Piero della Francesca. Madonna del parto. Ein Kunstwerk zwischen Politik und Devotion 3596107628, 9783596107629


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German Pages [34] Year 1992

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Piero della Francesca. Madonna del parto. Ein Kunstwerk zwischen Politik und Devotion
 3596107628, 9783596107629

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Piero della Francesca

Madonna del parto Ein Kunstwerk zwischen Politik und Devotion Von Ingeborg Walter Fischer

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»Dieser verfeinerte, religiöse Stil wird mit einer Geste verbunden, die natürlich und frei von Scham ist wie die Rede eines Bauern.« Kenneth Clark

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Piero della Francesca Madonnadel parto Piero dellaFrancesca malte dieMadonna delparto um die Mitte des 15.Jahrhunderts für eine kleine Kapelle in der Nähe der Ortschaft Monterchi im oberen Tibertal, aus der seine Mutter stammte. Thema ist die Schwangerschaft Mariens. Piero knüpft an einen Bildtypan, derim14. und 15.Jahrhundert in Florenz verbreitet war, interpretiert diesen aber auf eine persönliche und neue W eise. D er strenge Aufbau und die Schlichtheit der Komposition unterstreichen die Sakralität der Darstellung, doch gleicht die kindliche Maria im einfachen blauen Kleid mit den aufgetrennten N ähten nicht einer Himmelskönigin, sondern einer irdischen jungen Frau, die der G eburt entgegensieht. D er christliche Mythos wird dem Maler zum Vorwand, um hinter dem Heilsgeschehen das Wunder der Menschwerdung aufscheinen zu lassen. D as Fresko entstand vermutlic)1 im Zusammenhang mit der Einführung der florentinischen Herrschaft in Monterchi. Der Name seines Autors geriet mit der Zeit in Vergessenheit, bis das Bild Ende des 19.Jahrhunderts wiederentdeckt wurde. In der Zwischenzeit hatte es bei der weiblichen Bevölkerung der Gegend kultische Funktion erworben. Bis in die heutige Zeit pilgern die schwangeren Frauen zu Pieros Fresko, um Marias Beistand für Schwangerschaft und Geburt zu erflehen. Andrej Tarkowskij hat dieses Zusammentreffen von Kunst und Ritus in einer grandiosen Szene seines Films »Nostalghia« (1983) beschrieben.

Ingeborg Walter ist Mitglied der Redaktion des »Dizionario biografico degli Italiani« (Rom). Veröffentlichungen in deutscher und italienischer Sprache zur Geschichte der Frau und der Kindheit, vornehmlich im spätrnittelalterlichen Italien. Ihr besonderes Interesse gilt der historischen Ikonographie.

Ein Kunstwerk zwischen Politik und Devotion Von Ingeborg Walter Fi~cher Taschenbuch Verlag

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kunststück Begründet von Klaus Herding Herausgegeben von Michael Diers

Das Ambiente

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1 Piero delta Francesca, Madonna de! parto. Fresko in der Friedhofskapelle von Monterchi ( Arezzo).

A Frontispiz: Porträt des Piero della Francesca, in: Giorgio Vasari, Levite de' piu eccellenti pittori, scultori e architetti, 1568

Graphische Konzeption: Max Bartholl und Christoph Krämer Lektorat: Wolfgang Balk Bildredaktion: Sabine Behrends Originalausgabe Veröffentlicht im Fischer Taschenbuch Verlag GmbH, Frankfurt am Main, Oktober 1992 © 1992 Fischer Taschenbuch Verlag GmbH, Frankfurt am Main Satz: Fotosatz-Service Weihrauch, Würzburg Druck: Wagner GmbH, Nördlingen Bindung: G. Lachenmaier, Reutlingen Printed in Germany ~ ISBN 3-596-10762-8

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Wer heute nach Monterchi kommt, einem alten, um einen Hügel gruppierten Städtchen im oberen Tibertal an der Grenze zwischen der Toskana und Umbrien, kann dort in der nicht weit vom Ort entfernten Friedhofskapell~ie dellaFranc~a.s._her_ühmtes Fres_ko der schwangeren J_ungfrau Maria bewundern (Falttafel und Abb. 1). Es wurdee rst imJahre 1889 von zwei Kunstverständigen wiederentdeckt, nachdem das Wissen um Pieros Autorschaft seit langem verlorengegangen war. In der Zwischenzeit war jedoch Pieros Bild bei den Frauen der Gegend zu großem Ansehen gelangt. Die Schwangeren pilgerten zur schwangeren Muttergottes von Monterchi, um von ihr Beistand in der schweren Stunde der Geburt zu erfleh~iesen schwangeren Frauen verdankt Pieros Fresko den Namen, unter dem es heute allgemein bekannt ist. Die Schwangeren bezeichneten es als »Madonna del parto« (Madonna der Niederkunft). 1 So wie es sich heute dem Blick des Betrachters darbietet, gibt Pieros Fresko freilich nur noch eine vage Vorstellung von seiner ursprünglichen Beschaffenheit. Die einst leuchtenden, klaren Farben sind im Laufe der Jahrhunderte verblaßt, die Ränder y.tellenweise abgebröckelt. Ferner wurde das f resko, das einst die Altarwand der Kapelle schmückte, Anfang dieses Jahrhunderts abgelöst und in einen Rahmen gefaßt. Bei dieser Gelegenheit wurde es restauriert, doch so ungeschickt, daß die Harmonie der Komposition erheblich gelitten hat. So ist z. B. der plumpe obere Teil des Zeltes eine Ergänzung des Restaurators. 2 Auch die heutige Kapelle hat nicht mehr viel mit 5

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)

dem mittelalterlichen Marienkirchlein gemein, für das Piero delta Francesca um die Mitte des 15.Jahrhunderts das Fresko malte. Dieses wurde gegen Ende des 18. Jahrhunderts zunächst verkleinert, um Platz für einen Friedhof zu schaffen, und schließlich im Jahre ~ 6 wegen seiner Bau- ,,,- ) fälligkeit völlig umgebaut. Dabei wurde der Ein:: gang nach Süden verlegt und das abgelöste Fres- \ ko, das sich ursprünglich auf der östlichen Wand über dem Hauptaltar befand, auf der Nordwand ./ angebracht. Dadurch wurden jedoch die [iditverhältnisse verändert und das ganze Ambiente zerstört, für das Piero sein W erk geschaffen hatte. Die alte Kirche, die ungefähr acht Meter lang; \ vier Mettfr breit und fünf Meter hoch gewesen war, hatte ihr Licht durch ein rundes Fenster \ über dem Eingang empfangen, das in gebündeltem Strahl auf das Bild fiel und den übrigen Raum im Halbdunkel ließ. Heute dagegen wird das Fresko von einem diffusen Licht beleuchtet, das durch mehrere Fensteröffnungen in die Kapelle dringt. Eine Vorstellung von der ursprünglichen Marienkapelle kann ein im Jahre 1450 von Piero gemaltes Tafelbild geben, auf dem sich der Hl. Hieronymus in einer lieblichen Flußlandschaft seinen Bußübungen widmet ( Abb. 2) . Im Hintergrund zwischen den Bäumen erblickt man ein schmales hohes Kirchlein, so wie einst die Marienkapelle bei Monterchi gewesen sein muß. 3 Trotz der erlittenen Schäden und der Zerstörung des ursprünglichen Ambientes hat Pieros Schwangere Madonna nichts von ihrer Anziehungskraft eingebüßt. Allerdings pilgern die Schwangeren heute nur noch selten zum Bild. Die Besucher kommen vor allem, um dem Kunstwerk zu huldigen. 6

2 Piero delta Francesca, Landschaft mit dem HI. Hieronymus. Berlin, Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie. Die Kapelle im Hintergrund ist vom gleichen Typ wie die ursprüngliche Marienkapelle bei Monterchi.

Das Bild Maria steht mit leichter Drehung nach links im milden Licht unter einem mit Pelzwerk ausgefütterten Zelt, das zwei Engel gerade geöffnet haben ( Abb. 3). Ihr einfaches blaues Kleid mit dem anliegenden Oberteil und dem weiten, langen Rock ist zu eng für ihre von der Schwangerschaft veränderte Gestalt geworden. Deshalb hat sie unter der Brust ein paar Schlaufen des Kleides geöffnet und vorn und an der Seite die Nähte aufgetrennt, so daß das weiße Unterhemd hervorschaut. In die Zöpfe eingeflochtene, kunstvoll zu einer Haube verschlungene Bänder halten das blonde Haar zusammen. Der Blick unter den schweren Augenlidern ist richtungslos, Maria scheint völlig in ihre Gedanken vertieft. Die schlanken, leicht gekrümmten Finger ihrer rechten Hand liegen behutsam auf dem Leib, dessen Rundung durch den vorderen langen Schlitz im Kleid hervorgehoben wird. Der linke Arm ist in die Hüfte gestützt und die Handfläche nach oben gedreht, als wollte Maria, der diese Geste zugleich einen lässig stolzen Ausdruck verleiht, die aus dem Gleichgewicht geratene Statik des Körpers wiederherstellen.Nur eine Aureole zeigt an, daß die junge Schwangere nicht allein der irdischen Welt angehört. Die beiden Maria zur Seite stehenden Engel deutlich kleiner an Gestalt - , die mit tänzerischer Geste das Zelt offenhalten, sind völlig gleich, der eine ist das genaue Spiegelbild des anderen (Abb. 4). Sie wurden nach dem selben Karton gearbeitet, der beim zweiten Engel einfach umge3 Piero della Francesca, dreht wurde. Nur die Farben der Kleider und Madonna del parto, rlügel alternieren: Der linke Engel trägt ein grüAUSJchnitt. nes Gewand und rosa Strümpfe, der rechte dage9

gen ein tiefrosa Gewand und grüne Strümpfe. Die Blicke der Engel sind auf den Betrachter gerichtet und stellen den Kontakt zu diesem her in der Absicht, die Aufmerksamkeit auf das im Bild Dargestellte zu lenken ( Abb5). Es handelt sich um ein Stilmittel, das Piero della Francesca auch auf anderen seiner Gemälde angewandt hat. 4 Das 0lt, unter dem Maria steht und sich den Blicken der Betrachter darbietet, ) st mit graubräunlichem Feh ausgefüttert, einem Eichhörnchenfell, das sich im Italien des 15.Jahrhunderts 10

4 Linker Engel aus der Madonna de! parto; er blickt den Betrachter an.

5 Rechter Engel aus der Madonna de! parto.

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großer Beliebtheit erfreute. Die Außenseite des Zelts besteht dagegen aus rotem Brokat, dessen heute fast verwischtes Muster aufi esprungene Granatäpfel zeigt. Sie verweise~ ie das aufgetr_ennte Kleid, auf Marias Schwangerschaft. Formale Strenge prägt die ganze Komposition und zeugt von der Liebe ihres Schöpfers zur Geometrie, wie sie auch in Pieros kunsttheoretischen und mathematischen Werken ihren Ausdruck fand. Vertikale und horizontale, gerade und gekrümmte Linien strukturieren das sym11

metrisch aufgebaute Bild, dessen zentrale Achse eine durch den Scheitelpunkt der spitzbogenförmigen Zeltöffnung verlaufende Vertikale ist. Die rechteckig zugeschnittenen Felle bilden~ gleichmäßiges Muster, die die einzelnen Felle verbindenden Nähte ein Geflecht von Linien, das den Hintergrund kreisförmig ausweitet. Wahrscheinlich zog Piero diese Linien mit Hilfe einer hoch über dem Fresko befestigten Schnur, die er für die Vertikalen wie ein Lineal, für die Horizontalen wie einen Zirkel benutzte. 5 Dennoch läßt dieser geometrische Aufbau die Bewegung nicht erstarren, er läßt sie im Gegenteil nur um so deutlicher hervortreten. Das Bild hält wie in einer Momentaufnahme den Augenblick fest, da die Engel mit raschem Zug das Zelt öffnen. Dazu strecken sie den einen Arm in die Höhe, um den Vorhang zu halten, und stützen ihr Gewicht auf eines der Beine, während sie den Oberkörper um neunzig Grad drehen, eine komplizierte Pose, die sich aus ihrer ~ewegung ergibt. Maria steht dagegen reglos und versonnen, genau in der Mitte des Bildes, aber durch ihre Drehung nach links entzieht sie sich wieder der Symmetrie. In eben diesem Kontrast zwischen dem geometrisch aufgebauten Rahmen und der Natürlichkeit, mit der Maria sich darin bewegt, liegt die innere Spannung und der Reiz von Pieros Werk.

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Maria Platytera Der Anziehungskraft von Pieros Schwangerer Madonna konnte sich auch der russische Maler Marc Chagall nicht entziehen, als er im Herbst des Jahres 1954 in Begleitung des italienischen Kunsthistorikers Roberto Papini eine Besichtigungsfahrt zu den Werken Piero dellaFrancescas in der östlichen Toskana unternahm. 6 Die Reise führte zunächst nach Arezzo, wo Chagall in der Franziskanerkirche Pieros großen Freskenzyklus zur Kreuzlegende bewunderte, nach Sansepolcro, der Geburts- und Heimatstadt des Künstlers, und zum Schluß nach Monterchi, wo Papini seinen berühmten Gast zur Friedhofskapelle führte. Chagall war überrascht und bat seinen Begleiter um nähere Auskunft über das ungewöhnliche Bild. Er wollte wissen, ob Piero es für diese Kapelle gemalt habe und ob der Maler viel- , leicht selbst auf dem angrenzenden Friedhof begraben liege. Die erste Frage wurde bejaht, die zweite verneint. Papini erzählte Chagall auch, daß Pieros Mutter in Monterchigeboren worden sei. »Nun wird mir alles klar«, kommentierte Chagall freudig diese Information: »Ist es nicht das Leben, das am Ort des Todes aus dem Schoß der Mutter wiedergeboren werden soll? Welch ein ungeheurer Gedanke! « Chagall war wie kaum ein anderer Betrachter befähigt, den tieferen Sinn von Pieros Werk zu erfassen, denn es war einem Thema gewidmet, mit dem er sich selbstJahrzehnte zuvor auseinandergesetzt hatte. Während seines ersten Aufenthalts in Paris in den Jahren 1910-14 hatte nämlich auch er, vom Heimweh nach seiner fernen russischen Heimat gequält, eine schwangere Frau gemalt, zwar nicht Maria, sondern eine einfache Bauers13

7 Madonna des Zeichens aus Jaroslawl, ca. 1224, mit einem runden Schild mit dem Brustbild des Jesuskindes vor der Brust. Moskau, Staatliche Tretjakov Galerie.

6 Marc Chagall, , Schwangere Frau, 1913. Amsterdam, Stedelijk Museum. Auf den Rock ist ein Medaillon mit dem . ungeborenen Kind gemalt.

frau im bunten Kleid, deren riesenhafte Gestalt sich hoch über Häuser und Menschen erhebt ( Abb. 6). Mit einer Geste, die jener Marias aufPieros Fresko sehr ähnelt, zeigt die Schwangere auf das Kind in ihrem Leib, das freilich anders als bei Piero ganz konkret sichtbar ist, denn es steht, eingefaßt in eine ovale Hülle, aufrecht im Leib seiner Mutter. Das Milieu, das die Schwangere umgibt, ist russisch; es bezeichnet den Ort, dem das Heimweh des Künstlers gilt. Die Gestalt der 15

8 Verkündigungsbild aus Nowgorod, 12. Jal:nhundert. Moskau, Staatliche Tretjakov Galerie. Auf Marias Brust ein ovaler Schild mit dem J esuskirtd.

Mutter und das ferne Heimatland sind in der Vorstellung des Künstlers aufs engste verbunden.7 Vorbild Chagalls für diese Art, die Schwangerschaft zu verbildlichen, war sehr wahrscheinlich ein im Bereich der griechischen Kirche und der byzantinischen Kunst weit verbreitetes Ikonenfor~lar. Es zeigt Maria mit zum Gebet ausgebreiteten Händen und einem runden Schild vor der Brust, in den das Jesuskind eingepaßt ist. Es handelt sich um einen Typ des Marienbildes, das als »MariaPlatytera« oder auch als »Blacherniotissa« bezeichnet wird, weil sich das u rbild, wie es

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9 Wandbild aus der Kirche S. Maria antiqua in Rom, 8. Jahrhundert. Maria hält einen ovalen Schild vor die Brust.

scheint, einst in der Blachernenkirche in Byzanz befand. 8 In Rußland vertritt diesen Typus die berühmte »Madonna des Zeichens« aus J aroslawl ( Abb. 7). In einigen Varianten hat der Schild vor der Brust aber auch eine ovale Form, wie z. B. auf einem Verkündigungsbild aus Nowgorod (AbbB). 9 Auf einem frühen Votivbild in der Kirche S. Maria anti qua in Rom aus dem 8. Jahrhundert hält Maria selbst einen solchen ovalen Schild mit dem Kind vor ihre Brust ( Abb. 9). 10

Der florentinische Typus der schwangeren Madonna Der byzantinische_Typ_der Maria PlatyteraJand im Westen nur wenig_Anklang. Die Mehrzahl der wenigen erhaltenen Beispiele stimmt bezeichnenderweise aus Venedig, das aufgrund seiner geographischen Lage und seiner handelspolitischen Interessen griechisch-byzantinischen Einflüssen besonders offen stand. Bartolomeo Bon wiederholte den Typ der Platytera noch im 15.Jahrhundert auf einem Relief über dem Portal der Scuola della Misericordia in Venedig, aber er verschmolz ihn mit dem Typ der Schutzmantelmadonna, bei dem die Muttergottes ihren Mantel über ihre Schutzbefohlenen breitet

( Abb.10). 11 Jedoch war die wunderbare Schwangerschaft Marias auch in der westlichen Kunst ein belieb-,_. tes Thema, besonders in der Zeit des ausgehenden Mittelalters. Den Anlaß, Maria als Schwangere darzustellen, lieferte vor allem die 18

10 Barto!omeo Bon, Schutzmantelmadonna in der Art der Maria Platytera mit einem ovalen Medaillon vor der Brust. Steinrelief, einst über dem Portal der Scuola della Misericordia in Venedig, Mitte 15 .Jahrhundert; heute London, Viaoria and Albert Museum.

Illustrierung biblischer Szenen, denn Marias Besuch bei ihrer Base Elisabeth oder die Zweifel ' Josephs an der Keuschheit seiner Braut, vo n denen das Evangelium berichtet, erforderten einen augenfälligen Hinweis auf ihren körperlichen Zustand ( Abb.11). Dabei ließen es die Künstler nicht immer damit bewenden, die Schwangerschaft der Gottesmutter durch die Rundung des Leibes diskret anzudeuten; sie zeigten das unge19

12 Schule des Konrad Witz,

borene Jesuskind zuweilen auch ganz konkret. \ Als kleiner Fötus schwebt es in zahlreichen Darstellungen vor Marias gewölbtem Leib oder ist auf das Gewand aufgemalt ( Abb. 12). ~eliebt waren auch Marienfiguren, die geöffnet werden konnten und in ihrem InnemeinJesuskind enthielten ( Abb. 13). 12 Di~ e naive, der volkstümlichen Frömmigkeit 11 Schule von Amiem, nahestehende Darstellun~sweise fand jedoch in \ Schwangere Madonna mit Florenz, wo der künstlerische Geschmack sehr dem Hl.Joseph, 15. Jahrhun- ausgeprägt war, keinen Anklang. Statt das sichtdert. Washington, National bar zu machen, was dem Auge in der WirklichGallery of Art. Samuel H. Kress Colleaion. Anrpielung keit verborgen blieb, verdeutlichten hier die MaaufJosephs Zweifel an der ler Marias Schwangerschaft mit Hilfe von hochKeuschheit seiner Braut. gegürteten, weiten Kleidern und der kunstvoll Begegnung zwischen Maria und Elisabeth (Det.), 15. Jahrhundert. Berlin, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Gemäldegalerie. Die ungeborenen Kinder sind wie zwei Föten dargestellt.

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13 Marimrtatue mit herausnehmbarem Jesuskind aus dem Kloster vom ·Hl. Kreuz in Regmrburg, 14. Jahrhundert. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum.

14 Bemardo Daddi, Schwangere Madonna in Dreiviertelgestalt mit aufgeschlagenem Buch, Tafelbild aus dem Jahre 1335 . Florenz, Museo dell'Opera de! Duomo.

unter dem Faltenwurf hervorscheinenden Rundung des__!,eibes. 13 Das vielleicht älteste Bild dieser Art ist eine auf das Jahr 1335 datierte Tafel, die Bernardo Daddi zugesch'fieben wird ( Abb.14). 14 Sie zeigt Maria mit vorgewölbtem Leib unter dem leuchtend roten J