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German Pages 118 Year 1830
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Taſchen Bibliothek der
wichtigſten und intereſſanteſten
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See- und Land- Reifen, von der
Erfindung der Buchdruckerkunſt bis auf unſere Zeiten. Irit Landkarten , Planen , Portraits und anderen Abbildungen .
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Měhren , und Berausgegeben Von
go a ch im Heinrich J & cf , Stönigl. Bibliothekar zu Bamberg.
53. Binochen . Mit einem Se 1 pfer.
II. Theil. 3. Bändchen von Perſien. Nürnberg Verlegt von Heinrich Haubenftrider . 18 3 0 .
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wichtigſten und intereſſanteſten Reiſen durch
Perſien. Mit Landfarten , Planen , Portraits und anderen Abbildungen .
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Méh ré und herausgegeben von
Joachim Heinrich gå , Krönigl. Bibliothekar zu Bamberg .
II. Theil. 3. Bändchen . Nürnberg. Derlegt von Heinrich Haubenſtrider. 1 8 3 O.
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Inhalts : Anzeige. Seite
Des Ritters Jobann @hardin Reiſe nach Perfien 1671
1677
Reiſe durch Rußland nach Perſien in den gahren 1943-45 von Jonas Han wv a y. Plus dem Engliſchen überfekt .
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wichtigſten und intereſſanteſten
See- und Land- Reiſen, von der
Erfindung der Buchdruckerkunſt bis auf unſere Zeiten.
mit Landkarten , Planen , Portraits und anderen Abbildungen .
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Joachim Heinrich
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II. Theil. 3. Bändchen von Perſien .
Nürnberg. Veslegt von Heimid) Haubenſtrider . 18 30 .
Taſchen Bibliothek der
wichtigſten und intereſſanteſten Reiſen durch
Perſien. Mit Landfarten , Planen , Portraits und anderen Abbildungen. er fat DO 11
Mebré n ! und berausgegeben Bon
go a ch i m Heinrich gåck, Königl. Bibliothekar zu Bamberg.
II. Theil. 3. Bändchen . Nürnberg
Verlegt von Heinrich Haubeurtrider. 18 30.
Des Ritters Johann Chardin Reiſe nach Perſien 1671 - 1677.
1.
Nach meiner Rücktehr aus Indien beſchlog
ich zu Paris , weil ich wegen meiner Religion zu *) Zu Paris den 16. November 1643 geboren , erhielt er als Sohn eines Juivelirers eine rolche Bils
dung , daß er 1664 — 70 , und 1671 – 79 zwei ſehr wichtige Reiſen nach Perſien , wohin er von
dem Maler Fore ph Grelot zur Abzeichnung der merkwürdigften Gegenſtände begleitet wurde, unternehmen konnte. Im J. 1681 begab er ſich nach England, wo Stönig Star ! l . ihn zum Rits ter ernannte , und 1683 als Agent der engliſchs
oſtindiſchen Handelsgeſellſchaft nach Haag rens dete . Er ſtarb am 5. Januar 1713. Von ſeinem : Journal du voyage en Perse et aux dines orien tales, par la mer Noire et par la Colchide, erſchienen -zu London und Amſterdam 1686 in
Føl. , 1911 in 12. , 1935 in 4. mehrere reich mit den Itupfern ausgeftattete Ausgaben , ju Rouen auch
ein Nachdruck , und in mehrern Ländern ſogar Ueberſebungen . Ebardin's genaue Stenntniß
(RACAP ) 63834
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teiuem Staatsamte gelangen konnte, wieder nach FH dien zu reifen . Daſelbſt iſt der Staufmannstand rehr geehrt , und ſelbſt ſouveraine Häupter ſchåmen fich nicht , Handelſchaft zu treiben .
Schon im J. 1666 wurde ich von dem stånige Perſiens beauftragt , an ſeinen Hof als Staufmann zu kommen , Stleinodien von ſehr großem Werthe ſchneis
den , und nach der cigenen Handgeichnung ſeiner Mas jeſtåt bearbeiten zu laſſen . In dieſer Unternehmung von der Madame Lescot unterſtüßt , durchreiſte ich mit dem Gefährten meiner erſten Reiſe , Roiſin aus
Lyon , in einem Jahre und zwei Monaten die reichſten und vorzüglichſten Lånder Europa's , um die ſchons tien und großten Juwelen , große und runde Perlen
und künſtlich gearbeitete Korallen zu kaufen . Wir lies ken überdieß noch bei den Goldarbeitern die ſchönſten Arbeiten und préchtige Uhren verfertigen , und ſchicks ten einen Vorrath von 12,000 Dukaten nach Ítas lien, Mein Gefährte reiſte vor mir von Geny a nach livorno , ich gegen Ende Oktobers nach Mais land und Florens. Den 10. November fuhren wir mit einer Staufs fabrteiflotte nac Smyrna bei Refine, Zante
mehrerer orientaliſcher Sprachen erleichterte reinen Zutritt bei mehrern Miniſtern , durch welche er mit den Verhältniſſen der Länder por anderen Reiſenden bekannt werden konnte.
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und andern Inſeln des Archipel8 vorbei , und ge! riethen bei Micone mit einem Seeräuber von Lis vorno in Streit.
· Man findet überhaupt vierzig chriftliche Seeraus ber auf dem Archipel , deren einige aus Majorka und ville franche , andere aus livorno und Malta auslaufen . Ihre Schiffe ſind klein , ſchlecht
verproviantirt , aber ihre Mannſchaft ift ftreitbar, und
obwohl Chriſten , dennoch unerhört grauſam gegen die Einwohner der an dem Archipel gelegenen Inſeln. Nachdem wir vier Monate geſegelt waren , und große Stålte und viele Seeftůrme ausgeſtanden hatten , langten wir den 1. März 1672 in Smyrna an . Dieſe
berühmte Stadt treibt febr farken Handel mit den Englåndern , Holländern , einen unbedeutenden aber mit den Genueſern. Nach einem zwölftågigem Aufenthalt zu Smyrna regelte ich nach Stonftantinopel, und kam den 9. März 167 2 dafelbft an , wo ich meine Stiften und Stå: fen mit dem Wappen des franzöſiſchen Geſandten , Herrn d. Nointel, zeichnen ließ ; denn die an der Pforte befindlichen Geſandten baben das Privilegium, daß ihre Güter, und jene der Fremden auf ihren Nas men , von Abgaben frei find .
Wegen der abgebrochenen Unterhandlungen des . franzöſiſchen Geſandten mit dem Großvezir , ſchwebte
ich in großer Furcht. Dem Gerüchte nach wollte der Großvezir den franzöſiſchen Geſandten und alle ju
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Stonftantinopel wohnenden franzöfiſche unterthas
nen gefangen nehmen laſſen . Meit bedeutender Vor: rath an Mobilien benahm mir die Hoffnung zu Flucht;
quch konnte ich mich , wenn ich zu Land nach Pero fien reiſen wollte , in drei Monaten aus der Tür: kei nicht entferien. In dieſer mir beſchwerlicben Verwirrung seigte mir der Höchfte , welcher in den groften Widerwertigkeiten mir Beiftand geleiſtet hatte, einen Weg , wie ich am ſicherſten aus Stonftantis nopel kommen könnte.
Ungefähr 20 Meilen von Tanais hat der Großs Sultan eine Feſtung , welche Azag heißt ; jährlich wird ein Commandant mit Geld und Leuten dabin
geſchickt. Theils wegen der Stürze des Weges , denn es werden nur 1300 Meilen dahin gerechnet, theils wegen des Beſorgniſſes zu Lande in die Hände der Tartaren , Storaken und Moskowiten zu gerathen, wird die Reiſe zur See dahin gemacht. Eine Art kürkiſcher Schiffe , Saiques , auf welchen der Commandant fåhrt , darf von den Mauth : und Zolaufſehern nicht beſichtigt werden , alle Güter auf denſelben find frei, und der Commandant ift nur álein Aufſeher . Dieſe Saique regelt bei Staffa , einer berühmten Stadt und einem Hafen in der trimmirren Tartarei vor:
bei. Dieſer Weg iſt der bequemſte und kürzeſte von Stonftantinopel nach Perfien. Die Verweigerung eines Paſſes verurſachte mir
pielen summer. Endlich entſchloß ich mich in Ges
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fellſchaft eines griechiſchen Staufmanns , welcher nach
Stol chis ging , die Reiſe über das ſchwarze meer zu machen .
Dem 19. Juli brachte mir der griechiſche Staufs man die Nachricht, daß unſere Saique bei der Enge des ſchwarzen Meeres regelfertig liege , und nur auf guten Wind warte. Um nicht von den Türken ents deckt zu werden , hielt ich mich drei Tage bei dem Geſandten Sinibaldi Fierchi in einem an dem Bosphorus gelegenem Lufthauſe auf, und noch vier Tage in einem griechiſchen Scloſter an dem Ende des
Stanals auf der europäiſchen Seite unferm Schiffe ges genüber. Der thrazirche Bosphoros iſt einer der
Tchórften Pläße in der Welt. Der Stanal ift 15 Meis len lang und 2 breit , jedoch an einem Orte fchmåler und breiter , als an dem anderen. An beiden Seiten
der Ufer ſind Lufthäuſer , dickes Gebüſche ; Thiergår: ten", Wålder mit Quellen und Blumengårten . Die von dem Stanale 2 Meilen entfernte , und überaus ſchöne Gegend der Stadt Stonftantinopel ift uns
vergleichlich , und gewährt eine herrliche Anſicht. Die ganze an dem Bosphorus befindliche Gegend iſt wes
gen ihrer Strümmungen ſehr ſchön , und wird bei heis terenu Wetter von vielen hundert zierlichen Barken befahren .
II. Den 19. ging ich unter Segel ; auf unferm Schiffe befanden ſich 200 Perſonen . Ich und mein
258 Gehülfe hatten drez stammern , welche ſehr enge und unbequem waren . Das Beſchwerļichfte iſt noch auf
den türkiſchen Schiffen , daß man für alles felbf fors . Die Saiques (Fleine griechiſche Staufmannsſchiffe) . haben zwei Mafte und nur zwei Segeltůcher, und gen muß.
keine Strickleitern an den Tauen , durch welche der
Maſtbaum befeſtigt wird. Den Mafts und Segelbåus men fehlt der Storb . Aus den türkiſchen Schiffen wird das Waſſer mit Eimern gerchöpft. Die Anker
werden auf folgende Weiſe gelenkt und gehoben : am Hintertheile des Schiffes geht um zwei Rollen das
Ankertau ; rol der Anker gehoben tverden , ſo müffeu
20 – 30 Menſchen an demſelben sieben. Wenn ein Schiff unverſehrt in den Hafen eingelaufeu iſt , ro wird es mit vier Ankern feſtgemacht , von denen zwei am Vorder , und zwei am Hintertheile des Schiffes fich befinden . Die Türken ſind unerfahren im Sees
weren , gebrauchen keine Seekarten , und wiſſen von
dem Compaſſe nur ſo viel, daß er gegen Norden ges richtet rey . Nur in Meerengen richten ſie fich -nach
dem Compaſſe ; auf der hohen See entfernen ſie ſich nicht weit vom Ufer. 1. Nach einer achttågigen Fahrt kamen wir den 3. Auguſt nach Staffa., und ſahen den fünften Tag die taurifche Halbinrel ( Cherſoneſus Taurika ).
Sie hat ihren Namen vor,den ehemals an den Seis ten des Berges Dauris lebenden Bewohnern ; liegt
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von Oft gegen Nord , und hat 250 Meilen im Ums fange. Die Enge, wo ſie an das Feſtland ftoßt , ift nur eine Meile breit , und wird zum Unterſchiede vor dem Feſtlande und den auf demſelben befindlichen Städten , nebſt den in demſelben meiſtens des Wins ters ſich aufhaltenden Nogayes , oder Tatarens
Horden , die tatariſche strimm , oder Precos penſer Tatarei genannt. Das Land der Precos
penſer und Nona reer Tatarei ift klein, und die heutige kleine Tatarei. Auf den Seiten der Precopenſer Halbinſel ſind hohe Ufer , und mit
Wåldern, und Dörfern bedeckte Gebirge.
Bei unſerer Landung zu Staffa kamen und viele kleine Barken entgegen , um die Leute und Waaren
an das Land zu reken. Die große Stadt Staffa auf
einem Hügel iſt långer , als breit , und von Süd ges gen Nord mit ſchönen ſtarken Mauern umgeben. Un beiden Ecken derſelben ſind zwei in die See ragende
Schlöſſer. Von dem ſehr großen ſüdlich gelegenem Schloſſe kann die ganze umliegende Gegend beſtrichen werden. Das andere kleinere mit trefflichem Geſchůße wird an einer Seite vom Meere beſpült. Von den 4000 Håuſern der Stadt gehören 3200 den . Türken und Tataren , 800 den Griechen und Armeniern ; die
Anzahl der Armenier ift größer , als jene der Griechen. Die Marktplåge , Tempel und Båder find aus Thon und Rehmen geflochten ; nur einige eingefallene chrifts diche Stirchen ſind aus Stein .
260 I staff a , vor Alters Theodoria genannt, ward in fünften Jahrhunderte von den Griechen erbaut , in der Folge von den Genueſen , und zu Ende des 16 . Jahrhunderts von Mabomet II. erobert, und Staffa genannt.
Der Boden der Stadt iſt fandig und dürr , das Waſſer rehr unrein , die Luft beiter und rein . In ihrer Umgebung ſind wenige Gärten , die Lebensmit :
tel ſehr wohlfeil , die Fiſche aber theuer. Die Seleis dung der Einwohner ift verſchieden . Die meiſten tras
gen kleine Müßen aus Tuch , welche mit Schaffellen gefüttert ſind. Die Einwohner von Staffa müſſen
ein kleines Stůck Tuch an dieſelben befeſtigen , unt die Mahumetaner von den Chriſten zu unterſcheiden , obwohl die Chriſten im ganzen alien folche Mů:
Ben tragen .
Das Geſtade und der Buſen von staffa ift ger gen alle Sturmwinde frei; die Schiffe liegen nicht weit vom Ufer über einem fetten und ſchlammigen
Boden auf der Rhede. Hier wird großer Handel ges trieben , vorzüglich mit gedürrten und eingeſalzener Fiſchen und Staviar. Die Butter in Staffa wirð
für die beſte in der Türkei gehalten , und Salz und Getraide zu den vorzüglichſten Handelsartikeln ges rechnet.
Der mich begleitendeGriecheſuchte den Zollaufſeher von Kaffa dadurch zu hintergehen , daß wir Papas fenen und unbedeutende Sachen in ein Stlofter brius
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gen wollten. Papas nennen die Türken ſowohl alle orientaliſchen Chriften , als auch ſolche, welche mit Stirchen s Ceremonien zu thun haben. Der Zollaufs feher öffnete zum Glücke einige Kiſten , in welchen fich blos Bücher und einige mathematiſche Inftru :
mente befanden . Als er nach Durchſuchung der gans zen Stifte nichts anderes fand , ſagte er : es wåre der
Mühe nicht werth , ſolche Dinge aus Europa nach Ningrelien zu führen . Wir gaben ihm und dem
Schreiber ein kleines Geſchenk. Den 25. Auguſt regelte das Schiff , auf welchem ich nach Staffa gekommen war , nach der Feſtung
' Ajac. Die Einwohner rechnen zur See 460 Meilen , auf dem Lande braucht man nur 12 - 13 Tage dahin. Der Stanal zwiſchen dem Macotiſchen See und
dem ſchwarzen Meere erſtreckt ſich 5 Meilen und
führt den Namen Enge bei Staffa , oder Mund des heiligen
Johannes.
Die großen nach
Ajac ſegelnden Schiffe ankern meiſtens fu Pas
leftra , welches 40 Meilen von der Feftung entfernt ift ; A z ac aber liegt 15 Meilen vom Strome. Durch
2 kleine Feſtungen ſchůßten die Türken den engen Eingang des Canais. Dieſer Strom von den Als
ten Orrentis , von den jeßigen Bewohnern Don genannt, iſt ungefähr 80 Meilen lang . Die Türken ſperren dieſen Schlund mit einer ſtarken Stette , und verhindern die Moskowiter und Kirkaſier mit ihren
großen Barken auf dem Maeotiſchen See und
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auf dem Meere ju kreuzen. Die 3 Meilen von dem See gelegene Feſtung Lana , von dem Tanais ro genannt, iſt zerſtört. Irgaour iſt ein oder Ort und bewohnt ; man baut Hütten von Baumåften bei der Ankunft von Scaufleuten , um vor den Abcaſſinern ſicher zu feyn. III. Die Landſchaft stolch is liegt an dem fchwarzen Meere, wird gegen Often von einem kleis
nen Stönigreiche , einem Theile Georgiens , welches die Einwohner Jmirette , die Tůrken aber Pas ch a t chouc oder Pacha Stoutchouc ( kleiner Prinz ) nennen, eingeſchloſſen , grenzt gegen Süden an das ſchwarze Meer, gegen Weſten an Abcaſſinien und gegen Norden an den Kaukaſus. Es liegt ſeiner Långe nach zwiſchen dem Meere und der Ges birgė, reiner Breite nach erſtreckt es fich von dem Lande der Abcaſſinier bis an das Königreich gmiret. Der Corax und Pbafis bei den Alten ro berühinte Stróme , ießt Codouro und Rione genennt , bils den deſſen Grenze.
Der Todours ſcheidet Eola
dh is von Abcaffinien , der Rione von mis
ret. Seine Långe erſtreckt ſich auf 110 , die Breite auf 60 Meilen. Ehmals war gegen Norden eine 60 Meilen lange Mauer gegen die Abcaſſinier er:
baut , unterlag aber ſchon lange den Stürmen der Zeit. Die Allanes , die Bewohner des St aukas ſu8 , grenzen gleichfalls an Stolchis. Die segeu Nors
263 den wohnenden Stirkaffier nennen die Türken Stara
Cherkes , fch w arje St ir kaſier , wegen des vies len Nebels in dieſem Lande , obwohl ſie ein ſchönes
Volk find. Sie haben keine Religion , leben blog vom Raube , geben faft nackt und wiſſen von keiner
Stunft und Wiſſenſchaft. Sie übertreffen durch sförs pers : Größe die andern Völker. Das ehemals berühmte Sfönigreich fiolch is nents nen die Orientalen Ddirche und die Einwohner M ingrel 8. Das Land ift uneben und gebirgig , und
beinahe ganz mit Wåldern bedeckt , das Silima feucht und ungeſund . An Waſſer hat es großen Uebers fluß. Aus dem Staukaſus entſpringen die ſchönſten und größten Quellen , welche in Strome vereint ſich in das ſchwarze Meer ergießen. Die vorzüglichſten Flüſſe ſind der Codouro und Socom .
Der Boden iſt unfruchtbar, die Früchte find wild und unſchmackhaft. Sehr gut aber gedeiht der Weinbau . Die Einwohner bedienen ſich ausgehöhlter Båume, fatt der.Fåſſer ; in diefen preſſen ſie die Drauben , gies ben dann den Saft in große irdene Gefäße und gras ben fie nicht weit von ihren Håußern in die Erde. Das gemeine Getreide , Gom genannt, ift klein und fiebt dem Hirre åhnlich. Es wird im Sommer, wie der Reis geſået. Aus dem Leiche des Stornes wird ein fehr weißes,
feines Brod bereitet. Wenn man davon ift, muß man
ein wenig reinen Wein trinken , um die Kälte und
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das Abführende deſſelben zu vermindern . Außerdem wächſt zu Mingrelien etwas Reis. Die gewöhnlichen Speiſen des Landes beſtehen
in Rind- und Schweinefleiſch . Geflügel findet man ſelten , das Wildprett iſt ſehr ſchmackhaft. Der Mingreliſche Adel beſchäftigt ſich bloß mit Jagen und Heßen und bedient ſich bei der Jagd ab: geriditeter Falken . Man finder viele und gute Pferde,
fie werden nicht beſchlagen , und ſo bald man von ihs nen abgeſtiegen iſt , nimmt man ihnen Sattel und Baum und treibt ſie auf die Weide , von welcher ſie allein leben můfſen . Den 30. Auguſt regelten wir nach dem Hafen
Doufia ( Saligrube). Dieſe find große und falzige Moråfte , 50 Meilen von Staffa.
Das Salz kann
man nach Belieben nehmen , weil es von Niemand berdacht wird.
Dieſe Salzgruben koſten nichts zu un:
terhalten. Man leitet das Meerwaſſer auf den fchlams migten Grund der Moråfe. Bei den Strahlen der Sonne låuft das Salf zuſammen , wird bart ; weiß und ſchön. Eine Meile von dieſen Salzufern wohnen Tataren. In dieſer Gegend ſah ich wenige Häuſer, aber ſehr viele Zelte , welche nach Tatariſcher Art ges
baut ſind. Dieſe können in kurzer Zeit abgebrochen werden . Ihr Fuhrwerk beſteht in Pferden und Ocha ſen zugleich , die Bewohner find Mahumetaner und ſehr abergldubiích.
i
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Den 8. September entdeckten wir die an dem Stas nale des Maeotiſchen Sees gelegenen rehr hohen stůs
fien , obwol wir noch 30 Meilen davon entfernt was ren. Abends waren wir nicht weit vom St a p Cuos 008, dem Coro condam a des Ptolem å us; es geht weit in die See. Die herumliegenden Lånder können wes gen ihrer Höhe von weitem geſehen werden. Wir regelten von Staffa bis an das Vorgebirge immer in dem Stanale , und gingen von da bis Mingres lien am Ufer von einem Orte zum andern. Von Staffa bis nach dem Maeotiſchen Kos
na find 120 Meilen. Das zwiſchen beiden gelegene Land ift dem türkiſchen Sultane unterworfen , und wird von den Tataren nur an wenigeu Orten , weil 4 meiftens ide und wüft if , bewohnt. Von dem Naeotiſchen Stanale bis Mingrelien rechnet man 600 Meilen. Man fchifft an den , auf Seiten
mit ſchönem Gebüſche und Wåldern bedeckten Gebirs gen , welche' von Stirkaſſiern bewohnt werden, hin. Diefe Volker pennen die Türfen Cherkes , die Alten 3 as geens; fie find von der Pforte unabhängig . Das Splima iſt ungeſund, feucht und kalt ; Getreide wächſt bier nicht.
Dieſe Völler von Natur wild und rob , baben ,
obwohl ſie ebemals Chriſten waren , jeßt keine Kelis . gion. Sie wohnen in böljernen Hütten, gehen beim nahe ganz nackt , und find Feinde der benachbarten Völker. Sie verkaufen einander als Sklaven an die 63. $. Perſien. II. 3 .
2
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Dürfen und Tataren. Die Weiber beſorgen den Ackerbau . Sie leben von einent gebackenen Teig von selviſſen Körnern , welcher dem Honig stuchen åbnlich ſch nieks ten foll.
Die, Lånder der Abcarrinier grenzen an die Provinzen der Stirkaffier. Das zwiſchen ihnen ge's legene Land an der Seeküſte erſtreckt fich 100 Meilen zwiſchen Mingrelien und firkarfien. Die Eins wohner ſind nicht ſo wild und barbariſch , wie die Stir's kaſſier, aber ſehr diebiſch und räuberiſch.
IV. Den 10. September kamen wir nach 988 gao u r , einem ſehr bequemen SeftadeMingreliens
in der Sommersjeit, weil alle nach folch is regelus den Stauffahrteis Schiffe daſelbſt zu :ankern pflegen . Mingrelien hat weder Stådte noch Flecken ,
ſondern nur 2.am Ufer des Meeres gelegene Dörfer., Die Häuſer liegen Fehr zerſtreut, oft in 1000 Schrits ten nur 2-3 beiſammen .
Es ſind daſelbft 9-10
Schlöffer, deren vorzüglichftes Nues , die Reſidenz des Priufen von Mingrelien ift. Daſſelbe if mit eis ner dünnen Mauer aus Steinen umgeben , und mit einigen Feldſtücken verſehen . Die Bauart iſt folgende : In einem dichten Gehölze findet man auf einer Ebene einen 30 - 40 Fuß hohen Thurm als Schußwebr ; in denſelben können 50-60 Dienſchen leben , und es
befindet ſich da der Heichthum des Regenten und feis Her Squtlinge. Mabe bei dieſem Cburme feben noch
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5 - 6 kleine Thürme aus Hols, welche im Nathfalle ju Magazinen und Wohnungen der Frauen dienen müſſen. Nebſt dieſen ſind noch auf der Ebene vers ſchiedene Hütten , theils aus Holz und Baumaften , theils aus Robr und Schilf erbaut. Die Gegend if durch einen ſtarken Zaun und dicken Wald gefich : ert. Nur bei der Gefahr eines feindlichen Uebers falles flüchten die Stolchier in dieſe Schlöſſer. Die Häuſer der Einwohner ſind alle aus Holz ers baut ; die Häuſer des Volkes baben ein , jene des Adels
· jwei Stockwerke. Die Einwohner , beſonders die Weis ber , find rebr fchon und wobl geſtaltet. Mit ihrer
natürlichen Schönheit verbinden die Weiber einen
bolden , und zur Liebe reißenden Blick . Die Haßlichen ſchminken die Augenbraunen , Wangen , Naſe und Stirne mit verſchiedenen Farben ; die jungen und rchos
uen nur die Augenbraunen. Ihre Stleidung iſt mit der Perſiſchen zu vergleichen ; ihr Stopfpuß kommt mit
dem der Europäerinnen überein . Eine Florlappe bes beckt das Geſicht und den Hintertheil des Stopfes . Sie ſind von Natur rcharfſinnig , höflich , aber auch
ftolf, grauſam . und unzüchtig. Sie wenden alle Mits tel an , um die Männer in ihr Neß zu ziehen . Die Månner find schlechter und binterliftiger, als die Weis
ber. Raub, Mord, Ehebruch , Huren und Blutfchande ſein Weib in Ehebruche , ro muß der Ehebrecher ein Schwein geben, und dieſes vertebren ſie alle drei mit
werden als Tugenden geprieren . Drifft ein Mann
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einander. Sie halten ſo viele Weiber und Beiſchlås ferinnen , als ſie ernähren können ; fie glauben ihre Liebe
dadurch auszudrücken , daß fie die erſtgebornen Kinder umbringen, wenn fie ſolche nicht ernähren können , oder den Stranken morden , deffen Strankheit unheilbar iſt. Die Adeligen baben Macht über Leben und Tod der Unterthanen und ſind ſehr freitſůchtig . Ihre Waffen beſtehen in einem Speere , in Bogen und Pfeilen , in einem geraden Såbel, Stolben und Schilde. Sie ſind gute Fußgånger und geſchid te Reiter. Nur die Geiſtlichkeit låßt den Bart wadhfent ; fie ſcheeren das Obertheil des Hauptes in Geftatt einer Strone, laffen das übrige Haar rings um den Stopf bis auf die Augen wachſen , und bedecken das
Haupt mit einer ſehr feinen Filzmüse in Geſtalt ehe nes Halbmondes ; bei Regenwetter ftecken fie die Müße in die Taſche, und laſſen ſich den Stopf berega den . Sie tragen tleine Hemden , welche bis an die Stnie ſich erſtrecken , und unten zuſammengejogen And. Uuch umwinden ſie ſich mit einem Stricke , um au demſelben ihre Gefangenen und übrige Beute ju ber feftigen . Der Arme gebt beinabe nadt; zuweilen bat
er ein altes Stück , welches nur einen Theil des Stórs pers bedeckt, und nach dem Winde gehängt werden
muß. Wer ein Hemd und weites Beinkleid befift, gilt für reic ; alle geben beinahe barfuß. Maun und Weib , reich und arm , bat niemals
mehr, als ein Hemd und ein weites Beinkleid ang
269
dieſe muffen ein ganzes Jahr aushalten. Die Vors nehmen fißen auf Teppichen und ſpeiſen nach Art als ler Morgenländer. Die Mingrelier und ihre Nacho barn übertreffen die Deutſchen und alle Abendländer im Trinken. Wenn ſie erhißt ſind , trinken ſie nicht mehr aus Bechern und Stannen , ſondern aus Schůs ſeln und Strügen . Sie nöthigen ihre Gåſte gleich faus juni Trinken , machen keine Stomplimente bei der Tas
fel, und unterhalten ſich über Raub, Diebereien , ges führte Striege, Mord und Sklavenverkäufe.
Das
Geſpräche mit den Weibern iſt ziemlich unehrbar ; ihre Kinder lallen dieſe Schandreden nach . Der Vater
sieht das Stind zur Dieberei , die Mutter zur Geilbeit und Unzucht auf. Mingrelien iſt heut zu Tage ſchlecht bewohnt,
und gåhlt nicht über 20,000 Einwohner . Durch Strieg und von dem Adel wird ihre en Verkauf der Einwoh Zahl ſehr vermindert. Der Handel in Mingrelien
beſteht im Dauſchbandel. In ihren Striegen zeigen die Mingrelier Muth ; fie rauben , brennen und fübs ren Menſchen und vieh weß.
Die Einkünfte des Fürſten betragen jährlich höchs ftens 20,000 Thaler , und kommen von der Mauth, dem Schiffs und Hafenzoll. Dieſe Abgaben werden in einen Staften geſchlagen , und nichts davon genoms men , weil die Unterthanen alle Dienſte ohne Lohn
verrichten müſſen , und weil der Kišnig von feinen Låndereien ſo viel Eßwaren erhält, daß er und ſeine
270
Familie noch großen ueberfluß haben. Sein Hofftaat beſteht bei feſtlichen Tagen aus 600 Edelleuten , an ges
wöhnlichen Tagen aus 26 ; jener ſeiner Gemahs lin aus 100 adelichen männlichen und weiblichen Ges schlechts . Die Religion der Einwohner von Stols dos war ehemals keine andere, als jene der Griechen . Nahe an dem Meeresſtrande, und nahe bei dem Fluße Corar zeigen die Mingrelier einen Ort, Digivis tas genannt, und neben ihm eine Stirche mit 3 Ger
wölben und Schwibbogen : hier fou der heilige uns dreas gepredigt haben. Was ich von Religion bei ihs nen geſehen habe , beſteht darin , daß die Weiber zus
weilen kleine Wachslichter anzünden, dieſelben an ihre Haus: oder Kirchthüre ankleben , bisweilen etivas Weihrauch anzünden , ſich gegen die Sonne wenden , tief verneigen , und große Streuze vom Stopfe bis auf
die Füße machen. Ihre Prieſter und Biſchöfe vers richten die kirchlichen Gebräuche , taufen und leren Mielle.
Wenn einem Weibe der Mann , oder ein nahir Blutsverwandter ſtirbt, zerreißt ſie ihr Stleid, entblößt fich bis an den Gürtel , reißt die Haare aus dem Haupte, zerfleiſcht den Leib und das Geſicht, ſchlägt
fich auf die Brüſte', ſchreit , beult , ' knirſcht mit den Båhnell , ſchäumt mit dem Munde, und ſtellt fid ), als
ſen fie beſeffen . Die Månner bezeugen ihr Leid auf eine ebenſo barbariſche Art. Die Trauer dauert 40 Tage, nimmt jedoch tåbrend dieſer Zeit ab. Die erſten jebn
271
Cage kommen die nächſten Anverivandten mit einer großen Anzahl Männer und Weiber jedes Standes zuſammen , um den Todten zu beweinen . Den 40. Tag wird die Leiche begraben, und darauf ein Traus
ermal gehalten ; die Weiber ſpeißen allein. Der Bis fchof liest Meſſe , und nimmt nach Landesfitte alles zu fich , deſſen der Verſtorbene im Leben ſich bedient hat. Dieſe koſtbaren Male richten große und kleine Familien zu Grunde. Wenn ein Biſchof ftirbt , ro zieht der Landesherr deſſen Güter an fich . V, Die Landſchaft Guriel náchſt Mingres lien iſt klein , grenzt gegen Nord an das Königreich Imirette , gegen Dit an einen Theil des Sta ukas fus , gegen Weſt an Mingrelien , und gegen Süd
an das ſchwarze Meer. Sie liegt der Långe nach ani ſchwarzen Meere vom Pharis bis zu einem ans
dern Fluße , welcher eine Meile bei dem tirkiſchen Schloſſe Gonie , das 40 Meilen vom Pharis entfernt liegt, vorbeilauft . Die Einwohner von Gus
riel kommen hinſichtlich ihrer Sitten und Gebräuche jenen von Mingrelien gleich .
Das stönigreich Imirette , größer als Guriel, ift das alte Iberia. Es liegt zwiſchen dem St a us Tarus , Colch is , dem ich w arzen M e ere , G 46 riel und den Geogrifchen Ländern in der Mitte. Seine Långe beträgt 120 , ſeine Breite 60 Meilen.
Die Beivohner des stautaſus. ſind die Georgier
272 und die füdlich gelegenen Türken , gegen Süd die orli und die Saracioles, oder Characherkes
der Türken . Ihr Sprache iſt halb türkiſch. , Imirette iſt, wie Mingrelien , voll dichter Wålder und hoher Gebirge, bat aber auch rehr anmur
- thige Thåler , wohlriechende Wieſen und Ebenea . Man findet Lebensmittel in Menge, auch Eiſenbergs
werke. Man můnit Geld , und hat Verkehr mit Gold und Silber . Ef berrſchen gleiche Sitten , wie in Mingrelien. Man trifft Flecken und Dörfer an .
Der Stónig hat 3 gut befeftigte Staftelle; das eine, Scander genannt, liegt in einem Thale , die beiden andern erheben ſich auf dem Staukaſus, find von
Natur ſehr feſt, und führen die Namen regia und Seorgia, unterhalb läuft der Pharis. Diere Lånder feben unter türkiſcher Herrſchaft
und bezahlen Tribut. Der Stónig oon jmiretto muß dem Sultan 80 Stinder . Stnaben und Mädchen von 10 - 20 Jahren geben ; der Prinz von Guriel 46
deſſelben Alters ; der Prinz von Mingrelien 60,000 Strafter feiner im Lande geſponnener Leinwand liefern .
Die ehemals zingbaren Abcaffinier ſind vom Tribute frei.
Dieſe Prinzen führen den Beinamen Dadian , d. i. Haupt der Gerechtigkeit. Deßwegen
wurde auch das erſte Geſchlecht der Perſiſchen Sidnige Pidh Dadian (Obergerechtigkeit ) genannt, um das durch anzuzeigen , daß ſie zuerſt den Unterthanen Recht wiederfabren lieben , und deffen Habe rübüßten .
273
.
Der König von gmirette führt den Titel Meppe, d. 6. Stönig der Georgier. Dierer Meppe und der Dadian wollen in gerader Linie vom Stónige David abftammen . Die uralten Stönige von
Georgien růhmen ſich auch , aus dieſem Geſchlechte entſproſſen zu ſeyn , und der Stan von Georgien låßt ſich unter reinen Titeln das Prädikat beilegen , von Salomo abzuſtaminen .
Sobald unſer Schiff in den obengenannten Hafen Ilgadur eingelaufen war, trat ich mit meinem gries chiſchen Staufmanne an das Land , und fand die ganze Landrchaft mit Wåldern bedeckt. Ungefåbr 100 Schritte vom Ufer iſt ein 250 Schritte langer und 50
breiter , ebener Plaß , welcher der Markt von Mins grelien genannt wird. Da iſt eine Straße , auf des
ren beiden Seiten einige hundert kleine Hütten ays
Baumåjien zu finden ſind. Die Staufleute wohnen in denſelben und verkaufen ihre Waaren . Der Mangel an Lebensmitteln und der Strieg der
Türken mit dem Prinzen von Guriel verurſachte
mir keinen geringen Stummer. Ju dieſer Noth ſchickte ich zu den Theatiner : Miſſionarien in Mins grelien , bei welchen ich ein grofies Stapital nieders
gelegt batte, in der Hoffnung , daß fie mir bei mei.
nem Vorhaben , nach Perſie # zu reiſen , den größe ten Dienſt thun würden .
Ihre Wohnung liegt ju
Lande 40 Meilen von Orgao ur , zu Waſſer 55 Meis
den entfernt. Ich kam traurig auf das Schiff, weil
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ich keine Lebensmittel und Wohnung erhalten konnte ; nichts deſto weniger blieb ich feſten und unbeweglichen Gemüthes. Den 4 Oktober kam der Bote mit dem Vorſteher
der Theatiner Don Maria Joſeph Zamp . Er empfing' mich ſehr diflich , und machte mich mit der Gefahr , in dieſem Lande zu reiſen , bekannt; ich vers mochte ihn endlich durch viele Porſtellungen , daß er mich in ſeine Wohnung aufnahm . Froh war ich dem Geſtanke und der Unflåtherei auf dem Schiffe ents kommen zu rign. Wir batten guten Wind , und uns
fere Barke regelte rubis fort. Um Mitternacht kamen wir bei dem Schlunde des Fluſſes Aftolpbe an , die Mingrelier nennen ihn Langur ; er iſt einer der große ten Stromé Mingreliens. Wir rendeten zwei von unſern Schiffleuten nach Unarghiei um zu ſehen , wie es mit dem Feinde ftehe.
Das Dorf Anargbie , zwei Meilen vom Meere entfernt , das vorzüglichfte dieſer Landſchaft , iſt groß. und hat über 100 Häuſer , welche ſo weit von einans der gebaut ſind , daß man som erſten Hauſe bis zum
legten wohl sivei Meilen zurücklegen muß. In dieſem Dorfe befinden ſich allzeit Türken', um Sllaven einzus kaufen . Die Nachricht von dein Striegsſchauplaße war
beruhigend , und wir beeilten uns, bei dem Dorfe ju
landen. Auf Ersnahnen des Pater Zam p9 leerte ich im Angeſichte meines Wirthes eine Stifte von Büchern aus. Er verwunderte fich , fo viele Bücher beiſammen
275 .
fu ſehen , und glaubte , es renen auch in den übrigen Stiften Bücher. Zu Anarghie hatte ich Ueberfluß an Fleiſch und Wein ; dagegen fehlte das Brod. Eine Vezirs : Wittwe ſendete mir tåglich 1 /2 Pfund Brod ,
und ich machte ihr dafür andere Gerchenke. Der Pas
ter 3 amp gab mich für einen Stapuziner aus , und rieth mir , um nicht entdeckt zu werden , einen arms
Teligen Anzug zu wählen. Ich ſpielte meine Rolle klug , aber meine Diener machten mich durch ihre Ges
fråßigkeit und Ueppigkeit verdächtig . •
VI. Den 14 . reiſten wir von Anarghie weg ,
legten auf dem Fluſſe Aftolphe zwei Meilen zus růck , luden dann unſere Wagren auf Wagen , und langteri endlich mit Untergang der Sonne zu S as pias an. So iſt der Name von zwei kleinen Stirs chen , von denen eine die Pfarrkirche von Mingres
lien iſt , die andere aber den Theatinern gehört. Leştere iſt dieren mit einem umgåunten Plake von
ziemlicher Größe und einigen bedeutenden bótzernen Håuſern eingeräumt worden . Sie kanien 1629 nach Mingrelien , wurden als Aerzte aufgenommen , und von dem Pringen mit Låndereien beſchenkt. Die Cheatiner find arm , werden beraubt. Ichlecht bebanis delt , und nur wegen ibrer mediziniſchen Stenntniſſe
etwas geehrt.
Den 18. kam die Prinzeſſin von Mingrelien bei den Theatinern an ; ſie führte , wie die benachbars
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ten Prinzeſſinnen den Namen Dedopale , welches in georgiſcher Sprache St önigin heißt. Sie war ju Pferd von acht berittenen Frauensperſonen umgebent, und hatte eben ſo viele Månner zu Fuß als Diener bei fidy.
Sie ſprach : ihre Lebensmittel von Stons
ftantinopel und einige Europårr mit Wagen reneu
gekommen , welche ſie zu ſehen wünſcht. Ich wurde ſogleich gerufen , und Pater Zampo gab mir zu vers
ftehen , daß ich ihr einige Geſchenke geben müßte.
Ich ließ ſie durch den Pater dahin vermogen , daß fie erlaubte , ihr in ihrer Reſidenz einige Geſchenke dars
zubringen. Auf die Frage , weſſen Standes und Hers kommens ich rep , antwortete ich : ich ren ein Stapujis ner , und ging mit heiligen Verrichtungen um . Allein fle ( chien es nicht zu glauben , weil ſie nieiſtens von lies besgegenſtänden redete. Sie ließ mich fragen , ob ich keine Empfänglichkeit für die Liebe båtre , und ob man ohne Liebe und Frauen reyn könnte xe. Endlich begab ſie ſich mit Gottes Hülfe fort. Den 19. lies ſie nich zur Mittagstafel einladen . Ich erſchien mit dem Pater Zamp 1 und einem ans
bern Theatiner. Die Prinzeſſin var ganz in Gold sekleidet ; ihr Stopfſchmuck befand in Juwelen , ibt Schleier war ſehr fein gearbeitet. Sie ſaß auf einer Tapete , ibr zur Seite befanden ſich 9 – 10 Stams merfrauen .
Der Saal war mit halbnackten Zigeus
nern , in welchen ihr Hofitaat beſtand , angefüllt , Man fragte gleid nach dem Geſchenke , ele ich noch
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einen Fuß in den Hof gefekt hatte. Die Prinzeſſin bierüber ſehr erfreut , hieß mich nicht weit von ihr
auf eine Bank reßen , und raste , fie ren geneigt, mico mit einer ihrer Freundinnen zu vermåhlen , rep aud seronnen , mich nicht aus ihrem Lande zu laſſen , und mit Häuſern , Sklaven und Lånbereien verſehen ja laſſen. Während dieſes Geſpräch es wurden wir zur Tafel gerufen .
Die Prinzeſſin rekte fich , und in einer Entfex nung von vier Schritten ihre Kammerfrauen auf Town Þeten. Ungefähr 50 Zigeuner lagerten fick ringsum aufGrashaufen ; mir und den Theatinern wurden zwei Bånke , eine als Diſch , die andere zum fißen ger
bracht.
Nachdem die Prinzeſſin fich gefert hatte,
wurde vor ihr ein langes gemaltes Euch ausgebreitet, and in einem Winkel der Schenktiſch geſtellt. Einige Diener brachten zu den Gåften Bretter als Diſche. Hierauf wurden zwei Sieſſel mit Gom oder Suchen son vier großen Männern , und noch ein kleinerer
ebenfald mit Gom von zwei Männern gebracht; hiers auf trugen zwei andere ein ganzes Schwein , und vier einen großen Strog Wein . Dann 'reichte man eine
große Schüſſel mit Brod und ſtarken Stórnern , um Eßluft zu erregen , umher , und in einer ſilbernen
Schüffel verſchiedenes Geflügel, theils gerotten , theils gebraten , mit einer übelſchmeckenden Brübe.
Die Tafel dauerte zivei Stunden . Die Prinzefs fin ließ mir drei Mal aus ihrer Mundſchale Wein
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reichen . Als ich Waffer in den Wein goß , wunderte fie ſich ſehr, weil ſie und ihre Frauenzimmer denſels ben rein und in großem Ueberfluſſe tranken . Bald nach der Tafel fragte ſie nach Porzellain - Geſchirren , und redete von meiner Heirath. Als ſie bei einer ſehr tiefen Verbeugung mein feines Hemid fah , nahm
ſie mich bei der Hand , ſtreifte mir den Aermel bis an den Ellenbogen , bielt mich eine geraume Zeit bei dem Arme, und redete mit einer' ihrer Frauen gang beimlich. Defters warf ſie Liebesblicke auf mich , nås berte ſich dann dem Pater Zampy , und ſagte : id ſebe wohl , daß ich von euch beiden betrogen bin ;
Sonntags frühe will ich bei euch erſcheinen , und mir von dieſem neuen Geiſtlichen eine Meſſe leren laſſen. Der Pater wollte darauf antworten , aber die Prins jeſſin kehrte ihm den Rücken .
Beforgt deßwegen , ließ ich meine koftbaren Uhrs werke , 12,000 Dukaten 2. vergraben. Die übrigeu Saben , welche leicht und von bohem Werthe waren, nahmen wir zu uns , die andern gaben wir den Theas
tinern aufzuheben . Den 23. wurden wir von Bewaffs
neten überfallen , unſere Sachen durchſucht, und wir gewaltfam behandelt. In der Angſt warf ich ein Päckchen mit 25,000 Thalern in den Garten, und hielt es foon für verloren , bis es endlich mein treuer Diener wieder fand. Als ich bei dem Prinzen um Genugs thuung nachſuchte , mußte ich gleich faus Gerbenfe
machen , ohne diefelbe zu erbalten .
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Wegen eines bevorſtehenden Einbruches der Türs ken flüchteten wir und die Einwohner in die Wålder. Der Anblick der Flüchtlinge war erbärmlich . Weiber mit Stindern , Månner mit Geråthſchaften rab man in Eile fliehen . Der eine trieb Vieh in das Sehóli, ein anderer ſchleppte einen mit Mobilien beladenen
Siarn . Viele rab man aus Mattigkeit unterwegs vers fabmachten ; Siinder und Leute , welche nicht fortkoms men konnten , fleheten mit erbärmlicher Stimme um Rettung. Durch die ausgeſtandenen Drangrale ward ich ganz unempfindlich. Unſer Zufluchtsort war in der Miite des Waldes eine Feliung nach der Art, wie ich oben bemerkt habe. Der Herr des Ortes , Sas batar , nahm uns willig auf ; die Feftung war ganz angefüllt, und wir hatten dem Sabatar zu verdanken, Daß wir in einer elenden Stammer von dem Volke abgeſondert waren. Den 29. tam ein mingreliſcher Edelmann mit 30 ſeiner Leute , zerſchlug und zertrümmerte alles , und ſuchte in meiner Stanımer . Er nahm die noch übris
gen Geråthſchaften , welche die Türken ihrer Schwere wegen nicht mit fortnehmen konnten. Weil er in der Nacht kam und kein Licht batte , nahm er meine
Schriften und Bücher , riß von lextern die vergoldes ten Einbånde , und gebrauchte ſie als Lichter.
Nach vielen ausgeſtandenen Gefahren mußte ich mich entſchließen , wieder in die Türkei zu reiſen, und 1
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einen Umweg von 20 Meilen zu machen . Ich ging nach Anarghie, miethete eine türkiſche Feluke , um nach Gonie zu fahren , und kehrte wieder zu den Ibeatinern in die Feftung des Sabatar. VII. Den 10. November reifte ich in Begleitung
des Pater Zam p ab , mußte aber an vielen Orten geben , in den rumpfigen und moraſtigen Wåldern über den Stoth bis an die Sinie waden ; endlich kamen wir durchnäßt zu Anarghie an , welches 6 Meilen von
Sabatar entfernt iſt. Den 21. regelten wir von #narghie ab , und kamen nach einer Stunde auf die hohe See ; den 28. rahen wir bei dem beiteren
Wetter auf einer Seite die Stüften von Erapezunt, und auf der andern die Landſchaft der
braffinieri
weil das ſchwarze Meer anfängt , ſich auf die Seite der Abcaſſinier zu lenken . Das ganze ſchwarze Meer wird vom Großſultan beherrſcht , und um gegen Scex råuber ſicher zu ſeyn , muß man ſich eines türkiſchen Paſſes bedienen. Obgleich uns der Wind immer ents gegen war , kamen wir in den Strom Šelmbel,
welcher fo tief und breit, als der Largur, aber nicht po reißend, als derſelbe iſt; den 29. in den Fluß Pharis, und landeten bei den Håuſern , wo der Herr der fes luke Staufmannsgüter auszuladen hatte. Der Pbaſis entſpringt auf dem Berge it a as tarus , heißt bei den Türken faohs , bei den Eins
wobnern Rio 1o ; er ſtürzt mit großem Ungeſtüme in
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einen Stanal , und iſt zuweilen ſo klein , daß man ihn , durchwaden kann . Dieſer Stanal , wo er ſich in das Meer ergießt , ift 90 Meilen von Cotatis entfernt, und i 1/2 Meile breit. Seine Größe wechſt durch mehrere , fich in denſelben ergießenden Flüſſe; er hat reinen Lauf pon Oft gegen Weft.
Sein Waſſer iſt
ſehr lieblich und angenehm zu trinken , obwohl es trůbe , dick und lehmfarbig iſt. Bei dem Eingange in den Strom befinden ſich viele dielne und ſu öne Ins
ſeln , welche mit Gebüſche und Wäldern bedeckt find ; auf der größteit derſelben wurde gegen Weſt 1598 von dem türkiſchen Sultan Murat eine Feſtung erbaut, in der Folge aber durch den Prinzen von I mirette
eingenommen und zerſtört. Ich umſegelte die gange P baſis : Inſel, um die Reſte des Tempels der bes
berühmten Rea zu ſehen , von denen Urian ſchreibt, daß fie noch zu ſeiner Zeit vorhanden waren, ich konnte
aber nicht das Mindeſte finden. Hier ſah ich an dem ſchwarzen Meere ſehr viele Pharane n . Martial
ſchreibt , daß die Argonauten dieſe Vögel nach Griechenland gebracht , und ihnen den Namen Phas ran gegeben hätten , weil ſie am Ufer des Pharis sofangen worden ſenen . Dieſer Strom ſcheidet Mius grelion von Guriel und Imirette; Unarghie iſt nur 36 Meilen von demſelben entfernt. Die Seite defelben iſt niedriges , fandiges Land , mit fehr dich : ten Wåldern. Um Mitternacht paſſirten wir den Has fen Copoletje, welcher dem Prinzen von Guriel 53. B. Perſien. II. 3 ,
3
282
gehörte , und kamen den 30. nach Gonie , welches 40 Meilen vom Pbaſis entfernt iſt. Dieſe Gegendent ſind ſehr hoch , mit Felſen und Stlippen überſået; ans dere dagegen ganz eben und niedrig.
Gonie iſt ein großes , von ftarken , breiten und dicken Sandſteinen erbautes Schloß auf einem fandi: gen Boden am Meere , hat weder Mauern , noch Vors
werke , ſondern beſteht nur in vier Mauern , von des nen zwei gegen Oft und die Meeresſeite , die andern gegen Nord erbaut find . Janitſcharen , in 30 kleinen , aus Brettern erbauten Hütten wohnend , pertheidigen
daſſelbe. Nicht weit davon liegti ein Dorf, welches
eben ſo viele Häuſer hat, und deſſen meiſte Einwohner Schiffleute (Lazi) und Mubanedaner find . Der Ort
und die Gegend heißt von ihnen Lasi. . In dem Zouhauſe zu Gonie wurden meine Ges
råthſchaften unterſucht , und nichts Verdächtiges uns ter denſelben gefunden ; nur mein Sattel, in welchem die größten Kolibarkeiten verborgen waren , ſchien we:
gen ſeiner Schwere verdächtig ; die Zollauffeher befühl: ten ihn überall, ließen ihn aber , weil ſie nichts als Haare fanden , liegen . In der Feluke hatte ich ei: nen Sack mit 400 Piſtoletten und andern Seleinigkei:
ten . Der Aufſeher verlangte 22 Piſtoletten , obgleich Geld nicht verzolt wird , und ein Paar Piſtolen , und bót mir dann mehrmal feine Wohnung an , welches ich jedoch ausſchlug . Wegen Einbruchs der Nacht mußte ich in eine
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ſchlecht gedeckte , flintende Hütte aus Stroh meine Waaren bringen laſſen . Gleich darauf wurde ich voni
zwei Janitſcharen zu dem Lieutenant des Gouverneurs geladen , welcher in der Abweſenheit dieſes reine Stelle vertritt, und mußte , von meinem treulofen Diener verrathen , obgleich ich mich rehr entgegenſtellte , bis endlid Feſſeln zur Nachgiebigkeit zwangen , 100 Du: katen demſelben bezahlen. Des andern Tags kam eine Wache an meine
Hütte , um mich zu beobachten , wenn ich abreiſen würde. Sie unterſuchte meinen Sattel , drückte ihu auf alle Weiſe ; hinſichtlich der Schwere gab ich ihs nen zur Antwort , daß ich ihn deßwegen ſo ſchwer håtte machen laſſen , um mich deſſelben auch bei miaul: thieren zu bedienen . Als ſie auch meine Taſche uns terſuchen wollten , riß ich meinen Rock auf, und befreite
mich durch dieſe Dreiſtigkeit von fernerem Unterſuchen .
Begleitet von zwei Dienern des Zollauffehers und mit einem Paffe verſehen , brach ich nach kaljike auf. Hier fing ich nun wieder: an zu athmen , und meine abgematteten Lebensgeifter zu erquicken . Fünf ganze Monate ſchwebte ich in Angſt und Schrecken .
Die ſchåndlichen Stonfiskationen der Gåter , die Ges fahr auf dem fchwarzen Meere , die mir oft bevorſtes hende Sklaverei , die Drohung mit einer mingreliſchen Megåre verheirathet zu werden , der Verluſt ſo vieler
Güter' und meiner Freiheit , batten meine Gemüthss rube ziemlich geſtört.
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VIII. Von dem bishererlittenen ungemache fanid
ich mich dieſen Tag gleichſam auf einmal befreit , und befieg deßwegen die abſchüſſigen Felſen des bohen Sta ukaſu & leicht und muthig. Vier Meilen mußte ich über dieſes hohe Gebirge reiſen , bis ich an den erſt genannten Sirom kam , welcher die Türkei von Guriel rdeidet. Den 3. ging der Weg über ſteile Felſen ; den 4. übernachteten wir in einem von Chris feu bewohnten Dorfe. In drei Tagen erreichten wir endlich nach einem beſchwerlichen Wege den Gipfel Deb Staukaſus. Vitr Meilen abwärts ſaben wir auf der Hälfte des Weges viele Bruchſtücke von alten Schlöſſern und Stirchen . Nach der Sage der Einwohs
ner ſollen daſelbſt viele gefunden , und von den Türs kon verwüſtet worden reyn . Am Fuße dicres Gebir's ged breitet ſich eine ſchöne , drei Meilen lange, fruchta bare Ebene aus , in welcher ſich viele Dörfer befinden , welde der Fluß Kur durchſchneidet und deivaſſert. Der St a ukarus iſt eines der höchſten und uns wegiamften Gebirge , ganz mit Felſen und Silippen bedeckt. Bei meinem Uebergange lag der Schnee i W6
weilen zehn Fuß hoch. Meine Begleiter bedienten dy gewiſſer , sur Tiefe des Schnees zubereiteter Schube. Die Sohle war , der Breite und Gefalt nach einer
Raquete ohne Stiel gleich , der Bezug etwas ſchlaffer. Sie können damit ichnell laufen , uitd laſſen eine ſehr kleine und unkenntliche Spur zurück , weil diefi Art Schube ganz rund iſt , und weder Vorder : nod Hins
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tertheile hat. Der Gipfel des Staukafus iſt immer mit
Schnee bedeckt , und über acht Meilen weit unbes wohnt. Nachts legte ich mich auf abgehauene Tans
nenſtråuche, und ließ Feucr machen. Auf dem Gipfel des sta ukarus machten meine Begleiter lange Ses bete an ihre Bilder , um Schuß gegen Wind und Sturm zu erhalten . Unſere Pferde fielen oft ſo tief
in den Schnee , daß wir an ihrem Herauskommen zweifelten . Ich ging immer zu Fuße , und legte , acht Meilen ausgenommen , welche ich zu Pferd machte, 36 Meilen über lieſes Gebirge zurück ; wåhrend der zwei lekten glaubte ich an die Wolken zu reichen , und konnte kaum 20 Schritte vor mir etivas ſehen .
Der Sta u kafus ift bis an ſeinen Gipfel ziemlich
fruchtbar, hat Ueberfluß an Honig , Getreide und Gom , ſehr ſchöne Duellen , woblſchmeckendes Waſſer und viele Dörfer. Die Weinrebe windet ſich an den Ståmmen der Bäume bis zu ihren Gipfeln . Wenn der Landmann ſeinen Wein nicht verkaufen kann , ſo låßt er die Dauben an der Nebe vertvelken.
Die Bauern wobnen iu kleinen bölzernen Hütten , des reni jede Familie 4-5 bat. In der größten ſeßen fie ſich um ein Feuer , die Weiber mahlen ſo viel Körs ner , als ſie Brod zu ihrem Unterhalte nöthig haben,
legen den Teig iu fteinerne Formen , welche ſie mit beißer Aſche und glübenden Stohleu bedecken . Die Einwobuer dieſer Gebirge , meiſtens Chriſten
und dem Glauben der Georgier zugethan , ſind ſchou
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und beſonders ibre Weiber von ausgezeichneter Schönts beit.
Den 9. rcifte ich fünf Meilen über genannte Ebes ne ; ihr Boden iſt zum Ackerbaue tauglich ; die ringss um gelegenen Hügeln und Trifften nähren Vieh vers Tchiedener Art. Abends erreichte ich A taljike , eine auf dem Staukaſus zwiſchen 20 Hügeln gelegene Fes fung , mit einer doppelten Ringmauer und einigen Shůrmen . Mani fiebt hier ztvet armeniſche Kirchen .
Das Schloß bewohnen Türken , Armenier , Georgier, Griechen und Juden. Die Chriften haben ihre Kirs chen , die Juden eine Synagoge. Ein neues , kleines Starawanſerai ift fehr gut gebaut. Der Stur, der alte Cy r us oder Storus , deffen Quelle auf dem Staukaſus ift , fließt nabe vorbei.
Der Parcha von á kalzike wohrit in der Fes Aung , die Offisiere und Soldaten in den uniliegenden Dörfern . Den 13. reiften wir gegen Dit drei Meilen auf
dieſer ſchönen Flache , welche allmählig ſchmå er ju werden anfing , ſo daß ihre Breite nicht über 1/2 Meile betrug .
Man fieht dafelbft ein türkiſches Schloß auf eis nem Felſen an dem rechten Ufer des Stur. Der Fels
ſen iſt an ſeinem Grunde mit einer doppelten Mauer umgeben , welche die kleine Stadt Høker einſchließt. Zwei Meilen jenſeit der uskar führt der Weg
über ein Gebirge , welches Perſien von der Türkei
287
ſcheidet. Wir durchreiſten daſſelbe ganz, und fanden piele Dörfer; am Fuße deſſelben fließt der Stur vor: bei. Auch findet man viele Trůmmer alter Schlöſſer, Feſtungen und Stirchen als traurige Denkmåler der ehemaligen Georgiſchen Macht. Den 14. konnten wir wegen des ſchlechten und ungebahnten Weges - in dieſen Gebirgen nur vier Meis Jen zurücklegen , faben viele zerſtörte Fefungen , und blieben auf der Ebene von S urbam in einem gros
Ben , nicht weit von der Feſtung Surh am gelegeneng Dorfe. Dieſe Ebene und die Landſchaft iſt ſehr ſchön und reizend mit kleinen Wåldern , Dörfern , Hügela, und kleinen , den Georgiern gebörigen Schlöffern vers reben .
Den 15. reiſte ich sehn Meilen in dieſer ſchönen Ebene , zuleßt über einen Serg, welcher jene bor Gory ſcheidet. An allen links und rechts gelegenen
Orten waren ſchöne Dörfer und wohl angebaute Aeder. Ehe man in das Gebirge reift , liegt rechts
eine beinahe ganz zerftorte Stadt der Georgier, welche ehemals 12,000 Håuſer gezählt haben ſoll. Den 16. machten wir ſieben Meilen långs des Fluffes Sur. Der Weg war ſchön und eben , immer mit fruchtbaren und volkreichen Ebenen verſehen. Wir durchreiſten die ziemlich zerſtörte Stadt Cali : cala, welche vier Meilen von Gory entfernt ift. Den 11 .
war der Weg eben , zuteilen aber feinigt. Auf der
Hålfte des Weges faben wir die Pfarrkirche von
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Georgien am Ufer debeft u r. Die Hälfte der Stirche ift zerfort , die andere fcheint von der Ferne fchón, Abeuds kam ich zu Eifflis an . IX. Dafelbft ging ich ju den stapuzinernt, bes nachrichtigte diefelben von der Gefahr meiner Sachen in Mingrelien , und bolte bei ihnen Rath. Um meinen Zweck deſto ficherer zu erreichen , gab ich mich für einen Theatiner aus - und reiſte mit einern Drs
densbruder ab. Wir erhielten wider Vermuthen Pfer: de , und hielten den 22. in einem Dorfe , ſechs Meis len von Gory ; ließen dann die Straße nach 4 kals site zur Linken , und kamen in die kleine Stadt Uly), welche neun Meilen zwiſchen den Gebirgen gelegen ift. Zwei Meilen jenſeits dieſes Ortes mußten wir durch eine enge Straße , welche durch ein bölzernes
Thor geſchüßt war , und zugleich Georgien von Imirette ſcheidet. Den 24. führte der Weg über den mit Schnee bedeckteu stautaſus , bis uns end:
lich das Dorf Colbeure aufnahm. Dieſes hat faft 200 Häuſer , welche in einer Reibe rebe weit von eins ander entfernt liegen.
Unſer Weg wurde die folgenden Tage durch Schnee , sålte und Dürftigkeit nur langſam fortgereßt , bis
wir endlich von den hohen Bergen in ein ſchönes Thal kainen , und in dem Dorfe Serali o blieben. Das
That ift beinahe eine Meile breit , ſehr ſchön und fruchtbar , wird von ſilberklaren Båchen bewäfferte
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und erſtredt fich bis Mingrelién. Die umber lies genden Gebirge find mit Gebüſchen uud Dörferit bes deckt , und meiftens mit Reben bepflauzt. Die Luft if ſehr rein und geſund .
Hier erfuhr ich von einem Stapuziner aus Gory, daß mein entlaſſener Diener von Eiffli $ nach Gory gekonimen ſen , und alles geſagt habe , was er von mir wiſſe. Den 28. legten wir über die genannte Ebene fünf Meilen zurück, ſie iſt auf allen Seiten mit
Dörfern und Wåldern angefült , der Boden fehr fett und weich .
Nach zwei Meilen ſaben wir die Feſtung
Scander , welche Alexander der Große erbaut baben rou . Sie beſteht aus zwei Thürmen ohne Rings mauer. Eine Meile entfernt liegt Chicaris , cik Dorf von ungefähr 50 Håuſern. Den 31. ſekten wir über drei breite und reißende Ströme , und kamen gegen Abend nach Cotatis , eis
nem Marktflecken auf einem Hügel am Ufer des Pbas fis , von 200 Häuſern. In einiger Entfernung lies gen die königliche Reſidenz , und die Häuſer der vors nehmſten Hofbedienten in einem Streiſe. An der Seite des Stromes , dem offenen Fleden gegenüber , ers bebt ſich auf einer noch höheren Anhöhe die Feftung Cotatis ; ſie iſt mit einigen Thürmen , einem Vors werke und einer boben und dicken Mauer verſehen . Den 1. Januar 1673 kam mein verråtheriſcher Diener mit einem Armenier von A kalzike und eif
nem Prieſter vou Catatis , und verlangte, ich ſollte
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mit ihm zu dem Parcha von Akaljite reiſen . Den wegen beſorgt befahl ich einem meiner Stapuziner, die Reiſe nach ingrelien fortzuſeßen und jog mit meinem andern Reiſegefåhrten nach Chioaris , welches acht Meilen von Cotatis entfernt ift. Den 5. luden der Biſchof und die Prinzeffin von Cotatis uns zur Tafel. Dieſes wird hier für keine
große Gnade gehalten , weil die geringſten Unterthas
nen , ja ihre Diener ſelbſt , mit ihnen zu ſpeiſen pfles gen. Die Stönigin war ſehr ſchön, aber ihre Geberden und Stellungen fehr üppig und unverſchämt, ibre Reden unverſchämt und unjůchtig. Ihr Biſchof gas natelle rah ſie oft mit ſehr unkeuſchen Blicken an .
Dieſes Betragen der Vornehmſten iſt in dieſem Lande gar nicht årgerlich , weil alles , groß und klein , der Wohlluft und der Ueppigkeit ergeben ift. Den 12. fab ich den König ; er war ein junger, fdöner Mann , rein Geſicht oben mit einem Tuche bes deckt, um das Gråuliche reiner ausgeſtochenen Augen zu verbergen. Er war rebr luſtig , und ſcherzte mit
dem Stapuziner , daß er ihn verheirathen wolle. Auf
die entgegengeſtellte Verbindlichkeit reines Gelübdes antwortete der Stinig : jeder unſerer Biſchöfe hat neun
Weiber, die Frauen unſerer Nachbarn abgerechnet.
uls der abgeſchickte Bruder mit der Hälfte meis ner verborgenen Schåre nach Cotatis gekommen tar, fo trat mein entlaſſener Diener mit 20 Janits charen in das Zimmer , ſchrie fehr tobend : mo ift
. . 291 mein Herr, er hat mich ermorden wollen , der Streich
iſt ihm mißlungen ; allein ich will ihn ficher treffen . Ju der Hoffnung Jemanden zu finden , durchſuchte er alle stammern . Der Bruder fiel ihm zu Fuß , und ich brachte ihn dahin , daß er die Janitſcharen von ſich ließ. Dann ging er in den Saal, ließ den Bruder ergreifen und wegführen . Die Janitſcharen ſaben ſich überall im Zimmer um , da ſie aber nichts als unſere
filzmåntel gewahr wurden , berührten ſie nicht einmal die überbrachten Såcke, in welchen 50,000 Thaler an Gold und Perlen befindlich wären . Gleich nach der Abführung des Bruders , ſchickte ich mich eilends zur
Flucht an , und rettete ſo meine Habe. Der Bruder wurde durch die Stönigin wieder befreit , und ich
rüftete mich , nach Eiffli $ zu reiſen .
X . Georgien , o. i. die ganze den Perſern uns terworfene Landſchaft , grenzt gegen Oft an das Land der Stirkarrier und 'Moriowiter, gegen Weſt au stlein s Armenien , gegen Sůd an Großs Armenien , gegen Nord an das ſchwarze M e er. Es erſtreckte ſich bei den Alten über das Lauris Ges
birge und Erzerum bis an den Tanais und hieß Albanien . Das Land hat Waldungen und
Gebirge und zwiſchen dieſen ſchöne, lange, aber nicht breite Wieren und Auen . Der mittlere Theil Geors gien $ iſt ebener und mehr angebaut , als die übrigen ,
und wird von dem Fluße Stur in zwei gleiche Hälfs
292
ten getheilt ; diefer entſpringt auf dem Se aufafus , und fålt in das ich was e Mee r. Auf vielen alten perfiſchen Landkarten fand ich Georgien in der Provinz von Großarmenien . Die ießigen Erdbeſchreiber machen eine beſondere Pro: ving daraus , welche ſie Gurgiſiau nennen, und
theilen ſie in vier Landſchaften , deren erſte fm is rette , die andere das Land Guriel , die dritte das Stönigreich Calet , das alte Iberia , und die lekte Carthuel oder Georgien ift. Staket und Cars thuel liegen im perſiſchen Reiche ; die Perfer nenneu das Lard Gurgitan. Die Georgier nennen ſich Cartbueli.
Georgien hat wenige Städte ; Staket hatte vor Zeiten viele , welche bis auf die Hauptſtadt Caket zerſtört ſind.
Die Proviny Carthuel hat nur vier Stådte :
Goro . Suram , ' lly , und Tifflis. Gorn iſt eine kleine Stadt auf einer Ebene zwis fchen zwei Bergen an dem Stur, mit einer Feſtung , welche die Perſer' erbauten . Die Stadt iſt kleitr , die Håuſer ſind aus Lehmen erbaut; die Einwohuer Staufs Icüte und reich . Suram , ein Marktflecken
nur halb fo groß
als Gorn , mit einer Feſtung iſt groß und ſchön ges baut. In beiden Seftungen liegen 100 mann als Bes fakung.
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Nicht weit von Suram liegt eine Gegend Ses mache genannt ; dieſes georgiſche Wort heißt Drei : ſchlórrer. Hier ſoll nach der Sage der Einwohner, Noa nach der Fluth gewohnt, und reine Söhne drei Schloſſer erbaut baben .
Die Luft in Georgien ift im Sommer troden und beiß , im Winter ſehr kalt. Der Boden frucht: bar, die Früchte wohlſchmeckend. Großes und kleines Vieb findet ſich in Menge , gleichfalls Geflügel und Schweine , lebrere find beſonders ſchmackhaft. JH keinem Linde wird man ein beſſeres Waſſer antreffen .
Der Wein ift vortrefflich , die Reben winden fich um die Bäume. Der Ueberfluß von Seide , deren # bereitung die Einwohner nicht recht kennen, wird in die 2ůrkei und nach Erzerum geführt.
ule Einwohner ſind ſehr ſchön und das tveibliche
Ocichlecht von ſo ausgezeichneter Schönheit , daß man et , ohne in dafelbe verliebt zu werden, nicht anſehen
kann . Das Holde und Bezaubernde ihrer Augen,
ibr ( dhlanker, sierlich gebauter Störper , die Geſchmeis digkeit deſſelben , ihre runden Hüften, bei welchen man nicht das Geringſte, hervorragen ſieht, machen die
Frauenzimmer zu den reißendſten Weſen . Eine üble Gewobnheit iſt, daß ſie ihr Geſicht, ſo ſchön es auch immer ſeyn mag , ſchminken ; bierin beſteht eigentlich ibr Puß .
Die Gcorgiſden Volker find klug und ſcharffins nis ; aber vermöge ihrer ſchlechten Erziehung, args
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liftig , betrügeriſch , meineidig und treulos , der Truns kenheit und Wohlluſt ergeben. Die Geiſtlichen betrins ten ſich ebenſo wie der Þóbel, und halten ſchöne Sklas
vinen als Beiſchlåferinnen . Stein Menſch ärgert ſich daran, weil es Gewohnheit und von den Vornehms ften eingeführt iſt. Nach der Ausſage des Oberen der stapuziner, ſoll der Catholicos, d. I. der Patriarch von Georgien , bekannt gemacht haben , daß wer an bohen Feft: und Feiertagen ſich nicht toll und voll faufe, für keinen Chriſten zu achten rey. Die Georgier find große Wucherer. Das weibliche Geſchlecht iſt rehr
böre , laſterhaft und wobllüſtig. Uebrigens aber find ſie auch höflich und freundlich , ehrbar und ernſthaft. Ihre Gebräuche find ein Gemiſme von ihren und der Nachbarn Sitten .
man findet auch Armenier , Griechen , Juden,
Türken , Perſer , Indier , Tataren , Moskoiviter und Europåer. Die Armenier übertreffen hinſichtlid ihrer Anzahl die Georgier. Beide haſſen einander tvegen
der ungleichheit ihres Gemüthes , ihrer Sitten und ihres Glaubens. Sie haben gegen einander einen 118 türlichen Abſcheu , und heirathen nie zuſammen . Die Wohnungen der Großen, wie alle öffentlichen Gebäude und Plåte ſind nach Art der Perſer gebaut. Der Adel des Landes beherrſcht die unterthanen auf eine grauſame and tyranniſche Art. Er bat Recht über Habe und Gut , Freibeit und Leben ſeiner Unteribas
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nen, verkauft nach Gefallen ihre Stinder, oder macht fie zu Leibeigenen. Der Glaube und Gottesdienst der Georgier kommt mit jenem der Mingrelier überein . XI. Difflis ift eine der ſchönſten und zierlichſt
gebauten Städte Perſiens , obgleich nicht gar ju groß. Sie liegt am Fuße eines Berges , welcher gør gen Dit von dem Fluße St ur beſpůhlt wird ; er ents ſpringt auf den Bergen Georgiens und vereinigt fich ſpåter mit dem Arares. Der größere Theil der Håuſer an der Seite dieſes Stromes auf einem Fels ſen gebaut, iſt an der Landſeite mit einer ſtarken und ſchinen Mauer umgeben . Sie liegt der Långe nach
von Süd gegen Nord , und hat gegen Süd eine große, an den Berge abwärts erbaute Feſtung , welche von
eingebornen Perfern bereßt iſt. In Striegszeiten if ſie ein Zufluchtsort ; Verbrecher und Schuldenmacher
können in derſelben ungekrånkt leben . Tifflis hat 14 Stirchen ; 6 gehören den Geors giern , die übrigen den Armeniern. Man findet keine Moſchee, weil das Volk den Bau derſelben nicht zus låßt, aber ſehr ſchöne Gebäude und Pläße ; die Bas fars ſind aus Steinen erbaut, die staravanſeraien bes quem . Båder gibt es wenige , weil die Einworner
die Mineralbåder in der Feſtung beſuchen . Unftreitig das ſchönſte Gebäude in Tifflis iſt die Reſidenz des Prinzen. Dieſelbe iſt mit großen Sålen und Oalles rien geziert. Vor dem firchterlichen Pallafte iſt ein großer viereckiger Plaß rings mit Stauflåden umges
1
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ben, welche ſich bis an die Pforte des Palaſtes ers Arecken . Der Vicekönig von Cafet hat gleich falls am Ende der Stadt einen Palaft, welcher auch wegen
feiner beſondern Verzierung und ſeiner perſpectivis fchen Anlage geſehen zu werden verdient. Die Ums
gegend son Tifflis hat ſchöne Lufthåuſer und Gårten.. Die Stadt iſt rehr volkreich , und wird ftark von Sandel treibenden Ausländern beſucht. Die Georgier nennen ſie nicht Tiff.lis , ſondern sala ,' d. i. Seftung oder Stadt.
Dieſen Namen geben ſie
allen großen , mit einer Mauer umgebenen Derteru . Zweimal war ſie in türkiſcher Gewalt. Das erſte Mal unter der Regierung J $maels 11. , stönigs in Perſien ; das andere Mal unter der Regierung So:
timan ns. Ihre Långe beträgt auf den perſiſchen Cbarten 83 , die Breite 43°. Sie führt auch den Nas mien Dar el Melec , d . I. königliche Stadt , weil ſie die Hauptiladt eines Königreiches ift. Weil dem Prinzen son Tiffli8 meine Ankunft nicht verborgen bleiben konnte , lo bezeugte ich ihni
meine Ehrfurcht, und zeigte die Påſſe, welche ich von
dem Könige von Perſien erhalten hatte. Der Prinz bierüber rehr erfreut., lud mich an ſeinen Hof. Bei Huſerer Ankunft ging er in einem Saale auf und ab,
welcher 110 Fuß lang und 40 breit war. Die Grunds
feite des Gebäudes war Moſaik, und auf verſchiedene gemahlte und vergoldete , 36-40 Schuh hohe Pfeiler
gegråndet ; er war mit den fchönſten und fünflict
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gearbeiteten Tapeten geziert. Der Prinz und die Vors nehmſten des Hofes fafen bei 3 kleinen Staminen ,
durch welche der ganze Saal erwärmt wurde. Ich machte gegen den Prinzen , Chanavas - Can , drei rehr tiefe Verbeugungen ; zwei Hofjunker machten mir gleich falls eine Verbeugung, und führten mich au meis
nen Plak . Inzwiſchen brachte ein şojjunker mein
Sereditivſchreiben des Königs von Perſien , und die pon mir dem Pringen gemachten Gedenke , welche derſelbe lächelnd empfing.
Als ich zu dem Vicekönige geführt ward, verbeugte
ich mich vor demſelben gar tief obre ein Wort zu ſpres den ; er ſelbſt redete kein Wort, und gab, als ihm bei der Tafel vorgelegt wurde, durch ein Zeichen zu verſtehen , mir auf einem ganz goldenen Teller die Hälfte eines
großen Brodes, welches vor ihm lag, zu bringen, und ließ ſagen , ich ren willkommen. Hierauf ließ er fras
gen, wie es im türkiſch s polniſchen Seriege ausſehe? Bei der zweiten Lieferung der Speiſen ließ er inir ſeine, mit Rubinen und Tůrkiſen beſeßte Mundſchale,
und Wein in einer großen vergoldeten Flaſche reichen . Der Hofjunker, welcher uns einſchenkte, ragte, der Prinz ließe uvs melden , wir ſollten luftig reyn,
und uns, die Speiſen wohl ſchmecken laſſen . Bei der
britten Lieferung ſendete úns der Prinz einen Theil von gebratenem Fleiſche, welches ihm ſelbſt aufgetras gen worden war , und ließ uns ragen : daß das Ges
flügel bei einem Trunke Weins nicht übel ſchmecke. 52. 3. Perſien , U. 3.
,298
Ich nahm dieſe Ehre mit ſehr tiefen Verbeugungen an , ohne ein Wort zu reden . Bei der Tafel wurde ſehr ſtark getrunken , und eine ganz ungemeine Anzahl von Speiſen aufgetragen . Nach drei Stunden ftans den wir von der Tafel auf; der Prinz ließ noch cins mrat entbieten , daß ich willkommen ſey , und mich in meine Wohnung begleitert .
Den 14 . ſchickte mir der Prinz jivei große Flas
fchen Weins, und bot mir ſeinen Steller an . Den 16 . ließ er mich zur Hoch ;eit einer ſeiner Baſen einladen .
Bei unſerer Ankunft waren die Trauungs-Zeremonien faſt ſchon vorbei, und ivurden in unſerem früberen Speiſeſaale gehalten .
:9 Die Hochzeit wurde auf einem etwas erhabenen Drte des Palaftes gehalten , welcher von einem ziers
lich geſchnişten Gitterwerke umgeben , das ivei Fuß
hoch und rechš tief war. Er war mit einem Vors bange bedeckt , und ruhte auf 5 faft 22 fuß boben Pfeilern , welche fünf Daumen dick waren . Dieſes Belt war inwendig mit goldenen und filbernen Stofs fen , mit Sammt uudfchon gemalter Leinwand bes
deckt. In der Mitte des Saales ftand ein großes Becken mit Waſſer. Der Fußbodeu war mit ſchönen Papeten belegt , und das ganze Zimmer von großer
brenuenden Fakeln erleuchtet. Die Eingeladenen nahmen einen etwas erhöhten Siß ein , der Print faß noch böter unter einem gewölbten Throne. Seine
Prijgen und Brüder fanden zu feiner Recbtena die
299 Biſchöfe aber zur Linken , der Bräutigam in ihrer Nitre ; die Muſiker ſaßen ganz tief. Der Bråutijam trat mit dem Statholikos ein , und ihm überreichten die Vettern des Prinzen anſehnliche Geſchenke, ihnen folgte jeder Eingetadene nach . Die Geſchenke beſtans den in goldenen und ſilberneit Můngen , und in kleis nen ſilbernen Schalen . it se
Inzwiſchen wurden die Tafeln zur Abendmahlzeit
jugerichtet; an drei verſchiedenen Orten die Tafeltůs
cher ausgebreitet, und auf dieſelben drei verſchiedene Arten ſehr feinen Brodes gefert , die Speiſen in gros Ben ſilberrien , oben gefchloſſenen Secken aufgetrageri.
Die Auftråger retten die Schüſſeln bei der Thüre
auf ein Tafeltuch , bier wurden die Teller angefüllt, und den Speiſenden , zuerſt den Prinzen und ſo nach dem Range vorgelegt. Es wurde dreimal, iminer in 60 großen Schüſſelit aufgetragen . Bei dem Eſſen wurde die größte Stille beobachtet.
Das Wunderbarſie ſchien der Schenktiſch zu ſeyrt. Erwarbelåufig mit 120 Trinkgeſchirren bereßt, die ſilbers nen Becher und Schalen waren mit kofibaren Steis
nen gegiert, ebenſo die Trinkhörner. Sie waren von ungleicher Große meiſiens ,acht Daumen lang, jlvei breit , ſchwarz und glänzend. Man findet einige von
Nashörnern und wilden Ihieren , die gewöhnlichen find aus Hörnern von Bocken und Ochſen gemacht.
Beim dritten Gange wurde auf eine beſondere Art Geſundbeit getrunken .
Es wurden acht Perſonen ,
. .
300
welche dem Prinzen am nåchften faßen, und stvar vier zur Rechten und vier zur Linken , 8 Schalen von gleis
cher Größe mit Wein gefüllt gegeben . Sie fianden auf , und blieben ſo lange fiehen , bis ſie ausgetrunken batten . Die vier zur Rechten tranken zuerſt und zus
gleid); die andern vier zur Linken thaten denſelbeu Beſcheid. Hierauf Teßten ſie ſich zugleich nieder , die acht Schalen wurden wieder gefüllt , und den acht
nächſten gegeben , und ſo ging es fort , bis ſie alle herumgetrunken batten . Wir wurden von dem Ges
ſundheits Trinken verſchont : ich würde ohne Ziveifel geſtorben ſeyn , wenn ich håtte mittrinken müſſen . Bei dem Geſundheit: Trinken ertonten zugleidh die muſikaliſchen Inſtrumente. Um Mitternacht nahmen wir von dem Prinzen Abſchied. Er fragte mich noc ,
i was derStönig vort Spanien, rein Vetter mache , und goldenen Schale.
trank deſſen Geſundheit auseiner
Wegen der Wetterſchaft des Prinzen mit dem Sönige von Spanien ragten mir die Stapuziner, daß Clemens VIII . dem Daim úrás in ſeinen ån, ihn
geſchickten Schreiben das Prädikat eines Vetkeru st . Pbilip $ II , beigelegt babe . mit einem Diener des Prinzen und mit einem
Empfehlungsſchreiben verſehen , reiſte ich den 28. von
Tifflis weg. Mein Begleiter reiſte voraus, uma den Maut: und ZcUeinnehmern zu bedeuten , daß fie mit kleinen Forderungen , welche von allen aus der Stadt: konimenden beladenen Pferden verlangt werden,
301
mich verſchonen möchten . Leute dieſer Art heißen Mellemander , d. i. einer , welcher für jemanden einen Wirth ſucht, und werden auslåndiſchen Gerands ten und anderen Perſonen von Bedeutung gegeben . XII . An dem Tage meiner Abreiſe legte ich noch
zwei Meilen auf dem ſüdlich der Stadt gegenüber
gelegenen Gebirge zurůck , und blieb in dem großen Dorf Sogan - lou (Zweifels : Stadt ) am Fluſſe Hur .
Den 1. März jog fich der Weg adht Meilen über
eine ſchöne Ebene, welche ſich gegen Nordoſt erſtreckie , und führte zum Dorfe E upritent mit 150 Håuſern, d. i. B rů ckedorf von der nahe gelegenen Brücke, welche über den Fluß Tabadi führt; ſie iſt zwiſchen zwei Gebirgen , welche der Fluß trennt. Sie hat vier au Höhe und Dicke ungleiche Bogen , welche an . beiden Enden bobl, auf beiden Seiten offen fitid , und
den Reiſenden zur Herberge dienen. An die Brücke ſtößt ein ziemlich serfallenes Staraivauſerai von präch : tiger Pauart.
Den 2. langten wir nach einem 9 Meilen langen Wege über ein unebenes und felſigtes Gebirge Abends
in dem großen Dorfe Melikent ( ftonigedorf) auf der Spike eines hohen Gebirges an .
Den 3. iegten wir auf demſelben beſchwerlichert Wege bis zum Dorfe Ebincar acht Dieilen zurück.
302
Den 4 : kamen wir zum Flecken Dilnian , welcher über 300 Häuſer hatte. Er liegt an dem Flufe Acals ft apha , am Fuße eines ſehr hohen und ſchrecklichen Gebirges. Die stålte und der Schnee fekten uns eniffindlich zu . An Waſſer fehlt es nicht , zwiſchen
dem Gebirge findet man noch immer fruchtbare Felder und Dörfer. Der größte Theil dieſer Dörfer iſt von , georgi: chen und armeniſchen Chriſten beivohnt. Man
findet da weder einige Starawanſerais , noch aniere öffentliche Plate ; man kehrt bei den Bauern ein. Der größere Theil der Häuſer ſind nichts anders, als in die Erde gegrabene Höhlen . Andere find aus Bals ken auf einer Anhöhe erbaut, und mit Naſen bedeckt ;
durd; ein Loch in der Mitte fållt das Licht ein , und geht der Rauch hinaus. Im Winter ſind ſie warm, iin Sommer kühl. Der Flecken Deinjan und das ſechs Meilen gegen Nord und Süd gelegene Land ges bört dem Camchican , und heißt Land von Carac es iſt ein Lehen des perfiſchen Reiches. Die Völker von Carac find frech und wilder Gemüthsart , und ftammen von den gegen Nord an dem faſpiſchen Mcere wohnenden Storaken ber.
Den 5. reiften wir fünf Meilen über dieſe feilen Gebirge. Unſer Weg war ein ſdmaler Fufficig , auf fveldem der Sdnee durch die Füße der Pferde und Fußgänger schårtet war. Verfehlte man den Fußs ficig , ro fiel man bis an den Gürtel in den Schnee. Dieſes große Gebirg ſcheidet Georgien von A rines
303
nien
Wir blieben in dem großen Dorfe . Staras
Tech i ch 8 am Fuße des Gebirges nachit dem Strome Zengui, welcher einen Theil von Großs Armenien bewåffert. Den 6. ſeşte ich meine Reiſe;
obgleich von der großen Stålte und Strankheit ſehr ges ſchwächt , weiter fort , und erreichte in vier Mcilen den Marktflecken Bi ch ni ai Zengui. Wir wohnten
in einem ſchönen , den Armeniern geborigen, zwiſchen dem Marktflecken und dein Gebirge gelegenen Stloſter. Den 7. reiiie ich g Meilen über ganz mit Schnee bes deckte Ebenen und kam mit Einbruche der Nacht zu
Erivan oder grivan an . Die e große, aber håßs ; liche und kothige Stadt beſteht meiſtens in Gårten und Weinbergen , und liegt in einer rings von Bers
gen eingeſchloſſenen Ebene. Der Fluß 3 engui läuft gegen Nordoſt und der Dueur : boulak , d. i. 40 Spring brun 11 en , gegen Südoſt.
Die Feftung ifi ro groß wie eine Stadt, im Streiſe gebaut, hat 4000 Schritte im Unifange , und bei 800
Håaſer. In derſelben ivohnen nur eingeborne Pers
ſer . Sie iſt aus getrockneten Backfeinen aufgeführt, und nach der alten orientalifihen Art gebaut.
Ji
der Feſtung liegen 2000 Mann als Beſukung . Die
Reſidenz des Gouverneurs dieſer Provinz iſt gleichfalls in dir Feſtung groß und ſchön . Ingefåhr 1000 Schritte gegen die Nordſeite , nahe
bei dir geſtung, iſt ein Hügel , und auf demſelben eine Seftung. Diejer Ort bat eine doppelte Ringmauer,
304
it mit Artillerie und Stanonen verſehen , und beißt Queut choscala .
Die Stadt iſt ziemlich weit von der Feſtung ents fernt , und. bat ztvei armeniſche Stirchen. Nahe bei der Wohnung des Biſchofs ſteht ein alter Thurn aus Quaderfeinen von beſonderer Bauart. Aus den rings
um liegenden Bruchitůcken kann man ſchließen ,
daß
es der Thurm eines alten Stloſters geweſen ſey. Man
findet viele Båder in der Stadt und in der Feftung, und verſchiedene, Starawanſeraien . Die Elevation des Poles beträgt zu Erivan 41
Orade und 15 Minuten ; die Långe des Landes 78 Grade und 20 Minuten . Die Luft iſt geſund , aber kalt und dicht; das Land ſchön und fruchtbar. Die
zwei an der Seite rauſchenden Flüſſe nebſt einem Wiis ber liefern ſehr ſchöne Firde , welche ivegen ihres vors trefflichen Geſchmackes im Oriente ſehr berühmt find Der Weiher , von den Perſern Deria : chirin
( füßer Weiher), von den Armeniern Siagarscousi: rou genannt , hat ſeinen Namen von ſeinem füßen Waſſer , ifi 25 Meilen groß und ſehr tief. In der Mitte deſſelben erhebt ſich auf einer kleinen Inſel ein
Stloſter , welches por 600 Jahren eibaut worden , ders ren Vorſtand Erzbiſchof iſt, und wie ein Patriarch .verehrt reoul will . Der Zengui durdfließt einen Theil Armeniens , Vereinigt ſich nahe bei dem køspis rchen Meere mit dem u rares , mit welchen er ſich
in daffelle ergießt...
305
XIII. Zwei Meilen von Erivant liegt das bes rühmte Stloſter Dreikirchen. Die Armenier nens
nen es Ecs:miasin , ſo viel als die Niederkunft des Sohnes Gottes , weil hier Chriftus dem
beil. Gregor erſchienen reyn roll; die Türken aber utch : clis fie ; d. i. Drei Stirchen , weil nabe
bei der Hauptkirche des Stloſters noch zwei Stirchen
liegen .
Die erſte und vorzüglichſte iſt ein großes,
dunkles Gebäude aus großen Quaderfteinen , inwendig
ohne das geringſte Bild und Schnittverk. Die stas pellent find gegen Ort , und zwar drei derſelben am
åußerſten Theile der Kirche. Ju der Sakriſtei zeigen
die Möuche viele Schåße, zum Theile von der Freiges bigkeit der Påbifte. In der Landſchaft Erivan findetman 23 Mönchss und 6 Nonneuklofter ; ſie ſind arm , und baben wenig zu leben .
Zu Eft , zivólf Meilen von Erivan , ſieht man das berühmte Gebirge , auf welches die Arche Noa's fid ) niedergelaſſen haben roll. Die Türken nennen es agridag , dick erhabenes Gebirge, die armes
nier und Perſer Macis , und leiten dieſen Namen von Maß oder Merech ab, einem Sohne des Arain, weicher der Nation den Urſprung gegeben habear rou .
Dieſes Gebirge hat in der perfiſchen Sprache noch swei . Nainen , nåmlich : COU % 11 o ub , Berg Noa's ,
Ui: D Sabatitoppus , glů dlider Hügel. Ám Fuße des Gebirges iſt in einem chriftlichen Dorfe das
306
Stloſter Uraksilvane , in welchem Orte nach der Meinung der Armenier Noa nach der Fluth gewohnt, und rein Opfer verrichtet haben roll.
In Erivan beſuchte ich den Gouverneur ; er führt den Namen Becler : Beg , welches Herr der Herren beißt. Durch dieren Namen unterſcheis den ſich die Gouverneurs von den Sanen .
Er tud
mich zur Hochzeit feines Bruders ein . Die Hochseis
ten koſten in Perſien ſehr viel , und oft erſchöpfen - ſich die Heirathenden dadurch .
XIV . Die Mahomedaner , welche der Lehre des Aly anhången , nehmen ſich auf dreierlei Art Weis ber, indem ſie dieſelben kaufen , miethen oder ebelich fich beilegen laſſen. Die Stinder , welche aus einer ſold ,en Vermiſchung geboren ſind , werden für rechts måfig angeſehen . Die Weiber, welche Sklavinden ſind , beißen Sanije. Das Geſetz erlaubt ſo viele zu nehmen , als mian ernåbren kann . Der Mann hat
Gervalt über Leben und Tod der Frau . Einer Sklas
vin in den Morgenländern iſt nicht ſchimpflich , die Beiſchlå ferin ilires Herrn zu renn , ja ſie hat es fich als großes Glück und als große Ehre zuzuſchreiben .
Denn ſobald der şerr bei ihr ſchläft , wird ſie viel
ſooner gekleidet, über Magde hat ſie zu gebieten , und beſondere Zimmer ſind zu ihrer :Bequemlichkeit einges richtet.
Die gemietheten Weiber,Moutaa und Amouad,
307
Stebsmeib und Dienerin , genannt , kann man so lange bebalten , als ſie einem gefallen. Die ehes ' liche Verbindung iſt nichts anders , als ein birger:
licher Vertrag.
Die rechtnáßigen Weiber beißen
Nefaa .
Die Heirathen werden in Perſien meiſtens durch Anwalde geſchloſſen . Es verſammeln ſich die Aeltern,
Freunde und Beiſtånde in der Wohnung des Bråutis
Ein Prieſter reßt den Heirathsvertrag auf. Sobald man wegen der Bedingungen eins geworden
gams.
iſt , und gen lein
ſchickt der Bräutigam der Braut den Trauring andere Geſchenk:. Die Braut ſendet ihm dages verſchiedene feine Arbeiten , als ausgenåbte Tůchs zc. , welche ſie gewöhnlich ſelbſt gefertigt hat. Die Hodzeit geſchieht bei dem Bräutigam und
dauert zehn Tage ; den leßten rendet man dem Bråus.
tigam Tas Schurztuch der Braut , welches in fileinos dien beſteht , nebft Mobilien , Sklaren und verſchait: tenen ; es wird von Kameelen unter dem Selange der Inſtrumente überbracht. Wenn es Nacht geworden
ift , führt man die Braut zu dem Bräutigam in dem Cagiavat , einer Art Wiege , welche von zwei Stas, meelen getragen wird. Perſonen geringen Staudes gehen entweder zu Fuß dahin , oder bedienen ſich der Pferde. Es wird Muſik gemacht , und Weiber fols gen mit brennenden Sierzeni .
Die Braut ijt vom
Stopfe bis zu den Füßen verſchleiert ; geht fie, ſo wird
fie von zwei Weibern am Arme seführt ; ift ſie zu
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Pferde , ſo führt ein Saſtrat daſſelbe. Eine Stunde
nach der Ankunft in dem Hauſe des Bråutigams wird fie von alten Frauen in das Eheëett geführt , bis auf das Nachtkleid ausgezogen ; hierauf führt man den
Bråutigam gleichfalls durch alte Weiber oder Verſchnits tene dahin ; jedoch iſt alles finſter und dunkel , wenn
die Heimführung geſchieht. Oft geſchieht es, daß der Mann reine Frau erſt nach einigen Tagen fieht , vors :
züglich , wenn ſie ſchon iſt ; ſie ſuchen ſich anfangs der chelichen Pflicht zu entjieben , um nicht für geil und unjůchtig gehalten zu werden , tvenn fie gleich vorher fehr verſchwenderiſch mit der Blume der Jungfraus ſchaft umgingen . Vorzüglich iſt dieſer Fall bei Prins seſſinnen ; oft hat der Gemahl mehrere Monate nöthig, um reine Senablin zur Abſtattung der ehelichen Pflicht fů bereden .
Bei den Vermählungen der ſchlechten und gerins gen Leute pflegt das Gegentheil zu geſchehen . Denn
wenn der Ehemann zu eii em größeren Leibgedinge verbunden wurde , als er zu geben vermag , ſo vers
fperrt er, wenn die Braut hineingeführt iſt, die Hauss tbůre , und ſagt , daß er für ſie ein großes Geld nicht babe . Hierauf entſteht von beiden Seiten ein großer Streit , die Weltern der Braut laſſen etwas an dem
Leibgedinge nach , weil es ſowohl für die Aettern , als für die Braut ſchimpflich fern würde , wenn ſie unges traut wieder nach Hauſe geführt werden rollte. Die mabomedaniſche Religion erlaubt den Scheidebrief,
309
und die Trennung kann der geringſten IIrſache wegen
geſchehen. Nach der Trennung können die Getrenn. ten ſich wieder heirathen . XV. 1
Nachdem ich bei dem Gouverneur öfters
eingeladen worden war , an ihn auch einiges verkauft, und ein Empfehlungsfchreiben an ſeine Söhne erhals ten hatte , reiſte ich den 8. April vier Meilen über
Hügel und durch viele Dörfer , und blieb in dem ſchos nen und großen Dorfe Daivin ; den 9, in einem
fruchtbaren , ebenen und rings von Bergen umgebenen Lande , zur Rechten lag der Berg Noa ' $ ; das Nachts lager bot Das Dorf Stainer dar. Den 10. ließen wir auf der Hälfte des Weges den Marktflecken Ses Darec liegen , und kamen auf Obaro ur , der Reſis
deng und Hauptſtadt dieſer Gegend Armeniens ;
den 11. sing der Weg auf derſelben Straße über hugs liges und ſteiniges Land ; wir regten über den Fluß Harparous , er ſcheidet das Gebiet dieſes Theils von Armenien , in welchem Erivan die Haupts ftadt iſt, von dem andern , welcher Naechivanjur Hauptſtadt bat. Nacchivan , wo wir den 12. ankamen , iſt eine
große verwüſtete Stadt. Der mittlere Theil derſelben
it wieder etwas angebaut , es ſind fünf Staravanſes rais , viele Båder , Marktplåße , große Tabacks s uud
Kaffeehäuſer , aber Wohnhåuſer nur etwa 2000 09. Die perſiſchen Geſchichten geben die Sabl der frühes
310 ten Häuſer auf 40,000 an . Außer der Stadt ſieht man die Bruchſtücke einer großen Feſtung und einiger Schlöſſer , welche Abas am Ende des vorigen Jahrs
hunderts , weil er ſie gegen die Türken nicht zu bes haupten vermochte , ſchleifen und ſprengen ließ. Ich
balte dieſe Stadt für das alte , berühmte griechiſd;e Artarate . Die Elevation des Poles über feinen
Horizont geben die Perſer auf 38 Grade und 40 Mis nuten , die Länge aber auf 81 Grade und 34 Minuten an . Die Stadt hat einen San zum Gouverneur.
fünf Meilen nördlich von Nacchivan liegt das große Dorf Abrener ( fruchtbares Feld) ; die Eins wohner deſſelben nebſt fieben nahe gelegenen Dirfern find römiſch katholiſch . Den 13. reiften wir von Nasch i van iveg , legs
ten noch fieben Meilen zurück , und mußten bei der erſten über eine Brücke reiten ; der Strom bieß Strom bon Nasch iv an. Der Boden dieſer Landſchaft
war dürr, unfruchtbar und mit Stielelfteinen bedeckt. Wir fielten unſer Nachtlager an dem Ufer des a rare8., welchen die Morgenländer Aras oder Ares tiennen,
rekten dann über denſelben , und kamen nach Esquis julfa , einer ſehr alten und serſifrten Stadt. Uus den Trümmern kann man ihre alte Größe erkennen ;
fie führt , zum Unterſchiede von jenem Julfa in der Nähe His pabans, den Namen Altsgulfa. Sie batte nach Ausſage der Armenier 4000 Häuſer. Dieſe Stadt war in der Geſtalt eines Amphitheaters erbaut ;
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jekt befinden fich noch dreißig armeniſche Fantilien da. Julfa wurde von dem Großen Ab as zerſtört.
Der Arares ſcheidet Ármenie'n von Nedien , entſpringt auf dem Gebirge , auf welchem nie Arche Noa's ſich niedergelaffen baben folt, und ergießt ſich in das kaspiſche Meer ; er iſt groß , reißend , und vers
theilt ſich in viele kleine Arme, welche keinen Nas
men haben. Wir ſekten über den Fluß , und reiſten den 14. fünf Meiten durch eine hügelige und gegent
Nordoft gelegene Landſchaft, und ließen auf der Seite ein großes Feld liegeit, auf welchem ini vorigen Jahre bunderte viele Schlachten mit den Dürken vorgefallen find . Das Gebiet , welches wir durchreiſt hatten , ens digte fich zu Alacou. Die Perfer Tagen , dieſer Ort ſou von Alacou , einem måchtigen tatariſchen Prins fen , wvelcber einen großen Theil Perſiens bezivang, und eine Stadt daſelbft' erbaute , welche von den Tůts ten und Perſern zerſtört wurde , ibren Namen baben.
1
XVI. Den 15. Brieben wir in der ſchönen Stadt Marand von 2500 Häuſern und vielen Garten ; fie liegt am Fuße eines Berses an einer ſchönen , eine Meile breiten und fünf Meilen langen Wiere. Det kleine Fluß Zeloulou theilt ſie in der Mitte,
und bewäſſerte fie. Die Stadt iſt bevolkerter und Tchiner als Nacchivan ; man ſieht hier die Coches
aille, mit welcher der Scharlach gefärbt wird. Die
.
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Perfernenuen die Cochenille Querm is oder Querm , d. i. Wur m . nii ini
:
, , Die Polhöhe der Stadt Marand ift nach der Beobachtung der Perſer in der Breite 37 Grade and 50 Minuten , und in der Långe 81 Grade und 50 - Minuten .
Den 16, reiften wir vier Meilen über das Ges
birge , und kamen gegen Mittag zur Stadt Sofian, welche auf einem waffers und felderreichen Boden liegt, und den 17. in Lauris an , nachdem wir rechs
Meiley auf ſchönen und fruchtbaren Ebenen , welche viele Dörfer verſchönerten , zurückgelegt hatten . Von
Erivan-bis Tauris rechnet man 63 perfiſche Meis len ; eine perſiſche Meile betrågt 5,000 Schritte.
- Tauris , eine ſehr große und reiche Stadt, durch Handel und Bevölkerung ausgezeichnet , iſt auf einer Ebene am Fuße des Berges Drentes oder Barons te $ gebaut.., Sie iſt weder mit Mauern , noch mit andern Vertheidigungswerken verſehen .
Der kleine
Fluß Spingtch a durchftrömt ſie , ein anderer fließt gegen Nord gabe bei der Stadt vorbei , und if von
Dem Frühlinge bis zum Herbſt nicht breiter , als die Seine zu Paris wåbrerid des Winters. Die Stadt
mit 15 ,000 Häuſern und 15 ,000 Stauflåden , iſt in neun
Bezirke , und beinabe wie alle perſiſchen Städte in Haudar und Neamet : Olaby eingetheilt. Hans dar und Neainet ſind die Namen zweier einander
anfeindenden Partbeien im 16 . Jahrbunderte , wie die
313 Gelphen und Gibelinen in Italien . Die Bajars oder Marktplåße liegen in der Mitte der Stadt , die Häuſer aber auswärts , beinahe jedes niit einem Gar:
ten . Die öffentlichen Gebånde und Handels - Nieders lagen , mit Ausnahme des Stairerie, königlichen
Marktplaßes , welcher achteckig , rehr ſchön und ger&us mig iſt , zeichnen fich gleichfalls durch Schönheit und.
- verſchiedene Seltenheiten aus. Es werden 300 Stara : van ſerais , in deren jedem 300 Perſonen wohnen költs nen , nebſt vielen Staffeebåuſern und 250 Moſcheen ges jåblt.
Außerhalb Tauris liegen gegen Dit die Trůms mer des verwüſteten Schloſſes Cala Rachidie, wels ches vor 400 Jahren von Coje Rech id , dem Großs vezire des Königes Cazan erbaut wurde. Segen Süd außerhalb der Stadt fieht man die Ruinen des Palas
laftes der alten perſiſchen Stönige, und gegen Dit nach Vermuthung der Armenier die eingefallenen
Mauern des Palaſtes des Königes Sosroes. Der große Marktplatz übertrifft an Große ienen
zu J6 paban. Oft haben die Türken 30,000 INana in Schlachtordnung aufgeſtellt. Auf demſelben werden Spiele gegeben , Stierkämpfe , Wolfstånze se: ges balten . Der Pöbel ftrömt in großer Menge dahin .
Die Stadt enthält mehr als 550 ,000 Menſchen . Es Gold : und Seidenwirker findet man in Menge; die ſchönſten perſiſchen Turbane werden hier verfertigt. kommen Fremde aus allen Gegenden Aſiens dahin .
: 53. 2 . Perſien . II. 3.
314
Die Luft ift falt und trocken , aber rebr gut und geſund. Die Breite der Stadt beträgt 38 , die Långe 82 Grade Lebensmittel findet man im Ueberfluſſe , rebr wohlfeil und gut.
In einiger Entfernung von der Stadt ſieht man große , weiße Marmorbrüche, etwas weiter Salts und und Goldadern . Man findet auch Mineralguel
; die
berühmteſten ſind 1/2 Meile von Tauris , und heis fen die Baring rchen , die andern , welde rechs
Meilen entfernt ſind, die Seids stentiſch en Bås der; ſie führen viel Schwefel mit ſich , manche find
falt und heiß zugleich . Diefe Stadt iſt nach meis
ner Meinung das berühmte Ecbatana der Als ten , wurde im Jahre 165 der perfiſchen Hegira ger gründet , litt viel durch Erdbeben , und war bald in der Pcrſer und Türken Geivalt , bis lektere endlich unterlagen . Das Gouvernement der Provinz Eauris
trågt jábrlich 30 ,000 Tomans, d. i 1, 350,000 Guls den . Der Gouverneur führt den Namen Beglers beg , hålt 3000.Mann zu Pferd , und hat die Cane von : Cars , Drou mni, Maruga und Arde uit
gebf zwanzig Sultanen unter ſeiner Botmåßigkeit.
XVII. Zu Tauri nahm ich meinen Aufenthalt
bei den St-apuzinern , und wollte, bis ich meine Sachen geordnet håtte , verborgen bleiben . Allein meine An . kunft wurde bald dem Miria th aer. dem Sobne des
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Intendanten und Obereinnehmers der Provinz befaint: Ich mußte den 23. meine Aufwartung bei ihm mas chen , wurde höflich empfangen , und ſogleich erkannt:. Er konnte arabiſch , perſiſch und türkiſch ſprechen, und batte von einem Stapuziner innerhalb weniger Jahren die ganze orientaliſche Philoſophie erlernt. Nachdem ich mehrere Große berucht, und bei ihnen einige Stolte barkeiten verkauft hatte , verließ ich den 18. den Mi rs.
Bat ha er mit einem Empfehlungsſchreiben verſében .
Wegen der Gefahr , von Råubern überfallen zu wers: den , blieb ich bis den 28. zu Tauris , und reiſte mit dem Oberaufſeher der Staufleute, welcher 14 Pferde und 10- Senechte bei ſich hatte. Wir gingen drei Meie
len in ſchönen Ebenen , und fütterteni ju Vaspinge einem großen Marktflecken , welcher gegen 600 Håuſer: batte ; um denſelben (chlängeln ſich viele filberklare Båche, und bewäſſern die Gårten der Belvohner. Den 29. reiſten wir durch die ſchönſten , fructs: barſten und mit Dörfern angefüllten Auen , und blier ben zu agisag a ch. Dieſe Ebenen ſind die ſchönſten Trifften in ganz Medien ; man ſieht auf ihnen eine
große Anzahl der berrlichſten Pferde weiden . Es ifti Sitte: in Perſien , vom April bis in den Juni die Pferde auf die Weide zu ſchicken . Den 30. ging der Weg über Ebeneit , und nach givei Stunden zu den Trümmern ciner alten Stadt , welche Abad der.Grose: Berftört hatte. An der linken Seite des Weges fizie: man grele aus Quaderfeinen erbaute runde. Obdude:.
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Die Perfer ' ſagen , dieſe Feyen die Stellen , wo die CA OU & , als ſie in Medien Strieg führten , Striegss rath gehalten båtten ; denn es rey damals. Gebrauch geweſen , daß jeder Befehlshaber einen Stein in den Striegsrath gebracht habe , um ſich darauf zu reßen. Wir trafen auf dem Wege drei Staravanſerais an , und überracyteten in den Dorfe Saratchiman in einem Thale ; es war zwar nicht ſo groß als Vaspinge, aber eben ſo ſchön gebaut.
1
Den 31. Mai reiſten wir vier Meilen durch ſchöne und fruchtbare Thåler und über Hügel. Auf halbem Wege fießen wir auf das in der Mitte von Gärten und Weidenbüſchen gelegene , und von ſchönen Båchen umifloſſene Dorf Turciman , welches von den vielen Schäfern und Schäfereien reinen Namen hat. In dem Dorfe Pervare , in einem Thale , welches ein
klarer Strom bewåſſert, wurde gefüttert.
XVIII. Den 1. Juni reiſten wir zwei Meilen in einem ebenen und fruchtbaren Lande , durch welches fich ein reißender Strom ſchlängelt , und noch vier zwiſchen rauben und ſteilen Gebirgen . Wir blieben
in dem Marktflecken Miane , welcher auf einer ſcho: nen und fruchtbaren Wieſe rings von Gebirgen umges ben iſt, welche Medien von Parthien ſcheiden . Miane heißt die Mitte. In dem Zollhauſe wurs
den wir nicht angehalten : denn es iſt in Perſien eins geführt , daß die Bolleinnehmer von Standesperfonen ,
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und beſonders von königlichen Dienern , nicht das Ges ringſte fordern dürfen . Den 2. reßten wir mit Gefahr unſerer Pferde über
den Fluß Miana ; er iſt eine Meile vom Marktflecken entfernt, febr reißend und breit , und wir mußten dann fünf Stunden auf dem hohen und rauben Ger
birge zubringen , welches Medien von Perſien Dieſe zwei großen Provinzen trennt eine Bergkette , welche ein Arm des Taurus ift , und ſich
rdeidet.
von Europa bis in das Stönigreich China, durch M o s kovien, Stirlarrien , Mingrelie 11, Geor:
gien , Parthieni Baktrien , die Provinz Sans
tahar , ja bis nach Indien erſtreckt. Auf dem Gipfel des Gebirges ſahen wir ein zerſtörtes Schloß , welches die Perſer Jungfern ſchloß nennen , weil Artärerres es als Gefängniß für eine reiner Prins zeſſinnen habe erbauen laſſen. Am Ende unſerer Tags reiſe kamen wir an eine ſchöne und über den großen Strom sterils beuze geſchlagene Brücke , und blies ben Nachts zu Se mele . Der Steril beuze iſt viel breiter und reißender als der Miane , und bildet die Grenze zwiſchen Mes
dien und Parthien. Sobald man über denſelben gerekt ift, merkt man ſchon eine Veränderung der Luft ; in Medie it ift fie feucht und nebelig , in Pars thien dagegen im höchſten Grade heiß und trocken .
Die Landſchaft der Parther , die größte und
vorzüglichſte Provinz des perſiſchen Reiches , iſt Eigens
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genthum des stönigs. Gegen Oft begrenst fie die Pros vinz Caraiſon oder Coromitrene, gegen Süd die Provinz Faro (das eigentliche Perſien) , gegen Weſt Azerbeigan ( Miedien ) und gegen Nord Ouila.nl und M a zanderaan (Hyrkanien ). Die Provinz ift 200 Meilen lang und 150 breit ; die Luft geſund und trocken ; ſie hat unfruchtbare Gebirge,
aber fruchtbare Felder in der Nähe von Flüſſen , und enthält mehr als 40 Städte. $ Die Morgenländer nennen Partbien Araks Agein , perſirich es a rak , zum Unterſchiede von Arabien , welches ſie Irak: #rab nennen .
Den 3. Juni reiſten wir gegen Süd auf der Straße , auf welcher wir von Dauris abgegangen
waren , hatten zur Rechten und linken hobe Gebirge, und fütterten zu Sirch a m . Nidt weit von drei
Törfern waren große Saravanſerais ; den 4. wanders ten wir über. Haiden und ſandige Orte , fanden fruchts bare Felder und ſchön gebaute Dörfer. Der Stron Zeniam bewåſſert die ganze Gegend. Wir blieben in dem großen Staravanſerai Niche zwiſchen fünf gros ßen Dörfern. Den 5. kamen wir auf den ſchönfen und geradeſten Wegen gur kleinen Stadt Zerigan
mit 2000 Håuſern auf einer ſchmalen Ebene gegen das. Gebirge hin. Der Boden iſt ſehr fruchtbar und ans muthig , die Luft im Winter kühl. Außerhalb der Stadt ſind ziemlich ſchöne Gärten, innerhalb derſelben
lauter Trümmer und eingefallene Håuſer ; ſie roll des
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ren 20,000 gezählt haben, und wurde son aimerlan jerftort.
Den 6. trafen wir ein ſehr ſchönes und angenehs
mes Land . Man findet ſo viele ſchöne Båche , Flüſſe und Dörfer , daß man ſie kaum zählen kann ; alle mit ſehr ſchönen Weidenbüſchen und Gärten umgeben. Nach fünf Meilen ftiegen wir bei der großen Staras vanſerai Queuros boulay ab , welche in einiger Entfernung von Sultania liegt.
Dieſe Stadt liegt am Fuße eines Berges , gewährt . von der Ferne einen rcbönen Anblick , welcher bei alls mahligem Nåberkonimen verſchwindet , und zählt noch
3000 Häufer. Von der Größe dieſer ehemaligen Haupts ftadt des perſiſchen Reiches reden ihre Trümmer. Ihre Breite betrågt 36 Grade 18 Minuten ; ihre Långe 48 Grade und 5 Minuten ; fie wird von einem Sultan regiert.
Den 4. reiſten wir in einem viel ſchönerem und angebauterem Lande ; alle 1000 Schritte trifft man ein
Dorf, ſieht herrliche und ſchöne Pappelweiden in gros fer Anzahl. Ju dem Dorfe Hibie , in der Nähe des , volkreichen und mit einer Mauer umgebenen Fleckens San cala , wurde übernachtet. Den 8. Juni konnten unſere Pferde aus Mattig
keit uns nur bis zur kleinen Stadt Ebber mit 2500 Häuſern bringen. Sie wird von den Fluſie gleiches Namens in zwei gleiche Hälften getheilt , hat eine ſchöne und angenehme Lage , geſunde Luft , einen
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fruchtbaren Boden , drei große Noſcheen , und in der Mitte der Stadt ein altes , in Trümmern liegendes
Schloß. Sie iſt ion dem Aequator 36 Grade und 45 Minuten , von den glücklichen Inſeln aber 48 Grade und 30 Minuten entfernt. Dieſe Abmeſfungen ſind nach Perſiſchen Charten. Die Stadt wird von einem
Dorogue ( Rektor) regiert. Von Ebber bis ons dien berrſcht die perſiſche Sprache, nicht mehr mit der türkiſchen vermiſcht. XIX. Den 9. legten wir neun Meilen über wuns derſchöne Ebenen zurück , kamen in den erſten drei Meilen durch den Flecken Parfac , und ließen etwas weiter hinauf 6 a $bin zur Linken. Dieſe Stadt ift
groß , auf einer ſchönen Ebene, drei Meilen vom Berge A louvent von Norden gegen Süden gelegen, ohne Mauern , mit 12,000 Häuſern und ungefähr 100,000 Einwohnern , unter welchen etwa 40 chriftliche
und 100 jüdiſche Familien in größter Dürftigkeit les
ben. Die merkwürdigſten Plåte find der Hippos dromu $ , Mandan s cha, königlicher Plať, welcher 700 Schritte lang und 250 breit , und nach Art des ſchönen Plaßes zu J 8 paha 'n gebaut iſt, und
der königliche Palaft mit ſieben Pforten. Man findet wenige Moſcheen , aber viele ſchöne Gebäude und eis nige Staravanſeraien. Die Anzahl prachtiger , von den Großen des Landes bewohnter Palåſte iſt groß , und gibt der Stadt ein glånzendes Anſeben . Es Hießt ein
1
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Arm der Sharoubis vorbei ; das Waſſer wird durch Röhren , sterires , in die Stadt geleitet , iſt fühl, aber unſchmackhaft; die Luft ſehr dick und ungeſund.
Nichts deſtoweniger gibt es im Ueberfluſſe Lebensmits tel und Erdgewachſe wegen der Umgegend . Man fius det'die ſchönſten Trauben ; ſie beißen Chaboni , kis niglich e .
Der verſchiedenen und wiederholten Verheeruns gen, ungeachtet , wurde Casbin immer wieder auf
das neue erbaut , und hat wegen ſeiner zum Handel
bequemen Lage ſich großen Reichthum erworben. Es iſt der Geburtsort des berühmten perſiſchen Fabeldichs ters Lokman und anderer gelehrter Månner . Der Oberbefehlshaber der Stadt führt den Titel Daros
gue ; alle zwei Jahre wird ein neuer gewählt; feine Einkünfte betragen 9000 Thaler. In den gerichtlichen Akten führt die Stadt den Beinamen Da rels fels
tenet, königlicher Siß , weil die perſiſchen Stos nige im 15. und 16. Jahrhunderte da reſidirt haben. Unſere Tagreiſe endigte zu stiare , einem Flecken von 500 Häuſern mit einem zerfallenen Schloſſe aus Lehmen in reiner Mitte. Solche Schlöſſer kann man noch in allen Marktflecken und großen Dörfern in der Gegend von Casbin ſehen. XX. Den 10. legten wir vier Meilen in einem
ebenen, gegen Süden gelegenem Lande zurück. Wegen
322 or bercorrerlichen Jahreszeit reiffen wir meifend jur Nachtzeit.
Wir ſiegen in den großen Flecken Segsabad,
Wolliuing der Hunde abi er lag mit vielen Dörfern in einer ſchönen Ebene; man findet weder
da, noch zu Stiare Starawan ſerais, ſondern in beiden 15 – 20 Häufer zumi Gebrauche für Reiſende beſtimmt.
Dell 11. ging die Reiſe über Hügel und fruchts bare, mit Dörfern bererte Ebenen ; auf dieſen fol! die
Schlacht zwiſchen Lukull und Mithridat vorges fallen ſeyn , und Craffuß eine große Niederlage ers
Jitten haben . Wir ftiegen bei der Starawanſerai dê og's feirou ab , fie hatte zwei ſchöne Gärten zwei Siſters
nen, ein Had und einen kleinen Stanal , und wurde von einer der vornehmſten Gemahlinnen des Grofen
Abas erbaut ; der Bau derſelben roll 180,000 Gulden
gekoſtet haben. Durch die Nachläſſigkeit der Vorfieber gebt ſie allmählig ein.
Ils
Den 12 . kamen wir nach acht Meilen zur großen Stadt Sava auf einer randigen und unfruchtbareu Ebene gegen den Berg ulo u vent. Sie hat zwei Meilen , iſt mit einer Mauer umgebeli, aber nicht ſtart bewahrt. Die Luft iſt nicht recht gefund ; die Breite
derſelben betrågt 35 Gr. und 50 Min . 85 Sr. und 85 Min . Sie wird von einem Derogu e regiert.
Gegen den Weſten der Stadt Sava iſt die Wobs nung eines Pilgers, Echmouil d.i.Samuel genannt, wegen der Andacht der Perſer merkwürdig. Die Pers
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Per glauben , hier ren der Prophet Samuel begraben , und errichteten defivegen in der Mitte einer Moſchee ein prächtiges Grabmal. Neun Meilen von Sava gegen Oft ſind Spuren der berühmten Stadt Ren , welches die größte Stadt in Aſien geweſen ſeyn ful. Nach perſiſchen Geographen , rou Ren zur Zeit des Califen M eb.dysbillas abou Mohamed - Des vanick , welcher im IX . Jahrhunderte nach Chris ftus lebte , in 96 Viertel abgetheilt geweſen ſeyir ;
jedes habe 46 Gaſſen gehabt, und jede Gaſſe 400 Håu: ſer und 10 Moſcheen . Ferner regen in derſelben 6400
Sollegien , 16,600 Båder , 15,000 Tempel : Thůrme,
12,000 Mühlen , 1900 Sanåle und 13,000 Staravanſes rais geweſen . Durch Religions.Spaldungen wurde dieſt berühmte Stadt anfangs ſehr geſchwächt, und
endlich ganz zerſtört. Ptolem åus nennt ſie ras quaia. Die Breite der ſelben beträgt 35 gr. und
35 min. , ihre Långe 76 gr. 20 m. Jhr Boden iſt fruchtbar und reißend, und bringt ſchöne Früchte und Gewäch re hervor. Die Luft iſt ungeſund, erzeugt eine
gelbe Geſichtsfarbe und viele Fieber. In dieſer Stadt wurden viele berühmte Männer geboren . XXI. Den 13. machten wir ſechs Meilen in eis
ner ſehr ſchönen Ebene. Die Landſtraße macht wegen des Laufes eines Fluſſes viele Sfrumungen . Wir mußten über eine große und viele kleine Erůcken, und fütterten bei der Starawanſerai Jafer : abad , d. i.
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die Wohnung Jaffers eines perfifchen Großen welcher hier die erſten Starawanſerais bauen ließ .
Den 14. feßten wir unſere Reiſe auf dieſer Ebene fort'; auf der Hälfte des Wege$ mußten wir über den
kleinen Berg Souh: telisme, Berg des Dalios manns ſteigen ; er liegt zur Linken , wenn man nach Stom reiſt . Je nåber man dieſer Stadt kommt, des
fto mehr Grabmåler und Moſcheen ſieht man , in wels
chen die Nachkömmlinge Alys begraben liegen ſolen. Die Perſer nennen alle sfinder des Stalifen I mams
zade ; Stinder der Apoſtel, die Anzahl dieſer perſiſchen Heiligen ift ſehr groß. Bei dem Abfteigen in einer Starawanſerai ju Stom , båtte ich in der
Finſterniß der Nacht bald mein Leben durch den Auss ſchlag eines Pferdes verloren .
Dieſe Stadt iſt groß , auf einer an einem Fluſſe gelegenen Ebene gebaut, welche zwei Meilen von dem hohen Gebirge entfernt iſt . Ihre Geſtalt ift långlich
und viereckig ; ſie erſtreckt ſich von Of gegen Weſt, hat nach Ausſage der Einwohner 15,000 Håuſer , eis nen Graben und eine Mauer mit baufälligen Thůrs und liegt in der Mitte von Gårten . In dem Mauſoleum des Ruftan : can , eines georgiſchen Prinzen , pflegt
das Volk ſpazieren zu gehen. Man ſieht zwei ſchöne Mauern an dem Fluß binab , welche ro lange, wie die Stadt, am Ende gegen Orten durch eine ſchöne
Brücke verbunden ſind. Stom , obgleich eine unbedeu: tende Handelsfadt, bat die beſte Seife und die beſten
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Klingen in Perſien, in dem weißen irdenen Ges ſchirre, welches hier ausgeführt wird , bleibt im Som :
mer das Waſſer kühl , weil daſſelbe poros iſt , und durch die Luft immer angefriſcht werden kann. Um " neuen Gefäßen den Geſchmack zu nehmen, füllt man ſie mit Roſenwaſſer , und hångt ſie mit einem feuchs ten Tuche bedeckt , an die Luft ; vier Stunden nachst
her iſt der vierte Theil des Waſſers verdünſtet, bis endlich die Luft durch die dicke und grobe Feuchtigkeit verſtopft wird. Wenn die Verdünftung des Waſſers in den Geſchirren verhindert iſt , wird das Waſſer ſtinkend , und man muß fich neuer Gefäße bedienen . It om hat bequeme Starawanſerais und fchöne Mos ſcheen ; die ſchönſte iſt diejenige , in welcher der zulekt verſtorbene perſiſche Stönig begraben liegt .
Sie hat vier ſchöne Höfe ; der erſte iſt mit Bäumen
und Blumen beregt viereckig ; der mittelſte Gang ges pflaſtert; an beiden Seiten ſind ſchöne von Quaders
feinen eingefaßte Höhen. Sie ſind ſo lang als der Hof und drei Fuß hoch , über denſelben zwanzig ges
wölbte Gemåcher , neun Fuß lang und viereckig ges baut ; ein Stamin , und eine verdeckte lange Sommers
laube. Bei der Pforte und dem Eingange des Hofes iſt ein tiefer Brunnen ; aus einem Stanale ergießt ſich ein ſilberklarer Strom bei dem Eingange in ein ers babenes Becken . An dem Eingange iſt eine Inſchrift
in perſiſcher Sprache. Der andere Hof ſteht dem erften an Schönheit nach , der dritte kommt dem ers
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Aten gleich ; -eine marmorne Treppe von zwölf Stufen fülyrt zu dem vierten. Das daſelbſt befindliche Pors tal iſt mit weißem , durchſichtigen Marmor bedeckt ; die Decke gewölbt und mit blauen und goldenen Ges målden geziert , der vierte Hof hat unten und ſeits wärts ( chorie Genråcher , und dient den Geiſtlichen , den Regenten und den von den Einkünften dieſes
Ortes lebenden Studenten zur Wohnung. Das vors. züglichfte des Gebäudes beſteht in drei großen , in eis ner Linie an einander gebauten Stapellen ; die mittlere bat einen achtzehu Fuß hohen Eingang, iſt ſehr prachts vol gebaut , und mit weißem Marmor überzogen..
Die gewölbte Decke mit Schwibbogen verſehen , mit Porzellan und Gopsarbeiten berrlich ausgeſchmückt und bemalt ; inwendig ganz blau und vergoldet. Die: Pforte iſt zwolf Fuß boch und rechs breit. Die beis den sbern Flügel derſelben find ftark mit Silber bes legt, mit vielen zierlichen Arbeiten verſehen. Die Stapelle iſt achteckig , der Boden mit marmoriten Por: phirtafeln und Gold und Blumen belegt. Das Obers theil derfelben von goldenen und blauen Gipswerken
ausgeziert , die Decke groß und ſchon , und wie das Portal von Außen gearbeitet. Dber dem Portale i ein halber Mond auf einem Geſimſe , welches ſehr dick:
ift und aus aufgebauften Stugeln von feinem Golde beſtebt , und mehr als 20 Fuß beträgt.. In der Mitte der Siapelle iſt da6 Grab der: 5
atome, cinet. Tochter des Moura. Cazem, eis
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neb der zwölf Stalifen , welcher die Perſer für den rechtmåfigen Nachfolger Mobamet 8 nach dem Tos de reines Eidames Alu halten. Es ift & Fuß lang, ő breit und 8 hoch , mit Porzellaniverken verſehen, bes malt , und mit einem ganz filbernen acht Fuß hohen
Gitterwerke von gediegener Arbeit umgeben , welches an allen Ecken , mit großen aus feinem Golde gemachs
teu depfeln geziert. Grüne Vorhånge, welche dieſes
Gitter umgeben , werden den Fremden aus Höflichkeit geöffnet. Ueberhalb des Begräbniſſes bången viele filbernie Lampeil , welche keinen Hoden baben . Das Grabmal der Fathmewurde dreimai von neuem ers baut. An den Seiten der daſelbſt gelegenen Stapellen find die Gråber der beiden jüngſt verſtorbenen perfis fchen Stönige zu finden.
stom bat auch ſonft fchöne und koſtbare Gebäude; der dabei befindliche Strom ift im Sommer nur ein kleiner Bach ; im Winter ſchwillt er durch den Ges birgsſchnee ſehr art , und wird fo breit wie die
Seine zu Paris. Man nennt ihn gew :hnlich den Fluß von stom , rein wahrer Name aber ift Jous. bad gam.
Die Långe der Stadt beträgt 85 gr. und 48 min .; die Breite 34 gr. und 30 min. Die Luft iſt geſund, die Einwohner ſind ſehr freundlich und höflich , Les bensmittel gibt es im Ueberflufſe: XXII. Den 16. brachen wir von Stom auf , reis Aen vier Meiten über ſchöne und mit Dörfern angex
330
Reiſe durch Rußland nach Perſien in den Jahren 1743 bis 45 von fonas
Hanway " ). Aus dem Engliſden überſeßt.
1.1 . Die ie
Veranlaſſung zu Han w a y's Neiſe
war die Begründung eines Handels am kaspild en : * ) I H. war geboren zu Portsmouth 1712, qvo reint Water Seeoffizier war. Er erlernte vom Jahre 1729 die Handlung zu Liſſabon , ließ ſich vorerſt zu London , und endlich als Verbündeter eines
engliſchen Handlungs : Hauſes zu Petersburg , nieder . Sein lebhaftes Intereſſe ant ruffifchen
Handel über das karpiſche Meer nach Perſien, veranlaßte die engliſche Faktorei, ibn mit einer WaarensSaravane dahin zu ſenden. 1750 kam er
über das europäiſche Feſtland nach England jus růck. Seine Reiſebeſchreibungin 4 Quartb. mit Stupfern bereicherte die Geſchichte, Geographie und Handelswiſſenſchaft , weßruegen ſie in das Hols
lindiſche und Deutſche überſert , und oft aufges.
331
Meere. Verſuche dazu wurden richon vom Jahre 1553 bis 1738 gemacht. Man wollte nämlich nach Perſien alle Arten wollener und anderer Waaren aus den engs liſden Manufakturen wohlfeiler liefern , und in gros Berer Menge als bisher aus der Türkei geſchehen war. Der Weg rollte durch Rußland und über Das kass pirde Meer nach Aſtrabad , und von da niach als
lett perfifchen Ländereient gehen . Herr Elton erhielt nach fait untůberivindlicher Hinderniſſen von mirias Stoulisse ball , dem Beherrſcher Perfi'e 1 $ , eis nten Freibrief zum Beffen der engliſchen 'staufleute .
Kaunt war er áber in Ghilan angekommen , toents ftand zwiſchen ihnt und dem ruſſiſchen Sonſul Uns einigkeit. Un nun Rifhelligkeiten von Seiten des
legt wurde . Er und J. Spranger ſorgten für Beſſere Straßen zu London ; er gründete eine Ges ſellſchaft zur Bildung junger Seeleute , wachte
für die Erziehung armer Jünglinge, wurde 1758 Vorſtand des Londoner findelhauſes , und bes wirkte die Ernährung. armer Stinder durch jedes Stirchſpiel. 1961 trug er vorzüglich zur Vermins derung der Geſinde Trinkgelder , zur Verbeſſe: rung des Magdalenen : Hofpitals und anderer fols cher Anſtalten bei . 1762 wurde er Proviant- stoma
miſſair einer Flotte ohne Eigennun ,ſpåter grůns
dete er Sonntagsſchulen ,für dürftige Seinder, und verbeſſerte Die ſchreckli che Lage der armen Jungen von 5- 12 Jahren , welche die Schorn ſteine fegen . Er farb 1786 ..
332 rufriſchen Hofes vorzubeugen , wurde Hanwao abgeſchickt. Juu April ging er auf ein 11ach Riga beſtimmtes Schiff, und wurde auf eine rehr empfindliche Art von
der Seekrankheit befallen . Auf dem baltiſchen Meere wehte im Monate Mai ein kalter Wind, und das Eis war noch kaun jergangen . Von da gelangte
er in den Sund zwiſchen Schweden und Dån niart, und ankerte gegen Ende Mais in dem Meers
buſen von Niga. An dem Schloſſe Důnamůnde mußte er eine ſcharfe Unterſuchung aushalten , und da gerade Rußland mit Schweden im Striege verwickelt war , ſo wollte man tvegen Mangels einies
Paſſes die Weiterreiſe unterſagen . Doch dieſes Hins derniß bob ein Stück Seld.
Ju Riga , der Hauptſtadt Lieftands unter
67° Br., bielt der Stattbälter unſern Reiſenden zur srofen Verwuiiderung 11 Tage auf. Zu dieſem Vers
fabren gegen Fremde hatte er eine beſondere Verords nung.
Jedoch machte das ſchöne Wetter ſeinen
Aufenthalt angenehm . Peter der Große nahm im I. 1710 die Stadt nach einer harten Belageru:ig von
drei Monaten den Schweden ab. Noch ſieht man ani
mianchen Häuſern die Stennzeichen der ruſſiſchen Boms - bardirung.
Der Fluß Důna fällt in der Meerbufen bei Riga; an ſeinen Pfern ſteht die Stadt. Seit des Welfalies des Handels der vereinigten Nieders
.
333
lan de nahm auch hier der Handel ab. Die Sprache iſt hier , wie an vielen andern Orten lieflandi, deutſch . Von dort reiſte H anwa n nach Naroa , der ars tigen und wohlbefeſtigten Hauptſtadt Eſtonia's.
Hier trieben , in dem denkwürdigen Jahre 1700 , we: nige Schweden 100,000 Ruſſen vor ſich her. Doch nach vier Jahren nahmen die Ruſſen die Stadt, und
baben ſie noch immer. Am 10. Juli langte unſer Reifender. in Petersburg an . Peter , der Große , erbaute diere Stadt nach dem Mufier der Stadt
Amſterdam.
Standle
durchſchneiden die
ſchöne Hauptſtadt Rußlande. Holzerne Häuſer wers den gegenwärtig nur in den Vorfädten geſtattet. Die Stadt hat alle Nothwendigkeiten des Lebens im Ueben
fluſſe, und liegt in einer geſunden Gegend.
Nach glücklicher Verrichtung ſeiner Geſchäfte vers ließ Hanwan Petersburg , und ſchickte ſich zur Reiſe nach Perfien an. In Moska u traf er noch verſchiedene Sruren alt ruſſiſcher Gebräuche, welche man in Petersburg nicht gewahr wird . licu Mosta u führte ein Weg durch verſchiedene kleine Dörfer sur ſchönen Stadt stolumna. Von hier begab er ſich durch andere Dörfer, welche ro armſelig , tvie ihre Bewohner ausſehen . Ueber'den Grenzort Novo choppirs kaja an dem Fluße Chopen kam
er zu dem Storakendorfe Urjupill , und fand die Leute beſonders fauber und rein , bauptſächlich aber
334
die Weibsperfonen wohlgeftaltet und hübſch . Šie tragen eine Stappe , welche über der Stirne acht Zolle
in die Höhe geht, mit zwei Spiken in Geſtalt eines Halbmondes.
Ihre Hemden ſchmiden ſie mit einemu
rothen Streuze. Unverheirathete Weibsperſonen tras gen das Haar nach ruſſiſcher Art, hinten geflochten . Die Stoſaken ( ihr Name bedeutet : Freibeuter )
ſind tapfer , geſittet, und dem ruſſiſchen Reiche aus bảnglich. . . . . . ; Nach dem Uebergänge über den Choper und Don erreichte er die Stadt Grigoriskoi , womali
Streble, Fiſche und Vogel , in großer Menge findet. Die Einwohner beirathen ſehr jung. An den Linien
welche von dem Don nach der Wolga aufgeworfen
find, wo Peter der Große, einen Stanat angefans gen hatte, um dieſe Flüſſe zu vereinigen , waren vor Alters die St uban : Tataren Tebr furchtbar. Auf
den Ebenen nabe bei Zanißen werden Dromedare gezogen .
•
II. Banißen , beinahe 700 Meilen von MO$
ka u auf einem hohen Ufer der Wolga , gewährt
eine überaus anmuthige Ausſicht. In einem Thale an der Mittagsfeite der Wolg'a fteben die Zelte der
Si almicro
atare 11. : Sie haben ein Bündniß mit
den Ruſſen , und find ein wildes Volk. Sie eſſen alle Thiere , mogen ſie getödtet werden oder an einer Krankbeit geftorben fevn . Ibre Leichen werfen ſie
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den Hunden vor ; freffen mehr als Techs derſelben das ran , ſo halten es die Anverwandten für eine Ehre. Ein Schimpf iſt , wenn es weniger , als rechs find. Sileine hölzernie Bilder kleiden ſie mit alten kumpen , und liebkoſen ſie im Glücke ; im Unglücke aber gehen fie verächtlich mit ihnen um. Um das künftige Leben bekünımern ſie ſich nicht. Von Zariten reiſte H a nwall an der Wolga
hinab' , obivohl wegen Raubluſt der Stal mů ck Tas taren der Weg unſicher wird. Ihre Grauſamkeiten gegen Fremde find rehr groß ; daher ſind auch ihre Strafen eben ſo. Ein ergriffener Räuber wird lebens
dig an einen Galgen gehångt, welcher auf einem bies zu erbauten Stabne ' aufgerichtet iſt. Der Stahn wird dann vom Ufer abgeſtoßen , und ſo leben die Vers
brecher unter der entſetzlichſten Pein oft fünf Tage, ohne daß ihnen Jemand Hülfe leiſten darf, wenn er nicht die gleiche Strafe erivärten will. Auf den Wege traf unſer Reiſender einige Bögel an , welche größer als die Sdwåne, doch an den Füs fen und Schnabeln denſelben gleich waren . Die Rufs ſen nennen ſie Dika Baba (wildes altes Weib)
und gebrauchen ihr fett bei Schmerzen und Stons tuſionen . Zwiſchen Zarißen und Aftrach a n liegt Ebers 130 på re . Auf dein Wege nach lekterer Stadt trafen
fie unter Weges nichts an , auſſer einen großen Haus fen
růmmer auf beiden Seiten des Sluſſes und die
3
336
darin liegenden Städte und Dörfer vom Feuer ſehr beſchädigt. Dieß ſind die Spuren des lebten Cúrs kenkrieges .
A ſtrach an hat mit ſeinen Vorſtädten ungifábr finf Meilen im Umfange. Ehemals gehörte dieſe Stadt den Tataren , jeßt ſteht ſie unter ruſſis ſcher Herrſchaft. Das Land ift: fruchtbar , aber das
Kelima ungeſund wegen der vielen Moräfte in der Ums gegend , und wegen der großen lieberſchwemmungen im Herbſte. Vom Juli bis September richten die Heuſchrecken große Verivůftungen an.
Der Handel der Stadt beſchränkt ſich auf das ruſſiſche Gebiet und auf Perſien ; nur wird er durch die Meutereien der Tataren rebr geſtört. Indifde Heiden beten in dieſer Stadt in eis
ņem Timpcl ein båßlich geſtaltetes Góßenbild an. Ihre Andacht beſteht im Stillſchweigen und Nieder: falen .
Nur der Prieſter wendet ſich verſchied :ne
Male an den Herrn der Natur durch Mabomed s Bermittelung.
Wenn eine ihrer Tochter heirathbar iſt , ſo úbers decken ſie ihr Zelt mit weißer Leinwand , und mit eis nein bunten Duche oben auf der Epiße , welches mit rothen Bárdern gebunden iſt. An der Seite des Zela 参
tes ſteht ein bunter Wagen , als ihr Heirathojut. Wer
dem Vater das größte Geſchenk bietet , bekommt die Dochter zur Ehe. Ihre Gråber ſind ſehr tief, mit Ziegeln eingefaßt , inwendig, übertůncht, und mit eis
337 nem Deckel verſehen . Jedes Grab iſt mit einer ftare ken Mauer umbaut , und hat nach dem Stande des Verſtorbenien eine oder mehrere Fahnen .
III. Von Arach an fekte Hanw a x reine Reiſe an dem Wolga : Fluſſe weiter fort. · Der
Wolga, vor Alters Rha genannt, braucht beinahe 3000 engliſche Meilen bis zu ſeinem Erguſſe in das kas piſche Meer. Er befördert den ruſſiſchen Hans del , und wird an ſeinen Ufern von fialmů ok e n bes
wohnt, welche als arme Leute ſich vom Fiſchfange nåbren . Sie treiben einen anſehnlichen Handel mit
Staviar, für deſſen Zubereitung ſie eine beſondere Geſchicklichkeit zeigen . . Am 3 December langte Hanway in dem Meers bufen von Langarood an , und erreichte in einigen
Dagen die Stadt Afrabad an der Såd : Onecke des
kaspiſchen Meeres. Auf dieſer Reiſe rab er lange det merkwürdigen Berg Demoan , auf welchem nach Angabe der Perrer, die Arche Noa' s gerubt bas
beri fou ! Etiva 4 - 5 Meilen vom Ufer erhebt er fich , evie eine Pyramide.
In dem Meerbuſen von Aftrabad erfchwerten Einriſſe der See das Landen . An manchen Orten bes
Deckten ganje Blocke von Bäumen das Ufer. Håufige Feuer an der Küſte erregteu bei der Einwohnern den Virdacht , daß Seeräuber kämen . Auf die Erklårung, daß Hanwall , keine feindſeligen Abſichten bege,
338 brachten die Einwohner freudig ihn zur Stadt. Als er wegen Verzögerung in einem Zelte übernachtete, tanzten die Einwohner freudig um ibn ber , und fans geu Lieder , welche Ehrenbezeugungen auf ihn enthiels
ten . Nachts forte ihn das Gebeul von Affen , wvelche in dieſer Gegend ſehr laufig ſind .
{
In A ft x a bad machte syni á y dem Stadthals
ter ſeine Aufwartung , und wurde von demſelbin febr gut bewirthet. Die Einwohner der Stadt hatten eine
beſondere Liebe zum Nauctabak. Einige zogen den
Rauch fo beftig in fich , daß ſie denſelben wieder aus der Naſe bließen .
Die Perrer ſind zart vom Leibe, und haben eine regelmäßige Bildung. Sie ſind gegen Fremde ſehr
höflich und“ zuneigend , obwohl Zweideutigkeit und Argliſt verborgen iſt. Bei dem Bewillkommen legen
fie die Hand auf die Bruſt, und bücken fich mit dem Haupte. Nähere Bekannte drücken des einen Hand zwiſchen ibre beiden Hände , und heben fie an ihre
Stirne als Zeichen ihrer herzlichen Liebe. • Als Hånway A ftrabad verlaſſen wollte , hielt
ihn ein Aufruhr zurück. Die ſchlecht vertheidigte Stadt tvurde,'nach einem lebhaften , aber unordent: lichen Stleingewehrfeuer den Rebellen übergeben . Der Statthalter und ſein Sekreter entflobeu als verkleis dete Bauern . Die Aufrührer bemächtigten ſich der Stadt: Trommeln , und rannten mit wildein Getöße
durch die Straßen . Vierzehn Bewaffnete nebſt zwei
339
Perſonen hohen Rariges an ihrer . Spike verlangten von unſerem Reiſenten die Habſeligkeiten , ohne ihne ſonſt Gewalt anzuthun . Auch verſicherten ſie ihn, ſeine Staravané , ſobald die Regierung in Ordnung wäre , zu bezahlen . Außer dem Verluſte ſeiner Güter,
wurde Han fv a ny auch noch aus dem bewohnbaren Cheile ſeines Hauſes geſperrt. Die Håndel und Zins
kereien der Turkomannen nöthigten ihn zur Abs reiſe.
Er machte fich
durch
Geſchenke
einige
Freunde unter den Håúptern der Rebellen , und ers langte auch eine Bedeckung von 25 Mann , unter.wels
chen 20 genreine Bauern waren. Vermittelſt ſeines Stredites erhielt er 160 Stronen nebſt reinen Reiſeges
råthe und Gewehre wieder. Beſonders ſchwer empfand der Reifende den Vers luft ſeines Pferdes , welches ihm die Rebellen abges nommen hatten. Heber verſchiedene Gråben und uns wegſame Wålder brachtert ihn die Bauern zu einer wüften Landmanns - Wohnung. Hier trugen die Afa
fen Nachts das Reiſegeråthe fort. Sie ſind begierig nach Leder , und halten ſich deßwegen fehr nabe bei den Håuſern auf, ſo daß fie oft Nachts über das Bete Han way.' $ wegliefert. Auf ſeiner weitereti Reiſe Fab er die Ruinen von Taravad , einem ehes maligen Siße der Perſiſchen Seinige . Es litt oft durch
die Plünderungen der Eurkomannen , und ist deßwer gen beinabe vertalfon. Das Verſprechen der Bauern ,
Han iva v bis
340
Salfruſch , der Hauptſtadt von Majanderan ju begleiten , ward durch die Nachricht von einer Trups pen Zuſammenziehung in der Umgegend nichtig gemacht. Doch brachten ſie Bitten und Drohungen dahin , daß ſie ihn zu einer kleinen Hütte wieſen , welche fich nach einigen Meilen an den Ufern des Fluſſes, befand , wo er über denſelben fette , und mit fanften morgens winde nach Merch e disar kam .
In Mefchedisar erhielt er von den : Offizieren durch Vorfellung ſeiner mißlichen Lage ein Pferd, und für feine Diener vier Maulthiere. Auf feinem Wege
nach Balfrufch geriether in Gefahr, noch einmal geplündert zu werden . Die Turkomaunen drangen ſchon in das eine Thor der Stadt , während der Seban aus dem andern entfloh . Hanwa 1 machte init ilmt Geſellſchaft , und verließ ſich auf die Verſprechungeni des : Sthall. Mit dieſem reiſte er einige Tage , bis fiei
das Haus des Veziers erreichten , wo ſie übernachtes ten. Ungeachtet aller Verſprechungen machte der Sthan um Mitternacht ſich wieder auf den Weg, und nahmi alle
Hadſeligkeiten , Pferde ; Waffen und Sachen von Wers the mit ſich .
Unſern Reiſenden ließ er nur mit drei
Bedienten zurück ; er konute nur zu Fuß weiter kom's men . Nidos deſtoweniger eilte er in einer überaus finſtern und regnieriſchen Nacht nach , und erreichte glücklich ſeinen Zweck. Durch ſehr demithige Vors ftellungen bracie er es dahin , daß ihm Pferde geges
ben wurden , für welche er jedoch einen rebir boben
341
Preis bezahlen rollte. Dieſes konnte er vermöge der kleinen Summe Geldes , welche er in a firabad ems
pfangen , und vermöge , einiger Stücke Silberſtoff, tvelche er gegen das ſchlechte Wetter um den Leib ges juickelt hatte.
Sehr viele Flüſſe , über welche in dieſer Jahress ait ſchwer zu ſchreiten iſt , machten den Weg bes ſchwerlich . Der Nordwind erregte ſo große Wellen ,
daß viele Pferde in denfelben ertranken . Die Furcht niachte den Sthan ro ångfilich) , daß er die Luft zuia Reiſen verlor. Er begab ſich nach Tunikabune uns
ter dem Vorwande , dem Vorrůcken der Feinde noch geſchwinder Einhalt zu thun . Seine Abreiſe war für unſern Wanderer ein großes Glück. Der nachfolgende Hefehlshaber begegnete ibm ſehr freundſchaftlich , und verſchaffte ihm etwas zu eſſen , nachdem er ſeit mehr als 40 Stunden keinen Bilſen erhalten hatte.
Der Weg durch moraftige Wälder ward noch bes ſchwerlicher gemacht öurch die von den Fluthen ums geworfenen Bäume. Jedoch war die { uft anmuthig kühl , und man genoß eine ſchšne Ausſicht auf vers ſchiedene Berge in der Ferne, welche mit Weinſtöcken , Womeranjens und Zitronenbäumen bepflanijt waren. Endlich batten fie ohne weitere große Beſchwerlich keis ten die ganze Landſchaft N a z an deran bis Langas
rood gurickgelegt. Hier ſchaffte Hanway fich Vieh und Lebensmittel an , und reifte dann eiligſt nach dem
Lager. Denn man ſchmeichelte ihn noch immer mit
342
wiederholten Verſicherungen , daß der Schach ihr reis nes erlittenen Verluſtes tvegen fchadlos halten würde. Die Landſchaft Ghilan , welche er bei dieſer Gele:
„senheit durchftreifte , fand er in ſehr ſchlechten um : ſtånden , obtvobl 'man ſie ſich in einem beffern Zuſtans de , als jede andere perſiſche Provinz gedacht hatte. Die Einwohner ſind ſehr ſtolz auf das Alter ibs res Reiches und auf ihre Regierungsform . Bei uns terhaltsugen , wenn die Geſellſchaft auch noch ro zahls reich iſt , begegnen ſie dem Aelteften , wenn er reden will , mit einer beſonderen Aufmerkſamkeit , er fer fo gering und arm , als er nur wolle .
Die Perler halten es für ein Greuel , jugerichs tetes Brod oder Fleiſch zu zerſchneiden . Daher wird
erteres in dünnen Stuchen gebacken , um leichter ges brodhen werden zu können ; lekteres aber ſo eingerichs tet , daß man es mit den Fingern klein machen kann . IV. Bon Ghilan führte ein beſchwerlicher Weg nach Reſah d. Ungeachtet einige Brücken sich auf der Straße befanden , ſo waren ſie doch gånzlich vernachs Läſſigt. Obwohl es ferner Februar war , fo machte
das heiße Wetter Tehr müde. In der Stadt Reich d verſorgte er ſich mit Zeiten , Maulthieren , Pferden , Waffen und andern Nothwendigkeiten , und begab ſich obne Verzug nach dem Lager.
3
In der angrenzenden Landſchaft befinden ſich viele
Reisfelder, und große Pflanzgårten von Maulbeerbåus
.
343
men. Manche Berge find mit Cypreffen bedeckt; ans derwärts find kahle Felſen , welche , einer über dem andern , zu einer ungeheueren Höhe emporft eigeni. :
Einige Meilen davon iſt die gerſtörte Staravans ferai Ruft u mabad , ebenials der Verfammlungsplat
von Räubern . Von da begab ſich mantan nach Roodbar an den Ufern des Fluſſes Stizilaran. In dieſer Gegend wach fen viele Delund Pomerans
jenbäume. Ueber den Fluß gefeßt, fand unſer Reiſens der die Luft volig veråndert. Die Gegend war gang
bergig , und der Wind ſo beftig , daß er oft die Reis ſenden zum Abſteigen zwang , um nicht in die Liefe
geworfen zu werden . Ueber die verſchiedenen Arme des St ifilaran mußte er in zwei Stunden mehr als dreißig Male reßen , da die Straße fehr unordentlich war , und die Felſen an manchen Stellen aus dem
Waſſer in gerader Linie in die Höhe fliegen . Auf der Eberie von St a sbin fand Hanwa» deit
Boden drei Fuß hoch mit Schnee bedeckt, und die
Herbergen eingefallen . Die Dörfer und Städte, welche er durchreiſte , waren außerordentlich ſchlecht. Dis Håuſer auf dieſer Ebene ſtanden halb unter der Erde, und hatten oben die Geſtalt eines Stegels , damit der
Schriee bequemer herabgeſchafft werden kann. Einige Meilen über genannte Ebene ſteht die Stadt fi ass bin ſehr hoch , und ift einige Meilen weit mit Bers
gen umringt. Die reine Luft bei Tage iſt Nachts überaus ſcharf. Viele Reiſende ſchrieben Nachrichten
344
von ihren Strankheiten , welche die plößliche Verändes
rung der Luft erzeugte , an die Wand der Staravanſes raien. Die jäuſer ſtehen tief in der Erde , der Hes quemlichkeit wegen , um Waſſer zu haben . Sie find aus Ziegeln erbaut , welche an der Sonne getrocknet
find ; auf ihren flachen Dächern ſchlafen die Einwohs ner öfters. In einem Theile des Hauſes wird gegeſs fen , und die Geſchäfte verrichtet. Der andere Theil, Haram genannt ( den Männer verboten bedeutend), darf außer dem Hausberrn von keinem Manne beſucht werdeu .
Grobe, wolene Teppiche bedecken den Fußboden. Vertiefungen in der Mauer vertreten die Stelle der Tiſche'; an den Seiten des Zimmers liegen dicke und weide filie von Wolle oder stameelhaaren , etwa eine
Meşruthe breit, und 2-3 Elleni lang zum ſiken. Hier wird , wie in den meiſten Orten des Orients , zwei Mal des Tages gegeſien. Die Abendmahlzeit iſt ges wóbnlich die vornehmſte. Das Mittagstall, welches
gewöhnlich um 11 Uhr gehalten wird , beſteht in Ståle, eingemachten Früchten , Brodkudjen , und auf verſchies dene Art jugerichteten Mild) ſpeifen . Nach dieſem Mahle ſchlafen in dieſen Monaten die Einwobner ger wobulich 2-3 Stunden . Ehemals trieb die engliſche Geſellſchaft einen ſtars ken Handel nach gopaban und Stasbin. Beide Stådte ſind febr bera gekommen ; eine bat von 12,000
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(chouen Hdufern noch etwa 1100 , und die andere vou 100 ,000 nur eine kleine Zahl von 5000.
Zum neuen Palalt, welches Schach Nadir an die Stelle des alten erbaut batte , führen hohe V &ume.
Die Mauer um ion herum hat 1 1/2 engliſche Meile im Umfange ; ein geivölbtes Thor ift der einzige Eins Aang. Oben darauf ſind verſchiedene Vierecke mit hos
ben Båumen , Springbrunnen und Flußwaſſer verſehen . Die Zimmer ſind mehr als fechs Fuß über dem Erds
boden erhöht, und nach indiſchem Geſchmacke einges richtet. Die Decken haben mehrere Abtheilungen mit verſchiedenen lehrreichen Sprüche. Die Fenſter meiſtens aus Glas mit einer trúben Farbe find ſo hünftlich gemalt , daß das Glas in die verſchiedenen
Bilder , welche es darftellen ſoll, zerſchnitten zu reyn
fcheint. Die Zimmer ſind mit Gypsarbeit , welche ganz ſonderbar gemalt iſt , eingefaßt, und in die Mauern Spiegelgläſer nebft Staminſtůcken von verſchies
dener Große eingeſert. Unter der Erde find vortreffs lid kühle Gemåcher mit einigen Bildern von europäis Scen Stúnftlern , deren Ausführung nicht ſonderlich ist. Der Schach -fou irgendwo einen Schaß von mehr als zwanzig Millionen Stronen daſelbft vergraben haben.
ner
Die Stadt umfaßt eine Mauer von mehr als cia aile in jedem Vierede, mit vielen regelmäßis
gen kleinen Thürmen und Schießlochern zu Pfeilen . Sie bat den Ruhm , eine der größten Städte des al seu Partbien , der Sit vieler perſirder Stönige 48. % . Perpea , II. 3.
'
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und der Ort geweſen zu feynt , tvo Hepbaeftion , der Liebling Alexander des Großeni, begraben wurde.
V. Nach einem Aufenthalte von wenigen Tagen änderte ſich das Wetter. Der Schnee ſchmolz meis
Hens. Da eine Starávanê' mit 500,000 Stronen unter Bedeckung von 800 Afghanen in das Lager des Schach
ging, ſo benußte Hanw ay dieſen Vortheil." Auf
dieſer Straße bemerkte er die Trümmer verſchiedener Städte und Dörfer. Die Luft war ſehr gemäßigt und der Boden fruchtbar. Viele Elendthiere ( Gigan bei ben Perfern ) balten fich hier auf ; ſie ſind ſo ſchnell, daß kein Pferd im Laufe ihnen gleich kommen kann.
Die Perler glauben , es ſev Siſam in ihren Schwangen . In perfien iſt die Gewohnheit der Soldaten,
wo ihr Zug binkommt, alles zu plündern , oder wes nigſtens die Baueru zů ztvingen , daß fie ihneu Lebeniss mittel ſchaffen . Dadurch verlieren ſie alles Gefühl
für Menſchlichkeit und Gaffreiheit, und entfliehen bei Ankunft der Reiſenden . Nebſt andern Unglücksfallen find die meiften Städte und Dörfer an den türkiſcheit Grenzen von den Türken zerſtört, und ihre Bewoh
ner als Sklaven weggeführt worden . Daher mußte die Staravane oft außerſt zerſtörte Orte zu ihrem Aufs enthalte 'tåhlen . Endlich machte Hanway die Bes merkung , daß alle feine perfiſchen Reiſegefährten als Gefangene unter der Aufſicht eines Offiziers in DA &
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Lager gebracht wurden. Einer der Gefangenen eröffe nete Hanwan , daß er ſich zum Tode vorbereitete.
Deßwegen beſtrebte er ſich , ein Gebet auswendig zu 1
lernen , welches von Hu rein , einem der Söhne Ali's herrührte . Wenn man dieſes in Gegenwart des Königs richtig wiederholt , ſo wendet es deſſen Zorn ab . Eine andere Art , Gnade zu erlangen , ift die Wiederholung von zehn beſonderen Buchſtaben aus dem Alphabete bei dem Eingange in das königliche Zelt. Bei jedem mußte ein Finger eingebeugt, und die F &ufte feft juſammen gehalten werden , bis der Verbrecher an den Thron kam. Alsdann mußte er
durch plöbliche Eröffnung der Hände den Zorn des Königs bezwingen. Die Perſer find it vielen Fällen ausſchweifend
aberglaubiſch . So wird öfteres Nieſen für ein ſchlim mes Zeichen gehalten. Legt Jemand die Finger zivis fchen einander , und macht etwa beſondere Stellungen mit dem Scorper , ro bålt man dieſes für einen ges fåbrlichen Zauber , wenn man ſich deſſen bedienen wolte. Eine Sternſchnuppe iſt nach ihren Gedanken ein Schlag , welchen ein Engel einem Teufel auf den
Stopf gibt , der in die Geheimniſſe des Paradieſes ſes ben will.
Durch eine fürchterliche Wüſte ging die Weiters reiſe. In zerſtörten Städten hielten ſich Räuberbaus den auf. Man fand deutliche Spuren , theils von ihs rema vorigen Woolfande, theils von ibrem jebigen 1
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Elende und Verfallt. In ein Heines Dorf gekommen ,
fanden ſie einen Vorpoſten der Armee zum Schuße der Bauert . Dieſes iſt Gebrauch , wenn das Lager in der
Náhe fteht. Etwa eine Meile gegen Süd vom Lager fand Hamadan , der angebliche Begräbnißort bou Elber und Mardoch å us. Jellt ift er der Bers wahrungsplaß für das Geſchůß des Schach , welches nur bei einer Belagerung , oder bei außerordentlichen Unternehmungen in das Lager gebracht wird. Durch den Miniſter , welchem die Aufnahme der
Sremden übergeben if , ward Hanwav dem Schad vorgeſtellt. Er erwirfte einen Befehl an den Gener ral , daß dieſer ihm Ausliefern ſollte , was noch vou
ſeinen Gütern vorhanden wäre : das Fehlende ſollte Aus dem eingezogenen Vermogen der Rebellen bis auf den leßten Heter erreßt werden . Bei der Einrichtung des Lagers war die genauette Drdnung beobachtet. Die Zelte der vornehmſten Dkt
fisiere deb Schach waren vor ſeinem Hauptquartiere , oder rechts und links an demſelben geſchlagen , damit fie gleich nahe regn konnten .
Das Uudienzjelt des
Schadh ruht auf drei Stangen , welche oben mit gols denen Endpfer geziert ſind. Die Decke beſteht in baumwollenen Zeuge von Ziegelfarbe mit dunkler Seide eingefaßt. Zuweilen fikt der Schach auf einem breiten Sopha , zuweilen auf dem Boden. Hinter dieſem fanden die geheimen Zelte , wohin er ſich zur Lafel begab , und etwas weiter die Belte ſeiner Frauen .
i
349
Nur Offisiere , welche die unmittelbare Aufwartung haben ,dürfen in das große Zelt treten . Die übrigen bilden vor demſelben einen Halbkreis.
Auf dem Lagermarkte findet man alle Lebensmiter tel und Nothwendigkeiten. Den Preis derſelben bes
Rimmt der Schach , und jede Heberſteigung wird stark beſtraft.
Die kaiſerlichen Fahnen ſind ſo groß , daß man zwólf Leute braucht, um ſie in die Höhe zu heben. Dadurch ſoll verhindert werden , daß der Feind fie nicht fortbringen kann. Bei dem Aufbruche aus dem Lager wird eine Fahne zum Zeichen herab genommen . Die große Armee begibt ſich immer einige Stunden vor dem Schach auf den Weg , weil er auf der Reiſe ſcharf zu reiten pflegt. Sechzig Weiber und faſt eben ro viele Verſchnittene dienen immer zur Aufwartung. Vor ihm gehen die leichten Truppen zu Fuße und die Leibwache , welche ganze Meilen vorher die Straße ber reßen . Wer nicht ausweicht, wird zu Boden gewors: fen. Reiſet der Schach mit ſeinen Frauen , fo bleibt die Armee eine Meile weit entfernt. Die Frauen reiten auf weißen Roſſen , wie die Männer. Bei nicht gefährlichen Unternehmungen ſind im ganzen Lager gewöhnlich noch einmal ſo viel Weiber als Månner. Der Schach hatte 200,000 Mann , zu deren Unters
baltung ganz Perſien verheert ward , und Indien 120 Millionen Pfd. Sterling nebſt vielen tauſend Seelen bergeben mußte. Der Sold der Soldaten , einen mit
350 den andern gerechnet , beträgt für den Mann jedes Jahr 100 Stronen. Hiebei wird jedem eine gewiſſe Gabe an Reis gereicht. Die Theuerung der Lebenss mittel, und die koftbare Art ju teben macht dieſes uns
umgånglich nothwendig. Die ganze Armee war durch den Schach mit dem Gebrauche des koſtbarſten Ges
ſchirres ſehr aufgemuntert. Der Schach iſt ſehr geis
kig ; reine unmenichlichkeit war zuweilen ſo groß, daß er die empfindlichften für die Verbrecher ausſann ,
dic Vouftreckung derſelben mit dem größten Entzücken anſab , und ſogar die Unglücklichen in ihrer. Pein verſpottete.
VI. Bei ſeiner Rückreiſe nach A ftrabad mußte Han w a 1 wegen Unſicherheit der Berge um Stasbin von Seite der Straßenräuber einen andern Weg eilis
fchlagen. Er wandte ſich daher nach Ghilan. Einige Meilen ging der Weg über Berge, wo der Wind ſo heftig und empfindlich bließ, daß unſer Reis ſender kaum athmen konnte. Jedoch erholte er ſich bald wieder in dem Dorfe Abai, welches in einem
ůberaud anmuthigen Thale liegt. An Aeften der Båu. me benierkte er viele serriffene Sileidungsftůcke, 'welche
als Zaubermittel von Abgehenden aus Ghilan zus rick gelaſſen worden waren .
Der ſchlangeumáſige
Graben des Stixilaran nebſt den abwechſelnden Ges
genden und Wåldern verurſachte einen erfreulichen Anblick..
351
In dem angenehmen Dorfe Urrevil waren Dels
båume, und die Gårten mit Neben, bereßt ; die Fruchts, båume fanden in der Blütbe, und die Einwohner was ren ſehr gaſtfrei.
4
Die Landſchaft Ghilan , welche Han wan des nau beraly, iſt an der einen Seite mit Bergen umges ben . Die vielen Wålder und die verſchiedenen Auss
richten gewähren das ſchönſte Anſehen von der Welt. Der Meerbuſen daſelbſt iſt ein heißes Bad , und das gelbe Waſſer wegen ſeinen vielen Eigenſchaften zum Nußen der menſchlichen Gerellſchaft berühmt.
Die Hauptſtadt dieſer Landſchaft Nerchid , früher mit ungeſundem Holze umgeben , wurde spåter von den Nurien durch Wegräumung des Holzes in ihs rer Lage ſehr verbeſſert. Die Neberſchwemmungen des kaspiſchen Meeres verurſachen durch ihre Moråſte viele Strankheiten. Der Boden trågt obne Anbau
Hanf , Hopfen und faſt alle Arten von Frůchten. Pos meranzen , Zitronen , Pfirſiche, Granatäpfel und Weins trauben ſtehen wild in den Bergen. Die Flüſſe lies fern unter andern Fiſchen vorzügliche Starpfen , Hechte,
eine Art von Stockfiſchen , und den fetten Fiſch , Stottoorne ,
welche die Perſer beſonders Boch
achten .
Des Múſfiganges müde beſchloß Hanway , feine Reiſe nach a ſtrabad anzutreten . Die Wegs weiſer , welche ſie mitgenommen batteit , waren ents
laufen .
In dieſen bedenklichen Umftauden tvand er
352
fich nach einer Bauernhütte, deren Eingang er Hart 1
mit Pfåhlen verſchanzt fand. Als alle Reden vergebs. lich waren , den Eigenthümer zur Wegweiſe zu beres den , ſo drangen die Diener in das Haus , banden
den Hausherrn an einen Strick , und zwangen iba den Weg zu weiſen .
H anway durchwanderte bei überaus ſchönem Wetter die Landfchaft M asander an. Er fand das
Land viel geſünder und eben ſo fruchtbar als Gh is l'a n. Der Boden erzeugt eine große Menge Baums wolle , welche nach Nerch o zum Verkaufe gebracht tvird . Je tiefer Hanway in das Land kam , defto gróber wurden die Bauern . Sie ermorden die Reis
fenden durchgängig , um den Nachſuchungen zu ents gehen. Werden ſie aber auf der That ergriffen , deſto ſchwerer iſt ihre Strafe. In der Stadt a mul , am Fuße des Taurus, war
die Gegend noch viel angenehmer. In Perſien ers záhlt man , daß die Armee Alexanders des Gros Ben daſelbſt gelagert habe. Die Stadt bewaffert ein Strom , über welchen eine koſtbare Brücke von zwölf Bogen führt. Wegen der Meinung, daß jeder Bes fehlshaber, welcher über dieſen Strom reitet, in Kurs sem rein Amt und ſein Leben verliert, reiten die Pers
per gerade durch den ſchnellaufenden Strom. Hier Hebt eine alte feſte, welche schon ſeit 4000 Jabren ers baut worden reon roll.
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amul , eine der alten Städte Perſiens fteht ihrer Lage wegen in großem Anſehen. Sie hat einen pracho tigen Palaft mit einer überaus ſchönen Ausſicht. Die Einwohner begeben ſich in dem Monate mai auf die
Berge, leben in Zelten , und genießen die kühle Luft,
angenehme Schatten , reiche Früchte , und das füßefte Waſſer. Sie haben eine Menge Reis , Weißen , und treiben mit gedruckten Stattunen Handel in die bes nachbarten Lånder. Nabe bei der Stadt find ergies
bige Eiſenbergiverke , wo der Schach reine Stanonen gießen läßt .
VII. Nach einer kurzen Tagreiſe kam san w a durch eine ſchöne Gegend nad Balfr uſch . Hier
erfuhr er die Bezwingung der Rebellen und beinabe gånzliche Zerſtörungvon Aftrab'ad. Von dem Stadts balter M a hom et se han erhielt er eine Wache bis Ultrabad. In dieſer Gegend iſt der von Scach
Ab548 , dem Grogen , erbaute Damm merkivůrs dig . Er erſtreckt ſich 300 engliſche Meilen weit , und iſt an manchen Orten über 20 Ruthen breit. Es ſind
auf demſelben verſchiedene Hrůcken , uuter welchen das Waſſer nach den Reisfeldern geht. Einige Meilen weiter iſt die alte Stadt Sari mit vier Tempeln der
feueranbeter. Dieſe Gebäude find rund , und haber in Durchſchnitte dreißig Fuß. In der Hobe' geben fie faſt mehr als 120 Fuß fpißig hinaus. In a ſcreef , durch welches Han wav reiſte, febt ein pråchtiger von Scbach 46.bas erbauter Pas
354
laſt, welcher alle übrigen an der Kaſpiſchen Stüfte übers trifft. ueber dem Thore iſt das perfiſche Wappen ; ein Löwe mit einer hinter ihm aufgebenden Sonne als Bild der Macht und Herrlich keit des perſiſchen
Reiches. Verſchiedene Gånge führen nach ſehr prichs tigen Zimmern . Im Garten ſind Fichten in Menge, Pomeranjen und andere Früchte nebſt Waſſerbächen . Waſſerfälle zieren denſelben ; auch iſt ein ſchöner Dis van daſellift. In cinem andern faſt ebenſo angelegten
Garten feht das Gebäude für Frauenzimmer. Von archreef sing der Weg nach stoleba iv d , durch welches ein Strom fließt, der die Landſchaft von
Maranderan und Aſtrabad ſcheidet. Wegen bes
fåndiger Naubereien, beſonders ron Seite der og urts ionirchen Seeräuber iſt dieſes Dorf immer leer. Bei ſeiner Ankunft in Aft rabad fand Hanwa y an jeder Seite des Einganges eine ſteinerne Pyramide
voll Vertiefungen. Sie hatte im Durchſchnitte ami Fuße faſt zwanzig Fuß, und ging nach und nach fast 40 Fuß in die Höhe fpiß zu. Auf der Spiße war
ein einzelner Stopf. Die Vollfireckung der Todesfirafen an den Ans
führern ging nunmehr zu Ende. Verſchiedene batten lange Bårte , welches den
Anblick davon überaus
fürchterlich machte. Die Strafen am Tage ſeiner Uns kunft beſtanden darin , daß mani dreißig Menſchen das
"linke . Aug ausſchnitt , vier enthauptete und einen les bendig verbrannte.
355
VIII. Als Hanwar das Schreiben des Schach überreichte , empfing er nach dem Verlaufe einiger Tage für ſeinen Verluſt 3900 Stronen , und ungefähr eben ro viel an Waare und Reiſegeråthe. Wegen der vielen Geſchenke , welche man für die ausgeliefer. ten Waaren forderte , brachte er dieſe in das Schiff
eines Freundes , welches in dem Meerbuſen lag. Uns geachtet der genauen Verordnungen des Schach ,
war ihm doch der den. Man tröſtete tere Zahlung. Des für eine Bedeckung
Schaden nicht ganz errekt wors ihn von Zeit zu Zeit auf weis Wartens måde ſorgte Hanwa y von fünf Mann zu Pferd und
zeln zu Fuß, nebſt ſeinen eigenen Dienern . Er nahmi
ſieben Balleri Tücher und neun Beutel Geld nebit andern Sachen niit , deren Summe ſich auf 11,000 Stronen belief.
Staum war er åber sto urdimalla
hinaus, ſo verließ ihn die Bedeckung plóklich in einem dicken Gehölze. Nichts deſtoweniger kam er wider Vermuthen glücklich an das Schiff. Er fuhr nach Ghilan , und kehrte nach aftr a bad zurück , um
nod eine Summe Geldes zu bekommen . Er erhielt darüber einen Brief von dem Vetter des fiönigs, mit einer Verſicherung , in gehn Tagen befriedigt ju wers den. Bei dieſer Gclegenheit bekam er eine Stenntniß von der perfiſchen Art zu ſchreiben .
Das perſiſche Papier aus baumwollenen und ſeis denen kumpen verfertigt, wird durch Glåtten ſehr ges ſchmeidig gemacht, und dann zuſammengerollt. Die
356 Buchitaben ſind mehr gemalt , als geſchrieben . Die biezu nöthigen Federn ſind Rohr , welches in den ſüdlichen Gegenden Per ſien $ wächſt. Ein Achat, gewöhnlich in den Ringen , vertritt die Stelle des
Pettſchafts . Es ſind auf demſelberi oft die eigenen Namen und einige Worte aus dem Storan eingegraben . Die Cendſchreiben beſtehen aus kleinen Papierſtücken ,
und ſind mit großem Fleiße , in wenig Worten und ohne Unterſcheidungszeichen oder Abfax geſchrieben . 416dann werden ſie in eine 6 Zou lange Rolle zuſams
mengewickelt, und mit einem Streife Papier rund mit Gunimi feſtgemacht. Statt eines Siegels dient ein
Dintenfleck, da die Dinte einigermaßen unſerer Drucks
farbe völlig åhnlich iſt. Sie dient nicht bloß zuna Schreiben , ſondern auch zum Unterzeichnen mit dem
Pettſchaft. Denn viele Berſer , ſogar rolche, welche bobe Aemter verwalten , können gar nicht ſchreiben .
fu Afrabad erhielt Hanway aufs Neue 6000 Stronen , und die Verſicherung , nåchſtens mehr
zu erhalten . Auf die Nachricht, daß Herr Elton sex fåhrlich krank rey , fchiffte er fich in dem Meerbuſen ein , und gerieth in große Gefabr , von yogurjos
dirchen Seeräuberkåhnen ausgeplundert zu werden .
Da er Unfalten zu einem kecken Widerſtaude zeigte, zogen ſie ſich zurück . In einer Zeit von rechs Tagen legte er ſich noc cinmal vor Anker an der Merch e disar : Straße ,
und begrüßte Mabomed stban nebſt Elton mit drei Star
357
nonenſchůffen , welche der Schan erwiederte. Obwohl Elton in ſehr Ichlechten Geſundheits-Umſtänden war, ſo mußte er doch dreißig, Zimmerleute nach Ghilan führen. Während der Reiſe ftarb einer derſelben . Seine Freunde legten rein Geſicht febr forgfältig ges gen Morgen , wollten aber feinen Störper nicht ans
rühren , um ſich nicht zu verunreinigen , und auch nicht zugeben , daß der Leichnam über Bord geworfeo würde. Die Perfer werden am Sterbetage Abends begras
ben , aber vorher gewaſchen. Vor der Beerdigung wird die Leiche. in ein baumwolienes Duch setvickelt, auf welches verſchiedene Stücke aus dem Storan ger druct ind. Einige Verwandten mit dem Mulla o
begleiter die Leiche , und fingen Stücke aus dem Sorar,
In tangarood angekommen , wurde Santa trank , und miethete ſich zur Herſtellung ſeiner Ges fundheit in Labijan , ſieben Meilen von kang a6 rood , eine Wohnung . Es iſt der geſundeße Drt in dieſer Gegend , und wurde von Schach Abbas dem Großen unterworfen. Es war eheinals die Hauptſtadt per Landſchaft ,, und der Siß ihres Stönigs. H a to wao zerfel hier mit Herrn Elton , ſo daß zwiſchen ibnen ein völliger Bruch entſtand. IX. Er war nicht lange daſelbſt , ſo kam ein Abs seordneter von Aftrabad mit einer ferneren Summe
son 9000 Kronen .
Seneren ging er wieder nach
358
Nerchd , wo er Gelegenheit hatte, Verſchiedenes über die Gemüthsart und die Sitten der Perſer zu benierken .
Der jebige Perfer iſt lang und wohlgetvachſen ; ftark , kriegerifch , arbeitfam und tapfer. Seine Farbe
iſt ſchwärzlich , beſonders in den ſüdlichen Gegenden ; die Augen und Haare ſind ſchwarz. Die Perſer ſchees ren die Köpfe bis auf die Haut , nur junge Leute laſs fen an jedem Schlafe eine Locke ftehen , und halten
es für eine Zierde des Geſichtes.
Ihre Backen find
geſchoren , und doch reichen die Bårte bis an die Stirne. Sie tragen Tuchmützen , zehn Zoll hoch , oben mit vier Ecken . Die gewöhnliche Farbe der Kleider ift karmoiſin , und in der Trauer durikelblau. Leute
vornehmen Standes tragen eine Binde von Khermanis fcher Wolle um das Haupt nach Art eines Durbans.
Dieſe ziehen ſie vor dem Stönige ab .
Ihre reiche
Kleidung ift durchgångig leicht , und reicht nur bis an die Stnie .
Ihre Hemden ſind son bunter Seide oder Saunis wolle ; der Hals bleibt beſtåndig bloß. Bisweilen tra:
gen ſie Tuchkrümpfe, welche locker an ihnen liegen, wie Stiefel. Der entreklichen Hiße wegen tragen ſie weite Beinkleider. Die Tracht der Frauenzimmer ift ein wenig verändert , doch ſehr ſchlecht. Sie tragen große Obrenriuge und manche goldene Ringe in der Naſe. Ihre Hemden ſind von demſelben Zeuge wie jene der Månner , und faſt ebenſo gemacht , nur data
359
ſie bis an den Buren offen bleiben. Sie bedienen fich
der Beinkleider und Pantoffelni, wie die Månner. Wenn ſie den Höchften anrufen , ſo waſchen ſie ſich jedes Mal, und kåmmen den Bart. Sie ſind fers ner gewohnt, ihr Gebet nach dem Pater Nofter abzus gåhten. Bei gewiſſen Stücken derſelben ſtehen fie, knien oder fallen auf die Erde ; dabei legen ſie die
Stirne auf ein Stück Erde. Sie glauben , es ren von Mekka gebracht , und habe eine gewiſſe Zaubers kraft; es wird beſtåndig oben an den Arm gebunden berumgetragen . Der Name Gottes wird nie anders, als mit Ehrerbietung und bei feierlichen Gelegenheiten ausgeſprochen .
Im gemeinen Leben redet der Perſer türkiſch ; dod bei gelehrten Sachen bedient man ſich der arabiſchen Spraché, in welcher das meifte ihrer Wiſſenſchaft enta balten iſt .
Die gebräuchliche Verehrung des Feuers wurde foon oben angeführt. Hier Einiges von dem Feuer zu Baku , welches ſie das ewige nennen. Dieſer Gegenftand der Andacht iſt ein kleiner ſteinener Tems pel , und in demſelben ein Altar , auf welchem eine belle blaue Flamme lodert , welche die Indier ießt doch verehren. Sie glauben , es beſtehe ſeit der Weltſchos pfung , und werde immer fortdauern . Viele wallfahrs ten hierher , um Vergebung der Sünden zu erhalten. Bei dieſer Gelegenheit bezeichnen ſie den Leib mit Safran , und baben eine große Hochachtung für eine
360 rothe fuß. Wåhrend dieſer Zeit leben ſie von wilden Kräutern und von einer Art Artiſchocken aus geru . ralem . Nicht weit von dieſem Orte ſtehen mebrere Cempel, in welchen gleichfalls Feuer brennt.
Der Erdboden hat, mehr als zweiMeilen im Ums fange , eine wunderbare Eigenſchaft. Wenn man iwel
oder drei Zolie oben wegnimmt, oder eine brennende
Stohle dabin bringt, ro fångt der alſo aufgedeckte Tbeil augenblidlich Feuer. Die Flamme erhikt zwar den Soden ; doch verzehrt ſie ihn nicht. Was darnebep
ift , wird davon nicht im Mindeſten erwärmt. Den gleichen Feuer bric:yt auch auf Röhren hervor , wenu man ſie zwei Zolle in die Erde fest , obne daran ju
růbren . Es müſſen aber die Ränder mit Erde beftris chen werden. Dieſer Gewobnheit bedienen fie ficb . in ihren Steffeln zu foden , und ihre Speiſe zuzuridten .
Stan findet bier auch ſehr oft Napbthas Quelle the Die Rückreiſe sing durd Rußland, Preußen , Sadhren und Holland.
Taſchen Bibliothek der
wichtigſten und intereſſanteſten Reifen burch
Þerfien Herausgegeben Bon
Joachim Heinrich gåck, Stonigl. Bibliothekar zu Bamberg.
II. Theil. 3. Bändden. Rürnberg. 1830 .