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German Pages [286] Year 2014
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© 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525403679 — ISBN E-Book: 9783647403670
© 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525403679 — ISBN E-Book: 9783647403670
Robert Kebbekus / Dana Haralambie
Personalmanagement in Familienunternehmen Fachkräfte finden, halten, fördern
Das Online-Material zu diesem Buch finden Sie unter: www.v-r.de/personalmanagement Passwort: FNTBUfcA
Vandenhoeck & Ruprecht © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525403679 — ISBN E-Book: 9783647403670
Mit 23 Abbildungen und 7 Tabellen Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-647-40367-0 Umschlagabbildung: fotolia.com © 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen / Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U.S.A. www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Printed in Germany. Satz: SchwabScantechnik, Göttingen Umschlag: SchwabScantechnik, Göttingen Druck und Bindung: e Hubert & Co., Göttingen Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.
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Inhalt
Vorwort: Schon wieder ein Fachbuch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Worum geht es? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Coaching – nein danke oder ja bitte? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oh Gott, ein Coach! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was bedeutet »Coach«? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was bedeutet »Coaching«? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Wie arbeiten Sie effektiv mit diesem Buch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
Teil A: Theoretische Grundlagen 1 Fundamente, auf die man bauen kann: Ein besonderer Blick auf das Alltägliche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 1.1 Das System des Familienunternehmens und seine Bestandteile . . . . 1.1.1 Der Begriff des Unternehmens: Was macht ein Unternehmen aus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.2 Der Begriff der Familie: Was macht eine Familie aus? . . . . . . . 1.1.3 Wenn Familie und Unternehmen verschmelzen: Familienunternehmen und ihre Besonderheiten . . . . . . . . . . .
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1.2 Der Umgang mit Mitarbeitern: Personalmanagement in Familienunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 1.2.1 Klassisches Personalmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 1.2.2 Motivations- und Führungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
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Inhalt
1.3 Der Weg zu einem maßgeschneiderten Personalmanagement für das Familienunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Moral, Werte und Unternehmenskultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.2 Führung in Familienunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.3 Personalbeschaffung und Personalmarketing . . . . . . . . . . . . . . 1.3.4 Personalentwicklung durch Qualifizierung und Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.5 Innovation und Veränderungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.6 Nachfolgeproblematik in Familienunternehmen . . . . . . . . . . . 1.3.7 Entlohnungs-, Motivations- und Anreizsysteme . . . . . . . . . . .
46 53 63 66 71 75 77 80
2 Individuelles Coaching auf interdisziplinärer Grundlage: Was bringt Ihnen diese Methode für Ihre Praxis? . . . . . . . . . . . . . . . 83 2.1 Die Rolle der Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 2.2 Zum Hintergrund: Wie lernt der Mensch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Wir legen »Lernbahnen« an – und wir bauen sie auch wieder ab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Der Lernstoff muss interessant sein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Unser Gehirn sucht überall Muster, auch wenn keine vorhanden sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.4 Wir glauben gern, was wir vorher schon gedacht haben . . . . . 2.2.5 Unsere Stimmungen sind ansteckend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.6 In Krisenzeiten blitzen evolutionäre Strategien durch . . . . . . . 2.2.7 Ständige Kontrolle und Perfektionismus bremsen die Lernfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.8 Der Glaube daran, dass man es schafft, beflügelt Erfolge . . . .
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2.3 Unter welchen Bedingungen funktioniert Coaching am besten? . . . 94 2.4 Was macht einen guten Coach aus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
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Inhalt
Teil B: Praxiswissen – Personalmanagement im Alltag 1 Mit dem richtigen Bausatz zum Erfolg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 2 Vorhandene Wertesysteme klären, nutzen und unterstützen . . . . . . 105 2.1 Tradition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 2.2 Verantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 2.3 Toleranz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 2.4 Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 2.5 Umsetzung im Alltag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 3 Führungskultur im Wandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 3.1 Wandel im Führungsbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 3.2 Blick in die Zukunft: Der kooperative Führungsstil . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Fehlertoleranz als Führungselement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Anregung zur Eigenverantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3 Bewertungsfreier Umgang mit potenziellen Nachwuchsführungskräften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.4 Den Wandel vollziehen: Kontrolle loslassen – Mitarbeiter mitnehmen – neutrale Prozessbegleitung sichern . . . . . . . . . .
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3.3 Die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Führung durch Präsenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Führung durch Prägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3 Führungswandel mit Außenimpulsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3.4 Hat der Wandel schon begonnen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 4 Personalmarketing und Personalbeschaffung erneuern . . . . . . . . . 133 4.1 Aufgabenbeschreibung und Anforderungsprofil . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 4.2 Erwartungen der Bewerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 4.3 Auswahlverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 4.4 Regionale Beschränkung aufgeben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 4.5 Der Außenauftritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143
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Inhalt
5 Qualifizierung und Weiterbildung fördern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 5.1 Die erste Grundvoraussetzung: Die Bereitstellung eines geeigneten Lernumfelds . . . . . . . . . . . . . . . . 148 5.2 Die zweite Grundvoraussetzung: Eine angstfreie Arbeitsumgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 5.3 Die dritte Grundvoraussetzung: Die Bereitstellung von (eigenem) Lernmaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 5.4 Die vierte Grundvoraussetzung: Die Strukturierung von Fortbildungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.1 Der Wille von oben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.2 Die lernende Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.3 Fortbildungen – intern oder extern? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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5.5 Die Entwicklung des Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 6 Innovations- und Veränderungsfähigkeit gestalten . . . . . . . . . . . . . 163 6.1 Das Dilemma der Innovation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 6.2 Zeit für einen offenen Dialog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 6.3 In Bewegung kommen – in Bewegung bleiben . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 6.4 Anders statt neu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 6.5 Innovationspotenzial durch Freiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 7 Solide Regelung der Nachfolgepolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 7.1 Die Vorbereitung der innerfamiliären Unternehmensnachfolge . . . 180 7.2 Die Unternehmensnachfolge aus der bestehenden Belegschaft . . . . 189 7.3 Im Notfall besser vorbereitet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 8 Ein unternehmens- und mitarbeitergerechtes Anreizsystem . . . . . 193 8.1 Warum gerade unser Modell? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 8.2 Modell eines menschengerechten Anreizsystems . . . . . . . . . . . . . . . . 195 8.3 Anreize ohne Geld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 8.4 Das Ergebnis eines passgenauen Anreizsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
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Inhalt
Teil C: Selbstpositionierung – Wo stehen Sie heute? 1 Ihr Einstieg in eine Selbstpositionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 1.1 Organische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 1.2 Bevor es losgeht: Ihr Arbeitsbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 1.3 Methoden für Ihre Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 1.4 Wichtig: Keine Angst vor Komplexität! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 2 Basistest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 2.1 Wertesystem: Was macht uns aus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 2.2 Klarheit: Wo stehen wir jetzt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 2.3 Zielfindung: Wo wollen wir hin? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 2.4 Erkenntnis: Was könnten wir verbessern? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 2.5 Bereitschaft: Was wollen wir verbessern, was ist uns wichtig? . . . . . 239 2.6 Umsetzung: Wie geht es los? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 2.7 Gemeinsamkeit: Wie schaffen wir es, dass alle mitgehen? . . . . . . . . . 254 2.8 Zielkontrolle: Woran erkennen wir, dass wir auf dem richtigen Weg sind? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 3 Ausblick: Neue Sichtweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267
Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Übersicht: Praxisbeispiele und Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281
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Vorwort: Schon wieder ein Fachbuch?
Warum haben wir dieses Buch geschrieben, gibt es nicht schon so viele auf dem Markt? Tatsächlich hat dieses Buch in seiner jetzigen Form bisher keine Vorläufer. Das Besondere daran ist, dass es interdisziplinär angelegt ist und folgende Aspekte vereint: –– aktuelle Erkenntnisse des Personalmanagements, –– erweitert durch psychologische Aspekte aus der Familientherapie, –– und – menschengerecht und realistisch – deren Umsetzung in die Praxis auf der Basis moderner neurologischer Erkenntnisse: Wie lernt der erwachsene Mensch? Wie kann er tatsächlich notwendige Veränderungen innerhalb des Unternehmens einleiten? Und wie kann er diese beibehalten? Jede Veränderung wirkt sich auf die drei elementaren Wirkungsebenen jedes Menschen aus: auf die geistige, emotionale und körperliche Ebene. Denn wir denken, fühlen und sind an unseren Körper gebunden, der nach biologischen Grundsätzen funktioniert – und bei all unseren Handlungen sind wir davon beeinflusst. Eine Veränderung im gewohnten Ablauf kann von Menschen als problematisch empfunden werden. Meist bemühen wir bei auftauchenden Schwierigkeiten die kognitive Ebene: Wir durchdenken ein Problem, bis es gelöst ist. Wenn Probleme, die seit Längerem bestehen, nicht lösbar sind, dann liegt es oft daran, dass sie auf der angesprochenen Ebene nicht lösbar sind. Deshalb finden Sie in diesem Buch Anregungen, wie Sie durch die Verbindung gedanklicher, emotionaler und körperlicher Aspekte eingefahrene Denkweisen auflockern und um ganz neue bereichern können, was allen am Problem Beteiligten eine andere Sicht auf die Dinge ermöglicht.
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Vorwort: Schon wieder ein Fachbuch?
Mithilfe analoger Methoden aus der systemischen Beratungs- und Coachingpraxis, teils mit szenischen gestalttherapeutischen Elementen, mit Bildern und Metaphern, die Kompliziertes einfach gestalten, ohne Substanz zu verlieren, gelingt nicht nur ein Umdenken, sondern auch der praktische Schritt in die neue Realität. Basis ist die Erkenntnis, dass man ohne professionelles Fachwissen nicht weiterkommt. Aber Wissen allein reicht nicht, um Veränderungen einzuleiten, geschweige denn, um sie auf Dauer in ein Firmenkonzept einzubauen. Denn familiengeführte Unternehmen sind anders als andere Firmen: in ihrer Kultur und ihren Werten und somit in ihrer Personalpolitik, ihrer Nachfolgepolitik, den Entwicklungsmöglichkeiten der Mitarbeiter usw. Daher ist es nicht sinnvoll, ihnen einfach ein »fremdes« Personalmanagement überzustülpen, sie brauchen Lösungen, die ihnen passen wie ein guter Anzug dem Firmengründer. So stellt sich die Frage: Welches Personalmanagement braucht man für eine zukunftssichere und erfolgreiche Weiterführung eines Familienunternehmens? Um diese Fragen kümmert sich dieses Buch. Die Grundlagen stammen dabei aus der Managementlehre, der Systemtheorie, den Neurowissenschaften, der Psychologie, Pädagogik und Kommunikationswissenschaft. Robert Kebbekus schreibt aus der Sichtweise der praktischen Managementberatung und seiner mehrjährigen Dozententätigkeit an der Universität Siegen. Dana Haralambie bringt ihre Erfahrungen als systemischer Master coach mit den Schwerpunkten neurobiologische Grundlagen und Kommunikation mit ein. Auf den nun folgenden Seiten beschreiben wir die Menschen innerhalb eines Familienunternehmens. Diese können naturgemäß sowohl männlich als auch weiblich sein. Wir möchten Sie daher bitten, bei dem Begriff des Inhabers auch immer die Inhaberin, bei dem Begriff des Geschäftsführers auch immer die Geschäftsführerin, bei dem Begriff des Mitarbeiters auch immer die Mitarbeiterin im Hinterkopf zu haben. Wenn Sie Interesse an ganz aktuellen Beiträgen zum Thema dieses Buches haben oder wenn Sie mit uns in Kontakt treten möchten, laden wir Sie ein auf unsere Webseite: www.wertstolz.de
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Worum geht es?
Worum geht es? Der Begriff des Familienunternehmens erscheint seit einigen Jahren immer häufiger in den Medien; meist handelt es sich dabei um die bekannten Namen der großen traditionellen deutschen Familienunternehmen wie beispielsweise Dr. Oetker in Bielefeld oder Miele & Cie in Gütersloh. Neben den bekannten Unternehmen existiert eine Vielzahl von Familienunternehmen in Deutschland, die erheblich kleiner sind, sich aber sehr erfolgreich am Markt etabliert haben. Auch wenn sich die mediale Berichterstattung oftmals mit den Problemen von Familienunternehmen beschäftigt, werden diese in den Medien gern mit dem Nimbus eines gewissen Vorbildcharakters oder aber – in Bezug auf die Unternehmensführung – einer Vorbildfunktion dargestellt. In der Werbung begegnen uns in diesem Zusammenhang positiv behaftete Begriffe wie Tradition, Wertbeständigkeit und Qualitätstreue in Familienunternehmen. Bei genauerer Recherche stellt man außerdem fest, dass der Begriff des Familienunternehmens offensichtlich nicht sehr eng gefasst ist und es eine große Anzahl von Familienunternehmen auf dem deutschen Markt gibt. So werden zwischen 75 bis 80 % der Unternehmen in Deutschland als Familienunternehmen bezeichnet, die wiederum einen Anteil von 66 % am Bruttoinlandsprodukt haben. Der in diesem Kontext verwendete Begriff des Familienunternehmens ist dabei kein Fachterminus, sondern wurde der Alltagssprache entnommen – eine genaue Abgrenzung und Definition ist aber für das Verständnis unseres Ansatzes unumgänglich: Sie finden ihn im Grundlagenteil. Seit den 1990er Jahren erscheinen in wachsendem Maße Fachbücher, die sich den besonderen Eigenarten und Bedürfnissen von Familienunternehmen annehmen und diese genauer untersuchen; hinzu kommen neue Erkenntnisse aus der soziologischen Forschung. Als Unterscheidungsmerkmale zwischen Familienunternehmen und anderen Unternehmensformen scheinen dabei besonders die stark ausgeprägte Wertekultur und das Traditionsbewusstsein geeignet, die – wie im Verlauf dieses Buches sichtbar wird – einen erheblichen Einfluss auf das Personalmanagement ausüben. Neben diesen zwei Aspekten existieren aber innerhalb des Personalmanagements weit mehr Ebenen, auf denen sich die Bedürfnisse von Fami-
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Vorwort: Schon wieder ein Fachbuch?
lienunternehmen gegenüber anderen Unternehmensformen unterscheiden. Warum Familienunternehmen diese besonderen Bedürfnisse haben, liegt zu großen Teilen an dem starken Einfluss der Inhaberfamilie auf die Unternehmenskultur im Hinblick auf deren Werte und Leitbilder. Bei der Lektüre bestehender Abhandlungen stößt man als interessierter Leser jedoch immer wieder auf Fragestellungen im Zusammenhang mit Personalmanagement und dessen optimaler Gestaltung, die unbeantwortet bleiben – eine Verknüpfung von wissenschaftlichen Erkenntnissen und deren praktische, handhabbare Umsetzung erfolgt häufig nur unzureichend. In diesem Buch wird das Hauptaugenmerk auf das Personalmanagement von Familienunternehmen gerichtet. Dabei wollen wir zeigen, ob und warum sich das Personalmanagement eines Familienunternehmens von dem anderer Unternehmensformen unterscheidet. Darüber hinaus werden Lösungsansätze und Methoden für ein bedarfsgerechtes Personalmanagement in Familienunternehmen aufgezeigt und diskutiert, die an deren spezielle Bedürfnisse ansetzen und so eine optimale Ausgestaltung innerhalb des Personalmanagements gewährleisten sollen. Wir möchten mit diesem Buch den Lesern eine ausgewogene Mischung von Wissen aus zentralen Grundlagen und praxiserprobter Anwendung anbieten. Es soll ihnen eine schnelle, bei Bedarf auch genauere Beschäftigung mit dem facettenreichen Thema Personalpolitik in Familienunternehmen ermöglichen und eine brauchbare Hilfe mit Methoden für den Arbeitsalltag bieten. Dafür haben wir unter jedes Kapitel die Kernaussagen zusammengefasst. So haben Sie die Möglichkeit, sich ganz nach Ihrem Bedarf entweder mit den tiefer gehenden Ausführungen auseinanderzusetzen oder im Schnelldurchgang durch die Kernaussagen das nötige Basiswissen zu erlangen.
Coaching – nein danke oder ja bitte? Unser Coaching-Angebot an Sie unterscheidet sich von dem Coaching, das Ihnen vielleicht schon oft begegnet ist. Denn Coaching ist kein geschützter Begriff, und so finden sich Angebote in sehr unterschiedlicher Branchenweite und Qualitätstiefe auf dem Markt, die auf sehr unterschiedlichem Erfahrungshintergrund fußen.
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Coaching – nein danke oder ja bitte?
Oh Gott, ein Coach!
Die Berufsbezeichnung Coach hat in den letzten Jahren inflationär zugenommen, denn jeder kann sich Coach nennen: Dahinter verbergen sich Menschen aus so unterschiedlichen Arbeitsbereichen wie Businessberatung, christlich orientierte Lebensberatung, Supervision, Mediation, Trauerbegleitung, Verkaufstraining, Leistungssport, Gründungsberatung, Controlling, (Paar-)Therapie und vielem mehr. Manche dieser Menschen haben eine Fortbildung – das kann ein Tageskurs mit Zertifikat sein, ein Wochenendkurs oder eine mehrjährige Ausbildung, die mit einer mündlichen und schriftlichen Prüfung abschließt – und manche haben keine, sondern gründen ihre Tätigkeit auf ihre »Lebenserfahrung«. Als Coach bezeichnen sich auch Hundetrainer (»Der Coach für 4 Pfoten«), Berater für gute Umgangsformen im Geschäftsleben (»KniggeCoach«) oder Anlageberater (»Ihr Portfolio-Coach!«). In Süddeutschland begegnete uns sogar ein »Studio für Fingernagel-Coaching«. – Ein großes Durcheinander, bei dem der Begriff Coaching seinen Aussagewert verliert.
Was bedeutet »Coach«?
Ein Coach kann aus dem zu beratenden System kommen, also beispielsweise aus dem Familienunternehmen; dann sprechen wir von einem internen Coach. Oder er wird von außen als unternehmensfremde Person dazugeholt: der klassische externe Coach oder Berater. Beide – der interne oder externe Coach – leiten Entwicklungen ein: Im Gegensatz zu einfachen Beratungsleistungen, die davon leben, dass sie immer wieder abgerufen werden müssen, arbeiten gute Coachs mit Interventionen, Methoden und Anregungen, die das zu beratende System auf Dauer verändern: Es entwickelt sich und wird nach dieser Entwicklung in dieser gelösten Frage von nun an unabhängig von seinem Coach sein und zurück in die Eigenverantwortlichkeit gehen. Beispiel: Ein Angestellter wechselt intern die Arbeitsstelle: Von nun an ist er in der Empfangshalle für den Erstkontakt mit den Kunden zuständig; das macht ihn nervös. Er braucht Unterstützung, denn bisher war er im nächtlichen Einsatz als Security Service ohne Kundenkontakt. Eine einfache interne Beratungsleistung würde bedeuten, dass der Mann erfährt, welche Kunden wichtig sind,
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Vorwort: Schon wieder ein Fachbuch?
wer »schwieriger« ist und wer nicht über die Eingangshalle hinaus darf. Das sind zwar wichtige Informationen, sie beseitigen aber nicht die Unsicherheit des Mannes in Bezug auf einen entspannten Umgang mit Besuchern. Und die Informationen ändern sich ständig. Er müsste permanent von seinem erfahrenen Berater auf dem aktuellen Stand gehalten werden und die dazugehörigen Anweisungen erhalten: »Das ist Herr X, er darf rein. Das ist Herr Y, der macht manchmal Ärger« usw. Würde der Angestellte aber einen souveränen Umgang mit Fremden lernen, bräuchte er keinen Berater mehr an seiner Seite. Er würde problemlos nach dem Namen des Gastes und dem Grund seines Besuches fragen können, er wüsste, wie er passend reagiert, wenn jemand ausfällig wird usw. Er wäre unabhängig von seinem Experten – ganz egal, wie viele neue Fremde in Zukunft noch kommen.
Kernaussagen Wenn Sie in diesem Buch von einem Coach lesen, dann handelt es sich um eine Person, die •• unternehmensintern oder extern sein kann, je nach Aufgabenstellung und Bedarf, •• selbst eine gute methodische und persönliche Schulung erhalten hat, •• durch passgenaue Methoden Möglichkeiten erschafft, die einer Person oder einer Gruppe von Menschen Raum für Veränderungen oder Neues bieten. Die eingeleitete Entwicklung lässt sich langfristig etablieren. Das zu beratende System ist danach in dieser Frage von weiteren Beratungen unabhängig.
Wonach Sie entscheiden, ob es ein interner oder externer Coach sein soll, lesen Sie in Teil A unter dem Punkt 2.4: »Was macht einen guten Coach aus?« Was bedeutet »Coaching«? Für den schnellen Einstieg Menschen sind – evolutionär gesehen – eines der erfolgreichsten Geschöpfe der Erde: Wir haben es geschafft, alle Klimazonen zu erobern und eine nie
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Coaching – nein danke oder ja bitte?
da gewesene Vormachtstellung auf diesem Planeten einzunehmen. Wir bevölkern ihn zu Lande, zu Wasser und in der Luft, denn wir sind enorm flexibel. Wir passen uns den Gegebenheiten an, wenn es nötig ist. Und kaum haben wir das neue Unbekannte erobert, fangen wir an, es uns gemütlich zu machen: Wir beginnen, Abläufe zu wiederholen, wir entwickeln Verhaltensmuster und Gewohnheiten. Das liegt an der Art, wie unser Gehirn arbeitet, nämlich sehr effizient. Es ist zwar bereit, bei Bedarf Neues zu wagen, noch lieber spart es aber Energie – und denkt in bewährten Mustern. Diese Eigenschaft, sozusagen die »Energiespartaste« unseres Gehirns, hilft uns im Alltag sehr: Denn je komplexer die Herausforderungen unseres Lebens sind, desto besser ist es, wenn wir für vieles schon eine Lösung parat haben. Und die lautet so: »Was bisher erfolgreich war, das machen wir in Zukunft auch so weiter!« Das klingt gut, weil es einfach funktioniert und logisch ist, nicht wahr? Problematisch wird es aber, wenn das, was bisher zum Erfolg geführt hat, sich für eine ganz neue Situation nicht mehr eignet. Wenn man doch umdenken und neue Wege finden, neue Verhaltensmuster bilden muss. Kurz: wenn man Veränderungen einleiten und – falls sie sich als erfolgreich erweisen – diese auch etablieren muss. Veränderungen sind möglich, das haben wir im Laufe unseres Lebens schon oft erlebt. Aber sie sind nicht leicht, nicht bequem, sie kosten Energie: für unser Gehirn und für unsere Seele. Der Coachingteil dieses Buches soll Sie dabei unterstützen, notwendige – also die Not abwendende – Veränderungen so einzuleiten, dass Sie es sich und Ihren Mitarbeitern leichter machen: indem Sie sich die Art, wie das menschliche Gehirn funktioniert, zunutze machen, statt dagegen anzukämpfen. Und was für Vorgehensweisen lassen nun Veränderungen gelingen? –– Unterstützen Sie Gedanken durch Bilder und Gefühle. Gedanken, die gegen Emotionen arbeiten, verbrauchen große Mengen Energie – und verlieren den Kampf oft trotzdem. –– Haben Sie eine Neuerung eingeführt, dann schaffen Sie »Rituale«, also klar definierte Abläufe, die sich wiederholen. Unser Gehirn liebt Muster! –– Wollen Sie dauerhaft etwas Neues verankern, dann lassen Sie Verstand, Emotionen und Körper zusammenarbeiten – dieses Dreiergespann ist unschlagbar, wenn es miteinander statt gegeneinander arbeitet.
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Vorwort: Schon wieder ein Fachbuch?
–– Lösen Sie sich von zu vielen kontrollierenden Abläufen und ermuntern Sie zu Eigenverantwortlichkeit. Ein Mensch, dessen Gehirn sich auf den Empfang von Ordern und auf Kontrolle eingestellt hat, hat sich an das Muster »Ich handle auf Anweisung, und wenn nichts kommt, handle ich nicht« gewöhnt. Ist jemand für sein Handeln selbst verantwortlich, gewöhnt es sich an das Muster »Ich muss selbst überlegen«. Wie genau Sie mit diesem Wissen in Ihrem konkreten Fall im Alltag arbeiten können, lesen Sie in den Praxisteilen, die sich an die wissenschaftlichen Erkenntnisse anschließen. Wenn Sie das dahinter liegende System erfasst haben, werden Sie es passgenau auf Ihr spezielles Anliegen anwenden können. Und dann eine Gewohnheit daraus machen … unser Gehirn liebt eben Muster! Für den tieferen Einstieg
Wer Kinder hat, weiß es sehr gut: Der junge Mensch ist dafür geboren, um zu lernen. Er hat die Fähigkeit, sich in ungeheurer Geschwindigkeit allem anzupassen, was seine Umwelt von ihm erwartet. Aber wie lernen Erwachsene eigentlich? Kennen Sie noch den Spruch »Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr«? Damit sind wir in Deutschland aufgewachsen, und der Sinn dieses Spruches hat sich uns tief eingeprägt: Die meisten Menschen glauben auch heute – obwohl das Gegenteil wissenschaftlich schon längst bewiesen wurde –, dass Erwachsene Neues nicht mehr ohne größte Anstrengungen aufnehmen können, falls es ihnen überhaupt gelingt, Neues zu lernen. Die gute Nachricht lautet: Jeder durchschnittlich begabte Mensch kann sein ganzes Leben lang Neues lernen und nachhaltig verankern, also mit 30, 50, 70 oder 90 Jahren! Es müssen aber einige Grundvoraussetzungen dafür gegeben sein: –– Lernen mit allen Sinnen –– Lernen mit Begeisterung für die Sache –– Lernen ohne Angst –– Lernen mit guten körperlichen Ressourcen –– Zeit zum Lernen Daraus ergibt sich für dieses Buch: –– Sie finden überwiegend so genannte analoge Methoden im Coachingteil,
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Coaching – nein danke oder ja bitte?
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also Methoden, die nicht nur die Denkfähigkeit beanspruchen (wie die so genannten digitalen Methoden), sondern die auch den Körper und die emotionale Seite eines Menschen einbeziehen. Das sind nicht nur »gehirngerechte«, sondern »menschengerechte« Methoden. Sie finden Methoden, die Freude bereiten, die anregend wirken, die mit Symbolen arbeiten, die manchmal sogar eine spielerische Note haben. Denn das brauchen Menschen, um sich eingeladen zu fühlen, an einem Thema mitzuwirken. Dann können sie auch eine eigene Begeisterung für das Thema entwickeln. Sie finden immer wieder Anregungen, wie Sie angstlos in eine Thematik einführen können, auch in schwierige Themenfelder. Denn Angst erzeugt nicht, wie oft behauptet, den »nötigen Anreiz«, sich einer Sache mit vollem Einsatz zu widmen. Angst blockiert den Körper und die Denkfähigkeit chemisch und mechanisch und arbeitet genau dagegen: Man muss sich in erster Linie immer absichern, dass man »die Sache übersteht«, bevor man Energien freisetzt, um ein Problem zu lösen oder auch nur eine Sache sorgfältig durchzuführen. Angst erschafft neue Probleme, statt alte aufzulösen. Sie finden Methoden, die es Ihren Mitarbeitern ermöglichen, zu lernen und dabei ihre körperlichen und seelischen Ressourcen gewinnbringend einzusetzen und zu schonen, statt sie aufzuzehren. Jede Veränderung braucht Energie, aber die Energiereserven eines Menschen sind – wie bei einem Unternehmen auch – nicht endlos. Veränderung klappt dann am besten, wenn mehr Energie da ist als benötigt wird. Zeit, das ist das Einzige, was Sie in diesem Buch nicht finden. Die müssen Sie selbst zur Verfügung stellen – sich selbst und Ihren Mitarbeitern. Geben Sie einem Prozess die Zeit, die er braucht, um sich zu entwickeln und zu etablieren. Geben Sie Ihren Mitarbeitern eine angemessene Zeit, um mit dem Prozess mitzuwachsen und sich voll und ganz auf die neue Situation einzustellen. Und geben Sie sich selbst die Zeit, die Sie brauchen, um alles zu begleiten.
Wenn Sie sich für die naturwissenschaftlichen Hintergründe des Lernens interessieren, finden Sie in Teil A, Kapitel 2.2 eine kurze Einführung zu diesem sehr komplexen Thema und in der Literaturliste weiterführende Buchtitel dazu.
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Vorwort: Schon wieder ein Fachbuch?
Wie arbeiten Sie effektiv mit diesem Buch? Sie finden im Folgenden drei Hauptteile: –– einen wissenschaftlichen Teil, –– einen Praxisteil und –– einen Selbstpositionierungsteil. Der Grundlagenteil (Teil A) zeigt Ihnen die Baupläne: Es ist ein Blick in viele verschiedene Fachbereiche und deren zusammengefasste Erkenntnisse. Hier finden Sie den heutigen Stand der Forschung zu all den Themen, die uns für ein modernes Personalmanagement in familiengeführten Unternehmen wesentlich erscheinen, verständlich aufgearbeitet und dabei ohne Substanzverlust. Auf diesem Fundament bauen alle weiteren Handlungsschritte dieses Buches auf. Der Praxisteil (Teil B) ermöglicht Ihnen einen Blick auf die Bühne des Lebens. Nun, da Sie die Baupläne studiert haben, übertragen Sie dieses Wissen auf den Alltag: Zunächst betrachten Sie wie aus einem Zuschauerraum heraus, was sich in anderen Unternehmen abspielt. Dabei helfen Ihnen zahlreiche Praxisbeispiele. Die hier beschriebenen Probleme werden ergänzt durch Coaching-Impulse, um diesen Problemen vorzubeugen oder sie zu bearbeiten. Der Selbstpositionierungsteil (Teil C) lädt Sie ein, selbst auf die Bühne zu steigen und sich und Ihre Firma in den Mittelpunkt der Betrachtung zu stellen. Hier geht es nur darum, wo Sie selbst stehen, wohin Sie wollen, welche Schritte noch dazwischen liegen und welche Möglichkeiten Sie haben, die Entwicklung Ihrer Firma zu genau dem Ziel anzutreiben, das Sie selbst anvisieren. Dieser Teil ist der passgenau auf Sie selbst zugeschnittene Teil, der Ihnen mit dem Basistest größere Klarheit und einen erweiterten Handlungsspielraum eröffnet. Sie können die einzelnen Teile nacheinander lesen oder in der Reihenfolge variieren. Die Teile sind so aufgebaut, dass Sie dennoch damit arbeiten können. In jedem Fall aber wollen wir Sie dazu ermuntern, den Basistest aus dem Selbstpositionierungsteil zu machen. Er wirkt wie ein Spiegel, in dem Sie sehen, was andere von außen jeden Tag erkennen. Wenn Sie es selbst klar vor Augen haben, können Sie alles ändern, was Sie bisher daran gehindert hat, Ihr Ziel zu erreichen.
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Teil A: Theoretische Grundlagen
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Fundamente, auf die man bauen kann: Ein besonderer Blick auf das Alltägliche
1.1 Das System des Familienunternehmens und seine Bestandteile Wie schon in der Einleitung erwähnt, stellen Familienunternehmen in Deutschland – aber auch weltweit – einen enormen Wirtschaftsbereich dar. Man geht davon aus, dass 65 % der Arbeitsplätze in Deutschland von Familienunternehmen bereitgestellt werden. Geschichtlich betrachtet ist der Ursprung von Unternehmen in der Familie und somit in Familienunternehmen zu suchen; als ein prominentes Beispiel kann die mittelalterliche Familie von Jakob Fugger dienen, die sich zur Dynastie der Fugger entwickelte. Eine besonders schöne Ausführung zu den Anforderungen an die Unternehmensnachfolge innerhalb eines Familienunternehmens findet sich schon bei Goethe, der 1808 in Faust I schrieb: »Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen.« Erwerben bedeutet in diesem Zusammenhang für uns ein Auseinadersetzen mit der eigenen Unternehmenskultur. Der Begriff des Familienunternehmens ist kein Fachterminus, sondern hat sich aus der Alltagssprache entwickelt. Doch was sind eigentlich Familienunternehmen? Und wo bestehen mögliche Abgrenzungen und Unterscheidungen hinsichtlich ihres Personalmanagements (PM) zu anderen Organisationsformen? Um eine angemessene Basis für die folgenden Kapitel zu bilden, gliedern wir zunächst den Begriff des Familienunternehmens auf in seine zwei Komponenten: Familie und Unternehmen. Die genaue Betrachtung und Untersuchung beider Begriffe führt uns im Anschluss zu einer soliden Begriffsdefinition und zeigt die Besonderheiten, die im alltäglichen Sprachgebrauch verwischt werden.
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Fundamente, auf die man bauen kann: Ein besonderer Blick auf das Alltägliche
1.1.1 Der Begriff des Unternehmens: Was macht ein Unternehmen aus?
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Beginnen wir diese Analyse mit dem Teilbegriff Unternehmen. Die Aufgabe eines Unternehmens besteht nach Schumann und Kollegen (1999) aus volkswirtschaftlicher Sicht zum einen aus der Produktion von Gütern und zum anderen aus der Erwirtschaftung des Haushaltseinkommens. Die Betriebswirtschaftslehre versteht den Begriff des Unternehmens als »eine planmäßig organisierte Betriebswirtschaft, in der Güter bzw. Dienstleistungen beschafft, verwertet, verwaltet und abgesetzt werden« (Rahn, 2008, S. 25). Beide Definitionen scheinen somit ein Unternehmen als eine Art abstrakte Hülle zu verstehen, innerhalb derer eine Bestimmung oder Aufgabe wahrgenommen wird. Diese Begriffsdefinition aus der Volks- und Betriebswirtschaft dient hier als Ausgangspunkt der weiteren Betrachtung, auf weiterführende Definitionen – wie der oft als Synonym verwendete Begriff der Unternehmung und einer Eingliederung unter den Begriff des Betriebes – soll an dieser Stelle verzichtet werden. Allerdings möchten wir hier zur vollständigeren Betrachtung die Einbettung des Begriffes Unternehmen innerhalb der Systemtheorie einführen (siehe auch Exkurs auf S. 48). Bereits in der Literatur der 1950er Jahre finden sich Quellen, in denen ein Unternehmen als soziales Gebilde bezeichnet wird (Seyffert, 1956). Für den Begriff des Gebildes verwenden wir im Folgenden das sinnverwandte Wort System. In der systemtheoretischen Literatur wird spätestens seit Niklas Luhmann ein Unternehmen als soziales System bezeichnet, welches sich aus gemeinsamen Wissensbeständen und Kommunikation aufbaut. Auf den Begriff der Systemtheorie bzw. sozialer Systeme werden wir in späteren Kapiteln noch näher eingehen. Zunächst genügt es, zu wissen, dass unter einem sozialen System ein Gebilde verstanden wird, in dem Akteure (Menschen) miteinander agieren, sich gegenseitig beeinflussen und eine Umwelt auf das Gebilde wirkt. Das wirtschaftlich ertragreiche Überleben eines Unternehmens kann nur dadurch gesichert werden, dass Geldströme im Tausch für die erbrachten Waren und Dienstleistungen fließen; zudem sind die einzelnen Akteure innerhalb eines Unternehmens an sich jederzeit austauschbar und Mittel zum Zweck (Luhmann, 1988). Betrachtet man die Beziehungen der in einem Unternehmen Beteiligten – also der Geschäftsführung und den Mitarbeitern –, so brauchen sich diese Akteure nicht sonderlich zu mögen oder
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gar zu lieben. Es reicht nach Simon (2005) aus, wenn sie die ihnen zugewiesenen Aufgaben erfüllen und gemeinsam dem Unternehmensziel dienen.
Kernaussagen •• Der Begriff Unternehmen ist in der Wissenschaft sehr weit gefasst: Er beschreibt eine abstrakte Hülle, unter der planmäßig Güter und Dienstleistungen produziert werden. •• Unternehmen werden aber auch als soziale Gebilde oder Systeme bezeichnet, in denen Menschen miteinander in Verbindung treten und sich gegenseitig beeinflussen. Zusätzlich wirkt auch die Umwelt darauf ein. •• Unternehmen können nur dann langfristig erfolgreich am Markt existieren, wenn sie Geldströme im Tausch gegen Waren und Dienstleistungen erzeugen. •• Die einzelnen Mitarbeiter sind dabei nur Mittel zum Zweck und beliebig austauschbar. •• Die Menschen innerhalb eines Unternehmens brauchen sich nicht besonders zu mögen oder gar zu lieben, um dabei zu helfen, das Unternehmensziel zu erreichen.
1.1.2 Der Begriff der Familie: Was macht eine Familie aus?
Bei der Annäherung an den Begriff Familie eröffnet sich ein mannigfaltiges Angebot an möglichen Definitionen in der Literatur. Dieses erwächst aus einer von unterschiedlichen Herangehensweisen geprägten Sicht auf die Familie. So lässt sich der Familienbegriff bei Kramlinger (2000) aus psychologischer, ökonomischer, rechtlicher, religiöser und genealogischer Sicht herleiten. In diesem Buch bietet es sich an, den psychologischen, soziokulturellen und ökonomischen Ansatz genauer zu betrachten, da hier einige in späteren Kapiteln hilfreiche Ansatzpunkte aufgezeigt werden. In der Psychologie und auch in der Soziologie wird unter der Familie ein intimes Beziehungssystem verstanden, das durch die interpersonelle Involviertheit der Beteiligten ausgebildet wird (Schneewind, 1999). Die beteiligten Personen können dabei etwa Liebe oder Streit zwischen sich ausbilden und kultivieren. Daneben existieren nach Kramlinger (2000) weitere präg
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nante Merkmale innerhalb der Familie: zum einen die emotionale Nähe als eine Privatheit in einem räumlich und zeitlich abgegrenzten Raum, zum anderen die angestrebte Dauerhaftigkeit im Sinne des Bestehens. Die Dauerhaftigkeit ist dabei das Streben einer Familie nach langfristiger Gemeinsamkeit durch Bindungen, Verpflichtungen und Zielorientiertheit. Ein soziokultureller Aspekt ist an dieser Stelle noch besonders interessant: Die Familie ist dafür verantwortlich, heranwachsende Individuen zu formen und zu prägen (Halter, 2009). Eine solche Sozialisation bedeutet unter anderem die Einführung von Familienmitgliedern in die Welt der sozialen Beziehungen und Bindungen. Die eher gefühlsbetonten Beziehungserwartungen dienen dabei der Erhaltung des Individuums innerhalb der Familie. Die tragenden Elemente sind vor allem Liebe, Geborgenheit, Sicherheit, Regeneration und Spannungsausgleich. Betrachtet man die angestrebten primären Ziele einer Familie, wie individuelles Lebensglück, Überleben der Gruppe sowie kollektive Sinnfindung, so stellen Familien in der Tat eine verlässliche Ressourcenquelle für unternehmerische Aktivitäten dar (Simon, 2002). Halter (2009) bietet eine ökonomische Definition, nach welcher der Familienbegriff aus einer jahrhundertealten traditionellen Betrachtung der Familie als ökonomische Überlebenseinheit entstammt. Dabei erfüllt die Familie originäre Aufgaben, um gemeinsam den Bedarf an Nahrung, Bekleidung und einer Unterkunft zu befriedigen. Bis in die heutige Zeit hinein erscheint eine solche Betrachtung aktuell – wenn auch in abgeschwächter Form. Während in einer traditionellen Sicht der Lebensunterhalt vornehmlich innerhalb der Familie und durch den Mann erwirtschaftet wurde, bildet die Familie innerhalb der modernen Gesellschaft nicht mehr den formalen Ort, an dem das Einkommen erwirtschaftet wird (Simon, 2005). Im Rahmen einer gesellschaftlichen Bedeutung der Familie lassen sich zwei Perspektiven unterscheiden: –– Auf der Mikroebene stellt jede einzelne Familie eine soziale Gruppe für sich dar. –– Auf der Makroebene ist sie eine Institution innerhalb der gesamten Gesellschaft. Letztlich handelt es sich um »ein spezifisches Kooperations- und Solidaritätsverhältnis […] aus dem heraus […] sich Rollendefinitionen […]« ausbilden (Huinink u. Konietzka, 2007).
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Die Bedeutungen und Aufgaben von Familien und Unternehmen bewegten sich im Zuge der gesellschaftlichen Entwicklung immer weiter auseinander: von einer anfänglich sehr engen Verbindung zwischen beiden Bereichen hin zu klar trennbaren Bedeutungen und Aufgaben, wie das heute immer häufiger anzutreffen ist. So konnten sich unterschiedliche Bereiche von Familie und Unternehmen ausbilden, in denen sich jeweils anders geartete Kommunikationsformen, Beziehungen und Spielregeln manifestierten (Simon, 2005). Man kann festhalten, dass dabei die Familie für sich genommen ein soziales System darstellt, in dem einzelne Beteiligte untereinander und nach außen gerichtet agieren und kommunizieren. Anders als in einem Unternehmen jedoch stehen nur die Personen – also beispielsweise Vater, Schwester – im Mittelpunkt der Kommunikation und nicht deren Funktionen – also beispielsweise Werkstattmeister oder Buchhalterin (Luhmann, 1988).
Kernaussagen •• Familien sind ein intimes soziales System, bei dem alle beteiligten Personen auf irgendeine Weise miteinander in Beziehung stehen und miteinander kommunizieren. •• Die Mitglieder einer Familie können insbesondere Liebe oder Streit zwischen sich ausbilden und kultivieren. •• Die Beziehungserwartungen der Menschen innerhalb einer Familie bestehen aus Liebe, Geborgenheit, Sicherheit, Regeneration und Spannungsausgleich. •• Eine Familie ist auf Dauerhaftigkeit angelegt. Dieses Ziel wird durch Bindungen, Verpflichtungen und Zielorientierung als langfristige Gemeinsamkeit erreicht. •• Der primäre Fokus innerhalb einer Familie liegt auf: individuelles Lebensglück, das Überleben der Gruppe sowie kollektive Sinnfindung. •• Ökonomisch betrachtet ist die Familie eine Überlebenseinheit, um den Bedarf jedes Einzelnen an Nahrung, Kleidung und einer Unterkunft zu befriedigen.
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•• Die Systeme Familie und Unternehmen unterscheiden sich voneinander durch ihre Kommunikationsformen, Beziehungen und Spielregeln. In der Familie stehen zudem die Personen im Mittelpunkt der Kommunikation und nicht deren Funktion.
1.1.3 Wenn Familie und Unternehmen verschmelzen: Familienunternehmen und ihre Besonderheiten
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Wir haben die beiden Begriffe Familie und Unternehmen erläutert, nun führen wir sie zum Begriff Familienunternehmen zusammen und sehen uns genauer an, welche Besonderheiten und Probleme sich daraus ergeben. In der Fachliteratur existiert für den Begriff Familienunternehmen ein breites Spektrum an Definitionsvarianten. Vielen gemein ist eine Fokussierung eher inhaltlicher Art, mit Schwerpunkt auf den Führungsanspruch der Familienmitglieder, den Generationenwechsel und die Eigentumsverhältnisse. In modernen Ansätzen findet man zudem einen stärkeren Fokus auf die besondere Unternehmenskultur als Merkmal für eine Definition von Familienunternehmen. Für eine bessere Verständlichkeit und Einordnung wollen wir vorab einen kurzen Überblick über ausgesuchte deutsche Definitionsansätze geben. In der wissenschaftlichen Literatur findet sich vor allem bei Wiechers (2006) eine gute Systematisierung der bestehenden Definitionsansätze. Was macht aus wissenschaftlicher Sicht ein Familienunternehmen aus? –– Eine erste Definition erfolgt auf juristischer Basis des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG): Danach ist es für ein Familienunternehmen zwingend notwendig, dass sich die Mehrheit der Anteile in der Hand einer oder mehrerer Familien befindet. Hierbei wird durch das BetrVG jedoch naturgemäß eine Beschränkung auf die Aktiengesellschaften vorgenommen (Hennekes, 1998). –– Daneben bildet die Einflussnahme der Unternehmerfamilie auf Unternehmensentscheidungen ein weiteres mögliches Definitionskriterium. Die Meinungen darüber, ob die Inhaberfamilie zwingend die Rolle einer aktiven Führungsposition einnehmen muss oder ein Fremdmanagement eingesetzt werden kann, gehen dabei auseinander (Wiechers, 2006).
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Das System des Familienunternehmens und seine Bestandteile
Die Stiftung für Familienunternehmen (2006) mit Sitz in Stuttgart hält es für unabdingbar, dass für ein Familienunternehmen zum einen die Entscheidungsrechte mit einer Mehrheit am Gesellschaftskapital liegen und zum anderen mindestens ein Vertreter der Inhaberfamilie offiziell an der Unternehmensleitung beteiligt sein muss. –– In einem eher quantitativen Ansatz wird bei Wiechers (2006) der gesellschaftliche Einfluss der Inhaberfamilie in den Dimensionen Macht, Erfahrung und Kultur gemessen und abgebildet. Dabei lässt sich der Einfluss der Familie im Rahmen von null Prozent für »nicht vorhanden« bis zu einhundert Prozent für »vollständig vorhanden« darstellen. Das System wird als F-PEC-Skala bezeichnet, eine Abkürzung für Familiy influence through Power, Experience and Culture. –– Eine Definition, die auf die Unternehmenskultur abzielt, wird von Simon (2005) eingebracht. Er sieht sich mit dem Problem einer Abgrenzung zu den Unternehmen, die allgemein als Klein- und mittelständische Unternehmen (KMU) bezeichnet werden und oftmals auch Familienunternehmen sind, konfrontiert. Unter KMU werden laut Institut für Mittelstandsforschung (2002) in Bonn Unternehmen verstanden, die weniger als 500 Mitarbeiter und einen Umsatz von jährlich weniger als 50 Millionen Euro realisieren. Aber auch weltweit agierende Konzerne wie beispielsweise Ford, BMW oder Bertelsmann sind nach einer der vorangegangenen Definitionen Familienunternehmen. Simon (2005) zeigt auf, dass die Unterschiede zu Familienunternehmen nicht nur in der Anzahl der Mitarbeiter oder der Größe des Umsatzes zu suchen sind. Vielmehr bestehen sie in der Qualität der Unternehmenskultur, im Umgang mit Fragen des Personalmanagements sowie in Fragen der Managemententscheidungen. Er führt dies auf die Kopplung von Familie und Unternehmen zurück. In der Regel existiert in einem Familienunternehmen eine längere Firmengeschichte, deren Ausprägungen sich in einer einzigartigen Kultur-, Moral- und Wertevorstellung zeigen. Diese Ausprägungen – oder auch der Charakter – können weiterhin als das Ergebnis einer Koexistenz von Eigentümerfamilie einerseits und dem bestimmten Organisationstypus andererseits begriffen werden. Diese Koexistenz lässt die Eigenarten jedes Familienunternehmens entstehen (Wimmer, Domayer, Oswald u. Vater, 2005).
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Fundamente, auf die man bauen kann: Ein besonderer Blick auf das Alltägliche
In diesem Buch bezeichnet der Begriff Familienunternehmen solche Unternehmen, deren Entwicklung und Bestand auf einer oder mehreren Familien aufbaut, die verwandtschaftlich verbunden sind. Zudem üben die Inhaberfamilien aufgrund ihrer Eigentümerrolle eine besondere Einflussnahme auf die Entwicklung des Unternehmens aus. Die Eigentümerrolle begründet sich aus den mehrheitlich im Besitz der Unternehmerfamilie befindlichen Gesellschaftsanteilen. Dabei bestimmt der Inhaber maßgeblich die Unternehmensentscheidungen und prägt das Unternehmen nach innen und außen. Seine Einflussnahme erwächst aus einer Führungsverantwortung im Sinne einer direkten Führungsrolle in der Unternehmensleitung. Dabei spielen besonders die sich gegenseitig beeinflussenden Systeme der Inhaberfamilie auf der einen und der Organisation des Unternehmens auf der anderen Seite eine entscheidende Rolle, da diese Faktoren einen markanten Einfluss auf das Werteverständnis und die Unternehmenskultur haben. Auf die wesentlichen Merkmale reduziert, erhält man die im Folgenden verwendete Definition von Familienunternehmen: Familienunternehmen sind eine Unternehmensform, deren Entwicklung und Bestand auf einer oder mehreren Familien aufbaut, die aus ihrem mehrheitlichen Besitz an Gesellschaftsanteilen und einer direkten Führungsrolle eine besondere Einflussnahme auf die Entwicklung des Unternehmens ausüben und so das Unternehmen nach innen und außen nachhaltig kulturell prägen.
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Wir können nun bereits erste Erkenntnisse zusammenführen: Unternehmen und Familien sind demnach eigenständige soziale Systeme mit jeweils unterschiedlichen Spielregeln und Bedürfnissen, die einen stark prägenden Charakter auf alle Bereiche des Unternehmens ausüben. In der Regel sind diese Spielregeln und Bedürfnisse auch gegensätzlich und verfolgen unterschiedliche Systemziele und -logiken. Es ist daher notwendig, die einzelnen sozialen Teilsysteme zu betrachten und zu unterscheiden und sich zu fragen: Wer verfolgt welches Ziel? Die folgende Tabelle zeigt die drei Teilsysteme Familie, Unternehmen und Eigentum, die unter dem Dach des sozialen Systems Familienunternehmen vereint sind und dennoch unterschiedliche, zum Teil sogar gegensätzliche Ziele verfolgen (von Schlippe, Nischak u. El Hachimi, 2008).
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Das System des Familienunternehmens und seine Bestandteile
Tabelle 1: Systemlogiken des Systems Familienunternehmen
Familie
Unternehmen
Eigentum
Zugang
Geburt, Heirat, Adoption
Anstellung
Besitz
Priorität
Person
Funktion, Kompetenz
Anteile
Währung
Liebe
Geld
Dividende
Gerechtigkeitslogik
Ähnlichkeit, Bedürftigkeit
Leistung
Gleichheit, Stimme
Hier wird deutlich, dass sich die einzelnen Teilsysteme signifikant voneinander unterscheiden und in den vier Dimensionen Zugang, Priorität, Währung und Gerechtigkeitslogik eine unterschiedliche Systemlogik gilt. Lassen Sie uns das genauer betrachten. Die Teilsysteme Familie und Unternehmen unterscheiden sich vor allem in der Art des Zugangs, also dem Eintritt in diese sozialen Teilsysteme. Den begrenzten Eintrittswegen in eine Familie (Geburt, Heirat, Adoption) steht hier der weit geöffnete Zugangskanal der Anstellung im Unternehmen gegenüber. Weiterhin differenzieren sich die Teilsysteme Familie und Unternehmen auch deutlich über die Währung, die für sie gilt, und in welcher die Leistungen der Mitglieder abgegolten werden – das Zahlungsmittel Liebe kontrastiert an dieser Stelle mit der Belohnung durch Geld. Vergleicht man darüber hinaus noch die vorhandenen Werte sowie die Gerechtigkeitslogik, treten weitere Widersprüche hervor. In der dritten Spalte der Abbildung kommt das Eigentum hinzu als eine weitere Perspektive und als Verbindungsglied zwischen den beiden Systemen Familie und Unternehmen. Das Eigentum wurde der Vollständigkeit halber ergänzt, um den Eigentümer einerseits als Unternehmer und Familienmitglied abzubilden und andererseits eine dritte Systemgrenze für kommende Kapitel einzuführen.
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Fundamente, auf die man bauen kann: Ein besonderer Blick auf das Alltägliche
Kernaussagen •• Familienunternehmen sind Unternehmen, deren Entwicklung und Bestand auf einer oder mehreren Familien aufbaut. •• Die Familie der/des Inhaber/s prägt aus einer direkten Führungsrolle heraus das Unternehmen kulturell nachhaltig nach innen und außen. •• Das System eines Familienunternehmens besteht aus drei Teilsystemen: Familie, Unternehmen und Eigentum. •• Die Teilsysteme Familie und Unternehmen bestehen eigenständig nebeneinander mit jeweils eigenen Spielregeln und Bedürfnissen. Diese sind oftmals gegensätzlich und verfolgen unterschiedliche Ziele. •• Die Systemlogiken von Familie, Unternehmen und Eigentum sind unterschiedlich und lassen sich einteilen in vier Dimensionen: Zugang, Priorität, Währung und Gerechtigkeitslogik. •• Signifikante Unterschiede zeigen sich in allen vier Bereichen: Zugang (durch Geburt, Heirat und Adoption in der Familie//Anstellung im Unternehmen), Priorität (das Individuum in der Familie//dessen Funktion und Kompetenz im Unternehmen), Währung (Belohnung durch Liebe und Zuneigung in der Familie//Geld beziehungsweise Lohn im Unternehmen), Gerechtigkeitslogik (Ähnlichkeit und Bedürftigkeit in der Familie//Leistungsdenken im Unternehmen).
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1.2 Der Umgang mit Mitarbeitern: Personalmanagement in Familienunternehmen In den folgenden zwei Abschnitten werden wir weitere grundlegende Begriffe klären, die im Zusammenhang mit Personalmanagement in Familienunternehmen eine zentrale Rolle spielen. Nach unserer Erfahrung ist das Aufgabenfeld des Personalmanagements in vielen – vor allem kleinen – Familienunternehmen nicht definiert. Es ist aber wichtig, sich diesem Thema intensiver zu widmen. Zuerst wollen wir den Begriff genauer fassen und erläutern. Dann widmen wir uns einigen grundlegenden Aspekten der
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Der Umgang mit Mitarbeitern: Personalmanagement in Familienunternehmen
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Motivation und Führung. Sie werden in den folgenden Kapiteln eine hilfreiche Basis für das Verständnis der Besonderheiten von Familienunternehmen darstellen und mehr Licht in die einzelnen Arbeitsfelder bringen, die mit dem Personalmanagement verbunden sind.
1.2.1 Klassisches Personalmanagement
In der vorherrschenden Literatur wird der Begriff Personalmanagement wiederholt als Synonym für Personalwesen, Personalwirtschaft, Personalpolitik und teilweise auch für Personalführung und -verwaltung verstanden. Dabei existieren unzählige Abhandlungen, die sich mit dem Thema Personal innerhalb von Unternehmen auseinandersetzen. Es fällt jedoch auf, dass oftmals lediglich die theoretischen Modelle beschrieben und diskutiert werden. Eine echte Umsetzungsstrategie oder auch Methoden für eine Anwendung in Problemsituationen findet man nur sehr selten. Lassen Sie uns vorab ein wenig in die Vergangenheit blicken, um die Entwicklung und Bedeutung von Personalmanagement genauer zu betrachten. Wir können die geschichtlichen Entwicklungsstufen des Personalmanagements grob in drei Bereiche gliedern: –– Die sogenannte Bürokratisierung erfolgte bis in die 1960er Jahre hinein. Ihre Philosophie des Personalmanagements bestand hauptsächlich in der Verwaltung von Mitarbeitern/Mitarbeiter-Arbeitskonten. –– Abgelöst wurde sie von der Ökonomisierung. Deren Zielsetzung stellte eine strategische Bestrebung hinsichtlich der Wertschöpfung in der Personalarbeit dar. –– Daran schloss sich das Verständnis von Personalmanagement als Intrapreneuring in der Neuzeit an. Hier tritt die Philosophie des wertvollen und sensitiven Mitarbeiters als Ressource in den Vordergrund (Wunderer, 1992). Die Gründe für diesen stetigen Wandel sind vielfältig, können aber vor allem in der Dynamik und Ausprägung neuer Werte, der wachsenden Globalisierung, der Markt- und Organisationsdynamik sowie einer immer schneller werdenden Technologiedynamik gesucht werden (Scholz 2000).
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Fundamente, auf die man bauen kann: Ein besonderer Blick auf das Alltägliche
Exkurs: Wertewandel
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Die vergangenen Jahrzehnte sind geprägt von starken Veränderungen innerhalb der Werte und Einstellungen von Menschen zu ihrer Lebensführung. Diese Veränderungen lassen sich in nahezu allen Lebensbereichen feststellen. Werte sind dabei bewusste und unbewusste Orientierungsstandards und Leitvorstellungen, von denen sich Individuen und Gruppen leiten lassen. (Höffe, 2008). Zudem kann man unter Werten den Rahmen für die Vorstellung von gutem Handeln verstehen. Immanuel Kant (1878) formulierte eine Leitfrage des Handelns so: »Was sollen wir tun?« Da sich Wertvorstellungen im Laufe der Zeit ändern können, prägen sie die Besonderheiten von gesellschaftlichen Lebensformen innerhalb eines bestimmten Zeitraums. Die Veränderung von Wertvorstellungen in einer Gesellschaft wird in der Regel durch bestimmte Auslöser angestoßen, die eine Entwicklung zum Umdenken verursachen. Solche Auslöser sind unter anderem Trends. Unter einem Trend wird »die Richtung oder Abfolge von Ereignissen, die einiges an Dauerhaftigkeit und Umgestaltungskraft beinhalten« verstanden (Kotler, Keller u. Bliemel, 2007). Somit kann ein Trend auch als eine beobachtbare Entwicklung innerhalb der Veränderungen einer Gesellschaft angesehen werden. Vor allem der ab den 1950er Jahren einsetzende Wertewandel hat eine gesamte Generation hinsichtlich ihrer Lebensstile und Konsummuster beeinflusst und den Begriff des Megatrends geprägt. Dieser Begriff wurde von John Naisbitt (1982) in seinem gleichnamigen Buch erstmals verwendet. Megatrends beschreiben besonders tief greifende und nachhaltige Entwicklungen, die neben sozialen und gesellschaftlichen auch wirtschaftliche und technologische Veränderungen betreffen (Kotler, Keller, Bliemel, 2007). Vorrangig in dieser Entwicklung der Werte war eine immer stärkere Individualisierung der Menschen, gefolgt von einer neuen Interpretation des Verhältnisses von Arbeit und Freizeit und somit auch des Mitarbeiters innerhalb von Unternehmen. Zudem verloren bis dahin vorherrschende tradierte Werte wie Gehorsam, Fleiß, Disziplin und Anpassungsbereitschaft immer mehr an Bedeutung für das Individuum (Rosenstiel, 1987). Nach Ulrich Beck (1986) erwächst die Individualisierung aus der Moderne. Sie zeigt sich in drei Formen:
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Der Umgang mit Mitarbeitern: Personalmanagement in Familienunternehmen
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–– im Herauslösen aus historisch vorgegebenen Sozialformen und -bindungen; –– im Verlust von traditionellen Sicherheiten im Hinblick auf Handlungswissen; –– in einer neuen Art von sozialer Einbindung. Dabei findet die Individualisierung ihren Einfluss in verschiedenen Bereichen einer Gesellschaft: etwa in der Emanzipation des Einzelnen gegenüber dem Staat und der Kirche sowie in der veränderten gesellschaftlichen Rolle der Frau als Hauswirtschafterin, Ehefrau und Mutter. Zusammengefasst lässt sich der Wertewandel der vergangenen Jahrzehnte wie folgt beschreiben: –– In den 1950er und 1960er Jahren dominierte die Pflichtkultur mit ihren aufgezwungenen Werten Staat, Familie, Religion. –– In den 1970er und 1980er Jahren herrschten das Infragestellen von tradierten Werten und Hedonismus vor. –– Seit Ende der 1990er Jahre entwickelt sich eine Werte-Renaissance von Staat, Religion und Familie. Den stärksten Einfluss auf die Personalpolitik von Familienunternehmen hat die Individualisierung mit einem stark ausgeprägten Anwachsen der Wünsche und Bedürfnisse der Mitarbeiter sowie der Zunahme des individuellen Anspruchsdenkens an den eigenen Lebensinhalt und dessen Verwirklichung (Wenzel, Kirig u. Rauch, 2007). Die Bedürfnisse heutiger Mitarbeiter kollidieren mitunter – wie sich später noch zeigen wird – mit einigen der vorhandenen Wertvorstellungen eines ausgeprägt konservativen Familienunternehmens und führen zu Problemsituationen. Das ist besonders bei jüngeren, gut ausgebildeten Mitarbeitern zu beobachten.
Welche Aufgaben muss ein zeitgemäßes Personalmanagement bewältigen? Bei der Aufschlüsselung der Aufgabenfelder im Rahmen eines Managementprozesses und dessen Charakteristika ergibt sich eine Vielzahl von Vorschlägen in der Literatur. Bei Christian Scholz finden wir eine Aufgliederung in drei Ebenen, mit der man gut arbeiten kann: das strategische, das taktische und das operative Personalmanagement (Scholz, 2000).
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Fundamente, auf die man bauen kann: Ein besonderer Blick auf das Alltägliche
Auf der oberen Ebene, dem strategischen Personalmanagement, wird unterschieden zwischen der Unternehmens- und der Personalstrategie. Wir gehen davon aus, dass in einem idealtypischen Unternehmen beides wirkt – eine Unternehmens- und eine Personalstrategie –, und dass ein strategisches Personalmanagement darauf aufbaut. Letzteres ist langfristig orientiert, findet Anwendung im gesamten Unternehmen und steht in direkter Verbindung zu dessen Erfolgspotenzialen. In der zweiten Ebene, dem taktischen Personalmanagement, werden die strategischen Überlegungen der obersten Ebene an die tieferen Managementebenen der Abteilungen weitergegeben. Dabei richtet sich der Fokus verstärkt auf Gruppen von Mitarbeiter, er hat zeitlich einen eher mittelfristigen Charakter. Das taktische Personalmanagement wird in der Literatur oftmals als Ebene mit einer Art Schnittstellenfunktion zwischen der strategischen und der operativen Ebene dargestellt. Im Rahmen der unteren Ebene, dem operativen Personalmanagement, erfolgt schließlich die praktische Umsetzung der strategischen Ebene mit ihren Vorgaben. Das operative Personalmanagement ist dabei auf einzelne Stellen und Mitarbeiter bezogen und in seiner zeitlichen Ausrichtung eher kurzfristig orientiert. Das operative Personalmanagement findet im Unternehmensalltag die unmittelbarste Anwendung und steht damit für den Inhaber, die Führungskraft sowie den einzelnen Mitarbeiter meist im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Eine exakte Trennung der drei Ebenen kann nicht immer realisiert werden, sie ist somit eher als eine systematisierende Sichtweise zu verstehen. Bei Scholz (2000) werden diejenigen Arbeitsfelder unterschieden, die auf allen drei Ebenen Anwendung finden: Personalführung, Personalkosten, Personalentwicklung, Personalfreisetzung, Personalbeschaffung, Personalbedarfsanalyse, Personalveränderung, Personalbestandsanalyse sowie Personaleinsatz. Wir werden einige der genannten Arbeitsfelder im Blick auf unsere Zielgruppe vernachlässigen und den Fokus auf jene richten, die für Familienunternehmen besonders relevant erscheinen. Aus unserer Sicht sind die wichtigsten Anwendungsfelder des Personalmanagements in Familienunternehmen –– die Personalbeschaffung inklusive Personalmarketing, –– die Personalentwicklung durch Qualifizierung und Weiterbildung,
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Der Umgang mit Mitarbeitern: Personalmanagement in Familienunternehmen
Ebenen des PM
strategische Ebene taktische Ebene operative Ebene
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Arbeitsfelder des klassischen PM
· Personalbeschaffung und -auswahl · Personalführung
· Personalkosten
· Personalentwicklung · Personalbedarf · Personalveränderung · Personaleinsatz · Personalfreisetzung · Personalbestandsanalyse
Abbildung 1: Ebenen und Arbeitsfelder des klassischen Personalmanagements
–– die Personalführung sowie –– ein anwendbares Anreizsystem für die Mitarbeiter. Das Personalmanagement übernimmt dabei als Oberbegriff die Integration aller Anwendungsfelder und sichert das Zusammenspiel mit der strategischen, taktischen und operativen Ebene (Scholz, 2000). Wir können an dieser Stelle schon vorwegnehmen, dass innerhalb von Familienunternehmen oftmals Defizite innerhalb des Personalmanagements vorliegen, deren Ursprung bereits auf der strategischen Ebene auszumachen ist. Dabei fehlt es aus unserer Erfahrung heraus oftmals nicht an der Planung selbst, sondern an deren konsequenter Umsetzung im Tagesgeschäft. Es reicht dabei in Familienunternehmen nicht aus, die unterschiedlichen Personen innerhalb des Unternehmens durch Arbeitsverträge an sich zu binden. Vielmehr ist es notwendig, die wechselseitigen Beziehungen zwischen den Inhabern, der Familie, den Führungskräften und den übrigen Mitarbeitern in eine gewisse Ausgewogenheit zu bringen und nachhaltig zu pflegen. Zusätzlich ist eine enge Verzahnung mit der Orientierung an den eigenen Ressourcen, der Konzentration auf den Kundennutzen, der Interaktion mit den Kunden, dem Ausbau von Alleinstellungsmerkmalen und dem Willen zu neuen Innovationen unabdingbar. Existenziell ist dabei die Tatsache, dass innerhalb eines Familienunternehmens die Verknüpfung zwischen der Unternehmenskultur und dem Personalmanagement sehr hoch ist und somit als Ganzes betrachtet werden sollte. Ein optimales und
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Fundamente, auf die man bauen kann: Ein besonderer Blick auf das Alltägliche
auf die Bedürfnisse eines Familienunternehmens angepasstes Personalmanagement bietet die Möglichkeit, diese Facetten zu berücksichtigen, wie in den folgenden Kapiteln deutlich wird.
Kernaussagen •• Unser heutiges Verständnis für Personalmanagement baut auf dem Prinzip des Intrapreneuring auf (»Verhalte dich so, als ob dir das Unternehmen, in dem du arbeitest, selbst gehört!«). Bei diesem Ansatz stellt der Mitarbeiter eine sensitive und wertvolle Ressource dar. •• In Bezug auf die Frage nach Sinnstiftung und dessen Verwirklichung als Lebensinhalt sind die Ansprüche eines Mitarbeiters an sein Arbeitsumfeld stark gestiegen. •• Wichtige Arbeitsfelder im Personalmanagement von Familienunternehmen sind die Personalbeschaffung inklusive Personalmarketing, die Personalentwicklung mit ihrer Qualifizierung und Weiterbildung, die Personalführung sowie ein anwendbares Anreizsystem für die Mitarbeiter.
1.2.2 Motivations- und Führungsmodelle
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In späteren Kapiteln werden die Bereiche der Motivation und Führung innerhalb von Familienunternehmen eine zentrale Rolle spielen. Um eine gemeinsame Verständnisbasis auszubilden, stellen wir hier einige grundlegende Konzepte dar. Wir wollen uns aber nicht einreihen in die gängige Ratgeberliteratur und Ihnen fertige Lösungen anbieten, die Ihnen zeigen, was »das Beste« für Sie und Ihr Unternehmen ist. Sie finden hier Erkenntnisse, die Sie dabei unterstützen, selbst abzuschätzen, was für Sie gut funktioniert. Denn das, was für das Unternehmen A hervorragend geeignet ist, kann im Unternehmen B vielleicht nur mittelmäßige Ergebnisse erzielen und im Unternehmen C völlig scheitern. Für diese Selbsteinschätzung hilft Ihnen zusätzlich der Basistest in Teil C. In früheren Zeiten ging man bei der Einschätzung der Motivation von Mitarbeitern davon aus, dass vor allem das Konzept des Homo oeconomicus die Basis des Arbeitsantriebes abbildet und erklärt (Stengel, 1997).
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Der Umgang mit Mitarbeitern: Personalmanagement in Familienunternehmen
Danach verursacht Arbeit für den Arbeitenden Kosten, und die Entscheidung darüber, ob überhaupt gearbeitet wird, hängt lediglich von der Höhe der empfangenen Bezahlung ab. Heutige Ansichten differenzieren dabei immer stärker auch intrinsische Motive, wie beispielsweise die Freude an der Arbeit, die einen Menschen antreibt, und bestimmen die Motivation als Konsequenz der Arbeit beziehungsweise der Aufgabe. Die Neuzeit wird dabei durch den Social Men (den sozialen Menschen) gekennzeichnet, der als Teil eines sozialen Gefüges »nicht mehr ausschließlich als nutzenmaximierendes, an finanziellem Gewinn orientiertes Individuum« angesehen wird (Kirchler, 2011, S. 62). Als Wirkung des angesprochenen Wertewandels stehen nun seine sozialen Bedürfnisse im Vordergrund, und diese wollen auch am Arbeitsplatz befriedigt werden. Die Ausprägungen des SocialMen-Ansatzes zeigen ein Menschenbild auf, das eine starke Prägung durch soziale Bindungen innerhalb der Organisation hat und ein daraus abgeleitetes starkes Zugehörigkeitsgefühl zu einem Unternehmen. Seine Handlungen erfolgen eher aus informellen Regeln und Normen heraus und stehen damit neben den offiziellen Kontrollsystemen der Organisation. Letztlich ist der Social Men bereit, umso mehr seiner Leistung zur Verfügung zu stellen, je mehr seine sozialen Bedürfnisse erfüllt werden. Im Umkehrschluss erfordert eine solche Sicht auf den Menschen und Mitarbeiter ein Umdenken in der Aufgabe und Funktion von Führungskräften, die nun personenzentriert agieren und ihr Augenmerk eher auf das psychologische Wohlbefinden des Mitarbeiters ausrichten sollen. Durch Annahme eines solchen Menschenbildes ändern sich die Bedürfnisse und letztlich auch die Motivationsansätze in der Praxis grundlegend. Arbeit an sich soll nun die Befriedigung individueller sozialer Bedürfnisse ermöglichen, die einerseits auf Arbeitgeberseite durch entsprechende Gegenleistung belohnt wird und andererseits auch die gesellschaftliche Wertschätzung widerspiegelt (Rosenstiel, 2007). Um das innerhalb des Unternehmens gewährleisten zu können, müssen zeitgleich die Bedürfnisse des Mitarbeiters bekannt und die Führungsstrukturen und organisatorischen Verantwortlichkeiten klar zu erkennen sein. Es bedarf außerdem einer offenen Dialogkultur, in der persönliche Gespräche zwischen allen Beteiligten auf einer vertrauensvollen Basis stattfinden können. Parallel zur psychologischen Motivation besteht weiterhin auch die Verpflichtung des Unternehmers, seine Mitarbeiter monetär zu entlohnen.
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Fundamente, auf die man bauen kann: Ein besonderer Blick auf das Alltägliche
Nach Frederick Herzberg existiert neben der Motivation und damit einhergehender Anerkennung und Erfolg auch noch der Bereich der sogenannten Hygienefaktoren. Herzberg (1959/2009) unterscheidet zwischen –– Motivatoren und deren positiven Einfluss auf die Förderung von Leistungsbereitschaft und Zufriedenheit; typische Beispiele sind Anerkennung und Verantwortung. –– Hygienefaktoren als sogenannte Unzufriedensteller, deren Nichtbefriedigung negative Auswirkungen hat; typische Beispiele sind Arbeitsbedingungen und das Gehalt. Somit stehen Entlohnung oder die Beziehung zu den Vorgesetzten in keinem direkten Zusammenhang zu der Arbeitsaufgabe. Dies bedeutet, dass nur eine mit der geforderten Arbeitsleistung verbundene Entlohnung auch motivierend wirkt und die intrinsischen Aspekte anspricht.
Exkurs: Die Zwei-Faktoren-Theorie nach Herzberg
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Um die Motivation von Menschen und deren Auswirkungen auf den Arbeitsplatz zu beschreiben, hat man zahlreiche Modelle entwickelt. Einen guten Ansatz bietet die Zwei-Faktoren-Theorie, die 1959 von Frederick Herzberg, Bernhard Mausner und Barbara Snyderman der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Herzberg und Kollegen (2009) hatten in den 1950er Jahren im Rahmen der Pittsburgh-Studie circa 200 Arbeitnehmer nach Situationen während ihres Arbeitsalltags befragt, bei denen sie eine hohe Zufriedenheit (»Ich fühle mich wohl«) oder Unzufriedenheit (»Ich fühle mich schlecht«) erlebten. Diesen beiden Dimensionen teilten sie die Begriffe Motivatoren für Zufriedenheit und Hygienefaktoren für Unzufriedenheit zu und stellten sie gegenüber. Bei der geplanten Befragung und Auswertung ging man davon aus, dass sich die kritischsten Erinnerungen verfestigen und somit sehr gut abrufen lassen würden. Das Ergebnis wäre dann ein gutes Bild der Arbeitsmotivation eines jeweiligen Mitarbeiters. Die befragten Personen waren angehalten, die erlebten Situationen, aber auch das Umfeld der Situation, wie beispielsweise die anwesenden Personen, so genau wie möglich zu beschrei-
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Der Umgang mit Mitarbeitern: Personalmanagement in Familienunternehmen
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ben. Herzberg, Mausner und Snydermann (1959) kamen zu dem Ergebnis, dass zwei voneinander unabhängige Faktorenkategorien für Mitarbeiter in Organisationen wichtig sind: –– Hygienefaktoren (Kontextfaktoren) lösen Unzufriedenheit bei den Mitarbeitern aus, wenn die Erwartungen an sie nicht erfüllt werden. Es handelt sich um Merkmale der Arbeit, die außerhalb der eigentlichen Person liegen: z. B die Gestaltung der äußeren Arbeitsbedingungen, die Beziehungen zu den Arbeitskollegen, die Beziehungen zu den Vorgesetzten, zur Firmenpolitik und Administration, die Entlohnung einschließlich der Sozialleistungen sowie die Krisensicherheit des Arbeitsplatzes. Diese Faktoren sind alle extrinsischer Natur und somit nicht oder kaum geeignet, einen Mitarbeiter zu besserer oder effizienterer Arbeit zu motivieren. –– Motivatoren (Kontentfaktoren) erzeugen Zufriedenheit bei den Arbeitnehmern, wenn sie bei der Arbeit anzutreffen sind. Sie beschreiben Merkmale der Tätigkeit an sich und die individuellen Bedürfnisse von Mitarbeitern: zum Beispiel die Tätigkeit selbst, die Möglichkeit, etwas zu leisten, die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln, Verantwortung bei der Arbeit, Aufstiegsmöglichkeiten sowie Anerkennung. Diese Faktoren sind alle intrinsischer Natur und eignen sich daher sehr gut dafür, Mitarbeiter zu stärkerem Arbeitseinsatz zu motivieren. Für Herzberg, Mausner und Snydermann war somit klar, dass die Natur der Faktoren, die sich positiv auf die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter auswirken, vollkommen gegensätzlich zu derjenigen ist, die Unzufriedenheit erzeugt. Darauf aufbauend gingen sie davon aus, dass trotz unterschiedlicher Faktoren, die einen Arbeitnehmer zufrieden oder unzufrieden werden lassen, diese Gefühle nicht zwangsläufig im Gegensatz zueinander stehen müssen. Das Gegenteil von Arbeitszufriedenheit müsste somit nicht unbedingt Arbeitsunzufriedenheit sein, sondern ist »keine Arbeitszufriedenheit«. Ebenso ist das Gegenteil von Arbeitsunzufriedenheit nicht Arbeitszufriedenheit, sondern »keine Arbeitsunzufriedenheit« – aus diesem Grund nannten Herzberg und Kollegen ihre Theorie »Zwei-FaktorenTheorie«; sie wird dazu eingesetzt, Arbeitstätigkeiten mit psychologischen Erkenntnissen zu gestalten und zu beschreiben. Im Arbeitsalltag bedeutet das vor allem, dass der Fokus auf die optimale Gestaltung der Motivatoren ausgerichtet sein sollte. Die jeweiligen Moti-
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Fundamente, auf die man bauen kann: Ein besonderer Blick auf das Alltägliche
vatoren hängen wiederum mit der vorherrschenden Unternehmenskultur und deren Werteausprägung zusammen – es ist somit nicht möglich, eine Trennung zwischen der vorherrschenden Unternehmenskultur und der Ausprägung der motivatorischen Elemente innerhalb der Unternehmung vorzunehmen. Korrekturen auf Seiten der Kultur und der Werte müssen zwangsläufig zu Angleichungen auf Seiten der Motivatoren führen und umgekehrt, wobei der Startpunkt einer Anpassung immer die Unternehmenskultur und deren Werteausprägung mit ihrem vorgebenden Charakter auf die Motivatoren sein muss. Beispiel: In einem Unternehmen, das stark auf Kontrolle setzt, sind die Mitarbeiter nicht daran gewöhnt, Verantwortung zu übernehmen. Sie ziehen sich aus jeglicher Verantwortung heraus, da ihnen dies so gewünscht erscheint. Will man nun mehr Mitarbeiterverantwortung erreichen, muss sich das Unternehmen von seiner dominierenden Kontrollpraxis langsam trennen und nach und nach eine immer kontrollärmere Arbeitsweise entwickeln. Die Verantwortung, die die kontrollierenden Instanzen vorher allein trugen, wird Schritt für Schritt auf die Mitarbeiter übertragen. Nach der Zwei-Faktoren-Theorie wird damit die Zufriedenheit der Mitarbeiter erhöht und ihre Bereitschaft, verantwortungsbewusster zu handeln, steigt. Das Gegenbeispiel dazu wäre der Versuch der Unternehmensleitung, mehr Verantwortung durch mehr Entlohnung bei gleichem Kontrolleinsatz zu bieten. Da nur ein Hygienefaktor (mehr Geld), aber kein Motivator (denn die Kontrolle bleibt gleich) geändert wird, passiert – nichts.
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Kritiker weisen darauf hin, dass die beschriebene Theorie auf so genannte weiche Erhebungen aufbaut (also auf qualitative Befragungen statt auf zahlenbasierte Statistiken), zudem ist eine scharfe Trennung zwischen den beiden Faktoren nicht immer gegeben. Diese und andere Kritikpunkte haben seit ihrer Veröffentlichung zu kontroversen Diskussionen über die Sinnhaftigkeit der »Zwei-Faktoren-Theorie« geführt. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass Frederick Herzberg, Bernhard Mausner und Barbara Snyderman erstmalig die Bedeutung von intrinsischen Aspekten in der Arbeitstätigkeit erkannt und beschrieben haben. Die Theorie stellt einen guten Ansatz dar, um die einzelnen Faktoren zu benennen, die sich förderlich auf ein gutes Arbeitsumfeld im weiteren Sinne auswirken.
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Der Umgang mit Mitarbeitern: Personalmanagement in Familienunternehmen
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Neben der Schaffung von Motivation ist die Führung von Menschen eine Verhaltensbeeinflussung. In der Literatur existiert eine unüberschaubare Menge an möglichen Definitionen für den Begriff »Führung«. Folgende zentrale Merkmale werden dabei oft im Rahmen eines klassischen Führungsverständnisses im Personalmanagement angenommen (Breisig, 2005): –– das Vorhandensein eines formalen Über- und Unterstellungsverhältnisses von Führungskraft und Mitarbeiter; –– die zielgerichtete Einflussnahme durch den Vorgesetzten; –– die Pflicht des Mitarbeiters, auf Basis seines Arbeitsvertrages den Anordnungen Folge zu leisten; –– die Möglichkeit von Sanktionen beziehungsweise deren Androhung durch den Vorgesetzten bei Nichterfüllung der Vorgaben. Dieses Führungsbild baut auf einer hierarchischen Führungsstruktur auf, bei der die Mitarbeiter durch den Vorgesetzten autokratisch geführt, kontrolliert und korrigiert werden. Dieses Bild ist mittlerweile überholt und wurde im Zeitverlauf durch ein eher kooperatives Führungsverständnis ersetzt. Innerhalb der kooperativen Führung erfolgt die Arbeit im Team mit ausgeprägtem Spielraum und lässt sich nach Wunderer (2006) im Rahmen des Umgangs zwischen Führendem und Geführtem beschreiben als –– kooperierend, –– kommunizierend und –– koordinierend. Fassen wir die vorangegangenen Ausführungen zusammen, kann man unter dem heutigen Führungsbegriff die zielgerichtete Gestaltung, Lenkung und Entwicklung von Menschen in sozialen Systemen verstehen. Dabei wird der Fokus auf die Führung und Einflussnahme von Mitarbeitern gelegt, um so die Aufgabe einer gemeinsamen Zielerreichung realisieren zu können. Die geschichtlichen Fortschritte der Führung sind in weiten Teilen ebenso wie das Personalmanagement geprägt von Entwicklungen und Trends. Auch an dieser Stelle treten die schon im Personalmanagement aufgeführten Megatrends der vergangenen Jahrzehnte in den Vordergrund. Als Grund dafür können wir durchaus annehmen, dass die Führung einen Teilbereich der Personalmanagementfelder abbildet. Innerhalb der Führungs-
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Fundamente, auf die man bauen kann: Ein besonderer Blick auf das Alltägliche
forschung steht die Führung somit im engen Kontakt zur Personallehre und versucht spätestens seit Frederick Taylor, die Produktivität menschlicher Arbeit durch Führung zu steigern. Bis in die heutige Zeit wurden verschiedene Modelle der Führung entwickelt, die alle zunehmend den Menschen und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt setzen. Historisch stand anfänglich die Rationalisierung des Arbeitsprozesses zur Effizienzsteigerung im Vordergrund, während sich im weiteren Zeitverlauf mehr verhaltensorientierte Führungsansätze herausbildeten. Schließlich erwuchs daraus der moderne Human-Relations- sowie der Human-Ressource-Ansatz. Interessant sind dabei unter anderem die Arbeiten von Knut Bleicher (2011), da er die Führung auf Basis der Systemtheorie interpretierte (siehe auch Exkurs zur Systemtheorie auf S. 48). Notwendig wurden die Weiterentwicklungen innerhalb der Führungstheorie durch eine fortlaufende Veränderung von Gesellschaft und Wirtschaft. Diese Veränderungen wirken sich direkt auf die Unternehmen aus und konfrontieren sie mit dem Zwang zu permanenter Weiterentwicklung. Besonders starken Einfluss auf Unternehmen haben dabei Veränderungen der gesellschaftlichen Werte und Menschenbilder, da sie einen stark prägenden Charakter auf die Ansprüche des Menschen und somit auch auf den Wirkungsbereich im Unternehmen haben. Im modernen Führungsverständnis haben Mitarbeiter, die lediglich als Befehlsempfänger agieren, keine Bedeutung mehr. In der heutigen Zeit steht der nach Selbstverwirklichung strebende und eigenverantwortliche Mitarbeiter im Fokus der Führungsforschung, der als Partner des Unternehmers dabei helfen kann, die gemeinsamen Visionen zu erreichen. Das frühere Bild der Beeinflussung oder Manipulation durch Führungskräfte kann hierbei nicht mehr gelten. Führung bedeutet nun eher ein interpersoneller Umgang mit gegenseitigen Annäherungsprozessen zwischen Führendem und Geführtem. Nimmt man die vorangegangenen Erkenntnisse zu Hilfe, lässt sich nun ein neuer, moderner Ansatz für die Führung herausbilden: »Führung ist eine gegenseitige interpersonale Einflussnahme, Interaktion und permanente Gestaltung einer Unternehmensrealität zur gemeinsamen Zielerreichung« (Franken, 2010). Diese Definition lässt einen weiteren Schritt in die moderne Betrachtung von Führung zu, bei der die Führungsmerkmale in ein traditionelles
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Der Umgang mit Mitarbeitern: Personalmanagement in Familienunternehmen
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und ein modernes Verständnis differenziert werden können. Diese Unterscheidung ist hilfreich, um die im Personalmanagement auftretenden Konflikte in Familienunternehmen besser verstehen zu können. Tabelle 2: Traditionelles und modernes Führungsverständnis im Vergleich (Franken, 2010)
Rolle der Führungskraft
traditionelles Verständnis
zukunftsorientiertes Verständnis
bei der Zielsetzung
Mitarbeiter auf das Erreichen eines vorbestimmten Zieles lenken
gemeinsam Ziele formulieren oder mindestens abstimmen
bei der Lösung von Aufgaben
Aktivitäten initiieren, kontrollieren, planen, leiten, koordinieren
Initiative fördern, Freiräume schaffen, Arbeitsprozesse moderieren
im Verhältnis zu Mitarbeitern
Machtposition ausüben, kontrollieren
gleichberechtigte Förderer und Entwickler von individuellen Kompetenzen der Mitarbeiter
bei der Motivation von Mitarbeitern
allgemeine Anreize schaffen, belohnen oder bestrafen
individuelle Anreize schaffen, persönliche Entwicklungen fördern, Demotivation reduzieren, Identifikation stärken
bei der Entscheidungsfindung
trifft Entscheidungen alleine
beteiligt seine Mitarbeiter, delegiert, kommuniziert offen
Autoritätsbasis in der Ausführung seiner Führungsautorität
eigene Position als Basis, Druck, Information, Belohnung, Charisma, Wissen
vor allem Persönlichkeit, Charisma, Expertenwissen, Belohnung
Tabelle 2 zeigt noch einmal die Unterschiede zwischen traditioneller und moderner Sichtweise. So wird deutlich, dass vor allem ein Wechsel des bestehenden Führungsverständnisses – der möglicherweise bei Familienunternehmen durch einen Generationenwechsel ansteht – einen umfassenden und recht problematischen Umstellungsprozess für das gesamte Familienunternehmen darstellen kann.
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Fundamente, auf die man bauen kann: Ein besonderer Blick auf das Alltägliche
Kernaussagen •• Nach heutigem Stand der Forschung ist der moderne Mensch Teil eines sozialen Gefüges. Er wird nicht mehr als ein Individuum gesehen, das lediglich nutzenmaximierend handelt und ausschließlich an finanziellem Gewinn interessiert ist. •• Durch das moderne Menschenbild ändern sich auch die Bedürfnisse eines Mitarbeiters stärker in Richtung soziale Bindung und Zugehörigkeit zum Unternehmen. Je umfassender diese Bedürfnisse erfüllt werde, umso mehr »Leistung« wird von ihm erbracht. •• Ein Familienunternehmen muss heute die Bedürfnisse seiner Mitarbeiter genau kennen und seine internen Strukturen hinsichtlich Organisation und Führung klar zeigen. •• In modernen kooperativen Führungsansätzen erfolgt der Umgang zwischen Führendem und Geführtem kooperierend, kommunizierend und koordinierend.
Im folgenden Abschnitt wenden wir uns den Besonderheiten von Familienunternehmen mit Fokus auf das Personalmanagement zu, um eine solide Grundlage zu schaffen für die Vorschläge eines operationalisierbaren und angepassten Personalmanagements.
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1.3 Der Weg zu einem maßgeschneiderten Personalmanagement für das Familienunternehmen Wie bereits angesprochen scheint die bestehende Kombination aus den sozialen Systemen Familie, Unternehmen und Eigentum nicht ganz reibungsfrei zu sein. Daher wollen wir uns die Zonen zwischen den drei Systemen näher ansehen. Wenn wir hier den Begriff des Systems verwenden, muss kurz erläutert werden, was genau darunter zu verstehen ist. Das kann nicht ohne Zuhilfenahme der Systemtheorie erfolgen. Wir wollen uns aber nicht an eine dezidierte Betrachtung begeben, sondern Ihnen die wesentlichen Elemente knapp und verständlich darstellen. Durch die Zusam-
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Der Weg zu einem maßgeschneiderten Personalmanagement
menführung der Erkenntnisse unserer bisherigen Definitionen mit den Erkenntnissen der Systemtheorie werden die Besonderheiten von Familienunternehmen im Rahmen des Personalmanagements besser sichtbar. Bei der grafischen Darstellung von Familienunternehmen ist das DreiKreise-Modell von Kelin E. Gersick et al. (1997) besonders zielführend, da es auf einen Blick erkennen lässt, worauf es ankommt. Das Drei-Kreise-Modell zeigt die Schnittmengen der einzelnen Systemteile und deren Grenzen. Dabei ist bemerkenswert, dass jedes System – Unternehmen, Familie und Eigentum – einer eigenen Logik folgt, die jeweils auch eigene Regeln, Beziehungen, Strukturen und Sprachen (Kommunikation) hervorbringt. So entsteht eine Situation, in der ein und dieselbe Person in einem Familienunternehmen gleichzeitig
Familie
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Unternehmen
Eigentum
Abbildung 2: Drei-Kreise-Modell
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Fundamente, auf die man bauen kann: Ein besonderer Blick auf das Alltägliche
(a) als Eigentümer mit einer juristisch-finanziellen Sicht, (b) als Unternehmer mit einer ökonomischen Sicht und (c) als Familienmitglied mit einer emotionalen Sicht konfrontiert wird. Vergegenwärtigt man sich an dieser Stelle die in Teil A, Kapitel 1.2.1 in Abbildung 1 aufgezeigten Unterschiede der einzelnen Systeme, wird die Zerrissenheit dieser Person deutlich. Damit zeigt sich der Komplexitätsgedanke der Systemtheorie: Die Vernetzung der Entscheidungsfelder und deren Anzahl erhöhen den Grad der Kompliziertheit und erzeugen so leicht Turbulenzen.
Exkurs: Systemtheorie
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Die Systemtheorie und ihre Bestandteile verdienen eine genauere Erläuterung, vor allem wichtige Begriffe wie soziales System, Umwelt, Kommunikation und Selbstreferenzialität. Da die Systemtheorie eine hochkomplexe Theorie ist, wird im Folgenden eine stark vereinfachte, dafür aber gut verständliche Betrachtung erfolgen. Der Begriff einer allgemeinen Systemtheorie geht auf den Biologen Ludwig von Bertalanffy zurück. Seit den 1930er Jahren entwickelte er einen Denkansatz, mit dem gemeinsame Gesetzmäßigkeiten ganz unterschiedlicher Wissenschaften wie Biologie, Mathematik, Soziologie, Psychologie usw. erfasst werden sollten. Grundlage der Systemtheorie bildet die Annahme, dass ein System aus mehreren Bestandteilen besteht, die eine Einheit bilden – dass diese Einheit aber mehr als die Summe ihrer einzelnen Teile darstellt. Gleichzeitig wird jedes System durch eine Umwelt begrenzt, von der es sich unterscheidet. Durch diese Abgrenzung wird eine Vielzahl weiterer Systeme ermöglicht. Die Beziehungen der Elemente zueinander und die daraus resultierende wechselseitige Beeinflussung sind nicht immer vorhersehbar, es bleibt jedoch stets möglich, dass etwas Neues entsteht, das nicht unbedingt auf die ursprünglichen Eigenschaften der Elemente zurückzuführen ist. Ein gutes Beispiel ist Wasser – chemisch: H2O –, welches aus den Elementen Wasserstoff (H) und Sauerstoff (O) besteht, die auch unabhängig voneinander existieren. Beide sind ursprünglich Gase; verbinden sie sich aber durch eine chemische Reaktion zu Wasser, wird aus den Gasen eine
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Der Weg zu einem maßgeschneiderten Personalmanagement
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Flüssigkeit. Das neu Entstandene hat einen anderen Aggregatzustand als die »Elternelemente«. Wendet man nun diese grundlegenden Hinsichten auf die Gesellschaft und ihre sozialen Strukturen an, so finden sich auch hier Systeme (z. B. Unternehmen), die aus verschiedenen Elementen (Menschen) bestehen und sich gegenseitig beeinflussen. Weil Menschen an diesem Prozess beteiligt sind, sprechen wir von sozialen Systemen. Innerhalb eines sozialen Systems bilden sich Regeln aus, nach denen es funktioniert: beispielsweise in den Bereichen des zwischenmenschlichen Austausches (Kommunikation) oder bestimmter Machtstrukturen (Hierarchien), bei der Feststellung, wer dazugehört und wer nicht (Gruppenidentifikation), oder was das System erreichen möchte (Ziele). Das anspruchsvollste Modell sozialer Systeme wurde von dem deutschen Soziologen Niklas Luhmann entwickelt. Mit diesem Modell sollte die Gesamtheit sozialer – und damit insbesondere gesellschaftlicher – Gegebenheiten erklärt werden können. Luhmann (1984) unterscheidet drei Haupttypen von Systemen: –– biologische, –– psychische und –– soziale Systeme. Die jeweiligen Systeme sind laut Luhmann nicht aus Elementen zusammengesetzt, sondern aus den Beziehungen der Elemente zueinander. Die Umwelt eines Systems ist nach Luhmann kein konkreter Raum, sondern das, was sich außerhalb dieses Systems befindet. Davon ausgehend, dass jedes System eine eigene, einzigartige und variable Umwelt besitzt, lassen sich Systeme voneinander unterscheiden und benennen. In Systemen mit vielen Elementen kommt es dabei zu einem Problem: Durch die entstandene Komplexität können nicht mehr alle Elemente untereinander ständig verknüpft sein. Das bedroht den Zusammenhalt des Systems. Um diesem Problem zu entgehen, ist ein komplexes System bestrebt, Entscheidungen zu treffen für oder gegen bestimmte Beziehungen zwischen seinen Elementen, um seine Komplexität zu reduzieren und damit sein Fortbestehen zu sichern. Um den eigenen Fortbestand zu garantieren, operieren soziale Systeme mittels Kommunikation – nach Luhmann die Grundvoraussetzung jedes
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Fundamente, auf die man bauen kann: Ein besonderer Blick auf das Alltägliche
funktionierenden sozialen Systems. Kommunikation ist dabei als ein Vorgang zu verstehen, der weit mehr ist als die einfache Übertragung von Informationen. Luhmann bezeichnet diesen Vorgang als Kommunikationsakt, der durch einen dreiteiligen selektiven Vorgang beschrieben wird. –– Schritt 1: Welcher Sachverhalt wird als eine Information aufgefasst? Und welche Information wird ignoriert? –– Schritt 2: Aus all den Sachverhalten, die jemand als »Information« ausgewählt hat – welche Information fließt in eine beginnende Kommunikation ein? Und welche Kommunikationsform wählt diejenige Person aus, die sich dazu entschließt, mit einer zweiten Person in Kommunikation zu treten? –– Schritt 3: Dieser letzte Schritt ist entscheidend für den Fortlauf der Kommunikation – versteht der Adressat, dass ihm eine Information mitgeteilt wird? Nur dann kann die weitere Kommunikation gelingen. Verstehen im Sinne Luhmanns ist also nicht das inhaltliche Begreifen einer Information, sondern das Verstehen, dass eine Information mitgeteilt wird. Beispiel: Ein Mann überreicht einer Frau einen Strauß Blumen. Das könnte eine Fülle von Informationen beinhalten, zum Beispiel »Vielen Dank für die gute Arbeit, die Sie letzte Woche auf der Messe geleistet haben« oder »Ich fühle mit Ihnen in Ihrem schweren Verlust« oder »Ich liebe dich!«. Wenn die Adressatin die Blumen als eine Form der Informationsübertragung erkennt, dann hat sie nach Luhmann »verstanden« – denn sie könnte zum Beispiel die Blumen auch als Büroschmuck begreifen und nicht als etwas, das eine Botschaft für sie beinhaltet. Ob sie den A
richtigen Inhalt der Information versteht, ist eine andere Sache.
Erst wenn alle drei Schritte erfolgreich waren, kann der Empfänger die Mitteilung annehmen oder ablehnen. Luhmann stellte fest, dass die Kommunikation in sozialen Systemen vergleichbar ist mit der Selbstreproduktion lebendiger Organismen. So wie diese nur Stoffe aus der Umwelt aufnehmen, die für ihr Weiterbestehen wichtig sind, verhält es sich auch mit der Kommunikation in sozialen Systemen: Auch dort werden nur die Informationen aufgenommen, die thematisch zum »Sinn« der bislang praktizierten Kommunikation passen und an deren Inhalte gut andocken können. Dabei existiert in der jeweiligen Kommunikationspraxis des sozialen Systems nur
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scheinbar eine direkte Beziehung zu seiner Umwelt. In Wirklichkeit bezieht sich diese Kommunikation nur auf eine ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten entsprechende Ansicht der Umwelt – »man sieht, was man erwartet« –, sie bezieht sich also auf sich selbst: Soziale Systeme sind laut Luhmann durch Selbstreferenzialität charakterisiert (1984). So zeichnen sich selbstreferenzielle Systeme generell dadurch aus, dass eine Einflussnahme von außen nicht zwangsläufig zu dem beabsichtigten Ergebnis führt. Die Umwelt macht ein Angebot und eröffnet Reaktionsmöglichkeiten; das selbstreferenzielle System entscheidet eigenständig durch interne Operationen, welche Möglichkeit es wählt. Luhmann bezeichnet das folgendermaßen: »Ich tue, was du willst, wenn du tust, was ich will« (Luhmann, 1984, S. 166). Über das soziologische Modell Luhmanns hinaus wurden in den letzten zwei Jahrzehnten systemtheoretische Ansätze in ganz unterschiedlichen Wissenschaftsgebieten weiterentwickelt. Als Anwendungsbeispiele können hier der Aktienmarkt, die Biosphäre, das menschliche Gehirn oder politische Parteien dienen. Im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen jedoch auch Produktions- und Dienstleistungsunternehmen. Allen Ansätzen gemeinsam ist, dass ihr Fokus nicht so sehr auf den Systemeigenschaften liegt, sondern auf den Wechselwirkungen, durch die diese Systeme bestimmt werden.
Für Familienunternehmen bedeutet das selbstreferenzielle Verhalten, dass lediglich bekannte Handlungsmuster immer wieder angewendet und weitergegeben werden. Als Resultat bildet sich ein Defizit an neuen Handlungsoptionen aus und führt zu dem Ergebnis, dass das soziale System Familienunternehmen eine starre Ordnung und feste Regeln bildet, die von neu eintretenden Personen übernommen werden. Im systemischen Sinn ist diese Ordnung die Kommunikation, welche letztlich vom Menschen – dem Mitarbeiter – übernommen und weitergeführt wird (Becker, 2001). Zusammenfassend wird an dieser Stelle deutlich, dass die systemtheoretische Betrachtung von Familienunternehmen geeignet ist, um zwei Besonderheiten zu erklären: –– den Einfluss der vielschichtigen Bedürfnisse und Sichtweisen einzelner Personen im Unternehmen über ihre Zugehörigkeit zu mehreren
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Teilsystemen, die miteinander in Konflikt stehen, und über den Ansatz der Selbstreferenzialität; –– die Problematik des oftmals fehlenden Willens und Vermögens zur Veränderung. Vergleichen wir die Arbeitsfelder des klassischen Personalmanagements mit der Sichtweise von Familienunternehmen als soziale Systeme und deren Besonderheiten, erkennen wir drei Problembereiche, die nicht hinreichend berücksichtigt werden: Werte und Leitkultur, Innovations- und Veränderungsfähigkeit und Nachfolgeregelung. Diese drei neuen Arbeitsfelder stehen in einem direkten Zusammenhang mit der Personalarbeit und beschreiben jedes für sich besonders gut die speziellen personalbezogenen Begebenheiten innerhalb von Familienunternehmen. In Abbildung 3 erscheinen sie ergänzend zu den bereits bekannten Arbeitsfeldern des klassischen Personalmanagements. Ebenen des PM
strategische Ebene taktische Ebene operative Ebene A
Arbeitsfelder des PM im Familienunternehmen · Personalbeschaffung und -auswahl · Personalführung
· Anreizsysteme
· Qualifikation und Weiterbildung · Nachfolgeregelung · Innovation und Veränderung · Werte und Leitkultur
Abbildung 3: Arbeitsfelder im Personalmanagement mit dem Fokus auf Familienunternehmen
Wie schon erläutert sollte die Aufgabe des Personalmanagements innerhalb eines Familienunternehmens vor allem in der langfristigen Sicherstellung von Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit des vorhandenen und zukünftigen Personals bestehen. Dabei ist diese Aufgabe oft Chefsache und somit untrennbar verbunden mit einem starken Einfluss der eigenen Werte und Moralvorstellungen des Inhabers. Geschuldet ist dieser Umstand der meist flachen Hierarchiestruktur.
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Kernaussagen •• Die Familienmitglieder eines Familienunternehmens sind gleichzeitig Mitglieder dreier Systeme: (a) als Eigentümer im juristischen Sinne, (b) als Unternehmer im ökonomischen Sinne und (c) als Teil der Familie im emotionalen Sinn. •• Familienunternehmen sind als geschlossene Systeme dabei selbstreferenziell und reproduzieren sich immer nur selbst: Sie wiederholen bekannte und bewährte Handlungsmuster. •• Das führt zu einem Defizit an Handlungsoptionen, zu starrer Ordnung und festen Regeln. •• Neu eintretende Personen übernehmen die in einem Familienunternehmen vorhandenen Regeln und Handlungsmuster. •• Die bisherigen Arbeitsfelder des Personalmanagements in Familienunternehmen (Personalbeschaffung und -auswahl, Personalführung, Anreizsysteme, Qualifikation und Weiterbildung) werden um die Bereiche Werte und Leitkultur, Innovations- und Veränderungsfähigkeit sowie Nachfolgeregelung ergänzt. •• Personalmanagement ist in Familienunternehmen oft Chefsache mit einem starken Einfluss der Werte und Moralvorstellungen des Inhabers.
In den folgenden Abschnitten werden wir die einzelnen Arbeitsfelder des Personalmanagements und ihre Auswirkungen auf das Personalmanagement in Familienunternehmen untersuchen.
1.3.1 Moral, Werte und Unternehmenskultur
Familienbetriebe gelten in der medialen Berichterstattung als besondere Bewahrer von traditionellen Werten und Moralvorstellungen. Gerade in Zeiten, in denen die Diskussionen über mögliche Grenzen des Kapitalismus die Wirtschaftspresse füllen, scheinen Familienunternehmen ein Vorbild für eine bessere Wirtschaftswelt zu sein. In der Literatur existiert eine Vielzahl wirtschaftsethischer Abhandlungen zu diesem Thema. An vorderster
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Stelle stehen hier die integrative Wirtschaftsethik von Peter Ulrich sowie die wirtschafts- und unternehmensethischen Ansätze von Karl Homann, Horst Steinmann und Josef Wieland. Die einzelnen Bereiche Moral, Werte und Unternehmenskultur laufen in einer für jedes Familienunternehmen einzigartigen Art zusammen und bilden die Basis jeden Handelns. Die dafür verwendeten Bezeichnungen werden oftmals vermischt und unterschiedlich gedeutet, weshalb wir im Folgenden einige grundlegende Begriffe erläutern möchten. Die Wirtschaftsethik stellt ein Teilgebiet der allgemeinen Ethik dar, die als wissenschaftliche Annäherung an Fragen über das richtige Verhalten des Menschen zu verstehen ist. Der Mensch steht dabei als Einzelperson im Blick und zugleich als ein Gemeinschaften gründendes Wesen. Die Ethik bildet somit die Reflexionsbasis für allgemeinverbindliche Aussagen über das, was wir als das gute und gerechte Handeln ansehen: die Moral. In unsere Moralvorstellungen fließen kognitive und emotionale Aspekte ein; sie bilden den normativen Rahmen für das gesamte menschliche Verhalten und bringen Handlungsregelungen hervor, Wertmaßstäbe und Sinnvorstellungen, auch innerhalb von Familienunternehmen. So haben hier vorherrschende Moralvorstellungen ihren Ursprung oft in der Person des einstigen Unternehmensgründers. Die in einem Unternehmen vorherrschende Moral kann man sich vorstellen wie ein großes, das gesamte Unternehmen umspannendes Netz. Dieses Netz wird an zahlreichen Stellen von Knoten zusammengehalten: den Werten. Werte sind zu verstehen als Vorstellungen von Wünschenswertem und von grundlegenden Zielvorstellungen, die auf einer Vielzahl von Motiven und Einstellungen beruhen und in Abhängigkeit davon eine Vielzahl von beobachtbaren Verhaltensweisen bestimmen. Um in unserem Bild zu bleiben: Werte sind die Knotenpunkte, die dem Netz unserer Moralvorstellungen seine Stabilität verleihen. Betrachtet man Werte und Normen in Bezug auf ihre Funktion innerhalb eines Wirtschaftsunternehmens, so zeigt sich nicht zuletzt ihre Bedeutung für die so genannte Unternehmenskultur. Wenngleich sich zu diesem Begriff keine eindeutige Definition in der wissenschaftlichen Literatur findet, lassen sich doch einige charakteristische Merkmale bestimmen: –– Zum einen wird die Unternehmenskultur als Muster gemeinsamer Wertund Normvorstellungen angesehen, die die Organisationsmitglieder
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hinsichtlich ihrer Entscheidungen und Handlungen beeinflussen (Heinen u. Frank, 1997). –– Zum anderen wird sie »als eine im Laufe der Zeit erworbene kollektive Programmierung« verstanden, die »die Mitglieder einer Gruppe von anderen unterscheidet.« Dabei wirkt sie »als normative Klammer integrierend« (Scholz, 1987, S. 57). Damit kann die Unternehmenskultur als ein Entscheidungs- und Abgrenzungskriterium von Familienunternehmen begriffen werden mit jeweils einzigartigen Eigenschaften. In der Literatur existieren diverse Theorien und Modelle, die sich mit den verschiedenen Typisierungen einer Unternehmenskultur auseinandersetzen. Beispielhaft stellen wir im Exkurs das Schichtenmodell von Edgar Schein (2003) vor und die modellhafte Darstellung verschiedener Unternehmenscharaktere nach Rob Goffee und Gareth Jones (1997).
Exkurs: Zwei Modelle zur Identifikation der Unternehmenskultur
Die jeweilige Unternehmenskultur hat neben einer identitätsstiftenden Komponente einen erheblichen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens, denn sie bestimmt unter anderem den Umgang mit Problemen, das Verhalten bei Veränderungen, die Interaktion der Menschen im Unternehmen oder den Umgang mit Außenstehenden. Wollen wir die gelebten Unternehmenskulturen klar erkennen, benötigen wir Hilfsmittel: die so genannten Merkmale oder Dimensionen, die bei der Definition und Abgrenzung der jeweiligen Kultur helfen. Zwei Modelle scheinen uns dafür besonders geeignet zu sein. Das Modell nach Edgar Schein: Die »Zwiebel«
Das Schichtenmodell der Unternehmenskultur wurde Mitte der 1980er Jahre von Edgar Schein entwickelt. Es bietet eine gute Möglichkeit, die komplexe Kultur eines Unternehmens als Ganzes abzubilden und gleichzeitig das Zusammenspiel aller Kulturebenen untereinander. Vereinfacht lässt sich sein Modell als Zwiebel verstehen – das Unternehmen als Ganzes –, die aus unterschiedlichen Schichten besteht – den
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Unternehmenskultur-Ebenen. Die einzelnen Schichten liegen wie bei einer Zwiebel übereinander und verdecken sich damit gegenseitig. Sie lassen sich langsam von außen nach innen erschließen, je tiefer man in das Unternehmen gelangt. Es bedarf somit einiger Mühe, die einzelnen Ebenen voneinander zu trennen, um sie genau zu betrachten. Schein (2003) definiert drei Kulturebenen, die er – von außen nach innen – ausdifferenziert: –– erste Ebene: das Symbolsystem, –– zweite Ebene: das Normen- und Wertesystem, –– dritte Ebene: das System der Grundannahmen.
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Das Modell hilft bei der Betrachtung vielfältiger möglicher »Kulturbereiche«, etwa der Individualkultur, Gruppen-, Branchen- oder Gesellschaftskultur. Wir fokussieren hier aber ausschließlich die Unternehmenskultur. Um das Schichtenmodell verstehen zu können, muss man sich gedanklich so annähern wie ein Besucher, der von außen auf ein Unternehmen zugeht und sich langsam nach innen auf die tiefer liegenden Ebenen zubewegt. Die äußerste und damit erste Ebene definiert Schein als die Ebene der Symbole und Zeichen. Darunter versteht er leicht zu beobachtende Verhaltensweisen der Mitarbeiter sowie sichtbar werdende Organisationsstrukturen und -prozesse eines Unternehmens. Wirklich zu entschlüsseln sind diese jedoch meist nur innerhalb unternehmensinterner Kontexte. Die Symbole stellen die Ausprägung und das Resultat zugrunde liegender Werte und Normen dar (die wir dann in der zweiten Ebene finden); diese basieren ihrerseits auf bestimmten Grundannahmen (die auf der dritten Ebene liegen). Auf der Symbolebene finden somit die tatsächlichen Aktionen der Mitarbeiter als offen zutage tretendes Handeln statt: sichtbar, hörbar und spürbar. Beispiel: Im Unternehmen ABC erfolgt die freiwillige Berichtigung einer zu gering ausgestellten Lieferantenrechnung; es wird ein respektvoller Umgang mit hierarchisch deutlich niedriger positionierten Kollegen gepflegt. Welche Werte und Grundannahmen werden für Außenstehende dadurch erkennbar?
Auf der zweiten, mittleren Ebene liegen die kollektiven Normen und Werte eines Unternehmens, die er als die öffentlich propagierten Werte bezeich-
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net. Sie bestimmen das Handeln von Personen im Unternehmen und treten auf sichtbare Weise zutage – bleiben andererseits mitunter aber auch unerkennbar. In jedem Fall handelt es sich um das gefühlt richtige Verhalten im Kontext eines Unternehmens. Jene kollektiven Normen und Werte ergeben sich dabei als logische Konsequenz aus den unbewussten Grundannahmen einer Person oder eines Unternehmens (innerhalb der dritten Ebene) und bauen direkt auf diesen auf. Man kann sie als konkreter gefasste und benennbare Ausprägungen der Grundannahmen verstehen. Beispiel: Im Unternehmen ABC spielen die Werte »Respekt« und »Ehrlichkeit gegenüber anderen« eine große Rolle, daraus ergibt sich auch das Verhalten, das auf der ersten Ebene zu beobachten war.
Auf der dritten, innersten Ebene, dem Kern des Unternehmens, finden sich die grundlegenden unausgesprochenen Annahmen des Handelns. Darunter versteht Schein unbewusste Annahmen und Überzeugungen, die zusammen mit den Gedanken und Gefühlen von der handelnden Person als selbstverständlich wahrgenommen werden. Kennzeichnend für diese Grundannahmen ist, dass sie zumeist nicht ausgesprochen oder diskutiert werden, da sie die Basis des Denkens und Fühlens bilden und damit gar nicht bewusst wahrgenommen werden können. Sie stellen die Essenz der Unternehmenskultur dar, da sie über einen langen Zeitraum durch die Beteiligten des Unternehmens indirekt erlernt worden sind und das Verhalten aller prägen. Damit sind sie für den Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens maßgeblich verantwortlich, ohne klar fassbar zu sein. Als Grund dafür nennt Schein die menschliche Natur, die nach kognitiver Stabilität strebt und dabei Grundannahmen, die über Monate und Jahre gewachsen und niemals thematisiert worden sind, unbewusst nicht mehr in Frage stellt. So sollen Funktionalität und Kontinuität des menschlichen Geistes sichergestellt werden. Beispiel: Im Unternehmen ABC gilt als eine der Grundannahmen: »Der Mensch ist an sich gut.« So erklärt sich, dass Respekt und Ehrlichkeit gegenüber anderen eine wichtige Rolle spielen (zweite Ebene), und das äußert sich dann nach außen etwa durch respektvolles Verhalten gegenüber Kollegen und Lieferanten (dritte Ebene).
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Tabelle 3: Schichtenmodell nach Schein (2003)
Ebenen der Organisationskultur
Merkmale der Organisationskultur
Symbole und Zeichen sichtbarer Ausdruck der Organisationskultur, selten eindeutig zu identifizieren
Architektur, Bürogestaltung, Kleidung, Sprache, Jargon, Anekdoten, Legenden, Witze, Geschichten, Rituale, Zeremonien, Sitten, Gewohnheiten, Prämien, Titel, Helden, Produkte, Dokumente, Firmenwagen, Tabus
Werte und Normen Werte erzeugen Symbole bzw. leiten Symbole an. Je nach Grad der Bewährung sind sie diskutierbar und offensichtlich
Unternehmens- und Führungsgrundsätze, Verhaltensvorschriften, Regeln, Prinzipien, moralische Haltungen, Ethik, Handlungsmaximen, Einstellungen, Richtlinien, Art und Form des Schriftverkehrs
Grundannahmen sie gelten als selbstverständlich und sind unsichtbar, häufig unbewusst
Beziehung zur Umwelt, Wahrnehmung von Realität, Zeit und Raum, Menschenbilder, Weltinterpretation, Hintergrundüberzeugung, Annahmen über Marktverhältnisse, Konkurrenz
Das Modell nach Goffee und Jones: Zusammengehörig oder solidarisch
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Ein besonders pragmatisches Modell verwenden Rob Goffee und Gareth Jones (1998). Sie sprechen von zwei Dimensionen, um eine unternehmensinterne Kultur zu beschreiben: –– Zusammengehörigkeit (Soziabilität) als ein Maß für die gegenseitige Zugewandheit der Mitglieder innerhalb der Gemeinschaft (des Unternehmens) und –– Solidarität als die Fähigkeit der Gemeinschaft, gemeinsame Ziele zeitnah und effektiv durchzusetzen – losgelöst von persönlichen Bindungen. Die Zusammengehörigkeit (als »Herzensangelegenheit«) innerhalb eines Unternehmens ist bei Goffee und Jones ein elementarer Bestandteil eines erfolgreichen Unternehmens, der oft auf ganz natürlichem Weg entsteht: Die meisten Angestellten ziehen ein Umfeld vor, in dem man sich aufeinander verlassen kann. Innerhalb vieler Prozesse spielt ein Gefühl von Zusammengehörigkeit eine tragende Rolle: So werden beispielsweise Kreativität und Teamarbeit erst durch den freien Austausch von Ideen und unkonventionellen Gedanken möglich.
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Nachteile einer stark empfundenen Zusammengehörigkeit sind den Autoren zufolge ein mögliches starkes Bedürfnis nach Konsens und die damit einhergehende Zurückhaltung mit kritischen Gedanken und Äußerungen. Zudem wird oftmals eine mangelnde Leistung von Kollegen akzeptiert oder gar gefördert, indem sie mitgetragen wird. Durch informelle Netzwerke kommt es häufiger dazu, dass bestehende Hierarchien umgangen werden. Das schafft schnelle Entscheidungswege, birgt aber das Potenzial für Moral- und Loyalitätsverluste. Im Gegensatz dazu ist die Solidarität innerhalb eines Unternehmens eine kognitive Entwicklung aufgrund gemeinsamer Ziele und Interessen der beteiligten Personen. Eine ausgeprägte Solidarität zeigt erhebliche Vorteile: Sie erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass auf Veränderungen im Unternehmensumfeld schnell reagiert wird, die einzelnen Mitarbeiter in gleicher Weise behandelt und schlechte Leistungen nicht toleriert werden. Solidarität bringt jedoch auch Nachteile mit sich: So kommt es beispielsweise im Falle einer falschen Unternehmensstrategie zu großen Problemen, da die falsche Strategie mit hoher Effizienz umgesetzt wird. Kombiniert man diese zwei Dimensionen mit der Intensität, mit der sie ausgelebt werden (hoch/gering), und überträgt sie in eine Matrix (siehe Abbildung 4), ergeben sich vier Arten unternehmerischer Kultur (Gemeinschaften): –– die vernetzte Kultur (hohe Zusammengehörigkeit/geringe Solidarität), –– die zersplitterte Kultur (geringe Zusammengehörigkeit/geringe Solidarität), –– die gemeinsinnige Kultur (hohe Zusammengehörigkeit, hohe Solidarität), –– die materialistische Kultur (geringe Zusammengehörigkeit/hohe Solidarität). Keine davon stellt für sich genommen das Optimum dar; es hängt vielmehr von den Rahmenbedingungen (der Umwelt) und der jeweiligen Situation ab, welche Kultur zu einem bestimmten Zeitpunkt die zuträglichste ist und welche das Unternehmen eher ausbremst. Die vernetzte Kultur: In einem Unternehmen mit vernetzter Kultur herrscht ein hohes Maß an freundschaftlichen Beziehungen unter den Arbeitnehmern. Offensichtliche Kennzeichen einer solchen Kultur sind zahlreiche
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vernetzte Kultur
gemeinsinnige Kultur
zersplitterte Kultur
materialistische Kultur
gering
Soziabilität
(Zusammengehörigkeit der Mitarbeiter untereinander)
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gering
hoch
Solidarität
(mit den Unternehmenszielen)
Abbildung 4: Dimensionen und Felder einer Unternehmenskultur nach Goffee und Jones (1998)
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Gespräche zwischen den Mitarbeitern, man grüßt und besucht sich in den einzelnen Büros. Oftmals finden auch nach der Arbeit Treffen unter Kollegen statt. Untereinander werden Spitznamen verwendet und Partys für Geburtstagskinder oder verdienstvolle Mitarbeiter veranstaltet. Innerhalb des Unternehmens finden sich häufig wiederkehrende Rituale und eine gemeinsame Sprache wie in einer großen Familie. In einer vernetzten Organisation herrscht meist kein Mangel an Hierarchie, sondern eine Vielzahl von Wegen, diese zu umgehen. So einigt man sich vor Besprechungen schon häufig vorab über das Ergebnis. Die Mitarbeiter haben die Kompetenz entwickelt, »weiche Informationen« zu sammeln und für sich zu verwenden (z. B. ob jemand derzeit in Scheidung lebt oder ob er Fan eines bestimmten Fußballclubs ist), und sie haben die Fähigkeit entfaltet, Fürsprecher für eigene Ideen auf informeller und formeller Ebene zu finden und zu nutzten. Durch den niedrigen Solidaritätsgrad mit dem Unternehmen kommt es immer wieder zur Bildung einzelner Gruppen, die unterschiedliche Eigenziele verfolgen. Als Ergebnis wird oft der Ruf nach einer starken Führung laut, die das informelle Netzwerk zerschlagen soll.
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Die zersplitterte Kultur: Ein Unternehmen mit zersplitterter Kultur beklagt häufig, dass sich die Mitarbeiter nicht dem Unternehmen zugehörig fühlen. Solche Mitarbeiter definieren sich über ihr persönliches Image, ihre Qualifikation oder ihren Status, nicht aber über ihre Zugehörigkeit zum Unternehmen. Rituale, die für eine vernetzte Kultur typisch sind, werden hier für Zeitverschwendung gehalten, wie beispielsweise die Teilnahme an Firmenfesten. Mitarbeiter einer zersplitterten Kultur arbeiten oft hinter verschlossenen Türen oder vom häuslichen Arbeitszimmer aus. Es herrscht eine deutliche Trennung zwischen Arbeit und Privatleben. Aufgrund fehlender persönlicher Beziehungen wird mangelnde Leistungsbereitschaft nicht toleriert, sondern umgehend sanktioniert. Aus diesem Grund verbleiben Mitarbeiter nur so lange in einem Unternehmen mit zersplitterter Kultur, wie ihre persönlichen Interessen erfüllt werden. Der größte Nachteil dieser Unternehmenskultur liegt darin, dass die einzelnen Unternehmensbereiche Probleme haben, sich auf gemeinsame Ziele oder Standards zu einigen, und so eine Top-down-Führung problematisch erscheint. Die gemeinsinnige Kultur: Die Bezeichnung »gemeinsinnig« lässt die Erwartung nach einer optimalen Unternehmenskultur aufkommen – schließlich findet sich hier augenscheinlich eine Ausgewogenheit zwischen Zusammengehörigkeit (Soziabilität) und Solidarität. Klassisch für eine gemeinsinnige Kultur sind kleine, schnell wachsende Unternehmen. Die Gründer kennen sich und ihre Mitstreiter sehr gut, man pflegt Freundschaften und ist eng miteinander verbunden. Oftmals sind die ersten Mitarbeiter nach einer Unternehmensgründung an diesem beteiligt, so dass sich ein gemeinsames Interesse am Erfolg des Unternehmens ausbildet. In einer solchen Kultur haben Fairness und Gerechtigkeit einen hohen Stellenwert, was insbesondere in Krisenzeiten von Bedeutung ist. Alle Mitarbeiter kennen die Ziele des Unternehmens, dessen Schwachstellen und Wettbewerber ganz genau. Werden Mitarbeiter nach ihrem Unternehmen oder ihrer Aufgabe darin gefragt, kann man die Begeisterung spüren, die sie für ihr Unternehmen entwickeln. Eine solche Kultur lässt sich jedoch oft nicht bewahren, wenn das Unternehmen eine gewisse Größe erreicht hat. Dann bilden die einzelnen Abteilungen neue, eigenständige Kulturen aus, wenn nicht von der Firmenleitung darauf Wert gelegt wird, aktiv etwas zur Erhaltung der gemeinsinnigen Kultur zu tun.
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Die materialistische Kultur: Die materialistische Kultur stellt den Gegenpol zu einer vernetzten Kultur dar. Sie zeichnet sich durch eine hohe Solidarität und eine geringe Zusammengehörigkeit aus. Jede Form von Kommunikation oder Austausch dreht sich um das Geschäft. Die Interessen der Mitarbeiter sind dabei häufig mit den Zielen des Unternehmens verbunden, beispielsweise mit dem Erreichen gesetzter Parameter. Vorgaben »von oben« werden in einer materialistischen Kultur umgehend und ohne viel Hinterfragung umgesetzt. Dabei wird strikt zwischen Arbeit und Vergnügen getrennt, da in einer solchen Kultur die Arbeit immer über dem Privatleben steht. Da keine starke persönliche Bindung zwischen den Mitarbeitern besteht, wird mangelnde Leistungsbereitschaft nicht toleriert und sofort sanktioniert. Alle Mitarbeiter kennen diese Regeln und halten sie sorgsam ein. Treue zu einem solchen Unternehmen ist nur dann vorhanden, solange die eigenen Interessen erfüllt werden; ist das nicht mehr der Fall, wird das Unternehmen so bald wie möglich verlassen. Der größte Nachteil dieser Unternehmenskultur liegt darin, dass die einzelnen Unternehmensbereiche nicht kooperieren, denn die Belegschaft verfolgt kein gemeinsames Unternehmensziel. Vielmehr gibt es so viele Ziele, wie es Mitarbeiter gibt – jeder sorgt in erster Linie für sich selbst.
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In der Praxis finden sich oft zwei oder drei dieser Unternehmenskulturen innerhalb desselben Unternehmens. Es ist für jedes Unternehmen von großem Vorteil, zu wissen, welche Kulturen im Gesamtunternehmen oder in den einzelnen Abteilungen vorherrschen. Unterstützen sie das Unternehmen? Oder verhindern sie seine Weiterentwicklung? Dann kann es nötig sein, sinnvolle Korrekturen vorzunehmen.
Die in Teil A, Kapitel 1.3.1 angeführten Werteausprägungen bilden das System eines Familienunternehmens ab – sie sind sein einzigartiger Fingerabdruck. In Abbildung 5 sehen Sie die vier elementaren Eckpunkte – die Wertefelder – im Wertekanon eines Familienunternehmens. Zwischen diesen Wertefeldern herrscht eine enge Verbundenheit. Dabei spielen vor allem die Tradition und deren Erhaltung eine wichtige Rolle. Die Verantwortung im Sinne einer Fürsorge gegenüber den eigenen Mitarbeitern und Kunden ist dabei für Familienunternehmen ebenso typisch
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Einheit und Toleranz
Verantwortung
Tradition
Nachhaltigkeit Abbildung 5: Wertekanon eines Familienunternehmens (Winkeljohann, 2010)
wie der Versuch, stets die Einheit der Unternehmerfamilie nach außen zu erhalten (Winkeljohann, 2010). Die Nachhaltigkeit wird in diesem Zusammenhang eher als Verlässlichkeit verstanden. Interessanterweise erzeugen aber vor allem die tradierten Werte und der Versuch, daran festzuhalten, eine gewisse Abschottung von der Außenwelt (»Lock-in-Wirkung«), wie wir noch zeigen werden.
1.3.2 Führung in Familienunternehmen
Der Begriff Führung wird in der klassischen Betriebswirtschaftslehre verstanden als »die ziel- und situationsbezogene Beeinflussung der Mitarbeiter, die unter Einsatz von Führungsinstrumenten auf einen gemeinsam zu erzielenden Erfolg hin ausgerichtet ist« (Rahn, 2008, S. 143). Neuere Ansichten erweitern diese Definition, dort erscheint Führung als »eine gegenseitige interpersonale Einflussnahme, Interaktion und permanente Gestaltung einer Unternehmensrealität zur gemeinsamen Zielerreichung« (Franken, 2010, S. 257). Operationalisiert bedeutet das vor allem, sich in Form von Zukunftseinschätzungen, Zielsetzungen, Regeldefinitionen und Leistungsrückmeldungen mit den Mitarbeitern, dem Unternehmen und der Eigentümerfamilie auseinanderzusetzen. Innerhalb von Familienunternehmen wird unter Führung oftmals eine gelebte Verantwortung verstanden und nicht das persönliche Charisma oder eine besondere Fähigkeit einer Person (Winkeljohann, 2010). Somit tritt an dieser Stelle eher die Zugehörigkeit zur Unternehmerfamilie in den Vordergrund und
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es überwiegen notwendige Führungskompetenzen. Wir haben bereits ausgeführt, dass im sozialen System der Familie eine Person nicht ohne Weiteres ausgetauscht werden kann und als Teil der Familie im Unternehmen hingenommen wird. Das führt innerhalb der unternehmerischen Anforderungen eines Familienunternehmens zu Schwierigkeiten: Übergeordnete zuverlässige Muster der Arbeitsteilung zwischen den einzelnen Führungsebenen können nicht verankert werden. Das geht so weit, dass es Inhabern von Familienunternehmen problematisch erscheint, die Führungsverantwortung auf mehr als eine Person – außerhalb der eigenen – zu übertragen. Diese Problematik finden wir nicht nur in kleinen Familienunternehmen, auch in größeren Unternehmen besteht die Neigung, Führungskompetenzen lediglich auf sehr wenige Personen zu übertragen. Tendenziell steigt nach unserer Erfahrung jedoch das Bestreben, die Führungsverantwortung auf eine Person zu bündeln, je kleiner das Unternehmen ist. Wir wollen an dieser Stelle die Führung innerhalb eines Familienunternehmens in Wirkrichtung von oben nach unten betrachten, beginnend mit dem Inhaber als Familienmitglied und Führungskraft. Dieser entwickelt aus seinem eigenen Verhaltensmuster heraus einen Führungsstil, der auf eigenen Moralvorstellungen und Werten aufbaut. In Abbildung 5 wurde der Wertekanon eines Familienunternehmens dargestellt, der nun als Basis für weitere Betrachtungen dienen soll. In Tabelle 4 kommen fünf weitere besonders charakteristische Führungswerte hinzu: gegenseitiger Respekt, Verantwortung, Integrität, persönliche Verantwortung, aber auch Spaß. Ihnen lassen sich typische Ausprägungen zuordnen, aus denen für Familienunternehmen typische Handlungsfelder erwachsen. Tabelle 4: Wertekanon der Führung in Familienunternehmen (Winkeljohann, 2010)
Führungswert
typische Ausprägung
gegenseitiger Respekt
Einfühlungsvermögen, Toleranz, Mitgefühl, Identität, Großzügigkeit, Vertrauen, Liebe zur Individualität
Führungs verantwortung
Beharrlichkeit, langfristige Perspektive, Entschlossenheit, Ausdauer, Leistungsorientierung
Integrität
authentisches Handeln, Vertrauenswürdigkeit, Wahrung des guten Rufes, Loyalität
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Führungswert
typische Ausprägung
persönliche Verantwortung
selbstständiges Denken, Zuverlässigkeit, Schaffung von Freiräumen, persönliche Einsatzbereitschaft
Begeisterung
Freude, Leidenschaft, Inspiration
Tabelle 4 macht deutlich, dass die Führungswerte eines Familienunternehmens sich von denen anderer Unternehmensformen unterscheiden. Sie entsprechen dabei mehr der Sphäre des Familiensystems als der des Unternehmenssystems. Folglich spielen Begriffe wie Vertrauen oder Identität innerhalb der Führung in Familienunternehmen eine zentrale Rolle. Dabei neigt eine beachtliche Anzahl von Inhabern dazu, den eigenen Familienmitgliedern mehr zu vertrauen als nicht zur Familie gehörenden Führungskräften und Mitarbeitern. Neben Vertrauen spielt die eigene Identität eine zentrale Rolle; zum Tragen kommt dabei die enge Verknüpfung von Unternehmensreputation und dem guten Ruf der Gesellschafterfamilie (von Schlippe, 2008). Dieser Mechanismus führt innerhalb des Familienunternehmens zu gemeinschaftlichen Schutzmechanismen der Familienmitglieder, die zusammengenommen eine offene Führungskultur nicht oder nur schwer zulassen. Dies liegt daran, dass Familienmitglieder als Führungskräfte in Familienunternehmen durch eine starke Kopplung des eigenen Selbstwertgefühls mit dem Unternehmenserfolg zu einer Führungskultur neigen, in der eine selbstkritische Überprüfung von Entscheidungen nicht gewünscht ist. Dieser Zustand nimmt mit wachsender Verantwortung und zeitlicher Dauer zu, so dass eine nachträgliche Korrektur von möglicherweise problematisch erscheinenden Entscheidungen in einem solchen Kontext für den Führenden nicht möglich erscheint. Chronologisch treten solche Konstellationen vermehrt nach dem Ende erfolgreicher Perioden eines Familienunternehmens auf – einhergehend mit dem Versuch des Inhabers, weiter an das zuvor erfolgreiche Handeln anzuknüpfen. Sein vorrangiges Ziel dabei ist, der Rolle des erfolgreichen Unternehmers nach innen und außen gerecht zu werden. Eine solche Führungskraft richtet sich in ihrer Fremdund Selbstwahrnehmung so ein, dass ihr Selbstwertgefühl und der vermeintliche Erfolg bestätigt werden. Parallel dazu existiert in Unternehmerfamilien oftmals die Einstellung, dass eine solche Situation innerhalb der
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Familie nicht offen angesprochen werden kann. Als Resultat einigt sich die Familie stillschweigend auf ein kollektives Ignorieren des Problems und auf eine Politik des Nichtagierens. Diesen Zustand bezeichnet von Schlippe (2010) als Selbstimmunisierung. Daneben neigen Familienunternehmen dazu, eine verbindliche Fixierung von organisatorischen Regeln und Verantwortlichkeiten zu vermeiden. Gründe dafür können einerseits im Streben nach vermeintlicher Flexibilität liegen oder in der Vermeidung einer gewissen einforderbaren Verbindlichkeit. Das führt im Weiteren dazu, dass es für Mitarbeiter nicht oder nur schwer möglich wird, sich auf formal festgesetzte Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten zu berufen, um das eigene Handeln rechtfertigen zu können. Abstimmungsprozesse innerhalb von Familienunternehmen erfolgen daher häufig informell und auf der Basis langjähriger Erfahrung und Betriebszugehörigkeit der beteiligten Personen. Abteilungsfremde und neue Mitarbeiter haben es dann schwer, sich schnell und umfassend zurechtzufinden. Neben den kulturellen Aspekten tragen auch finanzielle Aspekte zu dieser inhaberorientierten Art der Führung bei: Familienunternehmen versuchen, auf eine schlanke und preisbewusste Infrastruktur zu achten. Als Folge davon wird eher das Verantwortungsfeld der wenigen Führungskräfte stärker erweitert als eine neue verantwortliche Position für die Aufgabe einzurichten. Das Ergebnis eines solchen Vorgehens ist die stetig wachsende Gefahr einer überlasteten, nicht ausreichenden und damit unangepassten Führungsstruktur innerhalb des Unternehmens. Das macht sich vor allem in Wachstumsphasen bemerkbar und stellt ein erhebliches Potenzial für Verbesserungen dar. Neben den genannten tendenziellen Schwachstellen in der Führung von Familienunternehmen besteht ein weiteres Problemfeld, dessen Ursprung ebenfalls in der Führungspolitik liegt: die Personalbeschaffung und das Personalmarketing zur Sicherung der passgenauen und fließenden Stellenbesetzung.
1.3.3 Personalbeschaffung und Personalmarketing
Unter Personalbeschaffung wird nach Horsch (2000, S. 39) im Allgemeinen die Bereitstellung von Personal »in qualitativer, quantitativer und örtlicher« Sicht verstanden. Abgedeckt werden vornehmlich die Personalan-
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forderungen, die Personalbeschaffungswege und Personalauswahlverfahren. Das Personalmarketing stellt dabei die hierfür notwendigen vorbereitenden Maßnahmen, vor allem die Aufbereitung von Informationen über das Unternehmen, die Formulierung von Erwartungen an Mitarbeiter sowie den werblichen Rahmen, um das Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber darzustellen. Zusammen verfolgen die Personalbeschaffung und das Personalmarketing letztlich das Ziel, eine Art Markenbindung zwischen dem Unternehmen und potenziellen Bewerbern aufzubauen und in Kombination mit optimalen Stellen- und Organisationsbeschreibungen die Grundlagen für die Versorgung des Unternehmens mit Mitarbeitern zu gewährleisten (Olfert, 2006). Formal findet eine Unterscheidung in die interne und die externe Personalbeschaffung statt. Erstere bedient sich bei der Besetzung aus dem Pool der bereits für das Unternehmen tätigen Mitarbeiter. Zweitere meint die Besetzung einer freien Position durch einen externen Bewerber. In Familienunternehmen stellen die Bereiche Personalbeschaffung und Personalmarketing aufgrund der Konflikte, die den unterschiedlichen Teilsystemen Familie, Unternehmen und Eigentum innewohnen (siehe Teil A, Kapitel 1.1.3) oft einen gewissen Engpass dar, der durch weitere Fehlentwicklungen noch verschärft werden kann. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich in den letzten Jahren in Familienunternehmen ein Professionalisierungsrückstand in der Personalarbeit ausgebildet hat. Dadurch fehlen den betroffenen Unternehmen gut ausgebildete Mitarbeiter, die eigenständig und eigenverantwortlich die ihnen zugeteilten Aufgaben ausführen. Die Gründe für diesen Zustand sind vielfältig, können aber auf einige typische organisatorische Begebenheiten von Familienunternehmen zurückgeführt werden. Zum einen streben wie bereits erwähnt Familienunternehmen nach schlanken Strukturen, um dadurch die Personalkosten so weit wie möglich gering zu halten. In der Regel führen die jenseits der Inhaberebene nur schwach ausgebildeten Führungsstrukturen auch in weiteren Aspekten zu Schwierigkeiten. Durch die häufig im Zeitverlauf unkoordiniert mitgewachsenen Aufgaben einer Position sowie durch die oftmals nicht vorhandene Organisationsplanung kommt es beim Versuch einer Neubesetzung zu Komplikationen: Die historisch gewachsene Arbeitsstelle, die aus einem Sammelsurium unterschiedlicher Aufgabenschwerpunkte bestehen kann, lässt sich schwer fassen. Ein solcher Sachverhalt führt als Resultat nicht nur bei der Formulierung der
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Profile einer Stellenanzeige, sondern auch bei den Auswahl- und Einstellungsgesprächen durch ein unausgewogenes Informationsgleichgewicht zwischen Arbeitgeber und potenziellem Arbeitnehmer zu Problemen. Im Ergebnis drohen unzufriedene neue Mitarbeiter, deren Stellenbeschreibung erheblich von der tatsächlichen neuen Tätigkeit abweicht. Vor allem kleinere Familienunternehmen erwarten aber eine flexible Arbeitskraft, die klaglos die Situation am neuen Arbeitsplatz hinnimmt. Hier haben interne Bewerber einen Vorteil, da sie die Inhalte und Aufgaben einer Stelle naturgemäß leichter erfassen können als Außenstehende. Zudem gibt es innerhalb kleinerer Familienunternehmen oft keine Personaler, die eine Mindestqualifikation für einen Stelleninhaber festlegen sowie die weitere Entwicklung des Mitarbeiters dokumentieren. Die meisten Inhaber eines Familienunternehmens sehen die eigene Person als Benchmark einer notwendigen Qualifikation und Leistungsfähigkeit, die es als Mitarbeiter zu erreichen gilt. Neben den vorab wild gewachsenen und nicht dokumentierten Aufgaben einer Position werden zusätzlich die sich verändernden Anforderungen an die technologischen Fähigkeiten und den fachlichen Spezialisierungsgrad der Mitarbeiter nicht in Stellen- und Aufgabenbeschreibungen übertragen und so ebenfalls nicht auf einem zeitgemäßen aktuellen Stand gehalten. Über die Jahre führt eine solche Vorgehensweise dazu, dass vorhandene Stellen auf einem veralteten Berufsbild aufbauen, wie es heute nicht mehr real existiert. Familienunternehmen stecken häufig in dem Dilemma, auf der einen Seite ehrgeizige und ambitionierte Nachwuchskräfte zu suchen, diesen aber auf der anderen Seite durch eine restriktive Führungs- und Organisationspolitik viele Aufstiegschancen zu verwehren oder zumindest auf lange Sicht unerreichbar zu machen (Blumenstock, 1998). Hier zeigt sich wieder der Konflikt zwischen den verschiedenen Teilsystemen Familie, Unternehmen und Eigentum, dem sich Inhaber und Mitarbeiter von Familienunternehmen gleichermaßen ausgesetzt sehen. Aufgrund des starken Einflusses des sozialen Systems Familie wird als Kriterium für zukünftige Aufstiegschancen eben nicht nur die tatsächliche Leistung einer Person genommen. Es ist entscheidend, ob sie mit der Familie verwandt ist – dann hat sie einen »Zugehörigkeitsbonus« und darf sich auch deutlich schwächere Leistungen erlauben oder wird bei gleich guten Leistungen einem »normalen Mit-
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arbeiter« vorgezogen. Und es ist sehr wahrscheinlich, dass eine familienfremde Person trotz überragender Leistungen nie den »Thronfolger« aus dem Rennen schlagen könnte, auch wenn dieser weniger geeignet für die Nachfolge ist. Aus unserer Praxis können wir berichten: Inhaber von Familienunternehmen erwarten regelmäßig, dass potenzielle neue Mitarbeiter auch ohne eine in den Einstellungsgesprächen aufgezeigte Entwicklungsperspektive in das Unternehmen eintreten. Vor allem vor dem Hintergrund des hohen Anspruchs von sehr gut ausgebildeten Bewerbern erscheint dieses Verhalten nicht mehr zeitgemäß und wirkt oft abschreckend. Die häufig geringe Bekanntheit von Familienunternehmen außerhalb der eigenen Region ist eine weitere potenzielle Schwachstelle im Rahmen der Personalbeschaffung und des Personalmarketings. Für viele Inhaber von Familienunternehmen ist es schlichtweg undenkbar, dass man ihr Unternehmen in der Region nicht kennt und nicht über die aktuellen Entwicklungen und Bedürfnisse dort informiert ist. Bedingt durch ein gewisses Nischendasein vieler Familienunternehmen ist deren Firmenauftritt am bundesweiten oder gar europaweiten Arbeitsmarkt eher diskret. Die Ansprache potenzieller neuer Mitarbeiter wird dadurch auf regionale Arbeitsmärkte reduziert. Familienunternehmen neigen dazu, lange nach dem optimal passenden Mitarbeiter zu suchen. Dabei geraten manchmal notwendige Kompetenzen und Fähigkeiten aus der Stellenbeschreibung in den Hintergrund und machen eher werteorientierten Anforderungen Platz. Innerhalb vieler Familienunternehmen gelten immer noch Rechtsprinzipien und Spielregeln der 1960er und 1970er Jahre, welche immer weniger in die heutige Zeit passen (Wimmer, Domayer, Oswald u. Vater, 2005). Ungewöhnlich werden solche Auswahlverfahren, wenn zusätzlich das private Umfeld des Bewerbers – besonders der Partner, das gesellschaftliche Umfeld oder die Lebensverhältnisse – in den Fokus bei der Bewertung der Eignung für eine Position geraten. Durch den starken Einfluss des sozialen Systems Familie herrscht in Familienunternehmen das Bestreben nach Harmonie und Ähnlichkeit, eine Passung zwischen Mitarbeiter und Unternehmen in weit stärkerem Maße, als es für das System Unternehmen allein gelten würde. Auch wenn man in Familienunternehmen die »Währung Liebe« (siehe Teil A, Kapitel 1.1.3) auf die Familienmitglieder begrenzt, so sucht man für
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neue Mitarbeiter zumindest Zuneigung als (oft unbewusst) angestrebtes Verhältnis. Eine solche Entwicklung ist besonders problematisch, weil diese informelle Anforderung nicht immer so klar erkennbar wird. Bisweilen ist die Anforderung nach Ähnlichkeit zwischen den bereits im Familienunternehmen Beschäftigten und neuen Mitarbeitern schwierig zu benennen und damit noch schwieriger zu überprüfen. Manchmal reicht schon ein vages Gefühl von »dieser Bewerber passt irgendwie nicht zu uns« – und dieses Gefühl muss nicht einmal offen vor sich selbst ausgesprochen werden –, das dazu führt, dass der Kandidat chancenlos ist. Die starke Ausrichtung auf das soziale System Familie geht immer wieder auch mit dem Versuch einher, die Mitarbeiter im Rahmen der eigenen unternehmenskulturellen Anforderungen formen zu wollen. Diese aktive Prägung von Mitarbeitern beginnt teilweise schon sehr früh: So werden Mitarbeiter gern direkt nach der absolvierten Berufsausbildung als Fachkräfte in das Unternehmen geholt. Wimmer (2005) berichtet von veröffentlichten Interviews mit Inhabern von mitunter recht großen Familienunternehmen, in denen tatsächlich der Wunsch nach einem nicht durch andere Arbeitswelten (Familien) »verdorbenen« Mitarbeiter nachzulesen ist. Vorrangiges Ziel dieser Bestrebungen von Unternehmensleitern ist es, eine bereits vorhandene emotionale Bindung zum eigenen Familienunternehmen weiter auszubauen und den Mitarbeiter langfristig daran zu binden. Viele Inhaber von Familienunternehmen versprechen sich von einer solchen Personalauswahl eine wechselseitige Loyalität, die sich optimalerweise einerseits in einer hohen Leistungsbereitschaft des Mitarbeiters und andererseits in einer Fürsorgepflicht des Inhabers ausdrückt. Hier wird wieder eine Werteausrichtung deutlich, die nicht unbedingt in die Sphäre eines Wirtschaftsunternehmens passt. Auch der Fürsorgegedanke kann dabei eher im System Familie verortet werden und geht mit einer starken Erwartungshaltung nach Dankbarkeit der Mitarbeiter einher. In der Öffentlichkeit stellen Familienunternehmen ihr eigenes Wertebild gern als Pluspunkt dar und betonen in ihrer Außendarstellung ihre Rolle als sorgender und verantwortungsbewusster Arbeitgeber. Dieses Bild von Familienunternehmen ist in vielen Fällen partiell korrekt und resultiert in Bemühungen um das Wohl der Mitarbeiter, die deutlich über das System Unternehmen hinausgehen. In den letzten Jahren konnte man im Verlauf von internationalen wirtschaftlichen Krisen bemerken, dass viele
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Familienunternehmen – auch durch Einschnitte bei der eigenen Entlohnung – erfolgreich für ihre Mitarbeiter und den Erhalt von Arbeitsplätzen gekämpft haben. Wir möchten betonen, dass es durchaus Mitarbeiter gibt, die eine solche Unternehmenskultur schätzen und aktiv nach ihr suchen. Aber nicht jeder Mitarbeiter schätzt eine emotionale Bindung an den Arbeitgeber. Diese Bewerber fallen aus dem Personalangebot heraus, das solchen Familienunternehmen zur Verfügung steht. Zusammenfassend lässt sich festhalten: –– Bei Personalbeschaffung und Personalmarketing in Familienunternehmen bestehen Defizite in den Bereichen der Stellen- und Aufgabenbeschreibung. –– Die Auswahl potenzieller neuer Mitarbeiter erfolgt nicht immer in erster Linie nach wirtschaftlichen Kriterien, sondern wird von den Wertvorstellungen und dem Bedürfnis nach Ähnlichkeit im System Familie geprägt. Dadurch verengt sich der Pool infrage kommender Kandidaten. –– Für Mitarbeiter strebt das Unternehmen eine langfristige und emotionale Bindung an. Ein Bewerber, der diesen Wunsch nicht teilt, hat geringere Chancen auf eine Anstellung. –– Die heute bestehende mangelnde Außendarstellung von Familienunternehmen auf dem Arbeitsmarkt könnte ein ungenutztes Verbesserungspotenzial darstellen.
1.3.4 Personalentwicklung durch Qualifizierung und Weiterbildung
Die Personalentwicklung als weiteres Element des Personalmanagements in Familienunternehmen meint die Gesamtheit von Maßnahmen zur Verbesserung der Mitarbeiterqualifikation. Solche Maßnahmen umfassen die berufliche Erstausbildung und Fortbildungen für Mitarbeiter mit dem Ziel, deren Kenntnisse und Fähigkeiten den betrieblichen Anforderungen anzupassen und zu erweitern, sowie Umschulungen zur Unterstützung einer beruflichen Neuorientierung. Hier möchten wir auch auf den Begriff des Lernens eingehen. Eine Definition von Lernen als »eine erfahrungsbedingte, dauerhafte, aber modifizierbare Anpassung von Wahrnehmungen, Vorstellungen, Denkprozessen, Gefühlen, Motivationen und Verhaltensweisen« liefert Manderthaner (2008, S. 169). Dabei soll zwischen Lernprozessen einzelner Mitarbeiter – »jeder für sich« – und dem kollektiven Lernen des
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sozialen Systems im Familienunternehmen – »alle miteinander und untereinander« – unterschieden werden. Beide sind untrennbar miteinander verwoben, beziehen sich aber auf unterschiedliche Lernbereiche: Während sich jeder Mitarbeiter ganz klassisch Fakten und Fertigkeiten aneignen muss, stehen beim kollektiven Lernen vor allem die Fähigkeiten des Systems, eine aktive Lernkultur zu entwickeln und diese für sich zu nutzten, im Vordergrund. Dazu gehören beispielsweise Entwicklungen im Bereich Fehlerkultur, Vertrauensbildung, Umgang mit Störungen (Konflikte, Krankheitsausfall etc.) und andere Komponenten, die die wesentlichen Rahmenbedingungen für gelingende Lernprozesse bilden. Auch eine gute Dokumentation der Erfolge und Misserfolge von Lernprozessen auf Abteilungsebene und eine funktionierende Übergabekultur des gemeinsamen Wissens gestalten das Lernumfeld positiv, ebenso eine gelebte offene Dialogkultur ohne Hierarchie und Ausschlussmöglichkeiten. Die wichtigste Voraussetzung für aktives Lernen ist dabei eine von der Geschäftsführung vorgelebte Lernkultur. Welche weiteren physiologischen und psychologischen Bedingungen dazu gehören, dass Menschen erfolgreich und nachhaltig lernen können, lesen Sie ausführlich in Teil A, Kapitel 2.2. In Familienunternehmen ist der Bereich der Personalentwicklung eher schwach ausgebildet, obwohl seine Wichtigkeit von den Inhabern dieser Unternehmen regelmäßig als sehr hoch eingestuft wird. Das scheint verwunderlich, sind doch vor allem Familienunternehmen sprichwörtlich dafür bekannt, ihr Ohr sehr nah am Kunden zu haben und gleichzeitig auch tief mit den notwendigen Arbeitsprozessen in der Produktion verbunden zu sein. Vor allem der Wunsch nach perfekten Produkten bildet eine vermeintlich gute Grundlage für individuelles und kollektives aktives Lernen in Familienunternehmen – dennoch überwiegen einige systembedingte Schwächen, die im Ergebnis eine aktive Lernkultur unterdrücken. Sie zeigen sich in einem Mangel an Reflexions- und Kommunikationsmöglichkeiten, die unter anderem folgenden Gründen geschuldet sind: –– dem bereits erwähnten Selbstverständnis des Inhabers als Unternehmer, –– oft anzutreffenden schwelenden Konflikten innerhalb von Eigentümerfamilien, –– einer gelebten Misserfolgskultur, also die langjährig erinnerte Verbindung zwischen Personen sowie eingetretenen Misserfolgen und Fehlschlägen der Vergangenheit.
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Durch die ausbleibenden Professionalisierungsanstrengungen ergeben sich schwer zu lösende Personalmanagementaufgaben, etwa die Einrichtung unterschiedlicher Führungsebenen. Diese Entwicklung stellt ein Hindernis dar, welches vordergründig als unüberwindbar erscheint und die Angst vor Fehlern noch weiter steigert. Vor allem unter dem Aspekt der allgegenwärtigen Führungskultur durch die Inhaberfamilie, die in der Regel auch die Betreuung der Personalentwicklung übernimmt und oft ein positives Selbstbild hat, kommt es häufig nicht zu einer objektiven, kritischen Betrachtung von Fehlern. Bemerkenswert ist, dass selbst dann, wenn eine Fachstelle im Unternehmen besetzt ist – etwa durch einen Personalleiter –, die Aufgabe der Weiterbildung oft zur Chefsache erklärt und von der Unternehmensleitung wahrgenommen wird. Hier helfen aber nicht mehr die klassischen hierarchiebetonten Führungskonzepte weiter; um wettbewerbsfähig erfolgreich am Markt bestehen zu können, müssen sie durch neue moderne Führungskonzepte ersetzt werden. Traditionell fallen auch die monetären Ausgaben für Qualifikationsprojekte innerhalb von Familienunternehmen erheblich bescheidener aus als in korporativen Unternehmen. Die Auslöser dafür liegen meist in der Geschichte und Kultur der Gründerfamilie, bei der die Gründergeneration aus Autodidakten bestand. Deren Grundwissen wurde im Laufe der Zeit durch praktische Erfahrungen weiter fundiert und ausgebaut. Im praktischen Alltag von Familienunternehmen erfolgt die Weiterbildung von Mitarbeitern daher eher spontan und wenig zielorientiert. Daraus kann als Nebeneffekt die Vernachlässigung einer Feedbackkultur entstehen; die Mitarbeiter sind durch den Unternehmensgründer und seine Vorstellung so geprägt, dass sie traditionell allein und aus eigenen Erfahrungen lernen. Eine Führungskraft in einem solchen Umfeld hat dementsprechend kein verinnerlichtes Motiv, um andere Mitarbeiter beim Lernen zu unterstützten oder dieses einzufordern. Weiterbildung in Familienunternehmen findet oft losgelöst von strategischen Ausrichtungen oder Maßnahmen im Rahmen einer Karriereplanung statt. Grund dafür ist einerseits die Annahme, dass aufgrund der hier vorhandenen flachen Hierarchiestrukturen nicht allzu viele Karriereschritte in Aussicht stehen und andererseits das fehlende Verständnis für die Möglichkeiten einer horizontalen Laufbahngestaltung im Gegensatz zu einer klassisch hierarchischen, vertikalen Laufbahn (Krüger, 2006). Eine
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solche Vorgehensweise ist wenig hilfreich für eine langfristig orientierte Personalentwicklung, die primär eine Erfolgssicherung des Familienunternehmens zum Ziel hat. In vielen Familienunternehmen besteht die unterschwellige Annahme, dass die Lernfähigkeit und der Erfolg der ersten Generation endlich sind. Ein Lernprozess muss und kann also ab der zweiten Generation nicht mehr allein durch den Gründer erfolgen, sondern muss durch das System des Unternehmens und seiner Mitglieder geleistet werden (Gimeno, 2010). Dennoch werden schon bei der personellen Basisversorgung, also der Nachwuchsförderung, leichtfertig Fehler gemacht: –– Oft ist unklar, welche Altersstruktur die Belegschaft hat. –– Es fehlt häufig eine Übersicht darüber, zu welchem Zeitpunkt Mitarbeiter das Unternehmen verlassen werden, etwa aus Alters- oder aus familiären Gründen. Erschwerend können sich jederzeit unerwartete langfristige Personalausfälle durch Unfälle, Krankheit oder Kündigung eines Mitarbeiters ergeben. Die Problematik einer notwendigen umfassenden Qualifizierung und Weiterbildung von Mitarbeitern und der Planung von Ausfallszenarien ist auch in Familienunternehmen bekannt, wird aber im Tagesgeschäft gern ausgeblendet. An dieser Stelle wird der starke Einfluss des Systems Familie auf das Unternehmen erkennbar: Auch in einer Familie möchte man sich nicht mit den Auswirkungen von potenziellen Krankheiten oder Unfällen der geliebten Familienmitglieder auseinandersetzen und verdrängt diese Möglichkeit. Dies wird besonders deutlich, wenn es sich um die Mitglieder der Inhaberfamilie handelt. Bei den Führungskräften ist latent eine unterschwellige Angst vorhanden, an Bedeutung für das Unternehmen zu verlieren und so möglicherweise auch an Bedeutung in der Familie – bis hin zur völligen Bedeutungslosigkeit. Das Resultat ist menschlich traurig und aus unternehmerischer Sicht gefährlich: Durch einen defensiven Umgang bei der Weitergabe von notwendigen Informationen an den zeitlichen Vertreter während einer Erkrankungsphase oder den potenziellen Nachfolger kann es zu unnötigen Prozessverzögerungen oder zu lähmenden Blockaden kommen.
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1.3.5 Innovation und Veränderungsfähigkeit
Seit geraumer Zeit findet der Begriff Innovation in den Medien und in unzähligen Publikationen und Vorträgen Erwähnung. Innovationen und Innovationsfähigkeit gelten als Synonym für Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftswachstum. In der Literatur sucht man aber oft vergeblich nach einer zielführenden Definition. Es existieren unzählige Vorstellungen davon, was Innovationen sind und was sie möglicherweise bedeuten. Denn je nach Betrachtungsweise erscheint jede Form von Neuerung als Innovation; damit können Ideen, Technologien, Produkte, Methoden oder Abläufe gemeint sein. Der Ursprung des Innovationsgedanken kann bei Josef Schumpeter verortet werden, der in seinem Werk »Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung« (Schumpeter, 1911) erstmals den Innovator als Triebfeder jeder Volkswirtschaft in den Fokus der Wissenschaft stellte. Bergmann (2008) bezeichnet Innovation als Erneuerung und als Umsetzungsprozess einer kreativen Idee, einer Erfindung oder einer Erkenntnis. Systemisch betrachtet geht es dabei um neue Kommunikationsformen, die eine Unterscheidung des Systems von anderen erleichtern oder gar erst zulassen. Innerhalb von Familienunternehmen werden durch Innovationen im Optimalfall Produktideen zu neuen marktreifen Produkten und das Familienunternehmen lernt dabei kontinuierlich und entwickelt sich weiter. Schumpeter (1911) bezeichnet ein Unternehmen dann als Innovator, wenn es in der Lage ist, Innovationschancen zu erkennen und diese auch umzusetzen. Betrachtet man die Innovationsfähigkeit von Familienunternehmen, sind potenzielle Defizite zu erkennen, die sich als Kumulation einiger bereits angesprochener Problembereiche zeigen. Regelmäßig wirken sich hier Führungsverständnis, Personalentwicklung, Unternehmensnachfolge sowie das Entgelt- und Motivationssystem unmittelbar auf die Innovationsfähigkeit aus, das gilt insbesondere für Unternehmenswerte und die Leitkultur. So existiert in Familienunternehmen häufig die Vorstellung, dass Disziplin und Mut wichtiger als Innovationen sind (Winkeljohann, 2010). Befeuert wird dieses Denken zusätzlich durch das Selbstverständnis vieler Inhaber von Familienunternehmen, die in der ersten Generation eine Pionierrolle ausgeübt haben. Für sie war es in der Gründerzeit selbstverständlich, mit einer Idee ein neues Geschäftsfeld zu erschaffen oder zu besetzen. Pionier ist an dieser Stelle wörtlich zu nehmen und kennzeichnet einen energiegeladenen Unternehmer, der als Abenteurer mit Biss auf der ständigen Suche nach neuen Chancen ist.
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In schwierigen Zeiten für das Unternehmen, in denen konjunkturelle oder technologische Herausforderungen zu bewältigen sind oder sich Konflikte durch einen anstehenden Generationenwechsel anbahnen, bewähren sich die alten Lösungsmuster und Praktiken aber zunehmend nicht mehr. Im Ergebnis stellen sich immer seltener erfolgreiche Weiterentwicklungen ein und für ein aktiv agierendes Familienunternehmen am Absatzmarkt formt sich immer stärker eine Defensivstrategie mit dem Ziel, wenigstens die bestehenden Anteile abzusichern und zu erhalten. Ein solches Verhalten führt zu einer Konservierungsstrategie, die bald in einen Modernisierungsstau mündet. Nicht selten betrifft dieser dann alle Unternehmensbereiche des Familienunternehmens, von der Produktpolitik über die Entwicklung und Umsetzung neuer Vertriebsstrategien bis hin zu internen Prozessen und Strukturen – mit einem zwangsläufig negativen Ergebnis. Finden diese Entwicklungen parallel zu einem Generationenwechsel statt, schlagen unweigerlich die für Familienunternehmen typischen Verhaltensmuster durch: Es besteht die Gefahr, den »schwachen Nachfolger« als Auslöser für die schlechte Unternehmenslage zu sehen und somit die Verantwortung an einer zentralen Person festzumachen (mehr dazu lesen Sie in Teil A, Kapitel 1.3.6). Neben der Verlagerung der Innovationsprobleme auf den Nachfolger tritt ein weiteres Merkmal des sozialen Systems Familie in den Fokus, welches ein unökonomisches, mitunter auch irrationales Verhalten der eigenen Familienmitglieder lange toleriert: Es fehlen zunehmend die Fähigkeiten, die notwendig sind, um einen raschen ökonomischen und technischen Wandel zu bewältigen (Simon, 2005). Neben Innovationen und einer guten Lernkultur (siehe Teil A, Kapitel 1.3.4) steht die Fähigkeit zu Veränderungen im Kontext des erfolgreichen Fortbestehens eines Familienunternehmens. Diese Fähigkeit beschreibt die Kompetenz, sich an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen oder darauf in angemessener Form reagieren zu können. Diese Flexibilität ist ein zentrales Element der Innovations- und Lernfähigkeit eines Unternehmens, da ohne den Willen und die Kraft zur Veränderung weder Innovationen noch Lernprozesse möglich sind. Gründe für einen möglichen Widerstand gegen Veränderung in Familienunternehmen sind vornehmlich Ängste der Inhaberfamilie und/oder des Inhabers vor vermeintlich unbekanntem Terrain, was sich wiederum aus dem System der Familie und ihrem Werte-
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kanon erklären lässt und im Rahmen eines angepassten Personalmanagements für Familienunternehmen berücksichtigt werden sollte.
1.3.6 Nachfolgeproblematik in Familienunternehmen
Für die nachhaltige Sicherung eines Familienunternehmens ist die Regelung der Betriebsnachfolge existenziell. Dazu sind drei Szenarien denkbar: (a) ein Nachfolger aus der Inhaberfamilie; (b) ein Nachfolger aus der Belegschaft; (c) ein externer Nachfolger. Hier soll es um die Varianten (a) und (b) gehen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Personalmanagement in Familienunternehmen stehen. Aktuelle Zahlen sprechen von jährlich circa 22.000 Familienunternehmen in Deutschland, bei denen eine Unternehmensübertragung ansteht. Auslöser sind in rund 19.000 Fällen das Alter des Unternehmers, in 2.000 Fällen sein Tod und in 900 Fällen sein krankheitsbedingtes Ausscheiden (Hauser, 2010). Bei einem Großteil der Familienunternehmen kann man somit den anstehenden Führungs- oder Inhaberwechsel sprichwörtlich über Jahre kommen sehen. So scheint es verwunderlich, dass andere Quellen von jährlich mehreren tausend Unternehmen berichten, die stillgelegt werden müssen, weil kein Nachfolger gefunden wurde. Die Gründe dafür oder für die Insolvenz eines Unternehmens kurz nach der Übergabe sind vielfältig. Nach einer Studie von PricewaterhouseCoopers (2007) bevorzugt mit circa 84 % ein Großteil aller deutschen Familienunternehmer einen Nachfolger aus der eigenen Familie. Dafür ist es notwendig, –– dass ein potenzieller Kandidat innerhalb des Familienverbundes vorhanden ist, –– dass er zur Verfügung steht und –– dass sich dessen Qualifikationen und Fähigkeiten zur Führung des Unternehmens eignen. –– Außerdem muss die im Unternehmen gelebte Führungskultur langfristig einen Inhaber- und Führungswechsel möglich machen. Die schon angesprochene, oft auf eine Person zugeschnittene Führungsstruktur und der Mangel an struktureller Führungsgliederung können spätestens
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bei dem Zusammentreffen drohender Unternehmenskrise und anstehender Unternehmensübergabe weitreichende Konsequenzen haben. Denn in Krisenzeiten ist eine breiter aufgestellte Führungsverantwortung kurzfristig nicht zu realisieren. Geschuldet wird diese Situation der vordergründig hohen Leistungsbereitschaft und Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen, die die gebotene Notwendigkeit eines gezielten und nachhaltigen Personalmanagements zeitweise verdecken kann (Wimmer, 2005). So funktioniert in guten Zeiten die Art der Führung gut, wird jedoch die wirtschaftliche Lage schlechter, zeigt sich die Solidarität der Mitarbeiter mit dem Unternehmen. Alle »packen« verstärkt mit an und »ziehen an einem Strang«. So fallen erst spät mögliche Schwachstellen innerhalb der Führung auf. Wie wichtig es ist, beizeiten, also in krisenfreien Phasen, für eine gute Family Governance – die Pflege der Beziehungen zwischen allen Familienmitgliedern – zu sorgen, um der Familie und damit direkt auch dem Unternehmen auf lange Sicht Stabilität zu verleihen, zeigt sich besonders in kritischen Situationen wie im Fall der Nachfolgeregelung. Hier brechen oft lange unterdrückte Gefühle hervor, die sich dann auf die geschäftliche Entscheidung auswirken: Es kommt zu Situationen, bei denen Unrechtsempfinden aus vergangenen Jahren innerhalb der Familie zu Tage tritt und zu offenen Konflikten führt. Darüber hinaus wird das gewohnte Abhängigkeitsverhältnis zwischen Eltern und Kindern infrage gestellt und so eine fließende Nachfolgeregelung erschwert. Die Interessenlagen zeigen sich in vier Dimensionen: –– Die erste wird durch den scheidenden Senior definiert, der sein Unternehmen als Lebenswerk sieht. Alle Prozesse und Abläufe sind auf ihn zugeschnitten. Würde sein Nachfolger scheitern, würde das den Verlust seines Lebenswerkes bedeuten. –– Die zweite Dimension wird durch den möglichen Nachfolger ausgebildet, der schon früh mit einer Erwartungshaltung konfrontiert wurde: der Aussicht auf ein vorgegebenes und somit möglicherweise als fremdgesteuert empfundenes Leben, auf dem noch dazu die Bürde lastet, das Lebenswerk des Seniors auf keinen Fall zu gefährden. Sollte der oder die Nachfolgerin scheitern, haftet ihm/ihr nicht nur vermeintlich ein ökonomischer, sondern auch ein emotionaler Makel an. –– Die dritte Dimension stellen die weiteren Familienmitglieder, die möglicherweise eigene Wünsche hinsichtlich der Nachfolgeregelung hegen.
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Für sie ist ein mögliches Scheitern des Nachfolgers vor allem mit dem Verlust des gesellschaftlichen Ansehens und der familiären sowie eigenen Reputation verbunden. –– Die vierte Dimension ist das System Unternehmen als Wirtschaftsorganisation selbst. Dessen Handlungsspielräume wie etwa die sichergestellte Zahlungsfähigkeit werden durch einen Generationenwechsel möglicherweise bedroht. Die Akteure sind unsicher und möglicherweise ängstlich, Fehlentscheidungen zu treffen, die das Ende des Unternehmens zur Folge haben könnten. Diese Gemengelage aus tradierten Formen und Regeln, Wünschen und Bestrebungen, unterschiedlichen individuellen Neigungen und nicht zuletzt der wirtschaftlichen Lage ist komplex und nicht ohne Weiteres lösbar (Breuer, 2008). Sie gehört deshalb zu den potenziell bedrohlichen Zuständen im Lebenszyklus eines Familienunternehmens. Andere Autoren sind der Meinung, dass die Übernahme eines Familienunternehmens durch einen möglichen Nachfolger mehr Fachwissen, unternehmerische Erfahrung, Kompromissbereitschaft und Konfliktfähigkeit erfordert als eine vergleichbare Neugründung (Breuninger, 1998). So kommt es, dass etwa nur jede dritte Nachfolgeregelung aus dem Kreis der eigenen Familie realisiert wird, die anderen Familienunternehmen suchen außerhalb nach geeigneten Kandidaten. Eine weitere Option für einen möglichen Unternehmensnachfolger bieten die eigenen Mitarbeiter. Das erweist sich jedoch als schwierig, da wie erwähnt die Führungs- und Verantwortlichkeitsstrukturen oft auf eine Person ausgerichtet sind, und geeignete Mitarbeiter, die über Jahre in höhere Hierarchieebenen hineinwachsen konnten, tatsächlich fehlen. Außerdem ist der Rückhalt aus der Inhaberfamilie nur eingeschränkt vorhanden, so dass bei Familienfremden keine so hohe Fehlertoleranzschwelle wie bei Familienmitgliedern zu beobachten ist. Sie können auch nur mit einem geringeren Vertrauensvorschuss rechnen – unter diesen Bedingungen ist es für einen internen Nachfolger schwierig, alte Gewohnheiten anzugehen und »neuen Wind« in das Familienunternehmen zu bringen. Interessanterweise scheinen Familienunternehmen in der Lage zu sein, eine gewisse Immunisierung gegenüber den Herausforderungen einer anstehenden Unternehmensübergabe auszubilden, wenn sie bereits mehrere Genera-
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tionenwechsel erfolgreich vollzogen haben. Diese Unternehmen scheinen Routinen entwickelt zu haben, durch die beispielsweise ein Wechsel in der Führungskultur oder eine strategische Neupositionierung besser verkraftet werden können (Wimmer, 2009). Das kann beispielsweise in einer erfolgreichen Übergabeplanung liegen, bei der sich ein bestimmtes Vorgehen bewährt hat und regelmäßig – wenn auch immer wieder angepasst – seine Anwendung findet. Diese »Evolutionsmuster« können durchaus auch im Verständnis von Personalmanagement der Familienunternehmen vermutet werden, da hier verstärkt organisches Wachstum vorzufinden ist. An dieser Stelle wird einmal mehr die hohe Relevanz einer offenen Führungs- und Dialogkultur in Familienunternehmen deutlich, da sich solche Übergaberoutinen nie ohne das Bewusstsein des jeweiligen Inhabers, dass seine Führungszeit endlich sein wird, realisieren lassen.
1.3.7 Entlohnungs-, Motivations- und Anreizsysteme
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Entlohnungs-, Motivations- und Anreizsysteme für Mitarbeiter stellen ein weites Arbeitsfeld innerhalb des Personalmanagements dar. Dabei ist die Wahl des Bezahlungssystems untrennbar mit der Unternehmenskultur eines Familienunternehmens verbunden, aber vor allem mit seinem bestehenden Führungsverständnis (Sprenger, 2010). Nähert man sich dem Thema Entlohnung in Familienunternehmen in der Literatur, wird deutlich, dass eher selten davon die Rede ist. Wimmer (2009b) führt als Grund dafür die Tendenz vieler Familienunternehmen an, sich nicht so gern in die Karten schauen zu lassen und die eigene Entgeldpolitik im Sinne der familiären Privatsphäre gegenüber der Öffentlichkeit abzuschirmen. Die Basis für die Art und den Umfang der Entlohnung stellt die Unternehmenskultur. Innerhalb von Familienunternehmen tritt besonders das oft vorherschende positive Menschenbild der Inhaber in den Vordergrund, was laut Winkeljohann (2010) häufig zur Ablehnung von wettbewerbsorientierten Anreizsystemen führt. Hinzu kommt ein stark ausgeprägtes soziales Verantwortungsgefühl gegenüber den eigenen Mitarbeitern: Kündigungen werden nur sehr ungern ausgesprochen und Lohnkürzungen erfolgen aufgrund des starken Einflusses des Systems Familie weitaus seltener. Das führt in manchem Fällen dazu, dass unangemessen hohe Löhne weitergezahlt werden, obwohl die wirtschaftliche Unternehmenslage ein anderes Vor-
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Der Weg zu einem maßgeschneiderten Personalmanagement
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gehen verlangen würde. Oftmals werden solche wirtschaftlich notwendigen Entscheidungen im Tagesgeschäft verdrängt und nicht im Sinne einer Lösungssuche aktiv angegangen. Gerade bei langjährigen Mitarbeitern fühlt sich die Inhaberfamilie in schlechten Zeiten moralisch zur Unterstützung verpflichtet, da die Systemgrenzen innerhalb des Familienunternehmens verschwimmen und Werte aus der Sphäre der Familie auch auf Mitarbeiter angewandt werden. Was in normalen wirtschaftlichen Zeiten zu einer engen Bindung zwischen der Familie des Familienunternehmens und den Mitarbeitern führt, bedeutet in schlechten Zeiten eine enorme finanzielle Belastung (Schlembach, 2004). Die Basis, auf der die Mitarbeiter entlohnt werden, können wir an dieser Stelle nicht exakt fassen. In der Literatur finden sich tarifgebundene Entgeltstrukturen sowie eigene Entlohnungsmodelle von Familienunternehmen. Man kann davon ausgehen, dass die tarifgebundene Entlohnung die verbreitetste Form für Familienunternehmen in Deutschland darstellt. Sie hat jedoch zwei widersprüchliche Aspekte: –– Die positive Seite: Sie wirkt für das Unternehmen komplexitätsreduzierend, da Einzelfälle verallgemeinert werden können und eine auch im Familiensystem angestrebte Gleichheit erzielt werden kann. –– Die negative Seite: Sie stellt eine grundsätzliche strategische Barriere für das Unternehmen bei der Gestaltung einer freien und leistungsabhängigen Entgeltpolitik dar. Gerade für ein Familienunternehmen bedeutet diese Einschränkung, dass insbesondere die eigenen spezifischen Leistungsnormen und Kostenstrukturen in den Tarifverträgen naturgemäß nicht berücksichtigt werden können. Hier soll nicht der Eindruck entstehen, dass Tarifverträge an sich eine negative Wahl für Familienunternehmen wären. Doch es gibt zusätzliche Potenziale für eine weitere Ausgestaltung von Entlohnungsmodellen durch neue und genau auf die Bedürfnisse eines Familienunternehmens abgestimmte Anreizsysteme. Ein interessantes Entlohnungsmodell ist die betriebliche Mitarbeiterbeteiligung am Erfolg des Unternehmens. Diese Art der Entlohnung ist keine Erfindung der Neuzeit; so wurden schon im Mittelalter Beschäftigte an den Erfolgen des Unternehmens beteiligt. Das Entlohnungsinstrument der Mitarbeiterbeteiligung ist bei kleineren Unternehmen nicht sehr ver-
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Fundamente, auf die man bauen kann: Ein besonderer Blick auf das Alltägliche
breitet und liegt bei Unternehmen mit weniger als 49 Mitarbeitern bei 8 % (Bellmann, 2011). Ein Grund könnte darin liegen, dass Verwaltungskosten und -aufwand pro Mitarbeiter hoch anzusehen sind. Zudem erfordern die rechtliche Komplexität und die Informationsweitergabe an die Belegschaft finanzielle und zeitliche Ressourcen. Eine weitere Variante im Rahmen der Entlohnung in Familienunternehmen sind projektbezogene Bonuszahlungen auf Basis des Unternehmenserfolgs, die im Anschluss an erfolgreiche Projekte an die beteiligten Mitarbeiter ausgezahlt werden. Diese Art der Vergütung gehört streng genommen nicht zu den Entlohnungsarten, weil sie schlecht planbar ist, sie stellt aber aus Sicht vieler Inhaber von Familienunternehmen durchaus eine motivierende Komponente dar. Im Personalmanagement von Familienunternehmen hat diese Art der Zusatzvergütung keinen strategischen Rahmen, sie wird vielmehr ad hoc von der Unternehmensleitung beschlossen und durchgeführt. Weitere, tiefer gehende Varianten zur variablen Entlohnung finden Sie im Teil B in Kapitel 8.
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Individuelles Coaching auf interdisziplinärer Grundlage: Was bringt Ihnen diese Methode für Ihre Praxis?
In diesem Buch arbeiten wir interdisziplinär und führen die Forschungsergebnisse verschiedener Wissenschaftszweige und Erkenntnisse aus der Praxis zusammen. Wir geben Ihnen ein daraus entstandenes CoachingModell an die Hand, mit dem Sie eine auf Sie und Ihre Mitarbeiter zugeschnittene Veränderung unmittelbar angehen können. Hier finden Sie wie bereits erwähnt Wissen aus den Bereichen Personalmanagement, Betriebswirtschaft, Psychologie, Familien- und Gestalttherapie, systemisches Coaching und Systemtheorie, neurologische Forschung und Sportwissenschaft, Kommunikationswissenschaft und Konfliktforschung. Wenn Sie dieses Coachingmodell anwenden, dann fließt auch Ihre eigene Erfahrung und die Ihrer Mitarbeiter mit ein. Denn die Methode lebt erst dadurch, dass Sie sie einsetzen. Und sie bringt für jedes Unternehmen ein ganz eigenes Ergebnis: ein individueller Prozess, der sich im besten Fall weiterentwickelt. Das Coaching-Modell, das Sie im Folgenden vorfinden, funktioniert nicht nach dem Prinzip: Wenn Sie sich an unsere Anweisungen halten, dann wachsen goldene Früchte an Ihren Apfelbäumen! Sie kaufen keine Hybridpflanze, die im ersten Jahr hohe Erträge bringt und dann abstirbt, so dass Sie im nächsten Jahr wieder eine neue Pflanze kaufen müssen bzw. wieder Anweisungen von Beratern benötigen, die Ihnen sagen, was Sie tun sollen. Es ist eher so, als würden Sie einen Samen kaufen, den Sie eine Zeitlang pflegen, so dass er organisch wachsen kann. Mit der Zeit entwickelt sich daraus unter den ganz eigenen Wachstumsbedingungen Ihres Unternehmens ein Baum. Und hat dieser Baum erst einmal eine gewisse Stabilität erreicht, wächst er weiter und trägt Früchte, ohne dass Sie andauernd auf
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Individuelles Coaching auf interdisziplinärer Grundlage
ihn achten, ihn düngen und vor Gefahren schützen müssen. Genau so, wie Sie es sich für Ihr Unternehmen wünschen.
2.1 Die Rolle der Zeit
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Zeit ist ein eher vernachlässigter Faktor, wenn es darum geht, einen Prozess zu planen. Im Normalfall gilt dem Budget das volle Augenmerk: Es bestimmt alle weitere Planung, denn Zeit ist Geld. Dazu hat man noch den Wettbewerbsdruck im Auge, der zur Schnelligkeit antreibt: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Wir möchten Ihnen eine andere Sicht auf Veränderungsprozesse zeigen, denn alle Gemeinplätze sind nur von einer Seite aus betrachtet zutreffend, von einer anderen Perspektive aus sind sie durchaus falsch. Was ist also wann richtig? Wenn Sie mit Geld und Material planen, ist der Zeitfaktor oft kalkulierbar. Sie halten sich an Maßstäbe, die sich bisher bewährt haben, und meistens funktioniert das gut. Wenn Sie mit Menschen planen, die einen Veränderungsprozess mitgestalten sollen, die also etwas neu oder umlernen müssen, gehen die üblichen Zeitrechnungen nicht auf. Menschen und ihre Reaktionen sind nicht so ohne Weiteres vorhersehbar. Menschen brauchen Zeit, um sich an Neues zu gewöhnen, auch wenn sie das selbst wirklich gern wollen. Mitarbeiter brauchen Zeit, –– um Widerstände abzubauen, –– um in einem neuen Team miteinander warm zu werden, –– um in einem alten Team Konflikte auszuhalten oder zu überspielen, –– um ihre neue Rolle nach einer Veränderung zu finden, –– um ihre private und ihre berufliche Sphäre miteinander in Einklang zu bringen. –– um ihr körperliches und seelisches Befinden in den Arbeitsalltag einzubauen. Alle diese Umstände haben eine Auswirkung auf die Bereitschaft und die Fähigkeit eines Menschen, eine Veränderung mitzumachen – oder eben auch nicht. Üblicherweise gehen wir davon aus, dass ein Erwachsener sich davon nicht bei seiner Arbeit beeinflussen lässt. Die Erfahrung des Lebens
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Die Rolle der Zeit
aber zeigt, dass genau solche Faktoren die eigentlichen Knackpunkte bei der Umsetzung von kleinen und großen Projekten sind. Und selbst Finanzkrisen von globalem Ausmaß haben oft allzu menschliche Anfangsursachen. Die Erkenntnis, dass der menschliche Faktor eine so bedeutende Rolle spielt, ist nicht neu. Sie hat sich aber in der Praxis bis heute nur sehr wenig durchgesetzt. Besonders, was die Bereitstellung von Zeit angeht, gilt es als geradezu unprofessionell, einen Prozess nicht so schnell wie möglich durchziehen zu wollen. Auch schiebt man gern Veränderungen, die erkennbar heute schon notwendig wären, so lange wie möglich hinaus, weil dafür gerade kein Budget da ist – oder keine Zeit. Dabei verschlingen gerade diese aufgeschobenen Veränderungen später dann viel mehr finanzielle und zeitliche Ressourcen, wie das etwa bei verschleppten Nachfolgeregelungen zu sehen ist. Warum hat sich eine solche Vorgehensweise durchgesetzt, die auf Dauer erkennbar so viele Nachteile bringt? Weil oft globale Mega-Unternehmen betrachtet werden, wenn wir nach der erfolgreichsten Methode suchen, wie ein Unternehmen zu führen ist. Diese haben schließlich die Weltmarkt erobert – oder nicht? Sie lassen sich jedoch nicht vergleichen mit einem familiengeführten Unternehmen. Global Player werden von Managern geführt, die Aktionären schnelle Erfolge bieten müssen. Sie planen nicht so langfristig und haben ein größeres Budget zur Verfügung. Zudem ist das Erwerbsleben eines führenden Managers so gut wie nie an ein bestimmtes Unternehmen gekoppelt, man wechselt oft und gern die Firma, denn das ist der Karrieregarant. Und die großen Konzerne verfügen über sehr viele Mitarbeiter – wenn einige nicht mehr zu den Unternehmenszielen passen, dann trennt man sich und stellt neue ein, die man auf dem weltweiten Angebotsmarkt rekrutiert und mit hohen Gehältern und Prestige lockt. In der Zwischenzeit gibt es genügend andere Mitarbeiter, die den Arbeitsanfall überbrücken können. Ein familiengeführtes Unternehmen arbeitet nach ganz anderen Grundsätzen. Wenn ein Mitarbeiter geht, ist es nicht so einfach, einen guten Ersatz für ihn zu finden. Jahrelange Erfahrung und oftmals ein hoher Spezialisierungsgrad, der auf die Anforderungen in genau diesem Unternehmen ausgerichtet ist, lassen die Suche komplizierter werden. Hohe Gehälter, ein weltweites Renommee und global suchende Personalbeschaffer stehen den wenigsten familiengeführten Unternehmen zur
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Verfügung. Dafür ist ihnen eine langfristig stabile Entwicklung sehr wichtig, und daher ist es von größerer Bedeutung, den einzelnen Mitarbeiter als Menschen zu sehen und ihn bei seiner unternehmensinternen und auch persönlichen Entwicklung zu unterstützen. Denn es könnte gut sein, dass er ein Arbeitsleben lang bleibt. So gesehen bekommt der Ausspruch »Zeit ist Geld« eine andere Bedeutung: Die Zeit, die Sie in die Entwicklung Ihrer Mitarbeiter investieren, spart Ihnen im Laufe der Zeit seines Arbeitslebens viel Geld.
2.2 Zum Hintergrund: Wie lernt der Mensch?
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In der Einleitung haben Sie schon gelesen, dass wir Ihnen Methoden vorstellen werden, mit denen sich Ihre Mitarbeiter weiterentwickeln können. Die Theorie und Anwendung des Lernens ist dabei ein unermesslich großes Themenfeld; wir werden hier nur einzelne Anwendungsfälle näher beleuchten. Warum ist es so wichtig, sich mit dem Thema Lernen zu beschäftigen? Weil es die Grundlage eines jeden Veränderungsprozesses ist, ganz gleich, wie einfach dieser auch sein mag. Überall dort, wo Neues aufgenommen oder Altes verabschiedet und durch Neues ersetzt werden soll, lernen Menschen. Wir stehen erst am Anfang einer Entwicklung, die für unsere Enkel selbstverständlich sein wird: das lebenslange Lernen. Statt wie im 20. Jahrhundert am Anfang seines Lebens zu lernen und sich dann mehr oder weniger ausschließlich durch Erfahrungen beruflich weiterzuentwickeln, wird der erwachsene Mensch ein Leben lang gefordert sein zu lernen: Neue Entwicklungen aus seinem Fachgebiet, allgemeine technische Neuerungen, den Umgang mit Kollegen, Mitarbeitern und Vorgesetzten, Englisch und weitere Sprachen, den Umgang mit fremden Kulturen, mit Veränderungsprozessen und vieles andere mehr. Das schließt auch 40-, 50- und 60-Jährige mit ein. Aber wie lernt eigentlich ein erwachsener Mensch? Genauso wie ein 15-Jähriger oder anders? Viel mehr als wir bisher glaubten, ähnelt das Lernverhalten Erwachsener dem von Kindern und Jugendlichen – und lebenslanges Lernen ist keine Utopie, sondern möglich. Im Folgenden finden Sie einige Kernelemente, die für einen gelungenen Lernprozess bedeutsam sind.
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Zum Hintergrund: Wie lernt der Mensch?
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2.2.1 Wir legen »Lernbahnen« an – und wir bauen sie auch wieder ab
Wenn wir etwas Neues lernen, senden wir elektrische Impulse durch unser Gehirn. Dabei entstehen bestimmte Verbindungen, sogenannte neuronale Netze, die einen bestimmten Weg festigen. Je öfter wir dasselbe denken, desto fester werden sie. Je mehr wir gelernt haben, über desto mehr neuronale Verbindungen verfügt unser Gehirn. Bildlich gesprochen kann man diesen Vorgang damit vergleichen, dass jemand eine Straße (den Lerneffekt) baut, die zu einem neuen Ort (dem neu Gelernten) führt. Diese Straße muss erst einmal durch wild wucherndes Gestrüpp geschlagen werden (man schlägt durch das Nichtwissen eine Bahn des Wissens). Zunächst hat man damit einen kleinen Trampelpfad erzeugt (dem noch sehr jungen Lernerfolg). Je öfter man etwas wiederholt, desto breiter wird der Pfad (desto fester wird der Lernerfolg). Mit jeder weiteren Wiederholung steigt er auf vom Sandpfad über den Kiesweg, dann zur kleinen asphaltierten Straße, Dorfstraße, Landstraße, Bundesstraße und schließlich zur Autobahn – man hat etwas schon gut gelernt. Eine gut ausgebaute Autobahn lockt wie im wahren Leben die Autofahrer an: Niemand fährt freiwillig auf Sandwegen, wenn er eine achtspurige Rennbahn zur Verfügung hat. So geht es auch unserem Gehirn: Wir denken nicht freiwillig auf schlecht angelegten Bahnen, unsere Gedankengänge werden immer wieder angelockt von dem, was wir »schon immer« gedacht haben. Also von den neuronalen Netzen, die wir schon häufiger mit unseren elektrischen Impulsen gebahnt haben (Hüther, 2007). Aber im Unterschied zum Straßen- und Autobahnbild gibt es in unserem Gehirn eine fabelhafte Einrichtung: Alle Verbindungen, die nicht mehr oder nicht oft genug gebraucht werden, verschwinden langsam. Das heißt: Alles, was wir dauerhaft nicht üben, geht uns verloren. Das gilt für unsere Gedanken – das Körpergedächtnis funktioniert anders. Deshalb kann man zum Beispiel eine Telefonnummer, die man über Jahre mühelos abrufen konnte, nach Jahren, in denen sie nicht gebraucht wurde, auch vergessen, während man eine erlernte körperliche Übung, etwa das Schwimmen oder das Fahrradfahren, beibehält. Diese Effizienz unseres Gehirns lässt Raum für Neues und hat wichtige Folgen für unser Arbeitsleben. Wir müssen Dinge üben, wiederholen, was wir behalten wollen. Je offener wir für Neues sind, je mehr wir ausprobie-
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ren und je öfter wir üben, was wir gelernt haben, desto flexibler bleiben wir, und desto resistenter verhalten wir uns in Krisensituationen. Eine vorausschauende Personalentwicklung bedeutet daher auch, dass man in erfolgreichen Zeiten die Chance nutzen sollte, diese Offenheit für Neues aufrechtzuerhalten, damit sie in weniger erfolgreichen Zeiten leichter abgerufen werden kann.
2.2.2 Der Lernstoff muss interessant sein
Wer neugierig ist auf das, was er lernen soll, lernt leichter als jemand, der dazu gezwungen ist. Das gilt auch dann, wenn man lernt, mit einer neuen Situation umzugehen. Beispiel: Eine Abteilung muss neu geordnet werden, alle Mitarbeiter müssen lernen, mit der ungewohnten Struktur umzugehen. Wenn nicht alle bereit sind, das Neue anzunehmen, ist es besser, die Schwierigkeiten in Teamcoachings zu betrachten und gemeinsam Lösungen zu finden, statt sie durch Vorgaben von oben zu erzwingen – denn gemeinsam eine Lösung zu finden ist interessanter, weil eigene Ideen eingebracht werden können.
Das bedeutet für die Praxis: Sowohl der Lernstoff (z. B. »mit einer Veränderung umzugehen«) als auch die Lehrmittel (z. B. Coaching statt Verordnung) sollten so spannend wie möglich gestaltet sein, sie sollten anregend sein und die menschliche Neugier locken. Besonders interessant ist das, was mit der eigenen Person zu tun hat und das, was unerwartet und überraschend ist. A
2.2.3 Unser Gehirn sucht überall Muster, auch wenn keine vorhanden sind
Es ist für unser Denkvermögen und unsere Merkfähigkeit von großem Vorteil, wenn wir nicht jede Kleinigkeit, die wir im Laufe unseres Lebens lernen, einzeln abspeichern müssen. Deshalb bilden wir Muster, die es unserem Gehirn leichter machen, in einer komplexen Welt Energie zu sparen: Etwas erinnert uns an eine Situation oder einen Menschen, es wird also vermutlich ähnlich sein. Wir suchen gern nach Geschichten, die für uns Sinn machen (Hüther, 2009; Dobelli, 2011).
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Beispiel: Alle Sekretärinnen, die in der Abteilung X gearbeitet haben, waren unfreundlich und unkooperativ. Die Neue, die letzten Monat dort angefangen hat, hat mich gestern nicht gegrüßt, sie ist genauso unfreundlich und unkooperativ wie alle anderen vor ihr.
Das bedeutet für die Praxis: Es lohnt sich, in konfliktfreien Zeiten Muster immer wieder infrage zu stellen oder überhaupt zu identifizieren. Bei einem beginnenden Konflikt ist das viel schwieriger, und oft fehlt dann das Vertrauen in die anderen.
2.2.4 Wir glauben gern, was wir vorher schon gedacht haben
Aus dieser Erkenntnis ergibt sich: Wir knüpfen gern an bestehende Muster an und interpretieren neue Erfahrungen so, dass sie genau diese alten Muster bestätigen. Menschen sind offen für Informationen, die ihre Überzeugungen bestätigen, und sehr skeptisch bis ablehnend gegenüber Informationen, die ihren vorgefassten Urteilen widersprechen (Dobelli, 2011). Beispiel: Eine neue Software soll eingeführt werden. In der Buchhaltung macht sich Widerstand breit, sie sei viel zu kompliziert. Schließlich hat man schon Erfahrungen mit schwierigen Programmen gesammelt. Außerdem hat die neue Software vor Jahren zwei ältere Mitarbeiter den Arbeitsplatz gekostet. Die Ablehnung springt rasch auch auf andere Abteilungen über, dabei hat noch niemand die neue Software gesehen.
Das bedeutet für die Praxis: Wenn Mitarbeiter, die etwas Neues lernen sollen, in den Widerstand gehen, ist es nicht hilfreich, diesen einfach brechen zu wollen – sie lernen nichts, sondern fokussieren ihre Energien auf Bremsmanöver. In solchen Fällen profitieren alle davon, wenn man die Überzeugungen auf ihre Gültigkeit hin prüft – vielleicht beruhen sie auf falschen Annahmen. Es macht ja einen Unterschied, ob die Annahme lautet »Die neue Software vernichtet meinen Arbeitsplatz« oder »Ich habe Schwierigkeiten, technische Neuerungen zu verstehen«.
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2.2.5 Unsere Stimmungen sind ansteckend
Menschen sind soziale Wesen. Wir verfügen über ausgezeichnete körperliche und emotionale Fähigkeiten, um nachvollziehen zu können, wie es den anderen – Freunden wie Feinden – geht. Unter anderem helfen uns die so genannten Spiegelneurone (Nervenzellen in unserem Gehirn, die auf Mimik und Gestik eines anderen Menschen reagieren) dabei, die Gefühle anderer nicht nur zu entziffern, sondern deren Empfindungen selbst zu empfinden: Zuckt etwa jemand vor Schmerz zusammen, zucken wir innerlich mit (Madeja, 2010). Wir fühlen mit den anderen, im wahrsten Sinne des Wortes. Und wir lassen uns anstecken: Wie bei einer grassierenden Grippe die Erreger von Mensch zu Mensch wandern, stecken wir uns an mit den Stimmungen unserer Mitmenschen. In verschiedenen Studien konnte man diese Ansteckungswege nachweisen: Beispielsweise werden auf diese Weise so unterschiedliche Einflüsse wie die politische Ausrichtung, die Häufigkeit von Rückenschmerzen oder das Gewicht eines Menschen von seinen Mitmenschen beeinflusst. Und auch Ängste oder Abneigungen gegenüber neuen Mitarbeitern oder Abläufen wandern so von Abteilung zu Abteilung (Christakis u. Fowler, 2010). Beispiel: Ein Abteilungsleiter hat ein privates Problem, das ihn sehr belastet. Er versucht, professionell darüber hinweg zu gehen und sich nichts anmerken zu lassen. Bei jedem Kontakt zu seinen Mitarbeitern spricht er aber mit leiser Stimme, seine Augen sind nicht mehr so lebendig wie früher, sein Gesicht wirkt versteinert, seine Gestik ist zurückgenommen. Alle fühlen, dass etwas nicht stimmt. Nach und nach sind die Mitarbeiter dieses Abteilungsleiters ebenfalls bedrückt. Sie A
»lernen« durch sein Vorbild, dass eine unbekannte »Gefahr« herrscht, und entwickeln eine andere emotionale Basis. Er hat alle angesteckt mit seiner Gefühlslage – der Nährboden für negative Gerüchte, abnehmende Arbeitsleistung oder sogar für Mobbing kann gelegt sein. Umgekehrt ist das aber auch möglich: Eine neue Mitarbeiterin wird eingestellt. Sie ist gerade frisch verheiratet, lächelt oft und verströmt gute Laune. Es geht ihr sichtlich gut, und auch das wirkt auf ihre Kollegen: Man geht gern an ihrem Zimmer vorbei, lässt sich gern anlächeln und holt sich so eine Portion gute Laune ab. Diese beeinflusst nicht nur die eigene Stimmung, sondern auch den Arbeitsprozess, den Kundenkontakt und die Motivation für den Tag.
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Das bedeutet für die Praxis: Achten Sie auf die Stimmung Ihrer Mitarbeiter. Besonders an den »emotionalen Schaltstellen« der Firma – Führungskräfte, Chefsekretariat, Hausmeister, Kantinenpersonal – sollte eine freundliche Stimmung herrschen. Verändert sich ein Mitarbeiter auf Dauer, lassen Sie ihn nicht allein mit seinen Problemen – bieten Sie ihm Unterstützung an, zum Beispiel durch Coaching, auch wenn sein Problem vielleicht nicht primär beruflich bedingt ist. Seine Niedergeschlagenheit steckt die anderen dennoch an und kann dann zum Abteilungs- oder Firmenproblem werden.
2.2.6 In Krisenzeiten blitzen evolutionäre Strategien durch
Wenn Angst, Ohnmachtsgefühle und Zeitdruck zusammenkommen, dann fallen wir oft in ein uraltes Verhalten zurück: unsere instinktive Reaktion auf plötzliche Gefahr. Das bedeutet: Flucht, Angriff oder Schreckstarre – nicht aber Nachdenken (Hüther, 2007). Beispiel: Seit längerer Zeit munkelt man, dass mehrere Mitarbeiter entlassen werden sollen, weil ein Kredit nicht bewilligt wurde. Alle sind sehr nervös, es gibt wenige Informationen und viele Gerüchte. In dieser Situation soll die Tochter des Unternehmensleiters, die gerade die Ausbildung abgeschlossen hat, neu in die Firma einsteigen und rasch eingearbeitet werden. Diese Aufgabe wird Herrn X zugeteilt. Er wehrt sich heftig (Angriff)/er meldet sich immer wieder krank (Flucht)/ er ist wie betäubt und vergisst, der Tochter des Unternehmensleiters wichtige Informationen weiterzuleiten (Starre).
Das bedeutet für die Praxis: Mitarbeiter in Krisensituationen brauchen besondere Aufmerksamkeit, damit sie nicht in instinktive Reaktionen geraten, sondern wieder selbstverantwortlich handeln. Wenn im Vorfeld schon eine solide Vertrauensbildung stattgefunden hat, ist das ein gutes Fundament für die weitere gemeinsame Arbeit.
2.2.7 Ständige Kontrolle und Perfektionismus bremsen die Lernfähigkeit
Wenn Mitarbeiter etwas Neues lernen sollen, sind Perfektionismus und Fehlerintoleranz keine guten Begleiter. Zu lernen bedeutet in erster Linie,
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etwas viele Male einzuüben – und das heißt, dass Spielraum gegeben sein muss für Fehler. Erinnern Sie sich noch, wie Sie Fahrradfahren gelernt haben? Sie haben das Rad viele Male bestiegen und sind heruntergefallen, haben es neu ausbalanciert, ausprobiert, wie es sich mit einer Hand am Lenker anfühlt usw. Sie konnten es nicht sofort, sondern erst nach zahlreichen Versuchen. Wenn Sie bei jedem Herunterfallen bestraft worden wären, hätten Sie vermutlich sehr bald keine Lust mehr gehabt, sondern einen starken Widerwillen gegen das Fahrradfahren entwickelt. Während des Lernprozesses Perfektion zu erwarten, führt eher dazu, im Endergebnis nichts zu erreichen. Ebenso erzeugt eine dauerhafte Kontrolle das Gegenteil von guten Lernergebnissen: Ein Mitarbeiter, der unter Dauerbeobachtung steht, lernt, dass er keine Verantwortung trägt. Beispiel: Herr Henkel ist seit Kurzem Außendienstmitarbeiter. Er hat einen Kundenstamm von 40 Betrieben zu betreuen. Sein Vorgesetzter telefoniert nach jedem Besuch von ihm noch einmal mit dem betreuten Kunden, um zu hören, ob alles zu dessen Zufriedenheit gelaufen ist. Anfänglich erscheint das den Kunden noch als positives Zeichen, um den Neuen einzuarbeiten, nach dem dritten Besuch und Anruf aber weckt es das Misstrauen der Kunden in die Fähigkeiten von Herrn Henkel. Und Herr Henkel fühlt sich gar nicht mehr so verantwortlich, denn falls er etwas vergessen sollte, wird es ja vom Chef telefonisch abgefragt.
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Das bedeutet für die Praxis: Lassen Sie bei Lernprozessen Mitarbeiter an der langen Leine. Üben Sie sich in Fehlertoleranz statt in Dauerkontrolle: Jeder soll seine Fehler machen können, um nachhaltig zu lernen und selbstverantwortlich agieren zu können. Prüfen und bewerten Sie nicht den Lernprozess, prüfen Sie die Ergebnisse. Fällt es Ihnen schwer, nicht zu kontrollieren, fragen Sie sich, wie sehr Sie Ihren Mitarbeitern vertrauen.
2.2.8 Der Glaube daran, dass man es schafft, beflügelt Erfolge
Aus dem Hochleistungssport wissen wir, dass Menschen, die ernsthaft daran glauben, etwas schaffen zu können, auch Leistungen vollbringen können, die man ihnen unter normalen Umständen nicht zutrauen würde. Das funktioniert im Positiven wie auch im Negativen: Wenn man beispielsweise einem Menschen, der gerade auf einem Baumstamm balanciert, ein paar
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Mal hintereinander sagt: »Au, das war knapp, beinahe wären Sie heruntergefallen. Hoffentlich fallen Sie nicht herunter, Sie sehen ziemlich unsicher aus …«, dann fällt er herunter, weil er an seinen Fähigkeiten zu zweifeln beginnt. Die Sportpsychologin Gabriele Wulf von der University of Nevada konnte nachweisen, dass selbst gefälschte gute Ergebnisse (»Test bestanden!«) zu einer realen Leistungssteigerung führen (Robson, 2013, S. 35). Dieses Wissen macht sich das integrative Mentaltraining im Sport zunutze: Es arbeitet mit der eigenen positiven Vorstellung davon, was man schaffen kann, schaffen wird und wie es sein wird, wenn man sich darüber freut, etwas geschafft zu haben (Amler, Bernatzky u. Knörzer, 2006). Die Kraft dieser inneren Bilder des eigenen Erfolges wirken sich auf Dauer positiv auf die Arbeitsleistung und -qualität eines Mitarbeiters aus – und umgekehrt schafft ein Milieu des Misstrauens auf Dauer schlechte Arbeitsergebnisse, auch bei guten Mitarbeitern. Beispiel: Frau Meyer fängt neu in der Abteilung für Auftragsbearbeitung an. Sie hört von allen Seiten, dass es hier ganz schön schwierig werden kann. Besonders beim Kunden Steger – der allein einen Jahresumsatz von 800.000 Euro bringt – geht eigentlich immer etwas schief. Frau Meyer wird von allen darin bestärkt, dass Herr Steger nie zufriedenzustellen ist, immer ungerechtfertigte Beanstandungen hat, und dass es noch nie gelungen ist, im Guten mit ihm auszukommen. Sie wird von allen bemitleidet, dass sie seine Aufträge bearbeiten muss. Und alle »wissen« bereits, dass es auch bei ihr schiefgehen wird. Als sie ihrem Vorgesetzten berichtet, dass sie ein freundliches Telefonat mit Herrn Steger geführt hat, erwidert er, dass sie wohl einfach nur einen guten Tag bei ihm erwischt habe.
Das bedeutet für die Praxis: Wenn etwas gut klappt, übermitteln Sie das auch so. Streuen Sie echt gemeintes Lob, ermuntern Sie Ihre Mitarbeiter, sich selbstständig zu verhalten und sich etwas zuzutrauen. Würdigen Sie gute Arbeit auch vor anderen und zeigen Sie ruhig, wenn eine Leistung Sie wirklich überrascht hat: »Ein gutes Telefonat mit Herrn Steger? Das haben Sie großartig gemacht!« Wenn ein Mitarbeiter wirklich fehlerhaft arbeitet, werten Sie nicht ihn als Person ab, kritisieren Sie nur seine Arbeit. Finden Sie dennoch ermunternde Worte, die aufbauend wirken und etwas Positives in Aussicht stellen, etwa: »Sie können das besser, das weiß ich. Machen Sie es noch mal,
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ich vertraue Ihnen! Und wenn es geklappt hat, dann …« (z. B. »… wird unsere Beschwerdestelle genauso umsatzwichtig sein wie die Mahnungsabteilung«).
2.3 Unter welchen Bedingungen funktioniert Coaching am besten?
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In diesem Buch finden Sie verschiedene Anregungen und Anleitungen für Coachinginterventionen. Da bleibt die Frage: Wann eignen sich diese Coachingeinheiten dafür, dass Sie sie selbst durchführen? Wann ist es vorteilhafter, dass ein außenstehender Coach Sie unterstützt? Und was macht einen guten Coach aus – was sollte er oder sie unbedingt können, damit die Coachingarbeit in Ihrem Unternehmen gelingt? Zu Ihrer besseren Übersicht geben wir Ihnen hier eine Orientierungshilfe über die maßgeblichen Faktoren für einen gewinnbringenden Coachingprozess. Die Entscheidung, wie Sie mit einem auftretenden Problem umgehen wollen, ist von Fall zu Fall zu treffen: Ob Sie alles erst einmal auf sich beruhen lassen, weil sich das Problem eventuell von selbst erledigt; wann Sie ein internes Coaching – durch Sie selbst als Inhaber bzw. Führungskraft oder durch einen ausgebildeten Coach unter Ihren Mitarbeitern – ins Auge fassen; oder wann Sie sich an einen externen Coach wenden wollen. Es ist wie bei einer alpinen Wanderung. Wenn ein Problem in Form einer Felsspalte auftritt, ergeben sich verschiedene Reaktionsmöglichkeiten: –– Der Wanderer bleibt stehen. Es passiert ihm nichts, allerdings kommt er auch nicht mehr von der Stelle. –– Der Wanderer macht einen zögerlichen kleinen Schritt – der ihn erst einmal nicht aus dem Gleichgewicht bringt, aber vielleicht zu kurz gerät und ihn womöglich in die Felsspalte hinabstürzen lässt. –– Der Wanderer macht einen beherzten Sprung, der ihn locker über die Felsspalte trägt – aber nur, wenn er den Sprung nicht abbremst. Entscheiden Sie selbst, wann es Zeit ist für einen kleinen oder großen Sprung, wann Sie intern coachen oder extern coachen lassen wollen. Wichtig ist auf jeden Fall, dass Sie einen Prozess, für den Sie sich entschieden haben, auch mit Überzeugung durchführen. Ein halbherzig
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Was macht einen guten Coach aus?
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ausgeführter Schritt kann mehr Schaden anrichten als ein gar nicht eingeleiteter Schritt.
2.4 Was macht einen guten Coach aus? Bevor Sie oder ein anderer mit der Coachingarbeit beginnen, klären Sie ab, ob die coachende Person folgende Fähigkeiten mitbringt: ȖȖ Ein guter Coach ist nicht eingebunden in das aktuelle Problem. Denken wir an ein Fußballspiel: Da gibt es Spieler, einen Trainer und Schiedsrichter. Aber nicht in Personalunion. Ein Spieler kann nicht gleichzeitig Unparteiischer sein, und er kann auch nicht als Trainer agieren, da er zwar die anderen sehen und vielleicht sogar objektiv bewerten kann, nicht aber sich selbst und seinen Einfluss auf das Spiel. Er kann immer versuchen, sich so weit wie möglich von außen zu betrachten, aber er bleibt doch immer er selbst. Ein guter Unternehmenscoach sieht sich von außen das »Spiel« – den Problemfall – an. Er kann Fragen zu Abläufen stellen, die für alle Beteiligten so selbstverständlich sind, dass sie sich gar nicht mehr darüber austauschen. Er kann sich aus den Emotionen heraushalten und muss das Vertrauen aller Beteiligten genießen. Und während beim Fußballspiel der Sportcoach parteiisch für seine Mannschaft ist, ist der Unternehmens coach unparteiisch, weil er nicht zum Problem dazugehört. Die gecoachten Personen empfinden seine Interventionen als Unterstützung, nicht als Überwachung, Abwertung oder Aufrechnung alter Schwierigkeiten und auch nicht als Konkurrenz. Ein guter Coach lässt sich nie auf das Spielfeld ziehen. ȖȖ Ein guter Coach hilft Menschen, eigenverantwortlich zu handeln. Wenn wir etwas wahrnehmen, entsteht »Wahrheit«. Doch was ist Wahrheit? Realität entsteht oft dadurch, dass jemand an etwas glaubt – und wie er daran glaubt: etwa wie ein selbstverantwortlicher Erwachsener oder wie ein dem Schicksal ausgeliefertes Kind (LeShan, 2012; Satir, 2010). Ent-
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Individuelles Coaching auf interdisziplinärer Grundlage
sprechend wird derjenige das Gefühl haben, etwas aktiv gestalten zu können oder einer Sache hilflos ausgesetzt zu sein. Jeder Mensch entwickelt im Laufe seines Lebens damit ganz »eigene Wahrheiten« und ganz eigene Vorstellungen, wie viel Gestaltungsspielraum er für seine Handlungen hat. Und er entwickelt Begründungen, die in seiner Weltsicht gut zur Erklärung dieser Wahrheiten passen. Beispiel: Herr Hanser sagt: »Ich habe nie genug Zeit, meine Arbeit in Ruhe zu erledigen – immer kommt etwas dazwischen! Und ich kann es überhaupt nicht verhindern, egal was ich mache!« Fragt man einen anderen Menschen zum selben Thema, kann eine völlig andere »Wahrheit« zutage treten, zum Beispiel: »Kollege Hanser geht immer ans Telefon – auch wenn er keine Zeit dafür hat.«
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Auch in einer Firma, wo Menschen über längere Zeit zusammenarbeiten, bilden sich solche gemeinsamen »Wahrheiten«, die im Laufe vieler Jahre und Erfahrungen entstanden sind. Das gilt in besonderem Maße für familiengeführte Unternehmen, in denen Inhaber ein viel engeres Verhältnis zu ihren Mitarbeitern haben und deren Firmenpolitik intern gewachsen ist. So entstehen über die Jahre gemeinsame blinde Flecken, die durch die Geschichten, die man sich gegenseitig immer wieder erzählt, gefestigt werden, zum Beispiel: »Die Stabilität unserer Firma beruht darauf, dass unser Firmenchef alle wichtigen Kunden persönlich kennt.« Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Kunden gar nicht zu dauerhaften Firmenbeziehungen bereit wären, wenn der Firmenchef sie nicht persönlich kennen würde. Eine unumstößliche Wahrheit? In einem gelingenden Coachingprozess werden die unterschiedlichen »Wahrheiten« – die jedes einzelnen Mitarbeiters und auch die gemeinsam erlebten des Unternehmens – beleuchtet und die daraus abgeleiteten Konstrukte im Positiven wie im Negativen für alle erkennbar gemacht. Das eröffnet neue Möglichkeiten des selbstverantwortlichen Handelns. Ein guter Coach hilft, die verschiedenen Wahrheiten zu erkennen, blinde Flecken aufzudecken und Menschen zu selbstverantwortlichem Handeln zu ermuntern.
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Was macht einen guten Coach aus?
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ȖȖ Ein guter Coach muss sich von seiner eigenen Weltsicht lösen können. Ein Coach ist auch nur ein Mensch – und das darf er nicht aus den Augen verlieren. Denn beide genannten Punkte betreffen ihn und tauchen in Coachingprozessen immer wieder auf: –– Auch als Coach lässt man sich mitunter »ins Spiel der anderen« ziehen – vielleicht, weil man das Verständnis von Pünktlichkeit eines Mitarbeiters genauso ablehnt, wie seine Kollegen das tun. –– Und auch als Coach hat man seine ganz eigenen »Wahrheiten«, zum Beispiel dass Pünktlichkeit die Basis effizienter Arbeit ist. Aber ein professioneller Coach muss in der Lage sein, sich selbst gut zu beobachten und zu erkennen, wann er seine eigenen Vorstellungen für wahr hält und wann er sich in ein fremdes Spiel hineinziehen lässt. Erst diese Erkenntnis ermöglicht es ihm, gegenzusteuern – zum Beispiel »Herr X hat auch als unpünktlicher Mensch eine Meinung, die gehört werden muss; und seine Meinung muss nicht bedeutungsloser sein als die der anderen Teammitglieder.« Das schmerzt manchmal sehr, ist aber das Fundament jedes gelingenden Coachingprozesses. Diese Fähigkeit, die man selbstreferenziell nennt, muss über Jahre hinweg immer wieder geübt werden, damit sie zu einer Selbstverständlichkeit bei der Begleitung jedes Prozesses wird. Ein guter Coach handelt selbstreferenziell: Er erkennt, warum er gerade jetzt genau diese Gedanken und Gefühle hat, und überprüft, ob das der Situation angemessen ist. ȖȖ Ein guter Coach muss tief blicken und weit sehen können. Im Coachingprozess muss man bei der Problembetrachtung in die Tiefe gehen und dennoch das Gesamtgeschehen im Blick behalten. Bildlich gesprochen: Wer die Statik eines Kirchengebäudes überprüfen möchte, muss die Kirchturmspitze, den Chor und das Fundament scharf sehen und gleichzeitig das Kleingedruckte im Bauplan lesen können. Wer kurzsichtig ist, verliert den Weitblick, wer weitsichtig ist, übersieht das Detail. Erst im Gesamtzusammenhang, im Kontext, eröffnen sich die Feinheiten des Problems und die Wechselwirkungen mit anderen Problemfeldern.
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Individuelles Coaching auf interdisziplinärer Grundlage
Ein guter Coach trägt eine Gleitsichtbrille und sieht damit die Details und den Kontext scharf. ȖȖ Ein guter Coach produziert gute Rahmenbedingungen. Das bedeutet, dass er nicht mit negativen Bewertungen oder Herabsetzungen arbeitet, sondern die Beteiligten an ihre Fähigkeiten und Ressourcen erinnert. Das bedeutet auch, dass er keine vorgefertigten Ratschläge präsentiert, sondern die Treffen so organisiert, dass Handlungsräume entstehen – die Handlungsräume, die zu den beteiligten Menschen passen. Es müssen also nicht dieselben sein, die der Coach an ihrer Stelle bevorzugen würde. So können neue Blickweisen entstehen, neue Ideen wachsen und neue Wege beschritten werden, die nachhaltiger sind, weil sie sich aus dem Umfeld der Beteiligten entwickelt haben. Einen klaren Rahmen zu bieten, der gleichzeitig große Freiräume für die eigene Entwicklung eröffnet, ist Teil jedes professionellen Coachings. Ein guter Coach bereitet den Boden und lässt die Beteiligten selbst den Samen säen, aus dem später ein Baum werden soll. ȖȖ Ein guter Coach produziert keine Sieger und Verlierer, sondern Kooperationspartner.
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Das ist vor allem ein wesentlicher Punkt, warum externes Coaching oft besser geeignet ist als internes: Professionelles Coaching hat kein Interesse daran, dass der Bessere gewinnt, sondern versucht, die Antwort zu finden auf die Frage: »Wie können die Beteiligten ihre Möglichkeiten so zusammenbringen, dass ein gutes Ergebnis erzielt wird?« (von Schlippe u. Schweitzer, 2010, S. 8). Ein guter Coach fokussiert auf das beste Ergebnis und nicht auf den besten Anführer. ȖȖ Ein guter Coach liest die versteckten Botschaften. Nicht immer können Beteiligte eines Coachingprozesses frei reden. Sie müssen vielleicht weiterhin mit einem Menschen zusammenarbeiten, den sie aus diesem Grunde jetzt nicht kritisieren möchten. Daher werden oft wichtige Botschaften verschwiegen, also nicht in Worte gefasst. Diese
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Was macht einen guten Coach aus?
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unsagbaren Botschaften werden dennoch mitgeteilt – und wer sensibilisiert dafür ist, kann sie lesen: Unser Körper spricht unsere Gedanken auf seine Weise aus. Sie kennen sicher das Sprichwort: »Der Körper ist der Spiegel der Seele.« Wir teilen uns gegenseitig körperlich (also mimisch, gestisch, durch chemische Reaktionen oder durch Muskelverspannungen) mit, wie es uns in diesem Augenblick geht. Wir berichten aber beispielsweise auch davon, wie wir uns schon seit Langem fühlen, welche Lebenserfahrungen wir gemacht haben und wie sicher oder unsicher wir uns speziell im Kreis dieser Kollegen fühlen (Storch et al., 2010). Ein professioneller Coach erkennt diese Untertitel und versteht es, sie für alle zu übersetzen, ohne die Berichtenden bloßzustellen. Er findet wertschätzende Möglichkeiten, das Unsagbare mitzuteilen. Erst durch dieses Öffentlichmachen liegen dann die wichtigen Informationen auf dem Tisch – endlich für alle erkennbar. Nur was alle wissen, können auch alle mitgestalten. So lassen sich negative Muster, die im Verdeckten ihre zerstörerische Kraft entfalten, ändern. Beispiel: Alle Mitglieder eines Teams finden, dass Frau Beyer eine arrogante Besserwisserin ist, aber niemand kann es sagen, denn sie ist die Teamleiterin. Alle verhalten sich so, aber keiner traut sich, das Thema offen anzusprechen, aus Angst vor Nachteilen. Frau Beyer dagegen ist sehr unsicher, weil sie spürt, dass etwas nicht stimmt. Sie wird immer distanzierter und versucht, immer mehr Sachverhalte zu erklären. Das verstärkt den Eindruck der anderen. Wüsste Frau Beyer, wie sie auf das Team wirkt, könnte sie aufhören, alles zu erklären, und würde von den Teammitgliedern anders wahrgenommen werden.
ȖȖ Ein guter Coach übersetzt die wichtigen ungesagten Botschaften in wertschätzende Informationen. Manche Erkenntnisse schmerzen oder verletzen sogar. Produktiv wird ihre Offenlegung erst, wenn sie von allen angenommen werden können. Und das erfordert eine respektvolle Art der Mitteilung. Ein guter Coach findet wertschätzende Worte, ohne Informationen wegzulassen oder einschränken zu müssen.
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Teil B: Praxiswissen – Personalmanagement im Alltag
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Mit dem richtigen Bausatz zum Erfolg
Bisher haben wir gezeigt, wo Diskrepanzen liegen zwischen den Eigentümlichkeiten und Bedürfnissen eines Familienunternehmens und seinem tatsächlichen operativen Handeln im Rahmen eines weiter gefassten Personalmanagements. Es ist nicht immer einfach, diesen Diskrepanzen souverän zu begegnen oder sie gar für sich oder das Familienunternehmen zu nutzen. Es gibt auch nicht die eine richtige Lösung, die alle zum Erfolg führt, vielmehr ist es die Summe sämtlicher Teile, die ein Ganzes entstehen lässt. Wie bei einem Bausatz kommt es darauf an, dass alle Teile beachtet werden – ein einziges brüchiges Element kann die Funktion des gesamten Bausatzes empfindlich stören oder vollständig außer Kraft setzen. In diesem Kapitel fassen wir die »Bausatzelemente« eines bedarfsgerechten Personalmanagements im Familienunternehmen zusammen und zeigen Ihnen Möglichkeiten, wie Sie –– jedes einzelne Element optimieren (also Vorhandenes besser nutzen), –– den Rost abschleifen (Ihr Personalmanagement modernisieren), –– Sollbruchstellen verstärken (Probleme erst gar nicht aufkommen lassen) und –– fehlende Teile ergänzen (Neues aufnehmen). Wir möchten das Personalmanagement, wie es heute üblicherweise in vielen Familienunternehmen besteht, nicht pauschal kritisieren. Wir möchten Ihnen Anregungen geben, wie Sie mit Ihrem Familienunternehmen die Wahrscheinlichkeit erhöhen, erfolgreich und nachhaltig am Markt zu bestehen und dabei dauerhaft weniger Hindernissen begegnen, über mehr Zeit und Energie verfügen, mehr Geld einsparen und die Mitarbeiterbindung erhöhen.
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Mit dem richtigen Bausatz zum Erfolg
Lassen Sie uns noch einmal kurz die Besonderheiten von Familienunternehmen zusammenfassen, die wir im ersten Kapitel ausführlich beschrieben haben. –– Die Grundlagen dieser Besonderheiten basieren vor allem auf dem vorgestellten Wertekanon einer Unternehmerfamilie: ihrer Traditionsverbundenheit und ihrem Verantwortungsgefühl, ihrer gelebten Einheit und Toleranz sowie ihrem Willen zur Nachhaltigkeit. Diese Werte bilden das Handlungs- und Rollenverständnis aus, das sich auf den Geschäftsalltag und ebenso auf das Personalmanagement auswirkt. Betrachtet man das Familienunternehmen als soziales System, ist es erforderlich, auch die Arbeitsfelder des Personalmanagements aus diesem Blickwinkel zu sehen und die Erkenntnisse in die Praxis zu überführen. –– Auch die im letzten Kapitel vorgestellten modernen Ansätze von Führung und Motivation sollen auf den Geschäftsalltag transferiert werden. Daraus ergeben sich Möglichkeiten für attraktive Umgestaltungen innerhalb der betriebsinternen Organisation. –– Und wir wollen zeigen, wie die Identifikation der Potenziale innerhalb der eigenen und zukünftigen Mitarbeiterschaft eine stärkere Berücksichtigung finden kann. Das eröffnet Chancen, um bestehende Problemstellungen im Bereich Generationenwechsel und Nachfolgeregelung zu erleichtern.
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In diesem Kapitel bauen wir auf den vorgestellten wissenschaftlichen Erkenntnissen auf und unterbreiten Ihnen mögliche Lösungsvorschläge für ein bedarfsgerechteres Personalmanagement im Familienunternehmen. Wir stellen Ihnen Praxisbeispiele aus anderen Betrieben vor und geben Ihnen Einblick in Coachingprozesse, die real stattgefunden und den Betroffenen Lösungsimpulse gegeben haben.
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Das Wertesystem, das jedes Familienunternehmen individuell auszeichnet, stellt eine ideale Grundlage für die Basis einer unternehmerischen Tätigkeit dar. Familienunternehmen neigen stärker als andere Unternehmen dazu, sich einschließlich der gesamten Belegschaft als eine große Familie zu sehen, deren Zusammenhalt oberste Priorität hat. Der Wertekanon aus Tradition, Verantwortung, Toleranz und Nachhaltigkeit sollte aber an die heutige Zeit angepasst werden, um ein weiterhin zeitgemäßes Handeln zu sichern. Der bereits skizzierte Wertewandel in unserer Gesellschaft kann nicht umgekehrt werden, daher ist es nur vernünftig, wenn er seinen Niederschlag in einem bedarfsgerechten Personalmanagement von Familienunternehmen findet.
2.1 Tradition Die Unternehmensgeschichte ist für ein Familienunternehmen so eng mit der Familiengeschichte verknüpft – und bei generationenlangen Erfolgen so stark mit Gefühlen von Stolz und Sicherheit –, dass es nicht verwundert, welche bedeutende Rolle der Tradition im täglichen Handeln zufällt. Das stärkt das Unternehmen auch, solange sich die Tradition nicht als Argument gegen Innovationen und Veränderungen erweist, sondern als ein wesentlicher Faktor für Beständigkeit im Auf und Ab der Zeit aufgefasst wird, die dem Unternehmen einen enormen Erfahrungsschatz beschert: eine Ansammlung von bekannten Problemen mit einer Fülle von praktikablen, erfolgreichen Lösungen. Gelingt es einem Familienunternehmen, Zeiträume und Verantwortlichkeiten dafür bereitzustellen, um diese Erfahrungen zu strukturieren und zu dokumentieren, können wertvolle Erkennt-
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nisse daraus entstehen: Es eröffnet allen zum gleichen Zeitpunkt eindeutige Klarheit über die Firmenerfahrungen, und verdeckt wirkende Handlungsmuster werden sichtbar. Diese Mustererkennung hilft allen Beteiligten, in Zukunft schneller agieren zu können und häufiger Fehler zu vermeiden. Zusätzlich können alle Motivation, Kraft und Selbstsicherheit aus überstandenen Krisen gewinnen und daraus lernen. Das schafft ein solides Fundament, um der Zukunft innovativ begegnen zu können.
2.2 Verantwortung
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Der Wortlaut im Artikel 14 des Grundgesetzes, dem zufolge »Eigentum verpflichtet und sein Gebrauch zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen soll«, gilt im übertragenen Sinne vor allem für die Inhaber von Familienunternehmen, denn ihre finanzielle Situation ist oft untrennbar mit dem eigenen Unternehmen verbunden. Das Wohl des Organismus Familie hängt direkt mit dem Wohl der Institution Unternehmen zusammen. Dieses Wohl liegt den Inhabern von Familienunternehmen sehr am Herzen – genau darauf gründet ihr starkes persönliches Engagement und die Übernahme von Verantwortung in den guten Jahren wie besonders in den Krisenzeiten. In schlechten Zeiten neigen Familien in Familienunternehmen vermehrt dazu, ihre eigenen Interessen zurückzustellen und dem Unternehmen den Vorrang zu geben. Diese gelebte soziale Verantwortung gegenüber der eigenen Belegschaft und dem Standort oder Unternehmenssitz bildet gerade in den heutigen turbulenten Zeiten mit ihren vielen Neuerungen ein hohes Gut, das vor allem den Mitarbeitern eines Familienunternehmens zugute kommt. Aufbauend auf diesem Verantwortungsbewusstsein machen wir am Ende dieses Kapitels einen Lösungsvorschlag zum Thema variable Entlohnung, der genau auf die besonderen Bedürfnisse eines Personalmanagements in Familienunternehmen zugeschnitten ist.
2.3 Toleranz In Familienunternehmen finden wir oft eine gelebte Toleranz: Es dominiert das gegenseitige Verständnis für die Probleme und Sorgen aller Beschäftig-
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Toleranz
ten. Diese Haltung bildet eine verlässliche Garantie für ein funktionierendes Unternehmen. Diese Toleranz kann aber mitunter auch ins Negative umschlagen: Besonders Familienunternehmen sind in der Gefahr, dass sich aus Toleranz ein Wegsehen entwickelt. Beispiel: Der Schwiegersohn des Inhabers arbeitet seit einiger Zeit mit im Unternehmen. In letzter Zeit fallen dem Inhaber immer wieder Spannungen zwischen dem Schwiegersohn und der Prokuristin (einer Tante seiner Ehefrau) auf. Aus dem Verständnis für die Schwierigkeiten des Schwiegersohnes mit der Prokuristin kann die Haltung entstehen: »So ist das, man mag eben nicht auf Anhieb jeden, das wird sich schon einrenken.« Man unternimmt nichts, um das Problem zu lösen – und daraus kann sich ein wachsendes Problemfeld entwickeln, in dessen weiterem Verlauf sich die Prokuristin als Opfer fühlt und innerfamiliär Unterstützung gegen den Schwiegersohn sucht.
So weit muss es nicht kommen: Moderiert und mit »Spielregeln« versehen, können die immer wieder auftretenden Spannungen im familiären Umfeld zu einer hilfreichen und produktiven Streitkultur umgewandelt werden. Beispiel aus der Coachingpraxis: Toleranz oder Flucht? Ein Unternehmen in zweiter Familiengeneration hatte Probleme mit der alltäglichen Abstimmung zwischen Vater (Unternehmensführer) und Sohn (als dessen Nachfolger vorgesehen). Vater und Sohn verfolgten seit Jahren das gemeinsame Ziel, die Firma schleichend an den Sohn abzugeben; das war auch das erklärte Ziel der Familie und wurde ebenfalls von der circa 30-köpfigen Belegschaft mitgetragen. Auch die zehn Jahre jüngere Tochter war einverstanden, es herrschte augenscheinlich Einvernehmlichkeit. Umso unverständlicher schien es, dass es immer wieder zu Konfrontationen zwischen Vater und Sohn kam, die stark emotional geprägt waren und in ihrer regelmäßigen Wiederkehr die Belegschaft immer mehr irritierten. Sorge machte sich im Unternehmen breit und zunehmend auch in der Familie, doch letztere überging das Geschehen in der stillen Hoffnung, dass beide sich irgendwann einfach »zusammenraufen« würden. Nach jeder Auseinandersetzung verhielten sich Vater und Sohn so, als ob gar nichts vorgefallen wäre. Es schien, als ob beide einen toleranten Umgang miteinander pflegten und akzeptierten, dass der eine oder der andere eben
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manchmal »keinen guten Tag« hatte. Schließlich trat die Belegschaft an den Sohn heran mit der Bitte um eine Lösung, da vielen die Situation existenzgefährdend erschien. In dieser Lage entschlossen sich Vater und Sohn auf Anraten der Tochter zu einem Coaching. Zum Zeitpunkt der ersten Coachingsitzung war der Sohn Anfang 30, der Vater Anfang 60, mit einigen gesundheitlichen Problemen, und beide gaben an, dass die Firmenübergabe in den nächsten »fünf bis sieben Jahren« stattfinden sollte. Der Sohn hatte nach Abschluss seines Studiums zwei Jahre in einem Konkurrenzbetrieb gearbeitet und in diesem Zusammenhang ein weiteres Jahr im Ausland verbracht, was der Vater ausdrücklich als ein großes Glück und eine Bereicherung für den Betrieb bezeichnete. Er zeigte sich stolz auf seinen Sohn und war sehr zufrieden mit dessen Werdegang. Umgekehrt lobte der Sohn den Vater als eine führungsstarke, verlässliche »Säule im betrieblichen Alltag« und war seinerseits stolz auf dessen Lebenswerk und auf die Firma, die er eines Tages komplett übernehmen sollte. Warum es immer wieder zu den heftigen Auseinandersetzungen zwischen ihnen kam, konnte keiner der beiden erklären, da sie eindeutig dasselbe Ziel verfolgten, dieselben Werte teilten und sich aufrichtig liebten − und der Anlass der Streitereien oft nichtig war. Da die Situation nicht zu klären war, nahmen wir einen Ebenenwechsel vor: weg von der sprachlichen Seite und hin zur emotionalen Seite. Wir baten beide, bei der Beschreibung »Wie sehen Sie Ihre gemeinsame Zusammenarbeit im Alltag? Wie erleben Sie sich selbst und wie Ihren Vater/Sohn bei der langsamen Übergabe des Unternehmens?« auf Worte zu verzichten und die Situation im eigentlichen Wortsinn zu skizzieren: als Zeichnung. Nach anfänglicher Irritation über diese Aufgabenstellung erklärten sich beide bereit, genau das zu tun. In den beiden folgenden Abbildungen sehen Sie das Ergebnis. Aus Datenschutzgründen wurden nicht die Original-Zeichnungen verwendet, sonB
dern sinngemäß nachgezeichnet. Dazu sagte der Sohn: »Mein Vater ist für mich die wichtigste Stütze im Alltag. Er ist verlässlich da, wenn ich ihn brauche. Er ist für mich wie eine Straßenlaterne, die den ganzen Weg beleuchtet. Und ich wachse an ihm empor, lerne dazu und wachse weiter. Mein Ziel ist es, mit seiner Hilfe immer weiterzuwachsen, bis ich eines Tages dann keine ›Rankhilfe‹ mehr brauche. Mein Vater leuchtet aber ›nach unten‹, in Richtung des Bewährten, während ich ›der Sonne entgegen‹ will, ich will eben hoch hinaus. Ich habe in den letzten Jahren breite Wurzeln geschlagen und bringe viel Wissen von außen in die Firma.
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Toleranz
←A bbildung 6: Zeichnung des Sohnes – Laterne
Abbildung 7: Zeichnung des Vaters – Kutscher
Ich finde meinen Weg schon ganz gut allein, aber es ist einfach besser, wenn er mir noch eine Weile zur Seite steht.« Der Vater sagte zu seiner Zeichnung: »Ich habe einfach viel Lebenserfahrung gesammelt. Mein Sohn strotzt nur so vor Kraft und Ideen, was ich sehr an ihm bewundere, aber das ist mir manchmal auch zu viel. Er braucht einfach noch ab und zu einen alten Hasen wie mich, der ihn an der richtigen Stelle zügelt, damit ihm nicht das Pferd durchgeht. Aber mit seinem Schwung bringt er mich auch noch mal richtig in Fahrt, das ist wunderbar. Und er zieht mit seiner Energie oft auch den Karren aus dem Dreck. Er macht das gut, aber er braucht mich noch.« Der Sohn sagte zur Zeichnung des Vaters: »Ja, genau so ist das: Mein Vater legt mir Zügel an. Ich will aber, dass er das nicht macht. Er soll mir vertrauen und mich nicht bremsen. Ich will doch dasselbe wie er. Aber ich glaube, er traut mir nicht so ganz. Das macht mich manchmal rasend!« Der Vater sagte zur Zeichnung des Sohnes: »Das ist schön. Ich bin gern für ihn da und leite ihn gern. Ich beleuchte gern seinen Weg und den Weg, den unser Unternehmen in Zukunft gehen soll.« Es entspann sich ein intensives Gespräch der beiden darüber, warum der Sohn sich eingeengt fühlt, wenn der Vater ihn leitet und »zügelt«. Erst im Gespräch darüber wurde beiden klar, dass sich zwar beide gegenseitig schätzten, aber noch in der alten Hierarchieverteilung der Familie steckten: Vater gibt den Weg vor, Sohn soll folgen. Inzwischen jedoch hatte sich durch die
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ständige berufliche Weiterentwicklung des Sohnes und den Umstand, dass er − vom Vater »fast unbemerkt«, wie der Sohn sagte − älter geworden war, vieles geändert. Auch durch die gesundheitlichen Probleme des Vaters, die ihm »den alten Schwung geraubt hatten«, hatte sich im Hierarchieverhältnis einiges gewandelt. Die Fürsorgepflicht, die der Vater für seinen Sohn und für die Firma empfand, fühlte nun auch der Sohn für den Vater und für die Firma. Der Vater empfand sich aber gar nicht als gesundheitlich so angeschlagen, dass ein anderer als er selbst die volle Verantwortung für das Unternehmen übernehmen sollte. Und die Sorge seines Sohnes um ihn hatte er überhaupt nicht wahrgenommen. Das war beiden vorher nicht klar gewesen, da sie noch in den alten Familienmustern verstrickt waren. Durch diese Erkenntnis angeregt, kamen beide zu dem Schluss, dass sie einen neuen Umgang miteinander brauchten. Sie setzen gemeinsame Ziele fest − und eine gemeinsame Vorgehensweise, wie diese Ziele zu erreichen seien. Darüber hinaus beschlossen beide, dass auch die jüngere Tochter stärker in das Unternehmen eingebunden werden sollte, um ein zusätzliches Korrektiv zu haben: Sie sollte als Vermittlerin zwischen dem »zügelnden Vater« und dem »ideenreichen Sohn« wirken. Welchen Impuls können Sie für Ihre Praxis daraus mitnehmen? Manchmal entstehen Situationen, die sich durch Worte nicht klären lassen. Es gibt mitunter Bereiche, die im Familienverband nicht ausgesprochen werden können, weil sie zu verletzend wären oder weil es noch gar keine Tradition dafür gibt: Es wurde vielleicht bisher noch nie so gemacht und daher auch noch nie vermisst. Wenn man auf diese Situationen nicht reagiert, erscheint es von außen mitunter wie gelebte Toleranz gegenüber dem anderen Verhalten, es ist aber manchmal nur eine Flucht davor, tiefer gehende Fragen zu stellen, aus Angst, B
die Antworten könnten entzweien. Was aber mit Sicherheit auf Dauer entzweit, ist die Nichtreaktion und die damit verbundene Anhäufung der Kränkungen. Wenn Sie merken, dass sich trotz zahlreicher Gespräche in einer schwierigen Situation keine Lösung finden lässt, versuchen Sie einen Wechsel der Kommunikationsebene: Lassen Sie die Worte beiseite und skizzieren Sie die Situation als Bild. Das eröffnet eine neue Sichtweise auf eine altbekannt geglaubte Lage. Kennen Sie den Ausspruch: »Ein Bild sagt mehr als tausend Worte?« Es ist so, als ob Sie etwa ein Gebäude einmal mit Worten zu beschreiben suchen − und einmal aufzeichnen. Vielleicht haben vorher alle geglaubt, das Gebäude
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Toleranz
genau vor ihrem inneren Auge zu sehen, bei der Skizze fällt aber plötzlich auf, dass einer ein Gebäude mit Satteldach meinte und ein zweiter dasselbe Gebäude mit Flachdach sah. Für den einen war das Satteldach so selbstverständlich, dass er gar nicht auf die Idee kam, es zu erwähnen, für den anderen war es das Flachdach. Erst über die Zeichnung erkennen alle, wer wovon gesprochen hat, und damit verfügen alle Beteiligten zum gleichen Zeitpunkt über die gleichen Informationen. Erst dann ist eine sinnvolle Suche nach einer gemeinsamen Lösung möglich. Diese Methode eignet sich sehr gut, wenn Sie selbst nicht einbezogen sind in die Situation. Sind Sie das, können Sie zunächst als einen ersten Schritt anregen, sich der Situation auf diese Weise zu nähern. Dann brauchen Sie aber eine neutrale Person, die Sie dabei unterstützt, die Bilder »von außen« (also frei von Emotionen) zu betrachten, ohne Bewertung und ohne Parteinahme: eine Person, der alle Beteiligten vertrauen.
Die Meinungen vieler – und damit meinen wir an dieser Stelle vor allem die Meinungen der Menschen, die nicht zur Inhaberfamilie gehören – führen immer wieder zu einer erweiterten Sicht der Situation. Die Mitarbeiter können dabei eine wertvolle Rolle einnehmen und eine neue Handhabung von Problemen aufzeigen. Es gibt viele Möglichkeiten, um einen Rahmen für einen solchen Austausch zu schaffen: So bilden beispielsweise regelmäßige Workshops mit den Mitarbeitern eine gute Basis für deren Einbindung in die verschiedenen Belange des Familienunternehmens. Auch die Gründung von Beiräten kann dazu führen, dass Mitarbeiter auf Augenhöhe mit den Inhabern und Führungskräften des Familienunternehmens an der Unternehmensentwicklung mitarbeiten können. Beiräte sollen dabei im Wortsinne zu Rate gezogen werden, wenn es beispielsweise gilt, eine komplexe Situation aufzulösen. Es ist besonders vorteilhaft, für einen Beirat Mitglieder zu wählen, die nach Möglichkeit eine inhomogene Gruppe bilden. Erst durch die Vielfalt der unterschiedlichen Charaktere, Meinungen und Erfahrungen entsteht eine gute Grundlage für kontroverse und hilfreiche Gespräche. Wichtig sind klar definierte und verbindliche Regeln, nach denen der Beirat arbeiten soll. Die Tätigkeit im Beirat ist nicht unentgeltlich, sondern erfährt durch eine Aufwandsentschädigung eine gewisse Wertschätzung. Durch die gute Vorbereitung von Beiratstreffen mit einer Agenda und den jeweiligen Fra-
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gen, die es zu klären gilt, können zeitraubende Debatten auf ein Minimum reduziert werden. Es empfiehlt sich, die Agenda frühzeitig an alle Beteiligten zu senden – wir erwähnen das an dieser Stelle, weil wir immer wieder feststellen, dass solche einfachen Regeln nicht beachtet werden. Das hat zur Folge, dass die Teilnehmer unvorbereitet ins Treffen kommen und über die Themen nur »aus dem Bauch heraus« plaudern können. Ein Beirat, der so unprofessionell arbeiten muss, wird sich schnell wieder auflösen, da alle Teilnehmer die Sinnhaftigkeit solcher Treffen rasch infrage stellen und sich bei weiteren Terminen immer häufiger entschuldigen.
2.4 Nachhaltigkeit
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Die praktizierte Nachhaltigkeit ist der letzte Stein im Fundament des Wertekanons von Familienunternehmen. Der Begriff der Nachhaltigkeit kann hier auf zweierlei Weise interpretiert werden: Zum einen kann er mit Verlässlichkeit umschrieben werden, mit dem Einstehen für gegebene Zusagen. Zum anderen kann er mit einer Langfristigkeit der Entscheidungen verbunden werden, im Sinne einer gewissen Kontinuität in Handlungen, die vor allem Familienunternehmen zugesprochen werden. Deren Interesse liegt – neben der notwendigen Rendite auf Basis des Unternehmenserfolgs – zusätzlich auf dem Wohlergehen ihrer Mitarbeiter und der Heimatstadt, manchmal sogar der ganzen Region. Die Verlässlichkeit im Sinne der Langfristigkeit beschreibt an dieser Stelle das Bestreben vieler Familienunternehmen, notwendige Investitionen auf lange Sicht zu planen und zu tätigen. Investitionen solcher Art haben Zeit, sich – nicht nur monetär – zu amortisieren; schnelllebige Geschäfte am Kapital- oder Aktienmarkt sind Familienunternehmen oft fremd und stoßen auf Ablehnung. Die Mitarbeiter schätzen eine solche Haltung vor allem wegen ihrer stabilisierenden Wirkung, besonders in turbulenten Zeiten; sie deuten eine solche langfristige Perspektive der Unternehmensführung als zusätzliche Sicherheit, die wechselseitig honoriert wird. Ein gutes Beispiel dafür sind die regelmäßigen Berichte über den Lohnverzicht der Belegschaft von Familienunternehmen bei schlechter Wirtschaftslage. Wir glauben, dass die Mitarbeiter einen solchen Verzicht vor allem deshalb aktiv unterstützen, weil sie der Inhaberfamilie vertrauen und wissen,
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Umsetzung im Alltag
dass sie in besseren Zeiten traditionell mit einer Anerkennung durch das Familienunternehmen rechnen können. Hier treten die starken Einflüsse des Systems Familie auf die Handlungen in Familienunternehmen hervor; es gilt der Gedanke des gegenseitigen Schutzes und der Unterstützung zwischen Unternehmensführung und sämtlichen Mitarbeitern, ob verwandt oder nicht.
2.5 Umsetzung im Alltag Die Leitpunkte des Wertekanons – Tradition, Verantwortung, Toleranz und Nachhaltigkeit – müssen in konkrete Handlungen und in ein für alle Mitarbeiter begreifbares Bild gefasst werden, um wirken zu können. In den vorangegangenen Ausführungen sind wir regelmäßig davon ausgegangen, dass die Werte innerhalb eines Familienunternehmens bereits vorhanden sind und lediglich gelebt werden müssen. Für die Leitpunkte gilt das auch meist, darüber hinaus bestehen aber in jeder Unternehmenskultur weitere Ausprägungen und spezifische Nuancen, die es aufzudecken und zu beleben gilt. Idealerweise bilden die Werte in einem Familienunternehmen für alle eine Art »Leitplanke«: Sie bieten Identifikationsmöglichkeiten und wirken als Richtungsweiser auf dem gemeinsamen Weg. Sie können auch als Kompass im Führungsalltag verstanden werden, der die grobe Himmelsrichtung vorgibt – der genau geplante Kurs muss aber durch die Unternehmensleitung noch festgelegt und verständlich kommuniziert werden. Damit der Wertekanon diese Rolle einnehmen kann, muss man zuvor aber die spezifischen Werte des Unternehmens aufdecken, definieren und für alle verständlich nach innen und außen kommunizieren. Es bietet sich an, bei der Suche nach den ethischen Fundamenten in der Inhaberfamilie zu beginnen. Hat man die dort genannten Werte definiert, gilt es, diese in einem nächsten Schritt mit dem Handeln der Eigentümerfamilie abzugleichen und in Einklang zu bringen – »Wird das, woran wir glauben, auch gelebt?«. So gelingt es, gegenüber Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten eine klare Richtung vorzugeben und ein sicheres Fundament für das Weiterbestehen des Geschäftes aufzubauen. Wie Sie das für Ihr Unternehmen konkret gestalten können, lesen Sie im Basistest, Teil C, Kapitel 2.
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Ihren Niederschlag sollten die Werte des Familienunternehmens in einem individuellen und unternehmensspezifischen Ethikkodex finden, der einerseits von allen gemeinsam entwickelt und übereinstimmend für gültig erklärt wird und andererseits allen Interessierten zugänglich sein sollte. Damit haucht man bloß propagierten Werten reales Leben ein, sie werden erkennbar und erfahrbar. Familienunternehmen können auf diese Weise eine echte Vorreiterrolle übernehmen und aus einer oft reagierenden Funktion am Markt zu einer agierenden Handlungsmaxime für andere Unternehmen heranreifen. Wir möchten hier anmerken, dass ein Ethikkodex aus der Schublade – ein von unternehmensfremden Beraterfirmen erstelltes Werk – keine Zielfunktion erfüllt und schnell als leere Hülle entlarvt werden wird. Wenn die darin beschriebenen Werte nicht real gefühlt und gelebt werden, entsteht schnell das unterschwellige Gefühl einer nicht authentischen Vorgehensweise. Auf dieser Basis kann auch kein vertrauensvolles Miteinander wachsen. Besonders deutlich treten solche Abweichungen zutage, wenn etwa bei einer geplanten Kooperation ein Unternehmen plötzlich vollkommen andere Werte lebt als von den anderen Kooperationspartnern angenommen.
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Kernaussagen •• Das originäre Wertesystem eines Familienunternehmens ist die optimale Basis für unternehmerisches Handeln. •• Die eigene Tradition als Basis des Handelns sollte nicht nur rückwirkend betrachtet, sondern vor allem in die Zukunft transferiert werden. Sie soll als Inspiration für Neues dienen. •• Dokumentierte und strukturierte Erfahrungen der Vergangenheit, die als Erfolgsmuster oder als Muster für gescheiterte Prozesse erkannt wurden und aus denen man heute lernen kann, stellen eine gute Basis für zukünftige Herausforderungen dar. •• Gelebte Toleranz, soziale Verantwortung sowie ein nachhaltiges, verlässliches Handeln gegenüber den Mitarbeitern und der Region sind ein Garant für deren Treue und Unterstützung in turbulenten Zeiten.
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Umsetzung im Alltag
•• Identifizierte, gelebte und kommunizierte Unternehmenswerte helfen bei der eindeutigen Abgrenzung gegenüber anderen Unternehmen. Sie bilden idealerweise »Leitplanken« aus, an denen sich die Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten orientieren. •• Ein zum Familienunternehmen passender Ethikkodex enthält eine genaue, ganz eigene, gewachsene und selbst verfasste Formulierung der eigenen Werte und der unternehmenseigenen Kultur. Er ist so einzigartig wie ein Fingerabdruck und kann nicht von anderen Unternehmen übernommen werden.
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Führungskultur im Wandel
3.1 Wandel im Führungsbild
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Eine zeitgemäße Führung von Mitarbeitern gehört zu den existenziellen Grundlagen für den nachhaltigen Erfolg eines Familienunternehmens (lesen Sie dazu auch die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus verschiedenen Motivations- und Führungsmodellen in Teil A, Kapitel 1.2.2). Die Führung mit ihren offenen und verdeckten Regeln ist daher ein wichtiges Arbeitsfeld im Rahmen des Personalmanagements von Familienunternehmen: Ihre Grundlagen sollten bereits auf der strategischen Ebene im Rahmen der Strategieentwicklung verankert werden. Denn Führung ist ein Mittel, um die langfristigen strategischen Ziele des Familienunternehmens mit Hilfe der Mitarbeiter erreichen zu können. Die Vorstellung davon, was ein idealer Führungsstil ist, hat sich im Laufe der Zeit gewandelt. Galt noch vor wenigen Jahrzehnten ein autoritärer, an strengen hierarchischen Regeln orientierter Stil als höchst erfolgversprechend, haben sich – einhergehend mit dem gesellschaftlichen Wandel – die Vorzeichen geändert: Der individualisierte Mensch will als Arbeitskraft kein Befehlsempfänger mehr sein. Im »Tausch« für seine Aufwertung durch einen respektvolleren Umgang im Arbeitsgeschehen bietet er bereitwillig eine intensivere Mitarbeit und eine größere Bereitschaft, Verantwortung für seine Arbeit zu übernehmen sowie mehr Eigeninitiative in den Arbeitsprozess einzubringen. Der für den modernen Menschen unserer westlichen Gesellschaft passendere, menschengerechtere Führungsstil ist eher kooperativ und wird in gegenseitigem Austausch vollzogen. Dabei wandeln sich die Mitarbeiter
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Blick in die Zukunft: Der kooperative Führungsstil
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von Funktionsträgern und Stelleninhabern zu Personen mit eigenständigen Bedürfnissen und Kompetenzen.
3.2 Blick in die Zukunft: Der kooperative Führungsstil Der derzeit noch weit verbreitete Führungsstil ist allerdings ein anderer: In vielen Untersuchungen und Praxiserlebnissen zeigt sich, dass noch alte Leitbilder der Führung gelebt werden. Wagen wir aber einen Blick in die Zukunft, sehen wir schon heute, dass signifikante Veränderungen bevorstehen, die sich teilweise schon heute spürbar andeuten. Im Folgenden können Sie erkennen, wo sich der Wandel im Wertebild der westlichen Gesellschaft deutlich auf die Anforderungen an eine gute Führung auswirkt (von Rosenstiel, 2007): –– Arbeit wird nicht mehr als eine Pflicht angesehen. –– Freizeit erhält einen hohen Stellenwert im Leben. –– Starke Bindungen, Unterordnung und Verpflichtung werden zunehmend abgelehnt. –– Selbstverwirklichung und Individualität stellen den Basisanspruch einer Arbeitskraft dar. –– Werte der Industrialisierung werden kritisch hinterfragt und teilweise abgelehnt. –– Es erfolgt eine Neu-Orientierung an klassischen Werten der Familie. Diese neue Sicht vieler Mitarbeiter auf das eigene Leben, dessen Ausgestaltung und die Rolle der Arbeit darin stößt mitunter auf ein veraltetes Selbstverständnis von Führungskräften. Die Anforderungen an eine Führungskraft müssen sich in Zukunft in eine neue Richtung entwickeln, um dem Wertewandel professionell zu begegnen, um eine erfolgreiche Mitarbeit aller zu gewährleisten und nicht zuletzt, um es der Führungskraft selbst auch leichter zu machen, ihre Aufgaben wahrzunehmen: Tabelle 5 zeigt die Richtung, in die der erforderliche Wandel Menschen in leitenden Funktionen in Zukunft führen wird.
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Führungskultur im Wandel
Tabelle 5: Erforderlicher Wandel im Selbstverständnis von Führungskräften
Selbstverständnis einer Führungskraft:
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Sie handelt heute oft
Sie handelt zukünftig
als Administrator
als Innovator
strukturorientiert
mit dem Fokus auf den Menschen
auf der Basis von Kontrolle
auf der Basis von Vertrauen
als klassischer »guter Soldat«
als eigene Persönlichkeit
angelehnt an das Leitbild des Chefs
offen für Neues
Es fällt auf, dass bei den zukünftigen Leitungsaufgaben nicht nur die einzelnen Mitarbeiter, sondern auch die Führungskraft als Mensch mehr und mehr in den Fokus gerät. Die heute eher hierarchischen Verhältnisse in Familienunternehmen werden sich zunehmend zu einer Kooperation zwischen den Beteiligten entwickeln, die für beide Seiten gewinnbringend ist. Basis einer solchen Führungsart ist Vertrauen zwischen den Beteiligten auf der Grundlage einer gelebten Unternehmens- und Wertekultur. Im Laufe der Zeit wandelte sich das Wertebild der Gesellschaft immer wieder – ist das schon ein Grund, sich jetzt von einem eher hierarchisch orientierten Führungsstil zu verabschieden? Schließlich hat er viele Jahrhunderte lang gut funktioniert. Und auch heute kann man ihm noch einiges zugute halten: Er sichert die Realisierung der Visionen, die der Inhaber im strategischen Bereich entwickelt, und nicht zuletzt sichert er eine schnelle Entscheidungspraxis im operativen Tagesgeschäft. Doch diese Sicht greift zu kurz: Die Entwicklung, die wir heute gesellschaftlich vollziehen, wird sich nicht mehr umkehren lassen. Menschen, die ihre Individualität leben, werden freiwillig nicht mehr darauf verzichten, eine eigene Meinung zu haben, einen eigenen Lebenssinn anzustreben und Respekt für ihre ganz persönliche Eigen-Art zu erwarten. Gehorsam gegenüber Obrigkeiten ist ein auslaufendes Modell in einem Staat, in dem die Bildung der Bevölkerung immer weiter ansteigt. Einer der wichtigsten Gründe für einen Wandel im Führungsstil ist unserer Meinung nach aber der menschengerechte Umgang mit Mitarbeitern, die dadurch weit mehr werden als »Umsetzungsgehilfen für den einzig Denkenden in der Firma«.
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Blick in die Zukunft: Der kooperative Führungsstil
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Ein kooperativer Führungsstil bietet viele Vorteile. Dafür müssen einige Änderungen im herkömmlichen Führungsstil stattfinden.
3.2.1 Fehlertoleranz als Führungselement
In hierarchisch geführten Unternehmen werden Mitarbeiter als Funktionsträger angesehen. Idealerweise funktionieren Funktionsträger, aber das Leben zeigt, dass dies bei Weitem nicht immer der Fall ist – und dann wählen viele Menschen die Option, ihre Fehler zu verheimlichen, kleinzureden, andere dafür verantwortlich zu machen usw. Kurz: Sie vermeiden es aus Angst vor Strafe oder anderen Nachteilen, zu ihren Fehlern zu stehen. Das hat gravierende Auswirkungen: Fehler, die nicht gesehen werden, wachsen im Geheimen weiter. Eine auf einem fehlerhaften Fundament aufgebaute Strategie kann nicht zu fehlerfreien Ergebnissen führen. Fehler, die zunächst unsichtbar sind (denn auf Dauer kommen sie immer ans Licht), können auch nicht als Lerngrundlage dienen, aus der wichtige Erkenntnisse für alle gezogen werden können. Wenn es dann zum Scheitern des Projektes kommt, herrscht oft Unklarheit darüber, was der eigentliche Grund war – und das nicht zu Unrecht, denn der Grund wurde ja verschleiert. Ein nicht öffentlich gemachter Fehler ist ein Fehler, der Zinsen und Zinseszinsen anhäuft. Und all diese Wirkungen ergeben sich aus einer einzigen Illusion: dass Menschen, die »gut arbeiten«, keine Fehler machen. Aber Menschen machen realistischerweise Fehler – alle Menschen; manche öfter, andere seltener, aber grundsätzlich alle. Eine Führungskraft, die das anerkennt, hat eine viel komfortablere Ausgangsbasis für einen weitgehend reibungsfreien Arbeitsablauf. Sie kann dieses Wissen nutzen und in ihren Führungsstil einbauen: Es ist wichtig, Raum zu schaffen für mögliche Fehler der Mitarbeiter und ihnen das auch so zu vermitteln. So können gemachte Fehler und deren aktive Analyse als Grundlage für die zukünftige Fehlervermeidung und somit als Grundlage einer neuen Lernkultur dienen: Aus einem Fehler kann man lernen, er ist ein sinnvoller Zugewinn. Erst bei Wiederholung ein- und desselben Fehlers entsteht das wahre Problem: sinnlose Zeit-, Ressourcen- und Motivationsverluste.
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Führungskultur im Wandel
3.2.2 Anregung zur Eigenverantwortlichkeit
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Mitarbeiter in einem hierarchisch ausgerichteten Führungssystem verlassen sich regelmäßig auf genau die Anweisungen, die ihnen vorgegeben wurden. Das zieht ein geringes Maß an Eigenverantwortung nach sich. Alle gewöhnen sich daran, dass ihre Meinung von eher untergeordneter Wichtigkeit ist. Anregungen, um beispielsweise Prozesse einfacher zu gestalten, behalten diese Mitarbeiter lieber für sich, denn in einer solchen Atmosphäre scheint eigenverantwortliches Denken und Handeln wie ein Aufbegehren gegen die Üblichkeit am Arbeitsplatz. Diese Haltung der Belegschaft ist von der Führungsebene »anerzogen« und wirkt negativ auf diese zurück: Die wachsende Komplexität der Marktbedingungen eines Familienunternehmens führt zu ansteigender Überforderung der traditionell sehr kleinen Führungsebene. So lassen sich Marktsignale nicht mehr objektiv erkennen und abwägen, um daraus Entscheidungen für das Familienunternehmen abzuleiten. Vor allem aber bleiben die Kompetenzen und Erfahrungen der Mitarbeiter nahezu vollkommen ungenutzt. Sie stehen weder anderen Kollegen noch dem gesamten Unternehmen als wertvolle Wissensressource zur Verfügung. Werden Mitarbeiter aktiv dazu eingeladen, an Entscheidungen mitzuwirken und ihr Wissen sowie die Erfahrungen vieler Jahre einfließen zu lassen, die sie als Arbeitskraft im Familienunternehmen oder in Konkurrenzbetrieben gewonnen haben, wird nicht nur die Führung entlastet, sondern das gesamte Unternehmen kann davon profitieren – ohne dass man teueres Wissen von außen einkaufen müsste. Nur wenn die Verantwortung für einzelne Tätigkeiten und Aufgabenbereiche auf geeignete Mitarbeiter übertragen wird, kann die Inhaberfamilie sich häufiger aus den delegierbaren operativen Abläufen herausnehmen und sich mehr Zeit nehmen für den wichtigen, weil nicht delegierbaren strategischen Bereich. Dazu braucht es nicht die Einrichtung zahlreicher Stabs- und Führungsstellen, ganz im Gegenteil: Es lohnt sich, die schlanken Strukturen eines Familienunternehmens zu erhalten und die Ausrichtung der Kommunikation nicht an Funktionen, sondern an Personen festzumachen. So können beispielsweise kleine flexible Arbeitsteams gebildet werden, die jeweils einen verantwortlichen Sprecher haben. Die Vorteile dieses Vorgehens: die Treue und Einsatzbereitschaft der Mitarbeiter steigt, und ihre bisher verdeckten, weil nicht abgerufenen Fähigkeiten können nun frei zutage treten.
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Blick in die Zukunft: Der kooperative Führungsstil
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3.2.3 Bewertungsfreier Umgang mit potenziellen Nachwuchsführungskräften
Es wird oft beklagt, wie anstrengend und erfolglos die Suche nach geeignetem Fachpersonal ist, das eine Führungsfunktion übernehmen kann. Mitunter liegt das Problem aber gar nicht darin, dass es keine geeigneten Anwärter gäbe, sondern dass man an der falschen Stelle sucht: »draußen« auf dem freien Arbeitsmarkt. So mancher innerbetriebliche Mitarbeiter wird aufgrund seines Alters, seines Geschlechts oder einer im Betrieb nicht mehr infrage gestellten Position übersehen. Dabei sollte man ganz offen und wertfrei an die Auswahl einer möglicherweise geeigneten Führungskraft von morgen herangehen. Es bietet sich an, die eigenen Mitarbeiter im Hinblick darauf zu beobachten, ob sie Potenzialträger mit ausgeprägten Führungsqualitäten sind – und diese dann fördernd zu begleiten. Jüngere Mitarbeiter, vor allem diejenigen, die man noch als Auszubildende kennengelernt hat, werden oft übersehen; zu deutlich hat sich das Bild des »Azubi« eingeprägt, auch wenn die Ausbildung schon seit einigen Jahren abgeschlossen ist. Wir treffen bei unserer Arbeit oft Führungskräfte an, die älter als 50 Jahre sind. Für sie ist es meist unvorstellbar, einer 25-jährigen Person Führungsverantwortung zu übertragen. Dabei reicht die Palette der Vorbehalte von mangelnder Erfahrung der jüngeren Mitarbeiter über die Befürchtung vor einem zu großen Willen der Mitarbeiter, etwas bewegen zu wollen, bis zu der Sorge eines eigenen Ansehensverlusts, weil man einem solchen »Jungspund« Führungsverantwortung überträgt. In Gesprächen mit jungen Führungskräften beklagen diese immer wieder den permanenten Kampf mit den »Alten« und eine daraus resultierende Energieverschwendung durch Kompetenzgerangel. Hier gilt es, eine gute gemeinsame Lösung mit allen Beteiligten zu finden, die die unterschiedlichen Bedürfnisse von jungen und älteren Mitarbeitern berücksichtigt, ohne sich durch überzogene Rücksichtnahme selbst zu blockieren. Ebenso sollte das Geschlecht bei der Auswahl keine Rolle spielen, auch wenn die zu besetzende Position vielleicht schon immer von einem Mann (oder wahlweise von einer Frau) ausgefüllt wurde. Beispiel: Es kann sein, dass ein 55-jähriger männlicher Mitarbeiter Schwierigkeiten damit hat, ab heute eine 29-jährige Chefin zu haben. Wenn sie aber fachlich
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Führungskultur im Wandel
und menschlich gut geeignet ist für die Position, dann kann es nicht darum gehen, sie aus Rücksicht auf den älteren Mitarbeiter nicht einzusetzen. Vielmehr muss es darum gehen, die Ängste des Älteren in Bezug auf seine eigene Bedeutung am Arbeitsplatz und im Unternehmen zu zerstreuen und potenzielle Vorbehalte gegen Jüngere oder besonders gegen jüngere weibliche Vorgesetzte aufzulösen.
Die Förderung von potenziellen Führungskräften sollte im Dialog erfolgen und für alle anderen Mitarbeiter nachvollziehbar sein, um Neid und Missgunst entgegenzuwirken. Auch hier stellen regelmäßige Gespräche, Arbeitstreffen und Workshops mit dem Ziel einer gemeinsamen Entwicklung der Aufgaben und der zunehmenden Eigenverantwortung in einer Abteilung eine gute Basis für einen langsamen Aufbruch aus einer strikt durch den Inhaber kontrollierten Führungskultur dar.
3.2.4 Den Wandel vollziehen: Kontrolle loslassen – Mitarbeiter mitnehmen – neutrale Prozessbegleitung sichern
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Die Lösung liegt nicht in einer radikalen Neuausrichtung der bestehenden Führungskultur. Eine langsame, dosierte, organisch wachsende Anpassung der Organisationsstrukturen an die neue Führungskultur ermöglicht es allen Beteiligten, als Mensch selbst in das neue Umfeld hineinzuwachsen. Denn das ist eine große Leistung und erfordert auch Mut: Viele Führungspersonen in Familienunternehmen – besonders der Inhaber – empfinden den gefühlten Kontrollverlust über einzelne Bereiche des Unternehmens als sehr stark. Der Gedanke, dass einzelne Mitarbeiter eigenständig ihre Entscheidungen treffen können und es dadurch zu Veränderungen in den gewohnten, über Jahrzehnte gewachsenen Abläufen kommen kann, hält viele Inhaber und Führungskräfte davon ab, Verantwortung auf andere zu übertragen. Das mangelnde Vertrauen zu den einzelnen Mitarbeitern stellt eine bedeutsame Hürde dar, die es zu nehmen gilt. Für den Erfolg ist es sehr wichtig, diesen Prozess in einer moderierten Umgebung stattfinden zu lassen: Dafür eignen sich neutrale professionelle Berater oder Coaches, um möglichst alle Mitarbeiter einzubinden und als Gegengewicht zur Autorität des Inhabers oder der Unternehmensführung zu wirken. So wird – für alle erkennbar – die Balance gehalten zwischen den Bedürfnissen aller.
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Beispiel aus der Beratungspraxis: Die zerstörerische Spirale eines Führungsfehlers Ein mittelständischer Möbelhersteller mit 200 Mitarbeitern kam immer mehr in eine wirtschaftliche Schieflage, die Gründe dafür schienen vielfältig. Nach mehreren Arbeitstreffen mit der Unternehmensleitung und den Inhabern wurden alle Mitarbeiter aus Verwaltung und Produktion zu einem Workshop eingeladen, bei dem diskutiert werden sollte, warum das Unternehmen trotz eigener Alleinstellungsmerkmale nicht erfolgreicher am Absatzmarkt agieren konnte. Viele der anwesenden Mitarbeiter klagten über eine generell schlechte Entscheidungspolitik der Führungsebene (des Geschäftsführers), über eine geringe Eigenverantwortlichkeit vieler Mitarbeiter, mit denen sie interagierten, und darüber, dass sie selbst selten über Veränderungen informiert würden. Zudem dürften sie nur wenige Entscheidungen selbstständig treffen. Nach Gesprächen mit dem Geschäftsführer stellte sich heraus, dass dieser – wann immer es ihm möglich war – in seinen Firmenwagen stieg und Lieferantenbesuche machte. Somit war er den überwiegenden Teil des Tages nicht im Betrieb und nur schwer erreichbar. Durch die Abwesenheit des Geschäftsführers waren die Mitarbeiter im Arbeitsalltag auf sich allein gestellt und fühlten sich allen auftretenden Problemen ausgeliefert. Verstärkend kam hinzu, dass der Geschäftsführer ein zerstörerisches Motto entwickelt hatte: »Hier herrscht Inkompetenz. Wenn etwas gut werden soll, muss ich es selbst in die Hand nehmen!« Dadurch erschuf er einen Flaschenhalseffekt in seiner Person: Die Mitarbeiter hatten sich angepasst und eigenständige Entscheidungen eingestellt. Selbst in Situationen, in denen eine schnelle Reaktion erforderlich war, warteten alle auf den Chef. Dieser fühlte sich überfordert von den vielen anstehenden Entscheidungen und besuchte lieber Lieferanten – eine sich selbst verstärkende Spirale, die das UnternehB
men lähmte.
Was steht am Ende dieser Bemühungen? Ergibt sich durch einen konjunkturellen Aufschwung die Notwendigkeit zu expandieren und rasch Mitarbeiter mit dem Potenzial zu Führungsverantwortung einzustellen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass man im eigenen Unternehmen fündig wird. Das erspart eine aufwändige Suche am externen Arbeitsmarkt oder über Personalagenturen, die letztlich zu ungewissen Ergebnissen führt. Mitarbeiter aus den eigenen Reihen kennen die betrieblichen Abläufe, sind schnel-
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ler eingearbeitet, haben keine unliebsamen Überraschungen im Gepäck, sind mit der Produktpalette vertraut, mit den anderen Mitarbeitern, mit Strukturen und dem unternehmenseigenen Wertesystem. Und sie haben schon jahrelang gezeigt, dass ihnen die Ziele des Unternehmens etwas bedeuten. Das sind alles in allem sehr gute Gründe, um einen kooperativen Führungsstil zu fördern.
3.3 Die Praxis In der praktischen Umsetzung lassen sich im organisatorischen Bereich einige grundlegende Muster benennen, die das Fundament einer guten Führungsentwicklung im Familienunternehmen bilden. Sie werden in Abbildung 8 dargestellt.
eigene Note ausbilden, statt den Chef zu kopieren
Führung als fortwährende Aufgabe
Kontrollverlustängste ernst nehmen
keine Angst vor »Konkurrenz« aus den eigenen Reihen
Weitergabe von Wissen reden und zuhören
Unternehmenskultur als Basis
»menscheln«
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Führungsqualitäten früh fördern
delegieren lernen
Beharrlichkeit bei der Ausbildung der passenden Führungskultur Entscheidungsfreudigkeit und Fehlertoleranz
Vielfalt zulassen und fördern gemeinsames Entwickeln von Führungswerten Führungskräfte gemeinsam finden
Wandel von Obrigkeitshörigkeit zu Mitverantwortung
Abbildung 8: Wichtige organisatorische Elemente einer modernen Führung in Familienunternehmen
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Die Praxis
Darüber hinaus gibt es weitere Ansatzpunkte zur Schaffung von Rahmenbedingungen für moderne Führungsansätze: Diese sind zu suchen in den Bereichen –– verbale und schriftliche Kommunikationstechnik, –– interne und externe Kommunikation, –– operativer Tagesablauf sowie –– Transparenz in der Personalentwicklung. Der Führungsstil des Inhabers kann eindeutig definiert sein; er kann sich aber auch durch eine nach und nach stattfindende Kombination mehrerer Einflüsse herausbilden. Das wollen wir im Folgenden näher betrachten.
3.3.1 Führung durch Präsenz
Besonders bei kleineren Familienunternehmen mit bis zu 20 Mitarbeitern eignet sich vor allem ein Führungsstil, der durch die oft allgegenwärtige Präsenz des Inhabers gegenüber seinen Mitarbeitern geprägt ist. Bei dieser Führungsart erfolgt die Aufgabenverteilung an die Angestellten meist in direkter Ansprache durch den Unternehmensleiter. Sie baut darauf, dass die Mitarbeiter im Anschluss diese Aufgaben eigenständig bewältigen können, hier über eine relativ große Unabhängigkeit verfügen und dass sie im Laufe der Zeit eine hohe Kompetenz erworben haben, um als Team ihre Arbeit zufriedenstellend zu erledigen. Allerdings hat dieser Führungsstil den Nachteil einer starken Fixierung auf die Person des Inhabers. Dennoch entsprechen die Mitarbeiter in einem solchen Umfeld meist den Erwartungen der Unternehmerfamilie und sind in der Lage, eigenständige Entscheidungen zu treffen, ohne in großem Umfang Entscheidungsträger darüber unterrichten zu müssen.
3.3.2 Führung durch Prägung
Wächst das Familienunternehmen und erreicht eine höhere Mitarbeiterzahl, kann der Inhaber nicht mehr allen Mitarbeitern durch seine Präsenz als direktes Vorbild zur Verfügung stehen. Vielmehr beginnt das Unternehmen – beziehungsweise seine Mitarbeiter –, die Werte und Ansichten des Inhabers zu übernehmen. Mitunter übernehmen sie auch das, was sie
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Führungskultur im Wandel
für seine Werte und Ansichten halten. Der Inhaber prägt also das Handeln seiner Mitarbeiter: Sie kopieren das reale oder angenommene Verhalten ihres Chefs, um in seinem Sinne zu agieren. Hier lohnt es sich, zu überprüfen, ob sich ein Personenkult rund um den Inhaber entwickelt, der vermeintlich eine Erfolgsstrategie verspricht, sich aber in eine schädliche Richtung entwickeln kann. Denn dabei geht die Vielfalt von Meinungen und Ansichten verloren und die Betriebsblindheit nimmt zu. Will man dem produktiv entgegentreten, bietet es sich an, mögliche notwendige Korrekturen in der Führungskultur gemeinschaftlich zu erarbeiten. Im Besonderen ist hier die Ernennung zusätzlicher Verantwortlicher mit Führungsaufgaben gemeint, die mit ihrer ganz eigenen Entscheidungskompetenz »mehr Farbe« in die Führungskultur einbringen können. Am Ende werden die Ergebnisse schriftlich festgehalten. Aus unserer Erfahrung fehlt es vielen Inhabern von Familienunternehmen an vertrauenswürdigen Gesprächspartnern, die nicht zum Unternehmen gehören, um eine neutrale Meinung zu hören. Dabei gibt es Möglichkeiten, kurzfristigen und wertvollen Rat zu erhalten oder sich einfach nur austauschen zu können. Eine gute Gelegenheit dazu bieten Beiräte.
3.3.3 Führungswandel mit Außenimpulsen
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Wie bereits in Teil B, Kapitel 2.3 erwähnt, kann man die Meinung vieler Personen durch die Bildung von Beiräten aus den eigenen Reihen nutzen. Der Beirat an sich stellt dabei kein direkt relevantes Moment im Personalmanagement dar, ist aber durch die Bereitstellung einer Vielfalt von Sichtweisen ein probates Mittel, um neue Lösungsimpulse für anstehende notwendige Veränderungen der eigenen Führungskultur zu bekommen. Die Zusammensetzung eines solchen Beirates sollte mit Personen erfolgen, denen man vertraut und die unterschiedliche Erfahrungen mitbringen. Wir kennen Beiräte, in denen alte Schulfreunde ihr juristisches Fachwissen und langjährige Weggefährten ihr Wissen als Bankvorstand einbringen. Innerhalb solcher Beiräte herscht eine enorme Vertrauenskultur, in der jedes Thema besprochen werden kann. Eine zusätzliche Impulsgebung kann durch die Bildung eines Kundenbeirates erfolgen, bei dem ein kleiner Kreis von Vertretern der eigenen Kun-
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Die Praxis
den zu regelmäßigen Treffen mit dem Inhaber oder dem Führungskreis des Familienunternehmens zusammenkommt. Im Rahmen solcher Treffen lassen sich je nach Vertrauensebene zwischen den Beteiligten ganz unterschiedliche Themen beleuchten und auf diese Weise interessante Einblicke gewinnen, wie der eigene Führungsstil von außen gesehen und bewertet wird. Neben dem Kundenbeirat ist auch die Gründung eines Lieferantenbeirates denkbar, der auf gleicher Basis durchgeführt wird und ähnliche Ziele verfolgt. Und auch das Hinzuziehen von außenstehenden Beratern und Coaches lohnt sich, um seinen Führungsstil mit neutralen Augen sehen zu können. Dabei sollte nicht die Bewertung im Sinne von gut oder schlecht im Vordergrund stehen, sondern die Entwicklung eines Führungsstils, der genau zum eigenen Unternehmen passt, der die Belange aller Beteiligten berücksichtigt und so letztlich den Sand im Getriebe ersetzt durch reibungslose Abläufe, die keine unnötige Energie mehr kosten, menschengerecht sind und dem Unternehmen Vorteile im Marktwettbewerb verschaffen. Letzlich lässt sich aus unserer Erfahrung festhalten, dass die Entwicklung eines Führungsstils, der streng auf den Inhaber bzw. auf eine Führungsriege ausgerichtet ist, zu einem Stil, der an Inhaber, Mitarbeiter und Unternehmen gleichermaßen orientiert ist, vor allem eines erfordert: den Mut des Inhabers und der Familie, respektive der obersten Entscheidungsebene, diesen Schritt zu gehen. Das liest sich leichter, als es ist. Zwar liegen die Vorteile auf der Hand und die Kooperation mit den Mitarbeitern sichert auf lange Sicht auch in Zeiten des globalen Wettbewerbs das Bestehen des Familienunternehmens in seiner ganz individuellen Eigenart. Aber es soll nicht unterschlagen werden, dass Inhaber und Führungskräfte »auch nur Menschen sind«, die an alten Gewohnheiten hängen – vor allem, wenn diese ihren Einflussbereich streng gesichert haben. Die enorme Zunahme an persönlicher Freiheit, der Gewinn an Flexibilität, an Mitarbeiterressourcen, an Unternehmensbindung, Zeit, Geld und vielem anderem mehr wird erst nach einer Weile sichtbar, und so lange spüren die Führungskräfte erst einmal Angst vor einem vermeintlichen Verlust der eigenen Bedeutung. Erst wenn der Inhaber bzw. die oberste Führungsriege den Willen aufbringen, diese Zeitspanne zu überstehen, werden sie die reiche Ernte einfahren, die der Wechsel zu einem neuen Führungsstil für sie und ihr Unternehmen bereithält.
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Führungskultur im Wandel
3.4 Hat der Wandel schon begonnen? Woran lässt sich erkennen, dass ein Wandel im Führungsstil bereits eingesetzt hat? Führungswerte zeigen Ausprägungen, sozusagen »typische Anzeichen«, anhand derer allen Akteuren bewusst wird, welcher Führungsstil dominiert. In Tabelle 6 sehen Sie, wodurch die genannten Führungswerte im Arbeitsalltag erkennbar werden (Winkeljohann, 2010). Tabelle 6: Im Arbeitsalltag erkennbare Ausprägungen von Führungswerten
Führungswert
typische Ausprägung
gegenseitiger Respekt
Einfühlungsvermögen, Toleranz, Mitgefühl, Identität, Großzügigkeit, Vertrauen, Liebe zur Individualität
Führungs verantwortung
Beharrlichkeit, langfristige Perspektive, Entschlossenheit, Ausdauer, Leistungsorientierung
Integrität
authentisches Handeln, Vertrauenswürdigkeit, Wahrung des guten Rufes, Loyalität
persönliche Verantwortung
selbstständiges Denken, Zuverlässigkeit, Schaffung von Freiräumen, persönliche Einsatzbereitschaft
Begeisterung
Freude, Leidenschaft, Inspiration
Beispiel aus der Beratungspraxis: Ungenutzte Potenziale der Mitarbeiter entdecken Ein Unternehmen war aufgrund einer schwierigen wirtschaftlichen Situation in Schieflage geraten. Die Fehlerquote im operativen Geschäft stieg stark an, selbst einfache Aufträge wurden fehlerhaft ausgeführt, die Unzufriedenheit der Mitarbeiter nahm deutlich zu. Im Rahmen eines Workshops sollten sich die B
40 Mitarbeiter mit potenziellen Verbesserungen ihrer Arbeitsplätze beschäftigen. Für den Planungspunkt Mein Arbeitsplatz von morgen lautete die Vorgabe: »Denken Sie in alle Richtungen. Es gibt keine Beschränkungen hinsichtlich finanzieller Mittel, Personal und Raum, alles ist möglich!« Nach fünf Stunden präsentierten die einzelnen Abteilungen ihre Lösungsvorschläge. Ausnahmslos alle Abteilungen hatten gute und anwendbare Verbesserungen vorgestellt, die in fast allen Fällen für das Unternehmen nahezu kostenfrei umgesetzt werden konnten. Ein Mitarbeiter fiel dabei besonders auf: Er hatte den schmutzigsten Blaumann von allen an und arbeitete als einziger Lagerist. Im Gegensatz
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Hat der Wandel schon begonnen?
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zu vielen anderen Kollegen war er ausgesprochen ruhig und zurückhaltend. Sein Vorschlag zu einer neuen Organisation der Werkzeug- und Materialausgabe erwies sich als der effektivste des gesamten Workshops. Nach einigen Gesprächen stellte sich heraus, dass er diese Ideen schon seit Jahren hatte. Da er aber »nur ein einfacher Lagerist« sei und »nur einen Hauptschulabschluss« habe, hatte er sich bisher gescheut, seine Ideen vorzustellen. Beispiel aus der Coachingpraxis: Interview mit den ungehörten Stimmen In einem Unternehmen mit circa 80 Mitarbeitern beschloss der Unternehmensleiter, bestimmte seit Jahren bestehende Missstände anzugehen und Ideen aus den Reihen seiner Führungsebene zu sammeln. Nach mehrwöchigen Überlegungen, die wenig Änderungen brachten, kam es zu einer unerwarteten Situation: Eine junge Auszubildende überraschte bei einem gemeinsamen Mittagessen mit der Frau des Firmenchefs durch eine sehr einfache, aber ungewöhnliche Idee. Die Auszubildende schlug vor, doch einfach alle Mitarbeiter zu fragen, wie sie das Problem lösen würden. Das Unternehmerehepaar sprach darüber und beschloss, alle Mitarbeiter zu diesem Thema zu befragen. Es stellte sich aber die Frage, wie das bei einer recht großen Belegschaft machbar sein könnte, zumal es am besten »nebenbei« erfolgen sollte, weil eine Auszeit für 80 Mitarbeiter nicht infrage kam. Um dieses Problem zu lösen, erfolgte eine Coachinganfrage. Wir schlugen vor, eine offene, für alle sichtbare Mitarbeiterbefragung durchzuführen, die weder den Arbeitsalltag blockieren würde noch einen einzigen Mitarbeiter ausschließen sollte. Gleichzeitig wünschte sich das Unternehmerpaar folgende Parameter: ȤȤ Alle Mitarbeiter sollten Zugriff haben auf die genannten Ideen, um daraus vielleicht ganz neue Ideen zu generieren. ȤȤ Es sollte deutlich werden, wer welche Idee eingebracht hat, damit man diese mit der Person im Detail besprechen könnte, wenn sie sich als praktikabel und sinnvoll erweisen würde. ȤȤ Zugleich wollte man aber nicht, dass sofort sichtbar sei, von wem eine Idee stammte, um diese ganz wertneutral wirken zu lassen und etwa eine Reaktion im Sinne von »Ach, das sagt ja nur die Praktikantin oder der junge Kerl, der erst seit einem Jahr bei uns ist« zu vermeiden. ȤȤ Schließlich sollten alle Ideen so präsentiert werden, dass eine einfache Dokumentation gewährleistet wäre. Denn es könnte ja sein, dass sich
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einige Anregungen als sehr gut erwiesen, für die aber zum gegenwärtigen Moment die Zeit noch nicht reif sei. So sollten diese für eine spätere Umsetzung aufbewahrt werden. Eine komplizierte Aufgabenstellung, die sich jedoch sehr praxisnah umsetzen ließ. Im Eingangsbereich der Firma wurde eine Gliederkette gespannt. Daran hingen kleine Haken, an denen gelochte Trennblätter, wie man sie als Trennhilfe für Ordner kaufen kann, aufgehängt werden konnten. In einer kurzen Ansprache an alle Mitarbeiter erklärte der Firmenchef die Bedeutung dieser Kette: eine Informationsplattform, auf der alle ihre Ideen zu den genannten Missständen anbringen könnten und auch gern die Ideen der anderen lesen sollten. Auf einem kleinen Tisch lagen Schreibstifte und die gelochten Trennblätter in ausreichender Zahl zur Verfügung. ȤȤ Als erste Karte hing − deutlich lesbar beschriftet − die Frage: »Wie könnten wir das Problem XY Ihrer Meinung nach lösen?« ȤȤ Auf einer zweiten Karte stand: »Bitte schreiben Sie Ihre Anregung auf die Vorderseite einer Karte und auf der Rückseite Ihren Namen, damit wir Sie ansprechen können.« ȤȤ Schließlich gab es noch eine dritte Karte: »Vielen Dank für Ihre Mithilfe!« Die Kette hing mehrere Wochen lang und die Anzahl der Karten wuchs, so dass sie durch eine zweite Kette ergänzt werden musste. Alle Anregungen blieben hängen, einige wurden kopiert und in den einzelnen Abteilungen besprochen. Es entstand ein reger Austausch zwischen den Abteilungen und zwischen einzelnen Mitarbeitern, und eine Fülle von viel versprechenden Lösungen konnte zusammengetragen und anschließend leicht abgeheftet werden. B
Welchen Impuls können Sie für Ihre Praxis daraus mitnehmen? Lassen Sie die Meinungen und Beobachtungen Ihrer Mitarbeiter nicht ungenutzt im Alltag untergehen. Auch wenn nicht alle auf den ersten Blick kompetent erscheinen, um sich zu einem Thema zu äußern, könnten Sie doch überrascht sein, wie viel Erfahrungswissen sich im Laufe der Zeit selbst bei einer ungelernten Hilfskraft ansammelt. Die vorgestellte Arbeitsmethode ist nicht aufwändig, sie ist sehr kostensparend, sie generiert aber doch sehr viel Information, die allen Lesenden zur Verfügung steht. Anders als die in vielen Unternehmen aufgehängten »Meinungs-Briefkästen«, die wenig Resonanz bringen, wurde hier
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Hat der Wandel schon begonnen?
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ein für alle offener Zugang realisiert. Dieser sorgt für einen gewissen spielerischen Wettbewerb um die besten Ideen, ohne dass Personen ausgeschlossen werden, die vielleicht zu schüchtern wären, ihre Anregung offen vor anderen vorzutragen. Sie haben mit dieser Methode eine Möglichkeit an der Hand, zu zeigen, dass Sie auf die Meinung Ihrer Belegschaft wert legen − das ist eine wertschätzende Art, jedem Einzelnen Respekt zu zollen und ihn oder sie als kompetent anzuerkennen. Es ist eine motivationsfördernde Anregung, sich aktiv Gedanken über Ihr Unternehmen zu machen, mitzuwirken und achtsam für Verbesserungspotenzial zu sein. Und nicht zuletzt fördert diese Methode die Nutzung der kurzen Wege, da man sich bei einem interessanten Impuls direkt mit dem betreffenden Ideengeber in Verbindung setzen kann, zeitnah und mit der Gewissheit, dass auch eine kleine Anregung Raum findet und Bedeutung haben kann.
Kernaussagen •• Die eigene Führungskultur, die sich auf dem Fundament der Unternehmenskultur entwickelt, ist wie ein Fingerabdruck – und damit nicht kopierbar. Sie entsteht aus den Anforderungen und Zugeständnissen innerhalb eines Familienunternehmens. •• Die Identifikation und Beschreibung der eigenen Unternehmemskultur ist sehr komplex – oft ist es hilfreich, sich professionelle Unterstützung dafür zu holen. •• Es braucht Zeit, um die richtige Führungskultur zu entwickeln. Zeitdruck ist ein sicherer Indikator für vorprogrammiertes Scheitern. •• Zielführende Grundkonzepte der Führung sollten kooperativ ausgerichtet sein und den gegenseitigen Austausch zwischen der Inhaberfamilie und den Mitarbeitern fördern. •• Bei erkannten Schwierigkeiten in der Führungskultur erhöht nur eine langsame, dosierte und intern organisch wachsende Anpassung die Aussicht auf langfristigen Erfolg. Radikale Neuerungen, die von außen eingeführt werden, haben häufig eine Verweigerungshaltung der Mitarbeiter zur Folge.
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Führungskultur im Wandel
•• Ein Wandel in der Führungskultur muss von der obersten Entscheidungsebene ausdrücklich gewollt und unterstützt werden. Die Angst der Führungskräfte vor Kontrollverlust muss vor und während der Maßnahmen unbedingt ernst genommen und professionell abgefangen werden. •• Mitarbeiter mit ausgeprägten Führungsqualitäten sollten frühzeitig gefördert werden. Nicht das Alter oder Geschlecht der Personen sollte dabei eine Rolle spielen, sondern ihre Führungseignung.
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Personalmarketing und Personalbeschaffung erneuern
Wir haben festgestellt, dass es in Familienunternehmen einige Defizite im Bereich des Personalmarketings und der Personalbeschaffung gibt und haben uns in Teil A, Kapitel 1.3.3 die Gründe dafür angesehen. Fassen wir noch einmal kurz zusammen, was die Hauptursachen sind: 1. Eine Dokumentation und Weiterentwicklung der Stellen- und Aufgabenbeschreibung ist entweder unzureichend oder gar nicht vorhanden. Oft fehlen Bestimmungen über die Mindestqualifikationen für die zu besetzenden Positionen. 2. Durch eine restriktive Führungspolitik fehlen häufig Aufstiegs- und Karriereperspektiven für Mitarbeiter aus den eigenen Reihen, ebenso für neu hinzukommende Arbeitskräfte. 3. Im Auswahlverfahren der möglichen neuen Mitarbeiter gibt es deutliches Verbesserungspotenzial: Oft zieht sich die Entscheidungsfindung sehr lange hin – in der Zwischenzeit haben sich geeignete Kandidaten schon anderweitig orientiert, denn gute Bewerber werden auch von der Konkurrenz gesucht und immer stärker umworben. Häufig existieren äußerst feste Vorstellungen, wie der Bewerber zu sein hat. Diese sind angelehnt an alte Muster und Gewohnheiten und schaffen einen wenig flexiblen Auswahlrahmen. Wird etwa ein Mann unter 30 Jahren mit dem entschlossenen Auftreten des Vorgängers gesucht, hat eine zurückhaltendere Frau mit 34 Jahren kaum eine Chance, ins Auswahlverfahren zu kommen. 4. Familienunternehmen beschränken ihre Personalsuche des Öfteren auf regionale Arbeitsmärkte, statt sich auch überregional oder sogar länderübergreifend umzusehen.
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Personalmarketing und Personalbeschaffung erneuern
5. Außerdem neigen diese Unternehmen zu einem vergleichsweise zurückhaltenden Auftritt als potenzieller zukünftiger Arbeitsgeber. Sie werden daher von Bewerbern, die nicht explizit ein Familienunternehmen suchen, weniger deutlich wahrgenommen. Es gibt vielfältige Möglichkeiten, das bestehende Personalmanagement in Familienunternehmen zu erneuern und es erfolgreich an die Bedürfnisse der heutigen Situation anzupassen.
4.1 Aufgabenbeschreibung und Anforderungsprofil Bestehende Stellen- und Aufgabenbeschreibungen auf einen aktuellen und zeitgemäßen Stand zu bringen und die Anforderungsprofile der einzelnen Positionen sorgfältig zu dokumentieren, ist eine Notwendigkeit, die bedauerlicherweise oft unterschätzt wird. Es genügt nicht, dass man selbst »so ungefähr« weiß, was ein neuer Mitarbeiter in dieser Position leisten sollte. Durch klare Beschreibungen werden die Fundamente für eine methodisch – und im Streitfall auch juristisch – nachvollziehbare, zielführende Mitarbeitersuche sichergestellt. Außerdem gibt man auch den Bewerbern die Sicherheit, die sie brauchen, um realistisch abschätzen zu können, ob sie für diese Aufgabe infrage kommen. Bei der Erstellung eindeutiger Beschreibungen erfolgt unweigerlich eine genaue Auseinandersetzung mit den einzelnen Aufgaben und Tätigkeitsbereichen innerhalb des Familienunternehmens. Dabei wird oft deutlich, dass es viele historisch gewachsene Tätigkeitsmuster gibt, deren Zusammenhang aber nicht unbedingt logisch ist. B
Beispiel: Der Hausmeister des Familienunternehmens Bär & Co. hat seit einem Jahrzehnt auch die Funktion des Schlichters in der Buchhaltung, weil er als einziges Firmenmitglied zwischen Herrn Lage und Frau Engst, die beide dort arbeiten und streiten, vermitteln kann. So hält er sich häufiger in dieser Abteilung auf und hat zudem hier noch einige Zeit mit der Beantwortung von Fragen rund um die Software der Abteilung zu tun, denn in seiner Freizeit ist er begeisterter PCFreak. Würde man nun einen neuen Hausmeister suchen, müsste dieser nebenbei auch noch Mediator und PC-Kenner sein.
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Aufgabenbeschreibung und Anforderungsprofil
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Die sorgfältige Beschreibung der Positionen und Verantwortungsbereiche ist nicht nur eine organisatorische Aufgabenstellung, sondern auch eine ökonomisch sinnvolle, denn sie eröffnet die Möglichkeit, Unterbesetzungen oder sogar fehlende Funktionen in der Mitarbeiterschaft zu identifizieren. Beispielsweise müssen sich fehlende Vertretungen im Krankheitsfall nicht nur auf die aktuelle Auslastungssituation des Familienunternehmens beziehen; denkbar ist auch, dass solche Defizite bei einem Abgleich mit den langfristigen strategischen (Wachstums-)Zielen in den Fokus des Personalmanagements geraten. Die Sorge, dass die Personalverantwortlichen mit sinnloser Arbeit belastet werden, weil sie umfangreiche Dokumentationen der einzelnen Positionen erzeugen müssen, die dann doch nur in der Ablage landen, ist unbegründet: Qualität heißt hier ja nicht Quantität. Um Klarheit zu gewinnen über die Aufgaben und Anforderungen einzelner Positionen, führt kein Weg daran vorbei, einen genauen Blick darauf zu werfen. Aber um diese Klarheit zu Papier zu bringen, braucht man keine ausufernden Beschreibungen: Dafür reichen Checkpunkte aus. In vielen Fällen bietet es sich an, eine solche Dokumentation im Team zu verfassen; dieses Team setzt sich optimalerweise aus den Mitarbeitern eines Arbeitsbereiches oder einer Abteilung zusammen. Der Vorteil dieser Teamarbeit: Nicht nur die bekannten regulären Aufgaben werden erfasst, sondern auch all diejenigen, die sozusagen »nebenbei und ohne Nennung« anfallen. Möglicherweise wurden sie bisher noch gar nicht explizit zur Kenntnis genommen oder gar als unverzichtbar für den reibungslosen täglichen Ablauf erkannt. Beispiel: Ein Mitarbeiter bekam eine Krankheitsdiagnose, die ihn für ein halbes Jahr aus dem Betrieb heraushielt. In der Zwischenzeit übernahmen zwei Kolleginnen seinen Aufgabenbereich. Der erkrankte Mitarbeiter konnte schließlich doch nicht wieder ins Unternehmen zurückkehren, die Stelle musste mit einem externen Mitarbeiter neu besetzt werden. Einige seiner alten Aufgaben verblieben aber »sang- und klanglos« bei den beiden Kolleginnen.
Einen wichtigen Punkt möchten wir noch nennen: Auch noch so gute Dokumentationen haben ein Ablaufdatum. Die technologische Entwicklung in der Arbeitswelt erfolgte in den letzten Jahrzehnten geradezu rasant. Ganze
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Personalmarketing und Personalbeschaffung erneuern
Berufe wurden durch die Erfordernisse fortschreitender Technisierung neu entwickelt: So wurde aus dem guten alten Automechaniker der Kfz-Mechatroniker und aus dem Schlosser der Industriemechaniker. Um mithalten zu können, benötigen die Mitarbeiter mit der früher üblichen Ausbildung heute neue Fähigkeiten und müssen Qualifikationen erwerben, die vorher keine Rolle gespielt haben. Diese sollten sich auch im Anforderungsprofil jeder Position wiederfinden. Das bietet gleich zwei Vorteile: Man vermeidet in Einstellungsgesprächen Situationen, in denen die aktuell gefragten Kenntnisse nicht genau benannt werden können – was einen unprofessionellen Eindruck nach außen erzeugen würde. Und es wird möglich, bei einer zukunftsgerichteten Planung fehlende Kompetenzen innerhalb der Belegschaft in einem frühen Stadium zu erkennen und auszugleichen.
4.2 Erwartungen der Bewerber
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Gerade junge und hoch qualifizierte Bewerber aus Hochschulen haben eine gewisse Erwartungshaltung an den zukünftigen Arbeitsplatz, denn sie sind sich ihrer eigenen Ausbildungsqualität und des allseits beschworenen Fachkräftemangels durchaus bewusst. Sie erwarten Aufstiegschancen, die in Familienunternehmen aber oft nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen. Es ist daher eine gute Investition in die Zukunft, sich mit diesem Thema intensiv zu beschäftigen und Personalmanagement nicht nur als das Anwerben neuer Mitarbeiter zu verstehen, sondern auch als die Pflege der vorhandenen Belegschaft, und dieser über das Instrument der Personalentwicklung Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten. Eine eindeutige Erwartungshaltung lässt sich auch vermehrt bei Lehrstellenbewerbern feststellen. In der heutigen Generation der Auszubildenden zeigt sich der schon angesprochene gesellschaftliche Wertewandel deutlich und erzeugt selbstbewusste junge Menschen mit einer anspruchsvollen Vorstellung davon, was sie von ihrem Ausbildungsbetrieb erwarten. Welche Faktoren haben einen wesentlichen Einfluss auf die Entscheidung, welchen Ausbildungsplatz ein Bewerber wählt? In Gesprächen mit Jugendlichen stellen wir fest, dass in den letzten Jahren zunehmend die Werteorientierungen von Familienunternehmen mit ihren gelebten Unternehmenskulturen in den Fokus des Interesses gelangten. Neu dabei ist, dass die Unternehmens-
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Auswahlverfahren
werte als Entscheidungsfaktor noch vor dem Markenimage – beispielsweise den hergestellten Erzeugnissen des Unternehmens – genannt werden. Als ein für sie besonders prägendes Beispiel für Wertschätzung nannten uns Jugendliche eine handgeschriebene Weihnachtskarte des Geschäftsführers in Kombination mit einer Tafel Schokolade. Besonders bemerkenswert, weil oft verkannt: Die Höhe des Einkommens spielt dabei zunehmend eine untergeordnete Rolle.
4.3 Auswahlverfahren Wie wählt man gezielt genau den richtigen Kandidaten aus, der sowohl fachlich geeignet ist, also das Wissen und die Fertigkeiten mitbringt, die die ausgeschriebene Position erfordert, als auch die Begeisterung für das berufliche Umfeld mit der Bereitschaft, sich lebenslang weiterbilden zu wollen? Darüber hinaus sollte der Bewerber auch menschlich gut in das Familienunternehmen passen und die gleichen oder doch zumindest ähnliche Werte teilen. Kann er neue Ideen einbringen, um bisher ungelöste Probleme zu lösen? Aber natürlich nicht solche Ideen, die zu sehr von der Unternehmenskultur abweichen. Gibt es Parameter, die diese komplexe Aufgabe verlässlich meistern – und die auf alle Bewerber anwendbar sind? Für die harten Fakten, etwa die Anforderungen an die Fachrichtung, an eine handwerkliche oder akademische Ausbildung, an die Länge der Berufserfahrung oder die erforderlichen Fremdsprachenkenntnisse, ist das Anforderungsprofil ein guter Leitfaden, dem wir uns bereits in Punkt 4.1 gewidmet haben. Wie steht es aber um die weichen Faktoren, die so genannten »soft skills«, die ebenfalls zu einer neu zu besetzenden Position gehören? Wir möchten diese Frage aufschlüsseln in zwei Punkte, die es zu klären gilt: –– »Welche weichen Faktoren sollte ein Kandidat erfüllen, um zu unserem Unternehmen und zu der Arbeitsstelle zu passen?« –– »Wie stellen wir fest, ob jemand über diese Faktoren verfügt?« Beginnen wir mit der Frage: »Welche weichen Faktoren sollte ein Kandidat erfüllen, um zu unserem Unternehmen und zu der Arbeitsstelle zu passen?« – Wir empfehlen, sich im Vorfeld ein paar Gedanken zu machen, wel-
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Personalmarketing und Personalbeschaffung erneuern
che Charaktereigenschaften und welche »soft skills« Ihr neuer Mitarbeiter haben sollte. Erfordert seine neue Tätigkeit, dass er offen auf andere Menschen zugeht und mit ihnen entspannt ins Gespräch kommt? Oder ist das »nur« etwas, was Sie sich persönlich wünschen? Muss es unbedingt ein Mann sein oder kann die Position auch von einer Frau ausgefüllt werden – auch wenn das bisher sehr unüblich war (in Ihrem Betrieb)? Beispiel: Ein Anwalt aus Nordrhein-Westfalen erbte unerwartet den alteingesessenen familieneigenen Lackierbetrieb mit angeschlossener Autoreparaturwerkstatt. Er hatte sich nie zuvor mit dem Lackierhandwerk beschäftigt, da sein älterer Bruder den Betrieb schon seit Jahren mitführte, aber Vater und Sohn verstarben bei einem Autounfall. Der Anwalt fühlte sich seiner Familie verpflichtet, gab seine Stelle auf und versuchte, den Betrieb weiterzuführen, er war dabei aber auf die Unterstützung seiner Mitarbeiter angewiesen, die auch sehr engagiert erfolgte. Zu diesem Zeitpunkt ging der Lackiermeister in den Ruhestand. Weil dieser am besten wusste, wie die Anforderungen an den neuen Meister sein sollten, und sich der neue Inhaber erst einmal in den Werkstattbetrieb einarbeiten wollte, wurde der alte Meister gebeten, an der Personalauswahl mitzuwirken und die Vorauswahl zum Gespräch zu treffen. Er fand aber keinen einzigen Kandidaten, der infrage gekommen wäre. Als sich der neue Inhaber nach mehr als einem Monat zum ersten Mal die eingereichten Bewerbungen ansah, fand er eine perfekt passende – allerdings von einer jungen Frau aus Mecklenburg-Vorpommern. Auf seine Frage, warum sie nicht eingeladen worden wäre, erwiderte der Meister, eine Frau habe noch nie in der Werkstatt gearbeitet, seit er dabei sei, und das seien jetzt schon 40 Jahre. Man einigte sich auf eine unverbindliche Einladung, und die Frau konnte letztlich sowohl den Inhaber als auch den alten Meister überzeugen. Sie ist heute seit fast acht Jahren im Betrieb tätig. B
Wenn sich Inhaber diese Gedanken nicht erst im Ernstfall des Erstgesprächs machen, sondern im Voraus, zusammen mit ihren Führungskräften und gegebenenfalls auch mit bestimmten Mitarbeitern, sammeln sie dabei Eindrücke, die ihnen im Auswahlverfahren als Anhaltspunkte dienen können. Kommen wir zur zweiten Frage: »Wie stellen wir fest, ob jemand über diese Faktoren verfügt?« Weil harte Fakten sich gut in Zahlen und Checklisten abfragen lassen, besteht die Gefahr, der Versuchung zu erliegen, diese Arbeitsweise auch auf die weichen Faktoren auszuweiten. Hier verweisen
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Auswahlverfahren
wir auf den Hang vieler Führungskräfte, qualitative Kriterien in messbare quantitative Kriterien umwandeln zu wollen. Aber nicht alles lässt sich in messbare Einheiten einteilen und zusammenfassen. Bewerber sind eben nicht ein Teil einer statistischen Erhebung und ihre Persönlichkeit lässt sich nicht als Punkt diesseits oder jenseits der Normalverteilung abbilden. Im Auswahlverfahren begegnen sich Menschen – was so banal klingt, hat einen bedeutsamen Hintergrund: Jeder Mensch hat Erwartungen an andere Menschen: Manche gibt er preis, andere behält er für sich. Mitunter sind ihm seine Erwartungen gar nicht bewusst, sie wirken aber in seinen Handlungen mit. Er entwickelt ein inneres Bild vom anderen, noch unbekannten Menschen. Ob dieses Bild nun stimmt oder nicht, es ist erst einmal da und wirkt sich im Verhältnis der beiden aus. Beispiel: Beim ersten Blick auf den Bewerber Herr Jung weiß der Unternehmensinhaber sofort, dass er nicht den passenden Kandidaten vor sich hat. Woher weiß er das eigentlich beim ersten Blick? Es gab noch gar keinen Gesprächskontakt, geschweige denn, dass Herr Jung Näheres zu seiner Person gesagt hätte. Der Inhaber stellt sich diese Frage vermutlich nie, und so kann er auch gar nicht auf eine Lösung kommen. Diese könnte etwa sein, dass Herr Jung eine leicht nach links geneigte Kopfhaltung hat, und das erinnert den Inhaber an seinen verhassten ersten Englischlehrer. Oder dass der Inhaber als zwölfjähriger Radfahrer von einem Autofahrer verletzt wurde, der Herrn Jung wie aus dem Gesicht geschnitten ist.
Steht erst einmal dieses Gefühl im Raum, ist es sehr schwer, noch einmal ganz neutral an die Person heranzugehen und ihr eine echte Chance zu geben, sich vorzustellen – es sei denn, man ist auf die Möglichkeit einer »Ablehnung auf den ersten Blick« vorbereitet. Es ist also vorteilhaft, sich klar zu machen, dass nicht nur die Bewerber Menschen mit Stärken und Schwächen sind, sondern auch die Personen, die diese Bewerber begutachten und auswählen oder als ungeeignet einstufen. Letztlich können die weichen Faktoren nur im menschlichen Miteinander erfasst werden. Sie sollten wertschätzend beurteilt werden unter der Berücksichtigung, dass der eigene Blick sie beeinflussen kann. Mitunter ist ein wertneutraler Blick von außen hilfreich, um schwierige Situationen zu klären.
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Personalmarketing und Personalbeschaffung erneuern
Beispiel aus der Coachingpraxis: Fokus auf die Kernaufgaben Ein mittelständischer Familienbetrieb für Tierfutter suchte für seine telefonische Kundenbetreuung eine neue Mitarbeiterin. Zu ihren Aufgaben gehörte nicht die persönliche, sondern ausschließlich die telefonische Kontaktaufnahme, die Bearbeitung von Anfragen und der Umgang mit Reklamationen. Die frühere Stelleninhaberin war mit ihrer Familie nach Australien ausgewandert und wurde noch schmerzlich vermisst. Sie war eine sehr aparte Erscheinung gewesen, es hingen mehrere Bilder von ihr an ihrem ehemaligen Arbeitsplatz und in den Räumen der Kollegen, »als Erinnerung an die wunderbare Frau K.«. Sie schwebte wie ein Geist über der Abteilung, und man hatte bis zuletzt nicht glauben können, dass sie wirklich gehen wird. Aus diesem Grund sollte ihre Stelle erst jetzt neu besetzt werden. Bei den ersten Bewerbungsgesprächen waren das Unternehmerehepaar sowie der Abteilungsleiter anwesend. Übereinstimmend sagten alle drei, dass ihnen jeweils innerhalb der ersten Minuten klar war: »Das ist sie nicht, die Neue!« Nachdem sie mehrere Gespräche mit ungeeigneten Kandidatinnen geführt hatten, wurde allen langsam deutlich, dass es eigentlich keinen Ersatz für Frau K. geben konnte. Niemand war so schön, so elegant, so charmant, niemand konnte das Unternehmen nach außen besser vertreten als Frau K. Andererseits konnte die Stelle auch nicht unbesetzt bleiben, also entschloss man sich, eine Personalvermittlungsfirma damit zu betrauen. In recht kurzer Zeit wurden die Unterlagen einer auffallend hübschen jungen Frau zugesandt, sie erschien zum Vorstellungsgespräch – und bekam die Stelle auf Anhieb, eine würdige Nachfolgerin war gefunden. Bereits im ersten Monat traten Schwierigkeiten auf, und nach drei Monaten kündigte die Frau. Sie gab an, dass der Umgang mit den Reklamationen für sie auf Dauer nicht infrage käme. Die gesamte Abteilung trauerte wieder, B
und das Unternehmerehepaar wandte sich an uns, um die Frau zu einer Rückkehr zu bewegen. ȤȤ Im Coaching sprachen wir mit dem Unternehmerehepaar und klärten zunächst, dass es nicht möglich ist, jemanden zu coachen, der nicht gecoacht werden will (die Frau, die gekündigt hatte, zeigte kein Interesse am Coaching). ȤȤ In einem zweiten Schritt sahen wir uns die Situation gemeinsam an: Was war geschehen? Bei der Auswahl der neuen Bewerberin hatte man sich nicht auf ihre eigentlichen Kernaufgaben konzentriert – der telefonische
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Auswahlverfahren
Umgang mit Kunden – sondern darauf, dass sie als Trost für den Verlust der »wunderbaren Frau K.« eingesetzt werden sollte. Alle, die Entscheider und die Kollegen, hatten ein klares Bild vor Augen, wie die Neue aussehen müsste, um Frau K. ersetzen zu können. Dabei hatten alle aus dem Blick verloren, dass es um die Kunden ging, und darum, am Telefon für sie da zu sein. ȤȤ In einem dritten Schritt beschäftigten wir uns mit der Frage: Wie kann man in diesem Stadium des Trauerns um Frau K. wirklich wertfrei eine geeignete Kandidatin für die Stelle finden? Wir schlugen vor, bei den weiteren Bewerbungsunterlagen ausdrücklich darum zu bitten, dass kein Foto mitgesandt wurde, und die Auswahlgespräche am Telefon zu führen. ȤȤ Die Kandidatin, auf die sich alle drei Entscheider nach dem Telefonat sehr schnell einigten, stellte sich dann in der persönlichen Begegnung als »völlig unattraktiv« heraus – sie hatte eine Narbe im Gesicht –, verfügte aber über eine sehr gute Telefonstimme und einen ausgezeichneten Umgang in schwierigen Situationen, da sie jahrelang in der Telefonseelsorge gearbeitet hatte. Nach einem anfänglichen »Schock« über das Aussehen wurde die neue Kollegin rasch angenommen, weil sie so gegensätzlich zu Frau K. war, dass sie gar nicht erst mit ihr verglichen wurde. Auch die Reaktion der Kunden war sehr erfreulich, und die Kollegin war mit großer Freude bei der Arbeit, denn sie hatte aufgrund ihres Aussehens gar nicht damit gerechnet, noch einmal eine so attraktive Stelle zu bekommen. Und sie bekundete ausdrücklich, dass sie sich überhaupt nur auf die Stellenausschreibung gemeldet hatte, weil explizit kein Foto gewünscht wurde. Welchen Impuls können Sie für Ihre Praxis daraus mitnehmen? Bei der Auswahl geeigneter Bewerber für eine bestimmte Position neigen Entscheider in Familienunternehmen dazu, sich von festen Vorstellungen leiten zu lassen, wie diese Bewerber aussehen müssten, wie sie sich verhalten sollten, in welcher Tonlage sie sprechen oder sogar wie sie im privaten Umfeld gekleidet sein sollten. Was für sich genommen ganz plausibel erscheint – jede Position erfordert bestimmte Fähigkeiten, also sollte der Bewerber dazu passen, zum Beispiel im Erscheinungsbild –, ist aber bei genauerem Hinsehen oft gar nicht mit der Position, sondern mit dem Vorgänger, der diese Position innehatte, verbunden. Wer ein klares Bild dieses Vorgängers vor Augen hat – beispielsweise den jungen Mann mit heller Hautfarbe, vollen Haaren und gut gestutztem Bart –, der
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hat Schwierigkeiten, sich einen fachlich perfekt passenden, aber dunkelhäutigen Mittdreißiger mit lockigem Bart und Glatze als Nachfolger vorzustellen. Menschen bevorzugen bekannte Wege und scheuen dafür oft die neuen, auch wenn diese mehr Erfolg versprechen. Nehmen Sie sich die Freiheit, sich unabhängig von alten Mustern und Vorgaben zu entscheiden. Fokussieren Sie genau auf die Kernkompetenzen, um die es geht, und suchen Sie Möglichkeiten, um alle ablenkenden Faktoren auszuschalten. Lassen Sie sich bei Bedarf professionell unterstützen, um nicht betriebsblind zu werden.
4.4 Regionale Beschränkung aufgeben
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Eine wichtige Rolle bei der Personalbeschaffung spielt die Ansprache potenzieller Arbeitnehmer an den jeweiligen Ausbildungsstandorten. So ist die Präsenz von Familienunternehmen auf regionalen Ausbildungsbörsen der umliegenden Schulen weit verbreitet. Auch Kooperationen mit Hochschulen der Umgebung nehmen zu. Allerdings schrecken viele Familienunternehmen noch davor zurück, etwa bundeslandübergreifend Präsenz auf Messen, in Schulen, an Hochschulen und Universitäten zu zeigen. Auch werden zukünftige Anwärter auf eine Stelle kaum einmal im Ausland gesucht. Es bietet sich an, in einem ersten Schritt beispielsweise eine Kooperation mit einer Hochschule oder Universität aus einem strukturschwächeren Gebiet ins Auge zu fassen. Ein Familienunternehmen, das beispielsweise im Stuttgarter Umland sitzt, hat bei Projekten in der Stuttgarter Universitätslandschaft naturgemäß viel Konkurrenz. Aber wie sähe es aus, wenn dasselbe Unternehmen etwa in Projekten innerhalb eines anwendungsbezogenen Studienganges an anderen kooperierenden Standorten, etwa in Leipzig, mitarbeiten würde? Es wäre bei seiner Suche nach potenziellen zukünftigen Mitarbeitern vermutlich kaum von Konkurrenzbetrieben der Heimat beeinträchtigt. Auch bei Schulprojekten ist das ein überlegenswertes Vorgehen. Zumeist sind Schulen in abgelegenerem ländlichem Raum für Kooperationsangebote sehr offen. In einem zweiten Schritt kann auch ein Familienunternehmen mit wenigen Mitarbeitern darüber nachdenken, ob eine Personalbeschaffung im Ausland – zumindest im deutschsprachigen Raum – nicht eine Option
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Der Außenauftritt
wäre. Auch hier ist der Weg über ein Auslandspraktikum, das im Wunschland angeboten wird, eine gute Möglichkeit für einen Erstkontakt, der bei Gefallen behutsam weiterwachsen kann. Und im europäischen Umfeld gibt es immer mehr junge Bewerber, die Deutsch als Fremdsprache lernen, um gezielt eine Chance auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu bekommen.
4.5 Der Außenauftritt In Gesprächen mit Unternehmern fällt uns immer wieder auf, dass Familienunternehmen ihrem Außenauftritt– etwa der Gestaltung des Firmengebäudes, der Internetseiten oder der Printmedien – erst spät Beachtung schenken. Finanzielle Ressourcen werden zuerst in neue Anlagen oder in die Produktentwicklung investiert. Erst wenn darüber hinaus noch Reserven vorhanden sind, kommt die »Schönheitspflege« an die Reihe. Dabei wird verkannt, dass die Außenpräsentation weit mehr als nur eine schöne Fassade darstellt, ob es sich dabei nun um die reale Gebäudefassade oder die Präsenz im Internet handelt. Im Rahmen des visuellen Außenauftritts eines Familienunternehmens ist es notwendig, den Aufbau eines Unternehmensimages anzustreben. Dieses Image ist ein Bekenntnis und sollte daher der Realität entsprechen und dabei zeitgleich den Zielarbeitsmarkt ansprechen. Damit meinen wir nicht, dass das gesamte bisherige Unternehmensimage infrage gestellt werden soll. Wir möchten dazu anregen, ehrlich zu sich selbst die Frage zu beantworten, inwieweit der bisherige Auftritt tatsächlich der gelebten Wirklichkeit entspricht – oder vielleicht eher einem idealisierten Selbstbild mit nur teilweiser Übereinstimmung. Oder folgt es vielleicht nur einem Wunschbild, das noch gar nicht eingetreten ist? Mit einer realistischen Anpassung des nach außen gezeigten Images an die alltägliche Realität löst das Unternehmen zwei große Probleme: Es benötigt keine weiteren Energien, um in der Öffentlichkeit Unstimmigkeiten immer wieder korrigieren zu müssen und erspart sich somit jeden zukünftigen Gesichtsverlust. Und es lockt die richtigen Bewerber an: Genau die Menschen, die wirklich die gleichen Werte teilen. Die Annäherung an ein wahrheitsgetreues Image darf behutsam erfolgen, denn auf diese Weise wird das Ergebnis authentischer als bei einer
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Umstellung von heute auf morgen. Und nur eine als authentisch erlebte Darstellung passt zu einem Familienunternehmen mit seinen ausgeprägten Werten. In der modernen Ansprache potenzieller Mitarbeiter ist neben dem klassischen Auftritt im Internet auch der Auftritt in sozialen Netzwerken eine sinnvolle Option. Vielen Familienunternehmen sind diese jedoch suspekt: Man scheut sich davor, dieses Neuland zu betreten, mit dem man bisher kaum Erfahrungen sammeln konnte. Auch die Pressemeldungen über sogenannte Shitstorms verunsichern; diese Stürme der Entrüstung im Internet, denen man nahezu wehrlos ausgeliefert ist, brechen mit teils sehr beleidigenden Botschaften über einen Menschen oder eine Firma herein, weil diese einen als unpassend empfundenen Beitrag – ob nun Werbebotschaft oder Statement – ins Netz gestellt haben. Hier bietet es sich an, sich bereits im Vorfeld des Außenauftritts kompetenten Rat zu holen. Unbedachtes Handeln ohne das notwendige Hintergrundwissen erzeugt an dieser Stelle mehr Nachteile als Vorteile. Die Art, wie Botschaften vermittelt werden, muss zu den Inhalten der Botschaften passen. Hier ist die Qualität wesentlich wichtiger als die Quantität, also die schiere Anzahl der Auftritte. Eine Botschaft, die man aussendet, muss jedoch nicht zwangsläufig auch genau so verstanden werden, wie man sie gemeint hat, sonst gäbe es keine Missverständnisse auf der Welt. Woher weiß also ein Unternehmen, wie es von außen erlebt wird? Eine gute Quelle für Informationen über die Außenwirkung sind alle Menschen, die bereit sind, ihre Meinung dazu preiszugeben. Wir konnten große Erfolge verzeichnen mit der Durchführung von Interviews zur unternehmerischen Außenwirkung im Rahmen von universitären Praxisprojekten. Dabei analysierten kleine Gruppen von Studierenden unterschiedlicher Fachbereiche die gesamte, von den befragten Personen beschriebene externe Erscheinung eines Unternehmens und leiteten Verbesserungsvorschläge ab. Die Ergebnisse und Lösungen sind dabei oft überraschend, helfen aber immer, nachhaltige Verbesserungen zu erreichen. Der über solche Projekte geschaffene Kontakt zu Studierenden eröffnet einem Unternehmen auch die Chance, potenzielle spätere Mitarbeiter kennenzulernen. Begegnet man dabei einzelnen Personen, die sich deutlich für das Unternehmen und seine Ausrichtung interessieren, kann man den Kontakt zu diesen ausgesuchten Studierenden auf unterschiedliche Weise
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Der Außenauftritt
halten. Durch die Neugestaltung der akademischen Ausbildung im Rahmen der Bachelor- und Masterstudiengänge an deutschen Universitäten und Fachhochschulen sind heute oft so genannte Praxissemester im Lehrplan vorgesehen, die beispielsweise innerhalb eines Unternehmens stattfinden können. Ob nun ein Praktikumsplatz, ein Job in den Semesterferien oder die Bereitstellung einer Problemstellung aus der Praxis, aus der sich das Thema der Abschlussarbeit entwickeln kann: Der thematisch und menschlich miteinander beschrittene Weg mündet dann oft wie selbstverständlich in einer von beiden Seiten angestrebten Anstellung ohne Risiko – man kennt sich ja. Beispiel aus der Beratungspraxis: Frühe Ansprache von neuen Mitarbeitern aus der Hochschule Im Rahmen eines Praxisseminars beschäftigte sich eine Gruppe von zwölf Studierenden mit verschiedenen Problemstellungen von Unternehmen aus dem Verlagsbereich. Bei einem Projekt, bei dem es speziell darum ging, neue Konzepte für die Ansprache von Autoren mit Veröffentlichungswunsch zu finden, fiel einem beteiligten Verlagsinhaber ein Student auf, der sich sehr für das Thema interessierte. Der junge Mann engagierte sich zwar für alle mit der Hochschule kooperierenden Unternehmen, aber der Inhaber sprach ihn persönlich an und bot ihm ein zweiwöchiges Praktikum in seinem Betrieb. Auch hier fiel die Begeisterung auf, mit welcher der Student sich einbrachte, so dass der Unternehmer ihm ein Folgepraktikum – dieses Mal bezahlt – anbot. Aus dieser anfänglich losen Abfolge von Kurzaufenthalten im Unternehmen entwickelte sich ein dauerndes Engagement des Studenten, er wuchs fachlich und menschlich regelrecht in die Unternehmenskultur hinein. Als es Zeit wurde für das Abfassen der Masterarbeit, war es geradezu selbstverständlich für beide, Verlagsinhaber und Student, dass das Thema sich mit diesem Verlag beschäftigen sollte. Genau zu diesem Zeitpunkt suchte der Inhaber eines anderen Verlages, der zwei Jahre zuvor auch am Projekt beteiligt gewesen war, eine frei gewordene Stelle im Marketing möglichst rasch und mit einer kompetenten Person zu besetzen. Dabei erinnerte er sich an den damals so engagierten Studenten und wandte sich an die Hochschule, die den Kontakt erneut herstellte. Es war aber schon zu spät: Der junge Mann hatte bereits vor dem Abschluss seiner Ausbildung die Zusage für seine Festanstellung in der Tasche – bei dem Verlag, der ihn seit zwei Jahren begleitet hatte.
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Personalmarketing und Personalbeschaffung erneuern
Kernaussagen •• Zeitgerechte Anforderungsprofile an aktuelle und zukünftige Mitarbeiter stellen die Basis für eine sinnvolle Personalarbeit dar. Bei ihrer Ausgestaltung werden oft fehlende Kompetenzen deutlich, etwa für zukünftige Projekte und Aufgaben. •• Um auf den Wertewandel der westlichen Gesellschaft zu reagieren und aktuellen Ansprüchen von Bewerbern entgegenkommen zu können, müssen auch Familienunternehmen passende Angebote entwickeln. •• Dazu ist es notwendig, die Ausprägungen des Wertewandels zu erkennen. Hier helfen professionelle Unterstützung und die Fortbildung der eigenen Mitarbeiter. •• Bei der Personalsuche spielen das Unternehmensimage und die Art, wie es nach außen getragen wird, eine besondere Rolle – beides sollte im Fokus der Betrachtung jedes Unternehmens liegen. Wenn Korrekturen angebracht sind, sollten diese auch zeitnah erfolgen. Auch sollte man sich nicht davor scheuen, professionelle Unterstützung für sich zu nutzen. •• Um dem Bedürfnis neuer Mitarbeiter nach einer Karriereplanung entgegenzukommen, sollten Familienunternehmen bei Neueinstellungen entsprechende Perspektiven aufzeigen können. Dabei sollte aber nicht die bestehende Belegschaft außen vor gelassen werden; auch in den eigenen Reihen möchten sich Mitarbeiter vielleicht fortentwickeln. •• Bei der Einschätzung der weichen Faktoren von Bewerbern ist es sinnvoll, sich schon vorab ein Bild davon zu machen, was für die Unternehmenskultur und für die neu zu besetzende Position zwingend erforderlich ist und was lediglich wünschenswert wäre (»Verhandlungsmasse«) – dieses Bild sollte aber nicht zementiert werden. Ein Familienunternehmen, das Neuem gegenüber aufgeschlossen bleibt, sichert sich das am besten zum eigenen Betrieb passende Personal.
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Qualifizierung und Weiterbildung fördern
In Familienunternehmen stoßen wir in der Frage nach der praktizierten Personalentwicklung immer wieder auf die Einstellung, gutes Personal benötige keine besondere Weiterbildung. Viele Inhaber von Familienunternehmen gehen davon aus, dass sich notwendiges Wissen während der Arbeit ausbildet, also in laufenden Prozessen als Learning by doing stattfindet. Und dass neben einer hohen Loyalität gegenüber dem Betrieb und einer überdurchschnittlichen Leistungsbereitschaft keine weiteren Erfordernisse im Arbeitsablauf notwendig sind. Immer mehr erfolgreiche Familienunternehmen schlagen aber einen anderen Weg ein. Sie haben erkannt, wie eng der Erfolg des eigenen Unternehmens mit der Personalentwicklung verknüpft ist. Sie richten ihr Augenmerk gezielt auf die Pflege der Verbindung von gut ausgebildeten Mitarbeitern und einer ausgeprägten Lern- und Weiterbildungskultur. In der Praxis gibt es also nicht nur das Bestreben, gut ausgebildete Fachkräfte neu einzustellen, sondern diese – und das gilt auch für die ältere Belegschaft – zu beständigen Weiterbildungsmaßnahmen anzuhalten. Erfolgreich sind solche Maßnahmen schon aus dem Grund, weil sie den natürlichen Vorlieben und Werthaltungen vieler Mitarbeiter folgen: Niemand möchte gern auf das berühmte Abstellgleis geraten und den fachlichen Anschluss verlieren, während sich auf dem Arbeitsmarkt so viele andere weiterqualifizieren – insbesondere, da Zusatzwissen ein Garant dafür ist, den »Nachteil« des zunehmenden Alters wettzumachen. Darüber hinaus eröffnet diese Einstellung den Mitarbeitern auch innerhalb des eigenen Unternehmens Entwicklungs- und Veränderungsmöglichkeiten. Bereits in Teil A, Kapitel 1.3.4 haben wir das Problem der nachlassenden Lernfähigkeit eines Familienunternehmens ab der zweiten Unternehmer-
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generation angesprochen. Das vorrangige Ziel eines effektiven Personalmanagements in Familienunternehmen sollte daher die Übertragung des hohen Wissensstandes und der Lernfähigkeit der ersten Generation auf die folgenden Generationen sein und die fortwährende Weiterentwicklung des einmal Gelernten, so dass es sich eigenständig neuen Zeiten anpasst. Wie lässt sich praxisgerechtes Lernen bewerkstelligen? Dazu braucht es einige Rahmenbedingungen, die sich auch aus der Besonderheit der Abläufe unserer Denkprozesse ableiten lassen. Dass wir zum Lernen unser Gehirn brauchen, wird niemand in Abrede stellen wollen. Dass wir dieses Gehirn bei der optimalen Ausgestaltung seiner Arbeitsvorgänge unterstützen müssen, wird in der Praxis aber sehr häufig ignoriert. Wie man Lernprozesse im beruflichen Alltag fördert – also die Konzentration bei der Erfassung des gesamten neuen Materials, die Auswahl der darin enthaltenen wesentlichen Kernelemente sowie das optimale Abspeichern des Gelernten, um später ein punktgenaues Abrufen in der Arbeitspraxis zu ermöglichen –, möchten wir anhand einiger Beispiele verdeutlichen.
5.1 Die erste Grundvoraussetzung: Die Bereitstellung eines geeigneten Lernumfelds
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Es mag Ihnen trivial vorkommen, aber es soll ruhig sein, damit sich alle Lernenden konzentrieren können. Das bedeutet nicht nur, dass wenig Außengeräusche nach innen dringen sollten, sondern auch Ruhe von innen: Eine handyfreie Zone garantiert allen Lernenden eine wirkliche Freistellung von der operativen Arbeit – ohne Abrufbereitschaft. Ein Umfeld, in dem dauernd ein Klingelton den Lernprozess unterbricht, ist nicht nur für jeden Lernenden selbst, sondern auch für alle anderen Anwesenden kontraproduktiv. Wer gerade lernt, darf für den Arbeitsprozess in diesem Augenblick nicht verfügbar sein. So werden die Fähigkeiten unseres Gehirns, sich zu konzentrieren, Neues zu begreifen und später auch wieder abrufen zu können, auf optimale Weise unterstützt. Der Lernraum kann, muss aber nicht grundsätzlich im Unternehmen bereitgestellt werden. Hier gilt es abzuwägen, was besser zum Lerninhalt passt: eine vertraute und schnell erreichbare Lernumgebung oder eine inspirierende neue Umgebung, die zu Kreativität anregt und das Gewohnte hinter
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Die zweite Grundvoraussetzung: Eine angstfreie Arbeitsumgebung
sich lässt. Ein Raum, in dem Fachbücher oder -zeitschriften gelesen werden, darf ruhig ein Rückzugsraum neben der Teeküche des Betriebes sein. Einen bisher ungenutzten fensterlosen Raum zur »Ideenwerkstatt« zu erklären, ist dagegen keine gute Idee. Sinnvoll ist es, im Unternehmen selbst einen Bereich freizuhalten, an dem an eigenen Kompetenzen und Ideen »gefeilt« werden darf. So kann man Lernwerkstätten für alle Mitarbeiter einrichten, in denen neue technische Verfahren erprobt werden können, oder – etwa für die Buchhaltung oder Produktionssteuerung – andere Softwarelösungen als Testversionen installiert sind. Es ist von Vorteil, wenn sich solche Räume optisch von anderen Räumen des Unternehmens unterscheiden, so dass ihr Zweck verdeutlicht wird. Dies hilft dabei, Signale an das Gehirn zu senden: Hier geht es nicht um das Tagesgeschäft, hier geht es um Lernen und Vertiefen. Dies unterstützt unser Denkorgan darin, sich nach kurzer Zeit bereits beim Eintritt in den Lernraum darauf einzustellen: »Es ist Lernzeit!«. Wir möchten an dieser Stelle dazu anregen, auch über Lernmöglichkeiten außerhalb des Unternehmens nachzudenken, ob nun geschlossene Räume oder Bereiche unter freiem Himmel. Zur Bereitstellung einer lernfördernden Umgebung gehört nicht viel: Ein Park, in dem vertiefende Gespräche über die Entwicklung neuer Arbeitsabläufe stattfinden, oder ein Tisch auf der Terrasse der Kollegin, die eine Einführung in die Bearbeitung telefonischer Bestellaufnahmen gibt, sind solche Beispiele. Natürlich sollen solche Lösungen immer an den Erfordernissen des Unternehmens ausgerichtet sein und zum eigenen Werteverständnis gehören. In jedem Fall ist es aber wichtig, nie aus dem Blick zu verlieren, worum es beim Lernen geht: um Menschen, denen man nicht Wissen einpflegen kann wie Computern, sondern denen man Wissen schmackhaft machen muss, damit sie es auf Dauer zu ihrem eigenen Bedürfnis machen, sich immer wieder neues Wissen anzueignen. Widmen Sie daher auch den Lernräumen Ihre Aufmerksamkeit, denn sie unterstützen Sie bei dieser Aufgabe.
5.2 Die zweite Grundvoraussetzung: Eine angstfreie Arbeitsumgebung Hier soll das Gelernte geübt und auf die Praxis übertragen werden können. Was selbstverständlich erscheint, ist es bei näherem Hinsehen kei-
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neswegs: In jedem »normalen« Arbeitsbereich wird natürlicherweise von allen Mitarbeitern erwartet, dass sie ihre Arbeit gut (oder perfekt) erledigen, termintreu arbeiten und keine finanziellen Ressourcen vergeuden. Selbstverständlich werden die Arbeitskontingente so berechnet, dass keine unnötigen Spiel- und Freiräume entstehen, schließlich werden Angestellte nicht dafür bezahlt, über frei gestaltbare Zeiträume während der Arbeitszeit zu verfügen; deutlich häufiger sind sehr knapp bemessene Zeiträume. Wer aber befürchten muss, sein Arbeitspensum nicht bewältigen zu können, weil er neu Gelerntes, noch nicht so Geläufiges und dadurch Zeitintensiveres einsetzt, wird dies auch nicht tun. Wer befürchten muss, dass er kritisiert oder sogar abgemahnt wird, weil er seine alten Anweisungen zugunsten neuer Techniken infrage stellt, wird auch keine alternativen Abläufe einüben. Hier gilt es, deutlich zu kommunizieren, dass Anregungen zu vorteilhaften Alternativen im Arbeitsprozess explizit gewünscht sind. Das stellt hohe Anforderungen an die Führung: Sie muss über das Vertrauen der Mitarbeiter verfügen – damit solche Aufforderungen von der Belegschaft auch ernst genommen werden können – und gleichzeitig die Verbindlichkeit beispielsweise der Produktionsabläufe klarstellen, denn die Anweisungen der Führung können nicht immer infrage gestellt werden und es gibt nicht beständig Zeit, um Neues auszuprobieren. Ein sensibler Balanceakt für die Führung, der Personalerfahrung, Offenheit und Selbstsicherheit erfordert – Letzteres, um sich stets vor Augen zu halten, dass nicht die eigene Führungskompetenz, sondern immer nur die (möglicherweise unzeitgemäß gewordenen) Arbeitsabläufe infrage gestellt werden.
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5.3 Die dritte Grundvoraussetzung: Die Bereitstellung von (eigenem) Lernmaterial Viele Familienunternehmen abonnieren Fachliteratur, die sie ihren Mitarbeitern zur Verfügung stellen. Aber auch die Sicherung des unternehmenseigenen Wissens ist ein wesentlicher Grundstein für das Lernmaterial, das alle Mitarbeiter auf den gleichen Stand bringen soll. Dafür eignet sich ein Zusammentragen dieses Wissens in eigenen Datenbanken. Diese können dabei virtuell – im Intranet – angelegt sein oder ganz »erfassbar und begreifbar« beispielsweise als Prototypen in einem Regal liegen.
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In IT-dominierten Unternehmen haben sich beispielsweise so genannte Wiki-Lösungen im eigenen Intranet bewährt. Bei einem Wiki handelt es sich um eine unternehmenseigene Umsetzung des bekannten WikipediaNachschlagewerks im Internet. Solche Wissensdatenbanken finden immer mehr Zulauf und eignen sich auch für kleine Unternehmen. Sie führen einzelne Informationen, Ideen und Problemlösungen zusammen, sind für alle Mitarbeiter zeitgleich zugänglich und können beständig weiterentwickelt werden. Hier ist besonders wichtig, dass alle Mitarbeiter daran mitwirken können. Wer bei der Erstellung einer Wissensdatenbank eingebunden ist, wird Teil dieses Wissenspakets und interessiert sich naturgemäß intensiver dafür als eine Person, die damit gar nichts zu tun hatte. Denn unser Gehirn speichert selbst erarbeitetes Wissen bevorzugt ab, während es fremdes Wissen schwerer aufnimmt. Dazu müssen allerdings auch alle Mitarbeiter dem Medium Intranet gegenüber aufgeschlossen sein und es freiwillig nutzen wollen. Nicht in jedem Unternehmen ist das der Fall. Es ist daher notwendig, das Nutzerverhalten der eigenen Mitarbeiter zu berücksichtigen und in die Umsetzung des unternehmenseigenen Lernmaterials einfließen zu lassen. Vielleicht eignet sich ein Loseblattwerk besser oder eine wöchentliche Inforunde am Montag Nachmittag? Beispiel aus der Beratungspraxis: Ein Informationssystem, das nicht informiert Im Rahmen einer Kommunikationsanalyse in einem mittelständischen Familienunternehmen mit jeweils einem Standort für die Verwaltung und einem mehrere hundert Kilometer entfernten Standort für die Produktion kam es zu einer überraschenden Feststellung: Die Mitarbeiter beider Standorte wussten nur wenig über die Aufgaben, Ziele und Neuigkeiten des jeweils anderen Standorts. Die Unternehmensleitung entschloss sich aus diesem Grund, die Kommunikation der Standorte untereinander zu verbessern. Die Inhaber tagten in kleiner Runde und legten fest, dass das Intranet des Unternehmens ausgebaut und den Mitarbeitern an beiden Standorten zugänglich gemacht werden sollte. Die Belegschaft an beiden Standorten wurde informiert. Alle Mitarbeiter, sowohl am Verwaltungsstandort als auch am Produktionsstandort, befanden den Vorschlag für gut. Sie stimmten ihm nach der Vorstellung durch Inhaber und Geschäftsführer in der offenen Abstimmung zu.
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Die Mitarbeiter am Verwaltungsstandort konnten nach dem Ausbau der Intranetplattform ihren eigenen Arbeitscomputer für den Zugang nutzen. Am Produktionsstandort stellte man für alle Mitarbeiter in der Werkshalle einen einzelnen Computer auf. Nach einiger Zeit zeigte sich, dass der Computer in der Werkshalle nicht ein einziges Mal benutzt wurde. Gespräche mit den Produktionsmitarbeitern ergaben, dass die wenigsten Mitarbeiter mit dem Computer oder der Software vertraut waren und viel lieber ein schwarzes Brett mit aktuellen Neuigkeiten im Durchgang zu ihrer Umkleide gehabt hätten. Bei der Abstimmung hatten sie nur zugestimmt, weil keiner auffallen wollte.
5.4 Die vierte Grundvoraussetzung: Die Strukturierung von Fortbildungsmaßnahmen 5.4.1 Der Wille von oben
Um eine sinnvolle Strukturierung aller Qualifikations- und Weiterbildungsmaßnahmen zu gewährleisten, muss zuallererst eines gesichert sein: die Bereitschaft der Unternehmensleitung. Alle geplanten Maßnahmen müssen ausdrücklich erwünscht sein, sie müssen über ihre gesamte Länge unterstützt werden und diese Unterstützung muss auch klar nach innen und außen kommuniziert werden. Nur so kann eine Bündelung der notwendigen Kräfte für eine zeitnahe und erfolgreiche Umsetzung stattfinden.
5.4.2 Die lernende Organisation B
Die Planung aller Fortbildungsmaßnahmen soll vertikal erfolgen, also von oben nach unten alle Hierarchiestufen und alle Abteilungen einbeziehen – sie ist vor allem in kleineren Betrieben unbedingte »Chefsache« und muss strategisch ausgerichtet sein, denn sie betrifft das Familienunternehmen als Ganzes. Nicht nur einzelne Mitarbeiter werden fortgebildet, das »Unternehmen insgesamt bildet sich weiter«. Projekte, die sich daraus ergeben, sind beispielsweise Führungsseminare, bei denen strategische Ziele des Familienunternehmens im Fokus stehen, etwa die Verbesserung der unternehmenseigenen Führungskultur. Weitere Projekte sollten sich mit Kooperationsprozessen zwischen Berei-
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chen oder Abteilungen des Familienunternehmens und ihre effizientere Ausgestaltung befassen: Klappt die Kooperation wie gewünscht? Gibt es Störbereiche? Worin äußern sich die Störfelder? Solche abteilungsübergreifenden Projekte haben sinnvolle Nebeneffekte: Ein Austausch der einzelnen Abteilungen wird in Gang gesetzt, damit intensiviert sich die Kommunikation untereinander. Das führt in vielen Fällen auch zu deren Verbesserung: Oft lernen sich auf diese Weise einzelne Abteilungen zum ersten Mal richtig kennen, oder sie vertiefen ihr Verständnis füreinander, für die laufenden Prozesse und für die herrschenden Probleme. Dadurch lösen sich möglicherweise vorhandene Vorurteile auf oder werden zumindest abgeschwächt. Besonders häufig lassen sich diese positiven Effekte bei Projekten zwischen Produktions- und Verwaltungseinheiten beobachten, da hier teilweise zwei »Parallelwelten« mit eigenen Regeln und Ritualen aufeinandertreffen.
5.4.3 Fortbildungen – intern oder extern?
Wenn die Entscheidung darüber gefällt wurde, dass eine Fortbildungsmaßnahme erfolgen soll, stellt sich die Frage, wie sie organisiert wird: intern oder extern? Denn sie soll mehr sein als nur ein spannender Tag für ausgewählte Mitarbeiter – sie ist die Grundlage einer Veränderung, die idealerweise durch gut aufbereitetes Wissen zu neuen Abläufen im Unternehmen führen soll. Die Ausrichtung einer Fortbildung als externe oder interne Veranstaltung hat jeweils Vor- und Nachteile, die gegeneinander abgewägt werden sollten. Im Folgenden führen wir die wesentlichen auf und schlagen Ihnen Lösungswege vor. B
Interne Fortbildung durch einen unternehmenseigenen Mitarbeiter: Der Vorteil liegt auf der Hand: Ein erfahrener Mitarbeiter teilt sein Wissen mit anderen Kollegen, auf der Basis von genau zum Unternehmen passenden Informationsbedürfnissen. Nachteilig kann es sein, dass der Mitarbeiter zwar über viel Fachwissen verfügt, aber über wenig Fähigkeiten der Wissensvermittlung. Seine Fortbildungen können womöglich eher Unklarheiten erzeugen als Klarheiten bringen. Seine Art, Wissen zu verpacken und weiterzugeben, kann sich
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vielleicht eher daran orientieren, was er selbst wissen will und weniger daran, was seine Kollegen interessiert oder was sie verstehen können. Wer sich selbst schon einmal in einer Maßnahme befunden hat, in der Langeweile oder Unverständnis herrschte, das einfach übergangen wurde, kennt die Wirkung, die sich unweigerlich einstellt: Man lernt nichts, vergeudet seine Zeit und entwickelt einen Widerwillen gegen weitere Fortbildungsmaßnahmen. Eine gute Lösung lautet: Jeder Mitarbeiter, der interne Fortbildungen gibt, sollte selbst erst einmal eine Maßnahme besuchen, die ihm vermittelt, wie Wissen am besten weitergegeben wird (siehe dazu auch Teil A, Kapitel 2.2). Wer einmal gelernt hat, wie Menschen effektiv lernen können, kann dieses Wissen als »Transporthilfe« benutzen und damit so gut wie jede Information erfolgreich an die Lernenden weitergeben.
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Interne Fortbildung durch einen unternehmensfremden Spezialisten: Vorteil dieser Variante ist, dass ein Experte seines Faches Wissen an die Mitarbeiter weitergibt, das es vorher im Unternehmen nicht gab. Es sollte aber in jedem Fall geprüft werden, ob dieser Fachexperte wirklich die erforderlichen Fähigkeiten hat, um die Mitarbeiter in den Lernprozess zu bringen, also ob er didaktische Fähigkeiten besitzt. Ein Nachteil könnte sein, dass der Experte nichts von den Abläufen, Bedürfnissen und Fähigkeiten weiß, die im Unternehmen herrschen, und daher nicht darauf eingehen kann. Eine Lösung für diesen Nachteil könnte lauten: Im Vorfeld der Maßnahme sollte durch eine gute Informationspolitik dem externen Experten klar kommuniziert werden, worauf es diesem Unternehmen bei dieser Fortbildung ankommt. Außerdem wäre es von Vorteil, ihn auch über die Stärken und Schwächen einzelner Mitarbeiter in Kenntnis zu setzen mit der Auflage, darauf einzugehen, sie in ihren Stärken zu unterstützen und zu versuchen, ihre Schwächen in seiner Fortbildung auszugleichen. Externe Fortbildung durch externe Spezialisten: Vorteil dieser Variante ist die unproblematische Organisation: Darum kümmern sich andere, im Unternehmen braucht man keinen Raum, keine Verpflegung und keine Geräte zur Verfügung zu stellen. Auch hier kommt neues Wissen von außen ins Unternehmen hinein. Darüber hinaus gibt es zwei nicht zu unterschätzende
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weitere Pluspunkte: Erstens kann man nur einen einzelnen Mitarbeiter zu einer Fortbildung schicken (das Kosten-Nutzen-Verhältnis ist hier besser als bei einer internen Fortbildung mit einem Experten, der nur für einen Mitarbeiter ins Haus kommt). Zweitens kann der Mitarbeiter außerhalb seiner Kollegenschaft in der fremden Gruppe ganz frei über Probleme reden und Lösungen anderer Mitstreiter aufnehmen, denn er muss nicht befürchten, dass dieser Austausch im weiteren Arbeitsalltag nachwirkt (»Wisst ihr noch, wie Kollege Meyer damals über die Arbeit der Kollegin Schneider geschimpft hat?«). Niemand in dieser Gruppe kennt ja die Kollegen, über die man sich austauscht, daher geraten nur die Probleme in den Fokus und nicht die individuellen Menschen. Nachteil jeder externen Fortbildung ist eine mögliche Unkenntnis der Experten über die genauen Bedürfnisse des Unternehmens und bei einer Gruppenfortbildung die Möglichkeit, dass der eigene Mitarbeiter nicht ausführlich seine speziellen Bedürfnisse in seinem Unternehmen anspricht. Als Lösung bietet es sich auch hier an, eine genaue Informationspolitik zu betreiben, die diesmal aber über den Mitarbeiter selbst erfolgen muss: Er muss klar äußern, welches besondere Wissen er braucht, um es dann auch zu erhalten. Dafür sollte er im Vorfeld mit dem Personalmanagement absprechen, worauf es dem Unternehmen und ihm selbst für seine tägliche Arbeit genau ankommt und was mit speziell dieser Fortbildung erreicht werden sollte. Beispiel aus der Coachingpraxis: Wie ein Unternehmen das Potenzial seiner Belegschaft erkennt Ein mittelständisches Unternehmen für Medizintechnik war in letzter Zeit so gewachsen, dass es von seiner eigenen Dynamik überrollt wurde. Die Zeit drängte, es gab zu viele Aufgaben für zu wenig damit betrautem Personal. Unter anderem musste das Qualitätsmanagement weiter ausgebaut werden; in Kürze sollten verschiedene Audits erfolgen, um den Nachweis zu erbringen, dass gewisse Qualitätsnormen eingehalten werden. Auch die Planung der Personalentwicklung wuchs den Inhabern über den Kopf. In dieser Situation wandten sie sich an uns, um zu klären, wie ein zielgerichtetes und dennoch sorgfältiges Vorgehen aussehen könnte. Neben anderen Maßnahmen kam es zu der Entscheidung, eine Personalfachfrau einzustellen. Damit ihr ein rascher und effizienter Einstieg ermöglicht
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wurde, bei dem sie alle Mitarbeiter »im Schnelldurchlauf« kennenlernen könne, schlugen wir ihr vor, mit dem Ungewöhnlichen Mitarbeiter-Steckbrief zu arbeiten. Zunächst lud man alle Mitarbeiter ein zu einer Veranstaltung, die unter dem Titel stand: »Auf zu neuen Ufern«. Die Ansprache der Inhaber nahm dieses Bild des Aufbruchs per Schiff auf und führte es während des gesamten Vormittags weiter. Die neue Personalkraft wurde in einer offiziellen Ansprache allen Mitarbeitern vorgestellt und wandte sich bei dieser Gelegenheit in ihrer heutigen Rolle als Chef-Stewardess mit einer Bitte an alle: Jeder Mitarbeiter sollte einen vorbereiteten Passagier-Pass (den zuvor erstellten Mitarbeiter-Steckbrief) in der Größe eines DIN-A3-Blatts ausfüllen und sich nicht über die unüblichen Fragen wundern. Damit nach einem Landgang auch wieder die richtigen Passagiere an Bord gelassen werden könnten, wurde jeder Steckbrief mit einem Polaroid-Bild versehen, das ein eigens dafür bestellter Fotograf bei der Ausgabe der Passagier-Pässe von jedem einzelnen Mitarbeiter machte. Im Anschluss an die Veranstaltung wurden die Passagier-Pässe aufgehängt – und die darin enthaltenen unbekannten Schätze geborgen: die Informationen aus der Befragung, die allen Beteiligten offen standen. Im Laufe der Veranstaltung kam es zu interessanten Ereignissen. So hatte eine Mitarbeiterin bei der Frage »Was macht Sie einzigartig?« hingeschrieben: »Nichts«. Daraufhin hatte ein Kollege auf ihr Blatt ergänzt: »Sie sind die ruhigste Person in unserer Abteilung, bei Ihnen tanken wir Kraft.« Weil diese Ergänzung eine Impulswirkung hatte, schrieben auch weitere Mitarbeiter bei anderen Kollegen ihre Ansicht dazu. Es wurden nur wertschätzende Mitteilungen gemacht und es entspannen sich rege, interessierte Gespräche. Als hervorstechendes Ergebnis kam bei der Auswertung der Steckbriefe heraus, dass ein Mitarbeiter, der als einfache Schreibkraft in der Abteilung B
Rechnungs- und Mahnwesen arbeitete, ein komplettes Jurastudium bis zum Ersten Staatsexamen absolviert hatte, dieses aber aufgrund seiner ausgeprägten Prüfungsangst nicht bestanden hatte. Im Anschluss hatte er darauf verzichtet, die für ihn sehr belastende Prüfungssituation zu wiederholen. Die Personalfachfrau konnte ihn dafür gewinnen, im Team mitzuarbeiten, das die bevorstehenden Audits vorbereitete. Er erwies sich als sehr strukturiert, konnte sich sehr gut schriftlich ausdrücken und eignete sich hervorragend zur Ausarbeitung der Audit-Unterlagen sowie für deren »Übersetzung« in eine leicht verständliche Sprache für die einzelnen Abteilungen.
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Willkommen an Bord! Als Passagier dieses Schiffes sind Sie schon etwas Besonderes – aber auch als Privatmensch, nur dass das Wissen darum oft im Alltag unter-
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geht. Lassen Sie uns teilhaben an den besonderen Fähigkeiten, Interessensgebieten und Wissensvorsprüngen, die Sie haben. Name: Abteilung: Ausbildung: Weitere Ausbildungen? Studium (angefangen): Studium (abgeschlossen): Bundeswehrzeit (Bereich): Zivildienst (Bereich): Aktiv im Ehrenamt? Freiwilliges soziales/ökologisches Jahr (Bereich)? Hobby: Haustier? *) Was macht Sie einzigartig?
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Bitte schreiben Sie leserlich, damit alle die Schätze, die in Ihnen stecken, glänzen sehen können.
*) Dieser letzte Punkt wurde nur als sanfter Ausstieg aus der Befragung aufgeführt. Er sicherte außerdem eine rege Anteilnahme der Tierbesitzer untereinander.
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Welchen Impuls können Sie für Ihre Praxis daraus mitnehmen? In jedem Unternehmen schlummern Qualifizierungen, die niemand zur Kenntnis nimmt. Bevor es an die strategische Planung von Mitarbeiterfortbildungen geht, ist es sehr sinnvoll, zunächst die bereits im Mitarbeiterstab vorhandenen Qualifikationen wahrzunehmen. Auch wenn mitunter die »Stempel« fehlen – also auch dann, wenn Mitarbeiter kein Zertifikat für eine Aus-, Fort- oder Weiterbildung erlangen konnten –, haben sich viele dieser Personen mit einem Thema länger beschäftigt. Das qualifiziert sie vielleicht für Aufgaben, die derzeit im Unternehmen anstehen und nicht explizit fachliche Nachweise erfordern. Vielleicht ist es auch sinnvoll, in einem Personalgespräch zu klären, ob das beschwerende Gefühl eines früheren »Scheiterns« vielleicht mit den Jahren weniger beschwerlich geworden ist und es gerade jetzt wieder Zeit ist, sich etwas Neues zuzutrauen. Sehr ertragreich kann diese Suche nach verborgenen Wissensschätzen bei Frauen mit Kindern sein, die nach der Babypause zunächst nur in Teilzeit wieder in ihren Beruf eingestiegen sind, sich aber dort nicht weiterentwickeln konnten, da Teilzeitstellen so gut wie nie als Karrieresprungbrett infrage kommen. Wechseln solche Frauen die Arbeitsstelle, indem sie beispielsweise zu Ihnen in das Familienunternehmen kommen, kann es gut sein, dass sie ihre Überqualifizierung einfach verheimlichen, um die Stelle überhaupt zu bekommen. Uns sind mehrere solcher Fälle bekannt, unter anderem der einer deutschen Frau, die als Tochter einer Diplomatenfamilie von klein auf fließend Chinesisch und Koreanisch sprach, aber eine einfache Sekretariatsstelle auf 30-StundenBasis besetzte. Erst als es in diesem Familienbetrieb darum ging, eine neue Stelle auszuschreiben für das Geschäft mit chinesischen Lieferanten, gab sie zu erkennen, dass sie das übernehmen könnte. B
5.5 Die Entwicklung des Einzelnen Galt für das Unternehmen als Ganzes eine strategische Planung von oben nach unten als sinnvollste Variante, stellt sich für die optimale Entwicklungsmöglichkeit einzelner Mitarbeiter die Situation komplexer dar. Gerade für Familienunternehmen bietet es sich an, sowohl Mitarbeiter als auch Führungskräfte zu ermuntern, ihren Fokus zu erweitern und neben der klassischen vertikalen Karriereoption (Aufstieg in der Hierarchie) auch stärker
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Die Entwicklung des Einzelnen
die horizontale Laufbahnbewegung (Wechsel auf der gleichen Hierarchiestufe) in den Blick zu nehmen. Das bietet einige Vorteile: In Familienunternehmen sind die Möglichkeiten eines vertikalen Aufstiegs eingeschränkt, das schreckt karrierebewusste Mitarbeiter oder neue Bewerber ab. Horizontale Entwicklungsmöglichkeiten erweitern das Prinzip des beruflichen Fortkommens: Sie eröffnen Chancen auf eine gesteigerte Spezialisierung des jeweiligen Mitarbeiters sowie auf seine zunehmende Professionalisierung, nicht nur im rein fachlichen, sondern auch im kommunikativen Bereich. Und sie erweitern seine Fähigkeit, flexibel auf Herausforderungen zu reagieren. Die Möglichkeit der horizontalen Laufbahnentwicklung geht besonders auf ein Bedürfnis ein, das sich bei der so genannten Generation Y der nach 1980 Geborenen – sie hat ihren Namen von der englischen Aussprache von Y als »why«, was übersetzt »warum?« bedeutet und auf das Infragestellen tradierter Strukturen abzielt – feststellen lässt: Ihnen scheinen die klassischen Aufstiegsstufen, die sich etwa an einem zunehmend höheren Einkommen orientieren oder einen größeren Raumbedarf im Büro implizieren, nicht so wichtig zu sein wie das Bedürfnis nach Abwechslung und einem erfüllten Leben. Für die zielgerichtete Weiterbildung eines Mitarbeiters, die nicht nur im Sinne des Unternehmens stattfindet, sondern auch in seinem eigenen Sinne, ist es wichtig, in Kontakt mit ihm zu bleiben. Das bedeutet etwa, dass er über die strategische Entwicklung des Familienunternehmens informiert wird, innerhalb derer er zukünftig eine Rolle einnehmen soll. Sind das Unternehmen und der Stelleninhaber gemeinsam an der Entwicklung beteiligt, vermindert sich die Wahrscheinlichkeit von Fehlplanungen, denn bei Auftreten von Problemen können rasch Korrekturen vorgenommen werden. Beispiel: Ein technischer Mitarbeiter in einem Land- und Baumaschinenverleih soll zukünftig stärker in den kaufmännischen Bereich eingebunden werden, weil er »ein gutes Händchen« bei Kundengesprächen bewiesen hat. Er soll im Kundenmanagement seine Erfahrungen einfließen lassen und schriftlich Verkaufsprotokolle und Kundenprofile erstellen, damit diese auch für andere Mitarbeiter ersichtlich sind. Obwohl aus fachlicher Sicht nichts dagegen spricht und diese Aufwertung des Mitarbeiters sich auch finanziell für ihn bemerkbar macht, sträubt
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er sich und kommt – für den Inhaber unverständlicherweise – seinen neuen Aufgaben nicht nach bzw. wird ihnen kaum gerecht. Warum erweist sich dieser bisher so vertrauenswürdige und engagierte Mitarbeiter plötzlich geradezu als »Saboteur« und lähmt den Prozess, den der Inhaber sich gewünscht hatte? In einem Vier-Augen-Gespräch mit dem Inhaber, das erst stattfindet, nachdem es bereits einige Eskalationen gab, eröffnet der Mitarbeiter, dass er unter einer Lese- und Rechtschreibschwäche leidet: Jegliche Art der schriftlichen Fixierung von Informationen bereitet ihm Schwierigkeiten, er schämt sich dafür. Bisher blieb diese Problematik verborgen, weil er nur Checklisten ausfüllen musste, die Schreibarbeiten wurden von einer Kollegin übernommen. In der neuen Position aber ist er nun selbst dafür zuständig. Nachdem das Problem offen auf den Tisch gekommen ist, findet sich nach Absprache mit der Kollegin, die zuvor schon für die Schreibarbeiten verantwortlich war, eine einfache Lösung: Sie übernimmt auch weiterhin die nun umfangreicheren, aber auch interessanteren Schreibaufgaben. Dafür wird sie entlastet und gibt einen Teil ihres ehemaligen Bereichs an eine weitere Kollegin ab. All die Irritationen, die im Vorfeld entstanden sind, hätten sich durch ein frühzeitiges gemeinsames Gespräch vermeiden lassen.
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Weichen die strategischen Planungen eines Familienunternehmens von den Zielen der darin eingebundenen Mitarbeiter ab, bedeutet das nicht grundsätzlich ein vorprogrammiertes Scheitern der Ziele. In solchen Fällen hat sich eine aktive und regelmäßige Informationspolitik bewährt, innerhalb derer die zukünftigen Pläne des Arbeitgebers und die Wünsche des Arbeitnehmers gemeinsam besprochen werden. Ein solcher Umgang setzt das beidseitige Vertrauen voraus und den Willen und die Fähigkeit beider Parteien zum Dialog. Er sollte selbstverständlicher Teil der Unternehmensund Führungskultur werden. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich in vielen Unternehmen diese Informationspolitik zwischen Mitarbeiter und Führungskraft auf ein Gespräch im Jahr reduziert. Als Gründe für eine so geringe Frequenz werden folgende Punkte genannt: –– der hohe Aufwand in der Vor- und Nachbereitung schreckt Führungskräfte ab; –– viele Führungskräfte sind der Ansicht, ihre Mitarbeiter und deren Wünsche oder Abneigungen schon sehr gut zu kennen;
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–– viele Führungskräfte geben an, dass der tägliche oder zumindest der wöchentliche Austausch am Arbeitsplatz alle auftretenden Fragen bereits abklärt und somit kein weiterer Gesprächsbedarf besteht. Dazu möchten wir festhalten: –– Werden regelmäßige Gespräche geführt, reduziert sich die Vor- und Nachbereitung; es muss nicht mehr so viel auf einmal in Erfahrung gebracht werden. –– Das, was man zu wissen glaubt, sollte durch regelmäßige Abgleiche geprüft werden. Die Lebenssituation von Menschen ändert sich laufend, ohne dass sie dies immer in allen Details mitteilen. Diese Veränderungen haben naturgemäß auch Einfluss auf ihre Wünsche. So kann beispielsweise ein Elternteil, der in die Altersdemenz abgleitet, die berufliche Entwicklung eines Mitarbeiters fast über Nacht so weit beeinflussen, dass das jahrelang vorher geäußerte Interesse an einem kontinuierlichen beruflichen Aufstieg verblasst. –– Gespräche am Arbeitsplatz beziehen sich meist auf die konkrete Arbeitssituation. Nur in sehr wenigen Fällen ist im Alltag Raum für zukunftsorientierte Betrachtungen. Diese Gespräche sind daher nicht geeignet, ein intensives Personalgespräch zu ersetzen. Ein wichtiger Punkt der Personalentwicklung ist der möglichst übergangslose Ersatz von Personal, das aus Altersgründen ausscheidet. Obwohl sich die Notwendigkeit dazu bereits Jahre im Voraus ankündigt, wird sie oft verdrängt. Es empfiehlt sich, die Altersstruktur der Belegschaft im Blick zu bewahren und frühzeitig darauf zu reagieren. Besonders bei Führungskräften sollte man nicht darauf warten, bis der Ruhestand »plötzlich« vor der Tür steht, um eine wohlüberlegte Auswahl treffen und diese Person auch in Ruhe einarbeiten zu können. So beugt man einer Besetzung von offenen Stellen mit ungeeigneten Personen vor, die nur aus der Not heraus stattfindet. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Förderung einer offenen Weitergabe von Wissen an die nachfolgenden Mitarbeiter. Es ist Aufgabe des Inhabers und des Personalmanagements, immer wieder positiv zu betonen, dass dieser sukzessiv über Jahre erfolgende Wissenstransfer nicht die Bedeutung schmälert, die ein Wissensträger hat, sondern ganz im Gegenteil seine Wichtigkeit im Unternehmen erhöht.
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Kernaussagen •• Der Erfolg eines Unternehmens ist oft sehr eng mit einer ausgeprägten Lern- und Weiterbildungskultur verknüpft. •• Eine große Herausforderung stellt die Weitergabe des Wissensstandes und der Lernfähigkeit der ersten Generation an die zweite Generation und jeweils nächste dar. •• Nicht nur einzelne Mitarbeiter, auch die Organisation als Ganzes lernt mit jeder Fortbildungsmaßnahme dazu. •• Bei der Strategieentwicklung einer Lern- und Weiterbildungskultur ist das Verhalten der eigenen Mitarbeiter zu berücksichtigen. Deren frühe Beteiligung am Prozess erspart unliebsame Überraschungen bei der späteren Umsetzung. •• Für alle Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen gilt die unbedingte Zustimmung der Führungsetage und deren erklärter Wille zur Umsetzung. Dieser muss deutlich nach innen und außen kommuniziert werden. •• Die Mitarbeiterentwicklung sollte eine feste Größe in den Personalgesprächen sein. Um diese Entwicklung erfolgreich umzusetzen, sollten regelmäßige Gespräche stattfinden, bei denen der geplante Weg gemeinsam mit dem Stelleninhaber formuliert wird und bei Bedarf korrigiert werden kann. •• Eine ausgeprägten Lern- und Weiterbildungskultur kann sich nur entwickeln, wenn sie vom Familienunternehmen, den Führungskräften und den Mitarbeitern gemeinsam getragen wird. Das setzt den Dialog in alle Richtungen voraus; dabei darf es keine Altersoder Kompetenzgrenzen geben. •• Eine gelebte Vertrauens- und Dialogkultur kann den Ängsten von Mitarbeitern, aufgrund der Weitergabe ihres Wissen überflüssig zu werden, wertschätzend begegnen. Dieser Punkt ist besonders wichtig, wenn Mitarbeiter wenige Jahre vor ihrem Ruhestand stehen und einen Bedeutungsverlust fürchten, weil sie alles preisgeben sollen, was sie in vielen Jahren an Erfahrungsvorsprung angesammelt haben. •• Die Entscheidung, ob man interne oder externe Fortbildungsmaßnahmen einplant, sollte auf der Grundlage ihrer Vor- und Nachteile und des vom Unternehmen angestrebten Ergebnisses gefällt werden.
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Innovations- und Veränderungsfähigkeit gestalten
In Teil A, Kapitel 1.3.5 hatten wir die Probleme beleuchtet, mit denen Familienunternehmen zu kämpfen haben, wenn es darum geht, Veränderungsfähigkeit und Innovationsbereitschaft zu entwickeln und zu pflegen. Hier möchten wir darauf eingehen, wie diese Probleme in mögliche Chancen umgewandelt werden, die sich dann auch auswirken auf die vitale Lernkultur und die gelebte Wertekultur im Familienbetrieb. Denn Letztere bilden das Fundament, aus dem schließlich Flexibilität und Innovationsfähigkeit erwachsen. Wie kann es nun einem Familienunternehmen, das eher durch seine Traditionsverbundenheit geprägt ist, gelingen, eine Kultur der kreativen Bewegung einzuleiten, kurz: Wie gelingt es, in Bewegung zu kommen und in Bewegung zu bleiben? Dazu sind zunächst einmal einige Vorbedingungen zu erfüllen: –– die Einführung eines ernst gemeinten, ehrlichen und offenen Dialogs miteinander, sowohl in den einzelnen Abteilungen als auch im gesamten Unternehmen (siehe dazu ausführlich Simmons, 1999); –– die klare Kommunikation nach innen und außen: »Innovationen sind erwünscht!«
6.1 Das Dilemma der Innovation Warum ist es so heikel, Innovationen anzuregen? Es müsste doch selbstverständlich sein, dass alle immer offen dafür sind. Wenn ein Unternehmen nicht einfach darauf wartet, dass sich Innovationen zufällig einstellen, sondern diese aktiv in die Wege leiten will, beruht das meist auf der
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Feststellung, dass das, was bereits da ist (ob Arbeitsmethoden, Material oder Zukunftsvisionen), nicht mehr gut genug ist und ersetzt werden soll – durch etwas Besseres. Eine Innovation ist immer auch eine Wertung gegenüber dem Vorangegangenen, denn nichts, was perfekt ist, würde ausgetauscht werden. Damit »verurteilt« eine Innovation, die als eine Fortentwicklung begrüßt wird, das Alte, das damit abgelöst werden soll. Daraus entsteht die paradoxe Situation, dass eine Innovation gleichzeitig eine Aufwertung und eine Abwertung darstellt. Derjenige, der die Aufwertung genießen darf, etwa der Erfinder oder der Nutznießer, erntet die Freude und die Achtung (»Das ist ja interessant, was Sie für innovative Methoden anwenden!«). Derjenige, der die Abwertung erfährt, also der Erfinder oder Nutzer des Alten, hat mit dem Problem zu kämpfen (»Ach, mit diesen alten Methoden arbeiten Sie noch?«). Dieses Dilemma sollte man sich bewusst machen, wenn man daran geht, die Innovationsfähigkeit in einem Unternehmen zu fördern.
6.2 Zeit für einen offenen Dialog
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Innovationsbereitschaft beruht darauf, dass man vorhandene Missstände ansprechen – oder zumindest andenken – darf, um sie als Problem greifbar zu machen. Dann kann in einem Folgeschritt eine andere, bessere Lösung dafür gesucht werden. Das bedeutet: Im Unternehmen muss eine Kultur der Kritikfähigkeit entwickelt und gelebt werden. Ein ehrlicher Umgang miteinander ist eine Selbstverständlichkeit, möchte man meinen. Tatsächlich aber bedeutet er in sehr vielen Unternehmen eine »Gefahr« für die Mutigen, die diese Dialogform nutzen: Nicht jeder verträgt ein offenes Wort, und besonders schwierig gestaltet sich Offenheit, wenn sie zwischen unterschiedlichen Hierarchiestufen erfolgen soll. Nach unten gerichtete offene Worte sind nicht unüblich und werden als Kritik nahezu täglich weitergeleitet. Nach oben ausgerichtete Offenheit allerdings sucht man oft vergeblich, denn diese Kritikrichtung wird nur in den seltensten Fällen ermutigt. Dieser Zustand ist aber nicht zwingend, man kann sich bewusst dafür entscheiden, ihn zu ändern. Einen erfolgversprechenden Weg, um Offenheit zu einem normalen Bestandteil des Arbeitslebens zu machen und ver-
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Zeit für einen offenen Dialog
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letzende Kritik in produktive Ehrlichkeit zu wandeln, möchten wir in einigen kurzen Punkten skizzieren (Simmons, 1999): –– Offenheit braucht als Grundlage ein sehr intensives Vertrauensverhältnis zwischen Mitarbeitern und Führungsebene – diese Jahre dauernde Entwicklung hat in Familienunternehmen aber oft schon stattgefunden. –– Ehrlichkeit braucht ein wertschätzendes Fundament, um eine positive Wirkung zu haben. Grundlage dafür ist die Fähigkeit, mit anderen mitzufühlen. Denn jeder Mensch wünscht sich Respekt und niemand möchte selbst verletzt werden, aber mitunter verletzt man andere, ohne weiter darüber nachzudenken. –– Der Inhaber als Initiator dieses Prozesses muss einen Beginn einläuten, von dem ab der offene Dialog einsetzen soll – für alle gleich verbindlich, damit sich niemand vorwagen muss oder sich als Nachzügler fühlen soll (»Ich möchte ab heute den offenen Dialog einleiten und alle einladen, darin mitzuwirken.«). –– Der Inhaber muss klar seinen Glauben an die realistische Möglichkeit eines offenen und ehrlichen Dialogs äußern und sich selbst daran beteiligen. So zerstreut er Befürchtungen, dass die eigene Beteiligung risikoreich oder lächerlich sein könnte. –– Es muss einen klar definierten »Raum für ungeliebte Wahrheiten« geben, dessen Spielregeln für alle verbindlich sind – das bedeutet, dass Spielregeln eingeführt und allen kommuniziert werden (beispielsweise »Es werden nur Handlungen infrage gestellt und nicht die Menschen, die diese Handlungen vollzogen haben«). Drei Beispiele, wie man einen solchen »Raum« schafft, lesen Sie im Kasten »Coachingbeispiele aus der Praxis«. Der Erfolg, den ein offener und ehrlicher Umgang miteinander für jeden Einzelnen und für das Unternehmen insgesamt einleitet, die Innovationsfähigkeit und -bereitschaft sowie die Tragfähigkeit der gemeinsam errungenen Lösungen überraschen in der Praxis immer wieder. Sie machen deutlich, dass sich die Entscheidung dafür in jedem Fall lohnt, insbesondere für Familienunternehmen, die aufgrund ihrer auf familiären Werten fußenden Unternehmenskultur geradezu prädestiniert sind, um vertrauensvolle und wertschätzende Arbeitsverhältnisse zu pflegen.
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Innovations- und Veränderungsfähigkeit gestalten
Drei Beispiele aus der Coachingpraxis: Raum für ungeliebte Wahrheiten Jedes Unternehmen ist einzigartig – und das sind auch die Beziehungen der darin arbeitenden Menschen. Weil nicht jede Methode für jedes Unternehmen umsetzbar ist, stellen wir Ihnen hier zu einem einzigen Thema drei Herangehensweisen vor. Sie können jede Methode auch nach Ihren Bedürfnissen verändern, beispielsweise können Sie statt des Redestabs in Beispiel 1 ein Mikrofon verwenden oder statt des Märchens in Beispiel 3 ein Lied oder eine »Wartungsliste« (»Alles dran, alles drin?«) entstehen lassen. Es kommt immer darauf an, dass eine Methode die Menschen anspricht, die sie anwenden sollen. Beispiel 1: Der germanische Redestab Eine Arbeitsgruppe wurde aus Personen zusammengestellt, die gemeinsam eine gänzlich neue Lösung für ein schwieriges Problem finden sollten. Das führte zu zahlreichen Debatten und zu teils heftigen Auseinandersetzungen. Die Gruppe wollte Unterstützung, weil infolge der immer schlechter werdenden Beziehungen die fachliche Arbeit beeinträchtigt wurde. Beim Versuch, einen »Raum für ungeliebte Wahrheiten« zu schaffen, stellten wir fest, dass es einige Vorbehalte dagegen gab. Zwei der insgesamt sieben Personen fühlten sich oft übergangen, weil sie zu schüchtern waren bzw. weil es ihnen zu unangenehm war, »sich dauernd lautstark einbringen zu müssen«. Zudem erhitzten sich die Diskussionen dermaßen, dass es zu persönlichen sprachlichen Übergriffen kam (»Sie haben einfach ein Brett vorm Kopf!«/»Wenn Sie mir nicht folgen können, folgen Sie Ihrer Berufung und machen Sie mir einen Kaffee!«). Wir stellten die Methode des germanischen Redestabs vor. Sie basiert auf der Überlieferung von einem Kommunikationsmittel der Germanen, das schon vor zweitausend Jahren eingesetzt wurde und anscheinend gute Ergebnisse B
erbracht hat. Die Grundidee dahinter lautet: Jede Person erhält ihr Rederecht und die Aufmerksamkeit für das Gesagte; niemand kommt zu kurz oder erhält zu viel Rederaum. Für alle Beiträge gilt: ȤȤ Es gibt einen Diskussionskoordinator und einen Zeitnehmer, beide werden jedes Mal vor Beginn des Treffens neu gewählt. Es dürfen nicht immer die gleichen Personen sein. ȤȤ Der Koordinator sorgt dafür, dass die Regeln am Anfang kurz benannt und im Diskussionsverlauf immer eingehalten werden.
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Zeit für einen offenen Dialog
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ȤȤ Der Zeitnehmer überprüft die Redezeit und läutet sie ein bzw. aus, zum Beispiel per Glocke oder Hupe. Für kurze Diskussionsbeiträge gelten vier Regeln: ȤȤ Regel eins: Es gibt einen Redestab, zum Beispiel eine Staffel aus dem Sportbedarf oder ein Besenstiel. ȤȤ Regel zwei: Es gibt eine vorher vereinbarte Redezeit, zum Beispiel maximal fünf Minuten. ȤȤ Regel drei: Bei Überreichen des Redestabs an die Person, die damit das Rederecht erhält, beginnt die Redezeit. Nur diese Person darf jetzt sprechen. Kein anderer unterbricht. ȤȤ Regel vier: Wenn die Redezeit vorbei ist, gibt der bisherige Redner seinen Redestab weiter an den nächsten. Wird mehr Redezeit benötigt, kommt eine weitere Regel hinzu: ȤȤ Regel fünf: Muss etwa ein längeres Projekt skizziert werden, das eine umfangreichere Redezeit erfordert, gibt es einen Redekreis, der beispielsweise durch zwei kreisförmig gelegte Seile oder durch eine Plane am Boden markiert wird. Der Redner betritt diesen Kreis, bevor er mit seinen Ausführungen beginnt. Niemand unterbricht ihn. Der Redekreis ersetzt den Redestab, kann ihn aber bei Bedarf auch ergänzen (manche Personen halten gern etwas in der Hand beim Reden, das gibt ihnen Sicherheit). Ist die Redezeit um, verlässt der Redner den Kreis. Was sich zunächst sehr schematisch liest, erweist sich in der Praxis als eine wirkungsvolle Technik, um Emotionen abzumildern. Durch die bewussten Unterbrechungen im Redefluss wird die überschießende Dynamik ausgebremst. Jede Person erfährt einen respektvollen Umgang mit ihren Informationen, und die Lautstärke der Stimme ist nun ein untergeordnetes Merkmal bei der Wahl, welche Information oder Idee eine Chance in der Gruppe erhält. Außerdem erhält die Gruppe die Möglichkeit, gemeinsam die gute Erfahrung eines koordinierten Diskussionsablaufes zu erleben, in dem direkt auf fachliche Fragen geantwortet wird – denn die knappe Redezeit verhindert ein ausführliches Eingehen auf Nebensächlichkeiten. Ein weiterer Vorteil: Querschießende, »humorvolle« (meist aber eher verletzende) Bemerkungen entfallen, denn niemand darf unterbrechen.
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Beispiel 2: Wahrheit durch die Papierblume Der Inhaber eines mittelständischen Familienunternehmens beauftragte eine Arbeitsgruppe damit, die geplante Neustrukturierung einer Abteilung kritisch ins Auge zu fassen. Es ging darum, mögliche Schwachstellen in der – bereits laufenden – Planung und Umsetzung zu finden, um für jede Schwachstelle einen Plan B zu erarbeiten. Diese Aufgabe hatte einen brisanten Beigeschmack: Die Planungsgruppe bestand aus drei Führungskräften, die jeweils Vorgesetzte der Mitglieder dieser Arbeitsgruppe waren. Jedes Mitglied musste somit die Schwachstellen im Planungsbeitrag des eigenen Chefs aufdecken. Aus organisatorischen Gründen gab es keine andere Möglichkeit. Allen war die Problematik bewusst und man strebte eine offene und ehrliche Auseinandersetzung mit dem Thema an. Gleichzeitig wollte der Inhaber aber auch verhindern, dass die Führungsrolle der betroffenen Personen durch eine womöglich zu harte Kritik geschwächt würde. Wir schlugen eine »Kritik durch die Blume« vor – in diesem Fall durch die Papierblume. Um keine inhaltlichen Verluste der Schwachstellendebatte befürchten zu müssen, wurde die Kritik auf eine andere Ebene verlagert, in der sie sachlich vollständig, aber nicht in erster Linie durch Worte, sondern durch Bilder präsentiert werden sollte. Die Arbeitsgruppe fertigte eine Collage aus symbolhaften Bildern an, die die vermuteten Schwachstellen darstellten. Bei der Auswahl der Bilder entstand bereits eine leichte, teilweise heitere und entspannte Atmosphäre. Diese Entspannung begleitete die Gruppe auch bei der gemeinsamen Präsentation, zu der auch der Inhaber kam. Durch das Wechseln vom Medium Sprache auf das Medium bildhafte Darstellung auf Papier hatten die Ausführungen von vornherein einen ungewohnten Charakter und unterbrachen damit die negativen Erwartungen – an die Stelle von Befürchtungen trat in diesem Fall eher NeuB
gierde auf die Darstellungsform. Nicht zu unterschätzen ist hier auch die überraschende Wirkung von Farbe: Beim ersten visuellen Kontakt mit der Collage entsteht zunächst die prägnante Information: »Ich sehe ein buntes Bild« (das berichteten alle drei Führungskräfte). Erst danach folgen Gedanken wie »Das sind die Schwachstellen« oder »Was habe ich übersehen?«. Die Form überlagert zunächst also den Inhalt und lockert ihn damit auf, ohne dass Inhaltsverluste befürchtet werden müssen. Das einzige Element, das verloren geht, ist die Anspannung.
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Abbildung 9: Collage aus Zeitschriften
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Beispiel 3: Märchenhaft einfach Der Inhaber eines Familienbetriebes, der Fassadenelemente, Fenster und Türen herstellte und anpasste, suchte für eine Zielgruppenanalyse und für die Überprüfung der Kommunikationsstrategien seines Betriebes eine Kooperation mit einer Universität. Innerhalb eines Praxisseminars, das sich mit diesem Thema beschäftigte, bekam eine Gruppe junger Studentinnen den Auftrag zu untersuchen, wie die bestehenden Kunden das Unternehmen wahrnehmen und warum die bisherige Kommunikationsstrategie nicht die erwartete Wirkung zeigte. Nach anfänglicher Kooperationsbereitschaft reagierte der Inhaber zunehmend empfindlich auf die als schmerzlich empfundene Kritik in den ersten Teilergebnissen der Untersuchungsgruppe. Es kam zu Verzögerungen in der Bereitstellung von Informationen, die Arbeitssituation verschlechterte sich. Der Inhaber hatte zunehmend Probleme damit, sich von der studentischen Gruppe offene Beanstandungen seiner Vorgehensweise im Betrieb anzuhören. Um die Situation zu entspannen, schlugen wir vor, Teile des Abschlussberichts in eine andere Form zu übertragen: Die Studentinnen sollten ein Märchen verfassen. Die folgende Geschichte ist das Originalmärchen, das dabei entstand: König Niemalsmüd und seine Fürsten Es war einmal ein König namens Niemalsmüd. Er nannte ein großes Reich namens Herrlichland mit vielen Ländereien sein Eigen und bedurfte einer übermäßigen Macht, um den anfallenden Arbeiten Herr zu werden. Auf Geheiß der vielen Fürsten im Lande musste der König diese in ihren Burgen aufsuchen, um dort notwendige Arbeiten an den Gebäuden (hauptsächlich ging es um Fenster und Tore) zu begutachten. Kamen sie überein, beauftragte der König seine Untertanen am Hofe, die bestellten Arbeiten auszuführen. Im Gegenzug B
belohnten die Fürsten den König für seine vortreffliche Leistung mit Säcken voll Gold, Edelsteinen und anderen Kostbarkeiten. Das Reich des Königs zählte ein 167.000 Menschen starkes Volk, darunter fielen hauptsächlich Bewohner, die über 40 Jahre zählten. Vor allem riefen die Fürsten den König zu sich, denn die einfachen Bauern besaßen nicht genug, um den König zu entlohnen. Eines Tages rief der König vier Ritter aus dem fernen Uniland zu sich und erbat sich Rat, neue Ideen und Möglichkeiten darzulegen. Die vier Ritter traten hoch motiviert ihren Dienst an, doch der König hinderte sie an ihrem Fortkommen, indem er ihnen die notwendigen Schriftrollen,
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welche alle Geheimnisse des Reiches enthüllen sollten, nicht zukommen ließ. Die Ritter waren sehr enttäuscht und machten sich Gedanken. Schon waren sie der Überzeugung, es läge an ihren jungen Jahren und der vermeintlichen Unerfahrenheit, dass König Niemalsmüd so verschlossen blieb. Es wirkte für die Ritter, als schaue der König auf sie herab. Gleichwohl erfuhren die vier Ritter von Mitstreitern, die aber mit anderen Aufgaben betraut waren, dass der verehrte König diese sehr herzlich aufnahm und sich um deren Belange kümmerte. Dennoch stießen sie genau dadurch auf ihr erstes Ergebnis: Der König selektiere seine Fürsten und behandle diese in unterschiedlicher Art und Weise, wo doch dringend eine einheitliche Behandlung geboten sei! Letztendlich gab der König doch einige Namen seiner Fürsten preis, und um sich ein Bild von der Lage zu machen, reisten die Ritter durch die Lande und baten um Audienzen. Sie sammelten die Geschichten der Fürsten, worunter sich auch Rapunzel befand. Rapunzel erzählte den vier Rittern von ihrem Pferdestall, welcher sich monatelang ohne Stalltor befand. So musste das arme Pferd bei der winterlichen Kälte frieren, wodurch Rapunzel natürlich sehr besorgt und aufgebracht war. Viele Fürsten blieben dem König jedoch treu, denn sie schätzten seine vortreffliche Qualität. Die Ritter kamen schließlich zu der Einsicht, dass der König Niemalsmüd doch zu wenig bewandert auf der Ebene des persönlichen Gesprächs erschien, doch die Arbeit überzeuge. Die Fürsten klagten häufig über lange Wartezeiten, wenn sie um Audienzen baten. Um dies zu umgehen und die Bearbeitung eines jeden Anliegens schneller zu gestalten, überlegten sich die Ritter, dass der König doch einige Auserwählte seiner Bediensteten bevollmächtigen sollte, einen jeden Fürsten ganz allein, von der Audienz bis hin zur Vollendung des Werkes, zu begleiten. Auf diesem Wege könnten viele verborgene Talente seiner Bediensteten zu Tage treten und sich als hilfreich erweisen, sodass der König Unterstützung erfahre und sein Leben mehr genießen könne. Wie die Ritter am eigenen Leib ja erfahren mussten, verfügte der König ebenso über kein System und keine Ordnung in seinem Schriftrollenarchiv. Daher rieten sie ihm dringend zu einer sinnvollen Customer-Relationship-Verwaltung. Die Ritter fanden auf ihrer Reise heraus, dass so manche Taten des Königs sich als ungünstig erwiesen – zum Beispiel das geplante Gesichtsbuch – und andere als sehr erfreulich, wie zum Beispiel die morgendliche Verköstigung.
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Am Ende ihrer Reise saßen die Ritter zusammen an einer runden Tafel und tauschten ihre gewonnenen Eindrücke aus. Sie nahmen all ihren Mut zusammen, um dem König darzulegen, wie er derzeit regiert und was verbessert werden könnte. Die Moral von der Geschicht’: Als Profi wird man nicht geboren, ein langer Weg steht hier bevor. Drum lerne, jedem zuzuhören und öffne eigen Herzens Tor! (Patt, Kulipanov, Brüning u. Altrhein, 2011, S. 64 ff.) Märchenhaft verfremdete Botschaften können eine spielerische Variante in die anderweitig harten Aussagen einbringen. Sie eignen sich nicht nur dafür, die Botschaften für den Empfänger »schmackhafter« zu machen, sie regen auch stark die kreativen Fähigkeiten einer Gruppe an. Damit wirken sie einerseits daran mit, einen Raum für ungeliebte Wahrheiten zu schaffen und fördern andererseits die Innovationsfähigkeit einer Gruppe bzw. einer ganzen Abteilung. Dass sich Letzteres auch produktiv auf das gesamte Unternehmen und seine Lernfähigkeit auswirkt, haben wir in Teil A, Kapitel 1.3.5 bereits dargelegt. Welchen Impuls können Sie für Ihre Praxis daraus mitnehmen? Der imaginäre Raum für ungeliebte Wahrheiten schafft Sicherheit für alle Mitwirkenden. Um ihn aufzubauen, muss man wissen, was die daran Beteiligten unsicher werden lässt. Das ist von Gruppe zu Gruppe unterschiedlich und auch von Unternehmen zu Unternehmen. Es kann hilfreich sein, dafür professioB
nelle Hilfe in Form eines Beraters oder Coachs in Anspruch zu nehmen. Ist der sichere Raum erst einmal geschaffen, wirkt er wie ein Selbstläufer, und die Beteiligten können selbstständig weiterarbeiten. Ein einmal als wirklich sicher empfundener Raum für ungeliebte Wahrheiten ist sehr stabil, denn er baut auf vertrauensvolle Erfahrungen miteinander auf – jede neue gute Erfahrung festigt ihn.
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In Bewegung kommen – in Bewegung bleiben
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6.3 In Bewegung kommen – in Bewegung bleiben Zurück zu unserer Anfangsfrage am Beginn dieses Kapitels: Wie gelingt es, im Familienunternehmen eine Kultur der kreativen Bewegung einzuleiten? Sie auch dauerhaft am Leben zu halten? Und warum ist sie nicht automatisch vorhanden? Der Startpunkt jedes Familienunternehmens liegt in der Innovation des einstigen Gründers, der aus einer neuen Geschäftsidee ein Unternehmen aufgebaut und an die folgenden Generationen weitervererbt hat. Mit jeder Generation kamen weitere Innovationen hinzu, die die ursprüngliche Anfangsidee ergänzt und verfeinert haben. In der Unternehmensgeschichte der Familie festigte sich aber zumeist der Gedanke an die Idee des Gründers, denn diese bildete den Anfang und legte damit den Grundstein für die daraus entstandene unternehmerische und familiäre Tradition. Sie war der Ausgangspunkt des roten Fadens, der sich bis in die heutige Zeit erstreckt und das Heutige mit dem Damaligen verbindet. Die Ehrenstellung der damaligen Innovation ist durchaus positiv zu sehen, sie sollte jedoch nicht verhindern, dass sich darüber hinaus auch andere Entwicklungen für das Familienunternehmen und seine aktuelle Positionierung am Markt entfalten können. Auch wenn die Grundinnovation in früheren Zeiten sehr erfolgreich war, so könnte es doch sein, dass sie im Laufe der Zeit an Aktualität verloren hat und vielleicht sogar zugunsten anderer Ideen aufgegeben werden sollte. Zumindest könnte es von Vorteil für das Unternehmen sein, neue Erfahrungen zu machen und daraus zu lernen, um eine größere Flexibilität für wechselhafte Zeiten aufzubauen. Dieser Denkansatz eröffnet Optionen, die nicht von Tabus eingeschränkt werden. Er bereitet Familienunternehmen aber häufig Schwierigkeiten, denn er erweckt den Anschein eines illoyalen Verhaltens gegenüber dem Gründer und seiner Idee. Daher treffen Innovationen in traditionsbewussten Familienunternehmen nicht immer auf offene Ohren. Was ist notwendig, um die Innovationsfähigkeit eines Familienunternehmens zu erweitern? Zuerst einmal müssen Inhaber bzw. Inhaberfamilien den Willen haben, Innovationen nicht nur zuzulassen, sondern aktiv zu fördern. Diese Einstellung können sie dann in ihrer Vorbildfunktion in die Belegschaft weitertragen – im Idealfall als begeisternder »Funke«, der über-
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springen soll. Je authentischer das Interesse an einem innovativen Arbeitsumfeld ist, desto mehr werden die Mitarbeiter angesteckt. Der ausdrückliche Wunsch der Führung zu mehr Innovation im Betrieb reicht jedoch nicht aus, Mitarbeitern müssen auch die dafür erforderliche Zeit und die finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden. Neue Ideen können nicht neben dem laufenden Tagesgeschäft entwickelt, ausgearbeitet und umgesetzt werden. Sie stellen eigene Projekte dar, die Kollegen miteinander oder gemeinsam mit Führungskräften bearbeiten müssen, für die sie Geräte benötigen oder für die sie Fortbildungen besuchen müssen. Es ist erforderlich, Führungskräfte dafür zu sensibilisieren, das Innovationspotenzial einer Idee überhaupt zu erkennen und keine Angst zu haben vor einem temporären Arbeitsmehraufwand oder einem möglichen Scheitern, sofern sich die Idee als lohnend herausstellt. Und es ist ratsam, Mitarbeiter immer wieder zu ermuntern, ihre Ideen auch darzulegen. Denn die Sorge davor, dass die eigenen Ideen als unwichtig belächelt werden könnten, hält Menschen oft davon ab, sie mit anderen zu teilen. Eine Schlüsselfunktion nehmen hier Mitarbeiter ein, die in regelmäßigem Kontakt zu Kunden, Lieferanten, aber auch zu Wettbewerbern stehen. Sie erhalten auf diese Weise frühzeitig Kenntnis von möglichen Trends und Entwicklungen, die inspirierend auf die eigene Produktentwicklung wirken könnten. Die bereichernde Rolle, die diese Mitarbeiter für das Familienunternehmen spielen, sollte ihnen bewusst gemacht werden, ebenso die Bedeutung des täglichen Vergleichs: Was machen die anderen im Unterschied zu uns? Von anderen zu lernen ist ein Geschenk – es eröffnet eine neue Sicht auf die Welt. Mitarbeiter, die diese Erkenntnis haben, entdecken auch schneller, was es zu lernen gibt. Unterstützend können für Mitarbeiter mit hoher Kunden- oder Lieferantenfrequenz Vordrucke erstellt werden, in denen sie in handschriftlichen Stichworte Kundenwünsche notieren, Verfahrenskritik aufnehmen oder Produktprobleme sammeln. Das kann natürlich auch in virtueller Form stattfinden. Diese Informationssammlungen sind eine Fundgrube für alle Bereiche des Familienunternehmens – wenn man sie auswertet. Solche Momentaufnahmen sollten zwar regelmäßig, aber auch dosiert erhoben werden, um die betroffenen Mitarbeiter nicht mit Arbeit zu überfrachten. Eine wichtige Quelle für mögliche Innovationen können Kooperationen sein, etwa mit langjährigen Kunden oder Lieferanten. Die häufig gerade
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In Bewegung kommen – in Bewegung bleiben
bei Familienunternehmen anzutreffende enge Beziehung zu beiden Gruppen eröffnet ihnen eine große Chance zur Zusammenarbeit in der Marktbeobachtung. Kunden und Lieferanten haben schon aus Eigeninteresse die »Augen und Ohren am Puls der Zeit« – und sie haben aufgrund vertrauensvoller langjähriger Verbindungen zum Familienunternehmen den Wunsch auf weiter bestehende Geschäftsbeziehungen. Alles in allem eine sehr gute Grundlage für eine Kooperation. Für die Zusammenarbeit mit Kunden bieten sich verschiedene Optionen: –– Die Durchführung von Usability-Workshops mit eigenen Produkten, aber auch solchen der Wettbewerber, liefert dem Unternehmen Erfahrungen, die eine gute Basis für die Verfeinerung seiner bestehenden Produkte bilden oder für die Neuentwicklung alternativer Lösungen. –– Wir haben in den vergangenen Jahren sehr gute Ergebnisse mit Kundeninterviews erzielen können: Ausgewählte Kunden des Unternehmens konnten in einer entspannten Atmosphäre in ihren eigenen Räumen mit firmenfremden Interviewern viele Themen offen ansprechen, die in einer Konstellation mit firmeneigenen Interviewern undenkbar gewesen wären. Die interessantesten Anregungen lieferten die besonders kritischen Kunden. Allgemein gilt aber bei der Auswahl der zu befragenden Kunden, dass Ausgewogenheit herrschen sollte bei wichtigen Parametern wie der Produktgruppe, Region oder Umsatzstärke des Kunden. Häufen sich Aussagen, werden sie genauer analysiert. Die Reaktionen der Kunden auf diese Interviews waren durchweg positiv. –– Abraten möchten wir vor vorgefertigten, postalisch versandten Fragebögen. Sie vermitteln eine Botschaft der Oberflächlichkeit und lassen wenig Spielraum für Antworten des Kunden, denn sie konzentrieren sich auf die Fragen des Unternehmens. Aber erst in einem Gespräch, bei dem die Fragen lediglich eine Einladung aussprechen, mehr zu erzählen, lassen sich Untertöne erfassen. Wenn Letztere flexibel aufgenommen und durch weitergehendes Nachfragen vertieft werden, ergeben sich sinnvolle Ansatzpunkte für Verbesserungen – dabei werden oft überraschende Richtungen eingeschlagen, auf deren Abfrage man gar nicht gekommen wäre. Auch das offene Gespräch mit externen Stakeholdern zu suchen, kann Neues hervorbringen, immerhin teilt man ein gemeinsames Interesse am
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Erfolg des Unternehmens. Vielleicht reifen im gemeinsamen Dialog erste neue Gedanken, um beispielsweise die Effektivität des Betriebs zu verbessern: durch potenzielle neue Produkte, eine reibungslosere Zusammenarbeit, kürzere Abstimmungsprozesse oder schnellere Entscheidungswege.
6.4 Anders statt neu Interessant bei der Suche nach Verbesserungspotenzial ist auch die Idee einer Erweiterung des eigenen Leistungsportfolios, ob nun in Richtung einer breiteren Aufstellung oder einer stärkeren Spezialisierung. Eventuell eröffnet sich eine Chance, neue Angebote zu entwickeln, die für andere Unternehmen von geringem Interesse sind, weil sie nicht über genügend Flexibilität verfügen, sie umzusetzen – oder auch nur anzudenken. Hier könnten beispielsweise hochgradig individualisierte Produkte genannt werden. Dabei kommt es nicht unbedingt darauf an, immer wieder Neues zu erfinden. Gerade die Kombination von bestehenden Lösungen der Gründergeneration mit Neuerungen der nachfolgenden Generationen ist eine Kompetenz, die explizit Familienunternehmen erfolgreicher macht. Besonders hier arbeiten Inhaberfamilie, Führungskräfte und Mitarbeiter eng zusammen und bilden die Basis für aktive Lernprozesse der gesamten Organisation. Diese profitiert von der oft sehr langjährigen Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen, in deren Verlauf die gewachsenen Erfahrungen und Kompetenzen dem Familienunternehmen entscheidende Vorteile gegenüber dem Wettbewerber ermöglichen. Beispiel aus der Beratungspraxis: Vom Marktführer B
über die Beinahe-Insolvenz zum Dienstleister Ein Metallbauunternehmen ist Weltmarktführer bei der Entwicklung und Herstellung eines Nischenproduktes für die Kabelindustrie. Aufgrund des technologischen Fortschritts wird das Produkt immer mehr durch moderne Verfahren ersetzt. Um seinen Fortbestand zu sichern und seine Mitarbeiter sowie seinen Maschinenpark auszulasten, übernimmt das Unternehmen immer mehr Aufträge der Serienfertigung. In diesem Bereich gibt es zahlreiche Wettbewerber, so dass man zunehmend einem enormen Preisdruck ausgesetzt ist. Nach der Insolvenz eines wichtigen Kunden gerät das Unternehmen in eine wirtschaftli-
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Innovationspotenzial durch Freiheit
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che Schieflage mit drohender eigener Insolvenz. In dieser Situation stellt sich die Frage nach einer schnellen, aber dauerhaft angelegten Lösung. In Gesprächen mit der Inhaberfamilie (Vater, Mutter, zwei Söhne) und Kunden treten die herausragende Qualität und Lösungskompetenz des Familienunternehmens in den Vordergrund. So werden beispielsweise die beauftragenden Unternehmen freundlich auf Fehler in ihren Planungs- und Fertigungsunterlagen aufmerksam gemacht, bevor die Fertigung der Teile beginnt. Diese Leistung wurde bisher von den Inhabern als selbstverständlich angesehen und auch nicht explizit kommuniziert. Nach einigen Überlegungen zu einer möglichen Neuausrichtung des Unternehmens bilden sich drei Sparten als zukünftige Geschäftsbereiche aus: Sparte eins wird durch eine hohe Lösungskompetenz bei komplexen Kundenwünschen gekennzeichnet. Die derzeitigen Kunden lassen Aufträge fertigen, an denen andere zuvor gescheitert sind und bei denen eine hohe Flexibilität gefragt ist. Diese Kunden schätzen das Familienunternehmen als Problemlöser (Vater). Sparte zwei bietet Schulungen im Bereich der Prozessoptimierung an (älterer Sohn), Sparte drei erledigt bundesweit die Wartungsaufträge einer Werksvertretung für CNC-Maschinen (jüngerer Sohn).
6.5 Innovationspotenzial durch Freiheit Ein Unternehmen, das in den Händen der eigenen Familie liegt, verschafft dem Inhaber die Freiheit, in einem gewissen Maße seine eigenen Entscheidungen treffen zu können, losgelöst von Aktienkursen und Analysten, die oft einen starken und nicht immer positiven Einfluss auf die Entwicklung eines Unternehmens ausüben. Diese Freiheit in der Führung kann sich auch auf die eigenen Mitarbeiter positiv auswirken. Es ist ratsam, sich diese Freiheit regelmäßig zu vergegenwärtigen, denn sie betont einen Aspekt, der gerade bei der Entwicklung innovativer, kreativer Prozesse nicht vergessen werden sollte: den Stolz darauf, in einem Familienunternehmen arbeiten zu können.
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Kernaussagen •• Innovationen beinhalten ein Dilemma: Sie sind gleichzeitig eine Aufwertung des Neuen und eine Abwertung des Alten. Sie stellen damit ein sensibles Thema dar und werden nicht immer von allen begrüßt. •• Innovationen brauchen ein geeignetes Umfeld: Dazu ist die Einführung eines ernst gemeinten, ehrlichen und offenen Dialogs miteinander nötig, sowohl in den einzelnen Abteilungen als auch im gesamten Unternehmen. •• Ein ehrlicher Dialog braucht eine Kultur der Kritikfähigkeit; diese muss im Unternehmen entwickelt und gelebt werden. Dazu gehören ein intensives Vertrauensverhältnis, eine wertschätzende Art der Kommunikation untereinander und die Schaffung eines »Raumes für ungeliebte Wahrheiten«. •• Der Wunsch nach einer gelebten Innovationskultur muss klar kommuniziert werden, nach innen und nach außen. •• Im Dialog mit Dritten, zum Beispiel Kunden oder Lieferanten, ergeben sich gute Gelegenheiten, Wünsche von Kunden oder neue Trends zu erfahren. Ein solcher Dialog braucht einen Rahmen, etwa Kunden- oder Lieferanten-Interviews. •• Usability-Workshops, bei denen die eigenen Produkte – beispielsweise durch eigene Mitarbeiter, Kunden (Anwender) oder Lieferanten – getestet werden können, stellen eine Fundgrube für Verbesserungen oder die Entwicklung gänzlich neuer Produkte dar. •• Durch ein gemeinsames Interesse am Erfolg des Unternehmens bietet sich eine Kooperation mit externen Stakeholdern an. Sie kann darin liegen, in gemeinschaftlichen Projekten an einer innovativen Ausrichtung der Welt von morgen zu arbeiten. •• Es kommt nicht unbedingt darauf an, das Rad immer neu zu erfinden. Auch eine kreative Zusammenstellung bestehender Lösungen und aktueller Neuerungen macht gerade Familienunternehmer erfolgreicher im Wettbewerb. •• Die relative Entscheidungsfreiheit eines Familienunternehmens gibt allen, Inhabern und Mitarbeitern, einen guten Grund, stolz auf die eigene Entwicklung zu sein.
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Solide Regelung der Nachfolgepolitik
In der klassischen Auffassung des Personalmanagements spielt die Unternehmensnachfolge in Familienunternehmen keine Rolle. Die in der Literatur meistgenannte Meinung gibt als Grund vor allem das Verständnis von Nachfolge in Familienunternehmen an. Die Nachfolgeregelung basiert in den überwiegenden Fällen auf der Entscheidung des Altinhabers, die Verantwortung für das Weiterbestehen des Betriebes in die Hände eines seiner nächsten Verwandten zu legen: Kinder, Enkel, Schwiegersöhne und -töchter, in einigen Fällen auch jüngere Geschwister oder deren Kinder. Das ist naturgemäß nachvollziehbar, engt aber mitunter vernünftige Auswahloptionen ein. Daraus ergeben sich für uns zwei Punkte, über die Inhaber nachdenken sollten – und zwar in einem frühen Stadium, denn in der Übergabezeit sind die Würfel bereits gefallen. Punkt eins – der Fall einer innerfamiliären Nachfolge: –– Was sollte getan werden, um eine Wegbereitung für die geplante Unternehmensnachfolge durch ein Mitglied der Inhaberfamilie zu gewährleisten? –– Wann sollte idealerweise konkret damit begonnen werden? –– Wie gestaltet sich ein solides Personalmanagement, das einen verlässlichen Mitarbeiterstamm hervorbringt, um eine optimale Basis für die schwierige Zeit der Übergabe zu sichern? Anders formuliert: Wie minimiert man potenzielle Schwachstellen während des Übergangs? Die Wahl des Nachfolgers könnte allerdings auch auf eine Person aus dem bestehenden Mitarbeiterstamm fallen. Denn nicht jedes Familienmitglied eignet sich gleichermaßen für die Rolle eines Unternehmensinhabers –
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und nicht jedes potenziell geeignete Familienmitglied will diese Verantwortung übernehmen, mit der sich dann die eigenen Optionen zwingend und lebenslang verknüpfen. Andere Gründe könnten in einer unerwarteten Erkrankung oder einem Unfall eines potenziellen Nachfolgers liegen oder in dem Wunsch, einige Jahre im Ausland zu arbeiten. So könnte ein Verkauf des Familienunternehmens an die Konkurrenz zunächst vermieden werden, bis sich weitere Optionen auftun. Punkt zwei – der Fall einer Nachfolge aus der Belegschaft: –– Wurde die Option einer alternativen Nachfolge aus der Belegschaft ernsthaft durchdacht und in der Familie besprochen? –– Käme sie den Bedürfnissen der einzelnen Familienmitglieder entgegen? Allen? Nur Einzelnen? Dem anvisierten Nachfolger? Dem scheidenden Altinhaber? –– Wäre diese Alternative womöglich für den Unternehmenserfolg geeigneter? –– Hätte der familienfremde Nachfolger eine sichere Position oder eine Position auf Abruf? –– Gibt es die Option einer temporären Nachfolge durch einen älteren Mitarbeiter, der bei seinem Eintritt in den Ruhestand die Führung an eines der zurzeit noch zu jungen oder im Ausland befindlichen Familienmitglieder abgibt?
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Auf die möglichen Regelungen der Einbindung eines externen Managers oder Geschäftsführers wollen wir hier nicht weiter eingehen, da sie mehr ein Thema der Managementlehre sind als eines des Personalmanagements in Familienunternehmen. Doch wir wollen darauf hinweisen, dass auch in einem solchen Fall ein gut durchdachtes, sorgfältig geplantes Personalmanagement die notwendige Basis für die erfolgreiche Einbindung von Dritten in die Führungsebene bildet.
7.1 Die Vorbereitung der innerfamiliären Unternehmensnachfolge Man kann behaupten, dass der potenzielle Nachfolger eines bestehenden Familienunternehmens über mehr Fachwissen, unternehmerische Erfah-
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rungen, Kompromissbereitschaft und Konfliktfähigkeit verfügen muss, als er für eine Neugründung bräuchte. Schließlich besteht seine Aufgabe darin, sowohl das Positive am vorhergegangenen Arbeitsstil im Betrieb zu erhalten als auch die eigene Kompetenz hineinzutragen. Änderungen in bestehende Prozesse einzuflechten, ohne die operativen Abläufe durcheinanderzubringen und ohne die Belegschaft zu verunsichern, ist eine Kunst. Sie kann erlernt werden, wenn man sich intensiv mit ihr beschäftigt. Und sie ist die Voraussetzung dafür, dass all die erhaltenswerten Aspekte geschützt werden, ohne die Neuerungen zu vernachlässigen. Bei dieser Kunst einer gelingenden Übergabe spielt nicht nur der Nachfolger eine tragende Rolle, auch der Altinhaber ist gefragt. Wir halten es für sehr wichtig, die Rolle des scheidenden Inhabers nicht darauf zu reduzieren, dass er »loslässt und geht«. Vielmehr sollten sich seine Denkweisen und Wertvorstellungen, seine Art, den Betrieb zu führen und mit der Belegschaft zu arbeiten, nicht abrupt von jetzt auf gleich in Luft auflösen. Belegschaft, Kunden, Lieferanten, Bank- und Steuerfachleute – alle haben im Laufe vieler Jahre eine Verbindung zum Inhaber aufgebaut, und diese sollte sanft auslaufen. Dazu ist es wichtig und notwendig, dass der ehemalige Inhaber als »gute Seele« dem Betrieb mit seinem enormen Erfahrungsschatz und Beziehungskontingent bei Bedarf zur Verfügung steht. Diese Art des langsamen Ausstiegs kommt auch dem oft gehegten Wunsch des scheidenden Seniors entgegen, nicht mit einem radikalen Bruch seine bisherige Lebensweise zu beenden und in ein Gefühl von Sinnlosigkeit zu fallen. Um es mit einem Beispiel zu verdeutlichen: Es ist so wie beim Führerschein auf Probe: Ein guter Vater kann seinem Kind viel Sicherheit vermitteln und es sehr unterstützen, wenn er als Beifahrer daneben sitzt und Ruhe verströmt, bei Bedarf kurz eingreift (z. B. auf eine Radarkontrolle hinweist) und sich ansonsten heraushält. Würde derselbe Vater unentwegt eingreifen (»Fahr hier nicht so schnell. Da ist rechts vor links. Vorne sind Schlaglöcher. Jetzt überhol schon!« usw.), würde er also die Rolle des Fahrers infrage stellen, käme es über kurz oder lang zu Streitigkeiten und Verunsicherungen, eventuell zu einem Unfall, aber auf jeden Fall dazu, dass das Kind nicht in Ruhe seine Fahrpraxis erwerben und daraus lernen kann. Wenn es keine klaren Regelungen zu den Verantwortungsbereichen des bestehenden Unternehmensführers und des Nachfolgers gibt, ist der Grad zwischen gut gemeinten Ratschlägen und einer als übergriffig empfun-
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denen Einmischung gegenüber dem Nachfolger schmal. Die Verunsicherung des neuen Inhabers kann dann auch auf die Belegschaft übergreifen. Potenzielle Streitfelder entstehen, wenn beispielsweise der Altinhaber weiterhin bei seinen Besuchen Anweisungen oder Tipps an die Belegschaft erteilt und so dem neuen Senior – gewollt oder ungewollt – die Führungsrolle streitig macht. Oder wenn verunsicherte Mitarbeiter anders reagieren, als man es erwarten würde, und wenn eine unklare Kommunikation der Unternehmensleitung die Loyalitäten innerhalb der Belegschaft infrage stellt. Beispiel aus der Coachingpraxis: Der goldene Schlüssel der Verantwortung In einem Familienbetrieb mit circa 35 Mitarbeitern, der Kunststoffteile für Abdeckungen herstellte, arbeitete der Sohn an der Seite des Vaters und der Mutter mit, die als Prokuristin im Betrieb tätig war. Er hatte schon als Jugendlicher angefangen, im Betrieb zu jobben, und viele der älteren Fachkräfte kannten ihn noch aus diesen Tagen. Zwischen ihnen herrschte ein sehr gutes, geradezu familiäres Verhältnis. Es war eine unausgesprochene Tatsache, dass er eines Tages die Nachfolge antreten würde. Seine Schwester hatte nach der Ausbildung ein Studium abgeschlossen und arbeitete als Lehrerin an einem Gymnasium. Sie hatte kein Interesse an einer Führungsposition im Betrieb. Eines Tages erlitt der Inhaber einen Beinahe-Infarkt und musste sich auf dringenden Rat seines Arztes eine Weile aus dem Betrieb zurückziehen. Die laufenden Geschäfte übernahm der mittlerweile 30-jährige Sohn, und mit Unterstützung der Mutter gelang es, das Unternehmen weiterzuführen. In dieser Zeit klappte alles bestens. Als nach einer Weile der Senior wieder in den Betrieb zurückkam, übernahm er einen großen Teil seiner früheren Aufgaben. Nach einigen Monaten kam es B
erneut zu einer medizinisch bedenklichen Situation, und der Senior zog sich wieder aus dem Betrieb zurück. Auch diesmal übernahmen Sohn und Mutter die Geschäfte. Der Senior kam tageweise, manchmal auch nur stundenweise in den Betrieb, um »nach dem Rechten zu sehen«, und eigentlich erwartete die Familie, dass es auch dieses Mal zu einem reibungslosen Geschäftsablauf käme, doch das war nicht mehr der Fall. Immer mehr Unstimmigkeiten zwischen Sohn und einigen der älteren Fachkräfte prägten den Alltag, und schließlich lähmte die neue Situation große Teile der Belegschaft. Die allgemeine Verunsicherung war spürbar, die Schwierigkeiten im operativen Geschäft
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nahmen zu. Weder das Unternehmerehepaar noch der Sohn konnten nachvollziehen, warum es jetzt zu solchen Problemen kommen konnte, wo doch der erste – und viel stressreichere, weil völlig unerwartete – Krankheitsfall betrieblich so gut gemeistert werden konnte. Zu diesem Zeitpunkt nahm die Familie die Möglichkeit eines Coachings wahr. In dessen Verlauf stellte sich als größtes Hindernis die »seltsame Art« heraus, wie sich gerade die älteren Fachkräfte verhielten. Sie, für die der Junior immer der erklärte Liebling gewesen war, verweigerten ihm an manchen Stellen ihre Unterstützung. Wir gingen diesem Phänomen in einem gemeinsamen Workshop auf die Spur, an dessen Ende sich die Antwort formte: »Solange der Altinhaber noch der Senior ist, solange haben wir, die älteren Fachkräfte, die Mitverantwortung, dem Junior bei schwierigen Entscheidungen beizustehen. Denn wir haben die größere Erfahrung, und das bewahrt ihn vor Fehlentscheidungen.« Die Älteren hatten beim ersten Krankheitsfall kooperiert und alle Entscheidungen des Juniors mitgetragen, weil niemand genau wusste, wie es weitergehen würde. Beim zweiten Krankheitsausfall hatte sich unausgesprochen die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Senior wiederkommen würde – er nahm ja immer wieder Einfluss auf das Geschehen – und also gerade nur die Zeit überbrückt werden musste, bis er wieder voll einsteigen würde. Das, was der Junior als verletzende Ablehnung seiner Entscheidungen wahrgenommen hatte, war von den älteren Fachkräften genau gegenteilig gemeint: als wichtige Unterstützung zu einem schwierigen Zeitpunkt. ȤȤ Um die Situation zu klären, setzte sich die Familie zusammen und besprach zunächst intern, dass jetzt die Zeit reif sei für den Antritt der Nachfolge. ȤȤ In einem zweiten Schritt überlegten wir gemeinsam, wie alle – ältere wie jüngere Mitarbeiter – zeitgleich und in eindeutiger, respektvoller Weise informiert werden könnten, wie es weitergehen sollte mit dem Unternehmen. Die Familie wollte ausdrücklich, dass niemand sich brüskiert fühlen sollte, denn man wusste die engagierte Mitarbeit aller zu schätzen und wollte sie auch weiterhin sicherstellen. ȤȤ Man entschied sich für einen ritualisierten Übergang, bei dem im Rahmen eines kleinen Festaktes der Vater dem Sohn vor aller Augen »den goldenen Schlüssel der Verantwortung für den Betrieb« überreichte als Symbol für die endgültige, nicht mehr infrage gestellte Übergabe. Der neue Inhaber hatte damit seine offizielle Absolution bekommen.
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Welchen Impuls können Sie für Ihre Praxis daraus mitnehmen? Wenn aus dem Junior plötzlich der Senior werden soll, haben alle Beteiligten Schwierigkeiten: ȤȤ Der Altinhaber, der es allzu oft schmerzhaft fühlt, was es bedeutet, nach Jahrzehnten der alleinigen Verantwortung nun »nichts mehr zu sagen zu haben«. ȤȤ Der Neuinhaber, der über viele Jahre in den Betrieb hineingewachsen ist und immer dieselbe Rolle hatte: »Der Junior«, der nie auf Augenhöhe mit dem Senior war, weil dieser sein Vater/Onkel etc. ist. Er (oder sie) war immer das Kind, ob in der Familie oder im Betrieb. ȤȤ Die ältere Belegschaft, etwa die alten Meister, die den »Kleinen« noch von früher kennen, als der in kurzen Hosen durch den Betrieb rannte – und nun sollen sie, die sie so viel mehr Betriebserfahrung gesammelt haben, seinen Anweisungen folgen. ȤȤ Die jüngere Belegschaft, die sich daran orientiert, was die Vorbilder im Betrieb denken und wie sie handeln. Sie spüren die allseitige Verunsicherung, die dann auch auf sie überspringt. Um diese schwierige Zeit des Übergangs und Neubeginns gut meistern zu können, braucht es starke Impulse. Dazu gehört, dass Klarheit vermittelt wird: Nicht nur in Worten, sondern auch in Taten. Ein Ritual des Übergangs macht allen deutlich, dass etwas Altes beendet wird und nun eine neue Zeit beginnt. Bei jedem wichtigen Übergang im Leben nutzen Menschen überall auf der Welt Symbole, um diesen Schritt für alle sichtbar zu machen. Dass solch ein Symbol ein mächtiges Instrument ist, erkennt man an der weiten Verbreitung seines Einsatzes: In allen Kulturen, zu allen uns bekannten Zeiten, in allen Weltreligionen und in allen erdenklichen Ausformungen, begegnen uns Symbole des Übergangs, beispielsweise in Zeremonien ȤȤ zur Taufe (Namensgebung), B
ȤȤ zur Trauung (Ringe), ȤȤ zur Verleihung der Königswürde (Krone) oder ȤȤ zur Papstwahl (weißer Rauch aus dem Kamin des Vatikans). Es wird deutlich, dass ein Symbol nicht unbedingt ein fassbarer Gegenstand sein muss, um zu wirken. Das Taufwasser bzw. -öl, das dem Kind auf die Stirn gestrichen wird, oder der weiße Rauch als Zeichen dafür, dass der neue Papst nun feststeht, sind vergängliche Zeichen, und dennoch verfügen sie über eine große Aussagekraft.
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Sehr bekannt sind auch die Symbole beim Eintritt in eine berufliche Gemeinschaft/Zunft, die eng mit Ritualen verknüpft sind: ȤȤ Gesellen begeben sich auch heute noch auf die Walz, mit eindeutiger Bekleidung, Stock und Hut. Manche müssen dabei als rituelle Handlung erst über ein hohes Hindernis (Ortsschild) klettern, bevor es losgehen kann. ȤȤ Aus einigen studentischen Verbindungen ist der berühmte »Schmiss« bekannt, das Zeichen des Übergangs vom »normalen Studenten« zum »Studenten, der von nun an zu uns gehört«. Das entsprechende Ritual ist das studentische Mensurfechten. Die Beispiele lassen sich vielfach fortsetzen und zeigen vor allem eines: Es ist ein menschliches Urbedürfnis, Rituale und Symbole zu verwenden, um sich selbst und allen anderen klarzumachen: »Es ist soweit: Etwas Neues hat sich ereignet. Ab jetzt gibt es kein Zurück mehr!« Genau dieser Point of no return ist auch bei der Unternehmensnachfolge wichtig – nicht nur für die Belegschaft, auch für den Nachfolger. Das kann durch Worte nur unzureichend vermittelt werden. Nutzen Sie die intensive Wirkung eines Rituals mit Symbolübergabe, um den Ernst des Übergangs zu verdeutlichen. Dabei ist es sehr wichtig, dass Sie ein Symbol benutzen, das zu Ihnen, dem Nachfolger und dem Unternehmen passt. So eignet sich etwa für einen Handwerksbetrieb ein passendes Werkzeug oder ein im Betrieb hergestelltes Teil, während vielleicht bei einem Unternehmen, das der neuen Führungskraft eine Werkswohnung zur Verfügung stellt, ein goldener Schlüsselbund für Wohnung und Betrieb anschaulicher wirkt oder bei einem Hotel eine besondere Rezeptionsglocke. Auch der Siegelring des Altinhabers, ein gerahmter Stammbaum, der fortan im Büro des neuen Chefs für alle sichtbar hängt, oder eine Staffel aus dem Sportbedarf als Zeichen dafür, dass man nun »die Staffel an die nächste Generation übergibt«, sind geeignete Symbole. Bei der Wahl des Symbols sollten Sie Folgendes beachten: ȤȤ Es muss groß genug sein, dass es von allen Anwesenden gesehen werden kann. Notfalls sollten Sie bei einem kleineren Gegenstand während der Übergabe filmen und das Symbol auf großer Leinwand übertragen. ȤȤ Es sollte zwar vertraut sein, aber durch ein Detail aufgewertet werden, zum Beispiel durch einen »goldenen« Überzug, durch ein Kissen, auf dem es vor der Übergabe ruht, oder durch eine vom Alltag abweichende Größe.
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ȤȤ Es sollte nicht mit etwas Unangenehmem in Verbindung gebracht werden, damit alle Anwesenden das Symbol wirklich als eine Anerkennung empfinden: Es sollte also keinen politisch, religiös oder kulturell brisanten Bezug haben. Betten Sie die Übergabe des Symbols in ein Ritual ein: in einen Festakt mit Büffet und Ansprache, die aber nicht zu lang sein sollte. Sie wollen ja nicht langweilen, sondern einen Erinnerungspunkt setzen. Wenn das möglich ist, spricht nichts gegen ein Feuerwerk zum Abschluss oder eine musikalische Untermalung. Beides sind weitere symbolhafte Verstärkungen und wirken »wie ein Zepter bei der Krönung«: Die Krone selbst steht im Mittelpunkt, aber die Übergabe des Zepters verstärkt die Wirkung der Krone.
Die frühzeitige und eindeutige Kommunikation aller relevanten Informationen zum geplanten Inhaberwechsel sowie die Entwicklung von Strategien und klaren Regelungen erleichtern allen Beteiligten den Generationenübergang und bieten jederzeit Orientierung. Dadurch lässt sich die Bildung informeller Strukturen verhindern, die in ihrer Folge zu unangenehmen Nebenwirkungen führt. Beispiel: Da die Mitarbeiter aus Jahrzehnten der Zusammenarbeit die Wünsche und Bedürfnisse des alten Unternehmensleiters besser kennen als die seines Nachfolgers, neigen sie oft dazu, alte und vertraute Informationswege zu beschreiten. Wenn sie aber bei Problemen immer noch vorrangig den Altinhaber unterrichten, weil sie noch unsicher sind, wer für welchen Bereich (schon) zuständig ist, wird die Rolle des neuen Inhabers auf mehreren Ebenen geschwächt: Die gesamte Belegschaft – nicht nur die berichtenden Mitarbeiter – erfahren den Senior als HauptB
ansprechpartner; der neue Inhaber erfährt eine Verunsicherung seiner eigenen Position; und auch der Altinhaber wird verunsichert, denn er erlebt, dass es für den Betrieb nicht möglich ist, ohne ihn auszukommen.
Für die Erstellung und Umsetzung eines erfolgreichen Übergabeplans müssen –– alle notwendigen Schritte (»Was muss getan werden?«), –– alle zeitlichen Vorgaben (»Bis wann muss das erfolgen?«) und –– alle personellen Vorgaben (»Wer soll das übernehmen?«)
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erfasst werden. Dabei sollte das Personalmanagement die Belange der Beteiligten berücksichtigen, klare Verantwortlichkeiten formulieren und eventuelle Alternativen vorsehen, sofern sich manche Anpassungen als nicht praktikabel erweisen. Der Übergabeplan dient als verbindlicher Zeitstrahl, um die anstehenden Projekte und Aufgaben auf einer für alle sichtbaren Zeitschiene abzubilden. Dennoch sollte er auch Freiräume enthalten und Themenfelder benennen, in denen während einer Übergangszeit Senior und Junior gemeinsamen entscheiden müssen. Aus unserer Sicht kann das größte Hindernis für eine erfolgreiche Unternehmensübergabe darin liegen, dass sich der Altinhaber weigert, verbindliche Themenfelder und Zeitpunkte zu definieren, an denen er einzelne Bereiche an seinen Nachfolger übergibt. In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, das Vertrauen in den Nachfolger langsam durch die Übergabe von Randthemen aufzubauen, statt die komplette Verantwortung für Kernbereiche direkt zu übertragen. Dennoch muss der Tag gemeinsam vereinbart und für alle offen benannt werden, ab dem die Verantwortlichkeit für einen Bereich, oder aber auch für alle Bereiche, bei dem Nachfolger liegt. Was so einfach klingt, ist in der Praxis häufig ein schwieriges Thema. Sprechen wir mit Unternehmensleitern darüber, sind sich alle grundsätzlich einig über diese Notwendigkeiten. Schließlich arbeiten alle professionell und auf hohem Niveau. Manchmal kennt man auch aus eigener Erfahrung die auftretenden Probleme und will sie für den eigenen Betrieb vermeiden. Kommt aber die Frage der Nachfolgeregelung konkret auf den Senior zu, ändert sich seine Sicht darauf. In Gesprächen erfahren wir oft, dass die wenigsten Inhaber ihre Nachfolge aktiv gestalten. Sie lassen gern die Dinge auf sich zukommen, führen Argumente an wie –– »Solange ich noch bei guter Gesundheit bin, ist das kein Thema.« –– »Mein Kind erbt sowieso alles, es kann noch ein wenig darauf warten.« –– »Man sollte nie in gut funktionierende Prozesse eingreifen, und bei uns funktioniert es noch gut.« Anders sieht es aus bei dem potenziellen Nachfolger, der mit dieser schwebenden Situation zurechtkommen muss. –– Er ist zunehmend frustriert über die dauerhafte Vertröstung des Seniors und fühlt sich oft zementiert in der Rolle des »ewigen Juniors«.
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–– Das verfestigt auch seine Rolle in der Belegschaft – es wird für ihn mit jedem Jahr schwieriger, seinen Status als »noch nicht gut genug, um die Leitung zu übernehmen« wieder loszuwerden. –– Auch zwischen Senior und Junior herrscht eine dauerhafte Anspannung, denn der Junior steht unter einem permanenten Bewertungsdruck, ob er es »richtig macht« und sich als geeigneter Nachfolger beweisen kann. –– Das alles führt auf Dauer dazu, dass er einen Teil seiner Energie bereits vor der eigentlichen Übergabe verbraucht, anstatt sie dafür zu nutzen, in der neuen Rolle durchzustarten. –– Und manchmal führt es dazu, dass Kinder gar nicht mehr in die Fußstapfen ihrer Eltern treten wollen. Beispiel aus der Beratungspraxis: Ein schwieriges Erbe Ein mittelständischer Betrieb im Bereich Metall- und Prototypenbau beliefert namhafte Unternehmen, darunter auch Hersteller von Luxusgütern. Der Betrieb in dritter Generation besteht seit 80 Jahren, liefert herausragende Qualität und pflegt ein gutes Verhältnis zu seinen Kunden. Seit einigen Jahren bringen Veränderungen innerhalb der Auftragsvergabe, benötigte Zertifizierungen und die immer stärkere Verlagerung von Aufträgen in Länder mit niedrigem Lohnniveau Unruhe in das Unternehmen. Einzelne Unternehmensteile – wie beispielsweise eine eigene Gießerei – müssen nach und nach wegen mangelnder Auslastung geschlossen werden. Im Laufe der Zeit gehen die Umsätze kontinuierlich zurück; als Folge davon muss sich das Unternehmen von ersten Mitarbeitern trennen. In dieser Situation sucht die Unternehmensleitung Unterstützung. Nach ersten Vier-Augen-Gesprächen mit dem Inhaber und weiteren Gesprächen mit seinen Mitarbeitern fällt auf, dass der Inhaber ein besonderes Verhältnis B
zur Firma hat: Die Übernahme des väterlichen Unternehmens stellt bis heute eine große Last für ihn dar. Für diese Übernahme hatte er nach eigenem Empfinden keine Wahlmöglichkeit, sie wurde von Seiten der Familie ganz selbstverständlich erwartet. Der Vater arbeitet auch im hohen Alter noch im Betrieb mit und gilt als gefragter Fachmann. Den Namen der Familie, der gleichzeitig der Name des Unternehmens ist, kennt jeder in der Region, die Familie engagiert sich in vielen Vereinen. Der Inhaber fühlt sich wie gelähmt durch den stark empfundenen Druck, diesen guten Namen zu erhalten – seine Lähmung überträgt sich
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auch auf die Belegschaft. Geleitet von der Angst eines Imageverlusts werden nur noch Lösungen angedacht, mit denen man in der Vergangenheit erfolgreich war: In früheren Zeiten konnten Probleme beispielsweise durch sehr gute Mitarbeiter und hohe Motivation kompensiert werden. In intensiven Gesprächen berichtet der Inhaber, dass er seine Position als Unternehmensführer gern aufgeben und sich stattdessen mit neuen Kunden, Produkten und Ideen beschäftigen würde. Diese kreative Richtung entspricht jedoch nicht der Managementrolle, die er nach Meinung der Familie ausfüllen muss. Eine Befreiung des Inhabers von seiner schweren Last schien bisher nicht realisierbar, und alle angedachten Änderungen führten nur dazu, die Schwächen des Inhabers gegenüber seinem Vater zu verdeutlichen. Die gemeinsam erarbeitete Lösung kommt in Form einer zweiten Führungskraft, die als externer Partner in das Unternehmen einsteigt. Ihr wird die Rolle der Geschäftsführung zugeteilt – damit ist für den Inhaber der Weg geebnet, seinen Neigungen und seinen Fähigkeiten nachzugehen. Das entlastet ihn vor der übermäßig empfundenen Verantwortung und befähigt ihn, das tun zu können, was er am besten kann.
7.2 Die Unternehmensnachfolge aus der bestehenden Belegschaft Es gibt keine genetische Veranlagung für gute Unternehmensführung. Vielmehr gibt es eine Fülle notwendiger Erfordernisse, um ein Unternehmen und seine Mitarbeiter erfolgreich am Markt zu behaupten: Menschenkenntnis, Führungsqualitäten, Intelligenz, Beharrlichkeit, Zielstrebigkeit, Lernfreude, kaufmännisches Geschick, visionäre Begabung, um nur einige zu nennen. Die meisten dieser Fähigkeiten lassen sich erlernen, und ein fortwährender Ausbau der fachlichen und persönlichen Voraussetzungen führt mit einer größeren Sicherheit zum Erfolg des Unternehmens als die bloße Verwandtschaft mit der Gründerfamilie. Familien, denen keine leiblichen Nachfolgekandidaten zur Verfügung stehen, haben also dennoch gute Aussichten, das Familienunternehmen in seiner individuellen Ausprägung über die Nachfolge hinaus zu erhalten. Langjährige Mitarbeiter von Familienunternehmen, die innerhalb der bestehenden Führungsebenen Erfahrungen sammeln konnten, stellen nach
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unserer Meinung eine interessante Option für einen möglichen Nachfolger dar – nicht zuletzt deshalb, weil sie schon ihre Loyalität bewiesen haben und nicht nur das Unternehmen sehr gut kennen, sondern ebenso seine Mitarbeiter. Auch umgekehrt gilt: Diese Mitarbeiter sind bei der Belegschaft bekannt und werden leichter akzeptiert – man spricht bereits die selbe Sprache. Dabei ist es immer von Vorteil, wenn der Kandidat bereits in anderen Unternehmen gearbeitet hat und dort ebenfalls Erfahrungen sammeln konnte. Hier bietet es sich an, den Kontakt zu Mitarbeitern, die im eigenen Unternehmen ihre Ausbildung abgeschlossen haben, aber auch ein anderes Unternehmen kennenlernen wollten, im Laufe der Jahre aktiv zu halten. Das bedeutet zunächst, bei deren Kündigung nicht im Schlechten auseinanderzugehen. Und es bedeutet, hin und wieder anzurufen, eine Festtagskarte zu schreiben und sie zu Betriebsfesten einzuladen. Wenn sie wissen, dass ihnen im Familienbetrieb immer eine Tür offen steht, und sie das Interesse an ihrer Person wahrnehmen, wächst die Wahrscheinlichkeit, dass sie wiederkommen. Der Vollständigkeit halber möchten wir anmerken, dass auch Schwiegersöhne und -töchter sich bei vorhandenen fachlichen und menschlichen Voraussetzungen als Nachfolger eignen, da sie in der Regel ein persönlich begründetes Interesse am Fortbestehen des Unternehmens haben. Die in Teil B, Kapitel 5 aufgeführten Empfehlungen und dabei speziell die regelmäßigen Mitarbeitergespräche stellen eine gute Möglichkeit dar, die Entwicklung von Mitarbeitern über viele Jahre zu verfolgen und sie bei Bedarf zu fördern. Besonders erfolgreich gestalten sich solche Vorhaben, wenn sie lange vor dem Tag der Übernahme beginnen und von beiden Seiten ernst genommen werden. Wir empfehlen einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren vor dem geplanten Ausscheiden des Altinhabers als Startpunkt für eine gelungene Vorbereitung.
7.3 Im Notfall besser vorbereitet Wir haben den Idealfall im Blick, wenn wir von der Vorbereitung eines Wechsels berichten. Leider ist das Leben aber unberechenbar und es zwingt mitunter zu sehr schnellen Entscheidungen, etwa durch einen plötzli-
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chen Unfall des Inhabers oder möglicherweise des Unternehmerehepaares. Neben der menschlichen Tragödie katapultiert das oft auch das Unternehmen in Existenznöte. Genau für solche Fälle, die man zugegebenermaßen ungern ins Auge fasst, empfehlen wir die Erstellung eines Notfallplans. Angefangen mit einfachen Fragen, die eine Übergangszeit bis zur völligen Genesung des Inhabers regeln, etwa »Wer hat Prokura?« (und das ist besonders wichtig, wenn die derzeitige Prokuristin die Ehefrau ist, die womöglich mit im Unfallauto sitzt), »Wer verhandelt mit der Bank?« bis hin zu detaillierten Regelungen, die eine längere Übergangszeit oder das dauerhafte Ausfallen des Inhabers organisieren. Solche Notfallpläne sollten von der Inhaberfamilie in enger Zusammenarbeit mit den Führungskräften, aber auch mit Banken, Steuerberater und Rechtsanwalt entwickelt werden. Und zu diesen Plänen gehört auch eine Nachfolgeregelung, in die der Wunschnachfolger frühzeitig eingebunden werden muss.
Kernaussagen •• Eine gute Personalpolitik erleichtert die Bewältigung von Nachfolgeprozessen erheblich: Sie gibt einen guten Überblick über die Organisationskultur mit Fokus in aufFamilienunternehmen den Menschen. •bestehende • Ein Inhaberbzw. ein Führungswechsel •• Diesollte Denkweisen und Wertvorstellungen eines scheidenden Inhamit mindestens fünf Jahren Vorlaufzeit vor dem geplanten bers dürfeneingeplant keinen plötzlichen Stichtag werden.Abbruch erfahren. Geschieht es dennoch, erzeugt die neue Situation erhebliche Unruhe inInhaberwechder Beleg•• Die frühzeitige Kommunikation eines anstehenden schaft, da von die gewohnten Abläufe und Verhaltensmuster sels ist großer Bedeutung, da im Anschluss daranplötzlich alle Beteifehlen – das führt zu Verunsicherungen mit allen daraus entsteligten direkt mit der Entwicklung von Strategien und klaren Regehenden Konsequenzen. lungen für die Zukunft beginnen können. sollten nach der Übergabe mit ihremeines Erfahrungsschatz •• •Altinhaber empfiehlt sich die Erstellung Übergabeplans. • In der Vorlaufzeit alsAn »gute Seele« dem Unternehmen erhalten bleiben – abergemeinsam Anweidiesen angelehnt arbeiten dann Senior und Junior sungen an Stichtag Mitarbeiter von nun an der Vergangenheit an. auf den der gehören Übergabe hin. Altinhaber, der seinem Nachfolger wirklich »die über•• •Ein • Die eigene Belegschaft ist ein sehr geeigneter PoolSchlüssel für die Auswahl gibt« undNachfolgers, sich danachwenn von der für den Betrieb eines einVerantwortung Familienunternehmen keinen verNachabschiedet, erleichtert nicht nur dem neuen Inhaber, sondern folger aus den familiären Reihen benennen kann oder will.auch der gesamten Belegschaft die Übergangszeit. Das unterstützt auch den Unternehmenserfolg.
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Ein unternehmens- und mitarbeitergerechtes Anreizsystem
Anreizsysteme sind motivationsfördernde Elemente, die ein Unternehmen einsetzt, um seine Mitarbeiter dazu zu bewegen, Aufgaben außerhalb ihres originären Tätigkeitsfelds im Sinne des Unternehmens auszuführen. Um es auf den Punkt zu bringen: Das Unternehmen bietet üblicherweise mehr Geld und erwartet dafür einen Sondereinsatz des einzelnen Mitarbeiters. Wir möchten hier einen Denkanstoß geben, um diesen einfachen Tausch zu erweitern: im Sinne einer effektiven Arbeitsbeziehung, die beiden Seiten gerecht wird – dem Unternehmen und den Mitarbeitern – sowie die Bindung zwischen Mitarbeitern und Unternehmen stärkt und das Unternehmen im finanziellen Sinne entlastet. Eine klassische Win-win-Situation, die in ihrer Ausprägung besonders den speziellen Bedürfnissen von Familienunternehmen hinsichtlich ihres Personalmanagements entgegenkommt. Bei ihnen bilden die bestehende Unternehmenskultur und das Wertebild des Unternehmens die Grundlagen für ein menschengerechtes und nutzenbringendes Anreizsystem. Unser Modell eignet sich genau dafür sehr gut. B
8.1 Warum gerade unser Modell? Es stellt unserer Meinung nach eine interessante Option für das Personalmanagement dar, bei dem jenseits der originären Aufgaben einer Arbeitsstelle auch übergeordnete, individuelle Bedürfnisse eines Unternehmens ihren Platz finden. So kann etwa auch das Bedürfnis nach einer sauber gehaltenen Werkshalle oder nach einem kooperativen Arbeitsstil Verbindlichkeitsstatus erlangen. Das Unternehmen kann seinen Mitarbeitern kom-
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munizieren, wie wichtig ihm auch solche Kriterien sind, und es kann sie dazu motivieren, diese Kriterien ernst zu nehmen und nach Möglichkeit umzusetzen. Das Modell regt auf Dauer einen selbstständigen Umgang der Mitarbeiter mit den Unternehmenszielen an und fördert das unternehmenseigene Wissen über die Bedürfnisse der Mitarbeiter, ihre Wünsche und Interessen. Es speist sich aus der einfachen Überlegung, dass zwei Parteien mit zunächst einmal unterschiedlichen Bedürfnissen (Unternehmen will Unternehmenserfolg, Mitarbeiter will eigenen Erfolg) viel effizienter und zufriedener zusammenarbeiten können, wenn sie klar erkennen, dass sie ein gemeinsames Bedürfnis haben. Weil es das gängige Konzept der primär unterschiedlichen Bedürfnisse durchbricht und beide Seiten auf Dauer im Dialog zusammenwachsen lässt, erscheint es uns ein sowohl unternehmensgerechtes als auch mitarbeitergerechtes, kurz: ein menschengerechtes Anreizsystem zu sein. Grundsätzlich basiert die wichtigste und erfolgreichste Art der Mitarbeitermotivation darauf, –– jeden einzelnen Mitarbeiter als Individuum wahrzunehmen, –– seine besondere menschliche Bedeutung und –– seine besondere fachliche Bedeutung für das Unternehmen –– für ihn selbst ersichtlich und –– für andere erkennbar zu würdigen. Ein solcher Umgang ermuntert Mitarbeiter, stolz auf sich und auf ihre Zugehörigkeit zu diesem Familienunternehmen zu sein. Sie können sich im wahrsten Sinne des Wortes als Teilhaber des Unternehmens erleben, denn das sind sie vielleicht nicht im finanziellen Sinne, aber im ideellen Sinne durchaus: Sie haben teil am Unternehmenserfolg und an seinem Scheitern. Und sie können auch für beides ihren ganz eigenen Beitrag leisten. Darüber hinaus gibt es verschiedene Sichtweisen, wie gerechte Anreizsysteme aussehen könnten. Wir wollen uns in diesem Kapitel mit einem Modell beschäftigen, das den besonderen Ansprüchen eines Familienunternehmens gerecht wird. Die beiden Ziele unseres Modells sind: –– die gerechte Bezahlung für die geleistete Arbeit des Angestellten und –– die optimale Förderung aller Bereiche des Personalmanagements (Teil B, Kapitel 2 bis 7).
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Das Modell, das wir hier vorstellen, beruht auf vier Regeln: 1. Es gibt einen Bonusanteil, der durch die Erfüllung verschiedener Bewertungskriterien »verdient« werden kann. 2. Der Anteil kann »ausgezahlt« werden durch einen Geldbetrag oder alternativ durch die Erfüllung eines Mitarbeiterwunsches. 3. Ein Mitarbeiter, der über Jahre immer den höchsten Bonusanteil erwirbt, erhält Sonderrechte, die vorab mit ihm abgesprochen wurden. 4. Alle genannten Regeln werden gemeinschaftlich von der Unternehmensleitung und den jeweiligen Mitarbeitern vorab vereinbart: die Höhe des Bonusanteils, die Bewertungskriterien, die Mitarbeiterwünsche und die Sonderrechte. So wird sichergestellt, dass beide Seiten zu ihrem Recht kommen und voneinander profitieren.
8.2 Modell eines menschengerechten Anreizsystems
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Das Modell eines menschengerechten Anreizsystems mit seinen Bewertungskriterien ist komplex und bedarf einer sorgfältigen Entwicklung und Einführung in die Belegschaft. Zudem sind damit unter Umständen notwendige Anpassungen – zum Beispiel in der Führungskultur des Familienunternehmens – verbunden. Es soll dabei auf die im Modell nach Herzberg und Kollegen (Teil A, Kapitel 1.2.2) dargestellten Motivatoren Bezug genommen werden. Wir nehmen an, dass die Motivation durch eine aktiv betriebene Kultur des Mitwirkens und Einbindens von Mitarbeitern in Veränderungs- oder Entscheidungsprozesse stärker wiegt als lediglich ein höherer Arbeitslohn. Mit dem hier vorgestellten Anreizsystem für Familienunternehmen sollen drei Ziele verfolgt werden: –– Eine Verknüpfung zwischen dem realisierten Unternehmenserfolg und der geplanten Unternehmensentwicklung. Damit wird eine Zielkontrolle für das Unternehmen als Ganzes sowie für die einzelnen Mitarbeiter des Unternehmens möglich. –– Die Belohnung eines Mitarbeiterverhaltens, das dem Familienunternehmen dient. So können spezifische Anreize für jeden Mitarbeiter geschaffen werden, um sich als vollwertigen Teil des Unternehmens wahrzunehmen und in diesem Sinne verantwortungsbewusst und nachhaltig zu handeln.
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Modell eines menschengerechten Anreizsystems
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–– Die Einleitung eines interaktiven Lernprozesses im Unternehmen, der im Rahmen eines Dialogs zwischen Mitarbeitern, Führungskräften und Inhabern nicht nur Einzelne weiterbringt, sondern eine lernende Organisation ermöglicht. Wie lassen sich diese Ziele erreichen? Zunächst müssen sie »übersetzt« werden in messbare Kriterien, die eine Erfolgsüberprüfung ermöglichen, indem sie offenlegen, wann ein Ziel erreicht wurde bzw. wie viel Prozent eines Zieles erreicht wurden. Daneben muss der Aufbau einer Unternehmenskultur vorangetrieben werden, die diesem Modell entgegenkommt – und dazu gehört eine eindeutig kooperativ geprägte Führungskultur (zu letzterem Punkt siehe Teil B, Kapitel 3). Wir empfehlen, die Bewertungskriterien mit allen Beteiligten in einem offenen und ehrlichen Dialog zu entwickeln und einzuführen. Gerade die Einbindung aller in der Entwicklungs- und Einführungsphase schafft die nötige Transparenz, um aufkommende Ängste zu mindern und Unsicherheiten zu beseitigen. Das bringt Ruhe in den Prozess und schafft auch einen persönlichen Bezug für diese Kriterien. Sinnvoll ist es, an dieser Stelle schon Raum für eine mögliche Nachjustierung einzuplanen, beispielsweise in Bezug auf die Auswahl und Festlegung von Bewertungskriterien. Abbildung 10 zeigt Beispiele für mögliche Bewertungskriterien der Leistung eines Mitarbeiters, um sich den Bonusanteil zu erwerben. Um das Prinzip zu verdeutlichen, haben wir hier den Bonusanteil auf 10 % festgelegt. Er kann selbstverständlich auch höher oder niedriger angesetzt werden, die Entscheidung darüber liegt in der Hand der Firmenleitung. mögliche Bewertungskriterien innerhalb des Bonusanteils
fixer Lohnanteil 100 % 10 % Bonus
· Neukundengewinnung · persönliche Weiterentwicklung · Verhalten gegenüber Dritten · Wissensweitergabe · Kundenzufriedenheit · Jahresumsatz
Abbildung 10: Mögliche Bewertungskriterien des variablen Lohnanteils
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Ein unternehmens- und mitarbeitergerechtes Anreizsystem
Beispiel: Im Familienunternehmen ABA soll die Zufriedenheit der Kunden gemessen und bei positiver Entwicklung belohnt werden. Dafür wird das Bewertungskriterium Kundenzufriedenheit in den Kriterienkatalog aufgenommen. Bei einer variablen Entlohnung bietet es sich an, den fixen sowie den variablen Anteil des Arbeitslohns prozentual festzuschreiben. Bei ABA wird festgelegt, dass der fixe Anteil 100 % und der variable Anteil einen potenziellen Bonus von 10 % betragen soll. Damit stünde ein variabler Anteil von insgesamt 10 % zur Verfügung, auf den die einzelnen Bewertungskriterien aufgeteilt werden. Bei ABA entfällt auf die Kundenzufriedenheit – neben den anderen Kriterien – ein Anteil von 4 Prozentpunkten. Ein Mitarbeiter, der dieses Kriterium optimal erfüllt, kann daher maximal 4 Prozentpunkte erreichen, er kann natürlich aber auch weniger erhalten, wenn er das Kriterium nicht zufriedenstellend erfüllt. Um nachvollziehbar auf die Verteilung der Prozentpunkte zu kommen, sollten klare Anforderungen daran geknüpft werden. Bei ABA beispielsweise hat man beim Kriterium Kundenzufriedenheit je einen Punkt vergeben für »Der Mitarbeiter ist immer freundlich im Kundenkontakt« und »Der Mitarbeiter erledigt seine Kundenkontakte immer termintreu« sowie zwei Punkte für den als besonders wichtig eingestuften Bereich: »Der Mitarbeiter nimmt sich immer die Zeit, auf individuelle Probleme des Kunden einzugehen.«
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Der Bewertungskatalog unterstützt Mitarbeiter darin, wichtige, aber im Arbeitsalltag oft vernachlässigte Felder ins alltägliche Bewusstsein zu holen, ob das nun die Kundenzufriedenheit ist oder die persönliche Weiterentwicklung im Beruf. Zwar hängt nicht der feste Lohnanteil davon ab, ob man sie erfüllt – der Lohn wird zu 100 % ausgezahlt –, aber im Bewertungsgespräch erscheinen die Kriterien als wichtiger Faktor, um zu begründen, warum es auch angebracht ist, diesen Lohn zu 100 % auszuzahlen. Der Bonus ist ein zusätzlicher Anreiz für mehr Einsatz. Eine genaue Beschreibung der einzelnen Bewertungskriterien beugt Missverständnissen vor und sichert im Unternehmensalltag die Möglichkeit, jederzeit nachschlagen zu können im »Kriterienlexikon«, in dem jeder Mitarbeiter sofort das jeweilige Bewertungskriterium mit seiner Bedeutung und Eingliederung wiederfindet. Um eine anwendungsorientierte Managementlösung für Familienunternehmen zu erleichtern, wollen wir an dieser Stelle darauf eingehen, wie eine sinnvolle Verbindung zwischen den Arbeitsfeldern des Personalma-
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Modell eines menschengerechten Anreizsystems
nagements und den daraus resultierenden Bewertungskriterien aussehen könnte und wie diese Kriterien in Worte gefasst werden können. Die folgende Abbildung liefert einen guten Überblick über mögliche Bewertungskriterien, die neu festgelegt werden, und gibt gleichzeitig ein Instrument an die Hand, um zu prüfen, wie viele Kriterien in der Vergangenheit bereits als Steuerungsinstrument im Unternehmen genutzt worden sind. Arbeitsfelder PM
primäre Ziele in Familienunternehmen
Wertesystem
Verantwortung, Toleranz, Nachhaltigkeit, Tradition
Führung
Mitarbeitern Freiheiten gewähren, Einbindung in die Unternehmens entwicklung, Führung im Dialog
Personalbeschaffung
Karriereoptionen ausbauen, Stellenund Aufgabenbeschreibungen aktuell halten, professionelles Auftreten nach außen
Qualifizierung und Weiterbildung
ausgerichtet an Motivatoren, Menschen- und Wertebild beachten, fehlertolerierende Umgebung, Mitarbeiter als Individuum betrachten
Innovation/Lernen
Lernkultur ausbilden, Wissensmanagement ausbauen, aktiver mit Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern reden, eigene Kompetenzen ausbauen
Nachfolge
früh kommunizieren, klare verbindliche Regelungen treffen, Nachfolger aus Belegschaft als mögliche Option
Entlohnung
Anreizsystem schaffen, Motivatoren ansprechen, Wertesystem berücksichtigen
Abbildung 11: Die Verbindung von bedarfsgerechtem Personalmanagement und Festlegung von sinnvollen Bewertungskriterien in Familienunternehmen
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Ein unternehmens- und mitarbeitergerechtes Anreizsystem
In der Vorbereitung ist es notwendig, die einzelnen Mitarbeiter und deren Stärken und Schwächen genau zu kennen. Das gewährleistet, dass man im gemeinsamen Gespräch auch darauf eingeht und Bewertungskriterien festlegen kann, die die Stärken unterstützen und die Schwächen mindern helfen. Hier sind unter anderem wieder die Führungskräfte gefragt, die maßgeblich an einem offenen Dialog mit den einzelnen Mitarbeitern beteiligt sind. Die Punktegewichtung der einzelnen Kriterien (»Wie schwerwiegend ist dieses Kriterium für die Gesamtbewertung?«) darf von Mitarbeiter zu Mitarbeiter variieren und sollte sehr spezifisch an die besonderen Umstände angepasst werden. Die Unterschiede in den einzelnen Abteilungen müssen sich darin widerspiegeln wie auch die Anforderungen an die dort tätigen Mitarbeiter, die aus den aktuellen Aufgaben- und Stellenbeschreibungen hervorgehen. So verhindert man beispielsweise eine Benachteiligung von Mitarbeitern, die kaum oder gar keinen Einfluss auf einzelne Kriterien wie beispielsweise Kundenzufriedenheit haben. Daraus ergibt sich für jeden Beschäftigten ein bedarfsgerechtes individuelles Bewertungs- und Steuerungsinstrument. Wie überprüft man die Erfüllung der Kriterien? Als Bewertungsgrundlage können hier regelmäßige Kundenbefragungen oder Informationen Dritter dienen – etwa durch den Außendienst, durch Kollegen in anderen Abteilungen oder durch die jährlichen Betriebsergebnisse. Die Bewertung des jeweiligen Mitarbeiters erfolgt in jährlichen Gesprächen, im Idealfall zusammen mit allen Kollegen, und legt eindeutig nachvollziehbar fest, inwieweit der variable Anteil erfüllt wurde. Diese Anteile werden schließlich aufaddiert und bestimmen den Bonusanteil. Dessen Auszahlung erfolgt am Jahresende, rückblickend für das vorangegangene Jahr. Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass es hilfreich ist, die ersten Bewertungsgespräche durch externe Personen moderieren zu lassen. Diese sollten von der Belegschaft als neutral eingestuft werden und Erfahrungen in der Moderation von Gruppengesprächen haben. In der Regel verlaufen solche Gespräche umso konstruktiver, je früher und intensiver die Mitarbeiter in die Entwicklung dieses Anreizmodells eingebunden wurden. Neben den formalen Bedingungen hat sich aus unserer Erfahrung für dieses Anreizmodell die Entwicklung von Verhaltensregeln bzw. Spielregeln bewährt, die für alle – Inhaber, Führungskräfte und Mitarbeiter – gleichermaßen verbindlich sind. Diese sollten regelmäßig daraufhin geprüft werden,
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Anreize ohne Geld
ob sie noch zur Situation des Unternehmens und der Belegschaft passen. Beispiele für solche Spielregeln finden Sie im Online-Material zu diesem Buch. Ein Aspekt wird oft übersehen: Zu den Menschen, die für ein Familienunternehmen arbeiten, gehören nicht nur die »Mitarbeiter«, sondern natürlich auch die aktiv im Unternehmen tätigen Inhaber. Auch sie sollten sich einer jährlichen Bewertung ihrer Aufgabenerfüllung durch ihre Mitarbeiter stellen.
8.3 Anreize ohne Geld Ein Anreizsystem funktioniert nicht nur, wenn es auf finanzielle Belohnung basiert. Die Motivatoren ideeller Art spielen mitunter sogar eine noch größere Rolle, je nach steuerlicher Einstufung oder aktueller persönlicher Situation. Daher empfehlen wir, dass auch die Erfüllung von vorher verhandelten Mitarbeiterwünschen als Tausch gegen die erworbenen Bonuspunkte angeboten werden können. Sie haben viele Vorteile: Besonders hervorzuheben ist hier die große Vielfalt der Möglichkeiten, die es erlaubt, sehr individuell auf die Bedürfnisse jedes Einzelnen einzugehen. Und die große Bandbreite ihrer Wertigkeit, die von der bescheidenen Würdigung einer Einzeltat bis zur umfassenden Würdigung eines langjährigen Erfolges reichen können. Beispiele dafür sind etwa die Zuteilung eines Parkplatzes an einer begehrten Stelle, zum Beispiel neben dem Eingangsbereich (für das Winterhalbjahr, für ein ganzes Jahr oder für immer); die Erlaubnis, bevorzugt Urlaub nehmen zu dürfen, zum Beispiel auch während der »heißen Phase« des Vorweihnachtsgeschäfts; zusätzliche Urlaubstage; eine Verringerung der Arbeitszeit auf eine Halbtagsstelle für drei Monate, nach der Beerdigung der Eltern, um die Erbangelegenheiten zu regeln; Gutscheine für Weiterbildungskurse; der Besuch einer interessanten Fachmesse in einer attraktiven Stadt; die zeitweise Bezahlung einer Kinderbetreuung; ein Dienstwagen für eine befristete Zeit und vieles mehr. Damit solche Anreizsysteme ihre Wirkung zeigen, müssen Führungskräfte aber die Wünsche ihrer Mitarbeiter kennen – auch hier schließt sich wieder der Kreis zu einem Personalmanagement, das sowohl am Erfolg des Unternehmens orientiert ist als auch die Interessen der Mitarbeiter im Blick behält.
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Ein unternehmens- und mitarbeitergerechtes Anreizsystem
8.4 Das Ergebnis eines passgenauen Anreizsystems Im Idealfall – der sich nach einigen Jahren als eine dauerhafte Situation einstellen kann, wenn das System auch beständig gepflegt wird – kann sich ein enges Netz an positiven Wechselwirkungen einstellen, die sowohl den Bedürfnissen aller Arbeitsfelder des Personalmanagements entgegenkommen als auch denjenigen von Unternehmenseigner und Mitarbeitern als Teilhabenden am Arbeitsprozess im Unternehmen. Darüber hinaus kann das Anreizsystem ein Bindeglied werden zwischen den unternehmenseigenen Bedürfnissen und denjenigen der Mitarbeiter als Individuen. Abbildung 12 möchte diese Entwicklung verdeutlichen. Arbeitsfelder PM
Anwendungsebene
Wertesystem
Führung
Inhaber mit Zielen/Visionen und Bedürfnissen
Personalbeschaffung
Qualifizierung und Weiterbildung
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Anreizsystem als Bindeglied
Innovation/Lernen
Nachfolge
Mitarbeiter mit Bedürfnissen und Kompetenzen
Entlohnung Abbildung 12: Wirkweise des Anreizsystems im Idealfall
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Das Ergebnis eines passgenauen Anreizsystems
Kernaussagen •• Unternehmenseigene Anreizmodelle stellen eine gute Möglichkeit dar, jenseits der originären Aufgaben einer Arbeitsstelle auch übergeordnete, individuelle Bedürfnisse des Unternehmens verbindlich zu kommunizieren und dazu anzuregen, sie ernst zu nehmen. •• Ein menschengerechtes und effektives Anreizsystem, das sich für Familienunternehmen eignet, spiegelt die eigene Unternehmenskultur wider; es berücksichtigt sowohl die Interessen des Unternehmens als auch der Mitarbeiter. •• Unser System basiert auf der Erkenntnis gemeinsamer Ziele, auf die Förderung eigenverantwortlicher Handlungen der Mitarbeiter, die im Sinne des Unternehmenserfolges sind, und auf die Verbesserung des Dialogs zwischen Unternehmen und Belegschaft. Dies schafft für beide Seiten Vorteile und festigt das System. •• Bewertungskriterien für dieses Anreizsystem sollten mit allen Beteiligten gemeinsam entwickelt werden. Damit sie erfolgreich eingesetzt werden können, müssen sie für alle verständlich sein. Eine hohe Transparenz bei ihrer Erstellung begünstigt bei allen Mitarbeitern den Erhalt einer soliden Vertrauensbasis. •• Für die praxisgerechte Durchführung eines solchen Anreizsystems ist die Aufstellung von Spielregeln für alle Beteiligten sinnvoll. •• Auch Inhaber gehören zum Unternehmen und sollten ihre Aufgabenerfüllung durch die eigenen Mitarbeiter bewerten lassen. Dazu gehört Mut, der aber auch belohnt wird. •• Motivations- und Anreizsysteme dürfen auch in eine Richtung gedacht werden, die jenseits finanzieller Entlohnung liegt. Sie sollten mit den betreffenden Mitarbeitern durchgesprochen werden, um die höchstmögliche Wirkung zu erzielen.
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Teil C: Selbstpositionierung – Wo stehen Sie heute?
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Ihr Einstieg in eine Selbstpositionierung
In diesem Kapitel nehmen wir die bisher gesammelten Erkenntnisse als Fundament, um Ihnen eine Selbstpositionierung Ihres eigenen Familienunternehmens zu ermöglichen. Sie können mit den Methoden, die wir Ihnen hier vorschlagen, sowohl den Standpunkt Ihres Unternehmens als auch den einzelner Personen darin klären, und zwar einerseits als Abbild: »das bin ich/das sind wir als Firma« und andererseits als Meinungsbild: »daran glaube ich/glauben wir als Firma«. Durch die Einnahme verschiedener Blickwinkel wollen wir Sie darin unterstützen, den Tunnelblick – die Betriebsblindheit, die sich mit der Zeit einschleicht – zu weiten und ein Panorama mit offenem Blickfeld zu eröffnen. Der eigene Standpunkt kann grundsätzlich auf zweierlei Weise betrachtet werden: –– Als Abbild zu einem bestimmten zeitlichen Fixpunkt, an dem man einen Blick in den Spiegel wagt und sich selbst einer mehr oder weniger genauen Betrachtung unterzieht, zum Beispiel »Was sehe ich heute, am 1. Januar 2000, wenn ich in den Spiegel schaue?« Dabei kann das eigene Abbild, aber auch die Stellung im Leben in den Fokus der Betrachtung geraten. Beides ist sehr eng miteinander verbunden. Der Blick auf sich selbst zu einem bestimmten Zeitpunkt des Lebens offenbart viel von der momentanen Lage, in der man sich befindet. Vergleicht man das Ergebnis des Blicks in den Spiegel vom 1. Januar 2000 mit dem Blick, den man 14 Jahre später darauf wirft – also »Was sehe ich, wenn ich heute, am 1. Januar 2014, auf die Person blicke, die ich am 1. Januar 2000 war?« –, wird klar: Mein damaliger Blick stand unter dem Einfluss der damaligen Situation. –– Als persönliche Meinung oder Stellungnahme, beispielsweise zu einem Sachverhalt oder einer Situation, die immer individuell ist und daher von der Meinung anderer abweichen kann.
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Ihr Einstieg in eine Selbstpositionierung
Beide Betrachtungsweisen – Abbild und Meinung – eröffnen die Möglichkeit, ganz neu etwas über sich selbst zu erfahren: –– Das Selbstbild zu klären: »So sehe ich mich/sehen wir uns.« –– Die Vorstellung davon, wie das Fremdbild wohl ist, zu klären: »Ich glaube/wir glauben, die anderen sehen mich/uns so.« –– Den Abgleich mit der Wirklichkeit zu realisieren: »Das sehen die anderen, wenn sie auf mich/auf die Firma blicken – ich habe sie gefragt.«
1.1 Organische Entwicklung Bei der Bearbeitung der Fragestellungen in diesem Kapitel kann es vorkommen, dass Anmerkungen und Fragen für Sie wieder aktuell werden, die Sie bereits bearbeitet hatten. Vielleicht haben Sie den Abschnitt »Was könnten wir verbessern?« schon hinter sich, aber nun, beim Abschnitt »Wie setzen wir das um?«, kommen Ihnen wieder Gedanken und Fragen in den Sinn, die Sie zuvor gelesen haben. Scheuen Sie sich nicht, einfach wieder zurückzukehren in den vorangegangenen Abschnitt; erweitern Sie die Sammlung Ihrer Ergebnisse aus dem ersten Durchlauf um neue, die Sie in einem zweiten Durchlauf machen. Schließlich durchlaufen Sie in diesem Kapitel eine Entwicklungsreise, und wie immer im Verlauf evolutionärer Prozesse kann es sehr sinnvoll sein, ab und zu zurückzugehen und den gleichen Weg mit mehr Wissen neu zu gehen. Dieser Test ist nicht statisch, er entwickelt sich mit Ihrer Entwicklung und wächst mit Ihren Ansprüchen. Falls Sie feststellen, dass Ihnen wichtige Fakten oder spezifische Fragestellungen fehlen, können Sie diese jederzeit erweitern und zu einem Teil Ihres Selbsttests machen. C
1.2 Bevor es losgeht: Ihr Arbeitsbuch Wir haben noch eine wichtige Anregung für Sie, damit Sie effektiv mit diesem Kapitel und diesem Buch arbeiten können: Kaufen Sie sich ein gebundenes Arbeitsbuch. Es ist wichtig, dass es keine Datei ist, in der Sie Texte eintragen, sondern ein Buch, das Sie ganz handfest anpacken, in das Sie hineinschreiben und darin blättern können. Dieses Arbeitsbuch soll zu
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Wichtig: Keine Angst vor Komplexität
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Ihrem treuen Begleiter werden und alles aufnehmen, was Ihnen wichtig ist. Natürlich sollten Sie auch die Fragestellungen aus den einzelnen Kapiteln darin beantworten. Aber bewahren Sie auch Ihre eigenen Gedanken darin, die vielleicht von uns gar nicht erfragt wurden. Es ist Ihr Buch mit Ihren Ergebnissen, Fragen und Lösungswegen! Sie werden nach einiger Zeit feststellen, dass Ihr Arbeitsbuch eine Fundgrube für neue Gedanken und Problemlösungen geworden ist. Passen Sie gut darauf auf.
1.3 Methoden für Ihre Praxis Die Methoden in diesem Kapitel helfen Ihnen dabei, Fragestellungen aus Kapitel B zu klären, Probleme zu identifizieren oder Lösungsansätze aufzudecken. Sie sind nach einem einfachen Muster gegliedert. Sie finden unter der Überschrift jedes Unterkapitels die Fragestellung; darunter steht der Impuls, den wir Ihnen geben möchten – damit können Sie arbeiten, um sich der Frage zu nähern. Danach wird die Methode erklärt: –– Worum geht es? –– Wie wenden Sie die Methode an? –– Was brauchen Sie dazu? –– Details – und los geht es! In Teil A, Kapitel 2.2.3 haben Sie es gelesen: Unser Gehirn liebt Muster. Deshalb finden Sie hier ein Muster, das Ihnen eine schnelle Übersicht erlaubt.
1.4 Wichtig: Keine Angst vor Komplexität! Wir wollen Ihnen in diesem Kapitel eine solide Arbeitsgrundlage geben, deshalb finden Sie hier Methoden, die teilweise recht komplex sind. Sie müssen aber nicht jede direkt bis zum Schluss durcharbeiten. Wenn Ihnen eine Methode zu sehr in die Tiefe geht oder Ihnen zu arbeitsintensiv ist für den Einstieg, dann machen Sie nur den ersten Schritt und schlafen eine Nacht darüber – oder warten eine ganze Woche, bevor Sie weitermachen. Jeder Schritt zählt; lassen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen, dann werden Sie den vollen Nutzen daraus schöpfen.
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Basistest
2.1 Wertesystem: Was macht uns aus?
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Das Wertesystem eines Unternehmens ist, wie wir schon festgestellt haben, ein komplexes System aus verschiedenen Elementen. Daraus erwächst die Organisationskultur eines Unternehmens. Werte machen uns aus, ob als Person oder als Unternehmen. Sie definieren, wie wir denken, wie wir uns verhalten und was wir dabei fühlen. Sie bilden das Fundament dafür, dass wir genau so sind und uns genau so verhalten. Sie sind es wert, genau ausgeleuchtet zu werden. Wenn wir gegen unsere Werte leben und arbeiten, vergeuden wir viel Energie, um unsere inneren Widerstände klein zu halten. Wir sind weniger loyal und weniger engagiert als wir es wären, wenn wir im Einklang mit ihnen leben würden. In einem Unternehmen ist es wie in einem großen Ruderboot: Wenn die Werte der Firma mit den Werten jedes Mitarbeiters übereinstimmen, wenn die Firma also alle »ins Boot holt«, rudern alle in dieselbe Richtung und das Boot gleitet olympiareif über das Wasser. Damit man aber gemeinsame Werte teilen kann, müssen sie auch für alle klar erkennbar sein: Das Unternehmen selbst muss wissen, in welche Richtung es gehen will. Die Unternehmensleitung gibt den Kurs an, sie braucht einen klaren Blick für die eigenen Werte und einen ständigen Abgleich mit der Frage, ob sie (noch) so gelebt werden. Wie sieht es in Ihrem Unternehmen damit aus? Was sind Ihre Werte? Decken Sie sie auf: Hier sind einige Anregungen für die alltägliche Praxis. Im Anschluss daran finden Sie eine Methode, die tiefer geht. –– Machen Sie sich auf die Suche nach Geschichten Ihres Familienunternehmens. Überlegen Sie einmal, welche Geschichten in Ihrem Fami-
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Wertesystem: Was macht uns aus?
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lienunternehmen erzählt werden. Befragen Sie dazu Ihre Mitarbeiter und Kollegen. Geschichten sind in diesem Zusammenhang alle Erzählungen, die direkt oder indirekt mit dem Unternehmen zusammenhängen, wie beispielsweise besondere Aufträge und deren Realisierung oder Geschichten über die Gründungsväter. Aus besonderen Vorfällen mit Personen entstehen oftmals so genannte Running Gags, die immer wieder erzählt werden und für die Personen stehen, denen sie widerfahren sind. Welche Werte verstecken sich dahinter? Welches Menschenbild herrscht in Ihrem Familienunternehmen vor? Glauben Sie daran, dass man anderen grundsätzlich lieber vertrauen oder misstrauen sollte? Wie ist der Umgang mit Fehlern? Wie werden Kolleginnen und Kollegen behandelt, die sich anders verhalten oder aussehen als die Mehrheit der Belegschaft? Sind Männer und Frauen bei Ihnen gleichgestellt und verdienen sie bei gleicher Arbeitsleistung dasselbe? Arbeiten in Ihrem Unternehmen Frauen in Führungspositionen? Welche Beziehung haben Sie zur Umwelt? Stellt sie eher ein Problem dar, weil Auflagen beachtet werden müssen? Ist sie eine Ressource, die Ihnen wichtig ist? Sind Sie offen für neue Einflüsse von außen oder bewahren Sie Ihren Erfahrungsschatz vor Veränderungen? Wie gehen Sie in Ihrem Unternehmen mit der Meinungsvielfalt um: Lassen Sie zu oder fordern Sie auf, dass verschiedene Meinungen geäußert werden – oder unterbinden Sie das? Spielen diese Meinungen eine Rolle bei Ihren firmenbezogenen Entscheidungen? Wer formt Ihr Bild von der Konkurrenz und den Marktverhältnissen: Ihre eigenen Ansichten, die Ansichten ausgewählter Mitglieder Ihrer Belegschaft oder aller Mitglieder? Sind es firmenfremde Menschen oder Wirtschaftsberichte? Werden in Ihrem Unternehmen Rituale gelebt, also Abläufe, die sich regelmäßig wiederholen? Solche Rituale können beispielsweise das gemeinsame Mittagessen oder das interne Anstoßen auf den Geburtstag eines Mitarbeiters sein. Auch die jährliche Weihnachtsfeier, bei der sich der Inhaber als Weihnachtsmann verkleidet und Geschenke verteilt, zählt dazu. Gab es möglicherweise früher Rituale, die heute nicht mehr praktiziert werden? Warum sind diese Rituale weggefallen? Gibt es Helden in Ihrem Unternehmen? Hängen sie in Öl an der Wand oder werden sie in den Familienchroniken erwähnt? Sind die Helden noch greifbar oder existieren sie nur noch in Geschichten und Anek-
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doten? Kennen oder haben Ihre Mitarbeiter eigene Helden aus ihren Reihen, zum Beispiel eine Person, die bei einem Unfall geholfen hat? Was zeichnet diese Helden aus? Gibt es auf der Ebene der Inhaberfamilie Platz für neue Helden oder ist die Bank schon voll? –– Welche Tabus existieren in Ihrem Familienunternehmen? Über welche Themen, zum Beispiel einzelne Personen, die Inhaberfamilie oder die Nachfolgeregelung, wird nicht gesprochen? Was darf man sich als Mitarbeiter und Teil des Unternehmens auf keinen Fall erlauben, ohne in Ungnade zu fallen? Was wäre der berühmte »goldene Löffel« des Königs, den man besser nicht an sich nimmt?
Methode: Das Familienwappen (Konzept: Haralambie u. Kebbekus)
Worum geht es bei dieser Methode? •• besondere Wertesysteme in familiengeführten Unternehmen Impuls: •• die eigenen Werte erkennen und nutzen Worum geht es?
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Jedes Rittergeschlecht, das etwas auf sich hält, hat ein Wappen. Dieses Wappen spricht seine eigene Sprache: Es erzählt in einem Bild die Geschichte seiner Familie oder besser: des jahrhundertealten Familiengeschlechts. All das, was dieser Familie über viele Generationen hinweg ein Rückgrat gegeben hat, all die Werte, die dieser Familie wichtig waren und sind, erscheinen als eine Zusammenstellung von einzelnen Symbolen. So gibt es Wappen mit Flüssen oder anderen Naturkomponenten; mit Burgen oder anderen kulturellen Elementen; mit wilden oder gezähmten Tieren oder mit mythischen Wesen. Sie alle stehen für Eigenschaften, etwa für Mut oder Ehrgefühl, für Verantwortung oder für Kampfeswillen. Wenn Ihr Familienunternehmen ein Wappen hätte – welche Symbole stünden auf diesem Wappen? Im Idealfall ist das Logo Ihres Unternehmens ein solches »modernes Wappen«: Es steht in abstrakter Weise für etwas, was mit Ihrer Firma in Zusammenhang gebracht werden soll, zum Beispiel können fließende Linien für Flexibilität in der Produktentwicklung stehen oder für die Fähigkeit, an Hindernissen nicht zu zerbrechen, sondern einen Weg zu finden, wie man sie »umschiffen« kann. Ein Bogen
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kann darauf hindeuten, dass Sie eine Verbindung schaffen, zum Beispiel indem Ihre Firma Kontakte oder Wissen vermittelt. Bei dieser Coachingmethode geht es aber um eine tiefere Betrachtung, nicht nur um ein Blitzlicht auf Ihr Unternehmen. Es geht darum, ob Sie selbst klar definieren können, wofür Ihr Familienunternehmen steht, welche Werte eine Bedeutung haben und gelebt werden sollen – und darum, abzugleichen, ob Ihre Mitarbeiter das genauso sehen und leben wie Sie. Wie wenden Sie die Methode an?
Schritt eins: Klären Sie für sich selbst, welche Komponenten auf Ihr Wappen gehören. Schritt zwei: Wiederholen Sie die Methode mit Ihren Mitarbeitern (in einer kleineren Firma können Sie alle Mitarbeiter daran beteiligen, in einer größeren konzentrieren Sie sich in einem ersten Schritt auf die Abteilungsleiter, die Meister etc.; versuchen Sie aber auch hier, in einem zweiten Schritt die anderen Mitarbeiter mit einzubeziehen). Was brauchen Sie dazu?
•• Papier im Format eines Flipcharts, •• dicke Filzmarker in verschiedenen Farben, einen großen Tisch in der Mitte eines Raumes – Sie oder Ihre Mitarbeiter müssen frei um diesen Tisch herumgehen können, •• etwa eine Stunde Zeit für Schritt eins und etwa zwei Stunden für Schritt zwei, •• Moderationskarten (siehe unten), für Schritt zwei: vorab beschriftet. Details – und los geht es!
Schritt eins: Zuerst geht es um Ihre Meinung. (a) Lassen Sie die folgenden Stichworte auf sich wirken: Was spricht Sie an? Wo finden Sie die Werte Ihres Familienunternehmens wieder? Notieren Sie die für Sie wichtigen Stichpunkte auf Moderationskarten, pro Stichpunkt eine Karte: •• Arbeitsplatzsicherung, •• Beständigkeit, •• Einfluss der Mitarbeiter, •• Erfahrungsschatz-Sicherung,
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Flexibilität, gegenseitige Unterstützung des Unternehmens und der Mitarbeiter, gelebte Toleranz für Sorgen/Probleme der Mitarbeiter, gelebte Toleranz für Sorgen/Probleme der Zulieferer, Innovationsbereitschaft, Nachhaltigkeit in der Unternehmensführung, Nachhaltigkeit in der Produktion, Nachhaltigkeit in der Zusammenarbeit mit Mitarbeitern, Nachhaltigkeit in der Zusammenarbeit mit Zulieferern, persönliches Engagement, Respekt, Standortsicherung, Tradition, Verantwortung für Mitarbeiter, Verantwortung für den Standort/die Standorte, Verantwortung für die Gesellschaft, Verantwortung für die Umwelt, Verlässlichkeit im Sinne langfristiger Zusagen, Zusammengehörigkeit.
Welche weiteren Stichpunkte fallen Ihnen noch dazu ein? (b) Nehmen Sie das Flipchart-Papier, legen Sie es auf den Tisch und zeichnen Sie ein großes Wappen, das in der Mitte leer ist. Verteilen Sie Ihre beschrifteten Moderationskarten auf den Tisch. Welche Werte sind am wichtigsten? Welche müssen unbedingt ins Wappen? Ein Wappen muss übersichtlich sein, damit seine Aussage sofort verstanden wird. Wählen Sie zwei oder maximal drei Werte, die Ihnen am wichtigsten erscheinen. (c) Geben Sie diesen Werten Symbole. Ein Beispiel: Wenn Sie den Wert »Tradition« gewählt haben – welches Symbol passt für Sie am besten dazu? Ein Fluss, weil er in Jahrhunderten immer noch fließen wird? Ein Berg, weil er fest in der Landschaft steht? Entscheiden Sie sich für ein Symbol und zeichnen Sie es ins Wappen. Sie haben am Ende maximal drei Symbole in Ihrem Wappen. (d) Ihr »neues Wappen« – beschreibt es klar das Wertesystem Ihres Unternehmens? Und hat es Ähnlichkeit mit Ihrem Logo?
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Warum eigentlich zeichnen, wenn es auch sprachlich geht, werden Sie sich vielleicht fragen? Wenn Sie eine Bildsprache wählen, erweitern Sie den Informationsabruf aus Ihrem Innern: Nicht nur Ihre bewussten Gedanken, sondern auch Erinnerungen und Erfahrungen, die Sie derzeit nicht bewusst abrufen und ebenso Ihre Gefühle »liefern Ihnen Daten«, mit denen Sie arbeiten können. Bei all Ihren Handlungen spielen diese Informationen immer eine Rolle – im Hintergrund, ohne dass Sie es bemerken. Auf diese Weise holen Sie sie ans Tageslicht. Zusätzlicher Pluspunkt: Bilder können Sie viel besser erinnern. Ihr »Wappen« bleibt Ihnen deutlicher im Gedächtnis als eine schriftliche Aufstellung Ihrer Werte.
(e) Nun haben Sie Klarheit: Das sind die Werte, auf denen Ihrer Meinung nach Ihr Unternehmen gründet. Und wie sehen das Ihre Mitarbeiter? Schritt zwei: Teilen Ihre Mitarbeiter Ihre Werteeinschätzung? (a) Beschriften Sie Moderationskarten mit den genannten Stichpunkten und fügen Sie unbeschriftete Moderationskarten hinzu, damit Ihre Mitarbeiter selbstständig Begriffe hinzufügen können. (b) Versammeln Sie die ausgewählten Mitarbeiter in einen Raum mit einem Tisch in der Mitte, der von allen Seiten frei zugänglich ist. Auf dem Tisch liegt ein Flipchart-Papier, auf dem ein leeres Wappen gezeichnet ist. Bitten Sie Ihre Mitarbeiter, sich die Frage zu stellen: Für welche Werte steht unsere Firma? Welche Werte leben wir? (c) Jeder Mitarbeiter kann sich für beliebig viele Werte entscheiden. Auf jede Karte, deren Wert er auswählt, macht er einen Strich. Sind alle fertig, werden die Karten gewichtet: Welche drei Karten haben die meisten Striche? Gibt es große Unterschiede, also: Hat die Karte mit den meisten Strichen eine deutlichen Abstand zur »Nummer zwei«? (d) Welche Symbole wählen die Mitarbeiter aus, um das Wappen auszufüllen? (e) Vergleichen Sie Ihr Wappen mit dem Ihrer Mitarbeiter – passt das Ergebnis? Falls nicht: Was meinen Sie, woran das liegt? Suchen Sie das Gespräch mit Ihren Mitarbeitern, sie sind eine wichtige Quelle für die Ursachen einer potenziell verschiedenen Sicht auf Ihr Unternehmen.
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Falls Ihre Mitarbeiter schon eine von Ihnen abweichende Sichtweise auf das Unternehmen haben, wie geht es wohl Ihren Kunden? Ihren Zulieferern? Was sehen andere, wenn sie auf Ihr Unternehmen blicken? Und was möchten Sie, dass andere sehen, wenn sie auf Ihr Unternehmen blicken?
(f) Hängen Sie die beiden Wappenbilder auf, lassen Sie sie mehrere Wochen lang gut sichtbar hängen, am besten in einem Umfeld, wo geredet und Pause gemacht wird. Die Bilder transportieren »nebenbei« Ihre Botschaft: »Wir haben noch unterschiedliche Sichtweisen. Damit wir aber an einem Strang ziehen, brauchen wir ein einheitliches Wappen.« Fragen Sie sich selbst und Ihre Mitarbeiter: Wie wird ein einheitliches Wappen daraus? Wie sähe so ein Wappen aus? Was muss dafür passieren? Was muss aufhören?
Abbildung 13: Coachingmethode »Das Familienwappen«
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Variation
Sie können als Handwerksbetrieb statt einer Zeichnung auch eine Collage aus Bildern machen, die Sie beispielsweise einer Zeitschrift entnehmen; oder zum Beispiel als Fliesenbetrieb eine Fliesenkonstruktion, als Holz verarbeitender Betrieb eine Holzkonstruktion; Sie können Glas, Plastikteile oder andere greifbare Gegenstände einsetzen. Was Sie aber nicht tun sollten, ist, nur auf Sprache zurückzugreifen. ✔
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2.2 Klarheit: Wo stehen wir jetzt? Im vorangegangenen Punkt Wertesystem haben wir die Grundannahmen geklärt, die Sie und Ihre Mitarbeiter über Ihr Unternehmen haben. Sie bilden das Fundament des Denkens, des Handelns und des Sichfühlens in Ihrem Familienbetrieb. Das Wertesystem ist damit der »Dünger« für die Entstehung der Organisationskultur eines Unternehmens. Aus der Organisationskultur erwächst dann das Bild, das Ihr Unternehmen nach außen abgibt. In diesem Abschnitt wollen wir mit Ihnen Klarheit darüber gewinnen: Wie präsentiert sich Ihr Unternehmen der Außenwelt? Welche Aspekte Ihrer Organisationskultur werden sichtbar? Wie sehen und erleben andere das Unternehmen? Betrachten Sie diese Momentaufnahme zunächst einmal ganz wertfrei. Es geht jetzt nicht darum, das Ergebnis als gut oder schlecht einzuordnen, um gleich Veränderungen einzuplanen. Es geht vielmehr darum, zu erkennen, was Sie sonst im Tagesgeschäft gar nicht hinterfragen. Damit meinen wir all die vielen kleinen Dinge, über die man sich kaum noch oder gar keine Gedanken mehr macht, wenn alles glatt läuft – das »Grundrauschen« Ihres Unternehmens, das alle, die von außen kommen, wahrnehmen, während diejenigen, die täglich das Rauschen hören, taub dafür werden. Das, was für Sie oder Ihre Mitarbeiter nicht erkennbar ist, weil Sie zu nah dran sind, steht etwa Ihrem Steuerberater, der nur hin und wieder mit Ihrem Unternehmen zu tun hat, schon etwas deutlicher vor Augen. Und einem Geschäftspartner springt es vielleicht geradezu ins Gesicht. Im Folgenden möchten wir Ihnen wieder einige Fragen an die Hand geben, mit denen Sie arbeiten können, um eine Momentaufnahme Ihrer heutigen Situation zu erhalten. Sie erkennen dadurch, was andere sehen, wenn sie auf Ihr Unternehmen blicken. Unternehmenszahlen: –– Womit verdienen Sie Ihr Geld? –– Mit welchen Produkten wird welcher Umsatz gemacht? Wie verhalten sich die prozentualen Anteile zueinander? –– Gibt es Produkte oder Dienstleistungen, mit denen Sie kein Geld verdienen? –– Welches sind Ihre großen Kostenbereiche?
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Produktportfolio: –– Mit welchen Produkten arbeitet das Unternehmen? –– Werden diese Produkte von dem Unternehmen selbst hergestellt oder vertrieben? –– Wie viele Produkte sind es? –– Handelt es sich um eine Produktfamilie oder eher um eine bunte Mischung? –– Können Sie die einzelnen Produkte oder Produktgruppen namentlich benennen? –– Aus welchem Material sind die Waren? –– Kann man Ihre Produkte anfassen? –– Nach welchen Kriterien entwickeln Sie neue Produkte? –– Wie sieht der Lebenszyklus Ihrer Produkte aus: Spielt Nachhaltigkeit eine Rolle? –– Ist die Ware in Ihrem Unternehmen eine Dienstleistung? Wie setzt sie sich zusammen? –– Wie würden Ihre Kunden die Produkte benennen?
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Außenpräsentation: –– Wer sind Ihre Mitarbeiter? Wie suchen Sie sie aus? –– Was für Menschen arbeiten sonst noch für Sie? (Steuerberater, Bankangestellte etc.) –– In welchen Gebäuden arbeiten Sie: in historischen, in modernen, in Hallen oder in architektonisch anspruchsvollen Räumen? Wie sehen die Räumlichkeiten innen aus? Haben Sie Grünflächen auf Ihrem Grundstück? –– Wie wird über Sie in der Presse berichtet? –– Wer sind Ihre Kunden? Was denken Ihre Kunden über Sie? –– Was denkt Ihre Konkurrenz über Ihre Kunden: Top-Buyer, Ökos, Avantgarde, Wechselkunden oder Stammkunden? –– Welches Vertriebsmodell haben Sie? –– Wer oder was sind Ihre »Märkte«? –– Wie suchen Sie Ihre Lieferanten aus? Damit Sie einen Eindruck davon bekommen, was Außenstehende sehen, wenn sie auf Ihr Unternehmen blicken, auf Ihre Mitarbeiter, Ihren Kundenstamm oder Ihre Produkte, bietet sich folgende Coachingmethode an.
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Methode: Das Kulturhaus (angelehnt an Pohl u. Fallner, 2010) Worum geht es bei dieser Methode? •• ein Blick von außen auf das eigene Unternehmen – so wie es die anderen sehen Impuls: •• Zeichnen des »Kulturhauses« als Abbild Ihrer Unternehmenskultur zwischen festen Rahmenbedingungen und flexiblen Möglichkeiten Worum geht es?
Im vorherigen Abschnitt haben Sie einen Blick von innen heraus auf Ihr Unternehmen geworfen: Sie haben beim Erstellen eines Firmenwappens festgehalten, welche Werte in Ihrem Unternehmen vorhanden sind und ob diese auch von Ihren Mitarbeitern erkannt werden. Nun gehen Sie einen Schritt weiter: Sie werfen einen Blick von außen darauf und klären, was Außenstehende sehen, wenn sie ohne Kenntnis Ihrer Werte auf Ihre Firma blicken. Wie viel Klarheit, feste oder gar rigoros starre Rahmenbedingungen bietet Ihr Unternehmen? Wie viel Flexibilität – oder löst sich diese gar in Beliebigkeit auf? Was für eine Unternehmenskultur lässt sich daraus ableiten? Wie würden die Abläufe in Ihrem Unternehmen, die Art der Zusammenarbeit, des internen Informationsaustausches, der Führung, der Konfliktbewältigung, die Durchlässigkeit der Führungsebenen und alle anderen für Sie relevanten wechselseitigen Beziehungen aussehen, wenn man sie als ein Gebäude darstellen würde? Ein Gebäude ist ein Gebilde mit festen Mauern – so wie eine Unternehmenskultur einen festen Rahmen bietet, an dem sich die Mitarbeiter orientieren können. Ein Beispiel: Eine »feste Mauer« im System Ihrer Unternehmenskultur könnte sein: »Bei uns gibt es keine Unterschiede in der Wertschätzung der Mitarbeiter. Wir respektieren Jung und Alt gleichermaßen und siezen uns am Anfang alle. Erst wenn wir uns besser kennengelernt haben, duzen wir uns bei gegenseitigem Einverständnis.« Viele Mauern machen ein Gebäude zwar solide, sie machen es aber auch düster, daher haben Gebäude Fenster, die das Licht hereinlassen. Viele Fenster bringen viel Licht in das Innere und ermöglichen ein flexibleres Handeln, zum Beispiel indem man die Fenster öffnet und frische Luft hineinlässt. Das gilt analog auch für Ihre Unternehmenskultur.
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Beispiel: Der feste Rahmen gibt vor, dass alle sich bei Eintritt in das Unternehmen siezen. Sie haben aber einen neuen Auszubildenden mit Downsyndrom. Der junge Mann ist es nicht gewohnt, gesiezt zu werden, es macht ihn unsicher und gibt ihm das Gefühl, nicht dazuzugehören. In diesem Fall hat niemand aus der Abteilung ein Problem damit, ihn sofort zu duzen. Außerdem bieten alle Kollegen ihm an, von ihm ebenfalls geduzt zu werden. Ihre Unternehmenskultur »öffnet ein Fenster«. Alle, die von außen auf Sie blicken, zum Beispiel die Eltern des Azubis, der Patenonkel oder der betreuende Arzt, erkennen in dieser Reaktion einen Teil Ihrer Unternehmenskultur – und werden vermutlich diese Information an andere weitertragen.
Zu viele Fenster verringern die Stabilität des Gebäudes, zum Beispiel bei Erdbeben (in Krisenzeiten). Erst eine gute Balance zwischen festem Rahmen und Flexibilität macht ein Gebäude zu einer verlässlichen Wohn- und Arbeitsstätte. Wie sieht das Zuhause aus, in dem Ihre Unternehmenskultur wohnt? Wie wenden Sie die Methode an?
Schritt eins: »Besuchen« Sie Ihr Unternehmen, als ob Sie ein kanadischer Kunde wären, der es zum ersten Mal sieht. Gehen Sie langsam und mit neugierigen Augen auf das (erste) Gebäude zu, in den Eingang hinein, durch alle Abteilungen – mit dem Blick eines Fremden. Lassen Sie sich zunächst durch den Kopf gehen, wie es insgesamt wirkt. Und betrachten Sie dann die einzelnen Abteilungen, jede für sich. Schritt zwei: Versuchen Sie, das Gebäude zu skizzieren: Nicht so, wie es in Wirklichkeit aussieht, sondern so, wie es als Wohnstätte Ihrer Unternehmenskultur aussieht. Nehmen Sie dazu die Fragestellungen aus dem Abschnitt Details. C
Was brauchen Sie dazu?
•• Zeit! Das ist der wichtigste Faktor dabei. Am besten, Sie nehmen sich einen halben Sonntag dafür, es lohnt sich. •• Einen Bogen Papier und einen Stift.
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Details – und los geht es! Besuchen Sie den Ort der Wertschöpfung Ihres Familienbetriebes: die Gebäude, in dem all die Prozesse stattfinden, die Ihren Lebensunterhalt sichern, das Bild Ihrer Unternehmung in der Gesellschaft prägen – und vielleicht auch Ihre Lebensaufgabe sind. Nehmen Sie sich die Zeit, ganz langsam und zu Fuß aus einer Entfernung von wenigstens 500 Metern darauf zuzugehen. •• Wie sieht das Umfeld aus? Ist es begrünt? Bewaldet? Durchgehend asphaltiert? •• Steht es für sich oder ist es eingebettet in ein Areal mit vielen anderen Gebäuden? •• Welcher Eindruck entsteht bei dieser ungewohnten Annäherung? •• Ist der Eingangsbereich über den Parkplatz zu erreichen oder über einen mit Pflanzen bewachsenen Weg? •• Würden Sie als Fremder hier gern hineingehen?
Nun haben Sie sich etwas eingestimmt auf das Folgende. Jetzt geht es zur eigentlichen Aufgabe. Nehmen Sie zunächst alle Eindrücke in sich auf, bevor Sie die Skizze zeichnen. Sie betreten das reale Gebäude: Wie sieht die Unternehmenskultur aus, die Sie darin vorfinden? Skizzieren Sie das Abbild Ihrer Unternehmenskultur, nicht das reale Gebäude. Wie präsentiert sich Ihnen das Kulturhaus? •• Hat es viele »feste Mauern« (feste Rahmenbedingungen, die nicht durchbrochen werden)? •• Hat es viele »Fenster« (flexible Möglichkeiten, auf unerwartete Situationen zu reagieren)? •• Hat es überhaupt »Mauern« oder ist es eher »ein großes Zelt mit Planen« (mit unklaren oder zeitlich schwankenden Rahmenbedingungen, welche Regeln gelten)? •• Wie viele »Stockwerke« (Hierarchieebenen) hat es? •• Gibt es zwischen den Abteilungen »feste Mauern, offene oder geschlossene Türen, Vorhänge«? Oder »Stellwände«, die bei Bedarf ganz schnell weggeräumt werden können? (Haben die Wände in den einzelnen Abteilungen Ohren?)
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•• Gibt es »Bullaugen« oder »Glasdecken«, durch die »von oben nach unten« alles im Blick behalten wird? (Der Chef sieht alles …) •• Wo sind »offene Fenster«? Wo sind zwar »Fenster« da, die aber zum jetzigen Zeitpunkt geschlossen sind? (Werden Möglichkeiten flexibler Handhabung ausgeschöpft oder ruhen sie ungenutzt?) •• Gibt es »wackelige Leitern/stabile Treppen/komfortable Aufzüge«? (Gibt es Verbindungen zwischen den einzelnen Führungsebenen? Durchgehend nach oben offen? Oder gibt es Abteilungen, die von anderen abgeschottet sind/nur für ganz bestimmte Mitarbeiter erreichbar sind?) •• Gibt es einen »Keller« (eine Problemabteilung) und welche »Leichen« liegen darin begraben (unerledigte Konflikte oder Fehler, aus denen niemand etwas gelernt hat)? In der Abbildung sehen Sie zwei Beispiele, wie eine solche Skizze aussehen kann. Das Gebäude mit Satteldach hat viele hierarchisch gegliederte Abteilungen, und die oberste Führungsetage ist von innen gar nicht mehr erreichbar. Die kann man nur noch von außen über eine wackelige Leiter ansteuern – falls die Leiter hält. Im Keller liegen einige »Leichen«, die man mit der Zeit einfach vergessen hat. Das Gebäude daneben hat weniger Ebe-
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Abt. 2
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»Leichen im Keller?«
Abbildung 14: Coachingmethode »Das Kulturhaus«
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nen: Die Führungsetage oben und je zwei Abteilungen auf gleichem Level. Durch die Bullaugen hat der Chef immer alle Vorgänge im Blick, aber auch die Mitarbeiter sehen, was der Chef macht, und die vielen Treppen ermöglichen bei Bedarf eine schnelle Kontaktaufnahme untereinander. Was für einen Eindruck macht die Skizze, die Sie selbst gezeichnet haben, auf Sie? Würden Sie gern in diesem Betrieb arbeiten, wenn er Ihnen nicht gehören würde? Wo gibt es Möglichkeiten, die Strukturen zum Besseren zu verändern? Was würde das für »Baumaßnahmen« zur Folge haben? ✔
2.3 Zielfindung: Wo wollen wir hin? Ziele haben die meisten Menschen, zumindest einige wenige sollte jeder haben. Diese oder ähnlich lautende Aussagen findet man zur Zeit zahlreich in der Presse oder in der Ratgeberauslage von Buchläden. Wir möchten uns hier nicht einem aufgezwungenen Zielewahn um jeden Preis anschließen. Wir halten es aber für sinnvoll, sich innerhalb des eigenen Lebens und somit auch innerhalb einer Unternehmung gewisse Ziele zu setzten, nach denen man streben kann. Solche Ziele müssen nicht immer absolut realistisch sein: Ein wenig visionäres Gedankengut kann nicht schaden und wirkt oft befeuernd. Außerdem ist das, was zu einem bestimmten Zeitpunkt als unrealistisch erscheinen mag, zu einem anderen Zeitpunkt mit geänderten Rahmenbedingungen durchaus machbar. Auf diesem »unrealistischen Fundament« bauten schließlich die meisten Erfindungen auf und fußen viele Erfolgsgeschichten. Wir werden an dieser Stelle versuchen, eine Trennung in private Lebensziele und unternehmerische Ziele vorzunehmen. In der Regel ist bei einem Familienunternehmen eine solche Trennung nicht immer in allen Bereichen möglich, sie ist aber für eine klare Betrachtung sehr wichtig, denn bei stark abweichenden Zielvorstellungen kann ein Fehlen dieser Trennung zu erheblichen Problemen führen. Auch für die an einem Prozess beteiligten Personen oder für Personen im direkten Umfeld, zu denen Abhängigkeiten bestehen, ist es wichtig, klare und eindeutige Informationen zu geplanten Projekten (Zielen) zu erhalten. Spätestens bei einem Finanzierungsgespräch mit der Hausbank kann es beispielsweise nicht schaden, zu wissen, wohin die Reise gehen soll und was dafür alles in den Rucksack muss.
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Beginnen wir mit Zielen für Ihr Unternehmen und trennen diese in zwei verschiedene Kategorien: in kurzfristig und langfristig orientierte Ziele. –– Kurzfristige Ziele definieren wir mit einem Zeithorizont von wenigen Monaten bis zu fünf Jahren. –– Langfristige Ziele reichen weiter als fünf Jahre in die Zukunft. Stellen Sie sich nun einige einleitende Fragen und notieren Sie die Antworten in Ihrem Arbeitsbuch: –– Was sind die wichtigsten kurzfristigen Ziele des Unternehmens (bis 5 Jahre)? –– Was sind langfristige Ziele des Unternehmens (5 bis 10 Jahre)?
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Sie haben wahrscheinlich einige Ziele benennen können. Während Sie darüber nachgedacht haben, haben Sie als erfahrener Profi vermutlich automatisch auch externe Einflüsse mitberücksichtigt, die das Erreichen eines wichtigen Zieles sehr unwahrscheinlich machen. Möglicherweise haben Sie einige Ziele aus diesem Grund direkt wieder fallengelassen – oder gar nicht erst angedacht. Wir möchte Sie bitten, sich noch einmal diesem Thema zu widmen – den Zielen für Ihr Unternehmen –, aber dieses Mal unter einer ganz anderen Prämisse: Benennen Sie Ziele mit der Vorgabe, dass alles möglich ist! Es gibt keine Beschränkungen, keine Grenzen und keine Rahmenbedingungen. Kurz: Wie würden Ihre Antworten lauten, wenn Sie keine Hindernisse erkennen könnten und keine Angst hätten – weder vor finanziellem Schaden noch vor emotionalem Schaden (z. B. Missgunst, Verletzung eines nahestehenden Menschen)? –– Was sind kurzfristige Ziele des Unternehmens ohne Einschränkungen (bis 5 Jahre)? –– Was sind langfristige Ziele des Unternehmens ohne Einschränkungen (5 bis 10 Jahre)? Während Sie über die Ziele nachgedacht haben, sind Ihnen Begriffe und Bilder eingefallen, die Sie mit den Zielen in Verbindung bringen. Diese können einen positiven Charakter haben und anspornend wirken oder einen negativen Beigeschmack haben und befremden oder sogar bedrohlich wirken.
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Können Sie den einzelnen Zielen die Bilder und Begriffe zuordnen? Ein Beispiel: »Kreditbewilligung – das Gesicht des Filialleiters Ihrer Bank« oder »Messe Shanghai – fremde Kultur«. Können Sie sagen, warum gerade dieses Bild oder Wort Ihnen dazu relevant erscheint? Versuchen Sie, diese Worte und Bilder auf einen Bogen Papier zu bringen. Wer oder was beschwert Sie bei der Zielfassung und wer oder was befeuert Ihre Gedanken? Vergessen wir nicht die privaten Lebensziele, denn sie beeinflussen die Unternehmensziele erheblich, auch wenn das nicht immer offensichtlich wird. Das gilt für jedes einzelne Mitglied des Familienunternehmens wie auch für jedes Mitglied Ihrer Belegschaft. Entscheidungen, die wir treffen, versuchen wir oft zu rationalisieren, also ihnen einen vernünftigen Anschein zu geben. Wir wissen aber aus der Forschung, dass die weitaus meisten Entscheidungen sehr viel mit den inneren Beweggründen zu tun haben, die einen Menschen beschäftigen. Fragen Sie sich selbst (und vielleicht fragen Sie auch Ihre Familienmitglieder?): Haben Sie »geheime« Ziele, die Sie schon immer erreichen wollten? Bringen Sie dabei auch die Dinge zu Papier, die wenig realistisch sind oder für die Sie andere als »Träumer« bezeichnen würden. Notieren Sie diese Ziele auch, wenn Sie sich selbst als »naiv« empfinden, während Sie sie aufschreiben. Diese Zuschreibungen beruhen auf Wertungen, die wir oft gar nicht mehr infrage stellen, die es aber immer wieder einmal infrage zu stellen lohnt. Neues ist immer ein Aufgeben des Alten und eine Hinwendung zu Ungewohntem, manchmal auch zu vordergründig »Lächerlichem«. Ein schönes Beispiel ist die folgende Überlieferung: 1899 bat der damalige Leiter des Patentamtes in New York beim Bürgermeister um die Schließung seines Amtes, da man seiner Meinung nach alles, was es zu erfinden gab, bereits erfunden habe. Mit wirklich bedeutungsvollen weiteren Erfindungen sei also nicht mehr zu rechnen … (Paturi, 1988).
Ob ein Ziel lächerlich oder großartig ist, erkennt man erst im Nachhinein. Im Folgenden finden Sie noch ein paar weitere Fragen: –– Für welche Ziele war nie genug Zeit vorhanden? –– Welche Ziele haben Sie schon immer auf morgen vertagt? –– Welche Ziele hängen von Ihrer gesundheitlichen Verfassung ab (oder von derjenigen anderer)?
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–– Haben Sie eine Vorstellung davon, was Sie im Ruhestand machen möchten? –– Existieren in Ihrem Unternehmen unerledigte Ziele Ihrer Vorfahren, von denen heute noch berichtet wird? –– Haben Sie diese Ziele »geerbt«? –– Wirken sich diese heute als bremsende oder als antreibende Faktoren aus? –– Warum wurden diese Ziele nie umgesetzt oder erreicht? Können Sie möglicherweise die betreffenden Personen fragen? Die folgende Coachingmethode unterstützt Sie darin, sich mit Ihren möglichen Zielen zu beschäftigen – frei von Konventionen und beschränkendem »Realismus«.
Methode: Die drei Zaubernüsse (Konzept: Haralambie u. Kebbekus)
Worum geht es bei dieser Methode? •• Entwicklung neuer Lebens- und Unternehmensziele Impuls: •• Fallenlassen von Begrenzungen Ihrer Gedanken bei einer Zielfindung Worum geht es?
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Wir leben in einer sehr komplexen Welt, die Zugang bietet zu vielen wichtigen Informationen, um die Vorgänge in ihr besser verstehen und einschätzen zu können. Überdies sind Sie als Unternehmer besonders angehalten, sich mit harten Fakten zu beschäftigen, denn schließlich hängt Ihr Unternehmenserfolg nicht unwesentlich davon ab. Es ist also sehr ratsam, realistisch auf die Welt zu blicken und alle verfügbaren Informationen zu einem soliden Gesamtbild dessen, was gerade möglich ist, zusammenzusetzen. – Oder doch nicht? Was Realität ist, hängt meistens vom Betrachter ab. Das gilt für alles, was •• auf einer Einschätzung beruht, zum Beispiel bei menschlichen Beziehungen, •• zu einem bestimmten Zeitpunkt (mit dessen technischen oder gedanklichen Möglichkeiten) oder •• in einem bestimmten Umfeld, zum Beispiel einer bestimmten (Unternehmens-)Kultur stattfindet.
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Beispiel »Einschätzung einer Person«: »Mit dem Kerl kann man keine Geschäfte machen, der ist absolut unzuverlässig!« oder »Meine Prokuristin ist sehr pedantisch, ich kann mich voll und ganz auf sie verlassen!«. Diese Aussagen können als sehr real empfunden werden, weil man sich vielleicht auf gemachte Erfahrungen von Monaten oder gar Jahren verlässt, aber sie gelten nicht grundsätzlich. So könnte der »absolut unzuverlässige Kerl« in einer Situation sein, in der er eine sehr ernst zu nehmende ärztliche Diagnose verarbeiten muss: Sein alter Vater ist Alzheimerpatient und es ist abzusehen, dass sich sein Zustand ständig weiter verschlechtern wird. Als einziger Sohn macht er sich seit vielen Monaten Gedanken, wie lange die Mutter den Vater noch zu Hause pflegen kann und was es für ihn bedeuten wird, wenn eventuell auch die Mutter im höheren Alter pflegebedürftig wird. Es kann sein, dass der unzuverlässige Mann sich nur deshalb so verhält, weil er sich in einer lang anhaltenden Stresssituation befindet, die er derzeit nicht bewältigen kann. Und die im Beispiel erwähnte pedantische Prokuristin kann sich womöglich als sehr unzuverlässig erweisen, wenn sie sich mit 55 Jahren noch einmal so richtig verliebt. Beispiel »Zeitpunkt«: Als am 7. Dezember 1835 die erste offizielle Probefahrt einer lokomotivbetriebenen Eisenbahn mit Personenbeförderung zwischen Nürnberg und Fürth stattfand, war sie eine technische Sensation. Die Strecke von knapp über sechs Kilometern wurde in nur neun Minuten zurückgelegt! Die 200 Ehrengäste waren sich der historischen Tragweite dieser Fahrt bewusst. Ihr waren übrigens heftige Warnungen vorausgegangen: Experten fürchteten, dass der menschliche Körper die anvisierte Geschwindigkeit nicht ohne gesundheitlichen Schaden überstehen würde. – Dass diese Befürchtungen ganz und gar unrealistisch waren, bewies Felix Baumgartner, als er im Jahre 2013 als erster Mensch aus dem Weltall auf die Erde sprang. Bei seinem Stratosphärensprung erreichte er eine Geschwindigkeit, die 1835 als völlig weltfremd angesehen worden wäre. Das ist natürlich ein sehr polarisierendes Beispiel, aber es gibt viele andere, die zeigen, dass innerhalb nur weniger Jahre große Veränderungen entstehen. Hätten Sie noch vor wenigen Jahren gedacht, dass man ein Auto »drucken« kann? Urbee 2, das dreirädrige Hybridauto des amerikanischen Ingenieurs Jim Kor, bezieht seine Bauteile (ABSPlastik) aus 3D-Druckern. Beispiel »Umfeld«: Nicht einmal auf die Realität der »Fakten«, die uns »ganz real« umgeben, kann man sich grundsätzlich verlassen, auch sie bestehen nur in Abhän-
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gigkeit zu etwas. Empfinden Sie den Boden unter Ihren Füßen als fest? Würden Sie sagen: Das ist wirklich unumstößlich? Wenn Sie nicht gerade ein Erdbeben erleben, dann ist das auch so – aber nur, weil Sie gerade von hier aus betrachtet diesen Schluss ziehen. Würden Sie aus dem Weltall auf dieselbe Stelle blicken, würden Sie erkennen, dass sich die Erde dreht – und mit ihr der »feste Boden unter Ihren Füßen«. Er ist nur für Sie fest, weil Sie gerade da sind, wo Sie sind. Daraus ergibt sich eine einfache Formel: Echte Fakten + unsere Einstellungen + der Zeitpunkt + das Umfeld = unsere Realität. Und was bedeutet das nun für Sie? Wenn Sie sich auf ein Ziel festlegen wollen, um Ihr Unternehmen zum Besseren zu ändern, lassen Sie sich bei der Suche danach nicht von Gedanken einschränken, die morgen vielleicht schon »von gestern« sind. Wagen Sie ein unübliches Experiment: Erlauben Sie sich Zukunftsträume auf hohem Niveau.
Wie wenden Sie die Methode an?
Schritt eins: Sie lassen sich einen ganzen Tag oder besser ein ganzes Wochenende lang wertfrei inspirieren: »Was könnte ein interessantes Ziel für mich/ mein Unternehmen sein?« Schritt zwei: Sie stöbern in alten Zeitschriften herum und sehen sich die Bilder an. Was spricht Sie an? Schritt drei: Sie schneiden alle Bilder aus, die Ihnen zusagen, ganz gleichgültig, ob Sie sie nachher verwenden werden. Schritt vier: Sie setzen die »Zaubernüsse« ein.
Ressourcen
Beziehung
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Abbildung 15: Coachingmethode »Die drei Zaubernüsse«
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Kreativität
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Schritt fünf: Sie kleben alle Bilder, für die Sie sich entschieden haben, auf Papier, nach Gruppen geordnet: »freie Ressourcen/absolute Unabhängigkeit/volle Innovationsbreite«. Schritt sechs: Sie machen ein Foto von der Collage und kleben es in Ihr Arbeitsbuch. Lassen Sie die echte Collage ruhig eine Weile an einem gut sichtbaren Platz hängen, sie wird Sie inspirieren und ermuntern. Was brauchen Sie dazu?
•• Zeit, am besten ein ganzes Wochenende als Vorlauf und ein zweites zum Handeln; •• Mut, die gewohnten Denkpfade zu verlassen; •• einen großen Bogen Papier und Schreibmaterial; •• ein paar Zeitschriften, aus denen Sie interessante Bilder ausschneiden können; •• einen Klebestift; •• drei Nüsse und einen Nussknacker; •• eine Kamera oder ein Smartphone, um ein Foto zu machen. Details – und los geht es!
Bei dieser Methode arbeiten Sie ganz bewusst mit Mitteln, die nicht nur Ihren Verstand und Ihre Gefühle einbeziehen, sondern durch den Einsatz der »Zaubernüsse« auch Ihrem Körper Signale senden. Probieren Sie es genau so aus, wie es hier beschrieben wird, auch wenn es Ihnen ungewöhnlich vorkommt. Sie arbeiten auf diese Weise mit einer Methode, die auch im Hochleistungssport angewandt wird – und dort sind die Ergebnisse manchmal Gold wert. (a) Sammeln Sie alte Zeitschriften. Hier kommt es darauf an, dass diese unterschiedliche Bilder beinhalten. Sie können auch Kataloge verwenden. (b) Blocken Sie sich im Kalender zwei aufeinanderfolgende Wochenenden, an denen Sie wirklich Zeit haben. (c) Am ersten Wochenende lassen Sie Ihren Gedanken freien Lauf. Gehen Sie spazieren, dabei kann man am besten ungezwungen denken. Stöbern Sie in alten Kalendernotizen herum, welche Projekte Sie schon einmal begonnen, aber nicht zu Ende geführt haben. Sehen Sie sich alte Fotos Ihres Unternehmens an, blättern Sie in alten Werbemitteln herum. Kurz: Lassen Sie völlig frei von Erwartungen Informationen in Ihre Gedanken
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rieseln. Sie müssen sich nichts merken, es geht nur darum, sich »unzensiert einzustimmen«. (d) Lassen Sie die Woche vergehen, ohne aktiv zu werden. Sie haben bereits Ihre Erinnerungsarchive angezapft, nun warten Sie darauf, was wieder zum Vorschein kommt. Aber lassen Sie es einfach von selbst passieren, ohne dass Sie sich darum bemühen. Es ist wie beim Zubereiten von Knödeln: Man wirft sie in kochendes Wasser, und sie versinken erst einmal. Wenn sie verzehrfertig sind, schwimmen sie von allein nach oben. (e) Das darauffolgende Wochenende teilen Sie in zwei Abschnitte: Am ersten Tag setzen Sie sich hin und schneiden Bilder aus den Zeitschriften und Katalogen aus – solche, von denen Sie sich angesprochen fühlen und die Ihnen ganz allgemein auffallen. Am besten, ohne dass Sie sich fragen, warum es gerade dieses Bild sein soll. Schneiden Sie auch Bilder aus, die Sie komplett ablehnen oder banal finden – Hauptsache, Sie bleiben am jeweiligen Bild »innerlich haften«. (f) Wenn Sie genug Material haben (was »genug« ist, bestimmen Sie selbst), dann lassen Sie die Bilder ruhen. Für heute ist Ihre Arbeit getan. (g) Am zweiten Tag dieses Wochenendes wird es spannend. Nehmen Sie den Bogen Papier, das Schreibmaterial, den Klebestift und die Zaubernüsse sowie den Nussknacker zur Hand. Setzen Sie sich an einen großen Tisch und legen Sie die gestern ausgeschnittenen Bilder dazu. Sie brauchen jetzt mindestens zwei Stunden ganz für sich allein. Wenn Sie wollen, können Sie Musik nebenher laufen lassen. Wichtig ist nur, dass Sie dadurch nicht abgelenkt, sondern unterstützt werden und sich wohl fühlen. (h) Unterteilen Sie das Papier in drei Teile und malen Sie drei Kreise hinein, in jeden Teil je einen. Schreiben Sie zum Beispiel oben in den Kreis hinein: »freie Ressourcen«. Unten links in den zweiten Kreis »absolute Unabhängigkeit« und unten rechts in den dritten Kreis »volle Innovationsbreite«. Wie Sie die Kreise über das Papier verteilen, bleibt Ihnen überlassen, Hauptsache, es ist genug Raum zwischen allen vorhanden. (i) Nehmen Sie die erste Nuss zur Hand – es ist eine »Zaubernuss«. Sie beinhaltet in ihrem Inneren einen gedachten Blankoscheck. Wie in einem guten Märchen bekommen Sie hier einen Wunsch erfüllt. Knacken Sie die Nuss auf, nehmen Sie das Geräusch deutlich wahr: Die erste Nuss steht für die Möglichkeit, dass Sie bei der Auswahl möglicher Ziele auf freie Ressourcen bauen können. Wie würden Ihre Wünsche und Ziele lauten, wenn
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Zielfindung: Wo wollen wir hin?
Sie keine Einschränkungen finanzieller, zeitlicher oder räumlicher Art zu beachten hätten? (j) Legen Sie die erste Nuss zur Seite und nehmen Sie die zweite Nuss zur Hand. Auch sie erfüllt Ihnen einen Wunsch, wenn Sie sie knacken: Die zweite Nuss steht für die Vorstellung absoluter Unabhängigkeit. Wie würden Ihre Ziele aussehen, wenn Sie keine Einschränkungen durch persönliche, familiäre oder andere zwischenmenschliche Beziehungen zu beachten hätten? (k) Legen Sie auch diese Nuss zur Seite, nehmen Sie nun die letzte Nuss zur Hand und knacken Sie sie. Die dritte Nuss steht für die Möglichkeit einer vollen Innovationsbreite. Wie würden Ihre Ziele aussehen, wenn Sie keine Einschränkungen durch technologische, medizinische oder andere Forschungsergebnisse zu beachten hätten? (l) Nachdem Sie auch diese Nuss zur Seite gelegt haben, können Sie mit der Sammlung möglicher Ziele beginnen. Welches Bild passt zu welchem Thema? Gibt es Bilder, die zu allen drei Themen passen? Gibt es Bilder, die Sie gar nicht dabei haben? Skizzieren Sie selbst, was hier noch auf das Papier gehört. (m) Wenn Sie alle Bilder verteilt haben, und es fehlt noch etwas, dann schreiben Sie es dazu. Aber nur dann! Der Fokus liegt bei dieser Methode auf Bildern und Skizzen. (n) Sehen Sie sich alles noch einmal genau an. Steckt hier alles drin, was Sie bewegt? Wenn ja, dann kleben Sie alle Bilder auf das Papier. Wenn nicht, dann holen Sie sich noch einmal die Zeitschriften und suchen Sie weiter. (o) Machen Sie ein Foto von dieser Collage und kleben Sie es in Ihr Arbeitsbuch. (p) Hängen Sie die Collage an einen Ort, den Sie oft am Tag sehen können. Lassen Sie die Wirkung weiter einsickern. Vielleicht entstehen später in Ihnen weitere Ideen, die sich erst noch langsam entwickeln müssen. Lassen Sie dieser Entwicklung Zeit. Haben Sie sich vielleicht gefragt, warum das Knacken der Nüsse so wichtig ist oder ob es nicht reicht, sich das nur vorzustellen? Eine gute Frage. Wenn Sie sich das Knacken nur vorstellen, dann denken Sie: Sie bemühen Ihre kognitive Ebene, und das tun Sie ja sowieso immer, wenn Sie sich eine Frage stellen. Mit der echten Handlung gehen Sie einen neuen Weg – Sie
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nehmen die körperliche Sinnesebene dazu: Sie halten die Nüsse in der Hand und spüren deren Widerstand (haptischer Reiz) und Sie hören es knacken (akustischer Reiz). Und durch die Bilderschau und das Gefühl, das Sie haben, wenn Sie an einem Bild hängen bleiben, haben Sie auch noch die emotionale Ebene angesprochen – damit arbeiten Sie mit allen drei Ebenen, die Ihnen zur Verfügung stehen, um Neues aufzunehmen. Optimale Voraussetzungen für eine wirklich innovative Arbeit! ✔
2.4 Erkenntnis: Was könnten wir verbessern?
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Sie haben im letzten Abschnitt die Schleusen geöffnet für alle Ideen, die noch in Ihnen schlummern. Vielleicht haben Sie festgestellt, dass es im Augenblick einige Abweichungen gibt zwischen Ihrem Wunsch und der heutigen Realität in Ihrem Unternehmen. Sammeln Sie zunächst Ihre Wünsche, Gedanken und Vorstellungen zu der Frage, was Ihrem Unternehmen derzeit noch fehlt. Erlauben Sie sich auch, die ungewöhnlichen Ideen zuzulassen. Beantworten Sie sich einige Fragen dazu: –– In welchen Bereichen unterscheiden sich Ihre Vorstellungen von den heutigen Fakten im Unternehmen? –– Wo sehen Sie Nachholbedarf? –– Welche Ihrer Wünsche halten Sie selbst für unrealistisch? Warum? –– Welche Ihrer Wünsche halten andere für unrealistisch? Warum? –– Zu welcher Generation gehören die Menschen, die Ihre Wünsche ablehnen? –– Wenn Sie alle Wünsche zu möglichen Verbesserungen auf einen großen Bogen Papier übertragen: Können Sie Gruppen von zusammengehörenden Begriffen bilden (z. B. »gehört zu Finanzen/gehört zu Innovationen« usw.)? –– Welche Gruppe ist die größte? All Ihre gesammelten Wünsche sind ein wichtiges Reservoir für die Entscheidung, die bald ansteht: Wohin soll es gehen, was soll sich ändern? Doch bevor Sie sich diese Frage beantworten und sich auf ein Ziel festlegen, gibt es noch einen Zwischenschritt, der das Fundament Ihrer Entscheidung verbreitert: Lassen Sie die Frage weiterwandern – zu Ihren Mit-
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Erkenntnis: Was könnten wir verbessern?
arbeitern. Was sind deren Ideen? Binden Sie sie bewusst mit ein, denn viele Mitarbeiter haben eine genaue Vorstellung davon, was man am eigenen Arbeitsplatz, aber auch innerhalb des Unternehmens besser machen könnte. In der Regel gibt es aber im Alltag keinen Rahmen, in dem solche Anregungen gegenüber der Unternehmensleitung adäquat kommuniziert werden, mit ihr diskutiert und letztlich zusammen umgesetzt werden können. Es gilt also, erst einmal einen Rahmen zu schaffen, in dem offene Anregungen, Kritik und produktive Verbesserungsvorschläge möglich sein können. Nutzen Sie auch bewusst die Ansichten der jüngeren Mitarbeiter, denn diese haben noch eine Einstellung zu ihren Aufgaben und deren Erledigung, die nicht geprägt ist von jahrzehntelangen Routinen. Nun haben Sie ein großes Angebot an Möglichkeiten, jetzt gilt es, alles auf sich wirken zu lassen. Versuchen Sie, sich nun spontan für eine Veränderung innerhalb Ihres Unternehmens zu entscheiden. Welche würden Sie auf Anhieb wählen? Bei spontanen Entscheidungen, also bei so genannten »Bauchentscheidungen«, fließen im Allgemeinen all die Erfahrungen und das Wissen ein, das wir im Leben gesammelt haben, aber nicht mehr einzeln und bewusst als Erinnerung abrufen können. Sie stellen eine ernst zu nehmende Ergänzung zu solide durchdachten Entscheidungen dar, sofern Sie ehrlich zu sich selbst sind. Haben Sie »ein gutes Gefühl«? Es ist die Summe der in Ihrer Vergangenheit erlebten Situationen und ihrer Lösungen. Diese müssen nicht zwangsläufig auch für zukünftige Entscheidungen richtig sein, aber sie bestärken Sie darin, bereits gute Erfahrungen damit gemacht zu haben. Haben Sie »ein schlechtes Gefühl, ein nagendes Unwohlsein«, ein bestimmtes Ziel anzusteuern? Dann steuern Sie es nicht so an, wie Sie es jetzt vorhaben. Wandeln Sie das Ziel um oder den Weg dorthin, bis Sie sich wieder wohl damit fühlen. Unterschätzen Sie nicht die Bremswirkung Ihrer eigenen Emotionen, sie haben großen Einfluss auf Ihre Gedanken und lassen sich auch in Ihrer Körperchemie nachweisen. Nutzen Sie diesen »heißen Draht« in das Archiv Ihrer Erfahrungen und treffen Sie eine Entscheidung. Können Sie sich nicht zwischen zwei gleichwertigen Zielen entscheiden? Dann arbeiten Sie mit der folgenden Methode.
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Methode: Das Tetralemma (angelehnt an Varga von Kibéd und Sparrer, eigene Weiterentwicklung)
Worum geht es bei dieser Methode? •• Entscheidungshilfe zwischen zwei gleichwertigen Zielen: heraus aus der geistigen Sackgasse Impuls: •• statt Ja oder Nein: Beleuchten von vier Reaktionsmöglichkeiten und deren Konsequenzen, um sich klar für ein Ziel entscheiden zu können Worum geht es?
Haben Sie nach langem Hin und Her aus der Fülle möglicher Ziele all diejenigen verabschiedet, die bei näherer Betrachtung doch nicht anzustreben wären, und es bleibt Ihnen nur noch ein eindeutiges Ziel vor Augen? Dann kann es losgehen. Was aber können Sie tun, wenn sich zwei Ziele ergeben, die Ihnen ähnlich attraktiv vorkommen? Beispiel: Ihr Unternehmen hat sich in den letzten beiden Jahren gut entwickelt und Sie spielen mit dem Gedanken, einen Ihrer langjährigen Konkurrenten aufzukaufen, der gerade in Schwierigkeiten steckt, da sich kein geeigneter Nachfolger findet. Das ist vielleicht eine Riesenchance, denn Sie schlagen mehrere Fliegen mit einer Klappe: Sie haben am Ende einen Wettbewerber weniger und jede Menge Fach- und Erfahrungswissen mehr, Sie sichern sich qualifizierte Mitarbeiter und nutzen bewährte Kunden- und Lieferantenverbindungen und nicht zuletzt gewinnen Sie Standortbreite. Das sind sehr gute Gründe, um einen Kauf zu wagen. Auf der anderen Seite aber ist der Kaufpreis nicht aus der Portokasse zu bewältigen, Sie nehmen einen Kredit auf, der Ihnen vielleicht in den nächsten Jahren Schwierigkeiten bereiten wird. Und wer weiß, ob die Abläufe im KonkurrenzbeC
trieb nicht ganz anders sind, als man das von außen einschätzen kann – vielleicht gibt es interne Schwierigkeiten, von denn Sie im Moment noch gar nichts ahnen? Wie sollen Sie entscheiden?
Für solche Fälle eignet sich die Coachingmethode, die Sie im Folgenden lesen: das Tetralemma. Es wirkt wie eine genaue Übersicht aller Optionen, die Ihnen zur Verfügung stehen, und für jede dieser Optionen wie eine Lupe, mit der Sie ins Detail gehen können. Dabei verlieren Sie
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aber nicht das Ganze aus dem Blick – das ist das Besondere an dieser Arbeitsmethode. Wie wenden Sie die Methode an?
Schritt eins: Diese Methode wenden Sie allein an; es geht ja darum, dass Sie selbst eine Entscheidung treffen. Sie können aber einer oder mehreren anderen Personen die Methode erklären, diese dann jeweils für sich anwenden lassen und am Ende die Entscheidungen vergleichen. Das bietet sich nur dann an, wenn Sie etwa zusammen mit Ihrem Geschäftspartner/ Kompagnon, Ihrer Ehepartnerin/Ihrem Partner, mit Ihrem Bruder/Ihrer Schwester oder anderen Ihnen gleichgestellten Personen einen Austausch dazu suchen. Schritt zwei: Sie beantworten die Fragen, die Sie unter Details lesen können, und zwar nach folgendem Muster: zunächst für die erste Entscheidungsmöglichkeit (»Ich entscheide mich für A«), dann für die zweite (»für B«), dann für die dritte (»weder A noch B«) und zuletzt für die vierte (»A und B kombiniert«). Schritt drei: Gewichten Sie die Antworten: Was ist Ihnen besonders wichtig? Unterstreichen Sie diese Antworten. Schritt vier: Entscheiden Sie sich nun unter Berücksichtigung der wichtigsten Antworten. Schritt fünf: Fotografieren Sie das Gesamtbild als Dokumentation, so wissen Sie später bei ähnlichen Fällen, was Ihre Entscheidung beeinflusst hat. Was brauchen Sie dazu?
•• vier rechteckige weiße Moderationskarten oder vier Blankoseiten in DIN A4; •• je vier rote, blaue, grüne und gelbe Karten (eventuell aus einem Block Telefonnotiz-Zetteln), insgesamt 16 Stück; •• vier rote DIN-A4-Seiten, vier gelbe, vier blaue und vier grüne; •• ein Filzstift und einen Kugelschreiber; •• eine großzügige Unterlage, also ein Tisch mit großer Tischplatte oder auch nur ein freigestellter Boden; •• eine Kamera oder ein Smartphone zum Fotografieren; •• etwa vier Stunden Zeit (das kann auf zwei mal zwei Stunden aufgeteilt werden).
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Details – und los geht es!
Ihre Reaktionsmöglichkeiten Beschriften Sie zunächst einmal die erste Moderationskarte (oder das erste DIN-A4-Blatt) mit folgendem Satz: •• »Ich entscheide mich für A.« Nehmen wir unser Beispiel von oben, könnte das bedeuten: »Ich entscheide mich dafür, die Konkurrenzfirma aufzukaufen.« Legen Sie diese Karte in die linke obere Ecke der Tischplatte. Das ist Ihre erste Möglichkeit, auf die Situation zu reagieren. Die folgenden Karten verteilen Sie auf die anderen drei Ecken des Tisches. Beschriften Sie nun die zweite Moderationskarte: •• »Ich entscheide mich für B.« (»Ich kaufe nicht.«) Beschriften Sie nun die dritte Moderationskarte: •• »Ich entscheide mich weder für A noch für B.« Was könnte das bedeuten? Beispielsweise »Ich will keine Entscheidung treffen, bevor ich nicht mehr Internes über die andere Firma weiß, ich werde also weder kaufen noch grundsätzlich von einem Kauf absehen, sondern mich zunächst mehr informieren und dann erst entscheiden.« Beschriften Sie nun die vierte Moderationskarte: •• »Ich kombiniere A und B.« Was könnte das bedeuten? Beispielsweise: »Ich kaufe zwar dieses Unternehmen nicht, aber ich will dennoch ein zweites Unternehmen aus dieser Branche dazukaufen.« Die folgende Abbildung zeigt Ihnen das Bild, das sich Ihnen nun bietet.
Entscheidung A
Entscheidung B
weder A noch B
A und B kombiniert
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Abbildung 16: Das Tetralemma im ersten Schritt
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Erkenntnis: Was könnten wir verbessern?
Die Frage nach den Folgen Ihrer Entscheidung Gehen Sie nun in die Tiefe: Was würde diese Entscheidung nach sich ziehen? Dafür beschriften Sie die bunten Karten und legen sie wie eine Fragenliste unter die Moderationskarten: •• gelbe Karte: »Meine Ressourcen«, •• grüne Karte: »Finanzen«, •• blaue Karte: »Unternehmensentwicklung«, •• rote Karte: »Beziehungen«. Nehmen Sie dazu das farblich passende DIN-A4-Blatt, legen Sie es neben die bunten Karten und schreiben Sie auf, was Ihnen zu diesen Stichpunkten einfällt. Teilen Sie jedes DIN A4-Blatt in zwei Hälften. Über eine Seite schreiben Sie positive Effekte, über die andere Seite negative Effekte. Die folgende Abbildung zeigt, wie das Gesamtbild für die erste Reaktionsmöglichkeit aussieht:
Entscheidung A
Meine Ressourcen
Finanzen
Unternehmensentwicklung
Beziehungen
positiv
negativ
positiv
negativ
positiv
negativ
positiv
negativ
Abbildung 17: Das Tetralemma im zweiten Schritt am Beispiel für Entscheidung A
Was bedeuten diese Stichpunkte? Jede Karte steht für einen sehr wichtigen Bereich, der großen Einfluss nimmt auf die Entwicklung der Situation – zum Guten oder zum Schlechten. Dabei bedeutet:
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Meine Ressourcen: Welchen Einfluss hat Ihre Entscheidung, das Konkurrenzunternehmen aufzukaufen, auf Ihre Ressourcen, zum Beispiel auf Ihre körperlichen Möglichkeiten? Beeinflusst es Ihre Gesundheit? Wie stark? Steht Ihnen eine Operation bevor, die durch den Ankauf verschoben werden müsste? Was bedeutet das für Ihre körperliche Leistungsfähigkeit? Oder haben Sie Ohrgeräusche und Ihr Arzt hat Ihnen angeraten, weniger neue Herausforderungen auf sich zu nehmen, damit die Geräusche nachlassen oder zumindest nicht zunehmen? Fühlen Sie sich derzeit so gut, dass Sie eine solche Entwicklung, die über Monate oder Jahre größere Anforderungen an Sie stellen wird, eher anspornt oder eher ermüdet? Welchen Einfluss hat das zunehmende Alter darauf? Werden Sie in den kommenden Jahren Ihr Unternehmen an einen Nachfolger abgeben können oder verlängert diese Entwicklung eine baldige Übergabe – und macht Ihnen das nichts aus? Wie steht es um die Ressource persönliche Zeit? Haben Sie noch genügend Zeit für sich und für Hobbys, bei denen Sie abschalten können? Müssten Sie vielleicht das einzige Hobby, das Sie noch ausüben, dafür opfern? Haben Sie noch Zeit für Ihre Familie, Ihre Kinder? Für Ihre Tiere (Hund, Pferd etc.)? Haben Sie noch Kapazitäten für sportliche Betätigung? Für das Zusammensein mit Freunden? Kurz: Belastet diese Entscheidung Sie oder inspiriert sie Sie zu neuen Taten? Vernachlässigen Sie Ihre Ressourcen nicht – Sie würden das bei Ihren Maschinen auch nicht tun: Wenn ein Motor geölt werden muss, und man verschiebt diesen Vorgang immer wieder, weil keine Zeit dafür ist, oder ein Ersatzteil muss in eine Maschine eingesetzt werden, um ein beschädigtes, aber noch nicht auseinandergebrochenes anderes Teil auszuwechseln, bevor es zu einem Kollaps der gesamten Maschinenleistung kommt – was würden Sie dann tun? Vermutlich würden Sie darauf achten, dass die Maschine so gut gewartet wird, dass sie noch viele Jahre weiter reibungslos funktioniert, denn bei grober Fahrlässigkeit erlischt ja jeder Versicherungsschutz. Bei Ihrem eigenen Körper ist es noch viel wichtiger, ihn gut »zu warten«, denn er ist keine Maschine, sondern funktioniert organisch und damit sehr viel komplizierter im Zusammenspiel. Und … es gibt keinen Versicherungsschutz, der durch die Erstattung der Kosten eine neue Maschine bereitstellen kann: Es gibt Sie nur einmal. Nehmen Sie sich also die Zeit, genau hinzusehen, was diese Entscheidung für Ihre Ressourcen bedeutet.
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Finanzen: Dieser Punkt benötigt fast keine Erklärung: Sie sind vermutlich Kaufmann oder haben über die Jahre solide kaufmännische Erfahrungen gesammelt. Wenn Sie sich mit diesem Punkt beschäftigen, dann nehmen Sie nicht nur die nahe Zukunft ins Visier, sondern ruhig auch die Zeit in fünf Jahren oder später. Können Sie in etwa die Entwicklungen, die auf Sie zukommen, abschätzen? Falls nicht, lassen Sie auch einmal zu, den schlimmsten und den bestmöglichen Fall zu skizzieren, auch wenn beides Extreme sind und vermutlich so nicht vorkommen werden. Der Fall der Finanzkrise vor einigen Jahren hat gezeigt, wie schnell sich eine unerwartete und bedrohliche Situation einstellen kann. Obwohl nichts davon auf Sie und Ihre Handlungen zurückzuführen ist, tragen Sie alle wirtschaftlichen Folgewirkungen mit. Unternehmensentwicklung: Was bedeutet Ihre Entscheidung für das Portfolio Ihres Unternehmens? Diversifizieren Sie damit Ihr Angebot? Ist es für Ihre Kunden nachvollziehbar, warum das von Vorteil ist? Oder spezialisieren Sie sich weiter – und ist das von außen betrachtet eher ein zu begrüßender Detailreichtum, der Ihren Kunden entgegenkommt, oder eher eine Verdichtung des Angebotes, auf die Ihre Kunden gut hätten verzichten können? Was bedeutet es für Ihre Lieferanten? Und was hat Ihre Entscheidung für Folgen in Bezug auf Ihren Unternehmensruf? Wurden Sie vorher als solide und verlässlich geschätzt und werden Sie durch die neue Entwicklung nun eher mit Wagemut und Innovationsbereitschaft in Verbindung gebracht? Ist dies die Ausrichtung, die Sie gern in Zukunft einschlagen wollen? Oder wurden Sie vorher gar nicht als Spezialist, sondern eher als Generalist betrachtet und werden nun zu einem der fünf Marktführer in diesem Bereich? Passt der neue Ruf zu Ihrer bestehenden Belegschaft? Können Sie diesen Ruf dauerhaft aufrechterhalten? Und was bedeutet es für die Gestaltung Ihres Personalmanagements: Brauchen Sie nun mehr Akademiker, eine juristische Fachabteilung, mehr IT-Fachleute uws.? Werden Ihr Stammunternehmen und das aufgekaufte Unternehmen fusionieren – und welche Unternehmenskultur soll dann gelebt werden? Oder wollen Sie eine Tochterfirma entwickeln, die die alten Regeln und Normen weiterlebt und einen Teil davon vielleicht sogar an das Stammunternehmen weitergibt?
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Beziehungen: Dieser Punkt umfasst alle Beziehungen: die familiären, die Kunden- oder Lieferantenbeziehungen, diejenigen zu Ihrer Bank, Ihrem Steuerberatungsbüro usw. Was ändert sich? Bleiben die Verbindungen der Familienmitglieder untereinander dieselben? Oder ändern sich die Gewichtungen, etwa weil eine oder mehrere Personen diesen Kauf vorangetrieben haben, während andere »die Verlierer« sind? Was ergibt sich aus veränderten Beziehungen in der Familie? Werden Sie zu einer AG oder bleiben Sie ein Familienbetrieb? Bleiben alte Geschäftsbeziehungen bestehen oder ändern sie sich? Benötigen Sie beispielsweise nun ein größeres Steuerberatungsbüro oder eines, das sich auch auf Auslandsgeschäfte in Asien spezialisiert hat – und verlieren damit Ihren alten Steuerberater, der sich seit vielen Jahren auch persönlich für Sie engagiert hat? Müssen Sie die Bank wechseln, etwa weil Sie nun eine international agierende Bank benötigen, die auch eine Niederlassung in Südamerika hat? Können Sie nun bestimmte Mitarbeiter, die Sie aus Loyalität weiter beschäftigt haben und nicht, weil Sie deren Kenntnisse benötigten, jetzt nicht mehr halten? Gibt es Personen, die gehen müssen, weil Sie nicht mehr in das neue Bedarfsbild passen – und welche Funktion hatten diese Personen neben der reinen Berufsausübung? Mitunter erweisen sich einzelne Mitarbeiter als kittender Beziehungsfaktor in einer Abteilung, was erst erkennbar wird, wenn sie die Abteilung verlassen. Wissen Sie, welchen Einfluss die Führungskräfte auf die Beziehungen der Mitarbeiter untereinander haben – also nicht nur auf die Arbeitsabläufe? Zu guter Letzt sehen Sie sich Ihre Antworten genau an. Einige werden Ihnen wichtiger erscheinen als andere: Unterstreichen Sie diejenigen, die für Sie stärker ins Gewicht fallen. Die unterstrichenen Antworten zeigen Ihnen, worauf Ihr Fokus hauptsächlich liegt. Berücksichtigen Sie dies bei Ihrer Entscheidungsfindung. Am Ende machen Sie bitte ein Foto von Ihrem »Zielbild«. Kurz zusammengefasst: •• Sie legen die weißen Karten mit Ihren Reaktionsmöglichkeiten jeweils in eine der vier Ecken des Tisches. •• Darunter listen Sie die bunten Karten mit den Fragen nach den Folgen Ihrer Entscheidung auf.
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Bereitschaft: Was wollen wir verbessern, was ist uns wichtig?
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•• Neben jeder bunten Karte legen Sie ein zweigeteiltes Blatt in der gleichen Farbe mit den positiven und den negativen Auswirkungen hin und notieren darauf Ihre Antworten. •• Gewichten Sie Ihre Antworten auf dem Blatt durch Unterstreichen der wichtigsten Antworten. •• Treffen Sie Ihre Entscheidung und halten Sie das Ergebnis fotografisch fest. ✔
2.5 Bereitschaft: Was wollen wir verbessern, was ist uns wichtig? Wer ein Ziel hat, der möchte es auch umsetzen – das klingt doch sehr plausibel, nicht wahr? Interessanterweise verfolgen aber viele Menschen und Organisationen Ziele, die sie in Wahrheit gar nicht umsetzen wollen. Da ihnen dies jedoch nicht bewusst ist, ergeben sich wie durch Zufall lauter Hindernisse, die alle oder einzelne Beteiligte davon abhalten, das Ziel zu erreichen. Niemand kann genau benennen, woran es hapert, denn alle bemühen sich, die Hemmnisse aus dem Weg zu räumen. Doch kaum hat man die ersten Hürden überwunden, erscheinen an ungeahnter Stelle andere, und das Erreichen des Ziels rückt in immer weitere Ferne. Manchmal erreicht man das Ziel dennoch, aber nicht das anfänglich angestrebte. Was geschieht da? Handeln die Beteiligten unprofessionell? Versagen die Berater? Haben die Projektinitiatoren den Prozessverlauf nicht im Blick? Wenn Sie sich ein Ziel vornehmen, dann gewähren Sie sich die Zeit für die folgenden Fragen: –– Sind Sie bereit? Haben Sie sich genau überlegt, was das Erreichen des Ziels bedeuten wird? Haben Sie sich alle Fragen rund um das Ziel beantwortet – ehrlich zu sich selbst und gegenüber Ihren eigenen Bedürfnissen? Prüfen Sie, ob das Erreichen des Ziels nichts enthält, was Sie »eigentlich« nicht wollen. Beispiel: Herr Münch sucht einen Nachfolger, er will in drei Jahren in den Ruhestand treten. In Herrn Weidmann glaubt er einen zuverlässigen Mann gefunden zu haben. Außerdem ist Herr Weidmann sein Neffe, die Firma bliebe also in den Händen der Familie. Eine ideale Lösung, zumal Herr Weidmann sich sehr dafür begeis-
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tern kann. Alle arbeiten in den nächsten Jahren daran, dieses Ziel zu erreichen. Im Laufe der Zeit stellt sich aber bei Herrn Münch ein gewisses Unbehagen ein. Für ihn erweist sich Herr Weidmann als doch nicht so geeignet: In seinen Augen scheut er die Verantwortung, er wartet zu lange ab, er braucht zu viel Unterstützung des Chefs. Trotz seines großen Einsatzes bei der Einarbeitung glaubt Herr Münch, dass die Übergabe nicht wie geplant stattfinden kann, er wird wohl noch ein oder zwei Jahre länger an der Seite von Herrn Weidmann bleiben müssen. Und wie sieht das dieser? Er hat das Gefühl, dass seine anfängliche Begeisterung im Prozess verloren gegangen ist. Hatte er anfänglich noch Erleichterung empfunden, wenn er bei wichtigen Weichenstellungen vom »Alten« genau eingearbeitet wurde, erwies sich dessen ständige Bereitschaft, mitzuwirken, im Laufe der Zeit als Würgegriff. Herr Weidmann wollte sich nicht offen mit seinem Onkel überwerfen und hat dessen Einmischungen stillschweigend geduldet, in der festen Gewissheit, dass in drei Jahren der Übergang vollzogen sein würde. Nun erkennt er, dass Herr Münch nicht gehen will. Er spielt mit dem Gedanken, sich aus dem Unternehmen zurückzuziehen und bei einer global agierenden Firma zu bewerben.
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–– Eine gelungene Nachfolgeregelung impliziert, dass der derzeitige Firmenchef bei der Suche und Einarbeitung seines Nachfolgers eines im Blick behält: An einem bestimmten Punkt des Prozesses muss er schließlich gehen. Die Frage für ihn lautet: »Will ich ganz loslassen oder will ich es nur halbherzig?« Ein Prozess, bei dem ein anvisierter Nachfolger nicht eindeutig fühlen kann, wann er allein die Verantwortung tragen muss, »erzieht« ihn dazu, während des Prozesses Verantwortung zu scheuen. Das wiederum wird der Firmeninhaber als ein Zeichen dafür deuten, dass dieser Mensch kein geeigneter Nachfolger ist. Er muss wohl weitersuchen oder noch viel mehr intervenieren … –– Sind Sie für Ihre Mitarbeiter bereit? Wenn Sie selbst klar vor Augen haben, wohin es gehen soll, dann werden Sie in der Lage sein, den Weg und das Ziel auch klar zu kommunizieren. Und das bedeutet: Ihre Mitarbeiter werden wissen, was Sache ist. Sind Sie selbst unsicher, strahlen Sie das aus, auch wenn Sie es nicht bemerken. Aber Ihre Mitarbeiter bemerken es, denn sie können die Körpersignale unbewusst deuten: Menschen haben im Laufe der Evolution die Fähigkeit entwickelt, noch so kleine körperliche Veränderungen »zu lesen«, denn das war von großem Vorteil für das Überleben. Noch bevor wir beginnen zu denken, fühlen wir
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Bereitschaft: Was wollen wir verbessern, was ist uns wichtig?
genau, wie es unserem Gegenüber geht: Wir riechen, ob er unter Stress steht (diese Botschaft entnehmen wir dem chemischen Cocktail, der über die Haut als Duft entströmt), wir hören, ob seine Stimme brüchig, unsicher oder freudig klingt (wir interpretieren die Anspannung oder Entspannung der Stimmbänder), wir sehen auch kleinste Veränderungen in der Haltung (sind die Schultern gestraffter als gestern, ist der Blick gesenkt usw.?) und wir merken an seiner Atmung, ob Entspannung oder Gefahr in der Luft liegt (Schnelle Atmung? Langsame Atmung?). Das können bereits Babys – Erwachsene erst recht, denn sie haben im Laufe ihres Lebens schon sehr viele Erfahrungen damit gesammelt. Meist bemerken wir nicht, dass wir diese Signale erkennen, aber sie wirken auch dann, wenn wir sie nicht bewusst wahrnehmen, sondern nur fühlen. Kurz: Wenn Sie unsicher sind, verunsichern Sie Ihre Mitarbeiter, wenn Sie sicher sind, geben Sie ihnen Sicherheit. Schaffen Sie Klarheit für sich selbst, dann verschaffen Sie auch Ihren Mitarbeitern ein solides Fundament, auf dem diese dann alle Veränderungen mittragen können. –– Ist Ihr Ziel bereit »zur Zulassung«? Haben Sie geklärt, ob das Ziel auch Ihr eigenes ist? Vielleicht haben Sie ein Ziel von Ihren Vorläufern geerbt, vielleicht haben Ihnen Berater ein Ziel ausgearbeitet. Vergleichen Sie: Passt das neue Ziel zu Ihren Grundwerten, zu Ihrer Art zu denken und zu handeln, zu Ihren Mitarbeitern oder zu anderen Zielen, die Sie bereits verfolgen? Wenn man einmal auf dem Weg ist, folgt man diesem mitunter immer weiter, ohne ihn zu hinterfragen. Ergänzen sich die alten und neuen Ziele Ihres Unternehmens? Oder passen sie gar nicht zusammen? »Unpassende« Ziele verhindern nicht nur den Erfolg, sie stören oft auch den Erfolg anderer parallel verfolgter Ziele. Oft fällt im Arbeitsalltag nur auf, dass »irgendetwas nicht stimmt«, aber man kann nichts Konkretes benennen. Da sie also nicht definiert werden kann, wird solch eine Störstelle einfach in Kauf genommen, solange sie keine Katastrophe verursacht. Sie läuft im Tagesgeschäft mit, verbraucht Energien und Aufmerksamkeit und kann nicht aufgelöst werden, weil ihr Epizentrum nicht bekannt ist. Sobald Sie aber die Störstelle klar benennen können, können Sie auch eine Lösung dafür finden. –– Ist die Zeit reif? Am besten gelingt die Umsetzung eines Zieles, wenn man damit in komfortablen, möglichst krisenfreien Zeiten beginnt. Das erhöht das Entwicklungspotenzial und vermindert den Energieaufwand.
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Beispiel: Wer ein Frachtschiff nach Südamerika auf den Weg bringen will, sollte den Startschuss nicht setzen, wenn gerade ein schwerer Sturm im Hafen wütet. Es bietet sich an, den sicheren Hafen in sturmfreien Zeiten zu verlassen. Stürme werden dem Schiff unterwegs noch zur Genüge begegnen – es schont alle Ressourcen und erhöht die Wahrscheinlichkeit auf Erfolg, wenn man in guten Zeiten beginnt, Veränderungen einzuleiten.
–– Sind Ihre Mitarbeiter bereit für das Ziel? Was bewegt Ihre Mitarbeiter derzeit, was nimmt ihre Aufmerksamkeit in Anspruch? Wenn Sie mit dem Ohr nah an den Stimmungen Ihrer Mitarbeiter sind, können Sie gut einschätzen, welcher Zeitpunkt geeignet ist, um zu beginnen, und welche Prioritäten gesetzt werden müssen. Die Bereitschaft, ein Ziel zu verfolgen, steigt mit der richtigen Priorisierung, denn ein neues Ziel bedeutet erst einmal mehr Arbeit und vielleicht auch ungewohnte Tätigkeiten oder eine neue Arbeitsrolle. Was soll dafür mehr in den Hintergrund treten? Beispiel: Sie wollen mit einem neuen Zulieferer zusammenarbeiten. Dieser kommt aus Norwegen. Sie haben eine Mitarbeiterin, die aus Oslo kommt und norwegisch spricht. Sie erklärt sich freiwillig bereit, feste Ansprechpartnerin des neuen Zulieferers zu sein. Die damit verbundene größere Verantwortung möchte sie gern übernehmen, braucht dafür aber eine Einarbeitung, da sie nun eine andere Position einnehmen wird. Neben der Einarbeitung benötigt sie auch Ihre Absolution, Tätigkeiten, die sie bisher ausgeführt hat und die problemlos an eine Kollegin abgegeben werden können, auch wirklich an diese abzugeben. Klarheit für alle schafft eine größere Bereitschaft der Mitarbeiterin, ihre neue Position annehmen und optimal ausfüllen zu können.
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Voraussetzung für die Bereitschaft, etwas zu ändern, ist –– die eigene Klarheit, worum es geht: »Will ich genau dieses Ziel erreichen?« –– eine gute Kommunikation nach außen: »Kann ich die wichtigen Personen dafür gewinnen?« –– der Wille aller, diese Veränderung mitzutragen: »Haben alle die Informationen, Absolutionen etc., die sie brauchen? Was tragen die Mitarbeiter wirklich mit?«
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Bereitschaft: Was wollen wir verbessern, was ist uns wichtig?
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–– die dafür notwendigen Ressourcen: »Stehen genug Mitarbeiter (mit der passenden Qualifikation), Finanzmittel, Zeit etc. zur Verfügung?« –– der richtig gewählte Zeitpunkt: »Fangen wir in ruhigen oder in unruhigen Zeiten an oder befinden wir uns schon in einer Krise?« Wenn Sie diese Punkte geklärt haben, hilft Ihnen die folgende Methode, Ihre Zielsetzung verlässlich festzuhalten und sie für einen Abgleich in der Zukunft zu sichern. Sie hält die Antwort auf die Frage fest: »Was wollen wir wirklich erreichen?« Wenn Sie wissen, was Sie am Anfang einer Veränderung wirklich in die Wege leiten wollten, dann können Sie prüfen, was davon bei der Zielerreichung noch übrig ist.
Methode: Briefe aus der Zukunft
Worum geht es bei dieser Methode? •• Erschaffen eines konkreten und nachprüfbaren Zukunftsszenarios durch die Vorarbeit, die Sie bei der Zielfindung geleistet haben Impuls: •• Einen Blick in die Zukunft werfen: Wie sehen dort die Veränderungen aus, die Sie heute beschlossen haben? Worum geht es?
Wenn Sie an diesem Punkt angekommen sind, haben Sie schon viel Zeit und Energie investiert: in eine Betrachtung Ihres Wertefundaments, in eine Sicht durch die Augen firmenfremder Besucher und Kunden, in das wertneutrale Sammeln von Ideen und schließlich in die ganz konkrete Auswahl Ihres nächsten Ziels. Diese Arbeit soll nicht umsonst gewesen sein. Sie ist eine wunderbare Basis, um jetzt Veränderungen einzuleiten, die wirklich zu Ihnen und Ihrem Unternehmen passen – die also maßgeschneiderte Veränderungen sind. Deshalb ist es von besonderer Bedeutung, dass im weiteren Prozessverlauf nichts von diesen Erkenntnissen verloren geht, weil sie aus irgendeinem Grund nicht mehr weiterverfolgt werden. In der Praxis ist das eine oft zu beobachtende Tatsache: Am Anfang stehen solide Überlegungen, für die es sehr gute Gründe gibt. Im Laufe der Umsetzung aber schleichen sich Hindernisse ein, und man richtet das Augenmerk immer mehr auf die Behebung von auftauchenden Problemen statt auf die Ver-
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folgung der eigentlichen Ziele. Damit Ihnen das nicht passiert, geben wir Ihnen eine sehr effiziente Methode an die Hand, die sich leicht umsetzen lässt und die ohne große Vorarbeit zu bewerkstelligen ist. Mit dieser Methode versetzen Sie sich in die Zukunft und schreiben einen Brief, der die zukünftige Situation aus dem Moment heraus, in dem Sie sie erleben, beschreibt: Wie wird der Arbeitsalltag ablaufen und was wird sich geändert haben, wenn diese Ziele erreicht sein werden? Sie schreiben den Brief so, als ob Sie den Augenblick in der Zukunft gerade erleben.
Zustelldatum: ZUKUNFT
Absender: ICH
An: MICH
Abbildung 18: Coachingmethode »Briefe aus der Zukunft«
Wie wenden Sie die Methode an?
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Schritt eins: Sie schreiben erst einmal selbst einen Brief (siehe »Details«). Schritt zwei: Sie bitten die Teamleiter, die Abteilungsleiter und alle anderen Personen mit Führungs- oder Umsetzungsverantwortung, einen Brief zu schreiben. Schritt drei: Sie deponieren alle Briefe – verschlossen und mit Absender versehen – im Sekretariat. Dort werden sie auf Wiedervorlage gelegt bis zu dem Tag, an dem Sie voraussichtlich Ihr Ziel erreicht haben werden. Schritt vier: Dann werden die Briefe verteilt und Sie besprechen sie. Was brauchen Sie dazu?
•• Briefumschläge und Briefpapier für alle Beteiligten; •• Schreibmaterial; •• etwa eine halbe Stunde Zeit zum Anleiten – die Briefe können Ihre Mitarbeiter auch zu Hause schreiben.
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Bereitschaft: Was wollen wir verbessern, was ist uns wichtig?
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Details – und los geht es!
(a) Versammeln Sie alle Personen, die mit der direkten Zielerreichung zu tun haben, in einem Raum, der allen ermöglicht, eine halbe Stunde frei von Ablenkungen zuzuhören. (b) Machen Sie zunächst wieder die Vorgehensweise klar, bevor Sie das Material verteilen, das sichert Ihnen die ungeteilte Aufmerksamkeit. (c) Jeder soll sich in die Zukunft »denken«, in der das Ziel erreicht ist, und einen Brief an sich selbst schreiben, mit zwei Schwerpunkten: einmal die Auswirkungen der Veränderungen auf das ganze Unternehmen und einmal die Auswirkungen auf das eigene direkte Arbeitsumfeld, also auf den eigenen Arbeitsplatz, das eigene Arbeitspensum, die Gestaltung der Abläufe, den Kontakt zu anderen Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten. Es geht hier nicht darum, das Ziel schönzureden, sondern darum: Was erwartet jede Person, was sich positiv für das Unternehmen und für sie selbst ändern wird? (d) Das Besondere an diesem Brief ist: Es soll keine Auflistung beinhalten, sondern muss so verfasst sein, also ob er eine Momentaufnahme des Tages ist, an dem das Ziel erreicht sein wird. Der Brief wird in Ich-Form geschrieben und könnte etwa so lauten: »Heute, am 31. Dezember 2015, ist es endlich soweit: Wir haben unser Ziel erreicht, das wir jetzt fast zwei Jahre lang verfolgt haben. Wir haben ein neues Werk eröffnet: in Rumänien. Ich war Anfang der Woche bei der Einweihung in Bukarest dabei, das neue Werk ist zum Teil mit gebrauchten Maschinen aus Baden-Württemberg ausgestattet, zum Teil mit Neuanschaffungen aus Rumänien, so dass es letztlich gar nicht so teuer geworden ist, wie wir am Anfang befürchtet hatten. Wir haben zwei neue Ingenieure eingestellt, die beide aus Rumänien stammen und sehr gut deutsch sprechen. Einer ist ein älterer, erfahrener Mann mit soliden Kenntnissen, der andere ein junger Kerl mit noch wenig Arbeitserfahrung, aber er bringt frischen Wind in unsere Denkweisen. Was mir besonders gut gefällt, ist: Wir aus dem Hauptwerk können uns mit beiden direkt kurzschließen, wenn wir mal ein Problem haben. Und wir können so eine andere Sicht auf die Dinge werfen, das wirbelt zwar manchmal etwas Staub auf, aber das hatte ich mir schon länger gewünscht: neue Impulse zu bekommen von Menschen, denen ich vertrauen kann, weil sie genauso zuverlässig sind wie ich selbst. Was jetzt auch gut läuft: Wir sind durch dieses Werk nah dran am osteuropäischen Markt und seinen Bedürfnissen, wir
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Basistest
wissen endlich aus erster Hand, was sich da so tut, und können dadurch besser und schneller reagieren. Was sich für mich jetzt geändert hat, ist die Tatsache, dass man jetzt gut erkennen kann, was ich schon lange immer wieder erfolglos angeregt hatte: Es lohnt sich, dass wir den Schritt nach Osten wagen. Ich werde jetzt vom Chef mit anderen Augen gesehen, er hört jetzt häufiger auf meine Stimme, das tut gut. Das ist eine gute Ausgangsposition dafür, mit ihm über eine Fortbildung zu sprechen: Ich habe heute schon einen Termin dafür mit ihm vereinbart.«
C
(a) Der Brief hat zwei Teile, die jeweils auf verschiedenen Briefpapierbögen geschrieben werden: Der erste Teil betrifft die Entwicklungen im Unternehmen, der zweite Teil die persönlichen Belange des Schreibenden. (b) In diesem Brief sollten so viele Details wie möglich einfließen, denn es geht darum, die Situation so genau wie möglich vor seinem inneren Auge aufzubauen. Und später geht es darum, so klar wie möglich zu erkennen: Was ist wirklich so eingetroffen? Was in Abweichung dazu? Und was fehlt völlig? (c) Sie können anregen, den Brief vor Ort zu schreiben. Besser ist es aber, wenn die Mitarbeiter diesen zu Hause verfassen, in aller Ruhe, mit so viel Zeit, wie sie dazu brauchen. Der Brief darf ruhig lang werden, ermuntern Sie dazu! (d) Jeder Brief wird in einen Umschlag gesteckt und mit dem Namen des Schreibenden versehen. Es ist ein Brief »von mir an mich«. Auf dem Brief steht das Datum, an dem dieser Brief zurückgegeben wird. Der Umschlag wird zugeklebt und bleibt verschlossen. (e) Alle Briefe gehen an das Sekretariat und werden dort auf Wiedervorlage gelegt. Damit haben Sie einen sehr guten Ansatzpunkt geschaffen, um später, an dem voraussichtlichen Datum Ihrer Zielerreichung – zum Beispiel ein halbes Jahr oder auch zwei Jahre später – zu prüfen, welche Erwartungen in Erfüllung gegangen sind und welche nicht. (f) Sie können das Datum auch auf »zwei Monate nach Zielerreichung« festlegen, dann sehen Sie, was nach der Euphorie der ersten Wochen übrig geblieben ist. (g) Lesen Sie dazu auch die weiterführende Methode in der letzten Etappe Ihres Basistests, in Teil C, Kapitel 2.8 Zielkontrolle – Woran erkennen wir, dass wir auf dem richtigen Weg sind? ✔
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Umsetzung: Wie geht es los?
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2.6 Umsetzung: Wie geht es los? Um einen Prozess zu beginnen, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. In diesem Abschnitt geht es darum, die Grundlage für die anstehenden Veränderungen zu schaffen. Zunächst gilt es, sicherzustellen, dass alles Notwendige erledigt wurde: Ist klar benannt, was das Ziel der anstehenden Veränderungen ist? Und welcher Weg gewählt werden soll, um dieses Ziel zu erreichen? Sind Budget, Zeitrahmen, Räumlichkeiten usw. geklärt? Haben die Gespräche mit den Mitarbeitern stattgefunden, die die Veränderungen mitgestalten werden oder mittragen sollen? Wurden die notwendigen Ressourcen bereitgestellt? Sitzen alle Beteiligten im selben Boot und wollen sie auch in dieselbe Richtung rudern? Erst dann steht einem unfallfreien und energieeffizienten Start ohne Bremsverluste nichts mehr im Weg. Zur Umsetzung von Vorhaben benötigt man immer Menschen. Diese Menschen lassen sich grob in zwei Gruppen einteilen: Die Mitglieder der einen Gruppe sind direkt mit ihrer Arbeitskraft an der konkreten Umsetzung beteiligt, die der anderen sollen als außenstehende Befürworter ein Vorhaben mittragen und unterstützen. Beide Personengruppen sind außerordentlich wichtig, und nur wenn beide Gruppen ihre volle Unterstützung aussprechen, kann die Umsetzung eines Vorhabens gelingen. Es ist daher notwendig, alle Unternehmensbereiche/Abteilungen in geplante Veränderungsprozesse zu involvieren, auch wenn sie nur einen kleinen Bereich betreffen. Damit meinen wir in erster Linie Informationen dazu, was genau gemacht werden soll, und vor allem, was man sich davon verspricht. Dabei geht es nicht darum, Unternehmenszahlen offenzulegen, sondern bei den Beteiligten ein Gespür dafür zu schaffen, warum sich die geplanten Veränderungen positiv auf das Unternehmen und seine Mitarbeiter auswirken wird. Mitarbeiter, die »mit ins Boot geholt werden«, rudern dann auch mit, weil sie Einsicht haben in die Notwendigkeit des Ruderns, um voranzukommen. Beispiel: Warum könnte es wichtig sein, die Finanzbuchhaltung darüber zu informieren, dass in der Produktion ein neues Fertigungsverfahren erprobt werden soll? Stellen Sie sich eine Situation vor, bei der es zu einer Panne im vorgesehenen Ablauf gekommen ist: Es müssen weitere Bauteile bestellt werden, Kos-
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Basistest
ten enstehen. Da das Projekt über ein Förderprogramm läuft und die zusätzlich benötigten Fördermittel schnell fließen müssen, ist eine Freigabe durch eine Behörde erforderlich. Für die Genehmigung öffentlicher Fördermittel müssen jedoch umfangreiche betriebswirtschaftliche Daten noch einmal neu zusammengestellt und eingereicht werden. Etwas hat also nicht wie geplant geklappt, und nun muss eine vorher nicht betroffene Abteilung mit viel Aufwand und möglicherweise sogar Überstunden dabei helfen, die Dinge wieder zu richten. Man kann sich leicht vorstellen, dass eine uninformierte, vom Ablauf überraschte Abteilung nur ungern all ihre Arbeitskraft dafür einsetzt – Gedanken wie »informiert hat uns keiner, aber zum Ausbaden sind wir jetzt gut genug …« leiten leicht eine bremsende Handlungsweise ein.
C
Ein zweiter wesentlicher Schritt bei der Einleitung neuer Projekte ist es, verantwortliche Personen zu benennen und den geplanten Veränderungen ein Gesicht zu geben. Dabei geht es nicht nur um die Übertragung der Verantwortung auf eine oder mehrere Personen, vielmehr lautet das Hauptziel, diese Menschen zu verlässlichen Partnern im Prozessverlauf zu machen. Das gelingt, wenn ihnen auch besondere Befugnisse erteilt und Freiheiten gelassen werden, um ihre Eigenverantwortlichkeit zu stützen. Und wenn sie einen starken Rückhalt durch die Inhaber und Führungskräfte erfahren. Um einen Prozess in Gang zu bringen, muss also das Ziel für alle klar sein, es müssen Verantwortliche ernannt und Teams zusammengestellt werden. Letzteres erfordert ein genaues Handeln, wenn man gute Ergebnisse erzielen will: Am besten arbeiten Teams, wenn sie inhomogen, also gemischt sind, sowohl was ihre fachlichen Fähigkeiten anbelangt als auch ihre übergeordneten. Neben einem souveränen Teamleiter gehören in ein effizient arbeitendes Team je nach der Größe der Aufgabenstellung Menschen mit ganz unterschiedlichen Eigenschaften (siehe Tabelle 7). Tabelle 7: Menschliche Eigenschaften und deren Einwirkung auf ein Team
Eigenschaft
Diese Person ...
Macherqualitäten
treibt an, ist mitreißend, strebt vorwärts.
Organisationstalent
übernimmt Verantwortung für organisatorische Arbeiten.
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Umsetzung: Wie geht es los?
Eigenschaft
Diese Person ...
Diplomatie
sorgt für ein reibungsfreies Miteinander ohne große emotionale Störungen, für Ausgewogenheit und Gerechtigkeit.
analytisches Denken
verliert die eigentliche Sache nicht aus dem Blick.
Kreativität
traut sich auch mal querzudenken und ganz neue Fragen zu stellen.
Je nach Aufgabenstellung brauchen Sie vielleicht noch mehr Vertreter im Team, zum Beispiel einen Mitarbeiter, der sich und andere für die japanische Kultur begeistern kann und darin Erfahrungen gesammelt hat, wenn Sie eine Filiale in Japan eröffnen wollen. Oder eine Person über 55 Jahre, wenn Sie im Personalbereich die neue Zielgruppe 50 plus ansprechen wollen, usw. Mitunter verfügt eine Person über mehrere Eigenschaften. Je nach Zusammensetzung des Teams kann es sein, dass diese Person in Team A mehr ihre kreativen Eigenschaften einbringt, weil die anderen Teamteilnehmer für den Rest sorgen, und in Team B verhält sich die selbe Person weniger kreativ, dafür aber mehr als diplomatische Vermittlerin, weil diese »Besetzung« hier fehlt. Es ist also Chefsache, bei der Zusammenstellung eines Teams auf diese Komponenten zu achten: –– Über welche fachlichen Qualifikationen verfügen die Teammitglieder? –– Über wie viel Arbeits- und Teamerfahrung verfügen sie? –– Über welche persönlichen Eigenschaften verfügen sie? –– Wo ergänzen sich die einzelnen Teammitglieder? –– Wo bremsen sie sich aus? –– Kann der Teamleiter das ausgleichen? –– Falls nicht: Braucht das Team einen neuen Teamleiter oder eine andere Zusammensetzung? In jedem Fall ist es wichtig, nicht nur Fachleute aus einer Domäne zu vereinen: Bunt gemischte Teams mit vielen Meinungen und unterschiedlichem Wissens- und Erfahrungslevel bringen hier erhebliche Vorteile. Wir möchten Ihnen hier eine Methode vorstellen, mit der Sie prüfen können, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein bereits bestehendes Team erfolgreich miteinander arbeiten kann.
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Basistest
Methode: Das Teamrad (Konzept: Haralambie u. Kebbekus)
Worum geht es bei dieser Methode? •• nicht nur die fachliche Qualifikation entscheidet über eine gute Teamzusammenstellung, sondern auch die Verteilung der persönlichen Eigenschaften Impuls: •• Einschätzung, ob ein Team über alle Eigenschaften verfügt, um gut miteinander arbeiten zu können, gegebenenfalls die Möglichkeit der Ergänzung wichtiger Eigenschaften Worum geht es?
Diese Methode offenbart, welche Verhaltenseigenschaften in einem Team dominieren, welche zu kurz kommen und wo der Teamleiter gegensteuern sollte. Die Erfahrung hat gezeigt, dass über den Erfolg einer Zusammenarbeit weit häufiger der menschliche Faktor entscheidet als der fachliche. Daher ist es von großem Nutzen, einen Blick auf diese Seite der Teamarbeit zu werfen, bevor es zu Problemen in einem Prozess kommt oder dieser gar komplett scheitert. Wie wenden Sie die Methode an?
C
Schritt eins: Sie schätzen selbst ab, wie die Eigenschaften der Teammitglieder sind. Schritt zwei: Sie lassen den Teamleiter abschätzen, wie er die Eigenschaften der Teammitglieder sieht. Schritt drei: Sie lassen die Teammitglieder selbst abschätzen, welche Eigenschaften sie mitbringen. Schritt vier: Sie legen alle Einschätzungen übereinander und erkennen, wo sich Verdichtungen einer Eigenschaft ergeben und wo Eigenschaften zu kurz kommen. Schritt fünf: Ergänzen Sie, was diesem Team noch fehlt: durch neue Teammitglieder oder durch die Beauftragung einzelner vorhandener Teammitglieder, diese Aufgabe zu übernehmen, wenn sie ihrem Naturell entgegenkommt. Es ist möglich, die Schritte eins bis drei parallel laufen zu lassen, sie sollten nur nicht zusammen durchgeführt werden, damit alle – auch die Vorsichtigen und Schüchternen – ehrlich ihre Einschätzung abgeben können.
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Umsetzung: Wie geht es los?
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Was brauchen Sie dazu?
•• je zwei Kopien der unten stehenden Zeichnungen pro Person – eine Vorlage dazu finden Sie im Online-Material für dieses Buch; •• Filzstifte in der gleichen Farbe, zum Beispiel nur blaue Stifte; •• ein Tisch, um den sich alle Beteiligten versammeln können; •• etwa zwei Stunden Zeit. Details – und los geht es!
(a) Machen Sie sich zunächst selbst vertraut mit der Vorgehensweise: Dieses Rad symbolisiert die Teamarbeit, die idealerweise rund läuft; die Speichen stehen für die Eigenschaften des Teams. Der Untergrund, auf dem das Rad läuft, symbolisiert den Weg, der im Arbeitsprozess bewältigt werden muss. Er ist am Anfang eben, kann sich aber im Laufe der Zeit als zunehmend steinig erweisen, je nachdem, wie viele Hindernisse auf diesem Weg liegen. Die Anzahl der Speichen richtet sich nach der Anzahl der gewünschten Eigenschaften, die im Team vorkommen sollen. In unserem Beispiel sind das die bereits erwähnten fünf: •• Macherqualität, •• Organisationstalent, •• Diplomatie, •• analytisches Denken, •• Kreativität. Wenn Sie weitere Eigenschaften brauchen, nehmen Sie das gleiche Rad noch einmal dazu und beschriften Sie es mit den neuen Eigenschaften. Sie können natürlich auch Ihr eigenes Rad zeichnen, mit so vielen weiteren Speichen, wie Sie benötigen. Ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen diesen Eigenschaften lässt das Rad gut rollen – und das Team gute Arbeit leisten. Gibt es ein Missverhältnis zwischen den einzelnen Speichen, entstehen Unwuchten: Das Rad stolpert, als ob es über einen unebenen Untergrund fahren müsste – und zwar auch dann schon, wenn der Untergrund noch eben ist, also von außen noch gar keine Hindernisse auf dem Weg liegen. Die Hemmnisse liegen dann am Rad selbst. Je mehr das Rad stolpert, desto größer die Gefahr, dass es auseinanderbricht. Richten Sie Ihr Augenmerk darauf, wo die größten
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Basistest
Unwuchten erkennbar sind. Nachfolgend haben wir als Beispiel eine typische Ausgangssituation dargestellt.
Kr ea tiv itä t
t len ta ns tio sa ni ga Or
Diplom atie
enken ches D is t ly a An
ten litä a u erq ch a M
Abbildung 19: Coachingmethode »Das Teamrad«
C
Die Eigenschaften müssen nicht zwangsläufig zusammenfallen mit der Anzahl der Teammitglieder, sie können sich auch summieren. Beispiel: In diesem dreiköpfigen Team ist Meyer eine »stabile« und Hansen eine »sehr starke Macherpersönlichkeit«, die beiden zusammengenommen ergeben eine sehr hohe Macherqualität des Teams. (b) Die Speichen sind mit kleinen »Reglern« versehen. Diese werden nach innen verschoben, in Richtung der Achse, wenn eine Eigenschaft kaum vorkommt. Sie werden nach außen verschoben, in Richtung des Radkranzes (der Felge), wenn eine Eigenschaft sehr stark zum Tragen kommt. (c) Wichtig ist: Hier wird die Zusammensetzung der Eigenschaften im Team eingeschätzt, also all derer, die die Teamarbeit leisten. Der Teamleiter gehört nicht dazu, er steht außerhalb.
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Umsetzung: Wie geht es los?
(d) Nehmen Sie zuerst selbst Ihre Einschätzung der Teameigenschaften vor, bevor Sie an das Team herantreten. Setzen Sie den Regler für jede Eigenschaft und schraffieren Sie die Spanne, die sich zwischen der Achse und dem gesetzten Regler ergibt. Das macht das Ergebnis sofort deutlich. Falls Sie möchten, können Sie auch die einzelnen Teammitglieder einschätzen, aber das Ergebnis sollten Sie nicht in das gemeinsame Treffen einbringen, es geht hier nur um die Arbeitsfähigkeit des Teams, nicht der Einzelnen. Das Ergebnis können Sie aber nutzen, wenn es um Fördermöglichkeiten der Mitarbeiter geht. In Abbildung 20 sehen Sie den ausgefüllten Bereich mit dem Anteil der erfüllten Eigenschaften (z. B. »Diplomatie«: weiß) und der fehlenden (blau).
Kr ea tiv itä t
t len ta ns tio sa ni ga Or
Diplom atie
enken ches D is t ly a An
ten litä a rqu he c Ma
C Abbildung 20: Coachingmethode »Das Teamrad«
(e) Legen Sie einen Termin fest, an dem alle Beteiligten etwa zwei Stunden Zeit haben. (f) Erklären Sie allen die Spielregeln. Vergewissern Sie sich, dass alle sie verstanden haben.
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Basistest
(g) Bitten Sie die Beteiligten, zuerst eine Selbsteinschätzung vorzunehmen: »Wo auf der Speiche Macherqualität würde ich den Regler setzen, wenn ich meine eigene Macherqualität realistisch einschätzen soll? Und wo auf der Speiche Organisationstalent?« usw. Lassen Sie diese Spanne schraffieren. (h) Die Kopien müssen nicht namentlich gekennzeichnet sein, so dass sich die Teammitglieder ohne Gesichtsverlust selbst einschätzen können. Bei einem zweiköpfigen Team spielt das keine Rolle, bei einem fünfköpfigen kann das von Vorteil sein. (i) Nun lassen Sie das Team als Ganzes von jedem einzelnen Teammitglied einschätzen: »Wenn wir uns als Team betrachten, wie viel Macherqualität kommt bei uns durch? Wie viel Organisationstalent lässt sich erkennen?« (j) Betrachten Sie nun gemeinsam das Ergebnis. Gibt es Eigenschaften, die sofort erkennbar dominant sind? Und solche, die sofort augenfällig unterrepräsentiert sind? Waren sich alle mehr oder weniger einig in ihrer Einschätzung oder gibt es deutliche Abweichungen? (k) Wer könnte die fehlenden Eigenschaften in das Team hineintragen? Müssen neue Teammitglieder hinzukommen oder gegen andere ausgewechselt werden? Können bestehende Mitglieder einzelne Eigenschaften übernehmen? Beispiel: Derzeit gibt es keinen diplomatischen Vertreter im Team, er wird aber benötigt, um ausgleichend zu wirken in kritischen Situationen. Ein Teammitglied erklärt sich bereit, diesen Part zu übernehmen, als Tausch gibt das Teammitglied etwas von seiner organisatorischen Verantwortung an einen anderen ab. ✔
2.7 Gemeinsamkeit: Wie schaffen wir es, dass alle mitgehen?
C
Menschen sind soziale Wesen, das heißt, wir blicken alle aufeinander, leben miteinander und sind von der Meinung anderer abhängig – auch die Einzelgänger unter uns. In der Praxis bedeutet das: Menschen möchten gern informiert sein, was in ihrer unmittelbaren Umgebung passiert – als Zeichen dafür, dass sie dazugehören. Sie möchten außerdem eine gewisse Stellung in der Gesellschaft haben, in der sie leben und arbeiten: Sie möchten mit Respekt behandelt werden und Ansehen genießen, und sie möchten, dass ihre Arbeit gewürdigt wird. Dann sind sie bereit, mitzuwirken an gemeinsamen Projekten und mit mehr Eigeninitiative Dinge voranzutrei-
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Gemeinsamkeit: Wie schaffen wir es, dass alle mitgehen?
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ben, auch über das Erwartete hinaus. Nicht zuletzt sehnen sich Menschen nach einem Grund, stolz auf sich und ihre Leistung sein zu dürfen. Denn das macht sie einzigartig und für alle erkennbar in der großen Gruppe der Kollegen und Vorgesetzten. Haben Sie eine handwerkliche Ausbildung? Auch wenn das für Sie nicht zutrifft, wissen Sie, dass ein Geselle am Ende seiner Lehrzeit ein Gesellenstück abliefert, als Zeichen dafür, dass er nun so weit ist, in die Riege der gelernten Handwerker aufgenommen zu werden. Dieses Gesellenstück ist der sichtbare Ausdruck dafür, dass ein Mensch Jahre seines Lebens damit verbracht hat, Fachwissen und Erfahrungen zu sammeln, dass er Fehler gemacht hat, aus denen er Wertvolles gelernt hat und dass man sich nun auf ihn verlassen kann. Das Gesellenstück ist ein Werk, auf das er stolz sein kann, denn es zeigt: –– sein erlerntes fachliches Wissen, –– seinen Ideenreichtum bei der Umsetzung, –– seine Präzision bei der Ausführung, –– seinen persönlichen Einsatz für die Sache. Es gibt ein zu unrecht aus der Mode gekommenes Wort dafür: Werkstolz. Der Stolz auf das selbst Geschaffene verbindet Gesellen mit Meister, deren Meisterstück natürlich noch viel weiter greift. Auch Berufstätige, die ein Studium an einer Fachhochschule oder einer Universität abgeschlossen haben, sind oft Jahre, nachdem sie ihre Bachelor-, Master- oder Diplomarbeiten geschrieben haben, noch stolz darauf. Menschen sind dankbar, wenn sie etwas haben, das sie anderen zeigen können und das zeigt, wie sie arbeiten. Das Ansehen eines Menschen beginnt damit, dass man ihn und seine Arbeit ansieht. Das ist bei der Umsetzung eines Prozesses nicht anders, nur dass es oft nicht dazu kommt, diesen eigenen Beitrag für andere sichtbar zu machen. Meist geht die Eigenleistung unter: Sie fließt nur diffus in Teamergebnisse ein; sie wird vergessen, weil zu wenig Zeit bleibt, um sie zu dokumentieren oder weil die mitunter rasante Entwicklung die eigene Arbeit direkt wieder überflüssig gemacht hat. Macht man als Mitarbeiter diese Erfahrung häufiger, entsteht daraus ein guter Grund, sich nicht zu sehr für eine Sache einzusetzen, denn dieser Einsatz bleibt viel zu oft unbemerkt.
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Basistest
Im Folgenden lesen Sie einen Vorschlag zur Prozessbegleitung einer Zielumsetzung. Mit dieser Methode können Sie auch den Prozess Ihrer Selbstpositionierung begleiten: den Ablauf Ihres Basistests.
Methode: Das organische Meisterstück (Konzept: Haralambie u. Kebbekus)
Worum geht es bei dieser Methode? •• einen Prozess einläuten und dessen Verlauf für alle transparent machen Impuls: •• klare und flexibel reagierende Ablaufgestaltung, die den Beitrag jedes Mitarbeiters zeigt, so dass er stolz auf seine Leistung sein kann Worum geht es?
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Die folgende Methode zeigt einen Weg, wie die Arbeit eines jeden Mitwirkenden in einem Prozessablauf für alle erkennbar wird, immer aktuell an die gerade stattfindenden Entwicklungen angelehnt. Das eröffnet den Blick auch für die Dinge, die zwar geleistet wurden, aber vielleicht in eine Sackgasse führten. Diese Sackgasse könnte für die Neuausrichtung des Prozesses sehr wichtig gewesen sein, weil sie eine nie zuvor gedachte Idee hervorgebracht hat – aber wie wichtig sie auch für das Gesamtgeschehen gewesen sein mochte, sie würde ohne Dokumentation untergehen. Und damit auch der Wert der Arbeit, die dahintersteckte: Denn um aus Fehlern wichtige Erkenntnisse zu gewinnen – muss man die Fehler erst einmal machen. Wir möchten Ihnen dafür die Methode des organischen Meisterstücks vorstellen, mit der Sie auf einer langen Papierbahn ein geplantes Vorhaben darstellen und so für alle »begreifbar« machen können. Als Beispiel haben wir bewusst etwas gewählt, das nicht zu den alltäglichen Aufgaben in einem Familienunternehmen gehört. Sie können auch jedes andere Projekt so bearbeiten; selbst ganz einfache Projekte eignen sich dafür, wenn Sie die Methode zunächst einüben wollen. Die Methode des organischen Meisterstücks •• bringt Klarheit für alle, was gerade passiert; •• macht sichtbar, welche Zwischenschritte es gab und was sich daraus entwickelt hat;
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Gemeinsamkeit: Wie schaffen wir es, dass alle mitgehen?
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Problem Visum verantwortlich Fr. Maier Verträge fertig
Abbildung 21: Coachingmethode »Das organische Meisterstück«, Beispiel »Projekt: Messe Asien«
•• zeigt, wer gerade mit wem und woran arbeitet: erkennbare Zuständigkeiten; •• hält Fehler fest, die man nicht mehr wiederholen muss; •• ist sehr flexibel in der Darstellung und damit immer aktuell; •• eröffnet Möglichkeiten der kurzen Wege: »Wen könnte ich fragen, wenn …?«; •• zeigt auf, wo unnötige Doppelarbeit entsteht; •• macht stolz auf die eigene Leistung; •• ermöglicht es, die eigene Leistung im Gesamtzusammenhang zu sehen; •• schafft die Grundlage für eine gute Dokumentation des Prozesses; •• bindet alle Mitarbeiter ein, auch die, die nicht direkt am Prozess beteiligt sind. Wie wenden Sie die Methode an?
Schritt eins: Informieren Sie alle Mitarbeiter darüber, dass von nun an das organische Meisterstück an den Wänden wächst – auch diejenigen, die mit dem Prozess gar nichts zu tun haben. Es sollen alle den Verlauf sehen
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können, das generiert neue Ideen und es bringt den Beteiligten Wertschätzung. Am besten eignet sich eine Veranstaltung, bei der alle Mitarbeiter dabei sein können. Das ist aber oft nicht praktikabel, Sie können daher auch verschiedene Einführungen – zum Beispiel für jede Schicht oder für jede Abteilung – ausrichten. Achten Sie aber darauf, dass es keine Unterschiede gibt: nicht die Einführung »erster Klasse« für die Tagesschicht mit Ansprache, Häppchen und Getränken und diejenige »zweiter Klasse« für die Nachtschicht, bei der Sie sich vertreten lassen und es nur eine Kanne Kaffee gibt. Das ist in jedem Fall immer Chefsache, erst so bekommt es die Bedeutung, die Sie für das Meisterstück brauchen. Regen Sie alle Beteiligten an, sich mindestens am Ende jeder Woche einzutragen in das Meisterstück, besser noch: tagesaktuell. Schritt zwei: Zeigen Sie regelmäßig, dass Sie selbst den Verlauf des Prozesses verfolgen. Informieren Sie sich, wenn Sie einen Beitrag nicht verstanden haben: Was meinte der Mitarbeiter genau damit? Gestalten Sie es nicht als Maßregelung (»zu unklar!«), sondern als gezeigtes Interesse (»darüber wüsste ich gern mehr«). Schritt drei: Feiern Sie den Abschluss des Projekts mit allen Beteiligten, vor der Projektwand. Laufen Sie noch einmal kurz daran entlang und erinnern Sie an die eine oder andere Schwierigkeit, die man gut bewältigt hat. Machen Sie Ihre Wertschätzung deutlich: Gute Arbeit, es hat prima geklappt! Was brauchen Sie dazu?
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•• Zuerst einmal Platz an Wänden in einem Raum, den möglichst viele Menschen passieren oder nutzen. Sehr gut ist ein Raum, der eine Kaffee-Ecke hat, an der man sich sowieso trifft und kurz miteinander austauscht; gut ist der Ein-/Ausgang einer Kantine oder der Eingangsbereich, an dem alle vorbeikommen. •• Ideal ist es, wenn Sie eine lange Wandfläche mit Metalloberflächen haben, an denen man mit Magneten etwas befestigen kann. Alternativ geht auch eine Aneinanderreihung von Stellwänden. •• Endlos-Papier für den Weg, den der Prozess nimmt; •• dicke und dünne Filzstifte in verschiedenen Farben, Magnete in ausreichender Zahl oder Pins für die Stellwände (je nach Anzahl der Mitarbeiter);
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Gemeinsamkeit: Wie schaffen wir es, dass alle mitgehen?
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•• Moderationskarten in drei Farben: rot (Probleme), grün (fertige Lösungen) und weiß (laufende Prozesse, Zuständigkeiten etc.); •• einen Tisch, an dem geschrieben werden kann; •• etwa eine Stunde Zeit für Schritt eins; Schritt zwei erfordert den gesamten Projektverlauf; für Schritt drei: einen festlichen Akt; •• eine Kamera oder ein Smartphone, um Bilder zu machen. Details – und los geht es!
(a) Diese Methode wirkt wie eine »lebende Wand«, die sich als organischer Newsletter zusammen mit dem Projekt entwickelt. Sie hat nicht die Aufgabe, Fehler zu sammeln, um sie den Mitarbeitern vorzuhalten. Ihre Ziele sind vielfältig, aber immer unterstützend: Sie fördert Mitarbeiter in ihrer Tätigkeit, motiviert sie, schafft Querverbindungen und zeigt Potenziale auf. Sie bezeugt, wie groß der Einsatz ist, und sie dokumentiert, welche Versuche sich als Nebenwege erwiesen haben, die ins Nichts führten. Vor allem schafft sie eine Komplettübersicht über die Arbeiten, die im Gang sind, und diejenigen, die schon erfolgreich abgeschlossen sind; über wechselnde Zuständigkeiten – etwa wegen Krankheit oder Schwangerschaft – und über ganz neue Aufgabenfelder, an die man zu Projektbeginn gar nicht gedacht hatte. Nehmen Sie sich in der Einführungsveranstaltung etwas Zeit, diese Gedanken klar zu vermitteln. Es ist eine Einladung an Ihre Mitarbeiter, sich und Ihre Leistungen zu zeigen – nicht wie bei den »SollerfüllungsPrangern« in der ehemaligen DDR, sondern als eine Wertschätzung der gebrachten Leistungen. Machen Sie deutlich: Fehler sind nicht an sich etwas Negatives. Ein Fehler, der zum ersten Mal gemacht wird, ist ein Zugewinn an Erfahrung und Wissen. Erst ein Fehler, der wiederholt wird, ist ein Verlust. Und jeder Fehler, der verheimlicht wird, ist ein großer Verlust, denn aus ihm kann man nichts lernen. (b) Wie eine Schriftrolle entfaltet sich der Weg, den Ihr Projekt vom Zeitpunkt der ersten Planung bis zum Zeitpunkt seines Abschlusses geht. Genau so sollte sich das Endlospapier über die Stellwände ziehen: Lassen Sie es am äußersten linken Rand eines Raumes beginnen, indem Sie das Papier in der Mitte der äußersten linken Stellwand befestigen und dann zur Mitte der nächsten Stellwand weiter aufrollen und befestigen. Markieren Sie die Eckdaten (siehe dazu Abbildung 21 auf S. 257).
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Basistest
Beispiel: Start des Projekts (am Papierbeginn) »Unser erster Messeauftritt in Asien bei der Automechanika Malaysia 2015« am 10. Januar 2014. Ende des Projekts (am Papierende): 19. März 2015. Das sind also 14 Monate Zeit. Nehmen Sie 14 Stellwände, für jeden Monat eine, und rollen Sie das Endlos-Papier darüber auf. Nun haben Sie den Weg, den alle Beteiligten gehen müssen, bis es soweit ist. Welche Aufgaben müssen in welchem Monat erledigt werden?
(c) Benennen Sie einen Prozessbegleiter, der das organische Meisterstück betreut. Er trägt die Hauptaufgaben pro Monat auf dem »Weg« ein, den Rest – also die Schritte, die dazu nötig sind, um die Aufgaben zu erfüllen – tragen die einzelnen Verantwortlichen ein, oberhalb oder unterhalb des Weges, auf den Moderationskarten. Der Weg ändert sich nicht und ist auf dem Endlospapier, die einzelnen Schritte können variieren und sind als Moderationskarten flexibel festzumachen. Beispiel: Hauptaufgabe im Januar: Wer gehört zum welchem Projektteam? Team Organisatorisches (Visa, Einfuhrgenehmigungen, Reise, Übernachtungen, Versicherungen): Hansen, Lohr Team Messestand (Planung, Ausführung): Merck, Eckner Team Kontakte vor Ort … usw. Stehen die Teams fest, berichten sie von nun an selbst stichwortartig über ihre Arbeit: Es geht ja nicht darum, Mehrarbeit zu erzeugen, sondern klare Informationen zu ermöglichen.
(d) Kennzeichnen Sie einen Arbeitsabschnitt, der beendet ist, mit einer grünen Karte. C
Beispiel: Grün steht für »Alles erledigt«. Sind alle Auslandsversicherungen abgeschlossen, wird eine grüne Karte mit »Versicherungen fertig« befestigt.
(e) Kennzeichnen Sie Probleme mit einer roten Karte. Beispiel: Rot steht für »Problem aufgetaucht. Wir brauchen Hilfe oder mehr Zeit.« So erkennen alle sofort, wo zusätzlicher Einsatz nötig ist. Kein Team steht mit seinen Problemen allein da.
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Zielkontrolle: Woran erkennen wir, dass wir auf dem richtigen Weg sind?
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(f) Wenn Sie die Hauptziele über die gesamte Zeitspanne schriftlich markiert haben, erkennen Sie auf einem Blick, wie viel Zeit noch für ihre Bearbeitung zur Verfügung steht oder wo der anvisierte Zeitplan aus dem Ruder läuft. Beispiel: Hauptziel ist die Beschaffung von Visa bis Ende Januar 2015. Vor Weihnachten ist immer noch kein Ergebnis da, aber eine Problemkarte. Es hat sich herausgestellt, dass der zuständige Botschaftsmitarbeiter einen privaten Obolus haben möchte, bevor er die Papiere weiter bearbeitet. Das ist nun Chefsache, und das Problem sollte baldmöglichst angepackt werden, denn die Feiertage zum Jahreswechsel sind wie dafür geschaffen, dass Probleme aus dem Blickfeld geraten. Vielleicht lohnt es sich, einen Visumservice damit zu beauftragen, der bessere Kontakte hat?
(g) Erstellen Sie ein Protokoll der Erfahrungen. Lassen Sie den Verlauf der Prozessentwicklung fotografieren und später in einer Datei festhalten, was die wesentlichen Erkenntnisse dieses Ablaufes waren. Das wird sich als wahres Wissens-Nachschlagewerk erweisen, wenn beim nächsten Mal vielleicht jemand aus dem Projektteam nicht mehr dabei sein kann. So löst sich die Verknüpfung von Wissen und einzelnen Hütern des Wissens, ohne dass dem Unternehmen deren Erfahrung verloren geht. ✔
2.8 Zielkontrolle: Woran erkennen wir, dass wir auf dem richtigen Weg sind? Sie sind am Ziel! Nach einem sehr langen Prozess haben Sie es geschafft, das zeigt Ihnen der Tag des Prozessabschlusses. Ob nun die Messe in Malaysia, der vollzogene Kauf Ihres Wettbewerbers oder was Sie sich sonst vorgenommen haben – nun ist es vollendet. Jetzt kommt die alles entscheidende Frage auf Sie zu: Hat sich dadurch der Erfolg eingestellt, den Sie sich gewünscht haben? Was hat sich für Sie und Ihr Unternehmen ergeben aus der Tatsache, dass Sie Ihr Ziel erreicht haben? Hatten Sie sich das Ergebnis so gedacht oder ist es am Ende ganz anders gekommen, als Sie es geplant haben? Das Ziel lautete: »Wir wollen am 19. März 2015 auf der Automechanika in Malaysia vertreten sein und damit den asiatischen Markt für uns öffnen.« Es könnte also
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Basistest
sein, dass Sie und einige Ihrer Mitarbeiter nach langer Vorbereitung am 19. März 2015 in Malaysia anwesend sind. Haben Sie damit Ihr Ziel erreicht?
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Tatsächlich bestand Ihr Ziel aus verschiedenen Zielen: ein vordergründiges (Anwesenheit auf der Messe) und viele Teilbereiche, die sich daraus ergeben sollten. Was versprachen Sie sich genau davon, dass Sie dieses Projekt beschlossen? Sie wollten Ihr Unternehmen im asiatischen Raum sichtbar machen. Sie wollten Kontakte knüpfen und Aufträge generieren. Sie wollten sehen, was die Konkurrenz anbietet und Ideen für eine Portfolio-Erweiterung sammeln. Kurz: Sie planten weit mehr als die bloße Anwesenheit auf dieser Messe. Wie überprüfen Sie, ob das Ziel – oder besser gesagt alle Ziele, die im primären Ziel versteckt sind – erreicht wurden? Das gelingt Ihnen am besten, wenn Sie klare Erfolgsindikatoren benennen. Und genau das haben Sie bereits getan: mit dem Abfassen der »Briefe aus der Zukunft«. Es ist Zeit, sie zu öffnen und zu prüfen, ob das Ende des Projektes Ihnen die erhoffte Ernte gebracht hat. Falls Sie feststellen, dass einige Teilbereiche, die Ihnen anfänglich wichtig waren, sich nicht so entwickelt haben wie gewünscht, können Ihnen folgende Fragen weiterhelfen: –– Welche Bereiche haben sich anders entwickelt? Haben sie Gemeinsamkeiten? –– Sind das Bereiche, die auch in früheren Projekten herausfielen? –– Sind es Bereiche, die Sie schon vergessen hatten? –– Gab es für diese Bereiche klare Zuständigkeiten? –– Wer verliert am meisten dadurch? –– Hat jemand einen Nutzen davon, dass gerade diese Bereiche stiefmütterlich behandelt wurden? –– Sind diese Bereiche es Ihnen wert, ein neues Projekt daraus zu gestalten? –– Falls nicht: Warum hatten Sie sie anfänglich überhaupt für wichtig erachtet? –– Haben sich Ihre Ziele im Laufe des Prozesses geändert? Ist Ihnen das aufgefallen? Wenn Sie sich entscheiden, ein neues Projekt aus den nicht erreichten Zielen zu machen, dann haben wir einen Tipp für Sie: Ernennen Sie dieses Mal für jedes einzelne Teilziel einen Wegepaten, also einen Zuständigen,
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Zielkontrolle: Woran erkennen wir, dass wir auf dem richtigen Weg sind?
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der ganz speziell das Ziel, für das er verantwortlich ist, auf seinem Weg in die Zukunft nicht aus den Augen lässt. Ein Wegepate muss nicht mit dem operativen Geschäft betraut sein. Er verfolgt einfach nur, ob »sein Ziel« im Projekt noch eine Rolle spielt oder unterwegs abhanden kommt.
Methode: Briefe aus der Vergangenheit (Konzept: Haralambie u. Kebbekus)
Worum geht es bei dieser Methode? •• Abgleich von anfänglich anvisierten Zielen mit den erreichten Zielen Impuls: •• Fortführung der Briefe aus der Zukunft – und die Ergebnissicherung Worum geht es?
Sie haben in Kapitel 2.5 die Methode »Briefe aus der Zukunft« kennengelernt. Die »Briefe aus der Vergangenheit« sind deren Fortsetzung und schließen den Kreis des gesamten Prozesses (vgl. auch S. 243). Diese Methode hilft Ihnen, festzustellen, •• was Ihnen zu Beginn der Zielsetzung wichtig war, •• ob sich im Laufe Ihres Projektes die Zielsetzung geändert hat, •• ob Ihnen das aufgefallen ist oder irgendjemand anderem, •• was Sie daraus lernen können: Welche Teilziele wurden nicht erreicht? •• wie Sie damit die Gründe erarbeiten können, woran es lag.
Abgesendet in: DER VERGANGENHEIT
Absender: ICH
An: MICH
Abbildung 22: Coachingmethode »Briefe aus der Vergangenheit«
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Basistest
Wie wenden Sie die Methode an?
Schritt eins: Sie informieren frühzeitig das Sekretariat, um die Briefe zu erhalten, und benennen eine Person, die später eine Dokumentation zusammenstellen wird. Schritt zwei: Sie laden alle am Prozess beteiligten Mitarbeiter ein, zu einer Abschlussbesprechung zu kommen; ebenso die Person, die die Dokumentation erstellt. Schritt drei: Sie wählen einen ruhigen Raum aus, in dem Sie alle nicht gestört werden. Schritt vier: Sie führen die Veranstaltung durch. Schritt fünf: Am Ende machen Sie Aufnahmen von den beiden Papierbögen, auf denen die Ergebnisse zu sehen sind, und sammeln die Briefe ein. Schritt sechs: Nutzen Sie später die fertige Dokumentation, wenn Sie weitere Projekte planen. Sie zeigt Ihnen, wo es potenzielle »Teilziel-Verluste« geben könnte. Was brauchen Sie dazu?
•• •• •• •• ••
die Briefe aus der Zukunft; zwei große Bögen Papier, zwei Stellwände, Pins zum Befestigen; Filzstifte für alle Anwesenden; Moderationskarten für alle Anwesenden, mindestens fünf pro Person; einen großen Tisch, auf dem die Moderationskarten ausgelegt werden können; •• eine Kamera oder ein Smartphone, um Fotos zu machen; •• etwa zwei Stunden Zeit. Details – und los geht es! C
(a) Sie versammeln alle Mitarbeiter, die am Anfang der Zieldefinition mit dabei waren und einen »Brief aus der Zukunft« geschrieben haben. (b) Sie lassen die damals verfassten Briefe aus dem Sekretariat holen. Ist zwischenzeitlich ein Mitarbeiter ausgeschieden? Nehmen Sie Kontakt zu ihm auf und fragen Sie ihn, ob Sie seinen Brief auswerten dürfen. Lässt sich der ehemalige Mitarbeiter nicht mehr ausfindig machen, vernichten Sie seinen Brief. (c) Sie lassen alle ihren Brief öffnen und lesen. Lesen Sie Ihren eigenen Brief und gegebenenfalls diejenigen der Mitarbeiter, die nicht mehr dabei sind.
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Zielkontrolle: Woran erkennen wir, dass wir auf dem richtigen Weg sind?
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(d) Es gab damals zwei Schwerpunkte: die Auswirkungen der Veränderungen auf das ganze Unternehmen und die Auswirkungen auf das eigene direkte Arbeitsumfeld. Lassen Sie den Teil des Briefes mit den Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen von jedem einzelnen Mitarbeiter vorlesen, so dass alle den Inhalt hören können. Die Auswirkungen auf das Private dürfen dagegen privat bleiben; sie können aber bei Bedarf auch vorgelesen werden, wenn der einzelne Mitarbeiter das möchte. (e) Sie beschriften zwei große Papierbögen, die Sie an zwei Stellwänden aufhängen. Auf einem der beiden Bögen schreiben Sie ganz oben als Überschrift: »Das ist genau so eingetroffen, wie ich es erwartet habe.« Sie teilen das Blatt dann in eine obere und eine untere Hälfte. In der oberen Hälfte steht: »im Unternehmen«; in der unteren Hälfte: »in meinem direkten Arbeitsumfeld«. Auf dem anderen Bogen schreiben Sie ganz oben als Überschrift: »Das hatte ich anders erwartet.« Auch dieses Blatt teilen Sie in eine obere und eine untere Hälfte auf (»im Unternehmen«/»eigenes Arbeitsumfeld«). Ihre Stellwände/Arbeitsbögen sollten nun folgendermaßen aussehen:
»Das ist genau so eingetroffen, wie ich es erwartet habe:«
»Das hatte ich anders erwartet:«
»im Unternehmen«
»im Unternehmen«
»in meinem direkten Arbeitsumfeld«
»in meinem direkten Arbeitsumfeld«
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Abbildung 23: Stellwände »Briefe aus der Vergangenheit«
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Basistest
(f) Sie bitten alle, auf Moderationskärtchen zu schreiben, was genau so oder was ganz anders eingetroffen ist. Auf jeden Fall sind die erwarteten Auswirkungen auf das Unternehmen festzuhalten; wenn Mitarbeiter auch die privaten Erwartungen aufschreiben möchten, ist das sehr zu begrüßen. Lassen Sie ihnen aber den Freiraum, dies freiwillig zu tun. (g) Verteilen Sie die Moderationskarten auf dem großen Tisch und bilden Sie Gruppen aus den Kartenantworten: Was gehört zusammen? Schreiben Sie dazu ein Stichwort oder wählen Sie ein passendes aus den Karten aus. Gibt es Teilbereiche, die stark vertreten sind? Widmen Sie diesen Ihre Aufmerksamkeit. Hier wird deutlich, dass am Anfang anscheinend viele Beteiligte andere Teilziele hatten oder etwas anders verstanden haben. Vielleicht zeigt sich hier auch, dass Mitarbeiter aus einer bestimmten Abteilung gemeinsam etwas anderes erwartet haben. Überlegen Sie zusammen, woran das liegen könnte. (h) Übertragen Sie die Stichwortkarten auf die großen Papierbögen, damit alle die Ergebnisse sehen können. Was schließen Sie aus dem Bild, das sich Ihnen allen nun bietet? Regen Sie zu einer Diskussion darüber an. Was fehlte, um die Teilziele zu erreichen, die nicht erreicht wurden? Gehen Sie eventuell wieder zurück zum organischen Meisterstück (in Kapitel 2.7), wenn es bei der Umsetzung Probleme gab. Oder haben Sie ab einem gewissen Punkt das Ziel aus den Augen verloren? Dann gehen Sie zurück zur Zielfindung (Kapitel 2.3). Oder sind Ihnen die eigenen Werte aus dem Blick geraten? Dann geht es zurück zum Familienwappen (Kapitel 2.1). Analysieren Sie, woran es möglicherweise gehapert hat. (i) Sammeln Sie die Briefe ein (den Teil über die Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen) und nutzen Sie sie dazu, eine Dokumentation erstellen zu lassen (»Die Geschichte unseres Ziels« oder »Als unsere Ziele laufen lernten«). Das sichert die Ergebnisse bei der Planung weiterer Projekte. (j) Fotografieren Sie die beiden Bögen an den Stellwänden und legen Sie die Bilder zur Dokumentation dazu. Stellen Sie fest, welche Abweichungen es gab und was genau so eingetroffen ist. Beim Abgleich der vergangenen Erwartungen mit den eingetroffenen Erfolgen können Sie gut erkennen, welche Fehler Ihnen in Zukunft erspart bleiben können. ✔
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Ausblick: Neue Sichtweisen
Nun sind wir am Ende unseres Basistests angelangt. Von jetzt an sollten Sie mit anderen Augen auf Ihr Familienunternehmen blicken. Diese neue Sichtweise bedeutet nicht gleich, dass ab morgen alles anders sein wird, aber Sie werden bemerken, dass Sie einige Konstellationen innerhalb Ihres Unternehmens nun anders wahrnehmen. Möglicherweise kamen in der Zeit, in der Sie den Basistest gemacht haben, Erkenntnisse wieder ans Tageslicht, die Sie oder andere Familienmitglieder früher bereits hatten, die aber zwischenzeitlich aus dem Fokus geraten sind. Vielleicht haben Sie direkt mit Änderungen begonnen? Wir möchten Sie nicht bremsen, doch es ist uns wichtig, Sie an einen elementaren Punkt zu erinnern, den wir auch schon am Anfang des Buches angesprochen haben: Menschen, die Veränderungen einleiten wollen, brauchen Zeit. Neu Entdecktes oder Gelerntes braucht eine Phase des Einwirkens, damit es nachhaltig in das eigene Umfeld eingearbeitet werden kann. Aktionismus ist nicht der richtige Weg, denn er gibt zwar das gute Gefühl, etwas zu tun, aber es geht ja nicht darum, irgendetwas zu tun, sondern das genau zu Ihnen und Ihrem Unternehmen Passende. Selbstredend sollten Sie »Druckstellen« innerhalb Ihres Familienunternehmens zeitnah beseitigen. Das spart Ihnen ja Zeit, Energie und Geld, denn die Kompensation von verdeckten Problemen frisst geradezu die Speicher aller drei genannten Bereiche leer. Aber machen Sie es mit Bedacht, um nicht versehentlich neue Problemfelder aufzubauen. Der Basistest ist eine Möglichkeit der Bestandsaufnahme eines aktuellen Zustandes. Dieser ist natürlicherweise einer permanenten Veränderung unterworfen. Ihr Familienunternehmen muss sich immer wieder neuen Herausforderungen stellen und diese meistern. Auch die Rahmen-
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Ausblick: Neue Sichtweisen
bedingungen am Markt, die Entscheidungswege oder die Zusammensetzung der Entscheidungsträger ändern sich im Laufe der Zeit. Aus diesem Grund empfehlen wir Ihnen, die hier beschriebenen Methoden regelmäßig für sich zu nutzen. Lassen Sie sie zu Ritualen werden: zu festen Bestandteilen Ihres ganz persönlichen Repertoires als Firmenlenker. Sie werden Sie darin unterstützen, Ihr Familienunternehmen auch durch schwierigere Zeiten hindurch sicher und erfolgreich zu führen.
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Schlussbetrachtung
Nun sind wir am Ende dieses Buches angelangt und wollen einen Blick zurückwerfen. Vielleicht haben Sie bereits begonnen, mit dem Buch zu arbeiten, oder Sie planen es. Schon beim Lesen haben Sie den ersten Schritt getan: Sie haben die Inhalte auf sich wirken lassen und dabei vermutlich immer wieder einen Vergleich zwischen dem Gelesenen und dem Alltag in Ihrem Unternehmen vorgenommen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Ihnen einige verbesserungswürdige Punkte oder sogar einige Sollbruchstellen aufgefallen sind, die Sie bearbeiten wollen und können, ist gestiegen. Wenn Sie ein Familienunternehmen leiten, haben Sie eine große Aufgabe: Sie müssen den Überblick bewahren, um Entscheidungen zu treffen, die Richtung vorzugeben und den Alltag zu koordinieren. Das ist schon kompliziert genug, wenn es »nur« um Produkte und Märkte geht. Kommt aber das Personal hinzu, wird es hochkomplex, denn der Umgang mit Menschen ist nicht so planbar wie der Umgang mit Produkten oder Konzepten – menschliches Verhalten ist immer wieder unberechenbar und wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Wir haben versucht, Sie bei diesem schwierigen Thema zu unterstützen: bei der Gestaltung eines für Ihr Familienunternehmen passgenauen Personalmanagements. Dieses Thema haben wir Ihnen unter drei verschiedenen Gesichtspunkten angeboten: –– In einer wissenschaftlichen Aufarbeitung der betriebswirtschaftlichen Grundlagen (Teil A). –– In einem Anwendungsteil, der die praktische Umsetzung darstellt, einschließlich einer Sammlung realer Beispiele aus anderen Familienunternehmen (Teil B).
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Schlussbetrachtung
–– In einem Basistest, der Sie in die Lage versetzt, an jedem der hier besprochenen Punkte anzusetzen und ihn für sich zu klären: Wo steht mein Unternehmen jetzt? Will ich die derzeitige Situation, so wie sie jetzt ist? Was kann ich tun, wenn ich eine andere Entwicklung anstrebe? (Teil C) Die Teile B und C sind angereichert mit zahlreichen ausgewählten Coachingmethoden, mit denen Sie ein tieferes Wissen über Ihr eigenes Unternehmen – und damit auch über sich selbst – erlangen sowie geplante Umgestaltungen nachhaltig umsetzen können. Diese Methoden geben Ihnen keine vorgefertigten Antworten, sondern versetzen Sie in die Lage, wirklich passgenaue Lösungen zu finden. Sicherlich haben Sie schon andere Bücher zum Thema Personalmanagement gelesen. Dabei ist Ihnen vermutlich aufgefallen, dass sich die klassischen Arbeitsfelder des Personalmanagements nicht einfach übertragen lassen auf diejenigen in Familienunternehmen. Wir haben diesem Umstand Rechnung getragen und die klassischen Arbeitsfelder an die Bedürfnisse von Familienunternehmen angepasst. Dabei mussten einige wegfallen, andere kamen hinzu, und in diesem Buch finden Sie nun sieben Arbeitsfelder, die die Verhältnisse im Personalmanagement eines Familienunternehmens realistisch abbilden können. Durch die spezielle Unternehmenskultur in Familienunternehmen und die sich daraus ergebende Ausrichtung der Organisationsstrukturen entstehen gerade im Personalmanagement teils erhebliche Professionalisierungsdefizite. Wir haben dargelegt, wie sich das Personalmanagement in Familienunternehmen von dem in anderen Unternehmensformen unterscheidet. Desweiteren sind wir auf die Bedeutung ihrer ganz individuellen Unternehmenskultur und der hier gelebten Werte eingegangen und haben Wege aufgezeigt, wie diese für alle erkennbar gemacht werden können, damit man sie effizienter nutzen kann. Besonders wichtig war uns, zu zeigen, dass Professionalität und Unternehmenserfolg auf der einen Seite sowie eine menschengerechte, respektgeprägte Führung und die Berücksichtigung der Mitarbeiterbedürfnisse auf der anderen Seite sich keineswegs ausschließen. Gerade in Familienunternehmen wird deutlich, dass die Verbindung beider Komponenten realistisch ist und ein Erfolgsmodell darstellen kann. Aufgrund ihrer speziellen, an familiären Werten ausgerichteten Geschichte ist diese Unternehmens-
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Schlussbetrachtung
form geradezu dafür prädestiniert und kann damit – das hoffen wir – auch eine gesellschaftliche Vorreiterrolle einnehmen. Denn ein Wandel in der Unternehmenskultur der großen, global ausgerichteten und global agierenden Unternehmen scheint gesellschaftlich immer stärker gewünscht zu werden. Familienunternehmen als tragende Säule des deutschen Wirtschaftsstandorts haben hier eine machtvolle Position, die es zu nutzen gilt. Durch dieses Buch haben Sie ein Instrument, um schon heute mit einer zeitgemäßen Ausrichtung im Personalmanagement Ihres Unternehmens zu beginnen – mit dem Ziel, nachhaltig und erfolgreich am Markt agieren zu können. Aber wir wollen nicht verhehlen, dass Ihnen dabei auch einige Steine im Weg liegen: die Vertrautheit alter Muster, die Scheu vor Neuem und das trügerische Gefühl, noch sehr viel Zeit zu haben, bis sich etwas ändern müsste. Sie haben es selbst in der Hand, diese Steine aus dem Weg zu räumen. Dabei müssen Sie nicht alles sofort ändern, was Ihnen nicht gefällt. Vielmehr empfiehlt sich ein langsamer, dafür aber tiefgehender Übergang von Altem, von dem Sie sich trennen wollen, zu Neuem, das Sie anstreben. Solch ein organisches Wachsen ist viel dauerhafter, denn es verbraucht weniger Energie als ein Schnellschuss, bei dem die Anfangsenergie bald verpufft. Dafür bringt es eine stabile Umstellung, die richtig Fuß fassen kann und nicht vom ersten Sturm verweht wird. Dosierte Handlungen, die zu Ihrer Unternehmenskultur passen, nehmen alle Beteiligten mit, von den Mitgliedern der Inhaberfamilie über die Führungskräfte bis zu den einzelnen Mitarbeitern – und auch Ihre Lieferanten, Bankberater und Kunden werden ins Boot geholt. Eine Wandlung, die auf so breiter Basis stattfindet, hat die besten Erfolgschancen. Beginnen Sie mit einem Schritt, ob es nun der anspruchsvollste ist – also das Arbeitsfeld mit dem größten Handlungsdruck – oder ein weniger komplizierter: Aber beginnen Sie, bevor es zu einer Notlage kommt. Das Ziel für Familienunternehmen ist nicht die komplette Neuausrichtung, sondern eher eine gewisse Kurskorrektur und – um in der Seglersprache zu bleiben – der Einsatz neuer, an die Wetterlage angepasster Segel und Takelage, und zwar vor Eintritt des Orkans. Familienunternehmen haben sich zu allen Zeiten und in vielen Ländern erfolgreich am Markt etabliert; dennoch wäre es ihnen möglich, ihre Position nach innen und außen durch ein bedarfsgerechtes Personalmanagement weiter zu stärken, dem wachsenden Mangel an Fachkräften mit
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Schlussbetrachtung
eigenen »Bordmitteln« zu begegnen und die dabei entstehenden Potenziale für sich zu nutzen. So bietet sich ihnen mit diesem Buch hoffentlich eine Chance, den historisch entstandenen Problemfeldern im Personalmanagement entgegenzuwirken und sich langfristig erfolgreich und als attraktiver Arbeitgeber am Markt zu positionieren. Wir hoffen, dass wir Sie mit diesem Buch darin unterstützen können, den Umgang mit den Menschen in Ihrem Familienunternehmen erfolgreicher zu gestalten. Vor allem wünschen wir uns, dass es Ihre Sicht auf Ihr Unternehmen erweitert und das Wissen um realistisch vorhandene Chancen vergrößert. Wenn unser Buch dabei hilft, Sie in Ihrer Position als Inhaber zu stärken und Ihnen zur Seite zu stehen, um Lösungen in Gang zu bringen, statt mit Problemen kämpfen zu müssen, dann haben wir unser Ziel erreicht. Für Ihre Anregungen sind wir jederzeit dankbar und für Ihre Fragen offen.
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Übersicht: Praxisbeispiele und Methoden
Teil B: Praxiswissen – Personalmanagement im Alltag 2 Vorhandene Wertesysteme klären, nutzen und unterstützen
Beispiel aus der Coachingpraxis: Toleranz oder Flucht? ȖȖ Impuls: Wechsel der Kommunikationsebene 3 Führungskultur im Wandel
Beispiel aus der Beratungspraxis: Die zerstörerische Spirale eines Führungsfehlers Beispiel aus der Beratungspraxis: Ungenutzte Potenziale der Mitarbeiter entdecken Beispiel aus der Coachingpraxis: Interview mit den ungehörten Stimmen ȖȖ Impuls: wertschätzende und motivationsfördernde Anregung für Verbesserungsideen 4 Personalmarketing und Personalbeschaffung erneuern
Beispiel aus der Coachingpraxis: Fokus auf die Kernaufgaben ȖȖ Impuls: bei der Personalauswahl unabhängig von alten Mustern und Vorgaben entscheiden Beispiel aus der Beratungspraxis: Frühe Ansprache von neuen Mitarbeitern aus der Hochschule 5 Qualifizierung und Weiterbildung fördern
Beispiel aus der Beratungspraxis: Ein Informationssystem, das nicht informiert Beispiel aus der Coachingpraxis: Wie ein Unternehmen das Potenzial seiner Belegschaft erkennt
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Übersicht: Praxisbeispiele und Methoden
ȖȖ Impuls: in jedem Unternehmen schlummern unbekannte Qualifizierungen, die es zu entdecken gilt 6 Innovations- und Veränderungsfähigkeit gestalten
Drei Beispiele aus der Coachingpraxis: Raum für ungeliebte Wahrheiten –– Beispiel 1: Der germanische Redestab –– Beispiel 2: Wahrheit durch die Papierblume –– Beispiel 3: Märchenhaft einfach ȖȖ Impuls: unterschiedliche Anregungen, wie man schwierige Wahrheiten offen kommunizieren kann Beispiel aus der Beratungspraxis: Vom Marktführer über die Beinahe-Insolvenz zum Dienstleister 7 Solide Regelung der Nachfolgepolitik
Beispiel aus der Beratungspraxis: Ein schwieriges Erbe Beispiel aus der Coachingpraxis: Der goldene Schlüssel der Verantwortung ȖȖ Impuls: den Übergang vom Junior zum Senior für alle sichtbar machen
Teil C: Selbstpositionierung – Wo stehen Sie heute? 2.1 Wertesystem: Was macht uns aus?
Das Familienwappen: Wie sehen wir uns selbst? Worum geht es bei dieser Methode? –– besondere Wertesysteme in familiengeführten Unternehmen ȖȖ Impuls: die eigenen Werte erkennen und nutzen 2.2 Klarheit: Wo stehen wir jetzt?
Das Kulturhaus: Was sehen andere, wenn sie auf uns blicken? Worum geht es bei dieser Methode? –– ein Blick von außen auf das eigene Unternehmen – so wie es die anderen sehen ȖȖ Impuls: Zeichnen des »Kulturhauses« als Abbild Ihrer Unternehmenskultur zwischen festen Rahmenbedingungen und flexiblen Möglichkeiten
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Übersicht: Praxisbeispiele und Methoden
2.3 Zielfindung: Wo wollen wir hin?
Die drei Zaubernüsse: Erlauben Sie sich Zukunftsträume auf hohem Niveau. Worum geht es bei dieser Methode? –– Entwicklung neuer Lebens- und Unternehmensziele ȖȖ Impuls: Fallenlassen von Begrenzungen Ihrer Gedanken bei einer Zielfindung 2.4 Erkenntnis: Was könnten wir verbessern?
Das Tetralemma: Treffen Sie eine sichere Entscheidung zwischen zwei gleichwertigen Zielen. Worum geht es bei dieser Methode? –– Entscheidungshilfe zwischen zwei gleichwertigen Zielen: heraus aus der geistigen Sackgasse ȖȖ Impuls: statt Ja oder Nein: Beleuchten von vier Reaktionsmöglichkeiten und deren Konsequenzen, um sich klar für ein Ziel entscheiden zu können 2.5 Bereitschaft: Was wollen wir verbessern, was ist uns wichtig?
Briefe aus der Zukunft: Stellen Sie fest, was Ihnen wirklich wichtig ist, und überprüfen Sie, ob sich im Laufe der Entwicklung nicht doch etwas an der Zielsetzung geändert hat. Worum geht es bei dieser Methode? –– Erschaffen eines konkreten und nachprüfbaren Zukunftsszenarios durch die Vorarbeit, die Sie bei der Zielfindung geleistet haben ȖȖ Impuls: einen Blick in die Zukunft werfen: Wie sehen dort die Veränderungen aus, die Sie heute beschlossen haben? 2.6 Umsetzung: Wie geht es los?
Das Teamrad: So stellen Sie effiziente Teams zusammen. Worum geht es bei dieser Methode? –– nicht nur die fachliche Qualifikation entscheidet über eine gute Teamzusammenstellung, sondern auch die Verteilung der persönlichen Eigenschaften ȖȖ Impuls: Einschätzung, ob ein Team über alle Eigenschaften verfügt, um gut miteinander arbeiten zu können, gegebenenfalls die Möglichkeit der Ergänzung wichtiger Eigenschaften
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Übersicht: Praxisbeispiele und Methoden
2.7 Gemeinsamkeit: Wie schaffen wir es, dass alle mitgehen?
Das organische Meisterstück: Erzeugen Sie (Werk-)Stolz: Das gemeinsame »Werk« wird ausgestellt und immer weiter ergänzt, wie eine lebende Wand, die sich als »organischer Newsletter« zusammen mit dem Projekt entwickelt. Worum geht es bei dieser Methode? –– einen Prozess einläuten und dessen Verlauf für alle transparent machen ȖȖ Impuls: klare und flexibel reagierende Ablaufgestaltung, die den Beitrag jedes Mitarbeiters zeigt, so dass er stolz auf seine Leistung sein kann 2.8 Zielkontrolle: Woran erkennen wir, dass wir auf dem richtigen Weg sind?
Briefe aus der Vergangenheit: Überprüfen Sie, ob sich im Laufe der Zielverfolgung nicht doch etwas an der Zielsetzung geändert hat. Worum geht es bei dieser Methode? –– Abgleich von anfänglich anvisierten Zielen mit den erreichten Zielen ȖȖ Impuls: Fortführung der Briefe aus der Zukunft – und die Ergebnissicherung
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Literatur
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Literatur
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Dank
Herzlich danken möchte ich besonders meiner Frau Alexa Kebbekus, die mit ihren anregenden Gedanken und Anmerkungen meine Bodenhaftung sicherstellte und mit unbegrenzter Unterstützung meinen Anteil an diesem Buch erst möglich gemacht hat. Außerdem danke ich meinen Eltern, die durch ihre eigene Selbstständigkeit mein berufliches Interesse an der Kombination aus Familie und Unternehmen geweckt haben. Robert Kebbekus Ich danke meinem Mann, Dr. Wolfram Schmitz, der mir mit großem Interesse und viel Engagement durch zahllose Gespräche und wissenschaftliche Recherchen die wertvolle Unterstützung gab, die dieses Buch zu einem besseren gemacht hat. Ich danke meinem Coachingausbilder Heinrich Fallner, der mir durch seine außergewöhnlichen Anregungen meine heutige Sicht auf das Coaching erst ermöglicht hat. Und ich danke Professor Dr. Gerald Hüther, der mich nach meinen begeisterten Äußerungen zu einem seiner Vorträge ermunterte: »Dann machen Sie was draus!« – unter anderem daraus entstand dieses Buch so, wie es vorliegt. Es würde mich freuen, wenn auch unsere Leser in diesem Buch etwas finden, aus dem sie »etwas machen können«. Dana Haralambie Frau Sandra Englisch und Herrn Günter Presting von Vandenhoeck & Ruprecht danken wir für die verlegerische Betreuung des Buches.
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Stichwortverzeichnis
Abbild 205 Abhängigkeitsverhältnis 78 Alleinstellungsmerkmale 37 Altersstruktur der Belegschaft 74 Anerkennung 40 f. Anforderungen, unternehmenskulturelle 70 Anforderungen, werteorientierte 69 Anforderungsprofile 134, 146 Anreize ohne Geld 200 Anreizmodell 199 Anreizsystem 37 f., 80 Anreizsystem, menschengerechtes 195 Anreizsystem, unternehmens- und mitarbeitergerechtes 193 Ansehensverlust 121 Arbeitsbedingungen 40 f. Arbeitsbuch 206 Arbeitsmarkt, regionaler 69 Arbeitsmotivation 40 Arbeitsplatzsicherung 211 Arbeitsumgebung, angstfreie 149 Arbeitszufriedenheit 41 Aufgabenbeschreibung und Anforderungsprofil 134 Aufstiegschancen 68 Aufstiegsmöglichkeiten 41 Ausbildungsbörsen, regionale 142 Ausland 108, 142, 180 Außenauftritt 71, 143 Außenpräsentation 216 Auswahlverfahren 69, 133, 137–139 Bachelor- und Masterstudiengänge 145 Bausatzelemente 103 Bedeutung der Familie 26 Bedürfnisse der Mitarbeiter 35, 194 Bedürfnisse eines Unternehmens 193 Befehlsempfänger 44 Begriffe und Bilder 222 Beiräte 111, 126 Bekanntheit von Familienunternehmen 69 Bereitschaft 42, 84, 239 f., 242, 275 Berufsbild, veraltetes 68 Betriebsnachfolge 77 Bewertungskatalog 197
Bewertungskriterien 195–199, 202 Bewertungs- und Steuerungsinstrument 199 Beziehungen 24, 26–28, 37, 41, 47–49, 59, 61, 78, 217, 224, 229, 235, 238 Beziehungserwartungen 26 Bildsprache 213 Bindung, emotionale 70 f. Bindung, soziale 27, 39 Bonusanteil 195 f., 199 Bonuspunkte 200 Bonuszahlungen, projektbezogene 82 Botschaften, unsagbare 99 Botschaften, versteckte 98 Briefe aus der Vergangenheit 263, 265, 276 Briefe aus der Zukunft 243, 262–264, 275 f. Bürokratisierung 33 Coach 15, 95 Coaching 14–16, 20, 83, 88, 91, 94, 98 Coachingarbeit 94 f. Coachingprozess 94, 96 f. Collage 214, 227, 229 Dankbarkeit 70 Dauerbeobachtung 92 Denken, analytisches 251 Dialogkultur 39, 72, 80 Dilemma der Innovation 163 Dimensionen 29, 31 f., 40, 58–60, 78 Dimensionen einer Kultur 55 Diplomatie 251 Disziplin und Mut 75 Drei-Kreise-Modell 47 Ebene, emotionale 230 Ebene, kognitive 11, 229 Ebene, körperlich-sinnliche 230 Eigen-Art 118 Eigentum 30–32, 46 f., 67 f. Eigentümer 31, 48, 53 Eigentümerfamilie 29, 63 Eigentümerrolle 30 Eigenverantwortlichkeit 15, 18, 120, 123, 248 Einflussnahme der Unternehmerfamilie 28 Einflussnahme, interpersonale 44, 63
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Stichwortverzeichnis
Einheit 63 Elemente 12 Engagement 212, 280 Entgelt- und Motivationssystem 75 Entlohnung 40–42, 71, 80–82 Entlohnungs-, Motivations- und Anreizsysteme 80 Entlohnung, tarifgebundene 81 Entlohnung, variable 82 Entscheidungen, langfristige 112 Entscheidungshilfe 232, 275 Entwicklung, kognitive 59 Entwicklung, organische 206 Entwicklungsperspektive 69 Entwicklungsstufen des Personalmanagements 33 Erfolgsindikatoren 262 Erfolgspotenzial 36 Erkenntnis 12, 75, 85, 89, 97, 230, 275 Erwartungshaltung 70, 78, 136 Ethik 54, 113 Ethikkodex 114 f. Evolution 240 Evolution, Strategien 91 Fachkräfte 70, 147, 182 f. Fähigkeiten, technologische 68 Faktor, menschlicher 85 Familienchronik 209 Familienfremde 79 Familiengeschichte 73 Familienmitglieder 28, 31, 48, 53, 64 f., 69, 74, 76, 78 Familienunternehmen 13, 23, 28 Familienverband 110 Familienwappen 214, 266, 274 Family Governance 78 Feedbackkultur 73 Fehlerkultur 72 Fehlertoleranz 92, 119 Finanzen 230, 235, 237 Firmenauftritt 69 Firmengeschichte 29 Flipchart 211–213 Fortbildung, externe 154 Fortbildung, interne 153 f. Fortbildungsmaßnahme 152–154, 162 Fragebögen 175 Führung 33, 38, 43 f., 46, 60 f., 63–66, 77 f. Führung durch Prägung 125
Führung durch Präsenz 125 Führung, moderne 124 Führungsansätze, kooperative 46 Führungsforschung 44 Führungskompetenzen 64 Führungskräfte 44, 65 f., 91, 121 f., 127, 132, 139, 158, 160 f., 168, 174, 176, 199 f., 238, 248 Führungskultur 65, 73, 77, 80, 116, 122, 126, 131 f., 152, 160, 195 f. Führungsmerkmale 44 Führungsmodelle 44 Führungsstil 64, 116–119, 124 f., 127 f. Führungsstrukturen 39, 67 Führungsverantwortung 30, 64, 78 Führungsverständnis 43, 45 Führungswerte 128 Führungswandel 126 Führung und Motivation 104 Fürsorgepflicht 70 Gebilde, soziales 24 Gehalt 40 Gemeinsamkeit 26 f., 254, 276 Generationenwechsel 28, 45, 76, 79 f., 104, 277 Gerechtigkeitslogik 31 Geschichten 88, 96, 208 Gesellenstück 255 Gestaltungsspielraum 96 Grundannahmen, System der 56 Gründerfamilie 73 Gründergeneration 73 Grundinnovation 173 Gründungsväter 209 Grundwerte 241 Handlungsmuster 51, 53, 106 Handlungsoptionen 51, 53 Handlungsräume 98 Handlungsregelungen 54 Handlungs- und Rollenverständnis 104 Harmonie 69 Heimatstadt 112 Helden 209 Hierarchien 59 Hierarchiestrukturen 73 Hochschulen 136, 142 Homo oeconomicus 38 Human-Relations 44
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Stichwortverzeichnis
Human-Ressource 44 Hygienefaktoren 40 f. Ideenwerkstatt 149 Identitätsstiftung 55 Ignorieren, kollektives 66 Individualisierung 34 f. Individuum 32, 34, 39, 46 Inhaberfamilie 14 Innovationen 37, 75 f. Innovationsbereitschaft 212, 237 Innovationsfähigkeit 52 f., 75, 163–165, 172 f. Innovationspotenzial durch Freiheit 177 Institution Unternehmen 106 Integrität 64 Intranet 150 f. Intrapreneuring 33, 38 Junior, ewiger 187 Karriereplanung 73, 146 Klarheit 20, 213, 215, 217, 241 f., 256, 274 Kommunikation 12, 24, 27 f., 43, 46 f., 51, 62 Kommunikationsebene 110 Kommunikationsformen 27 f., 75 Komplexität 207 Komponenten 23, 72 Konflikte, schwelende 72 König Niemalsmüd 170 f. Konservierungsstrategie 76 Konsummuster 34 Kontentfaktoren 41 Kontextfaktoren 41 Kontrollsysteme 39 Kooperation 43, 46 Kooperationen 142, 174, 178 Kooperationspartner 98 Koordination 43, 46 Körpergedächtnis 87 Körpersignale 240 Kreativität 58, 251 Krisenzeiten 91 Kriterienkatalog 197 Kriterienlexikon 197 Kultur 12, 29, 42, 55, 58 f., 61 f., 73 Kultur der Kritikfähigkeit 164, 178 Kultur des Mitwirkens und Einbindens 195 Kultur, fremde 86 Kultur, gemeinsinnige 59, 61 Kulturhaus 217, 219 f., 274
Kultur, materialistische 59, 62 Kultur, vernetzte 59, 61 Kultur, zersplitterte 59, 61 Kundenbeirat 126 Kundeninterviews 175 Kundenzufriedenheit 197, 199 Learning by doing 147 Lebensinhalt 35, 38 Lebensstile 34 Lebenswerk 78 Lebensziele, private 221 Lebenszyklus 79 Lehrmittel 88 Leistungsfähigkeit 52, 55, 68 Leistungsportfolio 176 Leitkultur 52 f., 75 Leitvorstellungen 34 Lernbahnen 87 Lernen 18, 71–73, 86 Lernen, kollektives 71 Lernen, praxisgerechtes 148 Lernfähigkeit 74, 76, 91 Lernkultur 72, 76 Lernmaterial 150 Lernprozesse 71 Lernraum 148 Lernstoff 88 Lernumfeld, geeignetes 148 Lern- und Weiterbildungskultur 147, 162 Lieferantenbeirat 127 Lob 93 Lock-in-Wirkung 63 Löffel, goldener 210 Macherqualität 251 f., 254 Managementberatung 12 Märchenhaft einfach 170 Markenbindung 67 Megatrends 34, 43 Meinungsvielfalt 209 Meisterstück, organisches 256 f., 260, 276 Menschen 11, 15 f., 18 f., 24 f., 27, 34, 39 f., 43 f., 49, 51, 54 f., 72, 84, 86, 88–90, 92, 95 f., 98, 209, 216, 221–223, 230, 239 f., 245, 247 f., 254 f., 258, 267 Menschenbild 39, 44, 46, 80, 209 Mentaltraining, integratives 93 Merkfähigkeit 88 Merkmale 26, 30, 41, 43, 54
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Messen 142 Methoden 207 Mindestqualifikation 68 Misserfolgskultur, gelebte 72 Mitarbeiterbeteiligung 81 Mitarbeiterbindung 103 Mitarbeiter, jüngere 121 Mitarbeitermotivation 194 Mitarbeiter-Steckbrief 156 Mobbing 90 Moderationskarten 211–213, 233, 235, 259 f., 264, 266 Modernisierungsstau 76 Momentaufnahme 215, 245 Moral 29, 53 f., 59 Moralvorstellungen 52–54, 64 Motivation 33, 38–40, 43, 90 Motivations- und Führungsmodelle 116 Motivatoren 40 f., 195, 200 Motive, extrinsische 41 Motive, intrinsische 39 Muster 88 Mustererkennung 106 Nachfolge, außerfamiliäre 180 Nachfolge, innerfamiliäre 179 f. Nachfolgepolitik 12, 179 Nachfolgeproblematik 77 Nachfolgeregelung 52 f., 78 f., 104, 179, 187, 191, 210, 240 Nachhaltigkeit 63, 104 f., 112 f., 212, 216 Nachwuchsförderung 74 Nachwuchsführungskräfte 121 Netze, neuronale 87 Netzwerke, soziale 144 Newsletter, organischer 259, 276 Normen- und Wertesystem 55 f. Notfallplan 191 Ökonomisierung 33 Online-Material 95, 114, 125, 155, 160, 174, 198, 200, 232, 251 Organisation, lernende 152, 196 Organisationsdynamik 33 Organisationskultur 208 Organisationsplanung 67 Organisationstalent 251, 254 Organismus Familie 106 Orientierungsstandard 34
Personalanforderungen 67 Personalauswahlverfahren 67 Personalbedarfsanalyse 36 Personalbeschaffung 36, 38, 53, 66 f., 69, 71 Personalbeschaffung, interne und externe 67 Personalbestandsanalyse 36 Personaleinsatz 36 Personalentwicklung 36, 38, 71–76, 88 Personalfreisetzung 36 Personalführung 33, 36–38, 53 Personalkosten 36, 67 Personalmanagement 11, 13 f., 23, 29, 32 f., 36 f., 46 f., 52 f., 71, 77 f., 80, 103 f., 106, 116, 135, 148, 161, 179 f., 193 f., 198, 201, 237 Personalmanagement, klassisches 33, 37, 52 Personalmanagement, Modernisierung 103 Personalmanagement, operatives 36 Personalmanagement, strategisches 36 Personalmanagement, taktisches 36 Personalmanagement, zeitgemäßes 35 Personalmarketing 36, 38, 66 f., 71 Personalveränderung 36 Pflichtkultur 35 Potenziale, ungenutzte 128 Potenzialidentifikation 104 Prägung von Mitarbeitern 70 Praktikumsplatz 145 Präsenz, bundeslandübergreifende 142 Praxisseminar 145, 170 Produktportfolio 216 Programmierung, kollektive 55 Projekte, abteilungsübergreifende 153 Punktegewichtung 199 Qualifikation 53, 61, 68, 77, 249 Qualifikationsprojekte 73 Qualifizierung 36, 38, 71, 74 Rahmenbedingungen 59, 72, 76, 98 Raum für ungeliebte Wahrheiten 165 f., 172 Realität 12, 95, 224–226, 230 Redestab, germanischer 166 Reflexions- und Kommunikationsmöglichkeiten 72 Regeln 39, 47, 51, 53, 62, 66, 79 Respekt 57, 212, 254 Respekt, gegenseitiger 64 Ressourcen 85 Ressourcen, eigene 235 f.
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Stichwortverzeichnis
Ressourcen, freie 227 f. Rituale 17, 60 f., 209 Rolle der Frau 35 Ruderboot 208 Ruhestand 138, 161 f., 180, 224, 239 Sanktionen 43 Schichtenmodell 55 f., 58 Schulen 142 Schulprojekte 142 Selbstbild 73 Selbstimmunisierung 66 Selbstpositionierung 205 Selbstreferenzialität 52 f., 97 Selbstverständnis von Führungskräften 117 f. Selbstwahrnehmung 65 Selbstwertgefühl 65 Senior 78 Shitstorms 144 Sinnvorstellungen 54 Social Men 39 Solidarität 58 f., 61 f. Soziabilität 58, 61 Sozialisation 26 Spaß 64 Spezialisierungsgrad, fachlicher 68 Spezialisten, unternehmensfremde 154 Spielraum für Fehler 92 Spielregeln 27 f., 30, 32, 69, 107, 165, 199, 253 Sprachen 47, 86 Standortsicherung 212 Stellen- und Organisationsbeschreibungen 67 Stellwände 219, 258–260, 264 f. Stimmungen 90 f. Strukturen 46 f., 67, 76 Symbol 183–186, 212 Symbolsystem 56 Systembegriff 46 Systeme, soziale 30 Systemgrenzen 81 Systemlogiken 31 Systemtheorie 12, 24, 44, 46, 48, 83 Tabus 210 Teamarbeit 58 Teamleiter 244, 248–250, 252 Teamrad 250, 252 f., 275 Teams 99, 119, 248 f., 251–253, 260, 275 Teamzusammenstellung 250, 275
Technologiedynamik 33 Tetralemma 232, 234 f., 275 Thronfolger 69 Toleranz 104–107, 110, 113 f., 212 Tradition 13, 62, 105, 110, 113 f., 173, 212, 277 Traditionsverbundenheit 104, 163 Trends 34, 43, 174 Tunnelblick 205 Übergabe, gelingende 181 Übergabeplanung 80 Übergaberoutinen 80 Umgang mit Mitarbeitern 32 Umsetzung 11, 14, 36 f., 76, 85, 241, 243, 247, 255, 266, 275 Umwelt 18, 24 f., 48–51, 59, 209, 212 Unabhängigkeit, absolute 227 f. Unrechtsempfinden 78 Unternehmen 24 Unternehmensbegriff 25 Unternehmenscharakter 55 Unternehmenscoach 95 Unternehmensentwicklung 235, 237 Unternehmensethik 54 Unternehmensimage 143, 146 Unternehmenskultur 14, 28–30, 37, 42, 53–57, 60–62, 71, 80 Unternehmensnachfolge 23, 75 Unternehmensrealität 44, 63 Unternehmensreputation 65 Unternehmensübergabe 78 f. Unternehmenswerte 75 Unternehmenszahlen 215, 247 Unternehmer 31, 48, 53, 72, 75 Unzufriedenheit 40 f. Unzufriedensteller 40 Usability-Workshops 175 Veränderungsfähigkeit 52 f., 75, 163 Veränderungsprozesse 84 Verantwortlichkeitsstrukturen 79 Verantwortung 40–42, 62–65, 76, 92, 105 f., 110, 113 f., 116, 120, 122, 179 f., 182–184, 187, 189, 191, 210, 212, 240, 242, 248, 254 Verantwortung, organisatorische 39 Verantwortung, persönliche 64 Verantwortungsgefühl 80, 104 Verhaltenseigenschaften 250 Verhaltensregeln 199
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Stichwortverzeichnis
Verlässlichkeit 63, 112, 212 Vertrauensbildung 72, 91 Vertrauenskultur 126 Vorbildcharakter 13 Wahrheit 95 f. Wahrheit durch die Papierblume 168 Währung 31 Währung Liebe 69 Wappen 210–214 Weihnachtsfeier 209 Weiterbildung 36, 38, 53, 71, 73 f., 147 Weltsicht 97 Werbebotschaft 144 Werkstolz 255 Werte 14, 31, 33–35, 42, 44, 52–54, 56 f., 63, 81 Werteausprägung 42 Wertebild 70 Wertefelder 62 Wertekanon 62, 64, 77, 104 f., 113 Wertesystem 208 Wertewandel 34 Wertmaßstäbe 54 Wertschöpfung 33, 219
Wertvorstellungen 29, 34 f., 71 Wesen, soziale 90 Wettbewerber 174 Wettbewerbsdruck 84 Wiki-Lösungen 151 Wirtschaftsethik 54 Wissensbestände 24 Wohlbefinden, psychologisches 39 Wünsche 35, 78, 228, 230 Zahlungsmittel Liebe 31 Zaubernüsse 224, 226–228, 275 Zeitfaktor 84 Zielbild 238 Ziele, kurzfristige 222 Ziele, langfristige 222 Zielerreichung 43 f., 63 Ziele, unternehmerische 221 Zielfindung 221, 224, 243, 266, 275 Zielgruppe 50 plus 249 Zielkontrolle 195, 246, 261, 276 Zugehörigkeitsgefühl 39 Zusammengehörigkeit 58 f., 61 f. Zwei-Faktoren-Theorie 40–42
© 2014, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525403679 — ISBN E-Book: 9783647403670