gewesen. Bereits 1796 hatte er sich öffentlich über die Besatzungszustände beschwert und war daraufhin inhaftiert worden. Im Jahr 1814 gründete er die Trierische Zeitung, um sich und den Trierer Notabeln erneut Gehör zu verschaffen.87 Als ehemaliger Hofrat, Richter, Zeitungsredakteur und Präsident der „Gesellschaft für nützliche Forschungen“ hatte er einen nicht unerheblichen Einfluss auf die öffentliche Meinung.88 Stellungnahmen dieser Art, publizistische Deutungskämpfe und Gerüchte lassen sich nicht nur mit dem Engagement einzelner Publizisten (ein weiteres Beispiel ist Joseph Görres in Koblenz), sondern auch mit der Grenznähe in Zusammenhang bringen. So betrachtete auch die Stadt-Aachener Zeitung das Zeitgeschehen zu Beginn der preußischen Herrschaft sowohl aus französischer Perspektive als auch mit geschärftem diplomatischem Blick aus Wien.89 Reumont ist also zuzustimmen, dass [d]ie Blicke der Aachener […] nicht mehr auf Paris gerichtet [waren], aber sie richteten sich auch nicht recht auf Berlin. 90 Auf dem Wiener Kongress stellte die in den linksrheinischen Gebieten virulente „Rheinlandfrage“ lediglich eine „Rechenfrage“ dar.91 Kesselstatt meldete dem Trierer Rat zwar, dass er seinen Auftrag erledigt hatte, doch rückblickend empfand sich die Bevölkerung zu Recht als Spielball machtpolitischer Erwägungen einzelner Großmächte.92 Für Preußen bildeten die Gebiete auf dem linken Rheinufer eine zusätzliche Kompensationsmasse, die – wie Friedrich Wilhelm III. selbst formulierte – aufgrund der schweren Pflicht ihrer Verteidigung zunächst als Last empfunden wurde.93 86 Hetzrodt, Verfassung, und ders., Ansprüche, zu finden unter StATr, Tb 101/10, September 1815 und bei Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 225–230. Ähnlich auch der Präsident des Revisionsgerichts Georg Friedrich Rebmann in seiner anonym erschienenen Rückerinnerung an unser Elend und fromme Hoffnungen von der Zukunft, vgl. Faber, Rheinlande, S. 265 und Schweisthal, Arkanpolitik, S. 134–138, S. 150. 87 Müller, Stadt, S. 380 f. 88 Vgl. Faber, Verwaltungs- und Justizbeamte, S. 367. 89 Das ergab die Durchsicht der SAZ bis zu Beginn der 1820er Jahre, insbesondere das Verhalten Napoleons wird genau beobachtet. Ebd., Nr. 264 vom 21.9.1814 bespricht z. B. eine in Aachen kursierende profranzösische Flugschrift Europa in Bezug auf den Frieden, Adresse an die Germanen des linken Rheinufers. Noch im März 1816 mussten Gerüchten von Hardenberg persönlich in der AAZ Nr. 75 vom 15.3.1816 auf das bestimmteste widersprochen werden. 90 Reumont, Jugenderinnerungen, S. 57. 91 Laux, Übergang. 92 StATr Tb 100/2, Protokoll Nr. 1574 vom 12.12.1814, wonach er bezüglich der Einquartierungslast ebenfalls keinen Erfolg hatte. Unter ebd., Tb 101/10 findet sich das Schreiben an Recking vom 2.9.1815 mit der beigefügten Denkschrift Darstellung der Lage und der Bedürfnisse der Stadt Trier, die Kesselstatt der obersten preußischen Behörde und späterhin all den Personen, welche für das Wohl meiner Vaterstadt bewirken können eingereicht hatte. Vgl. Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 220–224. 93 An die Einwohner der mit der preußischen Monarchie vereinigten Rheinlande, in: GS 1815, S. 23–25. Vgl. Herres/Holtz, Provinzen, S. 113, Laux, Übergang, S. 58 und Clark, Preußen, S. 448–451.
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Der zitierte Aufruf An die Einwohner der mit der preußischen Monarchie vereinigten Rheinlande beendete das Provisorium am 5. April 1815 und musste mündlich bekräftigt und in symbolische Handlungen übersetzt werden, um Alltagsrealität zu werden.94 In Düsseldorf ließ Degreck den König hochleben und den preußischen Adler unter Glockengeläut und Musik am Rathaus anbringen, bevor er das provisorische Oberbürgermeisteramt gegen eine Stelle am Appellationsgericht eintauschte. Recking kopierte das Besitzergreifungspatent für das Protokollbuch und verordnete eine Beleuchtung der Wohnhäuser um diese Epoche zu verherrlichen. 95 Für die Anbringung des Adlers an allen Gemeindehäusern mussten jedoch noch Bestellungen bei Maler Rubens aufgegeben werden.96 In Köln wurden mit Wittgenstein, Schaaffhausen und dem ehemaligen Maire Goswin von Heinsberg drei der bekanntesten Notabeln der Stadt bei Generalgouverneur Johann August Sack vorstellig, um den in den Protokollen schriftlich fixierten Empfindungen des innigsten Danks persönlich Nachdruck zu verleihen und mündlich dasjenige zuzusagen, was der schriftlichen Äußerung ermangelt[e]. 97 Der Adler wurde einen Monat später, am Tag der Huldigung, aufgestellt, wobei ein Zeitzeuge dabei angeblich nicht ein einziges Mal einen Ausbruch von Freude oder Jubel hört[e]. 98 Für die Amtsträger vor Ort war der Austausch der Herrschaftszeichen, vom Kopfregest der Verwaltungspapiere über den Siegelstempel bis zum Portrait des Kaisers im Sitzungssaal, nichts Neues und schien sich seit 1794 turnusmäßig alle zehn Jahre zu wiederholen. Dass diese Maßnahmen in Koblenz und Aachen nicht erwähnt wurden, verwundert daher nicht und kann mit der vergleichsweise unsystematischen, kurzgefassten Protokollführung begründet werden.99 Die Aachener Stadträte konnten besonders zufrieden sein, hatte das neue Staatsoberhaupt die bisher alle Herrschaftswechsel überdauernde
94 GS 1815, S. 23–25. Vgl. Andres/Geisthövel/Schwengelbeck, Einleitung; Haas, Kultur, S. 303; ders., Kleid und Kapitel II.1. Nach Landwehr, Diskursanalyse, S. 80–83 wird in Anlehnung an Bourdieu versucht „mittels symbolischer Macht sprachlich fundierte Repräsentationen der sozialen Wirklichkeit zu schaffen und durchzusetzen, um damit sowohl die Vorstellung der Akteure von der sozialen Welt als auch die Akteure selbst zu erreichen.“ Nach Mergel, Kultur, S. 25 ging es um die Herstellung von „Erinnerungs- und Überzeugungsgemeinschaften“, nach Müller, Köln, S. 76 um eine „emotionale Aktivierung der Bevölkerung“, ähnlich Schwengelbeck, Politik, S. 148 und ders., Herrschaftsrepräsentationen, S. 125. 95 StATr Tb 100/3, Protokoll Nr. 666 vom 1.6.1815. 96 Ebd., Nr. 1106 vom 12.8.1815. 97 HAStK 410 A1, Protokoll vom 19.4.1815, vgl. Mohnen, Stadt, S. 269. 98 Brief von Groote am 16.5.1815 abgedruckt bei Gersmann/Langbrandtner (Hgg.), Lebenswelten, S. 255: Man kann es niemand übel nehmen. Es geht den Leuten wirklich hart und sie sind klug, daß sie sich nicht über ein unbekanntes Gut im Voraus freuen. Zur (auch von den preußischen Beamten beobachteten) Gleichgültigkeit der Rheinländer vgl. Müffling, Leben, S. 204 und Koltes, Rheinland, S. 445 f. Zu Sack siehe ebd., S. 67–71 und Diefendorf, Businessmen, S. 217 f., der unter ebd., S. 240–243 ein positives Urteil über ihn als „Spokesman for Rhenish interests“ fällt, ähnlich Wensky, Sack. 99 Nach Herres, Koblenz, S. 49 fand am 23.4.1815 ebenfalls eine Feier zur Anbringung des Adlers in Ko blenz statt, zur Ablieferung der Siegelstempel 1817 vgl. die gleichnamige Akte unter StAK 623 2636 und die Ausführungen bei Graumann, Verwaltung, S. 236–241.
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Bedeutung der Stadt als Krönungsstätte mit der Huldigungszeremonie doch bestätigt und für weitere Kontinuität gesorgt.100 Die Huldigung fand am 15. Mai 1815 auf dem Markplatz statt und umfasste mehrere Festreden, einen Gottesdienst, ein Mittagsmahl und einen fulminanten Ball im Kurviertel.101 Die Vertreter der neugewonnenen Besitzungen wohnten dem Spektakel auf dem Amphitheater bei, an dessen Fassade unmittelbar gegenüber der Statue Karls des Großen ein lebensgroßes Bild des Königs dargestellt wurde. Dass die Bevölkerung den von der preußischen Zentrale angedachten „nationalen Deutungsrahmen“102 eindeutig erkannte, ist unwahrscheinlich, hatte der Karlskult doch kurz zuvor noch der Legitimation Napoleons gegolten.103 Obwohl Friedrich Wilhelm III. selbst nicht an der Zeremonie teilnahm, kann sie als „wechselseitiger Verpflichtungsakt“104 betrachtet werden. Im Rahmen der feierlichen Verlesung des Besitzergreifungspatents versprach der König seinen Untertanen schriftlich den wirksamen Schutz ihrer Person, ihres Eigenthums, und ihres Glaubens sowie die Verteidigung dieser Grundrechte sowohl gegen äußern feindlichen Angriff, als im Inneren durch eine schnelle und gerechte Justizpflege, und durch eine regelmäßige Verwaltung der Landes-, Polizei- und Finanz-Behörden. Dabei wollte er sie gleich allen […] übrigen Unterthanen regieren und die Bildung einer Repräsentation anordnen. 105 Von liberté des cultes, l’égalité des droits und la liberté politique et civile, die Napoleon zuletzt 1804 feierlich gelobt hatte, war also nur zwischen den Zeilen die Rede.106 Die Formulierung entsprach der Vieldeutigkeit symbolpolitischen Handelns und eröffnete dem Einzelnen einen gewissen Interpretationsspielraum. Für die Notabeln vor 100 Vgl. Kapitel II. 1. Schneider, Festkultur, S. 48 f.; Haas, Kultur, S. 304–308. Zum Wechsel der Herrschaftszeichen siehe Schmidt, Konformismus, S. 165–169 und Kraus, Moderne, S. 91. Nach Tschacher, Aachen, S. 256 war der Adler dort am 20.4.1815 aufgestellt worden. 101 Ebd., S. 259–269, vgl. das Programm im Nachlass des Grafen von Spee unter ASH T 85, abgedruckt bei Gersmann/Langbrandtner (Hgg.), Lebenswelten, S. 250–252. 102 Schwengelbeck, Politik, S. 147, vgl. Wensky, Sack, S. 182 f. Für Durchhardt, Kongress, S. 53 f. war die Wahl Aachens als internationales Kongresszentrum 1818 eine bewusste „Good-Will-Offensive“, um emotionale Nähe zu schaffen. Praktische Aspekte und die Nähe zum populären Kurort Spa spielten nach ebd. ebenfalls eine wichtige Rolle. 103 Zur Indienstnahme des Karlskultes durch Napoleon vgl. Kapitel II. 1. Zum Ablauf der Zeremonie siehe die SAZ Nr. 60 vom 16.5.1815 und Schwengelbeck, Politik, S. 148–150 sowie Büschel, Untertanenliebe, S. 108–110, zur Thematik allgemein vgl. auch Kapitel III. 4.4. und 5.3. 104 Schwengelbeck, Herrschaftsrepräsentationen, S. 128. Nach ebd., S. 132 handelte es sich um eine „neuartige symbolische Handlung“, da der König einen „Gegenschwur“ leistete, ähnlich Wienfort, Jahrhundert, S. 62. Büschel, Untertanenliebe, S. 114 f. sieht das anders und verweist auf die auch im Folgenden gezeigte Verweigerungshaltung der Herrscher, ihrer Verpflichtung nachzukommen. Dieser Befund ändert allerdings nichts an der zeitgenössischen Wahrnehmung des Wechselverhältnisses. 105 GS 1815, S. 23–25. 106 Vgl. den verfassungsrechtlich verankerten Schwur in Artikel 53 der Verfassung vom 28. Floréal XII. (18.5.1804) und Braun, Tradition. Zu den Eindrücken siehe exemplarisch die Quellen bei Gersmann/ Langbrandtner (Hgg.), Lebenswelten, 94–98. Anschließend war auch eine neue Vereidigung der Verwaltungsbeamten notwendig, vgl. exemplarisch die Unterschriftensammlung unter LHAK 256 129.
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Ort konnte sie als Versprechen für eine Teilhabe am Herrschaftssystem bewertet und als Legitimationsgrundlage für ihre eigenen Partizipationsansprüche herangezogen werden.107 Nicht zuletzt deswegen schien die Zeremonie ein Vorgefühl der segensreichen Jahrhunderte zu erwecken, die die deutsche Nation, nach überstanden schweren Kampfe, endlich beglücken werden. 108 – So das Fazit der lokalen Berichterstattung, das dem preußischen König mit viel Pathos schmeichelte und die hohen Erwartungen indirekt verstärkte.109 Im Gegenzug wurden die anwesenden Repräsentanten der neuen Provinz aufgefordert, ihn forthin als ihren rechtmäßigen König und Landesherrn anzuerkennen, Uns und Unsrem Nachfolger den Eid der Treue zu leisten, und Unseren Gesetzen, Verfügungen und Befehlen mit Gehorsam und pflichtgemäßer Ergebenheit nachzuleben. 110 Im Behördenapparat war dies bereits mit der amtlichen Eidesleistung erfolgt. Während der feierliche Schwur zur Treue seiner Majestät dem König bei den Regierungen mündlich mit aufgehobenen Fingern geschehen muß[te], 111 wurde er im Rathaus in der Regel in die Hände des Oberbürgermeisters abgelegt.112 In Koblenz versicherte man diesem zusätzlich, das Beßte der Stadt Coblenz in allen Beratschlagungen zu befördern und zu bewahren und sie vor Schaden zu behüten 113 oder in späterer Zeit die Amtspflichten als Mitglied des Stadtraths von Coblenz redlich und gewissenhaft zu erfüllen. 114 In Düsseldorf wurden neue Ratsmitglieder noch eindringlicher aufgefordert, mit Liebe und nach bester Einsicht zum Nutzen der diesseitigen Gemeinde Interessen wahrzunehmen. 115 In den Protokollbüchern Aachens und Kölns ist die gewöhnliche Eidesleistung nur eine kurze Randbemerkung.116 Die Trierer Stadträte hatten zu Beginn der preußischen Herrschaft die Wahl zwischen 107 Vgl. Koltes, Rheinland, S. 85–88 und Schwengelbeck, Herrschaftsrepräsentationen, S. 160. Begriffsgeschichtlich ist nach Hofmann, Repräsentation, S. 90 mit Repräsentation eine „symbolische Verkörperung des ‚Landes‘ in seiner hierarchisch-herrschaftsständigen Verfasstheit“ gemeint. 108 SAZ Nr. 60 vom 16.5.1815. 109 Vgl. Schwengelbeck, Politik, S. 163 und die SAZ Nr. 72 vom 13.6.1815, wonach viele Häuser beleuchtet waren, die unter der französischen Regierung dunkel geblieben waren und den Bericht von Ernst Moritz Arndt im Journal des Nieder- und Mittel-Rheins Nr. 57 (14.5.1815)–Nr. 64 (30.5.1815). Zur schwierigen Bewertung solcher patriotischen Berichte und der zeitgenössischen „Untertanenliebe“ siehe Büschel, S. 189–196. 110 GS 1815, S. 23–25. 111 Vgl. die Information im Tagebuch Grootes unter HAStK 1552 A1, Eintrag vom 28.8.1816. Die Formel wurde ihm schriftlich zum Ablesen gegeben. Die Vorgabe entspricht dem Huldigungsprogramm bei Gersmann/Langbrandtner (Hgg.), Lebenswelten, S. 252. Ebd., S. 254 gibt die Bescheinigung des geleisteten Eides wieder. 112 Exemplarisch unter StAK 623 2187, Protokoll Nr. 148 vom 6.9.1825. 113 Ebd., 2189, Protokoll Nr. 75 vom 9.12.1839. 114 Ebd., Protokoll Nr. 95 vom 18.2.1840. 115 StAD 90010, Protokoll vom 13.6.1814 dabei machte der Herr Oberbürgermeister die neu ernannten Herrn Mitglieder mit der Wichtigkeit des ihnen übertragenen Berufs bekannt und ließ den Eid nicht wörtlich ins Protokollbuch schreiben. 116 Vgl. StAAc PRZ 1–259, Protokoll vom 28.10.1818. Unter ebd., Protokoll vom 25.10.1814 wird angegeben, dass die neuen Stadträte in Eid genommen worden sind. Später, am 9.5.1845 unter ebd., PRZ 1–15, wird der vorgeschriebene Eid geleistet. Ähnlich in Köln unter HAStK 410 A2, Protokoll vom 2.4.1824.
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einer mündlichen oder einer schriftlichen Eidesleistung und umgingen zunächst den symbolischen Akt des mündlichen Schwurs.117 Die genannten Verfahrensweisen standen der unspezifischen Verordnung vom 26. Oktober 1799 wegen zweckmäßigerer Einrichtung der Eidesleistungen nicht entgegen.118 Strenggenommen waren die Gesetze des „Allgemeinen Landrechts“ auf der linken Rheinseite ohnehin nicht bindend, sodass erst die wörtliche Eidesformel in der Kabinettsordre vom 5. November 1833 allgemeingültige Vorgaben schuf.119 Dieser Umstand stellte vor allem in der Rechtspraxis ein Problem dar, weil Urteile nur durch die Eingangsformel, also im Namen Napoleons, gültig waren und vor Publikum verkündet wurden.120 In Koblenz waren außerdem Fälle bekannt, wo am Anfange des Jahres 1814 Staats-Beamte und Unterthanen der Sache des französischen Kaisers gegen ihr neueres Gefühl treu geblieben waren, bloß allein, weil sie demselben den Eid der Treue geschworen hatten.121 Da nur etwas mehr als ein dritter Theil Seiner Majestät dem König gehuldigt ha[tt]en, nämlich […] nur die linksrheinischen Bewohner, riet Regierungsrat Lebens in seinem Verwaltungsbericht 1818 dringend zu einer Nachholung des Eides. Er war auf der rechtsrheinischen Seite des Regierungsbezirks aufgewachsen und wusste, wovon er sprach. Des Weiteren mussten in allen Städten die noch anwesenden Franzosen auf dem Rathaus versichern, forthin keine Verbindung irgend einer Art mit Frankreich zu unterhalten und den verbündeten Mächten treuen Gehorsam zu leisten. 122 Die schriftliche Überlieferung der Amtseide im Verwaltungsalltag gibt die symbolische Relevanz des Treueschwurs daher nur unzulänglich wieder. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts, allen voran in Zeiten politischer Umschwünge, hatte die Eidverpflichtung nichts von ihrer ursprünglichen Bedeutung eingebüßt.123 Die Kölner Notabeln erfuhren dies zuletzt im Jahr 1798, als einige kurkölnische Richter und Universitätsprofessoren den 117 StATr, Tb 100/2, Protokoll Nr. 10 vom 11.2.1814. Gemäß dem Schreiben unter ebd. Tb 101/8 vom 22.7.1815 fehlten noch sieben schriftliche Eidesleistungen, die Recking versicherte nachzuliefern. Nach ebd. Tb 100/9, Protokoll Nr. 2 vom 12.7.1827 gelobte man unter Haw das Interesse der Stadt Trier gewissenhaft zu bewahren. Nach ebd. Tb 100/10, Protokoll Nr. 499 vom 19.11.1834 wurde der neue Stadtrat in gebräuchlicher Form vereidigt und der Eid nicht mehr aufgeschrieben. Die schriftliche Eidesleistung setzte sich nach Haas, Kultur, S. 318 in ganz Preußen durch und schränkte die symbolische Wirkung ein. 118 ALR II.,10 Paragraph 1 bis 3. 119 Vgl. GS 1833, S. 291 f. und Haas, Kultur, S. 313–318, zu den Ursprüngen siehe Holenstein, Huldigung. 120 Nach Koltes, Rheinland, S. 29 f. sah man sich in Trier daher außer Standes weiterzuarbeiten, sodass vereinzelt im Namen „der alliierten Mächte“ Recht gesprochen wurde. 121 LHAK 402 101, Bl. 5–7, Verwaltungsbericht vom 15.1.1818. Das war nach Bär, Behördenverfassung, S. 102 auch in sechs weiteren Gebieten der Fall. Zum Umgang mit diesem Problem siehe Büschel, Untertanenliebe, S. 111–115. 122 StAK 623 2647, Aufruf vom 5.4.1815. Nach ebd., leisteten 44 Personen diesen Eid in Koblenz, in Aachen waren es über 100. Zu den Schwierigkeiten der Eidesleistung vgl. Kraus, Aachen, S. 440 f., StAAc OB 21–3 und ebd. PRZ 1–250, Protokoll vom 31.1.1814, PRZ 1–259, Protokoll vom 3.6.1815. Für Trier vgl. StATr Tb 101/1, Schreiben vom 10.2. und 12.2.1814. Zum Umgang mit den Zurückgebliebenen im Alltag vgl. Reumont, Jugenderinnerungen, S. 63 f. 123 Vgl. Büschel, Untertanenliebe, S. 113 f. und S. 118 sowie Schwengelbeck, Politik, S. 97–106. Die Eidverpflichtung implizierte nach Richard, Eidverweigerung, S. 48, dass die Macht nicht selbstverständlich war.
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republikanischen Truppen den Eid verweigerten und ihre Stellung zeitweise verloren.124 Auch wenn solche Fälle der politischen Meinungsäußerung aus den Jahren 1813 bis 1815 nicht bekannt sind, ist es erstaunlich, dass alle großen Städte im Rahmen der Stadtratssitzungen mehrere Vertreter zur Huldigung entsandten und allein in Trier – trotz der sorgfältigen Schriftführung – keine Wahl dokumentiert ist.125 Am 30. April 1815 schritt der Koblenzer Stadtrat zur Wahl der Huldigungsdeputation und ernannte zwei Kaufleute zu den allerhöchst verordneten Commissarien: 126 Johann Heinrich Kehrmann und Paul Müller – ersterer als Notabel des Kantons letzterer als Mitglied des Stadtrats. 127 Beide gehörten zu den ältesten Stadträten, waren seit 1799 bzw. 1801 im Amt und hatten dem Departements-Wahlkollegium angehört. Sie waren unterschiedlicher Konfession und zahlten nach Mazza und dem 20 Jahre jüngeren Weinhändler Johann Friedrich Deinhard mit rund 200 Francs die meisten Steuern.128 In Düsseldorf übergab Degreck dem neuen provisorischen Oberbürgermeister Engelbert Liborius Schramm die Amtsgeschäfte, woraufhin 17 Anwesende Jakob Freiherr von Kylmann und den vermögenden Stadtrat Friedrich Hoffmann zu Deputierten bestimmten. Anders als in Koblenz entschieden sie sich somit für hochrangige Beamte und einen Vertreter des Freiherrenstandes, der nicht im Stadtrat saß. Von Kylmann war als Senatspräsident des Appellationsgerichts der Vorgesetzte des neuen Oberbürgermeisters. Hoffmann hatte zum Rat des Rhein-Departements gehört.129 Im Beschlussbuch der Stadt Köln ist die einstimmige Wahl der Stadträte Cornelius Joseph von Geyr und Abraham Schaaffhausen festgehalten.130 Zeitgenössische Druckschriften belegen, dass Schaaffhausen auch in der Öffentlichkeit als Vertreter und Bewahrer städtischer Interessen angesehen wurde, obwohl er die Ernennung zum Maire im Jahre 1800 abgelehnt hatte.131 Gemeinsam mit diesen zwei ehemaligen Departementräten reis124 Müller, Köln, S. 180 f. und S. 313–315 mit dem Hinweis, dass viele Eidverweigerer trotzdem Karriere machten. Nach Kraus, Moderne, S. 121 verweigerten das Sendgericht und die ihm angehörigen Pfarrer die Eidesleistung in Aachen. Weitere Formen der Eidverweigerung nennt Schwengelbeck, Politik, S. 102–104 für die süddeutschen Huldigungsfeiern. 125 Recking war nach Zenz, Verfassung, S. 106 im Jahr 1810 wegen Missachtung eines Dekrets, also wegen einer Verweigerungshaltung, entlassen worden. Ein Boykott „als sorgfältig inszenierter, symbolischer Akt“ nach Jung, Debattenboykotts, S. 37 f. ist – wie im Folgenden gezeigt wird – unwahrscheinlich, geschah aber nach Haas, Kultur, S. 82 in Münster. 126 Die Bekanntgabe ist in einer Beilage des im JNMR, Nr. 53 vom 24.4.1815 abgedruckt. Zu den Bestimmungen siehe Bär, Behördenverfassung, S. 98–103. 127 StAK 623 2185, Protokoll vom 30.4.1815. Ein Stimmverhältnis ist nicht angegeben. 128 Nach der Höchstbesteuertenliste von 1817 unter LHAK 441 11779 zahlte Müller (1752 in Koblenz geboren, katholisch) 200 Francs und Kehrmann (1756 in Bremen geboren, evangelisch) 214 Francs. Deinhards Steuersumme betrug 305 Francs. Mazza zahlte 356 Francs Steuern. Die Stadträte Zweiffel und Lebens hatten bereits zur Regierung gewechselt. 129 StAD 90010, Protokoll vom 6.5.1815. 130 HAStK 410 A1, Protokoll vom 28.4.1815. 131 Nach Mettele, Bürgertum, S. 115 f. war ihm zum Beispiel die anonyme Druckschrift Was hat Köln in der gegenwärtigen Zeit zu wünschen gewidmet.
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ten drei weitere Vertreter des Gelehrtenstandes, 132 drei Domherren und der neue Oberbürgermeister, der ehemalige Präfekt von Lippe Carl Joseph von Mylius, nach Aachen.133 In Aachen selbst durften sechs Mitglieder des Stadtrats gewählt werden: der frühere Schöffensyndikus Johann Josef Geuljans mit 14 Stimmen, Gerhard Franz Freiherr von Lommessem mit elf Stimmen, Peter Georg von Fisenne mit zehn Stimmen, Stephan Heinrich Vietoris mit acht Stimmen sowie Carl Joseph Emonts und Joseph Wildt mit je sieben Stimmen.134 Guaita war qua Amt zur Teilnahme bestimmt und Präfekturrat Josef Aloys von Fürth nahm als Chef der Bürgerwehr ebenfalls an der Zeremonie teil.135 Vier Jahre zuvor war er noch mit Geuljans und Guaita bei der Taufe des Königs von Rom in Paris gewesen.136 Der mit ihm eng verbandelte Lommessem hatte als Sohn des ehemaligen Maires, einstiger Beigeordneter, Unterpräfekt von Goes und angehender Landrat von Düren ebenfalls langjährige Erfahrungen in der Übernahme repräsentativer Funktionen, die sich in der Stimmverteilung widerspiegeln. Er war erst 35 Jahre alt – 30 Jahre jünger als Geuljans, der noch im selben Jahr starb.137 Zudem war auf Initiative von Marianne Gertrude Johanna von Reiman, Schwester des zukünftigen Regierungspräsidenten August von Reiman, am 1. Mai 1815 ein vaterländischer Frauenverein gebildet worden, der sich zur Hälfte aus dem lokalen Patriziat und zu einem Viertel aus Ehefrauen der Stadträte zusammensetzte.138 In der Presse präsentierten sich die 16 Frauen als Wohltätigkeitsverein, 139 der die gleichen Ziele wie die in den anderen Städten bestehenden Vereine verfolgte. In der Öffentlichkeit übernahmen sie jedoch zuerst repräsentative Aufgaben im Rahmen der Huldigungszeremonie, die von dem Ehemann der Präsidentin, General gouvernementskommissar Johann August Sack, geleitet wurde.140 Gemessen an ihrer Gesamtzahl waren Adelige unter den gewählten Repräsentanten überproportional stark vertreten. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die für über132 Angaben Grootes vom 16.5.1815 zit. n. Gersmann/Langbrandtner (Hgg.), Lebenswelten, S. 255. 133 Ebd., nach Bär, Behördenverfassung, S. 99 waren auch die Handelskammerpräsidenten eingeladen. 134 StAAc PRZ 1–259, Protokoll vom 27.4.1814, vgl. Tschacher, Aachen, S. 269. Nach Müller, Aachen, S. 309 handelte es sich bei den Gewählten vor allem um solche Personen, die in der großen Mäkelei neutral geblieben waren. 135 Vgl. SAZ Nr. 60 vom 16.5.1815. 136 Vgl. Kraus, Aachen, S. 390–393 und Arens/Janssen, Geschichte, S. 134. 137 Zu Lommessem vgl. Romeyk, Rheinprovinz, S. 614. Zu Geuljans existieren kaum Informationen, sein Totenzettel findet sich unter URL: https://www.wgff-tz.de/details.php?id=31824 (abgerufen am 20.4.2020). 138 Reder, Frauenbewegung, S. 230–236. Die Mitglieder und ihre Ziele werden im Aachener Intelligenzblatt Nr. 27 vom 18.5.1815 vorgestellt. Acht von 16 Frauen waren adelig. Zu ihnen gehörten folgende Ehefrauen der Stadträte: Maria Barbara Josefine von Achten, Ehefrau von Leonard Startz als Vorsteherin, Auguste von Heinsberg, Gattin von Guaita, Christine Dorothea Wilhelmina von Scheibler, Ehefrau des Conrad Pastor, Anna Victoria Freiin von Collenbach, Ehefrau von Joseph Aloys von Fürth. Drei von ihnen und Präsidentin Sack waren also die Ehefrauen der Repräsentanten. 139 Aachener Intelligenzblatt Nr. 27 (18.5.1815). 140 Vgl. Tschacher, Aachen, S. 256; nach Reder, Frauenbewegung, S. 127–133 und Diefendorf, Businessmen, S. 238 f. war Sack ein entscheidender Förderer der Frauenvereine. Dass sie danach wohltätige Aufgaben übernahmen, zeigt ebd., S. 203–237 und exemplarisch das JNMR Nr. 61 vom 22.5.1815.
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wunden geglaubten Standesunterschiede bei symbolpolitischen Anlässen noch immer eine entscheidende Rolle spielten. Relativiert wird diese Tatsache dadurch, dass die Gewählten sich mehrheitlich mit dem napoleonischen Herrschaftssystem arrangiert hatten und zu den ehemaligen Räten, d. h. zu den bereits unter Napoleon gewählten Repräsentanten der jeweiligen Stadt, gehörten. Die Wahlen lassen sich demnach nur vor dem Hintergrund komplexer, historisch gewachsener Beziehungsgeflechte außerhalb des Stadtrats verstehen. Sie veranschaulichen die Einbindung der Räte in interne wie externe Machtverhältnisse, die übereinstimmen, sich überlagern oder sich konträr gegenüberstehen konnten. Diese Beobachtung ist vor allem deswegen entscheidend, weil die Huldigungsfeierlichkeiten den Anlass boten, den Landesherrn persönlich zu sprechen und ihn für die eigenen Interessen zu gewinnen. Einige Maires hatten diese einmalige Chance bereits im Rahmen der Kaiserkrönung 1804 ergriffen. In Aachen war eine Audienz beim preußischen König nicht möglich gewesen, sodass die Stadträte in den darauffolgenden Wochen eigenständig auf wichtige Gratulations-Mission gingen.141 Unter den Gemeindevertretern des Generalgouvernements Berg war bereits während der Huldigung die Frage aufgekommen, ob bei dieser feierlichen Gelegenheit nicht an den König von sämtlichen Deputierten unterthänigst die Bitte gestellt werden möge, die von seiner Majestät in der erlaßenen Prokloma zugesicherte Repräsentation so schnell als möglich gnädigst anzuordnen. 142 Gemeint war die Einrichtung einer National-Repräsentation bei schleunige[r] Abschaffung des Code-Napoleon und allen anderen französischen Einrichtungen. 143 Eine Gruppe um Johann Wilhelm von Mirbach-Harff und den bereits erwähnten Grafen von Spee hatte mit dieser klaren Forderung die Rückkehr zu einer landständischen Verfassung im Blick.144 Gemeinsam mit dem Oberbürgermeister von Ratingen, Rittergutsbesitzer Jakob Wilhelm Brügelmann, holte sich Spee von dem dortigen Stadtrat die Erlaubnis ein, die Forderung stellvertretend für den gesamten Verwaltungsbezirk zu stellen. Die anderen Gemeinden wurden vor vollendete Tatsachen gestellt und sollten ihre Zustimmung schriftlich bescheinigen.145 Der Stadtrat von Düsseldorf lehnte den Inhalt der Bittschrift keineswegs ab, fühlte sich jedoch übergangen, meldete eigene Interessen an und behielt es sich vor, durch völlig freye Wahl eine eigene Deputation für die hiesige Hauptstadt zu bilden. 146 Das Generalgouvernement befand diesen Antrag zu
141 StAAc PRZ 1–259, Protokoll vom 12.6.1815. Vgl. Kapitel II. 1. Zum Emanzipationspotential siehe grundlegend Wienfort, Monarchie, relativiert bei Büschel, Untertanenliebe, S. 145–153. 142 Protokoll der Sitzung des Stadtrats von Ratingen mit Vertretern der Gemeinden Angermund und Kaiserswerth vom 24.5.1815 im Nachlass Spee unter ASH T 86. 143 Ebd. 144 Hierzu Gersmann/Langbrandtner (Hgg.), Lebenswelten, S. 260 f. und grundlegend Weitz, Verfassungskampf. Zu Mirbach-Harff vgl. Beusch, Standespolitik und Schönfuß, Familienpolitik, S. 82–86. 145 Nach Engelbrecht, Berg, S. 109–111 hatten Spee und Brügelmann seit 1803 geschäftliche Beziehungen. 146 ASH T 86, Auszug aus dem Stadtratsprotokoll vom 4.6.1815. Die Vollmachten der anderen Gemeinden befinden sich ebenfalls in der Akte. Vgl. StAD 90010, Protokoll vom 29.5.1815 mit der Wahl Hopfensacks und des Staatsrats Linden zu eigenen Deputierten.
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kostspielig und überflüssig, 147 zumal Oberbürgermeister Schramm als Vertreter Düsseldorfs an der geplanten Kreiskommission teilnehmen sollte. Für die Räte war dieses Zugeständnis allerdings lediglich der unrechtmäßige Versuch, den Stadtrath desto eher zum Beytritt jener Wahl zu bewegen. 148 Sie zogen ihre Zustimmung förmlich zurück und stellten in einem Brief an Staatskanzler Hardenberg klar, die volle Freyheit in Ansehung der Wahl zu irgend einer Repräsentation behaupten und sich in dieser Hinsicht nicht die mindeste Beeinträchtigung gefallen lassen zu wollen.149 Erst als Spee vor Ort mündlich zu Protokoll gab, dass die externen Absprachen durchaus keine Folge auf künftige Wahlen zu irgendeiner Repräsentation haben sollten, konnte er mit Brügelmann und Schramm nach Frankfurt reisen.150 Auf dem Weg stellte sich heraus, dass Friedrich Wilhelm III. die Stadt nur passieren wollte und die Deputation zurückbleiben oder wenn sie schon abgegangen ist, zurückberufen werden soll. 151 Trotz dieses unmissverständlichen Befehls folgte man ihm bis nach Hanau, wo es schließlich möglich war, vor seiner Majestät zu erscheinen und sehr gnädig aufgenommen zu werden. 152 Dasselbe hohe Glück hatte eine Deputation der Stadt Aachen, die andere Ziele verfolgte.153 Die vier Aachener Notabeln sollten dem König auf seiner Durchreise zur Besitznahme des Herzogtums Niederrhein Glück und Heil wünschen und zugunsten der Stadt für Beybehaltung des Gouvernementsitzes, für freyen Eingang der hiesigen Manufakturfabrikanten durch Russland und für Erhaltung des Kapuzinerklosters, und des dabey gelegenen geräumigen Platzes zur allenfallsiger Erbauung eines neuen Kommödienhauses gehorsamst antragen. 154 Geuljans, von Fisenne, der Burtscheider Tuchfabrikant Johann Theodor Pelzer und der in Baden geborene Wollkaufmann Johann Nepomuk Würth waren nach eigenen Aussagen um 10.00 Uhr morgens mit besonderer Güte und Auszeichnung von ihrer Majestät empfangen worden. 155 Selbstbewusst versicherten sie ihm, in Zukunft eine der Hauptstädte des preußischen Reiches [zu] seyn und eröffneten so das Wettrennen auf die Einrichtung neuer Behörden in den Provinzen.156 Wegen wichtigen
147 Ebd., Protokoll vom 1.6.1815. Dagegen protestierten die Düsseldorfer Räte wegen der Unförmlichkeit der Wahl und der Notwendigkeit, die den übrigen Kreisen gleichgültigen Interessen der Stadt vorzutragen. 148 Ebd., Protokoll vom 3.6.1815. Das Schreiben Spees „ward dennoch in den Augen der untergeordneten Beamten der übrigen Kantone einem Befehle gleich geachtet.“ 149 Ebd. 150 ASH T 86, Protokoll vom 4.6.1815. Er versicherte die Wünsche des Stadtrats zu beachten. Dabei ging es um den Schutz des Handels und der Fabriken, Rücksicht auf den gesunkenen Zustand der Hauptstadt und baldige Gegenwart des Monarchen. 151 Eigenhändig unterschriebener Brief des Königs vom 19.6.1815, übermittelt durch Gruner im Nachlass Spee unter ASH T 86. 152 Ebd., Schreiben Spees an Hardenberg vom 28.6.1815. 153 Ebd. 154 StAAc PRZ 1–259, Protokolle vom 12.6.1815 und vom 4.7.1815. Zum Theater, das von 1822 bis 1825 erbaut wurde, vgl. Kraus, Moderne, S. 274–276 und Fritz, Baugeschichte, S. 9–120. 155 StAAc PRZ 1–259, Protokoll vom 4.7.1815. 156 SAZ, Nr. 82 vom 6.7.1815.
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Umständen sich auch beim besten Willen nicht […] entfernen zu können, 157 hatte Guaita nicht an dem unangekündigten Besuch teilgenommen.158 Die Koblenzer Stadträte zeigten kein Interesse an den Reisen ihrer Kollegen, obschon sie deren Partizipationsbemühungen in der Presse nachverfolgen konnten.159 In einem Schreiben an Hardenberg wurde lediglich der rechtsrheinisch gelegene Teil des Stadtwaldes zurückgefordert und der Ankauf eines öffentlichen Gebäudes durch den Stadtrat für 8.000 Francs vorgeschlagen.160 Die Investitionsbereitschaft bezog sich auf das geplante Oberlandesgericht, auf dessen Einrichtung die Stadt hoffen konnte, weil der provisorische oberste Gerichtshof bereits in Koblenz tagte.161 In Trier, dem ursprünglichen Sitz des Revisionshofs, waren hingegen der städtischen wichtigen Desiderien so viele, und von der Gattung, daß denselben wohl anders nicht als mittels einer persönlichen Aufwartung und mündlichen Auseinandersetzung der Lage […] willfahret werden könne. 162 Christoph Philipp Hugo Nell befand sich deshalb ebenfalls auf dem Weg nach Hanau. Er hatte das Saardepartement zehn Jahre lang im „corps legislatif “ in Paris vertreten und war jetzt Teil einer Kreiskommission, die – anders als in Düsseldorf – von dem Generalgouverneur Edmund von Schmitz-Grollenburg ernannt worden war. Diesem und dem Stadtrat berichtete Nell am 15. September 1815, dass man aufgrund unzureichender Informationen und der ungeheuren Truppencolonne zu spät in Hanau eingetroffen war.163 Da der König seine Morgen-Audienzen geschlossen hatte, blieb ihnen nichts anderes übrig, als ihm die schuldige Huldigung wenigstens schriftlich zu Füßen zu legen und die Wünsche postalisch nachzureichen.164 Dazu fand am 15. August 1815 im Hause Recking ein Treffen des Bürgermeisters mit Johann Baptist Hetzrodt, Damian Cardon und Damian Ernst Birck statt. Obwohl der Stadtrat daran nicht beteiligt war, notierte Recking die private Absprache mitsamt einer zehnseitigen Bittschrift im Protokollbuch. Appellationsgerichtsrat Cardon, geboren in Koblenz, hatte wie Recking und der kurtrierische Bürgermeister Gottbill eine Tochter aus dem Hause Doell geheiratet. Mit dem nur fünf Jahre jüngeren Staatsprokurator Damian Ernst Birck arbeitete er am Trierer Gerichtshof zusammen. Gemeinsam mit Hetzrodt waren ihre gesellschaftliche Reputation und das ausgewiesene Fachwissen als Juristen in dieser Situation gefragt, weil sie nicht nur für die Stadt als Sitz der Verwaltungs157 158 159 160 161
StAAc PRZ 1–259, Protokoll vom 12.6.1815. Er war zum Präsidenten der Deputation gewählt worden. Zur Bewertung vgl. Schütz, Bürgerinitiativen. SAZ Nr. 82 vom 6.7.1815 und Nr. 80 vom 1.7.1815. StAK 623 2185, Protokoll vom 21.5.1815. Ebd. und Protokoll vom 22.3.1816. Zum Wald vgl. Bär, Geschichte, S. 148–163 und Koelges, Vergangenheit. Zum provisorischen Revisionsgerichtshof siehe Seynsche, Revisionshof. 162 StATr Tb 100/2, Protokoll Nr. 889 vom 13.7.1814. 163 Vgl. der zitierte Bericht Nells unter ebd. Tb 100/3, Protokoll Nr. 1286 vom 16.9.1815. 164 Ebd. Sein Auftrag bestand demnach darin, die Protektion für ein ihm ergebenes vereinigtes Land zu erbitten. Die weiteren Deputierten waren Schmittburg von Gemünden, Coenen von Zell und Sekretär Ruppenthal von Trier. Die Anfrage zu diesem Bericht war nach ebd., Protokoll Nr. 1245 vom 13.9.1815 von der Regierung ergangen.
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behörden, der Justiz, des Bistums und einer Universität plädierten, sondern auch für die Beibehaltung des französischen Rechtswesens eintraten. Ihre Position stand jener der Kreiskommission von Düsseldorf somit entgegen und wurde am 13. September 1815 versiegelt 165 an Hardenberg weitergeleitet.166 In ähnlicher Weise wie die Trierer Rechtsexperten wirkte Eberhard von Groote zeitgleich in Köln nicht als Stadtrat, wohl aber als Kunstkenner und angesehener Notabel an einer Petition an den König mit.167 Der junge Groote war der Sohn des kaiserlichen Oberpostmeisters zu Köln und der Neffe des Huldigungsdeputierten von Geyr. Er war den patriotischen Stimmen seiner Zeit gegenüber aufgeschlossen und hatte sich nach dem Studium der Rechtswissenschaften zum freiwilligen Kriegsdienst aufseiten Preußens gemeldet. Anschließend beschäftigte er sich mit der Inventarisierung der Kunstgegenstände bei Professor Ferdinand Franz Wallraff und nahm dort an den Treffen der „Olympischen Gesellschaft“ teil.168 Anfang Juli 1815 war es ihm gelungen, die Rückholung der von Napoleon geraubten Kunstgegenstände in Gang zu bringen. Hierin bestand einer von zahlreichen Wünschen der Kölner Notabelngesellschaft.169 Am 22. Juli 1815 erhielten vier Ratsmitglieder die Aufgabe, Friedrich Wilhelm III. die Huldigungen der Treue und Ergebenheit sowie drei umfangreiche, in den Protokollen nicht ausformulierte Petitionen darzubringen. 170 Dabei wurden Franz Jacob von Herwegh – Beigeordneter, Kunstsammler, ehemaliger Arrondissementrat und Präsident der Armenverwaltung – und Jacob Lyversberg – Tabakhändler, Handelskammermitglied mit holländischen Wurzeln und guten Kontakten zum Klerus – den üblichen Repräsentanten von Mylius und Schaaffhausen einstimmig beigeordnet. Die Stadträte folgten demnach dem Beispiel der anderen Städte und hatten ähnliche Schwierigkeiten eine Audienz zu bekommen. Bis ihnen die besondere Aufmerksamkeit des Königs am 13. September 1815 in Paris zuteilwurde, mussten sie über einen Monat ausharren. In Köln führte man die lange Wartezeit auf das unpassende Verhalten der Deputierten, zum Beispiel auf private Treffen mit dem früheren Finanzminister Beugnot, zurück.171
165 StATr Tb 100/3, Protokoll Nr. 1245 vom 13.9.1815. 166 Ebd., Protokoll Nr. 1149 vom 20.8.1815, wonach der Entwurf dem Generalgouvernement zur Einsicht vorgelegt worden war. In der Bittschrift stellte sich die Stadt als sichere Vormauer Teutschlands dar und erklärte, warum sie sich für den Sitz der Regierung, der höchsten Justizkollegien und einer Universität eignete. Fast beiläufig wurde dabei der Wunsch hinzugefügt, dass der öffentliche und mündliche Vortrag bey Gericht beibehalten werden möge. Unter ebd. Tb 101/10 finden sich die Antwortschreiben von Hardenberg vom 24.9.1815 und 12.10.1815 von Bülow vom 29.9.1815 und von Pestel. 167 Herres, Köln, S. 47. 168 Zu Groote vgl. Becker-Jàkli, Groote und Spiertz, Groote. Im Olymp wurde nach ebd., S. 125–128 samstagabends über lokale Kunst, Literatur und Musik gesprochen und Traditionen der Mundart-Dichtung und des Laientheaters wiederbelebt, vgl. auch Ennen, Gesellschaft. 169 Spiertz, Groote, S. 69–79, Herres, Köln, S. 50, vgl. das Protokoll vom 22.7.1815 unter HAStK 410 A1. 170 HAStK 410 A1 Protokoll vom 22.7.15. Auch sie hatten den Vorgang vom Generalgouvernementskommissar genehmigen lassen. 171 Bericht zit n. Herres, Köln, S. 45–47.
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Vonseiten des Stadtrats, der Handelskammer und der katholischen Geistlichkeit waren die Ziele des Aufenthalts nämlich klar vorgegeben: Die Rückgabe der Kunstschätze und der rechtsrheinisch gelegenen Kommunalgüter, eine Herabsetzung der Grundsteuer, nachträgliche Pensionszahlungen für katholische Pfarrer sowie eine Fülle von wirtschaftspolitischen Forderungen, u. a. der freie Transit durch Holland. Nebenbei wurden historische Argumente für eine Vergrößerung des Stadtbezirks, den Bistumssitz und die zu gründende Universität bemüht und eine verfassungsmäßige Unabhängigkeit in Leitung aller bloß städtischen Angelegenheiten, 172 also im Prinzip eine Wiederherstellung der reichsstädtischen Autonomie, angestrebt.173 Dabei waren sich die meisten Notabeln darüber einig, dass die letztgenannte Hoffnung unrealistisch war und den veränderten Zeitumständen angepasst werden sollte. Nichtsdestotrotz war sie seit Wallraffs satirischem Abschied an das wegziehende Personal der verhaßten französischen Administration samt gutmüthiger Sehnsucht eines ehrlichen Bürgers zur Rückkunft unserer alten Verfassung in Köln in aller Munde.174 Einige Wünsche wurden in der Folgezeit erfüllt. So wurden zu Beginn der 1820er Jahre die Bistümer Köln und Trier wiederhergestellt und der Verlust der zentralörtlichen Funktionen des Oberpräsidiums in Köln mit der Einrichtung des Appellationsgerichts und der Provinzialsteuerdirektion aufgefangen. Das französische Justizwesen blieb bestehen und die damit verbundene Gleichheit vor dem Gesetz konnte durch eine Reprivilegierung des Adels nicht erschüttert werden. Die Rückgabe der Titel und Hoheitszeichen, autonome Erbfolgeregelungen und andere Sonderrechte stellten die Partizipationsansprüche bürgerlicher Notabeln nur bedingt infrage. Denn der Trierer Deputierte Nell wurde beispielsweise kurz vor seinem Tod 1825 zum Kommerzienrat ernannt und in den Adelsstand erhoben.175 Steuervergünstigungen, Entschädigungen und eine sukzessive Beteiligung an der preußischen Wirtschaftspolitik trugen zusätzlich dazu bei, dass adelige wie bürgerliche Kaufleute und Fabrikanten ihre wirtschaftspolitische Dominanz in Preußen weiter ausbauen konnten. Inwieweit die skizzierten, durchaus kostspieligen Unternehmungen zum Erfolg der einzelnen Städte beitrugen, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Fest steht, dass Koblenz Sitz des Oberpräsidiums blieb, ohne sich an der Deputationsbewegung beteiligt zu haben. Alle anderen Stadträte zogen die direkte mündliche Kommunikation unter Anwesenden der schriftlichen Einflussnahme vor.176 172 Ebd., S. 49. 173 Ebd., S. 48–53. Unter HAStK 410 A1, Protokoll vom 21.9.1815 ist die Rückkehr und der Erfolg der Deputation kurz notiert. Spiertz, Groote, S. 81–100 und Becker-Jàkli, Groote, S. 43–49 berichten von Wallraffs und Grootes Petitionen in Sachen Universität. 174 Vgl. Mettele, Bürgertum, S. 112–117, Rowe, Reich, S. 265 f. und die Meinung bei Wedel, Wittgenstein, S. 53. In Aachen wurde die Idee in geringerem Umfang ebenfalls diskutiert, beispielsweise von Biergans, Entsündigung. Nach Bank/Brog/Leifeld, Freiheit, S. 99–101 wurde der Abzug auch im Kölner Karneval thematisiert. 175 Zu Nell siehe Clemens, Nell und Ebeling, Nell. 176 Zur Bedeutung von „Sprachlichkeit und Mündlichkeit“ siehe Kapitel II. 3. und Haas, Kultur, S. 289–297.
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Im Vergleich zur Huldigungszeremonie erforderte diese Art der Kommunikation nicht nur bewährte Repräsentanten, sondern auch die Hilfe außenstehender Experten. Dabei kooperierten einige – ob gewollt oder nicht – mit anderen Gemeinden und erhoben den Anspruch, stellvertretend für die gesamte Bevölkerung zu sprechen. Sie traten für höchst unterschiedliche Grundsätze und vielfältige konkurrierende Partikularinteressen ein und erhielten alle die gleiche – unverbindliche, wenn auch positive – Antwort. Um in diesem Konkurrenzkampf doch noch eine aktive Rolle zu spielen, setzte sich der Düsseldorfer Oberbürgermeister Schramm im darauffolgenden Jahr in Berlin nochmals persönlich für den Erhalt des Verwaltungssitzes ein.177 Er traf dort auf Eberhard von Groote, der die gleichen Interessen für die Nachbarstadt vertrat, und hatte eine Petition im Gepäck, in der auf das sogar feindliche Verhältnis zwischen Köln und den ehemaligen Herzogtümern Jülich, Kleve, Berg hingewiesen wurde.178 Ebenso wie Groote in Sachen Universität kehrte er mit der Verheißung einer schriftlichen tröstlichen Vorbescheinigung für eine Entschädigung des entbehrten Sitz des Oberpräsidiums – also mit leeren Händen – zurück.179 1.3 Der Beginn der ordentlichen Verwaltung unter außerordentlichen Umständen: Kooperative Partizipationsformen in der Teuerungskrise 1816–1818 Am 22. April 1816 nahmen die Regierungen die Verwaltungstätigkeit auf. Der Bevölkerung wurde dies durch Anschlagzettel bekanntgegeben und durch die plötzliche Anwesenheit altpreußischer Regierungsräte vor Augen geführt.180 Die Oberpräsidenten waren eine Woche zuvor in Koblenz und Köln eingetroffen und befanden sich zu diesem Zeitpunkt noch in einer Grundsatzdebatte über ihren eigenen Aufgabenbereich. Eröffnungsoder gar Willkommensfeierlichkeiten blieben aus. Stattdessen wurden in den Provinzhauptorten öffentliche Stimmen laut, die das Übergewicht protestantischer Adelige aus den östlichen Kernprovinzen kritisierten, zumal diese sich – wie der Trierer Stadtrat anmerkte – nicht ordnungsgemäß auf dem Rathaus anmeldeten bzw. ihren Kollegen vorstellten wie dieses die Natur der Sache mitsich[brachte], und früher immer beobachtet worden sei.181 Hinzu kam, dass die bestehenden Arrondissements-, Departements- und Präfekturräte ersatzlos abgeschafft worden waren. Als Repräsentanten der Bevölkerung hatten sie keinerlei Ansprüche auf eine Weiterbeschäftigung oder Pensionsleistungen, da sie laut Hardenberg keine Staats-Beamten waren und willkürlich entlassen werden konn177 Vgl. StAD, 90010, Protokoll vom 9.4.1816. 178 Petition vom 8.2.1816 abgedruckt bei Most, Geschichte Bd. 2, S. 274–276. Nach ebd., S. 276 f. hatten sich auch Elberfeld und Barmen um den Regierungssitz bemüht. 179 StAD, 90010, Protokoll vom 9.4.1816. Vgl. Weidenhaupt, Zeit, S. 349 f. Nach Spiertz, Groote, S. 96–100 befand sich Groote im Namen des Stadtrats ebenfalls in Berlin, um nochmal für die Universität einzutreten. 180 Vgl. StATr Tb 100/4, Protokoll Nr. 448 vom 22.4.1816, demzufolge Recking 20 Exemplare der Bekanntmachung übersandt worden waren. 181 Vgl. die Beschwerde unter ebd., Nr. 573 vom 26.5.1817.
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ten.182 Von der königlichen Verheißung, dass die Beamten bei vorausgesetzter treuer Verwaltung und auf Ihren Posten im Genusse ihrer Einkünfte bleiben sollten, waren sie von vorneherein ausgenommen.183 Dabei waren gerade ortsfremde Regierungsräte bei der Eruierung und Bewältigung anstehender Verwaltungsaufgaben auf die Hilfe ortskundiger Kollegen angewiesen, weil ihnen noch keine Dienstinstruktion vorlag.184 Die Protokollbücher Triers geben ein detailliertes Bild der Kommunikationsweise zwischen mittlerer und unterer staatlicher Ebene. Landrat Joseph Gustav Perger war in die schriftliche Informationsübermittlung nicht involviert, weil sein Zuständigkeitsbereich – ebenso wie in Köln – auf den Trierer Landkreis begrenzt blieb.185 Neben den auch in anderen Städten überlieferten Konduitenlisten und den obligatorischen Verwaltungsberichten musste Oberbürgermeister Recking statistische Fragen zur Bevölkerung, zum Steuerwesen und zum Weinbau beantworten, Lebenshaltungskosten, Mietpreise und Wohnungsmöglichkeiten für Beamte aufzeigen, Gehaltsauskünfte geben, die Strukturen der Armenverwaltung erklären und den Stand der Pockenschutzimpfung beschreiben.186 Wie umfangreich der Schriftverkehr und der damit verbundene Arbeitsaufwand war, lässt ein überliefertes Brieftagebuch aus den ersten Jahren nach dem Herrschaftswechsel erahnen. In knapp sechs Monaten wurden über 1.500 Briefe versandt, von denen rund 300 (20 Prozent) unmittelbar an die Regierung gingen – also fast zwei Briefe pro Tag.187 Die rege Korrespondenz war einerseits für den Beginn der ordentlichen Verwaltung, insbesondere für die Eintreibung der Staatseinnahmen, wichtig und konnte andererseits von den unteren Verwaltungsbeamten zu ihren Gunsten gelenkt werden. Reckings statistische Ausführungen offerieren daher Verbesserungsvorschläge und mögliche Zukunftsprojekte für die Stadt Trier. In Bezug auf die noch gültige Munizipalverfassung wies er darauf hin, dass die eigenmächtige Amtsausübung des Polizeidirektors gesetzeswidrig 182 Schreiben Hardenbergs vom 10.5.1818 unter LHAK 441 1359, wobei es um die Ansprüche des ehemaligen Präfekturrats des Rhein-Mosel-Departements Theodor Beving ging. Nach ebd. waren auch die ehemaligen Präfekturangestellten mit wenigen Ausnahmen angeblich nicht qualifiziert, vgl. Koltes, Rheinland, S. 156 und S. 160 f. 183 GS 1815, S. 25. Vgl. Kapitel II. 4. Zur Kritik an der Stellenbesetzung, die in Koblenz von Görres hervorgebracht wurde, vgl. Koltes, Rheinland, S. 163–169; Schindlmayr, Personalpolitik, S. 20–31; Herres, Köln, S. 55; Romeyk, Rheinprovinz, S. 20 f., S. 28–40 und S. 63 f. Zur Stellenbesetzung allgemein siehe Kapitel II. 3. und 4. 184 Zur Problematik vgl. ebd. und Schütz, Eingliederung, S. 207–209, Koltes, Rheinland, S. 29–83, Bär, Behördenverfassung, S. 134–150 und allgemein Seckelmann, Kooperationsformen. Das Eintreffen von Ingersleben in Koblenz am 30.3.1816 ist in der AAZ Nr. 96 vom 5.4.1816 erwähnt, für Köln vgl. Klein, Regierungspräsidenten, S. 63. 185 Das ergab die Durchsicht der Protokolle. Zur Stellung des Landrats in Trier siehe Haase, Haw, S. 31–36. 186 Vgl. StATr Tb 100/3 zur Statistik die Protokolle Nr. 1471 vom 9.11.1815, Nr. 1499 vom 14.11.1815, Nr. 1500 vom 15.11.1815; zu den Lebenshaltungskosten Nr. 1446 vom 6.11.1815 und Tb 100/4, Protokoll Nr. 191 vom 16.2.1816, zu den Wohltätigkeitseinrichtungen ebd., Protokoll Nr. 132 vom 30.1.1816, zur Pockenimpfung ebd. Protokoll Nr. 710 vom 18.6.1816. Weitere öffentliche Verwaltungsberichte finden sich in der TK 1818, S. 21–24, S. 45–47, S. 56–72, S. 84–91 und S. 184–188. 187 StATr Tb 12–71 Ausgangsregister für den Zeitraum vom 22.12.1818 bis zum 25.5.1819.
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war und die Polizeihoheit ein für [s]eine Stelle unveräußerliches Recht darstellte.188 Dass er mit solchen Beschwerden im Regierungskollegium nicht auf taube Ohren stieß, kann mit der Anwesenheit von Hetzrodt und Cardon in Zusammenhang gebracht werden. Sie waren zu Regierungsräten ernannt worden und hatten dem Oberbürgermeister bereits mit der Bittschrift an den König geholfen. Stadtrat Johann Schmidt konnte ebenfalls vermitteln, weil er als Regierungssekretär an den Sitzungen auf beiden Verwaltungsebenen teilnahm. Recking ließ sich seine langjährige Vermittlungsfunktion als Oberbürgermeister mit polizeilichen und landrätlichen Befugnissen also nicht nehmen.189 Streitigkeiten mit den durch Preußen eingesetzten Polizeibeamten waren in den Bezirksstädten an der Tagesordnung und versetzten die Bevölkerung und die Stadträte gleichermaßen in Aufruhr. Ein Grund dafür war die Lockerung der im französischen Justizwesen angelegten Trennung von administrativer und gerichtlicher Polizei, wodurch sich die Handlungsspielräume der preußischen Polizeibeamten merklich vergrößerten.190 Der Kölner Stadtrat akzeptierte die Verstaatlichung der Polizei nur unter Vorbehalt. Vor allem Oberbürgermeister von Mylius fühlte sich durch den Einsatz des Magdeburger Polizeidirektors Karl Philipp von Struensee persönlich angegriffen, was man dem ehemaligen Präfekten angesichts seiner vorherigen Verwaltungsaufgaben auch im Regierungskollegium nicht verdenken konnte.191 Der Stadtrat von Koblenz sah sich 1816 veranlasst, die Regierung darüber zu belehren, daß am Rhein von jeher körperliche Züchtigungen als eine entehrende Strafe angesehen worden sind, die zuverläßig nicht mit Polizey Vergehen im Verhältnis stünden.192 Es kam ihnen unglaublich vor, daß die preußische Regierung, in dem gegenwärtigen Zeitalter Stockschläge oder Peitschen auf Polizey- Vergehen verhängen wolle, in einem Lande, wo die Erfahrung von mehr als 50 Jahren bewiesen hat, daß für solche Vergehen eine geringe Gefängniß-Strafe oder Geldbußen mehr als hinreichend waren.193 Dass die Prügelstrafe für Entsetzen sorgte und Polizeidirektor
188 Ebd. Tb 100/4, Protokoll Nr. 328 vom 14.3.1816. 189 Unter ebd. Tb 100/7, Protokoll vom 13.2.1818 wird die Frage der Regierung, ob es Klagen gegen die Polizei gibt, verneint, vgl. ebd., Nr. 1340 vom 12.12.1817. Zur Entwicklung der Polizeiverwaltungen siehe Klinkhammer, Kontrolle, S. 127–131, Romeyk, Rheinprovinz, S. 243–277, Raphael, Recht, S. 34–37, und grundlegend Lüdtke, Gemeinwohl, Knöbl, Polizei und Siemann, Anfänge. 190 Vgl. Collin, Staatsanwaltschaft, S. 34–38. 191 Vgl. Herres, Köln, S. 64–66, Mettele, Bürgertum, S. 130, Klein, Personalpolitik, S. 79–81 und ausführlich Hachenberg, Entwicklung, S. 19–38 sowie Fritsch, Polizeiverwaltung. Im Tagebuch Grootes unter HAStK 1552 A 1/11, Eintrag vom 26.2.1817 ist für Köln festgehalten, dass Salm-Dyck die bisherigen Rechte der Stadt und ihres Bürgermeisters besonders gegen den Polizeipräsidenten in Schutz nimmt, der nach allem Anschein ein lascher, grober, eingebildeter Preuße ist, kann man ihm nicht verargen u. wird selbst von mehreren Mitgliedern der Regierung gebilligt. 192 StAK 623 2185, Protokoll vom 4.12.1816. 193 Ebd. Unter LHAK 441 5117 wurde bemerkt, dass sich Beschwerden gegen die Polizei auch in der lokalen Presse häuften. „Über die langsame Einschränkung körperlicher Züchtigung“ siehe der gleichnamige Exkurs bei Koselleck, Reform, S. 641–659.
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Weber für den praktischen Polizeidienst nicht geeignet schien,194 war den Regierungsräten längst selbst klar geworden. In anderen Fällen erhielt Landrat Carl Joseph Burret die zahlreichen Anfragen und Aufträge der Regierungsräte, weshalb er sie an den Stadtrat oder seine Brüder delegierte und 1817 eine Gehaltserhöhung und einen zweiten Sekretär forderte. Da Burret zur städtischen Notabelngesellschaft gehörte und sich in der Regel für ihre Interessen einsetzte, schien die indirekte Kommunikation zwischen Regierung und Stadtrat – wenn auch mit Verzögerungen – gut zu funktionieren. Seine Brüder Peter Franz und Anselm Joseph standen als Friedensrichter ebenfalls in ständigem Kontakt zum Rat.195 Die Quellen weisen darauf hin, dass das Wissen der Bürgermeister und Landräte immer dann abgefragt wurde, wenn Ortskenntnisse infolge der Überzahl auswärtiger Regierungsräte fehlten.196 Innerhalb des Kollegiums kam daher dem einzigen Einheimischen, dem ehemaligen Revisionsgerichts- und Munizipalrat Johann Friedrich Lebens aus Ehrenbreitstein, eine Schlüsselfunktion zu. Seine Anstellung beruhte auf einem Empfehlungsschreiben Gruners, bei dessen Hochzeit er ein Trauzeuge war. Seine mannigfaltigen Aufgaben waren in dem vorgegebenen Zeitrahmen kaum zu erledigen.197 Im Finanzwesen stand Kaufmann Marx Aloys Pottgeißer der Regierung Rede und Antwort, bis seine lukrative Stelle als Generaleinnehmer der indirekten Steuern aufgehoben wurde und er sich wieder der Kommunalpolitik zuwandte.198 Für eine solche Stelle in der neu eingerichteten Regierungshauptkasse trat wiederum Kaufmann Johann Jakob Zweiffel aus dem Stadtrat aus. Beide hatten – im Gegensatz zu Lebens und den anderen Regierungsräten – nachweisbare, enge geschäftliche und verwandtschaftliche Beziehungen zu den amtierenden Stadträten.199 In Aachen, Düsseldorf und Köln lassen die spärlichen Aufzeichnungen im Protokollbuch den Schluss zu, dass die vergleichsweise hohe Anzahl von Regierungsmitarbeitern aus der Region ihre Belange selbst zu regulieren wussten oder sich Informationen über andere Kanäle, beispielsweise über die Handelskammern, verschafften.200 Mit Ausnahme 194 Konduitenliste 1816 unter LHAK 402 45, Bl 41. 195 LHAK 441 11779. Nach ebd., Bl. 32 erhielt Burret 1816 800 Taler, 1817 1.200 Taler einschließlich 530 Taler Bürokosten. 196 Seckelmann, Kooperationsformen, S. 33. 197 Vgl. Kapitel II.4. und das Empfehlungsschreiben und LHAK 441 3036. Zum Arbeitspensum siehe exemplarisch die Erstellung der Liste der vor 1794 mit Erbämtern beliehenen Standesherrn unter ebd. 402 118. 198 Ebd. 441 9023. Nur der Generaleinnehmer der direkten Steuern hatte einen noch lukrativeren Posten, vgl. Bergeron, Receveurs. 199 Vgl. die Angaben im Anhang. Beide waren mit Franz Maas und Hermann Joseph Dietz verschwägert. Zweiffel betrieb die Blechwarenfabrik mit Hermann Joseph Dietz und Hubert Schaaffhausen, bevor er zum Landrentmeister ernannt wurde. Seine Söhne fassten im Rechtswesen Fuß. 200 Diefendorf, Businessmen, S. 219–221. Nach Klein, Personalpolitik, S. 14–23 und S. 39 f. stützte Solms seine Informationen auf die Arbeit mehrerer Regierungsräte. Nach ebd., S. 45 hatte insbesondere Werner von Haxthausen Kontakte zu den Rheinländern, vor allem zu Görres. Nach ebd., S. 49 war Fuchs Sohn, Johann Peter Jakob, Stadtsekretär, vgl. hierzu Kapitel III. 4.1. Für Aachen siehe Fehrmann, Mitarbeiter.
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des Regierungsrats Fuchs und des Regierungsassessors Groote gehörten sie in diesen beiden Städten zunächst weder zum Stadtrat noch zu den direkten Verwandten – wohl aber zum Bekanntenkreis – der Räte. In Aachen traten offenbar keine Meinungsverschiedenheiten mit Polizeidirektor bzw. Landrat von Coels auf. Er wird im Protokollbuch nur selten erwähnt und kann durch seine Herkunft aus Köln und die Ehe mit der Tochter des Aachener Präfekturrats Johann Karl von der Brügghen zur Notabelngesellschaft gezählt werden.201 In Düsseldorf fühlte man sich jetzt nicht mehr durch Kreiskommissar von Spee, sondern zunehmend durch den ehemaligen Beigeordneten und kurzeitigen Polizeidirektor von Schnabel, dann durch den Braunschweiger General, Landrat Friedrich Freiherr von Lasberg, bevormundet.202 Hier hatten mindestens zwei Stadträte direkte verwandtschaftliche Beziehungen zu Regierungsvertretern. Zwei Regierungsmitglieder, Rat von Dorsten und Sekretär Jansen, waren persönlich im Gremium vertreten.203 Umso erstaunlicher ist es, dass man im Januar 1817 trotzdem noch nicht einschätzen konnte, in welchem Verhältniß […] die Stadtverwaltung zur Hauptverwaltung stand.204 Anlass zu dieser Frage bot die erste Bewährungsprobe der preußischen Verwaltung: die durch einen Vulkanausbruch im Südpazifik ausgelöste globale Teuerungskrise zwischen 1816 und 1818.205 Im Laufe des Jahres 1816 traten verheerende Missernten auf, die in den neuen Provinzen zu einer massiven Lebensmittelteuerung führten und in den monatlichen Zeitungsberichten der Regierungen an das Berliner Innenministerium nicht verschwiegen wurden. In Koblenz war von der ungeheueren Teuerung und der großen Noth der ärmeren Bevölkerung, von Ängsten vor einer angeblich grassierenden Lungenkrankheit und gewalttätigen Gefängnisausbrüchen die Rede.206 In Trier wurden entsprechende Hilfsmaßnahmen vorgeschlagen und deren Genehmigung sowie weitere Unterstützung erbeten.207 Die Regierungsräte in Köln trugen auch nichts als Unterstützungssachen vor, schrieb Groote in sein Tagebuch: lauter aktenmäßiges Zeug, wodurch niemand gebessert wird, allein das Gerede darüber dauert[e]. 208 201 Vgl. Poestges, Personalpolitik, S. 76 f. und Poll, Reiman, S. 294 f. 202 Vgl. LHAK 403 4164. 203 Vgl. die Angaben im Anhang. Das Düsseldorfer Regierungskollegium wurde im Amtsblatt Nr. 2 vom 29.4.1816 vorgestellt. Demnach kamen nur drei Regierungsräte aus den ostpreußischen Provinzen. Die überwiegende Mehrheit stand zuvor in bergischen Diensten. 204 StAD 90010, Protokoll vom 9.1.1817. Zur Klärung wurde eine Kommission aus Jansen, Schorn und Farina gebildet. 205 Vgl. grundlegend Behringer, Tambora, für die Rheinprovinz siehe Bass, Hungerkrisen, S. 155–163, Koltes, Rheinland, S. 466–473 und Louis, Regierungshandeln, S. 213–252. 206 Vgl. LHAK 402 139 Zeitungsbericht für Dezember 1817 vom 1.1. und 1.2.1818; ebd. 441 937, Zeitungsbericht vom 1.7.1816 für den Monat Juni und zusammenfassend Brommer, Regierungsbezirk, S. 24–40. 207 Vgl. Louis, Regierungshandeln, S. 223. Nach Herres, Köln, S. 56 und Jeworrek, Armut, S. 111 wurden diese Forderungen auch in den Regierungen von Aachen und Köln laut. Die Trierer Markpreise finden sich bei Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 455–465. 208 HAStK 1552 A1/13, Eintrag vom 10.6.1817 vgl. auch ebd., Eintrag vom 18.6.1817. Nach ebd. A1/9 war am 4.9.1816 ein Kredit von 50.000 Taler durch Solms vorgeschlagen und angenommen worden.
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Auf diese Art und Weise kamen mit dem Beginn der preußischen Verwaltungsorganisation sogleich ihre Nachteile gegenüber dem französischen Präsidialmodell zum Vorschein. Die kollegiale Arbeitsweise und lange, in sich verzweigte, schriftliche Kommunikationswege machten den weisungsgebundenen Regierungsräten eine schnelle Reaktion auf den fatalen Zustand unmöglich, ein alleinverantwortliches Einschreiten war ihnen nicht gestattet.209 Weitverbreitete religiöse Deutungsmuster in der Bevölkerung und ein besseres Krisenmanagement in den süddeutschen Nachbarstaaten sprachen ebenfalls dafür, das „Jahr ohne Sommer“210 mit dem politischen Wechsel zu verbinden und die Notlage der preußischen Obrigkeit anzulasten.211 Allerdings war eine staatliche Hilfe in Teuerungszeiten zu Beginn des 19. Jahrhunderts keineswegs üblich.212 Vor diesem Hintergrund konnte sich Friedrich Wilhelm III. symbolpolitisch in Szene setzen und kündigte am 15. November 1816 die baldige Ankunft von Getreide und weitere Lebensmittel im Wert von über zwei Millionen Taler als Beweis [s]einer Liebe und landesväterlichen Sorgfalt an.213 Mit der Realisierung der väterliche[n] Fürsorge war Staatsrat Wilhelm Anton von Klewiz beauftragt. Er sollte sich ein Bild von der Lage machen und verfügte nach einer Besprechung mit den Oberpräsidenten in Koblenz im Wesentlichen das in den Nachbarländern längst verhängte Ausfuhrverbot für Getreide.214 Zur gleichen Zeit gab der neue Regierungspräsident von Trier, Heinrich Delius, gegenüber dem Stadtrat zu, dass sich noch nicht bestimmt übersehen lasse, ob die Regierung allen Bedürfnisse Genüge zu leisten im Stande sein werde. 215 Auch in den Amtsblättern der anderen Städte warnten die Regierungen davor, sich zur sorglosen Ruhe hin-
209 LHAK 441 937, Zeitungsbericht vom 1.7.1816, vgl. Brommer, Regierungsbezirk, S. 103–110; Koltes, Rheinland, S. 467 f. und S. 471 f.; Louis, Regierungshandeln, S. 241 f. Nach Herres, Reisen, S. 49 benötigte ein Brief von Köln nach Berlin rund dreieinhalb Tage Zeit. Zur Problematik vgl. Haas, Kultur, S. 175–177 und Kapitel II. 3. Zum Vergleich siehe die Handlungsoptionen des westfälischen Oberpräsidenten von Vincke skizziert bei Knackstedt, Fürsorge, S. 278–283. 210 Behringer, Tambora. 211 Planert, Mythos, S. 363 f., vgl. Herres, Köln, S. 60. Im Zeitungsbericht vom 1.1.1818 unter LHAK 402 139, S. 5 f. werden zum Beispiel Teufelsaustreibungen in der Eifel erwähnt. Zum allgemeinen Stellenwert der Religion in der Krise siehe Holtz, Religion und Gestrich, Religion. Das Vorgehen der Behörden in Bayern und Baden analysiert Zimmermann, Ernährungskrise. 212 Vom sogenannten Wohlfahrtsstaat konnte nach Raphael, Recht, S. 98–100 und Franz, Staatszugehörigkeit, S. 269 noch nicht die Rede sein, vgl. die Ansätze hierzu bei Jakobi, Stiftungscaritas. Zum Verhältnis Preußens zur Armenfürsorge siehe Kapitel III. 2.3 und 3.3; Koselleck, Staat, S. 410 f.; ders., Reform, S. 129–133; Droste, Selbstverwaltung, S. 189; Schubert, Regierung, S. 55 f. Küster, Fürsorge, S. 187–190 und ausführlich Beck, Origins. Für Düsseldorf vgl. Dross, Krankenhaus, S. 179–189; für Köln, wo andere Ausgangsbedingungen herrschten, siehe Mettele, Bürgertum, S. 132–138; Finzsch, Unterschichten, S. 52–55; Dorn, Armenpflege, S. 38–45. 213 Schreiben von Staatsrat von Klewiz vom 30.11.1816, exemplarisch abgedruckt im Amtsblatt Düsseldorf Nr. 48 vom 10.12.1816. Zur Bewertung vgl. Wienfort, Jahrhundert, S. 60 und dies., Monarchie, S. 183– 185. Zur gesellschaftlichen Bedeutung des Begriffs „Landesvater“ siehe ebd., S. 172–175. 214 Ebd., vgl. Koltes, Rheinland, S. 467–469 und Bass, Hungerkrisen, S. 160 f. 215 StATr Tb 100/4, Protokoll Nr. 1281 vom 12.12.1816.
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reißen zu lassen und riefen zur Bildung privater Fürsorgevereine auf.216 Im eingespielten Stadtrat Triers wurden umgehend 1.200 Säcke Korn in Wesel bestellt und eine Notabeln versammlung anberaumt.217 Die Mosel abwärts rief Joseph Görres im Koblenzer Anzeiger dazu auf, überall zu helfen, wo die Noth am dringendsten erscheine. Er verpflichtete die Vermögenden, die Gott mit Wohlstand und Ueberfluß gesegnet hatte, seinem Hülfsverein beizutreten.218 Nach dem Verbot des Rheinischen Merkurs und dem Verlust seiner Anstellung als Direktor des öffentlichen Unterrichts konnte er sich so in ein besseres Licht rücken und – wie er meinte – die Erbärmlichkeiten der Regierung wettmachen. Im Rathaus wurde die private Wohltätigkeit, die Görres mit gewohnt emotionaler Rhetorik propagierte, nicht besprochen. Der Publizist war mit den städtischen Notabeln vielseitig bekannt und verwandt, sodass eine ratsinterne Abstimmung nicht notwendig war. Sein Onkel mütterlicherseits, Bürgermeister Mazza, überließ ihm die Organisation der Hilfsmaßnahmen und die ehrensten Männer, die, wie sie wohl glauben dürfen, das öffentliche Vertrauen genießen, fanden sich bereits drei Tage später zusammen, um Korn und Mehl unentgeldlich bereitzustellen.219 Unter den 15 Organisatoren des Vereins befanden sich Friedensrichter Burret, der Beigeordnete Reiff und fünf weitere Stadträte (Abb. 2 Koblenz). Mindestens drei Ehefrauen der Stadträte halfen im Frauenverein bei der Verteilung der Lebensmittel.220 Das Regierungskollegium war mit Regierungspräsident Schmitz-Grollenburg, dem einzigen auswärtigen Beamten katholischer Konfession, im Hilfsverein vertreten. Dennoch war der Verein ein überkonfessioneller Zusammenschluss, dem auch der evangelische Pfarrer Cunz angehörte. Außerdem brachte Moses Seligman seine Erfahrungen als Armeelieferant für die Lebensmittelbeschaffung gewinnbringend ein und konnte dem insbesondere auf dem Land virulenten Vorwurf des sogenannten Kornjudentums ein Stück weit entgegenwirken.221 So war es Görres mit Hilfe sozialer Beziehungen und dem Einsatz von Druckschriften innerhalb kürzester Zeit gelungen, die Grundlage für ein von Kaufleuten getragenes überregionales Netzwerk zu schaffen, das in den darauffolgenden Wochen bestehende 216 Vgl. das Schreiben der Regierung vom 8.12.1816, in: Amtsblatt Düsseldorf Nr. 48 vom 10.12.1816; vgl. ebd. Nr. 47 vom 8.12.1816 sowie den Abschlussbericht und Aufruf des Staatsrats von Klewiz vom 9.1.1817 in ebd. Nr. 8 vom 28.1.1817. Nach Koltes, Rheinland, S. 469 und Herres, Köln, S. 57 hatte die Ankündigung des Königs tatsächlich zu einer weiteren Verknappung der Vorräte geführt. 217 Vgl. StATr Tb 100/4, Protokoll Nr. 1281 vom 12.12.1816 und Tb 100/5, Nr. 178 vom 18.2.1817. Dass solche Versammlungen auch bei Wahlen üblich waren, zeigt exemplarisch die TK von Januar 1818, S. 12 in der der Stadtrath und die Notabeln der Bürgerschaft eine Deputation an Hardenberg wählten. 218 Das Flugblatt vom 30.5.1817 ist bei Görres, Schriften Bd. 3, S. 397–400 abgedruckt. Zum Hilfsverein vgl. ebd., S. 395–444, Denzer, Stadt, S. 256 f., Herres, Koblenz, S. 56 und die Angaben im Anhang. Die Presse-Aufrufe werden bei Kampmann, Presse-Chronik, S. 92 f. wiedergegeben. 219 Görres, Schriften Bd. 3, S. 400. 220 Ebd., vgl. Der Katholische Frauenverein, Geschichte, S. 5 f. und Reder, Frauenbewegung, S. 201–210. Planert, Mythos, S. 380–382 zählt andere Vereine auf, die ebenfalls dem verbreiteten Wunsch, sich in existenziellen Notlagen der Hilfe des Himmels zu versichern, nachkamen, zur Thematik allgemein vgl. auch Jakubowski-Tiessen/Lehmann (Hgg.), Religion. 221 Vgl. Offerhaus, Seligmann, S. 66–68.
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Handelsbeziehungen zugunsten der notleidenden Bevölkerung einsetzte.222 Die männlichen und weiblichen Mitglieder dieses Netzwerks, das Koblenzer Casino und weitere Gesellschaften spendeten zum Teil horrende, vierstellige Summen, die Görres nicht nur für die interessierte Öffentlichkeit, sondern auch für einen Prestigegewinn der jeweiligen Spenderinnen und Spender in der Presse dokumentierte.223 Im Kölner Stadtrat befürwortete man die Bildung derartiger privater Initiativen nicht und sah nach wie vor die Verwaltungsbehörden – insbesondere sich selbst – in der Pflicht.224 In Aachen verfolgte man einen ähnlichen Ansatz, gewichtete jedoch die Verantwortung der Regierung höher und ignorierte die Empfehlungen zur Vereinsbildung des Regierungspräsidenten von Reiman.225 Nach der Versetzung Sacks nach Pommern im August 1816 hatte dessen Ehefrau das Amt der Vorsteherin des Frauenvereins mitsamt den leeren Vereinskassen von seiner Schwester übernommen. Sie erhielt einen Zuschuss von 5.000 Francs aus der Regierungskasse, um mit der Wohltätigkeitskommission eine Suppenküche einzurichten.226 Währenddessen hielt Oberbürgermeister Guaita fest, dass es bei gegenwärthiger allgemeinen Theuerung eines der ersten und heiligsten Pflichten des Stadt Vorstandes [sei], der löblichen Wohlthätigkeits-Kommission zur Unterstützung der armen und nothleidenden Einwohner deren Anzahl mit dem Steigen der nothwendigsten Lebensbedürfnisse in gleichem Maase angewachsen ist, durch außerordentliche Mittel zur Hülfe zu kommen. 227 Er beantragte eine Steuerumlage bei der Regierung, bestellte 166 Wispel Roggen im Militärmagazin in Koblenz und verordnete die Bildung einer Kornvorratskommission, die den Ankauf von zusätzlichem Getreide aus Riga in die Wege leiten sollte. Die Realisierung des Auftrags blieb den nicht genannten Stadträten selbst überlassen, wobei sie einen Vorschuss in Höhe von 72.000 Francs aus der Stadtkasse erhielten.228 222 Nach Görres, Schriften Bd. 3, S. 403 f. war es ein angelegener Wunsch des Vereines, daß für die allgemeinere Einsammlung und die bessere und gründlichere Vertheilung des Gesammelten nach Maßgabe des Bedürfnisses ähnliche Verbindungen in benachbarten Städten und den kleineren Orten auf dem Lande […] sich bilden mögen, die sich mit ihm in schriftlichen Verkehr setzen, und für ihren engeren Kreis den selben Verrichtungen sich unterziehen, die der Hülfsverein im größeren übt. Vgl. Louis, Regierungshandeln, S. 235. Nach Groote, HAStK 1552 A1/15, Eintrag vom 18.11.1817 wurde auch in Köln für den Koblenzer Hilfsverein gespendet. Zum Elberfelder „Kornverein“ und dessen Netzwerk siehe Illner, Elberfeld, S. 116–119. 223 Vgl. exemplarisch Görres, Schriften Bd. 3, S. 421 und Wohlers, Frauen, S. 3. 224 Herres, Köln, S. 59. 225 Jeworrek, Armut, S. 118 f., vgl. die Aufforderung in der SAZ Nr. 154 vom 24.12.1816. Nach StAAc PRZ 1–259, Protokoll vom 4.10.1816 wurde Wert darauf gelegt, dass die Korn-Vorrats-Kommission als kein Privat-Institut zu betrachten ist, sondern im Namen des vollständigen Stadtraths sich lediglich um das Wohl der ganzen Stadt bemüht. Die Regierung hatte sie irrthümlich als ein Privat-Institut angesehen. 226 Reder, Frauenbewegung, S. 236 f. 227 StAAc PRZ 1–259, Protokoll vom 28.11.1816, als Mitglied wird nur Kassierer Peter Wassenberg genannt. In der Sitzung vom 19.10.1816 wurde das Roggen in Koblenz bestellt. Am 9.10.1817 fand eine gemeinsame Besprechung mit der Wohltätigkeitskommission statt, nachdem diese laut Protokoll vom 27.9.1817 um Unterstützung gebeten hatte. Das Treffen endete mit vergleichsweise wenigen Unterstützungsgeldern und einem abermaligen Antrag eines Hilfs-Octrois bei der Regierung, vgl. hierzu Monheim, Monheim, S. 72 f. 228 StAAc PRZ 1–259, Protokoll vom 18.10.1816. Zu den Tätigkeiten siehe Jeworrek, Armut, S. 106–120 und die Akte unter StAAc OB 19–1, I.
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Demgegenüber wurden die Pflichten der Central-Unterstützung-Commission in Köln klar definiert und eng mit der Wohltätigkeitskommission und der Handelskammer abgestimmt.229 Ihre Hauptaufgabe bestand in der Eintreibung privater Spendengelder, die zur Verteilung von Brot angedacht waren.230 Unklar blieb lediglich, warum die zuerst ernannten Kommissionsmitglieder aus dem Stadtrat nach wenigen Tagen durch Bankier Stein, die Kaufleute Merkens und Nierstras und den einzigen amtierenden Stadtrat, den ehemaligen Maire von Wittgenstein, ersetzt wurden. Bürgermeister von Mylius war als Präsident der Handelskammer in der Verantwortung. Diese hatte ihrerseits eine Subskriptionsliste für freiwillige Beiträge erstellt und der Regierung den Ankauf von Getreide auf eigene Rechnung vorgeschlagen. Des Weiteren wurde der Frauenverein in die Realisierung der Hilfsmaßnahmen miteingebunden und ein städtisches Kornmagazin angelegt, weil die Vorräte der Militärmagazine bereits verbraucht waren. Die freie Handhabe war den Kölner Notabeln in diesem Umfang möglich, weil die Regierung mit der Situation bereits zum Jahreswechsel überfordert war.231 Auch dem Trierer Stadtrat wurde zu Beginn des Jahres 1817 unmissverständlich klargemacht, dass die Stadt sich selbst und allein versorgen müsse und die Unternehmer der Korn-Anschaffung auf keine Unterstützung der Stadt von Seiten der Regierung rechnen können.232 Solche Absagen kamen einem Schuldeingeständnis gleich, das die Kölner Regierung gegenüber dem König später zugab.233 Die erwähnten Trierer Unternehmer fanden sich zu einem Männer-Verein zusammen, der die Lebensmittelversorgung gemeinsam mit dem Frauenverein und der Hospitien verwaltung in Angriff nahm.234 Als Präsident fungierte der ehemalige Regierungspräsident des Fürstentums Wied, Regierungsrat Franz von Gaertner. Seine Frau gehörte mit einer weiteren Gattin aus Regierungskreisen, mit Helene Delius, dem Frauenverein an. Im fünfköpfigen Vorstand des Hilfsvereins befanden sich vier Stadträte: Stadtrentmeister Lorenz Ladner, Ludwig Mohr und die Kaufleute Johann Bernhard Schmitt und Peter Paul Menz.235 Analog zur üblichen Arbeitsweise des Stadtrats wurde in Trier also ein Krisenplan verfolgt, der auf Hilfsmaßnahmen der Stadtverwaltung und zweier Vereine, d. h. auf
229 Zu den internen Abstimmungen vgl. HAStK 410 A1, Protokolle vom 30.9., 31.10 und 17.11.1816. 230 Ebd., Protokoll vom 21.11.1816, zuvor waren am 17.11. die Stadträte Kochs, Ludowigs, Birckenstock, Fabrikant DuMont und Kaufmann Moll ernannt worden. Die Gründe für den Austausch sind nicht notiert. 231 Herres, Köln, S. 57–60 und Reder, Frauenbewegung, S. 182–184. Zum Magazin vgl. das Protokoll vom 26.9.1817 unter HAStK 410 A1. Nach Mettele, Bürgertum, S. 144–149 trug auch die Kölner Freimaurerloge in relativ großem Umfang zur Armenfürsorge bei. 232 StATr Tb 100/5, Protokoll Nr. 5 vom 2.1.1817. Nach Herres, Köln, S. 57 ging die gleiche Aussage an den Kölner Stadtrat. 233 Ebd. In der AAZ Nr. 199 vom 18.7.1817 wird außerdem eine Bekanntmachung vom 29.6.1817 durch Solms-Laubach publiziert. 234 Vgl. TK, Dezember 1817, S. 168 f. 235 Ebd., hinzu kam M. Wallerath.
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die Zusammenarbeit aller Notabeln, setzte.236 Oberbürgermeister Recking selbst blieb nicht untätig und reagierte im August auf eine Bittschrift aus der Bürgerschaft, indem er eine Verordnung wider dem wucherischen Verkauf der in die Stadt gebracht werdenden Lebensmittel der Polizei zur Vollstreckung übergab. Zudem hatte er sie beym Trommelschlag sogleich bekannt gemacht, zum Druck befördert, und in allen Straßen der Stadt und der Vorstädte wie auch an allen Stadtthoren angeheftet. 237 Die Regierung sah darin die unrechtmäßige Anmaßung einer Strafgewalt […] zu deren Ausübung die Regierung selbst nicht befugt sey und stoppte die Maßnahme.238 So hatten die institutionalisierten Handlungsspielräume in Trier zwar klare Grenzen, waren aber um ein Vielfaches größer als in Düsseldorf. Hier kam der eigenständige Brotverkauf auf Rechnung der Stadt im Januar 1817 zum Erliegen. Für die Weiterführung der Hilfsmaßnahmen fehlte dem Stadtrat nicht das Geld oder der Wille, sondern die Befugnis. Obwohl Oberbürgermeister Schramm qua Amt als Präsident der Wohltätigkeitskommission fungierte, stand eine Kollekte von über 4.500 Talern nicht zur freien Verfügung.239 Die Unklarheiten hingen mit der Reorganisation des Armenwesens zusammen. Sie war gerade in vollem Gange, orientierte sich an den Kölner Begebenheiten und sollte sich noch bis zur Rückkehr zum französischen Modell 1823 hinziehen.240 Aufgrund dieser im Stadtrat nicht weiter thematisierten Schwierigkeiten konnte der Elberfelder Hilfsverein in der Presse damit auftrumpfen, dass das Korn in der nahegelegenen Fabrikstadt um soviel wohlfeiler als in Düsseldorf verkauft worden war.241 Der Koblenzer Hilfsverein bezifferte seinen Gewinn in einem Abschlussbericht an König Friedrich Wilhelm III. auf über 100.000 Francs. Dabei ließ Görres es sich nicht nehmen, ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass alle Mittel der Privatwohltätigkeit zu verdanken waren und sich der Überschuss von 60.000 Francs für die Anlegung einer
236 Für die Gebiete an der Saar, wo es zum Beispiel in Saarlouis und Merzig private Vereine gab, vgl. zusammenfassend Clemens/Thielen, Strömungen, S. 29 f. 237 StATr Tb 100/5, Protokoll Nr. 957 vom 28.8.1817. Die Bittschrift war nach ebd., Nr. 955 zwei Tage zuvor eingegangen. 238 Ebd., Protokoll Nr. 1067 vom 27.9.1817. Nach ebd. war der Stadtrat der Meinung, dass die Verfügung keiner Bestätigung der oberen Behörde nötig hatte. 239 StAD 90010, Protokoll vom 9.1.1817. Demnach war der ärmeren Volksklasse […] das 7-pfündige Brod um fünf bis sechs Stuben wohlfeiler als den Vermögenden aus städtischen Mitteln verkauft worden. Zur Armenfürsorge vor 1815 siehe Weidenhaupt, Zeit, S. 363–365, Droste, Selbstverwaltung, S. 189–198, Dross, Krankenhaus, S. 163–172 und ders., Reform. Im Amtsblatt Nr. 13 vom 21.2.1817 wurde auf beträchtliche Summen […], welche durch die Armen-Commission zweckmäßig verwandt w[u]rden, hingewiesen. 240 Vgl. Dross, Reform und ders., Krankenhaus, S. 174–178, wobei die Hungerkrise in der Dissertation nicht näher thematisiert wird. Weidenhaupt, Zeit, S. 350 gibt auch keine näheren Informationen und geht davon aus, dass die Lieferungen des Königs ausgereicht hätten. Nach Lau, Geschichte, S. 74 waren städtische Initiativen zum Kornankauf bereits 1794 fehlgeschlagen. 241 Vgl. der Abschlussbericht in der National-Zeitung der Deutschen Nr. 49 vom 3.12.1817. Nach ebd. war ein „reiner Vorteil von 64,934 Taler gewonnen worden.“ Paul, Lebensweg, S. 234 f. weist darauf hin, dass der Kornverein von Elberfeld auch Magazine in Düsseldorf angelegt hatte.
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allgemeinen Handwerksschule und Erziehungshauses hülfloser Kinder im ehemaligen Kloster Maria Laach eignete.242 Der König zeigte sich unbeeindruckt und das Kloster ging 1820 im Rahmen der Nationalgüterversteigerungen an den Trierer Regierungspräsidenten Delius.243 In Trier legten die Notabeln in der vom Stadtrat finanzierten und redigierten Trierischen Kronik Rechenschaft über das Ergebnis ihrer Tätigkeit ab.244 Es soll befriedigend gewesen sein und gerade hinreichend, daß kein Mensch im eigentlichen Sinne hungern mußte. 245 Die Einnahmen von 14.903 Francs waren für die Ausgabe von 39.000 Pfund Brot zum halben Preis und 58.200 Portionen Suppe verwendet worden.246 Im bevölkerungsreichen Köln konnten über 30.000 Portionen Suppe wöchentlich, 68.000 Francs Spendengelder und diverse Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen die Not von rund 20.000 Personen hingegen nur unzureichend lindern.247 In Aachen kamen die Getreidelieferungen des Stadtrats erst im Sommer 1817 – im Übrigen gemeinsam mit dem vom König versprochenen Ostsee-Roggen – an und wurden noch dazu an alle – nicht nur an die bedürftigen – Bevölkerungsschichten ausgegeben.248 An der dortigen Lebensmittelknappheit änderten auch die Zuschüsse der Regierung und die von der Handelskammer organisierten Theatervorstellungen oder die von der Freimaurerloge gegebenen Benefizkonzerte nichts. Die Gründe für die Misere waren vielfältig: Neben einer von Reiman angeprangerten geringen Kooperationsbereitschaft der Notabeln und der Untätigkeit des Oberbürgermeisters war die städtische Armenfürsorge zersplittert und das Verhältnis zur Wohltätigkeitskommission angespannt. In der Aachener Stadtkasse ergab sich Ende des Jahres 1817 ein Defizit von 55.000 Francs.249 Diese weit auseinandergehenden Ergebnisse der skizzierten Krisenkonzepte verleiten dazu, die Maßnahmen der Stadt- und Regierungsräte geringer zu bewerten als die Initiativen der Vereine. Anders ausgedrückt: Kooperative Partizipationsformen waren in der Teuerungskrise erfolgreicher als institutionalisiertes Amtshandeln im preußischen 242 Der Ergebnisbericht ist bei Görres, Schriften Bd. 3, S. 438–444 abgedruckt, eine ähnliche Selbstbewertung lässt sich nach Illner, Elberfeld, S. 118 f. in Elberfeld beobachten. Vergleicht man diese Summen mit dem bei Louis, Regierungshandeln, S. 235 f. für Saarlouis auf 6.710 Francs bezifferten Gewinn im Vergleich zu jenem des „größten und erfolgreichsten Hilfsverein“ in Elberfeld von 125.000 Thaler erscheint die Koblenzer Summe realistisch. 243 Die Weiterführung der Nationalgüterversteigerungen stellt ein Forschungsdesiderat dar, auf das Clemens, Immobilienhändler, S. 225–243 bereits hingewiesen hat. 244 TK, Dezember 1817, S. 168. 245 Ebd., S. 169 f. An Spenden waren 4.537 Francs freiwillige Gaben, 2.000 Francs aus der Stadtkasse und 504 Francs aus der Regierungskasse eingegangen. Auch Trier erhielt 273 Scheffel Roggen aus dem Militärmagazin. Nach Haase, Haw, S. 155 hatte sich auch die Freimaurerloge beteiligt. 246 TK, Dezember 1817, S. 171. Das Brot kostete durchschnittlich 15 Centime pro Pfund. 247 Herres, Köln, S. 59 f., unter HAStK 410 A1, Protokoll vom 9.1.1817 wurden nochmals verbilligte Lebensmittel bei der Regierung beantragt und Straßenarbeiten beschlossen. 248 Jeworrek, Armut, S. 121, vgl. Koltes, Rheinland, S. 470. 249 Vgl. Jeworrek, Armut, S. 121–124.
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Verwaltungssystem. Bei näherem Hinsehen wurden jedoch beide Herangehensweisen von der gleichen Personengruppe getragen und lassen sich nicht voneinander trennen.250 Sie entsprangen überall „dem Bewußtsein der kommunalen Solidarität“, das im „stadtbürgerlichen Selbstverständnis“ zwar fest verankert, aber von der Tatkraft einzelner Personen abhängig war.251 Dabei hatten die Notabeln in den Vereinen größere Handlungsspielräume als in ihrer Funktion als Stadträte. Aus der Perspektive der Rechtsgeschichte handelte es sich um ein gelungenes Beispiel von „regulierter Selbstregulierung“252, da die Schaffung kooperativer Handlungsräume es ihnen ermöglichte, weitgehend losgelöst vom rechtlich klar umgrenzten Raum der Verwaltung für das Gemeinwohl zu agieren, auf vielfältigere Ressourcen zuzugreifen und zugleich eigene wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. Im Verein konnten sie ihre Bedeutung für die Bevölkerung außerdem öffentlich und gemeinsam mit ihren Ehefrauen unter Beweis stellen und jene Erwartungen erfüllen, die man zuvor an die übergeordneten Behörden gerichtet hatte.253 Dass sich die Regierungsbeamten federführend für die Bildung dieser Vereine einsetzten und sich in Koblenz und Trier an ihre Spitze stellten, stand dieser Außenwirkung nicht entgegen und war mehr als eine symbolpolitische Demonstration ihrer übergeordneten Position im institutionellen und sozialen Gefüge der jeweiligen Stadt. Außerhalb des Behördenapparats konnten auch Gaertner in Trier und Schmitz-Grollenburg in Koblenz nicht nur ihrer amtlichen Kontrollfunktion, sondern auch ihrem von vorneherein gegebenem Verantwortungsgefühl besser nachkommen als ihr ebenso engagierter Kollege in Aachen. Die zentrale Voraussetzung für diese nicht-institutionalisierte Verwaltungspraxis bestand in einer Kooperation mit der städtischen Notabelngesellschaft, d. h. in der Akzeptanz ihrer Organisations- und Partizipationsformen verbunden mit einer zumindest zeitweiligen Abkehr von gegebenen Amts- bzw. Standesschranken. Delius hatte nach dem Erwerb von Maria Laach beispielsweise darauf gehofft, in Trier bleiben zu können und führte das mühsam erworbene Kapital persönlicher und örtlicher Kenntnisse 1825 vergeblich gegen seine Versetzung nach Köln an.254 Gaertner verließ die Mosel nicht mehr, trat in die städtischen Gesellschaften ein und nahm als Regierungspräsident noch nach dem Tod seines Trierer Kollegen Johann Baptist Hetzrodt an der Hochzeit von dessen Tochter teil.255
250 Nach Lipp, Verein, S. 277 waren Amtsmänner in Württemberg sogar zum Beitritt verpflichtet. 251 Mettele, Bürgertum, S. 141. 252 Vgl. Collin, Analysekategorien, S. 9: „Dabei ist vorauszusetzen, dass diese Koordinierung einen bestimmten Grad an institutioneller Verfestigung und Verstetigung aufweist.“ Zum Verhältnis zwischen den Interessen des Staates und der Betroffenen vgl. ders./Rudischauser, Analysen, S. 29–32. 253 Bass, Hungerkrisen, S. 161 f. betont den wirtschaftlichen Aspekt der Nothilfe, der finanzielle Anreize für die Beteiligung schuf. Zur zeitgenössischen Diskussion der Gewinne im Raum Trier vgl. Louis, Regierungshandeln, S. 242–249 und Klein, Lokalpolitisches, S. 86–89. 254 Delius am 21.3.1825 an Lottum zit. n. Klein, Regierungspräsidenten, S. 72. 255 Vgl. StATr Tb 31/678, Nr. 186/1832. Zur Verflechtung von „Vereins- und Verwaltungstätigkeit“ siehe den gleichnamigen Aufsatz von Roth.
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1.4 Die Verfassungsbewegung 1817/1818: Schriftliche Kommunikation und symbolische Vermittlung Im Frühjahr 1817 – noch während der Teuerungskrise – wurde die baldige Ankunft des preußischen Kronprinzen und seines Vaters publik.256 Die Regierungen instruierten die Stadträte, daß aller äußerer Prunk, alle mit Umständen und Kosten verbundenen Feyerlichkeiten dem einfachen Sinne seiner Majestät widerstreben und empfahlen den Empfang durch den Ausdruck teutscher Biederkeit und Einfachheit zu gestalten.257 Hubertus Büschel hat die Motive für solche – vom preußischen König durchaus ernst gemeinte – Verbote dargestellt und darauf hingewiesen, dass ihre Missachtung für die Reputation der Beamten in den neuen Provinzen förderlich sein konnte.258 In Trier sowie andernorts besorgte der Stadtrat daher umgehend die Bereitstellung der Speisen und Getränke für die geplanten Festessen und Bälle. Darüber hinaus wurden eine Ausbesserung der Straßen, die Aufstellung der Landwehr und die Anschaffung der vorgeschriebenen Knöpfe zu den Civil-Uniformen in Berlin veranlasst und zwei Bittschriften verfasst.259 Die Verschriftlichung lokaler Interessen war ein jahrhundertealtes Mittel der legitimen Teilhabe am Herrschaftssystem.260 Unter Napoleon gehörte die Weitergabe von Wünschen und Forderungen der Bevölkerung sogar zu den verfassungsrechtlich verankerten Aufgaben der Verwaltungsbeamten und wurde nicht nur durch die Stadträte, sondern auch durch die französischen Staatsdiener vor Ort gefördert. Dass auch preußische Beamte ein solches Amtsverständnis vertraten, hat Edmund von Schmitz- Grollenburg exemplarisch im Zuge der Deputationsbewegung in Trier bewiesen. Da selbst dem schreib- und lesefähigen Bevölkerungsanteil die Abfassung von Bittschriften durch formale Richtlinien und hohe Stempelgebühren nicht ohne Hilfestellung möglich war, gehörten anonyme Schreiber, sogenannte Winkelconsultanten, zum gewöhnlichen Verwaltungsalltag und machten das Petitionswesen zu einem noch näher zu thematisierendem Geschäft.261 256 Exemplarisch StATr Tb 100/5, Protokoll Nr. 729 vom 30.6.1817. Zur geplanten Reiseroute vgl. die Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen (BN) Nr. 90 vom 29.07.1817 und Herres, Reisen, S. 44. 257 Dem Schreiben der Regierung in Trier unter StATr Tb 100/5, Protokoll Nr. 729 vom 30.6.1817 gemäß heißt es weiter, dass seine königliche Hoheit wünschten nicht blos die Truppen zu sehen, sondern auch Land und Leute möglichst kennenzulernen, wozu alle Behörden angelegentlich beytragen müßten. Hierzu wurde eine Kommission aus Christoph Philipp Nell, Emmerich Grach und Forstrat Jaeger gebildet. 258 Büschel, Untertanenliebe, S. 254–273 und S. 308–313. 259 Vgl. StATr Tb 100/6, Protokolle Nr. 798 vom 14.7., Nr. 819 und Nr. 821 vom 21.7., Nr. 833 und Nr. 836 vom 25.7.1817 und Nr. 859 vom 11.8.1817. Die Petition ist unter ebd. Protokoll Nr. 897 vom 11.8.1817 festgehalten. Zur Bedeutung der Knöpfe siehe Haas, Kultur, S. 307 f. und S. 391, zur Kontinuität der Staatsbesuche vgl. Kapitel II. 1. 260 Vgl. Nubola/Würgler (Hgg.), Bittschriften. 261 Fahrmeir, Persönlichkeiten, S. 216; Severin-Barboutie, Eingabepraktiken, S. 94 f., wobei nach ebd., S. 98 unter Napoleon auch Eingaben in deutscher Sprache bearbeitet wurden. Zur Thematik siehe Paye, Kommunikation, S. 228–268, Kapitel II.1. und III. 3.4; vgl. auch McNeely, Emancipation für Württemberg.
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Die Erhebung von Sporteln war im preußischen Verwaltungssystem zwar nicht grundsätzlich verboten, das Petitionswesen seit den Reformen aber genauen Regeln unterworfen.262 Analog zur französischen Verwaltungsordnung hatte sich der Bittsteller nach dem Behördenweg zu richten, wobei dieser erheblich erweitert und territorial verlängert wurde. So gelangten Immediatgesuche vor 1815 über den Präfekten bzw. Unterpräfekten direkt nach Paris und mussten nach dem Herrschaftswechsel mit dem Landrat und den Regierungsbeamten koordiniert und ins weit entfernte Berlin gesendet werden – oder mit den Worten eines Zeitgenossen ausgedrückt: Da klagt dann der Bürger seinem Bürgermeister, dieser geht an den Landrath, dieser an die Regierung; die Verfügung derselben erhält der Ober-Präsident, dessen Rescript geht an das Ministerium und schließlich ist noch Recurs an S.[eine] Majestät den König resp.[ektive] an die Häuser gestattet. 263 Für die Stadträte war die unmittelbare Übergabe der Adressen bei Staatsbesuchen also eine große Zeitersparnis, das verhinderte, dass die Eingaben auf den Schreibtischen der Regierungsräte liegen blieben oder negativ kommentiert wurden. Friedrich Wilhelm III. bevorzugte jedoch eine Bearbeitung der Wünsche und Bitten durch seine Staatsdiener und hatte das Petitionsrecht dahingehend verändert.264 Die erste Adresse des Trierer Stadtrats war an den Kronprinzen gerichtet und bezog sich auf innerstädtische Bedürfnisse, infrastrukturelle Maßnahmen und ausstehende Geldforderungen. Sie wurde ihm mit aller Freymüthigkeit, die – wie Emmerich Grach meinte, dem Rheinländer so ganz eigen ist – und offensichtlich auch auf die Bewohner des Mosellandes zutraf – bei seinem feierlichen Einzug durch die Porta Nigra am Abend des 22. Juli 1817 überreicht.265 Als Organ des Stadtmagistrats und der ganzen Bürgerschaft dankte er Prinz Friedrich Wilhelm vor der interessierten Öffentlichkeit für seine Anwesenheit, um an Ort und Stelle die Wünsche und allenfallsige Beschwerden der Einwohner kennen zu lernen und höchstselbst beurtheilen zu können. 266 Tags darauf wurden ihm die antiken Bauwerke, die Stadtbibliothek und die Naturaliensammlung der „Gesellschaft für nützliche Forschungen“ gezeigt sowie Deputationen der umliegenden Dörfer vorgestellt, bevor er über Kreuznach nach Koblenz weiterreiste.267 Die Frankfurter Ober-Post-Amts-Zeitung berichtete, dass er dort eine Woche später frühmorgens um halb 2 […] beim Zusammenflusse des Rheins und der Mosel ans Land ging
262 263 264 265 266 267
Die Einschätzung von Lipp/Krempel, Petitions, S. 153, dass Petitionen als „a form of political action which entailed low costs and normally few risks“ betrachtet werden können, trifft daher nur bedingt zu. Bernsee, Korruption, S. 246, Haas, Kultur, S. 329 f. und Wienfort, Patrimonialgerichte, S. 119. Zum Petitionswesen vgl. Haas, Kultur, S. 398 f., Cancik, Verwaltung, S. 226–230, S. 359 und ausführlich Collin, Organisation. Wegeler, Beiträge, S. 121. Vgl. Büschel, Untertanenliebe, S. 310–312. StATr Tb 100/6, Protokoll Nr. 833 vom 25.7.1817. Ebd., vgl. das Dankschreiben des Kronprinzen unter ebd., Nr. 968 vom 20.8.1817 mit dem Hinweis des Regierungspräsidenten, es bekannt zu geben, aber nicht wörtlich abzudrucken. Nach Herres, Reisen, S. 45 f. leitete der Kronprinz sogenannte Beschwerden Triers per Post an seinen Vater weiter. Vgl. die TK von August 1817, S. 107 f., Kentenich, Geschichte, S. 711 f.; Herres, Reisen, S. 44.
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und trotz der späten Tageszeit von den Behörden und einer freudig jubelnden Volksmenge begrüßt wurde.268 Während seines Aufenthalts wohnte er drei Tage lang bei General von Hacke und nahm an einer Plenarsitzung der Regierung, an einer Theatervorstellung, mehreren Militärparaden und Manövern sowie an den Geburtstagsfeierlichen für seinen Vater teil.269 Oberbürgermeister Mazza und der Stadtrat scheinen sich an diesem Programm nicht explizit beteiligt zu haben. In der Chronik des Casinos wird lediglich ein Fackelzug erwähnt.270 In der Zeitung erfuhr der Leser, dass alle Behörden […] über die ausgezeichnete herablassende Huld und Freundlichkeit seiner königlichen Hoheit entzückt waren – ein Urteil, das für alle anderen Stationen wiederholt wurde.271 Rheinabwärts bestimmte der Kölner Rat Oberbürgermeister von Mylius und seine Beigeordneten sowie Herwegh und Schaaffhausen zur repräsentativen Empfangsdeputation für die Ankunft des Monarchen am 6. August 1817. Die 1815 neu ernannten adeligen Stadträte Maximilian Joseph Maria von Kempis und Franz Anton von Nagel wurden ebenfalls ausgewählt. Mylius und Schaaffhausen und fünf weitere Mitglieder des Rats, die nicht der Deputation angehörten, sollten sodann separat zusammenzutreten, um alle Desiderien zusammenzutragen, welche die genannten Repräsentanten wiederum vortragen sollten.272 In der Kürze der Zeit wurden diese Wünsche in eingespielter Arbeitsteilung verschriftlicht und symbolisch vermittelt. Ähnlich wie anlässlich des Kaiserempfangs 1804 prangte im Rahmen eines von der Handelskammer durchgeführten Hafenfestes auf der Deutzer Rheinseite eine kolossal gemalte Colonia – ein Transparent, das die Bitten der Stadt Wissenschaft, Kunst Universität – Handel, Schiffahrt, Stapel für jeden sichtbar hervorbrachte.273 Der Redakteur der Stadt-Aachener Zeitung lobte die Idee als würdiges Symbol von Kölns Wünschen und auf königliches Wort gegründeten Hoffnungen und sehnte abermals kommender glücklicher Zeiten entgegen.274 Der Kronprinz war von der Stadt, dem Dom, zahlreichen privaten Kunstsammlungen und dem Einfallsreichtum der Notabeln beeindruckt und brachte seine Zufriedenheit mit dem Trinkspruch Alaaf Cöln (Alles lobet Köln) öffentlich zum Ausdruck.275
268 269 270 271 272 273 274 275
Frankfurter Oberpostamts-Zeitung (FZ) Nr. 95 vom 9.8.1817, vgl. auch die AAZ Nr. 219 vom 7.8.1817. FZ Nr. 97 vom 14.8.1817. Weichelt, Casino, S. 161. SAZ Nr. 94 vom 7.8.1817. Vgl. ebd. Nr. 97 vom 14.8.1817 für Köln, ebd. Nr. 98 vom 16.8.1817 für Aachen und die TK von August 1817, S. 107 f. für Trier. HAStK 410 A6, Eintrag vom 5.8.1817. Zu den Wünschen gehörten die Universität, die Wiedererlangung der Polizeigewalt und der rechtsrheinischen Güter. Zur Abfassung wurden Schaaffhausen, Bartmann, Ludowigs, Boisserée, Steinberger, von Heimann und von Mylius ernannt, vgl. Herres, Regierung, S. 84 f. SAZ Nr. 97 vom 14.8.1817, wonach Matthias Joseph de Noël und Stadtsekretär Fuchs die Colonia erstellt hatten. Vgl. Kapitel II. 1.; Herres, Köln, S. 60; Spiertz, Groote, S. 135–137; Kölnische Zeitung (KÖZ), Nr. 128 vom 12.8.1817. Der Wortlaut ist eins zu eins aus ebd. übernommen worden, vgl. die SAZ Nr. 97 vom 14.8.1817. Ebd., wonach der Toast von tausend Stimmen bis in die fernste Stadt; wohin er mit dem Sprachrohr gerufen wurde, sich wiederholte und neuerdings nun für lange Zeit das Losungswort wurde. Vgl. Herres, Köln, S. 60 f. und Spiertz, Groote, S. 135–141. Ein weiterer Bericht zum Aufenthalt ist in der SAZ Nr. 96
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Anschließend wurden ihm in Aachen neben Kunstfleiß und Manufaktur-Betriebsamkeit auch ein Feuerwerk inklusive eines Bildnis des geliebten Prinzen mit verschiedenen Sinnbildern und Inschriften geboten.276 Ob es sich dabei um Wünsche handelte, wurde nicht beschrieben. Die lokale Presse war jedoch der Meinung, dass sich die symbolpolitischen Anstrengungen in der Karlsstadt mit jenen in Köln durchaus messen lassen konnten.277 Der dreitägige Aufenthalt des Thronfolgers umfasste einen Besuch der Tuchfabrik Kelleter, der Nadelfabrik Startz und der Gemäldesammlung von Leopold Bettendorf. Außerdem wohnte er einer dreystündigen öffentlichen Sitzung des Assisenhofs bei und konnte sich ein Bild vom vieldiskutierten französischen Justizwesen machen. Ferner erhielten geladene Repräsentanten aus allen Teilen des Regierungsbezirks bei einem Festessen angeblich die Chance, ihn wie in einem Familienkreise persönlich zu sprechen.278 Unterdessen hatte sein ihm nachreisender Vater am 9. August 1817 die Truppen in Koblenz inspiziert und mit Oberpräsident von Ingersleben zu Tafel gesessen.279 Am darauffolgenden Tag kam er in Trier an und erhielt die zweite Bittschrift des Stadtrats. Die Petition war weitaus umfangreicher und beinhaltete – neben den bereits 1815 angebrachten Bitten um Beybehaltung eines Ober-Landesgerichts und einer Landes-Universität sowie der Erzbischöflichen Kirche zu Trier – nur ein Wunsch um dessen Erfüllung eure königl.[iche] Majestät sie unterthänigst zu bitten wagen, dieß ist die Gewährung einer dem Zeitgeiste gemäßen ständigen Verfassung. 280 Was sie darunter verstanden, wiesen sie argumentativ als Ansicht des erhabenen Monarchen selbst aus, denn: Wohlthaten entziehen ist dem Herzen des Beßten der Könige fremd. 281 Mit dem Zeitgeist bedienten sie sich einer Metapher, die sich durch ihre Deutungsoffenheit für die politischen Diskurse des frühen 19. Jahrhunderts prädestinierte und von verschiedenen Gruppen kontrovers gebraucht wurde.282 Selbst Hardenberg bezeichnete demokratische Grundsätze in einer monarchischen Regierung in seiner Denkschrift von 1807 als angemessene Form für den gegenwärtigen Zeitgeist. 283 Den Trierer Notabeln kann demnach unterstellt werden, dass sie auf den reformorientierten Kurs Preußens anspielten und ihn argumentativ voraussetzten. Schließlich ging es auch vom 12.8.1817 abgedruckt, wonach die Festungswerke, die Regierung, Gottesdienste, ein Mittagsmahl im Casino, die Besichtigung von Fabrikanalagen, ein Konzert u. a. ebenfalls Teil des Besuchs waren. 276 Ebd., Nr. 98 vom 16.8.1817. 277 Ebd., konkret wurde behauptet, dass [s]owohl wie Köln auf seine darf auch Aachen auf diese und andere Kunstschätze stolz und eifersüchtig seyn. Zur Einschätzung der Kölner Sammlungen vgl. grundlegend Förster, Kunstsammler, S. 86–101. 278 Vgl. die AAZ Nr. 235 vom 23.8.1817 und die SAZ Nr. 97 und Nr. 98 vom 14. und 16.8.1817 sowie die BN Nr. 108 vom 9.9.1817. 279 SAZ Nr. 97 vom 14.8.1817, vgl. BN Nr. 102 vom 26.8.1817. 280 StATr Tb 100/6, Protokoll Nr. 897 vom 11.8.1817. Weiterhin baten sie um Beendigung der Landstraße von Lüttich durch Trier in die Schweiz und um Unterstützung des National-Theaters zu Trier. 281 Ebd. 282 Vgl. Wienfort, Monarchie, S. 147 f. und S. 196 f. und ausführlich Jung, Time. 283 Hardenberg, Reorganisation. Zur Einschätzung vgl. Heinickel, Adelsreformideen, S. 88–90.
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ihnen um eine Verbesserung der politischen Ordnung durch die Beibehaltung des Bestehenden.284 So erinnerten sie den König an seine Worte, dass alles […] geprüft, das Gute […] beybehalten [werde], wo es auch herkomme. Diese Aussage war insofern wichtig, als dass sie auch von den benachbarten Herrschern in Hessen-Darmstadt und in Bayern gebraucht und im Rechtswesen bereits umgesetzt worden war. Diesbezüglich galt dem Trierer Stadtrat der Einsatz der Immediat-Justiz-Kommission als Beweis seiner liberalen Grundsätze und als vollgültige Bürgschaft dafür, daß bald eine neue Gesetzgebung […] diesen Grundsätzen entsprechen werde. Dabei listete der Magistrat diejenigen Grundsätze, denen der bey weitem vernünftigere Theil der Bewohner des Rheinlandes aus Einsicht und Erfahrung huldigt[e], und deren neue Sanction in der künftigen Constitution er mit dem innigsten Danke umso mehr anerkennen würde stichpunktartig auf: Unbeschränkte Freyheit in Ausübung des Handels und der Gewerbe, Entfernung des Feudalsystems, gleiche Vertheilung der Staats- und öffentlichen Lasten, Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetze und dem Richter, Trennung der Gewalten, Unabhängigkeit des Richteramtes, Öffentlichkeit des gerichtlichen Verfahrens, Urtheil durch das geschworenen Gericht in den Criminal- Prozeßen usw. Auch vergaß er nicht dem König als Begründer und Beschützer unseres neuen Vaterlandes zu danken und ihm eine emotional aufgeladene Rolle zuzuschreiben, die anders als in anderen zeitgenössischen Schriften ohne eine Diffamierung der französischen Herrschaftsphase auskam. Im Gegenteil – ihrer Meinung nach war der neue Wohlstand […] ein Resultat dieser zum Gesetz erhobenen Grundsätze. 285 Die Schrift war in der Trierischen Kronik und in zahlreichen auswärtigen Zeitungen zu lesen. Sie wurde dem König weder öffentlich noch persönlich übergeben.286 Dazu war während seines kurzen Halts am 10. August 1817 – einem symbolträchtigen Tag, an welchem Tage vor 23 Jahren die Franzosen in Trier eingerückt waren, keine Zeit gewesen.287 Einen Monat später, am 9. September, wurde der König in Aachen der dortigen Zeitung zufolge mit dem Ausdruck ehrfurchtsvoller Liebe begrüßt. Regierungspräsident von Reiman veranstaltete einen Ball in der Neuen Redoute und lud mehrere ausgezeichnete Fremde 284 Vgl. Haas, Kultur, S. 133 f. 285 StATr Tb 100/6, Protokoll Nr. 897 vom 11.8.1817. Das Rheinland verstand man als einen integrierende[n] Theil des deutschen Bundes mit der Krone Preußens verbunden. Der appellierende Schlusssatz lautete: Welchem Grade von Wohlstand darf erst diese Provinz entgegen sehen, in einem auf lange hin gesicherten Frieden, unter einem Fürsten, dessen schönster Ruhm es ist, seine Völker zu beglücken, und unter einer Verfassung, welche den späten Enkeln den kräftigen Schutz ihrer Person und ihres Eigenthums zusichern wird! Zur Semantik vgl. Wienfort, Monarchie, S. 199–203. Zu den Begebenheiten in den Nachbargebieten siehe Mahlerwein, Rheinhessen, S. 193–195. 286 Nach StATr Tb 100/6, Protokoll Nr. 897 vom 11.8.1817 wurde sie Minister von Albrecht durch eine Deputation bei der Abfahrt mitgegeben. Zur Publikation vgl. die TK von September 1817, S. 136–138, den Welt- und Staatsboten Nr. 138 vom 30.8.1817 und die SAZ Nr. 102 vom 26.8.1817, die unter ebd. Nr. 104 vom 30.8.1817 auch das Adresswesen in Württemberg beobachtete. 287 Vgl. Herres, Reisen, S. 45.
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und die vornehmsten hiesigen Einwohner sowie den amtierenden Oberbürgermeister ein. Guaita hatte sein Haus durch eine geschmackvoll, mit dem Bildnisse des Königs, und passenden Inschriften gezierte Beleuchtung ausgestattet und den hohen Besuch und die damit verbundenen Vorbereitungen nicht im Protokollbuch dokumentiert. Wie im Fall des Kronprinzenbesuchs scheint es eine offizielle Erinnerung an das Verfassungsversprechen daher nicht gegeben zu haben. Nach einer kurzen Besichtigung der Truppen, des Doms und der Gemäldesammlung Bettendorf begab sich Wilhelm III. auf den Weg nach Köln, wo seine Ankunft noch nicht erwartet wurde.288 Nach eigenen Angaben erfuhr Eberhard von Groote als Erster von dem unerwarteten Besuch am 11. September 1817 und eil[te] auf das BürgermeisterAmt, wo niemand der Herren war.289 Einige der gesuchten Stadträte befanden sich im Casino am Neumarkt und ließen sich von der Neuigkeit angeblich nicht aus der Ruhe bringen. 290 Diese vermeintliche Gelassenheit und das in Presse mit Fehlinformationen entschuldigte Ausbleiben eines Empfangs stand in krassem Kontrast zu dem Fest, das ein Jahr später dem ehemaligen Kaiser des heiligen römischen Reiches, Kaiser Franz I. von Österreich, bei seiner Durchreise gegeben wurde.291 Zur Vorbereitung des preußischen Staatsbesuchs war im Stadtrat lediglich die dem Kronprinzen übergebene Bittschrift verlesen und darüber gesprochen worden, ob bei der zu erwartenden Anwesenheit Seiner Majestät des Königs diese Wünsche nochmals vorgelegt werden sollen und ob noch andre mehr in das allgemeine Interesse eingreifende Gegenstände angeregt werden sollen. 292 Die 20 anwesenden Räte befürworteten diesen Vorschlag und schlossen sich den Wünschen des trierischen Magistrats fast wortwörtlich an.293 Wichtige semantische Änderungen bezogen sich auf die Bewohner, für die der Trierer Stadtrat nur zu einem Teil zu sprechen wagte.294 In Köln sah man sich als Sprachrohr der öffentlichen Meinung und bevorzugte ein konstitutionelles Organ. 295 Dabei sprachen sich die Stadtväter für eine Reaktivierung der General-Departementsräte als Provinzialrepräsentation aus und lieferten somit nicht nur ein weiteres Beispiel für die bisher nahezu überall beobachtete Stellung der ehemaligen Räte, sondern auch den 288 289 290 291
Vgl. SAZ Nr. 109 vom 11.9.1817. HAStK 1552 A1/14, Eintrag vom 10.9.1817. Ebd., zu den Vorbereitungen bei der Regierung und im Stadtrat vgl. ebd., Eintrag vom 8.9.1817. Vgl. die SAZ Nr. 111 vom 16.9.1817. Allerdings wurde unter ebd. Nr. 110 vom 13.9.1817 von der großen Spannung berichtet, mit der der König von Preußen in der Bevölkerung erwartet worden war und eine patriotische Willkommensrede abgedruckt, vgl. Herres, Köln, S. 62 f. Zur Durchreise von Franz I. und anderen Vertretern Österreichs vgl. die KÖZ Nr. 155 und Nr. 156 vom 29.9. und 1.10.1818 sowie Duchhardt, Kongress, S. 92 f. und Rowe, Reich, S. 346. 292 HAStK 410 A1, Protokoll vom 6.9.1817. 293 Ebd. In Bezug auf die Adresse des trierischen Magistrats hielt der Rat fest, daß so wie er sich mit Herz und Gemüth der in der trierischen Adresse ausgedrückten Freude und des Danks anschließt, er ebenso die darin ausgedruckten Bitten befürwortete. Eine Abschrift an die Regierung findet sich unter LA NRW R, Reg. Köln 40, auch abgedruckt bei Herres, Denkschrift, S. 88–94, wobei die Forderungen in Übereinstimmung mit den von unsren Brüdern an der Mosel geäußerten Wünschen gestellt wurden. 294 StATr Tb 100/6, Protokoll Nr. 897 vom 11.8.1817. 295 Herres, Denkschrift, S. 89, vgl. Kapitel II. 1. und III. 5.2.
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ersten konkreten Vorschlag zur praktischen Realisierung des Verfassungsversprechens.296 Darüber hinaus erbaten sie weitere Verbesserungen für die Stadt Köln und forderten die Polizeigewalt für den Oberbürgermeister zurück. Sie stützten ihre Ausführungen ebenfalls auf die Königliche Fürsorge, nicht aber auf die wirtschaftliche Lage der Region.297 Außerdem fügten sie hinzu, dass mit der Beachtung der Petitionen, das Band zwischen dem neuen Regenten und den neuen Unterthanen desto fester sich schlingen möge.298 Mit diesem Ratschlag brachten sie ein neues entscheidendes Argument in die Diskussion ein, das bereits Napoleon genutzt hatte: die Integrationswirkung einer Verfassung.299 Analog zu Trier erhielten auch die Kölner Notabeln keine Gelegenheit, ihre Bitten mündlich vorzutragen. Sogar die Regierung wartete vergebens, notierte Groote enttäuscht: hätten wir also nicht nur die Unbequemlichkeit des Ankleidens, sondern, was mehr ist, die 100 Taler gespart, die die Uniform kosten sollte. 300 Wie in Aachen blieb der Monarch nur eine Nacht und begutachtete die Festungswerke, den Dom und zwei Ausstellungen. Die Denkschrift wurde ihm nachmittags, bei seiner Abfahrt nach Düsseldorf, mitgegeben und in der Presse zusammengefasst.301 In Düsseldorf schweigen die Quellen über den Besuch der Monarchen. Die Berliner Presse schrieb, dass der König überraschend eintraf und ihn ein unerwartet einbrechendes starkes Gewitter begleitete.302 Dennoch sollen die Straßen hell erleuchtet und voll von Schaulustigen gewesen sein.303 Andere linksrheinische Zeitungen ergänzten, dass man gegenüber von seiner Wohnung […] in Flammenschrift [las,] wie es in dem Herzen der Rheinländer und aller vernünftigen Deutschen [stand], folgende Worte; die wenn schon Latein, doch die Sache recht eigentlich deutsch ausspr[a]chen, die Berliner Zeitungen mögen auch sagen was sie wollen und was ihnen frommt doch sahen sie sich genöthigt selbst diesen Satz anzuführen: Vota ripvariae regis prosperitas, regni integaitas, ivrisque paritas, ivdicia publica, statuum restitutio (Die Wünsche des Rheinlandes sind das Heil des Königs, die Unverletzlichkeit des Reichs, gleiche Rechte und gleiche Lasten, öffentliche Gerichte und Wiederherstellung der Stände). 304 – Der Korrespondent der Berlinischen Nachrichten erwähnte dies allerdings ebenso wenig wie das Kölner Feuer296 297 298 299 300
301 302 303 304
Ebd., vgl. ders., Köln, S. 63 und Mettele, Bürgertum, S. 171 f. Herres, Denkschrift, S. 90. Ebd., vgl. SAZ Nr. 111 vom 16.9.1817. Vgl. Kapitel II. 1., Diefendorf, Businessmen, S. 241 und allgemein Rausch, Konstitution. Nach Fehrenbach, Einführung, S. 65 f. wurde diese Funktion in den süddeutschen Staaten „zur Wahrung ihrer Existenz“ erkannt. HAStK 1552 A1/14, Tagebucheintrag vom 11.9.1817. Groote notiert lediglich, dass Mylius bei einem Mittagsmahl im Casino sehr vorlaut zu ihm [dem König] gesprochen haben soll. Nach Haas, Kleid, S. 143 ist die hier angedeutete verspätete Anschaffung der Uniformen auch in Westfalen zu beobachten. Eine Vereinheitlichung fand strenggenommen erst mit der Umsetzung von Paragraph 17 des Reichsbeamtengesetzes von 1873 im Jahr 1888 statt, vgl. hierzu Lüttenbeck, Beamte. Vgl. das Niederrheinische Archiv (NA) Bd. 2, S. 374–403 und die SAZ Nr. 111 vom 16.9.1817. BN Nr. 113 vom 20.9.1817. Ebd., vgl. die SAZ Nr. 113 vom 20.9.1817. Meldung der Mainzer Zeitung in der AAZ Nr. 280 vom 7.10.1817, ähnlich NA Bd. 3, S. 40.
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werk. Hier wurde die Einstellung der Düsseldorfer mit folgenden Worten beschrieben: Wir genießen zwar noch nicht das Glück uns Preußen zu nennen, aber in der Treue und der Liebe zu unserem theuren Monarchen wollen und werden wir selbst den ältesten Preußen nicht nachstehen. 305 Es lässt sich mutmaßen, dass der Stadtrat mehr hinter dieser Stellungnahme denn hinter dem Chronogramm stand. Nach seiner Teilnahme an der Kreiskommission des Grafen von Spee hatte Stadtrat Theodor Schram, ein Appellationsgerichtsrat, der den Oberbürgermeister 1816 nach Berlin begleitet hatte, freimüthige Bemerkungen über das öffentliche mündliche Verfahren veröffentlicht und die Abschaffung des französischen Rechtswesens als allgemeinen Wunsch der Rheinländer dargestellt.306 Ein Kölner wies dies in der Stadt-Aachener Zeitung als falsch aus und hatte offenbar jene besonders einflussreiche Gruppe, die sich noch nicht zu Wort gemeldet hatte, vergessen.307 In Düsseldorf bereitete Wilhelm von Mirbach-Harff nämlich in enger Absprache mit dem Freiherrn von Stein, dem Grafen von Spee und dem Grafen von Nesselrode eine Adelsdenkschrift vor. Anlass zum Eingreifen in die Petitionsbewegung bot der Besuch des Staatskanzlers Hardenberg, der ab dem 23. Dezember 1817 im nahe Koblenz gelegenen Ort Engers residierte und in der Zeitung zu Gesprächen aufgerufen hatte.308 Am 26. Februar 1818 erhielten von Mirbach, von Spee und von Nesselrode gemeinsam mit den märkischen Freiherren von Romberg, von Hövel und von Wylich eine Audienz, in der sie ihre umfangreichen Ausführungen über die Verfassungsverhältnisse der Lande Jülich, Kleve, Berg und Mark betreffend vorlegten.309 Außer von Mirbach hatten alle Deputationsmitglieder zum Teil sehr hohe Führungspositionen im napoleonischen Verwaltungssystem innegehabt.310 Ausgehend von der Prämisse, daß bisherige Verfassungen, wo sie gesetzlich vorhanden gewesen […] nicht als aufgehoben zu betrachten seien, traten sie für eine Erneuerung des Verfassungs-Ganze[n] im Sinne des Alten ein.311 Dabei bezogen sie sich auf die Zeit vor 1794 und verfolgten trotzdem das gleiche Ziel wie die Stadträte von Trier und Köln: Es ging um einen an die veränderten Strukturprinzipien angepassten Zukunftsentwurf für die 305 306 307 308 309
BN Nr. 113 vom 20.9.1817. Schram, Bemerkungen, vgl. Faber, Rheinlande, S. 144–149. Vgl. die BN Nr. 93 vom 5.8.1817. SAZ Nr. 98 vom 16.8.1817, vgl. auch die anonyme Kritik in NA Bd. 3, S. 130–163. Vgl. die AAZ Nr. 353 vom 19.12.1817 und Nr. 4 vom 4.1.1818. Zu finden im Nachlass Spee unter ASH T 90, auszugsweise abgedruckt bei Gersmann/Langbrandtner (Hgg.), Lebenswelten, S. 269 f. 310 Nesselrode war bergischer Innenminister, Spee, Romberg und Hövel waren Präfekten und Wylich Maire von Diersfordt, vgl. Kapitel II. 3., Faber, Rheinlande, S. 300. Zu den Vorbereitungen siehe Beusch, Standespolitik, S. 145–150 und Hundt, Stein, S. 69 f. 311 ASH T 90, Paragraph 3. Zur Bewertung dieses Phänomens des 19. Jahrhunderts vgl. Frie, Adelsgeschichte, S. 214 f., wonach es darum ging, die „Wiederherstellung sozialer Hierarchien mit der Umstellung der Gesellschaftsstruktur zusammenzudenken“ und die Ausführungen zum „Adelskonservatismus“ bei Reif, Adel, S. 58 f. sowie die Reformansätze diskutiert bei Heinickel, Adelsreformideen, S. 90–105, S. 250–258.
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ganze Provinz.312 Bei der Einrichtung einer ständischen Verfassung schlossen sie eine organische Abänderung nicht aus.313 Sie umgingen eine offen formulierte Rückforderung ihrer Vorrechte, indem sie diese vermittels der 24 Artikel als rechtmäßig auswiesen und so zu Grunde legten. Analog zu den Partizipationsstrategien des Adels „[i]n der Arena der preußischen Verfassungsdebatte“314 Brandenburgs implizierte diese Argumentationsstrategie eine gewisse Bereitschaft, sich an der „Suche nach einer neuen Adelslegitimation“315 der Reformer beteiligen zu wollen und ging auf den Frankfurter Publizist und Verfasser Christian Friedrich Schlosser zurück. Sie wurde in der Presse ironisch als eine geniale Dunkelheit und Verwirrung stiftende Schreibweise bewertet.316 Als entscheidende Beweise galten wohlversicherte Rechte der alten Landstände, die einzeln aufgezählt und historisch hergeleitet wurden und ein auf notwendiger Verschiedenheit der ein lebendiges Ganzes konstituierenden Glieder beruhendes Prinzip der Ungleichheit. Zudem wurde der deutschfranzösische Gegensatz zur Selbstbehauptung herangezogen, da die Beibehaltung der Scheinorgane einer Landesvertretung unter Frankreich als undeutsche Einrichtungen der Einheit des gesammten deutschen Staatenbundes entgegenstünden.317 Im Interesse dieses allgemeinen Zwecks bzw. aus vaterländischem Sinne wünschte der Adel daher die Kraft […], sich zu erhalten und verzichtete freiwillig auf der Gegenwart nicht mehr angemessenen Rechte wie beispielsweise die ausgedehnte Steuerfreiheit seiner Güter oder das ausschließender Bekleidung der höchsten Landesstellen. 318 Diese letzte Passage fand gegen die Intention ihrer Urheber Eingang in die lokale Presse.319 Zudem wurde die Petition von weiteren Bittschriften des Adels in Köln, Münster, Paderborn und dem ehemaligen Herzogtum Westfalen flankiert, sodass sie öffentlich als Schutzschrift adeliger Sonderrechte wahrgenommen wurde.320 Die Folge waren zahlreiche polemische Pressekommentare und eine [u]rkundliche Widerlegung der von dem ehemaligen Adel der Lande Jülich, Kleve, Berg und Mark dem 312 Vgl. Beusch, Standespolitik, S. 152 f. Nach ebd., S. 159 befassen sich die meisten Paragraphen (11–24) mit der Frage in welcher Form diese landständische Verfassung in den Gesamtsaat integriert und dem zwischenzeitlich veränderten politischen und sozialen Stauts quo angepaßt werden könne. 313 ASH T 90 Paragraph 2, Paragraph 3 spricht von einer aktiven Repräsentation. Abänderungen werden auf die früher gesetzlich vorhandenen Landstände bezogen. Hier klingt die von Reif, Adel, S. 64–66 erläuterte Mittlerrolle an. 314 Holste, Arena. 315 Heinickel, Adelsreformideen, S. 96. Unter ebd., S. 93–97 stellt er diese Entwicklung der „napoleonischen Neuadelspolitik“ gegenüber und kann einige Parallelen aufzeigen. 316 Rheinische Blätter (RB) Nr. 46 vom 21.3.1818, S. 198. Vgl. Genossenschaft (Hg.), Geschichte, S. 30 f., zur Person Schlossers siehe Beusch, Standespolitik, S. 87–97. 317 ASH T 90 Paragraph 5–10 und 14, vgl. Beusch, Standespolitik, S. 162 f. Zum Prinzip natürlicher Ungleichheit siehe auch Rosanvallon, Gesellschaft, S. 117–127. 318 ASH T 90, Paragraph 23. 319 Vgl. exemplarisch die SAZ Nr. 35 vom 21.3.1818. 320 Vgl. RB Nr. 46 vom 21.3.1818, S. 198–200. Zur Bewertung siehe Gersmann/Langbrandtner (Hgg.), Lebenswelten, S. 261 f., Faber, Rheinlande, S. 294–301 und Beusch, Standespolitik, S. 166–170. Zu den Reaktionen vgl. ebd., S. 175–200, Jongmanns, Spee, S. 32–34 und Genossenschaft (Hg.), Geschichte (o. J.), S. 32 f.
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Fürsten Staatskanzler überreichten Denkschrift von einem Rheinpreußen. 321 Diese reißerische Gegenschrift ging auf Johann Paul Brewer zurück und sollte Belege dafür liefern, daß der Adel als besonderer Stand von je her unserem rheinischen Vaterland fremd war und […] daß er seine Vorrechte schlecht erworben, noch schlechter gebraucht und endlich rechtmäßig verloren hatte.322 Brewer war seit 1803 Professor am Düsseldorfer Gymnasium und hatte im Zusammenhang mit der Publikationswelle 1816 bereits an die Grundideen der Revolution erinnert und seine Meinung zum Herrschaftswechsel publik gemacht.323 1818 positionierte er sich nicht nur gegen den Adel, sondern auch gegen Stadtrat Schram, indem er eine weitere Abhandlung zur Verteidigung des öffentlichen Gerichtsverfahrens in Umlauf brachte.324 Im Düsseldorfer Stadtrat wurden diese Meinungsverschiedenheiten nicht ausgetragen. Brewer wurde erst 1819 in das Gremium berufen und schied 1825 als Präsident der Armenverwaltung wieder aus. Dennoch behauptete er, dass es den Adeligen am Vorabend ihrer Abreise einfiel, daß es selbst in der alten abgestorbenen Verfassung auch eine städtische Kammer gegeben habe. 325 Ob Brewer die Wahrheit sprach und der Stadtrat die kurzfristige Einladung zur Teilnahme an der Deputation – anders als 1815 – ablehnte, weil er diesmal nicht bereit war, beim Schmieden seiner eigenen Ketten mitzuwirken, lässt sich nicht nachweisen.326 Im Protokollbuch wird lediglich erwähnt, dass man ein weiteres Eintreten für eine Landesverfassung Anfang des Jahres 1818 für überflüssig hielt.327 Die Vertreter der Städte Köln und Trier ließen es sich hingegen nicht nehmen, die Anwesenheit Hardenbergs für eine mündliche Erläuterung und Ergänzung ihrer schriftlich eingereichten Wünsche zu nutzen. Gleichzeitig schickten sich die Städte Aachen und Koblenz an, die versäumte Beteiligung an der Petitionsbewegung nachzuholen.328 Im Januar 1818 wurde eine Adresse an die Bundesversammlung in Frankfurt in der Allgemeinen Zeitung veröffentlicht und für die Realisierung von Artikel 13 der Bundesakte sowie für allgemeine Handelsfreiheit plädiert.329 Die namentlich nicht genannten Ein321 N.N., Widerlegung teilweise abgedruckt bei Gersmann/Langbrandtner (Hgg.), Lebenswelten, S. 269– 272. 322 Ebd., S. 272, vgl. Hansen, Preußen, S. 420. Zur weiteren Diskussion siehe Faber, Rheinlande, S. 269–276. 323 Brewer, Was hat uns die jüngst vergangene Zeit gelehrt?, vgl. Boberach, Wahlrechtsfragen, S. 15 f. 324 Brewer, Öffentliche Verfahren, vgl. ders., Geschichte. 325 (Brewer), Widerlegung zit. n. Gersmann/Langbrandtner (Hgg.), Lebenswelten, S. 271. 326 Ebd. 327 StAD 90010, Protokoll vom 20.1.1818, u. a. weil diese Verfassung von Seiner Majestät ausdrücklich versprochen worden war. 328 Die Kölner Deputation an Hardenberg wird unter HAStK 410 A1, Protokoll vom 2.12.1817 besprochen und im Beschlussbuch unter ebd. A6 als Erfolg bezeichnet, vgl. auch die Akte unter ebd. 400 A209. Die Reise nach Engers der ihm Rahmen einer Notabelnversammlung gewählten Vertreter von Trier Ludwig Mohr, Damian Birck, Domkanoniker Schimper und Anton Kayser vom 7.1.1818 ist in der TK von Januar 1818, S. 11–13 ausführlich beschrieben, vgl. auch die Stadtratsprotokolle Nr. 44 und Nr. 70 unter StATr Tb 100/7 vom 17. und 26.1.1818. 329 AAZ Nr. 23 vom 23.1.1818, unter ebd. Nr. 40 vom 9.2.1818 soll eine weitere Petition der Bürgerschaft zu Aachen gedruckt worden sein.
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wohner der Stadt Aachen waren überzeugt, daß das Vaterland an Wunden leide, die, unter Gottes Beistande, nur der Gesamtwille, nicht aber die so wohlwollende Hand eines einzelnen Mitgliedes dieser hohen Versammlung heilen könnte und brachten somit die Stellung Preußens in Misskredit.330 Reiman warnte im gleichen Blatt, daß sie sich hätten hüten sollen, ein Vertrauen zu ihrer Regierung, welches sie mit Worten bekennen durch die That ihrer Adresse zu verläugnen. 331 Er unterstützte den Inhalt, selbst Ton und Fassung der Eingabe und konterte: Wäre sie daher an unsre Regierung eingereicht, so würde sie auch die Aufnahme gefunden haben, die ähnliche Vorstellungen in gebührendem Ausdruck billiger Wünsche bis jetzt nie versagt worden sey. 332 Für seine Reputation war die Missachtung des Behördengangs, bzw. der gesamten Verwaltungsordnung, umso peinlicher, weil kurze Zeit später ein internationaler Monarchenkongress in Aachen einberufen wurde.333 In dieser Situation ergriff die Handelskammer die Initiative und schlug Oberbürgermeister von Guaita vor, sich an Hardenberg zu wenden und gemeinschaftlich eine auf die Fabriken und Gewerbe der hiesigen Stadt Bezug habende Vorstellung ehrerbietigst zu überreichen. 334 Der Stadtrat nahm das Angebot an und verfasste eine Bittschrift, die in erster Linie auf eine Verbesserung der städtischen Finanzen und eine Berücksichtigung der alten Vorzüge der Stadt bey der einzuführenden künftigen Stände-Verfassung abzielte.335 Die Petition wurde dem Staatskanzler drei Tage später, am 17. Februar 1818, durch Guaita, Johann Theodor Peltzer und Josef Müller in Engers übergeben. Für eine Aufklärung der Geschehnisse bot sich eine mündliche Verständigung an, sodass es den Herren Deputierten überlassen wurde, die Denkschriften mit den gehörigen Beysätzen zu vermehren. 336 Justizrat Müller übernahm dabei erstmals seine spätere Aufgabe als städtischer Rechtsanwalt. 337 Guaita konnte kurz darauf eine wohlwollende Antwort des Staatskanzlers in der Zeitung bekannt geben und zur Beruhigung des Regierungspräsidenten und des Publikums beitragen.338 330 AAZ Nr. 23 vom 23.1.1818. 331 Ebd., Nr. 55 24.2.1818. 332 Ebd., Nr. 41 vom 10.2.1818, weiter heißt es: allein als Unterthanen des preußischen Staates stehe den Bürgern der Stadt Aachen ebenso wenig eine Befugniß zu, als sie von irgend einer Seite her eine Verpflichtung haben können, um Umgehung ihrer Regierung über öffentliche Verhältnisse welche alle zum deutschen Bunde gehörigen preußischen Unterthanen gleichmäßig angehen, am Bundestag, wo deren Interesse allein von der Regierung vertreten wird, voreilige Gesuche zu machen. 333 Ebd., Nr. 101 vom 11.4.1818. Zum Aachener Kongress siehe Wilke, Beschlüsse, S. 38–40 und ausführlich Durchhardt, Kongress. 334 Vgl. die Petition vom 14.2.1818 unter StAAc Ob 41–1. 335 Ebd. 336 Ebd., Sitzung des Stadtrats vom 14.2.1818. 337 StAAc PRZ 1–249, Stadtratsprotokoll vom 3.12.1830. 338 StAAc Ob 41–1, Schreiben vom 6.3.1818. Der Staatskanzler versicherte, dass auf die Stadt Aachen ohne Zweifel gebührende Rücksicht genommen werde. Das wurde in der SAZ Nr. 25 vom 26.2.1818 und in der AAZ Nr. 66 vom 7.3.1818 sowie Nr. 83 vom 24.3.1818 der Öffentlichkeit weitergegeben. Nach Duchhardt, Kongress, S. 57 besuchte Guaita u. a. mit Leopold Bettendorf am 22.2.1818 nochmal den Staatskanzler wegen des geplanten Monarchenkongresses.
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Dieses wurde nur wenige Monate später mit eigenen Augen Zeuge symbol- und realpolitischer Aushandlungsformen und bestaunte die Anwesenheit von drei Monarchen und hunderten auswärtigen Staatsmännern in der Karlsstadt. Die meisten von ihnen wohnten während der Verhandlungen über das „kollektive Sicherheitssystem“339 der Heiligen Allianz in den Häusern der Notabeln, sodass sich diesen weitere informelle Einflussmöglichkeiten eröffneten und sie sich in ihrem demonstrativen Selbstbewusstsein als ehemalige Reichsbürger letztlich bestätigt fühlen konnten.340 Der Stadtrat drückte seine Zufriedenheit in einer Gedenkmedaille aus, die für die Bevölkerung in Kupfer geprägt wurde und die erinnerungskulturelle Verbindung zwischen der Stadt und der neuen politischen Ordnung erstmals materialisierte. Sie als Zeichen einer erwachten „Anhänglichkeit und Liebe“341 für den neuen König zu sehen, wäre jedoch verfehlt, da alle anwesenden Monarchen – Wilhelm III., Zar Alexander I. und Kaiser Franz I. – und ihre Eintracht in persona der Concordia abgebildet wurden.342 Doch bevor der Aachener Kongress die Erwartungen der Bevölkerung und die Par tizipationsforderungen der Stadträte befeuerte, konnte der Zeitungsleser aufsehenerregende Berichte über [d]ie Uebergabe der Adresse der Stadt Koblenz und der Landschaft an Se. Majestät des König, in öffentlicher Audienz bei Sr. Durchl. dem Fürsten Staatskanzler lesen.343 Joseph Görres hatte nach eigenen Angaben für eine Verfassungspetition vier, fünf, oder noch mehrere tausend Unterschriften der angesehensten Einwohner des Landes gesammelt und sie Hardenberg am 12. Januar 1818 – einen Monat vor der Aachener Vorstellung – in Engers übergeben.344 Dass dies nicht völlig frei erfunden war, belegen die Nachforschungen, die Hardenberg im Nachhinein anstellte. Auf Nachfrage berichtete Regierungspräsident von Schmitz-Grollenburg, dass die Petition wegen fehlender Rechtsgrundlagen nicht zensiert werden konnte und sie [s]eines Wissens bis zum Tage der Austheilung unbekannt gewesen war. Ihren Inhalt hatten die Notabeln wohl in einer Abendgesellschaft im Casino besprochen, der Regierung zur Genehmigung vorgelegt und im gesamten Regierungsbezirk verbreitet. Anschließend sei in den einzelnen
339 Ebd., S. 218. 340 Nach ebd., S. 60–63 wohnte der Herzog von Wellington beispielsweise bei Guaita und Hardenberg bei Bettendorf, vgl. die Quartierliste in der SAZ Nr. 6 vom 5.10.1818. 341 Büschel, Untertanenliebe, S. 332. 342 Durchhardt, Kongress, S. 67 f. Daneben wurden von städtischer Seite Straßen umbenannt und ein Denkmal geplant. Zur Bedeutung solcher objektivierten Ehrbekundungen vgl. Büschel, Untertanenliebe, S. 332–345 und Kapitel III. 2.3 und 5.3. 343 Vgl. SAZ Nr. 18–24 vom 12.2.1818–24.2.1818, RB Nr. 23 vom 8.2.1818 und AAZ Nr. 35 vom 4.2.1818 und Nr. 46 vom 15.2.1818. Unter ebd., Nr. 70 vom 11.3.1818 wurden private Informationen über Görres abgedruckt, weil die Schrift das Publikum immer noch in Bewegung versetzte. 344 Görres, Übergabe abgedruckt in Görres (Hg.), Schriften Bd. 4, S. 5–50, hier S. 7 mit der Aussage, dass es ein Leichtes gewesen [wäre], das Doppelte, Fünffache oder Zehnfache dieser Zahl zu erlangen, wenn man das Mehrere gefordert, oder zweckmäßig erachtet hätte.“ Ebd., S. 13 bewertet die Adresse daher „als die einstimmige Willensmeinung von zwei bis dreimal hunderttausend Menschen, die dem Bezirk bewohn[t]en.
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Gemeinderäten über einen Beitritt verhandelt worden.345 Diese Vorgehensweise deckte sich mit dem Ablauf der Düsseldorfer Deputationsbewegung, wobei die Vorbereitungen in Koblenz außerhalb des Rathauses stattfanden. Dabei eignete sich die Casinogesellschaft als „Ersatzforum politischer Kommunikation“346, weil hier fast alle Stadträte mit Görres und anderen einflussreichen Honoratioren zusammenkommen konnten. Nicht zuletzt wegen diesen Abstimmungsformen führte Johann Friedrich Benzenberg, ehemaliger Katasterinspektor des Großherzogtums Berg und Korrespondent des Rheinischen Merkurs in Paris, die Koblenzer Adressbewegung noch Jahre später als Paradebeispiel einer wirksamen Petitionsweise an.347 Oberpräsident Ingersleben leitete die Informationen an Hardenberg weiter und war für das Verhalten der Regierungsbeamten nicht unmittelbar verantwortlich. Er erklärte nüchtern: Die Regierung fand es den Verhältnissen angemessen, dem Vortrage der Wünsche der Unterthanen kein Hinderniß in den Weg zu legen und umschrieb so die Hilfsbereitschaft, die Schmitz-Grollenburg 1815 bereits den Trierer Notabeln entgegengebracht hatte.348 Das Hauptanliegen der Petition war, daß seine Majestät die Verbreitung der ständischen Verfassung über ganz Deutschland, dem Art. 13 gemäß, beim Bundestag veranlassen möge. 349 Den Stein des Anstoßes bildete also nicht der Geschäftsgang oder die Forderung an sich, sondern die Begleitumstände der Übergabe. Denn Görres wurde von einem repräsentativen Kollektiv begleitet, das er geschickt zur Stände-Versammlung im Kleinen stilisierte, um für die Gesammtheit der Einwohner des Großherzogtums zu sprechen und auch den Stummen des Volkes ein gemeinschaftliches Organ zu geben. Departementsrat Graf von Boos-Waldeck repräsentierte mit dem ehemaligen Maire, Freiherr von Elz-Rübenach, den Adel. Arzt Settegast vertrat den Lehrstand und die Richter Burret, Dahm und Nell die Jurisprudenz. Deinhard, Schaaffhausen, Arnold, Pfender und Nebel gehörten zum Nährstand und faktisch auch zum Stadtrat. Zwei Vertreter der katho lischen Kirche und zwei Schöffen aus dem Ort Rübenach kamen für die Geistlichkeit und den Bauernstand hinzu. Als administrativer Beamter war außerdem die Anwesenheit des Landrats Carl Joseph Burret wichtig, da Mazza eine Woche vorher entlassen worden war und nicht an der Übergabe teilnahm.350 Er hatte bereits am 29. Oktober 1817 345 LHAK 402 171, Bl. 9–12, Schreiben vom 2.3.1818. Den in der Akte dokumentierten Untersuchungen zufolge sei nur der Landrat von Zell gegen die Petition eingeschritten. 346 Clemens, Gründung, S. 262. 347 Benzenberg, Handel, S. 112–114, die Schrift gleiche demnach einer Anleitung über Bittschriften. Zu Benzenberg, der nach Heyderhoff, Benzenberg als der „erste rheinische Liberale“ galt, vgl. Kapitel III. 2.1 und 4.1. 348 LHAK 402 171, Bl. 15 f. Schreiben des Oberpräsidenten an Hardenberg vom 5.3.1818. Hardenbergs Antwort an Ingersleben unter ebd., Bl. 17 bestand lediglich in der Frage, ob in Coblenz überhaupt keine Censur der Druckschriften existiert – und wenn eine bestellt ist, wem sie aufgetragen sei. 349 Görres (Hg.), Schriften Bd. 4, S. 12, wobei er sich explizit auf die Eingaben anderer benachbarter Städte bezog. 350 Ebd., S. 8–11, vgl. Kapitel III. 2.1. Zur Einschätzung der Adresse vgl. Boberach, Wahlrechtsfragen, S. 29– 35; Herres, Koblenz, S. 57; Faber, Rheinlande, S. 281–193; Kerber, Vormärz, S. 48–51 und Fink-Lang, Görres, S. 75 f.
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in einer Sitzung des Stadtrats eine Adresse auf den Weg gebracht und seinem Neffen versichert, dass sie der Sache selbst, wenn sie übergeben, einen besseren Nachdruck geben wird. 351 Anders als die Regierungsräte glaubten, war die Koblenzer Massenpetition also nicht nur von Privaten ausgegangen. 352 Im Stadtrat fassten sich die Koblenzer Räte kurz, vermieden ausschweifende Formen der Ehrbekundung und bemühten keinerlei patriotische Euphemismen. Diese Vorgehensweise erscheint auf den ersten Blick ungewöhnlich und lässt sich bei näherem Hinsehen mit den Kommunikationsgewohnheiten zum Präfekten erklären – auch jetzt schrieb man im Gegensatz zu Trier und Köln nicht dem König, sondern seinem Staatskanzler. In Preußen war jedoch der Kanzleistil auch für diese Kommunikationssituation einzuhalten.353 Mit ihrer Eingabe im Namen des ungleich größeren Theils der Bevölkerung beteiligten sie sich erstmals offiziell an den Partizipationsbestrebungen der Nachbarstädte. Sie zielten auf die Einführung einer dem Zeitgeist gemäßen ständigen Verfassung und auf die Verwirklichung aller weiteren von ihren Trierer Kollegen vollständig und wörtlich übernommenen, jeder weiteren Erläuterung entkleideten Wünschen der Rheinländer ab. Für ihre eigene Stadt fügten sie noch denjenigen hinzu, daß mehrere Eingeborenen zu Regierungsräthen ernannt werden möchten. In einem Lande, welches nach Gesetzen regiert wird, die den Regierungsbeamten aus Alt-Preußen und vom rechten Rheinufer unbekannt seien, erschien ihnen ein einziger Regierungsrat vom linken Rheinufer im Koblenzer Kollegium unverhältnismäßig. Ferner wiederholten sie den Wunsch, den sie schon früher an den Tag gelegt und den auch kürzlich die Stadt Köln ausgesprochen hatte und forderten ein weiteres Mal die rechtsrheinischen Güter bzw. den Stadtwald zurück. Mit Ausnahme von letzteren unterstützte der Staatskanzler ihre Ansichten und versprach für die Zukunft […] bey allen Anstellungen dieser Art auf qualifizierte Eingeborene Rücksicht [zu]nehmen. 354 Des Weiteren kursierte eine dritte Adresse am Zusammenfluss von Rhein und Mosel. Darin hielten 249 Personen es für ihre Bürgerpflicht, sich ebenfalls der Meinung der Städte Trier und Köln anzuschließen. Sie erklärten, daß sie sich nicht nur als Bürger der preußischen Monarchie, sondern auch als Deutsche betrachten, und als solche das Heil des gesammten Vaterlandes ihnen am Herzen lag. Der patriotische Grundton ähnelte der ersten Aachener Bittschrift und deckte sich mit dem Datum der Veröffentlichung. Sie erschien am 18. Oktober 1817, dem Jahrestag der Schlacht von Leipzig, der zur selben Zeit mehrere hundert Studenten mit ähnlichen Forderungen auf der Wartburg vereinigte. Unter den Unterzeichnern befanden sich Görres und Mazza sowie die Angehörigen der 351 In den Stadtratsprotokollen unter StAK 623 2185 findet sich eine Notiz an Herrn Professor Görres, die die Absprache am 20.10.1817 dokumentiert. 352 LHAK 402 171, Bl. 31, Schreiben vom 18.12.1817. Dies war das Argument, warum sie nicht gegen die Petition einschritten. 353 Vgl. Margreiter, Kanzleizeremoniell sowie Kapitel II. 3. 354 StAK 623 2185, Protokoll vom 29.10.1817, gemeint war der aus dem rechtsrheinischen Ehrenbreitstein stammende Regierungsrat Friedrich Lebens. Eine erste Bitte um die Rückgabe des Waldes war 1816 erfolgt, vgl. das Originalschreiben Hardenbergs vom 31.1.1818 im Protokollbuch.
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Deputation und des Stadtrats – also derselbe Urheberkreis der anderen Adressen. Zusätzlich hatten zahlreiche Juristen und einige Regierungsbeamte unterschrieben. Von der mittleren Verwaltungsebene traten Landrentmeister Zweiffel, Regierungsadvokat Meurers, Medizinalrat Ullrich, Bauinspektor von Lassaulx und die Konsistorialräte Schulze und Miltz sowie drei Regierungssekretäre, darunter der zukünftige Oberbürgermeister Maehler, der Petition bei.355 Ihre Vorgesetzten waren jedoch anderer Ansicht und behaupteten, dass es dem Interesse der Krone Preußens und selbst jenem der Einwohnern nachtheilig seyn [dürfte], wenn man Landstände in den rheinischen Provinzen einführen wollte. 356 Einzig Friedrich Lebens sprach sich in seinem Verwaltungsbericht explizit für eine Verfassung und die Beteiligung des Volkes am Staatswesen aus. Er nahm somit an der Petitionsbewegung seiner Heimat teil, ohne eine Adresse unterschrieben zu haben.357 Rheinabwärts hatte Oberpräsident von Solms-Laubach als Bekannter von Nesselrode und ehemaliger Berater Steins auf der Seite des Adels gestanden. Dies hinderte die Forschung nicht daran, ihn und seine Amtskollegen Ingersleben und Vincke als eingeschworene „‚liberale Fraktion‘ der westlichen Oberpräsidenten“358 zu bezeichnen. Gemessen an so manchem konservativen Kollegen in den östlichen Provinzen ist diese Einschätzung sicher richtig. Sie geht aber vor allem auf die laufenden Verhandlungen über ihre eigenen Partizipationsansprüche im Behördenapparat zurück, die sie in der Denkschrift über die ständische Verfassung der rheinischwestfälischen Provinzen in den gesellschaftspolitischen Kontext einbetteten.359 Noch vor der Erweiterung ihres Kompetenzbereichs mit der Einrichtung der Provinzialstände und einer neuen Dienstinstruktion gehörte Solms der ersten Kammer der Landstände in Hessen an, da hier das Verfassungsversprechen 1820 eingelöst wurde.360 Die Regierungspräsidenten in Trier und Aachen enthielten sich eines klaren Urteils. Delius erklärte, daß zwanzig jährige Gewohnheit, Erziehung und praktisches Leben unter 355 Adresse vom 18.10.1817 unter LHAK 402 171, abgebildet bei Koelges, Revolution, S. 73–75. Auch sie wiesen auf das Verfassungsversprechen hin ohne an der Erfüllung dieses königl. Wortes den geringsten Zweifel zu hegen. Zur Haltung der Juristen vgl. Hodenberg, Partei, S. 271–281. Im Allgemeinen weist Koselleck, Reform, S. 301–305 den Koblenzer Adressen eine besondere Bedeutung zu, vgl. auch Rowe, Reich, S. 263 f. Zum Wartburgfest, das in den konsultierten Quellen unerwähnt blieb, siehe exemplarisch Wilke, Beschlüsse, S. 32–38. 356 Vgl. LHAK 402 85, Bl. 2. Als Hauptgrund wurde angebracht, dass sich im Fall einer Repräsentation einige wenige Personen […] als Sprecher der Landstände aufführen und ihr Ansehen mißbrauchen [würden,] um ihre Privat-Absichten durchzusetzen. Das Gutachten wurde unter ebd. 104 ähnlich wiederholt. Koselleck, Reform, S. 295–297 stellt bezüglich der „Haltung der Administration“ fest, „daß die überwiegende Mehrzahl ihrer befragten Vertreter für eine Gesamtrepräsentation eintrat.“ Vgl. den Zeitungsbericht von Konsistorialrat Lang vom 1.1.1818 unter LHAK 402 139, der die Forderungen an Hardenberg zusammenfasste und somit ebenfalls weitergab. 357 Ebd., vgl. Schubert, Regierung, S. 35 f. und Koselleck, Reform, S. 297 f. 358 Sösemann, Oberpräsidenten, S. 124 f. und S. 133–135. 359 Denkschrift vom 22.6.1818, erwähnt bei ebd. und Barmeyer, Oberpräsident, hier S. 160 f. 360 Beusch, Standespolitik, S. 151, vgl. Boberach, Wahlrechtsfragen, S. 35–38; Romeyk, Rheinprovinz, S. 752 und Herres, Reisen, S. 47 f. Zu Solms-Laubach siehe Diefendorf, Businessmen, S. 267 f. und Klein, Regierungspräsidenten, S. 67 f.
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fremder Gesetzgebung […] eine gewisse Vorliebe und Anhänglichkeit an einige Fundamentalsätze der französischen Verfassung zurückgelassen hatten.361 Mit dieser Aussage bestätigte er die in Berlin kursierenden Vorurteile über die Bevölkerung. Sachlich listete er die erwähnten Grundsätze auf, wiederholte somit die Forderungen der Stadträte und erweiterte sie um folgende Punkte: Keine privilegierten Klassen von Einwohnern, wie sie früher bestanden haben, Bedürfniß eines Vorstandes für jede Gemeinde, Unzulänglichkeit einer Sonderung von Stadt und Landgemeinden. 362 Obwohl diese Hoffnungen und Wünsche insgesamt 16 Punkte umfassten, sei mit ihrer Erfüllung keine Beyhaltung der französischen Verfassung für alle Theile der Gesetzgebung verbunden. 363 Denn fünf weitere Charakteristika der französischen Verwaltungsorganisation würden an der Mosel negativ bewertet und sollten durch die preußische Staatsverwaltung ersetzt werden. Diese bezogen sich alle auf die für zu weit befundenen Handlungsspielräume einzelner Personen im Präsidialmodell. Den Einwohnern sei demnach bewusst, dass unter Napoleon bei allem Schein von freiem Willen und freiem Handeln reiner Despotismus in den Resultaten unverkennbar war. 364 In Aachen entschärfte Reiman den Wunsch wegen Bildung von Provincial-Ständen ebenfalls ohne ihn zu leugnen, indem er erklärte, dass es den Notabeln nicht um unmittelbare Theilnahme an der Gesetzgebung ginge.365 Die schwierigen politischen Verhältnisse im benachbarten Belgien würden ihnen vor Augen führen, dass Constitution und National-Repräsentation nicht immer gegen harte und drükende Gesetze, nicht gegen übermäßige Abgaben, nicht gegen Eingriffe in die Rechte des Menschen sichern. 366 Die in seinem Verwaltungsbezirk verfassten Petitionen bestätigten diese Einschätzung insofern, dass sie eine institutionalisierte Einflussnahme tatsächlich nicht explizit zum Gegenstand hatten. Laut Reiman sollten neue Gesetze lediglich zur Begutachtung vorgelegt werden, um die königlichen Ministerien und den Staatsrath mit den Interessen der Provinz bekannt zu machen und so den Geltungsanspruch der Honoratioren zu befriedigen.367 Einen Einblick in die Eigenarten seiner neuen Provinz hatte der König auf seiner Rundreise erhalten. Eine über diese Eindrücke hinausgehende intensivere Auseinandersetzung mit den politischen Strukturen und ihren Vertretern vor Ort überließ er seinem Sohn 361 LHAK 402 85, Bl. 77–93, hier Bl. 85. 362 Ebd., Bl. 86. 363 Ebd. 364 Die anderen unter ebd. genannten vier Punkte betrafen den Grundsatz über Trennung der verschiedenen Staatsbehörden und daß jede derselben zu leicht nach Unabhängigkeit von der anderen streben konnte. Wichtig sei demnach, so das Schlusswort unter ebd., Bl. 93, daß dieser provisorische Zustand in seinen politischen, bürgerlichen und rechtlichen Verhältnissen bald aufhören möge. Ähnliche Forderungen waren nach Herres, Reisen, S. 48 bereits 1816 weitergeleitet worden. Zu Delius siehe Klein, Regierungspräsidenten, S. 70–72 und Romeyk, Rheinprovinz, S. 405 f. 365 LHAK 402 85, Bericht vom 7.7.1817, Bl. 203–263, hier Bl. 262. 366 Ebd., Bl. 263. 367 Ebd., Bl. 262. Zu Belgien vgl. Brophy, Nation, S. 162 f. und allgemein Neu, Revolution. „Die wirtschaftlichen Verflechtungen des Aachener Raums mit Belgien“ beleuchtet Schainberg in einem gleichnamigen Aufsatz.
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und seinem Staatskanzler. Beide erfüllten ihre Vermittlungsfunktion, wobei insbesondere die Stadtbesuche des Kronprinzen den Notabeln keinen Grund zur Klage gaben und weitgehend identisch abliefen. Zu der Uniformität trugen die Staats- und Stadtvertreter dadurch bei, dass sie dem Monarchen ähnliche Spektakel boten und ihm miteinander vergleichbare Aspekte aus den Bereichen Wirtschaft, Kunst und Kultur vorführten. Das Programm beruhte zum einen auf rechtlichen Vorgaben und traditionellen Gepflogenheiten bei Staatsbesuchen. Zum anderen war es von indirekten Abstimmungsformen unter den Städten und eingespielten Arbeitsweisen innerhalb der Städte abhängig. Letzteres lässt sich in Düsseldorf nicht nachweisen, sodass über die Anwesenheit der Hohenzollern nichts in die Protokollbücher und nur wenig in die Publizistik gelangt ist. Umgekehrt korrespondieren die verstärkten Partizipationsbestrebungen der Stadträte in Trier und Köln mit dem dortigen Arbeitseifer in der alltäglichen Verwaltungspraxis. Sie waren die einzigen, die den Einfluss des Kronprinzen auch offiziell für ihre Zwecke beanspruchten und alle drei Staatsbesuche zur Einflussnahme nutzten. Als Initiator der „Kettenreaktion“368 nahm insbesondere der Trierer Stadtrat eine Vorreiterrolle innerhalb der Petitionsbewegung ein. Die Geschehnisse veranschaulichen die Katalysatorfunktion von Bittschriften für politische Kommunikationsprozesse und werden rückblickend als „Verfassungsbewegung“369 bezeichnet.370 Als solche wurde sie von ähnlichen Bewegungen in anderen Territorien beeinflusst, stand in der Tradition des frühneuzeitlichen Petitionswesens und verlieh diesem eine neue Dimension. Denn in den zahlreichen Suppliken an Napoleon lassen sich nur selten allgemeine Ordnungsvorstellungen und konkrete Partizipationsforderungen finden.371 Daraus lässt sich eine gewisse Zufriedenheit mit dem napoleonischen Verwaltungsmodell und/oder eine Steigerung der Partizipationsansprüche der Notabeln ableiten. Festzuhalten ist, dass die Verfassungsbewegung als zweiter kollektiver Partizipationsversuch nach der Deputationsbewegung weniger auf Absprachen als vielmehr auf gegenseitiger Nachahmung beruhte und in der geschilderten Form ohne die aufmerksame Presse nicht möglich gewesen wäre. Diese fand schließlich treffende Worte für die Lage der Notabeln und eine wahrheitsgetreue Beschreibung für den Ausgang der Verfassungsbewegung: Zwar bleiben der Hoffnungen und Wünsche noch viel übrig. Doch Jeder hat[te] die feste Überzeugung erhalten, daß dem König das Beßte seiner neu akquirirten Provinzen am Her-
368 Faber, Rheinlande, S. 274, NA Bd. 3, S. 39–41 fasst die Kettenreaktion zeitgenössisch zusammen. 369 Der Begriff hat sich in der Literatur für alle um 1817 verfassten Petitionen, die eine Verfassung zum Ziel hatten, etabliert. Neben der rheinischen gab es u. a. auch hessische, württembergische oder sächsische Verfassungsbewegungen, die sich gegenseitig beeinflussten. Vgl. grundlegend Hartung, Verfassungsgeschichte, S. 204 und Faber, Rheinlande, S. 264–327 sowie McNeely, Emanzipation, S. 117 und exemplarisch Grothe, Konstitutionalismus. 370 Severin-Barboutie, Eingabepraktiken, S. 104. 371 Ebd., S. 97. In der einschlägigen Literatur zu den linksrheinischen Territorien werden vergleichbare Partizipationsforderungen unter Napoleon nicht erwähnt.
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zen lieg[e]. 372 Wie bereits drei Jahre zuvor hatten alle Bittsteller vom Adel über die Stadträte bis hin zu Joseph Görres die gleichen vage formulierten schriftlichen und mündlichen Zusagen erhalten, sodass niemand verärgert und niemand völlig zufrieden sein konnte. Kommunikationsvorsprünge und Partizipationsvorteile ergaben sich zwar für den Adel und für die Stadt Aachen. Doch von Guaita hatte die einmalige Partizipationschance während des Monarchenkongresses weder für seine eigene Person noch für die Stadt ergriffen. Er wurde kurz darauf entlassen.373 Alles in allem wurde den Amtsträgern der untersten Verwaltungsebene in den ersten drei Jahren unter preußischem Zepter ein hohes Maß an Aufmerksamkeit entgegengebracht. Selbst Petitionen, die den Behördengang nicht ordnungsgemäß durchliefen, wurden geradezu verstärkt beachtet. Angesichts der Masse von Bittschriften und ihrem Hang zu Wiederholungen war es nicht selbstverständlich, dass Kronprinz Friedrich Wilhelm und Staatskanzler Hardenberg den Stadträten stets versicherten, ganz zur Erfüllung Ihrer Wünsche mit Vergnügen alles beitragen zu wollen.374 Die repräsentative Funktion der Notabeln wurde mit solchen persönlichen Antwortschreiben honoriert und ihre Partizipationsansprüche abermals verstärkt. Im Vergleich zur Deputationsbewegung war die Gesprächsbereitschaft des Königs im Jahr 1818 allerdings erschöpft. Direkt oder indirekt war er ein zweites Mal unaufgefordert, schriftlich und mit Hilfe rhetorischer Kniffe, teilweise in aller Öffentlichkeit und noch dazu durch einige Regierungsvertreter und den Adel an seine Verantwortung und die damit verbundenen Versprechungen erinnert worden. Er musste dabei zusehen, wie Kaiser Franz I. von Österreich weitaus herzlicher am Rhein empfangen wurde als er selbst und sich nicht mehr nur mit diesem oder mit Napoleon messen lassen, sondern sich fortan auch dem Vergleich mit den angehenden Verfassungsstaaten im Deutschen Bund stellen. Er verfügte umgehend ein Verbot des Einsammelns von Unterschriften und befahl seinen Untertanen, nicht mehr an der Unverbrüchlichkeit seiner Zusage zu zweifeln und die rechte Zeit der Einführung dieser Verfassung […] abzuwarten. 375
372 AAZ Nr. 142 vom 22.5.1818; hier findet sich auch der Hinweis, dass Maehler als provisorischer Polizeidirektor und Oberbürgermeister von Koblenz am 1.4.1818 eingeführt worden war, vgl. hierzu das nachfolgende Kapitel. Hardenberg hatte die Provinz drei Tage später, am 5.4., verlassen und sich unter ebd., Nr. 110 verabschiedet. 373 Vgl. Kapitel III. 2.3. Nach Beusch, Standespolitik, S. 248–257 nutzte zum Beispiel Mirbach den Kongress für persönliche Zwecke, wobei nach ebd. und Hundt, Stein, S. 70 auch die Adelspetition „im Sande“ verlief. 374 Vgl. StAK 623 2185, Schreiben Hardenbergs vom 31.1.1818 und die Bekanntgabe in der AAZ Nr. 63 vom 4.3.1818. 375 Obenaus, Parlamentarismus, S. 441 f.; Herres, Denkschrift, S. 87. Das Sammlungsverbot vom 21.3.1818 war eine direkte Reaktion auf die Adresse von Görres und findet sich unter LHA 402 171. Nach Koselleck, Reform, S. 302 f. geriet Hardenberg vor allem deswegen in eine „Zwangslage“, „weil Leute, die nicht darum befragt worden waren, es wagten, die Erfüllung seines [des Königs] Wortes einzumahnen.“ Zu seinen Anstrengungen bezüglich einer zu bildenden Repräsentation siehe ebd., S. 271–299 und Borck, Staat, S. 15–20.
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2. Aushandlungsprozesse und Grenzverschiebungen 1819–1825 Wir haben es als schmerzlich empfunden, wie das Kgl. Ministerium unsere Schritte mißbilligt und uns eines unangemessenen, pflichtwidrigen und anmaßenden Verfahren[s] anzeigt, wie es insbesonderen den Oberbürgermeister gehörlich zerreist, was wir, der Stadtrath, gethan. Pflichtwidrig handelt, wer thut, was das Gesetz verbietet. Wir können aber dieß verschuldet zu haben, nicht zugeben, weil kein Gesetz es uns untersagt, uns an die kgl. Ministerien in Angelegenheiten unserer Gemeinde zu wenden, keines unsre Bitte dem Drucke zu übergeben, unseren Mitbürgern sie mitzutheilen. 376 (Entwurf einer Petition des Stadtrats an das Innenministerium, Koblenz 1819)
Der Herrschaftswechsel stellte für die Staatsdiener auf allen Verwaltungsebenen in vielerlei Hinsicht eine Bewährungsprobe dar. Dabei wurde die Bedeutung der unteren Verwaltungsebene durch das Übermaß an anfallenden Aufgaben bei gleichzeitigem Fehlen rechtsverbindlicher Vorgaben auf der mittleren Verwaltungsebene zunächst verstärkt. Mit Hilfe eines ostentativen Pragmatismus gelang es den Stadträten ihre Stellung im Verwaltungssystem zu behaupten und ihre Bedeutung für eine funktionierende Herrschaftspraxis öffentlich zur Geltung zu bringen. Paradoxerweise war dies ebenso dann der Fall, wenn Konflikte auftraten und lässt sich auch dort feststellen, wo die Lokalverwaltung nicht effektiv war und die Regierungen sich um einen Ausgleich der Defizite der unteren Behörden bemühten. Diese Beobachtung beeinflusste die Personalpolitik in den darauffolgenden Jahren und ist für das Verständnis der im nächsten Kapitel dargestellten Personalwechsel innerhalb der Stadträte elementar.377 Es konnte gezeigt werden, dass die Stadträte als politischer Kontinuitätsfaktor und fester Bestandteil einer mehr oder weniger geschlossenen Notabelngesellschaft bis zur Konsolidierung der Regierungen nach der Teuerungskrise über einen Erfahrungsvorsprung verfügten, den sie selbstbewusst einsetzten. Aktive Partizipationsversuche in Form von klaren mündlich, schriftlich und symbolisch formulierten Forderungen wurden überall unternommen und durch unterschiedlich ausgeprägte soziale Beziehungen und bereits bestehende Kommunikationswege und -formen begünstigt oder – in Düsseldorf – beeinträchtigt. Im Kontext der Huldigung zeichneten sie sich durch eine bemerkenswert spontane Gleichförmigkeit aus, die mit kurzen privaten wie öffentlichen Kommunikationskanälen und der gemeinsamen Erfahrung mehrfacher Herrschaftswechsel begründet werden kann. Fernab divergierender Zukunftsvorstellungen erwarteten alle Notabeln, insbesondere die Stadträte, das Gleiche: Eine Anerkennung ihrer Funktion als Repräsentanten der lokalen Bevölkerung und eine Beteiligung an der Herrschaftsordnung. Diese Erwartung beruhte auf einem kollektiven Selbstverständnis als Stadtbürger und speiste sich aus zahlreichen individuellen Karrierewegen in der vorherigen Verwaltungsordnung. 376 StAK 623 2185, Stadtratsprotokoll vom 20.8.1819. 377 Vgl. Höroldt, Gemeinden, S. 30 f.
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Mit der Huldigung hatte König Friedrich Wilhelm III. diese Partizipationsansprüche symbolisch bestätigt und im Besitzergreifungspatent schriftlich fixiert. Der darauf aufbauende Diskurs über die Realisierung politischer Partizipation wurde im Rahmen der Deputationsbewegung mündlich angestoßen und in der Verfassungsbewegung schriftlich ausformuliert und symbolisch untermauert. Beide Bewegungen standen demnach in engem Zusammenhang und dienten sowohl der Durchsetzung spezifischer Kommunalinteressen als auch allgemeiner Partizipationsansprüche.378 Da diese in Düsseldorf zwischen den divergierenden Interessen des Adels und Bürger wie Johann Paul Brewer oszillierten, ließ sich der Standpunkt des dortigen Stadtrats bisher nicht klar verorten, wohingegen die anderen vier Stadträte vorhandene Standesunterschiede zu ihrem Vorteil einsetzten und einer Meinung waren. Vor allem in Aachen und Köln konnten adelige Ratsherren als „Meister der Sichtbarkeit“379 den von ihren meist bürgerlichen Kollegen ausgearbeiteten Wünschen Ausdruck verleihen. Dabei erinnerten sie personell, informell und explizit an die parlamentarischen Beteiligungsformen der vorangegangenen Herrschaftsphase, deren forschungsgeschichtliche Herabsetzung somit relativiert werden muss. Mit ihrem Wegfall waren nicht nur wenige einheimische Notabeln ihres Amtes, sondern auch einige tausend Einwohner ihres politischen Mitspracherechts beraubt worden. Obwohl die eigenständigen Handungssphären der Präfektur-, Departements- und Arrondissementsräte verschwindend gering gewesen waren, hatten sie symbolpolitische Spuren hinterlassen, die im Folgenden noch eine Rolle spielen werden. Der Verfassungsdiskurs basierte also auf den vorangegangenen Herrschaftserfahrungen und speiste sich aus den damit verbundenen Erwartungshaltungen. Er zeichnete sich durch stadtspezifische Ausprägungen aus und brachte den regionalen Verflechtungsprozess dadurch voran, dass diese fortwährend aufeinander bezogen wurden und gegenüber allgemeineren Grundsätzen mehr und mehr zurücktraten. Dieser Verständigungsprozess wurde von einzelnen Vermittlungspersonen, verschiedenen Korporationen und der Presse unterstützt.380 Die Presse wurde nur ein Jahr später durch die Karlsbader Beschlüsse massiv eingeschränkt. Die indirekte Verwaltungskommunikation durch öffentliche Druckmedien war spätestens 1820 nicht mehr möglich. Trotzdem fand die Verfassungsbewegung im eigentlichen Wortsinn bekanntlich kein Ende. Nach dem Besuch des Königs 1817/18 gewann der Diskurs an Brisanz und wurde durch ausweichende Antworten, neue Steuergesetze und unklare Rechtsverhältnisse erweitert. Es bietet sich daher an, seinen weiteren Verlauf bis zur Einrichtung der Provinzialstände im Jahr 1826 in der Öffentlichkeit und im Rahmen der alltäglichen Verwaltungspraxis unter folgenden Prämissen nachzuverfolgen: Änderten sich mit der Zusammensetzung der Stadträte auch ihre Partizipationsforderungen? Glichen sich diese und die dazugehörigen Argumentations378 Insofern ist die Aussage Büschels, Untertanenliebe, S. 325, es habe keine „Huldigungsadressen mit frühliberalen Forderungen“ in Preußen gegeben, falsch. 379 Reif, Adel, S. 20. 380 Einen Überblick zur kritischen Presse im gesamten Deutschen Bund bietet Wilke, Beschlüsse, S. 24–32.
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weisen und Begrifflichkeiten in den fünf Bezirksstädten weiter einander an oder geriet der Verflechtungsprozess durch die Einschränkung öffentlicher Kommunikationskanäle ins Stocken? Konnten alternative Publikationsformen und halb-öffentliche Orte wie das Koblenzer Casino als politische Kommunikationsforen etabliert werden? Kam es zu einer Anpassung der Aushandlungsformen und Partizipationsstrategien oder wurde weiterhin auf bewährte Repräsentanten und gewohnte Kommunikationsformen zurückgegriffen? Und: Inwiefern beeinflusste der Verfassungsdiskurs die alltäglichen Lebensbedingungen der Bevölkerung und was hatte er mit den Brotpreisen zu tun? Der Preis für das Grundnahrungsmittel wird im Folgenden nicht nur als Indikator für die zum Teil stark divergierenden Lebenshaltungskosten in den fünf Untersuchungsstädten, sondern auch als Katalysator für die innerbehördlichen Partizipationskonflikte in den Fokus gerückt. Dabei ist die Feststellung und Einschätzung von Lebensmittelpreisen und ihrer überregionalen Vergleichbarkeit eine sozial- und wirtschaftsgeschichtliche Mammutaufgabe, die nur ansatzweise bewerkstelligt werden kann.381 Exakte regionale Berechnungen liegen für den vorliegenden Untersuchungszeitraum nicht vor, sodass lediglich „Aussagen über Größenordnungen und Entwicklungsrichtungen“382 der Brotpreise und Lebenshaltungskosten getroffen werden können. Ihre Vergleichbarkeit ist dadurch gewährleistet, dass ähnliche französische Rahmenbedingungen zu Beginn der 1820er Jahre an das preußische Münz- und Maßsystem angepasst werden mussten. Dabei gilt es im Hinterkopf zu behalten, dass die mannigfaltigen Bestimmungen der preußischen Zentrale den alltäglichen Umgang mit Zahlen, Maßen und Gewichten nur unzulänglich abbilden und traditionelle Umrechnungsformen, unterschiedliche Geldsorten und das metrische System Frankreichs die Handelsbeziehungen der Notabeln ebenso beeinflussten wie die Alltagskultur der Bevölkerung und die Kommunalpolitik der Stadträte.383 2.1 Preußische Stadträte und die Rolle des Bürgermeisters Der Staatskanzler Fürst Hardenberg hat, bei Erledigung des Bürgermeisteramts in Düsseldorf, entschieden, daß durch ganz freie Wahl der Bürger drei Subjekte vorgeschlagen werden sollen, aus welchen der König dann einen bestimmen wird, verkündete die Augsburger Allgemeine 381 Kramper, Standards, S. 23–30 fasst den Forschungsstand zur Standardisierung von Maßen und Gewichtigen zusammen. Zur Problematik allgemein vgl. Zimmermann, Standardisierung, zu Leitwährungen und Umrechnungskursen im „vor- und frühindustriellen Deutschland“ vgl. Gerhard/Kaufhold, Preise, S. 17–29 und exemplarisch die Preisreihen bei Jacobs/Richter, Großhandelspreise, S. 15–28. Ein kursorischer Blick in den Getreideverbrauch und die Mengenangaben bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts liefert Rahlf, Getreide S. 24–47. Zur Schwierigkeit der Feststellung von Lebensstandards siehe Spoerer, Brot. 382 Gerhard/Kaufhold, Preise, S. 27. 383 Nach Kramper, Standards, S. 218–226 war der Gebrauch der „Provincialmaße“ weiterhin erlaubt. Zu den daraus resultierenden Problemen im Alltag und Handel vgl. ausführlich ebd., S. 258–271, Henning, Gutachtertätigkeit, S. 13–15 und mit Bezug auf den rechtsrheinischen Raum Witthöft, Einführung. Zur Thematik allgemein siehe auch Groß, Integration.
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Zeitung am 2. Februar 1818.384 Tatsächlich wurde der Stadtbevölkerung auf der rechten Rheinseite die Wahl ihres Vorstehers erlaubt, die Partizipationsmöglichkeiten der französischen Munizipalordnung erweitert und eine Kantonalversammlung mit 2.071 stimmberechtigten Männern über 21 Jahren per Anschlagzettel anberaumt.385 Die Regierung führte die mehrtägige Wahl durch und beobachtete eine seit langer Zeit unbekannte Spaltung zwischen den Bürgern. 386 Denn von 1.482 Wählern sprach sich die überwältigende Mehrheit in drei Wahlgängen, 1.018 Personen, für die Bestätigung des amtierenden Appellationsgerichtsrats Schramm und gegen die Ernennung des amtierenden Polizeidirektors Schnabel aus. Beide Kandidaten waren 1778 nicht in Düsseldorf, sondern in Elberfeld und Paderborn geboren, hatten ein Studium der Rechtswissenschaften absolviert und im französischen Justizwesen Fuß gefasst. Schnabel gehörte der protestantischen Religion, Schramm dem katholischen Bekenntnis an.387 In der Rückschau lässt sich mutmaßen, dass den Wählern Letzteres wichtiger war als die für sie nachteiligen, rückwärtsgewandten Äußerungen des katholischen Kandidaten, die im Zuge der Deputationsbewegung publiziert worden waren. Schnabel richtete sich nach der Wahl in einem offenen Rundschreiben an [s]eine Mitbürger und beklagte sich über die Schmähungen […] welche der Partheigeist und das Privatinteresse bei einzelnen gegen [ihn] hervorgebracht hätten.388 Professor Johann Friedrich Benzenberg besprach die Geschehnisse in einem vielbeachteten Aufsatz im Deutschen Beobachter und musste sich deshalb vor Gericht verantworten.389 Als Sohn eines Wuppertaler Pfarrers und Verfechter des englischen Kon stitutionalismus vertrat er andere politische Grundsätze als Schramm und beanstandete private Absprachen, berufsständische Differenzen und konfessionelle Vorurteile während des Wahlkampfes.390 Ähnliche Kritikpunkte waren bereits von seinem Weggefährten Gör384 AAZ Nr. 33 vom 2.2.1818, ebenso die SAZ Nr. 12 vom 27.1.1818. 385 Vgl. die Bestimmungen abgedruckt bei Most, Geschichte Bd. 2, S. 287–291. Die gedruckte Bekanntmachung vom 12.1.1818 und ein Bericht der Düsseldorfer Regierung zur Wahl findet sich in der Akte LHAK 442 6740. 386 Ebd., wobei sie der Meinung waren, daß der welcher zur Stelle ernannt werden wird, mit den Folgen dieser übelen Stimmung lange wird kämpfen müssen, vgl. die Aufzeichnungen des Wahlpräsidenten, Appellationsgerichtsrat Lenzen, abgedruckt bei Most, Geschichte Bd. 2, S. 292 f. 387 Weidenhaupt, Zeit, S. 251 f., der der Wahl nur die „Bedeutung einer interessanten Episode“ beimisst, vgl. Droste, Selbstverwaltung, S. 21. Schramm war zuvor Richter in Hardenberg und Friedensrichter in Barmen gewesen. Zu Schnabel, der Tribunalrichter in Düsseldorf war und später Landrat wurde, vgl. Romeyk, Rheinprovinz, S. 729. 388 Most, Geschichte Bd. 2, S. 291. Das Schreiben vom 12.2.1818 war auch als Dank an die Personen gerichtet, die ihn gewählt hatten und schloss mit den Worten: Möchte mir früh oder spät die Gelegenheit gegönnt werden, allen meinen Mitbürgern jeglicher Confession zu beweisen, wie sehr ich sie schätze und liebe. 389 Deutscher Beobachter Nr. 613, vgl. die Zusammenfassung in der Leipziger Literatur-Zeitung Nr. 39 vom 13.2.1821, S. 309–311, wonach Benzenberg in letzter Instanz zu einer Geldstrafe von 100 Francs verurteilt wurde. Das Urteil in Düsseldorf vom 17.12.1819 findet sich im Archiv für Zivil- und Kriminalrecht 1821, S. 9–17. 390 Bereits 1815 hatte er sich mit einer in Paris erschienenen Schrift Wünsche und Hoffnungen eines Rheinländers an der Verfassungsdiskussion beteiligt. Zu seiner Tätigkeit vgl. Kapitel III. 1.4 und 4.1 sowie Boberach, Wahlrechtsfragen, S. 18–28; Faber, Rheinlande, S. 92–95 und S. 302; Baum, Benzenberg.
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res im Zuge der Stellenbesetzungen bei den Regierungen im Jahr 1815 diskutiert worden. In Berlin hätte man also mit den weitreichenden Konsequenzen der Düsseldorfer Wahl rechnen können.391 Ohne ihm [Schramm] die erforderlichen Kenntnisse absprechen zu wollen, waren auch die Regierungsräte vor Ort mit dem Wahlergebnis unzufrieden. Ihrer Ansicht nach, würde Schramm doch in der Verwaltung wenig nutzen und sollte stattdessen bei der Reorganisation des Justizwesens eingesetzt werden.392 Obwohl Schramm 1814 kein Interesse an der Kommunalpolitik gezeigt hatte, spricht der aufrichtige Dank der Stadträte gegen diese pessimistische Einschätzung. Das Innenministerium setzte den Vorschlag der Regierung nur zwei Jahre später in die Tat um, sodass die Bevölkerung ab 1820 wieder ohne einen rechtmäßigen Repräsentanten dastand.393 In der Rückschau war Schramms Amtszeit zu kurz, um die skizzierten Verwaltungsprobleme in Düsseldorf zu beheben. Erschwerend hinzu kam, dass die Hälfte der über 30 Personen aufgestockten Ratsmitglieder das Amt erst im Jahr 1819 übernahmen und nur vier Personen mehr als zehn Jahre Amtserfahrung besaßen. Unter ihnen befand sich der frühere Maire von Pfeill, der 1819 wiedereingesetzt wurde, aber nicht anwesend war. Abgesehen von Grundbesitzer Theodor Eyckeler legten alle ehemaligen Munizipalräte gemeinsam mit neun nach 1814 ernannten Personen – also abermals fast die Hälfte des Rats – im Jahr 1821 ihr Mandat nieder. Das zersplitterte Berufsbild von 1820 (Tab. 2 Düsseldorf) und die weiterhin nicht auffindbaren internen Verbindungen (Abb. 2 Düsseldorf) reflektieren diese hohe Fluktuation. Der Mangel an Familienbanden ist zum einen der unzureichenden Quellenlage geschuldet und zum anderen darauf zurückzuführen, dass in der Düsseldorfer Personalpolitik neben der Konfession auch die verwandtschaftlichen Beziehungen der Stadträte aufgeführt und unterbunden wurden.394 An der Spitze der Kommunalverwaltung standen von 1820 bis 1833 insgesamt fünf verschiedene Beigeordnete, von welchen keiner gewillt war, diese Verantwortung länger als zwei Jahre ohne Aufwandsentschädigung und den Titel eines Bürgermeisters zu tragen.395 Nachdem die Entschädigung, die dem Maire und den Beigeordneten im Großherzogtum Berg per Gesetz zugestanden hatte, der Polizei zugewiesen worden war, wurde die Beigeordneten Stelle als Ehren-Amt betrachtet und in der Regel nicht vergütet.396 Außerdem stand die für das Stadtoberhaupt vorgesehene Wohnung im Rathaus seit 1814 nicht mehr zur Verfügung, weil sie gegen den Willen Degrecks zum Friedensgericht umfunktioniert worden war.397 Demgegenüber führte Notar Wilhelm Daniels die Amtsgeschäfte in Aachen als erster Beigeordneter über zehn Jahre lang. Wie noch gezeigt werden soll, wurde ihm dafür 391 392 393 394 395 396 397
Vgl. Schindlmayr, Personalpolitik, S. 4–7. Bericht vom 24.5.1817 unter LA NRW R Reg. Düsseldorf, 736. StAD 90010, Protokoll vom 21.7.1820, vgl. Kapitel III. 1.1. Vgl. Weidenhaupt, Zeit, S. 352 f. Vgl. die Akte unter StAD 0122. Zu den Gehaltsdiskussionen siehe StAD 90010, Protokolle vom 19.7.1821 und 22.11.1823. StAD 90010, Protokoll vom 22.11.1823. Ebd., Protokoll vom 31.3.1814, vgl. Lau, Geschichte, S. 82; Severin-Barboutie, Düsseldorf, S. 83.
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zwar dasselbe Gehalt wie seinem Vorgänger gezahlt, aber nur wenig Respekt gezollt. Ein Grund für die Autoritätsprobleme war seine Position als Notar aus einer Beamtenfamilie in Düren inmitten einer von einheimischen Fabrikanten dominierten Notabelngesellschaft. Daniels wickelte für einige von ihnen Immobiliengeschäfte ab und wurde in das Casino, nicht aber in die Aachener Familienkreise aufgenommen (Abb. 2 Aachen).398 Mit Ludwig Beissel, Caspar Braff, Johann Gerhard Schervier junior, Leopold Bettendorf und Friedrich Wildenstein waren 1818 fünf weitere Vertreter dieser Gruppe dem Rat beigetreten, weil zahlreiche Fabrikanten 1817 ausgeschieden waren.399 Nur Peter Georg von Fisenne und Matthias Solders fanden sich als ehemalige Munizipalräte 1820 noch regelmäßig im Rathaus ein. Gleichzeitig bemühte sich die Regierung um eine Präsenz aller Stände insbesondere der mittleren Bürgerclasse auf der unteren Verwaltungsebene und ernannte je einen Verleger, Bierbrauer, Gastwirt, Bäcker, Metzger und Apotheker zu Stadträten. Ferner traten der an der Verfassungsbewegung beteiligte Advokatanwalt Müller und weitere drei Juristen dem Rat bei (Tab. 2 Aachen).400 Reiman erschien diese berufsständisch orientierte Personalpolitik notwendig, weil es in den großen Städten zu sehr an Gemeingeist [fehlte], vielmehr [waren] Egoismus und eigenes Interesse fast durchgängig vorherrschend. 401 Auch Daniels war zu dem undankbaren Titel des kommissarischen Bürgermeisters gekommen, weil die Regierung, der Oberpräsident und das Innenministerium sich darüber einig gewesen waren, dass Guaita nicht bloß gesetzmäßig entfernt werden könne, sondern auch um eine kräftigere Verwaltung in Aachen zu erhalten, entfernt werden müsse. 402 Einige Minister hatten ihn Ende des Jahres 1818 im Rahmen des Aachener Monarchenkongresses persönlich kennengelernt. Kurz nach diesem für die Stadt überaus bedeutsamen „Gipfeltreffen“403 bat Guaita um eine Gehaltserhöhung. Zur Begründung führte er seine langjährigen Erfahrungen im französischen Verwaltungsdienst, den anhaltenden Geldmangel und die gesteigerten Anforderungen der Kommunalverwaltung sowie die dadurch bedingte Vernachlässigung seiner vielseitigen Geschäfte an.404 In Anbetracht seines 398 Vgl. die Angaben im Anhang. Ein Schwager seiner Frau war Hermann Josef Neuss aus Broich, Advokatanwalt am Landgericht Aachen, der 1831 eine Nadelfabrik eröffnete. Zu seinen Notariatsgeschäften vgl. Clemens, Immobilienhändler, S. 113–116. 399 Vgl. die Akte zur Ernennung der Stadträte unter StAAc Ob 44–2, wonach Johann Jakob Springsfeld 1820 folgte. 400 Ebd., Schreiben der Regierung vom 4.2.1818, wobei sie Guaita am 4.3.1818 unter ebd. den allgemeinen Grundsatz übermittelten, dass der Stadtrat im Interesse aller Classen handeln sollte. Mettele, Bürgertum, S. 126 betont, dass es solche Maßnahmen in Köln nicht gab, obwohl sie durch die Dominanz der Wirtschaftselite begründet gewesen wären. 401 LA NRW R Reg. Aachen 787, Bericht vom 6.3.1827, Bl. 3: So sehr große Mängel die jetzige Verfassung auch darbietet, und so sehr eine freisinnige Institution zu wünschen wäre, so scheinen die jetzigen Elemente eine gänzliche oder zu ausgedehnte Befreiung der Gemeinde-Verwaltungen von jeglicher Oberaufsicht des Staats nicht zu empfehlen. 402 Ebd. 1224, Bericht vom 25.11.1819. 403 Zu Guaitas Funktionen im Rahmen des Staatsbesuchs vom 30.9. bis 22.11.1818 vgl. Duchhardt, Kongress, S. 60–72. 404 LA NRW R Reg. Aachen 1224, Schreiben vom 8.12.1818.
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Verhaltens während der Teuerungskrise und der Tatsache, dass ihm ein Gehalt rechtlich nicht zustand, war seine Anfrage eine Anmaßung. Zusätzlich verdächtigte man ihn des Amtsmissbrauchs, da das städtische Rechnungswesen ganz im Argen lag.405 Reiman wurde sogar persönlich und warf ihm vor, dass er durch sein Benehmen die Versammlungen und Berathschlagungen des Gemeinde-Raths fast zu einem Possenspiel heruntergewürdigt habe.406 Um diese Zwistigkeiten nicht in die Öffentlichkeit zu tragen und die Ehre des langjährigen Maires zu wahren, wurde ihm der eigenständige Rücktritt angeraten. Dass diese Strategie scheinbar aufging, bestätigt ein Aachener Stadtarchivar, der das Ausscheiden des Fabrikanten über hundert Jahre später auf dessen Gesundheitszustand zurückführte.407 Auf der Suche nach einem Nachfolger schlug das Innenministerium zunächst eine Wahl innerhalb des Stadtrats vor, da die öffentliche Wahl in Düsseldorf das gehoffte Resultat nicht gewährt hat[te]. 408 Reiman war sich jedoch sicher, dass außer dem Gemeinderat unter den Bürgern der hiesigen Stadt keiner vorhanden [war], der nur einigermaßen sich zu der Stelle eines Oberbürgermeisters eignet[e] 409 und befürwortete die Ernennung Daniels aufgrund seiner beruflichen Qualifikationen. Mit dieser internen Personalentscheidung wurde den Stadträten jene Mitsprache verwehrt, die in Koblenz und Trier erprobt worden war.410 Am Nachmittag des 25. November 1817 versammelte sich der Stadtrat von Koblenz, um zur Wahl der drey Candidaten zum Oberbürgermeister und der Sechs zu Adjuncten zu schreiten. 411 Zuvor hatte sich Landrat Burret bei Oberbürgermeister Mazza über die Verhältnisse auf der unteren Verwaltungsebene erkundigt und die Regierungsräte darüber in Kenntnis gesetzt. Er erklärte ihnen, dass sämtliche Stadträte seit über zehn Jahren im Amt waren und auf der Grundlage der aktuellen Höchstbesteuertenliste von 405 Ebd. 406 Ebd., Bl. 4, Antwort Reimans an Guaita vom 16.5.1819. 407 Lepper, Selbstverwaltung, S. 6, vgl. den Bericht vom 25.11.1819 unter LA NRW R Reg. Aachen 1224. Um kein öffentliches Aufsehen zu erregen, empfahl Humboldt Guaita zu eröffnen, […] daß er aber dieser Maßregel vorbeugen könne, wenn er selbst seine Entlassung fordere. Nach ebd. hatte Ingersleben die Entlassung am 15.10.1819 angeordnet, vgl. hierzu Höroldt, Gemeinden, S. 11–14 und S. 25. 408 LA NRW R Reg. Aachen 1224, Schreiben von Humboldt vom 17.9.1819, wobei es ihm bei einer internen Wahl zweifelhaft [war], ob in diesem Falle zu erwarten wäre, daß geeignete Vorschläge gemacht würden. Nach ebd. wurde auch auf die Vorgehensweise in Koblenz hingewiesen und die Ernennung des amtierenden Polizeidirektors von Coels erwogen. Unter LHAK 442 6740 begründet das Innenministerium die Abkehr von der Düsseldorfer Wahl mit der Tatsache, dass die Mitglieder des Gemeinderaths als die gesetzlichen Repräsentanten der Gemeinde […] geneigt seyn sollten, dieselbe wie im Übrigen, so auch bey diesem Geschäfte zu vertreten. 409 LA NRW R Reg. Aachen 1224, Schreiben vom 5.12.1819, wonach auch der bisherige Beigeordnete Matthias Solders als Arzt für unbrauchbar befunden wurde. 410 Vgl. Kapitel II. 1. Zu solchen Wahlen in anderen Städten und Dörfern siehe Wex, Gleichheit, S. 388– 392 und Schütz, Studien, S. 91. Höroldt, Gemeinden, S. 13 erkennt daher zu Recht eine „eigentümliche, geradezu ‚unpreußische‘ Inkonsequenz“ in der Bürgermeisterstellenbesetzung. 411 Protokoll der Wahl vom 25.11.1817 unter StAK 623 2180, vgl. die Abschrift an die Regierung vom 28.11.1817 unter LHAK 441 11779, und der anderslautende Entwurf unter StAK 623 2180. Nach ebd. war am 24.11.1817 die Einladung von allen Stadträten registriert worden, zwei Räte waren verreist. Zur Wahl siehe auch Bär, Geschichte, S. 73–77; Wex, Gleichheit, S. 388 f.
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einer Kantonalversammlung in Vorschlag gebracht und ausgetauscht werden müssten. Da aber die Verwaltungsordnung noch nicht aufgehoben, aber auch noch keineswegs anerkannt war, wies Burret darauf hin, dass es von dem Willen Seiner Majestät ab[hieng], auch ohne diese Wahlen die Stadträte zu ernennen. 412 Eine Hilfestellung hierzu bot Mazza selbst, indem er der Regierung die aktuelle Höchstbesteuertenliste übersandte und ein Verzeichnis derjenigen der Höchstbesteuerten, welche zur Complettierung des Stadtrathes vorgeschlagen werden können vorlegte.413 Von dieser Möglichkeit machte die Regierung Gebrauch und ergänzte den Rat im Vorfeld der Wahl um 13 provisorische Mitglieder.414 Nur drei Kaufleute und ein Katasterbeamter gehörten zu den von Mazza präferierten Notabeln, sodass den Regierungsräten eine Beeinflussung der Wahl durch die Stellenvergabe unterstellt werden kann. Eigenmächtig eingesetzt wurde der Seifensieder Johann Maret, der ehemalige Maire Nikolaus Nebel, der Advocat Eduard Korbach, die Richter Jacob Dahm und Maximilian Nell sowie die Kaufleute Johann Peter Clemens, Hubert Schaaffhausen und Johann Jacob Lucas. Vier von ihnen gehörten zu den Familienkreisen der bereits amtierenden Stadträte (Abb. 2 Koblenz). Lucas lehnte seine Berufung ab, da er sich nicht unter den Höchstbesteuerten wähnte – was Mazza im Übrigen für fast alle anderen genannten Personen ebenfalls monierte. Er wurde durch den ehemaligen kurtrierischen Hofrat Alexander Peter Lippe ersetzt.415 Die soziale Zusammensetzung hatte sich somit nur unwesentlich verändert, da zu der Mehrheit der acht Kaufleute sieben weitere hinzukamen, die vorhandenen Handwerker um einen Seifensieder ergänzt wurden und die Zahl der Juristen erhöht wurde (Tab. 2 Koblenz).416 Auffällig ist der Einsatz des ehemaligen Maires. Anders als in Düsseldorf konnte er mit seiner Teilnahme an den Sitzungen bis zu seinem Tod 1828 potentiell die Autorität des Bürgermeisters infrage stellen, da 13 Räte während seiner Amtszeit von 1804 bis 1808 bereits als Stadträte fungiert und sich mehrheitlich gegen seine vom Präfekten veranlasste Entlassung verwendet hatten.417 Zudem wurden mit Schaaffhausen und Clemens zwei der reichsten Einwohner und mit Dahm, Lippe und Nell drei Vertreter der hohen Beamtenschaft und Justiz auf der unteren Verwaltungsebene eingesetzt. Dahm war 1806 zum Unterpräfekt von Simmern, 1809 zum Präsident des Kriminalgerichts412 LHAK 441 11779, Schreiben vom 22.3.1817. Die Absprache mit Mazza ist unter StAK 623 2180, dokumentiert. Nach dem Senatuskonsult vom 16. Thermidor Jahr X (4.8.1802) und dem Dekret vom 17.1.1806 konnte auch Napoleon, analog zu Burrets Vorschlag, Munizipalräte ernennen, vgl. hierzu Graumann, Verwaltung, S. 91. 413 LHAK 441 11779, vgl. auch der ausführlichere Entwurf unter StAK 623 2180. 414 Ebd. Die Mitteilung mit den Formalitäten der Wahl durch die Regierung war nach ebd. am 11.11.1817 ergangen. Dabei wurde betont, dass die provisorischen Ratsmitglieder an der Wahl teilhaben sollten. Zur Ernennung vgl. das Schreiben vom 17.10.1817 und das Stadtratsprotokoll vom 23.11.1817 unter StAK 623 2185. 415 Ebd. Gemäß dem Schreiben des Oberbürgermeisters an Landrat Burret vom 22.12.1817 unter LHAK 441 11779 gehörten außer Maret alle Ernannten nicht zu den Höchstbesteuerten, in der Liste unter ebd. sind Clemens und Schaaffhausen aber verzeichnet. Da die vorgeschriebene Anzahl noch immer nicht erreicht war, kamen 1818 Kaufmann Gottfried Menn und Apotheker Carl Mohr hinzu. 416 Ebd. 417 Westholt, Lezay Marnésia, S. 107–112.
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hofs in Koblenz und 1811 zum Chevalier der Ehrenlegion ernannt worden.418 Lippe hatte als gelernter Apotheker bereits Erfahrung als Munizipalrat, leitete jedoch zuletzt die Finanzverwaltung in Aachen.419 Zum Zeitpunkt der Stadtratserneuerung kämpfte er gerade um seine Pension beim Finanzministerium, weil er beim Einmarsch der Alliierten nicht vorgefunden worden war.420 Sein Neffe Maximilian Nell, ein Richter am provisorischen Revisionshof, war 1811 für den „Corps legislatif “ vorgeschlagen worden. Dort befand sich seit 1804 Nells Onkel zweiten Grades, der einflussreiche Kaufmann Christoph Philipp Nell aus Trier.421 Nell und Dahm nahmen mit 20 weiteren Räten an der Bürgermeisterwahl teil, bevor sie ihre Karriere im Justizdienst fortsetzten und im darauffolgenden Jahr wegen einer Beförderung wieder aus dem Stadtrat ausschieden.422 Bei der geheimen Wahl durften nach Belieben Mitglieder der städtischen Communal-Verwaltung oder andere tüchtige Einwohner vorgeschlagen werden.423 Anders als bei der Wahl zur Huldigungsdeputation brachten die Räte zwei externe Notabeln, Anselm Joseph Burret und Regierungssekretär Abundius Maehler, ins Spiel, gaben jedoch Mazza die meisten, nämlich 15 Stimmen. Ihm folgten der bisherige Beigeordnete Jakob Reiff mit 13 Stimmen und der ehemalige Bürgermeister Nebel mit elf Stimmen. Beide nahmen ihre Wahl nicht an. Für die zwei Stellvertreterstellen wurden Pfender mit 20, Dietz mit 19, Arnold mit 17, Grebel mit 14, Schaaffhausen mit 13 und Reiff und Lunnebach mit je zehn Stimmen gewählt.424 Dietz und Arnold verzichteten ebenfalls auf ihre am 10. Februar 1818 von der Regierung bestätigte Ernennung.425 Grebel hatte schon früher erklärt, daß [er] weder das Bürgermeister Amt noch jenes eines Adjunkten beabsichtigte und begründete dies bei der Regierung damit, dass er nicht unverschämt genug [sei], Stellen zu verlangen, auf welche die Herren Mazza und Reiff für die gewesenen Verdienste, die sie seit vielen Jahren, besonders im Laufe des Krieges, sich um ihre Vaterstadt gesammelt, den gerechten Anspruch zu machen hätten. Außerdem war er gekränkt über das Unrecht, welches Herr Justus Gruner [ihm] und anderen zugefügt hatte, während dem so mancher [s]einer Landsleute unter dem Aushängeschild des Deutsch418 Vgl. Rausch, Dahm und Dufraisse/Richard, notables, S. 103. 419 Ebd., S. 76 und Clemens, Diener, S. 82, vgl. LHAK 441 3427. 420 Vgl. LHAK 441 1469, Schreiben vom 9.4.1818. Nach zahlreichen Briefwechseln mit dem Finanzministerium, Ingersleben und Hardenberg erfolgte 1823 schließlich eine Pensionsbewilligung von 500 Talern im Jahr der Gnade wegen durch den preußischen König. 421 Ebd., vgl. Dufraisse/Richard, notables, S. 113 und LHAK 700, 28. 422 Nell wurde Kammerpräsident am Koblenzer Landgericht und Dahm Appellationsgerichtsrat in Köln. Zur Anwesenheit vgl. StAK 623 2185, Protokoll vom 25.11.1817 und den Bericht an Burret vom 28.11.1817 unter LHAK 441 11779. Sieben Räte waren abwesend oder krank. 423 StAK 623 2180, Schreiben vom 11.11.1817. 424 Vgl. ebd., 2185 Protokoll vom 25.11.1817, wonach Maehler neun Stimmen, Lippe sieben und Landgerichtsrat Burret mit neun weiteren Personen eine Stimme erhielten. Diese Stimmen wurden im Protokoll an die Regierung unter LHAK 441 11779, Schreiben vom 29.11.1817 nicht erwähnt. 425 Ebd.
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lands, Jagd auf einträgliche Beförderungen machten und sich ihren angeblichen deutschen Patriotismus weit schwerer als in den 90er Jahren des französischen bezahlen ließen. 426 Matthias Grebel stammte aus einer Kaufmannsfamilie von der Mosel, war seit 1797 Advokatanwalt, später Richter in Koblenz und gemeinsam mit seinem Cousin Joseph Görres in der republikanischen Bewegung aktiv gewesen. Er nahm 1804 an der Kaiserkrönung Napoleons teil und wurde 1811 auf Wunsch des Präfekten Chef der Forstverwaltung. Neben dieser überaus wichtigen Verwaltungsfunktion, war er Steuerempfänger und Munizipalrat. Die Position des Beigeordneten, die ihm Gruner 1814 aus unbekannten Gründen entzogen hatte, war ihm erst ein Jahr zuvor angetragen worden.427 Gemeinsam mit seinen Ratskollegen hatte sich Grebel bereits Anfang des Jahres über die Nichtbeachtung qualifizierter Einheimischer bei der Stellenbesetzung der Regierung und über die ausgebliebene Bestätigung des Bürgermeisters beklagt. Ihrer Meinung nach sei Mazza ein Opfer der Verleumdung von Menschen, die in diesen ruhigen Zeiten ihn von seinem Posten verdrängen möchten, den sie während den Kriegsjahren einzunehmen zu feig gewesen waren.428 Auch Mazza bekräftigte seinen Wunsch der Beibehaltung des Oberbürgermeisteramtes beim Innenministerium und bestand gerade deshalb auf die Anerkennung der Wahl, weil sie weder nach preußischen, noch nach französischen und auch nicht nach den trierischen Gesetzen 429 vonstattengegangen war.430 Faktisch war sie mehr das Ergebnis interner Absprachen als der willkürlichen, aber wohlwollenden Integrationspolitik Hardenbergs – das war nach dieser offensiven Selbstverteidigungsstrategie, dem Verzicht der anderen Kandidaten und den Beschwerdeschriften der Stadträte nicht von der Hand zu weisen und wurde auch in anderen Städten bemerkt.431 Im November kommentierte der Trierer Stadtrat die Koblenzer Wahl in seiner Chronik und beantragte das gleiche Vorschlagsrecht zunächst für alle Notabeln, dann nur für den Stadtrat.432 Ein Jahr nach dem Tod des langjährigen Oberbürgermeisters Recking sollte
426 LHAK 441 11779, Schreiben vom 26.11.1817 mit dem Schlusswort, dass er [s]ich nicht der Gefahr hingeben [könne], noch einmal auf eine ähnliche Weise misshandelt zu werden. 427 Zu Grebel vgl. Dufraisse/Richard, notables, S. 108 und Seynsche, Revisionshof, S. 52–57. Das Entlassungsschreiben vom 27.3.1814 findet sich ohne Begründung unter StAK 623 2181. 428 Abschrift des Stadtratsprotokolls vom 7.3.1817 unter LHAK 441 11779. Hierin fehlen u. a. die im Entwurf unter StAK 623 2185, Protokoll vom 7.3.1817 gestellten Fragen: Wird man ihn von seinem Posten entfernen, ohne daß er daß selbst verlange? Aus welchen Gründen? Welches ist sein Verbrechen? Werden wir nach preußischen Gesetzen regiert oder nach französischen? 429 StAK 623 2180, Schreiben vom 22.12.1817 an Burret. 430 Vgl. LHAK 441 11779 Schreiben vom 5.1.1818 an das Innenministerium. 431 Unter ebd. sprach das Innenministerium Mazza die nöthige Eigenständigkeit am 27.12.1817 ab und erkannte einen nachtheilig wirkenden Parthy-Geist. Unter LHAK 442 6740, Bl. 29 f. erkundigte sich die Trierer Regierung am 15.12.1817 bei ihren Kollegen in Düsseldorf und Koblenz über die Wahlen. 432 Vgl. die TK von November 1817, S. 164. Unter StATr Tb 100/4, Protokoll vom 26.11.1816 wurde eine Wahl mit allen Notabeln bei Hardenberg beantragt, unter ebd. Tb 100/7, Protokoll Nr. 727 wurde am 5.8.1818 erneut beim Oberpräsidium nachgefragt und der Antrag auf den Stadtmagistrat beschränkt, vgl. die entsprechenden Anfragen vom 3.12.1817, 4.2., 25.2. und 8.8.1818 in der Akte unter LHAK 442 6740.
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die Stadt wieder gehörig repräsentiert werden 433 – die laufenden Verwaltungsaufgaben wurden allerdings auch problemlos ohne ihn erledigt. Sein Ableben wäre im umfangreichen Verwaltungsschrifttum kaum aufgefallen, wenn der Stadtrat Reckings Verdienste nicht ausgiebig im Protokollbuch und in der Chronik gewürdigt und mit einer öffentlichen Beerdigung und einem Denkmal geehrt hätte.434 Unter der Leitung des erfahrenen Beigeordneten Emmerich Grach und des 1817 neuernannten Kaufmanns Franz Anton Kayser beteiligte sich der Trierer Rat sogar federführend an der Petitionsbewegung. Im Jahr 1814 war er zu einem Drittel erneuert worden, sodass das Handwerk nicht mehr vertreten war. Stattdessen wurden Kaufmann Jakob Thanisch, Regierungssekretär Johann Schmidt, Grundbesitzer Christoph Süss, Stadtrentmeister Lorenz Ladner und Kreisphysikus Matthias Neurohr eingesetzt (Tab. 2 Trier). Zudem trat Georg Friedrich von Nell in die Fußstapfen seines Vaters und nahm seit 1814 nicht nur an den Notabelnversammlungen und an dem Ausschuss für Rechnungs- und Steuersachen, sondern auch an den regulären Stadtratssitzungen teil. Am 24. August 1818 wählten er und die übrigen Räte seinen Schwager in spe, Wilhelm Georg Nikolaus Haw, zum Oberbürgermeister und Landrat von Trier.435 Der mehrfach gestellte Antrag zu dieser Wahl war vom Oberpräsidium bewilligt worden, obwohl der Trierer Oberbürgermeister als Staatsbeamter, 436 d. h. Landrat, formal nicht mit seinen Kollegen in Koblenz und Düsseldorf gleichzustellen war.437 Regierungspräsident von Gaertner hatte sich im Auftrag des Stadtrats persönlich bei Ingersleben dafür eingesetzt, nachdem er von der Koblenzer Wahl in der Frankfurter Zeitung erfahren hatte.438 Im Rathaus schrieb sodann jeder der 16 anwesenden Glieder […] seine Stimme für die Wahl dreyer Candidaten auf einen Zettel, welche danach gesammelt wurden. 439 Außer Haw waren alle Kandidaten Teil des Stadtrats: Grach erhielt zehn Stimmen, Hermes sechs, Obersekretär Petri vier, die Juristen Zeininger und Zell sowie Ludwig Mohr jeweils drei Stimmen. Je zwei Personen stimmten für Kayser und Lintz. Grach gab zu Protokoll daß er aus wahrer Überzeugung fürs Wohl der Stadt sehnlichst wünsche, wenn 433 StATr Tb 100/7, Protokoll Nr. 727 vom 5.8.1818. 434 Vgl. die Protokolle unter ebd. Tb 100/6 vom 27. und 31.10.1817 und die TK 1817, S. 145 f. 435 Vgl. die Angaben im Anhang, zur Beziehung von Nell und Haw siehe Haase, Haw, S. 57–62. Zur Wahl vgl. ebd., S. 37–43 und der zeitgenössische Bericht in der TK von September 1818, S. 149 sowie das Stadtratsprotokoll Nr. 797 unter StATr Tb 100/7 vom 24.8.1818. 436 LHAK 442 6740, Schreiben vom 3.4.1818. Von der darin festgehaltenen Möglichkeit den Rat vorher zu ergänzen, machte die Trierer Regierung im Gegensatz zu Koblenz keinen Gebrauch; zu den Unterschieden der Stelle vgl. auch die Weisung des Ministeriums vom 13.1.1818 unter ebd. 437 Im Protokoll unter StATr Tb 100/7 Nr. 797 vom 24.8.1818 ist festgehalten, dass es zwar nicht in ihrer Befugniß liege, eine förmlich bindende Oberbürgermeisterwahl zu gestatten, jedoch […] daß über die vorzuschlagenden drey Subjekte in einer außerordentlichen Rathssitzung ein Beschluss gefasst und hochderselben dann als Wunsch der Einwohner berichtlich vorgelegt werden könne. Der Stadtrat fühlte sich außerordentlich geehrt und danket dafür auf das Verbindlichste. Vgl. die Erklärung an die Öffentlichkeit in der TK von Januar 1818, S. 10 f., in der fälschlicherweise eine Wahl aller Bürger angekündigt wurde. 438 Vgl. das Schreiben von Gaertner vom 7.12.1817 unter LHAK 402 175. 439 StATr Tb 100/7, Protokoll Nr. 797 vom 24.8.1818.
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der Herr Advokat Haw zu dem Posten als Oberbürgermeister erhoben würde. 440 Der Drittplatzierte Hermes und der nicht gewählte Sohn Reckings waren abwesend. Mit einer Ausnahme hatten alle Stadträte Haw ihre Stimme gegeben und den Zusammenhalt der Trierer Notabelngesellschaft einmal mehr unter Beweis gestellt. In diese war der erst 35-Jährige auch ohne Stadtratsmandat fest integriert.441 Haw stammte aus einer kurtrierischen Beamtenfamilie in Daun, hatte in Paris studiert und war unter Napoleon bis zum Präfekten des Aube-Departements aufgestiegen. Durch seine mustergültige Karriere und die zweite Ehe seiner Mutter Theresia Lippe – Schwester des Koblenzer Stadtrats Lippe – mit dem französischen Finanzbeamten François Nicolas Gerotin galt die Familie als frankophil. Den Herrschaftswechsel betrachtete Haw skeptisch und erwog 1815 eine Bewerbung in der Pfalz.442 Sein einziger Bruder Johann Joseph hatte eine militärische Laufbahn eingeschlagen und 1815 als persönlicher Sekretär von Schmitz-Grollenburg in preußische Dienste gewechselt. Er wurde 1818 Regierungssekretär und heiratete die Tochter des Steuerempfängers Herges. Die Wahl seines drei Jahre älteren Bruders wurde am 20. Oktober 1818 durch das Innenministerium bestätigt.443 Zu Haws ersten Amtshandlungen gehörte eine Reorganisation des Stadtrats und eine Anpassung der Arbeitsweise an die gesteigerten Verwaltungsaufgaben. Dabei legte er den Grundstein für eine weitere Standardisierung der Ratstätigkeit, indem er eine neue Aktenhaltung und regelmäßige Sitzungstage verordnete. Er teilte den Stadtrat eigenmächtig in mehrere Abtheilungen, 444 d. h. in weitere ständige Kommissionen, ein und ließ die hierfür brauchbaren Notabeln 445 in der Sitzung vom 11. November 1818 in Vorschlag bringen. Demnach sollte der auf 19 Personen geschrumpfte Rat durch die Juristen Zeininger und Bochkoltz, den zwischenzeitlich ausgeschiedenen Ludwig Mohr, Kaufmann Georg Beer und Haws Bruder Johann Joseph ergänzt werden. Die Regierung setzte auch 440 Ebd. 441 Haase, Haw, S. 53–88. In der TK von Januar 1818, S. 11 werden Gerüchte über einen Mann erwähnt, der sich viele Mühe [gebe], sich eine Parthei zu bilden. Indessen schweben bei allen diesen Umtreiben doch einige Männer im Munde des Volkes, die eigentlich zu keiner Parthie (sic!) gehören, die aber auch keiner Parthei verhaßt, und gewiß für alle nützlich sind. Dem Bericht unter ebd. von September 1818, S. 149 zufolge, besaß Haw das volle Zutrauen der Bürgerschaft. Das gab auch die Regierung unter LHAK 442 6740 Schreiben vom 29.8.1818 nach Berlin weiter. Hier wird außerdem erwähnt, dass Grach als Kaufmann ungeeignet sei und Hermes die Stelle unter keinen Bedingungen annehmen wollen würde. 442 Unter LHAK 442 6740 wird die bevorstehende Hochzeit als Argument für die Ernennung genannt. Nach Haase, Haw, S. 64 sicherte ihm die Verbindung zu Nell die „optimale Stellung in der städtischen Notabelngesellschaft und den größtmöglichen Handlungsspielraum.“ 443 Vgl. StATr Tb 100/7, Einführungsprotokoll Nr. 1036 vom 4.11.1818. Die definitive Ernennung erfolgte unter LHAK 442 6740 am 1.12.1818. Siehe hierzu auch Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 548. 444 StATr Tb 100/7 Protokoll Nr. 1054 vom 11.11.1818. Demnach beabsichtigte Haw bey allen wichtigen Verhandlungen der städtischen Verwaltung den Stadtmagistrat zur Berathung zu ziehen, selbst in dem Falle, wo diese Berathung nicht gesetzliche Vorschrift sey. 445 Ebd.
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diese Empfehlung bedenkenlos um und ebnete den Weg für eine weiterhin auf privaten Verbindungen beruhende Notabelnpolitik (Abb. 2 Trier).446 In Koblenz blieb die Anerkennung der Bürgermeisterwahl hingegen aus. Hardenberg hatte Mazza im Januar 1818 geantwortet, daß die Candidaten wissenschaftlich gebildet, in Polizey- Finanz- und Justiz-Sachen bewanderte Kenner seyn sollten und er diese Kriterien schlichtweg nicht erfüllte. Ohne auf die Form der Wahlversammlung nach französischer Verfassung zurückzugehen […] oder die Städte-Ordnung zu Grunde zu legen, so Hardenberg konnte sich das Ministerium des Inneren nur darauf beschränken, sich solche Kenner vorschlagen zu lassen, welche einerseits einen guten Ruf und das Vertrauen der Einwohner der Stadt Coblenz genießen und andererseits zugleich die Kenntnisse besitzen, welche die beabsichtigte Verbindung mit der Polizeystelle forder[e]. 447 Das Insistieren auf die Anforderungen des Bürgermeisteramtes lässt sich auf die Schwierigkeiten in der Polizeiverwaltung zurückführen, erscheint jedoch vorgeschoben, da die Oberbürgermeister in Köln, Düsseldorf und Aachen bereits keine Polizeigewalt mehr besaßen.448 In Koblenz wurden Mazza und Polizeidirektor Weber abgesetzt und Regierungssekretär Abundius Maehler – der mit neun Stimmen gewählte vierte Kandidat des Stadtrats – zum Oberbürgermeister und Polizeidirektor ernannt. Der Sohn eines ehemaligen kurtrierischen Hofrats aus Ehrenbreitstein war am Ende der französischen Herrschaft gemeinsam mit Matthias Simon Chefsekretär der Präfektur und somit zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen. 1815 fungierte Simon als „Préfet par interim“ und Maehler als Kreispolizeiinspektor, sodass er die für das Bürgermeisteramt erforderlichen Qualifikationen mitbrachte. Als solcher hatte er die gleichen Vorteile wie sein Trierer Kollege. Doch im Gegensatz zu Haw sollte Maehler der einzige Oberbürgermeister in der preußischen Rheinprovinz bleiben, der die Polizeihoheit bis zum Ende seiner Amtszeit durchgehend behaupten konnte.449 Aus den Geschehnissen lässt sich ablesen, dass das Amt des Oberbürgermeisters nicht nur für die städtischen Notabeln, sondern auch für die Regierungen von großer Bedeutung war und mit unterschiedlichen rechtlichen Kompetenzen ausgestattet wurde. Dabei wurde dem Maire im französischen Verwaltungssystem die Rolle „eines patriarchalischen und fürsorglichen Vorstehers der Gemeinde“450 zugeschrieben, wohingegen unter Preußen offensichtlich sicherheitspolitische Überlegungen und fachliche Qualifikationen Vor446 Daneben wurde unter ebd., Protokoll Nr. 1220 am 23.12.1818 eine neue Aktenhaltung beschlossen und die Anlagenbände sowie das Brieftagebuch durch ein Journal ersetzt. Zu dieser vorbildhaften Arbeitsweise siehe ausführlich Kapitel III. 4.1. 447 LHAK 441 11779, Schreiben vom 5.1.1818. 448 Nach ebd. 442 6740 Schreiben von Ingersleben an den Trierer Regierungspräsidenten von Gaertner vom 15.12.1817 hielt das Ministerium einen eigenen Polizey-Director für Coblenz unnöthig. Eine Begründung ist nicht genannt und könnte mit der Garnisonsstärke in der vergleichsweise kleinen Stadtbevölkerung zusammenhängen. 449 Vgl. Müller, Stadt, S. 287 und Bär, Geschichte, S. 74–76. Zu den Anforderungen siehe Romeyk, Rheinprovinz, S. 253–257 und Kapitel III. 2.3. 450 Müller, Stadt, S. 134, vgl. auch Westholt, Lezay Marnésia, S. 107–111.
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rang hatten.451 Das Engagement der Stadträte spricht dafür, dass Mazza das erste Kriterium erfüllt hatte. Die Eingabe erscheint umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass er einer italienischen Kaufmannsfamilie angehörte, die erst seit einer Generation in Koblenz lebte, und Wittgenstein in Köln oder Guaita in Aachen keine Unterstützung erhielten. Mazza selbst blieb unverheiratet, doch zwei seiner Schwestern hatten in alteingesessene Kaufmannsfamilien eingeheiratet, zwei weitere wurden die Gattinnen der stadtbekannten Ärzte Modest und Nikolaus Settegast. Maehler knüpfte keine engen verwandtschaftlichen Bande zur Koblenzer Notabelngesellschaft, engagierte sich jedoch im Vereinswesen und trat öffentlich für die Bedürfnisse der Bevölkerung ein. Er blieb bis zur Einführung der Gemeindeordnung 1846 im Amt und trug so zu einer nachhaltigen Verwaltungspraxis bei, die sich in der Form lediglich in einer weiteren Stadt der Provinz etablierte.452 In Köln gab Freiherr von Mylius den Kampf um die Polizeihoheit auf und reichte zu Beginn des Jahres 1818 seine Entlassung ein.453 Bezüglich seiner Nachfolge glaubten er und die Stadträte fälschlicherweise, daß die höhere Behörden bei dieser Angelegenheit vorzüglich die Wünsche der Bürgerschaft berücksichtigen und die Stelle nur einem Eingesessenen aus ihrer Mitte anzuvertrauen gesonnen seyn werden. 454 Eigenständig schlugen sie dem Innenministerium am 28. August 1819 Eberhard von Groote, Bernhard Boisserée und Goswin von Heinsberg für das Amt vor.455 Alle drei hatten ein Studium der Rechtswissenschaften absolviert, waren allerdings in anderen Bereichen tätig gewesen. Nur Boisserée war anwesend. Heinsberg, der Älteste von ihnen, war der Onkel von Mylius und hatte der Stadt bereits 1797 vorgestanden.456 Groote war bei der Regierung bereits um die Stelle bemüht gewesen, hatte seinen Wunsch bei diversen Abendgesellschaften geäußert, gegenüber seinem Schwiegervater Maximilian von Kempis verteidigt und mehrere Unterstützer, u. a. Kempis Schwager Franz Jakob von Herwegh, gefunden. Seine Vorgesetzten bei der Regierung konnte er allerdings nicht für sich gewinnen. Die 451 Vgl. Wex, Gleichheit, S. 394–397 und Koltes, Rheinland, S. 151 f. Nach Haas, Kultur, S. 76 entsprach dies der bürokratischen Auffassung Hardenbergs. 452 Die Integration italienischer Einwanderer brachte in der Regel in keiner Stadt Probleme mit sich. Auch der Aachener Maire stammte aus Italien, vgl. Duchhardt, Kongress, S. 60 f. Weitere Beispiele nennen Clemens, Cetto, S. 4–14 für Trier und Kellenbenz, Italien, S. 80–82 für Köln. Zur Thematik vgl. Augel, Einwanderung. 453 Vgl. Herres, Köln, S. 64–67, Mettele, Bürgertum, S. 129 f. und Hachenberg, Entwicklung, S. 39–56. Zu den Reaktionen im Regierungskollegium vgl. die Tagebucheinträge von Groote unter HAStK 1552 A1/16 vom 8.9.1817, A1/22 vom 2.6.1819 und A1/23 vom 9.6.1819. Im Beschlussbuch unter ebd. 410 A7, verabschiedet sich Mylius am 27.8.1819 von den Räten wegen seiner Anstellung als Senatspräsident des Appellationsgerichts. Eine lange Abschiedsrede ist im Protokollbuch unter ebd. 410 A1, Protokoll vom 31.8.1819 wörtlich wiedergegeben. 454 Ebd. Protokoll vom 28.8.1819, 17 Räte waren anwesend. Im Entwurf des Protokolls im Beschlussbuch unter ebd. A7, Eintrag vom 28.8.1819 hatte man den Verweis auf die Wahl in Düsseldorf durchgestrichen. 455 HAStK 410 A1, Protokoll vom 28.8.1819. 456 Unter ebd. 1552 A1/23, Eintrag vom 3.7.1819 gab Groote an, dass Steinberger statt Boisserée gewählt wurde und äußerte die Meinung, dass Heinsberg ein halber Narr sei.
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Stelle blieb unbesetzt, weil der Stadtrat das Vorschlagsrecht in Anspruch genommen hatte, obwohl es ihm im Gegensatz zu Trier und Koblenz nicht offiziell verliehen worden war.457 Bis zum Amtsantritt des Notars Adolph Steinberger am 8. November 1823 war Maire von Wittgenstein weiterhin in nahezu allen Stadtratssitzungen anwesend, wobei die Beigeordneten Caspar Joseph Langen und Franz Rudolph von Monschau offiziell die Leitung übernahmen. Anders als in Aachen oder auf der gegenüberliegenden Rheinseite wirkte sich die dreijährige Vakanz nicht auf die Sitzungsgewohnheiten aus, zumal in Köln ein umfangreicher Personalwechsel unterblieb. Neben Wittgenstein waren fast zwei Drittel der Räte seit über zehn Jahren im Amt (Tab. 2 Köln).458 1815 waren mit Herweghs Schwager bzw. Grootes Schwiegervater von Kempis und dem 74-jährigen Franz Adolph von Nagel zwei adelige Mitglieder der Empfangsdeputation für den Kronprinzen hinzugekommen. 1817 traten der bereits erwähnte Huldigungsteilnehmer von Geyr, Rittergutsbesitzer Friedrich Peter Herstatt von der Leyen, der spätere Oberbürgermeister Steinberger und Fabrikant Heinrich Joseph DuMont dem Gremium bei. DuMont war der Sohn des ersten französischen Maires und der Bruder des Verlegers der Kölnischen Zeitung. 1819 folgten Johann Jakob Moll, der nach dem Tod Schaaffhausens die Präsidentschaft des Handelsgerichts übernahm und Johann Abraham Nierstras, der sich in der Kornkommission bereits verdient gemacht hatte. Wie in Koblenz und Trier handelte es sich bei der Ergänzung um hochangesehene Notabeln, die die soziale Zusammensetzung kaum beeinflussten und die internen Verbindungen verstärkten (Abb. 2 Köln).459 Dabei war Steinberger bei seinem Amtsantritt nicht integriert und konnte bis zu seiner Pensionierung 1848 die gleiche unabhängige Vermittlerrolle einnehmen, die Maehler in Koblenz und Daniels in Aachen erfüllten – vorausgesetzt er honorierte die traditionell starke Einflusssphäre der Handelskammer. Steinberger war 1777 in Dormagen geboren, hatte 1805 als Richter in Köln und ab 1806 als Notar in Aachen gearbeitet. Die dortigen Notabeln lernte er im Rahmen der Nationalgüterversteigerungen, im Casino und in der Handelskammer kennen. Seit 1809 lebte er mit seiner Ehefrau, einer Arzttochter aus Bonn, in Köln und wurde Mitglied in der Freimaurerloge und in zahlreichen Vereinen. Als Verfasser der Petition an den Kronprinzen hatte er sich bereits während der Verfassungsbewegung für die Stadt eingesetzt. Obwohl die Kölner Notabeln zu seiner Ernennung nicht offiziell befragt worden waren, feierten sie seine Amtseinführung mit einem Festessen im Kaiserlichen Hof – die Öffentlichkeit aber kümmert[e] sich sonst nicht eben sehr darum. 460 457 Vgl. Spiertz, Groote, S. 146 f. Höroldt, Gemeinden, S. 14 mutmaßt, dass den ehemaligen Reichsstädten die Wahl versagt wurde, da man hier besondere Streitigkeiten befürchtete. 458 Vgl. Mettele, Bürgertum, S. 126–128. 459 Ebd., unter HAStK 410 A1, hatte die Regierung am 8.1.1817 Personalvorschläge gefordert. 460 Ebd. 1552 A1/36, Eintrag vom 8.11.1823, dem Eintrag unter ebd. A1/35 vom 8.8.1823 zufolge konnte Groote nicht leugnen, daß er diese Stelle von jeher gerne erlangt hätte. Wie noch zu sehen sein wird, setzten sie sich später gemeinsam für die Stadt ein. Mettele, Bürgertum, S. 129–132 bezeichnet ihn aus den genannten Gründen als „Integrationsfigur“. Gothein, Cöln, S. 218 f. fällt ein ähnliches Urteil, betont allerdings seine „Schwäche[n]“. Vgl. die Akte unter HAStK 400 A3381, in der sich ein Empfehlungs-
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Die Polizeigewalt blieb auch nach der Ernennung Steinbergers in staatlicher Hand. Dennoch zahlte ihm die Stadt 3.000 Taler Gehalt, weil er seine lukrative Stelle als Notar aufgeben musste. Auch wurde ihm als einziges eine Pension von 1.500 Talern garantiert, falls er seine Stelle ohne sein Verschulden verlieren sollte. 461 Sein Kollege in Aachen ging der gleichen beruflichen Tätigkeit nach und beantragte als provisorischer Oberbürgermeister eine eher bescheidene Entschädigungssumme von 1.000 Talern.462 Der Antrag wurde am 26. September 1820 in einer geheimen Abstimmung des Stadtrats begutachtet. Anders als in Düsseldorf sprach nur eine Person Daniels jegliche Ansprüche ab. Zehn Räte forderten Auskünfte über das Gehalt Guaitas und zehn weitere Personen befanden eine angemeßene Entschädigung unabhängig von diesen Auskünften für durchaus gegründet. 463 Zwei Monate später wurde ihm in der Voraussetzung, daß die Finanz-Mittel der Stadt zur Bestreitung dieser Ausgabe hinreichend und die dazu erforderlichen Fonds disponibel seyn werden eine Renumeration von 3.000 Francs (ca. 787 Taler) für seine Zeit- Aufopferungen zum Nachtheile seiner Notariats-Geschäfte aus der Stadtkasse bewilligt.464 Bei fast 34.000 Einwohnern lag dieses Angebot weit unter der gängigen Renumeration von 50 Centime, war für ein standesgemäßes Leben in der Kurstadt zu wenig und wurde 1824 auf die gewünschten 1.000 Taler erhöht.465 Mit den Wahlen 1818 ermöglichte das Berliner Innenministerium den Rheinländern eine institutionalisierte Form politischer Teilhabe, die über die französischen Partizipationsmöglichkeiten hinausging und in Düsseldorf auch die Bevölkerung miteinschloss. Die skizzierten Maßnahmen lassen sich auf die Reformprinzipien Hardenbergs zurückführen, kamen den Wünschen der Notabeln entgegen und liefen der auf Ruhe und Ordnung bedachten Integrationspolitik des Königs zuwider. Dabei spielten konfessionelle Unterschiede in der Bevölkerung Düsseldorfs eine entscheidende Rolle und sorgten überregional für Aufsehen, wohingegen sie im Kontext der behördeninternen Wahlen nicht thematisiert wurden. Dies lag zum einen daran, dass es dazu keinen Anlass gab, weil die Stadträte und ihre gewählten Repräsentanten mehrheitlich katholisch waren. Zum anderen deutet sich hierin das bereits erwähnte konfliktfreie Miteinander an, das
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schreiben von April 1823 befindet, in dem sich Monschau vertraulich nach Absprache mit dem Stadtrat für die Ernennung Steinbergers ausspricht. Die Einladung zur Amtseinführung war am 5.11.1823 u. a. an die Mitglieder der Handelskammer, der Einquartierungs-, Rhein-, Schul- und Armenkommission ergangen, vgl. die kurzen Hinweise dazu in der KÖZ Nr. 168 vom 21.10.1823 und Nr. 179 vom 9.11.1823. Ebd., vgl. den Tagebucheintrag Grootes vom 8.8.1823 unter HAStK 1552 A1/35. StAAc PRZ 1–1, Protokoll vom 21.8.1820. StAAc PRZ 1–1, vgl. die Beratungen unter ebd. Protokoll vom 26.9.1820. Ebd. Protokoll vom 10.11.1820. Vgl. die Gehaltserhöhung unter ebd. PRZ 1–2 Protokoll vom 3.5.1823. Die Volkszählung von 1826 ergab gemäß der gedruckten Statistik Der Regierungsbezirk Aachen topographisch beschrieben, S. 1 eine Einwohnerzahl von 35.428 Personen innerhalb der Stadt. Hinzu kamen nach ebd. 4.907 Einwohner in Burtscheid. Herres, Vereine, S. 46 nennt 32.300 Personen für das Jahr 1817 und gibt auch die Zahlen der anderen Untersuchungsstädte an.
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auf internen Ausgleichmechanismen beruhte und im Verlauf der Untersuchung noch analysiert werden soll.466 Für die meistens Stadträte waren persönliche Erfahrungswerte ausschlaggebend, auf die die zahlreichen auswärtigen Regierungsbeamten in Koblenz nicht zurückgreifen konnten oder nicht vertrauen wollten. Da nur die Hälfte des Rats – dafür mit Nachdruck – hinter Mazza stand, wurden objektive Qualifikationskriterien angewandt, die sich auf Anforderungen in der praktischen Verwaltungsarbeit bezogen. Dabei wurde der Wille der Notabeln nicht völlig außer Acht gelassen und die Verwaltungspraxis langfristig stabilisiert. Insofern half die Maßnahme den übergeordneten Behörden – sachlich begründbare – Personalentscheidungen zu treffen und Machtverhältnisse innerhalb der lokalen Notabelngesellschaft zu erkennen. In Köln, Koblenz und Düsseldorf waren sie bestrebt, diese durch den Einsatz sozial herausragender Persönlichkeiten – in Aachen durch die Ernennung von Nicht-Fabrikanten zu verändern. In Trier wurde dem Rat seine Ergänzung selbst überlassen. Aus der Sicht der Notabeln in Trier wirkte sich die hohe Orts- und Personenkenntnis auf der mittleren Verwaltungsebene daher positiv aus, für Guaita war sie ein Problem. Auch Groote spielten seine Kontakte als Regierungsassessor nicht in die Karten. Trotz seiner Verdienste im Rahmen der Kunstrückführung wurde seine Verwaltungsarbeit schlecht beurteilt, sodass neben der Bewerbung zum Oberbürgermeister auch zahlreiche Beförderungsgesuche bei der Regierung fehlschlugen. Er quittierte 1827 seinen Dienst und betätigte sich fortan als Stadtrat und Präsident der Armenverwaltung.467 Anders als in Köln deutet in Trier vieles darauf hin, dass die Notabeln aus den vorangegangenen Wahlen in den Nachbarstädten gelernt hatten. Sie führten sie nicht nur als Begründung für ihren förmlichen Antrag an, sondern grenzten den Kreis der Wähler selbstständig ein und entschieden sich geschlossen für einen jungen Notabel aus ihrer Mitte, der die vorgegebenen Anforderungen formal erfüllte und einigen Regierungsräten persönlich bekannt war. Nicht zuletzt aufgrund dieser Anpassungsstrategie (und der Fürsprache der Regierung) hatte Haw in der Folgezeit als Oberbürgermeister, Polizeidirektor und Landrat die größten Handlungsspielräume – und das, obwohl er der jüngste Amtsinhaber war. Wie noch zu sehen sein wird, konnte er diese mit einer Professionalisierung und Standardisierung der Verwaltungspraxis nochmals erweitern, aber im Gegensatz zu seinem Koblenzer Kollegen nicht bis zu seinem Amtsaustritt beibehalten.468 466 Zum „politischen Umgang mit religiöser Differenz“ vgl. zuletzt Bouwers (Hg.), Glaubenskämpfe und Kapitel III. 4.3. In Bezug auf die vormodernen Ursprünge siehe Paulmann/Schnettger/Weller (Hgg.), Verschiedenheit. 467 Vgl. Spiertz, Groote, S. 132–146 und Klein, Personalpolitik, S. 23–29. 468 Unter LHAK 442 6740 hatte die Regierung den Wunsch des Rats bereits vor der Wahl weitergegeben, erstens weil der Kreis so unbedeutend ist, zweitens weil die Geschäfte dadurch vereinfacht und drittens Reibungen zwischen solchen getrennten Behoerden vermieden werden, viertens das oeffentliche Vertrauen dadurch vermehrt werden würde, fünftens weil der Beamte welche beyde Stellen vereint übertragen würden, dadurch in die Lage gesetzt werden könnte, hier wo es fortwaehrend sehr theuer und eine gewisse Repräsentation für ihn erforderlich ist, anständig zu leben.
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In Aachen, Düsseldorf und Köln wurden die Kompetenzen der Oberbürgermeister ohne gesetzliche Grundlage eingeschränkt. Für die Betroffenen ergaben sich dadurch finanzielle Nachteile, die die Ausübung des Amtes in der Praxis erschwerten und nur in Köln vollständig aufgefangen wurden. Wie die Wahlmodalitäten als solche, offenbarten die Abwandlungen der noch gültigen Munizipalordnung den Notabeln ihre untergeordnete Rolle im Behördenapparat. Der unterschiedliche Umgang mit den Stadtvertretern widersprach nicht nur den Gesetzen und dem Prinzip der Gleichheit, sondern auch dem Streben nach einer herausragenden oder zumindest gleichberechtigten Stellung in der Region. Auf diese Art und Weise verkehrte sich die Intention Hardenbergs letztlich ins Gegenteil, sodass der Effekt des Entgegenkommens in einer weiteren Distanzierung bestand. 2.2 Die Steuerbewegung 1819: Kollektive Partizipationsstrategien und aktive Verflechtungsprozesse der „Rheinprovinzen“ Im Jahr 1819 traten in Bayern, Baden und Württemberg Verfassungen in Kraft – in Preußen wurde ein neues Steuergesetz erlassen. Es bestimmte eine für alle Provinzen gleiche Besteuerung des innländischen Branntweins, Braumalzes, Weinmostes und der Tabaksblätter und ersetzte somit einen wesentlichen Teil der in den linksrheinischen Gebieten erhobenen Verbrauchssteuern.469 Die traditionellen Akzisegebühren waren in Preußen bereits durch das Gewerbesteueredikt 1810 zugunsten des freien Güterverkehrs herabgesetzt worden, wohingegen Napoleon sie 1811 als Kommunalsteuer zur Schuldentilgung faktisch ausgeweitet hatte. Das seitdem bestehende Municipal-Octroi war für die Stadträte besonders wichtig, weil es im Schnitt mehr als die Hälfte der jährlichen Ausgaben deckte. Besteuert wurden über 80 Verbrauchsgüter, wie zum Beispiel Fleisch, Brennstoffe, Genussmittel und Luxusprodukte – folglich: Alle Bevölkerungsschichten gleichermaßen.470 Im Wissen über den hohen Ertrag dieser Einnahmen und den gesellschaftspolitischen Stellenwert der Steuergleichheit hatten sich die amtierenden Oberpräsidenten der Westprovinzen gegen das Steuergesetz ausgesprochen. Ingersleben war dabei sogar auf eine Beteiligung der Betroffenen in Form der ehemaligen Departementsräte zurückgekommen.471 Bereits das Zollgesetz vom 26. Mai 1818 hatte innerhalb der Kaufmannschaft wenig Zustimmung gefunden, obwohl viele Kaufleute als Mitglieder der örtlichen Handelskammern daran beratend beteiligt gewesen waren. Die meisten Handeltreibenden profitierten zunächst nicht von der Aufhebung der Binnenzölle und der Vereinheitlichung der 469 GS 1819, S. 97–121. 470 Vgl. Müller, Köln, S. 151; Lau, Geschichte, S. 17; Bär, Geschichte, S. 126 f.; Raphael, Recht, S. 117 f.; Burg, Verwaltung, S. 92 f.; Spoerer, Steuerlast, S. 46–53; Mathiak, Klassensteuer, S. 12 f.; Käding, Finanzreform, S. 25–32. Zu den Verfassungen der süddeutschen Staaten siehe grundlegend Weis (Hg.), Reformen und zuletzt Dipper, Ordnungsmuster. Zum französischen Steuersystem vgl. Burg, Verwaltung, S. 74–82; Ullmann, Staat, S. 92–96; Clemens, Verwaltungseliten, S. 74–78; Faber, Rheinlande, S. 234–236; Schremmer, Steuern, S. 61–65. 471 Vgl. Mathiak, Klassensteuer, S. 25–27; Koltes, Rheinland, S. 457–461; Schubert, Regierung, S. 260–264 und Kapitel II. 3.
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Außen- und Transitzölle, ihre in den vorangegangenen Jahren im Westen erschlossenen Absatzmärkte brachen abrupt ab. Auch investitionsbereite Gewerbetreibende mussten hinnehmen, dass ihre noch jungen Betriebe ausländischen Konkurrenzunternehmen nicht standhielten.472 Aufstrebende Bankiers und Wechselmarkler, vor allem in Köln, misstrauten dem preußischen Währungssystem und führten ihre Rechnungsbücher bis Mitte der 1820er Jahre in Franc weiter.473 In Berlin blieben die Warnungen, dass sich durch eine Steuerreform die Stimmung in der Provinz verschlechtern sollte, jedoch ungehört. In der Folgezeit leisteten alle Stadträte der Provinz – ebenso wie einige der ostpreußischen Provinzen – erheblichen Widerstand. Für sie ging es um nichts Geringeres als die Basis ihres bestehenden Handlungsspielraums: um die Finanzen.474 In Köln wunderten sich die Ratsherren bereits im Jahr 1817, woher es gekommen, daß ohne Zustimmung des Stadtraths auf einmal eine Veränderung in dem von ihm festgesetzten Gerisspreis gemacht und diese durch die Königliche Regierung direkt der Bürgerschaft bekannt gemacht worden? 475 Unter Geriss wurde Steinkohle und Schutt aller Art verstanden, der mit rund 13.000 Taler nach den Weinerzeugnissen den höchsten Anteil der Octroieinnahmen erbrachte.476 Der Rat fühlte sich durch jene Bekanntmachung in den öffentlichen Blättern in seinem Ehrgefühl gekränkt und in den Augen der Bürgerschaft herabgesetzt. 477 Er gab der Regierung zu verstehen, dass die Öffentlichkeit als stiller Zuhörer der Verwaltungskommunikation beachtet werden müsse und forderte keine Änderung des Preises, sondern eine Entschuldigung, genauer eine öffentliche Genugthung für das unverdiente Mißtrauen und die dem Herrn Oberbürgermeister öffentlich zugefügte 472 Abgedruckt in der Beilage der KÖZ Nr. 245 vom 12.9.1818. Zu den Auswirkungen vgl. Clemens, Kontinuität, S. 18 f.; Henning, Aspekte, S. 357–360; Koltes, Rheinland, S. 326–333, S. 373–380 und S. 406 f.; Boch, Wachstum, S. 50–54 und S. 74; Berghausen, Provinziallandtag, S. 20–26; Geisthövel, Restauration, S. 80–92; Schremmer, Finanzreform, S. 116 f.; Käding, Finanzreform, S. 22–24. Für die Moselwinzer vgl. Kapitel III. 4.2 und Winter-Tarvainen, Weinbaukrise, S. 41–52; für Köln siehe Kellenbenz/van Eyll, Geschichte, S. 62–68 und Diefendorf, Businessmen, S. 317–322. Bei ebd., S. 227–238 werden die vorangegangenen Diskussionen, in die die rheinischen Handelskammern involviert wurden, skizziert. 473 Ebd., S. 328 f.; Kellenbenz/van Eyll, Geschichte, S. 76 und S. 112 f.; Schwann, Geschichte, S. 413 f.; zur Problematik allgemein vgl. Koltes, Wirtschaftspolitik, S. 73 f., Treue, Wirtschaftsunternehmen, S. 398 und Jakobs/Richter, Großhandelspreise, S. 18 f. 474 Vgl. Diefendorf, Businessmen, S. 228–231. Zur Steuerreform allgemein vgl. Siegert, Steuerpolitik, S. 82– 118, die Reaktionen nennen Faber, Rheinlande, S. 234–237, Ullmann, Steuerstaat, S. 48–50 und Käding, Finanzreform, S. 19–22. Für die Gebiete im Osten Preußens vgl. Koselleck, Reform, S. 314–322. 475 HAStK 410 A1, Protokoll vom 2.12.1817. Mylius erklärte übrigens, daß er zwar Ursache habe zu glauben, daß es die Absicht der Regierung nicht gewesen ihn durch jene Bekanntmachung zu beleidigen oder zu kränken, dennoch aber nicht leugnen wolle, daß ihm Jene Bekanntmachung so empfindlich gewesen sey, daß er seine Entlassung von seiner Stelle nochmals nachgesucht habe, er hoffe aber, daß der Stadtrath den von ihm geschehenen Schritt einem Mangel an Liebe für seine Vaterstadt nicht zuschreiben werde. 476 Vgl. hierzu die Octroi-Übersicht unter HAStK 350 A4159 und der „mutmaßlicher Ertrag einer in hiesiger Stadt einzuführenden Verbrauchssteuer“ unter ebd. 400 A1221, zu den Finanzen in Köln vor 1815 siehe Müller, Köln, S. 145–153. 477 HAStK 410 A1, Protokoll vom 2.12.1817. Weiter heißt es: Das unverdiente Mißtrauen gegen den OrtsVorstand, welches auf diese Weise öffentlich ausgesprochen worden, kann nur nachtheilig auf die gute Stimmung in einem Augenblick wirken, wo an Erhaltung derselben so viel gelegen ist.
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Beleidigung. 478 Außerdem fügten sie ihrer Hardenberg überbrachten Verfassungsadresse eine entsprechende Passage gegen die Entrichtung der Octroi-Gebühren und für den Erhalt des Stapelrechts hinzu.479 Das energische Einschreiten des Oberbürgermeisters stand im Kontext der vorangegangenen Kompetenzbeschneidungen und belegt die von Birgit Aschmann herausgearbeitete Bedeutung der Ehre als Beispiel für die „politische Wirksamkeit von Gefühlen“480 im Kleinen. Dass tradierte Ehrverständnisse in den ehemaligen Reichsstädten besonders ausgeprägt waren und ihre Verletzung von der öffentlichen Wahrnehmung abhing, war den Regierungsbeamten durchaus bewusst und wurde in Aachen bei der Amtsenthebung Guaitas beispielsweise berücksichtigt.481 In dieser Situation zögerten die Kölner Notabeln nicht lange, als die Nachbarstadt Koblenz zwei Jahre später einen offiziellen Steuerprotest in der Zeitung abdruckte.482 In Köln sollte der Wegfall des Octrois und der zu erwartende Ausfall von über 200.000 Francs in der Stadtkasse mit einer eigenen Petition an Hardenberg verhindert werden – schließlich hatte man kurz zuvor beschlossen, 150.000 Francs für die Errichtung des Appellationsgerichtshofs durch Vertheilung sämmtlicher Steuern aufzubringen.483 In Absprache mit Handelskammerpräsident Koch bildeten DuMont, Boisserée, Nierstras und der zukünftige Oberbürgermeister Steinberger eine Kommission, um die Materialien zu dieser Vorstellung zu sammeln und dieselbe zu entwerfen. 484 Glaubt man Groote, so war die so zustande gekommene Adresse wirklich elend, wenigstens höchst inkonsequent geschrieben,485 aber geistreicher als das Gutachten seiner Regierungskollegen. Den Inhalt verriet ein anonymer Korrespondent aus Koblenz der Frankfurter Ober-Postamts-Zeitung. Die Kommunikationsmöglichkeiten zwischen den beiden Städten hatten sich durch die Ergänzung der Räte erweitert. Die einflussreiche Kaufmannsfamilie Schaaffhausen war beispielsweise in beiden Städten ansässig und konnte Informationen zur internen Ratstätigkeit austauschen.486 Einen Monat vor der Verabschiedung der Kölner Petition hatten die Koblenzer Stadträte vor allem das Zustandekommen des Gesetzes angeprangert und sich öffentlich darüber beschwert, dass mit dem Departemental Rathe […] die letzte gemeinsame Vertretung des Landes verschwunden sei. Der Stadtrat, der sich nun als der einzig übrige eingeborene 478 Ebd. 479 Ebd. A6, Eintrag vom 2.12.1817. Die Adresse und die Antwort Hardenbergs vom 31.1.1818 befinden sich unter ebd. 400 209. Außerdem wurde unter ebd. 410 A6 Handelskammerpräsident Koch am 16.2.1819 aufgefordert, die Meinung der Handelskammer einzuholen. Nach ebd., Eintrag vom 22.2.1819 hatte das Ministerium der Regierung eine Entschädigung zugesichert. Zum Stapel und dessen Verteidigung siehe Diefendorf, Businessmen, S. 322–327. 480 Aschmann, Emotionen, S. 107. 481 Vgl. Kapitel III. 2.1; Laux, Kränzchen, S. 248; Margreiter, Diskussion, S. 99 f.; Haas, Kultur, S. 242 f. Zur Thematik siehe Aschmann, Emotionen, S. 98–107 und ausführlich dies., Ehrdiskurs sowie dies., Gefühl. 482 Herres, Köln, S. 68. 483 HAStK 410 A7, Eintrag vom 12.1.1819. Gothein, Cöln, S. 144 beziffert sie auf 100.000 Taler. Vgl. Herres, Köln, S. 75–80; Bennewitz, Baugeschichte. 484 HAStK 410 A7, Eintrag vom 9.6.1819. 485 Ebd. 1552 A1/23, Eintrag vom 2.7.1819. 486 Vgl. FZ Nr. 204 vom 23.7.1819; Gothein, Cöln, S. 144 f.
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Vorstand seiner Gemeinde verstehen muß – und mit diesen Worten die Rolle der Regierung infrage stellte – hatte es darum für seine gebotendste Pflicht erachtet, für ihr Wohl zu sorgen, zu sprechen, zu bitten. Offen und bestimmt beanspruchte er ein Mitspracherecht bei der Steuerverteilung, das ihm der preußische König im Besitzergreifungspatent versprochen habe und das den Ständen bereits unter dem letzten Kurfürsten zugestanden hatte und im Rahmen der französischen Verfassung von einer Repräsentation ausgeübt worden war. Diese Behauptungen waren weithergeholt und entsprachen nur bedingt der Realität vergangener Zeiten. Sie wurden mit der gleichen selbstbewussten Attitüde aufgestellt wie die Verfassungsforderungen im Vorjahr. Mit der Ergänzung des Rats und dem Wechsel des Oberbürgermeisters hatte sich also an der Kommunikationsweise nichts geändert. Im Gegenteil – die Identifikation mit der Stadtbevölkerung wurde immer stärker, der vorwurfsvolle Unterton immer lauter. So wurde konstatiert, daß die fraglichen Steuern drükend [seien], […] weil sie eben, wie zwischen den Provinzen, so zwischen den Theilen der Provinzen nur Ungleichheit begründen. 487 Die Aufregung hing also mit dem Gleichheitsgedanken, der Konkurrenz zu den Nachbarstädten und der Verfassungsfrage zusammen und wurde durch weitere in der Petition nicht erwähnte Konflikte geschürt. Erstens wartete man noch immer auf eine Antwort auf eine zweite schriftliche Rückforderung des Stadtwaldes.488 Zweitens wurden die Verwaltungskosten nicht den gesteigerten Einwohnerzahlen angepasst, die jährliche Rückzahlungsrate zur Schuldentilgung drittens auf 2.000 Francs festgelegt und viertens die städtische Florinskirche zur evangelischen Garnisonskirche bestimmt.489 Fünftens nahm der kommentarlos eingeführte neue Oberbürgermeister Abundius Maehler mit seinem Amtsvorgänger, Stadtrat Nebel, an den noch laufenden Sitzungen der Serviskommission teil und brachte eine Erörterung und Bitte betreffend das Serviswesen überhaupt und insbesondere der Stadt Koblenz in Umlauf.490 Mit dieser Hardenberg gewidmeten Druckschrift stellte er sich der Öffentlichkeit als neuer hilfsbereiter Gemeindevorsteher vor, rechtfertigte die nach wie vor belastenden Einquartierungsmaßnahmen und löste eine Beschwerdewelle in den Nachbarstädten aus.491 Neben der Serviseingabe und der nega487 StAK 623 2186, Stadtratsprotokoll vom 27.6.1819 mit dem Hinweis zur Veröffentlichung im Koblenzer Anzeiger Nr. 27; sie hatten am 2.6.1819 über die Steuergesetze beraten, vgl. Bär, Geschichte, S. 128–130. Nach ebd. fehlten 1818 rund 12.000 Taler durch den Wegfall des Octrois. In der Sitzung vom 21.9.1815 unter StAK 623 2185 wurde der Ertrag des Octrois nach Abzug der Verwaltungskosten auf 42.203 Francs im Jahr beziffert. 488 StAK 623 2186, Eintrag vom 13.2.1818, wonach die unterthänige Bitte, daß Eure Durchlaucht geruhen möge, zu gestatten, daß der hohen Bundesversammlung eine Vorstellung in Beziehung auf den fraglichen Wald übergeben werde, wiederholt wurde. 489 Vgl. die Stadtratsprotokolle unter StAK 623 2185 vom 23.2. und 20.3.1817. Zur Florinskirche vgl. ebd. 2186, Einträge vom 17.11.1818, 20.1.1819, 19.4.1820, 15.4.1823, 1.3.1825 und 3.5.1825. Die entsprechende KO war am 14.11.1818 ergangen. Zur Angelegenheit siehe LHAK 441 2295 und die Zusammenfassung der Ereignisse durch Maehler am 21.3.1832 unter StAK 623 2245. 490 Maehler, Erörterung. 491 Nach HAStK 410 A1, Sitzung vom 1.5.1819 wurde die Druckschrift im Kölner Stadtrat besprochen, wobei von einigen Mitgliedern bemerkt worden, daß es nicht nur angemessen sondern nothwendig seyn
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tiven Reaktion auf die preußische Steuergesetzgebung wurde eine Beschwerde wegen der Florinskirche und wegen eines Strafverfahrens gegen den Publizisten Joseph Görres verfasst.492 Wie im Falle des Verfassungsversprechens war der Staatskanzler stets der erste Ansprechpartner. Der Steuerprotest wurde jedoch zusätzlich dem Berliner Innenministerium, dem Oberpräsidenten, der Regierung und den anderen Stadträten der Provinz übersandt. Von der Einhaltung der Petitionsrichtlinien und des Behördengangs konnte demnach keine Rede sein.493 In Trier gehörte die Einführung der Steuergesetze derweil zu den ersten Amtshandlungen des neuen Oberbürgermeisters. In seinem ersten Eintrag vom 4. November 1818 notierte Wilhelm Haw eine Entschädigungsanfrage für die verlorenen OctroiEinnahmen von 15.000 Talern bei der Regierung. Gleichzeitig hatte er mit zahlreichen Beschwerden wegen der außerordentlichen Umlage zur Schuldentilgung zu kämpfen.494 Zudem wurde auch die Trierer Jesuitenkirche per Kabinettsorder vom 25. Februar 1819 der evangelischen Gemeinde geschenkt und der Appellationsgerichtshof nach Köln verlegt.495 Gemäß der neuen Geschäftsordnung traf sich Haw eine Woche vor der Veröffentlichung der Koblenzer Adresse mit den Stadträten ohne höhere Ermächtigung, um über die wichtigsten Angelegenheiten der Gemeinde zu Rath zu gehen und seine Wünsche durch den Bezirksrath dem allgemeinen Departementhalrathe vorzutragen, unterdessen bestehe dermalen weder Bezirks- noch Departementhalrath: es bleibe also nichts übrig, als die Desiderien der Stadt welche durch ihre Wichtigkeit und Dringlichkeit sich eigneten, unmittelbar zum Throne Seiner Majestät gelangen zu lassen. 496 Diese Formulierung nahm die Koblenzer Petition vorweg und zeigt, dass man an der Mosel per se einer Meinung war und/oder in ständigem Kontakt stand. Mit Lippe und Nell waren neuerdings mindestens zwei Vermittlungspersonen zur Trierer Notabelngesellschaft im Koblenzer Rathaus anwesend. Im Trierer Rathaus wurde am 8. Juli 1819 beschlossen, nach dem Beispiel des Stadtmagistrats zu Coblenz eine Beschwerdeschrift gegen die drükenden neu eingeführten indirekten Steuern bei den hohen Ministerien einzureichen. 497 Ebenso wie in Köln wurden die Partizipationsversuche in Koblenz also mit einer offiziellen Supplik unterstützt.
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werde, die Bedrückungen, Beschwernisse und Unannehmlichkeiten, denen die Stadt Cöln in dieser Hinsicht ausgesetzt sey, ebenfalls vorzutragen. Im Beschlussbuch unter HAStK 410 A7, Eintrag vom 10.4.1819 ist eine erneute Beschwerde der Bevölkerung und eine Petition an das Innenministerium erwähnt. Zu Görres vgl. StAK 623 2186, Protokoll vom 19.11.1819 und Kapitel III. 2.4. StAK 623 2186, Eintrag vom 27.6.1819. StATr Tb 100/7, Protokoll vom 4.11.1818. Die Tatsache, dass diese Beschwerden ausgerechnet aus Regierungskreisen kamen, veranlasste den Rat unter ebd. Tb 100/8, Protokoll vom 24.4.1819 zu interessanten Reflexionen über die Gemeinde als moralische Person und die Pflichten der Bürger. Ebd., vgl. die Petition aus der Bürgerschaft unter ebd., Protokoll vom 3.6.1819 und allgemein Haferkamp/Schwerin (Hgg.), Oberlandesgericht. Eine erfolglose Petition an Carl Friedrich von Beyme wegen des obersten Gerichtshofs wurde unter StATr Tb 100/7 am 26.9. und 7.10.1818 besprochen, die Antwort von Hardenberg erfolgte nach ebd. am 27.10.1818. Zur Angelegenheit vgl. LHAK 403 3939. StATr Tb 100/8, Protokoll vom 3.5.1819. Ebd., Nr. 44 vom 8.7.1819.
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Dabei blieb man den eigenen Strategien insofern treu, als das eine zweite Eingabe direkt an den König erging.498 Die Petition an den König hatte belehrenden Charakter und glich einem rechtshistorischen Abriss der Vor- und Nachteile der französischen Steuergesetzgebung. Mit Daten, Fakten und wörtlichen Gesetzesrekursen sollte er sich bewogen fühlen, in allerhöchster Weisheit das Gesetz vom 8. Februar in Bezug auf die hiesigen Lande […] und vom 18. May 1818 in Hinsicht auf die städtischen Oktrois wohltätig für das GemeindeWesen und entsprechend dem allgemeinen Staats-Interesse zu modifizieren. Die Petition unterschied sich daher von den bisherigen Adressen und bediente sich einer neuen Argumentationsweise. Sie war durch die Zusammenarbeit von gleich zwei Kommissionen entstanden und beruhte einerseits auf dem Wissen der langjährigen Stadträte Grach und Mohr und profitierte andererseits von der Ernennung der Stadträte Kayser, Nell, Bochkoltz und Zeininger. Dass Haw und sein Bruder in den Vorbereitungen laut Protokollführung keine aktive Rolle spielten, ist angesichts ihrer beruflichen Qualifikationen unwahrscheinlich und lässt neue Partizipationsstrategien erahnen. Ebenfalls neu war die direkte Identifikation mit den Rheinprovinzen – obschon man sich an der Mosel befand. Dabei sahen die Notabeln ein, dass die Abgaben durch den höchsten Staatszweck, zu dessen Erreichung die Rhein-Provinzen eben so sehr als die älteren Landestheile sich beeifern müssten, gerechtfertigt waren. Zwar haben vor dem Throne Eurer Majestät, vor dem Souverän, vor dem Gesetzgeber die Bewohner der Rhein-Provinzen noch keine sie vertretende selbstständige Stimme – doch im Bewusstsein über ihre in der Verfassungsbewegung begründete Stellvertreterfunktion stellten sie klar, dass sie für ihre Mitbürger sprachen und es ihnen und ihren Kollegen nicht um die Steuern als solche, sondern um die Missachtung ihrer Partizipationsansprüche ging: Hätten die Rheinprovinzen bey der Abfassung des Gesetzes eine bewilligende Stimme gehabt […] so hätte das Gesetz unmöglich diese Gestalt für die Rheinprovinzen gewinnen können. 499 Unterdessen erhielt der Koblenzer Stadtrat eine Antwort von Innenminister Schuckmann. Er wies Bürgermeister Maehler in die Schranken und hatte die unangemessene, pflichtwidrige und anmaßende Eingabe nicht wie gewünscht an die Stufen des Thrones gebracht.500 Die Stadträte ließen sich allerdings nicht einschüchtern und gaben ihrem 498 Ebd. Die Koblenzer Petition wurde aus dem Anzeiger verlesen, wobei der Stadtmagistrat fand, daß die Prämissen dieser Denkschrift recht trefflich und wahr bearbeitet sind, und mit der nehmlichen Wärme von diesseitigem Stadtmagistrat gleichfalls unterstützt werden müßen. Zur Abfassung wurden Kayser, Mohr, Zeininger und Nell bestellt und Mohr, Lintz, Bochkoltz dazu verpflichtet, einen Aufsatz über diesen Gegenstand vorzulegen. Zur Arbeitsweise vgl. Kapitel III. 4.1. 499 StATr Tb 100/8, vgl. die Abschrift der am 11.8.1819 mit der Post abgesandten Adresse aus der Feder von Zeininger, Mohr und Kayser mit einem 25-seitigem Anhang, in dem u. a. Auszüge aus dem Repertoire universel de jursiprudence zitiert werden unter ebd. Nr. 43 vom 29.9.1819. Siehe außerdem das Gutachten und diverse Budgetreflexionen, festgehalten unter ebd. Nr. 29 und Nr. 30 am 7.6.1819, wonach es in Trier auch um die Weiterbeschäftigung der Akzisebeamten ging. 500 StAK 623 2186, Eintrag vom 20.8.1819, vgl. auch die Rüge des Finanzministers an die Regierung mit der Weisung weitere Schritte des Stadtrats zu unterbinden vom 31.7.1819 unter LHAK 441 5125, Bl. 77–80.
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Bürgermeister am 20. August 1819 die gleiche Rückendeckung, die sie seinem Amtsvorgänger ein Jahr zuvor entgegengebracht hatten. Weil es insbesonderen den Oberbürgermeister gehörlich zerreist, was wir, der Stadtrath, gethan 501 beschwerte sich dieser analog zu seinem Kölner Pendant jetzt über die Ehrverletzung des Stadtvorstehers. Ebenso wie in Trier übernahmen die Räte eigenständig die Verantwortung und fertigten eine weitere – devoter formulierte – Adresse mit einer entsprechenden Rechtfertigung und vorwiegend sachlichen Argumenten an. Darin wurde der König in dem kindlichen Gefühle des Zutrauens voller Unterwerfung und Ergebenheit darum gebeten, die Erlassung der Gesetze erst mit der Bildung der Repräsentation, deren Zeitpunkt übrigens eure Majestät in allerhöchst ihrer Weisheit und väterlichen Huld am besten auswählen werden, allergnädigst eintreten zu lassen. 502 Tags darauf wurde im Düsseldorfer Rathaus eine Adresse an Hardenberg verfasst und dem Drucke übergeben. 503 Darin machten Oberbürgermeister Schramm und 15 anwe sende Räte eine Kehrtwende, hatten sie sich doch in der Deputationsbewegung für die Aufhebung der französischen Gesetze ausgesprochen. Erstmals bekannte sich der Rat zu den Forderungen der Nachbarstädte und hielt es für seine Pflicht, seine Vorstellung mit der aller Rheinländer zu vereinigen – argumentierte aber hauptsächlich mit den vielen Nachteilen gegenüber seiner rheinischen Schwesternstädte. 504 Durch die Herabstufung zu einer Provinzstadt und den daraus resultierenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten sei der städtische Haushalt, insbesondere die Armenunterstützung, ohne das Octroi nicht zu bestreiten.505 Die Konsequenzen der Steuerreform wurden der Regierung übertragen, von der man intern einen Zuschuss erwartete.506 In Aachen war der missliche Zustand der städtischen Finanzen seit 1817 mit einer bedeutenden Erhöhung der Octroisätze verbessert worden, was – ebenso wie in Trier – zu einzelnen Steuerverweigerungen geführt hatte.507 Eine Kompensation für den Verlust
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Nach Bär, Geschichte, S. 130 f. hatte auch Ingersleben auf den respektlosen Ton der Petition hingewiesen, sie auf den Einfluss von Görres zurückgeführt und eine Missbilligung gefordert. StAK 623 2186, Eintrag vom 20.8.1819. Der Vorwurf lautete, daß die königlichen Ministerien die Persönlichkeit des Oberbürgermeisters in Anspruch genommen und dadurch ein Unrecht zugefügt, das seinem Amte fremd sei. StAK 623 2186, Eintrag vom 20.8.1819, wobei die Adresse weitere Informationen zur Wirtschaft und zur Steuergesetzgebung in Koblenz beinhaltete. Daneben wurde auch hier das Verfassungsversprechen im Besitzergreifungspatent erwähnt. StAD 90010, Protokoll vom 21.8.1819. Als einziger Adeliger war Hofrat von Heister anwesend. Die Adresse ist bei Most, Geschichte Bd. 2, S. 281–283 vollständig abgedruckt und in der Bremer Zeitung Nr. 261 vom 18.9.1819 auszugsweise veröffentlicht worden. Ebd., wobei man große Verluste (größere als irgendeine ihrer Schwesternstädte am Rhein) verzeichnet hätte und u. a. durch den Stapel und den Entzug des Appellationsgerichts große Opfer bringen musste. Nach ebd. wurde die Petition mit der Forderung beendet, dass doch wenigstens der Verlust von 14.000 Thlr., welche nebst vielem anderen der städtischen Kasse entzogen worden, derselben wie das strengste Recht es fordert, von der Staatskasse ersetzt werden. Vgl. auch StAD 90010, Protokoll vom 21.8.1819. StAAc PRZ 1–259, Eintrag vom 24.11.1817. Die Erhöhung der Octroisätze war nach ebd., Eintrag vom 9.7.1814 ein Vorschlag der Handelskammer gewesen. Siehe hierzu auch die Eingabe der Essigfabrikanten
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dieser Einnahmen von fast 150.000 Francs wurde bereits 1818 von Hardenberg in Engers erbeten und dem Rat zu seiner größten Verwunderung nicht bewilligt.508 Noch vor dem Düsseldorfer Stadtrat, am 18. August 1819, schrieben daher auch Guaita und die Aachener Notabeln im Namen aller großen Städte der Rheinprovinzen an den Staatskanzler.509 Ihrer Meinung nach, seien alle diese Städte […] durch die neuen Steuergesetze hinsichtlich ihres Finanzwesens in den unendlichen unglücklichen Zustand versunken wie die Stadt Aachen; alle [seien] aber auch, so viel bekannt, mit Vorstellungen und Anträgen auf Entschädigung eingekommen und sind sogar der Stadt Aachen hierin vorangegangen. 510 Neben den bereits genannten Kontakten zur Kölner Notabelngesellschaft, konnten fünf amtierende Stadträte dieses Argument der Nachahmung potentiell durch Informationen aus verwandtschaftlichen Beziehungen zu Familien aus den anderen Bezirksstädten stützen.511 Mit nüchternen Ausführungen zur sozialen Lage der Einwohner, die jede fernere Besteuerung der Bürger unmöglich mach[t]en, stand die Finanzlage der eigenen Stadt als Theil des Staats-Körpers und der Rheinprovinzen im Vordergrund der Petition.512 Das Ergebnis der Erörterung lautete wie folgt: Die Verhältnisse der Städte der älteren Provinzen der Monarchie können mit jenen der neuen Provinzen noch nicht verglichen werden, indem der öffentliche Besteuerungsfuß die Verhältnisse der Gemeinden überhaupt und in specie die Art der Communal-Verwaltung nach den respectiven Verfassungen zu sehr von einander verschieden sind. 513 Hardenberg, der mit einer einheitlichen Steuergesetzgebung gerade dieses Ungleichgewicht zu beheben suchte, ging auf dieses in den darauffolgenden Jahren immer lauter werdende Argument nicht ein. Er antwortete kurz und bündig, dass das Interesse einer Gemeinde dem höheren Interesse des Staates augenblicklich nachstehen müsste, 514 woraufhin ihm die Stadträte die Stadtrechnung als sprechendsten Beweis für die traurige Lage Aachens zurücksendeten.515 unter ebd., Eintrag vom 10.6.1816. Die Steuerverweigerung wird unter ebd. PRZ 1–251, Eintrag vom 27.1.1814 diskutiert, vgl. Jeworrek, Armut, S. 124. 508 StAAc PRZ 1–1, Eintrag vom 18.8.1819. 509 Ebd. 510 Ebd. 511 Vgl. die Angaben im Anhang, wonach Johann Friedrich Wagner, Johann Theodor Peltzer und Carl Springsfeld Kontakte nach Düsseldorf unterhielten. In Trier war der Sohn von Stadtrat Bochkoltz, Sebastian August, mit der Tochter des Kölner Steuerrats außer Diensten Ludwig Leopold Wilhelm Hauchecorne und dessen aus der bekannten Aachener Familie stammenden Ehefrau Charlotte Amalia Louisa Angelica Dautzenberg verheiratet. Der ehemalige Bürochef der Präfektur in Aachen, Johann Peter Franz Dautzenberg, war ab 1820 Stadtrat, sein Bruder Lambert übernahm das Amt des Steuereinnehmers. Haws Onkel, der Koblenzer Stadtrat Lippe, hatte zuvor als Finanzdirektor in Aachen gearbeitet. Der Trierer Beigeordnete Kayser war der Schwager des Aachener Tuchfabrikanten Franz Alexander Hubert Nellessen, Landrat Perger war in Aachen geboren. 512 StAAc PRZ 1–1, Eintrag vom 18.8.1819. Die Rede war von der gänzliche[n] Erschöpfung der Bürger durch die vielen bisherigen beinahe eine Million Franken betragenden extraordinairen Beyträge. 513 Ebd. 514 StAAc PRZ 1–1, Eintrag vom 30.11.1819. 515 Ebd., vgl. auch das Protokoll unter ebd. vom 12.2.1820.
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Als sich dennoch nichts an dem Budget für 1820 änderte, brachte Wilhelm Daniels als neuer Oberbürgermeister mit 15 Räten eine förmlichen Protestation gegen den Ausfall von 56.067 Talern vor die Stufen des Thrones und folgte dem Beispiel der Stadt Trier.516 Eine Abschrift der Petition findet sich weder in den Stadtratsprotokollen noch in den Regierungsakten. Das Schreiben wurde auch auf Nachfrage nicht weitergeleitet, weil der Rat der Überzeugung war, dass das Budget der Stadt Aachen nach den bestehenden Gesetzen nur von seiner Majestät dem Könige festgesetzt werden könne. Auch hier waren die Petitionsrichtlinien zweitrangig und eine eigene Positionierung innerhalb der Verwaltungshierarchie handlungsleitend.517 Rechts des Rheins wurde eine zweite Petition erst im Frühjahr 1820 verfasst. Wieder handelten die Düsseldorfer Räte zu spät, denn das zweite Steuergesetz war bereits erlassen worden.518 Die Hälfte von ihnen – u. a. Regierungsrat von Dorsten und die meisten anderen Adeligen – hatten das Gremium zu diesem Zeitpunkt bereits verlassen. Von den übrigen Stadträten konnte scheinbar niemand genaue Erkundigungen über die Aktivitäten in den Nachbarstädten einholen. Dafür waren mit dem ehemaligen Kriegs- und Domänenrat Johann Georg von Ammon und dem einstigen Kommissar an der jülichbergischen Rechnungskammer Leopold Wilhelm Custodis zwei für die Finanzpolitik hilfreiche Verwaltungsbeamte hinzugekommen.519 In fast wörtlicher Übereinstimmung mit den Koblenzer Räten hatten die Düsseldorfer Notabeln in ihrer ersten Adresse bereits die provokante Frage gestellt: Dürfen wir nicht vielmehr mit Recht erwarten, daß bei Einführung neuer Abgaben, uns wenigstens eine bera thende Stimme vergönnt, […] das Gutachten der rheinischen Magistrate, dieser einzigen noch übrigen Vertreter des rheinischen Volkes eingeholt werde? 520 Womöglich wussten sie, dass diese Gutachterfunktion dem Grafen von Spee, Professor Benzenberg und anderen einsichtsvollen Eingesessenen der Provinz 521 verliehen worden war – ihnen selbst und den anderen Stadträten wurde sie erst im Nachhinein zugesprochen.522 516 StAAc PRZ 1–1, Eintrag vom 10.4.1820. Den Anlass hierzu bot das von der Regierung übermittelte Budget. 517 Ebd., nach ebd. Eintrag vom 1.5.1820 war die Eingabe am 24.4.1820 abgegangen. Auch auf Nachfrage erhielt Reiman keine Abschrift, da die königliche Regierung bey all ihrer Sorgfalt und Gewogenheit […] unseren Nothstande nicht abzuhelfen vermag. 518 Vgl. die Adresse an das Innenministerium unter StAD 90010, Protokoll vom 8.6.1820. Advokatanwalt von Josten stand dem Rat zu dieser Zeit als erster Beigeordneter vor. 519 Nach ebd. prüfte Custodis bereits am 31.7.1820 die städtische Rechnung. 520 Bremer Zeitung Nr. 261 vom 18.9.1819 und Most, Geschichte Bd. 2, S. 281, auf die Frage erfolgte der Vorwurf: In der Abtheilung des Staats-Raths, von welcher die Berathungen über die Anordnung und Feststellung der Steuern ausgehen, sitzt kein Rheinländer. 521 Wilhelm Anton von Klewiz führte dies am 31.7.1819 unter LHAK 441 5125, Bl. 78 als Argument gegen die erste Koblenzer Petition an. 522 Spee war nach ASH T 138 am 5.8.1817 zu einer Conferenz über Einführung von 7 neuen indirecten Steuern bei der Regierung eingeladen worden. Unter ebd. sprach er sich für die Besteuerung von Bier und Branntwein statt des Brotes und Fleisches aus, da sie mehr oder weniger entbehrlich sind. Zu Benzenberg, der nach Gothein, Cöln, S. 148–150 für das Octroi eingetreten war, vgl. dessen Ausführungen zu den
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Im Frühjahr 1820 war eine Meinungsäußerung über das am 30. Mai 1820 erlassene Steuergesetz von Seiten Berlins explizit gewünscht und eine Mitsprache der Stadträte formal gewährleistet. Dabei wurden ihnen zwei Alternativen für die verlorenen Einkünfte angeboten. Zur Auswahl stand ein Anteil an der Klassensteuer oder ein Zuschlag auf die Mahl- und Schlachtsteuer, d. h. die Besteuerung von Brot und Fleisch. Die französische Steuergleichheit und die praktikable Trennung von Staats- und Gemeindesteuern standen folglich nicht mehr zur Diskussion.523 Daraufhin verfassten alle Stadträte umfangreiche Gutachten, in denen beide Steuervorschläge detailliert durchleuchtet und negativ bewertet wurden.524 Eine antiquierte, auf dem Ständeprinzip beruhenden Klassensteuer galt wegen der undurchsichtigen Erhebungsmodalitäten als unausführbar 525 und kam schon aus Prinzip nicht infrage. Die Kopfsteuer beruhte auf äußeren Wohlstandsmerkmalen und war in Preußen an die Stelle der gescheiterten Einkommenssteuer gerückt.526 Als Quotitätssteuer war sie vor allem deswegen unbeliebt, weil sie das gesamte Steueraufkommen der subjektiven Meinung des Stadtrats überließ, der die unliebsame Aufgabe hatte, alle Haushalte nach Maßgabe ihrer Standes-. Vermögens-, Besitz und Gewerbs-Verhältnisse 527 und zahlreichen Einzelinstruktionen, Ergänzungen und Ausnahmen in fünf Klassen einzuteilen.528 Auch
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Zollgesetzen unter Benzenberg, Handel, S. 373–393. Zu den allgemeinen Beratungen im Vorfeld siehe Käding, Finanzreform, S. 37–40 und Mathiak, Klassensteuer, S. 19–24, der im Wesentlichen Dieterici, Geschichte und die dort abgedruckten Beratungen im Staatsrat zusammenfasst. Vgl. Mathiak, Klassensteuer, S. 11, Burg, Verwaltung, S. 92 f. und das Gesetz vom 30.5.1820 in: GS 1820, S. 134–151. Zur Gemeindefinanzierung vgl. zusammenfassend Siegert, Steuerpolitik, S. 298–300, Schubert, Regierung, S. 265–267 und Kapitel III. 3.3. Mathiak, Klassensteuer, S. 25. In Koblenz erging nach StAK 623 2186, Protokoll vom 28.7.1820 die Weisung zum Gutachten durch Landrat Burret. Es findet sich unter ebd. 2568. Für Trier vgl. die noch immer vorhandene Hoffnung auf die Beibehaltung des Octrois unter Tb 100/8, in den Protokollen vom 9.2. und 6.6.1820. In Köln wurde das Thema unter HAStK 410 A7 am 8.6.1820 besprochen, vgl. Gothein, Cöln, S. 148 f. In Aachen erklärte der Rat unter StAAc PRZ 1–1, Protokoll vom 9.2.1820 seine Zustimmung zur Einführung einer wenn auch noch so geringen Abgabe von dem Brode der geringeren Volks-Classe nicht ertheilten, folglich dem Vorschlag wegen Besteuerung des Getreides nicht beipflichten zu können, vgl. auch die Akte OB 115–1. StAK 623 2568, Schreiben des Oberbürgermeisters vom 31.7.1820. Er hatte einen Ausschuß aus Notabeln der Stadt gebildet und die Ergebnisse unter ebd., Protokoll der Sitzung vom 28. bis 31.7.1820 dokumentiert. Koselleck, Reform, S. 171 und S. 533–540, vgl. Bär, Geschichte, S. 131 f. und Dieterici, Geschichte, S. 48– 57, Siegert, Steuerpolitik, S. 89 f. und S. 134–156. Schimmelpfennig, Sammlung, S. 102, nach ebd., S. 87 wurde am 8.10.1821 bestimmt, „daß die Klassensteuer den Karakter einer persönlichen Steuer hat, welche der Besteuerte nicht mit Rücksicht auf sein Gewerbe, Grundeigentum oder sonstiges diesseitiges Vermögen zu entrichten verbunden ist.“ Koselleck, Reform, S. 532–539, relativiert bei Mathiak, Klassensteuer, S. 30–33, vgl. das Gutachten aus Koblenz unter StAK 623 2568, Protokoll vom 28.7–31.7.1820, Bl. 5. Zur praktischen Erhebung siehe Mathiak, Klassensteuer, S. 30–34. Nach Schimmelpfennig, Sammlung Bd. 2, S. 82–94 waren u. a. Standesherren, Geistliche, Lehrer, arme und invalide Personen befreit. Venedy, Preussen, S. 151 beklagt den festgesetzten Höchstsatz der Steuer als schreiende Ungerechtigkeit. Er belief sich nach Spoerer, Steuerlast, S. 51 bis 1851 auf 144 Taler.
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waren sich die rheinischen Notabeln sinngemäß alle darüber einig, dass die Mahl- und Schlachtsteuer abzulehnen sei, weil sie die unentbehrlichsten Lebensbedürfnisse, der Armen einzige Nahrung – das Brot – am härtesten treffe.529 Sie übersandten ihre Schriften weisungsgemäß den Regierungen und holten sich die Unterstützung weiterer Vermittlungspersonen ein. In Köln wünscht[e] der Stadtrath, daß das Oberbürgermeister-Amt alles aufbiethen möge, um im Besitze der Erhebung der Abgabe von Brennmaterial zu bleiben. 530 Auch ohne Mylius wurde dazu eine weitere Petition an Hardenberg verabschiedet, die Handelskammer und die Armenverwaltung zum Handeln animiert und eine Deputation aus Koch, Boisserée, Herwegh und Steinberger zur Regierung entsandt. Mit dieser Personengruppe – allesamt Stadträte – standen faktisch alle drei genannten städtischen Einrichtungen und die Verfasser der ersten Steuerpetition persönlich für die Forderungen ein.531 Diese Zusammenarbeit war für die Finanzverhältnisse von großer Bedeutung, weil sich alle drei Haushalte nach den Steuereinnahmen richteten und sich zeitweise ergänzten oder wechselseitig bedingten.532 Auf der gegenüberliegenden Rheinseite beschloss Schramm in seiner letzten Sitzung, daß dieser Gegenstand am geneigtesten von den künftigen Landständen […] berathen werden könne. 533 Nach seinem Austritt übernahm bezeichnenderweise Professor Paul Brewer gemeinsam mit drei weiteren Räten die Erörterung dieses Gegenstandes. 534 Obwohl das Ergebnis nicht protokolliert wurde, kündigte sich in der Kommissionsbildung eine Verbesserung der Verwaltungstätigkeit an, die mit der Präsenz Brewers zusammenhing.535 In Koblenz verfasste Landrat Burret eine eigene, vermeintlich unabhängige Beschwerde über die Aufhebung aller Octroi und Aczise Steuern. 536 Als Zensor hatte er die erste Steuerpetition des Stadtrats durchgewunken, gegenüber der Regierung distanzierte er sich von dem Handeln der Notabeln und verteidigte es gleichermaßen: Wie wird man ein Volke, 529 StAK 623 2186, Eintrag vom 28.7.1820. Unter ebd. heißt es weiter, dass die bedürftige Klasse […] jene Bedürfnisse durch feinere Lebensgenüsse nicht ersetzen könne. Ähnlich StAAc PRZ 1–1, Eintrag vom 9.2.1820. Der Kölner Rat fragt im Beschlussbuch unter HAStK 410 A7 Eintrag vom 8.6.1820, ob es würklich nothwendig sey, eine so hohe zusätzliche Abgabe von einem Gegenstand zu erheben, der zu den unentbehrlichsten Bedürfnissen der Armen und in größeren Verhältnisse als Brennmaterial gehört, vgl. StATr Tb 100/8, Eintrag vom 10.11.1820. Zur Einschätzung siehe Spoerer, Steuerlast, S. 51–55, Mathiak, Klassensteuer, S. 34 f. und Siegert, Steuerpolitik, S. 108–112. 530 HAStK 410 A7, Eintrag vom 8.6.1820. 531 Vgl. das zweite Gutachten und die entsprechenden Maßnahmen unter HAStK 410 A7, Eintrag vom 5.9.1820. 532 Abgesehen davon, dass die Finanzierung städtischer Projekte mit der Handelskammer abgestimmt und der Handel auf dem Rhein über die Kammer abgewickelt wurde, fehlte ihr nach Kellenbenz/van Eyll, Geschichte, S. 104 f. der Haushaltszuschuss aus der Patentsteuer, d. h. 4.317 Francs. Zur Verbindung zwischen Armen- und Stadtverwaltung siehe Mettele, Bürgertum, S. 135–142 und Kapitel III. 3.3. 533 StAD 90010 Protokoll vom 13.7.1820, worin der Stadtrat festhielt, daß die neue Besteuerung ihm nicht anders als widerrechtlich vorkommen müße. 534 Ebd., Protokoll vom 1.9.1820. 535 Ebd., wonach außerdem Bankier Friedrich Heinrich Hoffmann, Kaufmann Juppen und der Beigeordnete Carl Heubes zur Kommission gehörten. 536 LHAK 441 11550, Schreiben vom 19.12.1819 mit einem beigefügten Gutachten des Stadtrats.
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daß seit zwanzig Jahren alle Gattungen von Auflagen und Steuern erfahren, und dem hierbey zugleich alle Ansichten davon immer erläutert worden, welches mithin das schädliche und nützliche einer Verwaltung schnell durchschaut, die Überzeugung benehmen, daß erhöhte direkte Auflagen den Wohlstand untergraben? 537 Trotz dieser provokanten Frage, seiner Nähe zur Notabelngesellschaft und der offensichtlichen Lüge, vom Inhalt des Steuerprotests nichts gewusst zu haben, konnte Burret vermitteln. Die Regierung billigte die vorübergehende Fortführung der Octroi erhebung und leitete seine Ausführungen mit einem positiven Kommentar weiter.538 Es war Edmund von Schmitz-Grollenburg, der bereits mehrfach im Sinne der lokalen Eliten gehandelt hatte und jetzt als Regierungspräsident vom Ministerium zurechtgewiesen wurde. Anfang des Jahres 1821 wurde ihm zur Verminderung aller ferneren Anträge dieser Art ein für allemal eröffnet, daß eine dem Staatssteuer-System nicht entsprechende, eine Kontrolle jeder Importation und des Marktverkehrs nothwendig machende Steuer wie sie hier vorgeschlagen worden ist, niemals genehmigt werden wird. 539 Daraus lässt sich ableiten, dass die von den Regierungsbeamten unterstützte, durchaus lukrative Weitererhebung der Octroigebühren von der Berliner Zentrale abgelehnt wurde, um dem Primat der Wirtschaft und den Reformen in diesem Bereich treu zu bleiben.540 Der Koblenzer Stadtrat selbst sah sich in der Zwickmühle und hatte nach eigenen Aussagen als einerseits eine Verwaltungsbehörde, damit begonnen, den Befehl der Regierung zur Einführung der Steuer zu vollziehen. 541 Er schlug plötzlich neue Töne an und rekurrierte auf alte Amtsbegriffe, insofern die Ausführung unmissverständlich auf den Befehl folgte, nicht (mehr) infrage gestellt wurde und der „Vollzug“ die entscheidende Formel darstellte.542 Als Vertreter unserer Verwalteten andererseits sahen sich die Notabeln jedoch gezwungen, diese Aussage zu relativieren und dem König ein weiteres Mal zu schreiben.543 Somit änderten sie zwar ihre Wortwahl, hielten aber an dem Prinzip der Verantwortlichkeit fest und ignorierten weiterhin, dass dieses in der preußischen Verwaltungsordnung von den ehemaligen Ratsgremien auf die mittleren Regierungsbeamten übergegangen war.544 Noch dazu belehrten sie den König darüber, daß es keinem Haushalte ersprießlich sey, die Gegenstände, die der Mensch in jedem auch dem königlichen Zustande sein Leben fris537 Unter ebd. behauptete er am 30.1.1820 folgendes: Wie sich der Stadtrath hierüber in seiner Vorstellung […] ausgesprochen ist mir unbekannt, da dieselbe mir nicht zugekommen. Der Akte sind weitere negative Gutachten der Landräte von Neuwied, Mayen und Linz beigefügt, vgl. Schubert, Regierung, S. 42. 538 Vgl. das Schreiben des Innenministeriums vom 20.12.1819 und die Antwort der Regierung am 12.3.1820 unter LHAK 441 11550 und Bär, Geschichte, S. 128. 539 LHAK 441 11550, Schreiben des Innenministeriums vom 19.3.1821. 540 Mathiak, Klassensteuer, S. 12 f. 541 StAK 623 2186, Stadtratsprotokoll vom 28.7.1820. 542 Vgl. hierzu Haas, Kultur, S. 133–144, wonach der Begriff „für eine absolutistische Regierungspraxis signifikant gewesen“ sei und Ellwein, Verwaltungshandeln, S. 49–51. 543 StAK 623 2186, Stadtratsprotokoll vom 28.7.1820. 544 Vgl. Kapitel II. 3. und Haas, Kultur, S. 191–193.
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ten muß, mit Abgaben zu belasten. Ohne ein Urtheil über allgemeine Finanzmaaßregeln des Staates fällen zu wollen, taten sie genau das und stellten nochmal die allerunterthänigste Bitte, daß es Eurer Majestät allergnädigst gefallen möge, die beiden Steuerentwürfe nicht zur Ausführung gelangen zu lassen. 545 Die hier offen ausgesprochene Gleichstellung des Königs mit seinen Untertanen lässt sich auf semantischer Ebene den Implikationen der väterlichen Rolle des Königs zuordnen, die dieser in der Teuerungskrise selbst vertreten hatte. Mit der Äußerung wurde die darin eingeschriebene und von Monika Wienfort bemerkte Chance, „die Beziehung zwischen Monarch und Untertan zumindest auf semantischer Ebene gleichwertig zu gestalten“546 folglich auf die Spitze getrieben.547 So lässt die dritte Bittschrift der Vertreter des mittelrheinischen Oberpräsidiums einen vordergründigen Anpassungsprozess an die preußischen Kommunikationsanforderungen erkennen. Nichtsdestotrotz war sie erneut ausgesprochen selbstbewusst formuliert und durchaus repräsentativ für die Meinung der anderen Stadträte. Doch dieses Mal stand sie für sich und blieb unbeantwortet. Ohne weitere Erklärungen wurden beide Steuervorschläge in allen Bezirksstädten, die Mahl- und Schlachtsteuer innerhalb und die Klassensteuer außerhalb der Stadttore, eingeführt. Ein Zugeständnis bestand im Kölner Stapel und ähnlichen, weitaus niedrigeren Gebühren an den Warenumschlagplätzen an Rhein und Mosel. Auch wurde die Türenund Fenstersteuer in allen Städten – außer in Düsseldorf – ohne zuviel Aufsehen [zu] erregen weiter erhoben und war für die Stadträte in den 1820er Jahren wie ein städtisches Einkommen geworden. 548 Die Einwohner konnten die neuen Lebensmittelpreise in der Tagespresse einsehen, aber nicht mehr bewerten. Schärfere Zensurbestimmungen machten kritische Kommentare und die Veröffentlichung behördeninterner Schriften fortan unmöglich und reduzierten die öffentliche Verwaltungskommunikation auf das Mindeste. Die von allen Stadträten vorhergesagten Folgen bestanden in einer Verkomplizierung der Steuererhebungsmodalitäten, in einer Verringerung der städtischen Einnahmen und in einer Übertragung der Hauptsteuerlast auf die unteren sozialen Schichten.549 Damit hatten sich alle unteren Amtsträger der fünf Verwaltungszentren in der Steuerbewegung erstmals geschlossen auf eine Haltung verständigt, sie der Obrigkeit offen mitgeteilt und im Verwaltungsschriftum dokumentiert. Mit der kollektiven Selbstbeschreibung als „Rheinprovinzen“ erhielt die politische Einheit ihren Namen und wurde 545 StAK 623 2186, Stadtratsprotokoll vom 28.7.1820. 546 Wienfort, Monarchie, S. 199. 547 Ebd., ähnlich Büschel, Untertanenliebe, S. 322–329, der damit seine unter ebd., S. 27 an dieser These geübte Kritik relativiert. 548 StAAc PRZ 1–1, Eintrag vom 23.3.1820, vgl. Gothein, Cöln, S. 147. Der Petition vom 9.9.1819, abgedruckt bei Most, Geschichte Bd. 2, S. 283, zufolge hat die Steuer auf der rechten Rheinseite „nie bestanden“, vgl. Schremmer, Steuern, S. 80 f. 549 Vgl. Spoerer, Steuerlast, S. 54 f.; Hansen, Preußen, S. 44–46; Schremmer, Finanzreform, S. 117; ders., Steuern, S. 118–143 betrachtet die Gesetze als „fiskalische[n] Grundlagenkompromiss“ und schätzt die Steuerbelastung eher gering ein.
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zuerst von den zwei Stadträten, die sich nicht am Rhein befanden, argumentativ ins Feld geführt – und das, vier Jahre bevor sie zur Bezeichnung der Verwaltungseinheit wurde.550 Analog zur Verfassungsbewegung sprachen die Notabeln weiterhin für ihre „(Mit-) Bürger“, die „Bevölkerung“ oder die „Einwohner“ ihrer Stadt bzw. der ganzen Provinz und bezeichneten diese nur selten als „Untertanen“. Das „biedermeierliche Klischee“551 des guten Untertan taucht in den Petitionen nicht auf. Stattdessen schien die dem „Gemeinwohl“552 gewidmete „Bürgerpflicht“ im Interesse der „öffentlichen Meinung“ an die Stelle des Untertanengeistes gerückt zu sein.553 Monika Wienfort ist daher beizupflichten, dass sich der dem Begriff inhärente Aspekt der Unterwürfigkeit „mit der selbstbewußten Artikulation politischer Forderungen im Vormärz nur bedingt vereinbaren“554 ließ – zum Beispiel dann, wenn es darum ging, ihn durch eine „Privatisierung des Verhältnisses“555 zwischen Monarch und Untertan zu negieren.556 Es liegt nahe, die an das französische Gleichheitsmodell angelehnten sozialen Beschreibungs- bzw. Denkkategorien der Stadträte weniger als bewusste Partizipationsstrategien zu interpretieren, als vielmehr mit ihrem Selbst- und Ehrverständnis und einem unterschwelligen Fortleben der gewohnten Verwaltungssprache zu erklären. Jedoch konnte gezeigt werden, dass mit dem Abfassen der Petitionen ein erheblicher Arbeitsaufwand mehrerer Personen verbunden war, die sich ihrer Position in der Verwaltungsordnung durchaus bewusst waren und ihre Worte nicht willkürlich wählten. Der Stadtrat von Koblenz machte beispielsweise in seiner letzten Steuereingabe aus „Mitgliedern des gesellschaftlichen Systems Verwaltete“557 und konnte mit diesem Terminus seine eigene Vermittlungsfunktion stärken ohne auf den „staatlich-ständische[n] Doppelsinn der Untertänigkeit“558 zurückzukommen. Dabei verwundert es nicht, dass sich die von Stefan Haas beschriebene Entsubjektivierung der Verwaltungssprache zuerst in der Stadt bemerkbar machte, in der das Kanzleidekorium auch zuvor keinen großen Anklang gefunden hatte.559 In Trier schob Haw von der Regierung bemerkte Mängel an seinem Berichtstil
550 Vgl. Gerschler, Oberpräsidium, S. 199. 551 Wienfort, Monarchie, S. 197. 552 Der Begriff ist nach Hettling, Gemeinsinn, S. 62 als ein „Grundwert der bürgerlichen Gesellschaft“ zu verstehen, vgl. ausführlich Bluhm/Münkler (Hgg.), Gemeinwohl und Kapitel III. 2.4 sowie die französischen Ursprünge erwähnt in Kapitel II. 1. 553 Wienfort, Monarchie, S. 194–203, vgl. die Wortwahl in der Koblenzer Petition vom 27.6.1819 unter StAK 623 2186. Zum Begriffsfeld zwischen Untertan und Staatsbürger siehe grundlegend Molitor, Untertan und Koselleck, Reform, S. 660–662, in erweiterter begriffsgeschichtlicher Perspektive auch ders., Volk, Riedel, Bürger und als „Ausdrucksform einer Gesellschaft der Gleichen“ Rosanvallon, Gesellschaft, S. 47–61. Für Köln vgl. das Kapitel zu „Stadtbürger oder Staatsbürger“ bei Herres, Köln, S. 141–147. 554 Wienfort, Monarchie, S. 197. 555 Ebd., S. 199. 556 Vgl. die Anspielung der Koblenzer Steuerpetition, wiedergegeben in diesem Kapitel. 557 Haas, Kultur, S. 451. 558 Koselleck, Reform, S. 660. 559 Haas, Kultur, S. 238–242.
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auf die Sekretäre und überließ anderen die Abfassung von Petitionen.560 Dabei ließen sich erste Anpassungsversuche an die Verwaltungssprache darin erkennen, dass die Steuerpetition an die in Preußen üblichen Gutachten erinnerte, indem umfangreiches Expertenwissen den Forderungen eine verstärkte Legitimationsgrundlage verlieh.561 In Köln hatte die Mobilisierung von Unterstützungspersonen einen ähnlichen Effekt. Inwieweit diese Partizipationsstrategien zielführend waren und ob diskursive Sinnverschiebungen in der Verwaltungssprache eine reale Wirkmacht entfalteten, sollte sich in den darauffolgenden Jahren herausstellen. Für den Moment war die Steuerbewegung gescheitert. 2.3 Partizipationsformen im Verwaltungsalltag: Implementations- und Kommunikationsprobleme am Beispiel der Steuergesetzgebung Wie gingen die Stadträte mit der Niederlage ihrer Partizipationsversuche um? Zunächst galt es der noch immer durch die Ernteausfälle und Truppendurchmärsche gebeutelten Bevölkerung die gestiegenen Preise zu erklären und sich von der Verantwortung für die Steuergesetzgebung loszusagen, zumal einige Notabeln in den vorangegangenen Jahren als Departementsräte daran mitgewirkt hatten. Dabei hatte der Koblenzer Stadtrat bereits in seiner ersten Petition erklärt, warum ihre Publikation sinnvoll war – aus Selbstschutz, damit nicht eben seine Untätigkeit und sein Schweigen als Einwilligung und Entsagung gelten möge, und dann die Schwere der Verantwortlichkeit gegen seine Verwaltung, und gegen die künftige Standesversammlung, auf ihn zurückfalle. 562 In Köln sollte die Regierung gebeten werden, dem Publikum offiziell eine Erläuterung über die Ursache zu geben, warum der Brodpreis von der Polizeybehörde gerade in dem Augenblicke um 4 Taler erhöht worden sey. 563 Anders als 1817 war dem Stadtrat die eigenständige Kommunikation der übergeordneten Behörde mit der Bevölkerung im Jahr 1820 Recht, um ihr die Schuld an der Steuererhöhung anzulasten. Im Regierungskollegium wurde nämlich laut Eberhard von Groote auf die Ersparungsvorschläge des Stadtrats […] nach ächt berlinischen Grundsätzen gar nicht eingegangen. 564 Sein Vorwurf, dass die Stadt vielmehr gezwungen werden [sollte], alles zu zahlen, und die Regierung nicht bereit war, ihr neue Hülfsquellen zu eröffnen stellte sich allerdings als haltlos heraus und hing mit Grootes Ärger über seine eigene Verpflichtung zur Steuerzahlung zusammen.565 Solms560 Haase, Haw, S. 206. 561 Vgl. Kapitel III. 4.2, Haas, Kultur, S. 421, Raphael, Recht, S. 153, Henning, Gutachtertätigkeit sowie allgemein Rudloff, Verwissenschaftlichung. 562 StAK 623 2186, Stadtratsprotokoll vom 27.6.1819. 563 HAStK 410 A7, Eintrag vom 5.9.1820 mit der Begründung, dass dies höchst nachteilig auf die öffentliche Meinung gewirkt habe. 564 Ebd. 1552 A1/23, zu den Vorschlägen, worin u. a. auch von Einstellung der Nachtwächter und Straßenbeleuchtung, von Uebernahme der Zuschüsse zum Polizeipräsidium auf Staatskasse usw. die Rede war, vgl. Tagebucheintrag vom 16.6.1819. 565 Nach ebd. kam das Elend der Stadt wieder zu Sprache wegen des aufgehobenen octrois. Groote ärgerte sich vielfältig über 4 Rthl. obschon [er] noch immer umsonst dienen musste, vgl. hierzu Kapitel II. 4.
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Laubach und Regierungspräsident Ludwig Freiherr vom Hagen setzten sich für die Belange des Stadtrats ein, obwohl sie selbst mit finanziellen Schwierigkeiten in ihrer Behörde zu kämpfen hatten.566 In Berlin war das Kölner Oberpräsidium nicht gerade für eine effektive Verwaltungsarbeit bekannt, sodass es nach dem Tod des Oberpräsidenten 1822 – unter anderem wegen mehrerer Unterschlagungsaffären – der Verwaltungsbehörde in Koblenz unterstellt wurde.567 Dass sich die Ratsherren nicht gegen den erneuten Statusverlust ihrer Stadt verwandten, keinen Steuerprotest an den König versandten und sogar um den Regierungssitz fürchteten, verdeutlicht das Ausmaß der vorangegangenen Skandale.568 Im Gegensatz zu ihren Kollegen in Aachen wurde ihnen schließlich die erhoffte Abgabe auf Brennmaterial verweigert, das Stapelrecht und die damit verbundenen Gebühren blieben jedoch vorerst erhalten. Daraus ergab sich ein Plus in Höhe von durchschnittlich 57.000 Talern in der Stadtkasse und ein erheblicher Vorteil gegenüber den anderen Städten in der Provinz.569 Ähnlich glimpflich kam die Stadt Aachen davon. Neben dem Sonderrecht zur Erhebung einer Brennmaterialiensteuer wurden das sogenannte Spieloctroi, eine Abgabe auf die während der Kurzeit erlaubten Glücksspiele, nicht abgeschafft und die durch Napoleon verstaatlichten Badehäuser der Stadt zurückgegeben.570 Die Kölner Räte hatten ihre Aachener Kollegen bereits 1815 um diese unversiegbaren Quellen des Wohlstands 571 beneidet. In Bezug auf die Steuergesetzgebung sprachen sich diese in ihrer ersten Petition von jeder Verantwortung frey 572 und drohten der Regierung damit, dass mit der Einführung der Steuern die Verwaltung ganz in Stocken gerathen und so viele daraus unvermeidlich entstehende traurige Folgen eintreten sollten. 573 Der Rat beabsichtigt[e] keineswegs Ausweichungen, er fühlt[e] die Noth seiner Mitbürger und verweigerte seine Mitarbeit.574 Regierungspräsident von Reiman wurde mit der zweiten Petition eröffnet: Sollten durch566 Das belegt beispielsweise das Schreiben vom 16.6.1822 an Regierungspräsident von Reiman in Aachen unter LA NRW R Reg. Aachen 1227, Bd. 1 Bl. 1 f., vgl. Klein, Regierungspräsidenten, S. 68–70; Gothein, Cöln, S. 144 und S. 146; Herres, Köln, S. 54. Zu Hagen siehe Bönisch, Köln, S. 52 f. 567 KO vom 27.6.1822, vgl. Gerschler, Oberpräsidium, S. 196–199. 568 Der Entwurf der Petition findet sich unter HAStK 410 A1, Eintrag vom 26.6.1820, eine weitere ist unter ebd. A2, Eintrag vom 8.5.1822 erwähnt, vgl. Klein, Regierungspräsidenten, S. 70, Poestges, Personalpolitik, S. 72 und Mayweg, Behörde, S. 171, wonach auch die Auflösung der Regierung Aachens zur Debatte stand. 569 Gothein, Cöln, S. 152, nach ebd., S. 241, machten die Einkünfte ein Drittel des Etats aus. Vgl. HAStK 410 A7, Eintrag vom 13.6.1826, wonach zu den gewöhnlichen Einnahmen von 86.195 Talern 68.732 Taler außergewöhnliche Einnahmen hinzukamen und die Patrimonial- und sonstige Einkünfte 1829 in Höhe von 84.363 Talern unter LA NRW R Reg. Köln 1007. 570 Zur Bedeutung der Kur vgl. Kraus, Aachen, S. 350–359 und S. 398–404, Sobania, Bürgertum, S. 188 und Huyskens, Entwicklung, S. 163–172. Zum Spiel vgl. LA NRW R Generalgouvernement 1473, LHAK 403 2637 sowie Oppenhoff, Spielbank. 571 Petition der Stadt Köln von 1815 zit. n. Mettele, Bürgertum, S. 115. 572 StAAc PRZ 1–1, Eintrag vom 18.8.1819. 573 Ebd. Dabei ging es auch dem Rat von Aachen darum, seine Pflicht und Schuldigkeit gegen die Stadt und seine Mitbürger in der jetzigen bekümmerten Lage bei den hohen und höchst Staatsbehörden ersucht zu haben. 574 Ebd., Eintrag vom 12.2.1820.
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greifende Maasregeln genommen werden so hat es doch wenigstens die Beruhigung für sich, keinen Theil daran genommen zu haben und sollte eure hohe Regierung glauben, daß andere Motive ihn zu diesen wiederholten Erklärungen bestimmen und ihn dadurch das bis hiehin genossene Vertrauen entziehen, so sind sämmtliche Mitglieder bereit ihr Amt in würdige Hände niederzulegen als sich Verantwortlichkeiten blos zu stellen die sie auf keinen Fall auf sich laden wollen. 575 Diese Aussage kann als Erpressungsversuch bewertet werden und spiegelt einerseits das Selbstbewusstsein der Räte und den ständigen Machtkampf mit der Regierung wider. Andererseits wird in dem leichtfertigen Umgang mit dem Mittel der Amtsniederlegung die im weiteren Verlauf der Darstellung noch zu ergründende Amtseinstellung der Notabeln deutlich: In keiner anderen Bezirksstadt der Provinz wurde dem städtischen Ehrenamt ein so niedriger Stellenwert beigemessen wie in Aachen. Die Arbeitsverweigerung war keine leere Drohung. In den darauffolgenden Jahren konnten keine Beschlüsse mehr gefasst werden, da nur noch ein Bruchteil des Rats den Sitzungseinladungen des kommissarischen Oberbürgermeisters Daniels folgte. Der langjährige Stadtrentmeister Debey reichte seine Entlassung ein, Gelder für eine neue Straßenbeleuchtung durch Gaslampen wurden zunächst nicht bereitgestellt und die ohnehin niedrigen Zuschüsse für die Wohltätigkeitskommission nochmals gekürzt. Wie bereits während der Teuerungskrise ging die Meinung des Rats dahin, dass es ihm nicht zur Verbindlichkeit gemacht werden könne, Hülfsmittel zu beschaffen wo keine vorhanden noch zu ermitteln waren.576 Diese Strategie ging auf, weil Reiman ein großes Engagement für sein Amt und die Einwohnerinnen und Einwohner seines Regierungsbezirks an den Tag legte und dabei von Daniels unterstützt wurde. Um das Publikum in jeder Hinsicht zu beruhigen, 577 veröffentlichte Daniels kurzfristig eine Denkschrift, während Reiman – als Sohn eines Finanzbeamten – den städtischen Haushalt langfristig ohne specielle höhere Genehmigung regulierte und sich darüber mit den Regierungspräsidenten der anderen Provinzstädte austauschte.578 575 StAAc PRZ 1–1, Eintrag vom 12.2.1820. Nach ebd. Ob 115–1 wurde die Gesetzesänderung am 5.9.1820 weisungsgemäß durch den Oberbürgermeister bekannt gegeben. 576 Ebd., PRZ 1–1, Eintrag vom 6.10.1819, Sitzung mit der Wohltätigkeitskommission. Vgl. die Einträge unter ebd. PRZ 1–1 vom 18.11.1819, 26.1.1820 und vom 28.3.1820. Unter ebd. wurde der Antrag auf den Erlass der Miete für das Spital von der Hospitienkommission am 17.12.1819 abschlägig beschieden. Nach Fritz, Geschichte, S. 110 war man auch um eine Reduzierung des Zuschusses für das Gymnasium von 12.000 auf 7.000 Francs bemüht, vgl. Jeworrek, Armut, S. 125–137. Zur Arbeitsweise siehe Kapitel III. 3.1 und 4.1. 577 StAAc PRZ 1–1, Protokoll vom 23.12.1819. 578 LA NRW R Reg. Aachen 1227, Schreiben vom 16.6.1822 an Regierungspräsident Hagen in Köln. Eine Genehmigung war nach ebd. nicht nötig, da, solange der in dem Gesetz vom 3. März in Betreff der Regulierung des Gemeinde-Schuldwesens bestimmte Satz von 40 Prozent sämmtlicher Staatssteuern nicht überschritten [werde] es den königl. Regierungen völlig frei [stünde,] bis zur Befriedung der Gemeindebedürfnisse Ausschreibungen zu verordnen und zu genehmigen. Die Korrespondenz mit der Koblenzer Regierung, eingeleitet am 25.3.1820, findet sich unter LHAK 441 6962. Dabei wurden die Steuereinnahmen auch aus Düsseldorf und Trier übersandt, vgl. auch Poll, Reiman, S. 297.
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In Düsseldorf stellten die Amtsträger der unteren Verwaltungsebene Regierungspräsidenten Philipp von Pestel vor ähnliche Implementationsprobleme. Hier sollte nicht der erste Beigeordnete, sondern Landrat von Lasberg die Einführung der Steuergesetze mitsamt der Erstellung des Haushaltsplans übernehmen.579 Die Regierung begründete diese Entscheidung mit einer Vereinfachung und Beschleunigung des Geschäftsgangs. 580 Damit wurde der Stadt ihre ohnehin begrenzte Eigenständigkeit vollends entzogen, weil Lasberg gesetzlich nicht für den Stadtkreis zuständig war. Ihm gegenüber erklärten sich die Notabeln kurzerhand für beschlussunfähig, beriefen sich auf die vorgeschriebene Zwei-Drittel-Mehrheit und verzögerten die Umsetzung der Bestimmungen.581 Sie waren der Ansicht, dass die Ausfälle im Haushalt zuerst mit der Wiederherstellung der Personal- und Mobiliarsteuer oder einer freywilligen Armensteuer gedeckt werden sollten.582 Doch eine Genehmigung des letztgenannten Vorschlags von Brewer ließ auf sich warten. Eine vorübergehende Kommunikationsverweigerung konnte also auch vonseiten der Regierung taktisch eingesetzt werden.583 Den passiven Partizipationsstrategien in Aachen und Düsseldorf stand der Tatendrang der Räte in Köln, Koblenz und Trier diametral gegenüber. In der Domstadt am Rhein hatte die Erhebung der Octroigebühren auf Steinkohlen nicht sofort aufgehört, 584 sodass Monschau als erster Beigeordneter mit einer Geldstrafe belegt wurde. Die Stadträte wiesen die Forderung von 20 Taler auf die Stadtkasse an und entsandten eine Deputation zur Regierung, um das gesetzwidrige Verhalten persönlich zu erklären.585 Die von Stadtrat Herwegh, später von Groote, geführte Armenverwaltung nahm rund zehn Prozent des städtischen Haushalts ein und wurde zu keinem Zeitpunkt infrage gestellt.586 Außerordentliche Investitionen bestanden u. a. in der Straßenbeleuchtung, im Appellhof und in einer Handwerksschule.587 579 Vgl. das Protokoll vom 4.9.1820 unter StAD 90010. Nach LHAK 442 6740 hatte die Düsseldorfer Regierung zuletzt am 21.2.1818 die Personalunion der Bürgermeister- und Landratsstelle im Stadtkreis Düsseldorf gegenüber dem Oberpräsidenten bestätigt. 580 LHAK 403 2778, Bl. 17, Abschrift der Instruktion des Innenministeriums vom 15.4.1826 nach einer Beschwerde des Beigeordneten. Nach Most, Geschichte Bd. 2, S. 296 hatte die Regierung diese Entscheidung Schramm in seinem Entlassungsschreiben mitgeteilt. 581 StAD 90010, Eintrag vom 4.9.1820. 582 Ebd., Eintrag vom 3.5.1820. 583 Ebd., vgl. auch die Sitzungsprotokolle vom 24.10.1821 und 8.1.1822 sowie zusammenfassend Dross, Reform, S. 365 f. 584 HAStK 410 A1, Eintrag vom 24.3.1821. 585 Der Betrag der Werftgebühr wurde unter HAStK 410 A1, am 8.11.1820 beschlossen, zur Strafe vgl. ebd. A7, Eintrag vom 6.4.1821. Nach Gothein, Cöln, S. 147 handelte es sich um 8 Pfennig, die auf das Zentner Steinkohle erhoben worden waren. 586 Spiertz, Groote, S. 195–206 und S. 317, vgl. Mettele, Bürgertum, S. 132–142 und Finzsch, Unterschichten, S. 90 f. In der Aufstellung von 1829 unter LA NRW R Reg. Köln 1007 waren dies 13.997 Taler von insgesamt 126.565 Talern, etwas mehr als für die Unterhaltung des Gemeinde-Eigenthums (13.264 Taler) und etwas weniger als für Schul-Bedürfnisse (13.963 Taler) ausgegeben wurde, vgl. Kapitel III. 3.3. 587 Vgl. HAStK 410 A2, Einträge vom 15.11.1822, 16.4.1823, 5.1.1824, 9.1.1824, 6.8.1824, 26.9.1826, 22.12.1826, 30.3.1827. Weitere Ausgaben nennt Gothein, Cöln, S. 143.
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Auch in Trier war man weit davon entfernt sich von den anfallenden Aufgaben loszusagen. Die Regierung hatte das Entschädigungsgesuch für das Octroi missbilligt und dem Stadtmagistrat Vorwürfe darüber gemacht, das Defizit nicht auf anderen Wege auszugleichen. 588 Gleichzeitig lehnte Delius den Vorschlag einen Teil des Stadtgrabens zu veräußern, um den jährlichen Zuschuss von 6.000 Francs bzw. 1.578 Taler für das Gymnasium aufbringen zu können, ab.589 Für Staatsprokurator Zeininger bot diese widersprüchliche Gegenvorstellung der Regierung 590 die erste Gelegenheit sich als Rechtsbeistand der Kommune hervorzutun. Er war der Sohn eines Bäckers aus Mayen und der Schwiegersohn eines Bäckers in Trier. Da die Mahlsteuer von den Bäckern verrichtet (und in der Regel auf den Brotpreis umgelegt) wurde, belasteten die neuen Steuergesetze die finanziellen Verhältnisse seiner Familie. Im Namen des Stadtrats schrieb Zeininger – nicht der Oberbürgermeister – der Regierung, dass man darauf gezählt [hatte], daß hochdiesselbe als höheres Organ bey den königlichen Ministerien auftreten und sich mit Wärme das Interesse der Gemeinde annehmen werden wie dieß die königl[ichen] Regierungen von Coblenz, Köln und Aachen getan hätten.591 Diese Anschuldigung beruhte auf informellen Informationsquellen, auf die mindestens acht amtierende Räte in ihren Familien zurückgreifen konnten.592 Sie war unfair, denn Delius hatte sich als einer der Ersten im Jahre 1816 für den Erhalt des Octrois bzw. für eine dringend nothwendig[e] und rechtlich begründet[e] 593 Entschädigung ausgesprochen. Auch das dürften die Stadträte gewusst haben, denn Stadtrat Joseph Haw und der mit Zeininger gut bekannte Regierungsrat Hetzrodt hatte diese Empfehlung gelesen.594 Des Weiteren wurde Delius in die Sparkommission des Kronprinzen nach Berlin berufen und war über den finanzpolitischen Kurs des Ministeriums bestens informiert.595 Dessen ungeachtet erinnerte Zeininger ihn an die gültigen Gesetze und das ihnen zugrunde liegende Postulat, daß wenn das Recht zweifelhaft seyn könnte, die Wagschale der Billigkeit durchaus zum Vortheile der Städte hinzieht. 596 Die Eloquenz beruhte nicht nur auf seiner Tätigkeit als Advokatanwalt, sondern auch auf der Mitarbeit bei Hetzrodts Beobachter an der Saar zu Beginn der französischen Herrschaft. Im Vergleich zur Franzosenzeit sei die Stadt so arm geworden, daß sie 588 StATr Tb 100/8 Protokoll vom 29.9.1819. 589 Ebd., mit der Begründung, dass zur Deckung laufender Ausgaben der Verwaltung die Veräußerung des städt. Grundvermögens kein angemessenes und zulässiges Mittel sey. 590 Ebd. 591 Ebd., weiter heißt es: Verzweifelnd an der Hülfe von der Stelle von der wir sie am liebsten erwartete hätten von der schon eine Äußerung der Theilnahme uns viel würde werth gewesen seyn, haben wir uns den Stufen des Throns genähert und in die Arme seiner Majestät des Königs geworfen. Für Koblenz vgl. Bär, Geschichte, S. 126–129 und Käding, Finanzreform, S. 30; für Aachen siehe Mathiak, Klassensteuer, S. 25. 592 Vgl. die Angaben im Anhang. 593 LHAK 402 175, Bericht vom 22.11.1816 an Ingersleben bezüglich der Einführung der Städte-Ordnung. 594 Vgl. Hetzrodts Unterschrift unter ebd., auch Joseph Haw hatte die beiliegende Anlage des Schreibens unterschrieben. 595 Klein, Regierungspräsidenten, S. 71. 596 StATr Tb 100/8, Protokoll vom 29.9.1819.
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scharmroth bey Aufhebung des Oktroi die freywillig angebotene Verzichtsleistung des Herrn Oberbürgermeisters für jetzt hat annehmen müssen. 597 Der hier angedeutete städtische Schuldenberg belief sich auf 116.338 Taler und gründete auf Forderungen aus der Zeit vor 1794, die den ehemaligen Reichsstädten von Napoleon weitgehend erlassen worden waren. Der Trierer Stadtrat war daher der Überzeugung, dass die Stadt an Schulden weniger gemacht habe, als der größte Theil ihrer Schwestern am Rhein und anderswo. 598 In Aachen waren die umstrittenen Schulden in Höhe von 2,2 Millionen Francs im Jahr 1801 erloschen und der größte Streitpunkt der großen Mäkelei zum Zeitpunkt der Herrschaftsübernahme durch Preußen bereits vom Tisch.599 Trotzdem vermieden es die Stadträte den Finanzzustand nach dem Herrschaftswechsel in Zahlen auszudrücken – mit großer Wahrscheinlichkeit waren sie aufgrund der undurchsichtigen Finanzgeschäfte Guaitas dazu nicht in der Lage. Laut Protokollbuch hatten sich allein in den Jahren 1813 und 1814 180.000 Francs (47.368 Taler) Kriegsschulden 600 angesammelt, die durch eine von Reiman verordnete außerordentliche directe Besteuerung 601 der Vermögenden beglichen werden sollten. Hinzu kam eine noch ausstehende Anleihe beim städtischen Leihinstitut, dem sogenannten Lombard, und eine ominöse „Spielschuld“ 602 von ca. 70.000 Talern, über deren Rechtmäßigkeit Stadtrat Müller noch vor Gericht verhandelte.603 Analog dazu gestand der Rat von Düsseldorf der Regierung offen, die städtische Finanzlage nicht einschätzen zu können. In beiden Städten war niemand mehr im Rathaus anwesend, der das Budget der vorangegangenen Jahre mitverantwortet hatte.604 Zur Regulierung der Finanzverhältnisse wurde daher am 7. März 1822 ein Gesetz erlassen, das den neuerworbenen Provinzen die Erstellung von Schuldentilgungsplänen auferlegte. Dazu wurden in allen Städten Kommissionen gebildet, deren Zusammensetzung in Köln die ganze Stadtbevölkerung beschäftigte. Während alle anderen Stadträte qualifizierte Personen aus ihrem Kreis ernannten, wurde in der Domstadt eine dreiwöchige Kantonalversammlung mit 6.703 Wahlberechtigten abgehalten. 70 Prozent machten Gebrauch von ihrem Wahlrecht und gaben Herwegh, Steinberger, Boisserée, Mylius und Wilhelm 597 Ebd., zu Zeiningers journalistischer Tätigkeit vgl. Ester, Preßverhältnisse. Gemeint war Haws Verzicht auf die französische Renumeration von 50 Centime pro 500 Einwohner. Haws Gehalt wurde unter LHAK 442 6740 Schreiben vom 25.9.1818 vom Innenministerium bewilligt. Es sollte so hoch sein, dass er weiter keine Entschädigung aus den Fonds der Stadtgemeinde zu erwarten, letztere aber dagegen alle übrigen Kosten der Kreis und städtischen Polizei-Verwaltung zu tragen hatte. 598 StATr Tb 100/8, Protokoll vom 29.9.1819. 599 Nach Müller, Köln, S. 150 waren 1,57 Millionen Francs Schulden in Köln; nach Kraus, Aachen, S. 309 2,2 Millionen Francs Schulden in Aachen durch Napoleon übernommen worden, vgl. Kapitel II. 1. 600 StAAc PRZ 1–259, Eintrag vom 26.4.1814. 601 LA NRW R Reg. Aachen 1227, Schreiben vom 16.6.1822 an Regierungspräsident Hagen in Köln. 602 StAAc PRZ 1–1, Eintrag vom 1.5.1820. 603 Ebd., vgl. das Schreiben von Reumont vom 15.4.1814 unter LA NRW R Generalgouvernement 1473 und Fritz, Geschichte, S. 136–138. 604 Lau, Geschichte, S. 82, S. 98 und S. 117.
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Anton Norrenberg die meisten Stimmen.605 Einzig Norrenberg, ein aufstrebender Wollkaufmann und Teppichfabrikant, gehörte weder zum Stadtrat noch zur Notabelngesellschaft. Die anderen vier Mitglieder der Schuldentilgungskommission waren bereits seit Beginn der Steuerbewegung mit der Ordnung der städtischen Finanzen beschäftigt und für die Aufgabe bestens gewappnet.606 Mit den Wahlen war zum einen für „die Anhänger des allgemeinen Wahlrechts unter den rheinischen Beamten ein Präzedenzfall“607 geschaffen, der für spätere Verhandlungen über die Gemeindeordnung genutzt werden konnte.608 Zum anderen hatte die Stadt Köln doch noch jenes Partizipationsrecht erhalten, das ihr im Rahmen der Bürgermeisterwahl verwehrt worden war. Dabei wurde die Amtstätigkeit von Mylius und seinen Beigeordneten honoriert und die neue Repräsentationsfunktion Steinbergers bestätigt. Anschließend entschieden sich die Stadträte dazu, die Wahlergebnisse für die Ergänzung ihres Gremiums heranzuziehen. Die Gründe dafür waren, dass sie mehrheitlich zu den übrigen Gewählten gehörten und weitere Kantonalversammlungen untersagt wurden.609 Auf diese Art und Weise ließen die Kölner Notabeln die Bevölkerung weiterhin – freiwillig, wenn auch indirekt und auf Umwegen – an der Kommunalpolitik teilhaben. Gleichsam war ein Ersatz für die Höchstbesteuertenlisten geschaffen, die aufgrund der preußischen Steuergesetze nicht mehr angefertigt wurden.610 Die Folge war, dass auch weniger vermögende Notabeln in den Stadtrat kamen – vorausgesetzt sie wurden von Steinberger vorgeschlagen und von der Regierung bestätigt.611 Norrenberg erhielt beispielsweise kein Mandat und sollte sich bald im Namen [s]einer lieben gewerbetreibenden Mitbürger geringeren und mittleren Standes 612 zum Wortführer einer oppositionellen Gruppe aufschwingen.613 Doch zunächst wurde in Abstimmung mit der Regierung ein Tilgungsplan für die rund 490.000 Taler Schulden erarbeitet, der hauptsächlich auf einem 15-prozentigen Aufschlag zur Grundsteuer beruhte.614 In Koblenz waren halb so viele Schulden, ca. 240.000 Taler, zu begleichen. Diese Summe hatte sich seit Beginn der Franzosenzeit angehäuft und bestand zu einem Drittel aus Kontributionsforderungen, die die Koblenzer Zweigstelle des Kölner Bankhauses Mülhens vorgeschossen hatte. Gemessen an der Bevölkerungszahl (12.238 Einwohner) war die Stadt Koblenz daher doppelt so hoch verschuldet wie ihre direkten Nachbarstädte 605 Herres, Köln, S. 109 f. 606 Ebd. und GS 1822, S. 49–56. 607 Vgl. Boberach, Wahlrechtsfragen, S. 48, wonach die Wahlen „durchaus Modellcharakter hätten gewinnen können.“ 608 Vgl. Kapitel III. 5.1 und 5.4. 609 Vgl. Deres, Rat, S. 10 und Mettele, Bürgertum, S. 125–129, wonach 7.254 Personen auf der Wahlliste standen. 610 Dass dies zu Problemen in der Stellenbesetzung führte, zeigen die Akten zur Ernennung der Geschworenen unter LA NRW R Reg. Köln 1146 und unter LHAK 441 8329, vgl. hierzu Reuber, Mordfall, S. 99 f. 611 Vgl. Mettele, Bürgertum, S. 127 f. und die Wahlpraktiken im Trierer Stadtrat geschildert in Kapitel III. 4.1. 612 Norrenberg, Zuruf. 613 Vgl. Diefendorf, Businessmen, S. 298–301 und Kapitel III. 4.2 und 5.2. 614 Herres, Köln, S. 109 f.; Gothein, Cöln, S. 142.
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an Rhein und Mosel. Die Forderungen wurden – wie in Trier – mit der jahrzehntelangen Ausgabe von Obligationen getilgt.615 Zusätzlich besaß die Stadt ein Pfandhaus, das durch die Beteiligung an den Reformversuchen Lezay-Marnésias zahlungsunfähig geworden war und 1822 auf Initiative des Oberbürgermeisters gerettet werden musste. Maehler verschaffte dem Pfandhaus neues Betriebskapital, indem er eine Sparkasse ins Leben rief und die dort eingehenden Gelder dem Pfandhaus überwies.616 Das grundsätzlich gut funktionierende Leihinstitut war für die Verwaltungspraxis nämlich nicht unwichtig, da es die Kautionszahlungen der kommunalen Steuereinnehmer und einzelne Armenstiftungen verwahrte. Die Pfandhaus-Administration bündelte demnach einen Teil der städtischen Finanzmittel und war in die praktische Arbeit der Steuerverwaltung involviert. Sie bestand seit 1811 aus den ehemaligen Stadträten Zweiffel und Bougleaux-Pottgeißer sowie einem Verwandten des städtischen Steuerempfängers, Friedensrichter Peter Franz Burret. Mit der Einrichtung der Sparkasse erhielten neue Stadträte – die Kaufleute Clemens und Arnold – die Oberaufsicht über beide Institute.617 Zum Kassierer wurde Clemens von Vacano bestimmt, ein Neffe des Oberbürgermeisters und ein vertrauenswürdiges Mitglied einer wohlhabenden Koblenzer Familie, die keine Stadträte stellte. Damit schuf Maehler gleich mehrere Synergieeffekte und bot seinen Kollegen in den anderen Provinzstädten ein vorbildhaftes Beispiel für eine funktionierende Finanzverwaltung sowie den weniger begüterten Einwohnern die Gelegenheit, einen Sparpfennig vortheilhaft anzulegen. 618 Hieraus erklärt sich, warum in der Forschung die Sichtweise verbreitet ist, Sparkassen als „regional ausgerichtete Interessens- und Problemlösegesellschaften“619 zu betrachten.620 Neben solchen Gründungsinitiativen beeinflussten verschiedene Sparmaßnahmen die alltägliche Verwaltungspraxis. In allen Städten, in denen die Budgetkürzungen mit den Personaländerungen zusammenfielen, gaben sie den Anstoß für die bereits geschilderten Gehaltsdiskussionen. Dabei muss der von Zeininger erwähnte Gehaltsverzicht des Trierer
615 Vgl. Maehler, Coblenz, S. 77–82 und Bär, Geschichte, S. 135 f. Zur Schuld gegenüber der Gebrüder Mülhens, die vor dem Berliner Kassationshof 1829 verhandelt wurde, siehe ebd., S. 138–140, vgl. Schubert, Regierung, S. 161–163. Nach Herres, Köln, S. 98 hatte Köln im Jahr 1824 53.918 Einwohner, d. h. die Schulden beliefen sich auf knapp unter 10 Taler pro Einwohner. In der Stadt Koblenz wohnten laut Protokoll vom 23.2.1817 unter StAK 623 2185 insgesamt 10.286 Personen innerhalb der Stadtmauer, die Einwohnerzahl der gesamten Gemeinde belief sich auf 12.238, auf die ca. 20 Taler Schulden fielen. Trier hatte ebenfalls etwas mehr als 12.000 Einwohner, d. h. unter 10 Taler Schulden pro Kopf. Zur demografischen Entwicklung vgl. Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 112–120. 616 Vgl. Pohl, Sparkassen, S. 30 f. und ausführlich Dotzauer, Triebkräfte. Nach ebd., S. 160 hatten sich aufgrund hoher Vorschüsse für die Zucht von Merino-Schafen im Jahr 1812 32.215 Francs Merinoschulden und 5.583 Francs rückständige Zinsen angesammelt. 617 StAK 623 2187, Sitzungsprotokoll vom 5.11.1828. 618 Koblenzer Anzeiger Nr. 30 vom 26.7.1822. 619 Krüger, Erklärungsmuster, S. 33. 620 Ebd., zur Bewertung vgl. das Beispiel aus Straßburg, dargestellt bei Lutterbeck, Verwaltung, S. 105–107.
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Oberbürgermeisters relativiert werden, weil Haw als Landrat und Polizeidirektor strenggenommen bei der Regierung angestellt war.621 Wie bereits ausgeführt wurde, befanden sich die Bürgermeister an der Mosel in einer komfortableren Situation als ihre Kollegen in Aachen, Düsseldorf und Köln. Ebenso wie Haw bezog Maehler sein Gehalt als Polizeidirektor von der Regierung. Da dieses jedoch mit 600 Talern nur halb so hoch dotiert war, beanspruchte er die Hälfte der ihm zustehenden Entschädigung von 50 Centime pro 500 Einwohner aus der Stadtkasse und die mietfreie Wohnung im Stadthaus, was Haw bewusst ausschlug.622 Dagegen sparte er Verwaltungskosten und brachte sämtliche Protokolle, Briefe und Verordnungen eigenhändig zu Papier. Mit 2.434 Talern waren diese Kosten daher im Stadtvergleich am niedrigsten.623 In Trier konnten die Kosten der Polizeiverwaltung – und die Konflikte mit der Bevölkerung – verringert werden, indem der Beigeordnete Franz Anton Kayser zeitweise das Amt eines Polizeikommissars übernahm.624 In Düsseldorf war das Polizeiwesen verstaatlicht worden und beanspruchte ca. 15 Prozent des städtischen Haushalts (7.508 Taler).625 Es stellte vor den Verwaltungskosten (5.602 Taler) und nach dem Armenwesen (14.996 Taler) die größte Ausgabe dar und kann als zweiter finanzieller Nachteil, den die Stadt gegenüber den anderen Provinzstädten hatte, bewertet werden. Denn neben dem Erhalt der Türen- und Fenstersteuer hatten die Regierungen von Aachen und Köln mit der Polizeihoheit auch die Kosten für
621 Vgl. Kapitel III. 2.1. Nach Haase, Haw, S. 206 nutzte Haw den Verzicht später als Argument für eine höhere Pensionsforderung, siehe hierzu die Akte LHAK 442 6740. 622 Vgl. Bär, Geschichte, S. 120 und StAK 623 2186, Protokoll vom 16.3.1829, wonach die Entschädigung 787 Taler und 15 Pfennigroschen, ca. 3.000 Francs bzw. 25 Centime pro Einwohner, betrug. Zum Gehalt, in das dieser Zuschlag offensichtlich eingerechnet wurde, vgl. auch das Schreiben von Regierungsrat Usedom vom 11.11.1817 unter StAK 623 2180. Im Jahr 1845 betrug es nach den Steuerrollen unter ebd. 2162, 1.340 Taler. Haw erhielt nach dem Schreiben des Innenministeriums vom 15.1.1819 unter LHAK 442 6740 1.200 Taler – ebenso viel wie Landrat von Lasberg nach LA NRW R Reg. Düsseldorf 278, Etataufstellung 1827. 623 Vgl. Bär, Geschichte, S. 120. Im Trierer Budget für 1826 unter StATr Tb 100/8, Eintrag vom 22.5.1825 sind sie mit 2.515 Talern veranschlagt, wobei die Gehälter der Stadtdiener hier nicht eingerechnet wurden. Im Vergleich dazu werden die Bürokosten in Düsseldorf von Weidenhaupt, Zeit, S. 354 auf 5.602 Taler geschätzt. In Aachen werden sie unter StAAc Ob 49–15, Budgetaufstellung vom 12.3.1836 auf 5.232 Taler für die Bürgermeisterei, inklusive 2.000 Taler Oberbürgermeistergehalt, veranschlagt und mit den Gehältern von Aufsehern, Steuereinnehmern u. a. Angestellten auf beachtliche 15.712 Taler subsumiert. In Köln betrugen sie ohne das Gehalt des Oberbürgermeisters (3.000 Taler) nach LA NRW R Reg. Köln 1007 6.354 Taler im Jahr 1829. 624 StATr Tb 100/8, Protokoll vom 28.6.1825, der Grund für den Personalwechsel war die Tatsache, dass die Kosten nicht mehr übernommen wurden. Nach ebd., Eintrag vom 22.5.1826 erhielt Kayser 328 Taler. Unter ebd., Protokoll vom 3.6.1827 wird ein neuer Polizeikommissar Müller für 600 Taler angestellt. Zuvor hatte der aus Koblenz stammende Theodor Haack nach LHAK 442 3389, Personallisten vom 25.5.1819, für dieses Amt 315 Taler von der Regierung erhalten. 625 Vgl. Weidenhaupt, Zeit, S. 354 und die Angaben für das Jahr 1817 bei Most, Düsseldorf Bd. 2, S. 100, wobei sich die reinen Personalkosten auf 2.169 Taler beliefen.
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den Großteil des Polizeipersonals übernommen.626 Proteste gegen diese Ungerechtigkeit hatten in den 1820er Jahren keinen Erfolg, sodass die Finanzlage der Stadt Düsseldorf auf anderen Wegen verbessert werden musste.627 Immerhin war es Advokatanwalt Joseph Molitor 1822 in seiner kurzen Amtszeit als provisorischer Oberbürgermeister gelungen, eine geregelte Geschäftsordnung für die Düsseldorfer Stadtverwaltung durchzubringen.628 Außerdem waren die Schulden im Stadtvergleich am niedrigsten. Sie wurden 1828 auf 76.000 Taler inklusive rückständiger Zinsen beziffert und gehörten somit zur positiven Bilanz des einstigen Modellstaat-Status.629 Die Bewilligung bestimmter, teilweise vor 1815 begonnener Projekte, wie die Erbauung von Theatergebäuden, mussten sich die Stadträte nahezu überall erkämpfen und im Gegensatz zur napoleonischen Herrschaftsphase größtenteils ohne staatliche Zuschüsse finanzieren.630 In Düsseldorf hielt der Stadtrat beispielsweise ein öffentliches Schlachthaus, wo der Fleischverkauf kontrolliert werden konnte, für höchst wünschenswerth, da die Erhebung der neuen Konsumsteuern ihm wie erwartet große Sorgen bereitete.631 In allen Bezirksstädten führte die Erhebung der Mahl- und Schlachtsteuer innerhalb der Stadtmauern zu einem regen Schmuggelhandel, weil in den Außenbezirken der Samtgemeinden stattdessen die Klassensteuer gültig und die Lebensmittel günstiger zu bekommen waren. Derartige Handelsbeziehungen hinter dem Rücken der Zollbeamten hatten sich bereits in der Franzosenzeit zu einem lukrativen Geschäft entwickelt, an dem auch namenhafte Honoratioren wie Abraham Schaaffhausen in Köln beteiligt waren.632 Die Aussage der Koblenzer Regierung, dass Missbräuche und diese Widersetzlichkeit nicht 626 Ebd. Demgegenüber sind in der Aufstellung der Ausgaben der Stadt Köln von 1829 unter LA NRW R Reg. Köln 1007 und jener der Stadt Aachen unter StAAc OB 49–15, keine Polizeiausgaben notiert. In Koblenz betrug der Beytrag zu den Polizeikosten nach StAK 623 2186, Eintrag vom 27.11.1822 und ebd. 2187, Eintrag vom 12.11.1831 durchgängig 800 Taler im Jahr. In Trier bestand kein Pauschalbeitrag, unter StATr Tb 100/8, Eintrag vom 22.5.1826 werden die wechselnden Gehälter des gesamten Polizeipersonals von der Stadt übernommen. 627 Vgl. StAD 90010, Eintrag vom 28.1.1828 mit Bezug auf die Kabinettsorder vom 7.8.1820 und den weiteren Hergang, geschildert bei Most, Geschichte Bd. 2, S. 109–112. 628 Abgedruckt bei ebd., S. 349 f., wobei das Verhältnis zum Landrat nicht näher bestimmt wird. Molitor war vom 2.7.1822 bis zum 11.3.1824 erster Beigeordneter. 629 Der auf 17 Jahre angelegte Tilgungsplan wurde dem Stadtrat durch Landrat von Lasberg am 2.8.1828 übermittelt, vgl. Weidenhaupt, Zeit, S. 352, der 62.000 Taler Kapitalschulden kennt. Nach Haas, StadtSparkasse, S. 22 waren zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als 50.000 Taler getilgt worden. 630 Vgl. exemplarisch die in allen Städten anvisierten Theaterneu- oder umbauten, für deren Finanzierung Gesellschaften gegründet wurden: Müller, Bürgertum, S. 24 f.; Weidenhaupt, Düsseldorf, S. 127 f. und Grabbe, Theater; Zander, Theatertradition; Kraus, Moderne, S. 274–276; Fritz, Theater und ders., Baugeschichte; Buck u. a. (Hgg.), Theater; Denzer, Kulturleben, S. 488; Clemens, Gründung, S. 258; Mettele, Bürgertum, S. 215–226. Einzig in Aachen hatte der König dem Bericht Reimans vom 10.3.1828 unter LA NRW R Reg. Aachen 787, Bl. 37 zufolge 96.970 Taler für die Erbauung des von Napoleon bereits bezuschussten Komödienhauses hinzugesteuert. 631 StAD 90010, Protokoll vom 12.2.1825. Zur Erhebungsproblematik der Mahl- und Schlachtsteuer siehe Siegert, Steuerpolitik, S. 158–169. 632 Vgl. Finzsch, Unterschichten, S. 199–240.
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statt[fanden], indem sie an gleichförmige Vorschriften und an eine genauere Aufsicht über das Gemeinde-Vermögen gewöhnt waren,633 ist daher unrealistisch. Allerdings förderte die mit der Regierung vereinbarte eingeschränkte Mitaufsicht der Kommune und die zentrale Abfertigung der Mahlgüter mit Hilfe der städtischen Mehlwaage die Steuererhebung an Rhein und Mosel.634 Der mit 25 Prozent Kommunalzuschlag belastete Getreidepreis von ca. 20 Silbergroschen für einen Scheffel Roggen und ca. 1,8 Taler für einen Scheffel Weizen galt auch im rechtsrheinischen Ehrenbreitstein.635 Auf beiden Rheinseiten wurde der Preis für ein Roggenbrot mit einer Brottaxe auf 2 Silbergroschen für 6 Pfund festgelegt.636 Die Festlegung des Brotpreises stellte eine jahrhundertealte Möglichkeit der Preisbegrenzung dar, die das Grundnahrungsmittel gegen Marktschwankungen schützen und die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung sichern sollte. Die Taxen wurden auf der Basis der örtlichen Getreidepreise berechnet und an diese angepasst. Es handelte sich also um flexible Regulierungsinstrumente, mit denen die Stadträte die soziale Lage der Bevölkerung ein Stück weit verbessern konnten.637 Im Allgemeinen galten die Lebensbedingungen in der preußischen Rheinprovinz aufgrund fortgeschrittener Infrastrukturmaßnahmen und wirtschaftlicher Anreize als günstig. Das gemäßigte Klima und die Landschaft mit ihren merkwürdigen 638 Altertümern konnten auch so manchen altpreußischen Regierungsbeamten für seinen vorübergehenden Dienstort begeistern.639 Im Speziellen gründeten die positiven Bewertungen jedoch auf dem Vergleich mit den ostpreußischen Kernprovinzen und verstellten den
633 LHAK 441 940, Zeitungsbericht vom 31.7.1820, ähnlich die Berichte unter ebd. vom 30.4.1820 und vom 30.11.1820. 634 Vgl. Bär, Geschichte, S. 227 und Eisenach, Mahl- und Schlachtsteuer. Die Bewilligung der eingeschränkten Mitaufsicht erfolgte unter StAK 623 4483 am 8.9.1820 durch die Regierung, siehe hierzu auch LHAK 441 16743. 635 Vgl. LHAK 441 16743, den Antrag vom 30.8.1820 über einen Zuschuss von 1/3 zur Mahl- und 1/6 zur Schlachtsteuer und die Publikation am 6.9.1820 in der Beilage zum Koblenzer Anzeiger Nr. 35. Die Regierung legte am 15.12.1821 den Steuersatz für beide Güter auf 25 Prozent fest, vgl. auch die entsprechende Akte unter LHAK 441 16743. Im Ehrenbreitsteiner Intelligenzblatt Nr. 50 vom 15.12.1820 wird der Preis eines Weisbrods zu 4 Pfund auf 3,4 Pfennigroschen, der eines Roggenbrots zu 6 Pfund auf 2 Pfennigroschen und 10 Pfennige festgelegt. Oberländisch Brot zu 4 Pfund kostete 2,2 Pfennigroschen. Die Getreidepreise finden sich beispielsweise unter ebd. vgl. auch Nr. 7 vom 12.2.1825 und die Koblenz Amtsblätter Nr. 6 vom 14.2.1825 und Nr. 14 vom 11.4.1825. 636 Vgl. ebd. Nr. 23 vom 16.6.1825, S. 277, Koblenzer Anzeiger Nr. 26 vom 25.6.1819, Nr. 33 vom 13.8.1819 und StAK 623 2187, Protokoll vom 27.9.1830 und ebd. 2188, Protokoll Nr. 120 vom 20.8.1833. 637 Vgl. Gerhard/Kaufhold, Preise, S. 36–38, Rhalf, Getreide, S. 49–51 und Kramper, Standards, S. 68–71, der darauf hinweist, dass der Preis in Teuerungszeiten auch zur Hälfte auf die Bäcker umgelegt werden konnte – was allerdings nur selten geschah. 638 Kronprinz Friedrich Wilhelm über Trier zit. n. Herrres, Reisen, S. 44. 639 Veltzke, Brüder, S. 104 f. Vgl. exemplarisch Bahne, Bodelschwingh, S. 177 f. und die Beschreibung von Trier durch den Offizier Friedrich von Restorff 1830 in Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 49–55. Zur Einschätzung siehe Osterhammel, Verwandlung, S. 253–268.
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Blick auf die feinen Unterschiede innerhalb der städtischen Alltagskulturen.640 Oftmals wurde bereits bei Versetzungen innerhalb der Provinz darauf hingewiesen, dass sich die Lebenshaltungskosten in den fünf Städten voneinander abhoben und sie im Laufe der Jahre anstiegen.641 In Trier überschlug Recking im Jahr 1815 die laufenden Kosten für eine fünfköpfige Beamtenfamilie auf der Basis der Preise für Mieten, Kleidung und Grundnahrungsmittel. Er unterrichtete die angehenden Regierungsbeamten darüber, dass die Haushaltung eines höheren Beamten des Jahres wenigstens 6.000 Franken kosten würde.642 Für Subalternbeamte empfahl er jährliche Gehälter zwischen 1.500 und 3.600 Francs (394–947 Taler) einzukalkulieren, die diese später auch erhalten sollten. Die ersten Jahresgehälter der Trierer Regierungsräte lagen zwischen 900 und 1.800 Taler und stimmen mit der Etataufstellung am Koblenzer Oberpräsidium und Reckings Ratschlägen überein.643 Die Gehaltsspannen in Aachen, Düsseldorf und Köln begannen hingegen im vierstelligen Bereich und wurden oft durch Zulagen ergänzt.644 Auch konnte ein Notabel mit einem jährlichen Steuerbeitrag von rund 40 Francs (10–11 Taler) in Koblenz zu den Höchstbesteuerten und zum Stadtrat gehören, in Aachen dagegen als völlig unvermögend gelten und vom kommunalpolitischen Leben ausgeschlossen werden. Unter den dortigen Notabeln war der niedrigste Steuersatz fast dreimal so hoch, der höchste mehr als doppelt so hoch wie in Koblenz.645 Einzig Tagelöhner und Fabrikarbeiter hatten überall die gleichen Finanzmittel zur Verfügung: ca. 450 bis 500 Francs im Jahr (118–131 Taler) bzw. zwei bis drei Taler die Woche.646 Die „größere soziale Dichotomie in den frühindustriellen Textil640 Koltes, Rheinland, S. 333, vgl. Hodenberg, Partei, S. 59–65 und Rowe, Reich, S. 272–276. 641 So Delius bei seiner Versetzung von Trier nach Köln laut Klein, Regierungspräsidenten, S. 72 oder Schaper bei seiner Beförderung zum Oberpräsidenten in Koblenz nach Hansen, Briefe, S. 345 sowie Richard Linz wegen seiner Versetzung von Trier nach Aachen am 30.9.1849 unter LHAK 442 3472, vgl. auch dessen Einschätzung der Lebensbedingungen gegenüber Oberpräsident Eichmann vom 16.10.1856 unter LHAK 442 3472, Bl. 291 f. und Kapitel II. 4. 642 StATr Tb 100/3, Protokoll Nr. 1499 vom 14.11.1815. 643 Vgl. LHAK 442 3389, Bl. 471–475 und ebd., 402 41, wonach die Regierungspräsidenten in beiden Städten 3.000 Taler, die Räte zwischen 900 (3.420 Francs) und 1.800 Taler (6.840 Francs) im Jahr erhielten. Zur Bezahlung im preußischen Verwaltungssystem allgemein vgl. Kapitel II. 4. 644 Konkret erhielten sie in Düsseldorf nach LA NRW R Reg. Düsseldorf 278, Etataufstellung von 1827 zwischen 1.000 und 3.089 Taler, in Aachen nach ebd. Reg. Aachen 2231, Konduitenlisten vom 24.3.1825 zwischen 1.300 und 1.800 Taler, in Köln nach Klein, Personalpolitik, S. 35 zwischen 1.000 und 2.000 Taler. 645 Vgl. Kapitel II. 3.1, Herres, Klassen, S. 391–414 und die Liste unter StAAc RA 699. Schlusslicht bildete Martin Oliva mit 116 Francs, Friedrich Claus und Peter von Fisenne waren mit Steuersätzen über 1.000 Francs am reichsten, wohingegen in Koblenz nach StAK 623 2180, Höchstbesteuertenliste vom 30.5.1817 Franz Wollersheim mit 514,47 Francs in Koblenz den Spitzensatz zahlte. Joseph Zimmer, Metzger und Stadtrat, zahlte 42,86 Francs Steuern im Jahr, das Schlusslicht war Katasterinspektor Heinrich Christ mit 39,90 Francs, auch er war zeitweise Stadtrat. 646 Vgl. Herres, Koblenz, S. 55, für Aachen macht ders., Klassen, S. 425–430 genauere Angaben, wonach das Existenzminimum für eine mehrköpfige Familie bei 120–150 Taler im Jahr lag, vgl. Kraus, Aachen, S. 417 und Lenger, Kleinbürgertum, S. 40. Zu den Löhnen und Preisen in Trier vgl. das Hafen- und Krahnenreglement von 1820 bei Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 466–472. Handwerker in Koblenz verfügten nach Müller, Stadt, S. 278 im Durchschnitt über 800 Francs im Jahr.
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städten“647 war also zu Beginn des Jahrhunderts am Beispiel Aachens bereits erkennbar und wird noch zu thematisieren sein.648 Obwohl die Lebensbedingungen in den „kleingewerblich geprägten Mittelstädte[n]“649 an der Mosel ähnlich eingeschätzt werden können, unterschieden sich die Brotpreise voneinander. Ein Grund dafür war der Mahl- und Schlachtsteuerzuschlag, der in Trier 35 Prozent betrug und somit zehn Prozentpunkte über dem Koblenzer Zuschlag lag.650 Mitte der 1820er Jahre war ein Scheffel Roggen auf dem Koblenzer Markt zehn Silbergroschen günstiger als in Trier. Die dortige Regierung befand insbesondere ein kleines Weizenbrot für einen Silbergroschen für zu teuer, sodass sie eine Brottaxe gegen die Willkühr der Bäcker 651 auf der Basis des Gesetzes vom 22. Juli 1791 anordnete.652 Daraus lässt sich ableiten, dass nicht nur die unteren, sondern auch die mittleren Staatsdiener die Verwaltungspraxis in den umliegenden Städten beobachteten und den rechtlichen Sonderstatus der Provinz ausnutzten, wenn ihnen der Einsatz älterer Gesetze sinnvoll erschien. Eine Voraussetzung dieser Verfahrensweise war die Kenntnis der regionalen Rechtsverhältnisse, die bei den ortskundigen Regierungsbeamten in Trier gegeben war. Haw widersetzte sich allerdings der Weisung und brachte die Preisbegrenzung aufgrund der finanziellen Mehrbelastung der Bäcker nicht zur Ausführung. Er hielt eine Bestimmung der Brotpreise für überflüssig, weil das Weißbrod ein Luxusartikel 653 war und der Preis für ein Roggenbrot angeblich nicht von den örtlichen Getreidepreisen abwich. In Trier bestätigte sich somit die Beobachtung Peter Krampers, dass der „Gewinn der Bäcker und nicht die Kaufkraft der Armen zum Ankerpunkt“654 der Preisberechnungen
647 Herres, Klassen, S. 397. 648 Nach ebd., S. 402 f. galten Jahreseinkünfte ab 500 Taler für Statistiker Mitte des Jahrhunderts als „wohlhabend“, im Aachener Stadtrat wurde bei Einkünften zwischen 1.500 und 2.000 Talern von wohlhabend gesprochen. Zur Problematik vgl. ders., Vereine, S. 48–95, Erdmann, Aachen, S. 177–185, Kapitel III. 3.3 und ausführlich Althammer, Herrschaft. 649 Herres, Klassen, S. 39. 650 StATr Tb 100/8, Sitzung vom 5.11.1823, in der der Zuschlag auf Weisung der Regierung von 33 Prozent auf 35 Prozent erhöht wurde. 651 Ebd. Tb 12–39, Schreiben vom 15.6.1819. Haw befürwortete die Einführung zunächst und verwies auf französische Zeiten und die bestehende Taxe in Koblenz, unter ebd. Schreiben vom 18.9.1819 nahm er dies nach einer Beschwerde der Bäcker zurück. Eine erneute Weisung erging unter ebd. am 10.8.1824 durch das Innenministerium. 652 Nach ebd. Schreiben der Regierung vom 17.1.1827 sollte das Weizenbrot 25 Pfund wiegen, wurde aber für 22–23 Lot verkauft, vgl. hierzu die Rechtfertigung der Preise durch Haw unter ebd. Bericht vom 24.1.1827, wonach die Müller angeblich der erhöhten Gewerbesteuer und der überhaupt gesteigerten Theuerung aller Lebensbedürfnisse ausgesetzt waren. 653 StATr Tb 12–39, Schreiben vom 24.1.1827. 654 Kramper, Standards, S. 70, worin sich die zeitgenössische Vorstellung „des ‚Verhandlungscharakters‘ von Maßen und Gewichten“ zeigt. Eine Analyse der Lebensmittelversorgung liefert Fischer, Strukturen, S. 147–175; die Marktpreise finden sich bei ebd., S. 268 und S. 173–175 sowie bei Blazejewski/Laux/ Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 473. Unter ebd., S. 199–201 und S. 205–208 ist die Beschwerde der Bäcker von 1819 und das Eintreten Haws abgedruckt.
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erhoben wurde. Auch konnte von „kooperativem Verwaltungshandeln“655 nicht die Rede sein, obschon die Regierung Haw mehrmals an seine Gehorsamspflicht erinnerte. Als Polizeidirektor und Landrat spielten ihm die Bedingungen der praktischen Durchführung einer Taxe in die Karten, weil er selbst dafür zuständig war. Die daraus hervorgehenden „Vollzugsdefizite“656 konnten nicht anderweitig ausgeglichen werden, sodass die Einwohnerinnen und Einwohner weiterhin 3 Silbergroschen für 4 Pfund Roggenbrot zahlen mussten und sich ein Weizenbrot kaum leisten konnten. Dabei waren sie anderen zeitgenössischen Stimmen zufolge im Laufe der Franzosenzeit an den Genuß des Weizenstatt des Roggenbrodes, wenigstens an dem eines aus der Mischung beider Getreidesorten bestehenden Brodes gewöhnt worden. 657 Das sogenannte Weißbrot zählte zu den von Reiman bereits umschriebenen Vorliebe[n] 658 aus der Zeit der französischen Herrschaft. In seinem Verwaltungsbezirk, wo sogar der Bettler in einem Stücke Weisbrod mit einem schlechten Kaffee seine Nahrung zu finden gewöhnt war,659 wurde zumindest das Roggenbrot dank einer Brottaxe für die Hälfte des Trierer Preises angeboten. Drei Pfund Mischbrot war mit drei Silbergroschen und drei Pfennig nur geringfügig teurer. Im Aachener Ratskollegium war – im Gegensatz zu Trier – nur ein Bäcker vertreten, der seine Stimme gegen diese Maßnahme erheben konnte.660 Generell kamen die Regierungen den regionalen Essgewohnheiten – und anderen Eigenarten – ein Stück weit entgegen, indem sie den Stadträten bei der unterschiedlichen Gewichtung des Besteuerungszuschlags auf die Mahlwaren zunächst freie Hand ließen.661 Dennoch mögen solche Erfahrungen in der Alltagskultur dazu beigetragen haben, dass ostpreußische Beamte auch negative Urteile über ihre Erfahrungen in der Provinz fällten und die Ansicht durchblicken [ließen], die Rheinländer seien nur halbe Preussen. 662 Trotz der unterschiedlichen Rahmenbedingungen beschwerten sich die Bäcker und Schlachter in allen Untersuchungsstädten über die erlaubte, steuerfreie Einfuhr kleinerer Mengen Mahl- und Schlachtgüter aus den klassensteuerpflichtigen Vororten. Dabei stand es ihnen seit jeher frei, ihre Klagen im Rathaus persönlich vorzutragen. In Düsseldorf wurde zum Beispiel die Stunde Morgens von 11 bis 12 Uhr zur mündlichen Vorstellung bestimmt 655 656 657 658 659 660
Ellwein, Verwaltungshandeln, S. 59. Ebd., S. 51. Eingabe der Bürgerschaft zu Saarbrücken vom 27.10.1826 im Archiv der Provinzialstände 05 11, Nr. 0746. Vgl. Kapitel II. 1.4 bzw. LHAK 402 85, Bl. 85. StAAc OB 115–1, Schreiben des Stadtrats an die Regierung vom 2.9.1820. Vgl. Abbildung 2 Aachen und die SAZ Nr. 215 vom 9.9.1820. Sie wurde durch Landrat von Coels bekanntgegeben. Zur Lage der Bäcker in Aachen vgl. Erdmann, Aachen, S. 187 f., die sie zur unteren Mittelschicht zählt, ähnlich Lenger, Kleinbürgertum, S. 42–45 und S. 63 für Düsseldorf. 661 Vgl. StAK 623 2188, Sitzung vom 1.2.1834, in der auf Antrag der Bäcker ein Durchschnittsatz diskutiert und abgelehnt wurde. In Trier wird unter StATr Tb 100/8, Eintrag vom 7.12.1825 ein Mittelsteuersatz zugunsten der ärmeren Klasse eingeführt. Andere Zugeständnisse nennt Rowe, Reich, S. 252 f. 662 Reumont, Jugenderinnerungen, S. 59 f. Ein Beispiel findet sich in den Memoiren des bereits zitierten Generals Müffling, Leben, S. 205 f. Zur „geistige[n] Distanz“ Berlins und „Aversionen“ westpreußischer Beamter im „Osten“ vgl. Romeyk, Rheinprovinz, S. 24–26. Zur Frage der „Pommeranisierung der Rheinlande“ siehe ferner Herres, Reisen, S. 51 f., ders., Rhein-Preußen, S. 176–180 und Kapitel III. 5.3.
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und an dem oberen Haupt-Eingange zu den Bureaux eine verschlossene Kapsel mit einer an der obern Seite angebrachten Spalte zum Einwerfen der schriftliche Eingaben angebracht.663 In Koblenz revidierten die Bäcker und Metzger das positive Urteil der Regierung über die lokale Steuerverwaltung bereits eine Woche nach der Einführung der Gesetze in einer schriftlichen Vorstellung, obwohl ihre Kollegen in den umliegenden Dörfern ebenfalls zur Mahl- und Schlachtsteuer herangezogen wurden.664 Der bisher für die Stadt so väterlich sorgende Stadt-Rath hatte sie nach eigenen Angaben durch seine träftigen Vorstellungen gegen diese Steuern bis zum Throne zu den Beschwerdeschriften ermutigt.665 Diese Äußerung der Bäcker lässt darauf schließen, dass Partizipationsversuche von oben Partizipationsansprüche von unten evozieren konnten. Benzenberg ging sogar soweit, daß diese Entwerfung der Bittschriften zugleich eine treffliche Uebung und Vorschule für ständische Berathung sei und wesentlich zu einer freien Verfassung gehöre.666 In der unmittelbaren Nähe territorialer Grenzen, in Aachen und Trier, kam es besonders häufig vor, daß die Einwohner sich mit diesen ersten Lebensbedürfnissen in kleinen erlaubten Quantitäten vom Lande her versehen. 667 Die Oberbürgermeister wurden daher wiederholt aufgefordert, das Failhalten von Back-, Mahl- und Fleischwaren in stehenden Localen oder Buden in den zum äußeren Mahl und Schlachtsteuerbezirk gehörigen Gemeinden von den darin nicht wohnhaften Personen von Polizey wegen nicht zu dulden. 668 Daniels schlug die Senkung des 50-prozentigen Steuerzuschlags mit Hilfe einer kommunalen Wein- und Branntweinsteuer vor.669 Daran war in Trier nicht zu denken, da die Einfuhr französischer Weine in Verbindung mit der staatlichen Weinmoststeuer 663 Geschäftsordnung vom 27.9.1822, abgedruckt bei Most, Geschichte Bd. 2, S. 349 f. Nach ebd. wurde der Briefkasten angebracht, weil der bisheran einen jeden gestatte freie Zutritt zum Rathaus störend und zeitraubend gewesen war. 664 Zur überall gültigen Umkreis-Regelung vgl. Mathiak, Klassensteuer, S. 33 f. Eisenach, Mahl- und Schlachtsteuer beschreibt den systematischen Verkauf von den kleineren Brotmengen an Kinder. Zu den Maßnahmen und Beschwerden vgl. StAK 623 4483, vor allem das Schreiben der Bäcker vom 14.10.1820. Eine entsprechende Beschwerde der Metzger gegen das Überhandnehmen der Einfuhr von Quantitäten unter 1/16 Zentner findet sich unter StAK 623 2568, Schreiben vom 12.3.1823 mit dem Kommentar Maehlers vom 14.3.1823 an die Regierung. Die Steuerdirektion reagierte unter ebd., Schreiben vom 28.5.1828 und vom 6.4.1829 mit einer strengeren polizeilichen Ahndung systematischer Schmuggelaktionen. Sie hatte dies bereits unter ebd. 4483, mit einem Schreiben vom 24.3.1823 verordnet. In dieser Akte findet sich auch ein Schreiben des Berliner Generaldirektors der Steuern vom 19.9.1829 bezüglich des Sachverhaltes. 665 StAK 623 4483, Schreiben vom 14.10.1820. Sie baten ihn die nöthigen Schritte zu thun, um dem Verarmen von 63 Familien und dem gänzlichen Verfalle des Gesammt-Wohlstandes der Stadt vorzubeugen. Die Regierung antwortete unter ebd., Schreiben vom 5.12.1820 abschlägig und leitete die Beschwerde nicht weiter. 666 Benzenberg, Handel, S. 120. 667 StAAc OB 115–1, Schreiben von Daniels vom 4.9.1829. 668 StATr Tb 21 952, Schreiben der Regierung an Haw vom 22.2.1826. 669 StAAc OB 115–1, Denkschrift vom 3.3.1827 über die Nothwendigkeit einer Auflage anderweiter directer oder indirekter, Communal-Steuern für die Stadt Aachen betreffend. Daniels insistierte auf eine Branntwein- und Weinsteuer, damit der Vorwurf beseitigt werde, alles und jedes falle nur auf die mittleren und unteren Classen der Einwohner. Unter ebd. PRZ 1–1, Protokolle vom 9.2.1820 und 19.1.1821 wurde eine Bier- und Branntweinsteuer vorgeschlagen, vgl. hierzu Siegert, Steuerpolitik, S. 242–248.
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die Moselwinzer bereits in ernste Bedrängnis brachte.670 Haw befürwortete eine Wildbrettsteuer. Beide wurden abschlägig beschieden.671 In Düsseldorf gehörten einige Vororte von vorneherein zum Mahl- und Schlachtsteuerverband der Stadt, weil insbesondere der bei weitem größte Theil der Einwohner der Neustadt in größter Armut lebte und dem Stadtrat zufolge keine Klassensteuer zahlen konnte.672 Wie in Aachen wurde der Steuerrahmen mit einem 50-prozentigem Aufschlag zur Mahl- und Schlachtsteuer ausgereizt, der Brotpreis jedoch festgelegt. Ein Roggenbrot kostete 2 Silbergroschen und 8 Pfennige, d. h. ebenso wenig wie in Aachen. Den Preis für ein Weizenbrötchen bestimmte der Stadtrat auf erschwingliche 4 Pfennige.673 Der wachsende Schleichhandel wurde der Regierung wie folgt beschrieben: Da nun in Cöln nur 22 Procent Communal-Zuschlag zu der Mahl und Schlachtssteuer erhoben wird, so kommt jetzt schon der Fall ziemlich häufig vor, daß Waitzen-Mahl und Trocken-Fleisch von Köln hierher gebracht wird, indem die Differenz von 28 Prozent zwischen dem dortigen Communal-Zuschlag und dem hiesigen bey jenen hochversteuerten Artikeln (Waitzen 20 Silbergroschen, Fleisch 1 Taler vom Zentner) die Kosten des gelegentlichen Wassertransportes von Köln hierher deckt und noch einen kleinen Vortheil übrig lässt. 674 In der Nachbarmetropole wurde ein Pfund Brot auf dem Markt für durchschnittlich 5 Pfennig verkauft und einer Brottaxe angepasst.675 Es war also nicht günstiger als in Düsseldorf, doch die Getreidepreise konnten mit jenen in der Stadt Koblenz mithalten, weil in diesen beiden Orten ein geringer Mahlsteuerzuschlag von 25 Prozent erhoben wurde.676 Weitere praktische Vorteile brachten die 1822 eröffnete Schiffsbrücke 670 Raphael, Recht, S. 127; Clemens/Clemens, Trier, S. 134; Zenz, Geschichte, S. 81; vgl. ausführlich Rummel, Taxes, Winter-Tarvainen, Weinbaukrise und Kapitel III. 4.2. 671 Vgl. StAAc OB 115–1, Denkschrift vom 3.3.1827 und ebd. PRZ 1–3, Sitzung vom 3.6.1828; StATr Tb 100/10, Protokoll vom 23.9.1834; LHAK 441 16743, Schreiben des Innenministeriums vom 31.1.1848. 672 StAD 90011, Sitzung vom 19.9.1834. Noch 1832 leitete der Rat die Eingabe der Einwohner von Bilk, Pempelfort, Derendorf und Heerdt vom 10.12.1826 an den Oberpräsidenten unter LHAK 403 2778 weiter. Nach Paul, Lebensweg, S. 225 f. war das auch der Regierung bewusst. 673 Düsseldorfer privilegiertes litterarisch-merkantilisches Intelligenz- und Adreß-Blatt Nr. 63 vom 14.7.1825, das Brot zu 7 Pfund, vgl. das Königliche Düsseldorfer Intelligenzblatt Nr. 58 vom 21.7.1820, wonach beides vor der Einführung der Steuer 10 bzw. 1 Stuber kostete und unter ebd. Nr. 75 vom 19.9.1820 um einen halben Stuber erhöht wurde. Zur Taxe in Düsseldorf vgl. Lau, Geschichte, S. 143. 674 StAD 90010, Protokoll vom 30.6.1826. Im Amtsblatt Köln Nr. 27 vom 5.7.1825, S. 166 kostete der Scheffel Weizen 1,6 Taler, ein Scheffel Roggen 25 Pfennigroschen. Zum Vergleich wurde im Amtsblatt Düsseldorf Nr. 47 vom 14.7.1825, S. 408 der Durchschnittspreis für einen Scheffel Weizen auf 1,9 Taler, für einen Scheffel Roggen auf 24 Pfennigroschen festgelegt. Gemäß dem Amtsblatt Aachen Nr. 20 vom 21.4.1825, S. 188 lagen die Marktpreise in Aachen bei 1,9 Taler für Weizen und 27 Pfennigroschen für Roggen. Mit 30 Taler war Trier also Spitzenreiter. 675 Amtsblatt Köln Nr. 33 vom 16.8.1825, S. 190, vgl. HAStK 410 A8, Eintrag vom 10.2.1829 und Gothein, Cöln, S. 670 f. Die Marktpreise finden sich beispielsweise in den Amtsblättern von Köln Nr. 4 vom 23.1.1817, S. 16, Nr. 12 vom 18.3.1828, S. 52, wobei hier 7 Pfund Roggenbrot knapp 3 Pfennigroschen kostete. 676 Gothein, Cöln, S. 148 f. Nach Herres, Koblenz, S. 55 wurde der Bedarf auf ein Pfund pro erwachsene Person veranschlagt.
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nach Deutz und die 1826 eingerichtete Provinzialsteuerdirektion. In der überregionalen Finanzbehörde konnten Konflikte der Kölner Steuereinnehmer – etwa in Deutz – direkt mit den zuständigen Finanzbeamten vor Ort geklärt werden. Darüber hinaus brachte ihre Anwesenheit einen verstärkten Kontrolleffekt mit sich und verlieh der Stadt eine neue zentralörtliche Funktion.677 Generell stand die wirtschaftliche Bedeutung Kölns in den 1820er Jahren in deutlichem Gegensatz zur kommunalpolitischen Lage der ehemaligen Residenzstadt auf der gegenüberliegenden Rheinseite. In Düsseldorf waren die Staatssteuern bis ans Äußerste belastet und der Versuch einer freiwilligen Armensteuer nicht an der Genehmigung durch die Regierung, wohl aber an der mangelnden Hilfsbereitschaft der Notabeln gescheitert.678 Die für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt im Ganzen und für viele Kaufleute im Stadtrat im Speziellen äußerst nachteilige Erhöhung der Gewerbesteuer zur Aufbesserung des städtischen Haushalts wurde nicht in Betracht gezogen.679 Stattdessen erkundigte sich Leopold Wilhelm Custodis als Nachfolger von Franz Joseph Molitor nach den rechtlichen Rahmenbedingungen der Koblenzer und Elberfelder Finanzinstitute.680 Er erfuhr, dass die Unternehmungen in Koblenz lediglich auf einer unverbindlichen Zusage des französischen Innenministeriums an Präfekt Chaban aus dem Jahr 1804 und einer Genehmigung des Sparkassenreglements durch die Regierung von 1821 fußte.681 Das Pfandhaus stand demnach in der langen Tradition des Pariser „Monte de Pietà“, wohingegen sich das kommunale Sparkassenwesen in der Anfangsphase befand. In Berlin existierte seit 1818 eine Sparkasse, die Hans Pohl in die preußische Reformpolitik einordnet und als „Vorbild und Beginn einer Gründerwelle“682 bezeichnet. Die Errichtung von Leihanstalten zum Besten des Armenstandes in den Städten 683 wurde jedoch erst in einer Kabinettsorder vom 28. Juni 1826 empfohlen und trotz entsprechender Anträge nicht auf die Koblenzer Einrichtungen übertragen.684 Die ihnen zugrundeliegenden 677 Mohnen, Stadt, S. 270, vgl. exemplarisch die Akte LA NRW R Reg. Köln 1004. Gemäß dem Amtsblatt Köln Nr. 9 vom 27.2.1821, galten in Köln, Deutz und Bonn die gleichen Steuersätze. Zur Institution siehe Kanther, Verwaltung und zusammenfassend Bär, Behördenverfassung, S. 375–380. 678 Vgl. StAD 90010, Bericht an die Regierung vom 30.6.1826, wonach bei einem Etat von 12.755 Taler nur 6.900 Taler gespendet worden waren. Der Rat gab zu Protokoll: Viele haben sich geweigert und bey mehreren Ständen war es gar nicht möglich Sammler zu finden. Zur weiteren Vorgehensweise vgl. Kapitel III. 3.3. 679 Ebd., vgl. exemplarisch die Schwierigkeiten in Köln, geschildert bei Gothein, Cöln, S. 151 f. und allgemein Koselleck, Reform, S. 600 f. sowie Siegert, Steuerpolitik, S. 170–182 und S. 303. 680 Vgl. StAK 623 2121 und Pohl, Sparkassen, S. 33 sowie Haas, Stadt-Sparkasse, S. 35–47. 681 Die Statuten wurden im Amtsblatt Koblenz Nr. 53 vom 24.12.1821 durch die Pfandhausdirektion bekannt gegeben. 682 Pohl, Sparkassen, S. 30. 683 GS 1826, S. 81–84. Das Sparkassenreglement folgte am 12.12.1838. Pohl, Sparkassen, S. 38, bestätigt, dass die „Gründungen von individuellen Initiativen innerhalb der lokalen Wirtschaft und Verwaltung abhängig“ waren. 684 Vgl. StAK 623 2187, Protokoll Nr. 325 vom 5.11.1828, in dem die KO besprochen und ein entsprechender Antrag gestellt wurde. Dieser wurde nach ebd. Protokoll vom 13.6.1829 abgelehnt und mit umfangreichen Argumenten nochmal gestellt.
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Statuten blieben eine rechtliche Grauzone und können als ein weiteres Zugeständnis der Regierung an die stadtspezifischen Verwaltungsstrukturen bewertet werden.685 Im Jahr 1825 wurden sie in abgewandelter Form in Düsseldorf und – auf Initiative der Regierung – auch in Trier eingeführt und den Berliner Statuten gegenüber vorgezogen. Ein Jahr später konnte auch die Kölner Armenverwaltung die Regierung von der Errichtung einer privaten Sparkasse unter der Verantwortung des jüdischen Pfandhausunternehmers Joseph Stern überzeugen.686 Diese Kölner Privatbank war seit 1817 in Planung gewesen und wurde vor allem durch die 1818 reorganisierte Armenverwaltung vorangetrieben. Der Mehrheit der Stadträte, allen voran den Bankiers, lässt sich unterstellen, dass sie weniger am Sparkassenwesen als an ihren eigenen Kredit- und Wechselgeschäften sowie an dem Ausbau der Industriefinanzierung und des Aktienwesens interessiert waren.687 Alle anderen rheinischen Finanzeinrichtungen blieben faktisch in kommunaler Hand. An der Mosel bürgte die mit dem Stadtrat personell und institutionell verknüpfte Armenverwaltung, wobei der Beigeordnete Kayser zum ersten Kurator ernannt wurde.688 Er hatte damit innerhalb kürzester Zeit die dritte wichtige städtische Verwaltungsfunktion übernommen. Spätestens 1826 ersetzte er außerdem den verstorbenen Emmerich Grach als rechte Hand des Oberbürgermeisters und übernahm die zeitaufwändige Führung der Zivilstandsregister. Im selben Jahr wurde er zum Kommerzienrat und zum Präsidenten des Handelsgerichts bestimmt. Er besaß langjährige Handelserfahrungen in Hamburg und Livorno, mehrere Güter in Trierweiler und ein Eisenwerk in Pluwig. Nach seiner ersten Ehe mit der Tochter des kurtrierischen Stadtphysikus und Stadtrats Ignatz Dörner, heiratete er 1821 im Alter von 40 Jahren die Tochter des Neumagener Friedensrichters Catharina Feller. Sie war mit Stadtrentmeister Lorenz Ladner und Gymnasialprofessor Wilhelm Stein verwandt und mit dem einflussreichen Aachener Tuchfabrikanten Franz Hubert Nellessen verschwägert.689 In Aachen lehnte der neue Steuerempfänger und Direktor des Lombards, Johann Lambert Dautzenberg, die Erweiterung des Leihinstituts und seines eigenen Aufgabenbereichs durch die Errichtung einer Sparkasse ab. Er hatte den Stadtrat auf seiner Seite, weil sein bekannter Bruder, der Verleger, Immobilienmakler und ehemalige Bürochef der Präfektur Franz Dautzenberg dem Gremium angehörte. Als die Kasse schließlich
685 Vgl. Pohl, Sparkassen, S. 44–47, der betont, dass „Systemlosigkeit und Gewährenlassen seitens der Aufsichtsstellen“ in dieser Phase gängige Praxis war. 686 Ebd., S. 31 f., vgl. Gothein, Cöln, S. 187 und Klersch, Sparkasse. 687 Vgl. Kellenbenz/van Eyll, Geschichte, S. 112 f.; Diefendorf, Businessmen, S. 327 f. 688 Vgl. Müller, Sparkasse, S. 40–44, wonach das Institut mit dem Betriebskapital des Hilfsvereins für das Landarmenhaus errichtet und neben Kayser auch von Landrat Gustav Perger verwaltet wurde. Zur weiteren Verwaltung vgl. Zenz, Gründung, S. 86–88. 689 Zu Kayser vgl. die Angaben im Anhang, Zenz, Kayser und StATr Zivilstandsregister Heiraten Nr. 10/1821, wo die genannten Verwandten als Trauzeugen auftreten, Ladner als Vetter und Wilhelm Stein als Stiefbruder.
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1829 auf Betreiben der Regierung errichtet und mit dem Lombard vereinigt wurde, legte Dautzenberg sein Amt nieder.690 In Düsseldorf übernahm Custodis in seiner einjährigen Amtszeit die Gründung der Sparkasse und des Leihinstituts. Wegen seiner Anstellung als Rechnungskommissar bei der Regierung waren zunächst faktisch beide Verwaltungsebenen am Sparkassenwesen beteiligt. Analog zu Koblenz standen die Einrichtungen in Düsseldorf besonders häufig im Dienst der Verwaltungspraxis, indem 1828 beispielsweise das projektierte Schlachthaus mit Hilfe einer Anleihe eröffnet werden konnte.691 Die Sparkassengründungen verdeutlichen die in den Steuererhebungsmodalitäten bereits erkennbare Flexibilität im Umgang mit den Rechtsverhältnissen in der preußischen Rheinprovinz. Sowohl den unteren als auch den mittleren Verwaltungsbeamten eröffnete das Nebeneinander althergebrachter Gewohnheitsrechte, französischer Dekrete und preußischer Kabinettsordern weite Handlungsspielräume, die sich wechselseitig bedingten. Dabei hatten die Regierungen die Möglichkeit, die Gesetzesgrundlage durch Instruktionen zu modifizieren und an regionale Begebenheiten anzupassen. Da sie davon Gebrauch machten, waren die Partizipationschancen der Stadträte in hohem Maß von dem Verwaltungshandeln der übergeordneten Staatsdiener abhängig und standen auf unsicheren Rechtsgrundlagen, die sich zu ihren Gunsten auswirken konnten – aber es nicht mussten.692 Diese Ambivalenz der preußischen Verwaltungsordnung wurde dem Koblenzer Stadtrat zu Beginn der 1820er Jahre eindrücklich vor Augen geführt. Anders als in Aachen und Köln wurden ihm seine althergebrachten und neuerworbenen Eigentumsrechte von der Regierung streitig gemacht. Diese pochte auf die Wiederherstellung der vorfranzösischen Rechtsverhältnisse, um die Einkünfte aus den Gemeindegütern und -wäldern für die Staatskasse zu sichern. Dabei sollten die an den Rhein- und Moselkrahnen erhobenen Gebühren wieder zwischen Stadt und Obrigkeit geteilt und Miete für das Schöffenhaus, das Kaufhaus und die Mehlhalle gezahlt werden. Zudem sah sich die Garnison als Rechtsnachfolger des Karthäuserklosters und verlangte Holzlieferungen, die dem Kloster in kurtrierischer Zeit zugestanden hatten. Um die Forderungen abzuweisen und kein Mittel unversucht zu lassen, einem umständlichen Rechtsstreit über einen Gegenstand zu entgehen, weshalb die Stadt […] von Seiten des französischen Gouverne690 Vgl. StAAc PRZ 1–2, Protokoll vom 25.8.1823. Unter ebd., Protokoll vom 26.11.1824 wurde ein neuer, von Coels vorgebrachter Vorschlag abgelehnt, vgl. Thomes, Sparkasse. Zu Dautzenberg siehe Pohle, Dautzenberg. 691 Vgl. Most, Geschichte Bd. 2, S. 392–396 und ebd., S. 132–135. Zum Schlachthaus siehe die Einträge vom 12.2. und 17.12.1825 unter StAD 90010; eine Auflistung der Schulden finden sich unter ebd. 90011, Eintrag vom 19.9.1834; zur Nutzung der Finanzierungsmöglichkeiten allgemein vgl. Krüger, Erklärungsmuster, S. 38. 692 Vgl. Collin, Organisation S. 344, wonach die Rechtslage „einerseits eine flexible Handhabung begünstigte, andererseits aber zu Unsicherheit über das gebotene Kontrollvolumen führte“ und Haas, Kultur, S. 136–140. Nach ebd., S. 444 f. kam es zu „unvereinbaren Gestaltungsprinzipien, deren gleichzeitige Einschreibung in Gesetzesmaßnahmen nur zu Vollzugsdefiziten führen konnte.“ Siehe ferner die „unsägliche Wirrnis in den rechtlichen Dingen“ in Westfalen, dargestellt bei Deter, Landrecht, S. 93–96 und den Hinweis in Bezug auf die Steuerpolitik bei Siegert, Steuerpolitik, S. 298.
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ments nicht beunruhigt worden war,693 beschritt der Stadtrat abermals den Petitionsweg und wandte sich am 6. Februar 1824 direkt an den König. In derselben Sitzung, in der die Eingabe wie gewohnt im Plenum abgefasst wurde, erwähnte Maehler eine Anweisung von 1.000 Thalern in Gold, als Geschenk Seiner Kgl. Hoheit des Kronprinzen und schrieb die unerwartete Geldsumme dem Frauenverein gut.694 Es war der Dank für die Burgruine Stolzenfels, die die Notabeln Friedrich Wilhelm wenige Wochen zuvor als eines der best-erhaltenen Denkmäler des Mittelalters zum Besitzthum ganz unterthänigst angeboten und freundschaftlichst zum Geburtstag geschenkt hatten.695 Hubertus Büschel betont, dass solche „Gaben der Untertanen“ als „tradierten Praktiken der Ehrerbietung“ eine „subtile Verpflichtung zu Gegengeschenken“ transportierten und den preußischen Herrschern zunehmend lästig wurden.696 Doch davon ist in diesem Fall nicht auszugehen. In den darauffolgenden Jahren wurde die Burg in aufwendiger Weise von Karl Friedrich Schinkel und dem Koblenzer Bauinspektor Johann Claudius von Lassaulx – dem Schwager von Görres – zum klassizistischen Schloss ausgebaut und als Tagungs- und Rückzugsort der Hohenzollern gebraucht.697 Seit seinem Besuch war der Kronprinz für die Notabeln zum Hoffnungsträger geworden. Neben seinem bereits geschilderten Interesse für die Provinz und die Rheinromantik, schien er sein Wort zu halten und die Verfassungsfrage voranzubringen. Unter seinem Vorsitz wurde vom 22. November bis 9. Dezember 1822 über die Realisierung einer Repräsentation beraten. Zu dieser Notabelnversammlung hatte der Kronprinz – auf Empfehlung der Ober- bzw. Regierungspräsidenten – nicht nur zahlreiche Adelige, sondern auch einzelne Stadträte nach Berlin berufen.698 Darüber hinaus heiratete er am 16. November 1823 die katholische Tochter des bayrischen Königs Maximilian I. Mit dieser sogenannten Mischehe sollten jene religiösen Differenzen der Königshäuser überwunden werden, die auch weite Teile der rheinischen Bevölkerung beschäftigten. Die Intention verkehrte sich jedoch ins Gegenteil, weil der preußische König – nicht der Bräutigam – das Eheglück von der Konversion der Prinzessin abhängig machte. Für den zeitgenössischen Eindruck ist es daher nicht zu unterschätzen, dass Elisabeth Ludovika „Elise“ von Bayern an ihrem katholischen Glauben festhielt und sich dem Willen Wilhelms III. erst im Jahr 1830 beugte.699 693 StAK 623 2187, Protokoll Nr. 58 vom 6.2.1824. 694 Ebd., Protokoll Nr. 60 vom 6.2.1824. 695 Vgl. StAK 623 2187, Protokoll vom 30.9.1823. Der hier enthaltene Entwurf der Schenkungsurkunde ist auf den 15.10.1823 vordatiert. 696 Büschel, Untertanenliebe, S. 318–324. Ein weiteres Beispiel aus Köln wird bei Schäfke, Pokal vorgestellt. 697 Vgl. Kapitel III. 5.3 und Werquet, Historismus, S. 73–78 und S. 101–107, der das „Streben nach historischer Sinnstiftung und Tradition von Seiten der Stadt“ betont. 698 In Berlin sollten 24 Notabeln gemäß Einladungsschreiben des Kronprinzen an Franz Anton Graf von Spee vom 18.10.1822 unter ASH T 92 über die Zusammensetzung und Zusammenberufung der Provinzial- Stände ihre Vorschläge abgeben. Vgl. ausführlich Kapitel III. 3.2. 699 Schönpflug, Heiraten, S. 144 f., vgl. die bei Müller, Thronfolger vergleichend dargestellte Rolle der Thronfolger in Europa sowie Kapitel III. 4.3 und 4.4.
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Ohne explizite Anweisungen der Regierungen fanden Ende des Jahres 1823 in allen großen Provinzstädten Vermählungsfeiern statt. In Köln waren besonders viele Hände mit den Einrichtungen zu einer Beleuchtung beschäftigt, in deren freiwilliger Veranstaltung die Einwohner zu wetteifern sch[ie]nen. 700 In Koblenz wurde das Stadtfest zum Anlass genommen, mit Hilfe der 1.000 Taler des Kronprinzen eine Stiftung für arme Waisenkinder zu gründen.701 In Trier hatte sich ein Verein vieler sehr achtbarere Bürger zur Feier des Tages gebildet. Der Stadtrat dokumentierte das für die Bewohner von Trier […] höchst bedeutende Fest im Protokollbuch und sendete eine begeisterte Glückwunsch-Adresse nach Berlin.702 Im Aachener Stadtrat wurde beschlossen, daß die bürgerliche Heirath eines Brautpaares von guter Aufführung auf dem Rathause im großen Saale vor dem Bildnis seiner Majestät des Königs stattfinden, und dieses Brautpaare mit einhundert Thaler aus der Stadt-Casse ausgestattet werden soll 703 – solche rituellen Parallelzeremonien hatten in Aachen, Köln und Trier zuletzt in weitaus größerem Stil auf Anordnung von und für Napoleon stattgefunden.704 Außerdem stellten die Honoratioren eine Büste des Kronprinzen im Aachener Rathaus auf, luden zu einem Ball im Kurhaus ein und gaben dem neuen Brunnen auf dem Wilhelmsplatz den Namen der Kronprinzessin.705 Gleichzeitig trug das städtische Arbeits- und Waisenhaus den Namen der einstigen Stifterin: der ehemaligen französischen Kaiserin Josephine.706 „Da das Repertoire in dieser Hinsicht äußerst begrenzt war, konnten sie nur auf bekannte Elemente zurückgreifen, die sie dann mit den neuen Inhalten und politischen und monarchischen Bezügen füllten.“707 Diese Feststellung von Ute Schneider verweist auf die Kontinuitäten der politischen Erinnerungs- und Festkultur, die den Sinngehalt öffentlicher Bauten und Veranstaltungen allgemein verständlich und somit zu einer wirksamen, variabel einsetzbaren politischen Kommunikationsform machten. Wie im weiteren Verlauf der Darstellung noch zu sehen sein wird, war die zumeist passiv involvierte Bevölkerung, d. h. die Öffentlichkeit, für die Verantwortlichen dabei weniger der Adressat 700 KÖZ Nr. 189 vom 27.11.1823. 701 Maehler, Coblenz, S. 119 f. 702 StATr Tb 100/8, Eintrag Nr. 50 vom 29.11.1823. Die Feier beinhaltete einen Gottesdienst, ein Festmahl im Casino, eine Speisung im Hospital, einen Ball bei General-Leutnant von Ryssel und eine freiwillige Beleuchtung der Stadt, die u. a. die Vereinigten Wappen der beiden Königshäuser zeigten. Vgl. HAStK 410 A2, Protokoll vom 15.11.1823 für Köln. 703 StAAc PRZ 1–2, Protokoll vom 11.11.1823, wobei eine Kommission mit Regierungsrat Goerschen und dem Präsidenten der Armenverwaltung, dem späteren Oberbürgermeister Edmund Emundts, gebildet wurde. 704 Sellin, Staatskult, S. 155 f., vgl. StATr Tb 100/52, Protokoll Nr. 281 vom 20.11.1807, StAAc FRZ 1–111, Eintrag vom 18.4.1810 und Müller, Köln, S. 76–78, wonach 1810 zehn Kriegsveteranen in Köln zeitgleich mit Napoleon und Marie Luise, Erzherzogin von Österreich, geheiratet hatten. 705 StAAc PRZ 1–3, Protokoll vom 8.7.1828, vgl. ebd. PRZ 1–249, Eintrag vom 4.2.1831 sowie Schild, Architektur, S. 254 f. und Huyskens, Heimatgeschichte, S. 171. 706 Vgl. Tschacher, Aachen, S. 232 f. und Kraus, Aachen, S. 245–250. Zum Elisenbrunnen siehe Oellers/ Weber, Elisenbrunnen. 707 Schneider, Festkultur, S. 47 und S. 76 f.
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als vielmehr das Mittel, um politischen Meinungen Nachdruck im öffentlichen Raum zu verleihen.708 In Düsseldorf hielten die Stadträte ein Diner zu Ehren des Kronprinzen beispielsweise vor allem deswegen für sinnvoll, weil die Stadt bishierher dem Prinzen keine besonderer Ehrenbezeugungen bewießen hat[te]. 709 Zu deren Bedauern war dies persönlich nicht möglich, obwohl das Ehepaar kurze Zeit später den Rhein bereiste. Den dringenden Wunsch, daß sich hierzu die Gelegenheit bald erneuern möge, überbrachte ihm der neue provisorische Oberbürgermeister, Regierungsrat Friedrich Adolf Klüber, in Elberfeld, wo der Kronprinz stattdessen anzutreffen war.710 Im Vergleich dazu konnten die Notabeln in Koblenz und Köln das Ehepaar in der eigenen Stadt willkommen heißen. Sie nahmen für die Empfangsfeierlichkeiten Kredite in Höhe von bis zu 2.000 Talern auf.711 Die erneute Vernachlässigung der Stadt Düsseldorf wog seit der Wiedereröffnung der Kunstakademie im kurfürstlichen Schloss 1819 und der Übersiedlung eines Hohenzollernprinzen im Jahr 1821 weit weniger schwer als in den ersten Jahren preußischer Herrschaft. Der Neffe des Königs, Prinz Friedrich von Preußen, lebte als Kommandeur der 14. Division im Schloss Jägerhof und gab der Stadt so zumindest einen Teil ihres alten Glanzes als Residenzstadt zurück. Er war in der Bevölkerung überaus beliebt, nahm am Vereinsleben teil und förderte die wiederauflebende Kunstszene sowie den Karneval.712 Das Ausmaß der hier nur exemplarisch aufgezählten symbolpolitischen Schmeicheleien der 1820er Jahre zeigte sich schließlich darin, dass die Stadträte im Jahr 1826 darüber informiert wurden, daß des Königs Majestät befohlen und das königliche StaatsMinisterium beschlossen ha[be], daß die Glückwünsche zum Jahreswechsel, welche an des Königs Majestät höchstselbst und an die Königlichen Ministerien seitens der Behörden und Beamten gerichtet worden sind, als eine unnöthige Förmlichkeit, fernerhin nicht mehr dargebracht werden soll[t]en. 713 Allen Beteiligten war bewusst, dass die einzelnen Gesten nicht uneigennützig waren.714 Auf die sachliche Schilderung der Auseinandersetzungen mit dem Fiskus 715 erhielten die Notabeln in Koblenz wenige Wochen nach dem Staatsbesuch und der Übereignung der Burgruine Stolzenfels beispielsweise eine positive Ant-
708 Vgl. Kapitel III. 3.4 und 5.3. 709 StAD 90010, Eintrag vom 27.9.1824. 710 Ebd., Eintrag vom 28.7.1825, in derselben Sitzung war von Verärgerung wegen des Theaters die Rede, sodass eine Adresse an das Ministerium verfasst wurde, um den wahren Verhalt der Sache ehrerbietigst vorzutragen. 711 StAK 623 2187, Protokoll vom 22.10.1825; HAStK 410 A7, Eintrag vom 24.1.1824. 712 Vgl. Kapitel III. 3.4, Weidenhaupt, Persönlichkeiten, S. 346 f., ders., Zeit, S. 359 und ausführlich Zacher, Prinz. Prinz Friedrich nannte Düsseldorf in seinem Abschiedsschreiben 1850 nach Most, Geschichte Bd. 2, S. 330 f. seine zweite Heimath. Zur Düsseldorfer Malerschule vgl. ebd., S. 497–501 und ausführlich Trier (Hg.), Kunstakademie; Müller, Kunstakademie; Baumgärtel (Hg.), Malerschule. 713 Schreiben der Regierung vom 23.6.1826 unter HAStK 400 210, Motive für solche Verbote nennt Büschel, Untertanenliebe, S. 254–262. 714 Vgl. ebd., S. 313–317. 715 So die Beschreibung der Streitigkeiten in den Protokollen, beispielsweise Stadtratsprotokoll vom 16.5.1829 unter StAK 623 2187.
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wort des Königs, die nach einem Einspruch der Bezirksregierung jedoch wieder zurückgezogen wurde.716 Daraufhin vermuteten die Stadträte, daß der Fiskus aller Wahrscheinlichkeit nach die Absicht ha[be], auch über andere Objekte solchen Streit zu erheben und es besser [sei], mit einem Male diese möglichen Contastationen abzuwehren, als sich in langgedehnten Streit einzulassen. 717 Sie beschlossen den vorgeschriebenen Behördengang abermals zu umgehen und ihre eigenen Ansprüche direkt beim König geltend zu machen. Diese bestanden nach wie vor in Entschädigungsforderungen für den rechtsrheinischen Wald, das städtische Octroi und einen Garten, der der Stadtbefestigung einverleibt worden war. Außerdem hatte das Innenministerium der Stadt für die Übertragung der Florinskirche an die evangelische Gemeinde eine Entschädigung in Höhe von 27.395 Talern zugesagt. Die Regierung wollte jedoch nur einen Betrag im Wert eines Schlachthauses auszahlen, da Napoleon die Kirche der Stadt 1807 zu diesem Zweck übergeben hatte.718 Die Angelegenheit sollte sich noch Jahre hinziehen und wird noch zu erläutern sein. Vorausgeschickt werden kann, dass sich aus den Kommunikations- und Implementationsproblemen in Koblenz – wie befürchtet – ein handfester Rechtsstreit entwickelte, der anders als zuvor nicht mehr öffentlich ausgetragen wurde.719 2.4 Partizipationschance Öffentlichkeit? Die Neujustierung der Verwaltungskommunikation und ihrer Kanäle In den ersten Jahren unter preußischem Zepter wurde die öffentliche Meinung als stiller Zuhörer in die skizzierten Formen schriftlicher, mündlicher und symbolischer Verwaltungskommunikation integriert. Ungeachtet ihrer zeitgenössischen Definition oder ihrer differenziert zu bewertenden Bedeutung für die Herausbildung einer „bürgerlichen Öffentlichkeit“720 zu Beginn des 19. Jahrhunderts konnte gezeigt werden, dass sie den 716 Die KO vom 15.5.1824 wurde unter StAK 623 2245 von Maehler abgeschrieben. Er äußerte hier die Vermutung, die Regierung habe einen Bericht verfasst, der darauf hingezielt haben muß, S. M. in eine gegen die Stadt ungünstige Stimmung zu versetzen, statt sie zu empfehlen. Die Abschrift eines weiteren Stadtratsprotokolls vom 15.6.1825 mit einer Vorstellung bei der Regierung und die Ablehnung dieser Vorstellung findet sich unter LHAK 441 2287, Bl. 9–13 und Bl. 31–37. 717 StAK 623 2187, Nr. 150 vom 22.10.1825. Sie beschlossen dies [i]n Erwägung daß für eine Stadtgemeinde nichts abschreckender und ihrem Gemeindewesen nachtheiliger sein kann, als in Gegenständen, die sie seit der französischen Verwaltung abgeschlossen, immerwährenden Forderungen des Fiskus und schwierigen Prozessen mit demselben ausgesetzt zu sein. 718 Die zweite Abteilung bezifferte diesen Wert 1825 auf 6.761 Taler und berief sich auf das in Düsseldorf im Entstehen befindliche Schlachthaus, vgl. hierzu LHAK 441 2295 mit dem Schreiben der Regierung vom 12.4.1825 und die ausgiebigen Diskussionen in den Stadtratsprotokollen unter StAK 623 2186, vom 17.11.1818, 20.1.1819, 19.4.1820, ebd. 2187, vom 15.4.1823, 1.3.1825, 3.5.1825 sowie die Zusammenfassung der Ereignisse durch Maehler am 21.3.1832 und StAK 623 2245. Zum Ausgang siehe Kapitel III. 4.1 und Bär, Geschichte, S. 47–54 und S. 226–228. 719 Vgl. Kapitel III. 3.1 und 4.1 sowie Thielen, Notabelnpolitik, S. 136–144. 720 Vgl. Kapitel II. 1. und Gestrich, Habermas.
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Stadträten als Argumentationsfigur diente und ihre Instrumentalisierung durch den Einsatz von Druckwerken, Presseerzeugnissen und Festveranstaltungen seit der franzö sischen Herrschaftsphase zu den gängigen politischen Partizipationsstrategien gehörte.721 Darüber hinaus hat die Einführung der Steuergesetze offengelegt, dass sie zu einem über diesen diskursiven Rahmen hinausgehenden Faktor politischer Aushandlungsprozesse werden konnte, wenn sich Verwaltungsentscheidungen nach ihr richteten und bestimmte Bevölkerungsgruppen petitionierten – d. h. eigenständig aktiv wurden. In diesem Zusammenhang spielte die kommunikative Weitergabe der Gesetzesänderungen eine entscheidende Rolle für den (erfolgreichen) Implementationsvorgang.722 Den Notabeln war die Erläuterung der administrativen Praxis im öffentlichen Raum ein wichtiges Anliegen, das sie – wie der Kölner Stadtrat oder der Koblenzer Landrat anmerkten – bei den übergeordneten Behörden vermissten. Daraus lässt sich ableiten, dass die Publikation der Amtsblätter nicht als eine hinreichende Form der öffentlichen Informationsvermittlung betrachtet wurde.723 Neben dem regen Gebrauch der für die Bevölkerung eher schwer zugänglichen Verwaltungsmedien hat sich in Teil II. bereits herauskristallisiert, dass die von den Stadträten zu leistende Umwandlung von Entscheidungen, die in deutscher bzw. preußischer Verwaltungssprache verfasst waren, der vorangegangenen Übersetzung aus der französischen Amtssprache in nichts nachstand. Sie war mitunter komplizierter, weil Sprachbarrieren und Verständigungsprobleme nicht von vorneherein erwartet und mitbedacht wurden. So erhielt der aus der kurtrierischen Beamtenfamilie Linz stammende Oberforstrat bei der Regierung Trier noch im Jahr 1842 einen harten Tadel, weil er eine Anweisung zur Ausstreichung der Grenzsteinnummern falsch verstanden hatte. Anstatt sie wie gewünscht mit einem Unterstrich hervorzuheben, sie also seiner Meinung nach anzustreichen, hatte er sie getilgt.724 Aus der Sicht des preußischen Generals Karl von Müffling gab es generell nur wenig[e] Eingeborene am linken Rheinufer, welche in deutscher Sprache correct schrieben oder sprachen. 725 Der gebürtige Rheinländer Johann Friedrich Benzenberg bezeichnete hingegen den im Zollgesetz verwendeten Begriff in der Regel als berlinerisch und fehlerhaft und verglich den preußischen Schreibstil mit der klaren, runden und bestimmten Gesetzsprache, so sich seit der Revolution in Frankreich gebildet hat[te]. 726 Solche wenigen Zeitzeugen721 722 723 724
Vogel, Opinion, S. 52, vgl. Faber, Rheinlande, S. 406–408. Vgl. hierzu auch Kapitel III. 3.3 und 5.2. Piereth, Propaganda, S. 29. LHAK 442 3477, Schreiben des Regierungspräsidenten vom 31.12.1842 an Graf von Stolberg, Chef der zweiten Abteilung des königlichen Haus-Ministeriums in Berlin, wobei die Angelegenheit umfangreich erörtert und als Missverständnis […] aus Verschiedenheit der örtlichen Verhältnisse ausgelegt wurde. Zur Familie Linz vgl. Kapitel II. 4. und III. 4.1. 725 Müffling, Leben, S. 205. 726 Benzenberg, Handel, S. 388. Seiner Meinung nach hatte die Gesetzessprache bedeutende Fortschritte gemacht, zur „Diskussion über die deutsche Verwaltungssprache“ siehe Kapitel II. 3. und der gleichnamige Aufsatz von Margreiter. In Aachen wurde zu Beginn der 1840er Jahre eine gegenteilige Behauptung aufgestellt, vgl. Kapitel III. 5.1.
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aussagen zu Verständigungsproblemen implizieren, dass „die Sprachenfrage weniger ein sprachliches als ein kulturelles Verständigungsproblem“727 darstellte und die in Teil II. skizzierten Beobachtungen Claudie Payes für die französische Herrschaftsphase selbst unter vermeintlich Gleichsprachigen Modellcharakter besitzen.728 Tatsächlich lassen sich schriftliche Erklärungen der Steuergesetze gegenüber der Öffentlichkeit in den konsultierten Verwaltungsakten und Zeitungen ebenso wenig nachweisen wie mündliche per Trommelschlag oder Schelle verkündete Bekanntmachungen.729 Die Kommunikationsdefizite deuten auf den schwindenden Einfluss des preußischen Staatskanzlers hin, hatte dieser sich doch stets um eine gewisse Transparenz bemüht und die „Informationsöffentlichkeit“730 in seine Reformpolitik integriert.731 Zehn Jahre später versuchte der Oberbürgermeister von Koblenz dies auszugleichen, indem er eine Rechtfertigung der Steuererhebung zur Belehrung der Unkundigen 732 in der Stadt aushängen und dem Trierer Oberbürgermeister zukommen ließ. Darin reduzierte er die bekannten Steuerreglements auf ein einfaches Rechenbeispiel und stellte klar, daß die Stadt für Bedürfnisse, z. B. auf das vierpfündige gewöhnliche Roggen (Oberländisch-) Brod nur ungefähr einen halben Pfennig als Mahlsteuer zieht. 733 Im Allgemeinen schien die Verwaltungskommunikation am Zusammenfluss von Rhein und Mosel durch den aufgeklärten Absolutismus des letzten Kurfürsten die gesteigerte Informationspolitik Lezay-Marnésias oder die aufsehenerregenden Aktionen von Joseph Görres ihren Arkanbereich längst verlassen zu haben. Die Amtsführung Maehlers im Speziellen zeichnete sich durch eine überdurchschnittlich große Kommunikationsbereitschaft nach außen bzw. nach unten aus und knüpfte an sozialdisziplinierende Vorstellungen der Aufklärung an. Man urtheilt vernünftig nur über das, was man kennt, konstatierte er in der Einleitung zu einer seinen Mitbürgern gewidmeten Verwaltungsgeschichte von 1825.734 Explizit ging es ihm in der 132 Seiten starken Schrift darum, die Distanz zwischen den Gebietenden und den Gehorchenden zu verkleinern und mit Belehrung über jene Kluft die Brücke [zu] bauen, auf der Verwalter und Verwaltete sich freundlich begegnen und die Hand reichen können.735 Er war bestrebt, seine Mitbürger mit 727 Paye, Kommunikation, S. 515 f., wonach „Reflexionen über das Problematische an der deutsch-französischen Sprachbarriere häufig soziokulturelle Gegensätze zugrunde“ lagen. 728 Ebd., vgl. Kapitel II. 3. 729 Ausnahmen sind einzelne Publikationen beispielsweise von Benzenberg, Geldhaushalt. 730 Cancik, Verwaltung, S. 48. 731 Ebd., S. 36–52, wobei die „Pflicht, der Verwaltung, ihr Handeln, ihre Entscheidungen öffentlich zu machen“ anerkannt war. Zur „staatlichen Informationsordnung“ siehe auch Brophy, Grautöne, S. 303 f. Zum Diskurs vgl. ausführlich Herrmann, Herausforderung. Zu Hardenberg in diesem Zusammenhang siehe Holtz, Quellen, S. 24–27. 732 StATr Tb 12–39, Schreiben vom 7.9.1830. 733 Ebd. 734 Maehler, Coblenz, S. 1 f., er ging davon aus, dass die Verwaltung einer Gemeinheit […] keine Gegenstände [umfasst], die nicht jedem Gliede derselben als Teilhaber angehören. 735 Ebd., S. 2 f.
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den Anstalten und dem Haushalte ihrer Stadt vertraut zu machen, und in ihrem Herzen eine warme Theilnahme an dem Bestande ihrer Gemeinheit zu erwecken. 736 In diesen paternalistischen Worten steckte zwar kein Partizipationsaufruf, wohl aber eine gewisse Anerkennung der Auffassungsgabe der Bevölkerung, die nicht selbstverständlich war. Aus der Sicht der Verwaltungsgeschichte können sie als Versuch bewertet werden, einen „Gemeinsinn“ in der Bevölkerung zu etablieren, d. h. „eine motivationale Voraussetzung des Einzelnen“ zu schaffen, „für Zwecke der Allgemeinheit aus eigenem Antrieb überhaupt handeln zu wollen.“737 Diese von Manfred Hettling beschriebene, durchaus fortschrittliche Denkweise hob sich von dem Untertanengeist ab und bediente sich einer Verwaltungskommunikation auf Augenhöhe.738 Mit Hilfe detaillierter Erklärungen stellte sie eine gewisse Nähe zwischen dem Leser und dem Stadtoberhaupt her, die im Stadtvergleich einzigartig war. Fast beiläufig konnte Maehler dabei den Arbeitsaufwand des Stadtrats aufzeigen, die in 78 Sitzungen seiner Amtszeit verhandelten 375 Gegenstände stichpunktartig auflisten und Rechenschaft über seine Amtsführung ablegen.739 Verbunden mit der Offenlegung des kommunalen Rechnungsetats war er seiner Zeit damit 20 Jahre voraus und begab sich in eine gefährliche Kommunikationssituation, die mit der Verschwiegenheitspflicht der preußischen Verwaltungsordnung korrelierte.740 Dass ihn daran offenbar niemand hinderte, hing damit zusammen, dass er als Polizeidirektor selbst die Zensur der lokalen Schriften verantwortete.741 Die Zensurmaßnahmen waren zu diesem Zeitpunkt bereits eklatant ausgeweitet worden. Die im Koblenzer Steuerprotest 1819 noch vollkommen zu Recht aufgestellte Behauptung des Stadtrats, dass kein Gesetz es uns untersagt, uns an die kgl. Ministerien in Angelegenheiten unserer Gemeinde zu wenden, keines unsre Bitte dem Drucke zu übergeben, unseren Mitbürgern sie mitzutheilen gehörte nur einen Monat später der Vergangenheit an.742 736 Ebd., S. 132. 737 Hettling, Gemeinsinn, S. 36 nach ebd., S. 38 ging es bei den Erweiterungen von Begriffen wie Gemeinwohl, Gemeingeist, Bürgersinn und Bürgertugend um eine „innere Teilhabe“. 738 Ein Beispiel ist die Erläuterung der Verwaltungsgeschichte bei Maehler, Coblenz, S. 23–32, worin gängige Begriffe wie Schöffen erklärt werden. 739 Ebd., S. 29–33. 740 Die tabellarische Budgetaufstellung befindet sich bei Maehler, Coblenz, S. 33 f., jene der Armenverwaltung unter ebd., S. 88–90. Zur Verschwiegenheitspflicht siehe Kapitel III. 3.2 und 4.1. 741 Dem Oberpräsidium war dieses Grundproblem der Zensurverwaltung bereits zwei Jahre zuvor wegen eines unanständigen als auch bitteren Ausfall[s] des Landrats in Wetzlar unter LHAK 403 7137, Bl. 49 Schreiben vom 14.4.1823 aufgefallen. Das Zensoramt war Maehler unter ebd. 441 5125, am 2.4.1819 wegen der Nachlässigkeit Burrets übergeben, 1834 wieder entzogen worden; die Akte dokumentiert weitere Wechsel. Zur Lokalzensur allgemein siehe Holtz, Quellen, S. 62–67. 742 STAK 623 2186, Stadtratsprotokoll vom 20.8.1819, vgl. zuletzt Wilke, Beschlüsse, in Bezug auf den deutschen Bund siehe auch Tyrichter, Sicherheit. Herres, Anfänge, S. 113–115 spricht von „rigoroser Eindämmung der Öffentlichkeit“ für die Zeit ab 1820 in Preußen, vgl. allgemein Heady, Literature, S. 11–14. In Bezug auf die Presse handelte es sich nach Wilke, Grundzüge, S. 182–215 lediglich um ein retardierendes Moment, vgl. hierzu exemplarisch die Auswirkungen auf die AAZ, skizziert bei Blumenauer, Journalismus.
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Auf einer Ministerialkonferenz in Karlsbad wurden historische Beschlüsse gefasst, die die politischen Partizipationsmöglichkeiten der nachfolgenden Jahrzehnte maßgeblich bestimmten. Aus Sicht der Minister sollte die öffentliche Sicherheit in den Mitgliedsstaaten des deutschen Bundes wiederhergestellt werden, weil sie durch vorangegangene Ereignisse wie das Wartburgfest und die Ermordung des russischen Generalkonsuls von Kotzebue erschüttert worden war. In diesem Kontext wurde am 18. Oktober 1819 eine neue Zensurverordnung für Preußen erlassen, die besagte, dass alle in Unserem Lande herauszugebenden Bücher und Schriften, der […] Zensur zur Genehmigung vorgelegt, und ohne deren schriftliche Erlaubniß weder gedruckt noch verkauft werden durften.743 Artikel zwei entschärfte diese Aussage, indem der Zensor keine ernsthafte und bescheidene Untersuchung der Wahrheit hindern, noch den Schriftstellern ungebührlichen Zwang auflegen, noch den freien Verkehr des Buchhandels hemmen sollte.744 Dieser Widerspruch verbunden mit der Tatsache, dass Werke über 20 Bögen im Deutschen Bund nicht zensiert wurden, führte bei den zuständigen Beamten zu Irritationen. In fast wörtlicher Übereinstimmung stellten Ingersleben und Solms-Laubach daraufhin die gleichen Rückfragen bezüglich der praktischen Durchführung der Gesetze.745 Die von ihnen ernannten Zensoren aus den Regierungskollegien standen nämlich vor einer schier unlösbaren Mammutaufgabe, für die sie weder verbindliche Richtlinien noch eine angemessene Entlohnung erhielten.746 Das Innenministerium musste bis zur Mitte der 1820er Jahre mehrfach bestätigen, dass wirklich alle in den preußischen Landen herauskommende Schriften, welchen Inhalts sie sein mögen, unter Aufsicht der Königl.[ichen] Oberpräsidenten von den Censoren censiert werden sollen. 747 Faktisch waren das im Jahr 1817 allein 2.500 Neuerscheinungen, deren Zahl auf 8.000 im Jahr 1840 hochschnellte.748 In der Theorie wurde fortan jedes gedruckte Wort innerhalb Preußens einer Vorzensur, jedes außerhalb Preußens erscheinende Werk einer sogenannten Debitsprüfung unterworfen. Das in Berlin neueingerichtete Ober-Censur-Kollegium prüfte die im Ausland gedruckten Schriften, übernahm die Nachzensur und entschied in Konfliktfällen.749
743 Artikel 1, in: GS 1819, S. 228. 744 Ebd., Artikel 2. 745 Vgl. das „Bundes-Preß-Gesetz“ abgedruckt bei Wilke, Beschlüsse, S. 220–223. Die Anfragen sind bei Holtz, Quellen, S. 175 f. und S. 179–181 zu finden. Sie betrafen ihren eigenen Entscheidungsspielraum und die Frage, ob die Namen der Zensoren bekannt gemacht werden sollten. Die Antworten unter ebd., S. 188–190 waren ebenfalls ähnlich. Noch 1825 sprachen sich beide unter ebd., S. 330–331 dafür aus, die persönliche Verantwortlichkeit der mit der Zensur beauftragten Beamten ganz aufheben oder doch vermindern zu wollen. 746 Ebd., S. 36–43 beschreibt eine „Zeit der Ausnahmeregelungen“ bis 1824. Nach ebd., S. 47 erhielten sie 3 Pfennigroschen pro zensierten Bogen. Zur Verfügung Hardenbergs und allgemeinen Leitlinien der Zensur vgl. ebd., S. 200–206 und Heady, Literature, S. 16 f. Zu den konkreten Fragen der Zensoren vgl. exemplarisch die Schriftwechsel unter LHAK 403 7131. 747 Ebd., Schreiben vom 31.1.1823. 748 Brophy, Grautöne, S. 301, weitere Zahlen nennt Wilke, Grundzüge, S. 188 f. und S. 201 f. 749 Vgl. Holtz, Quellen, S. 29–35 und S. 76–81.
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In der Praxis stellte sich jedoch schnell heraus, dass die preußische Zensurverwaltung alles andere als eine „intelligente Maschine“750 war. Es fehlte ihr an finanziellen und personellen Mitteln, an etablierten Verfahrensweisen, an klaren Zuständigkeitsbereichen, wirksamen Exekutivorganen und unabhängigen Vollzugsbeamten. Dieses von Bärbel Holtz auf einer breiten Quellengrundlage gefällte Urteil kann mit den folgenden Ausführungen untermauert werden. Es darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass hohe Geldstrafen und Beschlagnahmungen für Produzenten und Distributoren eine echte Existenzbedrohung darstellten und die Demagogenverfolgung ihre abschreckende Wirkung nicht verfehlte.751 Einer der ersten, der die Konsequenzen der Karlsbader Beschlüsse in der preußischen Rheinprovinz zu spüren bekam, war Joseph Görres. Er hatte mit Teutschland und die Revolution ein weiteres Buch veröffentlicht, das seiner Enttäuschung über die preußische Herrschaft und die mangelnden Beteiligungsformen Luft machte und – wie Friedrich Wilhelm III. meinte – das Volk durch den frechsten Tadel der Maaßregeln der Regierung zur Erbitterung und Unzufriedenheit aufzureitzen vermochte.752 Die hier zum Vorschein kommende Theorie des Aufwiegelns war Teil einer Sicherheitspolitik, die darauf ausgerichtet war, die Bevölkerung zu schützen und „die Gefahr einer Verletzung religiöser, politischer oder moralischer Normen“753 abzuwenden. Sie stellte kritische Formulierungen unter Generalverdacht und konnte als Freifahrtsschein jeglicher Unterdrückungsmaßnahmen eingesetzt werden. Die preußische Zensur wurde demnach als „Herrschaftsmittel“754 konzipiert und als Kontrollinstanz installiert, um die (ständische) Gesellschaftsordnung und bestimmte mit ihr verbundene Wertvorstellungen aufrechtzuerhalten.755 Mit den Worten Johannes Paulmanns war die Heilige Allianz so zu einem „politischen Argument“756 geworden, das mit den geschilderten Kettenreaktionen der Adressbewegungen, anonymen Streitschriften, Pamphleten und Flugblättern untermauert werden konnte. Dabei war vor allem Letzteres ein jahrhundertealtes Medium der öffentlichen Meinungsäußerung. Im Regierungsbezirk Koblenz kursierte zum Beispiel 750 Collin/Heyen (Hgg.), Handlungsorientierungen. 751 Vgl. Holtz, Zensoren und dies., Zensurbehörden. Die Quellengrundlage bietet Holtz, Quellen. Zur lokalen Wirkung der Demagogenverfolgung vgl. Herres, Köln, S. 72 f., Siemann, Sicherheit, S. 180 und ausführlich Nolte, Demagogen. Die AAZ Nr. 22 (22.1.1820), Nr. 133 (12.5.1820), Nr. 305 (31.10.1820), Nr. 319 (14.11.1820) verfolgte beispielsweise den Fall Görres ausführlich. 752 Persönliches Schreiben des Königs an Ingersleben vom 30.9.1819 unter LHAK 402 669 mit folgendem Zusatz: Sie werden dafür sorgen, daß diese Maßregel mit gehöriger Vorsicht und ohne unnötiges Aufsehen ausgeführt werde. Zur Einschätzung vgl. Faber, Rheinlande, S. 354–359, Rowe, Reich, S. 264–267, Kampmann, Presse-Chronik, S. 104–106 und Fink-Lang, Görres, S. 77–82. 753 Müller, Zensur, S. 7, ähnlich Clemens, Zensur, S. 11. 754 Otto, Problem, vgl. Holtz, Quellen, S. 8 f., wonach Zensur „als staatlich institutionalisiertes Verfahren zwischen Zensor und Zensiertem, zwischen dem preußischen Staat und der sich entfaltenden Öffentlichkeit verstanden“ und nach Clemens, Zensur, S. 21 als ein „facettenreiches gesamteuropäisches Phänomen“ untersucht wird. Alternative Definitionen diskutiert Müller, Zensur, S. 3–6. 755 Holtz, Zensoren, S. 107 f. 756 Paulmann, Pomp, S. 115–124.
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ein auf den 18. Oktober datiertes Blatt, das sich einer Metaphorik bediente, die bereits zu Beginn der Franzosenzeit populär war: Jetzt standen die neuen Auflagen, welche unsre Brüder blutent statt der Freiheit errungen hatten, in der Kritik.757 Auch ein fingierter Befehl Hardenbergs ging umher und besagte, dass alle Einwohner von Coblenz ohne Unterschied der Religionen […] mit Steuern gecreuzigt werden sollen. 758 Es war ein Leichtes, diese – auch andernorts verwendete – Revolutions- bzw. Religionssymbolik mit den Steuerprotesten des Stadtrats oder der konfessionellen Polemik von Görres in Verbindung zu bringen.759 Ingersleben wurde daher angewiesen, den Autor sofort arretiren und unter sicherere Begleitung nach Glatz auf die Festung transportieren zu lassen. 760 Die Konfiskation der betreffenden Schriften wurde dem Polizeikommissar, d. h. Oberbürgermeister Maehler, übertragen, der sodann eine Untersuchung gegen den verantwortlichen Verleger Hermann Joseph Hoelscher, einleitete. Im Ergebnis fungierte Maehler als Ausführungsorgan der Regierung und als Protektor der Betroffenen. Er handelte weisungsgemäß, forderte aber Schadensersatz für Hoelschers Geschäftsausfall von 2.800 Talern und ein gerechtes Gerichtsverfahren für den flüchtigen Angeklagten.761 Das Veto für Görres wurde in einer Stadtratssitzung Ende des Jahres 1819 besprochen und in einer Bittschrift an den König ausgeführt. Darin waren die Stadträte der Ansicht, dass sich Görres abgesehen von seiner schriftstellerischen Äußerungen, weshalb ihm die Vertheidigung einzig und allein obliegt, dennoch durch seinen unbescholtenen Lebenswandel die Liebe seiner Mitbürger stets erhalten habe und der Gründer jenes Hülfs-Vereins war, durch den […] Tausende von Menschen vom Hungertode gerettet wurden. 762 Die Petition entsprang dem Gerechtigkeitsempfinden der Notabeln und der akut um sich greifenden Angst vor der fortschreitenden Aushöhlung bzw. gänzlichen Aufhebung des französischen Rechtssystems. Die in der Petition nicht verhehlten privaten Beziehungen waren sicher förderlich, doch stellten sie keinen Garant für eine derart offizielle Unterstützung dar. Denn Görres’ Cousin, Matthias Grebel, befürwortete das Vorgehen seiner Ratskollegen nicht, obwohl er ein Verfechter des französischen Justizwesens war und kurze Zeit später wegen ähnlicher Vergehen ins Visier der Behörden geriet.763
757 LHAK 441 8319, Flugblatt, das in Wetzlar gefunden wurde. 758 Ebd., Flugblatt vom 8.8.1820, gefunden in Koblenz. Weitere Karikaturen unter ebd. thematisieren die Konflikte um die Florinskirche, zur Bedeutung der Blätter siehe Wilke, Grundzüge, S. 19–29. 759 Vgl. hierzu die Diskussionen unter LHAK 441 5127. 760 Schreiben vom 30.9.1819 unter ebd. 402 669: Zugleich [waren] sämtliche Papiere in Beschlag zu nehmen und versiegelt hierher an den Staats-Minister von Schuckmann zu befördern. 761 Ebd. 441 5127, wobei Hoelscher argumentierte, dass Verleger nicht alles lesen könnten. 762 STAK 623 2186. Ohne über seine Schuld oder Unschuld ein Urtheil wagen zu dürfen, traten sie in dem Entwurf der Eingabe in der Sitzung vom 19.11.1819 dafür ein, das ihm angeschuldigte Vergehen nach den Gesetzen unserer Provinz verfolgen und darüber urtheilen zu laßen. 763 Bär, Geschichte, S. 26 und Herres, Koblenz, S. 57; insgesamt hatten 15 Räte die Petition unterzeichnet. Zur Problematik zwischen Polizei und Justiz vgl. Collin, Staatsanwaltschaft, S. 34–39, Siemann, Sicherheit, S. 180–190 und Wadle, Kontrolle.
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Die Verteidigung der französischen Justizordnung blieb auch nach dem Gutachten der Immediat-Justiz-Kommission und der vorläufigen Bestätigung durch den König im Jahr 1818 ein Dauerthema der publizistischen Öffentlichkeit.764 Zu Beginn der 1820er Jahre wurden die Diskussionen erneut angefacht, da die Verschärfung der Polizeibefugnisse und die Einrichtung neuer Untersuchungskommissionen den gültigen Instanzenzug und die Funktion des öffentlichen Anklägers infrage stellten. Verbrechen gegen den Staat 765 konnten ab 1821 nach preußischem Recht geahndet, sogenannte Demagogen wie Görres also vor altpreußische Gerichte gestellt werden.766 Die Empörung rheinischer Juristen wurde in Fachzeitschriften und ausländische Blätter verbannt und der Bevölkerung im Rahmen aufsehenerregender Gerichtsverhandlungen vermittelt. Denn die Prinzipien der Mündlichkeit und Öffentlichkeit verliehen Advokatanwälten und Richtern die vergleichsweise einzigartige Position, bestimmte Moralvorstellungen im öffentlichen Raum zu vertreten und als rechtmäßig auszuweisen, ohne das Prinzip der Neutralität aufzugeben.767 Matthias Grebel wurde beispielsweise im Jahr 1822 zu einem Protagonisten des wohl aufsehenerregendsten Kriminalprozesses am Trierer Landgericht. Er vertrat den wegen Mordes angeklagten Kölner Kaufmann Peter Anton Fonk und stand zwölf Geschworenen gegenüber, die als Höchstbesteuerte zur regionalen Notabelngesellschaft gehörten. Sieben von ihnen erklärten den angesehenen Neffen des Aachener Generalvikars nach langwierigen Untersuchungen und der Anhörung von über 250 Zeugen für schuldig.768 Das Publikum konnte die umstrittene Urteilsfindung in den von Buchhändler Johann Aloys Gall publizierten Verhandlungsprotokollen oder den von Benzenberg nach Köln übersandten Briefe[n] von der Assise in Trier mitverfolgen.769 In Köln selbst gab Verleger Marcus DuMont den Beteiligten die Möglichkeit, ihre Aussagen im Anzeigenteil der Kölnischen Zeitung zu veröffentlichen. Ebenso wie das Beiblatt wurde dieser Teil der Zeitung in der Regel von der Zensur vernachlässigt.770 Dabei stieß das abschließend verhängte Todesurteil eine überregionale Debatte über die französischen Rechtsprinzipien an, die durch die ausbleibende Urteilsbestätigung durch den König ungeahnte politische Dimensionen erreichte. Die Vorbehalte gegen das Geschworenengericht und die Entscheidungsgewalt des Richters wurden in der Tages764 Vgl. Kapitel III. 5.2. Cancik, Verwaltung, S. 128 hat darauf hingewiesen, dass öffentliche, sogar anonyme Stellungnahmen, zur Justizverfassung im Jahr 1816 noch möglich und von Seiten Berlins gewünscht waren, vgl. hierzu grundlegend Faber, Rheinlande, S. 122–129 und exemplarisch die KÖZ Nr. 117 und Nr. 121 vom 24. und 31.7.1819. 765 KO vom 6.3.1821, in: GS 1821, S. 30–32. 766 Collin, Staatsanwaltschaft, S. 27–53. 767 Hodenberg, Partei, S. 151–178; nach ebd., S. 287 kam es daher zu einer „verdeckten Politisierung der Justiz.“ Zur Urteilspraxis und dem aufkommenden Prozesstourismus in Köln vgl. Herres, Köln, S. 80–83. 768 Den Verhandlungsverlauf und die Namen aller Beteiligten inklusive der Geschworenen, von denen nur zwei aus der Stadt Trier selbst kamen, nennt Reuber, Mordfall, S. 57–66. 769 Benzenberg, Briefe, vgl. Gall, Criminalprozeß und die AAZ Nr. 135, 137, 143, 144 vom 15., 17., 23., 24.5.1822, die dem Leser einen Überblick und weitere Literatur an die Hand gibt. 770 Nahmer, Geschichte, S. 78.
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presse publik gemacht und nicht nur von Wilhelm III., sondern auch von einzelnen Beobachtern sowie 31 Trierer Bürgern und Beamten in einer Petition vertreten.771 Ingrid Sybille Reuber hat sie in ihrer Dissertation kritisch durchleuchtet und für berechtigt erklärt.772 Weiterhin folgten unzählige Streit- und Denkschriften, die zum Untersuchungsverfahren dazugehörten und das Auftreten der Beteiligten im Nachhinein rechtfertigten.773 Sie boten Juristen Raum für politische Stellungnahmen, die in der offiziellen Presse untersagt waren und wurden 1830 durch den sogenannten Maulkorberlass verboten.774 Im Falle des Fonkschen Justizskandals hatte der Angeklagte während des Prozessverlaufs seinen Kampf für Recht und Wahrheit 775 selbstständig niedergeschrieben und bei dem gleichen risikobereiten Verleger publiziert, der zuvor mit Görres und Grebel zusammengearbeitet hatte und bald in den Stadtrat eintreten sollte. Die ungewöhnliche Schrift lässt sich somit auf Fonks Verteidiger und dessen geschickte Instrumentalisierung der öffentlichen Meinung zurückführen. Denn wie Görres und viele seiner schreibenden Zeitgenossen war Grebel der Meinung, dass [d]ie Publicität unstreitig das höchste Kleinod der Civilisation […] der Lebensäther einer mit Intelligenz geführten und durch Intelligenz kontrollierten Regierung sei.776 Der Advokatanwalt hatte in seiner langjährigen Laufbahn nützliche Erläuterungen der französischen Gesetze, mehrere Urteilssammlungen und die Ergebnisse der ImmediatJustiz-Kommission auf den Markt gebracht.777 Eine seiner rechtspolitischen Abhandlungen erregte jedoch die Aufmerksamkeit des Oberpräsidiums, weil sie dazu geeignet schien, die üble Stimmung zwischen Militär und Civil zu vermehren. 778 Die betreffende Druckschrift enthielt nebst den Actenstücke[n] eines Strafverfahrens in Kreuznach die Geschichte [s] einer Suspension als Advocat-Anwalt und stellte das Vorgehen der preußischen Polizeibeamten an den Pranger der Publicität. 779 Sie wurde bei dem ehemaligen Präfekturdrucker François Hériot in vier Auflagen gedruckt und bei Hermann Joseph Hoelscher verkauft. Grebel konnte so nicht nur das Geschäft der Koblenzer Verleger ankurbeln, sondern auch den spannungsgeladenen Diskurs über die Polizeibefugnisse beleben und die öffentliche Meinung als Druckmittel für eigene Zwecke einsetzen – seine Suspen771 Vgl. die AAZ Nr. 262 vom 19.9.1822 und die Petition in der FZ Nr. 223 vom 11.8.1822, sowie im Original inklusive dem behördeninternen Vorgang zugunsten der Bittsteller unter LHAK 403 4023. Unterschrieben hatte Landrat Perger, Beigeordneter Grach und sein Sohn, Stadtrat Schmidt und neun weitere Regierungsmitglieder. 772 Vgl. Reuber, Mordfall. 773 Exemplarisch sei der erwähnte Düsseldorfer Professor Brewer, Fonk genannt, der die Schrift bei DuMont publizierte, vgl. Nahmer, Geschichte, S. 79. 774 Vgl. Hodenberg, Partei, S. 134. 775 Fonk, Kampf. 776 Grebel, Actenstücke, S. V f., vgl. Faber, Rheinlande, S. 408. 777 Vgl. ebd., S. 158 f. und Seynsche, Revisionshof, S. 52–54. Gemeint ist u. a. Grebel, Erbfolge und ders., Testament. 778 LHAK 441 8319, Bl. 12, Schreiben der Regierung an das Innenministerium vom 18.8.1820, vgl. auch die strittigen Publikationen kurz vor seinem Tod unter ebd., 403, 7137, Bl. 207–219. 779 Grebel, Actenstücke, S. III.
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sion wurde nämlich umgehend zurückgenommen.780 In Düsseldorf hatte das Deutsche Kochbuch für Leckermäuler und Guippes 781 von Theodor von Hallberg-Broich einen ähnlichen Effekt. Die vielgelesene Satire des bergischen Feldobristhauptmanns war die verärgerte Reaktion auf seine fehlgeschlagene Bewerbung um ein preußisches Landratsamt. Sie war zwar nicht karriereförderlich, evozierte aber einige Brocken in die Suppe des Freiherrn von Hallberg 782 und weitere Gegenschriften, die die politischen Verhältnisse lebhaft diskutierten.783 Mit solchen hier nur exemplarisch skizzierten Deutungskämpfen einzelner Notabeln soll an ältere Erkenntnisse zu den „Träger[n] der Publizistik“784 und zum „Kampf um die rheinische Rechts- und Gerichtsverfassung“785 sowie an neue Forschungsergebnisse zur „public sphere“786 erinnert werden. Zwar wäre es vermessen, hinter jeder öffent lichen Äußerung eines rheinischen Notabels Kritik zu wittern, zumal sich zahlreiche propreußische Gegenbeispiele anführen ließen. Nichtsdestotrotz kann insbesondere den unteren Verwaltungs- und Justizbeamten eine kritische Grundhaltung attestiert werden, die aus den ernüchternden Erfahrungen der ersten Herrschaftsjahre resultierte und durch die Karlsbader Beschlüsse eher verstärkt als unterdrückt wurde. Der Sicherheitspolitik Preußens lag folglich ein Fehlschluss zugrunde, da sich bisweilen auch diejenigen ihr widersetzten, die sie durchzusetzen hatten.787 In Koblenz wurde der öffentlichen Verwaltungskommunikation mit der Übertragung der Lokalzensur vom Landrat auf den Oberbürgermeister nicht – wie intendiert – der Riegel vorgeschoben, sondern lediglich eine neue Qualität verliehen. Maehler konnte in seiner zitierten Verwaltungsgeschichte die streitigen Communal-Grundgüter beschreiben, sie als rechtmäßigen Besitz der Stadt darstellen und auf die hohe Differenz zwischen den Einnahmen des Octrois und der Mahl- und Schlachtsteuer hinweisen.788 Diese von James Brophy aufgespürten Formen subtiler Meinungsäußerung in weitverbreiteten Informationsblättern und Handbüchern stellten eine politische Kommunikationsmöglichkeit dar, die 780 Ebd. 781 Hallberg, Kochbuch. 782 Freimund, Brocken erschien unter einem Pseudonym und stammte nach Faber, Rheinlande, S. 365 aus Regierungskreisen. Auch gab es eine Schrift von Gustav Franz von der Leyen Über das anonyme Pamphlet, Brocken der Freiherren von Hallberg. 783 Vgl. Faber, Rheinlande, S. 363–367; Herres, Anfänge, S. 127 und Braun, Beitrag. Hallberg hatte sich unter LA NRW R Oberpräsidium Köln 1538 mehrfach vergeblich für Landratsämter beworben, vgl. auch ebd. Berg 1490 und Göhring, Hallberg. 784 Faber, Rheinlande, S. 406–431. 785 Landsberg, Gutachten. 786 Brophy, Rhineland. 787 Clemens, Zensur, S. 16–18 und Leonhard, Widerspruch, S. 35–41. Nach ebd., S. 40 beruhte die Ambivalenz darauf, dass die Zensur ständisch gedacht war und die behördliche Vorstellung fehlschlug, dass „dem Bildungs- auch ein Loyalitätsgefälle entspreche.“ Koselleck, Reform, S. 423 sieht genau hierin einen Grund für den „Autoritätsschwund der Verwaltung“ vgl. Kapitel III. 3. 4. 788 Maehler, Coblenz, S. 38–54, S. 56 f. und insbes. der Hinweis unter ebd., S. 52, dass keine Entschädigung für den rechtsrheinischen Wald geleistet worden war.
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zu den produktiv-inspirierenden Wirkungen der Zensur zählte und bisher von der Forschung zum frühen 19. Jahrhundert unterschätzt wurde.789 In Trier war Haw als Polizeidirektor ebenfalls für die Ahndung von Zensurvergehen zuständig. Es spricht für sich, dass sein vielbeschäftigter Beigeordneter die unbeliebte Lokalzensur stellvertretend ausübte und bis in die 1830er Jahre keine Konflikte mit den im Stadtrat anwesenden Buchhändlern Lintz und Schröll überliefert sind. Besonders die von Schröll redigierte Chronik war für die öffentliche Verwaltungskommunikation prädestiniert und wurde bis zum Tod des Verlegers 1826 als Sprachrohr des Stadtrats betrachtet.790 Für die Zensurtätigkeit des Aachener Landrats von Coels liefern die Akten ähnliche Befunde, wohingegen die altpreußischen Zensoren, Landrat von Lasberg in Düsseldorf und Polizeidirektor von Struensee in Köln, ihre Arbeit zum Leidwesen der Verleger und der anderen Zensoren ungemein ernst nahmen. Sie zensierten auch die Tagespresse und hatten ein wachsames Auge auf die Berichterstattung in den anderen Städten.791 In Aachen, Koblenz und Trier oblag die Aufsicht der Zeitungen den Regierungen. Dabei wechselten die Zuständigkeiten so oft, dass sie nur fallweise ausfindig gemacht werden können und „die erstaunlichen Papierstapel staatlicher Dokumente zur Zensur eher den Eindruck einer defensiven und belagerten als den einer souveränen und triumphierenden Position“792 erwecken. Der große Ermessensspielraum und die persönliche Verantwortlichkeit führten dazu, dass die Zensur in erheblichem Maß von der individuellen Weltanschauung des zensierenden Regierungsrats abhängig war. Noch dazu stand dieser unter Zeitdruck und war ständigen Konflikten sowie öffentlichen Verunglimpfungen ausgesetzt.793 Die strenge Zensurpraxis Struensees – dessen Sohn Gustav sich 1831 interessanterweise mit der Tochter eines katholischen Buchhändlers vermählte – war beispielsweise eine beliebte Thematik des rheinischen Karnevals.794 Aus Trier sind solche Vorfälle nicht bekannt. Delius meldete dem Oberpräsidium, dass die Zeitungen in seinem Regierungsbezirk ganz unbedeutend seien und Regierungs789 Vgl. Brophy, Reader und ders. Rhineland, S. 36–53. 790 Unter StATr Tb 100/8, Protokoll vom 27.2.1819 wird es aus den genannten Gründen als offizielles Blatt bezeichnet und nach Berlin versandt. Lintz geriet während des Kölner Ereignisses 1838 in einen Zensurprozess, vgl. hierzu Kapitel III. 4.3. 791 Vgl. Holtz, Quellen, S. 175 f. und S. 179. Kayser wird in der Stadtratssitzung unter StATr Tb 100/6 vom 11.9.1817 als Zensor genannt. Unter LHAK 403 7137, Bl. 49 und Bl. 147 werden die Zensoren aufgelistet, wonach Westphal in Trier und Heuberger in Koblenz die Aufsicht führten, unter ebd. 442 3706 war Haw in Konfliktfällen zuständig, vgl. hierzu Schubert, Regierung, S. 39–42. Die von Lasberg zensierten Zeitungen sind unter LA NRW R Reg. Düsseldorf 315 aufgelistet. Die Unvorsichtigkeit des Landrats von Coels wird u. a. unter LHAK 403 7137, Bl. 237 von Struensee bemängelt, vgl. hierzu Gothein, Cöln, S. 220 f. und S. 450–455. Nach Herres, Köln, S. 65 f. war die Zensur ein Argument, das die Regierung gegen die Wiedereinführung der Polizeihoheit des Kölner Oberbürgermeisters anführte. 792 Brophy, Grautöne, S. 301. 793 Vgl. ebd., S. 323 f., Holtz, Quellen, S. 43–52 und Clemens, Zensur, S. 17 f. 794 Brog, Geschichte, S. 103; Frohn, Karneval, S. 99 f. und S. 256 f. Zu Gustav von Struensee siehe Hachenberg, Entwicklung, S. 54–56 und Kampmann, Köpfe, S. 100 f.
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rat Hetzrodt in der Trierischen Zeitung stets alles aus der Berliner Staatszeitung übernehme.795 Zeitungszensor Westphal – der Schwager von Karl Marx – gab das Amt 1825 an Gaertner ab, der mit Hetzrodt befreundet war.796 Es wäre allerdings ein Trugschluss, die Geburtsstadt von Marx als schlecht informierte, kritikfreie Zone zu bewerten. Drei auf weite, informelle Kommunikationskanäle verweisende Beispiele verdeutlichen das Gegenteil: So versorgte Johann Aloys Gall – der Trierer Buchhändler, der den Fonkschen Prozess dokumentiert hatte und (noch) nicht im Stadtrat saß – die auswärtigen Zeitungen 1822 mit strittigen Lokalmeldungen, die Hetzrodt nicht veröffentlichte.797 Der Koblenzer Stadtrat Dietz hielt den Trierer Stadtrat Hermes über ihren gemeinsamen Schwager Maximilian Nell und die Flucht von Görres sowie weitere Verhöre in ihrem Bekanntenkreis auf dem Laufenden.798 Manuskript- und Büchersendungen, die ebenfalls in der privaten Korrespondenz erwähnt werden, wurden Teil der umfangreichen Bibliothek von Hermes, die dieser 1833 dem Stadtrat vermachte. Als erster Bibliothekar wurde sein Freund Johann Hugo Wyttenbach eingestellt, der mit Hermes – sowie mit Mohr und Nell – in politischen Themen- und Manuskriptaustausch stand. Solche privaten Informations- und Kommunikationskanäle sind seltene Quellenfunde, die auch für die Kölner Notabelngesellschaft vorliegen und die Informationsdichte in der Region greifbar machen.799 Da Verleger ihre Zeitungen in der Regel selbst redigierten, „das heißt in erster Linie aus anderen Zeitungen zusammenstellten,“800 war ihre Anwesenheit im Regierungskollegium oder im Stadtrat nicht ohne qualitative und quantitative Folgen für die Berichterstattung in den Presserzeugnissen. Die städtische Monopolstellung der Kölnischen Zeitung und ihre wachsende Bedeutung für die überregionale Kommunikation lässt sich beispielsweise auf die hohe Vernetzung der Familie DuMont zurückführen und schloss das Stadtratsmandat eines Familienmitglieds sowie Zweigstellen des Verlags in Düsseldorf und Aachen mit ein.801 795 LHAK 442 3391, Bl. 25 Schreiben vom 14.11.1819, Bl. 27. 796 Vgl. ebd. und Zenz, Zeitungen, S. 33–36 sowie Groß, Polizei, S. 192 f. 797 Ebd., S. 206–209 und LHAK 442 3706, vgl. Kapitel III. 4.2. Gall war Korrespondent der Elberfelder Zeitung und gab 1822 Informationen über Kesselstadt weiter, die daraufhin auch in Aachen und in Köln zu lesen waren. Er wurde 1846 in den Stadtrat gewählt, vgl. Monz, Lexikon, S. 125. 798 StATr NL Hermes, Brief vom 11.4.1824. Dietz schrieb: Von Berlin aus hört man gar nichts mehr über unsere Landes-Angelegenheiten. Nach demagogischen Umtrieben wird wieder fleißig nachgespürt […] Wo aber nichts Verdächtiges ist, kann man auch nichts finden. Die Korrespondenz ergab sich aus der Hospitalorganisation von Dietz und thematisierte auch den Nachlass des verstorbenen Koblenzer Stadtrats Maximilian Nell. 799 Vgl. Clemens, Notabeln, S. 139–141, Kapitel III. 4.1 und allgemein Hansen, Briefe. Groß, Polizei, S. 188– 190 nennt weitere Beispiele für die publizistischen Interessen der Trierer Notabeln. Zu Hermes und seinen Beziehungen vgl. ders., Testament, ders., Hermes, ders., Freundschaft; Klupsch, Wyttenbach, S. 103–112 und S. 203. 800 Requate, Journalismus, S. 129. 801 Vgl. die Vertreter der Familie DuMont im Anhang; Pohle, Dautzenberg, S. 168; Nahmer, Geschichte, S. 17–21 und S. 93.
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In Aachen hatte Joseph Beaufort, ehemaliger „Imprimeur de la préfecture“, seit 1816 einen Sitz im Stadtrat inne und verlegte unter anderem das Journal des Nieder- und Mittelrheins, die Stadt-Aachener Zeitung und das Amtsblatt.802 Wie sein Koblenzer Kollege Hériot, hatte der gebürtige Franzose in eine ortsansässige Familie eingeheiratet, wodurch beiden sowohl die Informationsbeschaffung als auch die Beibehaltung ihres Druckprivilegs unter Preußen erleichtert wurde. Diese Kontinuität verdeutlicht die geschilderte Flexibilität französischer Staatsdiener und den Pragmatismus der Übergangsverwaltung, die Loyalitätsfragen zugunsten einer lückenlosen Informationsvermittlung offenbar beiseitegeschoben hatte. Aus der Natur der Sache ergab sich, dass diese ohne die Beteiligung der städtischen Honoratioren nicht zu leisten war, sodass sich in jeder Stadt Drucker, Verleger und Herausgeber sowie Publizisten, Chronisten, Redakteure und Korrespondenten unter den Stadträten befanden.803 Ältere Forschungsmeinungen müssen demnach revidiert werden, da Presse und Bürokratie nicht zwingend als Gegenspieler zu bewerten sind.804 Wenn die „Grautöne“805 der Zensurpraxis lediglich mit der Kreativität gut vernetzter Verleger und einer ineffizienten Zensurbehörde begründet werden, dann wird einzelnen Vertretern eben jenes Behördenapparats als Teil der Netzwerke und als Ideengeber selbst Unrecht getan.806 So druckte beispielsweise die Stadt-Aachener Zeitung eigene Berichte über das Ausland ab, die von dem persönlich für die Zensur zuständigen Regierungspräsidenten und Landrat von Coels geduldet wurden und in Berlin negativ auffielen. Diese Berichte belegen die europäischen Einflüsse auf die Sicherheitspolitik auf der einen und auf die Aachener Alltagskultur auf der anderen Seite. Denn laut Außenminister Christian Graf von Bernstorff verfolgte die Zeitung im Jahr 1820 den versteckte[n] Zweck, die revolutionäre Bewegung in Spanien zu unterstützen. Beaufort und sein Redakteur Matthias Weiß würden nach dem Beispiel der liberalen Blätter des Auslandes sich ein eigenes Geschäft daraus [machen], über die Lage Spaniens, nach wiederhergestellten königlichen Autorität, sich in übertriebenen Klagen zu ergiessen und mit dergleichen dem politischen System der Regierung zuwiderlaufenden Artikeln einen nachtheiligen Einfluß auf die durch sie irregeleitete öffentliche Meinung ausüben.807 Weitere Bedenken über Schilderungen der 802 Pauls, Beiträge, S. 104 f., wonach Beauforts Druckerei „bei weitem die Bedeutenste war.“ Zur Haltung der Zeitung vgl. ebd., S. 129 f., S. 186 f. 803 Vgl. die Angaben im Anhang. Zu den Anfängen einer aktiven Pressepolitik siehe Piereth, Propaganda und Kapitel III. 5.2. 804 Brophy, Grautöne, S. 345 konstatiert, dass die Netzwerke von Verlagshäusern „mit Druckern, Buchhändlern und Kommissionären, ihr Einfluss als Arbeitgeber und Wirtschaftsfaktor, ihr sozialer Status als Emissäre der deutschen Kulturnation […] letztlich stärker als die Absichten der staatlichen Bürokratie“ waren; nach Holtz, Quellen, S. 44 gehörten „Zensor und Zensierte […] der gleichen Schicht, der staatsnahen Intelligenz an“, ähnlich Zimmermann, Presse, S. 468, Clemens, Zensur, S. 16–18, Leonhard, Widerspruch, S. 39 und Requate, Journalismus, S. 87–97. 805 Brophy, Grautöne. 806 Vgl. Kapitel III. 3.4. Ein lesenswertes Beispiel ist Houben, Zensor. 807 LHAK 402 7137, Bl. 87 Schreiben vom 5.12.1823.
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Frankfurter Bundesversammlung, der griechischen Unabhängigkeitsbewegung oder des polnischen Aufstands ließen nicht lange auf sich warten.808 Solche Berichte waren dem Außenministerium vor allem deshalb ein Dorn im Auge, weil sich die weit entfernten Auseinandersetzungen als „Projektionsfläche für religiöse, kulturelle und politische Idealvorstellungen“809 in der eigenen Provinz eigneten. Mit ihrem Verbot ging der Anteil der Zensoren an der diskursiven Verhandlung politischer Themen über regulierende Eingriffe in das Verhältnis der Rheinprovinz zu Preußen weit hinaus. Es lässt sich sogar schlussfolgern, dass sie mit ihrer amtlichen Nebentätigkeit an politischen Raumbildungsprozessen aktiv beteiligt waren.810 Allerdings konnte der „fortschreitende Medialisierungsprozess“811 inmitten einer translokalen Kommunikationskultur nicht mehr aufgehalten werden.812 Die Tilgung dieser Ereignisse bedeutete nicht, dass die Leserinnen und Leser sie nicht in anderen Zeitungen nachverfolgen oder zumindest erahnen konnten. In Aachen, Düsseldorf, Koblenz, Köln und weiteren preußischen Städten wurden gestrichene Textpassagen zunehmend durch den Abdruck leerer Seiten kenntlich gemacht. Diese Zensurlücken gaben dem Leser zu verstehen, dass ihm Informationen vorenthalten wurden und machten der preußischen Obrigkeit klar, dass diese Bevormundung unerwünscht war.813 Zusätzlich zu solchen als Preß-Frechheiten 814 bezeichneten Darstellungsformen, gab es kreative Wege, die Verbote ausländischer Zeitschriften mit dem Hausierhandel zu umgehen oder mit der Post im wahrsten Sinne des Wortes zu umschiffen.815 Vor allem Pressestimmen aus Frankreich gehörten in den linksrheinischen Gebieten zum Standardrepertoire der Buchhändler und zur Ausstattung der städtischen Lesezimmer und Leihbibliotheken.816 Von diesen Bibliotheken gab es in jeder Bezirksstadt 808 Unter ebd., Bl. 63 wurde am 29.5.1823 darauf hingewiesen, dass zu viele Berichte über die Landtagsverhandlungen in Frankfurt erscheinen. Zu den Aufständen vgl. ebd., Bl. 319–323, die Einschätzung bei Evans, Jahrhundert, S. 71–107, Illner, Solidarität und Kapitel III 3.4. Zur Brisanz der Artikel siehe Nahmer, Geschichte, S. 83 f., Holtz, Quellen, S. 325–327 und Brophy, Grautöne, S. 325 f. 809 Späth, Bewährungsprobe, S. 344. 810 Tischler, Bewegung, S. 87–126; Illner, Solidarität, S. 61 f., vgl. grundlegend Bourdieu, Zensur. Zum Verhältnis zwischen Zensur und Diskurs siehe zusammenfassend Müller, Zensur, S. 3–6 und die weiteren Ausführungen in Kapitel III. 5.3. 811 Zimmermann, Presse, S. 465. 812 Vgl. Requate (Hg.), Mediengesellschaft und Freedman, Books. 813 Zensurlücken befanden sich nach LHAK 441 5117 im Jahr 1817 im Aachener Wahrheitsfreund. Weitere Rügen gingen nach ebd., 402 7137 am 2.4.1819, Bl. 13 an Hoelscher und Hériot in Koblenz. Schuckmann forderte Ingersleben am 22.2.1823 zur Zensurhärte auf, damit nicht […]die von der Censur gestrichenen Stellen in den Zeitungen leer gelassen oder mit Strich-Punkten oder anderen Andeutungen […] bezeichnet werden sollten, vgl. Houben, Zensor, S. 63 f. 814 LHAK 402 7137, Bl. 397, Gothein, Cöln, S. 450 und Herres, Köln, S. 70. 815 Vgl. Houben, Zensor, S. 93–99; Holtz, Quellen, S. 53–61; Müller, Schmuggel. 816 Herres/Holtz, Provinzen, S. 153 und Brophy, Nation, S. 172, der populäre Medien in belgischer oder holländischer Sprache ergänzt. Die Bedeutung überregionaler Zeitungen betont Molitor, Untertan, S. 90–94 für die französische Herrschaftsphase. Zu den Lesezimmerbeständen in Aachen und Koblenz vgl. Kapitel III. 4.1, Arens/Janssen, Geschichte, S. 38–46 und Weichelt, Casino, S. 77–90.
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mindestens eine, die von den bereits genannten Verlegern unterhalten wurden und der Bevölkerung zu bestimmten Tageszeiten offen standen. Sie wurden regelmäßig von den Polizeidirektoren überprüft, wobei die Durchsicht ihrer Kataloge (nicht der Bücherregale) verbotene Schriften nicht preisgab.817 Falls sie doch auftauchten, fehlte auf den Formularen der Beschlagnahmungen oftmals das Datum, sodass dem Inhaber ein kurzfristiger Verkauf nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte.818 Familiengeführte Verlagshäuser kannten diese Schlupflöcher der Zensurpolitik, weil sie langjährige Erfahrungen mit den wechselnden Zensurbestimmungen hatten. Sie verfügten über eine „kommerzielle Infrastruktur, die daran gewöhnt war, Bücher unter der Hand zu handeln“819 und über einen Berufsethos, der diesen Handel zugunsten der freien Meinungsäußerung rechtfertigte.820 Bei der Distribution und Produktion von Drucksachen spielten Vereine, Gesellschaften und private Zirkel eine entscheidende Rolle, die durch die reichhaltige Forschung zur Lese- bzw. Kommunikationsrevolution im 18. Jahrhundert dokumentiert wurde.821 Sie wurden bereits vorgestellt und trugen wesentlich zur mündlichen Informationszirkulation bei. Darüber hinaus dienten die Kölner und Koblenzer Casinos der Vorbereitung der Verfassungsadressen und bildeten den Schauplatz symbolischer Kommunikation an Festtagen und Staatsbesuchen. Diese waren wiederum durch die Mitarbeit der Handelskammern und der Trierer „Gesellschaft für nützliche Forschungen“ geprägt. Daraus ergibt sich, dass der Grad der Vergemeinschaftung der Stadträte außerhalb des Rathauses ihre Partizipationschancen innerhalb des Behördenapparats beeinflusste und von Stadt zu Stadt unterschiedlich war. Inwieweit dies auch auf Gesellschaften zutraf, die nur selten öffentlich in Erscheinung traten, kann nur gemutmaßt werden. Als gesichert gilt, dass sich den Stadträten in privaten Abendgesellschaften, Bruderschaften und Freimaurerlogen prinzipiell weitreichendere, geschütztere Kommunikationsmöglichkeiten ergaben, um sich auf gemeinsame Werte zu verständigen und politische Themen zu besprechen.822 817 Exemplarisch LHAK 441 5119, Durchsicht der Kataloge von Hoelscher am 10.11.1832 in Koblenz, vgl. Holtz, Quellen, S. 324 und ausführlich Ilbrig, Überwachungsprotokolle. Groß, Polizei, S. 290 weist darauf hin, dass der liberale Trierer Buchdrucker Gall seine Bücher in Zweibrücken in Auftrag gab. Ein Grund dafür waren mehrere unter LHAK 442 3706 dokumentierte und bei Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 819–824 teilweise abgedruckte Verwarnungen an Gall. 818 LHAK 442 3753, Schreiben von Schommer an die Regierung vom 16.5.1839 wegen der Untersuchung gegen Buchhändler Lintz, vgl. Kapitel III. 4.3. 819 Brophy, Grautöne, S. 312. 820 Holtz, Quellen, S. 58 f., vgl. Houben, Zensor, S. 41–45 und exemplarisch die Strategien bei Groß, Polizei, S. 191 f. 821 Vgl. grundlegend Nipperdey, Bürgerwelt, S. 587–594 und Behringer, Kommunikationsrevolution. Zum literarischen Untergrund in Frankreich siehe das gleichnamige Werk von Darnton und ders., Best-Sellers, in erweiterter Perspektive vgl. Haug, Topographie. In Bezug auf das Rheinland siehe Tilgner, Lesegesellschaften und Dann, Konstituierung. Zur Problematik der Begriffe vgl. Zimmermann, Presse, S. 465 und Wilke, Grundzüge, S. 137–142, S. 150–153, S. 303 f. 822 Reinalter, Freimaurer, S. 215–218, vgl. Dotzauer, Freimaurergesellschaften S. 237 f., Braun, Tugend, S. 153 f. und grundlegend Dülmen, Aufklärer, S. 55–134. Neuere, zum Teil entgegengesetzte Perspekti-
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Die Freimaurer in der Rheinprovinz beantragten 1814/15 einen Wechsel von ihren Mutterlogen in Paris zu den traditionsreichen Großlogen in der preußischen Hauptstadt. Trotz des Verbots von Geheimgesellschaften 823 vom 6. Januar 1816 und der verstärkten Kontrolle jeglicher Korporationen im Rahmen der Karlsbader Beschlüsse wurden diese Bestrebungen von den Regierungen unterstützt, da das Freimaurertum in der Hohenzollernmonarchie einen hohen Stellenwert besaß.824 Die in Aachen und Köln in zwei Logen aufgeteilten Brüder fanden sich 1817 in zwei neuen, weitaus kleineren, miteinander in wechselseitigem Kontakt stehenden Logen „St. Johannis“ und „Zum vaterländischen Verein“ zusammen.825 Diesen gehörten in Aachen vier und Köln mindestens zwei amtierende Stadträte an.826 Mit den neuen Namensbezeichnungen wurde den preußischen Behörden eine politische Einstellung vermittelt, die mit den neuen Herrschaftsverhältnissen kompatibel war und auf ein harmonisches Miteinander abzielte. In Koblenz waren diese Hintergedanken durch die wörtliche Übersetzung der Logenbezeichnung „L’union désirée“ besonders augenscheinlich.827 Doch hier genehmigte die Regierung die Umbenennung nicht, sondern schlug eine Vereinigung der zwölf verbliebenen Logenmitglieder mit einigen in der Stadt stationierten Militärs in der preußischen Feldloge „Friedrich zur Vaterlandsliebe“ vor. Diese hatte sich während des Russlandfeldzugs unter Staatsrat Ribbentrop formiert und umfasste 122 Mitglieder. In der neuen Koblenzer Loge sammelten sich daraufhin preußische Generäle und Offiziere, während einflussreiche Notabeln, die sich mit der französischen Herrschaft arrangiert hatten, wie Graf von Boos-Waldeck und Arzt Wollersheim, unter diesen Umständen austraten. Selbst Regierungsrat Lebens befand sich 1818 nicht mehr unter den aktiven Mitgliedern, wohingegen Johann Nikolaus Nebel nach Regierungsrat Aschenborn zum zweiten Meister von Stuhl ernannt wurde. Insgesamt gehörten der Loge 34 Offiziere und Generäle, drei Freiberufler, 14 Kaufmänner und 28 Beamte bzw. Juristen sowie zwei amtierende Stadträte an: Nebels Schwiegersohn Johann Friedrich Deinhard, dessen Geschäfte durch die Kontakte in Militär- und Regierungskreise florierten, und Matthias Grebel, der zu diesem Zeitpunkt als Regierungsadvokat und Logenredner fungierte (Abb. 2 Koblenz).828
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ven eröffnet Hoffmann, Geselligkeit und ders., Demokratie für das Bürgertum und Braun, Tugend für den Adel. Verordnung wegen der angeblichen geheimen Gesellschaften, in: GS 1816, S. 5–94. Vgl. Gerlach, Freimaurer und zusammenfassend Gudladt, Großlogen. Roth, Verflechtungen, S. 294 weist auf die erstaunlich geringe rechtliche Eingrenzung des Vereinswesens im frühen 19. Jahrhundert hin. Dotzauer, Freimaurergesellschaften, S. 207; Mettele, Bürgertum, S. 95–101; Pauls, Freimaurerei, S. 88–91 und Georgi, Geschichte, S. 149–151, vgl. LA NRW R Reg. Aachen 565. Vgl. die Angaben im Anhang, Mitgliederlisten liegen mit Ausnahme einer Statistik bei Georgi, Geschichte, S. 193 f. nicht vor. Zur weiteren Aktivität in Köln vgl. Mergel, Bürgertum, S. 60–63. Erlenmeyer, Gründung, S. 75–93. Erlenmeyer, Gründung, S. 75–93, der Antrag ging auf einen Brief von Ribbentrop vom 11.8.1817 zurück, vgl. das Verzeichnis der Mitglieder von 1818 unter URL: https://www.dilibri.de/rlb/content/pageview/270086 (abgerufen am 6.8.2020).
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In der Folgezeit hemmte die Dominanz altpreußischer Staatsdiener und Militärs die Entwicklung des Freimaurertums in Koblenz. 1826 stellte die Loge nach eigenen Angaben ihre Versammlungen einstweilen ein, weil sie viele Mitglieder durch Versetzung und Tod verlohren hatte, auch das, im alten Rathaus gemiethete Lokal nicht mehr von ihr benutzt werden konnte 829 – der Stadtrat hatte seine eigene Einstellung zur städtischen Geheimgesellschaft dadurch bezeugt, dass er die Räumlichkeiten dem Frauenverein kostenfrei für die Erziehung armer Mädchen zur Verfügung stellte.830 In Kontrast dazu erlebte die mystische Gemeinschaftsform in Trier einen Aufschwung. Im Jahr 1817 übernahm Wilhelm Haw das Amt des Ehrenmeisters vom Stuhl von seinem späteren Beigeordneten Franz Anton Kayser. Die Mitgliederzahl fiel von 53 im Jahr 1807 auf 25 im Jahr 1813. Der erneute Anstieg durch die Aufnahme auswärtiger Beamter und Militärs auf 99 im Jahr 1819 flachte bis 1828 wieder ab (79 Personen). Von den 16 preußischen Offizieren waren 1828 nur noch die Hälfte aktiv, wohingegen das Justizund Verwaltungspersonal durchgehend etwa die Hälfte der Mitglieder stellten.831 Maire Recking nahm mit seinem späteren Nachfolger Haw und Kayser sowie vier weiteren amtierenden Stadträten, die der französischen Loge „Réunion des Amis de l’Humanité“ angehört hatten, an den Treffen der neuen Loge „Zum Verein der Menschenfreunde“ teil. Einzig sein Sohn Anton Joseph Recking und Advokatanwalt Zeininger schieden im Laufe der 1820er Jahre aus der Gesellschaft aus. Religiöse Vorbehalte der katholischen Bevölkerungsmehrheit dürften dabei allerdings noch keine Rolle gespielt haben. Der Freimaurer und spätere Oberbürgermeister Wilhelm Haw übernahm 1820 sogar das Amt des Protektors einer katholischen Bruderschaft, der Marianischen Bürgersolidarität. Winfried Dotzauer erkennt daher keine Zäsur im städtischen Freimaurerwesen Triers, wobei im Gegensatz zu den anderen Städten herausragende Persönlichkeiten, Präfekten oder hohe Justizbeamte ohnehin nicht vertreten waren.832 Der Platz anderer französischer Staatsdiener wurde nach 1815 von ihren Nachfolgern eingenommen, sodass den städtischen Honoratioren die Kontaktaufnahme zu den übergeordneten Behörden in der Loge weiterhin offenstand.833 Allerdings trat die Gemeinschaft laut Guido Groß „kaum ins Licht der Öffentlichkeit“ und blieb „was die Tagespolitik anbetrifft, neutral.“834 In Köln gehörten politische Themen bis zur Auflösung der St. Johannisloge 1826 hingegen zum Logenleben dazu. So unterbreitete Steinberger, Meister vom Stuhl und zukünftiger Oberbürgermeister, seinen Brüdern 1818 ein Konzept zur Erziehung von 829 Schreiben vom 29.1.1839 zit. n. ebd., S. 95. 830 Ebd., vgl. Dotzauer, Freimaurergesellschaften, S. 232, Frauenverein, Geschichte, S. 6–8 und das Stadtratsprotokoll vom 6.4.1824 und StAK 623 2187. Zwei von drei Freimaurern im Stadtrat, Nebel und Grebel, starben kurz darauf. 831 Monz, Geschichte, S. 324, wonach 1807 insgesamt 23 Beamte und zwölf Advokatanwälte, 1819 42 Beamte und sieben Advokatanwälte, 1828 37 Beamte und sieben Advokatanwälte der Loge angehörten. Die Mitgliederliste von 1807 bis 1813 findet sich bei Haase, Haw, S. 259–264. 832 Vgl. Dotzauer, Freimaurergesellschaften, S. 191–196. 833 Ebd.; Monz, Freimaurerloge, S. 322–325; Müller, 200 Jahre, S. 34–36. 834 Groß, Freimaurerei, S. 70, zu Haw und der Bürgersolidarität siehe Haase, Haw, S. 164–166.
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benachteiligten Kindern. Auf die zeitliche Korrelation dieser geheimen Diskussion mit der Verabschiedung der Armenordnung im Stadtrat hat Giesela Mettele bereits hingewiesen.835 Die Loge fungierte somit nachweislich als Ersatzforum politischer Kommunikation und man könnte hinzufügen, dass sowohl in Köln als auch in Trier die herausragenden Aktivitäten der zukünftigen Oberbürgermeister in den Logen ihren jeweiligen Amtserhebungen unmittelbar vorausgingen. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die Freimaurerei auch in Trier in das Beziehungsnetz der Notabelngesellschaft eingebunden und keineswegs unpolitisch war.836 In Aachen nahmen die Freimaurer ebenfalls am (gesellschafts-)politischen Leben teil. Sie sammelten nicht nur Spenden für die hungerleidende Bevölkerung, sondern auch für die griechischen Freiheitskämpfer, die Mitte der 1820er Jahre für einen eigenen Territorialstaat eintraten.837 In Düsseldorf, Trier und Köln wurde die finanzielle Unterstützung der revolutionären Bestrebungen gegen das osmanische Reich von ad hoc gebildeten Vereinen, in Koblenz von Oberbürgermeister Maehler persönlich, übernommen.838 Bezeichnenderweise gingen die auf diese Weise gesammelten Gelder nicht beim Berliner Zentralverein, sondern beim Pariser Griechenverein ein.839 Generell waren die politischen und wirtschaftlichen Partizipationschancen in den französischen Logen der ehemaligen Hauptstadt des Rur-Departements besonders hoch gewesen. Für den Chronist Georgi schien das Logenleben in den ersten Jahren der preußischen Herrschaft unter dem Freiherrn von Fürth bzw. Advokatanwalt Josef Müller daher einzuschlafen.840 Thomas Mergel ist sogar der Meinung, dass die Notabeln die Loge fortan dem „protestantischen Beamtenestablishment“841 überließen. Obwohl vollständige Mitgliederlisten fehlen, ist diese rückblickende Einschätzung vor dem Hintergrund der vormaligen Beziehungen zu den westlichen Nachbarn zu bewerten und im Stadtvergleich zu relativieren. Die Aachener Loge richtete in den 1820er Jahren zum Beispiel regelmäßig Abonnementskonzerte aus, die von Frauen und Männern besucht werden konnten, die nicht zur Loge, wohl aber zur städtischen Oberschicht oder zu den vermögenden Badegästen gehörten. Gabriele Clemens hat daran 835 Mettele, Bürgertum, S. 144–149. 836 Vgl. grundlegend Nipperdey, Verein, S. 36 und Roth, Verflechtungen. 837 Pauls, Freimaurerei, S. 94 und Georgi, Geschichte, S. 152, wobei die Beteiligung an der Vermählungsfeier für den Kronprinz und die Bildung einer Trauerloge für den verstorbenen Staatskanzler Hardenberg erwähnt wird. 838 Tischler, Bewegung, vgl. der Aufruf des Trierer Vereins, dem Haw vorstand, abgedruckt bei Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 761, für Köln siehe Herres, Köln, S. 116, Mettele, Bürgertum, S. 232–236 und zum Vergleich Mahlerwein, Rheinhessen, S. 201–204 sowie Späth, Bewährungsprobe, S. 344. 839 Tischler, Bewegung, S. 72, S. 203–301, vgl. exemplarisch die AAZ Nr. 325 vom 21.11.1826, wonach Trier 1.300 und Düsseldorf 3.000 Taler gespendet hatten. Mahlerwein, Rheinhessen, S. 201–203 nennt weitere Beispiele aus der Nachbarregion. 840 Georgi, Geschichte, S. 151, wobei nach ebd., S. 153 vor allem innere „Spaltungen“ und „religiösen Anschauungen in der Bevölkerung“ dazu beitrugen, ähnlich Pauls, Freimaurerei, S. 91 und S. 99. 841 Mergel, Bürgertum, S. 60.
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erinnert, dass diese Bälle nicht nur der Symbol-, sondern auch der Amalgampolitik der Notabeln und somit der Reproduktion politischer Netzwerke dienten.842 Darüber hinaus deuten 181 Neuaufnahmen, ein umfangreiches Korrespondenznetzwerk und die kulturellen Impulse, die von einzelnen Freimaurern ausgingen, auf eine zunächst geglückte Reorganisation der Aachener Geheimgesellschaft hin.843 Die sozial-integrative Funktion der Freimaurerlogen aus Zeit der französischen Herrschaft fiel folglich nur in Koblenz und Köln vollständig weg und konnte durch andere Geselligkeitsformen kompensiert werden.844 Die seit Beginn des Jahrhunderts bestehenden Casinogesellschaften breiteten sich nach dem Herrschaftswechsel beständig aus. Im Vergleich zu den Freimaurern ging es den Casinomitgliedern nach 1815 vor allem darum, „die Stadt […] auf eine ihrer würdigen Weise repräsentieren“845 und ihren Anspruch als Repräsentanten derselben demonstrieren zu können.846 Dieses Selbstverständnis schloss die offenkundige Funktion der Casinos als informelle politische Informations- und Diskussionsforen und die Mitgliedschaft der Stadträte selbstredend mit ein. In allen Bezirksstädten kündigte daher kein Stadtrat seine Mitgliedschaft nach 1815 auf. Vielmehr wurden neue Räte gemeinsam mit den Repräsentanten der übergeordneten Behörden in die Gesellschaften aufgenommen.847 Vor diesem Hintergrund erscheint der 1817 in Trier aufkeimende Wunsch, einen literarischen Verein für Männer nach der Art des Coblenzer Casinos zu bilden, 848 in einem anderen Licht. Mit der Konstituierung des Literarischen Casinos zu Trier am 15. Januar 1818 war ein Ort des geselligen, literarischen und politischen Austauschs geschaffen, der das Lesekabinett ebenso wie die verlorenen institutionellen Repräsentationsmöglichkeiten ersetzen konnte. Auf der Basis der Koblenzer Statuten wurde Militärpersonen eine ordentliche Mitgliedschaft verwehrt, Regierungsbeamte jedoch von vorneherein miteinbezogen. Im ersten Direktorium vertrat Gaertner das Kollegium und Kayser den Stadtrat. Der Erfolg der neuen Korporation spiegelt sich in der Mitgliederzahl aus dem Jahre 1825 wider. Mit 215 ordentlichen Mitgliedern stand sie ihrem Koblenzer Vorbild in nichts nach und ermöglichte es 19 Stadträten inklusive Oberbürgermeister Haw, mit
842 Clemens, Gründung, S. 259, ähnlich Boch, Wachstum, S. 44, vgl. Lipp, Verwandtschaft, S. 68–73. Nach Mettele, Bürgertum, S. 171 war Frauen im Kölner Casino bis 1833 der Zugang erlaubt, dann gründete sich eine Casino-Ball-Gesellschaft. 843 Georgi, Geschichte, S. 149 und S. 199, vgl. Dotzauer, Freimaurergesellschaften, S. 207 und ders., Mitglieder. 844 Vgl. Kapitel II. 1. und Hoffmann, Geselligkeit, S. 46 f., der darauf verweist, dass dies nur vorübergehend der Fall war. 845 Weichelt, Casino, S. 142. 846 Vgl. Lipp, Handlungsmuster, S. 278. 847 Weichelt, Casino, S. 157–162; Mettele, Bürgertum, S. 173; Sobania, Bürgertum, S. 223 f.; Arens/Janssen, Geschichte, S. 12. 848 Schmidt, Casino-Gesellschaft, S. 9, vgl. Müller, 200 Jahre, S. 41.
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dem gesamten Regierungskollegium zusammenzukommen und sich auch außerhalb des Rathauses für ihre Interessen einzusetzen.849 Etwa zur gleichen Zeit befanden sich unter den 190 Koblenzer Casinomitgliedern insgesamt 21 Stadträte und Bürgermeister Maehler (Abb. 2 Koblenz). Wie in Trier und Köln luden sie preußische Beamte bereitwillig in ihre Räumlichkeiten ein, nahmen diese für offizielle Staatsbesuche und fulminante Bälle an Fest- und Feiertagen in Anspruch und ließen sie im Laufe der 1820er Jahre zu repräsentativen Zwecken ausbauen.850 In Aachen nahmen Guaita und Daniels sowie 16 Stadträte am Gesellschaftsleben im „Club Aachener Casino“ teil (Abb. 2 Aachen).851 Neun weitere Stadträte waren zusätzlich in der „Ressource“ – einer Vereinigung, in der Landrat Coels, Regierungspräsident Reiman und 15 weitere Regierungsmitglieder anzutreffen waren.852 Von diesen befanden sich wiederum nur zwei zeitgleich im Casino ein: Forstrat Johann Wilhelm Steffens und Regierungsrat Wilhelm Ritz. Beide stammten vom Niederrhein, standen vor 1815 in französischen bzw. österreichischen Diensten und zogen wenige Jahre später für die Stadt Aachen in den Provinziallandtag ein. Dies spricht dafür, dass dem Casino eine für die politischen Partizipationsmöglichkeiten größere Bedeutung zugestanden werden kann als der Ressource, die sich wenige Jahre später vergeblich um einen Anschluss an das Casino bemühte und letztlich auflöste.853 Auch der Kölner Oberbürgermeister war während seiner Notartätigkeit ins Aachener Casino eingetreten, nachdem er in Köln bereits zu den Gründungsmitgliedern der „Société“ gehört hatte. Er beteiligte sich außerdem an den geselligen Treffen der „Olympischen Gesellschaft“, an der „Concert-Gesellschaft“ und am späteren „Gesangverein“. Das reiche Angebot an kleineren Geselligkeitszirkeln, das Eberhard von Groote in seinem Tagebuch darstellt und die unzureichende Quellenlage bieten eine Erklärung dafür, warum in den 1820er Jahren nur 17 Stadträte zum Kölner Casino zugeordnet werden 849 Müller, 200 Jahre, S. 39–43. Die Listen finden sich bei Haase, Haw, S. 265–273, es waren 13 Regierungsräte, inklusive Delius und Gaertner, vgl. die Auswirkungen dieser Zusammensetzung dargelegt in Kapitel III. 3.4. Eine Mitgliederliste von Koblenz bei Weichelt, Casino, S. 249–273 listet 292 Mitglieder bis zum Jahr 1825 auf, wobei die inaktiven nicht gekennzeichnet sind. Nach ebd., S. 93 hatten Militärpersonen zeitlich begrenzten Zutritt, sodass 1817 bereits über 40 Militärangehörige das Koblenzer Casino besuchten, vgl. hierzu auch Mettele, Bürgertum, S. 175 f. mit Vergleichsangaben zu Köln. 850 Weichelt, 100 Jahre, S. 19–23, Architekt war Bauinspektor Nebel, der Sohn des ehemaligen Maires. Nach Clemens, Gründung, S. 259 spendeten die Trierer Casinomitglieder 7.500 Taler für den Neubau, vgl. Müller, 200 Jahre, S. 44–46. Laut Arens/Janssen, Geschichte, S. 13 mietete das Aachener Casino ab 1822 den oberen Stock der alten Redoute. Für Köln vgl. Warburg, Casino-Gesellschaft, S. 14–21. 851 Nach ebd., S. 12 schwankte die Anzahl der Mitglieder von 100 im Jahr 1814 über 143 im Jahr 1819 und 100 im Jahr 1821. 852 Vgl. die Liste bei Arens/Janssen, Geschichte, S. 110 f., wonach die Ressource insgesamt 101 Mitglieder hatte. Der langjährige Beigeordnete und Freimaurer Solders war der einzige, der in der Ressource und nicht im Casino eingeschrieben war. 853 Vgl. Arens/Janssen, Geschichte, S. 138 und S. 146; Hiersekorn, Steffens.
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können.854 Auch konnte der große Einfluss der personell mit dem Stadtrat verwobenen Handelskammer ausgiebig für kommunalpolitische Zwecke in Anspruch genommen werden (Abb. 2 Köln). In Aachen zog sich Daniels hingegen aus der Kammer zurück und gab das ihm zustehende Präsidentschaftsamt an den zweiten Beigeordneten, Kaufmann Conrad Oeder, ab (Abb. 2 Aachen).855 Die aus ca. 35 Personen bestehende Trierer „Gesellschaft für nützliche Forschungen“ betätigte sich ebenfalls in der lokalen Wirtschaftsförderung und hatte eine mit der vormals bestandenen Handelskammer vergleichbare Reputation in der lokalen Notabelngesellschaft. Aus dem Stadtrat wurden Kayser 1810, Arzt Neurohr 1824 und Haw 1826 aufgenommen (Abb. 2 und 3 Trier). Mit den Gründungsmitgliedern Nell und Mohr waren beide Verwaltungsebenen mit fünf bzw. sechs Personen in der Forschungsgemeinschaft vertreten. Durch die Aufnahme preußischer Beamter und einen Zuschuss aus der Regierungskasse konnte sie sich ihre „bemerkenswerte Staatsnähe“856 erhalten; an die gesetzlich definierte Einflusssphäre der Handelskammern reichte diese allerdings faktisch nicht heran.857 Das Vereinsleben in Düsseldorf lässt sich nicht rekonstruieren.858 Für die 1820er Jahre sind mehrere kurzlebige Zusammenkünfte, zwei Freimaurerlogen und das Casino nachweisbar, deren Geschichte mangels Quellen und Chroniken im Dunkeln bleibt. Die Literatur weist auf Zugehörigkeiten einzelner Stadträte zu einer „Concert-Gesellschaft“ und einem „Verein zur Beförderung der Künste und Gewerbe“ hin (Abb. 2 Düsseldorf). Es drängt sich der Gedanke auf, den niedrigen Organisationsgrad des Stadtrats mit diesem Befund in Zusammenhang zu bringen und von eingeschränkten Kommunikations- und nicht genutzten Repräsentationsmöglichkeiten auszugehen. Neuere Forschungsergebnisse, die Assoziationen und Freimaurerlogen als Partizipations- und Exklusionsinstrumente des rheinischen Adels thematisieren, stehen dieser Vermutung jedoch entgegen. Konkrete Anhaltspunkte für den vorliegenden Untersuchungszeitraum liefern sie indes nicht, sodass davon auszugehen ist, dass das rechtsrheinische Gesellschaftsleben spätestens mit den Provinziallandtagen, der Kunstakademie und den niederrheinischen Musikfesten 1826 exklusivere Züge annahm als in den anderen Städten der Provinz.859 854 Vgl. Mettele, Bürgertum, S. 169–176. Zu Steinberger siehe Gothein, Cöln, S. 218 f. 855 Vgl. Arens/Janssen, Geschichte, S. 125, Verwaltungsbericht über das Kommunalwesen 1830 von Reiman vom 21.2.1831 unter LA NRW R Reg. Aachen 787 und die Protokolle der Handelskammer unter StAAc VER 13–2. 856 Clemens, Gesellschaft, S. 396. 857 Ebd., S. 399 f. Eine Mitgliederliste, die die französischen Beamten ebenfalls aufführt, bei Haase, Haw, S. 274–276 weist bis zum Eintritt Haws 1826 insgesamt 44 Mitglieder auf. Zur Regierung gehörten SchmitzGrollenburg, Delius, Gaertner, Consistorialrat Castello und Baurat Quednow, vgl. Kapitel III. 4.2. 858 Das bemängelte bereits Lau, Geschichte, S. 232, vgl. Most, Geschichte Bd. 2, S. 265. Der Düsseldorfer Polizeiinspektor Mindel, Wegweißer, S. 35 nennt die Vorsteher der Freimaurerloge Zu den drey Verbündeten, der Gesellschaft zur Beförderung der Künste und Gewerbe, der Musik-Akademie und Concert- Gesellschaft sowie die Vorsteher einer Ressource und einer Lesegesellschaft, vgl. die Angaben im Anhang. 859 Vgl. Sträter, Musikverein, S. 57–65; Braun, Tugend.
Aushandlungsprozesse und Grenzverschiebungen 1819–1825
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Abschließend ist festzuhalten, dass die Reorganisation der Geselligkeitsformen mit der Neujustierung der öffentlichen Verwaltungskommunikation zusammenfiel. Die Präsenz der Stadträte im Vereins- und Assoziationswesen und ihre Einbindung in eine neue widersprüchliche Presse-, Informations- und Sicherheitspolitik bestätigen das angenommene Wechselverhältnis dieser beiden potentiellen politischen Einflusssphären. Obschon sich diese aufgrund ihrer informellen Eigenart nicht en détail rekonstruieren lassen, kann angenommen werden, dass Gesellschaften und Vereinen eine „kompensatorische“860 Aufgabe in Bezug auf die Verwaltungskommunikation und die daraus hervorgehenden Partizipationschancen zufiel. Nur auf diese Art und Weise konnten sich in der Folgezeit jene „Verflechtungen von Vereins- und Verwaltungstätigkeit als Form kommunaler Selbstregulierung“861 entfalten, die Roland Roth in einem gleichnamigen Aufsatz beschrieben hat. Diese kollektive Selbstständigkeit war bereits in der Teuerungskrise angelegt und wird im Verlauf der Darstellung noch zu untersuchen sein. Zunächst ist ihre bloße Existenz für die Bewertung der im nächsten Kapitel dargestellten parlamentarischen Partizipations- und Unterlassungsformen zu beachten.862 Darüber hinaus können im Folgenden zentrale Thesen der New Censorship Forschung auf die Städte der Rheinprovinz übertragen werden.863 In Anlehnung an Jörn Leonhard muss man „die Vorstellung einer einseitig repressiven Wirkung der politischen Zensur im deutschen Vormärz relativieren,“864 um ihren Einfluss auf die schriftlichen, mündlichen und symbolischen Kommunikationsformen der Notabeln zu verstehen. Nach den Karlsbader Beschlüssen stellte das gedruckte Wort eine weiterhin wirksame Partizipationsmöglichkeit dar, wenn es entweder systemkonform oder alternativ, kreativ und indirekt gehandhabt wurde. Auch konnte die öffentliche Meinung weder als Zuhörer noch als Teilnehmer aus der Verwaltungskommunikation verdrängt werden. Vielmehr nahm ihre Bedeutung für politische Aushandlungsprozesse gegenüber der vorangegangenen Herrschaftsphase zu und beförderte die abstrakte Argumentationsfigur Öffentlichkeit auf eine neue Ebene.865
860 Wilke, Grundzüge, S. 214, wobei dieser insbesondere Demonstrationen und Festen eine „Ersatzfunktion für die unterdrückte Presse“ zuschreibt. 861 Roth, Verflechtungen. 862 Vgl. Kapitel III. 3. und 5.2. 863 Dabei wird Zensur laut Brophy, Grautöne, S. 305 als „diskursiver Motor“ verstanden, der „gleichzeitig Meinungsäußerung diszipliniert und hervorbringt.“ Zur Kritik vgl. ebd., S. 306 und Holtz, Quellen, S. 2–6. Zur New Censorship Theorie siehe Post (Hg.), Censorship; Bunn, Censorship. 864 Leonhard, Widerspruch, S. 33. 865 Zimmermann, Presse, S. 465. Welche Rolle die Zeitung dabei spielte, zeigt Requate, Medium und Kapitel III. 3.3 und 5.2. Für den deutschen Bund liegt mit Fratzke-Weiß, Konzeptionen eine Beispielstudie vor. Zur opinion public siehe die Hinweise in Kapitel II. 1.
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3. Politik zwischen Gehorsam und Protest 1826–1834 Wir rühmen die großen Vorzüge in deren Besitz wir sind, und die wir so oft und so ängstlich sorgsam vertheidigen: nämlich unseren gegebenen Zustand in dem größten Theile der Rheinprovinz und unsre RechtsInstitutionen, die unter uns entwickelt und befestigt haben, was Ziel und Streben aller Völker ist und bleiben muss: bürgerliche Freiheit. 866 (Rede von Peter Heinrich Merkens im Provinziallandtag, Düsseldorf 1833)
Zu Beginn der 1820er Jahre wurde der Verfassungsdiskurs in die Amtsstuben verlagert, zur „geheimen Verwaltungsangelegenheit“867 erklärt und mit der Einrichtung der Provinzialstände im Jahr 1824 auf Eis gelegt. Allerdings konnte gezeigt werden, dass die Diskussion über die Realisierung politischer Partizipation spätestens seit der Steuerreform in der Alltagskultur der Provinzstädte angekommen war. Durch die Erhöhung der Lebensmittelpreise ging die Zielrichtung der Petitionen der Stadträte über ihre eigenen Partizipationsansprüche hinaus. Vor dem Hintergrund der vorangegangenen Teuerungskrise und der dargestellten Lebenshaltungskosten erhielt der Verfassungsdiskurs eine neue Qualität, weil er nicht mehr nur jene Einwohner betraf, die sich durch Herkunft, Besitz und Leistung zur politischen Mitsprache berechtigt und zu Unrecht ausgeschlossen sahen. Das große Interesse am Fonckschen Kriminalprozess in Trier, die hohe Wahlbeteiligung an den Kantonalversammlungen in Düsseldorf und Köln, die Petitionen der Bäcker und Schlachter in Koblenz sowie einzelne Pamphlete und Druckschriften kündigten an, dass auch andere Bevölkerungsschichten Partizipationsansprüche anmeldeten und die vielfach beschworene öffentliche Meinung real in Erscheinung treten konnte. Die Stadträte zogen es daher vor, die Öffentlichkeit in die Verwaltungskommunikation zu integrieren, d. h. Rechenschaft über ihre Amtstätigkeit abzulegen und sich von der preußischen Zentrale zu distanzieren. Diese hatte von vornherein andere Vorstellungen von einer „staatlichen Informationsordnung“868 und zielte mit dem Erlass der Steuergesetze in erster Linie darauf ab, die Voraussetzungen für die angestrebte Vereinheitlichung der Wirtschaftspolitik in den jeweiligen Provinzverwaltungen zu schaffen. Die skizzierten Implementationsprobleme lassen sich folglich auf Kompetenz- und Kommunikationsprobleme zurückführen, die durch unterschiedliche Verwaltungssprachgewohnheiten verstärkt wurden und sich in der Missachtung einzelner Instruktionen und der vorgeschriebenen Behördengänge manifestierten. Dabei wurden vertikale „Kommunikationsgrundmuster“869 nur selten eingehalten, wohingegen die horizontale Kommunikation sowohl auf der mittleren als auch auf der unteren Verwaltungsebene überregional gut funktionierte und sich durch eine große Bereitschaft zur Kooperation und Koordination auszeichnete.870 866 LHAK 403A 33 Bd. 2, Eintrag vom 31.12.1833, Bl. 406 f. 867 Koselleck, Reform, S. 303, zur „Zwangslage Hardenbergs“ vgl. ebd., S. 295–302 und Gall, Hardenberg, S. 192–255. 868 Brophy, Grautöne, S. 303. 869 Collin, Organisation, S. 340. 870 Vgl. ebd., S. 345–349 und Haas, Kultur, S. 248–263.
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Einzelne situationsabhängige Abstimmungsformen der Regierungsräte, ihre Anwesenheit in geselligen Vereinen und die Ernennung neuer Oberbürgermeister und Stadträte sprechen dafür, dass die Regierungen den Erfahrungsvorsprung der Stadträte eingeholt hatten. Jedoch konnten die dargestellten Personalwechsel nichts daran ändern, dass die Ratsherren ihre Amtsverpflichtung als Vertretung ihrer „Mitbürger“ nach wie vor höher gewichteten als jene als Vollzugsorgan der für sie ungünstigen Instruktionen. Diese zunehmende Positionierung aufseiten der Bevölkerung wurde mit der öffentlichen Meinung begründet und führte zwangsläufig dazu, dass die Regierungsbeamten umso mehr in die schwierige Mittlerposition zwischen Krone und Gesellschaft rückten, desto weniger die Stadträte bereit waren, diese Rolle auszufüllen. Solange den Notabeln die rechtliche Eingrenzung des politischen Raums mit einer Einengung ihrer Handlungsmöglichkeiten verbunden schien, stellten sie sich dem Wandel der politischen Strukturprinzipien und den Weisungen der Regierungen entgegen. Dass sich kollektive Unterlassungsformen und die Verweigerung von Anschlusskommunikation dazu ebenso gut bzw. genauso wenig eigneten, wie der zunehmende Einsatz von Expertenwissen im Petitionswesen ist bereits angeklungen und im Folgenden zu überprüfen. Für die erste Hälfte der 1820er Jahre kann die zu Beginn des vorherigen Kapitels gestellte Frage, ob sich mit der Zusammensetzung der Stadträte ihre Partizipationsforderungen und die dazugehörigen Kommunikationskanäle veränderten, zunächst mit einem klaren Nein beantwortet werden. Zwischen 1817 und 1825 wurden insgesamt mindestens 39 Petitionen versandt, die sich zuletzt dezidiert aufeinander bezogen. Die meisten, insgesamt 13 Bittschriften, gingen von der Stadt Koblenz aus – dem neuen Verwaltungszentrum der gesamten Provinz. Der Steuerprotest glich einem Tauziehen, das vereinte Kräfte und möglichst viele Ressourcen umfasste. Dabei wurden die finanziellen Defizite der Kommunalhaushalte und die fehlenden Einflussmöglichkeiten mit dem Wohl der Bevölkerung verknüpft und emotional aufgeladen. Ob das Gemeinwohl lediglich ein vorgeschobenes, öffentlichkeitswirksames Argument zur Selbstbehauptung oder ein reales Anliegen zur Behebung sozialer Probleme war, gilt es im Zusammenhang mit der Cholera-Epidemie 1831 näher zu eruieren. Dabei wird der von Jürgen Herres für die Rheinprovinz exemplarisch aufgezeigte „Zusammenhang von Armut, Krankheit, Geschlecht und Alter“871 im Rahmen der bereits geschilderten Lebensverhältnisse in den fünf Untersuchungsstädten eine wichtige Rolle spielen und den Übergang zu den beginnenden Pauperismusdebatten der Zeitgenossen bilden.872 Bis zum Aufkommen der sogenannten sozialen Frage hatten sich die Argumentationsweisen und Begrifflichkeiten in den fünf Provinzstädten weiter aneinander angenähert und sich erstmals der preußischen Verwaltungssprache angepasst. Vor allem nach den Karlsbader Beschlüssen korrespondierten alternative Wörter mit der Suche nach alter871 Herres, Vereine, S. 94 f. 872 Franz, Staatszugehörigkeit. S. 270–274, vgl. Beck, Origins, S. 33–61 und allgemein Osterhammel, Verwandlung, S. 283–290 und S. 330–335.
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nativen Medien und adäquaten Repräsentations- und Kommunikationsformen, die im weiteren Verlauf der Darstellung nicht aus den Augen gelassen werden. Ein neues Kommunikationsforum, das im Folgenden vorgestellt wird, wurde 1824 durch das Gesetz, wegen Anordnung der Provinzial-Stände für die Rheinprovinz ins Leben gerufen. Die Regionalvertretung sollte den Notabeln ein gewisses Mitspracherecht an den Verwaltungsgeschäften gewähren, um die Qualität jener zu erhöhen und die Querelen der Rheinländer wegen der fehlenden Vertretungskörperschaften einzudämmen. Als einer von neun Provinziallandtagen in Preußen hatte der rheinische Landtag rein beratende Funktionen und kann als ein weiteres Zugeständnis bewertet werden, das – ebenso wie andere bereits geschilderte Integrationsmaßnahmen – durch die offensichtliche Halbherzigkeit nicht als ein solches wahrgenommen wurde.873 Der inkonsequente Umgang mit den Integrationsanforderungen der Westprovinzen im Allgemeinen und mit den Partizipationsansprüchen der Notabeln im Speziellen war das logische Produkt einer preußischen Zentrale, die sich noch immer selbst in einem schwierigen Reformprozess befand. In Berlin war zwar laut Stefan Haas „ein Bewusstsein dafür erreicht, dass eine permanente Reform der eigenen gesetzgeberischen Leistung erforderlich war.“874 Doch die daraus hervorgehende Möglichkeit, „separate Ausführungsbestimmungen an ein Gesetz anzuschließen und spezifische Instanzen als eine Art von Implementationsbehörden oder zumindest als Vollzugsakteure zu bestimmen,“875 stiftete an Rhein und Mosel eher Verwirrung, als dass sie die Verwaltungspraxis – wie im Falle der Schuldentilgungskommissionen oder der Sparkassen – dauerhaft optimierte. Der latent provisorische, stets veränderbare Charakter von Gesetzestexten und eine gewisse Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen in Bezug auf ihre Durchsetzungskraft hat sich als wesentliches Charakteristikum der preußischen Verwaltungsordnung herauskristallisiert und war für die Stadträte Fluch und Segen zugleich.876 Das kommunale Finanzwesen war in ähnlicher Weise von der Problemlösefähigkeit und der Amtseinstellung der zuständigen Regierungsbeamten abhängig wie die unterschiedlichen Positionen der Oberbürgermeister und Stadträte innerhalb des Behördenapparats. Diese Interdependenz trug dazu bei, dass die bevorzugte direkte Kommunikation mit dem König oder mit dem Ministerium ins Leere lief und der Steuerprotest mitsamt der skizzierten Unterlassungsformen in eine partizipatorische Sackgasse führte. Es schließt sich also die Frage an: Inwieweit veränderten sich kommunikative und soziale Aushandlungsformen in der Folgezeit? Wie gingen die Stadträte mit den weitreichenden Handlungsspielräumen der ihnen übergeordneten Staatsdiener um und welche Rolle 873 Vgl. Kapitel III. 3.2; Veltzke, Brüder, S. 123 erkennt zum Beispiel einen „Stachel der Unmündigkeit“ im Rahmen einer „Reformpolitik der halben Schritte.“ 874 Haas, Kultur, S. 140. 875 Vgl. ebd., S. 139–142 mit den entsprechenden Beispielen. 876 Ebd., S. 259 spricht daher von einer „ambivalente[n] Angelegenheit im preußischen Verwaltungsaufbau“, ähnlich Cancik, Verwaltung, S. 16; vgl. auch Koselleck, Staat, S. 379 und ders., Reform, S. 161 sowie Raphael, Recht, S. 55, wonach dem Verwaltungsaufbau „etwas Halbfertiges, Improvisiertes“ anhaftete.
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spielte der aufsichtshabende Beamte vor Ort, Oberpräsident Ingersleben? Dieser geriet nämlich mit der Übernahme der Zensuraufsicht und dem Amt des leitenden Landtagskommissars zunehmend in die Position eines „Sachverwalters der Provinzinteressen“877, d. h. in eine Zwickmühle zwischen den Verwaltungsebenen, die den Verwaltungsalltag beeinflusste. Darüber hinaus warfen die ersten Landtage neue Grundsatzfragen auf, die den translokalen Verflechtungsprozess antrieben und nicht nur unter den gewählten Parlamentariern, sondern auch in den Stadträten, in den auswärtigen Presseerzeugnissen, in Gesellschaften, auf Festen und im Karneval diskutiert wurden. 3.1 Verweigerte Partizipation und Partizipation durch Verweigerung im Stadtrat Am 21. Februar 1831 verfasste Regierungspräsident August von Reiman einen niederschmetternden Verwaltungsbericht über die Kommunalverwaltung der Stadt Aachen, der wie folgt endete: Mit einem Worte es geschieht fast nichts, ohne das die Oberbürgermeisterei von der königlichen Regierung dazu aufgefordert und durch unzählige Erinnerungen und Ordnungsstrafen angehalten wird, so daß man fast sagen könnte, daß die Stadt von der Regierung verwaltet wird. 878 Seit der Einführung der Steuergesetze war die Teilnahme an den Stadtratssitzungen so gering, dass die zur Beschlussfassung notwendige ZweiDrittel-Mehrheit nur äußerst selten zu Stande kam. Um sie wenigstens auf dem Papier nachweisen zu können, sendete Oberbürgermeister Daniels den Fehlenden die Protokolle zur Unterzeichnung ins Haus.879 Zudem wurden ständige Komitees eingerichtet, sodass die Verwaltungsangelegenheiten in kleineren Gesprächsgruppen behandelt werden konnten.880 Die Regierung war fortwährend darum bemüht, diese Misstände 881 zu beheben und forderte die Notabeln unaufhörlich zur ordentlichen Verrichtung ihrer Amtsgeschäfte auf. Bei einem Zuwiderhandeln wurden Daniels und all jenen Stadträten, die dreimal unentschuldigt fehlten, die Entlassung angedroht.882 Vergeblich – denn wie Reiman dem Innenministerium schrieb, lag der Grund solcher anscheinenden Vernachlässigung […] hauptsächlich darin, daß es bisher kein Mittel gab, um die nachlässigen Mitglieder angemessen zu bestrafen. 883 877 Koselleck, Reform, S. 221. 878 Verwaltungsbericht über das Kommunalwesen 1830 von Reiman vom 21.2.1831 unter LA NRW R, Reg. Aachen 787. 879 Vgl. die Rüge unter StAAc OB 44–2, Schreiben vom 2.4.1823. 880 Vergleichbar mit dem Trierer Stadtrat gehörten nach ebd. PRZ 1–21 in Aachen jeweils sechs Stadträte folgenden Komitees an: Schuldenwesen, Finanz-Sachen, Militär-Servis und Einquartierungs-Sachen, Steuer-Sachen und Polizey-Angelegenheiten. 881 Verwaltungsbericht über das Kommunalwesen 1830 von Reiman vom 21.2.1831 unter LA NRW R, Reg. Aachen 787. 882 StAAc OB 44–2, Schreiben vom 15.3.1823. 883 Vgl. LA NRW R, Reg. Aachen 787, Verwaltungsbericht für das Jahr 1828 vom 31.1.1829. Unter StAAc OB 44–2 hatte die Regierung diejenigen Mitglieder des Stadtraths, die zu mehreren wiederholten Malen in den Sitzungen nicht erschienen waren– d. h. die Hälfte des Rats – am 29.8.1826 abgesetzt. Viele von ihnen tauchen allerdings unter ebd., Präsenzregister I./II. 1828 wieder auf.
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Ihm blieb nichts anderes übrig, als die ihm untergeordneten Amtmänner daran zu erinnern, dass jeder Staatsbürger die einmal übernommenen Functionen und Verpflichtungen pünktlich und gewissenhaft zu erfüllen habe.884 Er hoffte, dass sie das bei Ihrer Wahl in sie gesetzte besondere Vertrauen zu rechtfertigen bemüht seyn werden und appellierte an ihren Gemein-Sinn sowie an ihr Ehrgefühl für eine Verwaltung von solchem Umfange und so großer Wichtigkeit, da sie gegenwärtig vielleicht eine der wichtigsten und interessantesten Zeitepochen, indem sie mit mehreren bedeutenden und den reichsten Erfolg versprechenden Bauten und der vollständigen Regulierung ihres Schuldenwesens und gesamten Haushalts beschäftigt seien – kurz gesagt: er führte all jene Argumente an, die bis dato vor allem von den Notabeln selbst zur Behauptung ihrer Partizipationsrechte verwendet worden waren.885 Doch nach dem Scheitern der Petitionsbewegungen schien die institutionalisierte Partizipation auf der unteren Verwaltungsebene den meisten Stadträten von Aachen eine lästige Pflicht zu sein, die sie nur ungern übernahmen. Sie entschuldigten ihre ständige Abwesenheit mit anderen Amtsverpflichtungen, Unpässlichkeiten und diversen FamilienGeschäften. 886 Die Regierung hielt diese Begründungen nicht für ausreichend, 887 obwohl insbesondere die Geschäftstätigkeit der Stadträte nicht als reine Ausrede bewertet werden kann. Im Schnitt befanden sich fünf von insgesamt 21 Kaufleuten und Fabrikanten ständig auf Geschäftsreisen (Tab. 3 Aachen).888 In London, Paris oder Buenos Aires trafen sie auf Kölner Kaufleute, die außerhalb der Reisezeit ein weitaus größeres Interesse für die Kommunalpolitik ihrer Heimatstadt an den Tag legten. Denn 22 von ihnen fanden sich ein- bis zweimal im Monat im Rathaus ein (Tab. 3 Köln). Zehn Räte – darunter die Großkaufleute Effertz, Heimann, Leven, Lyversberg und Molinari – übten ihr Amt seit dem Beginn der französischen Herrschaft aus. Sie waren an regelmäßige Versammlungszeiten gewöhnt, wohingegen Guaita und sein Vorgänger die Aachener Munizipalität – wie vorgeschrieben – nur einmal im Jahr oder auf Weisung des Präfekten konsultiert hatten.889 Die Einführung fixer Sitzungstage liefert eine Erklärung dafür, warum am Ende der 1820er Jahre kein ehemaliger Munizipalrat mehr im Amt war. Andere namhafte Wirtschaftsbürger wie David Hansemann, Johann Heinrich Schervier oder James Cockerill traten kurz nach ihrer Ernennung wieder zurück oder schlugen das Amt von vornherein aus. So behauptete Heinrich Nellessen, einer der wohlhabendsten Fabrikanten der Stadt, dass durch die vielseitige Beschäftigung in der Fabrik und auf dem Komptoir [s]eine Anwesenheit daselbst von Morgens früh bis Abends ganz spät durchaus erforder884 885 886 887 888 889
Ebd., Schreiben vom 19.9.1826. Ebd., Schreiben vom 5.5.1824. Vgl. Kapitel III. 1.4 und 2.2. StAAc OB 44–2, Schreiben des Stadtrats Prümm vom 22.1.1818. Vgl. exemplarisch das Schreiben an Bernhard von Achten vom 27.7.1821 unter ebd. StAAc PRZ 1–21 und 1–22, vgl. grundlegend Schumacher, Auslandsreise. Vgl. Kapitel II. 3. und die Protokolle aus der französischen Herrschaftsphase unter StAAc FRZ 1–113, 1–111, 1–115. Boch, Wachstum, S. 35 weist darauf hin, dass gerade die aufstrebenden Wirtschaftsbürger traditionell kein Mitspracherecht in der Kommunalpolitik hatten, was nach Sobania, Bürgertum, S. 198– 200 auch auf Aachen zutraf.
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lich und nicht mit einem Stadtratsmandat zu vereinbaren sei.890 Gleichzeitig verzichteten einige von Reiman präferierte Personen, die nicht dem engeren Kreis der Oberschicht angehörten, auf ihre Chance zur politischen Einflussnahme – die Nellessen durch seine familiären Kontakte zumindest indirekt möglich war (Abb. 3 Aachen).891 Demgegenüber waren 16 vielbeschäftigte Männer dem Kölner Rat 1824 und 1826/27 bereitwillig beigetreten, nachdem rund zehn Räte verstorben waren.892 Weinhändler Damian Friedrich Leiden pflegte lukrative Kontakte zu verschiedenen europäischen Fürstenhöfen und unterhielt Geschäftsbeziehungen zu seinem Schwager Johann Abraham Kehrmann in Koblenz. Sein Handelsnetz profitierte außerdem von der Heirat seines Sohnes Carl mit Auguste Deichmann, der Enkeltochter des verstorbenen Bankiers Abraham Schaaffhausen. Seine Töchter sollten es erweitern und bekannte Unternehmer aus dem nördlichen Rheinland ehelichen: den Krefelder Textilhändler Gustav Mevissen und die Solinger Zuckerfabrikanten Wilhelm und Eduard Joest. Der Solinger Kommerzienrat Carl Eduard Schnitzler wurde 1826 zum Stadtrat von Köln ernannt, nachdem ihm zuvor die Leitung des Bankhauses Stein von seinem Schwiegervater Johann Heinrich Stein übertragen worden war. Während es sich bei diesen Notabeln um junge, auswärtige Honoratioren evangelischer Konfession handelte, übernahm Farbwaren- und Drogeriehändler Isaak Moll das Amt von seinem Onkel. 1830 folgte der 33-jährige Johann Heinrich Wittgenstein und erklärte sich dazu bereit, ohne die Stellung, den Titel und das Gehalt eines Beigeordneten in seiner gegenwärtigen Eigenschaft, dann einstweilen die Geschäfte, die einem Beigeordneten obliegen würden auf sich zu nehmen.893 Im Interesse des Gemeinwohls 894 nahm er somit nicht nur den Platz seines verstorbenen Vaters, des langjährigen Maires, sondern auch die Position des zweiten Beigeordneten Langen im Stadtrat ein. An der Seite seines Schwagers Eberhard von Groote leitete er in den darauffolgenden Jahren die finanziellen Verhältnisse zwischen dem Stadtrat und der Armenverwaltung, der er seit 1825 ebenfalls angehörte.895 Dieses Zusammenspiel von Nepotismus und Neuaufnahmen führte dazu, dass die Beschlussfähigkeit im Stadtrat von Köln in der Regel durch die Anwesenheit von ca. 20 Personen gewährleistet war und der „Generationenwechsel innerhalb der politischen Führungsschicht“896 eingeleitet wurde.897 890 StAAc OB 44–2, Schreiben vom 10.4.1830. Vgl. hierzu auch das bei Althammer, Herrschaft, S. 125– 128 umrissene Netzwerk der Familie Nellessen und die Angaben im Anhang. Darüber hinaus schlugen Wilhelm von Lommessem, Ludwig Beissel, Caspar Braff und Heinrich Nellessen das Amt aus. Hansemann, Schervier und Cockerill wurden in den 1820er Jahren für ein bis zwei Jahre ernannt, vgl. hierzu Kapitel III. 4.1 und 4.2. 891 Vgl. die Vorschlagsliste vom 9.3.1820 und die Suspension der Vorschläge vom 14.4.1820 unter ebd., wonach u. a. Bierbrauer Balthasar Quadflieg und Rotgerber Anton Krauthausen das Amt ablehnten. 892 Vgl. die Angaben im Anhang und Mettele, Bürgertum, S. 123 f. 893 HAStK 410 A3, Stadtratsprotokoll vom 13.5.1834. 894 Ebd. 895 Vgl. Wedel, Wittgenstein, S. 35–38, der ihm eine „Schlüsselstellung“ bescheinigt. 896 Mettele, Bürgertum, S. 124. 897 Nach HAStK 410 A2, war die für die Beschlussfähigkeit notwendige Personenanzahl nur am 30.12.1825 und am 30.3.1828 nicht gegeben. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass sich drei Stadtratsmitglieder
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In Aachen konnten nur fünf Räte eine mehrjährige Amtserfahrung seit dem Herrschaftswechsel vorweisen: Verleger Johann Joseph Beaufort, Bäcker Egidius Deutz, Advokatanwalt Franz Heinrich Jungbluth und die Tuchfabrikanten Jakob Leopold Bettendorf und Friedrich Wagner. Alle anderen Stellen waren im Laufe der 1820er Jahre erneuert worden, wobei nur wenige Wiederernennungen stattfanden und nur drei Fälle der Ämtervererbung ausfindig gemacht werden konnten. Dies lag teils an der mangelnden Bereitschaft der Räte ihr Amt nach 1815 fortzuführen, teils an den Bemühungen Reimans säumige Mitglieder zu entlassen und andere Berufsgruppen in den Stadtrat zu berufen.898 Die Kölner Regierung schien sich hingegen aus den internen Verbindungen der Notabeln herauszuhalten und gestattete sich laut Gothein „nicht einmal den Luxus einer eigenen Meinung.“899 Sie akzeptierte die Dominanz der Kaufleute im Rat und bestätigte Steinbergers Personalvorschläge, obwohl fünf Ratsherren beispielsweise nicht zu den Höchstbesteuerten gehörten.900 Eigentumskonflikte, die das Verhältnis zwischen den Regierungen und den Stadträten in Koblenz und Trier belasteten, gab es zwar auch in Köln. Doch die dortigen Notabeln zogen es vor, abzuwarten und eine Kommission zu bilden, um dafür zu sorgen, daß kein Eingriff in das städtische Eigenthum geschehe. 901 Dabei ging es um die an die Zentralschule übergegangenen säkularisierten Jesuitengüter, die in Aachen ebenfalls zur Diskussion standen und dort nicht zum Kommunaleigentum erklärt worden waren.902 Gleichzeitig brachte die Neuorganisation der Kölner Regierung Personalumschwünge in den anderen Städten ins Rollen. Nach dem Tod von Solms-Laubach und dem Abgang von Hagens wurde Daniel Heinrich Delius im Jahr 1825 zum neuen Regierungspräsidenten von Köln ernannt. Seine Versetzung von Trier entsprach weder seinen eigenen Wünschen noch jenen der meisten Kölner Notabeln, die sich stattdessen für den Katholik von Schmitz-Grollenburg eingesetzt hatten. Zum Missfallen der Koblenzer Stadträte wechselte dieser nach Trier, wo er sich bereits 1815/1816 die Liebe und Hochachtung sämmtlicher Einwohner erworben hatte.903 Am Oberpräsidium übernahm der altpreußische Abteilungsleiter Ludwig Fritsche die Leitung der Regierung. Nach dem Tod seines Vorgesetzten im Jahr 1831 wurde der Düsseldorfer Regierungspräsident von Pestel zum Oberpräsidenten ernannt. Auch er kannte seinen neuen Dienstort bereits seit der Übergangsverwaltung. Seine Stelle in Düsseldorf erhielt Schmitz-Grollenburg, der in Trier durch Ernst von Bodelschwingh ersetzt wurde. 1834 trat dieser die Nachfolge sei-
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auf dem Landtag befanden. Die Altersspanne umfasste die Jahrgänge von 1754 (Bartmann) bis 1797 (Wittgenstein). Sie waren im Durchschnitt 56,5 Jahre alt, vgl. hierzu auch Kapitel III. 5.1. Vgl. die Angaben im Anhang. Gothein, Cöln, S. 221. Nach Mettele, Bürgertum, S. 125 wurden acht von neun Vorschlägen genehmigt. HAStK 410 A2, Sitzung vom 8.6.1827. Vgl. ebd., wobei die Schulverwaltung den Eindruck hatte, als wolle man von Seiten des Oberpräsidii sich ohne Weiteres in den Besitz desselben setzen. Zum weiteren Vorgehen siehe Fritz, Gymnasium, S. 114– 116. So das Sitzungsprotokoll zu seinem Abschied vom 1.4.1816 unter StATr Tb 100/4, vgl. die ähnliche Abschiedsadresse des Stadtrats von Koblenz unter StAK 623 2187, Eintrag vom 8.3.1825.
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nes Landmanns von Pestel in Koblenz an und wurde mit 39 Jahren zum jüngsten Oberpräsident der Rheinprovinz ernannt. Mit ihm kam der katholische Landrat von Paderborn, Freiherr Adolf Theodor von Spiegel, als Regierungspräsident nach Koblenz. Im selben Jahr wurden auch den Kölnern unübersehbare Zugeständnisse gemacht, als mit dem Generalprokurator des Appellationsgerichtshofs Karl Ruppenthal ein überregional bekannter Verteidiger des französischen Rechtswesens zum Regierungschef ernannt wurde. Diese internen Versetzungsmaßnahmen schlossen lediglich die durchgängig von Reiman verwaltete Stadt Aachen aus und förderten die Anerkennung der preußischen Beamten vor Ort. Umgekehrt brachten sie diesen wechselnde Verwaltungs-, Orts- und Personenkenntnisse, die die innerbehördliche Kommunikation erleichterten und die Verflechtung der Verwaltungsarbeit voranbrachten.904 Ungeachtet aller Personalwechsel auf der mittleren Verwaltungsebene veränderte sich die Sozialstruktur der Stadträte im Laufe der 1820er und 1830er Jahre nicht. In Aachen ergaben sich daraus die skizzierten negativen Folgen für die alltäglichen Amtsgeschäfte, die durch das Engagement derselben Personengruppe in der Handelskammer nur teilweise kompensiert wurden. Im Jahr 1822 verließ der Stadtrat sich vielmehr auf das Kölner Verhandlungsgeschick und sah für die Entsendung einer Deputation zur Verhandlung der Wirtschaftsverhältnisse nach Berlin keine Notwendigkeit, weil die Kölner Kammer bereits unterwegs war.905 Die Kölner Stadträte waren hingegen dafür bekannt, aus der Verbindung einer Ratsund Wirtschaftstätigkeit individuelle wie kollektive Vorteile zu erzielen (Abb. 3 Köln).906 Dieses Geschick kennzeichnete den sogenannten Kölner Klüngel, der in Köln mehr und mehr zu einem positiv besetzten „Distinktionsbegriff der alten und neuen städtischen Elite,“907 in Aachen zu einer negativ konnotierten Beschreibung der Nachbarn avancierte.908 Die Unterschiede in der Verwaltungspraxis der beiden größten Wirtschaftsmetropolen der Provinz lassen darauf schließen, dass die berufliche Haupttätigkeit der Stadträte kein hinreichender Indikator für die Bewertung ihrer Arbeitsmoral war. Historisch gewachsene Traditionen und Gewohnheiten, individuelle Interessenslagen, die Stellung des Oberbürgermeisters, eine gewisse Gruppendynamik und die Personalpolitik der Regierungen führten dazu, dass sich die Kommunalverwaltungen der ehemaligen Reichsstädte nach den Herrschaftswechseln in entgegengesetzte Richtungen entwickelten, obwohl sie von ähnlichen Berufsgruppen angeführt wurden. 904 Vgl. Klein, Personalpolitik, S. 76–78; Bär, Behördenverfassung, S. 190–192; Schindlmayr, Personalpolitik, S. 59–67; Romeyk, Rheinprovinz, S. 23–28 und S. 61–66, der darauf hinweist, dass sich ferner eine wechselseitige Stellenbesetzung mit der Provinz Sachsen ergab. 905 StAAc PRZ 1–2, Eintrag vom 7.6.1822, da der zuverlässigen Sage nach die Stadt Cölln eine Deputation zu gleichen Zwecken nach Berlin gesandt hat[te], hielt man eigene Aktivitäten für nicht notwendig. Zum Aufbau der Kammern siehe Kapitel III. 4.2. 906 Nach Gothein, Cöln, S. 219 ließ Steinberger „den angesehenen Leuten […] freie Hand, zu verdienen, wo sich etwas bot, auch an der Stadtverwaltung. Das war nun freilich auch altcölnische Tradition.“ 907 Herres, Köln, S. 32 f. 908 Vgl. Herres, Köln, S. 32 f., Bönisch, Köln, S. 235–260 und Überall, Klüngel.
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Wilhelm Daniels versuchte gegen die Untätigkeit der Stadträte von Aachen anzukämpfen, erläuterte seine schwierige Position als provisorischer Oberbürgermeister und forderte eine Reglementar-Verfügung, 909 die ihm umfangreichere Disziplinarmöglichkeiten einräumte. Stadtadvokat Müller unterstützte ihn dabei, indem er der Regierung seine fachliche Einschätzung übermittelte und ein Präsenzregister, regelmäßige Sitzungstage und Ordnungsstrafen für die Verletzung der übernommen Pflicht vorschlug.910 Reiman sah für derart weitreichende Eingriffe keine gesetzliche Grundlage.911 Dennoch begrüßte er die obligatorische Dokumentation der Anwesenheit und verabschiedete die geforderte Reglementverfügung auf der Basis der Constitution der vormaligen Reichsstadt Aachen. 912 Während die Reglementarverfügung im Wesentlichen der in Trier bereits gegebenen Geschäftsordnungen ähnelte und ein weiteres Beispiel für die flexible Rechtslage darstellt, war das Präsenzregister ein absolutes Novum und lässt sich in anderen Bezirksstädten nicht nachweisen. Im Gegenteil – in den Moselstädten wurde die Anzahl der versammelten Räte nicht überprüft bzw. bemängelt, obwohl es auch hier – wenn auch sehr selten – zu Beschlüssen ohne Zwei-Drittel-Mehrheit kam.913 Als Quellenkorpus geben die Aachener Anwesenheitslisten Einblicke in den Verwaltungsalltag. So erhielten die Stadträte persönliche Einladungsschreiben mit den zu behandelnden Themen der bevorstehenden Sitzungen ins Haus geschickt. Die Sitzungen fanden in der Regel freitags statt und dauerten von 17.00 bis 21.00 Uhr.914 Friedensrichter Giesen hielt seine Verhandlungen am selben Wochentag von 15.00 bis 18.00 Uhr ab und sah seine Abwesenheit im Stadtrat daher als eine Selbstverständlichkeit an.915 Ihn und fünf weitere Stadträte, die notorisch fehlten, brachte Daniels zur amtlichen Anzeige bei der Regierung.916 Seine Besorgniß, dass er dadurch dem Hasse des Stadtraths ausgesetzt sei, hielt Reiman für unbegründet.917 Kurze Zeit später stand jedoch der Vorwurf im Raum, dass die Herren Bürgermeister selbst in der Sitzung nicht gehörig vorbereitet erscheinen […] und die Mitglieder des Stadt-
909 StAAc Ob 44–2, Schreiben vom 16.11.1821. Darüber hinaus schlug Daniels unter ebd., Schreiben vom 18.7.1827 vergeblich die Wahl von zehn Stellvertretern nach Analogie des Paragraph 71 der preußischen Städte-Ordnung zur Behebung der Probleme vor. 910 Ebd., Schreiben vom 16.11.1821. 911 Ebd., Antwort der Regierung vom 19.10.1825. 912 Ebd., Schreiben vom 5.5.1824, vgl. auch die Bestimmungen vom 19.9.1827 unter ebd. 913 Die Präsenzregister finden sich unter ebd. PRZ 1–21, 1–17 und 1–18. Für Trier und Koblenz vgl. exemplarisch StATr Tb 100/8 und StAK 623 2187, Sitzungen vom 30.9.1826 und 18.12.1830. 914 Vgl. die Einladungen unter StAAc PRZ 1–22. Unter ebd. OB 44–2, Abschrift der Stadtratssitzung vom 3.7.1827, wurde dann der erste und dritte Mittwoch jeden Monats als Sitzungstag festgelegt. 915 Ebd., Bl. 24. 916 Ebd., Schreiben vom 23.11.1820, wobei es um Giesen, Bettendorf, Wildenstein, Heucken und Rumpen ging und die ersten beiden noch nie erschienen seien. Dass sich dies nicht änderte, zeigt das Schreiben unter ebd. vom 31.7.1822 und die Rüge der Regierung vom 15.5.1823. Die fünf Räte wurden am 30.5.1823 entlassen. 917 Ebd., Schriftwechsel vom 28.5.1823.
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raths die Geduld und Aufmerksamkeit verlieren. 918 Die erste Regierungsabteilung, die diese Gerüchte dem Vernehmen nach kannte, gab Daniels daraufhin Tipps für ein angemessenes Auftreten und ging auf die Anforderungen der Verwaltungskommunikation unter Anwesenden ein: Der mündliche Vortrag einer Sache muß nicht blos nur allgemeine Sätze, sondern so speciell das Detail derselben umfassen, daß es der Vorlesung der darauf Bezug habenden Verhandlungen mit Ausnahme etwa besonders wichtiger Fälle oder sehr weitläufiger Verhandlungen nicht weiter bedarf. 919 Er wurde angehalten, sich besser vorzubereiten und dem Stadtrath einen erschöpfenden und gründlichen Vortrag zu halten und [seine] motivierte Meinung mitzuteilen. 920 Hilfestellungen dieser Art bezeugen die Aufgaben des Oberbürgermeisters, den voranschreitenden Wandel der Kommunalverwaltung und ihre zunehmende Reglementierung. Sie wurden in den anderen Untersuchungsstädten nicht geleistet. Die offenbar ermüdende Kommunikationsweise von Daniels hing mit der provisorischen Amtsführung zusammen und entsprach einem Aspekt der parlamentarischen Praxis, der im nachfolgenden Kapitel näher beleuchtet wird: Der Tatsache, dass die freie Rede im Plenum in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts keineswegs üblich war.921 In der Folgezeit zeigten sich Daniels und die Stadträte unbeeindruckt von den Vorgaben der Regierungsbeamten. Unter den kurzgefassten Einträgen in den Protokollbüchern lassen sich ab 1824 keine Unterschriften mehr finden.922 Für Reiman erhärtete sich am Ende der 1820er Jahre der Eindruck, dass die Verwaltung so gehemmt wird, daß sie ordnungsmäßig nicht fortgeführt werden kann. 923 Den weitreichenden Handlungsmöglichkeiten der Regierungsbeamten waren in der Praxis also Grenzen gesetzt, indem sie von der Kooperationsbereitschaft der Stadträte abhängig waren. In Aachen verfehlte die flexible Auslegung der Gesetze vor allem deshalb ihre Wirkung, weil die Reglementarverfügung mit der baldigen Einführung einer preußischen Kommunalordnung gerechtfertigt und als vorübergehend dargestellt wurde. Die Unverbindlichkeit, die in der Anpassungsfähigkeit der preußischen Verwaltungsordnung angelegt und durch das Fehlen einer Verfassung nicht wegzudenken war, machte es den Notabeln möglich, die vorgegebene Ordnung zu ignorieren. Dieser den Stadträten bewusste provisorische Ver918 Ebd., Schreiben der Regierung an Daniels vom 15.5.1823. Gemäß dem Schreiben vom 29.8.1826 unter ebd. kam Daniels außerdem ständig zu spät. 919 Ebd., Schreiben vom 20.5.1823. 920 StAAc Ob 44–2, darüber hinaus sei sein Verhalten seiner Stellung nicht angemessen und von dem Stadtrath [sei] weder zu erwarten noch zu verlangen, daß er die Verhältnisse so genau kenne, um ohne Vortragung dafür und gegen eine Sache sprechende Gründe sich in allen Fällen eine eigene Meinung und Ansicht zu bilden. 921 Vgl. Kapitel III. 3.2. 922 Vgl. StAAc PRZ 1–2 und 1–3. 923 Ebd. OB 44–2, Schreiben der Regierung vom 17.3.1830 mit dem Hinweis, daß von 15 Fällen nur 5 Sitzungen wirklich zu Stande gekommen seien. Advokatanwalt Jungbluth begründete sein absichtliches Zuspätkommen unter ebd., Schreiben vom 25.7.1829, beispielsweise mit der Tatsache, dass er im Falle eines pünktlichen Erscheinens stets eine Stunde lang unnütz abwarten müsse, bis seine Kollegen sich einfanden.
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waltungszustand wird als handlungsleitendes Element in der Kommunalpolitik von der Forschung unterschätzt und lässt sich auch auf den Rechtsbereich übertragen.924 Reiman selbst hatte die Stadträte wiederholt auf die baldige Publication der seit einer so langen Reihe von Jahren verheißten neuen Communal-Ordnung hingewiesen,925 obschon er die seit dem Herrschaftswechsel angedachte Einführung der Steinschen Städteordnung ablehnte. Im Jahr 1816 hatte er Ingersleben diesbezüglich berichtet, dass die in Project der neuen Städte-Ordnung vorausgesetzten Bestandtheile – der Grund und Boden – worauf solche ausgeführt werden soll nicht vorfindlich seien.926 In seinem Verwaltungsbezirk gab es keine Städte in gesetzlichem Sinne, keine Stadtbürger keine Einwohner im Gegensatz von jenen. Keine Vorzüge der Städte, keine privilegierten Personen – keine privilegierten Grundstücke. 927 In Anbetracht der dargestellten weit auseinanderklaffenden sozialen Unterschiede innerhalb der Aachener Stadtgesellschaft war dies eine Wunschvorstellung, die auf dem Staatsbürgerprinzip der französischen Gesetzgebung beruhte und in den Köpfen der Bevölkerung fest verankert war. Umso erstaunlicher war es, dass Edmund Freiherr von Schmitz-Grollenburg ihm beipflichtete und seinen Regierungsbezirk folgendermaßen beschrieb: Das, was unsere preußische Gesetzgebung in den alten Provinzen schaffen will, völlige Gleichheit der Rechte unter allen Ständen, ist hier längst vorhanden, auch die Verwaltung aller Stadt- und Landgemeinden ist, dem Wesen nach, auf beiden Rheinufern gleich. 928 Mit diesen frühen Gutachten brachten die Regierungspräsidenten das Anliegen der Rheinländer auf den Punkt: Nicht die Einführung der Städteordnung, sondern die ihr zu Grunde liegende Ständeordnung, insbesondere die rechtliche Ungleichheit von Stadt- und Landbewohnern, sollte verhindert werden. Mit der Beibehaltung des Gleichheitsprinzips auf Kosten ihrer eigenen Partizipationsmöglichkeiten nahmen die Notabeln die im Präsidialmodell angelegten Eingriffsmöglichkeiten der Regierungsbeamten also bewusst in Kauf.929 Lediglich eine Deputation des Stadtrats von Aachen bat den Kronprinzen während seiner Anwesenheit in Köln im Jahr 1830 um die baldige Einführung der Städte-Ordnung, indem das 15-jährige Provisorium bekanntlich Nachtheile und Übelstände mancher 924 Vgl. Ellwein, Verwaltungshandeln, S. 56–60 und Collin, Organisation S. 344. Der einschlägigen Literatur zufolge endete der provisorische Zustand nach der Übergangsverwaltung im Jahr 1816. Aus der Perspektive der Zeitgenossen war er nicht nur im kommunalen Verwaltungswesen, sondern auch in Bezug auf die Gerichtsordnung und die noch immer erwartete Verfassung ein Dauerzustand. 925 Verwaltungsbericht über das Kommunalwesen 1830 vom 21.2.1831 unter LA NRW R, Reg. Aachen 787. Zu den innerbehördlichen Diskussionen siehe Wex, Gleichheit, S. 368–373, Bär, Behördenverfassung, S. 277–280, Schubert, Regierung, S. 151–156 und Schütz, Studien, S. 84–147 sowie Kapitel III. 5.1. 926 LHAK 402 175, Bericht vom 22.11.1816 Bl. 125–138, hier Bl. 121. 927 Ebd. 928 Ebd., Bl. 175, vgl. der „einhellige Tenor aller Stellungnahmen der regionalen Behörden“, beschrieben bei Wex, Gleichheit, S. 373. 929 Vgl. ebd., S. 366–384; Diefendorf, Businessmen, S. 257–261; Koselleck, Reform, S. 371; Obenaus, Parlamentarismus, S. 220 f. und die Definition der Stände im ALR, Titel 1, Paragraph 1–9 sowie Kapitel II. 4. und III. 5.1.
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Art hervorgebracht habe. 930 Die Meinungsverschiedenheiten mit den Städten, in denen keine Verwaltungsprobleme vorkamen, wurden im Provinziallandtag ausgetragen und werden noch zu diskutieren sein. In der zweiten führungslosen Stadt beklagte sich nicht der Rat, sondern der Regierungspräsident darüber, dass die Bürgermeister […] gerade weil sie kommissarisch s[eien,] weder die begründete Autorität noch in ihrer schwankenden Stellung die für die Sorgsamkeit ihrer Ämter überhaupt und besonders eigentlich erforderliche List und Liebe gewonnen hätten.931 Dieser Feststellung Philipp von Pestels waren zahlreiche Kompetenzkonflikte zwischen den Düsseldorfer Beigeordneten und Landrat von Lasberg vorangegangen. Sie belasteten die Verwaltungsgeschäfte im Ganzen und drangen bis zum Innenministerium durch. Als Regierungsrat außer Diensten verstand Oberbürgermeister Friedrich Adolph Klüber nicht, daß [er] persönlich unfähig sein sollte landräthliche Machtvollkommenheit zu üben. 932 Er wusste, dass in Köln beispielsweise durchaus keine Unterordnung stattfand und setzte sich auf allen Verwaltungsebenen dafür ein, dass der Stadt die seit dem Jahr 1820 ihr entzogene Verfassung eines Kreises wieder hergestellt werde. 933 Die Trennung von Stadt- und Landkreis sei in Köln und in mindestens 14 weiteren großen Städten gegeben. Den passenderen Vergleich mit Aachen, wo Daniels den gleichen Status hatte und Landrat von Coels ebenfalls keine Rolle in der Verwaltungskommunikation spielte, führte er in seinen ausführlichen Beschwerdeschriften nicht an.934 Regierungsrat Bislinger belehrte seinen ehemaligen Kollegen darüber, dass der Kölner Oberbürgermeister gesetzlich nur die städtische Oekonomie verwaltet[e], welche bekanntlich in Düsseldorf kein sehr bedeutender Ressort bilden würde. 935 Mit diesem Verweis auf die Dienstinstruktion ließ der ehemalige Staatsrat des Großherzogtums den Verwaltungsalltag wissentlich außer Acht. Dass dieser Alltag in Düsseldorf zu einem regelrechten Kleinkrieg ausartete, konnten die Regierungsräte jedoch abschriftlich 936 mitverfolgen und in Berlin nicht verhehlen. Gegenüber Schuckmann gestanden sie ihrem ehemaligen Kollegen zu, vieles, sehr vieles […] während seiner kurzen Dienstepoche für die Stadt geleistet zu haben und dem sonst wackeren Landrathe überlegen zu sein.937 Da er dies aber in der schriftlichen Kommunikation taktisch einsetzte und Lasberg dagegen seine Weisungen mit Ordnungsstrafen zu bedrohen und zu belegen pflegt[e,] hielten sie
930 StAAc OB 41–1, Petition vom 29.12.1830, daneben wurden weitere Partikularinteressen vertreten. 931 LA NRW R, Reg. Düsseldorf 736, Bericht der Regierung vom 10.10.1830, Bl. 631. Vgl. Gothein, Cöln, S. 226 und Kapitel III. 2.1 und 5.1. 932 LHAK 403 4164, Schreiben Klübers an Ingersleben vom 30.12.1826. 933 Ebd., Schreiben Klübers an die Regierung vom 17.5.1826. 934 LHAK 403 4164, wobei er sich nur bei Koblenz nicht sicher war. Unter ebd. hatte er bereits am 7.2.1826 um die landrätlichen Funktionen […] nach Beispiel der meisten großen Städte der Monarchie gebeten. Eine Momentaufnahme der Verwaltung des Landkreises Köln liefern Graumann/Werres, Landkreis. 935 LHAK 403 4164, Schreiben Bislingers vom 7.7.1826. 936 Ebd. 937 Ebd. LHAK 403 4164, Schreiben der Regierung an Schuckmann vom 24.3.1826.
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eine persönliche Annäherung beider Beamten für ausgeschlossen.938 Sie befürworteten daher Klübers Vorschlag, ihm für die Dauer seiner Amtsführung als Oberbürgermeister zugleich die landrätlichen Geschäfte des Stadtkreises zu übertragen und begründeten dies u. a. mit Verbesserungen in der kommunalen Finanzverwaltung, die in Kapitel III. 3.3 ausgeführt werden.939 Das Innenministerium erwartete, dass der eine wie der andere dieser beiden sehr achtungswerthen Beamten sich gegenseitige Schonung und Berücksichtigung zur Pflicht mach[t]en. 940 Mit dieser ausweichenden Antwort spielten sie auf den Beamtenethos an und überließen Regierungspräsident von Pestel die Angelegenheit. Pestel korrespondierte nicht mit den Kontrahenten und die erste Regierungsabteilung behalf sich – nach dem Beispiel Aachens – mit der Modifikation der Rechtslage. Sie erließ ein Dienstregulativ 941, das dem Oberbürgermeister bestimmte Ressorts sowie eine eigenständige Kommunikation mit der Regierung zusicherte.942 Dessen ungeachtet konnte Klüber [d] as Benehmen des Landrathes von Lasberg zwei Jahre später länger nicht ertragen und gab seine Karriere in der Kommunalpolitik auf. Er ging nicht zurück in den preußischen Staatsdienst, sondern wechselte nach Baden, wo er bis zum Außenminister des Herzogtums aufstieg.943 Sein Nachfolger wurde der zweite Beigeordnete, der evangelische Manufakturwarenhändler Johann Philipp Schöller. Der Apothekersohn aus Düren hatte mit seinen Brüdern in der Düsseldorfer Kaufmannschaft Fuß gefasst und die Tochter eines Theologieprofessors aus Duisburg geheiratet. Seine erste Tochter kehrte in die im Aufbau befindlichen „Schoeller-Häuser“944 nach Düren zurück und wurde 1820 die Gattin des Tuchfabrikanten Leopold Schöller. Anders als Klüber war Schöller bei der Regierung unbeliebt, weil er angeblich keinen Rückhalt in der Bevölkerung besaß und sein Vermögen auf dem Schleichhandel in französischer Zeit beruhte.945 Im Jahr 1832 stand er auf einer regierungsinternen Liste der Bürgermeister deren Entlassung wegen Altersschwäche, Dienst-Untauglichkeit oder Mangel an Vertrauen wünschenswerth sei,946 wohingegen die
938 939 940 941 942 943 944 945 946
LHAK 403 4164, Klüber wandte sich unter ebd. am 17.4.1827 an den Minister. Ebd., Schreiben der Regierung vom 9.2.1827 an Ingersleben. Ebd., Schreiben vom 15.4.1826. Ebd., Schreiben vom 7.7.1826, Bl. 35–37. Ebd., in einem Bericht an Ingersleben vom 9.2.1827 gaben sie zu, dass wegen der mangelnden Genehmigung des königlichen Finanzministeriums noch einiges Bedenken obwaltet[e]. Unterschrieben hatten Bislinger, Fassbender und Pestel, vgl. Most, Geschichte Bd. 2, S. 103 f. und S. 349 f. LHAK 403 4164, Schreiben Klübers vom 7.2.1826. Vgl. Weidenhaupt, Zeit, S. 352 f. Das Entlassungsschreiben der Regierung ist bei Most, Geschichte Bd. 2, S. 297 abgedruckt und wird mit dem automatischen Aufrücken Philipp Schöllers verbunden. Vgl. Saldern, Netzwerkökonomie und die Angaben im Anhang. LA NRW R, Reg. Düsseldorf 736, Eintrag in der Konduitenliste, angefordert am 11.4.1831, wobei die genannten Vorwürfe durchgestrichen sind. Ebd., Liste an Oberpräsident von Pestel vom 4.2.1832.
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städtischen Notabeln ihn zum Abgeordneten für die Provinzialstände und zum Repräsentanten in den Kreisständen gewählt hatten.947 Die Kreisstände bildeten einen ersten Versuch, die untere Verwaltungsebene den Begebenheiten in den Kernprovinzen anzupassen. Die Beratungsgremien setzten sich aus den im Kreis ansässigen Standesherren, den Rittergutsbesitzern und ein bis zwei Vertretern der Städte und Gemeinden zusammen. Ihre Aufgabe bestand darin, die Kreisverwaltung des Landrats in Kommunalangelegenheiten zu begleiten und zu unterstützen und die Kreiskörperschaft zu vertreten. 948 Es handelte sich also um Provinzialstände im Kleinen, die den Adel bevorrechtigten und dem Vergleich mit den vorherigen französischen Ratsgremien nicht standhielten. Wie Reiman und Schmitz-Grollenburg bereits ausgeführt hatten, widersprach der repräsentative Anspruch nicht nur dem Gleichheitsgedanken, sondern auch den realen Besitzverhältnissen an Rhein und Mosel.949 Dennoch enthielten sich die Stadträte eines Urteils und wählten vorschriftsgemäß jeweils zwei Deputierte, die an den Verhandlungen teilnehmen sollten. In Koblenz wurden Oberbürgermeister Maehler und der seit 1800 amtierende Beigeordnete, Kaufmann Jakob Reiff, einstimmig […] zum Kreistage erwählt. 950 In Düsseldorf stimmte der Rat für Schöller und Archivar Theodor Lacomblet, wobei sich Franz Anton Graf von Spee wegen seines Ritterguts in Heltorf ebenfalls zur Kreisstandschaft qualifizierte.951 Die Aachener Notabeln entschieden sich für den früheren Bürochef der Präfektur Peter Joseph Franz Dautzenberg und Advokatanwalt Franz Heinrich Jungbluth.952 Der Trierer Stadtrat sprach sich in einer geheimen Zettelwahl 953 ebenfalls für einen Juristen, für Advokat Zeininger, aus. Caspar Schmeltzer wurde zum zweiten Deputierten gewählt. Er war neben Kreischirurg Süß der am längsten amtierende Stadtrat und hatte die Abtei St. Matthias im Rahmen der Nationalgüterversteigerungen erworben. Zu den Kreisdeputierten 954 von Köln wurden Rittergutsbesitzer von Herwegh und Kaufmann Conrad Heinrich Keller ernannt, nachdem die erste Wahl annulliert worden war. Der anstelle Kellers präferierte Domäneninspektor Reiner Joseph Classen besaß nicht den erforderlichen Grundbesitz, wohl aber die notwendigen Qualifikationen zur Verteilung der Grundsteuer. Diese mitunter einzig klar definierte Aufgabe der Kreisvertretung findet lediglich im Kölner Protokollbuch
947 Vgl. das nachfolgende Kapitel, Most, Geschichte Bd. 2, S. 27–30 und Stephan, Provinziallandtag, S. 85 f., wonach zunächst Klüber für die Provinzialstände gewählt worden war und wegen fehlendem Grundbesitz nicht zugelassen wurde. 948 GS 1828, S. 34–42, Paragraph 1. 949 Zu den Kreisständen und der zeitgenössischen Kritik vgl. Bär, Behördenverfassung, S. 223–229; Koselleck, Reform, S. 465–473; Obenaus, Parlamentarismus, S. 223–233. 950 StAK 623 2187, Sitzung vom 4.3.1828, weitere Deputierte sind im Anhang vermerkt. 951 StAD 900011, Sitzung vom 11.3.1828. 952 StAAc PRZ 1–2, Sitzung vom 7.4.1829. 953 StATr Tb 100/9, Sitzung vom 22.7.1828. 954 HAStK 410 A2, Eintrag vom 17.6.1828.
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Erwähnung und scheint den Notabeln durch die weitgehend abgeschlossene Katasterierung keine Probleme bereitet zu haben.955 Überhaupt wurden die Tätigkeiten der Kreisstände in den darauffolgenden Jahren weder im Stadtrat besprochen noch für die Regierung protokolliert. In Trier sollen sie erst gar nicht stattgefunden haben.956 Ihre politische Bedeutungslosigkeit wird von der einschlägigen Literatur bestätigt und ist eine Erklärung dafür, warum sich unter den Gewählten mit Ausnahme Herweghs weder Adelige noch ehemalige Departementsräte oder die bisher genannten Repräsentanten befanden.957 Wie gering der Einfluss der Kreisstände war, zeigte sich in Koblenz bereits in den ersten Jahren ihres Bestehens. Als die Deputierten Vorschläge für die Nachfolge des 1828 verstorbenen Landrats abgeben sollten, scheiterten sie an der Bestätigung durch die Regierung, weil sie dreimal in Folge seinen Bruder, Friedensrichter Johann Anselm Burret, wählten. Diese hartnäckige Empfehlung beruhte auf Wahlabsprachen, der Einvernehmlichkeit der Notabelngesellschaft und der überregionalen Anerkennung der kurtrierischen Beamtenfamilie Burret. Um die offensichtliche Vetternwirtschaft der Burrets zu beenden, beharrte die Regierung auf dem obligatorischen Examen. Burret erklärte, das vorgeschriebene Examen schon vor 36 Jahren gemacht zu haben und kein neues machen zu wollen, 958 zumal es fast alle anderen Landräte im Regierungsbezirk ebenfalls nicht vorweisen konnten.959 Die Verweigerungshaltung und der Mangel an geeigneten Kandidaten mündeten in einer dreijährigen Vakanz, die in den anderen Städten bemerkt und hinterfragt, von der Regierung jedoch nicht näher kommentiert wurde. Ihre Gelassenheit lässt sich auf die Polizeihoheit Maehlers und die beispielhafte Personalunion seines Trierer Kollegen Haw zurückführen. Anders als in Düsseldorf war die vorübergehende Kompetenzverschiebung für die administrative Praxis in Koblenz irrelevant. Sie wurde stillschweigend umgesetzt, sodass Personalmittel gespart und Verzögerungen in der Verwaltungskommunikation vermieden werden konnten. Im provinziellen Kompetenzchaos war Maehler als Oberbürgermeister und Polizeidirektor am Ende der 1820er Jahre faktisch dem Oberbürgermeister, Polizeidirektor und Landrat von Trier gleichgestellt worden. In den wenigen Fällen, in denen interessanterweise der Beigeordnete Reiff oder der Mayener Landrat Franz Peter Hartung als Nachrichtenüberbringer fungierten, wurde dies nicht beanstandet. Reiff gehörte seit Beginn des Jahrhunderts zum Stadtrat und Hartung hatte langjährige 955 HAStK 410 A2, Eintrag vom 17.6.1828 und Eintrag vom 24.6.1828, vgl. Siegert, Steuerpolitik, S. 121–126. 956 Vgl. LHAK 442 1186. Darüber hinaus wurden die Kompetenzen und die Zusammensetzung der Kreisstände auf den Landtagen diskutiert, vgl. hierzu Croon, Provinziallandtag, S. 140–142 und S. 183 f. 957 Koselleck, Reform, S. 473, vgl. Mohr, Wesen für Köln. Auch lassen sich Protokolle der Kreistagssitzungen erst ab der zweiten Jahrhunderthälfte finden. Anhaltspunkte zu den Tätigkeiten der Kreisstände von Düsseldorf finden sich im Nachlass des Grafen von Spee unter ASH T 148. 958 Rechtfertigung des Koblenzer Deputierten auf dem Provinziallandtag vom 16.6.1830 unter LHAK 403A 27, Bl. 145, wo [b]ei Gelegenheit der Verhandlungen über die Konstituierung der Kreisstände Herr Kamp von Elberfeld bemerkte, daß der Kreis Coblenz seit langer Zeit keinen Landrat habe. 959 Vgl. Kapitel II. 4. und Schindlmayr, Personalpolitik, S. 78–105, wonach keiner der 14 im Regierungsbezirk erstmals Koblenz angestellten Landräte ein Rittergut und nur fünf das Staatsexamen besaßen.
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Verwaltungserfahrungen als ehemaliger Arrondissementrat, Tribunalrichter und Maire von Mayen. Als Schwager der Nells mit guten Kontakten nach Köln und Aachen war er in die lokale Notabelngesellschaft integriert.960 In Köln musste sich Steinberger als ordentlicher Oberbürgermeister mit Polizeidirektor von Struensee, nicht aber mit dem für den Landkreis zuständigen Advokatanwalt Johann Gottfried Gymnich auseinandersetzen. Zu seinem Nachfolger wurde 1835 der Sohn des langjährigen Stadtratsmitglieds Friedrich Laurenz Simons ernannt. Sie tauchen in der schriftlichen Verwaltungskommunikation ebenso wenig auf wie der für den Landkreis Aachen bestellte Landrat von Coels, der als gebürtiger Kölner zusätzlich die Polizeihoheit über die Stadt ausübte. Als erster Beigeordneter und provisorischer Oberbürgermeister hatte Daniels demnach mehr Partizipationschancen als der von Landrat und Polizeidirektor von Lasberg bevormundete erste Beigeordnete der Stadt Düsseldorf. Wie am Beispiel Aachens noch zu sehen sein wird, deckte sich das öffentliche Auftreten der provisorischen Oberbürgermeister nicht immer mit ihrem gesetzlichen Status. Dabei fehlte ihnen jedoch ein „Kleid der Macht“961, d. h. eine Uniform, die dem Träger innerhalb und außerhalb des Rathauses, vor allem an Fest- und Feiertagen symbolisches Kapital und die notwendige Autorität im öffentlichen Raum verlieh. Es ist fraglich, ob die Notabeln die zum Teil ständig wechselnden Zustände in den Nachbarstädten en détail kannten, doch der Provinziallandtag sollte ihnen eine Gelegenheit bieten, diese mit eigenen Augen zu sehen oder mündlich zu erfragen.962 Ein weiteres Produkt der diffusen Rechtslage war die begriffliche Unschärfe der Amtsund Ratsbezeichnungen, sodass traditionelle Selbstbilder in den Stadtratsprotokollen aufrechterhalten wurden, obwohl sie in der (schriftlichen) Verwaltungskommunikation unter Napoleon aufgegeben worden waren. Der Stadtrat von Koblenz, der sich im Gegensatz zum Trierer „Magistrat“ 963 oder dem Aachener „Communalrath“ 964 auch durchgehend als solcher bezeichnete, beschwerte sich jedenfalls nicht über die Gesetzeslage und die ausgebliebene Anerkennung der Wahl eines städtischen Landrats sowie die Erweiterung seines eigenen Aufgabengebiets. Er hatte im Laufe der 1820er Jahre den Tod von zehn Mitgliedern zu beklagen. Als Anhaltspunkt für die Neubesetzung zog Maehler die überholten Steuerlisten zu Rate, wobei die Kandidaten ebenso wie die Regierung mit dieser Praxis und seinen Vorschlägen einverstanden waren. Ein Grund dafür war, dass die Neuzugänge – anders als in Köln und Aachen – verschiedenen Berufsgruppen und dem (Verwandten- und Bekannten-)Kreis der Notabelngesellschaft gleichermaßen angehörten (Abb. 3 Koblenz). 960 Zu Hartung vgl. die Angaben im Anhang, Romeyk, Rheinprovinz, S. 510 und Hilger, Mayen, S. 102–158. Er fungierte beispielsweise als Wahlkommissar für die Provinzialstände. 961 Haas, Kleid, vgl. auch Winkle, Volksorden, S. 179 f. 962 Vgl. Kapitel III. 3.2 und 5.2. Zur Problematik der Uniformierung am Beispiel der Polizeidiener siehe Großkraumbach, Uniform. 963 Exemplarisch StATr Tb 100/8, Eintrag vom 28.12.1827, wobei dieser Begriff vor allem in Konfliktsituationen verwendet wurde, um dem Inhalt der Schriften eine höhere Bedeutung zu verleihen. 964 Exemplarisch StAAc PRZ 1–1, Protokoll vom 12.2.1820, auch Stadtrath diente beispielsweise am 22.3.1819 zur Selbstbeschreibung.
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Fünf Kaufleute, ein Gastwirt, ein Bäcker, ein Gutsbesitzer, ein Arzt und ein Advokatanwalt traten dem Gremium bei. Die ältesten von ihnen, Hospitalarzt Franz Wollersheim und der ehemalige General-Einnehmer Marx Aloys Pottgeißer lagen mit fast 60 Jahren im Altersdurchschnitt und hatten bereits Erfahrungen im Munizipalrat gesammelt. Im Vergleich zu Köln, wo die nachfolgende Generation von Wollersheims Schwiegersohn Damian Leiden bereits ins Rathaus einzog, konnte in Koblenz noch nicht von einem Generationswechsel gesprochen werden. Die Ernennung des mit Abstand jüngsten Stadtrats, des Advokatanwalts Johann Nepomuk Longard, erfolgte aus rein strategischen Gründen (Tab. 3 Koblenz).965 Als Sohn eines Tabakfabrikanten und einer Spezereywarenhändlerin hatte Longard die Aufstiegschancen der französischen Herrschaftsphase ergriffen, indem er Vorlesungen zum französischen Recht bei Franz von Lassaulx an der Koblenzer Rechtsschule hörte und dessen Tochter Maria Christina Catherina von Lassaulx heiratete. Zu den Trauzeugen dieser Eheschließung gehörten Friedensrichter Burret, ein weitläufiger Vetter der Braut, Joseph Görres, ein Vetter im vierten Grad der Braut und Baumeister Johann Claudius von Lassaulx, der Bruder der Braut. Im Stadtrat ersetzte der 30-jährige Rechtsgelehrte den verstorbenen Justitiar Grebel und wurde am 20. Mai 1829 mit den laufenden Auseinandersetzungen mit dem Fiskus 966 betraut.967 Zwei Jahre nach der letzten Korrespondenz war eine königliche Instruktion ergangen, die alle Beteiligten dazu aufforderte, Vergleichsverhandlungen aufzunehmen und eine gütliche Einigung 968 zu erwirken. Diese ließen jedoch weitere drei Jahre auf sich warten, wobei nicht eindeutig rekonstruiert werden kann, ob die Verzögerung mit einer abwartenden Haltung des Stadtrats, dem Fehlen eines Landrats, der Julirevolution, der Cholera oder schlicht mit dem langwierigen Behördengang zu tun hatte. Die Regierung blieb allerdings nicht untätig und ernannte den einzigen Regierungsrat zum Comissarius, 969 der die lokalen Rechtsverhältnisse genaustens kannte und für den Rechtsstreit bestens gewappnet war: Friedrich Lebens.970 Die Schlüsselposition gut vernetzter Juristen hat sich in Trier und Aachen durch die Aktivitäten der Stadträte Zeininger und Müller bereits abgezeichnet. Einzelne Regierungen achteten deshalb zunehmend auf die korrekte Umsetzung der Unvereinbarkeitsklausel vom 24. Vendémiaire Jahr III. Das Dekret besagte, dass Richter und Gerichtsschreiber kein weiteres öffentliches Amt ausüben durften.971 In Aachen wurde es auch auf andere Amtstätigkeiten übertragen, sodass Stadtrentmeister Wassenberg seinen Sitz 965 Vgl. StAK 623 2183. Der zweitjüngste Stadtrat war der 1782 geborene Fabrikant Hermann Joseph Dietz, der ebenfalls eine Schlüsselfunktion in der Kommunalpolitik einnehmen sollte. 966 StAK 623 2245 und 2187, Sitzung vom 16.5.1829. 967 Vgl. die Angaben im Anhang und zusammenfassend Thielen, Notabelnpolitik, S. 143–145 und S. 247. 968 Schreiben von Regierungsrat Fritsche vom 13.2.1828, dem Stadtrat durch Reiff als Beigeordneten und Vertreter des Landrats am 18.2.1829 unter StAK 623 2245 übergeben. 969 LHAK 403 435 und 441 2295. 970 Lebens war nach StAK 623 2245 bereits am 16.5.1829 vom Innenministerium als Direktor der zweiten Abteilung zum Rechtsbeistand in Eigentumsstreitigkeiten ernannt worden. 971 Müller, Stadt, S. 149, vgl. das Dekret über die Incompatibilité des fonctions administratives et judiciaires (15.10.1794), abgedruckt bei Desenne, Code, S. 142 f. Es wurde spätestens mit dem Schreiben von
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im Stadtrat 1820 aufgeben musste, weil der Fall eintreten könnte, daß seine Stimme in der eigenen Sache entscheidend wäre. 972 Zehn Jahre später schied Wilhelm Steffens wegen einer Beförderung zum Forstrat bei der Regierung aus. Mit seiner Abberufung verzichte Reiman auf etwaige Einflussmöglichkeiten, die sich durch Personalüberschneidungen zwischen der unteren und mittleren Verwaltungsebene ergaben und in Düsseldorf und Trier beispielsweise gegeben waren.973 Außerdem wurde die Beteiligung der Stadträte an der Armenkommission für gesetzlich inkompatibel erklärt.974 Zwei im Armenwesen tätige Stadträte konnten daraufhin zwischen den Ehrenämtern auswählen, wobei der Beigeordnete Tilmanns unter diesen Umständen gleich beide Ämter niederlegte.975 Da die ständige Anwesenheit der Präsidenten der Armenkommission im Stadtrat von Köln für die Verwaltungspraxis von großem Vorteil und in Aachen bekannt war, ist diese Auslegung des Gesetzes unverständlich und lässt sich mutmaßlich auf das angespannte Verhältnis zwischen beiden Institutionen und die eigenmächtige Personalpolitik August von Reimans zurückführen.976 Der durch das Gesetz im Eigentlichen angesprochene Friedensrichter Giesen wurde nicht zum Abgang aufgefordert.977 Als die Kaufleute Pfender und Schaaffhausen zu Handelsrichtern in Koblenz gewählt wurden, musste Maehler sie hingegen entlassen.978 Hier wurden die Handelsgerichtsbarkeit als eigenständiger Bereich des Justizwesens, die Handelsrichter als gleichberechtigte, unabhängige Richter behandelt und für ihre zweijährige Amtszeit von der Kommunalpolitik ausgeschlossen. In der Konsequenz lehnte Kayser seine Wahl zum Handelsgerichtspräsidenten von Trier im Jahr 1828 ab, um seine Stellung als Beigeordneter nicht zu verlieren.979 Dabei kam es zu dem unlösbaren Dilemma, dass der Präsident aus der Mitte der früheren Richter gewählt werden soll[te] und sich diese allesamt im Stadtrat befanden.980 Viele von ihnen waren dem Rat erst ein Jahr zuvor beigetreten, da die Regierung den Austausch der Hälfte der Ratsmitglieder angeordnet hatte (Tab. 3 Trier). Sie war zunächst
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Justizminister von Kamptz unter StATr Tb 13–3 vom 2.2.1834 als Gesetz über die Unvereinbarkeit der Verwaltungs- und richterlicher Amtstätigkeit übernommen. StAAc OB 44–2, Schreiben vom 11.5.1819, indem der Stadtrath wenn auch nicht direkte, doch indirekte, durch Abnahme der Rechnungen, eine gewisse Aufsicht über den Stadtrentmeister habe. StAAc OB 44–2, Schreiben von Steffens vom 14.5.1829 und die entsprechende Regierungsverfügung vom 25.5.1829, wodurch er durch James Cockerill ersetzt wurde. Zur Bedeutung der Anwesenheit von Regierungsmitgliedern vgl. Kapitel III. 4.1. StAAc OB 44–2, Regierungsverfügung vom 27.2.1827. Ebd., Schreiben von Daniels an die Regierung vom 27.6.1827. Wagner entschied sich für das Stadtratsamt. Vgl. Kapitel III. 3.3 und Wedel, Wittgenstein, S. 37, wonach Wittgenstein und Groote gerade wegen ihrer Tätigkeit in der Armenverwaltung zu Stadträten ernannt worden waren. Nach Jeworrek, Armut, S. 24 und S. 126 f. orientierte sich die Aachener Armenverwaltung prinzipiell an den Kölner Einrichtungen. Vgl. StAAc OB 44–2. Vgl. StAK 623 2183, Schreiben von Landrat Burret vom 15.9.1825. StATr Tb 13–1, Schreiben vom 5.2.1828, vgl. die Antwort der Regierung unter ebd. vom 10.3.1818, wonach sie die Vereinigung beider Tätigkeiten auch aus zeitlichen Gründen ablehnte. Vgl. das Wahlprotokoll vom 5.4.1828 unter ebd. Das Handelsgericht trug darauf an, das hiesige Handelsgericht in der Art wie es jetzt ohne Präsident ist, für dieses laufende Jahr noch fortbestehen zu lassen, was allem Anschein nach umgesetzt wurde.
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die einzige linksrheinische Oberbehörde, die an den gesetzlichen Amtszeiten und der turnusmäßigen Erneuerung nach zehn Jahren festhielt.981 Der Grund dafür war, dass Trier die einzige Stadt war, in der die Voraussetzungen für diese Maßnahme durch eine ununterbrochene Regelmäßigkeit in der Stellenbesetzung gegeben war. In Koblenz hatte dieser Personalwechsel bereits 1818 stattgefunden, in Köln hatte er sich aus dem Tod der Stadträte ergeben, in Aachen war er von vornherein nicht umsetzbar und in Düsseldorf gesetzlich nicht vorgesehen. Hier hatte Klüber den Austausch der Ratsmitglieder bereits 1825 angemahnt und dafür gesorgt, dass die Hälfte des 20-köpfigen Gremiums entlassen wurde. Nach bergischem Munizipalrecht folgten alle zwei Jahre zehn neue Mitglieder, sodass sich auch unter Schöller keine Verwaltungsroutinen etablieren konnten. Die strikte Einhaltung der spezifischen Gesetzeslage bezog sich auch auf die Kontrolle interner Beziehungen, beeinträchtigte die Zusammenarbeit und wurde erst am Ende der 1830er Jahre aufgegeben.982 Im Jahr 1830 bestand die Honoratiorenversammlung auf der rechten Rheinseite weiterhin zur Hälfte aus Kaufleuten, die ihre kurzen Amtsperioden kaum zur politischen Einflussnahme nutzten (Tab. 3 Düsseldorf). Die monatlichen Sitzungen wurden zumeist mit elf bis zwölf Personen abgehalten, die als Gutsbesitzer oder Angestellte über ausreichend Zeit verfügten. Familienbande waren laut Personallisten weiterhin keine 983 vorhanden, obwohl zumindest Tuchhändler Adolphi mit Tuchfabrikant Göring verwandt und mit Kaufmann Schombart verschwägert war (Abb. 3 Düsseldorf). Auffällig ist, dass im Laufe der 1820er Jahre vier Räte für sich selbst vorgeschlagen und wiederernannt und drei ehemalige Munizipalräte wiedereingesetzt wurden: Steuerrat Quest, Grundbesitzer Eyckeler und Franz Anton Graf von Spee. Gemeinsam mit dem zweiten Beigeordneten, Rittergutsbesitzer Freiherr von Pelser-Berensberg, vertrat Spee den Stand der Rittergutsbesitzer im Stadtrat ebenso wie im Provinziallandtag. Die Tatsache, dass Schöller dort ebenfalls vertreten war, barg neues Konfliktpotential. Schließlich war Spee es als ehemaliger Präfekt und Mitglied der Deputationsbewegung gewohnt, als Repräsentant der Stadt aufzutreten.984 In Trier, wo sich außer dem 1826 geadelten von Nell kein Adeliger im Stadtrat befand, betrachtete Regierungsvize von Gaertner die Räte nach eigenen Aussagen als Repräsentanten stimmfähiger Einwohner. 985 Im Jahr 1827 erteilte er Haw die Weisung 15 neue Kan981 StATr Tb 13–3. 982 Vgl. die Akte unter StAD 0122, in der die Dokumentation der verwandtschaftlichen Beziehungen 1833 abreißt. Die Gemeindeordnung des Großherzogtums Berg vom 13.10.1807 findet sich bei Scotti, Sammlung Bd. 2, S. 1106–1123, vgl. hier S. 1107 Art. 5. 983 So die Angabe bei allen Stadträten unter StAD 0122, Liste von 1833, die mit den Angaben im Anhang nicht widerlegt werden kann. 984 Vgl. die Angaben im Anhang und StAD 0122, 4–1. Nach ebd., Schreiben der Regierung vom 14.12.1827 war es Spee gestattet, nur während seiner Anwesenheit in der Stadt an den Sitzungen teilzunehmen. Weitere Kompetenzkonflikte sind unter LA NRW R, Reg. Düsseldorf 967 dokumentiert. Unter ebd., 736 gingen beispielsweise am 6. und 8.5.1830 separate Vorschläge für vakante Stadtratsstellen von Schöller und Lasberg ein. 985 LHAK 442 6740, Schreiben vom 20.8.1818, weiter heißt es im Kontext der Bürgermeisterwahl: diejenigen welche die Regierung ohne Zustimmung der Bürgerschaft für dieses Geschäft ernennen wollten, konnten
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didaten vorzuschlagen und dabei alle Klassen der Einwohner zu berücksichtigen sowie enge Verwandtschafts- oder Geschäftsverbindungen zu vermeiden.986 Im Interesse der städtischen Verwaltung hielt Haw dafür, die so achtbare Mittelklasse vorzugsweise zu bedenken und einen Teil der Vorgaben zu ignorieren.987 Eingesetzt wurden sechs Fabrikanten und Kaufleute, ein Eigenthümer, 988 ein Gutsbesitzer bzw. Nationalgütersteigerer, ein Metzger, ein Apotheker, ein Bäcker, ein Rotgerber, ein Advokatanwalt und ein Planzeichner 989 – d. h. unterschiedliche Berufsgruppen, die durchaus zum Teil miteinander verwandt oder verschwägert waren (Abb. 3. Trier). Obwohl Haw nicht explizit auf die Steuerlisten rekurrierte, waren sie durchweg vermögend. Ihr Alter lag zwischen 40 und 67 Jahren. Wie in Koblenz wurde für den 31-jährigen Advokatanwalt Johann Paul Schaack offenbar eine Ausnahme gemacht. Die gemeinsam mit Ferdinand Zeininger ausgeübte Funktion der kommunalen Rechtshilfe wurde den beiden Landgerichtsräten 1834 durch die Regierung aufgrund ihrer Anstellung genommen.990 Haws späterer Nachfolger, der fünf Jahre jüngere Regierungssekretär Franz Damian Görtz, lernte das Gremium ebenfalls ab 1827 kennen. Drei Jahre später schied er als Landrat von Merzig wieder aus dem Stadtrat aus und wurde durch Johann Michael Grach, den Sohn des verstorbenen Beigeordneten, ersetzt.991 Die Stelle seines Vaters hatte Jakob Thanisch, ein Kaufmann aus einer Bernkasteler Winzerfamilie, seit 1826 inne (Tab. 3 Trier).992 Eine der ersten Aufgaben, die dem neuen Rat aufgetragen wurde, war die erneute Besprechung der Brotpreise. Die Strategie des Aussitzens dauerte seit nunmehr fast zehn Jahren an und ließ sich nach zwei dringlichen Aufforderungen der Regierung im Jahr 1829 nicht mehr durchhalten. Wegen der noch immer nicht gelösten Problematik der Einführung einer Brottaxe wurde ein fünfköpfiger Ausschuss gebildet, der die über diese Angelegenheit gemachten Erfahrungen und Beobachtungen und gesammelten Notizen allenfalls unter Zuziehung von Sachverständigen, z. B. der Herren Menz und Süß, zusammentragen, berathen und darüber in der nächsten Rathssitzung ein Gutachten abstatten sollte.993 Zudem wurde beschlossen, dass gleichzeitig auch die Verwaltungsbehörden der übrigen
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ebenso wenig, ja im Grunde als Repräsentanten der stimmfähigen Einwohner angesehen werden, als die Mitglieder des Stadtraths. StATr Tb 13–3, Schreiben vom 12.6.1827. Die Möglichkeit, bestehende Räte wieder zu ernennen wurde nicht erwähnt und vermutlich deswegen auch nicht in Anspruch genommen. Ebd., Antwort Haws vom selben Tag. Ebd., Schreiben der Regierung vom 2.7.1827. Ebd. Im Vergleich zur Vorschlagsliste unter ebd. vom 18.6.1827 waren Aldringen, Görtz, Leibfried und Stoll eigenständig durch die Regierung hinzugefügt worden. Er wurde unter StATr Tb 13–3, Schreiben vom 21.12.1829 für den verstorbenen Leibfried vorgeschlagen und, wie Zeininger, von Bodelschwingh im Jahr 1834 zum Abgang aufgefordert. StATr Tb 13–3, Schreiben vom 13.10.1830, vgl. Kapitel III. 4.1. Thanisch war in einer Stadtratssitzung am 1.4.1826 unter StATr Tb 100/8 zum Beigeordneten gewählt worden, nachdem Hayn abgelehnt hatte. StATr Tb 100/9, Sitzung vom 5.8.1829. Die Aufforderung war unter ebd. Tb 12–39, am 30.7.1829 und am 5.9.1830 ergangen. Dem Ausschuss gehörten außerdem Schmeltzer, Sebastian Dany, Rendenbach, Gerlinger und Reget an, vgl. Kapitel III. 4.1.
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Städte der Rheinprovinz durch den Herrn Landrath und Oberbürgermeister gebeten werden sollten, sich zu äußern in welcher Art die Brot- und Fleischtaxe daselbst reguliert und mit welchem Erfolge reguliert sei. 994 Das Gutachten des erweiterten Ausschusses, dem mit Menz und Süß zwei der angesehensten ehemaligen Bäcker angehörten, fiel negativ aus und zirkulierte wegen der Wichtigkeit unter allen Stadträten.995 Die Überweisung des Gutachtens gab den Notabeln die Möglichkeit, es in anderen Kommunikationsforen – etwa im Trierer Casino – oder im Privaten zu besprechen und ein überlegtes bzw. aufeinander abgestimmtes Urteil zu fällen. Glaubt man den Protokollbüchern, dann war Haw der einzige Oberbürgermeister, der solche Wege der Entscheidungsfindung etablierte oder zumindest der Einzige, der sie in den 1820er Jahren dokumentierte. Darüber hinaus finden sich Pro- und Contra-Listen unter den Sitzungsprotokollen, in die sich die Räte eintragen konnten. Im Fall der Brottaxe traten alle Anwesenden mit ihrer Unterschrift in der Contra-Spalte dem Gutachten bei und stellten sich hinter die Geschäftsinteressen der Bäcker.996 Statt einer Brottaxe wurde der Mahl- und Schlachtsteuerzuschlag daraufhin auch in den Vororten eingeführt und die dortigen Stadtbewohnerinnen und -bewohner doppelt belastet.997 Anschließend erkundigte sich der Vorstädter 998 im Stadthaus schriftlich und kollektiv darüber, warum er allein doppelte Last zu tragen verpflichtet sei und die Obere Verwaltung ihm keine Kenntniß von der Richtigkeit ihrer Maaßregel gegeben habe.999 Der Stadtrat erkannte den Ärger über die ungleiche Steuerverpflichtung und die lückenhafte Informationspolitik an, sah jedoch keine Mittel ein, wie dem anderen zugleich abzuhelfen sei und erklärte sich incompetent in der Sache weiter zu berathen oder einen Beschluss zufassen. 1000 Daraus ergibt sich, dass kollektives Nicht-Handeln in Trier weniger von einer geringen Arbeitsmoral der Stadträte zeugte, als vielmehr von ihrer schwierigen Vermittlungsposition inmitten politischer Aushandlungsprozesse, wirtschaftlicher Interessen und einer widersprüchlichen Verwaltungsordnung. Ebenso lässt sich das Fehlen von Stellungnahmen und Partizipationsversuchen in den ungewöhnlich schweigsamen Stadträten von Koblenz und Köln keineswegs als Ausweis einer plötzlichen Lethargie der 1820er Jahre interpretieren. Für sie stellten Unterlassungsformen – bezüglich der Landratswahl oder der Eigentums994 StATr Tb 100/9, Sitzung vom 5.8.1829. 995 StATr Tb 12–39, Schreiben von Haw an die Regierung vom 14.10.1830. Vgl. das Circular ohne Datum unter ebd. mit der einstimmigen Abstimmung des Stadtrats gegen die Taxe und das beiliegende Gutachten von Peter Paul Menz, Anton Süß, Sirker, Rambs, Gerlinger, Reget, Schmelzer und Rendenbach. 996 StATr Tb 12–39. Auch die von Maehler übermittelten Begebenheiten in Koblenz konnten laut ebd. Tb 21–952, Schreiben Nr. 3426 nicht auf Trier übertragen werden, indem dort nur selten Körner zum Markt kommen, sondern eine Mehlwaage bestand. 997 Ebd. Das war nach StAK 623 4483 Publikandum vom 16.1.1821 auch in Koblenz der Fall. 998 StATr Tb 21–952 Schreiben vom 24.1.1831, unterzeichnet von den jeweiligen Ortsvorständen von St. Mathias, St. Medard, St. Barbeln, St. Loewenbrücken, Zurlauben und Pallien. 999 Ebd. 1000 Ebd. Tb 100/9, Sitzung vom 20.4.1831. Jeweils ein Bäcker und ein Metzger, aber kein Schöffe der Vororte, waren zu diesem Zeitpunkt im Rathaus anwesend.
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konflikte – ebenfalls eine erfolgreiche Partizipationsstrategie dar, die die Schwerfälligkeit des Behördengangs und das Nebeneinander der Gesetze zumindest vorübergehend nutzbar machte. Dass sich durch verweigerte Partizipation auch neue Partizipationsformen auftaten, eröffnete sich ausgerechnet den Stadträten, deren Partizipationsverweigerung am ehesten mit einer gewissen Gleichgültigkeit verbunden war. Kurz nach der Julirevolution und einzelnen noch zu erläuternden Unruhen reichte Wilhelm Daniels seine Entlassung als provisorischer Oberbürgermeister von Aachen ein. Im Stadtrat erklärte sich niemand dazu bereit, seine Nachfolge anzutreten, sodass die Regierung den Räten die Wahl ihres Vorstehers auftrug. Die Partizipationsverweigerung erbrachte den Notabeln also ein Mehr an politischer Einflussnahme, das sie nicht eingefordert hatten und ihnen 1818 noch verweigert worden war. Ein großer Teil der Anwesenden erklärte daher am 14. Oktober 1831 zunächst nicht gehörig vorbereitet und nicht darauf gefasst [gewesen] zu seyn, in der heutigen Sitzung hierüber zu votieren. 1001 Erst vier Tage später wählten sie Landgerichtsrat Peter Joseph Geuljans mit 18 Stimmen zu dem gewünschten Vorsteher und stellten die ausdrückliche Bedingung […], daß der künftige verwaltende Bürgermeister sich ganz der städtischen Verwaltung widmen und neben bei weder ein Amt bekleiden, noch ein Geschäft betreiben solle. 1002 Sie gestanden ihm hierfür ein Gehalt von 1.500 Talern aus der Stadtkasse zu. Geuljans, dessen Vater 1815 an der Deputationsbewegung teilgenommen hatte, lehnte die hohe Ehren-Stelle eines Oberbürgermeisters von Aachen 1003 ohne Angabe von Gründen ab. Stattdessen wurde der Zweitplatzierte, Staatsprokurator Edmund Emundts, ernannt und als erster preußischer Oberbürgermeister vom König per Kabinettsorder am 11. Dezember 1831 bestätigt.1004 Emundts war dieses Amt als Jurist aus einer kurpfälzischen Beamtenfamilie und Sohn des Maires und amtierenden Bürgermeisters von Aldenhoven Tilmann Joseph Emundts sprichwörtlich in die Wiege gelegt worden. Bereits ein Jahr später berichtete Reiman in seinen jährlichen Kommunalberichten, dass [d]ie Stadt Aachen durch die Ernennung des Staatsprocurators Emundts zum Oberbürgermeister an Ordnung, Achtung und Regelmäßigkeit gewonnen hatte.1005 Doch dies war ein Trugschluss, der in den Kapiteln III. 3.3 und 4.1 aufgedeckt wird.1006 Während Reiman sich um die Ordnung in seinem Verwaltungsbezirk sorgte, wurden die Verwaltungsroutinen in der einzigen Stadt, in der sie durchweg nicht zu bemängeln waren, von der Regierung unterbrochen. Im August 1832 entnahm Wilhelm Haw dem Trierer Amtsblatt die Bekanntmachung, dass der Stadtrat nach nur fünf Jahren abermals zur Hälfte erneuert werden sollte. Die Verfügung beruhte nicht auf der tatsächlichen, sondern 1001 1002 1003 1004 1005 1006
StAAc PRZ 1–248, Sitzungsprotokolle vom 14.10.1831. Ebd., Eintrag vom 18.10.1831. Vgl. LA NRW R, Reg. Aachen 1224, Schreiben vom 21.10.1831. Ebd., die feierliche Einführung fand laut SAZ Nr. 21 am 24. Januar 1832 statt. LA NRW R, Reg. Aachen 787, Verwaltungsbericht für das Jahr 1832 vom 16.2.1833. Vgl. Lepper, Selbstverwaltung, S. 7.
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auf der gesetzlichen Periodizität, in dem das Jahr 1822 zugrunde gelegt wurde, obwohl die Erneuerung de facto erst 1827 stattgefunden hatte. Der selbstbewusste Landrat empfand die Maßnahme als sinnlose Schikane und wollte eine erneute Verweigerungshaltung im Vorfeld absichern. Im November verfasste er ein offizielles Schreiben an seine Amtskollegen in den anderen Bezirksstädten, indem er die anstehende Erneuerung als allgemeingültig voraussetze und wünschte zu wissen, in welcher Art die Ausscheidung resp.[ektive] Ergänzung bewerkstelligt [werde,] ob Sie nehmlich eine Wahl stattfinden lassen, oder die zu machenden Vorschläge mit dem Stadtrate berathen oder auch die Sache ganz an sich halten. 1007 Prompt stellte sich heraus, dass in keiner anderen Stadt ein Personalwechsel anstand, die Stadtratsbesetzungen scheinbar willkürlich gehandhabt wurden und der Aachener Landtagsabgeordnete Johann Peter Joseph Monheim nicht der Oberbürgermeister war, für den ihn Haw hielt. Da Haw sorgsam Buch führte und sich beide auf den ersten Provinziallandtagen kennengelernt hatten, weist dieser Fauxpas auf die Autoritätsprobleme von Daniels und das noch zu thematisierende Auftreten des Aachener Landtagsabgeordneten hin. Die ausgesprochen ehrliche Antwort auf das an Herrn Doctor Monheim, in dessen verneinten Qualität eines Oberbürgermeisters der Stadt, gerichtete Schreiben aus der Feder von Emundts lautete, dass sich in Aachen ständig so viele Erneuerung erg[a]ben, daß die gesetzliche Erneuerung ganz zwecklos und zum Theil geschäftsstörend gewesen seyn würde. Obwohl er selbst noch keine Vorschläge getätigt hatte, seien solche lediglich von [ihm], ohne vorherige Berathung in Collegio an die Regierung zu richten.1008 Steinberger stellte sich auf den gleichen Standpunkt und fügte dieser Information noch einen ausführlichen Bericht über die Kölner Personalverhältnisse hinzu, die neue Vorschläge aufgrund der routinierten Wiederernennung der amtierenden Räte in Absprache mit der Regierung nicht nötig machten. Die im vorangegangenen Kapitel erwähnten Wahllisten der Schuldentilgungskommission blieben unerwähnt.1009 Einzig Maehler antwortete in unleserlichen drei Sätzen, dass er seine Vorschläge mit dem Stadtrat stets abzustimmen pflege. 1010 Seine formlose Kommunikationsweise bestätigt das durch ständige Korrespondenzen und interne Beziehungen bestehende Vertrauensverhältnis der ehemals kurtrierischen Städte und verdeutlicht die Verwaltungssprachgewohnheiten in Koblenz – die erwähnten Absprachen wurden dort nämlich nicht dokumentiert und entgegen aller Erwartungen bereits im darauffolgenden Jahr notwendig. Aus Düsseldorf erwiderte Schöller ergebenst, dass der Rat aus allen Ständen (Professionisten, Krämer, Kaufleute, Banquiers, Rentner und Beamte) bestünde und alle Jahre wieder zur Hälfte erneuert werde. Sein formelles Schreiben beinhaltete die informelle Angabe, dass die1007 Vgl. StATr Tb 13–3, Schreiben vom 30. November 1832. Die Bekanntmachung war unter ebd. im Amtsblatt Trier Nr. 37 vom 30.8.1832 ergangen. Von Bodelschwingh spezifizierte die Vorgaben in einem internen Schreiben am 18.9.1832. 1008 StATr Tb 13–3, Schreiben vom 6.12.1832, vgl. Kapitel III. 5.1 und 5.2. 1009 Ebd., Schreiben vom 6.12.1832, wobei er angab, dass auf seine Initiative bis zur Einführung der bevorstehenden neuen Gemeinde-Verfassung lediglich die durch Tod oder freywilligen Austritt erledigten Stellen neu besetzt würden, da unter den älteren Räten andernfalls Unzufriedenheit entstünde. 1010 Ebd., Schreiben vom 3.12.1832, im genauen Wortlaut: Die Vorschläge sind von mir gefordert, ich pflege aber darüber mit dem Stadtrat mich zu berathen.
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jenigen Mitglieder des Stadtrathes, so sich besonders thätig in ihrem Amte gezeigt hätten, in der Regel wiederernannt wurden und verschwieg die Tatsache, dass der ihm übergeordnete Landrat von Lasberg an diesen Entscheidungen beteiligt war.1011 Haw sah sich durch die bereitwilligen Auskünfte seiner Kollegen bestätigt und begrün dete die Missachtung der Regierungsverfügung anschließend mit logischen Gesichtspunkten und bestehenden Verwaltungsroutinen – nicht mit den brisanten Informationen aus den anderen Städten, die den Regierungsräten möglicherweise ihre Optionen aufgezeigt hätten und deren Übertragung auf Trier nachteilig gewesen wäre. Offiziell handelte er sich mit seiner Verweigerungshaltung einen einjährigen Aufschub der Personalveränderungen und die Anordnung eines Präsenzregisters ein. Inoffiziell wurde diese Rüge des neuen Regierungspräsidenten von Bodelschwingh nicht umgesetzt. Was die Stellenbesetzung betraf, so hatte dieser es bereits 1827 doch angemessen gefunden die Meinung des Stadtrats in dieser Hinsicht zu vernehmen und diese Vorgehensweise der Regierung mitzuteilen.1012 Für ihn war diese Personalpolitik die einzige Möglichkeit die Stimme der Trierer zu hören und ein Äquivalent zu den ehemaligen Kantonalversammlungen zu schaffen.1013 In der Rückschau erwiesen sich die Regierungsbeamten also aufgeschlossen gegenüber begrenzten Beteiligungsformen, wie sie Haw praktizierte. Eine gewisse Anpassung der preußischen Verwaltungsordnung war im alltäglichen administrativen Ablauf gegeben, obwohl es sich insbesondere bei den fortschrittlichen Verwaltungspraktiken des Trierer Stadtoberhaupts um strategische Abwehrmechanismen gegen diese Ordnung handelte. Wie noch zu sehen sein wird, war sein Verhalten mehr seinem Selbstverständnis als seinen liberalen Grundsätzen geschuldet. Auch sollte er das bewusst zurückgehaltene Verwaltungswissen aus den anderen Bezirksstädten zu einem späteren Zeitpunkt aktiv zur politischen Einflussnahme im Provinziallandtag einsetzen. Im Ergebnis führte sein Aushandlungsgeschick dazu, dass die Repräsentanten der Stadt Trier im frühen 19. Jahrhundert die Einzigen in der Provinz waren, die durch eine geheime Wahl gewählt wurden.1014 3.2 Parlamentarische Partizipation im Provinziallandtag: Französische Errungenschaften und rheinische Besonderheiten Das Gesetz, wegen Anordnung der Provinzial-Stände für die Rheinprovinz vom 27ten März 1824 stellte aus preußischer Perspektive einen Kompromiss zwischen öffentlich artikulierten Partizipationsansprüchen und obrigkeitsstaalichem Machtmonopol dar und war aus rheinischer Perspektive eine herbe Enttäuschung.1015 Die politischen Partizipationsmöglichkeiten in der neuen Regionalvertretung beruhten auf der für überwunden geglaubten Ständeordnung, waren an zahlreiche Bedingungen geknüpft und hatten 1011 1012 1013 1014 1015
Ebd., Schreiben vom 4.12.1832. Ebd., Schreiben vom 12.6.1827. Vgl. ebd., Schreiben vom 22.12.1832 und die Antwort des Regierungspräsidenten vom 28.12.1832. Vgl. Kapitel III. 5.2. Vgl. GS 1824, S. 101–108, abgedruckt bei Stephan, Provinziallandtag, S. 113–119.
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keinerlei bindende Konsequenzen für die Exekutive.1016 Für die Notabeln bedeutete der Landtag einen Rückschritt, der im Vergleich zur französischen Herrschaftsordnung und zu den in den angrenzenden Gebieten vorhandenen Parlamenten nicht von der Hand zu weisen war.1017 Darüber hinaus konnte er im politischen Klima der Karlsbader Beschlüsse – auch von den aufmerksamen Zeitgenossen – als unausgesprochene Antwort auf die Verfassungsfrage interpretiert werden. Denn in Berlin verleiteten innerbehördliche Konflikte den König dazu, die Verfassungspläne Hardenbergs hintanzustellen und in die Hände seines Sohnes zu legen.1018 Der schwindende Einfluss des Staatskanzlers wurde in der Geschichtswissenschaft ausgiebig erforscht und zeigte sich in einer verfassungsgebenden Kronprinzenkommission, die während seiner Abwesenheit im Jahr 1821 über die Kommunalgesetzgebung beriet. Konkrete Ergebnisse blieben aus, sodass eine zweite Kommission mit Zuziehung einiger einsichtsvoller Einsassen der verschiedenen Provinzen, 1019 d. h. ein Meinungsaustausch mit den Notabeln, geplant wurde. Dahinter stand die Idee den zuerst zu bildenden Provinzialständen die verschiedenen Ordnungsvorstellungen für die nachgeordneten Verwaltungsebenen vorzulegen.1020 Wer an dieser Kommission teilnehmen und die Provinz repräsentieren durfte, entschieden die Oberpräsidenten auf Empfehlung der Regierungen vor Ort. Für Düsseldorf schlug Regierungspräsident von Pestel zwölf Personen vor, von denen vier eingeladen wurden: Graf von Spee, Freiherr von Wylich, Kaufmann Josua Hasenclever und Bürgermeister Johann Brüning aus Elberfeld. Die Stadt Köln wurde durch Graf von Trips, Graf von Mirbach-Harff, Graf von der Lippe und Rittergutsbesitzer von Herwegh vertreten. Im Vergleich dazu entsandte die Stadt Koblenz ausschließlich bürgerliche Verwaltungsbeamte nach Berlin: Landrat Franz Peter Hartung und Stadtrat Hermann Joseph Dietz. Auch Reiman schlug neun Repräsentanten für den Regierungsbezirk Aachen vor, wovon nur drei zum niederrheinischen Adel gehörten. Einer von ihnen, Peter Georg von Fisenne, qualifizierte sich nicht nur durch seinen Titel, sondern auch 1016 Vgl. ebd., S. 26–30, Rowe, Reich, S. 269 und Koselleck, Reform, S. 344, der darauf hinweist, dass auch der Adel unzufrieden war. Das dem Gesetz zugrundeliegende Allgemeine Gesetz wegen Anordnung der Provinzialstände findet sich in GS 1823, S. 129–138. Nach Obenaus, Parlamentarismus, S. 191 f. rief es nicht nur in der Rheinprovinz Beschwerden hervor. Zur Einschätzung im überregionalen Vergleich vgl. ebd., S. 189–193. Zu den formellen „politischen Befugnissen des Landtags“ siehe das gleichnamige Kapitel bei Croon, Provinziallandtag, S. 69–75 und Obenaus, Parlamentarismus, S. 419–447. 1017 Ebd., S. 16 f., vgl. Clemens/Thielen, Strömungen, S. 31–33 und Kapitel II. 3. Für Boldt, Verfassungsgeschichte, S. 81 f. handelte es sich um „neuständische Repräsentativsysteme“, wobei die fehlende Mandatsfreiheit ein Zeichen für die Rückständigkeit des preußischen Landtags gegenüber den Parlamenten im deutschen Bund darstellte, vgl. die Einschätzung bei Schmitz, Vorschläge, S. 383–385. 1018 Grothe, Parlamentarismus, S. 72, vgl. ausführlich Obenaus, Parlamentarismus, S. 136–149, S. 202; Koselleck, Reform, S. 295–302. 1019 Zit. n. Obenaus, Parlamentarismus, S. 147. 1020 Nach ebd., S. 211 wurde dadurch, „die Konzeption umgekehrt, die die Anhänger der Reform verfolgt hatten.“ Ähnlich Koselleck, Reform, S. 337, vgl. Nitschke, Provinziallandtage, S. 135. Zum weiteren Verlauf der Diskussion über die Kommunalordnung siehe Kapitel III. 5.1.
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durch seine Eigenschaft als langjähriges Mitglied des Stadtrats für die Beratungen. Weitere ins Spiel gebrachte Amtsträger waren der Beigeordnete von Montjoie, Carl Lentzmann, der Burtscheider Fabrikant Peter Peltzer, und Leopold Bettendorff, der laut Reiman jedoch einen etwas derangierten Vermögenszustand hatte.1021 Außer diesem wurden alle Genannten an der Seite des Grafen Ludwig von Hompesch zu den Verhandlungen eingeladen.1022 In Trier erhielten Graf von Kesselstadt, Friedrich von Nell und Gutsbesitzer Matthias Josef Hayn eine Einladung, wobei Kesselstadt und Nell ihr nicht folgten. Daneben hatte Ingersleben Wilhelm Haw und Ludwig Mohr ins Gespräch gebracht. Er rechtfertigte seine Vorschlagsliste damit, dass in Aachen, Koblenz und Trier von altem Landadel nur weniges noch vorhanden, und auch das wenige fast durchweg nicht geeignet sei und benannte daher solche Individuen, welche […] weniger durch großen Grundbesitz als durch Kenntniß des Landes und weißer Beurtheilung sich auszeichneten. 1023 Unerwähnt blieb, dass er auch die Vorschläge der anderen zwei Regierungsbezirke um bürgerliche Mitglieder der unteren Verwaltungsebenen ergänzte und so eine leistungsorientierte, persönliche Auswahl traf, die auf seinen Erfahrungen beruhte und das politische System, das er vertrat, in gewisser Weise selbst konterkarierte. Diese Haltung des Oberpräsidenten spiegelte sich schließlich in der paritätischen Besetzung der Notabelnversammlung wider. Wie bereits zu Beginn der preußischen Herrschaft wurde das Repräsentationsrecht des Adels auch bürgerlichen Stadträten zugestanden, wenn sie über ausreichend Besitz und das nötige Know-how verfügten.1024 Nichtsdestotrotz bildeten zehn adelige Gutsbesitzer die Mehrheit in Berlin, weil sechs Personen nicht zu den Verhandlungen erschienen.1025 Dank Ingersleben waren alle linksrheinischen Stadträte durch jeweils ein Mitglied in der Gesprächsrunde vertreten. Die Ausnahme – die mittlerweile zur Regel wurde – bildete die Stadt Düsseldorf, die weiterhin von Spee und seinen standesbewussten Mitstreitern repräsentiert wurde. Neben von Spee hatten zwei weitere Notabeln, Herwegh und Fisenne, diese Repräsentations-
1021 Schreiben von Reiman an Ingersleben unter LHAK 402 174, vom 5.8.1822. 1022 Alle Vorschläge und die abschließende, durch Ingersleben ergänzte Liste vom 18.8.1822 finden sich unter ebd. Die Anwesenheitsliste ist im Nachlass von Spee unter ASH T 92 dokumentiert. 1023 LHAK 402 174, Schreiben vom 18.8.1822, wonach [a]uch große Gutsbesitzer, so häufig in den älteren Provinzen, […] am linken Rheinufer nur seltene Erscheinung seien. 1024 Nach ebd., Bl. 2 f., Bl. 6, Bl. 19 und Bl. 23 wurden außerdem für Köln Stadtrat Koch, Oeconom Wolf aus Bonn und Bürgermeister Rolshoven aus Brühl, für Düsseldorf Stadtrat Hoffmann und Bürgermeister Adolphi aus Wesel, für Koblenz Stadtrat Clemens vorgeschlagen. Für Aachen verzichtete Ingersleben auf die Nennung Bettendorffs und des Freiherrn von Eynatten. Nach Beusch, Standespolitik, S. 302 f. war die Besetzung für den Adelskreis um Spee und Mirbach eine Enttäuschung. Hermann Philipp Graf von Hompesch zu Rurich bezeichnete Mirbach nach ebd. zum Beispiel als einen in der französischen Schule gebildeten, grundsatzlosen, eitlen und seichten Schwätzer. 1025 Vgl. die Liste unter ASH T 92. Durchgestrichen waren folgende Personen aus dem Regierungsbezirk Trier: Nell, von Kesselstatt und Gutsbesitzer Peuchen. Außerdem der Beigeordnete Lentzmann aus Montjieu, Peter Peltzer aus Burtscheid und Bürgermeister Rolshofen aus Brühl.
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funktionen für ihre Heimatstädte bereits während der Huldigung und im Rahmen der Deputationsbewegung 1815 erfüllt.1026 Insgesamt 18 Personen konnten vom 22. November bis 10. Dezember 1822 unter dem Vorsitz des Kronprinzen über die Zusammensetzung und Zusammenberufung der Provinzial-Stände ihre Vorschläge abgeben. 1027 Allerdings hat Herbert Obenaus festgestellt, „daß die Notabeln erst einberufen wurden, als wesentliche Entscheidungen der Kommission bereits gefallen und vom König genehmigt worden waren.“1028 Sie fungierten demnach als Informationsgeber, nennenswerten Einfluss auf die Gesetzgebung wurde ihnen – im Gegensatz zu höheren Staatsbeamten wie dem westfälischen Oberpräsidenten von Vincke – nicht zuerkannt.1029 Die Diskussion richtete sich nach einem Fragenkatalog, der sich zum Großteil auf die Vergangenheit bezog und nur wenige praktische Aspekte des Provinziallandtags thematisierte. Dabei konnte bereits die erste Frage Welche ständischen Klassen gab es früher in den Rheinprovinzen? 1030 nicht beantwortet werden. Wie in den Kapiteln II. 4., III. 2.1 und 3.1 aufgezeigt wurde, diente der Ständebegriff im Verwaltungsalltag primär der beruflichen Differenzierung und war keineswegs statisch.1031 In der Theorie wurde der verlorene Geburtstand des Adels zwar ebenso wenig infrage gestellt wie die Definition der landtagsberechtigten vier Stände, doch ein einheitliches Steuerquantum für ein Mandat im Stand der Rittergutsbesitzer scheiterte an den spezifischen Lokalverhältnissen und an den Meinungsverschiedenheiten ihrer Vertreter. In der Praxis qualifizierte die Ausübungen mehrerer Tätigkeiten und Ämter die Notabeln zu mehreren Ständen.1032 Alles in allem bestanden die bedeutsamsten Entscheidungen, die in der Kommission getroffen wurden, in der Festlegung des gleichberechtigten Stimmverhältnisses der Stände und in der Wahl des Versammlungsortes.
1026 Vgl. Kapitel III. 1.2. Auch der nicht anwesende Düsseldorfer Bankier Hoffmann war im Jahr 1815 vom Stadtrat zum Huldigungsteilnehmer bestimmt worden. Zu den umfangreichen Vorbereitungen, die Mirbach-Harff und Spee trafen, vgl. Beusch, Standespolitik, S. 295–303. 1027 Einladungsschreiben des Kronprinzen an Spee vom 18.10.1822 unter ASH T 92. 1028 Obenaus, Parlamentarismus, S. 152. 1029 Vgl. ebd.; Stephan, Provinziallandtag, S. 15 f. und S. 22 f.; Diefendorf, Businessmen, S. 252–255. Zur innerbehördlichen Debatte siehe Koselleck, Reform, S. 173–175, S. 192 f.; Barmeyer, Oberpräsident, S. 161 f.; dies., Vincke; Wallthor, Vincke, S. 235 f.; Heinickel, Adelsreformideen, S. 168–173; Hundt, Stein, S. 70–74; aus der Perspektive des rheinischen Adels vgl. Beusch, Standespolitik, S. 257–278 und S. 287–295; aus rechtlicher Perspektive siehe Schmitz, Vorschläge, S. 41–135. 1030 ASH T 92, Protokoll der Sitzung vom 26.11.1822. Eine Beantwortung konnte demnach nur durch weitläufige Deduktionen erreicht werden, vgl. hierzu die Sicht von Mirbach-Harff wiedergegeben bei Beusch, Standespolitik, S. 304–312 und allgemein Schönfuß, Familienpolitik, S. 21–24. 1031 Vgl. exemplarisch Schöller in seinem Schreiben an Haw vom 4.12.1832 in Kapitel III. 3.1 oder die Aachener Regierung in einem Schreiben an Guaita vom 4.2.1818 in Kapitel III. 2.1. 1032 Vgl. exemplarisch den Sterbeeintrag Nr. 2065/1834 des Kölner Stadtrats Georg Heinrich Koch, in dem unter Stand folgendes vermerkt ist: Königl. Preuß. Kommerzien-Rath, Präsident der Handelskammer und Mitglied der rhein. Stände.
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Diese richtete sich nach der Herkunft der Anwesenden und fiel mit neun Stimmen auf Düsseldorf.1033 In der Alten Kanzlei – einem Tanzlokal, das der Stadtrat ursprünglich zum neuen Theater bestimmt hatte – sollten im Jahr 1826 erstmals die vier ehemaligen reichsunmittelbaren Standesherren und jeweils 25 Abgeordnete aus den Ständen der Ritterschaft, der Städte und der Landgemeinden für einen unbestimmten Zeitraum zusammentreten, um über nicht näher definierte Propositionen 1034 des Königs zu beraten. Die gesamte Provinz mit ihren über zwei Millionen Einwohnern wurde demnach von 79 Abgeordneten vertreten, deren Stimmenverteilung in keinem adäquaten Verhältnis zu den zu repräsentierenden Bevölkerungsgruppen stand.1035 War unter Napoleon noch das Kriterium des festen und beweglichen Besitzes für eine aktive politische Teilhabe ausschlaggebend, so reduzierte Preußen den Kreis nochmals um ein Vielfaches, indem mit dem Primat des Grundbesitzes auch Teile des Wirtschafts- und Bildungsbürgertums ausgeschlossen werden konnten.1036 Der Krefelder Seidenfabrikant Heinrich von der Leyen zahlte zu wenig Grundsteuer und statuierte ein paradoxes Exempel – hatte er doch als Teilnehmer der Notabelnversammlung selbst an seinem Ausschluss mitgewirkt.1037 Die restriktiven Partizipationsbedingungen wurden im Frühjahr 1824 in der Presse bekannt gegeben.1038 Zum ersten Stand gehörten die Fürsten von Wied-Neuwied, von Solms-Braunfels, von Solms-Hohensolms-Lich, von Hatzfeld und von SalmReifferscheidt-Dyck. Joseph zu Salm-Reifferscheidt-Dyck ist der Forschung zum rheinischen Adel in der Sattelzeit ein Paradebeispiel derjenigen Standesherren, die sich mit dem napoleonischen Herrschaftssystem identifiziert hatten. Kurz vor der Landtagseröffnung wurde dem ehemaligen Maire und „Comte de l’Empire“ eine nachträgliche Virilstimme verliehen.1039 Gemessen an der Stimmverteilung war das traditionelle Vorrecht auf eine 1033 Vgl. ASH T 92, wobei Köln am 10.12.1822 sieben und Koblenz vier Stimmen erhielt. Zur Einschätzung siehe Stephan, Provinziallandtag, S. 45 f. und ausführlich Heinickel, Adelsreformideen, S. 258–270. Zur Genese des Stimmverhältnisses der Landtage im regionalen Vergleich vgl. ebd., S. 270–272, Boberach, Wahlrechtsfragen, S. 38–41 und Obenaus, Parlamentarismus, S. 165–173 und S. 180–189. 1034 GS 1824, S. 105 Paragraph 40. 1035 Das wurde nach Obenaus, Parlamentarismus, S. 188 f. auch innerhalb der Ministerialbürokratie frühzeitig erkannt. 1036 Clemens, Franzosenfreunde, S. 182 f., vgl. Kapitel II. 4. und ausführlich Koselleck, Reform, S. 341–343 sowie Diefendorf, Businessmen, S. 279–284. 1037 Vgl. Stephan, Provinziallandtag, S. 51–53. 1038 Vgl. exemplarisch die SAZ Nr. 135 und Nr. 136 vom 7. und 8.6.1824. 1039 Vgl. Croon, Provinziallandtag, S. 30 f. und Stephan, Provinziallandtag, S. 64–68. Zu Salm-Reifferscheidt-Dyck vgl. die Netzbiographie von der Universität Köln unter URL: https://mapublishing-focus.uni-koeln.de/netzbiographie (abgerufen am 27.8.2020) und Heinitz, Salm-Reifferscheid-Dyck. Er war kein Einzelfall, Friedrich Carl von Loë zu Wissen, Sohn des Pariser Senators und Compte de l’Empire Edmund Freiherr von Loë, nahm ebenfalls im zweiten Stand am Provinziallandtag teil, vgl. Schönfuß, Loë, Archiv Schloss Wissen (ASW) 107 und Kapitel III. 4.4 und 5.2. Die Akten des ebenfalls anwesenden, ehemaligen Sous-Chef des bergischen Innenministeriums, Freiherr Ludwig Spies von Büllesheim befinden sich im Archiv Haus Hall (AHH) und wurden ebenfalls gesichtet.
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politische Teilhabe des Adels in den ersten beiden Ständen unverkennbar.1040 Deshalb nahm der König den zu erwartenden Reaktionen in einer wörtlich abgedruckten Verordnung sogleich den Wind aus den Segeln, indem er vorgab, die Wahlordnung nach dem Gutachten der Stände gemäß den Eigenthümlichkeiten der Provinz modifizieren zu lassen. 1041 In Bezug auf die Reprivilegierung der Rittergutsbesitzer verlieh er dem Oberpräsidenten als Landtagsmarschall die Autorisation selbst zu entscheiden, 1042 wer sich für ein Mandat im zweiten Stand qualifizierte und gab offen zu, dass darüber Zweifel entstanden sind, ob das eine oder andere Gut zu dieser Kategorie gehöre. 1043 Der Grund dafür war, dass die hier gemeinten früher reichsritterschaftlich oder landtagsfähig 1044 bezeichneten Hofgüter in der Rheinprovinz nur einen Bruchteil (ca. sechs Prozent) des Bodens ausmachten.1045 Sie befanden sich überwiegend im nördlichen Teil der Provinz und waren in Koblenz und Trier so rar gesät, dass die Regierungen Nachforschungen anstellten.1046 In Koblenz konnte Oberbürgermeister Maehler dreizehn bekannte Rittergüter aufzählen und sie um 25 bürgerliche Gutsbesitzer ergänzen. Diese hatten ihre Immobilien und Ländereien mehrheitlich im Rahmen der Nationalgüterversteigerungen, ihre politischen Partizipationsrechte also unter Napoleon, erworben.1047 Zusätzlich meldeten sich die Stadträte zu Wort, indem sie sich die gehorsamste Anfrage erlaub[t]en, ob die Stadt Koblenz der angefügten Verfügung zufolge zur zweiten Stande landtagsfähig sey, weil sie ein zusammenhängendes Gut – ihren Wald und den darin eingelassenen Hof Remstecken besäße.1048 Die wörtliche Interpretation des Gesetzes lief der ständischen Intention zuwider und machte die Schlupflöcher erkennbar, durch die die Notabeln in den zweiten Stand gelangen konnten. Da die neue Gesetzgebung die Wählbarkeit nicht vom Besitzer, sondern vom Besitz abhängig macht[e] und nur auf letzteren die Berechtigung beruhen soll[te], 1049 bestärkte sie Ingersleben in ihrer Anfrage.1050 1040 Schubert, Verhandlungen, S. 13; Croon, Provinziallandtag, S. 38 f. 1041 Vgl. exemplarisch das Amtsblatt Düsseldorf Nr. 4 vom 19.1.1826 und die AAZ Nr. 25 vom 25.1.1826, Verordnung vom 14.11.1825. 1042 Ebd. 1043 Ebd. Ingersleben hatte zum Beispiel in der SAZ Nr. 103 vom 1.5.1826 zur Einsendung entsprechender Anträge aufgefordert. 1044 GS 1824, S. 102 Paragraph 8. 1045 Schreiben von Wahlkommissar Hartung vom 2.2.1826 unter StAK 623 2005. Nach Croon, Provinziallandtag, S. 109 befanden sich in den 1840er Jahren in Koblenz 36, in Trier 15, in Düsseldorf 189, in Köln 160 und in Aachen 114 Rittergüter. 1046 Vgl. die Karte bei Weitz, Adelslandschaft, S. 346; zusammenfassend Reif, Adel, S. 103–111; Herres/ Holtz, Provinzen, S. 132–137; Bär, Behördenverfassung, S. 596; Stephan, Provinziallandtag, S. 33; allgemein Koselleck, Reform, S. 464–466 und die Ausführungen zu den östlichen Provinzen bei Heinickel, Adelsreformideen, S. 131–149. 1047 Vgl. Kapitel II. 1., die Angaben im Anhang und Bär, Behördenverfassung, S. 200–205. 1048 StAK 623 2005, Anfrage vom 11.2.1826. 1049 Ebd. 1050 Ebd., Antwort von Ingersleben vom 11.2.1826. Dabei oblag die Prüfung des Gesuchs dem Mayener Landrat Hartung, der als Wahlkommissar für den zweiten Stand eingesetzt wurde. Zur Bewertung vgl. Reif, Adelspolitik, S. 204, der meint: „Formal war der neue Ritterstand, sieht man von den Start-
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Jedoch ohne Erfolg, denn am 26. Mai 1825 wurden alle Rittergutsbesitzer aus Koblenz mitsamt dem kreativen Vorstoß des Stadtrats abgelehnt, weil der Besitz entweder zersplittert war oder der erforderliche Steuersatz nach Abzug des französischen Zusatzcentime nicht erreicht wurde.1051 Auf eine zweite Anfrage aus der Feder des potentiellen Rittergutsbesitzers Friedrich Lebens antwortete Maehler kurz und bündig, daß keine derley Güter im Bezirke [s]einer Bürgermeisterey vorfindlich sind. 1052 Daraufhin sollte er eine weitere Liste anfertigen und darin sämtliche den Adel führende in [seinem] Verwaltungsbezirke wohnende Personen sie mögen begütert sein oder nicht unter Geheimhaltung dieses Auftrags aufnehmen. 1053 Einer dieser 27 Adeligen – Landgerichtsrat Nikolaus von Hontheim – nahm ab 1828 als Vertreter des zweiten Standes an den Provinziallandtagen teil, obwohl er die dazu notwendigen Kriterien formal nicht erfüllte.1054 Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die Wählbarkeit eben doch nicht nur vom Besitz und von der Einschätzung des Oberpräsidenten abhing. Mit Ausnahmeregelungen, einem sogenannten Dispens, und der im Ständegesetz zu lesenden Formel, dass der Besitz eines größeren Landguts, welches in den zweiten Stand aufzunehmen Wir für angemessen erachten 1055 ausreiche, behielt sich der König die letzte Entscheidung vor. Dennoch kann die hier nur angedeutete „künstliche Erweiterung der Rittergüter“1056 den Notabeln auf lange Sicht zugute.1057 Ob die Ständeordnung dadurch – wie Reinhart Koselleck meinte – „verstaatlicht“1058 und der Adel zu einem Berufstand herabgewürdigt oder mit den Worten Michael Rowes „bourgeoisified”1059 wurde, ist spätestens seit den Forschungen von Heinz Reif eine umstrittene Forschungsfrage, die im Folgenden aufgegriffen wird.1060
1051 1052 1053 1054 1055 1056 1057 1058 1059 1060
vorteilen, die man dem altadeligen Rittergutsbesitz eingeräumt hatte, einmal ab, in der Tat eine offen zugängliche, neuständisch privilegierte Gutsbesitzerklasse geworden.“ In der Praxis wurde dies nach ebd., S. 222–224 jedoch nicht anerkannt und offen bekämpft. StAK 623 2005, vgl. Koselleck, Reform, S. 479 f. StAK 623 2005, Schreiben Maehlers vom 20.11.1827. Die Anfrage war am 9.11.1827 ergangen. Schreiben des Landrats Burret unter ebd. vom 12.5.1826. Nach der Aufstellung vom 15.9.1826 unter ebd. verfiel auf Hontheims Hofgut ein Steuerbetrag von nur 38 Talern und 12 Pfennigroschen. Eine erneute Anfrage vom 28.5.1834 ergab nur noch 21 Titelträger. GS 1824, S. 102 Paragraph 8. Bär, Behördenverfassung, S. 578, vgl. Rowe, Reich, S. 270 f. und Obenaus, Parlamentarismus, S. 160 f., der die „rechtliche Neuorganisation des Stands der Rittergutsbesitzer“ erläutert. Croon, Provinziallandtag, S. 108 f., vgl. Reif, Adel, S. 78 f. und grundlegend Koselleck, Reform, S. 338– 347 und S. 370–376, wonach in den 1840er Jahren „ein spürbarer Einfluss der Kommerzienräte in die Adelsfront erfolgt“ war. Zur Kritik innerhalb des Adels siehe Obenaus, Parlamentarismus, S. 205 f. Koselleck, Staat, S. 381. Reif, Adel, S. 82 spricht von einer in der Theorie „offen zugängliche[n], neuständisch privilegierte[n] Gutsbesitzerklasse.“ Rowe, Reich, S. 271. Vgl. Reif, Adel, S. 79–101 und grundlegend ders., Adelspolitik sowie zusammenfassend Matzerath, Funktionswandel. Obenaus, Parlamentarismus, S. 173–180 skizziert die „Pläne zur politisch-sozialen Stabilisierung der Stände.“ Heinickel, Adelsreformideen, S. 287 nennt sie „Multifunktionselite“.
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Ihre Beantwortung ist vom Standpunkt des Betrachters abhängig.1061 Denn auf der einen Seite blieb der Kölner Kaufmann und Stadtrat Jakob Lyversberg bis zum Ende der 1830er Jahre der einzige Rittergutsbesitzer im Provinziallandtag, der keinen Adelstitel trug. Als Schwiegersohn des ehemaligen Departements- und Stadtrats Cornelius von Geyr zu Schweppenburg gehörte er zu einer westfälischen Adelsfamilie, die auch in Aachen vertreten war. Die Augsburger Allgemeine Zeitung erklärte die Dominanz der Träger von Titeln mit einem im Hintergrund verborgenen Erstgeburts-Recht, 1062 das vor allem in Trier und Koblenz zu Wahlboykotten und Protesten geführt hatte.1063 Auf der anderen Seite wies ein [a]lphabethische[s] Namensverzeichnis der in der Matrikel der landtagsfähigen Güter der Rheinprovinz aufgeführten Besitzer im Jahr 1826 insgesamt 295 Besitzungen auf, die zu einem Drittel bürgerlichen Gutsbesitzern, Kaufleuten oder Ackerern gehörten.1064 Das Verzeichnis umfasste auch jüdische Eigentümer und weibliche Gutsbesitzerinnen, war keineswegs abgeschlossen und lag einer Prüfungskommission des ersten Landtags vor. Es fußte auf Paragraph acht des Ständegesetzes, wonach alle Güter im rheinischen Rittergutsmatrikel aufgenommen und für landtagsfähig erklärt werden sollten, für die mehr als 75 Taler Grundsteuer im Jahr gezahlt wurde.1065 Darüber und über alle weiteren Wahlmodalitäten konnten sich die Einwohner in den Amtsblättern und Zeitungen umfassend informieren. Anders als im Fall der Steuerreform setzte Preußen im Vorfeld des ersten Provinziallandtags auf eine offensive Informationspolitik, die der Öffentlichkeit die „unendlich komplizierte Maschinerie des Wahlver1061 Unter Beachtung des Forschungsstands und der bisherigen Beobachtungen in dieser Arbeit wird in Anlehnung an Tiersch, Behauptungsstrategien, S. 294 f. der Standpunkt vertreten, dass eine einseitige Bewertung der vorliegenden Ausprägungen „des ebenso komplexen wie ambivalenten Phänomens“ zwischen adeliger Selbstbehauptung und den Krisenerscheinungen des Adels „keineswegs eindeutig zu treffen und möglicherweise nicht einmal sinnvoll“ ist. Die Bewertung des von Evans, Jahrhundert, S. 383–393 als „Niedergang des Adels“ beschriebenen europäischen Prozesses einer „sozialen Revolution“ muss über die Provinzgrenzen Preußens hinausgehen und kann an dieser Stelle nicht eindeutig erfolgen, vgl. auch Osterhammel, Verwandlung, S. 1064–1071. 1062 AAZ Nr. 111 vom 21.4.1826. Die Beschwerde wurde mit einem Aufruf an den dritten und vierten Stand verbunden, dass diese sich dem zweiten Stand ebenso kräftig bei der Ausübung der ihnen vom gerechtesten König anvertrauten ständischen Gerechtsame zur Seite stellen wollen, als sie durch Besitz und Bildung sich Ansprüche auf die Ebenbürtigkeit in Beziehung diese Rechtsgleichheit erworben zu haben geglaubt hätten. 1063 Vgl. ebd. und die AAZ Nr. 224 vom 12.8.1826 sowie Koselleck, Reform, S. 347 f. und Obenaus, Parlamentarismus, S. 285–288. Nach ebd. war der Anteil Bürgerlicher im zweiten Stand der Provinz Preußen am höchsten. 1064 ASH T 101, Güterliste vom 26.6.1828, wobei es insgesamt 96 Gutsbesitzer ohne Titel aufgelistet sind. Der Kommission unter dem Vorsitz von Salm-Reifferscheidt-Dyck gehörten Spee, Hatzfeld, MirbachHarff sowie die Abgeordneten Haw, Bracht, Koch und Potthoff an. Nach Stephan, Provinziallandtag, S. 33 zählte der vorläufige Rittergutsmatrikel im Jahr 1828 insgesamt 326 Personen. 1065 GS 1824, S. 102 Paragraph 8, vgl. Croon, Provinziallandtag, S. 33. Zur Entwicklung des Matrikels, der am 27.3.1831 mit insgesamt 471 Gütern bestätigt wurde und nach ebd., S. 108 nur 130 bürgerliche Personen aufführte, vgl. ebd., S. 107–114, Weitz, Adelslandschaft, S. 334 f. und Obenaus, Parlamentarismus, S. 287 f.
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fahrens“1066 unzensiert vorstellte. Dabei handelte es sich um die im vorangegangenen Kapitel erwähnten Ausführungsbestimmungen, die Oberpräsident Ingersleben am 10. und 20. Januar 1826 erlassen und publiziert hatte.1067 Bewertungen und allgemein verständliche Erläuterungen der undurchsichtigen Vorgaben waren allerdings nicht erlaubt und fanden sich allenfalls in einzelnen Denkschriften und auswärtigen Zeitungen.1068 Wilhelm III. hatte dies eigens veranlasst, weil die ersten Landtage in Brandenburg und Pommern zu Unklarheiten geführt und in den beiden westlichen Provinzen bereits in öffentlichen Blättern und anderen Druckschriften Discussionen stattgefunden [hatten], welche ganz dazu geneigt [waren], die öffentliche Meinung irre zu führen. 1069 Pascal Cancik hat darauf hingewiesen, dass dieser Meinung in solchen Kontexten auch eine Kontrollfunktion im preußischen Verwaltungssystem zugeschrieben wurde, die das Wissen um die rechtlichen Rahmenbedingungen voraussetzte.1070 Für das aktive Wahlrecht im dritten Stand der Städte musste der Kandidat das 30. Lebensjahr vollendet haben, einen unbescholtenen Ruf genießen, ein Gewerbe betreiben und seit mindestens zehn Jahren im Besitz eines Grundstücks in dem betreffenden Stadtgebiet sein. Der notwendige Gesamtsteuerbetrag belief sich auf 30 Taler, wovon mindestens 18 Taler für das Gewerbe entrichtet werden sollten oder durch die Eigenschaft als Bürgermeister oder Beigeordneter ausgeglichen werden konnten. Andere Beamte, Geistliche und Militärs benötigten die Zustimmung ihres Vorgesetzten, um ein Mandat ausüben zu können.1071 Die Bürgermeister hatten für die Erstellung der öffentlich zugänglichen Wählerlisten die neue Steuergesetzgebung zu beachten und nur wenige Wochen Zeit zur Verfügung. Die Landtagsvorbereitungen waren demnach mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden, der von Joachim Stephan bereits nachgezeichnet wurde.1072 Allein der Aktenbestand der Stadt Trier beinhaltet mehr als ein Dutzend Anfragen an das Oberpräsidium. Dabei wurde die kurzfristige Beantwortung der unterthänigen
1066 Croon, Provinziallandtag, S. 31. 1067 Vgl. exemplarisch das Amtsblatt Düsseldorf Nr. 4 und Nr. 5 vom 19. und 21.1.1826 und die Trierische Zeitung (TZ) Nr. 12 vom 26.1.1826. Zu den Richtlinien siehe Bär, Behördenverfassung, S. 556–612. Die Instruktion des Oberpräsidenten für die Landräte wegen Durchführung der Wahlen für den dritten und vierten Stand vom 20.1.1826 findet sich bei Stephan, Provinziallandtag, S. 120–124. Der Hinweis von ebd., S. 79, dass diese Instruktion als spezifischere Form des Gesetzes im Zweifelsfall entscheidend sein konnten, ist nicht unerheblich. 1068 So beispielsweise die Schrift von Norrenberg, Ständewesen, vgl. Faber, Rheinlande, S. 303–305. 1069 LHAK 403 7137, Schreiben des Königs an Ingersleben vom 5.5.1826. Er verordnete, dass dasjenige, was dem Publikum wissenswerth ist, in Gemäßheit der Gesetze künftig unter öffentlicher Autorität bekannt gemacht werde sollte. Zur Immediat-Kommission für ständische Angelegenheiten, die die Provinziallandtage überwachte, vgl. Obenaus, Parlamentarismus, S. 233–250. 1070 Cancik, Verwaltung, S. 202 mit dem Zusatz, dass die Amtspersonen dabei mitunter selbst adressiert waren. 1071 Zu „Interventionen der Regierung bei den Wahlen“ und der „Urlaubsklausel“, die ursprünglich nur für den zweiten Stand galt, vgl. Obenaus, Parlamentarismus, S. 276–285, S. 308–311. 1072 Stephan, Provinziallandtag, S. 27–60.
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Bitten um hochgeneigte Belehrung 1073 dadurch erleichtert, dass der Dienstweg zeitweise außer Kraft gesetzt und Ingersleben zum ersten Ansprechpartner erhoben wurde.1074 In der direkten Kommunikation konnten die untergeordneten Verwaltungsbeamten erstmals auf den erweiterten Handlungsspielraum des Oberpräsidenten und die in Teil II. bereits erwähnten strukturellen Annäherungen an das französische Präsidialmodell schließen.1075 Wie in allen anderen großen Provinzstädten musste Haw gemeinsam mit dem Schwager seines Bruders, Steuereinnehmer Herges, drei Listen anfertigen: Eine Liste der Männer, die mindestens 4 Taler Grund- und Gewerbesteuer im Jahr zahlten und aus der Liste derjenigen, die mindestens 10 Taler Grund- und Gewerbesteuer zahlten, die Wahlmänner wählen konnten, die sich aus der Einwohnerzahl pro 50 Feuerstellen ergaben und den Abgeordneten in einer weiteren Wahl nach obenstehenden Kriterien bestimmen konnten.1076 Diese Vorgehensweise beschränkte den Kreis der Wahlberechtigten auf 1,5 bis 3 Prozent der Stadtbevölkerung und stand in krassem Kontrast zu den vorangegangenen Kantonalversammlungen. Auch unterschied sich das indirekte Wahlrecht von den zeitgleich in Württemberg stattfindenden Landtagswahlen, die etwa 15 Prozent der Bevölkerung umfassten.1077 Die Bandbreite der nachgeordneten Wahlebene reichte von 141 Wahlmännern in Köln über 54 in Aachen bis zu 23 bzw. 21 Bezirkswählern in den Moselstädten. In Köln nahmen 90 Männer ihr direktes Wahlrecht in Anspruch (64 Prozent), die wenigen Notabeln von Koblenz und Trier gingen geschlossen zur Wahl.1078 Ein 1073 StATr Tb 13–1, Schreiben vom 2.1.1830. Weitere Anfragen finden sich unter ebd. und unter Tb 13–114. 1074 Ebd., Schreiben von Schmitz-Grollenburg vom 27.2.1826 mit dem Hinweis daß in allen ständischen Angelegenheiten die königl. Oberpräsidenten die unmittelbare Instanz bilden, und die Regierungen nur ihre Organe sind. In Aachen schien Daniels ebenfalls verunsichert bzw. überfordert gewesen zu sein, als er Landrat von Coels unter StAAc Ob 3–5 Bd. 1 am 10.3.1826 eine erste Liste übersandte und darum bat, sein Augenmerk hierauf zu richten und etwaige Irrthümer vermittels der Populationsliste gefälligst rectifizieren zu lassen. 1075 Vgl. Kapitel II. 3. und Burg, Verwaltung, S. 32. Zur Rolle des Oberpräsidenten als Landtagskommissar, der nach GS 1824, S. 105 Paragraph 35 die Mittelsperson aller Verhandlungen sein sollte, siehe Croon, Provinziallandtag, S. 51–53; Obenaus, Parlamentarismus, S. 199 f. und S. 311–327; Stephan, Provinziallandtag, S. 91–96. 1076 GS 1824, S. 103 Paragraph 11, vgl. die Festlegung der Beträge durch Ingersleben am 20.1.1826 bei Stephan, Provinziallandtag, S. 120. Schubert, Verhandlungen, S. 13 f. und Croon, Provinziallandtag, S. 29–43 fassen die Richtlinien zusammen. Nach StATr Tb 13–114, Aufstellung vom 20.4.1826, besaßen zum Beispiel 41 Personen in Trier das aktive Wahlrecht. 1077 Stephan, Provinziallandtag, S. 46 f., wonach es in Aachen 965 Urwähler waren, von denen nur 256 (27 Prozent) zur Wahl gingen, vgl. die Vergleichstabelle unter ebd., S. 135 f. und Hettling, Reform, S. 117–129. 1078 Stephan, Provinziallandtag, S. 135 f. Für Köln vgl. Herres, Köln, S. 111 und Mettele, Bürgertum, S. 226– 231, für Koblenz siehe Thielen, Notabelnpolitik, S. 77–83 und die Wahllisten unter StAK 623 2005, wonach 165 von 295 Urwählern am 10.3.1826 ihre Stimme abgaben. Nach ebd. fand die Wahl des Abgeordneten am 21.3.1826 statt. Für Trier vgl. die Wahlprotokolle vom 15. bis 18.4.1826 und vom 20.4.1826 unter StATr Tb 13–114. Einzig im Stadtarchiv Düsseldorf liegen keine Akten zu den Wahlen vor, obwohl es im Rechtsrheinischen nach Stephan, Provinziallandtag, S. 85 f. zu Wahlabsprachen und Unregelmäßigkeiten gekommen war.
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Grund dafür war, dass zwölf, d. h. mehr als die Hälfte der Bezirkswähler dem Stadtrat angehörten.1079 Diese Überschneidung ergab sich aus dem Wahlrecht und der Bevölkerungszahl und prägte die Wahlergebnisse: In Trier und Düsseldorf gewannen die amtierenden Bürgermeister, in Koblenz und Köln die Beigeordneten die Wahl. Die Ernennung des grundbesitzlosen Düsseldorfer Oberbürgermeisters Klüber wurde trotz der gesetzlich verankerten Ausnahmeregelung für ungültig erklärt und mag zu seinem im vorangegangenen Kapitel geschilderten Rücktritt beigetragen haben. Philipp Schöller übernahm seine Position in beiden Gremien. Der Koblenzer Beigeordnete Jakob Reiff wurde auf dem zweiten Landtag durch Stadtrat Joseph Haan abgelöst, bevor Stadtrat Carl Mohr ab 1830 zum Repräsentanten bestimmt wurde. Die Stadt Köln hatte aufgrund ihrer Bevölkerungsdichte das Vorrecht, zwei Männer zu wählen und bestimmte führende Mitglieder der Handelskammer: Georg Heinrich Koch und Peter Heinrich Merkens. Der protestantische Kaufmann Merkens ging zunächst stellvertretend für Bernhard Boisserée ins Ständehaus, wobei zwei weitere amtierende Stadträte, der Beigeordnete von Herwegh und Kaufmann Lyversberg, sowie der ehemalige Bürgermeister von Mylius ein Mandat im zweiten Stand erreichten. Neben dem Grafen von Spee und dem Düsseldorfer Beigeordneten von Pelser-Berensberg war der Kölner Stadtrat somit der einzige Rat, der im zweiten Stand des Landtags vertreten war. Erst 1830 kam der Aachener Regierungsrat Wilhelm Ritz und Forstrat Wilhelm Steffens hinzu, wobei Steffens vor seiner Anstellung bei der Regierung dem Stadtrat angehört hatte. Daneben konnten die Aachener und Trierer Abgeordneten auf Unterstützung aus dem vierten Stand hoffen. Diesem gehörten der Vater des angehenden Aachener Oberbürgermeisters, der Aldenhovener Bürgermeister Tilman Joseph Emundts, und Haws Beigeordneter Franz Anton Kayser sowie der Gutsbesitzer Matthias Josef Hayn an. Bankier Peter Ludwig Mohr nahm 1830 den Platz seines Schwiegervaters Hayn im Landtag und 1842 jenen seines Vaters im Stadtrat ein. Eine Verwandtschaft zu seinem Koblenzer Namenspatron, dem Abgeordneten Carl Mohr, lässt sich nicht nachweisen. Weitere private Verbindungen zwischen den Abgeordneten bestanden erst ab 1833, als Everhard Geyr von Schweppenburg seinem Vater Cornelius in den Stadtrat und seinem Schwiegervater Lyversberg in den Landtag folgte. Er saß dort gemeinsam mit seinem Schwager Karl Josef von Mylius und dem bisherigen Stellvertreter des Grafen von Mirbach-Harff, Stadtrat Eberhard von Groote, im
1079 Daraus lässt sich die bei Obenaus, Parlamentarismus, S. 266 erwähnte Bandbreite der Wahlbeteiligung in den Städten erklären. Sie schwankte zwischen 96,5 Prozent und 31,9 Prozent. Der Liste vom 20.4.1826 unter StATr Tb 13–114 zufolge, befanden sich zwölf Trierer Wahlmänner im Stadtrat, vier hatten ihre Stadtratsmandate kurz zuvor abgegeben. Unter StAK 623 2005 waren am 10.3.1826 zwölf amtierende und zwei ehemalige Stadträte zu Wahlmännern in Koblenz bestimmt worden. Am 11.3.1826 kamen zwei Bezirkswähler, Joseph Schüller und Heinrich Scherhag, aus den Vororten dazu. Hier wurde auch das Alter und die Konfession dokumentiert, wobei nur vier von 21 Personen evangelisch waren, vgl. hierzu Obenaus, Parlamentarismus, S. 304–308.
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Plenum. Groote war sowohl mit Familie von Geyr als auch mit dem Abgeordneten Franz Jacob von Herwegh verschwägert.1080 Diese Verteilung blieb bis zum Ende der 1830er Jahre bestehen, sodass alle Stadträte – insbesondere die Räte in Köln und Trier – von Anfang an einen kontinuierlichen Einfluss auf die Landtagsverhandlungen ausüben konnten. Anders als Obenaus annimmt, war die von ihm für die ostpreußischen Gebiete nachgewiesene „obrigkeitliche Tendenz bei der Vertretung durch Bürgermeister“1081 unter Beachtung der Stadträte auch in der Rheinprovinz – und im Übrigen auch in den süddeutschen Verfassungsstaaten – vorhanden.1082 Lediglich in Aachen findet sich der provisorische Oberbürgermeister Daniels nicht auf den Wahllisten, wohingegen sein Nachfolger im Jahr 1843 zumindest zum Stellvertreter gewählt werden sollte. Neun ehemalige, 13 amtierende, fünf angehende Stadträte und 18 weitere Bezirkswähler entschieden sich für den Präsidenten der Armenverwaltung, Johann Peter Joseph Monheim.1083 Aufgrund der Unvereinbarkeitsklausel und seines Ehrenamtes gehörte Monheim zunächst nicht zum Stadtrat und besaß mit 201 von 256 Stimmen einen hohen Rückhalt in der Urwählerschaft.1084 Der Apotheker hatte seine Lehre in Köln, der Heimatstadt seines Vaters, und ein pharmazeutisches Studium in Paris und Göttingen absolviert. Kurz nach der Übernahme der väterlichen Apotheke am Hühnermarkt wurde er 1812 in die „Jury médical“ des Rur-Departements berufen und nach 1815 als Medizinalassessor weiterbeschäftigt. Durch seine Ehe mit Lucia Dorothea Emonts, sein Engagement im Armenwesen, seine Tätigkeit im Kirchenvorstand St. Foillan, seine Verdienste für die wissenschaftliche Ergründung der Aachener Heilquellen und sein Interesse für die chemische Farb- und Drogenherstellung erwarb er sich die Anerkennung der Aachener Notabelngesellschaft.1085 Ihre Interessen vertrat er, indem er der Handelskammer und dem Stadtrat im Vorfeld der Provinziallandtage stets die Gelegenheit zur Meinungsäußerung gab.1086 Diese Abstimmung war im Petitionsrecht explizit festgeschrieben. Daneben konnten individuelle Bitten und Beschwerden 1087 im Ständehaus eingereicht und von den Abgeordneten eigenständig übernommen – 1080 Zu den Wahlergebnissen vgl. die genannten Akten und die Aufstellung bei Stephan, Provinziallandtag, S. 141–158. Für den ersten Landtag wurden die Abgeordneten beispielsweise in der SAZ Nr. 257 vom 30.10.1826 namentlich aufgeführt. 1081 Obenaus, Parlamentarismus, S. 293. Zur Fluktuation vgl. ebd., S. 273 f. 1082 Vgl. Stephan, Provinziallandtag, S. 73 f. Obenaus entwickelte diese These bei dems., Parlamentarismus, S. 291–294 anhand der schlesischen Wahlen und führt den „schwachen Anteil der Bürgermeister“ in den Westprovinzen auf das Fehlen der Städteordnung zurück. Seine Vermutung, dass die Bürgermeister durch ihre Ernennung durch die Regierung „möglicherweise als von ihr abhängig“ galten, schlägt fehl. Zu beachten ist, dass Hettling, Reform, S. 126 f. dieses „System der informellen Einflußbildung“ bis 1831 auch in Württemberg nachweisen kann. 1083 StAAc Ob 3–5 Bd. 1, Bl. 31, sie wurden in der SAZ Nr. 50 vom 15.4.1826 bekanntgegeben. 1084 Stephan, Provinziallandtag, S. 50. 1085 Abbas/Quadflieg, Monheim, zu seinen Aktivitäten auf den Landtagen vgl. zusammenfassend Monheim, Monheim, S. 136–161. 1086 StAAc Ob 3–5 Bd. 1, Anfrage Monheims vom 18.10.1826. 1087 GS 1824, S. 107 Paragraph 49.
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im zeitgenössischen Wortlaut zu den ihrigen erklärt – werden. Für die Bevölkerung ergaben sich daraus indirekte Partizipationsmöglichkeiten, die von der Unterstützung der Abgeordneten abhängig waren. Die vermittelnde Aufgabe der vormaligen Departementsräte war folglich auf die preußische Ständeversammlung im Allgemeinen und auf einige Stadträte im Speziellen übergegangen.1088 Am 15. Oktober 1826 ernannte der Stadtrat von Aachen einen fünfköpfigen Ausschuss, der mit dem städtischen Abgeordneten persönlich darüber sprechen sollte, welche Gegenstände im Interesse der Stadt bei der künftigen Stände-Versammlung vorgebracht werden könnten.1089 Daniels wurde von der mündlichen Unterredung ausgeschlossen und unterbreitete Monheim seine eigenen Vorschläge in einem separaten Schreiben, wobei dieser keinen anderen Werth darauf legen [sollte], als blos solchen, der sich aus der Uebereinstimmung seiner eigenen persönlichen Ansichten mit den [seinigen] etwa ergeben mag. 1090 Die Ergebnisse der Zusammenkunft von Monheim mit Peter Georg von Fisenne, Friedrich Wagner, Fabrikant Heinrich Schervier und den beiden Stadtadvokaten wurden in einer Stadtratssitzung am 25. Oktober 1826 gemeinsam mit der Handelskammer diskutiert und auf folgenden Nenner gebracht: 1. Definitive Beibehaltung des öffentlichen und mündlichen Verfahrens in allen Zweigen der Prozess-Führung. 2. Beibehaltung der bestehenden Gesetzgebung bis daran ein neues Provinzial-Gesetzbuch […] zur Berathung komme 3. Beibehaltung der Gleichheit aller Stände vor dem Gesetze und Beseitigung allen dagegen sprechenden Exemptionen. 1091 Dieses unmissverständliche Eintreten für die französischen Rechtsprinzipien war die Reaktion auf ein neues öffentliches Gerücht 1092 über deren baldige Abschaffung und die bevorstehende Einführung des preußischen Landrechts.1093 Die stellvertretend kundgegebene Besorgniß 1094 des Aachener Stadtrats bestätigte sich unmittelbar nach der feierlichen Eröffnung des Landtags am 29. Oktober 1826, indem Land1088 Diese Meinung wurde vom Aachener Abgeordneten Monheim auch im Landtag unter LHAK 403A 27, Protokoll vom 11.6.1830, Bl. 82 geäußert. Zum Petitionsrecht siehe Obenaus, Parlamentarismus, S. 189–193 und Croon, Provinziallandtag, S. 70–73. 1089 StAAc Ob 3–5 Bd. 1, Bl. 37, Protokoll der Stadtratssitzung vom 15.1.1826. 1090 Ebd., Schreiben von Daniels vom 2.11.1826; in der Kommission nicht behandelte Wünsche betrafen die strengere Zensur der Presse und den Wunsch, die Repräsentation der Stadt zu verdoppeln und mit Cöln gleichzustellen. Monheim brachte beides nach LHAK 403A 22, Protokolle vom 14.11 und 11.12.1826, im Landtag an. 1091 Vgl. die Protokolle der Sitzung des Ausschusses vom 19.10.1826 und der Beratung vom 25.10.1826 unter StAAc Ob 3–5 Bd. 1. Weitere Forderungen betrafen die Beibehaltung des Römischen-Rechtsprinzips und des Handelsgesetzbuchs, die Abschaffung der Patente für Reisende des Inlandes sowie Repressalien gegen Frankreich insofern die Weine, Luxus-Artikel und Quinquallerie, Gold und Silberwaren, welche zum Nachtheile diesseitiger Fabrikanten eines in großer Menge eingeführt werden. Für die Stadt wurde außerdem eine Wein- und Brandweinsteuer, angemessene Selbstständigkeit ihrer städtischen Angelegenheiten und eine Befreiung von den drückenden Beiträgen für das hiesige Gymnasium erbeten. 1092 Ebd., Rechtfertigung und Entwurf des stadträtlichen Comités unterzeichnet von Daniels vom 10.12.1826, wobei auf das Petitionsrecht rekurriert wurde. 1093 Vgl. Kapitel III. 3.4. Im Kölner Stadtrat wurde das Gerücht über die Einführung des Landrechts nach HAStK 410 A7 Beschlussbuch, Eintrag vom 19.4.1825 bereits im Vorjahr besprochen. 1094 Vgl. StAAc Ob 3–5 Bd. 1, Schreiben vom 10.12.1826.
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tagsmarschall Fürst August zu Wied-Neuwied die Änderung des Justizwesens für das kommende Jahr ankündigte. In der königlichen Proposition vom 23. Oktober 1826 wurden die Stände um ihre Mithilfe gebeten. Ihre Aufgabe bestand nicht in einer Beurteilung der Maßnahme, sondern in der Bestimmung einer Kommission, die unter Justizminister Karl Albert von Kamptz an der Umsetzung beteiligt werden sollte.1095 Glaubt man Monheim, so wurde man im Parlament an der dumpfen Stille und an den verzogenen Gesichtern der Mehrzahl der Abgeordneten gewahr, dass diese Allerhöchste Verfügung ihnen ebenso unerwartet als unangenehm war, woher die Freude des Tages sehr gestört wurde. 1096 Er saß in der vordersten Reihe zwischen Haw und den Kölner Abgeordneten und hielt die Geschehnisse in einem roten Notizheft fest. Darin nahm er die Rolle eines Parlamentsbeobachters ein und dokumentierte die wichtigsten Debatten in der lateinischen Schreibschrift, die er sich in der französischen Herrschaftsphase angeeignet und im Privaten offensichtlich nicht abgelegt hatte.1097 Die Nachricht von der Einführung des Landrechts verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der Provinz und zahlreiche auswärtige Zeitungen wussten davon zu berichten.1098 Nachdem bereits die gesetzlich verordnete Geheimhaltung der Landtagsthemen trotz einer peniblen Zensuraufsicht nicht möglich gewesen war, missachteten die Abgeordneten in den ersten Verhandlungstagen ihre Verschwiegenheitspflicht.1099 In Monheims Heimatstadt wiederholt[e] der Gemeinderath der Stadt Aachen seine obigen Desiderien daher am 13. Dezember 1826 als förmliche Bitte und dezidierten Auftrag des städtischen Deputierten in einer umfangreichen Denkschrift.1100 Die Petition bediente sich der gängigen Argumentationsweise und ergänzte eindringliche Appelle an die Weisheit und die Güte des Königs um Fallbeispiele und praktische Aspekte, die rechtlich untermauert, emotional aufgeladen und als kollektiver Wunsch der Rheinlande dargestellt wurden. Der vermeintlichen Fremdheit des französischen Gesetzbuchs standen unzählige Vorteile, eine lange Erfahrung und die Befürwortung durch tüchtige Männer vom Fach, von seiner 1095 Vgl. die Sitzungsprotokolle vom 30.10. und 5.11.1826 unter LHAK 403A 22, Schubert, Kampf, S. 131 und S. 147 f., Croon, Provinziallandtag, S. 152 f. und Reuber, Mordfall, S. 111–115, die die Entscheidung mit dem Fonkschen Mordprozess verknüpft. 1096 StAAc FAM 5–35, Eintrag vom 29.10.1826. 1097 Ebd. Zur Sitzordnung vgl. Gehrke, Landtag, S. 141 f. und allgemein Obenaus, Parlamentarismus, S. 345 f. sowie Mergel, Kultur, S. 145–149. Nach der Skizze bei Croon, Provinziallandtag, S. 48, saßen Spee und Mirbach-Harff ebenfalls nebeneinander. 1098 Vgl. die vollständige Proposition in der AAZ Nr. 321 vom 17.11.1826, ferner ebd. Nr. 338, Nr. 350, Nr. 355 vom 4., 16. und 21.12.1826 sowie die Regensburger Zeitung Nr. 279 vom 23.11.1826. Zur Problematik vgl. auch Kapitel III. 5.2. 1099 Vgl. GS 1824, S. 104–107, Paragraph 20 und 51, wonach den Landtag das größte Geheimniß umgeben sollte und es den Abgeordneten untersagt war, eben so wenig mit den Ständen anderer Provinzen, als mit den Kommunen und Kreisständen ihrer Provinz in Verbindung zu stehen: es finden daher keine Mittheilungen unter ihnen statt. Nach ASH T 95 und StAK 623 2005, erging am 13.5.1827 ein Schreiben an die Abgeordneten und Stadträte, in dem ihre Berichterstattung gerügt wurde, weil sie mit speziellen Siegeln stattgefunden und sich noch dazu der Portofreiheit bedient hatte; zu diesen Absprachen vgl. Faber, Rheinlande, S. 161–175. 1100 StAAc Ob 3–5 Bd. 1, Entwurf der Petition vom 10.12.1826.
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Majestät unserem gnädigen König eigens dazu eingesetzt sowie die allgemeine Stimme der hiesigen Bewohner, wes Standes sie immer seyn mögen, entgegen – sie wurde daher nicht erwähnt. Auch vermied man eine Ablehnung des preußischen Landrechts, da diese sich aus der Beibehaltung der bestehenden Rechtsverhältnisse ergab.1101 Vor dem Hintergrund der vorangegangenen Petitionsbewegungen erübrigt sich an dieser Stelle die wörtliche Wiedergabe der anderen vier Adressen aus Düsseldorf, Koblenz, Köln und Trier. Trotz des Kommunikationsverbots gelang es den Notabeln ihre Meinung abermals aufeinander abzustimmen und den jeweiligen Abgeordneten schnellstmöglich zukommen zu lassen.1102 Im Stadtrat von Köln wurde die Petition von 1815 überarbeitet und die damals schon erbetene Beibehaltung allenthalben als eine National-Angelegenheit betrachtet. 1103 Im nahegelegenen Landtag bildete die Nachricht aus Köln daraufhin den Auftakt und wurde von Georg Heinrich Koch am 29. November 1826 zu Protokoll gegeben. Eine Woche später trug Peter Heinrich Merkens eine weitere Bittschrift im Namen der Handelskammer vor. Die anderen vier Vertreter der Bezirksstädte und 13 weitere Stadtverordnete folgten diesem Beispiel.1104 Eberhard von Hymmen, Landrat in Bonn, bewies am 6. Dezember 1826, dass dies keineswegs selbstverständlich war und weigerte sich als einziger Abgeordneter die Justizpetition seines zu repräsentierenden Verwaltungsgebiets zu verteidigen.1105 Die Regierungen wurden über das eigenmächtige Handeln der Stadträte wenn überhaupt, dann erst nachträglich informiert, weil – wie der Düsseldorfer Rat meinte – über diesen Gegenstand selbstredend eine vorherige Ermächtigung zur Berathung nicht eingeholt und abgewartet werden konnte. 1106 Aus Koblenz und Trier erging – wie üblich – eine Abschrift direkt an den König.1107 Die dringenden Vorstellungen aus Aachen sollen laut 1101 Vgl. die Abschrift der Petition unter StAAc Ob 3–5 Bd. 1, Schreiben vom 13.12.1826, wobei 20 Räte unterschrieben hatten. Sie hielten es für ihre besondere Pflicht, in dieser Hinsicht die Wünsche der Aachener Bürger auszusprechen. Die Argumente der Petitionen stimmen weitgehend überein. Unter StAK 623 2187 Sitzungsprotokoll Nr. 224 vom 29.11.1826, wagten sich allerdings die Koblenzer Stadträte, das ALR abzulehnen und als revisionswürdiges Provisorium darzustellen und den König aufzufordern, das französische Recht als provinzielles Recht zu kodifizieren wie er das provinciell Gute in den altländischen Gebieten gelassen habe, ähnlich die Kölner Räte, die nach Schubert, Kampf, S. 132, auch eine Übersetzung der fremden Sprache vorschlugen, die strenggenommen bereits vorlag. 1102 Vgl. Schubert, Kampf, S. 130–132. 1103 Vgl. Herres, Köln, S. 77 und die Besprechung unter HAStK 410 A2, Sitzungsprotokoll vom 21.11.1826 mit Bezug auf die Gerüchte aus dem Vorjahr. Mit vorwurfsvollen Unterton wurde festgehalten, dass eine Adresse am 19.4.1825 aus dem Grunde unterblieben [sei], weil späteren Nachrichten gemäß die Sache vorher der Berathung der Stände-Versammlung vorgelegt werden sollte, und die Provinz hier das geeignete Organ finden werde, ihre Wünsche und Bitten vor den königlichen Thron zu bringen. 1104 Vgl. Croon, Provinziallandtag, S. 153, Kellenbenz/van Eyll, Geschichte, S. 117–126 und die Protokolle unter LHAK 403A 22 vom 29.11. und 6.12.1826. 1105 Ebd. und Stephan, Provinziallandtag, S. 99. 1106 StAD 90010 Stadtratssitzung vom 13.12.1826, in der die Petition zur Beibehaltung der französischen Privat Gesetzgebung abgesandt wurde. Sie wurde gemeinsam mit der Trierer Petition unter LHAK 403A 22 am 15.12.1826 im Landtag behandelt. 1107 Vgl. StATr Tb 100/8, Sitzungsprotokoll vom 2.12.1826, wobei darauf hingewiesen wurde, dass man von der Proposition durch öffentliche Blätter erfahren hatte und die Wünsche devoter formulierte als
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Augsburger Postzeitung von einem Herr v. F., d. h. womöglich von Stadtrat Peter Georg von Fisenne, persönlich nach Düsseldorf gebracht worden sein.1108 In Aachen selbst wurden die Zeitungsleserinnen und -leser über den Stand der Spendengelder für Griechenland, den Stand des Hochwassers in Köln und den Stand des Genesungsprozesses des Königs infolge eines Beinbruchs auf dem Laufenden gehalten.1109 Die Kölnische Zeitung fügte diesen Informationen noch die Parlamentsdebatten der hessischen Landstände in Darmstadt hinzu.1110 Wissenswertes über das Landtagsgeschehen in der eigenen Provinz wurde dem Publikum von den lokalen Zensoren bzw. Regierungen ordnungsgemäß vorenthalten und stattdessen im Pariser Constitutionel und in zahlreichen bayrischen Zeitungen veröffentlicht. Der Korrespondent für Frankreich wusste zum Beispiel, dass ein code particulier pour les provinces rhenans 1111 im Landtag vorgeschlagen wurde und spielte auf die diskursive Rechtfertigung der französischen Gesetzgebung als Rheinisches Recht1112 am 9. November 1826 an.1113 Laut der Augsburger Allgemeinen Zeitung gab es jedoch nur wenige Abgeordnete, die einen Mittelweg beabsichtigten. Die zwey ersten Stände stimmten unbedingt für die Einführung [des Landrechts] ohne Modifikationen; die Mehrheit der übrigen zwey Stände wünschte derer sehr viele. 1114 Diese Wünsche lassen sich in den internen Protokollen nachweisen und wurden in Koblenz von Stadtadvokat Grebel in einer Druckschrift über die Einführung der
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die Aachener Stadträte. Die 16-seitige Koblenzer Petition findet sich unter StAK 623 2187, Sitzungsprotokoll Nr. 224 und Nr. 225 vom 29.11.1826, wobei sie mit der Darstellung der Rechtsverhältnisse in der Provinz vor 1794 beginnt. Sie wurde nach LHAK 403A 22 am 9.12.1826 im Landtag bekannt. Vgl. die Augsburger Postzeitung Nr. 277 vom 20.11.1826. Obwohl Peter von Fisenne als Mitunterzeichner der Petition infrage kommt, könnte nach Faber, Rheinlande, S. 165 auch Bernhard Freiherr von Fürth, Landgerichtsrat in Aachen, gemeint gewesen sein, der die „Ansichten der zahlreichen Klasse der Nichtberufenen, Nichtwahlfähigen und nicht zum Wahlrecht Befugten“ vortrug. Nach StAAc FAM 5–35, Eintrag vom 11.12.1826 und LHAK 403A 22 trug Monheim den Wunsch am 11.12.1826, also vor der Abfassung der zweiten Petition im Stadtrat, im Plenum vor; die Adresse des Stadtrats wurde nach ebd. am 16.12.1826 verlesen. Seine erste Petition ist bei Monheim, Monheim, S. 212–216 vollständig abgedruckt. Vgl. die SAZ Nr. 292, Nr. 300, Nr. 306 vom 11., 20., 28.12.1826. Nach GS 1824, S. 107 Paragraph 54 war lediglich eine stark verkürzte Übersicht der Verhandlungen für den Druck vorgesehen, die sich beispielsweise im Nachlass von Spieß-Büllesheim unter AHH 110a befindet, vgl. hierzu Croon, Provinziallandtag, S. 61 f. und Kapitel III 5.2. Vgl. die KÖZ Nr. 196 vom 10.12., Nr. 199 vom 16.12. und Nr. 201 vom 19.12.1826. Le Constitutionnel Nr. 8 vom 8.1.1827, vgl. ebd. Nr. 18 vom 18.1.1827. Vgl. Faber, Recht und zuletzt Gergen, Formung sowie Peters, code. Nach LHAK 403A 22, Protokoll vom 6.11.1826 stellte der Bopparder Abgeordnete Joseph Gerhard Potthoff das Geschworenen Gericht und die Oeffentlichkeit und Mündlichkeit im Verfahren als ursprünglich deutsche vaterländische Einrichtungen dar und schlug ein Provinzial-Gesetzbuch mit dem Titel Rheinisches Recht vor. Nach Schubert, Kampf, S. 132 f. teilten insbesondere die Städte Koblenz und Düsseldorf diese Meinung. Zum hier nicht ausgeführten „germanischen Argument“ vgl. Peters, code, S. 42–45, den Überblick bei Schulte-Nölke/Strack, Recht und die Ausführungen in Kapitel III. 5.3. AAZ Nr. 338 vom 4.12.1826.
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königlich preußischen Gesetzgebung in den Rheinprovinzen mitsamt den Abstimmungsergebnissen verbreitet.1115 In Köln bot unterdessen die Eröffnung des neuen Appellationsgerichts und die Feier des 50-jährigen Dienstjubiläums des Präsidenten Gottfried Wilhelm von Daniels den willkommenen Anlass, die Bedeutung des französischen Justizwesens öffentlich herauszustellen. Als Senatspräsident war der Landtagsabgeordnete und ehemalige Oberbürgermeister von Mylius für das von der Presse umfassend beschriebene Jubelfest mitverantwortlich.1116 Es übertraf die alljährlichen Geburtstagsfeierlichkeiten für Friedrich Wilhelm III. bei Weitem und kann als symbolpolitischer Protestakt gegen die laufenden Verhandlungen auf der gegenüberliegenden Rheinseite betrachtet werden. Denn Daniels hatte sich als Mitglied der Immediat-Justizkommission maßgeblich für die Beibehaltung der napoleonischen Codes eingesetzt.1117 Für seine Verdienste unter Frankreich, Belgien und überhaupt 1118 wurde er mit einer Marmorbüste des Stadtrats, mit einem Extrablatt der Kölnischen Zeitung und mit dem preußischen Adlerorden des Königs geehrt.1119 Die Notabeln von Aachen beobachteten das Fest, drückten ihre Anhaenglichkeit und Verehrung 1120 in einer öffentlichen Glückwunschadresse aus. In ihrer Justizpetition vertraten sie die Ansicht, dass es nur durch die Oeffentlichkeit der Rechtspflege ein Volksfest geworden 1121 sei. Mit dieser Randbemerkung lieferten sie einen indirekten Beleg der oben erwähnten Interpretation des Fests und Monheim ein passendes Argument gegen die Beschwerden, die das geschlossene Auftreten des dritten Standes derweil in Düsseldorf hervorgerufen hatte.1122 Einige Mitglieder des zweiten Standes stellten die Aussagekraft der Petitionsflut am 21. Dezember 1826 innerhalb des Landtags, die Augsburger Allgemeine Zeitung in aller Öffentlichkeit infrage. Dabei wurde die Adressbewegung als ein aus der französischen Verwaltungs-Epoche herstammende[r] Missbrauch dargestellt, der darauf abzielte, gewöhnlich die Ansichten einzelner Menschen, vermittelst eines gutmüthigen oder kurzsichtigen Bürgermeisters, als Gesamtwillen einer Gemeinde vor[zu]tragen, die davon noch weniger weiß, als die Mitglieder des Gemeinderathes, die auf treu und Glauben unterzeichnen, was 1115 Grebel, Einführung. Vgl. Schubert, Kampf, S. 133–135. Zu Grebel siehe das Schreiben des Zensors Pauls vom 15.8.1827 und die Antwort von Ingersleben vom 16.8.1827 unter LHAK 403 7137, wonach die Schrift in Mainz gedruckt worden war, nachdem Hölscher in Koblenz keine Erlaubnis erhalten hatte. 1116 Bayreuther Zeitung Nr. 235 vom 27.11.1826. Vgl. Herres, Köln, S. 75 und Bennewitz, Baugeschichte sowie das Extrablatt in der KÖZ Nr. 177 vom 7.11, Nr. 181 vom 19.11, Nr. 186 vom 23.11.1826 und die Berichte in der SAZ Nr. 264 und Nr. 272 vom 8. und 17.11.1826. 1117 Schubert, Kampf, S. 126–129; Wiefling, Personalpolitik, S. 176 f.; Dumont, Vermittler; Reisinger-Selk, Daniels; zur Bedeutung dieser Stellvertreterfeste vgl. Kapitel III. 5.2. 1118 HAStK 410 A2, Sitzungsprotokoll vom 14.10.1826. 1119 Ebd. 1120 KÖZ Nr. 187 vom 25.11.1826, vgl. das Dankesschreiben von Daniels in ebd. Nr. 189 vom 28.11.1826. 1121 StAAc Ob 3–5 Bd. 1, Entwurf der Petition vom 13.12.1826. 1122 Vgl. LHAK 403A 22, Sitzungsprotokoll vom 21.12.1826 und Obenaus, Parlamentarismus, S. 387.
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sie, meistens ehrliche brave Handwerker, nicht verstehen. 1123 Die Sozialverhältnisse in den verschiedenen Ratsgremien und die bereits ausgeführten öffentlichen Diskussionen rund um die Rechtsprechung sprachen gegen diese Pressepolemik. Jedoch war den Stadträten eine Widerlegung der Anschuldigungen nicht möglich, da Unterschriftensammlungen seit der Verfassungsbewegung unter Strafe standen. Damit ließ sich auch die im Landtag gestellte Frage beantworten, warum die Repräsentanten der Landgemeinden keine Petitionen aus der Heimat erhielten.1124 Dass solche Sammlungen dennoch stattfanden und die Vertreter des platten Landes den Städtern beipflichteten, war demnach gesetzeswidrig und besonders aussagekräftig.1125 Der Aachener Abgeordnete Monheim bezeugte in seinen Aufzeichnungen, dass solche Angriffe die Abgeordneten, allen voran die Stadträte, zutiefst in ihrer Ehre kränkten. Er sprang nach eigenen Aussagen gleich auf, verwahrte [s]ich im Namen der Stadt Aachen, gegen die Behauptung als wenn die Wünsche des Magistrats nicht jene der Stadt wären, erklärte aufs feyerlichste, dass [er] […] die vollständigste Überzeugung gewonnen hätte, dass die von dem Aachener Magistrate ausgesprochenen Wünsche jene der ganzen Stadt seyen. 1126 Tatsächlich fielen die Unterstellungen der Standespolitik, die zahlreiche Stadtverordnete dem Adel machten, im Laufe der Provinziallandtage auf sie selbst zurück. In den Sitzungsprotokollen sind Situationen beschrieben, in denen sich schweigende Stadträte gegenüber ihren Kollegen rechtfertigen mussten, da ihre Zustimmung vorausgesetzt wurde.1127 Monheim erzürnte sich zum Beispiel darüber, daß Haw, der uns Städte um Zustimmung zu seinem Antrage für die Aufhebung der Weinsteuer aufgefordert hatte, was wir auch alle gethan haben, hier den Charakter eines städtischen Deputierten verläugnete und gegen uns stimmte. 1128 Ihm ging es um die sogenannte Katasterfrage, d. h. die gerechte Grundsteuerverteilung, die im zeitgleich tagenden Landtag der Provinz Westfalen ungleich größere Spannungen 1129 und standesspezifische Differenzen hervorrief. Im rheinischen Provinziallandtag wurde deshalb sogar eine Katasterdeputation nach Münster entsandt. Die in engem Kontakt stehenden Landtagskommissare Ingersleben 1123 AAZ Nr. 350 vom 10.12.1826. 1124 Vgl. StAAc FAM 5–35, Eintrag vom 21.12.1826. Zum stark divergierenden Petitions- und Partizipationsverhalten auf dem Land vgl. allgemein Grüne, Partizipation. 1125 Darauf weist ein Schreiben Heubergers an Maehler vom 11.9.1827 unter StAK 623 2005 hin. Das Verbot vom 11.5.1824 war in der SAZ Nr. 146 vom 19.6.1824 nochmals von Ingersleben publiziert worden. 1126 StAAc FAM 5–35, Eintrag vom 21.12.1826. 1127 Exemplarisch LHAK 403A 22, wonach sich Schöller am 12.6.1828 erklären musste, weil er sich gegen die Klassensteuerkontingentierung ausgesprochen hatte, obwohl er in einer Stadt wohne, die Schlacht- und Mahlsteuer entrichtet, wo also der in Rede stehende Gegenstand weder für ihn noch für seine Committenten ein besonderes Interesse habe. Vgl. die allgemeinen Ausführungen zu den Möglichkeiten der Parteibildung bei Obenaus, Parlamentarismus, S. 383–401 und Croon, Provinziallandtag, S. 66–69. 1128 StAAc FAM 5–35, Eintrag vom 22.6.1830. Monheim hatte nach Croon, Provinziallandtag, S. 182 f. die Berechnung des Durchschnittspreises eines Scheffel Roggens für die Erhebung der Grundsteuer und eine Senkung derselben beantragt, vgl. vor allem die Sitzung vom 19.12.1826 unter LHAK 403A 22. 1129 Barmeyer, Oberpräsident, S. 165 f., vgl. Wallthor, Vincke, S. 235–240.
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und Vincke eröffneten den Abgeordneten somit kontrollierbare Kooperationsmöglichkeiten, die zur Klärung dieser – noch jahrzehntelang andauernden – Streitigkeit beitragen sollten.1130 Die Notablen konnten ähnliche Zwecke hingegen nur auf verbotenen Kommunikationswegen erreichen. Haw ließ den Trierer Stadtrat beispielsweise am Landtag partizipieren, indem er ihn über das Separatvotum des Grafen von Mirbach-Harff am 27. Dezember 1826 informierte und seine Gegenrede schilderte, in der er versicherte, daß die Rheinländer von allem ungehorsam Streben ferne, der Einführung des Allgemeinen preußischen Landrechts in der Art wie es in den altländischen Theilen der Monarchie besteht, nemlich als ein subsidiarisches Recht, entgegen stehen – ihm wurde dafür im Protokollbuch des Stadtrats ein Denkmal gesetzt.1131 Monheims Stellvertreter, Stadtrat und Fabrikant Leonard Startz, erhielt während des zweiten Provinziallandtags ein Schreiben von Daniels, der ihm auftrug, mit den Herren Deputierten der Städte von Cöln, Düsseldorf, Coblenz und Trier daselbst Rücksprache zu nehmen und sich in Sachen Steuergesetzgebung aufeinander abzustimmen.1132 In seiner Antwort verhehlte er nicht, wie empfindlich es [ihm gewesen] war, ganz ohne obrigkeitliche Anträge hier aufm [sic] Landtag zu erscheinen, nachdem ein jeder Stand darum ersucht hatte.1133 Innerhalb der Verhandlungen hatten diese Absprachen eine gewisse Verbindlichkeit, da niemand ohne triftigen Grund fehlen durfte und die Abstimmung mittels namentlichen Aufrufs der anwesenden Mitglieder nach der Ordnung, wie sie sitzen erfolgte.1134 Auf diese Art und Weise förderte der Provinziallandtag den Verflechtungsprozess der Stadtverordneten, weil ihnen ein institutioneller Kommunikationsraum gegeben wurde, der ohne Exklusions- und Inklusionsmechanismen in Form von Stellungnahmen nicht auskam.1135 Nach Jürgen Herres konnte man so „modellhaft beobachten, wie sich in einem relativ kurzen Zeitraum ein Selbstbewusstsein, eine regionale Identität, in Opposition zur preußischen Integrationspolitik und in Abgrenzung zu ‚Alt‘-Preußen herausbildete.1136 Insofern wurde im Düsseldorfer Stände1130 Vgl. LHAK 403A 22, Protokolle vom 15.11. und 17.11.1826 und Croon, Provinziallandtag, S. 184. 1131 StATr Tb 13–114, Schreiben vom 30.12.1826, gefordert hatte er stattdessen das schon mehrfach erwähnte Provinzialrecht französischer Provenienz, vgl. die Abschrift des Protokolls der darauffolgenden Stadtratssitzung vom 18.1.1827 unter ebd. sowie das genannte Separatvotum im Nachlass des Grafen von Spee ASH T 95 und Beusch, Standespolitik, S. 360 f. 1132 StAAc OB 43–8, Schreiben von Daniels mit der Übersendung eines Stadtratsprotokolls vom 4.6.1828. 1133 Unter ebd. erfolgte die Antwort am 14.6.1828, wonach seine Anträge um eine städtische Umlage von Köln und Düsseldorf nebst vielen anderen Städten unterstützt worden sei, vgl. die Sitzung vom 11.6.1828 unter LHAK 403A 25. 1134 Geschäftsordnung, Paragraph 18. Sie ist bei Stephan, Provinziallandtag, S. 127–132 abgedruckt und findet sich im Archiv der Provinzialstände der Rheinprovinz (APR) 02 01 0263. Nach Obenaus, Parlamentarismus, S. 353 f. war es nicht erlaubt sich zu enthalten. 1135 Vgl. ebd., S. 390. 1136 Herres, Anfänge, S. 109 und S. 128, nach dems., Köln, S. 6 sollte mit diesem „sub-staatliche[n] oder nicht-staatliche[n] Regionalismus […] die regionale Andersartigkeit […] gegen Berliner Anpassungsansprüche immunisiert werden.“ Vgl. Boch, Arbeiter, S. 114, der von „Vergesellschaftung“ spricht und das Wirtschaftsbürgertum im Blick hat; Türk, Liberalismus, S. 16 f. beobachtet in Bezug auf das Justiz-
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haus in den Augen Reinhart Kosellecks „tatsächlich das Mißtrauen institutionalisiert,“1137 das auch den Verwaltungsalltag bestimmte.1138 Dabei spielten Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Städte untereinander eine wichtige Rolle. Im Ständehaus verdichteten sich die vereinzelnd angestellten Kompetenzvergleiche der jeweiligen Gemeindevertreter zu einem einheitlichen Bild der Uneinheitlichkeit. Hier konnte man sich darüber erkundigen, wie die Besetzung der Verwaltungsbehörden gehandhabt wurde, warum Koblenz keinen Landrat besaß und der Oberbürgermeister von Trier dieses Amt in Personalunion ausführte. Überhaupt stellte sich die Frage, warum nur noch diese beiden großen Provinzstädte die Polizeihoheit besaßen, obwohl Düsseldorf die Polizeikosten als einziges vollständig aus der Stadtkasse zahlte. Diese und weitere fast beiläufig aufkommenden Informationen brachten die unterschwelligen Konkurrenzkämpfe der Stadträte und die scheinbar willkürlichen Handlungsspielräume der Regierungsbeamten zur Sprache. Sie zeigten die Defizite der Verwaltungsordnung auf und trugen letztlich zu ihrer Vereinheitlichung bei.1139 Die Verwaltungsordnung wurde im Provinziallandtag – wie angekündigt – ebenfalls thematisiert. Dabei nahmen die Abgeordneten die Übernahme der modifizierten preußischen Städteordnung an, ohne sich über die Änderungen einigen zu können.1140 Daneben fanden auch die meisten Partikularinteressen der Stadträte keine Zustimmung: Der Düsseldorfer Beigeordnete von Pelser-Berensberg beantragte neben der Übernahme der Polizeikosten in den Rheinprovinzen nur solche Beamte anzustellen, welche über die hier noch geltenden Rechts, Gesetze und Gewohnheiten eine vollständige Prüfung ablegten.1141 Haw kritisierte, dass die Städte Koblenz und Trier im Stande der Ritterschaft nicht hinlänglich im Verhältnis gegen Köln Aachen und Düsseldorf vertreten wären. 1142 Monheim vertrat die Position, dass der Stadt Aachen wegen ihrer geschichtlichen und gegenwärtigen Bedeutung eine zweite Virilstimme zustünde. Keiner der genannten Gesuche erreichte die Zweidrittelmehrheit.1143
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wesen einen engen „Kommunikationszusammenhang“ zwischen „Rheinpreußen, Rheinbayern und Rheinhessen“, der allerdings in den hier konsultierten Verhandlungsprotokollen nicht explizit zum Vorschein kommt. Berding, Regionalismus, S. 376–378 bestätigt dahingehend, dass sich solche „regionalbestimmte Oppositionen“ auch in den Landtagen von Bayern, Württemberg und Hessen-Darmstadt bildeten. Zu letzterem vgl. Mahlerwein, Rheinhessen, S. 196–199 und allgemein Brunn, Regionalismus. Koselleck, Reform, S. 345. Vgl. Diefendorf, Businessmen, S. 284 und grundlegend Rosanvallon, Gegen-Demokratie. Vgl. Kapitel III. 5.2, allgemein Wex, Gleichheit, S. 371 f. und exemplarisch folgende Protokolle: LHAK 403A 22, 14.12.1826; ebd. 25, 10.6. und 21.6.1828; ebd. 27, 4.6., 12.6., 15.6., 16.6., 23.6.1830; ebd. 33 Bd. 1, Bl. 58–60 22.11., Bl. 236–243 9.12.1833, Bl. 327 f. 14.12.1833, ebd. Bd. 2, Bl. 373–381 14.12., Bl. 407–418 und Bl. 429–438 18.12. und Bl. 689–693 26.12.1833. Croon, Provinziallandtag, S. 130; Obenaus, Parlamentarismus, S. 220 f. LHAK 403A 27, Protokoll vom 12.6.1830 und vom 21.6.1830. Ein ähnlicher weitaus schärfer formulierter Antrag wurde unter ebd. 33 Bd. 1, Bl. 287–292 von den Trierer Abgeordneten Mohr und Haw am 11.12.1833 gestellt. Ebd. 27, Sitzungsprotokoll vom 4.6.1830. Ebd. 22, Protokoll vom 14.11.1826. Zu den Diskussionen der Wahl- und Verwaltungsordnung allgemein vgl. Obenaus, Parlamentarismus, S. 211–232 und S. 263–310; Koselleck, Reform, S. 348–354; Stephan, Provinziallandtag, S. 89–90 und Boberach, Wahlrechtsfragen, S. 43–62.
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Allgemeinere hinter dem Rechtswesen zurücktretende Parlamentsdebatten der ersten drei Landtage betrafen die Zoll- und Steuergesetzgebung. Nahezu alle Stadträte teilten die 1828 geäußerte Meinung, daß die westlichen Provinzen unverhältnismäßig hoch in der Grundsteuer gegen die östlichen Provinzen stünden.1144 Merkens Denkschrift über die Freie Rheinschiffahrt in Holland wurde mit allgemeinem Beifall aufgenommen. 1145 Weitere Fürsprache erhielten die von Koch, Monheim und anderen Abgeordneten angebrachten Anträge für eine Änderung, Aufhebung oder Verminderung der Mahl- und Schlachtsteuer. Die Vertreter der zum Trierer Regierungsbezirk gehörenden Grenzstädte Saarbrücken und Saarlouis forderten die Wiedereinführung des Octrois.1146 Die Abgeordneten von Düsseldorf und Koblenz brachten Beschwerden der Bäcker und Schlachter sowie der mahl- und schlachtsteuerpflichtigen Vororte an. Auf den rheinischen Landtagen wurden folglich alle Aspekte des Steuerprotests von 1820 zusammengefasst und mit dem Hinweis abgewiesen, dass die Stände eher einen Erfolg ihrer Bitten hoffen können, wenn sie sich für die Abänderung einzelner Mängel der betreffenden Steuern verwenden, als wenn sie das ganze Steuersystem des Staates angreifen. 1147 Doch auch diese von oben empfohlene Verhandlungstaktik hatte nur mäßigen Erfolg. Reiff konnte für Koblenz eine Trennung der Steuerbezirke rechts und links des Rheins erwirken, die mit Hilfe des zuständigen Referenten Haw auch auf Köln und Deutz übertragen wurde.1148 Monheim forderte Einfuhrbeschränkungen für französische Fabrikate 1149 und Weine im Namen der Handelskammer und eine mäßige Abgabe von Wein und Brandwein zum Behuf des städtischen Haushalts 1150 im Namen des Stadtrats. Haw und Mohr schilderten dagegen mit lebendigen Zügen die Noth des Weinbaus in Trier und strebten eine Reduzierung der Moststeuer an.1151 Daneben beklagte sich der Trierer Landrat auf dem zweien Landtag über die unzweckmäßige Vertheilung der Gewerbesteuer 1152 und über die Überbürdung Triers bei der Kontingentierung der Klassensteuer. 1153 Diese war das Ergebnis des ersten Landtags und kann als weitreichendster aktiver Partizipationserfolg bewertet werden, weil sie die 1144 Vgl. der allgemeine Ausschussbericht am 12.6.1828 unter LHAK 403A 27, der als richtig anerkannt wurde. Croon, Provinziallandtag, S. 180–181 bezeichnet die „Überbürdungsfrage als die Kernfrage“, vgl. Herres/Holtz, Provinzen, S. 138 f. 1145 LHAK 403A 22, Protokoll vom 14.12.1826, vgl. auch die unterschwelligen Informationen in der KÖZ Nr. 202 vom 21.12.1826. Die hier nicht ausführlich behandelten wichtigen Impulse in Sachen Handelspolitik, die durchgängig vom Wirtschaftsbürgertum im Provinziallandtag ausgingen, skizzieren Diefendorf, Businessmen S. 279–284, Boch, Wachstum und Berghausen, Provinziallandtag ausführlich. 1146 LHAK 403A 22, Sitzungsprotokolle vom 17.11., 29.11., 6.12., 9.12., 14.12., 16.12., 19.12.1826; ebd. 27, vom 11. und 12. und 19.6.1830, vgl. Clemens/Thielen, Strömungen, S. 34–36. 1147 Vgl. das Gutachten unter APR 05 02 0655. 1148 LHAK 403A 22, Protokolle vom 11.11.1826 und 6.1.1827, vgl. den Landtagsbescheid unter StAK 623 2005. 1149 LHAK 403A 22, Protokoll vom 12.12.1826, beide Anträge wurden abgelehnt. 1150 Ebd., Protokoll vom 29.11.1826. 1151 Ebd. 27, Protokoll vom 19.6.1830. 1152 Ebd. 25, Protokoll vom 10.6.1828. 1153 Ebd. 27, Protokoll vom 4.6.1830, vgl. zusammenfassend Haase, Haw, S. 106–111.
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Klassensteuererhebung auf Anraten der Stände durch einen festgelegten Gesamtbetrag verbesserte.1154 Durch die damit einhergehende Vermehrung der Klassen gelang es den Rheinländern, das „Klassenkonzept“ aufzuweichen und den dahinterstehenden Ständegedanken ein Stück weit zurückzuweisen.1155 Alle Anträge waren nur einmal zulässig und mussten vor den Verhandlungen schriftlich eingereicht und ausführlich begründet werden, bevor sie im Plenum verlesen wurden.1156 Da die Anwesenheit des Landtagskommissars während der Verhandlungen nicht vorgesehen war, fungierte der Landtagsmarschall als Kontrollorgan und kommunikative Schnittstelle zwischen den Abgeordneten und dem Oberpräsidenten.1157 Nach Obenaus war die „Autonomie“ des Landtags „personal und sozial“1158 an dessen Person gebunden. Von seiner Einschätzung war das Verhalten im Plenum, die Zusammensetzung der Ausschüsse, die zeitliche Dauer der Verhandlungen und die Weitergabe der Ergebnisse abhängig. Es ist daher erwähnenswert, dass die „politische Bedeutung“1159, die dem Marschallamt zugeschrieben wurde, in der Rheinprovinz zunächst eine eher politisch unbedeutsame Besetzung bedingte. Während niemand Geringeres als Freiherr von Stein dieses Amt im westfälischen Landtag übernahm, wurde Generalmajor August Fürst zu Wied-Neuwied zum Marschall der rheinischen Provinzialstände ernannt. Über ihn ist wenig bekannt – Ingersleben zweifelte seine Geschäftskenntnisse 1160 an und hatte sich einen Repräsentanten der ehemaligen französischen Notabelnelite, Joseph zu SalmReifferscheidt-Dyck, an dessen Stelle gewünscht.1161 Unter dem Vorsitz des Fürsten von Wied-Neuwied wurde auf den ersten drei Landtagen 1826/27, 1828/29 und 1830 im Schnitt sieben Wochen lang über die von den Abgeordneten angebrachten und anderweitig eingereichten Anträge beraten.1162 Im Fall ihrer Annahme durchliefen sie das gleiche Verfahren, das bei königlichen Propositionen angewandt wurde. Die Geschäftsordnung sah vor, dass die zuständigen Ausschüsse aus einem oder meh1154 Vgl. Croon, Provinziallandtag, S. 186 f. Nach Faber, Rheinlande, S. 234 kann diese Vorgehensweise als abermaliger Bezug auf das französische Steuersystem bewertet werden. 1155 Siegert, Steuerpolitik, S. 141–145. Die Ausführungen von Winter-Tarvainen, Weinbaukrise, S. 122–128 über das mangelnde Interesse der Abgeordneten an der Lage der Winzer und den Anträgen von Haw, Mohr u. a. wird durch die von ihr selbst dargestellten Präsenz des Themas auf allen Landtagen selbst relativiert, vgl. Kapitel III. 4.2. 1156 Geschäftsordnung, Paragraph 1–3. Zur Arbeitsweise und der Geschäftsordnung siehe Schubert, Verhandlungen, S. 15–17 und Croon, Provinziallandtag, S. 55–58. 1157 Croon, Provinziallandtag, S. 91 f. Nach Obenaus, Parlamentarismus, S. 311–343 „mischte sich eigentümlich Stärke und Schwäche“ in diesem Amt; Barmeyer, Oberpräsident, S. 165 hält dagegen, indem sie die Einflussmöglichkeiten aufzeigt, die Vincke sich gegenüber Stein sicherte. 1158 Obenaus, Parlamentarismus, S. 311. 1159 Ebd., S. 328. 1160 Stephan, Provinziallandtag, S. 93 f. 1161 Ebd., wobei beide während der Landtage ein „sehr gutes Verhältnis“ hatten. Zum westfälischen Landtag vgl. Barmeyer, Oberpräsident, S. 162–169. 1162 Vgl. die Aufstellung bei Croon, Provinziallandtag, S. 339, wonach der erste Landtag 71 Tage und die anderen zwei nur knapp 40 Tage andauerten.
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reren Mitgliedern aller vier Stände unter dem Vorsitz eines Repräsentanten des ersten oder des zweiten Standes zunächst eine separate Beratung am Vormittag führten. Die Gruppe bestimmte einen Referenten, der das schriftlich ausgearbeitete Gutachten nach der Genehmigung durch den Marschall zwei Tage auf dem Tische des Conferenz-Zimmers auslegte, damit sämmtliche Abgeordneten sich mit dem Gegenstand vollständig vertraut machen konnten.1163 Nachdem es in der Plenarsitzung am Nachmittag verlesen und durch eine kurze mündliche Zusammenstellung der Haupt-Momente der Beratung kommentiert wurde, trat die mündliche Diskussion ein, wobei der Director darauf zu sehen hat[te], daß nicht durcheinander geredet [wurde], sondern jeder frei und ohne Unterbrechung sich aussprechen konnte. Um die Diskussion zeitlich und thematisch in Grenzen zu halten, war dies dem jeweiligen Redner dreimal gestattet.1164 Der Grundsatz Nur wer spricht, darf und muß stehen 1165 gehörte zum parlamentarischen Standard und erhöhte die Aufmerksamkeit.1166 Der Vortragende sollte seine Rede an den Herrn Landtagsmarschall und nicht an den, den er etwa widerlegen wollte,1167 richten, damit interne Machtverhältnisse verschleiert, persönliche Fehden unterbunden und bestehende Ehrvorstellungen gewahrt werden konnten. War dies nicht der Fall, konnte der Marschall disziplinarisch einschreiten, ohne dies im Protokoll aufzunehmen – was von Wied-Neuwied laut Monheim auch tat.1168 Betrachtet man das Parlament als Kommunikationsraum, dann sind solche Vorgaben für die Rekonstruktion der parlamentarischen Praxis wichtig, zumal stenographische Protokolle nicht vorhanden und nur bestimmte Reden wörtlich überliefert sind. Bis in die 1840er Jahre beeinflusste ihre Geheimhaltung den Inhalt ebenso wie das Verhalten der Sprecher, da diese sich nur bedingt der öffentlichen Meinung ausgesetzt sahen.1169 Zudem wurde der Landtagsabschied vom Düsseldorfer Landrat von Lasberg zensiert und in stark gekürzter Form zumeist erst Jahre später publiziert.1170 Darüber hinaus durfte im Plenum niemand vorher nieder geschriebene Reden ablesen, jedoch […] zum Zweck des freyen Sprechens schriftliche Notizen aller Art benutzen. 1171 Ein Abgeordneter kriti1163 Geschäftsordnung, Paragraph 16. 1164 Ebd., Paragraph 16–18, vgl. Obenaus, Parlamentarismus, S. 348–351. 1165 Geschäftsordnung, Paragraph 18. 1166 Ebd. 1167 Ebd. 1168 Ebd. Paragraph 10. Nach StAAc FAM 5–35, Eintrag vom 7.6.1828 wurde ein Streit zwischen MirbachHarff und Salm-Reifferscheidt-Dyck mit der Zustimmung des Plenums nicht im Protokoll vermerkt. Zur Bedeutung der Höflichkeit vgl. das gleichnamige Kapitel bei Mergel, Kultur, S. 243–252. Zum Arbeitsalltag am Beispiel des schlesischen Landtags siehe auch Gehrke, Landtag, S. 145–149. 1169 Ebd., S. 152–158 für Schlesien. Stephan, Provinziallandtag, S. 99 weist darauf hin, dass eine Rechenschaftspflicht generell nur im dritten Stand vorhanden war, vgl. hierzu Kapitel III. 5.2. 1170 Stephan, Provinziallandtag, S. 92. Der Bericht des ersten Landtags befindet sich beispielsweise im Nachlass von Spies-Büllesheim unter AHH 110a, vgl. Croon, Provinziallandtag, S. 59–64 und exemplarisch die ungeduldige Anfrage aus Trier unter StATr Tb 13–114, Schreiben vom 28.1.1828. 1171 Geschäftsordnung, Paragraph 18. Nach ebd. trat der Ausschuss anschließend nochmal zusammen, damit das Gutachten geprüft und berathen, nöthingenfalls ergänzt und durch Unterschrift vollzogen und dem Landtagsmarschall übergeben werden konnte.
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sierte diesen Punkt der Geschäftsordnung dahingehend, dass [d]erjenige also, welchem die Gabe der freien Rede nicht von der Natur ertheilt sei, […] sich dadurch in der Unmöglichkeit einen Antrag vorzubringen, den er könne nicht vertheidigen befand.1172 Hinzu kam, dass die kurzfristige Bekanntgabe der königlichen Propositionen eine Vorbereitung erschwerte und eine Argumentationsgrundlage in Form von Materialien im Vorfeld präventiv zusammengestellt werden musste. Die Folgen waren mehrere Beschwerden und ein „Informationsvorsprung“1173 für gut vernetzte Abgeordnete.1174 Um den mehrdimensionalen Kommunikationsanforderungen im Landtag gerecht zu werden, waren Erfahrungen in der Verwaltungspraxis von großem Vorteil. Abgeordnete aus besonders organisierten Stadträten wie jene von Trier oder Köln konnten von den im Verwaltungsalltag erlernten Kommunikations- und Arbeitsweisen profitieren. Dass ausgerechnet dem Aachener Repräsentanten eine mangelhafte Vortragsqualität angelastet wurde – die dieser in seinem Notizheft zu widerlegen versuchte – erscheint daher plausibel.1175 Der Trierer Landrat Haw gehörte als ehemaliger Präfekt zu den von der Presse hervorgehoben besonders freisinnig mit Sachkenntniß sprechende[n] Männer[n]. 1176 Monheim fand, dass auch sein Kölner Kollege Merkens meisterhaft sprach: Er eifert[e] gegen den Vorwurf, den man uns macht[e], als wenn wir eine Parthei bilden und behauptete, daß, was alle wünschten und hofften, nicht einer Parthei zugerechnet werden könne. 1177 Die in Merkens später berühmt gewordenen Reden zum Ausdruck kommende idealisierte Gesellschaftsordnung der französischen Herrschaftsphase war mit dem französischen Rechtswesen untrennbar verbunden und wurde in Berlin keineswegs ignoriert.1178 König Wilhelm III. hatte den rheinischen Ständen eine von dem Ungleichgewicht in den anderen Provinzen abweichende Stimmverteilung gewährt, die den Anschein der Gleich-
1172 LHAK 403A 34, Anmerkung des Kreuznacher Abgeordneten Johann Friedrich Brust am 24.5.1837, vgl. Obenaus, Parlamentarismus, S. 350–354 und Mergel, Kultur, S. 105, der am Beispiel der Frauen im Reichstag auf die Bedeutung des Tons und der Lautstärke hinweist. 1173 Vgl. Stephan, Provinziallandtag, S. 97 f. 1174 Ebd. vgl. Kapitel III. 5.2 und 5.3. 1175 Nach Hansen, Briefe, S. 156–159 schrieb Regierungsrat Cuny am 8.1.1840 an Rochow, dass Monheim im Vergleich zu Hansemann ein beschränkter Kopf sei, dem es an persönlicher Gewandtheit und besonders an Fertigkeit im mündlichen Vortrage fehle. Zur Bedeutung der informellen Verhaltensregeln siehe Mergel, Kultur, S. 157–163. 1176 AAZ Nr. 11 vom 11.1.1827. Daneben wurden Fürst Salm-Dyck; v. Gerolt; beides ehemalige Deputierte im französischen Gesetzgebungskörper; Graf von Nesselrode; von Mylius sowie Schmidt, Schuchard, Potthoff, Kamp und Lensing genannt und die Ergebnisse des Landtags zusammengefasst. 1177 StAAc FAM 5–35, Eintrag vom 4.1.1827, vgl. hierzu die am Ende der Akte unter LHAK 403A 22 abgeheftete Rede vom 4.1.1827 und Herres, Köln, S. 78. 1178 Insofern sind Vertreter des Wirtschaftsbürgertums an der Seite der Juristen nach Türk, Liberalismus, S. 15 als „starke Stützpfeiler des Liberalismus“ zu bewerten. Zur idealtypischen „rheinischen Variante einer klassenlosen Bürgergesellschaft mittlerer Existenzen“ aus der Sicht von Merkens u. a. vgl. Boch, Wachstum, S. 85–113 und Wedel, Wittgenstein, S. 54–56. Zum „gesellschaftspolitischen Programm“ des Code civils im Vergleich zum ALR siehe Fehrenbach, Einführung, S. 36–62 und dies., Problematik.
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berechtigung erweckte.1179 Uniformen, die Standesunterschiede erkennbar machten und in den ostpreußischen Provinzen zum öffentlichen Landtagsgeschehen dazugehörten, wurden im Rheinland zunächst nicht eingeführt.1180 Dispense wegen Nichterfüllung formaler Qualifikationen erhielten nicht nur Adelige wie Landgerichtsrat von Hontheim, sondern auch die Bürgermeister von Trier und Köln, Haw und Steinberger, weil sie den zehnjährigen Besitzstand nicht nachweisen konnten.1181 Des Weiteren kannte der Korrespondent der Allgemeinen Zeitung eine Kabinettsorder, welche die bisherige Benennung der Stände: erster, zweiter, dritter und vierter Stand, 1182 d. h. die Rangfolge der Abgeordneten noch während des ersten Landtags, aufhob.1183 Diese wenigen, öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen standen im Widerspruch zu den vorangegangenen Instruktionen, die dem Adel die Titel und Ehrenzeichen, das Jagdrecht und die Möglichkeit der Fideikomissgründung zurückgaben.1184 Den Abgeordneten selbst wurde dies beispielsweise durch die hierarchische Sitzordnung im Plenarsaal vor Augen geführt. Dem König lässt sich demnach eine ambivalente Symbolpolitik unterstellen, die den für die preußischen Provinzialstände charakteristischen Übergangscharakter zwischen ritualisierten, altständischen und neueren, parlamentarischen Repräsentationsformen veranschaulicht.1185 Sie war den flexiblen Standesverhältnissen geschuldet und beeinflusste die habituellen Verhaltensweisen sowohl innerhalb als auch außerhalb des Landtagsgebäudes. Aus diesem Grund versteht die Parlamentarismusforschung ihren Untersuchungsgegenstand zunehmend als „Lebenswelt“1186 und Kommunikationsraum, in dem die parla1179 Nach Schubert, Verhandlungen, S. 35 f. kam dem rheinischen Landtag daher eine „Sonderstellung“ zu. Zu den provinziellen Unterschieden vgl. Obenaus, Parlamentarismus, S. 182–189 und S. 208. Die Festlegung durch die Berliner Notabelnversammlung war nach ebd. „eine Mischung von rationaler Kalkulation und ideologischer Argumentation.“ 1180 Vgl. ebd., S. 249 und S. 516 sowie Croon, Provinziallandtag, S. 50 f., wonach dies bis zum Erlass einer einheitlichen Uniform 1841 galt. Im Nachlass des Grafen von Loë unter ASW 108 ist eine Instruktion des westfälischen Oberpräsidenten vom 25.7.1826 überliefert, die den adeligen und explizit auch den bürgerlichen Rittergutsbesitzern die gleiche Uniform gewährt. Zu den Uniformen und der „symbolischen Vorrangstellung“ vgl. Kapitel III. 5.2, Gehrke, Landtag, S. 141 f. für den schlesischen Landtag und grundlegend Haas, Kultur, S. 358–395. 1181 Vgl. Koselleck, Reform, S. 347 f. und Obenaus, Parlamentarismus, S. 276–285, wonach David Hansemann ein Dispens im Jahr 1834 verweigert wurde. Der Antrag für Haw findet sich unter StATr Tb 13–114 und wurde von einer Bürgschaft Nells vom 15.4.1826 auch im Namen seines Schwagers, Staatsprokurator Hubert Eichhorn, unterstützt. 1182 Beilage der AAZ Nr. 338 vom 4.12.1826. 1183 Vgl. Obenaus, Parlamentarismus, S. 156–165. 1184 Ebd., S. 450–460, vgl. Reif, Adel, S. 79 f., die Instruktion vom 30.5.1820 und die Kabinettordern vom 18.1.1826 und vom 25.2.1826, in: GS 1820, S. 72–80, GS 1826, S. 17, GS 1827, S. 103–109, bekanntgegeben zum Beispiel in der SAZ Nr. 87 vom 12.4.1826, also unmittelbar während der Landtagswahlen. 1185 Boldt, Verfassungsgeschichte, S. 81 f., Barmeyer, Oberpräsident, S. 162 spricht von „Zwitterwesen“. Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede lassen sich bei Körber, Landtage, Walther, Körper, Asch, Zeremoniell und Mergel, Kultur vergleichend nachverfolgen. 1186 Best, Parlament, der diese gewinnbringende Definition allerdings aus soziologischer Sicht widerlegt, vgl. Mergel, Kultur, S. 98–138, der bei ebd., S. 81 und S. 139 von sozialem bzw. symbolischem Raum spricht.
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mentarische Praxis durch die Rahmenbedingungen und Begleiterscheinungen der Verhandlungen determiniert war.1187 Diese Kontexte werden im weiteren Verlauf der Darstellung nicht aus den Augen gelassen, zumal sie von Landtag zu Landtag mehr und mehr unter Beobachtung standen. Für die Rekonstruktion von mündlichen Kommunikationskanälen während der ersten Landtage soll ein abschließender Blick in das Verzeichniß der in Düsseldorf anwesenden Mitglieder des Rheinischen Provinzial-Landtags 1188 an dieser Stelle genügen. Das gedruckte Wohnungsverzeichnis ermöglichte es allen Abgeordneten, sich gegenseitig zu besuchen und im Privaten abzustimmen. Es macht jene standesübergreifende Vereinigungen transparent, die während der Parlamentsdebatten aufkamen. So übernachteten die Kölner Abgeordneten Lyversberg, Merkens und Koch 1826 gemeinsam bei Witwe Tuband. Der Stadtvertreter von Koblenz fand sich zunächst mit zahlreichen Abgeordneten aus der südlichen Provinz im Zweibrücker Hof ein, bevor sein Stellvertreter die Herberge wechselte und sie während des zweiten Landtags mit Merkens teilte. Die Stadt- und Landvertreter der nördlichen Provinz bevorzugten den luxuriösen Breidenbacher Hof in der Alleestraße, in dem stets das Eröffnungsdiner stattfand. Einige Kaufleute fanden bei Geschäftspartnern und Verwandten Obdach und konnten so einen persönlichen Nutzen aus den Landtagsverhandlungen ziehen. In derselben Straße mieteten sich zum Beispiel der Trierer Oberbürgermeister Haw und sein Beigeordneter Kayser bei Advokat Weiler, Bankier Mohr bei Bankier Schnitzler ein Zimmer. Mitglieder der ersten beiden Stände tummelten sich gemeinsam mit Ingersleben und dem Düsseldorfer Oberbürgermeister am Karlsplatz oder bei Spee in der unweit entfernt gelegenen Orangeriestraße. Von dort aus markierte dieser sich bestimmte Adressen in seinem persönlichen Exemplar des Verzeichnisses und schien sich vor allem für die Aufenthaltsorte seiner Standesgenossen und der Aachener Abgeordneten zu interessieren. Zudem kamen alle Abgeordneten im Casino, im Theater und in der Freimaurerloge sowie bei Festen, Gottesdiensten oder beim täglichen Mittagessen zusammen.1189 Nirgendwo sonst waren die gesellschaftspolitischen Auswirkungen der französischen Herrschaftsphase greifbarer als im Rahmen der preußischen Provinziallandtage. Hier wurde eine Ständeordnung zelebriert, die nicht mehr existent war und ein französisches Gleichheitsideal postuliert, das noch in weiter Ferne lag. Beide Ordnungsvorstellungen wurden künstlich heraufbeschworen und scheiterten bereits an den Unterschieden ihrer 1187 Innovative Ansätze der Neuen Politikgeschichte finden sich bei ebd., Duchhardt, Ordnung; Jung, Debattenboykotts; Gehrke, Landtag. 1188 Die Wohnorte änderten sich jedes Jahr und sind im Nachlass des Grafen von Spee unter ASH T 92 überliefert. 1189 Ebd. 1830 und ebd. T 95 1833. Zur Eröffnungsfeier vgl. exemplarisch die SAZ Nr. 259 vom 2.11.1826. Zur Bedeutung interner Beziehungen siehe Stephan, Provinziallandtag, S. 97 f. und Obenaus, Parlamentarismus, S. 389, zur allgemeinen Bedeutung von Diners u. a. vgl. Schneider, Festkultur, S. 70–72 und Kapitel III. 5.2.
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Verfechter. Die Realität lag irgendwo dazwischen und ist mit diesem der Provinz eigentümlichen Widerspruch am treffendsten umschrieben.1190 Die französische Verwaltungsordnung hatte die Ständegrenzen mit all ihren symbolischen Implikationen weniger aufgehoben, als vielmehr zu einem flexibel einsetzbaren politischen Partizipationsinstrument erhoben. So stellte sich während des ersten Provinziallandtags heraus, dass die Standeszugehörigkeit keineswegs zwingend mit einer bestimmten politischen Einstellung verknüpft war und sich andersdenkende adelige Abgeordnete an der Seite der Stadt- und Landverordneten gegen ihre vermeintlich eigenen Standesinteressen aussprachen.1191 Die allgemeine Beobachtung von Herbert Obenaus, „daß die staatstragende Schicht der Rittergutsbesitzer nicht homogen war“1192, galt umso mehr für die Rheinprovinz, in der Mitglieder des zweiten Standes als Juristen von einer Änderung des Rechtssystems direkt betroffen waren.1193 Die von der Presse bemerkten Tendenzen zur standesspezifischen Gruppenbildung lassen sich nicht leugnen und trafen auch und vor allem auf den dritten Stand zu, doch in der abschließenden Abstimmung über die Einführung des Landrechts wurde die Gleichheit vor dem Gesetz mit 59 gegen 20 Stimmen, die Öffentlichkeit und Mündlichkeit in der Verfahrenspraxis mit 62 gegen 17 Stimmen, d. h. von mehr als zwei Ständen, bekräftigt.1194 Merkens beschwor in dem vom Monheim erwähnten Abschlussplädoyer daraufhin die ungetheilte Einheit aller Stände herauf und schlug auf der Basis dieser buchstäblich königlichen Worte die Abgeordneten von Mylius und von Salm-Reifferscheidt-Dyck für die geforderte Kommission zur Einführung des Landrechts vor.1195 Mit diesen Personalwünschen ließ sich zum einen das Repräsentationsrechts des Adels wahren, ohne das Prinzip der Gleichheit aufzugeben, weil beide Rittergutsbesitzer für dieses Prinzip ein1190 Mit Blick auf die bürgerliche Gleichheit beschrieb zuletzt Hellmuth, Kulturgeschichte, S. 57 f. das französische Gleichheitsprinzip als Integrationsmodell, das keineswegs wörtlich zu nehmen war, vgl. hierzu auch Kapitel III. 5.3. 1191 Croon, Provinziallandtag, S. 153–157, vgl. Matzerath, Funktionswandel, S. 82–85 und zuletzt der Tagungsband von dems./Tiersch (Hgg.), Aristoi sowie die entgegengesetzten Ausführungen Wehlers, Gesellschaftsgeschichte, S. 157–159, der den Provinziallandtag zu Unrecht pauschal als „neoständische Verkleidung des adeligen Interessensegoismus“ kritisiert. Stephan, Provinziallandtag, S. 97–99 spricht in diesem Zusammenhang von einem „bewußten Unterlaufen der ständischen Gesetze“. Ein Entwurf im Nachlass von Spieß-Büllesheim unter AHH 110a verrät, dass dieser ebenfalls für eine bedingte Oeffentlichkeit in Civilsachen und das mündliche Verfahren eintrat, wenngleich er unter ebd. dem Votum von Spee und Mirbach-Harff beitrat und später zur autonomen Adelsgruppe gehörte, vgl. Kapitel III. 4.3. 1192 Obenaus, Parlamentarismus, S. 231; zur Soziographie vgl. das gleichnamige Kapitel bei ebd., S. 285–327. Die Forschung bemüht daher den Begriff „Adelsformationen“, vgl. Tiersch, Behauptungsstrategien. 1193 Vgl. Clemens, Adel, S. 76; dies., Verwaltungseliten, S. 78–92; Rowe, Reich, S. 261; Matzerath, Funktionswandel, S. 82 f. sowie Hodenberg, Partei, S. 265–288. Zum „Adelsliberalismus in Deutschland“ siehe grundlegend den gleichnamigen Aufsatz von Dipper. 1194 Schubert, Kampf, S. 133–136, vgl. Croon, Provinziallandtag, S. 152–158; Rowe, Reich, S. 271; Obenaus, Parlamentarismus, S. 360 und S. 387 f. betont, dass es sich dabei um den „Mehrheitswillen“ und nicht um das kollegiale Prinzip handelte. 1195 LHAK 403A 22, Rede vom 4.1.1827, vgl. Obenaus, Parlamentarismus, S. 197 f.
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standen. Zum anderen lieferte Merkens mit seiner Rede einen frühen Beleg dafür, dass die „Liberalen als Repräsentanten einer Provinz und nicht als Vertreter einzelner Stände auftreten“1196 und sich so den Rückhalt verschiedener Stände verschaffen konnten.1197 Standesbewusste Adelige beschwerten sich beim König über diesen Kunstgriff, da dem dritten Stand so alle Wege offen [stünden,] sein Element in den zweiten und vierten Stand hineinzubringen. 1198 Von Mirbach-Harff suchte die Unterstützung seiner Standesgenossen und tauschte sich mit dem westfälischen Marschall von Stein über die Ergebnisse der Landtage aus.1199 Franz Anton Graf von Spee bescheinigte dem Kronprinzen sein Bedauern 1200 über den Ausgang der Verhandlungen in einem privaten Brief.1201 Landtagsmarschall von Wied-Neuwied sprach sich in seinem Abschlussbericht weder für Merkens Vorschlag noch für eine Begünstigung des dermaligen Ritterstands 1202 aus. Er erklärte Ingersleben das, was dieser längst über den zweiten Stand wusste: Er repräsentiert den großen Grundbesitz nicht, denn er hat hier die Wichtigkeit nicht, die er in anderen Provinzen haben mag. 1203 Das Resümee der Münchner politischen Zeitung, dass die Ansprüche des Adels, in so ferne sie mit der bisherigen Gesetzgebung unvereinbar schienen, […] mit Stimmenmehrheit von der Hand gewiesen 1204 wurden, traf also ins Schwarze. Der Constitutionell druckte das Abstimmungsergebnis vollständig ab und triumphierte: les esperances des vrais patriotes n’ont pas été décuy et la joie s’est répandue dans tous les classe des citoyens. 1205 Die lokale Berichterstattung beschränkte sich hingegen auf die Darstellung der ehrenden Empfangsfeierlichkeiten,1206 die den städtischen Abgeordneten bei ihrer Rückkehr gegeben wurden und das Ergebnis des ersten Rheinischen Provinziallandtags erahnen ließen.1207 1196 Koselleck, Reform, S. 377. 1197 Haw schilderte dem Stadtrat unter StATr Tb 13–114, Schreiben vom 30.12.1826 ebenfalls, dass Mitglieder von der Ansicht ausgehen, ein jeder Abgeordnete müße derartige Verheißungen auf diejenigen beschränken, die er zu vertreten berufen ist und versicherte, daß alle Rheinländer die Wünsche der Trierer für das Wahre und Rechte theil[t]en; ähnlich der Koblenzer Stadtrat in seiner Petition unter StAK 623 2187, Sitzungsprotokoll Nr. 224 vom 29.11.1826. 1198 Schreiben des Grafen von Hompesch vom 7.7.1828 im Nachlass von Spieß-Büllesheim unter AHH 110b. 1199 Wallthor (Bearb.), Stein, S. 163 f. und Beusch, Standespolitik, S. 351–353. Zu den Rechtsverhältnissen in Westfalen vgl. Deter, Landrecht. Nach Gehrke, Landtag, S. 196–199 war beispielsweise im schlesischen Landtag die Erneuerung des Landrechts gefordert worden. Mirbachs Separatvotum und einzelne Korrespondenzen befinden sich in den Nachlässen von Spieß-Büllesheim unter AHH 110a, von Loë unter ASW 108, von Spee unter ASH T 95. 1200 Ebd., Schreiben vom 7.1.1827, weiter heißt es: Die durch das Interesse der Advokaten, Notarien und mancher Gerichtspersonen geleitete Vorliebe dieser Stände für die Beibehaltung der franz Gesetze und der Gerichtsordnung war zu vorlaut und leidenschaftlich. 1201 Unter ebd. befindet sich ein weiterer undatierter Entwurf eines Schreibens an S. M. den König. 1202 LHAK 403A 22, Bl. 183–186, Schreiben vom 7.1.1826. 1203 Ebd. 1204 Münchner Politische Zeitung Nr. 13 vom 15.1.1827. 1205 Le Constitutionell Nr. 8 und Nr. 18 vom 8. und 18.1.1827. 1206 SAZ Nr. 13 vom 15.1.1827. 1207 Vgl. ebd. und Nr. 9 vom 10.1.1827, wonach in Aachen eine Mittagstafel von mehr als hundert Gedecken in der alten Redoute veranstaltet wurde.
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Mit diesen Einzelansichten und der ausbleibenden Einführung des Landrechts war ein weiterer Etappensieg im sogenannten Kampf um das rheinische Recht erreicht. Der Nächste erfolgte auf dem dritten Landtag, auf dem unter dem stellvertretenden Vorsitz des Fürsten von Salm-Reifferscheidt-Dyck einer erneuten Gesetzesänderung widersprochen werden konnte.1208 Der Partizipationserfolg der Stadträte war somit von der Unterstützung des Adels abhängig und ist vor dem Hintergrund der Kompromissbereitschaft preußischer Staatsdiener wie Ingersleben, einer auch unter preußischen Juristen verbreiteten Anerkennung der Fortschrittlichkeit des französischen Justizwesens und der nicht vollständig zu unterdrückenden öffentlichen Meinung zu verstehen.1209 Insofern erfüllte der Landtag ungeachtet seiner geringen Kompetenzen wesentliche Funktionen einer Repräsentation: Er trug dazu bei, miteinander konkurrierende „[p]olitisch-soziale Ordnungskategorien des Landes in die Praxis zu überführen und dauerhaft aufrecht zu erhalten.“1210 Gustav Croon ist daher zuzustimmen, dass er seine Aufgabe „als vermittelndes Organ zwischen Krone und Bevölkerung […] in höherem Maße gerecht geworden [sei], als es seine unvollkommene Organisation, seine ängstlich beschränkten Rechte hätten vermuten lassen.“1211 3.3 Die Cholera-Epidemie 1831: Krisenmanagement, Haushaltsplanung und Armenfürsorge am Beispiel der Steuergesetzgebung Am 20. Dezember 1833 wurde im Provinziallandtag die abstracte Frage aufgeworfen, ob man unglücklich sei in der Provinz?1212 Angestoßen wurde die ungewöhnliche Parlamentsdebatte von einer königlichen Proposition zur neuen Gemeindeordnung. Darin wurde in Anlehnung an die preußische Städteordnung vorgeschlagen, die Kommunen zur Armenpflege zu verpflichten und dazu direkte Steuern, sogenannte Armensteuern, zu schaffen. Referent Wilhelm Ritz erläuterte die Ergebnisse des zuständigen Ausschusses und plädierte gegen eine neue Besteuerungsform, da ein Drittel der Bevölkerung der Rheinprovinz […] in einem solchen Zustand der Dürftigkeit [sei], daß derselbe ganz nahe an Armuth gränzt und ein zweites Drittel […] so wenig als das Erste zur neuen Armensteuer beitragen 1213 könne.1214 1208 Vgl. Schubert, Kampf, S. 137–139 und Croon, Provinziallandtag, S. 157. Salm-Reifferscheidt-Dyck musste sich wegen des Alleingangs gegenüber dem König rechtfertigen, der Antragssteller war der Kölner Abgeordnete Koch. Zum weiteren Verlauf vgl. Kapitel III. 5.2. 1209 Vgl. Reuber, Mordfall, S. 117 und Schubert, Kampf, S. 146 f., der auch die wirtschaftlichen Vorteile hervorhebt. Zur Beurteilung des Rechts durch altpreußische Juristen siehe Hodenberg, Partei, S. 80 f. und Rowe, Reich, S. 263 und S. 271, wonach 40 Prozent der Juristen aus den östlichen Provinzen ihre Ausbildung im Rheinland absolvierten. 1210 Stollberg-Rilinger, Einheit, S. 90–92. Demnach sei die Infragestellung der symbolische Reproduktion des „Gemeinwesen[s] in seinen Ungleichheitsstrukturen“ als Charakteristikum nachständischer Landtage zu betrachten. 1211 Croon, Provinziallandtag, S. 16. 1212 Landrat von Hauer zit. n. dem Protokoll der Provinzialstände vom 20.12.1833 unter LHAK 403A 33 Bd. 2, Bl. 410 f. 1213 Ebd., Bl. 404 f. 1214 Zur Armensteuer, die in Großbritannien üblich war, vgl. Daunton, Taxation.
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Ritz konnte als ehemaliger Bürochef des bergischen Finanzministeriums auf vielfältige Verwaltungskenntnisse zurückgreifen und hatte als Regierungsrat der Stadt Aachen die soziale Lage in der Fabrikstadt vor Augen. Er nahm seit 1830 für den vierten Stand des Regierungsbezirks an den Verhandlungen teil. Seiner Meinung nach hatten die Staats- Provinzial und Kommunal-Steuern der Rheinprovinz […] allgemein und durch ihre ungleiche Verteilung im Besonderen eine solche Höhe erreicht, daß solche unmöglich noch vermehrt werden können, dieselben müssen vielmehr unumgänglich vermindert werden. 1215 Obwohl diese Kritik am preußischen Steuersystem breite Zustimmung im Plenum fand, trat er mit seinem Gutachten eine Lawine der Entrüstung und die erste überregionale mündliche Erörterung der sozialen Frage los.1216 Zwar war man sich nicht sicher, ob der Zustand der Provinz wie er als zerstört geschildert worden, überhaupt Gegenstand einer Diskussion werden solle und ob eine solche Diskussion im Zwecke des ständischen Wirkens liege, doch vor allem die Kölner Abgeordneten waren nicht einverstanden […] mit der von dem 3ten Ausschuss ausgesprochenen Ansicht über den gesellschaftlichen Zustand der Rheinprovinz. Merkens verwahrte [s]ich gegen solche Blöße und pries die großen Vorzüge seiner Heimat – die fruchtbare und gewerbethätige Wirtschaft, die Väterlichkeit der Regierung, die Rechts-Institutionen und die bürgerliche Freiheit – an. Andere Kaufleute stimmten ein und behaupteten, dass die Steigerung der Industrie und des Wohlstands eine Vermehrung der Armen unweigerlich zur Folge hätte. Nur Mylius zeigte die Grenzen der kommunalen Armenversorgung auf und sprach sich für eine Armensteuer in Köln aus. In Trier, wo die private Wohltätigkeit angeblich ausreichte, bestand laut Haw noch nicht die Nothwendigkeit der Armensteuer, zumal übel angewendete Unterstützungen arbeitsscheue Müßiggänger und Bettler erzeugen würden. Diese für das frühe 19. Jahrhundert keineswegs untypische – auch von Ritz vertretene – Sichtweise stieß auf den Widerspruch des Grafen von Spee, wohingegen Schöller ungewöhnlich schweigsam blieb. Der provisorische Oberbürgermeister von Düsseldorf – der übrigens als einziger Stadtvertreter in der zweiten Reihe saß – hatte sich in der vorangegangenen Sitzung über die Ungerechtigkeit der Grundsteuerabschätzung ausgelassen und beschränkte sich nun auf einen Kommentar zu der von einem Krefelder Abgeordneten lautstark angebrachten Beschwerde gegen die dort bestehende Armensteuer. Die unglaubliche, ganz exorbitante Summe von 522 Thlr., die der wohlhabende Seidenfabrikant in Krefeld zu zahlen hatte und [u]nter Vorlegung der Steuerzettel im Plenum offenlegte, war laut Schöller keine Armen-, sondern eine gesetzlich erlaubte Einkommenssteuer.1217 Die Diskussion endete mit dieser Anmerkung und der Feststellung, daß die Gemeinden wohltätig und nach Maßgabe ihrer Mittel die Armen zu unterstützten hätten, in soferne als 1215 LHAK 403A 33 Bd. 2, Bl. 404 f., weiter heißt es: Wer den größten Teil der Provinz im häuslichen und wirtschaftlichen Bestande der Einwohner anschaut, wird mit mir die Überzeugung hegen, daß zwei Drittel der Einwohner dem Erliegen unter den bestehenden Steuern nahe gebracht sind. 1216 Vgl. Boch, Wachstum, S. 88–93; Croon, Provinziallandtag, S. 204–208. 1217 Vgl. die ganze Debatte unter LHAK 403A 33 Bd. 2, Bl. 404–419. Gemeint war der Krefelder Fabrikant de Greiff.
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das Armen Vermögen Stiftungen, milde Gaben und Collekten zur Unterstützung nicht ausreichen. 1218 Der Antrag des Ausschusses, dass dafür direkte Steuern für die Armen nicht gestattet sein sollen wurde mit 49 gegen 31 Stimmen angenommen.1219 Hieraus lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen: Erstens konnte eine konkrete Proposition für die Zukunft in einer den königlichen Vorschlag weit übersteigenden moralischen Grundsatzdebatte über die Gegenwart ausufern. Zweitens war diese im Jahr 1833 durch ein zunehmendes Problembewusstsein um die wachsende Armut in der Bevölkerung und ein damit verbundenes Verantwortungsgefühl der Notabeln geprägt. Drittens wurde die gesetzliche Übertragung dieser Verantwortung auf die Stadträte mehrheitlich abgelehnt. Redebeiträge und Meinungen richteten sich viertens nach der Berufstätigkeit, dem Wissen, der Herkunft und der Persönlichkeit des jeweils Vortragenden und waren von seiner Fähigkeit zur spontanen Meinungsäußerung abhängig. Die Redner vertraten fünftens völlig konträre Ansichten, stellten allerdings das seit über zehn Jahren bestehende Steuersystem weiterhin infrage. Nebenbei beanspruchten sie dabei das ihnen explizit nicht zugestandene Recht der Steuerverteilung, indem sie diese mit Beispielen thematisierten und als Indikator für die Lebensbedingungen der Bevölkerung heranzogen.1220 Dass diese stark divergierten, stellte sechstens die Unzulänglichkeit dieser Herangehensweise für die Behebung sozialer Probleme heraus. Von dieser wichtigen Erkenntnis einmal abgesehen, ließ die Debatte viele Fragen offen: Warum positionierte sich der Aachener Regierungsrat gegen eine Armensteuer, während sich der Stadtvertreter im dritten Stand nicht zu der Thematik äußerte? Was motivierte den Trierer Landrat sich gegen die Kölner Abgeordneten auszusprechen, denen er bei anderen Themen stets beipflichtete? Wieso erhielt er dabei keine Unterstützung aus der Bezirksstadt, die den Sozialverhältnissen in Trier ähnelte? Enthielt sich der Koblenzer Abgeordnete, weil er den mündlichen Vortrag scheute oder weil die Wohltätigkeit – wie Haw meinte – in den Städten des ehemaligen trierischen Kurfürstentums gut funktionierte? Aus welchem Grund rechtfertigten die Düsseldorfer Abgeordneten eine gesteigerte Fürsorge und eine Kommunalsteuer, die nicht zu ihrem Verwaltungsgebiet gehörte? Was war geschehen, dass eine Armensteuer überhaupt zur Debatte stand? Nach der Julirevolution in Frankreich und einzelnen im nachfolgenden Kapitel dargestellten Aufständen in den angrenzenden Gebieten folgte 1831 eine zweite Krise, die sich sowohl auf die internationale Politik als auch auf die Alltagskultur in den Städten und Dörfern der Rheinprovinz auswirkte. Die asiatische Cholera, eine noch unerforschte Darm-Erkrankung, breitete sich ab 1831 erstmals von Russland über Polen im preußischen Königreich aus.1221 Im Herbst weckten Nachrichten über die ersten Infektionen 1218 Ebd., Bl. 419. 1219 Vgl. ebd. und Croon, Provinziallandtag, S. 302–304, wobei er das Abstimmungsergebnis und die Aussage Schöllers falsch wiedergibt. 1220 Das betont auch Croon, Provinziallandtag, S. 190 f. 1221 Vgl. Dettke, Hydra, S. 26–66 und S. 102–180 sowie den Überblick bei Nolte-Schuster, Medizingeschichte.
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in Frankreich und Großbritannien sowie Gerüchte über weitere Krankheitsfälle in den Niederlanden die Angst vor der Verbreitung der Seuche über die Handelsbeziehungen.1222 Aus diesem Grund verständigten sich Russland, Österreich und Preußen auf einen gemeinsamen Abwehrkampf, der die wissenschaftliche Ergründung der morgenländische[n] Brechruhr 1223 und ihre praktische Bekämpfung in der Gesellschaft umfasste.1224 Friedrich Wilhelm III. richtete eine Immediat-Kommission ein, entsandte fachkundige Ärzte zu Forschungszwecken nach Russland, erließ weitreichende Reise- und Handelsbeschränkungen und wies die Oberpräsidenten zur Umsetzung eines Seuchenschutzprogramms an.1225 Das bedeutete zunächst dafür Sorge zu tragen, dass alle Nachrichten über dieselbe [Cholera] hinsichtlich ihrer Verbreitung oder Unterdrückung über das Sanitäts- polizeyliche-Verfahren, über den Gesundheitszustand der befallenen Orte, über die Zahl der Krankheits-, Sterbe- und Genesungsfälle und der gleichen amtlich und mit historischer Treue […] in den öffentlichen Blättern zur Kenntniß gebracht, dagegen Privatmitteilungen und Abhandlungen diesen Gegenstand betreffend in die öffentlichen Blätter fernerhin nicht aufgenommen werden 1226 sollten.1227 Dieses Objektivitätspostulat des Königs sollte der Aufklärung der Bevölkerung und der Sicherung von Ruhe und Ordnung dienen. In der Praxis zeichnete sich die offizielle Verwaltungskommunikation in den darauffolgenden Monaten jedoch durch unklare Verhaltensregeln auf der Basis widersprüchlicher wissenschaftlicher Erkenntnisse und „schauerliche[r] Ansteckungsanekdoten“1228 aus. Es kur-
1222 Vgl. Althammer, Herrschaft, S. 497 und exemplarisch die AAZ Nr. 150 vom 30.5.1831, die Beilage Nr. 161 vom 10.6.1831. Die in Köln kursierenden Gerüchte werden im Amtsblatt Nr. 25 vom 21.6.1831 entkräftet. 1223 Zeitgenössische Bezeichnung beispielsweise zu finden im Amtsblatt Köln Nr. 34 vom 23.8.1831. 1224 Dettke, Hydra, S. 65–73. 1225 Ebd., S. 73–83, wesentlich war die Errichtung eines Grenzkordons und die Einführung von Gesundheitsattesten für Reisende. Die Leitung der Kommission oblag Gustav von Thile. Auf die vielfältigen Ähnlichkeiten zum Umgang mit der Corona-Pandemie hat Birgit Aschmann in der FAZ vom 17.9.2020 hingewiesen: https://www.faz.net/aktuell/politik/die-gegenwart/corona-was-wir-von-der-cholera-lernenkoennen- (abgerufen am 20.10.2020), zur weiteren Rezeption vgl. Fangerau/Labisch, Pest. 1226 LHAK 403 7137 Schreiben vom Innenministerium vom 10.5.1831, damit nicht durch falsche Angaben, Uebertreibungen und Entstellung größerer Beunruhigungen im Publiko veranlaßt werden. In der Akte erfolgt eine Beschwerde des Berliner Zensurkollegiums vom 15.6.1831 über die für Polen Partei ergreifenden Artikel in der Provinz, die an sämtliche Zensoren weitergeleitet wurde. Exemplarisch berichtet die SAZ Nr. 280 vom 19.11.1831 von den Krankheitsfällen in Berlin und davon, daß in Breslau der Ausbruch der Cholera einen Pöbelaufstand herbeigeführt habe. 1227 Vgl. Stollenwerk, Cholera, S. 243 f. Die ersten Maßnahmen wurden nach Dettke, Hydra, S. 73 am 4.5.1831 in der preußischen Staatszeitung bekanntgegeben. Sie wurden nach ebd., S. 190–197 im September, nach Ausbruch der Seuche in Berlin, abgeändert. Die Reisebestimmungen mit entsprechenden Gesundheits-Attest[en] wurden zum Beispiel in der Rhein- und Mosel-Zeitung (RMZ) Nr. 132 vom 11.11.1831, im Amtsblatt Köln Nr. 26 vom 15.6.1831, S. 166 f. und Nr. 34 vom 23.8.1831 oder in der AAZ Nr. 130 vom 10.5.1831 bekannt gegeben. 1228 Dettke, Hydra, S. 121. Die Art und Weise der Ansteckung war nicht geklärt, sodass Preußen zur Umsetzung seiner Quarantänebestimmungen das „staatliche Dogma“ über die Staatszeitung verbreitete, vgl. die Diskussion unter ebd., S. 197–205, Briese, Angst, S. 194–198 und Evans, Death, S. 232–237.
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sierten entweder Meldungen, die Panik verbreiteten und die katastrophale Lage der eingesperrten Bewohner von Danzig schilderten oder aber die Krankheitsfälle verschleierten und die Gefahr der vermeintlichen „Armenkrankheit“1229 verharmlosten.1230 Die Folge war, dass der Verkauf von Ratgeberliteratur, Desinfektions- und Dampfapparaten in den höheren Schichten boomte, wohingegen die unteren Schichten die Existenz der Seuche anzweifelten oder mit dem Willen Gottes in Verbindungen brachten und in der Kirche für die Choleraopfer beteten.1231 Für andere aufmerksame Zeitgenossen bestand jedoch kein Zweifel daran, dass sie von preußischen Soldaten eingeschleppt wurde, die sich an der Seite infizierter russischer Truppen an der Niederschlagung des polnischen Unabhängigkeitskampfes beteiligt hatten.1232 Es war auffällig, dass über den Tod des befehlshabenden preußischen Generals von Gneisenau in der Presse ausdrücklich bemerkt [wurde], derselbe sey nicht an der Cholera verstorben. 1233 Sein nicht minder bekannter Stabschef Carl von Clausewitz starb nämlich kurz nachdem er das Oberkommando in Polen übernommen hatte nach einem neunstündigen Leiden an der Cholera. 1234 Als die katastrophale Situation an der polnischen Grenze nicht mehr zu verheimlichen war, verlegte die preußische Zentrale den dortigen Sanitätskordon, d. h. die Grenzsperre zur Abwehr der Cholera, im Sommer 1831 an die Oder bzw. Elbe.1235 Öffentlich wurde diese Maßnahme zur Sicherung der westlichen, noch nicht von der Seuche ergriffenen, Provinzen und des westlichen Deutschlands überhaupt erst in den letzten Septembertagen,1236 sodass die Behörden hinter dieser Choleragrenze, in der weit entfernten Rheinprovinz, zunächst eine abwartende Haltung einnahmen. Der Stadtrat von
1229 Dettke, Hydra, S. 256, wonach die verbreitete Sichtweise zu einem Stigma für die Betroffenen wurde, vgl. ebd., S. 264–268 und Evans, Death, S. 403–415. 1230 Ebd., S. 226–230; Dettke, Hydra, S. 79 f. Zur „furchterregenden Choleraliteratur“, religiösen Interpretationen und „Laien-Theorien“ vgl. ebd., S. 271–281 und Althammer, Herrschaft, S. 486–497; entsprechende Beispiele aus Koblenz nennt Stollenwerk, Cholera, S. 241–243 und S. 250 f., vgl. exemplarisch die AAZ Nr. 166 vom 15.6.1831. Zur Rolle von „Wunderheilern“ in religiösen Milieus allgemein siehe ferner Freytag, Aberglauben, S. 377–383. 1231 Dettke, Hydra, S. 263; Althammer, Herrschaft, S. 497 f.; für Koblenz bestätigt bei Stollenwerk, Cholera, S. 244 und Lucas, Zeitbuch, Nr. 1264. Exemplarisch wurde im Amtsblatt Köln Nr. 30 vom 26.7.1831 zu Spenden für Danzig aufgerufen. 1232 Dettke, Hydra, S. 39–64, vgl. die AAZ Nr. 128 vom 8.5.1831, und den aus Warschau in Berlin eingegangenen Brief unter ebd. Nr. 129 vom 9.5.1831. 1233 Ebd. Nr. 242 vom 30.8.1831. Auch Friedrich Hegels Tod an der Cholera am 14.11.1831 wurde öffentlich mit einem Schlagfuß begründet, vgl. SAZ Nr. 282 vom 22.11.1831. 1234 Allgemeine Militärzeitung Nr. 104 vom 28.12.1831, ebenso in der SAZ Nr. 285 vom 25.11.1831 zu lesen. 1235 Dettke, Hydra, S. 77; in Verbindung mit dem österreichischen Kordon gegen Russland wurden somit die Grenzen zu Polen in Ostpreußen, Posen und Schlesien überwacht. Nach ebd., S. 158–160 beruhten die Vorkehrungen auf der am 30.8.1831 erlassenen „Abändernde[n] Bestimmung zur Ausführung über das bei dem Ausbruche der Cholera zu beobachtende Verfahren“. 1236 Instruktion der Immediat-Kommission vom 12.6.1831, beispielsweise zu finden in der Beilage zum Amtsblatt Köln Nr. 38 vom 20.9.1831.
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Aachen ernannte zum Beispiel als einziger eine Cholera-Kommission, ohne ihr konkrete Aufgaben zuzuteilen.1237 Die seit dem 1. September 1831 in Berlin sprunghaft ansteigenden Fallzahlen setzten den schwerfälligen Behördenapparat schließlich in Gang.1238 Am 6. September 1831 gab Friedrich Wilhelm III. die Marschrichtung vor, indem er die bisherigen Forschungsergebnisse zusammenfasste, die strengen Absonderungs-Maaßregeln rechtfertigte und weitere Sicherheitsvorkehrungen verordnete.1239 Eine Woche später veranlasste der neue Oberpräsident von Pestel die Regierungen zu präventiven Schutzmaßnahmen, die ebenfalls öffentlich bekannt gemacht wurden.1240 Diese zeigten sodann eine gewisse Anpassungsfähigkeit an die Verwaltungssprachgewohnheiten in der Provinz. Umgehend eingerichtete oder bereits bestehende Zentral-Sanitäts-Kommissionen brachten in Köln beispielsweise 100.000 Informationsblätter zur Verteilung an jede einzelne Familie in Umlauf und bewiesen, dass sich die „Krisenkommunikation“1241 der mittleren Verwaltungsebene gegenüber der Teuerungskrise 1818 verbessert hatte.1242 Als weiteren Beleg dafür setzte die Koblenzer Regierung die Öffentlichkeit in der Presse bewusst über alle angedachten Schutzvorkehrungen – so unrealistisch sie auch sein sollten – in Kenntnis. In Aachen versorgte eine Cholera-Zeitung die Bevölkerung sogar mit Fachwissen, das der nach Berlin entsandte Stadtphysikus Joseph Hartung – jüngster Sohn des Mayener Landrats – vor Ort sammelte.1243 Die öffentliche Verwaltungskommunikation sollte zur Beruhigung des Publikums beitragen und kam den in Kapitel III. 2.4 zitierten Wünschen nach einer gesteigerten Informationspolitik entgegen.1244 Am Ende der Kommunikations- bzw. Handlungskette standen die Stadträte, die analog zu den ostpreußischen Provinzen zu umfassenden Hygienemaßnahmen, der Sicherung der Armenfürsorge und der Bereitstellung von Krankenbetten angehalten wurden.
1237 StAAc PRZ 1–249, Protokoll vom 5.7.1831, wonach die Regierung am 29.6.1831 dazu aufgefordert hatte und der Kommission Daniels, Lausberg und van Houtem angehörten; zu ihrer Tätigkeit siehe Althammer, Herrschaft, S. 498 f. und S. 507 f. 1238 Ebd., nach Dettke, Hydra, S. 178 f. waren in den ersten drei Tagen nach Bestätigung der Krankheit 21 Menschen erkrankt, am 31.10.1831 waren es fast 2.000 Personen, vgl. die zeitgenössische Einschätzung in der AAZ Nr. 252 vom 9.9.1831 und die Maaßregeln gegen Einschleppung der Cholera in die Rheinprovinz in Amtsblatt Köln Nr. 8 vom 13.9.1831, S. 8. 1239 Ebd., Beilage zu Nr. 38 vom 20.9.1831, zusammengefasst bei Althammer, Herrschaft, S. 499 f. 1240 Verordnung vom 13.9.1831, in: Beilage zum Amtsblatt Köln Nr. 38 vom 20.9.1831. 1241 Zimmermann, Modellbildung. 1242 Verordnung vom 13.9.1831, in: Beilage zum Amtsblatt Köln Nr. 38 vom 20.9.1831, wobei das zweiseitige Infopapier abgedruckt ist. 1243 Schmitz-Cliever, Cholera (1951/52), S. 127; Stollenwerk, Cholera, S. 248. Herausgeber war Medizinalrat Leopold Zitterland. 1244 Ebd., S. 244 f. und S. 345, demzufolge daher ab dem 1.9.1831 auch alle Bekanntmachungen der Immediatkommission in Berlin in den Regierungsbezirken veröffentlicht wurden, vgl. das Amtsblatt Koblenz Nr. 63 vom 17.10.1831.
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Die Kosten dafür mussten sie selbst tragen, da sich das Innenministerium lediglich zur Finanzierung der Grenz- und Quarantänekontrollen bereit erklärt hatte.1245 Die finanzstarke Stadt Köln verfügte zu diesem Zeitpunkt über rund 100.000 Taler gewöhnliche und ca. 60.000 Taler außergewöhnliche Einnahmen aus den Hafengebühren und dem Patrimonialvermögen.1246 Die Bevölkerung war auf ca. 65.000 Einwohner angestiegen, sodass dem Stadtrat – vereinfacht ausgedrückt – mehr als zwei Taler pro Kopf (2,5 Taler) zur Verfügung stand. Die Armenverwaltung war darüber und über alle weiteren finanziellen Verpflichtungen der Kommune vollends im Bilde und im Rathaus mehrfach in persona vertreten. Diese personelle Überschneidung gewährleistete einen regelmäßigen Austausch über die sozialen Probleme innerhalb der Stadtmauern. Die Zusammenarbeit war nicht frei von Konflikten, vereinfachte aber die praktische Verwaltungstätigkeit. Auf der einen Seite war es dem anwesenden Präsidenten der Armenverwaltung möglich, seinen Anteil am Kommunalhaushalt jedes Jahr aufs Neue auszuhandeln und das verfügbare Armenvermögen aus Vergnügungssteuern, zahlreichen Stiftungen, Spenden und verbliebenen Teilen des säkularisierten Kirchenvermögens aufzustocken.1247 Eine vorteilhafte Verhandlungsbasis ergab sich dabei aus der Tatsache, dass städtische Bauprojekte regelmäßig aus der Armenkasse vorfinanziert wurden.1248 Auf der anderen Seite konnte der Stadtrat den vielfach beklagten fehlenden gesetzlichen Einfluss auf die Verwendung der Armengelder im Rahmen dieser Verhandlungen kompensieren. Dennoch war Eberhard von Groote seinem Biographen zufolge finanziell „unabhängiger als der Kölner Oberbürgermeister.“1249 Er hatte das Präsidentschaftsamt der Armenverwaltung im Jahr 1830 von Franz Jacob von Herwegh übernommen und für sein neues Aufgabengebiet 15.000 Taler aus der Stadtkasse erhalten. Sein Gesamtetat betrug ca. 90.000 Taler, wobei sich die Zahl der Unterstützungsbedürftigen auf mindestens 10.000 Personen belief (15 Prozent) und im Falle eines Choleraausbruchs auf die Hälfte der Bevölkerung geschätzt wurde.1250 1245 Vgl. Stollenwerk, Cholera, S. 245 und das Reglement wegen der zur Abwehrung der Cholera aufzubrin genden Kosten vom 17.8.1831 in der Beilage zum Amtsblatt Köln Nr. 37 vom 13.9.1831 oder im Amtsblatt Koblenz Nr. 63 vom 17.10.1831. 1246 Angabe Gotheins, Cöln, S. 241 für das Jahr 1830, vgl. HAStK 410 A7, Eintrag vom 13.6.1826, wonach zu den gewöhnlichen Einnahmen von 86.195 Talern 68.732 Taler außergewöhnliche Einnahmen hinzukamen. Zur allgemeinen Problematik der Budgetauswertung im frühen 19. Jahrhundert siehe Ullmann, Steuerstaat, S. 33 f. 1247 Vgl. Schwarz, Armenwesen, S. 71–73 und S. 192–196. 1248 Nach ebd., S. 195 hatte die Armenverwaltung 1826 den Appellhof bezuschusst und der Stadt im Jahr 1830 einen Kredit in Höhe von 20.000 Talern für den Ausbau des Freihafens gewährt. 1249 Spiertz, Groote, S. 317, der allerdings keine konkreten Zahlen nennt. Nach HAStK 410 A8 wurde der Armenbericht am 14.1.1831 unter den Stadträten verteilt. 1250 Die Budgetangaben finden sich bei Gothein, Cöln, S. 264–266 und sind bei Finzsch, Unterschichten, S. 86–90 sowie Dorn, Armenpflege, S. 73–75 erläutert; Nach Herres, Vereine, S. 91 erhielten 1831 insgesamt 4.514 Personen eine Unterstützung aus der Armenkasse. Zur Entwicklung der Armut und ihrer Bekämpfung vgl. ders., Köln, S. 100 f.; Spiertz, Groote, S. 195–204; Mettele, Bürgertum, S. 22–31 und S. 132–144; Schwarz, Armenwesen, S. 67–84 und Becker-Jákli, Protestanten, S. 260–262.
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Aus diesem Grund erkannten die Honoratioren die Nothwendigkeit durchgreifender, der Größe und Gefahr entsprechender Maßnahmen an und bestimmten die erfahrenen Beigeordneten von Herwegh und Boisserée sowie die gut vernetzen Kaufleute Koch, Nierstraß, Leiden und Schnitzler im September 1831 zur Sanitäts-Kommission. Eberhard von Groote und die Pfarr-Hilfsvereine der Armenverwaltung sowie weitere acht Notabeln, die mehrheitlich dem Appellhof angehörten, wurden ihnen auf eigenen Wunsch zur Seite gestellt.1251 Einer von ihnen, Peter Heinrich Merkens, hatte sich als neuer Vizepräsident der Handelskammer bereits im Vorjahr bei der Beschaffung eines Kornvorrats im Interesse des gemeinen Wohl[s] ausgezeichnet, sodass der Brotpreis von 12 Silbergroschen halbiert werden konnte.1252 Dies war notwendig gewesen, weil eine Verminderung der Mahlsteuer zugunsten der Bäcker trotz Marktpreissteigungen abgelehnt wurde.1253 Sein Schwager Heinrich von Wittgenstein gründete noch im gleichen Jahr eine Arbeitsanstalt im Rahmen seiner Tätigkeit für die Armenverwaltung. Dessen verwitwete Schwiegermutter Therese Schaaffhausen leitete wiederum die Armenmädchenschule für den Frauenverein.1254 Wie im nachfolgenden Kapitel näher ausgeführt wird, umfassten diese produktiven Verflechtungen im städtischen Armenwesen auch das gesellige Vereinswesen.1255 Sie zogen eine große Spendenbereitschaft nach sich, die der Stadtrat im Jahr 1831 jedoch als zu unzuverlässig einstufte. Analog zur Teuerungskrise wollte man das Schicksal der Stadt im Falle eines Seuchenfalls explizit nicht auf der privaten Hilfsbereitschaft aufgebaut wissen, da die Dringlichkeit der Sache, wo dem Zufall und der Ueberraschung nichts überlassen werden soll[te], […] fest zugetheilte Fonds notwendig machte. Außerdem wurde vonseiten der Regierung nicht zur Vereinsbildung aufgerufen. Stattdessen stellte diese dem Rat ein Darlehen in Höhe von 100.000 Talern in Aussicht, das dieser sogleich für den Ankauf einer leerstehenden Porzellanfabrik in der Severinstraße nutzte, um der königlichen Empfehlung verschiedener Gegenstände zur Einrichtung von Cholera- Lazarethen nachzukommen.1256 Die Rückzahlung sollte mit Hilfe einer indirekten Steuerumlage von ¾ Silbergroschen auf den Handel mit Baugeriss und Steinkohle erfolgen. Diese Steuerzulage wurde seit Jahren gefordert und existierte bereits in Aachen. Daneben beantragte der Stadtrat zusätz1251 HAStK 410 A2, Sitzung vom 12.9.1831. Folgende Notabeln kamen am 16.9.1831 hinzu: Justizrat von Mylius, Präsident des Appellhofs von Oppen, Justizrat Leist, Regierungsrat Sethe, Kanzler Groote sowie Merkens, Hölterhof, Faulenbach und Hauptmann Schulz. 1252 Gothein, Cöln, S. 266 f., vgl. die Beschlüsse vom 24.9. und 1.10.1830 unter HAStK 410 A8, wobei 10.000 Malter Cölnisch Maß mit einem Kredit von 70.000 Talern angeschafft werden sollten. Der Stadtrat berief hierzu Merkens und Koch für die Handelskammer sowie Leiden, Schnitzler und Simons für den Stadtrat. Unter HAStK 410 A8, Sitzung vom 19.11.1830 wurde dem Vorschlag der Armenverwaltung, eine freiwillige Arbeitsanstalt zu gründen, stattgegeben. Merkens hatte das Vizepräsidentschaftsamt nach Kellenbenz/van Eyll, Geschichte, S. 92 im Jahr 1829 von Koch übernommen. 1253 Vgl. das Gutachten des Stadtrats vom 11.8.1831 unter LA NRW R, Reg. Köln 1007. 1254 Wedel, Wittgenstein, S. 36 f.; Mettele, Bürgertum, S. 143. 1255 Vgl. ebd., S. 143–148 und Kapitel III. 3.4. 1256 Exemplarisch bekanntgegeben im Amtsblatt Köln Nr. 46 vom 13.11.1831. Zur Umsetzung siehe HAStK 410 A8 und A2, Protokoll vom 12.9. und 6.10.1831.
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liche Finanzmittel (50.000 Taler) und eine weitere Umlage, die den vermögenden Theil der Bewohner, nicht aber die unvermögenden Klassen weiter besteuern sollte.1257 Dazu standen ihm seit der Steuerreform per Gesetz zwei Mittel zur Verfügung: Die Erhöhung bereits bestehender indirekter Auflagen oder die Einführung einer klassifizierten Einkommenssteuer. Diese unterschied sich insofern von der Klassensteuer, als dass sie ausschließlich an die Gemeinde abgeführt wurde und die subjektive Meinung der Einschätzungskommission um weitere Kriterien und einklagbare Einkommensangaben der Steuerpflichtigen ergänzte.1258 Sie war mit viel Arbeit und zahlreichen Konflikten verbunden, weil diese Informationen schwer zu beschaffen und öffentlich anzugeben waren. Die Kölner Ratsherren kamen zu dem Schluss, dass vieles dem Zufall und dem Irrthum überlassen werden müß[t]e, abgesehen, daß die Anlage einer solchen [Einkommenssteuer] einen Zeitaufwand erfordern würde, welchen die angeordnete sofortige Aufbringung der Fonds nicht zuläßig mache. 1259 Sie zogen es vor, die Grundsteuer zu modifizieren und eine Mietsteuer in Anlehnung an die französische Mobiliarsteuer einzuführen. Dabei brachten sie die ehemalige valeur locative 1260 sogar als Beispiel an und schienen nicht zu wissen, dass gesetzlich nicht verankerte Steuern auf das Mieteigentum zu diesem Zeitpunkt auch in Berlin erlaubt waren.1261 Ohne die damit verbundenen Schwierigkeiten zwischen Eigenthümern und Miethern, Hauptmiethern und Untermiethern zu verkennen, sollte jedes zu 33 Thaler und mehr in dem Kataster Miethwerthe veranschlagte Eigenthum miethpflichtig sein.1262 Das bedeutete, dass nicht nur das Grund-, sondern auch das bewegliche Eigentum, d. h. die Hauptmieter, zur Cholerafinanzierung herangezogen werden sollten, wenn sie das komplette Gebäude gemietet hatten.1263 Drei Monate später, im März 1832, wurde die Mietsteuer abgelehnt und der erste Vorschlag in geringerem Umfang (je ½ Silbergroschen) genehmigt. Die daraufhin vorgebrachte Alternative, eine jeweils fünfprozentige Mehrbelastung der Grundsteuer und der Mahl- und Schlachtsteuer, wies ein Ministerialreskript vom 23. Mai 1832 zurück.1264 Die Hauptstadt und der Großteil der östlichen Provinzen waren zu diesem Zeitpunkt bereits wieder zur seuchenfreie Zone erklärt worden. In der Nähe der Rheinprovinz, im 1257 Ebd. A8, Sitzung vom 12.9.1831. 1258 Siegert, Steuerpolitik, S. 303. Diese Mischform der Einkommenssteuer wurde im Jahr 1851 für ganz Preußen eingeführt, vgl. hierzu Schremmer, Steuern, S. 144–150. Ebd., S. 16–60 thematisiert das englische Vorbild der income tax ausführlich, zu den Reaktionen vgl. Wirsching, Parlament, S. 130–154. Zur allgemeinen Entwicklung siehe Raphael, Recht, S. 123 f. 1259 HAStK 410 A2, Sitzung vom 7.11.1831. Sie bezogen sich auf die Verhandlungen der Schuldentilgungskommission, die eine solche Umlage bereits angedacht hatte und wiesen darauf hin, dass eine direkte Steuer allgemein nicht zulässig oder ausführbar ersch[ie]n. Vgl. Gothein, Cöln, S. 245 und allgemein Siegert, Steuerpolitik, S. 42 f. 1260 HStAK 410 A8, Eintrag vom 15.11.1831. 1261 Siegert, Steuerpolitik, S. 309 f. 1262 HAStK 410 A2, Sitzung vom 7.11.1831. 1263 Ebd., Sitzung vom 7.11.1831. Zur Personal- und Mobiliar-Steuer vgl. Schremmer, Steuern, S. 79 f. 1264 HAStK 410 A2, Sitzung vom 3.7.1832.
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Westen Europas, machte sich jedoch eine zweite Cholerawelle breit.1265 Angesichts der veränderten Bedrohungslage erklärte der Stadtrat auf seinen Antrag bestehen zu müßen, indem ihm kein anderes zweckversprechendes Mittel bekannt sei, auch die Dringlichkeit der Sache erfordern, daß sein früherer gründlich berathener Antrag möglichst bald in Vollzug komme. 1266 Er reüssierte: Am 18. September 1832, eine Woche nach dem Ausbruch der Cholera in Aachen, wurde der zweite Finanzplan durchgewunken.1267 In Aachen behandelte Stadtphysikus Hartung unterdessen bereits mehr als 30 Cholerapatientinnen und -patienten im Dominikanerkloster in der Jakobsstraße, einem sporadisch eingerichteten Cholerahospital. Zuvor waren mehr als ein Dutzend Personen an der Krankheit verstorben, wobei man damit aufgrund der bisherigen Forschungsergebnisse und der heilversprechenden Schwefelquellen in der Kurstadt nicht gerechnet hatte.1268 Dem Oberpräsidium und der Bevölkerung wurde der Ausbruch der Seuche erst eine Woche nach ihrem erstmaligen Auftreten bekanntgegeben.1269 Hartung entschuldigte diese Fahrlässigkeit im Nachhinein damit, dass der Mensch unangenehme Wahrheiten überhaupt nicht gern glaubt und dieselben oft eben weil er sie fürchtet, leugnet. In Aachen, welches zugleich Badeort und Fabrikstadt [sei], war der Ausbruch der Cholera in mehrfacher Hinsicht nachtheilig, weil außer der Gefährlichkeit der Krankheit an und für sich auch durch die Bekanntmachung ihres Ausbruchs die hier noch anwesenden Fremden verscheut wurden, und den hiesigen Fabrikanten dadurch in manchen Staaten der Eingang erschwert werden mußte. 1270 Einer dieser Fabrikanten war sein Schwiegervater Heinrich Nellessen. Beate Althammer hat in ihrer vergleichenden Studie darauf hingewiesen, dass die ignorante Haltung der Notabeln mit einer erstaunlichen Sorglosigkeit innerhalb der Bevölkerung korrespondierte.1271 Im Stadtrat ergab sich das Fehlverhalten aus der in Kapitel III. 3.2 dargestellten Arbeitsmoral und dem im Folgenden umrissenen „Tauziehen zwischen staatlichem Dirigismus, städtischen Selbstverwaltungsansprüchen und bürgerlichen Geschäftsinteressen“. 1272 Denn obwohl die Krankheit seit Juni 1832 in Belgien wütete, war in der Honoratiorenversammlung mit Ausnahme des Amtsantritts des ersten ordentlichen Oberbürgermeisters, des ehemaligen Präsidenten der Armenverwaltung Edmund Emundts, nur 1265 In Paris war die Seuche im März 1832 ausgebrochen, vgl. Althammer, Herrschaft, S. 500 f.; Dettke, Hydra, S. 206; Schmitz-Cliever, Cholera (1951/52), S. 127. 1266 HAStK 410 A2, Sitzung vom 3.7.1832. 1267 Ebd. A8, Eintrag vom 18.9.1832. 1268 Schmitz-Cliever, Cholera (1951/52), S. 128–131; Althammer, Herrschaft, S. 480–485, vgl. Hartung, Cholera-Epidemie, S. 7–9 und die Berichterstattung an das Oberpräsidium unter LHAK 403 2345, wonach der Ausbruch am 11.9.1832 gemeldet und am 13.9.1832 öffentlich wurde. 1269 Ebd. vgl. Schmitz-Cliever, Cholera (1951/52), 129 f. Nach Althammer, Herrschaft, S. 528 hatte Ingersleben sogar von einem Koblenzer Bürger über den Seuchenausbruch in Aachen erfahren. 1270 Hartung, Cholera-Epidemie, S. 22. 1271 Vgl. Althammer, Herrschaft, S. 501, die bermerkt, dass sich „seltsamerweise“ kein Interesse regte. Die zögerlichen Maßnahmen werden bei ebd., S. 512–515, S. 520–523 und S. 527–530 geschildert. 1272 Ebd., S. 508, wobei „die charakteristische Aachener Reaktion auf die Seuche […] ihre Ignorierung“ war, wohingegen in der Stadt Barcelona zahlreiche Menschen flüchteten.
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wenig geschehen.1273 Dabei war man sich spätestens seit den Unruhen im Sommer 1830 darüber im Klaren, dass Noth und Mangel unter der Arbeitsklasse schon groß [sei], und vielleicht binnen kurzem noch größer werden könnte.1274 Erneute Ernteausfälle und Preisschwankungen zwangen die Notabeln auch hier zur Anlegung eines Kornvorrats und der Herabsetzung der Brotpreise. Im Dezember 1831 wurde das 8-pfundige Roggenbrot auf 6 Silbergroschen taxiert. Der Preis hatte sich somit binnen zehn Jahren verdoppelt und war etwas niedriger als in Trier und genauso hoch wie in Köln. Weil weitere Preiserhöhungen zu erwarten waren und dem nicht unterrichteten Einwohner auffallen würde[n], 1275 sollten diese mit dem Gewicht des Grundnahrungsmittels reguliert werden.1276 Hierin zeigt sich, dass die in Kapitel III. 2.3 dargestellte Regulierungsfunktion der Brottaxe in Aachen auf das Verhältnis zwischen Bevölkerung und Verwaltung übertragen und mögliche Beschwerden auf die Bäcker abgewälzt wurden.1277 Nach Peter Kramper wurden diese als „Diener am Gemeinwohl und nicht als gewinnorientierte Unternehmer“1278 betrachtet. Laut Stadtrat waren in Aachen bekanntlich ¾ der Bäcker arm, 1279 während sie in den anderen Untersuchungsstädten als alteingesessene Vertreter des Nahrungsmittelhandwerks eher in der Mitte der städtischen Sozialstrukturen anzusiedeln sind.1280 Weiterhin wurde die Außenwirkung der Notabeln dadurch verbessert, dass sie sich zu einem Kornverein zusammenfanden. Regierungspräsident August von Reiman gelang es, 27 Honoratioren zu jener privaten Hilfstätigkeit zu bewegen, die sie im Jahr 1818 noch verweigert hatten. Dabei mussten sie keine finanziellen Risiken übernehmen, denn Regierungsrat Ritz hatte dem Stadtrat persönlich die Unterstützung der Regierung zugesagt. Außerdem gehörte der Präsident der Armenverwaltung, Landtagsabgeordneter Johann Peter Joseph Monheim, dem sechsköpfigen Organisationsausschusses an. Die vielversprechende Zusammenarbeit vermögender Fabrikanten und einflussreicher Notabeln aus Regierung, Stadt- und Armenverwaltung endete mit einer Getreidelieferung in Höhe von 32.900 Talern, die abermals an alle Bevölkerungsschichten ausgegeben wurde und ein finanzielles Loch von 15.000 Talern in der Stadtkasse hinterließ. Folglich erzielten
1273 Nach StAAc PRZ 1–248 leitete Emundts erstmals die Sitzung am 1.2.1832, wurde jedoch nicht explizit eingeführt. 1274 Ebd. Nr. 4 vom 11.10.1831. Konkret wurden Ausfuhrbeschränkungen von Getreide, die sich bereits in der Franzosenzeit bewährt hätten, u. a. durch Egidius Deutz mit Verweis auf das Decret vom 25. Prairial Jahr XII., angeregt. 1275 StAAc PRZ 1–248 Nr. 4 vom 11.10.1831. 1276 Ebd., Protokoll vom 15.12.1831. Fischer, Strukturen, S. 165 nennt den Preis von 6 Pfennigroschen und 5 Pfennig für sieben Pfund Roggenbrot im Jahr 1832. 1277 Nach Althammer, Herrschaft, S. 288 handelte es sich also um Symbolpolitik, mit der „kaum geholfen“ wurde. 1278 Kramper, Standards, S. 69. Wie noch zu sehen sein wird, galt diese Aussage nicht für Trier. 1279 StAAc PRZ 1–249, Sitzung vom 11.1.1831. Dazu trug auch die unter LA NRW R, Reg. Köln 1007 am 1.6.1831 vorübergehend bestimmte Aussetzung der Mahlsteuer auf Roggen in Burtscheid bei. 1280 Lenger, Kleinbürgertum, S. 42–46 belegt diesen in den vorangegangenen Kapiteln bereits angeklungenen Befund mit Zahlen für Düsseldorf.
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überbehördliche Kooperationsversuche, die 1818 vielerorts möglich waren, in Aachen noch über zehn Jahre später nicht die gewünschte Wirkung.1281 Das Budget der Stadt belief sich im Jahr 1831 auf 73.836 Taler gewöhnliche und 32.656 Taler außergewöhnliche Einnahmen für die Verwaltung von 37.669 Einwohnern (106.492 Taler). Die verfügbaren Finanzmittel waren gegenüber den Vorjahren angestiegen und größer als in der Stadt Köln (2,8 Taler pro Kopf). Der Kommunalzuschlag zur Mahl- und Schlachtsteuer machte über ein Viertel (27.300 Taler) der Einnahmen aus. Zudem gingen ca. 7.500 Taler von den Brennmaterialien und ca. 6.500 Taler von den Türen und Fenstern ein. Auch durfte die Stadt über die Pachtvergabe des Holzschlags (ca. 4.000), des Lombards (ca. 7.000) und der Badehäuser (ca. 7.000 Taler) – nicht aber über jene des Spieloctrois (8.531 Taler) – eigenständig entscheiden. Die Hälfte der Spielpacht (4.200 Taler) behielt sich Reiman für die ihm unterstellte Armenverwaltung, die Verteilung der Gewinne zur Sicherung der Schuldentilgung sowie der Schul- und Kultusausgaben vor. Die Polizei wurde nicht bezuschusst.1282 Die Armenverwaltung entsprach seit 1823 dem Kölner Bezirksvereinsmodell und erhielt einen jährlichen Pauschalbetrag von 7.000 Talern aus der Stadtkasse, der mit diesen sogenannten Spielpachtgeldern aufgestockt wurde.1283 Da der Stadtrat zur Unterhaltung des Gymnasiums (ca. 5.000 Taler) ebenfalls verpflichtet und weder in der Armennoch in der Schulverwaltung vertreten war, kam es zu zahlreichen Beschwerden, die die Zusammenarbeit der städtischen Institutionen belasteten.1284 Monheim hielt die Rechnungsbücher über ca. 40.000 Taler Eigeneinnahmen unter Verschluss und pochte auf seine gesetzlich fixierte Unabhängigkeit. Gegenseitige Anschuldigungen und wachsendes Misstrauen verleiteten die Regierung am Ende der 1820er Jahre zu einer Unter1281 Althammer, Herrschaft, S. 281–288; Jeworrek, Armut, S. 188–194 f.; Monheim, Monheim, S. 106–110, vgl. StAAc PRZ 1–249, Sitzungsprotokolle vom 14. und 17.9.1830. Weitere Verantwortliche waren Joseph Tilmanns, der seine Ämter in der Stadt- und Armenverwaltung 1827 aus Protest niedergelegt hatte und Franz Emundts, der vermögende Bruder des angehenden Oberbürgermeisters und Schwager des Fabrikanten Jakob Springsfeld. 1282 Vgl. StAAc Ob 49–13, Tabelle vom 16.3.1832. Für das Jahr 1832 werden die Einnahmen mit 108.709 Taler angegeben. Außergewöhnlich gingen die Türen- und Fenstersteuer und vor allem der einmalige Ertrag aus dem Verkauf des städtischen Eigentums (18.871 Taler) ein. Abweichend dazu gibt die Aufstellung unter OB 49–15 vom 8.7.1835 mit den Durchschnittserträgen seit 1832 die Einnahme der Mahl- und Schlachtsteuer mit 25.781 Taler an. In der Aufstellung unter ebd. OB 43–8, wurde Benzenberg im Jahr 1834 ein Etat übersandt, indem die Einnahmen 78.719 Taler betrugen, wobei der Mahl- und Schlachtsteuerzuschlag 26.505 Taler, die Brennmaterialiensteuer 8.700 Taler, die Türen- und Fenstersteuer 6.774 Taler und die Pachtverträge insgesamt 15.501 Taler ausmachten. Der Holzschlag ergab 3.732 Taler. Nach LA NRW R, Reg. Aachen 787, Aufstellung für 1826, waren es zuvor 89.829 Taler insgesamt gewesen. Nach ebd. PRZ 1–5, Eintrag vom 26.9.1834 wurde für 1835 wieder mit Einnahmen in Höhe von 91.597 Talern gerechnet. 1283 Ebd. Ob 49–13, Tabelle vom 16.3.1832, vgl. PRZ 1–248, Protokoll Nr. 1 vom 24.9.1831 und Jeworrek, Armut, S. 127–134. Nach Küster, Fürsorge, S. 189 und Knackstedt, Fürsorge, S. 265–275 hatte von Vincke diese Verwaltungsstrukturen auch in Westfalen ausgebaut. 1284 Jeworrek, Armut, S. 136, vgl. exemplarisch StAAc Ob 43–8, Abschrift des Sitzungsprotokolls des Stadtrats vom 30.6.1828.
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suchungskommission, die 1831 zur Arbeitsverweigerung in der Armenkommission und zur Amtsniederlegung Monheims führte.1285 Der Präsident war nach eigenen Aussagen tief gekränkt 1286 und der Stadtrat lenkte ein, indem er der Regierung seine Mitarbeit verweigerte und weitere Untersuchungen stoppte. Die Rückendeckung lässt sich auf die gerade beendeten Landtagsverhandlungen und die bestehende Notlage in der Bevölkerung zurückführen und widersprach dem eigentlichen Ziel des Ratsgremiums.1287 Denn seit 1818 hatten die Notabeln mehrfach schriftlich und mündlich um die Verwendung des ganzen Spielpachtertrags zum allgemeinen Vortheil der hiesigen Commune und um die Erlassung des von der Stadt bisher geleistete Zuschusses für das hiesige Gymnasium – also um die Verminderung der sozialen Finanzbeiträge – gebeten.1288 Als Hauptgrund wurden die alljährlich steigenden Diskrepanzen zwischen Einnahmen und Ausgaben angeführt. Um diese in Deckung zu bringen, wurde die Anwesenheit des preußischen Finanzministers von Motz 1827 für eine weitere erfolglose Bitte um das verlorene Octroi genutzt.1289 Auch hatte man zwischen 1816 und 1826 über 50 Grundstücke und Gebäude für 56.786 Taler veräußert und die Grundsteuer- und Steinkohlebeischläge erhöht.1290 Dennoch verzeichnete das Finanzkomitee 1830 ein Defizit von 13.770 Talern in der Stadtkasse, das wegen neuer Einquartierungsleistungen und der Ausfälle der Kornbeschaffungsmaßnahmen um mehr als das Doppelte anstieg und die von der Regierung angeordneten Choleravorkehrungen zu einem Ding der Unmöglichkeit machten.1291 Als das Heranrücken der Cholera am 9. September 1831 im Stadtrat registriert wurde, trafen die Notabeln keine konkreten Sicherheitsvorkehrungen, sondern diskutierten militärische Schutzmaßnahmen, die weit außerhalb ihres eigenen Wirkungskreises lagen. Sie schlugen die Errichtung eines zweiten Sanitäts-Cordons entlang des Rheins vor und entsandten Daniels, van Houtem und Kesselkaul nach Köln, um dem dort weilenden Kronprinzen diesen allgemeinen Wunsch diesseitiger Einwohner zu unterbreiten.1292 Ein Grund dafür war, dass die geplante Einrichtung eines Cholera-Lazaretts im Dominikanerkloster auf den Widerstand der dortigen Anwohner und die Besetzung zusätzlicher Revierkommissionen der Armenverwaltung auf die mangelnde Hilfsbereitschaft der Notabeln 1285 Vgl. Althammer, Herrschaft, S. 291 f., Jeworrek, Armut, S. 147–155 und Monheim, Monheim, S. 95 f. 1286 Vgl. ebd. und die Akte unter LA NRW R, Reg. Aachen 1267. 1287 Vgl. Monheim, Monheim, S. 96–99 und Jeworrek, Armut, S. 136 f. Anhaltende Handlungsaufforderungen und die Androhung einer Ordnungsstrafe an den zuständigen Oberbürgermeister mögen auch zu dessen Amtsniederlegung im selben Jahr geführt haben. 1288 StAAc OB 41–1, Schreiben vom 31.12.1830 und exemplarisch ebd. Schreiben vom 4.1.1829 an Altenstein, dessen Antwort vom 12.1.1829, vgl. die Diskussionen in den Sitzungen unter ebd. PRZ 1–2, Eintrag vom 1.3.1822 und PRZ 1–249, Eintrag vom 31.12.1830. 1289 OB 41–1, Schreiben vom 31.7.1827. 1290 Vgl. die von der Regierung eingeforderte Aufstellung unter StAAc OB 43–8 vom 5.3.1827 und ebd. PRZ 1–249, Eintrag vom 26.7.1831. 1291 Vgl. ebd., Einträge vom 7.12.,13.12.1830, 7.6. und 19.8.1831. Unter ebd. OB 49–13 wird das Budget für das gesamte Jahr 1831 auf 39.938 Taler festgesetzt. 1292 StAAc PRZ 1–249, Einträge vom 9.9. und 13.9.1831.
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gestoßen war.1293 Demgegenüber stellte die Vermehrung der Armenväter in der Domstadt beispielsweise kein Problem dar und wurde von den Stadträten selbst geleistet.1294 Währenddessen nahm die Aachener Sanitätskommission ihre Arbeit auf und veranschlagte die anfallenden Kosten im Falle eines Choleraausbruchs auf 73.000 Taler. Die Unmöglichkeit einsehend, aus den städtischen Fonds auch nur einen Theil derjenigen Mittel zu entnehmen, welche bey dem Herannahen der Cholera Epidemie für Sanitäts- Einrichtungen usw. so wie zur Beschäftigung und Unterhaltung der arbeitslosen dürftigen Einwohner erforderlich seien, lieh sich der Stadtrat am 20. September 1831 25.000 Taler von der Armenverwaltung.1295 Die Rückzahlung sollte aus der Verpachtung der Stadtwälle und -gräben, ihrer Begradigung durch arbeitslose Familien-Väter und anschließende nützliche Erweiterung der Anzahl der Wohngebäude erfolgen.1296 Gemeint waren mindestens 300 Fabrikarbeiter, die ohne Lohn standen und zu denen ca. 1.200 Familien gehörten, die eine Unterstützung aus der Armenkasse erhielten. Die Regierung bezifferte die Zahl der Bedürftigen auf 13.000 Personen, wobei die Cholera das Leben weiterer 15.000 Personen – d. h. mehr als die Hälfte der Stadtbevölkerung – gefährden würde.1297 Die registrierte Armut in Aachen bezog sich folglich auf mehr als ein Drittel der Bevölkerung (36 Prozent), war proportional größer als in Köln und wurde mit der steigenden Lohnabhängigkeit in Zusammenhang gebracht.1298 Ihre Bekämpfung mit Hilfe des ambitionierten Wohnungsbauprojektes verlief jedoch im Sande, sodass sich der Tilgungsplan des Stadtrats als einer von zahlreichen gescheiterten Kooperationsversuchen zwischen Armen- und Stadtverwaltung herausstellte.1299 Stattdessen brachte Daniels kurz vor seinem Abgang im Herbst 1831 eine extraordi naire Umlage nach Art der Klassensteuer auf dem Lande in Antrag.1300 Er hatte diese Idee bereits 1827 entwickelt, als alle früheren Vorschläge zur Vermehrung der Communal- 1293 Nach ebd. Nr. 135 war am 20.9.1831 eine Eingabe der Anwohner erfolgt. 1294 HAStK 410 A8, Sitzung vom 19.11.1830. Nach Mettele, Bürgertum, S. 141 zeigt die Bereitschaft das „Bewusstsein der kommunalen Solidarität“, vgl. Althammer, Herrschaft, S. 508–511 und Dettke, Hydra, S. 284–290. 1295 StAAc PRZ 1–248, Nr. 2 vom 11.10.1831. Der förmliche Vertrag wird unter ebd. Nr. 134 am 20.9.1831 aufgesetzt. 1296 Ebd., näher ausgeführt unter ebd., Protokoll vom 11.10.1831. 1297 Vgl. Althammer, Herrschaft, S. 506, Herres, Vereine, S. 90 f. und ders., Klassen, S. 394–398 sowie Dorn, Armenpflege, S. 31 f. 1298 Nach Althammer, Herrschaft, S. 292 wurden in den 1820er Jahren rund 14 Prozent der Bevölkerung, also ebenso viele Menschen wie in Köln von der Armenfürsorge unterhalten, weitere Zahlen nennt dies., Angst und Herres, Vereine, S. 90 f. 1299 Vgl. Althammer, Herrschaft, S. 288 f. und Jeworrek, Armut, S. 147–157, die zu dem Schluss kommt, „dass seitens der Stadt kein Interesse an einer Verbesserung der katastrophalen Wohnsituation der unteren Schichten bestand.“ 1300 StAAc OB 43–8, Gutachten vom 3.6.1828; Die Umlage wurde auf 20.000 Taler festgesetzt und abgelehnt, sodass stattdessen nochmals die Besteuerung des Branntweins und des Weins vorgeschlagen wurde. Eine abschlägige Antwort des Finanzministeriums mit Bezug auf das Sonderrecht einer Brennmaterialiensteuer war bereits unter ebd. am 30.12.1827 ergangen. Vgl. PRZ 1–249, Protokoll Nr. 93 vom 7.6.1831; acht Räte waren dagegen, weil das Einquartierungs-Kataster zu wenige Klasse darb[ot].
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Einkünfte die höhere Genehmigung nicht erhalten hatten.1301 Da im Gegensatz zu Köln eine Erhöhung der bestehenden Beischläge zu den Staatssteuern nicht möglich war, sollte mit Benutzung des Einquartierungs-Katasters eine Umlage auf Vermögen und Einkommen erhoben werden,1302 wobei die Zahlungsfähigkeit der Einwohnerinnen und Einwohner nach den Grundsätzen und Merkmalen der Klassensteuer 1303 bewertet werden sollte. Auf diese Art und Weise erhoffte man sich den in Köln diskutierten Verwaltungsaufwand der Besteuerungsform umgehen zu können. Vonseiten der Regierung und des Landrats wurde diese Vorgehensweise allerdings für unzulänglich erachtet, 1304 sodass die am 11. Mai 1832 vorgelegte Steuerrolle überarbeitet werden musste.1305 Eine neue Einkommenssteuerliste lag zwei Monate später vor und wurde von Jürgen Herres ausgewertet. Sie führte 2.468 Personen, darunter zahlreiche Stadt- und Regierungsräte sowie 400 Frauen, auf und sollte 20.256 Taler einbringen. Da nicht nur Tagelöhner, sondern auch Hausindustrielle und einige Handwerksmeister von der Steuer befreit wurden, ist die soziale Polarisierung gegenüber den anderen Bezirksstädten unverkennbar.1306 Die Einschätzung beruhte auf der krisenbehafteten Wahrnehmung des neuen Oberbürgermeisters Edmund Emundts und der zuständigen Stadträte Wagner, Fellinger, Kesselkaul und David.1307 Sie hatten die Liste nach eigenen Angaben während mehrerer Wochen der beschwerlichen zeitraubenden Ausarbeitung […] nach beßtem Willen und Wissen erstellt, den Wünschen der Regierung angepasst und die Vollzugserlaubnis trotzdem nicht erhalten. Im Protokollbuch wurde daher festgehalten, dass es sehr entmutigend sei, den Fleiß mehrerer Wochen der Gefahr einer gänzlichen Verwerfung und auf solche Weise bloßgestellt zu sein, zumal die Stadträte schon dadurch, daß sie durch Übernahme solcher beschwerlichen Kommissionen ihre eigenen Geschäfte fast aussetzen dem öffentlichen Dienste ein bedeutendes Opfer bringen würden.1308
1301 Ebd. PRZ 1–2, Protokoll ad 49–11 vom 3.6.1828. 1302 Ebd. PRZ 1–249, Nr. 114 vom 26.7.1831 und ebd. 1–248, Nr. 38 vom 14.2.1832. 1303 Ebd., Nr. 59 vom 11.5.1832. 1304 Ebd. 1305 Nach ebd. plädierten sie für Zwischenstufen […], damit die mittlere Einwohner-Classe richtiger eingeschätzt werde. Unter ebd., Eintrag Nr. 69 vom 17.7.1832 wird die neue Rolle begutachtet. Von Coels hatte bereits am 13.3.1828 unter ebd. OB 43–8 moniert, dass die Arbeit einer Verteilungskommission große Gefahr der Unrichtigkeit in sich barg, weil die Katasterrollen vier Jahre alt waren. 1306 Herres, Klassen, S. 391–411, wonach 34 Prozent der Haushalte miteinbezogen wurden, ein Drittel der Besteuerten mit 150 bis 500 Talern Einkommen im Jahr zum „ganz geringen Einkommen“ gehörte und nur fünf Prozent der besteuerten Haushalte (ca. 150 Familien) zum Großbürgertum mit über 2.000 Talern im Jahr zählten. Die Besonderheiten der Aachener Sozialstruktur werden auch im provinzübergreifenden Vergleich mit dem Großherzogtum Hessen deutlich, vgl. hierzu Mahlerwein, Rheinhessen, S. 137–143. 1307 Herres, Klassen, S. 397 f., vgl. ders., Vereine, S. 65–67 und Jeworrek, Armut, S. 13. Unter StAAc PRZ 1–248, wurde die Kommission am 14.2.1832 bestimmt. 1308 Ebd. Eintrag Nr. 89 vom 2.10.1832.
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Während des Kompetenzgerangels im Oktober 1832 erkrankten rund 20 Personen pro Tag an der Cholera. Die Ausgaben für ihre Unterbringung stiegen im Laufe des darauffolgenden Monats auf 7.380 Taler an, wobei 3.799 Taler freiwillige Hilfsgelder eingingen.1309 Der Stadtrat schrieb der Regierung, dass die Erhebung der Einkommenssteuer daher unumgänglich nöthig sei.1310 Im Vergleich zu Köln wurde das Beharrungsvermögen jedoch weniger mit der wachsenden Krisensituation oder mit dem Gemeinwohl gerechtfertigt, als vielmehr mit dem Arbeitsaufwand der Notabeln und dem Finanzzustand der Stadt begründet. Es zeigte die gleiche Wirkung. Während die Heberolle schließlich in Ausführung gebracht wurde, bemühte sich Stadtphysikus Hartung, die Maßnahmen zu rechtfertigen und die Zweifel, welche vielleicht noch hier und da über die wahre Natur der Cholera-Epidemie in Aachen herrschen mögen aus dem Weg zu räumen.1311 Nach dem vorübergehenden Abklingen der Epidemie im Januar 1833 verfasste er eine umfangreiche Schrift, die die Verbreitung der Krankheit wahrheitsgetreu schilderte und das Handeln der Beteiligten erklärte.1312 Alles in allem waren insgesamt 428 Personen erkrankt, von denen 222 nicht geheilt werden konnten. Auch Emundts hielt sich seinen Mitbürgern zu […] Erklärungen verpflichtet und begründete die ungewöhnliche und nur durch die dringendsten Bedürfnisse des städtischen Haushalts herbeigeführten Belastung in einer öffentlichen Bekanntmachung.1313 Was die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nicht wussten, ist, dass er zeitgleich eine Gehaltserhöhung von 1.500 auf 2.500 Taler auf Kosten der Stadtkasse beantragte.1314 In Trier hatte man den Haushalt zu Beginn der 1830er Jahre nicht vollständig ausgeschöpft. Auf der Habenseite standen ca. 19.000 Taler, die sich fast zur Hälfte (ca. 9.000 Taler) aus den Mahl- und Schlachtsteuerbeischlägen und zu einem Viertel aus dem Ertrag des städtischen Eigentums, insbesondere der Marktstandgelder (ca. 3.000 Taler) ergaben. Die Türen- und Fenstersteuer erbrachte der Stadt ca. 3.700 Taler. Zudem wurde die Gewerbesteuer zum Vorteil der Gemeinde um vier Prozentpunkte erhöht, die ohnehin für zu hoch erachtete Grundsteuer hingegen nicht belastet. Mit rund 1,5 Talern pro Kopf hatte Trier weniger Finanzmittel zur Verfügung als Köln und Aachen. Allerdings muss in Rechnung gestellt werden, dass der Stadtrat die Armenverwaltung in der Regel nicht finanzierte. Lediglich die Schulen und die von Haw geleitete Polizeiverwaltung erhielten 1.854 bzw. 1.455 Taler im Jahr.1315 1309 Ebd., Eintrag vom 20.11.1832 ad 49–13, wobei man auf die Hälfte, auf 10.000 Taler, bestand. 1310 Ebd. 1311 Hartung, Cholera-Epidemie, S. IV. 1312 Das beinhaltete, dass er bei ebd., S. 2 und S. 5 f. das Aufkommen der Cholera am 3. September und die Fehleinschätzung der Verwaltung gegenüber der Öffentlichkeit eingestand. 1313 Bekanntmachung vom 19.12.1833 unter StAAc OB 49–13. 1314 Vgl. Kapitel III. 5.1 und die Budgetaufstellungen ab 1834 unter StAAc OB 49–15. Die Schulden betrugen weiterhin 155.255 bzw. 226.962 Taler inklusive der laufenden Zinsen. Zu den Opferzahlen, die auch Burtscheid und weitere Fälle aus dem Jahr 1834 umfassten, vgl. Schmitz, Cliever, Cholera (1951/52), S. 134–137, ferner Stollenwerk, Cholera, S. 249 f. und allgemein Althammer, Herrschaft, S. 468–474 und S. 539–552. 1315 Vgl. die Budgetaufstellung unter StATr Tb 100/8, Protokoll Nr. 14 vom 22.5.1826 im Vergleich zur Rechnung von 1831 unter ebd. Tb 100/10, Nr. 389 vom 14.1.1833. Zur Einschätzung siehe auch Kentenich, Ge-
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Die kommunale Armenverwaltung setzte sich seit 1806 aus den Vereinigten Hospitien und dem städtischen Wohltätigkeitsbüro zusammen. Da Haw beiden Einrichtungen qua Amt vorstand, erübrigte sich die inneradministrative Abstimmung, die in Köln und Aachen beobachtet wurde. In Anlehnung an die dortige Arbeitsweise sollte der französische Verwaltungsaufbau jedoch 1830 aufgelöst werden. Die mittlere Verwaltungsebene zielte mit dieser Anweisung auf einen Kontrollzuwachs ab und strebte eine Vereinheitlichung der Armenfürsorge, d. h. eine überregionale Rationalisierung der Verwaltungstätigkeit an, die an den realen Durchführungsbedingungen in Düsseldorf bereits gescheitert und in Aachen mit zahlreichen Problemen verbunden war. Sie stand im benachbarten Koblenz noch aus und wurde in Trier hinausgezögert.1316 Die bestehenden Einrichtungen verfügten zu Beginn der 1830er Jahre über horrende Kapital- und Pachterträge sowie die Einnahmen aus dem Sparkassenwesen, der Vergnügungs- und Hundesteuer. Ihre finanziellen Möglichkeiten waren fast doppelt so hoch wie die des Stadtrats und fast genauso hoch wie jene der Armenverwaltung der mehr als doppelt so großen Stadt Aachen. Sie beliefen sich im Jahr 1832 auf 35.218 Taler und gründeten hauptsächlich auf napoleonischen Schenkungen aus dem ehemaligen Kirchenvermögen.1317 Den sogenannten Hospitien gehörte der Mammutanteil für die geschlossene Armen- und Krankenfürsorge. Ihre von Haw stets betonte musterhafte Einrichtung 1318 zeigte sich in der organisierten Tätigkeit der französischen Ordensschwestern des Heiligen Borromäus im städtischen Hospital. Das Budget des Wohltätigkeitsbüros (3.076 Taler) wurde für die Anschaffung von Steinkohle, Arznei- und Lebensmitteln im Rahmen der offenen Armenpflege eingesetzt.1319 Zusätzlich gab es ein Landarmenhaus im Augustinerkloster und eine Armenschule im Clarissenkloster, die der Frauenverein am Ende der 1820er Jahre gegründet hatte.1320 Diese Hand in Hand arbeitende Armenverwaltung sorgte sich im Jahr 1831 um ca. 3.600 Bedürftige, d. h. um mehr als ein Viertel der Bevölkerung – ein Armutszeugnis, das sich u. a. auf die anhaltende Weinbaukrise zurückführen ließ und zwischen Köln und Aachen changierte.1321
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schichte, S. 740–744 und die zeitgenössischen Angaben bei Benzenberg, Gemeinde-Ausgaben, S. 27–29, wonach sich die Schulden auf ca. 14.000 Taler und die Bevölkerungszahl auf 14.362 Personen beliefen. Vgl. Kapitel III. 4.3; Zenz, Gründung, S. 73–88; ders., Hospitien, S. 85 f.; Heimers, Trier, S. 400–404; die entsprechenden Diskussionen unter StATr Tb 100/9 am 28.1 und 29.4.1829 und die Regierungsverfügung mit dem Hinweis, dass alle größeren und sehr viele kleine Städte und Orte der Rheinprovinz […] sich einer geregelten Armenpflege [erfreuen] würden, unter ebd. Tb 100/10 vom 28.11.1832. Vgl. Kentenich, Geschichte, S. 776 f. und Zenz, Gründung, S. 78 f., wonach ihnen Nationalgüter im Wert von 371.255 Francs zugestanden worden waren. Per Decret vom 9.10.1804 wurden der Armenverwaltung zum Beispiel die Gebäude der ehemaligen Abtei St. Irminen zur Gründung eines Hospitals übereignet. StATr Tb 100/10, Entwurf einer Petition an den König vom 14.1.1833. Kentenich, Geschichte, S. 776 f., Schneck, Dienst, S. 407 f., vgl. Schaun, Stadtgemeinde. Vgl. Zenz, Geschichte, S. 90–92 und Haase, Haw, S. 129–132. Winter-Tarvainen, Weinbaukrise, S. 104–108 und Herres, Cholera, S. 182, vgl. die Tabelle zur Sozialschichtung bei dems., Vereine, S. 69, wonach insgesamt 80 Prozent der Bevölkerung unter 150 Taler verdienten, sowie Zenz, Hospitien, S. 81 f., ders., Geschichte, S. 88 und Kapitel III. 4.2.
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Analog zu den Aktivitäten in den Wirtschaftsmetropolen im Norden bildete sich im Krisenwinter 1830 ein Kornverein, der im Frühjahr des darauffolgenden Jahres vergünstigtes Brot ausgab. Da es aber nicht zu der erwarteten Preissteigung, wohl aber zu einem Defizit in der Stadtkasse kam, vertrat der Stadtrat den Standpunkt, dass die Regierung auch den Verlust übernehmen sollte, da der angeordnete Verein jedenfalls eine politische Maßregel war, wovon die Initiative von der königl.[ichen] hochl.[öblichen] Regierung ausgegangen sei.1322 Gleichzeitig wurden 1.000 Taler in die Einrichtung eines Priesterseminars bzw. die von Hommer angestrebte Wiedererlangung der Jesuitenkirche investiert und staatliche Entschädigungsgelder für den 1814 angeordneten Kasernenbau in Höhe von 8.000 Taler beim Bankhaus Reverchon angelegt.1323 Zudem besaßen die Bäcker in Trier offenbar eine einflussreichere Stellung als in Aachen, weil die von der Regierung geforderte Verminderung der Brotpreise mit Hilfe einer Taxe weiterhin ignoriert wurde – obwohl der Preis für sieben Pfund Roggenbrot auf den Preis von 6 Silbergroschen und 5 Pfennig kletterte. Wie lässt sich diese beständige Verweigerungshaltung erklären?1324 Auf eine Anfrage aus dem Innenministerium, ob nicht der Zuschlag zur Mahl- und Schlachtsteuer anderweitig eingebracht werden könnte,1325 weil er mit 66 Silbergroschen pro Kopf über dem Durchschnitt der Provinz lag (55 Silbergroschen), wurde in der Honoratiorenversammlung die Meinung geäußert, es sey Sache des Staates die von des Herrn Minister des Inneren Exzellenz beabsichtigte Milderung der Schlacht und Mahlsteuer zu verschaffen; auch hat die Versammlung sich nicht enthalten können, bei der gegebenen Veranlassung Bedauern darüber wiederholt zu bezeugen, daß nicht […] das zum Vortheile der Städte damals vorhandene octroi hätte fortbestehen können. 1326 Zwischen den Zeilen lässt sich die fehlende Kooperationsbereitschaft im Verwaltungsalltag also aus dem Scheitern der Steuerbewegung ableiten. Wie in Aachen hielten die Trierer Notabeln an der französischen Verbrauchssteuer als Generallösung aller Finanzprobleme fest und waren nicht bereit, die Nachteile des preußischen Steuersystems auszugleichen – schließlich hatten sie das, was jetzt erst den oberen Behörden anschaulich werde, vorhergesagt.1327 Haw hielt die Steuerüberbürdung des gesamten Regierungsbezirks in Verbindung mit
1322 StATr Tb 100/9, Eintrag vom 15.9.1831, wobei in der gleichen Sitzung eine Anweisung zur Bildung einer Bürgerwache diskutiert wurde. Zu den Vorgaben aus Berlin am Beispiel Westfalens siehe Knackstedt, Fürsorge, S. 284–288. 1323 Vgl. Zenz, Geschichte, S. 106–110 und die entsprechenden Protokolle unter StATr Tb 100/8 vom 14.6.1827, ebd. Tb 100/9 vom 12.7.1827, Tb 100/10 vom 27.4.1833. 1324 Vgl. Fischer, Strukturen, S. 164–166. 1325 StATr Tb 100/9, Eintrag vom 17.1.1831. 1326 StATr Tb 100/9, Eintrag vom 17.1.1831. 1327 Ebd., am 14.3.1831 wurde außerdem beschlossen, dass anlässlich des Besuchs des Kronprinzen in Köln seiner königl. Hoheit keine allgemeinen Landes- und Provinzialdesiderien vorgetragen, sondern höchstdiesselben blos um geneigteste Verwendung gebeten werden sollten.
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dem Mangel an Reichsverfassung sogar für die Hauptursache der vorhandenen und immer wachsenden Unzufriedenheit in der Bevölkerung.1328 Diese in seinen Verwaltungsberichten vorkommenden Anschuldigungen beinhalteten versteckte Verfassungsforderungen. Sie beruhten auf seinen Berichtspflichten als Landrat und konnten von den anderen Oberbürgermeistern nicht auf derart offiziellen Kommunikationswegen hervorgebracht werden. Umso wichtiger ist die Beobachtung, „dass der Karrierist Wilhelm von Haw das Berichtswesen als Medium verstand […] seine persönlichen Ansichten vom Erfolg und vielmehr vom Scheitern der preußischen Verwaltungspraxis vor Ort“1329 stellvertretend für die anderen Stadträte zu äußern. Dass er sich den Regierungsräten dabei überlegen fühlte und zu taktischen Übertreibungen neigte, gehörte ebenfalls zu den beachtenswerten Verwaltungssprachgewohnheiten des Stadtoberhaupts. Seine von Lena Haase aufgezeigte „Selbstwahrnehmung als gewählter Vertreter der Bevölkerung“1330 war mit einer „starke[n] emotionale[n] Verbundenheit zu seinem Amt“ und einem gewissen Geltungsbewusstsein verknüpft.1331 Nicht zuletzt deswegen rückte er das Armenwesen seines Verwaltungsgebiets im Provinziallandtag in ein positives Licht, wohingegen er der Regierung zahlreiche Mängel aufzeigte.1332 So hatte er diese bereits 1826 zu außerordentliche[r] Hilfe für den Frauenverein aufgefordert. Da die Regierung die Finanzverwaltung des Vereins mit Vergnügen übernommen hatte, war diese Anfrage nicht aus der Luft gegriffen. Auch befanden sich die Gattinnen der Regierungsräte Gaertner und Delius im Vereinsvorstand, sodass die in der Teuerungskrise begründete nicht-institutionalisierte Kooperation der unteren und mittleren Verwaltungsebenen innerhalb des Vereinswesens in Trier bestehen blieb. Soziale Projekte, die in Aachen nicht durchgeführt werden konnten, schienen den Trierer Notabeln keine Schwierigkeiten zu bereiten, weil sie von dieser Verbindung profitierten. Die finanzielle Unterstützung der neuen Armenschule wurde dem König beispielsweise nicht nur von der aufsichtshabenden Regierung, sondern auch vom Stadtrat ans Herz gelegt.1333 1328 Verwaltungsbericht Haws 1830 zit. n. Haase, Haw, S. 210 f., vgl. seine Aussage im Provinziallandtag 1833 unter LHAK 403A 33 Bd. 2, Bl. 414: Die Ursache dieser Verarmungen zu erforschen, sei die Aufgabe der Staats Verwaltung und sobald sie erkannt seien nach Möglichkeit zu beseitigen und seine im Stadtrat am 26.5.1830 geäußerte Ansicht unter StATr Tb 100/9 darüber, daß die Stadt ihre Armen nicht mehr angemessen zu unterstützen vermöge und, daß die königl. Hochlöbl. Regierung wiederholt gebeten werden solle, polizeylichen Maaßregeln gegen das Ansiedelns brotloser Arbeiter anzuordnen. 1329 Haase, Haw, S. 212, weiter heißt es: „Seine Ablehnung richtete sich dementsprechend nicht gegen den preußischen Staat als Ganzem, sondern gegen die vor Ort eingesetzten Verwaltungs- und Justizbeamten.“ 1330 Ebd., S. 200, wobei er „Wert auf Außenwirkung und eine Wertschätzung seiner selbst legte.“ 1331 Ebd., S. 206 kommt zu dem Schluss, dass Haw „[d]as Amt als Mittel zum Zweck des persönlichen Aufstiegs […] vor allem im Eigeninteresse [nutzte] ungeachtet der Tatsache, dass er insbesondere der Stadt Trier nicht zu Unrecht als wohltätiger und großzügiger Bürgermeister in Erinnerung blieb.“ 1332 Ebd., S. 210 und S. 220–223, vgl. Zenz, Geschichte, S. 86 f. und Kapitel III. 4.1 und 5.2. 1333 Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 464 f., vgl. die Petition an den König unter StATr Tb 100/10 vom 14.1.1833, in der um die Überweisung des Klosters gebeten wurde. Zu den Mitgliedern siehe StATr Tb 11–79. Das von Mergel, Bürgertum, S. 50 f. für die nördliche Provinz erwähnte Des-
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Es lässt sich also die These aufstellen, dass die gezeigten Selbstbehauptungsversuche Haws und der Stadträte gegenüber den Regierungsbeamten außerhalb des Verwaltungsalltags beiseitegeschoben wurden. Dementsprechend überließ Haw die Krisenbewältigung zur Abwehr der Cholera nicht der Regierung, sondern erarbeitete am 19. Oktober 1831 mit 26 anwesenden Stadträten einen Finanzplan, der umgehend eingeleitet wurde. Der Präsidierende stellte von vorneherein klar, daß die freiwilligen Beiträge im Falle des weiteren Vordringens der Cholera zu den nötigen Unterstützungen und zur Bestreitung der übrigen Vorkehrungen nicht ausreichen würden und nur zwei Wege zur Beschaffung des Bedarfs anzutreten seien, nemlich der einer Anleihe oder der einer Steuerumlage. Seiner Meinung nach sollte die Last […] nur auf die vermögenden Einwohner fallen und auf sie in der Art vertheilt werden, daß kein Einkommen welches Wohlstand gewährt unbesteuert bleibe. 1334 Die Räte traten diesem Vorschlag einstimmig bei und nahmen den Verwaltungsaufwand der Einkommenssteuer anstandslos in Kauf. Einzig Haws Schwager Friedrich von Nell wünschte zwei Monate später, dass seine Protestation zu Protokoll genommen werde, 1335 weil er an der Entscheidung nicht teilgenommen hatte. Auch die Regierung stellte sich dem Vorhaben zunächst entgegen und wies auf die notwendige allerhöchste Genehmigung hin,1336 die eine genaue Angabe der Steuererhebungsmodalitäten erforderte und mindestens zwei Monate, d. h. sehr lange, dauern würde. Es gebe hierzu keinen anderen Ausweg als die öffentliche Anleihe, die sich der Stadtrat daher kurzerhand von der Regierung selbst erbat, wobei die Einkommens-Steuer als Sicherheit dienen sollte.1337 Wenige Tage später, Mitte November, wurde die mittlere Verwaltungsebene vor vollendete Tatsachen gestellt, indem eine gemischte Commission aus allen Ständen 1338 die Umlagerolle zur Tilgung der Kosten in Höhe von 6.000 Talern vorlegte. Anders als in Aachen hatten nicht nur fünf Stadträte, sondern auch fünf Notabeln des Handelsstands sowie je zwei Verwaltungs- und Justizbeamte und ein Geistlicher an der Ausarbeitung mitgewirkt.1339 Dieses durchdachte vergleichsweise rasch durchgeführte Verfahren spiegelt die Geschlossenheit der Notabelngesellschaft und ihre noch weiterzuverfolgenden Verwaltungsgewohnheiten wider und ähnelt der organisierten Arbeitsweise des Kölner Stadtrats. Die Unterschiede bestanden darin, dass den Handelstreibenden eine gleichberechtigte und den Regierungs- und Justizbeamten eine gleichwertige Stimme zugestanden wurde.
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interesse an solchen Armenschulen gilt demnach nicht für Trier und, wie in Kapitel III. 4.3 aufgezeigt wird, auch nicht für Koblenz. StATr Tb 100/9, Protokoll Nr. 266 vom 19.10.1831, eine Anleihe wurde wegen der Schulden in Höhe von 19.217 Talern abgelehnt. Ebd., Protokoll vom 21.12.1831. Ebd., Protokoll vom 7.11.1831. Ebd., vgl. Herres, Cholera, S. 162 f. StATr Tb 100/9, Protokoll Nr. 266 vom 19.10.1831. Nach ebd. wurden folgende Personen gewählt: Rentier Dany, Landgerichtsrat Schaack, Rendenbach, Bochkoltz, Joseph Haw, Regierungsrat von Westphalen, Sekretär Kutzbach, Präsident Artois, Oberprokurator Heintzmann, Domprobst Auer. Aus dem Handelsstand Rotgerber Berres, Joseph Grach, Nicolaus Müller, Peter Franz Ladner, Goldarbeiter Wallerath.
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Zur Finanzplanung in Köln waren keine Regierungsvertreter, wohl aber die führenden Köpfe des Appellationsgerichts und der Armenverwaltung eingeladen worden. Auch achtete man hier stets darauf, dass die Handelskammermitglieder die Stadträte nicht überstimmen konnten.1340 Gemeinsam war allen drei Städten, dass die Regierungen – ob involviert oder nicht – die Umsetzung der Pläne erst auf mehrmalige Nachfrage genehmigten.1341 Ein Jahr vor der Aachener Einkommenssteuer lag die Trierer Steuerrolle im Rathaus zur Einsicht offen. Sie beinhaltete 694 Haushaltsvorstände, die zwischen 200 und 30.000 Taler im Jahr verdienten. Edmund Graf von Kesselstatt führte die Liste an, wollte seinen Beitrag von 300 Talern nicht zahlen und verfügte über ein ähnliches Einkommen wie die Fabrikantenbrüder Nellessen in Aachen. Mit rund 30.000 Talern war es doppelt so hoch wie das Einkommen des reichsten Notabeln von Trier, des Bankiers Nell, und verdeutlicht die soziale Homogenität der Notabelngesellschaft. Denn im Gegensatz zu Aachen und den Nellessens hatten alle anderen Spitzenverdiener von Trier der Steuer im Stadtrat selbst zugestimmt: Zu ihnen gehörten Hayn und Hermes (je 15.000 Taler), dicht gefolgt von Leonardy (12.500), Mohr und Haw (je 10.000 Taler). Jürgen Herres hat darauf hingewiesen, dass diese Vermögensangaben unter den realen Einkünften lagen und lediglich die Gehälter von Beamten und Angestellten exakt – per Gesetz nur zur Hälfte – berechnet werden konnten.1342 Die zeitgenössischen Beschwerden – in Trier ebenso wie in Aachen – bezogen sich daher in der Regel weniger auf die Geldsummen an sich, als vielmehr auf die christliche Vorstellung, dass caritative Hilfe eine freiwillig übernommene Pflicht und keine Zwangsmaßnahme sein sollte.1343 Eine führende Vertreterin dieser Gesellschaftsvorstellung, die Präsidentin des Trierer Frauenvereins, befand sich ebenfalls unter den Steuerpflichtigen. Wie in Aachen machten alleinstehende, verwitwete oder berufstätige Frauen 14 Prozent (96 Personen) der Steuerzahler aus. Diese Selbstständigkeit lässt sich auch auf die anderen großen Provinzstädte – insbesondere auf Köln – übertragen, weist auf die Ambivalenz von Steuergleichheit und politischen Partizipationsrechten hin und wird von der Forschung zunehmend beleuchtet.1344 Es ist daher erwähnenswert, dass der Frauenverein in den darauffolgenden Jahren dafür sorgte, dass Teile der Steuergelder der Armenschule überwiesen wurden, 1340 Vgl. HAStK 410 A8, Eintrag vom 1.10.1830, Kapitel III. 4.2 und Kellenbenz/van Eyll, Geschichte, S. 1341 Vgl. Herres, Vereine, S. 68. 1342 Herres, Cholera, S. 165–168, zum Widerstand siehe ebd., S. 172–180. Die Liste ist bei ebd., S. 189–202 vollständig abgedruckt, wobei im Vergleich zu Aachen 20 Prozent der Haushalte bzw. 5 Prozent der Bevölkerung gegenüber 34 Prozent der Haushalte bzw. 7 Prozent der Einwohner zur Einkommenssteuer, d. h. weniger Personen, herangezogen wurden. Ders., Klassen (1992/93), S. 403–406 stellt die Vermögensverteilung der Aachener Oberschicht dar. Zur Einschätzung vgl. ders., Vereine, S. 53 und allgemein Siegert, Steuerpolitik, S. 318 f. Zehn Jahre später wurde Nells Einkommen auf 30.000 Taler geschätzt, vgl. hierzu Kapitel III. 5.4. 1343 Vgl. Herres, Cholera, S. 161. Nach dems., Klassen, S. 388 appellierte u. a. Stephan Pelzer in Aachen an diese christliche Pflicht. Die Steuerrollen werden in Kapitel III. 5.4 noch eine Rolle spielen. 1344 Herres, Klassen, S. 401 f.; ders., Cholera, S. 170f; ders., Vereine, S. 77 f.; nach dems., Köln, S. 98 und S. 139–141 waren in Köln 50 Prozent der Frauen lohnabhängig und einige führende Unternehmerinnen.
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zumal die Cholera an der Mosel nicht ausbrach und die Spendenbereitschaft innerhalb der Bevölkerung tatsächlich zurückging.1345 Im benachbarten Regierungsbezirk Koblenz verzeichneten die Armenkassen im Jahr 1831 ein Plus von insgesamt 47.980 Talern.1346 Der vermögende Bäcker Johann Demeuth hatte dem städtischen Hospital nach seinem Tod allein 1.000 Taler vermacht.1347 Andere Notabeln riefen im Herbst 1831 einen Verein gegen die Cholera ins Leben, um weitere Hilfsgelder einzutreiben. Wie bereits während der Teuerungskrise wurden in Koblenz nicht-institutionalisierte Handlungschancen ergriffen, bevor die Krisensituation im Stadtrat überhaupt zur Sprache kam bzw. notiert wurde. Am Oberpräsidium kritisierte man das eigenmächtige Handeln, ohne dagegen vorzugehen oder sich – nach dem Vorbild Triers – daran zu beteiligen.1348 Regierungsvizepräsident Fritsche hielt die Anwesenheit des Militärs und die Befes tigung der Stadt für einen praktischen Vorteil zur Seuchenbekämpfung und tauschte sich mit Medizinalrat Wegeler und dem kommandierenden General von Borstell über die Einrichtung von Cholerafriedhöfen, Grenzsperren und anderen Sicherheitsvorkehrungen aus.1349 Darüber hinaus wurden in Breslau und Magdeburg gewonnene Erfahrungen eingeholt und für die 1832 ausgegebenen Regeln im Fall des Erkrankens ausgewertet.1350 Die örtliche Sanitätskommission stritt derweil unter dem Vorsitz des Oberbürgermeisters über die Einrichtung eines Choleralazaretts und entschied sich für ein Nebengebäude des St. Barbara Klosters, das dem Pfandhaus als Magazin diente, da das städtische Hospital nicht genügend Räume zur Verfügung hatte.1351 Das Hospital war ursprünglich von Präfekt Lezay-Marnésia als Ersatz für die aufgelösten geistlichen Spitäler gegründet worden und befand sich im Franziskanerkloster. Es diente sowohl dem französischen als auch dem preußischen Staat als Militärlazarett und wurde Mitte der 1820er Jahre auf Initiative von Hermann Joseph Dietz zum zentralen Krankenhaus ausgebaut. Dabei hatte der engagierte Stadtrat nicht die von der Regierung präferierte Kölner, sondern die ihm durch seine privaten Beziehungen gut 1345 StATr Tb 100/10 und 11, Stadtratssitzungen vom 30.6.1834 und vom 3.10.1839. Unter ebd., Tb 100/10 kam am 22.10.1832 bei der Finanzierungsfrage einer Suppenküche die im Publikum geäußerte Besorgnis zur Sprache, daß die zu diesem Zwecke bekanntlich ausgeschriebene Steuer auch in Zukunft beibehalten werden würde. Der Wunsch der Sanitätskommission die Küche mittels Einsammeln freiwilliger Beiträge zu finanzieren, wurde abgelehnt, weil eine Sammlung wohl einen nicht so günstigen Erfolg haben möchte, als man gemäß der frühern Erfahrung und der Höhe der Bedürfnisse zu erwarten hatte, vgl. Zenz, Geschichte, S. 86 f. In Aachen sollten nach StAAc OB 49–13 den Steuerzahlern die Spenden angerechnet werden. 1346 Lucas, Zeitbuch, Nr. 1285, wobei 36.031 Taler für ein Waisenhaus in Wetzlar gestiftet worden waren. 1347 Ebd. 1348 Kallenbach, Leben, S. 48, vgl. die Beispiele bei Stollenwerk, Cholera, S. 252 f. 1349 Ebd., S. 245–247 und Kallenbach, Leben, S. 46–50. Zum hier nicht näher ausgeführten Faktor der militärischen Seuchenbekämpfung in Konkurrenz zu den polizeilichen Befugnissen vgl. Briese, Angst, S. 235–280. 1350 Amtsblatt Koblenz Nr. 14 vom 29.3.1832, abgedruckt bei Stollenwerk, Cholera, S. 268–270. 1351 Kallenbach, Leben, S. 50.
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bekannte Trierer Armenfürsorge vor Augen. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Antonetta Maas, Kreisphysikus Joseph Maria Settegast und Dichter Clemens Brentano konnte er 1825 drei Ordensschwestern der Nancy-Borromäerinnen gewinnen, die fortan mit einigen Töchtern der städtischen Notabelngesellschaft die medizinische Versorgung der Bevölkerung gewährleisteten. Eine der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen war Gertrude Nell, genannt „Traudchen“, die Tochter von Maximilian Nell, einem Schwager von Dietz. Durch den frühen Tod ihrer Eltern lebte sie im Haus ihres Onkels, das Clemens Brentano das Nachrichtencomptoir der Hilfe 1352 nannte und zeitgenössischen Berichten zufolge eine der ersten Anlaufstellen für arme, kranke und bedürftige Menschen in Koblenz war.1353 Diese umfangreichen Tätigkeiten in der Armenfürsorge verschafften Dietz Respekt in Regierungskreisen und einen über die städtische Notabelngesellschaft hinausgehenden Rückhalt in der Bevölkerung, der mit jenem des Aachener Landtagsabgeordneten Monheim vergleichbar war. Anders als dieser hatte Dietz als Mitinhaber einer Blechwarenfabrik enge verwandtschaftliche Beziehungen zur städtischen Wirtschaftselite, einen Sitz im Stadtrat und ein ausgeprägtes Vertrauensverhältnis zu Oberbürgermeister Maehler.1354 Auch hatte ihn sein Einfluss bereits 1822 im Auftrag des Oberpräsidenten zu der im vorangegangenen Kapitel erwähnten Notabelnversammlung nach Berlin gebracht und 1833 das Amt des stellvertretenden Landtagsabgeordneten gesichert. Im alltäglichen administrativen Ablauf zwischen Stadt- und Armenverwaltung übernahm er die Mittlerposition, die Groote in Köln erfüllte und die in Trier dem Oberbürgermeister vorbehalten war. Auf der Rechtsgrundlage der Trierer Hospitienkommission verwaltete Dietz gemeinsam mit dem Wohltätigkeitsbüro, d. h. mit Maehler und sieben weiteren Kommissionsmitgliedern, 15 althergebrachte Stiftungsfonds und die Erträge der Vergnügungs- und Hundesteuer (14.581 Taler im Jahr 1823). Aus dem städtischen Haushalt in Höhe von 33.476 Talern erhielt er 1831 insgesamt 1.600 Taler für die Fürsorge von rund 500 Hospitalinsassen und anderen pflegebedürftigen Einwohnerinnen und Einwohnern – insgesamt ca. 12 Prozent der Bevölkerung.1355 Trotz der Hauptstadtfunktion und einer relativ stark ausgeprägten Mittelschicht ist somit auch in Koblenz von einer Zwei-Drittel-Gesellschaft auszugehen, die ähnliche Strukturdefizite wie Trier aufwies. Im Ernstfall rechneten die Behörden mit 3.000 hilfsbedürftigen Personen (25 Prozent). Dabei spielte die zunehmende Lohnabhängigkeit keine mit Aachen oder Köln vergleichbare Rolle, wurde aber dennoch als zeitgenössische Entwicklung wahrgenommen.1356 1352 Brentano am 1.7.1825 zit. n. nach Oehring, Briefe Bd. 7, S. 73, vgl. ebd., S. 81 und S. 154 und die Schrift Brentanos Schwestern. 1353 Schneck, Dienst, S. 398–402; Herres, Koblenz, S. 66–68, vgl. Pilgram, Existenz, S. 164 f. und ausführlich Mündnich, Hospital sowie Günther, Frauen. Dietz hatte sich zuvor bei dem Trierer Stadtrat Hermes unter StATr NL Hermes, erkundigt, ob der Kronprinz das Trierer Hospital besichtigt hatte. 1354 Vgl. Thielen, Notabelnpolitik, S. 84–86 und Kapitel III. 4.3. 1355 Mündnich, Hospital, S. 60–66; Maehler, Coblenz S. 90. 1356 Vgl. Herres, Vereine, S. 69 f. und S. 93, nach dems., Koblenz, S. 59–63, lebten in den 1840er Jahren rund 38 Prozent in „bescheidener Auskömmlichkeit“. Nach StAK 2188, Protokoll Nr. 69 vom 24.4.1832 war
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Besonders Maehler sah die wachsende Armut und die Ansiedlung von Bettlern in Übereinstimmung mit Dietz als Gefahr, die es zu bekämpfen galt.1357 Eine Erhöhung der Brottaxe auf Antrag der Bäcker im Speziellen und die immerwährende Änderung der Preise im Allgemeinen lehnte er ab, weil solche Umständlichkeiten der Natur und dem Zwecke einer Brottaxe widerspr[achen]. 1358 Seine Gemeinwohlorientierung entsprang einer ausgeprägten religiösen Denkweise über den Zusammenhang von Armut und Moral bzw. Unsittlichkeit, die er mit Dietz und anderen Zeitgenossen teilte und die sich in seiner Verwaltungsgeschichte von 1825 nachvollziehen lässt. Über die Wirkung seiner ausufernden Erziehungsvorstellungen, die wohl von denen am wenigsten gelesen [würden], welchen sie ein Spiegel seyn könnte[n], machte er sich jedoch keine Illusionen.1359 Verwirklicht wurden diese Vorstellungen unter anderem in der vom Frauenverein 1822 gegründeten Armenschule im Schöffenhaus. Im Vergleich zu Trier handelte es sich dabei nicht um ein überbehördliches Kooperationsprojekt, da weder die Regierungsräte noch ihre Ehefrauen im Vereinswesen aktiv waren. Vielmehr gehörten dem Verein neben der Vorsteherin Antonetta Dietz ausschließlich alteingesessene Familien an, die seit der Teuerungskrise ein beachtliches Kapitalvermögen von 33.000 Talern angehäuft hatten. Da sich der Frauenverein seitdem zunehmend als katholische Vereinigung bezeichnete und die Frauen der ostpreußischen, protestantischen Regierungsräte somit implizit ausgeschlossen wurden, vergrößerte sich die bestehende Distanz der Vertreterinnen und Vertreter beider Verwaltungsebenen beständig.1360 Davon abgesehen wichen Armenverwaltung und Bevölkerungszahl der beiden Moselstädte nur geringfügig voneinander ab. Mit ca. 2.500 Talern aus der Türen- und Fenstersteuer und ca. 8.500 Talern aus der Mahl- und Schlachtsteuer waren sogar die Steuereinnahmen nahezu identisch, da der Koblenzer Stadtrat den Mahl- und Schlachtsteuerzuschlag von 25 Prozent im Jahr 1829 vorübergehend auf 40 Prozent erhöht hat-
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es die Regierung, die vorschlug, die 1.600 Taler an die Armenkasse anzusparen d. h. auszusetzen, was der Stadtrat verneinte. Maehler, Coblenz, S. 94. StAK 623 2188, Protokoll Nr. 120 vom 20.8.1833. Daneben gab es eine Fleischtaxe, die unter ebd. am 21.6.1831 im Stadtrat diskutiert wurde. Unter ebd. 2187, Eintrag vom 4.11.1830 war außerdem eine Commission zur Verpflegung der Stadt mit Roggen gebildet worden. Dem Wanderer am Rhein, Mosel und Nahe Nr. 6 vom 2.8.1834, S. 48 zufolge kosteten 4 Pfund Roggenbrot 1834 2,6 Pfennigroschen, Weizenbrot 4,9 Pfennigroschen. Maehler, Coblenz, S. 94–97. Außerdem war er der Ansicht, daß ein großer Theil der Hülfsbedürftigen durch eigene Schuld sich diesen Zustand bereitet hat und es besser [sei], daß wir das Uebel eingestehen, als daß wir uns in Ruhe und Sicherheit hineinträumen, bis uns die Gefahr über dem Haupte zusammenschlägt. Zur hier nicht ausgeführten „Bettlerplage“ vgl. Finzsch, Unterschichten, S. 195–198 und Lenger, Kleinbürgertum, S. 118–198. Vgl. Kapitel III. 4.3 und zusammenfassend Thielen, Notabelnpolitik, S. 119–125 und Der katholische Frauenverein, Geschichte. Zu den Finanzen siehe die Aufstellung unter LHAK 661 23,1 und den Zeitungsbericht für November 1830 unter ebd. 441 950.
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te.1361 Es stellt sich also die Frage, woher die Mehreinnahmen von 14.000 Talern im städtischen Haushalt von Koblenz kamen? Sie waren der Ertrag desjenigen Patrimonialvermögens, das die Regierung der Stadt streitig machte. Anders als Trier besaß Koblenz Gemeindegüter, für die der Stadtrat mehr als 800 Taler Grundsteuer im Jahr zahlte.1362 Mit der Verpachtung des Kaufhauses, der Rhein- und Mosel-Krahnen, der Mehlhalle, diverser Gebäude, Felder und Plätze erwirtschaftete er fast 4.000 Taler im Jahr. Mehr als 10.000 Taler erbrachte der Holzverkauf und die Verpachtung der Jagd im städtischen Wald auf der linken Rheinseite. Anteilmäßig übertraf die ehemalige Residenzstadt mit diesen Einnahmen sogar die Karlsstadt, die ihrerseits über Wälder, diverse Gebäude, Grundstücke und die lukrativen Badehäuser verfügte. Relativiert wird diese vorteilhafte Finanzsituation lediglich dadurch, dass beide Städte den Schuldenvergleich anführten, wobei in Koblenz noch 91.000 Taler Kapitalschulden ausstanden – dreimal so viel wie in Trier.1363 Dessen ungeachtet standen die finanziellen Handlungsspielräume der Koblenzer Stadträte unter Abzug der Verwaltungskosten (ca. 3.000 Taler) und den vergleichsweise geringen Beiträgen zur Armen-, Schul- und Polizeiverwaltung (ca. 2.800 Taler) im Stadtvergleich unangefochten an der Spitze. Daraus ergibt sich, warum den laufenden Eigentumsstreitigkeiten mit der Regierung große Aufmerksamkeit geschenkt und das Krisenmanagement zur Abwehr der Cholera mit einer gewissen Gelassenheit angegangen wurde.1364 Maehler machte die Seuche am 19. Oktober 1831 zum Thema einer Stadtratssitzung. Eigenhändig, stichpunktartig und kaum leserlich fasste er die gesetzlichen Möglichkeiten zur Bestreitung eines Cholerakostenplans zusammen, wobei dieser auf eine vorläufige Summe von 5.000 Talern festgesetzt und als fünfjährige Anleihe beim städtischen Hospital, also bei Hermann Joseph Dietz, aufgenommen wurde. Die Einschätzung von Zenz, dass sich der Trierer Stadtrat „nicht als Kontrollbehörde, sondern als Partner der Hospitien [verstand], die ihr halfen, die sozialen Probleme zu lösen“1365, lässt sich daher auf Koblenz übertragen und ebenso gut aus der umgekehrten Perspektive betrachten. Anders als Haw hielt Maehler jedoch daran fest, daß nur die öffentlichen Anstalten […] 1361 Vgl. StAK 623 2189, Protokoll Nr. 348 vom 3.3.1843 und die Petition an den König unter ebd. 2188 Nr. 14 vom 20.4.1831, in der der Etat nur auf 16.000 Taler beziffert und falsch dargestellt wurde. Zum Vergleich siehe die Rechnung für 1830 vom 12.11.1831 mit 22.134 Talern Einnahmen gegenüber 19.669 Talern Ausgaben unter ebd. 2187, Nr. 48, wobei die Armenverwaltung 500 Taler erhielt. In der Etataufstellung für 1829 unter ebd., Nr. 357 vom 16.3.1828, wurde mit 28.000 Talern Budget gerechnet, wovon 2.000 Taler an die Armenverwaltung gingen. Der Zuschuss war also vergleichsweise gering und variabel. 1362 StAK 623 2188, Nr. 92 Rechnung für 1831 vom 22.12.1832; daneben gab es einen Finanzüberschuss in Höhe von 2.293 Talern aus dem Vorjahr, vgl. das Protokoll vom 16.3.1829 unter ebd. 2187 und Bär, Geschichte, S. 135. 1363 Ebd., vgl. StAAc OB 49–13, wonach in Aachen im Jahr 1831 noch 155.255 Taler Kapitalschulden vorhanden waren und 1.147 Taler Steuern von Gemeindegütern bezahlt wurden. In Trier betrugen die Schulden am Ende der 1820er Jahre nach Kentenich, Geschichte, S. 722 29.596 Taler. 1364 StAK 623 2188, Nr. 92 Rechnung für 1831 vom 22.12.1832. Nach ebd. ging ein Pauschalbetrag von 800 Talern in den Polizeyfonds. 1365 Zenz, Geschichte, S. 88.
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aus diesen Fonds zu bestreiten sind, in der Hoffnung, daß alle extraordinairen anfallenden Unterstützungen der ärmeren Klasse, so bedeutend sie auch werden mögen, durch Collekten und milde Beyträge gedeckt werden. 1366 Mit dieser Besprechung verließen sich die Notabeln auf ihre eigene Vereins- und Wohltätigkeitsarbeit außerhalb des Rathauses, ließen die Regierungen außen vor und legten die Angelegenheit zu den Akten, um sich wieder den alltäglichen Verwaltungsgeschäften zu widmen. Aufgrund der im selben Jahr eingeleiteten Vergleichsverhandlungen waren diese nicht zu vernachlässigen, denn man erwartete noch immer eine Entschädigungszahlung für die Florinskirche und das verlorene städtische Octroi. Aus dem Bekanntenkreis wusste man, dass der König der Stadt Köln 50.000 Taler im Jahr für den Verlust des Stapelrechts, d. h. für die eingangs genannten Hafengebühren, gewährt hatte.1367 Die Ratsherren von Koblenz nutzten diese Situation aus, indem sie ein weiteres Gutachten über die Unzulänglichkeit der Mahl- und Schlachtsteuer an die Regierung, ein demütiges Willkommensschreiben an den Kronprinzen in Köln und zwei neue Bittschriften an den König verfassten.1368 Die eine Immediat-Eingabe beschäftigte sich mit dem Gerücht, dass das Oberpräsidium verlegt werden sollte und trat für den Erhalt des Verwaltungssitzes ein.1369 Die andere fasste die Nachteile der Steuerpolitik und den städtischen Finanzhaushalt zusammen (ohne die Patrimonialeinkünfte einzuberechnen) und bat um die Einführung einer Consumptionssteuer, 1370 um die Schuldentilgungsfrist von 22 Jahren einhalten zu können. Ähnlich wie die anderen Städten hatten die Honoratioren das Octroi noch nicht aufgegeben, es jedoch erstmals in ein preußisches Verwaltungssprachgewand gekleidet. Ohne diese Steuer – so das Fazit des Stadtrats – bliebe nur die Alternative übrig, durch eine Verlängerung der Tilgungsfrist die Möglichkeit zu erhalten, die Schulden in kleineren leichter zu erbringenden Raten abzuführen. 1371 Beide Eingaben zeugen von einer zunehmenden Anpassung an die deutschen Verwaltungssprachgewohnheiten, waren devot formuliert und wurden positiv beantwortet. Die Aufschiebung der Schuldentilgungsfrist um weitere 50 Jahre kann – neben der Vereinstätigkeit und dem unkomplizierten Verhältnis zur Armenverwaltung – als ein weiteres 1366 StAK 623 2188, Nr. 37 vom 19.10.1831. Die Tilgung sollte mittels Obligationen erfolgen, sodass andere Möglichkeiten verworfen wurden und die Einkommenssteuer nur die letzte Zuflucht darstellte. 1367 Zu den Verhandlungen und ihrer öffentlichen Wahrnehmung vgl. Kapitel III. 4.1, 4. 2, Nahmer, Geschichte, S. 77 f., Herres, Köln, S. 130–135 und Kellenbenz/van Eyll, Geschichte, S. 134–136, wonach sich die Entschädigung für das Stapelrecht bis 1837 auf insgesamt 232.000 Taler subsumierte. Mit dem Inkrafttreten der Mainzer Rheinschifffahrtsakte am 17.7.1831 wurden die Stapelrechte endgültig aufgehoben. 1368 StAK 623 2188, Nr. 1 vom 9.1.1831, die Empfangsbestätigung erfolgte unter ebd., Protokoll vom 17.1.1831. In der gleichen Sitzung wurde das Gutachten wegen der Mahl- und Schlachtsteuer unter Verweis auf das Gutachten von 1820 verfasst. Der Auftrag war am 31.12.1830 ergangen. 1369 Ebd., Nr. 21 vom 28.7.1831, die Antwort erfolgte unter ebd. Nr. 28 vom 14.9.1831. 1370 StAK 623 2188 Nr. 13 und Nr. 14 vom 20.4.1831. Der Adresse zufolge waren für die Tilgung der 91.000 Taler Kapitalschulden sowie 4.000 Taler laufender und 12.000 Taler rückständiger Zinsen noch 21 Jahre angesetzt. 1371 Ebd.
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entscheidendes Argument dafür bewertet werden, warum für die Choleraanleihe bei der Armenverwaltung im hochverschuldeten, aber vermögenden Koblenzer Stadtrat kein spezieller Tilgungsplan erarbeitet wurde.1372 Das Kontrastbeispiel zu Koblenz bildete Düsseldorf. Die Stadt besaß weder nennenswertes Grundeigentum noch eine effiziente Armenverwaltung.1373 Diese stellte sich auf den Standpunkt, dass ein Zuschuß zu den Armenbedürfnissen aus der Gemeinde-Kasse deshalb niemals aufhören [könne], weil unsere Mitbürger nicht allgemein mit dem nöthigen Wohlthätigkeitssinne begabt seien.1374 Noch dazu musste der Stadtrat die Kosten der Polizei- und Armenverwaltung fast vollständig selbst tragen. Die hierzu verfügbaren Gelder veränderten sich im ersten Jahrzehnt der preußischen Herrschaft kaum, obwohl die Bevölkerungszahl von ca. 21.000 auf ca. 26.000 Einwohner angestiegen war.1375 Bereits 1826 hatte der provisorische Bürgermeister und ehemalige Steuerrat Klüber dem König die alternativlose Finanzlage der Stadt in einer umfangreichen Bittschrift geschildert und die allerhöchste Genehmigung zur Einführung einer klassifizierten Einkommenssteuer erhalten.1376 Anders als die außerordentlichen Cholerasteuern 1377 in Aachen und Trier oder die Klassensteuer in den Außenbezirken, beruhte die Düsseldorfer Steuer auf einem einzigen Regulativ, das auf die Lokalverhältnisse abgestimmt war. Dabei war in Paragraph 7 festgehalten, dass die Umlagerolle durch 36, auf drei Jahre gewählte Repräsentanten der steuerpflichtigen Klassen selbst erstellt wurde. Die hohe Beteiligungsquote sprach für eine gerechte Verteilung und förderte die Akzeptanz der umstrittenen Steuerart. In der Liste wurde das Grundeigentum, das Kapitalvermögen, die Gehalts- und Pensionszahlungen sowie die Gewerbeeinnahmen aller Einwohnerinnen und Einwohner erfasst, die über ein jährliches Einkommen von mehr als 100 Talern verfügten – Militär, Klerus und Schullehrer ausgenommen. Obschon auch niedrige Einkommen mitinbegriffen waren, handelte es sich um eine Kommunalsteuer zur Finanzierung des Armenwesens, d. h. faktisch um die von Brewer 1820 beantragte und im Provinziallandtag diskutierte Armensteuer. Sie erbrachte der Stadt im ersten Jahr ihres Bestehens zahlreiche Rekla1372 Vgl. ebd., Nr. 28 vom 14.9.1831 und die entsprechende KO vom 19.8.1834. 1373 Vgl. der Etataufstellung bei Most, Geschichte Bd. 2, S. 99 f. und Weidenhaupt, Zeit, S. 353 sowie die zeitgenössische Darstellung bei Bezenberg, Gemeinde-Haushalt, S. 18, wobei knapp 3.000 Taler von Grundbesitz und Patrimonialvermögen eingingen. 1374 StAD 90011, Eintrag vom 25.10.1834. Dabei ging es um die Frage, ob die Einkommenssteuer aufgehoben werden soll. 1375 Ebd., vgl. Weidenhaupt, Zeit, S. 356; Lenger, Kleinbürgertum, S. 24–35 und S. 235, wonach 1825 25.532 Personen in der Samtgemeinde und 19.282 Personen in der Stadt wohnten. Die Stagnation der Gemeindeeinkünfte als ein allgemeines Phänomen des frühen 19. Jahrhunderts problematisieren Ullmann, Steuerstaat, S. 31 f. und Siegert, Steuerpolitik, S. 302–304. 1376 Die Bekanntmachung vom 9.10.1826 durch den König und die nähere Ausführung durch Klüber vom 13.1.1826 sind bei Most, Geschichte Bd. 2, S. 429 f. abgedruckt. Zur Bevölkerungsstruktur vgl. Lenger, Kleinbürgertum, S. 24–29. 1377 Zeitgenössischer Begriff, beispielsweise vom Trierer Stadtrat unter StATr Tb 100/10 am 22.10.1832 gebraucht.
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mationen und ein Plus von 5.922 Talern in der Stadtkasse sowie – nebenbei bemerkt – neue institutionalisierte Partizipations- bzw. Wahlmöglichkeiten.1378 Fünf Jahre später, 1831, belief sich der Etat des Düsseldorfer Stadtrats für die Verwaltung von rund 30.000 Einwohnern auf 63.472 Taler. In die öffentliche Sicherheit flossen mehr als 7.500 Taler, das Bildungswesen beanspruchte bis zu 3.000 Taler im Jahr. Die Einnahmen setzten sich aus hohen Zuschlägen auf die Mahl- und Schlachtsteuer (17.812 Taler) und auf die Grund- und Klassensteuer (6.000 bzw. 1.000 Taler) zusammen. Wie in Trier fühlten sich vor allem die doppelt besteuerten Bewohner der Landkreise in der Umgebung ungerecht behandelt und die wohlhabenden Einwohner wie die Grafen von Spee und von Mirbach-Harff zur christlichen Nächstenliebe genötigt.1379 Der Ertrag der Einkommenssteuer war auf 21.849 Taler angewachsen – eine Summe, die gerade so die Armenausgaben von rund 20.000 Talern deckte.1380 Laut Weidenhaupt erhielten rund sechs Prozent der Bevölkerung eine reguläre Unterstützung, wobei zwei Drittel der Haushalte am Existenzminimum lebte. Franz Anton Graf von Spee beschloss daher am 20. Januar 1830 seine Ehefrau und sechs weitere Damen der lokalen Oberschicht zusammenzurufen, um nach dem Beispiele anderer Städte, auch in Düsseldorf einen Verein zu begründen, um wahre Armen besonders die sogenannten verschämten Hausarmen aufzusuchen und durch Rath und That nach Kräften zu unterstützen. 1381 Er bezeugte somit nicht nur sein Verantwortungsbewusstsein als ehemaliger Präfekt und Mitglied der Armenverwaltung, sondern auch die traditionellen Kategorien von „wahren“ oder „ganz“ armen bzw. „invaliden“, „alten“ oder „bedürftigen“ Menschen auf der einen Seite und „unverschämten“ oder „arbeitsfähigen“ Armen auf der anderen Seite.1382 Im Rathaus verleiteten die wachsende Armut und die Bedrohung durch die Cholera die Stadträte jedoch nicht zur Bildung eines Kornvereins oder zur Einleitung präventiver Schutzmaßnahmen, sondern dazu, die k[öni]gl.[iche] Reg.[ierung] zu bitten, 1378 Vgl. Most, Geschichte Bd. 2, S. 430–432. Zur sozialen Aufschlüsselung siehe Lenger, Kleinbürgertum, S. 29–35, der die „Schwäche des Wirtschaftsbürgertums“ als auffälligstes Ergebnis der Auswertung betrachtet. 1379 Vgl. die Beschwerde vom 10.12.1826 unter LHAK 403 2778, es handelte sich um Pempelfort, Bilk, Derendorf und Haardt. Unter StAD 90011 reklamierte Mirbach am 5.1.1828 gegen die Steuer, Spee war nach einem undatierten, nach 1820 verfassten Gutachten an den König unter ASH T 160 der Ansicht, dass eine Armensteuer den Gesetzen durchaus entgegen sei. 1380 StAD 90011, Eintrag vom 13.12.1832, wobei die Rechnung lediglich zusammengefasst und nicht einzeln aufgeführt wurde und sich ein Defizit von mehr als 4.000 Talern ergab. Bei Benzenberg, GemeindeHaushalt, S. 18 werden 24.099 Taler Einkommenssteuer inklusive 8.415 rückständiger Zahlungen des Vorjahrs angegeben, vgl. Kapitel III. 4.1. 1381 Undatierter Bericht über den in Düsseldorf bestehenden Hülfsverein und Statut dieses Vereins unter ASH T 161, betont wurde, daß die Wohlthat zweckmäßig vertheilt und verwendet werden sollte. An erster Stelle ging es darum, das harte Loos der ihrer Eltern beraubten Kinder möglich zu erleichtern. Anwesend waren zwei Kapläne sowie Geheimräthin Frau Vetter, die Geheimräthin Frau Bölling, Frau Doktorin Schmitz, Frau Gräfin Spee, Fräulein Vetter […] Frau Gräfin Goldstein und Frau von Sybel. Über die Ergebnisse wurde nichts notiert. 1382 Weidenhaupt, Zeit, S. 363; Herres, Vereine, S. 94 f.; Finzsch, Unterschichten, S. 59–62, S. 91 f. und S. 110.
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sich bei der höheren Behörde dahin zu verwenden, daß die Schlacht- und Mahlsteuer aufgehoben werde, nicht aber nur solche durch eine Klassensteuer zu ersetzen, sondern unter der Bedingung, daß der Stadt gestattet werden möge, an deren Stelle das 1818 aufgehobene und ihr genommene octroi wieder einzuführen und außer der darin belastet gewesenen auch noch sonstige Gegenstände mit Ausnahme des Roggens heranzuziehen. 1383 Neben dieser erfolglosen Bitte – die zwei Jahre später nochmal dem Kronprinzen vorgebracht werden sollte – lehnten die Notabeln einen Antrag der Bäcker zur Aufhebung der Brottaxe ab und erklärten sich ganz damit einverstanden das Camphaussche Haus in der Neustadt im Wert von 2.200 Talern zur Einrichtung eines Choleralazaretts zu erwerben.1384 Die bestehenden Krankenanstalten, das Max-Joseph-Krankenhaus und das Hubertus Hospital, waren dazu ungeeignet und eine neue Einrichtung im Karmelitessenkloster befand sich noch im Aufbau. Das Gebäude war der Stadt zu Beginn des Jahres geschenkt worden und konnte bereits im Folgejahr – nach dem Beispiel der Städte Koblenz und Trier – den Barmherzigen Schwestern des Cellitinnenordens übergeben werden. Weitere Maßnahmen zur Abwehr der Cholera lassen sich den Protokollbüchern nicht entnehmen.1385 Obwohl die eigenständige Arbeitsorganisation des Düsseldorfer Stadtrats nach wie vor unter innerbehördlichen Kompetenzstreitigkeiten und dem Fehlen eines ordentlichen Oberbürgermeisters litt, lässt sich dies nicht auf das mangelnde Interesse der Stadträte zurückführen. Die gesetzlichen Mittel zur Geldbeschaffung waren schlichtweg ausgeschöpft, sodass andere nicht-institutionalisierte Formen der Krisenbewältigung genutzt werden mussten.1386 Statt die Verantwortung der Regierung zu übertragen oder auf Spenden aus der Oberschicht zu hoffen, rief die Sanitätskommission zur Selbsthilfe auf. Schöller, Spee, Kreisphysikus Ebermaier und sechs weitere Notabeln gründeten im Sommer 1832 den „Verein zur wechselseitigen Versicherung gegen die Cholera“, der sich explizit an alle Bevölkerungsschichten richtete. Ein einmaliger Beitrag von einem Taler garantierte jedem Mitglied im Falle seines Todes durch die Cholera eine zehnjährige Grundrente zwischen 20 und 120 Talern für einen zu benennenden Versicherungsnehmer.1387 Die Versicherungsmöglichkeit wurde durch das Oberpräsidium unterstützt und durch die Amtsblätter und Zeitungen verbreitet. Ein halbes Jahr später zählte der Verein 16.747 Subskribenten. Fast 5.500 Personen kamen aus dem Regierungsbezirk Düsseldorf, wohingegen nur knapp 2.000 Menschen aus Trier dem Unternehmen beitraten. Da sich auch verhältnismäßig viele Koblenzer unter den Versicherungsnehmern befanden, 1383 StAD 90011, Protokoll vom 6.7.1831, zuvor hatte man am 6.4. und 28.4.1831 versucht, das Octroi selbstständig wiedereinzuführen. 1384 Vgl. ebd., Protokolle vom 7.11.1829, 15.10.1831 und 2.12.1834. 1385 Nach ebd., Protokoll vom 17.5.1833 führte Spee die Verhandlungen mit dem ortsansässigen Orden. Vgl. Rothkranz, Bracht, S. 59–61. Wie gezeigt wurde, handelte es sich dabei strenggenommen nicht – wie Weidenhaupt, Zeit, S. 364 behauptet – um „die erste katholische Krankenanstalt der Rheinprovinz“, obschon bei der Anwerbung der Schwestern in Trier und Koblenz die Regierungen nicht involviert waren. 1386 Vgl. Dross, Krankenhaus, S. 185. 1387 Die gedruckten Statuten sind online verfügbar unter URL: https://www.dilibri.de/rlb/content/ titleinfo/1459404 (abgerufen am 20.8.2020). Vgl. Stollenwerk, Cholera, S. 253 f.
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scheinen die Einwohnerinnen und Einwohner der Städte, in denen keine kommunalpolitischen Steuermaßnahmen zur Krisenbekämpfung durchgeführt wurden, das Hilfsangebot verstärkt angenommen zu haben.1388 Ein Jahr später, am 20. Dezember 1833, wurden die höchsterfreulichen Resultate des menschenfreundlichen Unternehmens im Provinziallandtag gewürdigt.1389 Gemessen an diesen Resultaten stand die Bedeutung des Versicherungsvereins jedoch hinter den Hilfsvereinen von 1818/19 hinten an, weil die Cholera die Städte an Rhein und Mosel nicht erreichte. Nichtsdestotrotz kann der Versuch, das neuartige Versicherungswesen in der Bevölkerung zu etablieren, als Beginn einer Erfolgsgeschichte bewertet werden, die auf kooperativen Partizipationsformen einer gut vernetzten Notabelngesellschaft beruhte.1390 Mit der gebotenen Vorsicht lässt sich aus dem Erfolg des Versicherungsvereins eine gewisse Skepsis gegenüber den staatlichen Schutzmaßnahmen ableiten, die in der Teuerungskrise begründet und durch eine widersprüchliche Verwaltungskommunikation zu Beginn der Choleraepidemie verstärkt wurde. Es ist anzunehmen, dass der Zuspruch vor allem aus der lokalen Oberschicht kam. Denn im Gegensatz zur Teuerungskrise ergriffen metaphysische Interpretationen im Jahr 1831 verstärkt die vermögenden Stadtbewohnerinnen und -bewohner. Die zeitliche Kohärenz mit der Julirevolution und den Aufständen in Belgien, Holland und Polen schürte die Revolutionsangst, die diskursiv mit einer unaufhaltsamen Seuchenverbreitung assoziiert wurde. Dabei schien die Cholera-Epidemie die gefürchtete Umwälzung der Gesellschaftsordnung geradezu einzuleiten, da die Krankheit – anders als die Hungerkrise – alle Bevölkerungsschichten gleichermaßen treffen konnte.1391 Diese von Barbara Dettke für die östlichen Provinzen Preußens glaubhaft vertretene These lässt sich erst bei genauerem Hinsehen auf die linksrheinischen Städte übertragen. 1388 Die Tätigkeit des Vereins ist unter LHAK 403 2345 dokumentiert. Der Aufstellung vom 2.3.1833 zufolge kamen 1.098 Personen aus dem Regierungsbezirk Trier, 2.157 aus Aachen, 2.162 aus Koblenz, 2.483 aus Köln und 5.466 aus Düsseldorf. Zudem hatten sich 1.893 Personen aus Arnsberg, 784 aus Minden und 704 aus Münster eingeschrieben. Zu den Reaktionen in Trier vgl. StATr Tb 11–128. Zum „Selbsthilfeparadigma“ in anderen Kontexten siehe Kapitel III. 4.2 und Boch, Wachstum, S. 243–248. 1389 LHAK 403A 33 Bd. 2, Sitzungsprotokoll vom 20.12.1833, wobei der Vorschlag zur Berichterstattung von Merkens ausgegangen war. Die Tätigkeiten wurden umso mehr mit dem lebhaften Danke anerkannt als die höchst achtbaren Gründer jenes wohltätigen Instituts den durch ihre Bemühungen gebildeten Fonds […] den Ständen zu einer wohltätigen Bestimmung zu überlassen Vorsorge getroffen hätten. Nach ebd. 403 2345, gingen die Einnahmen 1843 an die Taubstummenanstalt in Aachen. 1390 Unter den frühen, hier nicht ausführlich behandelten Versicherungen sind insbesondere die Feuerversicherungen Kölns und Aachens hervorzuheben, vgl. Kellenbenz/van Eyll, Geschichte, S. 115–117. 1391 Vgl. Dettke, Hydra, S. 252–296. Für Aachen ausdrücklich bestätigt bei Hartung, Cholera-Epidemie, S. 14 f. und relativiert bei Althammer, Herrschaft, S. 581–596, wobei Schmitz-Cliever, Cholera, S. 132 f. konstatiert, dass tatsächlich „fast ausschließlich die ärmeren Volksschichten ergriffen wurden.“ Briese, Angst, S. 258–260 spricht von der „erlebten Wiederkehr des Jahres 1813“. Zu den Perspektiven vgl. auch den Forschungsbericht bei Vögele, Epidemien und ders., Sozialgeschichte.
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Glaubt man Peter Heinrich Merkens, so standen dieser Deutungsvariante die fortgeschrittenen Lebensbedingungen in der Rheinprovinz und das Selbstverständnis der Notabeln als Teil einer egalitären, freiheitlichen Staatsbürgergesellschaft fundamental entgegen. Die skizzierten Reaktionen der Stadträte ergaben jedoch ein anderes Bild und erklären die Meinungsverschiedenheiten der Notabeln in der eingangs geschilderten Parlamentsdebatte. So vertrat der Aachener Regierungsrat im Provinziallandtag andere Ansichten als Merkens, weil er in der einzigen Stadt lebte, die sowohl die Cholera als auch die Aufstände miterlebt hatte. Hinzu kamen enge wirtschaftliche Verbindungen zum belgischen Nachbarn, weit auseinanderklaffende soziale Unterschiede und sinkende Arbeits-, Lohn- und Lebensbedingungen der Fabrikarbeiterinnen und Fabrikarbeiter sowie eine Armenversorgung, die ständig an die Grenzen der privaten Wohltätigkeit und an den Unwillen des Stadtrats stieß. Dass sich der Repräsentant des Gremiums, Monheims Stellvertreter, Jakob Springsfeld, im Ständehaus dazu nicht äußerte, hing mit seiner gesellschaftlichen Position als Fabrikinhaber und Familienmitglied der Emundts sowie den Maßnahmen des Stadtrats zusammen – hatte dieser doch eine außerordentliche Einkommens- respektive Armensteuer eingeführt. Monheim selbst hatte die Steuer bereits 1826 im Ständehaus vorgeschlagen.1392 Unerwähnt blieb auch, dass Schöller die Krefelder Steuerform verteidigte, weil sie sich auch in Düsseldorf bewährt hatte. Die Verantwortung für diese kommunale Finanzpolitik war ihm wenige Wochen zuvor mitsamt dem provisorischen Oberbürgermeisteramt von der Regierung entzogen worden – und das, obwohl er sich außerhalb des Rathauses an der Seite des Grafen von Spee für das Wohl der Bevölkerung eingesetzt hatte. Die Aussage Haws, dass eine Steuer zur Bestreitung der Armenfürsorge nicht notwendig war, stellte nur die halbe Wahrheit dar und traf strenggenommen eher auf Koblenz als auf Trier zu. Als Stadtrat war sich der schweigsame Repräsentant der Hauptstadt über diese finanziellen Vorteile gegenüber den anderen Städten im Klaren. Die positive Einschätzung der Sozialverhältnisse an der Mosel lag ferner nicht nur an der von Haw angemerkten und im Koblenzer Vereinswesen zum Ausdruck kommenden Hilfsbereitschaft der Notabeln, sondern auch an den flankierenden Maßnahmen der Regierungen. In Köln bildeten die Handelsbeziehungen das finanzielle Fundament der produktiven Zusammenarbeit von Stadtrat, Handelskammer und Armenfürsorge im Verwaltungsalltag und ihrer selbstbewussten Vertreter im Provinziallandtag. Der von Mylius, Merkens und Koch im Ständehaus verteidigte und vom Stadtrat zur Krisenfinanzierung verworfene Vorschlag einer Armensteuer wurde im Laufe der 1830er Jahre weitergedacht und schließlich fallengelassen – nicht, weil die soziale Frage in den Hintergrund rückte, sondern weil der Verlust des Stapels entschädigt und bestehende Einnahmequellen ausgeweitet wurden: der rheinische Karneval.
1392 Vgl. Monheim, Monheim, S. 156. Springsfeld war der Schwager von Edmund Emundts Bruder Franz Emundts.
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3.4 Die (Neu-)Erfindung des Karnevals: Demonstrative Teilnahmslosigkeit und symbolische Protestformen zwischen Julirevolution und Hambacher Fest Am 1. Dezember 1834 wurden elf angesehene Herren vor das Koblenzer Friedensgericht geladen. Ihre Anzahl hatte Symbolcharakter, denn sie sollten dort auf Ehre und Gewissen 1393 Aussagen über die historische Herkunft des städtischen Karnevals vor Friedensrichter Burret ablegen. Initiiert wurde das Ganze von der sechsköpfigen Karnevalsdirektion, die seit 1824 die alljährlichen Fastnachtsfeierlichkeiten organisierte. Ihr gehörten zwei Kaufmänner und jeweils ein Gastwirt, ein Goldarbeiter, ein Advokatanwalt und ein amtierender Stadtrat – Sattler Konrad Hasslacher – an. Die Zeugen repräsentierten – als ehemalige und amtierende Beamte – die vorangegangenen Herrschaftsordnungen und die diese Herrschaftsordnungen überdauernde Oberschicht. Fünf von ihnen hatten zeit ihres Lebens ein Stadtratsmandat ausgeübt.1394 Dieser hatte seine eigene Aussage separat an das Oberpräsidium übermittelt und wurde jetzt von anderen, in der Verwaltungshierarchie übergeordneten, Angehörigen der lokalen Notabelngesellschaft unterstützt.1395 Es handelte sich um den ehemaligen Maire und preußischen Steuerdirektor Johann Dominic Gayer, den Domäneninspektor Goswin Linz, den Landwehrhauptmann Trappet, den kurtrierischen Hofrat und einstigen Steuereinnehmer Marx Aloys Pottgeißer, den ehemaligen Hofingenieur und Bürgermeister von Ehrenbreitstein Jakob von Kirn und den Handelsgerichtspräsidenten, Landtagsabgeordneten und Beigeordneten Johann Jakob Reiff. Bäcker Valentin Nebel und die Kaufleute Menn, Collig und Müller kamen hinzu. Maler Conrad Hackenbruch gab an, die Maskenzüge des Trierer Kurfürsten selbst mitgemacht, beigewohnt und sehr dazu mitgewirkt zu haben.1396 Einhellig riefen sich die übrigen Zeugen diese Umzüge ins Gedächtnis und erklärten, dass sie die lange Tradition der Karnevalsbelustigungen ihrer Heimatstadt jederzeit eidlich zu bestätigen bereit seien. 1397 Tatsächlich hatte Kurfürst Clemens Wenzeslaus zuletzt 1787 verordnet, dass ein öffentlicher Masquenball unter obrigkeitlicher Auffsicht gehalten werden durfte, um die Belustigungen und öffentlichen Zusammenkünfte während der Carnevals-Zeit (von 3 Königen Tag bis Aschermittwoch) in den Schranken der Ehrbarkeit zu erhalten, auch viele Aergernisse und Ruhestörungen der Mitbürger zu beseitigen. 1398 Dem konnte Friedensrichter 1393 Vgl. das Protokoll der Verhandlung unter LHAK 403 2616, Bl. 405–420. 1394 Nach ebd. bildeten Theodor Richarth, Johann Heinrich Folmer, Wilhelm Koch, Wilhelm Lachnit, Conrad Hassalcher, Johann Peter Schickhausen die Karnevalsgesellschaft. 1395 Vgl. die Gutachten Maehlers vom 23.11.1828 und vom 9.12.1834 unter ebd., Bl. 59–61 und Bl. 393–396. 1396 Ebd., Bl. 412. 1397 Ebd., Bl. 407. 1398 Gesetz vom 30.12.1782, abgedruckt bei Scotti, Sammlung Trier, Dritter Teil, S. 1320 f., vgl. Buslau, Fasenacht, S. 19–21 und Denzer, Kulturleben, S. 489 f. Andere Bälle, bei welchen „selbstverständlich nur Noblesse anwesend“ war, kennt Bereths, Musikpflege, S. 206. In den Jahren 1790 und 1792 folgte ein Maskenverbot, das die Franzosen 1801 wieder aufhoben. Zur Vergnügungskultur in Koblenz siehe Brommer/Krümmel, Leben, S. 114–123.
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Burret in seinem Abschlussplädoyer aus eigenem Wissen zustimmen, da dergleichen Volksbelustigungen während der churtrierischen Regierung gern gesehen [waren]; und während der französischen Regierung von den Behörden durch geäußerte Wünsche aus Politik dazu aufgefordert wurde, um das Volk durch sein Leben in den früheren Freuden mit der Neuheit der Regierung auszusöhnen. 1399 Zur Vorgeschichte dieser ungewöhnlichen Gerichtsverhandlung gehörte eine lange innerbehördliche Diskussion, die mit der bekannten Neuordnung des Kölner Karnevals im Jahr 1823 begann und im Jahr 1827 durch die oft zitierte Frage des Königs welche Behörde in neuerer Zeit die Erlaubniß zu diesen in Deutschland nicht üblichen Volksbelustigungen gegeben hat[te] 1400 ihren Lauf nahm.1401 Dabei kann die vielfach beachtete Reorganisation des Karnevals in Köln als vorausschauende Handlungsstrategie bewertet werden, die den zu erwartenden politischen Restriktionen zuvorgekommen war. Mit der Bildung eines festordnenden Comités, 1402 das den Ablauf der Feierlichkeiten ordnete, konnte die „Allgemeine Cölnische Carnevalsgesellschaft“ dem in Berlin vorherrschenden Eindruck eines unsittlichen Brauches entgegenwirken und etwaige Beanstandungen vermeiden.1403 Zudem gelang es der von Wittgenstein, von Groote, von Herwegh und anderen angesehenen Stadträten angeführten Assoziation, das fragliche Gewohnheitsrecht zur Abhaltung von Maskeraden schriftlich nachzuweisen, mündlich bei der Regierung zu beteuern und den Koblenzer Notabeln ein Beispiel für eine erfolgreiche Behauptungsstrategie zu liefern.1404 Notwendig wurde dies dadurch, dass eine Kabinettsorder vom 20. März 1828 be stimmte, dass Fastnachtsmaskeraden nur in den größeren Städten, und auch in diesen, nur dann erlaubt sein [sollten], wenn sie daselbst von altersher herkömmlich stattgefunden hatten.1405 Die eigenmächtige Festlegung tradierter Vergnügungsformen beruhte somit auf der Unkenntnis der preußischen Zentrale und funktionierte nur deshalb, weil ihre Vertreter vor Ort auf das Wissen der ortsansässigen Notabeln angewiesen waren und die1399 LHAK 403 2616, Bl. 419 f. 1400 Ebd., Bl. 27, Schreiben vom 22.11.1827, vgl. Brophy, Rhineland, S. 180. 1401 Nach ebd. hatte Ingersleben am 16.2.1830 der Regierung vorgeschlagen, das Gewohnheitsrecht durch öffentliche Blätter, in welchen der Maskenzug erwähnt worden, oder auf sonstige Weise z. B. durch Vernehmung glaubwürdiger Personen zu sichern. 1402 Zur Direktion der „Kölner Karnevalsgesellschaft“ (KG) und ihren frühen Aktivitäten vgl. ebd., Bl. 15– 20, Frohn, Narr, S. 44–46 und Wedel, Wittgenstein, S. 30–35. 1403 Vgl. Herres, Köln, S. 84–93. Frohn, Narr, S. 139 ist der Meinung, dass die „organisierten Karnevalisten“ sich daher in der „Tradition der Aufklärung“ befanden. Nach ebd., S. 142 wurden „wilde Karnevalsbräuche“ wie das Hahnenschlagen unterbunden, vgl. das gedruckte Festprogramm von 1832 unter LHAK 403 2616, Bl. 199–206 und das Regulativ des Kölner Karnevals unter ebd., Bl. 289 f. 1404 Unter ebd., Bl. 183–187 folgt auf den umfangreichen Bericht Steinbergers vom 19.3.1830 eine Zeugenvernehmung bei der Kölner Regierung vom 15.4.1830. Aus dem Stadtrat sprachen sich Herwegh, Classen, Biermann und Simons am 15.4.1830 für den Erhalt des Umzuges aus. Der König entschied am 30.6.1830 zu ihren Gunsten, siehe hierzu Frohn, Narr, S. 207–210 und Brophy, Rhineland, S. 174–177. 1405 LHAK 403 2616 Bl. 45, Ko vom 20.3.1828. Nach ebd., Bl. 103, Schreiben vom 16.1.1830 und Frohn, Narr, S. 208 wurde sie in Trier bewusst nicht im Amtsblatt veröffentlicht.
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ses – zumindest in Köln – honorierten. Seitdem blieb das Recht auf öffentliche Maskenumzüge der Domstadt vorbehalten, was die anderen rheinischen Städte allerdings nicht darin hinderte, das Kölner Regelwerk zu adaptieren, geschlossene Karnevalsvereine zu gründen und die Bevölkerung an deren Tätigkeiten teilhaben zu lassen. So wurde aus einem Ritterturnier auf dem Düsseldorfer Karlsplatz 1825 ein öffentliches Maskenspiel und aus der Anfahrt der Gäste zum städtischen Maskenball im Theater von Koblenz 1830 ein vom König gerügtes Spektakel, das einem Umzug sehr nahekam.1406 Die Regierungen bemühten sich diese aufsehenerregenden Geschehnisse herunterzuspielen und die Karnevalsbelustigungen aus moralischer Sicht als völlig unbedenklich auszuweisen. Ingersleben hatte sich davon persönlich überzeugt und die erste Einladung zum Kölner Maskenfest 1824 sowie die Ehrenmitgliedschaft im Koblenzer Karnevalsverein 1828 bereitwillig angenommen.1407 Auch sein Stellvertreter dementierte die sozialen Spannungen, die in der Faschingszeit aufkamen und ein offenes Geheimnis waren.1408 Aufmerksame Zeitungsleser wussten nämlich, dass die Regierungen in Köln als schlafendes Verwaltungskollegium 1409 dargestellt wurden und auf einem Maskenball in Koblenz ein Prophet maskiert den preußischen Beamten gereimte und sehr beißende Prophezeiungen aus[theilte]. 1410 Diesen Anekdoten der auswärtigen Presse konnte jedoch entgegengehalten werden, dass satirische Verballhornungen auch andere Autoritäten, z. B. die Kirche, den Provinziallandtag und den Stadtrat, d. h. die Karnevalisten mitunter selbst, betrafen und sowohl Karnevalspräsident von Wittgenstein in Köln als auch der Stadtrat von Koblenz übertriebene Angriffe gegen harmlose Menschen, gegen ehrsame Familien, gegen im öffentlichen Amte stehende des allgemeinen Zutrauens würdige Personen 1411 öffentlich verurteilten.1412 Darüber hinaus betont die Forschung, dass die frühen Karnevalsumzüge von der praktischen Hilfe des örtlichen Militärs abhängig waren und sich die Initiatoren aus dem Fundus der französischen Militärausrüstungen bedienten.1413 Auf diese Art und Weise konnte ihr öffentliches Auftreten entweder als positive Reminiszenz an vergangene Zeiten oder aber als antifranzösische Satire interpretiert werden. Die Roten Funken in Köln, d. h. die Nachahmung der ehemaligen, reichsstädtischen Stadtsoldaten, gaben „das Bild einer 1406 Vgl. ebd., S. 133 und den Bericht von Fritsche vom 20.2.1834 unter LHAK 403 2616, Bl. 345. 1407 Vgl. die Einladung vom 16.1.1828 und das Schreiben der Koblenzer Karnevalsgesellschaft vom 13.11.1828 unter ebd., Bl. 37 f. und Bl. 49. Ein erstes Gutachten vom 19.12.1827 findet sich unter ebd., Bl. 31–33, ein weiteres vom 17.2.1834 unter ebd. Bl. 229 f. Zur Berichterstattung der Regierungen siehe Frohn, Narr, S. 207–218. 1408 Vgl. das Gutachten von Fritsche vom 14.2.1834 unter LHAK 403 2616 Bl. 225–228. 1409 Zeitung für die elegante Welt Nr. 91 vom 9.5.1818. 1410 AAZ Nr. 101 vom 11.4.1818, wobei es um die Hoffnung auf ein besseres Vernehmen in Koblenz zwischen preußischen Beamten und Einwohnern und die Verfassungsadresse ging. 1411 STAK 623 2187, Sitzungsprotokoll Nr. 305 vom 4.2.1827. Unter LHAK 403 2616, Bl. 55–57 hatten sich Maehler und die Regierung am 25.11.1828 gegen eine Karnevalszeitung in Koblenz ausgesprochen. 1412 Vgl. Croon, Provinziallandtag, S. 16; Frohn, Narr, S. 210 und S. 299–304. 1413 Vgl. Euler-Schmidt, Alaaf.
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undisziplinierten nicht mutigen und nie nüchternen Truppe ab“1414, das insbesondere mit der preußischen Disziplin kontrastierte. In dieser Deutungsoffenheit lag die Chance zur politischen Meinungsäußerung begründet, die die preußische Zentrale in Berlin weitaus mehr zu fürchten schien als ihre Vertreter vor Ort. Diese wurden – ebenso wie ihre Vorgänger – ebenso im negativen wie im positiven Sinne in den Brauch integriert und trugen mit umfangreichen Verwaltungsrecherchen zu dessen Erhalt bei.1415 Je mehr sich das Innenministerium für die Feste am Rhein interessierte, desto tiefer musste man in den Akten graben. Wo althergebrachte Rechtstexte, Instruktionen und Zeitungsberichte fehlten, wurden die Erinnerungen hochbetagter Einwohner oder – recht pragmatisch – die Armenrechnungen der vergangenen Jahrzehnte angeführt. Da Abgaben auf öffentliche Lustbarkeiten in allen Städten – wie im Übrigen auch in östlichen Teilen der Monarchie – gängig und insbesondere in der Karnevalszeit nicht unbedeutend waren,1416 eigneten sie sich als Beweisstück. Christina Frohn sieht in der Unterstützung der Armenfürsorge sogar einen westlichen Grund für die Unterstützung des Karnevals durch die Regierung – besonders hervorgehoben wurde dieses Argument jedoch nur von der Stadt, deren Armenfürsorge keine selbstständigen Einnahmen hatte: von den Regierungsbeamten Düsseldorfs.1417 Die Vergnügungs- bzw. Lustbarkeitssteuern machten einen vergleichsweise geringen, ungesicherten Anteil der Einnahmen der Armenverwaltungen aus. Sie wurden von Napoleon begründet, von Wilhelm III. bestätigt und waren letztlich von der Entscheidung der Stadträte abhängig. Ihr Umgang mit dieser Steuer reflektiert den bisherigen Eindruck der jeweiligen Verwaltungsgewohnheiten und die dahinterstehenden Amtseinstellungen. Da sie hauptsächlich auf die Eintrittskarten von Musik-, Tanz- und Theaterveranstaltungen erhoben wurde, war sie von wechselnden Schauspielgesellschaften und saisonalen Banketten wie zum Beispiel den alljährlichen Karnevalsbällen abhängig. Die zahlungspflichtigen Theaterunternehmer gehörten in der Regel zur lokalen Oberschicht und wurden in den Städten, wo die Theaterbauten erneuert wurden – in Aachen, Düsseldorf und Trier – durch Vereinsinitiativen unterstützt. Dennoch befanden sie sich alle in 1414 Brog, Geschichte, S. 239, die in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung der „Körpersprache“ verweist. 1415 Sperber, Radicals, S. 100 sieht den Grund für die Gelassenheit in der offensichtlichen Umkehrung der gegebenen Verhältnisse: „The satire itself was not necessarily a political danger, since it was confined to a time of the year when forbidden things were allowed because they were forbidden at any other time.“ Brophy, Rhineland, S. 178 resümiert, dass der Karneval als eine „bourgeois mission to transform saturnalian impulses into an aesthestic romanticization of rhenisch folklore“ verstanden werden kann. 1416 LHAK 403 2616, Schreiben der Düsseldorfer Regierung vom 12.7.1827 an Ingersleben, näher ausgeführt und mit Zahlen aus dem Register der Rechnungen von 1805 untermauert unter ebd., Schreiben vom 20.12.1834, vgl. Dorn, Armenpflege, S. 73. Nach Frohn, Narr, S. 200 betrugen die Einnahmen aus der Vergnügungssteuer in Düsseldorf in den 1840er Jahren 1.200 Taler. Die Trierer Hospitien nahmen 1832 nach Kentenich, Geschichte, S. 776 insgesamt 662 Taler an Vergnügungs- und Hundesteuern ein. 1417 Vgl. Frohn, Narr, S. 198–201 und Brog, Geschichte, S. 65, die das Argument der Wohltätigkeit als vorgeschobene Motivation in Köln interpretiert.
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prekären Finanzverhältnissen und beantragten eine Befreiung von der Abgabe. In den ehemaligen Residenzstädten liefen diese Anfragen stets ins Leere, zumal Vergnügungssteuern hier eine besonders lange, sozialdisziplinarische Tradition hatten. Der Stadtrat von Düsseldorf war erst seit 1818 im Besitz des neuen Theaters und glaubte, daß Seine Majestät der König in der allhöchsten Schenkung vom 11. April 1818 der Stadt Düsseldorf eine Wohlthat habe erzeugen nicht aber eine ihre ökonomischen Kräfte übersteigende Bürde habe auferlegen wollen. 1418 Noch bevor sich diese Wünsche erfüllten und Karl Immermann das Düsseldorfer Schauspielhaus leitete, nahmen die Ratsherren die Klagen seines Vorgängers im Jahr 1831 zum Anlass, die gesetzlich bestimmte Abgabe zugunsten der Armen aufgrund der Finanzverhältnisse noch um 200 Thaler jährlich erhöhen zu müssen. 1419 In Koblenz hatte Joseph Cornelius von Schmitz, kurtrierischer Hofrat und Theaterinhaber, seit 1787 ein wechselndes, durchaus zahlungsfähiges Publikum und das alleinige Privileg zur Abhaltung von Maskenbällen.1420 Maehler zeigte sich bei Theaterfragen daher ähnlich kompromisslos wie bei der Anfrage der Bäcker um eine Verminderung der Brottaxe. Während sich der Stadtrat hier zu keiner Zeit mit dem städtischen Vergnügungsangebot beschäftigte, war das Theater von Trier ein kommunalpolitisches Prestigeprojekt.1421 Es befand sich im Kapuzinerkloster, das Napoleon im Jahr 1804 zum Theaterneubau bestimmt und Christoph Nell der Stadt im Jahr 1811 zu diesem Zweck geschenkt hatte. Bis 1819 wurde es vom einem aus städtischen Notabeln und zahlreichen Stadträten bestehenden Aktienverein gefördert und anschließend zur Pacht freigegeben.1422 Einen lukrativeren Verkauf des Gebäudes lehnten die Räte ab, weil sie das National-Theater als einen wichtigen Zweig des öffentlichen Vergnügens und selbst der öffentlichen Bildung verstanden.1423 Giesela Mettele hat diese Aussage für Köln verifiziert und aufgezeigt, dass es durch die Zensur der Stücke und improvisierte Aussagen der Schauspieler „auch eine Form politischer Öffentlichkeit“1424 generierte. In den darauffolgenden Jahren wurden die Nachlassgesuche der wechselnden Pächter des Trierer Theaters zu Lasten der Stadtkasse und nicht auf Kosten der Armenverwaltung gestattet. Außerdem war ab 1827 eine unentgeldliche Benutzung des großen Theatersaals zu Haltung von Bällen während der letzten 1418 StAD 90011, Eintrag vom 19.6.1832. 1419 Ebd., Eintrag vom 13.12.1831, nach ebd., Eintrag vom 15.8.1831 ging es um 5 Pfennig pro Vorstellung und die Miete des Hauses, vgl. Wimmer, Theater, S. 395–403. 1420 Vgl. Müller, Herrschaft, S. 45–47 und Bär, Geschichte, S. 325, wonach das Schauspielhaus nach Schmitz Tod an dessen Schwiegersohn, Johann Matthias Drimborn, versteigert wurde. Drimborn gehörte zum ersten Karnevals-Comité. 1421 Vgl. Kentenich, Geschichte, S. 731–733 und Zander, Theatertradition. Nach Müller, Bürgertum, S. 24 existierte 1819 auch in Koblenz ein Unterstützungsverein für das Theater. 1422 Der Vertrag zwischen der Stadt und dem Aktienverein wird unter StATr Tb 100/8, Nr. 43 vom 29.11.1819 zusammengefasst und aufgelöst. Demnach hatten die 19 Aktionäre fast 20.000 Taler hinzugesteuert. Vgl. auch die Quellen bei Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 733–742. 1423 StATr Tb 100/8, Eintrag vom 24.8.1822, die Regierung hatte den Verkauf vorgeschlagen. 1424 Mettele, Bürgertum, S. 223.
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Faschingstage 1425 unter Einhaltung der für Theatervorstellungen üblichen Armenabgabe von 3 Talern und 5 Silbergroschen pro Veranstaltung erlaubt.1426 In Kontrast dazu wurde die Vergnügungssteuer in Aachen sowohl unter französischer als auch unter preußischer Herrschaft oft umgangen. Die Stadträte verpflichteten den Theaterverein des 1825 neu eröffneten Stadttheaters lediglich zu zwei jährlichen Benefizkonzerten, die wiederum 1832 gegen die Zahlung von 100 Talern aufgehoben wurden.1427 Das Kölner Theaterkomitee brachte die lockere Steuerpolitik der Nachbarstadt sogleich als Begründung für seine eigene Anfrage um eine Steuersenkung an. Steinberger verwehrte sich jedoch gegen den Eingriff in die Rechte der Armuth und wies darauf hin, dass das, [w]as Aachen in dieser Hinsicht thut […] nicht als Beispiel dienen [könne,] weil Aachen alles aus seinem Spiel-Octroi betreibe. 1428 Zwischen 1823 und 1825 wurden die fehlenden Einnahmen in der gutbesuchten Kurstadt zunächst dadurch aufgefangen, dass man für die Besichtigung der Theaterbaustelle im Kapuzinerkloster Eintrittsgelder erhob, die der Aachener Armenverwaltung zugesprochen wurden.1429 Gleichzeitig betrugen die Abgaben von Concerten, Feuerwerken, Kunstausstellungen, Marionetten, Seiltänzen, Wachsfiguren-Cabinetten und Panoramas […] von den gewöhnlichen Bällen – zehn Prozent der Brutto-Einnahmen, von den MasquenBällen fünf und zwanzig Prozent der Bruttoeinnahmen. 1430 Diese Preisbestimmung galt auch in Köln. Sie verweist auf die Bandbreite der besteuerten Vergnügungen und die vergleichsweise geringe Bedeutung des Schauspiels gegenüber dem historischen Stellenwert der Maskenbälle.1431 In historischer Langzeitperspektive können diese als ein ursprünglich adeliges Exklusions- und Inklusionsinstrument bewertet werden, das zu Beginn des 19. Jahrhundert von einer überregional gut vernetzten Notabelngesellschaft übernommen worden war.1432 1425 StATr Tb 100/8, Eintrag vom 28.1.1827, der Grund für den Zuspruch war die Tatsache, daß die Erfahrung bisher gelehrt hat, daß kein Unternehmer in den letzten Jahren noch sein Auskommen gefunden, vielmehr die öffentlichen Verlosungen späterhin immer Pachtnachlässe nach sich gezogen haben. Die Gebühren waren unter ebd. am 14.6.1823 festgesetzt worden, vgl. ebd., Tb 100/7, Eintrag vom 29.1. und 10.2.1818, wonach sie zuvor 25 Centime betrugen hatten und nicht eingehalten worden waren. 1426 Nach ebd., Tb 100/11 wurde eine Verminderung dieser Abgabe erst am 30.1.1837 bewilligt, nachdem die allgemeine Abgabe auf Tanzmusik am 13.4.1836 erhöht worden war. 1427 Vgl. StAAc PRZ 1–2, Eintrag vom 6.1.1823 und ebd., PRZ 1–249, Einträge vom 4.8. und 23.9.1830. Nach Jeworrek, Armut, S. 51 handelte es sich ursprünglich um 10 Centime pro Eintrittskarte, die dadurch umgangen werden konnten, dass die Veranstaltungen zu geschlossenen Veranstaltungen erklärt wurden. Nach Kraus, Moderne, S. 274 f. war das Theater ursprünglich an das Wohltätigkeitsbüro verpachtet gewesen. Zur Theaterintendanz vgl. Pohle, Dautzenberg, S. 259–266. 1428 HAStK 410 A3, Eintrag vom 19.3.1832, wobei die Anfrage im Kontext der Cholera diskutiert wurde. Zum enormen Einfluss des Komitees vgl. Mettele, Bürgertum, S. 220–226. 1429 Vgl. Monheim, Monheim, S. 78 f. 1430 StAAc PRZ 1–2, Eintrag vom 16.6.1823. 1431 Vgl. Frohn, Narr, S. 200 und allgemein Dülmen, Kultur, S. 129–132, wobei Mettele, Bürgertum, S. 219 f. für das Kölner Theater davon ausgeht, dass es schichtübergreifend besucht wurde. 1432 Vgl. ebd., exemplarisch die Aufstellung der Kosten für den Maskenball 1843 im Aachener Casino bei Arens/Janssen, Geschichte, S. 54 f. sowie allgemein Salmen, Tanz.
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Um durch das Tragen von Masken in geschlossenen Kreisen ein offenes Miteinander zu zelebrieren, fanden sich am 19. Februar 1822 3.000 Personen zum Besten der Armen im Gürzenicher Ballsaal zusammen. Das Fest war ein solcher Erfolg, dass sich zahlreiche Gastwirte über ihren Geschäftsausfall beschwerten und es nicht wiederholt wurde.1433 Stattdessen stellte man der gesamten Öffentlichkeit ein Jahr später die neue Festordnung auf dem ersten Rosenmontagszug vor. Sie beinhaltete kirchliche Elemente, reichsstädtische Symbole und stellte mit der Thronbesteigung des Kölnisch-Wasserfabrikanten Emanuel Ciolina Zanoli als „König Karneval“ einen allgemeinverständlichen, symbolpolitischen Angriff auf die bestehende Herrschaftsordnung dar, der den Bogen überspannte und im Anschluss der Feierlichkeiten verboten wurde. 1825 war aus dem „König“ der „Held Karneval“ und aus ca. 10.000 Zuschauerinnen und Zuschauern eine Massenansammlung von 50.000 Karnevalstouristen geworden.1434 Der rasante Aufstieg Kölns zum provinziellen Vergnügungszentrum ging auf einfallsreiche Werbemaßnahmen der Kölner Karnevalsgesellschaft, eine aufwendige Festgestaltung und eine beginnende Kommerzialisierung des Brauchtums zurück. Daraus ergaben sich nicht nur für Gastwirte und Hoteliers, sondern auch für die Armen verwaltung finanzielle Vorteile. Da Groote und Herwegh – ab 1830 auch Heinrich von Wittgenstein – beiden Gremien angehörten, war es eine Selbstverständlichkeit, dass sie nach den Feierlichkeiten die erhöhten Sätze der Vergnügungssteuer und einen Teil der Festeinnahmen erhielt. Die wechselseitige Handlungskooperation zwischen Stadtrat, Handelskammer und Armenverwaltung hatte im Karnevalsverein somit eine neue Stütze gefunden.1435 Des Weiteren machten mehr und mehr Krämer und Kaufleute ein Geschäft aus der Fastnachtszeit, indem sie Karnevalsbriefpapier, Narrentabak und andere Erinnerungsstücke auf den Markt brachten. Dabei stellte die Narrenkappe den größten Kassenschlager dar. Sie diente auf der einen Seite als obligatorisches Erkennungszeichen der Vereinsmitglieder, d. h. als Eintrittskarte für die Festveranstaltungen und wurde auf der anderen Seite zum sichtbaren „Symbol für die Gleichheit und Eintracht aller Narren“1436 erhoben. Da sie alljährlich erneuert wurde und 1834 in Koblenz beispielsweise die Farben und Formen einer Jakobinermütze annahm, brachte sie die Mehrdimensionalität der karnevalistischen Symbolsprache und das in Kapitel III. 3.2 ausgeführte ambivalente Gleichheitsprinzip der rheinischen Notabelngesellschaft mitsamt 1433 Vgl. Frohn, Narr, S. 134–139 und Herres, Köln, S. 85 f. 1434 Ebd., vgl. Leifeld, Rechnungswesen, S. 100–107, Frohn, Narr, S. 47 f. und Brog, Geschichte, S. 74. Zur Bedeutung siehe Brophy, Rhineland, S. 210–215. 1435 Brog, Geschichte, S. 63–70 nennt konkrete Zahlen und zeigt, dass die Armeneinnahmen geringer waren als rechtlich vorgegeben. Frohn, Narr, S. 94 f. und S. 198 zeigt den symbolischen Stellenwert der Spenden in Höhe von durchschnittlich 500 Talern und die Bedeutung der Steuern auf. Dies, Karneval, S. 66 nennt den Vorstand der Aachener Floresei, in dem sich kein amtierender Stadtrat befand, vgl. die Angaben im Anhang. 1436 Ebd., S. 80.
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dessen politischer Instrumentalisierung im Rahmen einer neuen eigenständigen Festkultur zum Ausdruck.1437 Noch bevor es in den 1840er Jahren zu dieser nicht mehr zu leugnenden „Politisierung und Polarisierung“1438 öffentlicher Feierlichkeiten und einer symbolpolitischen Wiederbelebung längst vergangener Herrschaftszeichen kam, sorgte die Kölner Karnevalszeitung für Furore. Unter der redaktionellen Verantwortung von Wittgensteins beinhaltete das nicht ernstzunehmende Witzblatt zahlreiche ernstgemeinte Anspielungen. Neben „liberalen Forderungen, lokalpolitischen Anspielungen, und persönlichen Beleidigungen“1439 wurde 1829 – zwischen den Zeilen – eine Verfassung gefordert.1440 Da die Artikel nach formalen Richtlinien weder kontrollierbar noch zensierbar waren, gestand Polizeidirektor Struensee dem Oberpräsidium seine Überforderung ein und erwirkte das Verbot des Blattes. Erzbischof Clemens August von Droste-Vischering bestätigte dem Oberpräsidenten, dass es schändlich ausgeartet sei,1441 wohingegen die Kölner Regierung es beinahe ausschließlich als ein unschuldiges Zeugnis des Witzes bezeichnete.1442 Der König ignorierte die Fürsprache der Regierung und eine zusätzliche Intervention seines in Düsseldorf lebenden Neffens, des Prinzen Friedrich von Preußen. Wittgenstein und das Karnevalskomitee ließen Taten sprechen und gaben ihren Ärger öffentlich kund: Sie sagten den Rosenmontagszug ab, verteilten Totenzettel auf den Karneval und legten Hanswurst, eine prominente Fantasiefigur, in Ketten.1443 Der Protest ließ sich nicht mit den fehlenden Werbeeinnahmen rechtfertigen, weil Marcus DuMont die Karnevalsannoncen stets kostenfrei in der Kölnischen Zeitung aufnahm und die auswärtige Presse ohnehin nicht verstummte. Er richtete sich folglich unverblümt gegen die Einschränkung der Meinungsfreiheit und den repressiven Kurs des Innenministeriums.1444
1437 Vgl. ebd., S. 80–86, für Koblenz siehe Kleber, Becker, S. 30 f. Unter LHAK 403 2616 beschwerte sich das Innenministerium am 16.4.1834 über das Tragen einer rot-weiß-blauen Narrenkappe in Koblenz. Nach Brophy, Rhineland, S. 182 wurde die Gleichheits-Symbolik auch von den Behörden als Begründung für ein Karnevalsverbot angemerkt. Die Beilage der AAZ Nr. 43 vom 12.2.1845 machte das Gleichheitsprinzip als wesentliches Charakteristikum des rheinische[n] Fasching[s] aus, vgl. hierzu Bank/Brog/ Leifeld, Freiheit, die bis 1859 „erstaunlich“ wenige Anspielungen auf die Franzosenzeit ausfindig machen und dies auf die Zensur zurückführen. Zur Herrschaftssymbolik vgl. Kapitel III. 5.3. 1438 Herres, Köln, S. 205, vgl. ders./Holtz, Provinzen, S. 141, Frohn, Narr, S. 218–248 und Brophy, Protestformen. 1439 Frohn, Narr, S. 210. 1440 Ebd., vgl. Brog, Geschichte, S. 95–101. 1441 Frohn, Narr, S. 210, vgl. die Wiedergabe der Meinungen im Gutachten von Ingersleben vom 2.2.1830 unter LHAK 403 2616. Die Beschwerde Struensees war nach ebd. am 19.2.1829, das Verbot der Zeitung am 30.1.1830 ergangen. 1442 Vgl. das Gutachten vom 5.12.1829 unter ebd., Bl. 93–97. 1443 Vgl. Frohn, Narr, S. 210 f., die die Auseinandersetzung „wie ein Scheingefecht und eine Probe für den noch zu führenden politischen Kampf “ betrachtet. Herres, Köln, S. 122 stellt die Geschehnisse ebenfalls in den unmittelbaren Zusammenhang mit den nachfolgenden Unruhen. 1444 Vgl. Frohn, Narr, S. 88. Unter LHAK 403 2616, Bl. 209–212 findet sich beispielsweise eine Beilage der KÖZ Nr. 39 vom 7.2.1833 zum Thema Skizze zum großen Maskenfeste.
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Aus europäischem Blickwinkel fanden diese offenen Protestbekundungen in einer angespannten Atmosphäre statt, die sich nur wenige Monate später im belgischen Unabhängigkeitskampf und in der französischen Julirevolution entlud. Dabei waren die anlassgebenden Kritikpunkte der Aufstände in Paris und Brüssel – Zensur, Steuern, Konfession – in der Rheinprovinz ebenso aktuell wie die dahinterstehenden Grundprinzipien: Pressefreiheit, Steuergleichheit, Religion und Verfassungswirklichkeit. Es war also weniger der Sturz des Bourbonen-Königs und die Unabhängigkeit Belgiens, als vielmehr die traditionelle Verbundenheit, die territoriale Nähe, und die politischen Forderungen, die die dortige Bevölkerung zum Aufruhr und einzelne Gruppen in der Rheinprovinz zur Nachahmung veranlassten.1445 Den Zensoren fielen zuerst die Unvorsichtigkeit des Landrats von Coels im Umgang mit der Stadt-Aachener Zeitung, ein Portrait der Helden der Revolution in der Düsseldorfer Zeitung und mehrere fragwürdige Zeitungsannoncen zugunsten der Juli-Opfer der Koblenzer Verleger auf.1446 Gleichzeitig blieb die provokante Frage: Wollen die Rheinländer französisch werden? 1447 in der Kölnischen Zeitung zunächst unentdeckt, weil sie abseits des staatstreuen Hauptteils, im anonymen Beiblatt, gestellt wurde. Sodann waren Flugblätter im Umlauf, die zur Solidarität mit den Demonstranten in Paris und Brüssel aufriefen.1448 Wilhelm III. instruierte die Lokalbeamten, aus Frankreich kommende, sich nicht legitimieren könnende Fremden 1449 sofort abzuweisen und entsandte zusätzliche Grenzkontrolleure in die Westprovinzen. Dadurch war die Trierer Pelzhändlerin Stein bei ihrer Rückkehr aus Paris beispielsweise auf die Unterstützung des Stadtrats angewiesen.1450 Fernab der unmittelbaren Grenze, auf den Straßen Düsseldorfs und Kölns, bildeten sich unterdessen spontane Menschenansammlungen. Von Struensee hörte sie Es lebe Napoleon! und Runter der mit der Mahl- und Schlachtsteuer! rufen und wandte Gewalt an. Sein rigoroses Vorgehen machte ihn selbst zum Angriffspunkt, sodass sich die paradoxe Situation ergab, dass die Bürgerwehr einschreiten musste und Struensee die Stadt verließ. Die Bürgerwehr hatte sich analog zu 1814 in Abstimmung mit der Regierung aus einer Reihe von Stadträten und anderen Notabeln gebildet und konnte sowohl den unbeliebten Polizeipräsidenten vor der aufgebrachten Menschenmenge als auch die Bevölkerung (und ihren eigenen Handlungsspielraum) vor Struensee schützen.1451 In Berlin wurde die Lage in den Westprovinzen mit großer Sorge beobachtet und die prä1445 Vgl. Evans, Jahrhundert, S. 107–114 und S. 132. Zu den langfristigen Auswirkungen siehe ebd., S. 115– 135; Leonhard, Liberalismus, S. 349–417; Brandt, Julirevolution, zur politischen Einschätzung siehe Rausch, Kulturgeschichte, S. 181–190. 1446 Vgl. LHAK 403 7137, Schreiben vom 28.8. und 9.9.1830, sowie vom 16.7. und 30.12.1831. Zu den konkreten Zensurvorgaben vgl. Groß, Polizei, S. 198–201. 1447 Vgl. Nahmer, Geschichte, S. 75. 1448 Vgl. Herres, Köln, S. 118 und S. 124. 1449 StATr Tb 6–5, Eintrag Nr. 2096, Instruktion von der Regierung. 1450 Ebd., Eintrag Nr. 1979, Schreiben an Regierungspräsident von Bodelschwingh. 1451 Vgl. Herres, Köln, S. 118–125 und Frohn, Narr, S. 211, wonach außerdem die Fenster des Hauses von Steinberger eingeschlagen wurden.
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ventive Bewaffnung der Notabeln befürwortet. Im Gegensatz zu Köln ist aus Aachen, Koblenz und Trier belegt, dass die Stadträte anderer Meinung waren und der Anordnung zur Bewaffnung eher widerwillig nachkamen.1452 In der Festungsstadt am Zusammenfluss von Rhein und Mosel schien die zusätzliche Präsenz weiterer Uniformierter besonders sinnlos, ja sogar kontraproduktiv, weil sich zahlreiche auswärtige Besatzungen zum Manöver in der Stadt aufhielten. Auch stellten die Regierungsräte Fritsche und Lebens in ihren monatlichen Zeitungsberichten auffallend deutlich klar, dass Militär und Civil-Personen immer in höchster Eintracht lebten: Selbst die ernsten Nachrichten über die in Frankreich kurz vorher stattgefunden Umwälzungen, wie sehr auch die Gesinnungen und Meinungen darüber aufgeregt und verschieden waren, gaben Veranlassung, daß sich eine Gesinnung umso lauter und einstimmiger aussprach, nämlich die auch in dieser Provinz immer fester wurzelnde Anerkennung von Eurer Gerechtigkeit. Symbolischer Beweis dafür sei das fulminante königliche Geburtstagsfest am 3. August 1830 gewesen, das ohne Anregung der Behörden, allein von den Einwohnern aus[gegangen sei]. In ihrer Zusammenfassung des kulturellen Lebens vergaßen sie die umstrittenen Fastnachtsfeste, nicht aber die damit verbundene Tatsache zu erwähnen, dass Feste auf die öffentliche Meinung wohltätig wirken, wenn sie aus der öffentlichen Meinung hervorgehen. Die obligatorische Berichterstattung erfüllte somit mehrere Funktionen: Sie half den Regierungsräten dabei, den eigenen Verwaltungsbereich und ihre Arbeit in ein positives Licht zu rücken, übergeordnete Handlungsempfehlungen auszusprechen und Gerüchte – in diesem Fall jene über die Teilnahme am revolutionären Zeitgeschehen und über das schlechte Verhältnis zwischen Militär und Bevölkerung – zu entschärfen. Da die symbolische Kommunikation auf „Volksfesten“ zur Berichtspflicht gehörte, kann das Fehlen von Karnevalsbeschreibungen als Teil einer innerbehördlichen Kommunikationsstrategie bewertet werden, die darauf abzielte, die politischen Elemente der lokalen Festkultur zu verschweigen und Konflikte zu vermeiden.1453 Wenige Tage später soll es nämlich in Trier einen Volksauflauf gegen die Steuern gegeben haben, der in der Augsburger Allgemeinen Zeitung dementiert wurde.1454 Intern stellte Haw den Trierer Bürgern ein Zeugnis der Theilnahmslosigkeit aus und trat höchstpersönlich für eine Änderung der Steuergesetzgebung im Rahmen einer neuen Verfassung ein.1455 Der Adressat seiner Berichte, der neue Oberpräsident Philipp von Pestel, verriet ihm, dass einzelne Einwohner einer mahl- und schlachtsteuerpflichtigen Stadt, welche die Verwandlung dieser Steuer in die Klassensteuer gewünscht, deshalb Circularien an die gesammten Einwohner erlassen und sie zur Abstimmung darüber veranlasst hätten.1456 Von Pestel sah in der öffentlichen Aneignung parlamentarischer Partizipationsformen
1452 1453 1454 1455 1456
Vgl. LHAK 441 3053 und Haase, Haw, S. 214 f. und S. 237. Vgl. LHAK 441 950, Bericht vom 31.8.1830, vgl. Bank/Brog/Leifeld, Freiheit, S. 104 f. AAZ Nr. 257 vom 2.10.1830, vgl. Groß, Polizei, S. 196 f. Vgl. Haws Verwaltungsbericht von 1830 zit. bei ebd., S. 185 f. und Faber, Rheinlande, S. 330 f. StATr Tb 21–952, Schreiben von Pestel an Haw vom 14.9.1832.
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eine gesetzwidrige Umgehung der verfassungsmäßigen Organe, 1457 allen voran der Stadträte, die für die Weitergabe solcher Wünsche zuständig waren. Indem er diese an ihre Repräsentationspflicht erinnerte, verkannte er, dass die Übernahme dieser Pflicht durch das Petitionswesen in den vorangegangenen Jahren diese Artikulationsformen innerhalb der Bevölkerung geradezu geweckt hatte. Der Teufelskreis der preußischen Sicherheitspolitik war bereits ein Jahr zuvor in Trier zum Vorschein gekommen: Die von der Regierung verordnete Fahndung nach Mittelsmännern, die sich als Verfasser von Vorstellungen und Suppliken […] aus der Anfertigung von Gesuchen für andere ein Gewerbe mach[t]en, 1458 ergab, dass diese als Angestellte im Justiz- und Verwaltungsdienst zu dem erweiterten Kreis der Staatsdiener selbst gehörten.1459 Zwei Jahre später erhielt das Oberpräsidium erneut eine eigenständige Vorstellung vieler Bürger 1460 gegen die Mahl- und Schlachtsteuer aus Düsseldorf und Haw eine neue Eingabe der Metzger von Trier. Zeitgleich gab der Stadtrat von Aachen den vermeintlichen Wunsch der Bürger 1461 weiter, die Mahl- und Schlachtsteuer durch eine Klassensteuer zu ersetzen oder gleich das octroi wiedereinzuführen. Doch unabhängig davon, welcher Weg gewählt wurde, an den gültigen Steuergesetzen änderte sich nichts.1462 Im Zusammenhang mit dem Verhalten der Kommunalbeamten in Grenzregionen hat Sebastian Scharte am Beispiel der Wallonie aufgezeigt, dass die Oberbürgermeister, Land- und Stadträte zu Beginn der 1830er Jahre „nicht ohne Sympathien für die belgische Revolution“1463 handelten. Nach der Popularität der Philhellenen- und Polenvereine wurde auch der Loslösung der überwiegend katholischen Belgier aus der Vorherrschaft der protestantisch dominierten Niederlande von großen Teilen der Notabelngesellschaft ein gewisses Verständnis entgegengebracht.1464 Vor diesem Hintergrund sahen sich die Aachener Stadträte weder durch die gewaltvollen Ausschreitungen in Brüssel am 25. August 1830 noch durch die Aufforderungen zur Bildung einer Bürgerwehr zum Handeln veranlasst. Diese Reaktion erscheint umso erstaunlicher, als dass sich selbst uninformierten Bürgern die Geschehnisse durch einen mit der französischen Kokarde geschmückten Postwagen aus Belgien unmissverständ1457 Ebd. 1458 Schreiben von Gaertner an Haw vom 23.6.1831 unter StATr Tb 12–22. 1459 Ebd., es waren vor allem junge Kanzlisten, Gerichtsvollzieher, Grenzaufseher, Lehrer und zwei Bäcker. Mit drei Ausnahmen bescheinigte Haw ihnen einen unbescholtenen Ruf. Groß, Polizei, S. 187 bestätigt, dass die in Kapitel III. 2.4 erwähnten Denkfehler in der Sicherheitspolitik vor allem auf Trier zutrafen und die Anfälligkeit des Verhältnisses von Staat und Untertan hier besonders evident war. In Koblenz warnte die Regierung bereits im Koblenzer Anzeiger Nr. 33 vom 13.8.1819 vor solchen Scribenten, vgl. Kapitel III. 1.4. 1460 StAD 90011, Eintrag vom 2.12.1834. 1461 Die Eingabe an den Kronprinzen vom 29.3.1834 befindet sich unter StAAc OB 41–1. 1462 Ebd., vgl. StATr Tb 21–952, Petition vom 14.12.1834. 1463 Scharte, Erfahrung, S. 51. 1464 Ebd., S. 46–50, vgl. Evans, Jahrhundert, S. 132–134, der demgegenüber konstatiert: „Fast überall hatte das Bürgertum zu viel Angst vor der zügellosen Gewalttätigkeit des ‚Mobs‘“ und die Aufstellung von Bürgerwehren als Beispiel nennt.
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lich kundtaten. Da die preußisch-belgischen Fabrikstädte wirtschaftlich eng verbunden und die dazwischen liegende Nationsgrenze „weder materiell und personell, mit Grenzeichen, -posten und -beamten, noch im übertragenen Sinne in dem alltäglichen Bewusstsein ihrer Anwohner“1465 vorhanden war, konnten die Aufstände ungebremst auf Aachen übergreifen. Nachdem es in Verviers und in Lüttich zu einem gewaltvollen Aufruhr von bis zu 6.000 Mann starken Arbeitergruppen und in der Tuchfabrik der Gebrüder Nellessen – nicht zum ersten Mal – zu unangekündigten Lohnkürzungen gekommen war, bildete sich am 30. August 1830 ein Protestzug aus ca. 4.000 Personen. Einige von ihnen machten ihrer Wut dadurch Luft, dass sie die Villa des britischen Maschinenbauingenieurs James Cockerill verwüsteten und die ad hoc gebildete, unbewaffnete Bürgerwehr aus 60 angesehenen Notabeln mit Steinen vertrieben. Da Reimans Hilferuf in Berlin ungehört blieb und sich der Großteil der in Jülich stationierten Soldaten zum Manöver in Koblenz befand, wurde der Aufstand in unkoordinierter Form mit scharfer Munition beendet und zehn Personen getötet. Im Vergleich zu dem eher deeskalierenden Verhalten der Bürgerwehr von Köln rühmten die an der Niederschlagung beteiligten Stadt- und Regierungsräte ihr hartes Vorgehen im Nachhinein und hielten die Erinnerung an die Stärke ihrer Bürgerwehr noch Jahre später aufrecht.1466 Der sogenannte Aachener Aufruhr richtete sich primär gegen die Auswirkungen des schleichenden Strukturwandels in der Textilindustrie und die damit verbundene sinkende Lebensqualität in Zeiten der Preisteuerung sowie die dafür verantwortlichen Notabeln, deren Reichtum sichtbar angewachsen war. Er war nicht ideologisch motiviert – wenngleich es auch hier zu Vivatrufen für Napoleon kam – und kann doch als ein weiteres regionales Zeichen der allgemein anwachsenden Politisierung gedeutet werden. Neuere Forschungen stützen diese Interpretation, indem sie die Heterogenität der Aufständischen unterstreichen und ihre spezifische Wahrnehmung einnehmen – die Zeitgenossen im Regierungskollegium bemühten sich indes die politische Dimension der Geschehnisse zu kaschieren. Ein Grund dafür war, dass ihre Autorität bereits zwei Jahre zuvor im Rahmen der Eröffnung des Regierungsgebäudes öffentlich infrage gestellt und der preußische Adler beschädigt worden war.1467 Die innerbehördlichen Konsequenzen des Tumults bestanden darin, dass die Bürgerwehr ausgezeichnet, die Polizeihoheit des Landrats von Coels dem ehemaligen Düsseldorfer Beigeordneten, dem Mülheimer Landrat und Polizeispitzel Heinrich Schnabel, übertragen und der langjährige Regierungspräsident von Reiman abgesetzt wurde. Obschon sich von Reiman zunächst gegen ersteres, der Stadtrat dann gegen letztgenannte Strafmaßnahme schriftlich verwandten, wurden 1835 zwei altpreußische Adelige aus Berlin an die Spitze der Bezirksregierung gestellt. Mit der Ernennung von Georg Wil1465 Scharte, Erfahrung, S. 51. 1466 Vgl. Althammer, Herrschaft, S. 246–255 mit folgender Beurteilung: „Befremdlicher als die gewaltsame Niederschlagung des Aufruhrs an sich mutet jedoch der anschließende Triumphalismus der siegreichen Bürger an.“ 1467 Ebd.; Düwell, Unruhen; Volkmann, Strukturwandel; Poll, Reiman, S. 301 f.
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helm von Lüdemann zum Polizeipräsidenten und dem Einsatz des 30 Jahre jungen Adolf Heinrich von Arnim-Boitzenburg als Regierungspräsident sollte die Ruhe wiederhergestellt und eine neue Periode in der innerbehördlichen Verwaltungsgeschichte eingeläutet werden.1468 Doch bereits zwei Jahre später versetzte ein neues Ereignis außerhalb Preußens die Behörden innerhalb der Monarchie in Alarmbereitschaft. Vom 27. Mai bis zum 1. Juni 1832 versammelten sich über 20.000 Personen auf dem Hambacher Schloss, um gegen die repressiven Tendenzen ihrer Zeit und für mehr politische Partizipationsrechte zu protestieren. Als „politisches Massenpicknick“1469, bei dem diskutiert, musiziert und getanzt wurde, übertraf das Hambacher Fest alle bisher gesehenen informellen politischen Kommunikationschancen während der Provinziallandtage oder im Rahmen von Staatsbesuchen, Feier- und Fastnachtstagen. Gabriele B. Clemens hat es als ein besonders prägnantes Beispiel für die von der Forschung bisher verkannte und im Verlauf der nachfolgenden Kapitel zu sehende Bedeutung von Honoratiorenbanketten, Festessen und anderen Vergnügungsformen bewertet.1470 Bei den Regierungen äußerte sich die Sorge um die öffentliche Ordnung in einer umfangreichen Berichterstattung. Die Veranstalter gehörten zum „Deutschen Vaterlandsverein zur Unterstützung der Freien Presse“ in Zweibrücken. Die als Preß- und Vaterlandsverein in die Geschichte eingegangene Vereinigung setzte sich über die Regionsgrenzen hinweg für die Pressefreiheit ein. Unter den Gründungsmitgliedern befanden sich zahlreiche verfolgte Publizisten und einige Mitglieder der Beamtenfamilie Cetto aus Sankt Wendel. Im nahegelegenen Trier standen Karl Cetto und sein Schwager Karl Anton Savoye als Geschäftspartner der Stadträte Mohr und Rautenstrauch daher unter besonderer Beobachtung.1471 Nach einer knapp zweimonatigen Untersuchungsphase berichtete der neue Trierer Regierungspräsident von Bodelschwingh dem Innenministerium jedoch, daß nach allem über das Hambacher Fest eingegangenen Nachrichten eine Theilnahme diesseitiger Eingesessener nicht bekannt geworden ist, und wenn der eine oder der andere anwesend gewesen sein sollte, dies eher der Neugierde, als einer bösen Absicht zuzuschreiben sein dürfte, weshalb ich auch deshalb weitere Nachforschungen vermeiden zu müßen glaube. Das Gutachten fasste die Meinung der anderen vier Regierungspräsidenten zusammen und gab ein weiteres Zeugnis für die vermeintliche Gelassenheit der anwesenden Staatsdiener ab. Wie im Fall der Karnevalsdiskussion verweist die enorme Kongruenz der Verwaltungsberichte 1468 Vgl. Poll, Reiman, S. 302–306; Herres, Köln, S. 127. 1469 Clemens, Gründung, S. 261. 1470 Vgl. ebd., S. 260–263 und dies./Thielen, Strömungen, S. 38–41. Zur Thematik siehe Sperber, Radicals, S. 107–110, Kapitel III. 5.2 und grundlegend Robert, banquets. 1471 Groß, Polizei, S. 199 f.; Brophy, Rhineland, S. 105. Vgl. Kapitel III. 4.2 und ausführlich Clemens, Cetto; Ries, Saarkreise; Foerster, Vaterlandsverein; Baumann, Fest. Exemplarisch findet sich unter StATr Tb 6–5, Eintrag Nr. 2151 eine Instruktion der Trierer Regierung wegen Verbreitung aufrührerischer Proclamationen.
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auf interne Abstimmungsformen, die im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren nur noch selten dokumentiert wurden. Ob sie über routinierte informelle Kommunikationskanäle abliefen oder nach mehr als zehn Jahren Verwaltungserfahrung und zahlreichen internen Versetzungen nicht mehr notwendig waren, bleibt offen.1472 Abschließend ergab das Aufspüren etwaiger Teilnehmer und kritischer Presseberichte, dass vier Studenten aus Köln sowie ein ehemaliger Buchhändler aus Koblenz in Hambach gewesen waren, die Rhein- und Mosel-Zeitung positiv berichtet hatte und zwei ganz unangemessene 1473 Adressen in der Provinz kursierten.1474 Fritsche meinte die Sprachgewohnheiten seines Dienstortes als Zensor mittlerweile so gut zu kennen, dass umso mehr bezweifelt werden muß, daß diese beiden Adressen wirklich Preußen zu Verfassern haben. 1475 In Düsseldorf seien sie laut Schmitz-Grollenburg ganz unbekannt geblieben.1476 Diese geringe Anteilnahme erscheint aufgrund der territorialen Nähe und der in Kapitel III. 2.4 dargestellten Schlupflöcher in der Zensurbehörde unwahrscheinlich, deckt sich aber mit den Anwesenheitslisten und spiegelt sich in den Stadtratsprotokollen wider. Denn der Koblenzer Stadtrat ermüdet[e] indessen durch die langweiligen Verhandlungen 1477 über die laufenden Eigentumsstreitigkeiten mit der Regierung und schränkte seine Sitzungen ein. In Aachen begann erneut eine Phase völliger Untätigkeit, nachdem Oberbürgermeister Edmund Emundts seine gewünschte Gehaltserhöhung nicht erhalten hatte.1478 In Düsseldorf fand mit der Amtsübernahme durch Regierungssekretär Johann Joseph von Fuchsius ein weiterer provisorischer Führungswechsel statt, der an der Benachteiligung der Stadt im regionalen Vergleich zunächst nichts änderte. Haw und die Stadtadvokaten von Trier trugen neue Fehden mit der Regierung aus, die sich am Elementarschul- und Bauwesen, nicht aber an den vorhandenen privaten Verbindungen zu den nahegelegenen Festteilnehmern entzündeten.1479 Einzig der Stadtrat von Köln sah sich am 6. November 1832 wegen der so unerwartet und plötzlich stattgefundenen Verhaftung von vier Bürgersöhnen hiesiger Stadt, worunter drei aus den angesehensten und geachtetsten Familien kamen, zu einer Immediat-Eingabe an den König gezwungen. Bezugnehmend auf die publizistischen Beweise für eine Beteiligung am Hambacher Fest behaupteten sie, 1472 Vgl. die Akte zum Fest unter LHAK 403 2458, insbesondere das Schreiben von Bodelschwinghs vom 29.7.1832. Zur Verharmlosung in der Berichterstattung siehe Herres, Regierung, S. 70–73. 1473 LHAK 403 2458, Anweisung Schuckmanns an Oberpräsident Ingersleben vom 15.7.1832 mit dem Auftrag nähere und sorgfältige Nachforschungen anzustellen. 1474 So die Antwort von Oberbürgermeister Maehler am 28.4.1832 unter ebd. Darüber hinaus waren zwei Personen aus Kreuznach sowie zwei Kaufleute und ein Bierbrauer aus Saarbrücken vor Ort gewesen. Unter StATr Tb 6–5, Eintrag Nr. 3040 instruierte das Oberpräsidium den Trierer Landrat, dass bei Beschreibung des Hambacher Festes und ähnlichen Festen nur mit wenigen Worten Erwähnung gethan werden sollte. Zur RMZ in den 1830er Jahren vgl. Herres, Braunfels. 1475 LHAK 403 2458, Bericht von Fritsche an das Innenministerium vom 17.8.1832. 1476 Ebd., Schreiben vom 21.8.1832. Vgl. die Einschätzung Fabers, Rheinlande, S. 328–330. 1477 So die Aussage im Bericht vom 21.3.1832 unter StAK 623 2245. 1478 Vgl. Kapitel III. 4.1 und 5.1. 1479 Vgl. die Stadtratssitzungen unter StATr Tb 100/9 vom 3.3. und 26.5.1832; ebd. Tb 100/10 vom 4.8., 10.9., 4.10. und 12.12.1832.
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dass die Sprößlinge aus dem Hause Bel, Nierstras und Mumm eines solchen Verbrechens unschuldig und dessen überhaupt unfähig seien. 1480 Alle drei Väter – Seiden- und Samtfabrikant Joseph Bel, Großkaufmann Johann Abraham Nierstras und der Solinger Weingroßhändler Jacob Wilhelm Mumm – befanden sich als Ratsherren unter den Initiatoren der Petition.1481 In dem Handeln der Kölner Honoratioren kündigte sich das an, was Rudolf Vierhaus einst als Zäsur im sogenannten Beamtenliberalismus ausmachte: Die Tatsache, dass die „Position als ‚Mitte‘ zwischen Revolution und Restauration“ nach den historischen Umbrüchen von 1830 nicht mehr zu halten und eine „Parteinahme erforderlich [war] – nicht mehr allgemein für Vernunft, Fortschritt und Recht, sondern nun unter Umständen gegen die Politik der Regierung.“1482 Doch während in der süddeutschen Öffentlichkeit bereits regelrechte „Wahlkämpfe“1483 ausgefochten wurden, verließen die politischen Absprachen der rheinischen Notabeln nur selten den institutionellen oder informellen Raum.1484 Der demonstrativen Teilnahmslosigkeit an den revolutionären Geschehnissen im Rathaus setzten sie im westfälischen Landtag beispielsweise die Forderung nach einer Verfassung, im rheinischen Landtag das Bekenntnis zu mehr Öffentlichkeit entgegen.1485 Abseits des Ständehauses wurden Merkens, Koch und Schöller verdächtigt, die Loslösung von Preußen zu planen und Ausschusssitzungen zur Provinzialfeuerversicherung zur Petitionsvorbereitung zu zweckentfremden.1486 Die Augsburger Allgemeine Zeitung veröffentlichte geheimnisvolle Überlegungen über eine hochverrätherische Verbindung, welche von Köln aus geleitet werden sollte. 1487 In Koblenz wurde dem Oberpräsidenten in einem vertraulichen Gespräche mitgetheilt, daß […] der Regierungsanwalt Rath Meurer bei einem politischen Gespräch an öffentlicher Mittagstafel im Gasthaus zu Ehrenbreitstein geäußert habe, wie er ganz damit zufrieden wäre, wenn das Gerücht eines Austauschs der preußischen Rheinlande mit dem Königreich Sachsen realisiert würde. 1488 1833 fielen anderen 1480 HAStK 410 A3, Eintrag vom 6.11.1832. Neben der Ehre dieser Familien fühlte die Gesamtheit der Bewohner Coelns sich dadurch auf das Empfindlichste gekränkt. 1481 Vgl. die Angaben im Anhang und Herres, Köln, S. 128 f., wonach die Petition allen Angeklagten gegolten haben soll. Als viertes wurde Schulamtskandidat Heinrich Schaltenbrand beschuldigt und zu zwei Jahren Haft verurteilt. Er sollte später die Redaktion der RMZ in Koblenz übernehmen, vgl. Kampmann, Presse-Chronik, S. 124 f. 1482 Vierhaus, Liberalismus, S. 48–50, vgl. Hodenberg, Partei, S. 282 und Rowe, Reich, S. 276–281. Das Einschreiten des Koblenzer Stadtrats für Joseph Görres, das in Kapitel III. 2.4 dargestellt wurde, zeigt, dass diese Entwicklung zum Teil früher einsetzte. 1483 Hettling, Reform, S. 132. 1484 Vgl. exemplarisch ebd., S. 127 und S. 132–139 und Kapitel III. 5.2. 1485 Wallthor, Vincke, S. 237–240; Herres/Holtz, Provinzen, S. 151 f.; Croon, Provinziallandtag, S. 62 f., vgl. LHAK 403A 33, Bd. 2, Bl. 287 f. Sitzungsprotokoll vom 11.12.1833, in dem insbesondere der Trierer Abgeordnete Mohr sich über die Zensur beschwerte. 1486 Vgl. Hansen, Briefe, S. 107–111 und S. 123–131 sowie Herres, Köln, S. 126. 1487 AAZ Nr. 517, Beilage vom 18.12.1832, weiterverfolgt unter ebd. Nr. 2 vom 2.1., Nr. 49 vom 17.2 und Nr. 113 vom 26.3.1833. 1488 LHAK 403 4011, Schreiben von Wurzer vom 4.12.1830, der Denunziant war Obrist Lieutnant.
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spitzfindigen Beobachtern im Auftrag der Krone, zum Beispiel dem Mülheimer Landrat Schnabel, nie dagewesene Beleidigungen, polnische Sympathiebekundungen und konfessionelle Spannungen im Kölner Karneval auf. Auch schienen die Kölner Roten Funken mit der Anschaffung neuer Uniformen und Rekruten auffällig stark aufzurüsten.1489 Durch die Hintertür gelangten diese Konflikte in zahlreiche Zeitungen und Publikationen, sodass fast alle Zensoren ab spätestens 1834 um die Befreiung von ihrem Amt anstanden. Seit den Karlsbader Beschlüssen waren über 40 Zensuredikte ergangen, die das preußische Pressgesetz spezifizierten und ihre Arbeit verkomplizierten.1490 Vor allem dem in Kapitel III. 2.4 exemplarisch dargestellten Einsatz von Handbüchern und Kalendern zur politischen Informations- und Meinungsmache musste seit 1832 die vorzüglichste[r] Aufmerksamkeit und Sorgfalt gewidmet werden.1491 Allein in Trier waren bei einer Verlagsrazzia nach dem Hambacher Fest über 1.000 verbotene Schriften, darunter die populären Reden von Georg August Wirth und Philipp Jakob Siebenpfeiffer, gefunden worden.1492 Das hinderte den von diesen Polizeimaßnahmen betroffenen Buchhändler und Stadtrat Friedrich Lintz jedoch nicht daran, rechtlich gegen die Zensur Einspruch zu erheben und ein deutsch-französisches Lesekabinett zu gründen.1493 Und schließlich sollen hier namhafte Notabeln und einige Stadträte im Casino die Marseillaise gesungen und im Koblenzer Karnevalskomitee das Bild Napoleons bekränzt und die Freiheit soll leben ausgerufen haben.1494 In fast allen Fällen waren es Polizeispitzel und Militärs, die diese liberalen Tendenzen aufspürten und Behauptungen aufstellten, die die offiziellen Stellungnahmen der Regierungsräte diskreditierten. Diese lassen sich rückblickend mit dem Verantwortungsbewusstsein und dem Ehrgefühl der zuständigen Räte sowie ihrer undankbaren Mittlerstellung zwischen Monarch und Bevölkerung erklären. An ihrer Fähigkeit, Spannungen abzubauen und die Konflikte (auf beiden Seiten) klein zu halten, entschieden sich 1489 Brog, Geschichte, S. 240 f.; Hansen, Briefe, S. 109 f.; Wedel, Wittgenstein, S. 34, Frohn, Narr, S. 100 f. und S. 213. Nach Groß, Polizei, S. 204 f. war Bodelschwingh prinzipiell gegen die Bespitzelung der Notabeln. 1490 Holtz, Quellen, S. 751 f., vgl. die Zusammenfassung der Edikte vom 20.6.1833 unter LHAK 442 3391, Bl. 45 und Groß, Polizei, S. 201–203. Nach Nahmer, Geschichte, S. 75 f. stellte sich die KÖZ „rückhaltslos auf die Seite der Regierung“, ergänzte aber die Artikel ihres Hauptteils um kritische Aufsätze im Beiblatt, die nicht zurückverfolgt werden konnten. 1491 Zirkularverfügung vom 12.6.1832 abgedruckt bei Holtz, Quellen, S. 422. 1492 Vgl. die Aufstellung bei Groß, Polizei, S. 209 und der Bericht bei Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 822–824, wonach die Beschlagnahmungen u. a. bei Stadtrat Lintz und Franz Aloys Gall stattfanden. 1493 Vgl. LHAK 442 3753 und Kapitel III. 4.3. 1494 Vgl. LHAK 403 2616, Schreiben vom 16.4.1834; beschuldigt wurden in Koblenz u. a. die Stadträte Reiff und Mohr sowie Landrentmeister Zweiffel und Justizrat Adams. Zum Casinoskandal in Trier, der weitaus größere Wellen schlug, siehe Kapitel III. 4.1 und Haase, Casinogesellschaft. Nach Blazejewski/ Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 779 f. berichtete Landrat Georg Bärsch am 18.8.1832 von weiteren liberalen Trinksprüchen in der Trierer Kaufmannschaft. Andere Beispiele nennt Brophy, Rhineland, S. 98–102.
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Karriereverläufe und Dienstorte. Darüber hinaus implizieren die auffallend intensiven Bemühungen um den rheinischen Karneval, dass die seit über zehn Jahren anwesenden Beamten aus den preußischen Kerngebieten bestrebt waren, die Distanz zur lokalen Notabelnelite zu verringern.1495 Umso schwerer wog die Tatsache, dass das Innenministerium seine Versuche den Karneval zu unterbinden und den unerlaubten Maskeraden in Aachen, Düsseldorf, Trier und Koblenz Einhalt zu gebieten ab 1834 intensivierte.1496 Es scheint hierfür jedoch zu spät gewesen zu sein. Aus Köln hatte Staatsminister Gustav von Brenn bereits das unverbürgte Gerücht gehört, dass infolge des Maskenverbots eine Anzahl Coblenzer Einwohner im Naussauischen Esel gemiethet, und auf diesen mit Trauerflor behangen, nach Coblenz haben einziehen wollen. 1497 Auch wusste er, dass die preußische Sicherheitspolitik an der Umsetzung vor Ort scheitern musste, da mehrere angesehene Einwohner in Coblenz und selbst Regierungsbeamte zum Carnevals Comité gehör[t]en, letztere aber ihre Erklärung dafür gehalten [hätten], daß für den Fall eine Liste sämmtlicher Mitglieder eingereicht werden sollte, man ihre Namen weglassen möchte, was ihnen auch zugestanden worden sey. 1498 Fast beschwörend und im Sinne seines verstorbenen Vorgängers schrieb Philipp von Pestel daraufhin an Maehler, dass man diese Liste dem Staate, der Stadt schuldig [sei,] damit Wahrheit und Unwahrheit an den Tag kommen. 1499 Doch diese Liste fehlt in den Akten. Dieser Quellenbefund ist im Vergleich zu anderen Vereinszugehörigkeiten von besonderem Interesse, weil das Politische für die karnevalistische Vereinswelt konstitutiv war. So spiegelte sich mit den Worten James Brophys die „crypto-parliamentary-structure“ im Innern der Karnevalsgesellschaften in „symbolism and terminology of representative politics“ nach außen wider.1500 Mit den Worten der Zeitgenossen trat 1834 lediglich Lust und Scherz ins Regiment und Köln rühmte[e] sich seit vielen Jahren die Hauptstadt des lustigen Reichs zu sein.1501 Alles in allem lassen sich die karnevalistischen Netzwerke der Stadträte nicht vollständig rekonstruieren. Dennoch war eine überregionale symbolpolitische Abstimmung der 1495 In der AAZ Nr. 131 vom 10.5.1832 wird die angewachsene Beliebtheit der preußischen Regierungen auffallend betont, vgl. auch der positive, resümierende Bericht des Oberpräsidenten vom 14.1.1833 über die treue Folgsamkeit seiner Provinz, abgedruckt bei Keinemann, Ereignis Teil II., S. 11 f. 1496 Vgl. das Schreiben des Königs vom 31.1.1834 und vom 17.4.1834 unter LHAK 403 2616, Bl. 217 und Bl. 281. 1497 Ebd., Bl. 249 Schreiben von Brenn an von Pestel vom 21.2.1834. 1498 Ebd., Bl. 271–274 Schreiben von Brenn an von Pestel am 16.4.1834. 1499 Ebd., Bl. 275 Schreiben von Pestel vom 20.4.1834 mit dem Hinweis, daß es nothwendig ist, die Wahrheit in jeder Beziehung zu ermitteln. 1500 Brophy, Rhineland, S. 184–188 und ausführlich ders., Politicization. Nach Herres, Köln, S. 88 hatte die Kölner KG 1824 bereits 109, 1829 über 500 zahlende Mitglieder, die in den vorliegenden Netzwerkvisualisierungen nicht vollständig erfasst werden konnten. Weitere demokratische Tendenzen innerhalb des Vereinswesens werden in Kapitel III. 5.3 thematisiert. 1501 LHAK 403 2616, Bl. 215 Einladungsschreiben der Kölner KG zum Karneval vom 30.1.1834 an Oberpräsident von Pestel.
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Notabeln während der Faschingszeit und die Beteiligung der Regierungsbeamten offensichtlich. In Koblenz organisierte Johann Anton Leroy die ersten Rosenmontagsumzüge. Er war in Köln als Sohn einer elsässischen Familie aufgewachsen, hatte in eine alteingesessene Schifferfamilie von Neuendorf eingeheiratet und wurde am Ende der 1830er Jahre in die Handelskammer, in den Gewerbeverein und in den Stadtrat gewählt. Als Karnevalspräsident gewannen er und die eingangs erwähnten Gerichtszeugen mit Hilfe der Regierungsbeamten den dargestellten Prozess um das Karnevalsrecht in Koblenz und alle anderen großen Provinzstädte zogen nach. Die Erlaubnis für öffentliche Fastnachtsumzüge durch die Kabinettorder vom 19. Januar 1835 schuf folglich ein öffentliches Ersatzforum politischer Partizipation, das den Notabeln verdeckte Meinungsäußerungen fortan ermöglichte.1502 Somit war das Ringen um den rheinischen Karneval ebenso wie der Kampf um das rheinische Recht von einem über die jeweiligen Stadträte hinausgehenden Zusammenhalt der lokalen Notabelngesellschaft, einer gemeinsamen Zielsetzung der Städtevertreter untereinander, der Hilfe außenstehender Autoritätspersonen, insbesondere von der Vermittlungsposition des Oberpräsidenten, und von dem Einsatz sachlicher Argumente sowieso ausgewiesener Rechtstexte – folglich von der Instrumentalisierung des Rechtswesens selbst – abhängig. Hierin deutet sich eine weitere Partizipationsmöglichkeit an, die im nachfolgenden Kapitel in den Fokus gerückt wird: die kommunalpolitische Bedeutung der Expertise für eine erneuerte, aufstrebende Notabelngeneration. Dieser standen mit den aufgezeigten Symbolformen, den Presse- und Publikationsmedien und unzähligen, unerwähnt gebliebenen Reden, Gedichten, Schaustücken und Liedern mindestens einmal im Jahr mündliche, schriftliche, symbolische und performative Partizipationsformen zur Verfügung, deren Reichweite zwar nicht unterschätzt, deren Rückwirkung auf die Verwaltungskultur aber nicht überschätzt werden darf. In Anlehnung an Ute Schneider wird im Umfeld der Provinziallandtage zu sehen sein, dass die in der Karnevalszeit aufkommende „bürgerliche politische Festkultur im Kontrast zur monarchischen“1503 zwar weiter ausgedehnt wurde, vermeintliche „Gegenfeste“ aber stets eines vorgegebenen Kommunikationsrahmens mitsamt seiner dynastischen Bezugspunkte bedurften, um ihre Funktion zu erfüllen.1504 Von dieser Interpretationsmöglichkeit einmal abgesehen, lassen sich offene Protestbekundungen gegen das Herrschaftssystem, die zehn Jahre zuvor noch an der Tagesordnung (und in der Zeitung) gestanden hatten, im Verwaltungsalltag der späten 1830er Jahre – mit wenigen Ausnahmen – nicht mehr aufspüren. 1502 Die Regierung hatte sich unter ebd., Bl. 225–228 am 14.2.1834 wie folgt positioniert: Obwohl der redestehende Nachweis in der vorgeschriebenen Form nicht beigebracht werden kann, glauben wir doch bei der Vollständigkeit der Zeugenaussagen für die Ertheilung der Erlaubniß uns aussprechen zu dürfen. Auch Pestel war unter ebd., Bl. 231–240 am 18.2.1834 im Interesse der öffentlichen Stimmung für die Maskeraden, vgl. das Schreiben von Rochow unter ebd. vom 22.1.1835 und die KO vom 19.1.1835. Die anderen Städte erstritten sich dieses Recht bis zum Jahr 1840, vgl. ebd., Frohn, Narr, S. 214 f. und Brophy, Rhineland, S. 179 f. Zu Leroy siehe die Angaben im Anhang, Kampmann, Köpfe, S. 98 f. und Kapitel III. 4.2. 1503 Schneider, Festkultur, S. 17, vgl. Kapitel III. 4.4 und 5.2. 1504 Brog, Geschichte, S. 87–105 und S. 124–136.
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4. Erfolgreiche Eigeninitiativen und gescheiterte Partizipationsversuche 1835–1840 Ich glaube genau, daß mündliche Erläuterungen und Vorstellungen in dieser Sache eher als schriftliche Auseinandersetzungen geeignet seyen, manche irrige Voraussetzungen zu beseitigen, die Unterhandlungen abzukürzen und bald zu einem erwünschten Ziele zu führen. 1505 (Aktennotiz von Edmund Emundts, Oberbürgermeister von Aachen, 1837)
Versteht man den Verfassungsdiskurs als Aushandlungsprozess um die Verschriftlichung rechtlich klar definierter Beteiligungsformen an politischen Entscheidungen, dann war dieser Prozess am Ende der 1820er Jahre in Preußen beendet und aus der Perspektive der rheinischen Notabeln gescheitert. Die Aufgaben des Provinziallandtags waren vielfältig, doch sie bestanden nicht vorrangig in der Institutionalisierung politischer Partizipationsformen. Nach Obenaus war die Regionalvertretung in erster Linie eine „Einrichtung von begrenzter Dauer und kontrollierter Wirksamkeit,“1506 weil sowohl die Tagungsperioden als auch die zu behandelnden Themen vom König bestimmt wurden. Pascal Cancik ist der Meinung, dass sie „nicht mitentscheidend, sondern nur beratend, inspirierend wirken“1507 sollten. In ähnlicher Weise wie die noch zu analysierende Gutachterfunktion der Verwaltungsbeamten konnte sich Wilhelm III. im Düsseldorfer Ständehaus unverbindliche Meinungen über geplante Gesetze einholen und sich ein Bild von der öffentlichen Meinung machen, ohne sich ihr beugen zu müssen. Innerhalb der Herrschaftsordnung wurde den Landtagsabgeordneten somit den von Reinhart Koselleck hervorgehobenen Dienst auferlegt, „die Vorherrschaft der Verwaltungsbehörden abzusichern.“1508 War der Landtag also nicht mehr als eine außergewöhnliche Informationsbeschaffungsmaßnahme? Informationen hielt die Versammlung sowohl für den König als auch für die Abge ordneten zu Genüge bereit. Den zahlreichen Amtsträgern unter ihnen bot er die willkommene Gelegenheit, die Verwaltungspraxis der einzelnen Städte und Dörfer kennenzulernen und miteinander zu vergleichen. Innerhalb und außerhalb der Verhandlungen taten sich dazu vielfältige Kommunikationsmöglichkeiten auf, die zum politischen Meinungsaustausch und zur überregionalen Abstimmung einluden. Dadurch brachte der Landtag die angestrebte Vereinheitlichung der Verwaltung, den laufenden Verflechtungsprozess der Stadträte und die Ausbildung translokaler, sich wechselseitig beeinflussender Partizipationsstrategien voran.1509
1505 StAAc Ob 41–1, Schreiben vom 4.2.1837 bezüglich einer Deputationsentsendung nach Berlin. 1506 Obenaus, Parlamentarismus, S. 198. 1507 Cancik, Verwaltung, S. 128, nach Soénius, Selbstverwaltung, S. 156 gehörte die Beratung auch in der französischen Herrschaftsphase zur Hauptaufgabe der parlamentarischen Gremien. 1508 Koselleck, Reform, S. 343, vgl. ders., Staat, S. 414 f. 1509 Vgl. Grothe, Parlamentarismus, der insbesondere die Netzwerkfunktion bestätigt und im Landtag eine parlamentarische „Schule“ erkennt.
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Der „Befund der kooperativen Atmosphäre und der zweckorientierten Arbeit“, den Thomas Mergel für Weimar festgestellt hat, lässt sich demnach auch auf den Provinziallandtag übertragen und galt nicht für „grundsätzliche Konflikte“, wie das Justizsystem oder die Pauperismusfrage.1510 Im Vergleich zur parlamentarischen Kultur anderer Territorien und historischer Epochen war die Besprechung derartiger Grundsatzfragen in Preußen jedoch weder vorgesehen noch gewünscht. Die Tatsache, dass sie dennoch zur Sprache kamen und einen wesentlichen Teil der Verhandlungen ausmachten, verdeutlicht, dass die parlamentarische Beteiligung in Preußen über den „Charakter einer Legitimation“1511 hinausging und die zitierten Forschungsmeinungen relativiert werden müssen. Anstatt „soziale Interessensgruppen ständisch einzubinden, um sie politisch zu zähmen,“1512 beförderte der Landtag wechselnde Handlungskooperationen, die über den ständischen Charakter hinausgehen und/oder ihre Standeszugehörigkeit demonstrativ einsetzen konnten.1513 Insofern erweiterte er nicht nur die kommunikativen, sondern auch die sozialen Abstimmungsformen der Notabeln untereinander. Dass die zu repräsentierenden Bevölkerungsgruppen darüber und über die Inhalte der Parlamentsdebatten nicht offiziell in Kenntnis gesetzt wurden, war insbesondere den Stadträten unter den Abgeordneten ein Ärgernis, das sie in der zweiten Hälfte der 1830er Jahre lautstark äußerten und eigenmächtig – beispielsweise im Rahmen von Feierlichkeiten und Festbanketten – zu beheben suchten. Es wird sich zeigen, dass das Verschwiegenheitsprinzip der preußischen Verwaltungsordnung einerseits ihrem Ehrgefühl und ihrem Amtsverständnis sowie den vorherrschenden Kommunikationsprinzipien im Verwaltungsalltag widerstrebte, andererseits aber auch aufgrund dieser Prinzipien befolgt und stattdessen von den übergeordneten Beamten selbst durchbrochen wurde. Oberpräsident von Ingersleben und seine Nachfolger traten im Rahmen der Landtagsverhandlungen erstmals öffentlich mehr als Vertreter der Provinzinteressen, denn als Stellvertreter des Königs auf, zumal dieser als weit entfernter Sender bzw. Adressat fungierte.1514 Das auf geheimen Korrespondenzen und Mundpropaganda beruhende Halbwissen der auswärtigen Zeitungen schürte die Gerüchteküche in den Amtsstuben und in der Bevölkerung und machte eine gesteigerte Verwaltungskommunikation nach außen immer notwendiger. Die Verheißung, dass mehrere Zweige der Verwaltung, die sonst von den Regierungen abhängig waren, […] an die Provinzialstände verwiesen werden sollten,1515 weckte beispielsweise große Erwartungen und bewahrheitete sich nicht. Lediglich einzelne, gut vorbereitete, mühsam erarbeitete und kollektiv vorgetragene Wünsche, wie etwa die Änderungen der Steuererhebung, der Fortbestand des rheinischen Rechts oder die Anpassung 1510 1511 1512 1513 1514
Mergel, Kultur, S. 52–67. Obenaus, Parlamentarismus, S. 419. Koselleck, Reform, S. 376. Weitere Beispiele für diese Beobachtung finden sich in Kapitel III. 4.3 und 4.4. Darin unterschied sich Preußen nach Kirsch, Monarch, S. 390 ebenfalls von anderen Herrschaftsterritorien. 1515 Münchner politische Zeitung Nr. 69 vom 22.3.1826.
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der preußischen Städteordnung, wurden lautlos erfüllt, wobei verschiedene Vermittlungspersonen, allen voran die Stadträte selbst, daran einen wesentlichen Anteil hatten. Mit der Adressbewegung zur Verteidigung der napoleonischen Gesetzgebung zogen die bisherigen Partizipationsstrategien der Stadträte in die parlamentarische Praxis der nachgeordneten Ebene ein. Damit wurde die bisher übliche direkte Kommunikation mit dem König ein Stück weit aufgegeben und die Funktion des Provinziallandtags inklusive der Rolle des vorstehenden Oberpräsidenten als neues Vermittlungsorgan anerkannt, ohne auf die schriftliche Ausformulierung politischer Forderungen von unten zu verzichten. Vielmehr wurden diese sogar wiederholt, gebündelt, ergänzt und unterstrichen, wenn sie die Zweidrittelmehrheit im Landtag passierten und in der auswärtigen Presse besprochen wurden. Diese von Ewald Grothe bemerkte „Ventilfunktion“1516 war notwendig, weil die Petition nach wie vor die einzige institutionalisierte Partizipationsmöglichkeit und die einzige Form der parlamentarischen Einflussnahme war, wohingegen sie in England zeitgleich das „wichtigste Vehikel außerparlamentarischer Meinungsäußerung“1517 darstellte. Wenn Andreas Wirsching also feststellt, dass eine „Vielzahl der Petitionen“ im englischen Unterhaus „ins Feld geführt [wurden], um die Souveränität des Parlaments und die Unabhängigkeit der einzelnen Abgeordneten zu untergraben oder gar zu bestreiten,“1518 dann war in der preußischen Rheinprovinz das genaue Gegenteil der Fall. Daraus lassen sich wichtige Rückschlüsse auf die parlamentarische Kultur Preußens und die Position der rheinischen Abgeordneten im politischen Raum ziehen. Denn im Gegensatz zu Großbritannien war eine freiwillige Unterstützung aus der Heimat in der Form eines Auftrags der zu repräsentierenden Bevölkerungsgruppe für die Tätigkeit der Provinzialstände, insbesondere für den Anstoß eigener Gesetzesinitiativen, elementar.1519 Als „probate Oppositionsstrategie“ bestand das Ziel der Abgeordneten darin, „einer ausreichenden Anzahl von Petitionen […] Gehör zu verschaffen, anschließend auf sie zu verweisen und der Regierung vorzuwerfen, sie trete die Interessen des ‚Volkes‘ mit Füßen.“1520 Diese oppositionelle Grundhaltung bestimmte die Arbeitsatmosphäre im Provinziallandtag und die mündlichen Wortbeiträge der Abgeordneten. In den dazugehörigen Bittschriften wurde sie insofern verschleiert, als die Verwendung bestimmter Schlüsselbegriffe eine zögerliche Anpassung der Verwaltungssprache preisgab, die den privaten Schriftverkehr nicht tangieren musste und daher als bewusste Kommunikationsstrategie bewertet werden kann. Denn analog zu Monheims lateinischer Schreibschrift legte Oberbürgermeister Maehler zum Beispiel den Umlaut „ae“ seines Nachnamens nicht ab, obwohl einzelne Regierungs1516 1517 1518 1519 1520
Grothe, Parlamentarismus, S. 77 und S. 80 f. Wirsching, Parlament, S. 133. Wirsching, Parlament, S. 134, wobei es um die Einkommenssteuer ging. Vgl. Obenaus, Parlamentarismus, S. 439–447 und Kapitel III. 5.2. Wirsching, Parlament, S. 133, ähnlich Boldt, Verfassungsgeschichte, S. 86, der die Petition als „Ventil für die fehlenden institutionalisierten Beteiligungsformen“ betrachtet. Sperber, Radicals, S. 105 hebt die auch in dieser Arbeit bereits gezeigte Bedeutung der Petition als „tactic that supporters of the governement could also use“ hervor.
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räte ihn nicht gebrauchten. Überregional agierende Kaufleute, die im Folgenden vorgestellt werden, sahen eine französische Schreibweise ihres Namens sogar als geschäftsförderlich an und führten Verhandlungen nach wie vor auf Französisch.1521 Hinter den wenigen genannten Partizipationserfolgen der rheinischen Abgeordneten stand das französische Gleichheitsprinzip, auf das sich die Stadträte in der vorangegangenen Verfassungsbewegung verständigt hatten und das sie mit so manchem adeligen Abgeordneten – ja sogar mit einigen Regierungspräsidenten – teilten. Das Ideal einer gleichen Staatsbürgergesellschaft fand sich in innerbehördlichen Berichten, Landtagsdebatten und Gerichtsurteilen; es beherrschte die öffentliche Symbolsprache der Vereinswelt, das performative Auftreten der Notabeln bei Festveranstaltungen – aber nicht die städtische Alltagskultur. Ungeachtet aller realen Bezüge und der anwachsenden Kluft zwischen Arm und Reich entwickelte sich dieses Ideal zu einer ebenso flexiblen Partizipationsstrategie wie die öffentliche Meinung und die Gemeinwohlorientierung – zu einem argumentum a priori, das für regionale Besonderheiten ebenso genutzt werden konnte wie gegen adelige Rechtsansprüche und ständische Ordnungsvorstellungen. Obwohl es auch vonseiten der Regierungsbeamten gegen die Notabeln verwandt wurde und in anderen deutschsprachigen Territorien sowie in einzelnen preußischen Kernprovinzen existierte, kann es als rheinisches Distinktionsmerkmal bewertet werden und bildete das Fundament eines politischen Regionalismus, der in der diskursiven Umdeutung des französischen Justizwesens am prägnantesten zum Ausdruck kam.1522 In der Folgezeit konkurrierte die Rechtsprechung bekanntermaßen mit der Verwaltungsordnung um den Charakter einer Ersatzverfassung, weil juristische Rechtsgrundsätze für die Konstituierung des politischen Raums notwendig waren und die „Verrechtlichung der politischen Verhältnisse“1523 in Preußen nicht durch eine legitimitätsstiftende Verfassung erfolgte. Den hohen Stellenwert, den die Zeitgenossen und die nachfolgenden Historiker – je nach Blickwinkel – entweder dem rheinischen Recht oder der preußischen Bürokratie zugestanden, hatte Wilhelm III. also selbst zu verantworten.1524 Nichtsdestotrotz blieb seine Person und das monarchische Prinzip in der politischen Kultur allgegenwärtig. In der Rheinprovinz wurde es mit der Inthronisation von Friedrich Wilhelm IV. im Jahr 1840 sogar gestärkt, weil dieser seine als Kronprinz verfolgten Verfassungsziele entgegen aller Hoffnungen nicht weiterverfolgte.1525 Neuere Forschungen belegen, dass dies kein Alleinstellungsmerkmal Preußens, sondern ein europäisches Phänomen bzw. Problem war, das unterschwellige Konflikte in der Gesellschaft inten1521 Vgl. Kapitel III. 4.2. 1522 Herres, Anfänge, S. 128; ders., Köln, S. 6; Berding, Regionalismus, S. 376–378, vgl. Brunn, Regionalismus, S. 21 f. 1523 Kirsch, Monarch, S. 407 f., vgl. ausführlich Bulst, Recht. 1524 Vgl. einerseits Koselleck, Reform, S. 259, bestätigt von Burg, Verwaltung, S. 147 f. und erweitert durch Paulmann, Pomp, S. 78–82, andererseits Faber, Recht, S. 13, bestätigt von Schubert, Kampf, S. 147, Raphael, Recht, S. 59, Rummel, Nachwirken, S. 895 und Rowe, Reich, S. 281. 1525 Obenaus, Parlamentarismus, S. 524–527.
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sivierte.1526 Richard Evans ist der Ansicht, dass sich mit den revolutionären Ereignissen um 1830 in Europa „schlicht und einfach gezeigt [hatte], dass die Kombination von Absolutismus und Ineffizienz kein Rezept für eine stabile politische Ordnung war.“1527 Diese Beobachtung spielt auf hier nicht in Gänze ausgeführte machtpolitische Konstellationen und den repressiven Kurs der Heiligen Allianz sowie die schwierige Umsetzung der Karlsbader Beschlüsse an.1528 So krankte die preußische Sicherheitspolitik von vorneherein am Mangel an verbindlichen Vorgaben und der Bereitschaft einzelner Staatsdiener, diese umzusetzen. Mit weitreichenden Interpretations- bzw. Handlungsspielräumen auf der Basis einer diffusen Rechtslage ließ sich kooperatives Verwaltungshandeln nicht erzwingen. Das hatte sich besonders in Aachen und Trier offenbart und daran vermochte der Erfahrungszuwachs der anwesenden, sich nahezu abwechselnden Regierungsbeamten sowie die verbesserte Stellung des Oberpräsidenten nichts zu ändern. Auch reichten die bereits dargestellten und weiter nachzuverfolgenden Lücken innerhalb der preußischen Zensurpolitik von einer offenen Meinungsmache in auswärtigen Blättern und verbotenen Schriften über versteckte politische Hints in scheinbar harmlosen Handbüchern und lokalen Zeitungen bis hin zu symbolischen Protesten bei Urteilsverkündigungen, im Karneval oder bei Fest- und Feiertagen. Öffentliche Partizipationsforderungen, die zu Beginn der preußischen Herrschaftsphase laut geworden waren, verstummten also nicht, sondern wechselten ihre Kanäle und Ausdrucksformen. Doch inwieweit diese teils traditionalen, teils innovativen Spielarten politischer Kommunikation in der Bevölkerung verstanden und rezipiert wurden, war von zahlreichen äußeren Faktoren abhängig und wird im Rahmen des Kölner Ereignisses näher zu hinterfragen sein.1529 Einer dieser Faktoren bestand in der kontrollierten Verwaltungskommunikation selbst, d. h. in der Kommunikationsfähigkeit der Behörden und der Integration der öffentlichen Meinung in die Verwaltungspraxis vor Ort. Diese Integration erfolgte im Fall der Cholera durch eine gesteigerte, zum Teil übertriebene Aufklärungsarbeit – im Rahmen der revolutionären Ereignisse durch betretenes Schweigen und hektische Unterdrückungsmaßnahmen. Eine solche Verwaltungskommunikation nach außen war völlig unzuverlässig, wurde von den Stadträten nicht nachweislich unterstützt und von einzelnen Ratsmitgliedern – beispielsweise während der Landtage oder im Karneval – bewusst konterkariert. Der Befund bestätigt die einschlägige Forschungsmeinung, dass aktive Formen von staatlicher Pressepolitik innerhalb der passiven Strukturvorgaben der Zen1526 Ebd., S. 85–91, zum Konzept des monarchischen Konstitutionalismus vgl. ebd., S. 370–393, zur Bewertung siehe Evans, Jahrhundert, S. 133 f. 1527 Evans, Jahrhundert, S. 133 f. 1528 Nach ebd. war das „Europäische Konzert noch intakt, aber die führenden Staatenlenker selbst Metternich, waren weniger paranoid, was die Gefahr durch revolutionäre Unruhen betraf, und weniger handlungsfreudig“, weil es fast „überall um gemäßigte liberale Verfassungsreformen“ ging. 1529 Vgl. Kapitel III. 4.3; zum vorherigen Verhältnis zwischen Kirche und Staat vgl. zusammenfassend Rathgeber, Einführung, S. 4–7 und S. 21–26.
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sur kaum möglich waren und sich mitunter gegenseitig ausschlossen. Oder anders formuliert: Um die öffentliche Meinung innerhalb der hausgemachten Zensurschranken zu beeinflussen, mussten diese unweigerlich geöffnet werden.1530 Gleichzeitig deckten die Erscheinungsformen der öffentlichen Meinung ein breites Reaktionsspektrum von der völligen Teilnahmslosigkeit bis zum gewaltvollen Aufruhr ab, das im europäischen Vergleich weder zu generalisieren ist noch besonders einzigartig war.1531 Zwischen den Zielen der Heiligen Allianz im Allgemeinen und den Handlungsmöglichkeiten der Stadträte im Speziellen existierte daher eine Reihe von Krisenkonzepten, die Olaf Briese dem Adel, dem Bürgertum und der „Verwaltungselite, die sich aus beiden Gruppen rekrutierte,“1532 zugeordnet hat. Die exemplarische Betrachtung dieser behördeninternen Lösungsvorschläge für europäische Krisenphänomene in den fünf Untersuchungsstädten hat ergeben, dass diese Kategorisierung zu kurz greift und die soziale Herkunft ebenso wie die berufliche Tätigkeit für das Verwaltungshandeln der Notabeln relevant, aber keineswegs ausschlaggebend war.1533 Ihr kleinster gemeinsamer Nenner bestand in der Moralvorstellung, dass die Vermögenden, d. h. sie selbst, in der Pflicht waren, Notsituationen zu bewältigen und das damit verbundene Konfliktpotential in Grenzen zu halten. Diese Meinung teilten die Stadträte mit dem Innenministerium, das 1834 höhere Prozentsätze für die Klassensteuerveranlagung der oberen Klassen verordnete und zur Schonung der unteren Klassen aufrief. 1838 folgte ein neues Einkommenssteueredikt, das die umstrittene Steuerform spezifizierte und im Folgenden aufgegriffen wird. Aus diesen verspäteten Empfehlungen leitet Rosemarie Siegert eine generelle „Linie sozialer Steuerpolitik bei der Kommunalbesteuerung“1534 ab. Wie diese mit den finanziellen Engpässen in den Stadtkassen verfolgt werden konnte, stand jedoch auf einem anderen Blatt und erklärt, warum die ersten praxisorientierten Antworten auf die soziale Frage aus dem städtischen Verwaltungsalltag und dem Vereinswesen, d. h. von unten, kamen und nicht von oben – vonseiten des Staates – zur Verfügung gestellt wurden.1535 Da die „erzwungene Konsolidierung der Haushalte“1536 eine allgemeine Folge der preußischen Steuerpolitik war und die steigende Armut innerhalb einer wachsenden Bevölkerung bei gleichbleibenden Gemeindeeinnahmen die Armenfürsorge zu einem 1530 Piereth, Propaganda, wobei aktive Formen von Pressepolitik – im Übrigen auch für die Landtagsabgeordneten – erst aufgrund der vorübergehenden Lockerung der Zensur unter Friedrich Wilhelm IV. möglich waren, siehe hierzu Dittmer, Beamtenkonservatismus, S. 159 f. und Kapitel III. 5.2. 1531 Evans, Jahrhundert, S. 117 f. und in globalhistorischer Perspektive Osterhammel, Verwandlung, S. 736– 777. 1532 Briese, Angst, S. 203. 1533 Ihre spezifischen Ansichten beruhten auf ähnlichen Erfahrungswerten und knüpften an die großen Pauperismusdebatten der Zeit an, waren letztlich aber situationsabhängig. 1534 Siegert, Steuerpolitik, S. 321–324. 1535 Herres, Vereine, S. 95. 1536 Ullmann, Steuerstaat, S. 31, der in diesem Zusammenhang von der „Beharrungskraft von Finanzsystemen“ spricht.
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grundlegenden Problem der Kommunalausgaben machte, lässt sich die zu Beginn des Kapitels aufgeworfene soziale Gretchenfrage nur mit einem eingeschränkten Ja beantworten.1537 Das Selbstverständnis der Stadträte schloss das Wohl der zu repräsentierenden Bevölkerung mit ein und war für diese Repräsentationsfunktion von ebenso großer Wichtigkeit wie die oft bemühte Argumentation mit der öffentlichen Meinung, die das Gemeinwohl zum Ausdruck brachte.1538 Mit Recht hat Olaf Briese daher auf die Selbstzwecke der Sicherheitsvorkehrungen hingewiesen und die Sedierung des sogenannten Pöbels, die symbolische Befestigung der sozialen Hierarchie und den Schutz der eigenen Person als Handlungsziele der Lokalbehörden im Zuge der Cholerakrise benannt.1539 Darüber hinaus konnte von einer in der Krisenforschung ebenfalls bemerkten „Indienstnahme der Gesundheitspolitik für letztlich sachfremde politische Ziele oder allgemeine Wertvorstellungen“1540 in der Rheinprovinz lediglich in Bezug auf Erziehungsmethoden und die Verbreitung von Hygienemaßnahmen die Rede sein. So wurden die Choleraspitäler nach der Krise in der Regel von den jeweiligen Armenverwaltungen übernommen und die Gelder des Versicherungsvereins beispielsweise einer Taubstummenanstalt in Aachen gespendet. Selbst die Aufbesserung der kommunalen Finanzhaushalte durch die einmalig erhobenen Cholerasteuern in Aachen und Trier war mit großem Aufwand verbunden und fiel den Stadträten letztlich selbst zur Last. Gerechtfertigt waren sie vor allem in Aachen, wo der unerwartete Ausbruch der Seuche auf zahlreiche Schwierigkeiten zwischen Stadt- und Armenverwaltung traf. Dennoch kann Haw und den Trierer Notabeln in der Rückschau kein finanzieller Eigennutz unterstellt, sondern vielmehr eine vorausschauende Arbeitsweise bescheinigt werden.1541 Der zeitliche Vorsprung der Steuermaßnahmen gegenüber Aachen umfasste ein ganzes Jahr und spiegelt die feinen Unterschiede im Verwaltungsalltag von Grenzstädten wider. Denn in Anlehnung an Beate Althammer bildeten diese Maßnahmen nicht den unterschiedlichen „sozioökonomischen Entwicklungsstand einer Gesellschaft“1542, sondern den Organisationsgrad der Verwaltungen ab. Es ist bereits angeklungen, dass sich dieser in Aachen auf einem besonders niedrigen, in Trier auf einem sehr hohem Niveau befand. Im nachfolgenden Kapitel soll daher erläutert werden, warum die Arbeitsabläufe der Stadträte in der administrativen Praxis voneinander abwichen und von welchen Wissensbeständen, Berufsgruppen und Netzwerken sie profitierten. Letztere gründeten auf unterschiedlichen Vertrauensverhältnissen, die seit der Julirevolution 1830 auf dem 1537 Vgl. ebd., S. 73 und Siegert, Steuerpolitik, S. 305, zur weiteren Bewertung siehe grundlegend Fehrenbach, Liberalismus. 1538 Nach ebd., S. 290 verpflichtete das Gemeinwohl, auch und vor allem wenn es als Mittel zum Zwecke politischer Interessen eingesetzt wurde, zu sozialpolitischen Handeln. 1539 Briese, Angst, S. 187–204. 1540 Spree, Seuchen, S. 234. 1541 Bestätigt von Herres, Cholera und ders., Klassen. 1542 Althammer, Herrschaft, S. 598.
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behördeninternen Prüfstand standen und mit der Inhaftierung des Kölner Erzbischofs im Jahr 1837 eine neue Dimension erhielten.1543 Doch bevor die alltagspolitische Relevanz von Religion und Konfession in den Fokus gerückt wird, ist die Wirtschaftspolitik nicht zu vernachlässigen und die Schlüsselposition der Juristen um weitere Expertenmeinungen, die Verwaltungssprache um neue Argumente und die aktiven Beteiligungs- und passiven Verweigerungsstrategien um eigenmächtige Handlungsinitiativen in der Wirtschaftspolitik zu ergänzen.1544 Ein bemerkenswertes Beispiel vorhandener Gestaltungsmöglichkeiten am Rande der politischen Sphäre wurde mit der Reorganisation des Karnevals bereits vorgestellt.1545 Im informellen Rahmen der Institutionalisierung des Brauchtums konnten die alltäglichen Kompetenzstreitigkeiten zwischen der unteren und der mittleren Verwaltungsebene beigelegt und innerbehördliche Kommunikationsprobleme abgebaut werden. Da die Flexibilität der Verwaltungsordnung und die individuelle Auslegung der Gesetze dabei eine wichtige Rolle spielten – das Fehlen einer einheitlichen Rechtsgrundlage also vorteilhaft war – wird im weiteren Verlauf der Darstellung zu fragen sein, welche weiteren Feste sich zur politischen Einflussnahme eigneten und welche kollektiven Ziele sich innerhalb der strittigen politischen Strukturprinzipien verwirklichen ließen. Schließlich konnten diese strukturellen Rahmenbedingungen potentiell noch so lange beeinflusst werden, wie sie noch keinen Abschluss etwa in Form einer Verfassung fanden. 4.1 Wissensbestände, Verwaltungsroutinen und Vertrauensfragen im Stadtrat Am 16. September 1830 wurde Clemens Wenzeslaus Graf von Boos-Waldeck zum Landrat von Koblenz ernannt. Im Laufe der revolutionären Erhebungen in den Nachbarstaaten hatte sich das Innenministerium – nicht die Regierung – für die Ernennung des dritten Kandidaten der Kreisstände entschieden, um die Verwaltungslücke zu schließen und die dreijährige Stellenvakanz in der Provinzhauptstadt zu beenden. Anders als sein Vorgänger hatte der neue Landrat eine militärische – gleichwohl französische – Ausbildung absolviert. Da er das obligatorische Examen ebenfalls nicht vorweisen konnte, entsprach er den Vorstellungen eines Landrats weniger aufgrund der Leistungsanforderungen, als vielmehr durch seine adelige Herkunft. Ebenso wie sein Vorgänger Burret und der Mayener Landrat Hartung war von Boos-Waldeck der städtischen Notabelngesellschaft kein Unbekannter. Sein gleichnamiger Vater hatte sich als einer der wenigen 1794 in Koblenz verbliebenen Standesherren mit der französischen Herrschaft arrangiert und seinen Grundbesitz im Rahmen der Nationalgüterversteigerungen arrondiert. Als „Clemens Boos“ war er Mitglied des Departementsrat, des Casinos und der Ehrengarde 1543 Vgl. Kapitel III. 4.3. 1544 Vgl. Kapitel III. 4.2. 1545 Kapitel III. 3.3. Brophy, Rhineland, S. 177 betrachtet den Karneval als ein „instrument for bourgeois elites to articulate a particular cultural and political vision of their festival, city, region, society, and nation.“
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sowie Präsident des „Collège électoral du département“ gewesen. Nach 1815 beteiligte er sich an der Verfassungsbewegung, zog sich dann aber auf das Gut Sayn zurück und überließ das politische Feld seinem Sohn, der bis 1857 Landrat von Koblenz blieb.1546 Als Vorgesetzter des Stadtrats trat dieser erstmals am 8. Oktober 1830 dadurch in Erscheinung, dass er die Notabeln im Auftrag der Regierung nach ihrer Meinung zu einem Antrag des Provinziallandtags befragte. Auch wenn es sich dabei um eine unverbindliche Auskunft in Form eines Gutachtens handelte, konnten die Räte so auf offiziellen Wegen am Landtagsgeschehen teilhaben.1547 Ein Jahr später wurde dem Rat aufgetragen, darüber zu beratschlagen 1., ob nicht die Mahl- und Schlachtsteuer aufgehoben und dagegen die Klassensteuer in der Stadt Koblenz einführt werden soll, 2. oder aber nicht wenigstens die Communalzuschläge zur Mahl- und Schlachtsteuer durch andere direkte und mehr die Wohlhabenden treffende Communal-Umlagen ersetzt werden können? 1548 Diese Anfrage spielte auf die zeitgleich aufkommenden Cholerasteuer-Pläne in Aachen und Trier an und verdeutlicht den Kommunikationsradius der Regierungen sowie ihre unterschiedliche Haltung zur Einkommenssteuer. Auch den Stadträten dürften die Steuerinitiativen durch verwandtschaftliche Kontakte nach Aachen und Trier bekannt gewesen sein. Doch glaubt man den Protokollbüchern, so diskutierten sie den Vorschlag vorerst nicht. Sie machten sich nicht einmal die Mühe das geforderte Gutachten zu verfassen, da sie ihre Meinung zur preußischen Steuerpolitik bereits zehn Jahre zuvor geäußert hatten.1549 Überhaupt wurden die im Laufe der 1830er Jahre immer öfter anfallenden Berichtspflichten in Koblenz eher nachlässig behandelt und – wie nahezu alle schriftlichen Amtstätigkeiten – von Oberbürgermeister Maehler persönlich bewältigt. Diese Beobachtung kollidiert mit den gezeigten Verwaltungspraktiken und widerspricht den selbstbewussten Partizipationsversuchen der Ratsherren, allen voran den bereits genannten, kollektiv erarbeiteten Petitionen. Die Ergebnisse der Analyse deuten darauf hin, dass die eigenständige Protokollführung des fleißigen Stadtoberhaupts über die Arbeitsweisen innerhalb des Gremiums hinwegtäuscht und zahlreiche interne Aushandlungsformen nicht schriftlich festgehalten wurden. Es ist davon auszugehen, dass seine persönliche Sichtweise die schriftlichen Stellungnahmen des Stadtrats, das Verhältnis zur Regierung und die Überlieferung der mündlichen Kommunikationsweise im Rathaus prägte. Auch hielt er interne Hierarchieebenen und gängige Kommunikationsformeln zur Codierung von Rangunterschieden im offiziellen Schriftverkehr nicht immer ein. Während er Regierungsvize Fritsche im Rahmen der Karnevalsdiskussion mit Lieber Herr Regierungs1546 Nach Schieder/Kube, Säkularisation, S. 93 kaufte er die „Probstey Wehr“, ein 150 Hektar großes Hofgut mit besonders lukrativen Nutzungsrechten und hatte ein jährliches Einkommen von 20.000 Francs. Vgl. Westholt, Lezay-Marnésia, S. 182 f. und Weichelt, Casino, S. 19. 1547 Der Stadtrat besprach den Antrag wegen der Eintreibung der Straf- Entschädigungs- und Pfandgelder unter StAK 623 2187 am 4.11.1830 und war der Meinung, daß es der Gemeinde vortheilhaft sein würde, wenn die Stadtkasse sich mit der Eintreibung befasst, auch die Strafen behält und den Gemeinden dasjenige überweiset, was ihr an Schuldenersatz zukommt. 1548 Ebd. 2188, Sitzung vom 17.1.1831. 1549 Der Stadtrat verwies unter ebd. auf sein Gutachten vom 28.7.1820, vgl. Kapitel III. 2.2 und 2.3.
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rat 1550 ansprach und den neuen Landrat ständig überging, vergaß er bei vertrauten Gleichgestellten wie Haw bisweilen die gesamte Anrede.1551 Die Schlüsselformel hochlöblich als Beschreibungskategorie für die Regierung lässt sich in allen Protokollbüchern, nicht aber in jenen der Stadt Koblenz finden.1552 Umgekehrt reichten angesehene Notabeln wie der mit dem Stadtrat gut bekannte Staatsprokurator Andreas Anschütz Beschwerden wegen Ehrverletzungen ein, wenn die Regierung das Wohlgeboren vergaß.1553 Eine routinierte nachträgliche Genehmigung der informellen Art der Korrespondenz- und Protokollführung durch das Plenum, wie sie im Provinziallandtag und in anderen Stadträten üblich war, erfolgte in Koblenz nicht. Auch lässt sich die Haw gegenüber erwähnte Abstimmung bezüglich der Stellenbesetzung in den kurz gefassten Ergebnisprotokollen ebenso wenig nachweisen wie interne Diskussionen oder Meinungsverschiedenheiten, die es in Maehlers fast dreißigjährigen Amtszeit sicher gegeben haben wird. Über die brisanten Eigentumsstreitigkeiten mit der Regierung wurde nach dem Beginn der Vergleichsverhandlungen im Jahr 1831 angeblich kein Wort mehr verloren. Der turnusmäßige Austausch der Hälfte der Ratsmitglieder, gegen den sich der Trierer Oberbürgermeister 1832 vehement gesträubt hatte, wurde 1833 in Koblenz durchgeführt und nicht kommentiert. Über Maehlers Anteil an der kommunalen Personalpolitik und seine Reaktion auf den unerwarteten Wechsel schweigen die Quellen. Im Gegensatz zu Haw beschwerte er sich nicht.1554 Eine Erklärung bietet der Umstand, dass sich die beruflichen Tätigkeiten und Fami lienbande derjenigen Personen, die 1833 dem Stadtrat beitraten, mit denjenigen der verbliebenen Ratsherren vielfach überschnitten (Abb. 4 Koblenz). Je ein Schiffer, Bäcker, Sattler, Baumeister und Apotheker, neun Kaufleute sowie die Buchhändler Hergt und Hoelscher wurden dem Gremium hinzugefügt, wodurch sich die Verwaltungsroutinen nicht veränderten (Tab. 4 Koblenz).1555 In ihrer Einführungssitzung verkündete Stadtadvokat Johann Nepomuk Longard die Ergebnisse der Auseinandersetzungen mit dem Fiskus. 1556 Diese hatten sich nach ungemein zähen Verhandlungen mit Regierungsrat Friedrich Lebens endgültig zerschlagen, weil der Stadtrat den Verlust des vor den damaligen Zoll- und Steuergesetzen bestandenen städtischen octrois auch in Anrechnung gebracht hatte.1557 1550 Schreiben vom 17.2.1834 unter LHAK 403 2616, Bl. 229, vgl. Kapitel III. 3.4. Über ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Maehler und Fritsche ist nichts bekannt. 1551 StATr Tb 13–3, Schreiben vom 3.12.1832, vgl. Kapitel III. 3.1. 1552 Diese Aussage bezieht sich auf die Beschreibung der Regierung bei den internen Beratungen und dürfte der raschen Art der Protokollführung Maehlers geschuldet sein. Bei offiziellen Schreiben wurde sie durchaus verwendet, vgl. exemplarisch StAK 623 2187, Eintrag vom 16.11.1830. 1553 Vgl. seine Beschwerde unter LHAK 403 17460 vom 27.6.1818. Zur Problematik siehe Haas, Kultur, S. 239–241. 1554 Vgl. die Akte unter StAK 623 2180 und Kapitel III. 3.1. 1555 Zwei weitere Kaufleute und Karl Baedecker kamen am Ende der 1830er Jahre zusätzlich hinzu. 1556 StAK 623 2188, Sitzung vom 29.3.1833. 1557 Ebd.
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Gleichzeitig schrieb Lebens dem Innenministerium einen ausführlichen Rechenschaftsbericht über seine missliche Lage, da man es für unangemessen befunden hatte, [s]eine Fürsprache für die Stadt als Einwohner derselben in Anspruch zu nehmen solche unumwunden zu verweigern. 1558 Er beteuerte seine Loyalität und warnte davor, dass Longard vorhabe, mit dem Oberbürgermeister und wahrscheinlich mit mehreren anderen Rechtsgelehrten – welche alle sehr bereit [seien], das Interesse der Stadt gegen den Fiskus zu vertheidigen – zusammenzutreten, die Sache in ernstliche Beratung zu ziehen und überhaupt alles mögliche zur Erreichung seiner Ziele aufzubieten. 1559 Dieses Urteil ist bezeichnend für die Außenwirkung des Koblenzer Stadtrats und zeigt die Schwierigkeiten, die sich für einheimische Notabeln auf der mittleren Verwaltungsebene ergeben konnten. Darüber hinaus verwies seine Aussage exemplarisch auf die Bedeutung politischer Netzwerke im alltäglichen administrativen Ablauf, war übertrieben polemisch formuliert und dennoch richtig. Denn Longard empfahl die Sache ganz in die Hände […] eines schiedsrichterlichen Vermittlers zu legen,1560 den er in der Person des Oberpräsidenten sah und letztlich auch fand. Nach einem ausführlichen Gutachten Philipp von Pestels wurde dem Stadtrat die Entschädigungssumme von 27.395 Talern per Kabinettsorder zuerkannt und die Ansprüche der Regierung an den reichsstädtischen Nutzungsrechten ebenso abgewiesen wie die Beschwerden wegen des Octrois und des Stadtwaldes. Zum Dank erwies der Stadtrat dem obersten Staatsbeamten eine symbolische Ehre, die in der Regel dem Herrscher vorbehalten war: Er ließ ein Portrait Pestels im Sitzungssaal aufhängen. Lebens wurde unmittelbar nach den Verhandlungen pensioniert und mischte sich drei Jahre später als Ehrenmitglied der Regierung erneut in die Finanzlage des Stadtrats ein.1561 Im Jahr 1836 beschlossen die Räte auf den eingangs erwähnten Vorschlag der Regierung einzugehen und die Besteuerung des Einkommens zur Aufbesserung der Finanzlage nun doch einzuführen. Da dazu keine krisenbedingte Notwendigkeit wie zu Zeiten der Cholera in Aachen und Trier bestand und der städtische Etat nicht mit jenem der einkommenssteuerpflichtigen Stadt Düsseldorf verglichen werden konnte, evozierte die Maßnahme zahlreiche Reklamationen – auch und insbesondere aus den besoldeten Beamten- und Justizkreisen.1562 Die schriftlichen Beschwerden wurden ungewöhnlich ausführlich im Protokollbuch wiedergegeben und kollektiv beantwortet. Dies war notwendig, weil Lebens die Steuer beispielsweise für nicht nothwendig 1563 erachtete und 1558 1559 1560 1561
LHAK 403 435, Bl. 100. Ebd., Bl. 106 f. StAK 623 2188, Sitzung vom 29.3.1833. Das Schreiben von Pestels findet sich unter StAK 623 2245, die Kabinettsorder vom 4.6.1833 mit Unterschrift des Königs unter LHAK 403 435, vgl. das Sitzungsprotokoll, in dem außerdem eine Deputation aus Maehler, Longard und Dietz entsandt wurde unter StAK 623 2188, Nr. 116 vom 23.7.1833 sowie zusammenfassend Thielen, Notabelnpolitik, S. 142–147. 1562 Vgl. Kapitel III. 3.3 und Herres, Koblenz, S. 62, wonach die einmalig erhobene Steuer auf 60 Prozent der Haushalte verfiel. 1563 Die achtseitige Eingabe vom 13.6.1838 ist im Stadtratsprotokoll unter StAK 623 2188 Nr. 468 vom 10.7.1838 abgeschrieben und beantwortet. Ihm war die Empfehlung des Innenministeriums offen-
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mit Hilfe seines Insiderwissens aus den Vergleichsverhandlungen akribisch aufzählen konnte, was der Stadtrat in den vergangenen Jahren hätte einsparen können. Der innerhalb der Notabelngesellschaft hochangesehene Justizrat Adams und Consorten 1564 vertrat im Namen vieler Einwohner eine ähnliche Meinung. Außerdem meldete Steuereinnehmer Linz etliche Verweigerungen, sodass sich die Steuereintreibung als undurchführbar erwies. In der Konsequenz wurde der Plan fallengelassen und der Zuschlag auf die Mahl- und Schlachtsteuer, also die Belastung der unteren Bevölkerungsschichten – die sich nicht zu Wort gemeldet hatten – erhöht.1565 Am Ende der 1830er Jahre scheiterten die Selbstbehauptungsversuche des Koblenzer Stadtrats somit erstmals an Widerständen außerhalb des Behördenapparats, wohingegen sie innerhalb der Verwaltungsordnung mit der Hilfe des Oberpräsidenten durchgesetzt werden konnten. Dabei war das für eine Konfliktlösung notwendige Grundvertrauen im Stadtrat durchweg vorhanden und mit der Person des Oberbürgermeisters oder des Oberpräsidenten – d. h. mit den im französischen Präsidialmodell angelegten Autoritätspersonen, nicht aber mit den als Konkurrenz betrachteten Regierungsbeamten – verbunden. Dieses Zwischenfazit wurde im darauffolgenden Jahr allerdings wieder ad absurdum geführt, weil die ohnehin kaum erwähnten Beigeordneten ihren geschäftigen Vorsteher in Krankheitsfällen nicht ersetzen konnten bzw. nicht ersetzen wollten und stattdessen ein Mitglied der Regierung die Leitung der Ratssitzungen übernahm.1566 Am 29. August 1837 ging der Stadtrat von Maehlers mehrmonatigen Abwesenheit aus und plädierte einstimmig dafür, dass dem Regierungsassessor Linz […] die interimistische Verwaltung übertragen werden solle. 1567 Als Gründe wurden das unzumutbare Arbeitspensum des Oberbürgermeisters und seine nicht zu ersetzende Funktion als Polizeidirektor genannt. Außerdem sollten schnellstmöglich städtische Angelegenheiten von großer Wichtigkeit, bezüglich auf den städtischen Haushalt verhandelt werden. 1568 Warum gaben die Honoratioren ihre im Stadtvergleich herausragende Eigenständigkeit aus der Hand und vertrauten die städtische Haushaltsplanung freiwillig einem Vertreter desjenigen Kollegiums an, mit dem sie wegen der Finanzpolitik im Streit gewesen waren? Wieso wurde Linz dem neuen Landrat gegenüber vorgezogen? Richard Linz, der in den darauffolgenden sechs Monaten die Geschäfte des Stadtrats bereitwillig und ohne die ihm angetragene Aufwandsentschädigung führte, war der Halbbruder des städtischen Steuerempfängers Carl Joseph Linz. Er gehörte zu den wenigen
1564 1565 1566 1567 1568
sichtlich nicht bekannt, da er konstatierte, dass die Räte weder durch die französische noch durch die preußische Gesetzgebung befugt [seien], eine Communalbesteuerung auf das Einkommen in Antrag zu bringen. Vgl. ebd. und Nr. 469 vom 7.8.1838. Unter dem StAK 623 2188 Nr. 483 erging am 3.10.1838 die Regierungsverfügung, die eine Revision forderte und die Abschaffung der Steuer einleitete. Im Etat Nr. 348 vom 3.3.1843 unter ebd. 2189 wurde der Beschluss gefasst, den Zuschlag auf die Mahl- und Schlachtsteuer auf 40 Prozent zu erhöhen. Vgl. StAK 623 5583. StAK 623 2188, Sitzung vom 29.8.1837. Ebd.; über seine Krankheit ist nichts bekannt.
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alteingesessenen Beamtenfamilien, die es bis ins Koblenzer Regierungskollegium gebracht hatten und in den darauffolgenden Jahren mehrere Regierungsräte stellten. Seine beruflichen Qualifikationen und familiären Hintergründe waren den Notabeln bekannt und wurden in Teil II. bereits angesprochen. Dass er auf ihrer Seite stand und wie erwartet das Interesse der Stadt vertrat,1569 bewies er durch seine ersten Amtshandlungen: Er leitete die Einführung der Einkommenssteuer ein und verabschiedete eine Petition an den König, die die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt zum Thema hatte.1570 Des Weiteren nahmen er und die Räte ein Angebot des „Kunstvereins für die Rheinlande und Westfalen“ an, indem sie eine Kunstausstellung innerhalb der Stadtmauern planten. Gleichzeitig wurde das alljährliche Universitätsstipendium auf Kosten der Stadtkasse an den Cousin des Stadtadvokaten, an Sebastian Longard, vergeben. Diese Entscheidungen sind im Umfeld überregionaler Bestrebungen im Bildungs- und Kulturbereich zu sehen und im Hinterkopf zu behalten, da sie die Verflechtung der Städte weiter vorantrieben und noch aufgegriffen werden.1571 Die Stadt Koblenz besaß seit dem Jahr 1833 eine eigene Gemäldesammlung, die ihr von dem verstorbenen Pfarrer von Neuendorf, Josef Gregor Lang, mitsamt dessen Bibliothek vermacht worden war. Langs Privatbibliothek umfasste rund 1.000 Bücher und bildete den Grundstock für die Stadtbibliothek, deren Gründung 1827 in den Stadtratsprotokollen festgehalten wurde. Als Ersatz für die verloren gegangenen Bücherbestände der öffentlichen Bibliothek des Kurfürsten sollte sie mit privaten Bücherspenden aufgestockt und der Bevölkerung zugänglich gemacht werden. Dabei gaben die öffentlichen Spendenaufrufe Maehlers den Notabeln die Chance, durch Schenkungen auf die Wissensbestände des Stadtrats einzuwirken – wovon sie rege Gebrauch machten. Allein Matthias Grebel übergab dem Stadtrat 36 französische Werke in über 100 Bänden – Hériot und andere Verleger stellten Teile ihrer Bestände pour la bibliothèque de la ville de Coblence zur Verfügung.1572 Dietrich Kerber hält die Stadtbibliothek daher für ein „hervorragendes Zeugnis tätigen Bürgersinns“ und „ein einmaliges Quellenmaterial zur Sozialgeschichte bürgerlichen Buchbesitzes“1573 – der in Koblenz in erster Linie durch französische Literatur geprägt war.1574 Für die Unterhaltung sah der Stadtrat einen Etat, nicht aber geschultes Personal vor. Es verstand sich von selbst, dass Maehler die Bibliotheksleitung übernahm und dabei lediglich von einem Schreiber des neben der Bibliothek gelegenen Hospitals unterstützt wurde. Nicht zuletzt deswegen blieb sie qualitativ und quantitativ hinter den Bibliotheken der 1569 StAK 623 2188, Sitzung vom 29.8.1837. 1570 Vgl. ebd., Sitzung vom 16.9.1837. Zum Inhalt, der anders als unter Maehler üblich, nicht im Protokollbuch wiedergegeben wird, siehe Kapitel III. 4.2. 1571 Vgl. Kapitel III. 5.3. 1572 So die Überschrift der von Hériot unter StAK 623 8883 übersandten Bücherliste. 1573 Kerber, Geschichte, S. 8–13, hier S. 14, vgl. das Stadtratsprotokoll vom 3.4.1827 unter StAK 623 2187 und die Organisation dokumentiert unter ebd. 2270 und 2271. 1574 Vgl. die umfangreichen Schenkungslisten unter ebd. 8883.
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anderen Bezirksstädte zurück, konnte aber mit dem reichen Wissensfundus im Lesesaal des Casinos aufgestockt werden, zumal sich dort weiterhin fast alle Stadträte einfanden (Abb. 4 Koblenz).1575 Dass dies für die Verwaltungspraxis nicht unwichtig war, bestätigt die vorwurfsvolle Bemerkung des Trierer Regierungspräsidenten, daß noch nicht einmal in öffentlichen Gesellschaften, wie z. B. Kasino und Ressourcenverein die Gesetzessammlung gehalten wurde.1576 In der Aachener Handelskammer wurde sie erst 1838 abonniert, während die Augsburger Allgemeine Zeitung im „Club Aachener Casino“ permanent auslag, obwohl sie nicht in den Katalogen gelistet wurde.1577 Im Trierer Stadtrat selbst war die Gesetzessammlung als rechtsverbindliches Infor mationsmedium seit dem Herrschaftswechsel vorhanden und in der Stadtbibliothek hinterlegt. Im Jahr 1837 präsentierte der ehemalige Direktor des Trierer Gymnasiums, Stadtbibliothekar Johann Hugo Wyttenbach, der Versammlung den ersten vollständigen Bibliothekskatalog.1578 Die Bibliothek umfasste rund 22.000 Bände, war 1804 aus den Beständen der Universität und der säkularisierten Klöster hervorgegangen und im Laufe der 1820er Jahre nach dem Beispiel Kölns und Aachens erweitert worden. Die Nachlässe des Universitätsprofessors und Kunstsammlers Ferdinand Franz Wallraff in Köln, des Immobilienmaklers und Publizisten Franz Dautzenberg in Aachen und des Richters und Kunstsammlers Johann Peter Job Hermes in Trier eröffneten den jeweiligen Stadträten immense Recherchemöglichkeiten, die laufend verbessert wurden.1579 Wie in Koblenz erhielt auch der Stadtrat von Trier interne wie externe Bücherempfehlungen, die ihm die Arbeit erleichtern sollten. So ging im Sommer 1835 ein Buch von Johann Friedrich Benzenberg mit der Einladung beliebig davon Gebrauch zu machen ein.1580 Es handelte sich um eine vergleichende Zusammenstellung der Gemeindeausgaben der Städte Düsseldorf, Elberfeld, Coblenz, Trier, Berlin und Paris. 1581 Darin wurden die Haushaltspläne der genannten Städte aufgeführt und in Relation zur Steuerbelastung der jeweiligen Stadtbevölkerung ausgewertet. Nachdem sich Benzenberg bereits mit der Verfassungsfrage und anderen politischen Themen auseinandergesetzt hatte, nahm er nun die Steuerpolitik Preußens ins Visier. Als Informationsgrundlage dienten ihm dabei die Beiträge zur Statistik der königl.[ich] preußischen Rheinlande, 1582 die den Abgeordneten 1575 Nach Kerber, Geschichte, S. 15–18 wurde sie 1846 dem Gymnasium übergeben. Zum Lesesaal des Casinos siehe Weichelt, Casino, S. 77–90. 1576 Auerswald an Arnim 1842 zit. n. Hansen, Briefe, S. 392 f., vgl. Arens/Janssen, Geschichte, S. 40. 1577 Tatsächlich wurde auch in der Aachener Handelskammer die GS erst ab 1837 abonniert, vgl. das Kassenjournal unter StAAc VER13-4. 1578 StATr Tb 100/11, Eintrag vom 9.3.1837, vgl. die Sitzungen unter ebd. Tb 100/9, vom 15.6.1831, Tb 100/10 vom 29.4.1836 und Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 161 und S. 742–750 sowie ausführlich Klupsch, Wyttenbach. 1579 Vgl. Kapitel III. 2.4; Müller, Köln, S. 315–318; Bonnermann u. a. (Hgg.), Gelehrsamkeit; Groß, Polizei, S. 189; Kraus, Aachen, S. 377–380; Pohle, Dautzenberg; Kentenich, Geschichte, S. 666 und S. 674 f. 1580 StATr Tb 100/10, Eintrag vom 28.7.1835. 1581 Benzenberg, Gemeinde-Ausgaben, zu finden unter StAAc Ob 43–8. 1582 Ingersleben, Beiträge.
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des Provinziallandtags auf Anfrage von den Oberpräsidenten der Westprovinzen ausgehändigt worden waren und so eine breitere Leserschaft fanden.1583 Die konkreten Zahlen hatten Regierungsrat Fritsche für Koblenz, Regierungspräsident von Bodelschwingh für Trier hinzugesteuert. In Aachen machte Benzenbergs Vorhaben hingegen in mehrfacher Beziehung Anstände rege. Um jedoch auch nicht der einzige in der Provinz [zu] seyn, der ihm diese Notizen weigert[e], schrieb Wilhelm Daniels als provisorischer Oberbürgermeister an jene Bezirksstadt, deren Finanzen den Aachener Einnahmen am ähnlichsten waren. Adolph Steinberger gab an, Benzenberg eine stark gekürzte Version des Kölner Budgets von 1830 auszuhändigen, weil die Entschädigungsverhandlungen zum Stapelrecht noch nicht abgeschlossen seien. Auch die Aachener Regierung plädierte für eine Übersendung der Zahlen und somit für eine größere Transparenz. Beide Wirtschaftsmetropolen sind in der Studie jedoch nicht aufgeführt.1584 Überdies waren die übrigen Rechenbeispiele unvollständig und verleiteten den Autor zu Fehlinterpretationen. Der Publizist veranschlagte beispielsweise die Einnahmen aus dem Koblenzer Patrimonialvermögen auf 10.000 Taler und nahm fälschlicherweise an, dass die Armenfürsorge vollständig aus der Stadtkasse, d. h. mit Hilfe diesen Einnahmen, geleistet würde. In der Etataufstellung Triers wurden die Armenausgaben hingegen gänzlich außer Acht gelassen, woraus der Autor schloss, dass alle drei Bezirksstädte in etwa die gleichen Finanzmittel zur Verfügung hatten. Da er in Düsseldorf lebte und Schöller ihm Rede und Antwort stand, konnte er jedoch lediglich die dortigen Haushaltsstrukturen wahrheitsgetreu wiedergeben und minutiös aufdröseln. Zwischen den Zeilen wurden sie als unzureichend dargestellt und mit der sozialen Frage verknüpft, wodurch die Düsseldorfer Einkommenssteuer ihre Berechtigung fand. Das Werk regte somit die politische Meinungsbildung und die überregionale Steuerdebatte an und konnte trotz oder wegen aller Ungenauigkeiten für überregionale Vergleiche – beispielsweise im Provinziallandtag – herangezogen werden.1585 Die Düsseldorfer Kommunalsteuer stand weiterhin innerhalb und außerhalb des Rathauses in der Kritik und wurde dadurch gerechtfertigt, dass die Stadträte ab 1832 ein lithografiertes Exemplar der städtischen Rechnungen erhielten. Trotz dieser durchaus fortschrittlichen Maßnahme und dem Werk Benzenbergs steigerte sich das Vertrauen der Honoratioren in ihre eigene Finanzpolitik nicht. Schöllers Nachfolger musste während der Rechnungsprüfung als einziger Oberbürgermeister nachweislich den Sitzungssaal verlassen. Es handelte sich um Johann Joseph von Fuchsius. Der Regierungssekretär hatte im Sommer 1833 im Alter von 40 Jahren in die Kommunalverwaltung gewechselt. Als Beamter mit adeligen Wurzeln, Sohn des letzten Appellationsgerichtspräsidenten und Bruder eines Appellationsgerichtsrats in Köln brachte er vorteilhafte Beziehungen 1583 Vgl. Benzenberg, Gemeinde-Ausgaben, S. 5–17. 1584 Die Korrespondenz ist unter StAAc, Ob 43–8 dokumentiert. Steinberger räumte am 28.3.1834 Folgendes ein: Eine völlige Ablehnung hat mir nicht räthlich geschienen. Reiman instruierte Emundts schließlich zur Herausgabe der Zahlen. Zu den Gemeindehaushalten vgl. die Angaben in Kapitel III. 3.3. 1585 Vgl. Benzenberg, Gemeinde-Ausgaben, S. 17–29.
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und – wie sich herausstellen sollte – das für die provisorische Amtsführung notwendige Durchhaltevermögen mit.1586 Die ihm unterstellten Stadträte waren seit Beginn der preußischen Herrschaft so oft ausgewechselt und wiederernannt worden, dass sich die soziale Zusammensetzung des Gremiums kaum analysieren lässt (Tab. 4 Düsseldorf). Die Fluktuation wurde schließlich mit der Erneuerung der Hälfte der Ratsmitglieder im Jahr 1838 beendet. Ab diesem Zeitpunkt gehörten 13 Kaufleute bzw. Fabrikanten, zwei Oekonomen, zwei Bauunternehmer, zwei Juristen sowie Ackerwirt Stein (der Gemeindevertreter von Bilk) und Münzmeister Noelle dem Gremium dauerhaft an. Analog zu den anderen Stadträten kümmerten sich die Justizräte Carl Peter Heinrich Coninx und Andreas Courth um zahlreiche Gutachten und die laufenden Gerichtsprozesse der Gemeinde. Courth hatte bereits Erfahrungen als städtischer Rechtsgutachter 1587 gesammelt und wurde bei seiner Wiederernennung im Jahr 1835 aufgefordert, dem neuen Oberbürgermeister in der selben freundschaftlichen Weise mit gutem Rathe an die Hand gehen wie dies seinem Herrn Amtsvorgänger zutheil geworden war.1588 Ebenfalls unter Eid standen Regierungsreferendar Franz von Sieger, Rentier Karl Wilhelm Dietze, Archivar Theodor Lacomblet und Kreisphysikus Karl Heinrich Ebermaier. Joseph Freiherr von Pelser Berensberg und Franz Anton Graf von Spee waren verstorben, sodass insgesamt vier Ratsherren einen Adelstitel trugen. Von diesen verkehrten Regierungsrat Ferdinand von Sybel (1831 geadelt) und Franz Bertram Graf von Nesselrode-Ehreshoven in den höchsten Gesellschaftskreisen. Während sich zwölf Honoratioren in neuen wirtschaftlichen Interessensgemeinschaften und mindestens vier Herren in dem bereits erwähnten Kunstverein zusammenfinden sollten, wurden familiäre Verbindungen erst in der nächsten Generation geknüpft. Der ebenfalls im Justizwesen und in der Kommunalpolitik aktiv werdende Sohn von Courth heiratete zum Beispiel die Tochter von Coninx, Deus Nachgeborener die Tochter von Luckemeyer. Der gebürtige Elberfelder Luckemeyer hatte erst kurz vor seinem Eintritt in den Stadtrat eine Speditions- und Kommissionshandlung und die Dampfschifffahrtsdirektion in Düsseldorf und somit eine wichtige Anschlussstelle für seine niederrheinische Heimat übernommen (Abb. 4 Düsseldorf).1589 Die vergleichsweise große persönliche Distanz der Stadträte von Düsseldorf prägte die Diskussionskultur und brachte eine förmliche Ausdrucksweise mit sich. Statt sich mündlich abzusprechen, wurden allgemeine Vorschläge auf schriftlichen Kommunikations1586 Vgl. StAD 90011, Sitzung vom 23.1.1832 und die Angaben im Anhang. In Tab. 4 Düsseldorf sind sowohl die Räte des Jahres 1838 als auch die Neuernennungen von 1839 aufgeführt. Dass der Oberbürgermeister an der Rechnungsprüfung nicht teilnahm, entsprach der gesetzlichen Regelung im Dekret vom 4.6.1806, wurde allerdings nur in Düsseldorf dokumentiert und 1843 in Aachen eingeführt, vgl. hierzu Kapitel III. 5.1. 1587 StAD 90011, Eintrag vom 20.4.1836. 1588 Ebd., Sitzung vom 16.6.1835. 1589 Vgl. die Angaben im Anhang.
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wegen eingereicht.1590 Sogar Fuchsius legte dem Stadtrat 1836 eine schriftliche promemoria 1591 für seine erhöhte Gehaltsvorstellung von 2.000 Talern vor, die dieser separat begutachtete und in einer Abstimmung anerkannte.1592 Eine nicht genauer definierte verletzte Förmlichkeit führte jedoch dazu, dass diese Abstimmung wiederholt werden musste und sich ein anderes, für von Fuchsius ungünstigeres Ergebnis, ergab.1593 Mit 1.600 Talern erhielt er fortan zwar nicht die gewünschte Anerkennung des Stadtrats, aber fast 400 Taler mehr Gehalt als die ordentlichen Oberbürgermeister von Koblenz und Trier.1594 Generell gehörten ritualisierte Abstimmungsformen zu den wenigen Verwaltungsroutinen des Düsseldorfer Stadtrats. Sie wurden in vielfältigen Belangen für eine Entscheidungsfindung eingesetzt, trugen dazu bei, mündlichen Aushandlungsformen aus dem Weg zu gehen und sind in Koblenz beispielsweise nicht üblich gewesen. Insofern bilden sie die vergleichsweise geringe Vertrauensbasis unter den Räten und zahlreiche interne Meinungsverschiedenheiten ab. Nichtsdestotrotz können sie als demokratisches Instrument zur Beilegung von internen Konflikten bewertet werden, ohne das im Düsseldorfer Rathaus fast keine Beschlüsse gefasst wurden bzw. gefasst werden konnten.1595 Dabei stellte sich Regierungsrat von Sybel bis zu seiner Entlassung im Jahr 1838 diesen Entscheidungen oftmals entgegen und trug einzelne, scharf formulierte Separatvoten eigenständig und gegen den Willen des Oberbürgermeisters ins Protokollbuch ein.1596 Als Vorsitzender fand von Fuchsius diese Ergänzungen jedenfalls unzuläßig ebenso wie das Anstreichen von Stellen wie dies hier von einem Mitglied des Stadtrats geschehen sei.1597 Möglich war der manipulative Eingriff in die schriftliche Dokumentation der Amtstätigkeit deshalb, weil die Regierung kurz zuvor befohlen ha[tt]e, künftig statt der bisher eingereichten, beglaubigten Ausfertigungen die Original Beschlüsse einzusenden. 1598 Diese einzigartige Auflage verlängerte die doppelt zu protokollierenden Sitzungen und deutet 1590 Unter StAD 90011, reichte Spee einen solchen Antrag am 17.5.1833 beispielsweise zur Anstellung der barmherzigen Schwestern ein. 1591 Ebd., Sitzung vom 23.8.1836. 1592 Nach ebd. stimmten acht von 15 anwesenden Personen für die gewünschte Erhöhung von 1.200 auf 2.000 Taler, zwei Personen sprachen sich für 1.600 Taler und fünf für 1.500 Taler aus, sodass ein Gehalt von 1.800 Talern beantragt wurde. 1593 Ebd., Sitzung vom 23.9.1836. 1594 Nach ebd. ergab die Abstimmung sechs Stimmen für 1.800 Taler, drei für 1.600 Taler und fünf für 1.500 Taler, zu den Amtskonditionen von Maehler und Haw vgl. Kapitel III. 2.3. 1595 Vgl. exemplarisch StAD 90012, Sitzung vom 23.2.1837, wo 11 Stimmen gegen 2 gegen den Antrag des Oberbürgermeisters votiert[en], daß keine Umlage auf die Gewerbesteuer stattfinden sollte. In derselben Sitzung wurden ihm nach seinem Abtreten die städtischen Zuschüsse aus den Klassen- und Gewerbesteuerprozenten gekürzt und sein Gehalt auf 1.600 Taler festgelegt. 1596 Unter StAD 90011, gab Sybel am 31.1.1835 ein Separatvotum wegen des Freihafens, am 24.8.1835 wegen der Realschule und unter ebd. 90012 am 12.4.1837 wegen der Weidegerechtigkeit, am 16.6.1837 erneut wegen der Realschule ab. 1597 Ebd. 90011, Eintrag vom 24.8.1835. Am 11.9.1835 wurden die Einwände wegen des Ankritzeln[s] mehrerer Stellen in dem anliegendem Protokoll abermals zu Protokoll gegeben. Zu Aachen siehe Kapitel III. 3.1. 1598 StAD 90011, eine Abschrift der Verfügung vom 29.6.1835 findet sich ebenfalls in den Protokollen.
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in ähnlicher Weise wie das Aachener Präsenzregister auf die übermäßige Kontrolle der Regierung hin. Die innerbehördlichen Konflikte, die den Verwaltungsalltag in diesen beiden Städten besonders bestimmten, wirkten sich folglich auch auf die schriftliche Überlieferung des Verwaltungsalltags aus. Diese Beobachtung ist für die Einschätzung mündlicher Kommunikationsformen vor allem deswegen relevant, weil zum einen mehr (oder womöglich auch weniger) aufgezeichnet als tatsächlich gesprochen wurde. Zum anderen konnte die Verwaltungspraxis durch die übertriebene Dokumentationspflicht potentiell verbessert werden, weil die Regierung von Düsseldorf über die Handlungen und Wünsche des Stadtrats vollständig im Bilde war.1599 Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass diese in den späten 1830er Jahren nach wie vor in dem Streben um mehr Selbstständigkeit bestanden. Um die Polizeikosten in gleicher Weise wie Köln, Aachen, Wesel und Cleve 1600 zu verteilen und die Stadtkasse zu entlasten, wurden mehr und mehr Eingaben bis an die Stufen des Thrones gebracht.1601 Doch der geforderte Act der Gerechtigkeit 1602 blieb ebenso aus wie die Wiederherstellung der Selbstständigkeit der Stadt- gegenüber der Landgemeinde bzw. des Landrats von Lasberg.1603 Nach seinem Ausscheiden im Jahr 1837 wurde im Stadtrat bemerkt, daß die gewärtige Erledigung der landräthlichen Stelle des hiesigen Kreises einen schicklichen Zeitpunkt darbiethet, wo der oft schon ausgesprochene Wunsch, die hiesige Gemeinde Verwaltung in Angelegenheiten ihres inneren Haushaltes der Königlichen hohen Regierung unmittelbar untergeben zu sehen, hoch der letzteren vorgetragen werden möchte. 1604 Auf der Basis dieser devoten Grundhaltung wurden sachliche Argumente, wie zum Beispiel die nicht vorhandenen Wechselbeziehungen zu dem Kreise […] eine Verzögerung des Geschäftsganges und eine Vermehrung des Schreibwesens angebracht, woraus nur Nachtheile und Mehrkosten der Verwaltung entst[ünden]. 1605 Da diese Begründung keineswegs aus der Luft gegriffen war und die im vorangegangenen Kapitel angeführte Rücksichtnahme auf die persönliche Autorität von Lasbergs wegfiel, lässt sich die beharrliche Ignoranz der Regierung sachlich nicht erklären. Sicher ist, dass sie den Zustand der Verwaltung in den meisten Bürgermeistereien des Regierungsbezirks in ihren Verwaltungsberichten als wahrhaft traurig darstellte und die Stadt Düsseldorf weiterhin als einziger Regierungssitz zum Landkreis Düsseldorf gehörte.1606 1599 Anzeichen für eine zunehmende Kooperation konnten allerdings nicht gefunden werden, vielmehr wurde oftmals, beispielsweise am 19.9.1834 unter StAD 90011, beschlossen, auf Vorschläge der hohen Regierung sich nicht einzulassen. 1600 Ebd., Sitzung vom 22.12.1832. 1601 Ebd., vgl. die Sitzungen vom 17.5., 31.7.1833, 14.2.1834, 24.11.1835, 19.4.1836, ebd. 90012 vom 27.7.1837 und ebd. 90013, vom 22.7.1840 und vom 11.5.1843. 1602 Ebd. 90012, Sitzung vom 27.7.1837. 1603 Vgl. StAD 90012, Sitzung vom 29.3.1838. 1604 Ebd. 1605 Ebd., die konkrete Bitte drehte sich um ein unmittelbares Ressortverhältnis. 1606 LA NRW R, Reg. Düsseldorf 967, Zeitungsbericht vom 3.5.1836, vgl. Kapitel III. 3.1.
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In der Konsequenz versuchte Fuchsius die Wahl des neuen Landrats zu seinen Gunsten zu lenken. Eine Untersuchung wegen der Vorwahl des Landrats von Düsseldorf ergab,1607 dass er selbst das Amt anstrebte und einzelne Mitglieder der Kreisstände in persönlichen Briefen zur Wahlbeteiligung aufrief, damit angeblich kein Evangelischer gewählt würde.1608 Verbunden mit der Tatsache, dass die Konfessionszugehörigkeit bereits bei der Bürgermeisterwahl 20 Jahre zuvor eine Rolle gespielt hatte und ein Protestant, sein Vorgänger Schöller, die Stadt weiterhin im Provinziallandtag repräsentierte, wirft diese Angelegenheit ein neues Licht auf die skizzierte Konfliktkultur innerhalb des Stadtrats. Neben von Sybel waren nämlich 13 weitere Ratsherren evangelischer Konfession und somit im Zweifel (ohne die Stimme des katholischen Oberbürgermeisters) im Vorteil. Da fast 90 Prozent der Bevölkerung der katholischen Kirche angehörten, drängt sich die These auf, dass die konfessionellen Spannungen des Kölner Ereignisses in der Düsseldorfer Notabelngesellschaft schon vor diesem Ereignis auftraten und die Verwaltungspraxis negativ beeinflussten.1609 Dieser Mutmaßung lässt sich jedoch entgegenhalten, dass der Nachlass des Grafen von Spee statt des besagten Schreibens von Fuchsius andere Arten von Bewerbungsschreiben und Wahlabsprachen beinhaltet.1610 Im Jahr 1836 empfahl sich Regierungssekretär Franz Carl Hasslacher dem Grafen beispielsweise für die Landratswahl in Aachen, an der von Spee wegen seines dort gelegenen Gutes Schönforst ebenfalls teilnehmen durfte.1611 Von Spee selbst setzte seine Stellung als Kreistagsabgeordneter und seine persönlichen Kontakte dafür ein, seinem Sohn August den Posten in Düsseldorf zu sichern.1612 Trotz einiger Zusagen wurde jedoch nicht der 25-jährige August, sondern der zehn Jahre ältere Emmerich Anton Hubert Freiherr Raitz von Frentz zum Landrat gewählt. Wie Spee gehörte Raitz von Frentz einem alteingesessenen, katholischen Rittergeschlecht an. Analog zu seinem Koblenzer Amtskollegen musste er die erforderliche Examensprüfung aufgrund seiner rein militärischen Ausbildung nachholen. Als Schwiegersohn des Appellationsgerichtsrats und einstigen Stadtrats von Kylmann pflegte er bis zu seinem Ausscheiden im Jahr 1863 ein neues, weitgehend konfliktfreies Verhältnis zu den unteren Verwaltungsbeamten – doch an deren formellen Unselbstständigkeit und der provisorischen Position des Oberbürgermeisters änderte dies nichts.1613 Dergleichen [Wahlabsprachen] seien bei allen Wahlen gewöhnlich, sie seien nützlich, 1614 erklärte der Kölner Rittergutsbesitzer und Stadtrat Franz Jacob von Herwegh drei Jahre später im Provinziallandtag. Anders als auf der gegenüberliegenden Rheinseite riefen 1607 LA NRW R, Reg. Düsseldorf 629. Unter ebd. 968 wurde bereits am 10.6.1837 von Einwirkung auf die Anstellung aller Kommunalbeamten durch das Publikum gesprochen. 1608 Vgl. ebd. 629, Schreiben vom 26.4.1838. 1609 Weidenhaupt, Geschichte, S. 355–357. 1610 Vgl. die Akte unter ASH T 153. 1611 Ebd., Schreiben vom 30.7.1836. 1612 Vgl. ebd. T 151, insbesondere die Schreiben vom 5.3. und 26.4.1838. 1613 Vgl. Romeyk, Rheinprovinz, S. 679. 1614 LHAK 403A 35 Bd. 2, Bl. 198 f. Protokoll der Sitzung vom 24.7.1841.
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sie in seiner Heimatstadt keinen vergleichbaren Zwist hervor – und das, obwohl mit den mannigfaltigen Verbindungen innerhalb des Kölner Klüngels spätestens seit der Reorganisation des Karnevals öffentlich kokettiert und provoziert wurde.1615 Innerhalb des Stadtrats hatte sich seit dem Herrschaftswechsel nur wenig geändert. Da ein umfassender Austausch der Ratsmitglieder noch immer auf sich warten ließ und weder von der oberen noch von der unteren Verwaltungsebene gefordert wurde, befanden sich am Ende der 1830er Jahre weiterhin zwei Drittel der Honoratioren seit über zehn Jahren im Amt (Tab. 4 Köln). Franz Jacob von Herwegh und Bernhard Boisserée konnten ihren immensen Einfluss auf die Kommunalpolitik mit einer fast 40-jährigen Verwaltungserfahrung begründen. Zu den 17 katholischen und den zwei evangelischen Kaufleuten Nierstras und Schnitzler hatten sich im Laufe der 1830er Jahre fünf weitere Protestanten, u. a. Fabrikant Johann Jacob Langen und Bankier Ludolf Camphausen, hinzugesellt. Der Bruder des späteren Finanzministers Otto Camphausen trat im wirtschaftspolitischen Leben an der Seite von Peter Heinrich Merkens – ebenfalls Protestant – das Erbe des verstorbenen Landtagsabgeordneten Koch an und wird im Folgenden eine herausragende Rolle spielen. Everhard Freiherr Geyr von Schweppenburg, der Schwager von Mylius, und der Schwiegersohn von Lyversberg, rückte für seinen verstorbenen Vater in den Stadtrat, in die Kreisstände und in den zweiten Stand des Provinziallandtags. Die personellen Überschneidungen gingen so weit, dass sie die Beschlussfähigkeit des Stadtrats tangierten und ein Fehlen der gesetzlich festgelegten Mindestanzahl mit den gleichzeitig stattfindenden Landtagsverhandlungen und der Abwesenheit der drei Landtagsabgeordneten begründet wurde.1616 Abgesehen von diesen Ausnahmesituationen fanden sich rund zwei Drittel der Ratsherren ein bis zweimal im Monat im Sitzungssaal ein. Verwaltungsaufgaben und Handlungsziele wurden mit ratsübergreifenden Kommissionen angegangen, in ergebnisorientierten Diskussionen gelöst und gesondert in einem Beschlussbuch aufgezeichnet. Diese Buchführung war übersichtlich und ging auf den städtischen Sekretär zurück. Johann Jakob Fuchs war der Urheber der Akten, trat in diesen nicht namentlich in Erscheinung und hatte einen erheblichen Einfluss auf die städtische Verwaltungspraxis. Denn der promovierte Verwaltungsfachmann war während der Franzosenzeit in die Fußstapfen seines Vaters getreten und leistete weitaus mehr, als es die Anforderungen an einen kommunalen Schreiber im frühen 19. Jahrhundert erwarten ließen. Neben den Protokoll- und Beschlussbüchern führte er das städtische Archiv und eine lückenlose Registratur, die den Rückgriff auf vergangene Entscheidungen im Verwaltungsalltag gewährleistete. Wie wichtig der Zugang zu ehemaligen Beschlüssen, vergangenen Korrespondenzen und weiterführenden Informationen war, zeigte sich im benachbarten Düsseldorf darin, das Stadtbibliothekar und Archivar Lacomblet gleich zu den Stadträten gehörte und an den Beratungen der Kreisstände teilnahm. In Köln wusste Sekretär 1615 Vgl. Herres, Köln, S. 32–35 und Frohn, Narr, S. 100–109, ferner Spiertz, Groote, S. 188. 1616 Vgl. HAStK 410 A8, Eintrag vom 30.3.1828 und die Angaben im Anhang.
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Fuchs sein umfangreiches Wissen aus mehr als 30 Jahren Verwaltungserfahrung bzw. -beobachtung in anonymen Denkschriften einzusetzen und in einer umfangreichen Chronik zur Stadtgeschichte zu sichern.1617 Auch hatte er gemeinsam mit Stadtrat, Künstler, Dichter und Kurator Matthias Joseph de Noël den wertvollen Nachlass von Ferdinand Franz Wallraff inventarisiert und dessen Kunst- und Bücherbestände gesichtet sowie 1818 die Colonia für den Kronprinzen angefertigt. Wenn Eberhard Gothein in der Rückschau behaupten konnte, dass in Köln „der Sekretär und nicht der Maire regierte“ und Fuchs „zugleich [dessen] nächster Freund und ständiger Berater“ war, dann lag das primär daran, dass er das gesamte Wissen des Stadtrats in seiner Person vereinigte und Steinberger auf seine Anwesenheit angewiesen war.1618 Zugleich lässt sich daraus das bisher aufgezeigte Organisationstalent der Kölner Notabeln und die Schlüsselposition des Koblenzer Oberbürgermeisters – der sein eigener Sekretär war – erklären. Die effektive Verwaltungspraxis in der Domstadt gründete folglich nicht nur auf den Netzwerken der Verantwortlichen, sondern auch auf ihrer fortschrittlichen Arbeitsweise (Abb. 4 Köln). Hierin bestätigt sich die allgemein anerkannte Bedeutung des „Wissen des Staates“1619 im Kleinen und die von der Geschichtswissenschaft eher vernachlässigte Relevanz von Speichermedien und vormodernen „Technologien als Teil der materiellen Grundlagen des Verwaltungshandelns.“1620 In der alltäglichen administrativen Praxis der Fabrikstadt Aachen wurden solche Speichermedien nicht eingesetzt. Hier zog die bisher aufgezeigte Vernachlässigung der Verwaltungsaufgaben unweigerlich eine Vernachlässigung der Dokumentationspflicht nach sich. Als die Regierung dem Stadtrat im Jahr 1818 auftrug, den löblichen alten Gebrauch der Stadt Chroniken wieder einzuführen, wurde dieser Anweisung beispielsweise nicht nachgekommen. Stadtarchivar Meyer hatte ab der großen Mäkelei mit dem Schreiben aufgehört, um die Besprechung der reichsstädtischen Konflikte zu umgehen. Nach seinem Tod war Reiman der Meinung, die Chronik sei Sache des Bürgermeisters, wobei der Stadtrat befand, daß auch dem Bürgermeister […] nicht zugemuthet werden [könne], seine Arbeit Zensur oder Kritik zu unterziehen. Der stattdessen beauftragte Tuchfabrikant Heinrich Schmalhausen meldete 1829, dass keine vollständige Chronik zustande kommen könne, weil der Stadtrat wegen der in den 80er Jahren vorgefallenen sogenannten Mäkelei keine unangenehmen Erinnerungen an Männer deren Kinder oder 1617 Diese beispielsweise bei Herres, Köln und Brog, Geschichte ausgewertete Chronik konnte aufgrund des Einsturzes des Stadtarchivs Köln nicht eingesehen werden. Zu Fuchs vgl. Gothein, Cöln, S. 219, der wie folgt urteilt: ein sehr gebildeter und ebenso gewandter Mann, der sich an der französischen Geschäftsroutine geschult hatte, aber in seinem Herzen der alte Reichstädter, der mit Liebe und Verständnis jede Erinnerung der alten Zeit pflegte, war. Zu Lacomblet vgl. StAD 90011, Sitzung vom 22.7.1836 und Lau, Geschichte, S. 196 f. 1618 Gothein, Cöln, S. 219, vgl. Kapitel III. 1.4. 1619 Vgl. Collin/Horstmann (Hgg.), Wissen. 1620 Becker, Sprachvollzug, S. 28 f., Haas, Kultur, S. 423–437. Eine auch für die vorliegende Studie relevante Ausnahme ist der Aufsatz zur Bibliothek des Appellationsgerichtshofs in Köln, dargestellt bei Frohn, Arbeitsmittel.
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Enkel jetzt leben, hervorrufen zu sehen wünscht[e]. Erst Edmund Emundts besorgte sich nach eigenen Aussagen im Jahr 1836 das von der Regierung mehrfach empfohlene Notizbuch, um die Sache selbst anzugehen und die Alltagskultur der Stadt zu dokumentieren. Doch eine Chronik fehlt in den Akten.1621 Diese kurze Anekdote um die Chronik derjenigen Stadt, deren Vertreter die historische Bedeutung Aachens bei jeder Gelegenheit betonten, zeigt die beachtliche Kontinuität innerstädtischer Konfliktherde und die politische Relevanz persönlicher Befindlichkeiten. Sie spiegelt sich in den zahlreichen Verweigerungsformen und in der gesamten Aachener Aktenführung der frühen preußischen Herrschaftsphase wider. So existieren für einige Jahre keine gebundenen Protokollbücher des Stadtrats, sondern nur lose zusammengelegte Blätter. Chronologische Doppellungen, verschiedene Verweissysteme oder die Ablage einzelner Protokolle in verschiedenen Sachakten machten eine effektive Nutzung der schriftlichen Verwaltungskommunikation im laufenden Geschäftsgang praktisch unmöglich. Stadtbibliothekar Peter Cazin gelangte erst mit der Einführung der preußischen Gemeindeordnung 1846 in den Stadtrat. Für die Jahre 1835 und 1836 sind sogar keinerlei Ratsprotokolle vorhanden, sodass sich August von Reimans Hoffnungen auf einen geregelten Geschäftsgang bereits kurz nach der Amtseinführung von Emundts erübrigten.1622 Auf der Suche nach denjenigen Personen, die die Verwaltungsgeschäfte in der Zwischen zeit erledigten, fallen mehrere Gruppen ins Auge: Erstens scheint sich die Regierung auch unter Reimans Nachfolger, Regierungspräsident Adolf Heinrich Graf von ArnimBoitzenburg, mit den anfallenden Anfragen beschäftigt zu haben. Unterstützt wurde sie durch einzelne kommunale Ausschüsse, zum Beispiel durch das Finanzkomitee, das sich in unabhängigen Sitzungen mit dem Budget befasste. Zweitens trat der bereits erwähnte Regierungssekretär Franz Carl Hasslacher im Jahr 1836 das Amt des Landrats und Polizeidirektors an. Der 31 Jahre alte Bruder des Koblenzer Stadtrats Konrad Hasslacher heiratete Marie Mertens, eine Enkelin von Abraham Schaaffhausen, und erweiterte so die von Coels begründete informelle Verbindung zwischen Köln und Aachen um Koblenz. Drittens veranschaulichen die weitverzweigten Vereinsnetzwerke, dass sich die meisten Stadträte abseits des Rathauses trafen (Abb. 4 Aachen). Wie im nächsten Kapitel aufgezeigt wird, fungierte die Handelskammer als ein für Aachen wesentliches Ersatzforum politischer Partizipation, das über eine Bibliothek, eine Registratur und einen Sekretär verfügte. Vorausgeschickt werden kann, dass der damalige Sekretär David Hansemann Mitte der 1830er Jahre zum Präsident aufstieg und sich nicht nur für die lokale Wirtschaft, sondern auch für eine Verfassung und für das Wohl der Bevölkerung stark machte. Sein 1834 gegründeter „Verein zur Beförderung von Arbeitsamkeit“ wurde für die Bewältigung sozialpolitischer Probleme zum Vorbild vieler Städte in der Provinz und konnte die dargestellten Verwaltungsprobleme zwischen der Armenverwaltung und dem Stadtrat lösen. Aus Letzte1621 Die gesamte Angelegenheit ist unter StAAc OB 7–2 Bd. 1 dokumentiert. 1622 Vgl. die Angaben im Quellenverzeichnis.
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rem schied Hansemann 1830 nach nur zwei Jahren wieder aus, da ihm als zugezogenen protestantischen Kaufmann – im Gegensatz zu Merkens, Schnitzler und Camphausen in Köln – angeblich nicht das volle Vertrauen geschenkt wurde.1623 Dem Stadtrat gehörten am Ende der 1830er Jahre weiterhin 22 Kaufleute bzw. Bankiers, Fabrikanten an, über deren Verwaltungsroutinen kaum gesicherte Aussagen getroffen werden können (Tab. 4 Aachen). Die Hälfte, darunter auch Landtagsabgeordneter Johann Peter Joseph Monheim, hatte das Amt zwischen 1830 und 1832 übernommen. Der reformierte Tuchfabrikant Wagner war Dienstältester und kaum anwesend. Das Desinteresse an der Kommunalpolitik wurde mit dem Abgang des beliebten Chef- Präsidenten 1624 von Reiman verstärkt, sodass auch Emundts am 23. März 1835 seine Entlassung einreichte. Die Folge war, dass offensichtlich keine Ratssitzungen, wohl aber erneute Diskussionen über die Pflichten eines Oberbürgermeisters stattfanden. Diese wiederholten sich nun zum dritten Mal und endeten mit einem Gehaltszugeständnis an Emundts. Obwohl viele Bürger der Stadt und selbst mehrere Mitglieder des Stadtrathes die [zunächst] auf 1000 Taler votierte Zulage für zu hoch befunden hatten, sprach sich der Beigeordnete Tilmanns bei der Regierung dafür aus, dass ihm das votierte Jahresgehalt von 2.500 Taler für den Oberbürgermeister einer Stadt wie Aachen […] im Verhältnisse zu denjenigen Gehälter welche in anderen Städten der ersten Magistratsperson bewilligt [seien], nicht zu hoch erschien. Die vergleichende Argumentationsstrategie leuchtete dem Oberpräsidenten ein, zumal die Leistungen des Oberbürgermeisters [laut Tilmanns] volle Anerkennung verdien[t]en und Steinberger 3.000 Taler aus der Stadtkasse Kölns erhielt. Mit einer rein persönlichen Zulage von 2.000 Talern nahm Emundts daraufhin zwar die Verwaltungsgeschäfte, nicht aber ihre kontinuierliche schriftliche Dokumentation wieder auf.1625 Vielmehr ist seine Bereitschaft für eine gesteigerte Informationspolitik, wie sie zum Beispiel Maehler in Koblenz und Fuchsius in Düsseldorf praktizierten, eher gering einzuschätzen. Wie noch zu sehen sein wird, vertrat er in seiner darauffolgenden zehnjährigen Amtsperiode die Ansicht, daß mündliche Erläuterungen, Vorstellungen […] eher als schriftliche Auseinandersetzungen geeignet seyen, manche irrige Voraussetzungen zu beseitigen, die Unterhandlungen abzukürzen und bald zu einem erwünschten Ziele zu führen. 1626 Das Kontrastbeispiel zu Aachen bildet Trier. In der Aktenüberlieferung der Moselstadt kann man die Arbeitsweise des Stadtrats und die „Übersetzung von gesellschaftlichen Problemen in entscheidungstechnische Probleme“1627 mit Hilfe der Verwaltungssprache 1623 Vgl. Bergengrün, Hansemann, S. 76 f. Nach Huyskens, Handelskammer, S. 74 und S. 76–79 hatte Hansemann das Amt des Sekretärs der Handelskammer vor seiner Präsidentschaft 1836 inne, was die erwähnte Bedeutung dieser Tätigkeit unterstreicht. 1624 StAAc PRZ 1–248, Sitzungsprotokoll vom 23.12.1833. 1625 Die Angelegenheit ist unter LA NRW R, Reg. Aachen 1224 dokumentiert und wurde mit den zitierten Schreiben von Bodelschwingh am 25.5. und 4.6.1835 beendet, vgl. auch Kapitel III. 5.1. 1626 StAAc Ob 41–1, Schreiben vom 4.2.1837, wobei es um den Eisenbahnbau und die Spielpacht ging. 1627 Becker, Sprachvollzug, S. 222.
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detailliert nachzeichnen. Dabei wurde bereits dargelegt, dass die Anpassung an die preußischen Verwaltungssprachgewohnheiten – oder an das, was man dafür hielt – kein stringenter Prozess der Stadträte gegenüber den übergeordneten Behörden bzw. dem König, sondern ein wechselhaftes Austarieren war. In allen Bezirksstädten wurde die klare politische Semantik der französischen Herrschaftsphase nach 1815 um emotionale Appelle, versteckte Hinweise, bestimmte Schlüsselbegriffe und sachliche Argumente ergänzt und – besonders in Trier – mit rechtshistorischen Abrissen untermauert. Da die Bezugnahme auf die Gesetzgebung bei der Durchsetzung von Handlungszielen etwa im Koblenzer Eigentumsstreit ein entscheidendes Argument der Stadträte darstellte, trat das allgemeine Phänomen, dass sich die schriftliche Verwaltungskommunikation im 19. Jahrhundert entgegen aller Reformforderungen zu einer „juristischen Fachsprache“1628 entwickelte, auch und insbesondere in der Rheinprovinz auf. Niemand wusste das besser als Wilhelm Haw. Der Oberbürgermeister, Landrat und Polizeidirektor von Trier etablierte binnen 20 Jahren eine idealtypische Verwaltungspraxis, mit der kein anderer Stadtrat mithalten konnte.1629 Am 28. August 1834 nahm er zum Beispiel eine Wahl mittels schriftlicher Abstimmung vor, in der 24 anwesende Stadträte den Juristen Anton Staadt, den Bierbrauer Franz Bram, den Häutehändler Wilhelm Rautenstrauch und den Seifensieder Franz Ladner zu neuen Stadträten bestimmten. Erstaunlicherweise war die Regierung von ihrer 1832 verfolgten Personalpolitik abgerückt, indem sie zunächst nur die Erneuerung der vakanten Stellen und 1836 schließlich den turnusmäßigen Wechsel der Hälfte der Ratsmitglieder anordneten. Da seit dem letzten Austausch zehn Jahre ins Land gegangen waren und sich sieben Stadträte seit fast 30 Jahren im Amt befanden, war die in Kapitel III. 3.1 erwähnte Verweigerungsstrategie des Landrats abermals aufgegangen.1630 Am Ende der 1830er Jahre setzte sich die Honoratiorenversammlung weiterhin aus erfahrenen, miteinander gut bekannten und zum Teil verwandten Notabeln zusammen, die sich gegenseitig gewählt hatten und von der Regierung bestätigt worden waren (Abb. 4 Trier). Buchhändler Lintz und Gutsbesitzer Schmeltzer waren seit Beginn der französischen Herrschaft, Bankier Nell, Kreischirug Süß und Apotheker Peillers seit Beginn der preußischen Herrschaft im Amt. Die Kaufmannschaft stellte zwei Drittel der Versammlung (20 Personen), wohingegen acht andere Berufsgruppen durch mindestens je eine Person vertreten waren (Tab. 4 Trier). Die Aufgaben der ausgeschiedenen Landgerichtsräte Schaack und Zeininger übernahmen die Advokatanwälte Mathias Zell und 1628 Ebd., S. 231. 1629 Vgl. ebd., S. 222–234, Haas, Kultur, S. 235 f. und Rowe, Reich, S. 281, der betont, dass „the french legacy previded a defence against the abitrary exercise of authority that was, rightly or wrongly, associated with ‚Prussian methods‘. Napoleonic rules […] endowed them with a new set of institutions that blunted it. Chief amongst these was the law.“ 1630 StATr Tb 100/9, Sitzung vom 24.8.1834, ausgeschieden waren Hermes, Recking, Schaack und Zeininger. Vgl. die Stadtratsprotokolle vom 7.11.1831 und 30.6.1834, Nr. 9 und Nr. 10, in denen Brixius u. a. zur förmlichen Rechtsvertretung ernannt wurde, bevor er dem Stadtrat angehörte und die Akte zur Stellenbesetzung unter ebd. Tb 13–3.
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Valentin Brixius, sodass sich 1839 neben Haw vier Juristen im Rathaus einfanden. Dem ehemaligen Advokatanwalt schien dies besonders wichtig zu sein, da er die Hilfe seiner Kollegen vergleichsweise oft in Anspruch nahm. Sie waren – zum Teil bereits vor ihrer Ernennung – an zahlreichen Gutachten beteiligt, die für die Regierung angefertigt werden mussten. Bei Petitionen an die Ministerien oder den König wünschte Haw außerdem, daß ihm einige der Herren Stadträthe beigegeben würden mit welchen er gemeinschaftlich sich über den Gegenstand berathen könne.1631 Dabei wurde auch diese Aufgabe in der Regel per Wahl an mindestens einen Juristen vergeben. Die demokratischen Wahlpraktiken bestimmten den gesamten Verwaltungsalltag und spiegeln sich in mündlichen Diskussionen, schriftlichen Abstimmungslisten und im performativen Auftreten der Stadträte – etwa bei Deputationen – wider. Sie sorgten für ein egalitäres Arbeitsklima und geteilte Verantwortlichkeiten. Umso schwerwiegender war es, wenn diese informellen Kommunikationsregeln nicht eingehalten wurden.1632 Als in der Sitzung vom 23. April [1833] jüngst die Angelegenheit wegen Wiedererlangung der vormaligen Jesuitenkirche verhandelt wurde, hatte der Herr Stadtrath Stoll erklärt, daß er sich dabei jedweden Votum enthalten wolle. Da in Trier aber der Grundsatz herrschte, daß derjenige, welcher im Stadtrath bei der Abstimmung über einen Gegenstand keinen Theil nehmen wolle, auch der Discussion darüber nicht beiwohnen folglich sich aus der Sitzung entfernen eventualiter nach Umständen daraus gewiesen werden soll[te,] entbrannte ein Streit, der mit einer Beschwerde Stolls und der Missbilligung seines Verhaltens im Stadtrat endete.1633 Analog zur parlamentarischen Praxis im Provinziallandtag wurden persönliche Positionierungen auf der unteren Verwaltungsebene Triers also erwartet und schriftlich festgehalten. Aus der Perspektive der Verwaltungsgeschichte mussten „Meinungsverschiedenheiten […] intern bewältigt werden“, weil Konkurrenz bzw. „inkonsestentes Auftreten“ innerhalb der Verwaltungsebene nicht angelegt war – sie wurde daher im Provinziallandtag und in den meisten anderen Stadträten nicht dokumentiert.1634 Die Streitigkeit zwischen Hansemann und Daniels im Aachener Rathaus, die den einflussreichen Kaufmann zum Ausscheiden aus der Kommunalpolitik bewegte, sucht man beispielsweise vergeblich in den Aufzeichnungen.1635 Eine Besonderheit der Trierer Konfliktkultur lag folglich darin 1631 Ebd., Tb 100/10, Sitzung vom 26.6.1833. 1632 Zu Haws Amtseinstellung vgl. Haase, Haw, S. 199–205. 1633 StATr Tb 100/10, Sitzungsprotokoll Nr. 424 vom 26.6.1833, wonach der Stadtrat geäußert [hatte], daß wenn der Stadtrath den Herrn Stoll gerne nicht habe nötigen wollen mitzustimmen derselbe auch seinerseits das Zartgefühl haben müßte, durch seine Gegenwart der freien Discussion nicht hinderlich sein zu wollen. Stoll war daraufhin der Sitzung verwiesen worden und hatte dies als Kränkung empfunden, wobei sich Haw anschließend beim Stadtrat erkundigte, was er wünsche, daß dem Herrn Stadtrath Stoll geantwortet werden solle? 1634 Vgl. Collin, Organisation, S. 347, wonach Kooperation den „Grundmodus der Zusammenarbeit“ darstellte und auch auf die verschiedenen Glieder der Verwaltungsorganisation bezogen wurde, was allerdings in der Rheinprovinz – wie gezeigt wurde – eher die Ausnahme denn die Regel darstellte. 1635 Vgl. Bergengrün, Hansemann, S. 76 f., wonach es um eine Meinungsverschiedenheit wegen der in Kapitel III. 3.1 dargestellten Entlassung der säumigen Mitglieder ging und sich Hansemann angeblich nicht dem „Joche des oberbürgermeistlichen Despotismus“ fügen wollte.
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begründet, dass es den Stadträten bei sensiblen Themen nicht möglich war, neutral zu bleiben ohne ausgeschlossen zu werden. Im Fall des Planzeichners Stoll – über den nur wenig bekannt ist – ging es um die Frage, wie mit der Überweisung der Jesuitenkirche an die evangelische Gemeinde durch den König umgegangen werden sollte. Es dürfte kein Zufall gewesen sein, dass die Vergleichsverhandlungen bezüglich der gleichen Angelegenheit im benachbarten Koblenz bereits im Gange waren. Auch im Trierer Stadtrat wollte man das aufsehenerregende Thema nicht unkommentiert lassen und gemeinsam mit Bischof Joseph von Hommer die Möglichkeiten einer Wiedererlangung eruieren.1636 Umgesetzt wurden solche und andere Partizipationsversuche in fünf Schritten: Besprechung, Prüfung, Beratung, Abstimmung und Handlung. Zunächst erläuterte Haw als präsidierender Oberbürgermeister und Landrat 1637 kurz den Sachverhalt und las den Anwesenden gegebenenfalls das dazugehörige Schreiben, zum Beispiel eine Regierungsverfügung, vor. Handelte es sich um besonders strittige Themen, dann wurde es den abwesenden Räten zugeschickt bzw. zur Durchlesung communiziert. 1638 Bevor der Stadtrat in weitere Berathung über diesen Gegenstand einging, ließ derselbe sich sämmtliche darauf Bezug habende Voracten vorlegen 1639 oder bestimmte eine Kommission, die diese konsultieren und ein Gutachten erstellen sollte.1640 Diese Vorgehensweise setzte die Archivierung des Verwaltungsschrifttums und eine ordentliche Registratur voraus. Nachdem die chronologisch geordneten Anlagenbände Reckings 1825 aufgegeben worden waren, fanden sich die Originale behördeninterner Schriftstücke in den dazugehörigen Sachakten. Zusätzlich wurden sie im Protokollbuch wiedergegeben. Neben diesen hilfreichen Abschriften weisen die Trierer Protokollbücher – analog zu vielen Regierungsakten – nicht nur ein Register, sondern auch ein „selbstreferentielles Verweissystem und transtextuelles Bezugssystem“1641 auf, das die thematisch zueinander gehörenden Sitzungen miteinander verknüpfte. Diese Hilfestellung, die als Charakteristikum einer rationalen Verwaltung gilt, umfasste auch die französischen Aufzeichnungen Reckings, in denen deutschsprachige Randnotizen das Aufspüren von Zusammenhängen erleichterten.1642 Weitere Informationen hielt das Archiv bei der Regierung und die bereits erwähnte Stadtbibliothek bereit. Anschließend erfolgte eine mündliche Beratung im Plenum, die mit einer schriftlichen Abstimmung – oft in Form von Pro- und Contra-Listen – endete. Im Fall der Jesuitenkirche sprach sich die Mehrheit des Stadtrats dafür aus, dass Haw mit Advokatanwalt Schaak und Notar Bochkoltz eine Bittschrift an den König verfassen sollte.1643 1636 Vgl. Haase, Haw, S. 189 f.; Zenz, Geschichte, S. 106–110 und Kapitel III. 4.3. 1637 Exemplarisch StATr Tb 100/11, Protokoll vom 29.12.1838. 1638 Ebd. Tb 100/10, Nr. 379 vom 28.11.1832. Die in Kapitel III. 3.1 aufgezeigte Empfehlung der Aachener Regierung an Wilhelm Daniels wurde hier also nur bedingt umgesetzt. 1639 StATr Tb 100/10, Nr. 376 vom 22.10.1832. 1640 Beispielsweise unter ebd., Sitzung vom 12.12.1832. 1641 Becker, Geschichte, S. 222. 1642 Vgl. zum Beispiel StATr FrZ 63. 1643 Vgl. StATr Tb 100/10, Sitzungen vom 27.4. und 26.6.1833. Zur Organisation der Akten und Schriften vgl. allgemein Haas, Kultur, S. 220–234 und S. 421–437.
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Am 21. September 1833 erfolgte eine negative Antwort des Oberpräsidenten mitsamt der Aufforderung die ferneren Verhandlungen über diesen Gegenstand in angemessener Weise zu unterdrücken. 1644 Doch das Schreiben brachte den Stadtrat keineswegs dazu, sich von der Erfüllung seiner Pflicht abzuwenden, weil ihm die Vertretung eines Interesses der Bürgerschaft auflege. 1645 In dem Wissen, dass der Stadtrat von Koblenz den Streit um die Florinskirche mit einer Entschädigung abgeschlossen hatte, begab sich Haw zu Beginn des darauffolgenden Jahres nach Berlin und erreichte die mündliche Zusage einer baldigen Einigung. Die kostspielige Aussendung von Deputationen stand in Trier zumeist als letzter Ausweg am Ende der skizzierten Handlungskette, wohingegen sie in Aachen und Köln eine längere Tradition hatte und zu den ersten Partizipationsstrategien der ehemaligen Reichstädter gehörte.1646 Während Haws Aufenthalt in der preußischen Hauptstadt kam es in seiner Heimatstadt zu einem regelrechten Skandal, der seine Verhandlungsfortschritte rückgängig machte, die überregionale Presse in Atem hielt und den Stadtrat in ernste Bedrängnis brachte. Im Rahmen des Stiftungsfestes der Trierer Casinogesellschaft wurde von einigen Notabeln in fast göttlicher Verehrung 1647 die Marseillaise gesungen. Unter den 17 Beschuldigten befanden sich vier Juristen, ein Notar und zwei Verwaltungsangestellte – Stadtadvokat Brixius soll sogar einen Toast auf die Julirevolution ausgebracht haben. Obwohl Haw dies durch seine Abwesenheit weder bezeugen noch widerlegen konnte, schrieb ihm die Regierung die Verantwortung für das Fehlverhalten zu und bestätigte somit die politische Bedeutung des geselligen Vereinswesens, am dem nach wie vor die Mehrheit der Stadträte aktiv teilnahm. In den darauffolgenden Schriftwechseln wurde dem Landrat (nicht zum ersten Mal und nicht zu Unrecht) vorgeworfen, gegen die Vorschriften der Hierarchie und der Subordination verstoßen zu haben. 1648 Die Stadträte reagierten auf das daraufhin eingeleitete Disziplinarverfahren mit ausführlichen Rechtfertigungsversuchen und emotionalen Loyalitätsbekundungen. In der entsprechenden Stadtratssitzung kamen die praktischen Konsequenzen der persönlichen Arbeits- und Vertrauensverhältnisse ans Licht, indem sich nicht nur Stoll enthielt, sondern auch Johann Schmidt und Philipp Christoph Aldringen erklärten, daß sie als Regierungsbeamte Anstand nehmen in einer Sache zu votieren, wo ihr oberster Chef impliziert sei. 1649 Georg Friedrich Job von Nell gab zu Protokoll, daß er wegen seiner verwandtschaftlichen 1644 StATr Tb 100/10, Stadtratsprotokoll vom 21.9.1833. 1645 Ebd. 1646 Vgl. das Stadtratsprotokoll vom 19.03.1834 unter ebd. Die Streitigkeiten um die Jesuitenkirche zogen sich bis in die 1850er Jahre und werden bei Zenz, Geschichte, S. 106–110 zusammengefasst, vgl. die Denkschriften der Advokatanwälte Brixius, Denkschrift und Regnier, Memoire. Der Stadtrat von Koblenz hatte den positiven Ausgang der Verhandlung unter StAK 623 2188 am 6.7.1833 im Stadtrat erfahren. 1647 Bericht des Freiherrn von der Horst an Regierungsrat Graf von Dohna unter LHAK 403 2494, Bl. 3–12. Nach ebd. waren die anderen beschuldigten Juristen Heinrich Marx, Günster, Viktor, Zenzius sowie Notar Funk. Zu den Angestellten gehörten Steuerempfänger Schneider und Regierungsassistent Klein. 1648 StATr Tb 100/10, Sitzung vom 21.7.1834. 1649 Ebd., Protokoll vom 22.3.1834.
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Verhältnisse mit dem Herrn Haw an der […] Berathung nicht theilnehme und entfernte sich. 1650 Es folgte eine öffentliche Erklärung, eine Petition an den König, eine Geldstrafe, der Entzug der Polizeihoheit und eine Phase der kollektiven Zurückhaltung, die dem Partizipationsverhalten des Trierer Stadtrats und dem Selbstbewusstsein seines Vorstehers völlig fremd war.1651 Sie wurde vier Jahre später dadurch beendet, dass die Regierung aktiv in die internen Kommunikationsregeln der unteren Verwaltungsebene und somit in den Kompetenzbereich des Oberbürgermeisters und Landrats eingriff. Als Regierungsassessor Ludwig Graf von Villers am 18. Februar 1838 unangekündigt im Rathaus erschien, um die Kreiseinteilung zu besprechen und darüber hinaus verlangte, den Deliberationen selbst beizuwohnen, wurde dies als ungewöhnlich aufgefasst und mit Verweis auf das Dekret vom 4. Juni 1806 abgelehnt.1652 Bankier Wilhelm Friedrich Lautz äußerte – stellvertretend für Haw – die Ansicht, der Stadtrath müße sich vor allen Eingriffen welche vonseiten der Behörden gegen seine Befugnisse gemacht würden, bewahren. 1653 Diese Reaktion und Villers Argumentation, dass der höheren Behörde […] immer das Recht zu[stehe], da zu erscheinen, wo untere Beamte fungierten, 1654 lässt sich in den Protokollen nachlesen und mündete in einer ausführlichen Diskussion über die Rechte und Pflichten des Stadtrats, 1655 deren Darstellung an dieser Stelle zu weit führen würde.1656 Sie trug dazu bei, dass Haw im darauffolgenden Jahr durch den Merziger Landrat Franz Damian Görtz ersetzt und den Stadträten die Wahl ihres Vorstehers, bzw. den Kreistagsabgeordneten die Wahl eines Landrats verweigert wurde.1657 Diese offensichtliche Machtdemonstration der Regierung stützte sich auf die einzigartige Amtsfülle des Trierer Stadtoberhaupts und die Tatsache, dass bisher keine Kreisversammlungen abgehalten worden waren. Sie war in zweierlei Hinsicht zu verkraften: Zum einen gab der Stadtrat sein Einverständnis zu Protokoll, da Haw die Stadt weiterhin gemeinsam 1650 Ebd. 1651 Ebd. Die gewählten Verfasser einer Petition an den König waren Mohr, Grach, Bochkoltz, Schmeltzer und Linz. Stoll hatte sich abermals enthalten, sodass unter ebd. Nr. 472 am 30.6.1834 eine erneute Mißbilligung über das wiederholt unangemeßene Benehmen des Herrn Stoll zu Protokoll vermerkt wurde. Eine kritische Einschätzung des Casinoskandals bietet Haase, Haw, S. 203 f. und dies., Casinogesellschaft. Die Rechtfertigung Haws ist bei Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 552–556 abgedruckt. 1652 StATr Tb 100/11, Sitzung vom 18.2.1839. Die älteren Ratsmitglieder gaben zu Protokoll, daß nur zwei Fälle ihnen bewußt seien, in welchen Mitglieder der königlichen Regierung im Stadtrat aufgetreten waren. Zu Villers, der aus Luxemburg stammte und in Trier aufgewachsen war, vgl. Romeyk, Rheinprovinz, S. 791 und Zenz, Geschichte, S. 101 f. 1653 StATr Tb 100/11, Sitzung vom 18.2.1839. 1654 Ebd., wobei Villers den Saal verlassen musste und ein zweites Mal in Begleitung von Regierungsrat Graf von Dohna erschien. 1655 Unter ebd. kam am 18.3.1834 Ferdinand von Westphalen, der Schwiegervater von Karl Marx, als Kommissar der Regierung und klärte den Stadtrat über seine Rechte und Pflichten auf. 1656 Vgl. die gleichnamige Akte unter ebd. Tb 12–48 und Heimers, Trier, S. 415, der in der Angelegenheit den Tropfen sieht, der das Faß zum Überlaufen brachte und zur Pensionierung Haws führte. 1657 Vgl. die Sitzungsprotokolle vom 13.7. und 18.9.1840 unter StATr Tb 100/11.
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mit Kayser im Provinziallandtag vertrat und die Personalunion von Landrat, Oberbürgermeister, Polizeidirektor und Zensor wiederhergestellt wurde. Görtz hatte in den 1820er Jahren bereits Erfahrungen im Stadtrat gesammelt und war sowohl seines langjährigen hiesigen Aufenthalts wegen, als auch rücksichtlich seiner Familienverhältnisse als ein Trierer und somit als einer der Ihrigen zu betrachten. 1658 Zum anderen begaben sich die Regierungsbeamten fortan nicht mehr ins Rathaus – auch Haws Bruder Joseph und Johann Schmidt schieden als Regierungssekretäre aus der Versammlung aus. Eine Kontrolle, wie sie in anderen Städten zum Verwaltungsalltag dazugehörte, wurde in Trier also erfolgreich verhindert. Während die Anwesenheit der Regierungsbeamten im Düsseldorfer Stadtrat zwar nicht konfliktfrei, aber durchaus üblich war, war ihnen eine aktive Partizipation an der Kommunalpolitik von Trier nicht möglich. Da sie in Koblenz nur in einem Ausnahmefall befürwortet, in Aachen verboten und in Köln gar nicht erst zur Sprache gebracht wurde, lässt sich abschließend konstatieren, dass sich an dem innerbehördlichen Misstrauensverhältnis zwischen den mittleren und unteren Verwaltungsebenen am Ende der 1830er Jahre im Großen und Ganzen nichts geändert hatte.1659 4.2 Kollektive Ziele und individuelle Partizipationsstrategien in der Wirtschaftspolitik Die preußische Wirtschaftspolitik im frühen 19. Jahrhundert gilt gemeinhin als erfolgreiche Weichenstellung für die Industrialisierung und Nationalisierung Deutschlands.1660 Diese wirtschaftspolitische Begründung des deutschen Staatsbildungsprozesses der Modernisierungsforschung ist heute überholt, entbehrt jedoch nicht jeglicher Grundlagen. Ohne diese hier umfassend und entsprechend kritisch beleuchten zu können, hatte das Rheinland einen erheblichen Anteil an der positiven Bilanz zur preußischen Wirtschaftspolitik. Diese ebenfalls zum Forschungskonsens gehörende Beobachtung beruht sowohl auf historischen Traditionen bestimmter lokal begrenzter Wirtschaftsräume und Gewerbesektoren als auch auf innovativen Ideen einzelner prominenter Unternehmerpersönlichkeiten und kam nicht von ungefähr. Denn im Gegensatz zu den Handel- und Gewerbetreibenden in den preußischen Kernprovinzen konnte das sogenannte rheinische Wirtschaftsbürgertum auf wichtigen wirtschaftspolitischen Erfahrungen und der
1658 Ebd., Eintrag vom 30.11.1840, vgl. Kapitel III. 5.1. 1659 Zenz, Geschichte, S. 102; Aldringen blieb als Buchhalter der Regierungshauptkasse bis 1845 im Amt. Ein Grund für die ausgebliebene und vom Stadtrat eingeforderte Wahl war nach LHAK 442 6740 Schreiben des Innenministeriums vom 29.8.1840, die Tatsache, daß im Stadtkreise Trier wo eine kreisständische Versammlung niemals organisiert gewesen, auch für die Wiederbesetzung der Landratsstelle eine kreisständische Wahl […] nicht stattfinden könne, da es hier ebenso wohl an einer Kreisversammlung, welche zu wählen habe und an einem Kreisdeputierten, welcher zum Vorsitz zu berufen sei, als an Wählbaren vermögen eines zur Wählbarkeit befähigendem ländlichen Grundbesitzes im Kreise ermangele. 1660 Vgl. Nipperdey, Bürgerwelt, S. 358–361; Boch, Arbeiter, S. 75 und ders., Staat, S. 12.
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in Teil II. dargestellten Vermögensumschichtung, d. h. auf finanziellen Kapitalanlagen aus der französischen Herrschaftsphase aufbauen.1661 Dabei hatte sich die Wirtschaft in der Rheinprovinz nach den Absatzkrisen, Preisteuerungen und Missernten zu Beginn der preußischen Herrschaft gegen Mitte der 1830er Jahre erholt. Entgegen aller panikartigen Reaktionen auf die preußische Steuerund Zollpolitik war den meisten Fabrikanten und Kaufleuten die erzwungene Umstellung von der napoleonischen Schutzzollpolitik auf den preußischen Freihandelskurs gelungen. Zudem wurde im Jahr 1834 ein einheitlicher Marktplatz, der deutsche Zollverein, eingerichtet, der die preußischen Wirtschaftsräume im Westen und Osten miteinander verband.1662 Mit der Schaffung gemeinsamer fiskalökonomischer Rahmenbedingungen und stabiler Handelsbeziehungen schien das, was in der Verwaltung seit nunmehr zwei Jahrzehnten angestrebt wurde – nämlich die Verräumlichung des territorialen Staatsgebiets zu einem Verwaltungsraum – im Wirtschaftsbereich geglückt. Dass dabei auch zahlreiche Partizipationskämpfe ausgefochten wurden, soll diesen historischen Meilenstein der translokalen Wirtschaftsverflechtung nicht in Abrede stellen. In Anlehnung an Jeffry Diefendorf ist vielmehr geboten, die aktive Rolle der rheinischen Notabeln innerhalb der restriktiven politischen Strukturbedingungen hervorzuheben, ohne ihnen eine vorgeformte patriotische Motivation zu unterstellen.1663 Da diese Bedingungen in eine sich wandelnde „multizentrische“1664 Weltwirtschaft eingebettet waren und auf unterschiedliche lokale Ausgangslagen einwirkten, sind die im Folgenden dargestellten Partizipationsformen als mikrohistorischer Ausschnitt einer globalen Entwicklung zu betrachten, die in ihrer Komplexität nicht dargestellt werden kann. Es soll deshalb nicht um eine weitere Einordnung des rheinischen Wirtschaftsbürgertums in die preußische Wirtschaftspolitik gehen, sondern um eine Einschätzung der politischen Partizipationschancen im Bereich der Wirtschaft.1665 Innerhalb der Stadträte hat sich bereits herauskristallisiert, dass Kaufleute und Gewerbetreibende heterogene Ratsmehrheiten bildeten, deren kommunalpolitische Aktivitäten eher von der Vernetzung mit anderen Berufsgruppen und dem gemeinsamen 1661 Vgl. grundlegend Clemens, Armeelieferanten und Kapitel II. 1. Zur Einschätzung der Forschungslage siehe Brophy, Capitalism, S. 9–21. Ein zentrales Fallbeispiel ist die umfangreiche Studie Türk, Jordan. 1662 Boch, Wachstum, S. 138. Zur wirtschaftlichen Erholung vgl. Rowe, Reich, S. 273 f., Herres, Klassen (1992/93), S. 382 f., ders., Köln, S. 134–141 und grundlegend Kermann, Manufakturen sowie Adelmann, Zustand. 1663 Vgl. Diefendorf, Businessmen und Brophy, Capitalism, S. 14–18. Der den rheinischen Unternehmern oft unterstellte Nationalstaatsgedanken findet sich exemplarisch bei Padtberg, Unternehmer. Diese These lässt sich mit Beispielen stützen und widerlegen, sodass der Einsatz nationaler Argumentationsmuster in der vorliegenden Arbeit als Partizipationsstrategie bewertet wird, die in Kapitel III. 5.3 näher beleuchtet wird. 1664 Osterhammel, Verwandlung, S. 1029. 1665 Vgl. ebd., S. 909–924 und S. 1029–1053; Müller, Bürgertum, S. 104 f. Die umfangreiche Forschungsbilanz zum Wirtschaftsbürgertum wird hier daher nicht zusammengefasst.
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Selbstverständnis als Repräsentanten der Bevölkerung als von ihrer eigenen Profession abhängig waren. Eine in sich geschlossene Sozialformation lässt sich allenfalls in Aachen finden, wo im frühen 19. Jahrhundert ca. 100 bis 150 Fabrikantenfamilien über die Hälfte des auf 22 Millionen Taler geschätzten Gesamtkapitals der Stadt verfügten und ein vergleichsweise geringes Interesse an der institutionalisierten Partizipation im Stadtrat hatten.1666 In allen anderen Untersuchungsstädten war die wirtschaftliche Oberschicht mit der administrativen Elite untrennbar verbunden, wenn nicht gar deckungsgleich. Die meisten Notabeln hatten akademische Ausbildungen absolviert, gingen (zum Teil zeitgleich) mehreren beruflichen Tätigkeiten nach und übten im Laufe ihres Lebens unterschiedliche Ämter aus. Auf dem Papier qualifizierte sie dies zu unterschiedlichen „Ständen“, indem sie sowohl als „Kaufmann“ oder „Handelsrichter“ als auch als „Stadtrat“ oder „Advokatanwalt“ bezeichnet wurden. Außerdem wurde der Kaufmannschaft durch das französische Justizsystem eine eigene Gerichtsbarkeit zugestanden, die ihr juristisches Fachwissen abverlangte und sie zu „lay bureaucrats“1667 machte. Darüber hinaus war einigen Kaufmannssöhnen der Einstieg in den höheren Staats- bzw. Justizdienst gelungen. Aus diesem Grund hatten sich die Netzwerke zwischen alteingesessenen Kaufmanns- und Beamtenfamilien zwischen 1801 und 1814 merklich ausgeweitet. Nach 1815 wurde diese politisch einsetzbare Amalgampolitik aufrechterhalten und erstaunlicherweise nicht auf die Vertreter der neuen Herrschaftsordnung übertragen.1668 Denn im Gegensatz zur französischen Herrschaftsphase lassen sich keine Eheschließungen zwischen Familienangehörigen der zugezogenen höheren Staatsdiener und der lokalen Notabelnelite nachweisen. Ob sich dieses Fehlen privater Beziehungen auf das wechselseitige Misstrauensverhältnis, die große Versetzungsgefahr der Regierungsräte oder auf die konfessionellen Unterschiede zurückführen lässt, kann nur gemutmaßt werden. Mit Blick auf Letzteres erkennt Thomas Mergel im Heiratsverhalten der Notabeln beispielsweise keine „Konfessionstreue“, sondern lediglich eine gewisse „Distinktion gegenüber Fremden.“1669 Fest steht, dass die Voraussetzungen für die Bildung poli1666 Herres, Klassen, S. 403, wonach fünf Prozent der Cholera-steuerpflichtigen Haushalte zu diesen Familien zählten. Zur Einschätzung siehe Kapitel III. 3.3 und 5.4. Zur Bedeutung der Wirtschaftsbürger auf Stadt- und Kreisebene vgl. allgemein Diefendorf, Businessmen, S. 268–279. 1667 Ebd., S. 348 f. 1668 Vgl. Kapitel II. 4. Es handelte sich also nicht um die in der Geschichtswissenschaft beispielsweise von Zunkel, Unternehmer stillschweigend angenommene oder von Berghausen, Provinziallandtag, S. 26 untersuchte „homogene Schicht“ neuer Unternehmerpersönlichkeiten. Diese Engführung wird bei Soénius, Unternehmer relativiert. Dementsprechend soll die von Boch, Arbeiter, S. 79 geprägte Vorstellung von einem „relativ enge[n] Kreis von bekannten Wirtschaftsnotabeln“ im Folgenden um die wirtschaftspolitische Beteiligung „kleinerer“ Kaufleute, Handwerker und Fabrikanten oder der Lokalbeamten und Oberbürgermeister an den Projekten von Camphausen, Hansemann u. a. erweitert werden. 1669 Mergel, Bürgertum, S. 83, vgl. das nachfolgende Kapitel. Die Behauptung von Nipperdey, Bürgerwelt, S. 418, dass die „Heiraten der mobilen protestantischen Beamten und Offiziere mit katholischen Bürger (oder Adels-)töchtern eine besondere Rolle“ spielten, ist für den vorliegenden Untersuchungszeitraum unzutreffend.
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tischer Netzwerke nach einer fast zwanzigjährigen Zugehörigkeit zu Preußen weitaus schlechter waren, als am Ende der Franzosenzeit. Während sich im ersten Kapitel von Teil III. einzelne gebürtige Franzosen und Belgier unter den Stadträten und ihren Familien ausmachen ließen, waren bis zum Ende der 1830er Jahre und darüber hinaus keine Stadtratsmitglieder östlich der Elbe geboren und nur wenige Einheimische im höheren Verwaltungsdienst aktiv. Obwohl dies nicht für das Vereinsleben und einzelne wenige Honoratioren in Düsseldorf galt, ist Bärbel Holz und Jürgen Herres zuzustimmen, dass eine „Einbindung der rheinischen bürgerlichen Elite, in die Klientelverbände der preußischen Zentrale […] faktisch nicht statt[fand].“1670 Vor diesem Hintergrund ist es bedeutsam, dass eine Beteiligung von gewerbe- und handeltreibenden Notabeln an der preußischen Wirtschaftspolitik nach dem Herrschaftswechsel zunächst forciert wurde. In ähnlicher Weise wie die auswärtigen Regierungsbeamten während der Übergangsverwaltung auf die Auskünfte der örtlichen Amtsmänner angewiesen waren, profitierten sie so von dem Wissen der Kaufleute. In Koblenz fungierte Johann Friedrich Deinhard beispielsweise als Gutachter für den Weinhandel, in Köln trat Abraham Schaaffhausen als Berater in Sachen Währungsumstellung auf. Da beide Notabeln ein Stadtratsmandat ausübten, konnten sie im Rahmen solcher Gutachtertätigkeiten kollektive Kommunalinteressen vertreten. Die individuellen Partizipationschancen der von der preußischen Zentrale zu Wirtschaftsexperten erklärten Honoratioren waren also von vorneherein höher und erfolgsversprechender als die kollektiven Vorstöße der Ratsgremien selbst, zumal diese erst mit der Zeit als Beratungsorgane ernst genommen wurden.1671 Besondere Partizipationsvorteile ergaben sich für die Handelskammern von Köln und Aachen. Ebenso wie die Wirtschaftskraft der neuen Provinz im Ganzen war ihre einflussreiche Position im politischen Raum von Berlin aus zunächst schwer einzuschätzen. Für das Innenministerium war das administrative Miteinander institutionelles Neuland, weshalb Fabrikbesuche und Audienzen mit den Kammermitgliedern zu den obligatorischen Terminen der frühen Staatsbesuche gehörten. In ihren Grundzügen entsprachen die vorgefundenen Strukturen in den Westprovinzen den übergeordneten Zielen der preußischen Wirtschaftsreformer und dem Modell der klassischen Nationalökonomie. Sie versprachen steigende Staatseinkünfte, sodass die Forderungen ihrer Repräsentanten den Zielen des Königs nicht unmittelbar zuwiderliefen und eine Mitsprache in 1670 Herres/Holtz, Provinzen, S. 136, ähnlich Boch, Wachstum, S. 41–46, vgl. das Inklusionspotential des Aachener Casinos, erwähnt bei Diefendorf, Businessmen, S. 337 und Kapitel II. 1. sowie die Angaben im Anhang. 1671 Boch, Wachstum, S. 33; Koltes, Rheinland, S. 321. Für Koblenz vgl. Prößler, Wein, S. 43; für Köln siehe Diefendorf, Businessmen, S. 221–238 und S. 262 f.; Kellenbenz/van Eyll, Geschichte, S. 112 f., Neidiger, Ausstellung, S. 25 und allgemein Henning, Gutachtertätigkeit sowie Treue, Banken und Kapitel III. 2.3 und 4.1.
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der Theorie weitaus weniger Unstimmigkeiten hervorrief, als es bei anderen politischen Themenkomplexen der Fall war.1672 In der Praxis stießen zahlreiche Partizipationsversuche der Wirtschaftselite an die gleichen politischen Grenzen, die den Stadträten aufgezeigt wurden. Dabei waren es in erster Linie die mittleren Beamten vor Ort, die Impulse von außen mit Nachfragen, Auflagen und der Einhaltung bestimmter Richtlinien unterdrückten.1673 Besonders die agrarisch geprägte Bezirksstadt Trier befand sich seit dem Casinoskandal in der Defensive. Im sonst so selbstbewussten Stadtrat wurde die unerwünschte Umstellung der Armenordnung im Jahr 1835 anstandslos durchgeführt, die Teilung des Trierer Gerichtsbezirks durch die Einrichtung des Saarbrücker Landgerichts hingenommen und die Rückgewinnung der Jesuitenkirche (zumindest offiziell) ad acta gelegt. Als die Regierung die Verstaatlichung der Sparkasse kundgab, erklärten die Notabeln nach geflogener Berathung geschehen laßen zu müßen, was nicht zu ändern sei. 1674 Ein Versuch zur Wiederbelebung der französischen Handelskammer scheiterte an den finanziellen Vorgaben des Innenministeriums, ein Vorstoß zur Verbesserung der Gemeindeeinkünfte, die wiederholte Bitte um eine Wildbrettsteuer, bewirkte das Gegenteil: [B]ei der Gelegenheit 1675 des abschlägigen Bescheids wurde die Türen- und Fenstersteuer und somit die letzte kommunale Einnahmequelle abgeschafft. Mündliche Verhandlungen über die Klassensteuerkontigentierung, die Haw im Landtagsfrack – d. h. mit symbolpolitischem Nachdruck – bei der Regierung führte, blieben ohne erkennbares Ergebnis. Ein aufwendiger Antrag zum Erlass einer Einkommenssteuer konnte nicht durchgebracht werden, obwohl die Steuerform im Cholerajahr erprobt und in Koblenz 1838 vorübergehend erlaubt worden war. Die darauf Bezug nehmende Immediat-Eingabe an den König wusste die Regierung zu verhindern. Selbst eine Bittschrift für die Gewerbeschule wurde auf der mittleren Verwaltungsebene aufgehalten, sodass dem Stadtrat am Ende der 1830er Jahre jeder weitere Antrag unangemessen, überflüßig und zweckwidrig erschien. 1676 Diese ungewohnte Unterordnung ging mit der Erklärung zur Incompetenz 1677 in Form einer gewissen Handlungsunfähigkeit und/oder -verweigerung einher, lässt sich im Protokollbuch nachverfolgen und 1672 Koltes, Wirtschaftspolitik, S. 75, vgl. Dorsch, Handelskammern, S. 23–27, der sie als „Entscheidungshilfen für die mittlere Behördeninstanz“ bezeichnet. Nach Gehlen, Handelskammern, S. 256–258 waren diese Informationstätigkeiten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts generell prioritär. 1673 Vgl. Dorsch, Handelskammern, S. 27 und grundlegend Brose, Politics. 1674 StATr Tb 100/10, Nr. 530 vom 11.4.1835. Vgl. die Einträge unter ebd. vom 6.7.1833, 19.3.1834, 22.3.1834, 29.4.1836 und unter ebd., Tb 100/11 vom 30.1.1837 und vom 9.3.1837 sowie Zenz, Hospitien, S. 85 f. Thielen, Recht erläutert die hier nicht näher thematisierte Teilung des Gerichtsbezirks. Zur Geschichte der Handelskammer, deren Reorganisation 1855 stattfand, siehe Clemens, Handelskammer. 1675 StATr Tb 100/10, Sitzung vom 11.4.1835. 1676 Ebd. Tb 100/11, Eintrag vom 8.8.1837, vgl. die Sitzungen vom 30.8., 19.9. und 2.12.1837, wobei sich der Trierer Stadtrat explizit auf die zeitgleich in Koblenz erlassene Einkommenssteuer berief. 1677 ebd., Tb 100/10, Sitzung vom 29.4.1836, wobei es um die Schulpolitik ging und die Eingabe der Bevölkerung an die Regierung weitergeleitet wurde.
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ähnelte der Reaktion auf die Steuerreform in den 1820er Jahren. Dabei wurden Wünsche und Beschwerden aus der Bevölkerung immer öfter an die Regierung verwiesen und dem König bei seiner Anwesenheit explizit nicht mehr vorgetragen – obwohl es derer vor allem im Wirtschaftsbereich zu Genüge gab.1678 Die genannten wirtschaftspolitischen Fortschritte der 1830er Jahre wirkten sich auf die Stellung Triers eher nachteilig aus und wurden von Haw sowohl in den monatlichen Zeitungsberichten als auch im Provinziallandtag bemängelt. Seit dem Handelsvertrag mit der benachbarten Pfalz, der Unabhängigkeit Belgiens und dem Beginn des Eisenbahnbaus musste er dabei zusehen, wie sich die Weinbaukrise in seinem Verwaltungsgebiet verschlechterte und der 1828 angestoßene Mosel-Maas-Kanal nach Metz und Lüttich gestoppt und schließlich hinfällig wurde.1679 Zwar machte Haws entfernter Verwandter väterlicherseits, Regierungsangestellter Ludwig Gall mit Hilfe seines Bruders, dem bereits erwähnten Verleger Johann Aloys Gall, öffentlich auf den Nothstand der Winzer 1680 aufmerksam und lieferte praktische Lösungsvorschläge, die ihn für viele Zeitgenossen zum „Retter des Moselweinbaus“1681 machten. Doch bevor sich sein innovatives Nassgärungsverfahren in den 1850er Jahren etablierte, blieb die Situation weitgehend unverändert und trug zur Politisierung Galls und der Bevölkerung im Moseltal bei.1682 Ein Grund dafür war, dass die Hilfsgesuche der Oberpräsidenten von Ingersleben, von Pestel und von Bodelschwingh am Innenministerium abprallten. Letztgenannter wurde als ehemaliger Trierer Regierungschef innerhalb des Jahres 1835 sechs Mal in Folge abgewiesen. Die Hilfsmaßnahmen der übergeordneten Verwaltungsbehörden – vor allem die von Haw unaufhörlich geforderte Verminderung und vorübergehende Aussetzung der Weinmoststeuer – blieben daher begrenzt und hatten aus der Perspektive der Betroffenen lediglich den „Charakter von Almosen.“1683
1678 Ebd., Eintrag vom 27.8.1835, vgl. Haase, Haw, S. 204 und Kapitel III. 2.3. Zur bisher noch nicht hinlänglich erforschten wirtschaftlichen Lage der Stadt im frühen 19. Jahrhundert vgl. Zenz, Geschichte, S. 54–56 und S. 80–85; Fischer, Strukturen; Clemens, Kontinuität und Höroldt, Entwicklung, dessen negative Einschätzung allerdings zum Teil fehlerhaft ist und auf einem Vergleich mit Bonn, d. h. einer Universitätsstadt mit anderen Strukturmerkmalen, beruht. 1679 Vgl. Höroldt, Entwicklung, S. 83; Fischer, Strukturen, S. 219 f.; Boch, Wachstum, S. 141 f.; Haase, Haw, S. 109–118 und S. 175–178; Winter-Tarvainen, Weinbaukrise, S. 65–69 und S. 109–112 sowie Kapitel III. 3.2. Zur Einschätzung siehe die Quellenauswahl bei Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 341–424, insbesondere Haws Berichte unter ebd., S. 387 f. und S. 409–411. 1680 Gall, Anleitung auszugsweise abgedruckt bei Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 402– 406, vgl. auch Gall, Was könnte helfen? 1681 Monz, Pressefreiheit, S. 542. 1682 Zenz, Geschichte, S. 88; Höroldt, Entwicklung, S. 240 f.; Sperber, Radicals, S. 14–22 und S. 61; Zu Gall siehe Monz, Pressefreiheit und ausführlich ders., Gall. 1683 Fischer, Strukturen, S. 223 f. Vgl. Winter-Tarvainen, Weinbaukrise, S. 166–171. Die Hilfsmaßnahmen der Koblenzer Regierung gibt Schubert, Regierung, S. 142–149 wieder.
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Im Gegensatz zu den innerbehördlichen Verwaltungsberichten wurde die „Moselweinkrise“1684 in den protokollierten Gesprächen im Rathaus nur selten erwähnt. Einige Stadträte waren jedoch zum Teil selbst betroffen und blieben nicht untätig. Fünf besonders einflussreiche und ausgesprochen wohlhabende Weingutsbesitzer – Friedrich Damian Bochkoltz, Valentin Leonardy, Peter Ludwig Mohr, sein Vetter Jakob Lintz und dessen Schwager Michael Grach – hatten sich seit 1828 in Petitionen für die Branche verwandt und wurden bei einer Versammlung der Winzer im Trierer Casinogebäude 1836 in den Vorstand des „Vereins zur Förderung der Weinkultur“ gewählt.1685 Die Verbesserungsvorschläge dieser von der Regierung geförderten Gesellschaft konnte man anschließend mitsamt ihrer kritischen Haltung zur preußischen Zoll- und Steuerpolitik in einem Heft aus dem Verlagshaus des Vorstandsmitglieds Lintz nachlesen. Somit gelang es den Stadträten, wirtschaftspolitische Forderungen abseits des Behördengangs zu artikulieren und die in Kapitel III. 2.4 aufgezeigten Chancen der korporativen Partizipation für ihre Außenwahrnehmung zu nutzen. Dabei hat Barbara Winter-Tarvainen betont, dass sich die Aktivitäten der Notabeln darin erschöpften und eigene Handlungsinitiativen innerhalb theoretischer Diskussionen über praktische Verbesserungen erstaunlicherweise nicht in Betracht gezogen wurden.1686 Dessen ungeachtet spricht die jahrzehntelange Dauer und soziale Tragweite der Krise für ein reales – durchaus eigennütziges – Interesse an der Verbesserung der lokalen Wirtschaftslage. So trugen sich 17 amtierende Stadträte 1840 in die „Subscriptionsliste zur Unterstüzung des Landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreußen (Lokalabtheilung Trier)”1687 ein und wählten Haw – nach seinem Rücktritt als Landrat und Oberbürgermeister – am 3. September 1840 zum Vorsitzenden. Lena Haase hat darauf hingewiesen, dass einzelne Notabeln wie er und Nell in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft tagtäglich mit prekären Wohn- und Lebensverhältnissen zwischen Porta Nigra und Hauptmarkt konfrontiert waren. Auch gehörten die engagierten Beigeordneten Thanisch und Kayser sowohl zu den überregional tätigen Kaufleuten als auch zu den Weinbergs- und Gutsbesitzern. Ihr Vorgänger Ludwig Weyprecht Mohr hatte seine Karriere als zugezogener Protestant im Handelshaus Nell begonnen und es während der Franzosenzeit mit Wein-, Wechsel- und Speditionsgeschäften zu Reichtum und Einfluss gebracht. Die wirtschaftliche Vorrangstellung der Nells selbst basierte auf dem generationenübergreifendem Holz- und Weinhandel einer gut vernetzten Familie, die politisches Engagement mit geschickten Immobilien-, Bank- und Wechselgeschäften kombinierte. In den 1830er Jah1684 Vgl. Winter-Tarvainen, Moselweinkrise und zusammenfassend Fischer, Strukturen, S. 200–223 sowie Sator, Geschichte, S. 39–42. 1685 Vgl. N.N., Mitteilungen. Die Statuten finden sich bei Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 413–417. 1686 Nach Winter-Tarvainen, Weinbaukrise, S. 63 f. und S. 112–118 diente das Engagement ausschließlich den eigenen Interessen. Mit Bezug auf die untere Verwaltungsebene im Regierungsbezirk relativiert sie dieses Urteil bei ebd., S. 161–165. 1687 Vgl. Haase, Haw, S. 175–179 und die Angaben im Anhang.
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ren erwirtschaftete Friedrich Wilhelm Rautenstrauch sein enormes Vermögen hingegen nicht mehr mit dem Weinguts- und Immobilienbesitz seines oben erwähnten Schwiegervaters Leonardy, sondern mit dem Handel von Wildhäuten aus Argentinien und Uruguay und einer transregionalen Heiratspolitik seiner Kinder. Der in Straßburg geborene Protestant war fast 20 Jahre jünger als Haws Schwager Georg Friedrich Job von Nell und verkörperte eine neue Generation der lokalen Wirtschaftselite, die sich ansonsten eher im Norden konzentrierte. 1830 übernahm er die Häutehandlung des Kölner Stadtrats Hölterhoff sowie weitere Filialen in Belgien und Holland, 1834 ein Stadtratsmandat an der Seite seines Schwiegervaters in Trier und 1855 schließlich das Amt des ersten preußischen Handelskammerpräsidenten. Gleichzeitig stand Stadtrat Anton Rambs Mitte der 1830er Jahre kurz vor dem Konkurs, nachdem er in die Sektherstellung eingestiegen war, wohingegen Carl Anton Tesche mit dem gleichen Vorhaben in Koblenz reüssierte. Als Teilhaber des Weinhandelshauses Deinhard und Schwiegervater von Remy August Ruinart hatte der ehemalige Tabakfabrikant aus Solingen bzw. Köln entscheidende Startvorteile, die notwendigen Handelskontakte und die volle Aufmerksamkeit des Oberpräsidenten vor Ort. Für eine staatliche Förderung seiner Champagnerfabrik erhielt er dessen Fürsprache und eine Audienz beim König.1688 Eine finanzielle Gewerbeförderung, wie man sie von Napoleon kannte, wurde unter Friedrich Wilhelm III. jedoch nicht gewährt, obwohl Tesches Frankopholie diesem als Garantie für die richtige Herstellungsweise des gefragten französischen Champagners diente.1689 Seine Verbundenheit zu Frankreich war durch seine Unterschrift Tesché nicht zu übersehen und kann als schriftliches Zeugnis der Marktorientierung rheinischer Unternehmer gen Westen bewertet werden. Ebenso behielt der mit Tesche in der Koblenzer Freimaurerloge verkehrende Verleger Karl Baedecker die französische Schreibweise seines Nachnamens bei, um seine neuartigen Reiseführer auf dem internationalen Buchmarkt besser platzieren zu können.1690 Der aus einer Essener Verlegerfamilie stammende Protestant galt als propreußisch und hatte im Jahr 1832 ausgerechnet die Bestände des geflüchteten Buchhändlers übernommen, der als einziger Koblenzer Bürger beim Hambacher Fest gewesen sein soll. Anders als in der einschlägigen Literatur behauptet wird, fanden sich in Baedeckers frü-
1688 Haase, Haw, S. 76–88. Abgesehen von solchen Einzelbeispielen waren die Notabeln von der Weinbaukrise nach Winter-Tarvainen, Weinbaukrise, S. 87 nicht existenziell bedroht, vgl. Prößler/Prößler, Wein, S. 62–77. 1689 Ebd. Zur Frage der Gewerbeförderung vgl. zusammenfassend Henning, Aspekte, S. 362–373, Berghausen, Provinziallandtag, S. 20–23, exemplarisch Banken, Preußen und grundlegend Raphael, Recht, S. 107–111 sowie Coym, Unternehmensfinanzierung, der unter ebd., S. 121 die Bereitstellung von Maschinen in Aachen als eine der wenigen Maßnahmen erwähnt. Der Bergbau war davon bekanntlich ausgeschlossen und befand sich im vorliegenden Untersuchungsraum erst im Aufbau, vgl. hierzu grundlegend Koselleck, Reform, S. 610–615. 1690 Vgl. Prößler, Deinhard, S. 253–260; Müller, Medienkulturgeschichte, S. 287; Bock, Tourismus, S. 282; Offerhaus, Bädeker.
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hem Verlagsprogramm folglich nicht nur „staatstragende Preußenschriften“1691, sondern auch französische Publikationen wie der „Code Civil“ und nachgefragte Werke wie Ludwig Galls Abhandlungen zum Moselweinbau. Auch soll er Kontakte zu liberalen Kreisen gehabt haben.1692 Die ersten Reiseführer auf der Basis von Kleins Rheinreise von Köln bis Mainz 1693 erschienen in deutscher und französischer Sprache und wurden am Ende der 1830er Jahre auf Frankreich, Holland und Belgien – also in Richtung Westen – ausgedehnt. Dieser Mobilitätsradius entsprach sowohl der Nachfrage, d. h. den Gewohnheiten der begüterten Handlungs- und Privatreisenden als auch Baedeckers durchdachter Geschäftsidee, die vorgestellten Regionen selbst zu bereisen.1694 Der rasante Erfolg des Verlagshauses beruhte somit auf einem pragmatischen, translokalen Geschäftssinn und wurde im Laufe der 1840er Jahre durch den neuartigen Personenverkehr zu Wasser und Schiene und den beginnenden Rheintourismus begünstigt.1695 Baedeckers Reiseliteratur, Tesches Schaumweinfabrik und das in den 1830er Jahren massiv expandierende Weinhandelshaus Deinhard stellten jedoch bereits die Spitze des Koblenzer Wirtschaftslebens dar. Nur wenige weitere Kaufleute – wie Hubert Schaaffhausen, Johann Peter Clemens oder die Söhne des Huldigungsteilnehmers Johann Heinrich Kehrmann – konnten von den wirtschaftspolitischen Veränderungen der 1830er Jahre profitieren. Die Schwierigkeiten, die sich ihnen in den Weg stellten, waren vielfältig: Erstens bot der Ausbau der Festungsanlagen und Militärbauten kaum Platz für Gewerbegründungen. Zweitens lief der Rheinhandel aufgrund der Stapelrechte von Köln und Mainz seit jeher an der Stadt vorbei. Drittens fehlte es ihr an einem Forum, das diesen ungünstigen Rahmenbedingungen entgegenwirken und die vorhandenen Ideen durchsetzen konnte.1696 Zumindest das partizipative Problem sollte nach der Aufhebung des Kölner Stapelrechts im Jahr 1830 behoben werden. Eigenständig und ohne Absprache mit den übergeordneten Behörden bildete sich ein fünfköpfiger Handelsvorstand unter dem Vorsitz von 1691 Boutemard, Programm, S. 20, der ihm bei ebd., S. 23 eine „Hoffnung auf Reformen in Preußen, allerdings ohne Infragestellung der Existenz eines nach monarchischen Prinzipien geprägten Preußens“ unterstellt und das davon ausgenommene, durchaus differenzierte Verlagsangebot ebenfalls vorstellt. 1692 Koelges, Mythos, S. 129. 1693 Der im rechtsrheinischen Braubach geborene Pfarrerssohn Franz Friedrich Röhling hatte erst 1827 das Koblenzer Bürgerrecht erhalten und Baedecker die Verlagsrechte an der Rheinreisebeschreibung von Johann August Klein übertragen, vgl. Kleber, Wegbereiter. 1694 Nach Bock, Rheinreiseführer, S. 110 war die Authentizität und „Aktualität in Form häufiger und überarbeiteter Neuauflagen ein Kernpunkt des Erfolgs.“ Zu den zahlreichen praktischen Aspekten für den Leser vgl. Müller, Medienkulturgeschichte, S. 54–59. Zur allgemeinen Bedeutung siehe Bleek, Vormärz, S. 136–146. 1695 Vgl. Kapitel III. 5.3. Nach Bock, Tourismus, S. 192–199 verzeichnete die rheinische Dampfschifffahrtsgesellschaft Mitte der 1830er Jahre bereits über 100.000 Passagiere. Zum Tourismus vgl. ebd., S. 258–271 und die verstärkte Fürsorge für anwesende Engländer durch anglikanische Gottesdienste und Sprachunterricht im Stadtrat von Trier unter StATr Tb 100/11, Eintrag vom 3.10.1839; von Düsseldorf unter StAD 90013, Eintrag vom 9.2.1841; von Aachen unter StAAc PRZ 1–14, Eintrag vom 16.4.1844. 1696 Winkel, Handel.
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Tesche, der sich für die Einrichtung eines Freihafens stark machte. Diese Vorgehensweise lässt sich zeitgleich in Trier und Düsseldorf beobachten, war zunächst nicht ungewöhnlich und hatte insbesondere in den ehemaligen Reichsstädten eine lange Tradition.1697 Die Bildung von wirtschaftlichen Interessensvertretungen kann daher als gängige Partizipationsform bewertet werden, die in Koblenz bewusst gewählt wurde. Denn die sechs Kaufleute zogen die korporative Kommunikation als ausgewählter Expertenkreis der Verwaltungskommunikation vor, obwohl ihnen als amtierende bzw. angehende Stadträte der Behördenweg offenstand und die Unterstützung des Oberbürgermeisters sicher war. In einem ausführlichen Gutachten unterbreiteten sie der Regierung die Motive ihres Vorhabens und bezeichneten Koblenz als den Vereinigungspunkt nicht nur mit Frankreich, sondern auch […] Hollands mit Deutschland. 1698 In dieser Behauptung wurde die Zollunion geschickt mit dem Nationalstaatsdenken verknüpft und der wirtschaftspolitische Stellenwert der Stadt völlig übertrieben dargestellt. Trotz der verkehrsgünstigen Lage entbehrte die Bittschrift jeder Grundlage und konnte nicht mit Handelsbilanzen belegt werden.1699 Im Gewerbesteuervergleich von 1829 rangierte Koblenz mit 9.846 Talern auf Platz 17 – zwei Plätze vor Trier (8.572 Taler) und unmittelbar hinter der mit ähnlichen Problemen kämpfenden, doppelt so großen Stadt Düsseldorf (9.981 Taler). Diese zeitgenössische Einschätzung stellt zwar die negative Wirtschaftsbilanz der dürftigen Forschungslage zu den südlichen Bezirksstädten infrage, hält aber dem Vergleich mit Köln (39.489 Taler), Aachen (18.231 Taler), Elberfeld (18.876) und Barmen (13.822 Taler) nicht stand.1700 Daraus lässt sich schlussfolgern, dass der selbstbewusst formulierte Bericht des Koblenzer Handelsvorstands zuvorderst der Legitimation der Verfasser und ihrer Partizipationsansprüche diente. Nebenbei gab er die Hoffnungen zahlreicher Koblenzer Kaufleute wieder, die ihre Investitionsbereitschaft mit der Beteiligung an verschiedenen wirtschaftspolitischen Initiativen der Nachbarstädte bereits unter Beweis gestellt hatten.1701 1697 Ebd., S. 381 und Bär, Geschichte, S. 218, vgl. Soénius, Selbstverwaltung, S. 145–154, Dorsch, Handelskammern, S. 7. Zum Kölner Handlungsvorstand von 1797 siehe Müller, Köln, S. 212–214, Diefendorf, Businessmen, S. 135–144 und Kellenbenz/van Eyll, Geschichte, S. 40–45. 1698 Schreiben des Handelsvorstands an die Regierung vom 25.8.1832 unter LHAK 441 12861. Unterzeichnet hatten J. J. Geisselbrecht, J. A. Leroy, H. Kehrmann, Haan, Siquet. Bei Letzteren handelte es sich um Wilhelm Joseph Siquet und Johann Joseph Haan, die drei Erstgenannten gehörten dem Stadtrat und der späteren Handelskammer an. 1699 Nach ebd. war der Stapelzwang in Mainz und Cöln, so wie die geringe Aufmerksamkeit welche die Regierungen früherer Perioden dem hiesigen Handel widmeten ihrer Meinung nach die einzigen Ursachen, daß Coblenz trotz der Thätigkeit seines Handelsstandes sich bisher nicht zu der Wichtigkeit und Bedeutenheit der beiden Nachbarstädte emporbringen konnte. Ein ähnliches Schreiben hatten sie nach ebd. bereits am 1.3.1832 eingereicht. Die für die spätere Gründung der Handelskammer notwendigen Zahlen und Fakten wurden von Regierungsrat John nachgereicht und positiv beurteilt. 1700 Ferber, Beiträge, vgl. auch die Ausführungen bei Hansemann, Preußen, S. 103 f. Düsseldorf hatte um 1830 rund 26.000 Einwohner, Koblenz ca.12.000, vgl. Kapitel III. 3.3. 1701 Vgl. das vernichtende Urteil über Trier bei Höroldt, Entwicklung, S. 247–250. Nach Looz-Corswarem, Anfänge, S. 109 besaßen die Koblenzer zusammen 41 Aktien, wohingegen nur drei Aachener und fünf Düsseldorfer Investoren (u. a. Oberbürgermeister Klüber) Aktien gezeichnet hatten.
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Die Stadträte Hubert Schaaffhausen, Hermann Joseph Diez, Johann Peter Clemens und weitere 13 stadtbekannte Personen bildeten zwar nicht die investitionsstärkste, aber die mit Abstand größte Gruppe auswärtiger Aktieninhaber der Kölner Dampfschifffahrts- Gesellschaft von 1825. Sie zahlten ihre Gelder fast ausnahmslos im Bankhaus des Gründers, bei Peter Heinrich Merkens, ein und trugen mit 41 Aktien zur Verbesserung des Handelsund Personenverkehrs auf dem Rhein bei. Derartige Kooperationsansätze zwischen Kölner und Koblenzer Notabeln waren keine Seltenheit, beruhten auf langjährigen Handels- und Familienbeziehungen und lassen sich nicht auf die rechtsrheinisch gelegene Nachbarstadt von Köln übertragen.1702 In Düsseldorf bildete sich stattdessen eine Konkurrenzgesellschaft zur Förderung der Dampfschifffahrt, die – ebenso wie die Rhein-Main-Gesellschaft in Mainz – langfristig nicht überlebte und 1853 mit der Kölner Gesellschaft fusionierte.1703 Für die Mehrheit der rechtsrheinischen Kaufmannschaft war die Vorreiterrolle Kölns die größte Hürde der eigenen Wirtschaftstätigkeit. Seit 1785 versuchten sich verschiedene Zusammenschlüsse von Kaufleuten dieses historisch gewachsenen Grundproblems zu entledigen und eine gleichberechtigte Stellung im lokalen Wirtschaftsraum zu erlangen, zumal sich dieser Raum nördlich von Düsseldorf, in Krefeld, Elberfeld und Barmen, zu einem aussichtsreichen Industriestandort für die Tuch- und Baumwollproduktion entwickelt hatte.1704 Das in Koblenz geforderte und in Köln und Mainz seit 1802 bestehende Freihafenrecht wurde dem Düsseldorfer Handelsvorstand 1805 von Wilhelm von Pfalz-Bayern verliehen, 1807 umgesetzt, 1826 von der preußischen Administration wieder genommen und mit der Rheinschifffahrtsakte 1831 schließlich zurückgegeben. Der „verzweifelte Kampf um den Düsseldorfer Freihafen“1705 überdauerte demnach drei Herrschaftsphasen und lässt sich in den Publikationen von Clemens von Looz-Corswarem minutiös nachverfolgen. Er fand vor dem Hintergrund weitreichender, in der gesamten Provinz aufkommender Differenzen zwischen den sogenannten Freihändlern und den Befürwortern von Schutzzöllen statt und lässt sich an dieser Stelle nicht ausführen. Relevant ist, dass er den Düsseldorfer Notabeln einmal mehr ihre vielfach beklagte Machtlosigkeit gegenüber den übergeordneten Verwaltungsbehörden und der wirtschaftspolitischen Dominanz der linksrheinischen Nachbarstadt vor Augen führte.1706 1702 Zur Kölner Gesellschaft vgl. Kellenbenz/van Eyll, Geschichte, S. 137–139 und Looz-Corswarem, Schifffahrt, S. 346–353. Eine Liste der Aktieninhaber findet sich bei ebd., S. 380–384 und dems., Anfänge, S. 96–115. 1703 Ders. Schifffahrt, S. 353–355 und S. 389–393; Henkel, Eisenbahnzug, S. 109–111. Im Jahr 1832 war bereits die Mainzer Dampfschifffahrtsgesellschaft in der preußisch-rheinischen Gesellschaft aufgegangen. 1704 Hilger, Kapital, S. 53 f.; Albrecht, Handelskammer, S. 8–29; Droste, Selbstverwaltung, S. 5f; Looz-Corswarem, Dampfschiffe, S. 159 f. 1705 Ders., Schifffahrt, S. 211–248. 1706 Ebd., vgl. Kellenbenz/van Eyll, Geschichte, S. 36 f. Zur Diskussion über die Zollpolitik, in der Merkens beispielsweise ein herausragender Verfechter des Freihandels war und die Aachener Fabrikanten sich eher für Schutzzölle aussprachen, vgl. ebd., S. 124–131; Boch, Wachstum, S. 47–59 und Soénius, Unternehmer, S. 64 f.
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Der Konflikt machte eine Interessenvertretung auf Augenhöhe, die Gründung einer Handelskammer, zur obersten Priorität, sodass am 8. Juli 1830 Verhandlungen zwischen den führenden Kaufleuten und Fabrikanten mit Landrat von Lasberg und der Regierung stattfanden. Dabei konnte man sich auf die zwei Wochen zuvor genehmigte Gründung der Handelskammer von Elberfeld und Barmen berufen und seine eigenen Partizipationsansprüche durchsetzen.1707 In den darauffolgenden Jahren entwickelte sich eine feste Partnerschaft der beiden Neugründungen am Niederrhein, die sich im Heiratsverhalten der handel- und gewerbetreibenden Stadträte abzeichnet und von der in erster Linie die Düsseldorfer Wirtschaft profitierte.1708 Dem König wurde dies in Kooperation mit dem kurze Zeit später gegründeten Gewerbeverein im Jahr 1837 auf der ersten Industrieausstellung zur Schau gestellt. Für die Bevölkerung und die ca. 85.000 anwesenden Besucherinnen und Besucher knüpfte diese Ausstellung an die Gewerbeschau im Jahre 1811 und somit an eine gewisse Messetradition an, die fortan wieder aufgenommen und zur symbolpolitischen Behauptung der Stadt genutzt wurde.1709 Diese politischen Motive wurden auch in Köln registriert, wo ein Bericht des dort erscheinenden Allgemeinen Organs für Handel und Gewerbe die Messe als vollen Erfolg darstellte, obwohl ein dem eigentlichen Zwecke nach theiliges Motiv vorherrschend [war], nämlich die Eitelkeit. 1710 Das unsachliche Urteil der „zeitweilig bedeutendsten wirtschaftsbürgerlichen Zeitung der Rheinprovinz“1711 verweist auf die von Boch herausgearbeitete „Absicht der Redaktion, aktuelle innerbürgerliche Diskussionen“1712 aufzugreifen und mit fundierten Fachinformationen zu verknüpfen. Diese Verbindung von Politik und Wirtschaft war eine Möglichkeit, die Zensoren zu beschäftigen, von der viele Notabeln Gebrauch machten.1713 Nur wenige Monate später veranstaltete ein anderer neuer Gewerbeverein eine weitere Ausstellung in Koblenz, über die in der gleichen Zeitschrift weitaus neutraler berichtet wurde.1714 Analog zu Düsseldorf erhielt der aus sechs jungen Notabeln bestehende Vorstand des Koblenzer Gewerbevereins im Herbst 1835 die Genehmigung des Königs und trat zwecks Ideentausch 1715 in Kontakt mit anderen Gesellschaften, u. a. mit dem Düsseldorfer Gewerbeverein. Ihm gehörten zwei amtierende Stadträte – Carl Anton Tesche 1707 Albrecht, Handelskammer, S. 30–46. Zu den ersten Konflikten mit dem Innenministerium gehörte nach ebd., S. 47–54 ein Antrag auf Gleichstellung der Freihafenrechte mit Köln. 1708 Hilger, Kapital, S. 54. 1709 Ebd., S. 57, vgl. Weidenhaupt, Düsseldorf, S. 127; Ein Bericht, aus dem auch die Teilnehmer hervorgehen, findet sich in den Beilagen Nr. 66–68 des Allgemeinen Organs für Handel und Gewerbe (AOHG) vom 17., 20. und 24.8.1837. 1710 Schlussbericht unter ebd., Beilage Nr. 67 vom 20.8.1837. 1711 Boch, Wachstum, S. 149. 1712 Ebd., S. 150. 1713 Vgl. Faber, Rheinlande, S. 220–234 und die Ausführungen zu Hansemann und zu den Handelskammerberichten weiter unten. 1714 Vgl. AOHG Beilage Nr. 83 vom 15.10.1837 mit dem Bericht der RMZ. 1715 StAD 0120 1031, Schreiben an den Düsseldorfer Gewerbeverein vom 7.2.1836. Dabei wies Mohr demütig darauf hin, dass unsere Gegend in gewerblicher Beziehung den industriereichen Regierungsbezirke Düsseldorf nicht an die Seite gestellt werden kann. Da unter den Teilnehmerlisten der dortigen Aus-
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und Johann Anton Leroy – sowie ein Regierungsmitglied an. Niemand Geringeres als der Trierer Wissenschaftler Ludwig Gall war zu diesem Zeitpunkt nämlich als Assessor bei der Koblenzer Verwaltungsbehörde beschäftigt und im Begriff seinen Dampfdestillierapparat zu entwickeln. Obschon er die Stadt und seine Stelle bei der Regierung sowie als Sekretär des Gewerbevereins im darauffolgenden Jahr wieder verließ, ist seine Beteiligung am Vereinsleben ein Beispiel für die informelle Zusammenarbeit der Koblen zer und Trierer Notabeln – das um weitere Handelsbeziehungen ergänzt werden kann. Innerhalb des provinziellen Wirtschaftsraums fiel den vergleichsweise finanzschwachen Vertretern der Verwaltungshauptstadt daher eine vorteilhafte Vermittlungsposition zu, die sie mit privaten Kontakten nach Trier und Köln – und mit Rücksicht auf die Schlüsselfunktion der letztgenannten Stadt – pflegten.1716 Dabei gelang es dem Koblenzer Gewerbeverein in den wenigen Jahren seines Bestehens die erwähnte Ausstellung und den ersten städtischen Wollmarkt abzuhalten. Diesen hatte der Verein dem Vater des Vorsitzenden Friedrich Mohr, dem Stadtrat Carl Mohr, und der finanziellen Unterstützung des Rats selbst, d. h. seinen guten Beziehungen, zu verdanken. Carl Mohr hatte die neue zentralörtliche Funktion als Abgeordneter des dritten Standes auf dem fünften Provinziallandtag gegen den Einspruch der Aachener Abgeordneten und mit der Fürsprache des Oberpräsidenten durchgebracht. Vorangegangene schriftliche Einwände der Kölner Stadträte und eine Aachener Deputation in Berlin konnten mit Erfahrungen aus der Franzosenzeit, wie etwa mit der Merinoaufzucht von Lezay-Marnésia, argumentativ ausgehebelt und – ebenso wie im Fall der Düsseldorfer Messe – als Kontinuitätsfaktor zur vorangegangenen Herrschaftsphase bewertet werden.1717 Generell stand die Berliner Zentrale den korporativen Gründungsinitiativen, die im Laufe der 1830er Jahre aufkamen, misstrauisch gegenüber. Ein Antrag zur Einführung des Handelskammersystems im westfälischen Provinziallandtag lehnte das Innenministerium im Jahr 1826 zum Beispiel ab. Kritische, nicht zu unterdrückende Stimmen aus der Kaufstellung keine Koblenzer ausgemacht werden konnten, ist davon auszugehen, dass der Kooperationsversuch fehlschlug. 1716 Zum Gewerbeverein vgl. Herres, Braunfels, S. 69–71; Winkel, Handel, S. 383 f.; Bär, Geschichte, S. 223 f. und Dronke, Vorwort. Zum wichtigen Amt der Sekretäre vgl. Kapitel III. 4.1; für Köln siehe Kellenbenz/van Eyll, Geschichte, S. 101–103. 1717 Vgl. Kapitel II. 1. Der Markt stärkte die zentralörtlichen Funktionen der Stadt und war daher im Vorfeld auch vom Stadtrat, von der Handelskammer und von der Regierung befürwortet worden. Zur Durchführung vgl. StAK 623 2188, Sitzung vom 9.4.1838, in der die entsprechende Kabinettsorder vom 4.3.1838 verlesen und eine Kommission aus Dietz, Mohr, Oswald, Rechtmann und Reiff gegründet wurde, die den Markt für Juli mit dem Gewerbeverein und dem landwirtschaftlichen Verein Bonn planen sollte. Zu den Koblenzer „Messen“, die eher den „Charakter regionaler Versorgungsmärkte“ hatten, siehe Winkel, Handel, S. 376–378. Zum Widerstand im Provinziallandtag und den von Hansemann verfolgten Plänen in Aachen vgl. Diefendorf, Businessmen, S. 304 f. und LHAK 403A 34 Bd. 2, Sitzung vom 21.7.1837. Der Stadtrat von Köln hatte unter HAStK 410 A9 am 19.1.1836 bzw. unter ebd. A3, am 21.1.1836 ebenfalls um diesen Marktplatz angestanden.
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mannschaft – die im Folgenden noch zu Wort kommen werden – hatten die Skepsis des Königs gegenüber den Befugnissen der französischen Institutionen gesteigert.1718 Tatsächlich war die Position der Handelskammern als staatliche Vermittlungsinstanzen im politischen Raum nicht weit von jener der Stadträte entfernt. Im Sinne der französischen Verwaltungsordnung fassten sie unter dem Stichwort „Gemeinwohl“ ebenfalls die Entwicklung ihrer Stadt, der Provinz und des gesamten Staates sowie ihren eigenen Beitrag dazu zusammen. Wirtschaftliche Eigeninteressen standen weder diesen übergeordneten Zielen noch dem angestrebten Wohl der Bevölkerung entgegen, da sie mit sozialpolitischen Motiven und gesellschaftlichen Ordnungsvorstellungen – zum Beispiel im Provinziallandtag – begründet werden konnten. In Aachen bewies Hansemann mit dem „Verein zur Beförderung von Arbeitsamkeit“, dass sich dieses weitreichende Selbstverständnis sogar realisieren ließ und finanzielle Gewinne mit einem Engagement in der Kommunalpolitik und in der Armenfürsorge vereinbart werden konnten.1719 In Köln erhielt die Handelskammer regelmäßig Privatgesuche, 1720 die wirtschaftspolitische Themen zum Teil weit überstiegen und in anderen Städten im Rathaus abgegeben wurden.1721 Dennoch schreckte der genuin politische Charakter der Handelskammern nicht nur den König, sondern auch einige um ihre Macht fürchtende Lokalbeamte ab, sodass der Oberbürgermeister von Elberfeld die vermögenden Tuchfabrikanten seiner Stadt bei der Gründung ihrer Interessensgemeinschaft beispielsweise nicht unterstützte. Auch der Oberbürgermeister von Düsseldorf ließ die im nahegelegenen Köln zu beobachtenden Chancen einer zwar konfliktreichen, aber letztlich produktiven Zusammenarbeit trotz oder gerade wegen seiner provisorischen Position zunächst vorbeiziehen. Er gewährte der neuen Kammer nur widerwillig einen Sitzungssaal im Rathaus, der seiner Meinung nach den Repräsentanten der Stadt vorbehalten war.1722 Demgegenüber standen den Aachener Kammermitgliedern gleich alle Rathaussäle zur freien Verfügung, sodass sie aufgrund terminlicher Überschneidungen und der Personalunion ihres Präsidenten und Oberbürgermeisters regelmäßig in dessen Dienstzimmer tagten. Die Kölner Handels1718 Dorsch, Handelskammern, S. 16; Kellenbenz/van Eyll, Geschichte, S. 79; Gehlen, Handelskammern, S. 258; Diefendorf, Businessmen, S. 289 f. 1719 Boch, Hansemann, S. 174 f. und Thomes, Entrepreneur, S. 102 mit der Begründung, dass sich seine Projekte „allesamt durch gemeinwohlorientierte und partizipatorische sowie auch demokratische Ansätze auszeichneten.“ Vgl. Jeworrek, Armut, S. 161–163, Monheim, Monheim, S. 22–47 und die Verhandlungen unter LA NRW R, Reg. Aachen 596 und 597 sowie allgemein Boch, Notabelntradition. 1720 Diese Gesuche reichten von wirtschaftspolitischen Detailfragen über Empfehlungsschreiben bis hin zu allgemeinen Bitten und Beschwerden, vgl. exemplarisch die Akte unter RWWA Abt. 1, Nr. 8 Faz. 11–13. 1721 Zu den Grundgedanken des französischen Handelskammerwesens vgl. Kapitel II. 1., Diefendorf, Businessmen, S. 224 f.; Dorsch, Handelskammern, S. 8–14 und exemplarisch den „esprit public“ in der Kölner Handelskammer dargestellt bei Schwann, Geschichte, S. 182 sowie die bei ebd., S. 437–443 aufgezeigten und bei Diefendorf, Businessmen, S. 295 f. bewerteten Kompetenzkonflikte zwischen Handelskammer, Oberbürgermeister und Regierung. 1722 Diese und weitere Kompetenzstreitereien nennen Industrie- und Handelskammer Düsseldorf (Hg.), IHK, S. 7–10 und Albrecht, Handelskammer, S. 36–46.
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kammer besaß seit 1821 eine eigene unabhängige „Informations- und Beratungsstätte“1723 auf dem Rothenberg, sodass die mündliche Kommunikation vereinfacht und die Bildung ständiger Ausschüsse möglich wurde.1724 Die ungünstigen Rahmenbedingungen in Düsseldorf führten dazu, dass die Statuten der neuen Kammer von der französischen Gesetzgebung abwichen und die ersten Mitglieder vorerst nicht dem Stadtrat angehörten.1725 Dabei wurde die Präsidentschaft des Oberbürgermeisters aufgehoben und eine Wahl vorgeschrieben, zumal sich Fuchsius als Jurist nicht für das Amt auszeichnete. Die Wahl fiel auf Franz Schimmelbusch, den Besitzer einer Eisengießerei aus Solingen. Ebenso wie sein Nachfolger Gerhard Baum verfügte er über hilfreiche Kontakte in der bergischen Industrieregion und kurze Zeit später auch über eine Stimme im Stadtrat.1726 Da es dem Oberbürgermeister und den Regierungsbeamten freistand, jederzeit an den Handelskammersitzungen teilzunehmen, fiel das Urteil über die Änderungen der französischen Kammergesetzgebung ambivalent aus. Trotz aller in der Praxis letztlich unbegründeter Bedenken, war mit der obligatorischen Gültigkeit der Düsseldorfer Statuten die längst überfällige Anpassung des französischen Verwaltungsmodells an die politischen Strukturen Preußens vollzogen und der Weg für weitere königlich-preußische Handelskammern – d. h. für neue institutionalisierte Partizipationschancen – geebnet.1727 Dies dachten zumindest die Oberbürgermeister Edmund Emundts in Aachen und Abundius Maehler in Koblenz, als sie die Notabeln des Handelsstandes im Sommer des Jahres 1831 öffentlich dazu aufforderten, zur Wahl einer neuen Handelskammer zu schreiten. Die Initiative des Aachener Oberbürgermeisters erscheint durch sein Amt als Präsident der bereits bestehenden Kammer selbstverständlich – jene seines Koblenzer Kollegens spiegelt den Arbeitseifer und das Vertrauensverhältnis innerhalb des Ratsgremiums wider – das in Düsseldorf gefehlt hatte.1728 1723 Kellenbenz/van Eyll, Geschichte, S. 103 f. 1724 Nach ebd. tagten hier auch die „Kommissionen für Beobachtungs- und Überwachungsaufgaben der Kammer“, ein Foto des Gebäudes findet sich bei Schwann, Handelskammer, S. 385. Zu Aachen vgl. Huyskens, Handelskammer, S. 78 f. 1725 Vgl. die Statuten vom 23.5.1831, nachzulesen im Amtsblatt Düsseldorf Nr. 54 vom 22.7.1831 und bei Albrecht, Handelskammer, S. 30–35, wonach folgende zwölf Personen zur Handelskammer gehörten: J. Juppen, Franz Vogts, J. Rymenans, A. Pfeiffer, D. Seelig, P. Goering, Gerhard Baum, Peter van Els, Theodor Hartmann, F. A. Deus. 1726 Vgl. die Angaben im Anhang, Industrie- und Handelskammer zu Düsseldorf (Hg.), IHK, S. 8 f. und Henkel, Eisenbahnzug, S. 114 f. 1727 So war die staatliche Kontrolle über die Kammern nach Collin, Selbstregulierung, S. 15–18 ausgeprägter als über andere Vereine, wohingegen Kellenbenz/van Eyll, Geschichte, S. 80 dem „preußischen Kammersystem“ die „Idee einer unabhängigen Selbstverwaltung“ bescheinigen, die im vorliegenden Untersuchungszeitraum faktisch vorhanden war, weil die Regierungen keinen nennenswerten Gebrauch von ihrem Teilnahmerecht machten. Nach Albrecht, Handelskammer, S. 55–60 gingen die Meinungen in Düsseldorf auseinander. 1728 Vgl. Industrie- und Handelskammer Koblenz (Hg.), 125 Jahre, S. 8–16; die Statuten unter URL: https:// www.dilibri.de/rlb/content/titleinfo/1065268 (abgerufen am 20.10.2019). Die Wahlvorbereitungen und das Protokoll findet sich unter LHAK 441 12861 und StAK 623 2097. Demnach waren nur 22 von
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Die ehemalige Hauptstadt des Rhein-Mosel-Departements hatte während der französischen Herrschaftsphase keine Handelskammer besessen. Trotzdem war der Kreis der Wahlberechtigten durch das bestehende Handelsgericht leicht zu ermitteln. Gemäß Statuten der Düsseldorfer Kammer setzte er sich aus denjenigen Handel- und Gewerbetreibenden zusammen, die das 30. Lebensjahr vollendet hatten und mindestens 12 Taler Gewerbesteuer im Jahr bezahlten: 163 Personen in Koblenz im Vergleich zu 1.349 Personen in Köln. Dieser exorbitante Unterschied hing mit der Bevölkerungszahl zusammen, verweist auf die wirtschaftspolitische Bedeutung Kölns und liefert eine Erklärung dafür, warum die dortige Wirtschaftselite mit der neuen preußischen Handelskammergesetzgebung nicht einverstanden war.1729 Die Erweiterung des Wahlrechts und die Einführung von Stellvertretern ging der selbstbewussten Interessensgemeinschaft entschieden zu weit, sodass es während der darauffolgenden Neuwahlen zu massiven Konflikten kam, die 1833 im Rücktritt sämtlicher Kammermitglieder mündeten. Par interim übernahm Simon Oppenheim die Präsidentschaft, wobei seine Religionszugehörigkeit zum Judentum dabei zweitrangig war, weil er zu einer der einflussreichsten Bankiersfamilien Kölns und zu den größten Kapitalgebern aktueller Wirtschaftskampagnen gehörte. Einzelne wenige jüdische Notabeln wie er oder Leopold Seligmann in Koblenz waren in den Notabelngesellschaften ihrer Heimatstädte fest integriert und konnten ihre zu Beginn des Jahrhunderts hinzugewonnenen Partizipationsrechte in der Wirtschaftspolitik behaupten. Der Fortbestand des französischen Kammermodells sicherte ihnen eine gleichberechtigte Stimme bei den Wahlen, obwohl ihnen die rechtliche Gleichberechtigung und freie Erwerbstätigkeit mit dem sogenannten schändlichen Dekret von 1808 wieder genommen und unter Preußen nicht zurückgegeben worden war.1730 Mit der gleichen Selbstverständlichkeit gehörten weibliche Firmenvorstände zu den Steuerpflichtigen, zu den Investoren wirtschaftspolitischer Großprojekte und zu den Geschäftspartnern der Notabeln, nicht aber zu den Stimmberechtigten.1731 87 Wahlberechtigten erschienen. Sie hatten sich für Johann Jacob Oswald, Wilhelm Joseph Siquet, Heinrich Kermann sen., Johann Anton Leroy, Johann Joseph Haan und Carl Tesche sowie die Stellvertreter Dernen, Geisselbrecht, Pfender, Richrath und Steinebach entschieden. 1729 Ebd., Liste vom 21.12.1833, vgl. Albrecht, Handelskammer, S. 106 f.; Herres, Koblenz, S. 63 und ders., Köln, S. 146 f., wonach sich die oppositionelle Gruppe um den in Kapitel III. 2.3 bereits erwähnten Teppichhändler Wilhelm Anton Norrenberg formierte. Zum Ablauf der Angelegenheit siehe Diefendorf, Businessmen, S. 292–303 und Kellenbenz/van Eyll, Geschichte, S. 80–90. Ein Vergleich der Wahlberechtigten für das Jahr 1858 in der Provinz bietet Dorsch, Handelskammern, S. 20. 1730 Diefendorf, Businessmen, S. 306; Zittartz-Weber, Gemeinden, S. 65, zur allgemeinen Entwicklung der wirtschaftlichen Stellung der Juden im Rheinland vgl. ebd., S. 55–88.; für Koblenz siehe Offerhaus, Seligman, S. 66–70, die Wahl der jüdischen Kaufleute Leopold Seligmann und Elias Dahl ist unter StAK 623 2097, Protokoll vom 16.6.1831 vermerkt. Mergel, Bürgertum, S. 44 betrachtet die jüdischen Kaufleute als „Außenseiter im sozialen Geflecht des gehobenen Bürgertums“, ähnlich Herres, Vereine, S. 97 für Aachen, aber nicht für Köln. 1731 Deeters, Aktionäre, S. 140 nennt 4,5 Prozent weibliche Firmenvorstände unter den Aktionären der Eisenbahngesellschaft, wobei z. B. Maria Leopoldina verwitwete Kurfürstin von Österreich zu den
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Fernab solcher wirtschaftspolitischen Grundsatzfragen war die Mehrheit der alteingesessenen Wirtschaftselite Kölns nicht bereit, einen Teil ihres herausragenden Handlungsspielraums abzugeben und sich mit aufstrebenden, oppositionellen Kaufleuten auseinanderzusetzen. Ihre kollektive Verweigerungshaltung beruhte auf lokalspezifischen Konfliktkonstellationen und bediente sich finanzieller Argumente. Sie machten von ihrem weiterhin bestehenden Recht Gebrauch, sich direkt an das Ministerium zu wenden und erwirkten behördeninterne Diskussionen auf allen Verwaltungsebenen, die zu ihren Gunsten ausfielen. Denn mehr als zwei Jahre und zahlreiche Schriftwechsel später lenkte das Innenministerium ein, setzte den Mindeststeuersatz auf 20 Taler herauf und übertrug diese Maßnahme auch auf die Stadt Aachen – die allerdings keine vergleichbaren Beschwerden hervorgebracht hatte.1732 Der Kompromiss bewies zum einen, dass die Kölner Handelskammer kein Interesse an einer Ausweitung der wirtschaftspolitischen Beteiligungsformen hatte und dass sie zum anderen weiterhin als wesentlicher Bestandteil der Verwaltungsordnung wahr- und ernstgenommen und mit der Aachener Kammer verglichen wurden.1733 Den darauffolgenden Antrag der Aachener Kammer, das gleiche Mitspracherecht zu erhalten und den Satz in der bevölkerungsschwächeren Fabrikstadt wieder auf 18 Taler herabzusetzen, um weiteren 127 Personen das Wahlrecht zu sichern, bewilligte das Innenministerium indes nicht. Handelskammerpräsident Georg Wagner – ein Bruder des langjährigen Stadtrats Friedrich Wagner – konnte sich bereits glücklich schätzen, mit der Gesetzesänderung die rechtliche Gleichstellung zu Köln erlangt zu haben. Denn dies war im entfernten Berlin trotz ihrer anerkannten Stellung im Verwaltungsalltag keineswegs selbstverständlich gewesen, weil die Kammer ursprünglich als Gewerbekammer gegründet worden war.1734 Um die Förderung der nützlichen Künste und Gewerbe letztere besonders auf wissenschaftlichem Wege jedoch ohne Ausschließung anderer dazu geneigt scheinender Mittel und Belebung des Sinnes für wissenschaftliche Fortbildung überhaupt voranzubringen,1735 gründete sich noch im selben Jahr ein anderer Verein, der bis zum Ende des Jahres 1845 737 Mitglieder zählte und zahlreiche Notabeln unter dem Vorsitz von Hansemann und Monheim mit anderen,
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Großaktionären gehörte; vgl. exemplarisch die Stadtratssitzung vom 7.1.1840 unter HAStK 410 A10, in der der Kölner Stadtrat der Dachdecker-Witwe Esser und ihren Söhnen auf Nachfrage weiterhin die städtischen Aufträge zusagte, nachdem ihr Mann verstorben war. Kellenbenz/van Eyll, Geschichte, S. 90, wobei daraufhin 482 wahlberechtigte Handels- und Gewerbetreibende in Köln gezählt wurden. Zum vorherigen Wahlverfahren, das der Meinung der Munizipalität unterworfen war, vgl. Gehlen, Handelskammern, S. 258 und Schwann, Geschichte, S. 426–428. Diefendorf, Businessmen, S. 302. Ebd., S. 303. Nach Huyskens, Handelskammer, S. 66–78 befanden die Aachen Gewerbetreibenden 172 wahlberechtigte Personen für zu wenig, wobei in Burtscheid weiterhin der Satz von 12 Talern galt. Zur Geschichte der Kammer allgemein siehe Thomes, Geschichte. Statuten des „Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe“ vom 12.10.1835 unter StAAc Ver 10–1.
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akademischen und wissenschaftlich-tätigen Berufsgruppen und 27 Regierungsmitgliedern zusammenbrachte (Abb. 4 Aachen).1736 Ebenso wie in Aachen hatte die Regierung von Koblenz die von Maehler geleitete Handelskammerwahl zunächst für ungültig erklärt.1737 Da sie weder vorgesehen noch ordnungsgemäß beantragt worden war, mussten die Notabeln die Erlaubnis des Königs abwarten und am 27. Dezember 1833 ein zweites Mal zusammenkommen. Analog zum ersten Mal leitete Oberbürgermeister Maehler und nicht Landrat von Boos-Waldeck die Wahl. Die Wähler entschieden sich für denselben Personenkreis, der die erste Kammer und den vorherigen Handelsvorstand gebildet hatte.1738 Anders als in Köln bedingte die überschaubare Anzahl von wahlberechtigten Kaufleuten und Gewerbetreibenden, dass keine personellen Alternativen zur Verfügung standen und sämtliche Kammermitglieder inklusive Präsident Tesche und die Hälfte der Stellvertreter dem Stadtrat angehörten. Handelsgerichtspräsident Hubert Schaaffhausen hatte sein Mandat abgelehnt und Kaufmann Johann Anton Leroy es aufgrund seines jugendlichen Alters von 29 Jahren nur durch die Verzögerungen im Wahlgang erhalten.1739 Als Karnevalspräsident, Vertreter der Kölner Dampfschifffahrtsgesellschaft sowie offizieller Agent für Rheinschiffer und Auswanderer war er für die Mitglieder der Kammer, des Gewerbevereins und des Stadtrats eine ebenso wichtige Vermittlungsperson wie für die Menschen aus der Eifel, dem Hunsrück und dem Westerwald, die über Koblenz nach Übersee gelangen wollten.1740 Vor dem Hintergrund dieser engen Beziehungsgeflechte konnte das erste Ziel der Handelskammer, die Finanzierung des geplanten Freihafens, im Stadtrat besprochen und mit einer Anleihe bei der Hospitalverwaltung, d. h. bei Blechwarenfabrikant und Stadtrat Hermann Joseph Dietz, bewerkstelligt werden.1741 Damit war das, was in Köln seit Jahr1736 Nach ebd. gehörten Hansemann und Monheim dem Vorstand an, vgl. die Mitgliederliste unter ebd. VER 10–2 und die Angaben im Anhang. In der Zahl der Regierungsmitglieder sind Regierungspräsident von Arnim, Landrat Hasslacher, die hohen Finanzbeamten und die Wegebaumeister mitinbegriffen. 1737 Dem Bürgermeister wurde die Anweisung zur Wiederholung der Wahl durch Regierungsrat Heuberger unter StAK 623 2097 am 8.12.1831 mitgeteilt, vgl. das Schreiben vom 4.1.1831 unter LHAK 441 12861. 1738 Vgl. das Protokoll vom 27.12.1833 unter StAK 623 2097. Die Kabinettsorder mit der Genehmigung war nach einem positiven Regierungsgutachten am 14.7.1833 ergangen. 1739 Vgl. das Protokoll über die Installierung der Handelskammer vom 20.5.1834 unter LHAK 441 12861, Bl. 115–125. Da Hubert Schaaffhausen seine Wahl abgelehnt hatte, hatten im Januar 1834 abermals Wahlen stattgefunden. Demnach gehörten zur ersten Handelskammer folgende Personen: Carl Tesche, Simon Clemens, Georg Bernhard Sehmer, Johann Heinrich Kehrmann sen., Johann Friedrich Geisselbrecht, Johann Anton Leroy. Die Stellvertreter waren Peter Mantel, Johann Jacob Oswald, Johann Joseph Dernen, Johann Peter Clemens, Wilhelm Simon Haenle und Theodor Richrath. Vgl. Handelskammer Koblenz (Hg.), 125 Jahre, S. 16–20 und die Angaben im Anhang. 1740 Vgl. ebd. und Kapitel III. 3.4. 1741 Vgl. StAK 623 2097, Schreiben vom 19.7.1835 und die entsprechenden Verhandlungen unter ebd. 2188 am 16.8.1831, 14.9. und 16.9.1837 und 21.5.1838, wobei die Anleihe auf 14.000 Taler beziffert wurde. Zu den Einnahmen der Handelskammer von 286 Talern aus dem Beitrag der 106 städtischen Gewerbetreibenden vgl. die Etataufstellung im ersten Jahr unter LHAK 441 12861, Bl. 228–244 und die mindestens zehn Mal so hohen Einnahmen in Köln, dargestellt bei Kellenbenz/van Eyll, Geschichte, S. 104–106.
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zehnten zur politischen Selbstbehauptung genutzt wurde – eine Win-win-Situation für die personell miteinander verbundenen Einrichtungen – auch in Koblenz etabliert.1742 Die Ergebnisse der Zusammenarbeit wurden im ersten Jahresbericht von 1835 verkündet. Da diese turnusmäßigen Druckschriften an das Innenministerium und an die Wirtschaftsbürger der anderen Städte gerichtet waren, können sie als politisches Kommunikationsmedium bewertet werden, das sich auf französische Verwaltungssprachgewohnheiten zurückführen lässt, die translokale Verflechtung der Städte unterstützte und unter Preußen vorübergehend verboten wurde. Aus der Sicht altpreußischer Beamte kamen die Jahresberichte sowohl als „Werbebroschüren“1743 einzelner Unternehmer als auch als wirtschaftspolitische Bittschriften daher. So wurde in Koblenz auf Tesches Champagnerfabrik hingewiesen, der hoffentlich nicht mehr lange anstehenden Anschluss von Nassau an den Zollverein erbeten, die Klage über das langsame Expedititons-Verfahren bei dem hiesigen Haupt-Zoll-Amte aus dem Publikum weitergegeben und zahlreiche überregionale Verbesserungen wie zum Beispiel die Gleichstellung der Freihafen gefordert.1744 Mit dem Verbot der Schriften brachte sich die preußische Zentrale in eine Zwickmühle, da sie die restriktiven Zensurbestimmungen auf Kosten ihrer eigenen Kommunikationskanäle durchsetzte und so selbst auf alternative Informationskanäle angewiesen war. Oberpräsident von Bodelschwingh holte sich beispielsweise kurz nach seinem Amtsantritt statistische Daten über den gewerblichen Zustand der Rheinprovinz im Jahre 1836 ein.1745 Sein Ziel bestand darin, die bekannten Formblätter und die in den 1820er Jahren erhobenen Generaltabellen der vorzüglichen Fabriken und Manufakturen in den königlich preußischen Provinzen zu erweitern und sich einen Überblick über die Wirtschaftslage seines neuen Verwaltungsbereichs zu verschaffen.1746 Nach eigenen Angaben hatte er dabei auch die Arbeitsmaterialien des Provinziallandtags im Sinn, dem er als Abgeordneter der märkischen Ritterschaft in Westfalen bereits seit 1830 angehörte und im Rheinland ab 1837 vorstand.1747 Seine erweiterten Gewerbetabellen verdeutlichen das Nord-Süd-Gefälle in der Provinz und beruhten auf der Informationspflicht der Landräte, d. h. auf dem regulären Behördengang. Sie waren ohne die Hilfe der Handelskammern zustande gekommen und 1742 Vgl. Kapitel III. 3.3. 1743 Dorsch, Handelskammern, S. 21 f. mit Bezug auf die Essener Berichte über die Firma Krupp. 1744 Jahresbericht der königlichen Handelskammer zu Koblenz für das Jahr 1835. URL: https://www.dilibri. de/rlb/periodical/titleinfo/1097158 (abgerufen am 18.11.2020), S. 5–8. Zu den weiteren Wünschen gehörten der Straßenausbau, eine Moselschiffahrts-Polizei, die Beseitigung der Hindernisse im Moselbette und die Anlage eines Sicherheitshafens, vgl. auch der Bericht der Düsseldorfer Kammer abgedruckt und diskutiert bei Albrecht, Handelskammer, S. 66–76 und die von Kellenbenz/van Eyll, Geschichte, S. 106–110 wiedergegebene, ausgesprochen selbstbewusste Kölner Berichterstattung. 1745 Vgl. Adelmann, Zustand. 1746 Diese Tabellen wurden ebenfalls von den Regierungen erhoben, beinhalteten allerdings keinerlei Produktionszahlen und wurden bei Thiriart in Köln gedruckt, vgl. auch Kapitel II. 3., Ferber, Beiträge und Boucqueau, Mémoires, der nach Kampmann, Köpfe, S. 96 f. eigeninitiativ als Präfekt des RheinMosel-Departements bereits zu Beginn des Jahrhunderts eine ausführliche Aufstellung anfertigen ließ. 1747 Vgl. Adelmann, Zustand, S. 7 f. und Romeyk, Rheinprovinz, S. 360 f.
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hingen von der Wahrnehmung der Beamten ab. Aus diesem Grund war die angestrebte regionale Vergleichbarkeit nur bedingt gegeben. Für die größten Wirtschaftsmetropolen der Provinz lagen zum Beispiel keine gesicherten Produktionszahlen vor, da einige Notabeln dem Aachener Landrat und dem Kölner Polizeidirektor die Auskunft verweigerten.1748 Wie bereits mehrfach ausgeführt wurde, war diese verweigerte Partizipation eine Partizipationsform durch Verweigerung, die vorübergehend aufging. Sie hatte zur Folge, dass die Handelskammern ihre Stellung innerhalb des Verwaltungsapparats behaupten konnten, indem die Kölner Kammer den Stand der lokalen Wirtschaft nur wenige Monate später in der Beilage des Allgemeinen Organs für Handel und Gewerbe zusammenfasste und die Aachener Kammer die Zensur durch den Druck ihres Jahresberichts im Ausland umging.1749 In der Folgezeit wurden diese Berichte wieder zugelassen, wobei sich die Verfasser weiterhin „an der Nahtstelle zwischen den wirtschaftlichen Partikularinteressen einerseits und den öffentlich wirksam werdenden Regionalinteressen andererseits“1750 befanden. In ähnlicher Weise wie die bisher aufgezeigte Integrationsbereitschaft gegenüber französischer Errungenschaften im Rechtswesen hatte die inkonsequente Angleichung der französischen Handelskammergesetzgebung an die preußische Selbstverwaltungsidee die Handlungsspielräume der Kammermitglieder erweitert, indem sie fortan entweder ihren „Behördencharakter“ oder ihren „kaufmännischen Korporationsstatus“ zur politischen Einflussnahme einsetzten.1751 Diese in der Forschung bisweilen als „preußischer Kammertyp“1752 bezeichnete Mischform kann als weiterer Herrschaftskompromiss bewertet werden, der weniger den „Anfang der organisierten und politisch zielgerichteten Repräsentation wirtschaftlicher Interessen“ als vielmehr den Auftakt ihrer organisierten Partizipation oder – wenn man so will – den „Beginn des modernen Handelskammerwesens in Preußen“ darstellte.1753 Beobachten ließ sich dieser indirekte Bedeutungszuwachs im Provinziallandtag, wo sich zahlreiche königliche Propositionen um wirtschaftspolitische Belange drehten. Um sie adäquat bearbeiten zu können, erhielten die Abgeordneten statistische Erhebungen und behördeninterne Auskünfte aus der offiziellen Hand des Landtagskommissars und aus inoffiziellen Vorbesprechungen mit den lokalen Wirtschaftsvertretern. Wenn diese – 1748 Nach Adelmann, Zustand, S. 8 f. und S. 232 zählten der Landrat von Trier und der Polizeidirektor von Köln auch Handwerksbetriebe auf, da „Fabrikanstalten aller Art“ gefragt waren, sodass das Bild verzerrt wurde. 1749 Ebd., S. 92–105 und S. 185–191; Neidiger, Ausstellung, S. 21; Huyskens, Handelskammer, S. 82 f., vgl. AOHG, Beilage Nr. 40 vom 3.4.1838. 1750 Dorsch, Handelskammern, S. 20 f. der weiterhin von einer „direkten und indirekten Einflussnahme auf die städtische Personalpolitik“ spricht, weil wirtschaftliche Eigeninteressen der Unternehmerfamilien auch von den Handelskammern vertreten wurden. 1751 Ebd., S. 27. 1752 Ebd., S. 258. 1753 Dorsch, Handelskammern, S. 7, ähnlich Boch, Wachstum, S. 46, wohingegen Gehlen, Handelskammern, S. 257 die ihnen angedachte Rolle als „Konsultationsgremien“ betont.
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wie David Hansemann ab 1843 für Aachen – selbst vor Ort waren, reichte ihnen die stetig anwachsende Informationspolitik nicht aus, sodass sie selbst eine ganze Bibliothek 1754 mit zu den Verhandlungen brachten. Das Innenministerium trug dieser Verwissenschaftlichung der Landtagsdebatten insofern Rechnung, als dass es eine Landtagsbibliothek einrichtete.1755 In Ermangelung eines Wirtschaftsministeriums und in dem Wissen um ihre wichtige Mittlerposition beklagten Hansemann und zahlreiche andere Kaufleute und Gewerbetreibende das Stimmverhältnis im Ständehaus und trugen „zum Entsetzen der Staatsleitung politische Gesichtspunkte in die Erörterung“ wirtschaftspolitischer Fragen.1756 So wurde die Diskussion um eine neue Wechselordnung, die dem Kölner Abgeordneten und Handelskammerpräsidenten Merkens 1833 auf vertraulichem Wege bekannt geworden war, ironischerweise mit dem Hinweis unterbunden, dass sie eher zur Competenz der Handelskammern als der Stände gehöre. 1757 Der Elberfelder Fabrikant Schuchard verglich die Meinung der Gewerbetreibenden im darauffolgenden Landtag mit dem Kampf des Lammes mit dem Löwen und bezog sich dabei auf die Frage nach der Vertheilung der Steuern, die seiner Meinung nach nur partheiisch entschieden werden [konnte], darum […] wohlweislich nicht zur Berathung der Stände gebracht würde.1758 Beide Abgeordneten saßen außerhalb des Landtags in den Handelskammern und Stadträten ihrer Heimat und stießen mit diesen Provokationen die in Kapitel III. 3.3 und 5.2 geschilderten Grundsatzdebatten an, die mit dem eigentlichen Verhandlungsgegenstand nichts zu tun hatten und das Selbstbewusstsein des dritten Standes, der Handelskammern und der Stadträte gleichermaßen zum Ausdruck brachten.1759 Wie selbstverständlich politisch aktive Kaufleute und Fabrikanten ihre Deutungshoheit in Wirtschaftsfragen beanspruchten, auf verfassungspolitische Fragen ausdehnten und mit einer gewissen Entscheidungskompetenz verbanden, lässt sich anhand der Denkschriften von David Hansemann nachvollziehen.1760 Hansemann wurde 1790 in Hamburg als jüngster Sohn eines evangelischen Pfarrers geboren. Er absolvierte eine kaufmännische Ausbildung in Minden sowie verschiedene Handlungsreisen für Elberfelder und Monschauer Textilfabrikanten, bevor er 1817 eine Wolltuchhandlung in Aachen eröffnete. Kurz darauf trat 1754 Hansen, Briefe, S. 729, womit 121 Werke in 200 Bänden anlässlich des Landtags 1845 gemeint waren, vgl. auch die Vorbereitungen Camphausens bei ebd., S. 527 f. 1755 Vgl. die Anforderungen des Landtags dargestellt in Kapitel III. 3.2. In den Sitzungsprotokollen vom 5. Landtag wird unter LHAK 403A 34 am 29.5.1837 die Übersendung einer solchen Statistik und eine Landtags-Bibliothek erwähnt. Siehe hierzu Obenaus, Parlamentarismus, S. 379–381 und Kapitel III. 5.2. 1756 Croon, Provinziallandtag, S. 193, vgl. Türk, Liberalismus, S. 20–23 in erweiterter Vergleichsperspektive. 1757 Vgl. das Sitzungsprotokoll vom 26.5.1837 unter LHAK 403A 34, Bl. 19–21. 1758 LHAK 403A 34, Bl. 101 f., Sitzungsprotokoll vom 22.6.1837, wobei der Kölner Abgeordnete von Herwegh protestierte, weil jeder Abgeordnete nur das allgemein Beßte im Auge zu halten habe und sich durch seine Privat-Interessen nicht bestimmen lassen dürfe. 1759 Boch, Notabelntradition, S. 5 f.; Obenaus, Parlamentarismus, S. 581 f. und zusammenfassend Berghausen, Provinziallandtag. 1760 Gall, Leitbegriffe, S. 297. Zur Bedeutung der Denkschriften vgl. Diefendorf, Businessmen, S. 342–347, Brophy, Hansemann, S. 128 f.; Boch, Notabelntradition, S. 11–13, ders., Hansemann, S. 177–179 und grundlegend Bergengrün, Hansemann, S. 260–275.
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er in das Casino ein und nahm die Tochter eines angesehenen Eupener Tuchfabrikanten, Fanny Fremerey, zur Frau. Nachdem er sein Kommissionsgeschäft erweitert hatte und einen Jahresumsatz von einer Million Francs verzeichnete, wurde er ins Handelsgericht, in die Handelskammer und in den Stadtrat aufgenommen. Sein mustergültiger Aufstieg in die Aachener Notabelngesellschaft fand mit seinem bereits erwähnten Austritt aus dem Stadtrat und seinem Rücktritt aus der Handelskammer im Jahr 1839 ein vorläufiges Ende und wird im nächsten Kapitel noch eine Rolle spielen. Bis zu seiner Wahl in den Provinziallandtag und in den Gemeinderat Mitte der 1840er Jahre schien er innerhalb der städtischen Oberschicht tatsächlich der herausragende Einzelkämpfer bzw. der vorausschauende Liberale an der Seite der Kölner Kaufleute gewesen zu sein, zu dem ihn seine Biographen stilisieren.1761 Die anonyme Denkschrift Preußen und Frankreich. Staatswirthschaftlich und politisch unter besonderer Berücksichtigung der Rheinprovinz aus dem Jahr 1833 rief jedoch bei ihrem Adressaten, bei Wilhelm III., nicht die Begeisterung hervor, die ihr so mancher Historiker entgegenbrachte.1762 Vorangegangen waren ihr eine Reihe von Wortbeiträgen in der Presse und in wirt schaftlichen Fachzeitschriften. Des Weiteren hatte er die nachträglich als frühliberales Parteiprogramm gerühmte Schrift Über Preußens Lage und Politik am Ende des Jahres 1830 1763 auf den Markt gebracht, deren löbliche Absicht 1764 der König anerkannte und nicht weiter beachtete. Drei Jahre später rückte er in Preußen und Frankreich explizit die Steuerpolitik in den Fokus und stellte sie in einen weitaus größeren Zusammenhang als Johann Friedrich Benzenberg im Vorjahr. Dreh- und Angelpunkt der Ausführungen war die Grundsteuerüberlastung der Westprovinzen gegenüber den Ostprovinzen und seine Beobachtung, dass die Steuern der Rheinprovinz unter der preußischen Regierung in Friedenszeiten höher als unter der französischen Herrschaft eines Krieges waren.1765 Da er diese öffentlich diskutierte Ungerechtigkeit erstmals mit Zahlen und Fakten belegte, die er offenbar nicht wissen konnte bzw. sollte, wurden die Regierungsräte Ritz und Steffens der Missachtung ihrer Verschwiegenheitspflicht beschuldigt. Beide sollen mit Hansemann befreundet gewesen sein, hatten vor 1815 in französischen bzw. österreichischen Diensten gestanden und gehörten dem Landtag, dem Casino – Steffens zeitweise sogar dem Stadtrat – an. Indirekt bestätigte ihre bloße Verdächtigung das Misstrauensverhältnis zwischen Regierung und Notabelngesellschaft, indem dieses Verhältnis infrage gestellt wurde.1766 Auch zeigte sich deutlich, „dass sich der Vollzug der Verordnungen 1761 Boch, Hansemann und ders., Wachstum, S. 43, vgl. Padtberg, Bedeutung, dies., Camphausen, Dascher, Hansemann, Soénius, Camphausen und Thomes, Entrepreneur. 1762 Hansemann, Preußen, vgl. exemplarisch Poll (Hg.), Hansemann. 1763 Hansemann, Politik, auszugsweise abgedruckt bei Hansen, Briefe, S. 11–81. 1764 Antwort des Königs vom 8.2.1831 an Innenminister von Brenn unter ebd., S. 87 f. vgl. Faber, Rheinlande, S. 331–334. 1765 Hansemann, Preußen, S. 376. 1766 Vgl. Haas, Kultur, S. 236–244 mit den entsprechenden Vorgaben zur Amtsverschwiegenheit und die aufschlussreichen Quellen über die anschließenden Diskussionen im Fall Hansemann, abgedruckt bei Hansen, Briefe, S. 117–122.
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zur Amtsverschwiegenheit als unzulänglich gestaltete, solange politische und soziale Konflikte die Bindung des einzelnen Beamten an das politich-administrative System unterminierten.“1767 Der Oberpräsident hatte die Verordnung zur Bewahrung des Dienst-Geheimnisses als eine der ersten Pflichten bereits 1824 in Erinnerung gerufen und näher beschrieben. Besonders nöthig war es seiner Meinung nach, eine gewisse Klasse von Leuten entfernt zu halten, welche ihre eigenen oder fremden Angelegenheiten auf das Zudringlichste dadurch befördern wollen, daß sie dieselben von Bureau zu Bureau verfolgen, welches, außer der großen Unschiklichkeit an sich, auch noch den Nachtheil hat, daß die Beamten in ihren Arbeiten gestört würden. Da sie diese allerdings größtenteils zu Hause erledigten, konnte das Verbot, irgendjemand[em], ohne Verfügung eines Mitgliedes des Collegii, Kenntniß von Beschlüssen und Verfügungen zu geben, letztlich nicht überprüft werden.1768 Der Fall Hansemann verlief daher im Sande. Das Innenministerium setzte die Publikation auf die Liste der verbotenen Bücher, konfiszierte sie u. a. bei dem Trierer Buchhändler Gall und schenkte dem Autor fortan jene Aufmerksamkeit, die ihm zu seinen späteren Spitzenämtern verhelfen sollte. Auch das hatte dieser in dem vielbeachteten Werk vorhergesagt.1769 Neben Benzenberg und anderen bekannten Publizisten, besprach der Aachener Fabrikant, Stadtrat, Landtagsabgeordnete und Verwandter des Oberbürgermeisters Jakob Springsfeld die Denkschrift. Im Kern zielte sie auf den Grundsteuerausgleich und eine Verbesserung der sozialen Lage der Bevölkerung sowie den Erlass einer konstitutionellen Verfassung ab. Der Vergleich mit Frankreich berührte somit den Ursprung des Verfassungsdiskurses und war doch nicht mit der Adressbewegung von 1818 zu vergleichen.1770 Denn Hansemanns wortgewandte Angriffe auf das preußische Herrscherhaus können als fundamentaler Ausdruck einer neuen Staatsloyalität gelesen werden, die die politischen Strukturen im europäischen Vergleich verbessern sollten. Jeffry Diefendorf ist daher der Überzeugung, dass Hansemann stellvertretend für eine neue Generation rheinischer Wirtschaftsbürger stand, die „as a loyal opposition, seeking improvements in a system that they absically approved of.“1771 Folgt man dieser Interpretation, dann hatte das Innenministerium die translokale Perspektive des Autors gehörig missverstanden und zu Unrecht als Beweis einer profranzösischen Einstellung gewertet, zumal der Blick 1767 Haas, Kultur, S. 246. 1768 Vgl. die entsprechende Akte unter LHAK 441 57179. In dem Schreiben von Schmitz-Grollenburg an das Koblenzer Regierungskollegium vom 24.3.1824 wurde weiter betont, daß es untersagt [sei], irgendjemand, ohne Verfügung eines Mitgliedes des Collegii, Kenntniß von Beschlüssen und Verfügungen zu geben, und ebenso wenig schriftliche oder mündliche Notizen aus den Registraturen und Archiven mitzutheilen. 1769 Vgl. Hansemann, Preußen, S. 284: Hinsichtlich der Zensur und der Bücher-Verbote kann vorzüglich nur eingewendet werden: was kann die erstere in vielen Fällen sonderlich für Folgen haben, als daß ein Buch, anstatt in Preußen, in einem andern deutschen Staate gedruckt wird, und was sind die letztern meistens anders, als Begünstigungen des Verlegers, der so viel mehr Exemplare absetzt, weil ein Buch verboten wird? 1770 Vgl. die Zensur-Akten zu Gall unter LHAK 442 3391, Bl. 77 und ebd. 3706 sowie Springsfeld, Würdigung. 1771 Diefendorf, Businessmen, S. 341, vgl. Ribhegge, Kampf, S. 69–74.
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gen Westen für einen Aachener Großhändler, der in der Hansestadt geboren und in Belgien verwurzelt war, nichts Ungewöhnliches war. Auch wurde in der Nationalismusforschung darauf hingewiesen, dass „Nationalitätsbeschreibungen“ in der wallonischen Grenzregion „recht wahllos“ gebraucht wurden.1772 Seinen überregionalen, durchaus offenen Erwartungshorizont teilte Hansemann mit Ludolf Camphausen in Köln. Die anderen 20 bzw. 30 Jahre älteren Vertreter der Kölner Wirtschaftselite blieben laut Rudolf Boch „im Denken der nachnapoleonischen Epoche verhaftet“1773, obwohl Merkens und Boisserée im Laufe der 1820er Jahre die Infrastruktur mit der Einführung eines regelmäßigen Dampfschiffverkehrs bereits auf eine neue Ebene befördert hatten. Es spricht für seine Einschätzung und für die Sprachgewohnheiten ihrer Generation, dass sie die dafür notwendigen Verhandlungen mit der Niederländischen Dampfschifffahrts-Gesellschaft zuvor auf Französisch geführt hatten.1774 Die innovativen Zukunftsversionen der nachfolgenden Generation nahmen zehn Jahre später mit der Gründung der Kölner und Aachener Aktiengesellschaften zum Bau der Eisenbahn Gestalt an. Spätestens seit 1836 wurde die Eisenbahnfrage im Kölner Stadtrat als eine für die Stadt Cöln höchst wichtige Angelegenheit betrachtet.1775 Nachdem Ludolf Camphausen und Oberbürgermeister Adolph Steinberger den eisernen Rhein 1776 von Köln nach Antwerpen ohne eine Station in Aachen geplant hatten, gründete Hansemann nach seiner Wahl zum Handelskammerpräsident im Jahr 1836 eine lokale Konkurrenzgesellschaft, die den Halt in der Fabrikstadt mit allen Mitteln durchsetzen wollte. Diese in der Literatur ausführlich nachzulesenden Konflikte um die Streckenführung umgingen die südlichen Bezirksstädte Koblenz und Trier und waren insofern vorprogrammiert, als dass sie sich aus ähnlichen Partizipationsansprüchen und der unterschwelligen Konkurrenz zwischen Köln und Aachen speisten.1777 Anders als in der Domstadt übernahm der Aachener Oberbürgermeister Edmund Emundts auf den ersten Blick keine Verantwortung für das Vorhaben. Stattdessen war Handelskammermitglied und Tuchfabrikant Philipp Heinrich Pastor aus Burtscheid – dessen Töchter die Söhne des Maschinenbauingenieurs Cockerill geheiratet hatten – federführend beteiligt. Bei näherer Betrachtung zeichnete Emundts jedoch gemeinsam mit seinem vermögenden Bruder Franz doppelt so viele Eisenbahnaktien wie Hansemann selbst und sprach ihm so sein Vertrauen aus.1778 Außerdem reiste er am Ende der 1830er Jahre mindestens dreimal nach Berlin, um die zuständigen Minister mög1772 1773 1774 1775 1776 1777 1778
Scharte, Erfahrung, S. 50 f., Diefendorf, Businessmen, S. 350 f., vgl. Kapitel III. 3.4 und 5.3. Vgl. Boch, Wachstum, S. 161–167. Looz-Corswarem, Schifffahrt, S. 278–281, vgl. Wedel, Wittgenstein, S. 45–47. Vgl. die erstmalige Erwähnung in der Sitzung vom 31.5.1836 unter HAStK 410 A3. Camphausen, Eisenbahn, S. 24, vgl. Soénius, Unternehmer, S. 59. Boch, Wachstum, S. 138–148; Herres, Köln, S. 156–187. Vgl. die Angaben im Anhang und Diefendorf, Businessmen, S. 273 f. Nach Deeters, Aktionäre, S. 141 war Franz Josef Emundts mit 392 Aktien der drittstärkste Käufer nach Oppenheim und Schaaffh ausen. Zur Einschätzung vgl. Herres, Köln, S. 161 und allgemein Scherner, Handelsrecht, S. 200–211.
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lichst informell zu sprechen und die Unterhandlungen abzukürzen und bald zu einem erwünschten Ziele zu führen. 1779 Da zu diesem Zeitpunkt nicht nur der Halt der Eisenbahn, sondern auch das Aachener Spieloctroi – d. h. ein Großteil der städtischen Einnahmen – auf dem Spiel standen, wurden sein Cousin, Stadtadvokat Jungbluth, und Landtagsabgeordneter Monheim sowie die Herren von Geyr und van Houtem ebenfalls in die Hauptstadt entsandt. Die rege Reisetätigkeit weckte das Misstrauen der Regierung, die den Stadtrat zur Sparsamkeit ermahnte und Berichte der offenbar erfolgreichen mündlichen Unterhandlungen einforderte.1780 Währenddessen bildete sich in Düsseldorf ein weiteres Eisenbahnkomitee, das in das rechtsrheinische Bahnprojekt der Elberfelder Unternehmer Friedrich Wilhelm Harkort und August von der Heydt problemlos integriert wurde. Mit der „Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahn-Gesellschaft“ trug die Partnerschaft der niederrheinischen Handelskammern erste Früchte und festigte die neue wirtschaftspolitische Stellung Düsseldorfs. Laut Peter Henkel „startete der nachhaltige Strukturwandel der Düsseldorfer Wirtschaft“1781 daraufhin mit einem „breite[n] Bündniß von Männern, der Stadt, der Regierung und der Handelskammer.“1782 Tatsächlich einte das translokale Infrastrukturprojekt, d. h. der Verwaltungsrat der Gesellschaft, die bereits bekannten Notabeln, die im Verwaltungsalltag miteinander konkurrierten. Neben den Vertretern der Handelskammer gehörten der Gesellschaft von Anfang an Fuchsius, sein Vorgänger Schöller, Franz Anton Graf von Spee sowie fünf amtierende Stadträte und zwei Regierungsräte an (Abb. 4 Düsseldorf). Abgesehen von diesen privaten Formen behördeninterner Unterstützung, die laut Otto Camphausen für interne Diskussionen bei der Trierer Regierung sorgten, spielte der preußische Staat in den millionenschweren Aushandlungsprozessen rund um die Eisenbahn aber lediglich eine freiwillige – wenn auch vermittelnde – Nebenrolle.1783 Als das linksrheinische Vorhaben nach der Vereinigung beider Eisenbahngesellschaften, d. h. mit vereinten Finanzmitteln aus Köln, Aachen und weiteren auswärtigen Aktieninhabern, nicht bewerkstelligt werden konnte, blieben die Gesuche um eine staatliche Förderung ungehört. 626 Aktionäre – darunter 15 Regierungsmitglieder aus Köln 1779 StAAc OB 41–1, Schreiben vom 4.2.1837. 1780 Vgl. die Berichte vom 19.9.1837, 3.1.1839 und 14.11.1840, 9.6.1841 und 18.2.1842, 27.6.1843, 1.12.1843 unter ebd. und die Akte unter LHAK 403 2637. Am 5.10.1844 beschloss der Stadtrat unter ebd. PRZ 1–14 mit 22 gegen drei Stimmen 100.000 Taler für die Eisenbahn zur Verfügung zu stellen, damit der Bahnhof für immer in Aachen genommen werde. 1781 Henkel, Eisenbahnzug, S. 98. 1782 Ebd., S. 113 f., wobei 456 Aktionäre im Jahr 1835 beteiligt waren. Zur wirtschaftlichen Entwicklung vgl. Lenger, Kleinbürgertum, S. 22–25. 1783 Vgl. die Angaben im Anhang, die Denkschrift der Aktiengesellschaft unter URL: http://digital.ub.uniduesseldorf.de/ihd/content/titleinfo/8832400 (abgerufen am 20.4.2020) und Henkel, Eisenbahnzug, S. 114 f., der die Regierungsräte Umpfenbach und Fasbender nennt. Nach Albrecht, Handelskammer, S. 86–89 ließ sich diese Zusammenarbeit bereits bei der Rückgewinnung des Freihafens beobachten, vgl. hierzu Looz-Corswarem, Dampfschiffe, S. 164 f. Zur Diskussion über die staatliche Beteiligung bei den Regierungen vgl. die Briefe Otto Camphausens an seinen Bruder Ludolf vom 7.12.1842 und 25.1.1843 abgedruckt bei Hansen, Briefe, S. 393 f. und S. 410.
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und Aachen und 28 weibliche Firmenvorstände – hielten im Jahr 1837 insgesamt rund drei Millionen Taler Aktienkapital, wobei es laut Joachim Deeters „in Aachen und Köln fast zum guten Ton gehörte, dabei zu sein.“1784 Der große Zuspruch zu einem neuartigen Finanzierungsmodell konnten Wilhelm III. ebenso wenig überzeugen wie mehrere öffentlich beachtete Denkschriften aus der Feder von Hansemann, Camphausen und anderen Notabeln, die den Nutzen einer nationalen Eisenbahn 1785 für finanzielle und politische Zwecke Preußens bzw. Deutschlands 1786 herausstellten.1787 In der Konsequenz setzte Hansemann seine privaten Geschäfts- und Familienkontakte ein und erhielt einen Zuschuss in Höhe von einer Million Taler der noch jungen belgischen Regierung, die ihrerseits ein großes Eigeninteresse an dem Aufbau wirtschaftspolitischer Beziehungen hatte.1788 Zusätzlich barg die Beteiligung Belgiens praktische Vorteile, weil belgische Maschinenbauer mit guten Kontakten nach Aachen, wie John Cockerill in Lüttich, die ersten Lokomotiven lieferten. Unter den Namen „Rhein“ und „Wupper“ wurden diese erstmals in Düsseldorf – nicht in Köln oder Aachen – eingesetzt und am Geburtstag des Kronprinzen im Jahr 1838 der Öffentlichkeit präsentiert. Offenbar verzichtete man an diesem historischen Tag auf eine symbolpolitische Namensgebung, die zum Beispiel das erste rheinische Dampfschiff „Friedrich Wilhelm“ erhalten hatte, weil der sonst so interessierte Kronprinz nicht an der Jungfernfahrt teilnahm. Als König schlug er die Einladung zur Eröffnungsfeier der linksrheinischen Bahnstrecke an seinem Geburtstag fünf Jahre später ebenfalls aus, obwohl sein Vater die Versuchsfahrt des genannten Dampfschiffs im Jahr 1825 mitgemacht hatte.1789 Aus der Perspektive der Notabeln hatte der König mit seiner Abwesenheit einen wichtigen Integrationsmoment verstreichen lassen und den von Hansemann öffentlich angeprangerten defizitären Strukturzusammenhang zwischen Politik und Wirtschaft offen zur Schau gestellt.1790 Dabei hat Reinhart Koselleck den Gedanken aufgeworfen, dass sich sein vermeintliches Desinteresse an der rheinischen Eisenbahn nicht nur aus den wirtschaftspolitischen Grundprinzipien Preußens, sondern auch aus dem Verfassungsdiskurs ableiten lässt, weil eine Finanzierung des Schienennetzes die Mitwirkung einer Repräsentation vorausgesetzt und die Einlösung des Verfassungsversprechen erfordert 1784 1785 1786 1787
Deeters, Aktionäre, S. 138 f.; Neidiger, Ausstellung, S. 28. Hansemann, Denkschrift, S. 25. Camphausen, Eisenbahn, S. 100. Brophy, Capitalism, S. 22–52. Zur diskursiven Argumentationstaktik „Deutschland“ vgl. Kapitel III. 5.3. Die Universitäts- und Stadtbibliothek Köln bietet eine digitale Sammlung sozial- und wirtschaftspolitischer Schriften unter URL: https://digitalis.ub.uni-koeln.de/ (abgerufen am 20.4.2020). 1788 Brophy, Hansemann, S. 128 f. Camphausen, Eisenbahn, S. 23 und S. 100 f. zeigt, dass dieses Interesse beidseitig war. 1789 Henkel, Eisenbahnzug, S. 120–124, vgl. Zur Testfahrt am Geburtstag des Kronprinzen am 15.10.1838 und der Eröffnung vgl. ebd. und ausführlich Stahr, Interessen. Looz-Corswarem, Dampfschiffe, S. 164– 167 und ders., Schifffahrt, S. 249–353 schildert die Eröffnung der Dampfschifffahrt; zur Namensgebung und ihrer Bedeutung siehe Kapitel III. 5.3. 1790 Boch, Arbeiter, S. 115–123. Zu diesen und weiteren aus der Notabelngesellschaft kommenden Integrationsangeboten vgl. Kapitel III. 5.3.
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hätte.1791 Boris Gehlen wies aus rechtswissenschaftlicher Perspektive darauf hin, dass dies auch Vorteile hatte und die „Absenz normativer Vorgaben zur Strukturierung wirtschaftlichen Handels“ die Kaufmannschaft zu „Gesetzgebern in eigener Sache“ machte.1792 Obwohl diese Beobachtung der Überprüfung strenggenommen nicht standhält, hatte die Lösung der Eisenbahnfrage dem Innenministerium den über Nationsgrenzen hinwegsehenden Horizont der lokalen Akteure, ihre pragmatische Grundhaltung und ihre weitreichenden finanziellen Möglichkeiten bezeugt. Die wirtschaftspolitische Eigeninitiative in Kooperation mit Belgien konnte zwar als symbolpolitischer Schlag gegen den König interpretiert werden, war jedoch von hoher Qualität für die preußische Wirtschaftsentwicklung und blieb daher unkommentiert und – was den Eisenbahnbau betraf – ungebremst.1793 Im Ergebnis beschleunigte die Bahnverbindung sprichwörtlich wie faktisch die translokalen Handelsbeziehungen und den Verflechtungsprozess rheinischer Notabeln. Sie kann als erfolgreiches Ergebnis wirtschaftspolitischer Partizipation und translokaler Organisation interpretiert werden, dessen mentalitätsgeschichtliche Langzeitfolgen im Allgemeinen bekannt sind.1794 Im Speziellen bestaunten die Brüder Camphausen in den darauffolgenden Jahren immer wieder die Langsamkeit, womit in Berlin selbst die einfachsten Sachen betrieben werden und die Bedeutungslosigkeit, um die die rheinischen Regierungen wetteifer[ten]. 1795 Auch Hansemann konnte auf der Basis dieser gemeinsamen Oppositionshaltung gegenüber der preußischen Bürokratie im Beamtentum keine Staatsmänner in höherem Sinne des Worts, keine scharfsinnigen, tatkräftigen und genialen Männer ausmachen.1796 Dass dieses polemische Urteil nicht pauschal auf die untere Verwaltungsebene – die in Handel und Gewerbe vielfach integrierten Stadträte und Oberbürgermeister – übertragen werden kann, gehört zu den wesentlichen Ergebnissen dieses weitreichenden, keineswegs erschöpfend ausgeführten Kapitels.1797 1791 Koselleck, Reform, S. 616 f., ähnlich Brophy, Capitalism, S. 33. Zur liberalen Wirtschaftspolitik allgemein vgl. ebd., S. 587–597. 1792 Gehlen, Handelskammern, S. 264. 1793 Henning, Aspekte, S. 352 f. und S. 631, vgl. Scharte, Erfahrung, S. 198 f., der der Angelegenheit einen hohen symbolpolitischen Stellenwert beimisst, vgl. zur Einschätzung Diefendorf, Businessmen, S. 338– 341. 1794 Nach Scherner, Handelsrecht gilt diese in der Forschung allgemein anerkannte Beobachtung auch aus rechtshistorischer Perspektive. 1795 Brief von Regierungsassessor Otto an seinen Bruder Ludolf Camphausen vom 30.3.1842 zit. n. Hansen, Briefe, S. 326 f., wobei die Regierung von Trier gemeint war. 1796 Brief Hansemanns an Friedrich von Rönne vom 10.1.1845 zit. n. ebd., S. 716–718, weiter heißt es: oder wenn es solche hat, so hindert es sie die Eigenschaften an der geeigneten Stelle praktisch zu bewähren und auszubilden. 1797 Darauf hat auch Henning, Aspekte, S. 360 hingewiesen. Zur Bürokratiekritik der Unternehmer vgl. Boch, Arbeiter, S. 13, ders., Wachstum, S. 178 sowie Koselleck, Reform, S. 617 f., der bei ebd., S. 586 bestätigt: „Im gleichen Ausmaß, wie sie [die Verwaltung] eine liberale Wirtschaftsgesellschaft entbunden hatte, verlor sie die Fähigkeit und Übersicht, deren politischen und sozialen Bedürfnissen gerecht zu werden.“ Weitere hier nicht genannte erfolgreiche Projekte waren beispielsweise die Schifffahrtsgesellschaften, allen voran die „Mosel-Dampfschiffahrtsgesellschaft“ oder die „Kölner Dampfschleppschif-
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4.3 Partizipation durch Religion? Öffentliche Aushandlungsformen im Kölner Ereignis „Im Großen und Ganzen dominierten die Katholiken im Bildungsbürgertum, auch bei den juristischen Beamten, obwohl hier der Einfluß des Staates durchaus sichtbar war. Das Wirtschaftsbürgertum war dagegen eine Domäne der Nichtkatholiken.“1798 Dieses pauschale Urteil von Thomas Mergel kann mit Statistiken belegt werden und stützt sich auf die überproportional starke Vertretung von Protestanten in den Stadträten und Handelskammern, ihre forschungsgeschichtlich viel beachtete Rolle im Industrialisierungsprozess sowie den damit verbundenen Aufstieg evangelisch geprägter Gewerberegionen. Die Fokussierung auf die im vorangegangenen Kapitel vorgestellten evangelischen Wirtschaftspioniere Merkens, Camphausen, Hansemann, Deinhard und Baedecker oder die nicht erwähnten, aber nicht minder erfolgreichen Kölner Bankiers Herstatt, Mevissen und Stein verstellt allerdings den Blick auf deren Einbindung in die traditionell katholischen Klientelverbindungen anderer Kaufleute, Fabrikanten und Beamten wie Schaaffhausen, Wittgenstein und Boisserée in Köln oder Nell und Haw in Trier bzw. Nebel, Schaaffhausen und Hasslacher in Koblenz. Auch kann das katholische Milieu der Aachener Textilfabrikanten der niederrheinischen Gewerberegion kontrastierend gegenübergestellt werden. Die sich aufdrängende Frage, inwieweit die wirtschaftspolitischen Partizipationserfolge der protestantischen Frühunternehmer auf ihrer konfessionellen Nähe zum Herrscherhaus oder aber ihrer bereits erwähnten Netzwerke im privaten und geselligen Bereich beruhten, wird in der Bürgertumsstudie berechtigterweise nicht gestellt. Denn es gehört zu Mergels Forschungsergebnissen, dass diese Frage irrelevant ist, weil die Konfession innerhalb der höheren Schichten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts keinen derart hohen Stellenwert besaß, wie infolge des Kulturkampfes vielfach angenommen wurde. In den bisherigen Ausführungen konnte die Religion demnach noch nicht als übergeordneter, den gesellschaftlichen oder politischen Raum bestimmender Faktor ausgemacht werden. Ihr kam wenn überhaupt, dann nur im Zuge der Stellenbesetzung bei den Regierungen und bei der Düsseldorfer Bürgermeisterwahl von 1818 eine entscheidende Funktion zu.1799 Mit knapp 12 Prozent war das evangelische Bekenntnis in der Stadtbevölkerung Düsseldorfs unwesentlich ausgeprägter als in den anderen, zu 90 bis 95 Prozent katho fahrtsgesellschaft“, ferner die Aachener und Kölner Feuerversicherungsgesellschaften oder provinzübergreifenden Landwirtschaftsvereine. 1798 Mergel, Bürgertum, S. 43. 1799 Ebd., S. 114–116, wobei von den darüber hinausgehenden bei ebd., S. 308–319 zusammengefassten, weitläufigen Rückschlüssen aus den wichtigen, empirischen Beobachtungen, insbesondere von der „Verbürgerlichung der Katholiken“, ihrer „Distanz gegenüber der Modernisierung“ und einem „Zerfall der religiösen Identität im Bürgertum“ Abstand genommen wird, weil sie auf dem „Modell der Bürgerlichkeit, das das 19. Jahrhundert beherrscht hat“ und der Annahme eines Dualismus beider Konfessionen beruhen, aus der heutigen Forschungsperspektive überholt sind und mit den folgenden Ausführungen nicht bestätigt werden können.
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lischen Untersuchungsstädten.1800 Im Linksrheinischen wurde die Konfessionsfrage jedoch nur selten gestellt und die Konfessionszugehörigkeit in den Listen der Ratskandidaten und der Notabeln des Handelsstandes nicht einmal notiert, weil die katholische Mehrheit der lokalen Notabelngesellschaften in Konfliktfällen das letzte Wort behielt. Das bedeutete zum Beispiel, dass stets knapp über die Hälfte der Kölner Handelskammermitglieder katholischer Konfession waren oder die Entschädigungsforderungen der katholischen Mehrheit im Stadtrat für die Florinskirche in Koblenz von der evangelischen Gemeinde aktiv unterstützt wurden.1801 Diese befand sich außerdem in einem langjährigen „Agendenstreit“1802 mit dem preußischen Konsistorium, sodass davon auszugehen ist, dass nicht alle evangelischen Gemeindegründungen aus der französischen Herrschaftsphase vorbehaltlos hinter der lutherischen Tradition des preußischen Königshauses standen.1803 Schiebt man diese Konflikte im Verwaltungsalltag und einzelne Diskussionen in der Reorganisation der Armen- und Bildungspolitik beiseite, dann ist die bisherige Vernachlässigung der Thematik der Einstellung der meisten Notabeln geschuldet – noch 1842 nannte Ludolf Camphausen es lächerlich, dass sich der Oberpräsident bei ihm erkundigte, ob sein Bruder Otto katholisch oder protestantisch sei, weil man [ihn] noch nicht in einer Kirche gesehen hätte.1804 1800 Die Gründe hierfür sind in der rechtsrheinischen Regionalgeschichte, speziell im Einfluss des bei Engelbrecht, Berg, S. 180–190 beschriebenen „bergischen Protestantismus“ des 18. Jahrhunderts oder in der weniger einschneidend wirkenden französischen Kirchenpolitik des frühen 19. Jahrhunderts zu suchen, vgl. Lau, Geschichte, S. 174–179; Weidenhaupt, Düsseldorf, S. 355 f. und Kapitel II.1. Nach Mergel, Bürgertum, S. 374 hatte Köln 1831/32 einen protestantischen Bevölkerungsanteil von 6,3 Prozent, 1840 waren es 8,1 Prozent, d. h. 5.955 Personen. Hinzu kamen 362 (0,6 Prozent) bzw. 600 (0,8 Prozent) Juden. Nach Herres, Vereine, S. 96 f., ist die Quellenlage zur Konfessionsermittlung schwierig, wobei der evangelische Bevölkerungsanteil Aachens von vier Prozent im Jahr 1831 auf nur fünf Prozent im Jahr 1849 anstieg. Nach Müller, Protestantismus, S. 284 war der Anteil an Protestanten in Koblenz zwischen 1812 und 1834 von drei auf 11,5 Prozent gestiegen, demnach lebten im Jahr 1834 1.535 Protestanten in der Stadt. In Trier wohnten nach Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 695 im Jahr 1828 nur 729 Protestanten und 429 Juden unter den 20.761 Einwohnerinnen und Einwohnern, vgl. allgemein Rathgeber, Einführung, S. 29. 1801 Vgl. Becker-Jákli, Religionszugehörigkeit und dies., Protestanten, S. 177–184. In der Stadtratssitzung Nr. 326 vom 5.11.1828 unter StAK 623 2187 sprach sich die Gemeinde dafür aus, daß es der Regierung gelingen möge, gedachte Entschädigung zu befriedigen, weil die Errichtung eines evangelischen Pfarrhauses mit dem Konflikt verbunden war und erst mit der Zahlung der Entschädigungsgelder durchgeführt wurde. Zur Gemengelage vgl. Thielen, Notabelnpolitik, S. 141–143. Nach Metzing, Gemeinde, S. 47 hatte „[d]ie Stadt“ als Verwaltungsbehörde „die evangelische Kirche als gleichberechtigt mit der katholischen anerkannt.“ 1802 Ebd.; Rathgeber, Kultusministerium, S. 300–311; Ribhegge, Kampf, S. 79–81. 1803 Rathgeber, Kultusministerium, S. 300–311, Veltzke, Brüder, S. 123 f. und Rathgeber, Einführung, S. 21 f. Nach Müller, Protestantismus, S. 283 trug die langjährige Tätigkeit des ersten evangelischen Pfarrers Cunz zur Kompromissfähigkeit in Koblenz bei. Ähnliche Aushandlungsprozesse skizzierte BeckerJákli, Protestanten, S. 164–169 und S. 197–199. 1804 Ludolf an Otto Camphausen am 19.1.1842 zit. n. Hansen, Briefe, S. 317 nach einem Treffen mit Oberpräsident von Bodelschwingh, bei dem es um die politische Karriere seines Bruders, dem späteren Finanzminister, ging. Ludolf bekannte [s]ich sofort zu derselben Sünde.
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Wenn Mergel also überzeugend „das Schwinden der religiösen Sinngehalte unter dem Deckmantel der formalen Frömmigkeit“1805 beschreibt und eine „leise Loslösung vom umfassend gültigen religiösen Weltbild“1806 innerhalb der lokalen Eliten erkennt, dann ist dies nicht auf die konstruierte „Einheit des Bürgertums“1807 zurückzuführen, sondern aus der pragmatischen, kompromissbereiten Grundhaltung der Notabeln abzuleiten. Weitere Quellenbelege für diese These liefern die konsultierten Stadtratsprotokolle, in denen religionspolitische Themen eher am Rande abgehandelt wurden, die Konsolidierung der Handelskammern und die Durchführung wirtschaftspolitischer Großprojekte, die von allen – auch von jüdischen – Notabeln getragen wurden und die zahlreichen Mischehen, die die Töchter alteingesessener Familien eher mit protestantischen Aufsteigern denn mit altpreußischen Beamten oder Militärs, eingingen. Sie wurden statistisch zunächst nicht erfasst, lassen sich im Verwandtenkreis der Kölner Stadträte 1835 beispielsweise fünfmal nachweisen und veranschaulichen, dass die religiöse Orientierung in den lokalen Oberschichten „gegenüber dem Interesse, sich zu vergesellschaften, kaum einen Stellenwert“1808 besaß. Doch der einschlägigen Literatur zufolge änderte sich diese Feststellung mit der Inhaftierung des Kölner Erzbischofs Clemens August von Droste-Vischering am Ende des Jahres 1837 schlagartig.1809 Das sogenannte Kölner Ereignis entzündete sich an eben jenen gemischt konfessionellen Ehen, die erst ab 1840 systematisch im gesamten preußischen Territorium gezählt und auf 3,7 Prozent beziffert wurden.1810 Für diese geringe, in der Rheinprovinz jedoch beständig ansteigende Anzahl von Eheschließungen existierte eine geheime Vereinbarung, die der neue Kölner Erzbischof ablehnte. Seit seiner Amtseinführung 1835 ging er gegen die unter seinem Vorgänger Ferdinand August Graf von Spiegel geschlossene Mischehenkonvention vor und war nicht bereit, den „labilen Kompromiß“1811 mit der preußischen Zentrale aufrechtzuerhalten. Er bestand in erster Linie darin, dass Ehen zwischen Protestanten und Katholiken auch ohne liturgische Handlungen des Pfarrgeistlichen ihre Gültigkeit erhielten, um sowohl die Vorgaben des Papstes zu achten als auch die Bestimmungen des „Allgemeinen Landrechts“ zu erfüllen. Denn diese schlossen einander oftmals aus, verlangten sie doch von den Eheleuten einerseits, ihre Kin1805 Mergel, Bürgertum, S. 81. 1806 Ebd. 1807 Ebd., S. 116. 1808 Ebd., S. 84. 1809 Ebd., S. 72. Nach Schneider, Katholizismen, S. 72 gilt das Kölner Ereignis als „Wasserscheide für den deutschen Katholizismus überhaupt“. Rathgeber, Geistliche, S. 183 spricht vom „Wandel von einer stillen Opposition hin zur offenen Herausforderung der monarchischen bzw. staatlichen Autorität“, die jedoch früher einsetzte, vgl. Keinemann, Ereignis Teil I., S. 37–44, sowie zuletzt Jung, Marienverehrung. 1810 Rathgeber, Einführung, S. 28 f., vgl. ausführlich und mit entsprechenden Statistiken Speth, Kampf 2 Bde. Nach Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 695 waren 42 von insgesamt 680 Ehen, die zwischen 1859 und 1861 in Trier geschlossen wurden, gemischt konfessionell. 1811 Mergel, Bürgertum, S. 82.
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der im katholischen Glauben zu erziehen und andererseits den Glauben des Vaters zu priorisieren.1812 Ungeachtet ihrer weitausgelegten Handlungsspielräume trauten die meisten katholischen Geistlichen Ehepaare unterschiedlicher Glaubensbekenntnisse nur dann, wenn eine katholische Taufe der Nachfahren in Aussicht gestellt wurde.1813 Auskunft darüber gaben sie den Behörden nicht, denn eine unvollständige Statistik der Düsseldorfer Regierung konnte die Frage der Kindererziehung lediglich für die Hälfte aller geschlossenen Mischehen klären. In den 659 zwischen 1815 und 1824 von evangelischen Pfarrern gesegneten Ehen hielt sich die Konfessionsverteilung in etwa die Waage oder wurde geschlechtsspezifisch und somit im Sinne der preußischen Vorgaben geregelt.1814 Die Auskunftsverweigerung der katholischen Pfarrer richtete sich gegen die Episkopatrechte des Staates und wurde von führenden Vertretern der Ministerialbürokratie wie Staatskanzler von Hardenberg und Kultusminister von Altenstein toleriert, um die unterschwelligen Ressentiments gegenüber der preußischen Kirchenpolitik kleinzuhalten.1815 In der Praxis wurden die Enkelkinder des erfolgreichen Bankiers Abraham Schaaffhausen zum Beispiel geschlechtsspezifisch, d. h. die Söhne nach der Religion des Vaters Ludwig Deichmann, die Töchter nach der Religion der Mutter Lilla Schaaffhausen, erzogen. Fünf von sieben Töchtern heirateten evangelische Kaufleute und gaben dieses Erziehungsprinzip in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts wieder zugunsten ihrer Konfession auf. Peter Heinrich Merkens ging 1843 mit der Cousine des Verlegers Joseph DuMont eine zweite Mischehe ein.1816 In Koblenz verfolgte die Familie Deinhard eine ähnliche Heiratspolitik, wohingegen die vier Kinder von Karl Baedecker und seiner aus einer preußischen Beamtenfamilie stammenden Ehefrau Emilie Heinzmann keine familiären Verbindungen zur lokalen Notabelnelite knüpften. Dennoch nahm der erfolgreiche Verleger katholische Lehrbücher in seinem Verlagsprogramm auf und verlegte zeitweise eine katholische Fachzeitschrift. Im Jahr 1834 hatte er die Verlagsräume des ehemaligen Präfekturdruckers Hériot gemeinsam mit dem katholischen Buchhändler und Stadtrat Friedrich Hergt und 1839 schließlich – auf dem Höhepunkt der öffentlichen Aus1812 ALR 2. Teil, 2. Titel, 2. Abschnitt, Paragraph 74–85, Die Vereinbarung basierte auf einer sehr weiten Auslegung des päpstlichen Breves „Litteris altero abhinc“ und kann an dieser Stelle nicht ausgeführt werden. Sie ist bei Zenz, Geschichte, S. 113 f. abgedruckt. Zur Entstehung siehe Wolff, Mischehenstreit, S. 505–516 und Rathgeber, Einführung, S. 28–43. 1813 Ebd., S. 29 f. vgl. dies., Geistliche, S. 183 f., wonach die beim Oberpräsidium angegebene Zahl von Verweigerungshaltungen der Pfarrer gegenüber Eheschließungen, bei denen dieses Versprechen nicht gegeben wurde, zwischen 1818 und 1836 auf 80 beziffert wurde. 1814 Speth, Kampf Bd. 2, S. 1170 f., wonach in 264 von insgesamt 3.531 Ehen die Töchter nach der Konfession der Mutter, die Söhne nach der Konfession des Vaters erzogen wurden. Ein ähnliches Bild ergab sich nach ebd., S. 1169 und S. 1172 auch in den Jahren davor und danach. Die nicht ermittelte Dunkelziffer wurde auch mit dem Umzug oder der Kinderlosigkeit der Paare begründet. Vgl. die Angaben bei Becker-Jákli, Protestanten, S. 159–162 für Köln. 1815 Rathgeber, Einführung, S. 33–36. Nach Paragraph 15 der Verordnung in GS 1815, S. 88 oblag es dem Konsistorium in Rücksicht auf die Katholische Kirche […] die landesherrlichen Rechte circa sacra zu verwalten. 1816 Vgl. die Angaben im Anhang und Mergel, Bürgertum, S. 85 und S. 414.
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einandersetzungen um das Kölner Ereignis – ein Stadtratsmandat übernommen, das er über ein Jahrzehnt behalten sollte.1817 Diese Fallbeispiele verdeutlichen, dass der 1837 im Kölner Ereignis kulminierende Mischehenstreit zunächst weniger mit realen Problemen als vielmehr mit unterschwelligen Machtfragen verbunden war und einen wechselseitigen Selbstbehauptungsversuch zwischen Kirche und Staat darstellte. Er drehte sich um moralische Werte und fundamentale Unterschiede im Eheverständnis – das für Katholiken ein unauflösliches Sakrament darstellte und nach reformatorischer Lehre zur weltlichen Lebenssphäre gehörte. Mit der Erziehung berührte der Konflikt außerdem einen besonders sensiblen Punkt der traditionell katholisch geprägten Alltagspraxis. Zudem fiel er in einen Zeitraum, in dem die aufgeklärten Lehren des Bonner Theologen Georg Hermes, d. h. die von der preußischen Zentrale geförderten rationalen Strömungen innerhalb der katholischen Kirche, von Papst Gregor XVI. als Häresie bezeichnet und von Clemens August von Droste-Vischering offen bekämpft wurden.1818 Vor diesem Hintergrund weckte das Vorgehen der preußischen Behörden am 20. November 1837 ein Medienecho, das weit über die Provinzgrenzen hinausging. Fünf Tage nach dem Abtransport des Erzbischofs auf die Festung Minden brachte die Augsburger Allgemeine Zeitung „Näheres zu den Differenzen mit dem Hrn. Erzbischof von Köln“ in einer außerordentlichen Beilage.1819 Das preußische Innenministerium beeilte sich, seinen obersten Vertreter vor Ort, Oberpräsident Ernst von Bodelschwingh, zur strengen Aufsicht zu ermahnen und die Zensurschraube anzuziehen.1820 Kirchenpolitische Äußerungen und religiöse Schriften waren 1820 in den mannigfaltigen Zensurvorgaben explizit aufgenommen, 1824 spezifiziert und seitdem verstärkt beobachtet worden. Der Hardenbergsche Grundsatz nichts zu drucken, was diese Religionsgenossen kränken könnte, 1821 wurde im Rahmen des Kölner Ereignisses nicht aufgegeben, sondern analog zur Krisenberichterstattung zu Beginn des Jahrzehnts um eine aktive Informationspolitik ergänzt.1822 Die Preußische Staatszeitung hielt der aufkommenden Publizistik am 26. November 1837 eine amtliche Bekanntmachung entgegen, derzufolge der König sich in der Nothwendigkeit befunden [hatte], der amtlichen Wirk1817 Kampmann, Presse-Chronik, S. 120 und Kleber, Wegbereiter, S. 44 f., vgl. die Beilage Nr. 54/55 der AAZ vom 3.2.1837. Nach Denzer, Stadt, S. 258 stand die in der Anzeige beworbene katholische Zeitschrift für Philosophie und katholische Theologie von Baedecker dem Hermesianismus nahe. 1818 Zu den Aktivitäten von Droste-Vischering aus der Perspektive der Behörden vgl. Kohl, Vincke. Nach Herres, Ereignis, S. 115 brachte Droste die Lehrtätigkeit an der Bonner Universität kurz vor seiner Festnahme zum Erliegen, da er das „politische Ziel“ verfolgte, die Priesterausbildung vom staatlichen Einfluss zu entkoppeln. Zum Hermesianismus vgl. zusammenfassend Wittmütz, Preußen, S. 149 f. und Mergel, Bürgertum, S. 87–94. 1819 Vgl. die Beilage zur AAZ Nr. 329 vom 25.11.1837. 1820 Entsprechende Zirkularverfügungen vom 19.10. und 20.12.1837 sind bei Holtz, Quellen, S. 514–516 abgedruckt. Meinungen im englischsprachigen Ausland zitiert Keinemann, Ereignis Teil I., S. 170–173. 1821 Vgl. die Zirkularverfügung Hardenbergs vom 8.1.1820, abgedruckt bei Holtz, Quellen, S. 200–206, hier S. 205. 1822 Ebd., S. 38–42 und S. 68 f.
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samkeit des Erzbischofs von Köln, Clemens August Freiherr von Droste zur Vischering, ein Ziel – oder vielmehr ein Ende – zu setzen. Seine Amtspraxis sei nämlich ganz unverträglich mit den Grund-Gesetzen der Monarchie gewesen. Was damit gemeint war, erfuhr der Leser zwischen den Zeilen oder aus anderen auswärtigen Blättern.1823 Um möglichst viele Bevölkerungsteile zu erreichen, wurden diese und alle weiteren Meldungen den Polizeidirektoren übermittelt und in tausenden Exemplaren verteilt.1824 Die ausgedehnte Verwaltungskommunikation machte sich des Weiteren darin bemerkbar, dass die amtlichen Rechtfertigungsversuche zusätzlich in den Amtsblättern und in den lokalen Presseerzeugnissen zu lesen waren.1825 Eine Positionierung innerhalb des Diskurs war den ortsansässigen Verlegern und Redakteuren nur durch die darüber hinausgehende – staatlich eingeschränkte – Auswahl auswärtiger Presseartikel und versteckte Hinweise möglich. So war es verdächtig, dass in der Trierischen Zeitung auffallend viele Artikel aus bayrischen Zeitungen erschienen.1826 In der Koblenzer Rhein- und Mosel- Zeitung konnten die Berichte über die Unabhängigkeit Belgiens als Stellvertreterdiskurse interpretiert werden, die die offizielle Verurteilung des aufkommenden „Ultramontanismus“1827 im gleichen Blatt in einem anderen Licht erscheinen ließ.1828 In Köln selbst enthielt sich Joseph DuMont, der Sprößling und neue Herausgeber der katholischen Verlegerdynastie Dumont-Schauberg, zunächst jeden Kommentars und nahm so eine mit dem Oberbürgermeister und Stadtrat vergleichbare Haltung ein.1829 Die Pressemeinungen außerhalb der Provinz oszillierten zwischen einer Parteinahme für den Erzbischof in der Münchner politischen Zeitung und den königstreuen Stellung1823 Allgemeine preußische Staatszeitung (APS) Nr. 328 vom 26.11.1837. Weiter heißt es: Die zunächst auf Anordnung der höchsten Staats-Behörden angewandten und sodann auf unmittelbaren Allerhöchsten Befehl wiederholten Versuche, den Erzbischof auf gütlichem Wege über die Schranken seiner Amts-Befugnisse zu verständigen, waren ebenso fruchtlos, als die Warnungen über die unvermeidlichen ernsten Folgen seines fortgesetzten Widerstrebens gegen die bestehenden Gesetze. Vgl. hierzu exemplarisch die AAZ Nr. 329 vom 25.11.1837, in der diese Verwaltungspraxis erläutert wird. 1824 Herres, Köln, S. 147. Ders., Ereignis, S. 114 spricht von 6.000 Exemplaren der ersten Bekanntmachung in Köln. Das Publikandum des Innenministeriums vom 15.11.1837 ist bei ebd., S. 120–122 abgedruckt und findet sich beispielsweise in den Unterlagen des Koblenzer Oberbürgermeisters unter StAK 623 2438, vgl. auch die Instruktionen des Oberpräsidenten vom 25.11.1837 und vom 27.1.1838 an den Landrat von Boos-Waldeck, die dieser an Oberbürgermeister Maehler weiterleitete. 1825 Exemplarisch DZ Nr. 318 vom 22.11.1837 und die Stellungnahme des katholischen Konsistorialrats Brüggemann in der SAZ Nr. 13 vom 15.1.1838. 1826 Vgl. LHAK 442 3391, Bl. 161–164, Zenz, Geschichte, S. 147 f. und Groß, Polizei, S. 191–194. 1827 Ultramontanismus beschreibt sowohl aus zeitgenössischer Sicht als auch aus heutiger Forschungsperspektive eine allgemein anwachsende Orientierung am römischen, papstzentrierten Katholizismus. Zu den weiteren hier nicht diskutierten Interpretationsspielräumen vgl. Fleckenstein/Schmiedl, Ultramontanismus und Arx (Hg.), Varietes. 1828 Kampmann, Presse-Chronik, S. 124 f. und Vogel, Beiträge, S. 70–72. Zensor Pauls in Koblenz stand nach Holtz, Quellen, S. 751 f. am 10.11.1842 um die Entbindung von seinem Amt an. Zur Haltung gegenüber Belgien im Kontext des Ereignisses vgl. Keinemann, Ereignis Teil 1, S. 175–192 und S. 200 f., wonach es in Berlin ernsthafte, aber haltlose Befürchtungen vor einer belgischen Invasion gab. 1829 Mettele, Bürgertum, S. 237; Buchheim, Geschichte, S. 76 f.
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nahmen der Leipziger Zeitung. Clett Cotta druckte diese stark divergierenden Ansichten nebeneinander ab und bemühte sich mit eigenen sachlichen Kommentaren um jene differenzierte Berichterstattung, die die große Beliebtheit der Allgemeinen Zeitung begründete – und das bis zum Thronwechsel 1840 im Durchschnitt zwei Mal in der Woche.1830 Dabei stand der übertriebenen Befürchtung einer „Protestantisierung katholischer Familien“1831 die Angst der protestantischen Minderheit gegenüber, sich langfristig nicht behaupten zu können. Die evangelische Gemeinde in Koblenz hatte dem König in einer Petition aus dem Jahr 1825 bereits von der mathematischen Gewißheit berichtet, daß nach Ablauf von drey Generationen die evangelische Gemeinde in Coblenz nicht mehr existieren werden würde. Ihrer Meinung nach gab die Trauungspraxis die häufigste Veranlassung zu Hader und Verfolgung, ein Umstand, welcher umso mehr zu bedauern [sei], als der religiöse Zwiespalt vergangener Jahrhunderte sich in der zunächst vorhergegangenen Zeit hier gänzlich verloren hatte. 1832 Ihr Vorsteher, Stadtrat Johann Heinrich Kehrmann, verfügte über konfessionsübergreifende, eindeutig geschäftsfördernde familiäre Verbindungen innerhalb und außerhalb der Stadtmauern, beispielsweise zu den katholischen de la Haye in Frankfurt.1833 Glaubt man den Stadtratsprotokollen, dann wurden die neuen Differenzen auch über ein Jahrzehnt später nicht offen ausgetragen. In Koblenz und in Düsseldorf fand man sich am Tag nach der Festnahme des Erzbischofs zu einer Sitzung zusammen, um nicht etwa – wie bisherige Partizipationsgewohnheiten nahelegen – eine Petition zu verfassen, sondern die anfallenden Verwaltungsgeschäfte zu erledigen.1834 Gespräche über den öffentlichen Skandal, an dem der Kölner Oberbürgermeister Steinberger qua Amt selbst aktiv beteiligt gewesen war, wurden in keiner Bezirksstadt schriftlich festgehalten. Eine überregionale Verständigung, die im Verfassungs-, Steuer- und Rechtsdiskurs selbstverständlich gewesen war, blieb aus. Öffentliche Bekanntmachungen seitens der Stadträte liegen nicht vor. Individuelle Stellungnahmen sind zwar zuhauf zu finden, aber nur selten einem Autor zuzuordnen. Denn in der Folgezeit wurden über 300 Texte vorwiegend anonym veröffentlicht und als „Kampfschriften“1835 bewertet, die 1830 Dieses Ergebnis lieferte die systematische Inhaltsanalyse der Zeitung. 1831 Bendikowski, Mischehen, S. 224. 1832 Petition vom 29.7.1825, abgedruckt bei Speth, Kampf Bd. 2, S. 1228–1230. Ihre weitere Befürchtung bestand darin, dass der religiöse Gegensatz gar zu leicht zu dem politischen zwischen alten und neuen Unterthanen werden könne. Auch seien seitdem die Rheinprovinzen einen Theil des Königsreichs Preußen bilden, […] in Coblenz unter allen Ständen weit über hundert gemischte Ehen geschlossen worden, wo die Eltern das Versprechen haben geben müssen, alle ihre Kinder katholisch zu erziehen. Unter ebd., S. 1208 suchte die Kreissynode Aachen bereits 1818 den Schutz des Königs. Nach Rathgeber, Einführung, S. 36 f. unterstützte Ingersleben die Gemeinde in Koblenz in ihrer Forderung nach einer genauen gesetzlichen Regelung. 1833 Vgl. die Angaben im Anhang. 1834 Unter StAK 623 2188, Eintrag vom 22.11.1837 wurde beispielsweise das Universitätsstipendium vergeben und die Straßenführung besprochen. Unter StAD 90012, Eintrag von demselben Tag findet sich die Besprechung des städtischen Haushalts. Zu Beginn des Jahres 1838 erfolgte dann ein umfangreicher Personalwechsel. 1835 Exemplarisch Herres, Köln, S. 151.
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dem Kölner „Kirchenstreit“1836 seinen nachträglichen Beinamen als ersten „Kirchenkampf “1837 gaben.1838 Als einer der ersten meldete sich Joseph Görres aus dem bayrischen Exil zu Wort. Seit seiner Flucht aus Koblenz hatte er sich als Theologieprofessor an der Münchner Universität ein Netzwerk aufgebaut, das in der Historiographie als geistiges Zentrum des politischen Katholizismus bewertet wurde. Seine Schrift Athanasius 1839 glich einer endgültigen Abrechnung mit dem einst von ihm euphorisch begrüßten preußischen Königshaus, wurde in tausenden Exemplaren in Umlauf gebracht und sorgte für großes Aufsehen.1840 Gleichzeitig bemühte sich Görres ehemaliger Mitarbeiter Benzenberg um mehr Sachlichkeit in der Debatte, indem er die von ihm zu anderen Themen bereits veröffentlichten Zahlen und Fakten hinzusteuerte, historisch erläuterte und in einen translokalen Kontext einbettete. Seinen liberalen Denkweisen entsprechend sollte die Religionsfreiheit und -gleichheit als Fundamentalgesetz in Deutschland und Regierungsmaxim aller Regenten aus dem Hause Hohenzollern geachtet werden. Er erinnerte an die finanziellen und rechtlichen Zuwendungen, die die Standesherren und somit auch zahlreiche Bischöfe inklusive von Droste-Vischering seit 1815 erhielten und forderte die Verfasser der bis dato von ihm gezählten 150 Schriften über den Streit mit dem Erzbischof zu Cöln auf, ihre Namen zu nennen.1841 Einer der wenigen, dessen Namen als Herausgeber auf dem Titelblatt einer Denkschrift stand, war Görres Neffe Ernst von Lasaulx. Der junge Würzburger Philologieprofessor machte kritische Bemerkungen über die Kölner Sache und schrieb einen provokanten offene[n] Brief an Niemand, den Kundbaren und das urtheilsfähige Publikum. Darin übte er scharfe Kritik am preußischen Beamtentum, dem sein Vater Claudius von Lassaulx als Bauinspektor der Koblenzer Regierung offiziell angehörte, und dekonstruierte nicht nur den von einem Staatsmann am Rhein in der Allgemeinen Zeitung veröffentlichten antikatholischen Artikel, sondern auch die von Herr Minister von Altenstein angeführten Gründe der Festnahme des Erzbischofs.1842 1836 Keinemann, Ereignis Teil 1, S. 2. 1837 Exemplarisch ebd., S. 245 und S. 478. 1838 Eine Reflexion der stark wertenden Bezeichnungen konnte in der einschlägigen Literatur nicht gefunden werden. „Kirchenkampf “ wird in den bei ebd., S. X–XXXVII aufgeführten zeitgenössischen Publikationen nicht verwendet. „Kölner Wirren“ ist hingegen gebräuchlich, vgl. die Aussage Bodelschwinghs am 17.7.1840 abgedruckt bei Hansen, Briefe, S. 189. Der Begriff wird von der Forschung oft übernommen, beispielsweise von Stollenwerk, Auswirkungen. Eine umfassende Besprechung und schlüssige Einschätzung der Bedeutung der Publizistik und Literatur im zeitgenössischen Kontext liefert Freytag, Aberglauben, S. 141–189. 1839 Görres, Athanasius. 1840 Keinemann, Ereignis Teil I., S. 255, vgl. Herres, Köln, S. 141; ders., Herrschaft, S. 135 und ausführlich ders., Katholizismus. Rathgeber, Einführung, S. 4 bezeichnet sie als „grundlegende Schrift des politischen Katholizismus“. Zur Einschätzung siehe Embach, Entwicklungen, S. 498–493; zu Görres’ Jahren im Exil siehe Fink-Lang, Görres, S. 101–132; Houben, Zensor, S. 48–50; Tyrichter, Sicherheit, S. 317–324. 1841 Benzenberg, Erzbischof. 1842 Lasaulx (Hg.), Bemerkungen; Das entsprechende Schreiben Altensteins an das Kölner Domkapitel wird in der AAZ Nr. 2 vom 2.1.1839 besprochen.
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Im Zensurministerium herrschte laut Bärbel Holtz eine „unmissverständliche Härte gegenüber Texten des sich politisch äußernden Katholizismus, aber auch eine sich flexi bel erweisende Kontrolle, um die Spannungen zwischen beiden Konfessionen nicht weiter zu verstärken.“1843 Ersteres widerfuhr dem Trierer Buchhändler Friedrich Lintz, als er sich wegen des Vertriebs einer von ihm angeblich nicht gelesenen Schrift mit dem Titel Morgenbetrachtungen vor Gericht verantworten und sein einflussreicher, geschäftsinhabender Vater den Stadtrat vorübergehend verlassen musste.1844 Letzteres gehörte zu den Hauptanliegen der Regierungspräsidenten, die die öffentliche Meinung in ihren Zeitungsberichten als ruhig 1845 darstellten.1846 Dazwischen, in den Grauzonen der Zensurverwaltung, waren zum Beispiel zweideutige Anspielungen im populären Berliner Volkskalender von Gubitz anzusiedeln, über die sich nicht die zuständigen Regierungsräte, sondern eine Gruppe Trierer Katholiken beim Oberpräsidenten beschwerten.1847 Wie bereits im Zuge der Julirevolution und des Hambacher Festes bestätigten weitere Erkundungen auf der unteren Verwaltungsebene den scheinbar harmlosen Eindruck, den die Verwaltungsberichte der mittleren Verwaltungsebene in Berlin verbreiteten. Obwohl die unteren Amtsträger dazu verpflichtet waren, sogleich anzuzeigen, welche Wahrnehmungen und Erscheinungen Ihnen […] bemerkbar geworden, oder zur Anzeige gekommen seien,1848 gingen zunächst keine nennenswerten Meldungen von Konfessionskonflikten im Alltag ein. In Koblenz, wo die Presse besonders viele Flugblätter aufgespürt hatte, konnte Oberbürgermeister Maehler der Regierung nur einen von drei Anschlagzetteln übersenden, da sie mit Kleister befestigt worden waren und in kleinen Stücken abgerissen werden mussten.1849 Eine noch geringere Anteilnahme wurde am Ereignisort selbst beobachtet, weil dem Erzbischof vonseiten der Bevölkerung angeblich nur wenig Sympathie entgegengebracht wurde. Forderungen, den Kölner Karneval aus Angst vor Ausschreitungen abzusagen, wurden aus symbolpolitischen Gründen abgelehnt, da solche Aktionen der Karnevalsgesellschaft zuvor als Protestbekundungen gedient hatten. Dabei konnten die meisten Vorstandsmitglieder der Kölner Karnevalsgesellschaft ohnehin kein Interesse an einer Verschärfung der Lage haben, weil ihre Familienverhältnisse von den Konflikten direkt betroffen waren. Aufgrund dieser allgemein in der Kritik stehenden Vetternwirtschaft und der vorangegangenen Aktionen – zuletzt war 1834 der Brüsseler Aufstand nachgespielt worden – hatte Heinrich von Wittgenstein das Präsidentschaftsamt 1835 an den 1843 1844 1845 1846
Holtz, Quellen, S. 73. Vgl. Kapitel III. 3.4 und die dazugehörige Akte unter LHAK 442 3753. Keinemann, Ereignis Teil I., S. 137. Vgl. exemplarisch ebd., S. 108–117 und S. 137 sowie die entsprechenden Berichte unter ebd. Teil II. Für Koblenz vgl. auch die etwas veraltete Studie von Stollenwerk, Wirren. 1847 Bittschrift vom 20.11.1839 unter LHAK 442 3391. Zum einflussreichen und innovativen Kalender von Friedrich Wilhelm Gubitz siehe Brophy, Reader, S. 143–145. 1848 Schreiben des Landrats vom 6.12.1837 unter StAK 623 2438. 1849 Ebd., Schreiben Maehlers an den Landrat vom 26.11.1837. Vgl. Keinemann, Ereignis Teil I., S. 107, vgl. LHAK 403 10503. Zur Meldepflicht vgl. Tyrichter, Sicherheit, S. 336–340.
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Kölnisch-Wasserfabrikanten Peter Hubert Leven abgegeben. Gesellschaftsinterne Differenzen und anwachsende, noch zu thematisierende Unstimmigkeiten – auch in Bezug auf das Kölner Ereignis – kamen hinzu und führten dazu, dass der Rosenmontagszug im Jahr 1838 ohne Anspielungen auf die Geschehnisse stattfand.1850 Leven, dessen Vater bis 1832 im Stadtrat gesessen hatte, organisierte wenige Wochen später eine weitere Veranstaltung, die als öffentliches Signal gegen staatsfeindliche Aktionen gewertet werden konnte: Gemeinsam mit dem strengen Gegner des Hermesianismus und Präsidenten der Armenverwaltung Eberhard von Groote und dessen evangelischen Stadtratskollegen Friedrich Faulenbach wurde am 2. Februar 1838 ein Fest der Freiwilligen 1851 für die Teilnehmer an den Befreiungskriegen 1852 gefeiert, das die konfessionsübergreifende, dezidiert antifranzösisch und patriotisch konnotierte Erinnerungskultur beförderte.1853 Blieb das Kölner Ereignis also ein publizistischer Diskurs, der hauptsächlich außerhalb der Provinz ausgetragen wurde? Nein. Je länger der Erzbischof unter Hausarrest stand, desto lauter wurden die Stimmen, die für seine Freilassung plädierten und desto mehr drang der Konflikt in die Alltagskultur vor. Nachdem der Papst das Vorgehen der preußischen Behörden in einer Allokution verurteilt hatte und Abschriften seiner Rede allgemein in Köln kursierten, herrschte eine ungemeine Teilnahme. 1854 Der in der Stadt-Aachener Zeitung konstant zu findende Gedanke, dass in den Rheinlanden die katholische und evangelische Kirche keineswegs, wie Manche zu glauben scheinen, in einer feindlichen Stellung einander gegenüber, sondern in einem freundlichen Verhältnis und friedlichen Verhältnisse neben einander stehen ließ sich nicht mehr aufrechthalten.1855 Am Erscheinungsort des liberalen Blattes wussten die Zeitungskorrespondenten von einer Damenverschwörung 1856 gegen heiratswillige evangelische Männer und von dem Widerstand des Stadtrats gegen die Karnevalsfeierlichkeiten zu berichten.1857 Regierungspräsident Jacob Christoph von Cuny hatte der Floresei-Karnevalsgesellschaft 1838 seine persönliche Zustimmung zu öffentlichen Maskeraden erteilt, obwohl er erst seit wenigen Wochen anwesend war, eine offizielle Karnevalserlaubnis des Königs noch ausstand und der Stadtrat die Theaterräume für den alljährlichen Maskenball unter Verschluss hielt. 1850 Brog, Geschichte, S. 71–73 und S. 118–121; Frohn, Narr, S. 215; Wedel, Wittgenstein, S. 33 f., vgl. Kapitel III. 5.2 und Keinemann, Ereignis Teil I., S. 108 f. Nach Mergel, Bürgertum, S. 78 und Mettele, Bürgertum, S. 239 f. war in Köln die Meinung, dass die Religion „Privatsache“ sei, vorherrschend. 1851 Immermann, Fest. 1852 Groote zit. n. ebd., S. 18 f. 1853 Vgl. exemplarisch die SAZ Nr. 16 vom 18.1.1838 und zusammenfassend Spiertz, Groote, S. 217–219, Lewejohann, Pokal und Kapitel III. 5.3. 1854 Herres/Holtz, Provinzen, S. 147. 1855 SAZ Nr. 19 vom 22.1.1838. 1856 Vgl. Keinemann, Ereignis Teil I., S. 102 f. und Mettele, Bürgertum, S. 241 mit den entsprechenden Pressezitaten und weiteren Beispielen aus Köln. 1857 Der Karnevalskonflikt ist in einem Artikel der SAZ Nr. 45 vom 21.2.1838 und unter LA NRW R, Reg. Aachen 652 ausgeführt, vgl. auch Frohn, Narr, S. 216–218.
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Aus diesem Grund musste sich der Rat – dem nach eigenen Aussagen vier Protestanten und einige Mitglieder der Karnevalsgesellschaft angehörten – satirischen Verballhornungen, offenen Anfeindungen und dem wiederholten Vorwurf des mangelnden Wohltätigkeitssinns stellen. Auch soll von mehrern Seiten die Unterstellung ins Publikum verbreitet [worden sein], als habe die Verweigerungshaltung […] mehr ihren Grund in den jetzt obwaltenden Erzbischöflichen Verhältnissen als in der Sorge für die Erhaltung des Locals. 1858 Dagegen erhoben 22 Räte in einer schriftlichen Eingabe bei der Regierung Einspruch und drohten – wie bereits 1820 – mit der Niederlegung ihres Ehrenamtes. Cuny antwortete nüchtern, dass das Collegium des Stadtraths als Organ und Repräsentant der Stadt eine zu hohe und würdige Stellung einnimmt, als daß dasselbe durch Anspielungen und Witzeleien in seiner Ehre und in seinem Ansehen verletzt werden könne. 1859 Er stammte aus Magdeburg, war seit 1816 im Rheinland tätig, mit der Witwe eines französischen Leutnants aus Düsseldorf verheiratet und auf die in Aachen üblichen Kommunikationsformen scheinbar vorbereitet.1860 Im Gegensatz dazu wurden die Behörden in Köln von einzelnen Gewalttaten und spontanen Demonstrationen während des Ursulafestes, einem Feiertag zu Ehren der städtischen Schutzpatronin, nach der konfliktfreien Faschingszeit überrascht. Zwar konnten diese Geschehnisse noch als unbedeutende Zwischenfälle 1861 innerhalb des sogenannten Pöbels oder als haltlose Gerüchte innerhalb der Aachener Oberschicht bewertet werden. Doch die Tatsache, dass die verletzte Freiheit der Kirche 1862 mit einer Missachtung der linksrheinischen Rechtsprinzipien einherging, brachte zunehmend auch einflussreiche Justizbeamte in Rage.1863 Seit 1830 war es Juristen in Preußen per Gesetz untersagt, sich politisch zu äußern. Dass sie die Festnahme dennoch kommentierten und dazu die auswärtige Presse, Pseudonyme und Phantasienamen gebrauchten, verdeutlichte dem König die fortwährende Präsenz des Rechtsdiskurses, das unverändert ausgeprägte Selbstbewusstsein seiner Vertreter und die Durchlässigkeit des Zensurapparats. Sogar Karl Ruppenthal sah sich als evangelischer Regierungspräsident von Köln und bekannter Verteidiger des rheinischen Rechts zu einer anonymen Erklärung veranlasst, die seine Beteiligung an der Inhaftierung mit der napoleonischen Gesetzgebung absicherte – und das, obwohl ihm eine persönliche Stellungnahme ebenfalls untersagt war.1864 1858 LA NRW R, Reg. Aachen 652, Eingabe vom 17.3.1838. 1859 Ebd., Antwortschreiben vom 24.3.1838 an Emundts mit dem Vorwurf, dass die Verletzten zum Theil die Meinung ausdrückten, daß diese so bitter empfundenen Ausfälle die Billigung der Staatsbehörden gefunden hätten. Zur Verweigerungshaltung vgl. Kapitel III. 2.3 und 3.1. 1860 Zu Cuny siehe Romeyk, Rheinprovinz, S. 401. 1861 Keinemann, Ereignis Teil I., S. 103–108. 1862 Wortlaut der Allokution des Papstes Gregor XVI. vom 10.12.1837, zu finden bei Huber/Huber (Bearb.), Staat, S. 428–430. 1863 Wittmütz, Preußen, S. 152, der in diesem Zusammenhang von einer „öffentlichen Empörung ohne Beispiel“ spricht, vgl. die zeitgenössische Anspielung in der AAZ Nr. 40 vom 9.2.1838. 1864 Ruppenthal, Erwägungen, wonach er sich auf das Dekret vom 3.5.1810 berief. Zum langfristigen Wirkungszusammenhang von Religion und Recht vgl. Mergel, Bürgertum, S. 314 f. Zu Ruppenthal siehe Bönisch, Köln, S. 60–63 und Romeyk, Rheinprovinz, S. 795 f. und Kapitel III. 5.2.
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Unterstützung erhielt er von Friedrich Wilhelm Carové, einem Koblenzer Advokatanwalt, der als junger Burschenschaftler 1817 am Wartburgfest teilgenommen und sich aus dem Staatsdienst zurückgezogen hatte. Im Jahr 1838 formulierte er Worte des Friedens mit Bezug auf die Kölnischen Irrungen, mit denen er an die Aufklärung und Toleranz der Leserinnen und Leser appellierte und sich für die Beilegung der Konflikte einsetzte.1865 Bezeichnenderweise gehörten Ruppenthal und Carové zwar unterschiedlichen religiösen Bekenntnissen, während der französischen Herrschaftsphase aber derselben Ausbildungsstätte, nämlich dem Trierer Appellationsgerichtshof, an. Auch dürfte es kein Zufall gewesen sein, dass Ruppenthal wenige Monate später zum Ministerialdirektor der rheinischen Abteilung ins Berliner Justizministerium berufen und in Köln durch einen altpreußischen Adeligen, durch Karl von Gerlach, ersetzt wurde. Da Ruppenthal die Stelle des unbeliebten Justizministers Karl Albrecht von Kamptz übernahm, konnte der personalpolitische Schachzug in der Presse positiv beurteilt und als wichtiges Zeichen der Beschwichtigung betrachtet werden. Der Trierer Stadtrat notierte im Protokollbuch stellvertretend die zuversichtliche Hoffnung, daß es dessen einsichtigen und kräftigen Einfluße gelingen werde, den Rheinländern, die seinen Eintritte in den neuen Wirkungskreis als ein glückliches Ereigniß begrüßen, ihr rheinisches Recht samt der damit verbundenen Gerichtsverfassung zu erhalten. 1866 In der Moselstadt und an zahlreichen weiteren Orten wurden ihm bei seiner Durchreise nach seinem großen Abschiedsfeste in Köln prunkvolle Festbankette gegeben.1867 Im Kölner Ereignis trafen folglich mehrere öffentliche Diskurse aufeinander, die einer klaren kollektiven Haltung zur kirchenpolitischen Kernfrage im Weg standen. So blieben den darauffolgenden Empfangsfeierlichkeiten für Prinz Wilhelm einige Notabeln in Koblenz, Aachen und Köln (darunter 22 Kölner Stadträte) fern. In der Domstadt wurde auf eine Illumination und weitere ausschweifende Spektakel – nicht aber auf eine aufmerksamkeitserregende Fronleichnamsprozession – verzichtet.1868 Der Kronprinz selbst verbrachte den katholischen Feiertag auf dem nach ihm benannten Dampfschiff in Koblenz. Hier und in Aachen soll er ebenfalls mit größern [sic] Pomp begangen worden sein.1869 1865 Carové, Worte. Dabei hielt er es für nothwendig, wieder einige veste [sic] Punkte zu gewinnen, um welche eine allbefriedende Weltanschauung sich zu gestalten vermöge. Vgl. Denzer, Kulturleben, S. 487 und Spiertz, Groote, S. 296 f. 1866 StATr Tb 100/11, Eintrag vom 29.12.1838. 1867 AAZ Nr. 20 vom 20.1.1839. Vgl. exemplarisch den Bericht aus Köln und Aachen in der DZ Nr. 9 und 11 vom 9. und 11.1.1839 und die Vorkehrungen im Trierer Stadtrat unter StATr Tb 100/11, Eintrag vom 29.12.1838 sowie zusammenfassend Wedel, Wittgenstein, S. 64 f. und Keinemann, Ereignis Teil I., S. 173–175. Nach einem Bericht der Kölner Regierung abgedruckt bei Hansen, Briefe, S. 290 f. sollen die „Autonomen“ an dem Kölner Abschiedsfest nicht teilgenommen haben. Zu solchen Bankettbewegungen vgl. Kapitel III. 5.2. 1868 Vgl. Hansen, Briefe, S. 257 f. Zur gesamten Reisetätigkeit siehe ebd., S. 129–135 und S. 253–265, vgl. auch das Festmahl im Casino Köln, geschildert in der AAZ Nr. 165 vom 14.6.1839 und ebd., Nr. 192 vom 11.7.1838, wonach ein Ziel seines Besuchs offensichtlich darin bestand, die Gemüter durch seine Gegenwart vollends zu beruhigen. 1869 Zeitungsbericht der Regierung Aachen für Juni 1838 zit. n. Keinemann, Ereignis Teil I., S. 136 f., vgl. ebd., S. 312. Zur Bedeutung des Prozessionswesens in diesem Kontext siehe Rathgeber, Einführung, S. 18–21.
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Diese Nachrichten beruhten zum Teil auf Gerüchten, die durch rudimentäre Geheimkorrespondenzen und innerbehördliche Denunziationen bis nach Berlin gelangten und durch konträre Handlungsstrategien, nämlich die demonstrative Ausweitung der Verwaltungskommunikation nach außen, nicht verhindert werden konnten. Selbst neue innovative Formen der Pressepolitik in Form einer staatlich subventionierten Rheinischen Zeitung schlugen fehl und wurden von den Stadträten nicht nachweislich unterstützt.1870 Vergleichbare Beobachtungen sind für Trier und Düsseldorf erst in späteren Jahren überliefert und sollen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Presse ein im Ganzen wohlwollendes Urteil über den Kronprinzenbesuch fällte und die Geburtstagsfeierlichkeiten für seinen Vater kurze Zeit später ohne versteckte Protestbekundungen stattfanden.1871 Dennoch unterstreichen sie den politischen Charakter der Festkultur und verliehen den traditionellen Ausdrucksformen der Glaubenspraxis eine neue – oder wie Carové meinte: nach kurzen Waffenstillstande – mit stets sich erneuernder Erbitterung 1872 alt hergebrachte – Dimension, die insbesondere dem katholischen Teil der Bevölkerung die Möglichkeit eröffnete, mittels religiöser Rituale Stellung zu beziehen. Auf diese Art und Weise konnte der Kirchgang zum Politikum, das Prozessions- und Wallfahrtswesen zur potentiellen Protestbekundung, die Predigten der Geistlichen zu politischen Stellungnahmen und der Erzbischof zur „Symbolgestalt des Widerstands“1873 werden, dessen Bildnis auf Tabakdosen und Kaffeetassen vermarktet wurde.1874 Die Pfarrgeistlichen zählten in der Regel selbst zu den lokalen Notabelngesellschaften und zum Familienkreis der Stadträte.1875 Für die Einschätzung politischer Partizipationsstrategien ist es daher nicht irrelevant, dass dem Trierer Domkapitel im Jahr 1839 keine direkten
1870 Hansen, Briefe, S. 160–179; Holtz, Quellen, S. 68; Herres, Köln, S. 189 f., wonach die Zeitung kaum Abonnenten hatte und öffentlich als „anticatholische Zeitung“ bewertet wurde. Zu den Gerüchten vgl. Keinemann, Ereignis Teil I., S. 116–118 und S. 186–192. 1871 Keinemann, Ereignis Teil I., S. 137–139 und S. 26, für Trier vgl. den Bericht der Regierung vom 1.7.1840 bei Hansen, Briefe, S. 184 f. und Zenz, Geschichte, S. 116. In der Beilage der AAZ Nr. 167 vom 16.6.1837 heißt es, dass die fanatische Partei darauf abzielte, dem Kronprinzen einen schlechten Empfang zu bereiten, aber selbst die ganz katholischen Dörfer bei der Ankunft auf das festlichste mit sofort errichteten Ehrenpforten, die Häuser mit Laub und Blumen geschmückt waren und dies explizit nicht von den Behörden ausgegangen sei. Schneider, Festkultur, S. 70–74 nennt Gegenbeispiele für eine religiöse Politisierung der Königsgeburtstage, die im Übrigen ab den 1830er Jahren umfangreicher als zuvor gefeiert wurden. 1872 Carové, Worte, S. 1. 1873 Wittmütz, Preußen, S. 153; Herres, Köln, S. 152 spricht von „Martyrer der katholischen Sache“. 1874 Herres/Holtz, Provinzen, S 148 f., daneben war seine Figur im Wachsfigurenkabinett in London ausgestellt vgl. ausführlich und grundlegend Brophy, Rhineland, S. 269–293. Zu den Predigten siehe auch Keinemann, Ereignis Teil I., S. 178 und ebd., Teil II., S. 20 f., wobei die Studie zahlreiche solcher Beispiele anführt. 1875 Ebd., S. 201–223 fasst ihre Haltung zusammen, wobei nach ebd., S. 207 nicht von „geschlossenen Widerstand“ die Rede sein konnte, wenngleich sogenannte Hermesianer ihre regierungsfreundliche Haltung mit der Zeit aufgaben. Zur allgemeinen Entwicklung des Klerus siehe ausführlich Rönz, Diözesanklerus.
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Verwandten der Stadträte angehörten.1876 Das Wahlgremium des Bistums trat im Mai auf Weisung des Königs zusammen, um einen Nachfolger für den 1836 verstorbenen Bischof Joseph von Hommer zu finden. Da seit seinem Tod bereits drei Jahre vergangenen waren, fiel die Schwerfälligkeit des Verwaltungssystems auf die preußische Zentrale selbst zurück, indem die Mitglieder des Domkapitels sich politisch positionierten und den Vorgaben der preußischen Verwaltung widersetzten. Sie ignorierten die Richtlinie, einen Kandidaten zu wählen, der dem König genehm sein werde 1877 und entschieden sich in der Anwesenheit des Wahlkommissars von Bodelschwingh gegen die vier vom Innenministerium vorgelegten Personalvorschläge. Zudem hatten sie eigenständig mit dem Papst korrespondiert und Regierungspräsident von Ladenberg im Vorfeld mitgeteilt, dass die von Hommer auf dem Sterbebett widerrufene Mischehenkonvention fortan nicht weitergeführt werden soll. Analog zu Köln wurde dieser daraufhin nach Berlin berufen und ein altpreußischer Beamter, der spätere Oberpräsident, Eduard von Schaper, an die Mosel entsandt.1878 Die eigenständigen Handlungsprinzipien des Trierer Klerus beruhten auf dem kanonischen Recht und waren der aufmerksamen Öffentlichkeit ein Zeichen gegen die Hoheitsansprüche des Königs, der die Wahl von Wilhelm Arnoldi nicht bestätigte und den laufenden Auseinandersetzungen so neuen Zündstoff lieferte. Denkschriften, Proteste und Bittschriften für die Bestätigung der Wahl des Domkapitulars waren die Folge. Unter den 111 Unterzeichnern des Immediat-Gesuchs aus Trier befanden sich mindestens sechs Stadträte und der Trierer Oberbürgermeister Haw.1879 Unterdessen hatte die gesamte katholische Pfarrgeistlichkeit Aachens eigenständige Partizipationsansprüche angemeldet und sich in einer Petition an den König für die Rückkehr des Kölner Erzbischofs ausgesprochen.1880 In der Fabrikstadt stand vor allem der Neffe der Brüder Franz, Karl und Heinrich Nellessen, Pfarrer Leonhard Aloys Nellessen, unter Verdacht, die Bevölkerung aufzuwiegeln, zumal er seine vermeintlich richtige Ansicht des christlichen Ehevertrags und der gesetzgebenden Gewalt der Kirche bereits in den 1820er Jahren verbreitet hatte.1881 Gemeinsam mit Kaplan Andreas Fey strebte er eine Rückbesinnung auf traditionelle Frömmigkeitsformen an und hielt den Ruf 1876 Vgl. Persch, Bistumsverwaltung, S. 111–121 und Wolff, Mischehenstreit, S. 520–522 mit der Angabe der Wähler bei ebd., S. 525. 1877 Schmedding zit. n. Rathgeber, Einführung, S. 44. 1878 Wolff, Mischehenstreit, S. 518–525; Zenz, Geschichte, S. 111–119. Nach Romeyk, Rheinprovinz, S. 592 f. und S. 713 trat Schaper sein Amt am 30.8.1839 an, während Ladenberg zum Direktor der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten ernannt wurde. Als Sohn eines preußischen Kriegs- und Domänenrats hatte Schaper zunächst die Offizierslaufbahn absolviert, bevor er die Assessorenprüfung in Merseburg bestand. Er war seit 1827 in zweiter Ehe mit einer Düsseldorfer Kaufmannstochter verheiratet. 1879 Vgl. Wolff, Mischehenstreit, S. 525 und die Angaben im Anhang; die Trierer Petition ist bei Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 663–667 abgedruckt, ebd. S. 703–707 gibt eine vorherige Petition aus der Bürgerschaft wider. Rathgeber, Einführung, S. 48 nennt weitere Petitionen und Proteste. Zu Arnoldi siehe auch Schneider, Arnoldi. 1880 Keinemann, Ereignis Teil I., S. 212 f. 1881 Nellessen, Ansicht.
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Aachens als „Hort der Kirchlichkeit für das Rheinland während der Franzosenzeit“1882 unter Preußen aufrecht. Beide Würdenträger verfügten als Söhne angesehener Tuchfabrikantenfamilien über weitreichende Beziehungen innerhalb der lokalen Eliten und zu katholischen Bewegungen außerhalb der Provinz nach Frankreich und Belgien. Darüber hinaus teilte der „Aachener Kreis“1883 seine strengkatholischen Versionen mit einer weiteren Vereinigung in Koblenz.1884 Glaubt man den Briefen Clemens Brentanos, dann traf sich eine ihm persönlich gut bekannte Gruppe von Notabeln am Zusammenfluss von Rhein und Mosel jeden Dienstag bei Witwe Typpus, um innerliche Formen von Kirchlichkeit zu praktizieren und theologische Schriften zu diskutieren, die sie von Verleger und Stadtrat Hölscher erhielten.1885 Diese sogenannten Typpus- oder Dienstagsgesellschaft setzte sich aus Oberbürgermeister Maehler, Stadtrat Hermann Joseph Dietz, Friedensrichter Anselm Joseph Burret, Landgerichtsrat Johann Nepomuk Longard und dessen Schwager Johann Claudius von Lassaulx zusammen und zog in den 1840er Jahren weitere Notabeln, beispielsweise den Mitbegründer der späteren Zentrumspartei August Reichensperger, an. Es handelte sich folglich um eine Laiengruppierung von Verwaltungsbeamten und somit um ein Alleinstellungsmerkmal der Stadt Koblenz.1886 Als Koblenzer „Glaubensarmee“1887 wurde dieser „Partey der Überspannten, diesem Club der Andächtlern und Mystikern“1888 vonseiten der Regierungsbeamten erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt und eine staatsgefährdende Bedeutung beigemessen. Kontakte zu Joseph Görres und Ernst von Lasaulx ergaben sich aus dem Bekannten- und Verwandtenkreis. Die „Mainzer Schule“1889 und die 1821 von Andreas Räß gegründete Zeitschrift Katholik dienten ihnen als Vorbild. In Koblenz selbst wurde Generalvikar August Seydell unterstützt, dessen asketische Lebensweise hohes Ansehen genoss und von Oberpräsident von Bodelschwingh als fanatisch bezeichnet wurde.1890 1882 Keinemann, Ereignis Teil I., S. 37. 1883 Herres, Vereine, S. 112 f. 1884 Vgl. ebd., S. 124 f. Zur „Intensivierung der katholischen Frömmigkeit“ vgl. Jung, Marienverehrung, S. 230–233, Rathgeber, Einführung, S. 10–13, Rummel, Frömmigkeit, S. 206–220, Freytag, Aberglauben, S. 66–69 und Schneider, Katholiken sowie grundlegend Sperber, Catholicism, dessen Ergebnisse zum „religious revival“ jedoch von der neueren New Catholicism-Forschung hinterfragt werden. 1885 Vgl. der Brief Brentanos an Dietz vom 14.12.1830, abgedruckt bei Oehring, Briefe Bd. 8, S. 80. 1886 Vgl. hierzu Herres, Vereine, S. 102–117. Die in der Forschung strittige Frage nach dem Verhältnis zwischen Klerus, Staat und Laiengruppierungen würde an dieser Stelle zu weit führen. Der Fall Koblenz zeigt, dass sie differenziert auf der Basis mikrohistorischer Studien entschieden werden sollte und die verallgemeinernde Meinung von Sperber, Catholicism, S. 47 zu relativieren ist. 1887 Herres, Koblenz, S. 79. 1888 Weber, Aufklärung, S. 30, vgl. auch der besonders frühe Bericht über die eifrigen Katholiken von Koblenz von Oberpräsident von Pestel am 6.10.1831 unter ebd., S. 62–64. 1889 Herres, Vereine, S. 113 f.; Keinemann, Ereignis Teil 1, S. 41. Auch Brentano stand in Kontakt mit Räß, vgl. die Korrespondenz am 1.7.1825, abgedruckt bei Oehring, Brentano Bd. 7, S. 73–80. 1890 Keinemann, Ereignis Teil 1, S. 221–223. Zum Koblenzer Kreis allgemein siehe auch die kritisch zu hinterfragenden Beschreibungen bei ebd., S. 40 f.; Weber, Aufklärung, S. 25–32; Herres, Koblenz, S. 66 f.; ders., Vereine, S. 126; Denzer, Stadt, S. 260 und Seibrich, Bistum, S. 155 f. Zu Reichensperger vgl. ebd., S. 264–266, Keinemann, Ereignis Teil 1, S. 247 f. und Weber, Aufklärung, S. 82 f.
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Obschon die internen mündlichen Kommunikationsweisen dieser religiösen Vereinigungen und ihre Mitglieder nicht rekonstruiert werden können, ist ihr Einfluss auf die öffentlichen Aushandlungsformen während des Kölner Ereignisses nicht zu unterschätzen.1891 In Köln gründete sich zum Beispiel ein Clemens-Verein, der verbotene Schriften mit Hilfe des Buchhändlers Lambert Bachem verteilte.1892 In Aachen kam es 1839/40 zu einem sprunghaften Anstieg der Mitgliederzahlen der Sakramentsbruderschaft und zu einem auffälligen Zulauf amtierender und ehemaliger Stadträte, wohin gegen die Freimaurerloge von den Notabeln mehr und mehr gemieden wurde.1893 In Trier engagierte sich Haw nach der Niederlegung seiner städtischen Verwaltungsämter nicht nur für die Bestätigung Arnoldis im vierten Stand des Provinziallandtags, sondern auch in der Marianischen Bürgersolidarität.1894 In Koblenz wurde das Ziel verfolgt, die kirchlichen Kommunikationskanäle zuerst vermittels einer katholischen Zeitung, dann durch die Gründung einer Rosenkranzbruderschaft zu erweitern.1895 Obwohl der Verleger der Rhein- und Mosel-Zeitung Friedrich Hergt als Nachfolger von Hériot im Stadtrat saß und die katholische Meinung tendenziell unterstützte, ließ sich dieses Ziel mit ihm und seinem neuen Redakteur Heinrich Schaltenbrand nicht erreichen. Schaltenbrand hatte am Hambacher Fest und an den belgischen Aufständen teilgenommen. Zudem war Maehler 1834 die Zensur entzogen und Regierungsreferendar Halm übertragen worden. Dietz plädierte daher im Provinziallandtag 1841 sowohl für die Pressefreiheit als auch für die Freilassung von Droste zu Vischering und lieferte eine Begründung dafür, warum die Hauptstadt der Provinz – neben Aachen – besonders früh als Zentrum des politischen Katholizismus bezeichnet wurde.1896 Für eine genaue Einschätzung der Laienvereinigungen und Bruderschaften ist weitere Forschungsarbeit zu leisten und das ambivalente Wechselverhältnis zwischen dem Beginn einer innerkatholischen Frömmigkeitsbewegung und eines sich organisierenden, politisch-äußernden Katholizismus zu beachten. Als sozial-konservatives, disziplinierendes Element war diese Strömung in der Alltagskultur jedoch bereits zu erkennen.1897 So 1891 Vgl. Herres, Vereine, S. 122–127. 1892 Mettele, Bürgertum, S. 243. 1893 Vgl. das Mitgliederverzeichnis, abgedruckt bei Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 69–79 und die Angaben im Anhang. Zum regional unterschiedlichen Verhältnis zwischen Freimaurern und katholischem Milieu vgl. Dotzauer, Freimaurergesellschaften, S. 235–240 und Mergel, Bürgertum, S. 60–63, wonach in Köln keine „religiös begründete Abwendung“ erkennbar war. 1894 Haase, Haw, S. 164–190. Zur Einschätzung vgl. Herres, Vereine, S. 171 f. 1895 Schneider, Katholiken, S. 334; Weber, Aufklärung, S. 94–112, Kampmann, Presse-Chronik, S. 124 f. und Keinemann, Ereignis Teil I., S. 221–223. Zur Frage der katholischen Presse vgl. Herres, Köln, S. 195, Mergel, Bürgertum, S. 197–199 und Hölscher, Bachem. 1896 Vgl. Kapitel III. 3.4 und die Beilage der AAZ Nr. 204 vom 22.7.1840. Nach Herres, Vereine, S. 112–117 wurde Anton Josef Binterim in Bilk bei Düsseldorf zum „Wortführer der traditionalistischen Oppositionellen im niederrheinischen Ram“, wohingegen der Ultramontanismus in Köln kaum Fuß fassen konnte und grundsätzlich aus verschiedenen Gruppierungen bestand. 1897 Vgl. die Hinweise bei Jung, Marienverehrung, S. 241–248, Schneider, Identitätssuche und ders., Katholiken, S. 325–340 sowie Herres, Vereine, S. 210–224.
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veränderte sich in Koblenz und Trier die eingespielte Armenhilfe durch das Wohltätigkeitsbüro, die Hospitalverwaltung, die Borromäerinnen und die Frauenvereine nach der Einführung des rationalen, preußischen Verwaltungsmodells kaum. Auf der mittleren Verwaltungsebene wurde diese Vollzugslücke angesichts ihrer Funktionsfähigkeit vernachlässigt und lediglich gegen einzelne Befürchtungen vor Bekehrungsversuchen im Koblenzer Hospital und einer nachteiligen Behandlung von evangelischen Kranken in Trier vorgegangen.1898 De facto leisteten Vertreterinnen und Vertreter der katholischen Armenfürsorge die preußische Armenverwaltung. Die preußische Armenpolitik trug folglich zur Entstehung der Caritas bei, indem sie den Staat noch nicht in die Pflicht nahm, Geistliche aber nach wie vor in die Fürsorge integrierte.1899 Daneben beruhte die Reinstitutionalisierung der katholischen Kirchenstrukturen im Alltag primär auf dem ehrenamtlichen Engagement notabler Frauen. General Ludwig von Borstell bescheinigte ihnen in Koblenz eine ultramontane Haltung und einen erheblichen Einfluss auf die öffentliche Meinung.1900 Indizien hierfür lieferten die Vorstandsmitglieder des Frauenvereins, deren Ehemänner mehrheitlich dem katholischen Kreis angehörten. Auch stieg die Zahl der Vereinsmitglieder in den 1830er Jahren kontinuierlich an und belief sich im Jahre 1840 auf 80 Personen, die über ein Kapitalvermögen von rund 33.000 Taler und seit 1833 über die Räume des ehemaligen St. Barbara Klosters verfügten.1901 In der dortigen Armenschule wurden laut Brentano 200 sonst herumstreichender Kinder gekleidet und gelehrt, und durch diese auf die theils verworfenen Eltern zurückgewirkt. 1902 Damit hatte sich die Dominanz der katholischen Kirche nach dem Verlust zahlreicher Einrichtungen in der Franzosenzeit in den Gemäuern eben jener Einrichtungen neu institutionalisiert.1903 Herr Dietz, ein unbefangener tüchtigster liebster Mann, ein rechter Hausknecht Gottes, [sei] der Rechnungsführer und rechte Kern von Allem, indem er die Wohltätigkeitsarbeit des Vereins mit der des Hospitals verbinde: die Bürger ehren und lieben ihn, der Bürgermeister ist sein Freund, und die protestantische Regierung 1898 Vgl. Müller, Protestantismus, S. 298; Haase, Haw, S. 151 f. und Zenz, Geschichte, S. 88–91; Nach Kohl, Vincke, S. 403 f. unterstützte Oberpräsident von Vincke ein von Ordensschwestern geführtes Hospital, obwohl es von dem mit ihm im Streit stehenden Kölner Erzbischof gegründet worden war. 1899 Herres, Koblenz, S. 66, mit Bezug auf das gesamte Bistum Trier vgl. Schneider, Identitätssuche, S. 223– 225 sowie Schneck, Dienst, der den Koblenzer Notabeln bei ebd., S. 398 f. sogar unterstellt, die Armenfürsorge „eher aus Unzufriedenheit über die Untätigkeit der preußischen Regierung“ reorganisiert zu haben. Herres, Köln, S. 101–108 zeigt, dass es in Köln zu einer ähnlich schnellen „Reorganisation der katholischen Kirche“ kam. 1900 Keinemann, Ereignis Teil I., S. 247–250. Die Bedeutung der noch nicht hinlänglich erforschten Rolle der Frauen hat zuletzt auch Schneider, Identitätssuche, S. 227 betont. 1901 Reder, Frauenbewegung, S. 219. Unter den 35 verheirateten und unverheirateten Mitgliedern der 1820er Jahre befanden sich vor allem Vertreterinnen der Familien Dietz, Maas, Clemens, Settegast, Pottgeißer und Lassaulx, vgl. LHAK 661 23,1 mit den Wahlen der Vorsteherinnen und den Finanzangaben. 1902 Brentano an Apollonia Diepenbrock zit. n. Oehring, Briefe Bd. 7, S. 81. 1903 Herres, Vereine, S. 161–167. Nach den Angaben der Vereinschronik Der Katholische Frauenverein St. Barbara, Geschichte, S. 9 f. hatte er ein Gebäude am Alten Löhrtor für 8.400 Francs gegen das Klostergebäude eingetauscht, vgl. hierzu auch Reder, Frauenbewegung, S. 220–222.
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muß ihn achten wegen seiner Redlichkeit. 1904 Bei der Bewertung dieser zeitgenössischen Einschätzung eines keineswegs unbefangenen Beobachters, gilt es in Rechnung zu stellen, dass der evangelische Medizinalrat Ullrich als Hospitalarzt tätig war. Außerdem wurde 1834 erstmals ein katholischer Regierungsrat in Koblenz eingesetzt, der demselben westfälischen Adelsgeschlecht wie von Droste-Vischerings Vorgänger entstammte. Seine Frau Franziska von Spiegel und die Gattin des neuen katholischen Konsistorialrats Brüggemann traten dem Frauenverein bei und unterstützten die katholischen Einrichtungen. Da diese mehr oder weniger der gesamten Stadtbevölkerung und der Verwaltungstätigkeit der Regierungen zugute kamen, muss die Stärkung der katholischen Kirchenstrukturen und der dahinterstehenden Gruppierungen vor dem bereits ausgeführten „gesellschaftspolitischen Hintergrund“ betrachtet und differenziert beurteilt werden: „Einen verstärkten moralischen und sozialen Einfluß der katholischen Kirche unterstützten dabei breitere bürgerlich-katholische Kreise, die sich keineswegs auf die Ultramontanen im engeren Sinne beschränkten.“1905 Nicht zuletzt deswegen wurde die Reinstitutionalisierung der katholischen Kirchenstrukturen mit unterschiedlicher Intensität im Laufe der 1840er Jahre auch in den anderen Bezirksstädten vorangetrieben.1906 Eine Folge dieser Entwicklung bestand in einem zunehmenden „protestantischen Abgrenzungsbedürfnis“1907, das von preußischen Beamten gefördert und im Korporationswesen der Provinz sichtbar wurde. In Koblenz gründete Charlotte von Bodelschwingh als Gattin des Oberpräsidenten zum Beispiel einen evangelischen Frauenverein, der in der Alltagskultur kaum Fuß fassen konnte.1908 In Aachen legte David Hansemann kurz vor der Eröffnung der Eisenbahnstrecke im November 1839 sein Amt als Handelskammerpräsident nieder und alle weiteren protestantischen Kammermitglieder zeigten sich solidarisch. Seine für die lokale Wirtschaftspolitik verheerend wirkende Entscheidung beruhte auf Konfessionskonflikten, die bei den vorangegangenen Landtagswahlen aufgekommen waren. Er erklärte: Nur vier Stimmen sind mir bei der Wahl des stellvertretenden Deputierten gegeben worden und eine Majorität von mehr als 40 Stimmen hat mithin dem Gouvernement und mir gesagt, daß ich nicht der richtige Repräsentant der politischen Gesinnung meiner Mitbürger sei, und daß der in öffentlichen Angelegenheiten von mir ausgeübte Einfluß ihnen nicht mehr genehm ist. 1909 Zwei Wochen später soll es dann beim Handelsgericht zu einer ähnlichen Vereinbarung zwischen den Ultrakatholiken 1904 Brentano an Apollonia Diepenbrock zit. n. Oehring, Briefe Bd. 7, S. 81. 1905 Herres, Vereine, S. 170 f. 1906 Ebd. 1907 Müller, Protestantismus, S. 298. 1908 Vgl. ebd. und Thielen, Notabelnpolitik, S. 122–127. In Köln ist nach Becker-Jákli, Protestanten, S. 257– 262 eine positivere Entwicklung festzustellen, vgl. allgemein Rathgeber, Einführung, S. 7 f. 1909 Hansemann am 25.11.1839 zit. n. Hansen, Briefe, S. 151 f.: Unter diesen Umständen ist es meine Pflicht, mich von jeder öffentlichen städtischen Stelle zurückzuziehen, wie ich es vor 6 Jahren, als ich mich in der Minorität befand, auch getan habe. Vgl. Kapitel III 5.3, Stephan, Provinziallandtag, S. 88 und Monheim, Monheim, S. 140 f., der angibt, dass Hansemanns Teilnahme am Provinziallandtag ab 1845 auf einer Absprache mit Monheim beruhte.
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gekommen sein, sodass Handelsgerichtspräsident Wagner, Stadtrat Fellinger sowie der katholische Handelsrichter Jospeh van Gülpen ebenfalls ihre Entlassungen einreichten.1910 Regierungspräsident von Cuny zeigte sich gelassen, wusste er doch aus zuverlässiger Quelle, dass der Zweck der Verweigerungshaltung lediglich in Neuwahlen bestand und die konfessionellen Reibungen […] auf die Massen keinen Einfluss haben und selbst unter den gebildeten Ständen die geselligen Verhältnisse nicht stören würden.1911 Anderslautende Meinungen lassen sich nicht finden, zumal der Eklat in der Stadt-Aachener Zeitung übergangen wurde. Aus der Augsburger Allgemeinen Zeitung wusste die interessierte Öffentlichkeit jedoch bereits von weiteren konfessionellen Wahlen, die eine parlamentarische Auseinandersetzung über das Kölner Ereignis auf der nächsten Ständeversammlung wahrscheinlich machten. In Berlin wurde die Einberufung der Provinziallandtage daher hinausgeschoben, obschon sich diese Verzögerungstaktik während der Trierer Bischofswahl bereits als unvorteilhaft erwiesen hatte.1912 Für Koblenz sollte erstmals der als ultramontan geltende bisherige Stellvertreter Hermann Joseph Dietz teilnehmen. Auch wurde bei den Wahlen zum zweiten Stand der Regierungsbezirke Aachen, Koblenz und Trier – was bemerkenswert [war], kein einziger Protestant gewählt. 1913 In Düsseldorf, wo es ebenfalls die Absicht gewesen sein soll, durch die ritterschaftlichen Wahlen dem Gouvernement gegenüber eine Demonstration zu machen, lagen die Dinge umgekehrt.1914 Hier wusste man einen Sieg der katholischen Rittergutsbesitzer durch vorausschauende Absprachen zu verhindern und insbesondere den Vertretern der sogenannten Autonomen keinen übermäßigen Einfluss zu gewähren. Im Ergebnis sollten sich 52 Katholiken und 28 Protestanten im Jahr 1841 im Ständehaus einfinden und das Thema keineswegs vergessen haben.1915 Die autonome „Genossenschaft des rheinischen ritterbürtigen Adels“ war das Ergebnis der bereits aufgezeigten Partizipationsbestrebungen der Adelsgruppe um Johann Wilhelm Freiherr von Mirbach-Harff, Franz Anton Graf von Spee und Maximilian Freiherr von Loë. Dabei war den 39 standesherrlichen Gründungsmitgliedern der Interessensgemeinschaft eine Handels- und Gewerbetätigkeit wie sie von den meisten bürgerlichen Rittergutsbesitzern und Patriziern betrieben wurde, von vornherein untersagt. Auch achtete man auf diskursive Trennlinien zu anderen Vereinen, indem von Mirbach-Harff beispielsweise nicht als Vorsitzender, sondern als vom Oberpräsident vereidigter „Ritterhauptmann“ fungierte. Die angestrebten Vorrechte der sich nach außen und nach unten 1910 Vgl. sein Schreiben vom 10.12.1839 bei Hansen, Briefe, S. 153 f. 1911 Bericht von Cunys vom 8.1.1840 an Innenminister Rochow zit. n. ebd., S. 156–159. 1912 Durchgesehen wurde die SAZ Nr. 322 vom 24.11. bis Nr. 332 vom 4.12.1839, vgl. die weiteren Aussagen bei Keinemann, Ereignis Teil I., S. 242 f. und S. 272. 1913 AAZ Nr. 326 vom 22.11.1839. 1914 Ebd. 1915 Obenaus, Parlamentarismus, S. 269 f. und S. 304 f. mit weiteren Vergleichszahlen, vgl. auch Stephan, Provinziallandtag, S. 86–89, Keinemann, Ereignis Teil I., S. 269 f. und Beusch, Standespolitik, S. 537– 539.
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abgrenzenden Notabeln gingen mit gesetzlich fixierten Privilegien, den sogenannten Autonomiegesetzen, einher und erregten großes öffentliches Aufsehen.1916 Mit der königlichen Bestätigung der Korporation am 21. Januar 1837 konnten die im Provinziallandtag desselben Jahres von Vertretern des dritten Standes erneut scharf angegriffenen Standesherren ihre Interessen offiziell und mit Unterstützung der preu ßischen Zentrale vertreten. Dass diese ein Jahr später auch die Freilassung des Kölner Erzbischofs beinhalteten, konnte Friedrich Wilhelm III. zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen. Am 22. Dezember 1838 lehnte er den Empfang einer zu diesem Zweck entsandten Adelsdeputation schroff ab.1917 Nicht ohne Spott verbreitete sich die Nachricht von der verunglückten Deputation nach Berlin gegen die Maßregel der Wegführung des Kölner Erzbischofs von Köln, der nicht bloß Katholik, sondern auch einer ihrer Standesgenossen war in der Presse und beförderte den kirchenpolitischen Rechtsdiskurs auf eine neue verfassungsrechtliche Ebene.1918 In der Folgezeit „stellte der katholische ritterbürtige Adel in der Rheinprovinz und in Westfalen die Verteidigung des als bedroht angesehenen kirchlichen Glaubens eindeutig über das Prinzip der dem König als Protektor des Adels schuldigen Treue.“1919 Aufgrund dieser Geschlossenheit wurde eine Kooperation mit dem das Gleichheitsprinzip missachtenden Adeligen zugunsten der katholischen Kirche für viele Notabeln undenkbar, sodass sie andere, weniger eindeutige Prioritäten setzten. Die Kölner Abgeordneten, inklusive Oberbürgermeister Steinberger und Rittergutsbesitzer von Groote, stimmten im Provinziallandtag 1841 gegen eine Petition für die Freilassung von Droste-Vischering. Zuvor hatten sie sich aber beim König persönlich für eine friedliche Konfliktlösung eingesetzt und waren dazu auch empfangen worden. Die Eingabe war von dem Aachener Abgeordneten Johann Peter Joseph Monheim mit tatkräftiger Unterstützung aus Koblenz vorgebracht und vonseiten der Trierer Abgeordneten und weiten Teilen des zweiten Standes befürwortet worden. Haw trat außerdem für eine eigene kirchenpolitische Petition, für die Bestätigung des Trierer Weihbischofs Arnoldi, ein.1920 1916 Vgl. GS 1837, S. 79–96. Die Grundlage zur Gründung der Genossenschaft war die KO vom 16.1.1836, die dem Adel die Korporationsbildung zusicherte. Zu ihrer Entstehung und Tätigkeit vgl. Beusch, Standespolitik, S. 445–520 und die Festschrift Genossenschaft des Rheinischen Ritterbürtigen Adels (Hg.), Genossenschaft, S. 20–44. Nach Reif, Adel, S. 85 sollte auch „[d]as Wort ‚Genossenschaft‘ […] das Wiederaufleben der altadeligen ‚Ritterschaft‘ neben der neuen Ritterschaft des Provinziallandtags kaschieren.“ 1917 Beusch, Standespolitik, S. 525 f., wobei ihr Mirbach, Spee, Loë, Fürstenberg und Wolf-Metternich angehörten und eine westfälische Abordnung folgte. Die Forderungen wurden anschließend schriftlich eingereicht. Zur langfristigen Wirkung vgl. exemplarisch Reif, Adel, S. 57–76. 1918 AAZ NR. 13 vom 13.1.1840, vgl. der erste Bericht in der Beilage Nr. 354 vom 20.12.1837. Nach Beusch, Standespolitik, S. 531 entschied sich die Genossenschaft gegen die Meinung von Mirbach-Harffs keine Gegendarstellung zu veröffentlichen. Nach Genossenschaft des Rheinischen Ritterbürtigen Adels (Hg.), Genossenschaft, S. 37 gehörte beispielsweise der Neffe des Erzbischofs, Felix Graf Droste zu Vischering von Nesselrode-Reichenstein, zur Genossenschaft. 1919 Keinemann, Ereignis Teil I., S. 231, ähnlich Beusch, Standespolitik, S. 521 und S. 550 f. Nach Kohl, Vincke, S. 406 unterstützte sogar Drostes „Intimfeind“ von Vincke die Bestrebungen des Adels. 1920 Vgl. Keinemann, Ereignis Teil I., S. 301–305 und Beusch, Standespolitik, S. 540–549, wonach der Antrag mit 47 gegen 31 Stimmen scheiterte. 20 katholische Abgeordnete hatten gegen den Antrag gestimmt.
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Derweil wurde die religionspolitische Friedhofsruhe in den Stadträten von den schlaglichtartig beleuchteten Konflikt- und Gemengelagen zu keinem Zeitpunkt gestört. In der Rückschau eröffnet das kollektive Schweigen weite Interpretationsspielräume, die letztlich nicht belegt werden können und sich mitunter ausschließen. So erscheint eine bewusste Nichtbeachtung des Konflikts zugunsten der professionellen, vertrauensvollen Zusammenarbeit für eingespielte, eng vernetzte und gemischt konfessionelle Stadträte wie jene in Köln, Koblenz und Trier ebenso wahrscheinlich wie eine mündliche – womöglich erfolgreiche – Aushandlung von Meinungsverschiedenheiten abseits der regulären Sitzungen. Dafür boten sich in allen Städten nicht nur gemischt-konfessionelle Familien- und Bekanntenkreise, sondern auch die Casinogesellschaften an. Sicher ist, dass die Verwaltungskommunikation nicht als geeigneter Ort dieser Aushandlungsprozesse betrachtet wurde und das Prinzip des Schweigens, das bisher vor allem die Kommunikationsweisen der übergeordneten Behörden bestimmte, auf der unteren Verwaltungsebene an Bedeutung gewann. Gegenüber der in Kapitel III.1. aufgezeigten Kommunikationsgewohnheiten aus der französischen Herrschaftsphase, insbesondere der Veröffentlichung von Beschwerden und Petitionen, wurden die diskursiven Trennlinien zwischen Verwaltung und Gesellschaft am Ende der 1830er Jahre wiederaufgebaut und die Beteiligungschancen der Bevölkerung verringert.1921 Der Effekt bestand in einer Politisierung religiöser Ausdrucksformen, die in der Wahrnehmung der preußischen Zentrale und aus der rückblickenden Perspektive der Geschichtswissenschaft die „Entstehung einer katholischen Öffentlichkeit“1922 einleitete und Teil einer „bürgerlichen Gegenöffentlichkeit“1923 war. Denn analog zu halböffentlichen Festbanketten und Feierlichkeiten konnten Glaubenspraktiken fortan über ihren eigentlichen Gegenstandsbereich hinausgehen und als politische Partizipationsformen genutzt werden, weil sie als solche interpretiert wurden. Im Laufe der 1840er Jahre sollte sich zeigen, dass die Staatsdiener vor Ort diese Entwicklung nicht aufhalten konnten, sondern verstärkten.1924 In der einschlägigen Literatur ist man sich daher weitgehend darüber einig, dass „die preußischen Behörden die politische Bewegung am Rhein falsch eingeschätzt“1925
1921 1922 1923 1924 1925
Nach Genossenschaft des Rheinischen Ritterbürtigen Adels (Hg.), Genossenschaft, S. 38 gehörte der Koblenzer Landrat Clemens Graf von Boos-Waldeck ebenfalls zur Genossenschaft. Er votierte nach StAAc FAM 5–35 ebenfalls für die Petition. Monheim notierte die Stimmabgabe in seinem Tagebuch: demnach stimmten u. a. aus dem zweiten Stand Groote, Hilgers, Herwegh, Hontheim, von der Heydt und Schöller, Steinberger und Merkens aus dem dritten Stand dagegen, vgl. hierzu auch Monheim, Monheim, S. 167–175. Vgl. Haas, Kultur, S. 243–248. Rathgeber, Einführung, S. 2, ähnlich Herres/Holtz, Provinzen, S. 148. Brophy, Rhineland, S. 306 f. merkt hierzu kritisch an, dass eine Fokussierung der „Catholic influence“ bei über 90 Prozent an katholischem Bevölkerungsanteil in der Rheinprovinz allzu leichtfällt und „other cultural influences“ überdeckt. Schneider, Festkultur, S. 17 f. Brophy, Rhineland, S. 253–299; ders., Politicization, S. 95 f.; Herres, Vereine, S. 172–176, vgl. Kapitel III. 5.4. Herres, Ereignis, S. 117.
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und sich in eine „kirchenpolitische Sackgasse“1926 manövriert hatten: Es kam nicht zu kollektiven Partizipationsversuchen oder gewaltvollen Ausschreitungen nach dem Vorbild Belgiens, die ein hartes Durchgreifen gerechtfertigt hätten; es wurde aber – in Anlehnung an die zitierten Verwaltungsberichte – auch nicht ruhiger in der Provinz. Eine langfristige Wirkung des Kölner Ereignisses bestand vielmehr darin, „dass der rheinische Regionalismus sich vertiefte und sich konfessionell auflud.“1927 Doch zu den paradoxen Begleiterscheinungen dieser vielschichtigen Entwicklung gehört auch die Beobachtung, dass protestantische Notabeln wie Merkens zu den Wortführern regionaler Partizipationsbestrebungen gehörten und – wie Camphausen und Hansemann – weiterhin gehören sollten. Insofern trug das Kölner Ereignis zwar zur Organisation des politischen Katholizismus bei, ebnete aber nicht – wie Jonathan Sperber in seiner einflussreichen Studie vorschlug – einen stringenten Weg in den Kulturkampf. Im Gegenteil – als der Kronprinz Friedrich Wilhelm im Jahr 1840 die Nachfolge seines Vaters antrat, war eine Lösung des Konflikts in Aussicht.1928 4.4 Der Thronwechsel und die Frage nach angemessenen symbolischen Kommunikations- und Repräsentationsformen Am 7. Juni 1840 verstarb König Wilhelm III. von Preußen nach einer monatelangen Fiebererkrankung. Einen Monat später berichtete Regierungspräsident Eduard von Schaper dem Innenministerium aus Trier, dass die gewöhnlichen Prozessionen […] diesmal mit einem Aufwand begangen worden, der früher nicht stattgefunden und die Trauer um des hochseligen Königs M[ajestät] gleichzeitig in vorschriftmäßiger Art stattgefunden hatte.1929 Dabei wies er auf die Taktlosigkeit der hiesigen geistlichen Behörde und die Ambivalenz der im vorangegangenen Kapitel aufgezeigten Fest- und Glaubenspraxis hin, da die Glocken der katholischen Kirchen zur Ehren des Königs verspätet einsetzten. Auch soll Wilhelm Arnoldi – ungeachtet seiner schwebenden Position als unbestätigter Bischof – einen kalt und nichtssagend[en] Trauergottesdienst gehalten haben.1930 Ähnliche Nachrichten über kleinere Verstöße gegen die preußische Trauerordnung erreichten das Ministerium aus Köln.1931 Neben dieser gesteigerten Sensibilität für religiöse Rituale deuteten sich weitere symbolpolitische Konfliktfelder darin an, dass Französische Blätter, […] ein angebliches Schreiben aus Trier [enthielten], nach welchem die Behörden und Einwohner von Trier sich weigern [würden], Seiner jetzt regierenden Majestät den Eid der Treue zu leis1926 Ders./Holtz, Provinzen, S. 148. 1927 Herres, Ereignis, S. 117, vgl. Ribhegge, Kampf, S. 83. 1928 Sperber, Catholicism, zur Kritik vgl. Rathgeber, Einführung, S. 12–18 und den „Versuch einer Wertung“ bei Keinemann, Ereignis Teil 1, S. 484–490. 1929 Schaper an Rochow am 1.7.1840 zit. n. Hansen, Briefe, S. 184 f. 1930 Ebd. Bericht vom 1.8.1840, S. 193 f. 1931 Ebd., S. 183.
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ten. 1932 Schaper war jedoch überzeugt, dass dies eine der zahlreichen Falschmeldungen aus dem nahegelegenen Ausland war und wurde von der Trierischen Zeitung, seinen Kollegen in Düsseldorf, Köln und Koblenz sowie dem im Folgenden skizzierten Verhalten der Stadträte in dieser Überzeugung bestärkt. Die zeitgleich einsetzende und im nachfolgenden Kapitel näher beleuchtete Rheinkrise löste sogar eine „breite nationale Solidarisierung“1933 gegen Frankreich aus. Auch war dem Kronprinzen die Funktion als Hoffnungsträger im Zuge der Verfassungsbewegung 1818 in Trier besonders früh zuerkannt und während der darauffolgenden Reisen in den anderen vier Untersuchungsstädten bestätigt worden.1934 Die in der Geschichtswissenschaft anerkannte Mittlerrolle bezog sich primär auf die Verfassungsfrage und gewann mit den kirchenpolitischen Differenzen eine sekundäre Qualität hinzu. Sie betrafen ihn und seine mittlerweile zum Protestantismus übergetretene Gattin, Elisabeth von Bayern, persönlich und erhöhten die öffentlichen Erwartungen bei seinem Herrschaftsantritt um ein Vielfaches.1935 Tatsächlich begann König Friedrich Wilhelm IV. seine zwanzigjährige Regierungsperiode im Sommer 1840 mit einer Amnestie für einzelne als Demagogen verfolgte Publizisten wie Ernst Moritz Arndt und gestattete dem Kölner Erzbischof die freie Ortswahl seiner Haft, die dieser fortan in seiner Heimat Münster verbrachte. Daneben führte die beharrliche Verweigerungshaltung des Trierer Domkapitels in Verbindung mit der eigenmächtigen Praxis des gewählten Erzbischofs Wilhelm Arnoldi und den Eingaben aus der Bevölkerung zu einer Wiederholung der Trierer Bischofswahl, aus der Arnoldi schließlich als staatlich anerkannter Sieger hervorging. Die grundsätzliche Akzeptanz der religionspolitischen Partizipationsansprüche von unten, die König Friedrich Wilhelm IV. mit diesen Zugeständnissen signalisierte, beförderte die Religion in den politischen Raum, aus dem sie vorerst nicht mehr wegzudenken war – dies sollte sich spätestens 1844 im Rahmen der Trierer Rockwallfahrt herausstellen.1936 Die im nächsten Kapitel zu spezifizierende Lockerung der Repressionspolitik seines Vaters hinterließ einen im allgemeinen guten Eindruck 1937 in der Provinz, der jenen der nachfolgenden Huldigungszeremonie nach Meinung des katholischen Regierungspräsidenten von Spiegel umso unangenehmer 1938 machte.1939 1932 Vgl. Gerlach am 30.6.1840 unter ebd., S. 182 f. Auch wird bei ebd., S. 195 von der Weigerung, die Glocken zu läuten, aus Pfaffendorf im Kreis Bergeheim berichtet. Zur politischen Bedeutung der Trauerzeremonien und ihrer Wirkung siehe Büschel, Untertanenliebe, S. 124–138. 1933 Herres, Vereine, S. 134. 1934 Ebd., S. 182–197, vgl. Kapitel III. 5.3 und Keinemann, Ereignis Teil I., S. 277–281. 1935 Siehe exemplarisch die Beilage der AAZ Nr. 205 vom 25.7.1840, in der er als geliebteste Persönlichkeit und unmittelbaren Vermittler bezeichnet wird, vgl. ähnlich Nr. 216 vom 3.8.1840. 1936 Klupsch, Wyttenbach, S. 177, vgl. grundlegend Aretz u. a. (Hgg.), Rock und darin zusammenfassend Schneider, Wallfahrt. 1937 Regierungspräsident Freiherr von Spiegel am 12.8.1840 zit. n. Hansen, Briefe, S. 195 f. 1938 Spiegel an Rochow am 13.7.1840 zit. n. ebd., S. 185. 1939 Vgl. Keinemann, Ereignis Teil I., S. 295–300.
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Die Huldigung fand am 15. Oktober 1840 in Berlin statt und kann rückblickend als „komplexes Kommunikationsereignis“ bewertet werden, das an unterschiedlichen Orten durch „unterschiedliche Inszenierungshoheiten geprägt war“ und die „politischen Konfliktlinien des Vormärz abbildete.“1940 Die Zeremonie wurde von der Presse begleitet und ist im Nachlass des Grafen von Loë dokumentiert. Als Teilnehmer bewahrte der Vertreter der autonomen Adelsgruppe zahlreiche Instruktionen, Anwesenheitslisten, Berichte und Druckschriften auf.1941 Nach dem aufsehenerregenden Einzug des neuen Königs in seiner ostpreußischen Residenzstadt Königsberg und der Vereidigung der umliegenden Provinzen stellte sie die zweite staatlich inszenierte Großveranstaltung dar. Die Verwaltungshauptstadt und die sechs westlichen Provinzen nahmen somit eine von vorneherein nachgeordnete Stellung gegenüber den Kernlanden ein. Während die überregionale Presse die Huldigung in Königsberg als friedliches Volksfest 1942 beschrieb, wurde das Berliner Zeremoniell bereits im Vorfeld kritisiert.1943 Dem rituellen Legitimationsakt lag nicht nur das ständische Gesellschaftsmodell, sondern auch eine konfessionelle Unterscheidung zu Grunde, die die Teilnehmer räumlich und symbolisch voneinander trennte und insbesondere den katholischen Städtevertretern der Rheinprovinz eine aus ihrer Sichtweise doppelte Zurücksetzung einbrachte.1944 Zu den Vertretern der Bezirksstädte gehörten die Oberbürgermeister und jeweils ein weiterer Deputierter, der dem Stadtrat angehörte oder angehört hatte, von diesem aber nicht nachweislich gewählt worden war.1945 Analog zur ersten Huldigung 1815 wurde die Eidesleistung der Wirtschaftsmetropolen Aachen und Köln trotz der Entfernung Berlins durch die Anwesenheit weiterer Notabeln unterstrichen. Im Stand der Ritterschaft befanden sich die Stadträte Eberhard von Groote und Lederhändler Hölterhoff sowie Appellationsgerichtsrat von Gerolt aus Köln, Tuchfabrikant Startz und Regierungsrat Steffens aus Aachen sowie die Landräte von Köln und Koblenz. Auch Wilhelm Haw konnte als Gutsbesitzer an der Zeremonie teilnehmen, obwohl er seine Ämter kurz zuvor niedergelegt hatte und sein ehemaliger Beigeordneter Anton Kayser als offizieller Deputierter der Stadt auftrat. Karl Joseph von Mylius zählte als ehemaliger Oberbürgermeister von Köln und einziger Huldigungsteilnehmer von 1815 ebenfalls zu den Repräsentanten der Provinz, obwohl er in Berlin lebte. Diese Statuswechsel gingen aus der gedruckten Nach1940 Schwengelbeck, Politik, S. 215–217, vgl. zusammenfassend ders., Herrschaftsrepräsentationen, S. 131– 143. Nach Tschacher, Aachen, S. 277 hatte sich auch der Aachener Oberbürgermeister um die Ausrichtung der Zeremonie bemüht. 1941 ASW 802. Zur politischen Bedeutung der von Loës, die später der Zentrumspartei angehörten, vgl. Raasch, Eigensinn und ausführlich Schönfuß, Familienpolitik. 1942 Schwengelbeck, Herrschaftsrepräsentationen, S. 131–139. 1943 Vgl. exemplarisch die AAZ Nr. 289 vom 15.10.1840. 1944 Ebd. Nr. 299 vom 25.1.1840 und Schwengelbeck, Politik, S. 202 f. 1945 Diese Beobachtung leitete sich aus den Stadtratsprotokollen ab, in denen die Wahlen 1815 festgehalten wurden, vgl. Kapitel III. 1.2. Nach Spiertz, Groote, S. 233 hatte es eine Wahl der Rittergutsbesitzer am 15.9.1840 in Koblenz gegeben.
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weisung der zur Erbhuldigung Sr. Majestät des Königs hier anwesenden Deputierten und freiwillig erschienen Personen aus dem Großherzogtum Niederrhein hervor und waren prinzipiell für jedermann zugänglich.1946 In der Druckschrift wurden 59 anwesende Personen vorgestellt und faktisch vorhandene und diskursiv zur Selbst- und Fremdwahrnehmung gebrauchte Verwaltungsgrenzen der Rheinprovinz zugunsten traditioneller Herrschaftsräume aufgehoben. Die Folge war, dass August Graf von Spee als Nachfolger seines Vaters und einziger Vertreter der Stadt Düsseldorf fungierte, weil Oberbürgermeister von Fuchsius, Landrat Raitz von Frentz, Handelsgerichtspräsident Baum und Stadtrat von Sybel auf einer separaten Liste für die Herzogtümer Cleve, Jülich, Berg, Geldern und Moers aufgeführt wurden. Die regionale Differenzierung und ständische Einteilung entsprach weder dem politischen Raum- bzw. Selbstverständnis der Notabeln noch der Ordnung der Provinziallandtage. Wie im Düsseldorfer Ständehaus wurde sie außerhalb des staatlich vorgegebenen Rahmens dadurch relativiert, dass die Bekanntgabe der Wohnadressen private Absprachen und die Bildung ständespezifischer oder ständeübergreifender Koalitionen ermöglichte.1947 Miteinander eng vertraute Notabeln wie die Koblenzer Maehler und Dietz, die Trierer Haw und Grach, die Aachener Startz und Steffens, die Adelsvertreter von Loë und von Spee, oder von Groote und sein Schwager Philipp von Kempis wählten gemeinsame Standorte in Berlin.1948 Letztgenannte trafen in der Dorotheenstraße sowohl auf Vertreter des westfälischen Adels als auch des aufstrebenden Wirtschaftsbürgertums.1949 Die dort gemeldeten Aachener Deputierten Monheim und Pastor galten als Vertraute von David Hansemann – den man (daher?) vergebens auf den Listen suchte. Geschäftsbeziehungen konnten bei dem Düsseldorfer Handelskammerpräsidenten Gerhard Baum und anderen Kaufleuten im „Hotel de Russie“ oder zwischen dem Aachener Oberbürgermeister Emundts und dem Kölner Kaufmann Hölterhoff in der Kirchstraße geschlossen werden.1950 Merkens, Steinberger und Fuchsius fanden sich hingegen an keiner stark frequentierten Adresse ein. Dennoch wusste Otto Camphausen – der im Übrigen ebenfalls nicht auf den Listen stand und offenbar trotzdem anwesend war – an seine Schwägerin zu berichten, dass sein Stubennachbar, der Oberbürgermeister Steinberger, […] nebst dem Stadtrate von Groote aus Köln […] über die religiösen Differenzen eine Privat-Audienz gehabt [haben], welche eine volle Stunde gedauert hatte.1951 1946 ASW 802, wobei davon auszugehen ist, dass die Schrift zunächst nur den Teilnehmern ausgehändigt wurde. 1947 Ebd., vgl. Kapitel III. 1.4 und 3.2. 1948 Nach der Aufstellung unter ASW 802 wohnte Kayser an derselben Adresse wie der Kreuznacher Gutsbesitzer Emmel. 1949 Der Monschauer Fabrikant Scheibler wohnte beispielsweise in der Dorotheenstraße 10. 1950 In der Nachweisung aus der Provinz Westphalen unter ASW 802 lassen sich sechs Personen in der Kirchstraße 7 und vier in der Kirchstraße 8 ausfindig machen. 1951 Camphausen an Amalie Lenssen am 29. Oktober 1840 zit. n. Hansen, Briefe, S. 272. Vgl. Spiertz, Groote, S. 234 und Monheim, Monheim, S. 164–167, die die Aussage bestätigen.
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Zusätzliche ständeübergreifende Kommunikationsräume ergaben sich aus dem umfangreichen Begleitprogramm des eigentlichen Ritus. Unter den Eintrittskarten des Grafen von Loë befindet sich beispielsweise eine Einladung zum Festmahl der Stadtvertreter Berlins mitsamt der Speisekarte und den dazugehörigen Tafellieder[n]. 1952 Während das kollektive Singen in ständeübergreifenden, wenn auch geschlossenen Gesellschaften emotionale Nähe schuf, wurden die Handlungen der beteiligten Gruppen während des Huldigungszeremoniells getrennt in 40 Paragraphen des Festprogramms geordnet. Es sah vor, dass der König den Treuschwur der Standesherren, der Geistlichen und der Rittergutsbesitzer zunächst im Schloss entgegennahm, bevor er sich anschließend von seinem Huldigungsbalkon der Bürgerschaft Berlins und den Vertretern der Stadt- und Landgemeinden zuwandte. Auf diese Art und Weise wurde die in Kapitel III. 1.2 erwähnte Repräsentationsfunktion des Adels gesteigert, indem die Herabstufung gegenüber den von Tribünen aus zusehenden bürgerlichen und adeligen Rittergutsbesitzern räumlich umgesetzt und für alle Beteiligten öffentlich erfahrbar war. Die Zeremonie stand folglich im krassen Kontrast zur Huldigungsfeier von 1815 in Aachen, bei der die von manchen Stadträten durch Wahlen aktiv unterstützte Repräsentationsfunktion der Adelstitelträger zumindest örtlich auf Augenhöhe als kollektive Repräsentation der jeweiligen Stadt ausgeübt worden war. Auch handelte es sich bei dem Redner nicht mehr um einen königlichen Stellvertreter und bei den geladenen Zuhörern nicht mehr um eine kleine noch zu überzeugende Repräsentantengruppe neu hinzugewonnener Regionen.1953 Aus diesem Grund löste sich der in Kapitel III. 1.2 aufgezeigte wechselseitige Charakter des legitimitätsstiftenden Verpflichtungsakts in der Ansprache des neuen Königs vermittels einer „emotionale[n] Wiederbelebung einer fiktiven Vergangenheit“1954 nahezu vollständig auf. Seine Rede war die vielbesprochene und lang ersehnte Haupthandlung des Tages, urteilte der Korrespondent der Augsburger Allgemeinen Zeitung, deren Feierlichkeit aber durch einen plötzlichen, in Strömen herabgießenden Regen, welcher fast eine ganze Stunde andauerte, einigermaßen beeinträchtigt und geschwächt – und mit Hilfe dieser Wetter-Metaphorik in der Zeitung kritisiert wurde.1955 Anders als zu Beginn der preußischen Herrschaft und entgegen aller Hoffnungen, baute Friedrich Wilhelm IV. sein „monarchisches Projekt“1956 auf der Vergangenheit auf – ein Konstrukt, das in der Forschung mit seiner Vorliebe für die Romantik erklärt und im nachfolgenden Kapitel aufgegriffen wird. Zukunftsvisionen und generelle Partizipationsansprüche, die sein Vater im Jahr 1815 noch öffentlich bekräftigt hatte, wurden ebenso wenig erwähnt wie das Verfassungsversprechen, das er als Kron1952 ASW 802, außerdem Gesänge bei der Tafel Seiner Majestät des Königs am Feste der Ritterschaft der Provinz Brandenburg. 1953 Vgl. Kapitel III. 1.2 und zusammenfassend Schwengelbeck, Politik, S. 209–214. 1954 Ebd., S. 213. 1955 AAZ Nr. 297 vom 23.10.1840. Unter HAStK 410 A10 Eintrag vom 2.10.1840 bewilligte der Stadtrat 4.500 Taler für die Feierlichkeiten. 1956 Nach Schwengelbeck, Politik, S. 218 ging es bei diesem Projekt um „den Keim der monarchischen Restauration, welche die Hierarchie des Berliner Huldigungszeremoniells unter neuen Bedingungen festschreiben sollte.“
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prinz zwischenzeitlich selbst einlösen wollte. Auch konnte von einer in Kapitel III. 5.3 diskutierten und im 19. Jahrhundert zunehmend wichtiger werdenden „Übernahme nationalintegrative[r] Funktionen“1957 während der Zeremonie nicht die Rede sein. Stattdessen definierte er seine Hauptaufgabe beim Herrschaftsantritt in der Furcht Gottes und in der Liebe der Menschen und verlangte von diesen, dass sie ihm mit Herz und Geist, mit Wort und That und ganzem Streben, in der heiligen Treue der Teutschen, in der heiligen Liebe der Christen […] helfen und beistehen würden.1958 Als Antwort genügte an dieser Stelle ein einfaches „Ja“ aus dem Publikum, das den preußischen Untertanengeist und die ständischen Unterschiede prägnant auf den Punkt brachte. Es folgte die mündliche Eidesleistung, die laut dem bereits zitierten Zeitungskorrespondenten den Himmel wie mit einem Zauberschlag erhellte und das feierliche Ende der Zeremonie bildete.1959 Der Treueschwur hatte in der Kabinettsorder von 1833 seine frühere Gestaltungsfreiheit eingebüßt und an rechtlicher Verbindlichkeit hinzugewonnen. Er musste nach der Zeremonie schriftlich wiederholt und von dem jeweils zuständigen Oberpräsidenten beglaubigt werden. Diese Urkunde wurde dem Stadtrat von Trier am 5. November 1840 von Franz Anton Kayser exemplarisch vorgelegt und weisungsgemäß zu den Acten gebracht. 1960 Dass für die Einsicht in das Duplicat des abgelieferten Huldigungseides nach dem Abgang Haws erstmals eine Kreisversammlung anberaumt wurde, unterstrich den rechtsbindenden Charakter des Ereignisses. Als Stellvertreter des Oberbürgermeisters hielt Kayser den anwesenden Vertretern der Landgemeinden einen Vortrag über das Geschichtliche dieses Actes; schilderte den mächtigen Eindruck, den die königlichen Worte auf die Huldigungs-Deputierten gemacht und wie die ebenso huldreiche Herablaßung als kräftige Haltung Seiner Majestät des Königs alle bis zur Begeisterung hingerissen hätten. Mit der Vertheilung der gedruckten Beschreibung der abgehaltenen Feierlichkeiten lag ein schriftlicher Beweis gegen die eingangs erwähnten Anschuldigungen und eine offizielle Auskunft über die Geschehnisse für die Öffentlichkeit vor.1961 Unterdessen wurde in der alten Krönungsstadt Aachen ein Fackelzug für die Berliner Deputierten vorbereitet, welche ihre Bemühungen in Berlin verdient hatten. 1962 Der 1957 Wienfort, Monarchie, S. 25, vgl. Kapitel III. 5.3. 1958 Der genaue Wortlaut ist in der APS Nr. 288 vom 17.10.1840 abgedruckt und bei Schwengelbeck, Politik, S. 212 wiedergegeben. Nach dems. Herrschaftsrepräsentationen, S. 132 hatte er in Königsberg allerdings gelobt, „ein gerechter Richter, ein treuer, sorgfältiger, barmherziger Fürst, ein christlicher König“ zu sein, was er in seiner Berliner Rede bestätigte. 1959 AAZ Nr. 297 vom 23.10.1840. Weitere kritische Anspielungen unter ebd. betrafen die Illumination der Stadt: Schade, daß der Wind die Beleuchtung mehrerer Kirchen völlig vereitelte. Das Kreuz der katholischen Kirche konnte gar nicht angezündet werden. Vgl. die offizielle Darstellung in der APS Nr. 288 vom 17. Oktober 1840 und Kapitel III. 5.3. 1960 ASW 802, vgl. StATr Tb 100/11, Eintrag vom 5.11.1840 und Kapitel III. 1.2 sowie die KO vom 5.11.1833, in: GS 1833, S. 291 f. 1961 StATr Tb 100/11, Eintrag vom 5.11.1840. Unter HAStK 410 A10 wird am 10.11.1840 im Kölner Stadtrat ein Bericht von Steinberger und von Groote über die Huldigungsfeier erwähnt, aber nicht wiedergegeben. 1962 AAZ Nr. 315 vom 10.11.1840.
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Pressekommentar spielte auf die öffentlich gewordenen Bestrebungen an, den König im Rahmen der Huldigungszeremonie persönlich zu sprechen. Demzufolge hatte sich ein Aachener Deputierter alsbald nach seiner Ankunft zu dem König begeben, um im Namen der Rheinländer die Freilassung des Erzbischofs zu erbitten. Dabei wies er auf die zahlreichen Petitionen hin, welche sich in diesem Sinne aussprachen und auf die allgemeine Volksstimmung. Die Augsburger Allgemeine Zeitung gab die ungefähren, aber durchaus befriedigenden Worte Sr. Majestät wieder, weckte die freudigsten Erwartungen und setzte den König so indirekt unter den Druck der öffentlichen Meinung.1963 Wie man an andere Stelle hörte, soll es sich dabei zwar um zwei wackere Männer aus der Rheinprovinz, de[n] Stadtrath Dietz aus Coblenz und de[n] Doctor Monheim aus Aachen, nicht aber um einen Oberbürgermeister gehandelt haben.1964 Dennoch musste sich Emundts bei seiner verspäteten Rückkehr für die Länge des Aufenthalts rechtfertigen, zumal die eingangs erwähnten Insiderinformationen über Steinberger und von Groote nicht derart prominent publik gemacht wurden wie das Engagement der anderen Stadtvertreter. Da die übergeordnete Behörde aber über den Inhalt der Gespräche – analog zu den vorangegangenen Deputationen – keine verbindlichen, schriftlichen Informationen erhielt, wurden Emundts die geforderten Reisekosten in Höhe von 324 Talern nicht erstattet.1965 Daraus lässt sich schlussfolgern, dass mündliche Kommunikationsformen nach wie vor einen hohen Stellenwert besaßen und Friedrich Wilhelm IV. die obligatorische Huldigungsreise bewusst verschoben hatte,1966 um solche Aushandlungssituationen unter Anwesenden zu vermeiden und eine Deputationsbewegung, wie sie 1815 aufgetreten war, zu verhindern. Hinzu kam, dass ihn der traditionelle Huldigungslandtag in Königsberg bereits an das Verfassungsversprechen erinnert hatte.1967 In dem Wissen, dass sein Vater und er selbst die Partizipationsbestrebungen der Rheinländer mit Besuchen in der Provinz geweckt und die lokalen Erwartungshaltungen verstärkt hatten, kam sein Verhalten auf den ersten Blick einer Verweigerungshaltung gleich. Bei näherer Betrachtung wurde Emundts unmittelbar nach der Huldigung zum Geheimen Regierungsrat ernannt. Sein Koblenzer Kollege Maehler erhielt gemeinsam mit von Groote, Hansemann und Camp 1963 Vgl. die AAZ Nr. 297 vom 23.10.1840. Nach Herres, Vereine, S. 134 war es in Aachen, Koblenz und Trier tatsächlich zu „ad-hoc Gruppierungen“ für den Erzbischof gekommen. Keinemann, Ereignis Teil I., S. 292 weist auf die allgemeine Instrumentalisierung von Gerüchten während des Kölner Ereignisses hin. 1964 AAZ Nr. 297 vom 23.10.1840. 1965 Vgl. hierzu der Schriftwechsel vom 14.11.1840, 5.2.1841, 18.10.1842 und vom 18.2.1842 unter StAAc OB 41–1, wonach die Reise und der Aufenthalt in Berlin Emundts bedeutende Kosten verursacht [habe], wofür [er] als Familien-Vater den Ersatz wenigstens in so weit selbiger zugestanden wird, in Anspruch zu nehmen [sich] verpflichtet fühle und er den Aufenthalt habe einzig und allein deshalb verlängern müssen weil [er] im Interesse der hiesigen Stadt Aachen die Gelegenheit nicht nur benutzt lassen durfte in verschiedenen Angelegenheiten der Commune vorzusprechen. Nach Monheim, Monheim, S. 164–167 war die erwähnte Unterredung von Monheim und Steinberger mit dem König getrennt erfolgt. Spiertz, Groote, S. 234 nennt ebenfalls keine weiteren Anwesenden während der Audienz. 1966 AAZ Nr. 216 vom 3.8.1840. 1967 Obenaus, Parlamentarismus, S. 527–536.
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hausen den Roten Adlerorden – die Regierungspräsidenten Gerlach und Cuny den Adelstitel.1968 Hieraus lässt sich ableiten, dass solche Standeserhöhungen und die Verleihung von Ehrentiteln vor allem dazu dienten, die Ausgezeichneten an den jeweiligen Herrscher persönlich zu binden. Die personelle, in der Presse bekannt gegebene Auswahl der Geehrten deutet daher darauf hin, dass Friedrich Wilhelm dieses Herrschaftsmittel zur Belobigung, zur Motivation und zur Streitschlichtung einsetzte, zumal Hansemann eine weitere Denkschrift über Preußens Lage und Politik auf den Markt gebracht hatte.1969 Matthias Schwengelbeck hat aufgezeigt, dass diese Spielarten symbolpolitischer Kommunikation vonseiten des Monarchen nicht unbeantwortet blieben und „die Frage der angemessenen Repräsentation im Zeremoniell […] für die Deputierten zugleich eine Frage der angemessenen Teilhabe an Staat und Gesellschaft“1970 war – die insbesondere die Stadtvertreter nicht erfüllt sahen. Ihre Partizipationsansprüche wurden dem König nach der Huldigung auf subtile Art und Weise vermittelt. Ein realistisches Auftragsgemälde des Berliner Stadtrats zeigte eine gesellschaftspolitische Einheit während des Huldigungsaktes, die gerade nicht der Realität entsprach und ihm als Andenken geschenkt wurde.1971 Außerdem artikulierte sich in den Feierlichkeiten, die während der Huldigung in den Städten der Provinz abgehalten wurden, „eine eigentümliche Melange aus bürgerlicher Selbstordnung, dynastischer Verbundenheit zu Friedrich Wilhelm IV., nationalem Bekenntnis und regionaler Identität.“1972 In Köln, wo sich laut Pressebeobachtern, eine ächt deutsche Stimmung aussprach, wurde das vom König evozierte nationale Deutungsangebot der preußischen Herrschaft besonders deutlich aufgegriffen und zur Legitimation des Herrschers selbst herangezogen.1973 Die Redaktion der Augsburger Allgemeinen Zeitung konstruierte eine Parallele zur Beschreibung des Festmahls der Stadt Berlin in derselben Ausgabe und trug so zur Selbstbehauptung der Domstadt bei. Auch ließ sich hier, auf den Straßen und Plätzen, in den Wirtshäusern und Gesellschaften problemlos beobachten, wie der vorgegebene Kommunikationsrahmen der monarchischen Festkultur von oben einmal mehr mit politischen Sinngehalten von unten gefüllt werden konnte, sodass „der Monarchenkult eine hervorragende Möglichkeit für Städte, Gemeinden und einzelne Bürger zur Selbstdarstellung“1974 1968 Ebd. Nr. 295, 296 und 298 vom 21.10., 22.10. und 24.10.1840. 1969 Hansemann, Preußen, auszugsweise abgedruckt bei Hansen, Briefe, S. 197–268. Vgl. Kapitel II. 4., Winkle, Volksorden, S. 170–188, Kreutzmann, Beamten, S. 84–90 und Haas, Kultur, S. 326–336. 1970 Schwengelbeck, Politik, S. 203, woraus sich ableiten lässt, dass die „herkömmliche ständische Hierarchie“ auch außerhalb der Rheinprovinz „nicht mehr als selbstverständlich anerkannt“ wurde. 1971 Vgl. Schwengelbeck, Politik, S. 200–202, wobei das Gemälde von Franz Krüger abgebildet ist und ihnen als „bildliche Repräsentation der Repräsentation“ die Möglichkeit gab, „sich der Privilegierung der Ritterschaft entgegenzustellen und zumindest auf der Bildebene den Rang einzunehmen, den man für sich beanspruchte.“ Zur Bedeutung der Geschenke siehe auch Kapitel III. 2.3. 1972 Schwengelbeck, Politik, S. 214 f., vgl. auch die Schilderungen der Regierungen bei Keinemann, Ereignis Teil I., S. 297 f. 1973 AAZ Nr. 299 vom 25.10.1840. Weiter heißt es: Jeder confessionelle Streit schwieg. Es hatte sich alles zu einem Gefühle vereinigt […] Die Liebe zum Vaterland verschmolz an diesem Tage mit der zum Fürsten. Unter anderem sollen bei beiden Festen teutsche Lieder gesungen worden sein. 1974 Büschel, Untertanenliebe, S. 295.
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darstellte. Darüber hinaus zeichnete sich ab, was in den darauffolgenden Jahren ein populäres Integrationsangebot und die mitunter erfolgreichste Partizipationsstrategie werden sollte: Die Indienstnahme nationaler Argumente zur regionalen Selbstbehauptung.1975
5. Politische Partizipationskonflikte und enttäuschte Hoffnungen 1841–1847 Auch geht die Mißstimmung und Unzufriedenheit, welche sich in der Provinz sichtbar kundgibt, nicht aus der untern Volksklasse sondern von den sogenannten gebildeten Ständen aus, welche sich in den Erwartungen, die sie bei dem Regierungsantritt des jetzt regierenden Königs Majestät hegten, getäuscht finden und ihre Ideen von Freiheit der Presse und Volksvertretung um jeden Preis verwirklicht zu sehen wünschen. Es gehören zu dieser Klasse hauptsächlich die Advokaten, Ärzte und Kaufleute, welche auf dem von ihnen angestrebten Wege zu einer größeren Bedeutung zu gelangen hoffen, denn daß sie – wie sie vorgeben – nur das Wohl des Landes im Auge haben, glaubt ihnen niemand. 1976 (Eduard von Schaper, Oberpräsident der Rheinprovinz, an Adolf Heinrich von Arnim-Boitzenburg, Minister des Innern und ehemaliger Regierungspräsident von Aachen, 1844)
Am Ende des Jahres 1840 zog die Presse Bilanz über 25 Jahre preußische Herrschaft, die im Linksrheinischen seit der Neuordnung Europas 1815 vergangen waren. In einem umfangreichen, über mehrere Ausgaben erscheinenden Artikel der Augsburger Allgemeinen Zeitung wurde ein Bild Rheinpreußen[s] bei der Thronbesteigung Friedrich Wilhelms IV. entworfen,1977 das weniger der Realität entsprach, als vielmehr den unterschiedlichen Vorstellungen von dieser. Der Bericht ist ein Paradebeispiel für die „medialen und kommunikationsgeschichtlichen Dimensionen der Stadtgeschichte“1978 und spiegelt kollektive Identitätsbildungsprozesse und die Relevanz von Selbst- und Fremdzuschreibungen innerhalb der deutschsprachigen Gebiete wider. Er erreichte zu diesem Zeitpunkt schätzungsweise 90.000 Leserinnen und Leser.1979 Dabei wurde die Rheinprovinz mentalitätsgeschichtlich in die Regionen Ober- und Niederrhein eingeteilt und die Besonderheiten der Städte einzeln vorgestellt, historisch hergeleitet und in einen politischen Raum eingebettet, der sich durch seine innere Heterogenität auszeichnete. Lediglich die katholische Konfession wurde als eine Gemeinsamkeit der Städte ausgemacht – ihr angewachsener gesellschaftspolitischer Stellenwert somit bestätigt. Unerwähnt blieb, dass die Beilegung der Streitigkeiten um die Stellung des 1975 Vgl. Herres, Köln, S. 168–172 und Kapitel III. 5.3. 1976 Schaper an Arnim am 2.2.1844 zit. n. Hansen, Briefe, S. 621–624, hier S. 622. 1977 AAZ Nr. 204 vom 22.7.1840. Nach ebd. erhob der Berichterstatter den Anspruch eine unbefangene Schilderung seiner engen Umgebung abzugeben und nannte die wichtige Lage dieser Provinz und den gerechten Anspruch jeder deutschen Landschaft als ebenbürtig aufzutreten als Motivation. 1978 Zimmermann, Stadtgeschichtsforschung, S. 21–24. 1979 Nach Requate, Journalismus, S. 128 f., betrug die Auflage der AAZ zu diesem Zeitpunkt ca. 9.000 Exemplare, wobei nach Wilke, Presse, S. 289 im Durchschnitt ca. 10 Leser auf ein Zeitungsexemplar kamen.
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Kölner Erzbischofs und die Trierer Bischofswahl unmittelbar nach der Thronbesteigung begann und nicht nur dem Klerus, einzelnen streng-kirchlichen Gruppierungen und einer sich konstituierenden katholischen Öffentlichkeit entgegenkam, sondern auch dem in der Huldigungszeremonie offenkundigen christlichen Selbstverständnis des Königs entsprach.1980 Die Frage, ob das monarchische Prinzip und die Rückbesinnung auf traditionelle religiöse Denkmodelle mit nationalen und regionalen Ordnungsvorstellungen, fortschrittlichen wirtschafts- und rechtspolitischen Zielen und einer sich verdichtenden, durchaus differenziert in Erscheinung tretenden öffentlichen Meinung vereinbart werden konnte, gehört zu den indirekten Überlegungen des Zeitungsartikels und zu den gängigen Forschungsschwerpunkten zum 19. Jahrhundert.1981 So g[a]lt Koblenz, die stolze Veste, der Sitz des Oberpräsidenten und der höchsten Militärchargen, zugleich auch als Sitz der entschieden katholischen Gesinnung. In der Weltstadt Köln sollen die tüchtigen Mittelclassen die alte Art bewahrt und den Gemeinsinn und die Liebe der Kunst, den gemüthlichen Gesang der Rede in uralter Mundart und den harmlosen Witz des Volkes bewahrt haben. Den Nachbarn der rheinischen Braut, Düsseldorf mit Elberfeld im Rücken, empfand der anonyme Berichterstatter als zugänglicher, moderner, gemischter, wohingegen ihm Trier als das noch unverdauteste Element Preußens erschien. Bei der täglichen Berührung mit Belgien und bei der Größe der Kaiserstadt wurde über Aachen kein klares Urteil gefällt. Sicher schien, dass die preußische Herrschaft […] anfangs in allen neuen Rheinlanden – wer wird es läugnen? – nicht populär gewesen sei.1982 Besonders die preußische Verwaltungsschule habe man überall zunächst als etwas fremdartiges wahrgenommen, bevor man ihre Vorzüge schätzen lernte und ihre Vertreter als eine Classe von erleuchteten, strengen und einfachen Charakteren kennengelernt hat. In der Theorie beruhe die preußische Herrschaft eigentlich auf der Voraussetzung eines in allen Sphären selbstthätigen freiwilligen Zusammenwirkens, auf einer freien und volksthümlichen, aber im provinciellen und localen Volksboden ankernden Staatidee. In der Praxis wurde mehr Sinn für deutsche Ordnung, als für aufgeklärte Willkür erwartet und die scheinbar willkürliche Amtsführung der Bürokratie kritisiert. Diese hier angesprochenen Eindrücke waren nicht aus der Luft gegriffen und wurden bereits an anderer Stelle dargestellt. Dabei hat sich herausgestellt, dass die Handlungsspielräume der Regierungsbeamten der Rationalisierung der Verwaltung keineswegs per se entgegenstanden und sich vereinzelt auch auf der unteren Verwaltungsebene nachweisen ließen.1983 1980 AAZ Nr. 204 vom 22.7.1840. Vgl. Keinemann, Ereignis Teil I., S. 273–291 und Wolff, Mischehenstreit, S. 528–530. 1981 Vgl. Raphael, Recht, S. 190–193; Berding, Regionalismus, S. 393 und Obenaus, Parlamentarismus, S. 518– 523, der diese Ambivalenz und die Kluft zwischen wirtschaftlicher und verfassungspolitischer Entwicklung ein „politische[s] Dilemma“ nennt. Der Autor des Berichts in der AAZ Nr. 204 vom 22.7.1840 wies ausdrücklich darauf hin, dass es in der Rheinprovinz nicht die eine öffentliche Meinung gab. 1982 Ebd., wonach sich insbesondere am Niederrhein angeblich ein gar friedsamer, gelassener, rein deutsch erhaltener Menschenschlag fand, vgl. Kapitel III. 1.1. 1983 Ebd. Weiter heißt es: Es war anfangs nothwendig, daß eine gewisse Anzahl gewandter Beamten aus den älteren Provinzen zur Organisation der Verwaltung in die neuerworbenen eingeführt wurde; […] Eine un-
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Die Aufgaben und Ziele der Stadträte waren in der noch immer gültigen Munizipalordnung zwar klar definiert, zielführende Wege aber nicht benannt. Eine preußische Dienstinstruktion lag nicht vor und die angekündigte Einführung der preußischen Städteordnung stieß auf großen, noch zu thematisierenden Widerstand. Bis zum Erlass der preußischen Gemeindeordnung im Jahr 1845 musste sich die Art und Weise, wie mit Verwaltungsaufgaben umzugehen war, an bewährten Methoden, tradierten Gewohnheiten und situationsbedingten Anforderungen orientieren. Mit Blick auf die gesammelten Wissensbestände, die Amtstätigkeit des Maires und den Einsatz von Schriftlichkeit hatten die Verwaltungsgrundlagen in Trier Vorbildcharakter. Sie bildeten die Basis effektiver Verwaltungsroutinen und unverbrüchlicher Vertrauensverhältnisse, die in Konfliktsituationen aufrechterhalten und gegen Eingriffe von außen verteidigt wurden. Aus der verwaltungswissenschaftlichen Vogelperspektive stellte die dokumentierte Arbeitsweise unter Wilhelm Haw die Umsetzung eines im Stadtvergleich einzigartigen Ideals dar, das von seinem Nachfolger Damian Görtz in den 1840er Jahren weiterverfolgt wurde. Gemessen an den Aktivitäten und den bisherigen Ausführungen ist es nicht auszuschließen und durchaus wahrscheinlich, dass ähnlich effektive Arbeitsweisen in Köln und Koblenz praktiziert, aber nicht dokumentiert wurden. Dagegen entstanden in Aachen und Düsseldorf jene Geschäftsordnungen, die die weitreichenden Kontrollmechanismen der übergeordneten Verwaltungsebene aufzeigten und gleichsam aushebelten, indem sie ignoriert wurden. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die Rationalisierung der Verwaltungstätigkeit in den Bezirksstädten weniger durch regulierende Maßnahmen der Regierungsräte als vielmehr durch die Problemlöse- und Kooperationsfähigkeit der unteren Verwaltungsebene vorangebracht wurde. Insofern kann die These von Stephan Laux unterstützt werden, „dass die Institutionalisierung und Regelförmigkeit kommunaler Schriftführung nicht nur oder vielleicht nicht primär eine Folge administrativer Professionalisierung war – also Staatsbildung –, sondern eine Folge partizipativer Forderungen.“1984 Konkret fielen selbstständige Abstimmungsformen der Stadträte untereinander und alltägliche Kommunikationspraktiken mit der Regierung sowie langfristige Partizipationserfolge in der Wirtschaftspolitik und gewisse Gestaltungsfreiheiten in weniger streng regulierten Gesellschaftsbereichen ins Auge. Die informellen Partizipationschancen, die den Notabeln in der Karnevalszeit eingeräumt wurden, ließen sich auch in weitaus größerem Umfang auf die sich wandelnde Armenfürsorge übertragen. Beide Bereiche wurden von den übergeordneten Verwaltungsbeamten unterstützt und können durch personelle Überschneidungen und finanzielle Abhängigkeiten in einen unmittelbaren Zusammenhang gestellt werden. Jedoch funktionierte die Armenhilfe nur dort reibungslos, wo Geistliche, Ordensschwestern und Frauenvereine involviert waren und kirchliche Stiftungen und Klöster zur Verfügung standen. Mangelnde (staatliche) Alternativen, passende Empfindlichkeit ist es daher und eine Uebertreibung, wenn Manche die Sache so haben darstellen wollen, als hätte sich seit der Besitznahme gleichsam ein neuer herrschender Stamm über das Land gelagert. 1984 Laux, Kränzchen, S. 262.
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unzureichende Kommunaleinkünfte und eine fortwährend steigende Anzahl von Hilfsbedürftigen führten dazu, dass sich die katholischen Kirchenstrukturen im Alltag festigten und die Verwaltungsstrukturen fortan beeinflussten. Um diese lokalen Strukturzusammenhänge der Problembewältigung nicht zu gefährden, wurden sie nicht offen angesprochen. Besonders im Kölner Ereignis galt „Schweigen als ein Sprechen, das die Beamten beherrschen mussten, um systemkonform zu arbeiten.“1985 Erst außerhalb der Amtsstuben, in geheimen Gesellschaften, mündlichen Gesprächen und von der Bevölkerung ausgehenden Petitionen, stellte sich heraus, „dass sich der Vollzug der Verordnungen zur Amtsverschwiegenheit als unzulänglich gestaltete, solange politische und soziale Konflikte die Bindung des einzelnen Beamten an das politich-administrative System unterminierten.“1986 Innerhalb dieses Systems existierten zahlreiche formelle und informelle Kommunikationskanäle, die die administrative Praxis prägten. Der translokale Informationsaustausch der Ratsherren beruhte auf persönlichen Kontakten, wurde im Verfassungsdiskurs öffentlich, im Provinziallandtag gefestigt und im Verwaltungsalltag ausgeweitet. Gleichzeitig trug die Kommunikation mit der Regierung weniger zur Etablierung behördenübergreifender politischer Netzwerke, als vielmehr zur Ausbildung neuer „Steuerungsroutinen“1987 bei, die in Verfahrensregeln transformiert wurden. Vor allem die angeforderten Gutachten sicherten den Amtsträgern der unteren, ausführenden Verwaltungsebene eine eingeschränkte Beteiligung an der Gesetzgebung und verliehen dieser eine gewisse Legitimation, die archiviert und bei Bedarf hervorgeholt werden konnte.1988 Die zunehmende „Bedeutung des Verfahrens als regulierendes wie legitimierendes Prinzip“1989 hatte zum einen positive Effekte auf vertikale Kommunikationsstrukturen innerhalb des Verwaltungsapparats und trug zur Kooperationsbereitschaft der unteren Verwaltungsbeamten bei. Zum anderen sprechen zahlreiche überlieferte Mahnungen dafür, dass die Berichte das Arbeitspensum der Beamten ausreizten und als lästig empfunden wurden. Im Vergleich zu standardisierten Formularen und Tabellen konnten sie aus der Sicht der Betroffenen als eine Art Schreibübung aufgefasst werden, die den „bürokratischen Blick“1990 normieren und schärfen sollte, ihn aber auch blind für ungefragte Themen und selbstständige Handlungsinitiativen machte. Berichte und Gutachten sind folglich als Quellenbeleg für die fortschreitende Anpassung an die politischen Strukturprinzipien Preußens und die Entwicklung der Verwaltungssprache im Allgemeinen sowie für die aufkommende Bürokratiekritik im Speziellen zu betrachten.1991 1985 Haas, Kultur, S. 246, vgl. Kapitel III. 2.3 und 3.1. 1986 Ebd. 1987 Ebd., S. 216–231. 1988 Vgl. ebd., S. 207–216 und Kapitel II. 3. 1989 Haas, Kultur, S. 208. 1990 Becker, Geschichte, S. 229. 1991 Vgl. Haas, Kultur, S. 223–231; Koltes, Rheinland, S. 162; Wunder, Bürokratie, S. 7–9; Ellwein/Hesse, Staat, S. 17 f.; ausführlich Krosigk, Bürokratiekritik und Süle, Bürokratietradition. Nach Collin, Organisation, S. 337 konnten und sollten sie „auch ordnungs- und einheitsstiftend wirken.“ Zur „Sprache als Medium politischer Kommunikation“ vgl. den gleichnamigen Aufsatz von Jäger, Sprache.
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Letzteres bezog sich auf den langwierigen Behördengang, das Auftreten einzelner Staatsdiener und ihre insbesondere von Juristen und Wirtschaftsbürgern angezweifelte Expertise. Hinzu kam der Gebrauch von semantischen Formeln, die durch umständliche Formulierungen und Passivkonstruktionen eine gewisse Distanz zur behandelten Thematik aufbauten und den Blick auf das Wesentliche verstellten. Dadurch stieß die „sachliche Sprache der Verwaltung […] dort an ihre Grenzen, wo sie eine übergeordnete Motivation zu formulieren versuchte.“1992 Hieraus erklärt sich, warum die direkte Kommunikation mit der preußischen Zentrale durch Deputationen und Petitionen im Laufe der Jahre nicht abbrach, mehr und mehr auf den Provinziallandtag übertragen wurde und in Konfliktsituationen zunahm. Als Sammelbecken zahlreicher Petitionen aus der gesamten Provinz erreichte seine Schnittstellenfunktion für translokale Interessen in den 1840er Jahren einen Höhepunkt, der in Kapitel III. 5.2 erläutert wird. Dass die Bündelung, Ergänzung und Besprechung von Bittschriften im Ständehaus zu ihrer Erfüllung beitragen konnten, wurde im Fall des Justizsystems bereits ausgeführt und im Jahr 1843 durch den Vorschlag eines Strafgesetzbuchs erneut infrage gestellt.1993 Während rheinische Juristen mit dem (zum Teil notwendigen) Einsatz rechtswissenschaftlicher Kenntnisse zur Verkomplizierung der Verwaltungssprache beitrugen, zeigten sich einflussreiche Kaufleute und Gewerbetreibende „von der guten Schreibart“1994 und dem dahinterstehenden Behördenapparat enttäuscht, obwohl sie in diesen integriert wurden und die Verwaltungssprache in Gutachten und Denkschriften selbst reproduzierten.1995 Ihre individuellen Ausgangslagen im politischen Raum waren weitaus einflussreicher als die kollektiven Positionen der Stadträte, die sie in der Regel ebenfalls vertraten und persönlich unterstützten. Allen voran stellten Handelskammern unter Preußen „lediglich Konsultationsgremien, aber keine Interessensvertretungen dar.“1996 Dieser Statusverlust gegenüber der französischen Herrschaftsphase musste Mitte der 1830er Jahre für den Fortbestand der vormaligen Staatsorgane in Köln und Aachen hingenommen werden und bildete die Voraussetzung für die Neugründungen in Düsseldorf und Koblenz. Die verspätete Anpassung des französischen Kammermodells zielte auf eine Einschränkung der politischen Partizipationsmöglichkeiten ab und bewirkte das Gegenteil. Sie barg neue Partizipationschancen und flexible Positionierungsmöglichkeiten, weil die Entbindung von klar definierten Aufträgen innerhalb der Verwaltung den Handelskammern die Übernahme eigener Projekte außerhalb der Verwaltung erleichterte.1997 1992 Haas, Kultur, S. 241 f., der darauf hinweist, dass bei Petitionen sowohl die Kommunikationsregeln der Verwaltung als auch des „gesellschaftlichen Systems“ eingehalten werden mussten. 1993 Vgl. Kapitel III. 5.2. 1994 Margreiter, Schreibart. 1995 Vgl. Haas, Kultur, S. 234–238, wonach es ein grundlegendes Problem war, die Vorgaben der Verständlichkeit und Eindeutigkeit gleichzeitig zu erfüllen, da Letzteres besonders im Rechtswesen den Einsatz von Fachsprache erforderte. 1996 Gehlen, Handelskammern, S. 257. 1997 Vgl. Kapitel III. 4.2.
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In der Verkehrs- und Zollpolitik konnten sich die Notabeln neue Kommunikationsund Handlungsräume erschließen, die über den Wirtschaftsbereich hinausgingen und „von Anfang an allgemeine volkswirtschaftliche und zentral staatliche Belange“1998 betrafen. Als „Laboratorien, in denen das Wirtschaftsbürgertum Strategien und Instrumente der politischen Interessendurchsetzung erlernte,“1999 sind die dahinterstehenden Handelskammern als ein wichtiges Ersatzforum politischer Kommunikation zu bewerten, von dem wirtschaftlich schwächere Kaufleute, Fabrikanten und Stadträte nicht kategorisch ausgeschlossen wurden und weite Teile der Bevölkerung profitierten. Einflussreiche Handelskammermitglieder griffen insbesondere die seit 1815 virulenten Verfassungsforderungen und Steuerdiskussionen in Denkschriften und Parlamentsdebatten auf, um sie um wirtschaftspolitische Argumente zu bereichern. Indem im Wirtschaftsdiskurs die Finanzpolitik kritisiert und die Verfassungsfrage gestellt wurde, blieben die bisherigen Streitpunkte als (unerwünschte) Nachbardiskurse bestehen. Die fast selbstverständliche Verknüpfung von wirtschafts- und verfassungspolitischen Fragen führte die preußische Zensurpolitik in eine neue Zwickmühle, die oftmals zugunsten der Wirtschaftsentwicklung entschieden wurde. Auf den pragmatischen Umgang der Notabeln mit gegebenen Rahmenbedingungen und notwendigen Wechselbeziehungen zu angrenzenden Gebieten wie Holland, Belgien und Frankreich erfolgten keine restriktiven Reaktionen aus Berlin. Die Zurückhaltung hatte zur Folge, dass „sich die Aktiengesellschaft zur wichtigsten wirtschaftlichen Organisationsform, um Kapital, Spareinlagen und Einnahmen für Infrastruktur- und Industrieprojekte zu mobilisieren“2000 entwickelte und die dahinterstehenden Männer (nicht die investitionsbereiten Frauen) zu selbstständigen Wirtschaftsberatern avancierten, die diese Mobilisierungskräfte bündelten.2001 Mit „Good will and a spirit of cooperation on all sides“2002 konnte so eine neue Generation von Kaufleuten und Gewerbetreibenden translokale Kooperationen umsetzen und wirtschaftspolitische Veränderungen einleiten, die dem preußischen Staat schließlich zugute kamen. Allerdings stellte dieser zunächst nur einen von mehreren möglichen Kooperationspartnern dar. Es konnte gezeigt werden, dass sich das Nationalstaatsdenken, wie es in den Schriften von David Hansemann zum Ausdruck kam, auf einen grundlegenden Pragmatismus zurückführen lässt, den die Generation seiner Eltern an Rhein, Mosel und Maas bereits 1815 an den Tag gelegt hatte.2003 Besonders die von ihm verfolgten und in Aachen verbreiteten Raumvorstellungen beruhten auf einem translokalen Raumverständnis, das zu diesem Zeitpunkt ohne (Territorial-)Grenzen in der wallonischen Region auskam. Auch aufgrund dieser laufenden Raumbildungsprozesse stellte die Nation in der Wirt1998 1999 2000 2001 2002 2003
Brophy, Hansemann, S. 128. Gehlen, Handelskammern, S. 272. Herres, Köln, S. 161. Vgl. hierzu in erweiterter Perspektive Kreutzmann, Beamten. Diefendorf, Businessmen, S. 356. Vgl. Kapitel III. 4.2 und 1.1.
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schaftspolitik zunächst in erster Linie einen machtpolitischen Anreiz dar, mit dem der jeweilige Herrscher von einer Handlung überzeugt werden sollte.2004 Hieraus ergibt sich, dass in den dargelegten politischen Partizipationsstrategien der rheinischen Frühunternehmer bereits die Argumente angelegt waren, die zu ihrer übertriebenen Bewertung innerhalb des deutschen Staatsbildungsprozesses herangezogen wurden. Es ist daher ratsam, im nachfolgenden Kapitel von einer Bewertung des weitreichenden Forschungsfeldes zum Ursprung der deutschen Nationalstaatsbildung und seiner ideologischen Auswirkungen Abstand zu nehmen und die argumentative Verwendung der Nation innerhalb politischer Aushandlungsprozesse genauer zu untersuchen. Es geht also nicht um die Ergründung einer „Geistesverfassung“2005, eines „politischen Prinzips“2006, einer „Ideologie und soziale[n] Bewegung“2007 und es soll auch kein „kulturelles System“2008 oder gar eine „politische Religion“2009 aufgedeckt und dem „Regionalismus“2010 gegenübergestellt werden.2011 Obwohl einzelnen politischen Akteuren des vorliegenden Untersuchungsraums diese umstrittenen Facetten des Nationalismus rückblickend angelastet werden, bestand „die vom Nationalismus geleistete Wahrnehmung der Welt“ im frühen 19. Jahrhundert in „der ‚Erfindung‘ einer Relation, die Herrschaftsverhältnisse konstruiert“ oder dekonstruiert – d. h. neu positioniert – nicht mehr und nicht weniger.2012 Auch gehört zu seinen „zentralen Funktionsmechanismen, sich in das vielschichtige Orientierungsgefüge vor Ort ein2004 Boch, Wachstum, S. 188, wobei nach ebd., S. 131 zu beachten ist, „daß ältere Wirtschaftsbürger – vor allem mit freihändlerischem Hintergrund – der hochgradig emotional aufgeladenen Idee der Nation verständnislos gegenüberstanden.“ Padtberg, Unternehmer, S. 235–237 vertritt beispielsweise eine konträre Meinung. Zu den Grenzwirklichkeiten in Aachen und Umgebung vgl. Scharte, Erfahrung, S. 49–52 und Kapitel III. 5.3. 2005 Deutsch, Nationenbildung, S. 204, vgl. Osterhammel, Verwandlung, S. 583 f. 2006 Gellner, Moderne, S. 8, explizit meint er ein Prinzip „das besagt, politische und nationale Einheiten sollten deckungsgleich sein.“ 2007 Echternkamp, Aufstieg, S. 480. 2008 Anderson, Erfindung, S. 20 in Abgrenzung zu Ideologien wie dem Liberalismus und dem Faschismus, vgl. auch das Konzept der „gedachten Ordnung“ von Lepsius, Nation, Hobsbawm, Traditions und Weber, Wirtschaft, S. 16–19. In der vorliegenden Arbeit wird nach Planert, Nationalismus, S. 33 der Standpunkt vertreten, dass die genannten Definitionsansätze jeweils Teilbereiche des historisch wandelbaren und flexibel einsetzbaren Phänomens „Nationalismus“ abbilden. Kunze, Nationalismus, S. 56–193 und Paulmann, Vorherrschaft, S. 346–353 stellen die verschiedenen Forschungsperspektiven kritisch vor. 2009 Wehler, Nationalismus, S. 106, vgl. Kunze, Nationalismus, S. 213 f. 2010 Vgl. Weichlein, Nation und die Ausführungen Kapitel I. 1.4. 2011 Vgl. Berding (Hg.), Mythos; Planert, Nationalismus; Biermann, Beitrag. 2012 Echternkamp/Müller, Einleitung, S. 8. Mit Rücksicht auf die in der Einleitung skizzierten kulturwissenschaftlichen Strömungen in der Politikgeschichte wird unter ebd., S. 4 „die Entstehung des politischen Raums, mithin auch der ‚Nation‘ als Ergebnis eines sich immer wiederholenden Prozesses der Kommunikation und Bedeutungszuschreibung“ verstanden, der verschiedene, inhaltsoffene und historisch wandelbare „Nationalismen“ hervorbrachte. Bezugnehmend auf die von Planert, Nationalismus vorgeschlagene Vorstellung einer „nationalen Sattelzeit“ wird nicht der Anspruch erhoben, diesen komplexen Prozess in Kapitel III. 5.3 umfassend und vollständig beschreiben zu können.
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binden“2013, d. h. mit regionalen Selbst- und Fremdbildern vereinbaren zu lassen. Mit Blick auf den Ausgangspunkt der preußischen Herrschaft im Jahr 1815 und mit Rücksicht auf diese „Perspektiven einer politik- und kulturgeschichtlichen Nationalismusforschung“2014 wird dem derzeitigen Forschungsstand entsprechend die Dekonstruktion nationaler Mythen und zeitgenössischer Propaganda ins Auge gefasst. Die Nation soll in der Art, wie sie diskursiv eingesetzt wurde und faktisch nicht vorhanden war, anhand nationaler Argumente für regionale Partizipationsforderungen kritisch hinterfragt werden.2015 Nationalismus ist dann – ebenso wie das Gleichheitsideal, der Öffentlichkeitsbegriff und die Gemeinwohlorientierung – als eine politische Kommunikationsstrategie anzusehen, die sich in partizipative Praktiken übersetzen ließ und sich durch eine große Flexibilität auszeichnete, weil sie auf einer prinzipiell offenen Raumvorstellung, d. h. einem vagen Nationsbegriff beruhte.2016 Um sich diesem anzunähern, steht in Kapitel III. 5.3 ein Konfliktfeld im Vordergrund, das den Dualismus zwischen Nation und Region bzw. zwischen Preußen und der Rheinprovinz exemplarisch abbildete und punktuell auflöste. Mit der Betrachtung von Erinnerungsorten und Fördervereinen wird das „Mobilisierungspotential“2017 der Bevölkerung beachtet und an neuere Forschungsperspektiven auf das späte 19. Jahrhundert angeknüpft, ohne die am Ende der hier behandelten Zeitspanne stehenden Partizipationsformen teleologisch zu überhöhen. Diese bilden den Schluss des Hauptteils und den Auftakt zu neuen Partizipationschancen in der Revolution 1848/49.2018 5.1 „Alte“ Stadträte – „neue“ Gemeindeordnung? In Teil II. wurde ausgeführt, dass sich die Entwicklung der Verwaltung im 19. Jahrhundert anhand „rationaler Gesichtspunkte der Arbeitsteilung und funktionsbezogener Verantwortlichkeiten“2019 bewerten lässt. Teil III. hat bisher gezeigt, dass das Gros der Verwaltungsbeamten in der Rheinprovinz die von Lutz Raphael aufgestellten und von Stefan 2013 Echternkamp/Müller, Einleitung, S. 5. 2014 Ebd. 2015 Zur dekonstruktivistischen Perspektive vgl. Kunze, Nationalismus, S. 47 f. Nach ebd., S. 15 kann der frühe Nationalismus „mit Blick auf seine Struktur und Wirkungsweise nicht inhaltlich, sondern nur sozialkommunikativ und relational interpretiert werden.“ 2016 Echternkamp/Müller, Einleitung, S. 7–12, Brophy, Capitalism, S. 34 und Evans, Jahrhundert, S. 256 f., der den Nationalismus der 1830er und 1840er Jahre von seiner späteren Ausprägung und dem Willen zur Staatsbildung abgrenzt und konstatiert: „Tatsächlich war der Nationalismus vor der Jahrhundertmitte ebenso sehr Selbstzweck wie Mittel: ein Mittel, angesichts der von der Heiligen Allianz und dem Polizeiregime des Deutschen Bundes unter Fürst von Metternich durchgesetzten konservativen Ordnung, liberale Reformen der Politik und der Verfassungen voranzubringen.“ 2017 Schneider, Festkultur, S. 12 mit Bezug auf die politische Festkultur, vgl. Brandt, Denkmal mit Bezug auf die damit verbundene Erinnerungskultur. 2018 Vgl. das Plädoyer für eine fallweise Erforschung des „Spannungsfeldes von Politik und Kultur“ im Rahmen der Neuen Politikgeschichte bei Echternkamp/Müller, Einleitung, S. 14–19. Weitere Anschlussmöglichkeiten bieten zum Beispiel Weichlein, Nation und Caruso, Nationalstaat. 2019 Raphael, Recht, S. 38.
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Haas für Preußen näher beschriebenen Mindeststandards der Regelhaftigkeit und Schriftlichkeit nicht konsequent erfüllte. Im Fall der Schriftlichkeit war dies nicht gewünscht und zum Teil auch nicht gefordert. Diese Beobachtung ist vor allem deshalb wichtig, weil die Verwissenschaftlichung von Politik und die Akademisierung des Beamtentums als „Expertokratie“2020 längst begonnen hatte und gerade die Verwaltungstätigkeit auf der lokalen Ebene Preußens zu Beginn des 19. Jahrhunderts weniger stark reglementiert war, als gemeinhin angenommen wird. Oder anders formuliert: Die genannten Mindeststandards sind nicht als bekannt bzw. allgemein anerkannt vorauszusetzen.2021 In Aachen wurde zu Beginn des Jahres 1843 eine neue, die dritte Instruktion erlassen, um die Kommunalbeamten zur ordentlichen Verrichtung ihrer Amtspflichten zu bringen. Zuletzt hatten keine Sitzungen mehr stattgefunden und einige Stadträte im Rahmen der Karnevalsstreitigkeiten im Jahr 1838 wiederholt mit der Amtsniederlegung gedroht. Das neue, erstmals seit der französischen Herrschaftsphase einheitlich strukturierte und vollständig geführte Protokollbuch begann erst am 20. Januar 1843. Auf den ersten Seiten wurde der Arbeitsablauf mit einem Reglement für den Stadtrat detailliert festgeschrieben.2022 Die neue Geschäftsordnung wies große Ähnlichkeiten zu den in Trier seit Jahrzehnten praktizierten und stetig optimierten Verhaltensregeln auf und wurde fortan befolgt. Als Motivation können die für wichtig befundenen Verhandlungen über den Eisenbahnbau und das Spieloktroi benannt werden. Mit großer Wahrscheinlichkeit trug auch die in Kapitel III. 4.1 erwähnte Gehaltszulage des selbstbewussten Oberbürgermeisters Edmund Emundts dazu bei, dass es in der Fabrikstadt erstmals innerhalb des Untersuchungszeitraums zu einem völlig geregelten und ordnungsgemäßen Gang der Stadtratsverhandlungen kam.2023 Lediglich die Stellenbesetzung hatte man in der fortwährenden Erwartung einer neuen Gemeindeordnung vernachlässigt, sodass in Aachen nach wie vor kein turnusmäßiger Personalwechsel stattgefunden hatte. Am Ende der 1830er Jahre waren die Körper der Gemeinderäthe laut Regierung verknöchert und zudem nur zwei von sechs neu ernannten Stadträten nach der Jahrhundertwende geboren.2024 Der 30-jährige Enkel des französischen Maires und Sohn des ehemaligen Präfekturrats und Aachener Huldigungsteilnehmers von 1815 Johann Wilhelm Gottfried Freiherr von Lommessen und Theodor Freiherr von 2020 Eckert, Zeitgeist, S. 475, wobei allerdings auch in dem württembergischen Fallbeispiel wissenschaftlicher Anspruch und Realität weit auseinanderklaffen. Zur allgemeinen Einschätzung siehe Selgert, Experten. 2021 Vgl. Kapitel II. 3., Haas, Kultur, S. 216–231 und S. 421–437; Raphael, Recht, S. 37–40 und S. 147–150 sowie in erweiterter Perspektive Osterhammel, Verwandlung, S. 867–870. 2022 Mit der Festlegung der Redebeiträge, Abstimmungsformen (insbesondere der Erstellung von Pro- und Contra-Listen) und der Bildung von Ausschüssen findet sich dieses Reglement unter StAAc PRZ 1–12, Eintrag vom 20.1.1843 und kann an dieser Stelle nicht ausgeführt werden. 2023 LA NRW R, Reg. Aachen 787, Verwaltungsbericht vom 10.2.1836, vgl. Kapitel III. 4.1. 2024 Nach LA NRW R, Reg. Aachen 787, Verwaltungsbericht vom 19.2.1837 schien es der Regierung daher am zweckmäßigsten[,] die Notabeln jeder Bürgermeisterei in ihren Vorschlägen zu hören. Doch solche Vorschläge oder gar informelle Wahlen, wie sie Haw in Trier eigenständig eingeführt hatte, lassen sich in Aachen nicht nachweisen.
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Geyr zu Schweppenburg führten die Tradition ihrer Familien im Stadtrat fort (Tab. 5 Aachen). Der zwei Jahre ältere Geyr von Schweppenburg stammte aus Köln und war der Enkel eines Bruders des angesehenen Kölner Stadtrats und Huldigungsteilnehmers Cornelius von Geyr zu Schweppenburg. Er nahm die Aachener Patriziertochter Clementine Ottilie Hubertine von Strauch zur Frau und sollte in der zweiten Jahrhunderthälfte für Aachen ins preußische Herrenhaus ziehen. Sein Schwiegervater Karl Alois Rudolf von Strauch war Zeit seines Lebens als Tuchfabrikant, Jurist, Handelsrichter und Präfekturrat tätig, bevor er 1816 die Verwaltung des Aachener Landkreises übernahm und ein weiteres Exempel für die Flexibilität adeliger Amtsträger im frühen 19. Jahrhundert statuierte.2025 Mit Ausnahme dieser beiden angesehenen Herren ließ der generationelle Wechsel, der die Kölner Kommunalpolitik bereits bestimmte, in Aachen auf sich warten und neue informelle Kommunikationszirkel entstehen. Im Jahr 1837 strebten 109 angesehene Männer Erholung in einer gleichnamigen Gesellschaft an, die dem Casino fortan Konkurrenz machte. Ab 1845 übernahm die Erholungsgesellschaft das Stadtpalais des verstorbenen Maschinenbauers James Cockerill für 30.000 Taler und somit einen seit den Unruhen 1830 symbolpolitisch aufgeladenen Konfliktherd der Stadt.2026 Regierungspräsident Adolf Heinrich Graf von Arnim-Boitzenburg wurde in beide gesellige Vereinigungen aufgenommen und hatte selbst gerade das 34. Lebensjahr vollendet. Er befand mit jedem Jahre [den] Uebelstand fühlbarer, daß die bestehende Gesetzgebung in einer fremden Sprache abgefasst sei und behauptete, dass diejenigen, welche der letzteren noch mächtig waren, allmählich durch den Tod hingerafft [werden] und es daher jenen Beamten wenn nicht unmöglich, doch sehr schwer [sei], sich mit den Gesetzen nach welchen sie verwalten sollen, bekannt zu machen. 2027 Jedoch ist davon auszugehen, dass sich diese Aussage eher auf die Regierungstätigkeit oder die ländlich geprägten Gemeinden bezog. Sie ist die erste dieser Art, steht der in Kapitel III. 2.4 zitierten Meinung des preußischen Generals von Müffling diametral gegenüber und impliziert, dass der Sprachenfrage nur wenig Bedeutung beigemessen wurde und die Änderungen der Verwaltungssprachgewohnheiten erstaunlich spät einsetzten bzw. registriert wurden. Gerade in der wallonischen Grenzregion, allen voran in der Aachener Oberschicht, genoss die französische Sprache ein nach wie vor „hohes soziales Ehrkapital.“2028 Sie wurde in Geschäfts- und Gesellschaftskreisen gesprochen und als Unterrichtsfach sogar von den Stadträten in Düsseldorf, Koblenz und Trier verteidigt.2029 2025 Vgl. Kapitel III. 1.1 und 3.2. 2026 Vgl. Heuvel, Lebenswelt. 2027 LA NRW R, Reg. Aachen 787, Verwaltungsbericht vom 19.2.1837, Bl. 193 f. Weiter heißt es: Es wird eine außerordentliche deutsche Uebersetzung daher nicht zu vermeiden sein, wenn die französische Gesetzgebung beibehalten wird. Zu Arnim-Boitzenburg, der dem märkischen Uradel angehörte und 1803 in Berlin geboren war, vgl. Romeyk, Rheinprovinz, S. 332. 2028 Paye, Kommunikation, S. 516. Poll, Reiman, S. 297 erwähnt die vermeidlich schlechten Französischkenntnisse der preußischen Regierungsräte im „Gegensatz zu fast allen gebildeten Aachenern“. 2029 Unter StAK 623 2187 hebt der Stadtrat am 9.3.1824 die Nützlichkeit und die Nothwendigkeit des Unterrichts in französischer Sprache hervor und schlägt vor, den evangelischen Lehrer am Gymnasium durch
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Unterstützt wird diese Einschätzung durch die im vorangegangenen Kapitel geschil derten Lesegewohnheiten der Notabeln. Sie umfassten französischsprachige Literatur in öffentlichen und privaten Lesesälen, in Leihbibliotheken und Buchhandlungen und sind im Aufbau der städtischen Bibliotheken und Archive zweifelsfrei zu erkennen. Des Weiteren blieben die dokumentierten Arbeitsweisen und internen Hierarchien in den übrigen Stadträten im Wesentlichen bestehen, obwohl in Koblenz beispielsweise auch junge Notabeln einen Sitz in der Honoratiorenverhandlung erhielten.2030 Am Zusammenfluss von Rhein und Mosel wurde der Rat nach dem turnusmäßigen Austausch im Jahr 1833 binnen zwölf Jahren um 24 neue Mitglieder ergänzt, die im Durchschnitt 57 Jahre alt waren (Tab. 5 Koblenz). Unter ihnen befanden sich mit Hubert Schaaffhausen und Christian Ignatz Haan zwei ältere Mitglieder bekannter Kaufmannsfamilien. Aufstrebende Handelsmänner und Gewerbetreibende wie Karl Baedecker, Jodokus Menn und Konrad Hasslacher sowie die bereits erwähnten Initiatoren des Gewerbevereins Johann Anton Leroy und Friedrich Mohr kamen hinzu – Mohr nahm den Platz seines 1841 verstorbenen Vaters, des Landtagsabgeordneten Carl Mohr, im Stadtrat ein. Wagenfabrikant Konrad Hasslacher hatte das Haus des ehemaligen Koblenzer Maires Nebel gekauft und das Sattlergewerbe seines Vaters Franz Anton erfolgreich modernisiert. Als Bruder des neuen Aachener Landrats profitierte er vom Eisenbahnbau und dem wirtschaftlichen Aufschwung der 1830er Jahre. Mit seiner Ehefrau Barbara Josepha Oswald eröffneten sich ihm außerdem weitreichende, überkonfessionelle Handelsnetzwerke der Familien Kehrmann, Mantell und Menn, die wiederum mit den alteingesessenen Familien Christ, Müller und Raffauf verbandelt waren. Einer seiner Söhne stieg in der zweiten Jahrhunderthälfte zum zweiten Geschäftsführer des Weinhandelshauses Deinhard auf und übernahm die Unternehmensleitung in London sowie die englische Staatsbürgerschaft. Zu seinem Onkel August Reichensperger pflegte James Hasslacher in der zweiten Jahrhunderthälfte eine Brieffreundschaft. Diese und weitere Familienverhältnisse der Hasslachers können an anderer Stelle nachgelesen werden und sind ein herausragendes Beispiel dafür, dass sich die internen Beziehungsgeflechte der Stadträte von Koblenz den Netzwerken in Köln annäherten, in die sie gleichsam eingebunden waren. Die bereits zu Beginn des Untersuchungszeitraums aufgefundenen Verbindungen in die nordwestliche Nachbarstadt hatten sich am Ende der 1830er Jahre ausgeweitet, wohingegen die historisch gewachsene Verbundenheit zu Trier eher zurückgegangen war.2031 einen französischen Sprachlehrer zu ersetzen. Der Trierer Stadtrat unterstützte unter StATr Tb 100/8 am 13.5.1824 einen Sprachlehrer mit dem Hinweis: Solange die Staatsverwaltung an einer Anstalt dieser Art es gebrechen lässt, müßen Privat-Unternehmungen Aushilfe leisten. Ähnlich in Düsseldorf am 11.12.1823 unter StAD 90010. Ferner wurden beispielsweise die Ankündigungen von Pferderennen in der Stadt Aachen noch am 12.7.1834 in an die Franzosenzeit erinnernden zwei-sprachigen Spalten gedruckt, vgl. die entsprechende Einladung an den Oberpräsidenten unter LHAK 403 2628. 2030 Vgl. Kapitel II. 3. und III. 4.1. 2031 Vgl. die Angaben im Anhang.
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Nach dem Rücktritt des Oberbürgermeisters und Landrats Wilhelm Haw im Stadtrat der südlichen Bistumsstadt wurden die 1836 von ihm durchgesetzten Personalwechsel teilweise wieder rückgängig gemacht. Im Jahr 1842 schieden zehn Räte auf Weisung der Regierung aus, sodass einige wieder für sich selbst vorgeschlagen und bestätigt werden mussten und andere, jüngere Notabeln wie der Landtagsabgeordnete Peter Ludwig Mohr als Sohn des langjährigen Beigeordneten, nachrückten (Tab. 5 Trier). Der neue Oberbürgermeister und Landrat Damian Görtz führte keine offiziellen Wahlen durch und verhielt sich gegenüber den Regierungsräten kooperativer als sein Vorgänger. Unter den Stadträten verfügte er als ehemaliger Stadtrat, Regierungssekretär und Landrat über die geforderte Amtserfahrung und die notwendige Akzeptanz. Als Sohn eines ehemaligen Amtsmeisters der Wollweberzunft in Trier und Schwiegersohn des angesehenen Appellationsgerichts- und Regierungsrats Damian Cardon wurden seine Familienverhältnisse 2032 lobend erwähnt und bei seiner Amtseinführung zu seiner Legitimation herangezogen. Mit einer Weinanbaufläche in Piesport und einem Wohnhaus in Trier erfüllte Görtz ein weiteres wichtiges behördeninternes Kriterium der Stellenauswahl, das der 1838 ernannte Advokatanwalt Valentin Brixius oder der 1842 eingesetzte Jurist und Kaufmann Karl Cetto beispielsweise nicht vorweisen konnten. Brixius Anwesenheit war als Stadtadvokat und Familienmitglied des Beigeordneten Jakob Thanisch von erheblichem Vorteil und wurde von der Regierung trotz fehlendem Grundbesitz und seiner Beteiligung am Casinoskandal nicht beanstandet. Cetto stammte aus einer bekannten italienischen Kaufmanns- und Beamtenfamilie, die im nahegelegenen Fürstentum St. Wendel mehrere Besitzungen und großen politischen Einfluss hatte. Er selbst war Teilhaber des Handelshauses von Stadtrat Wilhelm Rautenstrauch, dem evangelischen Ehemann seiner katholischen Cousine Susanne Leonardy. Obwohl er während des Hambacher Festes ins Visier des Polizeiministeriums geraten war, wurde er in Trier in das Casino und in die „Gesellschaft für nützliche Forschungen“ aufgenommen sowie 1837 an der Seite von Haw und Mohr zum Abgeordneten des vierten Standes im Provinziallandtag bestimmt. Die im vorangegangenen Kapitel aufgezeigten, besonders ausgeprägten Vertrauensverhältnisse der Trierer Honoratiorenversammlung blieben folglich auch nach dem Abgang Haws intakt und schlossen neue liberal eingestellte Notabeln und deren Anwesenheit im Landtag mit ein.2033 In Düsseldorf zeichnete sich im gleichen Zeitraum ein vergleichbares Bild ab, da sich der interne Zusammenhalt des dortigen Stadtrats durch den Eintritt einflussreicher Honoratioren wie August Graf von Spee oder Carl Luckemeyer ebenfalls nicht veränderte, d. h. kaum verbesserte (Abb. 4 vgl. Tab. 5 Düsseldorf). Bis 1845 traten dem Gremium vier Personen bei, wobei Verwandtschaften weiterhin unterbunden wurden. Ein Blick auf die gegenüberliegende Rheinseite lässt den Eindruck entstehen, dass sich die familiären Kontakte der Kölner Ratsherren durch den Eintritt von sieben Vertretern des 2032 StATr Tb 100/11 Sitzung vom 30.11.1840. 2033 Vgl. Kapitel III. 4.1 und 5.2.
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Wirtschaftsbürgertums, einem Appellationsgerichtsrat, einem Destillateur und einem Zimmermeister mittlerweile ebenfalls verloren hatten und sich der Stadtrat – analog zur Handelskammer – gegenüber weniger finanzstarker Kaufleute und Gewerbetreibender öffnete (Abb. 4 vgl. Tab. 5 Köln). Ob diese Entwicklung zutraf und im Sinne der alteingesessenen Elite war, gilt es noch zu hinterfragen.2034 Auffällig ist, dass der allgemeine Rückgang direkter verwandtschaftlicher Beziehungen unter den Stadträten mit der Zunahme außerfamiliärer Aktivitäten in Vereinen und Kooperationen korrespondiert, deren Vielfältigkeit in den Netzwerkvisualisierungen nur ansatzweise abgebildet ist. Er lässt sich des Weiteren mit dem generationalen Umbruch und der Tendenz zur translokalen Ausdehnung bestehender Familienbande begründen. Zentrale politische Akteure wie die Oberbürgermeister von Koblenz und Köln oder überregional vernetzte Wirtschaftsbürger wie Camphausen und Hansemann agierten ohnehin als lokal weitgehend unabhängige Vermittlungspersonen. Um sie herum waren die aufgezeigten politischen Netzwerke – sofern sie bestanden hatten – am Vorabend der Revolution jedoch keineswegs verschwunden (Abb. 5 Aachen, Düsseldorf, Koblenz, Köln und Trier). In allen Städten war man mit der Reorganisation der Schulen und der Durchführung verschiedener Infrastrukturprojekte beschäftigt. Überall – außer in Köln – wurden die in der Steuerbewegung begonnenen und in Kapitel III. 2.3 und 3.3 dargestellten Diskussionen um den Stand der Kommunalhaushalte fortgeführt und durch brisante Gerüchte um angebliche Steuerhinterziehungen angeheizt. Obwohl sich lediglich der Koblenzer Steuereinnehmer Carl Linz, bzw. sein Rechtsbeistand Johann Nepomuk Longard, für einen Defekt 2035 in Höhe von ca. 10.000 Talern vor Gericht verantworten musste, ist es wahrscheinlich, dass die rechtlichen Unklarheiten im Verwaltungsalltag in den vorangegangenen Jahren zur Aufbesserung der Finanzlage ausgenutzt worden waren.2036 Dieses nach wie vor handlungsleitende Ziel konnte in Trier auch unter Görtz nicht erreicht werden. Neue Forderungen nach einer Einkommens- oder einer Wildbrett- und Geflügelsteuer blieben ebenso wirkungslos wie einzelne Maßnahmen gegen den Notstand der Winzer.2037 Die dortigen Notabeln sowie ihre Kollegen in Koblenz und Köln stimmten sich trotz der Angleichung der Armenordnungen weiterhin eng mit den Armenverwaltungen ab und erkannten die 1845 einsetzende Lebensmittelknappheit frühzeitig – 2034 Vgl. Abb. 4 Köln und die Angaben im Anhang. 2035 Wegeler, Beiträge, S. 143. Zu der Angelegenheit vgl. u. a. die Stadtratsprotokolle vom 4.2.1840, 24.2.1841, 14.1.1845 unter StAK 623 2189. 2036 Dafür spricht auch die in Kapitel III. 2.3 erwähnte Verquickung zwischen Stadtrat, Sparkasse und Steuererhebung oder die vorübergehende Leitung der Stadtratssitzungen durch Linz Verwandten Richard Linz, vgl. Kapitel III. 4.1. 2037 Vgl. Kapitel III. 4.2 und die Sitzung im Provinziallandtag vom 16.6.1841 unter LHAK 403A 35 Bd. 1 sowie die Gespräche im Trierer Stadtrat vom 14.6.1841, 22.11.1841, 4.6.1842 und 2.9.1843 unter StATr Tb 100/12, in der der Grund- und Klassensteuerzuschlag nach den abschlägigen Anträgen für ein Jahr auf 50 Prozent erhöht und die mangelnde Kooperation zur Verbesserung des Haushalts umso mehr bedauert wurde, weil angeblich nicht im geringsten Unordnung in demselben herrschte.
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die Einführung einer Brottaxe für Trier wurde indes ein weiteres Mal abgewiesen.2038 Analog dazu strebten die Stadträte von Aachen noch immer die Verminderung der Armenabgaben an, zeigten sich gegenüber korporativen Hilfsmaßnahmen aber aufgeschlossener und gewissenhafter als in den Teuerungsjahren 1819 und 1830. Wie in Köln lag das Hauptaugenmerk auf der Eisenbahnverbindung.2039 Die neue Mobilität in der Provinz lenkte die Aufmerksamkeit des Königs auf den höchst anstößigen und dem Rufe der alten Kaiserstadt so wenig entsprechenden Übelstand der Hazardspiele, die dem Aachener Stadtrat in Verbindung mit der Verpachtung der Kurbäder enorme Einnahmen sicherten und daher vehement verteidigt wurden.2040 In Düsseldorf übertrugen sich vormalige Autoritätsprobleme mit dem Landrat auf die Handelskammer. Auch wurden weitere wirkungslose Anträge zur Verminderung der Polizeikosten, zur Gleichstellung des Oberbürgermeisters und zur Einstellung eines mit wissenschaftlicher Bildung hinreichend ausgestatteten Ober-Sekretärs gestellt.2041 Diese Beobachtungen lassen darauf schließen, dass der Verwaltungsalltag am Anfang der 1840er Jahre durch ein Mehr an Aufgaben und eine Konsolidierung der aufgezeigten Konfliktfelder sowie ihrer jeweils vorherrschenden Kommunikations- und Bewältigungsstrategien vor Ort geprägt war. Dass diese auch im Provinziallandtag diskutiert und einander weiter angeglichen wurden, war mittlerweile zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Gleichzeitig wurden ungeduldige Erwartungen auf die seit Jahrzehnten erwartete Gemeindeordnung laut, die die sich ausbildenden Verfahrensregeln wieder infrage stellten. So brachte Fuchsius am Ende des Jahres 1842 im Rathaus zur Sprache wie in der hiesigen Zeitung darauf hingedeutet worden, daß es erwünscht seyn müsse, wenn der hiesige Stadtrath sich den Schritten anschließe, welche in jüngerer Zeit zu Erlangung einer anderen Communalverfassung, an die höchsten Behörden geschehen seien.2042 Er bezog sich auf einen Artikel in der Düsseldorfer Zeitung, der den Stadtrat am 6. November 1842 mit folgenden Worten öffentlich zum Handeln aufgefordert hatte: Seit der Anwesenheit des 2038 Vgl. ebd. Sitzungen vom 18.3.1844, 1.6.1844 und 21.12.1844, in der die Brotteuerung besprochen und u. a. die Vergnügungssteuer erhöht wurde. Zur Brottaxe siehe das Schreiben von Görtz vom 26.1.1846 auf eine erneute Anfrage der Regierung vom 20.1.1846 unter ebd. Tb 12–39. Dabei wurde unter ebd. am 3.2.1846 abermals mit Maehler in Koblenz korrespondiert. Die Regierung ordnete am 20.2.1846 eine Conferenz mit den Bäckern an. In Koblenz wurden die Maßnahmen gegen die Preissteigungen, inklusive der Brottaxe unter StAK 623 2189 am 4.7.1841, 6.9.1841, 19.3.1842, 4.7.1842, 13.7.1845, 27.10.1845, 28.5.1846 und 18.11.1846 ausführlich diskutiert. 2039 Vgl. Kapitel III. 1.4 und 5.3 sowie die Protokolle vom 23.6.1843, 7.7.1843, 28.7.1843, 11.8.1843, 1.9.1843 und 28.11.1843 unter StAAc PRZ 1–13 und vom 24.9.1844 unter ebd. PRZ 1–14, sowie vom 10.1.1845, 21.9.1845, 24.11.1845, 12.12.1845, 23.12.1845 unter ebd. PRZ 1–15. 2040 Schreiben des Königs an Rochow vom 5.1.1842 unter LHAK 403 2637, Bl. 23 f. Die Angelegenheit zog sich bis zur Bewilligung der Weiterführung durch den König im Jahr 1852 unter ebd., Bl. 509 f. Schreiben vom 9.5.1845, hin und kann an dieser Stelle nicht ausgeführt werden. 2041 StAD 90013, Sitzung vom 8.11.1842, vgl. die Sitzungen vom 16.8.1842, 27.1.1843, 9.2.1843, 11.5.1843 und die Einträge unter ebd. 90014 vom 27.11.1843, 13.2.1844, 16.2.1844, 9.7.1844, 29.10.1844, 14.1.1845, 29.1.1845, 20.5.1845, 18.11.1845. 2042 Ebd. 90013, Sitzung vom 8.11.1842.
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König in der Rheinprovinz sind Wünsche um Ertheilung einer auf eigne Wahl ihres Vorstandes und ihrer Vertreter, auf Befreiung von der Bevormundung der Regierung und auf Oeffentlichkeit beruhenden Communalverfassung laut geworden. Die Aachener Deputation ist vom König auf Burg Stolzenfels gnädig aufgenommen worden, ohne Zweifel darum, weil sich unter der Deputation Mitglieder des Stadtrathes als Organe der Gemeinde befanden. Die Bittschriften der anderen Städte dürfen sich […] einer gleichen Aufnahme nicht zu erfreuen haben, weil in ihnen nur einzelne Petenten, aber nicht der Bürgermeister und der Stadtrath, als Organe der Bürgerschaft, die Bittsteller sind. In den jüngsten Tagen hat zwar der Kölner Stadtrath das Versäumte nachzuholen gesucht. Hoffen wir, daß auch der Düsseldorfer nicht zurückbleiben wird. 2043 Doch der Düsseldorfer Rat sah durch diese unmissverständliche Aufforderung keine besondere Veranlassung zum Handeln.2044 Hierin zeigt sich zuvorderst, dass der Stadtrat mit dem Herausgeber der Zeitung Lorenz Stahl offenbar nicht in ständigem Kontakt stand und ihm im Gegensatz zu den Räten der anderen Untersuchungsstädte eine informelle Einflussnahme auf die vom Landrat zensierte Zeitung versagt blieb. Die Bedeutung, die der Presse als Sprachrohr der öffentlichen Meinung im Stadtrat zuerkannt wurde, lässt sich anhand der Tatsache bemessen, dass sie als Gradmesser der Stimmung in der Bevölkerung wahrgenommen wurde und dennoch keine Reaktion folgte. Inhaltlich wies Stahl auf die Repräsentationsfunktion der Honoratioren und ihre Bedeutung für die Anerkennung von Petitionen hin. Dass ihm dies in der zitierten Form gestattet wurde, hing mit der Zensurpolitik des neuen Königs zusammen.2045 In aufsehenerregenden Kabinettsordern vom 10. Dezember 1841 und vom 4. Oktober 1842 hatte Friedrich Wilhelm IV. die Pressezensur gelockert und die ohnehin nicht umsetzbare Vorzensur für Schriften über 20 Druckbogen aufgehoben. Zudem genehmigte er eine stark gekürzte, anonymisierte und durch den Düsseldorfer Landrat von Lasberg zensierte Publikation der Parlamentsdebatten des Provinziallandtags und somit einen zu Beginn der 1830er Jahre gestellten und 1837 wiederholten Antrag der städtischen Abgeordneten.2046 Ab diesem Zeitpunkt war eine aktive Pressepolitik von oben und „eine sachlichkritische Berichterstattung über inländische Zustände und die Tätigkeit der preußischen Verwaltung“2047 von unten möglich.2048 Den im Landtag versammelten Vertretern dieser Verwaltung standen neue, offizielle Kommunikationskanäle nach außen offen, die im nachfolgenden Kapitel aufgezeigt werden. Darüber hinaus durften sie ab 1841 offiziell 2043 Beilage der DZ Nr. 307 vom 6.11.1842. 2044 StAD 90013, Sitzung vom 8.11.1842. Der Vorschlag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass die Kommunalverfassung bereits in Aussicht sei. 2045 Vgl. LA NRW R, Reg. Düsseldorf 315, zur Verlegerfamilie Stahl im Vormärz vgl. Stöcker, Stahl. 2046 Leonhard, Widerspruch, S. 39–43; Koselleck, Reform, S. 423 f., demzufolge das Ziel weiterhin darin bestand, „eine staatsständisch abgeschichtete Öffentlichkeit“ herzustellen. 2047 Holtz, Quellen, S. 82. 2048 Vgl. Dittmer, Beamtenkonservatismus, S. 159–165.
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in sogenannten ständischen Ausschüssen außerhalb des Ständehauses beraten, da das Kommunikationsverbot in privaten Korrespondenzen, Gasthäusern und Vereinen ohnehin nicht eingehalten wurde.2049 Außerdem wurden sie an ihre Vermittlungsfunktion zwischen Königshaus und Bevölkerung erinnert und die Partizipationschancen der letzteren vermindert, indem Bittschriften und Beschwerden an den König nur noch durch offizielle Hand, d. h. durch die Stadträte, hervorgebracht werden sollten und seit 1820 erstmals wieder in der Presse verkündet werden konnten.2050 Obwohl diese neuen schriftlichen Kommunikationsfreiheiten nur zwei Jahre später formal wieder eingeschränkt wurden, ist die daraus resultierende Ausdifferenzierung der öffentlichen Meinung unverkennbar. Klassifizierungsschemata, die in der Geschichtswissenschaft häufig zur Beschreibung der politischen Parteibildung angewandt wurden, verkennen jedoch bestehende Wechselwirkungen und schleichende Übergänge, weil „konservative Politikdiskurse“2051 oder die „Entfaltung der konservativen Öffentlichkeit“2052 im liberalen Meinungsumfeld stattfanden, auf dieses zurückwirkten und beide „Teilöffentlichkeiten“2053 als sich vermeintlich ausschließende Tendenzen nicht voneinander oder von anderen, beispielsweise katholischen Einstellungen, getrennt werden können. Oder mit den Worten des eingangs zitierten Zeitungsredakteurs ausgedrückt: Versteht man unter Parthei eine unter anerkannten Häuptern handelnde Verbindung zu Zwecken der innern und äußeren Politik, mit bestimmter Taktik und eigenen Organen, so ist dergleichen hier überall nicht vorhanden. Versteht man aber darunter die Masse zerstreuter Repräsentanten von zufällig ähnlichen politischen und religiösen Ansichten, so wäre etwa von den drei folgenden die Rede: 1. Eine französische Parthei, die sich für ihren Theil französische Herrschaft zurück wünschte […] 2. Eine liberale Gesinnung im Allgemeinen, die den Fortschritt der Menschheit, sociale Entwicklung und Aufklärung wünscht; eine solche spricht wohl die ganze Provinz an, die Beamten obenan […] 3. Die katholische Gesinnung. 2054 Aus der Sicht der Berliner Zentrale verbreiteten sich alle drei staatskritischen Stimmen ab 1840 wie ein Lauffeuer in der provinziellen Presselandschaft. Sie ließen sich in der Koblenzer Rhein- und Mosel-Zeitung, in der Stadt-Aachener Zeitung, in der Trierischen Zeitung und in der von Karl Marx redigierten Rheinischen Zeitung in Köln nachlesen und
2049 Vgl. Kapitel III. 3.2; Obenaus, Parlamentarismus, S. 536–551. 2050 Ebd., S. 443, vgl. die Verfügung abgedruckt bei Holtz, Quellen, S. 753–755 und die Ausführungen im nachfolgenden Kapitel. 2051 Caruso, Nationalstaat, S. 444–449. 2052 Dittmer, Beamtenkonservatismus, S. 159–176. 2053 Schwerhoff, Perspektiven, S. 24. 2054 Beilage der AAZ Nr. 204 vom 22.7.1840. Die erstgenannte Partei könnte etwa ihren Anker haben in den Jugenderinnerungen einzelner Individuen, die beim Verkauf von Nationalgütern, bei Lieferung oder Schmuggelparteien dermal einst ein gutes Geschäft gemacht hätten, die zweite zerfalle in eine repräsentative und eine radical-demokratische Bewegung und die dritte sei in hohem Grade gemäßigt […] im besten Sinne aufgeklärt.
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auch nach der personellen Aufstockung des Zensurapparats kaum kontrollieren.2055 Die Besprechung der Kommunalverwaltung in der Düsseldorfer Zeitung stellte nur einen von unzähligen politischen Kommentaren dar und war unmittelbar auf eine umfassende Kritik an der preußischen Steuerpolitik, die Darstellung der Petitionsbewegung zur Pressefreiheit und auf den Stand des Eisenbahnbaus bzw. der staatlich bedingten Engpässe in der Finanzierung gefolgt.2056 Anhand des Berichts fällt auf, dass der Aachener Stadtrat als einziger für eine Veränderung der institutionellen Partizipationsformen auf der unteren Verwaltungsebene eintrat und seine Forderung aus dem Jahr 1830 wiederholte. Da diese eigenständigen Handlungsinitiativen weder schriftlich geplant noch dokumentiert wurden, ist trotz der verbesserten Protokollführung davon auszugehen, dass mündliche Partizipationsgewohnheiten und Deputationen weiterhin zu den wesentlichen Charakteristiken der Aachener Kommunalpolitik gehörten.2057 Diese hatte unter dem Fortbestand der Munizipalordnung nach eigenem Dafürhalten am meisten gelitten, da die permanente Erwartung einer Gesetzesänderung die Verwaltungsgeschäfte seit 1816 hemmte und sie zum Provisorium degradierte. Doch in ähnlicher Weise wie sich die Stadträte von Aachen in ihren Verweigerungspraktiken auf diese unzureichende Rechtsverbindlichkeit berufen konnten, wurden im Provinziallandtag zentrale Änderungen der Gesetzeslage aufgeschoben. Mit Verweis auf die Einführung einer neuen Gemeindeordnung blieben zum Beispiel Fragen nach der Besitzquote für die Teilnahme an den Kreisständen oder – bezugnehmend auf die Verminderung der Düsseldorfer Polizeikosten – nach einer geregelten Kostenverteilung zwischen Regierung und Kommune unbeantwortet.2058 Die von den Stadträten angestrebte und zum Teil eigenständig umgesetzte Synchronisierung der Verwaltungstätigkeit geriet immer dann ins Stocken, wenn der status quo ihnen oder der preußischen Zentrale einen Vorteil einbrachte. Im Ständehaus wurde seit der königlichen Proposition zur Einführung der Städteordnung auf dem ersten Landtag im Jahr 1826 über die administrative Praxis und die ihr zugrunde liegenden Prinzipien gestritten. Dabei hat Volker Wex darauf hingewiesen, dass die „zentrale Administration“ mit der Übertragung der kommunalen Verwaltungsordnung „ausdrücklich nicht gegen den politischen Willen der Provinzen, die sie in den Städten repräsentiert sah, verfügen“2059 wollte. Über die prinzipielle Anerkennung der Partizipations2055 Am 31.1.1843 und 8.7.1843, in: GS 1843, S. 27–30 und S. 257–264 ergingen neue Zensurinstruktionen. Zu den Zeitungen vgl. die zeitgenössische Klassifikation in der AAZ Nr. 18 vom 18.1.1845 und Hansen, Briefe, S. 398–409, S. 469 f. und S. 492–525, zur Rheinischen Zeitung vgl. zusammenfassend Herres, Köln, S. 188–196 und Bleek, Vormärz, S. 226–236. 2056 Nach Holtz, Quellen, S. 373 f. entwickelte sich die Düsseldorfer Zeitung in den 1840er Jahren zu einem demokratischen Blatt, vgl. exemplarisch hierzu die DZ Nr. 306 vom 5.11.1842, die ausführlichen Bemerkungen über einige preußische Steuern in den Ausgaben Nr. 304/305 vom 3. und 4.11.1842 und die Wiedergabe der Denkschrift über Censur und Preßfreiheit in Deutschland unter ebd. 303 vom 2.11.1842. 2057 Vgl. Kapitel III. 4.1. 2058 LHAK 403A 34 Bd. 1, Sitzungsprotokoll vom 28.6.1837, Bl. 185 und ebd. 27 vom 15.6.1830, Bl. 132. 2059 Wex, Gleichheit, S. 377.
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ansprüche der Notabeln bestand in dieser Hinsicht kein Zweifel. Die Integration der Landtagsabgeordneten in den Gesetzgebungsprozess eröffnete den mit ihren Repräsentanten in ständigem Kontakt stehenden Stadträten also einen unmittelbaren kollektiven Einfluss auf ihre eigenen Partizipationsmöglichkeiten und wurde vielfältig genutzt.2060 Dreh- und Angelpunkt der Verhandlungen bildeten zunächst die Voraussetzungen zur politischen Beteiligung. Sie brachten die ambivalenten Partizipationsprinzipien prominenter Abgeordneter wie Peter Heinrich Merkens im Rahmen des angestrebten „allgemeinen Staatsbürgertums“2061 zum Ausdruck und wurden weisungsgemäß auf dem vierten Landtag verhandelt. Die Städteordnung sicherte grundsätzlich allen freien, männlichen Bürgern ab 25 Jahren, die einen variablen, ortsspezifischen Zensus von mindestens 150 bzw. 200 Talern erfüllten, das Recht zur Wahl ihrer Repräsentanten. Das DreiKlassen-Wahlrecht war gemessen an den quantitativen Beteiligungschancen gegenüber der vor 1815 stattgehabten Kantonalversammlungen rückständig, im Vergleich zu den Wahlbestimmungen der Provinziallandtage oder der süddeutschen Gemeinderäte eher fortschrittlich.2062 Dies erkannte auch der Landtagsausschuss an, der sich im Jahr 1833 mit dem Entwurf einer „Land-Gemeinde-Ordnung“ befasste und die Städte dabei kurzerhand miteinbezog.2063 Unter dem Vorsitz von Franz Anton Graf von Spee setzte er sich aus Peter Heinrich Merkens für Köln, Wilhelm Haw für Trier und sechs weiteren Abgeordneten zusammen, die in ihren Herkunftsorten ausnahmslos den jeweiligen Gemeinderäten angehörten oder ihnen als Oberbürgermeister bzw. Landräte vorstanden.2064 In ihrem Gutachten befürworteten sie das Wahlprinzip und traten dafür ein, eine paritätische Verteilung von fünf Gemeinderäten nach einem individuellen Wahl-Census 2065 zu gleichen Teil auf drei Steuerklassen zu verteilen und diese Ordnung auch auf die Städte zu übertragen.2066 2060 Vgl. das nachfolgende Kapitel und Kapitel III. 5.4 sowie Croon, Provinziallandtag, S. 127–139. 2061 Koselleck, Reform, S. 579; Schütz, Munizipalverfassung, S. 18. 2062 Spenkuch, Preußen, S. 95 f.; Wex, Bürokratie, S. 95–98; vgl. Koselleck, Reform, S. 169 und Burg, Verwaltung, S. 93. Zur Entstehung und ersten Umsetzung in Berlin vgl. Pahlmann, Anfänge, S. 17–64, wonach der Zensus bei ebd., S. 50 mit 150 Talern, d. h. mit dem Existenzminimum, angegeben wurde. Zur Revision, die auch eine Erhöhung des Zensus mit sich brachte, siehe ebd., S. 65–70, wonach die „Diskussion zeigte, daß es hier nicht nur um die Praktikabilität technischer Einzelheiten der Städteordnung von 1808 ging, sondern daß im Rahmen der reaktionären Phase in Preußen die eingeräumten Selbstverwaltungsrechte erheblich beschnitten werden sollten.“ 2063 LHAK 403A 33 Bd. 1, Sitzung vom 10.11.1833, Bl. 13 f., wobei bei der Verlesung der Proposition explizit auf eine Pro Memoria des Ministerii des Innern und der Polizey hingewiesen wurde, derzufolge die Erlassung zweyer Gesetze, eines für die Städte, das andere für die Landgemeinden vorzuziehen sei. 2064 Unter ebd. wurden die Ausschüsse am 12.11.1833 festgelegt. Dem zweiten Stand gehörten Georg von Hauer, Landrat von Solingen, Ludwig Spies von Büllesheim, ehemaliger Unterpräfekt von Mülheim, dann Gemeinderat zu Ratheim, an; zum dritten Stand zählten Heinrich Kamp, Beigeordneter von Elberfeld; zum vierten Stand Josef Potthoff, Stadtrat in Kreuznach, Adolf Vinmann, Bürgermeister von Moers, Johann Friedrich von Runkel, ehemaliger Bürgermeister von Heddesdorf, vgl. Torunsky, Handbuch, S. 245, S. 367, S. 402, S. 457 und S. 486. 2065 LHAK 403A 33 Bd. 2, Sitzung vom 21.12.1833, S. 548. 2066 ASH T 97, Bericht vom 16.12.1833.
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Das Gutachten wurde von Wilhelm Haw vorgetragen und fand in der darauffolgenden Plenumsdiskussion durch das gewöhnliche Zeichen breite Zustimmung.2067 Darüber hinausgehende Beteiligungsmodelle kamen eher verhalten zur Sprache. Nur der junge Trierer Abgeordnete Peter Ludwig Mohr hielt die Bestimmungen für undurchführbar und wollte den Höchstbesteuerten in zwei Klassen die Entscheidung über zwei Drittel des Stadtrats zugestehen, um dann ein Drittel aus der Zahl der übrigen Wähler wählen zu lassen. 2068 Dem ehemaligen Kölner Oberbürgermeister von Mylius schien die Intelligenz von der Wahltheilnahme zu sehr ausgeschlossen, weshalb er für eine Klassifikation nach dem Verhältnisse des Mieth-Werth und somit für die Einführung einer ehemals französischen Steuerform plädierte, die im Kölner Rat bereits zur Bekämpfung der Cholera befürwortet worden war.2069 Erfahrene Notabeln wie er, Jacob von Herweg oder Philipp Schöller hatten an den letzten Kantonalversammlungen 1813 bzw. 1818 teilgenommen und brachten diese erstaunlicherweise nicht ins Gespräch.2070 Im Gegenteil – der betagte Krefelder Seidenfabrikant Anton de Greif äußerte in Bezug auf das Drei-Klassen-Wahlrecht vielmehr sein Entsetzen vor den Folgen einer solchen Wahl, die ihm, als von der ganzen Masse und dem Plebs ausgehend, höchst gefährlich erschien.2071 Als Referent musste Haw sogar die Gleichberechtigung der dritten Wählerklasse mehrfach rechtfertigen. Forschungsmeinungen, die den Notabeln die unbedingte „Sicherung [ihrer] sozialen Exklusivität“2072 zuschreiben, können demnach gestützt werden, da von einer Bereitschaft zur Ausdehnung der politischen Partizipationsmöglichkeiten auf die unteren sozialen Schichten zu keinem Zeitpunkt die Rede war. Dem exklusiven Gleichheitsgedanken entsprach im Übrigen auch der vielfach beachtete Antrag für die Gleichstellung der Juden, da wohlhabende jüdische Notabeln in die Netzwerke der Abgeordneten eingebunden waren.2073 Nur Wilhelm Ritz befürchtete, dass durch eine geringe Anzahl von Wählern und Gemeinderäten eine Oligarchie entstehen könnte.2074 Als Repräsentant der mittleren staatlichen Ebene und des Aachener Regierungsbezirks hatte er den dortigen Rat vor Augen und nahm das abschließende Urteil des Oberpräsidenten von Schaper über die Landtagsverhandlungen zur Gemeindeordnung vorweg.2075 2067 LHAK 403A 33 Bd. 2, Sitzung vom 21.12.1833, Bl. 554, gemeint war mit großer Wahrscheinlichkeit ein Handzeichen, vgl. Kapitel III. 3.2. 2068 LHAK 403A 33 Bd. 2, Sitzung vom 21.12.1833, Bl. 545–548, wobei Regierungsrat Ritz daraufhin für drei Klassen plädierte. Zur Handhabung der Klasseneinteilung siehe Kapitel III. 5.4. 2069 LHAK 403A 33 Bd. 2, Sitzung vom 21.12.1833, Bl. 556 f. Der Kölner Rittergutsbesitzer und Stadtrat von Herwegh pflichtete ihm bei, hielt aber die Mietsteuer nicht für das richtige Mittel. 2070 Vgl. Kapitel III. 2.1 und 2.3. 2071 LHAK 403A 33 Bd. 2, Sitzung vom 21.12.1833, Bl. 558 f. 2072 Wex, Gleichheit, S. 381 und S. 384. Ähnlich Boch, Arbeiter, S. 123 und ders., Hansemann, S. 178 für das Wirtschaftsbürgertum. 2073 Kastner, Emanzipation, vgl. die weiteren Konsequenzen der Debatten, dargestellt bei Zittartz-Weber, Gemeinden, S. 155–198 und Boberach, Wahlrechtsfragen S. 133–150. 2074 LHAK 403A 33 Bd. 2, Bl. 564, ähnlich Potthoff unter ebd., Bl. 562. 2075 Vgl. Koselleck, Reform, S. 579.
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Diese unter den Zeitgenossen negativ bewerteten, in den Notabelngesellschaften aber unverkennbar vorhandenen und für gut befundenen oligarchischen Züge der Kommunalpolitik beruhten auf verwandtschaftlichen Netzwerken, die in der Städteordnung verboten waren. Diese Beschränkung betraf bis dato lediglich den Düsseldorfer Stadtrat und wurde in der Landtagssitzung vom 23. Dezember 1833 mit 44 gegen 26 Stimmen abgelehnt.2076 Auch konnte sich der älteste Notabel im Ständehaus, der Vater des Aachener Oberbürgermeisters Tilmann Joseph Emundts als Bürgermeister von Aldenhoven und Repräsentant des vierten Standes von Aachen der Unterstützung des dritten Standes sicher sein, als er sich auf demselben Landtag gegen die ihn und seinen Sohn sowie alle weiteren amtierenden Oberbürgermeister betreffende Bestimmung erhob, dass Advokatanwälte keine kommunalen Führungspositionen mehr übernehmen sollten.2077 Als einer der zahlreichen Vertreter dieser Berufsgruppen wollte Haw in Verbindung mit dem Koblenzer Abgeordneten, Stadtrat und Fabrikant Hermann Joseph Dietz das preußische Prinzip des Grundbesitzes und damit die Vorrangstellung alteingesessener Familien gegenüber zugezogenen Beamten oder Gewerbetreibenden gesichert wissen.2078 Die zahlreichen Kaufleute und Fabrikanten der anderen Städte erhoben gegen dieses für sie eher ungünstige, in der preußischen Städteordnung verankerte „Hausbesitzerprivileg“2079 keinen Einspruch. Der mit 59 gegen 10 Stimmen angenommene Kompromiss bestimmte, daß wenigstens die Hälfte des Gemeinde-Raths aus Grundbesitzern bestehen muss 2080 und war an die 1831 vom Innenministerium revidierte Fassung der Städteordnung angelehnt.2081 Aus solchen mühseligen Auseinandersetzungen um Detailfragen, die sich um grundlegende Ordnungsvorstellungen drehten und vom König teils selbst erfragt, teils nicht beachtet wurden, erklärt sich, warum über ein Jahrzehnt keine neue Gemeindeordnung für die Provinz erlassen wurde. Dass sie überhaupt in diesem Umfang diskutiert werden konnten, ist nicht nur als ein Zugeständnis gegenüber der zu integrierenden Westprovinzen zu bewerten, sondern auch auf den willkommenen Umstand zurückzuführen, dass die geltende Munizipalordnung der preußischen Zentrale weitaus größere Eingriffsrechte einräumte als die in den Kernprovinzen geltende Städteordnung.2082 Ihr Fortbestand war also von Vorteil, wenngleich bereits hinlänglich herausgearbeitet wurde, dass diese im französischen Präsidialmodell angelegte Kontrolle von oben im administrativen Alltag von unten beeinflusst und sogar verhindert werden konnte.2083 2076 2077 2078 2079 2080 2081 2082 2083
LHAK 403A 33 Bd. 2, Sitzung vom 23.12.1833, Bl. 608 f. Ebd., Sitzung vom 26.12.1833, Bl. 689–692, vgl. Stephan, Provinziallandtag, S. 69. LHAK 403A 33 Bd. 2, Sitzung vom 21.12.1833, Bl. 568. Die Städteordnung schrieb in Paragraph 85 fest, dass zwei Drittel des Rates mit Häusern in der Stadt angesessen sein musste. LHAK 403A 33 Bd. 2, Sitzung vom 21.12.1833, S. 569, woraufhin die Diskussion geschlossen wurde. Vgl. die revidierte Städteordnung in: GS 1831, S. 9–40, hier Paragraph 56. Pahlmann, Anfänge, S. 69 sieht in dieser Änderung einen entscheidenden verfassungsrechtlichen Schritt, das Prinzip der Einwohnergemeinde zu verwirklichen. Wex, Gleichheit, S. 365; Raphael, Recht, S. 147 f. Ebd., S. 202 f., was nach dems., Bürokratie, S. 115 f. auch für Westfalen galt.
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Vor diesem Hintergrund fand die revidierte Städteordnung von 1831 unter den Abge ordneten des vierten Provinziallandtags keine Zustimmung, obwohl sie eine formelle Kompetenzerweiterung versprach. Die Reaktion war wenig überraschend, hatten die mit der Einführung der Städteordnung betrauten Regierungsbeamten dem Innenministerium doch bereits zu Beginn der Herrschaftsphase mitgeteilt, dass die ihr zugrundeliegenden Ordnungsvorstellungen den Wechselbeziehungen zwischen Stadt und Land im Linksrheinischen ebenso wenig gerecht wurden, wie dem idealistischen Gleichheitsprinzip der Notabeln.2084 Die Ablehnung beruhte in erster Linie auf der in Preußen traditionell üblichen Differenzierung von Bürgergemeinden und Schutzverwandten, die mit einer rechtlichen Unterscheidung zwischen Stadt- und Landbewohnern einherging. Die Notabeln entschieden sich folglich gegen ein höheres Maß an politischer Beteiligung und für das aus der Franzosenzeit übernommene Ideal staatsbürgerlicher Gleichheit.2085 Die Prinzipientreue stand der preußischen Ständeordnung, den realen Lebensbedingungen und ihren eigenen Partizipationsansprüchen entgegen. „[D]ass man selbst kaum Nachteile durch die autokratische Kommunalverfassung hinnehmen musste,“2086 gehörte allerdings auch zur politischen Entscheidungsfindung und ihrer rückblickenden Bewertung. Ob die Honoratioren ihre Stellung im politischen Raum Preußens verbessern konnten, ohne diese Prinzipien aufzugeben, galt es im Rahmen der darauffolgenden Landtage auszuhandeln. Anlass dazu boten die erwähnten Anträge der Abgeordneten und einzelne Petitionen der Städte sowie mehrere königliche Propositionen, die sich an verschiedenen Aspekten der Städteordnung orientierten.2087 Daneben konnte die Veröffentlichung der Parlamentsdebatten ab 1841 dazu genutzt werden, alte Partizipationsforderungen auf neuen Kommunikationswegen zu stellen und den Verfassungs-, Steuer- und Rechtsdiskurs wieder in die Öffentlichkeit zu tragen. Für die Öffentlichkeit hatte sich das in Kapitel III. 3.2 dargestellte regionale Selbstverständnis der politischen Akteure im Laufe der 1830er Jahre von dem französischen Justiz- auf das Kommunalwesen übertragen. Es verstärkte sich dadurch, dass die revidierte Städteordnung im benachbarten Westfalen angenommen und eingeführt wurde.2088 Weitere Vergleichsmöglichkeiten zu den preußischen Kernprovinzen im Osten und zu den deutschen Landesstaaten 2089 im Süden 2084 Vgl. Kapitel III. 3.1. Weiterhin wurde unter LA NRW R, Reg. Aachen 787, im Verwaltungsbericht der Regierung Aachen vom 14.2.1832 die Ablehnung mit diesem Princip der Trennung begründet und davon abgeraten, sie gegen den Willen der Rheinländer einzuführen und eine nachtheilige Sensation hervor[zu]bringen. 2085 Wex, Gleichheit, S. 366; Schütz, Munizipalverfassung, S. 18; Wunder, Geschichte, S. 91; Diefendorf, Businessmen S. 257–261. 2086 Rummel, Herrschaft, S. 141–144 mit Bezug auf die „finanziellen und praktischen Nachteile, die damit für die noch weniger bürgerlich geprägten Bevölkerungsschichten, eben das Gros der ländlichen Bevölkerung verbunden waren.“ 2087 Vgl. exemplarisch die Diskussion zur Armenordnung in Kapitel III. 3.3. 2088 Veltzke, Brüder, S. 101; Schütz, Studien, S. 96–98; ausführlich Wex, Bürokratie. 2089 Graf Reinhard zu Solms-Laubach, Stellvertreter des Fürst zu Solms-Braunfels, im Provinziallandtag zit. n. LHAK 403A 35 Bd. 2, Bl. 116, Sitzung vom 19.7.1841.
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kamen hinzu und festigten ein politisches Raumverständnis, das in den 1840er Jahren auch außerhalb des Ständehauses erfahrbar wurde.2090 5.2 Alte Partizipationsforderungen und neue Kommunikationsformen innerhalb und außerhalb der Provinziallandtage 1841, 1843, 1845 Auf dem fünften rheinischen Provinziallandtag 1841 wurde der förmliche Antrag des Elberfelder Abgeordneten, Fabrikanten und Stadtrats Johann Schuchard, daß die Bürger in den Städten ihre Vertreter und Communalbeamten etwa nach dem modus der Städte-Ordnung selbst wählen sollten, kommentarlos abgeschmettert.2091 Als engagierter Parlamentarier der ersten Stunde wusste er, dass diese Frage bereits zehn Jahre zuvor beantwortet und für gut befunden worden war. Bei der Abstimmung über die Einführung der revidierten Städteordnung im Jahr 1833 hatte er sich jedoch enthalten.2092 Daraus lässt sich ableiten, dass das Aufgreifen längst verhandelter Fragen der Erinnerung unbeantworteter Landtagsabschiede und ungelöster Probleme sowie der Kritik an der Schwerfälligkeit der preußischen Verwaltung diente. Gedruckte Übersichten der Lage, in welcher sich die durch die früheren Landtags-Abschiede für die Provinzial-Stände der Rhein-Provinzen noch nicht erledigten Angelegenheiten befinden wurden von Sitzungsperiode zu Sitzungsperiode immer umfangreicher und spiegeln den Anstieg von Schriftlichkeit und die seit dem Herrschaftswechsel vorhandenen Dauerdiskurse wider.2093 Um diese in Erinnerung zu rufen, stand den Abgeordneten der Westprovinzen die Registratur im Landtagsgebäude zur Verfügung. In Verbindung mit der Landtagsbibliothek und den zum privaten Gebrauch ausgehändigten Handreichungen stellte diese Form der Selbstverwaltung eine Besonderheit dar, die sich die Abgeordneten im Gegensatz zu den ostpreußischen Parlamentariern eigens gesichert hatten und die Amtsträger unter ihnen aus dem Verwaltungsalltag kannten.2094 Die in Düsseldorf versammelten Herren, inklusive der Neuankömmlinge, wussten demnach über den Bearbeitungsstand eines Themas Bescheid und durften zu ein und demselben Gegenstand keine zweite Debatte anstoßen. Um diese Vorgabe der Geschäftsordnung zu umgehen, mussten andere Anträge diskursiv umgedeutet werden, sodass Wilhelm Haw beispielsweise als Referent eines Ausschusses zur Modifikation der Landtagswahlen am 12. Juli 1841 von seinen eigenständig durchgeführten Personalwahlen innerhalb des Trierer Stadtrats berichtete und so auch den Schuchard2090 Vgl. Kapitel III. 5.2 und 5.3. 2091 LHAK 403A 35 Bd. 1, Bl. 25, wobei der Vorschlag sogleich auf die Landgemeinden ausgedehnt und an den fünften Ausschuss überwiesen wurde. Die Ablehnung erfolgte am 30.6.1841 unter ebd., Bl. 171. 2092 Croon, Provinziallandtag, S. 131. Stephan, Provinziallandtag, S. 75 bezeichnet Schuchard als „typisch städtischen Abgeordneten“. 2093 Exemplarisch im Nachlass des Freiherrn von Loë unter ASW 112 zu finden. 2094 Obenaus, Parlamentarismus, S. 378–381; Gehrke, Landtag, S. 145. Die in Kapitel III. 4.1 aufgezeigte Professionalisierung der kommunalen Verwaltungstätigkeit lässt sich somit auch auf die regionale Ebene übertragen.
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schen Antrag aufgriff. An seine Rede schloss sich ein aufschlussreicher Informationsaustausch über die bisherige Praxis der Stellenbesetzung an, die Haw aufgrund seiner Erkundigungen im Jahr 1832 bereits einschätzen konnte. Auf diese Art und Weise kamen nicht nur seine Informationsvorsprünge und Handlungsspielräume als ehemaliger Landrat und Oberbürgermeister, sondern auch weit auseinanderdriftende Unterschiede in der Personalpolitik, ergo die logischen Konsequenzen der fehlenden Gesetzesgrundlage, ans Licht.2095 Auch war zu erwarten und dem politischen Kalkül des mitunter einzigen „Berufspolitikers“2096 Haw zuzurechnen, dass seine Äußerungen in einer allgemeinen Bekräftigung des Gleichheitsprinzips mündeten. Eine pathetische Verteidigung der Fundamental-Sätze unserer ständischen Verfassung 2097 von Maximilian Freiherr von Loë ermöglichte ihm und anderen liberalen Abgeordneten – durch die Publikation der Landtagsprotokolle erstmals öffentlich – für deren Aufhebung zu plädieren. Als ehemaliger Staatsdiener und Repräsentant des dritten Standes nahm er seine neue Zugehörigkeit zum vierten Stand der Landgemeinden als Beispiel dafür, dass die ständische Zugehörigkeit nichts anderes als ein Paragraph 2098 sei und zeigte geschickt, dass die anonyme Publikation der Wortbeiträge durch solche Selbstbeschreibungen umgangen werden konnte.2099 Als bürgerlicher Rittergutsbesitzer trug er zu diesem Zeitpunkt mit großer Wahrscheinlichkeit die vom König nachträglich sanktionierte Uniform des zweiten Standes, die er im Verwaltungsalltag bereits symbolpolitisch eingesetzt hatte und im Ständehaus die sichtbare Bestätigung seiner Behauptung war.2100 Auf seinem vormaligen Sitzplatz – vermutlich im gleichen Uniformrock – befand sich sein Schwager, Bankier und Stadtrat Georg Friedrich von Nell, der als Adeliger zwar die Stadt Trier vertrat, dem ehemaligen Landrat die Rednerbühne aber nicht streitig machte. Sein Mandat gab er 1843 an den Vertreter des vierten Standes, an Stadtrat Peter Ludwig Mohr ab, während Haw im Jahr 1842 nobilitiert und für den zweiten Stand gewählt wurde – d. h. auch faktisch eine Standeserhöhung erfuhr. Im Jahr 1841 stärkte ihm dort sein ehemaliger Beigeordneter Franz Anton Kayser den Rücken – nicht nur, weil er ebenfalls die ständische Zugehörigkeit gewechselt hatte, sondern auch weil er mit Peter Heinrich Merkens die Aufhebung der Kabinettsorder vom 6. März 1821 beantragte und die rechtliche 2095 LHAK 403A 35 Bd. 2, Sitzung von 12.7.1841, Bl. 47 f. Des Weiteren wurde unter ebd. Bd. 1, Bl. 227 am 5.7.1841 über die Beobachtung diskutiert, dass einzelne Stadträte keine Grundsteuer zahlten und somit die formalen Amtsanforderungen nicht erfüllten, vgl. Kapitel III. 3.2. 2096 Stephan, Provinziallandtag, S. 51, der diese Aussage zusätzlich auf den Düsseldorfer Abgeordneten Philipp Schöller bezieht, weil beide ihre Berufe nicht ausübten. 2097 LHAK 403A 35 Bd. 2, Sitzung von 12.7.1841, Bl. 48 f. 2098 Ebd., Bl. 52. 2099 Nach Hansen, Briefe, S. 185 erkannte Otto Camphausen die Redensarten seines Bruders Ludolf im Landtag problemlos. Loë hatte seit 1837 einen Sitz im zweiten Stand. 2100 Vgl. Kapitel III. 3.2 und 4.2. Nach Spiertz, Groote, S. 184 bestand die Uniform aus einem dunkelblauen Rock und hellblauen Kragen mit silbernen Aufschlägen.
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Sonderstellung der Beamten in Bezug auf ihre eingeschränkten Wahlmöglichkeiten kritisierte.2101 Enge private Beziehungen und die gemeinsame Zugehörigkeit zum Stadtrat förderten das geschlossene Auftreten der Trierer Abgeordneten, das sich aufgrund der Mandatsverschiebungen im Parlament vergegenwärtigte und von den personell ebenso engmaschigen, aber statischen Netzwerken der Kölner Abgeordneten abhob. Die ungewöhnlichen Wechsel in Trier setzten den Zusammenhalt der lokalen Notabelngesellschaft und vorangegangene, systematische Wahlabsprachen voraus. Sie umfassten sowohl die wenigen ortsansässigen Rittergutsbesitzer als auch die Wähler der Landgemeinden und lassen sich anhand der Stimmverteilung in den überlieferten Wahlprotokollen nachvollziehen.2102 Im weiteren Verlauf der Plenumsdiskussion wurden solche Absprachen angesprochen und für nützlich befunden.2103 Erst als der Elberfelder Fabrikant August von der Heydt die in Kapitel III. 4.3 erwähnten Intrigen 2104 der zuletzt vorangegangenen Landtagswahlen ansprach, fand die standesübergreifende Einhelligkeit über das informelle Networking ein Ende. Sein Kollege Schuchard setzte sich für das Mittel der „itio partes“, d. h. für eine ständische Beratung der Wahlrechtsfragen, ein und zielte auf den Ausschluss des autonomen Adels im Stand der Rittergutsbesitzer ab. Spätestens jetzt kamen die konfessionellen Spannungen zur Sprache, die der Aachener Abgeordnete Johann Peter Joseph Monheim mit der Petition für die Freilassung des Kölner Erzbischofs wenige Tage zuvor hervorgerufen hatte.2105 Denn das in der Geschäftsordnung zur Entscheidungsfindung festgelegte Mittel der Absonderung verlieh den im dritten Stand am stärksten vertretenen protestantischen Notablen wie Schuchard und Heydt einen größeren Stimmanteil. Gleichzeitig widersprach es dem Selbstverständnis der meisten Stadtverordneten und ihren wechselnden Koalitionen, da es auch standesübergreifend agierende Notabeln wie Haw oder den Kölner Beigeordneten von Herwegh überging und daher nur selten angewandt wurde.2106 2101 LHAK 403A 35 Bd. 2, Sitzung vom 14.7.1841, Bl. 73 f., wobei sie dies als allgemeine Klage im Rheinlande darstellten. Zu Anspruch und Wirklichkeit der Berufsverteilung vgl. Stephan, Provinziallandtag, S. 71–77. Zur Wahlrechtsdebatte der frühen 1840er Jahre in der gesamten Monarchie siehe Obenaus, Parlamentarismus, S. 571–579. 2102 StATr Tb 13–5, vgl. Stephan, Provinziallandtag, S. 84–86. Obenaus, Parlamentarismus, S. 298–304 spricht aufgrund der Berufsanalyse von einer „Anomalie“ im vierten Stand der westlichen Landtage, obwohl das Kriterium der Selbstbewirtschaftung galt. Die Angaben zur allgemeinen AbgeordnetenFluktuation bei ebd., S. 273 f. verleiten zu Fehlinterpretationen, weil sie die Standeswechsel nicht berücksichtigen. 2103 Herwegh zit. n. LHAK 403A 35 Bd. 1, Sitzung vom 24.7.1841. 2104 Ebd., Sitzung vom 30.6.1841, Bl. 171, wobei die konfessionellen Streitigkeiten aus Kapitel III. 4.3 gemeint waren. 2105 Vgl. ebd. und allgemein Obenaus, Parlamentarismus, S. 271. Die Freilassung des Erzbischofs wurde unter LHAK 403A 35 Bd. 1, Bl. 19 von Monheim beantragt und hatte zahlreiche, u. a. von Hermann Joseph Dietz vorgebrachte, Petitionen aus der Bevölkerung nach sich gezogen. Diese wurden unter ebd., Bl. 90–120 am 18.6.1841 besprochen. 2106 LHAK 403A 35 Bd. 1, Sitzung vom 30.6.1841, Bl. 173 f. Zur itio partes vgl. Croon, Provinziallandtag, S. 58 f., Obenaus, Parlamentarismus, S. 374 f. und Gehrke, Landtag, S. 131.
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Der neue Landtagsmarschall Ludwig Fürst von Hohensolms-Lich bemühte sich als reformierter Vertreter des auswärtigen Adels und preußischer Staatsrat um einen geregelten Verhandlungsverlauf und eine unabhängige Mittlerposition, die in Religionsfragen von Vertretern des autonomen Adels nicht anerkannt wurde. Im Fall der Wahlrechtsdebatte konnte er ein Seperatvotum der Städte jedoch mit der Begründung unterbinden, dass S[eine] Majestät durch die Protocolle hinlänglich die Ansichten der Stände kennen lernte. 2107 Diese Feststellung traf neuerdings auch auf die Bevölkerung zu. Darin bestand die zweite Sensation, die das Verhalten der Abgeordneten nach dem Kölner Ereignis beeinflusste. Denn analog zu den bisher aufgezeigten Integrationsmaßnahmen der preußischen Zentrale ließ die wohlwollende Lockerung der Verschwiegenheitspflicht neue Kritik aufkommen. So beantragte Monheim in der darauffolgenden Sitzung die vollständige Publikation seines Antrags in der erzbischöflichen Sache, da die zensierte Darstellung der Landtagsverhandlungen in der Zeitung sein Auftreten seiner Meinung nach nicht adäquat wiedergab.2108 Der Apotheker hatte sich – gemeinsam mit einigen Adeligen und seinem Stadtratskollegen Dietz aus Koblenz – die Interessen der Kölner Bürger zu eigen gemacht und dabei seine in Kapitel III. 3.2 kritisierte Vortragsqualität noch immer nicht verbessert. Für seine vom Blatt abgelesene Rede wurde er inhaltlich und formal zurechtgewiesen, wobei sich insbesondere Adolph Steinberger persönlich angegriffen fühlte.2109 Als inner- und außerparlamentarischer Repräsentant Kölns verwies er auf seine Heilige Pflicht die Angelegenheit in Berlin persönlich angesprochen zu haben. 2110 Steinbergers Begleitung, Eberhard von Groote, war ebenfalls anwesend und erinnerte als zuständiger Referent des Antrags an die weitreichenden Folgen der kirchenpolitischen Forderungen, zu denen auch seine eigene Integrität als katholischer Rittergutsbesitzer, Stadtrat und Präsident der Kölner Armenverwaltung gehörte.2111 Der Konflikt kann als Beleg dafür angeführt werden, dass die Anonymisierung der Protokolle eine wirkungslose Tilgung war, die sich mit Orts- und Personenkenntnissen, einer sorgfältigen Lektüre oder mit auswärtigen Blättern auflösen lies. Groote war an der Seite des Landtagsmarschalls für die Außenwahrnehmung des Landtags mitverantwortlich und sprach sich dafür aus, dass wenigstens die Namen bei den Protokollen für die Abgeordneten genannt werden dürfen. 2112 Da die Herren bis zu zehn Exemplare zum Haus2107 LHAK 403A 35 Bd. 1, Sitzung vom 30.6.1841, Bl. 173. Zu Hohensolms-Lich siehe Croon, Provinziallandtag, S. 54. 2108 LHAK 403A 35 Bd. 1, Sitzung vom 1.7.1841. Einer erneuter Antrag mit Unterstützung durch Loë erfolgte am 22.7.1841 unter ebd. Bd. 2 im Kontext der Diskussionen über die Pressefreiheit, vgl. Monheim, Monheim, S. 159–181 und S. 196 f. 2109 LHAK 403A 35 Bd. 1, Sitzung vom 18.6.1841, Bl. 104. Dietz hatte unter ebd., Bl. 91 f. eine Petition der Kölner Bürger vorgelegt. 2110 Ebd., Bl. 130. 2111 Vgl. Spiertz, Groote, S. 214–217. 2112 LHAK 403A 35 Bd. 1, Sitzung vom 14.6.1841, Bl. 54, eine Woche vorher war unter ebd., Bl. 26 darüber diskutiert worden, den Abgeordneten eine Nummer zu geben. Groote war dem Landtagsmarschall in der ersten Landtagssitzung am 23.5.1841 als redaktionelle Hilfe zugeordnet worden
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gebrauch erhielten und diese in der Regel im Stadtrat ablieferten und in Umlauf brachten, blieb sein Wunsch unerfüllt, die Anfertigung eigener Notizen also eine hilfreiche, letztlich aber anfechtbare Gedankenstütze.2113 Dabei war die nachträgliche Rechenschaft für die Stadtvertreter besonders wichtig und für die Kölner Abgeordneten im Jahr 1841 besonders problematisch – Groote und Steinberger sollen nach dem Landtag mit öffentlicher Katzenmusik statt mit Ehren in den Straßen Kölns empfangen worden sein.2114 Anders als die vorangegangenen zumeist auswärtigen Informationen aus zweiter oder dritter Hand, wurde den in der Presse abgedruckten Aussagen der Abgeordneten mit der Offizialität der Veröffentlichung mehr Authentizität, d. h. mehr Gewicht verliehen. Die Zusammenfassungen während der Tagungsperiode unterlagen dem subjektiven Eindruck des Protokollanten, dem Wohlwollen des zensierenden Düsseldorfer Landrats und der Kontrolle des Landtagsmarschalls. Insofern hatte sich die preußische Zentrale die Zensur erstmals aktiv zunutze gemacht und ein wirksames Instrument zur Meinungslenkung geschaffen, dem durch geheime Korrespondenzen und die Beobachtungen auswärtiger Blätter jedoch Grenzen gesetzt waren. Bei strittigen Themen eröffneten die Protokolle Raum für Interpretationen, die in eben diesen Blättern artikuliert wurden und ihre Zuhilfenahme geradezu herausforderten.2115 Für die Personen vor Ort bedeutete dies eine doppelte Belastung, die der Protokollant Heinrich Kamp 1841 nicht alleine tragen wollte, zumal er gleichzeitig als reformierter Fabrikant und Handelskammerpräsident ein Abgeordnetenmandat für die Stadt Elberfeld ausübte. Seine Aufgabe wurde ihm vom Landtagsmarschall verliehen und vom Plenum bestätigt. Diese eigenständig beanspruchte Mitbestimmung war in Verbindung mit Kamps Standeszugehörigkeit ein weiterer arbeitsorganisatorischer Vorteil gegenüber den meisten anderen Provinzialständen, in denen die Rittergutsbesitzer üblicherweise Protokoll führten. Wie wichtig diese Personalentscheidungen waren, bewies sein Nachund beantragte einen Ausschuss, da die Verantwortlichkeit für die getreue Auffassung und Darstellung des Bildes der Verhandlungen auf einem Einzelnen zu schwer laste. Nach Obenaus, Parlamentarismus, S. 378 war die Aufnahme von Namen auf Wunsch im Rahmen der Mustergeschäftsordnung durchaus möglich. 2113 Obenaus, Parlamentarismus, S. 549 f., vgl. exemplarisch die Übergabe der Protokolle und die anschließende Archivierung, dokumentiert unter StAAc PRZ 1–14, Eintrag vom 18.6.1844 sowie die für die Arbeit ausgewerteten Notizen der Abgeordneten Monheim unter ebd. FAM 5–35, Loë unter ASW 107, 108, 111, 112, Spee unter ASH 95–98. 2114 Gerlach an Rochow am 30.6.1841 zit. n. Hansen, Briefe, S. 288 f. Peter Ludwig Mohr sprach sich auf dem vierten Landtag am 11.12.1833 unter LHAK 403A 33 Bd. 1, Bl. 287 f. entschieden gegen den Mangel an Öffentlichkeit aus: Daher komme es dann auch, daß unser ständisches Provinzialinstitut nur von wenigen gehörig gewürdigt, von den meisten aber mit ungemeiner Gleichgültigkeit [betrachtet werde], die allen hier versammelten Deputierten, welche das Bewußtsein haben der Provinz wirklich nützlich gewesen zu sein, als sie es weiß und glaubt, schmerzlich seyn müsse. 2115 Croon, Provinziallandtag, S. 63 f. Zur Arbeitsweise siehe Obenaus, Parlamentarismus, S. 546–548. Die AAZ Nr. 53 vom 22.2.1845 erwähnt beispielsweise, dass eine Landtagsrede von Camphausen nicht gedruckt worden sei.
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folger aus dem zweiten Stand, Josef Wergifosse, im Jahr 1845 dadurch, dass er die von ihm redigierten Protokolle heimlich vervielfältigte.2116 Obwohl die Aufzeichnungen zu Beginn einer jeden Sitzung begutachtet wurden, bezeichnete Maximilian von Loë die erste Verschriftlichung des Gesagten als erste Zensurmaßnahme.2117 Die von ihm, Merkens, Haw u. a. seit 1833 geforderte Anstellung einer paritätisch besetzten Redaktion und eines unabhängigen Geschwindschreibers 2118 wurde mit der Ausdehnung der Verhandlungen im Jahr 1843 umgesetzt.2119 Der pragmatische Vorschlag beruhte auf der Unzufriedenheit mit der Unvollständigkeit der Zusammenfassungen und den weitaus professionelleren Verwaltungserfahrungen so mancher Amtmänner. Haws eingangs zu Protokoll gegebenen Wahlpraktiken wurden in dem entsprechenden Bericht der Düsseldorfer Zeitung beispielsweise übergangen bzw. mit einer gegenteiligen Behauptung negiert. Auch dürfte es dem ausgeprägtem Selbstbewusstsein des sorgsamen Verwaltungsfachmanns widersprochen haben, dass seine wortgewandte Dekonstruktion der Ständeordnung sich nur in der wörtlichen Wiedergabe der standesbewussten Entgegnung des Freiherrn von Loë und der anschließenden Plenumsdiskussion über die Charakteristiken des vierten Standes andeutete. Die exemplarisch konsultierte Darstellung vom 21. Juli 1841 erscheint überraschend ausführlich und weist eine gekonnte Sinnverschiebung im Vergleich zur protokollierten Gesprächssituation auf, indem nicht die Infragestellung, sondern die Rechtfertigung der Ständeordnung im Fokus des Textes stand. Gleichzeitig beinhaltete der Zeitungsbericht die Verwarnung des Landtagsmarschalls, daß die Ständeversammlung mit der Prüfung der Wahlen sich nicht zu beschäftigen habe, 2120 und gab den Leserinnen und Lesern zu verstehen, dass dies eben doch geschah. Daraus lässt sich ableiten, dass sich die Publizität des Landtags nach denselben komplizierten Wechselwirkungen richtete, die die lokale Medienlandschaft bestimmten.2121 2116 Hansen, Briefe, S. 851, nach ebd., S. 756 f. gab Wergifosse auch Informationen an Abgeordnete weiter. Kamp trat im Landtag oft an die Seite Schuchards und vertrat ebenso wie Wergifosse eher liberale Ansichten, vgl. Kamps Bitte um Unterstützung bei der Protokollführung durch einen weiteren Elberfelder Abgeordneten unter LHAK 403A 35 Bd. 1, Sitzung vom 23.5.1841 sowie Torunsky, Handbuch, S. 245 und S. 502 f., allgemein Obenaus, Parlamentarismus, S. 376 f. und Gehrke, Landtag, S. 144 für den schlesischen Landtag. 2117 Croon, Provinziallandtag, S. 56 f. 2118 LHAK 403A 33 Bd. 2, Sitzung vom 21.12.1833. 2119 Obenaus, Parlamentarismus, S. 376–379 und S. 548 f. 2120 DZ Nr. 198 vom 21.7.1841. 2121 Ebd., wobei behauptet wurde, dass die Ernennung der Stadt- und Gemeinderäthe sehr oft auf bloßen Vorschlag der Landräthe und Bürgermeister, oft sogar diesen Vorschlägen entgegen, von den Regierungen ausgehe und demnach durch die Anerkennung der Wählbarkeit in solcher Weise ernannte Gemeinderäthe dem Grundgesetze zu nahe getreten werden würde, welches nur von gewählten Beamten spreche. Der achte Landtag begann am 10.2.1845 unter LHAK 403A 49 Bd. 1, Bl. 3 mit der Feststellung, dass zwei Stenographen und eine Redaktion vor Ort seien. Obenaus, Parlamentarismus, S. 547 f. weist darauf hin, dass im Jahr 1845 sogar eine Rede des Oberpräsidenten von Vincke wegen der Zensurvorgaben nicht gedruckt werden konnte und skizziert eine verfassungsrechtliche Diskussion im schlesischen Landtag von 1841, die in der Presse ebenfalls diskursiv umgedeutet wurde und große Kritik hervorrief.
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In der Theorie trugen die Einblicke in das Parlamentsgeschehen zur gewünschten Reputation der Abgeordneten und zur Sichtbarkeit der Regionalrepräsentation, in der Praxis – auch nach der Anstellung von zwei Stenographen – eher zu Verkomplizierung der Verwaltungskommunikation, denn zu ihrer angestrebten Vereinfachung bei. Neben den inhaltlichen Anforderungen an den Rezipienten verdeckten sie auch die Tatsache, dass die „integrative und dissoziative Dynamik“2122 der Sprache im Plenum zunahm, um mit kollektiven Beschreibungskategorien ein wörtlich zu nehmendes „Wir-Gefühl“ untereinander und mit den zu repräsentierenden Bevölkerungsteilen herzustellen.2123 Nicht zuletzt wegen dieser von Thomas Mergel beobachteten Relevanz der Wortwahl wurde der Wunsch nach unverkürzten Wiedergabe 2124 der Landtagsdebatten in den darauffolgenden Jahren immer lauter und immer öfter mit der allgemeinen Forderung nach Pressefreiheit verbunden. Mohr spielte sogar auf den Verfassungsdiskurs an, indem er 1843 behauptete, dass durch die Zensur der Verhandlungen der Bevölkerung ihr Recht auf Mitbestimmung entzogen werde.2125 Die Diskussionen über die Außenwirkung des Landtagsgeschehens innerhalb des Landtags waren einer Entwicklung geschuldet, die von einzelnen Abgeordneten bewusst vorangetrieben und von der Forschung als Voraussetzung für die revolutionäre Bewegung 1848/49 betrachtet wurde: War die öffentliche Meinung bisher – ebenso wie das Gleichheitsideal – „für die Vormärzliberalen eine Leitidee, keine empirische Beschreibungskategorie,“2126 so erhielt ihr argumentativer Einsatz als politische Partizipationsstrategie in den 1840er Jahren eine neue Dimension, deren Erfolg von zwei Faktoren abhängig war: Zum einen konnten sich politisch interessierte und lesefähige Teile der Bevölkerung ab 1841 tatsächlich anhand der Protokolle eine Meinung bilden und diese Meinung – wie weiter unten ausgeführt wird – im öffentlichen Raum verifizieren. Zum anderen avancierte die öffentliche Meinung in Berlin insoweit zur vielfach beschworenen politischen Macht, als dass diese ihr vom Innenministerium und von den Zeitgenossen verliehen wurde.2127 Als Friedrich Wilhelm IV. sie mit neuen Restriktionen zu bändigen versuchte, setzten sich weite Teile der Gesellschaft und nahezu alle Stadträte innerhalb und außerhalb der Rheinprovinz für die Aufhebung der Zensur und die Freiheit der Presse ein. Diesbezüglich 2122 Vgl. Mergel, Kultur, S. 271–274. 2123 Ebd. Obenaus, Parlamentarismus, S. 428 beschreibt „das Selbstverständnis der Provinzialstände, ein vollwertiges Organ der preußischen Gesetzgebung zu sein, das bis in die Formulierung hinein seine Auffassungen der Staatsregierung nahezubringen habe,“ als wesentliches Element der Sprache. 2124 Merkens zit. n. LHAK 403A 35 Bd. 1, Sitzung vom 17.6.1841. Die Forderung war mit der Forderung nach Preßfreiheit verbunden. Loë forderte am 24.7.1841 unter ebd. die Veröffentlichung in extenso. 2125 LHAK 403A 49 Bd. 1, Sitzung vom 25.2.1845, Bl. 154. Er hatte bereits auf dem vierten Landtag am 11.12.1833 unter ebd. 33 Bd. 1, Bl. 287 f. konstatiert: Die fortschreitende Civilisation, oder wie man es nennen möge, die Zeit, wolle auch am Rhein ihre Rechte geltend machen. Die öffentliche Meinung wolle gehört seyn. Zu ähnlichen Forderungen im schlesischen und in anderen Landtagen vgl. Gehrke, Landtag, S. 140 und S. 156–158. 2126 Zimmermann, Journalismus, S. 16, vgl. ähnlich Hölscher, Struktur, S. 26. 2127 Koselleck, Reform, S. 428–433, Obenaus, Parlamentarismus, S. 588. Nach Herres, Vereine, S. 145 entwickelte sich die Presse daher von einer „moralischen Kategorie zu einer praktischen Realität.“
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wurde im sechsten rheinischen Landtag festgestellt, dass es sich dabei um nichts geringeres als die Lossagung der in allen deutschen Landesstaaten bestehenden Gesetzgebung handelte, und diese im südlichen Deutschland schon auf allen Landtagen über Wochen und Monate verhandelte worden sei, 2128 ohne dass es zu einem Ergebnis gekommen wäre. Dennoch wurde das Thema nicht – wie vom zitierten Abgeordneten Fürst von Braunfels intendiert – fallengelassen, sondern auf fast 100 Protokollseiten ausgebreitet, in offiziellen Petitionen wiederholt und im Rahmen der darauffolgenden Landtagsperioden – mit Rückendeckung der ostpreußischen Landtage – weiterverfolgt.2129 Schließlich hatte die Verfassungsbewegung die Notabeln gelehrt, dass sich der preußische König nur bedingt von den politischen Entwicklungen im deutschen Bund beeindrucken ließ. Die parlamentarische Kultur in den süddeutschen Verfassungsstaaten war nicht nur durch eine gemäßigtere Zensur und die Bekanntgabe der Redner in den publizierten Verhandlungsprotokollen geprägt, sondern auch durch die begrenzte Anwesenheit von Zuschauern modernisiert worden. Im Wissen um die relative Unabhängigkeit Preußens in dem politischen Raum, den man mehr und mehr zu einem „Deutschland“2130 stilisierte, wurden die Bestrebungen der Nachbarn in der Presse verfolgt, honoriert und zum Vorbild genommen, aber nur selten diskutiert oder argumentativ ins Feld geführt.2131 In etwa zeitgleich weitete sich das Adresswesen in allen Bundesstaaten und Provinzen daher quantitativ und qualitativ zu einer regelrechten „Petitionsflut“2132 aus. Im Vergleich zu den Verfassungs-, Steuer- und Justizbewegungen am Beginn der preußischen Herrschaftsphase reichten die Themen der Bittschriften, die in den 1840er Jahren im rheinischen Ständehaus eingingen, von lokalen Verbesserungen über die Einschränkung der Kinderarbeit bis zur Emanzipation der Juden. Die Forderungspalette impliziert, dass die zunehmende Öffentlichkeit des Provinziallandtags mit einer ansteigenden Indienstnahme der Abgeordnetentätigkeit einherging.2133 Auch kann die in Kapitel III. 2.3 aufgestellte These bestätigt werden, dass ihre verstärkten Partizipationsbestrebungen innerhalb des Parlaments die Partizipationsansprüche bestimmter Gruppen außerhalb des Parlaments verstärkten. Neu war lediglich, dass die Petition als legitimes Partizipationsmittel, das bisher kollektiv und kongruent von den Stadträten eingesetzt wurde, jetzt auch in gro2128 Graf Reinhard zu Solms-Laubach, Stellvertreter des Fürst zu Solms-Braunfels, zit. n. LHAK 403A 35 Bd. 2, Bl. 116, Sitzung vom 19.7.1841. 2129 Ebd., Bl. 116–141, vgl. exemplarisch Camphausens privater Bericht des Provinziallandtags an seinen Bruder vom 21.5.1843, abgedruckt bei Hansen, Briefe, S. 531 f. und die weiteren Quellen bei ebd., S. 279, S. 521 und S. 540–542 sowie Koselleck, Reform, S. 431 f.; Croon, Provinziallandtag, S. 62–64; Haase, Haw, S. 124–127 und Herres, Köln, S. 202, der zwischen 1841 und 1843 allein in Köln 1.000 Unterschriften für die Pressefreiheit zählt. 2130 Vgl. exemplarisch LHAK 403A 35 Bd. 2, Bl. 116, Sitzung vom 19.7.1841. 2131 Das ergab die Durchsicht der Protokolle der Provinziallandtage. Zur Öffentlichkeit in Süddeutschland vgl. zusammenfassend Gehrke, Landtag, S. 158, wobei Hessen, Baden, Württemberg und Sachsen gemeint sind. 2132 Herres, Koblenz, S. 147. 2133 Vgl. ders., Vereine, S. 176–192; Croon, Provinziallandtag, S. 73; Obenaus, Parlamentarismus, S. 583– 593; Kastner, Emanzipation; ders., Kinderarbeit.
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ßem Stil gegen sie selbst verwendet werden konnte. In Köln wandten sich beispielsweise die Handwerkermeister mit einer Supplik gegen die Gewerbeordnung an den König und an die ausländische Presse, weil sie trotz ihrer formellen Wählbarkeit nicht im Landtag vertreten waren.2134 Des Weiteren trat der Kreis oppositioneller Kaufleute, der bereits die Handelskammer kritisiert und zeitweise übernommen hatte, eigenständig und mit Hilfe von 450 Unterschriften für die Einführung der revidierten Städteordnung ein, um der Beharrungskraft der Notabeln im Stadtrat ein Ende zu bereiten. Jürgen Herres ist der Ansicht, dass sich der „Mittelstand“2135 dadurch eine politische Mitsprache erhoffte, die ihm von der Notabelngesellschaft verwehrt und von der Berliner Zentrale erstaunlicherweise ebenfalls nicht ermöglicht wurde. Die fehlende Unterstützung verweist auf den herrschaftslegitimierenden Status, den die lokalen Honoratioren mit und ohne Adelstitel seit dem Herrschaftswechsel behauptet hatten und die ihnen zugedachte Funktion für die innerstädtische Ruhe und Ordnung. Da sich auch die Stadträte Matthias Hölterhoff, Adolph Reusch und Elias Mumm sowie Bankier Simon Oppenheim unter den Opponenten befanden, ist die Konkurrenz nicht nur auf „das wachsende Selbstbewusstsein der aus dem Handwerk kommenden Unternehmensgründer“2136, sondern auch auf die sich ausbildenden Parteiungen innerhalb der Oberschicht zurückzuführen.2137 In den anderen Untersuchungsstädten und im Provinziallandtag hatten sie zunächst keine Stimme, obwohl Ludolf Camphausen in Düsseldorf als neuer Repräsentant der Stadt Köln und der nächsten Notabelngeneration Abraham Oppenheim und andere uneingeladene Bittsteller aus allen Bevölkerungsgruppen in seiner Privatwohnung empfing.2138 Nach der Beilegung der kirchenpolitischen Differenzen und der erfolgreichen Eröffnung der rheinischen Eisenbahn zog er kurz vor David Hansemann als einer der jüngsten Nota2134 AAZ Nr. 49 vom 18.2.1842, wobei die Petition dem König bei seiner Anwesenheit übergeben wurde und die Handwerker darum baten, die alte Zucht und Sitte und das verschwundene Ehrgefühl in die Gewerbe zurückzuführen und wiederum ihre eigenen Standesinteressen, für welche die Mitglieder der höhern Stände nicht die ins Einzelne gehende Kenntniß, nicht den erforderlichen Grad von Sorgfalt haben können, unter der Aufsicht und in unmittelbarer Verbindung mit den Behörden selbst zu überwachen und wahrzunehmen. Nach Stephan, Provinziallandtag, S. 76 hing dies auch mit der erforderlichen Abwesenheit während der Landtage zusammen, vgl. Lenger, Kleinbürgertum, S. 184. 2135 Herres, Köln, S. 143. 2136 Ebd., S. 144. 2137 Nach ebd., S. 142–147 hatte man sich auf Initiative des Maurermeisters Jacob Pallenberg bereits 1833 an den Kronprinzen gewandt, woraufhin 1835 die Petition gegen die aktuelle „einseitige Combination“ des Stadtrats folgte. Das Innenministerium betrachtete die Unterzeichner allerdings als Minorität des „nicht urtheilsfähigen Publikums“. Nach ebd., S. 202 unterstützten 3.000 Bürger aus Köln im Jahr 1843 eine allgemeine Bitte um den Erlass einer „auf Wahlen beruhenden Kommunalverwaltung“. Ders., Vereine, S. 179 betont, dass bei den darauffolgenden Petitionen die „Unterschriften von demokratischen, liberalen und katholischen Bürgerlichen einträchtig nebeneinander“ standen, vgl. hierzu die anonyme Eingabe der Kölner unter LHAK 403 5341. 2138 Nach Hansen, Briefe, S. 527 berichtete Ludolf Camphausen am 8.5.1843 von einem langen, gewandten Vortrag […] für die Emanzipation der Juden durch Oppenheim und dem Besuch von einer Deputation der Apotheker, Schuster Schutzenbach, namens 600 Handwerker[n] sowie anderen Zumutungen für den Landtag.
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beln im Alter von 40 Jahren ins Ständehaus ein. Die öffentlich gerühmten Wortgefechte, die er sich dort insbesondere mit dem zwei Jahre älteren Adelsvertreter von Loë lieferte, trugen beide nach den Sitzungen angeblich sehr freundlich in ihren privaten Unterkünften aus.2139 Der Düsseldorfer Regierungspräsident von Spiegel beobachtete solche Besuche, in denen seiner Meinung nach vor allem von der ultraliberalen Partei gegen einzelne harmlose Abgeordnete, […] ein Beredungs- und fast Zwangsverfahren ausgeübt wurde.2140 Die Öffentlichkeit des Landtags hob die Bedeutung von Ersatzforen politischer Kommunikation (auch aufgrund ihrer Unzulänglichkeit) folglich nicht auf, sondern schloss sie als Ergänzung, Reproduktion und Reaktion in die politischen Aushandlungsprozesse mit ein.2141 Das bedeutete, dass Petitionen mehr oder weniger offen zur freien Unterzeichnung in Wirtshäusern, Leihbibliotheken und Vereinen auslagen und die Bevölkerung zur Partizipation animierten.2142 Darüber hinaus ergaben sich abseits der Verhandlungen, auf den Straßen und Plätzen oder bei Mittagsessen und Tees, vielfältige Gelegenheiten, die Abgeordneten mit ihren bekannt gewordenen Aktivitäten zu konfrontieren. So berichtete Camphausen seinem Bruder über die Abstimmungen in der Preßsache am Ende des siebten Landtags, dass die Verneinenden […] hie und da Unangenehmes [haben] hören müssen, wozu auch ein nicht ohne Geist verfasstes Spottgedicht gegen Steffens und Pastor gehört[e]. 2143 Spiegel bestätigte dies dem Innenministerium und sprach von einem Einschüchterungssystem, dass sich durch Flugschriften und Zuschriften in Düsseldorf etabliert hatte.2144 Dennoch ging die Mißstimmung und Unzufriedenheit, welche sich in der Provinz sichtbar kundg[ab], nicht aus der untern Volksklasse, sondern von den sogenannten gebildeten Ständen aus, welche sich in den Erwartungen, die sie bei dem Regierungsantritt des jetzt regierenden Königs Majestät hegten, getäuscht f[a]nden und ihre Ideen von Frei2139 Vgl. Camphausens Brief an seinen Bruder Otto vom 14.6.1843 abgedruckt bei ebd., S. 539–541, wonach Loë ihm angeblich eine Art von politisch-religiösen Glaubensbekenntnisse vor[trug]. 2140 Spiegel an Arnim am 6.9.1843 zit. n. ebd., S. 584 f., wobei eher von einer umfassenden Beeinflussung aller Gruppen untereinander auszugehen ist. Zum Altersdurchschnitt der Abgeordneten von rund 50 Jahren siehe Stephan, Provinziallandtag, S. 69. Für den Stand Köln waren Mylius ab 1841 und Herwegh ab 1843 ausgeschieden, ab 1841 war Grootes Schwiegervater von Kempis anwesend. Hansemann trat 1845 die Nachfolge Monheims für Aachen an. 2141 Vgl. Kapitel III. 2.4 und 3.2; die exemplarisch von Obenaus, Parlamentarismus, S. 594–616 hervorgehobene Rolle von Vereinen als Voraussetzung für die Parteibildung gilt als gesichert. Anhaltspunkte, die die Meinung im vorliegenden Zusammenhang überregional bestätigen liefern Gehrke, Landtag, S. 384–387 für Schlesien sowie Lipp, Verein und dies./Krempel, Petitions für Württemberg. 2142 Herres, Vereine, S. 177. Nach Hansen, Briefe, S. 414–416 und S. 463–465 zirkulierte eine von 911 Personen unterzeichnete Petition für die Rheinische Zeitung vom 30.1.1843 von Haus zu Haus und wurde anschließend in der SAZ publiziert. Unter den Unterzeichnern befanden sich auch Vertreter der Regierung und des Stadtrats. 2143 Ludolf an Otto Camphausen am 20.7.1843 zit. n. Hansen, Briefe, S. 561. Auch sei diesen Abgeordneten das Verbot der Empfangsfeierlichkeiten in ihren Heimatstädten nicht unerwünscht gewesen. Unter ebd., S. 835 berichtet er von Tees und Mittagsessen. 2144 Spiegel an Graf Arnim am 6.9.1843 zit. n. Hansen, Briefe, S. 584 f., weil die Abstimmungslisten fast täglich an liberale Kolpoteure verteilt worden und in Caféhäusern ausgelegt gewesen sein sollen.
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heit der Presse und Volksvertretung um jeden Preis verwirklicht zu sehen wünsch[t]en. 2145 Diese Einschätzung des Oberpräsidenten von Schaper ließ sich während des darauffolgenden Provinziallandtags an seinem Dienstort beobachten. Im ehemaligen kurfürstlichen Schloss in Koblenz stand im Zeitraum vom 9. Februar bis 2. April 1845 die Verfassungsfrage im Vordergrund. Der Ortswechsel war auf Antrag des Trierer Abgeordneten Kayser gegen den Widerstand des Düsseldorfer Stadtrats und seines ständischen Deputierten Philipp Schöller per Mehrheitsentscheid bis zur Instandsetzung des Düsseldorfer Schlosses durchgesetzt worden.2146 Sodann wurden während der Verhandlungen mindestens 15 Petitionen mit tausenden Unterschriften für die Einlösung des Verfassungsversprechens eingebracht.2147 Drei Adressen aus Trier fanden 800, sechs Bittschriften aus Köln rund 500 Befürworter.2148 Eine Adresse, die zwar ziemlich blumig und verklausuliert im Stil, aber im Inhalt durchgängig für gemäßigte Anforderungen befriedigend war, kam laut Gustav von Mevissen im Koblenzer Casino mit 63 gegen 13 Stimmen zu Stande.2149 Dabei stellte das Casino angesichts der geringen Beteiligungsquote bei über 300 or dentlichen Mitgliedern kein politisches Netzwerk oder gar eine liberale „Kampfgemeinschaft“2150 aus geselligen Kreisen dar. Vielmehr ist Giesela Mettele beizupflichten, dass die Casinos nahezu überall „Männer [einten], die im politischen Leben gegeneinander standen“2151 und daher als Kommunikationsknoten verschiedener Netzwerke fungierten. Für die Einschätzung politischer Partizipationsmöglichkeiten und den Einsatz von sozialem Kapital ist diese Heterogenität im Hinterkopf zu behalten, weil sie mündliche Aushandlungsprozesse provozierte und vereinsinterne politische Proteste andernfalls nicht die Aufmerksamkeit bekommen hätten, die ihnen die Staatsdiener und Casinomitglieder vor Ort entgegenbrachten. Prägnante Beispiele hierfür sind die satirische Totenfeier, die der Rheinischen Zeitung in Anwesenheit der Zensoren und Regierungsräte 1843 im Kölner Casino gegeben wurde oder das königliche Geburtstagsfest im Koblenzer Casino, dem zahlreiche Notabeln und Stadträte aufgrund der Zensurbestimmungen fernblieben sowie die Abgeordnetenbankette, die das Ende des Kapitels bilden.2152 2145 Schaper an Arnim am 2.2.1844 zit. n. Hansen, Briefe, S. 619–624. 2146 Croon, Provinziallandtag, S. 46 f., vgl. Werquet, Historismus, S. 139–142. 2147 Vgl. die Liste der Petitionen und ihrer Unterstützer unter APR 0348 und Croon, Provinziallandtag, S. 116–124, wobei sich Camphausen und Hansemann als die engagiertesten Verteidiger der Verfassungspetitionen erwiesen und die in Kapitel III. 4.2 dargestellte Rolle der Wirtschaftsbürger im Verfassungsdiskurs bestätigen. 2148 Herres, Vereine, S. 177 f. Die Petitionen wurden im Vorfeld beispielsweise in der AAZ Nr. 26 vom 26.1.1845, Nr. 31 vom 31.1.1845 und Nr. 34 vom 3.3.1845 bekanntgegeben. 2149 Gustav von Mevissen in einem Brief an seinen Schwager W. Koenigs am 16.2.1845 zit. n. Hansen, Briefe, S. 755, vgl. Herres, Koblenz, S. 71 f. 2150 Müller, Stadt, S. 310 belegt das Casino mit diesem Begriff, vgl. Clemens, Franzosenfreunde, S. 173 und dies., Gründung, S. 262 sowie den in Kapitel III. 3.4 dargelegten Casino-Skandal. 2151 Mettele, Bürgertum, S. 172. 2152 Vgl. der Bericht der Angelegenheit in Koblenz vom 28.10.1843 unter LHAK 441 3055 sowie Hansen, Briefe, S. 588, wobei die Abwesenheit mit den verschärften Zensurbestimmungen begründet wurde. Für Köln siehe Mergel, Bürgertum, S. 64 und Mettele, Bürgertum, S. 173.
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Demgegenüber war die gemeinsame Besprechung und zumeist schriftliche Ausarbeitung der dem jeweiligen Repräsentanten zu übermittelnden Wünsche in den Rathäusern zu einer routinierten Verwaltungspraxis geworden, in die die Regierungen nicht mehr involviert wurden. Mit Ausnahme der bereits erwähnten semantischen Anpassungen und dem dezidierten Wunsch nach einer uneingeschränkten Preßfreiheit 2153 hatten sich diese Aufträge seit dem Beginn der preußischen Herrschaft nicht verändert. Jürgen Herres hat sie ausgewertet und kam zu dem Schluss, dass die Petition sich im Laufe der 1840er Jahre sogar „als Mittel des politischen Appells abgenutzt [hatte] und […] nur noch als politisches Demonstrationsinstrument“2154 taugte. Um ihr gemeinsam Nachdruck zu verleihen, erfolgte die Abstimmung der Stadträte nicht mehr nur im Informellen, sondern auch per Versammlungsaufruf in der Zeitung.2155 Noch immer stand die Einlösung des Verfassungsversprechens und die Modifikation der Steuerpolitik an erster Stelle.2156 Letzteres konkretisierte sich zunehmend in der aus der Bevölkerung weitergegebenen Bitte um die Abschaffung der Mahl- und Schlachtsteuer.2157 Zudem musste das bereits für gerettet geglaubte Rechtssystem 1843 erneut verteidigt werden, da Friedrich Wilhelm IV. dem sechsten Landtag eine Proposition zur Änderung des Strafrechts vorlegte. Eine Sitzung, schrieb die aufmerksame Presse – und man könnte hinzufügen: zahlreiche Petitionen: reichte[n] bei dieser mit ihrer Zeit sonst nicht sparsamen Versammlung hin die ganze Sache abzuthun. Die Presse klatscht Beifall; man durchdringt sich mit dem Gefühl einen großen Tag erlebt, einen herrlichen Sieg erkämpft zu haben; Festmahle und Deputationen befestigen den Landtag in dieser Ueberzeugung von der absoluten Vollkommenheit der französischen Gesetzgebung. 2158 Diese polemische Stellungnahme war – analog zum Kölner Ereignis – eine von vielen, unterschiedlichen Meinungen in der Augsburger Allgemeinen Zeitung und spiegelte die ungebrochene Rolle der Korrespondenten als Korrektiv und Kommentatoren innerhalb des Landtagsgeschehens wider.2159 Der anonyme Schreiber erinnerte an den französischen Ursprung des „Rheinischen Rechts“, den die Notabeln im Ständehaus vorgaben, längst vergessen zu haben. Im Land2153 Vgl. exemplarisch die Besprechung der Wünsche unter StAD 90014, Sitzung vom 29.1.1845. 2154 Herres, Vereine, S. 178. 2155 Vgl. die Beilage der TZ Nr. 177 vom 2.7.1843, in der die Stadt Köln ihre rheinischen Schwesternstädte zur Beratung des Vorgehens bezüglich der Strafgesetzbuchänderung in Köln aufrief. Dieses Verfahren wurde nach Hansen, Briefe, S. 549 in Berlin gerügt, war im Kontext der Revolution 1848/49 aber üblich. 2156 Vgl. Herres, Köln, S. 202 f. Die Forderungen wurden daher nicht in allen Protokollen explizit genannt. Einzelne Beispiele finden sich unter StAD 90014, Einträge vom 11.5.1843, 29.1.1845 und 11.2.1845; StAK 623 2189, Einträge vom 9.5.1843 und 14.4.1845; StATr Tb 100/12, Einträge vom 8.3. und 11.4.1843 und 18.1.1845; StAAc PRZ 1–15, Eintrag vom 11.2.1845. 2157 Vgl. Clemens/Thielen, Strömungen, S. 34–38 und exemplarisch die Debatte am 14.6.1841 unter LHAK 403A 35 Bd. 1, Bl. 56–62. 2158 AAZ Nr. 305 vom 1.11.1843, vgl. Croon, Provinziallandtag, S. 159–163 und allgemein Faber, Rheinlande, S. 175–186 sowie aus rechtswissenschaftlicher Perspektive Kleinbreuer, Strafgesetzbuch. 2159 Vgl. Kapitel III. 2.4 und die Einleitung von Kapitel 5.
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tagsabschied sprachen sie sich dafür aus, die Einführung des mitgeteilten Entwurfs in der Rheinprovinz nicht zu befehlen, dagegen aber allergnädigst zu verordnen, daß unter Zugrundelegung der rheinischen Gesetzgebung und der betreffenden Beratungsprotokolle des 7. rheinischen Landtags ein neuer Entwurf des Strafgesetzbuchs ausgearbeitet werde. 2160 Die laufende Ausarbeitung einer regionalspezifischen Gemeindeordnung und die Zeit, die seit der aufsehenerregenden Rechtsdebatte 1826 vergangen war, führte die seit Jahren anvisierte, im Rahmen der Demagogenverfolgung eingeleitete, aber von zahlreichen, (nicht nur) rheinischen Richtern verhinderte Abschaffung des „code penal“ ad absurdum und befand sich auf ihrer Seite – der zitierte Korrespondent nicht. Er konstatierte: Vieles was in jenem Ständesaal in Düsseldorf gesprochen, also in ursprünglicher wörtlicher Fassung ins Publikum gekommen, hat auch außerhalb der Provinz, der es zunächst gelten sollte, Aufmerksamkeit erregt und zu mancherlei Betrachtungen Anlass gegeben. 2161 Infolge dieser neuen überregionalen Informationsöffentlichkeit bestünden die symbolpolitischen Konsequenzen der rheinischen Partizipationsbestrebungen darin, dass die allgemeinen Bedürfnisse und Interessen des gesamten Staates hier berührt worden, öfter noch das Verhältnis der Bewohner der älteren Provinzen zu den Rheinländern, wie beider gesonderte Stellung zur Regierung hier zur Sprache gekommen seien. Weiterhin stellte er diese Positionen einander gegenüber und beschrieb den Rheinländer mit jener gutmüthigen, oft – möchte man sagen – liebenswürdigen Beschränktheit in der Vorliebe für den heimischen Boden und für die heimische Gesetzgebung als politischen Gegenspieler der preußischen Monarchie und der Kernprovinzen im Osten. Denn die Gleichheit des Gesetzes, des Gerichts, der Besteuerung, die Gleichheit aller Classen der Unterthanen in aller und jeder Beziehung, das ist sein politischen Ideal; […] Das ist es auch der mehr oder minder bewußt hervortretende Gedanke der meisten Rheinländer; der beste politische Zustand wäre erreicht, wenn das ganze Reich sich ihren Gesetzen unterwürfe. 2162 Diese Außenwirkung stand in krassem Kontrast zu anderen Berichten, insbesondere aus der holländischen und belgischen Perspektive, die die Verhandlungen translokal einordneten, überaus positiv bewerteten und die Kluft zwischen dem Osten und dem Westen der Monarchie diskursiv erweiterten. Ihr wurde insbesondere in den Landtagen der Provinzen Preußen, Posen und Schlesien aktiv entgegengewirkt, da die dortigen Abgeordneten ihren liberalen Kollegen im Westen in nichts nachstanden.2163 Doch es war ein Leichtes, öffentliche Indizien für das vornehme Herabsehen auf die altländischen Provinzen zu finden.2164 Zuletzt hatte der Generalprokurator des Kölner Appellationsgerichts 2160 Adresse vom 23.6.1843 zit. n. Croon, Provinziallandtag, S. 160. Nach ebd. wurde der Beschluss mit sechs Gegenstimmen angenommen. 2161 Beilage der AAZ Nr. 305 vom 1.11.1843, vgl. Kapitel III. 3.2 und Koselleck, Reform, S. 580. Neben Ruppen thal gehörte der 1801 in Brandenburg geborene Staatsprokurator Friedrich Gottfried Leue zu den Verteidigern des französischen Rechtswesens und zu den höchsten Staatsbeamten, vgl. hierzu Müller, Leue. 2162 Beilage der AAZ Nr. 305 vom 1.11.1843. 2163 Vgl. die AAZ Nr. 302 vom 29.10.1843 und Obenaus, Parlamentarismus, S. 567–571. 2164 Beilage der AAZ Nr. 305 vom 1.11.1843.
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in seiner Eröffnungsrede der jährlichen Assissenperiode die Prophezeiung gewagt, dass die Gerichtsäle alsbald überall, wie am Rhein, dem freien Zutritt des Volkes nicht mehr verschlossen sein würden, da das altländische Verfahren bereits so manche gedeihliche, der rheinischen Justizverfassung sich annäherende Reformen zu danken ha[be]. 2165 Diese öffentlichen Meinungsbilder gehörten zu den Resultaten einer langwierigen Integrationspolitik, die den Identitätsbildungsprozess der Rheinländer mitsamt seinen symbolpolitischen Inklusions- und Exklusionsformen durch das inkonsequente Lavieren zwischen Abweisung und Entgegenkommen herausgefordert hatte.2166 Sie wurden von den inländischen Zeitungsredakteuren sowohl dementiert als auch durch umfangreiche Festdarstellungen untermauert. So galt ein vollbesetztes Dampfschiff, das noch am Abend des 22. Juni 1843 feierlich von Köln nach Düsseldorf einzog, in der Zeitung als Zeichen der Dankbarkeit für die erneute Verteidigung des rheinischen Rechts, in dem entsprechenden Polizeibericht als Beleg für die Gesinnungsscheide, welche die Rheinlande von den alten Provinzen zur Zeit noch trennt. 2167 In den 1840er Jahren entwickelten sich die Empfänge der Abgeordneten während und nach ihrem Aufenthalt in Düsseldorf zu pompösen, zeitgleich abgehaltenen Feierlichkeiten, die die politische Festkultur auf eine neue Ebene manövrierten. Als politische Partizipationsform, die sich beispielsweise bei der Reise Ruppenthals im Jahr 1841 beobachten ließ, beruhten diese Bankettbewegungen prinzipiell auf denselben mündlichen und symbolischen Kommunikationsformen, die bei Staatsbesuchen üblich waren. Hieraus lässt sich ihre politische Sprengkraft ableiten, die sich vor allem seit der Julirevolution in Frankreich ausbildete und Bankette zu einer für den Vormärz (oder die Restaurationszeit) charakteristischen Möglichkeit der (halb-)öffentlichen Einflussnahme und indirekten Meinungsäußerung machte.2168 Neben Fackelzügen, Beleuchtungen und Paraden wurden die rheinischen Deputierten nach ihrer Rückkehr in die Heimath überall festlich bewirthet […], und die Zufriedenheit der Bevölkerung mit der Haltung des Landtags zeigte sich bei diesen Anlässen auf eine sehr entschiedene Weise. 2169 Umgekehrt verließen Oberpräsident von Schaper und die 2165 AAZ Nr. 317 vom 13.11.1842, vgl. Croon, Provinziallandtag, S. 162. 2166 Koselleck, Reform, S. 433, wobei eine Folge im „Autoritätsverlust der Beamten“ bestand. Camphausen schrieb seinem Bruder nach Hansen, Briefe, S. 605 f. am 5.11.1843, dass er die problematischen Außenwirkungen des Landtags und die Beilagen der AAZ persönlich mit Oberpräsident von Schaper besprochen hätte. 2167 Zensor St. Paul an Regierungsrat Bitter in Berlin am 23.6.1843 zit. Hansen, Briefe, S. 546–549, hier S. 546, wobei St. Paul nach Dittmer, Beamtenkonservatismus, S. 297 einen Hang zur pauschalen Charakterisierung der Rheinländer hatte. Vgl. die SAZ Nr. 173 vom 23.6.1843, die auf einen entsprechenden Artikel in der preußischen Staatszeitung reagiert und unter ebd. Nr. 174 die Überfahrt darstellt, bei der eine Deputation Kölner Bürger dem Landtagsmarschall im Rahmen eines Fackelzugs eine Dankadresse übergeben hatte. 2168 Roberts, banquets, S. 393–399; Mettele, Bürgertum, S. 258–261; Türk, Liberalismus, S. 25 f.; Schneider, Festkultur, S. 104–107 und S. 121, die die Abgeordnetenfeste als „Gegenfeste“ interpretiert. 2169 Vgl. die AAZ Nr. 108 vom 18.4.1845, die darüber hinaus mit folgender Behauptung die zitierte Außenwahrnehmung relativiert: Die Verhandlungen der ostpreußischen Provinzialstände über Preßfreiheit sind
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Regierungsbeamten demonstrativ den Ballsaal im Kölner Casino, als Eberhard von Groote am 4. Juli 1843 das Glas erhob, um die wohl begründete freisinnige Rechtsverfassung und ihre erneute Verteidigung zu preisen.2170 Camphausen verriet seinem Bruder, dass vorgängige Versammlung[en] zur Besprechung der Toaste bei den Landtagsfesten keine Seltenheit waren und der taktische Einsatz bestimmter Schlüsselbegriffe häufig zur Abstimmung kam.2171 Der König, dessen Wohl sonst üblicherweise den Trinkspruch bildete, reagierte mit einer öffentlichen Missbilligung des Landtagsabschieds und der Abweisung der meisten provinzialständischen Entscheidungen. Er warf den Abgeordneten einen Mangel an unbefangener und vorurteilsfreier Prüfung 2172 vor und erließ eine Instruktion, die Staatsdienern die Teilnahme an den Feierlichkeiten untersagte und die Veranstaltungen somit offiziell politisierte.2173 Mit dem Schlusse des Landtags und der geräuschlosen Rückkehr der Deputierten, schien für die Koblenzer Regierung daraufhin auch das durch die Tagespresse gesteigerte Interesse für die desfallsigen Verhandlungen mehr und mehr sich aus der Allgemeinheit des öffentlichen Lebens in das engere Gebiet individueller Mittheilung von Meinungen und Beurtheilungen zurückgezogen zu haben. 2174 Doch diese vage formulierte Aussage ließ sich bereits im darauffolgenden Jahr nicht mehr halten. Viele Beamte gehörten zu den Festteilnehmern und zum Bekanntenkreis der Abgeordneten. Im Düsseldorfer Stadtrat plädierte ausgerechnet der ehemalige Regierungsrat, der die Tätigkeit des Gremiums sonst blockierte, Heinrich von Sybel für einen Empfang des neuen Abgeordneten, Handelskammerpräsidenten und Stadtrats Gerhard Baum.2175
2170
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hier wo die politische Entwicklung in unausgesetztem Fortschritte begriffen ist, allgemein mit demselben Eifer gelesen worden, wie die in jeder Hinsicht gehaltvollen Verhandlungen des diesseitigen Landtags in der Verfassungssache. Weitere Anhaltspunkte zu den Festivitäten liefern Hansen, Briefe, S. 241, S. 827, S. 872 und die SAZ Nr. 206 vom 29.7.1841, ferner Wedel, Wittgenstein, S. 64–66; Haase, Haw, S. 133 f.; Weber, Aufklärung, S. 110. Croon, Provinziallandtag, S. 161. Vgl. Schneider, Festkultur, S. 100–104; Spiertz, Groote, S. 190 und die zeitgenössischen Einschätzungen von Camphausen und Gerlach bei Hansen, Briefe, S. 241 f., S. 328 f. und S. 551, wonach 450 Gäste aus der ganzen Provinz anwesend waren. Groote rechtfertigte sich u. a. in der Beilage der DZ Nr. 185 vom 5.7.1843. Ludolf an Otto Camphausen am 20.3.1842 zit. n. Hansen, Briefe, S. 332–335, wobei es um die Pressefreiheit ging und Camphausen für einen entsprechenden Trinkspruch eingetreten war. Zur Bedeutung der Toaste siehe Robert, banquets, S. 86–91 und S. 102 f. Dass sie nicht nur von den Liberalen genutzt wurden, erwähnt Beusch, Standespolitik, S. 546; weitere Beispiele aus Trier finden sich bei Blazejewski/ Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 779. Vgl. Croon, Provinziallandtag, S. 161 und den Landtagsabschied abgedruckt bei Schubert, Verhandlungen, S. 480–484. Für die Ehre der Abgeordneten, allen voran für die zahlreichen Juristen und Amtsträger unter ihnen, war dieser öffentliche Zweifel an ihrer Kompetenz eine Provokation, die nach Hansen, Briefe, S. 624–640 öffentliche Gegenwehr hervorrief. Schneider, Festkultur, S. 105–122, vgl. die Kommentare der AAZ Nr. 188, Nr. 193 und Nr. 212 vom 8.7., 13.7. und 31.7.1843 und die Instruktion vom 18.7.1843, in der von unanständigen Auftritten die Rede ist, exemplarisch abgedruckt in der SAZ Nr. 211 vom 31.7.1843. LHAK 441 3055, Bericht des Regierungsvizepräsidenten vom 23.8.1843. Als Beleg führte er die Versammlungen und Beobachtungen, welche der Verwaltungsbeamten sowohl im Verkehr des gesellschaftlichen Lebens als auch auf dienstlichen Beweisen zugekommen seien, an. Vgl. Schneider, Festkultur, S. 111–113 und S. 119 f. und Kapitel III. 4.1.
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Auch war es für zwei Taler binnen weniger Stunden möglich, mit dem Dampfschiff nach Köln zu gelangen, wo das Verbot von Anfang an übergangen und Regierungspräsident Karl von Gerlach anschließend entlassen wurde. Gerüchte führten die Zwangsversetzung nach Erfurt auf die Duldung eines Willkommens-Fackelzug für die Deputierten zurück.2176 Solche Disziplinarmaßnahmen waren nach der Julirevolution und dem Kölner Ereignis bereits vorgekommen, sodass sich die Festverantwortlichen im Hintergrund hielten. Die Planungen der aufwändigen Feierlichkeiten lassen sich bezeichnenderweise nur dann in den Stadtratsprotokollen nachweisen, wenn sie ausnahmsweise von anderen Gruppen organisiert wurden und sich die Stadträte in ihrer Repräsentationsfähigkeit beeinträchtigt fühlten.2177 Ihr eigenes vom Kölner Polizeidirektor erkanntes, ungewöhnliches Talent Demonstrationen aller Art zu arrangieren, beruhte auf persönlichen Netzwerken und der im Stadtrat praktizierten Arbeitsteilung. Im Fall der Dampfschiffüberfahrt von 1843 hatte man an einem Tage in einer Bürgerversammlung die Fahrt nach Düsseldorf beschlossen, die Dankadresse entworfen, Dampfschiffe gemietet, Fackeln, Musikchöre beschafft und die Fahrt ausgeführt. 2178 Zu den Empfängen der Deputierten gehörten die Ortswahl und die Einladung einer bestimmten Teilnehmerzahl sowie die bewusste Festlegung der Sitzordnung, des Raumschmucks, der Kleidung, der An- oder Abwesenheit von Frauen, der Musik, der Speisen und der Getränke.2179 Zudem kannten die Stadträte politische Ausdrucksformen, die ohne mündliche oder schriftliche Kommunikationsformen auskamen. In Trier materialisierte sich ihre Meinung in einer Bürgerkrone, die Wilhelm Haw überreicht wurde und ein unmissverständlicher Angriff auf die Autorität des Königs war; in Aachen ließen die Notabeln einen silbernen Pokal mit der Staatsallegorie der Borussia und den religionspolitischen Anspielungen Caritas und Clio anfertigen, die Monheim vor ca. 150 Gästen in der alten Redoute übergeben wurde.2180 Die symbolpolitische Qualität von Geschenken wurde im Zusammenhang mit der Hochzeit des Kronprinzen und seiner Huldigungszeremonie bereits aufgezeigt und nahm 2176 Hansen, Briefe, S. 663 f. Anstelle Gerlachs kam 1844 Gustav von Bonin, der gebürtig aus Pommern stammte, vgl. Romeyk, Rheinprovinz, S. 370 f. und S. 466. 2177 StAAc PRZ 1–19, Einträge vom 8.6. und 22.6.1847 und HAStK 410 A4, Einträge vom 8.8. und 22.8. und 27.8.1842. Vgl. Schneider, Festkultur, S. 108–109; Herres, Köln, S. 178, Hansen, S. 353 f. und das nachfolgende Kapitel. 2178 Zensor St. Paul an Regierungsrat Bitter am 23.6.1843 zit. n. Hansen, Briefe, S. 548. 2179 Zur Organisation vgl. grundlegend Robert, banquets, S. 126–128, S. 161–173 und Kapitel III. 1.4. In den konsultierten Verwaltungsakten ließen sich nur wenige Hinweise auf die konkreten Planungen finden, beispielsweise die Liste der Damen, welche Gesellschaft pflegen, die am 12.5.1831 für die Anwesenheit des Königs in Aachen unter StAAc OB 1–1 angefertigt wurde. Mettele, Bürgertum, S. 259 hebt die Rolle der Frauen in diesem Zusammenhang hervor. Zur Einschätzung der finanziellen Ausgaben vgl. die Karnevalsrechnungen, die Leifeld, Rechnungswesen, S. 100–107 vorstellt, die Akte der Koblenzer Wintergesellschaft unter StAK 623 2071 sowie die Casino-Chroniken Arens/Janssen, Geschichte, S. 32–35, S. 47–57 und Weichelt, Casino, S. 139–148. 2180 Haase, Haw, S. 133–135; Monheim, Monheim, S. 3 und S. 176–182.
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im Laufe der 1840er Jahre einen gewissen Protestcharakter an, weil die zumeist kostbaren Gegenstände nicht dem König oder dem Oberpräsidenten, sondern dem jeweiligen Repräsentanten der Stadt geschenkt wurden, der sich dem königlichen Willen im Ständehaus widersetzt oder eigene Interessen vertreten hatte. Daneben trugen die Ehrbekundungen mit einer regionalspezifischen Symbolik zu einer kollektiven Sinnstiftung bei, die das Herrscherhaus nicht immer integrierte.2181 Um die Defizite der Erinnerungskultur auszugleichen, schlug Peter Ludwig Mohr auf dem achten Provinziallandtag vor, die 30-jährige Wiederkehr des Verfassungsversprechens von 1815 mit einem Volksfest zu begehen. Da der Landtag während der Karnevalszeit stattfand und abseits der Verhandlungen zu politischen Büttenreden und Karikaturen einlud, glich der Antrag des Trierer Abgeordneten einem Karnevalsscherz.2182 Der Respekt, den der König zu Recht vermisst und öffentlich infrage gestellt hatte, wurde ihm formal in einer Dankadresse gezollt. In dieser – keineswegs üblichen und mitnichten vorgeschriebenen – Petition sahen sich die Notabeln als gesetzmäßige Organe der verschiedenen Provinzen zur Mitwirkung bei der Gesetzgebung berufen und zu tief empfundenen Dank sowie zur Erklärung ihrer bisherigen Forderungen verpflichtet. Abschließend stellten sie sich als die Stimme der Provinz, […] die einmüthige Stimme eines edlen deutschen Volksstammes dar und traten dafür ein, den preußischen Staat – unseren Stolz und Deutschlands Stärke – einer immer schöneren Zukunft zuzuführen. 2183 5.3 Nationalismus als regionale Partizipationsstrategie? Die Bedeutung von Fördervereinen und Erinnerungsorten Für den vorerst letzten Provinziallandtag vor der Revolution in Koblenz im Jahr 1845 wurde das vom letzten Trierer Kurfürsten erbaute Residenzschloss am Rheinufer als Tagungsort ausgewählt und hergerichtet. Der Stadtrat erblickt[e] hierin ein großes geschichtliches Ereignis, für das er sich beim König stellvertretend für die Rheinländer 2181 Vgl. Kapitel III. 2.3. Gehrke, Landtag, S. 386–388 bestätigt die Bedeutung der politischen Festkultur für Schlesien und sieht in den Ehrbekundungen der Rheinprovinz eine Steigerung der regionalen Symbolpolitik gegenüber den Gepflogenheiten im Osten. 2182 Croon, Provinziallandtag, S. 120; Hansen, Briefe, S. 636 f.; Die zahlreichen an dieser Stelle nicht erwähnten karnevalistischen Anspielungen der frühen 1840er Jahre lassen sich bei Frohn, Narr, S. 218– 249 und Brophy, Politicization, S. 85–90 nachlesen und wurden auch in der Presse, beispielsweise in der Beilage der AAZ Nr. 43 vom 12.2.1845 und in der AAZ Nr. 69 vom 10.3.1845, bemerkt. Außerdem wusste die AAZ Nr. 162 vom 10.6.1840, dass der Vorschlag, in Köln ein allgemeines Provinicialfest zu Ehren der fünfundzwanzigjährigen Vereinigung des Niederrheins mit der preußischen Krone [zu feiern], keinen rechten Anklang gefunden hatte, vgl. hierzu das nachfolgende Kapitel. 2183 LHAK 403A 49 Bd. 1, Bl. 40–44. Als getreue Stände hielten sie unerschütterlich fest an dem Glauben, es sei nicht möglich, daß ew. K. M. ein dem deutschen Wesen und deutschem Sinn entgegengesetztes Bestreben in der Befürwortung einer Gesetzgebung habe erblicken wollen, die seit beinahe einem halben Jahrhundert in den Rheinlanden heimisch, in ihren urgermanischen Institutionen von anderen Theilen des Vaterlandes vielfach ersehnt, die in ihrem eigenthümlichen Werte von der Wissenschaft anerkannt und deren Publikation als preußisch-rheinisches Recht in dem allerhöchsten Landtagsabschied vom 26. März verordnet wurde.
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wie folgt bedankte: [I]n ihren Städten residierten schon vor Jahrhunderten ihre Kaiser und Könige, und dann fortwährend ihre Fürsten bis eine gewaltsamen Umwälzung sie gänzlich vom teutschen Reichsverband losriss, und die Anstrengungen von ganz Teutschland, vor allem aber von Preußen, zusammen wirken mußten, um das Land wieder mit seinen Stammesgenossen zu vereinigen, wozu die Bewohner der wiedergewonnen Provinz auch alle Kräfte einsetzten, als eine zweite Invasion sie zu bedrohen schien. Mit der Dankadresse bekundeten die Koblenzer Notabeln ihre Treue zum Herrscherhaus und ein deutsches Nationalbewusstsein, das auf den ersten Blick mit Preußen und den sogenannten Befreiungskriegen zusammenhing. Bei näherer Betrachtung offeriert der Text eine alternative, ebenfalls patriotische, aber keineswegs ausdrücklich preußische Lesart. Sie fügten hinzu, dass eure Majestät Unterthanen die Gewährleistung dafür gefunden [hätten], daß die historischen Erinnerungen in jeder Provinz bewachet und ihre hergebrachten Institute geschätzt würden und wiesen so das Schloss und die kurtrierische Herrschaftsphase sowie alle anderen historisch gewachsenen und institutionalisierten Herrschaftsphasen als Bestandteile ihrer spezifischen Erinnerungskultur aus, die der König zu achten und – im Rahmen der Ausbildung der provinzialständischen Verfassung – zu bewahren hatte.2184 Im Vergleich zu den vorangegangenen Eingaben hatte sich die Wortwahl – gerade am Zusammenfluss von Rhein und Mosel – im Laufe der vorangegangenen 20 Jahre verändert. Die direkte Kommunikationsweise war einer indirekteren, förmlichen Form der Ansprache gewichen, weil die preußische Verwaltungssprache es einerseits erforderte und die Dinge andererseits nicht mehr beim Namen genannt werden mussten, da sie allen Beteiligten hinlänglich bekannt waren. Zwischen den Zeilen, die Frankreich zum Eindringling, Preußen zum Retter und die einstigen „Mitbürger“ zu „Untertanen“ stilisierten, standen die gleichen politischen Forderungen, die 1818 und 1820 ungeschönt veröffentlicht worden waren. Implizit wurden folglich auch Denkmäler, Gewohnheiten, Erinnerungsorte und Institutionen, die französischen Ursprungs waren und als regionale Besonderheiten verteidigt wurden, in eine explizit deutschen Traditionslinie gestellt.2185 Die Adresse ist exemplarisch für den konstruktivistischen Charakter der deutschen Nationsidee in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und veranschaulicht, wie Territorialgrenzen und Herrschaftszugehörigkeiten, d. h. nationalstaatliche Denkkategorien, mit Hilfe regionaler Raumvorstellungen übergangen und vereinnahmt werden konnten. Aus diskursanalytischer Perspektive ging es den Stadträten darum, den „Eigensinn der 2184 StAK 623 2189, Stadtratsprotokoll vom 1.12.1841. Weiter heißt es: Der neue Glanz der Residenz Eurer Majestät in Koblenz wird sich der alten Erinnerung anknüpfen und in ihr werden die Bewohner der Provinz ein besonderes Document der Zuneigung erkennen. […] Dieser allerhöchste Ausspruch wendet den Provinzialständen eine lebendige Theilnahme zu, und die Stadt Koblenz erkennt es als eine neue ihr durch eure Majestät verliehene Wohltat, daß die Stände sich in ihren Mauern versammeln. 2185 Unter ebd. wird am Ende der Adresse nach wie vor von der Pflicht gesprochen im Namen der Bürger, die Gefühle auszusprechen, welche die ihnen huldvoll zugewiesene Gnade erregt hatten, vgl. Kapitel III. 1.4 und 2.2 sowie Werquet, Historismus, S. 138 f. und aus politikwissenschaftlicher Perspektive Deitelhoff, Rechtfertigungsnarrative.
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Region“2186 mit Hilfe der Nation durchzusetzen. Dieser Kunstgriff wurde dem rheinischen Recht zugrunde gelegt, beruhte auf der Unbestimmtheit des nationalen Raums und ließ sich im Verwaltungsalltag auf die skizzierten Eigentumsstreitigkeiten, das französische „octroi“ oder die Fortführung kommunaler Bauprojekte wie das National-Theater 2187 von Trier und andere am Ende des Kapitels vorgestellte Erinnerungsorte anwenden.2188 Die handlungsleitende politische Raumvorstellung der Stadträte stellte also nach wie vor das Rheinland dar, das – wie es der Trierer Stadtrat fernab des Rheins formulierte – als ein integrierender Theil des deutschen Bundes mit der Krone Preußens verbunden 2189 war. Der Begriff „Deutschland“ 2190 wurde (wenn überhaupt dann nur) im Provinziallandtag und in der Verwaltungskommunikation nach außen gebraucht und von keinem, auch nicht dem zitierten Koblenzer Stadtrat, näher definiert. Einzig Mitunterzeichner der Dankadresse Karl Baedecker wagte mit der Erstauflage seines Handbuchs für Reisen durch Deutschland und den österreichischen Kaiserstaat 2191 im Jahr 1842 eine Eingrenzung auf Preußen und den Deutschen Bund, wohingegen die deutsche Nation als Überschrift in der Presse bis 1842 nur auf Letzteres, ab 1843 in der Regel auf alle drei Territorien bezogen wurde.2192 Diese und andere Definitionsvarianten lassen sich in der Begriffsgeschichte nachlesen und begründeten eine zwischen zwei relativ gefestigten Raumvorstellungen liegende Integrationschance, die von den Notabeln und dem preußischen König im Laufe der 1840er Jahre ergriffen wurde, um Differenzen zu überwinden oder zumindest bei2186 Weichlein, Exklusion, S. 238–240, der bei ebd., S. 252 mit Recht dafür plädiert, den „historischen Eigensinn der Region als einer aktiven und gestaltenden Größe im Nationalstaat“ zu untersuchen. 2187 StATr Tb 100/7, Sitzung vom 11.6.1818, vgl. Kapitel III. 3.4. 2188 In Köln wurde unter HAStK 410 A2 am 21.11.1826 von der Beibehaltung des Justizsystems als NationalAngelegenheit gesprochen, vgl. hierzu ausführlich Kapitel III. 3.2 und 3.3. Werquet, Historismus, S. 124– 135 nennt weitere Beispiele aus Aachen und Trier. 2189 StATr Tb 100/6, Protokoll Nr. 897 vom 11.8.1817. Ähnlich StAAc PRZ 1–1, Stadtratssitzung vom 23.6.1819, in der man die Städte als Theil des Staats-Körpers darstellte. 2190 LHAK 403A 35 Bd. 2, Bl. 116, Sitzung vom 19.7.1841. Der Trierer Abgeordnete Mohr zählte unter ebd. 27 am 4.6.1830 alte deutsche Gesetze im Provinziallandtag auf und entwickelte fernerer die Unzulänglichkeit der bisherigen gesetzlichen Bestimmungen. Zu den wenigen Nachweisen in den Stadtratsprotokollen gehören das Protokoll vom 22.3.1816 unter StAK 623 2185, in dem davon gesprochen wurde [m]it Deutschland wieder vereinigt zu sein. Der Aachener Stadtrat erwähnte unter StAAc PRZ 1–11 am 3.5.1842 Spenden aus dem ganzen deutschen Reich für das Brandunglück in Hamburg und spendete selbst 2.500 Taler. 2191 Baedecker, Handbuch. 2192 Biermann, Beitrag, S. 71 f.; vgl. die AAZ bis zu Nr. 67 vom 8.3.1842 und exemplarisch die SAZ, in der Nachrichten aus der Rheinprovinz zunächst keine Überschrift hatten, dann ab Nr. 79 vom 20.3.1842 mit Preußen unter Inland firmieren, während Deutschland bis Nr. 332 vom 30.11.1842 über den deutschen Bundesstaaten zu lesen war, dann auf alle drei Territorien bezogen wurde, vgl. erstmals explizit in der Nr. 335 vom 3.12.1842, weiterhin auch in Nr. 267 vom 24.9.1845, wohingegen in der DZ Nr. 259 vom 18.9.1845 Österreich separat aufgeführt wird. Stichproben der KÖZ haben ergeben, dass durchweg zwischen Inland, d. h. der Rheinprovinz und Preußen, dem deutschen Bund als Deutschland und Österreich unterschieden wird.
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seite zu schieben.2193 „Die Nation schafft so“ neueren Forschungstendenzen zufolge „als Kommunikationsforum die Möglichkeit zur Verständigung“, wobei „die vom Nationalismus durchaus auch geförderte gesellschaftliche Integration nicht mit politischem Konsens zu verwechseln“2194 sei. Diese Strategie war für die einst der französischen Nation zugehörigen Notabeln keineswegs neu und wurde für Frankreich zuletzt von Thomas Hellmuth „als ein geeignetes Inklusionskonzept“ beschrieben, weil der Nationsbegriff „sowohl einen Aufforderungs- als auch einen Verpflichtungscharakter besitzt.“2195 Im Zentrum der nationalen Integrationsangebote, die dem preußischen Herrscher in der Rheinprovinz unterbreitet wurden, stand demnach die vom Koblenzer Stadtrat stellvertretend geäußerte Aufforderung seine Verpflichtung einzuhalten, das Bestehende zu bewahren und die regionalen Spezifika anzuerkennen.2196 Umgekehrt konnten sich „die Anhänger der Nationalbewegung in Parteigänger der Monarchie“ verwandeln, wenn „ein Monarch sich auf den Boden des nationalen Gedankens stellte.“2197 Amerigo Caruso hat diesen „monarchischen Patriotismus“2198 aus der konservativen Perspektive für Preußen eingehend untersucht und in die zweite Jahrhunderthälfte datiert.2199 Dass der Nationalismus dabei eine modernisierungstheoretische Steigerung des Regionalismus war, ist bereits seit der wegweisenden Habilitationsschrift von Siegfried Weichlein überholt und wurde zuletzt von Dieter Langewiesche weitergedacht.2200 Vor allem in der Rheinprovinz setzte der „Funktionswandel“2201 der Region von einem „Alternativmodell“2202 hin zu einer „Vermittlungsinstanz zwischen lokaler und nationaler“2203 bzw. preußischer Ebene weit vor den Einigungskriegen am Ende des 19. Jahrhunderts ein. 2193 Vgl. grundlegend Koselleck, Volk und Paulmann, Pomp, S. 100–104. 2194 Echternkamp/Müller, Einleitung, S. 9. In Kontrast zu diesen lohnenswerten Denkansätzen soll an dieser Stelle nicht davon ausgegangen werden, dass „nationalistische Deutungsmuster einen totalen Deutungsanspruch im öffentlichen wie im privaten Raum beanspruchen“. 2195 Hellmuth, Kulturgeschichte, S. 58–78, wobei die hier aufgezeigte Gleichsetzung der Herausbildung der Nation mit der Herausbildung der bürgerlichen Gesellschaft anhand inkludierender Geschichtsbilder diskutierbar ist, vgl. auch Kapitel II. 1. und Sellin, Nationalisierung. S. 241–245. Zur Thematik allgemein siehe Kunze, Nationalismus, S. 15–18 und S. 121–143 in kritischer Auseinandersetzung mit ähnlichen Überlegungen bei Wehler, Nationalismus, S. 45. 2196 Vgl. Kapitel III. 1.4 und mit Blick auf die weiter unten dargestellte Denkmalpflege Hoffmann, Romantik, S. 33–36; Meinecke, Denkmalpflege, S. 28 f. sowie die KO vom 20.6.1836, die dieses Ziel bekräftigte. Nach Werquet, Identitätsstiftung, S. 192–194 schwang dabei immer das Argument der „preußischen Monarchie als Schutzmacht Gesamtdeutschlands“ mit, das letztlich ein Missverständnis war. Aus der Perspektive Friedrichs Wilhelms IV. war die Baupolitik nach dems., Historismus, S. 135 der „Versuch mit architektonischen Mitteln einen gesellschaftlichen Ausgleich zu erzielen und diesen symbolisch abzubilden.“ 2197 Sellin, Nationalisierung, vgl. auch Paulmann, Pomp, S. 405. 2198 Caruso, Nationalstaat, S. 237–242. 2199 Vgl. zuletzt Achtelstetter, Conservatism. 2200 Weichlein, Nation; Langewiesche, Reich. 2201 Weichlein, Nation, S. 373. 2202 Herres, Köln, S. 6 und ders.,Rhein-Preußen, S. 163–168, der Weichleins Thesen aufgreift, bestätigt und daher von einer „deutsch-deutschen Beziehungsgeschichte“ spricht. 2203 Ebd.
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Der gerade für das Rheinland vielfach angenommene Dualismus zwischen Region und Nation gründet auf einer stillschweigenden Forschungsübereinkunft, die die Nation mit Preußen gleichsetzt und unter den Zeitgenossen noch keinen Allgemeinplatz hatte.2204 Das konkurrierende Raumkonzept spiegelt sich daher nicht in der eingangs zitierten Petition wider. Der methodische Zugang krankt im vorliegenden Fall bereits an einer allgemeingültigen Eingrenzung der deutschen Nationsidee und scheitert an zahlreichen praktischen Symbiosen und wechselseitigen Bezügen zwischen dem Rheinland, Frankreich und Preußen – eben jenen von Weichlein untersuchten „Vermittlungsversuchen“2205 vor Ort – die sich der Nationsidee bedienten und im Folgenden schlaglichtartig beleuchtet werden.2206 Zunächst ist die „Legitimitätsfiktion“2207 des Nationalismus im Verwaltungsschrifttum nachvollziehbar und war für kollektive und individuelle Zwecke gleichermaßen zu gebrauchen. Als der preußische König Friedrich Wilhelm III. am 5. April 1815 in seinem Aufruf An die Einwohner der mit der preußischen Monarchie vereinigten Rheinlande die Inbesitznahme der linksrheinischen Gebiete bekanntgab, stellte er sich bewusst an die Spitze der publizistischen Aufbruchstimmung und behauptete, er gebe sie ihrem deutschen Vaterlande, einem alten deutschen Fürstenstamme wieder. 2208 Zudem können die Kontinuitäten in der Personalpolitik sowohl auf den in Kapitel III. 1. dargelegten Pragmatismus als auch auf die in Teil II. erwähnte Historizität regionaler Partizipationsansprüche zurückgeführt werden. Wilhelm Linz führte die Zugehörigkeit seiner Eltern als [auch] Schwieger-Eltern zu den ältesten deutschen Familien hiesigen Landes, welches sich jederzeit durch ihre treuen, dem Lande geleisteten Dienste ausgezeichnet haben, beispielsweise erfolgreich für seine Anstellung bei der Koblenzer Bezirksregierung an.2209 Diese Argumente wurden grundsätzlich anerkannt und vergegenwärtigten sich um 1840 verstärkt in den Dienstjubiläen der erfahrenen Staatsdiener. Die Feierlichkeiten waren öffentlich, wurden von der Presse begleitet und bezogen die jeweiligen Verwandten und Bekannten, die Stadt- und Regierungsräte sowie das Militär mit ein. Sie wurden zur politi2204 Wienfort, Landesgeschichte, S. 14 weist darauf hin, dass sich Preußen u. a. aufgrund der polnischsprachigen Bevölkerung „keineswegs als ausschließlich deutsch“ präsentierte. In dem Zusammenhang sei Deutschland für die Zeitgenossen ein „geografischer Begriff “ und Preußen ein „europäischer Staat“ gewesen. Demnach kam es erst im Kaiserreich zur „Verflechtung preußischer und deutscher Identitätselemente“, vgl. hierzu dies., Monarchie, S. 23–27. 2205 Weichlein, Exklusion, S. 240–253 und ders., Nation, S. 379–384. 2206 Es wird also die These vertreten, dass die bei ebd. im Umfeld der Reichsgründung 1870/71 und der anschließenden Verwaltungsreformen aufgezeigte Annäherung früher stattfand. 2207 Echternkamp/Müller, Einleitung, S. 11: „Das rationale und emotionale Potential des Nationalismus dient dann dazu, politische aber auch moralische Ansprüche zu legitimieren.“ 2208 GS 1815, S. 23–25, vgl. Kapitel III. 1.2. 2209 LHAK 442 3478, in dem Brief vom 18.5.1817 an Hardenberg ging es darum, dass ihm lediglich die Stelle des Landrats von Kreuznach (nicht die eines Regierungsrates) angeboten worden war, vgl. grundlegend Kapitel II. 4. und Kapitel III. 2.1 sowie die Aussage Grebels unter LHAK 441 11779, der seine Kollegen beschuldigte, sich ihren angeblichen deutschen Patriotismus weit schwerer als in den 90er Jahren des französischen bezahlen zu lassen.
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schen Meinungsäußerung genutzt und beinhalteten emotionale Rückblicke auf eine 50-jährige Dienstzeit unter zwei verschiedenen Landesherrn, deren Herrschaftssymbole – den Orden der Ehrenlegion und den preußischen Adler – die Jubilare bisweilen stolz nebeneinander auf der Brust trugen.2210 Als „ein zentrales Element der symbolischen Kodifizierung des soziokulturellen Status der Beamten“2211 bedeutete das Tragen von französischen und preußischen Herrschaftszeichen eine doppelte Legitimation der Amtstätigkeit. Die wechselhafte politische Zugehörigkeit trug dann dazu bei, dass vor allem Juristen wegen ihrer selbst beschworenen Überparteilichkeit von Amtswegen hohes Ansehen genossen. Dabei hat Stefan Haas darauf hingewiesen, dass die Entkodierung der Orden der Bevölkerung ohne „(Aus-)bildung“ nicht möglich war und „die von der Zentrale vorgegebene Lesart und die daraus resultierende symbolische Ordnung beständig bedroht“ war.2212 Ein symbolpolitisches Beispiel des Wechselverhältnisses der vorhandenen Herrschaftszeichen, das mit großer Wahrscheinlichkeit von der Stadtgesellschaft verstanden wurde, stand auf dem Koblenzer Kastorplatz unmittelbar vor dem Regierungsgebäude, das bis 1815 der Sitz der Präfektur war. Auf einem von Präfekt Doazan anlässlich des Russlandfeldzugs 1812 erbauten, monumentalen Brunnen hatten die russischen Truppen ein Jahr später die französischen Worte „vu et approuvé“ („gesehen und genehmigt“) ergänzt. Die in Stein gemeißelte Machtdemonstration war auch eine Anspielung auf den katastrophalen Ausgang der letzten Militäraktion der Grande Armée und blieb unter Preußen an Ort und Stelle.2213 Für die Einwohnerinnen und Einwohner, die den Brunnen im Alltag nutzten, transportierte er somit eine in zweifacher Weise negativ konnotierte Erinnerung, da der überraschende Einzug der Alliierten keineswegs als Befreiungsschlag empfunden worden war. Hierin bestand ein Grund, warum die 1815 in der Publizistik aufgeworfene Idee eines „Befreiungsdenkmals“2214 nicht im Rheinland, sondern in Berlin und auf den Schlachtplätzen der Koalitionskriege realisiert wurde.2215 Einzig dem bayrischen König gelang am Ende der 1820er Jahre der Clou, das Gedenken an beide Kriegsereignisse in einem Obelisk zu vereinen und eine identitätsstiftende bayrische „Eigengeschichte“2216 zu kreie2210 Vgl. exemplarisch der Aachener Oberbürgermeister Guaita nach Kraus, Aachen, S. 393 und die Jubiläen der Landgerichtsräte Hontheim und Gattermann in Trier, dokumentiert unter LHAK 403 4128 und Thielen, Recht, S. 45 f. 2211 Haas, Kultur, S. 326. 2212 Ebd., S. 326–336, zur Thematik vgl. auch Winkle, Volksorden. 2213 Müller, Herrschaft, S. 47. 2214 Exemplarisch Görres im Rheinischen Merkur Nr. 151 vom 20.11.1824, vgl. Werquet, Identitätsstiftung, S. 182 f. und Nipperdey, Dom, S. 595 f. 2215 Werquet, Identitätsstiftung, S. 180–182, vgl. Sellin, Nationalisierung. S. 252 f., Herres, Rhein-Preußen, S. 171 und Kapitel III. 1.4. Bestätigt wird dies beispielsweise von den Diskussionen rund um ein Denkmal für Wilhelm III. in Köln in der zweiten Jahrhunderthälfte, vgl. hierzu Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz (Hg.), Denkmäler, S. 9 f. 2216 Planert, Mythos, S. 626–630.
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ren. Zeitgleich existierte in Koblenz ein Denkmal, das an den Beginn der Franzosenzeit erinnerte und im Rahmen des Festungsausbaus vom Petersberg in den nahegelegeneren Stadtteil Lützel versetzt wurde. Es war dem französischen General François Séverin Marceau gewidmet, der 1794 an der Eroberung der Stadt beteiligt gewesen, tödlich verwundet und ehrenhaft beerdigt worden war.2217 Die Erinnerung an militärische Begebenheiten betraf den Großteil der Bevölkerung und war in der preußischen Monarchie bekanntlich besonders ausgeprägt. Es sollte daher nicht überbewertet werden, dass Denkmäler aus der französischen Herrschaftsphase im Linksrheinischen bestehen blieben und Friedens- und Freiwilligenfeste prinzipiell alle ehemaligen Soldaten umfassten, die an den sogenannten Befreiungskriegen beteiligt gewesen waren. In Trier bildete sich zum Beispiel im Jahr 1842 ein „Verein ehemaliger Krieger zum militärischen Begräbnis verstorbener Kameraden“, der sich an jeden richtete, der im preußischen oder einem anderen, dem deutschen Vaterland angehörigen Heere gekämpft hat, mit demselben oder auch während ein Theil Deutschlands zum Französischen Reiche gehörte, im Französischen Heere mit Ehren gedient und einen Feldzug mitgemacht hatte.2218 Veteranenvereine, die sich von diesen kollektiven Identitätsangeboten distanzierten, indem sie lediglich ihrer Dienstzeit unter Napoleon gedachten und dieses Gedenken öffentlich sichtbar machten, waren hingegen umstritten.2219 Diese Schlussfolgerung ergab sich aus dem abschlägigen Bescheid des Innenministeriums auf das Gründungsgesuch des Koblenzer Veteranenvereins vom 7. August 1839 und der anschließenden behördeninternen Aufregung um dessen Unterstützungsaufrufe in der Rhein- und Mosel-Zeitung. Oberbürgermeister Maehler berichtete sachlich, dass sich der Verein nach dem Vorbild bereits bestehender Vereine in Mainz und Kreuznach unter dem Vorsitz des Notars Simon zwecks einer gegenseitigen Unterstützung ohne ausdrückliche Genehmigung konstituiert hatte. Mit Ausnahme des Friedensrichters Benedikt Josef Kopp nahm kein Amtsträger an den regelmäßigen Treffen im Gasthof „Zum Goldenen Apfel“ teil. Ziel der 14 Herren sei es, den ca. 160 vormaligen französischen Soldaten durch monatliche Beiträge von 2 ½ Silbergroschen ehrenvolle Begräbnisse abzustatten, von denen zwei bereits begangen worden waren. Der Verein entsprach somit dem städtischen Solidaritätsverständnis und richtete sich vornehmlich an die unteren und mittleren sozialen Schichten, zumal die Notabeln sich dem französischen Wehrdienst oftmals entzogen hatten. Was Maehler noch nicht wusste, war, dass diese vermeintliche Privatwohltätigkeit drei Jahre später in einem Denkmal zum
2217 Vgl. Müller, Herrschaft, S. 25. 2218 Vgl. StATr Tb 11/7, wonach die Vereinsgründung eine Reaktion auf die Aufforderung durch die Kabinettsorder vom 22.2.1842, in: Amtsblatt Trier vom 25.4.1842 war und der Stadtrat sich beteiligt hatte. 2219 Schulze, Napoleon, S. 38 f., vgl. Theewen, Denkmäler. Nach ebd., S. 186 wurden im ehemaligen RurDepartement 1814 fast 2.500 Veteranen der französischen Armee gezählt. Zu den weitreichenderen Wirkungen dieser gemeinsamen Erinnerungskultur in Württemberg siehe Planert, Mythos, S. 632–641.
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Ausdruck kommen sollte, das das Andenken an die napoleonischen Feldzüge dauerhaft ins Stadtbild integrierte.2220 Das Krieger-Denkmal wurde von Friedrich Wilhelm IV. persönlich bewilligt und befand sich – gut sichtbar und öffentlich zugänglich – auf dem neuen, durch Gartenbauarchitekt Franz Joseph Lenné angelegten Hauptfriedhof. Der ca. zwei Meter hohe Steintorso schloss mit einem gusseisernen Kürassierhelm ab und gab auf vier marmorierten Inschriftplatten die Namen der noch übrigen Soldaten Napoleons kund, welche in ihr Vaterland zurückgekehrt zu Coblenz als friedfertige und ihrem jetzigen Fürsten treu ergebene Bürger gestorben waren.2221 Die feierliche Enthüllung wurde am 5. Mai 1843, dem Todestag Napoleons, begangen und zog laut einem Zeitzeugen eine große Menschenmasse an. In der Presse fanden die Koblenzer Veteranen Anklang oder auch Spott und Rüge, 2222 in Köln und im Großherzogtum Hessen zahlreiche Gleichgesinnte.2223 Dabei scheint es kein Zufall, sondern eher eine versteckte Loyalitätsbekundung gewesen zu sein, dass der Krieger-Verein von Trier sein Denkmal für die vaterländischen Krieger am gleichen Tag des Vorjahrs, dem Christihimmelfahrtstage am 5. Mai 1842, eingeweiht hatte. Als ehemaliger Stadtrat und Regierungssekretär gehörte nämlich der Bruder des ehemaligen Landrats, Johann Joseph Haw, dem Vereinsvorstand an. Er hatte 1806 als GrenadierHauptmann und Kommandant der Nationalgarde eine Karriere in der napoleonischen Armee begonnen, die erst im August 1814 mit seiner ehrenvollen Entlassung aus dem 150. bzw. 29. Infanterie-Regiment – und nicht mit dem Freiwilligendienst unter Preußen – beschlossen worden war.2224 Die Kriegerdenkmäler aus Koblenz und Trier und ca. 40 weitere Napoleonsteine im Linksrheinischen stellen die politische Kommunikationsfunktion von Denkmälern als öffentliche „Äußerungsform kollektiver Selbstbilder“2225 klar heraus.2226 Dies ist umso bemerkenswerter, als die Suche nach dezidiert preußischen Erinnerungsorten aus dem frühen 19. Jahrhundert eher spärlich ausfällt.2227 Öffentliche Staatsbauten, wie zum Beispiel das Regierungsgebäude in Aachen oder der Appellationsgerichtshof in Köln, waren trotz 2220 Die Diskussion um die Gründung ist unter StAK 623 2054 dokumentiert und verlief im Sande. Zur lokalen Problematik der Unterstützung vgl. Planert, Mythos, S. 622–626. 2221 Vgl. die Abbildung bei Kretzschmar, Bauten, S. 65. 2222 Lucas, Zeitbuch, Nr. 17. 2223 Theewen, Denkmäler, S. 192 f. und ders., Veteranentum, wobei der Mainzer Verein bereits 1834 ein ähnliches Denkmal errichtet hatte. Zur Denkmalbewegung siehe Mahlerwein, Rheinhessen, S. 218 f. für Rheinhessen und Planert, Mythos, S. 630–632 für die Pfalz. 2224 Vgl. die Inschriften auf den Abbildungen des Denkmals, das Programm der Einweihungsfeier und die Einladung des Oberbürgermeisters unter StATr 11/7. Für diese These spricht auch die Tatsache, dass in Trier das gleiche Portrait Napoleons überliefert ist, dass der Koblenzer Verein besaß, vgl. hierzu die Abbildung bei Schütz, Preußen, S. 509 und S. 511. 2225 Brandt, Denkmal, S. 174. 2226 Exemplarisch ebd., S. 170 f. mit Bezug auf die Parlamentarier in der Paulskirche. 2227 Vgl. Steinbach, Preußen, S. 35–50 und die „Denkmalinitiativen“ geschildert bei Werquet, Historismus, S. 89–93. Darstellungen von „Nationaldenkmälern“ im Rheinland beginnen in der Regel mit der Fortführung des Kölner Doms 1842 oder mit dem Hermannsdenkmal im Teuteburger Wald von 1875, vgl.
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des großen Einflusses des preußischen Oberbaurats Karl Friedrich Schinkel schon allein deswegen „Elemente der Kontinuität“2228, weil sie von lokalen Architekten ausgeführt wurden, die bei französischen Baumeistern gelernt oder bereits in französischen Diensten gestanden hatten.2229 Einer der wenigen Gegenstände, der die Herrschaftsordnung symbolisierte und in großen Stückzahlen angefertigt wurde, war die Gedenkmünze, die der Stadtrat von Aachen anlässlich des Monarchenkongresses, also im Zuge der Anwesenheit mehrerer Monarchen, ausgegeben hatte. Das seit 1818 geplante Kongressdenkmal kam 1844 hinzu.2230 Ebenso wurden prominente Widmungen in der Dampfschifffahrt oder infolge der Unterstützung von Wohltätigkeitsanstalten bereits erwähnt.2231 Fernab dieser situationsbezogenen Namensverleihungen bezog sich die Um- und Neubenennung der Straßen, die in einzelnen Städten im Laufe der 1830er Jahre durchgeführt wurden, nur selten auf die Hohenzollern Monarchie.2232 Als bewusste Reminiszenz an den König konnte eine Büste zur Decoration des Stadtratslocals von Düsseldorf in den konsultierten Ratsprotokollen ausfindig gemacht werden.2233 Die Anschaffung im Jahr 1841 war jedoch vergleichsweise spät und stellte strenggenommen keine Besonderheit dar, weil die symbolische Anwesenheit des Landesherrn in den Rathäusern üblich und in Aachen beispielsweise seit 1823 gegeben war. Daneben gehörte auch ein Geschenk des ehemaligen Kaisers, das Portrait Napoleons und seiner Gemahlin, zum Besitz des dortigen Stadtrats, wohingegen in Koblenz 1834 ein Bildnis des Oberpräsidenten von Pestel, 1839 des kommandierenden Generals von Borstell im Sitzungsaal aufgehängt wurde.2234 Die Quellen erwecken den Eindruck, dass es sich bei diesen kostspieligen Anschaffungen um Geschenke, Danksagungen und obligatorische Repräsentationsformen handelte, die der Akkumulation von kulturellem Kapital der Honoratioren selbst diente. Sicher ist, dass weder die Stadträte noch die preußischen Könige der von Napoleon selbst geförderten Glorifizierung seiner eigenen Person etwas Vergleichbares entgegensetzen wollten. Wäh-
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exemplarisch Kultursekretariat Nordrhein-Westfalen (Hg.), Nationaldenkmale, die das Lutherdenkmal in Mainz aus dem Jahr 1836 voranstellen. Kretzschmar, Bauten, S. 66–72. Schild, Architektur relativiert dies durch den wohlwollenden Einfluss Schinkels, kommt letztlich aber mit zahlreichen weiteren Beispielen zu einem ähnlichen Ergebnis. Ebd., Kretzschmar, Bauten, S. 63 f. vgl. exemplarisch Schwieger, Lassaulx. Duchhardt, Kongress, S. 67 f. und Schild, Architektur, S. 256. Ebd. und Kapitel III. 4.2. Vgl. die überwiegend nach praktischen Gesichtspunkten vorgenommenen Benennungen in Aachen unter StAAc PRZ 1–13, Sitzung vom 30.5.1843 und 29.8.1843, in Köln unter HAStK 410 A4, Eintrag vom 25.11.1841 und in Trier unter StATr Tb 100/11, Eintrag vom 5.11.1840. Dass dies von Ferdinand Franz Wallraff zur Zeit Napoleons in Köln anders und zwar zugunsten einer symbolischen Verbindung zu Frankreich gehandhabt wurde, zeigt Kröger, Straßenneubenennung und exemplarisch für den Place Napoleón bzw. den Augustinerplatz und Warburg, Casino-Gesellschaft, S. 37, für Düsseldorf vgl. Weidenhaupt, Düsseldorf, S. 148. StAD 90012, Protokoll vom 31.8.1841. StAK 623 2188, Sitzungsprotokolle vom 5.5.1834 und vom 19.12.1838. Vgl. StAAc PRZ 1–2, Eintrag vom 11.11.1823 und allgemein die Ausführungen zum Austausch der Herrschaftszeichen dargestellt in Kapitel III. 1.2.
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rend der frühen Staatsbesuche legten Friedrich Wilhelm III. und sein Sohn bisweilen ein völlig konträres Selbstverständnis an den Tag und untersagten jene Festivitäten, die die Stadtgesellschaften von den Besuchen des Kaisers gewohnt waren.2235 Die einzigen Ausnahmen der sparsamen Festtagsregel stellten die Königsgeburtstage und Huldigungsfeierlichkeiten sowie die Völkerschlacht bei Leipzig dar. „Als öffentliche Veranstaltungen, die gerade in innenpolitisch angespannten Situationen die Gefahr der Umdrehung zu einem oppositionellen Artikulationsform beinhalteten“, konnten allerdings auch diese alljährlich wiederkehrenden Veranstaltungsformen – wie bereits im napoleonischen Empire – als „Gegenfeste“ fungieren und zur politischen Protestbekundung genutzt werden, wenn sie beispielsweise nicht besucht wurden.2236 Seit 1816 war der militärische Triumph der Alliierten bei Leipzig vom 18./19. Oktober 1813 als ein vom König vorgegebener „vaterländischer Festtag“ für die gesamte Bevölkerung vorgeschrieben. „Trotz des stark frankophoben Charakters der Reden und Symbole“ während des neuen Feiertags, hat Ute Schneider die Festgestaltung „unter formalen und terminologischen Gesichtspunkten [auf] die Erfahrungen mit den französischen Revolutionsfesten“ zurückgeführt. Dabei konnten „zentrale demokratische Integrationsbegriffe“ wie Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit mitsamt der französischen Nationsidee problemlos auf einen deutschen Einigungsgedanken übertragen werden. Die in der Franzosenzeit erlernten Festrituale wurden also nach 1815 gegen diese Zeit gewendet und weitertradiert.2237 In der Rückschau ist das oft angezweifelte Mobilisierungspotential der französischen Festkultur folglich zu relativieren und die langfristige Wirkung symbolischer Kommunikationsformen zu betonen. Im Rahmen der gegebenen Gestaltungsspielräume auf der Basis publizistischer und behördeninterner Leitvorstellungen ließen sie sich in einen neuen, nach wie vor nationalen, aber nicht mehr französischen Kontext vor Ort transformieren und um neue, u. a. antifranzösische, Elemente ergänzen.2238 Besonders die Wiederbelebung „älterer kulturnationaler Vorstellungen“ wurde in der Geschichtswissenschaft als frühe Form „preußisch-nationaler Propaganda“ dargestellt, die jedoch in erster Linie durch Publizisten wie Joseph Görres, Max von Schenkendorf oder Ernst Moritz 2235 Büschel, Untertanenliebe, S. 338 zeigt beispielsweise, dass der Besitz von „Reliquien“, d. h. Bildern und Figuren der Herrscher, von den Behörden nicht gefördert wurde. Vgl. Kapitel III. 1.3 sowie Schneider, Festkultur, S. 29–38. 2236 Ebd., S. 120. 2237 Schneider, Festkultur, S. 52–64. Nach ebd., S. 76 f. schlug der Charakter des Festtags in einen „innenpolitisch-oppositionellen um, als soziale und politische Gruppen begannen, ihn als Forum für innenpolitische Forderungen zu nutzen.“ Wichtig ist auch, dass der Erfolg des Feiertags vom 18. Oktober „nicht an einen Monarchen gebunden [war], sondern lokal und zugleich national, als es den gesamten deutschen Sprach- und Kulturbereich betraf.“ Planert, Mythos, S. 613–619 sieht die Feste als „Ausweis der (Selbst-)Inszenierung des nationalen Bürgertums.“ Lüsebrink, Nation zeigt Rückbezüge auf die französische Nationsidee auf und ist der Meinung, dass „sich mit einiger Berechtigung von einer ‚interkulturellen Genese‘ des deutschen Nationalismus sprechen“ lässt. 2238 Vgl. Kapitel II. 1., Schneider, Festkultur, S. 40–42 und Sellin, Staatskult, S. 146 f.
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Arndt und nicht von den preußischen Behörden betrieben wurde.2239 Die kämpferische Meinungsmache gegen den westlichen Nachbarn erlebte am Ende der 1830er Jahre ein Revival, das abermals von der Publizistik ausging und der zögerlichen Pressepolitik des Staates zugute kam. Als die französische Expansionspolitik im osmanischen Reich 1839 gescheitert und stattdessen eine – wie der Koblenzer Stadtrat meinte – zweite Invasion 2240 Frankreichs am Rhein zu befürchten war, erschienen unzählige polemische Pressekommentare, Flugblätter, Lieder und Gedichte innerhalb und außerhalb der Provinz. In der Historiographie wurde die militärisch eher unbedeutende Angelegenheit als „Rheinkrise“2241 bezeichnet und als Initialzündung für den deutsch-französischen Gegensatz sowie die massenhaften Ausprägungen des Nationalismus bewertet.2242 Diese Einschätzung beruhte auf einem besonders lauten Teil der öffentlichen Meinung und spiegelte sich in den wiederkehrenden Loyalitätsbekundungen der Notabeln wider. Ausgerechnet Nikolaus Cetto hatte den Wunsch nach Meinungsfreiheit schon 1833 im Provinziallandtag mit dem Verhalten der Rheinländer zur Zeit der Julirevolution in Frankreich gerechtfertigt und konstatiert, dass ein Volk, welches sich inmitten der Ereignisse von 1830 so besonnen […] verhalten [habe], Beweise genug seiner unerschütterlichen Anhänglichkeit an König und Vaterland gegeben hätte – was angesichts der Beteiligung seines ebenfalls anwesenden Neffens Karl Philipp Cetto am Hambacher Fest und den Aktivitäten seines älteren Bruders und dessen Sohns in St. Wendel eine glatte Lüge war.2243 Frankreichfeindliche Stellungnahmen wie diese zielten auf die Dekonstruktion von französisch-rheinischen Verbindungen und nach wie vor vorhandener Vorbehalte und Klischees gegenüber den vormals französischen Staatsbürgern ab. Die Rheinkrise bot diesen eine neue Gelegenheit, Vertrauen zu schaffen und die Überreste der französischen Herrschaft trotz oder gerade wegen des Generationswechsels als die ihrigen auszuweisen. Insofern stand der öffentliche Diskurs im Dienste eines frühen deutschen Nationalismus und eines ausgeprägten rheinischen Regionalismus mitsamt seiner französischen Attribute. Hieraus ergab sich jene „Unordnung des Diskurses“2244 rund um die 2239 Exemplarisch Piereth, Propaganda, S. 27 f., wobei Bayern „zum wichtigsten publizistischen Antipoden Preußens“ avancierte. Insofern war der frühe Nationalismus laut Biermann, Beitrag, S. 71 zunächst ein nicht uneigennütziges „Elitenphänomen“. 2240 StAK 623 2189, Stadtratsprotokoll vom 1.12.1841. 2241 Brunel-Geuder, Rheinkrise, S. 37–60, vgl. die quellengestützte Zusammenfassung bei Keinemann, Ereignis Teil 1, S. 281–292. 2242 Echternkamp, Aufstieg, S. 476–479, der unter ebd., S. 498 behauptet: „Nach der Rheinkrise wurde der Nationalismus endgültig ein Massenphänomen.“ Ähnlich Brunel-Geuder, Rheinkrise, S. 98 f. Biermann, Beitrag, S. 75 f. Ein frühes populäres Beispiel ist das im September 1940 in der TZ veröffentliche Gedicht Der deutsche Rhein, vgl. hierzu Schneider, Festkultur, S. 79 f., Brophy, Rhineland, S. 90 f., Müller, Thronfolger, S. 28 f. 2243 Nikolaus Cetto am 19.7.1841 zit. n. Schubert, Provinziallandtag, S. 115, wobei er sich auf eine Petition aus Saarbrücken bezog, die „dazu dienen wird, eine große Zukunft Preußens vorzubereiten […]: Erweiterung der Preßfreiheit.“ Vgl. Clemens/Thielen, Strömungen, S. 36–38 und Kapitel III. 3.4 und 5.1. 2244 Planert, Nationalismus, S. 28, die dies auf die „Aufweichung des Nationsbegriff “ in der Forschung bezieht.
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deutsche Nation, die der Redakteur der Kölnischen Zeitung Karl Heinrich Hermes dem aus einer ostpreußischen Militärfamilie stammenden Zensor Wilhelm von Saint Paul wie folgt erklärte: Dem Rheinländer schweben die politischen Einrichtungen in Frankreich und Belgien unwillkürlich als das Muster vor, von dessen Nachbildung auch bei ihm zu Hause alles Heil zu erwarten sei. Er wünscht gerade nicht die Vereinigung mit Frankreich, denn noch sind nicht alle Erinnerungen an jene traurige Periode vergessen; aber er sieht nicht ein, warum er nicht dieselbe ‚Freiheit‘ genießen sollte, wie der Franzose oder der Belgier. 2245 Hieraus ergibt sich, dass die Verbreitung des Nationalismus im Zuge der Rheinkrise weniger mit einer Hinwendung zu Preußen als vielmehr mit den Anspruch auf Selbstbestimmung (sowohl gegen Frankreich als auch unter Preußen) verknüpft und gegenseitigen Vertrauensfragen im politischen Raum geschuldet war.2246 Für diese weitgehend anerkannte Einschätzung spricht der Napoleonkult, der für das politische Misstrauensverhältnis nicht gerade förderlich war, die Rheinkrise überdauerte und nicht nur unter ehemaligen Soldaten verbreitet war.2247 Angehörige der oberen sozialen Schichten hielten die Erinnerung an die französische Herrschaftsphase im Privaten sowie in der Kunst, Literatur und Dichtung wach. Von Düsseldorf und Paris aus trugen vor allem Karl Immermann und Heinrich Heine zur poetischen Romantisierung des „Mythos Napoleon“2248 bei.2249 In den Wohnhäusern lebte sein Andenken in imperialem Schmuck, Kleidung und Porzellan oder in den hauseigenen Kunst- und Literatursammlungen weiter.2250 Auch „Reliquien“2251 wie die massenhaft verbreiteten Napoleonfiguren wurden nicht aus dem Hausstand verbannt. Nach 1815 – wie im Übrigen bereits vor 1794 – wurden Luxusprodukte aus Frankreich in der Provinz nachgeahmt oder über die bestehenden Handels- und Familienbeziehungen bezogen – eine Tochter aus dem Hause Deinhard lebte zum Beispiel als Modehändlerin 2252 in Paris. Der Besitz 2245 Hermes an den Kölner Zensor St. Paul am 22.4.1843 zit. n. Hansen, Briefe, S. 517. 2246 Brophy, Rhineland, S. 91 und S. 308–310. Nach Evans, Jahrhundert, S. 131 f. wurde „bei der gebildeten Elite die Überzeugung gefördert, Freiheit von Unterdrückung lasse sich nur auf der Grundlage der nationalen Selbstbestimmung erlangen.“ Bei ebd., S. 256–262 wird aufgezeigt, dass diese nationalistischen Selbstbehauptungsversuche ein allgemeines europäisches Phänomen waren. Nach Keinemann, Ereignis Teil I., S. 290 f. wurde die vermeintliche Hinwendung zu Preußen von den berichtenden Regierungsräten vor Ort festgestellt. 2247 Brophy, Rhineland, S. 308, wobei die Erinnerungskultur und nicht der bei Boudon, Consulat, S. 62–65 und Sellin, Staatskult untersuchte Staatskult gemeint ist. 2248 Vgl. grundlegend Tulard, mythe, zusammenfassend Wilhelm, Rheinland und zuletzt zum 200. Todestag Napoleons am 5. Mai 2021 Willms, Mythos und Nester, Napoleon. Zur „Widersprüchlichkeit der Erinnerungen an Napoleon“ vgl. Schulze, Napoleon. 2249 Beßlich, Napoleon-Mythos; dies., Epigonenbewusstsein; Wülfing, Heine. 2250 Gersmann/Langbrandtner (Hgg.), Lebenswelten, S. 200–204; Schmitt, Kleidung; Hattendorf, Bilder; zu den zahlreichen Sammlungen vgl. zusammenfassend Clemens, Kunstmarkt. 2251 Zum komplexen Umgang mit solchen zum Teil sakral anmutenden Erinnerungsstücken vgl. Büschel, Untertanenliebe, S. 332–342; bei Schütz, Preußen, S. 510 ist eine zeitgenössische Napoleonfigur abgebildet. 2252 Berufsbezeichnung der Anna Maria Deinhard, Cousine von August Deinhard, bei ihrer Heirat mit Kaufmann Philipp Valentin Bücher unter StAK 565 Zivilstandsregistereintrag Nr. 3/1832.
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von sentimentalen (Jugend-)Erinnerungen, klassizistischen Möbeln und französischen Alltags- und Einrichtungsgegenständen war von ästhetischem oder praktischem Wert, d. h. mit kulturellem Kapital und persönlichen Emotionen verbunden.2253 Dass allerdings in einem Kölner Kaffeehaus mit dem zweideutigen Namen Café Royal im Jahr 1848 eine fast lebensgroße Figur des französischen Kaisers stand,2254 war mehr als eine Gewohnheit oder eine Hommage an die gute alte Zeit. 2255 Auch die Koblenzer Veteranen besaßen ein Ölgemälde, das Napoleon auf seinem Schimmel zeigte und von dem ältesten der in Coblenz wohnenden früheren Soldaten der Armee gehütet wurde.2256 Nach dessen Tod wurde es gemeinsam mit dem Kriegerdenkmal in städtische Obhut gegeben. Diese Information aus einem Ausstellungskatalog aus dem Jahre 1914 ist exemplarisch für die Langlebigkeit der Ehre, die dem ehemaligen Kaiser in seiner ruhmreichen Rolle als Feldherr zuteilwurde. Für die Ausstellung zum Thema Koblenz und Ehrenbreitstein vor 100 Jahren konnten binnen weniger Monate zahlreiche Erinnerungsstücke zusammengetragen werden. Das Casino steuerte ein Portrait von Lezay-Marnésia, die Beamtenfamilie Wegeler eine Auszeichnung durch den beliebten Präfekten bei. Advokatanwalt Grebel hatte ein Souvenir der Kaiserkrönung aufgehoben und der jüdische Bankier Leopold Seligmann offenbar besonders viele Dekrete, Schriftstücke und Kalender gesammelt. Zu seinem Nachlass gehörten auch mehrere Kupferstiche des Kurfürsten Clemens Wenzeslaus und die gedruckte Verfassungsadresse von Joseph Görres. Ein besonderes Kuriosum stellte eine verborgene Napoleonfigur im Innern einer „Bronzestatuette Ludwigs XVIII. […] aus einer Zeit, in der es in Frankreich verboten war, an Napoleon erinnernde Dinge offen zu zeigen dar.2257 Vonseiten der Stadt konnte man das Stadtwappen und die Bildnisse des Maires Dominicus Gayer, des Landrats Carl Joseph Burret und des Dichters Max von Schenkendorf bestaunen. Weitere Notabeln kamen aus familiären Gemäldegalerien hinzu. Die Zivil- und Militärverwaltung stellte drei Portraits von Friedrich Wilhelm III. zur Verfügung, wohingegen sein Sohn erstaunlicherweise fehlte. Im städtischen Bestand befand sich lediglich das Stadtwappen und die Bittschrift für die Freilassung von Joseph Görres sowie die Einlasskarte zur Huldigung von 1815, die unmittelbar mit der preußischen Herrschaft verbunden war.2258 2253 Theis/Wilhelm, Einführung, S. 14. 2254 Ebd., S. 13 f. 2255 Vgl. Aussage von Julius Stephan Wegeler bei dems., Beiträge, S. 130: Ich lobe mir die gute alte Zeit, wo ein Frank mehr werth, als jetzt 5 Mark. Müller, Köln, S. 81 weist darauf hin, dass 1810 ein geplantes Napoleondenkmal in Köln nicht zustande kam. 2256 Ölgemälde von Nikolaus Meister nach Nikolaus Meister, abgebildet bei Schütz, Preußen, S. 511, vgl. den Ausstellungskatalog Coblenz, S. 87. 2257 Ebd., S. 87, wie weitere Stücke stammte sie aus dem Besitz von Sammler Hubert Klein. 2258 Ebd., S. 85–99, wobei 13 Kriegsdenkmünzen aus den Jahren 1813 bis 1815 vonseiten der evangelischen Gemeinde unter ebd., S. 114 in diesem Zusammenhang noch erwähnenswert sind. Den Vorbemerkungen zufolge hatte man die Ausstellungsstücke in ca. sechs Monaten zusammengetragen. Archivdirektor Max Bär sowie zahlreiche Beamte gehörten zu den Verantwortlichen. Zu Seligmanns Sammlung siehe Offerhaus, Seligmann, S. 120–122, vgl. auch Effmert, Oppenheim.
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Hieraus lässt sich schlussfolgern, dass das Ende der Franzosenzeit im kollektiven Gedächtnis mehr Raum einnahm, als der Beginn der „Preußenzeit“2259. Bestätigt wird diese These von der reichhaltigen Forschung zum deutsch-französischen Kulturtransfer und zahlreichen nachfolgenden Ausstellungen, die das Leben „unter der Tricolore“2260 im gesamten linksrheinischen Raum dokumentieren.2261 Der Befund wurde anlässlich des 200-jährigen Herrschaftsjubiläums in weiteren Ausstellungskatalogen problematisiert und mit Quellen aus dem „preußischen Jahrhundert“2262 kompensiert.2263 Der Großteil der Ausstellungsstücke repräsentierte die zweite Jahrhunderthälfte oder die regionale Erinnerungskultur, sodass sich der Gedanke aufdrängt, dass die Defizite einer frühen preußisch-rheinischen Erinnerungskultur nicht nur mit dem Festhalten an der Franzosenzeit, sondern auch mit dem Mangel an nachfolgenden Erinnerungen erklärt werden kann.2264 Tatsächlich lassen sich nur wenige symbolpolitische Identitätsangebote von oben oder königliche Förderungsmaßnahmen, die diese von unten beförderten, nachweisen. Die Abwesenheit der Monarchen bei der Jungfernfahrt der rheinischen Eisenbahn war in diesem Zusammenhang besonders fatal. Während Friedrich Wilhelm IV. diesen Integrationsmoment verpasst hatte, wird sein Engagement in der Kunst-, Kultur- und Denkmalpflege gegenüber der Gewerbeförderung jedoch zu Recht aufgewertet. Das Interesse für die zahlreichen Merkwürdigkeiten und Altertümer in der Provinz bietet sodann eine Erklärung dafür, warum die Schaffung neuer Erinnerungsorte ins Hintertreffen geriet.2265 Stattdessen setzte die „integrative staatliche Kulturpolitik“ an der allgemein anerkannten „identitätsstiftenden Bedeutung vorrevolutionärer Herrschaftsstrukturen“ an.2266 Auf diese Art und Weise konnte der König Geschichts- und Erinnerungspolitik an Orten betreiben, die zunächst nichts mit der preußischen Geschichte zu tun hatten. So wurde das ihm 1823 vom Koblenzer Stadtrat zum Geburtstag übereignete Schloss Stolzenfels im Jahr 1842 fertiggestellt und fortan als romantischer Rückzugsort der Hohenzollern, politische 2259 Exemplarisch Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen. 2260 Dühr/Lehnert-Leven (Hgg.), Trikolore; Kraus, Moderne; Kramp (Hg.), Napoleon; Veltzke (Hg.), Napoleon. 2261 Vgl. grundlegend Lüsebrink/Reichardt (Hg.), Kulturtransfer. Theis/Wilhelm, Einführung, S. 9 f. fassen die bis 2009 stattgehabten Ausstellungen zusammen. Der Band zeigt weitere Gemälde, Erinnerungsorte und -gegenstände aus der französischen Herrschaftsphase. 2262 Büren/Gutbier (Hgg.), Jahrhundert. 2263 Rönz. Einführung; Mölich, Preussen; Steinbach, Preußen. 2264 Wienfort, Landesgeschichte; Clark, Preußen, S. 776; Spenkuch, Preußen, S. 99 f., vgl. exemplarisch die Themen und Denkmäler bei Büren/Gutbier (Hgg.), Jahrhundert, ferner Schneider, Festkultur, S. 75– 78, die die These bestätigt und das Projekt-Portal https://www.preussen-im-rheinland.de/ (abgerufen am 20.4.2021), die sie relativiert. 2265 Vgl. Kapitel III. 4.2, Meinecke, Denkmalpflege, S. 97 f., Hoffmann, Romantik, S. 47, vgl. exemplarisch den Ausstellungskatalog Rheinromantik und ausführlich Holtz, Kunstpolitik, S. 421–431; Daneben wurde u. a. bei Holtz/Rathgeber/Spenkuch/Zilch, Bildungswesen auch die hier nicht beachtete Bildungspolitik als Schwerpunkt preußischer Integrationschancen am Rhein betrachtet. 2266 Rönz, Friedensschlüsse, S. 315. Nach Werquet, Historismus, S. 93 bestand darin der „Grundkonsens des Kronprinzen mit den rheinischen Gesellschaftseliten“.
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Tagungsstätte und „‚historische‘ Basis für den preußischen Staat“2267 genutzt. Die Historie des Königshauses ließ sich an aufwendigen Wandfresken im Rittersaal, der Herrschaftsanspruch anhand einer imposanten Adlersäule im Garten ablesen.2268 Anknüpfungspunkte zu den mittelalterlichen „Wurzeln christlicher Monarchie ebenso wie die aus dem Gottesgnadentum abgeleitete Herrschaftswürde“2269 fanden sich nur wenige Kilometer entfernt, am Königsstuhl von Rhens. Die Gedenkstätte für die Königswahl von 1410 wurde ebenfalls instand gesetzt, „galt als nationales Denkmal und verwies auf die mittelalterliche Herrschertradition, in die sich der preußische König einordnete.“2270 Seit dem Herrschaftsbeginn stand in Trier die Freilegung römischer Überreste, insbesondere die Restauration der Porta Nigra, in Köln die Rückholung der geraubten Kunstsammlungen und die Vollendung des Doms im Mittelpunkt staatlicher und lokaler Interessen.2271 Der repräsentative Ausbau des Krönungssaals Karls des Großen im Rathaus von Aachen stieß ebenso auf die Zustimmung des Innenministeriums wie die Gründung der Kunst- und Altertumsvereine und die regelmäßige Veranstaltung der mittelrheinischen Musikfeste.2272 Der hier nur angerissene Ausbau der lokalen „Geschichtslandschaft“2273 unter preußischem Zepter und ihre beginnende Popularisierung im Zuge des Tourismus steckten zwar noch in den Kinderschuhen, war für das Herrschaftsverhältnis und die öffentliche Meinung aber von erheblicher Relevanz, da regionale Erinnerungsorte durch die persönlich motivierte Zuwendung des Königs nicht nur erhalten und gewürdigt, sondern auch anerkannt und teilweise stark aufgewertet und adaptiert wurden. Darüber hinaus stellte der Bereich ein praktisches Interaktionsfeld zwischen preußischen Beamten, Stadträten, Architekten, Handwerkern und den Einwohnerinnen und Einwohnern vor Ort dar und neue Vergemeinschaftungsformen in geschichts-, kunst- und kulturwissenschaftlich interessierten Zirkeln bereit. Die stetig ansteigenden Mitgliederverzeichnisse dieser neuen Geschichts-, Kunst- und Altertumsvereine belegen, dass eine „Annäherung zwischen liberalen und konservativen Patriotismusdiskursen“2274 und ihren Vertretern grundsätzlich möglich war.2275 2267 Werquet, Staat. 2268 Vgl. Kapitel III. 2.3; Winzen, Politik, S. 68; Blöcker, Traum, S. 184–187; Meißner/Olschewski, Burgenromantik, S. 77–108, die den Ausbau als „politisches Signal“ betrachten. Nach Steinbach, Preußen, S. 23–25 und S. 47–49 ist diese Funktion der Baupolitik generell zu betonen und wurde beispielsweise auch von dem in Düsseldorf lebenden Prinzen Friedrich auf Burg Vautsberg umgesetzt. 2269 Winzen, Politik, S. 83. 2270 Ebd., S. 111. 2271 Für Trier vgl. ebd., S. 99–107, Meinecke, Denkmalpflege, S. 97–103 und allgemein Meißner/Olschewski, Antike. Für Köln vgl. den letzten Abschnitt des vorliegenden Kapitels. 2272 Meinecke, Denkmalpflege, S. 101–103; Holtz, Kunstpolitik, S. 441 f., S. 470–476. 2273 Im vorliegenden Zusammenhang ist das Verständnis von einer Geschichtslandschaft als „Bewusstseinsregion“ nach Mölich, Begriffe und ders., Mythen gemeint. Zur Bedeutung von „Geschichtserzählungen“ für die Entstehung kollektiver Identitäten in „Zwischenräumen“ siehe beispielsweise Loew/Pletzing/ Serrier, Enteignung. 2274 Caruso, Nationalstaat, S. 382–395. 2275 Zu den verschiedenen für die Zeit nach 1848 enorm wichtigen Gesellschaften siehe grundlegend Clemens, sanctus und zusammenfassend dies., Regionalgeschichtsschreibung, ferner Sträter, Musikverein;
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Die interessierte Öffentlichkeit konnte diese Entwicklung dank neuer Mobilitätsformen mitverfolgen und in dem bereits erwähnten Deutschland-Baedecker nachschlagen. Der verkaufsorientierte Verleger sparte nicht mit Hinweisen zu den positiven Auswirkungen der preußischen Kulturpolitik, stellte diese aber stets in einen historischen Kontext. Erinnerungsorte aus der vorangegangenen Herrschaftsphase wie das Marceau-Denkmal in Koblenz oder das Kaiserportrait im Aachener Rathaus wurden nicht außer Acht gelassen, sondern – ganz im Sinne der Stadträte – in die Lokalhistorie eingebunden.2276 Baedeckers Reiseführer sind daher ein anschauliches Beispiel dafür, wie mit der Vergegenwärtigung der Vergangenheit ein „nationaler Bezugsrahmen“ hergestellt wurde, in den „dann unterschiedliche, ja divergierende politische Werte projiziert werden“ konnten. Diese allgemein bekannte Chance bzw. Gefahr der „Nationalgeschichte“ lässt sich abschließend in Verbindung mit den Partizipations- und Integrationsmöglichkeiten des Nationalismus anhand der Kölner Dombaubewegung nachvollziehen.2277 Meine Herren von Köln! es begibt sich großes unter ihnen. Dieß ist, Sie fühlen es, kein gewöhnlicher Prachtbau. Er ist das Werk des Brudersinnes aller Deutschen, aller Bekenntnisse. Wenn ich dieß bedenke, so füllen sich Meine Augen mit Wonnethränen und ich danke Gott diesen Tag zu erleben, sprach Friedrich Wilhelm IV. am 4. September 1842, nachdem er die feierliche Grundsteinlegung zur Fortführung des Kölner Doms mit den üblichen drei Hammerschlagen bekräftigt hatte.2278 Dies war die erste – die wohl bekannteste – Meinung über den Sinn der fulminanten Festveranstaltung nach der Rheinkrise am Vorabend der Revolution von 1848/49. Sie wurde von den Beteiligten mündlich und symbolisch kommuniziert, von der lokalen Presse, zahlreichen Publizisten und der historistischen Geschichtsschreibung bis weit ins 20. Jahrhundert hinein schriftlich weitertradiert und erst durch die Grundlagenstudie von Kathrin Pilger einer umfangreichen, im Folgenden rezipierten Neubewertung unterzogen.2279
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Biedermann, Mäzenatentum; Kunz, Geschichte; John, Verein; Gerlach/Dörstel (Hgg.), Kunstverein und Alf, Geschichte. Baedecker, Deutschland, S. 332 und S. 342–344, daneben wird auch der Kastorbrunnen und das unerwähnt gebliebene Denkmal für General Hoch in Weißenthurm hervorgehoben. Echternkamp/Müller, Einleitung, S. 15–17, vgl. auch die Ausführungen in Kapitel I. 1.2. Ein weiteres Paradebeispiel dieser frühen vermeintlich nationalen Denkmalkultur ist das Gutenbergdenkmal von 1837 und die dazugehörigen Feiern in Mainz, vgl. hierzu zusammenfassend Mahlerwein, Rheinhessen, S. 215–218. Kölner Domblatt (DM) Nr. 11 vom 6.9.1842, S. 2, in der der Dom als Denkmal der Frömmigkeit, der Eintracht und Treue der verbündeten Stämme deutscher Nation an heiliger Stätte bezeichnet wird. vgl. analog dazu die Wiedergabe und Bewertung in der AAZ Nr. 252 vom 9.9.1842: Mit glühenden Worten hob er vornehmlich den deutschnationalen Werth der Unternehmung, ihren Einfluß auf die Einheit und Einigkeit Deutschlands hervor. Nach Herres, Köln, S. 181 galt diese Interpretation auch für Zeitgenossen wie Sulpiz Boisserée und Joseph Görres. Zu den Intentionen des Königs siehe Werquet, Historismus, S. 118–124 und John, Dombaufest, die bereits einen hegemonialen Führungsanspruch über Deutschland zu erkennen glaubt. Pilger, Zentral-Dombauverein, S. 29 f. und S. 298 f., nach ebd., S. 164 war diese Interpretation der Rede ein Missverständnis. Auf die kurzfristigen „Wirkungsgrenzen“ des Doms als Nationaldenkmal wurde zuletzt
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Weiterhin verglich der König inmitten einer begeisterten Menschenmenge den Dombau in seiner emotionalen Rede mit dem Bau des Vaterlandes und beschwor den Frieden der Confessionen und der Stände herauf.2280 Damit beschrieb er zwei weitere wichtige Bedeutungszuschreibungen, die eng mit dem nationalen Einheitsgedanken verbunden waren und sich sowohl in den Quellen als auch in der einschlägigen Literatur finden lassen. Zum einen hatte das Fest als öffentliche „Versöhnung des preußischen Staates und der katholischen Kirche“2281 mit einem protestantischen Gottesdienst und einem Hochamt im Dom sowie die Weihe der Steine durch den Koadjutor des Kölner Erzbischofs Johannes von Geissel begonnen und den genuin religiösen Charakter der frühgotischen Kathedrale in die rituelle Inszenierung integriert.2282 Nach dem König und dem Kölner Oberbürgermeister Adolph Steinberger führte auch Geissel die symbolischen drei Hammerschläge aus. Er vertrat dabei August von Droste zu Vischering, der sich formal außer Haft und noch immer im Amt befand, weil die Verhandlungen zwischen dem preußischen Staat und der römischen Kurie zugunsten des Papstes (und zahlreicher Supplikanten) ausgegangen waren. Dieser wurde sodann in der schriftlichen Bezeugung der Grundsteinlegung als Erster vor dem Erzbischof und dem König genannt.2283 Zum anderen partizipierten ca. 30.000 bis 40.000 Zuschauerinnen und Zuschauer passiv, darunter hunderte Vertreterinnen und Vertreter aller Bevölkerungsschichten aktiv an dem historischen Ereignis. Hatte sich die Huldigungszeremonie zwei Jahre zuvor noch strikt nach der preußischen Ständeordnung gerichtet, so wurde jetzt der „Volksfest“2284-Charakter unterstrichen, der dem Dombaufest die Bezeichnung eines „GegenHambach“2285 einbrachte und mit einem fulminanten Festzug das rheinische Gleichheitsideal in Szene setzte.2286 Neben Vertretern des Klerus und der Wohltätigkeitsanstalten sowie der Zivil-, Justizund Militärverwaltung, sah man Musikchöre, die Schuljugend und die Frauen und Jung-
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auch von Werquet, Identitätsstiftung, S. 194–200 hingewiesen. Bei Blöcker, Traum, S. 197 f. wird der Dom als „Symbol des politischen und kulturellen Neubeginns nach dem Ende der französischen Herrschaft“ bzw. der „nationalen Selbstbehauptung“ dargestellt. Bei Hoffmann, Romantik, S. 49–51 wird die ältere Deutung wie folgt ausgedrückt: „Nach den Befreiungskriegen war der unvollendete Dom ein Symbol der Zerrissenheit Deutschlands gewesen, seine Vollendung sollte darum zum Symbol der ersehnten Einheit werden.“ DM Nr. 11 vom 6.9.1842. Herres, Köln, S. 173. DM Nr. 11 vom 6.9.1842. Dass dies nicht selbstverständlich war, zeigt Pilger, Zentral-Dombauverein, S. 160–162. Herres, Vereine, S. 130–144, der auch die innere Differenziertheit des Katholizismus und die unterschiedlichen Haltungen zum Dombauprojekt herausarbeitet. Zur weiteren Einschätzung siehe Brylak/ Notarp, Dombaufest mit der Rede des Erzbischofs sowie die Urkunde wiedergegeben im DM Nr. 11 vom 6.9.1842, S. 2. Die Beilegung der Streitigkeiten um Droste zu Vischering skizziert Keinemann, Ereignis Teil I., S. 295–310. Blöcker, Traum, S. 200, bei John, Dombaufest, S. 78 f. wird diese Festgestaltung auf das Kalkül des Königs zurückführt. Exemplarisch ebd. und Pilger, Zentral-Dombauverein, S. 164. Herres, Köln, S. 173–181, vgl. Kapitel III. 4.4.
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frauen Kölns durch die Straßen ziehen. Diese waren laut Pressebeobachtern mit Fahnen und mit Kränzen geschmückt, und diese mit den Namen der Orte, an welchen sich Dombauvereine gebildet hatten. Deputierte dieser Vereine führten den Zug mit den Werksleuten und Dombaumeister Ernst Joseph Zwirner sowie seinem in altdeutscher Tracht gekleideten Sohn an – für die Schaulustigen war dies ein politisches Zeichen, da althergebrachte Herrschaftszeichen seit 1819 der Protestbekundung dienten und das Tragen dieser Tracht Beamten per Gesetz verboten war. Der Großteil der auswärtigen Stadträte war Teil der Zweigvereinigungen, die sich nach dem Vorbild des Kölner Zentral-Dombauvereins gebildet hatten. Als Mitverantwortliche wohnten sie der Grundsteinlegung an der Seite des Königs und den höchsten Herrschaften und den Notabeln der Gesellschaft auf dem von Tribünen umsäumten Domplatz unmittelbar bei.2287 Ihre Anwesenheit verdeutlichte der Öffentlichkeit die vierte Bedeutungsdimension, die dem Fest zugeschrieben werden kann: Es war das praktische Ergebnis der ersten groß angelegten Zusammenarbeit zwischen dem König und den lokalen Notabelngesellschaften. Nach langwierigen Überredungskünsten, Denkschriften und Petitionen hatte sich Friedrich Wilhelm IV. im Jahr 1841 dazu bereit erklärt, die Vollendung des Doms mit einem jährlichen Zuschuss von 50.000 Talern unter der Voraussetzung zu unterstützen, dass der Dombauverein eine vergleichbare Summe hinzusteuerte.2288 Mit den finanz- und werbepolitischen Erfahrungen aus dem laufenden Eisenbahnbau und weitverzweigten sozialen Beziehungen war die Gründung von über 150 Zweigvereinen zwischen Berlin und Paris und die Eintreibung der Summe binnen kürzester Zeit möglich.2289 Der Präsident des Kölner Zentralvereins Heinrich von Wittgenstein hielt daher eine ebenfalls von Wonnethränen erfüllte Rede, um dem König den Ausdruck des innigsten Dankes, der unbegränzten Liebe und Verehrung […] des ganzen deutschen Volks darzubringen und die federführende Rolle der lokalen Akteure gleichsam zu unterstreichen.2290 2287 Vgl. die Festdarstellung im DM Nr. 11 vom 6.9.1842, unter ebd. Nr. 10 vom 4.9.1842 werden an die 100 Damen namentlich aufgeführt, die das Vereinsbanner gefertigt hatten. Die KÖZ Nr. 250 vom 7.9.1842 erwähnte außerdem, dass die beim Festakt gesungenen Lieder, nur von Bürgern, die keinen Anspruch auf künstlerische Ausbildung machten, gesungen worden seien. Zur Bedeutung „altdeutscher“ Symbole siehe Haas, Kultur, S. 389 f. und Brophy, Politicization, S. 93. Pilger, Zentral-Dombauverein, S. 168 f. weist auf den Ausschluss der Bevölkerung durch zu hohe Eintrittspreise hin. 2288 Zur hier ausgelassenen Vorgeschichte seit 1815 vgl. Herres, Köln, S. 182–188, John, Dombaufest, S. 63– 70, Mettele, Bürgertum, S. 244–247 und ausführlich Pilger, Zentral-Dombauveren, S. 45–159 sowie Werquet, Historismus, S. 103–118. 2289 Zu den Werbemaßnahmen DuMonts, der u. a. das Domblatt als Vereinszeitschrift kostenlos verlegte, vgl. Hingst, Dombaufest, S. 134–138, die in der Berichterstattung nationale Argumente aber „nicht einmal das Wort ‚preußisch‘“ findet. Nach Nahmer, Geschichte, S. 84 war DuMont grundsätzlich gegen „Deutschtümelei“, sodass „übertriebene Verdeutschungsversuche […] im Beiblatt schonungslos verspottet“ wurden. Als Exempel für die zahlreichen bei Blöcker, Traum, S. 208–211 vorgestellten Souvenirs sei an dieser Stelle ein die Ständegleichheit symbolisierender Pokal erwähnt. 2290 DM Nr. 11 vom 6.9.1842, S. 5, weiter heißt es: Eure Majestät haben den heutigen Tag dem deutschen Volke gegeben, den die Weltgeschichte als seinen Ehrentag bezeichnen wird, von dem eine neue Zeitrechnung für dasselbe beginnt. Vgl. Pilger, Zentral-Dombauverein, S. 166–168 und Wedel, Wittgenstein, S. 56–64.
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Friedrich Wilhelms IV. Entgegenkommen entsprach den sich entwickelnden Standards in der Denkmalpflege und seinen eigenen kulturpolitischen Interessen, die als fünfte – nebenbei bemerkte – Bedeutungsqualität hinzukamen, und brachte den Notabeln dennoch jene Anerkennung ihrer Organisationstrukturen und Finanzierungsmodelle entgegen, die ihnen in der Eisenbahnfrage noch verwehrt worden war.2291 Diese waren noch dazu hochgradig egalitär, indem Versammlungen mit tausenden Mitgliedern abgehalten und Entscheidungen im Vorfeld demokratisch getroffen worden waren. Für die Bestimmung des Kölner Zentral-Vereins hatten sich beispielsweise 4.000 Menschen an einer öffentlichen Abstimmung beteiligt und Stadtrat Heinrich von Wittgenstein hinter den Protestanten Camphausen, Merkens und Deichmann die meisten Stimmen (2.874) gegeben. Obwohl der enorme Zuspruch aus allen Bevölkerungsschichten mit religiöskirchenpolitischen Motiven der katholischen Bevölkerungsmehrheit zusammenhing und der gotischen Kathedrale offenbar ein höherer Stellenwert beigemessen wurde als der zukunftsweisenden – ebenfalls national aufgeladenen – Eisenbahn, wurden beide Projekte also letztlich von denselben Personen getragen. Gleichzeitig hatten Teile der Bevölkerung deren offenbar überkonfessionell anerkannte Repräsentationsfunktion im Provinziallandtag und Stadtrat bestätigt und der König unweigerlich zu einer weiteren, der sechsten Dimension der Dombaubewegung beigetragen. Neben der Einübung quasidemokratischer Wahlpraktiken erreichte die translokale Vernetzung der Notabeln in der Dombaubewegung eine Ebene, die erstmals auch untere soziale Schichten integrierte und in Wahl-, Vereins- und Protestversammlungen während der revolutionären Bewegungen 1848/49 reaktiviert werden konnte. Stadtteilvereine in Köln, die sich explizit gegen die Dominanz der Honoratioren konstituierten, brachten zudem die innerstädtischen Spannungen und das generelle Politisierungs- und Mobilisierungspotential der Bevölkerung zum Vorschein.2292 Der politische Druck, der sich daraus in Verbindung mit den öffentlichen Erwartungen und den bestehenden Netzwerken für die Notabeln ergab, verleitete Ludolf Camphausen nach eigenen Aussagen dazu, sich auf Wittgensteins beinahe gewaltsames Andingen im Dombau zu engagieren, nachdem dieser [s]eine Zusage oder Verweigerung rein als eine Frage persönlicher Freundschaft […] hingestellt hatte. 2293 Die vertrauliche Mitteilung an seinen Bruder bringt die persönliche Dimension der Dombaubewegung und ihre siebte wesentliche Bedeutung auf den Punkt. Für viele Notabeln war die Beteiligung an der Fortführung des Kölner Doms eine regionale, rein rhetorische Identitätsfrage, die das 2291 Vgl. Kapitel III. 4.2 und Mettele, Bürgertum, S. 245 f., die der Meinung ist, dass „der Dombau ein Sinnbild nationaler Hoffnungen, aber auch eine Demonstration ökonomischer Leistungsfähigkeit“ des Bürgertums sowie „der Ausdruck des gesellschaftlichen Aufbruchs“ war. 2292 Ebd., S. 255–258; Pilger, Zentral-Dombauverein, S. 168; Brophy, Rhineland, S. 161 f. und Herres, Köln, S. 187 f., vgl. die Parallelen zum Karneval in Kapitel III. 3.4. 2293 Ludolf Camphausen an Otto Camphausen am 20.4.1842 zit. n. Hansen, Briefe, S. 333, vgl. Pilger, Zentral- Dombauverein, S. 67 f. und Mettele, Bürgertum, S. 249 f., die in Camphausens Engagement auch politisches Kalkül bezüglich anderer Ziele erkennen.
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Fest zu einer Manifestation rheinischer Partizipations- und Repräsentationsansprüche und den Dom zum Symbol für deren Umsetzung machte.2294 Doch von der Verfassungswirklichkeit Preußens war diese Sinnzuschreibung ebenso weit entfernt wie die erste nationale Deutungsvariante – daran erinnerte die auswärtige Presse, die der Dombaubewegung ihre vielfältigen Bedeutungsdimensionen streitig machte. Die Leserinnern und Leser der Augsburger Allgemeinen Zeitung konnten in der Spalte neben dem Festtagsbericht einen anonymen Korrespondenzbericht lesen, der ein paar ernste Blicke rückwärts, vorwärts, seitwärts auf die Veranstaltung warf. Der Reisende stellte die Authentizität der politischen Feier infrage, indem er statt religiös geselliger Tänze nüchterne Festzüge, ein bisschen Essen, Reden, die sich gedruckt am besten ausnehmen, und die unvermeidlichen Illumination, das unausweichliche Kunstfeuerwerk kritisierte.2295 Passend dazu wurde den regionalen Gleichheits- und nationalen Einheitsideen in der Beilage eine umfassende Auseinandersetzung mit dem Ständewesen in der preußischen Monarchie vorgehalten, die Friedrich Wilhelm zur Erfüllung seiner Verheißungen in Bezug auf die Verfassungsfrage aufforderte und die politischen Partizipationsvorstellungen der Notabeln auf den Boden der Tatsachen brachte.2296 5.4 Neue Gemeindeordnung, neue Stadträte, neue Partizipationsformen? Am 23. Juli 1845 trat die Gemeindeordnung für die Rheinprovinz 2297 in Kraft. Die neue Verwaltungsordnung galt als ein mühselig ausgehandelter Kompromiss, der den Notabeln keine größeren Partizipationschancen auf kommunaler Ebene ermöglichte und dennoch einen Partizipationserfolg darstellte. Mit dem Gesetz wurde die Einführung der preußischen Städteordnung fallengelassen, das aus der französischen Herrschaftsphase übernommene Gleichheitsideal anerkannt und die rechtliche Unterscheidung zwischen Stadt- und Landbewohnern verhindert. Da das Innenministerium letzteren kein höheres Maß an Selbstverwaltung zutraute respektive gestattete, wurde die auf dem vierten Provinziallandtag diskutierte und in Kapitel III. 5.1 besprochene Landgemeindeordnung kurzerhand auf die Städte übertragen. In der Konsequenz blieben die formelle Weisungsbefugnis der Land- und Regierungsräte, die starke Position des Bürgermeisters und die geringen Kompetenzen der Stadträte bestehen, sodass die neue Gemeindeordnung nach 2294 Nach Brophy, Rhineland, S. 111 war es das Ziel „to acclaim the city’s leadership of the region and nation”, nach Mettele, Bürgertum, S. 246 f. stand der Dom „in gewisser Weise für die bürgerliche Einheit der Stadt“, ähnlich ebd., S. 255. Herres, Rhein-Preußen, S. 165 erkennt rückblickend einen bewahrenden und zukunftsorientierten „Doppelcharakter“ des Regionalismus im Rheinland. Clemens, sanctus, S. 328–335 ist daher zuzustimmen, dass die regionale – nicht die nationale – Geschichte im Vordergrund des Vereinswesens stand. 2295 AAZ Nr. 252 vom 9.9.1842. 2296 Ebd. Der umfangreiche Artikel wies u. a. darauf hin, dass Preußen seinen eigenen Vorschlägen nicht nachgekommen [sei], die andern deutschen Staaten aber gerade auch wohl durch die Autorität dieser großen Macht zur schleunigen Einrichtung landständischer Verfassungen schritten. 2297 GS 1845, S. 523–554.
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dem rheinischen Recht strenggenommen die zweite diskursiv umgedeutete, ursprünglich französische Institution darstellte, die das Rheinland von den preußischen Kerngebieten und der Provinz Westfalen abhob.2298 Der einzige – in Sachen Gleichheit jedoch entscheidende – Unterschied stellte das Wahlrecht dar. Das ungleiche Drei-Klassenwahlrecht, das die Beteiligungsquote durch einen zusätzlichen Zensus auf ein Minimum reduzierte, entsprach den bereits dargelegten Empfehlungen des Landtags und somit den Wünschen der meisten Abgeordneten. Nachträgliche Änderungsvorschläge, die etwas milder ausfielen, und die Forderung der Wahl des Oberbürgermeisters blieben unberücksichtigt.2299 In den Zeitungen mangelte es daher nicht an kritischen Kommentaren, die die rheinische Gemeindeordnung mit den Verhältnissen in den übrigen preußischen Städten verglichen.2300 Die zum Teil gehässigen Anspielungen über ihr Zustandekommen entbehrten nicht jeder Grundlage, ging es doch um eine Ordnung, die aus dem Gleichheitsgedanken entstanden war und die gesellschaftliche Ungleichheit im politischen Raum erstmals klar definierte. Sie berechtigte nur die unbescholtenen, männlichen Bürger über 25 Jahre, die einen Grundsteuerbetrag von mindestens 2 Talern und einen Klassensteuerbetrag von mindestens 4 Talern zahlten, zur politischen Meinungsäußerung. Des Weiteren sollte der von den Städten selbst festzulegende Zensus dieser sogenannten Meistbeerbten zwischen 200 und 600 Talern beziffern.2301 Vor diesem Hintergrund kulminierten in der darauffolgenden Einführung der Gemeindeordnung die seit 1815 vorhandenen rechtspolitischen Diskurse von der Verfassungsfrage über das Steuersystem bis hin zur Presse- und Meinungsfreiheit. In den im Folgenden skizzierten Wahlen der ersten regulären preußischen Kommunalvertretungen trafen die idealistischen Leitideen von Gleichheit, Gemeinwohlorientierung und öffentlicher Meinung mitsamt den dahinterstehenden Partizipationsbestrebungen der Notabeln auf die Realität. Ihre Anpassungs- und Aushandlungsstrategien im Speziellen und die spannungsgeladenen Interdependenzen der einzelnen Verwaltungsebenen im Allgemeinen bestimmten bereits die Vorbereitungen. Diese übertrafen die in Kapitel III. 3.2 geschilderten Anforderungen an die praktische Umsetzung der Landtagswahlen bei Weitem und zogen sich über ein Jahr in die Länge.2302 Analog zu den Landtagswahlen wurden die einzelnen Bestimmungen zunächst in der Gesetzessammlung, in den Amtsblättern und Tagezeitungen veröffentlicht, per Anschlagzettel bekanntgegeben und unter Aufsicht eines ausgewählten Regierungs- oder 2298 Koselleck, Reform, S. 580–582; Wex, Gleichheit, S. 382–386. 2299 Ebd. 2300 AAZ Nr. 138 vom 18.5.1846; SAZ Nr. 279 vom 6.10.1846. 2301 GS 1845, Paragraph 33, S. 530, insbesondere die Paragraphen 33–36. Das Gleiche galt für das aktive Wahlrecht. Außerdem musste die Hälfte der Stadträte nach Paragraph 52 über Grundbesitz in der Gemeinde verfügen. Zur zeitgenössischen Interpretation vgl. auch Herres, Köln, S. 219 f. 2302 Vgl. Kapitel III. 3.2.
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Landrats umgesetzt.2303 Auch war die Veröffentlichung der Provinziallandtagsdebatten für die Arbeit der Stadträte nicht folgenlos geblieben. Die gesteigerte Verwaltungskommunikation nach außen wirkte sich insofern auf den Verwaltungsalltag und die Einführung der Gemeindeordnung aus, als Friedrich Wilhelm IV. auch die Veröffentlichung der Stadtratsprotokolle in einer Kabinettsorder vom 19. April 1844 erlaubt hatte.2304 Das neue Recht entsprach dem Bedeutungszuwachs der öffentlichen Meinung sowie dem vielfach zum Vorschein gekommenen Geltungsbewusstsein der Stadträte. Dass es vor allem in Düsseldorf so viel wie möglich in Gebrauch genommen werden sollte,2305 verwies auf frühere Rechtfertigungsversuche, die durch die Erhebung einer Einkommenssteuer auf der rechten Rheinseite besonders nötig gewesen waren. Die Offenlegung der Stadtrechnungen, die hier und in Koblenz bereits üblich war, wurde 1844 auch in Aachen eingeführt.2306 In Trier hielt man es für ratsam nur das zu publizieren, was sich dazu eignete und bildete ein Komitee, das die internen Gespräche zensierte.2307 Diese Vorsicht war deswegen geboten, weil die Neuerung mit einer Lebensmittelknappheit, den Provinziallandtagen und den Vorbereitungen zur Einführung der Gemeinderatswahlen – d. h. mit drei meinungsbildenden Ereignissen im öffentlichen Raum – zusammenfiel.2308 So gehörte die brisante Festlegung des Zensus zu den ersten Entscheidungen, die zum Jahreswechsel 1845/46 getroffen werden mussten. Dabei hatten die amtierenden Stadträte von Koblenz und Trier nach langer vielseitiger Diskussion sich einstimmig dafür ausgesprochen, daß mit zweihundert Thaler Einkommen die Qualität eines Meistbeerbeten eintrete und ihre Geschlossenheit als Erstes demonstriert.2309 Angesichts ihrer eigenen Finanzmittel, der vergleichsweise geringen Bevölkerungsdichte und einer relativ breit ausgeprägten Mittelschicht fiel ihnen die Entscheidung für die größtmöglichen Partizipationschancen leichter als ihren Kollegen in den anderen Untersuchungsstädten.2310 Dennoch sprach sich auch die bevölkerungsreichste Stadt Köln trotz der vorangegangenen Differenzen bei den Handelskammerwahlen für einen Zensus von 200 Talern aus, wohingegen die Notabeln auf der gegenüberliegenden Rheinseite das Mindestmaß mit überwiegender Stimmenmehrheit auf 300 Taler festsetzen.2311 2303 Exemplarisch in der außerordentlichen Beilage der KÖZ Nr. 247 vom 4.9.1845. 2304 GS 1844, S. 101 f. 2305 StAD 90014, Stadtratsprotokoll vom 8.10.1844, der zuständigen Kommission gehörten Baum, Lacomblet, Nölle, Dietze und Leihhaus an. 2306 StAAc PRZ 1–14, Eintrag vom 24.9.1844, wobei Oberbürgermeister und Justizrat Pelzer ein Komitee bildeten, vgl. Kapitel III. 3.3 sowie den Beschluss zur Publikation unter StAAc PRZ 1–19 Eintrag vom 19. und 22.12.1846. 2307 StATr Tb 100/12, Eintrag Nr. 237 vom 29.1.1845. 2308 Für Köln vgl. HAStK 410 A5, Stadtratsprotokolle vom 11. und 18.12.1844 und vom 12.2.1845. Für Koblenz siehe StAK 623 2189, Eintrag vom 15.3.1844. 2309 Ebd., Stadtratsprotokoll vom 13.1.1846, vgl. StATr Tb 100/12, Eintrag vom 26.11.1845, wonach die Entscheidung sofort einstimmig erfolgt sei. 2310 Vgl. der Vergleich der Lebenshaltungskosten in Kapitel III. 2.3. 2311 StAD 90014, Sitzungsprotokoll vom 31.3.1846, unter ebd. 0123.0000, laut Schreiben des Oberbürgermeisters von Fuchsius vom 1.4.1846 wird die Stimmverteilung mit elf zu vier Gegenstimmen angegeben.
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Uneinigkeit herrschte derweil in der Stadt, die sich durch die größten sozialen Unterschiede und vorangegangenen Verwaltungsprobleme auszeichnete. Um die Wahlfrage für Aachen sachlich klären zu können, ließ Oberbürgermeister Edmund Emundts provisorische Einkommenslisten der Einwohner anfertigen. Seinen Ausführungen zufolge ging es nach Abzug der Minderjährigen und Personen weiblichen Geschlechts sowie der ca. 25.000 Männer, welche von Tagelöhnen oder Unterstützungen lebten, um ca. 3.000 bis 4.000 wahlfähige Männer von mehr als 46.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, deren Interesse für die Gemeinde in Relation zu ihrem Besitz gewichtet werden sollte. Kaufmann Carl Eduard Dahmen, der spätere Beigeordnete, hatte sich die Listen genauer angeschaut und darauf hingewiesen, dass in der unteren Einkommensklasse ein gerechter Theil ihm oder seinen Kollegen als recht ordentliche Bürger bekannt seyen, denen man guten Sinn und Interesse für das Gemeinwohl zutrauen könne. Im Sinne des Gesetzes plädierte er dafür, allen intelligenten urtheilsfähigen Bürgern, wenn deren Einkommen auch mäßig sey, Bürgerrechte und Theilnahme von den Wahlen angedeihen zu lassen. Mit dem Rekurs auf den in der Steinschen Städteordnung festgelegten Bürgersinn positionierte er sich gegen Justizrat Stephan Pelzer, der den Ausschluss der unteren Einkommensklassen ebenfalls mit der Natur des Gesetzes begründete. Obwohl auch der einflussreiche Tuchfabrikant van Houtem für 200 Taler votierte, weil eine Vertretung des Interesses dieser Unbemittelten nöthig und mit Hilfe der bessergestellten Handwerker und Gewerbetreibenden zu bewerkstelligen sei, fiel die Abstimmung mit einem Zensus in Höhe von 300 Talern zugunsten der eigenen Partizipationsinteressen aus.2312 Hieraus lässt sich ableiten, dass sich hinter der praktischen Einleitung der Gemeinderatswahlen Grundsatzentscheidungen über das „Gemeinwohl“2313 verbargen, die bereits zu Beginn der 1830er Jahre aufgetaucht waren. Sie richteten sich nach einer von Stadt zu Stadt divergierenden Gewichtung persönlicher Interessen und gesellschaftspolitischer Leitbilder in Verbindung mit den zu erwartenden Reaktionen aus der Bevölkerung und den sich wandelnden sozialen Verhältnissen. Die Zensusfrage war also mehr als eine Formalie. Sie wurde in der Öffentlichkeit diskutiert, in der Presse kommentiert und – nur wenige Wochen später revidiert.2314 Nachdem die aufwendige Ermittlung der Wählerklassen in allen Bezirksstädten weitgehend abgeschlossen war, griff der neue Oberpräsident August Eichmann eigenständig in die Vorbereitungen ein und führte den Stadträten die Grenzen ihrer Handlungsspielräume vor Augen. In den Städten, in denen der geringste Einkommenssatz galt, wurde dieser Satz erhöht. Konkret bestimmte Eichmann die Voraussetzung zur politischen Für Köln vgl. Herres, Köln, S. 222 und Mettele, Bürgertum, S. 282. 2312 StAAc PRZ 1–16, Stadtratssitzung vom 27.1.1846; ein Stimmverhältnis ist nicht notiert. Ebenso wie van Houtem konstatierte auch Dahmen: Die große Anzahl von Unbemittelten mache es zur Pflicht für deren Vertretung zu sorgen. 2313 Vgl. Kapitel III. 3. 2314 Vgl. exemplarisch die KÖZ Nr. 74 vom 15.3.1846, die AAZ Nr. 100 vom 10.4.1846 und die SAZ Nr. 173 und Nr. 262 vom 22.6. und 19.9.1846 sowie zusammenfassend Herres, Köln, S. 222 f.
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Beteiligung für Trier auf mindestens 300 Taler, für Köln und Koblenz auf mindestens 400 Taler. Da der Zensus nach Paragraph 34 der Gemeindeordnung explizit durch den Oberpräsidenten mit Rücksicht auf die Ortsverhältnisse nach Vernehmung des Gemeinderaths 2315 festgesetzt werden sollte und der gebürtige Berliner sich erst wenige Wochen an seinem Dienstort befand, war diese Maßnahme vor allem in Koblenz nicht nachvollziehbar. Dass die 18.523 Seelen zählende Verwaltungshauptstadt nach Bevölkerung und Wohlhabenheit zu den mittleren Städten der Provinz zu nehmen sey, 2316 war in den Augen der Stadträte im Vergleich zu der fast fünfmal so großen Wirtschaftsmetropole im Norden eine regelrechte Anmaßung. Ihr prompt erfolgender Protest vom 13. Januar 1846 argumentierte dahingehend, dass der Maßstab nicht den Ortsverhältnissen entspreche und eine Bevorzugung einer sehr kleinen Minorität zur Folge hat, welche in dem Sinne des Gesetzes nicht liegen könne. Zusätzlich waren 178 Personen aus den unteren Wählerklassen der Auffassung, dass abgesehen von einzelnen im Allgemeinen alle Einschätzungen zu niedrig und dem wirklichen Einkommen nicht entsprechend waren.2317 Gemeint waren die bereits veröffentlichen Wählerlisten, in denen 955 erwachsenen Bürgern von Koblenz und 874 Einwohnern von Trier das Recht zur Wahl ihrer Repräsentanten erteilt worden war. Dieses Ergebnis entsprach ca. fünf Prozent der Bevölkerung und beruhte auf der subjektiven Kenntnis einer per Wahl bestimmten Einschätzungskommission innerhalb des Stadtrats, die von der Auskunftsbereitschaft der Bevölkerung abhängig war. Während in Koblenz in etwa genauso viele Personen über die niedrigste Gehaltssumme von 200 bis 300 Talern (275 Personen) und über die höchste Gehaltssumme von über 600 Talern (268 Personen) verfügten, hatte sich die soziale Schere in Trier erweitert, sodass fast doppelt so viele Personen zu den Bessergestellten gehörten (391 Personen gegenüber 205 Personen). Allein Friedrich von Nells jährliches Einkommen von 30.000 Talern hatte sich binnen zehn Jahren verdoppelt und war sechsmal so hoch wie das des reichsten Stadtrats von Koblenz Simon Clemens (5.000 Taler). Beide nahmen den zweiten Platz auf der jeweiligen Wählerliste ein. Für diese Einschätzungen boten bereits bestehende Listen der Einkommenssteuererhebung aus den 1830er Jahren eine Hilfestellung, die das preußische Steuerrecht zu einem entscheidenden Faktor der Gemeinderatswahl machten.2318 Im Fall der klassifizierten Einkommenssteuer wurde das Grundeigentum, das Kapitalvermögen, die Gehalts- und Pensionszahlungen sowie die Gewerbeeinnahmen aller männlichen und weiblichen Gemeindemitglieder erfasst. Da allerdings nicht alle Einwohner 2315 GS 1845, S. 531 Paragraph 34. 2316 StAK 623 2162, Schreiben des Oberpräsidenten vom 28. April 1946. Er war seit dem 19.7.1845 anwesend. Zu seiner Person vgl. Kreutzmann, Beamten, S. 252 f. 2317 StAK 623 2162, Schreiben vom 27.3.1846 und Petition vom 13.4.1846. Vgl. LHAK 442 4812 und StATr Tb 13–6, Schreiben des Oberpräsidenten vom 20.3.1846 sowie Herres, Köln, S. 222. 2318 StATr Tb 13–6, Aufstellung vom 25.8.1846 und StAK 623 2162, Aufstellung vom 13.1.1846. Die Listen wurden von Kaufmann Johann Jacob Nilkens (8.000 Taler) in Koblenz und Alexander von Beulewitz (39.000 Taler) in Trier angeführt, vgl. Kapitel III. 3.3. Zum Vergleich wurden unter StAAc OB 43–10 in Aachen 436 Personen in der niedrigsten Einkommensstufe von 200 bis 300 Talern und 718 Personen in der höchste Einkommensstufe von über 600 Talern gelistet.
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steuerpflichtig waren und die Prozedur zur Auffindung der Meistbeerbten – wie Maehler anmerkte – die nemliche war, stellte sich die Frage nach ihren Partizipationsrechten.2319 Damian Görtz plädierte für ein stellvertretendes Wahlrecht der Söhne vermögender Steuerzahlerinnen, weil die Witwe des ehemaligen Stadtrats Süß beispielsweise über ein Einkommen von 2.251 Talern im Jahr verfügte. Eine stellvertretende Wahl der Frauen selbst wurde nicht in Betracht gezogen.2320 Maehler stellte die gehorsamste Anfrage, ob die von der Einkommenssteuer befreiten Militärs, Geistlichen und Lehrer zu den Wahlberechtigten gehörten und die Gehälter der Beamten wie im Gesetz vom 11.7.1822 festgelegt, nur zur Hälfte berechnet werden sollen, wie dies auch bei der Einkommenssteuer 1837 der Fall gewesen war. 2321 Die zuständige Regierung schien zunächst überfragt, weshalb er sich als dienstältester amtierender Oberbürgermeister zusätzlich bei dem einzigen Kollegen erkundigte, der nach dem Abgang Haws ebenfalls seit fast drei Jahrzehnten im Amt war. Adolph Steinberger leitete eine vage formulierte Zustimmung der Kölner Regierung weiter und räumte ein, dass die Frage ob aktive Militärs dazugehören hier nicht aufgeworfen worden sei.2322 In den daraufhin von Maehler handschriftlich erstellten Steuerlisten der Stadt Ko blenz lässt sich die rechnerische Dezimierung der Beamtengehälter nachvollziehen, sodass selbst Oberpräsident Eichmann mit einem halben Gehalt von 2.930 Talern an neunter Stelle hinter vier amtierenden Stadträten aufgeführt und öffentlich herabgestuft wurde.2323 Weitere Anfragen zur Einstufung der Beamten aus Düsseldorf und Trier ließen nicht lange auf sich warten und wurden mit einem Bescheid des Innenministeriums vom 2. Juni 1846 zusammen mit der Koblenzer Steuerliste abgewiesen.2324 Die Tatsache, dass der Großteil der Regierungsmitglieder andernfalls unter die erhöhten Zensusgrenzen gefallen wäre, mag zu dieser Entscheidung beigetragen haben und wurde nicht thematisiert. Die Richtigstellung der von den Einwohnern angezweifelten, bereits veröffentlichten Steuereinschätzung von Koblenz wurde daher auch vom Oberpräsidium befürwortet und durchgeführt. Dabei wurden nicht nur die Schullehrer aufgenommen und die Beamtengehälter aufgestockt, sondern auch die Einkommen von mindestens 30 Personen insoweit dem erhöhten Zensus angepasst, dass ihnen das Wahlrecht erhalten blieb. Oberpräsident August Eichmann rückte mit 6.300 Talern ordentlichem Gehalt an den zweiten Listenplatz.2325 2319 Vgl. die Abschrift der Anfrage Maehlers an die Regierung vom 20.11.1845 unter StAK 623 2162, S. 23. 2320 Vgl. Kapitel III. 4.2. und konkret StATr Tb 13–6, Schreiben vom 19.7.1846, wobei die Frage wie folgt formuliert wurde: Kann einer dieser großjährigen selbst persönlich nicht zur Einkommenssteuer eingeschätzten Söhne der Witwe für dieselbe das Gemeinderecht in Anspruch nehmen, weil er miterbe des Vaters ist und daher in der Einschätzung des Vermögens der Mutter das seinige mitenthalten ist? 2321 StAK 623 2162, Schreiben vom 20.11.1845. Paragraph 29 der Gemeindeordnung bekräftigte das Gesetz die Heranziehung der Staatsdiener die Gemeindelasten betreffend vom 11.7.1822, in: GS 1822, S. 184–187. 2322 StAK 623 2162, S. 37 f. 2323 Ebd., Aufstellung vom 13.1.1846. 2324 Vgl. StAD 0123.0000, Schreiben vom 7.4.1846 und StATr Tb 13–6, Schreiben des Oberpräsidenten vom 2.6.1846. 2325 StAK 623 2162, Wählerverzeichnis vom 21.8.1846. Auch die SAZ Nr. 177 vom 26.6.1846 sprach im Fall der Einkommensliste in Köln von einer unerklärliche[n] Abschätzung.
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Neben diesen Grauzonen der Vermögenseinschätzung eröffneten die in Paragraph 50 der Gemeindeordnung beschriebenen Klassengrenzen den Notabeln weitere Einflusschancen, die unterschiedliche Vorstellungen gesellschaftlicher Hierarchien zum Ausdruck brachten. Sie wurden in Koblenz gemäß der Vermögensverteilung großzügig ausgedehnt, indem ein Gehalt von 1.200 Talern für die erste Klasse ausreichte, wohingegen es in Trier mehr als doppelt so viel war: 3.750 Taler. In der Konsequenz bestimmte ein überschaubarer Kreis von 30 Trierer Bürgern, d. h. die einstigen Höchstbesteuerten, in der ersten Wählerklasse gegenüber 520 Personen in der dritten Klasse eigenständige Repräsentanten.2326 Elf amtierende und sechs ehemalige Stadträte in der ersten Klasse konnten sich so ihr zuvor ausgeübtes Ergänzungswahlrecht vorbehalten.2327 Im Sommer 1846 lagen schließlich mit der Publikation der Wählerlisten nicht nur die Einkünfte der Notabeln, sondern auch die weitreichenden Ermessens- und begrenzten Handlungsspielräume der Stadträte zur Einsicht in den Rathäusern offen. Die Modifikationen in Koblenz führten aufmerksamen Beobachtern vor Augen, dass das Wahlrecht weniger vom tatsächlichen Besitz als vielmehr von der Einstellung einzelner Amtsinhaber abhängig war. Advokatanwalt Adolph Grebel, Sohn des ehemaligen Koblenzer Stadtjustitiars Matthias Grebel, war sogar der Ansicht, dass die Beamten den Stadtrath mit zwei Drittel ihrer beliebigen Personen beschicken [könnten] – ein Einfluß, der gewiss unbillig erscheint, da die Beamten bei ihrer nicht fixierten Stellung weniger Interesse am wahren Wohl der Stadt haben könn[t]en, als die für immer angesessenen Bürger. Dieser Vorwurf brachte die seit dem Herrschaftswechsel vorhandenen Ressentiments gegen die aus den preußischen Kernprovinzen stammenden Regierungsräte zum Ausdruck und bewahrheitete sich nicht.2328 Nach der erneuten Revision der Einkommenslisten aufgrund von weiteren Reklamationen einzelner Personen, die sich falsch positioniert sahen, fand die Wahl von Koblenz schließlich vom 28. September bis zum 5. Oktober 1846 im Gymnasium statt. Von 835 (4,5 Prozent) Wahlberechtigten waren 66 bereits verstorben oder verzogen, sodass 490 Personen in der dritten Klasse, 196 Personen in der zweiten Klasse, und 83 in der ersten Klasse je acht Gemeinderatsmitglieder und sechs Stellvertreter wählen konnten.2329 In der darauffolgenden Woche wurden 728 Einwohner von Trier (4,4 Prozent) zur Wahl ins Casino eingeladen: Im Durchschnitt erschienen rund 80 Prozent der Wähler der ersten Klasse, 60 Prozent der nachfolgenden Klassen.2330 Die Gemeinderäte kamen also – 2326 StATr Tb 13–6, Aufstellung vom 25.8.1846, vgl. GS 1845, S. 535 f. Paragraph 50 und die Ausführungen dazu im Provinziallandtag dargestellt in Kapitel III. 5.1. 2327 Vgl. ebd. Zum Vergleich waren in Koblenz nach StAK 623 2162 83 Personen in der ersten Klasse wahlberechtigt, in Aachen gehörten nach StAAc OB 43–10 134 Männer zur ersten, 462 Männer zur zweiten und 1.092 Männer zur dritten Wählerklasse. 2328 StAK 623 2162, Schreiben vom 9.8.1846. Gemäß dem Schreiben Maehlers vom 31.3.1846 lag die erste Wählerliste Anfang April im Rathaus aus. 2329 Ebd., vgl. Bär, Geschichte, S. 79–82, Herres, Koblenz, S. 72–74 und Thielen, Notabelnpolitik, S. 48–54. 2330 Vgl. die Wahlprotokolle unter StATr Tb 13–107.
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wie befürchtet – durch eine privilegierte Minderheit zustande, die den Kreis der vorherigen Stadtratskandidaten nur unwesentlich erweiterte und auf internen Absprachen beruhte. Denn in allen Klassen entschieden sich die Anwesenden stets nur zwischen zwei Kandidaten pro Wahlgang. Nach mehreren Ergänzungswahlen für vier Notabeln, deren Mandat nicht bestätigt wurde, erklärte die Rhein- und Mosel-Zeitung die Wahl in Koblenz am 16. Dezember 1846 für glücklich beendet und sprach den neuen Stadträten in der Kölnischen Zeitung das Vertrauen der Stadtgesellschaft aus.2331 Die Trierische Zeitung meldete, dass sich ohne Gefahr behaupten [ließe], daß unser Stadtrath durchgängig mit politisch-liberalen Männern besetzt sei, dieses Wort in dem Sinne genommen, welcher Preßfreiheit, Reichsverfassung, Unabhängigkeit der Richter und die übrigen politischen Güter in sich faßt. 2332 Für diese Annahme sprach die Wahl des polizeibekannten Buchhändlers Gall und die Wiederwahl der ebenfalls unter Behördenaufsicht stehenden Stadträte Lintz, Brixius und Cetto. Außerdem schlug sich die Reputation der Advokatanwälte im Wahlverhalten der dritten Wählerklasse nieder (Tab. 6 Trier). Ein Kandidat aus Koblenz, der spätere Zentrumspolitiker Peter Reichensperger, scheiterte jedoch an der Zustimmung seines Vorgesetzten. Mit Ausnahme des Trierer Bezirkskassenrendanten Steitz gelangten keine Regierungsmitglieder in die Kommunalverwaltung. Daneben wurden in Koblenz mindestens fünf, in Trier drei Nachfahren bekannter Notabeln zu Stadträten bestimmt und neun bzw. 14 amtierende Räte in ihrem Amt bestätigt. Lediglich der als ultramontan und allgemein beliebt geltende Landtagsabgeordnete Hermann Joseph Dietz verzichtete zugunsten jüngerer Notabeln auf sein seit Jahrzehnten bestehendes Mandat. Ebenso wurde Oberbürgermeister Abundius Maehler pensioniert und vom Innenministerium durch Landgerichtsrat Alexander Bachem ersetzt. Die Wählerschaft verlieh einem weiteren Juristen, Leonard Longard als Longard II. 2333 an der Seite seines bekannten Onkels eine Stimme im Rathaus (Tab. 6 Koblenz).2334 Das in der Städteordnung verankerte und vom vierten Provinziallandtag abgelehnte Verbot derartiger privater Verbindungen galt in der Rheinprovinz nach Paragraph 51 für Vater-Sohn- und Geschwister-Beziehungen.2335 Darüber hinausgehende Verwandtschaften 2331 KÖZ Nr. 350 16.12.46. Weiter heißt es: Die durch das Gesetz berechtigten verschiedenen Wählerclassen haben per majora, zum Theil auch einstimmig, ihre Candidaten gewählt und so wollen wir das Geschehene gutheißen und dem nun vollzähligen Gemeinderathe nur Vertrauen entgegenbringen. 2332 SAZ Nr. 295 vom 22.10.1846, wörtlich wiederholt in der KÖZ Nr. 295 vom 22.10.1846: In socialer Hinsicht ist wenigstens ein gewisser Wohltätigkeitssinn vertreten. Mehrere der Gewählten waren Mitglieder des im vorigen Winter gebildeten Brodvertheilungs-Comités. In der dritten Klasse stand die sogenannte ultramontane Partei mit der liberalen gleich, wobei im Allgemeinen nur drei Protestanten und ein Beamter gewählt worden sei. 2333 Vgl. Bär, Geschichte, S. 81 und das Stadtratsprotokoll vom 6.3.1847 unter StAK 623, 2190. Es handelte sich um den Sohn eines Halbbruders des Vaters von Johann Nepomuk Longard. 2334 Unter den Koblenzer Stellvertretern, die in der Zählung nicht beachtet werden, befand sich mit Bezirkskassenrendant Kalisch ebenfalls ein Mitglied der Regierung, der allerdings auch langjähriger Kassenprüfer des Casinos war. 2335 GS 1845, S. 536 Paragraph 51.
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konnten aufgrund der vielfältigen Verflechtungen innerhalb der Notabelngesellschaften von vornherein nicht unterbunden werden.2336 Generell lassen die Wahlprotokolle darauf schließen, dass private Beziehungen nur dann zu einem Problem wurden, wenn der zuständige Wahlkommissar sie registrierte. So wurde die Wahl der Brüder Pelzer in Aachen annulliert, nachdem Arnold Edmund Pelzer in der ersten Wählerklasse und sein Bruder Stephan in der zweiten Wählerklasse gewählt worden waren. Keiner der beiden Juristen war zu einer von der Regierung geforderten gütlichen Einigung, 2337 d. h. der Mandatsniederlegung bereit, sodass die Ernennung des älteren Bruders Stephan Pelzer von oben verfügt wurde. Da es für diesen eigenmächtigen Eingriff der Regierungsbehörde keine klare Rechtsgrundlage gab und sich die erste, wohlhabendere Wählerklasse mit der Unterstützung des Oberpräsidenten im Recht sah, weil sie Arnold Pelzer als Ersten, vor der Wahlversammlung der zweiten Klasse gewählt hatte, ging die Sache an das Innenministerium. Dort wurde drei Monate später zugunsten der Regierung bzw. des älteren Bruders und bereits amtierenden Stadtrats Stephan Pelzer entschieden, woraufhin die Wähler protestierten und die Missachtung der Reihenfolge der Wahlen in der lokalen Presse zu einer Frage der ständischen Hierarchie – d. h. zu einer Grundsatzdebatte über das Gleichheitsideal – erhoben wurde.2338 Diese Farce ließ sich u. a. in der Stadt-Aachener Zeitung, der Kölnischen Zeitung, der Rhein- und Mosel-Zeitung und dem internen Bericht des Oberbürgermeisters Edmund Emundts über die Wahl am 27. Juli 1846 entnehmen.2339 Von den 1.673 Wahlberechtigten (3,6 Prozent) waren knapp 60 Prozent der ersten beiden Klassen und nur 30 Prozent der dritten Klasse zu den Wahlen im Rathaus erschienen, wobei sich laut Emundts ein Theil zu konservativen, der andere zu liberalen Grundsätzen bekannt[e]. Die liberale Parthei meistens aus jüngeren Wühlern bestehend, entwickelte die größte Thätigkeit. Dagegen war die konservative Parthie zahlreicher. Wie viele Theile von einem oder anderen Theil durchgebracht worden sind, dieses lässt sich umso weniger angeben als oft Candidaten, welche von der einen Parthie unterstützt worden und durchgefallen waren, an den folgenden Tagen von der anderen Parthie wieder vorgeschlagen und gewählt wurden, überhaupt bei der Mehrzahl der gewählten Candidaten alle Theile mit deren Wahl einverstanden waren. 2340 Das Einvernehmen innerhalb der Aachener Notabelngesellschaft erklärt die Doppelwahl der Brüder Pelzer, deckte sich mit den Persönlichkeitswahlen in Koblenz 2336 2337 2338 2339
Vgl. die Angaben im Anhang. StAAc OB 43–12, Schreiben der Regierung vom 31.7.1846. Die Sache ist unter ebd. umfangreich dokumentiert; die Entscheidung erging am 29.10.1846. Vgl. ebd., Bericht vom 27.7.1846 und die umfangreiche, rechtliche Beleuchtung in der SAZ Nr. 294 vom 21.10.1846 mit den entsprechenden Reflexionen über die Konsequenzen; ferner die KÖZ Nr. 295 vom 22.10.1846 und Nr. 308 vom 4.11.1846 mit dem Hinweis auf die RMZ und verschiedene Gerüchte, u. a. die Vermutung, dass eine persönliche Unterredung des Aachener Regierungspräsidenten (erste Wählerklasse) mit dem Innenministerium zur Lösung des Problems beigetragen hatte. Unter ebd. Nr. 341 vom 7.12.1846 bzw. in der SAZ Nr. 311 vom 7.11.1846 wird bekanntgegeben, dass Advokatanwalt Kuck an der Stelle Arnold Pelzers gewählt und bestätigt wurde. 2340 StAAc OB 43–12, Bericht vom 27.7.1846 an die Regierung.
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und Trier und schloss Parteiungen – und deren Benennung – nicht aus. Die im Vorfeld von Stephan Pelzer verteidigten Exklusionsmechanismen wurden somit weitgehend verwirklicht und die zehn wiedergewählten Stadträte um sechs ehemalige Ratsherren und wenige jüngere, liberal eingestellte Notabeln wie David Hansemann und einzelne Vertreter der späteren Zentrumspartei wie Karnevalspräsident und Buchhändler Peter Kaatzer ergänzt (Tab. 6 Aachen).2341 An dieser Zusammensetzung des Aachener Gemeinderats konnten sich nur etwas mehr als 3,5 Prozent der Einwohner ab einem Einkommen von 300 Talern beteiligen. Bedenkt man, dass in den höher eingestuften Städten Köln und Koblenz 4,5 Prozent der Bevölkerung ab einem Einkommen von 400 Talern wahlberechtigt waren, so lässt dies auf die prekäre soziale Lage in der Fabrikstadt schließen, die den Ablauf der Gemeinderatswahl erstaunlicherweise kaum beeinflusste. Abgesehen von den Streitigkeiten rund um die Gebrüder Pelzer, waren die Wahlergebnisse dem Redakteur der städtischen Tageszeitung im Vergleich zu den zeitgleich in Köln zu beobachtenden Wahlkämpfen lediglich eine Randnotiz wert. Die Düsseldorfer Wahl wurde sogar fast vollständig übergangen, weil die Stadt, die den unschönen Ruf [hatte], die gleichgültigste am ganzen Rheyne zu sein diesem Ruf angeblich alle Ehre machte.2342 Die Leserinnen und Leser der Stadt-Aachener Zeitung erfuhren, dass auf der rechten Rheinseite 763 Wähler von insgesamt 1.128 Meistbeerbten (3,7 Prozent) zur dritten Wählerklasse gehörten: Und wie viele davon erschienen bei dem Wahlakte? Die größte Anzahl war 165, bei einer Wahl waren nur 90 zugegen, der siebte Theil. Von 763 fehlten 673! 2343 Diese Insiderinformationen stimmen mit den lückenhaft überlieferten Wahlproto kollen vom 5. Oktober 1846 überein und wurden in einer wirkungslosen Eingabe an das Innenministerium auf die bewusste Zurückhaltung der Wählerlisten, d. h. auf Wahlmanipulationen seitens der amtierenden Räte, zurückgeführt.2344 Weitere Gerüchte über geheime Zusammenkünfte der sogenannte liberalen Partei, 2345 scharfe Angriffe auf die vermeintlich siegreiche, protestantische streng conservative Partei2346 und ein nicht ernstzunehmender Scherzbericht über die Wahlergebnisse in der Düsseldorfer Zeitung relativierten zwar das vermeintliche Desinteresse der Öffentlichkeit, kündigten aber an, dass sich an der schwierigen Position des Gemeinderats von Düsseldorf nach 1846 nichts Grundlegendes ändern sollte – außer, dass Johann Joseph von Fuchsius nach seiner über zehn-
2341 Ebd. vgl. ebd. Ob 43–10 mit der Einführung des Rats am 4.12.1846. 2342 SAZ Nr. 281 vom 8.10.1846: Zwischen einem militairischen Hofe und der Kunstakademie genießen wir die materiellen Vortheile, die uns beide gewähren, und kümmern uns im Uebrigen blutwenig um die ganze Welt, nicht einmal um die Verwaltung unserer eigenen Stadt. Demzufolge hatten in der ganzen Provinz […] die Wahlen der Stadträthe eine Aufregung hervorgebracht, welche ein erfreuliches Interesse an diesem ersten Akte einer freien städtischen Bewegung offenbarten. 2343 Ebd., vgl. das Protokoll mit 165 Anwesenden unter StAD 0123.0000. 2344 SAZ Nr. 328 vom 24.11.1846. 2345 DZ Nr. 280 vom 9.10.1846 und Nr. 281 vom 10.10.1846. 2346 Ebd. Nr. 279 vom 8.10.1846, vgl. ebd. Nr. 283 vom 12.10.1846.
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jährigen provisorischen Amtszeit erstmals die königliche Bestätigung als Oberbürgermeister erhielt (Tab. 6 Düsseldorf).2347 Auf der gegenüberliegenden Rheinseite, wo „die politische Partizipation im Karneval“, in der Handelskammer oder in der Dombaubewegung bereits „zum Synonym für die politische Partizipation im Staat“ gemacht worden waren, wurden solche innerstädtischen Differenzen im wahrsten Sinne des Wortes auf der Straße ausgetragen.2348 Die Presse wusste von Parteibildungen und Vorwahlen durch die Austeilung von Namens-Verzeichnissen 2349 und gedruckten Programmen, von Bürger- 2350 und Privat-Versammlungen 2351 in Wirtshäusern und auf öffentlichen Plätzen sowie von Reden über die zukünftige Wirksamkeit des Stadtrathes2352 zu berichten, wodurch sich die Vorbereitungen hier von denen in allen andern Städten untersch[ie]den. 2353 Angeheizt durch den vom Oberpräsidenten veranlassten Ausschluss zahlreicher Kleingewerbetreibender, Handwerker und Kaufleute erreichte die Politisierung der Bevölkerung Kölns im Vorfeld der Gemeinderatswahl einen Höhepunkt, der sich in der Nacht vom 3. auf den 4. August 1846 in einer gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen der Bevölkerung und dem Militär während der Martinskirmes entlud. Die Stadtratskandidaten und späteren Paulskirchenparlamentarier Franz Raveaux und Carl d’Ester prangerten diese Excesse öffentlich an.2354 Heinrich von Wittgenstein wurde an die Spitze einer selbstständig gebildeten Bürgerwehr gewählt. Gemeinsam mit den anderen Stadträten wandte er sich an die Presse, an den König und an die Bevölkerung. Für den an seinen Verletzungen verstorbenen Fassbindergesellen Heinrich Startz luden die Notabeln sogar mit Flugzetteln zu einer aufsehenerregenden Beerdigung ein, die das Protestpotential religiöser Praxis klar herausstellte und die Wahl in den Hintergrund rückte.2355 Aus dieser gingen zum Jahresende fast ausschließlich amtierende Stadträte bzw. bekannte Vertreter der bisherigen Notabelnpolitik wie Ludolf Camphausen, Heinrich von Wittgenstein, Eberhard von Groote und Joseph Dumont sowie Matthias Hölterhoff, Eduard Schnitzler, Damian Leiden und Abraham Oppenheim in der ersten, aus 533 Personen bestehenden Wählerklasse hervor. Für die zweite Wählerklasse war – wie in 2347 Vgl. den Offenen Brief über die Wahl der Gemeinde-Verordneten in Düsseldorf unter ebd. Nr. 286 vom 15.10.1846. 2348 Brog, Geschichte, S. 118, vgl. Kapitel III. 4.2 und 5.3. 2349 SAZ Nr. 205 vom 24.7.1846. 2350 Ebd. Nr. 199 vom 18.7. und Nr. 221 vom 9.8.1846. 2351 Ebd. Nr. 205 vom 24.7.1846. 2352 Ebd. Nr. 221 vom 9.8.1846. 2353 Ebd. mit der Schlussfolgerung, dass die ganze Angelegenheit […] dadurch das persönliche Gebiet [verlässt], es sind im Gegentheil die Grundsätze, denen sich die Personenfragen unterordnen müssen. 2354 Vgl. exemplarisch die AAZ Nr. 221 vom 9.8.1847; die SAZ Nr. 219 vom 7.8.1846 sprach von Tumulten. 2355 Vgl. zusammenfassend Herres, Köln, S. 207–225 und Mettele, Bürgertum, S. 275–291, zur Beerdigung siehe den Bericht in der SAZ Nr. 221 vom 9.8.1846, wonach sich aus allen Ständen […] ein sehr zahlreiches Gefolge eingefunden hatte. Zur Bedeutung des Phänomens siehe Fureix, les funérailles.
Politische Partizipationskonflikte und enttäuschte Hoffnungen 1841–1847
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Koblenz – ein vergleichsweise geringes Einkommen zwischen 600 und 1.200 Talern notwendig, über das 1.262 Männer verfügten. Sie entsandten in erster Linie Repräsentanten des „stadtbürgerlichen Sozialkatholizismus“2356 und der aufstrebenden Kaufmannschaft ins Rathaus. Eine „starke demokratische Bewegung und ein populärer Sozialismus“2357 bestimmten die Wahlergebnisse der 2.304 Wähler, die zur dritten Klasse gehörten. Sie sollten die politische Kultur Preußens in der Folgezeit bekanntlich nachhaltig verändern (Tab. 6 Köln).2358 Doch noch bevor sich die Demokraten zwei Jahre später Gehör verschafften und in den Märzunruhen 1848 für die Bevölkerung eintraten – die sich mehrheitlich nicht an den Gemeinderatswahlen beteiligt hatte – blieben die neuen Repräsentanten auf der unteren Verwaltungsebene nicht untätig. In Aachen stieß Hansemann eine neue regionale Steuerbewegung zum Erlass der Einkommenssteuer und zur Aufhebung der Mahlund Schlachtsteuer an und in Trier kursierten Petitionen für die Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit, die der Gemeinderat bereitwillig unterstützte. Alles in allem veränderten sich die Partizipationsforderungen und -formen der Notabeln nach der Gemeinderatswahl nicht. Am Vorabend der Revolution hatten ihre politischen Netzwerke alle personellen und generationalen Wechsel seit der französischen Herrschaftsphase überdauert.2359
2356 Mettele, Bürgertum, S. 288. 2357 Ebd., S. 291. 2358 Zu den Ergebnissen vgl. ebd., S. 285–291. Zur Revolution in Köln gibt Herres, Köln, S. 237–288 einen Einstieg, zur demokratischen Bewegung siehe grundlegend Seyppel, Gesellschaft. 2359 Vgl. Lipp, Aktivismus und allgemein Fahrmeir, Revolutionen. Boch sieht in dieser „Notabelntradition“ einen wesentlichen Grund für das Scheitern der Revolution in seinem gleichnamigen Aufsatz.
IV. Ausblick: Partizipationschance 1848?
Gegenwärtig verlange ich von dem rheinländischen Politiker, daß er […] zur Beförderung politischer Gesinnung darauf hinwirke, den Vortrag provinzieller Bitten als eine Pflicht, als eine von der Rücksichtnahme auf die persönlichen Neigungen des Herrschers befreiende Pflicht anerkennen zu lassen; daß er die Notwendigkeit der Erringung von Volksrechten durch das Volk selbst im Auge halte.1 (Ludolf Camphausen an Otto Camphausen am 22. März 1845)
Am 3. März 1848 verfasste der Gemeinderat von Köln eine Petition für die Presseund Meinungsfreiheit, die Aufhebung der Mahl- und Schlachtsteuer und für den Erlass einer Verfassung. Die Städte Düsseldorf, Aachen, Koblenz und Trier schlossen sich binnen einer Woche nacheinander an und demonstrierten ein gemeinsames politisches Selbstbewusstsein, das sich seit der Verfassungsbewegung 1817/1818 nicht verändert hatte. Die Forderungen wurden wenige Wochen später auf einem „rheinischen Städtetag“2 in Köln – dem inoffiziellen politischen Zentrum der Provinz – mündlich untermauert und symbolisch bekräftigt. Anlässlich des darauffolgenden ersten allgemeinen preußischen Städtetags in Berlin wurde im Aachener Gemeinderathe beschlossen, einen Abgeordneten zu jenem Städtetag zu senden, insofern die anderen größeren Städte der Rheinprovinz ein Gleiches zu thun gesonnen sind.3 Die informelle Abstimmung der Stadträte war also ungeachtet aller personellen und generationalen Wechsel intakt und endete in einer kollektiven Absage. Am 12. November 1848 wurde der Belagerungszustand in der Hauptstadt ausgerufen und ein – für die preußische Integrationspolitik typischer – Kurs zwischen strikter Ablehnung und wohlwollenden Zugeständnissen verfolgt.4
1 Brief von Ludolf an Otto Camphausen vom 22.3.1845 zit. n. Hansen, Briefe, S. 849 f. 2 Vgl. Herres, Köln, S. 258 f. und ders., Revolution, S. 17 und S. 20 f., wonach 18 Städtevertreter anwesend waren und zeitgleich abgehaltene Volksversammlungen in Köln einen gewissen Gegenpol bildeten. 3 Vgl. die unter StAAc OB 41–1 erwähnte von dem Magistrate und den Stadtverordneten zu Berlin unterm 24ten October an sämtliche Stadtgemeinden der Monarchie erlassene Einladung und das Rundschreiben vom 11.11.1848 an alle vier Oberbürgermeister der Bezirksstädte und die Oberbürgermeister von Krefeld und Elberfeld. 4 Unter ebd. befinden sich die ablehnenden Antwortschreiben vom 12.11. aus Koblenz, vom 15.11 auf Düsseldorf, vom 16.11. aus Krefeld und Trier, und vom 17.11 aus Elberfeld. Trier und Köln hatten am 13.11 und 16.11.1848 zunächst positiv geantwortet. In der Akte findet sich auch die Petition an den König vom 5.3.1848, zu den übrigen Petitionen vgl. zusammenfassend Herres, Einleitung, S. 13.
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Ausblick: Partizipationschance 1848?
In der Rheinprovinz schlossen sich einige Stadträte den demokratischen, konstitutionellen, liberalen und katholischen Parteibewegungen an und zogen als gewählte Repräsentanten in die verfassungsgebenden Nationalversammlungen ein. In Köln erwartete Ludolf Camphausen von dem rheinländischen Politiker, daß er […] die Notwendigkeit der Erringung von Volksrechten durch das Volk selbst im Auge halte.5 In Koblenz stellte sich der neue Oberbürgermeister Alexander Bachem als vermeintlich „roter Demokrat“6 an die Spitze der revolutionären Bewegung und verlor prompt die Polizeihoheit. Aus Düsseldorf meldeten die Behörden anarchische Zustände,7 die zum Rücktritt des Oberbürgermeisters von Fuchsius führten. Trier soll „der schlimmste Punkt in der Provinz“8 gewesen sein. Oberbürgermeister Damian Görtz wurden unterdessen die Fenster seines Wohnhauses mit Steinen – seinem Aachener Kollegen gleich das gesamte Mobiliar auf die Straße geworfen.9 Edmund Emundts trat von seinem Amt zurück und wurde interimsmäßig durch Arnold Pelzer ersetzt. In Köln erhielt Johann Heinrich von Wittgenstein die vorübergehende Leitung der Bezirksregierung. Beide Städte waren mit David Hansemann und den Brüdern Camphausen an der Ausarbeitung einer Verfassungsvorlage beteiligt und im Berliner Innenministerium vertreten. Diese Verfassung für den preußischen Staat wurde am 5. Dezember 1848 durch König Friedrich Wilhelm IV. erlassen.10 Die ihm von der Frankfurter Nationalversammlung angetragene Kaiserwürde im Namen des Volkes lehnte er ab. Beim Ausgang der Revolution blieben glänzende Feste und Abgeordnetenbankette aus. Stattdessen trugen die meisten Notabeln gemeinsam mit weiten Teilen der Bevölkerung die „Märzgefallenen“11 und ihre eigenen Hoffnungen auf politische Beteiligung in aufsehenerregenden Beerdigungszeremonien symbolpolitisch zu Grabe. Aus ihrer Perspektive war die vorliegende Partizipationsgeschichte gescheitert.12
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Brief von Ludolf an Otto Camphausen vom 22.3.1845 zit. n. Hansen, Briefe, S. 849 f. Koelges, Revolution, S. 177, vgl. die Personalakte unter LHAK 403 4319. Vgl. die gleichnamige Akte unter LA NRW R, Reg. Düsseldorf 813 und 814. Dühr (Hg.), Revolution. Althammer, Herrschaft, S. 314–324, vgl. allgemein einführend, keineswegs erschöpfend Dühr (Hg.), Revolution, Borck (Hg.), Revolution, Dascher (Hg.), Revolutionen, Lennartz/Mölich (Hgg.), Revolution und Müller (Hg.), Revolution. 10 Die sogenannte oktroyierte Verfassung ist online einsehbar unter URL: http://www.documentarchiv.de/ nzjh/verfpr1848.html (abgerufen am 1.10.2021). 11 Hettling, Begräbnis. 12 Vgl. exemplarisch Koelges, Revolution, S. 175 f. und zur Einschätzung Boch, Notabelntradition, S. 15–20 und ders., Hansemann, S. 180–184.
V. Zusammenfassung und Bilanz
Es wird mir immer klarer, […] dass das Gewirre der Zeit, die immer mehr und mehr das Alte, Feste und Bestehende zertrümmert, um etwas Neues an die Stelle zu bringen, was aber nirgend passen und nirgend gedeihen will, dass dies Gewirre immer größer wird und die Wenigsten durch die geschäftigen Beamten recht beruhigt werden, die da alles mit ihren Formalia die sie von außen hineinbringen schlichten und ordnen zu können wähnen. Wehe den armen Ländern und Völkern, wo es erst so weit gekommen ist! Alles verstrickt sich fester und finster, bis es endlich gewaltsam sich auflöst.1 (Tagebucheintrag von Eberhard von Groote, Köln 1817)
Alles verstrickt sich immer fester und finster bis es endlich gewaltsam sich auflöst,2 schrieb Eberhard von Groote bereits drei Jahrzehnte vor Ausbruch der Märzrevolution in sein Tagebuch und verlieh damit den enttäuschten Hoffnungen seiner Generation einen übertrieben pathetisch formulierten, zutiefst pessimistischen Ausdruck – den er bewusst für die Nachwelt aufbewahrte. Ihre individuellen und kollektiven „Formen des Ausdrucks, der Mitwirkung und der Intervention“3 wurden zu Beginn der vorliegenden Darstellung als Charakteristiken politischer Partizipation definiert und für den Zeitraum von 1815 bis 1845 in den Blick genommen. Unter Beachtung der sich wandelnden strukturellen Eigenheiten des politischen Raums wurden die ihn bestimmenden sozialen und kommunikativen Aushandlungsprozesse und deren Träger untersucht, um ihre individuellen und kollektiven Handlungsspielräume auszuloten. Diese Aushandlungsformen folgten konkreten Zielvorstellungen (1), hatten bestimmte Voraussetzungen (2) und mussten nach dem Herrschaftsübergang von Frankreich zu Preußen an veränderte Partizipationsbedingungen angepasst werden (3). Dabei konnten vielfältige, sich wechselseitig beeinflussende Mittel und Wege politischer Partizipation (4) ausfindig gemacht werden, die sich zu sozialen (5) und kommunikativen Strategien (6) verdichteten und im Folgenden zusammengefasst werden. Die eingangs gestellte Frage, ob sich in der preußischen Rheinprovinz translokale politische Partizipationsstrategien ausbildeten und es in den fünf Untersuchungsstädten zu einem „wechselseitigen, in sich vernetzten Konstitutionsprozess“ kam, „dessen Akteure jeweils das System des anderen im Kopf hatten und auch
1 HAStK 1552 A1/11, Eintrag vom 26.2.1817. 2 Ebd. 3 Rosanvallon, Gegen-Demokratie, S. 24, vgl. Kapitel I. 1.1.
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Zusammenfassung und Bilanz
strategisch damit operierten, diese Vorstellungen für ihre Zwecke einzusetzen“ 4, kann abschließend mit „Ja“ beantwortet werden. (1.) Die aufgezeigten Partizipationsformen der Notabeln zielten im Kern auf die Schaffung politischer Partizipationsformen. Konkret bestanden die „erwünschten Resultat[e]“5 in der Ausweitung der Öffentlichkeit, in der Einlösung des Verfassungsversprechens und in der Intervention gegen die Begrenzung der Meinungsfreiheit, gegen die Steuerpolitik und gegen die Abschaffung des französischen Rechts. Gemessen an diesen Zielen stellten sich die Partizipationsversuche der Notabeln mit Ausnahme von Letztgenanntem als erfolglos heraus. (2.) Für die vorgestellten politischen Akteure in den linksrheinischen, vormals französischen Gebieten bedeutete der Beginn der preußischen Herrschaft das Ende ihrer verfassungsrechtlich verankerten Beteiligungsrechte. Sie erlebten die Herrschaftswechsel 1794 und 1815 als fundamentale Umwälzungen, die bestehende Ordnungsmodelle gleich mehrfach infrage stellten und zu einem von Unsicherheit und Misstrauen geprägten Krisenbewusstsein führten, das ihr Handeln maßgeblich bestimmte. Es beruhte demnach auf den Erfahrungen des politischen Umbruchs und der französischen Herrschaftsphase und speiste sich aus der Erwartung, dass die für zeitgemäß erachteten Errungenschaften dieser Herrschaftsphase nach der Neuordnung Europas auf dem Wiener Kongress Anerkennung finden. Diese Erwartung trat nicht ein, sondern verkehrte sich durch das leere Verfassungsversprechen des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. und die weitreichenden, scheinbar willkürlichen Handlungsspielräume seiner Repräsentanten ins Gegenteil. Grootes Eindruck, dass das Gewirre der Zeit […] immer größer wurde und die Wenigsten durch die geschäftigen Beamten recht beruhigt werden ist hierfür exemplarisch und stimmte mit der Wahrnehmung dieser Beamten überein.6 Das Gefühl zunehmender Ungewissheit wurde durch neugeschaffene Territorialgrenzen, europäische Revolutionsherde und globale Bedrohungen in Form von Armut, Teuerung und der Cholera bestätigt und geschürt. Die dargestellten politischen Aushandlungsprozesse sind vor diesem für das 19. Jahrhundert charakteristischem „Auseinanderdriften von Erfahrungsraum und Erwartungshorizont“7 zu bewerten, sodass zeitgenössische und rückblickende Urteile über Erfolg und Misserfolg zu kurz greifen. Fernab der genannten, zuletzt 1848/49 unmissverständlich und lautstark formulierten Ziele – Meinungsfreiheit, Verfassung, Steuer- und Rechtsgleichheit – konnte gezeigt werden, dass die Sicherung und Durchsetzung von Ausdrucksformen im öffentlichen Raum, eine gewisse Mitwirkung an der Gesetzgebung und die Intervention gegen Teilbereiche dieser Gesetzgebung, d. h. die politische Partizipation in der preußischen Herr-
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Werner/Zimmermann, Vergleich, S. 619, vgl. Kapitel I. 3. Rosanvallon, Gegen-Demokratie, S. 24, vgl. Kapitel I. 1.1. HAStK 1552 A 1/11, Eintrag vom 26.2.1817. Koselleck, Kategorien,vgl. Kapitel I.
Zusammenfassung und Bilanz
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schaftsordnung, grundsätzlich möglich – wenn auch nicht immer mit den gewünschten Resultaten verbunden – waren. (3.) Unter ausgesprochen restriktiven politischen Partizipationsbedingungen ließen sich versteckte und allgemeinverständliche Formen des Ausdrucks in einer kreativen oder systemkonformen Handhabung des gedruckten Worts, im Karneval, im Gerichtssaal, im Provinziallandtag, in der Vereins- und Festkultur sowie in der religiösen Praxis nachweisen. Mitwirkung bestand nicht nur in der Erfüllung, sondern auch in der Verweigerung von (Amts-)pflichten und fand eigeninitiativ, am Rande oder außerhalb der Verwaltung – im Informellen, Korporativen und Privaten – statt. Aktive Partizipationsformen dienten in erster Linie der Intervention, die im Steuerwesen fehl schlug und im Justizwesen reüssierte. Mit der französischen Justiz- und Kommunalverwaltung waren den Notabeln zwei institutionalisierte Partizipationsformen erhalten geblieben, die sie zur politischen Selbstbehauptung einsetzen konnten. Während die historische Bedeutung des Rheinischen Rechts allgemein anerkannt ist und nicht hoch genug eingeschätzt werden kann, wurden die Handlungsspielräume der französischen Munizipalordnung bisher verkannt.8 Die Stadträte bildeten über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg das einzige gesicherte politische Kommunikations- und Partizipationsforum. Sie traten als legitime Repräsentanten der Bevölkerung auf und gewannen dadurch an Einfluss, den sie zunehmend beanspruchten. Ungeachtet ihrer Kompetenzen betrachteten die Notabeln den Wegfall der französischen Repräsentationsformen in Verbindung mit der umfassenden Entscheidungsgewalt auswärtiger, übergeordneter Regierungsräte als Missachtung legitimer Partizipationsansprüche, die ihnen Napoleon erstmals zugestanden hatte. Die Anerkennung dieser Ansprüche wurde nach 1815 in mehreren aufeinanderfolgenden Petitionsbewegungen eingefordert und ihnen von Staatskanzler Hardenberg und dem preußischen Kronprinzen auch entgegengebracht. Die Folge waren halbherzige Kompromisse, die mit den Bürgermeisterwahlen begannen und in den Provinzialständen ihren vorläufigen Abschluss fanden. Die inkonsequente Integrationspolitik entsprach den ambivalenten politischen Strukturprinzipien Preußens und ist im Kontext langjähriger Reformbemühungen und innerbehördlicher Differenzen zu sehen. Im Düsseldorfer Ständehaus und in den städtischen Rathäusern konnte daraufhin beobachtet werden, dass diese Prinzipien als Katalysator politischer Partizipationsversuche fungierten, die zuvor in verfassungsrechtlich gesicherten Bahnen verlaufen waren. Je öfter diese Versuche an der undurchsichtigen Gesetzeslage, dem Willen des Königs, den weitreichenden Handlungsspielräumen der Regierungsbeamten oder der Schwerfälligkeit des Behördenapparats abprallten und die Defizite der Verwaltungsordnung aufzeigten, desto mehr versuchten die Notabeln diese Defizite auszugleichen. Mit formellen und informellen Abstimmungsformen beanspruchten sie eine gemeinsame Position im politischen Raum, die der preußischen Herrschaftsordnung theoretisch gegenüber8 Vgl. exemplarisch Saldern, Selbstverwaltung und Schütz, Munizipalverfassung, S. 17.
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Zusammenfassung und Bilanz
gestellt wurde und sie in der administrativen Praxis de facto vereinheitlichte. Auf diese Art und Weise kam die Ausbildung eines kollektiven Selbstverständnisses der „Rheinländer“ gegenüber Preußen und die dahinterstehende Idee einer regionalen politischen Identität dem Integrationsprozess zugute, obwohl sie ihm symbolpolitisch zuwiderlief. (4.) Konflikte mit Vertretern des Staates vor Ort waren in der kollegialen preußischen Verwaltungsordnung nicht angelegt und traten zuhauf auf. Die französische Munizipalordnung machte die Umsetzung von Herrschaftsinteressen von der Kooperationsbereitschaft einer begrenzten Personengruppe abhängig und stellte ebenfalls keine Lösungsansätze bereit. Hieraus leiteten sich taktische Formen des Aussitzens oder bloßes Nichtstun als zielführende Handlungsstrategien ab. Partizipationsformen durch Verweigerung und die Verweigerung von Partizipation bzw. Anschlusskommunikation machten die Schwerfälligkeit des preußischen Behördenaufbaus vorübergehend nutzbar und hatten keine disziplinarischen Konsequenzen. Die fehlende Handhabe der Regierungen zwang die Staatsdiener auf der mittleren Verwaltungsebene oftmals zum Einlenken und förderte partizipative Schlupflöcher und unterschätzte Selbstverwaltungspotentiale auf der unteren Verwaltungsebene zu Tage. Besonders bei festgefahrenen Kompetenzkonflikten blieb ihnen mit den Worten Reinhart Kosellecks „oft […] nur die Wahl zwischen vernünftiger Willkür oder legalem Unsinn.“9 Da sie in der Regel ersteres wählten, muss die ihnen vielfach angelastete Beharrungskraft im Großen und Ganzen relativiert werden. Nichtsdestotrotz wurde der preußische Staat als „ordnungspolitische Begleiterscheinung umfassender sozialer, kultureller und vor allem ökonomischer Mobilisierungsprozesse“10 diesen Wandlungsprozessen in seinem westlichen Territorium nicht gerecht. Dass sie „mehr oder weniger erfolgreich funktionieren konnten,“11 gehört daher zur positiven Bilanz der politischen Partizipationsbestrebungen der Notabeln und ihrer – vor allem in der Wirtschafts- und Armenpolitik engagierten – Ehefrauen. Allen voran eignete sich ein Stadtratsmandat als „Experimentierfeld für das ökonomische, soziale und kulturelle bürgerliche Engagement“12 inmitten einer stets veränderbaren und von dem jeweiligen Vorgesetzten abhängigen Auslegung der diffusen Gesetzeslage zwischen den lokalspezifischen Gewohnheitsrechten, des französischen Code civil und der preußischen Gesetzessammlung. Dort, wo den Notabeln innerhalb der Verwaltung klare Grenzen aufgezeigt wurden, ließen sich diese außerhalb des Behördenapparats mit dem nötigen Pragmatismus ausweiten und durch korporative und private Aktivitäten kompensieren. Dabei wurden einzelne Oberpräsidenten und Regierungsvertreter zu Komplizen informeller politischer Partizipation, indem sie durch positive Gutachten und beschönigende oder nichtssagende Verwaltungsberichte ihre eigene Stellung zu sichern suchten und um Ordnung und Ausgleich bemüht waren. In Berlin konnte ihre Fürsprache ausschlaggebend sein – gesichert war sie indes nie. 9 10 11 12
Koselleck, Reform, S. 597. Raphael, Recht, S. 12. Ebd., S. 15. Vgl. Reulecke, Selbstverwaltung, S. 27.
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Das fehlende Grundvertrauen in die preußische Verwaltungsordnung und ein als fremd empfundener Beamtenhabitus auf der Basis standesbewusster und religiöser Orientierungsmodelle schloss die meisten Regierungsräte aus den preußischen Kernprovinzen von den bestehenden politischen Netzwerken der lokalen Honoratioren kategorisch aus. Im Gegensatz zu ihren französischen Vorgängern wurden sie nicht in die Verwandtschaftskreise der Stadträte aufgenommen. Kalkulierbare private Gesprächsgelegenheiten eröffneten sich lediglich bei öffentlichen oder halböffentlichen Festveranstaltungen und in Casinogesellschaften, Vereinen und Geselligkeitszirkeln. Sie boten den Notabeln jene Gelegenheiten zur politischen Meinungsäußerung, die ihnen in der öffentlichen Verwaltungskommunikation, in der Presse und in der Publizistik seit den Karlsbader Beschlüssen verwehrt wurden. Als wichtige Ersatzforen und -formen politischer Kommunikation nahmen sie qualitativ und quantitativ zu und können sowohl als Voraussetzung als auch als Ergebnis politischer Netzwerkbildung bewertet werden. (5.) In Köln, Koblenz und Trier ließen sich besonders enge überregionale politische Netzwerke nachweisen, sodass die Stadträte dort die personelle Basis für sämtliche Initiativen im Wirtschafts-, Kultur- und Vereinsleben sowie in der Armenfürsorge bildeten. In Düsseldorf schlugen zahlreiche Initiativen hingegen fehl, da die Ratsherren keine derart geschlossenen Familienkreise bildeten und/oder sich nur selten im Rathaus zusammenfanden. In Aachen ließen sich ähnliche Defizite in der kommunalen Aufgabenbewältigung feststellen, obwohl die Stadträte miteinander verbandelt waren. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die Zugehörigkeit zu Netzwerken den politischen Handlungsspielraum des Einzelnen ebenso erweitern wie determinieren konnte. Die Unstimmigkeiten im alltäglichen administrativen Ablauf, im städtischen Finanz wesen und im Umgang mit der Bevölkerung weisen darauf hin, dass historisch gewachsene soziale Hierarchien und darauf aufbauende Verwaltungsgewohnheiten die politischen Partizipationschancen in den jeweiligen Städten ebenso prägten wie die ihnen zugrunde liegenden Instruktionen und wechselnden Handlungsvorgaben. Erstaunlich weit auseinanderklaffende Kompetenzunterschiede und extrem unterschiedliche Amtszeiten der jeweiligen Oberbürgermeister korrespondieren mit dieser Feststellung und stellen die Schnittstellenfunktion des Stadtvorstehers und die Vorteile des französischen Präsidialmodells klar heraus. Lutz Raphaels These, dass sich „nur dort, wo eine sozial oder ökonomisch zumeist privilegierte Minderheit in den Kommunen an der politischen Kultur des Gesamtstaates partizipierte, […] Handlungsroutinen [entwickelten], die sicherstellten, daß Verwaltung auch lokal effizient war“13, kann folglich um die eingangs angenommene Relevanz politischer Netzwerke und allgemein anerkannter und vertrauenswürdiger Vermittlungspersonen ergänzt werden. Die soziale Stellung und das individuelle Engagement des Oberbürgermeisters sowie die von ihm praktizierten parlamentarischen Verständigungsformen waren für die Leistungsfähigkeit der Kommunalverwaltung elementar. Die aufgezeigten Arbeitsweisen in den 13 Raphael, Recht, S. 153.
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fünf Untersuchungsstädten zeichneten sich durch eine wachsende Professionalisierung und eine gewisse Konvergenz aus – dem Bild eines einheitlichen Verwaltungsstaats entsprachen sie jedoch nicht. Kreative Formen der Arbeitsteilung, der Einsatz von Expertenwissen, die Anlage von Wissensspeichern und der Rückgriff auf Speichermedien resultierten nicht nur aus neuen, behördeninternen Anforderungen und der Zunahme von anfallenden Aufgaben durch akute Probleme und ein rasantes Bevölkerungswachstum, sondern dienten auch der Durchsetzung politischer Partizipationsansprüche. Kulturelles Kapital hatte somit einen entscheidenden Anteil an der Durchsetzungsfähigkeit der Stadträte im Allgemeinen. Im Speziellen kam dem französischen Recht und den im Rathaus anwesenden Juristen eine wichtige Schlüsselfunktion als ein mit der Verwaltung konkurrierender Verfassungsersatz zu. Es hat sich gezeigt, dass berufliche Qualifikationen für die Amtstätigkeit genutzt werden konnten und gut vernetzte, sogenannte standesübergreifende Räte prinzipiell im Vorteil waren. Da mit dem Stand im Verwaltungsalltag in erster Linie der Beruf bzw. die Profession gemeint war, qualifizierte die Ausübung unterschiedlicher Tätigkeiten, die Übernahme eines öffentlichen Amtes oder eines Abgeordnetenmandats im Provinziallandtag die Notabeln gleich zu mehreren Ständen. Als neue an Besitz und Leistung orientierte Elite, die sich aus alteingesessenen, adeligen Beamtenfamilien, sozialen Aufsteigern und profitorientierten Wirtschaftsbürgern zusammensetzte, konnte ihnen in der preußischen Herrschaftsordnung – wie die Regierungen selbst bemerkten – zunächst kein eindeutiger Platz bzw. Stand zugewiesen werden. Solange ihre Partizipationsrechte als Notabeln im wahrsten Sinne des französischen Wortursprungs mit der napoleonischen Herrschaftsordnung und der Idee einer gleichen Staatsbürgergesellschaft verknüpft waren, galt es diese gegen Angriffe von unten und oben zu verteidigen. Mit Erfolg – allen restaurativen Gesetzesänderungen zum Trotz konnten sich die Notabelngesellschaften in allen fünf Untersuchungsstädten gegen die Partizipationsbestrebungen einzelner Adelsvertreter und opponierender Bevölkerungsgruppen behaupten. Insofern stiftete das französische Gleichheitsideal politische Ungleichheit und wurde zum kollektiven Distinktionsmerkmal, das für die politische Selbstbehauptung der Notabeln unabdingbar war. Dahinter stand die Verteidigung gesellschaftspolitischer Wandlungsprozesse, die von semantischen Veränderungen in der politisch-sozialen Sprache Frankreichs teils vorweggenommen – durch umfassende Besitzumschichtungen teils verwirklicht worden waren. Die Reaktivierung der dreigliedrigen Ständeordnung als traditionelle soziale Beschreibungskategorie zur Rechtfertigung politischer Partizipationsansprüche im Rahmen der Provinzialstände war also – ebenso wie die Umsetzung einer gleichen Staatsbürgergesellschaft – von vornherein zum Scheitern verurteilt. Sie wurde durch die mitunter herausragenden Vermögensverhältnisse der Notabeln, ihre standesübergreifenden Kooperationsformen oder die ständigen Standeswechsel der Abgeordneten im Landtag ad absurdum geführt. Die flexible Standespolitik brachte die politische Netzwerkbildung provinzübergreifend voran und eignete sich als öffentlichkeitswirksame soziale Partizipationsstrategie, die durch kommunikative Aushandlungsformen gestützt wurde.
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(6.) Die Untersuchung der schriftlichen, mündlichen und symbolischen Kommu nikationsformen im Verwaltungsalltag hat die angenommene Konsolidierungsphase der Verwaltungssprache bestätigt und die legitimitätsstiftende und ordnungsproduzierende Funktion von Diskursen offengelegt. Dabei war die „Unordnung des Diskurses“14 konstitutiv für die Verwaltungssprache und die dahinterstehenden Ordnungsmodelle. Mit Hilfe einer praxeologischen Erweiterung der Diskursanalyse konnten unterschiedliche, sich wandelnde Sprachstile und Bedeutungszuschreibungen ausfindig gemacht werden, die für die Rekonstruktion der politischen Vorstellungshorizonte der Sprechenden von großer Relevanz waren. So rekurrierte der preußische Kanzleistil auf althergebrachte Orientierungsmuster und ständische Vorstellungswelten, die in der französischen Herrschaftsphase sprachpolitisch getilgt worden waren. Umgekehrt reflektierte die Verwendung revolutionärer Schlüsselbegriffe und die Beibehaltung einer klaren Kommunikationsweise die Erfahrungswerte der Notabeln mit der französischen Amtssprache. Diese Kommunikationsgewohnheiten wurden nach 1815 übersetzt, adaptiert, umgedeutet, sachlich begründet, zwischen den Zeilen versteckt, an preußische Kommunikationsstile angepasst und schließlich erweitert – aber keineswegs vollständig aufgegeben. Vielmehr gehörten das „Gleichheitsideal“, die „Gemeinwohlorientierung“, die „Öffentlichkeit“ und die „Nation“ zu den zentralen Partizipationsargumenten, weil sie einen hohen symbolpolitischen Stellenwert genossen und einen gewissen Interpretationsspielraum boten, der sich in partizipative Praktiken übertragen ließ. Die in der Begriffs- und Diskursgeschichte vorherrschende Fokussierung auf geschichtliche Grundbegriffe hielt einer alltagspolitischen Überprüfung in der preußischen Rheinprovinz folglich stand und bietet sich für weiterführende vergleichende Forschungen zu anderen Sprach-, Dialekt- und Herrschaftsräumen an. Am Beispiel dieser Begriffe ist deutlich geworden, dass sich die Argumentationsstrategien der Stadträte in den fünf Untersuchungsstädten fortwährend aneinander annäherten und aufeinander bezogen. Dabei stand die Rechtfertigung der sozialpolitischen Führungsposition der Notabeln und ihre Selbstverortung innerhalb der preußischen Herrschaftsordnung stets im Vordergrund. Im Gegensatz zu dem Gleichheitspostulat stellte das Gemeinwohl für diese Verortung allerdings eine durchaus realpolitische Motivation dar, die in Krisenzeiten auf die Probe gestellt wurde. Ebenso wurde die Herstellung einer translokalen Informationsöffentlichkeit mit Hilfe der Presse, der Verwaltungskommunikation nach außen und der Ausdifferenzierung der Medienlandschaft von den in das Zensur- und Verlagswesen eingebundenen Notabeln aktiv vorangebracht. Dass die öffentliche Meinung „eher eine wohlfeile politische Floskel als ein programmatisches Schlagwort“15 war, ist daher ein Trugschluss, der auf der Komplexität des Forschungsthemas beruht. In der Rheinprovinz kam ihr als intendierter Zuhörer und immer lauter werdender Teilnehmer der Verwaltungskommunikation eine strategische Funktion zu, die zur politischen Raumbildung beitrug und durch das Fehlen einer aktiven 14 Vgl. Planert, Nationalismus, S. 28 mit Bezug auf den Nationalismus. 15 Vogel, opinion, S. 51.
482
Zusammenfassung und Bilanz
preußischen Pressepolitik von den Notabeln vereinnahmt werden konnte. Von preußischen Identitätsangeboten, einer gemeinsamen Erinnerungskultur und einem deutschen Nationalismus, wie er die zweite Jahrhunderthälfte bestimmte, war demnach noch nichts zu spüren. Nationale Integrationsangebote, die man in der französischen Herrschaftsphase bereits kennengelernt hatte, kamen vornehmlich von unten und bedienten sich eines vagen Nationsbegriffs, der sich mit divergierenden Ordnungsvorstellungen und verschiedenen kollektiven Selbstbildern vereinbaren ließ. Mit dem argumentativen Einsatz der Nation strebten die Notabeln also nicht die Bildung eines deutschen Nationalstaats, sondern die Anerkennung regionaler Besonderheiten bzw. französischer Errungenschaften und ihrer eigenen Partizipationsansprüche an. Aktuelle Perspektiven auf den Regionalismus und die sich allmählich durchsetzende Meinung, „daß die Nationalisierung der Monarchien“ in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts „unvollständig blieb“, können mit den aufgezeigten Raumbildungsprozessen untermauert und ergänzt werden: „Die Bemühungen, […] die auf eine Integration der Monarchen in die Nation bzw. den Staat abzielten, erwiesen sich zum Teil als rhetorische Vorgriffe“16 und als brauchbare Partizipationsstrategien. Denn der Nationalismus verhalf rückblickend nicht nur „zahlreichen Monarchen auf dem europäischen Kontinent“, sondern auch und insbesondere dem rheinischen Regionalismus „zu einem Legitimitätsgewinn.“17 Die politische Partizipation in der preußischen Rheinprovinz reichte von restaurativen Rückschritten über bewahrende Momente des Bestehenden bis hin zur Verwirklichung idealistischer Zukunftsvisionen. Im Ergebnis kündigte sie die „beharrliche Transformation“ an, die für die „postrevolutionäre Zeit“ in Europa bereits beschrieben wurde.18 Als „komplexes Wechselspiel von Konkurrenz, Abgrenzungsbemühungen und Kooperation, das selbst wieder zum Motor der Transformation wurde“19 ist die vorliegende Partizipationsgeschichte somit als Verflechtungsgeschichte zu bewerten, die erst in der zweiten Jahrhunderthälfte nationalistisch aufgeladen, historiografisch umgedeutet und als Erfolgsgeschichte fortgeschrieben wurde. Sie spiegelt daher die „Vielfältigkeit und Widersprüchlichkeit“20 der Epoche wider und bildet eine Grundlage für neue Forschungen, die diese Erfolgsgeschichte relativieren.
16 17 18 19 20
Paulmann, Pomp, S. 405 f. Für das Zitat siehe Müller, Thronfolger, S. 28–40. Paulmann, Vorherrschaft, S. 42. Ebd., S. 40. Bleek, Vormärz, S. 10.
VI. Anhang
1. Netzwerke erste Amtszeit zweite Amtszeit dritte Amtszeit vierte Amtszeit fünfte Amtszeit sechste Amtszeit
484
Anhang
Tabelle 1 Aachen: Soziale Zusammensetzung 1813/14 1. Bey, Mathias de (Stadtrendant)
18. Lommessem, Gerhard Franz von (Unterpräfekt)
2. Bock, Johann Cornelius (Kaufmann)
19. Ludwigs, Andreas (Kaufmann)
3. Breda, Johann Conrad Matthias (Kaufmann)
20. Nutten, Johann Heinrich (Nadel- und Tuchfabrikant, Rentier)
4. Clermont, Jacob Joseph (Kaufmann, Gutsbesitzer)
21. Pastor, Conrad (Nadel- und Tuchfabrikant)
5. Contzen, Leonard
22. Peltzer, Johann Theodor (Tuchfabrikant)
6. Deusner, Christian Friedrich (Tuchfabrikant)
23. Peusmann, Joseph
7. Duffhaus, Johann Casper
24. Priem, Heinrich Balthasar (Kaufmann)
8. Emonts, Carl Joseph
25. Prümm, G. J. (Kaufmann)
9. Fisenne, Peter Georg von (Kaufmann, Tuchfabrikant)
26. Ruland, Joseph (Kaufmann)
10. Fürth, Joseph Aloys Felix von (Tuchfabrikant)
27. Schervier, Johann Gerhard (Kaufmann, Kupferschmied, Messingfabrikant)
11. Geuljans, Johann Joseph (Richter)
28. Schmetz, Peter Nikolaus (Nadelfabrikant)
12. Guaita, Cornelius von (Nadelfabrikant, Maire)
29. Simons, Peter Joseph (Kaufmann)
13. Hoselt, Theodor Johann von (Tuchfabrikant)
30. Solders, Matthias Joseph (Arzt, Beigeordneter)
14. Jardon, Johann Joseph Leonhard (Kaufmann)
31. Startz, Leonard Joseph (Nadelfabrikant, Kaufmann)
15. Kelleter, Edmund Joseph (Tuchfabrikant, Beigeordneter)
32. Walthery, Matthias Joseph (Gastwirt)
16. Klinckenberg, Joseph (Gutsbesitzer)
33. Wildt, Hermann Joseph (Tuchfabrikant)
17. Lingens, Peter Joseph (Tuchfabrikant) 10
23 26
9
17
20 25
C
3
F
HK
7 4
12
15 5
SB 33
19 28 21
27 24
13
16
6
2
8
C
30
31 1
Oberbürgermeister
14
18
32
29
11
22
Casino
HK
Handelskammer
SB
Sakramentsbruderschaft
F
Freimaurer Mitgliedschaft nachgewiesen verwandt oder verschwägert
Abbildung 1 Aachen: Netzwerke Diese und alle folgenden Grafiken wurden von der Autorin erstellt.
Netzwerke
485
Tabelle 2 Aachen: Soziale Zusammensetzung 1820 1. Achten, Bernhard von (Branntweinbrenner)
19. Müller, Josef (Advokatanwalt)
2. Ambré, Sebastian (Gutsbesitzer)
20. Nutten, Johann Heinrich (Nadel- und Tuchfabrikant)
3. Beaufort, Johann Joseph (Buchdrucker, Verleger)
21. Oeder, Conrad (Kaufmann, Beigeordneter)
4. Beissel, Ludwig (Tuchfabrikant)
22. Peltzer, Johann Theodor (Tuchfabrikant)
5. Bettendorf, Jakob Leopold (Tuchfabrikant)
23. Peusmann, Joseph
6. Bock, Johann Cornelius (Kaufmann)
24. Rumpen, Leonard (Metzger)
7. Braff, Johann Caspar (Tuchfabrikant)
25. Schervier, Johann Gerhard jun. (Kaufmann)
8. Breda, Johann Conrad Matthias (Kaufmann)
26. Simons, Peter Joseph (Kaufmann)
9. Daniels, Wilhelm (Notar, Beigeordneter und provis. Oberbürgermeister)
27. Solders, Matthias Joseph (Arzt, Beigeordneter)
10. Dautzenberg, Peter Joseph Franz (Immobilien makler, Publizist, Postmeister)
28. Springsfeld, Johann Jakob Wilhelm (Tuchfabrikant)
11. Degraa, Franz Armand (Apotheker)
29. Stürtz, Joseph Heinrich (Bierbrauer, Gastwirt)
12. Deusner, Christian Friedrich (Tuchfabrikant)
30. Tilmanns, Johann Werner (Tuchfabrikant)
13. Deutz, Egidius (Kaufmann, Bäcker)
31. Vietoris, Stephan Heinrich (Jurist)
14. Fey, Peter Louis Joseph (Tuchfabrikant, Spinnereibesitzer)
32. Wagner, Johann Friedrich (Tuchfabrikant)
15. Fisenne, Peter Georg von (Kaufmann, Tuchfabrikant)
33. Wassenberg, Peter (Stadtrentmeister)
16. Giesen, Hyacinthe (Jurist)
34. Wildenstein, Friedrich Wilhelm (Tuchfabrikant, Färber)
17. Heucken, Franz Peter Joseph Maximilian (Wagenfabrikant)
35. Wildt, Franz Joseph (Bäcker)
18. Jungbluth, Franz Heinrich (Advokatanwalt)
36. Würth, Franz Johann Nepomuk (Kaufmann)
33 36
28
21
16 24
C
34
13 17
15
5
25 1
19 F
7
29 6
18
32
HK
23
14
C
9
11
8
Oberbürgermeister
26
4
20
22 2
30
SB
31
12
Abbildung 2 Aachen: Netzwerke
35 10
27
3
Casino
HK
Handelskammer
SB
Sakramentsbruderschaft
F
Freimaurer Mitgliedschaft nachgewiesen verwandt oder verschwägert
486
Anhang
Tabelle 3 Aachen: Soziale Zusammensetzung 1831 1. Aubart, Anton Nicolas (Domäneninspektor)
19. Kesselkaul, Arnold (Tuchfabrikant)
2. Beaufort, Johann Joseph (Buchdrucker, Verleger)
20. Krey, Xaver Emmerich Joseph (Hypothekenbewahrer)
3. Bettendorf, Jakob Leopold (Tuchfabrikant)
21. Kuetgens, Peter (Tuchfabrikant)
4. Beucken, Augustin (Kaufmann)
22. Langendorff, Arnold (Kaufmann)
5. Beyss, Josef (Kaufmann, Bierbrauer)
23. Lausberg, Franz (Apotheker)
6. Bock, Egidius Johann (Kaufmann, Rentier)
24. Müller, Carl Werner Hubert (Apotheker)
7. Bonn, G. Egidius (Bäcker)
( 25. Nellessen, Heinrich, Tuchfabrikant)
8. Brammertz, Johann Franz (Kaufmann)
26. Pappel, Johann Thomas (Kaufmann)
9. Chenet, Johann Franz (Kaufmann)
27. Pelzer, Franz Joseph (Kaufmann)
10. Dahmen, Carl Eduard (Kaufmann)
28. Quadflieg, Balthasar (Bierbrauer, Gastwirt)
(11. Daniels, Wilhelm, Notar, Beigeordneter und provis. Oberbürgermeister)
29. Schervier, Johann Heinrich (Nadelfabrikant)
12. Dautzenberg, Johann Lambert Theodor (Goldschmid, Lombardsverwalter)
30. Schwamborn, Engelbert (Tuchfabrikant)
13. Deutz, Egidius (Kaufmann, Bäcker)
31. Seyffardt, Friedrich Karl Ludwig (Buchhalter)
14. Einmahl, Leonard (Gerber)
32. Talbot, Hugo Jakob (Kaufmann, Wagenfabrikant)
15. Emundts, Franz Edmund (Landgerichtsrat, Oberbürgermeister)
33. Tilmanns, Lambert (Rentier)
16. Fellinger, Johann Jakob (Färber, Fabrikant)
34. Wagner, Johann Friedrich (Tuchfabrikant)
17. Houtem, Ignaz van (Tuchfabrikant)
35. Wergifosse, Nikolaus Anton (Bankier)
18. Jungbluth, Franz Heinrich (Advokatanwalt)
36. Zurhelle, Wilhelm Gilles (Kaufmann, Bankier)
13 27
26 10
1 20
12
SB
21 35
30 22 4
6 5
36 18
15
34
C
16
25 28
3 HK 14
Abbildung 3 Aachen: Netzwerke
2
Casino
HK
Handelskammer
SB
Sakramentsbruderschaft
17
C 31
23
7
19
29
24
32
8
33
11
Oberbürgermeister
9
Mitgliedschaft nachgewiesen verwandt oder verschwägert
Netzwerke
487
Tabelle 4 Aachen: Soziale Zusammensetzung 1838/39 1. Baur, Johann Josef (Bankier)
18. Kesselkaul, Arnold (Tuchfabrikant)
2. Beissel, Johann Heinrich jun. (Rentier, Kaufmann)
19. Krey, Xaver Emmerich Joseph (Hypothekenbewahrer)
3. Beucken, Augustin (Kaufmann)
20. Kuetgens, Peter (Tuchfabrikant)
4. Beyss, Josef (Kaufmann, Bierbrauer)
21. Lommessem, Johann Wilhelm Gottfried von (Rentier)
5. Bock, Egidius Johann (Kaufmann, Rentier)
22. Mengelbier, Josef Aloys (Wagenfabrikant)
6. Bonn, G. Egidius (Bäcker)
23. Monheim, Johann Peter Joseph (Apotheker)
7. Bruch, Wilhelm von dem (Kaufmann, Tuchfabrikant)
24. Pappel, Johann Thomas (Kaufmann)
8. Chenet, Johann Franz (Kaufmann)
25. Schlenter, Arnold (Gastwirt)
9. Dahmen, Carl Eduard (Kaufmann)
26. Schwamborn, Engelbert (Tuchfabrikant)
10. Dautzenberg, Johann Lambert Theodor (Goldschmid, Lombardsverwalter)
27. Seyffardt, Friedrich Karl Ludwig (Buchhalter)
11. Deusner, Heinrich Anton (Tuchfabrikant)
28. Strom, Nicolas Cornelius (Kaufmann)
12. Deutz, Egidius (Kaufmann, Bäcker)
29. Talbot, Hugo Jakob (Kaufman, Wagenfabrikant)
13. Einmahl, Leonard (Gerber)
30. Tilmanns, Lambert (Rentier)
14. Emundts, Franz Edmund (Landgerichtsrat, Oberbürgermeister)
31. Wagner, Johann Friedrich (Tuchfabrikant)
15. Fellinger, Johann Jakob (Färber, Fabrikant)
32. Wergifosse, Nikolaus Anton (Bankier)
16. Houtem, Ignaz van (Tuchfabrikant)
33. Zurhelle, Wilhelm Gilles (Kaufmann, Bankier)
17. Jungbluth, Franz Heinrich (Advokatanwalt) 33
11
15
7
27 12
C
31 16
22 3
5
HK
20
GV
21
26 8
SB 23
32 13 25
24 30
18
19
10
Oberbürgermeister
1
29
28
14
6 9
2
Abbildung 4 Aachen: Netzwerke
17
4
C
Casino
HK
Handelskammer
SB
Sakramentsbruderschaft
GV
Gewerbeverein Mitgliedschaft nachgewiesen verwandt oder verschwägert
488
Anhang
Tabelle 5 Aachen: Soziale Zusammensetzung 1845 Baur, Johann Josef (Bankier)
Kesselkaul, Arnold (Tuchfabrikant)
Beucken, Augustin (Kaufmann)
Krey, Xaver Emmerich Joseph (Hypothekenbewahrer)
Beyss, Josef (Kaufmann, Bierbrauer)
Kuetgens, Peter (Tuchfabrikant)
Beissel, Johann Heinrich jun. (Rentier, Kaufmann)
Lommessem, Johann Wilhelm von (Rentier)
Bock, Egidius Johann (Kaufmann, Rentier)
Mengelbier, Josef Aloys (Wagenfabrikant)
Bonn, G. Egidius (Bäcker)
Monheim, Johann Peter Joseph (Apotheker)
Bruch, Wilhelm von dem (Kaufmann, Tuchfabrikant)
Nacken, Friedrich Johann (Färber)
Dahmen, Carl Eduard (Kaufmann)
Pelzer, Stephan (Avokatanwalt)
Deusner, Heinrich Anton (Tuchfabrikant, Rentier)
Schlenter, Arnold (Gastwirt)
Deutz, Egidius (Kaufmann, Bäcker)
Schwamborn, Engelbert (Tuchfabrikant)
Emundts, Franz Edmund (Landgerichtsrat, Oberbürgermeister)
Seyffardt, Friedrich Karl Ludwig (Buchhalter)
Einmahl, Leonard (Gerber)
Strom, Nicolas Cornelius (Kaufmann)
Fellinger, Johann Jakob (Färber, Fabrikant)
Talbot, Hugo Jakob (Kaufman, Wagenfabrikant)
Geyr-Schweppenburg, Theodor Johann Jakob von (Gutsbesitzer)
Thywissen, Peter Cornell (Kaufmann)
Hasenclever, Carl (Kaufmann)
Wergifosse, Nikolaus Anton (Bankier)
Houtem, Ignaz van (Tuchfabrikant)
Zurhelle, Wilhelm Gilles (Kaufmann, Bankier)
Jungbluth, Franz Heinrich (Advokatanwalt)
2
62
26
100 103
39
82 77
98 66 73
99
65
89 107
56
105
35
61
81
45 94 33
93
92
69 7 36
59
11
60
22
104 102
63 67 55
14
57 86
71
101
85 106
23
4
24
21
90
79
6
52
20
9
15
44
37
68 70
3
38
51
1 16
50
48
8
109
17
54
91
58
80
74
97
34
5
32
96
19
30 49
28
29
47
84
31
87
78
75
108
42
12
43
64
10
13
27
18
41
40
83
25
46
76
95
53
88 72
Nr. Anhang X. 1. Stadträte Oberbürgermeister verwandt oder verschwägert in Aachen 1815–1845 Abbildung 5 Aachen: Netzwerke
Netzwerke
489
Tabelle 6 Aachen: Soziale Zusammensetzung 1846/47 Berns-Rossbach, Franz (Kaufmann, 3. Klasse)
Kesselkaul, Arnold Dominiks Josef Johann Heinrich (Tuchfabrikant, 1. Klasse)
Beyss, Josef (Kaufmann, Bierbrauer, 3. Klasse)
Koenen, Carl (Justizrat, 1. Klasse)
Bischoff, Johann Arnold (Tuchfabrikant, 1. Klasse)
Kuck, J. Wilhelm (Advokatanwalt, 2. Klasse)
Cazin, Franz (Buchhändler, Stadtbibliothekar, 3. Klasse)
Kuetgens, Franz Xaver (Rentier, 3. Klasse)
Dahmen, Carl Eduard (Kaufmann, 1. Klasse)
Monheim, Johann Peter Joseph (Apotheker, 2. Klasse)
Debey, Matthias (Arzt, 3. Klasse)
Nacken, Friedrich Johann (Färber, 2. Klasse)
Emundts, Franz Edmund (Landgerichtsrat, Oberbürgermeister)
Nellessen, Heinrich (Tuchfabrikant, 1. Klasse)
Esser, Theodor (Maschinenfabrikant, 2. Klasse)
Pelzer, Stephan (Advokatanwalt, Justizrat, 1. Klasse)
Fellinger, Johann Jakob (Färber, Fabrikant, Beigeordneter)
(Pelzer, Arnold Edmund Advokatanwalt, 2. Klasse)
Geyr-Schweppenburg, Theodor Johann Jakob Josef Maria Eberhard von (Gutsbesitzer, 1. Klasse)
Schervier, Ludwig Heinrich (Nadelfabrikant, 3. Klasse)
Gülpen, Christian Nikolaus Joseph van (Tuch fabrikant, 1. Klasse)
Scheibler, Leopold (Kaufmann, 1. Klasse)
Hahn, Johann Heinrich Hubert (Arzt, 3. Klasse)
Schlenter, Arnold (Gastwirt, 2. Klasse)
Hamacher, Winfried (Kaufmann, 3. Klasse)
Schwamborn, Engelbert (Tuchfabrikant, Beigeordneter)
Hansemann, David (Kaufmann, 2. Klasse)
Seyffardt, Friedrich Karl Ludwig (Buchhalter, Beigeordneter)
Houtem, Ignaz van (Tuchfabrikant, 3. Klasse)
Strom, Nicolas Cornelius (Kaufmann, 2. Klasse)
Hoyer, Gustav (Gastwirt, 2. Klasse)
Thywissen, Peter Cornell (Kaufmann, 1. Klasse)
Jungbluth, Franz Constantin (Advokatanwalt, 2. Klasse)
Velten, Hermann (Arzt, 2. Klasse)
Kaatzer, Peter (Buchhändler, Verleger, 3. Klasse)
490
Anhang
Tabelle 1 Düsseldorf: Soziale Zusammensetzung 1813 1. Camphausen, Wilhelm Friedrich (Kaufmann)
12. Masset, Arnold Anton (Rentier)
2. Carstanjen, Eduard Friedrich (Kaufmann)
13. Moers, Georg (Hofrat)
3. Collenbach, Freiherr von (Kammerdirektor)
14. Pampus, Carl Theodor Josef von (Advokatanwalt)
4. Eyckeler, Theodor (Gutsbesitzer)
15. Pfeill, Maximilian August von (Hofrat, Maire)
5. Farina, Julius Cäsar (Kaufmann)
16. Pütz, Vitus (Kaufmann)
6. Gangelt (Gutsbesitzer)
17. Quest, Friedrich Gottfried (Katasterinspektor, Steuerrat)
7. Hartmann, Johann Theodor (Kaufmann)
18. Ronstorff, Wilhelm (Kaufmann)
8. Hoffmann, Friedrich Heinrich (Bankier)
19. Röseler, Friedrich Wilhelm (Kaufmann)
9. Hopfensack, Carl (Kaufmann)
20. Schell, Clemens August von (Gutsbesitzer)
10. Jacobi, Johann Peter Eduard (Regierungsrat)
21. Schnabel, Heinrich (Richter, Beigeordneter)
11. Köhler, Peter (Architekt) 1
7
10 HV
15
5
16 6
18
HV
13 12
9
8
4
14 11
2
Oberbürgermeister
19
17
F
3
Abbildung 1 Düsseldorf: Netzwerke
20
21
F
Handelsvorstand Freimaurer Mitgliedschaft nachgewiesen verwandt oder verschwägert
Netzwerke
491
Tabelle 2 Düsseldorf: Soziale Zusammensetzung 1819/20 1. Aleff, Friedrich (Steuerkontrolleur)
19. Juppen, Joseph (Kaufmann, Beigeordneter)
2. Ammon, Johann Georg Heinrich von (Kriegsund Domänenrat)
20. Kahler, Karl (Apotheker)
3. Bracht, Johann Friedrich Heinrich Hubert (Advokatanwalt)
21. Köhler, Peter (Architekt)
4. Brewer, Johann Paul (Professor)
22. Lacomblet, Johann Franz (Cafétier, Gastwirt)
5. Cremer (Advokatanwalt)
23. Lindgens (Gutsbesitzer)
6. Custodis, Leopold Wilhelm (Rechnungsrat, Beigeordneter und provis. Oberbürgermeister)
24. Masset, Arnold Anton Josef (Rentier, Beigeordneter)
7. Dorsten, Johann Rutger Ambrosius von (Regierungsrat)
25. Pampus, Carl Theodor Josef von (Advokatanwalt)
8. Farina, Julius Cäsar (Kaufmann)
26. Peters, Johann (Bäcker)
9. Franz, Wilhelm von (Steuerrendant)
27. Pfeill, Maximilian August von (Hofrat)
10. Gangelt (Gutsbesitzer)
28. Pütz, Vitus (Kaufmann)
11. Heister, Joseph Eugen Jakob von (Hofrat)
29. Rahr, Johann Theodor (Kaufmann, Fabrikant)
12. Heubes, Carl (Beigeordneter)
30. Ronstorff, Wilhelm (Kaufmann)
13. Hoffmann, E. (Advokatanwalt, Substitut-Prokurator, Beigeordneter)
31. Röseler, Friedrich Wilhelm (Kaufmann)
14. Hoffmann, Friedrich Heinrich (Bankier)
32. Schauberg, Johann Wilhelm (Advokatanwalt)
15. Hopfensack, Carl (Kaufmann)
33. Schöller, Johann Philipp (Kaufmann)
16. Jacobi, Johann Peter Eduard (Regierungsrat)
34. Schorn, Martin Jakob (Notar)
17. Jansen (Regierungssekretär, Hypothekenverwalter)
35. Schramm, Engelbert Libor (Appellations gerichtsrat, Oberbürgermeister)
18. Josten, Johann Lambert Joseph (Advokat anwalt erster Beigeordneter)
36. Solbrig, Christian Gottfried (Kaufmann)
9
11
10 27
16 31
23
30
24 2
6
KGV
32 20
34
1
15
4
19
7
17 33
Oberbürgermeister
8 25
CG
28
3
5
35
36
18 21
12
14
13
26
Abbildung 2 Düsseldorf: Netzwerke
Kunst- und Gewerbe-Verein
CG
Concert-Gesellschaft Mitgliedschaft nachgewiesen verwandt oder verschwägert
29
22
KGV
32
492
Anhang
Tabelle 3 Düsseldorf: Soziale Zusammensetzung 1831 1. Adolphi, Gerhard Jakob (Kaufmann)
16. Könen, Gerhard (Kaufmann)
2. Baum, Gerhard Julius (Kaufmann, Bankier)
17. Lacomblet, Theodor (Archivrat)
3. Baum, Philipp (Ökonom)
18. Pelser-Berensberg, Johann Max Anton Josef von (Gutsbesitzer, Beigeordneter)
4. Blin, Jakob (Gutsbesitzer, Rentier)
19. Pithan, Johann Jakob Ludwig (Rentier, Beigeordneter)
5. Cantador, Johann Joseph (Kaufmann)
20. Quest, Friedrich Gottfried (Katasterinspektor, Steuerrat)
6. Classen, Jacob (Kaufmann)
21. Scheuten, Balthasar (Ökonom, Gutsbesitzer)
7. Conen, Gerhard (Kaufmann)
22. Schöller, Johann Philipp (Kaufmann, erster Beigeordneter und prov. Oberbürgermeister)
8. Courth, Andreas (Advokatanwalt)
23. Schombart, Johann Gerhard (Kaufmann)
9. Deus, Friedrich August (Kaufmann, Fabrikant)
24. Sieger, Franz von (Regierungsreferendar)
10. Eyckeler, Theodor (Gutsbesitzer)
25. Spee, Franz Anton Graf von (Gutsbesitzer)
11. Göring, Peter (Tuchfabrikant, Hüttenbesitzer)
26. Stein, Franz Caspar (Ackerwirt)
12. Götzen, Johann (Kaufmann)
27. Vogts, Franz (Kaufmann, Fabrikant)
13. Hövel, Karl Hermann (Kaufmann)
28. Walger, Johann Anton (Landbauinspektor)
14. Jörrisen, Johann Ludwig Heinrich (Obersteuerkontrolleur)
29. Weyhe, Friedrich Maximilian (Garteninspektor)
15. Kisselstein (Rentier)
26 9 24 2 6
27
20
21
3
5
Oberbürgermeister 28
29
15
22
10
11
18
VC
17
23 1
14 13
19
12
4
KV 8
25
7
Abbildung 3 Düsseldorf: Netzwerke
16
VC
Verein zur Versicherung gegen Cholera
KV
Kunstverein RL/WF Mitgliedschaft nachgewiesen verwandt oder verschwägert
Netzwerke
493
Tabelle 4 Düsseldorf: Soziale Zusammensetzung 1838/39 1. Baum, Gerhard Julius (Kaufmann, Bankier)
17. Luckemeyer, Carl (Kaufmann)
2. Baum, Philipp (Ökonom)
18. Nesselrode-Ehreshoven, Franz Bertram von (Gutsbesitzer, Leutnant, Beigeordneter)
3. Burmann, Friedrich (Kaufmann)
19. Noelle, Peter Wilhelm (Münzmeister)
4. Coninx, Carl Peter Heinrich (Notar)
20. Rommel, Johann Theodor (Kaufmann)
5. Courth, Andreas (Advokatanwalt)
21. Rüping, Karl Wilhelm (Kaufmann, Gutsbesitzer)
6. Dahmenhaus, Johann Heinrich jun. (Kaufmann)
22. Scheuten, Balthasar (Ökonom, Gutsbesitzer)
7. Deus, Friedrich August (Kaufmann, Fabrikant)
23. Schimmelbusch, Franz (Kaufmann, Beigeordneter)
8. Dietze, Karl Wilhelm Gottfried (Rentier)
24. Schleger, Carl Gerhard Andreas (Wagenfabrikant)
9. Ebermaier, Karl Heinrich (Arzt)
25. Schnitzler, Peter Heinrich Anton (Baumeister)
10. Els, Peter van (Kaufmann)
26. Schombart, Johann Gerhard (Kaufmann)
11. Felderhoff, Friedrich (Landbauinspektor)
27. Sieger, Franz von (Regierungsreferendar)
12. Fuchsius, Johann Joseph von (Regierungssekretär, erster Beigeordneter und prov. Oberbürgermeister)
28. Stein, Franz Caspar (Ackerwirt)
13. Göring, Peter (Tuchfabrikant, Hüttenbesitzer)
29. Sybel, Heinrich von (Landgerichtsrat, Regierungsrat)
14. Götzen, Johann (Kaufmann)
30. Winkelmann, Peter (Rentier, Major, Beigeordneter)
15. Großmann, Joseph (Geometer)
31. Wormstall, Theodor (Wegeinspektor)
16. Lacomblet, Theodor (Archivrat)
11
18
27
30
5
9 23
EG
17
1
6 28
10
Kunstverein RL/WF
HK
Handelskammer
EG
Eisenbahngesellschaft
31
Abbildung 4 Düsseldorf: Netzwerke
Mitgliedschaft nachgewiesen verwandt oder verschwägert
13
HK
7
KV 4
24
8
21
3
22
12
29
16
26
15
19 25
Oberbürgermeister
KV
14 2
20
494
Anhang
Tabelle 5 Düsseldorf: Soziale Zusammensetzung 1845 Baum, Gerhard Julius (Kaufmann, Bankier)
Luckemeyer, Carl (Kaufmann)
Coninx, Carl Peter Heinrich (Notar)
Noelle, Peter Wilhelm (Münzmeister)
Courth, Andreas (Advokatanwalt)
Rommel, Johann Theodor (Kaufmann)
Dahmenhaus, Johann Heinrich jun. (Kaufmann)
Scheuten, Balthasar (Ökonom, Gutsbesitzer)
Deus, Friedrich August (Kaufmann, Fabrikant)
Schleger, Carl Gerhard Andreas (Wagenfabrikant)
Dietze, Karl Wilhelm Gottfried (Rentier)
Schnitzler, Peter Heinrich Anton (Baumeister)
Dübbers, Anton Joseph (Bäcker, Bierbrauer)
Sieger, Franz von (Regierungsreferendar)
Felderhoff, Friedrich (Landbauinspektor)
Spee, August Graf von (Gutsbesitzer)
Fuchsius, Johann Joseph von (Regierungssekretär, erster Beigeordneter und provisorischer Oberbürgermeister)
Stein, Franz Caspar (Ackerwirt)
Göring, Peter (Tuchfabrikant, Hüttenbesitzer)
Wenders, Heinrich (Kaufmann)
Könen, Gerhard (Kaufmann)
Winkelmann, Peter (Rentier, Beigeordneter)
Lacomblet, Theodor (Archivrat)
Wolters, Johann Wilhelm (Arzt)
105
45
57
87
4
38
51
11
39 25
20
3
84
95
44 98
82 29
5
65
74
23
75
40 33
13 78
28
27
24
94
89
83 91
56
61 88
92
8
32
30
77
52
37
1
59 17
22
47
60
64
7
48
18
21
50
90
72
19
15
63
102
97
86
14
67
80
76
55
96
54
85
34
62
93
100
68
35
6
42
31
101
99
49
41 2
10
73
79
103
9
53 66
81
16 70
58
43
36
46
69 12
26
104
71
Nr. Anhang X. 2. Stadträte Oberbürgermeister verwandt oder verschwägert in Düsseldorf 1815–1845
Abbildung 5 Düsseldorf: Netzwerke
Netzwerke
495
Tabelle 6 Düsseldorf: Soziale Zusammensetzung 1846/47 Arnz, Heinrich Godefried Augustin Hubert (Kaufmann, 2. Klasse)
Laurentius, Christian (Gärtner, 3. Klasse)
von Baerle (2. Klasse)
Reinartz, Franz Anton (Arzt, 3. Klasse)
Baum, Gerhard Julius (Kaufmann, Bankier, 1. Klasse)
Sartorius (Kaufmann, 1. Klasse)
G. Cramer ( Kaufmann 1. Klasse)
Seelig, David (Apotheker, 2. Klasse)
Cremer, Engelbert (2. Klasse)
Stapper, Jacob (Kaufmann, 3. Klasse)
Dach (Regierungsrat, 2. Klasse)
Stehling, Joseph (Metzger, 3. Klasse)
Dietze, Karl Wilhelm Gottfried (Rentier, 1. Klasse)
Stein, Wilhelm (Kaufmann, 1. Klasse)
Fleckes, Franz (Rentier, 3. Klasse)
Sybel, Heinrich von (Landgerichtsrat, Regierungsrat, 1. Klasse)
Fuchsius, Johann Joseph von (Oberbürgermeister)
Weiler II. (Advokatanwalt 1. Klasse)
Gerhardy (Arzt, 2. Klasse)
Wenders, Heinrich (Kaufmann, 2. Klasse)
Hilgers, Carl (Fabrikant, 2. Klasse)
Weidenhaupt, Anton (Bauunternehmer, 3. Klasse)
Hütter, Heinrich J. (Kaufmann, 3. Klasse)
Westhoff, Robert (Kaufmann, 1. Klasse)
Junkersdorff, Peter (Kaufmann, 1. Klasse)
Wever, Wilhelm (Kaufmann, 2. Klasse)
Kiesel, Carl (Professor, 2. Klasse)
Winkelmann, Peter (Rentier, Beigeordneter)
Kürten, Kaspar (Landwirt, 3. Klasse)
Wolters, Johann Wilhelm jun. (Arzt, 1. Klasse)
Krebs, J. Jacob (Bäcker, 3. Klasse)
Zichner, W. (Kaufmann, 3. Klasse)
496
Anhang
Tabelle 1 Koblenz: Soziale Zusammensetzung 1813/14 1. Bohl, Conrad (Kaufmann)
13. Lebens, Johann Friedrich (Richter)
2. Bougleaux-Pottgeißer, Magloire (Kaufmann)
14. Lunnebach, Johann Baptiste (Kaufmann)
3. Debeaune, Guillaume (Pfandhausdirektor, Beigeordneter)
15. Maas, Franz (Posthalter, Gastwirt)
4. Deinhard, Johann Friedrich (Kaufmann)
16. Mazza, Johann Joseph (Kaufmann, Maire)
5. Dienz, Jakob (Tüncher)
17. Müller, Paul (Kaufmann)
6. Fischer, Jakob (Kaufmann)
18. Pontieul, Pierre (Finanzbeamter, Beigeordneter)
7. Graeff, Johann Anton (Gastwirt)
19. Reiff, Johann Jakob (Kaufmann, Beigeordneter)
8. Grebel, Matthias Joseph (Advokatanwalt)
20. Willmart, Johann Kaspar (Gastwirt)
9. Haan, Franz Stephan (Kaufmann)
21. Winnen, Simon (Gerber)
10. Hoffmann, Johann Peter (Tapezierer, Kaufmann)
22. Zimmer, Joseph (Metzger)
11. Kehrmann, Johann Heinrich (Kaufmann)
23. Zweiffel, Johann Jakob (Kaufmann, Fabrikant)
12. Kröll, Johann (Schiffer, Gastwirt)
12 18
10
F
14
13
8 16 5
4
C
6
3
15
11 7
19
21
Oberbürgermeister
2
23 20
9
22 1 17
Abbildung 1 Koblenz: Netzwerke
C
Casino
F
Freimaurer Mitgliedschaft nachgewiesen verwandt oder verschwägert
Netzwerke
497
Tabelle 2 Koblenz: Soziale Zusammensetzung 1818/19 1. Arnold, Christian Ludwig (Kaufmann)
16. Lunnebach, Johann Baptiste (Kaufmann)
2. Bohl, Conrad (Kaufmann)
17. Maas, Franz (Posthalter, Gastwirt)
3. Clemens, Johann Peter (Kaufmann, Bankier)
18. Maehler, Abundius (Notar, Regierungs sekretär, Oberbürgermeister)
4. Dahm, Jacob (Richter)
19. Maret, Johann (Seifensieder)
5. Deinhard, Johann Friedrich (Kaufmann)
20. Menn, Gottfried (Kaufmann)
6. Dietz, Hermann Joseph (Fabrikant)
21. Mohr, Carl Paulinus (Apotheker, Regierungsassessor)
7. Fischer, Jakob (Kaufmann)
22. Müller, Paul (Kaufmann)
8. Graeff, Johann Anton (Gastwirt)
23. Nebel, Johann Nikolaus (Kaufmann)
9. Grebel, Matthias Joseph (Advokatanwalt)
24. Nell, Maximilian (Richter)
10. Haas, Peter (Gastwirt, Weinhändler)
2 5. Pfender, Philipp Wilhelm (Kaufmann, Beigeordneter)
11. Hoffmann, Johann Peter (Tapezierer, Kaufmann)
26. Reiff, Johann Jakob (Kaufmann, Beigeordneter)
12. Kehrmann, Johann Heinrich (Kaufmann)
27. Schaaffhausen, Hubert (Kaufmann, Fabrikant)
13. Korbach, Edmund Ignatz (Richter)
28. Willmart, Johann Kaspar (Gastwirt)
14. Kröll, Johann (Schiffer, Gastwirt)
29. Winnen, Simon (Gerber)
15. Lippe, Alexander Peter (Apotheker, Finanzbeamter)
30. Zimmer, Joseph (Metzger)
14 F
3
5
10
16
Oberbürgermeister
7 27
8
9 21
18 26
20
1
2
12
HV
24
25 6
22 4
C
30
HV
13
23
15 17
Abbildung 2 Koblenz: Netzwerke
19 28
11 29
Hilfsverein
C
Casino
F
Freimaurer Mitgliedschaft nachgewiesen verwandt oder verschwägert
498
Anhang
Tabelle 3 Koblenz: Soziale Zusammensetzung 1831 1. Arnold, Christian Ludwig (Kaufmann)
14. Martinengo, Philipp (Kaufmann)
2. Caspers, Philipp (Kaufmann)
15. Menn, Gottfried (Kaufmann)
3. Clemens, Johann Peter (Kaufmann, Bankier, Beigeordneter)
16. Mohr, Carl Paulinus (Apotheker, Regierungsassessor)
4. Demeuth, Johann (Kaufmann, Holzhändler)
17. Molitor, Peter Ferdinand (Bäcker, Weinhändler)
5. Dietz, Hermann Joseph (Fabrikant, Beigeordneter)
18. Müller, Paul (Kaufmann)
6. Fischer, Jakob (Kaufmann)
19. Oswald, Johann Jakob (Kaufmann)
7. Graeff, Johann Anton (Gastwirt)
20. Pottgeißer, Marx Aloys (Kaufmann, Generaleinnehmer, Beigeordneter)
8. Kehrmann, Johann Heinrich (Kaufmann)
21. Rechtmann, Heinrich (Kaufmann)
9. Longard, Johann Nepomuk (Advokatanwalt)
22. Reiff, Johann Jacob (Kaufmann, Beigeordneter)
10. Lunnebach, Johann Baptiste (Kaufmann)
23. Willmart, Franz (Gastwirt)
11. Maas, Franz (Posthalter, Gastwirt)
24. Wollersheim, Franz Michael (Arzt)
12. Maehler, Abundius (Notar, Regierungs sekretär, Oberbürgermeister)
25. Zimmermann, Jakob (Gutsbesitzer, Beigeordneter)
13. Maret, Johann (Seifensieder)
19
Oberbürgermeister
8
17 15 eFV
13
21
24
6
7
C
10
18 14 25 4
9
C
12
1 2 23 22
16
20
5
3 kFV
Casino
kFV
katholischer Frauenverein
eFV
evangelischer Frauenverein Mitgliedschaft nachgewiesen verwandt oder verschwägert
11
Abbildung 3 Koblenz: Netzwerke
Netzwerke
499
Tabelle 4 Koblenz: Soziale Zusammensetzung 1838/39 1. Arnold, Christian Ludwig (Kaufmann)
17. Mantell, Peter Anton (Kaufmann)
2. Baedecker, Karl (Buchhändler, Verleger)
18. Maret, Johann (Seifensieder)
3. Clemens, Johann Peter (Kaufmann, Bankier, Beigeordneter)
19. Menn, Jodokus (Kaufmann)
4. Clemens, Simon (Kaufmann)
20. Mohr, Carl Paulinus (Apotheker, Regierungsassessor)
5. Dietz, Hermann Joseph (Fabrikant, Beigeordneter)
21. Molitor, Peter Ferdinand (Bäcker, Weinhändler)
6. Fassbender, Bernhard (Kaufmann, Schiffer)
22. Oswald, Johann Jacob (Kaufmann)
7. Geisselbrecht, Johann Friedrich (Kaufmann)
23. Pottgeißer, Marx Aloys (Kaufmann, Steuer einnehmer , Beigeordneter)
8. Hasslacher, Konrad (Fabrikant, Sattler)
24. Rechtmann, Heinrich (Kaufmann)
9. Helf, Anton (Kaufmann)
25. Reiff, Johann Jakob (Kaufmann, Beigeordneter)
10. Hergt, Rudolph Friedrich (Buchhändler, Verleger)
26. Schaaffhausen, Hubert (Kaufmann, Fabrikant)
11. Hoelscher, Jakob (Buchhändler, Verleger)
27. Sehmer, Georg Bernhard (Kaufmann)
12. Kehrmann, Johann Heinrich jun. (Kaufmann)
28. Siegert, Gottfried (Kaufmann)
13. Lambricht, Nikolaus (Bäcker, Konditor)
29. Steinebach, Christian Theodor (Kaufmann)
14. Longard, Johann Nepomuk (Advokatanwalt)
30. Tesche, Carl Anton (Kaufmann)
15. Maas, Franz (Posthalter, Gastwirt)
31. Wirth, Michael (Baumeister)
16. Maehler, Abundius (Notar, Regierungs sekretär, Oberbürgermeister)
32. Zentner, Gottfried (Apotheker)
21 18 6
27
C
29
7
12
30 4
32
3 5
28 2
10 13
16 11
kFV
Abbildung 4 Koblenz: Netzwerke
15 23
Casino
HK
Handelskammer
kFV
katholischer Frauenverein
eFV
evangelischer Frauenverein
26
C
1 31
14
HK
25
20
24
9
8
eFV
22
Oberbürgermeister
17
19
Mitgliedschaft nachgewiesen verwandt oder verschwägert
500
Anhang
Tabelle 5 Koblenz: Soziale Zusammensetzung 1845 Arnold, Christian Ludwig (Kaufmann)
Maehler, Abundius (Notar, Regierungssekretär, Oberbürgermeister)
Baedecker, Karl (Buchhändler, Verleger)
Mantell, Peter Anton (Kaufmann)
Clemens, Simon (Kaufmann)
Maret, Johann (Fabrikant)
Dietz, Hermann Joseph (Fabrikant, Beigeordneter)
Menn, Jodokus (Kaufmann)
Drimborn, Johann Matthias (Arzt)
Mohr, Friedrich (Apotheker, Regierungsassessor)
Fassbender, Bernhard (Kaufmann, Schiffer)
Rechtmann, Heinrich (Kaufmann)
Geisselbrecht, Johann Friedrich (Kaufmann)
Reiff, Johann Jakob (Kaufmann, Beigeordneter)
Haan, Christian Ignaz (Kaufmann, Beigeordneter)
Schaaffhausen, Hubert (Kaufmann, Fabrikant)
Hasslacher, Konrad (Fabrikant, Sattler)
Sehmer, Georg Bernhard (Kaufmann)
Helf, Anton (Kaufmann)
Siegert, Gottfried (Kaufmann)
Hergt, Rudolph Friedrich (Buchhändler, Verleger)
Tesche, Carl Anton (Kaufmann)
Hoelscher, Jakob (Buchhändler, Verleger)
Wendel, Ernst (Färber)
Kehrmann, Johann Heinrich jun. (Kaufmann)
Wirth, Michael (Baumeister)
Lambricht, Nikolaus (Bäcker, Konditor)
Wolff, Franz Jakob (Apotheker)
Leroy, Johann Anton (Kaufmann)
Zentner, Gottfried (Apotheker)
Longard, Johann Nepomuk (Advokatanwalt) 34 29
56
43
1
36
72
13
30 58
2 69 74 63
3
25
54 61
23
62
64
51
22
53
20
15
45
9
71 44
19 50
32
35
37
27
5
57
76
4
21
47
49
6
17
46
68
12
55 40
8
38
42
26
70
67
18
14
60 52
48
59
41
65 11
16
28
7
39
31
66
75 33
24
73 10
Nr. Anhang X. 3. Stadträte Oberbürgermeister verwandt oder verschwägert in Koblenz 1815–1845 Abbildung 5 Koblenz: Netzwerke 1815–1845
Netzwerke
501
Tabelle 6 Koblenz: Soziale Zusammensetzung 1847 (Adams, Franz Peter, Justizrat 3. Klasse)
Hoffmann, Philipp (Möbelverleiher, 2. Klasse)
Aldenhoven, Heribert Franz (Advokatanwalt, 3. Klasse)
Leroy, Johann Anton (Kaufmann, 2. Klasse)
Bachem, Alexander (Justizrat, Oberbürgermeister)
Laymann, Caspar (Notar, Beigeordneter, 2. Klasse)
Baedecker, Karl (Buchhändler, Verleger, Beigeordneter, 2. Klasse)
Longard, Johann Nepomuk (Advokatanwalt, 3. Klasse)
Capellmann, Aloys (Lehrer, 1. Klasse)
Longard, Leonard (Advokatanwalt, 3. Klasse)
Caspers, Philipp Jakob (Kaufmann, 2. Klasse)
Lucas, Jakob Joseph jun. (Rentier, 2. Klasse)
Christ, Peter Joseph (Kaufmann, 1. Klasse)
Mohr, Friedrich (Apotheker, Regierungsassessor, 1. Klasse)
Deinhard, Nikolaus August (Kaufmann, 1. Klasse)
Osterhaus, Adolph (Maurermeister, 3. Klasse)
Dewald, Stephan (Kaufmann, 3. Klasse)
(Reichensperger, Peter Franz Advokatanwalt, 3. Klasse)
(Dietz, Hermann Joseph, Fabrikant, 3. Klasse)
Sehmer, Georg Bernhard (Kaufmann, 2. Klasse)
Drimborn, Franz Gabriel (Rentier, 2. Klasse)
Siegert, Gottfried (Kaufmann, 2. Klasse)
Drimborn, Johann Matthias (Arzt, 1. Klasse)
Tillmann, Bernhard (Gastwirt, 3. Klasse)
Feist, Moritz (Kaufmann, 2. Klasse)
Wendel, Ernst (Färber, 1. Klasse)
Hasslacher, Konrad (Fabrikant, Sattler, 3. Klasse)
Werner, Johann Peter (Justizrat, 1. Klasse)
Hoffmann, Philipp (Möbelverleiher, 2. Klasse)
502
Anhang
Tabelle 1 Köln: Soziale Zusammensetzung 1813/14 1. Bartmann, Franz Xaver Josef Arnold (Kaufmann)
17. Kaldenberg, Wilhelm Joseph von (Rentier, Beigeordneter)
2. Becker, Franz Joseph (Kaufmann)
18. Leven, Johann Aloys (Kaufmann)
3. Boisserée, Bernhard (Kaufmann, Holzhändler, Jurist, Beigeordneter)
19. Lyversberg, Jacob Johann Nepomuk (Kaufmann, Gutsbesitzer)
4. Bolckhaus, Abraham (Kaufmann, Fabrikant)
20. Molinari, Jacob Hermann (Kaufmann)
5. Bourel, Franz Ferdinand (Buchdrucker)
21. Müller, Johann Joseph (Kaufmann, Bierbrauer)
6. Cassinone, Maximilian Heinrich Joseph (Kaufmann)
22. Neumann, Franz Christoph (Wechselmarkler, Rentier)
7. Dequer de Jouy, Johann Ludwig (Postdirektor)
23. Nolden, Paul Joseph (Kaufmann)
8. Effertz, Johann Leonhard Joseph (Kaufmann, Appellationskommissar)
24. Schaaffhausen, Abraham (Kaufmann, Bankier)
9. Engels, Hermann Joseph (Kaufmann)
25. Schmitz, Johann Gottfried (Kaufmann, Fabrikant)
10. Erven, Gerhard Joseph (Kaufmann)
26. Schmitz, Johann Joseph Nepomuk (Gerber)
11. Foveaux, Heinrich Joseph (Fabrikant)
27. Schülgen, Heinrich Severin (Kaufmann)
12. Gall, Gottfried Joseph von (Appellationskommissar)
28. Selner, Clemens August (Gastwirt)
13. Heimann, Johann Friedrich Carl sen. (Kaufmann, Fabrikant)
29. Ülpenich, Johann Joseph (Kaufmann)
14. Heinsberg, Goswin von (Jurist, Professor)
30. Vernier, François (General)
15. Herwegh, Franz Jacob von (Jurist, Guts besitzer, Beigeordneter)
31. Wermerskirchen, Gerhard (Fabrikant)
16. Hoffschlag, Maria Michael (Kaufmann)
32. Wittgenstein, Johann Jacob von (Notar, Maire)
7 21
13
15
Oberbürgermeister
3
1
8
C
5
6
26
4
29
24
F
23
27
17 16
18 30 12
2
9
32
HK
31
HK
28
19
25
11
14 22
20
10
Abbildung 1 Köln: Netzwerke
Handelskammer
C
Casino
F
Freimaurer Mitgliedschaft nachgewiesen verwandt oder verschwägert
Netzwerke
503
Tabelle 2 Köln: Soziale Zusammensetzung 1820 1. Bartmann, Franz Xaver Josef Arnold (Kaufmann)
17. Langen, Caspar Joseph (Fabrikant, Beigeordneter)
2. Becker, Franz Joseph (Kaufmann)
18. Leven, Johann Aloys (Kaufmann)
3. Biermann, Johann Philipp (Kaufmann, Fabrikant)
19. Lyversberg, Jacob Johann (Kaufmann, Gutsbesitzer)
4. Boisserée, Bernhard (Kaufmann, Holzhändler, Jurist)
20. Molinari, Jacob Hermann (Kaufmann)
5. Bourel, Franz Ferdinand Nicolaus (Buchdrucker)
21. Moll, Johann Jacob (Kaufmann)
6. DuMont, Heinrich Joseph Mathias (Fabrikant, Tabakhändler)
22. Monschau, Franz Rudolph (Beigeordneter)
7. Effertz, Johann Leonhard Joseph (Kaufmann, Appellationskommissar)
23. Müller, Johann Joseph (Kaufmann, Bierbrauer)
8. Gall, Gottfried Joseph von (Appellationskommissar)
24. Nagel, Franz Adolph Joseph von (Gutsbesitzer)
9. Geyr von Schweppenburg, Cornelius Joseph von (Gutsbesitzer)
25. Neumann, Franz Christoph (Wechselmarkler, Rentier)
10. Heimann, Johann Friedrich Carl sen. (Kaufmann, Fabrikant)
26. Nierstras, Johann Abraham (Kaufmann)
11. Heinsberg, Goswin von (Jurist, Professor)
27. Nolden, Paul Joseph (Kaufmann)
12. Herstatt von der Leyen, Friedrich Peter (Fabrikant, Bankier)
28. Riegeler, Philipp Jacob (Kaufmann) (Beigeordneter)
13. Herwegh, Franz Jacob von (Jurist, Gutsbesitzer)
29. Schaaffhausen, Abraham (Kaufmann, Bankier)
14. Hoffschlag, Maria Michael (Kaufmann)
30. Selner, Clemens August (Gastwirt)
15. Kempis, Maximilian von (Jurist, Gutsbesitzer)
31. Steinberger, Adolph (Notar, Oberbürgermeister)
16. Koch, Georg Heinrich (Kaufmann, Bankier, Gutsbesitzer)
32. Wittgenstein, Johann Jacob von (Notar, Maire)
15
16 12
22
HK
4 17
10
8 13
18
C 24
28
2 23 9
19 25
21
HK
31
3 1
11
20
6
7 26
Oberbürgermeister
F
30
27
29 32
5 14
Abbildung 2 Köln: Netzwerke
Handelskammer
C
Casino
F
Freimaurer Mitgliedschaft nachgewiesen verwandt oder verschwägert
504
Anhang
Tabelle 3 Köln: Soziale Zusammensetzung 1831 1. Bartmann, Franz Xaver Josef Arnold (Kaufmann)
18. Koch, Georg Heinrich (Kaufmann, Bankier, Gutsbesitzer)
2. Bel, Joseph Jacob (Kaufmann, Fabrikant)
19. Leiden, Damian (Kaufmann)
3. Biermann, Johann Philipp (Kaufmann, Fabrikant)
20. Leven, Johann Aloys (Kaufmann)
4. Birckenstock, Ferdinand (Kaufmann)
21. Lyversberg, Jacob Johann (Kaufmann, Gutsbesitzer)
5. Boisserée, Bernhard (Kaufmann, Holzhändler, Jurist)
22. Molinari, Jacob Hermann (Kaufmann)
6. Classen, Reiner Joseph Apollinaris (Domäneninspektor, Gerichtsschreiber)
23. Moll, Isaak (Kaufmann)
7. De Noël, Mathias Joseph (Kaufmann, Künstler)
24. Monschau, Franz Rudolph (Beigeordneter)
8. DuMont, Johann Michael Joseph (Fabrikant, Tabakhändler)
25. Neumann, Franz Christoph (Wechselmarkler, Rentier)
9. Effertz, Johann Leonhard Joseph (Kaufmann, Appellationskommissar)
26. Nierstras, Johann Abraham (Kaufmann)
10. Firmenich, Johann Laurenz (Advokatanwalt)
27. Reusch, Heinrich Adolph (Bierbrauer)
11. Geyr von Schweppenburg, Cornelius Joseph von (Gutsbesitzer)
28. Riegeler, Philipp Jacob (Kaufmann, Beigeordneter)
12. Gohr, Johann Adam (Kaufmann)
29. Schnitzler, Carl Eduard (Kaufmann, Bankier)
13. Groote, Eberhard von (Gutsbesitzer, Jurist)
30. Simons, Friedrich Laurenz (Kaufmann, Goldschmied)
14. Heimann, Johann Friedrich Carl sen. (Kaufmann, Fabrikant)
31. Steinberger, Adolph (Notar, Oberbürgermeister)
15. Herwegh, Franz Jacob von (Jurist, Gutsbesitzer)
32. Wittgenstein, Johann Heinrich von (Jurist, Rentier)
16. Holthoff, Franz Ferdinand (Advokatanwalt, Beigeordneter)
33. Zehnpfennig, Johann Christoph (Kaufmann)
17. Keller, Conrad Heinrich (Kaufmann)
3
7
21
1
32
Oberbürgermeister
15 11
26
KG
13
9
C
19 5
24 30
12
C 23
4 8
14
20
16
F 18 10
28
17
6 25
F HK
27 2
33
HK
Abbildung 3 Köln: Netzwerke
Handelskammer Freimaurer Karnevals-Gesellschaft Mitgliedschaft nachgewiesen
31 29
KG
Casino
22
verwandt oder verschwägert
Netzwerke
505
Tabelle 4 Köln: Soziale Zusammensetzung 1839 1. Bartels, Johann Christoph David (von) (Kaufmann)
18. Hölterhoff, Franz Daniel (Kaufmann, Beigeordneter)
2. Becker, Heinrich Joseph (Kaufmann, Rentier)
19. Holthoff, Franz Ferdinand (Advokatanwalt)
3. Bel, Joseph Jacob (Kaufmann, Fabrikant)
20. Keller, Conrad Heinrich (Kaufmann)
4. Biermann, Johann Philipp (Kaufmann, Fabrikant)
21. Langen, Johann Jacob (Fabrikant, Lehrer)
5. Boisserée, Bernhard (Kaufmann, Holzhändler)
22. Laurenz, Maximilian Joseph (Kaufmann)
6. Camphausen, Ludolf (Kaufmann)
23. Leiden, Damian (Kaufmann)
7. Cassinone, Anton Franz (Kaufmann, Bankier)
24. Michels, Peter Joseph Arnold (Kaufmann)
8. Classen, Reiner Joseph Apollinaris (Domäneninspektor, Gerichtsschreiber)
25. Monschau, Franz Rudolph (Beigeordneter)
9. De Noël, Matthias Joseph (Kaufmann, Künstler)
26. Müller, Franz Joseph (Appellationsgerichtsrat)
10. DuMont, Johann Michael Joseph (Fabrikant, Tabakhändler)
27. Nierstras, Johann Abraham (Kaufmann)
11. Essingh, Karl Johann Theodor (Kaufmann)
28. Reusch, Heinrich Adolph (Bierbrauer)
12. Faulenbach, Friedrich (Kaufmann, Fabrikant)
29. Riegeler, Philipp Jacob (Kaufmann, Beigeordneter)
13. Firmenich, Johann Baptist (Gerber, Fabrikant)
30. Schnitzler, Carl Eduard (Kaufmann, Bankier)
14. Geyr von Schweppenburg, Everhard Anton von (Gutsbesitzer)
31. Steinberger, Adolph (Notar, Oberbürgermeister)
15. Gohr, Johann Adam (Kaufmann)
32. Wittgenstein, Johann Heinrich von (Jurist, Rentier)
16. Groote, Eberhard von (Gutsbesitzer, Jurist)
33. Zehnpfennig, Johann Christoph (Kaufmann)
17. Herwegh, Franz Jacob von (Jurist, Gutsbesitzer) Oberbürgermeister
33 30
11
18
5 10
2 F
31 22 15
6
29
4 25
23
C
7
8 14
32 9
Abbildung 4 Köln: Netzwerke
20
1
16
17 KG
C
21
HK
26
19
13
12
3
27
28
24
HK F KG
Casino Handelskammer Freimaurer Karnevals-Gesellschaft Mitgliedschaft nachgewiesen verwandt oder verschwägert
506
Anhang
Tabelle 5 Köln: Soziale Zusammensetzung 1845 Baudewin, Johann Joseph (Handwerker, Zimmermeister)
Heuser, Georg Friedrich (Fabrikant, Kaufmann)
Becker, Heinrich Joseph (Kaufmann, Rentier)
Holthoff, Franz Ferdinand (Advokatanwalt)
Bel, Joseph Jacob (Kaufmann, Fabrikant)
Langen, Johann Jacob (Fabrikant, Lehrer)
Biermann, Johann Philipp (Kaufmann, Fabrikant)
Laurenz, Maximilian Joseph (Kaufmann)
Camphausen, Ludolf (Kaufmann)
Leiden, Damian (Kaufmann)
Cassinone, Anton Franz (Kaufmann, Bankier)
Michels, Peter Joseph Arnold (Kaufmann)
De Noël, Matthias Joseph (Kaufmann, Künstler)
Müller, Franz Joseph (Appellationsgerichtsrat)
DuMont, Johann Michael Joseph (Fabrikant, Tabakhändler)
Nierstras, Johann Abraham (Kaufmann)
Engels, Joseph Philipp (Kaufmann)
Reusch, Heinrich Adolph (Bierbrauer)
Essingh, Karl Johann Theodor (Kaufmann)
Schenk, Michael Adolph (Appellationsgerichtsrat)
Firmenich, Johann Baptist (Gerber, Fabrikant)
Schieffer, Johann Baptiste (Fabrikant, Kaufmann)
Fröhlich, Franz Anton Theodor (Destillateur)
Schmits, Clemens (Bankier)
Geyr von Schweppenburg, Everhard Anton von (Gutsbesitzer)
Schnitzler, Carl Eduard (Kaufmann, Bankier)
Gohr, Johann Adam (Kaufmann)
Seydlitz, Ignatz (Kaufmann, Bankier)
Groote, Eberhard von (Gutsbesitzer, Jurist)
Steinberger, Adolph (Notar, Oberbürgermeister)
Herwegh, Franz Jacob von (Jurist, Gutsbesitzer)
Wittgenstein, Johann Heinrich von (Jurist, Rentier)
15 26
45
5
31 28 16
59
30
22
70
9
52
36 56
18
69
20 60
51
37 82 13
86
87
39
62
19
38
46
83
34 7 85
47
42
53
74 64
25
32 33 55
68 61
78
40
48
8 6
76
72 84
75 24
35
44
11 12 65
21
1 49
27
71
50
43
57
77
4
63
73
29 67
66
54 81
23
88
41
58
80
14
3
79
17
2 10
Nr. Anhang X. 4. Stadträte Oberbürgermeister verwandt oder verschwägert in Köln 1815–1845
Abbildung 5 Köln: Netzwerke 1815–1845
Netzwerke
507
Tabelle 6 Köln: Soziale Zusammensetzung 1846/47 Baudewin, Johann Joseph (Zimmermeister, 2. Klasse)
Joest, Karl Wilhelm (Kaufmann, 2. Klasse)
Becker, Heinrich Joseph (Kaufmann, Rentier, 2. Klasse)
Leiden, Damian (Kaufmann, 1. Klasse)
Bourel, Bartholomäus (Rechtsgelehrter, 3. Klasse)
Michels, Peter Joseph Arnold (Kaufmann, 1. Klasse)
Böcker, Gottfried Aloys (Advokatanwalt, 3. Klasse)
Oppenheim, Abraham (Bankier, 3. Klasse)
Broix, Johann Jacob (Dom-Kapitular, 3. Klasse)
Raveaux, Franz (Kaufmann, 3. Klasse)
Camphausen, Ludolf (Kaufmann, 1. Klasse)
Reusch, Heinrich Adolph (Bierbrauer, 2. Klasse)
Cassinone, Anton Franz (Kaufmann, Bankier, 2. Klasse)
Rick, Aloys (Kaufmann, 2. Klasse)
D’Ester, Karl Joseph (Arzt, 3. Klasse)
Schenk, Michael Adolph (Beigeordneter)
DuMont, Karl Joseph Daniel (Buchhändler, 1. Klasse)
Schieffer, Johann Baptiste (Fabrikant, Kaufmann 2. Klasse)
Franck, Paul Lorenz (Rentier, 2. Klasse)
Schmitz, Johann (Schneider, 3. Klasse)
Fröhlich, Franz Anton (Destillateur, 3. Klasse)
Schneider, Everhard (Metzger, 2. Klasse)
Groote, Eberhard von (Gutsbesitzer, Jurist, 1. Klasse)
Schnitzler, Carl Eduard (Bankier, 1. Klasse)
Hennekens, Johann Wilhelm Joseph (Kaufmann, 3. Klasse)
Seydlitz, Ignatz (Kaufmann, Bankier, 1. Klasse)
Heuser, Georg Friedrich (Fabrikant, Kaufmann, 1. Klasse)
Steinberger, Adolph (Notar, Oberbürgermeister)
Holthoff, Franz Ferdinand (Advokatanwalt, 2. Klasse)
Wahlen, Johann (Gutsbesitzer, 3. Klasse)
Hölterhoff, Matthias (Kaufmann, 1. Klasse)
Wittgenstein, Johann Heinrich von (Jurist, Rentier, 1. Klasse)
508
Anhang
Tabelle 1 Trier: Soziale Zusammensetzung 1813 1. Alff, Carl (Gerber)
18. Lintz, Johann Jakob (Kaufmann, Verleger, Buchhändler)
2. Burg, Dominicus (Gastwirt)
19. Marx, Peter jun. (Kaufmann, Schiffer, Fabrikant)
3. Classen, Peter (Bäcker)
20. Menz, Peter Paul (Kaufmann, Bäcker)
4. Dany, Balthasar (Kaufmann, Bierbrauer)
21. Mohr, Ludwig Weyprecht (Kaufmann, Bankier, Beigeordneter)
5. Dupont, François Joseph (Beigeordneter)
22. Peillers, Johann Urban (Apotheker, Beigeordneter)
6. Dupré, Franz Matthias (Notar)
(23. Recking, Anton Joseph, Kaufmann, Gastwirt, Maire, ab 1814 Oberbürgermeister)
7. Fassbender, Joseph (Ingenieur, Schiffer, Beigeordneter)
24. Recking, Anton Joseph Ignatz (Gastwirt, Kaufmann, Posthalter, Gutsbesitzer)
8. Gietzen, Johann (Bäcker)
25. Scheer, Friedrich (Bäcker, Gastwirt)
9. Grach, Johann Emmerich (Kaufmann, Wachszieher, Beigeordneter)
26. Schmeltzer, Caspar (Kaufmann)
10. Hayn, Jakob (Kaufmann, Gutsbesitzer)
27. Schmitt, Johann Bernhard (Kaufmann, Gutsbesitzer)
11. Hermes, Johann Peter (Richter, Kunstsammler)
28. Schneider, Lambert (Bierbrauer)
12. Herrig, Peter (Fischer, Kaufmann)
29. Schoemann, Matthias Joseph (Kaufmann)
13. Jonas, Peter (Landwirt, Gutsbesitzer)
30. Schröll, Johann Anton (Verleger)
14. Keuker, Johann Peter (Kaufmann, Beigeordneter)
31. Trost, Johann Jakob (Einnehmer)
15. Kleutgen, Jakob (Kaufmann, Gutsbesitzer)
32. Wagner, Peter (Bäcker, Gastwirt)
16. Kochs, Johann Anton (Kaufmann, Beigeordneter)
33. Zell, Johann Mathias (Notar)
[17. Leistenschneider, Jakob (Kaufmann, Buch drucker, Fabrikant, bis 1814 Maire)] 9
26
31 29 5
GF
23
19
22 28
30 16
3
32
1
4 24 F
15
8
GF
14
F
17
10
21
Oberbürgermeister
12
6
18
11
33
Abbildung 1 Trier: Netzwerke
25
20
Freimaurer
7
Mitgliedschaft nachgewiesen
2
verwandt oder verschwägert
13
27
Gesellschaft für nützliche Forschungen
Netzwerke
509
Tabelle 2 Trier: Soziale Zusammensetzung 1818 1. Beer, Johann Georg (Kaufmann)
14. Mohr, Ludwig Weyprecht (Kaufmann, Bankier)
2. Bochkoltz, Friedrich Damian (Notar)
15. Nell, Georg Friedrich (Kaufmann, Bankier)
3. Grach, Johann Emmerich (Kaufmann, Wachszieher, Beigeordneter)
16. Neurohr, Johann Matthias (Kreisphysikus)
4. Haw, Johann Joseph (Regierungssekretär, Regierungskalkulator)
17. Recking, Anton Joseph Ignatz (Gastwirt, Kaufmann, Posthalter, Gutsbesitzer)
5. Haw, Wilhelm (Advokatanwalt, Präfekt, Oberbürgermeister, Landrat)
18. Schmeltzer, Caspar (Kaufmann)
6. Hayn, Jakob (Kaufmann, Gutsbesitzer)
19. Schmidt, Johann (Regierungssekretär)
7. Hermes, Johann Peter (Richter, Kunstsammler)
20. Schmitt, Johann Bernhard (Kaufmann, Immobilienmakler)
8. Kayser, Franz Anton (Kaufmann, Beigeordneter)
21. Schröll, Johann Anton (Verleger)
9. Keuker, Johann Peter (Kaufmann, Beigeordneter)
22. Süß, Christoph (Eigentümer)
10. Ladner, Johann Lorenz (Rentier, Stadtrendant)
23. Süß, Johann Anton (Kreischirurg)
11. Lintz, Johann Jakob (Kaufmann, Verleger, Buchhändler)
24. Thanisch, Jakob (Kaufmann)
12. Marx, Peter jun. (Kaufmann, Schiffer, Fabrikant)
25. Zeininger, Ferdinand (Advokatanwalt)
13. Menz, Peter Paul (Kaufmann, Bäcker)
11
Oberbürgermeister
10
GF
16
8
14
7
6
15
F
GF
5
17 21
3 22
4
C 19 13
1 9
18 23
24
2 12
Abbildung 2 Trier: Netzwerke
25
20
Gesellschaft für nützliche Forschungen
C
Casino
F
Freimaurer Mitgliedschaft nachgewiesen verwandt oder verschwägert
510
Anhang
Tabelle 3 Trier: Soziale Zusammensetzung 1831 1. Aldringen, Philipp Christoph (Kaufmann, Buchhalter, Steuerempfänger, Verleger)
18. Nell, Georg Friedrich von (Kaufmann, Bankier)
2. Bartholomae, Johann (Fabrikant)
19. Neurohr, Johann Matthias (Kreisphysikus)
3. Beer, Johann Georg (Kaufmann)
20. Rambs, Anton (Kaufmann)
4. Bochkoltz, Friedrich Damian (Notar)
21. Recking, Anton Joseph Ignatz (Gastwirt, Kaufmann, Posthalter, Gutsbesitzer)
5. Dany, Sebastian (Eigentümer)
22. Reget, Nikolaus (Gerber)
6. Fuxius, Carl Alexander (Hutmacher, Fabrikant)
23. Rendenbach, Theodor (Kaufmann, Schiffer, Gastwirt)
7. Gerlinger, Joseph (Apotheker)
24. Rosenzweig, Theobald (Kaufmann, Tuchfabrikant)
8. Gilquin, Peter Adalbert (Kaufmann, Bankier)
25. Schaack, Johann Paul (Advokatanwalt, Landgerichtsrat)
9. Grach, Michael (Kaufmann)
26. Scheer, Andreas (Bäcker)
10. Haw, Johann Joseph (Regierungssekretär, Regierungskalkulator)
27. Schmeltzer, Caspar (Kaufmann)
11. Haw, Wilhelm (Advokatanwalt, Präfekt, Oberbürgermeister)
28. Schmidt, Johann (Regierungssekretär)
12. Hermes, Johann Peter (Richter, Kunstsammler)
29. Schmitt, Johann Bernhard (Kaufmann, Immobilienmakler)
13. Kayser, Franz Anton (Kaufmann, Beigeordneter)
30. Sirker, Peter (Metzger)
14. Ladner, Johann Lorenz (Rentier, Stadtrendant)
31. Stoll, Johann Friedrich (Planzeichner, Einnehmer)
15. Leonardy, Valentin (Gutsbesitzer)
32. Süss, Johann Anton (Kreischirug)
16. Lintz, Johann Jakob (Kaufmann, Verleger, Buchhändler)
33. Thanisch, Jakob (Kaufmann, Beigeordneter)
17. Mohr, Ludwig Weyprecht (Kaufmann, Bankier) 34. Zeininger, Ferdinand (Advokatanwalt, Landgerichtsrat)
26
32
33
4
31
25
34
F
1 9
C
7 17
10
18
11
GF
2
28 21
Oberbürgermeister
27
20
6
29
15 12
19
13
3 14
23 GF
24
Abbildung 3 Trier: Netzwerke
30
5
16
Gesellschaft für nützliche Forschungen
C
Casino
F
Freimaurer
8
Mitgliedschaft nachgewiesen
22
verwandt oder verschwägert
Netzwerke
511
Tabelle 4 Trier: Soziale Zusammensetzung 1840 1. Aldringen, Philipp Christoph (Kaufmann, Buchhalter, Steuerempfänger, Verleger)
18. Lintz, Johann Jakob (Kaufmann, Verleger, Buchhändler)
2. Bartholomae, Johann (Fabrikant)
19. Nell, Georg Friedrich von (Kaufmann, Bankier)
3. Beer, Johann Georg (Kaufmann)
20. Peillers, Johann Urban (Apotheker)
4. Berres, Michael (Gerber, Fabrikant)
21. Rambs, Anton (Kaufmann)
5. Bochkoltz, Friedrich Damian (Notar)
22. Rautenstrauch, Johann Wilhelm (Kaufmann)
6. Bram, Franz Damian (Bierbrauer)
23. Rendenbach, Theodor (Kaufmann, Schiffer, Gastwirt)
7. Brixius, Valentin (Advokatanwalt)
24. Rosenzweig, Theobald (Kaufmann, Tuchfabrikant)
8. Dany, Sebastian (Rentier, Eigentümer)
25. Schalkenbach, Joseph Nikolaus (Kaufmann)
9. Endres, Johann Matthias (Kaufmann, Eisenhändler)
26. Schmeltzer, Caspar (Kaufmann)
10. Gilquin, Peter Adalbert (Kaufmann, Bankier)
27. Schoemann, Michael (Kaufmann)
11. Görtz, Franz Damian (Notar, Regierungs sekretär, Oberbürgermeister)
28. Sirker, Peter (Metzger)
12. Grach, Michael (Kaufmann)
29. Staadt, Franz Anton (Jurist, Rentier)
13. Kayser, Franz Anton (Kaufmann, Beigeordneter)
30. Süss, Johann Anton (Kreischirurg)
14. Ladner, Peter Franz (Seifensieder, Kaufmann)
31. Thanisch, Jakob (Kaufmann, Beigeordneter)
15. Lauer, Gotthard (Gerber)
32. Vanvolxem, Anton Jakob jun. (Kaufmann, Bierbrauer, Gerber)
16. Lautz, Wilhelm Friedrich (Bankier)
33. Zell, Mathias (Notar)
17. Leonardy, Valentin (Gutsbesitzer) Abbildung 4 Trier: Netzwerke Oberbürgermeister
17 GF
22
28 15
16
24
7 18
C
6
23
3
9
21
8
30
25 2
11
GF
14
13
C
LW
LW
10
33 31
20 29
12 19
4
26 1
32 27
5
Gesellschaft für nützliche Forschungen Casino Landwirtschaftlicher Verein Mitgliedschaft nachgewiesen verwandt oder verschwägert
512
Anhang
Tabelle 5 Trier: Soziale Zusammensetzung 1845 Aldringen, Philipp Christoph (Kaufmann, Buchhalter, Steuerempfänger, Verleger)
Mohr, Peter Ludwig (Kaufmann, Bankier)
Beer, Johann Georg (Kaufmann)
Müller, Johann Heinrich (Kaufmann)
Berres, Michael (Gerber, Fabrikant)
Nell, Georg Friedrich von (Kaufmann, Bankier)
Brixius, Valentin (Advokatanwalt)
Peillers, Johann Urban (Apotheker)
Cetto, Karl Philipp (Kaufmann, Gutsbesitzer)
Rambs, Anton (Kaufmann)
Endres, Johann Matthias (Kaufmann, Eisenhändler)
Reuss, Johann Baptiste (Kaufmann)
Fuxius, Carl Alexander (Hutmacher, Fabrikant)
Saarburg, Emmerich (Arzt)
Gilquin, Peter Adalbert (Kaufmann, Bankier)
Schalkenbach, Joseph Nikolaus (Kaufmann)
Görtz, Franz Damian (Notar, Regierungssekretär, Oberbürgermeister)
Schoemann, Michael (Kaufmann)
Kayser, Franz Anton (Kaufmann, Beigeordneter)
Stein, Friedrich Wilhelm (Kaufmann)
Lauer, Gotthard (Gerber)
Thanisch, Jakob (Kaufmann, Beigeordneter)
Lautz, Wilhelm Friedrich (Bankier)
Vanvolxem, Anton Jakob jun. (Kaufmann, Bierbrauer, Gerber)
Lintz, Jakob (Kaufmann, Buchhändler)
Wagner, Karl Heinrich (Kaufmann)
Löhr, Matthias Joseph (Apotheker, Beigeordneter)
Zell, Mathias (Notar)
Marx, Peter jun. II. (Goldschmied)
63
69
36 74
42 75
7
76 89 88
72
31
32
37
59
34
86 9
14
79 70
6
40 67
48 22 18
28 10
84
15
80
3
56
17
68 4
39
44
82
13
47
43
46
85 19
33 25
49
50
8
71 61
24 23
54
52 16
38
83
73
27
26
58
57
29
78
2
77
65
66
55
35
1
20
12
87
81 64 11
41 51
62
21 53 45
60 5
30
Nr. Anhang X. 5. Stadträte Oberbürgermeister verwandt oder verschwägert in Trier 1815–1845
Abbildung 5 Trier: Netzwerke
Netzwerke
513
Tabelle 6 Trier: Soziale Zusammensetzung 1846/47 Beer, Johann Georg (Kaufmann, 2. Klasse)
Mittweg, Heinrich (Advokatanwalt, 2. Klasse)
Berres, Michael (Gerber, Fabrikant, 2. Klasse)
Rautenstrauch, Johann Wilhelm (Kaufmann, 1. Klasse)
Brixius, Valentin (Advokatanwalt, 1. Klasse)
Recking, Anton Josef Napoleon (Gastwirt, 3. Klasse)
Cetto, Karl Philipp (Kaufmann, Gutsbesitzer 1. Klasse)
Regnier, Johann Theodor (Advokatanwalt, 3. Klasse)
Dany, Nikolaus (Gastwirt, 3. Klasse)
Reuss, Johann Baptiste (Kaufmann, 3. Klasse)
Gall, Franz Aloys (Verleger, Buchhändler, 3. Klasse)
Savoye, Karl Anton (Kaufmann, 2. Klasse)
Gassen, Theodor (Gastwirt, 3. Klasse)
Schwalbach, Mathias (Kaufmann, 3. Klasse)
Jungen, Johann Heinrich (Kaufmann, Beigeordneter, 2. Klasse)
Staadt, Franz Anton (Jurist, Rentier, 1. Klasse)
Görtz, Franz Damian (Notar, Regierungssekretär, Oberbürgermeister)
Steitz, Balthasar (Bezirkskassenrendant, 1. Klasse)
Kayser, Franz Anton (Kaufmann, Beigeordneter, 2. Klasse)
Thanisch, Jakob (Beigeordneter)
Ladner, Peter Franz (Seifensieder, Kaufmann, 3. Klasse)
Vanvolxem, Anton Jacob jun. (Kaufmann, Bierbrauer, Gerber, Beigeordneter)
Lautz, Wilhelm Friedrich (Bankier, 1. Klasse)
Wenzel, Wilhelm (Advokatanwalt, 2. Klasse)
Lintz, Jakob (Kaufmann, Buchhändler, 1. Klasse)
Zell, Friedrich Joseph (Advokatanwalt, 3. Klasse)
Müller, Johann Heinrich (Kaufmann, 1. Klasse)
514
Anhang
2. Akteure 2.1 Stadträte in Aachen 1815–1845 (1)
Achten, Bernhard von (*um 1773)
Branntweinbrenner, Stadtrat 1818–1823 (Entlassungsgesuch).
Mitgliedschaften: Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe. Familie: Sohn von Bernhard von Achten und Maria Josefine Ruland. Erste Ehe am 8. Juni 1802 mit Johanna Maria Contzen, zweite Ehe am 10. Oktober 1821 mit Anna Maria Beckers. Schwager von Stadtrat Leonard Startz. (StAAc OB 44–2, VER 10–2; PRZ 1–1, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (2)
Ambré, Sebastian
Gutsbesitzer, Landwirt, Stadtrat 1820–1823.
(StAAc OB 44–2.) (3)
Aubart, Anton Nicolas (*um 1771 Beville, Frankreich)
Rentier, Domäneninspektor, Stadtrat 1830–1834.
Familie: Sohn von Jacques Aubart und Marie Madeleine Leclair. Ehe am 24. Oktober 1810 mit Wilhelmine Agnes Brammertz, Tochter von Leonard Brammertz und Therese Coll. (StAAc OB 44–2, Zivilstandsregister Aachen H 218/1810.) (4)
Baur, Johannes Josef Peter Hubert (*20.12.1794, †um 1859)
Bankier, Stadtrat 1838–1845.
Mitglied der Baukommission 1845.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino. Familie: Sohn von Hubert Baur (†1829, Rentier) und Anna Maria Catharina Schillings. Ehe am 16. September 1826 mit Maria Catherina Hubertine Birven, Tochter des Johann Wilhelm Heinrich Birven (*1764 †1837, Rentier) und der Sibylla Josepha Thyssen. Schwager von Johann Heinrich Nutten jun. (*1806 †1884, Gutsbesitzer), Sohn des Stadtrats Johann Heinrich Nutten. (StAAc PRZ 1–15; Zivilstandsregister Aachen H 179/1826; Arens/Janssen, Geschichte, Nr. 189; Adressbuch (1838) Abt. II, S. 31; vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (5)
Beaufort, Johann Joseph (*1772 Paris, †um 1848, kath.)
Buchdrucker, Verleger, Stadtrat 1816–1821 (Entlassungsgesuch), 1827–1837.
Einrichtung der Druckerei um 1794 in der Borngasse, dann in der Theaterstraße 1350, Imprimeur de la Préfecture, ab 1815 Herausgeber des Amtsblatts, Herausgeber der Stadt-Aachener Zeitung und verschiedener Publikationen (u. a. von den Stadträten Monheim und Hansemann), ab 1850 Geschäftsführung durch Witwe Beaufort.
Mitgliedschaften: Floressei.
Akteure
515
Familie: Sohn von Jean Guillaume Beaufort und Marie Madelaine Ursule Portevin (Aachen). Ehe am 10. Oktober 1814 mit Jeanne Bernhardine Josephine Schwarz, Tochter von Wilhelm Joseph Schwarz und Jeanne Getrude Adenau, Trauzeugen: Albert Schwarz (30 Jahre, Particulier) als „Cousin“ der Braut, Johann Willkens (Gerichtsschreiber) und Franz Joseph Knecht (Tanzlehrer), jeweils als „ami“. Sohn Franz Hubert Beaufort (*1823 †1910, Verleger), verheiratet mit Gertrud Leuchtenrath. Tochter Maria Louisa Beaufort, verheiratet mit Isaac Philips (jüd. 1824 zum Katholizismus konvertiert, Tabakfabrikant). (StAAc OB 44–2, Zivilstandsregister Aachen H 168/1810; Frohn, Karneval, S. 111; Kraus, Moderne, S. 312; Pauls, Beiträge; vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (6)
Beissel, Johann Heinrich jun. (*24.9.1784 Aachen, †29.11.1873 Aachen, kath.)
Rentier, Kaufmann, Stadtrat 1838–1845.
Übernahme des Kolonialwaren- und Seifenhandelsgeschäfts seines Vaters, Präsident des Kirchenvorstandes St. Foillan, Mitglied im Spielbankkomitee.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1812, Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe. Familie: Sohn von Johann Heinrich Beissel sen. (*1754 †1840) und Maria Agnes Jansen, Cousin von Stadtrat Peter Nikolaus Schmetz. Ehe am 15. Juni 1814 mit Marie Therese Chorus, Tochter von Peter Mathias Chorus und Maria Theresia Elisabeth Lausberg, Schwager der Stadträte Balthasar Quadflieg und Johann Caspar Braff. (StAAc OB 44–2, VER 10–2; Adressbuch Abt. II (1838), S. 31; Arens/Janssen, Geschichte, S. 120, Nr. 98; Adreßbuch 1833, S. 320, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (7)
Beissel, Ludwig „Louis“ (*23.7.1781 Aachen, †12.12.1831 Aachen, kath.)
Tuchfabrikant, Handelsrichter, Departementsrat 1812, Stadtrat um 1818–1826.
Mitgliedschaften: Sakramentsbruderschaft ab 1830, Club Aachener Casino ab 1805. Familie: unverheiratet, Sohn von Stefan Wilhelm Josef Beissel (*1751 †1819, Maire 1793) und Henriette Juliane Josefine Foveaux (*1757 Köln †1814), Tochter von François Foveaux (*1726 Lille) und Catharina Coutelier, Neffe des Kölner Stadtrats Heinrich Joseph Foveaux, 11 Geschwister, u. a. Stefan Franz Beissel (*1779 †1830, Nadel- und Tuchfabrikant), Schwiegervater des Stadtrats Johann Nicolas Wergifosse, Joseph Aegidius Anton Beissel (*1783 †1840, Kaufmann), verheiratet mit Therese van Houtem, Schwester des Stadtrats Ignatz van Houtem, Maria Josepha Johanna Beissel, verheiratet mit Stadtrat Heinrich Nellessen, Peter Josef Xaver Beissel (*1786 †1828, Nadelfabrikant), verheiratet mit Karoline Aloisia Cornelia Catharina Nellessen, Schwester von Stadtrat Heinrich Nellessen, Maria Johanna Luise Beissel, verheiratet mit Josef Andreas Anton Constantin Fey (*1780 †1823), Bruder des Stadtrats Louis Fey. Nichte Rosalie Beissel verheiratet mit Karl Joseph Lingens (*1811 †1841), Sohn von Stadtrat Peter Joseph Lingens. Neffe Stephan Ignatz Beissel (*1820 †1887, Jurist), verheiratet mit Ida Hasenclever, Tochter von Carl Heinrich Hasenclever (*1789 Remscheid †1874 ev., Wollhändler, Tuchfabrikant). (StAAc OB 44–2; Kraus, Moderne, S. 312; ders., Aachen, S. 309; Jeworrek, Armut, S. 185; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 71; Herres, Parteipolitik, S. 177, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.)
516
Anhang
(8)
Bettendorf, Jakob Leopold (*19.5.1779 Aachen, †14.3.1839 Aachen, kath.)
Rentier, Tuchfabrikant, Kunstsammler, Stadtrat um 1818–1831 (selten anwesend).
Handelsrichter, Präsident des Handelsgerichts 1821, Wollmarktdeputation in Berlin 1828, Theaterintendanz.
Mitgliedschaften: Gründungsmitglied Club Aachener Casino, Theatergesellschaft, Handelskammer. Familie: Sohn von Franz Theodor Bettendorf (*1744 †1809, Weinhändler in Brüssel) und Joanna Maria Thecla genannt Jeannette Denys. Ehe am 16. April 1807 mit Maria Jacobina Ursula Josepha Walburga Stevert (*1773 Zons), Tochter von Bertrand Stevert und Marie Josepha Margarethe Spelt, Trauzeuge: Stadtrat Franz Degraa (ohne Angabe). Cousine Wilhelmine Bettendorf, verheiratet mit Johann Tillmann Kelleter (*1773 †1835, Tuchfabrikant), Sohn von Stadtrat Edmund Joseph Kelleter. (StAAc Ob 44,2; Zivilstandsregister Aachen H 75/1807, S 331/1839; Arens/Janssen, Geschichte, S. 110, S. 119; Pohle, Dautzenberg, S. 261, S. 273; Kraus, Aachen, S. 384; Husykens, Handelskammer, S. 66, vgl. http://www. familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (9)
Beucken, Augustin
Kaufmann, Lederhändler, Stadtrat 1829–1845.
Mitgliedschaften: Floressei, Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe, Gründungsmitglied der Erholungsgesellschaft. (StAAc OB 44–2, VER 10–2; Adressbuch 1833, S. 320; Adressbuch Abt. II (1838), S. 31; Frohn, Karneval, S. 67; Reumont, Erholungs-Gesellschaft, S. 11.) (10) Bey, Mathias de
Stadtrentmeister, Stadtrat 1804–1818 (Entlassungsgesuch).
Kautionszahlung 1816: 41.613 Francs.
Mitgliedschaften: Sakramentsbruderschaft (Präsident) ab 1807. (LA NRW R, Roer 1543; StAAc FRZ 1–114, OB 44–2, PRZ 1–1, PRZ 1–259; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 69; Monheim, Monheim, S. 111.) (11) Beyss, Joseph (*um 1792, †16.1.1847 Aachen, kath.)
Kaufmann, Bierbrauer, Stadtrat 1831–1845.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1818, Sakramentsbruderschaft ab 1836. Familie: Sohn von Christoph Joseph Beys (*um 1763, Bierbrauer) und Catharina Schmitz. Ehe am 22. Mai 1828 mit Maria Therese Anna Mauss (*1799 †1865), Tochter von Jacob Mauss (Kaufmann) und Anna Johanna Mostard, Schwager von Nikolaus Peter Startz (*1766 †1837, Nadelfabrikant), Wilhelm August Anton Hubert von Lommessem (Sohn von Stadtrat Gerhard Franz von Lommessem) und Hermann Peter Braff (*1778, Tuchfabrikant, Bruder von Stadtrat Johann Caspar Braff). (StAAc OB 44,2; Zivilstandsregister Aachen H 117/1828, 185/1832; Adressbuch Abt. II (1838), S. 31; Arens/Janssen, Geschichte, S. 141, Nr. 155; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 72, vgl. http://www.familienbuch-euregio. de abgerufen am 13.4.2018.)
Akteure
517
(12) Bock, Egidius Johann (*30.5.1797 Aachen, †20.5.1861 Aachen, kath.)
Kaufmann, Rentier, Schöffe zu Burtscheid und Stadtrat 1830–1845.
Mitglied der Katasterkommission, der Klassensteuerkommission.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1825, Sakramentsbruderschaft ab 1839. Familie: Sohn von Stadtrat Johann Cornelius Bock (*1758 †1822, Schöffe zu Burtscheid) und Maria Catharina Gertrud Schuhmacher. Neffe von Stadtrat Johann Gerhard Schervier jun. Ehe am 16. April 1828 mit Pauline Leflon, Tochter von Pierre Philipp Leflon (*Arras, Pächters des Aachener Rosenbades). Sohn Adam Bock (*1830 †1912, Kammerherr der Päpste Pius IX., Leo XIII., Pius X.). (StAAc OB 44,2; Adressbuch Abt. II (1838), S. 31; Arens/Janssen, Geschichte, S. 153, Nr. 213; Gaspers, Sakraments bruderschaft, S. 73; vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (13) Bock, Johann Cornelius (*20.8.1758 Aachen, †29.5.1822 Aachen, kath.)
Kaufmann, Schöffe zu Burtscheid und Stadtrat bis 1822.
Mitgliedschaften: Sakramentsbruderschaft ab 1807, Société d’Émulation. Familie: Sohn von Johann Bock und Maria Elisabeth Lorenz. Erste Ehe mit Gertrude Hoffschlag, Tochter von Egidius Hoffschlag, zweite Ehe 1792 mit Maria Ida Elisabeth Legro, dritte Ehe 1796 mit Maria Catharina Gertrud Schuhmacher, Tochter von Tuchmacher Johann Wilhelm Schuhmacher, Schwager von Stadtrat Johann Gerhard Schervier. Vater von Stadtrat Johann Egidius Bock (*1797 †1861), verheiratet mit Pauline Leflon, und von Peter Cornel Bock (*1804 †1870, Professor, Gründungsmitglied der Erholungsgesellschaft), verheiratet mit Elisabeth Carolina von Fabert. (StAAc OB 44–2, PRZ 1–259; Zivilstandsregister Aachen S 394/1822; Arens/Janssen, Geschichte, S. 153; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 69; Reumont, Erholungs-Gesellschaft, S. 11; Kraus, Bock, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (14) Bonn, G. Egidius (*um 1774 †1846 Aachen)
Konditor, Bäckermeister, Stadtrat um 1827–1832, 1838–1845.
Inhaber einer Konditorei am Dahmengraben. Mitglied des Baukomitees, der Klassensteuerkommission.
Familie: Sohn von Balthasar Bonn (Konditor) und Catharina Ortmanns. Ehe mit Elisabeth Marien. (StAAc PRZ 1–249, PRZ 1–15; Zivilstandsregister Aachen S 137/1846, Adressbuch Abt. II (1838), S. 31 und S. 249.) (15) Braff, Johann Caspar (*1.2.1776 Aachen, †27.2.1846 Aachen, kath.)
Tuchfabrikant, Spinnereibesitzer, Stadtrat 1818–1820, Rücktritt wegen „Geschäften als Fabrik-Inhaber“.
Handelsrichter. Mitgliedschaften: Gründungsmitglied Club Aachener Casino (1806/07 stellvertretender, 1808 ordentlicher Kommissionär), Handelskammer. Familie: Sohn von Caspar Braff und Maria Catharina Claus, Schwester Maria Josephine Braff, verheiratet mit Carl Christian Josef Degive, Schwager von Stadtrat Peter Lingens. Erste Ehe am 3. April 1803 mit Maria Catharina Chorus, zweite Ehe am 28. Februar 1821 mit Barbara Kloubert, Schwager der Stadträte Heinrich Beissel und Balthasar Quadflieg. (StAAc OB 44–2, Zivilstandsregister Aachen H 145/1808, H 72/1819, S 207/1846; Arens/Janssen, Geschichte, S. 118, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.)
518
Anhang
(16) Brammertz, Johann Franz (*15.9.1781 Aachen, †4.2.1862 Aachen, kath.)
Wollkaufmann, Stadtrat um 1830–1837.
1811 Maréchal des logis der Ehrengarde, Ergänzungsrichter am Handelsgericht.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino, Sakramentsbruderschaft ab 1817, Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe. Familie: Sohn von Johann Wilhelm Franz Josef Brammertz (*1755) und Maria Barbara Bernhardine Drouven. Ehe am 13. Mai 1814 mit Anna Bontems. Kinder: Franz Wilhelm Brammertz, Franz Brammertz, Johann Joseph Victor Brammertz (*1820 †1894, Kaufmann), verheiratet mit Emilie Hubertine Sofia Strom (Tochter des Wollhändlers Martin Strom, Bruder des Stadtrats Nicolaus Cornelius Strom). Trauzeuge bei Stadtrat Franz Johann Würth. (StAAc OB 44–2, VER 10–2; Zivilstandsregister Aachen H 105/1807; Adressbuch Abt. II (1838), S. 31; Arens/ Janssen, Geschichte, S. 113, Nr. 32; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 71, vgl. http://www.familienbuch-euregio. de abgerufen am 13.4.2018.) (17) Breda, Johann Conrad Matthias (*1763, †28.7.1844 Aachen, kath.)
Kaufmann, Wollhändler, Rentier, Beigeordneter bis 1813, Stadtrat bis 1826. Mitglied der Armenkommission, Vorsteher des Waisenhauses, Mitglied der Hospizienkommission, Entlassung wegen Unvereinbarkeit der Ämter.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1822, Sakramentsbruderschaft ab 1842. Familie: Sohn von Peter Heinrich Breda und Anna Göbbels. Ehe 1790 mit Maria Agnes Theresia Reumont, Tochter von Johann Reumont und Maria Catharina Theresia Einig. Schwester Anna Catherina Breda, verheiratet mit Heinrich Stephan Startz (*1752 †1819, Tuchfabrikant), Cousin von Stadtrat Leonard Startz. (StAAc FRZ 1–115; Arens/Janssen, Geschichte, S. 142; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 75; vgl. http://www. familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (18) Bruch, Wilhelm von dem (*2.8.1777 Eupen, †5.5.1867 Aachen)
Tuchfabrikant, Wollhändler, Stadtrat um 1838–1845.
Mitglied der Deputation zu Hardenberg 1818, Präsident des Handelsgerichts 1824/25.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino (Präsident 1822), Handelskammer. Familie: Sohn von Johann Carl von dem Bruch und Margaretha Susanna Eleonore Höltz. Erste Ehe 1799 mit Susanne Eleonore Holtz (*1782 Aachen), zweite Ehe 1808 mit Elisabeth Anna Maria Plitt (*1785 Frankfurt a. M.). (StAAc PRZ 1–4, OB 41–1, OB 44–2, PRZ 1–259; Adressbuch Abt. II (1838), S. 31; Arens/Janssen, Geschichte, S. 117, Nr. 67, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (19) Chenet, Johann Franz (*10.3.1781 Mechelen, †26.10.1858 Dahlen, kath.)
Kaufmann, Stadtrat um 1830–1838.
Kaufmann, Seidenhändler, Posthalter, Ellenwarenhändler und Hutfabrikant 1833, Kirchenvorstandsmitglied St. Adalbert.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1819, Sakramentsbruderschaft ab 1817.
Akteure
519
Familie: Sohn von Jean Baptist Chenet (*Rousillon) und Maria Anna Vanhamme. Erste Ehe mit Petronella Lemoine, zweite Ehe am 8. Mai 1821 mit Charlotte Heinrichs (*1798 Rheindahlen, Notarstochter). Tochter Wilhelmine Josephine Chenet verheiratet mit Stephan Pelzer, Sohn von Stadtrat Franz Joseph Pelzer und Louise Heusch. (StAAc PRZ 1–4, PRZ 1–249; Adressbuch Abt. II (1838), S. 31.; Arens/Janssen, Geschichte, S. 142, Nr. 159. Amtsblatt Düsseldorf Nr. 40 (4.5.1846), S. 229; Gaspers, Sakramentbruderschaft, S. 71; Adreßbuch 1833, S. 320.) (20) Clermont, Jacob Joseph (*um 1764)
„Cultivateur“, Gutsbesitzer, Weinhändler, Stadtrat um 1804–1813.
Familie: Trauzeuge bei Marie Catherina Nütten/Nutten, Tochter von Joseph Nutten und Marie Therese Clermont bei ihrer Hochzeit mit Heinrich Wilhelm Quadflieg, Bruder des Stadtrats Balthasar Quadflieg als „Onkel“. (LA NRW R, Roer 1543, StAAc FRZ 1–115, Zivilstandsregister Aachen H 162/1810.) (21) Cockerill, Charles James (*31.3.1787 Haslington bei Manchester, †8.5.1837 Aachen)
Maschinenbauer, Stadtrat 1829–1830. Übernahme der väterlichen Maschinenfabriken in Verviers und Lüttich. Lieferung der ersten Dampfmaschinen 1807 an Stadtrat Georg Peter von Fisenne und Ignatz van Houtem.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1819. Familie: Sohn von William Cockerill und Betty Charles. Ehe am 3. September 1813 mit Caroline Elisa Pastor, Tochter von Philipp Heinrich Pastor (*1752 †1821, Nadel- und Tuchfabrikant) und Amalia Henrietta Platten, Nichte von Stadtrat Conrad Gotthard Pastor. Sohn Carl James Cockerill (*1817 †1874, Rittergutsbesitzer), verheiratet mit Louise Wagner, Tochter des Stadtrats Johann Friedrich Wagner. Tochter Caroline Cockerill, verheiratet mit Carl Heinrich Suermondt (*1822 Utrecht †1902, Bankier). (StAAc OB 44–2, Zivilstandsregister Aachen H 139/1813; Sobania, Bürgertum, S. 215; Herres, Klassen, S. 381, S. 414; Kraus, Aachen, S. 349 f.; Althammer, Herrschaft, S. 246–255; Arens/Janssen, Geschichte, Nr. 168, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (22) Contzen, Leonard
Stadtrat um 1810–1817.
(StAAc FRZ 1–114, FRZ 1–115.) (23) Dahmen, Carl Eduard (*22.5.1800 Aachen, †4.6.1883 Aachen, kath.)
Kaufmann, Stadtrat 1831–1845, 1846–1849 (1. Klasse), Beigeordneter 1849–1879.
Ergänzungsrichter am Handelsgericht 1836, Mitglied im Komitee für die Aachen-Maastrichter und Düsseldorfer Eisenbahn und Bahnhofsanlagen und für den Spitalbau, im Spielbankkomitee. Bayrischer Konsul, übergab Monheim einen Pokal für sein Engagement im Provinziallandtag, trat für die Herabsetzung des Zensus auf 200 Taler und „für Bürgersinn und Teilnahme“ der Bevölkerung ein, lehnte die Wahl zum Gemeinderat 1846 zunächst aus Protest ab.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino 1835–1853, Sakramentsbruderschaft ab 1839.
520
Anhang
Familie: Sohn von Carl Josef Anton Dahmen (Advokatanwalt und Stadtrat) und Maria Catharina Fell. Ehe 1826 mit Johanna Maria Adenau, Tochter von Carl Arnold Adenau (*1777 †1854 Färber) und Anna Catharina Hammer. Schwager Anton Carl Adenau, verheiratet mit Maria Elisa Beissel, Halbschwester von Stadtrat Johann Heinrich Beissel jun. (StAAc PRZ 1–10, 1–15, OB 43–12; Arens/Janssen, Geschichte, S. 163, Nr. 275; Herres, Klassen, S. 390; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 73; Monheim, Monheim, S. 130–135, S. 181, vgl. http://www.familienbuch-euregio. de abgerufen am 13.4.2018.) (24) Daniels, Franz Wilhelm Anton Maria Hubert (*7.2.1778 Düren, †15.2.1845 Aachen, kath.)
Advokat, Notar, erster Beigeordneter und provisorischer Oberbürgermeister 1818–1831.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino, Sakramentsbruderschaft ab 1839. Familie: Sohn von Franz Anton Daniels (*1746 Düren, Steuerempfänger) und Maria Anna Catharina Kannengießer (Bürgermeistertochter), Schwester Maria Elisabeth Wilhelmina Hubertina Daniels, verheiratet mit August Eduard Fontaine (*Amiens, Domainen-Rentmeister). Ehe am 19. Mai 1810 mit Johanna Maria Winkens, Tochter von Franz Winkens (*1755 †1824, Notar in Heinsberg) und Anna Maria Tollens. Schwager von Hermann Josef Neuss (*1788 †1879 Advokatanwalt, ab 1831 Nadelfabrikant in Aachen). (StAAc OB 44–2, Zivilstandsregister Aachen H 92/1810; Romeyk, Rheinprovinz, S. 320 Anm. 203; Clemens, Immobilienhändler, S. 113–116; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 73, vgl. http://www.familienbuch-euregio. de abgerufen am 13.4.2018.) (25) Dautzenberg, Johann Lambert Theodor (*8.10.1773, †um 1843, kath.)
Goldschmied, Rendant, Stadtrat um 1830–1838. Übernahme der väterlichen Goldschmiede, Octroieinnehmer, Stadtrendant, Verwaltung des städtischen Leihhauses (Lombard) bis 1829.
Familie: Sohn von Wilhelm Heinrich Gerhard Dautzenberg (Goldschmied, Mitglied der sogenannten Neuen Partei) und Caroline Antonette Fabritius, Brüder: u. a. Stadtrat Peter Franz Dautzenberg, Gerhard Josef Dautzenberg (*1762 †1800, Polizeikommissar, Stadtrat 1794–1798), Johann Heinrich Dautzenberg (*1766 †1837, Notar). (StAAc OB 44–2; Pohle, Dautzenberg; Kaemmerer, Dautzenberg; Kraus, Moderne, S. 182, S. 118, S. 329 f. und ders., Aachen, S. 6, S. 258, S. 384; Tschacher, Aachen, S. 212; Müller, Aachen, S. 320 f., S. 332; Clemens, Immobilienhändler, S. 312 f.; Scheffler, Goldschmiede, S. 22; Amtsblatt Aachen Nr. 40 (13.7.1826), S. 270, vgl. http://www. familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (26) Dautzenberg, Peter Joseph Franz (*20.4.1769 Aachen, †17.3.1828 Aachen, kath.)
Immobilienmakler, Publizist, Postmeister, Bürochef der Präfektur 1802–1804, Stadtrat 1820–1828.
Makler für Nationalgüter im Wert von insgesamt 280.000 Francs (bis 1826), Vermittlung u. a. für Familie Pastor. Publizistische Tätigkeiten, u. a. für den Politischen Merkur für die Niedern Reichslande/Aachener Zuschauer (gegr. 1790), Postmeister 1795–1798 (Gehalt: 2.400 Francs, Entlassung wegen Veruntreuungsvorwürfen), Pächter der städtischen Steuer, Vorsitzender der Prüfungskommission für Elementarlehrer, Einquartierungskommission, Mitglied der Armenverwaltung bis 1827, Theaterintendanz, Komitee für das Schuldenwesen und Verbleib der Jesuitengüter, vermachte der Stadt seine Privat-Bibliothek.
Akteure
521
Mitgliedschaften: Ressource, Freimaurer. Familie: Sohn von Wilhelm Heinrich Gerhard Dautzenberg (Goldschmied, Angehöriger der „Neuen Partei“) und Caroline Antonette Fabritius, Brüder: Gerhard Josef Dautzenberg (*1762 †1800, Polizeikommissar, Stadtrat 1794–1798), Johann Heinrich Dautzenberg (*1766 †1837, Notar) und Stadtrat Johann Lambert Dautzenberg (*1773 †1843). (StAAc OB 44–2; Zivilstandsregister Aachen S 184/1828; Pohle, Dautzenberg; Kaemmerer, Dautzenberg; Kraus, Moderne, S. 182, S. 118, S. 329 f. und ders., Aachen, S. 6, S. 258, S. 384; Tschacher, Aachen, S. 212; Müller, Aachen, S. 320 f., S. 332; Clemens, Immobilienhändler, S. 312 f.; Scheffler, Goldschmiede, S. 22; Amtsblatt Aachen Nr. 40 (13.7.1826), S. 270, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (27) Degraa, François Armand (*14.3.1780 Aachen, †13.5.1830 Dattenberg)
Apotheker, Stadtrat um 1815–1828 (schriftl. aufgekündigt durch seine Ehefrau wegen Abwesenheit).
Mitglied der Kommission zur Beaufsichtigung der mineralischen Brunnen 1825.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1809. Familie: Sohn von Matthias Theodor Degraa und Anna Maria Haaren. Ehe am 1. Dezember 1801 mit Sophie Wilhelmine Coelln (*1780 †1833), Tochter von Hubert Coelln und Anna Catharina Berghorn, Cousine von Stadtrat Johann Jakob Wilhelm Springsfeld. Trauzeuge bei der Eheschließung von Stadtrat Leopold Bettendorf. (StAAc OB 44–2, PRZ 1–1, PRZ 1–259; Zivilstandsregister Aachen H 51/Jahr X, 75/1807; Arens/Janssen, Geschichte, S. 129, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (28) Deusner, Christian Friedrich (*21.1.1756 Lahr/Baden, †8.1.1844 Aachen)
Tuchfabrikant, Stadtrat 1811–1829.
Silbermedaille bei Pariser Gewerbeausstellung 1807, Vorsitzender des Handelsgerichts/Rat der Gewerbeverständigen 1808.
Mitgliedschaften: Handelskammer, Club Aachener Casino ab 1816 (1818 Präsident), Freimaurerloge St. Johannis. Familie: Sohn von Johann Friedrich Deusner und Anna Catharina Schickin. Ehe 1786 mit Maria Susanne Bruckner (*1769 Frankfurt a. M.). Vater von Stadtrat Heinrich Anton Deusner. (StAAc FRZ 1–114, FRZ 1–115, PRZ 1–1; Kraus, Moderne, S. 199; Sobania, Bürgertum, S. 221; Huyskens, Handelskammer, S. 43; Arens/Janssen, Geschichte, S. 136, Nr. 126; Verzeichnis 1817/18; vgl. http://www.familienbucheuregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (29) Deusner, Heinrich Anton (*21.1.1787 Frankfurt a. M., †18.12.1870 Aachen)
Tuchfabrikant, Rentier, Direktor der Spielbank, Stadtrat um 1832–1845.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino. Familie: Sohn von Stadtrat Christian Friedrich Deusner. Ehe am 17. Mai 1820 mit Luise Davide Hasselbach, Schwager von Oberregierungsrat Karl Heinrich von Görschen (*1784 Dessau †1861). (StAAc OB 44–2, Adressbuch Abt. II (1838), S. 31; Arens/Janssen, Geschichte, S. 116. Nr. 59, vgl. http://www. familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.)
522
Anhang
(30) Deutz, Egidius (*29.4.1784 Aachen, †7.12.1855 Aachen, kath.)
Kaufmann, Bäcker, Stadtrat 1818–1832, 1838–1845.
Mitglied im Baukomitee 1828.
Familie: Sohn von Jacob Deutz (Bäcker) und Wilhelmine Lennertz, Ehe am 3. Oktober 1804 mit Theresia Oberlack, Tochter des Kaufmanns Theodor Oberlack und der Anna Marie Thomas. Sohn Johann Theodor Deutz (*1805 †1890, Kaufmann, Fabrikant), verheiratet mit Hubertine Walburga Heusch, Witwe des Stadtrats Franz Joseph Pelzer. (StAAc PRZ 1–1, VER 10–2; Zivilstandsregister Aachen H 11/1804; Adreßbuch 1833, S. 320; Adressbuch Abt. II (1838), S. 31; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 73, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (31) Duffhaus, Johann Caspar (†um 1817)
Stadtrat um 1804–1817.
(StAAc FRZ 1–113, FRZ 1–115, OB 44–2; LA NRW R, Roer 1543.) (32) Einmahl, Leonard (*um 1776)
Gerber, Stadtrat 1828–1845.
Mitgliedschaften: Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe. (StAAc OB 44–2, VER 10–2; Adressbuch Abt. II (1838), S. 31.) (33) Emonts, Carl Joseph (*um 1750, †19.10.1819, kath.)
Stadtrat 1803–1819.
Mitglied der Deputation zu Hardenberg 1818.
Mitgliedschaften: Sakramentsbruderschaft ab 1812. Familie: Sohn von Carl Hermann Emonts und Maria Mechthild Beckers. Ehe mit Maria Elisabeth von Broich. (LA NRW R, Roer 1543; StAAc FRZ 1–115, FRZ 1–113, OB 41–1; Zivilstandsregister Aachen S 866/1819; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 70, vgl. https://www.wgff-tz.de/details.php?id=425789 (Totenzettel) abgerufen am 20.10.2020.) (34) Emundts, Franz Edmund (*22.7.1792 Aldenhoven, †4.5.1871 Burtscheid, kath.)
Landgerichtsrat, Oberbürgermeister von Aachen 1831–1848.
Studium der Rechtswissenschaften in Brüssel ab 1808, dann Advokat in Aachen, Appellationsgerichtsrat in Lüttich 1811–1815, Substitut des Staatsprokurators am Landgericht Aachen ab 1818, Prokurator ab Mai 1820, Präsident der Armenverwaltung ab 1822, jährliches Gehalt als Oberbürgermeister: 2.000 Taler, 1848 im Zuge der Märzunruhen beurlaubt. Landgerichtsrat in Düsseldorf ab 1849, dann Landgerichtsrat in Aachen 1850–1860.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino, Handelskammer (Präsident qua Amt 1832–1834), Sakramentsbruderschaft ab 1835, Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe. Familie: Sohn von Peter Tilmann Joseph Emundts (*1755 †1839, Arrondissementsrat 1811–1813, Bürgermeister von Aldenhoven 1812–1839, Provinziallandtagsabgeordneter 4. Stand/Aachen 1826–
Akteure
523
1837) und Anna Catharina Plaum (Aachen). Bruder Franz Joseph Hubert Emundts (*1795, Tuchfabrikant), verheiratet mit Elisabeth Friederike Springsfeld, Schwester des Stadtrats Johann Jacob Wilhelm Springsfeld. Ehe am 10. November 1813 mit Johanna Maria Brunelle (*1792 †1876), Tochter von Franz Brunelle (*1739 †1828, Perückenmacher) und Maria Catharina Jörris. Trauzeugen Christian Joseph Beyss (Bierbrauer 50 Jahre, Vater von Stadtrat Joseph Beyss), Stadtrat Peter Joseph Lingens und Stadtrat Franz Heinrich Joseph Jungbluth als Cousins des Bräutigams, 14 Kinder: u. a. Edmund Josef Carl Emundts (*1816 †1890, Landgerichtsrat), verheiratet in erster Ehe mit Margaretha Josephina Senden, in zweiter Ehe mit Eleonora Clotilde Stephan (Arzttochter). (StAAc OB 44–2, VER 10–2; LA NRW R, Roer 1543, Reg. Aachen 787; Zivilstandsregister Aachen H 210/1813; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 72; Romeyk, Rheinprovinz, S. 433; Arens/Janssen, Geschichte, S. 224; Torunsky, Handbuch, S. 128; vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (35) Fellinger, Johann Jakob (*13.11.1781 Aachen, †26.3.1862 Aachen, ev.)
Färber, Fabrikant, Stadtrat 1830–1845, ab 1846 Beigeordneter. Ergänzungsrichter am Handelsgericht 1836, Mitglied der Armenkommission 1824, der Theaterintendanz 1831–1842, des Spielbankkomitees 1841, der Eisenbahn-Deputation in Berlin 1841/1843, der Kommission für die Festlichkeiten des Geburtstags des Königs, trat 1839 aus Protest gegen die Konfessionsstreitigkeiten aus der Handelskammer aus.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino, Handelskammer, Gründungsmitglied der Aachener FeuerVersicherungs-Gesellschaft. Familie: Sohn von Jakob Fellinger (Tuchfärber, *1740 †1823) und Catharina Gertrud Welter (*1751 †1832). Bruder Heinrich Theodor Fellinger, verheiratet mit Margaretha Eleonore Peltzer (*Eschweiler). Ehe am 2. Februar 1808 mit Anna Christina Wildenstein (*1783 †1867), Tochter von Johann Adam Wildenstein (*1747 †1817, Handelsgerichtspräsident 1815–1817) und Anna Catharina Bemberg (*1754 Köln), Schwester des Stadtrats Friedrich Wilhelm Wildenstein. Sohn Carl Friedrich Fellinger (*1816 †1860, Färber), verheiratet mit Maria Charlotte Zurhelle, Schwester des Stadtrats Wilhelm Gilles Zurhelle, Tochter Christine Fellinger verheiratet mit Theodor Zurhelle, Bruder des Stadtrats Wilhelm Gilles Zurhelle. (StAAc PRZ 1–249; Zivilstandsregister Aachen H 24/1808; Adressbuch Abt. II (1838), S. 31; Arens/Janssen, Geschichte, S. 115, Nr. 51; Hansen, Briefe, S. 153; vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (36) Fey, Peter Louis Joseph (*24.11.1778 Aachen, †31.1.1820 Aachen, kath.)
Tuchfabrikant, Spinnereibesitzer, Stadtrat 1817–1820.
Familie: Bruder Josef Andreas Anton Konstantin Johann Fey (*1780 †1823), verheiratet mit Maria Johanna Beissel, Schwester von Stadtrat Ludwig Beissel. Ehe am 25. November 1804 mit Catharina Schweling, Tochter von Joseph Schweling (Färber) und Christine Turbet. Vater von Andreas Fey (*1806 †1887 Geistlicher), Maria Ludovica gen. Clara Fey (*1815 †1894, Ordensschwester der Schwestern vom armen Kinde Jesu ab 1844) und Catharina Fey (*1816 †1880), verheiratet mit Viktor Monheim, Sohn von Stadtrat Johann Peter Joseph Monheim. (StAAc OB 44–2, PRZ 1–259, Zivilstandsregister Aachen H 59/1804; Monheim, Monheim, S. 19 f.; Herres, Vereine, S. 110–117, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.)
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(37) Fisenne, Peter Georg von (*7.3.1771 Aachen, †20.3.1849 Aachen, kath.)
Kaufmann, Tuchfabrikant, Stadtrat 1804–1829/30. Tuchfabrik und Spinnereibesitzer, ab 1807 dampfbetrieben. Mitglied der Huldigungsdeputation 1815 (mit Johann Theodor Peltzer, Joseph Geuljans und Johann Nepomuk Würth), der Klassensteuerkommission, der Deputation zu Hardenberg 1818 und der Kronprinzenkommission in Berlin 1822, beherbergte Kronprinz Friedrich Wilhelm IV. während des Aachener Kongresses 1818, Freiherrenstand 1827.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1814, Ressource, Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe. Familie: Sohn von Erhard Philipp von Fisenne und Elisabeth van Heyningen. Ehe am 29. Oktober 1807 mit Amalie von Pranghe (*1782 Düsseldorf †1869), Tochter von Johann Joseph von Pranghe und Maria Anna von Collenbach, Trauzeugen (ohne Verwandtschaftsangabe): Stadtrat Joseph von Fürth, Stadtrat Gerhard von Lommessem, Caspar von Fürth (32 Jahre, Rentier), Carl von Thimus (42 Jahre, Rentier). Kinder: Ludwig Eugen von Fisenne (*1810 †1892, unverheiratet, Gründungsmitglied der Erholungsgesellschaft, Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe), Franz Peter von Fisenne (*1808 †1838, Kaufmann in Holland), verheiratet mit Emilia Georgetta van der Kun, Maria Hubertine von Fisenne, verheiratet mit Carl Josef Schrick (*1807 Krefeld †1879, Bankier). (LA NRW R, Roer 1543, Zivilstandsregister Aachen H 234/1807; StAAc FRZ 1–113, FRZ 1–115, PRZ 1–259, OB 41–1, VER 10–2; Reumont, Erholungs-Gesellschaft, S. 11; Kraus, Aachen, S. 349; Tschacher, Aachen, S. 269; Arens/Janssen, Geschichte, S. 115, Nr. 77/110, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (38) Fürth, Joseph Aloys Felix Freiherr von Brewer genannt von (*21.2.1774 Aachen, †16.1.1844 Geilenkirchen, kath.)
Tuchfabrikant, Präfekturrat 1811/12, ab 1816 Landrat in Geilenkirchen, Stadtrat um 1804–1814.
Studium in Heidelberg, Inhaber der Tuchfabrik Fürth & Heusch, Teilnahme an der Kaiserkrönung 1804 mit Gerhard von Lommessem und an Taufe des Königs von Rom 1811 mit Cornelius von Guaita und Joseph Geuljans, Teilnahme an den Koalitionskriegen als Major im 4. Rhein. Landwehr-Regiment (Aachen) 1815.
Mitgliedschaften: Handelskammer, Club Aachener Casino ab 1814, Freimaurerloge St. Johannis (Meister vom Stuhl 1806–1808, 1813–1815). Familie: Sohn von Johann Caspar Josef Jakob Freiherr von Brewer genannt Fürth und Bernhardine von Pelser-Berensberg. Bruder Franz Joseph Theodor Freiherr von Fürth, verheiratet mit Therese Coletta Josefine Bauwens (zweite Ehe mit Stadtrat Franz Gerhard von Lommessen), Bruder Bernardus Chrysanthus Angelus Freiherr von Fürth (*1782 †1849, Appellationsgerichtsrat in Köln), verheiratet mit Christine Henriette Antonie Kunigunde von Oliva. Schwester Maria Josefine Karoline Felicitas Freiin von Fürth, verheiratet mit Johann Kaspar von Strauch, Schwester Henriette von Fürth, verheiratet mit Philipp Anton von Thymus, Schwester Antoinette Freiin von Fürth, verheiratet mit Friedrich Franz Anton von Pelser-Berensberg (*1778 †1861 Köln, Bruder des Düsseldorfer Stadtrats Johann Maria Anton von Pelser Berensberg). Ehe am 6. November 1800 mit Anna Victoria Freiin von Collenbach (Frauenverein), Sohn Emil Carl Heinrich Felix Freiherr von Brewer gen. von Fürth (*1805 †1867,
Akteure
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Regierungsrat, Mitglied im preuß. Abgeordnetenhaus), verheiratet mit Thecla Freiin von DalwigkSchaumburg. Trauzeuge bei Stadtrat Georg von Fisenne. (StAAc FRZ 1–113, FRZ 1–115; Zivilstandsregister Aachen H 99/1807, 130/1809, 234/1807, 246/1807; Romeyk, Rheinprovinz, S. 456; Husykens, Handelskammer, S. 43; Arens/Janssen, Geschichte, Nr. 115, Verzeichnis 1817/18; vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (39) Geuljans, Johann Joseph (*2.5.1751 Aachen, †12.8.1815 Aachen, kath.)
Richter, Kunstsammler, Stadtrat bis 1815.
Studium der Rechtswissenschaften in Göttingen, Schöffensyndicus 1791, Sternherr 1792, Advokat am Friedensgericht, Appellationsgerichtsrat 1794–1797, Schulverwaltungsrat bis 1810, nahm als Vertreter der Stadt Aachen an der Krönung Napoleons 1804, an der Huldigung 1815 und an der Huldigungsdeputation teil.
Mitgliedschaften: Freimaurerloge St. Johannis. Familie: Sohn von Johann Geuljans und Veronika Langohr. Ehe am 8. Februar 1779 mit Katharina Palm. Kinder: Peter Joseph Geuljans (*1781), Theodor Peter Geuljans (*1782), Johann Heinrich Geuljans (*1785), Peter Joseph Geuljans (Justizrat, Kammerpräsident *1787 †1859), verheiratet mit Katharina Kaenzeler, lehnte 1831 die Wahl zum Oberbürgermeister von Aachen ab (18 Stimmen). (LA NRW R, Roer 1543; StAAc FRZ 1–115; Zivilstandsregister Aachen H 240/1810, H 229/1819, S 561/1815; Diefendorf, Businessmen, S. 199; Kraus, Aachen, S. 43; Tschacher, Aachen, S. 267; Gaß, Schöffenstuhl, S. 35; Verzeichnis 1817/18; vgl. https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/lempertz1936_10_22bd1/0012/image, https:// www.wgff-tz.de/details.php?id=31824 und https://www.wgff-tz.de/details.php?id=524708 (Totenzettel), http:// www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (40) Geyr-Schweppenburg, Theodor Johann Jakob Josef Maria Eberhard Freiherr von (*25.9.1806 Köln, †3.7.1882 Aachen, kath.)
Offizier, Rittergutsbesitzer, Mitglied des preuß. Herrenhauses, Stellv. Provinziallandtagsabgeordneter ab 1858 (1860 einberufen), Abgeordneter 1861–1865 und 1874–1879 (Vize-Marshall 1879), Stadtrat 1839/40–1845, 1846–1882 (1. Klasse).
Aktiver preuß. Offizier, Mitglied der Eisenbahndeputation 1843, des Spielbankkomitees 1841/44, des Theater-Komitees 1850, Präsident der Armenverwaltung 1846, kgl. preuß. Kammerherr, Mitglied Provinzialverwaltungsrates. Roter Adler-Orden 4. Klasse (1847), Roter Adler-Orden 3. Klasse mit Schleife (1854).
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1837 (1846/1852–54/1859–62 Präsident), Rheinische Eisenbahngesellschaft, Karlsverein, Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe. Familie: Sohn von Maximilian Anton Freiherr von Geyr-Schweppenburg (*1777 †1856, Neffe des Kölner Stadtrats Cornelius von Geyr zu Schweppenburg) und Clementine Auguste Freiin von WassernaerWarmond (*1784 †1857 Maastrich). Ehe am 13. November 1833 mit Clementine Ottilie Hubertine von Strauch, Tochter von Carl Josef von Strauch (*1771 †1844, Tuchfabrikant, Landrat des Landkreises Aachen, 1827 geadelt) und Isabella Maria Walburga von Thimus. (StAAc OB 44–2, VER 10–2; Arens/Janssen, Geschichte, S. 148, Nr. 302; Torunsky, Handbuch, S. 161; Herres, Klassen, S. 389; Herres. Köln, S. 195; Jeworrek, Armut, S. 219, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.)
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(41) Giesen, Hyacinthe (*um 1769)
Jurist, Stadtrat um 1818–1822 (selten anwesend wegen zeitlicher Überschneidung der Gerichts- und Stadtratssitzungen).
Beisitzer am Friedensgericht mit Wilhelm Dautzenberg 1793 (Friedensrichter Peter Fell).
(StAAc OB 44–2; Archiv für das Civil- und Criminal-Recht 3 (1822); Kraus, Moderne, S. 311.) (42) Graff, Johann Cornelius Armand (*1777 Aachen)
Goldschmied, Stadtrat um 1823–1826.
Entlassung wegen Unvereinbarkeit eines Stadtrats- und Geschworenenamts.
Mitgliedschaften: bis 1842 Club Aachener Casino, Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe. (StAAc OB 44–2, VER 10–2; Arens/Janssen, Geschichte, S. 134, Nr. 34.) (43) Guaita, Cornelius Maria Paul von (*15.3.1766 Aachen, †30.4.1821 Aachen, kath.)
Nadelfabrikant, Präsident des Departementswahlkollegiums 1809, Departementsrat 1811, Stadtrat 1804–1808, Maire von Aachen 1808–1819.
Handelsrichter 1805, Teilnahme an der Hochzeit Napoleons 1810, bei der Taufe des Königs von Rom 1811 in Paris, erhielt 1818 aus Anlass des Aachener Kongresses den Roten Adler Orden 3. Klasse, geschätztes Vermögen 1813: 20.000 Francs, 1848: 18.000 Taler, besaß mehrere Güter und Wohnhäuser, wurde wegen undurchsichtigen Finanzgeschäften und einer nachlässigen Amtsführung aus dem Amt gedrängt.
Mitgliedschaften: Sakramentsbruderschaft ab 1807, Club Aachener Casino ab 1819, Handelskammer. Familie: Sohn von Johann Baptist Franz Xaver von Guaita (Adelsdiplom durch Kaiser Franz I. 1754) und Maria Anna Catharina Chorus. Ehe 1790 mit Auguste von Heinsberg (Frauenverein), einzige Tochter von Eugen von Heinsberg (Thurn und Taxischer Postdirektor) und Anna Maria von Mylius. Sohn Cornelius von Guaita (*1803 †1879, Nadelfabrikant, Stadtrat und Handelskammermitglied, Sakramentsbruderschaft), verheiratet mit Fanny Vüllers (Paderborn). Vier Töchter, u. a. Maria Anna Augusta von Guaita, verheiratet mit Hermann Joseph Gottfried Jörrissen. (LA NRW R, Roer 1543, Reg. Aachen 1224 (Entlassung), StAAc FRZ 1–113, 1–114, 1–115; Zivilstandsregister Aachen S 304/2821; Arens/Janssen, Geschichte, S. 148, Nr. 167, 309; Kraus, Moderne, S. 195; ders., Aachen, S. 190 und S. 193; Herres, Klassen, S. 403; Sobania, Stadtbürgertum, S. 177; Tschacher, Aachen, S. 234–235, S. 271; Huyskens, Handelskammern, S. 43; Romeyk, Rheinprovinz, S. 485 f.; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 70, S. 75; vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (44) Hansemann, David Ludwig Justus (*12.7.1790 Finkenwerder bei Hamburg, †4.8.1864 Schlangenbad, ev.)
Kaufmann, Bankier, stellv. Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Aachen 1843–1845 einberufen), Mitglied des Vereinigten Landtags 1847, preußischer Finanzminister 1848 und Mitglied der ersten Kammer des preußischen Landtags, Stadtrat 1828–1830 (Rücktritt), 1846–1848 (2. Klasse).
Handlungslehre bei Gebrüder Schwenger in Rheda/Minden 1805–1810, dann Kontorist/Reisender für die Tuchfabrik Elbers 1811, Übersiedlung nach Monschau, ab 1817/1818 Kommissionsgeschäft (Wolle)
Akteure
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in Aachen. Handelsrichter 1825–34 und 1844–1848, Chef der Preußischen Bank 1848–1851, Ablehnung eines Mandats im preußischen Herrenhaus 1852, Gründung der ersten Preußischen Hypotheken-AG 1862/64. Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1819, Verein zur Beförderung der Arbeitsamkeit (1834 Gründer), Handelskammer (Sekretär, Mitglied 1827–1836, Präsident 1836–39/1843–1848), Floressei, Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe. Gründungsmitglied der DiscontoGesellschaft (1851 Direktor), der Aachener und Münchener Feuerversicherungsgesellschaft (1824), der Preußisch-Rheinischen Eisenbahngesellschaft (1836), der Rheinischen Eisenbahngesellschaft (VizePräsident 1837–1843), der Köln-Mindener Eisenbahngesellschaft (1843), der Erholungsgesellschaft (1838). Familie: Sohn von Eberhard Ludwig Hansemann (*1739–1821, ev. Pfarrer) und Amalie Moller (Bürgermeistertochter aus Hameln). Ehe am 2. April 1821 in Eupen mit Fanny Fremerey (*1801 †1876, Eupen), Tochter von Johann Friedrich Fremerey (*1761 †1851, Eupener Tuchfabrikant) und Marie Johanna Detert (Hamburg, Kaufmannstochter), Schwager Georg Fremerey, verheiratet mit Elisa Betty Rethel (Schwester des Malers Alfred Rethel), Schwägerin Emmy Fremerey, verheiratet mit Johann Julius Carstanjen (Tuchfabrikant in Duisburg). Sohn Adolph von Hansemann (*1827 †1903, Bankier), verheiratet mit Louise Ottilie von Kusserow (Tochter von Carl Friedrich Ferdinand von Kusserow, Soldat aus Berlin und Eva Oppenheim, Tochter von Salomon Oppenheim, Bankier in Köln), Sohn Gustav Hansemann (*1829 †1902, Fabrikant), verheiratet mit Mathilde Vorländer (Arzttochter, Hückeswagen), Tochter Louise Hansemann, verheiratet mit Jacob Marx (*Bonn, Weinhändler). (StAAc OB 44–2, VER 10–2, OB 43–12, PRZ 1–22; Arens/Janssen, Geschichte, S. 144; Frohn, Karneval, S. 332 f.; Huyskens, Handelskammer, S. 74, S. 76–79; Bergengrün, Hansemann; Junggeburth, Hansemann; Torunsky, Handbuch, S. 188; Thomas: Entrepreneur; RWWB 7, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (45) Hasenclever, Carl
Kaufmann, Stadtrat 1845–1846.
(StAAc PRZ 1–15.) (46) Heucken, Franz Peter Joseph Maximilian (*13.1.1779 Aachen, †15.12.1839 Aachen)
Wagenfabrikant, Stadtrat 1816–1830 (selten anwesend, Entlassungsgesuch).
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1806 (Schriftführer). Familie: Sohn von Franz Josef Heucken (Posthalter) und Maria Sophia Lenaerts (Maastrich). Ehe am 23. Februar 1815 mit Maria Anna Küsters, Tochter von Ignaz Dionys Küsters (Metzger) und Anna Cäcilia Fiander. Tochter Sophia Josephina Heucken, verheiratet mit Carl August Leopold Hubert Guilleaume (*1820 Köln, Kaufmann), Sohn des Kölner Stadtrats Franz Carl Theodor Anton Guilleaume. (StAAc OB 44–2, PRZ 1–1; Zivilstandsregister H 66/1815; Arens/Janssen, Geschichte, S. 122, Nr. 33; Steimel, Köln, Tafel 95; vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (47) Hoselt, Theodor Johann von
Tuchfabrikant, Stadtrat um 1804–1818 (selten anwesend „Schwäche in den Beinen“).
(LA NRW R, Roer 1543; StAAc FRZ 1–113, FRZ 1–115, OB 44–2.)
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Anhang
(48) Houtem, Ignaz van (*18.8.1796 Aachen, †17.5.1866 Aachen, kath.)
Tuchfabrikant, Departementsrat 1812, Stadtrat 1831–1845, ab 1846 (3. Klasse). Besitzer der zweitgrößten Tuchfabrik (nach der Familie Nellessen), ab 1807 dampfbetrieben. Mitglied im Komitee für Forstwesen, in der Cholerakommission 1831, der Deputation zur Begrüßung des Kronprinzen in Köln, im Komitee zur Erbhuldigungsfeier 1840, in der Budgetprüfung- und Klassensteuerkommission, im Komitee zur Vorbereitung der Festlichkeiten für die Geburtstage des Königs, in der Eisenbahndeputation 1843, der Deputation zur Inthronisation des Erzbischofs von Köln mit Nellessen und Krey 1846.
Mitgliedschaften: Handelskammer, Club Aachener Casino ab 1805, Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe, Sakramentsbruderschaft ab 1812. Eltern: Sohn von Ignaz Heinrich Servatius Jakob van Houtem (*1764 †1812, Präfekturrat, Tuch- und Nadelfabrikant, Sakramentsbruderschaft) und Maria Josefine Schwendel (*Frankfurt a. M., Frauenverein). Bruder Georg Maria Ignaz Heinrich van Houtem (*1786 †1850, Tuch- und Nadelfabrikant), verheiratet mit Julia Maria Agnes Kornelia Walburga Klementine Hubertine Antonette von ThimusGoudenrath, Nichte von Stadtrat Gerhard Franz von Lommessem. Schwester Maria Katharina van Houtem, verheiratet mit Joseph van der Straeten (Landrat in Dülken/Gladbach), Schwester Maria Therese van Houtem verheiratet mit Joseph Egidius Beissel, Bruder von Stadtrat Ludwig Louis Beissel, dann Ordensschwester vom armen Kinde Jesu, Aachen. Schwester Maria Josefine van Houtem, verheiratet mit Charles de Pitteurs (Brüssel). Ehe am 11. Oktober 1820 mit Anna Friederica von Rappard, Tochter von Franz Heinrich von Rappart und Albertine Anna Focke. Sein Großonkel Heinrich Ignatz van Houtem wurde hinter Geuljans und Emundts zum dritten Oberbürgermeisterkandidaten gewählt (10 Stimmen). (LA NRW R, Roer 1543; StAAc OB 44–2, VER 10–2; Zivilstandsregister Aachen H 50/1810; Adressbuch Abt. II (1838), S. 31; Arens/Janssen, Geschichte, S. 121, Nr. 19; Kraus, Aachen, S. 262, S. 269, S. 249 f.; Monheim, Monheim, S. 124 f.; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 69 f.; Huyskens, Handelskammer, S. 74; Sobania, Bürgertum, S. 221–223; vgl. Pohle, Houtem, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (49) Jardon, Johann Joseph Leonhard (*6.9.1772 Aachen, †14.3.1868 Aachen)
Kaufmann, Stadtrat 1804–1817. Kolonialwarenhändler, Weinhändler, Mitglied der Armenverwaltung ab 1830, später Präsident der Armenverwaltung.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1827, Gründungsmitglied der Erholungsgesellschaft. Familie: Sohn von Leonhard Jardon und Anna Catharina Franck. Erste Ehe mit Christine Marbais, zweite Ehe mit Maria Elisabeth Therese Heubgen. Schwager von Johann Wilhelm Marbaise (Nationalgütersteigerer und Immobilienmakler). (LA NRW R, Roer 1543; StAAc FRZ 1–113, OB 44–2, FRZ 1–115, PRZ 1–259; Arens/Janssen, Geschichte, S. 156, Nr. 229; Monheim, Monheim, S. 101 und S. 140 f.; Clemens, Immobilienmakler, S. 91 und S. 350; Reumont, Erholungs-Gesellschaft, S. 12; Amtsblatt Aachen Nr. 40 (13.7.1826), S. 270; Adreßbuch 1833, S. 320; vgl. https:// www.wgff-tz.de/details.php?id=436362 und http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.)
Akteure
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(50) Jungbluth, Franz Heinrich Joseph Constantin Hubert (*23.2.1775 Aldenhoven, †5.1.1846 Aachen, kath.)
Advokatanwalt, Justizrat, Arrondissementsrat, Stadtrat ab 1820, Beigeordneter 1842–1845, „städtischer Rechtsanwalt“, Mitglied des Bau-Komitees, der Schulverwaltungskommission, der Eisenbahndeputation 1837, des Spielbankkomitees 1841.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1821 (Präsident 1830/34), Ressource, Sakramentsbruderschaft ab 1839, Wohnbaugesellschaft. Familie: Sohn von Franz Peter Jungbluth (*1736 †1813 Hofrat) und Maria Sibille Weitz (Laurenzberg). Ehe am 17. Oktober 1808 in Erkelenz mit Maria Gertrud Engels, Tochter von Johann Engels (Landwirt), 11 Kinder, u. a. Sohn Franz Constantin Jungbluth (*1809 †1872, Justizrat, Stadtrat 1846–1872, Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe, Abgeordneter der preußischen Nationalversammlung in Berlin 1848, erster Präsident des Karlsvereins), verheiratet mit Wilhelmine Hubertine Abels (Tochter eines Gutsbesitzers aus Kommern). Trauzeuge bei der Eheschließung von Oberbürgermeister Edmund Emundts mit Christian Joseph Beyss (Bierbrauer 50 Jahre, Vater von Stadtrat Joseph Beyss) und Stadtrat Peter Joseph Lingens als Cousins des Bräutigams. (StAAc OB 44–2, VER 10–2; Arens/Janssen, Geschichte, S. 110 und S. 180, Nr. 380; Zivilstandsregister Aachen H 210/1813; SAZ Nr. 7 (7.1.1846); Amtsblatt Aachen Nr. 40 (13.7.1826), S. 270; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 73, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (51) Kelleter, Edmund Joseph (*1741 Aachen, †16.11.1821 Aachen)
Tuchfabrikant, Beigeordneter und Zivilstandsbeamter um 1811–1819.
Geschätztes Vermögen 1813: 15.000 Francs.
Familie: Sohn von Conrad Kelleter und Catharina Langohr. Ehe mit Sibille Faßbinder (Alsdorf). Sohn Johann Tilmann Kelleter (*1773 †1835), verheiratet mit Wilhelmine Bettendorf (Tochter von Franz Joseph Bettendorf, Onkel von Stadtrat Jakob Leopold Bettendorf). Enkeltochter, verheiratet mit Carl von Nellessen (*1799 †1871, Tuchfabrikant), Bruder des Stadtrats Heinrich Nellessen. Enkeltochter Josephine Wilhelmine Kelleter, verheiratet mit Balthasar Ludwig David, Schwager des Stadtrats Wilhelm Gilles Zurhelle, Trauzeuge Heinrich Nellessen als „Freund“ des Ehegatten, Leopold Bettendorf als „Vetter“ der Ehegattin. (LA NRW R, Roer 1543; Zivilstandsregister Aachen H 162/1829, S 770/1821, Bonn H 4/1806; Arens/Janssen, Geschichte, S. 137; https://www.wgff-tz.de/details.php?id=446197 (Totenzettel), vgl. http://www.familienbucheuregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (52) Kesselkaul, Arnold Dominikus Josef Johann Heinrich (*11.1.1791 Aachen, †13.1.1858 Aachen, kath.)
Kaufmann, Tuchfabrikant, Kommerzienrat, Stadtrat 1825–1845.
1815 Gründung einer Tuchfabrik mit Joseph van Gülpen (Handelskammermitglied, Handelsgerichtspräsident 1843, Stadtrat ab 1846), ab 1838 eigenständig. Mitglied im Finanzausschuss 1825, Mitglied der Sparkassenkommission 1833.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino, Sakramentsbruderschaft ab 1837, Handelskammer. Familie: Sohn von Heinrich Albert Martin Josef Kesselkaul (*1747 †1805, Kaufmann) und Anna Elisabeth Thekla Schmitz. Ehe am 26. November 1815 mit Johanna Gertrud Graf (*1792 †1857), Tochter
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Anhang von Johann Matthias Graf und Anna Maria Bungens. Kinder: u. a. Heinrich Kesselkaul (*1816 †1893, Tuchfabrikant), verheiratet mit Rosalie Meyer-Hermanns (*Rotterdam), zweite Ehe mit Maria Corbey (*Maastrich), Ludwig Kesselkaul (*1820 †1891 Tuchfabrikant), verheiratet mit Emma Englerth (*Eschweiler), Eduard Kesselkaul (*1826 †1889, Stadtrat), Robert Kesselkaul (*1831 †1914, Stadtrat), verheiratet mit Anna Rosa Hartung, Bertha Kesselkaul, verheiratet mit August Klinkenberg (*1818), Antonia Kesselkaul, verheiratet mit Carl Gerard Dubusc (Staatsprokurator, Beigeordneter, Regierungsrat, Sohn des Kratzenfabrikants Carl Josef Dubusc), Johanna Kesselkaul, verheiratet mit Albert Bischoff (*1831 †1901, Tuchfabrikant, Bruder Heinrich Ignatz Bischoff, verheiratet mit Josefine Kuetgens, Tochter des Stadtrats Peter Kuetgens).
(StAAc PRZ 1–4; Zivilstandsregister Aachen H 281/1815; Arens/Janssen, Geschichte, S. 134, Nr. 191 und S. 149; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 72; Janssen, Geschichte, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (53) Klinckenberg, Joseph
Cultivateur, Gutsbesitzer in Lamersdorf, Stadtrat um 1804–1813.
Mitgliedschaften: Handelskammer. Familie: Ehe mit Marie Christine Meuthen. Sohn Bartholomäus Joseph Klinckenberg (*um 1781, Bäcker), verheiratet mit Marie Jeanne Geulen. (LA NRW R, Roer 1543; StAAc FRZ 1–115; Zivilstandsregister Aachen H 8/1808; Kraus, Moderne, S. 208.) (54) Krey, Xaver Emmerich Joseph (*14.9.1784 Randerrath, †16.6.1852 Aachen, kath.)
Hypothekenbewahrer, Stadtrat um 1831–1845. Vorsitzender der Baugesellschaft mit Stadtrat David Hansemann ab 1847, Mitglied des Begrüßungskomitees für den König mit den Stadträten Geyr, van Houtem, Bruch und Lommessen 1842, der Budgetprüfung- und Klassensteuerkommission, der Deputation zur Inthronisation des Erzbischofs von Köln mit den Stadträten Nellessen und van Houtem 1846.
Mitgliedschaften: Freimaurerloge St. Johannis, Club Aachener Casino 1832–1850, Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe. Familie: Sohn von Ludwig Krey und Therese Lejeune (*Düren). (StAAc PRZ 1–12, VER 10–2; Adressbuch Abt. II (1838), S. 31; Arens/Janssen, Geschichte, S. 160, Nr. 258; Monheim, Monheim, S. 25; Verzeichnis 1817/18; vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (55) Kuetgens, Peter (*11.6.1789 Aachen, †27.7.1849 Aachen, kath.)
Tuchfabrikant, Kommerzienrat, Stellver. Provinziallandtagsabgeordneter 1837–1841 (1837 teilgenommen), Stadtrat 1823–1845.
Handelsrichter, Mitglied der Klassensteuerkommission und der Theaterintendanz ab 1843.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino, Handelskammer, Sakramentsbruderschaft ab 1839, Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe. Familie: Sohn von Wilhelm Kuetgens (*1753 †1837, Tuchfabrikant) und Johanna Franziska Catharina Liertz. Bruder Xavier Kuetgens (*1784 †1845, Tuchfabrikant), verheiratet mit Aloysia Johanna Sophia Nellesssen, Schwester des Stadtrats Heinrich Nellessen. Schwester Maria Theresia Kuetgens,
Akteure
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verheiratet mit Peter Josef Startz (*1785 †1845, Weinhändler, Sohn von Heinrich Stefan Startz (*1752 †1819, Tuchfabrikant), Cousin von Stadtrat Leonard Startz. Ehe am 7. Oktober 1820 mit Gudula Fincken, Tochter von Alexander Fincken (Besitzer des Hotels Zum goldenen Drachen) und Adelheid Marbaise. Kinder: Wilhelm Kuetgens (Tuchfabrikant, Stadtrat), verheiratet mit Elisabeth Duncker, Peter Xaver Kuetgens (*1842 †1901, Tuchfabrikant, Stadtrat), verheiratet mit Maria Curio (Offizierstochter Stettin), Elise Kuetgens, verheiratet mit Eugène Louis Beaucamp (Militärarzt in Frankreich), Josefine Kuetgens, verheiratet mit Heinrich Ignatz Bischoff (*1829 †1890, Tuchfabrikant, Sohn von Johann Arnold Bischoff und Hermine Cornelia Claus, Bruder des Schwiegersohns von Stadtrat Kesselkaul). (StAAc OB 44–2, PLT 3–5, VER 10–2, VER 13–4; Kraus, Aachen, S. 339; Arens/Janssen, Geschichte, Nr. 94; Adressbuch Abt. II (1838), S. 31; Gaspers, Sakramentbruderschaft, S. 73; vgl. http://www.familienbuch-euregio. de abgerufen am 13.4.2018.) (56) Langendorff, Arnold (*um 1788)
Kaufmann, Stadtrat um 1823–1832.
Mitglied der Klassensteuerkommission, der Serviskommission, des Finanz- und Baukomitees 1830.
Familie: Sohn von Peter Arnold Langendorff und Maria Anna Krichel. Ehe am 30. Mai 1810 mit Barbara Schieffers, Tochter des Friedensrichters Nicolaus Joseph Schieffers und der Anna Maria Therese Rumpen. Bruder Peter Hubert Langendorff (*1794 †1852), verheiratet mit Anna Theresia Müller, Tochter von Stadtrat Joseph Müller. (StAAc OB 44–2, Zivilstandsregister Aachen H 98/1810; Adreßbuch 1833, S. 320, vgl. http://www.familienbucheuregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (57) Lausberg, Franz (*um 1777)
Apotheker, Stadtrat um 1828–1832.
Besitzer der Aachener Hirschapotheke. Assessor der Medizinaljury des Rur-Departements mit Johann Peter Joseph Monheim 1812, gemeinsame Forschungen an den Mineralquellen. Mitglied der Cholerakommission 1831.
(StAAc OB 44–2; Monheim, Monheim, S. 27, S. 47, S. 111 f.) (58) Lingens, Peter Joseph (*10.7.1783 Aachen, †2.11.1858 Aachen, kath.)
Tuchfabrikant, Stadtrat bis 1817.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1812, Sakramentsbruderschaft ab 1839, Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe. Familie: Sohn von Johann Peter Lingens und Anna Gertrud Dormans. Ehe am 4. Januar 1808 mit Odile Wilhelmine Josefa Degive, Tochter von Johann Franz Degive und Maria Magdalena Emunds. Sohn Johann Peter Joseph Bartholomeus Hubert Lingens (*1809), verheiratet mit Maria Christiana Ruland, Tochter von Joseph Benno Ruland und der Maria Sophia Eulalia Claus, Enkeltochter des Stadtrats Joseph Ruland. Sohn Karl Joseph Lingens (*1811 †1841), verheiratet mit Rosalie Beissel, Tochter von Peter Beissel (*1786 †1828, Nadelfabrikant, Bruder des Stadtrats Ludwig Beissel). Sohn Franz Josef Karl Hubert Lingens (*1813 †1893, Handelskammer-Präsident), verheiratet mit Emilia Franziska Simon (Notarstochter aus Koblenz). Sohn Peter Joseph Lingens (*1818 †1902, Advokatanwalt, Zentrumsabgeordneter), ver-
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Anhang heiratet mit Barbara Clemens. Tochter Francisca Josepha Lingens (*1820 †1887), verheiratet mit Theodor Nellessen (*1802 †1880), Bruder des Stadtrats Heinrich Nellessen. Trauzeuge bei der Eheschließung von Oberbürgermeister Edmund Emundts mit Christian Joseph Beyss (Bierbrauer 50 Jahre, Vater von Stadtrat Joseph Beyss) und Stadtrat Franz Heinrich Joseph Jungbluth als Cousins des Bräutigams.
(StAAc FRZ 1–114, FRZ 1–115, VER 10–2, Zivilstandsregister Aachen H 210/1813, 26/1808; LA NRW R, Roer 1543; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 73; Arens/Janssen, Geschichte, S. 132, Nr. 101; Herres, Parteipolitik, S. 150, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (59) Lommessem, Gerhard Franz Gottfried Anton Maria Freiherr von (*14.10.1780 Aachen, †30.9.1824 Düren, kath.)
Präfekturrat, Auditeur am conseil d’état in Paris 1808, Unterpräfekt von Aachen 1812, Unterpräfekt von Goes per Dekret vom 17.4.1813 (Departement der Scheldemündung), ab 1816 Landrat von Düren, Stadtrat und Beigeordneter um 1808–1815.
1792 Freiherrenstand, Flucht vor den Revolutionstruppen 1792–1796, Teilnahme an der Kaiserkrönung Napoleons 1804, geschätztes Vermögen seines Vaters 1804: 400.000 Francs.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino. Familie: Sohn von Johann Wilhelm Gottfried von Lommessem (*1743 †1810, Maire 1804–1808) und Cornelia von Heyningen. Bruder Peter Joseph von Lommessem (*1778 †1846), verheiratet mit Marie Hélène de Pelser Berensberg (Cousine, Tochter von Leonard Friedrich Joseph von Pelser-Berensberg und Maria Franziska Josefine von Lommessen), Bruder Johann Wilhelm Freiherr von Lommessem (*1786 †1862, Stadtratsamt 1820 abgelehnt), erste Ehe mit Clara Effertz (*1789 Düren), Tochter von Ferdinand Joseph Effertz (Gerichtspräsident) und Francisca Ricker, zweite Ehe am 10. Februar 1831 mit Therese von Pranghe, Tochter von Theodor Joseph von Pranghe (*1776 †1849) und Marie Adelaide Loneux, Nichte von Stadtrat Peter Georg von Fisenne. Ehe am 25. November 1807 mit Therese Coletta Josefine Bauwens (*1776 Gent), Witwe von Franz Josef Theodor Freiherr von Fürth (Bruder von Stadtrat Joseph Aloys von Fürth). Kinder: u. a. Wilhelm August Anton Hubert von Lommessem (*um 1809), verheiratet mit Johann Catherina Wilhelmina Maus (Schwager des Stadtrats Joseph Beyss), Cornelia Clementina von Lommessem, verheiratet mit Victor Hubert Haan, Wilhelm August Anton Hubert von Lommessem (*1811 †1897 Köln) und Stadtrat Johann Wilhelm Gottfried von Lommessem. Trauzeuge bei Stadtrat Peter Georg von Fisenne. (StAAc OB 44–2, Zivilstandsregister Aachen H 234/1807, 244/1807, 246/1807, 185/1832; Kraus, Aachen, S. 310 f.; Müller, Aachen, S. 316 f.; Sobania, Bürgertum, S. 218 f.; Arens/Janssen, Geschichte, S. 125; Romeyk, Rheinprovinz, S. 614, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (60) Lommessen, Johann Wilhelm Gottfried Freiherr von jun. (*um 1808 Aachen, †13.8.1862 Aachen, kath.)
Rentier, 1838–1845.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino, Sakramentsbruderschaft ab 1834. Familie: Sohn von Stadtrat Gerhard Franz Freiherr von Lommessem und Therese Coletta Josefine Bauwens. (StAAc PRZ 1–12; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 72, vgl. Zivilstandsregister Aachen H 234/1807, 244/1807, 246/1807, 185/1832.)
Akteure
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(61) Ludwigs, Andreas
Kaufmann, Stadtrat um 1804–1817 (Entlassungsgesuch).
1805 Handelsrichter.
Mitgliedschaften: Handelskammer. (LA NRW R, Roer 1543; StAAc FRZ 1–115, OB 44–2; Kraus, Moderne, S. 195, S. 208.) (62) Mengelbier, Josef (*27.11.1786 Aachen, †26.12.1863 Aachen, kath.)
Wagenfabrikant, Stadtrat 1838–1845.
Mitgliedschaften: Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe, Gründungsmitglied der Erholungsgesellschaft. Familie: Sohn von Aloys Mengelbier (*1766, Sattler) und Maria Elisabeth Jansen, Bruder Theodor Joseph Mengelbier (*1798 Steuerempfänger, stellvertr. Provinziallandtagsabgeordneter 4. Stand/Blankenheim 1841–1845). Ehe am 7. April 1809 mit Maria Catherina Schmitz, Schwester von Anton Schmitz (*1783, Wollfabrikant). (StAAc OB 44–2, VER 10–2; Zivilstandsregister Aachen H 64/1809; Adressbuch 1838, Abt. II, S. 31; Adressbuch 1845, S. 27 f.; Reumont, Erholungs-Gesellschaft, S. 12; Torunsky, Handbuch, S. 310, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (63) Monheim, Johann Peter Joseph (*23.5.1786 Aachen, †1.12.1855 Aachen, kath.)
Apotheker, Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Aachen 1826–1845 (1828–1837, 1845 verhindert), Stadtrat 1832–1845, 1846–1850 (2. Klasse).
Mariengymnasium in Aachen, Studium in Köln und Paris, Lehre in der Paradies-Apotheke in Köln, Übernahme der väterlichen Apotheke am Hühnermarkt in Aachen 1809, Erforschung der Mineralquellen (Publikation mit Gerhard Reumont: Analyse des eaux sulfureuses d’Aix-la-Chapelle 1810 und Die Heilquellen von Aachen, Burtscheid, Spaa, Malmedy und Heilstein, in ihren historischen, geognostischen, physischen, chemischen und medizinischen Beziehungen 1829), 1812 Assessor der Medizinaljury des Rur-Departements mit Stadtrat Carl Werner Hubert Müller, Kauf des Guts Diepenbenden 1830 (Einrichtung einer Farbenfabrik), Materialwaren/Drogeriehandlung J. P. J. Monheim ab 1833, Mitglied der Armenverwaltungskommission 1817–1830, Medizinal-Assessor bei der Regierung Aachen, Gründung des Vinzensspital 1823, Aufbau des Marianneninstituts ab 1830, setzte sich im Provinziallandtag für die Freilassung des Kölner Erzbischofs August von Droste zu Vischering ein. Allgemeines Ehrenzeichen 1. Klasse (1824), Roter Adler-Orden (1850), Piusorden (1851).
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino 1827–1848 (1836 Präsident), Sakramentsbruderschaft ab 1810, Kirchenvorstand St. Foillan, Aachener und Münchener Feuer-Versicherungs-Gesellschaft, Rheinische Eisenbahngesellschaft, Aachener Baugesellschaft (Gründungsmitglied 1838, Vizepräsident 1842–1844), Verein zur Förderung der Arbeitsamkeit (Vize-Präsident 1838), Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe. Familie: Sohn von Andreas Monheim (*1750 Köln †1804, Bürgermeister von Aachen 1797/98) und Gertrud Peuschgens. Ehe am 4. November 1809 mit Lucia Dorothea Emonts (*1790 Xanten), Sohn Viktor Monheim (*1813 †1897, Apotheker, Stadtrat und stellv. Provinziallandtagsabgeordneter), verheiratet mit Maria Katharina Christina Fey, Tochter des Stadtrats Peter Louis Joseph Fey.
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Anhang
(StAAc OB 44–2, VER 10–2, FAM 5–35; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 70; Adressbuch Abt. II (1838), S. 31; Arens/Janssen, Geschichte, S. 155, Nr. 227; Savelsberg Nr. 167; Heimatgeschichte, S. 317.; Junggeburth, Monheim; Monheim, Monheim; vgl. Torunsky, Handbuch, S. 321 f.) (64) Müller, Carl Werner Hubert jun. (*8.7.1793 Aachen, †28.11.1879 Aachen, kath.)
Apotheker, Stadtrat um 1829–1832.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1819, Sakramentsbruderschaft ab 1839, Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe. Familie: unverheiratet, Sohn von Clemens August Mueller (*1760 †1845, Apotheker, Sakramentsbruderschaft) und Maria Elisabeth von Pier. Schwager von Stadtrat Engelbert Schwamborn und von Johann Adam Aldenhoven (*1789 †1860, Landrentmeister in Koblenz). (StAAc OB 44–2, VER 10–1, Zivilstandsregister Aachen H 275/1815; Arens/Janssen, Geschichte, Nr. 163; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 73, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (65) Müller, Josef (*4.3.1774 Aachen, †18.1.1841 Aachen, kath.)
Advokatanwalt, Justizrat, Stadtrat 1819–1830.
1811 Ergänzungsrichter am ersten Instanzgericht, Justizrat, Mitglied des Theatervereins und der Theaterintendanz, Mitbegründer der Musikfeste, städtischer Rechtsbeistand.
Mitgliedschaften: Freimaurerloge St. Johannis, Club Aachener Casino ab 1814, Sakramentsbruderschaft ab 1839. Familie: Sohn von Franz Xaver Müller (Notar) und Maria Theresia Bündgens. Ehe mit Anna Holtzmacher (Notarstochter). Schwager von Laurenz Jecker (*1769 †1834, Tuch- und Nadelfabrikant). Tochter Anna Theresia Müller, verheiratet mit Peter Hubert Langendorff, Bruder des Stadtrats Arnold Langendorff. Tochter Auguste Theresia Mueller, verheiratet mit Julius Reiner La Ruelle (*1796 †1861, Zeitungsverleger). (StAAc OB 44–2; Pohle, Dautzenberg, S. 261; Arens/Janssen, Geschichte, S. 110 und S. 133; Kraus, Moderne, S. 239; Monheim, Monheim, S. 29 und S. 111 f., Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 73; Verzeichnis 1817/18; vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (66) Nacken, Friedrich Johann (*15.4.1800 Aachen, †26.10.1875 Aachen)
Färbereibesitzer, Stadtrat 1845, 1846–1875 (2. Klasse).
Eltern: Sohn von Cornelius Nacken (*1756 †1826, Färber) und Maria Anna Klinkenberg. Ehe am 20. Juni 1833 mit Maria Theresia Maess (*1795 Eupen †1854), Tochter von Heinrich Joseph Maess und Theresia Nicolay, Sohn Heinrich Nacken (*1834 †1913, Kaufmann). (StAAc PRZ 1–15, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (67) Nellessen, Heinrich Clemens Franz Carl Joseph Anton (*10.3.1789 Aachen, †28.7.1866 Aachen)
Tuchfabrikant, Kaufmann, Kommerzienrat, Stadtrat 1830/31 (Amt abgelehnt), 1846–1850 (1. Klasse). Besitzer der größten Tuchfabrik in Aachen, lehnte das Stadtratsamt aus Zeitgründen ab, Aufstände wegen Lohnkürzungen in seiner Fabrik 1830. Mitglied des Komitees zur Geburtstags- und Erbhuldigungsfeier 1840, des Eisenbahnkomitees 1845, des Spielbankkomitees 1848, des Bau-Komitees 1850, geschätztes jährliches Einkommen 1849: 30.000 Taler.
Akteure
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Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1809 (1852 Präsident), Sakramentsbruderschaft ab 1839, Handelskammer, Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe. Familie: Sohn von Franz Carl Nellessen (*1752 †1819, Tuchfabrikant, Handelsgerichtspräsident) und Maria Catharina Rosalie Theyssen, Bruder Carl Martin von Nellessen (*1799 †1871, Tuchfabrikant, 1856 geadelt), verheiratet mit Johanna Sibylla Francisca Josefine Walburga Kelleter (Enkeltochter von Stadtrat Edmund Joseph Kelleter), Bruder Karl Theodor Nellessen (*1802 †1880, Tuchfabrikant, Provinziallandtagsabgeordneter), erste Ehe mit Josefine Davignon (*1810 †1845), zweite Ehe mit Josephine Lingens (Tochter von Stadtrat Peter Josef Lingens), Bruder Franz Alexander Hubert Nellessen (*1805 †1862, Wollhändler), verheiratet mit Johanna Feller (*1806 †1880 Trier), Schwester Karoline Nellessen, verheiratet mit Peter Josef Xaver Beissel, Schwester Aloysia Johanna Nellessen, verheiratet mit Franz Xavier Kuetgens (*1784 †1845), Bruder des Stadtrats Peter Kuetgens. Ehe 1815 mit Maria Josepha Johanna Beissel, Schwager von Stadtrat Ludwig Louis Beissel und Joseph Egidius Beissel, verheiratet mit Maria Therese van Houtem, Schwester des Stadtrats Ignatz van Houtem. Kinder: Carl Ludwig Nellessen (*1822), Theresia Nellessen (*1821 kath. Ordenschwester), Maria Nellessen, verheiratet mit Josef Hartung (Stadtphysikus, Sohn des Landrats von Mayen), Johanna Franziska Nellessen, verheiratet mit Bernhard von Scheibler jun. (*1825 †1888, Landrat von Monschau). (StAAc OB 44–2, VER 10–2; Zivilstandsregister Aachen H 162/1829; Arens/Janssen, Geschichte, S. 128, Nr. 73; Herres, Klassen, S. 405 f.; ders., Vereine, S. 88 und S. 162; Althammer, Herrschaft, S. 125–128 und S. 246–255; Huyskens, Handelskammer, S. 74; Torunsky, Handbuch, S. 337; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 73; vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (68) Nutten, Johann Heinrich (*20.9.1770 Aachen, †18.4.1857 Aachen, kath.)
Nadel- und Tuchfabrikant, Rentier, Stadtrat 1802–1825 (Entlassung wegen Nicht–Erscheinen).
Mitglied der Deputation zu Hardenberg 1818, Handelsrichter, Übernahme des Wohnhauses und der Tuchfabrik von Eduard Joseph Kelleter nach dessen Tod 1835.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1805 (1812/13 Schriftführer), Sakramentsbruderschaft, Gründungsmitglied der Aachener-Münchener Feuerversicherungsversicherung, Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe. Familie: Sohn von Johann Nikolaus Nütten/Nutten (*1732 †1825) und Gertrude Beckers. Onkel Johann Franz Nutten, verheiratet mit Maria Therese Appolonia Clermont, Bruder Joseph Nutten (*1767 †1859, Metzger). Ehe am 8. Juni 1805 mit Maria Gertrud Schillings (*1777 †1837), Tochter von Johann Georg Franz Xaver Schillings und Maria Elisabeth von Plier. Kinder: u. a. Johann Heinrich Nutten jun. (*1806 †1884, Gutsbesitzer), Schwager von Stadtrat Johann Baur, Franz Xaver Heinrich Nutten (*1808 †1856 Kaufmann in Aachen, unverheiratet), Theodor Alexander Nutten (*1814 †1868, Kaufmann in Wien und Köln, Gründungsmitglied der Erholungsgesellschaft), Maria Theodore Karoline Henriette Nutten, verheiratet mit Emil Asteroth (Arzt in Bonn). (LA NRW R, Roer 1543; Zivilstandsregister Aachen H 125/1807, 238/1808, StAAc FRZ 1–114, FRZ 1–115; PRZ 1–259, VER 10–2, Ob 41–1, PRZ 1–2 Protokoll 9.12.1825; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 71; Reumont, Erholungs-Gesellschaft, S. 13; Huyskens, Handelskammer, S. 43, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.)
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Anhang
(69) Oeder, Johann Conrad Christian (*um 1774/1776, †31.3.1837 Aachen, ev.)
Kaufmann, Wollhändler, Zivilstandsbeamter, zweiter Beigeordneter 1816–1830.
Mitglied der Deputation zu Hardenberg 1818, Vorsteher der lutherischen Gemeinde.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1806, Handelskammer (Präsident qua Amt), gewählter Präsident der Handelskammer 1835/36. Familie: Sohn von Johann Laurenz Daniel Oeder und Catharina Casselmann, Ehe mit Maria Christine Schlösser (†1834 Monschau), Sohn Julius Oeder jun. (*1810 †1861, Kaufmann), verheiratet mit Louise Pauli (Kaufmannstochter aus Gent), Tochter Luise Caroline Oeder, verheiratet mit Carl Heinrich Wintgens-Oeder (Bankier in Duisburg/Krefeld). (StAAc VER 13–2; OB 41–1, PRZ 1–1, PRZ 1–259; Zivilstandsregister Aachen S 390/1837; Huyskens, Handelskammer, S. 74; Arens/Janssen, Geschichte, S. 125, Nr. 50, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (70) Pappel, Johann Thomas (*15.1.1793 Amsterdam, kath.)
Kaufmann, Wollhändler, Stadtrat 1830–1838.
Ergänzungsrichter am Handelsgericht 1836.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino 1823–1839. Familie: Sohn von Maximilian Caspar Pappel und Johanna Coberwyn/Koberwein, vier Brüder. Ehe am 4. Juni 1817 mit Anna Barbara Potens, Tochter von Tuchmacher Jacob Heinrich Potens und Maria Elisabeth Geyer. (StAAc PRZ 1–6, Zivilstandsregister Aachen H 97/1809, 91/1817; Adressbuch Abt. II (1838), S. 31; Arens/Janssen, Geschichte, S. 150, Nr. 196; Allgemeines Organ für Handel und Gewerbe Bd. 2, Nr. 38 (21.7.1836); Herres, Klassen, S. 403; Müller, Aachen, S. 304, S. 309, S. 314; Sobania, Bürgertum, S. 221, S. 227, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (71) Pastor, Conrad Gotthard (*28.6.1757 Burtscheid, †26.1.1816 Aachen, ev.)
Nadel- und Tuchfabrikant, Stadtrat um 1813–1816.
Mitgliedschaften: Handelskammer. Familie: Sohn von Gotthard Pastor und Anna Maria Moll, Brüder Philipp Heinrich Pastor (*1752 †1821, Besitzer der ersten Dampfmaschine in Burtscheid) und Wilhelm Anton Pastor (*1755 †1818). Neffe Philipp Heinrich Pastor jun. (*1787 †1844 Präsident der Handelskammer 1842–1843, stellvertretender Provinziallandtagsabgeordneter 1837–1843 3. Stand/Düren). Ehe am 25. Mai 1792 mit Christine Dorothea Wilhelmina von Scheibler (*Monschau, Frauenverein), Tochter von Bernhard Georg Scheibler (*1724 †1786, Reichsadelstand 1781). Vater von Stadtrat Conrad Gotthard Pastor jun. (*1796 †1835), verheiratet mit Bertha von Scheibler, Helena Clara Pastor, verheiratet mit Gustav Adolf von Scheibler (Cousin), Theresa Henriette Pastor, verheiratet mit Johann Friedrich Pastor (Cousin), Clara Amalia Pastor, verheiratet mit Peter Theodor Sachse, Dorothea Christina Emilia Pastor, verheiratet mit Friederich von Scheibler (Großcousin), Eduard Friedrich Pastor, verheiratet mit Elisabeth Charlotte Moll (Cousine). Nichte Karoline Elisabeth Pastor, verheiratet mit Stadtrat Charles James Cockerill. (LA NRW R, Roer 1543; StAAc FRZ 1–114, FRZ 1–115; Arens/Janssen, Geschichte, S. 140, Nr. 149 (Sohn); Macco, Pastor; Kraus, Aachen, S. 282; vgl. Offermann, Scheibler und http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.)
Akteure
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(72) Pastor, Conrad Gotthard jun. (*28.2.1796 Burtscheid, †1.3.1835 Aachen, ev.)
Rentier, Stadtrat um 1825–1830.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1816. Familie: Sohn von Stadtrat Conrad Pastor. Ehe am 19. November 1824 mit Bertha von Scheibler, Tochter von Friedrich von Scheibler (*1777 †1824, Maire von Iserlohn) und Theodora Luise Rupe. Cousin Philipp Heinrich Pastor jun. (*1787 †1844 Präsident der Handelskammer 1842–1843, stellvertretender Provinziallandtagsabgeordneter 1837–1843 3. Stand/Düren). (StAAc Ob 44–2; Ramm, Pastor; Arens/Janssen, Geschichte, S. 140, Nr. 149, vgl. http://www.familienbucheuregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (73) Peltzer, Johann Theodor (*um 1771 Burtscheid, †2.3.1824 Aachen, ev.)
Tuchfabrikant, Stadtrat 1801–1823. Teilnehmer der Huldigungsdeputation der Stadt Aachen 1815, der Deputation zu Hardenberg 1818, Präsident des Handelsgerichts 1823/24, Mitglied der Armenverwaltung.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino 1807–1809. Familie: Sohn von Abraham Florenz Peltzer (Kaufmann in Burtscheid) und Anna Elisabeth Baumhauer. Ehe am 8. März 1797 mit Johanna Catharina Hoffstadt (*1775 †1867), Tochter von Johann Adolf Hoffstadt (Tuchfabrikant in Düsseldorf). Sohn Karl August Peltzer (unverheiratet) und Tochter Katharine Wilhelmine Peltzer (unverheiratet). (LA NRW R, Roer 1543; StAAc FRZ 1–113, FRZ 1–115, OB41-1, OB 44–2; Arens/Janssen, Geschichte, S. 126, Nr. 64; vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (74) Pelzer, Franz Joseph (*15.5.1790 Aachen, †4.2.1834 Aachen, kath.)
Kaufmann, Wollhändler, Stadtrat 1829–1833.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1820, Sakramentsbruderschaft ab 1821. Familie: Sohn von Matthias Goswin Pelzer (*1754 †1814, Jurist) und Aloysia Johann Dauven (Bürgermeistertochter). Bruder der Stadträte Stephan Anton Pelzer (*1781 †1865) und Arnold Edmund Pelzer (*1801 †1874). Ehe am 26. September 1820 mit Louise Antoinetta Hubertina Walburga Heusch, Tochter von Gerard Xaver Heusch und Franziska George (zweite Ehe am 24. August 1836 mit Stadtrat Johann Theodor Deutz). Sohn Stephan Pelzer (*1824), verheiratet mit Wilhelmine Josephine Chenet, Tochter des Stadtrats Johann Franz Chenet. (StAAc Ob 44–2; Arens/Janssen, Geschichte, S. 146, Nr. 175; Kraus, Moderne, S. 87; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 71, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (75) Pelzer, Stephan Anton (*22.9.1781 Aachen, †6.3.1865 Aachen, kath.)
Advokatanwalt, Justizrat, Stadtrat 1844–1846, ab 1846 (1. Klasse).
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino. Familie: Sohn von Matthias Goswin Pelzer (*1754 †1814, Jurist) und Aloysia Johann Dauven (Bürgermeistertochter). Bruder der Stadträte Franz Pelzer und Arnold Edmund Pelzer (*1801 †1874). Ehe am 10. April 1824 mit Therese van Hoselt, Tochter von Theodor von Hoselt und Theresia Redlich, Witwe von Franz Ägidius Heusch (Sohn von Gerard Xaver Heusch und Anna Therese Brandt, Halbbruder der Ehefrau von Franz Joseph Pelzer).
538
Anhang
(StAAc PRZ 1–15, Zivilstandsregister Aachen H 101/1807; Arens/Janssen, Geschichte, Nr. 114; Kraus, Moderne, S. 87; vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (76) Peusmann, Joseph
Stadtrat 1801–1829, ausgeschieden wegen Unvereinbarkeit der Ämter in der Armen- und Stadtverwaltung.
Mitglied der Deputation zu Hardenberg 1818. (StAAc OB 41–1, OB 44–2, FRZ 1–113, FRZ 1–115, PRZ 1–1, PRZ 1–259.) (77) Priem, Heinrich Balthasar (*1745 Aachen, †3.11.1824 Aachen)
Kaufmann, Tuchhändler, Stadtrat 1804–1817.
Familie: Ehe mit Maria Catharina Elisabeth Fourage, Tochter Marie Gertrude Therese Priem, verheiratet mit Johann Heinrich Schervier (*1784 †1845, Nadelfabrikant), Sohn des Stadtrats Johann Gerhard Schervier. (LA NRW R, Roer 1543; Zivilstandsregister Aachen H 120/1807, StAAc FRZ 1–113, FRZ 1–115; PRZ 1–259.) (78) Prümm, G. J.
Kaufmann, Stadtrat um 1813–1818 (selten anwesend „Familien-Geschäfte“).
(LA NRW R, Roer 1543; StAAc OB 44–2, FRZ 1–115; PRZ 1–259.) (79) Quadflieg, Balthasar (*12.8.1766 Burtscheid, †13.3.1844 Aachen, kath.)
Bierbrauer, Kunstsammler, Stadtrat um 1830–1832.
Gastwirt im Güldenen Ferkel.
Mitgliedschaften: Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe, Gründungsmitglied der Erholungsgesellschaft. Familie: Sohn von Johann Quadflieg und Johann Maria Peltzer, Bruder Heinrich Wilhelm Quadflieg (*um 1771), verheiratet mit Marie Catherina Nutten, Nichte des Stadtrats Jacob Joseph Clermont. Ehe am 30. Oktober 1811 mit Anna Maria Chorus, Tochter von Peter Mathias Chorus (*1756 †1819, Kaufmann) und Maria Theresia Elisabeth Lausberg, Schwager der Stadträte Heinrich Beissel und Johann Caspar Braff. (StAAc OB 44–2, VER 10–2; Zivilstandsregister Aachen H 203/1811; Reumont, Erholungs-Gesellschaft, S. 11; Amtsblatt Aachen Nr. 40 (13.7.1826), S. 270; Quadflieg, Herkunft; Ders. Spaziergänge, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (80) Ruland, Joseph Gottfried Ignatz (*um 1770, †12.4.1819 Aachen)
Kaufmann, Wollhändler, Stadtrat 1812–1819.
Familie: Sohn von Peter Ruland und Johanna Maria Schwartz. Ehe mit Maria Gertrud Seemüller, Sohn Joseph Benno Ruland (*um 1796, Rittergutsbesitzer), verheiratet mit Marie Sophie Claus, Tochter von Ernst Conrad Claus (*1774 †1838, Tuchfabrikant und Handelsgerichtspräsident) und Maria Therese Heusch, Schwager des Sohn von Stadtrat Leonard Startz. Enkeltochter Maria Christiana Ruland, verheiratet mit Johann Peter Joseph Bartholomeus Hubert Lingens (*1809), Sohn des Stadtrats Joseph Lingens.
Akteure
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(StAAc FRZ 1–114, OB 44–2, PRZ 1–259, Zivilstandsregister Aachen H 180/1818, S 251/1819, vgl. http://www. familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (81) Rumpen, Leonhard (*21.11.1769 Aachen)
Metzger, Stadtrat 1818–1823 (selten anwesend, Entlassungsgesuch).
Familie: Ehe am 6. November 1797 mit Maria Theresia Hochs/Hocks. Schwiegervater von Alexander Eduard Josef Startz (*1796 †1860, Nadelfabrikant), Sohn von Stadtrat Leonard Joseph Startz. (StAAc OB 44–2; vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (82) Schervier, Johann Gerhard (*4.1.1743 Aachen, †2.7.1826 Aachen, kath.)
Kaufmann, Kupferschmied, Messingfabrikant, Stadtrat 1804–1817. 1757 Lehre des Kupferschlägerhandwerks (Meisterbrief 1762). Betrieb einer Kupfermühle und Schmelze am Templergraben in Aachen, später in Buschmühle. Großratsherr der Stadt Aachen 1782, Leutnant 1785, Stadtbaumeister 1797, Handelsrichter.
Mitgliedschaften: Handelskammer. Familie: Sohn von Simon Schervier und Anna Theresia von Thenen. Ehe 1763 mit Maria Elisabeth Thielen, 10 Kinder, u. a. Stadtrat Johann Heinrich Caspar Joseph Schervier (*1784 †1845, Messingfabrikant), Johann Joseph Schervier (*1776 †1824, Nadelfabrikant), Stadtrat Johann Gerhard Schervier jun. (*1773 †1852, Kaufmann), Maria Elisabetha Schervier, verheiratet mit Simon Merckelbach (Posthalter in Wittem), Marie Madeleine Schervier, verheiratet mit Mathias van Hoselt, Maria Magdalena Odilia Schervier, verheiratet mit Carl Friedrich Koch (*1759 Apotheker). Schwiegervater von Stadtrat Peter Cornelius Thywissen. (LA NRW R, Roer 1543; Zivilstandsregister Aachen H 120/1807, S 541/1826; StAAc FRZ 1–115, OB 44–2, FRZ 1–113; Kraus, Aachen, S. 208, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (83) Schervier, Johann Gerhard jun. (*19.11.1773 Aachen, †4.1.1852 Aachen, kath.)
Kaufmann, Gutsbesitzer (Eulerweg an Hochbrück 1818, Kauf des Guts Soerser Hochkirchen von Maire Cornelius von Guaita 1820), Stadtrat 1818–1829 (selten anwesend).
Mitgliedschaften: Sakramentsbruderschaft ab 1839. Familie: Sohn von Stadtrat Johann Gerhard Schervier und Maria Elisabeth Thielen, Bruder von Stadtrat Johann Heinrich Schervier. Ehe am 25. November 1798 mit Catharina Schuhmacher, Tochter von Johann Wilhelm Schuhmacher und Agnes Bücken. Schwager von Stadtrat Cornelius Bock. (StAAc OB 44–2, Zivilstandsregister Aachen H 120/1807; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 73; vgl. http:// www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (84) Schervier, Johann Heinrich Caspar Joseph (*5.1.1784 Aachen, †26.2.1845 Aachen, kath.)
Nadelfabrikant, Messingfabrikant, Stadtrat um 1828–1832, Beigeordneter 1830. Übernahme des väterlichen Kupferhofes am Templergraben zusammen mit seinem Bruder Johann Joseph Schervier 1807.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino, Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe, Sakramentsbruderschaft ab 1839.
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Anhang
Familie: Sohn von Stadtrat Johann Gerhard Schervier und Maria Elisabeth Thielen. Erste Ehe am 28. Mai 1807 mit Theresia Priem (Tochter von Stadtrat Heinrich Balthasar Priem), zweite Ehe am 13. März 1811 mit Louise Migeon (*Braux, Frankreich), Schwager von Jean Baptiste Migeon (Nadelfabrikant in Braux). Kinder: u. a. Heinrich Louis Schervier (*1813 †1896, Kratzenfabrikant und Stadtrat), verheiratet in erster Ehe mit Johanna Maria Kirsch, in zweiter Ehe mit Franziska Hocks, Tochter Maria Elisabeth Schervier, verheiratet mit Paul Christian Thywissen (*1805 †1879, Kaufmann, Bruder des Stadtrats Cornell Thywissen), Franzisca Schervier (Ordensschwester und Gründerin der ArmenSchwestern vom heiligen Franziskus). (StAAc PRZ 1–249; OB 44–2, VER 10–2; LA NRW R, Reg. Aachen 878; Zivilstandsregister Aachen H 120/1807; Arens/Janssen, Geschichte, Nr. 209; Monheim, Monheim, S. 140; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 73, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (85) Schlenter, Arnold
Gastwirt, Stadtrat 1838–1845, 1846–1850 (2. Klasse).
(StAAc PRZ 1–12; Adressbuch Abt. II (1838), S. 31.) (86) Schmetz, Peter Nikolaus (*18.1.1770)
Nadelfabrikant, Stadtrat um 1804–1815.
Inhaber der Rosmühle.
Mitgliedschaften: Handelskammer. Familie: Sohn von Johann Adolf Schmez (*1744 †1812) und Maria Beissel, Cousine von Stadtrat Johann Heinrich Beissel jun. Ehe am 6. Februar 1807 mit Maria Katharina Esser, Witwe von Franz Hubertz, Tochter von Joseph Esser und Maria Agnes Schervier. (StAAc FRZ 1–113, FRZ 1–115; NRW LA NRW R, Roer 1543, 1546; Zivilstandsregister Aachen H 39/1807, Husykens, Handelskammer, S. 43, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (87) Schwamborn, Engelbert (*20.1.1797 Linz am Rhein, †10.9.1862 Aachen, kath.)
Tuchfabrikant, Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Aachen 1851, Stadtrat um 1831–1845, Beigeordneter 1846–1854.
Inhaber der Fabrik Schwamborn & Bischof. Mitglied des Finanzkomitees, des Lombardkomitees, der Servis-Deputation.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino 1827–1862, Sakramentsbruderschaft ab 1839, Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe. Familie: Sohn von Engelbert Schwamborn (*1761 †1830, Gerichtsschultheiß) und Josephine Büttgenbach, Bruder Karl Anton Ludwig Schwamborn (*1809 †1840, Advokatanwalt in Aachen), verheiratet mit Elisabeth Funke. Ehe am 18. Juni 1824 mit Johanna Josephine Hubertine Caroline Müller, Tochter von Clemens August Mueller (Apotheker) und Maria Elisabeth von Pier, Schwager von Stadtrat Carl Werner Hubert Müller. (StAAc PRZ 1–7, PRZ 1–12, VER 10–2; Zivilstandsregister Aachen H 127/1824; Adressbuch, Abt. II (1838), S. 31; Arens/Janssen, Geschichte, S. 139, Nr. 233; Reumont, Erholungs-Gesellschaft, S. 14; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 73; Torunksy, Handbuch, S. 438, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.)
Akteure
541
(88) Seyffardt, Friedrich Karl Ludwig (*18.1.1792 oder 1799 Kampen (Holland), †3.6.1871 Krefeld, ev.)
Buchhalter, Kommerzienrat, Stadtrat um 1831–1845, Beigeordneter ab 1846. Mitglied des ev. Schulvorstands, Generalagent der Aachener und Münchener Feuer-VersicherungsGesellschaft 1825–1845.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1820, Bezirksvorstand des Vereins zur Beförderung der Arbeitsamkeit. Familie: Sohn von Friedrich Seyffardt (*1736 Niederlande †1794, Offizier) und Ferdinande Knapp (*1770 Frankfurt a. M.). Erste Ehe am 4. Februar 1826 mit Mathilde Scheibler (*Monschau), Tochter von Ernst Scheibler (*1769 †1822, Tuchfabrikant), zweite Ehe am 25. August 1834 mit Maria vom Bruck (*1803 †1895 Krefeld), Tochter von Heinrich vom Bruck (*1775 †1861, Buchhalter im Bankhaus des Stadtrats Wilhelm Zurhelle, ab 1845 in Krefeld, Inhaber einer Samtfabrik). Sohn Ludwig Friedrich Seyffardt (*1827 †1901, Samtfabrikant und Stadtrat in Krefeld), verheiratet mit Johanna Mathilde vom Bruck (Stiefcousine). Tochter Mathilde Emilie Seyffardt, verheiratet Gerhard Benjamin von Beckerath (*1827 †1871 Krefeld, Samtfabrikant). (StAAc PRZ 1–7; Adressbuch Abt. II (1838), S. 31; Arens/Janssen, Geschichte, S. 146, Nr. 178; Lilla, Seyffardt; vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (89) Simons, Peter Joseph
Kaufmann, Stadtrat 1800–1829.
Mitglied der Deputation zu Hardenberg 1818.
Familie: Ehe mit Anna Maria Palm, Tochter Jeanette Marie Simons, verheiratet mit Ogier Offergeld (Advokatanwalt). (StAAc FRZ 1–113, FRZ 1–115, OB 41–1; Arens/Janssen, Geschichte, S. 151.) (90) Solders, Matthias (*1750 Maastricht †31.10.1826 Aachen)
Arzt, Beigeordneter um 1808–1826.
Mitglied der Theaterintendanz, geschätztes Vermögen 1813: 6.000 Francs.
Mitgliedschaften: Freimaurer, Société d’Émulation, Ressource. (LA NRW R, Roer 1543; StAAc FRZ 1–114; Pohle, Dautzenberg, S. 261 und S. 276, Nekrolog, in: SAZ Nr. 263 (7.11.1826).) (91) Springsfeld, Johann Jakob Wilhelm (*26.10.1789 Aachen, †1862 Berlin)
Tuchfabrikant, stellv. Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Aachen 1833–1841 (1833 einberufen), Stadtrat 1820–1828.
Mitglied der Theaterintendanz.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino 1806, Handelskammer (Präsident 1839–1841), Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe, Gründungsmitglied der Erholungsgesellschaft. Familie: unverheiratet, Sohn von Gottlob Carl Springsfeld (*1748 †1824, Weißenfels) und Maria Josefa Berghorn (*1750 Düsseldorf, Krämerin), Bruder und Teilhaber Christian Friedrich (Fritz) Springsfeld (*1786 †1864, Tuchfabrikant). Bruder Georg Carl Springsfeld (*1785 †1870, Nadelfabrikant Burt-
542
Anhang scheid), verheiratet mit Julie Würth (*1820 †1889), Bruder Johann Eduard Springsfeld (*1791 †1859, Nadelfabrikant), verheiratet mit Friederike Würth (*1817 †1888), Töchter von Stadtrat Johann Nepomuk Würth. Schwester Elisabeth Friederike Springsfeld (*1794 †1850), verheiratet mit Franz EmundtsSpringsfeld (*1796, Aldenhoven Tuchfabrikant), Bruder des Oberbürgermeister Edmund Emundts. Cousine Sophie Wilhelmine Coelln, verheiratet mit Stadtrat François Armand Degraa.
(StAAc OB 44–2, OB 43–8, VER 10–2; Arens/Janssen, Geschichte, S. 124, Nr. 48; Torunsky, Handbuch, S. 459; Huyskens, Handelskammer, S. 63; Pohle, Dautzenberg, S. 261, Reumont, Erholungs-Gesellschaft, S. 13, vgl. http:// www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (92) Startz, Leonard Joseph (*19.2.1754 Aachen, †17.2.1837 Aachen, kath.)
Nadelfabrikant, Kaufmann, stellv. Provinziallandtagsabgeordneter 1826–1830, Stadtrat um 1804–1814.
Inhaber einer Nadelfabrik, 1822 Einführung der Dampfmaschine, Besichtigung der Fabrik durch Kronprinz Friedrich Wilhelm von Preußen und Kaiser Franz von Österreich (1817/18). Mitglied der Armenverwaltung und der Hospizienkommission, Allgemeines Ehrenzeichen 1. Klasse (1824), Roter Adler-Orden 4. Klasse.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1814, Handelskammer, Sakramentsbruderschaft ab 1817. Familie: Sohn von Johann Jakob Leonhard Startz (*1722 †1779) und Anna Barbara Rumpen. Cousin Heinrich Stephan Startz (*1752 †1819, Tuchfabrikant), Schwager von Stadtrat Johann Conrad Breda. Erste Ehe 1787 mit Anna Maria Theresia Esser, zweite Ehe 1794 mit Maria Anna Josefa Brammertz, dritte Ehe 1799 mit Maria Barbara Josefine von Achten (Frauenverein, Vizepräsidentin), Schwester von Stadtrat Bernhard Joseph von Achten. Kinder: Johann Gerhard Leonhard Startz (*1788, Tuchfabrikant), Heinrich Leonhard Gotthard Nikolaus Startz (*1792 †1870, Tuchfabrikant), verheiratet mit Luise Johanna Franziska Claus, Tochter des Tuchfabrikanten Ernst Conrad Claus und der Maria Therese Luise Walburga Heusch (Schwager von Joseph Benno Ruland, Sohn des Stadtrats Joseph Ruland), Alexander Eduard Josef Startz (*1796 †1860, Nadelfabrikant), verheiratet mit Maria Katharina Rumpen, Tochter von Stadtrat Leonhard Rumpen und Maria Therese Hocks. (LA NRW R, Roer 1543; StAAc FRZ 1–113, FRZ 1–115, OB 43–8; Torunksy, Handbuch, S. 459; Arens/Janssen, Geschichte, S. 134, Nr. 118; Huyskens, Handelskammer, S. 44, S. 63; Jeworrek, Armut, S. 185; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 71; vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (93) Steffens, Johann Wilhelm (Freiherr von) (*14.2.1782 Jülich, †21.4.1867 Eschweiler, kath.)
Forstmeister, Provinziallandtagsabgeordneter 2. Stand/Aachen 1830–1833, 1841–1845, Provinziallandtagsabgeordneter 4. Stand/Aachen 1861, Mitglied des Vereinigten Landtags 1847, Stadtrat und Beigeordneter 1826–1829, Austritt wegen Unvereinbarkeit der Ämter.
Gymnasium, Studium in Jülich, Köln, Heidelberg, reitender Förster (Pfalzheim) 1803, Revierförster (Winnweiler) 1805, dann Unterforstinspektor (Birkenfeld), Oberforstinspektor (Breda), Oberforstmeister in österreichischen Regierungsdiensten (Worms) 1816, Forstmeister bei der Bezirksregierung Aachen 1817, Regierungs- und Forstrat 1829, Königl. preuß. Oberforstmeister, Kirchenvorstand Eschweiler, Roter Adler Orden 3. Klasse (1831), Adelsdiplom (1842), Freiherrenstand (1856).
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1820, Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe.
Akteure
543
Familie: Sohn von Johann Adolf Steffens (*1744 †1831, kurbayr. Hofrat) und Margaretha Konstantia Sartorius. Erste Ehe am 15. März 1810 in Bergheim mit Maria Franziska Vanck, Tochter von Heinrich Bernhard Vanck (Rittmeister in Düsseldorf), zweite Ehe am 4. September 1841 in Eschweiler mit Maria Englerth, Tochter von Carl Englerth (*1756 †1814, Bürgermeister von Eschweiler), Schwager von Friedrich Englerth (*1793 †1848, Fabrikant und Bürgermeister von Eschweiler 1822–1831) und von Karl Johann Theodor Essingh (Stadtrat in Köln). (StAAc OB 44–2, VER 10–2; Arens/Janssen, Geschichte, S. 146, Nr. 177; Torunsky, Handbuch, S. 463, vgl. http:// www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (94) Strom, Nicolas Cornelius (*6.12.1794 Burtscheid, †28.5.1874 Aachen)
Kaufmann, Stadtrat 1838–1845, 1846–1850 (2. Klasse).
Inhaber einer Manufakturwarenhandlung, Mitglied des Spielbankkomitees 1841.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino 1825–1850, Erholungsgesellschaft (Präsident 1859/60). Familie: Sohn von Heinrich Strom (Tuchfabrikant in Burtscheid) und Maria Theresia Geilenkirchen. (StAAc PRZ 1–16; Arens/Janssen, Geschichte, S. 153, Nr. 214; vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (95) Stürtz, Joseph Heinrich (*um 1768)
Gastwirt, Stadtrat um 1818–1829/30.
(StAAc OB 44–2, PRZ 1–1, PRZ 1–259.) (96) Talbot, Hugo Jakob (*4.12.1794 Randerath, †11.2.1850 Aachen, kath.)
Kaufmann, Eisenwagenfabrikant, Marmorschleifer, Stadtrat 1831–1845/46.
Ab 1812 in Aachen, Teilnehmer an den Koalitionskriegen aufseiten Preußens, Versetzung vom 5. Rheinischen Infanterie-Regiment zum ersten Aachener Landwehr-Regiment 1818, dann Eröffnung einer Marmorhandlung in Aachen, Gründung der Eisenwagenfabrik Pauwels & Talbot Aachen 1838 mit 90 Arbeitern, Bau von Waggons für die Rheinische Eisenbahngesellschaft (Auftrag von 200 Waggons 1841). Ab 1845 Beteiligung bei Piedboeuf & Cie Walz- und Hammerwerk (später Actienverein Rothe Erde), Produktion von Halbfertigwaren (Maschinenbau), Klassensteuerkommission.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1838. Familie: Sohn von Franz Theodor Talbot (*1763†1812, Notar) und Katharina Lentzen, Brüder u. a. Carl Talbot (*1796 †1881, Rentmeister) und Anton Talbot (*1801, Apotheker), verheiratet mit Agnes Peltzer. Ehe am 4. September 1816 mit Rosa Puissant (*1798 Mons/Belgien), Kinder: Eduard Talbot (*1817 †1876), verheiratet mit Anna Karoline zur Hosen (*Kleve, Tochter des Oberpostdirektors), Julius Josef Talbot (*1818 †1896), verheiratet mit Celestine Bron, Carl Gustav Talbot (*1829 †1899, Inhaber der Waggonfabrik Talbot, Kommerzienrat), verheiratet mit Clémence Piedboeuf (*1835 Jupille/Belgien, Tochter des belgischen Konsuls in Aachen Jean Pascal Piedboeuf). (StAAc PRZ 1–12; Adressbuch Abt. II (1838), S. 31; Thomes, Talbot; Arens/Janssen, Geschichte, S. 171, Nr. 328; Herres, Klassen, S. 422; Jeworrek, Armut, S. 196, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.)
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Anhang
(97) Thywissen, Peter Cornell (*27.3.1796 Aachen, †27.1.1879 Aachen, kath.)
Kaufmann, Stadtrat 1845, ab 1846 (1. Klasse).
Kolonialwaren-, Farb-, Öl- und Branntweinhandel.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino, Sakramentsbruderschaft ab 1836. Familie: Sohn von Heinrich Christian Thywissen und Maria Catharina Smeets. Bruder Heinrich Christian Thywissen (*1798), verheiratet mit Margaretha Josepha Cremer (Bäckerstochter Düsseldorf), Bruder Paul Christian Thywissen (*1805 †1879, Kaufmann), verheiratet mit Maria Elisabeth Schervier, Tochter des Stadtrats Johann Heinrich Schervier. Ehe am 13. April 1831 mit Maria Odilia Elisabeth Koch, Tochter von Carl Friedrich Koch (*1759, Apotheker) und Maria Odilia Schervier, Tochter von Stadtrat Johann Gerhard Schervier und Catherina Thielen. (StAAc PRZ 1–15; Zivilstandsregister Düsseldorf 133/1821; Arens/Janssen, Geschichte, Nr. 439; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 72, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (98) Tilmanns, Johann Werner Joseph (*6.5.1775 Aachen, †15.11.1839 Aachen, kath.)
Tuchfabrikant, Stadtrat um 1815–1827, Austritt wegen Unvereinbarkeit der Ämter in der Stadt- und Armenverwaltung.
Mitglied der Deputation zu Hardenberg 1818, Mitglied der Armenverwaltung bis 1827, Obrist des städtischen Brandkorps, Mitglied im Kirchenvorstand St. Michael, Bevollmächtigter des Vereins zur Beschaffung von Brot 1830 mit Franz Emundts, Bruder des Oberbürgermeisters Edmund Emundts.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1811 (1823–1826 Präsident), Sakramentsbruderschaft ab 1817. Familie: Sohn von Christoph Tilmanns und Maria Theresia Thyssen, Bruder von Stadtrat Lambert Tilmanns. (StAAc OB 44–2, PRZ 1–259; Arens/Janssen, Geschichte, S. 131, Nr. 95; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 71; Jeworrek, Armut, S. 178, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (99) Tilmanns, Lambert (*13.5.1778 Aachen, †28.3.1839, kath.)
Rentier, Stadtrat um 1830/31–1838.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1816, Sakramentsbruderschaft ab 1830. Familie: Sohn von Christoph Tilmanns und Maria Theresia Thyssen, Bruder von Stadtrat Johann Werner Tilmanns. (StAAc OB 44–2, PRZ 1–259; Arens/Janssen, Geschichte, S. 138, Nr. 135; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 71, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (100) Vietoris, Stephan Heinrich (*30.3.1760 Aachen, †25.12.1844 Aachen)
Jurist, Stadtrat um 1815–1826 (selten anwesend).
Mitglied der Deputation zu Hardenberg 1818, der Einquartierungskommission.
Mitgliedschaften: Gründungsmitglied der Erholungsgesellschaft. Familie: Sohn von Heinrich Vietoris und Anna Catherina Cloot. Ehe am 15. August 1790 mit Maria Agnes Eleonora Kaentzeler, Tochter von Joannes Theodorus Käntzeler (Kaufmann) und Lucia Elisabeth Peltzer. Sohn Mathias Joseph Vietoris (Kaufmann und Stadtsekretär).
Akteure
545
(StAAc OB 41–1, OB 44–2, PRZ 1–1, PRZ 1–259; Reumont, Erholungs-Gesellschaft, S. 11; Kraus, Moderne, S. 87, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (101) Wagner, Johann Friedrich (*1.4.1777 Wuppertal, †1870, ev.)
Tuchfabrikant, Kommerzienrat, Stadtrat um 1815–1842.
Mitglied der Deputation zu Hardenberg 1818, der Klassensteuerkommission 1833, der Armenverwaltung.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1813, Ressource, Handelskammer. Familie: Sohn von Georg Wagner (Arzt) und Johanna Verhoeff (Düsseldorf), Bruder Johann Georg Wagner (*1788 †1841, Tuchfabrikant, Handelskammerpräsident 1832), verheiratet mit Thekla Scheibler, Tochter von Johann Heinrich Scheibler (*1768 Monschau †1818, Färbereibesitzer in Aachen). Ehe 1810 mit Susanna Sophia Koch (Neviges), Kinder: u. a. August Wagner (*1812 †1861, Tuchfabrikant), Emil von Wagner (*1814 †1897, Kommerzienrat), verheiratet mit Marie-Luise Heuser (Wuppertal), Luise Wagner, verheiratet mit Carl James Cockerill (*1817 †1874, Sohn von Stadtrat Charles James Cockerill und Caroline Elisa Pastor). (StAAc OB 41–1, OB 44–2, PRZ 1–1, PRZ 1–259, PRZ 1–6; Huyskens, Handelskammer, S. 66; Jeworrek, Armut, S. 185, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (102) Walthery, Matthias Joseph
Gastwirt, Stadtrat 1804–1816.
Mitgliedschaften: Sakramentsbruderschaft ab 1810. (LA NRW R, Roer 1543; StAAc FRZ 1–113, FRZ 1–115; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 70.) (103) Wassenberg, Peter (*um 1767)
Stadtrentmeister ab 1819, Stadtrat um 1815–1820, Entlassung wegen Unvereinbarkeit der Ämter.
Mitgliedschaften: Sakramentsbruderschaft ab 1820. Familie: Trauzeuge bei der Hochzeit des Sohns von Joseph Klinkenberg (keine Angabe). (StAAc OB 44–2, PRZ 1–259; Zivilstandsregister Aachen H 8/1808; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 71.) (104) Wergifosse, Johann Nicolas Anton (*25.9.1798 Aachen, †26.2.1851 Aachen, kath.)
Bankier, Stadtrat 1830–1845.
Mitglied des Kirchenvorstands St. Peter, des Eisenbahn-Komitees 1844 (Deputation Gladbach), stellte sich am 1844 gegen die Einführung der Ordensschwestern am Leonardsinstitut.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1823, Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe. Familie: Sohn von Mathias Joseph Wergifosse (*1772 †1818, Kaufmann) und Josephine Thyssen, Bruder Cornelius Leonhard Josef Wergifosse (*1797 †1847, Kaufmann und Stadtrat in Düren, Provinziallandtagsabgeordneter 2. Stand/Aachen), verheiratet mit Elvira Deutgen (*1804 Düren). Ehe am 16. August 1827 mit Maria Laura (Laurentia) Johanna Josefa Beissel (*1807 †1862), Tochter von Stephan Franz Beissel (Tuchfabrikant), ältester Bruder von Stadtrat Ludwig Louis Beissel, und Theresa Josephine Defayay.
546
Anhang
(StAAc OB 44–2, VER 10–2; Adressbuch Abt. II (1838), S. 31; Aachener Adressbuch 1845, S. 27 f.; Arens/Janssen, Geschichte, S. 139/147/150, Nr. 140/180/200; Torunsky, Handbuch, S. 502, vgl. http://www.familienbucheuregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (105) Wildenstein, Friedrich Wilhelm Heinrich (*11.3.1787 Aachen, †6.5.1858 Aachen, ev.)
Tuchfabrikant, Färber, Stadtrat 1818–1825 (Entlassung wegen Nicht-Erscheinen).
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1819. Familie: Sohn von Johann Adam Wildenstein (*1747 Essligen †1817, Tuchfabrikant und Handelsgerichtspräsident) Anna Catharina Bemberg (*Köln, Tochter von Friedrich Wilhelm Bemberg und Margaretha Elisabeth Cramer), Schwager von Stadtrat Johann Jakob Fellinger. Ehe am 11. Februar 1813 mit Ernestine Philippine Claus, Tochter von Christian Friedrich Claus und Jeanette Maria Fabricius, Schwager von Ernst Conrad Claus (*1774 †1838, Handelsgerichtspräsident, Tuchfabrikant). Sohn Friederich Heinrich Wildenstein (*1818 †1882, Mitglied der Floressei, Dichter, dann Farbwarenhändler in Brüssel), Sohn Victor Adolph Wildenstein (*1828, Kaufmann), verheiratet mit Eugenie Maria Gorissen. (StAAc OB 44–2; PRZ 1–1; Zivilstandsregister Aachen H 23/1813, 24/1808; Arens/Janssen, Geschichte, S. 135/142, Nr. 120/158; vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (106) Wildt, Franz Joseph (*um 1758)
Bäcker, Stadtrat 1818–1829.
(StAAc OB 44–2.) (107) Wildt, Hermann Joseph Cornelius (*16.9.1772 Aachen, †6.11.1817 Aachen, kath.)
Tuchfabrikant, Stadtrat 1804–1817.
Handelsrichter. Teilnehmer an der Huldigung Friedrich Wilhelms III. 1815.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino ab 1817, Sakramentsbruderschaft ab 1807. Familie: Sohn von Peter Josef Wildt und Maria Luise de Lognay (Aachen), Bruder Matthias Joseph Wildt (*1756, Schöffe in Aachen 1785–1798). Ehe 1804 in Eupen mit Maria Anna Catharina Goertz, Tochter von Hermann Heinrich Görtz (Tuchfärber, Schöffe in Eupen) und Johanna Maria Mostardt. Sohn Heinrich Joseph Eugen Hubert Wildt (*1806, Tuchfabrikant, unverheiratet). (LA NRW R, Roer 1543; StAAc FRZ 1–113, FRZ 1–115, PRZ 1–259; Arens/Janssen, Geschichte, S. 141, Nr. 151; Gaspers, Sakramentsbruderschaft 1, S. 70; vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (108) Würth, Franz Johann Nepomuk (*26.5.1781 Offenburg, †16.6.1842 Aachen, kath.)
Wollkaufmann, Stadtrat um 1815–1830.
Teilnehmer der Huldigungsdeputation der Stadt Aachen 1815, Ergänzungsrichter Handelsgericht, mietete 1828 den Speicher der Kornhalle.
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino 1805–1839 Präsident, Sakramentsbruderschaft ab 1817. Familie: Sohn von Johann Anton Würth (*1737 †1796) und Maria Catharina Seger. Ehe am 6. Mai 1807 mit Antonette Sibilla Johanna Maria Francisca Lynen, Tochter von Leonhard Wilhelm Lynen und Marie Albertina Soutin, Trauzeuge: Stadtrat Franz Brammertz (ohne Angabe). Tochter Friede-
Akteure
547
rike Würth, verheiratet mit Johann Eduard Springsfeld, Tochter Johanna Juliana Würth, verheiratet mit Georg Springsfeld, Söhne von Stadtrat Gottlob Karl Springsfeld. (StAAc OB 44–2, PRZ 1–259; Zivilstandsregister Aachen H 105/1807; Arens/Janssen, Geschichte, S. 120, Nr. 15; Gaspers, Sakramentsbruderschaft, S. 71, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (109) Zurhelle, Wilhelm Gilles (*2.5.1786 Lippstadt, †3.6.1849 Aachen, ev.)
Wollhändler, Bankier, Rittergutsbesitzer (Kalkofen), Provinziallandtagsabgeordneter 2. Stand/Aachen 1837–1845 (1841 einberufen), Zivilstandsbeamter und Beigeordneter 1831–1845.
Besitzer eines Wollgeschäfts in Eupen, Kommerzienrat (1838).
Mitgliedschaften: Club Aachener Casino, Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe. Familie: Sohn von Diederich Zurhelle (*1745 †1821) und Anna Delhaes. Bruder Carl Theodor Zurhelle (*1789 †1856, Bankier in Aachen), verheiratet in erster Ehe mit Helene Isabelle Schoeller, Nichte des Düsseldorfer Oberbürgermeisters Johann Philipp Schoeller, in zweiter Ehe mit Christine Emilie Fellinger, Tochter von Stadtrat Johann Jacob Fellinger und Anna Christina Wildenstein. Ehe am 9. April 1822 mit Johanna David (*1797 Verviers), Tochter von Johann Nikolaus David (*1771 †1813, Tuchfabrikant, Kohlegrubenbesitzer in Lüttich) und Elisabeth Anna Pirard, Schwager Balthasar Ludwig David (*1799 †1844), verheiratet mit Josephine Wilhelmine Kelleter, Tochter von Johann Tillmann Kelleter (*1773 †1835, Tuchfabrikant) und Wilhelmine Bettendorf, Enkeltochter des Stadtrats Edmund Joseph Kelleter. Sohn Carl Adolph Zurhelle (*1827 †1893, Rittergutsbesitzer), verheiratet mit Clothilde Lochner (Aachen), Tochter Anna Elisabeth Zurhelle, verheiratet mit Carl Friedrich Curio (*1799 Stettin, Offizier), Tochter Elisabeth Helene Zurhelle, verheiratet mit Peter Weckbecker (*1807 Münstermaifeld, Landgerichtsrat in Düsseldorf, Sohn des „Moselkönigs“ Franz Georg Severus Weckbecker). (StAAc OB 44–2, VER 10–2; Zivilstandsregister Düsseldorf H 214/1822, Aachen H 162/1829; Arens/Janssen, Geschichte, Nr. 87; Torunsky, Handbuch, S. 530; Macco, Kalkofen; Herres, Klassen, S. 406; Clemens, Immobilienhändler, S. 152, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.)
2.2 Stadträte in Düsseldorf 1815–1845 (1)
Adolphi, Gerhard Jakob (*3.4.1775 Kleve, †12.11.1850).
Kaufmann, Stadtrat 1822–1831.
Handel mit Casimir und Tuche. Mitglied der Octroikommission 1831, Vorsteher für die Armenpflege 1815 (Zitadelle).
Familie: Sohn von Gerhard Jakob Adolphi (*1728 †1800, Kleve) und Johanna Katharina Lüps. Ehe am 19. September 1813 mit Katharina Elisabeth Schombart, Tochter von Johann David Schombart und Johanna Maria Schnitzler, Schwager von Stadtrat Johann Gerhard Schombart. Onkel von Stadtrat Peter Göring. (StAD 90010; Zivilstandsregister Düsseldorf H 131/1813, 129/1821; Verfassung (1815), S. 78; vgl. http://www. familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.)
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Anhang
(2)
Aleff, Friedrich
Steuercontrolleur, Stadtrat 1819–1826.
Steuerkontrolleur am bergischen Innenministerium bis 1813, dann in Pempelfort.
(StAD 0122, 4–1, 90010; Most, Geschichte Bd. 2, S. 38; LA NRW R, Berg 371; Adressbuch 1813, S. 57.) (3)
Ammon, Johann Georg Heinrich von (*30.6.1760 Münster, †8.4.1836 Düsseldorf, ev.) Rittergutsbesitzer Haus Bönninghausen (Walbeck), Kriegs- und Domänenrat, Provinziallandtagsabgeordneter 2. Stand/Düsseldorf 1826–1833 (1830 verhindert, 1833 stellver.), Stadtrat 1819–1823 (selten anwesend).
Referendar 1781, Assessor 1786, Kriegs- und Domänenrat bei der klevisch-märkischen Kammer zu Wesel, dann in Kleve 1788–1804, ab 1789 in Düsseldorf lebend, Feldhauptmann 1815 (Landsturm Düsseldorf).
Mitgliedschaften: Musikakademie/Concert-Gesellschaft, Rheinisch-westfälische Gefängnisgesellschaft. Familie: Sohn von Georg Friedrich von Ammon (preuß. Kriegs- und Direktorialrat) und Maria Elisabeth Heinicus (Geldern), Bruder Johann Ferdinand von Ammon (Domänenrat in Hamm), verheiratet mit Katharina von Reiman. Ehe am 30. Juni 1789 mit Bernhardina Henriette Johanna Friederika von Oven (*1765 Kleve). Kinder: u. a. Wilhelm Heinrich von Ammon (*1797, Landgerichtsrat), Agnes Luise von Ammon, verheiratet mit Carl von Hymmen (Rittergutsbesitzer in Düsseldorf), Elisabeth Bernhardina von Ammon, verheiratet mit Stadtrat Johann Wilhelm Camphausen, Clara Henriette von Ammon, verheiratet mit Ludwig Erhard von Hymmen (*1784 †1854, Landrat von Bonn), Friedrich Ferdinand von Ammon (*1794 †1874, Justizrat), verheiratet mit Clara Sophie Delius Charlotte, Tochter Friderike von Ammon, verheiratet mit Eduard Delius (*1809 †1861 Regierungsrat), Kinder von Daniel Heinrich Delius (*1773 †1832, Regierungspräsident in Trier und Köln) und Magdalena Helene Schrader. (StAD 90010, Zivilstandsregister Düsseldorf H 142/1815, 163/1830; Most, Geschichte Bd. 2, S. 38; Torunsky, Handbuch, S. 30 f.; Adressbuch 1813, S. 65, S. 109; Haunfelder, Handbuch; Mindel, Wegweißer, S. 35; Amtsblatt Düsseldorf Nr. 42 (2.7.1834), S. 371, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (4)
Baum, Gerhard Julius Friedrich (*14.6.1798 Hanau, †14.5.1882 Erkrath, ev.)
Kaufmann, Bankier, Provinziallandtagsabgeordneter 1843–1845, 1858–1861, 1862, 1864/65, 1868, 1871, 1872–1874, Mitglied des Vereinigten Landtags 1847, Stadtrat 1827–1846, ab 1846 (1. Klasse).
Bankier und Teilhaber des Kommissions- und Wechselgeschäfts Wilhelm Cleff, Kommerzienrat (1840), Inhaber des Bankhauses Baum, Boeddinghaus & Co ab ca. 1850 (Übernahme durch die Elberfelder Disconto-Gesellschaft 1873). Mitglied des Handlungsvorstands 1826, des Eisenbahn-Komitees 1833, der Kommission zur Veröffentlichung der Gemeinderatsprotokolle 1844, Geheimer Kommerzienrat (1868), zahlte 1833 40 Taler Grund-, 36 Taler Gewerbe- und 60 Taler Einkommenssteuer.
Mitgliedschaften: Handelskammer (Präsident 1834–1868), Düsseldorf-Elberfelder-, Köln-MindenerEisenbahngesellschaft, Dampfschleppschiffahrtsgesellschaft, Düsseldorfer allgemeine VersicherungsGesellschaft für See-, Fluß- und Landtransport (1862), Gründungsmitglied der Steinkohlen-BergbauAktiengesellschaft, Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen. Familie: Sohn von Hermann Franz Baum und Johannetta Elisabeth Katharina Dorothea Heußer. Ehe am 7. September 1829 mit Luise Cleff (*1800 Elberfeld), Tochter von Bankier und Geschäftspartner
Akteure
549
Friedrich Wilhelm Cleff (*1765 †1820) und Luisa Christina Siepermann. Tochter Marie Louise Baum, verheiratet mit Maximilian August Boeddinghaus (*1826 †1876, Bankier in Elberfeld, Sohn von Karl Heinrich Boeddinghaus). (StAD 0122, 4,1; 90011; Most, Geschichte Bd. 2, S. 38; Torunsky, Handbuch, S. 35 f.; Amtsblatt Düsseldorf Nr. 36 (20.7.1846), S. 339; Adress-Buch (1833), S. 13 f.; APR 05 11 0749; Albrecht, Handelskammer, S. 30–35, S. 124 f.; Industrie- und Handelskammer Düsseldorf (Hg.), IHK, S. 8 f.; Allgemeines Organ für Handel und Gewerbe 1 (5.11.1835); Zunkel, Unternehmer, S. 27, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (5)
Baum, Philipp (*um 1788, kath.)
Oekonom, Landwirt, Stadtrat 1825–1838.
Zahlte 1833 10 Taler Grund-, 3 Taler Klassen- und 2 Taler Einkommenssteuer.
(StAD 0122, 4,1; 90011; Most, Geschichte Bd. 2, S. 38.) (6)
Blin, Jakob (kath.)
Gutsbesitzer, Rentier, Stadtrat 1829–1833.
Mitglied der Kronprinzkommission 1833, zahlte 1838 22 Taler Grund-, 6 Taler Gewerbe- und 10 Taler Einkommenssteuer.
(StAD 0122, 4,1; 90011; Most, Geschichte Bd. 2, S. 38.) (7)
Bracht, Johann Friedrich Heinrich Hubert (*2.11.1781 Recklinghausen, †4.2.1855 Düsseldorf, kath.)
Advokatanwalt, Gutsbesitzer, Provinziallandtagsabgeordneter 4. Stand/Düsseldorf 1826–1837, Stadtrat 1819–1821.
Advokat am Appellationsgericht Recklinghausen ab 1812, ab 1813 in Düsseldorf, ab 1817 Advokatanwalt in Elberfeld, ab 1820 am Landgericht Düsseldorf, 1826–1827 Mitglied einer Kommission für die Gesetzesrevision (Berlin), verfasste 1826/27 mit Kamp (Elberfeld) im Provinziallandtag eine Bittschrift zur Beibehaltung des französischen Justizwesens, setzte sich 1828 für die Beibehaltung des Düsseldorfer Schlosses als Sitz des Landtags ein.
Mitgliedschaften: Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen. Familie: Sohn von Franz Edmund Vincenz Josef Bracht (*1743 †1802, kurköln. Hofrat, Ratsherr in Recklinghausen) und Klara Sibylla Theodora Deycks (*1739 Düsseldorf), Bruder Johann Franz Anton Bracht (*1773 †1862, Rentmeister in Recklinghausen, Mitglied des westfälischen Landtags 1830–1845 und der Nationalversammlung 1848 in Berlin, Neffe Franz Bracht ab 1842 Bürgermeister von Recklinghausen), Johann Vinzenz Joseph Bracht (*1771 †1840, Schul- und Regierungsrat in Düsseldorf). Ehe am 17. April 1808 mit Katharina Salome von Dorsten. Sohn Viktor Friedrich Bracht (*1819 †1887, ab 1845 Kaufmann in Texas), Prosper Bracht (*1811 †1885, 1834 als Demagoge verfolgt und 1836 zu 20 Jahren Festungshaft verurteilt, als Assessor aus dem Staatsdienst entlassen, dann Advokatanwalt in Verviers, später in Darmstadt), verheiratet mit Rosalie Franziska „Rose“ Zurstraßen (Fabrikantentochter aus Verviers), Felix Bracht (*1808 †1882, Arzt). (StAD 90010, 0122, 4–1; Most, Geschichte Bd. 2, S. 38; Weidenhaupt, Zeit, S. 165f; Torunsky, Handbuch, S. 72 f.; Schulte, Köpfe, S. 40; Häming (Bearb.), Westfalenparlaments, S. 208; Dvorak, Lexikon, S. 135 f.; Amtsblatt Düsseldorf Nr. 61 (22.9.1834), S. 488, Nr. 6 (27. Januar 1837, S. 32; Croon, Provinziallandtag, S. 68, S. 111; Neuber,
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Anhang
Rechtsanwaltschaft, S. 56; Faber, Rheinlande, S. 161; Monheim, Monheim, S. 159 f.; Spiertz, Groote, S. 235 f.; Rothkranz, Bracht.) (8)
Brewer, Johann Paul (*1783 Düsseldorf, †25.8.1840, kath.)
Professor, Stadtrat 1819–1825.
Studium der Rechtswissenschaften, Mathematik, Altertumswissenschaften u. a. in Heidelberg, Göttin gen und Paris, ab 1803 Professor am Lyceum, dann am Gymnasium in Düsseldorf (Mathematik, Naturlehre und Astronomie), Einrichtung einer Sternwarte im Jesuitenkloster, Übersetzung von Cicero u. a. Ruhestand 1837. Mitglied der Theaterintendanz, Vorsitzender der Armenverwaltung 1825.
Mitgliedschaften: Gesellschaft zur Beförderung der Künste und Gewerbe. Familie: Sohn von Franz Brewer (Appellationsgerichtsrat) und Anna Maria Rappard, unverheiratet. (Zivilstandsregister Düsseldorf S 652/1840, StAD 0122, 4–1; 90010; Most, Geschichte Bd. 2, S. 38; Faber, Rheinlande, S. 95, S. 265, S. 299; Beusch, Standespolitik, S. 186; Mindel, Wegweißer, S. 35; Hof- und Staatskalender (1802), S. 275; Gersmann/Langbrandtner, Lebenswelten, S. 304.) (9)
Burmann, Friedrich (ev.) Kaufmann, Ökonom, Stadtrat 1835–1840, Beigeordneter 1840–1843, zahlte 1835 30 Taler Grund-, 8 Taler Klassen- und 4 Taler Einkommenssteuer
(StAD 90012, 90013; Most, Geschichte Bd. 2, S. 38, S. 41; Amtsblatt Düsseldorf Nr. 73 (15.11.1834), S. 580.) (10) Buscher, Wilhelm
Bäcker, Stadtrat 1821–1825.
(StAD 90010; Most, Geschichte Bd. 2, S. 38.) (11) Camphausen, Johann Wilhelm Friedrich (*28.9.1781 †8.2.1818 Düsseldorf, ev.)
Kaufmann, Stadtrat 1806–1814.
Inhaber einer Rohseidenhandlung in Heydweiller, Tabakfabrikation um 1810–1820.
Mitgliedschaften: Freimaurer Zum heiligen Joachim (1806), Handlungsvorstand. Familie: Sohn von Wilhelm Franz Camphausen (*1749 Wickrath) und Ida Wilhelmina Quast, Bruder Heinrich Camphausen (*1787, Kaufmann), verheiratet mit Anna Ursula Böhner (*1796, kath.). Ehe am 23. September 1815 mit Elisabeth Bernhardina von Ammon, Tochter des Stadtrats Johann Georg von Ammon und der Bernhardina Henriette von Oven. Sohn Wilhelm Heinrich Camphausen (*1818 †1885, Maler, Kunstprofessor), verheiratet mit Antonie Gabriele Niemeyer. (Zivilstandsregister Düsseldorf H 142/1815, 200/1819, S 84/1818, StAD 9008, 90010; Adressbuch 1813, S. 108; Adressbuch 1820, S. 59; Amtsblatt Köln Nr. 48, (27.11.1832), S. 406; Mindel Wegweißer, S. 40; Albrecht, Handelskammer, S. 11; Jong, Freimaurer, S. 28, vgl. Daelen, Camphausen und http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (12) Cantador, Johann Joseph (*11.9.1779 Düsseldorf, kath.)
Kaufmann, Stadtrat 1829–1831.
Inhaber des Galanteriehandel Gebr. Cantador ab 1810.
Akteure
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Familie: Kaufmannsfamilie aus Piemont, Sohn von Seidenwarenhändler Anton Cantador und Maria Catharina Küpper. Bruder und Geschäftspartner Georg Cantador (*1767). Schwester Elisabetha Cantador (*1766), verheiratet mit Joann Jacob Farina (*1769, Kaufmann), Bruder des Stadtrats Julius Cäsar Farina. Ehe am 23. August 1804 mit Catharina Rettig, Tochter von Francisci Rettig und Rosae Custol. Sohn Laurenz Cantador (*1810 †1883 New York, Tuchhändler und Revolutionär), Sohn Augustin Cantador (*1814, Regierungsregistrator 1844). (StAD 90011, Most, Geschichte Bd. 2, S. 38, vgl. Küntzel, Cantador; Augel, Einwanderung, S. 351. vgl. http:// www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (13) Carstanjen, Eduard Friedrich Wilhelm (*22.5.1755 Duisburg, †10.7.1837 Duisburg)
Kaufmann, Stadtrat 1808–1814. Ab 1780 in Düsseldorf lebend, Inhaber einer Strumpfmanufaktur mit Stadtrat Johann Wilhelm Ronstorff in Homberg bis 1791, Fabrikation von Schreibfedern, Anlegung einer Zitz- und Kattunfabrik zu Düsseldorf (Pempelfort) 1802/04, Inhaber einer Druckerei 1813.
Mitgliedschaften: Freimaurer Zu den drei Verbündeten, Handlungsvorstand. Familie: Sohn von Martin Carstanjen (*1727 †1791, Kaufmann) und Anna Katharina Striebeck, Brüder Gerhard Wilhelm Carstanjen (*1753 †1817, Tuchfabrikant in Eupen), Johann Heinrich Carstanjen (*1757 †1815, Kaufmann in Mülheim), Conrad Jakob Carstanjen (Arzt, Professor), verheiratet mit Johanna Charlotte Schaumburg (Tochter des Duisburger Bürgermeisters), Johann Arnold Carstanjen (Kaufmann, Tabakgroßhandel in Duisburg), Schwester Anna Luisa Carstanjen, verheiratet mit Johann Abraham Nierstraß (*1771 †1864, Kaufmann und Stadtrat in Köln). Ehe am 26. Mai 1782 mit Johanna Elisabeth Nierstraß, Tochter von Abraham Nierstraß (*1722 †1804) und Maria Elisabeth von Auer, Schwester seines Schwagers. Sohn Wilhelm Abraham Carstanjen (Kaufmann, *1783 †1806), verheiratet mit Henriette Wilhelmina Harkort, Tochter von Johann Caspar Harkort (IV.) und Henrietta Katharina Christina „Jettchen“ Elbers, Tochter Carolina Maria Carstanjen, verheiratet mit Johann Peter Adolf Schriever. Trauzeuge bei der Eheschließung der Tochter von Stadtrat Johann Wilhelm Ronstorff. (StAD 9008, 90010; Zivilstandsregister Düsseldorf H 98/1824; Vogt, Carstanjen; Carstanjen, Carstanjen; Mindel Wegweißer, S. 40; Adressbuch 1813, S. 108 und 117; Adressbuch 1820, S. 59.) (14) Caspars, Wilhelm (*Düsseldorf)
Kaufmann, Stadtrat 1823–1827.
(StAD 90010; Most, Geschichte Bd. 2, S. 38.) (15) Classen, Jacob
Kaufmann, Stadtrat 1829–1833.
Inhaber einer Specerey-, Colonial- und Ellenwarenhandlung, Mitglied der Kommission zur Festlegung der Brottaxe 1833.
(StAD 0122, 4–1; 90011; Most, Geschichte Bd. 2, S. 38; Adress-Buch 1833, S. 6.)
552
Anhang
(16) Collenbach, H. Freiherr von
Kammerdirektor, Stadtrat 1806–1813.
(StAD 9009, 90010.) (17) Conen, Gerhard (*5.4.1778 Hamm, †5.9.1860 Hamm, ev.)
Kaufmann, Gärtner, Gutsbesitzer (Hamm), Stadtrat 1831–1835, zahlte 1833 6 Taler Grund-, 4 Taler Klassen-, 3 Taler Einkommenssteuer.
(StAD 0122, 4–1, 90011; Most, Geschichte Bd. 2, S. 38.) (18) Coninx, Carl Peter Heinrich (*3.7.1799 Geldern, †21.8.1867 Düsseldorf, kath.)
Notar, Justizrat, Stadtrat 1835–1845. Notar in Düsseldorf um 1815, zahlte 1833 141 Taler Grund- und 37 Taler Einkommenssteuer, Roter Adler-Orden 4. Klasse (1842).
Familie: Sohn von Norbert Coninx (Stadtsyndicus in Geldern) und Josine Moers. Ehe am 3. Juli 1828 in Ratingen mit Franziska Petronella Wilhelmina Dewies, Tochter von Bartholomäus Heinrich Dewies (*1779 Gerichtsschreiber) und Maria Catharina Theresia Fowinkel. Sohn Ferdinand August Karl Coninx (Landgerichtsreferendar in Düsseldorf), Sohn Julius Theodor Coninx (*1834 †1908, Fabrikant), Tochter Auguste Hubertine Coninx, verheiratet mit Gustav Joseph Pfeffer (Landgerichtsdirektor), Tochter Adele Josephine Coninx, verheiratet mit Franz Heinrich Courth, Sohn des Stadtrats Andreas Courth. (Zivilstandsregister Düsseldorf S 1109/1867, StAD 0122, 4–1, 90011, 90013; Most, Geschichte Bd. 2, S. 38; vgl. https://www.westfaelische–geschichte.de/per7740 abgerufen am 15.7.2019; Amtsblatt Düsseldorf Nr. 36 (20.7.1846), S. 339; Allgemeine preußische Staats–Zeitung Nr. 326 (24.11.1842); vgl. Romeyk, Rheinprovinz, S. 577; Straubel, Handbuch, S. 178, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (19) Courth, Andreas (*1779 oder 1781 Vettweis, †17.3.1867 Düsseldorf, kath.)
Advokatanwalt, Stadtrat 1829–1831, 1835–1845. Assessor am Kreisgericht Kleve, Advokat ab 1806, Advokatanwalt ab 1809, Advokatanwalt am Landgericht Düsseldorf 1820–1860.
Familie: Sohn von Heinrich Courth (Gutsbesitzer in Vettweis) und Gertrude Koch. Ehe mit Catherine Ludmille Pael, Sohn Johann August Courth (*1826 †1903, Justizrat, Burschenschaftler, Stadtrat ab 1846 1. Klasse), verheiratet mit Berta Mary Jakobine Coninx, Sohn Franz Heinrich Courth (*1829 †1907, Advokatanwalt, Stadtrat, Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Düsseldorf 1875–1888), verheiratet mit Adele Josephine Coninx, Töchter des Stadtrats Carl Peter Heinrich Coninx. (Zivilstandsregister Düsseldorf S 420/1867; StAD 0122, 4–1, 90011; Most, Geschichte Bd. 2, S. 38; Neuber, Rechtsanwaltschaft, S. 57; Torunsky, Handbuch, S. 105; Amtsblatt Cleve Nr. 30 (15.7.1820), S. 235; Amtsblatt Düsseldorf Nr. 23 (14.4.1835), Nr. 45 (31.7.1860), S. 444, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (20) Cremer
Advokatanwalt, Stadtrat 1819–1821.
(StAD 90010, 0122, 4–1; Most, Geschichte Bd. 2, S. 38.)
Akteure
553
(21) Custodis, Leopold Wilhelm (*1763 Düsseldorf, †7.2.1837 Düsseldorf, kath.)
Rechnungsrat, Stadtrat 1819–1824, erster Beigeordneter und provisorischer Oberbürgermeister 1824– 1825.
Kommissar an der jülich-bergischen Rechnungskammer, Steuerregistrator 1806, Mitglied der Theaterintendanz, Initiator der Sparkasse und der Leihanstalt, Hypothekenamtsassistent.
Familie: Sohn von Ferdinand Wilhelm Custodis und Sophia Englertz/Eylertz, Bruder Franz Wilhelm Custodis (*1746 †1835, Geheimsekretär und Steuerregistrator), Neffe Franz Bernhard Carl Nepomuk Custodis (*1775, Hauptkassenrendant), in erster Ehe verheiratet mit Margarethe Franziska Köhler, in zweiter Ehe 1825 verheiratet mit Helen Florentine Josepha Obrien (*1773 Derendorf), Tochter des „Jagdsekretärs“ Carl Obrien und Sophie Heumann. Ehe am 12. September 1795 mit Maria Josepha Margaretha Graaff. Sohn Franz Wilhelm Gustav Custodis (*1810, Notar in Köln), verheiratet mit Susanne Elisabeth Müller. (StAD 90010, 0122, 4–1; Zivilstandsregister Düsseldorf S 102/1837, H 126/1824; Most, Geschichte Bd. 2, S. 32 f.; Hof- und Staatskalender (1800), S. 309; Amtsblatt Düsseldorf Nr. 40 (27.7.1839); Ferber, Wanderung, S. 31, S. 38.) (22) Dahmenhaus, Johann Heinrich jun. (*um 1779, ev.)
Kaufmann, Stadtrat 1838–1845.
Handel mit Kunst- und Nürnberger-Waren 1810, dann mit Stahl-, Eisenwaren und Schreibmaterialien, zahlte 1835 49 Taler Grund-, 12 Taler Gewerbe- und 12 Taler Einkommenssteuer.
Mitgliedschaften: Karnevalsgesellschaft (Vorstandsmitglied 1844). (StAD 90012; Most, Geschichte Bd. 2, S. 38.; Archiv für das Zivil- und Kriminalrecht Bd. 39, S. 19; Frohn, Karneval, S. 287.) (23) Degreck, Wilhelm Joseph (*24.2.1771 Ratingen, †21.7.1845 Köln)
Justizrat, Arrondissementrat, erster Beigeordneter und provisorischer Oberbürgermeister 1814–1815.
Advokatanwalt in Düsseldorf, Kanzleiadvokat ab 1793, Richter in Landsberg, Richter am Landgericht Düsseldorf ab 1811, nach 1815 Justizrat am Landgericht Düsseldorf, Appellationsgerichtsrat in Köln ab 1834, Geheimer Justizrat 1841.
Familie: Sohn von Johann Wilhelm Degreck (*1736 †1804, Bürgermeister und Steuerempfänger in Ratingen) und Maria Elisabeth Waldhausen. Ehe am 4. Oktober 1798 in Ratingen mit Elisabeth Steinwartz (Heidelberg), Sohn Johann Wilhelm Joseph Degreck, Sohn Johann Wilhelm Richard Degreck (*1800 †1873, ab 1850 Friedensrichter in Aachen). (StAD 0122, 90010; Zivilstandsregister Köln S 1373/1845; Most, Geschichte Bd. 2, S. 32 f.; Nekrolog 1847, S. 1070– 1073; vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (24) Deus, Friedrich August (*9.1.1798 Haan, †17.9.1878, ev.)
Kaufmann, Fabrikant, Stadtrat ca. 1831–1845.
Inhaber einer Siamoisen-Fabrik und einer Weinhandlung ab 1829, später Inhaber einer Bleiweißfabrik mit seinem Schwager Johann Heinrich Moll und Johann Dinnendahl.
Mitgliedschaften: Verein zur Beförderung des Gewerbefleißes in Preußen, Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahngesellschaft, Rheinisch-westfälische Gefängnisgesellschaft, Handelskammer 1833.
554
Anhang
Familie: Sohn von Johann Peter Deus (*Solingen, Kaufmann) und Maria Wilhelmina Burghoff (*Mettmann), Schwester Friederika Antoinette Deus, verheiratet mit Johann Philipp Westhoff (ev. Pfarrer), Schwester Christina Henriette Deus, verheiratet mit Johann Heinrich Moll, Bruder seiner Ehefrau. Ehe am 10. Mai 1819 mit Maria Anna Moll (*1799 Mülheim), Tochter des Kaufmanns Johann Heinrich Moll und der Anna Katharina Wilhelmina Klein. Schwager von Johannes von der Heydt (*1783 Elberfeld) und Johann Hermann Opderbecke (*1786 Mülheim, Ölmühlenbesitzer). Sohn Heinrich Otto Deus (*1824 †1892, Kaufmann), verheiratet mit Marie Luckemayer, Tochter von Stadtrat Carl Luckemeyer, Tochter Laura Deus, verheiratet mit Rudolph Leonhard von Beckerath (*1833 †1888, Krefeld, Sohn von Wilhelm von Beckerath und Amalia Wolff). (StAD 90011, 0122, 4–1; Adressbuch 1833, S. 13 und S. 17; Verhandlungen Bd. 15 (1836), S. 8; Behrens, Dinnendahl, S. 103 f.; Amtsblatt Düsseldorf Nr. 42 (2.7.1834), S. 371; Allgemeines Organ für Handel und Gewerbe (5.11.1835); vgl. https://wesendonck.blogspot.com/2012/09/otto–deus.html; vgl. http://www.familienbuch-euregio. de abgerufen am 13.4.2018.) (25) Dietze, Karl Wilhelm Gottfried (*3.9.1791 Elberfeld, †21.3.1864 Düsseldorf, ev.)
Rentier, Mitglied des Frankfurter Vorparlaments, Stadtrat 1838–1845, ab 1846 (1. Klasse), provisorischer Oberbürgermeister in der Nachfolge von Fuchsius 1848/1849.
Mitglied der Schulkommission, der Kommission zur Veröffentlichung der Stadtratsprotokolle 1844.
Mitgliedschaften: Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahngesellschaft, Düsseldorfer Feuerversicherungsgesellschaft (Direktion 1840). Familie: Sohn von Gottlob Benjamin Dietze (Kaufmann) und Anna Maria Peill (Köln). Ehe am 15. Dezember 1814 in Elberfeld mit Luisa Helena von Carnap, Tochter des Elberfelder Bürgermeisters Caspar von Carnap (*1755 †1823) (StAD 90012, 90013; Most, Geschichte Bd. 2, S. 39; Allgemeines Organ für Handel und Gewerbe Nr. 31, (12.3.1840, S. 1; Justiz-Ministerialblatt für die preußische Gesetzgebung und Rechtspflege Nr. 26 (2.7.1847), S. 188; Droste, Selbstverwaltung, S. 22, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (26) Doering, Johann Emanuel Philipp (*Pempelfort)
Bergrat, Beigeordneter und Zivilstandsbeamter 1823–1828.
Familie: Ehe mit Charlotte Ernestine Kruse, Sohn Johann Ludwig Theodor Doering (*1800), verheiratet mit Theresia Hoffmann, Tochter des Koblenzer Stadtrats Johann Peter Hoffmann. (StAD 90011, 0122, 4–1; Zivilstandsregister Koblenz H 109/1828, 89/1829 und 179/1835.) (27) Dorsten, Johann Rutger Ambrosius von (*1744 Wassenberg, †17.4.1829 Düsseldorf, kath.)
Regierungsrat, Stadtrat 1814–1819.
Familie: Sohn von Caspar Ludwig von Dorsten (Obersteuereinnehmer und Richter der Herrschaft Neuenburg) und Marie Agnes Siegers. Ehe mit Amalie von Kesseler. (Zivilstandsregister Düsseldorf S 248/1829, StAD 0122, 4–1; 90010; Most, Geschichte Bd. 2, S. 38.) (28) Dübbers, Anton Joseph (*um 1783, kath.)
Bäcker, Bierbrauer, Stadtrat 1840–1845.
Akteure
555
Familie: Sohn von Gerhard Dübbers (Brauer und Bäcker) und Anna Maria Müller. Schwester Anna Maria Christina Dübbers, verheiratet mit Philipp Jacob Joseph Schmitz (Goldarbeiter), Sohn des Kaufmans Servaz Schmitz und der Anna Maria Volcks. Bruder Gerhard Joseph Dübbers (*1787), verheiratet mit Marie Gertrud Wenders, Tochter des Bierbrauers Andreas Wenders. (StAD 90014; Zivilstandsregister Düsseldorf S 40/1830, H 162/1814, 86/1819; Most, Geschichte Bd. 2, S. 38; Wohnungsanzeiger 1850, S. 41.) (29) Ebermayer/Ebermaier, Karl Heinrich (*1802 Rheda, †1.1.1870 Düsseldorf, ev.)
Arzt, Kreisphysikus, Medizinalrat, Stadtrat 1838–1840. Studium in Bonn und Berlin, Arzt in Düsseldorf ab 1825, Armenarzt ab 1826, Kreisphysicus ab 1827, ärztliche Aufsicht des Arresthauses 1828, Mitglied der Sanitätskommission, wurde 1831 von der Regierung zum Studium der Cholera nach Berlin und Magdeburg entsandt und zeitweilig angestellt, Hospitalarzt ab 1832, Leitung des Max-Joseph-Krankenhaus, jährliches Gehalt 1823: 23 Taler als Armenarzt, 1833: 50 Taler als Hospitalarzt, verfasste mehrere medizinische Publikationen.
Familie: Sohn von Johann Christoph Edwin Ebermaier (*1769 †1825, Medizinalrat in Kleve, ab 1821 in Düsseldorf) und Clara Margarethe Christiane Speebödl, Bruder Friedrich Wilhelm Ebermaier (*um 1816 Oberprokurator in Elberfeld), Bruder Carl August Ebermaier (*um 1819, Arzt). (StAD 0122, 4–1; 90012; LHAK 407 30; Most, Geschichte Bd. 2, S. 39; Dross, Krankenhaus, S. 302; Schwinning, Choleraepidemie.) (30) Els, Peter Joseph Ludwig Theodor Hubert van (*um 1780, †16.9.1840, kath.)
Kaufmann, Stadtrat 1833–1840.
Handel mit Kolonialwaren, Likören und Mineralwasser, zahlte 1833 57 Taler Grund-, 18 Taler Gewerbeund 15 Taler Einkommenssteuer.
Mitgliedschaften: Handelskammer. Familie: Sohn von Theodor van Els (Kaufmann) und Clara Rudesheim. Ehe mit Anna Maria Haag. (Zivilstandsregister Düsseldorf S 696/1840, StAD 0122, 4–1; 90012; Most, Geschichte Bd. 2, S. 39; Amtsblatt Düsseldorf Nr. 65 (16.10.1835); Mindel, Wegweiser, S. 41; Albrecht, Handelskammer, S. 30–35; Adress-Buch 1833, S. 6.) (31) Eyckeler, Theodor
Gutsbesitzer in Hamm, Stadtrat 1810–1813, 1825–1831.
(Most, Geschichte Bd. 2, S. 39; Adressbuch 1813, S. 108.) (32) Farina, Julius Cäsar (*um 1751, †um 1829, kath.)
Kaufmann, Stadtrat 1809–1819. Handel mit französischer und englischer Byjouterie, Galanterie und Quincallerie, galt 1798 als Wortführer der Opposition, zahlte 1826 30 Taler Einkommenssteuer.
Familie: Sohn von Carl Maria Farina und Franziska Barbieri, Bruder von Joann Maria Jacob Farina (*1761 Piemont), in erster Ehe verheiratet mit Elisabetha Cantador, Schwester von Stadtrat Johann Joseph Cantador, in zweiter Ehe verheiratet mit Maria Gertrud Fowinkel (*1789 Ratingen).
556
Anhang
(StAD 90010; Most, Geschichte Bd. 2, S. 39; Steimel, Köln, S. 75 f., Tafel 49; Henning, Wirtschaft, S. 154; Augel, Einwanderung, S. 140; Adressbuch 1813, S. 108, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (33) Felderhoff, Friedrich (ev.)
Lanbauinspektor, Stadtrat 1821–1825, ca. 1838–1845.
Familie: Ehe mit Henrietta von der Weyhe/Wayhe (†1845). Sohn Carl Felderhoff (*um 1820, Referendar), Sohn Friedrich Moritz Felderhoff (*um 1825 †1845). (Zivilstandsregister Düsseldorf S 687/1845, 741/1845, StAD 0122, 4–1; 90010; Most, Geschichte Bd. 2, S. 39.) (34) Franz, Wilhelm Gottfried Sigismund von
bayr. Geheimrat, Stadtrentmeister, Stadtrat 1814–1825, Beigeordneter 1825–1829 (selten anwesend).
Familie: Ehe mit Anna Clara Henriette von Hagens, Schwager von Stadtrat Heinrich Jacob Maurenbrecher. Sohn Jacob von Franz (*um 1801 Stadtrentmeister). (Zivilstandsregister Düsseldorf S 43/1854, StAD 0122,4–1; 90010; Most, Geschichte Bd. 2, S. 38.) (35) Fuchsius, Johann Joseph Goswin Maria von (*27.6.1793 Düsseldorf, †9.9.1854 Düsseldorf)
Rendant des Haupt-Stempel-Depots, Regierungssekretär, erster Beigeordneter und provisorischer Oberbürgermeister 1833–1845, Oberbürgermeister 1846–1848.
Mitgliedschaften: Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahngesellschaft, Verein zur Beförderung der Arbeitsamkeit. Familie: Sohn von Johann Engelbert (Freiherr) von Fuchsius (geb. von Voss *1754 †1828, Staatsrat, Präsident des Appellationsgerichtshof Düsseldorf 1812–1819) und Maria Elisabeth Wilhelmina Walburga Paeffgens (*1865 †1823), Bruder Carl Clemens Franz Anselm Joseph Maria von Fuchsius (*1788, Appellationsgerichtsrat in Köln), verheiratet mit Marie Anne Henriette Aldenhoven (Tochter des Tribunalsekretärs Heribert Aldenhoven und Anne Maria Schieffer), Schwester Johanna Wilhelmine Josephine Maria von Fuchius, verheiratet mit Conrad Carl Ignatz Barutzky (Steuerempfänger). Ehe 1821 mit Maria Gertrud Adelheid Stammel. Sohn Engelbert Maria Hubert von Fuchsius (*1822 †1870). (LA NRW R, Reg. Düsseldorf 967, 629; StAD 0122, 4–1; 90012, 90013, 90014; Zivilstandsregister Düsseldorf S 741/1854, H 202/1819; Most, Geschichte Bd. 2, S. 32 f.; Kneschke, Wappen, S. 137.) (36) Gangelt
Gutsbesitzer, Stadtrat 1808–1819.
(Most, Geschichte Bd. 2, S. 39; Adressbuch 1813, S. 108.) (37) Göring, Peter (*23.2.1784 Wesel, †12.5.1862 Düsseldorf)
Tuchfabrikant, Hüttenbesitzer, Gutsbesitzer, Stadtrat 1827–1845. Inhaber einer Woll- und Casimirfabrik in Düsseldorf 1816–1833, dann Investition in die Hütten Graf Beust und Helene Amalie in Essen 1833, Teilhaber der Eisenhütte Friedrich Wilhelm in Mülheim an der Ruhr von Johann Dinnendahl 1837, Reisen nach England, Teilhaber von Erzgruben im Siegerland, Gründung der Gewerkschaft (Wilhelm) Stein & Göring, Bau eines Hüttenwerks in Duisburg 1851 und
Akteure
557
Gründung der Gewerkschaft niederrhein. Hütte, zahlte 1833 72 Taler Grund-, 30 Taler Gewerbe- und 45 Taler Einkommenssteuer. Mitgliedschaften: Mülheimer Hafenaktienverein, Rheinisch-westfälische Gefängnisgesellschaft, Handelskammer. Familie: Sohn von Christian Heinrich Göring (*1740 †1805, Richter in Emmerich) und Elisabeth Bernhardine Lüps, Neffe von Stadtrat Gerhard Jakob Adolphi. Ehe 1816 mit Catharina Lüps, Tochter des Tuchfabrikanten Matheus Lüps (*1737 Orsoy) und Johanna van Arnhem. Sohn Matthias Heinrich Göring (*1823), verheiratet mit Charlotte Stein, Tochter von Johann Peter Stein. Trauzeuge bei der Eheschließung der Schwester von Stadtrat Gerhard Schombart. (StAD 90011, 0122, 4–1; Zivilstandsregister Düsseldorf H 129/1821; Most, Geschichte Bd. 2, S. 39; RWWB 11); Gerstein, Göring, S. 528 f.; Albrecht, Handelskammer, S. 30–35; Adress-Buch (1833), S. 7; Amtsblatt Düsseldorf Nr. 42 (2.7.1834), S. 371, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (38) Götzen, Johann (*um 1783)
Kaufmann, Stadtrat 1831–1838.
Inhaber einer Holz- und Kohlehandlung, zahlte 1833 95 Taler Grund-, 18 Taler Gewerbe- und 18 Taler Einkommenssteuer.
(StAD 90011, 0122, 4–1: Most, Geschichte Bd. 2, S. 39.) (39) Großmann, Joseph (*um 1797, kath.)
Geometer, Kaufmann, Stadtrat 1838–1840.
(StAD 0122, 4–1, 90012; Most, Geschichte Bd. 2, S. 39.) (40) Hartmann, Johann Theodor
Kaufmann, Stadtrat um 1812–1814.
Mitglied der Kommission zur Festlegung der Brottaxe 1833.
Mitgliedschaften: Handelskammer. (StAD 90010; Adressbuch 1813, S. 108, S. 118; Albrecht, Handelskammer, S. 30–35; Adress-Buch (1833), S. 6; Adreß-Kalender 1820, S. 61.) (41) Heister, Joseph Eugen Jakob von (*um 1795)
Hofrat, Gutsbesitzer in Hansmanshausen (Gut Anger), Stadtrat 1819–1822, vierter Beigeordneter 1834, zahlte 1835 6 Taler Einkommenssteuer.
Familie: Ehe am 6. August 1827 mit Maria Anna Josepha Hubertine Walburgis Freiin von Kylmann, Tochter von Appellationsgerichtspräsident Johann Theodor Jakob von Kylmann (*1751 †1837, Huldigungsteilnehmer 1815) und Wilhelmina Augusta von Brée, Schwager von Franz Adolph Hubert Freiherr von Eynatten (*1801 Heinsberg, Leutnant). Tochter Amalie von Heister, verheiratet mit Jakob Raitz von Frentz (*1826 †1884, Landrat in Koblenz). (StAD 0122, 90010; Zivilstandsregister Düsseldorf H 178/1829, 221/1830; Most, Geschichte Bd. 2, S. 39; Kneschke (Hg.), Adelslexicon, S. 285; Amtsblatt Düsseldorf Nr. 73 (15.11.1834), S. 580.)
558
Anhang
(42) Heubes, Carl
Dritter Beigeordneter 1814–1818, Stadtrat 1818–1822.
Pächter der Platzmühle am Paradeplatz.
(StAD 0122, 90010; Most, Geschichte Bd. 2, S. 38; Mindel, Wegweißer, S. 10; Öffentlicher Anzeiger Düsseldorf Nr. 84 (19.9.1829).) (43) Hoffmann, E.
Advokatanwalt, Substitut-Prokurator, Beigeordneter 1819–1822.
(StAD 90010; Most, Geschichte Bd. 2, S. 35.) (44) Hoffmann, Friedrich Heinrich jun.
Kaufmann, Bankier, Departementsrat 1811, Stadtrat 1806–1821.
Teilnehmer der Huldigung Friedrich Wilhelms III. 1815 mit Freiherr von Kylmann, Mitglied der Mahlund Schlachtsteuerkommission 1820.
Mitgliedschaften: Handlungsvorstand. (StAD 9008, 90010; Most, Geschichte Bd. 2, S. 39; Adressbuch 1813, S. 108, S. 119; Adressbuch 1820, S. 61; Ferber, Wanderung, S. 17; Mindel, Wegweißer, S. 40.) (45) Hopfensack, Carl
Kaufmann, Stadtrat 1806–1819.
Mitglied der Huldigungsdeputation 1815 mit Staatsrat Linden.
Mitgliedschaften: Handlungsvorstand, Gesellschaft zur Beförderung der Künste und Gewerbe. (StAD 90010; Most, Geschichte Bd. 2, S. 39; Mindel, Wegweißer, S. 35 und S. 40.) (46) Hövel, Karl Hermann (*1784, †1869, ev.)
Kaufmann, Stadtrat 1829–1833.
Spedition und Kommissionshandel, Mitglied der Octroikommission 1831, der Steuerkommission 1834.
Mitgliedschaften: Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahngesellschaft. (StAD 0122, 4–1; 90011; Most, Geschichte Bd. 2, S. 39; Allgemeines Organ für Handel und Gewerbe 6 (1840), S. 2.) (47) Jacobi, Johann Peter Eduard (*19.5.1760 Düsseldorf, †5.8.1830 Düsseldorf, ev.)
Arrondissementsrat 1811, Regierungsrat 1817, Stadtrat 1808–1819.
Mitgliedschaften: Vorsteher des Handlungsvorstands 1817. Familie: Sohn von Johann Konrad Jacobi (*1715 †1788, Kaufmann) und Maria Katharina Lausberg, erste Ehe des Vaters mit Johanna Maria Fahlmer, mehrere Halbbrüder, u. a. Johann Georg Jacobi (*1740 Dichter/Publizist). Erste Ehe am 1. Mai 1794 mit Helena Sophia von Clermont, Tochter von Johann Arnold von Clermont und Maria Sophia Elisabeth Emminghaus, Schwager von seinem Halbcousin Johann Friedrich Jakobi (*1765 †1831, stellver. Präfekt in Aachen, Sohn von Friedrich Heinrich Jacobi *1743 †1819, Professor in München und Helena Elisabeth Clermont), zweite Ehe 1801 mit Elisabeth Nonnen, Tochter von Engelbert Nonnen und Anna Osborne (Liverpool).
Akteure
559
(StAD 90010; Most, Geschichte Bd. 2, S. 39; Hammacher, Jacobi, S. 28; Adressbuch 1813, S. 108; Mindel, Wegweißer, S. 40, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (48) Jansen
Regierungssekretär, Hypothekenverwalter, Stadtrat 1814–1825 (Entlassungsgesuch).
Bis 1813 Domänen- und Stempelempfänger zu Düsseldorf.
(StAD 0122, 4–1; 90010; Most, Geschichte Bd. 2, S. 39.) (49) Jörrisen, Johann Ludwig Heinrich Hubart Anton Josef Cornill (*29.6.1789 Sittard/Niederlande, †21.9.1863 Düsseldorf, ev.)
Rendant, Obersteuerkontrolleur, Rittergutsbesitzer (Millen/Heinsberg), stellvertretender Provinziallandtagsabgeordneter 1833 2. Stand/Düsseldorf, Stadtrat 1827–1831.
In Düsseldorf ab 1818, Haupt-Steuer-Amts-Rendant bis 1856, Roter Adlerorden 4. Klasse (1856).
Familie: Sohn von Johann Peter Urban Jörissen (*1766 †1812, Steuereinnehmer) und Johanna Maria Franziska Xaveria Dortans, Bruder Gustav Jörissen (*1799 †1865, Advokatanwalt, Gutsbesitzer in Aachen), verheiratet mit Elisabeth Haan (Tochter des Weinhändlers Jakob Haan und der Maria Angela Franziska Bürgers), Schwager von Cornelia von Lommessem, Tochter des Aachener Stadtrats Gerhard Franz von Lommessem. Ehe am 29. September 1835 mit Amalie Elisabeth Odilie von Lesecque, Tochter von Joseph Marie Ignatz Richard Appolinar Jacob von Leseque (Oberpostkommissar) und Maria Elisabeth Josepha Gertrude Philippine von Wecus, Trauzeuge Stadtrat Engelbert Schramm (ohne Angabe). (Zivilstandsregister Düsseldorf H 198/1835; StAD 0122, 4–1; 90011; Most, Geschichte Bd. 2, S. 39; Torunsky, Handbuch, S. 237 f., vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (50) Josten, Johann Lambert Joseph (*um 1764 Düsseldorf)
Advokatanwalt, Justizrat, Stadtrat 1818–1820, erster Beigeordneter und provisorischer Oberbürgermeister 1820–1822.
Assessor an der jülich-bergischen Hofkammer in den 1790er Jahren, später Friedensrichter zu Lennep, dann zu Bedburdick.
Mitgliedschaften: Rheinisch-westfälische Gefängnisgesellschaft. Familie: Sohn von Johann Stephan Josten (kurbayr. Kanzlist). (StAD 0122, 90010; Most, Geschichte Bd. 2, S. 35; Niederrheinisch-Westphälischer Kreis-Kalender (1792), S. 163; Neuber, Rechtsanwaltschaft, S. 67; Lohausen, Zivilgerichte, S. 169; Amtsblatt Düsseldorf Nr. 42 (2.7.1834), S. 371.) (51) Juppen, Joseph
Kaufmann, Beigeordneter 1819–1828.
Mitgliedschaften: Handelskammer. (StAD 0122, 90010; Most, Geschichte Bd. 2, S. 35; Albrecht, Handelskammer, S. 30–35; Amtsblatt Düsseldorf Nr. 12 (5.3.1838).)
560
Anhang
(52) Kahler, Karl
Apotheker, Stadtrat 1819–1823.
Mitgliedschaften: Kreisdirektor des Apothekervereins. Familie: Ehe mit Elisabeth Nebe, Tochter von Friedrich Nebe (Rechnungsverhörer) und Therese Wilkens/Wilcken (Tochter des ehemaligen Hofapothekers), Schwager Conrad Nebe (Apotheker in Düsseldorf) und Franz Nebe (Arzt in Dülken). (StAD 0122, 90010; Most, Geschichte Bd. 2, S. 39; Brandes, Archiv (1830), S. 318 f.; Amtsblatt Düsseldorf Nr. 23 (1842), S. 165.) (53) Kisselstein
Rentier, Stadtrat 1828–1833.
Steuerempfänger bis 1813.
(StAD 0122, 4–1; 90011; Most, Geschichte Bd. 2, S. 39.) (54) Klüber, Friedrich Adolph (*13.2.1793 Erlangen, †5.3.1858 Karlsruhe)
Regierungsrat, Mitglied der Ersten Kammer der badischen Ständeversammlung 1845–1848/49, Oberbürgermeister 1824–1828.
Angestellter bei der Steuerdirektion in Köln, Regierungsrat in Düsseldorf 1817–1824, badischer Legations- und Kabinettsrat ab 1832, Rückzug aus dem Staatsdienst als Geheimer Rat 1839, außerordentliches Mitglied des Staatsrats 1845, Minister der Auswärtigen Angelegenheiten und des Großherzoglichen Hauses 1849–1850, Ruhestand 1850.
Familie: Sohn von Johann Ludwig Klüber (*1762 †1837, Rechtsprofessor in Baden) und Christiane Zeize. Erste Ehe 1821 mit Maria Gertrud Petronella Jacobina Overlack (†1830), zweite Ehe 1831 mit Dorothea Heimbertine Hintze, Sohn Robert Ludwig Anton Klüber (preußischer Offizier, 1874 nobilitiert), Sohn Friedrich Carl Klüber (*1833 †1908, preußischer Offizier), Sohn Adolf Johann Philipp Klüber (*1844 †1895, Hofmarschall). (StAD 90011; LHAK 403 4164; Most, Geschichte Bd. 2, S. 32 f.; Mager, Klüber; Eisenhart, Klüber.) (55) Köhler, Peter (kath.)
Architekt, Stadtrat 1808–1821.
Hofmaurermeister, Baupolizeikommission 1810, ab 1814 Baumeister.
Familie: Ehe mit Helene Burgwinkel. Tochter Anna Katharina Elisabeth Köhler, verheiratet mit Stadtrat Vitus Pütz. (StAD 9009, 90010; Zivilstandsregister Düsseldorf S 101/1831, H 104/1819, H 126/1824; Most, Geschichte Bd. 2, S. 39; Adressbuch 1813, S. 108; Weidenhaupt, Zeit, S. 354 f.) (56) Könen, Gerhard (*um 1785 Hamm, kath.)
Kaufmann, Stadtrat 1831–1835, 1840–1845 (nicht anwesend).
(StAD 90013, 0122, 4–1.)
Akteure
561
(57) Lacomblet, Johann Franz jun. (*1771, †11.6.1852 Düsseldorf, kath.)
Cafétier, stellvertr. Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Düsseldorf 1830–1841, Stadtrat 1819–1828.
Inhaber des Kaffeehauses Lacomblet & Dörr auf dem Marktplatz, „das zu allen Zeiten des Tages von gebildeten Fremden und Einheimischen zahlreich besucht wird und wo jeder […] eine reiche Auswahl von Journalen und Zeitungen findet, die den Politiker wie den Belletristen und Literator interessieren.“
Mitgliedschaften: Theaterintendanz. Familie: unverheiratet, Sohn von Johann Franz Lacomblet (*1735 †1791, Gastwirt) und Maria Anna Elisabeth Josepha Kick/Kück. Bruder des Stadtrats Theodor Josef Lacomblet, verheiratet mit der Tochter seines Geschäftspartners Georg Gottlieb Dörr. (Zivilstandsregister Düsseldorf S 474/1852, H 146/1822; StAD 0122, 90010; Most, Geschichte Bd. 2, S. 39; Torunsky, Handbuch, S. 275; vgl. Albrecht, Handelskammer, S. 62; Janssen, Lacomblet; Wilhelmi, Panorama, S. 103; Schreiber, Manuel, S. 386.) (58) Lacomblet, Theodor Joseph (*5.12.1789, †18.3.1866 Düsseldorf, kath.)
Archivrat, Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Düsseldorf 1851–1856, Stadtrat 1830–1845, 1849– 1853 (Entlassung wegen Unvereinbarkeit der Ämter).
Studium der Rechtswissenschaften in Düsseldorf, Hofbibliothekar in Bonn, Archivar in Düsseldorf 1821, Archivrat ab 1829, Neuordnung der ehemaligen Territorial- und Klosterarchive Jülich-Berg, Neuordnung der Gemeindearchive ab 1837, Sanitätskommission 1831, Grundsteuerkommission 1834, Baukommission 1836, Schulkommission 1837, Promotion an der Universität Bonn 1843, Kommission zur Veröffentlichung der Stadtratsprotokolle 1844, geheimer Archivrat und Leiter des Provinzialarchivs ab 1861, zahlte 1833 9 Taler Einkommenssteuer, rief 1842 zur Gründung eines Dombauvereins im Herzogtum Berg auf, verfasste mehrere Publikationen, u. a. die 1831 erstmals erschienene Zeitschrift Archiv für die Geschichte des Niederrheins und das Urkundenbuch zur Geschichte des Niederrheins, 4 Bde. 1840–1858, Roter Adlerorden 4. Klasse (1853).
Mitgliedschaften: Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahngesellschaft, Verein zur wechselseitigen Versicherung gegen die Folgen der Cholera (Vorstand), Theaterverein 1832, Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen. Familie: Sohn von Johann Franz Lacomblet (*1735 †1791, Gastwirt) und Maria Anna Elisabeth Josepha Kick/Kück. Ehe am 9. September 1822 mit Friederike Magdalena Elisabeth Dörr, Tochter von Christian Georg Gottfried Dörr, Geschäftspartner seines Bruders Stadtrat Johann Franz Lacomblet jun. und Anna Katharina Bongard. (Zivilstandsregister Düsseldorf S 474/1852, H 146/1822, StAD 0122, 4–1, 90010, 90011, 90012, 90013; LHAK 403 2345; Most, Geschichte Bd. 2, S. 39; Torunsky, Handbuch, S. 275 f.; Harleß, Lacomblet; Hömig, Lacomblet, S. 380 f.; Janssen, Lacomblet.) 59)
Lindgens, Johann Wilhelm (*1792, ev.)1
Gutsbesitzer (Derendorf), stellvertretender Provinziallandtagsabgeordneter 4. Stand/Düsseldorf 1826– 1830, Stadtrat 1819–1821.
(StAD 90010; Most, Geschichte Bd. 2, S. 39.; Torunsky, Handbuch, S. 292.) 1 Vorname ungesichert.
562
Anhang
(60) Luckemeyer, Carl (*1801 Elberfeld, †1875, ev.)
Kaufmann, Kommerzienrat, Beigeordneter 1838–1849. In Düsseldorf ab 1831, Gründung eines Spedition- und Kommissionshandels, Mitglied des EisenbahnKomitees 1833, Dampfschifffahrtsdirektor, Kommerzienrat (1847).
Mitgliedschaften: Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahngesellschaft, Dampfschiffahrtsgesellschaft (Direktion 1836). Familie: Ehe mit Johanna Stein. Tochter Marie Luckemeyer, verheiratet mit Otto Deus, Sohn von Stadtrat Friedrich August Deus, Tochter Agnes gen. Mathilde Luckemeyer, verheiratet mit Otto Friedrich Ludwig Wesendonck (*1815 †1896 Elberfeld), Bruder von Hugo Maximilian Wesendonck (*1817 Elberfeld †1900 New York, linke Fraktion in der Frankfurter Nationalversammlung). (StAD 90013; Most, Geschichte Bd. 2, S. 35; Adress-Buch (1833), S. 14; Allgemeines Organ für Handel und Gewerbe 1 (5.11.1835); Rönz, Wesendonck; Rheinische Lebensbilder 11, S. 236; https://www.der–golzheimer– friedhof–soll–leben.de/person/carl–luckemeyer abgerufen am 20.10.2020.) (61) Masset, Arnold Anton Josef (Taufe 17.10.1776 Herve, †18.9.1830 Geilenkirchen, kath.)
Rentier, Kaufmann, Gutsbesitzer (Teveren), stellvertretender Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/ Düsseldorf 1826–1828, Stadtrat 1809–1814, dritter Beigeordneter 1814–1819.
Familie: Sohn von Arnold Anton Joseph Masset (†1779, Schultheiß) und Martina Holstein. Ehe am 4. April 1811 mit Elisabeth Josepha Schmidt, Tochter von Andreas Schmidt und Gertrude Habbelrath, Trauzeugen: Stadtrat Heinrich Schnabel und Stadtrat Peter Köhler (ohne Angabe). (Zivilstandsregister Düsseldorf H 50/1811; StAD 9009, 90010; Most, Geschichte Bd. 2, S. 39; Torunsky, Handbuch, S. 307; Adressbuch 1810, S. 80 f.; Adressbuch 1813, S. 108; Adressbuch 1820, S. 62.) (62) Maurenbrecher, Heinrich Jacob (*28.11.1779 Düsseldorf)
Oberpostdirektor, Stadtrat 1822–1827.
Familie: Sohn von Johann Wilhelm Maurenbrecher (Oberpostdirektor) und Sibille Elisabeth Nacken, Bruder von Postmeister Peter Wilhelm Maurenbrecher (*um 1778). Ehe am 17. Juli 1815 mit Maria Maximiliane Petronella Francisca Josepha von Hagens, Tochter von Hofrat Erasmus von Hagens und der Therese Ostlender. Schwager von Stadtrat Wilhelm von Franz. (StAD 0122,4–1; 90010; Zivilstandsregister Düsseldorf S 43/1854, H 110/1815; Most, Geschichte Bd. 2, S. 39.) (63) Moers, Georg (kath.)
Hofrat, Stadtrat 1809–1814.
Jülich-bergischer Hofrat um 1795–1800.
(StAD 0122, 4–1, 90010; Adressbuch 1813, S. 108; Hof- und Staatskalender (1797), S. 375.) (64) Molitor, Franz Joseph
Advokatanwalt, Stadtrat 1821, erster Beigeordneter und provisorischer Bürgermeister 1822–1824.
(StAD 90010; Most, Geschichte Bd. 2, S. 39; Weidenhaupt, Zeit, S. 352; Lohausen, Zivilgerichte, S. 68.)
Akteure
563
(65) Nägele, Joseph (†1829)
Arzt, Oberstabsarzt, Stadtrat 1827–1829.
(StAD 90010; Most, Geschichte Bd. 2, S. 39.) (66) Nesselrode-Ehreshoven, Franz Bertram Graf von (*1.12.1783 Düsseldorf, †7.12.1847 Ehrenhoven, kath.)
Rittergutsbesitzer (Gut Wegberg, Kreis Erkelenz), Leutnant, Provinziallandtagsabgeordneter 2. Stand/
Soldat in der preußischen Armee ab 1807, Obristleutnant im 1. Rheinischen Landwehr-Kavallerie-
Düsseldorf 1826–1837 und 1843–1845, Mitglied des Vereinigten Landtags 1847, Stadtrat 1838–1842. Regiment, zahlte 1833 43 Taler Grund- und 70 Taler Einkommenssteuer, Roter Adlerorden 3. Klasse (1833), Roter Adlerorden 2. Klasse (1840), Roter Adlerorden mit Schleife. Mitgliedschaften: Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen. Familie: Sohn von Karl Franz Alexander Johann Wilhelm von Nesselrode (*1752 †1822, Kämmerer) und Maria Josepha Franziska Gräfin von Hatzfeld-Schönstein-Wildenburg (*1761 †1833), in zweiter Ehe verheiratet mit Hubert Graf von Valette. Ehe am 17. November 1816 mit Marie Ludovica Walburgis Henrica Theresia Freiin von Hanxleden (*1799 †1850), Sohn Maximilian Bertram Graf von Nesselrode-Ehreshoven (*1817 †1898, Burschenschaftler, 1848 Beigeordneter, ab 1853 Bürgermeister Engelskirchen, dann Landrat von Mülheim/Rhein bis 1867, Kammerherr der Kaiserin Augusta), verheiratet mit Melanie Gräfin von Hatzfeldt-Wildenburg. (StAD 0122, 4–1, 90012; Most, Geschichte Bd. 2, S. 39; Torunsky, Handbuch, S. 339 f.; Faber, Rheinlande, S. 294– 306; vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (67) Nierstrass, Wilhelm
Kaufmann, Stadtrat 1823–1827.
(StAD 0122, 4–1; 90010; Most, Geschichte Bd. 2, S. 39.) (68) Noelle, Peter Wilhelm (*um 1779, ev.)
Münzmeister, Stadtrat 1833–1845.
Münzmeister der Stadt Düsseldorf ab 1808, Kommission zur Veröffentlichung der Stadtratsprotokolle 1844.
(StAD 0122, 4–1, 90012; Most, Geschichte Bd. 2, S. 42.) (69) Pampus, Carl Theodor Joseph von (*5.11.1765 Düsseldorf)
Advokatanwalt, Stadtrat 1809–1819.
Notar in Ratingen, Anwalt am Appellationsgerichtshof Düsseldorf 1813, Substitut-Prokurator 1815.
Familie: Sohn von Johann Pampus und Anna Catharina Berghausen. Ehe am 2. Februar 1800 mit Johanna Catharina Meyer, Tochter von Arnold Franz Meyer (*1727 †1803, Bürgermeister von Ratingen) und Elisabeth Dellekin. (StAD 9009, 90010; Most, Geschichte Bd. 2, S. 40, S. 42; Adressbuch 1813, S. 108; Weisweiler, Geschichte, S. 230, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.)
564
Anhang
(70) Pelser Berensberg, Johann Max Anton Josef Freiherr von (*26.2.1790 Alt–Valkenburg, †9.8.1834 Aachen, kath.)
Rittergutsbesitzer (Kappelshof), Provinziallandtagsabgeordneter 2. Stand/Düsseldorf 1830–1833, Stadtrat 1825–1828, erster Beigeordneter 1828–1833.
Mitglied der Kronprinzkommission 1833, zahlte 1833 14 Taler Grund- und 30 Taler Einkommenssteuer.
Mitgliedschaften: Rheinisch-westfälische Gefängnisgesellschaft. Familie: Sohn von Josef Leonard Friedrich von Pelser-Berensberg (*1740 †1832, Schöffe in Aachen) und Maria Franziska Josephina Freiin v. Lommessen (Tante des Aachener Stadtrats Gerhard Franz von Lommessem), Bruder Friedrich Franz Anton von Pelser-Berensberg (*1778 †1861 Köln), verheiratet mit Antoinette Freiin von Fürth, Schwester des Aachener Stadtrats Joseph Aloys von Fürth, Schwester Marie Hélène de Pelser Berensberg, verheiratet mit Peter Joseph von Lommessem (*1778 †1846, Bruder des Aachener Stadtrats Gerhard Franz von Lommessem). Ehe am 16. Oktober 1814 mit Hubertina Theodora Heinriette Pauline Lezaack, Tochter von Bartholomäus Franz Joseph Freiherr von Lezaack und Eleonora Josephine von Schlebusch, Trauzeuge Oberbürgermeister Engelbert Schramm (ohne Angabe). Sohn Joseph Hubert von Pelzer-Berensberg (*1824), verheiratet mit Marie Constantie von Lezaack (Tochter von Johann Philipp Victor Bartholome Joseph von Lezaack und Marie Constantia Isabella Josephe Auguste Freyin von Kylmann). (StAD 90011; Most, Geschichte Bd. 2, S. 42; Zivilstandsregister Düsseldorf H 173/1814; Torunsky, Handbuch, S. 359; Amtsblatt Düsseldorf Nr. 42 (2.7.1834), S. 371; Pelser-Berensberg, Geschichte, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (71) Peters, Johann2
Bäcker, Rentier, Stadtrat 1819–1821.
(StAD 9009, 90010.) (72) Pfeill, Maximilian August Freiherr von Scharpfenstein gen. (*6.4.1762 Köln, †1824)
Maire von Düsseldorf 1808–1813, Stadtrat 1819–1821 (nicht anwesend).
Kurköln. Kämmerer und geheimer Rat, Präsident der Armenverwaltung 1801, Vizepräsident der Regierung Düsseldorf.
Mitgliedschaften: Freimaurer. Familie: Sohn von Friedrich Ferdinand Reichsfreiherr von Scharpfenstein und Marian Freiin von Gaugreben. Ehe am 2. September 1789 mit Marie Anna Freiin von Bongart, Tochter von Sigismund Reinhard Freiherr von Bongart (*1744 †1783 Erbkämmerer) und Anna Augusta Gräfin von Leerodt (Bonn). Schwager von Ferdinand Franz von Bongart (*1773 †1850), verheiratet mit Charlotte Freiin von Waldbott-Bassenheim zu Bornheim. Kinder: u. a. Carl August von Scharfenstein gen. Pfeill (*1790), Ferdinand August von Scharfenstein gen. Pfeil (*1791). (StAD 9009, 0122, 4–1; Most, Geschichte Bd. 2, S. 42; Adressbuch 1813, S. 108; Droste, Selbstverwaltung, S. 194; Weidenhaupt, Zeit, S. 126 f.; Engelbrecht, Berg, S. 215–226.) 2 Vorname ungesichert.
Akteure
565
(73) Pithan, Johann Jakob Ludwig (*1793 Düsseldorf, ev.)
Rentier, Beigeordneter und Zivilstandsbeamter 1828–1833.
Mitglied der Steuerkommission 1831.
(StAD 9009, 0122, 4–1; Most, Geschichte Bd. 2, S. 35.) (74) Pütz, Vitus Heinrich Mathias Joseph (*12.1.1784, kath.)
Rentier, Kaufmann, Stadtrat 1812–1819.
Familie: Sohn von Wilhelm Heinrich Pütz (Ackermann) und Elisabeth Wenders. Ehe am 23. Juni 1819 mit Anna Christine Elisabeth Köhler (†1831), Tochter des Stadtrats Peter Köhler, Trauzeuge Franz Bernhard Custodis (*um 1775, Kassenbeamter ohne Angabe). Trauzeuge bei der Ehe der Schwester von Stadtrat Anton Joseph Dübbers, der Tochter von Stadtrat Peter Köhler und dem Neffen von Stadtrat Leopold Wilhelm Custodis. (StAD 90010, Zivilstadnsregister Düsseldorf S 101/1831, H 162/1814, 104/1819, 126/1824; Most, Geschichte Bd. 2, S. 42; Adressbuch 1813, S. 108; Adressbuch 1820, S. 63.) (75) Quest, Friedrich Gottfried Diederich Carl (*um 1775, ev.)
Katasterinspektor, Steuerrat, Beigeordneter 1813–1818, Stadtrat 1827–1835. Steuerinspektor, Zollinspektor, Direktor der Katasterkommission 1817–1834, Steuerrat bis um 1856, Mitglied der Steuerkommission 1831, zahlte 1833 10 Taler Einkommenssteuer, Roter Adlerorden 3. Klasse (1857).
Mitgliedschaften: Musik-Akademie/Concert-Gesellschaft 1817, Düsseldorf-Elberfelder-Eisenbahngesellschaft, Karnevalgesellschaft. (StAD 90010, 90011,0122, 4–1; Most, Geschichte Bd. 2, S. 35, S. 42; LA NRW R, Berg 371; Frohn, Karneval, S. 52; Mindel, Wegweißer, S. 29 und S. 35; Amtsblatt Düsseldorf (1857), S. 14.) (76) Rahr, Johann Theodor (*11.12.1770 Düsseldorf, ev.)3
Kaufmann, Fabrikant, Stadtrat 1819–1821, 1825–1829. Mitglied einer Krefelder Fabrikantenfamilie, Konzession zur Essigbrauerei in der Düsseldorfer Neustadt ab 1811, Fruchtessigfabrik und Bierbrauerei Gebrüder Rahr (Tillmann und Gerhard Rahr) 1813.
(StAD 90010; Most, Geschichte Bd. 2, S. 42; Adressbuch 1813, S. 108, S. 118.) (77) Rommel, Johann Theodor (*um 1795, kath.)
Kaufmann, Stadtrat ca. 1838–1845.
Inhaber einer Manufakturwarenhandlung, Mitglied der Schuldentilgungskommission.
Mitgliedschaften: Handelskammer 1839. (StAD 0122, 4–1; 90012; Most, Geschichte Bd. 2, S. 42; Amtsblatt Düsseldorf Nr. 11 (9.3.1839), Nr. 23 (7.5.1842); Wohnungsanzeiger 1850, S. 160.)
3 Vorname ungesichert.
566
Anhang
(78) Ronstorff, Wilhelm (ev.)
Kaufmann, Stadtrat 1812–1819. Inhaber einer Strumpfmanufaktur in Homberg bis 1791, einer Manufakturwarenhandlung in Düsseldorf, dann Handlungshaus Carstanjen & Ronstorff.
Familie: Ehe mit Friederike Sophie Rappard, Tochter Engline Caroline Ronstorff, verheiratet mit Hermann Christian Ludwig Baumgarten (*1779, Soldat in der preuß. Artillerie Brigade). (StAD 9008, 90010; Zivilstandsregister Düsseldorf H 98/1824, Most, Geschichte Bd. 2, S. 42; Adressbuch 1813, S. 108, S. 121; Adressbuch 1820, S. 63.) (79) Röseler, Friedrich Wilhelm
Kaufmann, Stadtrat 1806–1819.
Oberaufseher der Arbeitsanstalt.
(StAD 9008, 90010; Most, Geschichte Bd. 2, S. 42; Adressbuch 1813, S. 108.) (80) Rüping, Carl Wilhelm (*1796, †1866, ev.)
Kaufmann, Gutsbesitzer, Stadtrat 1833–1838. Inhaber einer Weinhandlung, Liquer- und Wein-Essig-Fabrik ab 1833, zahlte 1833 50 Taler Grund-; 36 Taler Gewerbe- und 45 Taler Einkommenssteuer.
Mitgliedschaften: Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahngesellschaft. (StAD 0122, 4–1; 90011, 90012; Zivilstandsregister Düsseldorf H 98/1824; Most, Geschichte Bd. 2, S. 42.) (81) Schauberg, Johann Wilhelm
Advokatanwalt, Stadtrat 1814–1821.
Advokat am Appellationsgerichtshof, ab 1820 am Landgericht. Rechtsvorstand des Handlungsvorstands 1810 bis ca. 1819.
(StAD 90010; 0122, 4–1; Most, Geschichte Bd. 2, S. 42; Archiv für das Zivil- und Criminalrecht Bd. 7 (1830), S. 172; Neuber, Rechtsanwaltschaft, S. 66.) (82) Schell, Clemens August von Vittinghoff gen. (*30.10.1746 Rellinghausen)
Gutsbesitzer, Departementsrat, Provinziallandtagsabgeordneter 1. Stand/Düsseldorf 1828, Stadtrat 1806–1814 (selten anwesend).
Familie: Sohn von Hermann Arnold von Vittinghoff-Schell (*1701 †1768) und Maria Benigna von Galen. Ehe mit Maria Theresia von Merveldt. Sohn Maximilian Friedrich Freiherr von Vittinghoff gen. von Schell (*1779 †1835, Maire von Steele 1811–1813), verheiratet mit Marie Elisabeth von Spee, Schwester des Stadtrats Franz Anton Graf von Spee. Sohn August von von Vittinghoff gen. Schell, Freund von Stadtrat Franz Anton Graf von Spee. (StAD 90010; Adressbuch 1813, S. 108; Jongmanns, Spee, S. 26, S. 29, Croon, Provinziallandtag, S. 349, vgl. https://historischesportal.essen.de/historischesportal_namen/friedhof/friedhofsfuehrer/friedhofsfuehrer_detailseite_935440.de.html abgerufen am 18.4.2010.)
Akteure
567
(83) Scheuten, Balthasar (*19.9.1790 Derendorf)
Oekonom, Gutsbesitzer, Stadtrat 1826–1846.
Mitglied der Klassensteuerkommission, Vertreter des Stadtteils Derendorf ab 1840, zahlte 1833 6 Taler Grund-, 6 Taler Klassen-, 16 Taler Gewerbe- und 6 Taler Einkommenssteuer.
(StAD 90011; 0122, 4–1; Most, Geschichte Bd. 2, S. 42.) (84) Schimmelbusch, Franz (*um 1787 Solingen, †um 1844, ev.)
Kaufmann, vierter Beigeordneter 1833–1838.
Handel mit brasilianischer Rinde um 1819, Aufenthalt in den USA und in Rio de Janeiro 1833 als Kommissionär, Mitglied im Eisenbahn-Komitee 1833, Gründung einer Eisengießerei 1831, 1844 durch seine Witwe weitergeführt, wurde am Tag seiner Stadtratseinführung am 4.10.1833 zum Mitglied der Deputation zum Empfang des Königs ernannt.
Mitgliedschaften: Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahngesellschaft, Handelskammer. (StAD 0122, 4–1; 90011; Adress-Buch (1833), S. 13 f.; Most, Geschichte Bd. 2, S. 35; Allgemeines Organ für Handel und Gewerbe 1 (5.11.1835); Adreß-Kalender 1844, S. 104; Hilger, Kapital, S. 54; Amtsblatt Düsseldorf Nr. 6 (7.2.1839), S. 51.) (85) Schleger, Carl Gerhard Andreas (*Pempelfort, kath.)
Fabrikant, Stadtrat ca. 1835–1845. Teilhaber der Kutschen- bzw. Wagenfabrik Vincellet & Schleger ab 1793, 1809: 22 Mitarbeiter, Inhaber einer Wagenfabrik Gebr. Schleger 1833, ab 1836 Hauer & Schleger mit rund 180 Arbeitern, Werkmeister der Postwagenfabrik 1844, Dirigent der königlichen Postwagenfabrik 1850, zahlte 1833 7 Taler Grund-; 3 Taler Klassen-, 12 Taler Gewerbe- und 4 Taler Einkommenssteuer.
(StAD 0122, 4–1; 90012; Most, Geschichte Bd. 2, S. 42; Frankfurter Ober-Post-Amts-Zeitung Nr. 212 (3.8.1838).) (86) Schnabel, Heinrich (*12.2.1778 Elberfeld, †19.9.1853 Düsseldorf, ev.)
Richter, Polizeidirektor, Landrat, Stadtrat 1806–1808, erster Beigeordneter 1808–1814. Studium der Rechtswissenschaften in Heidelberg und Göttingen, Ratsreferendar am Geheimen Rat in Berg ab 1802, Assessor ab 1809, dann Tribunalrichter, Direktor des städtischen Octrois ab 1809, Mitglied der Baupolizeikommission, Polizeidirektor des General-Gouvernements Berg ab 1814, Landrat in Mühlheim an der Ruhr und als solcher Spitzel der Regierung ab 1820/21, kommissarischer Polizeidirektor von Aachen 1830–1832, anschließend bis 1834 Zivilkommissar beim 7. Armeekorps (an der Grenze zu Belgien stationiert), Ruhestand 1852, Roter Adler-Orden 3. Klasse.
Familie: Sohn von Carl Friedrich Jakob Schnabel (Stadtsyndikus) und Marie Christine Maurenbrecher. Erste Ehe am 4. September 1800 mit Eleonore Helene Maria Wichelhausen, zweite Ehe am 16. November 1820 mit Helena Johannetta Maurenbrecher, Tochter von Johann Wilhelm Maurenbrecher und der Sybille Elisabeth Nacken, Schwager von Stadtrat Heinrich Jacob Maurenbrecher. (Zivilstandsregister Düsseldorf H 191/1820; StAD 9008; Most, Geschichte Bd. 2, S. 42; Adressbuch 1813, S. 108; Romeyk, Rheinprovinz, S. 729; Herres, Köln, S. 127; Weidenhaupt, Zeit, S. 128.)
568
Anhang
(87) Schnitzler, Peter Heinrich Anton (*1796 Düsseldorf, 27.12.1873 Düsseldorf)
Baumeister, stellvertretender Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Düsseldorf 1851–1852, Stadtrat 1838–1846.
Auszeichnung für den Bau des Lyceums in Düsseldorf 1811, Bau des Friedrichsbads, Ausbau des Jägerhofs für Prinz Friedrich von Preußen, errichtete eine Reihe von Bürgerhäusern, Mitglied des Kirchenvorstands der Gemeinde St. Laurentius.
Mitgliedschaften: Verschönerungsverein 1872. Familie: Sohn von Anton Schnitzler (*1756 †1823, Baumeister) und Maria Gertrudis Evertz (*1762 Solingen), Bruder Georg Schnitzler (*1798 †1834, Baumeister), Ehe am 6. Januar 1826 mit Maria Kon stantia Hoffbauer (*1808 †1886, St. Petersburg), Tochter von Franz Joseph Hoffbauer (Generaloberst, †1838 in Düsseldorf), Tochter Clara Schnitzler, verheiratet mit Carl d’Unker (Maler, Niederlande), Tochter Antoinette Schnitzler, verheiratet mit Richard Caton Woodville (Maler, USA). (StAD 90012; Most, Geschichte Bd. 2, S. 42; Torunsky, Handbuch, S. 427 f.; Adreß-Kalender 1844, S. 109; Kurzbiographien, S. 548; Ferber, Wanderung, S. 107; DZ Nr. 14 (14.1.1826); DZ Nr. 211 (1.8.1848).) (88) Schöller, Johann Philipp (*1.12.1771 Düsseldorf, †4.4.1842 Düsseldorf, ev.)
Kaufmann, Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Düsseldorf 1826–1841, Stadtrat 1819–1821, erster Beigeordneter und provisorischer Oberbürgermeister 1825–1833.
Inhaber der Manufakturwarenhandlung Stommel und Gebrüder Schöller bis ca. 1815, Oberaufseher der Arbeitsanstalt 1810, Mitglied der Sanitätskommission 1831 des Eisenbahn-Komitees 1833.
Mitgliedschaften: Verein zur wechselseitigen Versicherung gegen die Folgen der Cholera (Vorstand), Handelskammer. Familie: Sohn von Franz Heinrich Wilhelm Schöller (*1724 Düren, †1771, Apotheker) und Anna Maria Nacken, Bruder Johann Peter Isaac Schöller, verheiratet mit Odilie Philippine Stommel (Tochter von Gerhard Aurelias Stommel, Kaufmann und Rittergutsbesitzer, und Helena Christina Koch). Ehe am 3. Juni 1799 mit Heinriette Lohmann (*1777 Duisburg †1855), Tochter von Johann Clemens Christoph Lohmann (Theologieprofessor) und Maria Magdalena Barbara Günther. Tochter Marianne Emilie Schoeller, verheiratet mit Heinrich Leopold Schoeller (*1792 †1884 Düren, Tuchfabrikant und Stadtrat, Sohn von Johann Arnold Schoeller und Lucia Peuchen). Nichte Charlotte Schöller verheiratet mit Christian Ludwig Günther (Arzt in Duisburg). (Zivilstandsregister Düsseldorf S 270/1842, LHAK 403 2345; LA NRW R, Reg. Düsseldorf, Nr. 736–738; Zivilstandsregister Düsseldorf H 153/1830; StAD 0122, 4–1; 90010; Adress-Buch (1833), S. 14; Torunsky, Handbuch, S. 430; Weidenhaupt, Zeit, S. 352; Stephan, Provinziallandtag, S. 51, vgl. Schoeller/Schoeller, Geschichte, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (89) Schombart, Johann Gerhard (*um 1793 Düsseldorf, ev.)
Kaufmann, Stadtrat 1831–1838. Handel mit Quincallerie, Eisen- und Ellenwaren, Papier und Schreibmaterialien, auch Spedition, Wollhandlung und Hutstoffe, Mitglied der Schuldentilgungskommission.
Akteure
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Familie: Sohn von Johann David Schombart (Kaufmann) und Maria Jacobina Schnitzler, Schwager von Stadtrat Gerhard Jacob Adolphi. Schwester Henriette Sophie Friederike Schombart, verheiratet mit Justus Vollrath Wilhelm Freiherr von Bode (*1789 Bisdorf, Hauptmann in Koblenz). (StAD 90012; Zivilstandsregister Düsseldorf H 129/1821) (90) Schorn, Martin Jakob (*23.1.1767 Jülich)
Notar ab 1802, Stadtrat 1814–1821.
Familie: Sohn von Johann Joseph Schorn und Maria Gertrud Kindt, Ehe am 24. April 1796 mit Johanna Christina Brulliot, Tochter von Joseph August Brulliot (*1739 Mannheim, †1827 München, Historienmaler, Professor an der Kunstakademie) und Catharina Sophia Lucas. Schwager Franz Brulliot (*1780 †1836 Kunstschriftsteller in München). Sohn Karl Schorn (*1800 †1850, Historienmaler), Sohn Peter August Schorn (*1802 Notar), verheiratet mit Sophia Moers, Tochter von Caspar Anton Moers, königl. preuß. Obristlieutnant, und Henrietta Franck. (StAD 90010; Zivilstandsregister Düsseldorf H 129/1821; Hof- und Staatskalender (1802), S. 276; Most, Geschichte Bd. 2, S. 42; Amtsblatt Nr. 49 (1851), S. 403; Schmidt, Brulliot, in: ADB 3, S. 419 f.; Körner (Hg.), Enzyklopädie, S. 245.) (91) Schramm, Engelbert Libor (5.10.1778 Paderborn, †15.1.1857 Düsseldorf, kath.)
Appellationsgerichtsrat, Stadtrat 1814–1818, gewählter Oberbürgermeister und kommissarischer Landrat 1818–1820 (Rücktritt 31.7.1820).
Studium der Rechtswissenschaften in Münster und Würzburg, Richter in Hardenberg 1805, Friedensrichter in Barmen 1811–1813, dann in Düsseldorf, Vorsteher der Armenpflege 1815 (Neustadt), Mitglied der Huldigungsdeputation, ab 1820 Landgerichtsrat in Düsseldorf, Kammerpräsident 1825, Ruhestand 1851.
Mitgliedschaften: Musikakademie/Concertgesellschaft, Verein zur wechselseitigen Versicherung gegen die Folgen der Cholera (Vorstand). Familie: Sohn von Stadtrat Wilhelm Schramm und Elisabeth Flören, Bruder Philipp Schramm (*um 1784, Notar). Ehe am 28. Dezember 1816 mit Maria Eva Rosine von Mastwigk (*1787 Kitzingen), Tochter von Rudolph Ferdinand von Mastwingk (Postdirektor) und Magdalena Josepha Kaltenauer. Sohn Alexander Karl Schramm (*um 1819). (LA NRW R, Reg. Düsseldorf 969; LHAK 403 2345; StAD 90010; Zivilstandsregister Düsseldorf H 202/1816, S. 53/1857; Romeyk, Rheinprovinz, S. 734; Most, Geschichte Bd. 2, S. 42; Sträter, Musikverein, S. 126; Droste, Selbstverwaltung, S. 21; ASH 134. LHA, Best. 403, Nr. 2345; Mindel, Wegweißer, S. 35.) (92) Sibenius/Sybenius, Franz Anton
Hofrat, Appellationsgerichtsrat, zweiter Beigeordner 1808–1812, 1814–1816. Jülich-bergischer Hofrat 1799/1800, Referendariat 1803–1810, Appellationsgerichtsrat in Düsseldorf 1813.
Mitgliedschaften: Musik-Akademie, Concert-Gesellschaft. (StAD 90010; Most, Geschichte Bd. 2, S. 42; Adressbuch 1813, S. 108; Lohausen, Zivilgerichte, S. 56–61 und S. 148; Mindel, Wegweißer, S. 35; Hof- und Staatskalender (1797), S. 375.)
570
Anhang
(93) Sieger, Franz von (*um 1801 Düsseldorf/Neustadt)
Regierungsreferendar, Stadtrat 1829–1833, erster Beigeordneter 1833–1848 (Rücktritt).
Zahlte 1833 keine Steuern in Düsseldorf, beantragte 1838 vergeblich ein Gehalt als Beigeordneter.
Mitgliedschaften: Verein der Altertumsfreunde im Rheinland. Familie: Sohn von Michael Hermann Josef Severin von Sieger (*1757 †1835, Appellationsgerichtsrat, Provinziallandtagsabgeordneter 2. Stand/Düsseldorf 1826–1828, Gut Molsdorf) und Maria Anna Elisabeth von Heinsberg, Witwe des Kölner Bürgermeisters (1797) Goswin von Heinsberg. (StAD 90011, 90012; Most, Geschichte Bd. 2, S. 35; Torunsky, Handbuch, S. 442; Amtsblatt Düsseldorf Nr. 92 (4.10.1846), S. 528; Fahne, Geschichte Teil 1, S. 145.) (94) Solbrig, Christian Gottfried (*1771 Fürth, †23.8.1838 Düsseldorf)
Kaufmann, Wollhändler, Rittergutsbesitzer (Bruchshausen ab 1823), stellvertr. Provinziallandtagsabgeordneter 2. Stand/Düsseldorf 1833 (einberufen), Stadtrat 1819–1823.
Mitgliedschaften: Freimaurer Zu den drey Verbündeten, Musikakademie/Concertgesellschaft. Familie: Sohn von Christian Friedrich Solbrig (Kaufmann) und Anna Elisabeth Wellhöfer. Erste Ehe mit Johann Juliana Jaeger (Naumburg), zweite Ehe am 18. Oktober 1809 mit Anna Christina Hoffmann. (StAD 90010; Mindel, Wegweiser, S. 35, S. 40; Most, Geschichte Bd. 2, S. 42; Torunsky, Handbuch, S. 444; Stephan, Provinziallandtag, S. 40.) (95) Spee, August Wilhelm Constantin Hubert Graf von (*18.4.1813 Düsseldorf, †23.7.1882 Heltorf, kath.)
Gutsbesitzer, Regierungsreferendar, Provinziallandtagsabgeordneter 2. Stand/Düsseldorf 1845–1851 (stellvertr.), 1852–1854, 1871–1875 (nicht teilgenommen), Mitglied der 1. Kammer des Preußischen Landtags 1852, Stadtrat ca. 1842–1845.
Studium der Rechtswissenschaften in Bonn und Berlin, einjähriger Freiwilliger beim königl. Preuß. 7. Ulanen-Regiment, ab 1839 Regierungsreferendar in Düsseldorf (freiwillig wieder ausgeschieden), Gründung einer Papierfabrik in Ratingen 1841, Kammerherr 1840, roter Adler-Orden 4. Klasse (1859), Roter Adler-Orden 3. Klasse mit Schleife (1861).
Mitgliedschaften: Genossenschaft des Rhein. Ritterbürtigen Adels, Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen. Familie: Sohn von Stadtrat und Präfekt Franz Anton von Spee und Sophia Maria Luisa Reichsgräfin von Merveldt. Erste Ehe am 26. Februar 1840 mit Franziska von Brühl, zweite Ehe mit 20. Juli 1850 mit Maria Anna von Galen (*1826 Göttendorf). (StAD 90013; Most, Geschichte Bd. 2, S. 42; Torunsky, Handbuch, S. 453; Fahne, Geschichte Teil 2, S. 140; vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (96) Spee, Franz Ambrosius Josef Anton Adrian Graf von (*28.8.1781 Düsseldorf, †14.5.1839 Lohausen, kath.)
Rittergutsbesitzer (Haus Heltorf), Stadtdirektor 1806, Departementrat, Präfekt des Rhein-Departements ab 1812, Landes-Direktor 1814–1816, Provinziallandtagsabgeordneter 2. Stand/Düsseldorf 1826–1837 (Vizelandtagsmarschall 1837), Stadtrat 1827–1837 (unregelmäßig anwesend).
1794 Flucht zu Familie Vittinghoff-Schell nach Essen, Kindheit mit August von Vittinghoff gen. Schell, Sohn des Stadtrats Clemens August von Vittingshoff gen. Schell auf Schloss Schellenberg, gemeinsames
Akteure
571
Studium der Rechtswissenschaften ab 1800 in Düsseldorf und Göttingen. Reisen nach Paris, Audienz bei Napoleon und Teilnahme an der Kaiserkrönung 1804, kurpfälzisch-bayrischer Kämmerer ab 1805, Mitglied des geheimen Ratskollegiums von Kurpfalz-Bayern 1806, bergischer Provinzialrat in Düsseldorf ab 1807, Erbwildförster in Duisburg 1808–1814, Präfekt des Ems-Departements 1809 (abgelehnt), Spezial-Kommissar für die Revision der Grundsteuerverteilung in Ratingen, Meldung als Freiwilliger 1815, 1816 im Zuge der Neubesetzung der Regierungsstellen aus dem Staatsdienst ausgeschieden, Mitglied der Wohltätigkeitskommission, des Eisenbahn-Komitees, der Kronprinzkommission 1833, jährliches Gehalt 1814: 6.000 Francs, zahlte 1833 147 Taler Grund- und 225 Taler Einkommenssteuer. Ehrenritter des Malteserordens (1799), Roter Adlerorden 2. Klasse (1816), Roter Adlerorden mit Stern (1835). Mitgliedschaften: Leiter der bergischen Feuerversicherungsgesellschaft 1814, Verwaltungsratspräsident der Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahngesellschaft, der Rheinisch-Westfälischen Gefängnisgesellschaft (Präsident 1826–1839), Gründungsmitglied des Vereins zur wechselseitigen Versicherung gegen die Folgen der Cholera (Vorstand), der Genossenschaft des Rhein. Ritterbürtigen Adels, des Kunstvereins für die Rheinlande und Westfalen. Familie: Sohn von Karl Wilhelm Reichsgraf von Spee (*1758 †1810) und Elisabeth Anna Auguste Freiin von Hompesch-Bollheim (*1763 †1785), Schwester Maria Elisabeth von Spee, verheiratet mit Maximilian von Vittinghoff-Schell zu Schellenberg. Ehe am 24. Mai 1808 mit Sophia Maria Luisa Reichsgräfin von Merveldt (*1786 †1848, Frauenverein), Tochter von Ferdinand August von Merveldt und Maria Theresia von Pergen. Schwager von Konrad von Romberg (*1816 Dortmund †1881). Kinder: Stadtrat August Wilhelm von Spee (*1813 †1882), Ferdinand Anton von Spee (*1815 †1886), verheiratet mit Paula Maria Julia von Robiano (*1833 Rumillies/Belgien), Rudolf von Spee (*1822 †1881), verheiratet mit Fernanda Maria Sophie Tutein (*1832 Kopenhagen), Wilderich August Friedrich Hubert von Spee (*1830 †1890, Landrat von Düsseldorf 1864–1873), verheiratet mit Antonia von Mirbach-Harff, Tochter des Grevenbroicher Landrats Richard von Vorst-Gudenau (Adoptivsohn von seinem Onkel Johann Wilhelm von Mirbach-Harff *1784 †1849) und dessen Ehefrau Julie Gräfin von Hoyos-Sprinzenstein, Maria Theresia von Spee, verheiratet mit Joseph Theodor zu Stolberg-Stolberg (*1804 Lütkenbeck †1859 Rumillies/Belgien). (StAD 9009, 90010, 90011, 0122, 4–1; Most, Geschichte Bd. 2, S. 42; Torunsky, Handbuch, S. 455; Fahne, Geschichte Teil 2, S. 140; Rahn, Spee; Romeyk, Rheinprovinz, S. 758; Adress-Buch (1833), S. 14; Gersmann/Langbrandtner, Lebenswelten, S. 96 f., S. 128f, S. 131 f., S. 299; Jongmanns, Spee; Schmitz, Verlegenheiten, vgl. http:// www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (97) Stein, Franz Caspar (*um 1767 Bilk, kath.)4
Ackerwirt, Stadtrat 1821–1845.
Vorsteher der Samtgemeinde Bilk, zahlte 1835 7 Taler Grund-, 3 Taler Klassen-, 4 Taler Gewerbe- und 1 Taler Einkommenssteuer.
(StAD 90010; 0122,4–1; Most, Geschichte Bd. 2, S. 42.)
4 Vorname ungesichert.
572
Anhang
(98) Sybel, Heinrich Philipp Ferdinand (von) (*5.1.1781 Soest, †19.2.1870 Bonn, ev.)
Landgerichtsrat, Regierungsrat, Rittergutsbesitzer (Isenburg), stellvertretender Provinziallandtagsabgeordneter 2. Stand/Düsseldorf 1845 (einberufen), Abgeordneter der 1. Kammer des preußischen Landtags 1850–1854, Mitglied des Preußischen Abgeordnetenhauses 1854–1855, Stadtrat 1835–1838, ab 1846 (1. Klasse).
Studium der Rechtswissenschaften in Halle und Berlin ab 1799, Burschenschaftler (Corps Guestphalia), Auskultator am Stadtgericht in Berlin ab 1801, Regierungsassessor in Münster ab 1804, Direktor am Inquisitoriat in Münster ab 1805, Regierungskommissar in Münster ab 1810, dann bergischer Staatsprokurator und Kreisdirektor von Elberfeld 1813, Landgerichtsrat in Kleve ab 1814, Regierungsrat und Justitiar in Düsseldorf ab 1816, 1831 geadelt, Ruhestand 1833, Ehrenmitglied der Regierung in Düsseldorf ab 1841, Geheimer Regierungsrat ab 1843, Roter Adlerorden 3. Klasse, erbte durch seine Frau, die einzige Tochter des Elberfelder Bürgermeisters, ein enormes Vermögen.
Mitgliedschaften: Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahngesellschaft, Verein für das Wohl der arbeitenden Klassen, Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen. Familie: Sohn von Johann Adolph Florenz Sybel (*1736 †1823, ev. Pfarrer) und Florentine Brockhaus (*1744 †1821), Schwester Maria Florentina Sybel, verheiratet mit Ludolf Christian Brockhaus (ev. Pfarrer). Ehe am 29. September 1829 mit Charlotta Amalia Brügelmann (*1798 †1846, Elberfeld), Tochter des Elberfelder Bürgermeisters Karl Friedrich Brügelmann (*1758 †1824, Tuchfabrikant) und Johanna Charlotta von Carnap, Sohn Heinrich Karl Ludolph von Sybel (*1817 †1895, Historiker), verheiratet mit Carolina Luisa Eckhardt, Sohn Alexander von Sybel (*1823 †1902, Handelskammerpräsident 1859), Tochter Marie Luise von Sybel, verheiratet mit Hermann v. Seydlitz (Generalleutnant, Berlin), Tochter Emilie Cäcilie Auguste Therese von Sybel, verheiratet mit Hermann Ludwig von Balan (Diplomat, Berlin). (Zivilstandsregister Düsseldorf S 70/1846, LA NRW R, Reg. Düsseldorf Nr. 1623, 278–279; StAD 90011, 90012, 90013; Most, Geschichte Bd. 2, S. 42; Torunsky, Handbuch, S. 475; Paul, Aufstieg, Croon, Provinziallandtag, S. 67; Haase, Haw, S. 124–126; Hansen, Briefe, S. 300; Dotterweich, Sybel; https://www.westfaelische-geschichte. de/per2830, https://www.westfaelische-geschichte.de/per2829 abgerufen am 22.07.19); Rosin, Sybel; Heyderhoff, Immermann.) (99) Vogts, Franz (*um 1783, kath.)
Kaufmann, Fabrikant, Stadtrat 1831–1835.
Kurkölnischer Hofkammerrat, dann Inhaber der Kratzenfabrik Vogts und Comp. in Grevenbroich 1828, Agent der Feuerversicherungsgesellschaft Union-Paris für Grevenbroich ab 1834, zahlte 1833 34 Taler Grund-, 18 Gewerbe- und 15 Taler Einkommenssteuer, übernahm 1864 das Handelshaus Carl Vogts seines Vaters Carl Vogts (†1864) mit Bruder Joseph Vogts.
Mitgliedschaften: Handelskammer. (StAD 90011; 0122,4–1; Most, Geschichte Bd. 2, S. 42; Königlich Preußischer Staats-Anzeiger Nr. 4–6 (1865), S. 1275; Adress-Buch 1833, S. 568; Amtsblatt Düsseldorf Nr. 70 (5.11.1834), S. 557; Allgemeines Organ für Handel und Gewerbe 2 (1836), S. 593; Wilhelmi, Panorama, S. 196; Albrecht, Handelskammer, S. 35.) (100) Walger, Johann Anton (*28.9.1791 Lippstadt, †3.2.1873 Krefeld)
Landbauinspektor, Stadtrat 1829–1833.
Akteure
573
Landbau-Condusteur in Düsseldorf 1824, Bauinspektor 1829–1857, zuständig für die Kreise Neuss, Grevenbroich, Düsseldorf, Solingen und die königlichen Schlösser.
(StAD 90011; 0122, 4–1; Most, Geschichte Bd. 2, S. 42.) (101) Wenders, Heinrich (kath.)
Kaufmann, Stadtrat 1843–1845, ab 1846 (2. Klasse), ab 1865 Beigeordneter, Ziegeleibesitzer.
(StAD 90010; Most, Geschichte Bd. 2, S. 42; Wohnungsanzeiger 1850, S. 213; Staats-Anzeiger Nr. 123 (27.5.1865).) (102) Weyhe, Friedrich Maximilien (*15.2.1775 Brühl, †25.10.1846 Düsseldorf, kath.)
Garteninspektor, Stadtrat 1824–1833.
Ausbildung zum Gärtner in Bonn bei seinem Onkel Peter Joseph Lenné sen. (*1756 †1821, Gartenarchitekt), Reisen nach Frankfurt, Karlsruhe, Wien, Prag, Dresden, Kassel, ab 1801 Angestellter am botanischen Garten in Köln, anschließend Hofgärtner in Düsseldorf, Gestaltung der Parkanlage Jägerhof, Garteninspektor ab 1826, Umbau des Theaters, Gartendirektor ab 1833, Auftragsarbeiten u. a. der Lousberg in Aachen, zahlte 1835 4 Taler Grund-, 8 Taler Klassen-, 4 Taler Gewerbe- und 10 Taler Einkommenssteuer. Roter Adler-Orden 3. Klasse (1818).
Familie: Sohn von Joseph Clemens Weyhe sen. (*1749 †1813, kurfürstlicher Hofgärtner in Bonn) und Johanna Gertrud Lenné, Cousine Elisabeth Lenné, verheiratet mit Franz Peter Anton Ernst Adams (*1800 †1868, Justizrat und Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung für Koblenz). Ehe mit Wilhelmine Esch, Sohn Joseph Clemens Weyhe jun. (*1807 †1871, Garteninspektor). (StAD 90010, 90011; 0122, 4–1; StAK Zivilstandsregister Düsseldorf S 909/1846, Koblenz H Eintrag vom 19.2.1826; Most, Geschichte Bd. 2, S. 42; Amtsblatt Düsseldorf Nr. 59 (24.10.1842), Nr. 38 (18.5.1850), S. 297; Redlich, Weyhe; Walter, Weyhe; Ritter, Weyhe.) (103) Winkelmann, Peter (*um 1796, †24.5.1850, kath.)
Rentier, Major a. D., zweiter Beigeordneter 1833–1845, ab 1846.
Roter Adler-Orden 3. Klasse (1847).
(StAD 90011; 0122, 4–1; Most, Geschichte Bd. 2, S. 35; Amtsblatt Köln Nr. 42 (19.10.1847); http://digital.ub.uniduesseldorf.de/ihd/content/titleinfo/5723052 abgerufen am 20.10.2020.) (104) Wolters, Johann Wilhelm (*um 1795)
Arzt, Stadtrat 1840–1845, 1846–1850 (1. Klasse).
(StAD 90013; Most, Geschichte Bd. 2, S. 42; Adreß-Kalender 1844, S. 133.) (105) Wormstall, Theodor
Ober-Wege-Inspektor, Stadtrat 1833–1838.
Wegeninspektor in Langenfeld, ab 1814 in Düsseldorf, Ober-Wege-Inspektor um 1824.
(StAD 90011, 90012; Most, Geschichte Bd. 2, S. 42; Adreß-Kalender 1844, S. 134.)
574
Anhang
2.3 Stadträte in Koblenz 1815–1845 (1)
Arnold, Christian Ludwig (*22.11.1784, ev.)
Kaufmann, Stadtrat 1817–1846.
Notabel des Handelsstandes als „Materialist“, 1829 falliert, ab 1838 „Farbenhandel“, Rendant des Gymnasiums. Handelsrichter 1821–1823, Aufsicht über die Leihanstalten mit Stadtrat Johann Peter Clemens ab 1828, Mitglied der Mahlsteuerkommission 1834, der Einkommenssteuerkommission 1838, der Prüfungskommission für Anträge der Handelskammer, der Straßenbaukommission, Vertretung des Stadtrats bei der Handelskammer in der Angelegenheit um die Werft 1836, Vorstandsmitglied der evangelischen Gemeinde, geschätztes jährliches Einkommen 1846: 600 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Koblenz ab 1811 (Direktion 1822/23). Familie: Ehe mit Margarethe Maria Monreal, zwei Söhne. (StAK 623 2183, 2538, 2162; Zivilstandsregister Koblenz G 228/1812, 130/1837; Müller, Protestantismus, S. 290 f.; Bär, Geschichte, S. 24; Weichelt, Casino, S. 253.) (2)
Bachem, Friedrich Wilhelm Alexander (*8.1.1806 Düsseldorf, †11.2.1878 Köln, kath.) Advokatanwalt, Justizrat, Oberbürgermeister von Koblenz 1847–1857, Oberbürgermeister von Köln 1862–1875, Mitglied im preußischen Abgeordnetenhaus 1863/64 (Fraktion von Vincke), Provinziallandtagsabgeordneter 1864–1875 (Köln).
Besuch der Herrenhüter-Gemeinde in Neuwied, bis 1825 Gymnasium Koblenz, bis 1828 Studium der Rechtswissenschaften in Bonn und Heidelberg, ab 1828 Auskultator am Oberlandesgericht Münster, ab 1830 Regierungsreferendar, ab 1833 -assessor in Aachen und Koblenz, ab 1837 Landesgerichtsrat am Justizsenat Ehrenbreitstein, ab 1838 Landgerichtsrat in Koblenz, geschätztes jährliches Einkommen 1846: 1.100 Taler. Ab 1847 Oberbürgermeister, Disziplinarverfahren 1848/49 und Entzug der Polizeihoheit, Wiederwahl 1849 und 1851 (nicht bestätigt). Versetzung ans Landesgericht Trier 1857, Appellationsgerichtsrat in Köln ab 1858, Oberbürgermeister von Köln 1863–1875.
Mitgliedschaften: Verschönerungsverein, Kölner Dombauverein, Köln-Mindener Eisenbahngesellschaft. Familie: Sohn von Conrad Josef Bachem (kurkölner Hofrat und fürstlich-wiedscher Regierungsrat) und Helene Elisabeth Coenegracht. Ehe am 8. September 1835 mit Franziska Auguste Henriette Kramer (Köln), Tochter von Johann Balthasar Kramer (Justizrat) und Henriette Franzisca Sugg, Trauzeuge Gustav von Struensee (*1803 †1875, Regierungsrat und Schriftsteller, Sohn des Kölner Polizeidirektors Carl Georg von Struensee, verheiratet mit Josephine Imhoff) als „Bekannter“. Schwager des „Juweliers“ Theodor Kramer und des Justizrats Johann Baptiste Balthasar Kramer jun. Sohn Eduard Conrad Johann Bachem (Landgerichtsrat in Elberfeld). (StAK 623 2162, 5583, Zivilstandsregister Köln H 436/1836, S 398/1878; Herres, Köln, S. 79 und S. 327 f.; RMZ Nr. 217; Bär, Geschichte, S. 79–84 und S. 116; Romeyk, Rheinprovinz, S. 337; Torunsky, Handbuch, S. 33 f.; Koelges, Revolution, S. 177; Kampmann, Köpfe, S. 100 f.) (3)
Baedecker, Karl (*3.11.1801 Essen, †4.10.1859 Koblenz, ev.)
Buchhändler, Verleger, Stadtrat 1839–1846, Beigeordneter 1847–1853 (1. Klasse).
Akteure
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Ausbildung zum Buchhändler in Heidelberg bei C. F. Winter und in Berlin bei G. Reimer ab 1817, Militärdienst in Wetzlar. Gründung einer Verlagsbuchhandlung in Koblenz am Paradeplatz 1827, Kauf der Verlagsrechte an Kleins Rheinreise von Mainz bis Köln 1828, 1832 Übernahme des Verlags Fr. Röhling, Publikation von Reiseführern ab 1839, Panoramen, Schulbüchern u. a., Handelsrichter ab 1841, geschätztes jährliches Einkommen 1846: 1.000 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Koblenz ab 1827, Börsenverein deutscher Buchhändler 1836, Freimaurer 1839. Familie: Sohn von Gottschalk Dietrich Baedecker (Verleger, Essen) und Marianne Gehra (Neuwied, Verlegerfamilie). Brüder Friedrich Adolph Gustav Baedecker (*um 1811, Buchhändler in Düsseldorf) und Eduard Baedecker (*um 1817, Buchbinder in Essen). Ehe 1829 mit Emilie Heintzmann (Essen), Kinder: Heinz Beadecker, Ernst Baedecker (*1833 †1861, ab 1859 Verlagsleitung), verheiratet mit Ottilie Wilhelmine Hirzel (Tochter des Buchhändlers Salomon Hirzel aus Leipzig und der Anna Reimer), Karl Baedecker jun. II (*1837 †1911, ab 1861 Verlagsleitung), Fritz Baedecker (*1844 †1925, ab 1869 Teilhaber), verheiratet mit Flöry Florentine Landfermann (Tochter des Regierungs- und Schulrates Dietrich Wilhelm Landfermann in Koblenz und der Louise Winter). (StAK 623 2183, 2162, Zivilstandsregister Koblenz H 73/1851; Denzer, Stadt, S. 258 f.; ders., Kulturleben, S. 485; Faber, Rheinlande, S. 91 f., Lülfing, Baedeker; 56 f., vgl. Seefeldt, Verlagshaus; Bock, Tourismus; Frühauf (Hg.), Verlagshaus; Wisotzky, Baedeker und https://lbz.rlp.de/de/ueber-uns/publikationen/virtuelle-ausstellungskataloge/ mythos-baedeker/ abgerufen am 09.4.2020.) (4)
Bohl, Conrad (*um 1755 Koblenz, †9.2.1823 Koblenz, kath.)
Kaufmann, Stadtrat 1797–1802 und 1813–1823.
1804 „Épicier en détail“.
Mitgliedschaften: Casino Koblenz ab 1808. Familie: Ehe mit Maria Catharina Bonkirch, Schwager von Johann Jakob Bonkirch (Advokatanwalt). Vater von Präfektur- bzw. Regierungssekretär Johann Jakob Bohl (*1785 †1851), Schwiegersohn von Stadtrat Franz Stephan Haan bzw. Schwager der Stadträte Johann Jakob und Christian Ignatz Haan, „Vetter“ von Stadtrat Johann Jakob Zweiffel. (LHAK 256 125, Best. 402 42, 45, Best. 441 1359; StAK 623 2181, 2183, Zivilstandsregister Koblenz H 123/1828, S 68/1828; Müller, Stadt, S. 336; Adreß-Buch 1826, S. 7; Almanach, S. 46; Weichelt, Casino, S. 254.) (5)
Bougleaux-Pottgeißer, Magloire (*31.1.1773 Versailles, kath.)
Kaufmann, Stadtrat 1811–1813.
Übernahme des Handelshauses seines Schwiegervaters mit seinem Schwager Peter Wilhelm Aloys Pottgeißer (*um 1777).
Mitgliedschaften: Casino Koblenz ab 1808, bis 1812 Freimaurerloge Koblenz. Familie: Ehe am 31.12.1799 mit Maria Anna Elisabeth Pottgeißer, Nichte des Stadtrats Marx Aloys Pottgeißer. Schwiegersohn von Johann Heinrich Pottgeißer (*1744 †1811, Kaufmann, Stadtrat 1801– 1811). (LHAK 256 5, 125; StAK 623 2181, Zivilstandsregister Koblenz H 49/1801, 54/1801; Dufraisse/Richard, notables, S. 100; Erlenmeyer, Gründung, S. 26; Weichelt, Casino, S. 254.)
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Anhang
(6)
Caspers, Philipp (*1768 Koblenz, †29.9.1832 Koblenz, kath.)
Kaufmann, Stadtrat 1821–1832.
Familie: Erste Ehe mit Anna Maria Wilbert, zweite Ehe 1812 mit Anna Maria Fischer (Gondorf, Tochter von Ludwig Fischer und Anna Maria Krues), Trauzeuge Simon Clemens als „ami“. Vater von Philipp Ludwig Caspers (*1814 †1880, Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses 1863) und Philipp Jakob Caspers (*1812 †1883, Stadtrat und Beigeordneter 1846–1883 2. Klasse, Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung in der Nachfolge des Koblenzer Abgeordneten Franz Peter Adams 1848 und des preuß. Abgeordnetenhauses 1862–1867, liberal/Fortschritt). (StAK 623 2183, Zivilstandsregister Koblenz H 24/1812, G 100/1812; Torunsky, Handbuch, S. 93.) (7)
Clemens, Johann Peter (*7.5.1772 Ehrenbreitstein, †27.1.1842 Koblenz, kath.)
Kaufmann, Bankier, Stadtrat ab 1817, zweiter Beigeordneter 1838–1842.
Eisenwarenhandel, Kommissions- und Speditionshandel, Gründung eines Bankhauses 1810, Handelsrichter 1821–1823, Aufseher über die Leihanstalten mit Stadtrat Christian Ludwig Arnold ab 1828, Mitglied der Deputation zur Vermittlung in der Auseinandersetzung mit dem Fiskus 1833, der Wollmarktdeputation 1837, der Stadtbaukommission 1844.
Mitgliedschaften: Gründungsmitglied Casino Koblenz (Direktion 1836/37), Lesegesellschaft Koblenz, Handelsvorstand. Familie: Sohn von Johann Clemens (Kaufmann, Ehrenbreitstein) und Catherina Verhofen, Bruder des Stadtrats Simon Clemens. Ehe am 17. August 1804 mit Sybille Schaaffhausen (Frauenverein), Schwester des Stadtrats Hubert Schaaffhausen und Nichte des Kölner Stadtrats Abraham Schaaffhausen, Trauzeugen Stadträte Johann Baptist Lunnebach und Jakob Joseph Lucas als Cousins des Bräutigams. Sohn Peter Johann Clemens (*1820 †1879, Bankier), verheiratet mit Maria Weckbecker. Zweite Ehe am 10. Oktober 1827 mit Sophie Friederike Simon, Tochter von Friedrich Wilhelm Simon (Rentier in Zweibrücken), Trauzeuge Domäneninspektor Goswin Linz als „Schwager der Ehegattin“. Trauzeuge bei Medizinalrat Julius Stephan Wegeler und Josephine Linz 1834 und bei Regierungsrat Claudius Posa Linz und Charlotte Linz 1837 als „Bekannter“. (LHAK 661, 1,1; StAK 623 2183, 2538, Zivilstandsregister Koblenz H 792/1803, 100/1812, 98/1827, 44/1830, 126/1834, 85/1837, S 244/1820; Adreß-Buch 1840, S. 18; Weichelt, Casino, S. 10, S. 249 und S. 256.) (8)
Clemens, Simon (*22.8.1782 Ehrenbreitstein, †18.1.1858 Koblenz, kath.) Kaufmann, stellvertretender Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Koblenz 1841–1851, Stadtrat 1839–1846.
„Ellenwarenhändler“, Ergänzungsrichter am Handelsgericht ab 1825, dann Richter 1838–1841. Ankauf des Schlosses Liebieg von der Familie Hasslacher 1830, geschätztes jährliches Einkommen 1846: 5.000 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Koblenz ab 1812 (Direktion 1826/27 und 1838/39), Handelskammer Koblenz. Familie: Sohn von Johann Clemens (Kaufmann, Ehrenbreitstein) und Catherina Verhofen. Bruder des Stadtrats Johann Peter Clemens. Ehe am 14. November 1812 mit Anna Maria Fischer, Tochter des Stadtrats Jakob Fischer und Barbara Wiersch, Trauzeuge Stadtrat Philipp Caspers als „ami“. Sohn Jakob
Akteure
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Franz Clemens (*1815 †1862, Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung, Professor in Münster), verheiratet mit Maria Johanna Dietz, Tochter des Stadtrats Hermann Joseph Dietz. (StAK 623 2183, 2538, 2162, 2097; Zivilstandsregister Koblenz H 792/1803, 100/1812, 44/1830, 126/1834, 85/1837; Torunsky, Handbuch, S. 97, Adress-Buch (1826), S. 44; Wegeler, Gallerie, S. 68–70; Weichelt, Casino, S. 249 und S. 256.) (9)
Dahm, Jacob (*13.10.1762, †31.5.1853 Köln)
Richter, Departementsrat 1812, Unterpräfekt, Stadtrat 1817–1821.
Anwalt im Dienste des Freiherrn von Breidbach-Bürresheim bis ca. 1789, anschließend Nationalgütersteigerer, ersteigerte u. a. das Schloss Schönbornlust gemeinsam mit Clemens Mathieu und Jakob Joseph Lucas. Richter am Zivilgericht Koblenz ab 1798, Maire von Saint Jean von ca. 1800/04 bis 1810, Unterpräfekt in Simmern 1806, Professor an der Koblenzer Rechtschule, Präsident des Kriminalgerichtshofs auf Wunsch des Präfekten Lezay–Marnésia ab 1809, Chevalier der Ehrenlegion 1811, ab 1821 Appellationsgerichtsrat, dann -präsident in Köln, Ruhestand 1842.
Mitgliedschaften: Cisrhenanischer Club, Gründungsmitglied Casino Koblenz (Direktion 1814/15). Familie: Sohn von Johann Dahm und Anna Maria Radermacher, unverheiratet. Todesanzeige durch „Vetter“ Joseph Dahm (*um 1797, Steuereinnehmer in Cochem). (StAK 623 2183; Zivilstandsregister Köln S 1151/1853; Clemens, Immobilienhändler, S. 172; Dufraisse/Richard, notables, S. 103; Almanach, S. 10; Weichelt, Casino, S. 176, S. 256, vgl. Rausch, Dahm.) (10) Debeaune, Guillaume (*1776 Schweiz)
Pfandhausdirektor, Stadtrat bis 1813.
(LHAK 256 125; StAK 623 2181.) (11) Deinhard, Johann Friedrich (*10.9.1772 Wollenberg, †23.10.1827 Koblenz, ev.)
Kaufmann, Weinhändler, Gutsbesitzer (Karthäuser Hof 1806), Stadtrat 1811–1827. Lehre in Worms bei Cornelius Heyl, dann Gründung eines Bank- und Kommissionshandels in Ko blenz ab 1794, Truppenlieferungen an Frankreich, Handel mit Genussmitteln und Luxusprodukten, Angestellter im Kölner Bankhaus Mühlens, Zweigstelle Koblenz 1796–1798, Aufenthalt in Worms 1801, Inhaber einer Weinhandlung in Koblenz ab 1802. Gründung einer Niederlassung in Ehrenbreitstein 1807 und Assoziation mit Stadtrat Carl Anton Tesche, Teilhaber der Gerberei ihres gemeinsamen Schwagers Joseph Nebel (Sohn des Maires Johann Nikolaus Nebel), dann Übernahme der Gerberei. Aufnahme Johann Friedrich Wencelius als Teilhaber im Weinhandelshaus (1811), Steuerempfänger und Truppenlieferant für die preußischen Truppen (1814), Kommissionär für die Koblenzer Garnison ab 1819, Zusammenarbeit mit Anton Jordan im Weinhandel nach England ab 1825. Wert des Weinlagers im Keller des ehemaligen Jesuitengymnasiums 1812: 84.000 Taler, 1816: 136.000 Taler, Erbmasse: u. a. 10.000 Taler Gesamtvermögen.
Mitgliedschaften: Freimaurerloge l’Union désirée, Zur gewünschten Einigung und Friedrich zur Vaterlandsliebe bis 1821/22, Gründungsmitglied Casino Koblenz. Familie: Sohn von Michael Deinhard (Gastwirt, Winzer, Amtmann in Wollenberg) und Philippina Herrmann. Ehe am 21. März 1801 mit Barbara Ludovika Nebel (Frauenverein, kath.), Tochter des
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Anhang Maires Johann Nikolaus Nebel, Trauzeuge Stadtrat Hubert Schaaffhausen als „ami“, Neffe des Kölner Stadtrats Abraham Schaaffhausen. Familien- und Geschäftsbeziehungen zu Stadtrat Johann Baptiste Lunnebach, Stadtrat Carl Anton Tesche sowie zu den Familien Nebel und Wegeler. Kinder: Nicolaus August Deinhard (*1806 †1865, Stadtrat ab 1847 1. Klasse), Carl Deinhard (*1809 †1850, Kaufmann in London), Friedrich Deinhard (Kaufmann in den Niederlande und Belgien), Madeleine Karoline Louise Deinhard, verheiratet mit Anton Jordan (*1804 †1890, Teilhaber), Albertine Johanna Deinhard, verheiratet mit Dieter Joseph Pachten, Neffe des Stadtrats Johann Baptiste Lunnebach, Christiana Deinhard (Modehändlerin in Paris) und Bernhard Adolph Deinhard, verheiratet mit Gertrude Henriette Huene, Schwester des Schwiegersohns von Stadtrat Johann Nepomuk Longard.
(LHAK 256 5, 125; StAK 623 2181, 2183, 2538, Zivilstandsregister Koblenz H 57/1801, 98/1828, 3/1832, 77/1834; Bär, Geschichte, S. 24; Erlenmeyer, Gründung, S. 18; Müller, Stadt, S. 279 f. und S. 336; Winkel, Handel, S. 374– 376; Weichelt, Casino, S. 254, vgl. Prößler, Deinhard; Prößler/Prößler, Wein; Kramer, Deinhard.) (12) Demeuth, Johann (*15.9.1764 Nievern/Nassau, 17.5.1831 Koblenz)
Kaufmann, Holzhändler, Stadtrat 1821–1831.
Mitglied der Stadtbaukommission, der Klassensteuerkommission, der Kommission zu Festlegung der Fleisch- und Brodtaxe 1831.
Mitgliedschaften: Cisrhenanischer Club. Familie: Ehe mit Gertrude Henrici. (StAK 623 2183, 2538, Zivilstandsregister Koblenz S 245/1831; Bär, Geschichte, S. 76; Stein, Prosopographie, S. 347.) (13) Dienz, Jakob (*15.3.1745 Koblenz, kath.)
Handwerker, Tüncher, Stadtrat 1802–1813.
(LHAK 256 125; StAK 623 2181.) (14) Dietz, Hermann Joseph (*20.5.1782 Koblenz, †20.10.1862 Koblenz, kath.)
Kaufmann, Präsident der Armenverwaltung, 1833–1837 stellvertretender, 1841–1845 Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Koblenz, Stadtrat 1817, Beigeordneter 1818–1846, Aufgabe des Amtes trotz Wiederwahl 1847 (3. Klasse).
Inhaber der Blechwarenfabrik in der Alten Burg mit Schwager Johann Jakob Zweiffel und Stadtrat Hubert Schaaffhausen, Verwaltung und Leitung des Hospitals und Waisenhauses St. Barbara und des Knaben-Waisenhauses. Mitglied der Kronprinzenkommission in Berlin 1822, der Schulkommission 1830, der Deputation zur Vermittlung in der Auseinandersetzung mit dem Fiskus 1833, der Sanitätskommission 1837, geschätztes jährliches Einkommen 1846: 3.500 Taler, Roter Adlerorden 4. Klasse, 1853 Civil Ritterorden des hl. Gregorius.
Mitgliedschaften: Gründungsmitglied Casino (Direktion 1820/21), Hilfsverein Koblenz 1817/18 (Vorstand), Rendant des katholischen Frauenvereins, Dienstagsgesellschaft, Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen. Familie: Sohn von Philipp Adolph Dietz (Kaufmann, Brilon) und Maria Theresia Schwarzenberg. Ehe am 21. September 1803 mit Anna Maria Antonetta Maas (Vorsteherin des Frauenvereins). Schwager
Akteure
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der Stadträte Johann Jakob Zweiffel, Philipp Wilhelm Pfender, Maximilian Nell und Marx Aloys Pottgeißer. Nichte Gertrude „Traudchen“ Nell, Hospitalschwester. Tochter Emilie Dietz, verheiratet mit Franz Heinrich Maas (*1801, Gastwirt), Sohn Adolph Dietz (*1803, Kaufmann), verheiratet mit Anna Sibille Maas, Kinder seines Schwagers, des Stadtrats Franz Maas. Tochter Maria Johanna Dietz, verheiratet mit Jakob Franz Clemens (*1815 †1862, Paulskirchenparlamentarier, Professor in Münster), Sohn des Stadtrats Simon Clemens und der Anna Maria Fischer. Trauzeuge bei Hermann Schaaffhausen, Sohn des Stadtrats Hubert Schaaffhausen, 1843 als „Bekannter“. (StAK 623 2162, 2183, 2538, Zivilstandsregister Koblenz H 119/1803, 12/1804, 47/1829, 62/1830, G 387/1812; Almanach, S. 53, Adreß-Buch 1826, S. 40; Weichelt, Casino, S. 10, S. 249; Torunsky, Handbuch, S. 112 f.; Bär, Geschichte, S. 89 f., S. 96; Denzer, Stadt, S. 257 f., S. 264 f.; Herres, Koblenz, S. 66–68, S. 70; ders., Vereine, S. 125 f.; Kampmann, Presse-Chronik, S. 124; Monheim, Monheim, S. 175; Weber, Aufklärung, S. 25–29, S. 83, S. 100, vgl. Wohlers, Frauen, der Nachruf in der Koblenzer Zeitung Nr. 93 vom 22.4.1853 und die zahlreichen Briefe Brentanos bei Oehring, Brentano.) (15) Drimborn, Johann Matthias (*21.9.1800 Bonn, †25.1.1858 Koblenz, kath.)
Arzt, stellvertr. Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Koblenz 1843–1845, Stadtrat 1843–1846, Bei-
Mit-Initiator des ersten Karnevalumzugs 1823/24, Wundarzt in Koblenz ab 1828, Geburtshelfer ab
geordneter 1847–1854 (1. Klasse). 1838, erster Kurator des Pfandhauses ab 1845, dann Kurator der Sparkasse und Mitglied der Kreisstände in der Nachfolge Schaaffhausens. Besitzer des Theaters, ersteigert für 12.600 Taler von seinem Schwiegervater, geschätztes jährliches Einkommen 1846: 1.500 Taler. Mitgliedschaften: Casino Koblenz ab 1834, Karnevals-Comité. Familie: Sohn von Peter Innocenz Drimborn (Kaufmann, Bonn) und Maria Anna Spratten, Bruder Franz Gabriel Drimborn (Redakteur der Rhein- und Moselzeitung 1833–1837, Stadtrat ab 1847 2. Klasse). Ehe am 20. Juli 1833 mit Maria Beatrix Theodora von Düsseldorf geb. von Schmitz, Witwe des königl. Landgerichtsrats Theodor von Düsseldorf, und Tochter des kurtr. Hofrats und Theaterbesitzers Joseph von Schmitz. Schwager Matthias Joseph Bonaventura von Schmitz, verheiratet mit Amalia Grebel, Tochter des Stadtrats Matthias Grebel. (StAK 623 2183, 2250, 2162, Zivilstandsregister Koblenz H 6/1817, 93/1833; Kampmann, Presse-Chronik, S. 252; Adreß-Buch 1844, S. 56; Torunsky, Handbuch, S. 115; Bär, Geschichte, S. 77 und S. 114; Weichelt, Casino, S. 257.) (16) Fassbender, Johann Bernhard (*7.9.1778 Trier)
Schiffer, Kaufmann, Hafenpächter, Stadtrat 1833–1846.
Mitglied der Überprüfungskommission für die Brot- und Fleischtaxe 1833.
Familie: Sohn von Gerhard Fassbender (Schiffer in Trier). Ehe mit Franziska Caroline Josephine Wintersdorff. Sohn Matthias Fassbender (*um 1803, Schiffer), verheiratet mit Dorothea Geller (Tochter des Schiffers Joseph Geller), Tochter Franziska Fassbender, verheiratet mit Carl Arnold Lunnebach (Handelsmann, Sohn des Stadtrats Johann Baptist Lunnebach und Christina Schönmans), Tochter Margarethe Fassbender, verheiratet mit Otto Philipp von Lassaulx (Stadtbaumeister in Elberfeld, Sohn von Johann Claudius von Lassaulx II.).
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Anhang
(StAK 623 2183; Bär, Geschichte, S. 77; StAK 623 2183, Zivilstandsregister Koblenz H 54/1831, 130/1832, 121/1832; Zivilstandsregister Trier H 53/1801, 17/1803, 105/1813; Adressbuch 1840, S. 53.) (17) Fischer, Jakob (*21.9.1763 Koblenz †28.5.1839 Koblenz)
Kaufmann, Stadtrat 1802–1837.
Baumwoll- und Leinwandhändler, Ergänzungsrichter am Handelsgericht 1821.
Mitgliedschaften: Gründungsmitglied Casino Koblenz. Familie: Schwester Anna Margarethe Fischer (Spezereywarenhändlerin), verheiratet mit Sebastian Longard (†1794), Onkel von Stadtrat Johann Nepomuk Longard. Ehe mit Barbara Wiersch, Schwiegervater von Stadtrat Simon Clemens. Trauzeuge bei Stadtrat Philipp Jakob Caspers und Anna Maria Fischer als „ami“. (LHAK 256 125, StAK 623 2181, 2183, 2538, Zivistandsregister Koblenz H 24/1812, G 100/1812, S 323/1839; Weichelt, Casino, S. 258.) (18) Geisselbrecht, Johann Friedrich (*1788 Frankfurt a. M. †11.3.1846 Koblenz, ev.)
Kaufmann, Stadtrat 1833–1846.
„Steinkohlehändler“, Ergänzungsrichter am Handelsgericht 1823–1825, Mitglied der Straßenkommission und der Werftkommission. Hauptagent der Berlinischen Lebensversicherungsgesellschaft, der preußischen Rentenversicherungsanstalt und der Aachen-Münchener FeuerversicherungsGesellschaft, unterstützte das Vorhaben eines evangelischen Waisenhauses, geschätztes jährliches Einkommen 1846: 800 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Koblenz ab 1820 (Direktion 1824/25), Handelsvorstand, Gründungsmitglied der Handelskammer, Vorsteher der evangelischen Gemeinde und Rendant des evangelischen Frauenvereins, Mitglied im Verschönerungsverein. Familie: Ehe mit Johanna Jacoba van Wyi. Stadtrat Ernst Wendel zeigte 1846 den Tod seines 6-jährigen Sohnes an. Trauzeuge mit Stadtrat Nicolaus August Deinhard bei Anna Maria Deinhard als „Vetter“. (StAK 623 2183, 2538, 2162, 2097, Zivilstandsregister Koblenz H 3/1832, S143/1846; Bär, Geschichte, S. 77 und S. 218, Adreß-Buch 1826, S. 44; Heydt, Frauenverein, S. 18; Kleber, Becker, S. 15, vgl. den Bote des Evangelischen Vereins der Gustav-Adolf-Stiftung Nr. 1 (1847), S. 9; M, RMZ Nr. 217 (19.9.1847); Weichelt, Casino, S. 10, S. 249.) (19) Graeff, Johann Anton (*24.3.1763 Lahnstein)
Gastwirt, Stadtrat 1805–1837.
Inhaber des Gasthofs Zum Goldenen Apfel.
Mitgliedschaften: Casino Koblenz ab 1814. (LHAK 256 5, 125; StAK 623 2181, 2183; Weichelt, Casino, S. 259; Müller, Stadt, S. 336; Almanach, S. 46; Adreß-Buch 1826, S. 39.) (20) Grebel, Matthias Joseph (*1.3.1772 Koblenz, †1.7.1827 Koblenz, kath.)
Advokatanwalt, Beigeordneter 1813, Stadtrat 1801–1827.
Studium der Rechtswissenschaften in Mainz, ab 1797 Advokat, dann Advokatanwalt, Richter am Departementsgerichtshof 1801, Steuerempfänger und Mitglied der Hospizienkommission 1804, Ver-
Akteure
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treter der Stadt Koblenz bei der Krönung Napoleons in Paris 1804, Chef der Forstverwaltung auf Wunsch des Präfekten Doazan ab 1811, Justitiar bei der Regierung Koblenz 1817–1820, einjährige Suspension aufgrund der öffentlichen Kritik an dem preußischen Rechtssystem 1822/23. Mitgliedschaften: Cisrhenanischer Club, Gründungsmitglied Casino Koblenz, Freimaurerloge l’Union désirée, Zur gewünschten Einigung und Friedrich zur Vaterlandsliebe (Meister vom Stuhl 1818). Familie: Sohn von Jacob Grebel (Handelsmann, Güls) und Maria Gertrude Görres, Cousin des Publi zisten Joseph Görres (*1776 †1848), Neffe des Maires Mazza.. Schwager von Clemens Wenzeslaus Mathieu (*1781, Notar, Immobilienmakler, Domäneninspektor). Ehe mit Anne Sybille Heusel, Söhne: Moritz (Notar), Alexander (Advokatanwalt), Adolph (Advokatanwalt, Stadtrat ab 1850). Schwiegervater von Georg Adam Desiré Aldenhoven (*1804 Trier, Notar in Köln) und von Franz Mathias Joseph Bonaventura von Schmitz (Landgerichtsassessor, Sohn des Theaterbesitzers von Schmitz und der Maria Anna Drimborn, Koblenz), Schwager des Stadtrats Johann Matthias Drimborn. (LHAK Best. 256 125, Best. 403 7137, Best. 441 11779, 3429 (Personalakte); StAK 623 2181, 2183; Zivilstandsregister Koblenz H 3/1802, 137/1835, 86/1836; Dufraisse/Richard, notables, S. 108; Müller, Stadt, S. 336; Almanach, S. 43 f.; Erlenmeyer, Gründung, S. 12, S. 27 und S. 127–129; Archiv für das Zivil- und Kriminalrecht Bd. 6, S. 49–55; Seynsche, Revisionshof, S. 52–57; Weichelt, Casino, S. 259.) (21) Haan, Christian Ignaz (*15.2.1783 Koblenz, †4.3.1857 Verviers, kath.)
Kaufmann, Provinziallandtagsabgeordneter 1851/52 3. Stand/Koblenz (konservativ), Mitglied des Herrenhauses 1855, zweiter Beigeordneter 1843–1846, erster Beigeordneter ab 1847.
Handel mit Tuche, Baumwolle u. a., Vorsitzender des Prüfungsausschusses für die Gewerbetreibenden 1845, Mitglied der Hospital-Armenverwaltung 1849, Roter Adlerorden vierter Klasse.
Mitgliedschaften: Gründungsmitglied Casino Koblenz (Direktion 1836/37), Mitglied im Handelsvorstand. Familie: Sohn des Stadtrats Franz Stephan Haan und der Anna Maria Messard, Bruder des Stadtrats Johann Joseph Haan. Ehe am 28. Juni 1808 mit Marie Anne Walburga Aloyse Müller, Tochter des Stadtrats Paul Müller. (StAK 623 2183, Zivilstandsregister Koblenz H 47/1806, 123/1828, 58/1833; Clemens, Immobilienhändler, S. 62, S. 323 f.; Müller, Stadt, S. 305 und S. 336; Weichelt, Casino, S. 177 f., Adreß-Buch 1844, S. 50; Torunsky, Handbuch, S. 180 f.; Weichelt, Casino, S. 10, S. 249; Bär, Geschichte, S. 77, S. 98; vgl. Haan, Geschichte.) (22) Haan, Franz Stephan (*9.3.1749 Saarwellingen, †2.1.1814 Koblenz, kath.)
Kaufmann, Immobilienmakler, Stadtrat 1801 und 1807–1813.
Wachtmeister der kurtrierischen Leibgarde, Pächter des Rheinbrückenzolls in Koblenz, Handel mit Tuche und Wein, Immobilienmakler; ersteigerte Nationalgüter im Wert von 15.205 Francs (davon 6.650 Francs bezahlt) und vermittelte Nationalgüter im Wert von 49.620 Francs, darunter 1805 die Besitzungen des Karthäuserklosters für 16.800 Francs an die französischen Beamten Theodor Beving und Pascal Robin.
Mitgliedschaften: Cisrhenanischer Club, Gründungsmitglied Casino Koblenz. Familie: Sohn von Gerhard Haan (Amtmann in Trier), Bruder von Johann Jakob Haan (*1754 †1819, Advokat in Metz, ab 1784 Professor in Trier und Herausgeber des Journals für das Saardepartement, Munizipalrat). Ehe mit Anna Maria Messard (*Italien), Vater der Stadträte Johann Joseph Haan (*1781
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Anhang †1836) und Christian Ignaz Haan (*1783 †1857), verheiratet mit Marie Anne Walburga Aloyse Müller, Schwester des Stadtrats Paul Müller. Schwiegervater des Regierungssekretärs Johann Jakob Bohl, Sohn des Stadtrats Conrad Bohl.
(LHAK 256 125, Best. 441 6582; StAK 623 2181, Zivilstandsregister Koblenz H 47/1806; Clemens, Immobilienhändler, S. 62, S. 216, S. 323 f.; Weichelt, Casino, S. 259; Erlenmeyer, Gründung, S. 27; Müller, Stadt, S. 305 und S. 336; vgl. Haan, Geschichte und Torunsky, Handbuch, S. 181.) (23) Haan, Johann Joseph (*5.3.1781 Koblenz, †5.8.1836 Koblenz, kath.)
Kaufmann, stellver. Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Koblenz 1828 (1830 verhindert), Stadtrat 1833–1836.
Wolltuchfabrikant und Weinhändler in Trier, dann Inhaber der Weinhandlung Haan und Richard in Koblenz, 1818 mit 98 Fässern zweitgrößter Weinhändler nach Deinhard (352 Fässer), bis 1825 Handelsrichter.
Mitgliedschaften: Gründungsmitglied Casino Koblenz, Freimaurerloge l’Union désirée, Zur gewünschten Einigung, Handelskammer Koblenz. Familie: Sohn des Stadtrats Franz Stephan Haan und der Anna Maria Messard, Bruder des Stadtrats Christian Ignaz Haan. Ehe mit Barbara Hein (Tochter eines Schiffers aus Cochem, Frauenverein), Schwager des Provinziallandtagsabgeordneten und Weingroßhändlers Johann Josef Hein, verheiratet mit einer Tochter des Mayener Landrats Franz Peter Hartung. (StAK 623 2183, 2097, Zivilstandsregister Koblenz H 47/1806, 123/1828, 58/1833; Clemens, Immobilienhändler, S. 323 f.; Erlenmeyer, Gründung, S. 18 und S. 27; Müller, Stadt, S. 305 und S. 336; Weichelt, Casino, S. 10, S. 249, S. 177 f., Adreß-Buch 1844, S. 50; Torunsky, Handbuch, S. 180 f.; Weichelt, Casino, Bär, Geschichte, S. 77, S. 98; Prößler/Prößler, Wein, S. 39 f.; vgl. Haan, Geschichte.) (24) Haas, Peter (*um 1758 Koblenz)
Weinhändler, Gastwirt, Stadtrat 1802 und 1818–1824.
Mitgliedschaften: Freimaurerloge l’Union désirée, Zur gewünschten Einigung. (LHAK 256 125; StAK 623 2181, 2183; Erlenmeyer, Gründung, S. 26 f.) (25) Hasslacher, Konrad (*4.12.1801 Koblenz, †29.12.1874 Koblenz, kath.)
Fabrikant, Sattler, Gutsbesitzer, Stadtrat 1839–1846, ab 1847 (3. Klasse). Besuch des Gymnasiums, Militärdienst als einjähriger Freiwilliger 1820, Reisen nach Wiesbaden und Mannheim ab 1822, Besuch des Polytechnischen Instituts in Wien 1824/25, Reisen nach Venedig, Mailand, Rom, Südfrankreich, Paris. Übernahme des väterlichen Sattler- und Wagenfabrikationsgewerbes ab 1827, Bau von Eisenbahnwagen für die Rhein-Weser-Bahn ab 1840, Mitglied im Prüfungsausschuss für die Gewerbetreibenden 1845. 1850er Jahre: Umstellung des Geschäfts auf Farbenproduktion. Kauf des Hauses von Nikolaus Nebel 1830, besaß Weinberge in Güls, Moselweiß und Ehrenbreitstein, geschätztes jährliches Einkommen 1846: 500 Taler, Roter Adlerorden (1847).
Mitgliedschaften: Casino Koblenz ab 1833, Karnevals-Komitee, Gewerbeverein. Familie: Sohn von Franz Anton Hasslacher (*1776 †1858, geschätztes jährliches Einkommen 1846: 3.000 Taler) und Anna Catharina Theresia Heislitz. Bruder von Joseph Hasslacher (Tabakfabrikant),
Akteure
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Franz Carl Hasslacher II. (*1805 †1881, Landrat von Aachen), verheiratet mit Marie Mertens (Köln, Tochter von Ludwig Mertens und Sybille Mertens-Schaaffhausen). Ehe am 3. Oktober 1827 mit Barbara Josepha Oswald, Tochter des Stadtrats Johann Jakob Aloys Oswald, Trauzeugen Goldarbeiter Joseph Mantell als Onkel und Stadtrat Gottfried Menn als „Stiefgroßvater der Ehegattin“. Vater u. a. von Johann Jakob Aloys „James“ Hasslacher (*1835 †1903, Unternehmensleitung der Weinhandlung Deinhard in London), Franz Anton Hasslacher II. (Bergrat in Saarbrücken). (LHAK 441 12813, Best. 403 2616, Best. 700 138; StAK 623 2183, Zivilstandsregister Koblenz H 34/1802, 101/1827, 144/1842; Weichelt, Casino, S. 260; Adreß-Buch 1826, S. 43; 1844, S. 53, vgl. Hasslacher, Hasslacher und Liessem/Prößler, Reichensperger.) (26) Helf, Anton (*2.5.1775 Koblenz)
Kaufmann, Stadtrat 1833–1846.
Manufakturwarenhändler, Inhaber einer Baumwoll- und Schnittzeughandlung.
Mitgliedschaften: Gründungsmitglied Casino Koblenz. Familie: Sohn von Matthias Helf und Anna Maria Obschleger. Bruder Peter Helf (*um 1776, Kaufmann in Ehrenbreitstein). Ehe am 30. Dezember 1806 mit Maria Katharina Oswald, Tochter von Joseph Oswald (Kaufmann) und Anna Margarethe Milz, Schwager von Joseph Mantell und Stadtrat Johann Jakob Aloys Oswald. (StAK 623 2183, Zivilstandsregister Koblenz H 113/1806, 100/1806, 33/1831; Adress-Buch (1840), S. 85; AdressBuch (1844), S. 46; Weichelt, Casino, S. 260.) (27) Hergt, Rudolph Friedrich Christian (*5.5.1790 Hadamar, †11.6.1862 Koblenz, ev.)
Buchhändler, Drucker, Verleger, Stadtrat 1833–1846.
Leiter der Neuen Gelehrten-Buchhandlung & Druckerei seines Vaters ab 1821, Umbenennung in Buchhandlung und Buchdruckerei von R. F. Hergt ab 1830, Kauf der Druckerei von Bernard Hériot (Verlagsrechte 1832) 1834, geschätztes jährliches Einkommen 1846: 1.000 Taler.
Mitgliedschaften: Gründungsmitglied Casino Koblenz. Familie: Sohn von Franz Christian Nikolaus Hergt (*1760 †1838, Apotheker, Buchhändler in Hadamar), Ehe am 3. Juli 1816 mit Barbara Kaibel (*1789 Rosenheim/Hessen). Schwager von Johann Jakob Bohl, Sohn des Stadtrats Conrad Bohl. (LHAK 441 5212; StAK 2183, 2162; Zivilstandsregister Koblenz S 275/1862; Kampmann, Presse-Chronik, S. 120– 128; Hansen, Briefe, S. 497 f.; Bär, Geschichte, S. 77 und S. 356 f.) (28) Hoelscher, Jakob (*8.10.1798 Koblenz, †1.11.1862 Koblenz, kath.)
Verleger, Buchhändler, Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Koblenz 1854–1861 (konservativ), Stadtrat 1833–1846.
Übernahme der väterlichen Verlagsbuchhandlung und Leihbibliothek am Jesuitenplatz 487 ab 1826, Ergänzungsrichter am Handelsgericht 1835–1841 und 1845–1848, ab 1848 Richter, dann Präsident des Handelsgerichts, Redakteur des Rhein- und Moselboten ab 1853, geschätztes jährliches Einkommen 1846: 800 Taler, Roter Adlerorden 4. Klasse.
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Anhang
Mitgliedschaften: Casino Koblenz ab 1819, Dirigent der Liedertafel, Lesegesellschaft, Verein zur Beförderung der Arbeitsamkeit. Familie: Sohn von Johann Hermann Josef Hoelscher (*1765 †1829, Verleger) und Maria Salome Simonis, Schwester Marie Hoelscher, verheiratet mit Ernst August Simon (*Zenburg bei Merseburg, Leutnant außer Diensten). Erste Ehe am 16. Juni 1825 mit Juliana Theresia Zeiler (Simmern), zweite Ehe am 18. Februar 1857 mit Henriette Christine Wilhelmine Heidegger (Koblenz, katholischer Frauenverein), Kinder: u. a. Ferdinand Hoelscher (Buchhändler), Otto Hoelscher (*1842 †1906, Direktor des Realgymnasiums in Bonn). (LHAK 661, 1,1,; 441 5119 und 5127; StAK 623 2183, Zivilstandsregister Koblenz H 47/1827, 132/1850, 37/1857; Adreß-Buch 1844, S. 46; Torunsky, Handbuch, S. 213; Faber, Rheinlande, S. 171; Hansen, Briefe, S. 569; Kampmann, Presse-Chronik, S. 104 f.; Weichelt, Casino, S. 260; Bär, Geschichte, S. 77.) (29) Hoffmann, Johann Peter (*um 1759 Kärlich, †3.1.1822 Koblenz)
Tapezierer, Kaufmann, Stadtrat 1802–1821. Manufakturwarenhändler, Inhaber einer Baumwoll- und Schnittzeughandlung, Übernahme durch seinen Sohn Philipp Hoffmann, 1829 falliert.
Familie: Ehe mit Agnes Hefs, Sohn Peter Joseph Hoffmann (Goldschmied), Sohn Philipp Hoffmann (*1798 †1862, Tapezierer, Möbelverleiher, ab 1846 Stadtrat 2. Klasse), verheiratet mit Margarethe Hefs (Mainz). Tochter Theresia Hoffmann, verheiratet mit Hauptmann Johann Ludwig Theodor Doering, Sohn des Düsseldorfer Beigeordneten Johann Emanuel Philipp Doering. (LHAK 256 125; StAK 623 2181, 2183, 2538 und 2071, Zivilstandsregister Koblenz H 109/1828, 89/1829 und 179/1835; Almanach, S. 44.) (30) Kehrmann, Johann Heinrich sen. (*8.10.1756 Bremen, †18.9.1832 Koblenz, ev.)
Kaufmann, Stadtrat 1798–1799 und 1805–1832.
Bürgerrecht in Koblenz ab 1786, Inhaber einer Kolonialwarenhandlung bzw. „Großhändler“ mit Wein und Speditionsgeschäften, Manufaktur-, Eisen- und Metallwaren. Handelsrichter, Kirchenvorstandsmitglied der evangelischen Gemeinde ab 1802, Teilnehmer an der Huldigung des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. zu Aachen 1815. Im Jahr 1818 nach Deinhard und Haan mit 76 Fässern drittgrößter Weinhändler der Stadt (Deinhard/Tesche: 352 Fässer).
Mitgliedschaften: Gründungsmitglied Casino Koblenz, Hilfsverein Koblenz 1817/18 (Vorstand). Familie: Ehe mit Dorothea Freund, u. a. Vater von Stadtrat Johann Heinrich Kehrmann jun., verheiratet mit Johanna Philippina Emilie Pauline Kraus, Kaufmannstochter aus Frankfurt a. M., von Johann Abraham Kehrmann (*1788 †1863, Kommerzienrat, Handelskammerpräsident, Stadtrat ab 1853), verheiratet mit Anna Maria Wollersheim, Tochter des Stadtrats Franz Wollersheim und Schwager des Kölner Stadtrats Damian Leiden, und von Friedrich Kehrmann (*1796), verheiratet mit Maria Theresia de l’Haye, Tochter des Fürstl. Thurn- und Taxischen Hof- und General-Post Directions-Rat Peter Joseph de l’Haye. Todesanzeige durch Stadtrat Johann Joseph Haan als „Nachbar“. (LHAK 256 5, 125, Best. 441 10567 und 6582, Best. 403 3883 und 17901, StAK 623 2181, 2183, 2538, 2097 und 6040, Zivilstandsregister Koblenz H 28/1817, 19/1834, 49/1834, S 524/1832; Almanach, S. 46, S. 84; Adreß-Buch 1826, S. 44; Müller, Stadt, S. 230 f., S. 307 und S. 336; Ders., Protestantismus, S. 282 f., 288 f.; Weichelt, Casino,
Akteure
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S. 262; Dufraisse/Richard, notables, S. 76; Bär, Geschichte, S. 26; Herres, Koblenz, S. 63, S. 75; Industrie- und Handelskammer (Hg.), 125 Jahre, S. 14, Prößler/Prößler, Wein, S. 39.) (31) Kehrmann, Johann Heinrich jun. (*14.10.1786 Koblenz, †9.7.1864 Koblenz, ev.)
Kaufmann, Spedition- und Kommissionshandel, Stadtrat 1833–1846.
Inhaber einer Kolonialwarenhandlung und Spedition, Handelsrichter, Präsident des Handelsgerichts ab 1838, Rendant des Musik-Instituts, geschätztes jährliches Einkommen 1846: 1.500 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Koblenz ab 1810, Handelsvorstand, Handelskammer (Präsident 1851–1858). Familie: Sohn von Stadtrat Johann Heinrich Kehrmann sen. und Dorothea Freund, Bruder von Johann Abraham Kehrmann (*1788 †1863, Kommerzienrat, Handelskammerpräsident, Stadtrat ab 1853), verheiratet mit Anna Maria Wollersheim, Tochter des Stadtrats Franz Wollersheim und Schwager des Kölner Stadtrats Damian Leiden, und von Friedrich Kehrmann (*1796), verheiratet mit Maria Theresia de l’Haye, Tochter des Fürstl. Thurn- und Taxischen Hof- und General-Post Directions-Rat Peter Joseph de l’Haye. Ehe am 11. März 1834 mit Johanna Philippina Emilie Pauline Kraus, Kaufmannstochter aus Frankfurt a. M. (Vgl. StAK 623 Nr. 2538, 2162, 2097, 2098, 4262; Zivilstandsregister Koblenz H 49/1834, 117/1857, S 344/1864.) (32) Korbach, Edmund Ignatz (*1775 St. Goar, †25.2.1820 Koblenz)
Advokatanwalt, ab 1804 Richter, Stadtrat 1817–1820.
Mitgliedschaften: Gründungsmitglied Casino Koblenz (Direktion). Familie: Sohn von Dionis Korbach und Tecla Getrude Idstein (St. Goar). Ehe am 20. Oktober 1801 mit Anna Margarethe Lucas, Schwager des Publizisten Joseph Görres und des Rechtsprofessors Franz Georg Joseph von Lassaulx (*1781 †1818, Dekan der Rechtsschule, nach 1815 der juristischen Fakultät in Nancy). (StAK 623 2183, Zivilstandsregister Koblenz H 54/1801, 59/1801, 136/1803, G 842/1804, G 861/1804, 15/1801; Weichelt, Casino, S. 10, S. 249.) (33) Kröll, Johann Ludwig (*17.6.1749 Neuendorf, †5.3.1818 Koblenz, kath.)
Gastwirt, Schiffer, Stadtrat 1801–1818.
Besitzer des Gasthofs Zu den drei Schweizern.
Mitgliedschaften: Freimaurerloge l’Union désirée, Zur gewünschten Einigung. Familie: Neuendorfer Schifferfamilie. Ehe mit Katharina Stein (Frauenverein), Sohn Conrad Kröll (*um 1776, Kaufmann). Nichte Maria Martha Kröll, verheiratet mit Stadtrat Johann Anton Leroy (*1803 †1880). (LHAK 256 125, StAK 623 2181, 2183, Zivilstandsregister Koblenz H, Eintrag vom 18. Nivose Jahr X, 42/1803, 111/1831, 57/1832, S 95/1818; Engelmann, Taschenbuch, S. 51; Müller, Herrschaft, S. 30.) (34) Lambricht, Nicolaus
Bäcker, Stadtrat 1833–1846.
Konditor, geschätztes jährliches Einkommen 1846: 1.000 Taler.
(StAK 623 2183, 2162; Ehrenkreuz, Coblenz, S. 69; Bär, Geschichte, S. 77.)
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Anhang
(35) Lebens, Johann Friedrich (*5.5.1767 Arenberg, †um 1840, kath.)
Advokatanwalt, Richter, Regierungsrat, Gutsbesitzer (Mendig), Stadtrat 1807–1814. Richter am ersten Instanzgericht Koblenz ab 1797, Präsident des Kriminalgerichts 1798–1800, Professor an der Rechtsschule ab 1811, Richter am provisorischen Revisionsgerichtshof in Koblenz 1814, Regierungsrat in Koblenz ab 1816 (jährliches Einkommen 1817: 1.200 Taler), Ober- und Geheimer Regierungsrat ab 1824, Direktor der Abteilung für die Verwaltung der direkten Steuern und der Domänen und Forsten in der Nachfolge Schmitz-Grollenburgs ab 1825, Direktor der zweiten Abteilung in der Nachfolge Flemmings ab 1826, Ruhestand und Ehrenmitglied der Regierung ab 1833. Roter Adlerorden 3. Klasse mit Schleife.
Mitgliedschaften: Freimaurerloge l’Union désirée, Gründungsmitglied Casino Koblenz, Lesegesellschaft. Familie: Schwester Maria Anna Catharina Lebens, verheiratet mit Johann Heinrich Konstantin Liel (Hofrat aus Ehrenbreitstein und „Geschwisterkind“ von Anselm Franz Joseph Liel *um 1782, Direktor des Justiz-Senates in Ehrenbreitstein). Ehe mit Franziska Müller (Frauenverein). Trauzeuge bei der Eheschließung von Eleonora Lippe, Tochter von Stadtrat Alexander Peter Lippe als „Vetter“ des Bräutigams, bei Medizinalrat Franz Gerhard Wegeler und bei der Tochter von Regierungspräsident Edmund von Schmitz-Grollenburg als „Bekannter“. (LHAK 661, 1,1,; Best. 402 42, 45, 101, Best. 403 435 und 514, Best. 441 3036; StAK 623 2181, Zivilstandsregister Koblenz H 35/1814, 129/1829, 100/1830; Bär, Geschichte, S. 47; Müller, Stadt, S. 337; Schindlmayr, Personalpolitik, S. 49 und S. 62; Weichelt, Casino, S. 263; Adreß-Buch 1826, S. 5; Dufraisse/Richard, notables, S. 80; Erlenmeyer, Gründung, S. 18 und S. 133 f.) (36) Leroy, Johann Anton (*12.1.1803 Köln, †7.11.1880 Koblenz)
Kaufmann, Stadtrat 1843–1846, ab 1847 (2. Klasse). „Frachtgut-Agent für Rheinschiffer und staatlich zugelassener Vermittler für Auswanderer“, Initiator des ersten Karnevalumzugs mit Stadtrat Matthias Drimborn 1823/24, Hauptagent der Kölnischen Dampfschifffahrtsgesellschaft, der Rheinschiffahrts-Assekuranz-Gesellschaft und der Colonia Feuerversicherungsgesellschaft, geschätztes jährliches Einkommen 1846: 1.000 Taler. Wahlkommissar des IV. Bezirks (Koblenz) und Mitglied des Bürgerwahlvereins (liberal) 1848, Vertreter der Stadt Koblenz bei der Versammlung der Gemeinderäte in Köln 1849.
Mitgliedschaften: Casino Koblenz ab 1829, Karnevals-Komitee, Handelsvorstand, Gründungsmitglied der Handelskammer und des Koblenzer Gewerbevereins, später des Verschönerungsvereins und des Vereins zur Beförderung der Arbeitsamkeit. Familie: Sohn von Johann Peter Leroy (*1768 Ried/Elsass, Präfekturangestellter und Octroieinnehmer in Koblenz) und Johanna Maria Dechamp (*Malmedy). Erste Ehe mit Catharina Schaltenbrand (Frauenverein), zweite Ehe am 13. September 1831 mit Anna Maria Martha Kröll, Nichte von Stadtrat Johann Kröll. (LHAK 256 125, Best. 441 12813; StAK 623 2097, 2183, 2162, 2538; Zivilstandsregister Koblenz H 111/1831; Bär, Geschichte, S. 77; vgl. Buslau, Fasenacht, S. 25 f.; Herres, Koblenz, S. 76; Weichelt, Casino, S. 263, Kampmann, Presse-Chronik, S. 116; Ders., Köpfe, S. 98 f.; Winkel, Handel, S. 383; Adreß-Buch 1844, S. 51, S. 69 f.)
Akteure
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(37) Lippe, Alexander Peter (*19.1.1754, †27.6.1836 Koblenz, kath.)
Apotheker, Steuerrat, Stadtrat 1804–1807 und 1817–1821 (nicht anwesend).
Apotheker 1798–1803, handelte 1794 mit dem Bankhaus Mühlens einen Kredit in Höhe von 80.000 livre zur Begleichung der Bourbottschen Kontributionen für die Stadt Koblenz aus. Mitglied der Armenverwaltung 1804/05–1807, Direktor der Finanzverwaltung in Aachen ab 1804, wurde am 5. April 1815 bei der Besitzergreifung laut Aktenvermerk „nicht vorgefunden“, Ablehnung des Pensionsgesuchs durch Ingersleben und Hardenberg 1818, anschließend Gnadenerlass von 500 Talern im Jahr durch Friedrich Wilhelm III., erhielt bei der Oberbürgermeisterwahl 1817 nach Mazza, Maehler und Reiff die meisten, sieben, Stimmen.
Familie: Sohn von Christian Theodor Lippe und Adolphina Theresia Hild. Erste Ehe mit Franziska Hügel (Koblenz), zweite Ehe mit Christina Franziska Camp (Trier). Tochter Theresia Walburga Lippe, erste Ehe mit Louis Dupuy (*l’Aisne, „Payeur de la guerre“), zweite Ehe am 18. Juli 1804 mit Marie André Chaalons (*Kassel „general de l’armée français“, Trauzeugen: Brigade-General Jaques Julien Guérin, Stadtrat Maximilian Nell und Obergerichtsschreiber Theodor Lippe als „Cousins“). Tochter Marie Theresia Eleonora Lippe, verheiratet mit Joseph Spitz (Hofrat und Rendant der Universität Bonn), „Vetter“ des Stadtrats Friedrich Lebens. Onkel des Trierer Oberbürgermeisters Wilhelm Haw und des Stadtrats Johann Joseph Haw. (LHAK 441 3427 und 1469; StAK 623 2183, 2185, Zivilstandsregister Koblenz H 724/XII H 31/1800, 59/1801, 724/1804, 100/1830, S 429/1836; Bär, Geschichte, S. 138; Clemens, Diener, S. 82; Dufraisse/Richard, notables, S. 76; Almanach, S. 43; http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 10.10.2021.) (38) Longard, Johann Nepomuk (*8.10.1790 Koblenz, †2.2.1865 Koblenz, kath.)
Advokatanwalt, Justizrat, Stadtrat 1825–1846.
Besuch der Rechtsschule Koblenz, Regierungsanwalt für die linke Rheinseite in der Nachfolge Grebels 1821, dann Justizrat, Mitglied der Einquartierungskommission, verfasste mehrere rechtswissenschaftliche Publikationen, geschätztes jährliches Einkommen 1846: 1.340 Taler, genannt „Longard I.“
Mitgliedschaften: Casino Koblenz ab 1813 (Direktion 1816/17 und 1840/41), Dienstagsgesellschaft, Vorstandsmitglied des katholischen Frauenvereins, Gründungsmitglied des katholischen Männervereins. Familie: Sohn von Sebastian Longard (*1754 †1794, Tabakfabrikant) und Anna Margarethe Fischer (Spezereywarenhändlerin, zweite Ehe mit Matthias Joseph Christ). Neffe von Stadtrat Jacob Fischer und von Johann Peter Longard (*1781, Wachskerzenfabrikant, Halbbruder seines Vaters), verheiratet mit Maria Anna Isar, Cousin Leonard Longard (*1811 Koblenz †1869 Aachen, Advokatanwalt, Stadtrat 1847–1859 3. Klasse, genannt „Longard II.“). Ehe am 31. Oktober 1817 mit Maria Christina Catherina von Lassaulx, Tochter des kurtr. Hofrats Peter Ernst von Lassaulx, Trauzeuge Joseph Görres als „Vetter im vierten Grade der Braut“. Schwager von Bauinspektor Johann Claudius von Lassaulx (*1781 †1848). Kinder: Matthias Joseph Herrmann Longard, Johann Joseph Longard, Maria Longard, verheiratet mit Anselm August von Hoyningen-Huene (*1817, Ingenieursoffizier). Trauzeuge bei Bernhard Adolph Deinhard (Sohn von Stadtrat Johann Friedrich Deinhard) mit Gertrude Henriette Huene (Schwester seines Schwiegersohns), bei Clara Christ und Stadtrat Peter Anton Mantell als „Halbbruder der Braut“.
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Anhang
(LHAK 441 17035; StAK 623 2183, 2162, 2296, Zivilstandsregister Koblenz G 42/1811, H 50/1817, 52/1817, 80/1817, 132/1846, 133/1846, 71/1822; Hoyningen-Huene, Erinnerungen, S. 13–17; Klinge, Rechtsanwälte, S. 36 f.; Adreß-Buch 1827, S. 39 und S. 43; Weichelt, Casino, S. 10, S. 249; Geismann.) (39) Lunnebach, Johann Baptiste (*um 1762 Ochtendung, †15.3.1831 Koblenz, kath.)
Kaufmann, „Ellenwarenhändler“, Stadtrat 1804–1831.
Mitgliedschaften: Gründungsmitglied Casino Koblenz, Veteranenverein. Familie: Ehe mit Christina Schoemann. Sohn Carl Lunnebach (*um 1806, Kaufmann). Trauzeuge bei Stadtrat Johann Peter Clemens als Cousin, bei Stadtrat Johann Jacob Aloys Oswald sen. als „ami“. Neffe Dieter Joseph Pachten, verheiratet mit Albertine Johanna Deinhard, Tochter von Stadtrat Johann Friedrich Deinhard. (LHAK 256 125, StAK 623 2181, 2183, 2538, Zivilstandsregister Koblenz H 21/1828, 98/1828, 54/1831, S 126/1831; Müller, Stadt, S. 337; Almanach, S. 48, S. 146; Bär, Geschichte, S. 74 f.; Weichelt, Casino, S. 264.) (40) Maas, Franz (*25.10.1772 Koblenz, †18.10.1840 Koblenz, kath.)
Posthalter, Stadtrat 1801–1839.
Posthalter und Gastwirt im Trierer Hof.
Mitgliedschaften: Gründungsmitglied Casino Koblenz. Familie: Sohn von Johann Bernhard Maas (Posthalter) und Anna Martinengo. Ehe mit Cunigunda Knipp, Schwager der Stadträte Maximilian Nell und Marx Aloys Pottgeißer. Tochter Anna Sibille, verheiratet mit Adolph Dietz und Sohn Franz Heinrich (*1801, Gastwirt), verheiratet mit Emilie Dietz, Kinder seines Schwagers, des Stadtrats Hermann Joseph Dietz. (LHAK 256 125; StAK 623 2181, 2183, 2538, 2162; Zivilstandsregister Koblenz S 522/1804, H 120/1802, 119/1803; François, Koblenz, S. 97; Weichelt, Casino, S. 264; Volksfreund Nr. 92 (10.6.1849); Almanach, S. 48, vgl. Müller, Stadt, S. 62 f., S. 330, S. 337; Wohlers, Frauen, S. 3.) (41) Maehler, Johann Abundius Anton Joseph (*1.6.1777 Ehrenbreitstein, †18.2.1853 Niederheimbach, kath.)
Notar, Präfektur- bzw. Regierungssekretär, Oberbürgermeister und Polizeidirektor von Koblenz 1818– 1847.
Studium in Gießen, Gerichtsschreiber in Virneburg 1798, Sekretär der Munizipalverwaltung in Cochem, anschließend in Mayen ab 1799, Chef des Kontributionsbüros in Koblenz ab 1803, Notar in Mayen 1805– 1814, Sekretär der Direktion des öffentlichen Unterrichts in Koblenz 1815, Sous–Chef der Präfektur des Rhein-Mosel-Departements gemeinsam mit Matthias Simon, Kreispolizeiinspektor bei der Generalgouvernementsverwaltung ab 1815, Regierungssekretär 1816/17, jährliches Einkommen 1.500 Taler, Roter Adlerorden (1840).
Mitgliedschaften: Casino Koblenz ab 1818 (Direktion 1820/21), Lesegesellschaft, Vorstandsmitglied des katholischen Frauenvereins, Dienstagsgesellschaft, Gründungsmitglied des katholischen Männervereins. Familie: Sohn von Franz Josef Mähler (kurtr. Hofrat) und Anna Johanna Vacano. Ehe am 30. Januar 1804 mit Anna Maria Stadtmayer (*1779 Dresden), Trauzeugen Matthias Simon und Franz Joseph Reichensperger als Präfekturangestellte und „amis“. Mehrere Kinder, u. a. Tochter Julie Susanna Friederica Maehler, verheiratet mit Kaufmann Johann Franz Schepers (*Münster, wohnhaft in Lüttich, Sohn eines Notars).
Akteure
589
(LHAK 661, 1,1,; Best. 441 11779, 5125, 17035; StAK 623 2183, 2162, 5583, Zivilstandsregister Koblenz H 33/1804, 148/1842; Oehring, Briefe, S. 51; Müller, Stadt, S. 287; Herres, Koblenz, S. 51; Almanach, S. 6; Adreß-Buch 1826, S. 40; Fink-Lang, Görres, S. 23–25; Weichelt, Casino, S. 249 und S. 264.) (42) Mantell, Peter Anton (*20.1.1792 Koblenz)
Kaufmann, Stadtrat 1833–1846, ab 1850.
„Eisenwarenhändler“, Handelsrichter ab 1838, geschätztes jährliches Einkommen 1846: 2.000 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Koblenz ab 1819 (Direktion 1830/31 und 1836/37), 1848. Familie: Sohn von Caspar Anton Hugo Mantell (*Aschaffenburg, Kaufmann) und Anna Maria Grebel, Ehe am 12. Juni 1822 mit Clara Christ, Tochter des Kaufmanns Matthias Joseph Christ und der Anna Margaretha Fischer, Trauzeuge Stadtrat Johann Nepomuk Longard als „Halbbruder der Braut“. (StAK 623 2183, 2162, Zivilstandsregister Koblenz H 71/1822, 33/1831; Adreß-Buch 1840, S. 58; Adreß-Buch 1844, S. 55; Weichelt, Casino, S. 10, S. 249.) (43) Maret, Johann Friedrich (*um 1778 Heidelberg, †18.8.1850 Koblenz, ev.)
Fabrikant, Stadtrat 1817–1846. Inhaber einer Seifen- und Lichterfabrik im Gasthof Zum Wilden Mann, Geschäftsgründung in der Löhrstraße ab 1804, Kerzenfabrikant, Übernahme durch Sohn Johann Martin Maret. Mitglied der Stadtbaukommission, geschätztes jährliches Einkommen 1846: 600 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Koblenz ab 1808 (Direktion 1820). Familie: Sohn von Johann Maret und Sara Catherina Kuhn. Ehe 1805 mit Veronika Haas (*Kreuznach, evangelischer Frauenverein), Tochter Johanna Catharina, verheiratet mit Johann Adam Jacob Kaufmann aus Kaiserslautern, Sohn Johann Martin Maret (* 10.8.1806, Seifensieder, Stadtrat und Armenvorsteher), verheiratet mit Sophie Henriette Schaeffer. (StAK 623 2183, 2538, Zivilstandsregister Koblenz G 333/1806, H 46/1837, S 415/1850, 493/1838; Weichelt, Casino, S. 163, S. 249; Heydt, Frauenverein, S. 14; Bär, Geschichte, S. 26; Müller, Protestantismus, S. 290 f.; Winkel, Handel, S. 373; vgl. Maret, Maret.) (44) Martinengo, Philipp (*6.7.1771 Koblenz, †5.6.1831 Koblenz, kath.)
Kaufmann, Stadtrat 1825–1831.
Notabel des Handelsstandes als „passementier“, Inhaber einer Modehandlung, Mitglied der Stadtbaukommission.
Mitgliedschaften: Casino Koblenz ab 1827. Familie: Sohn von Peter Franz Martinengo und Gertrude Philippi. Ehe am 17. September 1800 mit Anna Maria Blising (Köln, Handelsfrau), Söhne: Nikolaus Martinengo (*um 1806, Landgerichtsrat), Franz Joseph Ignatz Martinengo (*um 1810, Kaufmann), Johann Martin Martinengo (*um 1813, Kaufmann), Stefan Martinengo (Geonom). Schwiegervater von Stadtrat Joseph Wolff. (StAK 2183; Zivilstandsregister Koblenz H 71/1800, 877/1804, 172/1835, 84/1837, 82/1839; Weichelt, Casino, S. 264; Müller, Stadt, S. 213; Bär, Geschichte, S. 77; Augel, Einwanderung, S. 402 f.)
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(45) Mazza, Johann Joseph (*22.5.1752 Koblenz, †23.5.1828 Koblenz, kath.)
Kaufmann, Magistratsmitglied ab 1781, zweiter Beigeordneter der Munizipalität ab 1801, Maire von Koblenz 1813–1818, Absetzung trotz Wiederwahl (17 von 30 Stimmen).
Familie: unverheiratet, Sohn von Joseph Anton Mazza (*um 1721 Tessin, Italien, ab 1748 in Koblenz †1797) und Helene Theresia Fachbach (Tochter des Notars Johann Josef Fachbach, Koblenz). Bruder Johann Heinrich Mazza (†1838, unverheiratet). Schwager der Ärzte Nikolaus (*1749) und Modest Sette gast (*1754), Neffe Joseph Maria Anton Settegast (*1780 †1855, Kreisphysikus und Medizinalrat) und Nichten Maria Anna Josefa und Getrude Wilhelmina Settegast, verheiratet in erster und zweiter Ehe mit Johann Peter Weckbecker (Bürgermeister von Winningen). Onkel des Publizisten Joseph Görres. (LHAK 256 125, 441 11779, StAK 623 2181; Zivilstandsregister Koblenz S 87/1838; Romeyk, Rheinprovinz, S. 624 f.; Almanach, S. 119; Müller, Stadt, S. 211, S. 337 und S. 305.) (46) Menn, Gottfried (*31.8.1755 Polch, †14.10.1837 Koblenz, ev.)
Kaufmann, Gutsbesitzer, Stadtrat 1818–1837. Bürgerrecht in Koblenz 1785, Inhaber einer Weinhandlung und eines Kurzwarengeschäfts gemeinsam mit Sohn Jodokus Menn, Mitglied der Kommission zur Festlegung der Fleisch- und Brottaxe mit Stadtrat Johann Demeuth 1831.
Familie: Ehe mit Gertrude Wind (*Köln, evangelischer Frauenverein), Vater des Stadtrats Jodokus Menn. Weitere Kinder: u. a. Josef, Christian, Johanna, Eva, Franz Sebastian und Anna Margaretha Menn, verheiratet mit Johann Peter Müller, Sohn des Hochgerichtsschöffen Robert Müller (Trauzeuge Stadtrat Johann Jakob Oswald als Schwager). Trauzeuge bei Konrad Hasslacher und Barbara Oswald 1827 als „Stiefgroßvater der Ehegattin“. (StAK 623 2182, 2183, Zivilstandsregister Koblenz G 755/1804, H 91/1802, 101/1827, 5/1830, 33/1831, 112/1836; LHAK 441 8424; Bär, Geschichte, S. 76 f.; Prößler/Prößler, Wein, S. 39 f.; vgl. Kleber, Unternehmer, URL: http:// www.bendorf-geschichte.de/old/bdf-0169.htm, abgerufen am 20.10.2020.) (47) Menn, Judokus (*26.7.1804 Koblenz, †25.9.1859 Koblenz)
Kaufmann, Stadtrat 1839–1845.
Inhaber der väterlichen Weinhandlung und des Kurzwarengeschäfts, ab 1838 Ergänzungsrichter, später Handelsrichter, geschätztes jährliches Einkommen 1846: 1.000 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Koblenz ab 1828. Familie: Sohn von Stadtrat Gottfried Menn und Gertrude Wind. Ehe am 2. September 1827 mit Susanna Catharina Gisbertha Conrad (*Rübenach). (StAK 2183, 2162; Weichelt, Casino, S. 265; Adreß-Buch 1844, S. 33, S. 46 und S. 55.) (48) Mohr, Carl Paulinus (*1.9.1776, †6.11.1841 Koblenz, kath.)
Apotheker, Regierungsassessor, 1830 stellvertr., 1833–1837 ordentlicher und 1841 stellvertr. Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Koblenz, Stadtrat 1818–1841.
Studium der Pharmazie, Apothekerexamen in Bonn 1802, anschließend Eröffnung der Mohrenapotheke in Koblenz, pharmazeutischer Assessor am Medizinalschulkollegium ab 1826, Notabel des Handelsstandes ab 1833. Mitglied der Einquartierungskommission, der Pfandhauskommission 1829, der Schul-
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kommission, der Sanitätskommission 1831, der Deputation zur Vermittlung in der Auseinandersetzung mit dem Fiskus, der Armenkommission 1833, der Prüfungskommission für Anträge der Handelskammer, der Kommission zur Verteilung der Einkommenssteuer, der Wollmarktdeputation, erhielt 1837 zum Dank für sein Engagement im Provinziallandtag einen silbernen Pokal. Mitgliedschaften: Gründungsmitglied Casino Koblenz (Direktion 1812/13, 1819/20, 1827/28, 1836), Verschönerungsverein, Karnevals-Komitee. Familie: Sohn von Johann Georg Mohr (Apotheker in Mainz) und Anna Maria Roth (Koblenz). Ehe am 6. Februar 1803 mit Marianne Walburga Mathiowitz (Koblenz, Tochter von Kammergerichtsassessor Johann Thomas Mathiowitz), Schwager von Wilhelm Reiff, Bruder des Stadtrats Johann Jakob Reiff. Vater des Stadtrats Friedrich Mohr. (LHAK 403 2616; StAK Zivilstandsregister Koblenz H 7/1803, 32/1803, 74/1803, 33/1805, 44/1830, 65/1833; Torunsky, Handbuch, S. 318; Bär, Geschichte, S. 26, S. 56, S. 76, S. 91;Weichelt, Casino, S. 90 und S. 167; Croon, Provinziallandtag, S. 63; Denzer, Kulturleben, S. 486; Hansen, Briefe, S. 123–127; Stephan, Provinziallandtag, S. 88; Weichelt, Casino, S. 10, S. 249.) (49) Mohr, Friedrich (*4.11.1806 Koblenz, †28.9.1879 Bonn, kath.)
Apotheker, Medizinalrat, Stadtrat 1843–1845, ab 1847 (1. Klasse). Abitur 1823, Ausbildung bei seinem Vater und Studium der Botanik, Physik, Chemie, Mineralogie in Bonn, Heidelberg und Berlin, Apothekerexamen 1832, Promotion an der Universität Heidelberg, Übernahme der Mohrenapotheke und Medizinalassessor in Koblenz ab 1841, geschätztes jährliches Einkommen 1846: 1.000 Taler. Forschungsarbeit insbes. auf dem Gebiet der Technik und Chemie, Habilitation in Berlin 1859. Verkauf der Apotheke und Beteiligung an einer Mineraldüngerfabrik 1856, Konkurs 1863, Lehre an der Universität Bonn ab 1864.
Mitgliedschaften: Casino Koblenz ab 1832 (Direktion 1842/43), Gründungsmitglied und erster Vorsitzender des Gewerbevereins, Verschönerungsverein. Familie: Sohn des Stadtrats Carl Paulinus Mohr. Ehe am 30. Mai 1833 mit Jakobine Derichs (*Duisburg, Tochter von Franz Peter Andreas Derichs, Hauptzollamtsassistent in Koblenz), (LHAK 441 12813; StAK 623 2183, 2162; Zivilstandsregister Koblenz H 44/1830, 65/1833; Bär, Geschichte, S. 77; RMZ Nr. 217 (1847); Weichelt, Casino, S. 203 f., S. 265; Schwarz, Mohr, S. 708 f.) (50) Molitor, Peter Ferdinand (*25.4.1772 Meudt/Nassau, †15.10.1838 Koblenz)
Bäcker, Kaufmann, Stadtrat 1825–1838.
Inhaber einer Weinhandlung und eines Kurzwarengeschäfts, Handelsrichter.
Familie: Erste Ehe mit Marie Therese Cron, zweite Ehe am 12. Oktober 1800 mit Maria Anna Alef (evangelischer Frauenverein), Sohn Peter Joseph Molitor (*1821 †1898, Maler). (StAK 2183, Zivilstandsregister Koblenz H 6/1800, S 487/1838; Klaus, Molitor.) (51) Müller, Paul (*16.10.1753 Koblenz †23.4.1832 Koblenz, kath.)
Kaufmann, Stadtrat 1801–1832. 1804 „Marchand de drap“, Inhaber einer Mühlen- und Branntweinbrennerei in Moselkern ab 1811, Teilnehmer an der Huldigung Friedrich Wilhelms III. 1815 in Aachen.
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Mitgliedschaften: Gründungsmitglied Casino Koblenz. Familie: Sohn von Theodor Müller und Anna Maria Maas. Ehe am 28. August 1780 mit Maria Anna Milz, Sohn Caspar Anton Müller. Schwager des Stadtrats Christian Ignatz Haan. Onkel des Stadtrats Johann Jacob Aloys Oswald sen. (Zivilstandsregister Koblenz S 623/1832, LHAK 256 125; StAK 623 2181, 2183, 2538; Haan, Geschichte, S. 36; Weichelt, Casino, S. 10 und S. 265; Zewell, Publizist, S. 104; Müller, Stadt, S. 337; vgl. Almanach, S. 53 und S. 48; Adreß-Buch 1826, S. 39.) (52) Nebel, Johann Nikolaus (*6.12.1752 Koblenz, †1.11.1828 Koblenz, kath.)
Kaufmann, Munizipalrat 1797–1800 und 1802/03, Maire von Koblenz 1804–1808, Arrondissementsrat 1811, Departementsrat 1812/13, Stadtrat 1818–1828.
Handel mit Tuche, Fayence, Wein und Porzellan ab ca. 1780, 1788–1790 Beteiligung an den Protesten gegen den Magistrat 1788–1790, Präsident des Handelsgerichts 1812, Präsident der Serviskommission mit Oberbürgermeister Maehler.
Mitgliedschaften: Cisrhenanischer Club, Gründungsmitglied Casino Koblenz (Direktion 1822/23), Hilfsverein Koblenz 1817/18 (Vorstand), Freimaurerloge l’Union désirée, Zur gewünschten Einigung und erster Logenmeister Friedrich zur Vaterlandsliebe (Austritt 1821). Familie: Sohn von Bernhard Nebel/Newel (Bäcker, Trier) und Anna Gertrud Rösgen (Koblenz). Ehe 1774 mit Anna Margareta Schroeder (Bäckerstochter), Kinder: Ferdinand Jakob Nebel (Bauinspektor, Koblenz), Bernard Nebel (Fabrikant, Hamburg), Michael (Fabrikant, Mailand), Barbara Ludovika Nebel, verheiratet mit Stadtrat Johann Friedrich Deinhard und Thilmanus Joseph Nebel-Crêpu (Kaufmann, Andernach/Malmedy), Schwager des Stadtrats Carl Anton Tesche. (LHAK 256 156; StAK 623 2180, 2183, 2538, Zivilstandsregister H 57/1801, S 98/1828; Prößler/Prößler, Wein, S. 251–153; Müller, Stadt, S. 118–123, S. 307 f., S. 330 und S. 337; ders., Protestantismus, S. 282; Dufraisse/Richard, notables, S. 113; Almanach, S. 48, Bär, Geschichte, S. 24; Westholt, Lezay-Marnésia, S. 111 f.; Winkel, Handel, S. 266; Erlenmeyer, Gründung, S. 18, S. 26, S. 123 f.; Bär, Geschichte, S. 73; Weichelt, Casino, S. 10, S. 249.) (53) Nell, Maximilian August Frederik Melchior Leopold (*6.11.1770 Koblenz, †20.1.1824 Koblenz, kath.)
Advokatanwalt, Richter, Revisionsgerichtsrat, Stadtrat 1817–1821. Kurtrierischer Hofkriegssekretär, Richter am ersten Instanzgericht ab 1799, am Zivilgericht ab 1804, Kandidat für den corps legislatif 1811, Richter am provisorischen Revisionshof in Koblenz 1814–1818, ab 1821 Kammerpräsident am Landgericht Koblenz.
Mitgliedschaften: Cisrhenanischer Club, Gründungsmitglied Casino Koblenz (Direktion 1814/15), Hilfsverein Koblenz 1817/18 (Vorstand). Familie: Sohn von Peter Christian (Richter am Appellationsgericht) und Gertrude Hügel. Neffe von Stadtrat Alexander Peter Lippe. Ehe mit Gertrude Maas, Schwester des Stadtrats Franz Maas. Tochter Gertrude „Traudchen“ bei Schwager und Stadtrat Hermann Joseph Dietz im Hospital tätig, Onkel zweiten Grades: Kommerzienrat Christoph Philipp Nell (Trier), Vater des Trierer Stadtrats Friedrich von Nell. (LHA, Best. 700 28; StAK 623 2183, Zivilstandsregister Koblenz A/H 117/1802, 2/1798, 274/1804, 4/1805, 102/1816; Müller, Stadt, S. 287; Wohlers, Frauen, S. 3; Dufraisse/Richard, notables, S. 113; Almanach, S. 48 und
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S. 60; Weichelt, Casino, S. 10, S. 249; Bär, Geschichte, S. 17, S. 24, S. 73; Seynsche, Revisionshof, S. 49; vgl. Clemens, Nell und Ebeling, Nell.) (54) Oswald, Johann Jacob Aloys sen. (*17.7.1781 Koblenz, †25.6.1855 Koblenz)
Kaufmann, Stadtrat 1797 und 1821–1839.
Speditions- und Kommissionhandel, Weinhandel gemeinsam mit Sohn Joseph ab 1835, Richter und Präsident (1836) des Handelsgerichts. Mitglied der Prüfungskommission für Anträge der Handelskammer, der Einkommenssteuerkommission und der Wollmarktkommission, lehnte eine Wiederwahl zum Stadtrat 1839 ab. Insolvenzverfahren vor Gericht unter Vermittlung der Stadträte Johann Jakob Reiff und Peter Anton Mantell als syndice mit zahlreichen Gläubigern aus dem familiären Umfeld 1841, Gegenstand: Geschäftsschulden in Höhe von 180.000 Talern bei 153.344 Talern Aktivvermögen, insbes. bei seiner Tante, der Witwe von Stadtrat Paul Müller, anschließend Geschäftsauflösung, Privatmann.
Mitgliedschaften: Gründungsmitglied Casino Koblenz (Direktion 1812/13) und Handelskammer Ko blenz. Familie: Sohn von Joseph Anton Oswald (*1755 Hamburg, ab 1779 in Koblenz, 1798 Munizipalrat) und Maria Margaretha Milz (Koblenz). Ehe am 10. Dezember 1806 mit Anna Maria Wagner, Trauzeuge Johann Baptiste Lunnebach als „ami“, Kinder: Johann Jacob Aloys Oswald jun. (*1809 †1875 Köln), verheiratet mit Maria Emilie Juppen (Düsseldorf), Barbara Louise Josephine Oswald, verheiratet mit Stadtrat Konrad Hasslacher. Zweite Ehe am 3. Februar 1815 mit Anna Getrude Menn (Koblenz), Schwester des Stadtrats Gottfried Menn, Kinder: Gottfried Oswald (Kaufmann in Koblenz), Anna Maria Oswald, verheiratet mit Leonard Caspar Mayer (*1813 Koblenz, Kaufmann). Dritte Ehe 1831 mit Petronella Gießen (Köln, Arzttochter), Trauzeugen Jodokus Menn und Schwager Peter Anton Mantell. Tochter Sibille Oswald, verheiratet mit Joseph Raffauf, Gutsbesitzer in Wolken und Provinziallandtagsabgeordneter 4. Stand/Koblenz. Schwager von Stadtrat Anton Helf. (StAK 623 6040, 2183, 2097, Zivilstandsregister Koblenz H 33/1800, 113/1806, 100/1806, 101/1827, 33/1831, 112/1836, S 570/1812, S 726/1812, H 5/1830; Adreß-Buch 1826, S. 44, vgl. Hasslacher, Hasslacher, S. 71; Müller, Stadt, S. 228 und S. 232 f.; Adams, Falliment; Weichelt, Casino, S. 10, S. 249.) (55) Pfender, Philipp Wilhelm (*2.11.1773 Enkirch, †22.3.1832 Koblenz, ev.)
Kaufmann, Handelsgerichtspräsident, Beigeordneter 1817–1825.
„Materialist und Commissionaire“, erster Kommis der Gebrüder Böcking und Bankgeschäfte mit Georg Bernhard Sehmer. Präsident des Handelsgerichts 1825–1830.
Mitgliedschaften: Gründungsmitglied Casino Koblenz (Direktion 1810/11 und 1824/25), Handelskammer. Familie: Sohn von Philipp Friedrich Theodor Adam Pfender und Christine Müller. Ehe 1804 mit Maria Magdalena Dietz (Handelsfrau, katholisch), Schwester des Stadtrats Hermann Joseph Dietz. Kinder: Karoline, Adolf, Clementine, Therese, Julie, Maria Magdalena Sophie, verheiratet mit Hermann Brand (*Arnsberg, Kaufmann, Trauzeugen: Adolph Dietz als „Vetter“, Georg Bernhard Sehmer als „Bekannter“, Johann Jakob Zweiffel als „Onkel der neuen Ehegattin“, Christian Ludwig Arnold als „Bekannter“).
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(StAK 623 2183, 2097, Zivilstandsregister Koblenz H 12/1804, 151/1839, 130/1837; Adreß-Buch 1826, S. 44; Prößler/Prößler, Wein, S. 40–42; Winkel, Handel, S. 380; Müller, Protestantismus, S. 288–290; Clemens, Immobilienhändler, S. 172; Weichelt, Casino, S. 10, S. 249.) (56) Pontieul, Pierre (*Frankreich)
„Controlleur du contributions“, bis 1813 Beigeordneter.
Mitgliedschaften: Freimaurerloge L’Union desirée. Familie: Flucht nach Paris 1813, von dort bis 1825 Finanzverhandlungen für seinen Schwiegervater, den ehemaligen kurtrierischen Hofrat und Maire von Koblenz Franz Joseph von Eltz. (LHAK 256 125; StAK 623 2181 und 2296; Erlenmeyer, Gründung, S. 18.) (57) Pottgeißer, Marx Aloys (*16.4.1762 Koblenz, †24.10.1839 Koblenz, kath.)
Kaufmann, Generaleinnehmer, stellvertr. Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Koblenz 1828, Munizipalrat 1797–1800, Stadtrat 1821–1833, Beigeordneter 1833–1839.
Studium in Göttingen, kurtr. Hofkammerrat, Handel mit Tapeten, Manufaktur- und Ellenwaren, Nationalgütersteigerer, Generalsekretär der Munizipalkommission ab 1800, Sekretär bei der Arrondissement verwaltung 1804, General-Einnehmer („droits réunis“) in Koblenz 1810–1814, Mitglied der Kreisstände in der Nachfolge Mohrs ab 1838, Mitglied der Stadtbaukommission, der Schulkommission und der Einkommenssteuerkommission.
Mitgliedschaften: Casino Koblenz ab 1813, Freimaurerloge l’Union désirée, Zur gewünschten Einigung und Friedrich zur Vaterlandsliebe. Familie: Sohn von Johann Peter Pottgeißer (Kaufmann, †1777 Koblenz) und Maria Anna Katharina Verflassen (Nastätten). Ehe 1794 mit Anna Sibilla Getrud Knipp (Koblenz), Schwager des Stadtrats Franz Maas. Tochter Constanze Franziska Alexandrine Pottgeißer, verheiratet mit Franz Georg Hommer, Friedensrichter von Trarbach. Neffe Peter Wilhelm Aloys Pottgeißer, verheiratet mit Anna Maria Josepha Korbach, Schwester des Stadtrats Edmund Korbach und Schwager bzw. Geschäftspartner des Stadtrats Magloire Bougleaux-Pottgeißer. (StAK 623 2183, Zivilstandsregister Koblenz H Eintrag vom 10.12.1799, 54/1801, 47/1829, 62/1830; Almanach, S. S. 37 und S. 49; Adreß-Buch 1826, S. 39, vgl. LHAK 708, 61; Müller, Stadt, S. 330; Torunsky, Handbuch, S. 367; Weichelt, Casino, S. 267; Erlenmeyer, Gründung, S. 18.) (58) Rechtmann, Heinrich (*30.5.1774 Köln, †7.8.1848 Koblenz)
Kaufmann, Handelsrichter, Stadtrat 1825–1846.
Notabel des Handelsstandes als „Spezerywarenhändler“, Ergänzungsrichter, ab 1830 Handelsrichter, Mitglied der Einquartierungskommission, der Straßenkommission und der Wollmarktkommission, geschätztes jährliches Einkommen 1846: 800 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Koblenz ab 1818. Familie: Sohn von Nikolaus Rechtmann und Agnes Feldgen. Ehe am 12. Oktober 1808 mit Maria Margarethe Walburga Witt. Tochter Anna Margaretha Walburgis Rechtmann, verheiratet mit Johann Peter Werner (*1798 †1869 Advokatanwalt, Stadtrat ab 1847 1. Klasse, Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung). Todesanzeige durch Stadtrat Micheal Wirth als „Vetter“.
Akteure
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(StAK 623 2183, 2538, 2162, Zivilstandsregister Koblenz H 58/1829, 6/1817, 80/1808, S 386/1848; Adress-Buch 1826, S. 39, S. 44; Weichelt, Casino, S. 267.) (59) Reiff, Johann Jakob (*28.3.1771 Koblenz, †23.11.1848 Koblenz, kath.)
Kaufmann, Gutsbesitzer, Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Koblenz 1826/28, Stadtrat ab 1800 und Beigeordneter 1804–1832.
Ellenwarenhändler, „Répartiteurs des contributions“ 1804, Präsident des Handelsgerichts 1817–1825, erhielt bei der Oberbürgermeisterwahl 1817 nach Mazza und Maehler die meisten, 13 Stimmen. Mitglied der Baukommission, der Schulkommission, der Mahlsteuerkommission, der Prüfungskommission für Anträge der Handelskammer, der Straßen- und Beleuchtungskommission, der Wollmarktkommission, der Einkommenssteuerkommission und der Schuldentilgungskommission. Publikation: Panorama von Koblenz und dessen Umgebungen (mit Ems und Bertrich). Koblenz (Hölscher) 1821.
Mitgliedschaften: Gründungsmitglied Casino Koblenz (Direktion 1832/33 und 1847/48), Hilfsverein Koblenz 1817/18 (Vorstand), Karnevals-Komitee, Verschönerungsverein. Familie: Sohn von Johann Wilhelm Reiff (Oberfell) und Anna Luisa Möhlig (Güls). Bruder von Wilhelm Reiff (Kaufmann), verheiratet mit Anna Maria Mathiowitz, Schwager des Stadtrats Carl Paul Mohr, Cousin Johann Joseph Reiff, Kanzleyinspektor bei der Regierung. Erste Ehe mit Elisabetha Lill, zweite Ehe am 11. Juni 1836 mit Anna Catharina Dehöhe (Niederlahnstein/Nassau), Trauzeuge Goswin Linz (*1774, Munizipalrat, Notar, Domäneninspektor) als „Bekannter“. Todesanzeige durch Schwiegersohn Leopold von Woedtke (*1792, Generalmajor, in zweiter Ehe mit Wilhelmine Sybille Schaaffhausen verheiratet). (LHAK 256 125, Best. 403 2616, StAK 623 2181, 2182, 2183, 2538, Zivilstandsregister Koblenz H 123/1828, 47/1829, 62/1830, 71/1836, S 566/1848; Bär, Geschichte, S. 74; Boch, Wachstum, S. 107; Almanach, S. 45, S. 49 und S. 120; Adreß-Buch 1826, S. 39; Müller, Stadt, S. 331 und S. 337; Weichelt, Casino, S. 10, S. 249, S. 267; RMZ Nr. 217; Torunsky, Handbuch, S. 382 f.; Dufraisse/Richard, notables, S. 76; Handbuch Bd. 32, S. 489, vgl. die RMZ Nr. 217 vom 19.9.1847.) (60) Schaaffhausen, Hubert (*18.2.1780 Köln, †20.12.1868 Koblenz, kath.)
Kaufmann, Fabrikant, Kunstsammler, Gutsbesitzer, Stadtrat 1817–1825 und 1839/40–1846. Kolonialwarenhändler, Inhaber einer Blechwarenfabrik mit den Stadträten Hermann Joseph Dietz und Johann Jakob Zweiffel, Mitglied des Verwaltungsrats des Gymnasial-Fonds, Handelsrichter bis 1825, Präsident ab 1826, lehnte die Wahl zum Vorstandsmitglied der Handelskammer 1833 ab, Mitglied der Kreisstände in der Nachfolge Pottgeißers ab 1841, geschätztes jährliches Einkommen 1846: 6.000 Taler, Ankauf eines Landguts in Honnef für 18.000 Taler 1846, Roter Adlerorden 3. Klasse.
Mitgliedschaften: Gründungsmitglied Casino Koblenz (Direktion 1816/17), Handelskammer. Familie: Sohn von Andreas Schaaffhausen (Köln) und Margarethe Goblet (Koblenz), Neffe des Kölner Stadtrats Abraham Schaaffhausen, Schwager des Stadtrats Johann Peter Clemens und des Bankiers Johann Theodor Mühlens. Ehe mit Anna Maria Wachendorf (Frauenverein), sieben Kinder, u. a. Hermann Joseph Schaaffhausen (*1816 †1893, Anthropologe und Professor in Bonn, verheiratet mit Anna Maria Lorenz). Trauzeuge bei Johann Friedrich Deinhard und Ludovika Nebel als „ami“, bei August Deinhard als „Bekannter“.
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Anhang
(StAK 623 2181, 2183, 2097, 2538, 2162; Zivilstandsregister Koblenz H 792/1803, 57/1801, 77/1834, G 339/1812; Weichelt, Casino, S. 10, S. 249; Adreß-Buch 1826, S. 44 und S. 73, Müller, Stadt, S. 282; vgl. das Themenportal Schaaffhausen unter URL: http://www.schaaffhausen.com/mediawiki/ (abgerufen am 11.7.2017) und Ranke, Schaaffhausen.) (61) Schlink, Johann Hubert (*4.4.1780 Koblenz, †7.12.1829 Koblenz)
Gastwirt, Metzger, Gutsbesitzer, Kunstsammler, Stadtrat 1821–1829.
Nationalgütersteigerer, ersteigerte 1815 das Schloss Schönbornlust für 10.000 Francs. Mitglied der Kommission zur Verteilung der Brot- und Fleischtaxe als Vertreter der Bürgerschaft und der Einkommenssteuerkommission.
Familie: Sohn von Johann Schlink und Barbara Sehl. Ehe mit Getrude Roos, Schwager des Stadtrats Franz Willmart. (StAK 623 2183; Zivilstandsregister Koblenz S 458/1829, H 102/1813; Clemens, Immobilienhändler, S. 172.) (62) Sehmer, Georg Bernhard (* 1785 Saarbrücken, †21.11.1850 Koblenz, ev.)
Kaufmann, Stadtrat 1833–1845, 1847–1850 (2. Klasse).
Notabel des Handelsstandes als „Großhändler“ bzw. mit einer „Handlung von Farben und Materialien“, Handelsrichter 1835–1845, Inhaber eines Kolonialwarenhandlungskomtoirs. Mitglied der Straßenbeleuchtungskommission, der Werftkommission, der Wollmarktdeputation, geschätztes jährliches Einkommen 1846: 2.500 Taler, erwarb 1817 gemeinsam mit Philipp Pfender das Drei Königen Haus in Koblenz. Mitgliedschaften: Casino Koblenz ab 1814 (Direktion 1828/29), Handelskammer (Präsident 1847–1850).
Familie: Sohn von Georg Ludwig Sehmer. Bruder Johann Jacob Sehmer. Ehefrau Philippine Dorothea Auguste Wilhelmine Reuther (*Saarbrücken, evangelischer Frauenverein), Söhne Ferdinand und Georg Rudolph Sehmer (*1824 †1884, Handelskammerpräsident 1871–1883, Provinziallandtagsabgeordneter 1882/83). (StAK 623 Nr. 2538, 2162, 2097, 4262; Zivilstandsregister Koblenz S 595/1850, 426/1884; Weichelt, Casino, S. 270.) (63) Siegert, Gottfried
Kaufmann, Stadtrat 1833–1846.
Inhaber einer Mineralwasserhandlung, Pachtung des Tönissteiner Brunnens 1835–1859, geschätztes jährliches Einkommen 1846: 1.200 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Koblenz ab 1826. Familie: Sohn von Johann Friedrich Elias Siegert (*1787, Seifenfabrikant Neuwied, Provinziallandtagsabgeordneter 1826–1830, ab 1834 in den USA) und Judith Johanna Collenbusch. (StAK 623. 2183, Schneider, Mineralwasserversand, S. 96; Wolfram, Entwicklung, S. 50; Torunsky, Handbuch, S. 442; Weichelt, Casino, S. 270; Bär, Geschichte, S. 77.) (64) Steinebach, Christian Theodor (*um 1787)
Kaufmann, Stadtrat 1838–1843.
Mitgliedschaften: Casino Koblenz ab 1821, Handelskammer, Feuerversicherungsgesellschaft.
Akteure
597
Familie: Sohn von Nicolaus Ferdinand Joseph Steinebach (†1786 Landau) und Appollonia Obermann (†1839 Deidesheim). Bruder Franz Anton Steinebach (Gastwirt in Herresheim), Nichte Appollonia Steinebach, verheiratet mit Carl Hugo Burret (*1810, Gutsbesitzer). (StA, Best. 623 2183, 2538, 2097, Zivilstandsregister Koblenz H 117/1842; Amtsblatt Koblenz (1823), S. 473; Weichelt, Casino, S. 270.) (65) Tesche, Carl Anton (*16.2.1779 Solingen, †23.3.1848 Koblenz, ev.)
Kaufmann, Fabrikant, Stadtrat 1833–1846.
Tabakhandel in Köln, Gründung einer Weinhandlung in Koblenz 1805, „Wein- und Lederhändler“, Teilhaber im Wein- und Bankgeschäft Deinhard ab 1807, Teilhaber der Gerberei ihres gemeinsamen Schwagers Joseph Nebel (Sohn des Maires Johann Nikolaus Nebel), Handel mit Lohe, Leder und Erzen ab 1817, Übernahme der Gerberei gemeinsam mit Deinhard 1820–1832. Zusammenarbeit mit Anton Jordan im Weinhandel nach England ab 1825, Gründung einer Verkaufsniederlassung von „Ruinart père et fils“ in Koblenz mit Schwiegersohn Remy Auguste Ruinart de Brimont 1828, Gründung einer Champagnerfabrik und Ausscheiden bei Deinhard 1834. Geschätztes jährliches Einkommen 1846: 1.800 Taler.
Mitgliedschaften: Gründungsmitglied Casino Koblenz, Freimaurerloge l’Union désirée, Zur gewünschten Einigung und Friedrich zur Vaterlandsliebe, Handelsvorstand, Handelskammer (Präsident 1834–1846), Verschönerungsverein. Familie: Sohn einer Kölner Kaufmannsfamilie, Ehefrau Maria Francisca Albertine Crêpu (Frauenverein), Tochter von Jean Nicolas Crêpu (Gerbereibesitzer in Malmedy), ihre Schwester Jeanette verheiratet mit Thilmanus Joseph Nebel(-Crêpu) (*1779 †1819), Sohn des Koblenzer Maires Nikolaus Nebel. Tesche übernahm mit Stadtrat Johann Friedrich Deinhard (*1772 †1827, verheiratet mit Barbara Ludowika Nebel, Tochter des Maires und Stadtrats Johann Nikolaus Nebel) 1819 die Vormundschaft für den Sohn von Thilmanus Joseph Nebel, Nestor Nebel. Tochter Emilie Jeanette Albertine Tesche, verheiratet mit Rémy Auguste Ruinart aus Reims, Kaufmann, Sohn des Nicolaus Ruinart und Neffe von Champagnerfabrikant Thierry Ruinart, Trauzeugen u. a. Medizinalrat Franz Gerhard Wegeler und Abraham Kehrmann, Sohn des Stadtrats Johann Heinrich Kehrmann sen. (StAK 623 2183, 2097, 4262, 2538, 2162, 2005, Zivilstandsregister Koblenz H 110/1828, S 157/1848; RMZ Nr. 217 (1847); Bär, Geschichte, S. 77, vgl. und Prößler, Kommerzienrat und ders., Champagnerherstellung.) (66) Wendel, Ernst (ev.)
Färber, Stadtrat 1843–1846, 1847–16.3.1848 (1. Klasse).
Inhaber einer „Kunst- und Schönfärberei“ an der Liebfrauenkirche. Niederlegung des Stadtratsmandates aus „Ueberzeugung“ und aufgrund interner „Anschuldigungen“, Vorstandsmitglied der evangelischen Gemeinde und der Kleinkinder-Verwahranstalt, geschätztes jährliches Einkommen 1846: 800 Taler.
Familie: Tochter Anna Wendel verheiratet mit Peter Kloeppel (*1840 †1902, Landgerichtsrat in Koblenz, später Sozialreformer aus Köln). (StAK 623 2183; Bär, Geschichte, S. 77; Ehrenkreuz, Coblenz, S. 142; Adreß-Buch 1844, S. 16 und S. 25; Bruns, Kloeppel.)
598
Anhang
(67) Willmart, Franz (*23.10.1783 Koblenz)
Gastwirt, Stadtrat 1825–1834.
Gastwirt im Hotel du Lac/Laacher Hof, Mitglied der Stadtbaukommission.
Mitgliedschaften: Casino Koblenz ab 1817 (Direktion 1828/29). Familie: Sohn des Stadtrats Johann Kaspar Willmart. Ehe mit Anna Marie Walburga Schlink, Schwager des Stadtrats Hubert Schlink. (StAK 623 2183, Zivilstandsregister Koblenz A/H 4/1801. Weichelt, Casino, S. 249, S. 272; Clemens, Immobilienhändler, S. 264 und S. 391; Müller, Stadt, S. 337.) (68) Willmart, Johann Kaspar (*17.1.1744 Neuendorf, †5.7.1824 Koblenz)
Gastwirt, Immobilienmakler, Stadtrat 1804–1824. Gastwirt im Hotel du Lac/Laacher Hof, ersteigerte u. a. vier Nationalgüter im Wert von 1.175 Francs, Mitglied der Stadtbaukommission.
Familie: Ehe mit Anna Margarethe Queng, Vater des Stadtrats Franz Willmart, Tochter Veronika Willmart, verheiratet mit Matthias Simon (*1774, Appellationsgerichtsrat, Präfektursekretär, 1814 Präfekt par interim). (LHAK 256 125; StAK 623 2181, 2183; Zivilstandsregister Koblenz A 4/1801, 104/1817; Dufraisse/Richard, notables, S. 44 und S. 115.) (69) Winnen, Simon (*8.5.1744 Heimbach)
Gerber, Stadtrat 1799 und 1802–1821.
Rotgerber, Administrateur der Munizipalität mit Matthias Simon 1798/99.
Familie: unbekannt. Trauzeuge bei Johann Nikolaus Comes und Anna Catherina Schlink, Schwester des Stadtrats Johann Hubert Schlink und Tochter des Metzgers Johann Schlink als „ami“. (LHAK 256 125; StAK 623 2181, 2183, Zivilstandsregister Koblenz H 13/1805; Almanach, S. 50; Müller, Stadt, S. 198.) (70) Wirth, Michael (*um 1783)
Baumeister, Stadtrat 1833–1846, geschätztes jährliches Einkommen 1846: 1.000 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Koblenz ab 1813. Familie: Vetter von Stadtrat Heinrich Rechtmann. (StAK 623 2183, 2162, Zivilstandsregister Koblenz S 386/1848; Weichelt, Casino, S. 272; Bär, Geschichte, S. 77.) (71) Wolff, Franz Jakob Peter Joseph (*1802 Bonn)
Apotheker, Stadtrat 1843–1846, geschätztes jährliches Einkommen 1846: 1.000 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Koblenz ab 1832. Familie: Ehe mit Johanna Wilhelmine Martinengo, Tochter des Stadtrats Philipp Martinengo. (StAK 623 2183, 2162, Weichelt, Casino, S. 272; Bär, Geschichte, S. 77.) (72) Wollersheim, Franz Michael Josef (*19.2.1764 Jülich, †21.1.1842 Koblenz, kath.)
Arzt, Stadtrat 1821–1838, u. a. im Hospital tätig, Mitglied der Sanitätskommission.
Akteure
599
Mitgliedschaften: Freimaurerloge l’Union désirée (Austritt 1818). Familie: Sohn von Franz Melchior Wollersheim und Marie Niederhoven. Erste Ehe mit Maria Theresia Bündgen (†1808), zweite Ehe am 18. Januar 1809 mit Elisabethe Beving, Schwester des Präfekturrats Theodor Beving (Frauenverein). Schwiegervater des Stadtrats Johann Abraham Kehrmann und des Kölner Stadtrats Damian Leiden. Trauzeuge bei der Tochter von Alexander Peter Lippe als „Bekannter“. (StAK 623 2183, Zivilstandsregister Koblenz H 10/1809, 28/1817, 14/1818, 100/1830; Recueil des actes de la préfecture de Rhin-et-Moselle 1811, S. 38; Erlenmeyer, Gründung, S. 12; Adreß-Handbuch 1840, S. 53.) (73) Zentner, Gottfried (†19.11.1849, ev.)
Apotheker, Stadtrat 1833–1846.
Approbation 1811 in Mainz, bis 1823 Apotheker in St. Goar, geschätztes jährliches Einkommen 1846: 1.000 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Koblenz ab 1826. Familie: Ehe mit Christina Claus, drei Kinder. (StAK 623 2183, 2162; Bär, Geschichte, S. 77; Weichelt, Casino, S. 273; Amtsblatt Koblenz Nr. 19 (12.5.1823), Nr. 34 (27.8.1823).) (74) Zimmer, Joseph (*20.10.1757 Eller/Mosel, †31.12.1817 Koblenz)
Metzger, Stadtrat 1807–1821.
Familie: Ehe mit Maria Anna Schaaf. (LHAK 256 125; StAK 623 2181, 2183, Zivilstandsregister Koblenz S 421/1817.) (75) Zimmermann, Jakob (*11.1.1788 Koblenz †5.10.1861 Koblenz, kath.)
Gutsbesitzer, Stadtrat 1821–1831, zweiter Beigeordneter 1832–1838, bat 1837 um eine Regierungs-Vertretung für Oberbürgermeister Maehler.
Mitgliedschaften: Casino Koblenz ab 1814. Familie: Sohn von Dominikus Zimmermann und der Scholastika Embs, Ehe mit Luzia Veling. (StAK 623 2183, 2182; Zivilstandsregister Koblenz S; Weichelt, Casino, S. 273.) (76) Zweiffel, Johann Jakob jun. (*28.10.1780 Koblenz, †26.10.1847 Koblenz, kath.)
Kaufmann, Fabrikant, Rentmeister bei der Regierungshauptkasse Koblenz, Stadtrat 1811–1817. Kaufmann, Teilhaber einer Blechwarenfabrik mit den Stadträten Hubert Schaaffhausen und Hermann Joseph Dietz ab 1810, Generaleinnehmer 1815, Kalkulator, später Landrentmeister an der Regierungshauptkasse Koblenz 1817–1845, geschätztes jährliches Einkommen 1817: 1.500 Taler, 1846: 2.300 Taler. Roter Adlerorden vierter Klasse.
Mitgliedschaften: Gründungsmitglied Casino Koblenz (Direktion 1811), Lesegesellschaft. Familie: Sohn von Johann Jacob Zweiffel sen. und Anna Getrude Traudes. Ehe 1802 mit Johanna Margarethe Franziska Dietz, Schwester von Stadtrat Hermann Joseph Dietz. „Vetter“ von Johann Jakob Bohl, Sohn des Stadtrats Conrad Bohl. Trauzeuge bei Medizinalrat Julius Stephan Wegeler und Caroline Linz sowie bei Stadtrat August Deinhard als „Bekannter“. Todesanzeige durch Hermann Joseph Dietz. Onkel von Karl Hermann Zweiffel (1847/48 Oberprokurator in Köln und Mitglied der preußi-
600
Anhang schen Nationalversammlung, konservativ). Sohn Hermann Joseph Zweiffel (Kaufmann), verheiratet mit Getrude Catherina Augusta Eleonora Aldringen, Tochter des Trierer Stadtrats Philipp Christoph Aldringen und Christina Fier.
(LHAK 661, 1,1,; StAK 623 2183, 2162; LHAK 402 42, 45; Zivilstandsregister Koblenz A/H 120/1802, H 123/1828, G 339/1812, 387/1812, S 502/1847; StATr Zivilstandsregister Trier H 64/1841; Müller, Stadt, S. 337; Adreß-Buch 1826, S. 8; Weichelt, Casino, S. 10 und S. 172 f., vgl. LHAK, Best. 441 3380 und 11779, Amtsblatt für das Rheinund Mosel- Departement Nr. 42 (1815), S. 354; Müller, Stadt, S. 121, S. 282; Schubert, Regierung, S. 15; Winkel, Handel, S. 264 f.; Weichelt, Casino, S. 274.)
2.4 Stadträte in Köln 1815–1845 (1)
Bartels, Johann Christoph David (ab 1846: von) (*30.4.1790 Nürnberg, ev.)
Kaufmann, Kommerzienrat, ab 1850 königlich-bayrischer Generalkonsul, Stadtrat 1832–1841.
Mitgliedschaften: Rheinische Eisenbahngesellschaft, Hauptagent der Rheinschifffahrts-AssekuranzGesellschaft und der Agrippina See-, Fluss- und Landtransport-Versicherungs-Gesellschaft. Familie: Schwiegersohn von Stadtrat Franz Christoph Neumann. (Deres, Rat, S. 53; Zivilstandsregister Köln S 532/1840.) (2)
Bartmann, Franz Xaver Josef Arnold (*20.10.1754 Köln, †24.6.1833 Köln, kath.)
Kaufmann, Weinhändler, Stadtrat 1805–1832.
Gerichtsschöffe, Schulverwaltungsrat, Kirchmeister von St. Alban.
Familie: Ehefrau Maria Elisabeth Lyversberg, Schwager von Stadtrat Jacob Johann Nepomuk Lyversberg. Sohn Everhard Joseph Anton Bartmann (*um 1834), verheiratet mit Elisabeth Obertz, Tochter von Peter Obertz und Anna Maria Langen. (Deres, Rat, S. 53; Feldenkirchen, Handel, S. 337–343; Müller, Köln, S. 137; Zivilstandsregister Köln H 304/1834, S 304/1833; LA NRW Roer 1543; Steimel, Köln, Tafel 179.) (3)
Baudewin, Johann Joseph (*13.5.1797 Köln, †23.10.1864 Köln, kath.)
Handwerker, Zimmermeister, Stadtrat 1843–1845, 1846–1850 (2. Klasse)
Baumeister, Gebäude- und Grundstückstaxator, Mitglied des Gewerbegerichts.
Mitgliedschaften: Gewerbeverein Köln, Katholischer Gesellenverein, Zentral-Dombau-Verein, Piusverein. Familie: Sohn von Rainer Joseph Baudevin (Baumeister) und Christina Cölln. Ehe mit Josephine Harperath. Kinder: Paul Baudevin (*1838 †1880, Oekonom, Zentrums-Abgeordneter in Nassau) und Theodor Baudevin (*um 1834, Arzt). (Zivilstandsregister S 2814/1864; Deres, Rat, S. 53, S. 79; vgl. Hessische Biografie.) (4)
Becker, Franz Joseph (*1779 Bonn, kath.)
Kaufmann, Stadtrat 1809–1825.
(Deres, Rat, S. 53.)
Akteure (5)
Becker, Heinrich Joseph Johann Heinrich (*6.9.1788 Köln, †30.4.1864 Köln, kath.)
Kaufmann, Stadtrat 1832–1845, 1846–1849 (2. Klasse), Beigeordneter 1841/42.
601
Mitgliedschaften: Freimaurerloge Köln, Rheinische Dampfschiffahrtsgesellschaft, Köln-Mainzer Rheinschifffahrts-Assekuranz-Gesellschaft. Familie: Sohn von Emanuel Becker und Gertrud Mettele. (Vgl. Zivilstandsregister Köln S 1252/1864; Deres, Rat, S. 53, Mettele, Bürgertum, S. 289.) (6)
Bel, Joseph Jacob (*1779 Faucigny, †7.7.1867 Köln, kath.)
Kaufmann, Fabrikation von Samt und Seide, Stadtrat 1826–1845.
Mitgliedschaften: Vorstandsmitglied der Musikschule und des Gesangsvereins, Vizepräsident des Rats der Gewerbeverständigen, Gewerbeverein, Handelskammer, Liedertafel, Theater-Aktienverein, Kölnischer Kunstverein. Familie: Sohn von Anton Bel und Johanna Panisset (Faucigny). Ehe mit Maria Magdalena Federken. Sohn Jacob Bel (*um 1810, Kaufmann) Teilnehmer am Hambacher Fest. (Zivilstandsregister Köln S 2115/1867; Deres, Rat, S. 54, HAStK, Best. 350, A 1417, Mettele, Bürgertum, S. 196, Herres, Köln, S. 127.) (7)
Biermann, Johann Philipp (getauft 21.3.1767 Köln (St. Kolumba), †8.10.1850 Köln, kath.)
Kaufmann, Fabrikant, Stadtrat 1794, 1819–1845.
Schöffe am Dilles Gericht, Mitglied der Armenverwaltung, 1830–1841 Stellv. Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Köln.
Familie: Sohn von Nicolaus Josef Biermann (Kaufmann *1728 †1805, Ratsherr 1754–1790) und Maria Elsen, unverheiratet. Todesanzeige durch „Freund“ Bernhard Joseph Anton Maria Felix von Pelser-Berensberg. (Zivilstandsregister Köln S 1971/1850; Deres, Rat, S. 20 und S. 54. Torunsky, Handbuch, S. 54; vgl. HAStK 1105 (Wallraf, Ferdinand Franz), A 1/183.) (8)
Birckenstock, Ferdinand (*15.7.1783 Köln, †20.1.1835 Köln, kath.)
Kaufmann, Stadtrat 1815–1817, 1824–1835.
Direktor der Industrieschule am Waisenhaus, Mitglied der Schulkommission.
Mitgliedschaften: Casino, Handelskammer. Familie: Sohn von Heinrich Melchior Birckenstock (Kaufmann *1744 †1801, Ratsherr 1768–1797), unverheiratet. Todesanzeige durch „Freund“ und Stadtrat Johann Adam Gohr. (Deres, Rat, S. 21 und 54, Zivilstandsregister Köln S 79/1835; Warburg, Casino-Gesellschaft, S. 15, Feldenkirchen, Handel, S. 337–343; Mettele, Bürgertum, S. 68.) (9)
Boisserée, Johann Bernhard Kaspar (*31.12.1773 Köln, †14.5.1845 Köln, kath.) Kaufmann, Holzhändler, Wechselmarkler, provisorischer Maire von Köln 1803, Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Köln 1826–1828 (verhindert, 1830 Wahl abgelehnt), Stadtrat 1798–1843, Beigeordneter 1800–1815.
1792 Studium der Rechtswissenschaften, Provinzialkonservator. Mitglied der Steuer-Deputation 1820 mit Koch, Steinberger und Herwegh, Mitglied der Sanitätskommission 1831.
602
Anhang
Mitgliedschaften: Konstitutioneller Zirkel, Freimaurerloge Secret des trois Rois, Casino, Handelskammer (Vizepräsident 1803–1836, Präsident 1819), Verwaltungsrat der Rheinischen Eisenbahngesellschaft, Agent der Niederländischen Dampfschifffahrtsgesellschaft, Mitbegründer der Rheinischen Dampfschiffahrtsgesellschaft. Familie: Sohn von Nicolaus Boisserée (Kaufmann *1736 Maastrich †1892, Ratsherr 1772–1790) und Maria Magdalena Brentano, Bruder Sulpiz Boisserée (Kunstsammler *1786 †1851). Ehefrau Anna Maria Elisabeth Cornille („societé maternelle“). Sohn Carl-Anton Boisserée, verheiratet mit Elisabeth Josepha Langen, Tochter von Stadtrat Caspar Joseph Langen, Sohn Wilhelm Boisserée, verheiratet mit Maria Josefine Anna DuMont, Tochter von Stadtrat Heinrich Joseph DuMont und Maria Sophia Reynier, Sohn Sulpiz Hubertin Boisserée, verheiratet mit Kunigunde Laurentz, Tochter von Stadtrat Maximilian Joseph Laurentz und Maria Katharina Engels, Sohn Hermann Boisserée (*um 1801), verheiratet mit Maria Margaretha Johanna Heimann, Tochter von Johann Philipp Heimann (Kommerzienrat) und Klara Theresia Kertell, Enkeltochter des Stadtrats Johann Friedrich Carl Heimann. (Zivilstandsregister Köln H 637/1836, H 381/1838, S 887/1845; Deres, Rat, S. 45, S. 54; Warburg, Casino-Gesellschaft, S. 10; Steimel, Köln, Tafel 21; Soénius/Wilhelm (Hgg.), Personenlexikon, S. 70/71; Torunsky, Handbuch, S. 66; Roger/Dufraisse, Notables, S. 123; Feldenkirchen, Handel, S. 337–343, Müller, Köln, S. 3; Herres, Köln, S. 40, 60, 95, 135, 111; Mettele, Bürgertum, S. 39, 78, 125 f.; Müller, Köln, S. 3; Spiertz, Groote, S. 294 f.; Kuhn, Jakobiner, S. 101, vgl. HAStK 1018 (Boisserée, Sulpiz), A 34.) (10) Bolckhaus, Abraham (*um 1740 Köln, †25.11.1814 Köln, ev.)
Kaufmann, Fabrikant, Arrondissementsrat 1805–1813, Stadtrat 1800–1814.
Familie: Sohn von Jakob Bolckhaus und Jeanne Marie von Recklinghausen, unverheiratet. (Zivilstandsregister Köln S 1961/1814, vgl. Deres, Rat, S. 55; Feldenkirchen, Handel, S. 337–343; Mettele, Bürgertum, S. 81; LAV NRW Roer 1543 und 1546.) (11) Bourel, Bartholomäus Joseph (*26.2.1797 Köln, †25.8.1867 Köln, kath.)
Advokatanwalt, Stadtrat 1846–1850 (3. Klasse).
Mitgliedschaften: Kölner Karnevalsgesellschaft. Familie: Sohn von Franz Ferdinand Nicolaus Bourel (Stadtrat 1797–1828) und Anna Margaretha Zündorf, unverheiratet. (Zivilstandsregister Köln S 2733/1867; Deres, Rat, S. 79.) (12) Bourel, Franz Ferdinand Nicolaus (*10.5.1750 Köln, †10.6.1828 Köln, kath.)
Buchdrucker, Bannerherr der Gürtlerzunft, Stadtrat 1797–1828.
Mitgliedschaften: Konstitutioneller Zirkel, Kölner Karnevalsgesellschaft. Familie: Ehe mit Anna Margaretha Zündorf. Vater von Bartholomäus Joseph Bourel (Stadtrat 1846– 1850, 3. Klasse). (Zivilstandsregister Köln S 2733/1867; Deres, Rat, S. 46 und S. 55; Steimel, Köln, Tafel 24, Kuhn, Jakobiner, S. 63; Mettele, Bürgertum, S. 127.)
Akteure
603
(13) Camphausen, Gottfried Ludolf (*10.1.1803 Hünshoven bei Aachen, †3.12.1890 Köln, ev.)
Kaufmann, Bankier, Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Köln 1843–1845, Stadtrat 1833–1845, 1846 (1. Klasse).
Handelsschule in Rheydt, Lehre in Düsseldorf, Eintritt in das elterliche Handelshaus in Hünshoven ab 1821, Übernahme mit Bruder August Camphausen 1824, Kauf einer Ölmühle und Gründung eines Bankhauses in Köln 1826, Getreidehandel ab 1830, Umzug nach Köln 1831. Mitglied im Komitee zur Förderung des Eisenbahnbaus, Mitglied der Freihandelsdeputation in Berlin 1837, Mitglied des Vereinigten Landtags 1847, dann preußischer Ministerpräsident und Bevollmächtigter preußischer Minister beim Reichsverweser in Frankfurt a. M. (29.3.1848–22.4.1849 Rücktritt), Mitglied des Erfurter Unionsparlaments, Mitglied des Volkshauses, ständiges Mitglied des Preußischen Herrenhauses 1860–1890, Wirklicher Geheimer Rat, Rückzug aus der Politik 1868, Roter Adlerorden erster Klasse mit Eichenlaub.
Mitgliedschaften: Casino, Handelskammer (Präsident 1833–37/1839–1848), Initiator und erster Präsident Rheinische Eisenbahngesellschaft (1835–1837). Gründungsmitglied der Kölnischen Dampfschleppschiffahrtsgesellschaft, der Rheinischen Dampfschiffahrtsgesellschaft, der Köln-Mindener Eisenbahngesellschaft, der Bonn-Kölner Eisenbahngesellschaft, der Rheinischen Zeitung für Handel, Politik und Gewerbe. Familie: Sohn von Gerhard Gottfried Camphausen (*1771 †1813) und Maria Wilhelmine Peuchen. Bruder und Geschäftspartner August Camphausen (*1801 †1883) und Otto (von) Camphausen (*1812 †1896, Regierungsrat in Trier, später Finanzminister). Ehe 1828 mit Johanna Elise Lenssen (Bürgermeistertochter, Rheydt), sechs Söhne und zwei Töchter. Enge (Geschäfts-)Beziehungen zum Aachener Stadtrat David Hansemann (*1790 †1864). (Deres, Rat, S. 55, Warburg, Casino-Gesellschaft, S. 31, Steimel, Köln, Tafel 78; RWWB 2, S. 254–275, Soénius/ Wilhelm (Hgg.), Personenlexikon, S. 95/96; Torunsky, Handbuch, S. 89; Boch, Wachstum, S. 138–148, S. 167–170, S. 187, S. 213, S. 248; Herres, Köln, S. 156–165, S. 220; vgl. Angermann, Camphausen; Soénius, Camphausen; Padtberg, Bedeutung und http://www.familienbuch-euregio.eu/ abgerufen am 20.10.2020.) (14) Cassinone, Anton Franz (*20.10.1785 Köln, †1.11.1873 Köln, kath.)
Kaufmann, Bankier, Stadtrat 1832–1845, 1846–1849 (2. Klasse).
Mitgliedschaften: Casino, Handelskammer, Kölner Karnevalsgesellschaft, Mitglied des Vorstands der See-, Fluß- und Landtransport-Versicherungsgesellschaft (Agrippina), Kölnische Dampfschleppschiffahrtsgesellschaft, Rheinische Dampfschiffahrtsgesellschaft, Köln-Mainzer RheinschifffahrtsAssekuranz-Gesellschaft. Familie: Sohn von Peter Joseph Cassinone und Louise Foveaux, unverheiratet. Neffe der Stadträte Joseph Heinrich Foveaux und Maximilian Heinrich Joseph Cassinone. Bruder von Henriette Friederika Cassinone, verheiratet mit Tobias Molinari, Trauzeuge bei seiner Nichte Maria Josepha Molinari und Johann Carl August Fonck, Sohn von Peter Anton Fonck (Kaufmann *1780 †1832) und Maria Catharina Jacobina Foveaux, Enkeltochter des Stadtrats Heinrich Joseph Foveaux. (Zivilstandsregister Köln S 522/1816, 3453/1873, H 4.7.1837; Frohn, Karneval, S. 49; Deres, Rat, S. 56; Warburg, Casino-Gesellschaft, S. 41.)
604
Anhang
(15) Cassinone, Maximilian Heinrich Joseph (*1756 Köln, †20.5.1816 Köln, kath.)
Kaufmann, Spedition- und Kommissionshandel, Stadtrat 1805–1816.
Mitgliedschaften: Casino, Handelskammer (Präsident 1804/05). Familie: Sohn von Anton Franz Cassinone sen. (*1712 Pavia, Ratsherr 1761–1789) und Maria Catharina Cremer. Ehe mit Catharina Margarethe Bemberg, Tochter von Peter Bemberg (Stadtrat 1805–1809). Schwager von Stadtrat Joseph Heinrich Foveaux. Onkel von Stadtrat Anton Franz Cassino. (Zivilstandsregister Köln S 522/1816; Warburg, Casino-Gesellschaft, S. 10; Feldenkirchen, Handel, S. 337–343; HAStK 350, A 4011; Deres, Rat, S. 56 vgl. S. 23; Mettele, Bürgertum, S. 39; Augel, Einwanderung, S. 224 f.) (16) Classen, Reiner Joseph Apollinaris (*1761 Köln, †30.1.1844 Köln, kath.)
Domäneninspektor, Gerichtsschreiber, Stadtrat 1824–1844.
Familie: Sohn von Mathias Classen (1783 Schreins- und Fiskalgerichtsschreiber) und Anna Catharina Klespe. (Zivilstandsregister Köln S 226/1844; Deres, Rat, S. 56.) (17) De Noël, Mathias Joseph (*28.12.1782 Köln, †18.11.1849 Köln, kath.)
Kaufmann, Künstler und Kunstsammler, Maler und Heimatdichter, Stadtrat 1824–1845.
Studium an der Pariser Kunstakademie, Übernahme des väterlichen Handelsgeschäfts 1803, Mit-Initiator des Kölner Karnevals, Leiter des Kölner Hofs 1828–1842, erster Kurator des Wallrafianums ab 1828, d. h. Inventarisierung der Kunstsammlung von Professor Ferdinand Franz Wallraff mit Stadtrat Eberhard von Groote.
Mitgliedschaften: Kölner Karnevalsgesellschaft, Olympische Gesellschaft, Kölnischer Kunstverein (Direktion), Zentral-Dombau-Verein. Familie: Sohn von Johann Heinrich De Noël (*1740 †1812) und Maria Helena Krakamps. Neffe von Stadtrat Jacob Johann Lyversberg. Ehe am 4. Mai 1842 mit Anna Maria Juliane von Haupt, Witwe von Peter Andreas Brewer (Assessor). Todesanzeige durch Stadtsekretär und „Freund“ Johann Peter Fuchs. (Zivilstandsregister S 3871/1849; Deres, Rat, S. 56 f.; Frohn, Karneval, S. 21 und S. 49; Steimel, Köln, Tafel 114; Soénius/Wilhelm (Hgg.), Personenlexikon, S. 113; Mettele, Bürgertum, S. 43; Spiertz, Groote, S. 224 f., vgl. Böhm, De Noël.) (18) Dequer de Jouy, Johann Ludwig (*29.11.1770 Fouy/Frankreich, †19.10.1834 Köln, kath.)
Generalpostmeister von Lothringen, Postdirektor, Stadtrat 1810–1814.
Familie: Ehefrau Maria Gertrud Schmitz. Tochter Sophie Mathilde Dequer de Jouy, verheiratet mit Eduard Wilhelm Ludwig von Bonin (Preuß. General und Kriegsminister *1793 †1865). (Deres, Rat, S. 57, Zivilstandsregister Köln S 1696/1834; Branig, Bonin, S. 447.) (19) DuMont, Heinrich Joseph Mathias (*23.5.1777 Köln, †27.3.1838 Köln, kath.)
Fabrikant, Tabakhändler, Stadtrat 1817–1827.
Mitgliedschaften: Casino, Handelskammer, Kölner Karnevalsgesellschaft. Familie: Sohn von Heinrich Joseph DuMont (*1751 †1787, Ratsherr 1777–1786) und Maria Anna Sandt. Bruder von Stadtrat Michael DuMont und von Johann Marcus Theodor Michael Hubert DuMont
Akteure
605
(*1784 †1831, Verleger der Kölnischen Zeitung). Neffe von Johann Maria Nikolaus DuMont (1795 Maire, Präfekturrat). Erste Ehe mit Maria Josephina Reynier, zweite Ehe mit Maria Sophia Reynier. Tochter Maria Josefine Anna DuMont, verheiratet mit Wilhelm Boisserée, Sohn von Stadtrat Bernhard Boisserée. (Zivilstandsregister Köln S 547/1838; Steimel, Köln, Tafel 21, Tafel 41; Warburg, Casino-Gesellschaft, S. 10; Deres, Rat, S. 57; Frohn, Karneval, S. 48.) (20) DuMont, Johann Michael Joseph Lucas Ludwig Hubert Vitalis (*23.4.1782 Köln, †26.6.1865 Köln, kath.)
Fabrikant, Tabakhändler, Stadtrat 1827–1845.
1826, 1828, 1837, 1826–1828, (1830 abgelehnt), stellv. Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Köln 1837–1841, Kommerzienrat (1845).
Mitgliedschaften: Casino (Direktion 1820), Handelskammer, Köln-Mindener-Eisenbahngesellschaft, Bonn-Kölner-Eisenbahngesellschaft, Rheinische Eisenbahngesellschaft, Rheinische Dampfschiffahrtsgesellschaft, Kölnische Feuerversicherungsgesellschaft Colonia, Zentral-Dombau-Verein. Familie: Sohn von Heinrich Joseph DuMont (*1751 †1787, Ratsherr 1777–1786) und Maria Anna Sandt. Neffe von Johann Maria Nikolaus DuMont (1795 Maire, Präfekturrat). Bruder von Stadtrat Heinrich Joseph Mathias DuMont und von Johann Marcus Theodor Michael Hubert DuMont (*1784 †1831, Verleger der Kölnischen Zeitung). Erste Ehe 1805 mit Anna Maria Josepha Lend, zweite Ehe am 13. Dezember 1826 mit Adelaide Lenders, Tochter von Hermann Lenders (Kaufmann, Andernach) und Anna Maria Pfeiffer, Schwager Ludolf Lenders (Notar in Xanten). Schwiegervater von Peter Heinrich Merkens (Provinziallandtagsabgeordneter und Handelskammerpräsident *1777 †1854, in zweiter Ehe 1843 mit Ottilie DuMont verheiratet) und Johann Maria Farina (Kölnisch-Wasser-Produzent, *1809 †1880) (Zivilstandsregister Köln H 177/1834, 402/1826, S 1756/1865; Steimel, Köln, Tafel 41, Torunsky, Handbuch, S. 119, 177/1834, Warburg, Casino-Gesellschaft, S. 10, S. 21; Herres, Köln, S. 170; Deres, Rat, S. 57 f.) (21) Effertz, Johann Leonhard Joseph (*21.5.1760 Birkesdorf/Aachen, †29.5.1852 Köln, kath.)
Kaufmann, bis 1793 Appellationskommissar, Sekretär der Schiffergilde, Stadtrat 1792–1832.
Familie: Sohn von Martin Friedrich Effertz (Gerichtsschöffe in Düren) und Clara Michels, Ehe mit Maria Theresia Wirtz. (Zivilstandsregister Köln S 1102/1852; Dufraisse/Richard, notables, S. 128. HAStK, A 259/3 Sterberegister 30.7.1800, A234/3 23.6.1801, A 240 1793. Deres, Rat, S. 25, S. 58.) (22) Engels, Hermann Joseph (*2.11.1759 Köln, kath.)
Kaufmann, Manufakturwarenhandeln, Stadtrat 1800–1817.
Mitgliedschaften: Casino, Freimaurerloge Secret des trois Rois. Familie: Ehe mit Maria Elisabeth Razzoli. Vater von Stadtrat Joseph Philipp Engels. (Zivilstandsregister Köln S 961/1867; Deres, Rat, S. 58; Warburg, Casino-Gesellschaft, S. 25.) (23) Engels, Joseph Philipp (*18.10.1788 Köln, †15.3.1867 Köln, kath.)
Kaufmann, Stadtrat 1842–1845.
606
Anhang
Mitgliedschaften: Casino, Handelskammer, Köln-Mindener Eisenbahngesellschaft, Kölnische Hagelversicherungsgesellschaft, Kölnische Lebensversicherungsgesellschaft, Kölnische Feuerversicherungsgesellschaft. Familie: Sohn von Stadtrat Hermann Joseph Engels und Maria Elisabeth Razzoli. Erste Ehe mit Therese Nellessen, zweite Ehe mit Adriana Renata Hartung. Schwiegersöhne: Bankier Albert Oppenheim und Bankier Jacob Seydlitz, Neffe von Stadtrat Constantin Gabriel Seydlitz. Zeigte den Tod von Anna Catharina Wollersheim, Ehefrau von Stadtrat Damian Leiden und Tochter des Koblenzer Stadtrats Franz Wollersheim, 1839 als „Freund“ an. (Zivilstandsregister Köln S 2260/1839, S 961/1867; Deres, Rat, S. 58, Warburg, Casino-Gesellschaft, S. 41, Feldenkirchen, Handel, S. 337–343.) (24) Erven, Gerhard Joseph (*25.2.1752 Ort, †2.7.1816 Köln, kath.)
Kaufmann, Stadtrat 1783–1797, 1809–1816, Kirchenmeister von St. Columba.
Familie: Sohn von Hermann Joseph Erven und Maria Ursula Laes, Ehe mit Maria Josepha Gilles. (Zivilstandsregister Köln S 684/1816; Deres, Rat, S. 25 und S. 58.) (25) Essingh, Karl Johann Theodor (*24.8.1788 Köln, †12.1.1847 Köln, kath.)
Kaufmann, Kommerzienrat, stellvertretender Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Köln 1843– 1845, Stadtrat 1836–1845.
Inhaber einer Material- und Farb- und Drogeriewarenhandlung.
Mitgliedschaften: Casino, Handelskammer, Zentral-Dombau-Verein, Rheinische Eisenbahngesellschaft, Administrator des Eschweiler Bergwerks-Verein, Kölnischer Kunstverein. Familie: Sohn von Hermann Joseph Essingh (Kaufmann) und Anna Sophia Tils. Ehe 1815 mit Bürgermeistertochter Josepha Catharina Walburga Englerth (Eschweiler). Schwager von Friedrich Englerth (*1793 †1848 Fabrikant und Bürgermeister von Eschweiler 1822–1831) und von dem Aachener Stadtrat Johann Wilhelm Steffens. Schwiegervater von Franz Merkens, Sohn von Peter Heinrich Merkens. Todesanzeige durch „Freund und Nachbar“ Stadtrat Franz Joseph Müller. (Zivilstandsregister Köln S 76/1847; Mettele, Bürgertum, S. 180; Deres, Rat, S. 59; Warburg, Casino-Gesellschaft, S. 10; Torunsky, Handbuch, S. 131 und S. 134; VGL: http://www.familienbuch-euregio.eu abgerufen am 20.10.2020.) (26) Faulenbach, Friedrich (*1788 Drabenderhöhe, †13.5.1844 Köln, ev.)
Kaufmann, Fabrikant, Stadtrat 1832–1840.
Speditions- und Kommissionshandel, Gründung einer Mineralwasserfabrik (Roisdorfer Brunnenbetrieb), 1841 falliert. 1831 Mitglied der Sanitätskommission.
Mitgliedschaften: Handelskammer. Familie: Sohn von Johann Friedrich Faulenbach (Gutsbesitzer) und Helena Schöler. Erste Ehe mit Philippina Moll, zweite Ehe mit Berta Pauls. Todesanzeige durch Sohn Friedrich Faulenbach (*um 1823, Kaufmann). (Zivilstandsregister Köln S 938/1844; Deres, Rat, S. 59; Spiertz, Groote, S. 217.)
Akteure
607
(27) Firmenich, Johann Baptist (*10.6.1769 Köln, †3.2.1856 Köln, kath.)
Fabrikant, Gerber, Stadtrat 1835–1845, Armenverwaltung.
Mitgliedschaften: Rat der Gewerbeverständigen Köln. Familie: Ehe mit Catharina Clasmann. Todesanzeige durch Sohn Johann Baptist Firmenich (*um 1807, Kaufmann) und Schwiegersohn Theodor Siefer (*um 1814, Stadtempfänger). (Zivilstandsregister Köln S 252/1856; Deres, Rat, S. 59.) (28) Firmenich, Johann Laurenz (*10.8.1770 Köln, †18.10.1832 Köln, kath.)
Advokatanwalt, Stadtrat 1827–1832. Testamentsvollstrecker für Ferdinand Franz Wallraff.
Mitgliedschaften: Freimaurer. Familie: Sohn von Johann Peter Firmenich (Rotgerber) und Helena Zaun. Erste Ehe mit Sophie Rohr, zweite Ehe mit Margarethe Cremanns. (Zivilstandsregister Köln S 1419/1832, vgl. Deres, Rat, S. 59; Schläw, Vorgehen.) (29) Foveaux, Heinrich Joseph (*20.6.1763 Köln, †19.5.1844 Köln, kath.)
Tabakfabrikant, Stadtrat 1805–1814, Ergänzungsrichter am Handelsgericht.
Mitgliedschaften: Freimaurerloge Secret des trois Rois, Handelskammer, Rat der Gewerbeverständigen Köln. Familie: Sohn des Tabakfabrikanten François Foveaux (*1726 Lille) und der Catharina Coutelier. Onkel des Aachener Departements- und Stadtrats Ludwig „Louis“ Beissel. Ehe 1787 mit Anna Klara Hermana Molinari, Tochter des Ratsherrn Michael Molinari und Halbschwester des Stadtrats Jacob Herrmann Molinari. Zweite Ehe mit Johanna Catharina Francisca Ignatia Scholl. Neffe von Ludwig Joseph Foveaux (Ratsherr 1800/01), Schwager von Tilmann Peter Cassinone, Vater des Stadtrats Anton Franz Cassinone, dieser 1844 den Tod anzeigender „Vetter“. Schwager von Stefan Wilhelm Joseph Beissel (Nadelfabrikant und Maire von Aachen *1751 †1819). Schwiegervater von Peter Anton Fonck (Kaufmann *1780 †1832) und von Franz Carl Schaaffhausen (*1801 †1850), Sohn des Stadtrats Abraham Schaaffhausen. (Zivilstandsregister Köln H 351/1837, S 959/1844; Steimel, Mit Köln versippt. Tafel 267; Soénius/Wilhelm (Hgg.), Personenlexikon, S. 162; Deres, Rat, S. 60 f. HAStK, Geburtsregister A 222 Eintrag vom 16.8.1798; Kraus, Aachen, S. 345; Mettele, Bürgertum, S. 120; Schwann, Handelskammer, S. 450.) (30) Fröhlich, Franz Anton Theodor (*10.6.1769 Köln, †18.2.1852 Köln, kath.)
Fabrikant, Stadtrat 1841–1845, ab 1846 (3. Klasse).
Inhaber einer Likör- und Branntweinfabrik, Mitglied der Armenverwaltung. Roter Adler Orden vierter Klasse.
Familie: Sohn von Theodor Fröhlich (Kaufmann) und Catharina Harff. Ehe mit Jacobina Hubertina Christina Müller, Tochter von Jacob Müller (Branntweinbrauer) und Elisabeth Bechem (Branntweinbrauerin). Todesanzeige durch Schwager Jacob Müller jun. (*um 1821) und Franz Joseph Imhoff (*um 1800, Kaufmann). (Deres, Rat, S. 60; Zivilstandsregister Köln H 447/1836, S 339/1852.)
608
Anhang
(31) Gall, Gottfried Joseph von (*14.3.1756 Kassel, †26.2.1826 Köln, kath.)
Kurmainzischer Hoftruchseß, Präsident der Armenverwaltung, Appellationskommissar, Stadtrat 1809– 1826.
Familie: Sohn von Jakob Adolph Daniel von Gall und Maria Magdalena Rosport (?). Ehe mit Maria Magdalena Mochetti. (Zivilstandsregister Köln S 391/1826, vgl. Deres, Rat, S. 27.) (32) Geyr von Schweppenburg (auf Müddersheim), Everhard Anton Heinrich Joseph Caspar Melchior Balthasar Freiherr (*6.1.1793 Köln, †13.3.1873 Unkel, kath.)
Rittergutsbesitzer, stellvertr. Provinziallandtagsabgeordneter 2. Stand/Köln 1833 (1837 verhindert), Stadtrat 1832–1845.
Familie: Sohn von Stadtrat Cornelius Joseph von Geyr zu Schweppenburg (*1754 †1832). Schwager von Oberbürgermeister Karl Joseph von Mylius. Ehe mit Eva Lyversberg, Tochter von Stadtrat Jacob Johann Nepomuk Lyversberg. (Deres, Rat, S. 61 f.; Zivilstandsregister Köln S 2118/1838; Torunsky, Handbuch, S. 162.) (33) Geyr von Schweppenburg, Cornelius Joseph Ägidius Johann Lambert Freiherr (*15.7.1754 Aachen, †25.9.1832 Köln, kath.)
Rittergutsbesitzer (Gut Röttgen, Burg Müddersheim), Departementsrat in Aachen 1807, stellvertretender Provinziallandtagsabgeordneter 2. Stand/Köln 1826–1830, Stadtrat 1805–1809, 1817–1832.
Deputierter Kölns bei der Huldigung König Friedrich Wilhelms III. 1815 zu Aachen.
Familie: Sohn des kurkölnischen Generaleinnehmers Ferdinand Josef Balthasar Freiherr von Geyr (*1709 †1784) und der Alida Agnes Freiin von Fays d’Andrimont (*1711 †1787). Großonkel des Aachener Stadtrats Johann Theodor von Geyr. Erste Ehe mit Adelgunde von Beywegh aus dem Hause Kriegshofen (société maternelle und Frauenverein 1814), zweite Ehe mit Maria Anna Franziska Josefa Walburga von Becker aus dem Hause Benesis, Tochter von Felix von Becker und Maria Ursula von Herwegh. Vater von Everhard Anton Geyr zu Schweppenburg. Schwiegervater von Oberbürgermeister Karl Joseph Freiherr von Mylius und von Stadtrat Jacob Johann Nepomuk Lyversberg. (Deres, Rat, S. 61; Steimel, Köln, Tafel 130; Torunsky, Handbuch, S. 163; Gersmann/Langbrandtner, Adel, S. 140; Mettele, Bürgertum, S. 101 und S. 120.) (34) Gohr, Johann Adam (*1776 Köln, †14.3.1858 Köln, kath.)
Kaufmann, Waisenhausinspektor, Stadtrat 1827–1845.
Mitgliedschaften: Kölner Karnevalsgesellschaft (Hanswurst 1827/28). Familie: Sohn von Heinrich Severin Gohr (Kaufmann) und Maria Agnes Schilder. Ehe mit Anna Clara Spürck, Schwager von Stadtrat Franz Carl Guilleaume. Todesanzeige durch Sohn Clemens August Gohr (*um 1807, Bierbrauer), verheiratet mit Margarethe Binsfeld, und Schwiegersohn Franz Anton Wiemann (*um 1807, Kaufmann). (Zivilstandsregister Köln H 140/1833, S 747/1858, S 1757/1837; Frohn, Karneval, S. 119; Deres, Rat, S. 62.)
Akteure
609
(35) Groote, Eberhard Anton Rudolph von (*19.3.1789 Köln, †15.4.1864 Köln, kath.)
Regierungsassessor, Rittergutsbesitzer, Präsident der Armenverwaltung 1830–1851, 1826–1830 stellvertretender, Provinziallandtagsabgeordneter 2. Stand/Köln 1833–1845 (1843–1845 Vizelandtagsmarschall), Stadtrat 1831–1845, 1846–1851 (1. Klasse).
Besuch der Sekundärschule in Köln (Unterricht bei Ferdinand Franz Wallraff), Studium Heidelberg ab 1810, Volontärsoffizier im III. preuß. Armeekorps als Adjutant des Kronprinzen von Preußen 1813/1814, Requisition der geraubten Kunstgegenstände in Paris, Regierungsassessor in Köln 1816–1827, Austritt nach mehreren erfolglosen Beförderungsgesuchen. Inventarisierung der Kunst bei Professor Ferdinand Franz Wallraff mit Stadtrat Matthias DeNoël. Organisation des Fests der Freiwilligen 1838, schrieb mehrere Publikationen, v. a. Mundart-Dichtung, mehrere Petitionen für die Einrichtung einer Universität in Köln u. a., schlug 1839 eine Armensteuer vor. Gutachter wegen der Einrichtung des Landgerichts in Düsseldorf 1834 und Mitglied der Sanitätskommission 1831.
Mitgliedschaften: Olympische Gesellschaft, Kölner Karnevalsgesellschaft, Casino, Mitgründer und Vorstandsmitglied Zentral-Dombau-Verein (1855 Ehrenmitglied), Kölnischer Kunstverein (Präsident 1839). Familie: Sohn von Everhard Anton Hermann Josef Melchior von Groote zu Kendenich (*1756 †1820, kaiserlicher Oberpostmeister) und Maria Henriette Karoline Josepha Walburga von Becker (*1759 †1815, Frauenverein). Schwiegersohn von Stadtrat Maximilian von Kempis. Todesanzeige durch Sohn Clemens von Groote (*um 1830) und „Bekannter“ Moritz Wermelskirchen (*um 1805). (Zivilstandsregister Köln S 1123/1864; Deres, Rat, S. 62; Steimel, Köln, Tafel 63 und Tafel 10, Frohn, Karneval, S. 21; Ennen, Groote; Soénius/Wilhelm (Hgg.), Personenlexikon, S. 195, Torunsky, Handbuch, S. 174, vgl. Spiertz, Groote und Becker-Jàkli, Tagebuch.) (36) Guilleaume, Franz Carl Theodor Anton (der Ältere) (*20.4.1789 Solingen, †17.9.1837 Köln)
Apotheker, Fabrikant, Stadtrat 1833–1837. Landwirt und Apotheker in Denklingen, Herstellung von Pottasche und Weizenstärke, Fabrikation von Hanf- und Drahtseilen „Felten & Guilleaume“ ab 1820 in Köln (Unternehmen des Schwiegervaters), dann Inhaber einer Weizenstärkefabrik, Mitglied im Kirchenrat St. Alban.
Mitgliedschaften: Rat der Gewerbeverständigen Köln. Familie: Sohn von Christoph Guilleaume (*1741 †1804, Notar in Solingen, zweite Ehe mit Getrude Klinckenberg) und Theresia Bock (*1751 †1834). Ehe mit Christine Felten, Tochter von Johann Theodor Felten (*1747 †1827, Fabrikant). Vater von Johann Theodor Guilleaume (Stadtrat ab 1846, 1. Klasse), verheiratet mit Lucia Wilhelmine Dahmen, Sohn Carl August Guilleaume, verheiratet mit Sophia Josephina Heucken, Tochter des Aachener Stadtrats Franz Peter Joseph Maximilian Heucken. Stadtrat Johann Gohr zeigte den Tod als „Schwager“ an. (Deres, Rat, S. 63; Zivilstandsregister Köln S 1757/1837; Oepen-Domschky, Guilleaume; RWWB Bd. 13, S. 3–112; Soénius/Wilhelm (Hgg.), Personenlexikon, S. 203, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 13.4.2018.) (37) Heimann, Johann Friedrich Carl I. (*17/18.5.1757 Eichenhof bei Waldbröl, †13.4.1835 Köln, ev.)
Kaufmann, Wein- und Kolonialwarenhandel, Fabrikation von Schießpulver, Stadtrat 1792–1797, 1805– 1832.
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Anhang Ab 1784 Bürgerrecht in Köln, Kommissar der Kaufmannschaft 1789–1791, Präsident des Handelskollegiums 1797 (Wiederwahl 1799, dann Vizepräsident), Mitglied der Zentralkommission in Mainz 1816. Publikation der Druckschrift „Zur Widerlegung neu erweckter zwanzigjähriger Verleumdungen gegen Bürgersinn und Redlichkeit, von Freunden und noch lebenden Tischgästen des Ehrgekränkten, aus eigenem Antrieb zum Druck befördert“ (1814).
Mitgliedschaften: Freimaurer, Casino, Handelskammer. Familie: Sohn von Johann Heinrich Heimann, Fabrikant, und Charlotta Catharina Schütz. Erste Ehe mit Anna Christina Martini, zweite Ehe mit Maria Susanne Trombetta (société maternelle). Tochter Marianne Josepha Heimann, verheiratet mit Franz Xaver Anton Rudler (*Luxemburg, Steuereinnehmer in Köln und Bruder von François Joseph Rudler). Bruder Johann Philipp Heimann (Handelsgerichtspräsident), verheiratet mit Theresia Kertell. Enkel Friedrich Carl Heimann II. (*um 1806, Kaufmann) und Johann Baptist Friedrich Philipp Heimann (*um 1810, Kaufmann in Bonn). (Zivilstandsregister Köln H 502/1833, S 472/1835; Deres, Rat, S. 28 f., S. 63; Warburg, Casino-Gesellschaft, S. 24, Steimel, Köln, Tafel 75, Kellenbenz, Heimann, S. 271, Soénius/Wilhelm (Hgg.), Personenlexikon, S. 226; Feldenkirchen, Handel, S. 337–343.) (38) Heinsberg, Goswin Joseph Anton Hugo von (*17.11.1766 Aachen, †27.1.1830 Aachen, kath.)
Jurist, Professor, Maire von Köln 1796–1797, Stadtrat 1793–1794, 1796–1798, 1801–1821.
Direktor der Sekundärschule, Übergabe des Amtes an Franz Ferdinand Wallraf ab 1813. Mitglied im Schulvorstand 1816, Ergänzungsrichter am ersten Instanzgericht, dann Landgerichtsrat in Aachen.
Familie: Sohn von Johann Wilhelm Xaver von Heinsberg (Ratsherr 1749–1782). (Deres, Rat, S. 29; Mettele, Bürgertum, S. 68; Spiertz, Groote, S. 146; http://www.familienbuch-euregio.de/ abgerufen am 20.10.2020.) (39) Herstatt von der Leyen, Friedrich Peter (*25.9.1775 Köln, †7.5.1851 Köln, ev.)
Fabrikant, Bankier, Kunstsammler, kommissarischer Maire von Köln 1803, stellv. Provinziallandtagsabgeordneter 2. Stand/Köln 1833, Verlust des Mandats wegen Verkauf des Ritterguts Wylich 1835, Mitglied im Preußischen Abgeordnetenhaus, Beigeordneter 1815–1817, Stadtrat 1817–1826.
Kommandant der Ehrengarde 1804, Fabrikation von Seiden- und Florettbändern bis um 1812 als Mitinhaber der Firma Johann David Herstatt (1782), dann Bankier und Kommerzienrat (1831), Mitgründer der Feuerwehr Köln.
Mitgliedschaften: Freimaurer Secret des trois Rois, Casino, Gründungsmitglied der RheinschifffahrtsAssekuranz-Gesellschaft, Rheinische Eisenbahngesellschaft. Familie: Sohn von Johann David Herstatt (*1740 †1809) und Adelheid von der Leyen (Krefeld). Ehe 1801 mit Friederika von der Leyen (Cousine). Sohn Johann David Herstatt (*1805 †1879, Kommerzienrat, Bankier), verheiratet mit Amalia Stein, Tochter Katharina Adelaide Herstatt, verheiratet mit Johann Heinrich Stein (*1803 †1879), Kinder des Bankiers Heinrich Stein und der Katharina Maria Peill. Todesanzeige durch „Freund“ und Geschäftspartner seines Schwiegersohns, Stadtrat Carl Eduard Schnitzler (Teilhaber des Bankhauses Stein). (Zivilstandsregister Köln 971/1851; Soénius/Wilhelm (Hgg.), Personenlexikon, S. 236, Dufraisse/Richard, notables, S. S. 133, Torunsky, Hanbuch, S. 203, Müller, Köln, S. 70, S. 137–137, Mettele, Bürgertum, S. 47, 51, 78, 169,
Akteure
611
Herres, Köln, S. 626, Boch, Wachstum, S. 43–46; Kellenbenz, Herstatt, S. 700, Deres, Rat, S. 47 und 63 f.; Warburg, Casino-Gesellschaft, S. 15.) (40) Herwegh, Franz Jacob Joseph Freiherr von (*16.4.1773 Köln, †18.5.1848 Köln, kath.)
Jurist, Rittergutsbesitzer, Kunstsammler, Arrondissementsrat 1810–1813, Provinziallandtagsabgeordneter 2. Stand/Köln 1826/28–1841/42, Beigeordneter 1800–1816, Stadtrat 1817–1845.
Studium in Köln, Göttingen, Wetzlar, Wien. Mitglied der Landesdeputation in Paris 1814, Verwaltungsrat ab 1801, dann Präsident der Armenverwaltung 1813–1815 und 1825–1830, Mitglied der SteuerDeputation mit Koch, Steinberger und Boisserée 1820. Mitglied der Kronprinzenkommission in Berlin 1822, der Sanitätskommission 1831, der Verwaltungskommission der Irrenheilanstalt Siegburg, der Freihafendeputation 1837.
Mitgliedschaften: Casino, Gefängnisgesellschaft Köln, Kölner Karnevalsgesellschaft, Zentral-Dombau- Verein. Familie: Sohn von Everhard Josef Melchior Herwegh (*1718 †1777, Bürgermeister von Köln 1771–1777) und Anna Franziska Wilhelmine Freiin von Hilgers, Cousine des Neuwieder Landrats Philipp von Hilgers (*1785 †1852) und des Koblenzer Stadtrats Heinrich von Hilgers (*1795 †1874, Beigeordneter 1847–1854). Schwager von Stadtrat Maximilian von Kempis, Stadtrat Franz von Nagel und „Vetter“ von Oberbürgermeister Karl Joseph von Mylius. (Zivilstandsregister Köln S 996/1848, 781/1821, 2118/1838; Torunsky, Handbuch, S. 204, Herres, Köln, S. 45; Frohn, Karneval, S. 21; Mettele, Bürgertum, S. 115 und 120; Stephan, Provinziallandtag, S. 98; Deres, Rat, S. 64; LA NRW, Roer 1543; Warburg, Casino-Gesellschaft, S. 16.) (41) Hoffschlag, Maria Michael (*um 1751, †9.6.1825 Köln, kath.)
Kaufmann, Stadtrat 1797, 1809–1825.
Familie: Sohn von Bernard Hoffschlag (Kaufmann) und Catharina Meinerzhagen. Ehe mit Maria Magdalena Vehlen. Sohn Bartholomäus Joseph Hoffschlag (*um 1785 Krahnenmeister). (Zivilstandsregister Köln S 799/1825; Deres, Rat, S. 30). (42) Heuser, Georg Friedrich Daniel (*24.9.1801 Gummersbach, †23.3.1862 Braunschweig, ev.)
Fabrikation von Wollgarn, Stadtrat 1844–1845, 1846–1850 (1. Klasse), 1850–1857 (2. Klasse), 1858– 1862 (1. Klasse), Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses 1862 (Fraktion Linkes Zentrum).
Inhaber einer Manufakturwarenhandlung in Köln mit Bruder Franz Heuser ab 1833.
Mitgliedschaften: Handelskammer, Kölner Maschinenbau AG, Rheinische Eisenbahngesellschaft, Zentral-Dombau-Verein (Vorstand), Köln-Mindener Eisenbahngesellschaft (Vorsitz). Familie: Sohn von Peter Georg Heuser (*1756 †1829, Maire von Gummersbach 1807–1813) und Johanna Wagner (Wuppertal), Schwester des Aachener Stadtrats Johann Friedrich Wagner und des Aachener Handelskammerpräsidenten Johann Georg Wagner (*1788 †1841). Erste Ehe am 28. Mai 1829 in Düsseldorf mit Elisabeth (Lisette) Üllenberg (Elberfeld), Tochter von Peter Caspar Üllenberg und Anna Catharina Everts, zweite Ehe am 2. April 1842 in Aachen mit Sophia Wagner (Cousine), Tochter von Johann Friedrich Wagner (*1788, Tuchfabrikant).
612
Anhang
(Deres, Rat, S. 64 f.; Zivilstandsregister Köln H 117/1829, S 1042/1862; Soénius/Wilhelm (Hgg.), Personenlexikon, S. 240 f.; Steimel, Köln, Tafel 414, vgl. http://www.familienbuch-euregio.de/ abgerufen am 20.10.2020.) (43) Holthoff, Franz Ferdinand (*1793 Bonn, †8.6.1847 Köln, kath.)
Advokatanwalt, Stadtrat 1826–1845, 1846–1847 (1. Klasse), ab 1833 zweiter Beigeordneter.
Advokatanwalt am Appellationsgericht Köln, dann Justizrat.
Mitgliedschaften: Freimaurer Zum Vaterländischen Verein, Kölner Karnevalsgesellschaft, Rheinische Eisenbahngesellschaft. Familie: Sohn von Franz Joseph Holthoff (Steuerrat) und Maria Anna Kügelgen. Ehe mit Christina Myrbach. Todesanzeige durch Bruder Carl Heinrich Hothoff (*um 1800, Notar in Koblenz). (Zivilstandsregister Köln S 1148/1847; Deres, Rat, S. 65; Frohn, Karneval, S. 49.) (44) Hölterhoff, Franz Daniel (*10.5.1798 Lennep, †30.5.1842 Köln, ev.)
Kaufmann und Wildhäuteimporteur, stellver. Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Köln 1830–1833 (1830 einberufen), Stadtrat 1832–1841, Beigeordneter 1833/34.
Reisen nach Südamerika 1818, Initiator der Informationsreise der Kölner Kaufmannschaft nach England mit Heinrich Nollen 1829, Beteiligung an Londoner Firma Becket & Company 1834, dann Wildhäutehandel mit Theodor Rautenstrauch, Bruder des Trierer Stadtrats Johann Wilhelm Rautenstrauch. Handelsrichter, Mitglied Verwaltungskommission der Hebammenlehranstalt.
Mitgliedschaften: Casino, Handelskammer, Komitee der Rheinischen Eisenbahngesellschaft. Familie: Sohn von Johann Daniel Hölterhoff (*1771 †1824) und Anna Catharina Strohn, Bruder von Mathias Hölterhoff (*um 1796, Stadtrat ab 1846, 1. Klasse). Ehe 1829 mit Eleonore Aurelie Böcking, Tochter von Ludwig Böcking (*1758 †1829, Kaufmann in Trabach), Schwager von Philipp Heinrich Karcher (Kommerzienrat, Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Saarbrücken) und von Adolph Karl Böcking (*1799 †1866 Trabach, Provinziallandtagsabgeordneter und Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung). (Zivilstandsregister Köln S 1012/1842; Warburg, Casino-Gesellschaft, S. 40; Deres, Rat, S. 65; Torunsky, Handbuch, S. 213; Boch, Wachstum, S. 67; Herres, Köln, S. 141–147, S. 156, S. 120 f.; Schumacher, Auslandsreisen, S. 301–339.; vgl. Schumacher, Hölterhoff und http://www.familienbuch-euregio.eu/ abgerufen am 10.10.2020.) (45) Kaldenberg, Wilhelm Joseph von (*15.3.1774 Verviers, †21.12.1860 Köln, kath.)
Rentier, Beigeordneter 1813, Stadtrat 1805–1817.
Teilnahme an der Taufe des Königs von Rom in Paris 1813, Erlaubnis zur Auswanderung nach Belgien 1818.
Mitgliedschaften: Freimaurerloge Secret des trois Rois, Ritter des Kaiserlichen Ordens der Wiedervereinigung (Ordre imperial de la reunion). Familie: Sohn von Johann Lambert von Kaldenberg und Maria Josepha Ladot (Verviers). Ehe mit Rosalie Decossine du Veveux de Wambez. Sohn Désiré von Kaldenberg, Landgerichtsrat. (Zivilstandsregister Köln S 2714/1860; Deres, Rat, S. 65; HAStK Best 1361; http://www.nachlassdatenbank.de/ viewsingle.php?person_id=39056&asset_id=44198 abgerufen am 20.2.2019)
Akteure
613
(46) Keller, Conrad Heinrich
Kaufmann, Stadtrat 1824–1842.
(Deres, Rat, S. 66.) (47) Kempis, Maximilian Joseph Maria von (*20.6.1757 Bonn, †5.11.1823 Köln, kath.)
Jurist, Rittergutsbesitzer, Departementsrat 1807, Stadtrat 1796–1797, 1815–1823. Studium in Wien, kurkölnischer Hofrat 1778–1788, niederrheinisch-westfälischer Kreisdirektorialrat, Zivilkommissar bei kurkölnischen Truppenkontingent niederrhein.-westfälischer Kreis 1792–1793, Mitglied der Zentralverwaltung in Aachen 1795, Präsident des provisorischen Magistrats 1797 (Rücktritt aus Protest), Präsident des Strafgerichts.
Mitgliedschaften: Freimaurerloge De l’Esperance couronnée 1782, Casino. Familie: Sohn von Johann Rainer Christian Maria von Kempis (*1720 †1775, kurköln. geheimer Kanzleidirektor) und Maria Theresia von Francken-Sierstorpff. Ehe 1793 mit Anna Lucia von Herwegh, Schwester des Stadtrats Franz Jacob von Herwegh. Schwiegervater des Stadtrats Eberhard von Groote. Sohn August Philipp Johann Josef von Kempis (auf Kendenich, *1794 †1876, stellver. Provinziallandtagsabgeordneter 1841–1845 2. Stand/Köln), verheiratet mit Therese Clementine von Groote, Schwester des Stadtrats Eberhard von Groote. (Warburg, Casino-Gesellschaft, S. 1; Deres, Rat, S. 48, Steimel, Köln, Tafel 96; Soénius/Wilhelm (Hgg.), Personenlexikon, S. 277 f.; Mettele, Bürgertum, S. 68, S. 73 f.; Spiertz, Groote, S. 150, S. 232, S. 305 f.; vgl. Torunsky, Handbuch, S. 256.) (48) Koch, Georg Heinrich (*25.12.1783 Lahr (Baden), †28.12.1834 Köln, ev.)
Rittergutsbesitzer (Gut Isenbroich), Kaufmann, Bankier, Kommerzienrat, Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Köln 1826–1833 (1830 verhindert), Stadtrat 1815–1834.
Speditions- und Kommissionshandel, Wechselmarkler, Mitglied der Steuer-Deputation 1820 mit Boisserée, Steinberger und Herwegh, der Verwaltungskommission für die Siegburger Irrenheilanstalt 1826, der Kornbeschaffungskommission des Stadtrats als Vertreter der Handelskammer 1817 und 1830, der Sanitätskommission 1831, der Schuldentilgungskommission und des Verwaltungsrats der Dampfschifffahrtsdirektion.
Mitgliedschaften: Olympische Gesellschaft, Freimaurer, Casino, evangelischer Kirchenrat Köln, Handelskammmer Köln 1813–1834 (Präsident 1819), Kölner Karnevalsgesellschaft, RheinschifffahrtsAssekuranzgesellschaft. Familie: Sohn von Adam Koch und Adriana Friderica Schneider. Erste Ehe mit Anna Magdalena Reinhard, zweite Ehe mit Emma Marie Elise von Ibell, Tochter von Karl Friedrich Gustav Emil von Ibell (*1780 †1834, landgräflich hessischer Geheimer Rat und Regierungspräsident). Sohn Everhard Wilhelm Koch (*um 1812, Kaufmann), verheiratet mit Henriette Maria Jacobina Louise Mumm, Tochter von Philipp Friedrich Mumm und Elisabeth Heydweiler, Nichte des Stadtrats Jacob Mumm. (Warburg, Casino-Gesellschaft, S. 15; Frohn, Karneval, S. 96; Zivilstandsregister Köln H 284/1837, S 2065/1834; Torunsky; Handbuch, S. 263; Deres, Rat, S. 66; Schäfke, Pokal, S. 29–32; Spiertz, Groote, S. 125.)
614
Anhang
(49) Langen, Caspar Joseph (*um 1774)
Wollgarnfabrikant, Beigeordneter 1818–1824.
Mitgliedschaften: Casino. Familie: Ehe mit Sophia Sugg. Tochter Elisabeth Josepha Langen verheiratet mit Carl-Anton Boisserée, Sohn des Stadtrats Johann Bernhard Boisserée. Sohn Kaufmann Everhard Langen (*um 1809). Zeigte den Tod von Stadtrat Franz von Nagel als „Nachbar“ an. (Zivilstandsregister Köln S 781/1821, H 443/1833; Mettele, Bürgertum, S. 130; Warburg, Casino-Gesellschaft, S. 27.) (50) Langen, Johann Jacob (*17.12.1794 Düssel (bei Wülfrath), †27.8.1869 Köln)
Lehrer, Fabrikant, Kommerzienrat, Stadtrat 1839–1845, 1851–1869.
Lehrerausbildung bei Johann Gottfried Gustorff (Solingen, späterer Schwiegervater) bis 1811, dann Tätigkeit als Lehrer in Wülfrath und Eberfeld, Hauslehrer bei Carl Joest und Kontorgehilfe im Unternehmen Schimmelbusch & Joest ab 1816. Mitinhaber 1821–1844, Prokurist bei Schimmelbuch & Joest/ Joest & Söhne. 1843 Ersteigerung der Friedrich-Wilhelmshütte bei Troisdorf für um 30.000 Taler, Söhne: Emil (Prokurator), Otto (ab 1845 Teilhaber), Gustav (Lehrling). 1845 Kauf der Zuckerraffinerie Schleußner & Heck (Preis: 68.000 Taler), Beteiligung an Steinkohle-Schürfrechteübertragung 1845, Handelsrichter, Vorsitzender des Verwaltungsrat des Schaaffhausen’schen Bank Vereins 1848, Beteiligung an Kommanditgesellschaft Bredt & Co, Hinterlassenschaft: 480.000 Taler.
Mitgliedschaften: Handelskammer ab 1836 (1848–1856 Präsident), Kölner Bergwerksvereins BergbauAG, Schaaffhausenscher Bankverein. Familie: Sohn von Jacob Langen, Lehrer, und Anna Maria Hölterhoff. Erste Ehe mit Hermine Zanders, zweite Ehe mit Johanna Gustorff (Lehrertohter aus Solingen). Schwiegervater von Bankier August von Recklinghausen. Sohn Carl Otto Langen, später Bankier in Mönchen-Gladbach. (Zivilstandsregister Köln S 2751/1869; Deres, Rat, S. 66 f., Jacobs, Langen, Langen, Chronik, S. 11–16; RWWB, Bd. 12, S. 121–135; Soénius/Wilhelm (Hgg.), Personenlexikon, S. 313 f., Eyll, Langen, S. 121–135.) (51) Laurenz, Maximilian Joseph (*12.1.1785 Köln, †26.2.1865 Köln, kath.)
Kaufmann, Stadtrat 1838–1846.
Mitgliedschaften: Kölner Karnevalsgesellschaft. Familie: Sohn von Arnold Laurentz und Cunigunda Pauli. Ehe mit Maria Katharina Engels. Ehe mit Kunigunde Laurentz. Todesanzeige durch Schwiegersohn Sulpiz Hubertin Boisserée, Sohn von Stadtrat Bernhard Boisserée. (Zivilstandsregister Köln S 555/1865; Frohn, Karneval, S. 201; Deres, Rat, S. 67.) (52) Leiden, Cosmas Damian Friedrich (*14.9.1793 Geisenheim, †2.4.1874 Köln, kath.)
Weinhändler, Kommerzienrat, Stadtrat 1826–1845, 1846 (1. Klasse).
Metternicher Oberamtmann, Inhaber eines Monopols auf den Verkauf von Johannisberger Wein. Mitglied der Kornkommission 1830 mit den Stadträten Simons, Schnitzler, Merkens und Koch.
Mitgliedschaften: Casino, Versicherungsgesellschaften Agrippina und Colonia, Dombauverein, Rheinische Eisenbahngesellschaft, Köln-Bonner Eisenbahngesellschaft, Köln-Mindener Eisenbahngesellschaft (Direktion).
Akteure
615
Familie: Sohn von Nikolaus Leiden (Arzt, Mainz) und Christine Theodore (Hadamar). Ehe am 28. Januar 1818 in Koblenz mit Anna Katharina Wollersheim, Tochter des Koblenzer Stadtrats Franz Wollersheim. Schwager des Koblenzer Stadtrats Johann Abraham Kehrmann. Sohn Carl Leiden, verheiratet mit Auguste Deichmann (Tochter des Kölner Bankiers Wilhelm Ludwig Deichmann). Todesanzeige durch Schwiegersöhne Wilhelm Joest (*1811 †1879, Kaufmann, Solingen) und Gustav Mevissen (*1815 †1899). „Nachbar“ Ludwig Theodor Rautenstrauch (*1802 †1884, Wildhäutehändler mit Stadtrat Hölterhoff und Bruder des Trierer Stadtrats Johann Wilhelm Rautenstrauch) und „Freund“ Philipp Engels (Kaufmann und Stadtrat, *1788 †1867) zeigten den frühen Tod seiner Frau an. (Zivilstandsregister Koblenz H 14/1818, Köln S 2260/1839 und S 882/1874; http://www.familienbuch-euregio.eu abgerufen am 20.10.2020; Deres, Rat, S. 67 f.; Soénius/Wilhelm (Hgg.), Personenlexikon, S. 320; Boch, Wachstum, S. 190.) (53) Leven, Johann Alois (*1759 Köln, †3.2.1832 Köln, kath.)
Kaufmann, Weinhandel, Hafeninspektor, Stadtrat 1800–1832.
Kirchmeister der Kölner Domkirche.
Familie: Sohn von Caspar Leven (Weinhändler) und Maria Antonia von Klotten. Ehe mit Anna Catharina Schumacher. Vater von Johann Peter Hubert Leven (*1796 Kaufmann und Präsident der Karnevalsgesellschaft), verheiratet mit Maria Christine Appollonia Neumann. (Zivilstandsregister Köln S 197/1832, vgl. Deres, Rat, S. 68; Klersch, Fastnacht, S. 225; Diefendorf, Businessmen, S. 45; HAStK Best. 110L U 2/204.) (54) Ludowigs, Peter Engelbert (*11.2.1766 Köln, †18.1.1819 Köln, kath.)
Kaufmann, Stadtrat 1815–1819.
Kirchmeister von St. Maria im Kapitol, Handelsrichter.
Mitgliedschaften: Handelsvorstand Köln, Handelskammer, Armenverwaltung. Familie: Sohn von Johann Peter Ludowigs und Agnes Grassenich (?). Ehe mit Maria Agnes Pleunissen „Kaufhändlerin“, Sohn Heinrich Arnold Joseph Martin Hubert Ludowigs (*um 1805), verheiratet mit Maria Franzisca Hubertina Josephina Apollonaria Henriette Conratz (Kaufmannstochter). (Zivilstandsregister Köln S 100/1819, H 530/1838; Steimel, Köln, Tafel 109; Feldenkirchen, Handel, S. 337–343; Deres, Rat, S. 68.) (55) Lyversberg, Jacob Johann Nepomuk (*24/25.5.1761 Köln, †5.8.1834 Köln, kath.)
Kaufmann, Rittergutsbesitzer, Tabak- und Weinhändler, Kunstsammler, stellvertr. Provinziallandtagsabgeordneter 2. Stand/Köln 1826–1830, Stadtrat 1805–1832.
Mitglied der Landesdeputation in Paris 1814, Handelsrichter, Mitglied im Schulverwaltungsrat, Kirchmeister von St. Maria im Kapitol 1801–1827.
Mitgliedschaften: Casino, Handelsvorstand Köln, Handelskammer. Familie: Sohn von Heinrich Wilhelm Lyversberg und Maria Catharina Pleunissen. Ehe mit Anna Elisabeth Walburga Bennerscheidt. Schwager von Stadtrat Franz Xaver Josef Arnold Bartmann. Tochter Eva Lyversberg, verheiratet mit Stadtrat Everhard Geyr von Schweppenburg. Onkel bzw. „Vetter“ von Stadtrat Matthias Joseph DeNoël.
616
Anhang
(Zivilstandsregister Köln S 1288/1834; Steimel, Köln, Tafel 68a; Soénius/Wilhelm (Hgg.), Personenlexikon, S. 337; Torunsky, Handbuch, S. 303; Feldenkirchen, Handel, S. 337–343; Deres, Rat, S. 69; Herres, Köln, S. 45 f.; Schwann, Handelskammer, S. 450; Warburg, Casino-Gesellschaft, S. 16.) (56) Michels, Peter Joseph Arnold (*2.2.1801 Köln, †18.4.1870 Köln)
Kaufmann, Stadtrat 1832–1845, 1846–1849 (1. Klasse).
Handel mit Wolle und Tuche, Mitgründer St.-Marien-Hospitals.
Mitgliedschaften: Handelskammer, Zentral-Dombau-Verein. Familie: Sohn von Matthias Michels (*1775 †1824, Stadtrat 1824) und Anna Maria Simons, Neffe von Stadtrat Friedrich Ludwig Simons, Cousin des Kölner Landrats Hermann Joseph Simons (*1799 †1867). Ehe mit Konstantia van Halen (Maastrich). Todesanzeige durch Leopold Kaufmann (*1821 †1898, Oberbürgermeister von Bonn 1850–1875) und Sohn Gustav Michels (*1836 †1909, Stadtrat), verheiratet mit Emma Hartung (Aachen). (Zivilstandsregister Köln S 1148/1870; Deres, Rat, S. 70; Steimel, Köln, Tafel 121 und 185; Soénius/Wilhelm (Hg.) Personenlexikon, S. 367.) (57) Molinari, Jacob Hermann Joseph Aloysius (*6.7.1768 Köln, †9.12.1831 Köln, kath.)
Kaufmann, Spedition- und Kommissionshandel, Stadtrat 1800–1831.
Mitgliedschaften: Freimaurerloge Zum vaterländischen Verein, Handelsvorstand, Handelskammer. Familie: Sohn von Michael Molinari (Kaufmann) und Anna Susanne Speck. Ehe mit Sibilla Gallo, Schwager von Stadtrat Heinrich Joseph Foveaux. (Zivilstandsregister Köln S 1688/1831, H 351/1837; Feldenkirchen, Handel, S. 337–343, Deres, Rat, S. 71.) (58) Moll, Isaak (*1792 Köln)
Kaufmann, Stadtrat 1826–1838.
Mitgliedschaften: Casino, Kammermusikvereinigung mit Steinberger u. a. 1810, Handelskammer, Dampfschiffahrtsgesellschaft. Familie: Neffe von Stadtrat Johann Jakob Moll. (Zivilstandsregister Köln S 684/1826; vgl. Deres, Rat, S. 67; Steimel, Köln, Tafel 88 und 119; Warburg, CasinoGesellschaft, S. 10.) (59) Moll, Johann Jacob (*23.3.1771 Köln, †29.5.1826 Köln, ev.)
Kaufmann, Handelsgerichtspräsident, Stadtrat 1819–1826.
Inhaber einer Farb- und Drogeriewarenhandlung, Präsident des Handelsgerichts.
Mitgliedschaften: Handelskammer (Vizepräsident). Familie: Sohn von Gerhard Isaak Moll und Helena Catharina Gülcher. Ehe 1799 mit Johanna Petronella Kempken (Wesel). Sohn Carl Ludwig Moll (*1806 †1863, Kaufmann in Elberfeld), verheiratet mit Juliana Bergfeld, Bürgermeistertochter aus Elberfeld. Onkel von Stadtrat Isaak Moll. (Zivilstandsregister Köln S 684/1826, vgl. Feldenkirchen, Handel, S. 337–343; Deres, Rat, S. 71; http://www. familienbuch-euregio.de abgerufen am 23.10.2020.)
Akteure
617
(60) Monschau, Maria Franz Rudolph Johann Nepomuk Theodor Valentin Simeon von (*1760, †1841 Köln)
Beigeordneter 1818–1841, Zivilstandsbeamter.
Ritter des roten Adler Ordens vierter Klasse.
Mitgliedschaften: Casino. Familie: Sohn von Johann Heinrich Joseph von Monschau (kurköln. Hofrat und Amtmann zu Deutz) und Maria Regina Freiin von Bentzel zu Sternau. Erste Ehe mit Josephine von Merken, zweite Ehe 1793 mit Maria Ursula Caroline Josepha Erlenwein (Düsseldorf). (Deres, Rat, S. 35; Mettele, Bürgertum, S. 129 und 169; Spiertz, Groote, S. 146; Müller, Köln, S. 34 f.; Warburg, Casino-Gesellschaft, S. 15, S. 29; Zivilstandsregister Köln S 690/1841.) (61) Mumm, Jacob (* 1777 Solingen, † 11.03.1836 Köln, ev.)
Kaufmann, Weinhändler, Stadtrat 1832–1836.
Mitgliedschaften: Handelskammer. Familie: Sohn von Peter Arnold Mumm und Elisabeth Ziegler. Ehe mit Wilhelmina Rübel. Todesanzeige durch „Freund“ Friedrich Wolff. (Zivilstandsregister Köln S 418/1836; Deres, Rat, S. 72; Herres, Köln, S. 128 f.) (62) Müller, Franz Joseph (*11.12.1786 Düren, †10.8.1859 Köln)
Advokat, Appellationsgerichtsrat, Stadtrat 1835–1846.
Familie: Sohn von Wilhelm Müller (Advokat) und Catharina Mersheim. Ehe mit Maria Anna Kannegießer. Schwiegersohn August Kramer, Kaufmann in Köln. Zeigte den Tod von Stadtrat Karl Johann Theodor Essingh 1847 als „Freund und Nachbar“ an. (Zivilstandsregister Köln S 1919/1859 und S 76/1847; Deres, Rat, S. 71.) (63) Müller, Johann Joseph (*um 1751 Köln, 5.6.1826 Köln, kath.)
Bierbrauer, Weinhändler, Stadtrat 1800–1826.
Inhaber des Brauhauses Zum Schloss Bensberg am Heumarkt.
Familie: Sohn von Johann Müller (Bierbrauer) und Anna Sibille Nobis, unverheiratet. (Zivilstandsregister Köln S 713/1826, vgl. Deres, Rat, S. 72.) (64) Mylius, Karl Joseph von (*6.12.1778 Köln, †24.12.1838 Köln, kath.)
Richter, Präfekturrat, Präfekt, Provinziallandtagsabgeordneter 2. Stand/Köln 1826 und 1833–1837, Oberbürgermeister von Köln 1815–1819.
Studium der Rechtswissenschaften in Köln, Jena und Göttingen, Präfekturrat in Aachen 1804, Präfekt im Departement Lippe 1809–1811, Senatspräsident am Appellationsgerichtshof Düsseldorf 1812–1815, Deputierter Kölns bei der Huldigung König Friedrich Wilhelms III. zu Aachen 1815, Gehalt als Oberbürgermeister: 3.000 Taler, Rücktritt wegen Übernahme der Polizeigewalt durch Georg Karl Philipp von Struensee. Appellationsgerichtsrat in Köln 1819–1839, Senatspräsident 1831–1838. Mitglied der Sanitätskommission 1831.
Mitgliedschaften: Casino, Handelskammer (Präsident qua Amt).
618
Anhang
Familie: Sohn von Hermann Joseph Freiherr von Mylius und Maria Elisabeth von Heinsberg (Erhebung in den Adelsstand 1775). Ehe am 22. September 1812 mit Maria Agnes Walburga Antoinette Francisca Paula Geyr von Schweppenburg, Tochter des Stadtrats Cornelius Joseph von Geyr zu Schweppenburg, neun Kinder. Vetter von Stadtrat Franz Jacob Joseph von Herwegh, Schwager von Stadtrat Everhard Anton von Geyr zu Schweppenburg. (Zivilstandsregister Köln S 2118/1838; Hachenberg, Entwicklung, S. 40–42; Warburg, Casino-Gesellschaft, S. 15 f. Torunsky, Handbuch, S. 333; Steimel, Köln, Tafel 130; Croon, Provinziallandtag, S. 67 f., S. 111; Herres, Köln, S. 45 f., S. 54, S. 60–64, S. 77 f.; Hodenberg, Partei, S. 212; Mettele, Bürgertum, S. 129 f.; Spiertz, Groote, S. 81–84; Beusch, Standespolitik, S. 352; vgl. Menges, Mylius.) (65) Nagel, Franz Adolph Joseph Freiherr von (*2.6.1741 Düsseldorf, †2.7.1821 Köln, kath.)
Rittergutsbesitzer (Haus Herl und Gaul), Stadtrat 1815–1821.
Kurkölnischer Kämmerer, bergischer Amtmann in Hückeswagen und Bornefeld, Präsident des Schulund Stiftungsrats, Präsident der Schuldentilgungskommission.
Mitgliedschaften: Casino. Familie: Sohn von Conrad Caspar von Nagel (bergischer Amtmann) und Maria Adriana von Cortenbach aus dem Hause Rheindorf. Erste Ehe mit Maria Agnes von und zu Weichs zur Wenne, zweite Ehe Maria Franziska zur Weiße. Schwiegervater von Franz Carl Raitz von Frentz, Großvater des Regierungsrats Maximilian Raitz von Frentz. Schwager von Stadtrat Franz Jacob Joseph von Herwegh. (Zivilstandsregister Köln S 781/1821; vgl. Deres, Rat, S. 72, HAStK 1037 Raitz von Frentz U 829 (Kasten 57), U1216; Warburg, Casino-Gesellschaft, S. 10.) (66) Neumann, Franz Christoph (*12.1.1769 Köln, †17.3.1840 Köln)
Wechselmarkler, Rentier, Stadtrat 1805–1832.
Familie: Erste Ehe mit Anna Catharina Holhausen, zweite Ehe mit Anna Maria Krevel. Schwiegervater von Stadtrat Johann Christoph David Bartels. (Deres, Rat, S. 72; Zivilstandsregister Köln S 532/1840.) (67) Nierstras, Johannes Abraham (*5.12.1771 Köln, †16.4.1864 Köln, ev.)
Kaufmann, stellvertr. Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Köln 1830–1841, Stadtrat 1819–1845.
Inhaber einer Farb- und Drogeriewarenhandlung, Mitglied der Unterstützungskommission 1816/17 und der Sanitätskommission 1831.
Familie: Sohn von Abraham Nierstras und Maria Elisabeth von Auer. Ehe 1799 mit Anna Louise Castanjen. Sohn Wilhelm Arnold Nierstras, Kaufmann (*um 1811), Teilnehmer am Hambacher Fest gemeinsam mit dem Sohn des Stadtrats Jacob Mumm. Schwager des Düsseldorfer Stadtrats Friedrich Wilhelm Castanjen, des Burtscheider Tuchfabrikanten Wilhelm Elias Wiedenfeld (*1755 †1828) und des Eupener Tuchfabrikanten Gerhard Wilhelm Castanjen (*1753 †1817). (Zivilstandsregister Köln S 1148/1864; Deres, Rat, S. 72; Steimel, Köln, Tafel 338; Soénius/Wilhelm (Hgg.), Personenlexikon, S. 395; Torunsky, Handbuch, S. 344; Feldenkirchen, Handel, S. 337–343; http://www.familienbuch-euregio.de abgerufen am 23.10.2020; Vogt, Carstanjen.)
Akteure
619
(68) Nolden, Paul Joseph (*um 1753 Köln, †7.7.1822 Köln, kath.)
Kaufmann, Handel mit Tuffstein, Fisch u. a., Stadtrat 1787–1794, 1797, 1810–1822.
Mitgliedschaften: Handelsvorstand. Familie: Sohn von Johann Joseph Nolden und Anna Maria Haenen. Ehe mit Anna Gertrude Simons. Sohn Johann Josef Anton Nolden (*1784 †1833 stellvertr. Provinziallandtagsabgeordneter 4. Stand/Koblenz). (Zivilstandsregister Köln S („=/1822; Feldenkirchen, Handel, S. 337–343; Deres, Rat, S. 72; Schwann, Handelskammer, S. 449, vgl. Torunsky, Handbuch, S. 347.) (69) Reusch, Heinrich Adolph (*24.5.1781 Köln, †4.6.1864 Köln)
Bierbrauer, Stadtrat 1824–1845, 1846–1850 (2. Klasse).
Bezirksarmenvorsteher, protestierte 1834 gegen die Erhöhung der Grundsteuer.
Mitgliedschaften: Handelskammer, Rheinisch-Westfälische Gefängnisgesellschaft. Familie: Sohn von Johann Heinrich Reusch (Bierbrauer) und Anna Gertrud Weinreis. Ehe 1824 mit Gertrud Didy. Todesanzeige durch Schwiegersohn Carl Weisweiler (*um 1828, Stadtkassenkontrolleur) und Sohn Conrad Reusch (*um 1837, Bierbrauer). (Zivilstandsregister Köln S 1587/1864; Deres, Rat, S. 73; Herres, Köln, S. 141–147.) (70) Riegeler, Philipp Jacob (*um 1776)
Kaufmann, zweiter Beigeordneter 1815–1841.
Speditions- und Kommissionshandel, v. a. Gewürze.
Mitgliedschaften: Theater-Aktiengesellschaft, Casino, Handelskammer. (Deres, Rat, S. 73; Mettele, Bürgertum, S. 169; Warburg, Casino-Gesellschaft, S. 15.) (71) Schaaffhausen, Johann Abraham Anton (*22.6.1756 Köln, †13.1.1824 Köln, kath.)
Kaufmann, Bankier, Kommerzienrat, Departementsrat 1805, Stadtrat 1784–1794, 1810–1824.
Gebrechsherr, Gewaltrichter, Memorialrichter, Turnmeister. Handel mit Baumwolle, Wildhäuten u. a., Gründung eines Bank- und Wechselgeschäfts 1791 (1810 geschätzte 5 Millionen Francs Umsatz im Jahr), lehnte 1800 die Ernennung zum Maire ab, Handelsrichter, Präsident des Handelsgerichts 1801–1824, Mitglied der Landesdeputation in Paris 1814, Deputierter Kölns bei der Huldigung König Friedrich Wilhelms III. 1815 zu Aachen.
Mitgliedschaften: Olympische Gesellschaft, Casino, Handelskammer, Personenschifffahrtsgesellschaft für den Rhein. Familie: Sohn von Johann Wolter Schaaffhausen (*1726 †1786, Ratsherr 1756–1783) und Maria Sibylla Knaben. Onkel des Koblenzer Stadtrats Hubert Schaaffhausen und seiner Schwester Maria Sibille Schaaffhausen, verheiratet mit Stadtrat Johann Peter Clemens. Erste Ehe mit Maria Anna Giesen, zweite Ehe mit Maria Theresia Lucia de Maes (*Roermond, Frauenverein 1814, Trägerin des preußischen Luisenordens). Schwiegervater von Henriette Katharina Stephanie Foveaux, Tochter des Stadtrats Heinrich Joseph Foveaux und von Stadtrat Heinrich von Wittgenstein (*1797 †1869). (Zivilstandsregister Köln S 44/1824, vgl. Steimel, Köln, Tafel 165; Teichmann, Schaaffhausen, S. 485–486; Soénius/Wilhelm (Hgg.), Personenlexikon, S. 461; Dufraisse/Richard, notables, S. 145; Spiertz, Groote, S. 125; Deres, Rat, S. 37 f.; Wedel, Wittgenstein, S. 17–19; Warburg, Casino-Gesellschaft, S. 16.)
620
Anhang
(72) Schenk, Michael Adolph (*23.10.1783 Köln, †3.4.1867 Köln, kath.)
Advokat, Appellationsgerichtsrat, stellvertretender Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Köln
Friedensrichter, Advokatanwalt beim Appellationsgerichtshof, Justizrat, Mitglied des Komitees zur
1843–1845, Stadtrat 1843–1851, Beigeordneter und Zivilstandsbeamter. Gründung der katholischen Zeitung „Rheinische Volkshalle“ 1848, Redaktion des Domblatts. Mitgliedschaften: Rheinische Zeitungsgesellschaft, Zentral-Dombau-Verein. Familie: Sohn von Michael Schenk (Bäckermeister) und Helena Trimborn. Ehe mit Brigitta Becker. Söhne: Gustav Schenk (*um 1819 Advokatanwalt) und Eduard Schenk (*um 1822, Advokatanwalt). (Zivilstandsregister Köln S 1154/1867; Deres, Rat, S. 73; Torunsky, Handbuch, S. 416; Herres, Köln, S. 195; Steimel, Tafel 228.) (73) Schieffer, Johann Baptist (*1797 Köln, †27.8.1854 Köln, kath.)
Fabrikant, Stadtrat 1844–1845, 1846–1853 (2. Klasse).
Präsident des Rates der Gewerbeverständigen und des Gewerbegerichts.
Mitgliedschaften: Handelskammer, Rat der Gewerbeverständigen Köln. Familie: Sohn von Paul Schieffer und Anna Catarina Becker. Ehe mit Anna Catharina Buchholz, Todesanzeige durch „Freund“ Andreas Kohlhaas (*um 1806, Kaufmann). (Zivilstandsregister Köln S 1938/1854; Deres, Rat, S. 74.) (74) Schmits, Clemens (*3.2.1782 Flamersheim, ev.)
Bankier, Kommerzienrat, Handelsrichter, Stadtrat 1842–1845.
Mitgliedschaften: Handelskammer, Kölnische Dampfschleppschiffahrtsgesellschaft, RheinschiffahrtsAssekuranz-Gesellschaft, See-, Fluß- und Landtransport-Versicherungsgesellschaft Agrippina. (Deres, Rat, S. 74; Herres, Köln, S. 140; Feldenkirchen, Handel, S. 337–343.) (75) Schmitz, Johann Gottfried (*1.6.1762 Köln, ev.)
Kaufmann, Fabrikation von Baumwolle, Stadtrat 1805–1814.
Mitgliedschaften: Freimaurerloge Secret des trois Rois. (Deres, Rat, S. 74.) (76) Schmitz, Johann Joseph Nepomuk (*um 1768 Köln, †7.3.1814 Köln, kath.)
Gerber, Stadtrat 1800–1814
Besitzer einer Mahl- und Lohmühle, Delegierter des Bürgermeisters beim Kirchenrat St. Panthaleon.
Familie: Sohn von Eberhard Schmitz (Gerber) und Agnes Offergeld, zwei Brüder. Ehe mit Maria Anna Claissen. (Zivilstandsregister Köln S 614/1814; Steimel, Köln, Tafel 401; Deres, Rat, S. 74.) (77) Schnitzler, Carl Eduard (*15.10.1792 Gräfrath, †6.2.1864 Köln, ev.)
Bankier, Kommerzienrat (1834), Geheimer Kommerzienrat (1855), Stadtrat 1826–1845, 1846–1851 (1. Klasse).
Akteure
621
Inhaber einer Eisenwarenhandlung, Solinger Warenhandel 1811, ab 1822 Teilhaber, ab 1825 Geschäftsführer des Bankhauses J. H. Stein, Handelsrichter, Verwaltungsratsmitglied der Kölnischen Baumwollspinnerei und -weberei. Mitglied der Kornkommission 1830 mit den Stadträten Simons, Leiden, Merkens und Koch, der Sanitätskommission 1831, der Freihafendeputation 1837.
Mitgliedschaften: Handelskammer (1837–1839 Präsident), Disconto-Gesellschaft, Kölnische Hagelversicherungsgesellschaft, Kölnische Lebensversicherungsgesellschaft (Concordia), Kölnische Feuerversicherungsgesellschaft Colonia, Rheinische Eisenbahngesellschaft (Direktion), Köln-MindenerEisenbahngesellschaft. Familie: Sohn von Philipp Jakob Schnitzler (*1759 †1811, Bürgermeister von Gräfrath, Solingen). Ehe am 15. Oktober 1821 mit Wilhelmine Stein, Tochter des Bankiers Heinrich Stein und der Katharina Maria Peill. Zeigte als „Freund“ den Tod von Stadtrat Friedrich Peter Herstatt von der Leyen an. (Zivilstandsregister Köln 971/1851; Steimel, Köln, Tafel 178; Soénius/Wilhelm (Hgg.), Personenlexikon, S. 485; RWWB, Bd. 5, S. 27–45, Schumacher, Auslandsreisen, S. 257 f.; Deres, Rat, S. 74 f.) (78) Schülgen, Heinrich Severin (*um 1752 Köln, †14.7.1821 Bedburg, kath.)
Kaufmann, Wildhäutehändler, Stadtrat 1785–1795, 1810–1816.
(Deres, Rat, S. 39 f.) (79) Selner, Clemens August (*27.10.1753 Bonn, kath.)
Gastwirt im Kaiserlichen Hof, Stadtrat 1800–1820.
Mitgliedschaften: Casino, Freimaurer. (Deres, Rat, S. 75; Warburg, Casino-Gesellschaft, S. 9.) (80) Seydlitz, Constantin Gabriel Ignatz (*19.12.1804 Köln, †17.5.1870 Köln)
Kaufmann, Bankier, Kommerzienrat, Stadtrat 1842–1845, 1846–1849 (1. Klasse), 1849–1870 Stadtrat (2. Klasse).
Handel mit Kolonialwaren, Übernahme des väterlichen Handelshauses mit Peter Heinrich Merkens und Teilhaber Bruder Hubert Seydlitz (*1802 †1869) Seydlitz & Merkens (1808 gegründet).
Mitgliedschaften: Handelskammer (Vizepräsident), Direktor der musikalischen Gesellschaft, ZentralDombau-Verein (Vorstand), Köln-Mindener-Eisenbahngesellschaft, Kölnische Dampfschleppschiffahrtsgesellschaft, Kölnische Rückversicherungsgesellschaft, Kölnische Hagelversicherungsgesellschaft, Flora AG, Rheinische Bergwerksaktienvereins Saturn, Kölnische Lebensversicherungsgesellschaft Concordia. Familie: Sohn von Heinrich Seydlitz (Kaufmann in Maastrich) und Margaretha Offermann. Ehe mit Maria Sibilla Jacobina Verhenius. Todesanzeige durch Neffe Jacob Seydlitz (*um 1831, Bankier in Köln, Schwiegersohn von Stadtrat Johann Philipp Engels). (Zivilstandsregister Köln S 1439/1870; Soénius/Wilhelm (Hgg.), Personenlexikon, S. 502; Deres, Rat, S. 75 f.) (81) Simons, Friedrich Laurenz (*9.5.1764 Köln, †23.3.1834 Köln)
Goldschmied, Kaufmann, Gutsbesitzer, Stadtrat 1824–1834. „Modehändler“ 1801, Mitglied der Kornkommission mit den Stadträten Schnitzler, Leiden, Merkens und Koch 1830.
622
Anhang
Familie: Sohn von Goldarbeiter Konstantin Simons und Adelheid Weiler. Ehe mit Clara Wirtz, Tochter des Weinhändlers Johann Peter Wirtz. Schwager des Stadtrats Matthias Michels (*1775 †1824, Tuchhändler). Sohn Hermann Josef Simons (*1799 †1867, Landrat von Köln 1836–1867). (Zivilstandsregister Köln S 496/1834; Steimel, Köln, Tafel 185, 376 A; Deres, Rat, S. 76; vgl. Mohr, Kreisordnung, S. 30–32; Romeyk, Rheinprovinz, S. 749 f.) (82) Steinberger, Johann Adolph Anton (*24.7.1777 Dormagen, †14.9.1866 Köln, kath.)
Notar, Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Köln 1837–1841, Stadtrat 1817–1823, Oberbürgermeister von Köln 8.11.1823–8.11.1848.
Studium der Rechtswissenschaften in Köln, Advocat, Ergänzungsrichter am Handelsgericht in Köln ab 1805, Präfektursekretär in Aachen. Notar in Aachen 1806–1809, in dieser Funktion u. a. an den Nationalgüterverkäufen für die Familie Nellessen, den General Maison und das Nordkanalprojekt beteiligt. Notar in Köln ab 1809, in seinem Notariat vergebene Darlehen im Jahr 1820: 100.000 Taler, Mitglied der Steuer-Deputation mit den Stadträten Koch, Boisserée und Herwegh 1820. Jährliches Gehalt als Oberbürgermeister: 3.000 Taler, Pension auf eigenen Wunsch, Roter Adler-Orden 3. Klasse, Roter Adler-Orden 2. Klasse (1848).
Mitgliedschaften: Präsident der Handelskammer qua Amt 1823–1831, Casino Köln und Club Aachener Casino, Olympische Gesellschaft, Freimaurerloge Secret des trois Rois, Kammermusikvereinigung 1810 mit Stadtrat Moll u. a., Concert-Gesellschaft bzw. Gesangverein Köln, Zentral-Dombau-Verein, Rheinische Eisenbahngesellschaft, Köln-Mindener-Eisenbahngesellschaft. Familie: Sohn von Friedrich Steinberger, Schöffe, und Caecilia Otto (Dormagen), Bruder Johann Joseph Steinberger (*1773 †1822, Notar in Köln). Ehe am 27. Dezember 1806 in Bonn mit Agnes Kauhlen, Tochter von Franz Wilhelm Kauhlen (Arzt) und Marie Kauffmann. Sohn Johann Friedrich Steinberger, Advokatanwalt (*1809), verheiratet mit Katharina Antonia Sugg, Tochter von Kaufmann Gerhard Joseph Sugg (Neffe von Stadtrat Gerhard Wermerskirchen) und Anna Maria Keller. (Zivilstandsregister Köln H 159/1838, S 2489/1866, Bonn o. Nr./1806; Warburg, Casino-Gesellschaft, S. 9; Soénius/Wilhelm (Hgg.), Personenlexikon, S. 522, Torunsky, Handbuch, S. 464; http://www.familienbuch-euregio. de abgerufen am 20.10.2020; Mettele, Bürgertum, S. 129–132; Herres, Köln, S. 124, S. 170, S. 183, S. 252.) (83) Ülpenich, Johann Joseph (*12.1.1754 Köln, kath.)
Kaufmann, Weinhändler, Fabrikation von Seide, Stadtrat 1805–1819.
Mitgliedschaften: Handelsvorstand 1797, Freimaurerloge Secret des trois Rois, Casino, Olympische Gesellschaft. (Deres, Rat, S. 77; Warburg, Casino-Gesellschaft, S. 8.) (84) Vernier, François (*3.9.1736 Besançon/Frankreich, †5.9.1815 Straßburg, kath.)
General, Stadtrat 1811–1814.
Kommandierender General in Straßburg 1795, Militärkommandant von Köln 1801–1814.
(Deres, Rat, S. 77; Mettele, Bürgertum, S. 78.)
Akteure
623
(85) Wermerskirchen, Gerhard (*1744 Köln, †16.8.1828 Köln, kath.)
Fabrikation von Samt und Seide, Rentier, Stadtrat 1805–1817.
Präsident des Rates der Gewerbeverständigen.
Familie: Sohn von Gerhard Wermerskirchen (Bandfabrikant) und Anna Maria Niehl. Ehe mit Elisabeth Müller. Onkel von Gerhard Joseph Sugg (*um 1779, Kaufmann, Schwiegervater des Sohns von Oberbürgermeister Steinberger). (Zivilstandsregister Köln S 1008/1828; vgl. Deres, Rat, S. 77.) (86) Wittgenstein, Johann Heinrich Franz Freiherr von (*20.4.1797 Köln, †29.3.1869 Köln, kath.)
Advokat, Mitglied der preußischen Nationalversammlung 1848 (Berlin), Vizepräsident der 1. Kammer 1849, Regierungspräsident von Köln 1848, Stadtrat 1830–1848, 1850–1869 bzw. ab 1834 Beigeordneter für Finanzen und Bauwesen.
Mitglied der Armenverwaltung 1825–1842, der Budgetkommission, der Freihafendeputation 1837. Chef der Kölner Bürgerwehr 1848, lehnte 1850 seine Wahl zum Bürgermeister aus Gesundheitsgründen ab.
Mitgliedschaften: Casino, Karnevalskomitee, Vorsitzender der Kölner Karnevalsgesellschaft 1823– 1835, Vorsitzender des Theaterkomitees, Präsident des Zentral-Dombau-Vereins, Präsident der Köln-Mindener-Eisenbahngesellschaft, Mitinitiator des Vereins zur Beförderung des Taubstummenunterrichts 1832, Verwaltungsratmitglied der Feuerversicherungsgesellschaft Colonia, der Dampfschiffahrtsgesellschaft, der Dampfschleppschiffahrtsgesellschaft. Mitglied im Gewerbeverein Köln, Kölnischen Kunstverein, in der Rheinischen Eisenbahngesellschaft, Bonn-Kölner-Eisenbahngesellschaft, Kölnischen Hagelversicherungsgesellschaft. Familie: Sohn von Maire und Stadtrat Johann Jacob Hermann Josef von Wittgenstein und Theresia Antonette Josepha de Haes, Witwe von Joseph von Coels (kurköln. Hofrat), Stiefbruder des Aachener Landrats Johann Friedrich von Coels (*1784 †1856) und der Lisette von Coels, Ehefrau von Peter Heinrich Merkens. Ehe am 20. April 1829 mit Maria Therese Franziska Schaaffhausen, Tochter von Stadtrat Abraham Schaaffhausen, Schwager: Joseph Cornelius von Groote (Bruder von Stadtrat Eberhard von Groote) und Wilhelm Ludwig Deichmann, Geschäftsführer des Bankhauses Schaaffhausen. Elf Kinder, u. a. Sohn Carl von Wittgenstein (*1832 † 1913, Landrat von Köln). (Zivilstandsregister Köln H 512/1835, S 1169/1869; Steimel, Köln, Tafel 208; Romeyk, Rheinprovinz, S. 396 f. und S. 824 f.; Deres, Rat, S. 77; Herres, Köln, S. 86 f., S. 170, S. 186; Spiertz, Groote, S. 244; vgl. http://www.familienbuch-euregio.eu/ abgerufen am 20.10.2020 und Wedel, Wittgenstein.) (87) Wittgenstein, Johann Jacob Hermann Josef von (*24.2.1754 Köln, †15.3.1823 Köln, kath.)
Kaufmann, ab 1780 Syndikus, dann Ratsherr und zweiter Bürgermeister 1784, 1789, 1792, Präsident der Munizipalverwaltung 1795, 1796/97, Maire von Köln 1803–1813/14, Stadtrat 1814–1823, Departementalrat 1803–1815, Chevalier de l’Émpire.
Studium der Rechtswissenschaften in Köln und Göttingen; Praktische Ausbildung durch Hofrath Schüller und am Reichskammergericht Wetzlar. Mitglied der Unterstützungskommission 1816/17.
Mitgliedschaften: Casino, Handelskammer (Präsident qua Amt 1803–1813/14). Familie: Sohn von Melchior Dittmar von Wittgenstein (*1722 †1784, Bürgermeister von Köln 1777– 1781, 1783/84), Bruder von Johann Heinrich Joseph Caspar von Wittgenstein (* 1756 †1810, Rats-
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Anhang herr 1782–1795, 1800–1805). Ehe mit Theresia de Haes („societé maternelle“, Witwe von Johann Heinrich Joseph von Coels). Vater von Stadtrat Johann Heinrich von Wittgenstein (*1797 †1869), verheiratet mit Maria Therese Franziska Schaaffhausen, Tochter von Stadtrat Abraham Schaafhausen.
(Steimel, Köln, Tafel 208; Warburg, Casino-Gesellschaft, S. 10; Deres, Rat, S. 51; Soénius/Wilhelm (Hgg.), Personenlexikon, S. 586; Herres, Anfänge, S. 119 f.; Mettele, Bürgertum, S. 78, S. 107; Müller, Köln, S. 69 und S. 75, S. 99, S. 139–144, S. 309; vgl. Wedel, Wittgenstein.) (88) Zehnpfennig, Johann Christoph (*um 1765 Gut Horbell, †25.7.1842 Köln)
Kaufmann, Gutsbesitzer (Horbell), Stadtrat 1824–1842.
Mitgliedschaften: Handelskammer. Familie: Sohn von Wilhelm Zehnpfennig (Oekonom, Handelsvorstand Köln) und Katharina Birkenbusch. Ehe mit Elisabeth Conzen, Vater von Wilhelm Andreas Zehnpfennig (* um 1792, Kaufmann). (Zivilstandsregister S 1541/1842; Deres, Rat, S. 78; Steimel, Köln, Tafel 224 und 407.)
2.5 Stadträte in Trier 1815–1845 (1)
Aldringen, Philipp Christoph (*20.4.1785 Trier, †10.8.1854 Langenschwalbach, kath.)
Kaufmann, Buchhalter, Steuerempfänger, Verleger, Stadtrat 1827–1845.
Gymnasium und Zentralschule in Trier, Angestellter im Departementsarchiv, Armeelieferant, Nationalgütersteigerer für die Familie Kesselstadt, Steuerempfänger 1808, Kreiseinnehmer Birkenfeld 1814, Buchhalter der Regierungshauptkasse Trier ab 1817, unterschrieb nicht die Casino-Adresse 1834, Mitglied der Einschätzungskommission zur Einkommenssteuer 1843, jährliches Gehalt als Steuerempfänger: 3.000 Francs, als Buchhalter: 750 Taler, geschätztes jährliches Einkommen 1832 4.000 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1818, Subscriptionsliste zur Unterstützung des Landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreußen. Familie: Sohn von Georg Heinrich Aldringen (*1748 †1811, Richter, Professor, Stadtrat 1804–1810) und Katharina Reul, Bruder von Joseph Aldringen (*1783, Bürgermeister). Ehe 1812 mit Christina Fier (*1794 Wittlich), Schwager von Carl Hermann Zweiffel (Staatsprokurator in Trier, 1847/48 Oberprokurator in Köln und Mitglied der preußischen Nationalversammlung). Vater von Edmund Joseph Aldringen (*1826 †1884, Landrat in Wittlich 1858–1884) und von Gertrude Catherina Augusta Eleonora Aldringen, verheiratet mit Hermann Joseph Zweiffel, Sohn des Koblenzer Stadtrats und Landrentmeisters Johann Jakob Zweiffel. (LHAK 442 3389; StATr Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 64/1841; Clemens, Immobilienhändler, S. 298; Torunsky, Handbuch, S. 28 f.; Romeyk, Rheinprovinz, S. 331; Monz, Lexikon, S. 2; Herres, Cholera, S. 189; Haase, Haw, S. 265, S. 277, S. 287; Monz, Lexikon, S. 2; 281, vgl. http://www.wgff.de/trier/Familienbuecher/TrierGangolf.pdf, abgerufen am 20.5.2019.) (2)
Alff, Carl
Gerber, Stadtrat 1805–1813.
Geschätztes Vermögen 1810 3.000 Francs.
Akteure
625
Familie: Ehe mit Johanna Barbara Schommer. Sohn Johann Alff (*1778), verheiratet mit Anna Sibille Holzenbein, Schwager von Stadtrat Anton Joseph Ignatz Recking. (LHAK 276 3401; Zivilstandsregister Trier H 6/1802, 155/1806.) (3)
Bartholomae, Johann (*18.10.1780 Longuich)
Fabrikant, Stadtrat 1827–1842 trotz Vorschlag nicht wieder ernannt.
Besitzer einer Ölmühle, Fabrikation von Tabak ab 1808.
Familie: Sohn von Peter Franz Bartholomae (Tabakfabrikant) und Anna Catherina Ackermann, Bruder Heinrich Bartholomae, verheiratet mit Barbara Süß (Tochter des Tabakfabrikanten Bartholomäus Süß). Ehe am 13. Juli 1803 mit Barbara Schneider, Trauzeuge Stadtrat Georg Beer („nicht verwandt“) und Peter Paul Menz als „Stiefvater der Braut“. (StATr Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 71/1803, 134/1814; Haase, Haw, S. 277; Alberg, Wirtschafts- und Sozialgeschichte, S. 92; Herres, Cholera, S. 190; Adressbuch 1817, S. 317.) (4)
Beer, Johann Georg (*15.7.1778, † 14.4.1868 Trier kath.)
Kaufmann, Stadtrat 1814–1845, ab 1846 (2. Klasse).
Inhaber einer Specereyhandlung, Mitglied der Schulkommission ab 1818, der Kommission zu kommissarischen Verwaltung des Oberbürgermeisteramts 1848. Unterzeichnete die Petition zur Wiederbesetzung des Bischofstuhls in Trier 1823 und den Gesuch um Bestätigung Arnoldis 1839, lebte mit den Familien Haw, Nell, Rosbach und Endres in einem Haus in der Simeonstraße, geschätztes jährliches Einkommen 1832 1.500 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1818, Subscriptionsliste zur Unterstützung des Landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreußen. Familie: Sohn von Johann Peter Beer (*1737 †1802, Kaufmann, Ratsherr/Leyendeckeramtsmeister, Munizipalrat 1798–1802) und Margaretha Hasborn. Bruder Peter Beer (*1781), verheiratet mit Elisabeth Gilquin (Frauenverein), Schwester des Stadtrats Adalbert Gilquin. Ehe 1808 mit Maria Antonette Walburga Franziska Josefine Dupont (*1785 Virton/Belgien), Schwiegersohn von Stadtrat François Joseph Dupont und Schwager des Stadtrats Sebastian Dany. „Vetter“ der Ehefrau von Stadtrat Peter Paul Menz. Sohn August Beer (*1825 †1863, Physiker), Schwiegersohn Johann Wilhelm Schmelzer (*um 1815). (StATr Tb 13–3, Tb 11–79; Zivilstandsregister Trier H 20/1808, 51/1808, 27/1825, S. 153/1868; Klinckowstroem, Beer; Haase, Haw, S. 76–88, S. 265, S. 277, S. 285; Zenz, Geschichte, S. 13, S. 129; Herres, Cholera, S. 190; Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 603, S. 703–707, S. 663–667; vgl. https://www.wgff-tz.de/details. php?id=513703 abgerufen am 20.10.2020; Adressbuch 1817, S. 317.) (5)
Berres, Michael (*4.7.1788 Zeltingen, †24.4.1866 Trier)
Gerber, Lederfabrikant, Stadtrat 1836–1845, ab 1846 (2. Klasse).
Inhaber einer Lederhandlung 1833, geschätztes jährliches Einkommen 1832 800 Taler.
Familie: Sohn von Peter Martin Berres (Gastwirt) und Maria Elisabeth Zell. Ehe am 19. Juni 1813 mit Susanne Josten (Bäckerstochter).
626
Anhang
(StATr Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 66/1813; Adreßbuch 1833, S. 250; Haase, Haw, S. 277; Herres, Cholera, S. 190; Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 665–667; vgl. https://www.wgff-tz.de/details. php?id=513707 (Totenzettel) abgerufen am 20.10.2020.) (6)
Bochkoltz, Friedrich Damian Joseph (*6.5.1785 Dodenburg, †30.1.1852 Trier)
Notar, Stadtrat 1818–1840, 1842 trotz Vorschlag nicht wieder ernannt.
Mitglied der Einschätzungskommission zur Einkommenssteuer 1843, geschätztes jährliches Einkommen 1832 2.500 Taler, wickelte Nationalgüterkäufe für Stadtrat Aldringen ab, weigerte sich 1832 dem Trierer Oberprokurator seine Akten offenzulegen (Urteil am 30.7.1830, Revision 13.12.1832), verfasste 1833 mit Schaack die Stellungnahme zum Casinostreit, unterschrieb die Petition zu Bestätigung Arnoldis 1839.
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1818, Konzertausschuss, Subscriptionsliste zur Unterstützung des Landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreußen. Familie: Sohn von Wilhelm Christoph Bochkoltz (Amtmann, Rechnungsführer Schloss Dodenburg/ Wittlich bei Graf Franz Ludwig von Kesselstatt) und Maria Theresia Zunderer (Wittlich). Ehe am 24. Oktober 1808 mit Thecla Franciska Breuning (Frauenverein), Kinder: Wilhelm Christoph Bochkoltz (*1810 †1877, Ingenieur Dillingen), Sebastian August Bochkoltz, verheiratet mit Charlotte Hen riette Hauchecorne (Tochter des Steuerrats Ludwig Leopold Wilhelm Hauchecorne, Köln), Anna Juliane Bochkoltz gen. Anna Alconi (*1815 †1879, Opernsängerin in Paris). (StATr Tb 13–3, Ta 40–33, Tb 11–79, Zivilstandsregister Trier H 46/1818, 383/1857; Blazejewski/Laux/Schweis thal (Hgg.), Quellen, S. 603, S. 663–667; Haase, Haw, S. 265, S. 277, S. 286; Archiv für das Civil- und Criminal-Recht 17, S. 174–181; Bereths, Musikpflege, S. 93, S. 162; Herres, Cholera, S. 190, vgl. Monz, Lexikon, S. 35; Wettmann-Jungblut, Rechtsanwälte, S. 52 f.; vgl. https://www.wgff-tz.de/details.php?id=501735/ abgerufen am 20.10.2020.) (7)
Bram, Franz Damian (*24.5.1777 Trier, †17.7.1868 Trier)
Bierbrauer, Kaufmann, Stadtrat 1834–1842, trotz Vorschlag nicht wieder ernannt.
Mitglied der Gesundheitskommission 1831, geschätztes jährliches Einkommen 1832 800 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1824, Subscriptionsliste zur Unterstützung des Landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreußen. Familie: Sohn von Gottfried Bram (Küfer) und Helene Dillen/Diller. Erste Ehe 1817 mit Catherine Kusel, zweite Ehe am 17. Februar 1819 mit Maria Lies, Trauzeugen: Johann Jakob Ladner, Nikolaus Reget, Peter Franz Ladner („nicht verwandt“). Söhne Gottfried Bram (*um 1825, Friedensrichter) und Anton Joseph Bram (*um 1827 †1868 Bierbrauer). (StATr Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 84/1812, 29/1819, S 304/1868, 421/1868; Haase, Haw, S. 265, S. 277, S. 287, Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 665–667, S. 269; Herres, Cholera, S. 190, vgl. https:// www.wgff-tz.de/details.php?id=514073 abgerufen am 20.10.2020.) (8)
Brixius, Valentin (*8.10.1797)
Advokatanwalt, Stadtrat 1838–1845, ab 1846 (1. Klasse).
Akteure
627
Advokatanwalt am Appellationsgerichtshof in Köln ab 1821, Rechtsvertretung des Stadtrats Trier ab 1834, geschätztes jährliches Einkommen 1832 800 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1824. Familie: Sohn von Anton Brixius (Gastwirt) und Anna Maria Weiwart. Ehe am 6. Mai 1826 mit Helena Thanisch, Tochter des Stadtrats Jakob Thanisch, Trauzeuge Steuereinnehmer Peter Herges („nicht verwandt“). (StATr Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 63/1826; Haase, Haw, S. 228, S. 265, S. 277; Herres, Cholera, S. 191; Monz, Lexikon, S. 89 f., S. 77, vgl. http://www.wgff.de/trier/Familienbuecher/TrierDom_Listen.pdf abgerufen am 20.10.2020.) (9)
Burg, Dominikus
Gastwirt, Stadtrat 1804–1813.
Besitzer eines Weinbergs mit Stadtrat Peter Marx und Johann Kleutgen (Kauf: 1807), geschätztes Vermögen 1810 7.000 Francs.
Familie: Ehe mit Agnes Catherina Kaut, Sohn Emmerich Josef Burg, verheiratet mit Maria Elisabeth Müller, Tochter von Theobald Müller. Tochter Sibille Burg, verheiratet mit Johann Wilhelm Herrmann, Trauzeuge Stadtrat Balthasar Dany („nicht verwandt“). (LHAK 276 3401; StATr Zivilstandsregister Trier H 133/1811, 96/1841; Clemens, Immobilienhändler, S. 172; vgl. Torunsky, Handbuch, S. 28 f.) (10) Cetto, Karl Philipp (*31.5.1806 St. Wendel, †31.3.1890 St. Wendel, kath.)
Kaufmann, Gutsbesitzer, Provinziallandtagsabgeordneter 4. Stand/Trier 1837–1841, Stadtrat 1842– 1845, 1846–1855 (1. Klasse), Mitglied des Vereinigten Landtags, Mitglied des Vorparlaments und der Frankfurter Nationalversammlung für St. Wendel (Fraktion Württemberger Hof), Mitglied der Deputation zur Übernahme der Kaiserkrone an Friedrich Wilhelm IV. 3. April 1849, dann Mitglied der Ersten Kammer des Preußischen Abgeordnetenhauses 1849 (Linke), Mitglied der 2. Kammer des Preußischen Abgeordnetenhauses 1850–1852, Gründungsmitglied der Deutschen Fortschrittspartei 1861, Mitglied des Hauses der Abgeordneten des Preußischen Landtags 1862–1867.
Studium der Rechtswissenschaften in Heidelberg, ab 1832 in Trier und Eintritt in das Handelsunternehmen des Vaters, Teilnahme am Hambacher Fest 1832, wegen Rebellion angeklagt und freigesprochen, Mitarbeit bei Stadtrat Theodor Rendenbach, im Bankhaus Reverchon und in der Häutehandlung von Stadtrat Wilhelm Rautenstrauch. Mitglied der Einschätzungskommission zur Einkommenssteuer 1843, Gründer des Wahlvereins verfassungstreuer Wähler 1862, Nationalliberale Partei 1867.
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1824, Gesellschaft für nützliche Forschungen, Rhein-Nahe-Eisenbahngesellschaft, Zweibrücker Press- und Vaterlandsverein, Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Mitglied der Direktion des Trierer Hilfsvereins zur Förderung des Dombaus. Familie: Sohn von Johann Karl Anton Cetto (*1774 †1851 Gutsbesitzer, ab 1803 Maire bzw. Bürgermeister von St. Wendel, Inhaber des Handelshaus Gebr. Cetto bis 1828 mit Bruder Johann Philipp) und Magdalena Kleutgen (*1783 †1877), Tochter von Johann Peter Kleutgen (Kaufmann, Stadtrat 1804–1808). Neffe von Stadtrat Valentin Leonardy, Cousin von Susanne Leonardy, Ehefrau von Stadtrat Wilhelm Rautenstrauch. Bruder Johann Philipp Cetto (*1766 †1842, Stadtrat St. Wendel), Johann
628
Anhang Joseph Cetto (*1782, Mailand), Nikolaus Cetto (*1790 †1855). Schwester Maria Elisabeth Josephine Cetto, verheiratet mit Johann Baptiste Savoye (Zweibrücken), Schwester Anna Maria Josephine Cetto, verheiratet mit Johann Nikolaus Riotte (Friedensrichter, Regierungsrat). Ehe am 26. Oktober 1832 mit Aline Kraut (*1808 †1892, Saarlouis). Schwiegervater von Louis Lautz (*1830 †1884, Stadtrat ab 1863), Sohn des Stadtrats Wilhelm Friedrich Lautz.
(StATr Tb 11–4, Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 13/1801, 134/1824, 75/1842; Clemens, Immobilienhändler, S. 306 f.; Monz, Lexikon, S. 63 f. S. 251; Torunsky, Handbuch, S. 94; Best/Weege (Hgg.), Handbuch, S. 114; Monz, Lexikon, S. 63 f.; Haase, Haw, S. 277; Böse, Köpfe, S. 164 f. vgl. http://www.saarland-biografien.de und RPPD: http://www.rppd-rlp.de/pta0190 abgerufen am 20.5.2019; Geiger, Cetto; Schmitt, Stammtafel, S. 93–101.) (11) Classen, Peter (*Issel)
Bäcker, Stadtrat 1808–1813.
Unterschrieb eine Petition gegen die Mahl- und Schlachtsteuer 1827.
(LHAK 276 3401; StATr Tb 21–952, Bericht vom 14.8.1827.) (12) Clemens, Andreas (*um 1761 Bernkastel, †16.1.1816 Trier)
Fabrikant, Kaufmann, Stadtrat 1801–1804 und 1814–1815.
Inhaber einer Tabakfabrik.
Familie: Erste Ehe mit Agatha Schmitt. Sohn Nikolaus Clemens (*um 1792, Kaufmann), verheiratet mit Anna Thekla Mondorf (Koblenz, Kaufmannstochter), Tochter Anna Maria Clemens, verheiratet mit Stadtrat Johann Paul Schaack (Advokatanwalt). (LHAK 276 3401; Zivilstandsregister Trier S 12/1816, H 61/1819; 105/1818.) (13) Dany, Balthasar (*um 1772, †19.7.1819 Trier)
Kaufmann, Bierbrauer, Stadtrat 1804–1813.
Geschätztes Vermögen 1810 4.000 Francs.
Familie: Sohn von Michel Dany und Anna Elisabeth Comes. Ehe mit Maria Gertrude Kirch. Vater des Stadtrats Sebastian Dany (*1787), verheiratet mit Josephine Dupont, Tochter des Stadtrats François Joseph Dupont, Schwager des Stadtrats Johann Georg Beer. Sohn Balthasar Dany jun. (*um 1772), verheiratet mit Anna Elisabeth Mettlach (*Zurlauben), Schwester der Ehefrau von Stadtrat Peter Franz Ladner. Trauzeuge bei Sibille Burg und Johann Wilhelm Herrmann. Tochter Catherina Dany, verheiratet mit Stadtrat Lorenz Ladner. (LHAK 276 3401; StATr Zivilstandsregister Trier H 133/1805, 133/1811, 30/1813, 115/1819, 113/1842, S 371/1819; Herres, Cholera, S. 191; Monz, Lexikon, S. 75; vgl. RPPD: http://www.rppd-rlp.de/pta0220 abgerufen am 24.6.2019.) (14) Dany, Sebastian (*29.1.1787, kath.)
Rentier, Eigentümer, Stadtrat 1827–1842, trotz Vorschlag nicht wieder ernannt.
1831 Gesundheitskommission, Chef der Feuerlöschgesellschaft mit Stadtrat Carl Alexander Fuxius 1835, geschätztes jährliches Einkommen 1832 1.800 Taler.
Mitgliedschaften: Subscriptionsliste zur Unterstützung des Landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreußen.
Akteure
629
Familie: Sohn des Stadtrats Balthasar Dany (Bierbrauer) und der Gertrude Kirsch, Bruder Balthasar Dany jun. (*um 1772), verheiratet mit Anna Elisabeth Mettlach (*Zurlauben), Schwester der Ehefrau von Stadtrat Peter Franz Ladner. Ehe am 17. Februar 1813 mit Marguerite Madeleine Antoinette Josephine Dupont (*Virton, Belgien), Tochter des Stadtrats François Joseph Dupont, Schwager der Stadträte Johann Georg Beer und Lorenz Ladner. (StATr Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 30/1813, 115/1819, 113/1842; Haase, Haw, S. 278, S. 286; Herres, Cholera, S. 191; TK 1 (1905/06), S. 175.) (15) Dupont, François Joseph (*Virton/Belgien)
Beigeordneter bis 1813.
Familie: Ehe mit Maria Margarethe Vaubourg Bournier. Schwiegervater der Stadträte Sebastian Dany und Johann Georg Beer. (LHAK 276 3401; StATr Zivilstandsregister Trier H 20/1808, 30/1813.) (16) Dupré, Franz Matthias Gedeon (*24.9.1753 Trier, †26.7.1818 Trier)
Notar, Stadtrat 1797 und 1801–1813. Amtsmeister der Schuhmacherzunft im kurfürstlichen Rat, 1796/1797 Präsident der Munizipalität/ Maire, Notar in Trier 1801–1816, wickelte die Nationalgüterkäufe u. a. für Matthias Joseph Hayn, Josef Willerwersch, Emmanuel Lelièvre, Matthias Vogel ab, geschätztes Vermögen 1810 2.500 Francs.
Familie: Erste Ehe mit Maria Theresia Reul, zweite Ehe mit Maria Anna Willerwersch, Tochter von Matthias Joseph Willerwersch und Maria Barbara Haw. (LHAK 276 3401; StATr Zivilstandsregister Trier H 102/1807; Kentenich, Geschichte, S. 107; Zenz, Geschichte, S. 13, S. 17; Clemens, Immobilienhändler, S. 178–182; Müller, Jahrbuch 1815, S. 65; Haase, Haw, S. 72–75; http:// www.wgff.de/trier/Familienbuecher/TrierGangolf.pdf. abgerufen am 20.10.2020, vgl. N.N., Rede.) (17) Endres, Johann Mathias (*26.6.1796 Trier, †20.12.1871 Trier)
Kaufmann, Eisenhändler, stellvertr. Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Trier 1843–1845, Stadtrat 1836–1845.
Eisen- und Kolonialwarenhändler, Handelsrichter, erwarb 1842 den Duisburger Hof von seinem Schwiegervater Johann Kleutgen, geschätztes jährliches Einkommen 1832 1.800 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Trier. Familie: Sohn von Johann Ewald Endres (Kaufmann, Burgen *1758 †1827) und Anna Maria Margaretha Engelbrett (*1759 †1844), Schwester Margarethe Endres, verheiratet mit Johann Martin Paschal (*Lion), geschieden 1817. Ehe am 19. November 1823 mit Elisabeth Kleutgen (Gutsbesitzerin), Tochter von Johann Kleutgen. (StATr Tb 13–3; Tb 21–952, Torunsky, Handbuch, S. 128 f.; Monz, Lexikon, S. 101; Haase, Haw, S. 228 f., S. 278, S. 82; Herres, Cholera, S. 192; Adreßbuch 1833, S. 259; vgl. RPPD: http://www.rppd-rlp.de/pta0290 abgerufen am 20.5.2019; Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 665–667; Jahrbücher für die preußische Gesetzgebung Bd. 48 (1836), S. 324.)
630
Anhang
(18) Fassbender, Joseph
Ingenieur, Schiffer, Beigeordneter um 1811–1814/15 (Entlassungsgesuch).
(LHAK 276 3401; StATr FrZ Ausgangsregister Nr. 80, Bl. 246, Schreiben vom 23.6.1814.) (19) Fuxius, Carl Alexander (*23.12.1782 Trier)
Fabrikant, Hutmacher, Stadtrat 1827–1834 und 1842–1845. Hutfabrikant und Auszeichnung auf der „Nationalausstellung“ 1809, Ergänzungsrichter, dann Richter am Handelsgericht, 1834 wegen Unvereinbarkeit der gleichzeitigen Amtsausübung als Richter und Stadtrat ausgeschieden, Chef der Feuerlöschgesellschaft 1835 mit Stadtrat Sebastian Dany, Stellenbewerbung als „Weinmakler der Stadt“ 1837, unterschrieb die Adresse an den König zur Besetzung des Bischofsstuhls 1823, geschätztes jährliches Einkommen 1832 1.800 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1818. Familie: Sohn von Peter Fuxius (Kaufmann) und Agnes Sonier. Ehe am 12. April 1806 mit Marie Josephine Hoffmann, Tochter des Hutmachers Peter Hoffmann. (StATr Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 79/1806; Haase, Haw, S. 265; Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 346, S. 707; TK 1/06, S. 175; Herres, Cholera, S. 193; Adressbuch 1817, S. 317; Sitzungsberichte des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleisses Berlin 1827, Bd. 6, S. 275). (20) Gerlinger, Joseph (*6.6.1779 Trier, †14.2.1836 Trier)
Apotheker, Stadtrat 1827–1836.
Gymnasium in Trier, Apothekerzulassung in Trier (18.8.1800), Inhaber der Jesuitenapotheke am Markt, Medizinalassessor, ab 1831 Aufnahme seines Sohnes Heinrich Gerlinger (vorherige Ausbildung bei Riffard in Aachen).
Mitgliedschaften: Freimaurer 1807, Casino Trier ab 1818, Gesellschaft für nützliche Forschungen. Familie: Sohn von Joseph Gerlinger (†1810, Baumeister) und Elisabeth Cronenberg, Ehe am 6. Juni 1805 mit Katharina Ritter, Tochter des Notars Johann Heinrich Ritter. Sohn Heinrich Gerlinger (*1808 †1868, Apotheker), verheiratet mit Margarethe Lessel. Tochter Barbara Gerlinger, verheiratet mit Stadtrat Anton Joseph Napoleon Recking (*1811, Gastwirt, Enkel des Bürgermeisters Anton Joseph Recking, Stadtrat ab 1846 3. Klasse). (LHAK 442 3389; StATr Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 89/1805, 150/1839; Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 313–317; Haase, Haw, S. 260, S. 266, S. 274, S. 278; Adressbuch 1817, S. 317; https://www. wgff-tz.de/details.php?id=516861 abgerufen am 20.10.2020.) (21) Gietzen, Johann (*um 1769)
Bäcker, Stadtrat 1808–1813.
Familie: Sohn von Peter Gietzen (Weingärtner) und Margarethe Brühl. (LHAK 276 3401; Zivilstandsregister Trier H 100/1815.) (22) Gilquin, Peter Adalbert (*18.8.1778 Trier)
Kaufmann, Bankier, Stadtrat 1827–1845 (selten anwesend).
Akteure
631
Mitarbeiter im Handelshaus Nell, Ellenwaren- und Tuchhandlung Gebrüder Gilquin ab 1817, ersteigerte 1810 das Abteigebäude für 4.300 Francs im Auftrag der Familie Nell, um dort ein Theater zu errichten, Präsident des Handelsgerichts 1836, unterschrieb nicht die Casino-Adresse 1834, geschätztes jährliches Einkommen 1832 2.000 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1818, Subscriptionsliste zur Unterstützung des Landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreußen. Familie: Sohn von Johann Baptist Gilquin (Handelsmann) und Caroline Veaume (Handelsfrau), Bruder Johann Baptiste Gilquin (Kaufmann, Regierungskanzlist), verheiratet mit Margarethe Rosa Birnbaum (Tochter des ehem. Präfekt des Wälderdepartements, Appellationsgerichtsrat Johann Birnbaum). Schwester Elisabeth Gilquin, verheiratet mit Peter Beer (*1791, Kaufmann), Bruder des Stadtrats Johann Georg Beer, Schwester Catherine Gilquin, verheiratet mit Johann Baptiste Ramboux jun. (Kaufmann, Sohn von Johann Baptist Ramboux und Anna Odilie Welcker). Ehe am 18. Februar 1815 mit Maria Catherina Haubs, Tochter des Advokatanwalts Johann Aloys Haubs, Trauzeuge Stadtrat Friedrich (von) Nell. Trauzeuge bei Carl Eduard Oppenhoff (Bürgermeister in Bonn) und Anna Catherina von Nell. (LHAK 700 28; StATr Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 51/1808, 82/1808, 37/1815, 172/1840, 26/1845, 39/1842; Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 281; Romeyk, Rheinprovinz, S. 703; Zenz, Geschichte, S. 46; Haase, Haw, S. 266, S. 278, S. 287; Adressbuch 1817, S. 317; Herres, Cholera, S. 193; vgl. http://www.wgff.de/ trier/Familienbuecher/TrierAnton.pdf abgerufen am 20.20.2020 und die Jahrbücher für die preußische Gesetzgebung Bd. 48 (1836), S. 324.) (23) Görtz, Franz Damian (*2.2.1788 Oberwesel, †2.2.1865 Trier, kath.)
Notar (Oberwesel), Regierungssekretär, Stadtrat 1827–1830, Landrat von Merzig 1830–1840, Provinziallandtagsabgeordneter 4. Stand/Trier 1854, Oberbürgermeister und Landrat von Trier 1840–1848.
Besuch des Gymnasiums in Münstermaifeld und Aschaffenburg, Studium der Rechtswissenschaften in Würzburg und Heidelberg 1804–1807, Notariatskandidat in Simmern 1810, Sekretär des Generalgouvernementskommissariats des Saardepartements ab 1815, Kreissekretär in Zell und Regierungssekretär in Trier 1816, kommissarischer Landrat von Saarburg 1818–1819, Regierungssekretär in Trier 1819–1829, Examen 1828, als Oberbürgermeister ab 1839 für die Zensur zuständig, während der Märzrevolution wurden die Fenster seines Wohnhauses eingeschlagen, 8.4.1848 beurlaubt, dann Rücktritt und Ruhestand, besaß Weingüter in Piesport und Ayl und ein Wohnhaus in Trier, 1.200 Taler Gehalt als Landrat des Stadtkreises, ab 1848 600 Taler Pension. Roter Adler-Orden 3. Klasse mit Schleife (1842).
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1820, marianische Bürgersodalität, Mitglied der Gesellschaft für nützliche Forschungen 1840, stellvertretendes Mitglied des Trierer Hilfsvereins zur Förderung des Dombaus. Familie: Sohn von Johann Theodor Aloys Görtz (†1798, Amtsmeister der Wollenweber, Stadtrat von Trier, Senator und Deputierter des Obererzstifts Trier) und Maria Johanna Louise Arz (*1763 †1807, Eigentümerin), Bruder Philipp Goertz (*um 1786, Bürgermeister in Oberwesel). Erste Ehe mit Antonia Hartung, zweite Ehe am 31. Januar 1824 mit Maria Antonia Cardon, Tochter von Damian Cardon (Regierungsrat) und Anna Margaretha Walburga Döll, Trauzeuge: Stadtrat Anton Joseph Recking jun. als „Vetter“ der Braut.
632
Anhang
(LHAK 276 3401, Best. 442 6740, 3391; StATr Tb 11–4, Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 3/1801, 32/1824; Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 881; Schiel, Oberbürgermeister, S. 100–115; Torunsky, Handbuch, S. 166; Romeyk, Rheinprovinz, S. 472 f.; Zenz, Geschichte, S. 69, S. 129; Monz, Lexikon, S. 136; Haase, Haw, S. 164 f., S. 266, S. 275, S. 278; vgl. RPPD: http://www.rppd-rlp.de/pta0394 abgerufen am 20.5.2019.) (24) Grach, Johann Emmerich (*14.10.1753 Trier, †27.1.1826 Trier, kath.)
Kaufmann, Wachszieher, Stadtrat 1798, Beigeordneter 1800–1826. Inhaber eines Wachslaboratoriums 1806, einer Specereyhandlung 1817, dann Weingroßhandlung gemeinsam mit Sohn Johann Georg, wurde 1818 nach Haw zum Kandidaten für das Oberbürgermeisteramt gewählt, besaß mehrere Weingüter in Oberemmel, Kanzen, Kues und drei Stadthäuser. Urteil des Trierer Regierungspräsidenten Gaertner 1818: „ein braver Mann und nicht ohne Verdienste für die bisherige städtische Verwaltung; hat aber fast keine wissenschaftl. Kenntnisse und ist durch seine Handels-Geschäfte so beschäftigt, daß er schon lange seine Entlassung als Adjunct gewünscht hat.“
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1819. Familie: Sohn von Johann Michael Grach (*1708 †1790, Wachszieher, Kaufmann) und Anna Johanna Daubach, Bruder von Johann Michael Grach jun. (*1749 †1835). Schwager von Stadtrat Anton Rambs und Matthias Coupette (Bierbrauer, Weinhändler, Bruder von Munizipalrat Peter Franz Coupette). Ehe am 30. April 1782 mit Anna Maria Welcken/Welker (*1758 †1813 „Handelsfrau“), Tante des Malers Johann Anton Ramboux (*1790 †1866), Schwager von Jean Baptiste Ramboux. Kinder: Stadtrat Johann Michael Grach jun. II. (*1785 †1856, Kaufmann), Johann Georg Grach (*1784 †1868, Weinhändler), verheiratet mit Catherina Maria Mohr, Tochter von Stadtrat Ludwig Weyprecht Mohr, Tochter Anna Johanna Grach, verheiratet mit Stadtrat Johann Jakob Lintz (*1776 †1848), Sohn Johann Baptist Grach (*1793 †1851, Weingroßhändler in Bordeaux, Provinziallandtagsabgeordneter 4. Stand/ Trier 1843/45), verheiratet mit Katharina Josephina Ellinckhuysen (*Zell, Tochter des Kommerzienrats Eberhard Ellinckhuysen), Schwager von Stadtrat Anton Joseph Ignatz Recking. (LHAK 276 3401; StATr Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 77/1802, 48/1808, 22/1811; Torunsky, Handbuch, S. 169 f.; Monz, Lexikon, S. 140 f.; Haase, Haw, S. 266; Adressbuch 1817, S. 317; Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 881, S. 541–544, S. 547 f.; Clemens, Notabeln, S. 133 f.; Teyke, Hofgut, S. 87 f.; vgl. http:// www.wgff.de/trier/Familienbuecher/TrierGangolf.pdf; https://www.wgff-tz.de/tz/tr/trtb/tz_tr_trtb_1660.JPG (Totenzettel der Ehefrau) abgerufen am 20.10.2020.) (25) Grach, Johann Michael jun. II. (*23.11.1785 Trier, †25.8.1856 Beuring, kath.)
Kaufmann, Gutsbesitzer in Oberemmel, stellvertr. Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Trier 1841, Stadtrat 1830–1841.
„Großhändler“, Inhaber einer Colonialwarenhandlung, Mitglied der Gesundheitskommission 1831, geschätztes jährliches Einkommen 1832 2.500 Taler. Abschied aus dem Stadtrat und der Hospizienkommission aufgrund geschäftlicher Vorhaben am 20.10.1841, wobei er versicherte „daß, wenn [er] für das Wohl meiner Mitbürger nicht viel wirken konnte, dies gewiß nicht an einem Mangel guten Willens von [s]einer Seite gelegen hat“ und aussprach: „Wohin mich auch mein Schicksal führen mag, ich werde immer mit Herz und Seele Trierer seyn und bleiben!“
Akteure
633
Mitgliedschaften: Casino Trier, Mäßigkeitsverein 1837, Subscriptionsliste zur Unterstützung des Landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreußen, Verein zur Förderung der Weinkultur. Familie: Sohn von Stadtrat Johann Emmerich Grach und Anna Maria Welcken. Bruder von Johann Georg Grach (Weinhändler, *1784 †1868), verheiratet mit Catherina Maria Mohr, Tochter von Stadtrat Ludwig Weyprecht Mohr, Bruder von Johann Baptist Grach (*1793 †1851, Weingroßhändler in Bordeaux, Provinziallandtagsabgeordneter 4. Stand/Trier 1843/45), verheiratet mit Katharina Josephina Ellinckhuysen (Zell, Tochter des Kommerzienrats Eberhard Ellinckhuysen), Bruder von Anna Johanna Grach, verheiratet mit Stadtrat Johann Jakob Lintz (*1776 †1848). Ehe am 31. März 1819 mit Rosa Franziska Viktoria Keller (*1801 †1889), Tochter von Maximilian Josef Keller (Notar und Bürgermeister von Irsch), Schwager Maximilian Keller jun. (*1804 †1885, Gerber/Fabrikant Saarburg, stellver. Provinziallandtagsabgeordneter 4. Stand/Trier 1864). (StATr Tb 11/8, Tb 13–3, Tb 11–45, Zivilstandsregister Trier H 77/1802, 48/1808, 22/1811; Herres, Cholera, S. 193; Torunsky, Handbuch, S. 169 f., 254; Monz, Lexikon, S. 141.; Haase, Haw, S. 266, S. 278, S. 285; Adreßbuch 1833, S. 250; vgl. RPPD: http://www.rppd-rlp.de/pta0408 abgerufen am 20.10.2020; Blazejewski/Laux/ Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 415, S. 533.) (26) Haw, Johann Joseph Aloys (*6.10.1786 Daun, †30.5.1867 Trier, kath.)
Regierungssekretär, Regierungskalkulator, Stadtrat 1818–1839, trotz Vorschlag nicht wieder ernannt.
Gymnasium in Trier, Studium, Kassierer der Direktion der vereinigten Rechte zu Aachen 1804, Zahlmeister des Saardepartements, Grenadier-Hauptmann und Kommandant der Nationalgarde 1806, Hauptmann in der 81. Cohorte 1812, Regierungsquartiermeister im 150. und 29. Inf. Regiment 1813, im August 1814 aus französischen Diensten entlassen, dann Bureau-Aufseher der Liquidationskommission Kreuznach, Bureausekretär von Edmund von Schmitz-Grollenburg, Divisionschef im General-Gouvernementssekretariat ab 1815, Regierungskalkulator ab 1816, Rechnungsrat (1834), Landrentmeister ab 1835, geschätztes jährliches Einkommen 1832 1.200 Taler, Ritter des Roten Adlerordens 4. Klasse, unterschrieb nicht die Casino-Adresse 1834.
Mitgliedschaften: Freimaurer 1807, Casino Trier ab 1818, Subscriptionsliste zur Unterstützung des Landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreußen, Ausschussmitglied des Veteranenvereins und MitInitiator des Napoleonsteins. Familie: Sohn von Christoph Haw (*um 1749 †1788, kurtrierischer Hofrat) und Caroline Theresia Lippe, Bruder von Oberbürgermeister Wilhelm Haw. Ehe am 4. Oktober 1820 mit Catherina Theresia Herges, Tochter des städtischen Steuerempfänger Peter Herges und der Catherina Franziska Schwalbach. Neffe des Koblenzer Stadtrats Alexander Peter Lippe. (StATr Tb 13–3, Tb 11/7, Zivilstandsregister Trier H 136/1820; LHAK 442 3467, 3707, 3389 (Lebenslauf); Haase, Haw, S. 261, S. 266, S. 286; Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 281; Herres, Cholera, S. 194.) (27) Haw, Wilhelm Georg Nikolaus (von) (*7.2.1793 Daun, †4.8.1862 Trier, kath.)
Advokatanwalt, Präfekt, Stadtrat 1810, Oberbürgermeister, Landrat, Polizeidirektor von Trier (25.9.1818– 12.10.1839), Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Trier 1826–1837, 4. Stand/Trier 1841–1843, 2. Stand/ Trier 1845–1860, Mitglied des Vereinigten Landtags, Mitglied der ersten Kammer des Preußischen Abgeordnetenhauses 1850, Mitglied des Preußischen Abgeordnetenhauses (katholische Fraktion) 1852–1853.
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Anhang Studium der Rechtswissenschaften in Paris und Trier, Advokat in Trier ab 1804, „conseiller auditeur“ am Appellationsgericht in Trier ab 1808/09, Kommandant der Nationalgarde im Saardepartement 1809, Auditeur im französischen Staatsrat 1810–1815, Polizeikommissar in Holland und Bremen 1811– 1813, Präfekt des Departements Aube 1814, wurde am 22.8.1818 mit 15 Stimmen zum Oberbürgermeister von Trier gewählt, lebte mit den Familien Beer, Nell, Rosbach und Endres in einem Haus in der Simeonsstraße. Casinoskandal und Entzug der Polizeihoheit 1834, Ruhestand 1839, Nobilitierung 1842. Ritter des Ordre de la Réunion (23.3.1814), Roter Adler-Orden 3. Klasse (1821), Roter AdlerOrden mit Schleife (1833), Ritter des Zähringer Löwen-Orden, geschätztes jährliches Einkommen 1832 10.000 Taler, besaß ein Rittergut in Taben-Rodt, mehrere Wohnhäuser und das sogenannte Weißgut mit Hofgut Ottoscheuer und Grünhaus in Trier, das er zum „Naherholungsgebiet“ für die Bevölkerung ausbaute, unterschrieb die Petition für die Bestätigung Arnoldis 1839, Mitglied des Kirchenvorstandes der Gemeinde St. Gangolf (Trier).
Mitgliedschaften: Freimaurerloge Verein der Menschenfreunde ab 6.3.1807 (Meister vom Stuhl 1817– 1818 und 1828–1829), Casino Trier ab 1818, Verein zur Unterstützung der Griechen 1826, Gesellschaft für nützliche Forschungen ab 1826, Mäßigkeitsverein 1837, Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Vorsitzender des Landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreußen 1840–1843, Präfekt der Marianischen Bürgersodalität 1845. Familie: Sohn von Christoph Haw (kurtrierischer Hofrat) und Caroline Theresia Lippe, Bruder von Stadtrat und Regierungssekretär Johann Joseph Haw. Ehe am 25. März 1819 mit Elisabeth Franziska Nell (*1785 †1849), Schwester von Stadtrat Georg Friedrich Job (von) Nell. Schwager von Ambrosius Hubert Eichhorn (Stadtrat 1801–1804 und um 1808–1811, Revisionsgerichtsrat 1814, Oberjustizrat, Mitglied des Staatsrats). Neffe des Koblenzer Stadtrats Alexander Peter Lippe. Sohn Christoph Philipp von Haw (*1825 †1865), verheiratet mit Franziska Leonardy. Trauzeuge 1840 bei der Tochter seines Beigeordneten Franziska Kayser („nicht verwandt“ und nach Entlassung). (LHAK 276 3401, Best. 442 7137, 3467, 3401, 3467; 3389; StATr Tb 11/8, Tb 13–3, Tb 11–105, Zivilstandsregister Trier H 136/1820; Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 883; Herres, Cholera, S. 194; Schiel, Oberbürgermeister, S. 82–100; Torunsky, Handbuch, S. 197; Romeyk, Rheinprovinz, S. 515; Monz, Lexikon, S. 164 f.; S. 66–88, S. 76–82, S. 261, S. 275, S. 279, S. 287, vgl. Haase, Haw.) (28) Hayn, Jakob (*26.11.1780 Cochem, †18.4.1829 Trier, kath.)
Kaufmann, Gutsbesitzer, Stadtrat 1812–1829. Weinhändler und Immobilienmakler, ersteigerte Nationalgüter im Wert von 45.886 Francs, Handelsrichter 1812–1815, Mitglied der Serviskommission, der Kronprinzenkommission in Berlin 1822.
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1819. Familie: Sohn von Matthias Joseph Hayn und Anna Christine Klippel. Bruder von Matthias Josef Hayn jun. (*1770 †1839, Kaufmann, Immobilienmakler, Kunstsammler, Munizipalrat 1798, 1801/02, Provinziallandtagsbageordneter 4. Stand/Trier 1826), verheiratet mit Maria Anna Winter. Nichte Christine Hayn, verheiratet mit Stadtrat Peter Ludwig Mohr, Sohn von Stadtrat Ludwig Weyprecht Mohr. (LHAK 276 3401; StATr Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 107/1812, 1/1819; Clemens, Immobilienhändler, S. 54, S. 240 und S. 325 f.; Haase, Haw, S. 266; vgl. Torunsky, Handbuch, S. 198; Monz, Lexikon, S. 165 f.; ausführlich Clemens, Hayn.)
Akteure
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(29) Hermes, Johann Peter Job (*9.2.1765 Trier, †28.11.1833 Trier, kath.)
Richter, Gerichtspräsident, Kunstsammler, Stadtrat 1804–1833. Gymnasium in Trier, Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten Trier und Mainz, Hochgerichtsschöffe in Trier ab 1788, Richter am Zucht- und Kriminalgericht ab 1798, Teilnahme an der Kaiserkrönung Napoleons in Paris 1804, Richter am Appellationsgerichtshof Trier ab 1811, wurde 1818 nach Haw und Grach zum Kandidaten für das Oberbürgermeisteramt gewählt, vermachte dem Stadtrat seine Kunstsammlung und Bibliothek mit 22.000 Bänden, geschätztes Vermögen 1810 12.000 Francs.
Mitgliedschaften: 1784 Lesegesellschaft, Casino Trier ab 1818. Familie: Sohn von Jacob Anton Hermes (*1741 †1817) und Anna Katharina Nell, Onkel Christoph Philipp (von) Nell (*1753 †1816), Cousin des Stadtrats Friedrich (von) Nell. Ehe 1788 mit Maria Eva Josefa Rosa Eschermann. (LHAK 276 3401; StATr Tb 13–3, NL Hermes, Zivilstandsregister Trier H 45/1802/03, 22/1811; Faber, Rheinlande, S. 55 f.; Kentenich, Geschichte, S. 107; Monz, Lexikon, S. 173 f.; Haase, Haw, S. 266; Blazejewski/Laux/ Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 884; Clemens, Notabeln, S. 139–141; vgl. http://www.wgff.de/trier/Familienbuecher/TrierGangolf.pdf; RPPD: http://www.rppd-rlp.de/pta0507 abgerufen am 20.5.2019; Groß, Hermes; Ders., Hermes; Ders.: Testament; ders., Freundschaft.) (30) Herrig, Peter jun. (*1757 St. Barbara, kath.)
Kaufmann, Fischer, Stadtrat 1808–1813, geschätztes Vermögen 1810 5.000 Francs.
(LHAK 276 3401.) (31) Jonas, Peter
Landwirt, Gutsbesitzer, Stadtrat 1801– um 1813.
Cultivateur bei Walderdorff, geschätztes Vermögen 1810 4.000 Francs.
Familie: Ehe mit Margarethe Zimmer. Sohn Johann Jonas (*um 1788/89), verheiratet mit Anna Maria Kerpen (Metzgertochter), Tochter Therese Jonas, verheiratet mit Mathias Joseph Ladner (*um 1784, Kaufmann und Bruder des Stadtrats Peter Franz Ladner). (LHAK 276 3401; Zivilstandsregister Trier H 105/1809, 109/1813; Müller, Jahrbuch 1815, S. 64.) (32) Kayser, Franz Anton (*30.9.1778 Trier, †5.2.1867 Trier, kath.)
Kaufmann, Kommerzienrat, 1830–1837 Provinziallandtagsabgeordneter 4. Stand/Trier, 1841–1845 2. Stand/Trier, Beigeordneter 1817–1845, 1846–1850 (2. Klasse), Mitglied der Vereinigten Ständischen Ausschüsse 1842, Mitglied des Vereinigten Landtags.
Angestellter bei der Intendantur der französischen Armee in Trier 1795, Studium an der Handelsakademie in Hamburg 1797/98, Eintritt in ein Hamburger Handelshaus ab 1798, Zentralschule Trier 1800–1801, Reisen ab 1802, Import– und Exportunternehmen Kayser & Co in Livorno ab 1805, ab 1807 in Trier, Handelsrichter, kommissarische Verwaltung der Bürgermeisterei Trierweiler 1812–1816, Polizeiinspektor in Trier, Kommerzienrat und Präsident des Handelsgerichts 1826. Verwaltungsrat des Gymnasiums, Kurator der Sparkasse, Mitglied der Verwaltungskommission des Landarmenhauses, provisorischer Oberbürgermeister 1839–1841, Roter Adler-Orden 4. Klasse 1833, Roter Adler-Orden 3. Klasse mit Schleife 1840, Teilnehmer und Initiator des Städtetags am 23. März 1848 in Köln mit
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Anhang den Stadträten Cetto und Zell, unterschrieb die Adresse für die Bestätigung Arnoldis 1839, geschätztes jährliches Einkommen 1832 3.000 Taler.
Mitgliedschaften: Freimaurerloge Verein der Menschenfreunde 1808–1853, Gesellschaft für nützliche Forschungen 1810, Casino Trier ab 1818, Subscriptionsliste zur Unterstützung des Landwirtschaftlichen Vereins für Rheinpreußen. Familie: Sohn von Johann Thomas Kayser (Beigeordneter, Hochgerichtsschöffe, *1743 †1788, Siegen) und Marie Luise Ludovica Lebrun (*1744 †1781). Erste Ehe am 29. November 1807 mit Marie Katherine Doerner (*1786 †1816), Tochter von Joseph Ignatz Dörner (kurfürstl. Stadtarzt, Stadtrat 1804–1806). Zweite Ehe am 9. Januar 1821 mit Maria Katharina Feller (*1803 †1839), Tochter von Anton Feller (*1770 †1840, Friedensrichter in Neumagen und 1833 stellv. Provinziallandtagsabgeordneter 4. Stand/ Trier), Trauzeuge Professor Wilhelm Stein als „Stiefbruder der Braut“ und Stadtrat Lorenz Ladner als „Vetter der Braut“. Schwager von Franz Alexander Hubert Nellessen (*1805 †1862, Tuchfabrikant Aachen, 1851 stellvertr. Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Aachen). Sohn Joseph Kayser (*1810, Kaufmann), Tochter Franziska Kayser, verheiratet mit Ferdinand Joseph Heinrich Schmedding (*1809 Münster, Kaufmann), Trauzeuge Wilhelm Haw. (StATr Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 10/1821, 128/1840; Zenz, Geschichte, S. 104 und 126, Torunsky, Handbuch, S. 250 f.; Monz, Lexikon, S. 210; Haase, Haw, S. 262, S. 267, S. 274, S. 278, S. 287; Herres, Cholera, S. 195; Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 663–667 und S. 708 f.; vgl. RPPD: http://www.rppd-rlp. de/pta0601, https://www.wgff-tz.de/details.php?id=519274 abgerufen am 20.5.2019; Zenz, Kayser.) (33) Keller, Maximilian Josef (*8.9.1759 Kiedrich, †1.12.1837 Trier)
Gerber, Weinhändler, Stadtrat 1836–1837. Studium der Rechtswissenschaften in Trier, ab 1790 Richter (Amt Freudenberg), dann Friedensrichter in Perl, Saarburg und Merzig 1796, Errichtung einer Gerberei in der Abtei St. Maximin 1801, Notar in Saarburg, Beigeordneter und Bürgermeister von Saarburg, 1825 Ruhestand und Umzug nach Trier.
Mitgliedschaften: Freimaurer 1807–1831, Casino Trier ab 1824. Familie: Tochter Rosa Franziska Viktoria Keller (*1801 †1889), verheiratet mit Stadtrat Johann Michael Grach jun. II., Sohn Maximilian Keller jun. (*1804 †1885, Gerber/Fabrikant Saarburg, stellver. Provinziallandtagsabgeordneter 4. Stand/Trier 1864). (Torunsky, Handbuch, S. 254; Monz, Lexikon, S. 213; Haase, Haw, S. 261, 267. Vgl. RPPD: http://www.rppd-rlp. de/pta0609 abgerufen am 3.6.2019 und Cnyrim, Keller, S. 93–102.) (34) Keuker, Johann Peter (*29.1.1770 Wittlich, †um 1823)
Kaufmann, Beigeordneter 1801–1820, geschätztes Vermögen 1810 2.000 Francs.
Familie: Sohn von Gotthard Keuker (Kaufmann, Wittlich) und Maria Catherina Oehms. Ehe am 31. Oktober 1800 mit Christine Wagner, Tochter von Stadtrat Peter Wagner und Elisabeth Krepp, Trauzeuge Matthias Berres (*um 1752, Gastwirt und Onkel der Braut). (LHAK 276 3401; Zivilstandsregister Trier H 8/1800; vgl. TK 8 (1823), S. 179–181.) (35) Kleutgen, Jacob (*1772 Niederfell, †14.12.1816 Trier)
Kaufmann, Gutsbesitzer, Immobilienmakler, Stadtrat 1804–um 1814.
Akteure
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Ergänzungsrichter am Handelsgericht, geschätztes Vermögen 1810 4.000 Francs.
Mitgliedschaften: Freimaurerloge 1813. Familie: Sohn von Wilhelm Kleutgen und Anna Maria Fischer. Ehe 1800 mit Anna Barbara Franziska Diederich/Dietrichs. Kinder: Jakob Kleutgen (*1811), verheiratet mit Anna Leonina Lamotte (*Nancy), Anna Barbara Kleutgen, verheiratet mit Johann Baptiste Müller, Anna Maria Kleutgen, verheiratet mit Adolph Metz (*Luxemburg), Gertrud Kleutgen (*1806). (LHAK 276 3401; Clemens, Immobilienhändler, S. 337; Haase, Haw, S. 264.) (36) Kochs, Johann Anton (*23.4.1753 Holland, †20.12.1813 Trier)
Kaufmann, Stadtrat 1798, 1801–1808, Beigeordneter 1808–1813.
Aufnahme in die Trierer Krämerzunft 1779, geschätztes Vermögen 1810 10.000 Francs, 1812 16.000 Francs.
Familie: Sohn von Johann Peter Kochs und Katharina Frings. Ehe 1780 mit Katharina Müller, Sohn Johann Anton Kochs II. (*1781 †1825), verheiratet mit Anna Franziska Traudes (Koblenz). (LHAK 276 3401; StATr Tb 11–8, Ta 40–13; Zivilstandsregister Trier H 129/1808, 62/1832; Kentenich, Geschichte, S. 107; Haase, Haw, S. 267; LHA, Best. 700, Nr. 28; Kochs, Familie, vgl. Adressbuch 1817, S. 316, vgl. http://familienbuch-euregio.eu/ abgerufen am 10.10.2020). (37) Ladner, Johann Lorenz (*1771 Adenau, †20.8.1827 Trier kath.)
Rentier, Stadtrendant, Stadtrat 1814–1833.
Als Stadtrentmeister auf eigenen Wunsch aus dem Stadtrat entlassen, ab 1827 mit Steuereinnehmer Herges in der Rechnungskommission der vereinigten Hospitien.
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1820. Familie: Sohn von Thomas Ladner und Maria Katharina Covents. Ehe 1797 mit Catharina Dany, Tochter des Stadtrats Balthasar Dany, Schwager des Stadtrats Sebastian Dany. Tochter Maria Gertrud Ladner, verheiratet mit Professor Johann Peter Joseph Stein (zweite Ehe 1828 mit Katharina Schlink, Tochter des Bierbrauers Ignatz Schlink und Elisabeth Milz aus Koblenz). Cousin von Stadtrat Peter Franz Ladner. Trauzeuge bei Stadtrat Franz Anton Kayser als „Vetter der Braut“. (StATr Tb 13–3, Tb 11–45, Zivilstandsregister Trier H 30/1813, 115/1819, 10/1821, S 384/1827; Haase, Haw, S. 159 f., S. 267. vgl. Adressbuch 1817, S. 317.) (38) Ladner, Peter Franz (*8.5.1787 Trier, †3.7.1849 Trier kath.)
Seifensieder, Kaufmann, Stadtrat 1834–1842, 1842 trotz Vorschlag nicht wieder ernannt, ab 1846 (3. Klasse).
Unterschrieb die Adresse für die Wiederbesetzung des Bischofstuhl 1823 und zur Bestätigung Arnoldis 1839, geschätztes jährliches Einkommen 1832 1.000 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1824. Familie: Sohn von Anton Ladner (Kaufmann) und Maria Coupette, Cousin des Stadtrats Johann Lorenz Ladner. Bruder Matthias Joseph Ladner (Arzt), verheiratet mit Therese Jonas, Tochter des Stadtrats Peter Jonas. Ehe am 6. September 1810 mit Angelika Mettlach (*Zurlauben), Schwager von Balthasar Dany jun., Sohn des Stadtrats Balthasar Dany. Trauzeuge bei Stadtrat Franz Damian Bram.
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Anhang
(StATr Zivilstandsregister Trier H 74/1807, 109/1813, 29/1819, S 377/1849; Haase, Haw, S. 267, S. 279; Herres, Cholera, S. 196; Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 570, S. 628, S. 665–667.) (39) Lauer, Gotthard (*25.2.1779 Wittlich, kath.)
Gerber, Stadtrat 1836–1845.
Geschätztes jährliches Einkommen 1832 1.000 Taler.
Familie: Sohn von Phillipp Lauer (Gerber) und Gertrude Leisen/Leiser. Ehe am 19. Februar 1811 mit Anna Gertrude Pauli, Tochter von Gerber Johann Pauli und Maria Margarethe Leibfried. (StATr Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 12/1811; Haase, Haw, S. 280; Herres, Cholera, S. 196; Zitzen, Geschichte, S. 131 f.) (40) Lautz, Carl Wilhelm Friedrich (*29.12.1795 Wittlich, †31.1.1863 Trier, ev.)
Bankier, Kommerzienrat, Stadtrat 1836–1845, 1846–1854 (1. Klasse), Beigeordneter 1855–1863, Mitglied im preußischen Herrenhaus ab 1855.
Teilnehmer am Hambacher Fest, begrüßte die Passagiere des ersten Dampfschiffs aus Metz am 17.12.1839 auf Französisch und beschwor die deutsch-französische Freundschaft, lieferte 1839 die rechtliche Begründung für den Rauswurf Dohnas aus der Stadtratssitzung. Mitglied der Deputation an den König 1848. Präsident des Handelsgerichts 1848/1849, geschätztes jährliches Einkommen 1832 1.200 Taler.
Mitgliedschaften: Präsident der Moseldampfschiffahrtsgesellschaft. Familie: Sohn von Friedrich Wilhelm Lautz (Notar in Saarbrücken) und Wilhelmina Amalia Charlotte Meurer. Ehe mit Friederika von Dorsberg (†1881). Sohn Karl Ludwig (Louis) Lautz (*1830 †1884, Bankier, Stadtrat, Mitglied des Abgeordnetenhaus 1866–1870, nationalliberal), verheiratet mit einer Tochter des Stadtrats Karl Philipp Cetto. Ludwig Robert Mohr (*um 1818 Bankier), Sohn von Stadtrat Peter Ludwig Mohr, zeigte seinen Tod als „Freund“ an. (StATr Tb 11–35; Zivilstandsregister Trier S 46/1863; Haase, Haw, S. 280; Herres, Cholera, S. 196, S. 445; Monz, Lexikon, S. 251; Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 154–157, S. 779 f.; Herres, Cholera, S. 196; Zenz, Geschichte, S. 104; Kentenich, Geschichte, Trierische Chronik, S. 82; vgl. https://www.lagis-hessen.de/pnd/1111905185 abgerufen am 19.8.2019; Zenz, Geschichte, S. 108; Zitzen, Geschichte, S. 131 f.; vgl. Lilla, Herrenhaus.) (41) Leibfried, Johann Ignatz (*um 1793, †24.11.1828 Trier)
Advokatanwalt, Stadtrat 1827–1829.
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1818. Familie: Ehe mit Sophia Bootz. (StATr Tb 13–3, Zivilstandsregister S 474/1828; Haase, Haw, S. 267.) (42) Leistenschneider, Jakob (*15.7.1754 Saarlouis)
Buchdrucker, Fabrikant, Präsident der Munizipalverwaltung, Stadtrat 1808/09, Maire von Trier 1810– Februar 1814.
Mitglied der Stadtverwaltung in Saarlouis, Eintritt in die elterliche Buchdruckerei, Herausgabe des Journals für das Saar-Departement und Eröffnung einer Druckerei in der Glockenstraße in Trier ab
Akteure
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1798, Gründung einer Papiermühle im säkularisierten Kloster in Mettlach 1802/03, dann Gründung einer Tapetenfabrik, geschätztes Vermögen 1810 3.000 Francs, 1812: 6.000 Francs. Familie: Sohn von Louis Michel Leistenschneider (Buchdrucker, Inhaber einer Papiermühle in Dillingen). Ehe 1785 mit Angelika Marx, 7 Kinder, u. a. Michael Leistenschneider (Steuereinnehmer in Pfalzel), Jakob und Heinrich Leistenschneider (Buchdrucker in Trier). (LHAK 276 3401; StATr Tb 11–79; Zivilstandsregister Aachen H 269/1809; Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 217, S. 769 f., S. 888; Monz, Lexikon, S. 257; Clemens, Notabeln, S. 149 f.; Börst, Leistenschneider.) (43) Leonardy, Valentin (*5.8.1774 Trier, †14.6.1858 Trier, kath.)
Gutsbesitzer, Nationalgütersteigerer, Armeelieferant, Stadtrat 1827–1842, trotz Vorschlag nicht wieder ernannt.
Studium in Trier, Inhaber einer Spezereyhandlung 1817, dann Armeelieferant mit Gütern im Wert von 44.000 Francs, ersteigerte 1823 Schloss Monaise für 96.000 Francs, unterschrieb nicht die CasinoAdresse 1834, geschätztes jährliches Einkommen 1832 12.500 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1818, Subscriptionsliste zur Unterstützung des Landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreußen, Gesellschaft für nützliche Forschungen, Gründungsmitglied des Trierer Hilfsvereins zur Förderung des Dombaus. Familie: Sohn von Johann Leonardy und Susanne Welsch. Ehe am 9. September 1801 mit Elisabeth Kleutgen, Tochter von Stadtrat Johann Peter Kleutgen. Schwager von Sebastian Gottbill (*1775 †1803), Johann Paul Coupette (*1780 †1854, Oberforstmeister, Sohn von Bierbrauer und Munizipalrat Peter Franz Coupette) und Johann Carl Anton Cetto (Bürgermeister in St. Wendel). Tochter Susanne Leonardy (*1803), verheiratet mit Stadtrat Wilhelm Rautenstrauch. Enkeltochter Elisabeth Sophia Rautenstrauch verheiratet mit Anton Julius Mohr, Sohn von Stadtrat Peter Ludwig Mohr. (StATr Tb 11/4, Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 40/1801, 67/1802,134/1824, 40/1845; Blazejewski/Laux/ Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 281; Haase, Haw, S. 267, S. 275, S. 278, S. 285; Herres, Cholera, S. 196; Clemens, Immobilienhändler, S. 338, S. 345; Adressbuch 1817, S. 316.) (44) Lintz, Johann Jakob (*20.9.1776 Trier, †10.10.1848 Trier, kath.)
Kaufmann, Buchhändler, Stadtrat 1806–1836, 1839–1845, ab 1846 (1. Klasse). Besuch des Gymnasiums in Trier, Studium der Rechtswissenschaften in Trier ab 1794, Ausbildung in der Druckerei Levrault frères in Straßburg, Eröffnung einer Buchhandlung in Trier 1801, Lesekabinett in seinem Wohnhaus (Brodgasse 432) 1806–1808, Aufnahme eines Gehilfen 1812, Handelsrichter 1813, ab 1834 Erweiterung der Buchhandlung in neuem Wohnhaus (Brodgasse 408 Zur Geis), Gründung eines deutsch-französischen Lesevereins 1835, Übernahme der Buchhandlung durch Sohn Friedrich „Fritz“ Lintz 1838. Mitglied der Wohltätigkeitskommission 1806–1837/38, der Serviskommission 1816, der Schulkommission mit Mohr und Schmelzer 1828, der Schuldentilgungskommission, der Kommission der vereinigten Hospizien 1842–1846, geschätztes jährliches Einkommen 1832 1.800 Taler.
Mitgliedschaften: Verein zur Förderung der Weinkultur. Familie: Sohn von Johann Friedrich Lintz (*1749 †1829, Advokat, Bürgermeister Trier 1789, Präsident der Zentralverwaltung 1798) und Ottilie Hoffmann. Stiefschwester des Vaters Anna Maria Lintz, verheiratet mit Stadtrat Ludwig Weyprecht Mohr (*1759 †1836). Schwester Anna Katharina Lintz, ver-
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Anhang heiratet mit Johann Michael Grach jun. I. (Arzt, Neffe von Stadtrat Johann Emmerich Grach), Schwester Anna Maria Lintz, verheiratet mit Wilhelm Cathrein (*1812 †1815 Bürgermeister in Prüm, ab 1818 Friedensrichter). Ehe am 30. Mai 1807 mit Anna Johanna Grach, Tochter von Stadtrat Johann Emmerich Grach, Trauzeuge Stadtrat und Onkel Ludwig Weyprecht Mohr. Sohn Friedrich Lintz (*1813 †1889, Buchhändler, Verleger, Stadtrat 1850–1883).
(LHAK 276 3401, Best. 442 3391 und 3753; StATr Tb 13–3, NL Lintz, Zivilstandsregister Trier H 77/1802, 107/1812; Monz, Lexikon, S. 267; Haase, Haw, S. 280; Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 888, Kentenich, Geschichte, S. 107; 415; Pies, Lintz und dies., Geschichte.) (45) Löhr, Matthias Joseph (*22.5.1800 Koblenz, †21.9.1882 Köln, kath.)
Apotheker, dritter Beigeordneter 1842–1845, trat 1842 gegen eine „Arzneitaxe“ ein, unterschrieb die Petition für die Bestätigung Arnoldis 1839.
Mitgliedschaften: Vizedirektor des allgemeinen deutschen Apotheker-Vereins, Gesellschaft für nützliche Forschungen, Subscriptionsliste zur Unterstützung des Landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreußen. Familie: Sohn von Franz Loehr (Glaser) und Magdalena Müller. (StATr Tb 13–3; StAK Zivilstandsregister Koblenz G 285/1800; Haase, Haw, S. 285; Archiv der Pharmacie (1842, 1851), S. 111; Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 376, 536.) (46) Marx, Peter jun. (*5.1.1763 Zurlauben, †26.1.1831 Trier)
Kaufmann, Schiffer, Fabrikant, Stadtrat 1808–1827. Kaufmann und Holzhändler, Handel mit Armeegütern im Wert von 17.300 Francs, 1816 Übernahme der Porzellanfabrik St. Martin von Josef Martin Coeur d’Acier (Vorbesitzer: Christian Joseph Deuster), 1821 Einstellung der Produktion. Schwager Ferdinand Schmitt erbte den Fabrikbestand. Mitglied des Kirchenvorstands St. Paulinus.
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1819. Familie: Sohn von Jakob Marx (Schiffer, †1789) und Eva Arentz, unverheiratet. Trauzeuge bei der Ehe seiner Nichte Anna Maria Schmitt mit dem Sohn des Stadtrats Johann Anton Süß 1821. (LHAK 276 3401; StATr Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 58/1821; Clemens, Immobilienhändler, S. 351; Haase, Haw, S: 267; Monz, Lexikon, S. 285; Adressbuch 1817, S. 317; Scheffler, Goldschmiede, S. 316; Lehnert– Leven, Porzellanmanufaktur, vgl. Trierische Chronik 17/21).) (47) Marx, Peter jun. II. (*um 1797 Zurlauben)
Goldschmied, Stadtrat 1842–1845. Mitglied der Einschätzungskommission zur Einkommenssteuer 1843, geschätztes jährliches Einkommen 500 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1824. Familie: Ehe am 22. Juni 1824 mit Elisabeth Walburga Rambs. (StATr Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 111/1824, 133/1842; Haase, Haw, S. 267; Herres, Cholera, S. 197; Scheffler, Goldschmiede, S. 963.)
Akteure
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(48) Menz, Peter Paul (*10.9.1772 Edesheim †30.12.1830 Trier)
Kaufmann, Bäcker, Rentier, Stadtrat 1808–1827. Bäckerfamilie, Kommission zur Prüfung der Brottaxe ab 1830, Mitglied der Eichungskommission, geschätztes jährliches Einkommen der „Witwe Menz“ 1832 600 Taler.
Familie: Sohn von Georg Menz (Gutsbesitzer Edesheim) und Anna Maria Pelz. Erste Ehe mit Angela Hasborn, zweite Ehe 1825 mit Bäckerstochter Christine Stahl (*Gießen), Trauzeuge Stadtrat Johann Georg Beer als „Vetter der Braut“. Stiefvater der Ehefrau von Stadtrat Johann Bartholomae. (LHAK 276 3401; StATr Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 27/1825 S 731/1830; Intelligenzblatt des Rheinkreises Nr. 280, 22.11.1825.) (49) Mohr, Ludwig Weyprecht (*10.9.1759 Neuwied, †17.8.1836 Trier, ev., ab 1786 kath.)
Kaufmann, Bankier, 1801 Arrondissementrat, stellvertr. Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Trier 1826–1830, Stadtrat 1808–1814, Beigeordneter 1814–1817 (Entlassungsgesuch), Stadtrat 1817–1836.
Ausbildung zum Kaufmann in Hanau, ab 1777 Angestellter, dann Buchhalter im Handelshaus Nell in Trier, Gründung eines Handels- und Bankhauses 1798, Präsident des Handelsgerichts 1810, „Wein-, Wechsel- und Speditionsgeschäft“ ab 1817. Besitzer des Weinguts Oberemmel mit Stadtrat Johann Emmerich Grach, geschätztes Vermögen 1810 5.000 Francs, geschätztes jährliches Einkommen 1832 2.000 Taler, Roter Adler-Orden 3. Klasse (1827).
Mitgliedschaften: Gesellschaft für nützliche Forschungen (1801 Schatzmeister), Handelskammer 1804, Deputation des Stadtmagistrats zur Förderung der trierischen Geschichte (1819 Vorsitz), Casino Trier ab 1818. Familie: Sohn von Johann Philipp Mohr (*1733 †1783, Musiker/Musiklehrer, Angestellter beim Fürsten v. Wied) und Anna Katharina Kimmenach/Kimnach/Kümnach, (*1732 Winningen †1802). Erste Ehe 1787 mit Anna Maria Lintz (†1797,Tante von Stadtrat Jakob Lintz), zweite Ehe am 26. September 1798 mit Margarete Clara Börner (*1775 Luxemburg †1848, Frauenverein), Trauzeugen Johann Peter Job Hermes und Johann Hugo Wyttenbach. Vater von Stadtrat Peter Ludwig Mohr, verheiratet mit Anna Christina Hayn (Nichte des Stadtrats Jakob Hayn), Carl Mohr (*1797 †1867, Oberförster), Franz Joseph Mohr (*1801 †1855), Johann Friedrich Mohr (*1805 †1834), Catherina Maria Mohr, verheiratet mit Johann Georg Grach (Kaufmann, Sohn von Stadtrat Johann Emmerich Grach). (LHAK 276 3401; StATr Tb 13–3, Tb 11–35; Zivilstandsregister Trier H 2/1798 22/1811, 107/1812, 123/1845; Torunsky, Handbuch, S. 319; Monz, Lexikon, S. 302 f.; Herres, Cholera, S. 197; Haase, Haw, S. 267; Blazejewski/ Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 465, S. 603, 762f, S. 890; Adressbuch 1817, S. 317; Clemens, Handelskammer, S. 17; Groß, Mohr, vgl. https://www.wgff-tz.de/details.php?id=522528 (Totenzettel) abgerufen am 20.10.2020.) (50) Mohr, Peter Ludwig (*6.6.1790 Trier, †23.11.1872 Trier, kath.)
Großhändler, Bankier, Provinziallandtagsabgeordneter 4. Stand/Trier 1830–1833, 3. Stand/Trier 1843– 1845, Stadtrat 1842–1845.
Mitglied der Einschätzungskommission zur Einkommenssteuer 1843, geschätztes jährliches Einkommen 1832 10.000 Taler. Auswanderung nach Amerika 1851, Rückkehr nach Trier 1861.
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1818, Vorstandsvorsitzender des Vereins zur Unterstützung der Griechen 1826, Subscriptionsliste zur Unterstützung des Landwirtschaftlichen Vereins für Rheinpreußen,
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Anhang Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Gesellschaft für nützliche Forschungen, Gründungsmitglied des Trierer Hilfsvereins zur Förderung des Dombaus.
Familie: Sohn von Stadtrat Ludwig Weyprecht Mohr und Anna Maria Lintz, Cousin von Stadtrat Jakob Lintz. Geschwister: Carl Mohr (*1797 †1867, Oberförster), Franz Joseph Mohr (*1801 †1855), Johann Friedrich Mohr (*1805 †1834), Catherina Maria Mohr, verheiratet mit Johann Georg Grach (Kaufmann, Sohn von Stadtrat Johann Emmerich Grach). Ehe 1812 mit Anna Christina Hayn, Nichte von Stadtrat Jakob Hayn. Kinder: u. a. Ludwig Robert Mohr (*um 1818, Bankier und Freund von Stadtrat Carl Wilhelm Lautz), Anton Julius Mohr, verheiratet mit Elisabeth Sophia Rautenstrauch, Tochter des Stadtrats Wilhelm Rautenstrauch, Clara Camilla Mohr, verheiratet mit Friedrich Carl Theodor Schmeltzer (Landgerichtsrat). (StATr Tb 11–4, Tb 11–105, Zivilstandsregister Trier H 107/1812, 40/1845; Torunsky, Handbuch, S. 319 f.; Herres, Cholera, S. 197; Monz, Lexikon, S. 303; Haase, Haw, S. 267, S. 275, S. 280, S. 285; Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 890; Groß, Mohr.) (51) Müller, Johann Heinrich (*18.8.1786, †18.1.1850 Trier)
Kaufmann, Stadtrat 1842–1845, ab 1846 (1. Klasse).
Sepcereywarenhandel, Mitglied der Einschätzungskommission zur Einkommenssteuer 1843, geschätztes jährliches Einkommen 1832 2.500 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1823. Familie: Sohn von Johann Baptiste Müller (Arzt, Stadtrat) und Anna Catherine Süß. Ehe am 4. Januar 1809 mit Getrud Winter, Tochter des Buchbinders Peter Winter, Trauzeuge Stadtrat Jakob Hayn als Onkel der Braut. (StATr Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 1/1809, 150/1839, 77/1839, S 89/1850; Haase, Haw, S. 267, S. 197.) (52) Nell, Georg Friedrich Job von (*25.4.1780 Trier, †28.4.1859 Trier, kath.)
Weingroßhändler, Bankier, Rittergutsbesitzer, stellvertretender Provinziallandtagsabgeordneter
„Flößereigeschäfte“ ab 1817, Weingroßhändler, Bankier. Mitglied der Kommission für Rechnungs- und
3. Stand/Trier 1830–1845 (1841 einberufen), 2. Stand/Trier 1851–1854, Stadtrat 1814–1845. Steuersachen 1815, der Servisdeputation mit Stadtrat Jakob Hayn 1816, der Empfangsdeputation für den König 1831, geschätztes jährliches Einkommen 1832 15.000 Taler, 1849: 24.000 Taler. Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1818, Dampfschifffahrtsgesellschaft, Gründungsmitglied des Trierer Hilfsvereins zur Förderung des Dombaus. Familie: Sohn von Christoph Philipp Bernard Hugo (von) Nell (*1753 †1825, Bankier, Immobilienmakler, Stadtrat 1795, 1801–1804, Präsident des Departementsrat 1804, Vertreter der Stadt Trier im corps legislatif 1804–1814) und Maria Katharina Franziska Johanna Lindt (*1753 †1816), Cousin von Stadtrat Johann Peter Job Hermes, weitläufiger Cousin des Koblenzer Stadtrats Maximilian Nell. Schwager von Ambrosius Hubert Eichhorn (Stadtrat 1801–1804 und 1808–1811, Revisionsgerichtsrat 1814, Oberjustizrat, Mitglied des Staatsrats) und von Oberbürgermeister Wilhelm (von) Haw. Ehe am 16. September 1807 in Perl mit Anna Maria Emilie Marx (*1788 Colmar †1861), Tochter des Generaleinnehmers Franz Marx, Schwager von Stadtrat Franz Anton Staadt. Kinder: u. a. Christoph Philipp von Nell (*1812 †1895), verheiratet mit Marie-Antoinette d’Árnault de Soleuvre (Baronesse),
Akteure
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Franz Josef von Nell (*1813 †1890, stellvertr. Provinziallandtagsabgeordneter 1883–1888), Johann Peter Job von Nell (*1815 †1881, ab 1850 Stadtrat, Provinziallandtagsabgeordneter 4. Stand/Trier 1854–1877), Johann Peter Dorothea von Nell (*1818 †1895, Regierungsrat, Provinziallandtagsabgeordneter 4. Stand/Trier), verheiratet mit Anna Franziska Kochs (Tochter von Peter Kochs und Hortensia Staadt), Clara Catherina Franziska von Nell, verheiratet mit Carl Leopold Wencelius (*1808 †1863 Arzt, Demokrat, Abgeordneter der preußischen Nationalversammlung 1848), Anna Catherina von Nell, verheiratet mit Carl Edmund Joseph Oppenhoff (*1807 †1854, Bürgermeister in Bonn 1840–1850). (LHAK 700 28; StATr Tb 13–3, Tb 11–4, Tb 11–35; Clemens, Immobilienhändler, S. 360 f.; Torunsky, Handbuch, S. 335–37; Romeyk, Rheinprovinz, S. 651 f.; Monz, Lexikon, S. 321; Herres, Cholera, S. 42, S. 198; Haase, Haw, S. 68 f., S. 76–88, S. 268, S. 280; Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 891 f.; Adressbuch 1817, S. 317, vgl. Ebeling, Nell und Clemens, Nell.) (53) Neurohr, Johann Matthias (*29.8.1777 Trier, †21.11.1841 Trier)
Arzt, Kreisphysikus, Stadtrat 1814–1836.
Gymnasium in Trier, Studium der Medizin in Trier und Wien, Promotion, Assistenz bei den Vereinigten Hospitien in Trier, Mitglied der Gesundheitskommission 1831, Kreisphysikus ab 1836, geschätztes jährliches Einkommen 1832 600 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1819, Gesellschaft für nützliche Forschungen 1824. Familie: Ehe 1812 mit Barbara Braun. (LHAK 442 3401; StATr Tb 13–3, Tb 11–35; Herres, Cholera, S. 198; Monz, Lexikon, S. 324 f.; Haase, Haw, S. 268, S. 275, S. 280; vgl. http://www.wgff.de/trier/Familienbuecher/TrierGangolf.pdf, RPPD: http://www.rppd-rlp.de/ pta0921 abgerufen am 20.5.2019; Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 892.) (54) Peillers/Peilers, Johann Urban (*22.12.1777 Trier)
Apotheker, Beigeordneter 1801–1813 und Stadtrat 1836–1845.
Präsident der Handelskammer 1855–1859, geschätztes jährliches Einkommen 1832 1.000 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1818, Subscriptionsliste zur Unterstützung des Landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreußen. Familie: Sohn von Franz Martin Peiller (*Geldern, Apotheker, Fischeramtsmeister, 1805 Jury medical) und Juliana Weber. Ehe 1805 mit Margarethe Recking, Tochter von Oberbürgermeister Anton Joseph Recking. Trauzeuge bei der Ehe der Tochter von Stadtrat Carl Alff. (StATr Tb 11–35; Zivilstandsregister Trier H 95/1805, 27/1807, 150/1839; Haase, Haw, S. 268, S. 281, S. 287; Herres, Cholera, S. 198.) (55) Rambs, Anton (*13.9.1760 Hönningen, kath.)
Kaufmann, Weinhändler, Stadtrat 1829–1845.
Wein- und Sektherstellung, Ehrenpräfekt der Bürgersodalität.
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1824, Bürgersodalität, Mäßigkeitsverein 1837. Familie: Ehe 1798 mit Maria Magdalena Grach, Sohn Johann Anton Rambs jun. (*1799 †1856, Landgerichtsrat in Aachen).
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Anhang
(StATr Tb 11–8, Tb 13–3; Haase, Haw, S. 268, 281; Herres, Cholera, S. 199; Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 712; Prößler/Prößler, Wein, S. 74, vgl. http://www.wgff.de/trier/Familienbuecher/OberKomm_Listen. pdf und https://www.wgff-tz.de/details.php?id=462528 abgerufen am 20.10.2020.) (56) Rautenstrauch, Johann Wilhelm (*17.6.1791 Straßburg, †20.12.1858 Trier)
Kaufmann, Häutehändler, Kommerzienrat (1845), stellvertr. Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/ Trier 1851, Stadtrat 1834–1842, trotz Vorschlag nicht wieder ernannt, 1846–1858 (1. Klasse).
Kaufmannslehre im Handelshaus Mollinger in Straßburg 1806, später bei Cordier in Metz, um 1820 Handlungsreisen für Häuterhändler Osteried in Frankfurt, die eine Filiale im Haus Leonardys (Warsberger Hof) unterhielten, Übersiedlung nach Trier, Armeelieferant, Gründung der Häutehandlung Wilhelm Rautenstrauch & Co 1824, Import von La-Plata-Häuten aus Argentinien und Uruguay, Teilhaber Stadtrat Karl Philipp Cetto, Eröffnung einer Filiale in Köln durch Übernahme der Häutefirma des Kölner Stadtrats Franz Daniel Hölterhoff 1830, dann weitere Niederlassungen in Antwerpen, Le Havre und Brüssel. Mitglied der Kommission zu kommissarischen Verwaltung des Oberbürgermeisteramts 1848, 1855–1858 Präsident der Trierer Handelskammer, 1857 Gründung einer Niederlassung in Buenos Aires durch Sohn Valentin Rautenstrauch, der 1858 zum Teilhaber wurde, geschätztes jährliches Einkommen 1849: 18.000 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1824, Subscriptionsliste zur Unterstützung des Landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreußen, Gründungsmitglied des Trierer Hilfsvereins zur Förderung des Dombaus. Familie: Sohn von Johann Wilhelm Rautenstrauch (Friedensrichter in Straßburg, Kaufmann, *1766 †1815) und Sophie Elisabeth Deubler (*1771 †1833), Bruder Ludwig Theodor Rautenstrauch (*1802 †1884, ab 1827 Kaufmann in Köln bei Stadtrat Hölterhoff), verheiratet mit Fanny Kreglinger (*Antwerpen). Ehe am 10. August 1824 mit Valentine Susanne Leonardy, Tochter des Stadtrats Valentin Leonardy und der Elisabeth Kleutgen, Trauzeugen: Johann Paul Coupette (*1780 †1854, Oberforstmeister) und Carl Cetto, Vater des Stadtrats Karl Philipp Cetto, als „Oheim der Braut“. Kinder: u. a. Valentin Christian Rautenstrauch (*1832 †1884), verheiratet mit Bertha Friederika Lilla Deichmann (Köln, Bankierstochter), Karl Wilhelm Rautenstrauch (*1838 †1896, Gutsbesitzer und Provinziallandtagsabgeordneter 4. Stand/Trier), verheiratet mit Catharina Francisca Mülhens (Bankierstochter aus Köln), Carl Theodor Rautenstrauch jun. (*1839 †1893, Kaufmann) verheiratet mit Clara Bürgers (Tochter von Ignatz Bürgers, Appellationsgerichtsrat und Enkeltochter von Bankier Johann Heinrich Stein, Köln), Elisabeth Sophia Rautenstrauch, verheiratet mit Anton Julius Mohr (*1845 †1890, Sohn des Stadtrats Peter Ludwig Mohr), Sophie Rautenstrauch, verheiratet mit Martin Josef Jungen (*1849 †1887, Regierungsrat in Trier, Sohn des Stadtrats Johann Heinrich Jungen), Maria Rautenstrauch verheiratet mit Johann Friedrich Funck (*1823 in Frankfurt a. M.), Fanny Rautenstrauch, verheiratet mit Christoph Carl von Beulwitz (*1827 †1905, Oberforstmeister und Hüttenbesitzer), Aline Angelika Rautenstrauch, verheiratet mit Johann Baptist Keller (*1830), Emma Rautenstrauch verheiratet mit Adolf Jakob Coupette (*1826 †1868, Maschinenbauingenieur, Fabrikant in Düsseldorf, Sohn von Johann Paul Coupette, Schwager des Stadtrats Valentin Leonardy), Ida Rautenstrauch verheiratet mit Julius Lautz (*1828 †1898, Landgerichtspräsident in Metz). (StATr Tb 13–3, Tb 11–4, Zivilstandsregister Trier H 40/1845, 134/1824, 123/1845; Herres, Cholera, S. 167 und S. 199; Steimel, Köln, Tafel 157, S. 210; Torunsky, Handbuch, S. 380; Monz, Lexikon, S. 355; Haase, Haw, S. 268,
Akteure
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S. 281, S. 285; Zenz, Geschichte, S. 129; vgl. http://www.mohr-rautenstrauch.de/ abgerufen am 20.5.2019; Clemens, Immobilienhändler, S. 345 f.; Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 871, Ham, Rautenstrauch, S. 217; Krieger, Palais; Cnyrim, Rautenstrauch, S. 115–135.) (57) Recking, Anton Joseph (*23.1.1744 Trier, †27.10.1817 Trier, kath.)
Kaufmann, Gastwirt, Maire 1800–1810 und Oberbürgermeister von Trier 1814/15–1817.
Studium der Rechtswissenschaften in Trier, Amtsmeister der Schmiede- und Schlosserzunft und Ratsherr 1770–1794, beherbergte Friedrich Wilhelm III. 1792 bei dessen Durchreise in seinem Hause, Flucht aus Trier 1794/95, Rückkehr, kurzzeitige Inhaftierung, dann Mitglied der Zentralverwaltung, Maire, Entlassung wegen Missachtung eines Dekrets und Präsident des Handelsgerichts 1813. Handel mit Armeegütern im Wert von 88.866 Francs.
Mitgliedschaften: Literarisches Kabinett, Gesellschaft für nützliche Forschungen. Familie: Sohn von Johann Nikolaus Recking (Kaufmann, Ratsherr, Bürgermeister in Lieser, Freimaurer) und Maria Elisabetha Boudson/Bodson (*Malmedy). Schwester Maria Elisabeth Recking, verheiratet mit Franz Joseph Staadt, Vater des Stadtrats Franz Anton Staadt. Ehe 1737 mit Maria Magdalena Doell, Schwester von Anna Catharina Doell, verheiratet mit Johann Carl Gottbill (1787 Bürgermeister in Trier). Kinder: Johann Nikolaus Recking (*1773 †1831, Maire von Lieser 1808–1814, Provinziallandtagsabgeordneter 4. Stand/Trier 1826–1830), Stadtrat Anton Joseph Ignatz Recking (Gastwirt), Veronika Recking, verheiratet mit Peter Melchior von Hommer (*1743 †1809, Kammergerichtsassessor in Wetzlar, Bruder des Bischofs von Trier), Margarethe Recking, verheiratet mit Stadtrat Urban Peillers. (LHAK 276 3401; StATr, Tb 101/1 (1814); Zivilstandsregister Trier H 3/1801, 13/1801, 17/1801, 150/1839; Romeyk, Rheinprovinz, S. 682f; Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 892; vgl. Torunsky, Handbuch, S. 381; Müller, Trier, S. 386 f., Monz, Lexikon, S. 357; Clemens, Immobilienhändler, S. 240, S. 365 f.; dies./ Clemens, Geschichte, S. 128; Trierische Chronik 10 (1913/14), S. 128 f.) (58) Recking, Anton Joseph Ignatz (*um 1763 Trier, †27.7.1834 Trier, kath.)
Gastwirt, Posthalter, Gutsbesitzer, Kaufmann, Stadtrat 1801–1834. Ellenwaren und Tuchhändler, Inhaber des Gasthofs Zum trierischen Hofe, Privatspedition nach Metz und Luxemburg 1833, geschätztes Vermögen 1810 10.000 Francs, geschätztes jährliches Einkommen 1832 1.000 Taler.
Mitgliedschaften: Freimaurer 1807–1813, Casino Trier ab 1818, Eisenbahnkomitee. Familie: Sohn von Maire und Oberbürgermeister Anton Joseph Recking und Maria Magdalena Doell, Bruder Johann Nikolaus Recking (*1773 †1831, 1808–1814 Maire von Lieser, 1826–1830 Provinziallandtagsabgeordneter 4. Stand/Trier), in erster Ehe verheiratet mit Maria Magdalene Straulino (*Augsburg), in zweiter Ehe verheiratet mit Maria Caroline Ellinckhuysen (Tochter von Karl Eberhard Ellinckhausen, Abgeordneter und Gutsbesitzer in Zeltingen, Schwager von Johann Baptist Grach). Schwester Veronika Recking, verheiratet mit Peter Melchior von Hommer (*1743 †1809, Kammergerichtsassessor in Wetzlar, Bruder des Bischofs von Trier). Schwager von Stadtrat Johann Urban Peillers. Cousin von Stadtrat Franz Anton Staadt, Trauzeuge bei Oberbürgermeister Damian Görtz 1824 und Maria Antonetta Cardon als „Vetter der Braut“. Ehe am 23. Oktober 1806 mit Anna Juliane Hoelzenbein, Schwager von Stadtrat Carl Alff. Sohn Anton Joseph Recking jun. (*1811, Gastwirt und
646
Anhang Stadtrat ab 1846), verheiratet mit Barbara Gerlinger, Tochter von Stadtrat Joseph Gerlinger, Trauzeuge Urban Peillers als „Oheim“.
(LHAK 276 3401; StATr Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 3/1801, 17/1801, H 32/1824, 150/1839, S 427/1834; Zenz, Geschichte, S. 127; Herres, Cholera, S. 199; Hoppstädter, Eisenbahnen, S. 105; vgl. http://www.rppd-rlp.de/ pta1015 und https://www.wgff-tz.de/details.php?id=509725 (Totenzettel) abgerufen am 20.10.2020; Trierische Chronik 10 (1913/14), S. 128 f.; Adressbuch 1817, S. 317; Adreßbuch 1833, S. 260; Haase, Haw, S. 261, S. 268.) (59) Reget, Nikolaus (*21.5.1767 Trier, †25.11.1840 Trier)
Gerber, Stadtrat 1827–1839, trotz Vorschlag nicht wieder ernannt.
Geschätztes jährliches Einkommen 1832 800 Taler.
Familie: Sohn von Jakob Reget (†1803, Gerber) und Anna Maria Schommer. Ehe am 3. Oktober 1832 im Alter von 65 Jahren mit Anna Maria Mentzen/Mainzen, (*1788, Glasertochter). Trauzeuge mit Stadtrat Peter Franz Ladner bei der zweiten Ehe von Stadtrat Franz Bram 1819 („nicht verwandt“). (StATr Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 159/1832, 29/1819, S 658/1840; Herres, Cholera, S. 199.) (60) Reiss/Reuss, Johann Baptist (*um 1803)
Kaufmann, Stadtrat 1842–1845, ab 1846 (3. Klasse).
Ab 1843 Handelsrichter, bis 1876 Ergänzungsrichter am Friedensgericht.
(StATr Tb 13–3; Amtsblatt Trier (1876), S. 266; Jahrbücher für die preußische Gesetzgebung, Rechtswissenschaft Bd. 62 (1843), S. 550.) (61) Rendenbach, Theodor (*13.3.1778 Trier, †24.8.1856 Trier)
Kaufmann, Schiffer, Gastwirt, Stadtrat 1827–1842, trotz Vorschlag nicht wieder ernannt.
Inhaber des Gasthofs Zum Petrusbräu, Handel mit Bauholz, Bord- und Steinkohle.
Mitgliedschaften: Subscriptionsliste zur Unterstützung des Landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreußen. Familie: Ehe am 1. Oktober 1804 mit Maria Angela Scheer, Tochter des Bäckers Balthasar Scheer. Söhne: Balthasar Rendenbach (*1818, Tabakfabrikant), Bruno Rendenbach (*1816 †1885 Inhaber einer Getreide- und Mehlhandlung, Stadtrat und stellvertr. Provinziallandtagsabgeordneter 3. Stand/Trier). (StATr Tb 12–320, Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 154/1845; Torunsky, Handbuch, S. 386; Monz, Lexikon, S. 364; Haase, Haw, S. 281, S. 285; Herres, Cholera, S. 199; Trierische Chronik, S. 32; vgl. http://www.rppd-rlp. de/pta1033 abgerufen am 20.10.2020, Adreßbuch 1833, S. 260; Merten, Dora, S. 177–178.) (62) Rosenzweig, Theobald (*15.5.1765 Trier, †um 1841 Koblenz)
Kaufmann, Tuchhändler, Tuchfabrikant, Stadtrat 1827–1841.
Geschätztes jährliches Einkommen 1832 600 Taler.
Familie: Sohn von Hubert Rosenzweig (Kaufmann, Tuchhändler) und Madeleine Gallophin. Ehe am 11. Juli 1802 mit Elisabeth Goetten, Sohn Theobald Rosenzweig jun. 1839 im Alter von 21 Jahren ertrunken. (StATr Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 74/1802, Haase, Haw, S. 281; Herres, Cholera, S. 199; Amtsblatt Düsseldorf Nr. 46 (27.8.1839).)
Akteure
647
(63) Runten, Damian (*um 1776, †17.12.1827 Trier)
Privatmann, Stadtrat 1827.
Geschätztes jährliches Einkommen 1832 800 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1823, Verein zur Unterstützung der Griechen. Familie: Sohn von Joseph Runten und Anna Maria Braun. Ehe mit Charlotte Caroline Wilhelmina Ulrici. (StATr Tb 11/105, Zivilstandsregister S 918/1827; Haase, Haw, S. 268; Herres, Cholera, S. 199.) (64) Saarburg, Joseph Emmerich
Arzt, Stadtrat 1842–1845.
(StATr Tb 11–35; Haase, Haw, S. 282.) (65) Schaak/Schaack, Johann Paul (*um 1796 Trier)
Advokatanwalt, Landgerichtsrat, Stadtrat 1829–1834.
Advokatanwalt am Landgericht Trier, 1830 Baukommission mit Neurohr u. a., städtische Rechtsberatung mit Zeininger, 1831 Gesundheitskommission, 1834 wegen Unvereinbarkeit der gleichzeitigen Amtsausübung als Landgerichts- und Stadtrat ausgeschieden, geschätztes jährliches Einkommen 1832 1.800 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1818, Subscriptionsliste zur Unterstützung des Landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreußen. Familie: Sohn von Johann Schaack (Notar) und Margaretha Hurdt/Hardt. Bruder von Johann Schaack (*um 1794, Kaufmann), verheiratet mit Margarethe Zeininger, Tochter von Stadtrat Ferdinand Zeininger und Katharina Bechmann. Ehe mit Anna Maria Clemens, Tochter des Stadtrats Andreas Clemens (Tabakfabrikant), Schwager Nikolaus Clemens (Kaufmann), verheiratet mit Anna Thekla Mondorf (Koblenz). (StATr Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 61/1819, 59/1814; Haase, Haw, S. 268, S. 281, S. 288; Blazejewski/ Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 372 f.; Herres, Cholera, S. 200; Jahrbücher für die preußische Gesetzgebung, Rechtswissenschaft Bd. 58 (1840), S. 616; vgl. Kumor, Genealogie.) (66) Schalkenbach, Nikolaus Josef (*15.7.1793)
Kaufmann, Stadtrat 1839–1845.
Ergänzungsrichter am Handelsgericht, Inhaber einer Manufaktur und Modehandlung in der Simeonsstraße 35, geschätztes jährliches Einkommen 1832 1.000 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1824. (StATr Tb 13–3, Tb 11–35; Haase, Haw, S. 268, S. 282; vgl. Linck, Schalkenbach.) (67) Scheer, Andreas (†19.3.1836, kath.)
Bäcker, Stadtrat 1827–1834. Beschwerde über die Mahl- und Schlachtsteuer mit Stadtrat Peter Classen u. a., geschätztes jährliches Einkommen 1832 1.200 Taler.
Familie: Sohn von Friedrich Scheer sen. und Katharina Krepp, Bruder von Stadtrat Friedrich Scheer jun. (StATr Tb 13–3, Tb 21–952; Herres, Cholera, S. 200.)
648
Anhang
(68) Scheer, Friedrich jun. (*6.4.1767 Trier, †19.5.1834 Trier, kath.)
Bäcker, Immobilienmakler, Gastwirt, Stadtrat 1809–1813.
Inhaber des Gasthofs Zum gekrönten Löwen, geschätztes Vermögen 1810 3.000 Francs, geschätztes jährliches Einkommen 1832 4.500 Taler.
Familie: Sohn von Friedrich Scheer sen. und Katharina Krepp, Bruder von Stadtrat Andreas Scheer. Ehe 1793 mit Katharina Schloeder, zehn Kinder, u. a. Katharina Scheer, verheiratet mit Stadtrat Johann Bernard Schmitt und Anna Maria Scheer, verheiratet mit Stadtrat Anton Jacob Vanvolxem. (LHAK 276 3401; StATr Zivilstandsregister Trier H 8/1812, H 46/1817; Haase, Haw, S. 281; Herres, Cholera, S. 200; Clemens, Immobilienhändler, S. 371 vgl. http://www.wgff.de/trier/Familienbuecher/TrierGangolf.pdf abgerufen am 20.10.2020.) (69) Schmeltzer, Caspar (†27.2.1841)
Kaufmann, Stadtrat 1801, 1808–1836 und 1839–1841.
Eisenhändler, Gutsbesitzer (St. Matthias) Ergänzungsrichter am Handelsgericht 1814/1815 und Mitglied der Kommission zur Rechnungsprüfung des Runkelrübenzuckerfabrikanten Jakob Schmeltzer mit Handelsgerichtspräsident Mohr und Notar Johann Matthias Zell. Kauf der Abtei St. Matthias für 1.800 Francs, geschätztes jährliches Einkommen 1832 2.000 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1824, Subscriptionsliste zur Unterstützung des Landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreußen. Familie: Ehe 1797 mit Catherina Apollonia Steinbüchel. (LHAK 276 3401; StATr Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 98/1797; Haase, Haw, S. 268; Müller, Jahrbuch 1815, S. 65; Herres, Cholera, S. 200; Trierische Chronik 1, S. 42; Müller, Säkularisation, S. 313; Adressbuch 1817, S. 317.) (70) Schmidt, Johann
Regierungssekretär, Stadtrat 1814–1836.
Registrator bei der Bezirksregierung Trier, jährliches Gehalt 1826 700 Taler, ab ca. 1830 Regierungssekretär, geschätztes jährliches Einkommen 1832 800 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1819. (LHAK 276 3401; StATr Tb 11–45; Haase, Haw, S. 269; Herres, Cholera, S. 200.) (71) Schmitt, Johann Bernhard (*um 1777, †30.4.1849 Trier)
Kaufmann, Immobilienmakler, Arrondissementsrat, Stadtrat um 1810–1836.
Kaufmann, Eisenhändler, 1817 Ergänzungsrichter am Handelsgericht
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1823, Literarisches Kabinett. Familie: Sohn von Johann Schmitt (Kaufmann) und Therese Loerscher. Bruder von Johann Anton Schmitt (*1773, Kaufmann und Cafetier, Stadtrat 1805–1811), Schwester Maria Margarethe Therese Schmitt, verheiratet mit Nikolaus Valdenaire (Stadtrat in Saarburg, Provinziallandtagsabgeordneter). Ehe am 17. März 1817 mit Katharina Scheer, Tochter des Stadtrats Friedrich Scheer und der Anna Katharina Schloeder. Schwager des Stadtrats Anton Jacob Vanvolxem. Schwiegervater von Johann Anton Thanisch (Landgerichtsrat), Sohn des Stadtrats Jacob Thanisch.
Akteure
649
(LHAK 276 3401; StATr Tb 13–3, Tb 11–45, Zivilstandsregister Trier H 88/1803, 46/1817; Haase, Haw, S. 269, S. 281; Clemens, Immobilienhändler, S. 373 f.; Adressbuch 1817, S. 317.) (72) Schneider, Lambert
Bierbrauer, Stadtrat 1808–1813.
(LHAK 276 3401.) (73) Schoemann, Matthias Joseph (*22.2.1774, †7.4.1826 Trier)
Kaufmann, Stadtrat 1800–1813.
Großhändler in Baumwollerzeugnissen 1817.
Familie: Sohn von Matthias Schoemann und Katharina Rau. Ehe mit Maria Anna Weissebach. (LHAK 276 3401; StATr Tb 11–35; Zivilstandsregister S 166/1826; Clemens, Immobilienhändler, S. 162.) (74) Schoemann, Michael (*22.2.1773 Trier)
Kaufmann, Stadtrat 1838–1845.
Mitgliedschaften: Freimaurer 1812–1851, Casino Trier ab 1824, Subscriptionsliste zur Unterstützung des Landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreußen. (StATr Tb 11–35; Haase, Haw, S. 264, S. 269, S. 282, S. 286.) (75) Schröll, Johann Anton (*1756 Würzburg)
Verleger, Stadtrat 1798–1827. Verleger und Chronist, Inhaber einer Buchhandlung auf dem Graben Nr. 85, Herausgabe des Journals für das Saar-Departement und der Trierischen Kronik u. a., Präsident des Einquartierungsausschusses 1815.
Familie: Ehe am 21. August 1805 mit Anna Sibille Schneider. Sohn Nikolaus Theodor Schröll (*um 1806 †2.10.1830 Trier, Buchbinder), unverheiratet. (LHAK 442 3391; StATr Zivilstandsregister H 114/1805, S 494/1830; vgl. Dühr/Lehnert-Leven (Hgg.), Trikolore, S. 671–710.) (76) Sirker, Johann Peter (†25.3.1838 Trier)
Gerber, Stadtrat 1827–1842, unterschrieb nicht die Casino-Adresse 1834, geschätztes jährliches Einkommen 1832 1.800 Taler, klagte wegen falscher Angabe.
Familie: Sohn von Johann Peter Sirker (*6.7.1768 Metzger) und Margarethe Burkardt. Brüder Johann Nikolaus Sirker (Gerber) und Michael Sirker (Gerber). (StATr Tb 11–79, Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 75/1821, S 154/1838; Herres, Cholera, S. 174, S. 201; Haase, Haw, S. 282; Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 281, S. 603.) (77) Staadt, Franz Anton (*27.3.1774, †8.1.1851 Trier)
Jurist, Rentier, Stadtrat 1834–1842, trotz Vorschlag nicht wieder ernannt, ab 1846 (1. Klasse).
Mitgliedschaften: Subscriptionsliste zur Unterstützung des Landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreußen.
650
Anhang
Familie: Sohn von Franz Joseph Staadt (kurtr. Hofrat, Stadtrat, Rentier, Präfekturrat, *1734 †1805) und Maria Elisabeth Recking (Frauenverein), Schwester Anna Maria Staadt, verheiratet mit Johann Reverchon (Bankier). Neffe des Maires und Oberbürgermeisters Anton Joseph Recking. Ehe am 11. November 1801 mit Jeanette Marx (Perl), Tochter von Franz Marx (Generaleinnehmer in Colmar), Schwager von Stadtrat Georg Friedrich Job von Nell, zweite Ehe mit Pauline Adelaide Hortensie Telinge. (StATr Zivilstandsregister Trier H 14/1801, S 23/1851; Haase, Haw, S. 282, S. 287, vgl. http://www.mohr–rautenstrauch.de/verwandtschaft/ abgerufen am 20.10.2020; Laufer, Sozialstruktur, S. 333; Clemens, Immobilienhändler, S. 64 f.) (78) Stein, Friedrich Wilhelm vom (*um 1797)
Kaufmann, Weinhändler, Stadtrat 1842–1845.
Geschätztes jährliches Einkommen 1832 600 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1818. (StATr Tb 13–3; Adreßbuch 1833, S. 261; Haase, Haw, S. 269; Herres, Cholera, S. 201.) (79) Stoll, Johann Friedrich (*um 1784)
Planzeichner, Einnehmer, Stadtrat 1827–1838, unterschrieb nicht die Casino-Adresse 1834, als Kommunaleinnehmer von Pfalzel gesetzlich aus dem Stadtrat ausgeschieden.
(StATr Tb 11–35; Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 281.) (80) Süß, Christoph (*um 1758)
Eigentümer, Stadtrat 1814–um 1823 (selten anwesend).
Familie: Bruder von Bartholomäus Süß, Tabakspinner, Neffe Nikolaus Süß (Metzger), verheiratet mit Barbara Geller. (StATr Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 111/1819, 133/1811.) (81) Süß, Johann Anton (*1772)
Arzt, Kreischirurg, Stadtrat 1798, 1801–1804 und 1814–1842, trotz Vorschlag nicht wieder ernannt.
Geburtshelfer 1801, Wundarzt 1810, Auszeichnung für die Schutzpockenimpfung 1824 (Prämie 100 Francs, später 20 Taler), Steuerkommission 1830, feierte am 28.4.1840 sein 50-jähriges Dienstjubiläum und bat um Entlassung, geschätztes jährliches Einkommen 1832 600 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1825. Familie: Ehe mit Anna Maria Faerg. Sohn Jacob Süss (*1796, Kaufmann), verheiratet mit Anna Maria Schmitt, Tochter von Ferdinand Schmitt, Trauzeuge Stadtrat Peter Marx jun. als Onkel der Braut. (StATr Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 111/1819, 58/1821; Herres, Cholera, S. 202; Haase, Haw, S. 270, S. 282; Allgemeine medicinisch-chirurgische Monatsschrift für Wundärzte 1 (1840), S. 67.) (82) Thanisch, Jakob (*21.12.1783 Bernkastel, †18.2.1855 Trier)
Kaufmann, 1833 stellvertretender Provinziallandtagsabgeordneter (3. Stand/Trier), Stadtrat 1814–1825, Beigeordneter 1826–1852.
Akteure
651
Handelsrichter 1813, Inhaber einer Specereyhandlung 1817, besaß Weingüter in Heiligkreuz, Zeltingen, Rinsheim, unterschrieb die Petition für die Bestätigung Arnoldis 1839, unterschrieb nicht die CasinoAdresse 1834, geschätztes jährliches Einkommen 1832 3.500 Taler.
Mitgliedschaften: Freimaurerloge Verein der Menschenfreunde 1812–1821, Casino Trier, Mosel-Dampfschifffahrtsgesellschaft (Gründungsmitglied), Subscriptionsliste zur Unterstützung des Landwirtschaftlichen Vereins für Rheinpreußen. Familie: Sohn von Johann Jakob Thanisch (Kaufmann, *1837 †1807) und Katharina Ames (*1743 †1792), Bruder Johann Anton Thanisch (*1776 †1844, Winzer „Bernkasteler Doktor“). Ehe am 20. Mai 1800 in Bernkastel mit Hélène Margarete Grandpré (*1783 †1817), Sohn Johann Anton Thanisch (Landgerichtsrat), verheiratet mit Anna Katharina Schmitt, Tochter von Stadtrat Johann Bernhard Schmitt. Sohn Johann Jakob Thanisch, verheiratet mit Angela Willwersch, Tochter von Josef Willwersch und Eva Clara Lebrun, Tochter Helena Thanisch verheiratet mit Stadtrat Valentin Brixius. (StATr Tb 13–3, Tb 11–45, Zivilstandsregister Trier H 102/1830, 63/1826; Clemens, Immobilienhändler, S. 373, S. 391 f.; Torunsky, Handbuch, S. 477; Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 281, S. 895, S. 663–667; Monz, Lexikon, S. 461; Haase, Haw, S. 263, S. 269, S. 283, S. 286; Adressbuch 1817, S. 316; Herres, Cholera, S. 202.) (83) Trost, Johann Jakob (*4.11.1747 Oberbrechen/Nassau)
Einnehmer, Stadtrat und Zivilstandsbeamter 1800–1813. Ratsherr und „Spezialeinnehmer“ 1788, Wollenweberamtsmeister 1791, Stadtmarktmeister, geschätztes Vermögen 1810 2.500 Francs.
(LHAK 276 3401; StATr Ta 38–21.) (84) Vanvolxem, Anton Jacob jun. (*11.12.1801)
Kaufmann, Bierbrauer, Gerber, Stadtrat 1836–1845, dritter Beigeordneter ab 1846.
Inhaber einer Rotgerberei auf der Spitzmühle, Inhaber eines Schieferbruchs ab 1833, geschätztes jährliches Einkommen 1832 2.000 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Trier 1824, Subscriptionsliste zur Unterstützung des landwirtschaftlichen Vereins für Rheinpreußen. Familie: Sohn von Jacob van Volxem (*1772 †1854 Brüssel, Kaufmann, Munizipalrat 1798) und Anna Margarethe Moritz. Ehe 1828 mit Anna Maria Scheer, Tochter des Stadtrats Friedrich Scheer. (StATr Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 144/1828; Clemens, Immobilienhändler, S. 371; Haase, Haw, S. 269, S. 283, S. 286; Herrres, Cholera, S. 202; Adreßbuch 1833, S. 260; Volxem, Familie, vgl. http://www.wgff.de/trier/ Familienbuecher/TrierGangolf.pdf abgerufen am 20.10.2020.) (85) Wagner, Karl Heinrich
Kaufmann, Stadtrat 1842–1845.
(StATr Tb 13–3.) (86) Wagner, Peter (*um 1745 Trier)
Bäcker, Gastwirt, Stadtrat 1804–1813.
652
Anhang Geschätztes Vermögen 1810 3.000 Francs.
Familie: Ehe mit Elisabeth Krepp, Schwiegervater von Stadtrat Johann Peter Keuker. (LHAK 276 3401, StATr Zivilstandsregister Trier H 8/IV, 31.10.1800.) (87) Zeininger, Ferdinand (*um 1773 Mayen, †18.10.1862 Trier, kath.)
Advokatanwalt, Landgerichtsrat, Staatsprokurator, Stadtrat 1818–1834. Übersetzer bei der Zentralverwaltung 1798, Mitarbeiter bei Johann Baptiste Hetzrodt Beobachter an der Saar 1803, Advokatanwalt, Landgerichtsrat, Staatsprokurator, Kreiskommission mit Schmeltzer (geheime Wahl) 1828, Rechtsbeistand der Stadt mit Schaack, um 1833 Kammerpräsident am Landgericht Trier, 1834 wegen Unvereinbarkeit der gleichzeitigen Amtsausübung als Richter und Stadtrat ausgeschieden, unterschrieb nicht die Casino-Adresse 1834, geschätztes jährliches Einkommen 1832 1.500 Taler. Roter Adlerorden 3. Klasse mit Schleife.
Mitgliedschaften: Freimaurer 1810, Casino Trier ab 1823, Subscriptionsliste zur Unterstützung des Landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreußen. Familie: Sohn von Isaia Zeininger (*1747, Bäcker in Mayen) und Maria Deotsch. Ehe am 26. November 1798 mit Bäckerstochter Catherina Bechmann/Beckmann, Trauzeuge Stadtrat Johann Schaack als „Vetter der Braut“. Tochter Margarethe Zeininger, verheiratet mit Johann Schaack (*um 1794, Kaufmann, Sohn von Notar Johann Schaack und Margarethe Hardt). Trauzeuge bei Damian Ernst Birck und Anna Getrude Runten. (StATr Tb 13–3, Zivilstandsregister Trier H 19/1798, 70/1803, 59/1814, S 49/1862; Haase, Haw, S. 262, S. 272, S. 284, S. 288; Herres, Cholera, S. 203; Blazejewski/Laux/Schweisthal (Hgg.), Quellen, S. 281; Ester, Preßverhältnisse, S. 141.) (88) Zell, Johann Mathias (*6.4.1774 Trier)
Notar, Arrondissementrat, Stadtrat 1808–1814. Gerichtsschreiber, dann Notar in Trier, wickelte u. a. Nationalgüterkäufe für die Stadträte Scheer und Schoemann ab.
Mitgliedschaften: Freimaurer. Familie: Ehe mit Maria Katharina Otto (Metzgertochter), Sohn Friedrich Joseph Zell (*1814 †1881, Advokatanwalt) ab 1846 Stadtrat 3. Klasse, Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung Bernkastel, Fraktion „Württemberger Hof “, 1849 Reichkommissar für Baden. Trauzeuge bei der Tochter von Stadtrat Franz Stephan Haan 1806 in Koblenz. (StAK Zivilstandsregister Koblenz H 47/1806, StATr Zivilstandsregister 75/1821; Haase, Haw, S. 262, S. 270, S. 282; Clemens, Immobilienhändler, S. 162; Jahrbücher für die preußische Gesetzgebung, Rechtswissenschaft Bd. 60 (1842), S. 704; Kentenich, Zell, S. 415–417. vgl. Böse, Köpfe, S. 157–165 und Monz, Lexikon, S. 520 f.) (89) Zell, Mathias (*1.11.1790 Mering, †16.6.1849 Trier)
Notar, Stadtrat 1836–1845.
Geschätztes jährliches Einkommen 1832 1.200 Taler.
Mitgliedschaften: Casino Trier ab 1823. Familie: Sohn von Jakob Zell (Ackerer) und Anna Maria Schloeder. (StATr Tb 13–3; Zivilstandsregister S 343/1849; Haase, Haw, S. 262, S. 270, S. 282; Herres, Cholera, S. 203.)
VII. Quellen- und Literaturverzeichnis
1. Abkürzungen AAZ Augsburger Allgemeine Zeitung ADB Allgemeine Deutsche Biographie AfS Archiv für Sozialgeschichte AHVN Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein ALR Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten AOHG Allgemeines Organ für Handel und Gewerbe APR Archiv der Provinzialstände der Rheinprovinz APS Allgemeine preußische Staatszeitung APuZ Aus Politik und Zeitgeschichte ASH Archiv Schloss Heltorf ASW Archiv Schloss Wissen BN Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen DB Kölner Domblatt DZ Düsseldorfer Zeitung EDG Enzyklopädie Deutscher Geschichte FZ Frankfurter Oberpostamts-Zeitung GGB Geschichtliche Grundbegriffe GG Geschichte und Gesellschaft GS Gesetzessammlung für die königlich preußischen Staaten HAStK Historisches Archiv der Stadt Köln HZ Historische Zeitschrift JbEurVerwG Jahrbuch für europäische Verwaltungsgeschichte JNMR Journal des Nieder- und Mittel-Rheins. KA Koblenzer Anzeiger KO Kabinettsorder KÖZ Kölnische Zeitung LA NRW R Landesarchiv Nordrhein-Westfalen Abteilung Rheinland LHAK Landeshauptarchiv Koblenz NA Niederrheinisches Archiv NDB Neue Deutsche Biographie NPL Neue Politische Literatur RB Rheinische Blätter RhVjbll Rheinische Vierteljahrsblätter RhV Rheinische Vorzeit in Wort und Bild RMZ Rhein- und Mosel-Zeitung RWWB Rheinisch-Westfälische Wirtschaftsbiographien
654 SAZ StAAc StAD StAK StATr TK TZ VZ ZAGV
Quellen- und Literaturverzeichnis Stadt-Aachener Zeitung Stadtarchiv Aachen Stadtarchiv Düsseldorf Stadtarchiv Koblenz Stadtarchiv Trier Trierische Kronik Trierische Zeitung Vossische Zeitung Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins
2. Ungedruckte Quellen 2.1 Archiv der Provinzialstände der Rheinprovinz 1826–1888 Bestand 02 01 Nr. 0263 Geschäfts-Ordnung für den ersten Landtag in den Rheinprovinzen im Jahr 1826. Bestand 03 01 Nr. 0348 Reichsstände Anordnung der Reichsstände. Bestand 05 02 Nr. 0655 Steuerwesen im Allgemeinen Beschwerden über das Steuerwesen im Allgemeinen 1826. Bestand 05 11 Nr. 0746 Mahl- und Schlachtsteuer Ermäßigung der Schlacht- und Mahlsteuer Einführung eines Oktroi zu Saarbrücken 1826.
2.2 Historisches Archiv der Stadt Köln Bestand 350 Französische Verwaltung (1798–1814) A 4447 Protokolle des Munizipalrats (1810–1817). A 4159 Oktroi-Gebühren auf Branntwein (1803–1806). Bestand 400 Zentralregistratur des Oberbürgermeisters (vor 1883) A209 Denkschrift der städtischen Deputation an den Staatskanzler von Hardenberg (1818). A210 Glückwünsche zum Neujahrswechsel (1826). A1221 Beratungen über die Einführung einer Verbrauchssteuer (1804–1848, 1850–1852). A3381 Ernennung Einführung und Beeidigung des Notars Steinberger zum Oberbürgermeister (1823). Bestand 410 Beschlussbücher/Protokolle (1813–1945) A1 Protokolle des Stadtrats (1813–1821). A2 Protokolle des Stadtrats (1822–1831). A3 Protokolle des Stadtrats (1832–1837). A4 Protokolle des Stadtrats (1837–1843).
Ungedruckte Quellen
655
A5 Protokolle des Stadtrats (1843–1845). A6 Beschlussbuch des Stadtrats (1817–1819). A7 Beschlussbuch des Stadtrats (1819–1826). A8 Beschlussbuch des Stadtrats (1827–1833). A9 Beschlussbuch des Stadtrats (1833–1839). A10 Beschlussbuch des Stadtrats (1840–1845). Bestand 1552 Groote, Eberhard von (1808–1862) A1 Tagebücher 1/9 (1816), 1/11 (1817), 1/13 (1817)–1/16 (1818), 1/21 (1818)–1/23 (1819), 1/35 (1823)–1/36 (1824).
2.3 Landeshauptarchiv Koblenz Bestand 256 Präfektur des Rhein-Mosel-Departements in Koblenz Nr. 5 Die Ernennung der Mitglieder für die Wahlkollegien des Departements und der Bezirke sowie deren Vereidung. XII/1803–1804. Nr. 6 Nachweisungen und Etats der hierzu bestimmten Personen 2 Bde. IX–1807/1800–1807. Nr. 38–85 Beratungen der Kantonalversammlungen des Rhein- und Moseldepartements 1810–1813. Nr. 125 Acta betreffend die Nachweisungen sämtlicher Verwaltungs-Beamten des Rhein-Mosel-Departements 1810. Nr. 129 Die bei Gelegenheit der Errichtung des Kaisertums erfolgte neue Vereidung sämtlicher Verwaltungsund Gerichtsbeamten des Rhein-Mosel-Departements (1803/04). Bestand 276 Präfektur des Saar-Departements in Trier Nr. 3401 Personallisten der Verwaltung XII 1807 1810 1812. Bestand 355 Generalgouvernementskommissariat des Mittelrheins für das Departement Rhein-Mosel in Koblenz Nr. 831 Der Frauenverein zu Koblenz 1815. Bestand 402 Oberpräsidium des Großherzogtums Niederrhein Nr. 41 Acte des königlichen Oberpräsidums Koblenz betreffend die Organisation der Regierung zu Coblenz. Nr. 42 Acte des königlichen Oberpräsidums Koblenz betreffend die Organisation der Regierung zu Coblenz (1816). Nr. 45 Acta des Königl. Ober-Praesidie. Verzeichnis sämtlicher bei der Regierung Koblenz und bei den übrigen Behörden dieses Verwaltungsbezirks angestellten Personen mit Diensteinkommen Qualifikation und Dienstführung 1817. Nr. 85 Darstellung der Verwaltung des Großherzogtums Niederrhein 1817. Nr. 101 Darstellung der Verwaltung des Großherzogtums Niederrhein 1818. Nr. 104 Verwaltungsberichte der Regierung Koblenz. Innere Angelegenheiten (1819). Nr. 118 Vorrechte der Reichsritterschaft bei der vormaligen Reichs- und Ritter-Kantonsverfassung (1816–1820). Nr. 139 Acta der königl. Oberpräsidien betreffend die von der königl. Regierung zu Coblenz monathlich erstatteten Zeitungs-Berichte vom Monat November 1817 bis zum Dezember 1818. Nr. 169 Acte betreffend der Wahl der Volksrepräsentanten 1816. Nr. 171 Acte betreffend die Verhandlungen über die von dem Professor Görres herausgegebene Druckschrift wegen Übergabe der Adresse der Stadt Coblenz (1818). Nr. 174 Vorschläge für Mitglieder der Kommission zur Beratung über ständische Verfassung (1822).
656
Quellen- und Literaturverzeichnis
Nr. 175 Acte betreffend die einzuführende neue Städte-Ordnung (1816/17). Nr. 669 Verhaftung und Flucht von Professor Görres 1819–1820. Bestand 403 Oberpräsidium der Rheinprovinz Nr. 46 Gesuche zur Beförderung von Schriften an auswärtige Behörden (1835). Nr. 435 Acte betreffend die Ansprüche des Fiscus an die Stadt Coblenz und deren Gegenansprüche (1832). Nr. 514 Die Einführung einer Einkommenssteuer in Städten der Rheinprovinz (1838–1850). Nr. 2159 Verbotswidrige Maskenzüge (1836). Nr. 2345 Verein zu einer wechselseitigen Versicherung gegen die Folgen der Cholera in der Rheinprovinz (1832–1864). Nr. 2349 Ausbruch der Cholera im Regierungsbezirk Aachen 1832–1834. Nr. 2458 Acte betreffend das Hambacher Volksfest (1832). Nr. 2494 Acte des rhein. Ober-Präsidie betreffend des Vorfalls im Casino zu Trier (1834–1835). Nr. 2616 Carnevalsbelustigungen in den Rheinprovinzen (1767) 1826–1843. Nr. 2628 Die Pferdewettrennen zu Aachen und zu Düsseldorf (1834–1844). Nr. 2637 Die Spielbank zu Aachen (1840–1847). Nr. 2778 Gesuch der Stadt Düsseldorf um Aufhebung der Schlacht- und Mahlsteuer und Einführung der Klassensteuer (1826–1835). Nr. 3937 Assisen des Landgerichts in Koblenz 1822–1831. Nr. 3939 Acte betreffend die Errichtung eines Rheinischen Appellationsgerichtshof zu Trier (1831). Nr. 4011 Rat Meurers in Koblenz (1830). Nr. 4023 Fonckscher Prozess (1822). Nr. 4128 Acte betreffend die Gerichtsräthe Gattermann und Rosbach zu Trier und das Absterben des Ersteren 1827–1830. Nr. 4164 Dienstverhältnisse des Oberbürgermeisters (1827/28). Nr. 4319 Oberbürgermeister und zeitweiliger Polizeidirektor Bachem 1850–1859. Nr. 5341 Anonyme Eingaben (1939). Nr. 7137 Die wegen der Censur der Druckschriften ergangenen Bestimmungen (1822–1832). Nr. 10503 Reaktionen auf die Suspendierung des Erzbischofs zu Köln Frh. Droste zu Vischering 1837. Bestand 403A Der Oberpräsident als Landtagskommissar Nr. 22 Sitzungsprotokolle der Rheinischen Provinziallandtage 1. Landtag (1826/27). Nr. 25 Sitzungsprotokolle der Rheinischen Provinziallandtage 2. Landtag (1828). Nr. 27 Sitzungsprotokolle der Rheinischen Provinziallandtage 3. Landtag (1830). Nr. 33 Sitzungsprotokolle der Rheinischen Provinziallandtage 4. Landtag 2. Bde. 1833. Nr. 34 Sitzungsprotokolle der Rheinischen Provinziallandtage 5. Landtag 2 Bde 1837. Nr. 35 Sitzungsprotokolle der Rheinischen Provinziallandtage 6. Landtag 2 Bde. 1841. Nr. 49 Sitzungsprotokolle der Rheinischen Provinziallandtage 8. Landtag 4 Bde. (1845). Bestand 441 Bezirksregierung Koblenz Nr. 937 Die an den König erstatteten Zeitungsberichte (1816/1817). Nr. 940 Die an den König erstatteten Zeitungsberichte (Jan.-Dez. 1820). Nr. 950 Die an den König zu erstatteten Zeitungsberichte Januar–Dezember 1830. Nr. 1359 Acte betreffend der Pensions Gesuche der vormaligen Französischen Präfektur Beamten und der Beamten des General Kommissariats zu Koblenz 1818. Nr. 1469 Acte betreffend die Pensionszahlung an den vormals kurfürstl. Trier Rath nachmaligen Director der vereinigten Leibgarden zu Aachen Alexander Lippe zu Coblenz (April 1818). Nr. 2287 Die Miteigentumsrechte des Fiskus auf die von der Stadt Koblenz besessenen Rhein- und Moselkräne daselbst (1825–1832).
Ungedruckte Quellen
657
Nr. 2295 Acte betreffend die Entschädigung der Stadt Coblenz für die an die evangelische Gemeinde zu Coblenz zur Einrichtung als Pfarrkirche für dieselbe abgetretene St. Florins Stiftskirche (1818–1832). Nr. 3055 Die an den Herrn Minister des Inneren vierteljährlich und sonst erstatteten Berichte über bemerkenswerthe Zustände im politischen Gebiete und über andere bemerkenswerthe Begebenheiten. Nr. 3380 Acte betreffend des Pensions Gesuch der Witwe des Hauptkassen Aufwärters Zweiffel zu Coblenz (1824–1829). Nr. 3427 Verzeichnis der Beamten welche zur Zeit der erfolgten Aufhebung der Abgaben der vereinigten Rechte bei dieser Partie in dem Verwaltungsbezirk der Königlichen Regierung angestellt gewesen sind (1819–1837). Nr. 3429 Grebel, Matthias (1818–1820). Nr. 3036 Personalverhältnisse der Königlichen Beamten des Regierungsbezirks Koblenz (1817–1843). Nr. 3053 Maßregel zur Erhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit (1830–1847). Nr. 4050 Verein aus Soldaten der ehemaligen Napoleonischen Armee zur Unterstützung ihrer unbemittelten Kriegsgefährten im Regierungsbezirk Koblenz (1837–1851). Nr. 5117 Die Zensur der Zeitungen (1816–1833). Nr. 5119 Die Aufsicht der Leihbibliotheken und Lesezirkel (1819–1856). Nr. 5125 Die Zensur der in Coblenz erschienenen Zeitungen und Wochenblätter (1817–1840). Nr. 5127 Die Beschlagnahme einer bei dem Buchhändler Hölscher verlegten Schrift betitelt ‚Deutschland und die Revolution‘ (J. Görres) (1819–1821). Nr. 6962 Acta betreffend die vergleichende Nachweisung der Bevölkerung so wie der direkten und der indirekten Steuern des Regierungsbezirks linken Rheinufers (April 1820). Nr. 8319 Die in Koblenz und anderen Orten erschienenen Pasquille, Drohbriefe und Karikaturen (1820–1866). Nr. 8329 Wahl und Einberufung der Geschworenen (1819–1875). Nr. 9023 Die Verhältnisse und Qualifikation der Domänenrentmeister und ihre Gehilfen (1816–1849). Nr. 9026 Linz, Goswin 1818/1819. Nr. 9027 Mathieu Clemens Wenzeslaus 1816–1854. Nr. 10567 Verwaltungsberichte des Regierungsrat John (1826–1832). Nr. 11550 Die Erhebung des städtischen Octrois im Regierungsbezirk Koblenz (1819/20). Nr. 11778 Verzeichnis des zu dem Bürgermeister des linken Rheinufers geeigneten Personals (1816/17). Nr. 11779 Acte betreffend der Anstellung der Bürgermeister im Kreise Koblenz (1817). Nr. 12813 Bildung eines Vereins zur Beförderung des Gewerbefleißes in Koblenz (1835–1837). Nr. 12861 Bildung einer Handelskammer in Koblenz (1831–1887). Nr. 16743 Die zur Deckung der Kommunalbedürfnisse der Städte Koblenz und Ehrenbreitstein zu der Mahl- und Schlachtsteuer zu machenden Beiträge sowie die Erhebung einer Wildbret- und Geflügelsteuer (1820–1875). Nr. 17035 Katholischer Männerverein zur Unterstützung armer katholischer Knaben in Koblenz (1845–1887). Nr. 17460 Verfügungen wegen des bei der Regierung zu gebrauchenden Geschäftstils (1818–1882). Nr. 57179 Geheimhaltung der Dienstsachen (1824–1912). Bestand 442 Bezirksregierung Trier Nr. 1186 Kreisständische Verhandlungen des Stadtkreises Trier (1840). Nr. 3389 Nachweisungen über die Verhältnisse der im Regierungsbezirk Trier angestellten Staatsbeamten (1818–1840). Nr. 3391 Zensur aller erscheinenden öffentlichen Blätter und Schriften (1818–1843). Nr. 3467–Nr. 3470 Linz Posa Claudius (Personalakten 1829–1871). Nr. 3472 Linz, Richard (1834–1886). Nr. 3476/Nr. 3477 Regierungs- und Forstrat Lintz (Personalakten 1826–1844). Nr. 3478–3481 Regierungsrat Wilhelm Linz (Personalakten 1816–1863).
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Quellen- und Literaturverzeichnis
Nr. 3471–1375 Linz, Richard (Personalakten 1834–1886). Nr. 3706 Polizeiliche Aufsicht auf das Gewerbe und Privathandlungen des Buchhändlers Gall in Trier (1822/23). Nr. 3753 Die Untersuchung gegen die Buchhandlung Lintz zu Trier wegen Verkauf verbotener Bücher (1838/39). Nr. 4812 Einführung der Kommunalordnung im Stadtkreis Trier Bd. 1 (1845–1875). Nr. 6349 Reorganisation der Regierung (1826–1834). Nr. 6740 Anstellung der Landräte und Oberbürgermeister der Stadt Trier (1817–1868). Nr. 3707 Der Vorfall im litter. Casino zu Trier am 25. Januar betreffend (1834–1839). Bestand 661 Vereine 661 001 Lesegesellschaft Nr. 1 Akten der Lesegesellschaft Koblenz (1823–1834). 661 023 Katholischer Frauenverein Nr. 1 Konstituierung des Frauenvereins 1826 und des Schul- und Waisenhauses St. Barbara 1833 (1825–1851). Bestand 700 Privatpersonen Familien Firmen 700 028 Familie Nell Nr. 10 Stammbäume und Ahnentafeln (1777–1935).
2.4 Landesarchiv Nordrhein-Westfalen Abteilung Rheinland Bestand Generalgouvernement vom Nieder- und Mittelrhein Nr. 960 Der mit dem H. Reumont abgeschlossene Kontrakt über das Spiel-Octroy (1807, 1814–1816). Nr. 1473 Das Spiel von Aachen. Reumontsche Spiel-Octroi-Angelegenheit (1814). Bestand Großherzogtum Berg Berg 1490 Feldobristhauptmann Hallberg. Bestand Oberpräsidium Köln Nr. 1538 Anstellungsgesuch des Freiherrn von Hallberg. Bestand Regierung Aachen Nr. 565 Geheime Gesellschaften Leseinstitute pp. Freimaurer-Logen (1818–1917). Nr. 787 Verwaltungsberichte über das Kommunalwesen (1826–1837). Nr. 596 und 597 Verein zur Beförderung der Arbeitsamkeit Bd. 1 und 2 (1834–1873). Nr. 652 Die Floresei-Gesellschaft in Aachen und die Aachener Narrenzunft Bd. 1 (1837–1913). Nr. 1224 Die Oberbürgermeister-Stelle in Aachen (1818–1914). Nr. 1227 Deckung der Kommunal-Bedürfnisse durch Umlagen Bd. 1 (1822–1882). Nr. 1267 Die Armenverwaltung zu Aachen. Nr. 2231 Das Personal der Mitglieder der Regierung Bd. 1 (1818–1844). Bestand Regierung Düsseldorf Nr. 278 Konduitenlisten von höheren Regierungsbeamten Landräten Oberbürgermeistern und Bürgermeistern Bd. 1 (1827–1848). Nr. 315 Flugschriften (1826–1845). Nr. 629 Untersuchung wegen der Vorwahl des Landrats von Düsseldorf (1838). Nr. 736 Personalangelegenheiten der Polizei (1817–1832).
Ungedruckte Quellen
659
Nr. 813/814 Die anarchischen Zustände in Düsseldorf (1848/49). Nr. 967–969 Kommunalangelegenheiten (1840–1846). Bestand Regierung Köln Nr. 40 Vorstellung und Bitte des Magistrats der Stadt Köln an den König wegen der Landratsverfassung (1817). Nr. 1004 Erhebung des Kommunalzuschlags bei der Schlacht- und Mahlsteuer (1821–1873). Nr. 1007 Umlagen (Beischläge) zu Provinzial- und Kommunalzwecken (1828–1833). Nr. 1146 Einfluß der neuen Steuergesetze auf die Auswahl der Kandidaten zum Geschworenenamt (1821/23). Bestand Präfektur des Roer-Departements Nr. 1546 Ernennungen von Maires Adjunkten und Munizipalräten. Nr. 1543 Übersichten über die Beamten. Bestand: Standesamt Köln, Standesamt Aachen, Standesamt Düsseldorf
2.5 Stadtarchiv Aachen Bestand Reichsstädtische Zeit RA 699 Les cent Citoyens les plus imposés de la Commune d’Aix-la-Chapelle 2. messidor Jahr XI., Liste der Höchstbesteuerten (21.6.1803). Bestand Schriftgut aus französischer Zeit FRZ 1–111 Registre de Procès verbaux & Arrêtés du Maire de la Ville d’Aix la chapelle (3.1.1806–20.12.1813). FRZ 1–113 Registre de deliberations du conceil municipal (13.10.1804–29.4.1811). FRZ 1–114 Beschlüsse des Munizipalrats (1811–1814). FRZ 1–115 Protokolle des Munizipalrats (1810–1813). Bestand Rats- und Ausschussprotokolle PRZ 1–248 Beschlüsse des Oberbürgermeisters (1831–1834). PRZ 1–249 Beschlüsse des Oberbürgermeisters (1830–1831). PRZ 1–250 Beschlüsse des Oberbürgermeisters (1814–1818). PRZ 1–251 Ratsprotokolle (1814). PRZ 1–252 Ratsprotokolle (1821–1824). PRZ 1–255 Kommunalbeschlüsse (1814). PRZ 1–259 Beschlüsse des Oberbürgermeisters (1814–1820). PRZ 1–1 Ratsprotokolle (1819–1821). PRZ 1–2 Ratsprotokolle (1822–1831). PRZ 1–3 Ratsprotokolle (1827). PRZ 1–4 Ratsprotokolle (1831). PRZ 1–5 Ratsprotokolle (1834). PRZ 1–6 Ratsprotokolle (1837). PRZ 1–7 Ratsprotokolle (1838). PRZ 1–8 Ratsprotokolle (1839). PRZ 1–9 Ratsprotokolle (1840). PRZ 1–10 Ratsprotokolle (1841). PRZ 1–11 Ratsprotokolle (1842–1843). PRZ 1–12 Ratsprotokolle (1843).
660
Quellen- und Literaturverzeichnis
PRZ 1–13 Ratsprotokolle (1843). PRZ 1–14 Ratsprotokolle (1844). PRZ 1–15 Ratsprotokolle (1845). PRZ 1–17 Präsenzregister (1831). PRZ 1–18 Präsenzregister (1843). PRZ 1–19 Ratsprotokolle (1846–1847). PRZ 1–20 Ratsprotokolle (1848). PRZ 1–21 Präsenzregister (1823–1826). PRZ 1–22 Präsenzregister (1830). Bestand Oberbürgermeisterei OB 1–1 Acta betreff. des Landes-Oberhaupts und dessen Familie sowie das Wohl des Staates. OB 3–5 Acta betreffend der Wahlen (Provinzialstände). OB 7–2 Bd. 1 Acta betreffend einer Chronik der Stadt Aachen (1818–1837). OB 19–1 Bd. I Die Armenverwaltung Aachen. OB 21–3 Die Eidesleistung betreffend (1814). OB 41–1 Deputationen und Immediat Vorstellungen (1818–1848). OB 43–8 Generalakte Gemeindehaushalt. OB 43–10 Acta die Gemeindeordnung betreffend (1846). OB 43–12 Die Gemeinderatswahl 1845–1850. OB 44–2 Präsenzliste des Stadtrats (1815–1830). OB 115–1 Die Einführung der Mahl- und Schlachtsteuer (1820–1852). OB 49–13 Das Budget der Stadt Aachen (1826–1830). OB 49–15 Das Budget der Stadt Aachen (1836–1839). Bestand Vereine VER 10–2 Verein zur Beförderung nützlicher Wissenschaften und Gewerbe. VER 13–2 Journal der Handelskammer zu Aachen. VER 13–4 Journal der Handelskammer zu Aachen.
2.6 Stadtarchiv Düsseldorf Bestand 0–1-2 Akten der Stadtverwaltung Düsseldorf (1815–1876) Nr. 9008 Protokolle des Stadtrats (1806–1811). Nr. 9009 Protokolle des Stadtrats (1812). Nr. 90010 Protokolle des Stadtrats (1814–1828). Nr. 90011 Protokolle des Stadtrats (1828–1836). Nr. 90012 Protokolle des Stadtrats (1837–1840). Nr. 90013 Protokolle des Stadtrats (1840–1843). Nr. 90014 Protokolle des Stadtrats (1843–1846). Nr. 0122, 4–1 Die Ernennung der Stadträte (1825–1844). Bestand 0–1-20 Vereine 1031 Der Gewerbeverein.
Ungedruckte Quellen
661
2.7 Stadtarchiv Koblenz Bestand 623 Stadt Koblenz Nr. 998 Zeitbuch der Stadt Koblenz angelegt von Jakob Josef Anton Lucas 1794–1848. Nr. 2005 Die Provinzialstände 1822–1838. Nr. 2054 Ein projektierter Verein der ehemaligen französischen Militärs zu wechselseitigen Unterstützung insbesondere zur Errichtung eines Denkmals auf dem Kirchhof 1839/40. Nr. 2071 Wintergesellschaft zu Coblenz 1818–1825. Nr. 2097 Handelskammer der Stadt Koblenz 1818–1851. Nr. 2121 Das Pfandhaus und die damit verbundene Sparkasse (1822–1845). Nr. 2138 Der Hilfsverein Rechnungslegung 1825–1832. Nr. 2162 Acta betreffend die Gemeindeordnung von 1845 und deren Einführung. Nr. 2180 Acta die Ergänzung des Stadt-Raths und die Bürgermeister Wahl betreffend vom 8.3.1817. Nr. 2181 Die Beamten der städtischen Verwaltung (1814/1815). Nr. 2182 Akte betreffend der Beigeordneten (1818–1853). Nr. 2183 Liste betreffend der Wahl und Ernennung von Stadträten (1818–1865). Nr. 2185 Protokolle des Munizipalrats 1808–1818. Nr. 2186 Stadtratsprotokolle 1818–1822. Nr. 2187 Stadtratsprotokolle 1823–1830. Nr. 2188 Stadtratsprotokolle 1831–1838. Nr. 2189 Stadtratsprotokolle 1839–1847. Nr. 2190 Stadtratsprotokolle 1847–1862. Nr. 2245 Acte betreffend die Auseinandersetzung der Stadt Coblenz mit dem königlichen Fiscus 1829–1889. Nr. 2270 Die Bibliothek der Stadt und die Gemäldesammlung 1817–1846. Nr. 2271 Rechnungen der städtischen Bibliothek 1827–1865. Nr. 2296 Handakten des Rechtsanwalt Johann Nepomuk Longard. Stadt gegen den Fiskus 1829–1833. Nr. 2438 Die kirchlichen Wirren 1837/38. Nr. 2538 Das Handelsgericht 1818–1856. Nr. 2568 Mahl und Schlachtsteuer (1820–1856). Nr. 2636 Ablieferung der Siegelstempel 1817. Nr. 2647 Die Eidesleistung der in der Bürgermeisterei Coblenz befindlichen Franzosen betreffend (1815). Nr. 4483 Mahl und Schlachtsteuer (1820–1891). Nr. 5583 Acta betreffend den Oberbürgermeister 1818–1912. Nr. 8883 Buchgeschenke an die Stadtbibliothek 1827. Bestand 656 Personenstandsregister, Standesamt Stadt Koblenz.
2.8 Stadtarchiv Trier Bestand FrZ: Schriftgut der französischen Zeit FrZ 80 Ausgangsregister der (französischen) Korrespondenz der Stadtverwaltung Trier („correspondance active“) Bd. 8 (3.11.1809–26.9.1810 4.3.–24.10.1841). FrZ 63 Register der Beschlüsse und Protokolle der Mairie Trier („Registre des arrêtés de la Mairie de Trèves“) Bd. 4 (10. Juni 1809–27. Sept. 1810).
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Quellen- und Literaturverzeichnis
Bestand Ta: Akten und Amtsbücher aus der kurfürstlichen Zeit Ta 38–21 Varia zur Stadtgeschichte. Ta 40–13 Trierer Familien (Kochs u. a.). Ta 40–33 Trierer Familien (Bochkoltz u. a.). Bestand Tb: Schriftgut aus der preußischen Zeit Tb 6–5 Journale (Brieftagebücher) der Stadt Trier (1832). Tb 11–4 Trierer Hilfsverein zur Förderung des Kölner Dombaus. Tb 11–8 Mäßigkeitsverein (gegen Trunksucht durch Branntwein-Trinken). Tb 11–79 Frauenverein für eine Arbeitsschule armer Mädchen zu Trier. Tb 11–128 Verein zur wechselseitigen Versicherung gegen die Folgen der Cholera. Tb 11–7 Verein ehemaliger Krieger zum militärischen Begräbnis verstorbener Kameraden. Tb 12–22 Verfasser von Vorstellungen und Suppliken. Tb 12–39 Verwaltung. Einführung einer Brot- und Fleischtaxe in der Stadt Trier. Tb 12–48 Rechte und Pflichten des Stadtrates. Nr. 12–71 Verwaltung. Brieftagebuch/Versendungsregister (1818/19). Nr. 13–1 Rheinischer Provinziallandtag und Wahl der Abgeordneten. Nr. 13–3 Die Ergänzung des Stadtrates zu Trier. Nr. 13–5 Die Wahl der Abgeordneten zum Stande der Städte beim Rheinischen Provinzial-Landtag 1842. Tb 13–6 Einführung und Handhabung der Gemeindeordnung. Tb 13–114 Wählerlisten des 3. Standes (1826–1842). Tb 21–952 Steuerwesen. Tb 31 Standesamt/Zivilstandsbehörde. Tb 100/2 Ratsprotokolle (1814). Tb 100/3 Ratsprotokolle (1815). Tb 100/4 Ratsprotokolle (1816). Tb 100/5 Ratsprotokolle (1817). Tb 100/6 Ratsprotokolle (1817). Tb 100/7 Ratsprotokolle (1818). Tb 100/8 Ratsprotokolle (1819–1827). Tb 100/9 Ratsprotokolle (1827–1832). Tb 100/10 Ratsprotokolle (1832–1836). Tb 100/11 Ratsprotokolle (1836–1840). Tb 100/12 Ratsprotokolle (1841–1846). Tb 101/1 Ratsprotokolle-Anlagen (1814). Tb 101/2 Ratsprotokolle-Anlagen (1814). Tb 101/8 Ratsprotokolle-Anlagen (1815). Tb 101/10 Ratsprotokolle-Anlagen (1815). Bestand Nachlässe (NL) NL Hermes Nachlass Johann Peter Job Hermes (1765–1833). NL Lintz Nachlass Johann Friedrich Lintz (1749–1829).
Gedruckte Quellen
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2.9 Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv Bestand Abt. 1 Handelskammer Köln Nr. 8 Faz. 11–13 Gesuche und Bittschriften an die Handelskammer von Privatpersonen.
2.10 Vereinigte Adelsarchive im Rheinland e. V. Bestand Archiv Schloss Heltorf (Franz Anton von Spee) T 13 Kaiserkrönung Napoleon 1804. T 85 Huldigung 1815. T 85a Dokumente 1814/15. T 86 Deputatschaft Frankfurt 1815. T 90 Verfassungsbewegung. T 92 Provinziallandtage. T 95–T 98 Provinziallandtage. T 101Provinziallandtage. T 138 Steuern 1817. T 148 Kreisdeputation. T 151 Landratswahl Düsseldorf 1838. T 153 Landratswahl Aachen 1836. T 160 Armenpflege. T 161 Hilfsverein 1830. Bestand Archiv Schloss Wissen 2 (Edmund von Loë) Nr. 107 Provinziallandtage 1823–1849. Nr. 108 Provinziallandtag 1826. Nr. 111 Provinziallandtag 1833. Nr. 112 Provinziallandtag 1839. Nr. 802 Huldigungsfeier 1840. Bestand Archiv Haus Hall (Spies von Büllesheim) Nr. 110a/b Handakten Provinziallandtage.
3. Gedruckte Quellen Aachener Intelligenzblatt Nr. 27 (18.5.1815). Adams, Franz Peter/Longard, Johann Nepomuk, Actenmäßige Beleuchtung der Flugschrift das J. J. Oswaldsche Falliment, Koblenz 1842, abgerufen unter: https,//www.dilibri.de/rlb/content/titleinfo/1115268./ (abgerufen am 14.3.2019). Adreßbuch der jetzt bestehenden Kaufleute und Fabrikanten, Trier 1817. Adreßbuch der Kaufleute und Fabrikanten von ganz Deutschland, Nürnberg 1815. Adreßbuch der Kaufleute und Fabrikanten von ganz Deutschland, Nürnberg 1833. Adreß-Buch für den Regierungsbezirk Coblenz auf das Jahr 1827, Koblenz 1826, abgerufen unter: https:// www.dilibri.de/rlb/periodical/titleinfo/48011 (abgerufen am 12.8.2018).
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Quellen- und Literaturverzeichnis
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VIII. Register1
1. Ortsregister Aachen 28 f., 35, 44, 51 f., 54, 56–58, 66–68, 70, 74, 83, 85, 92 f., 97, 99 f., 103 f., 106, 109–111, 119, 122, 125, 130 f., 136–138, 141 f., 144, 146, 149– 151, 159 f., 164, 168 f., 177 f., 181, 187 f., 190 f., 193, 196, 208, 210, 213, 215, 217 f., 223–231, 233, 235–237, 241 f., 250, 252, 254 f., 257–259, 272, 276, 280–284, 291, 305, 307, 311–313, 315, 324, 326, 333 f., 337 f., 340–342, 346, 350 f., 357, 361 f., 364 f., 368, 371–373, 375, 385 f., 388, 390, 392 f., 400 f., 405 f., 409, 412 f., 416 f., 420, 423, 440, 449, 455, 462 f., 468 f., 471, 473, 479 Adenau 86 Auerstedt 62 (Bad) Kreuznach 86, 101, 128, 206, 447 Barmen 357 Berg 59, 399 Berlin 27, 75–78, 85, 103, 115, 127 f., 133 f., 142, 149, 163, 171, 173, 177, 180, 192, 195 f., 202, 210, 222, 227, 231, 244 f., 266, 276, 279, 293, 303, 305, 310, 313, 346, 351, 360, 364, 371, 383, 386–388, 393, 398–401, 403, 409, 431, 446, 458, 473, 478 Bernkastel-Kues 239 Bielefeld 26 Birkenfeld 66 Bonn 51, 66, 159, 257, 379 Breslau 292 Brüssel 310, 312, 383 Buenos Aires 224 Burtscheid 111, 245, 371 Dormagen 159 Düren 232
Düsseldorf 28, 30, 44, 59 f., 66 f., 70 f., 90–92, 96, 100–102, 104, 106, 108, 110 f., 113, 115, 119, 124, 133 f., 136, 143, 146, 148 f., 151, 160, 168–170, 179, 181, 184 f., 189, 191–194, 197, 207 f., 218, 226, 231 f., 238, 242, 245, 247, 253, 257, 259, 262, 268, 297–299, 301, 304 f., 309 f., 315, 330, 334–339, 351, 357–359, 361–363, 372 f., 375, 378, 381, 387, 393, 399, 405 f., 408, 415–418, 420, 423, 425, 434 f., 438 f., 449, 462, 465, 469, 473 f., 479 Elberfeld 66, 124, 148, 192, 197, 244, 333, 335, 357–359, 361, 368, 372, 405, 425, 427, 429 Engers 134 Essen 66, 355 Frankfurt am Main 26, 111, 128, 135 f., 155, 164, 211, 381, 474 Geldern 399 Göttingen 254 Hambach 18, 49, 314 f., 317, 355, 383, 390, 415, 451 Hamburg 193, 368 Hanau 111 f. Jena 62 Jülich 59, 115, 313, 399 Kaiserslautern 66 Kleve 27, 53, 59, 66, 115, 337, 399 Koblenz 28, 30, 43 f., 51, 54 f., 58–61, 66–70, 74, 83–87, 92–94, 96, 101, 103 f., 106–108, 112, 114 f.,
1 Das Register bezieht sich ausschließlich auf den Fließtext. Die Angaben zu den fünf, in allen Kapiteln erwähnten Untersuchungsstädten Aachen, Düsseldorf, Koblenz, Köln und Trier beschränken sich auf zentrale Aussagen. Personenangaben aus dem Anhang wurden nicht aufgenommen.
730 117, 119, 121 f., 124, 126, 128, 130, 134, 136, 139 f., 151, 153 f., 157–159, 161, 164–167, 172 f., 175–177, 182 f., 185, 187 f., 190, 192, 194–198, 200 f., 203, 206–208, 213 f., 216 f., 221, 225, 227, 233–237, 242, 248–250, 252 f., 258, 263, 292–297, 301 f., 304, 306, 308, 310 f., 313, 315–317, 319, 327–329, 331–334, 336, 340 f., 345, 351 f., 355–360, 362 f., 365 f., 375, 378, 381–383, 386, 389–393, 405, 408, 414, 416, 428, 435, 439, 441–444, 446–449, 453 f., 462, 464–467, 473 f., 479 Köln 28 f., 44, 51–53, 56 f., 66, 70, 74, 82, 92 f., 96, 98–100, 102, 104, 106, 108, 113–115, 119, 123– 125, 129 f., 132 f., 135 f., 143, 146, 158 f., 163 f., 166, 172, 176 f., 179, 181 f., 185, 196 f., 205, 208, 213–217, 225–227, 230, 235, 252 f., 257, 259, 276 f., 279, 283, 291, 296, 301, 304, 306–310, 315–318, 339–342, 346, 351, 357–359, 361, 363 f., 371 f., 375, 377, 379–381, 383–386, 390, 396, 403, 405, 415 f., 428 f., 433, 435, 438–440, 448, 453, 455–459, 462, 464, 470, 473 f., 479 Krefeld 66, 225, 247, 272, 301, 358, 422 Leipzig 63, 90 f., 140, 450 Livorno 193 London 224, 414 Lunéville 54 Lüttich 58, 313, 353, 373 Luxemburg 51
Quellen- und Literaturverzeichnis Mülheim an der Ruhr 66 Münster 67, 135, 260, 397 Paderborn 135, 148, 227 Paris 51, 56 f., 66 f., 72, 74, 85, 93, 98, 109, 112 f., 128, 139, 156, 213, 215, 224, 254, 310, 452, 458 Prüm 66 Saarbrücken 27, 53, 66, 263, 352 Saarlouis 263 Schönbrunn 60 Simmern 66 Speyer 66 Straßburg 355 St. Wendel 415, 451 Tauroggen 89 Tilsit 62 Trier 28 f., 51, 55, 57 f., 70 f., 86 f., 94–96, 102 f., 108, 114, 119, 123–127, 130 f., 136, 141, 143, 151, 161, 166, 175, 180, 184, 187 f., 190, 193, 196, 199, 208, 214–216, 226, 234, 237–240, 243, 248, 250 f., 253, 286–289, 291, 301, 305 f., 311 f., 314–317, 324, 326, 333 f., 342–348, 352–355, 357, 360, 375, 383, 386–388, 390 f., 393 f., 396 f., 401, 405 f., 415–417, 427, 435, 440, 443, 447 f., 455, 462, 464–467, 471, 473 f., 479 Verviers 313
Magdeburg 117, 292, 385 Mainz 51 f., 54, 57, 66 Metz 353 Minden 368, 379 Moers 399
Wetzlar 27, 56 Wien 95 Zweibrücken 66, 268, 314
2. Personenregister Adams, Franz Peter 331 Adolphi, Gerhard Jakob 238 Aldringen, Philipp Christoph 346 Altenstein, Karl Sigmund Franz Freiherr vom Stein zum 378, 382 Ammon, Johann Georg Heinrich von 170 Anschütz, Andreas 329 Arndt, Ernst Moritz 397, 451 Arnim-Boitzenburg, Adolf Heinrich von 314, 341, 413
Arnold, Christian Ludwig 139, 153, 183 Arnoldi, Wilhelm 388, 390, 394, 396 f. Aschenborn, Georg Friedrich 213 Bachem, Friedrich Wilhelm Alexander 467, 474 Bachem, Lambert 390 Baedecker, Emilie geborene Heinzmann 378 Baedecker, Karl 355 f., 375, 378, 414, 443, 456 Baum, Gerhard Julius Friedrich 362, 399, 439 Bayern, Elisabeth Ludovika „Elise“ von 195 f., 397
Personenregister Bayern, Maximilian IV. Herzog von/Bayern, Maximilian I. König von 60, 446 Beaufort, Johann Joseph 210, 226 Beauharnais, Joséphine de 52, 196 Beer, Johann Georg 156 Beissel, Ludwig „Louis“ 150 Bel, Joseph Jacob 316 Benzenberg, Johann Friedrich 139, 148, 170, 190, 199, 205, 333 f., 369 f., 382 Bernstorff, Christian Graf von 210 Bettendorf, Jakob Leopold 130, 132, 150, 226, 245 Beugnot, Jacques Claude 59, 67, 113 Beving, Theodor 85, 581 Birck, Damian Ernst 112 Bochkoltz, Friedrich Damian Joseph 156, 167, 345, 354 Bodelschwingh, Ernst von 226, 243, 314, 334, 353, 366, 379, 388 f., 392 Bohl, Johann Jakob 86 Boisserée, Johann Bernhard Kaspar 99 f., 158, 164, 172, 181, 253, 278, 339, 371, 375 Boos-Waldeck, Clemens Wenzeslaus Graf von jun. 327, 365 Boos-Waldeck, Clemens Wenzeslaus Graf von sen. 139, 213 Borcke, Friedrich Heinrich von 67 Borstell, Ludwig Georg Leopold von 292, 391, 449 Bougleaux-Pottgeißer, Magloire 93, 183 Braff, Johann Caspar 150 Bram, Franz Damian 343 Brentano, Clemens Wenzeslaus 293, 389, 391 Brewer, Johann Paul 136, 146, 172, 179, 297 Brixius, Valentin 344, 346, 415, 467 Brügelmann, Jakob Wilhelm 110 f. Brüning, Johann 244 Burret, Anselm Joseph 118, 121, 139, 153, 234, 236, 302 f., 389 Burret, Carl Joseph 118, 139, 151 f., 172 f., 327, 453 Burret, Maria Josefa 86 Burret, Peter Franz 118, 183 Camphausen, Gottfried Ludolf 339, 342, 371, 373– 376, 396, 403, 416, 433 f., 439, 459, 470, 474 Camphausen, Otto 339, 372, 374, 399, 434, 439, 474 Cardon, Damian 112, 117, 415 Carové, Friedrich Wilhelm 386 f. Cetto, Karl Friedrich 451
731 Cetto, Karl Philipp 314, 415, 467 Cetto, Nikolaus 314, 451 Classen, Reiner Joseph Apollinaris 233 Clemens, Johann Peter 152, 183, 356, 358 Clemens, Simon 464 Cockerill, Charles James 58, 224, 313, 413 Cockerill, John 58, 373 Cockerill, William 58, 371 Coels, Friedrich Josef von 99, 119, 208, 210, 217, 231, 235, 310, 313, 341 Coels, Lisette von 99 Collenbach, H. Freiherr von 97 Coninx, Carl Peter Heinrich 335 Courth, Andreas 335 Cuny, Jacob Christoph von 384 f., 393, 403 Cunz, Johann Justus 121 Custodis, Leopold Wilhelm 170, 192, 194 Dahmen, Carl Eduard 463 Dahm, Jacob 139, 152 f. Daniels, Franz Wilhelm Anton 44, 150 f., 159 f., 170, 178, 190, 217 f., 223, 228 f., 231, 235, 241 f., 254 f., 261, 283 f., 334, 344 Daniels, Gottfried Wilhelm von 259 Dautzenberg, Johann Lambert Theodor 193 Dautzenberg, Peter Joseph Franz 193, 233, 333 Debeaune, Guillaume 93 Degreck, Wilhelm Joseph 92, 96, 102, 104, 108, 149 Deichmann, Auguste 225 Deichmann, Lilla geborene Schaaffhausen 378 Deichmann, Wilhelm Ludwig 378, 459 Deinhard, Johann Friedrich 108, 139, 213, 351, 355 f., 375, 378, 414, 452 Delius, Daniel Heinrich 120, 125 f., 141, 180, 208, 226, 289 Delius, Helene geborene Schrader 123 Demeuth, Johann 292 De Noël, Mathias Joseph 340 Dequer de Jouy, Johann Ludwig 99 Deus, Friedrich August 335 Deutz, Egidius 226 Dietz, Antonetta geborene Maas 293 f. Dietze, Karl Wilhelm Gottfried 335 Dietz, Hermann Joseph 58, 153, 209, 244, 292–295, 365, 389 f., 393, 399, 402, 423, 428, 467 Doazan, Jean Marie Thérèse 92, 446 Dörner, Ignatz 193
732 Dorsten, Johann Rutger Ambrosius von 96, 119, 170 Droste-Vischering, Clemens August von 309, 377, 379 f., 382, 390, 392, 394, 457 DuMont, Heinrich Joseph Mathias 159, 164, 209 DuMont, Johann Marcus Theodor 159, 205, 209, 309 DuMont, Joseph 378, 380, 470 Dupont, François Joseph 95 Ebermayer/Ebermaier, Karl Heinrich 299, 335 Effertz, Johann Leonhard Joseph 224 Eltz-Rübenach, Emmerich von 139 Elz, Franz Josef 93 Emonts, Carl Joseph 109 Emonts, Lucia Dorothea 254 Emundts, Franz Edmund 44, 241 f., 280, 285 f., 315, 341 f., 362, 371, 399, 402, 412, 463, 468, 474 Emundts, Franz Joseph Hubert 371 Emundts, Peter Tilmann Joseph 241, 423, 253 Erven, Gerhard Joseph 96 Ester, Carl d‘ 470 Eyckeler, Theodor 149, 238 Fassbender, Joseph 95 Faulenbach, Friedrich 384 Feller, Catharina 193 Fellinger, Johann Jakob 285, 393 Fey, Andreas 388 Fisenne, Peter Georg von 58, 97, 109, 111, 150, 244 f., 255, 258 Fonk, Peter Anton 205 f. Fremerey, Fanny 369 Fritsche, Ludwig (von) 226, 292, 311, 315, 328, 334 Fuchsius, Johann Joseph Goswin Maria von 315, 334, 336, 338, 342, 362, 372, 399, 417, 469, 474 Fuchs, Johann Baptist 119 Fuchs, Johann Jakob Peter 339 f. Fürth, Joseph Aloys Felix Freiherr von Brewer genannt 97, 109, 215 Gaertner, Franz von 123, 126, 155, 209, 216, 238, 289, 632 Gall, Gottfried Joseph von 96 Gall, Johann Aloys 205, 209, 353, 370, 467 Gall, Ludwig 353, 356, 360 Gattermann, Anna Carolina Franziska 86 Gattermann, Clara geborene Linz 87
Quellen- und Literaturverzeichnis Gattermann, Johann Christian Hermengild 86 Gayer, Johann Dominic 302, 453 Geissel, Johannes von 457 Gerlach, Karl von 386, 403, 440 Gerolt, Appellationsgerichtsrat von 398 Gerotin, Nicolas François 156 Gerotin, Theresia geborene Lippe, verwitwete Haw 156 Geuljans, Johann Joseph 97, 109, 111, 241 Geuljans, Peter Joseph 241 Geyr von Schweppenburg, Cornelius Joseph 108, 113, 159, 250, 253, 413 Geyr von Schweppenburg, Everhard Anton 253, 339 Geyr von Schweppenburg, Theodor Johann 372, 413 Giesen, Hyacinthe 228, 237 Göring, Peter 238 Görres, Joseph 86, 89, 103, 121 f., 124, 138–140, 144, 149, 154, 166, 195, 200, 203–206, 209, 236, 382, 389, 450, 453 Görtz, Franz Damian 43, 239, 347 f., 406, 415 f., 465, 474 Gottbill, Ludwig Karl 112 Grach, Anna Johanna 96 Grach, Johann Emmerich 95 f., 128, 155, 167, 193, 239 Grach, Johann Michael 239, 354 Grach, Johann Michael jun. II. 399 Grebel, Adolph 466 Grebel, Matthias Joseph 86, 153 f., 204–206, 213, 236, 258, 332, 453, 466 Greif, Anton de 422 Groote, Eberhard Anton von 82, 113, 115, 119, 132 f., 158, 161, 164, 176, 179, 217, 225, 253, 277 f., 293, 303, 308, 384, 394, 398 f., 402, 428 f., 439, 470, 475 f. Gruner, Anastasia geborene Robin 85 Gruner, Justus Karl (von) 85 f., 90, 92, 94 f., 100, 118, 154 Guaita, Cornelius Maria Paul von 44, 70, 83, 97, 109, 112, 122, 132, 137, 144, 150, 158, 160 f., 164, 169, 181, 217, 224 Gülpen, Joseph van 393 Haan, Christian Ignaz 414 Haan, Johann Joseph 253 Hackenbruch, Conrad 302
Personenregister Hagen, Ludwig Freiherr vom 177, 226 Hallberg-Broich, Theodor von 207 Hansemann, David 224, 341 f., 344, 361, 364, 368–371, 373–375, 392, 396, 399, 402 f., 409, 416, 433, 469, 471, 474 Hansenclever, Josua 244 Hardenberg, Karl August von 63, 111–113, 115, 130, 134, 136–139, 144, 154, 157, 160, 162, 164 f., 168 f., 172, 244, 378, 477 Hartung, Franz Peter 234, 244, 276, 327 Hartung, Joseph 276, 280, 286 Hasslacher, Barbara Josepha geborene Oswald 414 Hasslacher, Franz Anton 414 Hasslacher, Franz Carl II. 338, 341, 375, 414 Hasslacher, James 414 Hasslacher, Konrad 302, 341, 414 Haw, Johann Joseph 156, 167, 348, 448 Haw, Wilhelm (von) 31, 43, 67, 155–157, 161, 166 f., 175, 180, 184, 188 f., 191, 208, 214, 216, 218, 234, 238–243, 245, 252, 256, 261–263, 266–268, 272 f., 286–291, 295, 301, 311 f., 315, 326, 329, 343–347, 352–354, 375, 388, 390, 394, 398 f., 401, 406, 415, 421–423, 425–427, 430, 440, 465 Hayn, Matthias Josef II. 245, 253, 291 Heimann, Johann Friedrich Carl I. 224 Heinsberg, Goswin von 104, 158 Hergt, Rudolph Friedrich Christian 329, 378, 390 Hériot, François 206, 210, 332, 378, 390 Hermes, Georg 379 Hermes, Johann Peter Job 155 f., 209, 291, 333 Hermes, Karl Heinrich 452 Herstatt von der Leyen, Friedrich Peter 159, 375 Herwegh, Franz Jacob Joseph von 96, 113, 129, 158, 172, 179, 181, 233 f., 244 f., 253 f., 277 f., 303, 308, 338 f., 422, 427 Hetzrodt, Johann Baptiste 101, 103, 112, 117, 126, 180, 209 Heydt, August von der 372, 427 Hoelscher, Hermann Joseph 204, 206 Hoelscher, Jakob 329 Hoffmann, Friedrich Heinrich jun. 108 Hohensolms-Lich, Ludwig Fürst von 428 Hölterhoff, Franz Daniel 355, 398 f. Hölterhoff, Matthias 433, 470 Hommer, Joseph von 288, 345, 388 Hompesch, Ludwig von 245 Hotheim, Nikolaus von 249, 267
733 Houtem, Ignaz van 58, 283, 372, 463 Hövel, Friedrich Alexander Joseph Raphael von 134 Immermann, Karl 306, 452 Ingersleben, Karl Heinrich Ludwig Freiherr von 77, 130, 139, 141, 155, 162, 202, 204, 223, 230, 245, 248, 251 f., 260, 264, 268, 270 f., 304, 321, 353 Jacobi, Johann Friedrich 67 Joest, Eduard 225 Joest, Wilhelm 225 Jungbluth, Franz Heinrich 226, 233, 372 Kaatzer, Peter 469 Kaldenberg, Wilhelm Joseph von 99 Kamp, Heinrich 429 Kamptz, Karl Albert von 256, 386 Kayser, Franz Anton 155, 167, 184, 193, 214, 216, 218, 237, 253, 268, 348, 354, 398, 401, 426, 435 Kehrmann, Johann Abraham 225 Kehrmann, Johann Heinrich sen. 108, 381 Keller, Conrad Heinrich 233 Kelleter, Edmund Joseph 97 Kempis, Maximilian Joseph Maria von 129, 158 f. Kempis, Philipp von 399 Kesselkaul, Arnold Dominikus Josef Johann Heinrich 283, 285 Kesselstatt, Edmund Graf von 95, 103, 245, 291 Kirn, Jacob von 302 Klewiz, Wilhelm Anton von 120 Klüber, Friedrich Adolph 197, 231 f., 238, 253, 297 Koch, Georg Heinrich 164, 172, 253, 257, 263, 268, 278, 301, 316, 339 Kopp, Benedikt Josef 447 Korbach, Edmund Ignatz 152 Kotzebue, August von 202 Kretzer, Lambert 85 Kylmann, Jakob Freiherr von 108, 338 Lacomblet, Theodor Joseph 233, 335, 339 Ladner, Johann Lorenz 123, 155, 193 Ladner, Peter Franz 343 Ladoucette, Jean Charles François de 98 Langen, Caspar Joseph 159, 225 Langen, Johann Jacob 339 Lang, Josef Gregor 332 Lasaulx, Ernst von 382
734 Lasberg, Friedrich Freiherr von 119, 179, 208, 231, 235, 243, 265, 337, 359, 418 Lassaulx, Franz von 236 Lassaulx, Johann Claudius von 141, 195, 236, 382, 389 Lassaulx, Maria Christina Catherina von 236 Lautz, Carl Wilhelm Friedrich 347 Lebens, Johann Friedrich 85, 107, 118, 141, 213, 249, 311, 329 f. Leiden, Damian Friedrich 225, 236, 278, 470 Leistenschneider, Jacob 94 Lenné, Franz Joseph 448 Lentzmann, Carl 245 Leonardy, Susanne 415 Leonardy, Valentin 291, 355 Leroy, Johann Anton 319, 360, 365, 414 Leven, Johann Alois 224, 384 Leven, Peter Hubert 384 Leyen, Heinrich von der 247 Lezay-Marnésia, Adrien 58, 68, 183, 200, 292, 360, 453 Lintz, Friedrich 87, 317 Lintz, Johann Jakob 96, 155, 208, 343, 354, 467 Linz, Carl Joseph 87, 183, 416 Linz, Franz Richard Maria Joseph 87 Linz, Goswin 85 f. Linz, Henriette Sophie Pauline Charlotte (Witwe Capitain) 87 Linz, Posa Claudius 87 Linz, Richard 87 Linz, Wilhelm Goswin 86 f. Lippe, Alexander Peter 85, 152 f., 156, 166 Lippe, Graf von der 244 Loë, Maximilian August von 393, 398–400, 426, 430, 434 Lommessem, Gerhard Franz von 67, 109 Lommessen, Johann Wilhelm Gottfried von jun. 412 Longard, Johann Nepomuk 236, 329 f., 389, 416, 467 Longard, Leonard 467 Longard, Sebastian 332 Lucas, Johann Jacob 152 Luckemeyer, Carl 335, 415 Lüdemann, Georg Wilhelm von 314 Lunnebach, Johann Baptiste 153 Lyversberg, Jacob Johann Nepomuk 113, 224, 250, 253, 268, 339
Quellen- und Literaturverzeichnis Maas, Franz 93 Maehler, Johann Abundius 141, 153, 157–159, 165, 167, 183 f., 195, 200 f., 204, 207, 215, 217, 233–235, 237, 242, 248 f., 293–295, 306, 318, 322, 328 f., 331 f., 342, 362, 365, 383, 389 f., 399, 402, 447, 465, 467 Marceau, François Séverin 59, 447 Maret, Johann Friedrich 152 Marx, Karl 31, 209, 419 Mathieu, Anna Sibille geborene Grebel 86 Mathieu, Carl Gustav Augustin 85 Mathieu, Clemens Wenzeslaus 85 f. Mazza, Johann Joseph 83, 94, 96, 108, 121, 129, 139 f., 151–154, 157 f., 161 Menn, Gottfried 302 Menn, Jodokus 414 Menz, Peter Paul 123, 239 Merkens, Peter Heinrich 99, 123, 220, 253, 257, 263, 266, 268–270, 272, 278, 301, 316, 339, 342, 358, 368, 371, 375, 378, 396, 399, 421, 426, 430, 459 Mertens, Marie 341 Mevissen, Gustav (von) 225, 375, 435 Miltz, Johann Heinrich 141 Mirbach-Harff, Johann Wilhelm von 110, 134, 244, 253, 261, 270, 298, 393 Mohr, Carl Paulinus 253, 360, 414 Mohr, Friedrich 360, 414 Mohr, Ludwig Weyprecht 95 f., 100, 123, 155 f., 167, 209, 218, 245, 354 Mohr, Peter Ludwig 253, 263, 268, 291, 314, 354, 415, 422, 426, 431, 441 Molinari, Jacob Hermann 224 Molitor, Franz Joseph 185, 192 Moll, Isaak 225 Moll, Johann Jacob 159 Monheim, Johann Peter Joseph 242, 254–256, 259–261, 263, 265 f., 269, 281–283, 293, 301, 322, 342, 364, 372, 394, 399, 402, 427 f., 440 Monschau, Maria Franz Rudolph von 159, 179 Motz, Friedrich Christian Adolf (von) 283 Müller, Josef 137, 150, 181, 215, 228, 236 Müller, Paul 108, 302 Mumm, Elias 433 Mumm, Jacob Wilhelm 316 Murat, Joachim 60, 67 Mylius, Karl Joseph von 44, 67, 109, 113, 117, 123, 129, 158, 172, 181 f., 253, 259, 269, 272, 301, 339, 398, 422
Personenregister Nagel, Franz Adolph Joseph Freiherr von 129, 159 Napoleon Bonaparte 16, 29, 51–53, 55 f., 60, 63, 66 f., 71–73, 75, 82 f., 90, 98, 105, 113, 127, 133, 142–144, 162, 177, 181, 196, 198, 235, 247 f., 305 f., 313, 355, 447–449, 453, 477 Nebel, Johann Nikolaus 83, 139, 152 f., 165, 213, 414 Nebel, Valentin 302 Nell, Christoph Philipp Hugo (von) 74, 112, 114, 153, 209, 218, 238, 306 Nellessen, Carl Martin (von) 313 Nellessen, Franz Alexander Hubert 193, 313 Nellessen, Heinrich 224 f., 280, 291, 313, 388 Nellessen, Karl Theodor 313, 388 Nellessen, Leonhard Aloys 388 Nell, Georg Friedrich Job von 155, 167, 245, 290 f., 343, 346, 354 f., 375, 426, 464 Nell, Gertrude 293 Nell, Maximilian 139, 152 f., 166, 209, 293 Nesselrode-Ehreshoven, Franz Bertram Graf von 335 Nesselrode-Reichenstein, Franz Joseph von 59, 67 f., 83, 134, 141 Neurohr, Johann Matthias 155, 218 Nierstras, Johannes Abraham 123, 159, 164, 278, 316, 339 Norrenberg, Wilhelm Anton 182 Oeder, Johann Conrad 218 Oppenheim, Abraham (von) 470 Oppenheim, Simon 363, 433 Österreich, Kaiser Franz I. von 102, 132, 138, 144 Papst Gregor XVI. 379 Pastor, Philipp Heinrich 371 Pastor, Philipp Heinrich jun. 399, 434 Peillers/Peilers, Johann Urban 95, 343 Pelser Berensberg, Johann Max Anton Josef von 238, 253, 262, 335 Peltzer, Johann Theodor 137 Peltzer, Peter 245 Pelzer, Arnold Edmund 468 f., 474 Pelzer, Johann Theodor 111 Pelzer, Stephan 463, 468 f. Perger, Joseph Gustav 116 Pestel, Philipp von 179, 226, 231 f., 244, 276, 311, 318, 330, 353, 449 Pfeill, Maximilian August von Scharpfenstein genannt 91 f., 149
735 Pfender, Philipp Wilhelm 139, 153, 237 Pontieul, Pierre 93 Pottgeißer, Johann Heinrich 93 Pottgeißer, Marx Aloys 118, 236, 302 Preußen, König Friedrich Wilhelm III. von 62, 74, 85, 103, 105 f., 110 f., 113, 120, 124, 127 f., 131 f., 138, 142, 146, 195, 203, 206, 244, 248, 251, 259, 266, 274, 276, 296, 305, 309 f., 320, 323, 355, 369, 373, 394, 396, 445, 450, 453, 476 Preußen, König Friedrich Wilhelm IV. von 127–129, 143 f., 180, 195–197, 230, 246, 270, 283, 323, 340, 373, 386, 396 f., 400–403, 432, 440–443, 454 f., 457–459, 474, 477 Preußen, Prinz Friedrich von 197, 309 Quest, Friedrich Gottfried Diederich Carl 238 Raitz von Frentz, Emmerich Anton Hubert von 338, 399 Rambs, Anton 355 Rautenstrauch, Johann Wilhelm 314, 343, 355, 415 Raveaux, Franz 470 Recking, Anton Joseph 43, 70 f., 94–96, 100, 102, 104, 112, 116 f., 124, 154, 187, 214, 345 Recking, Anton Joseph Ignatz 96, 156, 214 Reichensperger, August 389, 414 Reichensperger, Franz Joseph 67 Reichensperger, Peter Franz 467 Reiff, Johann Jakob 121, 153, 233 f., 253, 263, 302 Reiman, August von 109, 122, 125, 131, 137, 142, 150 f., 177 f., 181, 189, 217, 223, 225–230, 233, 237, 241, 244 f., 281 f., 313, 340–342 Reumont, Alfred von 100, 103 Reusch, Heinrich Adolph 433 Ribbentrop, Friedrich (von) 213 Ritz, Wilhelm 217, 253, 271 f., 281, 369, 422 Robin, Georg Pascal 85 Romberg, Gisbert Christian Friedrich von 134 Ruppenthal, Karl 227, 385 f., 438 Sachsen, Kurfürst Clemens Wenzeslaus von 58, 61, 302, 453 Sack, Johann August von 104, 109, 122 Sack, Marianne Gertrude Johanna geborene von Reiman 109 Salm-Reifferscheidt-Dyck, Joseph Franz Marie Anton Fürst und Altgraf zu 74, 247, 264, 269, 271
736 Schaaffhausen, Hubert 139, 152 f., 164, 237, 358 Schaaffhausen, Johann Abraham Anton 96, 99, 104, 108, 113, 129, 159, 164, 185, 225, 341, 351, 375, 378 Schaaffhausen, Maria Theresia Lucia geborene de Maes 278 Schaak/Schaack, Johann Paul 343, 345 Schaltenbrand, Heinrich 390 Schaper, Eduard von 388, 396 f., 422, 435, 438 Schervier, Johann Gerhard jun. 150 Schervier, Johann Heinrich Caspar 224, 255 Schimmelbusch, Franz 362 Schinkel, Karl Friedrich 195, 449 Schmeltzer, Caspar 233 Schmidt, Johann 117, 155, 346, 348 Schmitt, Johann Bernhard 123 Schmitz-Grollenburg, Edmund von 112, 121, 126 f., 138 f., 156, 173, 226, 230, 233, 315 Schmitz, Johann Anton 101 Schmitz, Joseph Cornelius von 306 Schnabel, Franz Heinrich 91 f., 102, 119, 148, 313, 317 Schnitzler, Carl Eduard 225, 268, 278, 339, 342, 470 Schöller, Heinrich Leopold 232 Schöller, Johann Philipp 232 f., 238, 242, 253, 272, 299, 301, 316, 334, 338, 372, 422, 435 Schramm, Engelbert Libor 97, 108, 111, 115, 124, 148 f., 168, 172 Schram, Theodor 134 Schröll, Johann Anton 208 Schuchard, Johannes 368, 425, 427 Schuckmann, Friedrich von 167, 231 Schülgen, Heinrich Severin 96 Seligmann, Leopold 363, 453 Seligmann, Moses 121 Settegast, Joseph Maria Anton 139, 293 Settegast, Modest 158 Settegast, Nikolaus 158 Seydell, August 389 Sibenius/Sybenius, Franz Anton 96 Siebenpfeiffer, Philipp Jakob 317 Sieger, Franz von 335, 397 Simon, Matthias 157, 588 Simons, Friedrich Laurenz 235 Solders, Matthias 97, 150 Solms-Braunfels, Karl Fürst von 432
Quellen- und Literaturverzeichnis Solms-Laubach, Christian Ludwig zu 77, 141, 177, 202, 226 Spee, August Wilhelm Constantin Hubert Graf von 399, 415 Spee, Franz Ambrosius Josef Anton Adrian Graf von 68, 91, 100, 110 f., 119, 134, 170, 233, 238, 244 f., 253, 268, 270, 272, 298 f., 301, 335, 338, 372, 393, 399, 421 Spee, Sophia geborene von Merveldt 91 Spiegel-Borlinghausen, Johannes Adolf Theodor Freiherr von 227, 392, 397, 434 Spiegel, Ferdinand August Graf von 377 Spiegel, Wilhelmine Friederike Franziska geborene von Vagedes verwitwete Freifrau von 392 Springsfeld, Johann Jakob Wilhelm 301, 370 Staadt, Franz Anton 343 Stahl, Lorenz 418 Startz, Heinrich 470 Startz, Leonard Joseph 97, 130, 261, 398 f. Steffens, Johann Wilhelm (von) 217, 237, 253, 369, 398 f., 434 Steinberger, Johann Adolph Anton 44, 159 f., 164, 172, 181 f., 214, 226, 235, 242, 267, 307, 334, 340, 342, 371, 381, 394, 399, 402, 428 f., 457, 465 Stein, Franz Caspar 335 Stein, Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr von und zum 63, 134, 141, 264, 270 Stein, Johann Heinrich 123, 225, 375 Stein, Wilhelm 193 Steitz, Balthasar 467 Stern, Joseph 193 Stoll, Johann Friedrich 344–346 Strauch, Clementine Ottilie Hubertine von 413 Strauch, Karl Alois Rudolf von 413 Struensee, Georg Karl Philipp (von) 117, 208, 235, 309 f. Struensee, Gustav von 208 Süß, Christoph 239, 465 Süß, Johann Anton 233, 343 Sybel, Heinrich Philipp Ferdinand (von) 335 f., 338, 399, 439 Tesche, Carl Anton 355–357, 359, 365 f. Thanisch, Jakob 155, 239, 354, 415 Tilmanns, Johann Werner Joseph 237, 342 Trips, Graf von 244 Ullrich, August Leopold 392
Personenregister Vacano, Clemens von 183 Vernier, François 99 Vietoris, Stephan Heinrich 109 Villers, Ludwig Graf von 347 Wagner, Johann Friedrich 226, 255, 285, 342, 364 Wagner, Johann Georg 364, 393 Wallraff, Ferdinand Franz 51, 113 f., 333, 340 Wassenberg, Peter 236 Weiß, Matthias 210 Wergifosse, Josef 430 Westphalen, Ferdinand Otto Wilhelm von 209 Wied-Neuwied, Fürst August zu 247, 256, 264 f., 270 Wildenstein, Friedrich Wilhelm Heinrich 150 Wildt, Hermann Joseph Cornelius 109 Wirth, Georg August 317
737 Wittgenstein, Johann Heinrich Franz von 278, 303 f., 308 f., 375, 383, 458 f., 470 Wittgenstein, Johann Jakob Hermann Josef von 51, 96, 98 f., 104, 123, 158 f. Wollersheim, Franz Michael Josef 85, 213, 236 Würth, Franz Johann Nepomuk 111 Wylich, Christoph Carl Alexander Friedrich von 134, 244 Wyttenbach, Johann Hugo 209, 333 Zanoli, Emanuel Ciolina 308 Zeininger, Ferdinand 155 f., 167, 180, 183, 214, 233, 236, 239, 343 Zell, Johann Mathias 155 Zell, Mathias 343 Zweiffel, Johann Jakob jun. 118, 141, 183 Zwirner, Ernst Joseph 458