Optionspreistheoretische Fundierung der langfristigen Entscheidung zwischen Eigenerstellung und Fremdbezug [1 ed.] 9783428483648, 9783428083640


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German Pages 199 Year 1995

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Optionspreistheoretische Fundierung der langfristigen Entscheidung zwischen Eigenerstellung und Fremdbezug [1 ed.]
 9783428483648, 9783428083640

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OLIVER SCHEFFEN

Optionspreistheoretische Fundierung der langfristigen Entscheidung zwischen Eigenerstellung und Fremdbezug

Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen Abteilung A: Wirtschaftswissenschaft Herausgegeben von

G. Ashauer, H.-J. Krümmel, R. Pohl, B. Rudolph und G. Tichy Band 157

Optionspreistheoretische Fundierung der langfristigen Entscheidung zwischen Eigenerstellung und Fremdbezug

Von

Oliver Scheffen

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufnahme

SchelTen, Oliver:

Optionspreistheoretische Fundierung der langfristigen Entscheidung zwischen Eigenerstellung und Fremdbezug I von Oliver Scheffen. - Berlin : Duncker und Humblot, 1995 (Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen : Abt. A, Wirtschaftswissenschaft ; Bd. 157) Zug!.: Bonn, Univ., Diss., 1994 ISBN 3-428-08364-4 NE: Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen I A

Alle Rechte vorbehalten © 1995 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7336 ISBN 3-428-08364-4 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 i§

Vorwort Entscheidungsregeln, die dem Produktionsunternehmen erlauben, sich zwischen dem Fremdbezug und der Eigenerstellung von Einsatzgütern für den Produktionsprozeß rational zu entscheiden (make or buy-Entscheidungen), gehören zum traditionellen Grundbestand investitionstheoretischer Probleme in der Betriebswirtschaftslehre. Über Jahrzehnte hinweg wurden Entscheidungsregeln im Kontext der klassischen investitionsrechnerischen Verfahren unter Sicherheit, dann auch unter Einbeziehung der Unsicherheit verschiedener Entscheidungsvariablen entwickelt. Oliver Scheffen verfolgt mit seiner Arbeit das Ziel einer Grundlegung für die M a r k t bewertung der Entscheidungsmöglichkeiten bei der Wahl des optimalen Bereitstellungsweges. Methoden der neueren Finanzierungstheorie erscheinen für solche Marktbewertungen dann geeignet, wenn es gelingt, die Investitionen in die Eigenerstellung der Inputgüter als Optionen zu interpretieren. Der Verfasser zeigt zunächst, welche Realoptionstypen für sein spezielles Entscheidungsproblem grundsätzlich in Betracht kommen. Es sind diese die sog. Produktionsoptionen (option to shut in) mit ihren Varianten. Den Kern der Arbeit bildet das vierte Kapitel, in dem eigenständige Lösungswege für die optionspreistheoretische Bewertung von Bereitstellungsalternativen entwickelt werden. Auch zur Theorie der Realoptionen trägt die Arbeit bei: Es wird erstmals die Unsicherheit über den Bedarf, der immer dann existiert, wenn nicht das Investitionsprojekt, sondern ein Output-Gut als Basisobjekt gewählt wird, berücksichtigt. Auf dem Wege zur Lösung der anstehenden Bewertungsprobleme für Realoptionen entwickelt Scheffen Bewertungsformeln, die eine Erweiterung der Optionspreistheorie darstellen. So zeigt er, daß Optionen mit mehreren Basisobjekten immer dann eine analytische Lösung besitzen, wenn sich eindeutige Beziehungen zwischen den Basisobjekten im Ausübungsfall finden lassen. Der Arbeit ist das Interesse aller zu wünschen, die sich in der betriebswirtschartliehen Theorie Fragen des "make or buy" und der Entwicklung und Anwendung von optionspreistheoretischen Bewertungen auf spezielle Probleme widmen. Hans J. Krümmel

Inhaltsverzeichnis 1. Einführung . .. . . . .. .. . . . .. . . .. . . . .. . . .. .. . . . .. . .. .. .. . .. .. .. .. .. .. . . . .. .. .. . . .. . . . . .

13

1.1 Problemstellung . . .. . . . .. . . . .. . . .. .. . . .. .. .. .. .. . . . .. . . .. . . .. . . .. . .. .. . . .. . . . . .

13

1.2 Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18

2. Bewertung des langfristigen Übergangs vom Fremdbezug zur Eigenerstellung mit

Hilfe traditioneller Verfahren . . . .. . . . .. .. . . .. .. .. .. . . .. . .. . . .. . . .. . .. .. . .. .. .. . . . .. .

19

2.1 Investitionsrechnung unter Sicherheit . .. .. .. . .. . . . . .. . . .. . .. . . .. . . . .. . . .. . . .. . .

20

2.1.1 Statische Verfahren . . . . .. . . . . .. . . .. . . . .. . . .. . .. . . . . .. . .. .. . .. . . . . . . .. . . ..

20

2.1.2 Dynamische Verfahren .. . . . .. .. . .. . . . .. . . . . . .. . . . . . . .. .. . .. . . . .. . .. . . . . .

22

2.1.2.1 Kapitalwertmethode .. . . .. . . . .. . . . .. .. . . .. . . .. . . .. . .. .. . . .. . . .. .

23

2.1.2.2 Interne Zinsfußmethode .. . .. .. .. . . . .. .. .. . . .. . . . . . .. . . . . .. . . .. .

25

2.2 Investitionsrechnung unter Unsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

2.2.1 Zum Risiko einer Investition mit unsicherer Opportunität . . . . . . . . . . . . . . .

30

2.2.2 Unelastische Investitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

2.2.2.1 Pauschale Korrekturverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

2.2.2.2 Präferenzorientierte Bewertung der Unsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . .

35

2.2.2.2.1 Das J.t-u-Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

2.2.2.2.2 Risikonutzenfunktionen neo"

38

und

"Risikokostenfunktio-

2.2.3 Elastische Investitionen

43

2.2.3.1 Kurzfristige Entscheidungen unter Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

2.2.3.2 Kurzfristige Entscheidungen unter Unsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . .

47

2.3 Kritische Würdigung einer investitionstheoretischen Bewertung der Eigenerstellung .. . ... . . ...... ..... .. . . . . . ...... . .... . . . . ... . . .. . . . . . .. . . . .. . .. . . . . . . . . . . ..

53

3. Bewertung von lnvestitionen als Realoptionen . .. . .. . . . . .. .. . . .. . . .. . .. . . . .. . .. . .. ..

55

3.1 Interpretation elastischer Investitionen als Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

3.1.1 Europäische Realoptionen . .. .. . .. . . . .. . .. .. .. . . .. . . .. . .. . . . .. . . .. . .. . . .

58

3.1.1.1 Produktionsoption (option to shut in) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1.2 Liquidationsoption (option to abandon) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58 61

3.1.1.3 Option auf die Liquidation von Endprodukten . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

8

Inhaltsverzeichnis 3.1.2 Amerikanische Realoptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

3.1.2.1 Option auf Investitionsaufschub (option to wait) . . . . . . . . . . . . . . . .

66

3.1.2.2 Amerikanische Tauschoptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

3.1.3 Optionen mit mehrfacher Ausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

3.1.3.1 Mehrfachoption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.3.2 Nutzungswechseloption (option to switch use) . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71 73

3.1.4 Verbundene Optionen (compound options) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

3.1.5 Optionen mit mehreren Basisobjekten (multiple options) . . . . . . . . . . . . . . . .

77

3.1.6 Investitionen als komplexe Realoptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

3.2 Vorzüge einer optionspreistheoretischen Bewertung von Realinvestitionen . . . . .

79

3.3 Anwendbarkeit der Optionspreistheorie zur Bewertung von Realoptionen . . . . . .

84

3.3.1 Zur Kritik von Emery et al. an einer optionspreistheoretischen Bewertung von Realinvestitionen . . .. . . . . .. . . .. . . . . . . . . . .. . . .. . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . .

84

3.3.2 Bewertung von Optionen, deren Existenz unvollkommene Märkte voraussetzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

3.4 Wahl eines geeigneten Bewertungsmodells für Realinvestitionen . . . . . . . . . . . . . . .

89

3.4.1 Bewertung von Investitionen mit Hilfe des Modells von Black-Scholes . .

90

3.4.1.1 Herleitung der Partialdifferentialgleichung durch Konstruktion eines Hedgeportefeuilles . . .. . . . . . . . . .. .. .. . . . .. . . . .. . . . . . . . . . . .. 3.4.1.2 Herleitung der Partialdifferentialgleichung mit Hilfe des Capital Asset Pricing Model . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1.3 Die Formel von Black-Scholes .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. . 3.4.1.4 Vorteile einer Anwendung des Black-Scholes Modells. . . . . .. . . . . 3.4.1.5 Problematik einer Anwendung des Black-Scholes Modells zur Bewertung von Realoptionen . .. . . . . . . . . .. . .. . . . .. . . . .. . . . .. . . . . .

91 93 97 98 99

3.4.2 Preissteigerungsraten und Renditen von Realgütern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 3.4.2.1 Das Hotelling-Prinzip für erschöpfbare, nicht erneuerbare Ressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 3.4.2.2 Preissteigerungsraten und Renditen lagerfähiger Güter (theory of storage) .. . .. .. .. . . .. . . .. . . . .. . . . . .. . . .. . . .. . . . .. . . .. . . . . .. . . . . . 103 3.4.2.3 Folgerungen für die Wahl des Bewertungsmodells . . . . . . . . . . . . . . 105 3.4.3 Optionsbewertung bei einer Minderpreissteigerung des Basisobjekts . . . . 106 3.4.4 Optionsbewertung bei einer Minderrendite des Basisobjekts . . . . . . . . . . . . . 108 ·· 3.4.5 Zur Preisverlaufshypothese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 3.4.6 Auswirkungen einer Existenz von Futurespreisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 3.5 Empirische Überprüfung der Optionspreismodelle für Realoptionen . . . . . . . . . . . 115

9

Inhaltsverzeichnis

4. Anwendung der Optionspreistheorie auf das Problem des optimalen Bereitstellungsweges ... . ............. . .. .. ....... . ................ .. . .. ................. . .. . ...... 118 4.1 Einführung eines einfachen Beispiels zum Problem "Eigenerstellung versus Fremdbezug" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 4.2 Interpretation des langfristigen Übergangs vom Fremdbezug zur Eigenerstellung als Kauf einer Produktionsoption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 4.3 Optionspreistheoretische Bewertung der Eigenerstellungsoption . . . . . . . . . . . . . . . 124 4.3.1 Eigenerstellung als Produktionsoption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 4.3.1.1 Das Grundkonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 4.3.1.2 Bewertung der Eigenerstellungsoption bei unsicheren Grenzkosten der Eigenerstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 4.3.1.3 Zur Existenz amerikanischer Eigenerstellungsoptionen . . . . . . . . . 129 4.3.1.4 Bewertung der Eigenerstellungsoption bei einem unsicheren Outputpreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 4.3.1.5 Bewertung der Eigenerstellungsoption bei einem Bedarf x B

>1

146

4.3.2 Eigenerstellung als Mehrfach-Produktionsoption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 4.3.2.1 Bewertung der Eigenerstellung als Mehrfachoption . . . . . . . . . . . . . 147 4.3.2.2 Bewertung der Eigenerstellungsoption bei Existenz von Kapazitätsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 4.3.2.3 Bewertung der Eigenerstellungsoption bei Unsicherheit über den Bedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 4.3.2.3.1 Produktion bei konstanten Skalenerträgen . . . . . . . . . . . . 151 4.3.2.3.2 Existenz abnehmender Skalenerträge bei der Verarbeitung des Gutes B zum Gut C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 154 4.3.2.4 Eigenfertigung unter Unsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 4.3.3 Eigenerstellung als Option mit mehreren Basisobjekten . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 4.3.3.1 Bewertung der Eigenerstellung als Inputoption mit mehreren Basisobjekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 4.3.3.2 Bewertung der Eigenerstellung als Input-Outputoption mit mehreren Basisobjekten . . . . . . .. . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . .. 168 4.3.3.3 Bewertung der Eigenerstellung bei Existenz mehrerer Engpässe

173

4.4 Kritische Würdigung einer optionspreistheoretischen Bewertung der Eigenerstellung . . .. . . . .. . . .. . . . .. .. . . . . . . . . . .. .. . .. .. . .. . . . . . . . . .. .. . . .. . . .. .. . . . . . . . . 177 4.4.1 Komplexitätsreduzierende Annahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 4.4.2 Optionspreistheoretische Bewertbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 4.4.3 Realitätsnähe versus Handhabbarkeil der Bewertung

181

5. Schlußbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 Anhang ..... .. ... ... . .. . .... . . . ........... . ... . . . . .. ........ . . . ...... ...... .. .. ... . ... . 185 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187

Symbolverzeichnis A

= Vorprodukt; zur Eigenerstellung von B benötigtes Gut

Ao AE

= Anschaffungskosten

a

= Ausübungsentscheidung = Nachfrageparameter = Preissteigerungsrate eines realen Gutes = Rendite einer Finanzanlage = Risikoangemessene Rendite

B

= Zwischenprodukt; bereitzustellendes Gut

BCPO

= Option eines Unternehmens, im Falle negativer Deckungsbeiträge auf Produktion des Gutes C zu verzichten und bei positiven Deckungsbeiträgen zwischen Eigenerstellung und Fremdbezug zu wählen

BPO

= Eigenerstellungsoption; Recht, zwischen Eigenerstellung und Fremdbezug zu wählen

BW

= Barwert eines Investitionsprojekts ohne Option

ß

= Sensitivität des Wertes eines Wertpapiers gegenüber Marktbewegun-

c

= Endprodukt; hergestellt durch Verarbeitung des Gutes B = Kapitalwert

Co

CPO

gen (CAPM-ß)

= Produktionsoption; Recht, negative Deckungsbeiträge durch Verzicht auf Produktion des Gutes C zu verhindem

cov

= Kovarianz

I

= Präferenzfaktor

D

= Alternatives Gut zur Herstellung des bereitzustellenden Gutes B

DB d

6 E

= Deckungsbeiträge

= Nachfragemenge = Minderpreissteigerungsrate = Mit einer zur Eigenerstellung geeigneten Maschine herstellbares Gut

EE

= Eigenerstellung

EK

= Eigenkapital

EPB

= Engpaßbelastung

EpEdE

= Einsparung pro Einheit der Engpaßbelastung

ESP EU

=Ersparnis = Erwartungsnutzen

Symbolverzeichnis

EV

Endvermögen

EZÜ

Einzahlungsüberschüsse

eEE

= Elastische Investition in Eigenerstellung = Dividendenzahlungen

FB

= Fremdbezug

FP

= Futurespreis

G

=Gewinn

GE

= Geldeinheiten

9

= Reales Gut

INV

= Investition

IW

= Innerer Wert einer Option = Marktzinssatz

j

K

= Anzahl der Realoptionen in einer komplexen Realoption = Kosten

LW

= Liquidationswert eines Investitionsprojekts

M

=Maschine

MCY

= Lagerertrag (marginal convenience yield)

MFO

= Mehrfachoption

MP

= Marktportefeuille

J-t In

= Erwartungswert

N

= (Standard-)normalverteilung

n

= Nutzungsdauer

OKE OP

= Natürlicher Logarithmus

Optionskaufentscheidung Optionsprämie

ow

= Optionswert

p

= Wahrscheinlichkeit

PV

= Gegenwartswert (present value)

p

= Preis

RA

= Risikoaufschlag

r

= Zinssatz mit e'

rw

= Restwert eines Endprodukts

=

1 +i

p

= Korrelationskoeffizient

SC

= Lagerkosten (storage costs)

s

= Marktpreis eines Basisobjekts

SKE

= Skalenerträge

sc

= Angebotsmenge bezüglich Gut C

s

= Basisobjekte (s = 1, . .. , k)

11

12

Symbolverzeichnis = Standardabweichung

(

= Risikomaß

T

= Restlaufzeit einer Option (T

T'

= Verfallzeitpunkt einer Option

t'

= Ausübungszeitpunkt einer Mehrfachoption

= T' -

t bzw. T

= t' -

t)

= Zeitpunkt(t = 1, . .. , n), bei Optionen: Bewertungszeitpunkt

u

= Nutzen

uv

= Unternehmensvermögen

u

= Anzahl der in einem Replizierungsportefeuille notwendigen Basisobjekte

uEE

= Unelastische Investition in Eigenerstellung

V

= Wert eines Hedgeportefeuilles

V

= Anzahl der in einem Replizierungsportefeuille notwendigen Bonds

vk

= Variable Kosten je Stück

X

= Ausübungspreis einer Option

w

= Wert eines risikofreien Bonds =Menge = Kapazität

Wdl

= Wert der fnvestition

WdM

= Wert der Maschine

zw

= Zeitwert einer Option

z

= Zustand (z = 1, ... , m)

1. Einführung 1.1 Problemstellung

Unternehmungen stellt sich stets die Frage, inwieweit Güter und Leistungen im eigenen Betrieb gefertigt oder von außen bezogen werden sollen. Änderungen der Fremdbeschaffungspreise oder Änderungen des Bedarfs (der Bedarfsmengen) an den bereitzustellenden Gütern und Leistungen können dazu führen, daß ein Wechsel des Bereitstellungsweges angezeigt erscheint. Die Einhaltung des ökonomischen Prinzips, der Minimierung der Kosten bei gegebenem Bedarf, erfordert einen regelmäßigen Vergleich der mit den Alternativen verbundenen Konsequenzen. Die Frage "Eigenerstellung oder Fremdbezug?" enthält sowohl eine kurzfristige als auch eine langfristige Problemstellung. Bei der kurzfristigen Entscheidung geht es darum, ob bei gegebenen Kapazitäten eigengefertigt oder fremdbeschafft werden soll. Dem steht die langfristige Frage gegenüber, ob Kapazitäten aufgebaut oder zum nächstmöglichen Tennin abgebaut werden sollen. Eine strategische Bedeutung erlangt diese Entscheidung, wenn damit ein langfristiger Wechsel des Beschaffungsweges vom Fremdbezug zur Eigenerstellung oder umgekehrt von der Eigenerstellung zum Fremdbezug verbunden ist. Den langfristigen Übergang vom Fremdbezug zur Eigenerstellung nennt man Rückwärtsintegration. Durch diese vertikale Integration erhöht sich die Betriebstiefe. Die langfristige Problemstellung besitzt damit den Charakter einer Grundsatzentscheidung. Sie war daher schon immer von zentraler Bedeutung für Unternehmen.1 Nach Picot sind Entscheidungen über die Betriebstiefe folglich "originäre Aufgaben der Unternehmensleitung".Z In der jüngeren Vergangenheit wurde dieser Frage besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Vor allem im Zuge der aktuellen Rezession gewannen Schlagworte wie "outsourcing", "Konzentration auf die Kernfähigkeiten" und "lean production" an Gewicht. 3 I Vgl. zur Beurteilung einer vertikalen Integration Harrigan, Kathryn Rudie (1983): A Framework for Looking at Vertical Integration, in: The Journal of Business Strategy, 3.(1983), S. 30-37; Stuckey, John!White, David (1993): When and When Not to Vertically Integrate, in: Sloan Management Review, 34.(1993).3, S. 71-83. 2 Picot, Arnold (1991): Ein neuer Ansatz zur Gestaltung der Leistungstiefe, in: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 43.(1991).4, S. 339. 3 Vgl. Ihde, Gösta B. (1988): Die relative Betriebstiefe als strategischer Erfolgsfaktor, in: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 58.(1988).1, S. 13-23; Everling, Wolfgang (1992): Ergebnisverbesserung durch geringere Fertigungstiefe, in: bilanz & buchhaltung, 9/ 1992, S. 349-352; Schoemaker, Paul J.H. (1992): How to Link Strategie Vision to Core Ca-

14

l. Einführung

Die vorliegende Arbeit soll der Fundierung der langfristig orientierten Entscheidung zwischen Eigenfertigung und Fremdbeschaffung dienen. Bis heute basieren Entscheidungen über den Grad der vertikalen Integration stets auf traditionellen investitionstheoretischen Methoden (wie zum Beispiel der Kapitalwertmethode). Damit sind jedoch einige gravierende Probleme verbunden. So wird zumeist vernachlässigt, daß eine Erhöhung der Produktionstiefe den künftigen Handlungsspielraum erweitert. Ferner sind stets individuelle Schätzungen der Ersparnisse und der Diskontierungszinsfüße notwendig. Aus diesem Grund wollen wir den traditionellen investitionstheoretischen Verfahren eine optionspreistheoretische Bewertung entgegen stellen. Die Arbeit baut dabei auf einer Methode auf, die sich in der jüngeren Vergangenheit im angelsächsischen Raum herausgebildet hat. Im Gefolge des bahnbrechenden Aufsatzes von Black-Scholes4 zur optionspreistheoretischen Bewertung von Finanzoptionen, der implizit nahelegt, daß sich auch Investitionen in Realgüter optionspreistheoretisch bewerten lassen, entwickelte sich die Theorie der Realoptionen (real options).5 Einige Unternehmen haben inzwischen Interesse an der Anwendung dieser Theorie gezeigt.6 Da, wie Kapitel 4 zeigen wird, der langfristige Übergang vom Fremdbezug zur Eigenerstellung als Kauf einer Option interpretierbar ist, erscheint es von Interesse, die Aspekte einer optionspreistheoretischen Bewertung dieser Realinvestition zu untersuchen. Ziel ist es, die Lücke zwischen strategischer Planung und finanzieller Analyse zu schließen. Wir werden zeigen, daß der langfristige Übergang vom Fremdbezug zur Eigenerstellung mit Hilfe der Optionspreistheorie (analytisch) bewertbar ist. Damit wird nicht nur der sich als Konsequenz einer Rückwärtsintegration ergebende Handlungsspielraum berücksichtigt. Man kann überdies am Markt vorhandene Informationen nutzen, so daß weder eine Schätzung der Ersparnisse noch eine Schätpabi1ities, in: Sloan Management Review, 34.(1993).1, S. 67-81; Venkatesan, Ravi (1992): Sourcing: To Make or not to Make, in : Harvard Business Review, 70.(1992), S. 98-107; Huber, Richard L. (1993): How Continenta1 Bank Outsourced Its Crown Jewels, in: Harvard Business Review, 71.(1993), S. 121-129. 4 Vgl. Black, Fischer/Scholes, Myron (1973): The Pricing of Optionsand Corporate Liabilities, in: Journal ofPolitical Economy, 81.(1973).3, S. 637-654. s Der inzwischen im angelsächsischen Schrifttum etablierte Begriff ,,real options" wurde erstmals von Myers verwendet. Vgl. Myers, Stewart C. (1977): Determinants of Corporate Borrowing, in: Journal of Financia1 Economics, 5.(1977), S. 147-175. In der deutschsprachigen Literatur wurde der Begriff mit "Rea1optionen" übersetzt. Vgl. Laux, Christian (1993): Handlungsspielräume im Leistungsbereich des Unternehmens: Eine Anwendung der Optionspreistheorie, in: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 45.(1993).11, S. 933958. 6 So untersuchte etwa ein Angestellter des Unternehmens ARCO Alaska die Vorzüge einer optionspreistheoretischen Bewertung von Investitionen in der Ölindustrie. Vgl. Lehman, J. (1989): Valuing Oilfield Investments Using Option Pricing Theory, Proceedings of Society ofPetroleum Engineers, SPE 18923.

1.1 Problemstellung

15

zung der Diskontierungszinsfüße notwendig ist. Wir werden sehen, daß einige Annahmen getroffen werden müssen, damit die Bewertungsgleichung einen akzeptalen Komplexitätsgrad aufweist. Daneben sind einige Annahmen notwendig, um die Optionspreistheorie überhaupt anwenden zu können. Sie führen dazu, daß nicht jede Entscheidung über die langfristige Wahl des Bereitstellungsweges optionspreistheoretisch fundiert werden kann. Im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung steht die investitionstheoretische Frage, unter welchen Bedingungen ein Kapazitätsaufbau im Rahmen eines Übergangs vom Fremdbezug zur Eigenfertigung lohnend erscheint. Dabei suchen wir stets die Preisobergrenze des betrachteten Unternehmens. Der mit Desinvestitionen verbundene langfristige Übergang von der Eigenerstellung zum Fremdbezug wird dagegen aus Vereinfachungsgründen nicht betrachtet. Eine Bewertung könnte hier jedoch in analoger Weise vorgenommen werden. Als Entscheidungswert würden wir dann statt einer Preisobergrenze eine Preisuntergrenze für die zum Entscheidungszeitpunkt vorhandene Eigenerstellungskapazität ermitteln. Die kurzfristige Frage, ob bei gegebenen Kapazitäten eigenerstellt oder fremdbeschafft werden soll, spielt insofern eine Rolle, als die zu untersuchende Langfristentscheidung von den anschließend vorzunehmenden kurzfristigen Entscheidungen abhängen kann. Auf eine Bewertung der zahlreichen Varianten, die zwischen Eigenerstellung und Fremdbezug einzuordnen sind (vgl. Abbildung 1),7 wollen wir im folgenden verzichten. EntsCheidungen über die Leistun&stiefe sind keine ··entweder-oder' Entscheiduncen !!!

Eigenentwicklung und Eigenerstellung Kapitalbeteiligung an Lieferanten I Abnehmem Liefenntenansiedlung Entwicklungskooperationen (mit anschließender Eiaenentellung; mit1111Chliellender Fremderst.ellung) Lanpeirvereinbarungen (fUr spezifische, eigenentwickelte Teile; ftlr spezifische, fremdentwickelte Teile) Jahresvenräge (mit offenen Liefenerminen und Mengen; mit festen Liefenerminen und Mengen) spontaner Einkauf am Markt

Abbildung 18

abnehmender venikaler Integrationsgrad

16

1. Einführung

Aus Vereinfachungsgründen konzentriert sich die vorliegende Arbeit auf Makeor-buy-Entscheidungen im Produktionsbereich. Entscheidungen in Spezialbereichen wie Forschung & Entwicklung, Logistik, Instandhaltung, interne Revision o.ä. 9 werden dagegen nicht betrachtet. Die Bereitstellung von Dienstleistungen wird vernachlässigt. Im Vordergrund steht vielmehr die Bereitstellung von Gütern. Bei der Festlegung der optimalen Produktionstiefe müssen zahlreiche Entscheidungskriterien berücksichtigt werden. Man kann zwischen finanzwirtschaftliehen (quantitativen) und nicht finanzwirtschaftliehen (qualitativen) Kriterien unterscheiden. 10 Dabei sind zahlreiche qualitative Entscheidungskriterien zu beachten: 11 Der Erfolg eines Unternehmens basiert auf einem Know-how-Vorsprung vor anderen Unternehmen im Bereich der eigenen Kernfähigkeiten. Es steht außer Frage, daß diejenigen Produkte, bei deren Fertigung ein Know-how-Vorsprung existiert, im eigenen Betrieb zu erstellen sind. Geheimhaltungsgründe zum Schutz eines solchen Know-how-Vorsprungs sprechen ebenfalls für Eigenfertigung. Darüber hin7 Vgl. zu den zwischen Eigenerstellung und Fremdbezug einzustufenden Beschaffungsstrukturen Schneider, Dietram/Zieringer, Carmen (1991): Make-or-Buy-Strategien für F&E, Wiesbaden 1991, S. 44ff.; o.V. (1993): Reduzierung der Fertigungstiefe durch engere Kooperation mit den Zulieferern, in: Handelsblatt vom 21. 7. 1993, S. 19. s Entnommen aus Picot (1991), S. 340. 9 Vgl. Demuth, Peter (1991): Make-or-buy-Entscheidungen zur Logistik, in: Technische Rundschau, 36/1991, S. 24-30; Dorner, Fritz/Hammer, Andreas (1991): Fremd oder Eigen?, in: Instandhaltung, Juni 1991, S. 24-26; Lenz, Ulrich/Demuth, Peter (1991): Controlling-Entscheidungsgrundlagen für Selbsterstellung oder Fremdbezug von Logistikleistungen, in: controller magazin, 2/1991, S. 89-96; Baumgarten, Helmut (1992): "Make-or-buy" als strategische Aufgabe für das Management, in: Logistik im Unternehmen, 6.(1992).3, S. 8-11 ; Nilsson, Ragnar (1992): Outsourcing-Strategie als integraler Bestandteil des Informationsmanagements, in: controller magazin, 3/1992, S. 120-124; Verschoor, Curtis C. (1992): Evaluating Outsourcing of Interna! Auditing, in: Management Accounting, Jan./Feb. 1992, S. 27-30; Buhl, Hans Ulrich (1993): Outsourcing von Informationsverarbeitungsleistungen und Steuern, in: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 45.(1993).4, S. 303-318. 10 Vgl. Gambino, Anthony J. (1980): Make-or-Buy Decision, New York 1980, S. 10. 11 Vgl. Everling, Wolfgang (1965): Eigenfertigung oder Fremdbezug?, in: Der Betrieb, 18.(1965).41, S. 1490f.; Krüger, Gerhard (1966): Betriebswirtschaftliche Überlegungen zur Frage Eigenerstellung oder Fremdbezug von Leistungen, in: Gegenwartsfragen der Unternehmensführung, Festschrift zum 65. Geburtstag von Wilhelm Hasenack, hrsg. von Hans-Joachim Engeleiter, Herne/Berlin 1966, S. 484ff.; Westermann, Herbert (1968): Beschaffung oder Selbstanfertigung, in: Kostenrechnungspraxis, 411968, S. 173; Hahn, Dietger/Streit, Helmut (1971): Entscheidung über Eigenfertigung oder Fremdbezug von Produktteilen, in: Entscheidungsfälle aus der Unternehmenspraxis, hrsg. von Kar! AlewelVKnut Bleicher/Dietger Hahn, Bd. 1, Wiesbaden 1971, S. 334; Männe!, Wolfgang (1974): Eigenfertigung und Fremdbezug, in: Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, Stuttgart 1974, Sp. 1231-1237; Gambino (1980), S. 35ff.; Männe!, Wolfgang (1981): Die Wahl zwischen Eigenfertigung und Fremdbezug, 2., überarb. u. erw. Auf!., Stuttgart 1981, S. 35ff.; Andreas, Dieter/Reichle, Walter (1989): Selbst fertigen oder Kaufen?- Strategische Überlegungen- Rechen- und Entscheidungsschema, Frankfurt/Main 1989, S. 37ff.; Budde, Reiner (1989): Make-or-buy, oder: Wann lohnt sich Eigenfertigung, wann Fremdbezug?, in: Der Einkaufs- und Lagerwirtschaftsberater, April1989, S. 19.

1.1 Problemstellung

17

aus bietet Eigenerstellung Unabhängigkeit von den Lieferanten. Vor allem bei unvollkommenen Märkten mit wenigen Anbietern ist es wichtig, eine Abhängigkeit von der Preisstellung und der Zuverlässigkeit der Lieferanten zu verhindern. Prestigegründe können die Wahl der Eigenfertigung unterstützen. Bei namhaften Zulieferem kann dieses Argument jedoch dazu führen, daß der Fremdbezug vorgezogen wird. Für den Fremdbezug spricht, daß der Aufbau von Lägern umgangen werden kann, wenn eine kurzfristige Lieferung jederzeit gewährleistet ist. Daneben gibt es geschäftspolitische Gründe. So ist es nicht sinnvoll, eine Geschäftsbeziehung, die den intensiven Austausch von Gütern und Leistungen beinhaltet, durch Aufgabe des Fremdbezugs in Frage zu stellen. Qualitative und zeitliche Aspekte werden stets als besonders gewichtige Kriterien genannt. Sie können sowohl für den Fremdbezug als auch für die Eigenerstellung sprechen. Bei der Wahl des optimalen Bereitstellungsweges sollte berücksichtigt werden, daß sogenannte k.o.- Kriterien existieren, die einen finanzwirtschaftliehen Vergleich von vornherein als überflüssig erscheinen lassen. 12 So ist der Übergang von der Fremdbeschaffung zur Eigenfertigung ohne weitere Berechnungen auszuschließen, wenn etwa Schutzrechte des Lieferanten bestehen oder die Aneignung des notwendigen Fertigungs-Know-hows lediglich zu exorbitanten Kosten möglich wäre. 13 Sind keine Hindernisse vorhanden, die eine Eigenerstellung von vornherein ausschließen, so wird ein Wirtschaftlichkeitsvergleich durchgeführt. Die hierbei verwendbaren Methoden sind Inhalt der vorliegenden Untersuchung. Ein Vergleich der mit den alternativen Formen der Bereitstellung verbundenen Kosten reicht jedoch im allgemeinen nicht aus. In einem weiteren Schritt sind die genannten qualitativen Faktoren zu berücksichtigen, da diese dazu führen können, daß sich die Wahl der finanzwirtschaftlich günstigeren Alternative als nicht sinnvoll erweist. 14 Es existieren Ansätze, die qualitativen Unterschiede der Bereitstellungswege einer quantitativen Bewertung zu unterziehen. 15 Um diese Bewertung ist der Wirtschaftlichkeitsvergleich dann zu erweitern. Vgl. Andreas/Reichle (1989), S. 49ff. Vgl. Andreas/Reichle (1989), S. 52. 14 Vgl. Rasch, Heinz (1968): Die Wahl zwischen Selbstherstellung und Fremdbezug als Einkaufs- und Investierungsproblem in der industriellen Unternehmung, Berlin 1968, S. 47. Andreas!Reichle bezeichnen diese Einflußfaktoren als Ja/Aber-Kriterien. Vgl. Andreast Reichle (1989), S. 49ff. 15 Vgl. Männe!, Wolfgang (1973): Die wirtschaftliche Bedeutung qualitativer Unterschiede zwischen Eigenfertigung und Fremdbezug, in: Entscheidungen zwischen Eigenfertigung und Fremdbezug in der Praxis, hrsg. von Wolfgang Männe!, Herne/Berlin 1973, S. 63ff.; Männe! (1981), S. 29lff. 12

13

2 Scheffen

18

1. Einführung

Da für eine grundlegende theoretische Untersuchung mit Realoptionen eine Konzentration auf quantitative Aspekte genügt, werden die Alternativen Eigenerstellung und Fremdbeschaffung in der vorliegenden Arbeit ausschließlich anband finanzwirtschaftlicher Kriterien verglichen. Dazu werden folgende Annahmen getroffen: Das zu beschaffende Gut sei standardisiert. Es gebe zahlreiche Anbieter, die dieses Gut auf einem vollkommenen Markt zum selben Preis anbieten. Qualität und jederzeitige Verfügbarkeit seien im Falle des Fremdbezugs gewährleistet. Die entscheidende Unternehmung besitze das Know-how, jederzeit das standardisierte Gut selbst herzustellen. Es sei lediglich eine hierfür notwendige Maschine anzuschaffen. Sämtliche Unterschiede der Bereitstellungswege seien also quantifizierbar. 1.2 Gang der Untersuchung Im anschließenden Kapitel 2 werden die traditionellen Methoden der Investitionsrechnung, mit denen der langfristige Wechsel des Bereitstellungsweges bewertet werden kann, dargestellt. Es wird dargestellt, welche Verfahren bisher auf das Problem der Wahl zwischen Eigenerstellung und Fremdbezug angewendet wurden. Dabei wird sich zeigen, daß alle bekannten Verfahren zum Teil erhebliche Schwächen bei der Bewertung von Potentialfaktoren aufweisen.

Das dritte Kapitel bietet als Basis für die optionspreistheoretische Bewertung von Realinvestitionen eine Einführung in die Theorie der Realoptionen. Es führt auf eine Gliederung der in der Literatur dargestellten Realoptionstypen und demonstriert, daß Investitionen prinzipiell als Optionen interpretiert werden können. Anschließend wird die Verwendung der Optionspreistheorie zur Bewertung von Realinvestitionen begründet. Es gilt dann, ein geeignetes Bewertungsmodell für Realinvestitionen zu finden. Dabei sind Renditeunterschiede der Basisobjekte, die sich aus dem unterschiedlichen Zweck von Finanz- und Realgütern ergeben, zu berücksichtigen. Abgeschlossen wird Kapitel 3 mit einem Überblick über bisherige empirische Überprüfungen der optionspreistheoretischen Bewertung von Realinvestitionen. Im vierten Kapitel wird zunächst die Möglichkeit verdeutlicht, den langfristigen Übergang vom Fremdbezug zur Eigenerstellung als Realoption zu interpretieren. Sodann wird das Bewertungsmodell, das sich im dritten Kapitel als für Realinvestitionen geeignet erwiesen hat, zur Bewertung der "Eigenerstellungsoption" herangezogen. Abschließend wird beurteilt, inwieweit die in Kapitel 2 dargestellten Schwächen der traditionellen Verfahren durch eine Anwendung der Optionspreistheorie behoben werden können.

2. Bewertung des langfristigen Übergangs vom Fremdbezug zur Eigenerstellung mit Hilfe traditioneller Verfahren Ziel dieses Kapitels ist es nicht, einen kompletten Überblick über investitionstheoretische Verfahren zu bieten. Es sollen vielmehr nur diejenigen Methoden aufgezeigt werden, die auf das Problem der optimalen Bereitstellung von Gütern anwendbar sind. Dabei werden vorrangig diejenigen Verfahren dargestellt, mit denen man die Eigenerstellungsalternative bewerten, mit denen man also die Frage "Lohnt es, den Anschaffungspreis zu zahlen?" beantworten kann. Ziel ist somit die Ermittlung der Preisobergrenze des betrachteten Unternehmens. Zur Verdeutlichung des zugrundeliegenden Entscheidungsproblems treffen wir einige Annahmen. So sei der Bedarf an dem bereitzustellenden Gut exogen und zum Zeitpunkt der langfristigen Entscheidung zwischen Eigenerstellung und Fremdbezug für die gesamte Nutzungsdauer des zur Wahl stehenden Potentialfaktors bekannt. Da die Wahl des Bereitstellungsweges ihrerseits keinen Einfluß auf den Bedarf ausübe - etwa infolge von qualitativen Unterschieden - kann auf eine simultane Produktions- und Absatzplanung verzichtet werden. 1 Es gebe weder kapazitative Engpässe noch Liquiditätsrestriktionen. Sowohl die Kapazität des zu bewertenden Potentialfaktors als auch der Beschaffungsmarkt seien jederzeit in der Lage den auftretenden Bedarf zu befriedigen. Ferner wird angenommen, daß eine beliebige Kreditaufnahme zum Kapitalmarktzins möglich sei. Wegen des Verzichts auf Kapazitäts- und Liquiditätsrestriktionen kann auf eine Anwendung der linearen Programmierung verzichtet werden? Ferner wird angenommen, daß keine Läger existieren. Darüber hinaus sei die zur Eigenfertigung benötigte Zeit vernachlässigbar. Der Bedarf werde somit exakt zum Bedarfszeitpunkt befriedigt. Den zur Wahl stehenden Alternativen seien Kosten und (später auch) Zahlungsströme eindeutig zurechenbar. 3 I Vgl. zur Bedeutung einer Anwendung der simultanen Produktions- und Absatzplanung bei der Wahl zwischen Eigenerstellung und Fremdbeschaffung Männe!, Wolfgang (1971): Grundfragen des Kostenvergleichs zwischen Eigenfertigung und Fremdbezug (I), in: Kostenrechnungspraxis, 4/1971, S. 149f.; ders. (1981), S. 203ff. 2 Vgl. zur Anwendung der linearen Programmierung (bzw. linearen Optimierung) bei der kurzfristigen Beschaffungsentscheidung Ferner, Walter/Lindner, Klaus/Sträßer, Harald (1968): Eigenfertigung oder Fremdbezug - ein Praxisfall, gelöst mit linearer Programmierung, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 38.(1968), Erg.bd. I, S. 45ff.; Wäscher, Gerhard (1985): Entscheidungsmodelle für die Wahl zwischen Eigenerstellung und Fremdbezug, in: Das Wirtschaftsstudium, 14.(1985).8-9, S. 419ff.

2*

20

2. Bewertung des Übergangs vom Fremdbezug zur Eigenerstellung

Die Möglichkeit einer vorzeitigen Veräußerung der zur Wahl stehenden Maschine wird außer acht gelassen, entweder weil sie keinen Sekundärmarktwert besitze oder weil ein Kapazitätsabbau aus sonstigen Gründen nicht möglich sei. Die Anschaffungsauszahlungen können dann in voller Höhe als Kosten betrachtet werden. Sie seien jedoch der einzige Fixkostenblock. Alle später anfallenden Kosten seien (in linearer Weise) beschäftigungsabhängig.4 Steuerliche Einflüsse, die sich insbesondere durch den zeitlich unterschiedlichen Anfall der Kosten bei Eigenerstellung und Fremdbezug ergeben, werden vemachlässigt.5 Es herrsche stets Geldwertstabilität 2.1 Investitionsrechnung unter Sicherheit 2.1.1 Statische Verfahren

Zu den statischen Investitionsrechnungen zählen unter anderem die Kostenvergleichsrechnungen. 6 Verglichen werden hierbei die variablen Eigenerstellungskosten mit den Fremdbeschaffungskosten.7 Hierzu ein einfaches Beispiel. Das Gut B werde als Input für den Produktionsprozeß benötigt. Der Bedarf je Periode betrage XB,t =50 Stück. Ferner seien der Fremdbeschaffungspreis PB,t = 9 GE, die variablen Eigenerstellungskosten je Stück vkB,t = 8 GE und die Nutzungsdauer der zur Wahl stehenden Maschinen= 4 Perioden bekannt: 3 V gl. zum Problem der bei der langfristigen Wahl des Bereitstellungsweges relevanten Kosten Rasch (1968), S. 79ff. 4 Vgl. zur Einbeziehung stufenfixer Kosten Andreas/Reichle (1989), S. 33ff. s Vgl. zur Bedeutung der Berilcksichtigung von Steuern in der Investitionsrechnung Mellwig, Winfried (1980): Sensitivitätsanalyse des Steuereinflusses in der InvestitionsplanungÜberlegungen zur praktischen Relevanz einer Berilcksichtigung der Steuern bei der Investitionsentscheidung, in: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 32.(1980).1 , S. 1639 und Wagner, Pranz W. (1981): Der Steuereinfluß in der Investitionsplanung- Eine Quantite negligeable, in: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 33.( 1981 ).1, S. 47-52. 6 Eine Betrachtung der Gewinnvergleichsrechnungen ist überflüssig, da der Erlös per Annahme (gleiche Qualität u.ä.) unabhängig von der Beschaffungsart sei. Weitere statische Vergleichsrechnungen sind die Amortisationsrechnung und die Break- Even Analyse. Mit beiden Verfahren läßt sich jedoch nicht der Wert der Investition ermitteln. Vgl. zur Verwendung der Amortisationsrechnung bei der Wahl des Bereitstellungsweges Wardenberg, J. (1967): Das Problem der Wirtschaftlichkeitsrechnung bei der Entscheidung zwischen Eigenfertigung und Fremdbezug, in : Kostenrechnungspraxis, l/1967, S. 11 ff.; Warnick, Bemd (1989): PC-gestütztes Investitionskalkül bei der langfristigen Disposition über Eigenfertigung und Fremdbezug, in: Kostenrechnungspraxis, 3/1989, S. 132. Zur Anwendung der Break-Even Analyse vgl. Heiland, Holger W. (1989): Eigenfertigung oder Fremdbezug - operative und strategische Entscheidungshilfen, in: Der Controlling-Berater, 5/1989, S. 770ff. 7 Vgl. Coenenberg, Adolf G. (1967): Möglichkeiten des Wirtschaftlichkeitsvergleichs zwischen Eigenfertigung und Fremdbezug von Vorratsgütern, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 37.(1967).4, S. 272f.

21

2.1 Investitionsrechnung unter Sicherheit Eigenerstellung

Fremdbezug

Anschaffungsauszahlung

175

Variable Kosten pro Periode

400

450

Gesamtkosten

1n5

1800

Bei einer statischen Vergleichsrechnung würde die Eigenerstellung vorgezogen. Die Maschine würde angeschafft, da sich gegenüber dem Fremdbezug Ersparnisse in Höhe von 25 Geldeinheiten (GE) erzielen lassen. Uns interessiert aber der aktuelle Wert der Investition (Wdi0 ), der sich als Summe der Ersparnisse durch Eigenfertigung ergibt. Es geht also um die Frage, wieviel man bereit ist, für den Übergang zur Eigenerstellung zu investieren. Dann gilt: (2.1)

Wdlo =

L

t= l , ... ,n

(pB,t XB,t) - (vkB,t XB,t)

Das obige Beispiel muß der neuen Fragestellung wie folgtangepaßt werden: Eigenerstellung

Fremdbezug

Variable Kosten pro Periode

400

450

Summe der variablen Kosten

1600

1800

Wert der

200

lnvest~ion

Der Wert der Investition leitet sich also aus der Differenz zwischen den gesamten Fremdbeschaffungskosten und den gesamten variablen Kosten bei Eigenerstellung ab. Er entspricht damit der Ersparnis. Eine solche statische Vergleichsrechnung macht nur bei Kapazitäten mit lediglich einperiodiger Nutzungsdauer Sinn. Mehrperiodige Investitionen weisen oft sinkende Grenzkosten auf (zum Beispiel aufgrund von Lerneffekten), so daß eine Fortschreibung der für das erste Jahr vorliegenden Daten nicht sinnvoll erscheint. Ferner muß berücksichtigt werden, daß Ersparnisse desto höher sind, je früher sie anfallen. Je später Kosten entrichtet werden müssen, desto größer ist der Ertrag, der durch eine zwischenzeitliche Anlage dieser Mittel zum Kapitalmarktzins erzielt werden kann. Die dynamischen Verfahren setzen am zuletzt genannten Kritikpunkt an, indem die Zinswirkung der Zahlungszeitpunkte beachtet wird.

22

2. Bewertung des Übergangs vom Fremdbezug zur Eigenerstellung

2.1.2 Dynamische Verfahren

Mit den dynamischen Verfahren der Investitionsrechnung wird die Durchschnittsbetrachtung zugunsten einer exakten Erfassung der Ein- und Auszahlungen aufgegeben. Während bei der statischen Methode die Kosten pro Periode verglichen werden und sich der Wert der Investition als Summe der Ersparnisse pro Periode über alle Nutzungsperioden hinweg ergibt, werden nun die Zahlungszeitpunkte betrachtet. 8 Aus Vereinfachungsgründen nehmen wir im folgenden an, sämtliche Kosten seien auszahlungswirksam. 9 Man ermittelt folglich zwei Zahlungsreihen, eine für den Fall der Eigenfertigung und eine für die Alternative Fremdbeschaffung. Für die Zahlungsreihe bei Eigenfertigung läßt sich kein investitionstheoretischer Wert ermitteln, da es sich ausschließlich um negative Einzahlungsüberschüsse handelt, zum Beispiel: Zeitpunkte

lo

t,

':!

~

14

vke.t Xe.t

-175

-400

-400

-400

-400

Eine Bewertung gelingt erst dann, wenn man den Fremdbezug als relevante Opportunität ansieht. Dies erscheint sinnvoll, da der Bedarf per Annahme fixiert ist, eine Bereitstellung also auf jeden Fall erfolgen muß. Es gelte zum Beispiel: Zeitpunkte

lo

t,

':!

t3

t4

Pe,txB.t

±0

-450

-450

-450

- 450

Die mit Hilfe der dynamischen Verfahren bewertbare Zahlungsreihe der Investition ergibt sich als Differenz der beiden Zahlungsreihen: Zeitpunkte

lo

t,

t:z

~

t4

Pe,txB.t-

- 175

+50

+50

+50

+50

vke,t xe.t

s Eine kritische Gegenüberstellung der Verwendung von Erlösen/Kosten und Einzahlungen/Auszahlungen bieten Lücke, Wolfgang (1960): Wesen und Bedeutung der kalkulatorischen Zinsen, in: Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung, 12.(1960), S. 371ff.; Engels, Wolfram (1962): Betriebswirtschaftliche Bewertungslehre im Licht der Entscheidungstheorie, Köln/ Opladen 1962, S. 13lff.; Ganske, Herbert (1966): Investitionstheorie und ökonomische Realität, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 36.(1966).6, S. 384f. 9 Vgl. die Vorgehensweise bei Rasch (1968), S. 55ff.; Kilger, Wolfgang (1969): Entscheidungskriterien zur Wahl zwischen Eigenerstellung und Fremdbezug, in: Das Rechnungswesen als Instrument der Untemehmungsführung, hrsg. von Walther Busse von Colbe, Bielefeld 1969, S. 108; Männe! (1981), S. 275ff.

2.1 Investitionsrechnung unter Sicherheit

23

Man kann sie auch als Ersparnisreihe bezeichnen. Die Ersparnisreihe wird hierbei als durch die Investition induzierte Zahlungsreihe aufgefaßt. Es ist zu beachten, daß es sich lediglich um eine hypothetische Zahlungsreihe handelt. Dies wird deutlich, wenn man annimmt, daß zu einem beliebigen Zeitpunkt t eine Fremdbeschaffungsauszahlung anfällt, eine Auszahlung für Eigenfertigung dagegen nicht erforderlich ist. Die zu diesem Zeitpunkt durch Eigenfertigung erzielten Ersparnisse führen nicht zu einer tatsächlichen Einzahlung. Sobald eine Ersparnisreihe ermittelt wurde, kann die Zinswirkung der Ersparniszeitpunkte berücksichtigt werden. Dabei unterstellen die dynamischen Verfahren, daß ein vollkommener Kapitalmarkt existiert, so daß jeder Marktteilnehmer jederzeit die Möglichkeit besitzt, Zahlungsüberschüsse in beliebiger Höhe zu dem einzig geltenden Kapitalmarktzins i anzulegen. Zu den dynamischen Verfahren gehören sowohl die klassischen Barwertverfahren als auch die Endwertverfahren. 10 Da wir die zum Zeitpunkt der Investition geltende Preisobergrenze des entscheidenden Unternehmens untersuchen wollen, beschränken wir uns auf die Barwertverfahren. Hierzu gehören die Kapitalwertmethode, die Annuitätenmethode und die interne Zinsfußmethode. 11 2.1.2.1 Kapitalwertmethode 12 Der Kapitalwert einer Investition in Eigenerstellung ergibt sich als Differenz aus dem Barwert der zukünftigen Ersparnisse und der Anschaffungsauszahlung. Dabei entspricht der Barwert der Ersparnisse dem hier gesuchten Wert der Investition: 13 (2.2)

Wd.l

0

= ""' ~

t=l,... ,n

CPB,t XB,t)- (vkB,t XB,t) (1 + t')t

Die Kapitalwertformel berücksichtigt also, daß bei den beiden alternativen Beschaffungswegen bis zu den jeweiligen Auszahlungszeitpunkten Zinsen erzielt w Zu Endwertverfahren vgl. Blohm, Hans/Lüder, Klaus (1991): Investition, 7., überarb. u. erw. Aufl., München 1991, S. 58ff. Desweiteren wurde die dynamische Amortisationsrechnung zur Wahl des Bereitstellungsweges herangezogen. Vgl. Männe! (1981), S. 275ff.; Warnick (1989), S. 132. 11 Vgl. Buchner, Robert (1993): Kapitalwert, interner Zinsfuß und Annuität als investitionsrechnerische Auswahlkriterien, in: Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 22.(1993).5, S. 218-222. 12 Zur Anwendung der Kapitalwertmethode auf das Beschaffungsproblem vgl. Hahn, Dietger/Streit, Helmut (1971), S. 342; Kruschwitz, Lutz (1971): Eigenerzeugung oder Beschaffung? Eigenverwendung oder Absatz?, Berlin 1971, S. 158; Gambino (1980), S. 67ff.; Männe! (1981), S. 277. Kilger berücksichtigt in seiner Kapitalwertformel Periodenfixkosten. Vgl. Kilger (1969), S. 109. 13 In der angelsächsischen Literatur entspricht der "net present value" dem Kapitalwert. Der hier gesuchte Barwert wird mit Hilfe der "discounted cash flow formula" (DCF-Metho-

24

2. Bewertung des Übergangs vorn Fremdbezug zur Eigenerstellung

werden können. Die im Falle der Eigenerstellung erzielbaren Ersparnisse können zum Kapitalmarktzins angelegt werden. Die Einbeziehung der Möglichkeit einer Kapitalanlage der Ersparnisse senkt den Wert der Investition gegenüber der statischen Durchschnittsbetrachtung mit dem Korrekturfaktor Kapitalmarktzins, da sämtliche Ersparnisse erst in künftigen Perioden eintreten. Dies wird deutlich, wenn wir die Daten aus dem bereits eingeführten Beispiel übernehmen und zusätzlich annehmen, daß der Kapitalmarktzins i =10% betrage. Es gilt dann: Fremdbezug

Eigenemallung

Barwert der variablen Kosten

400/(1,1) + 400/(1,1)2 + 400/(1,1) 3 + 400/(1,1)4 1267,95

Wert der Investition

"

450/(1,1) + 450/(1,1)2 + 450/(1,1) 3 + 450/(1,1) 4

"

1426,44

158,49

Der Wert der Investition entspricht hier also dem Barwert der Ersparnisse. Man erkennt, daß sich bei Anschaffungskosten in Höhe von 175 GE ein negativer Kapitalwert in Höhe von Co = - 16,51 GE ergeben würde, so daß der Fremdbezug als vorteilhaft anzusehen wäre. Eine Anwendung der Kostenvergleichsrechnung, bei der die Eigenerstellung als vorteilhaft angesehen wurde, würde in diesem Fall eine fehlerhafte Entscheidung nach sich ziehen. Es würde übersehen, daß die durch die Möglichkeit der Anlage der Mittel bis zu den Auszahlungszeitpunkten erzielbaren Erträge beim Fremdbezug diejenigen bei der Eigenerstellung übertreffen. Allgemein läßt sich feststellen: Je später die variablen Kosten der Eigenerstellung und je früher die Fremdbeschaffungskosten anfallen, desto größer wird der Wert der Investition, da man die Ersparnisse umso früher erhält und damit umso länger zum Kapitalmarktzins anlegen kann. Wäre kein Kapitalmarktzins beobachtbar, so würde die Wahl des Kalkulationszinssatzes nicht nur den Wert der Investition beeinflussen. Es kann sich dann, falls mehrere für eine Eigenerstellung geeignete Maschinen zur Auswahl stehen, auch die Reihenfolge der Alternativen verändern. Die Fisher-Rate kennzeichnet exakt jenen Kalkulationszinsfuß, bei dem zwei Alternativen gleichrangig eingeschätzt werden. In jüngerer Zeit konzentriert sich die Kritik an der Kapitalwertmethode zunehmend auf die Verwendung eines einzigen Marktzinses. So sollte nach Rolfes 14 de) ermittelt. Vgl. Brealey, Richard A./Myers, Stewart C. (1991): Principles of Corporate Finance, 4th ed., New York u.a. 1991, S. 30. t4 Rolfes, Bemd (1993): Marktzinsorientierte Investitionsrechnung, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 63.(1993).7, S. 697.

2.1 Investitionsrechnung unter Sicherheit

25

" ... statt eines einheitlichen Kalkulationszinsfußes das an den Geld- und Kapitalmärkten (im institutionellen Handel und am Rentenmarkt) real zu beobachtende Marktzinsgefüge herangezogen ..." werden. Von den Vertretern einer marktzinsorientierten Investitionsrechnung wird vorgeschlagen, die Annahme der Existenz einer flachen Zinsstrukturkurve aufzugeben und laufzeitadäquate Opportunitätszinssätze zu verwenden. 15 Folgt man den Vertretern einer marktzinsorientierten Investitionsrechnung, so ergibt sich für die Bewertung der Eigenfertigung: 16 (2.3) mit it

Wdlo =

L

t=l,...,n

(PB,t XB,t)- (v~B,t XB,t) (1 + it)

= Laufzeitadäquater Kalkulationszinsfuß

Die Annuitätenmethode basiert auf dem Kapitalwertgedanken. Die Annuität ergibt sich dabei durch Multiplikation des Kapitalwerts mit dem Wiedergewinnungsfaktor, so daß beide Methoden zu gleichen Entscheidungen führen. Andere Entscheidungswerte als bei der Kapitalwertmethode lassen sich somit nicht erzielen. 17 2.1.2.2 Interne Zinsfußmethode Die interne Zinsfußmethode unterstellt, daß sich die mit einer Investition verbundenen Einzahlungsüberschüsse oder Ersparnisse zu der internen Rendite des Investitionsobjekts verzinsen. Vernachlässigen wir zunächst die Anschaffungskosten A0 , da wir die Preisobergrenze des Unternehmens aus den Eigenschaften des Investitionsprogramms ermitteln wollen. In diesem Fall läßt sich die interne Zinsfußmethode nicht anwenden, 15 Vgl. Rolfes (1993), S. 691-713; Wimmer, Konrad (l993a): Marktzinsmethode und Investitionsrechnung, in: Österreichisches Bank-Archiv, 41.(1993).8, S. 631-643; ders. (l993b): Marktzinsmethode und klassische Investitionsrechnung - ein Vergleich, in: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 45.(1993).9, S. 780-785; Rolfes, Bemd (1994): Marktzinsorientierte lnvestitionsrechnung, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 64.(1994).1, S. 121-125. Die Vertreter einer marktzinsorientierten Investitionsrechnung sehen sich jedoch erheblicher Kritik gegenüber. Vgl. hierzu Adam, Dietrich/Schlüchtermann, Jörg!Utzel, Christian (1993): Zur Eignung der Marktzinsmethode für Investitionsentscheidungen, in: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 45.(1993).1, S. 3-18; Adam, Dietrich/Hering, Thomas/Schlüchtermann, Jörg (1993): Marktzinsmethode, Lenkpreistheorie und klassische Investitionsrechnung, in: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 45.(1993).9, S. 786-790; ders. (1994): Zur Verwendung marktorientierter Kalkulationszinsfüße in der Investitionsrechnung, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 64.( 1994).1, S. ll5-ll9. 16 Auf eine marktzinsorientierte Bewertung der Eigenerstellung wird jedoch in den folgenden Abschnitten verzichtet. 17 Vgl. zur Anwendung der Annuitätenmethode bei der Wahl des Bereitstellungsweges Coenenberg (1967), S. 278.

26

2. Bewertung des Übergangs vom Fremdbezug zur Eigenerstellung

da sie eine Renditeberechnung ist, eine Rendite aber nur auf gebundenes Kapital berechnet werden kann. Ein Alternativenvergleich ist hier nur mit Hilfe der Kapitalwertmethode möglich. Sobald man dagegen die Anschaffungskosten A 0 berücksichtigt, so daß die Investition auf Basis der Zahlungsreihe -A0 I ESP1 I ESP2 (mit ESP = Ersparnisse) bewertet werden kann, läßt sich ein Alternativenvergleich zwischen mehreren Investitionen auch mit Hilfe der internen Zinsfußmethode durchführen. Die interne Zinsfußmethode und die Kapitalwertmethode können, wie das folgende Beispiel zeigen wird, Investitionen unterschiedlich einordnen. Dies läßt vermuten, daß sie Investitionen auch unterschiedlich bewerten, sich also unterschiedliche Wdl's ergeben. Wir nehmen an, der Kapitalmarktzins betrage 10%. Es stehen zwei zur Eigenerstellung geeignete Maschinen zur Auswahl. Investition I liefere in t 1 Ersparnisse in Höhe von 60 GE und in t 2 Ersparnisse in Höhe von 27 GE. Investition II führe in t 1 zu Ersparnissen in Höhe von 30 GE und in t 2 zu Ersparnissen in Höhe von 60 GE. Beide Investitionen führen zu Anschaffungskosten in Höhe von A 0 = 70 GE: Kapitalwenmethode

Interne Zinsfußmethode

Investition in Eigenfertigung I

76,86 ~ 60/1 '1

+ 27/(1' 1)2

70 .. 60/1,183

+ 27/(1,183)2

Investition in Eigenfertigung II

76,86 • 30/1 '1

+ 60/(1 '1 )2

70.30/1,165

+ 60/(1,165)2

Beide Investitionen weisen den gleichen Kapitalwert von Co ~ 6, 86( = W dl ~ 76,86- 70) auf. Die interne Zinsfußmethode bevorzugt dagegen eindeutig Investition I, welche die höhere interne Rendite (18,3% gegenüber 16,5%) aufweist. Begründung für die unterschiedliche Bewertung ist, daß bei der internen Zinsfußmethode angenommen wird, die künftigen Einzahlungsüberschüsse oder Ersparnisse könnten zum internen Zinsfuß angelegt werden. Bei der Kapitalwertmethode wird dagegen angenommen, daß die Einzahlungsüberschüsse oder Ersparnisse einer Investition zum Kapitalmarktzinssatz angelegt werden. Man könnte also vermuten, daß jemand, der gemäß der internen Zinsfußmethode entscheidet, bereit ist für Investition I mehr zu zahlen als für Investition II. Man stellt jedoch fest, daß - sobald sich die Preisobergrenze erhöht - der Vorteil der Investition I auch nach der internen Zinsfußmethode verschwindet bis schließlich das Ergebnis der internen Zinsfußmethode mit demjenigen der Kapitalwertmethode übereinstimmt. Folglich kann die interne Zinsfußmethode lediglich der Alternativenauswahl dienen. Zur Bewertung einer Investition kann sie hingegen nicht herangezogen werden. 18

-A0

IS Die Aussage von Ganske, nach der die interne Zinsfußmethode bei der Wahl des Bereitstellungsweges versagt, weil sie die Existenz von Ein- und Auszahlungsreihen voraussetzt,

2.2 Investitionsrechnung unter Unsicherheit

27

2.2 Investitionsrechnung unter Unsicherheit

Nahezu sämtliche Entscheidungen werden unter Unsicherheit getroffen. Investitionstheoretische Verfahren, die Sicherheit unterstellen, sind realitätsfern. 19 Unsicherheit besteht bei der langfristigen Entscheidung über die Wahl des Bereitstellungsweges insbesondere über den künftigen Bedarf, die variablen Eigenerstellungskosten und den Fremdbeschaffungspreis.20 Für die Berücksichtigung der Unsicherheit im Entscheidungskalkül ist jedoch ausschlaggebend, daß stets unterstellt wird, die Entscheider seien risikoavers, d. h. sie wählen von zwei Zahlungsströmen, die den gleichen Erwartungswert aufweisen, denjenigen aus, der das niedrigere Risiko beinhaltet, also durch eine geringere Streuung der Ergebnisse gekennzeichnet ist. Das Ausmaß der Unsicherheit wird dann neben dem Erwartungswert zusätzliches Entscheidungskriterium. Bei Risikoneutralität ließen sich die bisherigen Methoden weiterhin anwenden. Es müßten lediglich statt der sicheren Ersparnisse (vgl. Formel 2.2, S. 23) die Erwartungswerte der Ersparnisse angesetzt werden: 21 (2.4)

W dlo =

L

t=l,... ,n

(pe

B,t

Xe )

B,t -

(vke

(1 + i)t

B,t

Xe )

B,t

Übernehmen wir die Daten aus dem Beispiel in Abschnitt 2.1 (vgl. S. 20) mit dem Unterschied, daß die variablen Eigenerstellungskosten je Stück nicht mehr mit Sicherheit 8 GE, sondern entweder 7 GE in Zustand 1 (mit der Wahrscheinlichkeit P1 = 0,5) oder 9 GE in Zustand 2 (mit der gleichen Wahrscheinlichkeit P 2 = 0,5) betragen. Dann kann der Entscheider zwischen Fremdbezug mit einem Barwert der Auszahlungen in Höhe von 1426,44 GE und Eigenerstellung mit einem Barwert der Auszahlungen in Zustand 1 in Höhe von 1109,45 GE und in Zustand 2 in Höhe von 1426,44 GE wählen: ein Vergleich der beiden Auszahlungsreihen für Eigenfertigung und Fremdbezug somit nicht gelingen kann, ist dagegen nicht richtig. Vgl. Ganske (1966), S. 385. Ein Vergleich verschiedener Eigenerstellungsalternativen mit Hilfe der internen Zinsfußmethode ist möglich, sofern der Fremdbezug als relevante Opportunität aufgefaßt und jeder Eigenerstellungsalternative eine Ersparnisreihe zugeordnet wird. 19 Dies gilt auch dann, wenn man annimmt, daß Prognosen über Kostenentwicklungen einfacher seien als Absatzprognosen und bei der Wahl des optimalen Bereitstellungsweges daher nicht das gleiche Ausmaß an Unsicherheit herrsche wie bei anderen Investitionsrechnungen. Vgl. Wardenberg (1967), S. 10. 2o Vgl. zur Schwankung der Fremdbeschaffungspreise Ferner, Walter (1973): Die Wahl zwischen Selbsterstellung und Fremdvergabe als Planungsproblem in der Textilindustrie, in: Entscheidungen zwischen Eigenfertigung und Fremdbezug in der Praxis, hrsg. von Wolfgang Männe!, Herne/Berlin 1973, S. 155ff. 21 Die Bayes-Regel fordert die Maximierung des Erwartungswertes aus der Wahrscheinlichkeitsverteilung. Diese Methode wird von Hertz auch als "best estimate approach" bezeichnet. Vgl. Hertz, David B. (1964): Risk Analysis in Capital Investment, in: Harvard Business Review, 42.(1964), S. 103.

28

2. Bewertung des Übergangs vom Fremdbezug zur Eigenerstellung Eigenerstellung

Erwarteter Barwert der variablen Kosten ln Zustand 1 (mit P1

= 0,5)

Erwarteter Barwert der variablen Kosten in Zustand 2 (mit P2

= 0,5)

Wert der Investition

+ + 350/(1,1)3 + 350/(1,1)4

350/(1,1)

Fremdbezug

350/(1,1)2

+ 450/(1,1)2 + 450/{1,1)3 + 450/{1,1)4

450/(1,1) •

1109,45

+ 450/(1,1)2 + 450/(1,1)3 + 450/(1,1)4

450/(1,1)

1426,44



1426,44

+ 450/{1,1)2 + 450/(1,1)3 + 450/(1,1)4

450/(1,1) •



1426,44

158,49

Bei Risikoneutralität würde sich das gleiche Ergebnis wie im Fall sicherer Eigenerstellungskosten ergeben. Es gilt für den Wert der Investition: (0,5 · (1426,44 - 1109,45)) + (0,5 · (1426,44- 1426,44)) ~ 158,49 GE. Da die Fremdbezugskosten den Erwartungswert der Eigenerstellungskosten übersteigen, würde der Entscheider in einen Aufbau der Eigenerstellungskapazität investieren, sofern die Anschaffungskosten A 0 < 158,49 GE betragen. Nehmen wir nun an, der Entscheider sei risikoavers. Allgemein gilt: Je größer die Risikoaversion des Entscheiders, desto niedriger ist der Wert der Investition. Da die Bewertung der Investition von der Risikoeinstellung des Entscheiders abhängt, handelt es sich bei dem Wert der Investition nunmehr um einen individuellen (präferenzabhängigen) Wert.Z2 Eine weitere investitionstheoretische Feststellung lautet: Bei Risikoaversion führt steigende Unsicherheit über die künftigen Einzahlungsüberschüsse zu einer niedrigeren Bewertung der Investition. Beide Aussagen lassen sich nicht uneingeschränkt auf die Bewertung einer Investition in die Eigenerstellung übertragen. Ist der Bedarf an dem bereitzustellenden Gut exogen gegeben, so werden die Fremdbeschaffungskosten zur relevanten Opportunität. Sind die variablen Eigenerstellungskosten sicherer als die Fremdbeschaffungskosten, so kann die Investition ein negatives Risiko aufweisen. Sie dient dann unter anderem als Sicherungsinstrument In diesem Fall führt erhöhte Risikoaversion des Entscheiders zu einer Steigerung des Wertes der Investition. Inwieweit steigende Unsicherheit über die künftigen Ersparnisse bei konstanter Risikoaversion zu einer Minderung des Wertes der Investition führt, hängt davon ab, in welcher Weise sich die Risiken der beiden alternativen Bereitstellungswege ändern. Steigende Unsicherheit über die künftigen Ersparnisse führt nur dann eindeutig zu einer niedrigeren Bewertung der Eigenerstellung, wenn der Fremdbe22 Es wird in Kapitel 3 gezeigt, daß es auch bei Entscheidungen unter Unsicherheit und Existenz risikoaverser Entscheider unter gewissen Annahmen möglich ist, Marktwerte für Investitionen zu erhalten.

2.2 Investitionsrechnung unter Unsicherheit

29

schaffungspreis und damit die Zahlungsreihe der Opportunität sicher ist. Schwanken sowohl die variablen Eigenerstellungskosten als auch die Fremdbeschaffungskosten, dann erfordert die Bewertung des langfristigen Übergangs von der Eigenerstellung zum Fremdbezug offensichtlich die Einführung eines speziellen Risikobegriffs (vgl. Abschnitt 2.2.1). Dieser spezielle Risikobegriff wird anschließend der Bewertung unelastischer und elastischer Investitionen zugrundeliegen (vgl. die Abschnitte 2.2.2 und 2.2.3). Dabei sind unelastische Investitionen dadurch gekennzeichnet, daß eine Änderung des in t0 festgelegten Aktionsprogramms nicht mehr möglich ist, während elastische Investitionen Handlungsspielräume zu späteren Zeitpunkten offen lassen. Elastische Investitionen bieten dem Investor Flexibilität. Oft wird Flexibilität mit dem Besitz von Handlungsspielräumen gleichgesetzt. 23 Dennoch wird in der vorliegenden Arbeit die Bezeichnung "flexible Investition" vermieden, da Flexibilität in der Produktion auch als technische Eigenschaft verstanden wird, nach der eine Anlage umso flexibler ist, je weniger die Stückkosten ansteigen, wenn die Beschäftigung vom Betriebsoptimum abweicht. 24 Eine Reaktionsmöglichkeit des Investors ist bei dieser Definition nicht gegeben. Ein solcher Typ von Flexibilität wird auch als Built-in-Flexibilität bezeichnet. 25 Darunter werden defensive Maßnahmen zur Risikoabsicherung verstanden. Gerade diesen Flexibilitätstyp weist aber der langfristige Übergang vom Fremdbezug zur Eigenerstellung nicht auf, sofern keine oder zumindest keine kurzfristig abbaufähigen Fixkosten existieren. 26 Sind mit der Eigenerstellung also keine kurzfristig abbaubaren Fixkosten verbunden, weist der Fremdbezug eine größere Built-in-Flexibilität auf. 27 Die nachfolgenden Überlegungen werden sich jedoch darauf beschränken, den Wert einer Investition in Eigenerstellung in Abhängigkeit von der Existenz von Handlungsspielräumen zu ermitteln. Es sollte an dieser Stelle noch darauf hingewiesen werden, daß der Einfluß der Unsicherheit auf die Investitionsentscheidung umso gewichtiger wird, je längerfristiger und je irreversibler eine Investition ist.

23 Vgl. Krahnen, Jan-Pieter/Schmidt, Reinhard H./Terberger, Eva (1985): Der ökonomische Wert von Flexibilität und Bindung, in: Information und Wirtschaftlichkeit, hrsg. von Wolfgang Ballwieser/Karl-Heinz Berger, Wiesbaden 1985, S. 255. 24 Vgl. Gutenberg, Erich (1968): Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, Bd. I, Die Produktion, 16. Aufl., Berlin u.a. 1968, S. 81-85. 25 Vgl. Meffert, Heribert (1985): Größere Flexibilität als Untemehmungskonzept, in: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 37.(1985).2, S. 124f. 26 Vgl. zur Reduktionsmöglichkeit von Fixkosten Süverkrüp, Fritz (1968): Die Abbaufähigkeit fixer Kosten, Berlin u.a. 1968. 27 Vgl. hierzu ein Beispiel in Jacob, Herbert (1982): Die Bedeutung der Flexibilität im Rahmen der strategischen Planung, in: Neuere Entwicklungen in der Untemehmenstheorie, hrsg. von H. Koch, Wiesbaden 1982, S. 8lff.

30

2. Bewertung des Übergangs vom Fremdbezug zur Eigenerstellung

Wir gehen im folgenden stets davon aus, daß dem Entscheider objektive oder zumindest subjektive Wahrscheinlichkeiten über die künftigen Ersparnisse vorliegen. Es werden also Entscheidungen unter Risiko untersucht. Der Entscheider verhalte sich stets risikoavers. Verhält sich ein Entscheider risikoavers, so genügt ihm die Information des erwarteten Kapitalwerts nicht mehr. Er benötigt Informationen über das mit der Investition verbundene Risiko. Die Sensitivitätsanalyse liefert zusätzliche Informationen über das Risiko einer Investition, speziell die Abhängigkeit des erwarteten Ergebnisses von den einzelnen Einflußfaktoren. 28 Mit Hilfe der Risikoanalyse ermittelt man die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Kapitalwerte, d. h. es wird für jede mögliche Situation der zugehörige Kapitalwert ermittelt. Den individuellen Wert der Investition erhält man jedoch nur, wenn man die Bewertung der Unsicherheit durch den Entscheider explizit berücksichtigt. 2.2.1 Zum Risiko einer Investition mit unsicherer Opportunität

In der traditionellen Investitionstheorie sinkt der Wert einer Zahlungsreihe bei gegebener Risikoaversion, wenn sich die Unsicherheit der Einzahlungsüberschüsse erhöht. Die Wahl des Bereitstellungsweges ist durch eine Ersparnisreihe gekennzeichnet. Überträgt man den Gedanken der traditionellen Investitionstheorie auf die langfristige Entscheidung über Eigenfertigung und Fremdbeschaffung, so hieße das: Je unsicherer die künftigen Ersparnisse sind, desto geringer müßte der Wert der Eigenerstellung sein. Greifen wir wieder das Beispiel aus Abschnitt 2.1 (vgl. S. 20) auf, nehmen nun aber an, daß der Fremdbeschaffungspreis unsicher sei. Er betrage mit gleicher Wahrscheinlichkeit in den nächsten vier Perioden entweder 8 GE (P1 = 0, 5) oder 10 GE (P2 = 0, 5). Die variablen Eigenerstellungskosten je Stück seien dagegen sicher (8 GE). Es handele sich zunächst um eine Unelastische Investition, d. h. bei einem Kapazitätsaufbau in t 0 muß der Bedarf in den Folgeperioden intern bereitgestellt werden. Es gilt dann:

28 Vgl. zur Anwendung der Sensitivitätsanalyse auf das Problem Eigenfertigung oder Fremdbezug Warnick (1989), S. 133.

2.2 Investitionsrechnung unter Unsicherheit Eigenerstellung Erwarteter Barwert der variablen Kosten in Zustand 1 (mit P1

,.

+ 400/(1,1)2 + 400/(1 '1 )3 + 400/(1 '1 )4

Erwarte1er Barwert der variablen Kosten in Zustand 2

Fremdbezug

400/(1,1)

0,5)

31

400/(1,1) •

+

1267,95

Wert der Investition

158,49

+ 400/(1,1)4



1267,95

400/(1,1)

(mit P2 - 0,5)

400/(1,1)2

400/(1,1) 3

1267,95

+ 400/(1,1)2 + 400/(1,1)3 + 400/(1,1)4

+

+ 500/(1,1)2 + 500/(1,1) 3 + 500/(1,1)4

500/(1,1) •



1584,93

Der Barwert der Auszahlungsreihe bei Eigenfertigung beträgt 1267,95 GE. Der Barwert der Auszahlungsreihe bei Fremdbeschaffung beläuft sich in Zustand 1 auf 1267,95 GE und in Zustand 2 auf 1584,93 GE. Der Wert der Investition beträgt aus Sicht eines risikoneutralen Entscheiders W dl ~ 158, 49 GE. Für einen risikoneutralen Entscheider macht es also keinen Unterschied, ob die variablen Eigenerstellungskosten oder die Fremdbeschaffungskosten unsicher sind. Die mit der Investition erzielbaren Ersparnisse sind unsicher. Sie betragen 0 GE (mit P1 = 0, 5) oder 100 GE (mit P2 = 0, 5) je Periode. Da die durch die Investition induzierte Zahlungsreihe unsicher ist, könnte man vermuten, daß bei steigender Unsicherheit oder steigender Risikoaversion des Entscheiders der Fremdbezug immer stärker präferiert würde. An dieser Stelle muß verdeutlicht werden, daß es zwar Ziel eines risikoaversen Entscheiders ist, eine Reihe sicherer Einzahlungsüberschüsse zu erhalten, ihm Sicherheit der Ersparnisreihe dagegen nichts bedeutet. Ihn interessiert vielmehr eine sichere Kalkulationsgrundlage in Gestalt sicherer Kosten. 29 Entscheidet er sich im angegebenen Beispiel für den Fremdbezug, so hat er die Möglichkeit einer sicheren Kalkulationsgrundlage in Form sicherer Kosten durch Eigenerstellung aber gerade zugunsten einer unsicheren Kalkulationsgrundlage aufgegeben. Es muß also berücksichtigt werden, daß wir es in unserem Fall mit 29 Nach der ,,Prospect Theory" bewerten Individuen Gewinne risikoavers, Verluste dagegen risikofreudig. Vgl. hierzu Kahneman, Danielfl'versky, Amos (1979): Prospect Theory : An Analysis of Decision under Risk, in: Econometrica, 47.(1979).2, S. 268f. Demnach würden unsichere Kosten sicheren Kosten vorgezogen. Hölscher erkennt diese Problematik, betrachtet das Wahlproblem zwischen Eigenfertigung und Fremdbezug dann jedoch unter der Annahme risikoindifferenter Individuen. Vgl. Hölscher, Klaus (1973): Die Wahl zwischen Eigenfertigung und Fremdbezug als Entscheidungsmodell unter Unsicherheit, in : Entscheidungen zwischen Eigenfertigung und Fremdbezug in der Praxis, hrsg. von Wolfgang Männe!, Heme/Berlin 1973, S. 108ff. Empirische Untersuchungen konnten die These einer unterschiedlichen Risikoeinstellung von Individuen gegenüber Vermögenszuwächsen und Vermögenseinbußen bislang nicht bestätigen. Vgl. Weber, Martin (1990): Risikoentscheidungskalküle in der Finanzierungstheorie, Stuttgart 1990, S. 130. Daher wird im folgenden angenommen, daß Entscheider sichere Kosten unsicheren Kosten vorziehen.

32

2. Bewertung des Übergangs vom Fremdbezug zur Eigenerstellung

einer unsicheren Opportunität zu tun haben. Der Entscheider hat hier die Möglichkeit, die Sicherheit seiner Kalkulation durch den Übergang zur Eigenerstellung zu erhöhen. Nur wenn Unsicherheit über die künftig anfallenden variablen Eigenerstellungskasten die einzige auftretende Unsicherheit ist, kann die Varianz der Ersparnisse als Risikomaß verwendet werden und eine Bewertung der Ersparnisreihe mit Hilfe der bekannten Verfahren erfolgen. Sobald aber die künftigen Fremdbeschaffungskosten unsicher werden und die Opportunität damit unsicher wird, kommen wir mit einer Bewertung der Ersparnisreihe einer Investition in Eigenfertigung nicht mehr weiter. Es müssen die Risiken der Auszahlungsreihen der beiden Alternativen Eigenerstellung und Fremdbezug miteinander verglichen werden. Lediglich bei hoher Unsicherheit und gleichzeitig hoher Korrelation der beiden Auszahlungsreihen (zum Beispiel wenn der Bedarf einziger Unsicherheitsfaktor ist) wäre eine Bewertung gemäß Formel 2.4 (S. 27) möglich, da die Ersparnisreihe in diesem Fall eine geringe Unsicherheit aufweist. Ein Beispiel soll verdeutlichen, daß sowohl die Varianz der Ersparnisse und damit die Varianz der Differenzzahlungsreihe als auch die Verteilung der künftigen Ersparnisse als Risikomaß ausscheiden. Gleichzeitig soll gezeigt werden, wie ein geeignetes Risikomaß aussehen könnte. Nehmen wir an, es fallen in t 1 die folgenden Kosten und Ersparnisse an (die Zustände 1, 2, 3 und 4 seien gleichwahrscheinlich, d. h. Pz = 0, 25): t,; z,

t, ; Z:!

t, ; la

t 1 ; z4

Var. Eigenerstellungskosten

• 350

• 350

-450

-450

Fremdbeschaffungskosten

. 500

·400

. 500

• 400

Ersparnis

+ 150

+50

+50

·50

Für die Standardabweichungen der Auszahlungen für Fremdbezug (

EU(EE)

-->

E U(FB) = - (32 + 200) = - 232.

(50+ 162)

212

und

Vgl. S. 30ff. Vgl.S. 31. 38 Allgemein gilt E U(K) = E z Pz K J. Im Falle einer Risikoaversion gilt stets "( > 1, da es sich um negativen Nutzen handelt. Die Multiplizierung der Kosten mit 0,01 wird aus rein technischen Gründen vorgenommen. Eine Betrachtung des zeitlichen Anfalls der .Kosten erfolgt an dieser Stelle nicht. 36 37

40

2. Bewertung des Übergangs vom Fremdbezug zur Eigenerstellung

Es ist nun möglich, den Erwartungsnutzen der Investition EU(INV) als Differenz der Erwartungsnutzen der Kosten zu ermitteln, d. h.: --+

EU(INV) = EU(EE)- EU(FB) = (- 212)- (- 232) = 20.

Die Eigenerstellung ist dem Fremdbezug also vorzuziehen, wenn sie einen niedrigeren negativen Nutzen (und somit einen niedrigeren Nutzenverlust) aufweist. Auch wenn die genannten Probleme gelöst werden können, so verbleibt doch die Notwendigkeit der Transformation von Nutzen in Geldbeträge, da der Wert der Investition (die Preisobergrenze des Unternehmens) ermittelt werden soll. Man kann eine der Risikonutzenfunktion vergleichbare Bewertung der Eigenerstellung erhalten, bei der der Wert der Investition nach wie vor als Differenz ermittelt wird. Es werden dabei jedoch nicht die Risikonutzen der beiden Alternativen ermittelt, sondern erneut risikobewertete Kosten. Da man nun positive Werte erhält, sind die risikobewerteten Eigenerstellungskosten von den risikobewerteten Fremdbeschaffungskosten abzuziehen. Eine Investition in Eigenerstellung ließe sich dann wie folgt bewerten: (2.8)

W dfo = J;=.,n

(J;,m

Pt.z(PB,t,z XB,t,z) 1)

~

In diese Formel fließt durch Potenzierung der zustandsabhängigen Kosten mit r der Grad der individuellen Risikoaversion des Entscheiders ein. Durch Potenzierung des so erhaltenen Nutzens mit lh erhält man die risikobewerteten Kosten. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen. Es seien folgende Daten (jeweils in GE) gegeben: vke Xe

Pe Xe

z,

~

z,

~

t,

800

2000

1000

1800

~

600

2200

900

1900

Es wird also die mit zunehmender zeitlicher Entfernung vom Entscheidungszeitpunkt steigende Unsicherheit berücksichtigt. Dennoch bleibt es zunächst bei einer statischen Betrachtung. Die Zustände seien stets gleichwahrscheinlich. Der Entscheider ermittle die risikobewerteten Kosten durch (Lz Pz (Kz) 3/ 2 ) 2/ 3 • Für den Wert einer Investition in Eigenerstellungskapazität ergibt sich dann:

41

2.2 Investitionsrechnung unter Unsicherheit

(2.9)

= ((0, 5 . (800)$ + 0, 5 . (2000)~)~ + (0, 5 . (600)! + 0, 5 . (2200)$)!) - ( (o, 5 . (1ooo)! + o, 5 . (1soo)!)i + (o, 5 . (9oo)! + o, 5. (19oo)~)~) ~

(1464, 33 + 1514, 57) - (1428, 58+ 1444, 66) = 105, 66

Der individuelle Wert der Investition beträgt also W dl ~ 105,66 GE. Dieser Wert ergibt sich in vollem Umfang als Konsequenz aus der Risikoaversion des Entscheiders, da die Erwartungswerte der Kosten stets identisch sind (sowohl in t 1 als auch in t 2 : 1400 GE). Ein risikoneutraler Entscheider wäre also indifferent zwischen Eigenerstellung und Fremdbeschaffung. Die auf der Idee des Risikooutzens aufbauende Bewertung ähnelt der Bewertung der Investition mit Hilfe des }.L-a-Prinzips. Ein Beispiel soll jedoch zeigen, daß Investitionen, die bei Anwendung des }.L-a-Prinzips gleich bewertet werden, nun eine unterschiedliche Preisobergrenze hervorrufen können. Ursache ist eine exaktere Einbeziehung der einzelnen Umweltzustände. Nehmen wir an, es stehen zwei zur Eigenerstellung geeignete Maschinen (Investition I und Investition II) zur Wahl. Die Fremdbeschaffungskosten seien sicher. Sie betragen p 8 · x 8 = 64, 13 GE. Die variablen Eigenerstellungskosten seien dagegen unsicher. Es gebe in t 1 vier gleichwahrscheinliche Zustände, in denen es zu folgenden Auszahlungen kommt: t, ; z,

t, ; Z:z

t 1 ; z3

t 1 ; z4

Kosten bei Investition I

95

85

40

20

Kosten bei Investition II

100,585

70

55

14,415

Beide Maschinen weisen einen identischen Erwartungswert (jl identische Varianz der Kosten(~ ~ (31, 02) 2 ) auf.

= 60) und eine

Ein Entscheider der gemäß einer Präferenzfunktion J.L + (0, 13 · a) entscheidet, ermittelt folglich für beide Eigenerstellungsalternativen den gleichen Wert. Seine Preisobergrenze beziffert sich stets auf Wdl = 64,13 - (60 + (0,13 · 31,02)) ~

42

2. Bewertung des Übergangs vom Fremdbezug zur Eigenerstellung

64,13-64,03 =0,1 > 0. Aus seiner Sicht sind somit beide Maschinen dem Fremdbezug vorzuziehen. Ein Entscheider, der die zur Wahl stehenden Maschinen etwa gemäß Formel 2.9 bewertet und damit die gesamte Verteilung der möglichen Ergebnisse bei seiner Risikobeurteilung berücksichtigt, kommt zu folgendem Ergebnis: 64, 13- (0, 25(95) 3/ 2 + 0, 25(85) 3/ 2 + 0, 25(40) 3/ 2 + 0, 25(20) 3/ 2 ) 2/ 3 :::::: 64, 13 - 64, 08 = 0, 05 ->

Wdlu

=

64,13- (0, 25(100, 585) 3/ 2 + 0, 25(70) 312 + 0, 25(55) 312

+ 0, 25(14, 415)3/ 2 ) 2/ 3 :::::: 64, 13- 64, 19 =

-

0, 06.

Während Investition I risikobewertete Ersparnisse in Höhe von 0,05 GE erbringt und damit durchgeführt würde, gibt Investition II keinen Anlaß vom Fremdbezug zur Eigenerstellung zu wechseln, da sich hiermit keine risikobewerteten Ersparnisse erzielen lassen. Es bleibt noch offen, wie sich die Möglichkeit einer Kapitalanlage auf das Bewertungsverfahren auswirkt. Die Formel2.8 (S. 40) muß dazu angepaßt werden: (2.10)

Wdlo =

_

J;=.,n CJ=..m f>t,z; (p~~·~Xi~:·z) 'Y) t

""" (

L."

t=l, ... ,n

t,z (VkB,1t,z+XB,t,z)'Y)~ .t ~)

""" P,

L."

z=l, ... ,m

(

Anhand des Beispiels von S. 40 soll die dynamische Risikobewertung verdeutlicht werden. Der Kapitalmarktzins betrage i == 10%. Mit Hilfe der Formel 2.10 ermittelt man: 800) ~ + 0, 5 · (2000) W dlo = ( ( 0, 5 · ( 1,1 T,T ~) j

_ ((o 5 . '

~) + ( 0, 5 · ( 1600 , 21 ) ~ + 0, 5 · (2200) 1, 21

i)

(1ooo)~ 0 5 . (1800)~)s (o 5 . ( ooo )~ 0 5 . (1900)~)i) 1 1 + ' 1 1 + ' 1 21 + ' 1 21 ,

'

,

J

:::::: (1331,21 + 1251, 71) - (1298, 70 + 1193, 93) = 90,29

Der Wert der Investition sinkt gegenüber der statischen Betrachtung (von 105,66 auf 90,29), da die risikobewerteten Ersparnisse abgezinst werden. Zwar liefert die soeben dargestellte Methode eine exakte Risikobewertung der Wahl zwischen einer Beibehaltung des Fremdbezugs und einem Wechsel zur Eigenerstellung, doch sollten die mit der Ermittlung individueller Risikokostenfunk-

2.2 Investitionsrechnung unter Unsicherheit

43

tionen verbundenen Probleme nicht unterschätzt werden. Für die Entscheider stellt es ein gewichtiges Problem dar, ihren individuellen Risikoaversionsgrad 'Y herauszufinden. Alle bisher genannten Verfahren übersehen einen wesentlichen Aspekt: Ein Entscheider kann in der Regel auf spätere Informationen reagieren. So kann er zum Beispiel eine einmal angeschaffte Kapazität ungenutzt lassen, wenn eine Änderung der Umweltsituation dazu führt, daß die Grenzkosten der Eigenerstellung den Fremdbeschaffungspreis übersteigen. Die traditionellen Verfahren ermitteln folglich eine falsche Risikoprämie und bewerten elastischere, also spätere Reaktionsmöglichkeiten aufweisende Alternativen zu ungünstig?9 2.2.3 Elastische Investitionen

Im folgenden werden wir bei der Bewertung der zum Zwecke der Eigenerstellung anzuschaffenden Kapazität berücksichtigen, daß im Falle unter den variablen Kosten der Eigenerstellung liegender Fremdbeschaffungskosten der interne Bedarf jederzeit durch Fremdbezug gedeckt werden kann. Die Kapazität bleibt in diesem Falle in einer oder mehreren Perioden ungenutzt. Der Kapazitätsaufbau bietet somit die langfristige Möglichkeit, in Abhängigkeit von der jeweiligen Marktsituation stets kurzfristig zwischen Eigenerstellung und Fremdbezug zu wählen. Es handelt sich daher um eine elastische Investition. Bei der Bewertung solcher Investitionen unterscheidet man die starre und die flexible Investitionsplanung. 40 Bei der starren Planung wird die Existenz künftiger Handlungsmöglichkeiten bei der Ausgangsentscheidung berücksichtigt. Es wird also beachtet, daß man zu den künftigen Zeitpunkten zwischen zwei Alternativen wählen kann. Sämtliche kombinierbaren Handlungsmöglichkeiten werden in t 0 bewertet. Nehmen wir an, es gebe folgende Alternativen: 39 Vgl. zur Kritik an der DCF-Methode bei der Bewertung elastischer Investitionen Myers, Stewart C. (1984): Finance Theory and Financial Strategy, in: Interfaces 14.(1984).1, s. 126ff. 40 Vgl. zur flexiblen Investitionsplanung Hax, Karl (1966): Unternehmensplanung und gesamtwirtschaftliche Planung als Instrumente elastischer Wirtschaftsführung, in: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 18.(1966), S. 447-465 ; Hax, Herbeet (1970): Investitionstheorie, Würzburg/Wien 1970, insbes. S. 133; Laux, Helmut (1971): Flexible Investitionsplanung. Einführung in die Theorie der sequentiellen Entscheidungen bei Unsicherheit, Opladen 1971 ; Schneider, Dieter ( 1971 ): Flexible Planung als Lösung der Entscheidungsproblerne unter Ungewißheit, in: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 23.(1971), S. 831-851; Hax, Herbert/Laux, Helmut (1972): Flexible Planung- Verfahrensregeln und Entscheidungsmodelle für die Planung bei Ungewißheit, in: Zeitschrift für betriebswirtschaftliehe Forschung, 24.(1972), S. 318-340; Schneider, Dieter (1972): "Flexible Planung als Lösung der Entscheidungsproblerne unter Ungewißheit" in der Diskussion, in: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 24.(1972), S. 456-476; Inderfurth, Karl (1982): Starre und flexible Investitionsplanung, Wiesbaden 1982; Keuschwitz (1993a), S. 280ff.

44

2. Bewertung des Übergangs vom Fremdbezug zur Eigenerstellung

(a) Kapazitätsautbau in t 0 + Eigenerstellung in t 1 (b) Kapazitätsautbau in t 0 + Fremdbeschaffung in t 1 (c) Verzicht auf einen Kapazitätsautbau in t 0 + Fremdbeschaffung in t 1 Die flexible Planung berücksichtigt nicht nur, daß künftige Handlungsspielräume existieren, sondern auch, daß sie die Möglichkeit bieten, auf Entwicklungen der Umwelt zu reagieren. Kommt etwa eine starre Planung zu dem Ergebnis, daß die Alternative "Kapazitätsautbau in t 0 + Eigenerstellung in t 1" optimal sei, dann ist es dennoch möglich, daß als Konsequenz einer entsprechenden Umweltentwicklung in der Folgeperiode fremdbezogen wird. So kann es etwa sein, daß die Alternative "Kapazitätsautbau in t0 + Eigenerstellung in t 1" als optimal angesehen wird, da die Wahrscheinlichkeit eines sinkenden Fremdbeschaffungspreises in t 0 äußerst niedrig eingeschätzt wird. Stellt sich in t 1 heraus, daß diese kaum erwartete Senkung doch eingetreten ist, dann kann, anders als bei der starren Planung, vom ursprünglichen optimalen Plan abgewichen werden. Durch die Betrachtung der künftigen Reaktionsmöglichkeit steigert sich der Wert der Investition. Bei Entscheidungen unter Sicherheit bereitet die Berücksichtigung der Elastizität einer Investition bei deren Bewertung keine Probleme. Da die künftigen Handlungsspielräume keine Reaktionsmöglichkeit auf veränderte Umweltbedingungen implizieren, genügt hier eine starre Planung. Die Investition läßt sich wie folgt bewerten: (2.11)

Wdlo =

L

t= l, ... ,n

max

[o; PB,t XB~ _ vkB,t x~,t] (1 + i)

(1 + i)

Schwieriger wird die Bewertung, wenn die langfristige Entscheidung zwischen Eigenerstellung und Fremdbezug unter Unsicherheit erfolgt. In diesem Fall ist eine flexible Planung vorzunehmen. Noch komplexer erscheint die Bewertungsfrage, wenn auch die künftigen kurzfristigen Entscheidungen unter Unsicherheit vorgenommen werden müssen, weil etwa die Produktion im eigenen Unternehmen Zeit benötigt und sich die Marktsituation zwischen kurzfristiger Entscheidung und Bereitstellung des Bedarfs ändern kann. 2.2.3.1 Kurzfristige Entscheidungen unter Sicherheit Werden die kurzfristigen Entscheidungen unter Sicherheit getroffen, so ist eine flexible Planung vorzunehmen, da die kurzfristigen Entscheidungen auf Basis einer gegenüber der Ausgangssituation verbesserten Informationslage getroffen werden. Die künftigen Handlungsspielräume werden also zur Reaktion auf die nunmehr vorhandene Kenntnis des Umweltzustandes genutzt. Es ist in der vorliegenden Entscheidungssituation ein optimaler Aktionsplan zu erstellen, d. h. zum Zeitpunkt t 0 sind sämtliche künftig optimalen Reaktionen zu ermitteln. Eine Plan-

2.2 Investitionsrechnung unter Unsicherheit

45

revision in Abhängigkeit von den tatsächlich eintretenden Umweltzuständen bleibt dabei jederzeit möglich. Bei Risikoneutralität ist eine Bewertung der Eigenerstellungsalternative problemlos. Es müssen lediglich die in den einzelnen Zuständen erwarteten Ersparnisse mit der Wahrscheinlichkeit des Eintretens der jeweiligen Zustände gewichtet werden: W d~ = " "

(2.12)

0

L...

" " p max

L...

t=l,... ,n z=l".,m

z

[o· PB,t,zXB,t,z _ vkn,t,z XB,t,z] (1 ")t (1 ")t ,

+t

+t

Es ist unmittelbar zu sehen, daß eine elastische Investition, wie sie der langfristige Übergang vom Fremdbezug zur Eigenfertigung üblicherweise darstellt, im Gegensatz zu einer Unelastischen Investition stets einen nicht negativen Erwartungswert besitzt. Da der Entscheider zu jeder Zeit zwischen Eigenfertigung und Fremdbezug wählen kann, ist der Erwartungswert der elastischen Investition nie kleiner als der Wert der unelastischen Investition. Bei der Ermittlung des individuellen Wertes der Investition aus Sicht eines risikoaversen Entscheiders muß nun wie bei der Bewertung unelastischer Investitionen beachtet werden, daß sich das Risiko der Investition mit (INV = O"EE- O"FB als Differenz der Risiken der beiden Auszahlungsreihen von Eigenfertigung und Fremdbezug ergibt. Wie bereits angedeutet wurde41 , ist EE nun anders zu definieren. EE bezeichne nun nicht mehr die Eigenerstellungskosten vks xs, sondern vielmehr die minimalen variablen Kosten, also min [ps xs; vkB xB]· Folglich steht 17EE nun für die Standardabweichung der minimalen variablen Kosten. Zur Veranschaulichung der Risikostruktur werden die beiden Auszahlungsströme im folgenden mit uEE (bei der unelastischen Investition) bzw. eEE (bei der elastischen Investition) bezeichnet. Dementsprechend gilt für die Risiken der Auszahlungsströme O"v.EE bzw. O"eEE und für die Risiken der Investitionen (rNV(v.EE) bzw. (INV (eEE)·

Es gilt: Sind die variablen Eigenerstellungskosten unsicherer als die Fremdbeschaffungskosten (17v.EE > O"ps). so führt auch die elastische Investition zu einem gegenüber der Fremdbezugsalternative erhöhten Risiko. Sind dagegen die variablen Eigenerstellungskosten sicherer als die Fremdbeschaffungskosten (O"v.EE < O"FB). dann beinhaltet auch die elastische Investition eine negative Risikoprämie. Da die elastische Investition mit Hilfe einer Maximumfunktion bewertet wird, gilt darüber hinaus stets IO"eEE - 17FB I = I (INV(eEE) I < I (INV(v.EE) I= IO"v.E E -O"pß

i-

Ein Beispiel soll diese Zusammenhänge veranschaulichen. Der in t 1 bereitzustellende Bedarf betrage XB = 200 Stück. Im ersten Falllautet der Fremdbeschaffungspreis in t 1 entweder PB= 7 GE (mit P 1 = 0,5) oder PB= 5 GE (mit P2 =0,5). 4t

Vgl. S. 33.

46

2. Bewertung des Übergangs vom Fremdbezug zur Eigenerstellung

Die variablen Eigenerstellungskosten je Stück betragen entweder vkB Zustand 1) oder vkB =4 GE (in Zustand 2).

x

= 8 GE (in

Pa Xe

vk 8 8

min [p8 x8 ; vk8 x8 )

z,

1400

1600

1400

~

1000

800

800

a

200

400

300

Im zweiten Fall betrage der Fremdbeschaffungspreis in t 1 entweder PB= 8 GE (mit P 1 = 0,5) oder PB = 4 GE (mit P 2 = 0,5). Die variablen Eigenerstellungskosten je Stück belaufen sich entweder auf vkB = 7 GE (in Zustand 1) oder vkB = 5 GE (in Zustand 2). Pa Xe

vk8 x8

min [p8 x8 ; vk8 x8 )

z,

1600

1400

1400

~

800

1000

800

a

400

200

300

Ein Vergleich der beiden Tabellen zeigt, daß die elastische Investition immer dann eine negative Risikoprämie aufweist, wenn die variablen Eigenerstellungskosten sicherer sind als die Fremdbeschaffungspreise: --+

= O'eEE --+

= 400 > 200 = O'FB und (JNV(eEE) O'pß = 300 - 200 = 100

In Fall! gilt O'uEE

In Fall 2 gilt O'uEE = 200 < 400 =

O'FB

und (JNV(eEE)

= O'eEE- O'pß = 300-400 = -100 Ferner wird deutlich, daß die Bedeutung der Unsicherheit sinkt, da das Risiko einer elastischen Investition betragsmäßig stets kleiner ist als das Risiko einer unelastischen Investition: --+

In Fall 1 gilt (JNV(eEE) = 100


Kosten bei Produktion von t 1 bis t 2 : 8 · 50= 400 GE

--->

Erwartungswert der Kosten bei Fremdbezug in t 2 : 0,5 (10,5 ·50)+ 0,5 (7,5 ·50) = 450GE

Da die erwarteten Eigenerstellungskosten in t 1 z1 niedriger als die erwarteten Fremdbeschaffungskosten sind, wird in t 1 mit der Produktion begonnen (falls zuvor die langfristige Entscheidung zugunsten eines Kapazitätsaufbaus ausgefallen ist). Die erwarteten Kosten derjenigen Alternative, die bei Eintritt des Zustandes 1 in t 1 gewählt wird, betragen somit 400 GE. Für den Zustand 2 ermittelt der risikoneutrale Entscheider:

2.2 Investitionsrechnung unter Unsicherheit --+ --+

51

Kosten bei Produktion von t 1 bis t 2 : 8 · 50= 400 GE Erwartungswert der Kosten bei Fremdbezug in t2: 0,5 (8,5 ·50)+ 0,5 (5,5 ·50) = 350GE

In diesem Fall zieht der Entscheider den Fremdbezug vor. Tritt in t 1 Zustand 2 ein, so wartet der Entscheider bis zum Zeitpunkt t 2 und bezieht dann die benötigten Güter auf dem Markt. Die erwarteten Kosten derjenigen Alternative, die bei Eintritt des Zustandes 2 in t 1 gewählt wird, betragen somit 350 GE. Da die beiden Zustände l und 2 gleichwahrscheinlich sind und sich der Entscheider risikoneutral verhält, ergibt sich in t 1 als Erwartungswert für die in t 2 anfallenden variablen Kosten im Falle des Kapazitätsaufbaus: --+

Erwartungswert der Bereitstellungskosten in t 1 : 0,5 (400) + 0,5 (350) = 375 GE. Zum Zeitpunkt to vergleicht der Entscheider die in t 1 anfallenden Kosten:

--+

Kosten bei Produktion von t 0 bis t 1 : 8 ·50= 400 GE

--+

Erwartungswert der Kosten bei Fremdbezug in t 1 : 0,5 (9 · 50) + 0,5 (7 · 50) = 400 GE

Ein risikoneutraler Entscheider ist hier indifferent. Er kalkuliert mit Kosten in Höhe von 400 GE. Als Gesamtkosten im Falle des Kapazitätsaufbaus ergeben sich folglich: --+

Erwartete Bereitstellungskosten bei einem Kapazitätsaufbau in t 0 : 375 + 400 = 775 GE

Die Kosten der Alternative "Verzicht auf Investition" lassen sich leicht berechnen, da es im Falle einer in t0 zugunsten des Fremdbezugs ausgefallenen Entscheidung keine weiteren Handlungsspielräume mehr gibt: --+

--+

Erwartungswert der Kosten bei Fremdbezug in t 2 : 0,25 (10,5 ·50)+ 0,25 (7,5 ·50) + 0,25 (8,5 · 50) + 0,25 (5,5 · 50) = 400 GE Erwartungswert der Kosten bei Fremdbezug in t 1 : 0,5 (9 ·50)+ 0,5 (7 ·50)= 400 GE Für die Kosten bei einem Verzicht auf einen Kapazitätsaufbau ergibt sich somit:

--+ Erwartete Bereitstellungskosten bei einem Verzicht auf einen Kapazitätsaufbau in t 0 : 400 + 400 = 800 GE

Die erwartete Ersparnis im Falle des Kapazitätsaufbaus beträgt somit (800- 775

=)25 GE. Dies ist gleichzeitig der individuelle Wert der Investition.

Erst in jüngerer Zeit wird die Risikoeinstellung des Entscheiders bei der flexiblen Planung verstärkt beachtet. 47 Beim Entscheidungsbaumverfahren läßt sich Risikoaversion in sämtlichen bereits dargestellten Varianten berücksichtigen. Durch

47 Vgl. zur Betrachtung der Risikoeinstellung des Entscheiders im Rahmen der dynamischen Programmierung Krautkraemer, Jeffrey A./van Kooten, G.C./Young, Douglas L. (1992): Incorporating Risk Aversion into Dynamic Programming Models, in: American Journal of Agricultural Economics, 74.(1992), S. 870-878.

4*

52

2. Bewertung des Übergangs vom Fremdbezug zur Eigenerstellung

Einbeziehung einer Risikokostenfunktion könnte eine Formel zur Bewertung einer Investition in Eigenerstellung folgende Gestalt annehmen: Wdl.o

(2.15)

_'"' ('"' p

Lr

~



(min[('~"'

1 )~ ='"' ('"' .(PB,t,z1 +tXB,t,z) .)t ~ t

~p, i

(

XB,t+l,z) 1)~- ('"' p (VkB,t+l,z XB,t+l,z)'Y)~])'Y)~ • c1 + i)t+l · ~ • c1 + ir

p (PB,t+l ,z

1

Ein Beispiel verdeutlicht die Einbeziehung der Risikoeinstellung in das Entscheidungsbaumverfahren. Der Entscheider bewerte die in einer Periode anfallenden Kosten mit (E, Pz (Kz) 3/ 2 ) 2 13. Er ermittelt wie der risikoneutrale Entscheider zunächst, welche Aktion er bei Eintreten des Zustandes 1 zum Zeitpunkt t 1 wählen wird: -->

Kosten bei Produktion von t 1 bis t 2 : 8 ·50= 400 GE

-->

Risikobewertete Kosten bei Fremdbezug in t 2 : [0,5 (10,5 · 50)312 + 0,5 (7,5 · 50)312 ] 213 ~ 453,13 GE

Auch der risikoaverse Entscheider wird bei dem in to gegebenen Informationsstand die Eigenerstellung in t 1 vorziehen. Die erwarteten Kosten derjenigen Alternative, die bei Eintritt des Zustandes 1 in t 1 gewählt wird, betragen somit 400 GE. Für den Zustand 2 ermittelt der risikoneutrale Entscheider: -->

Kosten bei Produktion von t1 bis t2: 8 ·50= 400 GE

-->

Risikobewertete Kosten bei Fremdbezug in t 2 : [0,5 (8,5 · 50)312 + 0,5 (5,5 · 50)31212/ 3 ~ 354,02GE

Bei Eintreten des Zustandes 2 zieht zwar auch der risikoaverse Entscheider den Fremdbezug vor, den Vorteil des Fremdbezugs schätzt er jedoch niedriger ein als ein risikoneutraler Entscheider, da die günstigere kurzfristige Alternative ein größeres Risiko aufweist. Für die risikobewerteten Eigenerstellungskosten ergibt sich somit: -->

Risikobewertete Bereitstellungskosten in t 1 : [0,5 (400)312 + 0,5 (354,02)312 ] 213 ~ 377,36GE

Zum Zeitpunkt t 0 vergleicht der Entscheider die in t 1 anfallenden Kosten: -->

Kosten bei Produktion von t0 bis t 1 : 8 · 50 = 400 GE

-->

Risikobewertete Kosten bei Fremdbezug in t 1 : [0,5 (9 · 50)312 + 0,5 (7 . 50)312 ] 2/ 3 ~401,56GE

2.3 Kritische Würdigung einer investitionstheoretischen Bewertung

53

War der risikoneutrale Entscheider indifferent, so führt Risikoaversion zu einer eindeutigen Bevorzugung der Eigenerstellung, da sie die sichere Alternative darstellt. Die erwarteten Kosten der gewählten Alternative betragen 400 GE. Als risikobewertete Gesamtkosten im Falle des Kapazitätsaufbaus ergeben sich: Risikobewertete Bereitstellungskosten bei einem Kapazitätsautbau in t 0 : 377,36 + 400 =777,36GE.

-t

Für die Kosten der Alternative "Verzicht auf Investition" gilt: Risikobewertete Kosten bei Fremdbezug in t 2 : [0,25 (10,5 · 50)312 + 0,25 (7,5 · 50)312 + 0,25 (8,5 ° sW/2 + 0,25 (5,5 ° sW/212/ 3 :::e 405,09 GE

-t

Risikobewertete Kosten bei Fremdbezug in t 1: [0,5 (9 · 50)312 + 0,5 (7 · 50)312 ] :::e 401,56GE

-t

Für die Kosten bei einem Verzicht auf einen Kapazitätsaufbau ergibt sich somit: Risikobewertete Bereitstellungskosten bei einem Verzicht auf einen Kapazitätsautbau in t 0 : 405,09 + 401,56 = 806,65 GE

-t

Der Wert der Investition aus Sicht des risikoaversen Entscheiders beträgt somit Wdl = 806,65- 777,36 = 29,29 GE. Wegen der im Falle einer Eigenerstellung erhöhten Sicherheit bewertet ein risikoaverser Entscheider die betrachtete Investition höher als ein risikoneutraler Entscheider (29,29 gegenüber 25 GE). Eine Anwendung des Ansatzes der dynamischen Programmierung zur Lösung des Problems "Eigenfertigung versus Fremdbeschaffung" findet sich bei Hölscher48, der als künftigen Handlungsspielraum jedoch nicht die Möglichkeit der kurzfristigen Wahl zwischen Eigenfertigung und Fremdbezug im Falle einer langfristigen Entscheidung zugunsten der Eigenerstellung betrachtet, sondern vielmehr die Möglichkeit des späteren Kapazitätsaufbaus berücksichtigt. Es bleibt kritisch anzumerken, daß die Verfahren der flexiblen Investitionsplanung zahlreiche Informationen benötigen. Es muß zu jedem Zeitpunkt jeder denkbare Zustand und jede denkbare Handlungsalternative bekannt sein. Dies bedeutet hohe Informationsanforderungen und einen hohen Rechenaufwand.

2.3 Kritische Würdigung einer investitionstheoretischen Bewertung der Eigenerstellung Die dynamische Betrachtung erwies sich der statischen Betrachtung als eindeutig überlegen. Statische Methoden der Investitionsrechnung überschätzen den Wert der Eigenerstellung, da sie vernachlässigen, daß ein großer Teil der Kosten bereits zum Zeitpunkt t 0 in Form der Anschaffungsauszahlung anfällt, während der 48

Vgl. Hölscher, Klaus (1971): Eigenfertigung oder Fremdbezug, Wiesbaden 1971.

54

2. Bewertung des Übergangs vom Fremdbezug zur Eigenerstellung

Fremdbezug die Möglichkeit bietet, diesen Betrag zum Kapitalmarktzins anzulegen.49 Dabei sinkt der Anlagebetrag nur allmählich, zu den jeweiligen Ersparniszeitpunkten. Die Einbeziehung der Unsicherheit ist unverzichtbar, da die meisten Entscheider risikoavers sind und eine Vernachlässigung des Investitionsrisikos zu einer erheblichen Fehleinschätzung des Investitionswerts führen kann. Als äußerst problematisch erweist sich bei einer Investitionsrechnung unter Unsicherheit jedoch, daß die Entscheider ihre Risikoeinstellungen quantifizieren müssen. Das Besondere an der Eigenerstellungsalternative ist in diesem Zusammenhang, daß sie sich unter bestimmten Voraussetzungen als Sicherungsmaßnahme gegenüber Fremdbeschaffungspreissteigerungen interpretieren läßt. Kann durch Wahl der Eigenerstellung eine sichere Kalkulationsgrundlage geschaffen werden, während man bei Beibehaltung des Fremdbezugs einer starken Volatilität des Fremdbezugspreises ausgesetzt ist, dann besitzt die Investition in Kapazität aus Sicht eines risikoaversen Entscheiders ein negatives Risiko. Unabhängig davon, ob die Eigenerstellung unelastisch oder elastisch ist, d. h. ein kurzfristiger Wechsel zwischen Eigenfertigung und Fremdbezug möglich ist, müssen die Auszahlungsreihen des Fremdbezugs und der Eigenerstellung stets einer getrennten Risikobewertung unterzogen werden. Erst eine solche Bewertung führt zu einem geeigneten Risikomaß. Die Bewertung des langfristigen Übergangs vom Fremdbezug zur Eigenerstellung bereitet somit bei Unsicherheit über die Fremdbeschaffungskosten größere Probleme als die übliche Bewertung von Investitionen, die durch Einzahlungsüberschüsse gekennzeichnet sind. Eine realitätsnähere Abbildung des zugrundeliegenden Entscheidungsproblems gelingt mit der Methode der flexiblen Planung. Berücksichtigt man hierbei die Risikoeinstellung der entscheidenden Individuen, wie dies erst in jüngerer Zeit in der investitionstheoretischen Literatur geschieht, so ergibt sich eine hohe Komplexität der Bewertung. Mit den folgenden Kapiteln werden wir nun das Ziel verfolgen, zwei wesentliche Probleme der traditionellen Methoden zur Bewertung von Realinvestitionen, (1) die Notwendigkeit einer Schätzung der künftigen Ersparnisse und (2) die Notwendigkeit einer individuellen Risikobewertung, in den Griff zu bekommen. Läßt sich für eine Investition in Eigenfertigung ein Marktwert ermitteln, so kann auf die umständliche Bewertung der individuellen Risikoeinstellung verzichtet werden. Zudem kann auf diese Weise die Notwendigkeit, geschätzte Daten zu verwenden, umgangen werden. 49 Vgl. Rasch, Heinz (1968), S. 53; Männe!, Wolfgang (1969): Wahl zwischen Eigenfertigung und Fremdbezug nach den Grundsätzen der Vollkosten- oder Deckungsbeitragsrechnung?, in : Neue Betriebswirtschaft und betriebswirtschaftliche Datenverarbeitung (NB), 22.(1969), S. 7.

3. Bewertung von Investitionen als Realoptionen In diesem Kapitel zeigen wir zunächst, unter welchen Bedingungen sich Realinvestitionen als Optionen interpretieren lassen. Dabei lassen sich mehrere Realoptionstypen unterscheiden. Die in der Literatur bereits behandelten Arten werden vorgestellt. Im Anschluß werden Vorteile und Voraussetzungen einer Anwendung der Optionspreistheorie zur Bewertung von Realinvestitionen dargelegt. Im Vorgriff auf Kapitel 4 treffen wir in Abschnitt 3.4 eine Entscheidung zugunsten eines bestimmten Optionspreismodells. Es werden die besonderen Vorteile einer Verwendung dieses Modells als Grundmodell zur optionspreistheoretischen Bewertung des langfristigen Übergangs vom Fremdbezug zur Eigenerstellung aufgezeigt. Abschließend stellen wir empirische Tests von Optionspreismodellen für Realinvestitionen dar. 3.1 Interpretation elastischer Investitionen als Optionen

Optionen sind dadurch gekennzeichnet, daß ein Investor gegen Zahlung einer Optionsprämie in t 0 (Optionskaufzeitpunkt) das Recht 1 erhält, zu einem bestimmten künftigen Zeitpunkt T' (europäische Option) oder einem beliebigen künftigen Zeitpunkt innerhalb einer im voraus festgelegten Laufzeit (amerikanische Option) ein genau definiertes Gut (Basisobjekt) 2 zu einem in t 0 der Höhe oder Spezifizierung nach festgelegten Preis (Ausübungs- bzw. Basispreis)3 zu kaufen oder zu ver-

I Als Recht wird im folgenden eine Wahlmöglichkeit auch dann bezeichnet, wenn der Optionsinhaber keinen vertraglichen Rechtsanspruch auf diese Wahl besitzt. 2 In der Literatur zu Realoptionen werden nicht immer Güter als Basisobjekte gewählt. Häufig wird die Existenz eines fiktiven "twin asset" unterstellt. Dies ist dann zum Beispiel eine Investition unter der Annahme, daß sie keine Option enthält. Vgl. Bjerksund, Petter/Ekern, Steinar (1990): Managing Investment Opportunities Under Price Uncertainty: From "Last Chance" to "Wait and See" Strategies, in: Financial Management, 19.(1990).3, S. 66. Da es sich im folgenden als vorteilhaft erweisen wird, Güter als Basisobjekte anzusehen, wird auf die Annahme der Existenz eines "twin asset" verzichtet. 3 Wird der Basispreis in t 0 fixiert, so handelt es sich um die gewöhnliche Option mit sicherem Ausübungspreis. Wird der Basispreis dagegen in to nur spezifiziert, so handelt es sich um eine Option mit unsicherem Ausübungspreis. Zur Bewertung von Optionen mit unsicherem Ausübungspreis vgl. Fischer, Stanley (1978): Call Option Pricing When the Exercise Price is Uncertain, and the Valuation of Index Bonds, in: Journal of Finance, 33.(1978).1, S. 169-176; Margrabe, William (1978): The Value of an Option to exchange one asset for another, in: Journal ofFinance, 33.(1978).1, S. 177-186; Büchel, Helmut (1988): Bewertung

56

3. Bewertung von Investitionen als Realoptionen

kaufen (Kauf- bzw. Verkaufsoption). Allgemein gilt: Eine Option gibt dem Erwerber das Recht, zu einem künftigen Zeitpunkt eine Entscheidung (Ausübungsentscheidung) zu treffen. Dabei erhält der Optionskäufer die Möglichkeit, beim Kauf oder Verkauf eines Basisobjekts zwischen zwei Preisen, dem Marktpreis (S) und dem zum Beispiel durch einen Optionsvertrag definierten Alternativpreis (X), zu wählen. Er erzielt einen Gewinn, wenn der Marktwert des Basisobjekts größer (Kaufoption) bzw. kleiner (Verkaufsoption) als der Alternativpreis ist. Man kann zwei Optionstypen unterscheiden: (i) "Tauschoptionen", bei denen man durch den Kauf der Option einen Wertgegenstand (zum Beispiel eine Aktie) erhält. Dieser Wertgegenstand wird von t 0 bis zum Ausübungszeitpunkt gehalten. In diesem Zeitraum kann sich die Vermögensposition des Optionskäufers um die Wertsteigerungen oder -minderungen des Wertgegenstandes ändern. Zum Ausübungszeitpunkt besteht das Recht, diesen Gegenstand in einen anderen zu tauschen (exchange options, options to convert). (ii) "Wahloptionen", bei denen man zum Optionskaufzeitpunkt keinen Wertgegenstand erwirbt. Zum Ausübungszeitpunkt besteht dann die Möglichkeit, einen Wertgegenstand (das Basisobjekt) zu einem im voraus festgelegten Preis zu erwerben. Zu den Wahloptionen gehören die gewöhnlichen europäischen Finanzoptionen. Wie die Tauschoptionen, so enthalten auch die Wahloptionen ein Tauschrecht (Bargeld --+ Wertgegenstand). Zum Ausübungszeitpunkt besteht der einzige Unterschied zu den Tauschoptionen darin, daß bei den Wahloptionen erst jetzt der einzutauschende Wert zur Verfügung stehen muß. Mit der Begriffsunterscheidung soll also vor allem verdeutlicht werden, ob ein Investor durch einen Optionskauf schon zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses einen Wertgegenstand erhält, den er später eintauschen kann oder nicht. Realinvestitionen, die Handlungsspielräume aufweisen, besitzen grundsätzlich den Charakter von Optionen. Dabei läßt sich die Anschaffungsauszahlung einer elastischen Realinvestition als Optionsprämie interpretieren. 4 Durch die Anschaffungsauszahlung erhält der Investor das Recht, auf Entwicklungen des Umweltzustandes, etwa in Form sich verändernder Absatzpreise, Absatzmengen und Produktionskosten, mit einer Änderung des Produktionsprogramms zu reagieren, statt einem starren Aktionsprogramm wie bei einem festkonditionierten Fremdbezug folgen zu müssen.

von Optionen mit aktienkursabhängigem Basispreis, in: Zeitschrift für betriebswirtschaftliehe Forschung, 40.(1988).10, S. 884-895; Bookstaber, Richard M. (1991): Option Pricing and Investment Strategies, 3. Aufl., London 1991, S. 218-219. 4 Nicht nur Anschaffungsauszahlungen für den Kauf eines Potentialfaktors, sondern auch Mietzahlungen für einen Potentialfaktor können als Optionsprämie angesehen werden.

57

3.1 Interpretation elastischer Investitionen als Optionen

Zumeist besitzen Realinvestitionen die Eigenschaften von Optionen mit unsicherem Ausübungspreis, d. h. es kann ein Objekt, dessen Wert in t 0 unsicher ist, in einen anderes Objekt getauscht werden, dessen Wert in t 0 ebenfalls unsicher ist. Optionscharakter besitzen jedoch auch Investitionen, bei denen ein Investor lediglich die Möglichkeit erwirbt, auf eine zum Ausübungszeitpunkt im Vergleich zum Zeitpunkt t 0 gesunkene Unsicherheit zu reagieren. Eine solche "Option" liegt vor, wenn zwischen der Ausübungsentscheidung und der Ergebnisrealisierung (in Form von Zahlungen) Zeit vergeht (vgl. zur Ausübung unter Unsicherheit bei der langfristigen Wahl des Bereitstellungsweges Abschnitt 4.3.2.4). Betrachtet man die in den Optionen enthaltenen Unsicherheitsstrukturen, so lassen sich nun folgende Optionstypen unterscheiden (mit S = Marktpreis des Basisobjekts und X= Ausübungspreis): Optionstyp

Information zum Optionskaufzeitpunkt tg

Information zum Ausübungsze~punkt

r

Option mit sicherem

S unsicher

S sicher

Ausübungspreis

X sicher

X sicher

Option mit unsicherem

S unsicher

S sicher

AusObungspreis

X unsicher

X sicher

'Option• mit Ausübung

S unsicher

Sund/oder X

unter Unsicherheit

X unsicher

unsicher

Die Existenz von Handlungsspielräumen, dies zeigt die obige Begriffsabgrenzung von Optionen, reicht nicht aus, eine Realinvestition als Option zu bezeichnen. Es muß ein Basisobjekt (zum Beispiel ein Produkt), das einen Marktpreis besitzt, und ein sich aus dem Produktionsprogramm ergebender Alternativpreis vorhanden sein. Comrnodity options sind Verträge, die eine Absicherung gegen Schwankungen der Güterpreise ermöglichen. Auch hier sind also reale Güter Basisobjekte einer Option. Dennoch werden wir im folgenden comrnodity options nicht als Realoptionen bezeichnen und sie folglich aus unserer Untersuchung ausklammern, da die eigentliche Option in diesem Fall ein Finanzkontrakt, also ein Vertrag ist.5 Bei den von uns untersuchten Optionen handelt es sich dagegen um reale Güter, die eine Option implizieren. Weder ein Kauf- noch ein Mietvertrag sind hier Ursache des Optionscharakters. Somit können an dieser Stelle folgende Optionstypen unterschieden werden: 5 Vgl. zur optionspreistheoretischen Bewertung von commodity options Hoag, James W. (1983): The Valuation ofCommodity Options, in: Option Pricing, hrsg. von Menachem Brenner, Lexington 1983, S. 183-221.

58

3. Bewertung von Investitionen als Realoptionen

--+

Finanzoptionen: Finanzkontrakt (Option) auf Finanztitel (Basisobjekt)

--+

Commodity options: Finanzkontrakt (Option) auf reales Gut (Basisobjekt)

--+

Realoptionen: Kauf/Miete eines realen Gutes (Option) zum Beispiel zur Herstellung eines realen Gutes (Basisobjekt)

Im Anschluß werden die bisher in der Literatur untersuchten Realoptionen nach Typen gegliedert dargestellt. 3.1.1 Europäische Realoptionen

Es werden im folgenden die Produktionsoption, die Liquidationsoption und eine Option auf die Liquidation von Endprodukten in ihrer Grundform (also als europäische Option) dargestellt, da die diesen Optionen zugrundeliegende Idee hierbei am besten verdeutlicht werden kann. 6 Es ist darauf hinzuweisen, daß es sich bei den europäischen Varianten dieser Optionen nur um die jeweiligen Grundmodelle handelt. So werden die Produktionsoptionen und die Liquidationsoptionen in der Literatur unter Zugrundelegung verschiedener Annahmen untersucht. Sie sind also nicht notwendigerweise stets europäische Optionen. Abbildung 4 auf S. 59 veranschaulicht den Entscheidungsablauf bei einer europäischen Option (dargestellt am Beispiel einer Wahloption): 7 3.1.1.1 Produktionsoption (option to shut in) Eine Investition, die eine Produktionsoption enthält, gibt dem Investor das Recht, die vorhandene Kapazität ungenutzt zu lassen, falls sich durch Produktion und Verkauf des auf der Produktionsanlage herstellbaren Gutes negative Dekkungsbeiträge ergeben. Diese Definition hat dazu geführt, daß diese Option in der Literatur fast ausschließlich als Option auf Produktionsstillstand (option to shut down) bezeichnet wird. 8 Es wird in diesem Abschnitt erläutert, wieso eine Verwendung des Begriffs "Produktionsoption" vorzuziehen ist. 6 Auf eine Darstellung der von Zinkban betrachteten "timberlands land-use conversion option" wird verzichtet. Hierbei untersucht Zinkban die europäische Tauschoption, ein bewaldetes Grundstück einer anderen Nutzung zuführen zu können. Vgl. Zinkban, Christian F. (1991): Option Pricing and Timberland's Land-Use Conversion Option, in: Land Economics, 67.(1991).3, S. 317ff. 7 Mit OKE = Optionskaufentscheidung, AE :: Ausübungsentscheidung und den beiden Alternativen A und B. s Vgl. McDonald, Robert L./Siegel, Daniel R. (1985): Investment and the Valuation of Firms when there is an Option to Shut Down, in: International Economic Review, 26.(1985).6, S. 33lff.; Brennan, Michael J./Schwartz, Eduardo S. (1985a): Evaluating Natural Resource Investments, in: Journal of Business, 58.(1985).2, S. l35ff.; ders. (1985b):

3.1 Interpretation elastischer Investitionen als Optionen

OKE

59

AE

B

,.,

A

Abbildung 4

Die Literatur hat sich bislang auf die Betrachtung der Option, die Produktion von Absatzgütern zu unterbrechen (Outputoption), konzentriert. Als Basisobjekte fungieren in diesem Fall Endprodukte. Die Produktionsoption wird in T' ausgeübt, d. h. es wird auf die Produktion des Absatzgutes verzichtet, wenn keine positiven Deckungsbeiträge erzielt werden können. Der Optionsinhaber vergleicht zum Ausübungszeitpunkt somit folgende "Preise":

= Erlöse

-->

S

-->

X = Variable Kosten

Bei einer exogen vorgegebenen Absatzmenge ist der Marktpreis des Endprodukts der Preis des Basisobjekts. Als Basispreis lassen sich dann die variablen Stückkosten interpretieren. Man kann sich die variablen Stückkosten dabei als zum Verkaufspreis des Outputs alternativen Preis vorstellen. Dieser alternative Preis setzt sich aus den Beschaffungspreisen für die Inputs und dem "Preis" für die Produktion zusammen. Bei der Produktionsoption handelt es sich um eine Kaufoption, weil immer dann ausgeübt wird, wenn der Marktpreis den Alternativpreis übersteigt. Die folgende A New Approach to Evaluating Natural Resource Investments, in: Midland Corporate Finance Journal, 3.(1985).1, S. 42ff.; Lehman (1989), S. 3f. ; Laux (1993), S. 950ff.

60

3. Bewertung von Investitionen als Realoptionen

grafische Darstellung der Abhängigkeit des Optionswerts zum Ausübungszeitpunkt (OWT') vom Outputpreis zeigt, wieso die Produktionsoption einer Kaufoption entspricht: 9

Options-

wert ln T'

/"

~======~-------------~' AbuaVariable Stückkosten

/

preis

Abbildung 5

Die Option besteht darin, die vorhandene Kapazität ungenutzt zu lassen. Dekkungsbeiträge werden jedoch erzielt, indem das Basisobjekt zum Ausübungspreis angeschafft (d. h. beschafft und verarbeitet) und anschließend auf dem Markt zum Absatzpreis wieder veräußert wird. Da Ausübung und Produktion folglich gleichzusetzen sind, wäre es sinnvoller, diese Option als Produktionsoption (option to shut in) zu bezeichnen. 10 Es existiert noch ein weiteres, wesentliches Argument dafür, den Begriff einer Produktionsoption zu verwenden. So enthält die betrachtete Investition zwar das Recht, die vorhandene Kapazität ungenutzt zu lassen, doch wird der Optionswert nicht als Zusatzwert (Flexibilitätswert) zum Wert der Investition ermittelt. Vielmehr wird die gesamte Investition als Option aufgefaßt, so daß der Optionswert dem Wert der Investition entspricht. Es gilt folglich: Optionsprämie = Anschaffungsauszahlung und Optionswert = Wert der Investition. Der Optionswert entIm Schaubild werden sichere variable Stückkosten unterstellt. In seltenen Fällen wird dieser Terminus in der Literatur verwendet. Vgl. Lebman (1989), s. 3f. 9

10

3.1 Interpretation elastischer Investitionen als Optionen

61

spricht also den unter der Berücksichtigung des künftigen Handlungsspielraumes erzielbaren Deckungsbeiträgen (DB), d. h.: OWr' = max [0; DBr'] = max [0 ; 'PT'

--+

XT'-

vk1' x1'].

Für eine optionspreistheoretische Bewertung von Produktionsanlagen ist es sinnvoll, die Produktionsoption als Mehrfachoption (vgl. hierzu Abschnitt 3.1.3.1) zu betrachten, also als Recht, über mehrere Perioden hinweg Produktionsentscheidungen zu treffen. 11 Daneben wurde die Produktionsoption als amerikanische Option behandelt. 12 Weitere Untersuchungen beschäftigen sich mit der Produktionsoption im Rahmen komplexerer Optionen. 13 3.1.1.2 Liquidationsoption (option to abandon) Ein Investitionsprojekt enthält eine Liquidationsoption, wenn die Investition das Recht bietet, zu einem künftigen Zeitpunkt zwischen Fortführung und Aufgabe des Projekts zu entscheiden. Die Liquidationsoption besitzt einen Wert, wenn die Möglichkeit besteht, daß der Liquidationswert des Projekts zu einem künftigen Zeitpunkt den Barwert der mit dieser Anlage erzielbaren Einzahlungsüberschüsse übersteigt. Als Basisobjekt fungiert bei der Liquidationsoption die gesamte Produktionsanlage. Die der Ausübungsentscheidung zugrundeliegenden Vergleichswerte ("Preise") des Basisobjekts lauten: --+

S

--+

X

= Barwert des Investitionsprojekts ohne Liquidationsoption (BW) = Liquidationswert (LW)

Der Vergleich dieser beiden Alternativpreise bereitet Schwierigkeiten, weil der Barwert einer Produktionsanlage in der Regel nicht am Markt beobachtbar ist. Der Liquidationswert ist nur dann beobachtbar, wenn ein liquider Sekundärmarkt für das betrachtete Projekt existiert. In diesem Fall ist die Möglichkeit des jederzeitigen Rückkaufs der Investition zu beachten. Da der Ausübungspreis bei dieser Option eine Absicherung gegen einen stark fallenden Investitionswert bietet, handelt es sich um eine Verkaufsoption. Die (euVgl. McDonald/Siegel (1985), S. 331ff.; Lehman (1989), S. 3f. Vgl. Tourinho, Octavio A. F. (1979): The Valuation of Reserves of Natural Resources: An Option Pricing Approach, University of California, Berkeley, 1979, S. 11 f. 13 Brennan/Schwartz betrachten die Produktionsoption in Form einer Nutzungswechseloption mit Wechselkosten (vgl. hierzu Abschnitt 3.1.3.2), d. h. es kann die Produktion während der Nutzungsdauer der Produktionsanlage stets kurzfristig unterbrochen werden. Dabei entstehenjedoch Stillstands- und Wiederanlaufkosten. Vgl. Brennan/Schwartz (1985a), S. 135ff. bzw. ders. (1985b), S. 42ff. Ekern behandelt die Produktionsoption im Rahmen einer verbundenen Option (vgl. hierzu Abschnitt 3.1.4). Vgl. Ekern, Steinar (1988): An Option Pricing Approach to Evaluating Petroleum Projects, in: Energy Economics, April 1988, S. 95ff. II

12

62

3. Bewertung von Investitionen als Realoptionen

ropäische) Option wird also immer dann ausgeübt, wenn der Ausübungspreis den Marktpreis übersteigt. Ein Schaubild verdeutlicht, warum die Liquidationsoption den Charakter einer Verkaufsoption besitzt: 14

Optionaw.tlnT'

/"

L~---~~=====~~"'-~~=dea Liquidatlona-

/ ohneOptlon

wert

Abbildung 6

Bei der Liquidationsoption stellt der Optionswert einen Zusatzwert zum Barwert des Investitionsprojekts dar. Mit Hilfe der Optionsbewertung wird also lediglich der Wert der durch die Veräußerungsmöglichkeit implizierten Flexibilität ermittelt. Es gilt: -->

OWT' = ma.x [0; LWT'- BWT'] und Wd!T' = BWT'

+ OWr' =

ma.x [LWT'; BWT•].

In der Literatur finden sich optionspreistheoretische Bewertungen der europäischen Liquidationsoption. 15 Zumeist wird die Liquidationsoption jedoch sinnvollerweise in Form einer amerikanischen Option betrachtet, da die vorzeitige Veräußerung einer Produktionsanlage in der Regel zu jeder Zeit möglich ist. Dabei konzentrierte sich die Diskussion zunächst auf das Problem des optimalen Ausübungszeitpunkts.16 Erst sehr viel später stand die Bewertung dieser Option im Vorder-

14 Ein sicherer, vom Barwert des Projekts unabhängiger Liquidationswert sei unterstellt.

15 Vgl. Kensinger, John W. (1980): Project abandonment as a Put Option: Dealing With the Capital Investment Decision and Operating Risk Using Option Pricing Theory, working paper 80-121, S. 2ff.; Brealey/Myers (1991), S. 514ff.; Schnabel, Jacques (1992): Uncertainty and the Abandonment Option, in: Engineering Economist, 37.(1992), S. 172-177.

3.1 Interpretation elastischer Investitionen als Optionen

63

grund. Bonini bewertete die amerikanische Liquidationsoption mit Hilfe der dynamischen Programmierung. 17 Eine optionspreistheoretische Bewertung einer amerikanischen Liquidationsoption mit Berücksichtigung von Projekterträgen nahmen Myers/Majd vor. 18 Es finden sich auch bei der Liquidationsoption Anwendungen im Bereich komplexerer Optionen. So betrachten Brennan/Schwartz eine Investition, die neben einer Liquidationsoption eine Produktionsoption enthält. 19 Merville/Mishra untersuchen die Liquidationsoption im Rahmen komplexer Realoptionen (vgl. hierzu Abschnitt 3.1.6)?0 3.1.1.3 Option auf die Liquidation von Endprodukten Chung betrachtet eine Option, die Ähnlichkeiten zur Liquidationsoption aufweist.21 Nehmen wir an, ein Unternehmen verfüge über eine Maschine, mit der sie das Gut C produziere. Die Produktionskosten je Stück betragen vkc . Die Produktion dauere von t 0 bisT'. Die Nachfrage nach dem Gut C sei erst in T' bekannt, so daß das Unternehmen in t0 unter Unsicherheit über die Entwicklung der Nachfrage entscheiden muß, welche Menge jetzt produziert und in T' angeboten werden soll. Chung nimmt nun an, daß das Angebot sc die Nachfrage dc in T' übersteigen kann. In diesem Fall kann lediglich die nachgefragte Menge zum Verkaufspreis pc abgesetzt werden. Es sei jedoch die Möglichkeit vorhanden, die überschüssigen Fertigerzeugnisse zu einem unter dem Verkaufspreis liegenden Restwert rwc zu veräußern. 16 Vgl. Robichek, Alexander A./van Horne, James C. (1967): Abandonment Value and Capital Budgeting, in: The Journal of Finance, 22.(1967).12, S. 577-590; Dyl, Edward A./ Long, Hugh W. (1969): Abandonment Value and Capital Budgeting: Comment, in: The Journal of Finance, 24.(1969).3, S. 88-95 ; Robichek, Alexander A./van Horne, James C. (1969): Abandonment Value and Capital Budgeting: Reply, in: The Journal of Finance, 24.(1969).3, S. 96-97. Zum optimalen Ausübungszeitpunkt einer amerikanischen Realoption vgl. Abschnitt 3.1.2.1. 17 Vgl. Bonini, Charles P. (1977): Capital Investment Under Uncertainty With Abandonment Options, in : Journal of Financial and Quantitative Analysis, 12.(1977).1, S. 39-54. 18 Vgl. Myers, Stewart C./Majd, Saman (1983): Calculating Abandonment Value Using Option Pricing Theory, Sloan School of Management M.I.T., May 1983; ders. (1990): Abandonment Value and Project Life, in: Advances in Futures and Options Research, 4.(1990), S. 1-21; Vgl. zu den Problemen einer optionspreistheoretischen Bewertung der Liquidationsoption Abschnitt 3.3.2. 19 Vgl. Brennan/Schwartz (l985a), S. 135ff.; ders. (1985b), S. 42f. 2o Vgl. Merville, Larry J./Mishra, Chandrasekhar (1991): Capital Investment And Firm Leverage, in: Research in Finance, 9.(1991), S. 62ff. 21 Vgl. Chung, Kee H. (1990): Output Decision under Demand Uncertainty with Stochastic Production Function: A Contingent Claims Approach, in: Management Science, 36.(1990), s. 1311-1328.

64

3. Bewertung von Investitionen als Realoptionen

Chung erkennt, daß die Maschine als Option interpretiert werden kann und in T' über folgenden Wert verfügt: --+

OWr· = min [pc sc- vkc sc; Pc dc + rwc (sc- dc)- vkc sc] .22

Chung formt diese Gleichung um, so daß deutlich wird, daß das Unternehmen Stillhalter einer Verkaufsoption ist, es also eine sogenannte short put Position besitzt. Eine Stillhalterposition ist aber nicht Konsequenz von Handlungsspielräumen elastischer Investitionen, wie wir sie in diesem Abschnitt vorstellen wollen. Betrachtet man die Unternehmensposition jedoch näher, so erkennt man - im Gegensatz zu Chung - daß das Unternehmen in seinem Beispiel im Prinzip gleich zwei Optionsgeschäfte abgeschlossen hat. Darunter befindet sich auch eine Realoption. Besitzt der Produzent das Recht, die nicht zum Marktpreis pc absetzbaren Produkte zu einem niedrigeren Restwert rwc zu veräußern, so beinhaltet seine Produktionsantage eine Verkaufsoption. Das Basisobjekt ist das Endprodukt Es gibt folgende Vergleichswerte: 23 S =Nachfragemenge dc

-+

X =Angebotsmenge sc

-+

Options-

wert ln T'

0 Angebotsmenge

Nachfragemenge

Abbildung 7 Vgl. Chung (1990), S. 1314. Die Höhe des Optionserlöses wird im Bereich Preis, sondern durch die Nachfragemenge beeinflußt. 22

23

dc < sc nicht durch den erzielbaren

3.1 Interpretation elastischer Investitionen als Optionen

65

Der Produzent ist also wie bei der Liquidationsoption Inhaber einer Verkaufsoption (d. h. er hält eine long put Position), deren Wert sich in T als OWT' = max [0 ; rwc sc - rwc dc] ergibt (vgl. die Abbildung 7 aufS. 64). Der Produzent ist jedoch nicht nur Inhaber einer Verkaufsoption, er ist zugleich auch Stillhalter in Bezug auf die Nachfrageentwicklung. Inhaber dieser Option ist somit "die Umwelt". Vernachlässigt man die Möglichkeit, die überschüssigen Endprodukte zum Restwert rwc zu verkaufen, so besitzt die Produktion in T' folgenden Wert: -+

min [pc sc ; Pc dc] - vkc sc = Pc sc - max [0 ; Pc sc - Pc dc] - vkc sc.

Die Option weist also folgenden, aus Sicht des Unternehmens negativen Wert auf: -+

max [0 ; Pc sc - Pc dc]

Abbildung 8

Im Falle dc > sc ist der Gewinn konstant. Bei dc < sc fließt dem Unternehmen dagegen ein von der Nachfragemenge abhängiger Gewinn zu. Den im Falle von sc = dc erzielbaren Gewinn in Höhe von Pc sc - vkc sc kann man als Optionsprämie interpretieren. Es ist dabei zu beachten, daß der Erlös erst in T' anfallt. Eine Optionsprämie wird hingegen üblicherweise stets im voraus bezahlt. Typisch für eine Optionsprämie ist jedoch der Einsatz von Mitteln (hier in Form der Bereitstellung des Angebots) zur Erzielung eines von der Umweltentwicklung (hier der Nachfrageentwicklung) abhängigen Optionsgewinns. Zum Ausübungs5 Scheffen

3. Bewertung von Investitionen als Realoptionen

66

zeitpunkt gilt bei dieser Option: "Übt die Umwelt aus", dann veningert sich der Gewinn des Unternehmens um Pc sc - Pc dc auf Pc dc - vkc sc. Abbildung 8 aufS. 65 zeigt, daß der Produzent Stillhalter einer Verkaufsoption ist.24 Muß ein Unternehmen seine Absatzmenge also unter Unsicherheit über die künftige Nachfrage festlegen, so wird es zum Stillhalter einer Verkaufsoption. Besitzt es jedoch die Möglichkeit, die überschüssigen Güter zu einem unter dem Absatzpreis liegenden Restwert zu veräußern, so ist es überdies Inhaber einer Verkaufsoption. Das Unternehmen verfügt aufgrundder sich in der Maschine ausdrükkenden Produktionsmöglichkeiten über zwei Optionspositionen. Die von Chung betrachtete Gesamtposition läßt sich als Stillhalterposition bei einer Verkaufsoption interpretieren, da rwc < pc. Der long put kann den short put somit nur teilweise kompensieren.

3.1.2 Amerikanische Realoptionen Amerikanische Realoptionen bieten das Recht, zu einem beliebigen Zeitpunkt innerhalb einer bestimmten Laufzeit durch Zahlung des Alternativpreises X (oder entsprechend durch den Eintausch eines Wertgegenstandes X) das Basisobjekt mit dem Marktpreis S zu erhalten. Diese Entscheidung ist jedoch irreversibel, d. h. durch Ausübung der Option erlischt das Optionsrecht Die Option wird "vernichtet". 3.1.2.1 Option auflnvestitionsaufschub (option to wait) Als Option auf Investitionsaufschub (option to wait, option to defer oder option to delay) wird in der Literatur das jedermann zustehende Recht bezeichnet, eine Investitionsentscheidung hinauszuschieben und den Zeitpunkt der Entscheidung zu wählen. 25 Die Produktionskosten vkc sc seien vernachlässigt. Vgl. zur Option auf Investitionsaufschub Henry, Claude (1974): Option Values in the Economics of Irreplaceable Assets, in: Review of Economics Studies, 41.(1974), S. 89-104; Titman, Sheridan (1985): Urban Land Prices Under Uncertainty, in: American Economic Review, 75.(1985).3, S. 505-514; McDonald, Robert L./Siegel Daniel R. (1986): The Value of Waiting to Invest, in: The Quarterly Journal of Economics, 101.(1986), S. 707-727; Laughton, David G./Jacoby, Henry D. (1991): A Two-Method Solution To The Investment Timing Option, in: Advances in Futuresand Options Research, 5.(1991), S. 71-87; Ingersoll, Jonathan E./Ross, Stephen A. (1992): Waiting to Invest: Investment and Uncertainty, in: Journal of Business, 65.(1992).1 , S. 1-29; Dixit, Avinash K./ Pindyck, Robert S. (1994): Investment Under Uncertainty, Princeton University Press 1994. Trigeorgis betrachtet diese Option unter Berücksichtigung wettbewerbsstrategischer Aspekte. Vgl. Trigeorgis, Lenos (1991a): Antici24 25

3.1 Interpretation elastischer Investitionen als Optionen

67

Es wird dabei angenommen, daß die Investitionsentscheidung irreversibel sei (zum Beispiel wegen eines lediglich vernachlässigbar geringen Liquidationswerts), so daß es sich um eine amerikanische Option handelt:

OKE

B

A l'

Abbildung 9

Ein Optionsrecht, das jedermann zusteht, wird Anteiloption (shared option) genannt. Hiervon sind diejenigen Optionen abzugrenzen, die erst erworben werden müssen (vgl. die in Abschnitt 3.1.1, S. 58ff., behandelten, mit einer Investition verbundenen Optionen). Solche Optionen werden als Eigentumsoptionen (proprietary options) bezeichnet. 26 Einen Wert besitzt die Option auf Investitionsaufschub immer dann, wenn die Möglichkeit besteht, daß der Barwert eines Projekts die Investitionsauszahlung zu irgendeinem künftigen Zeitpunkt übersteigt. Es existieren also folgende Vergleichspreise: --+

S = Barwert des Investitionsprojekts

--+

X = Investitionsbetrag

pated Cornpetitive Entry and Early Preernptive Investment in Deferrable Projects, in: Journal ofEconornics and Business, 43.(1991), S. 143-156. 26 Vgl. zu den Begriffen proprietary und shared real options Trigeorgis, Lenos (1988): A Conceptua1 Options Frarnework for Capital Budgeting, in: Advances in Futuresand Options Research, 3.(1988), S. 154ff. 5*

68

3. Bewertung von Investitionen als Realoptionen

Da diese beiden Werte nur bei unvollkommenen Märkten differieren können, kann die Option auf Investitionsaufschub nur dann einen Wert besitzen, wenn die Existenz kurzfristiger Marktungleichgewichte und damit auch die Existenz positiver Kapitalwerte von Investitionen möglich ist. Diese Aussage trifft auf alle Anteiloptionen zu. Die Option auf Investitionsaufschub wird stets im Zusammenhang mit der Zurückstellung irreversibler Investitionen untersucht. Dabei wird in der Literatur bemängelt, daß aufschiebbare Investitionen bei Anwendung der Kapitalwertmethode zu früh begonnen werden. Die traditionelle Entscheidungshürde, nach der sämtliche Investitionen, die einen positiven Kapitalwert aufweisen, durchgeführt werden sollen, wird als zu niedrig empfunden. Dies wird damit begründet, daß die Investitionen zu einem späteren Zeitpunkt einen höheren Kapitalwert aufweisen könnten, dieser aber nicht mehr erzielbar ist, wenn zuvor eine irreversible Investitionsentscheidung getroffen wurde. So gilt etwa nach McDonald/ Siegel: "the rule, 'invest if the net present value of investing exceeds zero' is only valid if the variance of the present value of futures benefits and costs is zero or if the expected rate of growth of the present value is minus infinity". 27 Da mit einer Investition der Wert der Option auf Investitionsaufschub vernichtet würde, wird folglich unter anderem vorgeschlagen mit einer Investition zu warten bis der Kapitalwert eine bestimmte Höhe erreicht hat. 28 Man erkennt, daß es sich bei der Option auf Investitionsaufschub nicht um eine Realoption handelt. Zwar ähnelt dieses Konstrukt einer Realoption, doch ist es hier wie bei allen Anteiloptionen nicht möglich, einem konkreten Gegenstand einen Optionswert zuzuordnen. 29 Man könnte die Option auf Investitionsaufschub jedoch wie folgt interpretieren: Es handelt sich in der vorliegenden Situation nicht um eine Optionskaufentscheidung. Es wurde vielmehr eine Realoption bereits angeschafft. Zum aktuellen Zeitpunkt ist nun eine Ausübungsentscheidung zu treffen. Wird ausgeübt, indem die irreversible Investition getätigt wird, so wird die Realoption vernichtet. Die Option auf Investitionsaufschub erlischt. Es ist hierbei zu beachten, daß der Inhaber einer amerikanischen Option bei einer vorzeitigen Ausübung auf den Zeitwert der Option verzichtet. Bei Existenz vollkommener Märkte erhält er bei einem Verkauf der Option auf dem Markt sowohl den inneren Wert (lW) als auch den Zeitwert (ZW) vergütet. 30 Im Falle einer McDonald/Siegel (1986), S. 708. Vgl. McDonald/Siegel (1986), S. 706; Siek, Gordon (1989): Capital Budgeting With Real Options, Monograph Series in Finance and Economics, Monograph 1989-3, New York 1989, s. 2. 29 Das Optionsrecht ist weder vertraglich fixiert noch Teil eines Investitionsprojekts. 30 Der Zeitwert einer Option ist Folge der Möglichkeit eines künftigen Anstiegs des inneren Wertes dieser Option. 21

2s

3.1 Interpretation elastischer Investitionen als Optionen

69

Ausübung erhält er lediglich den inneren Wert. Eine Abbildung soll dies veranschaulichen:

X

Abbildung 10

Interpretiert man die Option auf Investitionsaufschub also als Teil einer Eigentumsoption, so wird erkennbar, wieso der Kapitalwert in der Literatur zu Realoptionen stets als zu niedrige Entscheidungshürde angesehen wird. Der Kapitalwert einer irreversiblen Investition entspricht dem inneren Wert der Option auf Investitionsaufschub. Der Beginn eines Investitionsprojekts bedeutet den Verzicht auf den Zeitwert dieser Investition. In der umfangreichen Literatur, die sich mit der Option auf Investitionsaufschub beschäftigt, ist bisher nur selten erkannt worden, daß es sich im Prinzip um die Betrachtung einer Ausübungsentscheidung handelt. So heißt es bei Pindyck: "When investment is irreversible and future demand or cost conditions are uncertain, an investment expenditure involves the exercising, or 'killing,' of an optionthe option to productively invest at any time in the future". 31 Auch Petruzzi erkennt den Charakter einer Ausübungsentscheidung, behauptet jedoch, daß Realinvestitionen erst dann getätigt werden sollten, wenn sie sich im 31 Pindyck, Robert S. (1988): Irreversible Investment, Capacity Choice, and the Value of the Firm, in: American Economic Review, 78.(1988).5, S. 969. Vgl. auch Beißinger, Thomas/Möller, Joachim (1994): Die Neue Investitionstheorie, in: Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 23.(1994).6, S. 272.

70

3. Bewertung von Investitionen als Realoptionen

Geld befinden, d. h. für ihren inneren Wert IW aber der Zeitwert vernichtet.

> 0 gilt. 32 In diesem Falle würde

Vergleicht man die Option auf Investitionsaufschub mit den amerikanischen Varianten der Produktionsoption und der Liquidationsoption, so stellt man fest, daß die Option auf Investitionsaufschub das Recht gibt, eine Investitionsentscheidung hinauszuzögern, während man bei den amerikanischen Versionen der Produktionsoption und der Liquidationsoption das Recht erhält, eine Entscheidung vorzuziehen. Während der Laufzeit dieser Optionen stellt sich für alle genannten Optionen die gleiche Frage nach dem optimalen Ausübungszeitpunkt Bei vollkommenen Märkten ist dies stets der letztmögliche Ausübungszeitpunkt, da - wie Abbildung 10 zeigt - der Gewinn bei Ausübung stets niedriger als der Gewinn bei einem Verkauf der Option ist. Scheidet eine vorzeitige Ausübung jedoch von vornherein als suboptimale Alternative aus, so besitzen amerikanische und europäische Optionen den gleichen Wert. 33 Da die Option auf Investitionsaufschub nur als amerikanische Option auftritt, ihren Wert also einzig aus der Möglichkeit der Wahl des Ausübungszeitpunkts bezieht, kann sie bei Existenz vollkommener Märkte keinen Wert besitzen.34 3.1.2.2 Amerikanische Tauschoptionen Realinvestitionen, die eine amerikanische Tauschoption enthalten, bieten das Recht eines jederzeitigen, jedoch irreversiblen Tauschs eines Wertgegenstandes gegen einen anderen. Ein Rücktausch ist also nicht möglich. Eine Bewertung einer Realinvestition, die eine amerikanische Tauschoption enthält, findet sich bei Sick.35 Siek bringt ein Beispiel, bei dem der Kauf von Farmland die Option bietet, die Fläche als Baugrundstück zu nutzen. 36 Das Basisobjekt ist in diesem Fall das Grundstück. Die Vergleichswerte lauten: -+

S = Barwert der Einzahlungsüberschüsse bei Nutzung als Baugrundstück

-+ X=

Barwert der Einzahlungsüberschüsse bei Nutzung als Fannland

Da Siek annimmt, daß eine Nutzungsänderung zwar jederzeit, dafür aber nur einmal möglich sei, steht wie bei der Option auf Investitionsaufschub der Aspekt des optimalen Ausübungszeitpunkts im Vordergrund. 32 Vgl. Petruzzi, Christopher R. (1986): An Options Approach to Setting Risk Adjusted Hurdle Rates, in: Engineering Economist, 31.(1986), S. 237. 33 Zu den Werten amerikanischer und europäischer Optionen vgl. Merton, Robert C. (1973): Theory of Rational Option Pricing, in: Bell Journal of Economics and Management Science, 4.(1973), S. 144f.; Varian, Hai R. (1987): The Arbitrage Principle in Financia1 Economics, in: Economic Perspective, 1.(1987).2, S. 62ff. 34 Vgl. die Argumentation aufS. 68. 35 Vgl. Siek (1989), S. 35ff. 36 Vgl. Siek (1989), S. 16.

3.1 Interpretation elastischer Investitionen als Optionen

71

OKE

B >------------i

A

A

T'

Abbildung II

Auch bei dieser amerikanischen Option ist zu berücksichtigen, daß eine Ausübung den Verlust des Zeitwerts nach sich zieht. Bei Existenz vollkommener Märkte ist somit ein Verkauf des Grundstücks einer Bebauung stets vorzuziehen. 3.1.3 Optionen mit mehrfacher Ausübung

Zu den Optionen mit mehrfacher Ausübung zählen Optionen, bei denen zu mehreren Zeitpunkten das Recht besteht, beim Erwerb eines Wertgegenstandes zwischen zwei Alternativpreisen oder zwei Wertgegenständen zu wählen (Mehrfachoption) oder einen Wertgegenstand in einen anderen zu tauschen oder zurückzutauschen (Nutzungswechseloption). 3.1.3.1 Mehrfachoption Ein geeignetes Beispiel für eine Mehrfachoption liefern bestimmte Produktionsanlagen. Solche Realinvestitionen geben nicht nur das Recht, zu einem einzigen Zeitpunkt zu produzieren. Sie bieten vielmehr die Option, während ihrer Nutzungsdauer zu mehreren Zeitpunkten zwischen Produktion und Produktionsstillstand zu wählen:37

72

3. Bewertung von Investitionen als Realoptionen

B

B

B

A

A

A

"•

,.

Abbildung 12

Mehrfachoptionen sind dadurch gekennzeichnet, daß mehrere voneinander unabhängige Ausübungsentscheidungen getroffen werden können? 8 Dabei wird stets angenommen, daß die künftigen Entscheidungszeitpunkte bereits in t 0 festliegen. Da die Ausübungsentscheidungen voneinander unabhängig sind, läßt sich die Mehrfachoption auch als Summe europäischer, mit verschiedenen Verfalldauern ausgestatteter Realoptionen auffassen. Für die Optionsbewertung gilt dann die einfache Beziehung: OW(MFO) = Et OWt, d. h. der Wert der Mehrfachoption (MFO) entspricht der Summe der Optionswerte der mit unterschiedlichen Laufzeiten ausgestatteten Realoptionen. Eine Erweiterung findet sich bei Kensinger, der die Inputpreise und damit Unsicherheit über den Ausübungspreis in diesem Zusammenhang explizit berücksichtigt.39 37 Vgl. McDonald/Siegel (1985), S. 331ff.; Kensinger, John W. (1987): Adding the Value of Active Management into the Capital Budgeting Equation, in: Midland Corporate Finance Journal, 5.(1987).1, S. 34 und S. 36ff.; Lebman (1989), S. 3f. 38 Dagegen sind verbundene Optionen (vgl. Abschnitt 3.1.4) dadurch gekennzeichnet, daß sich künftige Ausübungsentscheidungen nur dann ergeben, wenn zuvor die hierfür notwendigen Entscheidungen getroffen wurden. 39 Kensinger (1987), S. 36ff.

3.1 Interpretation elastischer Investitionen als Optionen

73

3.1.3.2 Nutzungswechseloption (option to switch use) Bei der Nutzungsw.echseloption erwirbt ein Investor durch den Kauf der Realoption ein reales Gut. Es handelt sich also um eine Variante der Tauschoption. Zu mehreren Zeitpunkten kann er dieses Gut gegen ein anderes eintauschen. Bei einer Nutzungswechseloption ohne Wechselkosten (switching costs) ist der Tausch vollständig reversibel. Bei einer Nutzungswechseloption mit Wechselkosten ist der Tausch zumindest teilweise reversibel. Stets besitzt der Investor jedoch das Recht, zu den Ausübungszeitpunkten einen Rücktausch vorzunehmen:

B

B

B

t1

Abbildung 13

Bei kontinuierlicher Produktion kann die Produktionsoption als Nutzungswechseloption aufgefaßt werden. In diesem Fall kann die Produktionsanlage jederzeit stillgelegt und wieder in Betrieb genommen werden. Bei Existenz von Stillstandsund Wiederanlaufkosten handelt es sich um die Variante einer Nutzungswechseloption mit Wechselkosten. Nach Kulatilaka I Marcus können gar alle Optionen als Nutzungswechseloptionen angesehen werden.40 Als Beispiel für eine Nutzungswechseloption wird in der Literatur üblicherweise die Möglichkeit genannt, jederzeit zu wählen, welches von zwei Gütern infolge 40 Vgl. Kulatilaka, Nalin!Marcus, Alan J. (1988): A General Forrnulation of Corporate Real Options, in: Research in Finance, 7.(1988), S. 184. Diese Begriffsauslegung ist jedoch zu umfassend, wie die Darstellung der Option auf Investitionsaufschub gezeigt hat.

74

3. Bewertung von Investitionen als Realoptionen

der jeweiligen Outputpreise auf einer Produktionsanlage hergestellt werden sol1.41 Die Produktionsanlage erlaubt es also, verschiedene Güter zu produzieren. Dabei kann kontinuierlich variiert werden. Eine Aufteilung der Kapazität, so daß beide Güter gleichzeitig auf der Produktionsanlage hergestellt werden, wurde dagegen bislang nicht betrachtet. Graves I Read I Carpenter geben ein Beispiel für eine Nutzungswechseloption, bei der jemand das Recht besitzt, ein Gut auf zwei verschiedene Arten zu beschaffen.42 In ihrem Beispiel kann ein Unternehmen Gas auf dem Spotmarkt kaufen. Es kann das Gas jedoch auch über eine Pipeline beziehen. Hier beinhaltet nicht die Pipeline die Nutzungswechseloption. Erst ein Kontrakt zwischen dem Lieferanten und dem Unternehmen, in welchem der Abnahmepreis für den Fall einer Nutzung der Pipeline festgeschrieben wird, führt zur Existenz dieser Option. Als Realoption ist diese Option daher nicht zu bezeichnen. 43 Als Nutzungswechseloption wird ferner das Recht betrachtet, eine Investition jederzeit zu beginnen und sie jederzeit wieder aufzugeben. 44 Im Prinzip handelt es sich hierbei um eine Kombination der Option auf Investitionsaufschub und der Liquidationsoption. Bei dieser kombinierten Option wird stets die Existenz von Wechselkosten angenommen. Die Wechselkosten werden hier als Begründung für die Existenz des Hysteresiseffekts herangezogen. Dabei versteht man unter Hysteresis, daß Kapazität trotz sinkender Nachfrage über längere Zeit hinweg aufrechterhalten und trotz steigender Nachfrage über längere Zeit hinweg nicht aufgebaut wird. Es existieren zwar Wechselkosten, prinzipiell ist die Aufgabe einer Investition jedoch möglich, so daß die Option auf Investitionsaufschub im genannten Konstrukt zumindest einen Teil ihres Irreversibilitätscharakters (vgl. Abschnitt 3.1.2.1, S. 66ff.) verliert. Deswegen wird sie in diesem Zusammenhang auch als Investitionsoption (option to invest) bezeichnet.

41 Vgl. etwa He, Hua!Pindyck, Robert S. (1989): Investments in Flexible Production Capacity, working paper, MIT-EL 89-001 WP (March), Center for Energy Policy Research, Massachusetts Institute of Technology 1989; Triantis, Alexander A./Hodder, James E. (1990): Valuing Flexibility as a Complex Option, in: The Journal of Finance, 45.(1990).2, S. 554ff. Vgl. auch Abschnitt 3.1.5, S. 77. 42 Vgl. Graves, Frank C./Read, James A./Carpenter, Paul R. (1989): Estimating the Cost of Switching Rights on Natural Gas Pipelines, in: The Energy Journal, 10.(1989).4, S. 59-81. 43 Vgl. die Begriffsbestimmung aufS. 57f. 44 Vgl. Bean, Charles (1989): Capital Shortage, in : Economic Policy, 8.(1989), S. 11-53; Dixit, Avinash (1989): Entry and Exit Decisions under Uncertainty, in: Journal of Political Economy, 97.(1989).3, S. 620-638.

3.1 Interpretation elastischer Investitionen als Optionen

75

3.1.4 Verbundene Optionen (compound options)

Verbundene Optionen sind dadurch gekennzeichnet, daß man durch Ausübung einer Teiloption eine neue Teiloption erhält. In der Regel ist dabei der Ausübungspreis einer Teiloption mit der Optionsprämie der durch Ausübung zu erzielenden Teiloption identisch. Der Entscheidungsablauf verdeutlicht die Artverwandtheit mit dem Problem der sequentiellen Investitionsentscheidungen. Die Gestalt einer Ausübungsentscheidung hängt stets von der zuvor getroffenen Ausübungsentscheidung ab:

D

c 1o

r,

t'1

1'

Abbildung 14

Bereits Black-Scholes45 erkannten, daß manche Basisobjekte Optionscharakter besitzen, so daß es sich bei einer Option auf ein solches Basisobjekt letztlich um eine Option auf eine Option handelt. Im Falle der Ausübung einer verbundenen Option erhält man ein neues Optionsrecht Black-Scholes stellten fest, daß dies Konsequenzen für die Bewertung von Optionen hat. Es war Geske, der als erster verbundene Optionen bewertete. 46 Später wurden methodische Verbesserungen zur vereinfachten Bewertung verbundener Optionen vorgeschlagen. 47 Vgl. Black/Scholes (1973), S. 649ff. Vgl. Geske, Robert (1977): The Valuation of Corporate Liabilities as Compound Options, in: Journal of Financial and Quantitative Analysis, 12.(1977).4, S. 541 -552; ders. (1979): The Valuation of Compound Options, in: Journal of Financial Economics, 7.(1979), s. 63-81. . 45

46

76

3. Bewertung von Investitionen als Realoptionen

Majd!Pindyck untersuchen eine verbundene Realoption. 48 In ihrem Modell benötigt der Aufbau einer Produktionsanlage Zeit. Der Kapazitätsaufbau erfolgt schrittweise, die Anschaffungsauszahlung verteilt sich über mehrere Perioden. Der Aufbau ist jedoch irreversibel, d. h. ein einmal errichteter Teil der Produktionsanlage kann nicht wieder veräußert werden. Eine Beendigung der Aufbauphase ist dagegen nach jedem vollzogenen Schritt möglich. Projekterträge erzielt der Investor erst, wenn die gesamte Produktionsanlage fertiggestellt ist. Um eine verbundene Option handelt es sich in diesem Fall, da mit jeder Auszahlung das Recht erkauft wird, den Kapazitätsaufbau fortzusetzen. Dabei kann der Investor zu späteren Zeitpunkten über die dann anstehenden Auszahlungen auf der Basis eines bis dahin verbesserten Informationsstandes entscheiden. Eine ähnliche Konstruktion findet sich bei Paddock I Siegel I Smith.49 Sie untersuchen einen Pachtvertrag über ein Ölfeld. Der Vertrag bietet dem Pächter ein exklusives Erschließungsrecht. Der Pächter möchte Erdöl gewinnen. Hierfür muß er zunächst nach Vorkommen forschen, dann Anlagen zur Gewinnung der Ressource aufbauen und schließlich mit der Bohrung beginnen. Auf jeder Stufe kann er entscheiden, ob er den Prozeß abbricht. In diesem Beispiel erweist sich das Explorationsrecht als Option auf die Installierung einer Produktionsanlage und diese wiederum als Option auf eine Extraktion des Erdöls. Einen breiten Raum in der Literatur zu Realoptionen nehmen Wachstumsoptionen (growth opportunities oder growth options) ein. Kester unterscheidet einfache Wachstumsoptionen von verbundenen Wachstumsoptionen. 50 Zu den einfachen, an dieser Stelle nicht näher betrachteten Wachstumsoptionen zählt er unter anderem routinemäßige Kostenreduktionen. Als verbundene Wachstumsoption wird eine durch Investition erhaltene, erst später sichtbar werdende Möglichkeit zu Erweiterungsinvestitionen bezeichnet. So kann der Eintritt in einen bestimmten Markt dazu führen, in der Folgezeit einen weiteren Markt erschließen zu können. 51 Man spricht immer dann von einer ver47 Vgl. Selby, Michael J.P./Hodges, Stewart D. (1987): On the Evaluation of Compound Options, in: Management Science, 33.(1987).3, S. 347-355; Schroder, Mark (1989): A Reduction Method Applicable to Compound Options Formulas, in: Management Science, 35.(1989).7, s. 823-827. 48 Vgl. Majd, Saman/Pindyck, Robert S. (1987): Time to Build, Option Value, and Investment Decisions, in: Journal of Financia1 Economics, 18.(1987), S. 7-27. 49 Vgl. Paddock, Jarnes L./Siegel, Daniel R./Smith, James L. (1988): Option Valuation of Claims on Real Assets: The Case of Offshore Petroleum Leases, in: The Quarterly Journal of Economics, 103.(1988), S. 479-508. Vgl. dazu auch Siegel, Daniel R./Smith, James L./Paddock, James L. (1987): Valuing Offshore Oil Properties with Option Pricing Models, in: Midland Corporate Finance Journal, 5.(1987).1, S. 22-30. 50 Vgl. Kester, W. Carl (1984): Today's Options For Tomorrow's Growth, in: Harvard Business Review, 62.(1984), S. 158 und ders. (1993): Turning Growth OptionsInto Real Assets, in: Capital Budgeting Under Uncertainty, ed. by Ray Aggarwal, Englewood Cliffs 1993, S. 189.

3.1 Interpretation elastischer Investitionen als Optionen

77

bundenen Wachstumsoption, wenn eine Investition Voraussetzung für die Option auf eine weitere Investition ist. Bewertungsmodelle für künftige Investitionsmöglichkeiten gibt es schon lange.52 Seit einigen Jahren werden Wachstumschancen immer öfter als Realoptionen angesehen53 und optionspreistheoretisch bewertet. 54 Die von einigen Autoren dargestellte Erweiterungsoption (option to expand)55 entspricht der Wachstumsoption. Dem steht die Verminderungsoption (option to contract) gegenüber, also etwa die Option, Kapazität teilweise abzubauen. 56 Auch hier handelt es sich um eine verbundene Option, wenn der Abbau einer bestimmten Kapazitätsstufe Voraussetzung für einen weiteren Abbau darstellt. 3.1.5 Optionen mit mehreren Basisobjekten (multiple options)

Sämtliche bislang vorgestellten Varianten von Realoptionen können durch Zulassung mehrerer Basisobjekte oder mehrerer Alternativpreise für ein Basisobjekt erweitert werden. So ist etwa eine Produktionsanlage, die das Recht auf eine Produktionsunterbrechung beinhaltet, als Produktionsoption mit mehreren Basisobjekten anzusehen, wenn hierauf mehrere Produkte hergestellt werden können. Betrachtet man europäische Optionen mit k Basisobjekten, so kann man folgende Optionstypen unterscheiden: (a) Optionen auf das Maximum mehrerer Basisobjekte: OWT' = max [0 ; max [S1 ; . .. ; Sk] -X] (b) Optionen auf das Minimum mehrerer Basisobjekte: OWT' = max [0 ; rnin [S1 ; ... ; Sk] -X] 51 Weitere Beispiele für verbundene Wachstumsoptionen finden sich in Kester ( 1984), S. 158 und ders. (1993), S. 189. 52 Vgl. Miller, Merton H./Modigliani, Franeo (1961): Dividend Policy, Growth, and the Valuation of Share, in: The Journal of Business, 34.(1961), S. 416ff.; Schwab, Bernhard/ Lusztig, Peter ( 1972): A Note on Investment Evaluations in Light of Uncertain Future Opportunities, in: The Journal ofFinance, 27.(1972).5, S. 1093-1100. 53· Vgl. Myers (1977), S. 155ff.; Myers, Stewart C.ffurnbull, Stuart M. (1977): Capital Budgeting And The Capital Asset Pricing Model: Good News And Bad News, in: The Journal of Finance, 32.(1977).2, S. 331 f.; Myers, Stewart C. (1987): Finance Theory and Financial Strategy, in: Midland Corporate Finance Journal, 5.(1987).1, S. 6-13. 54 Vgl. Broyles, J.E./Cooper, LA. (1981): Growth Opportunities And Real Investment Decisions, in: Risk, Capital Costs, and Project Financing Decisions, ed. by Frans Derkinderen and Ray Crum, The Hague 1981, S. l08ff.; Chung, Kee H./Charoenwong, Charlie (1991): Investment Options, Assets in Place, and the Risk of Stocks, in: Financial Management, 20.(1991).3, S. 21 -33; Kester (1993), S. 197ff. 55 Kogut, Bruce (1991): JointVenturesAnd The Option To Expand and Acquire, in: Management Science, 37.(1991).1, S. 19-33; Trigeorgis, Lenos/Mason, Scott P. (1987): Valuing Managerial Flexibility, in: Midland Corporate Finance Journal, 5.(1987).1, S. 19. 56 Vgl. Trigeorgis/Mason (1987), S. 19f.

78

3. Bewertung von Investitionen als Realoptionen

Zum Teil werden Tauschoptionen als Optionen mit mehreren Basisobjekten interpretiert, da auch sie die Wahl zwischen mehreren Wertgegenständen ermöglichen.57 Optionen auf das Maximum oder das Minimum zweier Basisobjekte wurden von Stulz und Johnson bewertet. 58 Es folgten Bewertungen von Optionen auf das Maximum oder das Minimum von k Basisobjekten. 59 Triantis erweiterte diese Bewertungsansätze durch die Berücksichtigung von Erträgen der Basisobjekte.60 In der jüngeren Vergangenheit stand vor allem die Bewertung amerikanischer Optionen mit mehreren Basisobjekten im Vordergrund. 61 3.1.6 Investitionen als komplexe Realoptionen

Bei komplexen Realoptionen handelt es sich um Investitionen, die mehrere Realoptionen enthalten.62 So kann eine Produktionsanlage als Produktionsoption interpretiert werden, wenn sie das Recht auf eine jederzeitige Produktionsunterbrechung bietet. Existiert überdies die Möglichkeit, daß der Liquidationswert dieser Produktionsanlage den Barwert der mit dieser Anlage erzielbaren Einzahlungs57 Vgl. Stapleton, R. C./Subrahmanyam, Marti G. (1984): The Valuation of Multivariate Contingent Claims in Discrete Time Models, in: The Journal of Finance, 29.(1984).1, S. 207. 58 Vgl. Johnson, Herb (1981): Three Topics in Option Pricing, Ph.D. diss, UCLA Graduate School of Management 1981, S. 62ff.; Stulz, R~ne M. (1982): Options on the Minimum or the Maximum of Two Risky Assets: Analysis and Applications, in: Journal of Financial Economics, 10.(1982), S. 161ff. 59 Vgl. Johnson, Herb (1987): Options on the Maximum or the Minimum of Several Assets, in: Journal ofFinancial and Quantitative Analysis, 22.(1987).3, S. 277-283; Boyle, Phelim P.trse, Y. K. ( 1990): An Algorithm for Computing Values of Options on the Maximum or Minimum of Several Assets, in: Journal of Financial and Quantitative Analysis, 25.(1990).2, S. 215-227; Cheyette, Oren (1990): Pricing Options On Multiple Assets, in: Advances in Futuresand Options Research, 4.(1990), S. 69-81. 60 Vgl. Triantis, Alexander J. (1988): Contingent claims valuation of flexible production systems, Ph.D. diss., Stanford University, 1988, S. 39ff. 61 Vgl. Boyle, Phelim P. (1988): A Lattice Framework for Option Pricing with Two State Variables, in: Journal of Financial and Quantitative Analysis, 23.(1988).1, S. 1-12; Boyle, Phelim P.!Evnine, Jeremy/Gibbs, Stephen (1989): Numerical Evaluation of Multivariate Contingent Claims, in: The Review of Financial Studies, 2.(1989).2., S 241-250; Kamrad, Bardia!Ritchken, Peter (1991): Multinomial Approximating Models For Options With k State Variables, in: Management Science, 37.(1991).12, S. 1640- 1652. 62 Vgl. Trigeorgis, Lenos (1986): Valuing Real Investment Opportunities: An Options Approach to Strategie Capital Budgeting, unpublished doctoral dissertation, Harvard University, 1986, S. 242ff.; ders. (1990): AReal-Options Application in Natural- Resource Investments, in: Advances in Futuresand Options Research, 4.(1990), S. 153-164; ders. (1991b): A LogTransformed Binomial Numerical Analysis Method for Valuing Complex Multi-Option Investments, in: Journal of Financial and Quantitative Analysis, 26.(1991).3, S. 309-326; ders. (1993): The Nature of Option Interactions and the Valuation of Investments with Multiple Real Options, in: Journal ofFinancial and Quantitative Analysis, 28.(1993).1, S. 1-20.

3.2 Vorzüge einer optionspreistheoretischen Bewertung von Realinvestitionen

79

Überschüsse übersteigt, enthält die Produktionsanlage also eine Liquidationsoption, dann handelt es sich hierbei um eine komplexe Realoption. Der von Trigeorgis für diese Art komplexer Optionen gewählte Begriff der multiple real options63 erscheint ungünstig, da im allgemeinen eine Option mit mehreren Basisobjekten als multiple option bezeichnet wird (vgl. Abschnitt 3.1.5). In diesem Abschnitt sprechen wir aber von Investitionen mit mehreren Realoptionen. Enthält eine Investition zum Beispiel j Realoptionen und jede dieser Realoptionen besitzt k Basisobjekte, so besitzt die Investition j · k Basisobjekte, sofern sich sämtliche Basisobjekte voneinander unterscheiden. Für Investitionen, die über mehrere Realoptionen verfügen, wird daher im folgenden stets der Begriff der komplexen Realoptionen verwendet. Wenn eine Realoption über mehrere Optionen verfügt, deren Basisobjekte eng aneinander gekoppelt oder gar identisch sind, dann treten Interdependenzen auf. Betrachten wir etwa die oben genannte Produktionsoption, welche eine Liquidationsoption enthält. Es können Umweltzustände existieren, zum Beispiel niedrige Outputpreise, in denen sowohl eine Ausübung der Produktionsoption (Produktionsstillstand) als auch eine Ausübung der Liquidationsoption vorteilhaft erscheint, aber nur eine der beiden Optionen ausgeübt werden kann. Wegen dieser in der Regel auftretenden Interdependenzen läßt sich der Wert einer komplexen Option nicht als Summe der einzelnen Optionswerte ermitteln. Er ist zum Teil deutlich geringer. 64 Die Vernachlässigung einer Option führt bei der Bewertung einer Investition, etwa durch Anwendung der Kapitalwertmethode, zu erheblichen Fehlbewertungen. Die Vernachlässigung weiterer Optionen verstärkt den Fehler aufgrund der vorhandenen Interdependenzen dagegen in nur geringem Maß. 65

3.2 Vorzüge einer optionspreistheoretischen Bewertung von Realinvestitionen In Abschnitt 3.1 haben wir gezeigt, daß sich elastische Investitionen als Realoptionen interpretieren lassen. Im folgenden wollen wir uns nun der Bewertung solcher Investitionen mit Hilfe der Optionspreistheorie zuwenden. Dabei sollen zu Beginn die Vorzüge einer Anwendung der Optionspreistheorie beleuchtet werden. In der Literatur zu Realoptionen wird die Optionspreistheorie zumeist mit der Discounted Cash Flow- Methode verglichen. 66 Es ist nicht erstaunlich, daß die Optionspreistheorie hierbei besser abschneidet, weil sie den Optionswert elastischer Vgl. Trigeorgis (1993), S. 1-20. Dies verdeutlicht in anschaulicher Weise eine Tabelle von Trigeorgis. V gl. Trigeorgis (1986), s. 249f. 65 Vgl. Bjerksund/Ekern (1990), S. 77ff.; Trigeorgis (1993), S. 17. 66 Vgl. Brennan/Schwartz (1985b), S. 38ff.; Trigeorgis/Mason (1987), S. 14f; Lehman (1989), S. 125ff. ; Siek (1989), S. 1ff. 63

64

3. Bewertung von Investitionen als Realoptionen

80

Investitionen berücksichtigt. Ein Vergleich der Optionspreistheorie mit der Discounted Cash Flow-Methode erscheint daher kaum sinnvoll. Im zweiten Kapitel wurde gezeigt, daß es in der Praxis verwendete Bewertungsmethoden gibt, welche den Optionswert elastischer Investitionen berücksichtigen.67 Es erscheint daher angebracht, die Vorzüge einer optionspreistheoretischen Bewertung elastischer Realinvestitionen durch Vergleich mit den Methoden der flexiblen Investitionsplanung herauszustellen. 68 Dabei gehen wir in diesem Abschnitt nur auf die allgemeinen Vorteile ein. Besondere Vorzüge, die sich durch die Wahl eines geeigneten Bewertungsmodells ergeben, werden in Abschnitt 3.4.1.4 dargestellt. Wir haben schon auf den zentralen Vorteil der Optionspreistheorie hingewiesen, der darin besteht, am Markt vorhandene Informationen verwenden und damit auf Schätzdaten verzichten zu können. Optionen sind Derivate, also Objekte, deren Wert von der Wertentwicklung eines anderen Objekts, des Basisobjekts, abhängt. Die Risikopräferenzen der Marktteilnehmer spiegeln sich in der Bewertung dieses Basisobjekts durch den Markt wider. Die Methoden der flexiblen Planung erfordern die exogene Bestimmung eines risikoaugepaßten Kalkulationszinsfusses. Läßt man die Möglichkeit einer sich im Zeitverlauf ungleichmäßig verringemden Unsicherheit zu, so muß sogar für jede Periode eine Diskontrate exogen festgelegt werden.69 Dies stellt hohe Anforderungen an das entscheidende Individuum. Bei einer Anwendung der Optionspreistheorie kann dagegen auf die exogene Bestimmung mehrerer Kalkulationszinsfüße verzichtet werden. Da sich die Risikopräferenzen in der Bewertung des Basisobjekts widerspiegeln, ergibt sich die Diskontrate endogen aus den vorhandenen Marktinformationen. Im folgenden zeigen wir, daß bei Nutzung von Marktinformationen die Bewertung einer Option keine individuelle Bewertung des Optionsrisikos erfordert. Gelingt es, ein Portefeuille aus Option und Basisobjekt so zusammenzustellen, daß dieses Portefeuille einen risikofreien Ertrag (den Zins einer risikofreien Geldanlage) bringt, dann kann man die Option auch als Kombination aus risikoloser Anlage und Basisobjekt definieren. Der Wert der Option muß dann aus folgenden Gründen gleich dem Wert dieser Kombination sein: (i) Bewertet der Markt die Option höher oder niedriger als ein Portefeuille aus Basisobjekt und risikofreier Geldanlage, das den selben künftigen Zahlungsstrom bietet, dann können Marktteilnehmer Arbitragegeschäfte durchführen, d. h. sie können risikolose Gewinne ohne Mitteleinsatz realisieren, denn ArbiVgl. Abschnitt 2.2.3, S. 43ff. Einen solchen Vergleich ziehen Ritchken, Peter/Rabinowitz, Gad (1988): Capital Budgeting Using Contingent Claims Analysis: A Tutorial, in: Advances in Futures and Options Research, 3.(1988), S. 128ff. 69 Vgl. Trigeorgis (1986), S. 87. 67

68

3.2 Vorzüge einer optionspreistheoretischen Bewertung von Realinvestitionen

81

trage ist" ... the ability to make profits without bearing any risk."70 Die Erzielung von Arbitragegewinnen ist jedoch bei Existenz vollkommener Märkte nicht möglich. (ii) Auch dann, wenn Arbitragegeschäfte nur eingeschränkt möglich sind, zum

Beispiel weil Leerverkäufe nur gegen Sicherheitenstellung erlaubt sind und somit Kosten verursachen, sollte der Markt zwei gleiche Zahlungsströme gleich bewerten. Bühler schreibt: ,,Zwei Portefeuilles, die in der Zukunft zu denselben Risikopositionen führen, besitzen bei Vernachlässigung von Transaktionskasten denselben Gegenwartswert."71 Er bezeichnet diesen Grundsatz als "zentrales Duplikationsprinzip".

Arbitragegeschäfte sorgen zwar für eine effektive Verwirklichung des Duplikationsprinzips, doch erfordern sie starke Annahmen. Für unsere Zwecke wird daher die Erfüllung der Forderung, daß gleiche Zahlungsströme gleich zu bewerten sind, als ausreichend angesehen. Die Bewertung einer Option mit Hilfe der Preise am Markt vorhandener Wertgegenstände, des Basisobjekts und der risikofreien Geldanlage, nennt man Replizierung. Die Idee der Replizierung soll anhand des Binomialmodells verdeutlicht werden. 72 Es wird gezeigt, daß sich der Wert einer Option aus am Markt beobachtbaren Daten ableiten läßt. 73 Es gelte für eine europäische Option OW~ = max [0; Sr·- X]. Es können zum Ausübungszeitpunkt T' die Zustände z1 und z2 eintreten. Es gelte Sr';l < X < S T';Z , so daß für den Optionswert zum Ausübungszeitpunkt OWr• = 0 gilt, falls der Zustand z1 eintritt. Die Wahrscheinlichkeiten der beiden Zustände seien H bzw. P2 = 1 - H. Es existiere eine risikolose Geldanlage in Form eines Bonds mit dem Wert Wund einer der Optionslaufzeit entsprechenden Laufzeit T. Sie bringe den Zins i, so daß Wr = W(l + i). Damit ergeben sich die aufS. 82 wiedergegebenen Werte. Eine Replizierung gelingt, wenn man ein Portefeuille mit u Basisobjekten und v Bonds kreieren kann, das in jedem Zustand in T' die gleiche Auszahlung wie die Option bringt, wenn also:

70 Jarrow, Robert A./Rudd, Andrew (1983): Option Pricing, Homewood 1983, S. 13. Zu den Formen der Arbitrage vgl. Krümme!, Hans-Jacob (1964): Kursdisparitäten im Bezugsrechtshandel, in: Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis, 16.(1964), S. 485-498. 71 Bühler, Wolfgang (1990): Prinzipien der Bewertung von Optionen, in: Optionen und Futures, hrsg. von Hermann Göppll Wolfgang Bühler/Rüdiger von Rosen, FrankfurtJMain 1990,S.66 n Vgl. zum Binomialmodell Cox, John C./Ross, Stephen A./Rubinstein, Mark (1979): Option Pricing: A Simplified Approach, in: Journal of Financial Economics, 7.(1979), S. 229263; Rendleman, Richard J./Bartter, Brit J. (1979): Two-State Option Pricing, in: The Journal ofFinance, 34.(1979).5, S. 1093-ll10. 73 Vgl. Varian (1987), S. 66ff.

6 Scheffen

82

3. Bewertung von Investitionen als Realoptionen

+ v Wr =

-->

Zustand 1:

uSr';!

->

Zustand 2:

uSr';2 + v Wr = Sr';2- X

0

r

;z1

r;~

ow

0

Sr·:2- X

s

Sr:,

Sr·:2

w

Wr

Wr

Es müssen sich daher für u und v eindeutige Werte finden lassen. Stellt man beide Gleichungen nach v Wr um und setzt sie gleich, so erhält man für u: ST';2 -X- u · ST';2 = - u · ST';!

{:::} Sr-2X = u · (ST-2' - Sr•·t) ' ' {:::} u =

(Sr•·z- X) (Sr•;z- Sr•;t)

~-=-''-=---::-...:....,..

Setzt man nun für u ein, so erhält man für v: v=-

(Sr•·z' - X)ST'·l, (Sr•;z- ST';I)Wr

Dies zeigt, daß sich für u und v eindeutige Werte finden lassen. Dann läßt sich der Optionswert zu jedem Zeitpunkt aus dem Basisobjekt und dem risikolosen Wertpapier ableiten. Es gilt somit: (3.1)

OWt =u·St +v· Wt (Sr':2 - X) St Sr';2 - ST';!

=

(ST';2- X) . (ST';2 - ST':d

(st _

ST':t) r

Es fällt auf, daß die Wahrscheinlichkeiten P 1 und P2 in der Gleichung zur Bestimmung des Optionswerts nicht enthalten sind. Es ist somit eine präferenzfreie Bewertung möglich. Damit ist jedoch nicht gemeint, daß die Risikopräferenzen

3.2 Vorzüge einer optionspreistheoretischen Bewertung von Realinvestitionen

83

der Marktteilnehmer keine Rolle spielen. Sie sind vielmehr implizit in der Bewertung des Basisobjekts durch den Markt vorhanden. Zwar ist eine exogene Bestimmung des Kalkulationszinsfusses, wie sie etwa bei dem Entscheidungsbaumverfahren zu erfolgen hat, nicht notwendig, doch verbleibt als Konsequenz des dargestellten Binomialmodells, daß zumindest ein Preisprozeß angenommen werden muß. Ein Beispiel soll die Replizierung veranschaulichen. Das Basisobjekt einer Option, das in t den Kurs St = 100 aufweise, bringe in T' entweder ST';l = 80 oder ST'; 2 = 140. Eine Kaufoption auf dieses Basisobjekt besitze den Ausübungspreis X= 110. Der mit einem Bond erzielbare risikofreie Zins betrage 10%: t

r; z1

r;:z:z

ow,

0

30

Basisobjekt 100

80

140

Bond:

110

110

Option:

100

Man ermittelt den Optionswert nun in folgenden Schritten: (1) Betrachtung eines Portefeuilles aus 0,5 · Basisobjekt: 74 50

40

70

(2) Betrachtung einer risikofreien Geldanlage, welche in Zustand Auszahlung besitzt wie das Portefeuille (1): 36,36

40

z1

die gleiche

40

(3) Zusammenstellung eines Portefeuilles aus Kauf von 0,5 · Basisobjekt (1) und Geldaufnahme zum risikolosen Zins (2). 13,64

0

30

Für ein Portefeuille aus dem Basisobjekt und der risikofreien Geldanlage, welches 0 GE in T'; z 1 und 30 GE in T'; z2 bringt, muß man in t 13,64 GE zahlen. Da der Inhaber der Option in T'; z1 und T'; z2 die gleichen Auszahlungen erhält, muß der Wert der Option bei Existenz vollkommener Märkte dem Wert des Porte74

6*

Beliebige Teilbarkeit der Wertgegenstände wird unterstellt.

84

3. Bewertung von Investitionen als Realoptionen

feuilles (3) entsprechen. Zum gleichen Ergebnis gelangt man durch Verwendung der Formel 3.1 : OW1 = (30/60) · (100- 80/1, 1)

~

13, 64 .

Wir haben festgestellt, daß die Optionspreistheorie gegenüber den traditionellen Verfahren der Investitionsrechnung den Vorteil aufweist, Marktwerte statt entscheidungsorientierter Werte anzubieten. Man könnte nun kritisieren, es sei gerade Sinn einer Investitionsrechnung ein Projekt individuell zu bewerten, da es sein könnte, daß eigene Schätzungen von denjenigen anderer Marktteilnehmer abweichen und diesen überlegen sind. Gelten Arbitragefreiheit und Duplikationsprinzip, so ist eine Abweichung des individuellen Wertes vom Marktwert nur dann möglich, wenn der Entscheider auch das Basisobjekt anders als der Markt bewertet. Dann würde sich für ihn jedoch nicht nur der (Ver-)Kauf der Option, sondern auch der (Ver-) Kauf des Basisobjekts anbieten. Der Entscheider hätte es folglich versäumt, seinen Erwartungen durch (Ver-)Kauf des Basisobjekts Ausdruck zu verleihen. 3.3 Anwendbarkeit der Optionspreistheorie zur Bewertung von Realoptionen 3.3.1 Zur Kritik von Emery et al. an einer optionspreistheoretischen Bewertung von Realinvestitionen

Emery et al. 75 kritisieren die Anwendung der Optionspreistheorie zur Bewertung von Realinvestitionen, da die mit Hilfe der Optionspreistheorie erzielten Resultate den Ergebnissen traditioneller Theorien widersprechen. So erhält man bei einer optionspreistheoretischen Betrachtung von Realinvestitionen das auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinende Ergebnis, daß ein von seinen Aktionären kontrolliertes Unternehmen bei zwei Projekten mit gleichem Erwartungswert der Renditen dasjenige mit der höheren Varianz der Erträge vorzieht, obwohl die übliche Annahme der Kapitalmarkttheorie, nach der sämtliche Marktteilnehmer risikoavers sind, zugelassen wird. 76 Nach Emery et al. widerspricht dieses Resultat der von Markowitz77 für Finanztitel entwickelten Portfoliotheorie, nach der risikoaverse Individuen von zwei Fi75 Vgl. Emery, Douglas R.!Parr, Philip C./Mokkelbost, Per B./Gandhi, David/Saunders, Anthony (1978): An Investigation Of Real Investment Decision Making With The Options Pricing Model, in: Journal of Business Finance & Accounting, 5.(1978).4, S. 363- 369. 76 Vgl. Galai, Dan/Masulis, Ronald W. (1976): The Option Pricing ModelAnd The Risk Factor of Stock, in : Journal of Financial Economics, 3.(1976), S. 71. 77 Vgl. Markowitz, Harry M. (1952): Portfolio Selection, in: The Journal of Finance, 7.(1952), s. 77-92.

3.3 Anwendbarkeit der Optionspreistheorie zur Bewertung von Realoptionen

85

nanzinvestitionen mit gleichem Erwartungswert der Renditen diejenige mit der niedrigeren Varianz auswählen. 78 Desweiteren liefert eine Bewertung von Realinvestitionen mit Hilfe der Optionspreistheorie das Ergebnis, daß ßOWI 8r > 0, d. h. je höher der Marktzins ist, desto höher ist der Wert der Investition. Hierin sehen Emery et al. einen Widerspruch zu den Ergebnissen der dynamischen Verfahren der Investitionsrechnung. 79 So führt eine Betrachtung des Zeitfaktors in der Investitionsrechnung zu einer Abdiskontierung der zukünftigen Erträge. Wird ein höherer Marktzins als Kalkulationszinsfuß in die Bewertungsformel eingesetzt, sinkt der (Bar-)Wert der Investition folglich noch stärker. Schließlich erhält man bei einer optionspreistheoretischen Bewertung von Realinvestitionen das Resultat, daß ßOWI &T > 0, d. h. je länger die Laufzeit ist, desto höher ist der Wert der betrachteten Investition. Auch diese Beziehung akzeptieren Emery et al. lediglich im Rahmen einer optionspreistheoretischen Bewertung von Finanzinvestitionen. Bei einer Bewertung von Realinvestitionen führen sie dagegen an, daß gemäß der traditionellen Investitionstheorie der Wert eines Projekts bei gleichen Einzahlungsüberschüssen mit zunehmender Laufzeit sinkt. 80 Aus den Widersprüchen der bei einer optionspreistheoretischen Bewertung von Realinvestitionen erzielbaren Aussagen zu den Erkenntnissen traditioneller Theorien schließen Emery et al., daß die für Finanzinvestitionen gültige Optionspreistheorienicht auf Realinvestitionen übertragen werden kann.81 Die Aussagen von Emery et al. sind nicht ohne Antwort geblieben. So führt eine Anwendung der Optionspreistheorie auf Realinvestitionen nach Rao/Martin nur scheinbar zu Widersprüchen. 82 Zwar lehnen auch Rao/Martin eine optionspreistheoretische Bewertung von Realinvestitionen ab, doch begründen sie ihre Ablehnung mit den Schwierigkeiten, die sich durch Übernahme des Hedging-Arguments ergeben. Die von Emery et al. vorgetragenen Widersprüche lösen sich dagegen ihrer Meinung nach auf, wenn man die Annahmen der Optionspreistheorie genauer analysiert. 83 Es ist jedoch nicht notwendig die Annahmen der Optionspreistheorie zu untersuchen, um die von Emery et al. dargestellten Widersprüche zu lösen. Die Kritik Vgl. Emery et al. (1978), S. 364. Vgl. Emery et al. (1978), S. 367. 80 Vgl. Emery et al. (1978), S. 367f. 81 Vgl. Emery et al. (1978), S. 363. 82 Vgl. Rao, Ramesh K.S./Martin, John D. (1981): Another Look At The Use Of Options Pricing Theory To Evaluate Real Asset Investment Opportunities, in: Journal of Business Finance & Accounting, 8.(1981).3, S. 421. 83 Vgl. Rao/Martin (1981), S. 427f. 78 79

86

3. Bewertung von Investitionen als Realoptionen

von Emery et al. an der Aussage von Galai/Masulis, der Wert einer Investition erhöhe sich mit steigender Unsicherheit über den Erwartungswert der Investition, zeigt, daß Emery et al. einen wesentlichen Aspekt übersehen haben.84 Galai/Masulis haben ein Projekt nicht unter der Annahme betrachtet, ein Unternehmen verfolge das Ziel der Maximierung des Unternehmensvermögens. Sie haben vielmehr jenen Fall untersucht, in dem eine von ihren Aktionären kontrollierte Unternehmung über die Annahme eines Projekts entscheidet. Hierbei handelt es sich aber um eine vollkommen andere Ausgangssituation. So ist zu beachten, daß ein Sinken des Unternehmensvermögens nicht unbedingt auch ein Sinken des Vermögens der Eigenkapitalgeber nach sich zieht. Ursache hierfür ist das einer Unternehmung zur Verfügung stehende FremdkapitaL Befindet sich ein Unternehmen in einer Situation, in der das Vermögen die Verbindlichkeiten kaum noch deckt und somit bereits ein erheblicher Teil des Eigenkapitals aufgezehrt ist, so bietet ein Projekt den Eigenkapitalgebern die Perspektive, das eigene Vermögen zu steigern. Da gleichzeitig das Risiko des eigenen Vermögensverlustes begrenzt ist, weil künftige Verluste im wesentlichen von den Fremdkapitalgebern getragen werden, besitzt ein riskanteres Projekt aus Sicht der Eigenkapitalgeber einen höheren Wert. Die Eigenkapitalgeber besitzen im Prinzip eine Option auf das Unternehmensvermögen.85 Den Optionscharakter des Eigenkapitals soll das aufS. 87 dargestellte Schaubild verdeutlichen.86 Das im Anschluß daran folgende Beispiel zeigt, daß eine Investition in ein Projekt I, das sowohl einen negativen Erwartungswert der Veränderung des Unternehmensvermögens als auch ein höheres Risiko bezüglich der Veränderung des Unternehmensvermögens aufweist als ein Alternativprojekt II, aus Sicht der Eigenkapitalgeber dennoch vorteilhaft erscheint. Dies folgt daraus, daß der Erwartungswert ihres Anteils am Unternehmensvermögen steigt. Es seien in t 1 zwei Zustände möglich (mit P 1 = P 2 ). Projekt I führe zu Gewinnen in Höhe von- 60 GE (mit P 1 ) oder + 50 GE (mit P 2 ). Mit Projekt II seien dagegen Gewinne in Höhe von - 20 GE (mit P 1 ) oder+ 30 GE (mit P2 ) zu erzielen:

84 Die Tatsache, daß die von Emery et al. kritisierten Ergebnisse bei Optionen mit Minderpreissteigerungen an Deutlichkeit einbüßen (vgl. Abschnitt 3.4.3), besitzt keine Auswirkungen auf die folgende Argumentation. 85 Dies hatten bereits Black/Scholes erkannt. Vgl. Black/Scholes (1973), S. 649ft. 86 Abbildung 15 verdeutlicht den unterschiedlichen Haftungsrang von Eigenkapital und FremdkapitaL Sinkt das Untemehmensvermögen, dann verlieren zunächst nur die Eigenkapitalgeber das von ihnen zur Verfügung gestellte Kapital. Ist kein Eigenkapital mehr vorhanden, büßen die Fremdkapitalgeber bei jeder weiteren Senkung des Unternehmensvermögens ihr eingesetztes Kapital ein.

3.3 Anwendbarkeit der Optionspreistheorie zur Bewertung von Realoptionen

87

Unternehmens-

verm6gen

Eigenkapital

Abbildung 15

lo

Projekt

I

11 ; z1

11 ;

2:!

Projekt

II

11; z1

11 ;

2:!

Eigenkapital

20

0

70

0

50

Fremdkapital

100

60

100

100

100

Unternehmensvermögen

120

60

170

100

150

Es giltL'z Pz UV(I) < Uvt=o < L'z Pz UV(II), d. h. der Erwartungswert des Unternehmensvermögens UV bei Wahl des Projekts I ist nicht nur kleiner als der Erwartungswert des Unternehmensvermögens bei Annahme des Projekts Il, sondern sogar kleiner als das aktuelle Unternehmensvermögen. Nimmt man jedoch an, wie es Galai/Masulis getan haben, daß die Unternehmung von den Aktionären kontrolliert wird, dann wird sich das Unternehmen selbst dann für das riskantere Projekt entscheiden, wenn die Aktionäre risikoavers sind, da L'z PzEK(I) > L'z PzEK(II) > EKt=o• d.h der Erwartungswert des Eigenkapitals EK bei Wahl des Projekts I übersteigt sowohl den aktuellen Eigenkapitalbestand als auch den Erwartungswert des Eigenkapitals bei Wahl des Projekts Il.

88

3. Bewertung von Investitionen als Realoptionen

Es bleibt festzuhalten, daß der Wert der Option (zum Beispiel Eigenkapital) steigt, wenn die Unsicherheit über die Entwicklung des Marktpreises des Basisobjekts (zum Beispiel Untemehmensvermögen) zunimmt. Dieses Argument läßt sich verallgemeinern. Erhöhte Unsicherheit steigert den Wert einer Investition, wenn die Erlöse eine konvexe Abhängigkeit von der Wertentwicklung eines Wertgegenstandes aufweisen. Der Gesamteffekt hängt vom Grad der individuellen Risikoaversion ab. Er kann negativ sein, d. h. ßOW/ ßa < 0, wenn die Konvexität durch die Risikoaversion vollständig kompensiert wird. Ein grundsätzlicher Einwand gegen die Anwendung der Optionspreistheorie zur Bewertung von Realinvestitionen ist damit nicht verbunden. Die von Emery et al. vorgebrachten Bedenken sind daher zurückzuweisen. 3.3.2 Bewertung von Optionen, deren Existenz unvollkommene Märkte voraussetzt

Es verbleibt jedoch ein wesentlicher Aspekt, der die Anwendung der Optionspreistheorie zur Bewertung von Realinvestitionen einschränkt. In Abschnitt 3.1 (vgl. S. 55 ff.) wurden die bislang in der Literatur behandelten Realoptionen vorgestellt. Stets boten hierbei Potentialfaktoren künftige Handlungsspielräume. Es lassen sich jedoch nicht alle Realoptionen optionspreistheoretisch bewerten. Grundvoraussetzung einer optionspreistheoretischen Bewertbarkeit von Optionen ist deren Existenz im Marktgleichgewicht Bei Finanzoptionen stellt diese Anforderung kein Problem dar. Bei Realoptionen ist sie jedoch nicht immer erfüllt. So entstehen einige Realoptionen erst als Konsequenz von Marktungleichgewichten. Sie existieren also nur dann, wenn die für eine optionspreistheoretische Bewertung notwendigen Annahmen gerade nicht erfüllt sind. Anteiloptionen sind dadurch gekennzeichnet, daß sie jeder Marktteilnehmer besitzt. So verfügt jeder über die Option, den Beginn eines irreversiblen Investitionsprojekts hinauszuschieben und damit auf erhöhte Sicherheit zu warten. Diese Option auf Investitionsaufschub weist nur dann einen Optionswert auf, wenn die Möglichkeit existiert, daß der Barwert der mit der Investition erzielbaren Einzahlungsüberschüsse den Investitionsbetrag zu einem zukünftigen Zeitpunkt übersteigt, der Kapitalwert (net present value NPV) dieses Projekts also größer Null ist. Nach Myers gilt: "... a positive NPV must be explained by a short run deviation from equilibrium or by some permanent competitive advantage. " 87 Einen positiven Kapitalwert besitzt eine Realinvestition also nur auf unvollkommenen Märkten. Damit weisen Anteiloptionen lediglich dann einen Wert auf, wenn die Voraussetzungen für eine marktorientierte Bewertung, wie sie die Opti-

87

Myers (1984), S. 130.

3.4 Wahl eines geeigneten Bewertungsmodells für Realinvestitionen

89

onspreistheorie darstellt, nicht erfüllt sind. Anteiloptionen können somit nicht optionspreistheoretisch bewertet werden. Muß eine optionspreistheoretische Bewertung von Anteiloptionen rundweg abgelehnt werden, so sind Eigentumsoptionen in diesem Zusammenhang genauer zu analysieren. Es gibt auch hier Optionen, die nur auf unvollkommenen Märkten einen Wert besitzen können. Betrachten wir zunächst die Liquidationsoption. Sie existiert, wenn der Sekundärmarktwert eines Projekts den Barwert der mit diesem Projekt erzielbaren Einzahlungsüberschüsse in der Zukunft übersteigen kann. Besteht die Möglichkeit, daß der Sekundärmarktwert zu einem künftigen Zeitpunkt den Barwert des Projekts übersteigt, so eröffnen sich jedoch Arbitragemöglichkeiten, da der Markt das Projekt überbewertet. Auf einem vollkommenen Markt können Arbitragemöglichkeiten keinen Bestand haben. Doch auch wenn Arbitragegeschäfte nur eingeschränkt durchgeführt werden können, setzt eine optionspreistheoretische Bewertung zumindest die Existenz eines Marktgleichgewichts voraus. Es bleibt festzuhalten, daß die Liquidationsoption Ausfluß unvollkommener Realgütermärkte ist. Daher kann sie strenggenommen nicht unter den Voraussetzungen vollkommener Realgütermärkte bewertet werden. 88 Die Produktionsoption steht im Gegensatz zur Liquidationsoption. Sie ist in allen Varian~en, d. h. mit mehreren Basisobjekten, als Inputoption sowie als Mehrfachoption optionspreistheoretisch bewertbar. Stets kann eine Investition die Optionen auch dann enthalten, wenn sich der Markt im Gleichgewicht befindet. Die Differenz zwischen dem Marktpreis des Basisobjekts (dem Produktpreis) und dem Ausübungspreis (den variablen Stückkosten) ergibt sich in diesem Fall als Konsequenz einer Option, nicht als Konsequenz eines Marktungleichgewichts. Die Maschine besitzt einen (Options-)Wert, weil sie in der Lage ist, Deckungsbeiträge zu erwirtschaften.89 3.4 Wahl eines geeigneten Bewertungsmodells für Realinvestitionen

Es werden zahlreiche numerische Verfahren zur Bewertung von Optionen herangezogen. Numerische Verfahren bieten jedoch lediglich Approximationen. Jarrow/ Rudd90 unterscheiden numerische Verfahren, die den zugrundeliegenden Preispro88 Vgl. dagegen die optionspreistheoretischen Ansätze von Kensinger (1980), S. 2ff; Myers/Majd (1983), S. lff.; ders. (1990), S. 1-21; Schnabel (1992), S. 172-177. 89 Gewinne können mit dieser Maschine dagegen auf vollkommenen Märkten nicht erzielt werden. Die Optionsprämie muß hier den erzielbaren Deckungsbeiträgen entsprechen. 90 Vgl. Jarrow/Rudd (1983), S. 199. Vgl. auch Courtadon, Georges (1990): An Introduction to Numerical Methods in Option Pricing, in: Financial Options, hrsg. von Stephen Figlewski/William Silber/Marti G. Subrahmanyam, Homewood 1990, S. 539.

90

3. Bewertung von Investitionen als Realoptionen

zeß approximieren 91 und solche, die die Partialdifferentialgleichung92 approximieren.93 Da numerische Verfahren keine exakten Lösungen bieten, werden für sämtliche Problemstrukturen stets analytische Lösungen gesucht. Numerische Verfahren werden nur dann herangezogen, wenn analytische Lösungen nicht zu finden sind.94 Numerische Methoden besitzen gegenüber der dynamischen Programmierung ausschließlich den Vorteil, daß Marktinformationen bei der Optionsbewertung verwendet werden können. 95 Analytische Verfahren können weitere Vorteile aufweisen. So sind sie in der Regel weniger rechenaufwendig und bieten die Möglichkeit der komparativen Statik. 96 Wir werden uns daher im folgenden einer analytischen Optionsbewertung zuwenden. 3.4.1 Bewertung von Investitionen mit Hilfe des Modells von Black-Scholes Black-Scholes waren die ersten, denen es gelang, eine europäische Option auf eine Aktie ohne Dividendenausschüttungen analytisch zu bewerten.97 Thr Modell wird im folgenden vorgestellt. Es werden die besonderen Vorteile aufgezeigt, welche eine Optionsbewertung mit Hilfe dieses Modells hat (vgl. Abschnitt 3.4.1.4). Ferner betrachten wir die Anwendbarkeit des Black-Scholes Modells zur Bewertung von Realoptionen (vgl. Abschnitt 3.4.1.5). Die Herleitung der Black-Scholes Formel vollzieht sich in zwei Schritten: 91 Hierzu gehören die Multinomialmodelle und die Monte Carlo Simulation. Vgl. zur Optionsbewertung mit Hilfe der Monte Carlo Simulation Boyle, Phelim P. (1977): Options: A Monte Carlo Approach, in: Journal ofFinancial Economics, 4.(1977), S. 323-338. n Vgl. Formel3.9, S. 93. 93 Hierzu zählen die numerische Integration, die explizite und die implizite Finite Difference Method. Vgl. zur Optionsbewertung mit Hilfe der numerischen Integration Parkinson, Michael (1977): Option Pricing: The American put, in: Journal of Business, 50.(1977).1, S. 21-36. Zur Anwendung der Finite Difference Method vgl. Hull, John!White, Alan (1990): Valuing Derivative Securities Using the Explicit Finite Difference Method, in: Journal of Financial and Quantitative Analysis, 25.(1990).1, S. 87-1 00; Courtadon ( 1990), S. 549ff. 94 Vgl. Geske, Robert/Shastri, Kuldeep (1985): Valuation by Approximation: A Comparison of Alternative Option Valuation Techniques, in: Journal of Financial and Quantitative Analysis, 20.(1985).1, S. 46. So sind z. B. amerikanische Verkaufsoptionen auf Dividenden ausschüttende Aktien mit numerischen Verfahren zu bewerten. Vgl. Barone-Adesi, Giovannil Whaley, Robert E. (1988): On The Valuation of American Put Options on Dividend-Paying Stocks, in: Advances in Futuresand Options Research, 3.(1988), S. 1-13. 95 Nach Dixit stellt die formale Theorie der Optionsbewertung lediglich eine Anwendung der stochastischen dynamischen Programmierung dar. Vgl. Dixit (1989), S. 625. 96 Vgl. Geske, Robert/Johnson, Herbert E. (1984): The American Put Valued Analytically, in: The Journal ofFinance, 39.(1984).5, S. 1511. 97 Vgl. Black/Scholes (1973), S. 637ff.

3.4 Wahl eines geeigneten Bewertungsmodells für Realinvestitionen

91

(1) Zunächst wird eine Partialdifferentialgleichung abgeleitet, die für alle derivativen Ansprüche gilt. Es existieren zwei Möglichkeiten, diese Gleichung zu erhalten, mit Hilfe eines Hedgeportefeuilles (vgl. Abschnitt 3.4.1.1) und durch Anwendung des Capital Asset Pricing Model (vgl. Abschnitt 3.4.1.2). (2) Die Partialdifferentialgleichung wird unter Beachtung der Nebenbedingungen gelöst. Auch hier gibt es zwei verschiedene Lösungswege. Black-Scholes verwenden die aus der Physik stammende Wärmeleitgleichung, um zu ihrer Formel zu gelangen. Eine alternative Ableitung gelingt über das Risk Neutral Valuation Principle (RNVP). 98 3.4.1.1 Herleitung der Partialdifferentialgleichung durch Konstruktion eines Hedgeportefeuilles Der Ableitung der Partialdifferentialgleichung von Black-Scholes über die Konstruktion eines Hedgeportefeuilles liegen folgende Annahmen zugrunde: 99 (1) Es existiert ein Markt, auf dem Anleihen (risikofreie Geldanlagen), Aktien und Aktienoptionen gehandelt werden. Diese Wertpapiere sind beliebig teilbar. Transaktionskosten beim Kauf oder Verkauf der Wertpapiere entstehen nicht. (2) Es erfolgen keine Ausschüttungen an die Inhaber der Aktien. (3) Es gibt einen, risikofreien Marktzinssatz, zu dem unbeschränkt Kapital aufgenommen werden kann (Sollzins = Habenzins). Dieser Zinssatz bleibt während der Laufzeit der Option konstant. (4) Leerverkäufe sind unbeschränkt zugelassen. Die Leerverkäufer erfüllen stets ihre Verpflichtungen. Eine Hinterlegung von Sicherheiten ist nicht notwendig. (5) Der Ausübungspreis ist in t 0 bekannt. 100 (6) Der Handel von Zahlungsreihen erfolgt kontinuierlich. 101 Die Marktteilnehmer haben homogene Erwartungen hinsichtlich des zukünftigen Aktienkursverlaufs, der einem ltö-Prozeß 102 mit konstanter Standardabweichung der Ren98 Diese Ableitung entstammt einer Idee von Cox!Ross. Vgl. Figlewski, Stephen (1990): Theoretical Valuation Models, in: Financial Options, hrsg. von Stephen Figlewski/William Silber/Marti G. Subrahmanyam, Homewood 1990, S. 128ff. 99 Vgl. Black/Scholes (1973), S. 640; Jurgeit, Ludwig (1989): Bewertung von Optionen und bonitätsrisikobehafteten Finanztiteln, Wiesbaden 1989, S. 53f. und S. 115. 100 Optionen mit unsicherem Ausübungspreis bewerten Fischer (1978), S. 169-176; Macgrabe (1978), S. 177-186; Büchel (1988), S. 884-895; Bookstaber (1991), S. 218-219. 101 Diskreten Handel von Zahlungsreihen unterstellen Boyle, Phelim P./Emanuel, David (1980): Discretely Adjusted Option Hedges, in: Journal of Financial Economics, 8.(1980), S. 259-282; Rubinstein, Mark (1976): The valuation of uncertain income streams and the pricing of options, in: Bell Journal of Economics, 7.( 1976), S. 407-425.

92

3. Bewertung von Investitionen als Realoptionen

dite des Basisobjekts 103 pro Periode entspricht. Der Preis des Basisobjekts folge dem Diffusionsprozeß dSI S = P,s dt + P,s dz, mit: S = Aktienkurs und dS = Veränderung des Aktienkurses J.Ls

= Erwartungswert des Aktienkurses

as = Standardabweichung des Aktienkurses dz = Wiener Prozeß (Zufallsprozeß)

Man kann ein Portefeuille aus Option und Basisobjekt konstruieren, das in jedem Zustand einen sicheren Ertrag abwirft. Es wird eine Kaufoption (mit dem Wert OW) gekauft und es werden gleichzeitig aowI as Aktien leerverkauft Für den Wert V dieses Hedgeportefeuilles gilt folglich: (3.2)

V=OW-

aow s

as

Die Wertänderung des Hedgeportefeuilles beträgt: (3.3)

dV=dOW- ßOW dS

as

Black-Scholes verwenden nun Itö's Lemma. Dieses besagt: Wenn eine Variable X einem Itö-Prozeß folgt und eine Variable Y von X und dem Betrachtungszeitpunkt abhängt, d. h. Y = F(X, t), wobei F(.) eine zweifach differenzierbare Funktion ist, dann gilt: (3.4)

102 Die Existenz von Kurssprüngen berücksichtigen Merton, Robert C: (1976): Option Pricing when the underlying stock returns are discontinuous, in: Journal of Financial Economics, 3.(1976), S. 125-144; Jones, E. Philip (1984): Option Arbitrage and Strategy With Large Price Changes, in: Journal of Financial Econornics, 13.(1984), S. 91-113. Einen ausschließlich sprunghaften Kursverlauf unterstellen Cox/Ross/Rubinstein (1979), S. 229ff.; Rendelman!Bartter (1979), S. 1093ff.; Schroder, Mark (1988): Adapting the Binomial Model to Value Options on Assets with Fixed-Cash-Payouts, in: Financial Analysts Journal, 44.(1988), S. 54-62; Madan, Dilip B./Milne, Frank/Shefrin, Hersh (1989): The Multinornial Option Pricing Model and lts Brownian and Poisson Limits, in: The Review of Financial Studies, 2.(1989).2, S. 251-265. 103 Schwankungen der Varianz des Basisobjektkurses werden berücksichtigt von Johnson (1981), S. lff.; Johnson, Herb E./Shanno, David (1987): Option Pricing when the Variance is Changing, in: Journal of Financial and Quantitative Analysis, 22.(1987), S. 143-151; Eisenberg, Laurence Keith (1987): Random variance option pricing, diss., University of Pennsylvania 1987; Scott, Louis 0. (1987): Option Pricing when the Variance Changes Randomly: Theory, Estimation, and an Application, in: Journal of Financial and Quantitative Analysis, 22.(1987).4, s. 419-438.

3.4 Wahl eines geeigneten Bewertungsmodells für Realinvestitionen

93

Alle Terme höherer Ordnung können vernachlässigt werden. 104 Mit Hilfe von Ito's Lemma läßt sich eine Beziehung zwischen Optionspreisänderungen und Basisobjektkursänderungen herleiten. Es gilt: (3.5)

dOW = 80W dS 80W d ~ 82 ~ ß20W d 8 882 88 + 8t t + 2 t

Setzt man Gleichung 3.5 in Gleichung 3.3 ein, so erhält man: (3.6)

dV = (80W + ~ 82 8t

2

c?s ß2ow) 882

dt

Da der stochastische Term dz in Gleichung 3.6 keine Rolle spielt, ist dieses Portefeuille tatsächlich risikolos (zumindest für den nächsten Moment). Da jede risikofreie Geldanlage den risikofreien Marktzins erbringen sollte, muß gelten: (3.7)

dV=rVdt

Mit Gleichung 3.2 erhält man: (3.8)

80W) dt dV = ( rOW - r S ---a8"

Kombiniert man die Gleichungen 3.6 und 3.8, so erhält man die für alle derivativen Ansprüche gültige Fundamentale Partialdifferentialgleichung von Black-Scholes: (3.9)

3.4.1.2 Herleitung der Partialdifferentialgleichung mit Hilfe des Capital Asset Pricing Model Ziel einer Anwendung des Capital Asset Pricing Model (CAPM) ist eine Gleichgewichtsanalyse des Kapitalmarkts. 105 Mit dem CAPM wird "lediglich" ein Gleichgewichtswert ermittelt. Es ist nicht notwendig, daß sich dieser Wert durch 104 Vgl. Figlewski (1990), S. 124f. Es sollte an dieser Stelle bemerkt werden, daß auch Black-Scholes trotzstarker Annahmenaufgrund dieser Vereinfachung keine vollkommen exakte Lösung ermitteln. Die Abweichungen durch Vernachlässigung der Terme höherer Ordnung sind jedoch minimal. 105 Zum CAPM vgl. Rudolph, Bernd (1979): Zur Theorie des Kapitalmarktes, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 49.(1979).11, S. 1034ff.

94

3. Bewertung von Investitionen als Realoptionen

Arbitragetätigkeit am Markt einstellt. Als Konsequenz dieser Überlegungen kann auf diejenigen Annahmen verzichtet werden, die speziell für eine funktionierende Arbitrage notwendig sind, also zum Beispiel die Unbeschränktheil von Leerverkäufen. Stattdessen wird - analog zur Portfoliotheorie - angenommen, die Marktteilnehmer seien risikoavers. 106 Anleger wählen von zwei Wertpapieren, welche den gleichen Erwartungswert der Rendite aufweisen, dasjenige mit der niedrigeren Standardabweichung der Erträge aus. Nehmen wir zunächst an, es gebe keine risikofreie Anlagemöglichkeit Durch Diversifikation lassen sich jedoch sämtliche unsystematischen, d. h. spezifischen Risiken einzelner Wertpapiere eliminieren. Ein dergestalt diversifiziertes Portefeuille enthält dann nur noch systematische Risiken. Eine gleichzeitige Erhöhung des Erwartungswertes J.L und der Standardabweichung a des Anleger-Endvermögens durch Diversifikation ist hier nicht mehr möglich. Daher wird dieses Portefeuille als effizientes Anlegerportefeuille bezeichnet. Die folgende Abbildung zeigt, welche Kombinationen aus J.L und a diejenigen Portefeuilles besitzen, die sich nach Diversifikation als effiziente Portefeuilles erweisen:

Erwartungswert des Endvermögens /"-

"- Standardabweichung

'-----------/ ~ des Endvermögens

Abbildung 16 106 Auf diese Annahme konnte in Abschnitt 3.4.1.1 verzichtet werden. Bei Arbitragefreiheit gilt die Fundamentale Partialdifferentialgleichung unabhängig von der Risikoeinstellung der Marktteilnehmer.

3.4 Wahl eines geeigneten Bewertungsmodells für Realinvestitionen

95

Nehmen wir nun an, es gebe eine risikofreie Anlage, die den Zins r biete. Dann können die Anleger jedes zwischen dem risikolosen Portefeuille und dem Marktportefeuille MP durch die doppelte Linie gekennzeichnete Portefeuille realisieren:

Erwartungsweft des Endvermögens

/ f"

r Standardabweichung / dN Endvermögens

~,

L___ _ _ _ _ _ _ _ _

Abbildung 17

Sind sämtliche Wertpapiere beliebig teilbar, so legen alle Anleger, die bereit sind ein gewisses Risiko einzugehen, einen Teil ihres Anlagebetrags im Marktportefeuille an, welches sich als das einzig effiziente Portefeuille erwiesen hat, das risikobehaftete Wertpapiere enthält. Den anderen Teil des zur Anlage zur Verfügung stehenden Betrags legen sie zum sicheren Marktzins an. Die individuelle Risikoeinstellung der Marktteilnehmer offenbart sich dann durch die Auswahl des Portefeuilleanteils der risikofreien Anlage. Aus diesen Überlegungen kann man eine Beziehung für die risikoangemessenen Renditen (a,) von Wertpapieren ableiten. Die Portfoliotheorie führt zu a, = r + RP. Das CAPM bietet nun eine exaktere Bestimmung der Risikoprämie RP durch Berücksichtigung des sich aus den Diversifikationsmöglichkeiten ergebenden Marktportefeuilles: o:s

mit

O:mp- r =r +- - · Ps,mp. Us Ump

96

3. Bewertung von Investitionen als Realoptionen m,-r • Ump

Ps mp · a8 1

= Risikoprämie

Dabei gilt:

Ps,mp

= Erwartete Rendite des Marktportefeuilles = Standardabweichung der Rendite des Marktportefeuilles = Korrelation zwischen der Rendite des Basisobjekts und der Rendite des Marktpor-

a,

= Standardabweichung der Rendite des Basisobjekts

amp amp

tefeuilles

Eine Umformung ergibt as = r + (amp- r) ß

{3.10)

mit

ß = Ps,mpas Ump

Dies zeigt, daß sich die risikoangemessene Rendite eines Wertpapiers aus dem risikofreien Zins (r) und der Risikoprämie des Marktportefeuilles ( amp - r), gewichtet mit der Sensitivität des Wertpapiers gegenüber Marktbewegungen (ß), ergibt.I07 Als Beziehung zwischen dem man:

ß der Option und dem ß des Basisobjekts erhält

s aow

{3.11)

ßow = OW

-----aB

ßs

Dabei kann man (aowI as) . (sI OW) als Elastizität des Optionspreises in Bezug auf den Kurs des Basisobjekts auffassen. 108 Auf diese Weise wird die Marktinformation bezüglich der Risikoprämie des Basisobjekts zur Bewertung der Option genutzt. Für die erwartete Rendite von Option bzw. Basisobjekt gilt (vgl. Gleichung 3.10): {3.12)

E(dS/S) = r dt + (a mp- r) ßs dt

{3.13)

E(dOW /OW) = r dt + (amp- r) ßow dt

107

Für das sogenannte CAPM-ß gilt: Ps,mp(a8 /amp) = {cov(a., amp)/(asamp))(a. / amp)

= cov(a.,amp)/ U:"p .

ws Vgl. Black/Scholes (1973), S. 645.

3.4 Wahl eines geeigneten Bewertungsmodells für Realinvestitionen

97

Multipliziert man Gleichung 3.13 mit OW und substituiert anschließend OW · ßow mit Hilfe von Gleichung 3.11, so erhält man: (3.14)

E(dOW) = r OW dt + (o:mp- r) S

80W

88

ßs dt

Man kann nun alternativ den Erwartungswert aus dem mit Hilfe von Itö's Lemma ermittelten dOW(vgl. Gleichung 3.5, S. 93) bestimmen: (3.15)

E(dOW)

= 0~:

E(dS) + {)~W dt + ~

52~ ~0: dt

Substituiert man in Gleichung 3.15 für E(dS) aus Gleichung 3.12, so folgt:

aow

(3.16) E(dOW) = asrSdt

aow +(o:mp- r)Sasß,dt +21 S

2

~

ß2ow

aS2

dt

aow +---rJt dt

Durch Gleichsetzung von 3.14 und 3.16 fallen Omp und ßs weg. Man erhält erneut die Fundamentale Partialdifferentialgleichung (vgl. Gleichung 3.9, S. 93): (3.17)

rOW-rS80W _80W _!Sl~82 0W =O

as

2

at

aS2

3.4.i.3 Die Formel von Black-Scholes Die Partialdifferentialgleichung muß unter folgenden Nebenbedingungen gelöst werden: (1) Der Wert der Option zum Ausübungszeitpunkt beträgt OWT' = max [0;

Sr'- X] (2) Bei St = 0 gilt für den Optionswert OWt = 0

(3) FürSt gegen unendlich geht 80W/88 gegen 1. Als Lösung ergibt sich die Black-Scholes Formel: 109 (3.18)

mit

OWt = S1 N [D] - X

e - rT

N [D - usVT]

D= !n(~)+(r+~)T

usv'T

109 Vgl. die Ableitung der Black-Scholes Formel mit Hilfe des Risk Neutral Valuation Principle bei Figlewski (1990), S. 128ff.

7 Scheffen

98

3. Bewertung von Investitionen als Realoptionen

3.4.1.4 Vorteile einer Anwendung des Black-Scholes Modells Gleichung 3.18 verdeutlicht die speziellen Vorteile des Black-Scholes Modells. Es ergibt sich eine relativ unkomplizierte Formel. Der Optionswert kann auf jedem Taschenrechner ermittelt werden. 110 Ferner erfordert eine Optionswertberechnung mit Hilfe des Black-Scholes Modells lediglich fünf Inputdaten. Sie enthält somit geringe Informationsanforderungen. Als besonderer Vorteil erweist sich die Verfügbarkeil der Daten. Bereits in Abschnitt 3.2 (vgl. S. 79ff.) wurde herausgestellt, daß sich die Optionspreistheorie durch Nutzung beobachtbarer Marktinformationen auszeichnet. Der Ausübungspreis und die Laufzeit der Option werden explizit im Optionsvertrag genannt. Sowohl der aktuelle Kurs des Basisobjekts als auch der risikofreie Zins sind am Markt ablesbar. Lediglich die Volatilität bildet hier eine Ausnahme. Sie muß erst bestimmt werden. Es werden üblicherweise zwei Methoden verwendet, die Volatilität zu ermitteln. Oft wird die historische Volatilität des Basisobjektkurses in die Formel eingesetzt. Es gibt jedoch keinen Anlaß anzunehmen, daß dieser Wert auch für die künftige Entwicklung des Aktienkurses Bestand haben sollte. Alternativ wird die implizite Volatilität des Basisobjektkurses ermittelt. Sie wird errechnet, indem der Marktpreis der Option in die Black-Scholes Formel eingesetzt und die Gleichung nach der Schwankungsbreite des Basisobjektkurses aufgelöst wird. Die implizite Volatilität setzt somit voraus, daß der Markt die Option zum aktuellen Zeitpunkt korrekt, d. h. in Übereinstimmung mit dem Black-Scholes Modell bewertet und darüber hinaus die Schwankungsbreite des Basisobjektkurses richtig einschätzt. 111 Eine Überprüfung der Bewertung einer Option durch den Markt ist dann jedoch mit Hilfe des Black-Scholes Modells nicht möglich. Obwohl die Volatilität nicht beobachtbar ist, bleibt festzuhalten, daß die Kenntnis der Schwankungsbreite des Marktpreises des Basisobjekts eine wesentlich geringere Informationsanforderung an den Entscheider stellt als die Schätzung des exakten Verlaufs des Güterpreises. Auf eine solche Schätzung kann aber, wie wir sahen, wegen der von Black-Scholes getroffenen Preisverlaufshypothese verzichtet werden.

110 111

Lediglich Tabellen zur Nonnaiverteilung müssen darüber hinaus vorhanden sein. Vgl. Hauck, Wilfried (1991): Optionspreise, Wiesbaden 1991, S. 282ff.

3.4 Wahl eines geeigneten Bewertungsmodells für Realinvestitionen

99

3.4.1.5 Problematik einer Anwendung des Black-Scholes Modells zur Bewertung von Realoptionen Die Probleme, die sich bei einer optionspreistheoretischen Bewertung von Realinvestitionen ergeben, werden im folgenden am Beispiel der Produktionsoption aufgezeigt. Es sei in t eine Maschine zu bewerten, welche die Möglichkeit bietet, zum Zeitpunkt T' das Gut C zu produzieren. Dem Investor sei in T' bekannt, ob er im Falle der Produktion positive Deckungsbeiträge erwirtschaften kann. Stellt er fest, daß dies nicht der Fall ist, verzichtet er auf eine Verarbeitung der vorhandenen Ressourcen. Vergleichen wir die relevanten Parameter: Aktienoption

Produktionsoption

ow1

Optionswart in t

Wd~

Wart dar Maschine in t

SI

Kurs dar Aktie in t

Pc,t

Outputpreis des Gutes C in t

r

risikofreier Zins

r

risikofreier Zins

os

Volatilitat des Aktienkurses

oc

Volatilitat des Outputpreises

X

Ausübungspreis

vkc

Variable Stückkosten

T

Restlaufzeit der Option

T

Restnutzungsdauer der Maschine

Wir erhalten dann folgende Formel: (3.19)

Wdlt = Pc,t N [D]- vkc e-rr N [D- ucvT]

mit D= ln

(~) + (r+ ~) T ucVT

Es treten nun einige Probleme auf, die bei der Bewertung europäischer Optionen auf Aktien, die keine Dividenden ausschütten, keine oder eine nur untergeordnete Rolle spielten. Es ist zu beachten, daß sowohl die Laufzeit als auch der Ausübungspreis der Option vertraglich festgeschrieben sind. Bei einer Produktionsoption ist die Nutzungsdauer im Regelfall jedoch zum Bewertungszeitpunkt unsicher. 112 In diesem 112 Alternativ könnte man auch den Wert einer gernieteten Maschine ermitteln. Dann tritt die Vertragslaufzeit an die Stelle der Nutzungsdauer der Maschine und die Laufzeit der Option ist wie bei Aktienoptionen fixiert.

7*

100

3. Bewertung von Investitionen als Realoptionen

Zusammenhang ist anzuführen, daß die Nutzungsdauer einer Maschine die Laufzeit einer Aktienoption in der Regel deutlich übertreffen wird. Dies steigert die Problematik einer korrekten Bestimmung der Optionslaufzeit, erhöht aber zugleich die Bedeutung einer Berücksichtigung des Optionseffekts, da der Optionswert mit zunehmender Laufzeit steigt. Auch die variablen Kosten sind in der Regel zum Bewertungszeitpunkt unsicher. Auf diesen Fall lassen sich jedoch vorhandene Bewertungsmodelle anwenden. 113 Die Annahme eines während der Optionslaufzeit konstanten und in to für die gesamte Laufzeit bekannten Marktzinssatzes wird problematisch, wenn man die langen Laufzeiten von Realoptionen beachtet. Ist die Annahme vollkommener Finanzmärkte zumindest einigermaßen akzeptabel, so führt die Unvollkommenheit der Realgütermärkte dazu, daß einige Autoren auf die Anwendung der Optionspreistheorie zur Bewertung von Realoptionen bewußt verzichten und die Flexibilität einer Investition mit Hilfe des Ansatzes der dynamischen Programmierung bewerten. 114 Doch auch dann, wenn man die Annahme der Vollkommenheit der Realgütermärkte akzeptiert, tauchen bei der Bewertung von Realoptionen zusätzliche Probleme auf. So ist die von Black-Scholes implizit getroffene Annahme, daß die zu bewertende Option in eindeutiger Weise vom Marktpreis des Basisobjekts abhängt, zu beachten. Das Black-Scholes Modell kann nur dann zur Bewertung von Produktionsoptionen herangezogen werden, wenn ein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem Wert der Maschine (Optionswert) und dem Erzeugnispreis (Marktpreis des Basisobjekts) vorliegt. Bei einer Produktionsoption ist es jedoch durchaus denkbar, daß mehrere Optionen das gleiche Basisobjekt besitzen. So könnten Personal und Maschinen als gemeinsame Optionen zur Produktion aufgefaßt werden. Wenn Produktion sowohl Personal als auch Maschinen voraussetzt und eine Zurechnung der Kosten auf die Erzeugnisse nicht möglich ist, läßt sich der Wert einer Maschine nicht mehr ermitteln. Formel 3.19 gilt nur für einfache europäische Optionen. Maschinen enthalten jedoch stets mehrere Produktionsoptionen. Eine Maschine muß infolgedessen als Mehrfachoption, also als Summe von europäischen Optionen mit unterschiedlichen Laufzeiten bewertet werden, d. h. es gilt: (3.20)

W di1 =

L

t'=l, ... ,T'

(pc,t N [D] - vkc e- rr N [D- ucv'T])

Vgl. die hierzu aufS. 55 in Fußnote 3 angegebene Literatur. Vgl. Kulatilaka, Nalin (1988): Valuing the Flexibility of Flexible Manufacturing Systems, in: IEEE Transactions On Engineering Management, 35.(1988).4, S. 251. 113

114

3.4 Wahl eines geeigneten Bewertungsmodells für Realinvestitionen

101

Mathematische Komplikationen ergeben sich dadurch nicht. Der Rechenaufwand erhöht sich jedoch erheblich, je nachdem, wieviele Produktionszeitpunkte existieren, wieviele Optionswerte also ermittelt werden müssen. Betrachtet man eine Maschine als Mehrfachoption, so verringern sich die Vorteile einer Anwendung der Optionspreistheorie gegenüber den traditionellen Verfahren, da der Datenbedarf ansteigt. Als Vorteil verbleibt dann vor allem die Beobachtbarkeit der Daten. Sieht man eine Maschine gar als komplexe Option an, dann ist auch die Formel 3.20 nicht mehr anwendbar. Die rechentechnischen Vorteile im Vergleich zu investitionsrechnerischen Methoden wie dem Entscheidungsbaumverfahren verschwinden. Zwei Problemkreise wurden bisher außer acht gelassen. So gilt die Black-Scholes Formel nur für Optionen, bei denen die Preissteigerung des Basisobjekts dazu führt, daß Besitzer des Basisobjekts einen risikoangemessenen Ertrag erzielen. In den Abschnitten 3.4.2 - 3.4.4 wird hierauf eingegangen. Nicht nur die Rendite des Basisobjekts muß näher untersucht werden, auch der Verlauf des Preises bis zum Ausübungszeitpunkt ist von Interesse. Die Bedeutung der Preisverlaufshypothese von Black-Scholes bei der Bewertung von Realoptionen werden wir in Abschnitt 3.4.5 betrachten. In Abschnitt 3.4.6 gehen wir auf die Vorteile der Existenz von Futurespreisen ein.

3.4.2 Preissteigerungsraten und Renditen von Realgütern Mit Hilfe der Black-Scholes Formel sind Optionen bewertbar, die eine risikoangemessene Rendite bieten, weil die Kurssteigerungen des Basisobjekts für deren Inhaber ebenfalls eine risikoangemessene Rendite darstellen. Es stellt sich nun die Frage, ob diese Annahme auch auf die Bewertung von Realoptionen übertragen werden kann, ob also auch bei Optionen auf reale Güter (g) die Preissteigerung des Basisobjekts (a 9 ) stets der Rendite von Wertpapieren mit vergleichbarem Risiko (as) entspricht. Ist dies nicht der Fall, existiert also eine Differenz (6), so muß die Black-Scholes Formel erweitert werden. Man kann sich folgende Hypothesen für die Steigerungsraten von Güterpreisen vorstellen: -

Preissteigerungsrate entspricht Marktrendite

-

Minderpreissteigerung

-

Preiskonstanz

a9 = 0

Bei Existenz einer Minderpreissteigerung oder einer Preiskonstanz gilt 6 > 0. Wegen ihrer unterschiedlichen Auswirkungen auf die Bewertung sind hierbei zwei Fälle zu unterscheiden:

102

3. Bewertung von Investitionen als Realoptionen

(1) Der Inhaber des Basisobjekts erhält eine risikoangemessene Rendite, die sich

aus Preissteigerungen und sonstigen Erträgen zusammensetzt. Da der Optionsinhaber nur von den Preissteigerungen profitiert, erhält er keine risikoangemessene Rendite. Dieser Fall ist stets gemeint, wenn wir im folgenden von Minderpreissteigerung sprechen.

(2) Eine risikoangemessene Rendite erhält weder der Inhaber des Basisobjekts noch der Optionsinhaber. Ein solches Basisobjekt bietet lediglich eine Minderrendite. Im folgenden gehen wir auf das Verhältnis a 9 zu a. ein. In Abschnitt 3.4.2.2 werden wir zusätzlich untersuchen, ob reale Güter Minderrenditen aufweisen. Bei einer Beurteilung der Preissteigerungsraten von Gütern erscheint es sinnvoll, den Kapitalanlagencharakter dieser Güter zu berücksichtigen. So wird zum Beispiel Gold wegen seines begrenzten Vorkommens als Kapitalanlage angesehen. Die Marktteilnehmer erwarten, daß sie mit diesem Gut eine risikoangemessene Rendite erzielen. Für Produkte, die infolge ausreichender Ressourcen jederzeit hergestellt werden können, existiert dagegen zunächst kein Argument für eine Preisänderung. Offensichtlich hängen die Güterpreisentwicklungen in starker Weise von den jeweils vorhandenen Ressourcen ab. Ein jederzeit im Überfluß herstellbares Gut muß eine andere Preissteigerungsrate als ein knappes Gut aufweisen. Daher sollen zunächst vier Güterklassen unterschieden werden: 115 (1) In vergleichsweise naher Zukunft erschöpfte und nicht erneuerbare Ressourcen (zum Beispiel Erdöl) (2) Theoretisch erschöpfbare und nicht erneuerbare Ressourcen (zum Beispiel Eisen) (3) Erschöpfbare, aber erneuerbare Ressourcen, also nachwachsende Rohstoffe (zum Beispiel Fisch, Holz) (4) Nicht erschöpfbare Ressourcen (zum Beispiel Früchte wie Wein, Obst) 3.4.2.1 Das Hotelling-Prinzip für erschöpfbare, nicht erneuerbare Ressourcen Von Hotelling stammt die Hypothese, daß der Preis einer Einheit einer erschöpfbaren, nicht erneuerbaren Ressource, abzüglich der marginalen Extraktionskosten, mit einer der Rendite in Bezug auf das Risiko vergleichbarer Kapitalanlagen entsprechenden Rate steigen muß. 116 Eine gewisse Unterstützung erhielt diese Hypothese durch empirische Untersuchungen. 117 115 Als nicht erneuerbar wird im folgenden eine Ressource bezeichnet, wenn die Dauer der Erneuerung aufgrund ihrer Länge für unsere Betrachtung unerheblich ist. 116 Vgl. Hotelling, Harold (1931): The Econornics of Exhaustible Resources, in: Journal ofPolitical Econorny, 39.(1931).2, S. 137- 175; Solow, Robert M. (1974): The Econornics of Resources or the Resources of Econornics, in: Arnerican Econornic Review (Papers and Pro-

3.4 Wahl eines geeigneten Bewertungsmodells für Realinvestitionen

103

Der Besitzer einer erschöpfbaren, nicht erneuerbaren Ressource hat stets die Wahl zwischen (a) Ausbeutung und Verkauf eines beliebigen Teils der Ressource mit anschließender Kapitalanlage des Gewinns und (b) Halten der Ressource. Bei (p- vk)tf(p- vk) 0 < a 8 , mit p =Marktpreis einer Einheit der Ressource, vk = marginale Abbaukosten und a 8 = Rendite einer vergleichbaren Kapitalanla-

ge, erscheint Ausbeutung und Verkauf der Ressource vorteilhaft. Der Ressourcenbesitzer wird die Nachfrage nach seinem Gut unter der Beschränkung der Abbaubarkeit befriedigen. Bei (p- vk)tf(p- vk) 0 > a 8 kann die Ressource als hochrentierliehe Kapitalanlage angesehen werden. Sie wird daher im Bestand gehalten. Im Gleichgewicht muß daher, nach Hotelling, (p- vk)tf(p- vk) 0 = a. gelten. Die Bestandshaltung bietet dem Ressourcenbesitzer also eine risikoangemessene Rendite. Es ist jedoch zu beachten, daß die Güter hierbei exakt definiert werden müssen. Nehmen wir beispielsweise an, es sei bereits zum heutigen Zeitpunkt bekannt, daß Energieträger wie Erdöl in naher Zukunft durch nachwachsende Rohstoffe wie Raps Konkurrenz erhalten werden. Steht das Substitut Raps zum heutigen Zeitpunkt noch nicht zur Verfügung, so weist Erdöl aktuell einen relativ hohen Preis auf. Da Erdöl künftig jedoch an Bedeutung verliert, weil sich die Angebotsmenge des Produkts ,,Energieträger" erhöht, ist mit einer lediglich geringen Preissteigerung für das Erdöl zu rechnen, d. h. es gilt a 9 < a 8 • Ein Gut muß also im Hinblick auf die Nachfragebedürfnisse exakt definiert werden, ehe es zu den von Hotelling betrachteten Gütern gezählt werden kann. Bei den nicht erneuerbaren, erschöpfbaren Ressourcen ist ferner zu beachten, daß eine Ausbeutung irreversibel ist. Das Recht, diese irreversible Entscheidung aufzuschieben (vgl. die Option auf lnvestitionsaufschub) ist daher bei der Entscheidung zwischen Abbau und Halten der Ressource zu berücksichtigen. 3.4.2.2. Preissteigerungsraten und Renditen lagerfähiger Güter (theory of storage) Die Lagerhaltungstheorie (theory of storage) umfaßt einen breiteren Güterkreis. Es werden nicht nur erschöpfbare Ressourcen, sondern alle lagerfähigen Güter betrachtet. Bei lagerfähigen Gütern hat der Besitzer stets die Wahl zwischen ceedings), 64.(1974).2, S. 1-14; Heal, Geoffrey/Barrow, Michael (1980): The Relationship between Interest Rates and Meta! Price Movements, in: Review of Economic Studies, 47.(1980), s. 161-181. m Vgl. Miller, Merton H./Upton, Charles W. (1985a): A Test of the Hotelling Valuation Principle, in: Journal of Political Economy, 93.(1985).1, S. 1-25; ders. (1985b): The Pricing of Oil and Gas: Some Further Results, in: The Journal of Finance, 40.( 1985).3, S. l 009-1020.

104

3. Bewertung von Investitionen als Realoptionen

(a) Verkauf eines beliebigen Teils des Bestandes mit anschließender Kapitalanlage des Erlöses und (b) Bestandshaltung des Gutes. Die zuerst genannte Strategie verspricht dem Veräußerer eine marktgerechte Rendite. Bei einer Bestandshaltung profitiert der Besitzer dagegen von der Preissteigerung des Gutes. Bei der Entscheidung zwischen Verkauf und Halten muß der Besitzer jedoch berücksichtigen, daß beim Halten eines Gutes nicht nur Erträge in Form von Preissteigerungen anfallen. Es können auch Haltekosten (storage costs SC) auftreten. Während bei Anlagen am Kapitalmarkt Lagerkosten wie Depotgebühren vernachlässigt werden können, spielen sie bei Realgütern eine zu beachtende Rolle. Zum Teil werden neben den Lagerkosten auch Versicherungsprämien berücksichtigt.118 Beobachtungen der Entwicklung von Spotpreisen auf Gütermärkten zeigen, daß

a 9 < a. und damit 8 = a. - a 9 > 0. Daraus könnte man schließen, daß die bei-

den Strategien Ressourcenverkauf und Bestandshaltung am Markt ungleich bewertet werden, so daß Bestandshaltung nachteilig erscheint. Berücksichtigt man Lagerkosten, so verringert sich die Rendite eines Gutes auf a 9 - SC. Die Existenz positiver Bestände läßt jedoch vermuten, daß bei lagerfähigen Gütern im Marktgleichgewicht die beiden genannten Strategien die gleiche Rendite aufweisen. Lagerhaltung verspricht somit im Marktgleichgewicht eine risikoangemessene Rendite, welche sich nicht in der Preissteigerung und den Lagerkosten ausdrückt. Für einen Ausgleich sorgt ein Lagerertrag (die sogenannte marginal convenience yield MCY). Diese Größe beinhaltet alle mit der Lagerhaltung von Realgütern verbundenen, nicht monetär erlaßbaren Vorteile. So verhindert man etwa den Verlust guter Kunden und hält gleichzeitig die Chance neue Kunden zu gewinnen aufrecht, wenn man in Zeiten knapper Mengen das Gut vorrätig hat. 119 Im Marktgleichgewicht gilt daher folgende Beziehung: a 8 = a 9 - SC+MCY. Da a 8 - a 9 = 8, gilt 8 = MCY - SC. 120 Eine empirische Überprüfung der hinter diesen Ergebnissen stehenden Lagerhaltungstheorie findet sich bei Fama/ French. 121 11s Vgl. Black, Fischer (1976): The Pricing of Commodity Contracts, in: Journal of Financial Economics, 3.(1976), S. 175; Hoag (1983), S. 190. 119 Vgl. Hoag (1983), S. 190; Brennan!Schwartz (l985b), S. 42. 120 Vgl. Bjerksund/Ekern (1990), S. 68. Die hier als marginal convenience yield bezeichnete Größe nennt Lund gross marginal convenience yield. Als net convenience yield bezeichnet er II. Vgl. Lund, Diderik (1989): Stochastic Modelsand Option Values: An Introduction, in: Stochastic Modelsand Option Values, hrsg. von Diderik Lund/Bernt 0ksendal, Amsterdam u.a. 1989, S. 8. Teisbergffeisberg vernachlässigen Lagerkosten und kommen so zu der Beziehung 6 = MCY. Vgl. Teisberg, Elizabeth Olmsted!feisberg, Thomas J. (1991): The Value of Commodity Purehase Contracts With Limited Price Risk, in: The Energy Journal, 12.(1991).3, s. 114ff.

3.4 Wahl eines geeigneten Bewertungsmodells für Realinvestitionen

105

Es ist jedoch durchaus denkbar, daß für lagerfähige Güter die Beziehung

MCY < a 8 + SC - a 9 gilt, der Lagerertrag also nicht ausreicht, Bestandshaltung

attraktiv genug zu gestalten. Neben einer Minderpreissteigerung weisen diese Güter auch eine Minderrendite auf. In diesem Fall werden Ressourcen in maximaler Weise veräußert, Inputgüter werden direkt im Anschluß an deren Beschaffung weiterverarbeitet und verkauft. Auf eine Lagerung wird verzichtet. Dann gilt 6 > MCY- SC, so daß 6lediglich als Differenz aus a 8 und a 9 ermittelt werden kann. Es muß hier sowohl die Preissteigerungsrate als auch die risikoangemessene Rendite geschätzt werden. Ist eine Bestandshaltung von Produkten nicht notwendig, weil zum Beispiel lediglich Auftragsarbeit geleistet wird, so daß die produzierten Güter umgehend abgesetzt werden, dann stellt die Bestandshaltung des Produkts keine relevante Alternative zur Verarbeitungs- und Verkaufsentscheidung dar. Die Opportunitätskosten einer Bestandshaltung sind bei der Bestimmung von a 9 folglich überflüssig. Bleiben die Grenzkosten der Produktion konstant, so ist es nach McDonald/Siegel durchaus denkbar, daß ein verarbeitetes Produkt keine Preissteigerung aufweist, d. h. a 9 = 0 und somit 6 = a 8 • 122 Es sollte an dieser Stelle noch angemerkt werden, daß für nicht lagerfähige Güter wie zum Beispiel Elektrizität gilt: " ... there are no a priori restrictions required by equilibrium on the relationship between ap and a 8 ." 123 3.4.2.3 Folgerungen für die Wahl des Bewertungsmodells Die Lagerhaltungstheorie hat gezeigt, daß die Existenz von Lägern für zahlreiche Güter darauf schließen läßt, daß durch eine Bestandshaltung dieser Güter eine risikoangemessene Rendite zu erzielen ist. Werden Lagerkosten und Lagererträge berücksichtigt, so erhält man folgende Beziehung: a 8 = a 9 - SC+ MCY. Die betrachteten Güter weisen also Minderpreissteigerungen in Höhe von 6 = a. - a 9 = MCY - SC auf. Da das Black-Scholes Modell Minderpreissteigerungen ausschließt, erfordert eine Anwendung der Optionspreistheorie auf Realgüter eine Erweiterung des Modells. Die Optionspreisformel muß an die veränderten Rahmenbedingungen angepaßt werden (vgl. Abschnitt 3.4.3). 124 Es müssen jedoch weder nicht lagerfähige noch lagerfähige Güter eine risikoangemessene Rendite erzielen. Es ist also möglich, daß ein Basisobjekt nicht nur 12 1 Vgl. Fama, Eugene F./French, Kenneth R. (1987): Commodity Futures Prices: Some Evidence on Forecast Power, Premiums, and the Theory of Storage, in: Journal of Business, 60.(19'87).1, 56ff. 122 Vgl. McDona1d/Siegel (1985), S. 338. 123 McDonald/Siegel (1985), S. 338. Unser a 9 entspricht dem ap bei McDonald/Siegel. 124 Vgl. Ingersoll, Jonathan E. (1982): The Pricing of Commodity-Linked Bonds: Discussion, in: The Journal ofFinance, 37.(1982), S. 540-541.

s.

106

3. Bewertung von Investitionen als Realoptionen

eine Minderpreissteigerung, sondern auch eine Minderrendite aufweist (vgl. Abschnitt 3.4.4). Auf Besonderheiten der Preise nicht lagerfähiger Güter wird darüber hinaus noch im Rahmen des Abschnitts 3.4.5 einzugehen sein. 3.4.3 Optionsbewertung bei einer Minderpreissteigerung des Basisobjekts

Für Optionen auf Basisobjekte, deren Preis- oder Kurssteigerungsraten nicht die Rendite von Wertpapieren mit vergleichbarem Risiko aufweisen, existiert ein Bewertungsmodell von Merton. 125 Er bewertet damit Optionen auf Aktien, die in kontinuierlicher Weise zum Aktienkurs proportionale Dividenden ausschütten. 126 Bei Dividenden ausschüttenden Aktien erzielt der Inhaber des Basisobjekts eine risikoangemessene Rendite als Summe aus Kurssteigerungen und Dividendenzahlungen. Da der Optionswert an die Kurssteigerungen, nicht dagegen an die Dividendenzahlungen (f) gekoppelt ist, muß bei der Konstruktion eines Hedgeportefeuilles die Differenz aus der risikoangemessenen Rendite und der Kurssteigerung des Basisobjekts berücksichtigt werden. Es werde eine Kaufoption gekauft. Gleichzeitig werden aowI as Aktien leerverkauft. Für die Wertänderung des Hedgeportefeuilles gilt (vgl. Gleichung 3.3, s. 92):127 (3.21)

8ow dV = dOW- ---aB (dS + f Sdt)

ltö's Lemma (vgl. hierzu Gleichung 3.5, S. 93) führt auf: (3.22)

dv = (8ow ! at + 2

_ 8ow s)d •:r rrs &ow 882 8s f t rl.2

_2

Da das Portefeuille einen sicheren Ertrag liefert, kann man erneut Gleichung 3.8 (S. 93) heranziehen und diese Beziehung mit 3.22 gleichsetzen. Man erhält dann: (3.23)

8ow 8ow 1 2 &ow rOW-(r-f)S------- S ~--=0 8S at 2 882

Diese Partialdifferentialgleichung ist unter den bekannten Nebenbedingungen (vgl. Abschnitt 3.4.1.3, S. 97) zu lösen. Es ergibt sich folgende Formel: 128 Vgl. Merton (1973), S. 170ff. Zur Kritik an dieser Annahme vgl. Kohler, Hans-Peter (1992): Grundlagen der Bewertung von Optionen und Optionsscheinen, Wiesbaden 1992, S. 105. 121 Vgl. Smith, Clifford W. (1976): Option Pricing: A review, in: Journal of Financial Economics, 3.(1976), S. 26. 12s Vgl. Smith (1976), S. 26. 12s

126

3.4 Wahl eines geeigneten Bewertungsmodells für Realinvestitionen

107

{3.24)

mit D =In

(i) + (r- € + ?.#) T

usVT

Dies zeigt, daß die Ausschüttungen (€) an die Aktionäre als Korrekturparameter in die Optionspreisformel eingehen. Da diese Ausschüttungen exakt der Differenz (8) aus der risikoangemessenen Rendite und der Kurssteigerung des Basisobjekts entsprechen, also € = 8 gilt, kann 8 für € in die Optionspreisformel eingesetzt werden. Ist der Dividendensatz zum Bewertungszeitpunkt bekannt, so sind wie bei der Black-Scholes Formel, von der Volatilität des Aktienkurses abgesehen, sämtliche Inputparameter beobachtbar. Bei Realoptionen hatte uns die Lagerhaltungstheorie folgende Beziehung geliefert: 8 = MCY- SC (vgl. Abschnitt 3.4.2.2, S. 104). Wir können daher die sogenannte net convenience yield für 8 in die Formel einsetzen. Die Formel 3.24 wurde für Optionen auf Aktien entwickelt, deren Dividendenzahlungen sich proportional zum Aktienkurs verhalten. Eine Übertragung der Formel zur Bewertung von Realoptionen impliziert daher die Annahme, daß MCY- SC einen konstanten Teil des Spotpreises ausmacht. Nach Teisberg I Teisberg 129 gibt es jedoch Güter, bei denen die Annahme einer proportionalen Beziehung nicht gerechtfertigt erscheint. Sie verdeutlichen die Problematik, indem sie den Lagerertrag am Beispiel des Rohstoffs Gas schätzen. 130 Die Schätzung der Minderpreissteigerung gestaltet sich zweifelsohne relativ schwierig. Dennoch sind nach Brennan/Schwartz Bewertungsfehler, die etwa durch Fehlschätzungen des Lagerertrags entstehen, geringer als die bei der flexiblen Planung durch falsche Schätzungen des künftigen Spotpreises und der risikoangemessenen Diskontrate verursachten Fehler. 131 Dies unterstützt eine Verwendung dieses Modells zur Bewertung von Realoptionen auf Güter mit Minderpreissteigerungen bei einer risikoangemessenen Rendite. Als interessant erweist sich eine komparativ-statische Betrachtung, wenn das Basisobjekt eine Minderpreissteigerung aufweist. Die Black-Scholes Formelliefert eindeutige Zusammenhänge zwischen dem Optionswert und Parametern wie Laufzeit und Varianz. Steigende Laufzeit und steigende Varianz führen hier zu einem erhöhten Optionswert, d. h. 80W /8T > 0 und 80W j8as > 0.

129 130 13 1

Vgl. Teisbergffeisberg (1991), S. 115. Vgl. Teisbergffeisberg (1991), S. 116-121. Vgl. Brennan/Schwartz (1985b), S. 38.

108

3. Bewertung von Investitionen als Realoptionen

McDonald/Siegel 132 zeigen, daß eine Option bei 8 > 0 neben der Optionskomponente auch eine Futureskomponente enthält, welche entgegengerichtete Wirkungen impliziert, also aowI ar < 0 und aowI 8as < 0. Dies führt dazu, daß keine eindeutigen Aussagen über die Wirkung einer steigenden Laufzeit bzw. einer steigenden Varianz auf den Wert einer Realoption auf ein Gut, das lediglich eine Minderpreissteigerung aufweist, möglich sind. Je größer 8, je stärker also die Futureskomponente ist, desto eher sinkt der Optionswert bei steigender Laufzeit bzw. steigender Varianz. 3.4.4 Optionsbewertung bei einer Minderrendite des Basisobjekts

Der von Merton und Smith entwickelten Formel liegt die Annahme zugrunde, daß der Besitzer eines Basisobjekts eine risikoangemessene Rendite aus Kurssteigerungen und Dividendenzahlungen erzielt, der Optionsinhaber dagegen nur von den Kurssteigerungen des Basisobjekts profitiert. Hier entspricht also die Dividendenzahlung exakt der Differenz aus risikoangemessener Rendite und Preissteigerung des Basisobjekts. Bei Realgütern kann es dagegen sein, daß nicht nur die Preissteigerung keine risikoangeme.ssene Rendite bringt, sondern das Basisobjekt auch nach einer Berücksichtigung des Lagerertrags eine Minderrendite aufweist. In Abschnitt 3.4.2.2 wurde gezeigt, daß für lagerfähige Güter a 9 + MCY- SC< a . gelten kann (vgl. S. 105). Es stellt sich nun die Frage, welche Auswirkungen sich hierdurch auf die optionspreistheoretische Bewertung von Optionen auf solche Basisobjekte ergeben. Black-Scholes hatten ihre Optionspreisformel auf zwei verschiedene Arten hergeleitet, durch Replikation (vgl. Abschnitt 3.4.1.1, S. 91ff.) und mit Hilfe einer Gleichgewichtsanalyse (vgl. Abschnitt 3.4.1.2, S. 93ff.). Weist das Basisobjekt eine Minderrendite auf, so scheidet eine Ableitung durch Replikation aus. 133 Aus Renditegründen wird niemand ein Basisobjekt, das eine Minderrendite erzielt, in seinem Bestand halten. Eine Arbitrage etwa durch Leerverkauf des Basisobjekts ist somit nicht möglich. 134 Daher wird im folgenden die von McDonald I Siegel vorgenommene Gleichgewichtsableitung über das von Merton entwickelte Intertemporal Capital Asset Pricing Model (ICAPM) für Optionen auf Basisobjekte, die Minderrenditen abwerfen, dargestellt. 135

Vgl. McDonald/Siegel (1985), S. 340ff. Vgl. McDonald, Robert L./Siegel, Daniel R. (1984): Option Pricing When the Underlying Asset Earns a Below-Equilibrium Rate of Return: A Note, in: The Journal of Finance, 39.(1984).1, S. 262f. 134 Vgl. McDonald/Siegel (1984), S. 264f. 135 Vgl. McDonald/Siegel (1985), S. 336f. 132 133

3.4 Wahl eines geeigneten Bewertungsmodells für Realinvestitionen

109

Mit Hilfe von Ito's Lemma erhält man folgende Beziehung (vgl. Gleichung 3.5,

s. 93)Y6 (3.25)

dOW =

aow aow ac o:c c dt + ----m-

1 &ow aow dt + 2 d- ~ BG2 dt + ac oc c dzc

Im Unterschied zu Gleichung 3.5 muß also für dC wie folgt eingesetzt werden (Formel für den lognormalen Diffusionsprozeß): dC = o:c C dt + oc C dzc

Bei der Replikationsableitung konnte hierauf verzichtet werden, da sich dS durch Kombination der Gleichungen 3.3 und 3.5 rauskürzte (siehe S. 93). Bei der Gleichgewichtsableitung ist dies nicht der Fall. Eine Umformung der Gleichung 3.25 zeigt, daß nun ein stochastischer Term in der Gleichung verbleibt: (3.26)

1 [aow aow 1 2 &o~ ow = ow ac o:c c + ----m- + 2 c ~ 8C2-j

dOW

c aow ac

dt + ow

uc dzc

Für die Risikoprämie der Option ergibt sich bei Anwendung des CAPM folgende Gleichung: aow - r = >. POUJ,mp uow

(3.27)

mit>.= (o:mp - r)/amp (vgl. Gleichung 3.10, S. 96). Da dOW OW = o:ow dt + uow dzow ,

kann in Gleichung 3.27 für aow aus Gleichung 3.26 eingesetzt werden:

Eine Umformung ergibt: (3.29)

aow 1 &ow ----m= r OW - 2 d- ~ BG2 + >.

Pow,mp

OW uow -

aow

BC o:c C

Da Option und Basisobjekt das gleiche spezifische Risiko aufweisen, gilt Pc,mp = Pow,mp und es kann Pc,mp für Pow,mp eingesetzt werden. Ferner kann für aow aus Gleichung 3.26 eingesetzt werden:

136

Basisobjekt sei das Absatzgut C.

110

{3.30)

3. Bewertung von Investitionen als Realoptionen

aow 1 2 a2 ow c aow aow 7ft = r OW- 2 C ffb {)C2 +.X Pc,mp OW uc OW {)C - aC ac C

Eine Umformung ergibt: {3.31)

Da .X Pc,mp O"c die Risikoprämie des Basisobjekts ist, also .X Pc,mp O"C = a. - r gilt, kann nun für .X Pc,mp O"C- ac auch a 8 - r - ac = -(r- 6c) eingesetzt werden: {3.32)

aow = r ow-! d u'2a &ow- (r- 8c) caow ßt 2 aC2 ac

Die so erhaltene Beziehung ist mit Gleichung 3.23 (S. 106) inhaltsgleich. Die Lösung dieser Partialdifferentialgleichung stimmt folglich mit der Optionspreisformel3.24 überein: {3.33)

mit D=

In(~)+ (r - 8c + ~)T

--'---

Langfristentscheidung in t 0

= Entscheidung, ob Kauf der Maschine

und, falls die Maschine in t 0 angeschafft wird, ->

Kurzfristentscheidung in T' = Entscheidung, ob Kauf des Gutes A und Verarbeitung von A zu B oder Fremdbeschaffung von B

Die im Falle des Maschinenkaufs zum Zeitpunkt t 0 zu entrichtenden Anschaffungskosten seien die einzigen Fixkosten. Alle weiteren, zur Herstellung des Gutes B aufzuwendenden Kosten seien ausbringungsabhängig. Es gelte für die variablen Eigenerstellungskosten je Stück stets vkB =PA+ v kA_,ß. Es wird ferner angenommen, daß die Stückkosten linear mit der Produktionsmenge steigen. Sowohl PA als auch vkA_,B seien bereits in to bekannt. Beschafft das Unternehmen die Maschine, so kennt es zum Zeitpunkt T' den Fremdbeschaffungspreis PB und kann nun entscheiden, ob die vorhandene Kapazität genutzt werden soll. Übersteigt der Fremdbeschaffungspreis die variablen Stückkosten, so wird auf der in t 0 angeschafften Maschine produziert. Liegt der Fremdbeschaffungspreis dagegen unter den variablen Stückkosten, so wird auf eine Eigenerstellung des Gutes B verzichtet, die Kapazität bleibt ungenutzt.

120

4. Anwendung der Optionspreistheorie

4.2 Interpretation des langfristigen Übergangs vom Fremdbezug zur Eigenerstellung als Kauf einer Produktionsoption

Im folgenden wird gezeigt, wieso man eine zur Verarbeitung des Gutes A zu Gut

B nutzbare Maschine als Produktionsoption ansehen kann.

Wegen der in Abschnitt 3.3.2 (S. 88f.) vorgetragenen Überlegungen gehen wir auf die Möglichkeit, daß der Markt für die zur Eigenerstellung benötigte Maschine zu einem künftigen Zeitpunkt einen über dem für die Produktionsoption ermittelten Wert vergütet, die Maschine also eine Liquidationsoption enthält, nicht ein. Wir konzentrieren uns vielmehr auf die Interpretation einer Maschine zur Verarbeitung des Gutes A zu Gut B als Produktionsoption. Eine Produktionsoption zeichnete sich dadurch aus, daß ein Potentialfaktor ungenutzt bleiben kann, wenn zum Zeitpunkt T' erkennbar wird, daß mit ihm negative Deckungsbeiträge erzielt würden (vgl. Abschnitt 3.1.1.1, S. 58ff.). Die hier betrachtete Maschine weist eine gewisse Ähnlichkeit mit dieser Option auf, da man sie ungenutzt lassen kann, wenn der Fremdbeschaffungspreis unter den variablen Eigenerstellungskosten je Stück liegt. Der Potentialfaktor bietet dem Unternehmer also die Option, das zur Produktion des Outputs C benötigte Produkt entweder fremdzubeschaffen oder eigenzuerstellen. Er ist durch den Kauf des Potentialfaktors nicht daran gebunden, stets eigenzuerstellen. Der Unternehmer verfügt somit über eine elastische Investition.

Opportunitätsgewinn je Stück in T' /'-._

vks

Abbildung 19

4.2 Interpretation des langfristigen Übergangs

121

Abbildung 19 zeigt die Abhängigkeit der Beschaffungskosten vom Fremdbeschaffungspreis und den variablen Eigenerstellungskosten je Stück. Der typische Optionsverlauf wird unmittelbar sichtbar. Die Abbildung deutet darauf hin, daß es sich bei dem Kauf der zur Eigenerstellung benötigten Maschine um den Kauf einer Kaufoption (long call) handelt. Man könnte die vorliegende Option als Input-Produktionsoption bezeichnen, da sie sich von den bisher behandelten Produktionsoptionen offensichtlich vor allem dadurch unterscheidet, daß das Basisobjekt ein Inputgut ist. Es existiert jedoch ein wesentlicher Unterschied zu der in der Literatur stets behandelten Outputvariante der Produktionsoption. Waren sowohl mit Output-Produktionsoptionen als auch mit Aktienoptionen Gewinne erzielbar, so bietet die Eigenerstellungsoption "lediglich" Ersparnisse, also Opportunitätsgewinne. Daraus ergeben sich einige Konsequenzen, die im folgenden noch näher zu untersuchen sind. Eine Konsequenz ist die Tatsache, daß die Eigenerstellung nicht ohne weiteres in das Schema ,Kaufoption - Verkaufsoption' eingeordnet werden kann. Kaufoptionen sind dadurch gekennzeichnet, daß der Ausübende mit dem Kauf einer Aktie eine sichere Zahlungsreihe aufgibt und dafür eine unsichere Zahlungsreihe erhält. Dabei ist es egal, ob er die unsichere Zahlungsreihe gleich wieder veräußert, um den Differenzbetrag zwischen Sr' und X zu erlösen, ob er also die Option glattstellt. Bei der Eigenerstellungsoption ist es gerade umgekehrt. Diese Option kann durch die Verarbeitung von A zu B ausgeübt werden. Dies bedeutet den Ausstieg aus der unsicheren Zahlungsreihe, den Fremdbeschaffungskosten, denn die Fremdbeschaffungskosten stellen im Falle eines exogen vorgegebenen Bedarfs die relevante Opportunität dar. Sie müssen gezahlt werden, wenn die Eigenerstellungsoption nicht gekauft wird. Es wäre also denkbar, daß es sich bei der Eigenerstellung um eine sogenannte gedeckte Verkaufsoption 1 handelt, da auch hier die Ausübung mit einem Ausstieg aus der unsicheren Zahlungsreihe identisch ist. Interpretiert man die Eigenerstellung als Sicherungsinstrument gegen steigende Fremdbeschaffungskosten, also gegen einen fallenden Wert der Fremdbezugsalternative, so könnte man die Maschine folglich als Verkaufsoption interpretieren. Es ist jedoch zu beachten, daß auch die Fremdbeschaffung als Ausübung der Eigenerstellungsoption angesehen werden kann. Während eine Aktienkaufoption nicht durch den Kauf der zugrundeliegenden Aktie verfallt, wird die Eigenerstellungsoption durch Fremdbezug, den "Kauf' des Basisobjekts, vernichtet. Ist aber jede Beschaffungsart mit einer Ausübung gleichzusetzen, so kann man die Optionsform nicht mehr aus der Form der Ausübung ableiten. Als Kennzeichen des Optionstyps verbleibt die Struktur des Optionswerts in T'. Hierfür gilt OWr' = max[O; Sr' -X], Ersparnisse werden also erzielt, wenn der I Bei einer gedeckten Verkaufsoption besitzt der Optionsinhaber das Basisobjekt und verkauft dieses bei Ausübung zum Ausübungspreis. ·

4. Anwendung der Optionspreistheorie

122

Marktpreis des Basisobjekts (Fremdbeschaffungspreis) den Ausübungspreis (variable Eigenerstellungskosten je Stück) übersteigt. Dies ist aber exakt die Wertstruktur einer Kaufoption. Aus der Betrachtung der Opportunität folgt somit, daß die Eigenerstellung als Kaufoption interpretiert werden sollte. Ein Steigen des Opportunitätspreises wirkt positiv auf den Optionswert. Dies ist bei einer Verkaufsoption nicht der Fall. Es handelt sich hierbei vielmehr um das Kennzeichen einer Kaufoption. Eine ausführliche Gegenüberstellung der Eigenschaften der Eigenerstellungsoption mit den Eigenschaften einer Aktienoption soll den Optionscharakter der Eigenerstellung verdeutlichen:

Aktienoption (FINANZOPTION)

Eigenerstellungsoption (REALOPTION)

(1) Begriffe (Kaufoption) Recht, eine Aktie zu einem in t 0 fixienen

Recht, ein Produkt B zu einem in t0 fixienen

Preis zu kaufen

Preis zu produzieren

(2) Ausübung Form der Ausübung Beschaffung des Rohstoffs A und Verarbei-

Kauf der Aktie

tung zu Gut B Ausübung erfolgt, falls

s,.. > X, falls also der Marktpreis der Aktie

Pe.r >

über dem im Optionsvenrag fixienen Aus-

am Markt Ober den variablen Eigenerstel-

übungspreis liegt

lungskosten je Stück liegt Basisobjekt

Aktie

Gut B Marktpreis des Basisobjekts

s,

Pe.t Ausübungspreis

X

vk8

vk 8, falls also der Beschaffungspreis

123

4.2 Interpretation des langfristigen Übergangs

(3) Optionskauf Optionskauf erfolgt, falls

5r• >X+ OP

Ps.r" > vka +

Ao

Form des Kaufs Kauf der Aktienoption

Kauf der Maschine zur Produktion von B

Mit dem Optionskauf verfolgtes Ziel Erzielung eines Gewinns durch Kauf und Ver-

Erzielung eines Opportunitatsgewinns durch

kauf des Basisobjekts

günstigere Bereitstellung des Bedarfs

Form der Zielrealisierung Glattstellung durch Kauf und Verkauf zum

Kauf des Basisobjekts zum vergleichweise

gleichen Zeitpunkt

günstigen Preis (keine Glattstellung)

(4) (Opportunitäts-)Gewinne

oewmlnl' /

/

/

/

/

'-----x'------~ / sl'

Abbildung 20

'------vk '-1-

------7

PB.l'

Abbildung 21

(5) Teilnehmer Optionsinhaber und Stillhalter

Es existiert nur ein Optionsinhaber, nicht dagegen ein Stillhalter. Man kann sich jedoch die Position eines Stillhalters konstruieren. Beispiel: Der Vermieter einer Maschine verzichtet wahrend der Mietzeit auf p 8 - vk 8 , er muß frerndbeziehen.

4. Anwendung der Optionspreistheorie

124

(6) Verfallzeitpunkt und Laufzeit Im Optionsvertrag vereinbarter Zeitpunkt:

Bedarfszeitpunkt oder Nutzungsdauer der

meist kurze Laufzeiten

Maschine; meist lange Laufzeiten

(7) Zugrundeliegende Zahlungsströme Zahlungsreihen

Zahlungswirksame Kosten

4.3 Optionspreistheoretische Bewertung der Eigenerstellungsoption 4.3.1 Eigenerstellung als Produktionsoption 4.3.1.1 Das Grundkonzept

In Abschnitt 3.4.1.5 (S. 99ff.) wurde gezeigt, daß sich elastische Realinvestitionen optionspreistheoretisch bewerten lassen, wenn man einige Annahmen trifft, die bei der Bewertung von Aktienoptionen nicht notwendig sind. Als Beispiel möge an dieser Stelle die bei Aktienoptionen durch den Optionsvertrag festgelegte Laufzeit fungieren, welche bei Produktionsoptionen als bekannt angenommen werden muß. In Abschnitt 3.4.3 und 3.4.4 (S. 106ff. bzw. S. 108ff.) wurden dann analytische Lösungen für das Problem der Bewertung von Realoptionen dargestellt. Zuletzt hat der vorausgehende Abschnitt 4.2 (S. 120ff.) verdeutlicht, daß auch der langfristige Übergang vom Fremdbezug zur Eigenerstellung durch Erhöhung der Kapazität als Realoption aufgefaßt werden kann. Wir nehmen an, daß zum Zeitpunkt T' lediglich ein Stück des Gutes B benötigt werde. Der Bedarf laute also XB,T = 1. Die vorhandene Unsicherheitsstruktur verdeutlicht Abbildung 22:

4.3 Optionspreistheoretische Bewertung der Eigenerstellungsoption

125

Zeltpunkt der Kenntnis t

Abbildung 22

Unter den bislang gemachten Annahmen, läßt sich die in Abschnitt 3.4.3 (S. 107) dargestellte Optionspreisformel erneut verwenden. Es gelte: W dMt

= Wert der Maschine zum aktuellen Zeitpunkt t

PB,t

= Marktpreis des Gutes B zum aktuellen Zeitpunkt t

vk8 8B

= Variable Eigenerstellungskosten je Stück

= Minderpreissteigerung des Gutes B

u8

= Standardabweichung des Marktpreises von Gut B

r

= Risikofreier Kapitalmarktzins

= Zeit bis zum Bedarf an Gut B(T == T' - t) Dann erhalten wir für den Wert einer europäis~hen Eigenerstellungsoption W dMT' = max [0 ; PB,T' - vkB] und

T

(4.1)

WdMt = PB,t e- 68T N [D] - vks

mit D=

e- rT N [D - usv'f]

ln (~)+(r-8s+~) T us..ff

X

Bei Aktienoptionen mit sicherem Ausübungspreis ist es selbstverständlich, daß e - rT Bestandteil der Black-Scholes Formel ist. Da der Ausübungspreis bereits

126

4. Anwendung der Optionspreistheorie

in t bekannt ist, aber erst in T' gezahlt werden muß, ist der Barwert dieser Zahlung in t lediglich X crT. Eine Abzinsung mit dem risikofreien Zins kann aufgrund der Sicherheit über den Ausübungspreis erfolgen. Bei einer europäischen Eigenerstellungsoption sind im Falle einer Ausübung die variablen Eigenerstellungskosten zu zahlen. Selbst wenn diese bereits in t sicher sind, kann es sein, daß eine systematische Kostensteigerung, etwa durch einen Anstieg des Rohstoffpreises PA. vorliegt. Eine Abzinsung mit r ist dann nicht mehr möglich. Nehmen wir an, die in T' für die interne Bereitstellung des Gutes B zu entrichtenden variablen Eigenerstellungskosten vkB, die sich aus dem Rohstoffeinkaufspreis PA und den Kosten für die Verarbeitung von Gut A zu Gut B vkA_,B zusammensetzen, seien weiterhin bereits in t sicher. Damit gilt a A = a A->B = 0. Es bleiben jedoch lediglich die Verarbeitungskosten vkA_,B konstant. Dagegen steige der Preis des Rohstoffs A mit einer Rate aA < a 3 • Wegen des wachsenden Rohstoffpreises erhöhen sich auch die variablen Eigenerstellungskosten vkB. Deren Steigerungsrate hängt von der Höhe der Verarbeitungskosten ab. Es gilt aB= dpA/(PA +vkA_,B) gegenüber aA = dpA/PA und somit aB < aA, denn die Steigerungsrate der variablen Eigenerstellungskosten liegt wegen der als konstant angenommenen Verarbeitungskosten unter der Wachstumsrate des Rohstoffpreises. aB bezeichne jedoch weiterhin die Steigerungsrate des Fremdbeschaffungspreises. Wir wählen daher aus Gründen der Übersichtlichkeit aA = dpA/(PA+ vkA_,B) als Symbol für die Wachstumsrate der variablen Eigenerstellungskosten vkB. Hierdurch wird deutlich, daß die Erhöhung der variablen Eigenerstellungskosten letztlich Konsequenz einer Steigerung des Rohstoffpreises ist. Die variablen Eigenerstellungskosten sind folglich mit 8A = a 8 - aA abzuzinsen.

Es kann jetzt vkB,t e-c(A)T für vkB e-rT an den jeweiligen Stellen in die Formel 4.1 eingesetzt werden. Es ergibt sich folglich: 2 (4.2)

mit

wobei 8A

= Differenz aus der risikoangemessenen und der tatsächlichen Steigerungsrate der variablen Eigenerstellungskosten

2 Zur Bewertung einer Option, bei welcher der eintauschbare Wertgegenstand und das Basisobjekt Minderpreissteigerungen aufweisen vgl. Bockstaber (1991), S. 218f.

4.3 Optionspreistheoretische Bewertung der Eigenerstellungsoption

127

Wir erhalten eine einfache Bewertungsformel mit nur sieben Inputdaten. Unter den gegebenen Annahmen bereitet lediglich die Bestimmung der Volatilität des Fremdbeschaffungspreises etwas größere Schwierigkeiten. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob die genannten Vorteile bei einer sukzessiven Aufbebung der Annahmen verbleiben. Die nachfolgenden Abschnitte werden darüber Aufschluß geben.

4.3.1.2 Bewertung der Eigenerstellungsoption bei unsicheren Grenzkosten der Eigenerstellung Nur in den seltensten Fällen sind die künftigen Eigenerstellungskosten vk8 bereits in t bekannt. Insbesondere Schwankungen des Rohstoffpreises beeinflussen die variablen Eigenerstellungskosten und führen dazu, daß der langfristige Übergang vom Fremdbezug zur Eigenerstellung als Option mit unsicherem Ausübungspreis angesehen werden muß:

Zeltpunkt der Kenntnis

T'

I Abschnitt 4.3.1.1 4.3.1.2

Abbildung 23

Abbildung 23 zeigt die gegenüber dem vorangegangenen Abschnitt veränderte Annahme bezüglich der vorliegenden Unsicherheitsstruktur. Eine Optionspreisformel zur Bewertung von Optionen mit unsicherem Ausübungspreis leiteten, unabhängig voneinander, Fischer und Margrabe ab. 3 Sie ist 3

Vgl. Fischer (1978), S. 169-176; Margrabe (1978), S. 177-186.

128

4. Anwendung der Optionspreistheorie

ohne weiteres auf das Beschaffungsproblem übertragbar. Es gilt nun W dMr' = max [0 ;PB,T'- vkB,T']. Der Wert der Maschine in t läßt sich wie folgt ermitteln: (4.3)

mit D =

in

(El!L) +(oA- 8n +~) T 2

vks.1

UB-Avlf'

wobei un-A

= Standardabweichung des natürlichen Logarithmus aus dem Quotienten von

Fremdbeschaffungspreis und variablen Eigenerstellungskosten (= Standardabweichung aus der Differenz der natürlichen Logarithmen von Fremdbeschaffungspreis und variablen Eigenerstellungskosten)

Für l7B-A gilt wegen ln (XI/ X2) = ln (X1) -In (X2) und var (Yi - Y2) = c{l + c{2- 2 cov (Yi, Y2) = c{l + c?2- 2pn-Y2 l7Yl l7Y2 : UB-A

= J~+a~ -2 PB-A Uß UA

mit uA

= Standardabweichung der variablen Eigenerstellungskosten

PB-A

= Korrelationskoeffizient von Fremdbeschaffungspreis und variable.n Eigener-

stellungskosten

Der einzige Unterschied zur Optionspreisformel für den Fall der Sicherheit über die variablen Eigenerstellungskosten besteht also in einer veränderten Interpretation der Volatilität. Wegen der Unsicherheit über die Grenzkosten der Eigenerstellung benötigt man nunmehr Informationen über die Schwankungsbreiten zweier Preise. Dabei erlangt die Korrelation zwischen den beiden unsicheren Preisen Bedeutung. Je stärker die Korrelation zwischen Fremdbeschaffungspreis und variablen Eigenerstellungskosten, desto geringer ist die in die Formel einzusetzende Standardabweichung und desto geringer ist folglich der Wert der Eigenerstellungsoption, d. h. ßWdM /ßPB-A < 0. Dies läßt sich leicht zeigen: ßUB-A_l -! ( - - - - UB-A · ßPB-A 2

2 UB

)-

UA -

;,BUA - -..fon-A

Da per Annahme l7ß,l7A > 0 und l7B-A 2:: 0, gilt folglich ßuB- A/ßPB-A < 0. Wegen ßOW/ßuB-A > 0 gilt ßWdM/ßPB-A < 0. 4 Die ökonomische Begrün-

4.3 Optionspreistheoretische Bewertung der Eigenerstellungsoption

129

dungfür dieses Ergebnis lautet: Je eher sich die Eigenerstellungskosten stets in die gleiche Richtung bewegen wie der Fremdbeschaffungspreis, desto geringer wird die Wahrscheinlichkeit dafür, daß deren Differenz bis zum Ausübungszeitpunkt steigt. Der Käufer einer Kaufoption spekuliert aber auf eine steigende Differenz zwischen dem Preis des Basisobjekts und dem Ausübungspreis. Je geringer die Aussicht hierauf, desto niedriger ist folglich der Wert dieser Option. Unter den gegebenen Annahmen erfordert eine optionspreistheoretische Bestimmung des Maschinenwerts neun Inputdaten. Kritisch anzumerken ist dabei insbesondere, daß bereits im Grundmodell die Volatilität eine Problemgröße darstellte, da sie eine nicht am Markt beobachtbare Größe ist. Nun wird nicht nur zusätzlich zur Volatilität des Fremdbeschaffungspreises die Kenntnis der Schwankungsbreite der variablen Eigenerstellungskosten verlangt, es ist überdies notwendig, die Korrelation dieser beiden Größen zu kennen. 4.3.1.3 Zur Existenz amerikanischer Eigenerstellungsoptionen Wir haben bisher angenommen, daß es keine Läger gibt und die Maschine bis T' installiert wird, so daß sowohl Eigenfertigung als auch Fremdbezug erst in T' möglich sind. Dann besitzt diese Maschine die Form einer europäischen Kaufoption. In der Realität existieren jedoch Rohwarenläger (RWL), Zwischenwarenläger (ZWL) und Fertigwarenläger (FWL), vgl. Abbildung 24 aufS. 130.5 Im folgenden wird näher untersucht, welche Auswirkungen sich ergeben, wenn die Möglichkeit eines jederzeitigen Fremdbezugs und/oder einer jederzeitigen Eigenerstellung existiert, weil Roh- und/oder Zwischenwarenläger vorhanden sind und die Maschine bereits vor T' installiert ist. Hiermit verbunden ist die Frage, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit eine amerikanische Eigenerstellungsoption vorliegt. Eine Betrachtung amerikanischer Optionen ist, vernachlässigt man 6, nur dann sinnvoll, wenn man die Möglichkeit des jederzeitigen Optionsverkaufs auf einem vollkommenen Markt außer acht läßt. Wir haben gesehen, daß eine solche Verkaufsmöglichkeit dazu führt, daß eine amerikanische Option niemals vor T' ausgeübt wird und daher auch keinen Zusatzwert gegenüber einer europäischen Option besitzt (vgl. S. 70). Erst wenn eine amerikanische Option nicht vorzeitig veräußert werden kann, stellt sich das Problem des optimalen Ausübungszeitpunkts. Hierbei zeigt sich, daß 4 Dabei ist zu beachten, daß der Optionswert aufgrund der Minderpreissteigerungen 68 bzw. 6A einen Futureseffekt enthält und die Beziehung aow/OUß-A > 0 nur dann gilt, wenn der Futureseffekt schwächer als der Optionseffekt ist. Vgl. S. 108. 5 Vgl. Abbildung 18 aufS. 118. Da die Annahme eines in t sicheren Bedarfes in diesem Abschnitt aufrechterhalten wird, haben Fertigwarenläger keinen Einfluß auf den Wert der Eigenerstellungsoption. Sie können folglich vernachlässigt werden.

9 Scheffen

130

4. Anwendung der Optionspreistheorie

die Maximierung des Ausübungswerts eine individuelle Bewertung der künftigen Entwicklung des Marktpreises des Basisobjekts voraussetzt, denn der aktuelle Marktpreis des Basisobjekts impliziert keine Aussage über künftige Abweichungen von der risikoangemessenen Rendite.

lB

lF

B->C

FWL Verkauf

-

c

Abbildung 24

Diese Überlegungen lassen erkennen, daß eine amerikanische Aktienoption bereits zu einem Zeitpunkt t* ausgeübt wird, falls die Differenz aus dem Marktpreis des Basisobjekts und dem Ausübungspreis zu diesem Zeitpunkt als maximal erachtet, d. h. ein Sinken des Aktienkurses von t* bis T' als wahrscheinlich angesehen wird. Dementsprechend müßte für eine amerikanische Eigenerstellungsoption gelten, daß sie immer dann durch Ausübung vorzeitig vernichtet wi.rd, wenn die Differenz aus Fremdbeschaffungskosten und variablen Eigenerstellungskosten maximal würde. Eine Ausübung würde also erfolgen, wenn erwartet wird, daß mit einer späteren Eigenerstellung keine höheren Ersparnisse erzielbar sind.6 Die Beschaffungsabteilung eines Unternehmens besitzt jedoch ein ganz anderes Ziel. Ihre kurzfristige Beschaffungsentscheidung beruht auf dem Prinzip der Kostenminimierung. Dabei kann es sehr wohl sein, daß die Option vorzeitig, also be6 Es ist hierbei zu berücksichtigen, daß sowohl für die Entwicklung der Fremdbeschaffungskosten als auch für die Entwicklung der variablen Eigenerstellungskosten 8 > 0 gilt. Wir nehmen jedoch an, daß 8A ::::: 8B, so daß 8A und 8B an dieser Stelle ohne Belang sind.

4.3 Optionspreistheoretische Bewertung der Eigenerstellungsoption

131

reits in t* < T' durch Fremdbezug oder Eigenerstellung vernichtet (ausgeübt) wird, da mit Kostensteigerungen zu rechnen ist und eine günstige Kostensituation ausgenutzt werden soll. Ist dann die Differenz aus den Fremdbeschaffungskosten und den Eigenerstellungskosten maximal, so wäre dies, je nach den vorliegenden Bedingungen, ein rein zufälliges Ergebnis. In diesem Fall würde die Anschaffung der Maschine, d. h. die langfristige Entscheidung nachträglich bestätigt. Bei der langfristigen Entscheidung erscheint der Kauf einer Eigenerstellungsoption sinnvoll, wenn erwartet wird, daß mit ihr umfangreiche Ersparnisse erzielbar sind. Nach einer Anschaffung der Maschine muß die Beschaffungsstelle die kurzfristigen Entscheidungen allerdings auf einer anderen Basis, und zwar unter Berücksichtigung der vorhandenen Kapazität, treffen. Da wir die Möglichkeit, die Maschine zu veräußern, in diesem Abschnitt vernachlässigen, sind die Anschaffungskosten der Maschine als "sunk costs" anzusehen. Sie sind somit für die anstehenden Kurzfristentscheidungen irrelevant. Zu betrachten sind lediglich die variablen Kosten der Eigenerstellung. Übersteigen diese den Fremdbeschaffungspreis, so ist das Gut B auf dem Markt zu beziehen. Der Kauf der Maschine hat sich dann nachträglich als Fehlentscheidung herausgestellt. Bei der kurzfristigen Entscheidung muß die Beschaffungsstelle also in Kauf nehmen, daß sich die zuvor von ihr getroffene langfristige Entscheidung ex post7 als Fehler erweisen kann. Man erkennt nun, daß die beiden Begriffe "Optionsausübung" und "Optionsvernichtung", welche bei amerikanischen Finanzoptionen identisch sind, bei der Eigenerstellungsoption unterschiedlich interpretiert werden können. Die Eigenerstellungsoption wird vernichtet, indem der Bedarf entweder durch Eigenerstellung oder durch Fremdbezug befriedigt wird. Als Ausübung wäre diese Vernichtung zu bezeichnen, wenn dabei ein Ausübungsgewinn erzielt wird. Als amerikanische Option kann man die Eigenerstellungsoption folglich nur dann bezeichnen, wenn die Annahmen dazu führen, daß Vernichtung und Ausübung der Option zusammenfallen. Unter welchen Voraussetzungen das Ziel der Kostenminimierung zu einer Ausübung der Option führt, die der Ausübung amerikanischer Kaufoptionen entspricht, soll anhand von neun Fällen aufgezeigt werden. Dabei werden in diesem Abschnitt zur Verdeutlichung der Problematik auch unrealistischere Annahmen akzeptiert. Es werden folgende Fälle betrachtet: 7 Hiennit ist der Ausübungszeitpunkt gemeint. Es kann auch sein, daß bei der langfristigen Entscheidung die Anschaffung der Maschine als sinnvoll erachtet wird, spätere Einbrüche des Fremdbeschaffungspreises zu einer vorzeitigen Fremdbeschaffung führen und ein anschließender Verfall des Rohstoffpreises mit der Konsequenz sinkender variabler Eigenerstellungskosten dann letztendlich doch die langfristige Entscheidung nachträglich (in diesem Fall zu spät) rechtfertigt.

9*

132

Jederzeitiger

4. Anwendung der Optionspreistheorie Pa unsicher

Pa sicher8

Pa unsicher

vka sicher

vk 8 unsicher

vka unsicher

(1)

(2)

(3)

(4)

(5)

(6)

(7)

(8)

(9)

Fremdbezug9 Jederzeitige Eigenerstellung10 EE und FB zu jeder Zeit 11

Fall1 12 Vorzeitiger Fremdbezug bei PB unsicher und vkB sicher

Pe

vke

T'

t

Abbildung 25 s Die Fälle (2), (5) und (8) dienen lediglich der Verdeutlichung der Problematik. Selbstverständlich basiert die Eigenerstellungsoption auf der Annahme, daß der bei Fremdbezug zu zahlende Preis ein unsicherer Marktpreis ist. 9 Roh- und Zwischenwarenläger seien vorhanden. Es verbleibt die Annahme, daß die Installation der Maschine bis zum Bedarfszeitpunkt T' dauert. IO Es seien lediglich Rohwarenläger vorhanden, so daß ein günstiger Rohstoffpreis ausgenutzt werden kann. Die Kosten der Verarbeitung von A zu B seien konstant und bereits in t bekannt. 11 Die Maschine sei unmittelbar nach ihrer Anschaffung nutzbar. Vor dem Bedarfszeitpunkt angeschaffte Güter können gelagert werden. 12 Der Einfachheit halber handele es sich in den folgenden Abbildungen um Futurespreise.

4.3 Optionspreistheoretische Bewertung der Eigenerstellungsoption

133

Unter diesen bei Optionen üblichen Grundannahmen an die Unsicherheitsstruktur werden die kurzfristigen Beschaffungskosten minimiert, indem das Gut B bei einem minimalen Fremdbeschaffungspreis in t* fremdbezogen wird und die Option somit vernichtet wird. Dies führt aber gerade nicht zu einer Maximierung des Opportunitätsgewinns. Vielmehr wird die Differenz vk8 - p 8 maximiert, so daß von einer Ausübung nicht gesprochen werden kann. Die kurzfristige Beschaffungsentscheidung steht somit dem mit der langfristigen Entscheidung beabsichtigten Zweck diametral gegenüber. Die Option wird vernichtet, wenn der Optionskauf als verfehlt eingestuft wird. Fall2

Kein vorzeitiger Fremdbezug bei p 8 sicher und vks unsicher

Eine vorzeitige Fremdbeschaffung ist unsinnig, da die Fremdbeschaffungskosten konstant bleiben und bei Fremdbezug auf eine Verzinsung der vorzeitig aufgewendeten Mittel (vermindert um 88 ) verzichtet würde. Eineamerikanische Option liegt auch in diesem Fall nicht vor.

~

Pa

vk B t

Abbildung 26

134

Fall3

4. Anwendung der Optionspreistheorie

Vorzeitiger Fremdbezug bei PB und vks unsicher

t*

T'

Abbildung 27

Das Gut B wird in t* < T' fremdbezogen, wenn diese Aktion als kostenminimal erachtet wird. Wie in Fall 1, so wird auch hier eine Maximierung des Opportunitätsgewinns gerade nicht beabsichtigt. Auch hier handelt es sich somit nicht um eine amerikanische Option.

4.3 Optionspreistheoretische Bewertung der Eigenerstellungsoption

Fall4

135

Keine vorzeitige Eigenerstellung bei PB unsicher und vkn sicher

T'

t

Abbildung 28

Eine vorzeitige Eigenerstellung ist bei konstanten variablen Eigenerstellungskosten unsinnig, da bei Ausübung auf eine Verzinsung der vorzeitig aufgewendeten Mittel (vermindert um DA) verzichtet wird (vgl. Fall2). Eineamerikanische Option liegt also auch hier nicht vor.

136

Fall5

4. Anwendung der Optionspreistheorie

Vorzeitige Eigenerstellung bei PB sicher und vkB unsicher

Ps

vk 8 t*

T'

t

Abbildung 29

In diesem Fall stimmen die Ziele "Minimierung der kurzfristigen Beschaffungskosten" und "Maximierung der Differenz aus Fremdbeschaffungskosten und variablen Eigenerstellungskosten" überein. Diese Konstruktion besitzt folglich den Charakter einer amerikanischen Option. Vorzeitige Ausübung geschieht in Form der Produktion. Der Fremdbezug stellt eine sichere Opportunität dar, so daß der Opportunitätsgewinn bereits zum Allsübungszeitpunkt t* < T' bekannt ist. Dieser Fall ist jedoch, wie bereits angedeutet, nur existent, wenn sich der Marktpreis für Gut B nicht ändert. Es muß also eine inakzeptable Annahme getroffen werden.

4.3 Optionspreistheoretische Bewertung der Eigenerstellungsoption

Fal/6

137

Vorzeitige Eigenerstellung bei PB und vkB unsicher

Pe vk 8 t*

T'

t

Abbildung 30

Da die Beschaffungsstelle bei minimalen Kosten vorzeitige Eigenfertigung veranlaßt, entsprechen sich die Ziele "Minimierung der Kosten" und "Maximierung des Opportunitätsgewinns". Vernichtung und Ausübung der Option fallen somit zusammen. Der in T' geltende Fremdbeschaffungspreis stellt die relevante Opportunität dar, weil ein vorzeitiger Fremdbezug in diesem Fall nicht möglich ist. Es handelt sich somit um eine amerikanische Option (mit unsicherem Ausübungspreis). Doch auch hier müssen die Annahmen kritisch beleuchtet werden. Zwar sind Rohwarenläger zugelassen, doch muß weiterhin angenommen werden, daß es keine Zwischenwarenläger gebe.

138

4. Anwendung der Optionspreistheorie

Fall7 Vorzeitiger Fremdbezug bei p 8 unsicher und vk8 sicher

- Pa

1---~--+--~-__....,~

,.,

t*

vk B t

Abbildung 31

Wegen der sicheren Eigenerstellungskosten, kommt eine vorzeitige Eigenerstellung nicht in Frage (vgl. Fall 4). Folglich kommt es nur bei geringen Fremdbeschaffungskosten zu einer vorzeitigen Ausübung (in Form des Fremdbezugs). Analog zu Fall 1 widerspricht auch hier die Minimierung der Beschaffungskosten dem mit einer amerikanischen Eigenerstellungsoption verfolgten Ziel.

4.3 Optionspreistheoretische Bewertung der Eigenerstellungsoption

FallS

139

Vorzeitige Eigenerstellung bei PB sicher und vks unsicher

Pa

vk 8 ~----------------~ /

T'

t

Abbildung 32

Da die Fremdbeschaffungskosten sicher sind, kommt ein vorzeitiger Fremdbezug nicht in Frage (vgl. Fall 2). Folglich kommt es nur bei geringen Eigenerstellungskosten zu einer vorzeitigen Vernichtung der Option (in Form der Eigenfertigung). Analog zu Fall 5 stimmt auch hier die Minimierung der Beschaffungskosten mit dem Ziel der Maximierung des Opportunitätsgewinns überein. Es muß jedoch der gleiche Kritikpunkt angebracht werden: Ein sicherer Fremdbeschaffungspreis stellt eine inakzeptable Annahme dar.

140

Fall 9

4. Anwendung der Optionspreistheorie

Vorzeitiger Fremdbezug oder vorzeitige Eigenerstellung bei PB und vkB unsicher

Pa vk 8

t*

T'

t

Abbildung 33

Der Opportunitätsgewinn ergibt sich in diesem Fall als min PB- min vkB, falls ein unsicherer Wert (der optimale Beschaffungszeitpunkt wird ja nicht zwingend getroffen) tatsächlich als relevante Opportunität angesehen werden kann. Bei min PB< min vkB wird das Gut B fremdbezogen. Die Maximierung des Opportunitätsgewinns ergibt sich also rein zufällig, und zwar bei min PB > min vkB (vgl. Abbildung 33). Sie wird nicht beabsichtigt. Die Eigenerstellungsoption besitzt also immer dann die Form einer amerikanischen Option, wenn Rohwarenläger existieren, für das Gut B dagegen keine Läger vorhanden sind und der Rohwarenpreis stochastisch ist. Als realistisch sind jedoch nur die Fälle 7 und 9 zu bezeichnen, da hier sowohl Fremdbezug als auch Eigenerstellung infolge der Existenz von Roh- und Zwischenwarenlägern jederzeit durchführbar sind, und zugleich auf die Annahme, die Installation der Maschine dauere bis T', verzichtet werden kann. In diesen beiden wegen ihrer Realitätsnähe für unsere Untersuchung relevanteren Fällen führt eine Minimierung der Kosten nicht automatisch zu einer Maximierung des Opportunitätsgewinns aus Eigenerstellung, so daß hier eine amerikanische Option zweifelsohne nicht vorliegt.

4.3 Optionspreistheoretische Bewertung der Eigenerstellungsoption

141

In den folgenden Abschnitten wird wieder die Annahme getroffen, daß es keine Läger gebe oder die Kosten so hoch seien, daß eine Lagerung nicht in Frage kommt. 13 Der Übergang vom Fremdbezug zur Eigenerstellung kann somit als Kauf einer europäischen Eigenerstellungsoption angesehen werden. 4.3.1.4 Bewertung der Eigenerstellungsoption bei einem unsicheren Outputpreis Bislang wurde stets angenommen, daß Outputpreis und -menge aufgrundbereits beschlossener Abnahmeverträge über das Gut C in t bekannt seien. Der Bedarf war bei der Entscheidung der Beschaffungsstelle exogen vorgegeben. In diesem Abschnitt soll die Annahme insoweit modifiziert werden, als zwar weiterhin Abnahmeverträge in t existieren, nunmehr jedoch lediglich die zu liefemde Menge in diesen Verträgen festgelegt wird. Der erzielbare Absatzpreis bleibe dagegen bis T' unsicher:

Zeitpunkt der Kenntnis

,..

t

Abechnltt 4.3.1.1 4.3.1.2 4.3.1.4

Abbildung 34 13 Nimmt man exorbitante Lagerkosten als Begründung dafür an, daß keine Bestände gehalten werden, dann läßt sich aus den in Abschnitt 3.4.2.2 (S. 103ff.) angestellten Überlegungen schließen, daß die der Optionsbewertung zugrundeliegenden Güter eine Minderrendite aufweisen müssen. Als Konsequenz aus Abschnitt 3.4.4 (S. 108ff.) ergibt sich, daß eine Replikationsableitung der Optionspreisformel nicht möglich ist. Ferner müssen sowohl o.9 als auch o.8 geschätzt werden.

142

4. Anwendung der Optionspreistheorie

Ferner werde im Vertrag festgeschrieben, daß das Unternehmen nicht liefern muß, wenn der sich in T' einstellende Marktpreis für C die zur Herstellung des Gutes C vom Unternehmen aufzuwendenden variablen Kosten übersteigt. Aus Vereinfachungsgründen wird in diesem Abschnitt angenommen, daß der Abnahmevertrag die Lieferung von xc = 1 Stück beinhaltet und das Gut C durch Verarbeitung des Gutes B hergestellt wird, so daß für den Bedarf an Bin T' gilt: XB,T' = [0; 1]. Unter den so veränderten Annahmen ist das betrachtete Unternehmen bereits zum Entscheidungszeitpunkt t im Besitz einer Produktionsoption, die im folgenden als CPO bezeichnet werde. 14 Die Maschine MB.....c zur Verarbeitung von B zu C erlaubt dem Unternehmen, bei Eintritt gewisser Marktbedingungen das Gut C nicht verkaufen zu müssen. Somit kann es auf den Einsatz von Fremdbeschaffungskosten verzichten. Der Wert des Abnahmevertrags zum Zeitpunkt T' läßt sich dann wie folgt ausdrücken: OWT'(CPO) = max [0; Pc ,T- PB,T ]

~

Im Falle der Anschaffung der zur Eigenerstellung notwendigen Kapazität besitzt das Unternehmen eine erweiterte Produktionsoption. Es verfügt nach wie vor über das Recht, das Gut C in T' nicht verkaufen zu müssen. Dies bedeutet jedoch nun, daß das Gut B weder eigenerstellt noch fremdbeschafft werden muß. Dieses zwei Optionen (Maschinen) enthaltende Optionsportefeuille wird im folgenden als BCPO bezeichnet. 15 Der Wert der Kombination der Maschinen MA ..... B und MB.....c lautet: OWT' (BCPO) = max [0; Pc,T - min[vkB,T' ; PB,T' ]]

~

Unser Ziel ist die Ermittlung des Wertes der Maschine MA ..... B, also der Option, das Gut B nicht fremdbeschaffen zu müssen. Unter den gegebenen Annahmen lohnt sich die Ausübung dieses Rechts nur noch dann, wenn eine Beschaffung überhaupt notwendig ist. Liegt der Absatzpreis für Gut C sowohl unter dem Fremdbeschaffungspreis als auch unter den variablen Eigenerstellungskosten, so hat die Möglichkeit, daß die Eigenerstellungskosten in T' unter den Fremdbeschaffungskosten liegen, keine Bedeutung mehr für die Wertermittlung der Eigenerstellungsoption. Man erkennt, daß sich der Wert des Optionsportefeuilles BCPO nicht als Summe der beiden einzelnen Optionen CPO und BP0 16 ergeben kann.17 Dabei kennzeichnet C, daß es sich um den Wert der Maschine MB-c handelt. Hierbei zeigen B und C an, daß es sich um den Wert der Kombination aus Maschine MA-B und Maschine MB-c handelt. 16 Mit BPO werde die in den bisherigen Abschnitten unter der Annahme eines sicheren Outputpreises untersuchte Eigenerstellungsoption MA-B mit OW(BPO)T' max [0; PB,T - vkB,T'] bezeichnet. 17 Es gilt OW(BCPO)T < OW(CPO)T + OW(BPO)T immer dann, wenn Eigenerstellung günstiger als Fremdbeschaffung ist, sich aber keine Deckungsbeiträge erzielen lassen oder Deckungsbeiträge lediglich durch die Möglichkeit der Eigenerstellung erzielbar sind. 14

15

=

4.3 Optionspreistheoretische Bewertung der Eigenerstellungsoption

143

Bei der Ermittlung des Wertes der Maschine MA-+B muß also berücksichtigt werden, daß das Unternehmen bereits eine Option besitzt. Folglich ergibt sich der Maschinenwert als Differenz aus dem Optionswert nach Aufbau der Eigenerstellungskapazität und dem Optionswert vor dieser Situation. Eine Fallunterscheidung wird verdeutlichen, wie der Wert der Eigenerstellungsoption MA-+B• welche im folgenden mit BPOc 18 bezeichnet werde, im Falle eines unsicheren Outputpreises ermittelt werden kann. Die Möglichkeiten der Entwicklung von vkB, PB und Pc können zu sechs verschiedenen Zuständen in T' führen : (I) vkB >PB> PC (3) PB

(5) Pc

> vkB > Pc > vkB >PB

> Pc >PB > Pc > vkB >PB > vkB

(2) vkB (4) PB (6) Pc

Es gilt: Optionswene in r

CPO

BCPO

Zustände

BPOc => BCPO - CPO

1

0

0

0

2

Pc- Pe

Pc- Ps

0

3

0

0

0

4

0

Pc - vkB

Pc- vk8

5

Pc- Ps

Pc- Ps

0

6

Pc- Ps

Pc- vk8

p8 - vk 8

Die durch die Maschine bedingten Ersparnisse in T' führen zu folgendem Optionswert in T' : OWT'(BPOc ) = max [0; min [pB,T'; Pc,T']- vkB,T']

->

Die Auswirkungen einer Unsicherheit über den Outputpreis auf den Wert der Eigenerstellungsoption werden deutlich, wenn man die zustandsabhängigen Werte OWT·(BPO) und OWT·(BPOc) vergleicht (siehe Tabelle aufS. 144). Es zeigt sich, daß der Wert der Eigenerstellungsoption sinkt, wenn Unsicherheit über den Outputpreis Pc angenommen wird. Wir haben festgestellt, daß die Maschine MA-+B unter den genannten Annahmen zum Zeitpunkt T' folgenden Optionswert besitzt: OWT·(BPOc) = max [0; rnin [pB,T' ; Pc.r•]- vkB,T.J. Gesucht ist nun eine Formel für den Wert dieser Option zum Zeitpunkt t. 18

Mit C seien die Rahmenbedingungen eines unsicheren Outputpreises gekennzeichnet.

144

4. Anwendung der Optionspreistheorie Optionswerte in T'

BPO

BPOc

BPOc • BPO

1

0

0

0

2

0

0

0

3

Pe · vke

0

vk 8 • p 8 < 0

4

p8 · vk 8

Pc •

5

0

6

Pe ·

Zustände

vk 8

vk 8

Pc·P8

0

0

p8 • vk 8

0

xe,t' --> f(pe,t' ). 23 Bei xe = a · x 8 , mit a = Produktionskoeffizient, würden die Ausübungsfälle (vgl. Abschnitt 4.3.1.4, S. 14lff.) anband von pefa,ps und vks anstatt durch pe ,PB und vks unter-

150

4. Anwendung der Optionspreistheorie

Wird XB,t' durch f(Pc,t') ersetzt und werden somit die Mengen als Inputdaten eliminiert, ergibt sich: (4.8)

OW~ (BPOcx)t! = max [0; min [pc,~ f(pc,~) ; PB,t' f(Pc,t' )]- vkB,t' f(pc,t' )]

Offensichtlich läßt sich PC,t' in die Formel für den Optionswert der BPOf integrieren. Es ist jedoch zu beachten, daß es sich nach der Transformation bei den Kursen der Basisobjekte nicht mehr um Preise und variable Stückkosten von Gütern, sondern um Erlöse bzw. variable Gesamtkosten handelt. Dies führt zu der Frage, ob sich die Eigenerstellungsoption weiterhin replizieren läßt. Zahlreiche Veröffentlichungen auf dem Gebiet der Realoptionen weisen darauf hin, daß das Projekt ohne Option24 als Basisobjekt interpretiert werden kann und das Projekt mit Option somit replizierbar ist. 25 Diese Zuversicht ist durchaus kritisch zu betrachten, da eine Replizierung mit Basisobjekten in Form von Beständen statt einzelner Wertgegenstände die Existenz eines "twin assets" (vgl. S. 55, Fußnote 2) voraussetzt. Die Auswirkungen der Unsicherheit über den Bedarf sind von der Kostenstruktur des Unternehmens abhängig. Die Annahme zunehmender Skalenerträge (SKE), also abnehmender Grenzkosten, würde Monopolismus bedeuten. Eine optionspreistheoretische Bewertung erfordert jedoch vollkommene Realgütermärkte, so daß wir auf diese Annahme verzichten. Es verbleiben dann folgende Möglichkeiten: MA·>B

Ma.>C

(1)

konstante SKE

konstante SKE

(2)

konstante SKE

abnehmende SKE

(3)

abnehmende SKE

konstante SKE

(4)

abnehmende SKE

abnehmende SKE

Im folgenden werden die Fälle (1) und (2) betrachtet. In diesem Zusammenhang werden zwei Typen funktionaler Beziehungen zwischen Absatzmenge und Outputpreis zur Bewertung der Eigenerstellungsoption genutzt. schieden. In der genannten Formel wäre dann lediglich PC,t' durch Pc,t'/a zu ersetzen. (BPOcxl bezeichne die BPOc unter Berücksichtigung eines Bedarfs XB,t' > 1. 24 In unserem Beispiel wäre das die Maschine MA-B unter der Annahme, daß Fremdbeschaffungen nach dem Aufbau der Kapazität nicht mehr möglich sind. 25 Vgl. Majd/Pindyck (1987), S. 7-27; Paddock/Siegei/Smith (1988), S. 479-508; Myers/ Majd (1990), S. 1-21.

4.3 Optionspreistheoretische Bewertung der Eigenerstellungsoption

151

Die Beschaffungskosten PB xn und vkn xn (einschließlich der Beschaffungskosten PA XA) werden von den Produktionskosten vkc xn getrennt betrachtet, um die Wirkung der Skalenerträge zu verdeutlichen.

4.3.2.3.1 Produktion bei konstanten Skalenerträgen Unter der Annahme konstanter Skalenerträge bei der Verarbeitung von A zu B und von B zu C gilt für den in t' erzielbaren Deckungsbeitrag: DBt! = max (0 i PC,t' XB,t!- vkc,t! XB,f- min (vkB,t! XB,t! i PB,t! XB,t!Jl

Das Unternehmen ermittelt seine zum Zeitpunkt t' optimale Absatzmenge durch Ableitung des Deckungsbeitrags nach der Absatzmenge (8DBt' j8x):

x;

< vk.r:,t! oofür Pc,t! > vk.r:,t!

x;. = 0 für PC,t! x;. =

mit

= Gesamte variable Kosten pro Stück zum Zeitpunkt t' (vkc,t! + min [vkB,t!iPB,t'J). d. h. es besteht eine Abhängigkeit von der kurzfristigen Beschaffungsentscheidung (vgl. Abschnitt 4.3.1.4, S. 141 ff.).

vk.r:,t!

Man erhält also zunächst keine verwendbare Beziehung zwischen Preis und Menge. Es konnte lediglich herausgefunden werden, daß das Unternehmen das Gut C im Falle Pc,f > vkE,f in maximaler Menge verkaufen möchte. Die tatsächlich absetzbare Menge bestimmt sich dann allein durch Beschränkungen auf der Nachfrageseite. Wird die Existenz einer Nachfragefunktion angenommen, dann besitzt man eine funktionale Beziehung zwischen Ausbringungsmenge und Outputpreis. Es gelte d;,,f = a- Pc,f, d. h. die Nachfrage d, der sich das betrachtete Unternehmen i in t' gegenübersieht, und folglich auch die Absatzmenge von Gut C hängen vom dann geltenden Marktpreis Pc,f ab. Die Nachfragefunktion bleibe von t bis T' über sämtliche t' konstant, so daß bereits in t für jeden Zeitpunkt bekannt ist, welcher Erlös bei einem bestimmten Absatzpreis erzielbar ist. Unter der Annahme xc = xn gilt für den im Produktionsfalle (also bei > vkE,f) auftretenden Bedarf folglich :

PC,t'

Xß,t'

= f(pc,t') = a- PC,t'

Wir nehmen aus Vereinfachungsgründen an, vkc sei sicher und bis T' konstant. Setzen wir a - PC,f für f(Pc,f) in Gleichung 4.8 (S. 150) ein und berücksichtigen vkc, so erhalten wir:

152

4. Anwendung der Optionspreistheorie

(4.9)

OWt'(BPOcx/ = max[O; min [(Pc,t'- vkc) (a- PC,t' ); (a PB,t;- PB,t' PC,t' )] - (a VkB,t' - VkB,t' PC,t' )]

Aus dem Basisobjekt "Gut C' wird nun das Basisobjekt ,,Nachfrage d; nach Gut C". Der Marktpreis des bisherigen Basisobjekts, "Marktpreis des Gutes C', wird durch "Wert der Nachfrage c4 nach Gut C' ("Erlös aus dem Verkauf von Gut C'') ersetzt. Statt Pc gilt dann: (pc- vkc) (a- Pc) . Analog wird bei dem Marktpreis und dem Ausübungspreis des Basisobjekts "Gut B" vorgegangen, so daß: (i)

Pc,t

-+

(pc,t- vkc) (a- Pc,t)

(ii) PB,t

-+

PB,t (a- Pc,t)

(iii) vkB,t

-+

vkB,t (a- Pc,t)

Für die in N[.] stehenden Quotienten in der Optionspreisformel4.4 (S. 145) für die BPOc gilt nun: (i)

PC,t e-li(C)T jvkB,t e-li(A)T

-+

(Pc,t e-li(C)T- vkc e-rT)jvkB,t e-li(A)T

(ii) PB,t e-li(B)T /Pc,t e-li(C)T

-+

p B,t e-li(B)Tj(pC,t e-li(C)T _ vkc e-rT)

(iii) PB,t e-li(B)T jvkB,t e-li(A)T

-+

pB,t e-li(B)TjvkB,t e-li(A)T

(iv) Pc,t e-li(C)T /PB,t e-li(B)T

-+

(pc,t e-li(C)T- vkc e- rT)/PB,t e-li(B)T

Dies führt zu folgender Formel: (4.10)

WdMt = ~) -a vkc e-rT + (a + vkc) e-rT PC,t e-6cT- P~,t e- 26cT) t'

ln(

PB.< .-6sT

Pc,t e-Ac T -vkc e-fl'

)

rrn

-

1 q2

2 -!=;,

, - pc'A'B

rTrf!:o V 1

1 ( N [ n 2

p 8 ,, e-6sT )

k

V B,t•



]

T.

1

+2 rrn

O'ß-AVT

_2

Uß- A

T •

,

4.3 Optionspreistheoretische Bewertung der Eigenerstellungsoption

1 ( Pc.• e-6cT -vkc e-rr )

N2 [ n

ln

k

v~e

UJL

V=-ii

=

V

U!dl B

e2(r-6c)T

=

_2

2 o-Cdl

)

-

1 _2 Oß-A

2

~

ub + ~

V

e2(r-6c)T

-

T •

~

2

,

l

T.

,PA'B'C'

UB-AV .L

u~ =

1

~

u~vT

PB,t e-6BT vk8 ,, e !At

(

_

-&At

153

eC +

verkaufe

I V~A->B I

I

:

Abbildung 37

(b) Die Annahme, die Verarbeitung des Gutes B zu Gut C benötige keine Zeit, wird aufgehoben (siehe Abbildung 38 aufS. 158). Betrachten wir Fall (a). Aus Vereinfachungsgründen nehmen wir an, der Outputpreis PC,t'+r stehe bereits in t fest. In t' kennt das Unternehmen die variablen Eigenerstellungskosten je Stück vkB,t'. Verzichtet es auf eine Eigenerstellung des Gutes B, so muß es in t' + T das Gut B fremdbeziehen. Der Fremdbeschaffungspreis p B,t' +r ist jedoch erst in t' + T bekannt. Es gilt dann in t': OWt'(BPOl = max [0; Et'[PV(PB,t'+r)]- vkB,t']· Da ein in t' die variablen Eigenerstellungskosten vkB,t' übersteigender Erwartungswert des Gegenwartswerts des in t' + T geltenden Fremdbeschaffungspreises, Et'[PV (pB,t' +r) J, keine Garantie für die Existenz eines solchen Fremdbeschaffungspreises in t' + T ist, kann durch eine Ausübung keine sichere Ersparnis mehr erzielt werden. Die in diesem Abschnitt dargestellten Quasi-Optionen können als Futures-Optionen, also als Optionen auf Futures interpretiert werden. 29 Nehmen wir etwa an, es gebe einen Futurespreis F Dies wäre der Marktpreis in t' für Lieferung des GutesBin t' + r. Das Unternehmen könnte dann zum Ausübungszeitpunkt ein

J1r.

29 Zur Bewertung von Optionen auf Futures vgl. Black (1976), S. 167-179; Ramaswamy, Krishna/Sundaresan, Suresh M. (1985): The Valuation of Options on Futures Contracts, in: The Journal of Finance, 40.( 1985).5, S. 1319-1340.

158

4. Anwendung der Optionspreistheorie

Futuresgeschäft abschließen. Der Fremdbeschaffungspreis wäre somit bereits in t' sicher.

Zeltpunkt der

Kenntnis

Abbildung 38

Bei den hörsengehandelten Optionen auf Futures ist eine Bewertung unproblematisch, da durch Ausübung und Verkauf des Futures in t' eine Glattstellung möglich ist, ein Ausübungsgewinn also umgehend realisiert werden kann. Eine solche Glattstellung, also eine Erzielung der Ersparnis in t', ist in unserem Fall dagegen auch bei Existenz eines Futurespreises nicht möglich. Auch wenn das Gut B am Futuresmarkt beschafft werden kann, verbleibt die Alternative eines Spotmarktkaufs in t' + r. Es kann nun sein, daß der Futurespreis, der ja als Marktschätzung des künftigen Spotpreises anzusehen ist, eine fehlerhafte Voraussage liefert. Sinkt der Fremdbeschaffungspreis wider Erwarten des Marktes, so stellt sich die Eigenerstellung nachträglich als ungünstig heraus. Die interne Bereitstellung des Gutes B kann also einen Ausübungsverlust nach sich ziehen. Die Tatsache, daß sich die Ausübungsentscheidung nachträglich als ungünstig herausstellen kann, übt jedoch keinen Einfluß auf die Bewertung der Eigenerstellungsoption aus. Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, ·eine Marktbewertung der Eigenerstellung zu erhalten. Dann kann selbstverständlich die Existenz einer Marktbewertung in t' für die aktuelle Bewertung in t genutZt werden. Es kann folglich der Futurespreis für E[PV(pB,t'+r)] in den Optionswert der Eigenerstellung

4.3 Optionspreistheoretische Bewertung der Eigenerstellungsoption

159

eingesetzt werden, so daß sich folgender Wert ergibt: OWt'(BPO/ = max [0; FJ1J,"- vkB,t'l· Es muß dabei jedoch beachtet werden, ob 8 > 0 gilt. Ist 8 = 0, so gilt FP~;tr = PB,t!· Dann läßt sich jede BPOt! mit Hilfe der für den Fall eines sicheren Outputpreises entwickelten Optionspreisformel (vgl. Gleichung 4.3, S. 128) bewerten. Unsicherheit über den Fremdbeschaffungspreis zum Ausübungszeitpunkt besitzt folglich bei 8 = 0 auf vollkommenen Märkten keinerlei Auswirkungen auf den Wert der Eigenerstellung. Gilt dagegen 8 > 0, und dies hatten wir für sämtliche relevanten Güterpreise bislang stets angenommen, so nimmt der Barwert eines Gutes im Zeitverlauf ab. Dies muß in der Optionspreisformel berücksichtigt werden. Da FP~;t = PB,t! · e-o(B)r, gilt für den Wert einer BPOt! in t': OWt!(BPO/ = max [0 ; PB,t! e-o(B)r - vkB,t' ). Im Falle 8 > 0 führt Unsicherheit zum Ausübungszeitpunkt folglich dazu, daß in der Optionspreisformel für die BPO (vgl. erneut Gleichung 4.3, S. 128) an zwei Stellen der Term PB e-o(B)(t!+r) für PB e-o(B)t! eingesetzt werden muß. Es gilt dann für den Wert der Eigenerstellungsoption: (4.12)

WdMt

= L:XB,t'+r ·OWt(BPOl t!

mit

und

_ ln( -

:!!;;) - 8Br+ (oA- 8B +~) T UB-Avf:T

Die Varianz aB- A bleibt gegenüber der bisherigen Behandlung unverändert, da a(ln(e-67 )) = 0 und ax- a = ax. Nehmen wir nun Fall (b) an, d. h. die Verarbeitung von Gut B zu Gut C nehme den Zeitraum r in Anspruch. Zum Ausübungszeitpunkt t' sind der Fremdbeschaffungspreis PB,t' und die variablen Eigenerstellungskosten vkB,t' bekannt. Der Absatzpreis für das Outputgut C sei dagegen erst in t' + r bekannt. Man kann wie bei Fall (a) vorgehen. Dann ergibt sich folgende Gleichung für den Wert einer BPOc in t': OWt'(BPOc)t! = max [0; min [pB,t'; E[PV(PC,t!+r)Jl- vkB,t!]·

160

4. Anwendung der Optionspreistheorie

Pb

Nehmen wir nun jedoch an, es gebe einen Futurespreis F t,r, zu dem beliebige Mengen an Gut C umgesetzt werden können, so könnte d~r Abnahmevertrag, mit dem xc,t' und daher auch XB,t' festgelegt sind, keine Beschränkung mehr darstellen, da dann sämtliche produzierbaren Güter zum Futurespreis absetzbar wären. Wir nehmen daher an, der Abnahmevertrag sei so ausgestaltet, daß die Kapazität der Maschine MA___,B im Fallemin [pB,t' ; E[PV(PC,t'+r)]] > vkB,t' ausgelastet werde. Dann gilt WdM1 = Et' x 0 • OW1(BPOcl. wobei in die Formel für die BPOc (vgl. Gleichung 4.4, S. 145) an fünf Stellen pc e-6(C)(t'+r) für pc e-6(C)t' einzusetzen ist. Da die Vorgehensweise analog zu der oben dargestellten ist, wird auf eine explizite Aufführung der Optionspreisformel für den Fall (b) verzichtet. 4.3.3 Eigenerstellung als Option mit mehreren Basisobjekten

Ein Unternehmen, welches das Gut B bisher fremdbeschafft hat und nun den langfristigen Übergang zur Eigenerstellung in Erwägung zieht, wird möglicherweise zwischen mehreren zur Herstellung von Gut B geeigneten Maschinen auswählen können, die überdies weitere Produktionsmöglichkeiten aufweisen. Nehmen wir an, daß sich darunter eine Maschine befindet, auf der wahlweise Gut A oder Gut D zur Produktion von Gut B herangezogen werden kann (vgl. Abschnitt 4.3.3.1). Eine weitere Maschine ermögliche es, GutAsowohl in das Zwischenprodukt B als auch in das Endprodukt E zu verarbeiten (vgl. Abschnitt 4.3.3.2). Zu-

KU B

KU A

-

A->8

KeufD

D->B

+--

B->C

Abbildung 39

_Verkauf

c

4.3 Optionspreistheoretische Bewertung der Eigenerstellungsoption

161

dem stehe eine Maschine zur Diskussion, auf der n Inputs zu n Outputs verarbeitet werden können. Hierbei richtet sich das Hauptaugenmerk auf die optimale Nutzung der vorhandenen Kapazität (vgl. Abschnitt 4.3.3.3). Aus Vereinfachungsgründen werden wir uns im folgenden auf europäische Optionen beschränken, d. h. es erfolgt stets eine Konzentration auf einen Ausübungszeitpunkt. Bei in t sicheren Bedarfsmengen und bekannten Bedarfszeitpunkten lassen sich die Optionswerte der Maschinen durch simple Addition der von uns betrachteten europäischen Optionen ermitteln. 4.3.3.1 Bewertung der Eigenerstellung als Inputoption mit mehreren Basisobjekten Die zur Wahl stehende Maschine sei in der Lage, das Zwischenprodukt B sowohl mit dem Input A als auch mit dem Input D herzustellen (siehe Abbildung 39 aufS. 160). Wir beschränken uns, wie bereits erwähnt, auf die Betrachtung der europäischen Optionsvariante, d. h. es wird nur ein Ausübungszeitpunkt (T') betrachtet. In t existiere ein Abnahmevertrag, der die Absatzmenge xc,T' = 1 festlege. Ferner gelte erneut xn = xc, so daß auch XB,T' = [0; 1] bereits in t bekannt ist. 30 Zudem seien

Zeltpunkt der Kenntnis

Ablchnltt 4.3.1.1 4.3.1.2 4.3.1.4 4.3.2.3 4.3.3.1

t

t'

I

I

I

PAPcXa Pcxa •a •a

Pa PAPa PAPaPc PAPaPcXa PAPaPcPo

Abbildung 40 30 Die Bedarfsmenge beträgt x 8 ,r = 1, falls sich durch Produktion positive Deckungsbeiträge erzielen lassen.

II Scheffen

4. Anwendung der Optionspreistheorie

162

die in T' zu entrichtenden variablen Kosten der Verarbeitung von A zu B (vkA_,B), D zu B (vkn_,B) und B zu C (vkB-d bekannt. In t sind lediglich die Preise PA, PB,PC und PD unbekannt (vgl. Abbildung 40 aufS. 161). Wie bei der BPOc, so erweist es sich auch hier als hilfreich, die in T' möglichen Zustände zu betrachten: 31 (1)

> Pc > vknB (3) vkAB > Pc >PB > vknB (5) vkAB > vknB >PB > Pc (7) PB > vkAB > Pc > vknB (9) PB > Pc > vkAB > vknB (11) PB > vknB > vkAB > Pc (13) Pc > vkAB >PB > vkvB (15) Pc > PB > vkAB > vknB (17) Pc > vknB > vkAB >PB (19) vknB > vkAB > PB > Pc (21) vknB >PB > vkAB > Pc (23) vknB > Pc > vkAB >PB vkAB >PB

(2) (4) (6)

(8) (10) (12) (14) (16)

(18) (20) (22) (24)

> vknB > Pc vkAB > Pc > vknB > PB vkAB > vknB > PC > PB PB > vkAB > vknB > Pc PB > Pc > vknB > vkAB PB > vknB > Pc > vkAB Pc > vkAB > vkvB >PB Pc >PB > vknB > vkAB Pc > vknB >PB > vkAB vknB > vkAB > Pc > PB vknB >PB > Pc > vkAB vknB > Pc > PB > vkAB vkAB >PB

Da nun vier zum Zeitpunkt t unsichere Preise existieren, müssen bereits 4! =24 Zustände unterschieden werden. Die in unserem Beispiel betrachtete Option wird nachfolgend B AnPOc genannt, da sie eine Produktionsoption auf die Verarbeitung der Güter A oder D zu Gut B im Falle eines unsicheren Preises des Outputgutes C darstellt (siehe Tabelle aufS. 163). Man erkennt, daß für den Optionswert dieser Maschine in T' gilt: OWT'(BAvPOc) = max [0; rnin [pB,T'; Pc,T']- rnin [vkAB,T'; vkvB,T'JJ.

Während es analytische Lösungen für Optionen auf das Maximum oder das Minimum mehrerer Basisobjekte gibt 32, ist eine Bewertungsformel für die vorliegende Option in der Literatur bislang nicht zu finden. Es handelt sich hierbei nicht mehr um eine Option auf das Maximum oder das Minimum von n Basisobjekten. Es treten vielmehr Maximum- und Minimumbeziehungen zwischen den Basisob31 Aus Übersichtlichkeitsgründen bezeichne nun vkAB die variablen Eigenerstellungskosten je Stück bei einer Verarbeitung des Gutes A zu Gut B (statt vkB) und vkoB die variablen Eigenerstellungskosten je Stück bei einer Verarbeitung des Gutes D zu Gut B. Die Standardabweichungen und die Minderpreissteigerungen dieser Größen werden aus Vereinfachungsgründen mit den Symbolen OA bzw. ov und 6A bzw. 6v versehen. 32 Vgl. S. 78.

4.3 Optionspreistheoretische Bewertung der Eigenerstellungsoption

163

jekten in vennischter Form auf. Ferner existieren zwei Ausübungspreise (vkAB und vkoß). 33 Zustand

OWr(BA0 POcJ

Zustand

0Wr(BA0 POcJ

1

Pc • vkoa

13

Pe · vkoe

2

0

14

0

3

Pa. vkoe

15

Pa. vkoa

4

0

16

Pe · vkAB

5

0

17

0

6

0

18

Pe · vkAB

7

Pc • vkoa

19

0

8

0

20

0

9

Pc • vkoa

21

0

10

Pc · vkAB

22

Pc · vkAB

11

0

23

0

12

Pc • vkAB

24

Pe · vkAB

Es stellt sich daher die Frage, ob eine Maschine, die bei Existenz eines in t unsicheren Outputpreises die Verarbeitung mehrerer Inputs zuläßt, nicht mehr optionspreistheoretisch bewertbar ist. Dies wäre ein Rückschlag für den Versuch, die Optionspreistheorie zur Fundierung investitionstheoretischer Fragestellungen zu verwenden, da eine solche Maschinenform, wie sie hier angenommen wird, durchaus als typisch zu bezeichnen ist. Wir werden jedoch sehen, daß sich auch für diesen Fall eine Optionspreisformel ennitteln läßt. Die Tatsache, daß solch komplexe Optionen auf den Kapitalmärkten noch nicht existieren, muß als Ursache dafür angesehen werden, daß derart allgemeine Formeln, wie sie hier benötigt werden, noch nicht in der Literatur zu finden sind. Nutzt man den Cox/Ross-Ansatz34, der die Existenz einer risikoneutralen Welt unterstellt35, so gilt N(d2 ) = P(S >X), d. h. N(d2 ) steht für die Ausübungswahr33 Die Kosten vkAB und vkvB sind als Ausübungspreise interpretierbar, da sie im Ausübungsfalle zu zahlen sind. 34 Diesen Ansatz verwendete auch Johnson bei der Ermittlung des Wertes von Optionen auf das Maximum- oder das Minimum mehrerer Basisobjekte. Vgl. Johnson (1987), S. 278f.

II•

164

4. Anwendung der Optionspreistheorie

scheinlichkeit einer Kaufoption. Analog gilt N( -d2 ) = P(S < X). N( -d2 ) kann demnach als Wahrscheinlichkeit für die Ausübung einer Verkaufsoption interpretiert werden. Betrachtet man die Black-Scholes Formel näher, so stellt man fest, daß in der Zeile des Ausübungspreises dessen Barwert in t stets mit der Ausübungswahrscheinlichkeitmultipliziert wird (vgl. X e-rT · N(d2 )). Folgt man der Ableitung der Optionspreisformeln für Maximum- und Minimumoptionen durch Johnson, so erkennt man, daß die Optionspreisformeln eine Zeile je Basisobjekt aufweisen. Dabei werden die Barwerte derjenigen Basisobjekte, die man durch Ausübung erhalten kann, stets mit der Ausübungswahrscheinlichkeit des jeweiligen Basisobjekts (korrigiert um uT112 ) 36 multipliziert. Es gilt dann P(S >X)=> N(d1 ) und P(S N( -dt). Zum besseren Verständnis seien die für die nachfolgende Untersuchung relevanten d;'s aufgeführt:

2

-dl(S;,Sj,U;j) =

In(§;.) s, + (6' - 6 - ~) T J

~>i-i

VT

2

T

Man beachte, daß d2(Si,Si,ifi) = - d1(Si>Si,dfi) und dl(Si,Si,uri) = - d2(Si, S;, aTi). Konzentrieren wir uns nun zunächst auf die durch Ausübung in T' erlangbaren Basisobjekte, die Güter B und C. Für jedes dieser Basisobjekte gibt es in der Optionspreisformel einen Ausdruck, der sich wie folgt zusammensetzt: Barwert des Basisobjekts S · Ausübungswahrscheinlichkeit für das Basisobjekt S (korrigiert um

url/2).

35 Wir hatten festgestellt, daß diese Annahme bei Realoptionen immer dann aufrechterhalten werden kann, wenn 69 = MCY - SC. Vgl. S. l06ff. 36 Vgl. N(dl) = N(d2 + uT112 ).

4.3 Optionspreistheoretische Bewertung der Eigenerstellungsoption

165

Je nach Ausübungswahrscheinlichkeit des Basisobjekts Sl(Pex(S1 )) gilt folglich:37 -+

P(S1 > S2 1\ . .. 1\ Sn)

-+

=> Nn[dl (S1, S2, ai2J, .. ·, d1 (S1, Sn,oin), P123, · · ·, Pl2m · · ·, Pl(n-l)n] P(S1 < S2 1\ ... 1\ Sn) =>

Nn[-d1(S1, S2, oi2), . .. , -d1 (S1, Sn, oin), P123, · · ·, P12n, · · ·, Pl(n-l)n]

Bei der von Stulz und Johnson bewerteten Minimumoption gilt für die Ausübungswahrscheinlichkeit des Basisobjekts S1 : 38 Pex(Sl) = P(S1

-+

=>

< S2 1\ S1 >X)

N2[-d1(S1, S2,oi2), dl(Sl,X,oi), -pm]

Es zeigt sich, daß man immer dann eine Optionspreisformel für eine Option mit mehreren Basisobjekten erhält, wenn für jedes Basisobjekt eine eindeutige Beziehung zu allen anderen Basisobjekten in Form einer "und-Beziehung" existiert, unabhängig davon, ob Maximum- (vgl. S1 > X) oder Minimumoptionen (vgl. S1 < S2) vorliegen. Das negative Vorzeichen von Pm ist dabei Konsequenz der Minimumbeziehung zweier unsicherer Basisobjekte. Bei der hier zu bewertenden Option gibt es jedoch nicht für jedes Basisobjekt eine eindeutige "und-Beziehung" zu allen anderen Basisobjekten. Es gilt: -+

Pex(pB)

-+

P.x(pc) Pex(VkAB) Pex(vkvB)

-+ -+

= P(pB < Pc 1\ PB > vkAB V vkvB) = P(pc vkAB V vkvB) = P(VkAB < PB 1\ Pc 1\ vkvB) = P(vkvB < vkAB 1\pB 1\pc)

Schon bei der von Johnson betrachteten Option tauchte das Problem auf, daß sich für einen Wert nur eine "Oder-Beziehung" angeben ließ: P(X < S1 V ... V Sn). Johnson erkannte, daß sich hier eine Gegenwahrscheinlichkeit finden ließ, die ausschließlich aus "Und-Beziehungen" zusammengesetzt ist. Es gilt: P(X < S1 V ... V Sn) = 1 - P(X > S1 1\ ... 1\ Sn)· Daraus folgt verallgemeinert: -+

P(S1 < S2

-+

=> 1 - Nn [d1 (S1, S2, ai2J, .. . , d1 (S1, Sn, oin), P12a, · · ·, P12n, · · ·, Pl(n-l)n] P(S1 > S2 V . . . V Sn)

V ... V

Sn)

=> 1 - Nn [- d1 (S~, S2, ui2J, . .. , - d1 (S1, Sn, oin), P123, · · ·, Pl2n, · · ·, Pl(n- l)n] Diese Idee soll im folgenden genutzt werden, die oben aufgeführten Ausübungswahrscheinlichkeiten so zu transformieren, daß sie in die Optionspreisformel ein-

37 38

Zur Bestimmung der Piik vgl. S. 145 f. Vgl. Stulz (1982), S. 165: Johnson (1987), S. 281.

166

4. Anwendung der Optionspreistheorie

gestellt werden können. Am leichtesten ist die Vorgehensweise nachzuvollziehen, wenn man die 24 möglichen Zustände betrachtet (vgl. S. 162f.). So gilt: Pex(PB) ist die Wahrscheinlichkeit aller Zustände, in denen (pB- vknB) oder (PB - vkAB) erzielt wird. Dies sind die Zustände z = 3, 13, 15, 16, 18, 24. P(pB < pc) entspricht der Wahrscheinlichkeit, daß einer der Zustände z = 3, 4, 6, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 20, 23, 24 eintritt. P(pB < Pc 1\ vkAB 1\ vknB) ist die Wahrscheinlichkeit dafür, daß einer der folgenden Zustände eintritt: z =4, 6, 14, 17, 20, 23. Man erkennt, daß sich die gesuchte Wahrscheinlichkeit Pex(PB) als Differenz aus den beiden zuletzt genannten Wahrscheinlichkeiten ergibt, denn P(pB < Pc)- P(PB < Pc 1\ vkAB 1\ vknB) ist offensichtlich die Wahrscheinlichkeit dafür, daß einer der Zustände z = 3, 13, 15, 16, 18, 24 eintritt. Es gilt folglich: --->

P(PB < Pc 1\ PB > vkAB V vkvB) P(pB < Pc)- P(PB < Pc 1\ vkAB 1\ vkvB) Nt [-dt(pB,Pc,aidl- N3 [-di(PB,Pc, ~c), -dt(pB,VkAB, ~A) , -dt(PB, vkvB, ~D), PBCA, PBCD, PBAD]

Die Ausübungswahrscheinlichkeit Pex(Pc) läßt sich auf die gleiche Weise ermitteln, d. h.: --->

P(pc vkAB V vkvB) P(pc B

l~

r--

I

B->C

I I

Verkaut

c

EJ--v~

Abbildung 41

Erneut gebe es nur einen Ausübungszeitpunkt T'. Wie bei der Bewertung der Eigenerstellung als Inputoption mit mehreren Basisobjekten sei lediglich die sich im Falle einer Ausübung ergebende Absatzmenge und damit der Bedarf an Gut B bekannt (AbbildungS. 169).: Zum Ausübungszeitpunkt T' lassen sich erneut 24 Zustände unterscheiden: 39 (1)

(3) (5)

(7)

(9)

> PB > Pc >PE vkB > Pc >PB >PE vkB > PE >PB > Pc PB > vka > Pc >PE PB > Pc > vkB >PE VkB

(2)

(4) (6)

(8) (10)

> PB >PE > PC vkB > Pc >PE >PB vkB > PE > Pc >PB PB > vkB >PE > Pc PB > Pc >PE > vkB vkB

39 Die variablen Eigenerstellungskosten bei Verarbeitung des Gutes A zu Gut B seien wieder mit vk8 bezeichnet.

4.3 Optionspreistheoretische Bewertung der Eigenerstellungsoption

> vkB > Pc PC > vkB > PB >PE Pc > PB > vkB >PE Pc > PE > vkB >PB PE > vkB >PB > Pc PE >PB > VkB > Pc PE > Pc > vkB > PB

> PE > Pc > VkB PC > VkB > PE > PB Pc >PB >PE > VkB PC > PE >PB > vkB PE > VkB > Pc > PB PE >PB > Pc > vkB PE > Pc >PB > vkB

(11) PB >PE

(12) PB

(13)

(14)

(15) (17) (19)

(21) (23)

Zeltpunkt der Kenntnis

(16) (18) (20) (22) (24)

t

t'

I

Ablchnlll 4.3.1.1 4.3.1.2 4.3.1.4 4.3.2.3 4.3.3.2

169

PAPCXI

Pc•a

•• ••

Pa

PAPI PAPaPc pAplpCxl pAPa PcPE

Abbildung 42

Die Ausübungsentscheidung hängt bei dieser Option davon ab, ob die Maschine eine nur begrenzte Kapazität aufweist. Betrachten wir beispielsweise Fall (16). Der Bedarf an Gut B sei XB = 1. Bei Pc < PB kann auf die Bereitstellung des Gutes B verzichtet werden. Da pc > PB > PE > vkB, erscheint sowohl die interne Bereitstellung des Gutes B als auch die Produktion des Outputgutes E sinnvoll: (a) Liegt keine Kapazitätsbeschränkung vor, so werden sowohl Gut B als auch Gut E produziert. Als Unternehmensgewinn ergibt sich dann (Pc- vkB)+ XE· (pE- vkB) mit XE= maximal absetzbare Menge des Endprodukts E.

(b) Ist die Kapazität dergestalt begrenzt, daß entweder XB = 1 oder XE= 1 produziert werden kann, lassen sich zwei Handlungsmöglichkeiten unterscheiden: 40

170

4. Anwendung der Optionspreistheorie

(bi) Gut B fremdbeschaffen und OutputE produzieren (b2) Gut B eigenerstellen, Verzicht auf Produktion des Outputs E

Aus Unternehmenssicht bietet die Alternative b1 : (Pc- PB)+ (PE- vkB)· Die Wahl der Alternative b2 führt zu einem Deckungsbeitrag in Höhe von Pc- vkB. Ganz offensichtlich hängt die Ausübungsentscheidung des Unternehmens davon ab, ob PB >PE oder PB< PE· Tritt in T' Zustand 16 ein, d. h. PB> PE. wird sich das Unternehmen folglich für einen Verzicht auf die Produktion des Gutes E entscheiden. Der Wert der Eigenerstellung beträgt in diesem Fall: PB- vkß. Die Eigenerstellung als Input-Outputoption mit mehreren Basisobjekten wird im folgenden mit BEAPOc bezeichnet, da sie eine Produktionsoption auf die Verarbeitung des Gutes A zum Gut B oder zum GutE im Falle eines unsicheren Outputpreises Pc darstellt. Die soeben vorgenommenen Überlegungen führen dazu, daß die Eigenerstellung bei einer Kapazitätsbeschränkung mit x 0 = 1 in den zum Zeitpunkt T' möglichen Zuständen folgende Werte besitzt: Zustand

OWr(BE"POcl

Zustand

OWr.(BEAPOc;)

1

0

13

0

2

0

14

0

3

0

15

Pe. vke

4

0

16

p8 · vk8

5

0

17

Pe • vk8

6

0

18

Pe- vk 8

7

0

19

Pe • vk8

8

0

20

Pe • vk 8

9

Pc · vk8

21

Pe • vk8

10

Pc • vk8

22

Pe • vk 8

11

Pe • vk8

23

Pe • vke

12

Pe- vk8

24

Pe- vke

Man erkennt, daß für den Optionswert dieser Maschine in T'gilt: 41

40 Der Bedarf sei exogen. Sind also durch den Verkauf des Outputs C positive Deckungsbeiträge erzielbar, so muß das Gut B bereitgestellt werden. 41 Mit vk8 als einzigem Ausübungspreis.

4.3 Optionspreistheoretische Bewertung der Eigenerstellungsoption

171

Wie bei der Inputoption mit mehreren Basisobjekten, so läßt sich auch hier eine Optionspreisformel finden, wenn für jedes Basisobjekt eine eindeutige Ausübungswahrscheinlichkeit ermittelt werden kann. Es gilt: P.,.(pE) -+

Pex(pc)

-+

Pex(PB)

-+

Pex(VkB)

= P(PE > vkB II PE> PB Vpc) = P(pc PE llpc > vkB) = P(pB < Pc II PB> PE II PB> vkB) = P(vkB VkB II PE< PB 1\ PE< Pc). Stets wird damit die Wahrscheinlichkeit desEintretenseiner der Zustände z = 11, 12, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24 erfaßt. Wesentlich komplexer ist die Wahrscheinlichkeit für die Ausübung von vkB. Da die vorliegende Option nur einen Ausübungspreis aufweist, ist diese mit der Ausübungswahrscheinlichkeit der Option identisch. Sie entspricht der Summe der Ausübungswahrscheinlichkeiten der einzelnen Basisobjekte. Man könnte also wie folgt umformen: Pex(vkB) = P(vkB VkB 1\ PE< PB 1\ PE< Pc) + P(pc PE 1\ Pc > vkB)+ P(pB < Pc 1\ PB >PE 1\ PB > vkB)· Eine geringe Vereinfachung ergibt sich bei Betrachtung der Gegenwahrscheinlichkeit Da P(vkB PB V Pc) gilt Pex(vkB) = 1- [P(vkB >PB 1\ vkB > Pc 1\vkB >PE)+ P(vkB Pc 1\ vkB >PE)+ P(vkB < Pc 1\ vkB >PB 1\ vkB >PE)]. Es fallt nun ein N 1- Term heraus. Es ergibt sich für eine Maschine, die zu mehreren Bedarfszeitpunkten eine BEAPOc besitzt, folgender Optionswert: (4.14)

WdMt=L t'

PE,t e

- DET

T)

+(oA-

ln(!f-) DE +~) N _ _,___B._,t- - - - > - - - - - : = - - - - ' - · ( 1( . rrPT aE-AV.J.

-

N3

( ln(.E.a) + (oA- OE+~) T v ka,t

2

CJ'E- A"fi'

.

'

172

4. Anwendung der Optionspreistheorie

In(~)+ (8E- 8B- ~-B) T PE,t !Fii UE-BV1

m(Eß!) +(8E- 8c~-c) T =--_ _:,_.:_P.:.:E,tC!__ _ _

j -

!FiiT UE-CV1

; -PEAB

+(8B- 8c- ~-c) T +PB,t e -6BTN 3 ( In(Eß!) ____:,_.:_P.:.:B,tC!__ _-----c=---!FiiT

;

+PC,t e-6cT N 3 ( -'-'-P---'c,t-"----=---!FiiT

;

UB-CV1

j

-PEAC

j

PEBC

))

In(~)+ (8c- 8B- ib-B) T UC-BV1

In(~)+ (8B- 8A +~-B) T In(~)+ (8c- 8A +~-d T PB,t PC,t 1m

UA-BV1

;-'----'-'------;:!FiiT=----- iPABC UA-CV1

j

PABE

j

PACE

)

4.3 Optionspreistheoretische Bewertung der Eigenerstellungsoption

173

So erschreckend umfangreich diese Formel auch sein mag, die Zahl der Inputdaten muß als verhältnismäßig gering bezeichnet werden. Neben der Optionsrestlaufzeit T, den vier "Preisen" PE,Pc,PB, vkB, den vier "Dividenden" 8E, 8c, 8B, 8A und den vier Standardabweichungen t:TE, t:Tc, t:Tß, t:T A ist die Kenntnis der Korrelationen zwischen sämtlichen Güterpreisen erforderlich. Dabei handelt es sich um (n- 1)! = 6p's. Von diesen 19 Inputdaten sind jedoch lediglich die vier Marktpreise direkt ablesbar.42 4.3.3.3 Bewertung der Eigenerstellung bei Existenz mehrerer Engpässe In diesem Abschnitt wird angenommen, daß eine Maschine zur Wahl stehe, mit der sechs verschiedene Güter intern bereitgestellt werden können. 43 Es wird untersucht, welche Auswirkungen sich ergeben, wenn die Eigenerstellung als Option mit mehreren Basisobjekten interpretiert werden kann und dabei Kapazitätsbeschränkungen zugelassen werden.

KaufS

KeutA 1

~ Y81kau!C

I

KaufS

Kauf A

4

~ Yertcaut C

4

Kauf B

~~YorlwdC 1

KautA 1 ~

'---1J

Abbildung 43 42 Wird berücksichtigt, daß die Kenntnis von PA nicht ausreicht, sondern erst vks ermittelt werden muß, die Kosten der Verarbeitung von Gut A zu Gut B also bekannt sein müssen, so verbleiben drei direkt beobachtbare Marktpreise. 43 Die Untersuchung lehnt sich in diesem Abschnitt an ein praxisnahes Beispiel von Kilger an. Vgl. Kilger (1969), S. 82f.

174

4. Anwendung der Optionspreistheorie

Für sämtliche Güter (B1 - B 6 ) sei der Bedarf festgelegt, so daß diejenigen Güter, die in T' wegen einer Kapazitätsbeschränkung nicht eigenerstellt werden können, zu diesem Zeitpunkt fremdbeschafft werden müssen (vgl. Abbildung 43 auf s. 173). Die Bedarfe x B,g seien bereits in t bekannt. Sämtliche Outputpreise PC,g seien stets größer als die jeweils einzusetzenden Kosten, so daß die Möglichkeit negativer Deckungsbeiträge einzelner Güter nicht berücksichtigt werden muß. Es kann eine Konzentration auf die durch eine Eigenerstellung erzielbaren Ersparnisse erfolgen (vgl. die Abschnitte 4.3.1.1 - 4.3.1.3, S. 124 ff.):

Zehpunkt der Kenntnis

Abldlnlll 4.3.1.1

4.3.1.2

4.3.1.4 4.3.2.3 4.3.3.3

t

t'

I

I

pApCxl Pc•a

••

Pc~•B.I

Pa PAPa PAPaPc PAPaPc•a

p~p...

Abbildung 44

Wir werden sehen, daß es bei Existenz von Kapazitätsbeschränkungen Schwierigkeiten bereitet, die Ausübungsentscheidung in der typischen Optionsform darzustellen. Anhand eines Zahlenbeispiels soll gezeigt werden, wie die Ausübungsentscheidung zum Zeitpunkt T' aussieht. Es seien die sechs Güter B 1 - B 6 bereitzustellen. Auf der zur Wahl stehenden Maschine können diese Güter durch Verarbeitung der jeweiligen Inputgüter A 1 - A 6 hergestellt werden. In T' seien die Preise PBg,T' • die jeweiligen variablen Eigenerstellungskosten vkBg,T' und die Engpaßbelastungen der einzelnen Güter bekannt, so daß die jeweiligen Ersparnisse und die Einsparungen pro Einheit der Engpaßbelastung (EpEdE) ermittelt werden können. Wir nehmen folgende Daten an:

4.3 Optionspreistheoretische Bewertung der Eigenerstellungsoption Bedart

Gut

[Stück)

Pe.r [DM/Stück)

175

vke.r

(Pe- vke)r

EngpaßbeL

EpEdE

(DM/Stück)

(DM/Stück)

[Min./Stck.)

[DM/Min.)

e,

20

8,20

4,80

3,40

6,8

0,50

82

30

6,50

3,80

2,70

4,5

0,60

83

45

7,10

5,10

2,00

8,0

0,25

84

37

8,75

6,35

2,40

8,0

0,30

Bs

48

7,30

4,80

2,50

3,0

0,83

Bs

52

5,80

4,80

1,00

2,5

0,4

Es werden nun die Güter in der Reihenfolge ihrer Einsparung pro Einheit der Engpaßbelastung eigenerstellt Je höher die Ersparnisse pro Kapazitätsinanspruchnahme, desto sinnvoller erscheint die Eigenerstellung. Die Maschine besitze eine Kapazität x 0 von 8 · 60 =480 Minuten: Bedart

Gut

(Stück)

EngpaßbeL

Beschäftigung

kumulierte Bes.

(Min./Stück)

(Minuten)

(Minuten)

Bs

48

3,0

144

144

82

30

4,5

135

279

B,

20

6,8

136

415

86

52

2,5

130

545

Die Bedarfe der Güter B 5 , B 2 und B 1 werden intern bereitgestellt. Für die Eigenerstellung des gesamten Bedarfes an Gut B6 reicht die Kapazität nicht mehr aus. Es stehen lediglich 65 der 130 benötigten Minuten zur Verfügung. Daher werden 26 Stück des Gutes B 6 intern bereitgestellt. Die anderen 26 Stück müssen fremdbeschafft werden. Unser Ziel ist es nun, die Ausübungsentscheidung so darzustellen, daß man die typische Optionsform erhält. Zuerst wird dabei dasjenige Gut bestimmt, das sich für eine Eigenerstellung am besten eignet. Dieses Gut (B;) ist durch seine maximale (mindestens positive) Einsparung pro Einheit der Engpaßbelastung EPB gekennzeichnet, d. h.: I3*_ • 9 •

ma.xn,

[o .' Pn,;rEPB - vkn,;r ) B,

4. Anwendung der Optionspreistheorie

176

Die Ersparnis (ESP), die sich durch Eigenfertigung dieses Gutes ergibt, läßt sich wie folgt ermitteln: ESPe; = maxB, [0;

PB T'- vkB T'] min [x0 ; xs-_EPBs-_] ''EPBB '' · EPBs; · EPB~ ' g

g

Dies läßt sich durch Kürzung von EPBB; vereinfachen zu: ESPe; = maxB, [0;

PB T' - VkB T'] •·EPBB, •· · min [x0 ; xs; EPBs;J

Nimmt die Produktion von ß'; nicht die gesamte Kapazität in Anspruch, so können auch die in Bezug auf ihre Einsparung pro Einheit der Engpaßbelastung nächstgünstigeren Güter eigenerstellt werden. Die Rangfolge der Güter, von bis wird wie folgt ermittelt:

s;•

s;·····'

D**

vg

••• '

= maxB,/B;

[o ; PB,,T'EPBB, - vkB,,T' J ' ...

8 g...... = maxB,/s; .....s;....

[o ; PB,,T'EPBB, - vkB,,T' J

Bei der Ermittlung der durch die nächstgünstigeren Güter erzielbaren Ersparnisse ist zu berücksichtigen, daß sich die Kapazität infolge der Inanspruchnahme durch die günstigsten Güter verringert. Es gilt dann für die durch Eigenfertigung desjenigen Gutes mit der zweithöchsten Einsparung pro Einheit der Engpaßbelastung erzielbaren Ersparnisse: ESPe;· = maxB,/B; [0;

T']

PB T' - vks ' 'EPBB '' g

· min [max [O;x0 - xs-_EPBs-_]; xs-_.EPBs-_·] g 9 g g

Wir erhalten somit folgende Gleichung zur Bestimmung des Optionswerts in T': (4.15)

- vkB,,T'] . [ 0 EPB J WdMT' = maxB, [0 ; PB,,T' EPBB · mm x ; xs; s; g

- vkB,,T'] · mm . [max (0 ; x o - xs-_ EPBs-_ J ; xs-_· EPBs-_• J +maxBg /Ir.g [0 ; PB,,T' EPB Bg g g g g

4.4 Kritische Würdigung einer optionspreistheoretischen Bewertung

+ ... + maxB,/Eg •....IJ;"'' [0 ; · min [max[O; x 0

-

L

177

PB,;r - vkB,,T'] EPB B,

XB,EPBB,]; xB;..... EPBBf'""J

n;,...,n;····

Setzt man die Zahlen des Beispiels ein, so ergibt sich: WdMT'=max[O; 0,5; 0,6; 0,25; 0,3; 0,83; 0,4] ·min[480; 144]

+ max [0 ; 0, 5 ; 0, 6 ; 0, 25 ; 0, 3 ; 0, 4] · min [max [0 ; 336] ; 135] +max[O; 0,5; 0,25 ; 0,3; 0,4]·min[max [O; 201]; 136] + max [0 ; 0, 25 ; 0, 3 ; 0, 4] · min [max [0 ; 65] ; 130] = (0,83 ·144) + (0,6 ·135) + (0,5 ·136) + (0,4