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German Pages 255 Year 2000
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 822
Normative Auswirkungen des Grundsatzes der Subsidiarität gemäß Artikel 23 Absatz 1 Satz 1 GG auf die Verfassungsposition der Kommunen Von Alexander Hübner
Duncker & Humblot · Berlin
A L E X A N D E R HÜBNER
Normative Auswirkungen des Grundsatzes der Subsidiarität gemäß Artikel 23 Absatz 1 Satz 1 GG auf die Verfassungsposition der Kommunen
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 822
Normative Auswirkungen des Grundsatzes der Subsidiarität gemäß Artikel 23 Absatz 1 Satz 1 GG auf die Verfassungsposition der Kommunen Von Alexander Hübner
Duncker & Humblot · Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Hübner, Alexander:
Normative Auswirkungen des Grundsatzes der Subsidiarität gemäß Artikel 23 Absatz 1 Satz 1 GG auf die Verfassungsposition der Kommunen / Alexander Hübner. Berlin : Duncker und Humblot, 2000 (Schriften zum öffentlichen Recht ; Bd. 822) Zugl.: Kiel, Univ., Diss., 1999 ISBN 3-428-09973-7
Alle Rechte vorbehalten © 2000 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübenjahme: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Druck: Color-Druck Dorfi GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-09973-7 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 θ
Amicae amicis parentibusque In Erinnerung an Andreas
Vorwort Die Arbeit wurde im Sommersemester 1999 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel als Dissertation angenommen. Das Manuskript wurde im April 1998 abgeschlossen. Spätere Veröffentlichungen konnten nur noch vereinzelt berücksichtigt werden. Die Untersuchung ist überwiegend während meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Dekanat der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der ChristianAlbrechts-Universität zu Kiel entstanden, sowohl unter dem Dekanat von Herrn Prof. Dr. Jürgen Sonnenschein als auch unter dem Dekanat von Herrn Bundesminister a. D. Prof. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig (MdB), meinem Doktorvater. Ihm danke ich an erster Stelle. In wunderbarer Verachtung seiner Zeitnot als Parlamentarier und Bundesjustizminister unterstützte er die Fertigstellung der Arbeit in jedem Stadium durch seine praktisch allzeit abrufbare Bereitschaft zum Gedankenaustausch, seine unbestechliche Kritik und seine ansteckende Freude an der systematischen Eroberung verfassungsrechtlicher Fragestellungen. Ein Vorbild bleibt er mir in seinem dem Menschen zugewandten Humor, seiner augenzwinkernden Unbekümmertheit gegenüber manchem äußerlichen Zwang, vor allem aber in seinem bedingungslosen Bekenntnis zur argumentationsgeleiteten Lösung rechtlicher Problemstellungen auf der Grundlage offengelegter Prämissen. Der fortwährenden Förderung durch Herrn Prof. Dr. Jürgen Sonnenschein verdanke ich in besonderer Weise meine enge Verbundenheit zur Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Für die Erstellung des Zweitgutachtens danke ich Herrn Prof. Dr. Jost Delbrück. Ohne die unermüdliche Unterstützung durch meine Frau, Dr. Birgit Weitemeyer, wäre meine Arbeit nicht zustandegekommen. Großer Dank gilt daher auch ihr. Ein herzliches Dankeschön sage ich meiner Mutter, die mir die mühevolle Detailaibeit des Korrekturlesens abgenommen hat. Besonderen Dank spreche ich schließlich dem Deutschen Landkreistag, Bonn, aus, der die Entstehung der Arbeit von Anfang an interessiert und tatkräftig begleitet hat. So verdanke ich Heim Prof. Dr. Ralf von Ameln, dem Leiter des Europabüros der Deutschen Kommunalen Selbstverwaltung in Brüssel, tiefere Einblicke in die Praxis des europäischen Beihilferegimes aus der Sicht betroffener Kommunen. Mit einem großzügigen finanziellen Beitrag hat der Deutsche Landkreistag die Veröffentlichung des Werks gefördert. Namentlich dem Stellvertretenden Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistages, Herrn Prof. Dr. Hans-Günter Henneke, danke ich hierfür herzlich. Stuttgart, im Februar 2000
Alexander Hübner
Inhaltsverzeichnis Einführung
19
Α. Problemaufriß
19
Β. Plan und Zielsetzung der Untersuchung
24
1. Teil Der Einfluß des Gemeinschaftsrechts auf die Kommunen in der Bundesrepublik Deutschland am Beispiel des Verbotes der Beihilfengewährung gemäß Art. 93 Π Ι 3 EGV
27
A. Die Regelung in Art. 93 III 3 EGV
28
B. Der Tatbestand des Durchführungsverbotes nach Art. 93 III 3 EGV
28
I. Die Staatlichkeit der Beihilfe II. Der Beihilfebegriff III. Die Betroffenheit der kommunalen Wirtschaftsförderung durch die Beihilfenaufsicht
C. Die Rechtsfolgen des Durchführungsverbotes nach Art. 93 III 3 EGV I. Die Pflicht zur Anmeldung und das Verbot der Durchführung der Beihilfe II. Die unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 93 III 3 EGV III. Die grundsätzliche Verpflichtung zur Anordnung der Rückerstattung
D. Ergebnis
28 29
30
33 33 33 35
38
Inhaltsverzeichnis
10
2. Teil Die Entscheidungen des Grundgesetzes zur Garantie der kommunalen Selbstverwaltung in A r t 28 Abs. 2 GG und zugunsten der offenen Staatlichkeit
A. Die Geltung des Gemeinschaftsrechts für die Kommunen nach Maßgabe des Grundgesetzes I. Die Übertragung von Hoheitsrechten nach Artt. 241,23 1 2 GG
41
42 42
II. Der Rechtsanwendungsbefehl zur unmittelbaren Wirkung und zum Vorrang des Gemeinschaftsrechts
44
1. Der Rechtsanwendungsbefehl zur unmittelbaren Wirkung des Gemeinschaftsrechts
45
2. Der Rechtsanwendungsbefehl zum Vorrang des Gemeinschaftsrechts
46
III. Der unmittelbare und mittelbare Vollzug des Gemeinschaftsrechts durch die Kommunen in der Bundesrepublik Deutschland
48
1. Der unmittelbare Vollzug des Gemeinschaftsrechts
49
2. Der mittelbare Vollzug des Gemeinschaftsrechts
52
I V Ergebnis
B. Die Betroffenheit der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung gemäß Art. 28 II GG durch Gemeinschaftsrecht
53
53
I. Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung nach Art. 28 II GG
54
1. Der Schutzbereich der Selbstverwaltungsgarantie der Kommunen
54
2. Schranken eines Eingriffs in das Recht der kommunalen Selbstverwaltung die institutionelle Garantie nach Art. 28 II GG
57
a) Dogmatische Grundlagen der institutionellen Garantie der kommunalen Selbstverwaltung
57
b) Die institutionelle Rechtssubjektsgarantie
58
c) Die objektive Rechtsinstitutionsgarantie
58
d) Die subjektive Rechtsstellungsgarantie
60
e) Die Vorfeldsicherung des Kernbereichs kommunaler Selbstverwaltung ...
60
Inhaltsverzeichnis II. Kollisionen des Gemeinschaftsrechts mit der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung?
62
1. Kollisionen beim unmittelbaren Vollzug des Gemeinschaftsrechts durch die Kommunen
62
a) Kollisionen mit der institutionellen Rechtssubjektsgarantie?
63
b) Kollisionen im Kernbereich?
63
c) Kollisionen im Vorfeld des Kernbereichs der kommunalen Selbstverwaltung?
64
2. Kollisionen beim mittelbaren Vollzug des Gemeinschaftsrechts durch die Kommunen
65
C. Ergebnis
66
3. Teil Die Verfassungsposition der Kommunen in Art. 28 Abs. 2 GG vor Einfügung von A r t 23 GG in das Grundgesetz Verfassungsvorbehalt des Bekenntnisses zur offenen Staatlichkeit?
67
A. Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung - möglicher Gegenstand der Hoheitsrechtsübertragung durch einfaches Parlamentsgesetz?
68
B. Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung - verfassungsimmanente Grenze der Befugnis zur Übertragung von Hoheitsrechten gemäß Art. 241 GG?
69
C. Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung - Gegenstand der Unantastbarkeitsgarantie des Art. 79 III GG?
71
D. Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung - identitätsstiftende Struktur der Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland?
72
E. Ergebnis
73
4. Teil Die Verfassungsposition der Kommunen nach der Einfügung des Grundsatzes der Subsidiarität gemäß A r t 23 Abs. 1 S. 1 GG in das Grundgesetz A. Meinungsstand I. Befürworter normativer Auswirkungen des Subsidiaritätsgrundsatzes auf die Verfassungsposition der Kommunen gemäß Art. 28 II GG
74 75
75
Inhaltsverzeichnis
12
II. Befürworter diskreter Auswirkungen des Subsidiaritätsgrundsatzes auf die Verfassungsposition der Kommunen gemäß Art. 28 II GG
77
III. Literaturstimmen, die Auswirkungen des Subsidiaritätsgrundsatzes auf die Verfassungsposition der Kommunen gemäß Art. 28 II GG verneinen
78
IV. Zusammenfassung
79
B. Subsidiaritätsgrundsatz und kommunale Selbstverwaltungsgarantie in der Entstehungsgeschichte des Art. 23 I 1 GG I. Der historische Anlaß der Einfügung von Art. 23 GG in das Grundgesetz II. Die Gemeinsame Verfassungskommission
80 80 81
1. Einsetzung und Aufgabe der Gemeinsamen Verfassungskommission
81
2. Die Empfehlung der GVK zur Einfügung von Art. 23 GG in das Grundgesetz
82
3. Der Grundsatz der Subsidiarität in Art. 23 11 GG
82
4. Die Bedeutung der Empfehlung der GVK zur Einfügung von Art. 23 in das GG
84
III. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung und die erste Stellungnahme des Bundesrates
85
1. Die Begründung der Bundesregierung zum Gesetzentwurf
85
2. Die Stellungnahme des Bundesrates
85
IV. Das parlamentarische Verfahren
86
1. Der Sonderausschuß „Europäische Union (Vertrag von Maastricht)"
86
2. Die zweite und dritte Beratung des Bundestages
87
V. Zusammenfassung und Bewertung VI. Die Bedeutung der Auslegung von Art. 23 I 1 GG nach dem Willen des Gesetzgebers C. Die Normativität der Strukturklausel in Art. 23 11 GG I. Die vom Gesetzgeber verfolgten Normzwecke der Strukturklausel II. Die funktionale Zuordnung der Strukturklausel zur Normkategorie „Staatszielbestimmung"
87
90 91 93
94
Inhaltsverzeichnis 1. Fortdauernde Beachtung oder Erfüllung bestimmter Ziele
95
a) Abgrenzung gegenüber Staatsstrukturbestimmungen
95
b) Abgrenzung gegenüber Einrichtungsgarantien
97
2. Rechtlich bindende Wirkung
98
3. Verbindlichkeit für alle Staatstätigkeit der Bundesrepublik Deutschland
100
4. Ergebnis
101
III. Art und Umfang der Normativität der Strukturklausel in Art. 23 I 1 GG 1. Positiv-richtungsweisende Zielvorgabe
102 102
a) Keine Festlegung auf Mittel oder Zeitpunkt der Verwirklichung
103
b) Vielzahl der Ziele
104
c) Optimierungskonflikte
104
2. Das Verbot der Zielvereitelung
106
a) Das Verbot der Totalaufgabe der Zielverfolgung
106
b) Das Gebot der Gewährleistung minimaler Zielverwirklichung
107
3. Ergebnis IV. Möglichkeiten und Grenzen normativer Auswirkungen des Subsidiaritätsgrundsatzes in Art. 23 I 1 GG für das Recht der kommunalen Selbstverwaltung
111
112
1. Thesen
113
2. Jenseits der Normleistung: Die Verankerung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie im Europarecht
114
3. Ergebnis
117
D. Die inhaltliche Bedeutung des Grundsatzes der Subsidiarität in Art. 23 I 1 GG
118
I. Die These der Identität des Grundsatzes der Subsidiarität in Art. 23 I 1 GG mit dem europarechtlichen Subsidiaritätsprinzip
119
1. Die Bedeutung der Identitätsthese für die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung
120
2. Meinungsstand
125
a) Befürworter der Identitätsthese
125
b) Befürworter einer eingeschränkten Identitätsthese
126
14
Inhaltsverzeichnis c) Das Bundesverfassungsgericht
126
d) Gegner der Identitätsthese
127
e) Argumente
127
3. Stellungnahme
127
a) Der Begriff „der Europäischen Union" in Art. 23 GG - Identität mit der historischen Europäischen Union nach dem Maastrichter Vertrag? 128 aa) Die Entstehungsgeschichte
128
bb) Die Meinungen der Literatur
130
cc) Ergebnis
132
b) Das verfassungssystematische Argument
132
aa) Die Strukturelemente des Art. 2311 GG
132
bb) Die Strukturelemente des Art. 88 S. 2 GG
135
cc) Ergebnis
136
c) Argumente aus der Staatszieleigenschaft des Grundsatzes der Subsidiarität in Art. 23 11 GG aa) Subsidiaritätsregelungen im Wandel des Europarechts
136 137
bb) Folgen der Änderung des europarechtlichen Subsidiaritätsprinzips für die Auslegung des Subsidiaritätsgrundsatzes in Art. 23 11 GG ... 140 (1) Die These der dynamischen Verweisung
141
(2) Die These der Anfangsidentität
142
cc) Ergebnis
142
d) Historische Bedingtheit der Subsidiaritätsklausel im Grundgesetz durch das Maastrichter Subsidiaritätsprinzip? 143 aa) Das Subsidiaritätsverständnis des Europäischen Parlaments
144
bb) Das Subsidiaritätskonzept der deutschen Länder und des Bundesrates 145 cc) Der Vorschlag der deutschen Delegation in der Regierungskonferenz zur Definition des Subsidiaritätsprinzips 149 dd) Schlußfolgerungen
150
4. Zusammenfassung und Ergebnis
155
II. Die Kontinuitätsthese - Umsetzung des in Maastricht unerfüllten deutschen Subsidiaritätskonzepts in Art. 2311 GG 156 1. Die Strukturmerkmale des Subsidiaritätsgrundsatzes in Art. 23 I 1 GG im Sinne der Kontinuitätsthese 158 a) Die Einbeziehung der Länder, Regionen und autonomen Gemeinschaften in den Anwendungsbereich des Subsidiaritätsprinzips 159 b) Die Wahrung eines Kernbestandes an Aufgaben bei den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften: Institutionalisierung 162
Inhaltsverzeichnis c) Subsidiarität nach Maßgabe des Notwendigkeitstests
163
d) Der Subsidiaritätsgrundsatz als Kompetenzausübungs- und Kompetenzverteilungsregel
166
e) Zusammenfassung
168
2. Die Richtigkeit der Kontinuitätsthese
168
a) Meinungen der Literatur
169
b) Etymologische Auslegung des Begriffs der Subsidiarität
170
c) Die strukturelle Übereinstimmung des im Sinne der Kontinuitätsthese verstandenen Subsidiaritätsgrundsatzes in Art. 23 I 1 GG mit dem Subsidiaritätsprinzip der katholischen Soziallehre 171 aa) Die Formulierung des Subsidiaritätsprinzips der katholischen Soziallehre
171
bb) Die Legitimation einer Auslegung des Subsidiaritätsgrundsatzes in Art. 23 I 1 GG am Maßstab des Subsidiaritätsprinzips im Sinne der katholischen Soziallehre 172 cc) Strukturen vergleich (1) Einbeziehung auch innermitgliedstaatlicher Ebenen
174 174
(2) Umfassende Geltung als Kompetenzausübungs- und Kompetenzverteilungsregel 175 (3) Subsidiarität nach Maßgabe des Notwendigkeitstests
176
(4) Die Wahrung eines Kembestandes an Aufgaben: Institutionalisierung
176
dd) Ergebnis
177
d) Der Wortlaut „dem Grundsatz der Subsidiarität" in Art. 23 11 GG
177
e) Die Entstehungsgeschichte des Art. 23 11 GG
178
f) Der Stellenwert des Schutzes innermitgliedstaatlicher Gebietskörperschaften - die Verpflichtung der Europäischen Union auf föderative Grundsätze nach Art. 23 I 1 GG
179
aa) Die strukturelle Verwandtschaft von Subsidiaritätsprinzip und Föderalismus 180 bb) Die Bedeutung der föderativen Grundsätze in Art. 23 11 GG
181
cc) Ergebnis
183
3. Zusammenfassung und Ergebnis E. Die inhaltliche Bedeutung des Grundsatzes der Subsidiarität in Art. 23 I 1 GG für das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen in Deutschland I. Das Schutzprogramm des Grundsatzes der Subsidiarität in Art. 23 11 GG II. Die Gewährleistung des Kernbereichs der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie in der Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 23 I 1 GG
185
186 187
187
16
Inhaltsverzeichnis III. Berücksichtigung der kommunalen Ebene in der Bundesrepublik Deutschland auch beim Notwendigkeitstest des Subsidiaritätsgrundsatzes? 190 1. Die Meinungen in der Literatur
191
2. Die Beurteilung nach Maßgabe der Kontinuitätsthese
192
3. § 10 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (EUZBLG) 194 a) Gemeinsame Regelungsbereiche von § 10 EUZBLG und Art. 23 I 1 GG 195 b) Der Grundsatz der Subsidiarität nach Art. 23 I 1 GG - Regelungsgegenstand von § 10 EUZBLG? ...
197
c) Der Schutzbereich des Subsidiaritätsgrundsatzes zugunsten der Kommunen in Deutschland nach Maßgabe von § 10 EUZBLG
199
d) Ergebnis
200
e) Gewichtung des gefundenen Ergebnisses - Verfassungskonkretisierung nach Maßgabe einfachen Gesetzesrechts? 201 4. Subsidiarität im Grundgesetz außerhalb von Art. 23 I 1 GG a) Die Tradition der Subsidiaritätsdiskussion in Deutschland
202 202
b) Folgerungen für die Auslegung des Grundsatzes der Subsidiarität nach Art. 23 11 GG 206 IV. Zusammenfassung
208
F. Normative Auswirkungen des Grundsatzes der Subsidiarität in Art. 23 I 1 GG auf die Verfassungsposition der Kommunen in Art. 28 II GG 209 I. Staatszieltypische Grenzen der Normativität
210
1. Die Offenheit des Zeitpunkts der Zielverwirklichung
210
2. Die Freiheit der Mittelwahl
210
3. Das Verbot der Totalaufgabe der Ziel Verfolgung
212
II. Normative Auswirkungen aus dem Gebot der Gewährleistung minimaler Zielverwirklichung 213 1. Der Schutz des Kernbereichs der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie unverzichtbare Mindestforderung des Staatsziels „Grundsatz der Subsidiarität" 214 2. Der Schutz der Institutionen „Gemeinden" und „Gemeindeverbände" - unverzichtbare Mindestforderung des Staatsziels „Grundsatz der Subsidiarität" 218
Inhaltsverzeichnis 3. Objektivrechtliche Auswirkungen des Grundsatzes der Subsidiarität auf die Verfassungsposition der Kommunen bei der Mitwirkung der Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union gemäß Art. 23 I 1 GG 219 a) Die Formen der „Mitwirkung der Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union" gemäß Art. 23 I 1 GG
219
aa) Die Übertragung von Hoheitsrechten auf die Europäische Union (Art. 231 2 GG)
219
bb) Die Mitwirkung von Bund und Ländern an Rechtsetzungsakten der Europäischen Union (Art. 23 II 1, III 1 GG)
220
cc) Die Gesetzgebung von Bund und Ländern zur Umsetzung umsetzungsbedürftigen Gemeinschaftsrechts in innerstaatliches Recht (Art. 23 I 1 GG)
223
dd) Der unmittelbare Vollzug des Gemeinschaftsrechts (Art. 23 I 1 GG) 223 b) Die Verfassungsposition der Kommunen nach Art. 28 II GG - absolute Integrationsschranke der Bundesrepublik Deutschland bei der Mitwirkung an der Entwicklung der Europäischen Union gemäß Art. 23 I 1 GG? aa) Die Problemstellung
224 224
bb) Die Meinungen in der Entstehungsgeschichte zu Art. 23 GG und in der Literatur 226 cc) Sinn und Zweck der Struktursicherungsklausel
227
dd) Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im MaastrichtUrteil 228 ee) Positivierung neuer Integrationsschranken als Ausdruck einer Integrationsfeindlichkeit des Grundgesetzes? c) Schlußfolgerungen
228 229
d) Die Auflösung einer Kollision zwischen grundgesetzlichem (Art. 23 I 1 GG) und gemeinschaftsrechtlichem (Art. 3 b II EGV) Subsidiaritätsprinzip 232 4. Ausblick: Die prozessuale Durchsetzung der objektivrechtlichen Auswirkungen des Grundsatzes der Subsidiarität auf die Verfassungsposition der Kommunen 233
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse in Thesen
237
Verzeichnis des zitierten Schrifttums
240
Sachregister
253
2 Hübner
Einführung Α. Problemaufriß Subsidiarität, Chancen und Grenzen der deutschen Mitwirkung bei der Entwicklung der Europäischen Gemeinschaft und die Rechtsposition der Kommunen im Mitgliedstaat Bundesrepublik Deutschland - damit sind Schlüsselbegriffe der Integration Deutschlands in der europäischen Rechtsgemeinschaft angesprochen, Grundfragen, die seit Jahrzehnten, teilweise seit der Gründung der Europäischen Gemeinschaften vor über vierzig Jahren, immer wieder neu in den Vordergrund der Diskussion getreten sind, wenn die Vertiefung oder Erweiterung der Europäischen Gemeinschaft auf der Tagesordnung standen. Entsprechend der Bedeutung dieser Grundfragen für das Verständnis des Integrationsrechts sind zahllos die Abhandlungen, Dokumente und Äußerungen, die zu den genannten Themenbereichen bereits veröffentlicht worden sind. Was rechtfertigt die weitere Vermehrung des Schrifttums durch die vorliegende Arbeit? Diese Frage drängt sich insbesondere im Hinblick auf das bereits vielerorts1 thematisierte und auch den Gegenstand dieser Untersuchung bildende Subsidiaritätsprinzip auf jenes Thema, mit dem nach den mahnenden Worten Pescatores „den Juristen die unerwartete Gelegenheit gegeben [wurde], eine Diskussion ohne jeden Bezug auf eine sachliche Problematik zu führen und so das Erlebnis eines seligen Schwebens in der Schwerelosigkeit reiner Theorie zu kosten."2 Welcher praktisch erhebliche Erkenntnisgewinn im Schnittfeld des Integrations- und Kommunalrechts darf aus einer Untersuchung über „normative Auswirkungen des Grundsatzes der Subsidiarität in Art. 23 Abs. 1 S. 1 GG auf die Verfassungsposition der Kommunen" erwartet werden? Mit dem Ziel, die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für das deutsche Zustimmungsgesetz zum Maastrichter Vertrag vom 7. Februar 1992 über die Europäische Union3 zu schaffen, ist am 21. Dezember 1992 der „Europa-Artikel 23" in das Grundgesetz eingefügt worden.4 Nach dem Wortlaut von Art. 23 11 GG wirkt die Bundesrepublik Deutschland zur Verwirklichung eines vereinten Europas bei 1
Übersichten bei Jarass/Pieroth-Jarass, Art. 23, vor Rz. 1, S. 4%, sowie bei Schima, Das Subsidiaritätsprinzip im Europäischen Gemeinschaftsrecht, S. 2, Fn. 1. 2 Pescatore, in: Due u. a. (Hrsg.), FS Everling, Band II, S. 1093. 3 Gesetz vom 28.12. 1992, BGBl. II S. 1251. 4 Gesetz vom 21. 12. 1992, BGBl. IS. 2086. 2*
20
Einführung
der Entwicklung der Europäischen Union mit, die [ . . . ] dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet ist. Aus der Sicht der deutschen Kommunen vielversprechend heißt es in den Materialien der Entstehungsgeschichte zum Grundsatz der Subsidiarität in Art. 23 I 1 GG, „daß der Begriff der Subsidiarität die Bestandsgarantie der kommunalen Selbstverwaltung in der Bundesrepublik Deutschland einschließt."5 Aufhorchen läßt diese Äußerung vor allem deshalb, weil es unter der Geltung des Grundgesetzes vor Einfügung von Art. 23 1 GG höchst unsicher war, ob das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen nach Art. 28 II GG zu den „europafesten" Verfassungspositionen zählte - den Strukturprinzipien des Grundgesetzes also, die nicht Gegenstand einer Hoheitsrechtsübertragung auf die Europäische Gemeinschaften gemäß Art. 24 GG, dem Vorläufer von Art. 23 GG, sein konnten.6 Unter der Geltung von Art. 23 I 1 GG hingegen - folgt man dem entstehungsgeschichtlichen Hinweis - könnte es sein, daß die Bundesrepublik Deutschland nur dann an der Entwicklung der Europäischen Union mitwirken darf, beispielsweise also Hoheitsrechte auf sie übertragen darf (Art. 23 I 2 GG), wenn die Europäische Union dem Grundsatz der Subsidiarität und damit der Bestandsgarantie der kommunalen Selbstverwaltung verpflichtet ist. Art. 23 I 1 GG gibt Raum für die Annahme, daß die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung in Deutschland nicht mehr zur Disposition des Integrationsgesetzgebers steht, sondern unverzichtbare Voraussetzung für die Mitgliedschaft der Bundesrepublik Deutschland in der Europäischen Union ist. Ob diese Annahme zutreffend ist, wird im Schrifttum kontrovers beantwortet, überwiegend7 jedoch nicht vertiefend behandelt. Die damit noch ausstehende Untersuchung der Frage, ob der Grundsatz der Subsidiarität gemäß Art. 23 I 1 GG Auswirkungen auf die Integrationsfestigkeit der Verfassungsposition der Kommunen nach Art. 28 I I GG hat, soll mit der vorliegenden Arbeit geleistet werden. Europarechtlicher Zündstoff ist die entstehungsgeschichtliche Äußerung, „daß der Begriff der Subsidiarität die Bestandsgarantie der kommunalen Selbstverwaltung in der Bundesrepublik Deutschland einschließt"8, deshalb, weil sich damit ein Verständnis des grundgesetzlichen Subsidiaritätsgrundsatzes abzeichnet, das im offenen Widerspruch steht zu dem Subsidiaritätsprinzip, auf das sich die Mitgliedsstaaten in den Artt. Β Abs. 2 EUV, 3 b 9 Abs. 2 EGV des Maastrichter Unionsver5 Bericht der Gemeinsamen Verfassungskommission, BT-Drucks. 12/6000, S. 21. 6 Erschöpfend zum Meinungsstand bis zur Einfügung des Europaartikels 23 GG in das Grundgesetz Müller, Die Entscheidung des Grundgesetzes für die gemeindliche Selbstverwaltung im Rahmen der europäischen Integration (1992); vgl. dazu auch unten den 3. Teil. 7
So weit ersichtlich, widmet sich lediglich von Zimmermann-Wienhues, Kommunale Selbstverwaltung in einer Europäischen Union, S. 158 ff., der Frage eingehender. 8 So der Bericht der Gemeinsamen Verfassungskommission (oben, Fn. 5). 9 Der am 02. 10. 1997 unterzeichnete Vertrag von Amsterdam (ABl. EG Nr. C 340/1 vom 10. 11. 1997) sieht in Art. 12 Abs. 1 S. 1 eine Umnummerierung der Vertragsartikel des Unionsrechts vor (sog. „Konsolidierte Fassung des Vertrags über die Europäische Union" bzw. „zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft"; ABl. EG a. a. O., S. 145 ff., 173 ff.).
Α. Problemaufriß
21
träges geeinigt haben. Während dieses nämlich ausweislich seines Wortlauts die Zuständigkeit zur Wahrnehmung von der Gemeinschaft nicht ausschließlich zugewiesenen Kompetenzen nur im Verhältnis zu den Mitgliedstaaten regelt, ohne die innermitgliedstaatliche Kompetenzverteilung zu berücksichtigen, soll der Grundsatz der Subsidiarität nach Art. 23 I 1 GG auch den Schutz innerstaatlicher Untergliederungen, nämlich der Kommunen in ihrem Selbstverwaltungsrecht, leisten. Die Frage, wie ein Ausgleich zwischen diesen unterschiedlichen Subsidiaritätskonzepten im Fall einer Anwendungskollision von Art. 23 I 1 GG und Art. 3 b II EGV hergestellt werden kann, ist deshalb von allgemeinem integrationsrechtlichen Interesse, weil mit der grundgesetzlichen wie mit der europarechtlichen Subsidiaritätsregelung entschieden wird, ob eine Kompetenz zur Ausübung bei den Mitgliedstaaten verbleibt oder auf gemeinschaftlicher Ebene wahrgenommen werden kann. Die Klärung der normativen Auswirkungen des Subsidiaritätsgrundsatzes in Art. 23 I 1 GG auf die Selbstverwaltungsgarantie der Kommunen verspricht somit einherzugehen mit grundlegenden Einsichten zum Verhältnis zwischen Europarecht und mitgliedstaatlichem Recht im denkbar kritischsten Fall einer Normenkollision: dem Sonderfall der Kollision von kompetenzregelndem europäischem Vertragsrecht (Artt. Β II EUV, 3 b II EGV) und mitgliedstaatlichem Integrationsöffnungsrecht (Art. 23 I 1 und 2 GG). Die Gründe für das seit dem Bestehen der Europäischen Gemeinschaften anhaltende Interesse am Verhältnis zwischen Europarecht und mitgliedstaatlichem Recht liegen auf der Hand: Nach wie vor kennzeichnet die Gemeinschaft - so die Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts 10 - , daß die Grundsatzfrage, „wohin ein europäischer Integrationsprozeß nach weiteren Vertragsänderungen letztlich führen soll, [ . . . ] im gemeinten Ziel letztlich offen (bleibt)." „Es bestehen erhebliche Unsicherheiten, was die Europäische Union ist und was aus ihr werden soll," bemängelte auch der Bundestagsabgeordnete Schily anläßlich der parlamentarischen Beratung über die Einfügung des Europa-Artikels 23 in das Grundgesetz.11 Aus der Sicht des Kultursoziologen und Politikwissenschaftlers fragt Derrida: „Was ist mit dem Bevorstehenden gemeint? [ . . . ] Wer sollte die Grenzen dessen, was den Namen Europa trägt, umreißen?"12 Da die Mitgliedstaaten gleichzeitig mit fortschreiArt. 3 b EGV a.F. heißt nun Art. 5 EGV, Art. Β EUV a.F. heißt nun Art. 2 EUV (ABl. EG a. a. O., S. 152, 182). Da der Amsterdamer Vertrag diese Bestimmungen inhaltlich aber unverändert läßt, wird - der besseren Vergleichbarkeit mit Schrifttum und Literatur zur bisherigen Rechtslage wegen - im folgenden die bis zur Ratifikation des Vertrages geltende Artikelbezeichnung beibehalten. io BVerfGE 89, 155 [189] = EuGRZ 1993, 429 [439] unter C. II. l.a), unter Berufung auf die Ansicht des damaligen Präsidenten der Europäischen Kommission, Delors , Entwicklungsperspektiven der Europäischen Gemeinschaft, APuZ 1 /1993, S. 3 [4]. » Schily, StenoBer BT, 126. Sitzung am 02. 12. 1992, S. 10875 (B). 12 Derrida, in: ders., Das andere Kap. Die vertagte Demokratie. Zwei Essays zu Europa (1992), S. 9; vgl. auch S. 57 zur Pflicht, „das - ausschließlich - europäische Erbe der demokratischen Idee anzunehmen, zugleich aber auch zu erkennen, daß diese Idee der Demokratie - nicht anders als die des internationalen Rechts - niemals eine (vor)gegebene Idee ist: [ . . . ]
22
Einführung
tender Integration immer umfassender auf die Ausübung von Hoheitsrechten zugunsten einer gemeinschaftlichen Befassung verzichten, ist es nur verständlich, daß die Frage nach den Grenzen der Gemeinschaftszuständigkeiten, den Eckdaten des Zusammenwirkens und der Identität der Mitgliedstaaten immer stärker in den Vordergrund rückt. 13 Allein dieser Befund läßt den Stellenwert der Subsidiaritätsregelungen deutlich werden, die 1992 im Europarecht und im Grundgesetz verankert wurden. Zutreffend bemerkt Dehousse: „Member States' reluctance to accept a growth of Community competences has also led to formal recognition of the subsidiarity principle in the Treaty." 14 „Reference to subsidiarity in the Treaty should be understood as a strong political message: the Member States are not prepared to accept an unlimited extension of Community competences."15 Betroffen von Hoheitsrechtsübertragungen auf die Europäische Union sind in den Mitgliedstaaten die nach dem innermitgliedstaatlichen Aufbau jeweils zuständigen Träger der übertragenen Kompetenz. Die kommunale Ebene als unterste Stufe des Staatsaufbaus der Bundesrepublik Deutschland ist Adressat einer Vielzahl von Reglementierungen16, die von europäischem Recht ausgehen und das Recht der Selbstverwaltung einschränken. Mehrfach hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften - wie beispielsweise in seinem Urteil vom 22. 06. 1989 17 für bestimmte Regelungen des Gemeinschaftsrechts festgestellt, daß alle Träger der mitgliedstaatlichen Verwaltung einschließlich der Gemeinden und der sonstigen Gebietskörperschaften verpflichtet sind, die Regelungen anzuwenden. Zusätzlich zu den Kompetenzverlusten, die bedingt sind durch innerstaatliche Aufgabenverschiebungen auf nichtkommunale Staatsuntergliederungen, zehren somit auch Maßnahmen der Europäischen Gemeinschaft am Recht der kommunalen Selbstverwaltung.18 Zudem versuchen nicht nur Bund und Länder, sondern auch die Europäische Union, den Städten und Gemeinden die Kosten ihrer Beschlüsse zuzu-
eher ist diese Idee der Demokratie etwas, was noch gedacht werden muß und was noch im Kommen bleibt, womit wiederum nicht behauptet werden soll, daß sie morgen uns mit Sicherheit erreichen wird, so, als ginge es bloß um eine in der Zukunft gegenwärtige (nationale oder internationale, staatliche oder zwischenstaatliche) Demokratie. Gemeint ist eine Demokratie, die sich durch die Struktur des Versprechens ausweisen muß - und folglich durch das Gedächtnis dessen, was hier und jetzt zukunftsträchtig ist. " 13
Vgl. Isensee, in: Burmeister (Hrsg.), FS Stern, S. 1240 f.; Kielmannsegg, Wie tragfähig sind Europas Fundamente? Legitimität bleibt für die Europäische Union auf absehbare Zeit ein knappes Gut, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17. Februar 1995, S. 13; aus der Sicht des italienischen Verfassungsrechts Chiti, Der Staat 33 (1994), 1 [11 f.]. 14 Dehousse, Community Competences - Are there Limits to Growth?, in: ders. (Hrsg.), Europe after Maastricht - An ever closer Union?, S. 107. 15 Dehousse, a. a. Ο., S. 125. 16 Vgl. dazu unten den 2. Teil, unter A. III. und Β. 1.1. 17 EuGH, Rs. 103/88 - Fratelli Costanzo /Stadt Mailand, Slg. 1989, S. 1839 [1871], Rz. 31 f. ι» Pfeil, DVB1. 1994, 326 [ebda.]; Püttner, NVwZ 1994,440 [440 f.].
DÖV 1994, 552 ff. passim; Erlenkämper,
Α. Problemaufriß
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schieben, und nehmen ihnen so gestalterischen und finanziellen Spielraum.19 Wie bedrängt sich die Kommunen in Deutschland durch fortschreitende Kompetenzauslagerungen auf die Europäische Union sehen, verdeutlicht die - nicht zur Entscheidung angenommene20 - Verfassungsbeschwerde, die die Gemeinde Goldenstedt 1993 zum Bundesverfassungsgericht erhoben hat mit dem Antrag, die Verpflichtung der Bundesregierung aus Art. 23 I 1 GG auszusprechen, das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen im Vertrag über die Europäische Union festzuschreiben.21 Die Forderung nach einer Absicherung der kommunalen Selbstverwaltung im Europarecht hat auch die Verhandlungen der Konferenzen zur Revision des Vertrages von Maastricht begleitet, im Ergebnis aber, dem Vertrag von Amsterdam vom 02. Oktober 1997 22 , nur zu einem Teilerfolg geführt. Zwar hat der Ausschuß der Regionen durch das Subsidiaritätsprotokoll zum Vertrag von Amsterdam23 das Recht erhalten, den jährlichen Bericht zugeleitet zu bekommen, der dem Europäischen Rat, dem Rat und dem Europäischen Parlament über die Anwendung von Artikel 3 b des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft von der Kommission vorgelegt werden soll. Das Interesse, das der „aus Vertretern der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften" bestehende Ausschuß der Regionen 24 an der Anwendung des die Kompetenzausübung zwischen Mitgliedstaaten und Gemeinschaft regelnden Subsidiaritätsprinzips nach Art. 3 b Π EGV hat, ist somit gemeinschaftsrechtlich anerkannt. Gleichwohl konnten sich die Mitgliedstaaten nicht dazu durchringen, die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung im Recht der Europäischen Union zu verankern. 25 Ein ausdrückliches Bekenntnis des Europarechts zum Recht der kommunalen Selbstverwaltung steht damit - nach wie vor 26 - aus. Die Frage, ob das Grundgesetz mit dem Grundsatz der Subsidiarität gemäß Art. 23 I 1 GG die integrationsrechtliche Verfassungsposition der Kommunen gestärkt haben könnte, erlangt daher ausschlaggebende Bedeutung. 19 So zitiert die Süddeutsche Zeitung vom 22. Juli 1997, S. 6 („Herzog: Selbstverwaltung der Städte nicht schwächen'*), Bundespräsident Roman Herzog. 20 (Unveröffentlichter) Nichtannahmebeschluß der 3. Kammer des Zweiten Senats durch die Richter Klein, Kirchhof und die Richterin Graßhof \om 29. 10. 1993 in dem Verfahren 2 BvR 2203/93; zu den Einzelheiten siehe unten den 4. Teil, unter F. II. 4. 21 Seite 7 der Antragsschrift vom 04. 10. 1993. 22 Abgedruckt in ABl. EG Nr. C 340/1 vom 10. 11. 1997. 23 Abgedruckt in ABl. EG Nr. C 340 vom 10. 11. 1997, S. 105 [107] unter Ziff. 9,4. Spiegelstrich, Satz 2. 24 Art. 198 a I EGV. 25 Zu diesem Ergebnis des Abschlusses der Revisionskonferenzen Christian Schneider, Einfluß der Regionen auf EU-Politik gestärkt, in: Süddeutsche Zeitung vom 23. Juni 1997, S. 24, sowie Süddeutsche Zeitung vom 26. Juni 1997, S. 5 („Einhelliger Dank an Bonn").
26 Erschöpfend zur europarechtlichen Absicherung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie vor dem Maastrichter Unionsvertrag Martini, Gemeinden in Europa (1992); vgl. auch den Überblick bei Blanke, Die kommunale Selbstverwaltung im Zuge fortschreitender Integration, DVB1. 1993, 819 [824 f.].
Einführung
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Β. Plan und Zielsetzung der Untersuchung Die vorliegende Arbeit geht der Frage nach, welche Auswirkungen der Grundsatz der Subsidiarität in Art. 23 I 1 GG auf die Integrationsfestigkeit der Verfassungsposition hat, die den Kommunen in Art. 28 II GG eingeräumt ist. Einführend dazu will der 1. Teil der Untersuchung anhand eines Beispiels aus dem europäischen Beihilferecht eine Vorstellung davon vermitteln, in welchem Ausmaß das Gemeinschaftsrecht die Tätigkeit der deutschen Kommunen zu beherrschen vermag. Der 2. und 3. Teil der Arbeit fassen zusammen, wie sich die Verfassungsposition der Kommunen darstellte, bevor der „Europa-Artikel" 23 in das Grundgesetz eingefügt wurde - also im Verhältnis zur grundgesetzlichen Integrationsöffnungsnorm „der ersten Stunde", Art. 24 I GG, deren Anwendung nun, soweit es um die Mitwirkung der Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union" geht, durch den spezielleren Art. 23 I GG ausgeschlossen ist. 27 Dazu zeigt der 2. Teil die normative Spannungslage auf, die sich aus dem Nebeneinander der grundgesetzlichen Bekenntnisse zum kommunalen Selbstverwaltungsrecht in Art. 28 I I GG und zur „offenen Staatlichkeit"28 der Bundesrepublik Deutschland ergibt - jenem Staatsziel der Relativierung nationalstaatlicher Souveränität zugunsten der Einordnung in eine zwischenstaatliche Rechtsgemeinschaft, das bereits Art. 24 I GG meinte29 und das nun Art. 23 I 1 und 2 GG 3 0 für die Europäische Union mit den Worten umschreibt: „Zur Verwirklichung eines vereinten Europas wirkt die Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union mit [ . . . ]. Der Bund kann hierzu [ . . . ] Hoheitsrechte übertragen." Der 3. Teil der Untersuchung hält Rückschau darauf, inwieweit sich die kommunale Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Π GG gegenüber dem grundgesetzlichen Bekenntnis zur offenen Staatlichkeit normativ behaupten konnte, bevor das Grundgesetz 1992 um den neuen Artikel 23 ergänzt wurde. Eine Antwort auf die Frage, ob die Einfügung von Art. 23 I 1 GG mit dem Grundsatz der Subsidiarität in das Grundgesetz die Verfassungsposition der Kommunen verändert hat, wird im 4. Teil der vorliegenden Arbeit versucht. Dazu ist zunächst die Entstehungsgeschichte des Art. 23 GG unter besonderer Berücksichtigung der mit dem Grundsatz der Subsidiarität gesetzgeberisch verfolgten Ziele 27 Allgemeine Ansicht, vgl. nur Jarass/Pieroth-Jzrass,
Art. 23, Rz. 4 m. w. N.
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Zur Rezeption des von Klaus Vogel geprägten Begriffs der „offenen Staatlichkeit" (in: Die Verfassungsentscheidung des Grundgesetzes für eine internationale Zusammenarbeit (1964), S. 42 f.) durch die deutsche Staatsrechtswissenschaft Mosler, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdBStR VII, § 175, Rzn. 8 - 1 0 , und Tomuschat, ebda., § 172. » Maunz/Dürig-Randelzhofcr, Art. 24 Abs. 1,1., Rz. 2; II., Rzn. 2, 17; Mosler, a. a. O., Rz. 8. 30 Vgl. die Literaturnachweise zur Staatszieleigenschaft von Art. 231 1 GG im 4. Teil, C., vor I., Fn. 122 f.
Β. Plan und Zielsetzung der Untersuchung
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nachzuzeichnen.31 Zu ermitteln ist insbesondere, welcher Stellenwert bei der genetischen Auslegung von Art. 23 I 1 GG der eingangs erwähnten Einschätzung der Gemeinsamen Verfassungskommission zukommt, „daß der Begriff der Subsidiarität die Bestandsgarantie der kommunalen Selbstverwaltung in der Bundesrepublik Deutschland einschließt"32. Mit den darauf folgenden Ausführungen wendet sich die Arbeit der objektivrechtlichen Auslegung des Grundsatzes der Subsidiarität in Art. 23 I 1 GG zu. Der Überlegung folgend, daß jeglicher normative Schutz der kommunalen Selbstverwaltung durch Art. 23 I 1 GG ausscheidet, falls die Strukturklausel des Art. 23 I 1 GG, in die der Grundsatz der Subsidiarität neben anderen Staatsstrukturelementen eingebettet ist, lediglich verheißenden Charakter - etwa als Programmsatz - hat und rechtlich unverbindlich ist, steht am Anfang der objektiv-rechtlichen Auslegung die Prüfung der Rechtsverbindlichkeit der Strukturklausel in Art. 23 I 1 GG. 33 Möglichkeiten und Grenzen normativer Auswirkungen des Subsidiaritätsgrundsatzes in Art. 23 I 1 GG für das Recht der kommunalen Selbstverwaltung können danach vorläufig skizziert werden.34 Nach dieser Klärung des normativen Wirkpotentials des Grundsatzes der Subsidiarität ist die inhaltliche Bedeutung des Grundsatzes der Subsidiarität in Art. 23 I 1 GG zu ermitteln.35 Es soll der Versuch unternommen werden, die „offensichtliche rechtswissenschaftliche Verlegenheit"36 bei der Konkretisierung der „im einzelnen noch nicht ermittelten europafesten Essentialia des deutschen Staates"37, wie sie in der Strukturklausel des Art. 23 11 GG beschrieben sein könnten, für das Subsidiaritätsprinzip zu beheben. Als Ausgangspunkt der Betrachtung bietet sich eine Auseinandersetzung mit der in der Literatur verbreiteten These an, der Grundsatz der Subsidiarität in Art. 23 11 GG sei inhaltlich identisch mit dem Subsidiaritätsprinzip gemäß der Legaldefinition in Art. 3 b Π EGV. 38 Ausgehend von dieser allgemeinen Klärung der inhaltlichen Bedeutung des Subsidiaritätsgrundsatzes in Art. 23 I 1 GG kann abgeleitet werden, inwieweit das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen in den Schutzbereich des Subsidiaritätsgrundsatzes einbezogen ist. 39 Die normativen Auswirkungen des Grundsatzes der Subsidiarität in Art. 23 I 1 GG auf die Verfassungsposition der Kommunen, d. h. die Rechtsfolgen einer tatbe31 4. Teil, B. 32
Bericht der Gemeinsamen Verfassungskommission, BT-Drucks. 12/6000, S. 21. 33 4. Teil, C. 34 4. Teil, C. IV. 35 4. Teil, D. 36 Breuer, NVwZ 1994,417 [422]. 37 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/2, S. 1589; ähnlich Grabitz/Hilf-von Bogdandy/Nettesheim, Art. 1 EGV, Rz. 45 („Über die Auslegung des neuen Art. 23 Abs. 1 GG besteht noch Unklarheit"). 38 4. Teil, D. I. 39 4. Teil, E.
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Einführung
standlichen Einbeziehung des Selbstverwaltungsrechts der Kommunen in den Schutzbereich des Subsidiaritätsgrundsatzes, sind im letzten Abschnitt der Untersuchung behandelt.40 Dazu ist zu ermitteln, welchen Anwendungsbereich Art. 23 I 1 GG meint, wenn er die Verpflichtung auf den Grundsatz der Subsidiarität bei allen „Mitwirkungen der Bundesrepublik Deutschland an der Entwicklung der Europäischen Union" verlangt.41 In diesem Zusammenhang ist die Anwendungskollision des Grundsatzes der Subsidiarität in Art. 23 I 1 GG mit dem Subsidiaritätsprinzip des Art. 3 b Π EGV zu problematisieren und das normative Verhältnis beider Regelungen zueinander zu erörtern. 42 Ein abschließender Ausblick soll aufzeigen, wie die ermittelte objektiv-rechtliche Verfassungsposition der Kommunen prozessual durchgesetzt werden kann.43
40 4. Teil, F. 4. Teil, F. II. 3. a). 42 4. Teil, F. II. 3. d). 43 4. Teil, F. II. 4.
7. Teil
Der Einfluß des Gemeinschaftsrechts auf die Kommunen in der Bundesrepublik Deutschland am Beispiel des Verbotes der Beihilfengewährung gemäß Art. 93 I I I 3 EGV 1 Anhand eines Beispiels aus dem europäischen Beihilferegime, nämlich dem Verbot der Durchführung einer beabsichtigten Beihilfegewährung gemäß Art. 93 ΠΙ 3 EGV, soll anschaulich gemacht werden, in welcher Weise das Gemeinschaftsrecht Einfluß auf die Tätigkeit der deutschen Kommunen zu nehmen vermag. Die Auswirkungen des europäischen Beihilferechts der Artt. 92 ff. EGV auf das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen in Deutschland sind - nachdem sie „in der Vergangenheit [ . . . ] von der kommunalen Wissenschaft und Praxis vereinzelt negiert, bestenfalls ignoriert" wurden2 - seit Anfang der 80er Jahre in das Blickfeld der rechtswissenschaftlichen Auseinandersetzung gerückt. Eingehend haben sich insbesondere Faber 3 und Martini î 4 dem Gegenstand gewidmet.5 Seitdem hat die Rechtsprechung sowohl des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) als auch des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (EuGel) zur Rückforderungspflicht gemeinschaftsrechtswidrig gewählter Beihilfen gemäß Art. 93 ΠΙ 3 EGV das Schwert des Beihilferegimes gegenüber den Beihilfe gewährenden Mitgliedstaaten kontinuierlich geschärft. 6 Die unmittelbare Betroffenheit der Kommunen durch diese Entwicklung bildet den Gegenstand der folgenden Ausführungen.
1 Vgl. den Hinweis auf die Umnummerierung der Vertragsarükel durch den am 02. 10. 1997 unterzeichneten Vertrag von Amsterdam in der Einführung oben, Fn. 9. 2 Faber, S. 84 mit Nachweisen in Fn. 10 f.; Martini, S. 133. 3 Faber, Europarechtliche Grenzen kommunaler Wirtschaftsförderung (1992). 4
Martini, Gemeinden in Europa (1992). 5 Vgl. auch Zuleeg, in: von Mutius (Hrsg.), Festgabe von Unruh (1983), S. 97 - 99. 6 Siehe vor allem EuGH, Urt. v. 11. 07. 1996, Rs. C-39/94 - SFEÏ u. a., Slg. 1-3547; vgl. ferner zur Beobachtung und den Grenzen des Vertrauensschutzes bei der Rückforderung gemeinschaftsrechtswidrig gewährter Beihilfen EuGH, Urt. v. 20. 03. 1997, Rs. C-24/95 - A l can Deutschland, Slg. 1-1591; Urt. v. 14. 01. 1997, Rs. C-169/95 - Spanien/Kommission, Slg. 1-135; EuGel, Urt. v. 12. 12. 1996, Rs. T-358/94 -Air France/Kommission, Slg. II2109; Urt. v. 18. 09. 1995, Rs. T-49/93 -SIDE/ Kommission, Slg. 11-2501.
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1. Teil: Einfluß des Gemeinschaftsrechts auf die Kommunen
A· Die Regelung in Art· 93 I I I 3 E G V Art. 93 III EGV hat den Wortlaut: „(3) Die Kommission wird von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen so rechtzeitig unterrichtet, daß sie sich dazu äußern kann. Ist sie der Auffassung, daß ein derartiges Vorhaben nach Artikel 92 mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist, so leitet sie unverzüglich das in Absatz 2 vorgesehene Verfahren ein. Der betreffende Mitgliedstaat darf die beabsichtigte Maßnahme nicht durchführen, bevor die Kommission eine abschließende Entscheidung erlassen hat."7 Nach Art. 93 ΠΙ 3 EGV darf ein Mitgliedstaat somit „die beabsichtigte Maßnahme", also die beabsichtigte Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen (Art. 93 ΠΙ 1 EGV), nicht durchführen, bevor die Kommission eine abschließende Entscheidung erlassen hat. Ohne eine abschließende, gestattende Entscheidung der Europäischen Kommission8 - dem nach Art. 93 EGV für die Beihilfenaufsicht zuständigen Organ der Europäischen Gemeinschaft - darf „der betreffende Mitgliedstaat" nach Art. 93 ΙΠ 3 EGV eine Beihilfe nicht einführen, sie also insbesondere nicht gewähren9. Für Beihilfe gewährende Kommunen hat dieses Durchführungsverbot weitreichende Konsequenzen. Denn zum einen gehören sie zum Adressatenkreis des Durchführungsverbotes, da auch sie als „der betreffende Mitgliedstaat" i.S. von Art. 93 ΙΠ 3 EGV unmittelbar angesprochen sein können (dazu unten, C. Π.). Zum anderen ist der Beihilfebegriff der Art. 92 ff. EGV so weit, daß die Kommunen mit einem wesentlichen Teil ihrer wirtschaftsfördernden Tätigkeit in den Regelungsbereich des Durchführungsverbotes fallen. Dies ist näher auszuführen.
B. Der Tatbestand des Durchführungsverbotes nach Art. 93 I I I 3 E G V I. Die Staatlichkeit der Beihilfe Der Begriff der Beihilfe" in den Artt. 92 II ff. EGV und insbesondere in Art. 93 ΠΙ EGV steht kürzelhaft für „staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Bei7
Hervorhebung durch den Verf. Art. 93 III 3 EGV ist auch auf überhaupt nicht angemeldete Beihilfemaßnahmen anwendbar: EuGH, Urt. v. 11. 12. 1973, Rs. 120/73 - Lorenz, Slg. S. 1471 [1483], Rz. 8; EuGH, Urt. v. 21. 11. 1991, Rs. C-354/90 - FNCE, Slg. 1-5505 [5527], Rz. 11; EuGel, Urt. v. 18. 09. 1995, Rs. T-49/93 - SIDE, Slg. 11-2504 [2532], Rz. 83. 9 Hailbronner/Klein/Magiern/ Müller-Graff-MagitTdi, Art. 93, Rz. 21; L^nz-Rawlinson, Art. 93, Rz. 15; von der Groeben/Thiesing/Ehlermann-Wcnig, Art. 93, Rz. 40. 8
Β. Durchführungsverbot nach Art. 93 III 3 EGV
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hilfen", wie sich aus der Überschrift zu dem die Artikel 92 bis 94 EGV umfassenden 3. Abschnitt („Staatliche Beihilfen") und der Eingangsvorschrift des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferegimes, Art. 92 I EGV, ergibt. „Staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte" Beihilfen i.S. von Art. 921 EGV sind auch Beihilfen, die Kommunen gewähren. Denn der Begriff der Staatlichkeit der Beihilfe i.S. von Art. 92 I EGV umfaßt nach allgemeinem Verständnis alle Ebenen und Einrichtungen der öffentlichen Gewalt.10 So erklärt der EuGH in ständiger Rechtsprechung, daß es unerheblich sei, „ob die Beihilfe unmittelbar durch den Staat oder durch von ihm zur Durchführung der Beihilferegelung errichtete oder damit beauftragte öffentliche oder private Einrichtungen gewährt wird." 11 Daher „unterliegen Beihilfen, die von regionalen und lokalen Einrichtungen der Mitgliedstaaten gewährt werden, unabhängig vom Status und der Bezeichnung dieser Einrichtungen, der Prüfung nach Artikel 92 EWG-Vertrag." 12
II. Der Beihilfebegriff Was unter einer „Beihilfe" i.S. von Art. 92 I EGV zu verstehen ist, definiert der EuGH in einem weiten Sinn13 und entspricht damit dem weiten Wortlaut der Norm („Beihilfen gleich welcher Art"). Nach ständiger Rechtsprechung handelt es sich bei Beihilfen um „Maßnahmen, die in verschiedenen Formen die Belastungen vermindern, welche ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat"14. Entscheidend ist nach dieser Formel nicht die äußere Gestalt einer Maßnahme, sondern deren begünstigende Wirkung. 15 So kommen vor allem „Kapitalzuweisungen der öffentli10
Vgl. die Bekanntmachung über die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Gerichten der Mitgliedstaaten im Bereich der staatlichen Beihilfen, ABl. EG Nr. C 312/8 vom 23. 11. 1995, Tz. 7; ähnlich Kahl, NVwZ 19%, 1082 [1084]; Hakenberg/Tremmel, EWS 1997, 217 [ebda.]; EuGel, Urt. v. 12. 12. 1996, Rs. T-358 /94 - Air France/Kommission, Slg. 11-2109 [2130], Rz. 56, 60. π So im Urt. v. 30. Ol. 1985, Rs. 290/83 - Kommission/Frankreich, Slg. S. 439 [449], Rz. 14. Ähnlich aus jüngerer Zeit das Urt. v. 17. 03. 1993, Rs. C-72/91 und C-73/91 - Sloman Neptun, Slg. 1-887 [934], Rz. 19; Urt. v. 02. 02. 1988, verb. Rs. 67, 68, 70/85 - van der Kooy, Slg. S. 219 [272], Rz. 35; so auch schon das Urt. v. 22. 03. 1977, Rs. 78/76 - Steimke und Weinlig, Slg. S. 595 [612 f.], Rz. 21. 12 EuGH, Urt. v. 14. 10. 1987, Rs. 248/84 - Deutschland/Kommission, Slg. S. 4013 [4041], Rz. 17; Dauses-Götz, Handbuch des EG-Wirtschaftsrechts, H.III, Rz. 22; Bleckmann, NVwZ 1990, 820 [821 f.]; Nachweise aus der Literatur zu dieser allg. Ansicht bei Faber, S. 92 in Fn. 45, mit überzeugender Ablehnung einschränkender, abweichender Ansichten, S. 92 f. 13 So auch Hakenberg/Tremmel, EWS 1997, 217 [ebda.]. 14 Vgl. nur EuGH, Urt. v. 26. 09. 1996, Rs. C-241 /94 - Frankreich/Kommission, Slg. I4551 [4578], Rz. 34; Urt. v. 15. 03. 1994, Rs. C-387/92 - Banco Exterior de Espana, Slg. I877 [907 f.], Rz. 13 f.; Urt. v. 23. 02. 1961, Rs. 30/59 - De Gezamenlijke Steenkolenmijnen in Limburg, Slg. S. 3 [43], sowie EuGel, Urt. v. 27. 02. 1997, Rs. T-106/95 - FFSA u. aJ Kommission, Slg. 11-229 [280], Rz. 168.
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1. Teil: Einfluß des Gemeinschaftsrechts auf die Kommunen
chen Hand, in welcher Form auch immer" 16, in Betracht. Es reicht aber auch eine Verbesserung des „Standing" oder des „credit-ranking" des begünstigten Unternehmens.17 Nach der Ansicht des Gerichtshofes kann die Gewährung einer Abgabenbefreiung für öffentliche Kreditinstitute eine gegen Art. 90 i.V. mit Art. 92 EGV verstoßende Beihilfe darstellen.18 Auch die Europäische Kommission geht in ständiger Praxis 19 von einem weiten Begriff der Beihilfe aus20 und versteht darunter insbesondere alle möglichen Formen von Kapitalzufiihrungen 21, Bürgschaften 22, Darlehen23 und des Verzichtes auf die Verzinsung von Investitionen24.
I I I . Die Betroffenheit der kommunalen Wirtschaftsforderung durch die Beihilfenaufsicht Für die Kommunen bedeutet dieses weite Verständnis des Begriffs staatlicher Beihilfen, daß ihre kommunale Wirtschaftsförderung - jede Tätigkeit, die ausschließlich oder vor allem auf eine Begünstigung wirtschaftlicher Unternehmen gerichtet ist, 25 - zu großen Teilen dem Beihilferegime der Artt. 92 ff. EGV unterfällt. Denn das Instrumentarium, mit dem Kommunen die Ansiedlung wirtschaftlicher Unternehmen fördern, eine Aufrechterhaltung des Unternehmensstandortes si15 EuGH, Urt. v. 26. 09. 1996, Rs. C-241/94 - Frankreich/Kommission, Slg. 1-4551 [4575], Rz. 20; Urt. v. 22. 03. 1977, Rs. 78/76 - Steimke und Weinlig, Slg. S. 595 [612 f.], Rz. 21; EuGel, Urt. v. 27. 02. 1997, Rs. T-106/95 - FFSA u. aJKommission, Slg. 11-229 [287], Rz. 195. So auch Kahl, NVwZ 1996, 1082 [1084] m. w. N. 16 EuGH, Urt. v. 21. 03. 1990, Rs. 142/87 - Belgien/Kommission, Slg. 1-959, [1011], Rz. 25; Urt. v. 14. 11. 1984, Rs. 323/82-Intermills, Slg. S. 3809 [3830], Rz. 31. π Kahl, NVwZ 1996,1082 [1084] m. w. N. is Urt. v. 15. 03. 1994, Rs. C-387/92 - Banco Exterior de Espana, Slg. 1-877 [908], Rz. 14; vgl. dazu das Urt. v. 17. 03. 1993, Rs. C-72/91 und C-73/91 - Sloman Neptun, Slg. I887 [934], Rz. 21 f. 19 Vgl. zum jüngsten Kommissionsvorschlag für eine Verordnung des Rates über Vorschriften für die Anwendung des Art. 93 EGV vom 18. 02. 1998, ABl. EG Nr. C 116 v. 16. 04. 1998, S. 13, Sinnaeve, EuZW 1998,268 [269]. 20 Vgl. die Mitteilung der Kommission an die Mitgliedstaaten zur Anwendung der Artikel 92 und 93 EWG-Vertrag, ABl. EG Nr. C 307/3 v. 13. 11. 1993, Tz. 24 ff. und 35 ff., die zwar ausweislich ihres Titels nur für öffentliche Unternehmen in der verarbeitenden Industrie gilt, nach Tz. 3 der Mitteilung aber auch auf Sektoren außerhalb der verarbeitenden Industrie Anwendung finden kann; so auch Kahl, NVwZ 1996,1082 [1084]. 21 Mitteilung der Kommission, a. a. O., Tz. 35 ff. 22 Mitteilung der Kommission, a. a. O., Tz. 24 und 38 ff. 23 Mitteilung der Kommission, a. a. O., Tz. 25 und 39 ff. 24
Mitteilung der Kommission, a. a. O., Tz. 26 und 43 f. 25 Faber, S. 9, in Übernahme der Definition Ehlers\ S. 103; Gern, Deutsches Komunalrecht, Rz. 779; ähnlich Schmidt-Jortzig, in: Ehlers (Hrsg.), Kommunale Wirtschaftsförderung, S. 194.
Β. Durchführungsverbot nach Art. 93 III 3 EGV
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ehern26 und die Attraktivität der lokalen Wirtschaft für die ständig steigenden Sozial· und Kulturbedürfhisse der kommunalen Bevölkerung gewährleisten wollen27, ist praktisch identisch mit den Beihilfemaßnahmen, die durch die Beihilfenkontrolle der Artt. 92 ff. EGV unterbunden werden sollen.28 Zu den gängigen29 Maßnahmen kommunaler Wirtschaftsförderung zählen beispielsweise Leistungssubventionen (durch die Gewährung von Darlehen einschließlich zinsloser oder -vergünstigter Darlehen, die Übernahme von Bürgschaften oder den Abschluß anderer Sicherungsabreden, verlorene Zuschüsse), Verschonungssubventionen (durch alle Formen der Steuerstundung, des Steuererlasses oder der Gewährung von Sondertarifen für öffentliche Versorgungsleistungen) und Realsubventionen (durch die Veräußerung gemeindeeigener Gewerbeflächen unter dem Verkehrswert 30 oder die Übernahme der Kosten für eine Altlastensanierung 31 ). 32 Für die Behandlung der Fördermaßnahmen als Beihilfe i.S. der Artt. 92 ff. EGV kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH überdies nicht darauf an, ob es sich bei dem begünstigten Unternehmen um ein privates oder öffentliches Unternehmen handelt,33 welche Rechtsform es besitzt oder wie es finanziert wird. 34 Beihilfen, die an nichtrechtsfähige kommunale Wirtschaftseinrichtungen wie Regiebetriebe oder Eigenbetriebe35 geleistet werden, unterstehen daher der Kommissionsaufsicht nach Art. 93 EGV in gleicher Weise wie Beihilfen, die an wirtschaftliche Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit erfolgen, auf welche die Kommune beherrschenden Einfluß ausüben kann36 - beispielsweise also 26 Dazu Schütterle, 1993,625 [ebda.].
EG-Beihilfenkontrolle und kommunale Grundstücksverkäufe, EuZW
27 Zu Zielen der kommunalen Wirtschaftsförderung Schmidt-Jortzig, 536\ Ehlers, S. 104, 110 ff.
Kommunalrecht, Rz.
28
Zum Spannungsfeld zwischen kommunaler Wirtschaftsförderung und dem Schutz von Mitbewerbern Faber, S. 84 f.; Schmidt-Jortzig, in: Ehlers (Hrsg.), Kommunale Wirtschaftsförderung, S. 193. » Martini, S. 40. Eingehend Schütterle, EG-Beihilfenkontrolle und kommunale Grundstücksverkäufe, EuZW 1993,625. 31 Dazu Schütterle, a. a. O., S. 626. 32
Katalog nach Martini, a. a. Ο.; Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rz. 736; Faber, S. 20, 29 f.; jeweils m.v.w.N. 33 EuGH, Urt. v. 15. 03. 1994, Rs. C-387/92 - Banco Exterior de Espana, Slg. 1-877 [907], Rz. 11; Urt. v. 22. 03. 1977, Rs. 7 8 / 7 6 - Steimke und Weinlig, Slg. S. 595 [612], Rz. 17 f.
34 EUGH, Urt. v. 17. 02. 1993, verb. Rs. C-159 und 160/91 - Poucet und Pistre, Slg. I637 [669], Rz. 17; Urt. v. 23. 04. 1991, Rs. C - 4 1 / 9 0 - Höfner und Elser, Slg. 1-1979 [2016], Rz. 21.
35 Zur Begrifflichkeit Schliesky, S. 28 ff. 36 Auf die Möglichkeit der öffentlichen Hand, beherrschenden Einfluß auf ein Unternehmen ausüben zu können, stellt Art. 2 Abs. 2, 2. Spiegelstrich, der sog. Transparenzrichtlinie
32
1. Teil: Einfluß des Gemeinschaftsrechts auf die Kommunen
kommunale Anstalten des öffentlichen Rechts oder in Formen des Privatrechts geführte Eigengesellschaften 37. Die sich aus dem Vorstehenden ergebende Vielzahl kommunaler Beihilfetatbestände bedeutet zwar nicht in jedem Fall, daß die beabsichtigte Maßnahme nach Art. 93 ΙΠ 1 EGV der Europäischen Kommission angezeigt werden muß. Ansonsten sähe sich die Kommission einer unpraktikablen38, ihre Prüfungskapazitäten bei weitem übersteigenden Flut von Beihilfeanzeigen gegenüber.39 Daß weitere Merkmale zu dem beschriebenen Beihilfebegriff hinzutreten müssen, damit die Anzeigepflicht nach Art. 93 ΠΙ 1 EGV ausgelöst wird, entspricht daher dem allgemeinen40 und auch von der Kommission41 geteilten Verständnis der Norm. Um welche Umstände es sich jedoch im einzelnen handelt, ist Gegenstand einer nicht abgeschlossenen europarechtlichen Diskussion42, die verständlich wird vor dem Hintergrund des Interesses der Mitgliedstaaten, die von ihnen beabsichtigten Beihilfen in möglichst geringem Umfang der Kontrolle durch die Kommission zu unterstellen. Gerade dieses Interesse an einer Verschleierung der Beeinflussung des Marktgeschehens durch die öffentliche Hand ist aber der Grund für die Errichtung des gemeinschaftlichen Beihilferegimes im EGV. Nur wenn es nicht in die Befugnis des einzelnen Mitgliedstaates gestellt wird, über die Unvereinbarkeit einer Beihilfe selbst zu entscheiden, ist die Beihilfekontrolle nach den Artt. 92-94 EGV effektiv. Aus dieser Erwägung zum Sinn und Zweck der Beihilfenregelung heraus mehren sich denn auch die Stimmen dafür, Ausnahmen der Pflicht zur Anmeldung von Beihilfen nach Art. 93 ΙΠ 1 EGV nur in geringem Umfang zuzulassen.43 Im Ergebnis kann daher die typische Tatbestandsmäßigkeit der kommunalen Wirtschaftsförderung als „beabsichtigte Maßnahme" i.S. des Durchführungsverbotes gemäß Art. 93 III 3 EGV festgestellt werden.
der Europäischen Kommission zur Definition des öffentlichen Unternehmens ab; Richtlinie 80/723/EWG, ABl. EG 1980, Nr. L 195/35, geändert durch Richtlinien 85/413/EWG, ABl. EG 1985, Nr. L 229/20 und 93/84/EWG, ABl. EG 1993, Nr. L 254/16. 37 Zur Begrifflichkeit Schliesky, S. 31 ff., 36 ff. 38 Martini, S. 55. 39 Faber, S. 152. 40
Jeweils m. w. N. Martini, S. 55; Faber, a. a. O.. Vgl. nur den jüngsten Kommissionsvorschlag für eine Verordnung des Rates über Vorschriften für die Anwendung des Art. 93 EGV vom 18. 02. 1998, ABl. EG Nr. C 116 v. 16. 04. 1998, S. 13; dazu Sinnaeve, EuZW 1998, 268 [269]. 4 2 Vgl. zum Stand der Diskussion Martini, S. 55 ff. m. w. N.; Faber, S. 151 ff. m. w. N.; Dauses-Götz, Handbuch des EG-Wirtschaftsrechts, H.III, Rz. 29 und, betreffend Beihilfen an öffentliche Unternehmen, Rzn. 32 ff.; Bleckmann, NVwZ 1990, 820 [823]. 4 3 Von der Groeben/Thiesing/Ehlermann-Wenig, Art. 93, Rz. 40 m. w. N. in Fn. 102; Hailbwnner/Klein/Magiern/A/w7/er-Grie Bundesrepublik Deutschland gewährleistet bei jeder Mitwirkung an der Entwicklung der Europäischen Union den Erhalt des Kernbereichs der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 II GG." 7 5 1
2. Der Schutz der Institutionen „Gemeinden" und „Gemeindeverbände" - unverzichtbare Mindestforderung des Staatsziels „Grundsatz der Subsidiarität" Als notwendige Folge der Verfassungspflicht, bei jeder Mitwirkung an der Entwicklung der Europäischen Union den Erhalt des Kernbereichs der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 I I GG zu gewährleisten, verlangt der Grundsatz der Subsidiarität nach Art. 2 3 1 1 GG auch, die Träger des Selbstverwaltungsrechts, nämlich die Gemeinden und Gemeindeverbände gemäß Art. 28 I I GG, zu schützen. Übereinstimmend mit der institutionellen Rechtssubjektsgarantie, die als Teil der institutionellen Garantie des Art. 28 I I GG verstanden w i r d 7 5 2 , gewährleistet Art. 23 I 1 GG mit dem Subsidiaritätsgrundsatz den Erhalt von Gemeinden und Gemeindeverbänden jedoch nur als Institutionen, nicht individuell. Der Grundsatz der Subsidiarität nach Art. 23 I 1 GG bedeutet daher auch die folgende Verfassungspflicht: „Die Bundesrepublik Deutschland gewährleistet bei jeder Mitwirkung an der Entwicklung der Europäischen Union den Erhalt der Institutionen „Gemeinden" und „Gemeindeverbände" in Deutschland entsprechend der institutionellen Rechtssubjektsgarantie nach Art. 28 II GG." 7 5 3
751 Mit ähnlichem Ergebnis Blanke, DVB1. 1993, 819 [821]; vgl. auch Frenz, Die Verwaltung 28 (1995), 33 [49 f.], sowie ders., VerwArch 86 (1995), 378 [395]; weniger entschieden Stern, in: Wendt u. a. (Hrsg.), FS Friauf, S. 87; a.A. von Zimmermann-Wienhues, S. 173 f. Der ehemalige Bundeskanzler Kohl sagte anläßlich des Beginns der Revisionskonferenzen zum Unionsvertrag Anfang Juni 1996 bei einem Treffen mit den Ministerpräsidenten Stoiber und Beck zu, sich massiv für die Erhaltung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts auf europäischer Ebene einzusetzen, so Gorkow, in: Süddeutsche Zeitung vom 28. Juni 1996, S. 18. 752 Dazu oben, 2. Teil, Β. I. 2. b). 753 im Ergebnis insoweit identisch von Zimmermann-Wienhues, S. 173 f., die jedoch - abweichend vom vorliegend ermittelten Ergebnis - einen Schutz der objektiven Rechtsinstitutionsgarantie des kommunalen Selbstverwaltungsrechts, d. h. des Wesengehaltes der Selbstverwaltungsgarantie, aus dem Subsidiaritätsgrundsatz nach Art. 23 I 1 GG verneint (S. 173 ff.).
F. Normative Auswirkungen des Grundsatzes der Subsidiarität
219
3. Objektivrechtliche Auswirkungen des Grundsatzes der Subsidiarität auf die Verfassungsposition der Kommunen bei der Mitwirkung der Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union gemäß Art. 2311 GG a) Die Formen der „Mitwirkung der Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union " gemäß Art. 2311 GG Unter welchen Umständen der Subsidiaritätsgrundsatz nach Art. 23 I 1 GG die Verfassungspflicht begründet, den Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie sowie die Rechtssubjektsgarantie gemäß Art. 28 II GG zu gewährleisten, hängt davon ab, welche Sachverhalte Art. 23 I 1 GG als „Mitwirkung der Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union" versteht.
aa) Die Übertragung von Hoheitsrechten auf die Europäische Union (Art. 23 12 GG) Als den wichtigsten Fall einer Mitwirkung der Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union i.S. von Art. 23 I GG nennt Satz 2 der Norm die Übertragung von Hoheitsrechten durch den Bund auf die Europäische Union. 754 Unmißverständlich knüpft Art. 23 12 GG durch das „hierzu" an den vorausgehenden Satz 1 der Bestimmung an und stellt die Übertragung von Hoheitsrechten somit unter den Verfassungsvorbehalt, den die in Art. 23 11 GG enthaltene Staatszielbestimmung der Strukturklausel mit dem Grundsatz der Subsidiarität verfassungskräftig formuliert. Indem Art. 23 I 2 GG die schon aus dem früheren Integrationsartikel 24 I GG bekannte Begrifflichkeit übernimmt und von der „Übertragung von Hoheitsrechten durch Gesetz"755 spricht, besteht kein Zweifel, daß damit insbesondere deutsche Zustimmungsgesetze zu Änderungen des europäischen Vertragsrechts gemeint sind. 756 Die an diesem Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe des Bundes trifft demnach die Verfassungspflicht aus dem Grundsatz der Subsidiarität nach Art. 23 I 1 GG, bei dieser Form der Mitwirkung an der Entwicklung der Europäischen Union zu gewährleisten, daß der Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie unangetastet und die Institutionen „Gemeinden" und „Gemeindeverbände" erhalten bleiben. Es bedeutet einen Verstoß gegen die Staatszielbestimmung „Verpflichtung der Europäischen Union auf den Grundsatz 754 Vgl. Jarass-Pieroth'iaiass, Art. 23, Rz. 14. 755 Dazu eingehend oben, 2. Teil, Α. I., II. 756 Jarass-Pieroth-Jaiass, Art. 23, Rz. 19 weist daneben zutreffend auf Zustimmungsgesetze zu Beitritten weiterer Mitgliedstaaten zur Europäischen Union hin.
220
4. Teil: Verfassungsposition nach Einfügung des Grundsatzes der Subsidiarität
der Subsidiarität" nach Art. 23 I 1 GG, Vertragsbestimmungen, die den genannten materiellrechtlichen Anforderungen zuwiderlaufen, durch das Zustimmungsgesetz aufgrund von Art. 23 I 2 GG den Rechtsanwendungsbefehl innerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu erteilen. Ein Übertragungsgesetz nach Art. 23 I 2 GG, das diese materiellrechtlichen Anforderungen nicht erfüllt, ist insoweit verfassungswidrig. bb) Die Mitwirkung von Bund und Ländern an Rechtsetzungsakten der Europäischen Union (Art. 23 I I 1, ΠΙ 1 GG) Welche weiteren Lebenssachverhalte Art. 23 I 1 GG als „ M i t w i r k u n g der Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union" versteht, ist Art. 23 GG unmittelbar nicht zu entnehmen. Indem Art. 23 I 1 GG sich aber darauf beschränkt, die Tätigkeit „Mitwirkung bei der Entwicklung der Europäischen Union" unspezifisch zu umschreiben und im übrigen nur die mit der Tätigkeit zu verfolgenden Ziele nennt („Verwirklichung eines vereinten Europas" sowie die Elemente der Staatszielbestimmung, die die Strukturklausel darstellt 757), kann darauf geschlossen werden, daß Art. 23 I 1 GG nicht bestimmte Lebenssachverhalte ausschließen will, sondern einen grundsätzlich weiten Regelungsbereich hat. 758 Eine Mitwirkung bei der Entwicklung der Europäischen Union stellt daher insbesondere die Mitwirkung des Mitgliedstaates Bundesrepublik Deutschland bei der Setzung von sekundärem Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union dar. 759 Dies zeigt sich auch darin, daß diese spezielle Form der Mitwirkung bei der Entwicklung der Europäischen Union im Anschluß an die Positivierung des allgemeinen Mitwirkungsgrundsatzes (Art. 2311 GG) in Art. 23 Π 1, ΠΙ 1 GG eigens geregelt ist. Die Mitwirkung der Bundesrepublik Deutschland bei der Setzung sekundären Gemeinschaftsrechts übt die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Ländern durch den Bundesrat, Art. 23 Π 1, V n GG i.V. mit dem EUZBLG, und mit dem Bundestag, Art. 23 ΙΠ 1 und 3 GG i.V. mit dem Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union 760 , in den Beratungsgremien der Kommission (vgl. § 6 EUZBLG) und, über den Vertreter der Bundesrepublik Deutschland761, im Rat der Europäi7
57 Zur Staatszieleigenschaft der Strukturklausel siehe oben, 4. Teil, C. II. 758 So im Ergebnis auch von Zimmermann-Wienhues, S. 184. 759 So im Ergebnis auch Jarass-Pieroth-Jarass, Art. 23, Rz. 15; von Zimmermann-Wienhues, a. a. O.; so offenbar auch BVerfGE 89, 155 [211] = EuGRZ 1993,429 [445] unter C. II. 3. c). 760 Vom 12. 03. 1993, BGBl. I S. 311. 761 Vgl. zur Grundgesetzbindung des Vertreters der Bundesrepublik Deutschland im Rat der Europäischen Union, einem Organ der Europäischen Union, Bleckmann, Europarecht,
F. Normative Auswirkungen des Grundsatzes der Subsidiarität
221
sehen Union (Art. 146 I EGV) aus. Gegen den Grundsatz der Subsidiarität nach Art. 23 I 1 GG würde die Bundesregierung verstoßen, wenn sie den Vertreter der Bundesrepublik Deutschland im Rat anweisen würde, für einen Sekundärrechtsakt der Gemeinschaft zu stimmen, durch den die Institutionen „Gemeinden" und „Gemeindeverbände" in der Bundesrepublik Deutschland aufgehoben würden oder in den Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie eingegriffen würde. Weitere Verhaltenspflichten können in Anlehnung an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts in dem Bund-Länder-Streit über die Wahrnehmung der Mitgliedschaftsrechte der Bundesrepublik Deutschland durch die Bundesregierung beim Zustandekommen der EWG-Fernsehrichtlinie formuliert werden, in dem die Verletzung von Verfassungspositionen der Länder (Prinzip der Bundestreue und die Gesetzgebungskompetenz der Länder) gerügt wurde: 762 Ist die Gemeinschaft im Begriff, Sekundärrecht zu setzen, das die genannten Mindestforderungen im Hinblick auf die kommunale Selbstverwaltungsgarantie unterschreitet, erwächst der Bundesregierung die Pflicht, den aus ihrer Bindung an das Gebot zur Gewährleistung minimaler Zielverwirklichung des Grundsatzes der Subsidiarität in Art. 23 I 1 GG folgenden Rechtsstandpunkt unmißverständlich zu vertreten. 763 Äußerstenfalls hat die Bundesregierung das aus der Gemeinschaftstreue (Art. 5 EGV) folgende Gebot wechselseitiger Rücksichtnahme764 zur Geltung zu bringen. 765 Das Bundesverfassungsgericht ergänzt in dem Fernsehrichtlinien-Urteil: „Kommt dennoch - gegen die Stimme der Bundesrepublik Deutschland - eine aus ihrer Sicht kompetenzrechtlich nicht gedeckte [ . . . ] Regelung zustande, so besteht die Pflicht der Bundesregierung fort, mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln auf Gemeinschaftsebene für eine Aufhebung oder Änderung des Rechtsakts einzutreten." 766 Die Übertragbarkeit dieser vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Verhaltenspflichten auf die Verhaltenspflichten aus dem Grundsatz der Subsidiarität gemäß Art. 23 I 1 GG unterstreicht § 10 EUZBLG. Ausdrücklich verlangt der die deutsche Mitwirkung bei der Setzung sekundären Gemeinschaftsrechts regelnde 767 § 10 EUZBLG von Bund und Ländern, das Recht der Gemeinden und Gemeindeverbände zur Regelung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zu wahren und ihre Belange zu schützen.
Rz. 216 f., 223; von Zimmermann-Wienhues, S. 184 f.; zur Parallele der (fehlenden) Bindung der Bundesratsmitglieder an die Länderverfassungen Herzog, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdBStR II, § 46, Rz. 9 a.E.; Posser, in: Benda u. a. (Hrsg.), HdBVerfR, § 24, Rz. 70. 762 BVerfGE 92, 203 ff. = EuGRZ 1995, 125 ff. 763 Vgl. BVerfGE 92,203 [237] = EuGRZ 1995,125 [135] unter C. 1.4. d) bb). 764 Eingehend Bleckmann, Europarecht, Rzn. 697 ff., insbesondere 709 ff. 765 Vgl. BVerfGE 92,203 [237] = EuGRZ 1995,125 [135] unter C. I. 4. d) bb). 766 BVerfG, a. a. O.. 767 Dazu oben, 4. Teil, unter E. III. 3. a).
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4. Teil: Verfassungsposition nach Einfügung des Grundsatzes der Subsidiarität
Zu untersuchen bleibt, ob die vorgenannten Pflichten im Widerspruch zu den Verhaltenspflichten stehen, die das Bundesverfassungsgericht im Maastricht-Urteil aus dem Grundsatz der Subsidarität gemäß Art. 23 I 1 GG entwickelt hat. Im Zusammenhang mit Ausführungen zu dem gemeinschaftsrechtlichen Subsidiaritätsprinzip in Art. 3 b I I EGV, das - neben anderen Regelungen im Unionsvertrag dazu beitrage, „dem Deutschen Bundestag noch hinreichende Aufgaben und Befugnisse von substantiellem politischen Gewicht"768 zu belassen und damit das nach Art. 79 ΠΙ GG unantastbare Demokratieprinzip zu wahren 769, erklärt das Bundesverfassungsgericht: In „der Praxis des Rates als dem eigentlichen Gesetzgebungsorgan der Gemeinschaft [ . . . ] hat die Bundesregierung ihren Einfluß zugunsten einer strikten Handhabung des Art. 3 b Abs. 2 EGV geltend zu machen und damit die ihr durch Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG auferlegte Verfassungspflicht zu erfüllen. Der Bundestag hat seinerseits die Möglichkeit, über sein in Art. 23 Abs. 3 GG begründetes Mitwirkungsrecht [ . . . ] die Ratspraxis [ . . . ] im Sinne des Subsidiaritätsprinzips zu beeinflussen. Auch der Bundestag erfüllt damit eine ihm nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG obliegende Verfassungspflicht. Im übrigen ist zu erwarten, daß sich auch der Bundesrat des Subsidiaritätsprinzips besonders annehmen wird" 7 7 0
Aus dem grundgesetzlichen Subsidiaritätsgrundsatz erwächst demnach die Pflicht der bei der Setzung von Sekundärrecht „in Bereichen nicht ausschließlicher Zuständigkeit" (Art. 3 b Π EGV) beteiligten Staatsorgane Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat, die Praxis des Rates der Europäischen Union im Sinne des gemeinschaftsrechtlichen Subsidiaritätsprinzips, Art. 3 b II EGV, zu beeinflussen. Wie gezeigt werden konnte, bewirkt das gemeinschaftsrechtliche Subsidiaritätsprinzip jedoch keinen unmittelbaren Schutz der Kommunen.771 Aus dem Zitat des Bundesverfassungsgerichts kann gleichwohl nicht geschlossen werden, daß das Gericht einen Schutz der kommunalen Selbstverwaltung durch den Grundsatz der Subsidiarität verneint. Lediglich zu der das Demokratieprinzip gemäß Artt. 20, 79ΙΠ GG wahrenden Bedeutung des Grundsatzes der Subsidiarität in Art. 23 I 1 GG hat das Gericht Stellung genommen, ohne damit abschließend die Normfunktionen dargelegt zu haben, die der Grundsatz der Subsidiarität in Art. 23 11 GG zum Schutz anderer Verfassungspositionen des Grundgesetzes entfalten kann. 772 Die Ansicht des Bundesverfassungsgerichts steht somit nicht im Widerspruch zu dem hier entwickelten Verständnis, daß aus dem Grundsatz der Subsidiarität gemäß Art. 23 I 1 GG die Verfassungspflicht erwächst, bei der Mitwirkung an Rechtsetzungsakten der Europäischen Union den Erhalt des
768 BVerfGE 89, 155 [207] = EuGRZ 1993,429 [444] unter C. II. 3. vor a). 769 BVerfGE 89, 155 [182 ff.] = EuGRZ 1993, 429 [437 ff.] unter C. I. 770 BVerfGE 89, 155 [211 f.] = EuGRZ 1993,429 [445 f.] unter C. II. 3. c). 771 Siehe oben, 4. Teil, unter D. I. 1. 772 Vgl. auch die Ausführungen oben, 4. Teil, D. I. 2. c).
F. Normative Auswirkungen des Grundsatzes der Subsidiarität
223
Kernbereichs der Selbstverwaltungsgarantie sowie der Institutionen „Gemeinden" und „Gemeindeverbände" zu gewährleisten.
cc) Die Gesetzgebung von Bund und Ländern zur Umsetzung umsetzungsbedürftigen Gemeinschaftsrechts in innerstaatliches Recht (Art. 2311 GG) Unter den weiten Wortlaut der „Mitwirkung der Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union" gemäß Art. 23 I 1 GG ist weiterhin die Gesetzgebung des Bundes und der Länder zu fassen, die Richtlinien gemäß Art. 189 ΠΙ EGV umsetzt773 oder Handlungsgebote ausführt, welche primärrechtliche Bestimmungen oder Verordnungen gemäß Art. 189 Π EGV enthalten.774 Denn die Entwicklung der Europäischen Union, die über keine eigenen Organe zur Ausführung unvollkommenen Gemeinschaftsrechts verfügt, sondern auf den Vollzug durch die zuständigen mitgliedstaatlichen Organe angewiesen ist, 775 ist in der Bundesrepublik Deutschland ohne die Umsetzungsgesetzgebung von Bund und Ländern nicht vorstellbar. Die Umsetzungsgesetzgebung ist demzufolge an die verfassungsrechtlichen Vorgaben gebunden, die der Grundsatz der Subsidiarität für die deutsche Mitwirkung bei der Entwicklung der Europäischen Union gemäß Art. 23 11 GG aufstellt. Die an der Umsetzungsgesetzgebung in Bund und Ländern beteiligten Staatsorgane der Bundesrepublik Deutschland haben nach Art. 2311 GG zu gewährleisten, daß das jeweilige Gesetz weder den Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie der Kommunen gemäß Art. 28 I I GG verletzt, noch die Institutionen „Gemeinden" oder „Gemeindeverbände" beseitigt. Ein Umsetzungsgesetz, das diesen Anforderungen nicht genügt, ist insoweit verfassungswidrig.
dd) Der unmittelbare Vollzug des Gemeinschaftsrechts (Art. 23 11 GG) Eine wichtige Form der deutschen „Mitwirkung bei der Entwicklung der Europäischen Union" gemäß Art. 23 I 1 GG ist schließlich der Vollzug unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrechts durch die zuständigen Organe im Staatsaufbau der Bundesrepublik Deutschland.776 Auch hier gilt, daß die Entwicklung der Euro773 Rengeling, DVB1. 1995,945 [949]. 774 Vgl. Jarass-Pieroth'Jarass, Art. 23, Rz. 15; zu den Formen des mittelbaren Vollzugs des Gemeinschaftsrechts durch die Mitgliedstaaten siehe die Nachweise oben, 2. Teil, unter A. III.2. 775 Siehe oben, 2. Teil, unter A. III., vor Ziff. 1. 776 Vgl. Jarass-Pieroth-Jai&ss, Art. 23, Rz. 15; zum unmittelbaren Vollzug des Gemeinschaftsrechts durch die Kommunen in der Bundesrepublik Deutschland siehe oben, 2. Teil, unter A. III. 1.
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4. Teil: Verfassungsposition nach Einfügung des Grundsatzes der Subsidiarität
päischen Union, die über keine eigenen Organe zur Ausführung des Gemeinschaftsrechts verfügt, sondern auf den Vollzug durch die zuständigen mitgliedstaatlichen Organe angewiesen ist, 777 in der Bundesrepublik Deutschland ohne das Tätigwerden der jeweils zuständigen staatlichen Stellen, insbesondere der Kommunen, unvorstellbar wäre. Beim unmittelbaren Vollzug von Gemeinschaftsrecht wirken die Kommunen somit i.S. von Art. 23 I 1 GG bei der Entwicklung der Europäischen Union mit, die dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet ist.
b) Die Verfassungsposition der Kommunen nach Art. 28 II GG absolute Integrations schranke der Bundesrepublik Deutschland bei der Mitwirkung an der Entwicklung der Europäischen Union gemäß Art. 2311 GG? Nach den vorstehenden Ausführungen zu der aus dem Grundsatz der Subsidiarität gemäß Art. 23 11 GG fließenden Verfassungspflicht, die institutionelle Rechtssubjektsgarantie und die Rechtsinstitutionsgarantie nach Art. 28 II GG bei den zahlreichen Formen der Mitwirkung an der Entwicklung der Europäischen Union zu schützen, liegt der Schluß nahe, daß damit die Verfassungsposition der Kommunen gegenüber der Rechtslage vor Einfügung von Art. 23 G G 7 7 8 in das Grundgesetz erheblich aufgewertet worden ist, die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung insoweit integrationsfest geworden sein könnte.
aa) Die Problemstellung Alleine aus dem Bestehen verfassungsrechtlich angeordneter Gewährleistungspflichten für eine bestimmte Verfassungsposition (ζ. B. die Selbstverwaltungsgarantie gemäß Art. 28 I I GG) auf die Integrationsfestigkeit der Verfassungsposition zu schließen, griffe jedoch zu kurz. Unberücksichtigt bliebe damit die - durch die Einfügung von Art. 23 GG in das Grundgesetz nicht in Frage gestellte - Entscheidung des Grundgesetzes für die offene Staatlichkeit779, die, wie auch schon vor der Einfügung von Art. 23 GG in das Grundgesetz, in der Präambel des Grundgesetzes („gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa") und nun ausdrücklich in der Staatszielbestimmung nach Art. 23 I 1 GG („Mitwirkung der Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union zur Verwirklichung eines vereinten Europas") 780 ihren objektiv-rechtlichen Niederschlag findet. Denn 777 siehe oben, 2. Teil, unter A. III., vor Ziff. 1. 778 Dazu oben, im 3. Teil. 779 Dazu oben, Einführung, B., Fn. 28. 780 Zur Staatszielqualität dieser Aussage des Art. 23 I 1 GG vgl. die Nachweise aus der Literatur oben, 4. Teil, C., vor I., in Fn. 123, und der Entstehungsgeschichte oben, 4. Teil, C. I., in Fn. 125.
F. Normative Auswirkungen des Grundsatzes der Subsidiarität
225
eine wesentliche Folge des Bekenntnisses zur offenen Staatlichkeit ist gerade, daß die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland bereit ist, ihren Ausschließlichkeitsanspruch innerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes zugunsten der Geltung von Recht fremden Ursprungs, insbesondere gemeinschaftsrechtlichen Ursprungs, zurückzunehmen.781 Recht, das die zuständigen Gemeinschaftsorgane setzen und das die zuständigen deutschen Verfassungsorgane nach dem Recht des Grundgesetzes nicht setzen könnten, kann gleichwohl unmittelbar in der Bundesrepublik Deutschland gelten und anzuwenden sein. 782 Das Bekenntnis des Grundgesetzes zur offenen Staatlichkeit erlaubt, daß Gemeinschaftsrecht im Kollisionsfall mit entgegenstehendem deutschem Recht vorrangig angewendet wird und daß das betreffende deutsche Recht unberücksichtigt bleibt. 783 Entscheidend für die Bewertung der Verfassungsposition der Kommunen nach Einfügung von Art. 23 I 1 GG in das Grundgesetz ist damit, ob sich die aus dem Grundsatz der Subsidiarität ergebende Verfassungspflicht zur Gewährleistung der genannten Elemente der Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 I I GG bei jeder Mitwirkung an der Entwicklung der Europäischen Union gegenüber der Offenheit des Grundgesetzes für die Geltung des Anwendungsvorranges von Gemeinschaftsrecht gegenüber deutschem Recht durchsetzt. Fraglich ist, ob die Bereitschaft des Grundgesetzes zur Geltung des Anwendungsvorranges, die bis zur Einfügung von Art. 23 I 1 GG in das Grundgesetz nur unter dem absoluten Vorbehalt der Unantastbarkeitsgarantie des Art. 79 ΠΙ GG stand,784 durch den Grundsatz der Subsidiarität gemäß Art. 23 I 1 GG einem weiteren, außerhalb von Art. 79 ΠΙ GG positivierten 785, absoluten Verfassungsvorbehalt unterworfen wird. Von der Beantwortung der Frage hängt beispielsweise ab, ob ein Gesetz des Bundes zur Umsetzung einer Gemeinschaftsrichtlinie, die zwingend einen Eingriff in die institutionelle Rechtssubjektsgarantie oder die Rechtsinstitutionsgarantie der Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Π GG verlangt, 786 unmittelbar in der Bundesrepublik Deutschland geltendes und anwendbares Recht begründet, obwohl der Bund, indem er damit der gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtung nach Art. 189 ΠΙ EGV nachkommt, gegen die aus dem Grundsatz der Subsidiarität abgeleitete Verfassungspflicht verstößt, bei Mitwirkungen an der Entwicklung der Europäischen Union zu gewährleisten, daß die institutionelle Rechtssubjektsgarantie und die Rechtsinstitutionsgarantie der Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Π GG erhalten bleibt. Von der Begründung einer absoluten Integrationsschranke im Grundsatz 781 Dazu oben, 2. Teil, Α. I. 782 BVerfGE 37, 271 [279] unter Β. I. 3. 783 Dazu oben, 2. Teil, Α. II. 784 Dazu oben, 3. Teil, insbesondere unter C. 785 Nachweise zur Nichtzugehörigkeit des Grundsatzes der Subsidiarität zum Unantastbarkeitskatalog des Art. 79 ΙΠ GG oben, 4. Teil, D. I. 3. b) aa), in Fn. 353 f. 786 Zum Aufleben grundgesetzlicher Rechtmäßigkeitsanforderungen bei Gestaltungsspielräumen, die das Gemeinschaftsrecht für seinen mittelbaren Vollzug den Mitgliedstaaten einräumt, vgl. oben, 2. Teil, Β. II. 2. IS Hübner
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4. Teil: Verfassungsposition nach Einfügung des Grundsatzes der Subsidiarität
der Subsidiarität nach Art. 23 I 1 GG hängt weiterhin ab, ob Zustimmungsgesetze zu den europäischen Verträgen gemäß Art. 23 I 2 GG die Geltung des Anwendungsvorranges innerhalb der deutschen Rechtsordnung nur soweit einräumen, daß die Verwirklichung des Staatszieles „Grundsatz der Subsidiarität" gewährleistet bleibt.
bb) Die Meinungen in der Entstehungsgeschichte zu Art. 23 GG und in der Literatur Den Materialien der Entstehungsgeschichte zu Art. 23 I 1 GG ist zu entnehmen, daß die gesetzgebenden Organe die Struktursicherungsklausel des Art. 23 I 1 GG, die den Grundsatz der Subsidiarität enthält, als „Grenzbestimmung für die deutsche Mitwirkung an der Entwicklung der Europäischen Union" verstanden.787 An der Qualität der Struktursicherungsklausel als absolute Schranke für die deutsche Mitwirkung an der Entwicklung der Europäischen Union ließ die Gemeinsame Verfassungskommission keinen Zweifel. So formulierte Schnoor zur Bedeutung der Struktursicherungsklausel: „Die Staatszielbestimmung sichert [ . . . ] wesentliche Strukturen unserer Verfassungsordnung vor ihrer Aushöhlung im europäischen Einigungsprozeß."788 „In der Struktursicherungsklausel [ . . . ] liegt [ . . . ] eine Sicherung für die innerstaatliche Struktur der Bundesrepublik Deutschland"789, betonte Möller. Nach dem Willen der gesetzgebenden Organe sollte mit dem Grundsatz der Subsidiarität in Art. 23 I 1 GG folglich eine Struktursicherung getroffen werden, die durch keine Regelung des Integrationsrechts überspielt werden können sollte. Auf den „negativ-grenzziehenden" Charakter der Strukturklausel weist, den entstehungsgeschichtlichen Äußerungen folgend, auch die Literatur hin. 790 Die Rede ist von „absoluten Schranken der nun in Art. 23 I 2 GG enthaltenen Integrationsgewalt". 791 787 Beschlußempfehlung und Bericht des Sonderausschusses „Europäische Union (Vertrag von Maastricht)", BT-Drucks. 12/3896, S. 17 f.; ähnlich die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drucks. 12/3338, S. 6; vgl. auch die Ausführungen oben, 4. Teil, C. I. 7 «8 Stenographischer Bericht der 8. Sitzung der GVK am 26. Juni 1992, S. 6. 7 *9 Stenographischer Bericht der 8. Sitzung der GVK am 26. Juni 1992, S. 4. 7 *> Von Münch/Kunig-Rojahn, Art. 23, Rz. 17. Unklar Schede, S. 58 („Grenzziehung") und S. 65 („vornehmlich deklaratorische Bedeutung"). 791
Commichau, S. 52, 54, im Anschluß an Α/αΜπζ/Dwng-Randelzhofer, Art. 24 Abs. I, Rz. 202; ähnlich Götz, JZ 1993, 1081 [1082]; Rengeling, DVB1. 1995, 945 [949]; Sommermann, DÖV 1994, 596 [603]; bezogen auf den Grundsatz der Subsidiarität von ZimmermannWienhues, S. 173 ff.; von Münch/Kunig-Rojdhn, Art. 23, Rz. 33; Schachtschneider, in: Blomeyer/ders. (Hrsg.), Die Europäische Union als Rechtsgemeinschaft, S. 91; Scholz, NJW 1992, 2593 [2599]; Weber, in: Klein (Hrsg.), FS Benda, S. 439 f.; bezogen auf Grundrechte Nettesheim, NJW 1995, 2083 [2084].
F. Normative Auswirkungen des Grundsatzes der Subsidiarität
227
cc) Sinn und Zweck der Struktursicherungsklausel Die Auslegung der Struktursicherungsklausel in Art. 23 11 GG nach ihrem Sinn und Zweck bestätigt die vorstehend dargelegte allgemeine Ansicht, die in den Strukturelementen des Art. 23 I 1 GG absolute Schranken der Integrationsgewalt erkennt. Denn die Geltung des Anwendungsvorranges von Gemeinschaftsrecht vor deutschem Recht und die unmittelbare Wirkung bestimmter gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen innerhalb der deutschen Rechtsordnung beruhen auf dem Zustimmungsgesetz zu den entsprechenden gemeinschaftsrechtlichen Regelungen, das sich im grundgesetzlich gesteckten Rahmen der Integrationsermächtigung gemäß Art. 23 I 2 i.V. mit 1 GG halten muß. 792 Hängt die Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts im Geltungsbereich des Grundgesetzes aber davon ab, daß das Grundgesetz seinen Ausschließlichkeitsanspruch für die Regelung der Rechtsordnung im Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland zurücknimmt, so kann diese Zurücknahme der Eigenstaatlichkeit auch eingeschränkt werden. 793 Dies ist mit der Positivierung eines Kataloges von Staatsstrukturen, denen eine Europäische Union verpflichtet sein muß, an deren Entwicklung die Bundesrepublik Deutschland mitwirkt, in Art. 23 11 GG geschehen. Nur „hierzu", d. h. im Rahmen dieser Strukturvorbehalte, kann der Bund gemäß Art. 23 12 GG „durch Gesetz mit Zustimmung des Bundesrates Hoheitsrechte übertragen." Weitere absolut unverzichtbare Wesensheiten der deutschen Staatlichkeit behält Art. 23 I GG in Satz 3 unter Verweis auf Art. 79 III GG für den Fortgang der Integration der Bundesrepublik Deutschland innerhalb der Europäischen Union vor. 794 Zweifel an der verfassungskräftigen Rechtsverbindlichkeit der Struktursicherungsklausel können angesichts der Entschlossenheit des Gesetzgebers, absolute Schranken der Integrationsgewalt in Art. 23 I 1 GG zu positivieren, die in einem detaillierten Strukturkatalog ihren objektiv-rechtlichen Niederschlag gefunden hat, nicht entstehen.795 Auch das Bundesverfassungsgericht spricht im Zusammenhang mit dem Grundsatz der Subsidiarität nach Art. 23 I 1 GG von einer Verfassungspflicht, die die Bundesregierung, der Bundestag und der Bundesrat zu erfüllen haben. 796 Die teleologische Auslegung der Struktursicherungsklausel in Art. 2311 GG bestätigt somit, daß es sich bei dem Grundsatz der Subsidiarität um eine absolute Grenze des Bekenntnisses des Grundgesetzes zur offenen Staatlichkeit handelt.
792 Siehe oben, 2. Teil, A. I., II. 793 Vgl. die Nachweise bei Bleckmann, Europarecht, Rzn. 1081 ff. 794 Zu diesem Nebeneinander materieller Vorgaben für die Übertragung von Hoheitsrechten gemäß Art. 2312 GG Sachs-Streinz, Art. 23, Rz. 68. 795 Zur Rechtsverbindlichkeit der Strukturklausel in Art. 23 I 1 GG ausführlich oben, 4. Teil, C. II. 2. 796 BVerfGE 89, 155 [211 f.] = EuGRZ 1993,429 [445 f.] unter C. II. 3. c) 15*
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4. Teil: Verfassungsposition nach Einfügung des Grundsatzes der Subsidiarität
dd) Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Maastricht-Urteil Im Grundsatz der Subsidiarität gemäß Art. 23 11 GG eine absolute Integrationsschranke zu erkennen, entspricht weiterhin dem Verständnis der mitgliedstaatlichen Stellung der Bundesrepublik Deutschland innerhalb der Europäischen Union, wie es das Bundesverfassungsgericht in seinem Maastricht-Urteil entwickelt hat. In Fortführung seiner ständigen Rechtsprechung weist das Gericht darauf hin, daß „Geltung und Anwendung von Europarecht in Deutschland [ . . . ] von dem Rechtsanwendungsbefehl des Zustimmungsgesetzes ab(hängen)."797 Das Gericht zieht daraus den Schluß, daß die Bundesrepublik Deutschland ihre Zugehörigkeit zu dem Staatenverbund, als der sich die Europäische Union darstellt, „letztlich durch einen gegenläufigen Akt wieder aufheben" kann. 798 Als ein Minus gegenüber diesem allerletzten Schritt der Integrationsverweigerung und somit erst recht als im Rahmen der Gestaltungsmöglichkeiten der Bundesrepublik Deutschland liegend stellt sich die Aufstellung einer Strukturklausel dar, in der essentielle Strukturentscheidungen der Disposition fortschreitender Integration absolut entzogen werden.
ee) Positivierung neuer Integrationsschranken als Ausdruck einer Integrationsfeindlichkeit des Grundgesetzes? Ein Hinderungsgrund, in der Strukturklausel des Art. 23 I 1 GG und somit im Grundsatz der Subsidiarität einen verfassungskräftigen Integrationsvorbehalt zu erblicken, könnte schließlich in der sich damit abzeichnenden Reserve des Mitgliedstaates Bundesrepublik Deutschland vor weiteren Integrationsschritten gesehen werden. Die Aufstellung von absolut unantastbaren Verfassungsentscheidungen, so könnte argumentiert werden, könnte die Idee einer supranationalen Integrationsgemeinschaft in Frage stellen.799 Bei näherer Betrachtung erweist sich eine solche Argumentation gegen die Annahme absoluter Integrationsgrenzen im Grundsatz der Subsidiarität nach Art. 23 11 GG als unbegründet. Zum einen anerkennt das Recht der Europäischen Union ausdrücklich die Identität ihrer Mitgliedstaaten. So ist es in Art. F Abs. 1 EUV in der (noch) geltenden Fassung niedergelegt. Die Änderung des Unionsvertrages in dieser Bestimmung durch den Vertrag von Amsterdam bestätigt dieses Selbstverständnis der Europäi797 BVerfGE 89,155 [190] = EuGRZ 1993,429 [439 r. Sp.] unter C. II. 1. a). 798 BVerfG, a. a. O.; i.d. Sinn („Mitgliedstaaten Herren der Verträge") bereits BVerfGE 75, 223 [242] = EuGRZ 1988, 113 [119] unter Β. I. d) bb); dazu Mosler, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdBStR Vn, § 175, Rz. 24; Heintzen, AöR 119 (1994), 564 [578 ff.]. 799 Vgl. Henrichs, DÖV 1994, 368 [373] („Reduzierung des Unionsrechts in seinen Randzonen zu einer unberechenbaren Größe mit - je nach Verfassungsausstrahlung - unterschiedlichen Geltungsräumen").
F. Normative Auswirkungen des Grundsatzes der Subsidiarität
229
sehen Union mit Art. F Abs. 3 EUV. Danach „achtet (die Union) die nationale Identität ihrer Mitgliedstaaten."800 Zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union besteht demnach Konsens darüber, daß die identitätsstiftenden Grundstrukturen jedes einzelnen Mitgliedstaates durch das Europarecht nicht in Frage gestellt sind. Zum anderen ist gegenüber der Befürchtung, daß die nachträgliche Positivierung identitätsstiftender Verfassungsstrukturen von der unionsrechtlichen Anerkennung der mitgliedstaatlichen Identität nicht gedeckt sein könnten, auf die Prinzipienhaftigkeit des Vorbehalts hinzuweisen, der mit dem Grundsatz der Subsidiarität in Art. 23 11 GG zum Ausdruck kommt. Wie gezeigt werden konnte, ist die Normativitätsdichte der Strukturklausel und dementsprechend des Grundsatzes der Subsidiarität in Art. 23 I 1 GG aufgrund der Zugehörigkeit zur Normkategorie „Staatszielbestimmung" gering. 801 Der absolute Schutz der Selbstverwaltungsgarantie der Kommunen nach Art. 28 II GG, den der Grundsatz der Subsidiarität nach Art. 23 I 1 GG im beschriebenen Umfang leistet, beschränkt sich auf einen Schutz des Wesengehaltes des Selbstverwaltungsrechts sowie den Erhalt der Institutionen „Gemeinden" und „Gemeindeverbände" als solche - Verfassungspositionen, die nach dem derzeitigen und bis auf weiteres absehbaren Stand der Integration ohnehin nicht Ingerenzen des Gemeinschaftsrechts ausgesetzt sind. 802 Schließlich ist auf die klarstellende Bedeutung der Strukturklausel in Art. 23 I 1 GG hinzuweisen, die nicht nur für die Bundesrepublik Deutschland selbst die Ungewißheit beseitigt, welche Grundentscheidungen der Staatlichkeit im weiteren Verlauf des Integrationsprozesses zu beachten sind, sondern auch für die Europäische Union und die anderen Mitgliedstaaten voraussehbar werden läßt, wo die Grenzen der grundsätzlichen deutschen Bereitschaft, an der Entwicklung der Europäischen Union mitzuwirken, liegen - ein Gewinn an Berechenbarkeit, der insbesondere für die Europäische Union im Interesse einer effektiven Ausschöpfung ihrer Kompetenzen nicht zu unterschätzen ist.
c) Schlußfolgerungen Bei allen Formen der Mitwirkung bei der Entwicklung der Europäischen Union gemäß Art. 23 I 1 GG sind die Staatsorgane der Bundesrepublik Deutschland aus dem Grundsatz der Subsidiarität verfassungskräftig verpflichtet, den Erhalt des eoo ABl. EG Nr. C 340 vom 10. November 1997, S. 8, Ziff. 8. eoi Zu Art und Umfang der Normativität der Strukturklausel in Art. 23 I 1 GG siehe oben, 4. Teil, C. III. 802 siehe dazu den 2. Teil, Β. II.; so zur gesamten Strukturklausel des Art. 23 11 GG auch die Einschätzung Schmidt-Jortzigs, Rede „Europäische Perspektiven im Spannungsfeld von Integration und Nationalstaatlichkeit", abgedruckt in: Bull BReg 81 /19%, 874 [ebda.] (»juristische Grenzen [schränken] viel weniger ein, als manche glauben; auf absehbare Zukunft [ . . . ] in den verfassungsrechtlichen Vorgaben keine Grenzen der Integration").
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4. Teil: Verfassungsposition nach Einfügung des Grundsatzes der Subsidiarität
Kernbereichs der Selbstverwaltungsgarantie und der Institutionen „Gemeinden" und „Gemeindeverbände", mithin die institutionelle Rechtssubjektsgarantie und die objektive Rechtsinstitutionsgarantie der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung nach Art. 28 II GG, zu gewährleisten.803 Diese Verfassungspflicht wird nicht überlagert durch den - vom deutschen Zustimmungsgesetz gemäß Art. 23 I 2 GG erteilten - Rechtsanwendungsbefehl zur Geltung des - gemeinschaftsrechtlich begründeten804 - Anwendungsvorranges von Gemeinschaftsrecht gegenüber dem deutschen Recht und zur unmittelbaren Wirkung von Gemeinschaftsrecht innerhalb der Rechtsordnung des Grundgesetzes.805 Vielmehr bedeutet die aus dem Grundsatz der Subsidiarität gemäß Art. 23 I 1 GG folgende Gewährleistungspflicht eine absolute Schranke der Integrationsermächtigung nach Art. 2312 GG. Für die Feststellung der normativen Auswirkungen dieser absoluten Integrationsschranke auf die Verfassungsposition der Kommunen ist zu unterscheiden zwischen der Fallkonstellation, daß das Vertragsrecht selbst, zu dem das Zustimmungsgesetz auf der Grundlage von Art. 23 I 2 i.V. mit 1 GG ergeht, den Eingriff in die vom Grundsatz der Subsidiarität nach Art. 23 I 1 GG geschützten Garantiegehalte nach Art. 28 I I GG anordnet, und der Fallkonstellation, daß das Vertragsrecht diese Eingriffe zwar nicht selbst anordnet, die Gemeinschaft jedoch Sekundärrecht setzt, das - im übrigen gemeinschaftsrechtmäßig - bei seinem Vollzug innerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes zu einem Einbruch in den vom Grundsatz der Subsidiarität nach Art. 23 I 1 GG absolut geschützten Bereich führen würde. Ordnet Vertragsrecht, zu dem das deutsche Zustimmungsgesetz auf der Grundlage von Art. 23 I 2 GG ergeht, ausdrücklich den Einbruch in die vom Grundsatz der Subsidiarität nach Art. 23 11 GG für unverbrüchlich erklärten Garantiegehalte der Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 I I GG an, so verstoßen die am Zustandekommen des Zustimmungsgesetzes beteiligten deutschen Staatsorgane gegen die Verfassungspflicht aus Art. 23 I 2 i.V. mit 1 GG. Das Zustimmungsgesetz ist insoweit verfassungswidrig. Seine Nichtigerklärung obliegt dem Bundesverfassungsgericht, beispielsweise im Verfahren der Kommunalverfassungsbeschwerde gemäß Art. 931 Nr. 4b GG, §§ 13 Nr. 8a, 91, 95 III 1 BVerfGG. 806 Ordnet hingegen das Vertragsrecht selbst nicht den Eingriff in die vom Grundsatz der Subsidiarität nach Art. 23 11 GG für unverbrüchlich erklärten Garantiegehalte der Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Π GG an, ergeht aber gleichwohl Sekundärrecht, dessen Anwendung - sei es, daß es unmittelbar wirkt, wie etwa 803 Dazu vorstehend unter lit. a). 804 Dazu oben, 2. Teil, Α. II. 2. 805 in diesem Sinn zur Auflösung der Kollision zwischen der Verpflichtung zur Umsetzung von Richtlinien gemäß Art. 189 III EGV und Anforderungen aus der Struktursicherungsklausel des Art. 2311 GG Rengeling, DVB1. 1995, 945 [949]. 806 Zur Zulässigkeit einer Kommunalverfassungsbeschwerde siehe unten, unter Ziff. 4.
F. Normative Auswirkungen des Grundsatzes der Subsidiarität
231
Verordnungen gemäß Art. 189 II 2 EGV, sei es, daß es der Umsetzung durch die zuständigen innermitgliedstaatlichen Gesetzgebungsorgane bedarf, wie etwa Richtlinien gemäß Art. 189 III EGV, - zwingend zu einem Einbruch in die integrationsfesten Gehalte der Selbstverwaltungsgarantie führt, so ändert dies zwar nichts an der Verfassungsmäßigkeit des auf der Grundlage von Art. 23 I 2 i.V. mit 1 GG ergangenen Zustimmungsgesetzes zu dem betreffenden Vertragsrecht. 807 Das Zustimmungsgesetz erteilt den Rechtsanwendungsbefehl zur Geltung des Anwendungsvorranges von Gemeinschaftsrecht gegenüber deutschem Recht und zur unmittelbaren Wirkung von Gemeinschaftsrecht innerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes jedoch insoweit nicht, als damit ansonsten ein Eingriff in die institutionelle Rechtssubjektsgarantie oder in die Rechtsinstitutionsgarantie der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung nach Art. 28 II GG einhergehen würde. 808 Das betreffende sekundäre Gemeinschaftsrecht ist von deutschen Staatsorganen insoweit nicht anzuwenden, als es die Gewährleistung der durch Art. 23 I 1 GG aufgestellten absoluten Integrationsschranken erfordert. In diesem Umfang ist durch die Einführung des Grundsatzes der Subsidiarität mit Art. 23 11 GG in das Grundgesetz die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung gemäß Art. 28 Π GG „europafest" geworden. 809 Der Vollständigkeit halber sei im Hinblick auf die Solange-Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - zu den aus der Sicht des Grundgesetzes bei der Übertragung von Hoheitsrechten unverzichtbaren Rechtsprinzipien, die dem Grundrechtsteil des Grundgesetzes zugrundeliegen,810 - darauf hingewiesen, daß die absolute Schranke des Grundsatzes der Subsidiarität auch dann gewahrt wäre, wenn die nach Maßgabe von Art. 28 I I GG bestehenden und vom Subsidiaritätsgrundsatz nach Art. 2311 GG als unverbrüchlich erklärten Garantiegehalte des Selbstverwaltungsrechts zwar zugunsten der Geltung entgegenstehenden Gemeinschaftsrechts überspielt würden, statt dessen aber eine gemeinschaftsrechtliche Selbstverwaltungsgarantie gewährleistet wäre, die den nach Artt. 23 I 1 GG, 28 Π GG verlangten Gewährleistungsgehalten gleichkommt und einen im Ergebnis vergleichbaren Schutz leistet. Ob ein derartiger Schutz der kommunalen Selbstverwaltung im gegenwärtigen Gemeinschaftsrecht bereits angelegt ist, wird in der Literatur vereinzelt angedeutet.811 Die Frage kann jedoch in Fortführung der Rechtsprechung des 807
Vgl. zu diesem gemeinschaftsrechtsschonenden Ansatz bei der Frage des vom Grundgesetz für unverbrüchlich erklärten Grundrechtsschutzes Bleckmann, Europarecht, Rz. 1084, unter Hinweis auf andere Lösungsmöglichkeiten. 8 °8 Dazu vorstehend unter lit. b). 809 Nach von Zimmermann-Wienhues, S. 174 f., ist Art. 28 II 1 GG durch die Einführung von Art. 23 11 GG in das Grundgesetz nur hinsichtlich der institutionellen Rechtssubjektsgarantie „europafest" in dem hier vertretenen Sinn geworden. βίο BVerfGE 37, 271 [280 ff.] unter Β. I. 4.; 52, 187 [202 f.] unter B. 3.; 73, 339 [378 ff.] unter B.II. l . d ) - f ) . en Vgl. nur Martini, Münch/Kunig-LöwcT,
Gemeinden in Europa (1992), S. 224, Thesen 8. - 12.; anders von Art. 28, Rzn. 97 ff.; Stern, in: Wendt u. a. (Hrsg.), FS Friauf, S. 83 ff.
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4. Teil: Verfassungsposition nach Einfügung des Grundsatzes der Subsidiarität
Bundesverfassungsgerichts „solange" dahingestellt bleiben, wie Ingerenzen des Gemeinschaftsrechts in den von Art. 23 I 1 GG absolut geschützten Bereich der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie - so wie es für den gegenwärtigen Stand der Integration festgestellt wurde 812 - auch weiterhin nicht stattfinden.
d) Die Auflösung einer Kollision zwischen grundgesetzlichem (Art. 23 11 GG) und gemeinschaftsrechtlichem (Art. 3 b II EGV) Subsidiaritätsprinzip Das ermittelte Ergebnis der normativen Auswirkungen des Grundsatzes der Subsidiarität gemäß Art. 2311 GG auf die Verfassungsposition der Kommunen erlaubt es schließlich, auf die vereinzelt gestellte, bislang aber - soweit ersichtlich - unbeantwortet gebliebene Frage einzugehen, ob eine gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung von Art. 23 GG oder - bei einer Anwendungskollision des grundgesetzlichen Subsidiaritätsgrundsatzes mit dem gemeinschaftsrechtlichen Subsidiaritätsprinzip - ein Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts vor dem Grundsatz der Subsidiarität nach Art. 2311 GG grundgesetzlich geboten sein kann. 813 Eine Anwendungskollision zwischen dem gemeinschaftsrechtlichen Subsidiaritätsprinzip (Art. 3 b I I EGV) und dem grundgesetzlichen Grundsatz der Subsidiarität in Art. 23 I 1 GG betreffend die Verfassungsposition der Kommunen ist in dem Fall denkbar, daß die Gemeinschaft in Anwendung des Subsidiaritätsprinzips nach Art. 3 b Π EGV in einem Bereich konkurrierender Zuständigkeit in der Weise tätig zu werden beabsichtigt, daß die institutionelle Rechtssubjektsgarantie oder die Rechtsinstitutionsgarantie nach Art. 28 Π GG verletzt würden. Dann kollidiert die Pflicht, alle Maßnahmen zu unterlassen, die diese gemeinschaftliche Kompetenzausübung gefährden könnten (Art. 5 ΙΠ EGV), mit der aus dem grundgesetzlichen Subsidiaritätsgrundsatz nach Art. 23 11 GG (sowie § 10 EUZBLG) folgenden Verpflichtung etwa der Bundesregierung, alles zu unternehmen, um gegen den Bestand derartigen sekundären Gemeinschaftsrechts vorzugehen, falls ansonsten der Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie oder die institutionale Rechtssubjektsgarantie nach Art. 28 Π GG verletzt würden. Grundsätzlich gilt nach dem Zustimmungsgesetz auf der Ermächtigungsgrundlage von Art. 23 I GG der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts vor jeglichem kollidierenden deutschen Recht. Da in dem beschriebenen Fall die Geltung des Anwendungsvorranges jedoch die absolute Integrationsschranke durchbräche, 812 Vgl. das Ergebnis des 2. Teils, unter C., mit den oben, 4. Teil, F. II. 1. und 2., festgestellten, vom Grundsatz der Subsidiarität gemäß Art. 23 11 GG geschützten Ausschnitten der Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 II GG. 813 Vgl. die Frage der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung von Art. 23 GG bei Nettesheim, Auslegung und Fortbildung nationalen Rechts im Lichte des Gemeinschaftsrechts, AöR 119 (1994), 261 [278 f.]. Die Frage des Vorrangs bei einer Normkollision zwischen Art. 3 b Π EGV und Art. 23 11 GG stellt Henrichs, DÖV 1994, 368 [373], in Fn. 42.
F. Normative Auswirkungen des Grundsatzes der Subsidiarität
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die der Grundsatz der Subsidiarität in Art. 23 I 1 GG zugunsten der betroffenen Garantiegehalte der Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Π GG aufstellt, setzt sich die Pflicht der Bundesregierung zur Gewährleistung der betroffenen Garantiegehalte der Selbstverwaltungsgarantie gegenüber der Beachtung des Subsidiaritätsprinzips nach Art. 3 b I I EGV von Grundgesetzes wegen durch. Anderes anzunehmen, würde die grenzbestimmende Funktion der Struktursicherungsklausel in Art. 23 I 1 GG ad absurdum führen. Es läge in den Händen der Gemeinschaft, die Grenzen der Integrationsbereitschaft des Grundgesetzes, die Art. 23 11 GG mit der Strukturklausel, insbesondere dem Grundsatz der Subsidiarität, markiert, zu bestimmen.814 Ein derartiger Integrationsstand, nach dem die Europäische Union nicht nur über die begrenzten Einzelermächtigungen verfügt, die ihr von den Mitgliedstaaten übertragen worden sind, sondern umgekehrt die Kompetenz hat, den Umfang der ihr von den Mitgliedstaaten übertragenen Hoheitsrechte bis hin zum Einbruch in jenen Kernbereich identitätsprägender Staatsstrukturen zu bestimmen, den ein Mitgliedstaat für seine Mitwirkung an der Europäischen Union ausdrücklich voraussetzt, ist in der Europäischen Union in ihrer gegenwärtigen Gestalt (noch) nicht erreicht. Zutreffend stellt Suerbaum fest, daß das Vertragsrecht der Europäischen Union in der Bundesrepublik Deutschland nur im Rahmen von Art. 23 I GG gilt und nicht umgekehrt die Strukturmerkmale des Art. 23 I GG am Maßstab der entsprechenden Strukturprinzipien des Gemeinschaftsrechts auszulegen sind. 815
4. Ausblick: Die prozessuale Durchsetzung der objektivrechtlichen Auswirkungen des Grundsatzes der Subsidiarität auf die Verfassungsposition der Kommunen816 Vor dem Hintergrund der ermittelten Auswirkungen des Grundsatzes der Subsidiarität nach Art. 23 I 1 GG auf die Verfassungsposition der Kommunen erscheint es nicht erforderlich, Fragen der prozessualen Durchsetzung dieser objektiv-rechtlichen Verfassungsposition im einzelnen nachzugehen. Es ist nicht zu verkennen, daß die objektiv-rechtliche Munierung von Ausschnitten der Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Π GG durch den Grundsatz der Subsidiarität nur Extremfalle einer Ingerenz des Gemeinschaftsrechts betrifft. Erwähnung verdient hingegen die Verfassungsbeschwerde der Gemeinde Goldenstedt gegen das Zustimmungsgesetz zum Vertrag über die Europäische Union, die durch den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 29. 10. 1993 nicht zur 814 Vgl. zu diesen Bedenken gegen die Richtigkeit der Identitätsthese oben, 4. Teil, unter D.I. 3. c). su Suerbaum, S. 53. 816 Vgl. zum Rechtsschutz der Kommunen in der Europäischen Union den gleichnamigen Aufriß bei Gern, NVwZ 1996, S. 532-534.
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4. Teil: Verfassungsposition nach Einfügung des Grundsatzes der Subsidiarität
Entscheidung angenommen wurde. 817 Die Entscheidung belegt, daß nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts rügefähige Verletzungen der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie durch europäisches Vertragsrecht nicht von vorne herein ausscheiden, Kommunen vielmehr grundsätzlich der Weg einer Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 I Nr. 4 b) GG, §§ 13 Nr. 8a, 91 BVerfGG gegen deutsche Zustimmungsgesetze zu den europäischen Verträgen offensteht. Der Goldenstedt-Beschluß führt damit die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts fort, der zufolge Beschwerdegegenstand einer Kommunalverfassungsbeschwerde das „Gesetz" i.S. von Art. 93 Nr. 4 b) GG - jede Rechtsnorm des Bundes- oder Landesrechts sein kann, die Außen Wirkung gegenüber Kommunen entfaltet. 818 Mit einer Verfassungsbeschwerde können sich Kommunen somit nicht nur gegen Gesetzerichten,mit denen Bund oder Länder der Verpflichtung zur Umsetzung umsetzungsbedürftigen Gemeinschaftsrechts in die mitgliedstaatliche Rechtsordnung, beispielsweise Richtlinien gemäß Art. 189 ΙΠ EGV, nachkommen.819 Möglicher Beschwerdegegenstand ist auch ein Zustimmungsgesetz nach Art. 23 I 2 GG, das in seinen Wirkungen, wie Art. 23 I 3 GG i.V. mit Art. 79 ΙΠ GG zeigt, einem verfassungsändernden Gesetz entsprechen kann. Die Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde begründet das Bundesverfassungsgericht im Goldenstedt-Beschluß damit, daß „die Beschwerdeführerin nicht hinreichend substantiiert dargelegt hat, daß eine Verletzung ihres Rechts auf Selbstverwaltung nach Art. 28 GG durch das Zustimmungsgesetz möglich erscheint. [ . . . ] Die Verfassungsbeschwerde läßt nicht erkennen, aus welchen Bestimmungen des Vertrages über die Europäische Union sich eine Verletzung des Selbstverwaltungsrechts der Beschwerdeführerin ergeben könnte".820
Der den Nichtannahmebeschluß tragende Entscheidungsgrund ist danach der Mangel der nach § 91 S. 1 BVerfGG erforderlichen Beschwerdebefugnis der Gemeinde Goldenstedt, d. h. der Behauptung, in dem Recht auf kommunale Selbstverwaltung gemäß Art. 28 I I GG durch das angegriffene Zustimmungsgesetz verletzt zu sein. Zutreffend und in Übereinstimmung mit der Lehre der Staatszielbestimmungen geht das Bundesverfassungsgericht nicht darauf ein, ob das durch das Zustimmungsgesetz möglicherweise verletzte Recht der Gemeinde Goldenstedt nicht in der Staatszielbestimmung „Grundsatz der Subsidiarität" gemäß Art. 23 I 1 GG liegen könnte. Denn aus Staatszielbestimmungen erwachsen keine subjektiven Rechte.821 Staatszielbestimmungen wie der Grundsatz der Subsidiarität gemäß 817
(Unveröffentlichter) Beschluß der 3. Kammer des Zweiten Senats im Verfahren 2 BvR 2203/93 durch die Richter Klein, Kirchhof und die Richterin Graßhof «w BVerfGE 76, 107 [114] unter Β. II. 1. m. w. N.; zurückgehend auf BVerfGE 26, 228 [236] unter Β. I. 1.; vgl. weiterhin Umbach/Clemens-Clemens, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, § 91, Rzn. 21 ff. 819 Zum mittelbaren Vollzug des Gemeinschaftsrechts siehe oben. 2. Teil, A. III. 2. S20 Seite 2, Sätze 1 und 4 des (unveröffentlichten) Beschlusses vom 29. 10. 1993 im Verfahren 2 BvR 2203/93.
F. Normative Auswirkungen des Grundsatzes der Subsidiarität
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Art. 23 11 GG vermögen allerdings bestehende subjektiv-rechtliche Rechtspositionen wie etwa die subjektive Rechtstellungsgarantie aus Art. 28 Π G G 8 2 2 anzureichern, wie die Ausstrahlungswirkung beispielsweise des Sozialstaatsgebotes nach Art. 20 I GG zeigt, welches den Grundrechtsschutz nach Art. 1 Abs. 1 GG dahin konkretisiert, daß der Staat das Existenzminimum für ein menschenwürdiges Dasein gewährleisten muß. 823 Der Goldenstedt-Beschluß des Bundesverfassungsgerichts kann nicht, wie jedoch teilweise angenommen wird, 824 als Beleg für die Überzeugung des Gerichts angeführt werden, daß die kommunale Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Π GG schlechthin, d. h. auch in dem vorliegend verneinten Vorfeldschutz des Kernbereichs825, „europafest" geworden sei. Zutreffend ist, daß das Bundesverfassungsgericht zur Rüge der Verletzung des Selbstverwaltungsrechts durch das Zustimmungsgesetz zum Vertrag von Maastricht ausführt: „Zwar sichert Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG den Gemeinden einen Aufgabenbereich, der grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfaßt [ . . . ] . Dieses Recht besteht aber nur „im Rahmen der Gesetze", wobei der Zuständigkeitsverteilende Gesetzgeber allerdings durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gebunden ist (vgl. BVerfGE 79, 127 (143); 83, 363 (382))." 826
Diese Ausführungen sind jedoch keine tragenden Gründe zur Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde. Es handelt sich um obiter dicta, die nicht mehr besagen, als daß eine Verletzung im Recht aus Art. 28 II GG durch ein Zustimmungsgesetz nicht von vorne herein ausgeschlossen ist. Zu der - für die Europafestigkeit der Selbstverwaltungsgarantie entscheidenden - Frage nach den Voraussetzungen und der Reichweite von Schranken, die einem derartigen Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht nach Art. 28 I I GG durch ein Zustimmungsgesetz gezogen sind, mußte das Bundesverfassungsgericht hingegen keine Stellung beziehen. Das Bundesverfassungsgericht stützte die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde, wie erwähnt, bereits auf die nicht hinreichende Substantiierung des Vortrages der Gemeinde Goldenstedt, im Recht auf kommunale Selbstverwaltung überhaupt verletzt zu sein. 821
Allg. Ansicht; vgl. nur Bundesminister des Innern und der Justiz (Hrsg.), Bericht der Sachverständigenkommission Staatszielbestimmungen/Gesetzgebungsaufträge, 1983, Rz. 5; Becker, DVB1. 1995, 713 [717]; Murswiek, NVwZ 1996, 222 [223]; zum Sozialstaatsgebot Stern, Staatsrecht, Bd. 1, S. 916,924; Uhle, JuS 1996,96 [97]. 822 Siehe dazu oben, 2. Teil, unter Β. 1.2. d). 823 Vgl. die Nachweise aus Rechtsprechung und Literatur oben, 4. Teil, C. III. 2. b), in Fn. 204 ff. 824 So ζ. B. von Hoerner, in: Die Gemeinde Schleswig-Holstein 1994, 46 [ebda.]; ähnlich Gern, NVwZ 1996, 532 [534]; unentschieden ders., Deutsches Kommunalrecht, Rz. 109, vor Ziff. 6.2.; zutreffend wie hier hingegen Heberlein, DVB1. 1994, 1213 [1220]; von Zimmermann-Wienhues, S. 174 m. w. N. in Fn. 173. 825
Vgl. oben, 4. Teil, E., zusammengefaßt unter IV. S. 2, Sätze 2 und 3 der Gründe des Nichtannahmebeschlusses im Verfahren 2 BvR 2203/93. 826
236
4. Teil: Verfassungsposition nach Einfügung des Grundsatzes der Subsidiarität
Nach dem hier ermittelten Ergebnis hat eine Verfassungsbeschwerde einer Kommune gegen ein Zustimmungsgesetz zu europäischem Vertragsrecht nur in dem unwahrscheinlichen - Fall Aussicht auf Erfolg, daß anhand von Bestimmungen des Vertrages entweder die Aufhebung der Institutionen „Gemeinden" oder „Gemeindeverbände" oder die Verletzung des Kernbereichs der Selbstverwaltungsgarantie gemäß Art. 28 I I GG infolge der Aufhebung der Allzuständigkeit der Gemeinden zur Regelung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, der Aufhebung der Eigenverantwortlichkeit der Kommunen oder der anderweitigen Aushöhlung der Selbstverwaltungsgarantie schlüssig dargelegt werden kann. Gleiches gilt für eine Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz des Bundes oder der Länder zur Umsetzung umsetzungsbedürftigen Gemeinschaftsrechts, durch welches in die genannten Garantiegehalte des Selbstverwaltungsrechts nach Art. 28 Π GG, die durch den Grundsatz der Subsidiarität in Art. 23 I 1 GG absolut integrationsfest sind, eingegriffen wird. 827
827 Siehe dazu die vorstehenden Schlußfolgerungen unter lit. c).
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse in Thesen 1. Das Recht der Europäischen Gemeinschaft führt in vielfältiger Weise zu Eingriffen in das den Kommunen in der Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 28 Π GG garantierte Recht der kommunalen Selbstverwaltung.1 Eine Verletzung der Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 I I GG ist nicht ausgeschlossen.2 2. Bis zur Einfügung von Art. 23 GG in das Grundgesetz durch das Gesetz vom 21. 12. 1992 bildete die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung nach Art. 28 Π GG keine rechtsverbindliche Grenze für die Übertragung von Hoheitsrechten auf die Europäische Gemeinschaft gemäß Art. 24 I GG. Dem Hoheitsrechte übertragenden Zustimmungsgesetzgeber stand es von Grundgesetzes wegen frei, die Nichtanwendung der in Art. 28 Π GG positivierten Schutzmechanismen für den Fall anzuordnen, daß der Vollzug des Gemeinschaftsrechts zu einer nicht anders auflösbaren Kollision mit der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung führt. 3 3. Der Grundsatz der Subsidiarität in Art. 23 I 1 GG ist nicht identisch mit dem Subsidiaritätsprinzip, das Art. 3 b Π EGV definiert. 4 4. Der Grundsatz der Subsidiarität in Art. 23 I 1 GG setzt das Subsidiaritätskonzept um, für dessen Verwirklichung im Vertrag über die Europäische Union sich die deutschen Länder, der Bundesrat und die Bundesregierung im Vorfeld des Maastrichter Vertragschlusses vom 7. Februar 1992 nachdrücklich eingesetzt haben.5 5. Art. 23 I 1 GG enthält mit der Verpflichtung der Europäischen Union auf den Grundsatz der Subsidiarität eine Staatszielbestimmung.6 6. Seinem Inhalt nach bedeutet der Grundsatz der Subsidiarität in Art. 2311 GG den Schutz des Kernbereichs der Selbstverwaltungsgarantie (der Rechtsinstitutionsgarantie) sowie der Institutionen „Gemeinden" und „Gemeindeverbände" (der institutionellen Rechtssubjektsgarantie) in der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 28 I I GG. 7 1
Siehe dazu den 1. Teil,, sowie den 2. Teil, Α., B.I. 1. 2 Siehe dazu den 2. Teil, Β. II. 3 Siehe dazu den 3. Teil. 4
Siehe dazu den 4. Teil, D. I. 5 Siehe dazu den 4. Teil, D. II.
6 Siehe dazu den 4. Teil, C. II. 7 Siehe dazu den 4. Teil, unter E.
238
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse in Thesen
7. Normativ bedeutet die Verpflichtung der Europäischen Union auf den Grundsatz der Subsidiarität gemäß Art. 23 I 1 GG die verfassungskräftige Rechtspflicht aller Staatsorgane der Bundesrepublik Deutschland, bei jeder Mitwirkung an der Entwicklung der Europäischen Union die Rechtsinstitutions- und die Rechtssubjektsgarantie der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie gemäß Art. 28 Π GG zu gewährleisten.8 8. Die Verfassungspflicht aus dem Grundsatz der Subsidiarität gemäß Art. 23 11 GG zur Gewährleistung der Rechtsinstitutions- und der Rechtssubjektsgarantie der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie gemäß Art. 28 Π GG trifft die jeweiligen deutschen Staatsorgane insbesondere bei der Übertragung von Hoheitsrechten auf die Europäische Union durch Gesetz gemäß Art. 23 12 GG, bei der Wahrnehmung der mitgliedstaatlichen Mitwirkungsrechte bei der Setzung sekundären Unionsrechts sowie bei der Gesetzgebung des Bundes oder der Länder zur Umsetzung umsetzungsbedürftigen Gemeinschaftsrechts. 9 9. Die aus dem Grundsatz der Subsidiarität gemäß Art. 23 I 1 GG folgende Gewährleistungspflicht bedeutet eine absolute Schranke der Integrationsermächtigung nach Art. 23 I 2 GG. Die Verfassungspflicht aus dem Grundsatz der Subsidiarität gemäß Art. 23 I 1 GG zur Gewährleistung der Rechtsinstitutions- und der Rechtssubjektsgarantie der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie gemäß Art. 28 Π GG wird nicht überspielt durch den - vom deutschen Zustimmungsgesetz gemäß Art. 23 I 2 GG erteilten - Rechtsanwendungsbefehl zur Geltung des - gemeinschaftsrechtlich begründeten - Anwendungsvorranges von Gemeinschaftsrecht gegenüber dem deutschen Recht und zur unmittelbaren Wirkung von Gemeinschaftsrecht innerhalb der Rechtsordnung des Grundgesetzes. Ordnet Vertragsrecht, zu dem ein deutsches Zustimmungsgesetz auf der Grundlage von Art. 23 I 2 GG ergeht, ausdrücklich den Einbruch in die vom Grundsatz der Subsidiarität nach Art. 23 I 1 GG für unverbrüchlich erklärten Garantiegehalte der Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 I I GG an, so ist das Zustimmungsgesetz insoweit verfassungswidrig. 10 10. Im Fall einer Normenkollision zwischen dem grundgesetzlichen Grundsatz der Subsidiarität (Art. 23 I 1 GG) und dem gemeinschaftsrechtlichen Subsidiaritätsprinzip (Art. 3 b I I EGV) setzt sich im Geltungsbereich des Grundgesetzes der Grundsatz der Subsidiarität gemäß Art. 23 I 1 GG gegenüber dem Gemeinschaftsrecht insoweit durch, als die Durchsetzung des vorstehend beschriebenen Schutzprogramms zugunsten der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung durch das Gemeinschaftsrecht sonst in Frage gestellt würde.11
s Siehe dazu den 4. Teil, F. II. 1., 2. 9 Siehe dazu den 4. Teil, F. II. 3. 10 Siehe dazu den 4. Teil, F. II. 3. b), c). u Siehe dazu den 4. Teil, F. II. 3. d).
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse in Thesen
11. Kommunen steht sowohl gegen Zustimmungsgesetze auf der Grundlage von Art. 231 2 GG als auch gegen Gesetze des Bundes oder der Länder zur Umsetzung umsetzungsbedürtigen Gemeinschaftsrechts die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 93 I Nr. 4 b GG, §§ 13 Nr. 8a, 91 BVerfGG offen. 12
12 Siehe dazu den 4. Teil, F. II. 4.
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Sachregister Auslegung - Gesetzgeberischer Wille 84,90,96,201 - Ideengeschichte 172 - Systematik 96 - Verfassungsrecht anhand einfachen Gesetzesrechts 201, 217 - Wortlaut 177 Ausschuß der Regionen 123, 139 Beihilfenkontrolle 27, 51,63 Bundesverfassungsgericht 100, 107, 113, 115, 119, 126, 157, 201, 203, 211, 221, 228, 233 Einrichtungsgarantien 94, 97 Entstehungsgeschichte Art. 23 GG 80, 110, 125, 128, 132, 143, 178 - Bundesrat 85 - Gemeinsame Verfassungskommission 81 - Parlamentarisches Verfahren 86 Enzyklika - Pacem In Terris 172, 174 - Quadragesimo Anno 171,174 - Rerum Novarum 172 Europäische Union - Begriff in Art. 23 GG 128 - Rechtsetzung 220 Europarecht - Anwendungsvorrang 232 - Rechtsanwendungsbefehl 46 - Unmittelbare Wirkung 33 - Rechtsanwendungsbefehl 44 - Vollzug 48 - mittelbarer 52,65,223 - unmittelbarer 49,62, 223 Fernsehrichtlinie 201, 221 Föderative Grundsätze 107, 117, 134, 179 - und Subsidiaritätsgrundsatz 180 Fundamentalnormen im Grundgesetz 94
Gemeinsame Verfassungskommission 181 - Einsetzung 81 - Empfehlung zu Art. 23 GG 82 - und Wille des Gesetzgebers 84 Gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht - Preisstabilität 105 Gesetzgebungsaufträge 94,100
81,
Hoheitsrechtsübertragung -
Europäische Union 143,196, 219 Europäische Zentralbank 96,105, 135 Grundlagen 42 Schranken 67,98, 127, 134, 224
Katholische Soziallehre 171, 203 - und Verfassungsauslegung 172 Kommunale Wirtschaftsförderung 30 Kommunales Selbstverwaltungsrecht - Europäisches Ausland 115,116 - Institutionelle Garantie 57, 59, 62, 65, 67, 177, 204, 210 - Schutz im Europarecht 54,114,115,117 Offene Staatlichkeit - Begriff 41 - Schranken 67, 224, 226, 228 Programmsätze 91,94,98, 100 Regionenbegriff 159 Sonderausschuß „Europäische Union (Vertrag von Maastricht)" 86,183,198 Staatliche Beihilfen - Beihilfebegriff 29 - Durchführungsverbot 27,28,30, 33, 35 - Staatlichkeit der Beihilfe 28 Staatsaufgaben 94
254
Sachregister
Staatsstrukturbestimmungen 95, 97, 133, 135 Staatszielbestimmungen 93,97 - Definition 94 - Gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht 104,105 - Internationale Integration 95 - Kontrolldichte 109, 111 - Mitwirkung an Entwicklung der Europäischen Union 219, 224 - Normativität 102,108,134 - Gebot minimaler Zielverwirklichung 107, 213, 221 - Verbot der Totalaufgabe des Ziels 106,
212 - Normkategorisierung 94 - Schutz natürlicher Lebensgrundlagen 104, 108,110 - Sozialstaatsprinzip 104, 107, 109, 110, 216,217 - Subsidiarität der Europäischen Union 186, 209,220 - Vereintes Europa 99, 100, 109,224 - Wiedervereinigungsgebot 100, 109,113 Struktursicherungsklausel 93 - Begriffsprägung 112 - Normkategorie 97,98, 101 - Normzweck 93,227 - Rechtsverbindlichkeit 98,227 - Staatszieleigenschaft 136 - Strukturelemente 132 - Systematische Auslegung 152
Subsidiarität - im deutschen Recht 143,202 - im Europarecht 137,138,142 Subsidiaritätsgrundsatz - Entstehungsgeschichte 178 - Etymologie 170 - Institutionalisierung der Regionen 187 - Maastrichter Vertrag 127,137, 143 -
Prozessuale Durchsetzung 233 Rechtsverbindlichkeit 126 Staatszieleigenschaft 152 Strukturmerkmale 158, 159, 162, 163, 166, 175,176, 187, 218 - und Schutz des kommunalen Selbstverwaltungsrechts 186,187,190,209 - und Subsidiaritätsprinzip (ex-Art. 3b EGV) 119, 125, 140,143, 232 - Wortlaut 207 Subsidiaritätsprinzip (ex-Art. 3b EGV) 120, 121, 122, 123, 124, 138, 139, 140, 144, 145, 146, 149, 150, 152, 153, 164, 166, 176 Vergabe öffentlicher Aufträge 52 Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union 195,197 - Gesetz 194 - und Subsidiaritätsgrundsatz 197, 217, 221