Nordrheinische Flurnamen und digitale Sprachgeographie: Sprachliche Vielfalt in räumlicher Verbreitung 9783412212506, 9783412205423


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Nordrheinische Flurnamen und digitale Sprachgeographie: Sprachliche Vielfalt in räumlicher Verbreitung
 9783412212506, 9783412205423

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Tobias Vogelfänger Nordrheinische Flurnamen und digitale Sprachgeographie

Rheinisches Archiv Veröffentlichungen der Abteilung für Rheinische Landesgeschichte des Instituts für Geschichtswissenschaft der Universität Bonn Gegründet von H. Aubin und Th. Frings Herausgegeben von M. Groten und C. Wich-Reif 155

Tobias Vogelfänger

Nordrheinische Flurnamen und digitale Sprachgeographie Sprachliche Vielfalt in räumlicher Verbreitung

2010 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN

Gedruckt mit freundlicher Unterstützung des Landschaftsverbandes Rheinland

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Umschlagabbildung: Popularitätskarte zum Flurnamentyp Siefen © Tobias Vogelfänger (vgl. auch Seite 169) © 2010 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau.de Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Druck und Bindung: MVR Druck GmbH, Brühl Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem, säurefreiem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-412-20542-3

Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde 2008 von der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn als Dissertation angenommen. Für den Druck wurde sie leicht überarbeitet. Bei den vielen Menschen, die mich seit der ersten Konzeption der Untersuchung unterstützt haben, möchte ich mich ganz herzlich bedanken – an erster Stelle bei Professor Dr. Thomas Klein für die Betreuung der Arbeit. Seine fachliche Vielseitigkeit, seine präzisen Impulse und seine herzliche Art haben mich sehr bereichert. Ihm verdanke ich auch die Möglichkeit, an der Abteilung für Sprachforschung des Instituts für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande und später an der daraus hervorgegangenen Arbeitsstelle Rheinische Sprachforschung des Instituts für Germanistik, Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft arbeiten zu können. Diese Einrichtung hat mein Forschungsverständnis und damit auch die Konzeption dieser Arbeit geprägt. Besonders danken möchte ich meinen dortigen Lehrern und späteren Kollegen Dr. Walter Hoffmann und Prof. Dr. Robert Möller, die mein Interesse an Flurnamenforschung und Sprachgeographie angeregt und über viele Jahre hinweg gefördert haben. Beide sind mir auch über fachliche Fragen hinaus geschätzte Begleiter geworden – das gilt ebenso für Dr. Andreas Rutz und Tobias Wulf. Für die Aufnahme meiner Studie in die Reihe „Rheinisches Archiv“ und die Unterstützung im Vorfeld der Drucklegung bin ich Professor Dr. Manfred Groten sehr dankbar. Mitherausgeberin ist erstmals Professorin Dr. Claudia Wich-Reif, die mir als neue Leiterin der Arbeitsstelle Rheinische Sprachforschung viel Freiraum zur Fortsetzung bestehender Arbeiten eingeräumt und mir zugleich neue Themen eröffnet hat. Den Fachbereichen Umwelt und Kultur des Landschaftsverbandes Rheinland sowie dem Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz danke ich für die großzügige Übernahme der Druckkosten, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Fachbereichs Umwelt und der KuLaDigNW-Redaktion darüber hinaus für die gute Zusammenarbeit bei der Integration der nordrheinischen Flurnamen in das Kulturlandschaftsinformationssystem KuLaDigNW, die parallel zur Entstehung der vorliegenden Arbeit erfolgte. Am meisten möchte ich mich jedoch bei meiner Familie und meiner Frau Sabine bedanken, die mich immer sehr unterstützt haben und mir ein großer Rückhalt waren und sind. Bonn, im Dezember 2009

Tobias Vogelfänger

Grußwort

Im Wingert und Hinterm Galgen, Freude und Leid drücken sich in rheinischen Flurnamen aus, sie werden so zu Zeugen der Geschichte, werden Teil der rheinischen Kulturlandschaft, sind Teil eines lokalen Orientierungsrahmens der Menschen in der Stadt und auf dem Land. Wissenschaftlich durchleuchtet, gesammelt, verortet, sortiert, werden Flurnamen zu einem aussagekräftigen Teil des Kulturellen Erbes. Sie tragen bei zur Erklärung und zum Verständnis der uns umgebenden Kulturlandschaft, sind Gegenstand von Erzählungen. Der Landschaftsverband Rheinland mit seinen Fachbereichen Kultur und Umwelt sowie der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz sind bei einem solchen Thema bewährte, interessierte und kompetente Partner. Wir greifen sehr gern die Chance auf, uns für den Druck der Dissertation von Dr. Tobias Vogelfänger zu engagieren. Seit Beginn seiner Arbeit war eine Übernahme der nordrheinischen Flurnamen in das digitale Informationssystem zu den Kulturlandschaften im Rheinland, KuLaDig, geplant. Damit ist ein Weg gefunden, die Flurnamen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen und sie in den Kontext des vielfältigen rheinischen Kulturellen Erbes zu stellen. Die geographische Aufbereitung hat neue Möglichkeiten eröffnet, die Verteilung zu analysieren sowie Schwerpunkte der Verbreitung von Flurnamen darzustellen. Diese Arbeit verspricht spannende Lektüre und sicher manche Überraschung. Die Ausstattung des Buches entspricht dem Wert des Inhalts. Zahlreiche Karten tragen zur besseren Orientierung bei. Wir wünschen dieser Veröffentlichung weite Verbreitung und sind sicher, einen wichtigen Beitrag zum Verständnis des Kulturellen Erbes des Rheinlandes zu leisten.

Milena Karabaic LVR-Dezernentin Kultur und Umwelt

Frithjof Kühn Vorsitzender des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz

Inhaltsverzeichnis

Vorwort ....................................................................................................... 5 Grußwort..................................................................................................... 7 1. Einleitung ............................................................................................. 13 2. Untersuchungsgegenstand und Untersuchungsraum .................. 18 2.1 Terminologie...................................................................................... 18 2.1.1 Der Terminus Flurname für das verwendete Material ............................... 18 2.1.2 Formale und typologische Subkategorisierung von Flurnamen .................. 22 2.1.3 Identitätstheoretische Grundlagen ......................................................... 25 2.2 Das Untersuchungsgebiet................................................................... 27 2.2.1 Lage und Bezeichnung........................................................................ 27 2.2.2 Sprachliche Gliederung ....................................................................... 28 2.2.3 Naturräumliche Gliederung ................................................................. 30

3. Auswahl, Erfassung und sprachgeographische Aufbereitung des Belegmaterials .................................................................................. 33 3.1 Zur Eignung verschiedener Flurnamenbestände für die digitale Verarbeitung ............................................................................................ 33 3.2 Deutsche Grundkarte 1:5000 ............................................................. 41 3.2.1 Kartenschrift ..................................................................................... 41 3.2.2 Die Digitalisierung des Namenmaterials der Deutschen Grundkarte ........... 44 3.2.3 Konvertierungs- und Filtermaßnahmen .................................................. 47 3.2.4 Die Vorteile des DGK-Namenmaterials gegenüber anderen Beständen ....... 49 3.3 Automatisiertes Liegenschaftsbuch ................................................... 53 3.3.1 Das Namenmaterial des ALB ............................................................... 54 3.3.2 Materialerfassung und -konvertierung ................................................... 56 3.3.3 Die Eignung der ALB-Daten für quantitative Analysen ............................ 58 3.3.4 Transformation von Belegakkumulationen ............................................. 61 3.4 Die maschinenschriftl. Flurnamensammlung Heinrich Dittmaiers .... 68 3.4.1 Aufbau und enthaltenes Namenmaterial ................................................. 70 3.4.2 Das Verhältnis von SAD und Zettelarchiv .............................................. 75 3.4.3 Die Digitalisierung der maschinenschriftlichen Flurnamensammlung ......... 78 3.4.4 Bezugsflächenrekonstruktion ............................................................... 82

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3.5 Automatische Lemmatisierung .......................................................... 87 3.5.1 Ziele und Automatisierbarkeit der Lemmatisierung ................................. 88 3.5.2 Erzeugung und Struktur des Lemmatisierungswörterbuchs ....................... 90 3.5.3 Automatische Lemmatisierung ............................................................. 97 3.5.4 Fehleranalyse und Verbesserungsmaßnahmen......................................... 99 3.5.4.1 Kontrolle der häufigsten Lemmakombinationstypen ......................... 100 3.5.4.2 Kontrolle aller Lemmatisierungen aus zwei Testgebieten .................. 103 3.5.5 Ergebnisse der automatischen Lemmatisierung ..................................... 106 3.6 Die Fusion unterschiedlicher Bestände............................................ 109 3.6.1 Das Type/Token-Problem.................................................................. 111 3.6.2 Das Kriterium identische Lage ........................................................... 113 3.6.2.1 Distanzbasierte Fusion von DGK und ALB ..................................... 114 3.6.2.2 Polygonbasierte Fusion von SAD und DGK/ALB-Fusionsergebnis ..... 119 3.6.3 Das Kriterium identische Schreibung .................................................. 123 3.7 Der Gesamtbestand als Fusionsergebnis.......................................... 125

4. Entwicklungen in der Flurnamengeographie ............................. 131 4.1 Die Impulse der Bonner Schule ....................................................... 131 4.2 Die Kartierung von Flurnamen ........................................................ 134 4.3 Die Popularitätskarte als Darstellungsform für Flurnamenverbreitungen ......................................................................................... 137 4.3.1 Voraussetzungen und Modellannahmen ............................................... 138 4.3.2 Farbskalierung und Klassenbildung..................................................... 140 4.3.3 Die Vorteile der Popularitätskarte ....................................................... 145 4.3.4 Die Mittelwertskarte als Darstellungsvariante ....................................... 148

5. Auswahl und Aufbau der Flurnamenartikel ............................... 151 5.1 Die Auswahl der behandelten Flurnamentypen ............................... 151 5.2 Der Aufbau der Flurnamenartikel .................................................... 154 5.2.1 Die Artikelüberschrift ....................................................................... 154 5.2.2 Der Kommentarteil .......................................................................... 156 5.2.3 Die Häufigkeitsmatrix ...................................................................... 158 5.2.4 Die Darstellungsprinzipien für die Karten ............................................ 159 5.3 Die Reihenfolge der Artikel............................................................. 161

6. Sprachgeographische Auswertung ............................................... 164 6.1 Siefen................................................................................................ 165 6.2 Dell(e) .............................................................................................. 170 6.3 Kaul(e), Kuhl(e); Kutt(e), Kut(e)...................................................... 174 6.4 Schlad(e) .......................................................................................... 179 6.5 Scheid............................................................................................... 184 6.6 Hell(e), Held(e) ................................................................................ 190 6.7 Hövel; Hügel .................................................................................... 195

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6.8 Hardt ................................................................................................ 200 6.9 Hahn, Hagen .................................................................................... 204 6.10 Hecke, Heck ................................................................................... 210 6.11 Landwehr; (-graben; -hecke; -hege; Gewehr; Knick; Gebück) ...... 215 6.12 Driesch ........................................................................................... 220 6.13 Sand................................................................................................ 224 6.14 Geist, Gest...................................................................................... 228 6.15 Brühl, Broe(h)l, Brö(h)l ................................................................. 232 6.16 Bruch, Broich................................................................................. 236 6.17 Bende, Bend(en) ............................................................................. 241 6.18 Bitze................................................................................................ 246 6.19 Kamp .............................................................................................. 251 6.20 Bungert; (Baumhof)........................................................................ 256 6.21 Pesch, Pass .................................................................................... 260 6.22 Weide.............................................................................................. 264 6.23 Wiese; (Mate) ................................................................................. 269 6.24 Anger.............................................................................................. 274 6.25 Acker .............................................................................................. 278 6.26 Stück............................................................................................... 282 6.27 Feld ................................................................................................ 286 6.28 Breit(e), Breiten ............................................................................. 291 6.29 Gewann(e)...................................................................................... 296 6.30 Morgen........................................................................................... 300 6.31 Trift ................................................................................................ 304 6.32 Weg ................................................................................................ 309 6.33 Pfad ................................................................................................ 314 6.34 Hostert............................................................................................ 318 6.35 Kath(e), Kott(en), Kat(e); (Hütte) .................................................. 322

7. Flurnamenräume im nördlichen Rheinland ................................ 327 7.1 Zur Ermittlung von Flurnamenräumen ............................................ 328 7.2 Synoptische Betrachtung von Einzelverbreitungen ......................... 329 7.2.1 Dialektale Gliederung und Flurnamenräume ......................................... 332 7.2.2 Naturräumliche Gliederung und Flurnamenräume ................................. 335 7.3 Der Flurnamenraum „Bergisches Land“ .......................................... 338 7.3.1 „Bergisches Land (gesamt)“ .............................................................. 339 7.3.2 „Bergisches Land (Süd)“ ................................................................... 341 7.4 Der Flurnamenraum „Eifel und Voreifel“........................................ 342 7.5 Der Flurnamenraum „Kölner Bucht“ ............................................... 343 7.6 Der Flurnamenraum „Niederrheinisches Tiefland“ ......................... 345 7.7 Isolierte Verbreitungen .................................................................... 347 7.8 Exkurs: komplementäre Verbreitung ............................................... 349

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Inhaltsverzeichnis

8. Zusammenfassung und Ausblick .................................................. 352 Abkürzungsverzeichnis ............................................................... 363 Abbildungsverzeichnis................................................................ 365 Literaturverzeichnis..................................................................... 367

„Wenn die Flurnamensammlung in einigen deutschen Gebieten schließlich aus einer langen Reihe gedruckter Ortsmonographien besteht, so kann ich mir von diesem Zustand nichts Ersprießliches für eine auf höhere Ziele ausgehende Forschung versprechen.“ Adolf Bach

1. Einleitung

Das Rheinland zählt zu den sprachgeographisch am gründlichsten untersuchten Regionen im deutschen Sprachraum. Längst sind eine Vielzahl von sprachlichen Räumen und „Provinzen“, von sprachlichen Grenzen, „Schranken“ und „Barrieren“ bekannt. Sie manifestieren sich beispielsweise in der Verbreitung von lautlichen Erscheinungen oder in der Verwendung regionaltypischer Wörter. Dabei ist Sprache einem ständigen Wandel ausgesetzt – gerade in der jüngeren Vergangenheit hat sich gezeigt, wie sehr sich Geltungsareale von sprachlichen Merkmalen verändern oder sogar auflösen können. Einer von vielen Gründen dafür ist die Mobilität der Sprecher, die auch die räumliche Zuordnung von erhobenen Sprachdaten erschwert. Im Gegensatz zu den meisten anderen sprachlichen Erscheinungen sind Flurnamen jedoch fest mit einer Örtlichkeit verbunden und häufig sowohl räumlich als auch sprachlich in Karten fixiert. Als Namen unterliegen sie sprachlicher Modifikation, etwa durch Normierung, ohnehin weniger stark als der gesamte Appellativbereich. Deshalb eignen sich selbst rezente Flurnamen in besonderem Maße dazu, sprachliche Raumstrukturen nachzuweisen, die nicht nur eine Momentaufnahme darstellen. In der bisherigen sprachgeographisch ausgerichteten Flurnamenforschung im Rheinland wurden unter semasiologischer und onomasiologischer Perspektive stets nur einzelne Flurnamentypen (zur Terminologie vgl. Kap. 2.1.3) in einfachen Karten dargestellt oder sehr grob vier verschiedenen „rheinischen Sprach- und Lebensräumen“ (DITTMAIER 1963, 4) zugeordnet. Neben den flurnamengeographischen Arbeiten von DITTMAIER (ebd.) und WESTPHAL (WESTPHAL 1934) gibt es innerhalb des Untersuchungsgebietes eine große Zahl von lokalen Einzeluntersuchungen, die großen Wert für geschichtliche und sprachhistorische Fragestellungen haben, mit denen aber „für die forschungsmethodisch wichtigere überregionale, großräumliche Flurnamenbearbeitung […] in der Regel keine wissenschaftlichen Blumentöpfe zu gewin-

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1. Einleitung

nen sind“ (RAMGE/RICHTER 2003, 208). Bereits 1931 forderte BACH, „den im Augenblick herrschenden sammelnden und monographischen Betrieb […] durch eine neue Zielsetzung zu überwinden“ (BACH 1931, 211). Die vorliegende Untersuchung verfolgt deshalb das Ziel, die vorhandenen flurnamengeographischen Ansätze im Rheinland in Umfang und Methode zu erweitern. Dazu soll, ausgehend von der Verbreitung einzelner Flurnamentypen, ein für das nördliche Rheinland flächendeckendes Belegmaterial mit mehr als 200.000 Flurnamen auf die Existenz von sprachlichen Raumstrukturen untersucht werden. Leitfragen sind dabei, welche Arealität einzelne Flurnamentypen aufweisen, ob dabei wiederkehrende Muster zu erkennen sind und wie sich die im Nachbarraum Westfalen bereits dokumentierten Verbreitungen (vgl. WFA) im eigenen Untersuchungsgebiet fortsetzen. Dies ist nur möglich durch den konsequenten Einsatz elektronischer Datenverarbeitung sowohl bei der Erfassung, Aufbereitung und Analyse als auch der Kartierung des Belegmaterials, wobei die Namenforschung „ein bisher kaum beachtetes Anwendungsgebiet Geographischer Informationsverarbeitung“ (OBERBICHLER/HELLER 2001, 355) ist. Angesichts der großen Belegmenge treten Überlieferung, Deutung oder Realprobe einzelner Flurnamen in den Hintergrund – der Ansatz geht stattdessen von den nordrheinischen Flurnamen in ihrer Gesamtheit aus und fokussiert überörtliche, in vielen Fällen sogar überregionale Zusammenhänge. „Unter sprachwissenschaftlichen Aspekten war man sich recht früh darüber im klaren, daß Veröffentlichungen von Flurnamen einzelner Gemarkungen nur einen sehr begrenzten Aussagewert besitzen und daß erst umfangreichere, möglichst flächendeckende Sammlungen für größere Sprachlandschaften die Voraussetzungen für eine systematische Auswertung von Flurnamen schaffen könnten“ (MÜLLER 1984, 61).

Damit knüpft die vorliegende Untersuchung nicht nur räumlich, sondern auch konzeptionell an arealbezogene Namenforschung (vgl. BAUER 1998, 111) an, wie sie beispielsweise mit dem Hessischen Flurnamenatlas (HFA) verfolgt wurde und heute in einigen deutschsprachigen Regionen betrieben wird. Unter den skizzierten methodischen und konzeptionellen Rahmenbedingungen kann sich die Arbeit somit grundsätzlich solchen Fragestellungen widmen, „die erst demjenigen auftauchen, der das Namengut weiter Gebiete zu überblicken in der Lage ist und der nun die Eigenart der regionalen Verteilung der Namen zu beurteilen unternimmt“ (BACH 1931, 242). Durch den konsequenten Einsatz elektronischer Datenverarbeitung konnte das Flurnamenmaterial eines Großraums wesentlich schneller gesammelt und aufbereitet werden als mit herkömmlichen Methoden. Im Gegensatz zu anderen großräumigen Untersuchungen wurde das Belegmaterial nicht nur aus älteren Flurnamenarchiven übernommen, sondern größtenteils durch Konvertierung aus anderen digitalen Beständen erfasst, darunter erstmalig in der Flurnamenforschung auch die Lagebezeichnungen des Automatisierten Lie-

1. Einleitung

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genschaftsbuches der Katasterämter. Auf diese Weise konnte in verhältnismäßig kurzer Zeit das Digitale Nordrheinische Flurnamenarchiv aufgebaut werden (vgl. VOGELFÄNGER 2006) und der nordrheinische Flurnamenbestand – gemäß der alten Forderung des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine aus dem Jahr 1903, die „von Jahr zu Jahr mehr verschwindenden Flurnamen“ (KBGV 20) vor dem drohenden Untergang zu bewahren (vgl. OLT 1985, 622) – flächendeckend gesichert werden.1 An die Einleitung in Kapitel 1 und die Beschreibung von Untersuchungsgegenstand und -raum in Kapitel 2 knüpft deshalb mit der Dokumentation der Erfassungs- und Verarbeitungsschritte in Kapitel 3 der erste Schwerpunkt der Arbeit an. In diesem methodisch ausgerichteten Teil der Arbeit werden zunächst die drei Einzelbestände detailliert vorgestellt, aus denen sich das Digitale Nordrheinische Flurnamenarchiv zusammensetzt. Schwerpunkte dabei sind die Struktur, die Eignung für sprachgeographische Untersuchungen und die flurnamengeographische Aufbereitung dieses Materials. Anschließend wird ein Verfahren zur automatischen Lemmatisierung beschrieben, das für die linguistische Analyse des verwendeten Belegmaterials entwickelt wurde und gleichsam die Voraussetzung für die Fusion der Einzelbestände darstellt. Erläuterungen zur Notwendigkeit und zur Methodik dieses in der Flurnamenforschung erstmals angewendeten Verfahrens schließen das dritte Kapitel ab. Da die verwendeten Bestände auch außerhalb des nördlichen Rheinlandes verfügbar sind, verfolgt das Kapitel nicht nur das Ziel, die Grundlage der späteren flurnamengeographischen Auswertungsschritte transparent zu machen. Zugleich erläutert es den Auf- und Ausbau einer digitalen Flurnamensammlung, die auf vergleichbare Weise auch in anderen Regionen möglich wäre. Bislang war an „eine systematische dt. Flurnamengeographie nach Regionen […] nicht zu denken“ (KLEIBER 1998, 890), denn flächendeckende, digital vorliegende Bestände wie in Westfalen, Hessen und nun auch im nördlichen Rheinland sind nach wie vor die Ausnahme. Die Kapitel 4 und 5 stellen die Verknüpfung dieser Dokumentation mit der späteren Auswertung dar. Ausgehend von der geschichtlichen Entwicklung der Flurnamengeographie, insbesondere den Akzenten der Bonner Flurnamenforschung, wird in Kapitel 4 mit der Popularitätskarte ein neuer kartographischer Ansatz in der Flurnamenforschung vorgestellt. Dieser Kartentyp verbindet ein intuitiv lesbares, klares Kartenbild mit einer statistischen Analyse von Flurnamenverbreitungen und ermöglicht so die Ermittlung von Flurnamenräumen. Eine Darstellungsvariante der Popularitätskarte ist die Mittelwertskarte, die den methodischen Ansatz der Popularitätskarte mit der vor allem 1

Für die kompetente Mit- und die freundschaftliche Zusammenarbeit beim Auf- und Ausbau des Digitalen Nordrheinischen Flurnamenarchivs danke ich den studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräften Jana Aßmann, Sanela Bubić, Eva Büthe, Roman Lehnhof, Katharina Rempel, Bettina Schmitz, Michael Singer und Marina Schwark.

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1. Einleitung

aus der Dialektologie bekannten Isoliniendarstellung verknüpft, wodurch die Verbreitung einer Vielzahl von Flurnamentypen in einer Karte dargestellt werden kann. In Kapitel 5 werden die Auswahl der in Kapitel 6 detailliert behandelten Flurnamentypen, der Aufbau der Namenartikel sowie die Darstellungsprinzipien in den entsprechenden Karten erläutert. Die flurnamengeographische Auswertung des Belegmaterials mit den zuvor dargestellten Methoden erfolgt in Kapitel 6. Es stellt, auch vom Umfang her, neben dem dokumentarischen Schwerpunkt aus Kapitel 3 den zweiten, diesmal analytisch orientierten Hauptteil der vorliegenden Arbeit dar. Für die sprachgeographische Untersuchung wurden 35 meist hochfrequente Flurnamentypen ausgewählt und sowohl kartiert als auch kommentiert. Mit dieser Auswahl wurden insgesamt 89.384 Einzelbelege aus dem Digitalen Nordrheinischen Flurnamenarchiv berücksichtigt. Um nicht nur die Verbreitung eines Flurnamentyps, sondern auch die Verbreitung der verschiedenen Namenvarianten zu dokumentieren, ergänzt eine klassische Punktsymbolkarte die jeweilige Popularitätskarte. Die entsprechenden Kommentare berücksichtigen neben sprachgeographischen Merkmalen auch Etymologie, Deutung, Variation und Kombinatorik der behandelten Flurnamentypen. Mit der Kombination von Karten und Kommentaren ergänzt das Kapitel sowohl die Ergebnisse als auch die Methoden der Flurnamenatlanten aus den Nachbargebieten des Rheinlandes und erweitert das Gebiet der bereits flächendeckend behandelten Großräume Hessen und Westfalen um einen westlichen Teil. Die Sprachgeographie der 35 zunächst einzeln untersuchten Flurnamentypen wird in Kapitel 7 zusammenfassend betrachtet. Als Analyseinstrument dient dabei die Mittelwertskarte, die in verschiedenen Varianten eine synoptische Darstellung mehrerer oder auch aller Flurnamenverbreitungsgebiete zulässt. Aus deckungsgleichen oder komplementären Verbreitungen mehrerer Flurnamentypen können dann Flurnamenräume und -grenzen abgeleitet werden. Für die Erklärung dieser sprachgeographischen Muster werden innerund außersprachliche Faktoren skizziert. Mit Kapitel 8, einem kurzen Fazit, das die wichtigsten Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung zusammenfasst und mögliche Anknüpfungspunkte skizziert, schließt die Arbeit ab. Es ist nicht zwingend notwendig, die vorliegende Untersuchung linear zu lesen. Sowohl die Auswertungskapitel 6 und 7 als auch die methodischen und theoretischen Grundlagenkapitel 3, 4 und 5 können isoliert oder in einer anderen Reihenfolge gelesen werden. Diese hypertextuelle Konzeption (vgl. RAMGE/RICHTER 2003) entspricht den vielseitigen Zugriffs- und Auswertungsinteressen der Flurnamenforschung einerseits und der zentralen Funktion digitaler Verfahren bei der Entstehung der vorliegenden Arbeit andererseits. Zahlreiche Verweise auf andere Textstellen sollen einen eigenen Zugang zur

1. Einleitung

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Sprachgeographie nordrheinischer Flurnamen und der digitalen Erfassung, Kartierung und Auswertung des Belegmaterials erleichtern.

2. Untersuchungsgegenstand und Untersuchungsraum

In der vorliegenden Arbeit werden die Termini Flurname für den Untersuchungsgegenstand und nordrheinisch bzw. nördliches Rheinland für den Untersuchungsraum verwendet. Es handelt sich dabei um unscharfe Bezeichnungen, weil es jeweils mehrere Kriterien zu ihrer Abgrenzung und eine ganze Reihe von alternativen Bezeichnungen gibt. Aus diesem Grund geht den methodisch oder analytisch ausgerichteten Kapiteln 3-7 zunächst ein kurzer theoretischer Abschnitt voraus, der die bisherige Forschung zu diesen Begriffen skizziert, und zwar stets nur im Hinblick auf die Anwendbarkeit für die Fragestellungen der Folgekapitel. Dabei muss besonders die Konstellation berücksichtigt werden, dass sowohl der Untersuchungsgegenstand als auch der Untersuchungsraum hier a posteriori aus bereits vorhandenen Daten abgeleitet werden mussten bzw. konnten und eben nicht auf Basis einer vorher aufgestellten Definition ausgewählt wurden.

2.1 Terminologie Flurname, Geoname, Lagebezeichnung – schon die jeweilige Bezeichnung des Belegmaterials in den drei verschiedenen Beständen, die dem Digitalen Nordrheinischen Flurnamenarchiv zugrunde liegen (vgl. Kap. 3.2-3.4), verdeutlicht die Schwierigkeit bei der Verwendung eines einzigen Begriffs für den Untersuchungsgegenstand (vgl. WITKOWSKI 1995). Vor diesem Hintergrund werden in den folgenden Abschnitten unterschiedliche Definitionen diskutiert und die Wahl des Begriffs Flurname begründet. Anschließend werden Möglichkeiten zur Subkategorisierung von Flurnamen im Hinblick auf ihre Anwendbarkeit für flurnamengeographische Fragestellungen vorgestellt und identitätstheoretische sowie terminologische Grundlagen für die Folgekapitel gelegt.

2.1.1 Der Terminus Flurname für das verwendete Material In der vorliegenden Arbeit wird die Sprachgeographie im nördlichen Rheinland anhand von Flurnamen untersucht. Sowohl der Terminus Flurname selbst als auch das, was damit gemeint ist, ist in der Forschung umstritten. Terminologische Alternativen wie Lage-, Gewann-, oder Gemarkungsnamen und auch

2.1 Terminologie

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die im Rahmen dieser Untersuchung herangezogenen Geonamen und Lagebezeichnungen konnten sich bislang „nicht so recht durchsetzen“ (RAMGE 1998, 79). Das gilt auch für die fachsprachliche Bezeichnung Mikrotoponym, die vor allem heimatkundlich orientierten Flurnamenforschern kaum geläufig ist und daher nicht gerade zum wichtigen Austausch zwischen institutionalisierter und nicht institutionalisierter Flurnamenforschung beiträgt. Es gibt zahlreiche Ansätze, Flurnamen von anderen Namen abzugrenzen, eine kurze Übersicht bietet WASER (vgl. WASER 2004, 350f.), eine umfangreiche Begriffsdiskussion WINDBERGER-HEIDENKUMMER (vgl. WINDBERGERHEIDENKUMMER 2001, 19-112). Die Problematik einer Flurnamendefinition beruht auf der Aufstellung geeigneter Kriterien, denn „auf allzu vielen Ebenen der Unterscheidung lässt sich operieren“ (BAUER 1998, 51). Einigkeit besteht darüber, dass innerhalb der Namen zwischen Ortsnamen und Personennamen getrennt werden kann, obwohl zwischen den Orts- und den Personennamen enge Beziehungen bestehen, die ihre Ursache im engen Verhältnis von Mensch und Landschaft haben (vgl. SONDEREGGER 2004, 3438). Bei dieser Einteilung stellen die Flurnamen eine Subklasse der Ortsnamen dar. Anhand von zwei häufig angeführten, jedoch umstrittenen Kriterien zur Abgrenzung der Flurnamen innerhalb der Ortsnamen kann gezeigt werden, wie wenig brauchbar diese Kriterien für das hier verwendete Material sind. Häufig werden Flurnamen als Namen ausschließlich von unbewohnten Örtlichkeiten angesehen, beispielsweise von BACH (vgl. BACH 1953/54, 3), SCHEUERMANN (vgl. SCHEUERMANN 1995, 9), SCHNETZ (vgl. SCHNETZ 1963, 7), SCHWARZ (vgl. SCHWARZ 1950, 259), SONDEREGGER (vgl. SONDEREGGER 2004, 3439f.) und TYROLLER (vgl. TYROLLER 1996b, 1434). Dabei bleibt jedoch unberücksichtigt, dass die „Grenze zwischen ‘bewohnt’ und ‘unbewohnt’ [...] fließend“ (RAMGE 1998, 81) ist und sich während des Überlieferungszeitraums der Flurnamen drastisch verändert hat. Darüber hinaus betrifft dieses Kriterium eine Eigenschaft der bezeichneten Sache, nicht eine Eigenschaft des Namens, womit es die „weltbezogene oder objektzentrierte Definitionsrichtung“ (WINDBERGER-HEIDENKUMMER 2001, 111) repräsentiert. Aus dem Automatisierten Liegenschaftsbuch der Katasterämter (ALB) sind die Lagebezeichnungen von allen dort verzeichneten Grundstücken in das hier verwendete Untersuchungsmaterial eingegangen, also auch die Lagebezeichnungen bewohnter Grundstücke. Schon deshalb ist das Kriterium der Bewohntheit für eine Beschreibung des Belegmaterials nicht geeignet. KLEIBER führt zusätzlich zu einer objektbezogenen Flurnamendefinition eine sprecherbezogene oder zeichenzentrierte Definitionsrichtung (vgl. WINDBERGER-HEIDENKUMMER 2001, 112) an, indem er aufgrund der unterschiedlichen kommunikativen Reichweite zwischen Mikro- und Makrotoponymen unterscheidet (vgl. KLEIBER 2004, 3515). Mikrotoponyme dienen demnach in erster Linie der Kommunikation der Bewohner kleiner Siedlungs-

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2. Untersuchungsgegenstand und Untersuchungsraum

einheiten, sind auch nur dort bekannt und sollen den unmittelbaren räumlichen Lebensbereich gliedern. Aber auch bei diesem vordergründig sprecherbezogenen Ansatz wird die Zugehörigkeit zum Mikro- oder Makrobereich von extralinguistischen Faktoren gesteuert, beispielsweise kann ein auffälliges Merkmal eines Flurstücks zu einer höheren kommunikativen Reichweite führen und damit in den Makrobereich fallen (vgl. ebd., 109; vgl. PETZOLD 2003, 178-182). Die Namen gebrauchende Kommunikationsgemeinschaft, bei der es sich in der Regel um die Dorfgemeinschaft handelt, ist dennoch auch für RAMGE der „entscheidende Faktor für die Definition des Flurnamens“, weil dadurch verhindert wird, dass „alles und jedes, was irgendeinen geographischen Namencharakter hat, als Flurname verstanden werden muss“ (RAMGE 1998, 83). Wer seiner Flurnamendefinition dieses Kriterium zugrunde legt, muss sein Untersuchungsmaterial auch direkt bei der Kommunikationsgemeinschaft erheben. Die im Rahmen dieser Arbeit praktizierte Flurnamenerfassung aus schriftlichen Vorlagen schließt aber gerade diese Vorgehensweise aus und kann höchstens Modellannahmen über die kommunikative Reichweite formulieren (vgl. Kap. 4.3.1). Die Frage nach der Bezeichnung und Definition des Untersuchungsgegenstandes muss sich also an der Erfassung und der grundsätzlichen Stellung des Untersuchungsmaterials innerhalb der Konzeption der vorliegenden Arbeit orientieren: Genauso wenig wie der Auswahl des Materials eine genaue Raumdefinition vorausging, wurde es nach einer im Vorfeld festgelegten exakten Definition zusammengestellt. Vielmehr diktiert das Material selbst sowohl Untersuchungsraum als auch -gegenstand, gewissermaßen definiert sich der Terminus Flurname im Rahmen dieser Arbeit als Bezeichnung für alles, was im Untersuchungsmaterial enthalten ist. Mit einer solchen rein extensionalen und im Verhältnis zu vielen anderen Ansätzen sehr toleranten Definition a posteriori mag „der Onomastik als wissenschaftlicher Disziplin kein guter Dienst erwiesen“ (WINDBERGER-HEIDENKUMMER 2001, 107) sein. Doch so wünschenswert eine eindeutige und vor allem einheitliche Terminologie im Bereich der Namen für Örtlichkeiten wäre, keiner großräumigen und auch nur den wenigsten örtlichen Flurnamenstudien kann Material zugrunde liegen, dessen einzelne Elemente einer im Vorfeld formulierten objekt- oder zeichenzentrierten Definition des Terminus Flurname genügen. Bei der Erfassung von Namenmaterial „kann es sich als zielführender erweisen, von einer bestimmten regionalen Einheit alle Toponyme zu erfassen“ (ebd., 110), denn das im Rahmen dieser Arbeit verwendete Material ist zu unterschiedlichen Zeitpunkten, an unterschiedlichen Orten, von unterschiedlichen Sammlern, auf unterschiedliche Art und Weise und schließlich – stärker noch als bei anderen Flurnamenprojekten – zu unterschiedlichen Zwecken gesammelt worden. Aus dieser Heterogenität der Rahmenbedingungen ergibt sich eine Heterogenität des gesammelten Materials, die eine einheitliche Ter-

2.1 Terminologie

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minologie unmöglich macht, ja sogar den proprialen Status gelegentlich fraglich erscheinen lässt – das ist zum Beispiel bei den vereinzelten Lagebezeichnungen Autobahn, Pumpenstation oder Transformatorenhaus im ALB der Fall. Es ist kein Zufall und auch keine Schwäche, dass das Problem der Flurnamen-Definition im HFA (vgl. HFA 11) „stillschweigend übergangen“ und stattdessen „nur auf den interdisziplinär und auch in der Laienforschung anerkannten Erkenntniswert“ (WINDBERGER-HEIDENKUMMER 2001, 106) der Flurnamen hingewiesen wird. Auch andere große Flurnamenstudien wie der WFA und auch die Rheinischen Flurnamen (DITTMAIER 1963) sparen eine Definition des Terminus Flurname aus – in allen Arbeiten geht es wie hier unter anderem um die Verbreitung von Flurnamen als sprachliche Zeichen – und dafür und für die daraus ableitbaren Erkenntnisse spielt es keine Rolle, ob ein sprachliches Zeichen beispielsweise nur in unbewohnten Teilen der Gemeinde vorkommen darf oder wie groß die Kommunikationsgemeinschaft ist, die es verwendet. Auffallend ist ferner, dass die Flurnamen tendenziell darüber definiert werden, was sie nicht sind. Ein Beispiel dafür ist die Definition von SONDEREGGER, für den Flurnamen keine überregionale Geltung haben, die bezeichneten Flurstücke nicht bewohnt oder besiedelt sind, sie nicht zum Verkehr oder zu Abgrenzungen gehören und die Namen nicht Gewässer oder Einrichtungen der Wasserwirtschaft bezeichnen (vgl. SONDEREGGER 2004, 3440). Die gezeigten Schwierigkeiten bei der Anwendbarkeit solcher Kriterien auf das hier verwendete Untersuchungsmaterial machen eine exakte Definition des Terminus Flurname unmöglich, weswegen den differenzierenden Ansätzen hier ein integrativer Weg vorgezogen wird. Dass unter 200.110 Flurnamen auch solche sind, die bei einer Einzelkontrolle je nach Definition anders klassifiziert werden müssten, kann nicht dazu führen, beim Untersuchungsgegenstand grundsätzlich auf den Terminus Flurname zu verzichten. Wenn er anderen Termini wie beispielsweise Mikrotoponym vorgezogen wird, dann auch gerade weil für ihn „kaum wissenschaftlich einhellige und verbindliche Definitionen“ (WINDBERGER-HEIDENKUMMER 2001, 107) vorliegen – eben diese definitorische Unschärfe lässt ihn geeignet erscheinen für ein mit einheitlichen Kriterien nicht beschreibbares Untersuchungsmaterial. Ein zusätzlicher Grund, der eine weiterführende Terminologiediskussion überflüssig macht, ist die geplante Auswertung des Materials. Die im Rahmen dieser Arbeit näher untersuchten Flurnamentypen sind eine A u s w a h l aus dem Gesamtbestand, auch wenn es sich um eine große Auswahl handelt. Allen Karten, Kommentaren und letztlich auch den daraus ableitbaren Ergebnissen liegen also nicht restlos alle Belege zugrunde, sondern ein nach verschiedenen Kriterien (vgl. Kap. 5.1) begründeter Ausschnitt daraus. Dieser enthält eben nicht so problematische und seltene Belege wie Transformato-

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2. Untersuchungsgegenstand und Untersuchungsraum

renhaus, sondern solche, die mit nahezu allen Definitionen ohne Weiteres als Flurnamen klassifiziert werden können.

2.1.2 Formale und typologische Subkategorisierung von Flurnamen Für die vorliegende Arbeit, insbesondere für die Kommentare in Kapitel 6, ist die Subkategorisierung der Flurnamen wichtiger als eine einheitliche Definition. Jedoch gibt es auch bei diesen Einteilungen ein reiches Nebeneinander konkurrierender Bezeichnungen und Definitionen. Den Untergruppen liegen je nach Perspektive die Merkmale Benennungsfunktion, Benennungsmotiv oder syntagmatische Struktur zugrunde. Sie sind für die in späteren Kapiteln behandelten Fragestellungen von unterschiedlicher Relevanz und mit Hilfe von automatisierbaren Verfahren auch unterschiedlich leicht auf das Untersuchungsmaterial anwendbar. Hinsichtlich der Benennungsfunktion wird zwischen primären und sekundären Flurnamen unterschieden (vgl. KLEIBER 2004, 3515). Die primären oder auch eigentlichen Flurnamen wie Birkenkamp oder Holtebrink bezeichnen den Referenten unmittelbar, während sich sekundäre Flurnamen wie Hinter Herkenrath und Neben Hilgersfeld stets auf benachbarte Örtlichkeiten beziehen. BACH gliedert nach der „direkten oder indirekten Art der Benennung“ (BACH 1953/54, § 1.5) und verwendet damit eine andere Terminologie für denselben Sachverhalt. Dass solche sekundären, indirekten Flurnamen oder auch Flurbezeichnungen „einen selbständigen Flurnamen voraussetzen“ (BAUER 1998, 193), ist allerdings nicht richtig, weil beispielsweise Die Kirche kein Flurname ist und trotzdem als namengebendes Motiv für Hinter der Kirche fungiert. Eine Unterscheidung nach der Benennungsfunktion ist daher problematisch und in der Praxis wenig hilfreich (vgl. RAMGE 1998, 82; vgl. MEINEKE 2003, 20), auch wenn sie durch das für sekundäre Flurnamen obligatorische Auftreten von Präpositionen leicht automatisiert werden könnte. Genau genommen müssten dabei Belege mit den Präpositionen auf und in ausgespart werden, weil sie das Flurstück direkt bezeichnen – BAUER bezeichnet solche Flurnamen als präpositionale Flurnamen (vgl. BAUER 1998, 193). Die Benennungsfunktion ist allenfalls bei kleinsträumigen Flurnamenstudien sinnvoll, beispielsweise wenn eine ehemalige Richtstätte anhand der Flurnamen Hinter dem Gericht oder Auf’m Gericht lokalisiert werden soll (vgl. VOGELFÄNGER 2007, 26f.). Bei Untersuchungen oberhalb dieser Mikroebene kann die Abweichung jedoch vernachlässigt werden, denn eine Flurbezeichnung hinterm Wäldchen wird nur im direkten räumlichen Zusammenhang eines Wäldchens auftreten. Ab einer gewissen Größe des Untersuchungsraums verliert der Flurname ohnehin seinen Flächenbezug und wird so vom Raumnamen zum Punktnamen (vgl. BAUER 1998, 55.), ein Aspekt, der

2.1 Terminologie

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bei der Darstellung der Belege in den Punktsymbolkarten nochmals aufgegriffen wird (vgl. Kap. 3.2.2, 3.3.3, 3.3.4). Darüber hinaus spricht vor allem die hier verfolgte Fragestellung gegen die Unterteilung nach der Benennungsfunktion. Im Mittelpunkt des Interesses einer namenkundlichen Untersuchung wie der vorliegenden steht der Flurname als sprachliches Element und nicht (nur) der damit bezeichnete Namensträger, also das Flurstück. Unter diesem Blickwinkel ist ein Beleg Hinter der Bitze genauso ein Beleg für das Vorkommen des sprachlichen Elements Bitze wie beim primären Flurnamen Die Bitze, ein „qualitativer Unterschied zwischen Flurnamen als primären und Flurbezeichnungen als sekundären, chronologisch späteren Produkten des Namengebungsakts besteht nicht“ (BAUER 1998, 194). Im Gegensatz zu vielen Ortsmonographien, die Belege wie hinter der Bitze, bei der Bitze und auf der Bitze zusammenfassen, werden in der vorliegenden Arbeit, also auch bei den Popularitätskarten, solche Belege jeweils einzeln berücksichtigt. Ein anderer Ansatz für die Subkategorisierung von Flurnamen setzt dagegen gerade am Denotatbereich des Namens bzw. des ihm zugrunde liegenden Appellativs an und versucht die Flurnamen nach ihren Benennungsmotiven (zum Terminus vgl. WITKOWSKI 1964, 17) in Sachgruppen einzuteilen. Für flurnamengeographische Arbeiten ist diese Unterteilung besonders wichtig, denn es ist „sinnvoll, für die Abgrenzung von Flurnamenräumen Namenwörter einer Denotatsklasse auszuwählen“ (SCHORR 2000, 52). Im Gegensatz zur Benennungsfunktion und vor allem zu den Flurnamendefinitionen selbst sind diese onomasiologischen Typologien bei den meisten Autoren (vgl. BACH 1931, 212; vgl. SCHNETZ 1963, 29-95; vgl. DITTMAIER 1963, 363-378; vgl. SHFLNB, 133-145; vgl. TYROLLER 1996b, 1435-1441; vgl. MEINEKE 2003, 21-29; vgl. KLEIBER 2004, 3524) „aufgrund der langen Forschungstradition nur mehr bis zu einem gewissen Grad variabel“ (WINDBERGERHEIDENKUMMER 2001, 107). Die übliche Trennung besteht in der Aufteilung zwischen Natur- und Kulturnamen. Demnach gehört ein Flurname zu den Naturnamen, wenn sein Benennungsmotiv aus dem Bereich der natürlichen Sachverhalte kommt. Zu den Kulturnamen gehören solche, die von der kultivierenden und zivilisatorischen Tätigkeit des Menschen motiviert wurden. Die am Denotatbereich orientierte Subkategorisierung weist jedoch mehrere Schwachpunkte auf, die sich vor allem aus dem grundsätzlichen Problem ergeben, die Wirklichkeit mittels einer hierarchischen Klassifikation abzubilden (vgl. HFA 13; vgl. SHFLNB, 68f.; vgl. TYROLLER 1996b, 1434). Die auftretenden namengebenden Motive sind so vielfältig, dass jeder Versuch einer Systematisierung „ein hoffnungsloses und unlösbares Unterfangen“ (SHFLNB, 69) ist. Keine Art der Einteilung kann der Wirklichkeit gerecht werden und so spiegelt sich in der Auswahl letztlich nur „die Weltansicht des Klassifizierenden“ (BAUER 1998, 55) wider, wodurch die gebildeten Gruppen auch höchst

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2. Untersuchungsgegenstand und Untersuchungsraum

unterschiedlichen Umfang haben können. Eine Zuordnung von etwa 50.000 Flurnamengrundteilen aus Nordrhein-Westfalen zu Sachgruppen (vgl. VOGELFÄNGER 2002, D6) ergab Belegmengen zwischen 6 für Volksglaube, Volkssage, Volksbrauch, Freizeit und 7.388 für Nutzland und Nutzungsform. Die isolierte Betrachtung des Grundteils umgeht das zusätzliche Problem, dass bei vielen Flurnamen mehrere namengebende Motive vorhanden sind, die dann wie beispielsweise bei am Kirchberg zu Kreuzklassifikationen führen. Nicht selten ist aber auch die Zuordnung eines einzelnen Motivs zu unterschiedlichen Sachbereichen möglich, wie RAMGE am „Sau-Problem“ (SHFLNB, 68) zeigt. In Arbeiten wie der vorliegenden, bei denen eine Realprobe vor Ort nicht möglich ist, ist im Fall von Homonymie ohnehin nicht zu entscheiden, ob beispielsweise der Flurname Saal an einem bestimmten Ort durch einen Herrenhof oder eine Kotlache (vgl. DITTMAIER 1963, 254) motiviert wurde. Wenn in einer onomasiologischen Flurnamenkarte dann alle Bezeichnungen für herrschaftlichen Besitz kartiert werden sollen und damit auch der Flurname Saal berücksichtigt wird, werden neben den Herrenhöfen gewissermaßen auch Kotlachen mit kartiert. Darüber hinaus ist stets eine ganze Reihe von Flurnamen keiner Kategorie zuzuordnen, weswegen die Typologien in aller Regel eine Gruppe mit „sonstigen Namen“ enthalten. Trotz der skizzierten Schwierigkeiten wurden die Flurnamen im Rahmen dieser Untersuchung ebenfalls nach Sachgruppen subkategorisiert (vgl. Kap. 5.3), denn auch die Verbreitung der benannten Sache selbst hat einen grundlegenden Einfluss auf die Flurnamengeographie (RAMGE 1996, 1169). Übernommen wurde dazu die „differenzierteste und am meisten den Gegebenheiten entsprechende“ (TYROLLER 1996b, 1434) Gliederung von DITTMAIER (DITTMAIER 1963, 363-378). Eine dritte Möglichkeit zur Subkategorisierung setzt an der syntagmatischen Struktur der Flurnamen an. Dabei werden Flurnamen zunächst danach unterschieden, ob sie ein Syntagma bilden oder „aus nur einem Wort bestehen“, was sie jedoch „nur in den wenigsten Fällen“ (SCHEUERMANN 1995, 10) tun. Syntagmatische Flurnamen liegen in aller Regel als Präpositionalphrasen vor, wobei auch Bildungen mit Numeralia, Adjektiven, Adverbien und vor allem Artikeln möglich sind. Die gängigen Typologien zur formalen Subkategorisierung setzen jedoch unterhalb der syntagmatischen Ebene erst beim eigentlichen Namenwort an und beziehen sich auf dessen morphologische Struktur (vgl. TYROLLER 1996a; vgl. SCHEUERMANN 1995, 48-58; vgl. BAUER 1998, 121-129; vgl. WINDBERGER-HEIDENKUMMER 2001, 282-300), denn ob neben dem Namenwort noch Präpositionen und/oder Artikel vorhanden sind, „hängt von den Zufälligkeiten der Überlieferung ab; sofern wir mehrere Belege zu ein und demselben Namen haben, wird dieser uns in allen drei Formen entgegentreten“ (SCHEUERMANN 1995, 49). Dieser Befund lässt sich in jeder Untersuchung nachweisen, in der eine verhältnismäßig über-

2.1 Terminologie

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schaubare Menge an Flurnamen aus mehreren, zeitlich voneinander abweichenden Quellen zusammengestellt wird. Das ist beim hier verwendeten Belegmaterial aber gerade nicht der Fall (vgl. Kap. 3.7), so dass sich das Digitale Nordrheinische Flurnamenarchiv für syntagmatische Untersuchungsansätze nicht besonders gut eignet, jedenfalls nicht unter flurnamengeographischer Perspektive. Es bedarf also weiterer Bestände, um Artikel und Präpositionen nicht nur als „schmückendes Beiwerk, das man getrost vernachlässigen könnte, sondern [als] unverzichtbare Bestandteile des jeweiligen Flurnamens“ (SCHEUERMANN 1995, 11) ansehen zu können

2.1.3 Identitätstheoretische Grundlagen Neben den Schwierigkeiten bei der Definition und Subkategorisierung von Flurnamen (vgl. Kap. 2.1.1, 2.1.2) tritt als grundsätzliches Problem die Frage nach der Identität von Flurnamen auf. Dies gilt besonders für die vorliegende Arbeit, in der Flurnamen georeferenziert, lemmatisiert und fusioniert sowie nach etymologischen, morphosyntaktischen, sachtypologischen und geographischen Gesichtspunkten klassifiziert werden. Flurnamen sind, wie andere Namenarten auch, bilaterale sprachliche Zeichen und haben neben ihrer Ausdrucksseite auch einen Referenten, also in diesem Fall ein Objekt aus der außersprachlichen Welt. Es ist umstritten, ob es sich dabei um eine „direkte Referenz auf ein einzelnes Objekt (Monoreferentialität)“ (NÜBLING 2000, 276) handelt oder ob mit dem Ausdruck eben „nicht auf Objekte der Wirklichkeit, sondern auf Informationsmengen im menschlichen Gehirn“ (HANSACK 2000, 150, vgl. BRENDLER 2008, 41-44) verwiesen wird, über die erst dann der Bezug zum außersprachlichen Objekt hergestellt wird. Entscheidend für die Verwendung des Terminus Flurname im Rahmen der vorliegenden Arbeit ist aber lediglich, d a s s ein Flurname stets auch einen Referenten hat und mit Flurname eben nicht nur die Ausdrucksseite des sprachlichen Zeichens gemeint ist. Vor allem bei der Bestandsfusion (vgl. Kap. 3.6) muss zwischen Namengleichheit (Homonymie) und Namenidentität (Isonymie) getrennt werden. Diese Unterscheidung hängt davon ab, ob zwei ausdrucksseitig übereinstimmende Belege „koreferent (= referenzidentisch, funktional identisch) sind, das heißt ein und dasselbe Objekt benennen“ (BRENDLER 2008, 32). Solche identitätstheoretischen Grundannahmen und die daraus resultierenden Konsequenzen für die Namenforschung präsentiert BRENDLER in seiner jüngst erschienenen Arbeit als Nomematik (vgl. BRENDLER 2008) und wendet diesen Ansatz auch auf die Flurnamenforschung an (ebd., 199-226). Seine formalisierte Darstellung FNIOW ist zu lesen als „der (die Informationsmenge über) das (als ein bestimmtest Individuum identifizierte) Objekt j indizierende Flurname mit dem Wortlaut i“ (ebd., 202). Wenn explizit die Ausdrucksseite i

j

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2. Untersuchungsgegenstand und Untersuchungsraum

von Flurnamen gemeint ist, wird in der vorliegenden Arbeit anstelle von Wortlaut der neutralere Terminus Flurnamenausdruck verwendet, statt von Objekt oder – wie an anderer Stelle bei BRENDLER – Funktionalität oder auch Flur (ebd., 202) ist hier von Flurstück die Rede. Flurstück wird im Katasterwesen zwar gelegentlich synonym zu Flur verwendet, ist sachlogisch allerdings der passendere Begriff, weil ein Flurnamenausdruck eben nur auf e i n e n T e i l der gesamten Flur einer Siedlung referiert. Obwohl die zeichen- bzw. identitätstheoretische Differenzierung von Flurnamen in Flurnamenausdruck und Flurstück konzeptionell der gesamten vorliegenden Untersuchung zugrunde liegt, beschränkt sich die Verwendung dieser Termini auf Passagen, wo das Verhältnis von Signifikat und Signifikant eine entscheidende Rolle spielt, beispielsweise bei Fragen der Bestandsfusion (vgl. Kap. 3.6.) Wenn man Flurnamen, wie oben skizziert, als Einheiten mit einer Ausdrucksseite u n d einem Referenten auffasst, sie also „in ihrer Ganzheit von Grammatik und Funktionalität“ (BRENDLER 2008, 225) betrachtet, sind weit verbreitete Formulierungen wie „die Nordostgrenze von Wingert“ (HFA, 23) oder „Verbreitung des Flurnamens Wingert“ (DITTMAIER 1963, 346) sehr problematisch. BRENDLER schlägt daher „Verbreitung der Flurnamen Wingert“ vor (BRENDLER 2008, 225). Anstelle dieser zwar korrekten, aber doch recht ungewöhnlichen Formulierung ist in der vorliegenden Arbeit von WingertFlurnamen – oder entsprechend Siefen-Flurnamen, Bitze-Flurnamen usw. (vgl. Kap. 6) – die Rede, wenn es um homonyme Flurnamen geht. Es ist nicht verwunderlich, dass gerade die „Flurnamengeographie […] diesbezüglich noch ernsthafte Defizite aufzuweisen“ (ebd., 224) hat, weil hier eben nicht der einzelne Flurname im Mittelpunkt des Interesses steht. Eine präzise Terminologie setzt deshalb auch Begriffe für Gruppen von Flurnamen voraus. Eine solcher Terminus ist Lemma. Dieser Begriff wird in der vorliegenden Arbeit nicht als „einzelnes Stichwort in einem Lexikon“ (BUSSMANN 2002, 399) verstanden, sondern als eine „normalisierte Form des Namens“ (SHFLNB 26), die dann als „Repräsentant“ (GLÜCK 2000, 403) der tatsächlich auftretenden Varianten fungiert. Mit Hilfe des Lemmas werden ausdruckseitige Unterschiede wie zwischen Broich und Bruch aufgelöst und alle Belege mit etymologischer Identität zusammengefasst (vgl. Kap. 3.5). Deshalb kann jeder Flurnamenausdruck einem Flurnamenlemma oder – bei Flurnamen mit mehr als einem solcher Bestandteile – mehreren Flurnamenlemmata zugeordnet werden. Bei mehrgliedrigen Flurnamen wie Müllenbroich und Mühlenbruch führt die Lemmatisierung trotz der ausdruckseitigen Unterschiede zu einer identischen Kombination von Lemmata, es handelt sich also um einen Lemmakombinationstyp (vgl. SHFLNB 26). Da sich ein Lemma jedoch neben der ausdrucksseitigen Vereinheitlichung gerade durch das Fehlen einer außersprachlichen Referenz auszeichnet, ist es für sprachgeographische und vor allem -

2.2 Das Untersuchungsgebiet

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kartographische Zwecke nur eingeschränkt geeignet. Das Vorhandensein einer außersprachlichen Referenz, in der vorliegenden Arbeit repräsentiert durch ein Koordinatenpaar, ist die Voraussetzung für die kartographische Präsentation und Analyse von Flurnamen. Unverzichtbar ist die Lemmatisierung für die Feststellung etymologischer Identität von Flurnamen – kartiert und ausgewertet wird dann aber eben nicht „die Verbreitung eines Namenlemmas“ (HFA 5), sondern die Verbreitung von Flurnamen, deren Ausdrucksseite sich ganz oder teilweise einem bestimmten Lemma zuordnen lässt. Eine solche Gruppe von Flurnamen wird in der vorliegenden Untersuchung als Flurnamentyp bezeichnet (vgl. HFA 12). Damit werden die einzelnen Flurnamen als Identitäten „respektiert“ (BRENDLER 2008, 224), denn „Flurnamenlemmata sind nicht mit Flurnamen zu verwechseln, da ihnen die Flurnamenidentität abhanden gekommen ist“ (ebd., 225). Wenn also von der Verbreitung oder Häufigkeit eines Flurnamentyps die Rede ist, ist damit immer die Verbreitung oder Häufigkeit der zu einem Flurnamentyp gehörenden Flurnamen gemeint.

2.2 Das Untersuchungsgebiet Als Teilraum Nordrhein-Westfalens ist das nördliche Rheinland ein Gebiet mit politischen Außengrenzen. Daneben weist es auch interne sprachliche und geographische Grenzen auf, die in den Kommentaren zu den Verbreitungskarten einzelner Flurnamentypen (vgl. Kap. 6) häufig herangezogen und deshalb in den folgenden Abschnitten eigens skizziert werden. Eine zusammenfassende Darstellung der historischen Entwicklung des nördlichen Rheinlandes bietet JANSSEN (JANSSEN 1997), Anmerkungen zum rheinischen Selbstverständnis in historischer Perspektive MÖLICH (MÖLICH 2005).

2.2.1 Lage und Bezeichnung Das Bearbeitungsgebiet umfasst die heutigen Regierungsbezirke Düsseldorf und Köln und damit den südwestlichen Teil des Bundeslandes NordrheinWestfalen. Die Fläche des Untersuchungsraums beträgt 12.655,21 km². Sie setzt sich zusammen aus den zehn kreisfreien Städten und fünf Kreisen des Regierungsbezirkes Düsseldorf mit insgesamt 5.290,46 km² und den vier kreisfreien Städten und acht Kreisen des Regierungsbezirkes Köln mit insgesamt 7.364,75 km² (LADS NRW, 32). Politische Grenzen weist das Bearbeitungsgebiet heute im Westen und Norden zu den Niederlanden auf, im Südwesten zu Belgien, im Süden zu Rheinland-Pfalz und im Nordosten zu den

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2. Untersuchungsgegenstand und Untersuchungsraum

Regierungsbezirken Münster und Arnsberg des Landesteiles Westfalen. Vor der Neuordnung der Grenzen nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte der Untersuchungsraum zur preußischen Rheinprovinz, die 1945 in zwei Besatzungszonen geteilt wurde. Der nördliche Teil wurde zur so genannten Nordrhein-Provinz, die bereits ein Jahr später als Landesteil Nordrhein in das neu gebildete Bundesland Nordrhein-Westfalen überging. Der südliche Teil der preußischen Rheinprovinz mit den Regierungsbezirken Trier und Koblenz wurde zur französischen Besatzungszone und ebenfalls 1946 Teil des Bundeslandes Rheinland-Pfalz. Auf dieser Konstellation beruhten Schwierigkeiten bei der Bezeichnung des neu geschaffenen Landes (vgl. DORFEY 1993, 154ff.), und noch heute hat sich keine gängige Bezeichnung für das Gebiet des 1953 gegründeten Landschaftsverbandes Rheinland etabliert. Orientiert man sich an den politischen Grenzen, bietet sich die Bezeichnung Nordrhein an. Dagegen spricht allerdings, dass sie allenfalls in administrativen Zusammenhängen verwendet wird, beispielsweise im Namen einiger Verbände. Ebenfalls problematisch für das Untersuchungsgebiet ist der ohnehin unscharfe Begriff Rheinland, denn obwohl sich im Laufe der Zeit das „Bedeutungszentrum des Regionalbegriffs […] immer stärker in den nördlichen Teil der Rheinprovinz verlagerte“ (JANSSEN 1997, 12), orientieren sich die Vorstellungen des so benannten Raums immer noch weitestgehend an den im 19. Jahrhundert auf verschiedenen Ebenen ausgebauten und institutionalisierten Grenzen der preußischen Rheinprovinz (vgl. MATTHEIER 2004, 2713). Weder der ungebräuchliche Name Nordrhein auf der einen noch der wegen seiner häufigen Verwendung in unterschiedlichsten Zusammenhängen zu terminologischer Unschärfe neigende Name Rheinland auf der anderen Seite eignen sich folglich als Namen für das Bearbeitungsgebiet. Aus diesen Gründen wurden wie von MACHA (vgl. MACHA 2000, 293) allgemein nördliches Rheinland sowie das Adjektiv nordrheinisch als Bezeichnung des Bearbeitungsgebietes gewählt.

2.2.2 Sprachliche Gliederung Dass der Name des Untersuchungsgebietes diskutiert werden muss, liegt allerdings nicht nur an den oben angeführten politischen Aufteilungen in den vergangen zwei Jahrhunderten. Das Rheinland im Allgemeinen und das Bearbeitungsgebiet im Speziellen erweist sich in vielen Bereichen als heterogener Raum ohne innere Geschlossenheit und ohne eine klare Abgrenzung nach außen hin, denn „zweifellos fehlen dem Rheinland […] die territoriale Geschlossenheit und vor allem die ethnische Einheitlichkeit“ (GEUENICH 2005, 13), weswegen letztlich auch eine rheinische Identität nicht als „überzeitlich und für den gesamten Raum des Rheinlands charakteristisch“ (ebd., 18) ange-

2.2 Das Untersuchungsgebiet

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sehen werden darf. Gleiches gilt für die rheinische Sprache. Eine Reihe größerer regionaler Untersuchungen wie das Rheinische Wörterbuch (RHWB), die Rheinischen Flurnamen (DITTMAIER 1963), zuletzt der Rheinische Wortatlas (LAUSBERG/MÖLLER 2000) und auch das in Arbeit befindliche Historische Rheinische Wörterbuch (vgl. HOFFMANN 1998) suggerieren wegen ihres im Wesentlichen auf das Gebiet der preußischen Rheinprovinz bezogenen Bearbeitungsgebietes zwar „eine weitgehende Übereinkunft über das Vorhandensein einer derartigen Regionalvarietät, über deren linguistisches Profil und areale Verbreitung“ (ELMENTALER 2005, 117), belegen inhaltlich aber das Gegenteil. Sprachgeographisch gehört der nördliche Teil der preußischen Rheinprovinz zum Nieder- und Südniederfränkischen, der zentrale Teil zum Ripuarischen und der südliche Teil zum Moselfränkischen (vgl. WIESINGER 1983, 856). Eine solche Teilung lässt sich nicht nur auf phonologischer, sondern auch auf lexikalischer Ebene feststellen, dort „allerdings nicht so beherrschend und mit einem von Fall zu Fall stärker schwankenden Grenzverlauf“ (LAUSBERG/MÖLLER 2000, 12). Auch für die Flurnamengeographie legt DITTMAIER diese Einteilung nach „rheinischen Sprach- und Lebensräumen“ (DITTMAIER 1963, 4) zugrunde. Die skizzierte Binnendifferenzierung auf verschiedenen Ebenen der Sprache „lässt sich nicht mit der Vorstellung einer einheitlichen Dialektregion Rheinland vereinbaren“ (ELMENTALER 2005, 121). Trotz der fehlenden inneren Homogenität der preußischen Rheinprovinz ist für das kleinere Untersuchungsgebiet der vorliegenden Arbeit auf sprachlicher Ebene immerhin eine grobe Abgrenzung nach außen möglich: Die als ripuarisch-moselfränkische Strukturgrenze üblicherweise herangezogene Eifelschranke im Südosten und die Vorkommensgrenze des im Westfälischen verwendeten Einheitsplurals im Nordosten zeigen einen näherungsweise ähnlichen Verlauf mit den politischen Grenzen. Enger ist der Zusammenhang zwischen Sprachgrenze und politischer Grenze im Westen, wo „in jüngster Zeit eine allmähliche Auseinanderentwicklung der Dialekte beiderseits der Grenze unter dem Einfluss der jeweils überdachenden Standardsprachen festzustellen ist“ (ebd.). Allerdings ist hier zu beachten, dass sich die alten Mundarten im Nordwesten kaum von denen der benachbarten niederländischen Provinz Limburg unterscheiden (vgl. ebd.; vgl. CAJOT 1989, 315) und die „gemeinsame Geschichte des Gebietes an Maas und Niederrhein […] in der Sprachgeschichte ihre unübersehbaren Spuren hinterlassen“ (CORNELISSEN 2003, 10) hat. Aus diesem Grund wird gelegentlich auch das Mnl. bei der Untersuchung von Herkunft und Bedeutung einzelner Flurnamentypen herangezogen (vgl. Kap. 6).

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2. Untersuchungsgegenstand und Untersuchungsraum

Abb. 01: Sprachliche Gliederung des Untersuchungsgebietes

Eine gewisse Homogenität der rheinischen Sprache kann jedoch bei den Regiolekten, also den großlandschaftlichen Varietäten neben den alten Dialekten, festgestellt werden (vgl. ELMENTALER 2005, 128). Die Verbreitung dieser rheinischen Umgangssprachen ist „in etwa auf das Gebiet der ehemaligen Rheinprovinz beschränkt“ (ebd., 127), es reicht damit dann allerdings im Süden deutlich über das Bearbeitungsgebiet der vorliegenden Untersuchung hinaus.

2.2.3 Naturräumliche Gliederung Wie bei der sprachlichen Gliederung erweist sich das Untersuchungsgebiet auch hinsichtlich der geomorphologischen Einheiten als wenig homogen, denn die naturräumliche Gliederung des nördlichen Rheinlandes ist gekenn-

2.2 Das Untersuchungsgebiet

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zeichnet durch die Grenze zwischen den naturräumlichen Großregionen Deutsche Mittelgebirgsschwelle und Norddeutsches Tiefland.

Abb. 02: Naturräumliche Gliederung des Untersuchungsgebietes

Zur Deutschen Mittelgebirgsschwelle gehören die naturräumlichen Haupteinheitengruppen Westeifel und Osteifel im Süden sowie das Bergische Land als Teil des Bergisch-Sauerländischen Gebirges im Osten des Untersuchungsgebietes (vgl. NEGENDANK/RICHTER 1982, 32-45). An seinem südöstlichen Ende schließt das nördliche Rheinland noch kleine Teile des Mittelrheingebietes und des Westerwalds mit ein. In dieses Ensemble an Mittelgebirgsteilen bettet sich trichterförmig die Kölner Bucht, die auch als Kölner Tieflandsbucht (vgl. IAG) oder Niederrheinische Bucht (vgl. NEGENDANK/RICHTER 1982) bezeichnet wird. Sie gehört zusammen mit dem sich im Norden anschließenden Niederrheinischen Tiefland zum Norddeutschen Tiefland.

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2. Untersuchungsgegenstand und Untersuchungsraum

Für die Flurnamengeographie ist die naturräumliche Gliederung von besonderer Bedeutung, weil die Landschaft selbst ein häufiges Benennungsmotiv in Flurnamen darstellt (vgl. Kap. 6), und weil andere wichtige Denotatbereiche wie Bodennutzung oder Siedlung stark von Landschaft und Geologie abhängig sind (GRABERT 1998, 4ff.). Neben den weiter oben beschriebenen Dialektgrenzen wird die naturräumliche Gliederung im Rahmen dieser Untersuchung deshalb für die Beschreibung der flurnamengeographischen Binnendifferenzierung im nördlichen Rheinland von großer Bedeutung sein. Eine detailliertere Darstellung der naturräumlichen Gliederung befindet sich im Geschichtlichen Atlas der Rheinlande (vgl. IRSIGLER 1982, Karte I.5) und auf der Karte Landschaften – Namen und Abgrenzungen (vgl. IAG).

3. Auswahl, Erfassung und sprachgeographische Aufbereitung des Belegmaterials

Jede Flurnamenuntersuchung beginnt mit der Auswahl und Erfassung von Belegmaterial. Für kleinere Bearbeitungsgebiete und die damit verbundenen Auswertungsziele haben sich die Anforderungen an das Belegmaterial seit der ersten Sammelanleitung (vgl. BESCHORNER 1904, 7-11; vgl. KLEIBER 2004, 3515ff.) nur wenig verändert. Für flurnamengeographische Arbeiten gelten dagegen spezielle Anforderungen, weshalb den bisherigen Untersuchungen zur Flurnamengeographie im Rheinland und in benachbarten Räumen jeweils Erhebungsphasen vorausgingen, die Jahrzehnte dauerten und eine Vielzahl von Mitarbeitern erforderten (vgl. BACH 1963; vgl. HFA 9f. und 15; vgl. WFA 1-5). Solche Projekte erfordern in jeder Hinsicht einen enormen Aufwand, daher besteht in den „großen Lücken bei der Erfassung und Aufbereitung der riesigen Flurnamenbestände […] das Hauptproblem einer präzisen und umfassenden Flurnamengeographie“ (RAMGE 1996, 1171; vgl. NAUMANN 2001, 707). Zwar kann die vorliegende Arbeit an eine traditionsreiche Bonner Flurnamenforschung anschließen, doch zeigte sich schnell, dass die vorhandenen Bestände für moderne Auswertungs- und Kartierungsverfahren ungeeignet waren und eine aufwendige Aufbereitung sowie eine zusätzliche Neuerhebung unverzichtbar waren. Diese Maßnahmen werden in den folgenden Abschnitten beschrieben. Damit soll eine hohe Transparenz bei den Materialgrundlagen der Auswertungskapitel 6 und 7 geschaffen werden. Daneben sollen die Verfahren als Vorlage für ähnliche Projekte in anderen Regionen dienen, denn „der Aufbau regionaler Flurnamenarchive als notwendige Arbeitsgrundlage der Flurnamengeographie erfordert einen langen Atem, doch bei weitem nicht für alle deutschsprachigen Landschaften wurde er begonnen“ (SCHORR 2000, 34).

3.1 Zur Eignung verschiedener Flurnamenbestände für die digitale Verarbeitung Für die Belegsammlung kommen grundsätzlich zwei Wege in Frage: Flurnamen können entweder in der mündlichen Namenrealisation erhoben oder schriftlichem Quellenmaterial entnommen werden. Gelegentlich werden beide Ansätze auch ergänzend kombiniert (STANI-FERTL 2003, 73-78).

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3. Auswahl, Erfassung und sprachgeographische Aufbereitung des Belegmaterials

Die Sammlung mündlicher Belege wurde ab etwa 1900, in der Frühphase der Flurnamenforschung, in erster Linie als Aufgabe der Heimatforschung angesehen. Motiviert wurde die Erhebung von Flurnamen dabei oft durch die Sorge, dass „doch schon allzuviel des Alten und Überlieferten auf dem Dorfe als unnötiger Ballast über Bord geworfen“ worden sei, und der verbleibende „Teil dieses wertvollen Volksgutes“ (GESCHWENDT 1925, 3) gerettet werden müsse. Dabei galt das Erheben der mündlichen Belege als Alternative zum „Wälzen verstaubter Folianten“ (ebd.). Außer dem eigentlichen Flurnamenbeleg werden neben der Erhebung von mündlichen Formen bis heute sehr häufig auch weitere Merkmale erhoben. Dazu gehören neben der phonetischen Transkription mit Artikel, Präposition, Prosodie und Genus auch das sachliche Umfeld der Namen, zum Beispiel Bodenbeschaffenheit und Nutzung des Flurstücks (vgl. BESCHORNER 1904, 9f.; vgl. RAMGE 1980, 38-42; vgl. SCHEUERMANN 1995, 22; vgl. STANI-FERTL 2003, 77f.; vgl. KLEIBER 2004, 3515f.). Daneben wurde gerade in der Frühphase der Flurnamenforschung die hochdeutsche Entsprechung des Flurnamens verlangt, wobei Belege gerade dabei durch die missglückte Übersetzung von mundartunkundigen Exploratoren entstellt werden können, etwa bei Affenberg statt afn Berg, bei Eichenäcker statt Eigenäcker oder bei Saubächlein statt Das Aubächlein (vgl. BAUER 1981, 27f.). Die Erhebung mündlicher Belege ist in der Flurnamenforschung jedoch umstritten. Da die mündlichen Formen allenfalls als ein Korrektiv für in die Irre führende Katasterformen angesehen werden könnten, urteilt RAMGE, „dass die Bedeutung der mündlichen Formen für die Flurnamenbearbeitung weit überschätzt ist“ (RAMGE/RICHTER 2003, 215). Bei der Bearbeitung des Materials für das Südhessische Flurnamenbuch zeigte sich beispielsweise, „dass in weitaus den meisten Fällen die mündlichen Formen nichts anderes als eine dialektale oder sogar nur dialektgerichtete Aussprache der schriftlichamtlichen Form darstellen“ (SHFLNB, 43). Dies ist auch in der Untersuchung von WIERLING der Fall, wo Listen mit amtlichen Flurnamen im Ortsdialekt vorgelesen wurden, um die mündlichen Formen zu dokumentieren (WIERLING 2003). Zwar lassen sich Probleme bei der amtlichen Schreibung von Flurnamen ohnehin nicht endgültig lösen, weil mündliche Flurnamen oft keine klare Entsprechung in der Standardsprache haben, allerdings eröffnen beispielsweise die „Regeln zur richtigen Schreibung von Flurnamen“ im Flurnamenbuch Baden-Württemberg (vgl. FLNBBW) immerhin einen „gangbaren Weg“ (ebd., 10), wodurch die häufig beklagte versehentliche Verballhornung der Flurnamen durch ortsfremde Katasterbeamte eingeschränkt wird. Für die hessischen Verhältnisse stellt RAMGE zur „Ehrenrettung dieser wackeren Männer“ fest, dass die Zahl der Fälle von abweichenden amtlichen Formen „gering“ ist (RAMGE 1998, 86).

3.1 Zur Eignung verschiedener Flurnamenbestände für die digitale Verarbeitung

35

Gegen eine Perspektive, die das Erheben von mündlichen Belegen nur als „eine notwendige Ergänzung zum Studium schriftlicher, vor allem archivalischer Quellen“ (WINDBERGER-HEIDENKUMMER 2001, 192) betrachtet, führt WINDBERGER-HEIDENKUMMER die Bedeutung der Flurnamen in der Alltagskommunikation an. Sie fordert ein stärker „benutzerzentriertes Vorgehen“, weil Flurnamen als ökonomische Sprachzeichen „benutzt, genutzt, als unbrauchbar ausgeschieden, ersetzt und nach Bedarf neu geschaffen“ (ebd.) werden. WINDBERGER-HEIDENKUMMER stützt ihre gesamte Untersuchung daher ausschließlich auf mündliches Belegmaterial, was bei Flurnamenprojekten jenseits der lokalen Ebene sonst nur noch bei der Flurnamenerhebung in Südtirol der Fall ist (vgl. FLN SÜDTIROL). Das Südhessische Flurnamenbuch und beispielsweise auch HALFER (HALFER 1988) führen sowohl mündliche als auch schriftliche Flurnamenbelege auf, wobei die mündlichen Belege nicht nur zur Korrektur von abweichend wiedergegebenen amtlichen Formen dienen, sondern auch aus anderen Gründen darstellungsrelevant sind. Dazu gehören vor allem solche Fälle, in denen es keine schriftliche Entsprechung zu den mündlichen Belegen gibt, sowie Fälle, wo die Abweichung zwischen mündlicher und schriftlicher Form erklärungsbedürftig ist. Fakultativ kommen mündliche Belege gelegentlich in illustrierender Funktion hinzu (vgl. SHFLNB, 42). Grundsätzlich lässt sich bei der gemeinsamen Verwendung im Südhessischen Flurnamenbuch allerdings feststellen, dass die schriftlich-amtlichen Formen nicht nur standardsprachliche Umsetzungen von mündlichen Gebrauchsformen sind, sondern dass umgekehrt „die mündlichen Formen fast immer nur eine Umsetzung der schriftlichen Formen sind“ (ebd., 43). Als Ursache für die Entsprechung wird das kommunikative Einwirken der Amtlichkeit auf die Ortsgemeinschaft angesehen, weswegen die „Vorstellung, amtliche und mündliche Formen liefen gewissermaßen getrennt durch die Jahrhunderte, […] wirklichkeitsfremd“ (ebd.) ist. Wenn Unterschiede zwischen mündlichen und schriftlich-amtlichen Belegen nur gering sind und sich der zusätzliche Erkenntniswert aus mündlichen Belegen auf wenige Fälle beschränkt, rechtfertigt das den enormen Zeitaufwand für die Erhebung und besonders die weiterführende Bearbeitung der mündlichen Formen nicht. Das Bearbeitungsgebiet der vorliegenden Untersuchung und die Anzahl der Belege sind viel zu groß, um flächendeckend mündliche Formen durch Befragung zu erheben. Aus diesem Grund kam als Untersuchungskorpus der vorliegenden Arbeit nur schriftliches Material in Frage. Das Quellenmaterial für Flurnamen ist jedoch „fast unübersehbar“ (KLEIBER 2004, 3516), insbesondere für einen großen Untersuchungsraum wie das nördliche Rheinland. Allein für die Sammlung der Bonner Flurnamen verwendet DIETZ über 250 Urkunden und Akten aus 15 Archiven (DIETZ 1973, 12-17)! Eine flächendeckende Neuaufnahme

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3. Auswahl, Erfassung und sprachgeographische Aufbereitung des Belegmaterials

der Flurnamen aus Archivquellen war also aus arbeitsökonomischen Gründen vollkommen aussichtslos, die Zusammenstellung des späteren Untersuchungsmaterials musste vielmehr an den bereits erfolgten Sammlungen ansetzen. Die zahlreichen lokalen Flurnamensammlungen weichen jedoch in ihrer konzeptionellen Anlage und ihrem Informationsgehalt so stark voneinander ab, dass für ihre Überführung in eine einheitliche Datenbank jeweils eigene Verfahren entwickelt hätten werden müssen. Digitalisierungsaufwand und Zugewinn an neuen Flurnamenbelegen stünden damit in einem so ungünstigen Verhältnis, dass auch solche Sammlungen als Materialgrundlage für die vorliegende Arbeit nicht berücksichtigt werden konnten. Die einheitlichste und umfangreichste Sammlung an rheinischen Flurnamen enthält das 1930 von BACH ins Leben gerufene Rheinische Flurnamenarchiv (vgl. AUFRUF FLURNAMENARCHIV; vgl. FLURNAMENARCHIV), dessen Entstehung und Geschichte im Vorwort zu DITTMAIERS Rheinischen Flurnamen dokumentiert ist (vgl. BACH 1963, VII-XX). Das Zettelarchiv des Flurnamenarchivs befindet sich heute an der Arbeitsstelle Rheinische Sprachforschung in Bonn, die aus der Abteilung für Sprachforschung des 2005 aufgelösten Instituts für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande hervorgegangen ist. Die Flurnamen sind in 107 Kästen meist handschriftlich, gelegentlich auch maschinenschriftlich auf Zetteln vermerkt. Ein Kasten enthält ungefähr 2.000 Zettel, so dass die Gesamtzahl der Belege auf gut 200.000 geschätzt werden kann. Seit dem Erscheinen der Rheinischen Flurnamen im Jahr 1963, die auch schon nur eine „relativ kleine Auswahl“ aus dem „außerordentlich umfangreichen, aber trotzdem noch lückenhaften Stoff“ (DITTMAIER 1963, 1) des gesamten Archivs berücksichtigen konnten, wurde es nur noch sporadisch zur Untersuchung einzelner Flurnamen herangezogen. Das liegt neben Verlagerungen des Forschungsinteresses am ehemaligen Institut für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande vor allem auch an der fehlenden Möglichkeit eines computergestützten Zugriffs, der sich seit den 1980er Jahren in der Flurnamenforschung durchzusetzen begann (vgl. HÄNDLER 1985, 642) und für ein Großprojekt erstmals beim Hessischen Flurnamenatlas (vgl. HÄNDLER 1987, 25ff.) eingesetzt wurde. „Viel wäre gewonnen“, wenn Sammlungen wie das Zettelarchiv, die für viele deutschsprachige Regionen vorliegen, „dem EDVZugriff erschlossen werden könnten“ (KLEIBER 1998, 890). Da die Belege in den weitaus häufigeren Fällen handschriftlich auf den Zetteln des Zettelarchivs vermerkt sind und diese oft neben dem Flurnamenbeleg an unterschiedlichen Positionen noch weitere Angaben wie Quelle, Bearbeiter, Ort, Jahr und Erläuterungen enthalten, konnte eine Digitalisierung in keinem Schritt automatisiert erfolgen, wodurch eine Überführung in eine digitale Datenbank als sehr aufwendig eingeschätzt werden musste – zu einem ähnlichen Ergebnis kommt ZELDENRUST, der die Digitalisierung von ca. 200.000 Flurnamen in den Niederlanden als „op diverse gebieden problema-

3.1 Zur Eignung verschiedener Flurnamenbestände für die digitale Verarbeitung

37

tisch“ (ZELDENRUST 2005/2006, 124) beurteilt. Zur genaueren Ermittlung des Digitalisierungsaufwandes wurde der erste Kasten mit der Strecke A-Arproffe als Stichprobe einer empirischen Analyse unterzogen. Der Kasten enthält insgesamt 2.144 Zettel, die jeweils mindestens den Flurnamen, die Quelle und den Herkunftsort angeben. 427 Zettel enthalten zusätzlich eine Jahreszahl vor 1800. Keiner der anderen zu diesem Zeitpunkt ins Auge gefassten Bestände des späteren Digitalen Nordrheinischen Flurnamenarchivs enthält historische Belege – mit historisch ist hier das Gegenteil von rezent im Sinne von ‘noch gültig’ gemeint (vgl. HFA 11; vgl. WFA 5). Die historischen Belege aus dem Zettelarchiv wurden deshalb testweise per Abschrift in eine Datenbank überführt. Ohne Korrekturgänge waren dafür acht Stunden nötig, weswegen der Zeitaufwand für eine Digitalisierung nur der historischen Belege auf über 800 Stunden geschätzt werden konnte. Für das gesamte Zettelarchiv wären demnach gut 2.400 Stunden zu veranschlagen gewesen. Auch das Zettelarchiv eignete sich deshalb nicht als Materialgrundlage der vorliegenden Arbeit. Allerdings brachte die Auszählung der Quellenanteile innerhalb des untersuchten Kastens ein überraschendes Ergebnis: Obwohl Flurnamenbelege der Stichprobe aus 58 verschiedenen Quellen stammen, machen die mit Dittmaier gekennzeichneten Zettel mit 1.103 (51,45 %) den deutlich größten Anteil aus. Die zweithäufigste Quelle sind die Annalen des Niederrheins mit nur 138 (6,44 %) Zetteln (vgl. Abb. 17). Der enorme Anteil dieser Dittmaier-Zettel am Gesamtarchiv und der Umstand, dass sie grundsätzlich keine Jahreszahlen und keine weiteren Quellenangaben aufweisen, legt die Vermutung nahe, dass es sich bei diesem Material um das „von H. Dittmaier in den Jahren 1937-1940 aus den Karten und Flurbüchern der Katasterämter“ (BACH 1963, XV) ausgezogene Material handelt. Diese amtlichen Namen gingen nicht nur in das Zettelarchiv, sondern auch in die „Sammlung der Verzeichnisse der Flurnamen einzelner Gemarkungen“ (ebd.) und eine lange unbekannte Sammlung ein, die in maschinenschriftlicher Form und vergleichsweise homogenem Layout vorliegt (vgl. Kap. 3.4). Im Gegensatz zu den bisher skizzierten Beständen konnte diese Sammlung in das Digitale Nordrheinische Flurnamenarchiv übernommen werden (vgl. Kap. 3.4.2), so dass über diesen Weg schon über die Hälfte des Zettelarchivs digitalisiert werden konnte. Bei aller Heterogenität haben alle anderen skizzierten Flurnamenquellen eines gemeinsam: Die Aufnahme in eine digitale Flurnamendatenbank scheitert stets am zu großen Arbeitsaufwand bei der Digitalisierung. Flurnamenbestände müssen bestimmte Merkmale aufweisen, damit sie in vertretbarer Zeit digitalisiert werden können: Für eine zumindest halbautomatische Digitalisierung muss eine Vorlage maschinenschriftlich sein und über ein verhältnismäßig homogenes Layout verfügen. Darüber hinaus sollte sie über sehr viele Flurnamenbelege verfügen, weil sich die Vorzüge einer computergestützten

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3. Auswahl, Erfassung und sprachgeographische Aufbereitung des Belegmaterials

Verarbeitung erst in der Masse besonders auszahlen. Für einen flurnamengeographischen Auswertungsansatz ist dann noch entscheidend, dass die Belege georeferenziert sind oder georeferenziert werden können, also eine – möglichst genaue – räumliche Zuordnung zulassen. Hinzu kommt, dass die räumliche Belegdichte und die Belegmenge ausreichend sein müssen, um räumliche Verteilungen ohne größere Verzerrungen abzubilden. Für den flurnamengeographischen Ansatz der vorliegenden Arbeit fällt die Entscheidung, „ob bei der Neuaufnahme der Flurnamen eines großen Raums flächendeckendvollständig vorgegangen werden soll oder ob in einer repräsentativen Auswahl nur eine mehr oder weniger große Stichprobe gezogen werden soll“ (RAMGE/RICHTER 2003, 213f.), zugunsten einer möglichst flächendeckenden Erfassung aus. Diesen Vorgaben genügen im nördlichen Rheinland immerhin drei verschiedene Großbestände: Den kleinsten Bestand stellt das Namenmaterial der Deutschen Grundkarte 1:5000 (DGK) mit 40.589 Belegen dar, gefolgt von der bereits erwähnten Sammlung nach Gemarkungen, die hier als Sammlung Dittmaier (SAD) bezeichnet wird, mit 69.811 Belegen. Den größten Anteil am Gesamtbestand machen die Lagebezeichnungen aus dem Automatisierten Liegenschaftsbuch (ALB) aus, das exakt 1.105.000 Belege enthält, allerdings zahlreiche Mehrfachbelege. Die Fusion der einzelnen Bestände, bei der mehrfach belegte Flurnamen zunächst innerhalb der einzelnen, später auch zwischen allen drei Beständen getilgt wurden (vgl. Kap. 3.2-3.4, 3.6), führte zu einem Gesamtkorpus mit 200.110 nordrheinischen Flurnamen. Damit stützt sich die vorliegende Arbeit auf eine Beleganzahl, wie sie sonst nur in Großprojekten wie dem Westfälischen- und dem Hessischen Flurnamenatlas übertroffen wird bzw. werden kann. Von der Gesamtzahl der Flurnamenbelege hängen neben den grundsätzlichen Zielen der Untersuchung in ganz entscheidendem Maße auch die verwendeten und eigens entwickelten Methoden ab. Der Weg von der Erfassung bis zur Präsentation der Flurnamen kann bei einer so großen Menge an Flurnamenbelegen nur mit der Hilfe computergestützter Verfahren bewältigt werden. Zwar hat es im Rheinland mit DITTMAIERS Rheinischen Flurnamen auch schon lange vor der Einführung digitaler Methoden in die Flurnamenforschung ein Projekt mit noch umfangreicheren Flurnamenbeständen gegeben, jedoch vergingen – unterbrochen durch den Zweiten Weltkrieg und den daraus resultierenden Folgen – von der Gründung des Rheinischen Flurnamenarchivs bis zum Erscheinen des Flurnamenbuches über 30 Jahre. Der Einsatz des Computers verkürzt allerdings nicht nur die Bearbeitungsdauer, sondern eröffnet auch neue konzeptionelle Möglichkeiten. So wurde der Hessische Flurnamenatlas bereits 1987 in rein computativer Bearbeitung erstellt (vgl. HÄNDLER 1987, 25ff; vgl. RAMGE 1995, 317) und ist damit nicht nur in seiner Konzeption als großräumiger

3.1 Zur Eignung verschiedener Flurnamenbestände für die digitale Verarbeitung

39

Flurnamenatlas, sondern eben auch in seiner methodischen Herstellung „eine Pionierleistung“ (DEBUS 1987, 13). Im Westfälischen Flurnamenatlas (WFA), der in einzelnen Lieferungen seit 2000 entsteht, wurden Verfahren der EDV in Methodik und Konzeption noch konsequenter angewendet (RAMGE 2003, 340), was zu methodischen Weiterentwicklungen wie beispielsweise der Einführung der Frequenz- und Variablenkarte (vgl. MÜLLER 1986) in großem Umfang führte. An diese computerbasierten Entwicklungen in der Flurnamenforschung, die sich seit einigen Jahren auch bei immer mehr kleinräumigeren Untersuchungen und Flurnamenprojekten mit anderen Forschungszielen durchsetzen (vgl. LNB; vgl. SHFLNB), knüpft die vorliegende Arbeit methodisch an. Die Vorgehensweise bei der Untersuchung der Sprachgeographie nordrheinischer Flurnamen lässt sich mit den drei Schritten Sammlung, EDV-Aufbereitung und Publikation (vgl. RAMGE/RICHTER 2003, 206) grob skizzieren, wobei die ersten beiden Schritte im Rahmen dieser Arbeit nicht nur als notwendige Vorarbeiten für das eigentliche Ergebnis angesehen werden, sondern einen eigenen Schwerpunkt innerhalb der Gesamtuntersuchung darstellen. Aus diesem Grund wird die Erfassung und Aufbereitung der drei Einzelbestände in den folgenden Abschnitten dargestellt und wegen der Heterogenität der Bestände zunächst für jeden Bestand einzeln beschrieben. Weiterführende Schritte wie Lemmatisierung und Fusionierung betreffen alle Bestände gleichermaßen, weswegen diesen Arbeitsschritten eigene Abschnitte gewidmet sind. Die folgende Abbildung stellt einerseits den Ablauf der Aufbereitungsschritte für die drei Bestände dar und zeichnet andererseits den Aufbau von Kapitel 3 nach. Vergleichbare Schritte bei DGK, ALB und SAD werden jeweils durch gestrichelte Verbindungen gekennzeichnet – an mehreren Stellen wird aber auch deutlich, welche speziellen Maßnahmen die unterschiedlichen Bestände erforderten. Die Verweise zu den entsprechenden Kapiteln erleichtern die Verknüpfung mit dem Text.

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3. Auswahl, Erfassung und sprachgeographische Aufbereitung des Belegmaterials

DGK 3.2

ALB 3.3

SAD 3.4

„DGK Geonamen“ vom LVermA NRW 3.2.2

„ALB-Lagebezeichungen“ vom LVermA NRW 3.3.1

Flurnamenlisten des Rhein. Flurnamenarchivs 3.4.1

Aufbereitung der Einzeldateien 3.3.2.

Digitalisierung 3.4.3

Konvertierung nach Access 3.2.3

Konvertierung nach Access 3.3.2

Konvertierung nach Access 3.4.3

Zentrierung der Georeferenzen 3.2.3

Anpassung der GeoReferenzen an DGK 3.3.4

Georeferenzierung 3.4.3

Ausschluss von „sonstigen Namen“ 3.2.3

Generalisierung von Belegakkumulationen 3.3.4

Ausschluss von südrheinischen Belegen 3.4.3

Ausschluss von westfälischen Belegen 3.2.3

Lemmatisierung 3.5

BezugsflächenRekonstruktion 3.4.4

Lemmatisierung 3.5

Lemmatisierung 3.5

Fusion mit DGK 3.6.2.1

Fusion mit DGK & ALB 3.6.2.2

Gesamtbestand 3.7

Abb. 03: Schematischer Ablauf der linguistischen und geographischen Aufbereitung der Bestände

3.2 Deutsche Grundkarte 1:5000

41

3.2 Deutsche Grundkarte 1:5000 Die Deutsche Grundkarte 1:5000 (DGK) ist ein amtliches topographisches Kartenwerk und stellt die Erdoberfläche ohne maßstabsbedingte Generalisierung dar. Sie soll als Grundlage für andere, meist kleinmaßstäbigere topographische Karten für Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft dienen (AK TOPOGRAPHIE 1.1). In Nordrhein-Westfalen liegt sie mit 8.630 Blättern flächendeckend vor und wurde dort von 54 Katasterbehörden erstellt. Jedes Blatt hat das Format 40x40 cm, bildet damit eine Geländefläche von 4 km² ab und wird durch die Koordinatenwerte der linken unteren Blattecke sowie einen Blattnamen gekennzeichnet, der aus den abgebildeten Orten, Gebirgen oder Gewannen abgeleitet ist (vgl. ILLERT 1990, 5). Pläne für die Herstellung einer „topographischen Grundkarte des Deutschen Reiches 1:5000“ gibt es seit Mitte der 1920er Jahre. 1936 erfolgte die Umbenennung in „Deutsche Grundkarte 1:5000“, die dann auch zum amtlichen Kartenwerk des Deutschen Reiches erklärt wurde. Zu diesem Zeitpunkt waren allerdings erst 900 von geplanten 144.000 Kartenblättern fertig gestellt. Durch die Kriegsereignisse ging eine große Anzahl an Karten verloren, so dass der Großteil der heute vorliegenden Kartenblätter erst nach dem Zweiten Weltkrieg erstmals aufgenommen wurde.

3.2.1 Kartenschrift Die Schrift in der Karte ergänzt die Situations- und Geländedarstellung durch Namen, Benennungen und Erläuterungen (AK TOPOGRAPHIE 12.1). Die Darstellung der Schrift erfolgt anhand von Schrifttafeln (ebd. 12.7, 12.9, 12.11, 12.13), wodurch die Namen, Benennungen und Erläuterungen typologisiert werden. Insgesamt stehen durch die Kombination verschiedener Schriftarten, -größen und -lagen 87 Schrifttypen zur Verfügung, womit beispielsweise Namen von Stadtgemeinden mit über 1 Mio. Einwohnern von Namen für Seen, Teiche und Stauseen bis 0,05 km² unterschieden werden können. Die laufenden Nummern 43-57 in den Schrifttafeln sind Schrifttypen für Landschafts-, Flur-, Berg-, und Talnamen. Diese Namen sind mit der Kennung 999 als sonstige Namen in die vom Landesvermessungsamt Nordrhein-Westfalen gelieferte Namendatei eingegangen (vgl. Kap. 3.2.2). Für die Schrift und damit auch die Namen und Benennungen wird bei der Herstellung eines DGK-Blattes zunächst ein Schriftentwurf angefertigt. Dazu werden „alle Namen und Benennungen übernommen, die in vorhandenen Unterlagen, also der Topographischen Karte 1:25000, Flurkarten und sonstigen Verzeichnissen, enthalten sind oder anderweitig ermittelt werden können“ (LVERMA NRW 1971, 17). Das in der DGK enthaltene Namenmaterial wurde

42

3. Auswahl, Erfassung und sprachgeographische Aufbereitung des Belegmaterials

also nicht eigens für die Herstellung der Karten neu aufgenommen und spiegelt somit auch nicht den zum Zeitpunkt der Herstellung gültigen Namenschatz wider. Vielmehr wurden die Namen aus vorhandenen Vorlagen übernommen, womit die DGK einen heterogenen Bestand an Flurnamen enthält, sowohl hinsichtlich des Alters als auch hinsichtlich der Kriterien bei der Erhebung für die Vorlagen. Die dadurch bedingte Uneinheitlichkeit setzt sich auch in der Schreibung der enthaltenen Flurnamen fort: Während die Schreibweise von Gemeindenamen eigens geprüft und mit dem „Amtlichen Verzeichnis der Gemeinden und Wohnplätze (Ortschaften) in Nordrhein-Westfalen“ (vgl. AVGW) abgestimmt werden muss, kann die Schreibweise der Flurnamen aus den Flurkarten übernommen werden (vgl. LVERMA NRW, 17). Das führt zwar zu einem Nebeneinander unterschiedlicher Schreibvarianten, hat aber auf der anderen Seite den Vorteil, dass sprachliche Variation aus der Vorlage erhalten bleibt und regionale Besonderheiten nicht einer zusätzlichen Normierung zum Opfer fallen. Im Zuge des Abgleichs der Karte mit den Gegebenheiten vor Ort, dem so genannten Feldvergleich, sind weitere Flurnamen in die Grundkarte aufzunehmen, „wenn sie ortsüblich und gebräuchlich sind“ (ebd., 20). Auf diesem Weg wurde das schriftliche Material aus vorhandenen Quellen also um mündlich gebrauchte Flurnamen erweitert. Da diese Namen erst verschriftlicht werden müssen, unterliegen sie viel stärker den zahlreichen Regeln zur Schreibweise, als das bei den Namen aus schriftlichen Quellen der Fall war, die ja de facto unverändert aus der Vorlage übernommen werden konnten. Die Schreibweise von Namen wird im „Musterblatt für die Deutsche Grundkarte 1:5000“ (AK TOPOGRAPHIE) detailliert geregelt. Grundsätzlich müssen alle Namen der deutschen Rechtschreibung entsprechen, wobei Ausnahmen zulässig sind, wenn sie „auf althergebrachter Schreibweise beruhen oder wenn die mundartliche Form erwünscht ist“ (ebd., 12.3). Auch in anderen Fällen wird der Erhalt der mundartlichen Form angeraten, beispielsweise wenn eine Änderung von Langleiten in Lange Leite „dem örtlichen Sprachgebrauch durchaus fremd“ (ebd., 12.4) sein sollte oder wenn es für „mundartliche Namensteile und Wortbildungsformen […] in der Schriftsprache keine entsprechenden Ausdrücke gibt“ (ebd., 12.8). Da mundartliche Formen aber „ziemlich häufig“ in der ortsüblichen Schreibweise wechselten, empfiehlt das Musterblatt eine Wiedergabe „innerhalb der Landschaftsräume in einheitlicher Schreibweise“, die sich dann unter anderem an Flurnamenbüchern orientieren oder durch Anfrage bei „wissenschaftlichen Vereinen oder sachverständigen Personen“ geklärt werden soll (ebd.). Da die meisten Regeln eine Reihe von Ausnahmen zulassen und die Flurnamen aus schriftlichen Quellen ohnehin unverändert übernommen werden können, unterliegt die Schreibweise der Flurnamen in den Kartenblättern und damit auch in der Namendatei einem gewissen Spielraum und muss fallweise

3.2 Deutsche Grundkarte 1:5000

43

von den einzelnen Bearbeitern bewertet werden. Aus diesem Grund variieren zahlreiche Merkmale in der Gesamtdatei, was aus linguistischer Sicht sicher nicht von Nachteil ist. Beispielsweise sind Dialektmerkmale häufig sogar bei Formen erhalten geblieben, die eine schriftsprachliche Entsprechung haben, wie das Nebeneinander von Water und Wasser in der DGK belegt:

Abb. 04: Beispiele für Abweichungen von den Schreibvorgaben für DGK-Flurnamen

Noch deutlicher zeigt sich die Abweichung von den Vorgaben bei der Verwendung von Präpositionen. Im Gegensatz zu den Präpositionen von so genannten sekundären Flurnamen soll laut Musterblatt auf die Präpositionen von primären Flurnamen wie Auf der Heide und Im Kamp verzichtet werden, weil sie „weggelassen werden können, ohne die Namensaussage zu verändern“ (AK TOPOGRAPHIE, 12.4). Syntagmatischen Fragestellungen kommt es zugute, dass die DGK im Bearbeitungsgebiet trotzdem 4.739 solcher präpositionaler Flurnamen enthält (vgl. Abb. 04).

44

3. Auswahl, Erfassung und sprachgeographische Aufbereitung des Belegmaterials

Diese zwei exemplarischen Fälle deuten schon an, dass die Flurnamen in der DGK – obwohl sie aus einem amtlichen Kartenwerk stammen und einer Reihe von Regeln zur Schreibweise unterliegen – nach wie vor eine Schreibvielfalt aufweisen, die dieser Gruppe von Namen grundsätzlich eigen ist (vgl. Kap. 6). Trotz des amtlichen Charakters der DGK ist ihr Namenmaterial somit für alle Untersuchungen interessant, die syntaktische, morphologische, phonologische oder graphische Variation von Flurnamen ins Auge fassen. Wie stark die DGK-Flurnamen gegenüber älteren Beständen tatsächlich einer Normierung unterliegen, hängt aufgrund der recht moderaten Richtlinien vom Einzelbearbeiter, höchstens aber vom Usus der einzelnen Katasterämter ab und kann deshalb nicht für das gesamte nördliche Rheinland verallgemeinert werden.

3.2.2 Die Digitalisierung des Namenmaterials der Deutschen Grundkarte Die Namen der DGK wurden vom Landesvermessungsamt Nordrhein-Westfalen im Zeitraum von 1992 bis 1996 digitalisiert. Ziel des Projektes war es, neben einem Zugriff über Koordinaten auch einen Zugriff über geographische Namen auf digitale Kartenwerke zu realisieren. Dieser Zugriff ermöglicht die Auswahl und Präsentation eines Kartenausschnitts, auf dem das Objekt mit dem als Suchbegriff verwendeten Namen liegt. Teile der Namendatei wurden beispielsweise für die Suchfunktion der TOP-50-Serie (vgl. TOP 50), einer digitalen Sammlung topographischer Karten, verwendet. Ursprünglich sollten die Namen aufgrund der 57 möglichen Schrifttypen (vgl. AK TOPOGRAPHIE 12) in der DGK den vier Kategorien Straßennamen, Namen eines Gemeindeteils, Gewässernamen und sonstige Namen zugeordnet werden. Aufgrund der schlechten Les- und damit Digitalisierbarkeit der Gewässer- und Straßennamen wurde jedoch auf die Erfassung dieser Namen verzichtet. Darüber hinaus wurden so genannte Schriftzusätze wie Schule oder Wald nicht aufgenommen, da sie Appellative und keine Namen sind, wobei „die Grenze zwischen Appellativum und Name bei FlN im Gegensatz zu anderen Namenklassen besonders häufig fließend“ (GABRIEL 1996, 1452) ist und deshalb mit Unschärfen bei der Erfassung zu rechnen ist. Die Erfassung erfolgte manuell durch Schreibkräfte am Landesvermessungsamt, weil der Aufwand bei automatischen Verfahren zu groß war. ILLERT stellt 1990 fest, dass „Investitionen nicht unter 1 Million DM“ (ILLERT 1990, 119) nötig seien, um die Karten mitsamt der Texte automatisch zu digitalisieren, wobei die Erkennungsleistung bei 75-80 % (ebd., 122) liegt. Insgesamt kommt er zu dem Ergebnis, dass die automatische Digitalisierung zwar „technisch realisierbar“ ist, dass aber „wirtschaftliche Vorteile gegenüber der manuellen Digitalisierung […] noch nicht klar bestätigt werden“ können (ebd., 119). Zur Erfassung des Namenmaterials wurde also ein manueller Weg gewählt. Dazu wurde jedes DGK-Kartenblatt in vier gleich große Quadrate

3.2 Deutsche Grundkarte 1:5000

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aufgeteilt, die dann jeweils eine Seitenlänge von 1 km bzw. eine Fläche von 1 km² aufweisen. Allen in so einem Quadrat liegenden Flurnamen wurden die gleichen Koordinaten zugeordnet, indem bei den Koordinaten auf diejenigen Stellen, die Einer-, Zehner- und Hundertermeter angeben, verzichtet wurde. Im Gauß-Krüger-Koordinatensystem mit Rechts- und Hochwerten bedeutet das, dass jeder Beleg eines 1 km² großen Quadrats die Koordinaten von dessen linker unterer bzw. südwestlicher Ecke aufweist. Dies ist für das Verständnis der Lagegenauigkeit der DGK-Belege sowie der Georeferenzierung der anderen Bestände von großer Bedeutung (vgl. Kap. 3.2.3, 3.3.4, 3.4.2). Namen, die von den Begrenzungslinien der Suchquadrate oder den Kartenrändern zerschnitten werden, wurden dem Quadrat zugeordnet, in das der größere Teil des Namens fiel (LVERMA NRW 1992, 6.3.3). Insgesamt konnten auf diese Weise für Nordrhein-Westfalen 129.151 Belege samt Koordinaten gesammelt werden, die der damaligen Abteilung Sprachforschung am Institut für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande im Februar 1999 vom Landesvermessungsamt NRW zur Verfügung gestellt wurden.2 Jedem Namenbeleg ist neben Rechts- und Hochwert zur geographischen Lokalisierung noch eine Kennung für die Namenkategorie zugeordnet. Die Daten sind in einer Textdatei enthalten. Die erste Spalte (vgl. Abb. 05) enthält den so genannten Rechtswert. Er bezeichnet im Gauß-Krüger-Koordinatensystem, das der Abbildung der DGK zugrunde liegt, die geographische Länge. Die erste Ziffer gibt den Meridianstreifen an, von dem aus gemessen wird. Im Gauß-Krüger-System sind die Meridianstreifen 3° breit – beginnt der Rechtswert also mit einer 1, so wird ab dem dritten Längengrad rechtwinklig die Entfernung zum jeweiligen Punkt in Metern gemessen. Jeder Meridianstreifen bekommt, um negative Werte zu vermeiden, den Wert 500.000 m. Das Bonner Münster (Rechtswert 2577686) liegt demnach 77.686 m östlich 6° östlicher Länge. Ist die zweite Ziffer kleiner als 5, gibt der Rechtswert einen Wert links vom Bezugsmeridian an. Ein Punkt mit dem Rechtswert 3400000 liegt 100.000 m westlich 9° östlicher Länge. Rechtswerte bestehen normalerweise aus sieben Ziffern, wodurch ein Objekt bis auf einen Meter genau angegeben werden kann. Die bereits erwähnte Zuordnung der Namen zu einem Kilometerquadrat führt jedoch dazu, dass die Ziffern für Hunderter-, Zehner- und einfache Meter jeweils nicht erhoben wurden. Das Bonner Münster hätte in der vom Landesvermessungsamt zur Verfügung gestellten Datei also den Rechtswert 2577.

2

In diesem Zusammenhang danke ich Johannes Röhnelt vom Landesvermessungsamt, besonders auch für die Erläuterungen zum Material. Der größte Dank gilt jedoch meinem Kollegen Dr. Walter Hoffmann, der diese Namenbestände ermittelte, den Kontakt herstellte und damit die Wiederbelebung der (nord-)rheinischen Flurnamenforschung initiierte.

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3. Auswahl, Erfassung und sprachgeographische Aufbereitung des Belegmaterials

+------+-------+------+------------------------------------------------+ |km_r |km_h |schlsl| geo_name | +------+-------+------+------------------------------------------------+ | 2577| 5617| 999|Birkenbusch | | 2577| 5617| 613|Waldau | | 2577| 5620| 999|In der Melbe | | 2577| 5620| 613|Poppelsdorf | | 2577| 5622| 613|Bonn | | 2577| 5625| 999|Auf dem Schänzchen | | 2577| 5625| 999|Auf der Insel | | 2577| 5625| 999|Kemper Werth | | 2577| 5626| 999|Am Elendsgraben | | 2577| 5626| 999|Bitze | Abb. 05: Ausschnitt aus der Datei geonamen.txt vom LVERMA NRW

Die zweite Spalte gibt den so genannten Hochwert an, der die Entfernung vom Äquator in Metern anzeigt. Das Bonner Münster hat beispielsweise den Hochwert 5622566 und liegt damit 5.622.566 m nördlich des Äquators. Wie beim Rechtswert wurden auch hier in der Datei die letzten drei Stellen nicht erhoben. Wie bereits erwähnt, bedeutet dies in der Kombination aus Rechts- und Hochwert, dass alle Namen in einem Quadrat von 1 km Seitenlänge die Koordinate der linken unteren Ecke des Quadrates erhalten. Die Koordinaten aus der DGK-Liste sind also nur sehr bedingt dazu geeignet, einen Flurnamen exakt zu lokalisieren – es sind theoretisch Abweichungen von bis zu 1414,21 m möglich, wenn der Beleg tatsächlich an der rechten oberen Ecke des Kilometerquadrats lag. Durch ein in Kap. 3.2.3 beschriebenes Verfahren konnte diese maximale Abweichung halbiert werden. Flurnamen sind aber ohnehin nie Namen von Punkten, sondern Namen von Flächen – und auch aus detaillierten Katasterkarten geht selten eindeutig hervor, bis wohin ein Flurname genau gilt. Hinzu kommt, dass Abweichungen im genannten Bereich in kleineren Maßstäben nicht mehr ins Gewicht fallen. Die in Kapitel 6 enthaltenen Karten haben wegen des Satzspiegels den Maßstab 1:1.322.750, weswegen eine reale Abweichung von höchstens 707,11 m in der Wirklichkeit zu einer Abweichung der Symbolmittelpunkte in der Karte von maximal 0,53 mm führt. Sie liegt damit nur unwesentlich über der graphischen Mindestgröße von Distanzen, die für das menschliche Auge unterscheidbar sind (vgl. HAKE/GRÜNREICH/MENG 2002, 110) und beeinträchtigen das Kartenbild deshalb nicht. Durch einen Zahlenschlüssel in der dritten Spalte werden die Namen nach zwei Kategorien unterschieden. Die Kennung 613 weist einen Namen als Wohnplatznamen aus, 999 steht für sonstige Namen. Beide Kennungen stammen aus internen Konventionen des Landesvermessungsamtes NordrheinWestfalen. Als Wohnplatznamen werden alle Namen besiedelter Flächen ver-

3.2 Deutsche Grundkarte 1:5000

47

standen, dazu gehören die Namen der Gemeinden und Gemeindeteile, volkstümliche Wohnplatznamen, Gehöfte, historische Namen, Wüstungen, Straßennamen und Platznamen (AK TOPOGRAPHIE 12.5f.). Wie bereits erwähnt, enthält die Gruppe der sonstigen Namen Gewässernamen, Landschafts- und Flurnamen, Bergnamen und Talnamen. Da die Gewässernamen – wie auch die Straßennamen – nicht in die Namendatei aufgenommen wurden und Namen von besiedelten Flächen ausgeschlossen sind, umfasst die Kategorie 999 recht genau das, was in der Forschung trotz aller Definitionsschwierigkeiten als Flurnamen bezeichnet wird (vgl. Kap. 2.1.1). Die vierte Spalte der Namendatei enthält den Namenbeleg, die Spaltenbreite beträgt 30 Zeichen. Beim Landesvermessungsamt Nordrhein-Westfalen wurden die Belege aus der Datei nach der Erfassung noch einmal mit der Karte verglichen und auf ihre Richtigkeit hin untersucht, weswegen Schreibfehler und übersehene Belege selten sein müssten. Auch bei einer eigenen Überprüfung von einigen gedruckten Kartenblättern konnten keine Schreibfehler festgestellt werden. In einigen wenigen Fällen fehlten Belege aus der Datei in den Karten oder umgekehrt. Es ist wahrscheinlich, dass bei der Digitalisierung ein neueres oder älteres Kartenblatt als das verwendete Kontrollkartenblatt benutzt wurde, denn die enthaltenen Belege können bei der Fortführung eines Kartenblatts neu erhoben oder einfach verdrängt worden sein, beispielsweise durch die Ausbreitung von Siedlungsflächen. Auch die sehr seltenen Abweichungen im Gebrauch von Präpositionen und Artikeln sind auf Aktualisierungsmaßnahmen der Kartenblätter zurückzuführen. Gelegentlich finden sich leider auch Namen wie Minmannshof in der Datei, die dort zwar als sonstige Namen deklariert sind, dem Eintrag in der Karte zufolge aber wohl zu den Wohnplatznamen gehören müssten. Eine verlässliche Überprüfung der Kategorisierung setzt aber einen Abgleich mit den Kartenblättern voraus, so dass auch diese Zweifelsfälle in die spätere Datenbank überführt werden mussten. Für die Untersuchungsperspektive der vorliegenden Arbeit spielt es ohnehin eine untergeordnete Rolle, ob ausnahmslos jeder Beleg zweifelsfrei als Flurname betrachtet werden kann (vgl. Kap 2.1.1).

3.2.3 Konvertierungs- und Filtermaßnahmen Im Verhältnis zu den beiden anderen Beständen konnte die Konvertierung der als Textdatei vorliegenden Belegliste aus der Deutschen Grundkarte 1:5000 in eine Flurnamendatenbank ohne Schwierigkeiten erfolgen (vgl. Kap. 3.3.2 und 3.4.3). Die 129.151 Zeilen der Textdatei wurden in eine MS Access-Datenbank überführt. In das geplante Digitale Nordrheinische Flurnamenarchiv sollten aber nur die Datensätze eingehen, die zu den sonstigen Namen zählen und die nicht im westfälischen Teil Nordrhein-Westfalens liegen. Mit 25.485

48

3. Auswahl, Erfassung und sprachgeographische Aufbereitung des Belegmaterials

Belegen sind recht genau 20 % der Ausgangsdatei als Wohnplatznamen ausgewiesen, sie wurden nicht für das Flurnamenarchiv berücksichtigt. Um zu ermitteln, welche der verbliebenen 103.666 Belege innerhalb des Bearbeitungsgebietes liegen, wurden sie in das Geoinformationssystem ArcView 3.2 exportiert. Dort konnten 63.077 westfälische Belege ausgeschlossen werden, so dass insgesamt 40.589 nordrheinische Belege in das digitale Archiv überführt wurden. Nach der Überführung der gewünschten Teile aus der Textdatei in eine Datenbank wurde noch eine Veränderung an den Daten vorgenommen. Zunächst wurden die bislang nur vierstelligen Rechts- und Hochwerte um die drei Ziffern 5, 0 und 0 erweitert. Durch die Nichtberücksichtigung der letzten drei Stellen in der Originaldatei entsprach ein Koordinatenpaar wie 2577/5626 ja de facto den Koordinaten 2577000 und 5626000, womit alle Punkte innerhalb des Kilometerquadrats auf dessen linke untere Ecke verlegt worden waren. Durch die nachträgliche Erweiterung der Rechts- und Hochwerte entstanden nun die Koordinaten 2577500 und 5626500, womit alle Punkte innerhalb eines Kilometerquadrats nunmehr aus der linken unteren Ecke auf dessen Mittelpunkt verschoben wurden. Wie bereits erwähnt, hat dies zur Folge, dass die maximale Abweichung, die durch die ursprüngliche Tilgung der letzten drei Stellen entstanden war, auf maximal 707,11 m reduziert wurde. Die insgesamt 40.589 Flurnamenbelege der DGK verteilen sich nach den skizzierten Schritten auf 10.929 Punkte, die jeweils in der Mitte eines Rasterfeldes mit 1.000 m Seitenlänge liegen. Die durchschnittliche Belegzahl pro Punkt und damit pro Rasterfeld liegt bei 3,71. Die folgende Karte zeigt die räumliche Verteilung der 10.929 Belegpunkte und verdeutlicht das feinmaschige Raster, mit dem das Untersuchungsgebiet fast flächendeckend überzogen ist. Eine geringere Belegdichte zeigt sich im Bereich der städtischen Verdichtungsgebiete, wo wegen der städtischen Bebauung nur vereinzelt Flurnamen vorkommen oder erhalten geblieben sind.

3.2 Deutsche Grundkarte 1:5000

49

Abb. 06: Belegpunkte des DGK-Materials

3.2.4 Die Vorteile des DGK-Namenmaterials gegenüber anderen Beständen Den bereits skizzierten Schwächen, dass die Datenbank zur exakten Lokalisierung von bestimmten Flurnamenbelegen nur bedingt geeignet ist und dass sie heterogenes und in unterschiedlichem Maße durch Konventionen abgeändertes Material enthält, stehen – insbesondere für großräumige Untersuchungen wie diese – zwei große Vorteile gegenüber. Erstens ist der Aufwand, den Bestand in das Digitale Nordrheinische Flurnamenarchiv zu überführen, gering. Durch die am Landesvermessungsamt Nordrhein-Westfalen geleisteten Digitalisierungsarbeiten und die einheitliche Struktur der Datei, in der die Namenbelege vorlagen, konnten die eigenen Erfassungsschritte auf wenige

50

3. Auswahl, Erfassung und sprachgeographische Aufbereitung des Belegmaterials

Konvertierungs- und Filtermaßnahmen beschränkt werden. Der zweite und wesentlich höher einzuschätzende Vorteil der DGK-Daten ist deren Umfang von 40.589 Flurnamen und insbesondere die geographische Dichte der Belegpunkte. Abgesehen von einigen städtischen Verdichtungsräumen liegen für fast alle Kilometerquadrate Namenbelege vor, wodurch sich ein sehr homogenes Netz an Belegpunkten ergibt (vgl. Abb. 06). Der Wert dieser homogenen Verteilung von Belegpunkten zeigt sich beim Vergleich von zwei Kartenpaaren – die linke Karte präsentiert Daten aus dem Westfälischen Flurnamenarchiv, die rechte Karte enthält das DGK-Material aus dem westfälischen Teil Nordrhein-Westfalens.

Abb. 07: Belegpunkte des Westf. Flurnamenarchivs (MÜLLER 1984, Karte 3) und des DGK-Materials

Auf dem ersten Kartenpaar (vgl. Abb. 07) ist ein Ausschnitt aus den Ortspunktkarten dargestellt. Bei der Karte mit den Belegpunkten des Westfälischen Flurnamenarchivs wird deutlich, dass die „Ortspunkte recht ungleichmäßig verteilt sind“ (MÜLLER 1988, 36). Die Ursache dafür ist die siedlungsgeschichtliche Entwicklung Westfalens (vgl. ebd.). Diesen Ortspunkten steht ein wesentlich engmaschigeres Belegpunktenetz der DGK gegenüber, dessen regelmäßige Rasterung sich deutlich erkennbar abzeichnet. Dabei ist allerdings festzuhalten, dass die Gesamtzahl der Flurnamenbelege für den Westfälischen Flurnamenatlas mit 530.000 (vgl. WFA 3) um ein Vielfaches größer ist als die Gesamtzahl der DGK-Flurnamen. Jeder Ortspunkt im Westfälischen Flurnamenarchiv repräsentiert also durchschnittlich deutlich mehr Belege als die Belegpunkte aus der DGK. Allerdings beeinflusst das unterschiedliche Ortspunktenetz die Wahrnehmung von räumlicher Verteilung viel stärker als die Gesamtzahl der Belege, wie der konkrete Fall mit Kamp-Flurnamen zeigt (vgl. Abb. 08 und 09). Auf dem Kartenausschnitt des Westfälischen Flurnamenatlas zeichnen sich deutlich zwei Areale ab, in denen solche Flurnamen gehäuft auftreten, während die Verteilung auf dem eigenen Kartenausschnitt insgesamt homogener wirkt.

3.2 Deutsche Grundkarte 1:5000

51

Abb. 08: Kamp-Belege aus dem Westfälischen Flurnamenatlas (WFA Karte 4.2)

Abb. 09: Kamp-Belege aus dem DGK-Material

Bei der Karte aus dem Westfälischen Flurnamenatlas entsteht trotz der unterschiedlichen Symbolgröße der Eindruck, dass Kamp-Flurnamen im Nordwesten Westfalens seltener belegt sind als im Nordosten. Wie die Karte aus dem DGK-Material für den westfälischen Teil Nordrhein-Westfalens zeigt, ist Kamp dort aber in vergleichbarem Maße belegt. Die Interpretation und die grundsätzliche Interpretierbarkeit des Kartenbildes hängt also sehr stark vom Belegnetz ab – je inhomogener das Belegnetz ist, desto größer die Verzerrung

52

3. Auswahl, Erfassung und sprachgeographische Aufbereitung des Belegmaterials

bei der Wahrnehmung. Dieser Zusammenhang wird nicht nur bei größeren Verbreitungsarealen deutlich, sondern gilt auch für kleinräumige Gebiete. Am unteren Rand des Kartenausschnitts aus dem Westfälischen Flurnamenatlas zeichnet sich ein deutlicher Kontrast an der südlichen Kreisgrenze von Beckum und Lüdinghausen ab, der in der eigenen Karte fehlt. Ursache dafür ist, dass die südlicheren Kreise Dortmund, Unna, Soest und Lippstadt mit 273 Ortspunkten vertreten sind, während die flächenmäßig vergleichbaren und nördlich angrenzenden Kreise Recklinghausen, Lüdinghausen und Beckum nur 63 Ortspunkte aufweisen. Die Berechnungsfläche Soest1 mit 26 Ortspunkten beispielsweise grenzt direkt an Beckum4 mit nur drei Ortspunkten. Letztlich zeichnet sich in der Verteilung eines Flurnamentyps also mehr oder weniger stark die Verteilung des zugrunde liegenden Ortsnetzes ab, was die Interpretierbarkeit beeinträchtigt. Dieses Problem ist bekannt (vgl. MÜLLER 1986b; vgl. MÜLLER 1988, 36; vgl. WFA 6) und wurde im Westfälischen Flurnamenatlas mit der Frequenzkarte weitestgehend gelöst, weil sie den prozentualen Anteil eines Flurnamenlexems an dem für die Berechnungsfläche vorhandenen Gesamtbestand an segmentierten lexikalischen Einheiten darstellt (vgl. WFA 7). Allerdings ist die Größe der Berechnungsflächen recht unterschiedlich, so dass auch diese Darstellungsmethode im Gegensatz zur in dieser Arbeit vorgestellten Popularitätskarte (vgl. Kap. 4.3) nicht frei von Verzerrungen bei der intuitiven Wahrnehmung von Flurnamenarealen ist, wie der Vergleich von Popularitäts- und Frequenzkarte für Feld in Westfalen zeigt (vgl. Abb. 40) Der Vergleich beider Kartenbilder zeigt ferner, dass sich ein Gesamteindruck der Verteilung von Kamp-Flurnamen auch auf Basis der DGK-Daten aus dem westfälischen Teil Nordrhein-Westfalens er- bzw. vermitteln lässt, auch wenn dort mit 77.779 (vgl. Kap. 3.2.3) nur 14,7 % der Belegzahl aus dem Westfälischen Flurnamenatlas enthalten sind. Durch das wesentlich homogenere Ortspunktnetz gewinnt die Karte auf Basis der DGK-Daten gegenüber ihrem Pendant sogar an Zuverlässigkeit, was die möglichst verzerrungsfreie Darstellung der tatsächlichen Verteilung anbelangt. Allerdings wird beim Vergleich auch deutlich, dass in der DGK gelegentlich Belege fehlen, die auf verschiedenen anderen Wegen wie Namenquellen aus dem 14. und 15. Jahrhundert, preußischem Urkataster aus dem frühen 19. Jahrhundert und weiteren Quellen (vgl. MÜLLER 1986a, 36f.) Eingang in das Westfälischen Flurnamenarchiv gefunden haben. Insgesamt lässt sich also feststellen, dass die Flurnamen aus der DGK eine solide Basis für ein Flurnamenarchiv darstellen, das aber ohne die Integration weiterer Bestände nicht den Anspruch auf annähernde Vollständigkeit erheben kann.

3.3 Automatisiertes Liegenschaftsbuch

53

3.3 Automatisiertes Liegenschaftsbuch Die positiven Erfahrungen mit der Nutzung von digital verfügbarem Namenmaterial aus der DGK zu flurnamenkundlichen Zwecken und der Umstand, dass dort nur ein Teil der tatsächlich belegten Flurnamen enthalten ist, führte zu der Suche nach Ergänzungen des Digitalen Nordrheinischen Flurnamenarchivs. Das Material sollte nach Möglichkeit bereits digital vorliegen und mit Georeferenzen versehen sein. Da „digitale Flurkarten und Automatisches Liegenschaftsbuch (ALB) […] inzwischen die alten Flurbücher und Karten [ersetzen]“ (KOSS 2002, 161), wurden Auszüge aus dem automatisierten Liegenschaftskataster, das wie die DGK ebenfalls an den Katasterämtern geführt wird, ersten praktischen Tests unterzogen.3 Im automatisierten Liegenschaftskataster werden sämtliche Flurstücke und bauliche Anlagen nach ihrer Lage, Art der Nutzung und Größe beschrieben und kartographisch dargestellt, wobei es sich aus dem weiter unten detailliert beschriebenen Automatisierten Liegenschaftsbuch (ALB) und der Automatisierten Liegenschaftskarte (ALK) zusammensetzt, die hauptsächlich die räumliche Lage und Grenzen abbildet und durch eine einheitliche Datenbankschnittstelle mit dem ALB verknüpft werden kann. Die Tests zeigten schnell, dass das Material den oben genannten Ansprüchen gerecht wird und ergaben zusätzlich, dass das ALB weit mehr Namenbelege als die DGK enthält. Daher konnten die ursprünglich nur als Ergänzung betrachteten ALB-Belege sogar zum Hauptbestand innerhalb des Digitalen Nordrheinischen Flurnamenarchivs werden. Allerdings war zu berücksichtigen, dass das ALB nie zuvor zu namenkundlichen Zwecken genutzt worden war, und damit nicht nur hinsichtlich der technischen Umsetzung von der Erfassung bis zur Auswertung, sondern insbesondere auch hinsichtlich der grundsätzlichen Eignung der Liegenschaftsdaten für namenkundliche Zugriffe Neuland betreten werden musste. Da das ALB aber für das gesamte Bundesgebiet vorliegt, könnte es mit den hier entwickelten Methoden zukünftig auch in anderen Regionen als digitale Quelle rezenter Flurnamen genutzt werden, wodurch das „Hauptproblem einer präzisen und umfassenden Flurnamengeographie“ (RAMGE 1996, 1171) gelöst würde. In der Bundesrepublik Deutschland wurde 1971 mit der Konzeption und 1973 mit dem Aufbau des Automatisierten Liegenschaftsbuches begonnen. Die Entwicklung vom herkömmlichen Liegenschaftsbuch zu einem „grundstücksbezogenen Informationssystem“ (vgl. REFERAT LV 3) hatte im Wesentlichen zum Ziel, die damaligen Möglichkeiten der Informationstechnik für die Führung und Auswertung des Liegenschaftsbuches zu nutzen. Dabei standen 3

Für die Beschaffung dieser Liegenschaftsdaten beim Katasteramt des Rhein-Erft-Kreises danke ich Dipl.-Ing. Gerhard Münch ganz herzlich.

54

3. Auswahl, Erfassung und sprachgeographische Aufbereitung des Belegmaterials

die auch heute noch charakteristischen Merkmale der elektronischen Datenverarbeitung wie hohe Aktualität, schnelle Auswertungsmöglichkeit, Sortierund Selektierbarkeit im Vordergrund, die für eine „Zusammenarbeit mit anderen Stellen von hervorragender Bedeutung“ (ebd., 15) sind. Zweck des ALB ist eben diese Zusammenarbeit mit anderen Stellen, denn das ALB versteht sich umfassend als Lieferant von Informationen, „für die ein Anwender außerhalb des Katasteramts bereitsteht“ (ebd., 50), etwa im Bereich Recht, Verwaltung, Wirtschaft und – wie im vorliegenden Fall – Wissenschaft. Obwohl die namenkundliche und -geographische Analyse der Lagebezeichnungen keinen typischen Auswertungsansatz darstellt, entspricht der in dieser Arbeit gewählte Zugriff grundsätzlich also der konzeptionellen Ausrichtung des ALB.

3.3.1 Das Namenmaterial des ALB Die Möglichkeit zur vielseitigen und damit auch namenkundlichen Nutzung basiert auf dem komplexen Aufbau der Datenkataloge des ALB (vgl. ebd., 1628), die sich aus folgenden logischen Einheiten zusammensetzen: Flurstück, Eigentümer/Erbbauberechtigter, Gebäude, Buchungsstelle, Gemarkung, Gemeinde und Umsetztabellen. Jede Einheit ist in zahlreiche Unterpunkte gegliedert, allein 27 Unterelemente entfallen beispielsweise auf die Einheit Flurstück, darunter auch die beiden im Rahmen dieser Untersuchung verwendeten Rubriken Lagebezeichnung, unverschlüsselt und Flurstückskoordinaten. Für die Lagebezeichnung sind im ALB maximal vier Zeilen mit jeweils 30 Zeichen vorgesehen, deren Inhalt wie folgt definiert wird: „Die Lage des Flurstücks wird durch eine Bezeichnung, z.B. den Gewannamen, Eigennamen von Gebäuden usw. nachgewiesen. Dieser Nachweis kann anstelle der Lagebezeichnung durch Straße und Hausnummer oder ergänzend dazu verwendet werden“ (ebd., 22).

Diese sehr weit gefasste Gruppe an Bezeichnungen umfasst zwar die Flurnamen, die im kataster- und vermessungsamtlichen Kontext häufig als Gewannnamen bezeichnet werden, schließt aber auch eine nicht unerhebliche Zahl anderer Örtlichkeitsbezeichnungen mit ein, so etwa Hodo- und Hydronyme sowie auch Appellativa. Als Lagebezeichnung kommen „bei Straßen, Gewässern usw. der Eigenname“ in Frage, „bei bebauten Flurstücken der Name der Straße oder die Ortsteilbezeichnung“ und „bei allen übrigen Flurstücken der Name der Gewanne, der Feldflur, des einzelnen Gehöfts o.ä.“ (LVERMA 2004, 9). Zusätzliche Schwierigkeiten ergeben sich aus dem Umstand, dass die Katasterämter „nach sehr unterschiedlichen Regeln von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, den Flurstücken Bemerkungen beizufügen. Zum Teil sind diese Bemerkungen auch bei den Lagebezeichnungen […] unterge-

3.3 Automatisiertes Liegenschaftsbuch

55

bracht worden“ (ebd., 58). Wie die DGK weist also auch das ALB einen heterogenen Namenbestand auf, so dass nach der Integration in das Digitale Nordrheinische Flurnamenarchiv dort vereinzelt auch Belege enthalten sein werden, die keine Flurnamen sind, zum Teil noch nicht einmal grundsätzlichen Namencharakter haben. Neben dem Namenbeleg ist die Flurstückskoordinate die zweite für flurnamengeographische Ansätze unverzichtbare Information aus dem ALB. Sie besteht aus 16 Zeichen, acht für den Rechts- und acht für den Hochwert, womit jeder Punkt in der Landschaft im Dezimeterbereich beschrieben werden kann (vgl. EINRERL 10; vgl. Kap 3.2.2). Die Flurstückskoordinate hat im ALB folgende Funktion: „Die Lage des Flurstücks im Gauß-Krüger-Koordinatensystem verbindet das Flurstück mit der Grundrißdatei der Liegenschaftskarte. Außerdem erlaubt es der Eintrag, für Auswertungen aus Flurstücken beliebige Gebiete zu bilden, die durch Umringskoordinaten bestimmt sind“ (ebd., 22).

Die beiden Elemente Name und Georeferenz sind diejenigen Informationen, die jede flurnamengeographische Untersuchung grundsätzlich benötigt, und über die das ALB neben einer Fülle anderer Informationen digital verfügt. Für die vorliegende Untersuchung musste das ALB also nach Lagebezeichnung und Flurstückskoordinaten ausgewertet werden. Da das ALB aber nicht zentral geführt wird, sondern an den 27 Katasterämtern des nördlichen Rheinlandes, übernahm das Landesvermessungsamt NRW die Koordination der Datensammlung im Untersuchungsraum. Es lieferte dem damaligen Institut für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande im Mai 2003 die Auswertelisten der einzelnen Katasterämter in digitaler Form.4 Zusätzlich zu den beiden oben beschriebenen Elementen ist jeweils das zugehörige Flurstückskennzeichen angegeben, das Angaben zu Land, Gemarkung, Flur, Flurstücksnummer und -folge macht (vgl. ebd., 20). Diese Daten sind für die im Rahmen dieser Arbeit verwendete Auswertungsperspektive jedoch ohne Bedeutung, ebenso die in Kopf- und Fußzeile jeder Datei enthaltenen Vermerke zu Datum und Zweck der Abfrage.

4

Mein herzlicher Dank gilt Dr. Jens Riecken für die Kooperationsbereitschaft und Angelika Fink für die Koordination der Datenbeschaffung bei den einzelnen Katasterämtern sowie für die sachkundige Hilfe bei Fragen zum Datenmaterial. Großer Dank gebührt auch dem Landschaftsverband Rheinland und dem Verein für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande, die mit der Übernahme der Beschaffungskosten einen entscheidenden Beitrag zur Datengewinnung für das Digitale Nordrheinische Flurnamenarchiv leisteten.

56

3. Auswahl, Erfassung und sprachgeographische Aufbereitung des Belegmaterials

3054699-031-00743/000.002 D 3054699-031-00743/000.002 H 3054699-031-00744/000.006 D 3054699-031-00744/000.006 H 3054699-031-00745/000.000 D 3054699-031-00745/000.000 H 3054699-031-00746/000.003 D 3054699-031-00746/000.003 H 3054699-031-00747/000.007 D 3054699-031-00759/000.002 D 3054699-031-00759/000.002 H 3054699-031-00760/000.008 D 3054699-031-00760/000.008 H 3054699-031-00761/000.001 D 3054699-031-00761/000.001 H 3054699-031-00762/000.005 D 3054699-031-00762/000.005 H 3054699-031-00763/000.009 D 3054699-031-00763/000.009 H 3054699-031-00764/000.002 D 3054699-031-00764/000.002 H

6732.9 E9 Auf dem Mühlenberg 6732.9 E9 Auf dem Mühlenberg 6732.9 E9 Auf dem Mühlenberg 6732.9 E9 Auf dem Mühlenberg 6732.9 A9 6732.9 C9 Am Entenfang 6732.9 C9 Am Entenfang 6732.9 C9 Am Entenfang 6732.9 C9 Am Entenfang 6732.9 C9 Am Entenfang 6732.9 C9 Am Entenfang

25679333 56329820

5224

25679335 56329537

5224

25679044 56329788

5224

25679095 56329518

5224

25679205 56329518 25679311 56327679

5224 5224

25679325 56327558

5224

25679338 56327400

5224

25679292 56327932

5224

25679384 56327550

5224

25679341 56327164

5224

Abb. 10: Ausschnitt aus einer ALB-Originaldatei

3.3.2 Materialerfassung und -konvertierung Obwohl die ALB-Daten bereits digital vorlagen, waren noch zahlreiche Schritte notwendig, mit denen die in den gelieferten Dateien enthaltenen Informationen für die Nutzung in einem Datenbankprogramm aufbereitet werden mussten. Dabei stellte es sich als erschwerend heraus, dass die verschiedenen Dateien aufgrund der dezentralen Verwaltung des ALB eine gewisse Heterogenität in der Dateistruktur aufwiesen. Einige Katasterämter führen die Lagebezeichnung beispielsweise verschlüsselt, so dass sie dann über einen Zahlenschlüssel dekodiert werden muss. Letztlich musste jede Datei einzeln bearbeitet werden und der Arbeitsablauf konnte nur bedingt automatisiert werden, denn immer wieder waren recht aufwendige manuelle Kontrollen notwendig. Die wesentlichen Schritte der Materialerschließung waren: a) Entfernung nicht benötigter Daten Die von den Katasterämtern gelieferten Dateien enthalten jeweils Kopf- und Fußzeilen mit allgemeinen Angaben wie beispielsweise den Namen des Katasteramtes oder das Datum und den Grund der Auswertung. Das Flurstückskennzeichen zu Beginn jeder Zeile verschlüsselt Ordnungsmerkmale des Flurstücks, mit denen es bundesweit eindeutig identifiziert werden kann. Ebenso wie alle anderen Zahlen- und Buchstabenkürzel wurden sie entfernt. Erhalten blieben lediglich die Lagebezeichnungen und die Koordinaten sowie der

3.3 Automatisiertes Liegenschaftsbuch

57

Buchstabe hinter dem Flurnamenkennzeichen, der in den nächsten beiden Bearbeitungsschritten von Bedeutung ist. b) Entfernung von Zeilen ohne Lagebezeichnung Aus Abbildung 10 geht hervor, dass nach dem Flurstückskennzeichen je eine H-Zeile auf eine D-Zeile folgt. Dabei enthält die D-Zeile die Koordinaten, die H-Zeile die Lagebezeichnung, die Abfolge D-H ergibt einen kompletten Datensatz, wie auch am jeweils gleichen Flurstückskennzeichen ersichtlich ist. Folgt jedoch auf eine D-Zeile wieder eine D-Zeile, so gibt es zu den Koordinaten der oberen D-Zeile keine Lagebezeichnung. Solche nicht verwertbaren Datensätze ohne Lagebezeichnung wurden entfernt. c) Verknüpfung mehrerer aufeinander folgender Zeilen mit Lagebezeichnung Im umgekehrten Fall können gelegentlich auch H-Zeilen auf H-Zeilen folgen. Dann handelt es sich allerdings um e i n e Lagebezeichnung, die sich aufgrund ihrer Länge über mehrere Zeilen erstreckt. In diesen Fällen wurden die Lagebezeichnungen in einer Zeile zusammengefasst. d) Zusammenführung der Datensätze Nach den Bearbeitungsstufen b) und c) folgte je auf eine D-Zeile (Koordinate) eine H-Zeile (Lagebezeichnung). Diese jeweils zweizeiligen Datensätze wurden zu einer Zeile mit dem Muster Koordinate, Lagebezeichnung zusammengefasst. e) Import in die Datenbank Während die Dateien bis zu diesem Punkt mit einem Texteditor bearbeitet worden waren, schloss sich nun die Überführung in ein Datenbankprogramm an. Dazu mussten die Textdateien mit Trennzeichen für die spätere Spalteneinteilung versehen werden. Der eigentliche Import erfolgte komfortabel aus dem Datenbankprogramm MS Access heraus. f) Koordinatentransformation Für die spätere Analyse und Darstellung der Daten mit dem Geoinformationssystem ArcView 3.2 mussten die Koordinaten aus dem Gauß-Krüger-System in Dezimalgrad umgerechnet werden. Dazu wurden die entsprechenden Umrechnungsschritte so in MS Excel angelegt, dass die Rechts- und Hochwerte nur hineinkopiert werden mussten und dann in Dezimalgrad umgewandelt wurden. Diese transformierten Koordinaten wurden der Datenbank zusätzlich hinzugefügt. Mit Hilfe der beschriebenen Erschließungsmaßnahmen konnte die Datenbank vorerst fertig gestellt werden. Sie bestand zu diesem Zeitpunkt aus sieben

58

3. Auswahl, Erfassung und sprachgeographische Aufbereitung des Belegmaterials

Spalten; laufender Nummer (ID), Beleg (Beleg), Katasteramtskürzel (KA), Längengrad dezimal (X), Breitengrad dezimal (Y), Rechtswert (RW) und Hochwert (HW): ID

Beleg

KA

X

Y

RW

HW

111338

Auf dem Mühlenberg

BER

6.96433543107741

50.8294870507676

25679335

56329827

111339

Auf dem Mühlenberg

BER

6.96433005982115

50.8292263721740

25679330

56329536

111340

Auf dem Mühlenberg

BER

6.96392308645101

50.8294544967176

25679043

56329784

111341

Auf dem Mühlenberg

BER

6.96398905357069

50.8292112095505

25679099

56329511

111342

Am Entenfang

BER

6.96426722627690

50.8275546679460

25679317

56327674

111343

Am Entenfang

BER

6.96427919661262

50.8274466835940

25679329

56327556

111344

Am Entenfang

BER

6.96429061131358

50.8273117324783

25679330

56327401

111345

Am Entenfang

BER

6.96424365582635

50.8277886144808

25679293

56327938

111346

Am Entenfang

BER

6.96436435235572

50.8274459796901

25679384

56327555

111347

Am Entenfang

BER

6.96430035919867

50.8270958810739

25679340

56327165

Abb. 11: Ausschnitt aus der vorläufigen ALB-Datenbank

3.3.3 Die Eignung der ALB-Daten für quantitative Analysen Alle oben dargestellten Schritte sind im formalen Bereich anzusiedeln – die vom Landesvermessungsamt gelieferten Dateien wurden dabei ohne inhaltliche Veränderungen in eine Datenbank überführt. Schon eine erste überblickshafte Betrachtung zeigte jedoch, dass die Datenbank zur onomastischen Auswertung einer weiteren Bearbeitung bedurfte: Die Beleganzahl lag mit genau 1.105.000 Belegen weit über einer sachlogisch erwartbaren Zahl (vgl. HFA 15; vgl. RAMGE 1998, 89) und entsprechend um ein Vielfaches höher als in der DGK. Es musste also zunächst eine Methode entwickelt werden, mit der die Beleganzahl quantitativ auf ein sachlogisch realistisches Maß reduziert werden konnte, ohne dabei Belege zu entfernen, die für die flurnamengeographischen Auswertungen von Bedeutung sind. Bereits Abbildung 11 liefert Hinweise auf die Ursache für die hohe Beleganzahl: Vergleicht man die Georeferenz von Am Entenfang, so zeigt sich eine große räumliche Dichte bei den Belegpunkten. Wie Rechts- und Hochwert anzeigen, liegt das zweite vermeintliche Flurstück Am Entenfang nur 1 m weiter östlich und 12 m weiter südlich als das erste. Aus namentheoretischer Sicht kann es sich dabei schon allein deshalb nicht um zwei verschiedene Flurstücke handeln, weil die individualisierende Funktion von Flurnamen damit verletzt würde. Demnach wurde jeweils ein Flurstück mehrfach mit einem Namen versehen, wie auch aus der Kartenskizze hervorgeht:

3.3 Automatisiertes Liegenschaftsbuch

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200

400 Meter

Abb. 12: Belegpunktakkumulation

Abgebildet sind die Belegpunkte für Am Entenfang in Wesseling bei Köln. Die räumliche Verteilung der Belege zeichnet die Ausdehnung des Flurstücks nach. Es ist ausgeschlossen, dass es sich bei diesen 54 Belegpunkten um 54 verschiedene Flurstücke mit dem Flurnamen Am Entenfang handelt. In der Datenbank lag also ein 1:n-Verhältnis und kein 1:1-Verhältnis zwischen Flurstück und Flurnamenausdruck bzw. zwischen Referenten und Signifikant vor. Dieses Verhältnis ist durch die Konzeption des ALB begründet, denn es handelt sich beim ALB nicht um ein Flurstücksverzeichnis, sondern um eine Grundstücksdatenbank (vgl. REFERAT LV 13ff.). Jeder Datensatz des ALB entspricht einem Grundstück, für das neben einer Reihe weiterer Daten wie Eigentümer und Gebäude die so genannte Lagebezeichnung verzeichnet ist. Jedes Grundstück auf einem Flurstück namens Am Entenfang hat als Lagebezeichnung Am Entenfang, denn „im Grundbuch gehört das Flurstück nur zu einem Grundstück“ (EINRERL 4). Liegen wie hier 54 Grundstücke auf dem Flurstück Am Entenfang, so weist die Datenbank dort später 54 Datensätze auf, die Karte 54 verhältnismäßig dichtgedrängte Punkte, obwohl es sich nur um e i n Flurstück, e i n e n Flurnamenausdruck und damit e i n e n Flurnamen handelt. Streng identitätstheoretischen Maßstäbe, wonach es sich hierbei wegen der unterschiedlichen Georeferenzen lediglich um Flurnameng l e i c h h e i t und nicht um Flurnameni d e n t i t ä t handelt (vgl. BRENDLER 2008, 213), lassen sich auf das ALB-Material also nicht sinnvoll anwenden. Wie sehr das oben genannte Missverhältnis den Aussagewert einer onomastischen Analyse beeinflusst, hängt entscheidend von der Forschungsperspektive ab. Wenn nur die sprachliche Form des einzelnen Flurnamenbelegs im Zentrum des Interesses steht, spielt es keine Rolle, ob der Flurnamenausdruck dann pro Flurstück einmal oder eben mehrfach auftritt. Immer dann allerdings, wenn Aussagen über Häufigkeiten gemacht werden sollen, führt das 1:n-Verhältnis zwischen Flurstück und Flurnamenausdruck zu erheblichen Verzerrungen. Da sich die zentralen Fragestellungen der vorliegenden Untersuchung aber gerade von der großen Anzahl der Flurnamenbelege ableiten

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3. Auswahl, Erfassung und sprachgeographische Aufbereitung des Belegmaterials

und quantifizierbare Aussagen über sprachliche Merkmale und geographische Verbreitung getroffen werden sollen, ist das ALB-Material ohne weitere Bearbeitungsschritte dafür leider unbrauchbar. Für die im Rahmen dieser Arbeit entwickelte Popularitätskarte (vgl. Kap. 4.3) zur Darstellung der Flurnamengeographie ist es wie für die Frequenzkarten des WFA nämlich von entscheidender Bedeutung, „welchen prozentualen Anteil ein Flurnamenlexem an dem für eine Berechnungsfläche vorhandenen Gesamtbestand […] hat“ (WFA 7). Ziel des nächsten Bearbeitungsschrittes war es deshalb, ein 1:1-Verhältnis zwischen Flurstück und Flurnamenausdruck herzustellen, also eine Belegakkumulation auf einen sie repräsentierenden Punkt zu reduzieren. Gegen eine Transformation der Punkte in eine geschlossene Fläche sprach, dass die Flurnamen aus der DGK und auch aller zusätzlich in Frage kommenden Bestände ebenfalls Punkten zugeordnet sind und die künstlich generierten Flächen nicht dem tatsächlichen Flurstück entsprechen, dies aber optisch implizieren. Darüber hinaus ist das Vorhandensein von Punkten eine Voraussetzung für die geographische Modellbildung, wie sie der Popularitätskarte zugrunde liegt. Für die Reduktion diffuser Punkteverteilungen auf einen Punkt verwendet die Geographie das Konzept der bivariaten Lageparameter. Dazu gehört das auch als Schwerpunkt bezeichnete arithmetische Mittelzentrum, das sich aus den arithmetischen Mittelwerten jeweils der x- und y-Koordinaten aller betreffenden Punkte ergibt, und das Medianzentrum, von dem aus die Summe der Abstände zu den betreffenden Punkten minimal ist (vgl. BAHRENBERG/GIESE/NIPPER 1990, 73-78). Beide Methoden, mit deren Hilfe beispielsweise der Bevölkerungsschwerpunkt eines Landes (vgl. ebd., 76) ermittelt werden kann, haben allerdings die Eigenschaft, a l l e Punkte auf einen e i n z i g e n Punkt zu reduzieren, und sind somit unbrauchbar, sobald nicht nur e i n Namensträger, sondern mehrere vorkommen, deren Signifikanten dann jeweils adjazente Punkte bilden. Tatsächlich ergibt die Kartierung von ALB-Flurnamen immer mehrere mehr oder weniger scharf voneinander trennbare Belegakkumulationen (vgl. Abb. 12). Um sicherzustellen, dass die Belegreduktion nicht zu insgesamt e i n e m P u n k t führt, sondern zu e i n e m P u n k t p r o A k k u m u l a t i o n , die ja faktisch einem Flurstück bzw. Namensträger entspricht, musste eine Methode entwickelt werden, die den Namenbestand in wesentlich kleineren räumlichen Einheiten als dem gesamten Bearbeitungsgebiet analysiert. Dabei war außerdem zu beachten, dass die Belegreduktion wegen des enormen Materialumfangs vollautomatisch erfolgen musste und manuelle Korrekturen allenfalls stichprobenartig erfolgen können würden.

3.3 Automatisiertes Liegenschaftsbuch

61

3.3.4 Transformation von Belegakkumulationen Die Transformation einer Belegpunktakkumulation zu einem Belegpunkt gehört zu den Verfahren der kartographischen Generalisierung, der räumlichen Form der Vereinfachung (BERTIN 1974, 308). Generalisierung ist nicht nur wegen des bereits beschriebenen Ungleichgewichts zwischen Flurstücken und Flurnamenausdrücken im ALB notwendig, sondern auch wegen der begrenzten visuellen Wahrnehmungsfähigkeit des Menschen. Diese weist kritische Punkte auf, beispielsweise bei der Mindestgröße sichtbarer und unterscheidbarer Punkte. Im Maßstab der in dieser Arbeit präsentierten Flurnamenkarten (vgl. Kap. 6) sind Objekte, die in der Wirklichkeit Entfernungen im Meterbereich zueinander aufweisen, nicht mehr unterscheidbar. Ein durch die Darstellung als Punktewolke ohnehin gegenüber der realen Ausdehnung schon generalisiert dargestelltes Flurstück muss aus diesem Grund zusätzlich vereinfacht in der Karte erscheinen. Die ja auch schon für das DGK-Material geltende Darstellung eines Flurstücks als Punktsymbol ist eine solche Vereinfachung, wobei das Prinzip der Lesbarkeit hierbei wichtiger ist als das Prinzip der geometrischen Richtigkeit (vgl. HAKE/GRÜNREICH/MENG 2002, 166) – der Punkt ist in der Ausdehnung maßstabsbereinigt erheblich größer als die des tatsächlichen Flurstücks. Insgesamt verfolgte die Generalisierung der ALB-Belege also zwei Ziele: Das sachlogische Ziel der Generalisierungsmaßnahmen war, jedem Flurstück auch nur einen Flurnamenausdruck zuzuordnen. Dazu mussten alle gleich lautenden Belege mit einer ähnlichen Georeferenz auf einen Beleg mit e i n e r Georeferenz reduziert bzw. konzentriert werden. Das räumliche und damit zweite Ziel der Generalisierung musste deshalb aber sein, dass die Georeferenz des neuen Punktes die Ausdehnung des realen Flurstücks möglichst gut repräsentiert – im Idealfall also den Mittelpunkt des realen Flurstücks angibt. Für den Weg von der Ausgangssituation mit weit über einer Million in Akkumulationen auftretenden Belegen hin zu einer Generalisierung dieser Belege auf einen repräsentativen Einzelpunkt war ein mehrschrittiger Vorgang nötig. Die nachfolgende Abbildung zeigt schematisch die im Rahmen dieser Untersuchung entwickelten sechs Bearbeitungsschritte (a-f) des Transformationsprozesses.

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3. Auswahl, Erfassung und sprachgeographische Aufbereitung des Belegmaterials

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Abb. 13: Prozessabfolge zur Konzentrierung adjazenter Bezeichnungen

a) Das erste Feld der Abbildung zeigt im Modell die Ausgangsituation in einem beliebigen Ausschnitt des Untersuchungsgebietes. Insgesamt kommen im Ausschnitt 32 Flurnamenbelege vor, wobei die drei Graustufen jeweils homonyme Belege symbolisieren. Die grundsätzlichen Fragen sind erstens, ob die homonymen Belege auf dasselbe Flurstück referieren, also ob im Ausschnitt nur drei Flurstücke vorliegen, die jeweils durch mehrere Namenbelege gekennzeichnet sind. Falls dem so ist, muss zweitens gefragt werden, wie die Belegakkumulation auf einen repräsentativen Punkt reduziert werden kann. b) Zur Beantwortung der ersten Frage wird das gesamte Untersuchungsgebiet in kleinere räumliche Einheiten zerlegt. Dies erfolgt mit Hilfe eines Rasters, wodurch die Belege zunächst nur innerhalb des Rasterfeldes, also isoliert von anderen Punktewolken mit dem gleichen Flurnamenausdruck, betrachtet werden. Damit soll vermieden werden, dass alle Flurnamen mit gleichem Signifikanten als zu einem einzigen Namensträger zugehörig interpretiert werden. Daher musste ein Rasterfeld so klein sein, dass möglichst auch bei hochfrequenten Flurnamen nicht zwei Akkumulationen unterschiedlicher Namensträger mit gleichem Signifikanten in einem Rasterfeld liegen konnten. Flurstücke mit gleich lautenden Flurnamen liegen aufgrund der individualisierenden Funktion von Flurnamen nie unmittelbar nebeneinander – welcher Mindestabstand aber nötig ist, um die individualisierende und damit die kommunikative

3.3 Automatisiertes Liegenschaftsbuch

63

Funktion von zwei homonymen Flurnamenbelegen sicherzustellen, ist bislang in der Flurnamenforschung noch nicht untersucht worden. Deshalb wurde in einer eigenen Stichprobe der in der ALB-Datenbank mit Abstand häufigste Flurname Auf der Heide kartiert und die Mindestentfernung der jeweils zusammenhängenden Punktewolken, auf die sich die 2.297 Belege verteilten, ermittelt. Sie betrug selbst in Verdichtungsräumen in der Regel etwa 2 km (vgl. Abb. 14), womit ein erster Anhaltspunkt für die maximale Größe eines Rasterfeldes vorlag. Auf der anderen Seite durfte die Rastergröße aber auch nicht zu klein gewählt werden, weil sich dann in vielen Fällen die Belegakkumulationen größerer Flurstücke über zwei oder mehr Rasterfelder erstrecken könnten. Da die spätere Belegreduktion dann ja pro Rasterfeld isoliert erfolgt, würde eine sich über zwei Rasterfelder erstreckende Belegakkumulation fälschlicherweise auf zwei Belegpunkte reduziert und damit in zwei vermeintlich unterschiedliche, aber gleichnamige Flurstücke zerteilt. Tests mit verschiedenen Rastergrößen zeigten jedoch, dass leider auch bei groß gewählten Rasterfeldern Belegakkumulationen durch die Rastergrenzen zerschnitten würden, wenn diese zufällig mitten durch das Flurstück verliefen. Dieses bei einer Rasterung nicht vermeidbare Problem musste durch eine besondere Methode bei der Generalisierung berücksichtigt werden (vgl. Schritt d)). Als Kompromiss zwischen zu großer und zu kleiner Rastergröße wurde schließlich ein Raster mit der Feldgröße 1x1 km gewählt, was zu einer Aufteilung des Bearbeitungsgebietes in mehr als 12.000 Felder führte. Für diese Wahl sprach neben den oben erwähnten Kriterien auch die relativ einfache Zuordnung der Belege zu den Rasterfeldern, die mit Hilfe der ersten vier Stellen der Rechts- und Hochwerte erfolgen konnte. Nach dem Muster der DGK-Daten wurden die letzten vier Stellen, die ja Hunderter-, Zehner-, Einerund Dezimeter angeben, getilgt und durch die Ziffern 5, 0, 0 und 0 ersetzt. Dadurch erhielten alle Belege innerhalb eines 1x1 km großen Rasterfeldes nun die gleichen Koordinaten, die – exakt wie beim Material aus der DGK – jeweils genau in der Mitte des Rasterfeldes liegen. Der Vorteil dieses Ansatzes ist, dass die Rasterung, genau genommen also eher die Zusammenführung aller Belege innerhalb eines gedachten Rasters auf einen Punkt, größtenteils automatisch in der Datenbank erfolgen konnte und kein Export in ein anderes Programm nötig wurde. Das Genauigkeitsniveau der Georeferenz glich damit nun auch exakt dem der DGK-Belege, was auch eine spätere Fusion beider Bestände erleichterte (vgl. Kap. 3.6.2.1). Darüber hinaus stellt die auf diese Weise häufig erzeugte Redundanz durch referenzidentische Flurnamen mit gleichem Signifikanten die Grundlage für den nächsten Bearbeitungsschritt dar.

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3. Auswahl, Erfassung und sprachgeographische Aufbereitung des Belegmaterials

c) Durch die räumliche Zusammenführung aller Belegpunkte eines Rasterfeldes auf dessen Mittelpunkt enthielt die Datenbank nun ein Reihe redundanter Datensätze, weil in jedem Rasterfeld die Belege mit gleicher Bezeichnung nun auch die gleiche Georeferenz aufwiesen. Um solche Datensätze aus der Datenbank zu entfernen, wurde im Datenbankprogramm eine Abfrage formuliert, mit der die Anzahl jeder Bezeichnung pro Georeferenz, also pro gedachtem Rasterfeld, ermittelt werden konnte. Am Beispiel der Skizze wurden die sechs Datensätze des dunkelgrau markierten Flurnamenausdrucks auf einen Datensatz reduziert, der als zusätzliches Attribut eine Spalte Anzahl mit dem Wert 6 erhielt. Schon dadurch wurde die Gesamtbeleganzahl drastisch reduziert, denn die Datenbank umfasste statt 1.105.000 nun nur noch 230.006 Belege. Die Spalte Anzahl war jedoch nicht nur für die erste Belegreduktion von Bedeutung, sondern diente als Quantifizierungsmerkmal bei der Weiterverarbeitung von Belegakkumulationen, die sich über mehrere Rasterfelder erstrecken. d) Wie im Fall der dunkelgrau dargestellten Belege lagen die Punktewolken im günstigsten Fall komplett innerhalb eines Rasterfeldes. Damit war deren Generalisierungsprozess von einer Punktewolke auf einen einzigen Punkt bereits abgeschlossen. Damit aber war das Ziel, in a l l e n Fällen ein 1:1-Verhältnis zwischen dem Flurnamenausdruck als Signifikant und dem Flurstück als Referent herzustellen, allein durch den Abbau redundanter Bezeichnungen noch nicht erreicht worden – wie im Modell bei den schwarz und hellgrau markierten Belegen gezeigt wird, traten homonyme Flurnamen häufig in zwei oder mehreren benachbarten Rasterfeldern auf. Die Stichprobe mit den Belegen von Auf der Heide zeigte ja, dass der Abstand zwischen unterschiedlichen Flurstücken gleichen Namens jedoch mindestens rund 2 km beträgt. Deswegen war davon auszugehen, dass es sich um ein irrtümlich zerschnittenes Flurstück und nicht um zwei unterschiedliche Flurstücke handelte, wenn eine Bezeichnung in zwei benachbarten Rasterfeldern auftrat. Fraglich war dann lediglich, welchem Rasterfeld das Flurstück zugeordnet werden sollte. Um auch solche Fälle auf einen Belegpunkt zu konzentrieren, wurde ein Programm entwickelt, das in einem ersten Schritt für jede Bezeichnung feststellt, ob ein gleicher Flurnamenausdruck in einem der acht an jedes Rasterfeld angrenzenden Felder auftritt. Für diese adjazenten Belege wurde dann der größte Wert in der Spalte Anzahl ermittelt, die ja im vorangegangenen Schritt erstellt wurde. Von allen adjazenten und gleich lautenden Belegen wurde nur der Datensatz erhalten, der bei Anzahl den größten Wert aufwies. Bei identischen Werten blieb nichts anderes übrig, als nur einen Datensatz zu erhalten – in solchen Fällen wurde konsequent derjenige mit den nordwestlichsten Koordinaten ausgewählt. Es blieb also nur ein Punkt in dem Feld erhalten, das die meisten Punkte aus der ehemaligen Punktewolke enthielt und demnach gewissermaßen als Schwerpunkt der räumlichen Distribution angesehen

3.3 Automatisiertes Liegenschaftsbuch

65

werden konnte. In der Modelldarstellung (vgl. Abb. 13) erweist sich das Feld rechts oben als Schwerpunkt der schwarz gekennzeichneten Flurnamenausdrücke, weswegen die Datensätze mit den Belegen für die anderen drei Felder entfernt wurden. e) Nach dem Abbau adjazenter Bezeichnungen, wodurch noch einmal knapp 100.000 Datensätze entfernt wurden, umfasste das Belegmaterial mit 132.859 Datensätzen nur noch etwa 12 % des ursprünglichen Materialumfangs, ohne dass für das Auswertungsziel relevante Informationen entfernt wurden. Im Verhältnis zur Generalisierung im zweiten Schritt hatte der Adjazenzabbau eine geringere Auswirkung, allerdings wäre durch eine ausbleibende Wiedervereinigung von Flurstücken, die durch die Rasterung zerteilt wurden, deren jeweilige Bezeichnung in der späteren Datenbank überproportional häufig aufgetreten. Dies hätte zu erheblichen Verzerrungen bei allen quantitativen Auswertungsschritten geführt. Mit der Reduktion der Belegakkumulationen auf einzelne Punkte war neben der Verbesserung der maschinellen Verarbeitungsgeschwindigkeit eine wesentlich realistischere Anzahl an Flurnamenbelegen erreicht worden. Jeder der am Ende des Transformationsprozesses übrig gebliebenen Punkte repräsentierte jetzt e i n e n Flurnamenausdruck und e i n Flurstück, womit das angestrebte 1:1-Verhältnis erreicht war. Die Qualität der entwickelten Methode wurde abschließend an einer Stichprobe überprüft. Die größte Schwierigkeit bestand wie bereits erwähnt darin, einerseits isolierte Belegakkumulationen nicht irrtümlich zu verbinden, andererseits zusammenhängende Belegakkumulationen nicht irrtümlich zu zerteilen. Für die Stichprobe wurden daher sowohl eine Mikro-, als auch eine Makroperspektive gewählt, in der das tatsächliche Kartenbild eines Flurnamenausdrucks vor und nach der mehrschrittigen Bearbeitung dargestellt ist. Wieder wurde der mit 2.297 Belegen häufigste ALB-Flurname Auf der Heide als Stichprobe herangezogen. Abbildung 14 zeigt jeweils links die Verteilung der Belege vor und rechts nach der Transformation. Die Makroperspektive im oberen Teil belegt, wie identisch der Gesamteindruck der räumlichen Verteilung ist. Selbst kleinräumige Muster wurden erhalten, Verdichtungsräume wurden äquivalent wiedergegeben. Die darunter dargestellte Mikroperspektive dokumentiert zusätzlich die extrem geringe räumliche Abweichung, mit der die vormaligen Belegakkumulationen punktuell dargestellt werden. Irrtümliche Zusammenführung oder Zerteilung von ehemaligen Belegakkumulationen treten in der Stichprobe nicht auf.

3. Auswahl, Erfassung und sprachgeographische Aufbereitung des Belegmaterials

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Abb. 14: Die ALB-Belege auf der Heide vor (links) und nach (rechts) der Konzentrierung

Die Transformation führte also dazu, dass die auf den ALB-Daten basierende Datenbank nun pro Flurstück auch exakt einen Flurnamenausdruck aufwies, und zwar in der Mitte desjenigen Rasterfeldes, wo jeweils der größte Teil der ehemaligen Belegakkumulation lag. Damit wurde eine flurnamengeographische Perspektive erst möglich, die nicht nur Fragen nach dem wo, sondern auch nach dem wo und wie viel beantworten kann. Allerdings reduziert das im Zuge der Konzentrierung ermittelte Symbol den eigentlich flächig geltenden Flurnamen nun auf einen Punkt, dessen Georeferenz durch die Rasterverwendung zudem von der tatsächlichen Lage geringfügig abweicht – wie bei den DGK-Belegen beträgt die größte theoretische Abweichung 707,11 m. Für die spätere Darstellung in der Popularitätskarte wurde jedoch zu jedem Punktbeleg wieder eine Fläche modelliert (vgl. Kap. 4.3.1). Die insgesamt 132.859 Flurnamenbelege des ALB verteilen sich nach den skizzierten Schritten auf 12.109 Punkte, die jeweils in der Mitte eines Rasterfeldes mit 1.000 m Seitenlänge liegen. Die durchschnittliche Belegzahl pro Punkt und damit pro Rasterfeld liegt knapp unter elf. Die geographische Verbreitung der Belegpunkte ist insgesamt noch flächendeckender als die der

3.3 Automatisiertes Liegenschaftsbuch

67

DGK-Belege (vgl. Abb. 06). Die einzigen nennenswerten Lücken erklären sich dadurch, dass in den Automatisierten Liegenschaftsbüchern der Katasterämter Stadt Krefeld und Stadt Essen nur sehr wenige Lagebezeichnungen geführt werden – diese Defizite im Belegmaterial werden aber durch entsprechende Daten aus DGK und SAD zumindest teilweise kompensiert (vgl. Abb. 34).

Abb. 15: Belegpunkte des ALB-Materials

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3. Auswahl, Erfassung und sprachgeographische Aufbereitung des Belegmaterials

3.4 Die maschinenschriftliche Flurnamensammlung Heinrich Dittmaiers Neben den beiden bereits behandelten Beständen bot sich eine weitere umfangreiche Sammlung von Flurnamen zur Integration in das Digitale Nordrheinische Flurnamenarchiv an. Während das Material aus DGK und ALB direkt von den Katasterämtern stammt, gehört der dritte große Bestand zum 1930 von BACH am Institut für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande gegründeten Rheinischen Flurnamenarchiv (vgl. AUFRUF FLURNAMENARCHIV), ist also der Teil des späteren Digitalen Nordrheinischen Flurnamenarchivs, der direkt auf den umfangreichen Materialerhebungen der traditionsreichen Bonner Flurnamenforschung basiert, obwohl er nicht aus den in der Literatur bekannten Beständen stammt. Das Rheinische Flurnamenarchiv bestand mit Gemarkungsverzeichnissen, Zettelarchiv und Kartenabteilung aus drei Abteilungen (vgl. BACH 1963, XV), die bis heute erhalten sind. Das Zettelarchiv ist nach dem „Bonner Fenstersturz“ von 1942 (vgl. ebd. XVIIIf.) längst wieder zugänglich und befindet sich heute in den Räumen der Arbeitsstelle Rheinische Sprachforschung, enthält aber statt der 1942 festgestellten „annähernd halbe[n] Million Zettel“ (ebd., XV) heute nur gut 200.000 Zettel. Auch die Kartenabteilung ist erhalten geblieben, wurde aber nach dem Tod DITTMAIERS, der sie im Zuge von namenkundlichen Gutachten für Umlegungsverfahren und die Neubearbeitung von Messtischblättern angelegt hatte, nicht mehr verwendet. Die dritte Abteilung des Rheinischen Flurnamenarchivs, die Sammlung der Verzeichnisse der Flurnamen einzelner Gemarkungen, ist nach wie vor zugänglich, wurde aber schon seit Jahrzehnten nicht mehr benutzt. Das in diesen Ortsmappen enthaltene Material reicht von Abschriften aus Katasterkarten über Archivauswertungen bis hin zu Postkarten von Gewährspersonen mit handschriftlichen Flurnamenlisten. Aufgrund der schlechten Lokalisierbarkeit einzelner Belege und vor allem wegen der großen Heterogenität ist dieser Bestand für eine Digitalisierung und Überführung in das Digitale Nordrheinische Flurnamenarchiv nicht geeignet. Für ortsbezogene Untersuchungen liefert er jedoch wertvolles Material. Ein nicht mehr einwandfrei zu klärendes Verhältnis zu den drei genannten Beständen nimmt eine weitere, lange unbekannte Sammlung aus dem Umkreis des Rheinischen Flurnamenarchivs ein. Es handelt sich dabei um eine maschinenschriftliche Sammlung von Flurnamen aus 1.299 rheinischen Orten, von denen 708 im nördlichen Rheinland liegen. Die Sammlung stammt aus dem Nachlass DITTMAIERS, wurde Walter HOFFMANN am damaligen Institut Anfang der 1990er Jahre von DITTMAIERS Tochter persönlich übergeben und dort fortan unter der Bezeichnung Sammlung Dittmaier (SAD) geführt. Es

3.4 Die maschinenschriftliche Flurnamensammlung Heinrich Dittmaiers

69

handelt sich dabei größtenteils um das „von H. Dittmaier in den Jahren 19371940 aus den Karten und Flurbüchern der Katasterämter ausgezogene[…] Material[…]“ (BACH 1963, XV), denn häufig stimmt die Liste mit dem in den Katasterkarten verzeichneten Material überein. In einigen Fällen sind die aufgeführten Flurnamen jedoch auch gedruckter Literatur entnommen, hier und da sind auch mundartliche und historische Belege verzeichnet. Es gibt aber leider weder in der gedruckten Literatur noch in Tätigkeitsberichten des damaligen Instituts für geschichtliche Landeskunde Aufzeichnungen darüber, zu welchem Zweck und unter welchen Umständen die Sammlung angelegt worden ist. Aufgrund ihrer nach Orten gegliederten Anlage wird sie auch kaum direkt zur 1963 erfolgten Fertigstellung der bereits 1936 begonnenen Arbeit an den Rheinischen Flurnamen (DITTMAIER 1963) verwendet worden sein, wobei sie sich in Teilen mit dem Material des Zettelarchivs deckt (vgl. 3.4.2). Für eine direkte Auswertung ist die bislang unbekannte Sammlung allem Anschein nach noch nie verwendet worden – umso wertvoller ist sie als Ergänzung des Digitalen Nordrheinischen Flurnamenarchivs. Die spärlichen Informationen über die Art und Weise ihrer Entstehung müssen aus den enthaltenen Blättern selbst abgeleitet werden. Auf diesem Wege konnten einige konkrete Fragen leider nicht geklärt werden, beispielsweise auf was die Nummerierung der einzelnen Blätter verweist. Warum einige Gebiete – vor allem im Raum Düren – in der Sammlung fehlen (vgl. Abb. 16), zeigte sich erst kurz vor der Drucklegung der vorliegenden Arbeit (vgl. S. 71). Aus den Bezeichnungen für die Kreise und Gemeinden lässt sich immerhin ermitteln, dass die auf den Blättern enthaltenen Flurnamen in den 1930er Jahren gesammelt wurden, vereinzelt auch noch in den frühen Kriegsjahren. Der einheitliche und ordentliche Gesamteindruck der Listen lässt aber darauf schließen, dass die Sammlung in dieser Form erst nach der eigentlichen Sammeltätigkeit angelegt und aus Originallisten abgeschrieben wurden. Diese Vorlagen wurden, leider erst nach dem Abschluss der vorliegenden Untersuchung, in den Archivräumen der Arbeitsstelle Rheinische Sprachforschung entdeckt. Zwischen der Sammeltätigkeit in den Katasterämtern in den späten 1930er Jahren und der späteren Abschrift wurde eine ganze Reihe weiterer Quellen berücksichtigt, wie mundartliche und historische Belege indirekt anzeigen. Teilweise wird auch explizit auf die verwendete Quelle hingewiesen, in einem Fall sogar mit einer Datumsangabe versehen ist: Das Blatt für Schleiden-Freilingen enthält als Anmerkung „aus: die Eifel 1953, S. 27“. Es gibt gleichzeitig einen Terminus post quem für die Herstellung der Sammlung in der heute vorliegenden Form an. Wie die DGK und das ALB enthält also auch die SAD heterogenes Material, das allerdings von Namenforschern zu namenkundlichen Zwecken gesammelt wurde. Im Gegensatz zu den beiden anderen Beständen unterliegt das Material der SAD nicht mehr Entwicklungen wie Flurbereinigung oder Aus-

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3. Auswahl, Erfassung und sprachgeographische Aufbereitung des Belegmaterials

dehnung der Siedlungsflächen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die zu einem Verlust an Flurnamen führten. Sie wurde bereits vor und nur noch sporadisch nach dem Zweiten Weltkrieg angelegt und bildet deshalb noch stärker die „heile Welt“ (SHFLNB, 22) der ursprünglichen Flurnamenlandschaft ab. Obwohl auch in der SAD vorwiegend amtliches Katastermaterial enthalten ist, verdichtet sie deshalb die anderen beiden Bestände mit den heute geltenden Flurnamen historisch und macht das Digitale Nordrheinische Flurnamenarchiv zu einem wohl weitestgehend vollständigen Gesamtverzeichnis der im 20. Jahrhundert im nördlichen Rheinland vorkommenden amtlichen Flurnamen. Vor diesem Hintergrund wurde ein wesentlich größerer Digitalisierungs- und Integrationsaufwand (vgl. Kap. 3.4.2; 3.6) als bei den Beständen aus DGK und ALB in Kauf genommen.

3.4.1 Aufbau und enthaltenes Namenmaterial Die Sammlung Dittmaier (SAD) liegt in Form von drei großen Aktenordnern mit insgesamt 2.141 Schreibmaschinenseiten vor. Jede Seite enthält eine Ortsbezeichnung als Überschrift, die immer aus den zwei Teilen Landkreis und Gemeinde besteht. Das jeweilige Amt, die damalige Zwischenstufe in der Verwaltungsgliederung, fehlt. Die aus den einzelnen Blättern rekonstruierbare Kreisgliederung hat es in dieser Form allerdings nie gegeben, was mit den umfangreichen Eingemeindungen und Neustrukturierungen während der Sammelphase in den 1930er Jahren zusammenhängt. Heute sind viele der in der SAD noch als eigenständige Gemeinden aufgeführten Belegorte durch Eingemeindung zu Ortsteilen von größeren Städten geworden. Unter den Angaben zu Kreis und Gemeinde sind die jeweiligen Flurnamen aufgelistet, je nach Anzahl ein- oder zweispaltig, bei mehr als etwa 80 Belegen pro Ort dann auch mehrseitig. In etwa 60 % der Fälle sind die Namen auf den einzelnen Blättern nach Flurstücksnummern sortiert, ansonsten folgt die Reihenfolge – mit Ausnahme weniger alphabetisch sortierter Namenlisten – keinem erkennbaren Schema. Neben den Kreis-, Gemeinde- und Flurnamen enthalten die Blätter Nummern, die von 1 (Kleeve-Keeken) bis 3060 (MerzigMichelbach) reichen. Sie sind allerdings nicht lückenlos fortlaufend und kommen zum Teil auch mehrfach vor, dann allerdings mit zusätzlichen geographischen Bezügen wie sw. 136, womit die Lage südwestlich des Ortes auf Blatt 136 gemeint ist. Aufgrund dieser unregelmäßigen Zählung erwies sich die zunächst angenommene Blattzahl von knapp 3.000 (vgl. VOGELFÄNGER 2006, 300) als zu hoch. Die Nummerierung folgt innerhalb von unregelmäßig großen und nicht immer klar abgegrenzten Korridoren mit einer nördlichen und einer südlichen Grenze einer Sortierung von Westen nach Osten. Der nördlichste Korridor enthält alle Orte auf Blättern mit Nummern unter 100, die südlichste alle auf solchen mit Nummern über 3000. Auf was sich diese

3.4 Die maschinenschriftliche Flurnamensammlung Heinrich Dittmaiers

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Nummern beziehen – denkbar wäre eine Ortspunktekarte – konnte leider nicht ermittelt werden. In den Ordnern sind die Blätter aber nach diesen Nummern sortiert, die somit die zentrale Schnittstelle zwischen Datenbank und den Originalblättern sind und bei der Digitalisierung berücksichtigt werden mussten. Die SAD enthält insgesamt Flurnamen aus 1.299 rheinischen Orten, wobei gelegentlich zwei kleine Gemeinden auf einer Liste zusammengefasst sind. Schon eine erste Durchsicht des Materials zeigte, dass die Sammlung Orte aus dem gesamten Gebiet der ehemaligen preußischen Rheinprovinz enthält und damit ein größeres Gebiet als den im Rahmen dieser Arbeit behandelten Untersuchungsraum abdeckt. Neben 708 Gemeinden aus den heutigen Regierungsbezirken Düsseldorf und Köln sind 591 Gemeinden aus den in Rheinland-Pfalz liegenden Regierungsbezirken Trier und Koblenz und aus Teilen des Saarlandes mit ihren Flurnamen verzeichnet. Auf die 1.299 Gemeinden entfallen abzüglich der nur sehr selten zusätzlich angegebenen historischen Belege insgesamt 138.840 Flurnamen, was einen Durchschnittswert von etwa 107 Flurnamen pro Gemeinde ergibt. Dieser Wert entspricht Beobachtungen in anderen Untersuchungsräumen, wo „als Erfahrungswert […] mit knapp 100 Flurnamen pro Gemarkung gerechnet werden kann“ (HFA 15; vgl. auch RAMGE 1998, 89). Allerdings schwanken die Belegzahlen zwischen 7 aus Duisburg-Großenbaum sowie Mörs-Huck/Millingen und 1.190 aus OBergNümbrecht. Das folgende Kartenbild (vgl. Abb. 16) offenbart eine recht ungleichmäßige Streuung der Belegorte, insbesondere im für diese Untersuchung relevanten nördlichen Teil der ehemaligen Rheinprovinz. Während am Rhein, insbesondere im Bonner Raum, sehr viele Orte berücksichtigt sind, fallen an anderen Stellen größere Lücken im Belegnetz auf. Diese Lücken sind aber keine zufälligen ‘weißen Flecken auf der Landkarte’, sondern entsprechen jeweils einzelnen damaligen Kreisen. Aus den damaligen Kreisen Essen, Geilenkirchen-Heinsberg, Oberhausen, Solingen und Düren sind keine Belegorte und damit auch keine Flurnamen in der SAD enthalten. Deshalb lag die Vermutung nahe, dass bei der Sammlung und/oder Überführung des gesammelten Materials in die maschinenschriftlichen Listen systematisch nach Kreisen vorgegangen wurde und dass diese Kreise noch nicht berücksichtigt worden waren. Kurz vor der Drucklegung der vorliegenden Arbeit bestätigte sich dieser Verdacht, als in den Archivräumen des ehemaligen Instituts für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande in Bonn noch 1367 Mappen mit teilweise handschriftlichen Flurnamenlisten entdeckt wurden. Nach einer ersten Prüfung war das Material aus 602 dieser Mappen bereits in die SAD überführt worden, die restlichen 765 Mappen enthalten aber bislang unberücksichtigtes Material und stammen schwerpunktmäßig aus genau den Gebieten, in denen die SAD eine deutlich geringe Belegdichte aufweist:

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3. Auswahl, Erfassung und sprachgeographische Aufbereitung des Belegmaterials

Abb. 16: SAD-Belegorte im nördlichen und südlichen Rheinland

Durch eine digitale Erfassung dieses exklusiven Materials würde das Belegnetz der SAD verdichtet werden, vor allem aber wäre damit das vom Rheinischen Flurnamenarchiv in den 1930er Jahren mühsam gesammelte Material erstmals vollständig erschlossen und der Auswertung zugänglich. Die Arbeiten an der Digitalisierung sind bereits angelaufen. Für die vorliegende Arbeit

3.4 Die maschinenschriftliche Flurnamensammlung Heinrich Dittmaiers

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konnte das neue Material jedoch noch nicht berücksichtigt werden, doch selbst dann wäre das SAD-Material wegen der deutlich geringeren Anzahl und der unregelmäßigeren Streuung der Belegorte isoliert betrachtet für flurnamengeographische Fragestellungen weniger gut geeignet als die Namen der DGK oder des ALB. Im nordrheinischen Bereich deckt ein SAD-Ortspunkt vor der Berücksichtigung des neuen Materials durchschnittlich eine Fläche von 17,87 km² ab, während es beispielsweise im Westfälischen Flurnamenatlas 13,63 km² und im Hessischen Flurnamenatlas sogar nur 7,49 km² sind. Auf der anderen Seite enthält die SAD mit 1.299 Ortspunkten auch ohne die Belegorte aus dem bislang nicht berücksichtigten Material fast dreimal so viele Belegorte wie der auf eine vergleichbare Fläche bezogene Rheinische Wortatlas mit 491 (vgl. LAUSBERG/MÖLLER 2000, 16). Bei der Belegdichte weist die SAD also gegenüber anderen Beständen, besonders dem hier verwendeten Material aus DGK und ALB, Defizite auf. Diesen stehen aber mehrere Vorteile bei der Materialqualität gegenüber. Wie bereits angedeutet, wurde die SAD größtenteils vor dem Zweiten Weltkrieg erstellt und enthält Flurnamen, die in den anderen Beständen aufgrund von Flurbereinigung oder Ausdehnung von Siedlungsflächen nicht mehr enthalten sind. Von besonderer Bedeutung für die Zuverlässigkeit des enthaltenen Namenmaterials sind darüber hinaus die Durchführung und die Zielsetzung der Sammlung, denn im Gegensatz zu DGK und ALB sind beide Schritte in erster Linie namenkundlich motiviert. Während die Flurnamen in den beiden anderen Beständen nur eine Randerscheinung im Ensemble der vielfältigen Ziele und Nutzungsmöglichkeiten darstellen, stehen hier die Flurnamen selbst im Zentrum des Interesses. Das zeigt sich beispielsweise an der sorgfältigen namenkundlichen Typologisierung der in der SAD enthaltenen Namen. Anders als in DGK und ALB sind alle Belege, die nicht Flurnamen, sondern Siedlungs-, Wege- oder Gewässernamen sind bzw. einigen weiteren Namengruppen angehören, auch als solche gekennzeichnet. Darüber hinaus sind auf einigen Blättern zusätzliche Informationen wie Quellen, Jahreszahlen, mundartliche Formen, Hinweise zum amtlichen oder mündlichen Status und in sehr seltenen Fällen sogar Deutungsansätze vermerkt. Trotz des hohen Anteils an Katastermaterial finden sich in der SAD auch Belege, die zusätzlich aus dem „auf breiter Basis“ (BACH 1963, XV) gesammelten Material der Gemarkungsmappen in die SAD übertragen wurde. Insgesamt wirkten neben den Mitarbeitern des Flurnamenarchivs noch fast 600 freiwillige und eigens geschulte Mitarbeiter (ebd., XI) bei der Sammlung rheinischer Flurnamen mit und stellten damit einen heterogenen Gesamtbestand zusammen, dessen Spuren dann auch in der SAD zu finden sind: Flurnamen aus einem Pfarrarchiv des 15. Jahrhunderts (SAD Blatt 2256 Zell-Senheim) kommen ebenso vor wie solche aus der „Beueler Zeitung v. 7. Juni 1930“

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3. Auswahl, Erfassung und sprachgeographische Aufbereitung des Belegmaterials

(SAD, Blatt 1406, Bonn-Beuel), daneben Flurnamenlisten mit der Kennzeichnung aus dem Volksmund (SAD Blatt 1531a Bonn-Morenhoven). Der Hauptanteil, Flurnamen aus Katasterkarten und Flurbüchern, ist nicht eigens gekennzeichnet. Sein großer Anteil an der SAD geht aus der auf vielen Blättern feststellbaren Typologisierung des Namenbestandes hervor, denn nur durch die Verknüpfung mit weiteren Informationen aus Karten – etwa der Eintragung eines Namens in einem Waldgebiet oder einem Gewässer – ist eine Typologisierung im vorhandenen Umfang überhaupt möglich. Insgesamt treten 45 verschiedene Typologisierungen auf, die jeweils in Klammern hinter den Namenbelegen angegeben sind. Die häufigsten sind Wald (6.948 Fälle), Gewässer (1.542), Ort (1.088), Hof (549) und Straße (327) – andere Kennzeichnungen wie Dachziegelei oder Sumpf kommen je nur einmal vor. Auf den Listen sind die so genannten sekundären Flurnamen stets hinter dem Bezugsflurnamen angeordnet, beispielsweise erscheinen die Flurnamen Gest, achter die Gest und auf die Gest in den Listen als Gest; achter die; auf die. Zwei oder mehr homonyme Belege kommen in der SAD auf einer Gemarkungsliste in keinem Fall vor, auch nicht in flächenmäßig sehr großen Gemeinden. Im selben Gebiet treten in DGK und ALB – dort auch nach der Belegpunkttransformation (vgl. Kap. 3.3.4) – solche homonymen Belege allerdings gelegentlich auf. Dies deutet darauf hin, dass bei der Erstellung der Gemarkungslisten für die SAD die Frage im Mittelpunkt stand, o b ein Flurname in einer Gemeinde vorkommt, und nicht w i e o f t er dort vorkommt. Deshalb ist das Verhältnis von Flurnamenausdrücken zu Namensträgern in einigen Fällen wohl 1:n, was Auswirkungen auf die Wahl eines Referenzbestandes bei der Fusion der drei Einzelbestände zu einem Gesamtbestand hat (vgl. Kap. 3.6.2.1). Bei allen bereits genannten Unterschieden hinsichtlich Entstehungszeitraum, Datenstruktur und Sammlungsziel weist die SAD in einem zentralen Punkt eine deutliche Parallele zu den anderen beiden Beständen auf – hier wie dort ist das enthaltene Belegmaterial heterogen und nur selten ist genau nachzuvollziehen, auf welchem Weg ein Beleg in einen der drei großen Bestände gelangt ist. Durch die Zusammenführung der drei Bestände wird die rheinische bzw. nordrheinische Flurnamenlandschaft damit aber in kommunikativer, räumlicher und bedingt auch zeitlicher Hinsicht umfassend abgebildet (vgl. Kap. 3.7), wodurch vielfältige Auswertungsmöglichkeiten eröffnet werden. Die jeweilige Heterogenität führt aber auch dazu, dass größere Überschneidungen zwischen den Beständen zu erwarten sind, die bei quantifizierenden Zugriffen verzerrend wirken und deshalb mit einem besonderen Verfahren ermittelt und entfernt werden müssen (vgl. Kap. 3.6.2). Die SAD ist der einzige Bestand aus dem 1931 begründeten Rheinischen Flurnamenarchiv, der in das Digitale Nordrheinische Flurnamenarchiv übernommen werden konnte. Vor der Zusammenführung mit anderen Beständen

3.4 Die maschinenschriftliche Flurnamensammlung Heinrich Dittmaiers

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und der Erzeugung der Voraussetzungen dafür wurde deswegen überprüft, welches Verhältnis sie zum Zettelarchiv, dem Hauptbestand des Rheinischen Flurnamenarchivs, aufweist.

3.4.2 Das Verhältnis von SAD und Zettelarchiv Das Zettelarchiv stellte neben der Kartenabteilung und den Gemarkungsmappen die dritte Abteilung des in den 1930er Jahren aufgebauten Rheinischen Flurnamenarchivs dar. Viele der Karten und Gemarkungsmappen weisen Vermerke oder Hinweise auf, dass ihr Namenmaterial verzettelt worden ist, womit das Zettelarchiv große Teile der anderen beiden Abteilungen zusammenfasst und als Hauptbestand angesehen werden kann. Das alphabetisch nach Grundteilen geordnete Archiv war für die Namenartikel von DITTMAIERS Rheinischen Flurnamen von zentraler Bedeutung, wobei darin „nur eine relativ kleine Auswahl aus dem außerordentlich umfangreichen, aber trotzdem noch lückenhaften Stoff“ (DITTMAIER 1963, 1) berücksichtigt werden konnte. Seit der Veröffentlichung der Rheinischen Flurnamen ist das Zettelarchiv nur noch sporadisch genutzt worden, um einzelnen Flurnamentypen nachzugehen. Mit einer Untersuchung seines Aufbaus und seines Verhältnisses zur SAD lässt sich der Wert des Zettelarchivs für die vorliegende Untersuchung und die zukünftige rheinische Flurnamenforschung abschätzen. Die Untersuchung des Zettelarchivs war nur anhand einer Stichprobe möglich. Alle 107 Zettelkästen enthalten ungefähr die gleiche Anzahl an Zetteln, so dass der Umfang des gesamten Bestandes mit der Auszählung eines Kastens grob abgeschätzt werden konnte. Der erste Zettelkasten umfasst 2.144 Zettel, so dass insgesamt von mindestens 200.000 Zetteln ausgegangen werden kann. Damit hat das Zettelarchiv einen größeren Umfang als die SAD mit knapp 140.000 Belegen. Jeder Zettel enthält neben dem Flurnamenbeleg und dem Gemeindenamen auch noch die Namen der Sammler oder abgekürzte Quellenangaben, von denen die meisten in den Schrifttumsverzeichnissen der Rheinischen Flurnamen (vgl. DITTMAIER 1963, XXV-XLV) aufgeführt sind. Auf einigen Zetteln sind zusätzlich zum Beleg noch Jahreszahlen angegeben. Mit Hilfe der verschiedenen Angaben lassen sich quantifizierbare Aussagen über die Zusammensetzung des Zettelarchivs machen. Die Auszählung der Quellenanteile des ersten Kastens (A-Arproffe) führte zu einem überraschenden Ergebnis: Obwohl die in diesem Kasten enthaltenen Flurnamen aus 58 verschiedenen Quellen stammen, machen die mit Dittmaier gekennzeichneten Zettel mit 1.103 (51,45 %) den deutlich größten Anteil aus. Die zweithäufigste Gruppe stellen Belege aus den Annalen des Niederrheins mit nur 138 (6,44 %) Zetteln dar.

3. Auswahl, Erfassung und sprachgeographische Aufbereitung des Belegmaterials

76

21,0% "Dittmaier" "Ann Ndrh." "J. Hagen" 2,1%

"Umlegung"

2,6%

51,4%

2,6%

"Fabr." "Grimms Weist." "Korth"

4,4%

"Broicher" sonstige 3 Std. Dev.

0

Abb. 39: Skalierung nach halben Standardabweichungen: Diagramm und Karte (Bende, Bend(en))

144

4. Entwicklungen in der Flurnamengeographie

Im Gegensatz zur Farbskalierung in Abbildung 38 wird die „mittlere“ Farbe Weiß bei dieser Art der Darstellung nicht für die Mitte der Spannweite vergeben, sondern dem arithmetischen Mittel zugeordnet. Dies hat zur Folge, dass alle Werte unterhalb des Durchschnittswertes einen Farbton zugewiesen bekommen, während die Werte oberhalb davon einen anderen Farbton erhalten – jeweils mit unterschiedlichen Sättigungsgraden, so dass extreme Werte eine höhere Sättigung erhalten als Werte in unmittelbarer Nähe zum arithmetischen Mittel (= MW). Bei der graphischen Umsetzung ist zu beachten, „dass Werte über dem MW […] mit warmen Farben dargestellt werden […], jene darunter mit kalten“ (VIDESOTT 2004, 224). Für die Intervallgröße, die auch in dieser Darstellungsart gleichmäßig ist, wird die Standardabweichung verwendet. Bei ungleichmäßig verteilten Flurnamentypen werden deshalb größere Intervalle zur Klassenbildung herangezogen. Um eine übersichtliche, aber dennoch differenzierte Klassenbildung zu gewährleisten, wurden als Intervalle jeweils die halbierten Werte der Standardabweichung zugrunde gelegt. Damit weicht der Intervallalgorithmus graduell, aber nicht konzeptionell von der Methode ab, für die GOEBL den Begriff MINMWMAX geprägt hat (vgl. GOEBL 1982, 782): Dabei werden „die Spannen zwischen Mittelwert und Minimalwert und zwischen Maximalwert und Mittelwert jeweils gedrittelt“ (ebd.; vgl. VIDESOTT 2004, 223), wodurch die Intervalle ober- und unterhalb des Mittelwertes jedoch unterschiedlich groß sein können. Auf der hier verwendeten Basis von Mittelwert und Standardabweichung, also bei gleichmäßigen Intervallen, entsteht ein wesentlich ausgewogeneres und leichter interpretierbares Kartenbild als in Abbildung 38. Wie die linke Seite von Abbildung 39 zeigt, entspricht die weiße Farbe bei der nach Standardabweichungen skalierten Methode keinem Wertebereich, sondern exakt dem Mittelwert. Da dieser Wert bei den etwa 140.000 Zellen des Bearbeitungsgebietes nicht vorkommt, „fehlt“ im Diagramm dort der Balken. Damit wird die Zweiteilung in über- und unterdurchschnittliche Popularitätswerte sehr deutlich. Insgesamt sind niedrige Werte zwar weit häufiger als hohe, sie weichen aber nicht so stark vom arithmetischen Mittelwert ab wie extrem hohe Werte. Der Gegensatz dieser über- und unterdurchschnittlichen Werte setzt sich auch in der Karte auf der rechten Seite der Abbildung fort: Das arithmetische Mittel und damit die Grenze zwischen roten und blauen Farbtönen entspricht exakt der räumlichen Grenze der höheren und geringeren Popularität eines Namentyps. Da die Popularität neben der kommunikativen Reichweite auch von der Belegdichte abhängig ist, kann der Farbwechsel auch als Markierung von Räumen mit häufigerem und seltenerem Vorkommen betrachtet werden.

4.3 Die Popularitätskarte als Darstellungsform für Flurnamenverbreitungen

145

4.3.3 Die Vorteile der Popularitätskarte Wie bereits erläutert, sind zur Herstellung von Popularitätskarten bei der Reichweite und ihrer Ausdehnung Modellannahmen zu treffen, für die es keine gesicherten empirischen Grundlagen gibt, oder die es – wegen der kleinräumigen Relevanz und der hohen Anzahl von Flurnamenbelegen – nicht geben kann. Allerdings betreffen die Modellannahmen alle dargestellten Flurnamentypen gleichermaßen, so dass die relativen Verhältnisse sowohl innerhalb einer Karte als auch beim Vergleich verschiedener Karten absolut zuverlässig sind. Vor allem aber ergeben die gewählten Parameter in Verbindung mit den nach Standardabweichung und arithmetischem Mittel klassifizierten und farbskalierten Intervallen ausdrucksstarke Kartenbilder, deren Aussage sich mit den Erkenntnissen früherer flurnamengeographischer Studien deckt, wie anhand einzelner Beispiele noch gezeigt wird (vgl. Art. 6.1., 6.15, 6.17-6.21, 6.27). Die Popularitätskarte wird damit einerseits zur Präsentationsform, die auch ohne detaillierte Kenntnis der zugrunde liegenden Verarbeitungsschritte leicht verständlich ist, sie ist andererseits aber auch ein Instrument, um Flurnamenräume ermitteln zu können, ohne dabei auf subjektiv-interpretierende Verfahren (vgl. RAMGE 1985; vgl. SCHORR 2000) zurückgreifen zu müssen. Wie die Frequenzkarte stellt sie die relative Häufigkeit eines Flurnamentyps in ihrer räumlichen Distribution dar, weist aber auch eine Reihe von Unterschieden und Neuerungen gegenüber dieser Darstellungsform auf. Diese Unterschiede betreffen beispielsweise die bereits beschriebene Lesefreundlichkeit der Karte. Während sich die Werte in den Frequenzkarten des Westfälischen Flurnamenatlas auf nur 141 unregelmäßig große Bezugsflächen beziehen (vgl. WFA 7), erzeugt die Popularitätskarte ein regelmäßiges und viel feineres Raster und kann deshalb auch Verbreitungsgrenzen wesentlich exakter abbilden. Ein weiterer Unterschied zur Frequenzkarte ist, dass die jeweils kartierten Flurnamentypen nicht nur mit den restlichen Flurnamen bzw. deren Namenbestandteilen der eigenen Bezugsfläche, sondern mit dem g e s a m t e n Bearbeitungsgebiet in Relation gesetzt werden. Die Werte an einer Stelle des Untersuchungsgebietes sind also mit jeder anderen Stelle d i r e k t vergleichbar. Der wichtigste konzeptionelle Unterschied zwischen Frequenz- und Popularitätskarte liegt im Referenzmaterial, zu dem der untersuchte Flurnamentyp in ein relatives Verhältnis gesetzt wird. Während die Frequenzkarte alle Namenbestandteile einer begrenzten Bezugsfläche als Vergleichsgröße verwendet, beziehen sich relative Werte bei der Popularitätskarte wie bereits erwähnt auf das g e s a m t e Bearbeitungsgebiet, vor allem aber werden dabei a u s s c h l i e ß l i c h die Flurnamen des tatsächlich untersuchten Flurnamentyps berücksichtigt. Dieser Ansatz hat den Vorteil, dass der kartierte Flurna-

146

4. Entwicklungen in der Flurnamengeographie

mentyp nicht in Abhängigkeit von anderen Namen dargestellt wird. Flurnamenräume zeichnen sich schließlich dadurch aus, dass „Kommunikationsgemeinschaften ein gleiches Zeichen für das gleiche Örtlichkeitsmerkmal übernehmen oder ein anderes nehmen“ (RAMGE 1996, 1170). Für die Frage, ob für ein bestimmtes Örtlichkeitsmerkmal ein gleiches oder ein anderes Zeichen verwendet wird, es ist also unerheblich, ob in einem Gebiet neben einem solchen Zeichen noch 100 oder 1.000 andere Flurnamen vorkommen. Mit der fehlenden Abhängigkeit von anderen Belegen hängt auch zusammen, dass Popularitätskarten auch dann erstellt werden können, wenn nur die Flurnamen eines bestimmten Flurnamentyps gesammelt wurden – benötigt werden nur die Namenbelege und deren entsprechenden Georeferenzen. Auf diese Weise könnten auch gemeinsame Karten über mehrere Regionen hinweg erstellt werden, ohne dass jeweils alle anderen Flurnamen einer Region vorliegen müssen. Neben dieser wichtigsten Innovation bietet die Popularitätskarte einen weiteren, bereits angedeuteten Vorteil: Die Popularitätswerte beziehen sich zwar jeweils auf das gesamte Bearbeitungsgebiet, werden aber für über 140.000 Zellen einzeln angegeben. Durch dieses extrem feinmaschige Gitternetz lassen sich kleinräumige Unterschiede wesentlich genauer abbilden als mit groben und zusätzlich unregelmäßigen Bezugsgebieten. Die Unregelmäßigkeit der Bezugsgebiete wirkt sich bei den Frequenzkarten des Westfälischen Flurnamenatlas auch auf die Position der Kreisdiagramme aus, denn durch deren unterschiedliche Abstände können – allerdings in viel kleinerem Ausmaß – auch in Frequenzkarten dieselben optischen Verzerrungen wie bei der Punktsymbolkarte (vgl. Kap. 3.2.4) auftreten: Je kleiner die Kreise, desto geringer der Abstand zwischen den Diagrammen der Frequenzkarte. Die Karte suggeriert dann an diesen Stellen ein höheres Vorkommen, weil die Dichte der schwarzen Anteilsflächen in den Diagrammen größer ist. In der Popularitätskarte werden die Werte dagegen für ein regelmäßiges Rasternetz berechnet. Durch dieses andere räumliche Bezugskonzept werden räumliche Übergänge und Zusammenhänge wesentlich besser erkennbar, wie der Vergleich einer Popularitätskarte der Feld-Belege aus dem nordrhein-westfälischen DGKMaterial mit der entsprechenden Frequenzkarte aus dem Westfälischen Flurnamenatlas zeigt (vgl. Abb. 40). Es werden große Übereinstimmungen, aber eben auch einige Unterschiede in der Arealität von Feld-Flurnamen deutlich. Trotz der unterschiedlichen Materialbasis stimmen beide Karten beim Gesamteindruck recht gut überein. Es wird jeweils deutlich, dass Feld-Flurnamen im Nordosten und in der Mitte Westfalens häufiger sind als im Süden und im nördlichen Münsterland. Ein erster wichtiger Unterschied betrifft aber die kleinräumige Vorkommensvarianz. Die auf der Popularitätskarte erkennbare Lücke zwischen den Arealen mit überproportional häufigem Auftreten von Feld ist auf der Frequenzkarte

4.3 Die Popularitätskarte als Darstellungsform für Flurnamenverbreitungen

147

nicht erkennbar – das gilt auch für die Form dieser Verdichtungsräume, bei der sich für Feld in der Popularitätskarte ein Korridor quer durch Westfalen abzeichnet. Der zweite wichtige Unterschied hängt mit dem unterschiedlichen Flächenbezug beider Karten zusammen. Die Frequenzkarte misst den Anteil von Flurnamen eines Flurnamentyps an allen Flurnamen einer B e z u g s f l ä c h e , die Popularitätskarte den Dichtewert von Flurnamen eines Flurnamentyps bezogen auf die G e s a m t f l ä c h e . Dies ist offensichtlich die Ursache dafür, dass Feld in der Popularitätskarte am südwestlichen Rand Westfalens als eher selten erscheint, während es in der Frequenzkarte dort die zweitgrößten Frequenzwerte hat. Mit anderen Worten: Feld ist in diesem Gebiet insgesamt recht selten, gemessen an den anderen dort vorkommenden Flurnamen aber sehr häufig. Popularitäts- und Frequenzkarte können für bestimmte Fragestellungen also auch ergänzend herangezogen werden. Unter zusätzlicher Berücksichtigung der Popularitätskarte erscheint es jedenfalls als sehr fraglich, ob der Südwesten wirklich „ein zweites Zentrum“ (WFA 70) von Feld-Flurnamen bildet.

Abb. 40: Feld in Popularitäts- und Frequenzkarte (WFA Karte 5.1)

Die Popularitätskarte basiert also auf der Bekanntheit eines Flurnamentyps an einer bestimmten Stelle und rückt damit seine kommunikative Reichweite in den Mittelpunkt. Auf diese Weise wird ein Flurname nicht nur als „flächendeckendes Sprachdenkmal“ (SCHORR 2000, 31) betrachtet, sondern bekommt eine kommunikativ-funktionale Dimension, die auch in jüngeren „sprecherbezogenen oder zeichenzentrierten“ (WINDBERGER-HEIDENKUMMER 2001, 111f.) Begriffsdefinitionen von Flurnamen eine zentrale Rolle einnimmt (vgl. WITKOWSKI 1995, 292; vgl. RAMGE 1998, 82f.; vgl. RAMGE 2002, 28). Gegen eine statische Betrachtung von sprachlichen Merkmalen im Raum wandte sich schon die Kritik am Kulturraumkonzept der Bonner Schule,

148

4. Entwicklungen in der Flurnamengeographie

deshalb wird mit dem hier gewählten Ansatz der Mensch als Sprachbenutzer, genau genommen als Flurnamennutzer bzw. -kenner, in den Vordergrund gestellt. Auf diese Weise verbindet sich die Konzeption subjektiver Flurnamenkenntnis mit einer objektiven Methodik zu einem neuen Instrument, um Flurnamenräume zu ermitteln.

4.3.4 Die Mittelwertskarte als Darstellungsvariante Die Popularitätskarte weist Flächen innerhalb eines Wertebereichs identische Farben zu. Damit gehört sie zum Typ der Choropletenkarten (von griech. choros ‘Raum, Fläche’ und plethos ‘Fülle, Quantität’). Es kann jeweils nur ein Flurnamentyp pro Karte dargestellt werden, eine Vergleichbarkeit mit anderen Flurnamentypen ist wegen der flächenhaften Konzeption nicht direkt möglich, sondern kann nur über die vergleichende Betrachtung mehrerer Karten erfolgen. Das ist ein Nachteil gegenüber der Variablenkarte, die eine Variante der Frequenzkarte ist und im Westfälischen Flurnamenatlas unter anderem eingesetzt wird, wenn auf einer Karte die „zugrunde liegenden Appellative Heteronyme sind oder es einmal waren“ (WFA 7; vgl. ebd. 8). Aus technischen Gründen ist die Darstellung allerdings auf drei Varianten oder Flurnamentypen beschränkt (vgl. ebd. 8). Für einen solchen Vergleich unterschiedlicher Merkmale musste die Popularitätskarte modifiziert werden. Die Vorstellung eines Flurnamenraums impliziert das Vorhandensein einer Grenze, „Schranke“ oder „Scheide“ (zur Terminologie für sprachliche Grenzen vgl. HÄNDLER/WIEGAND 1982, 501ff.). Obwohl „die Allmählichkeit der räumlichen Übergänge die Isoglossenkartierung für die Darstellung historischsprachgeographischer Probleme als weniger geeignet erscheinen lässt“ (GOOSSENS 1998, 907f.; vgl. RAMGE 1995, 24f.), dient eine solche Kartierung „der optischen Vereinfachung und damit der Übersichtlichkeit“ (HÄNDLER/WIEGAND 1982, 501). In Verbindung mit ihrer eben nicht flächen-, sondern linienhaften Konzeption ist sie damit für eine vergleichende Kartierung mehrerer Flurnamenverbreitung hervorragend geeignet. Aufgrund der komplexen und uneinheitlichen „Iso-Terminologie“ (ebd.; vgl. auch ebd., 501-517) wird in der vorliegenden Arbeit auf ein neues Iso-Kunstwort verzichtet, obwohl die modifizierten Popularitätskarten Linien gleicher Werte enthalten, also tatsächlich Isolinienkarten sind. Stattdessen werden die modifizierten Popularitätskarten als Mittelwertskarten bezeichnet. Die Transformation der Choroplethen- in die Isoliniendarstellung erfolgt durch eine Vereinfachung der Popularitätskarte: Verzichtet man dort auf die graduelle Differenzierung mehrerer Wertebereiche und reduziert die Unterscheidung auf zwei Klassen, so enthalten die Karten nur zwei Farbflächen. Diese Grenze zweier Farbflächen lässt sich auch durch eine Grenzlinie abbil-

4.3 Die Popularitätskarte als Darstellungsform für Flurnamenverbreitungen

149

den. Die Linie verläuft damit exakt an der Grenze zwischen über- und unterdurchschnittlicher Popularität eines Flurnamentyps.5

Abb. 41: Popularitäts- und Mittelwertskarte von Bende, Bend(en) im Vergleich

Durch die Bindung an das arithmetische Mittel des jeweiligen Flurnamentyps repräsentieren diese Isolinien relative Werte und sind dadurch direkt mit den entsprechenden Linien anderer Flurnamentypen vergleichbar. Unabhängig von der Gesamtzahl der Belege bzw. der Höhe der Bekanntheit markieren sie eine messbare Grenze. Diese Grenze unterscheidet aber eben nicht Gebiete hinsichtlich des Vorhandenseins oder Fehlens eines Flurnamentyps, zumal „scharfe Grenzen von Namenverbreitungen in der Wirklichkeit nur sehr selten vorkommen“ (RAMGE 1987, 24). Vielmehr unterscheiden die Linien Gebiete mit überdurchschnittlichem Vorkommen von solchen mit unterdurchschnittlichem Auftreten. Je mehr Mittelwertskarten überlagert werden, desto notwendiger ist eine weitere Vereinfachung. Für die synoptische Betrachtung von 35 Flurnamentypen (vgl. Kap. 7.2) wurden jeweils nur die größten Gebiete überdurchschnittlichen Auftretens mit einer Linie konturiert. Auch damit lassen sich wiederkehrende Raummuster ermitteln, die durch annähernd deckungsgleiche oder komplementäre Verbreitungen der zugrunde liegenden Flurnamentypen bedingt sind (vgl. Kap. 7.3-7.8). Methodisch ist die linienhafte Darstellung von Grenzen zwischen über- und unterdurchschnittlicher Verbreitung nicht auf die Flurnamenforschung beschränkt. Sie könnte beispielsweise auch für die Familiennamengeographie genutzt werden, die jüngst „die fundamentalen 5

Maßgebliche Impulse für dieses Verfahren verdanke ich der gemeinsamen Diskussion im Oberseminar von Prof. Dr. Thomas Klein im Wintersemester 2007/2008. Mein besonderer Dank gilt meinem Kollegen Dr. Stefan Müller für seine wertvollen Anregungen.

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4. Entwicklungen in der Flurnamengeographie

Strukturen des gesamten Familiennamenschatzes in ihrer arealen Dimension zu konturieren versucht“ (KUNZE/NÜBLING 2007, 137). Besonders Erfolg versprechend sind die Mittelwertskarte und die ihr zugrunde liegende Popularitätskarte immer dann, wenn es um objektivierbare Aussagen zur räumlichen Distribution von Gegenständen empirischer Linguistik geht. Mit Hilfe des Merkmals Reichweite kann dann auch ein Gebiet der V e r w e n d u n g sprachlicher Einheiten modelliert werden.

5. Auswahl und Aufbau der Flurnamenartikel

Die später in Kapitel 6 präsentierten Flurnamenartikel stellen den zweiten Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit dar. Einerseits ergänzen sie die eher bestandssichernden und methodischen Aspekte der vorangehenden Kapitel, andererseits bauen sie darauf auf und geben ein Beispiel für die Auswertungsmöglichkeiten des Digitalen Nordrheinischen Flurnamenarchivs. Zuvor soll in den folgenden Abschnitten verdeutlicht werden, nach welchen Kriterien die Flurnamentypen ausgewählt wurden, welchem Aufbau die Erläuterungen folgen und welche Darstellungsprinzipien für die Karten gelten. Eine wichtige Erkenntnis sei dabei bereits vorweg genommen: Jeder der Schritte von der grundsätzlichen Auswahl der Namen bis hin zu Details wie der Farbgebung der Symbole in den Karten folgt bestimmten Konventionen, die im Einzelfall bei strenger Anwendung jedoch zu unerwünschten Ergebnissen führen (vgl. SHFLNB, 30). Bei nahezu allen Karten und Erläuterungen waren deshalb subjektive Entscheidungen nötig, so dass ein jeden Einzelfall berücksichtigendes präskriptives Regelwerk nicht angestrebt werden konnte. Vor diesem Hintergrund ist die hier dargestellte Vorgehensweise bei der Bearbeitung und dem Aufbau der Karten und Erläuterungen als Konvention, nicht jedoch als verbindliche Norm zu verstehen.

5.1 Die Auswahl der behandelten Flurnamentypen Die Notwendigkeit zur Auswahl bestimmter Flurnamentypen für die Karten und Erläuterungen ergibt sich aus dem Missverhältnis zwischen den Flurnamentypen, die auf Basis von 4.114 Lemmata des Lemmatisierungswörterbuches theoretisch kartiert und erläutert werden könnten, und dem Raum, den die Karten und Erläuterungen einzelner Flurnamentypen in der Konzeption der vorliegenden Arbeit einnehmen können. Dabei soll dem ungefähr ausgeglichenen Verhältnis werden. Genauso gehört es jedoch zur Perspektive der Untersuchung, dass ein Gesamtbild der Sprachgeographie nordrheinischer Flurnamen angestrebt wird. Sowohl Karten als auch Erläuterungen müssen dabei über den Status des Exemplarischen hinausgehen und zum einen bei der räumlichen Verbreitung typische Muster erkennen lassen, zum anderen bei der Anzahl der berücksichtigten Flurnamen dem Umfang des Digitalen Nordrheinischen Flurnamenarchivs gerecht werden. Unter Berücksichtigung der genannten Rahmenbedingungen wurde eine Anzahl von 30-40 Flurnamenty-

152

5. Auswahl und Aufbau der Flurnamenartikel

pen angestrebt, die mit den im Folgenden beschriebenen Reduktionsmaßnahmen erreicht werden konnte. Abgesehen vom ersten Schritt wurden die einzelnen Auswahlmaßnahmen niemals isoliert durchgeführt, sondern stets in Verbindung mit dem grundlegenden Auswertungsziel – und damit den anderen Kriterien – unterschiedlich stark gewichtet. In vielen Fällen musste daher im Einzelfall abgewägt werden, ob die besondere Eignung des Flurnamentyps bei e i n e m Kriterium die Defizite aufwiegt, die er im Hinblick auf ein anderes Merkmal aufweist. In einem ersten Reduktionsschritt wurden zu allen 4.114 Lemmata des Digitalen Nordrheinischen Flurnamenarchivs vorläufige Punktsymbolkarten mit den entsprechenden Belegen erstellt und einzeln durchgesehen. Dem „Prinzip der räumlichen Variation als Auswahlkriterium“ (HFA 11) folgend wurden davon alle Karten ausgewählt, die eine deutlich unterschiedliche Vorkommenshäufigkeit in einzelnen Teilen des Untersuchungsgebietes aufwiesen. Natürlich ist kein Flurnamentyp geographisch exakt gleichmäßig verteilt und so ist die Entscheidung darüber, ab wann eine Namenverbreitung als räumlich auffällig variierend angesehen werden kann, letztlich vom Auge des Betrachters abhängig. Somit ist die räumliche Variation der Namenverbreitung ein recht unscharfes Kriterium, das deshalb nur für eine grobe Vorauswahl herangezogen wurde und die Anzahl der für eine weitere Betrachtung in Frage kommenden Flurnamentypen auf 430 reduzierte. Wie oben bereits erläutert, wurden die weiteren Kriterien nicht isoliert und ohne Ausnahme auf die restlichen Flurnamentypen angewendet, sondern stets im Gesamtgefüge gewichtet. Ein weiteres Reduktionskriterium ist die Auftretenshäufigkeit des Flurnamentyps. Im Gegensatz zum dokumentierenden Ansatz eines Flurnamenbuches, wo das Seltene genauer aufzuführen ist als das Häufige (vgl. SHFLNB 29), sollen in der vorliegenden Untersuchung ja gerade die hochfrequenten Belege untersucht werden, weil sie das Gesamtmaterial stärker repräsentieren und Raumstrukturen weit stärker prägen als vereinzelt auftretende Flurnamentypen. Hinzu kommt, dass die Zahl der Belege nicht nur für die statistischen Angaben zu Variantenanzahl und morphosyntaktischer Struktur, sondern vor allem für die kartographische Darstellung „angemessen“ (HFA 12) sein muss. Im Hessischen Flurnamenatlas liegt die Untergrenze bei „ca. 40“ (ebd.), in der vorliegenden Arbeit sind nur zwei behandelte Flurnamentypen mit weniger als 100 Belegen vertreten, bei recht großer Streuung liegt die durchschnittliche Belegzahl bei 2.292. Die Häufigkeit der einzelnen Belege eines Flurnamentyps stimmt nicht immer mit der Häufigkeit des entsprechenden Lemmas überein, weil DITTMAIER für einige Komposita eigene Lemmata ansetzt, die dann so auch in das FLWB eingegangen sind. So werden in den Karten und im Kommentar zum Flurnamentyp Kaul(e), Kuhl(e) (vgl. Art. 6.3) neben dem Lemma Kaule zusätzlich die Lemmata Fillkaule, Schindkaule und Kirschkaule berücksichtigt.

5.1 Die Auswahl der behandelten Flurnamentypen

153

Ein erst im Verlauf der Artikelerstellung wichtiger werdendes drittes Auswahlkriterium hängt mit den Sachbezügen der einzelnen Flurnamentypen bzw. der Bedeutung der ihnen zugrunde liegenden Appellative zusammen. Um aus den Karten nicht nur auf die Verbreitung einer bestimmten Sache, sondern auch auf die Verbreitung eines bestimmten sprachlichen Zeichens schließen zu können, ist es „sinnvoll, für die Abgrenzung von Flurnamenräumen Namenwörter einer Denotatsklasse auszuwählen“ (SCHORR 2000, 52). Aus diesem Grund wurden ausschließlich Flurnamentypen ausgewählt, die jeweils mit einem oder mehreren Flurnamentypen aus derselben Sachgruppe verglichen werden können. Die Reihenfolge der Namenartikel orientiert sich deshalb wie schon im Hessischen- und Westfälischen Flurnamenatlas (vgl. HFA 13; vgl. WFA 11) an sachreferenziellen Gesichtspunkten. Dass die Einteilung nach Sachgruppen grundsätzlich problematisch ist (vgl. HFA 12; vgl. SHFLNB 68f.; TYROLLER 1996b, 1434) und viele Flurnamen polysem und in unterschiedlichen Bedeutungen toponymisiert worden sind, erfordert aber in vielen Fällen „pragmatische Lösungen“ (WFA 11; vgl. Kap. 5.3). Es gehört zum zentralen methodischen Ansatz der vorliegenden Arbeit, die überregionale Flurnamenverbreitung zu untersuchen. Diesem Ansatz entspricht die Wahl des großräumigen Untersuchungsgebietes, doch selbst dieses Gebiet ist zu klein, um die Gesamtverbreitung der meisten Flurnamentypen vollständig abzubilden. Deshalb ist es wünschenswert, die Flurnamenverbreitung benachbarter Gebiete mit einzubeziehen, wofür die umfangreichen Flurnamenatlanten aus Westfalen und Hessen, zum Teil auch die Flurnamenkarten bei DITTMAIER mit dem südlichen Teil des Rheinlandes, eine hervorragende Möglichkeit bieten. Je größer der betrachtete Raum ist, desto leichter ist es, „Einsichten über Flurnamenräume, die einstige Orientierungen von Kommunikationsgemeinschaft repräsentieren“ (RAMGE 1996, 1174) zu erlangen. Um dieser synoptischen Perspektive gerecht zu werden, ist die Vergleichsmöglichkeit mit Karten der Flurnamenatlanten aus Hessen und Westfalen das wichtigste Kriterium zur Auswahl der Flurnamentypen. Fast alle behandelten Flurnamentypen können dadurch in einem zusammenhängenden Gebiet betrachtet werden, das dialektale Grenzen, landschaftliche Gegensätze und viele weitere Faktoren, die sich in Flurnamenräumen spiegeln, umfasst. Ein letztes Auswahlkriterium ist die Überschneidung der eigenen Karten mit bereits vorhandenen Kartierungen im Untersuchungsgebiet (vgl. WESTPHAL 1934; vgl. DITTMAIER 1963). Es ist erstaunlich, wie viele der durch die oben genannten Kriterien ermittelten Flurnamentypen bereits vor allem von DITTMAIER kartiert wurden. Die Präzision, mit der er die geographische Verteilung einzelner Flurnamentypen abschätzen konnte, ohne dafür auf automatisch georeferenzierte Bestände und technische Hilfsmittel wie Datenbanken und ein Geoinformationssystem zurückgreifen zu können, wertet seine Arbeit zusätzlich erheblich auf. DITTMAIERS Rheinische Flurnamen sind

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5. Auswahl und Aufbau der Flurnamenartikel

deshalb Flurnamenbuch und Flurnamenatlas zugleich, der Hessische Flurnamenatlas ist folglich auch nicht der „erste Flurnamenatlas überhaupt“ (HFA 9), sondern eher der erste r e i n e Flurnamenatlas. Bei der Auswahl der Flurnamentypen für die eigene Untersuchung wurde darauf geachtet, nur in Ausnahmefällen bereits bei DITTMAIER kartierte Flurnamentypen erneut zu behandeln. Auf diese Weise tritt eine größere Anzahl bislang nicht kartierter Flurnamentypen ergänzend hinzu und es entsteht gemeinsam mit DITTMAIERS Karten ein differenzierteres Bild der (nord-)rheinischen Flurnamengeographie, als es die jeweiligen Arbeiten für sich genommen erzeugen könnten. Bei den Flurnamentypen, die in beiden Arbeiten kartiert wurden, zeigen sich große Übereinstimmungen, wodurch sich beide Ansätze gegenseitig validieren. Durch die verbesserten Möglichkeiten der kartographischen Darstellung und durch das größere Belegmaterial war es außerdem möglich, DITTMAIERS Karten zu differenzieren und teilweise auch zu korrigieren. Mit Hilfe der fünf erläuterten Auswahlkriterien wurden insgesamt 35 Flurnamentypen ausgewählt, zum Teil durch weitere Typen aus demselben Denotatsbereich ergänzt und in jeweils 35 Punktsymbol- und Popularitätskarten samt Erläuterungen präsentiert. Insgesamt werden so 89.384 Flurnamenbelege, also immerhin knapp 45 % des gesamten Belegmaterials im Auswertungsteil berücksichtigt.

5.2 Der Aufbau der Flurnamenartikel Die Flurnamenartikel weisen eine einheitliche Mikrostruktur (vgl. WIEGAND 1983, 431) auf. Der Artikelüberschrift folgt ein Kommentarteil, der seinerseits nach drei thematischen Abschnitten geordnet ist. Daneben enthält jeder Artikel eine Matrix mit Häufigkeiten bestimmter Varianten und der morphosyntaktischen Positionen, in denen sie vorkommen, sowie einen Kartenabschnitt mit Punktsymbol- und Popularitätskarte. In den folgenden Abschnitten werden die einzelnen Elemente der Flurnamenartikel näher erläutert.

5.2.1 Die Artikelüberschrift Die Artikelüberschrift verweist auf alle in den Artikeln behandelten eigenständigen Flurnamentypen. In der Regel wird in den Artikeln je nur ein Flurnamentyp behandelt – beziehen sich die Erläuterungen jedoch auf zwei etymologisch nicht verwandte Typen, werden diese in der Überschrift gleichberechtigt berücksichtigt und durch ein Semikolon getrennt. Wenn ein

5.2 Der Aufbau der Flurnamenartikel

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Flurnamentyp nur ergänzend in der Punktsymbolkarte und nicht im Kommentar herangezogen wird, erscheint er in der Überschrift zusätzlich in Klammern. Im Westfälischen Flurnamenatlas dagegen wird als Überschrift jeweils ein Lemma angesetzt, als das nach Möglichkeit die standardsprachliche Wortform fungiert (vgl. WFA 13) – dieses Verfahren findet auch im Südhessischen Flurnamenbuch Anwendung (vgl. SHFLNB, 33). Die standardsprachliche Wortform bildet beim eigenen Material in einigen Fällen die verschiedenen Schreibungen eines Flurnamentyps aber nur sehr unzureichend ab, beispielsweise hat standardsprachliches Hag nur einen Anteil von 3,2 % an den im betreffenden Namenartikel behandelten Varianten (vgl. Art. 6.9). Als ebenso ungünstig erwies sich eine Übernahme der in DITTMAIERS Rheinischen Flurnamen angesetzten Lemmata. Dort liegt ein größeres Bearbeitungsgebiet zugrunde, was zu anderen Verhältnissen bei den Varianten und damit auch zu anderen Lemmaansätzen führt. Ein Beispiel ist Seifen bei DITTMAIER gegenüber Siefen in der vorliegenden Arbeit – die diphthongierte Form macht am eigenen Belegmaterial nur 5,3 % aus, während Siefen einen Anteil von 67,8 % hat. Eine Verwendung der DITTMAIER-Lemmata hätte außerdem zur Folge gehabt, dass als Überschrift häufig mehrere Lemmata herangezogen werden müssten, weil sich einige in den Namenartikeln enthaltene Belege auf mehrere DITTMAIER-Lemmata verteilen. Ein Beispiel ist der bereits erwähnte Fall von Kaule (vgl. Kap 5.1), wo DITTMAIER für einige Komposita wie Fillkaule, Schindkaule und Kirschkaule eigene Lemmata ansetzt. Um die Überschriften der Namenartikel möglichst repräsentativ und gleichzeitig objektiv zu wählen, wurden statt eines Lemmas die überwiegend auftretenden Varianten verwendet, und zwar nicht nur bei standardsprachlich ungebräuchlichen oder nur noch toponymisch auftretenden und damit nur historisch nachzuweisenden Wörtern (vgl. WFA 13). Dabei wurde nicht nur die häufigste Variante berücksichtigt – zusätzlich wurden solche aufgenommen, die mehr als einen 20-prozentigen Anteil an allen Belegen des entsprechenden Flurnamentyps ausmachen. Dieses objektive Kriterium erwies sich als günstig, um die wichtigsten Varianten aufzunehmen und die Benutzung damit zu erleichtern, gleichzeitig jedoch zu lange Überschriften zu vermeiden. Die Überschriften sind also das Ergebnis einer Analyse von Häufigkeiten und eben nicht einer Lemmatisierung – die Artikelüberschrift ist also kein Lemma. Sie ist allerdings auch kein Flurnamentyp, sondern lediglich ein Verweiselement auf den im jeweiligen Artikel behandelten Flurnamentyp oder die behandelten Flurnamentypen und damit letztlich auf die Flurnamen, die dort zu Flurnamentypen gruppiert werden. (vgl. Kap. 2.1.3). Bei vielen hochfrequenten Flurnamentypen sind Belege für alle drei Genera nachweisbar, jedoch ist die Genuszugehörigkeit bei den meisten Belegen nicht zu ermitteln. Aus diesem Grund wurde auf eine Genusangabe, mit der die tatsächliche Vorkommenshäufigkeit durch Klammern, Kommata oder

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5. Auswahl und Aufbau der Flurnamenartikel

Semikola näherungsweise abgebildet wird, verzichtet und stattdessen auf die vorkommenden Genera und deren Anteile am Belegmaterial im Kommentarteil hingewiesen.

5.2.2 Der Kommentarteil Im ersten Abschnitt des Kommentarteils werden in der Regel zunächst sprachhistorische Fragestellungen behandelt, indem die ahd. und/oder mhd., zum Teil auch noch älteren Formen des zugrunde liegenden Appellativs angegeben werden. Aus der Bedeutung dieser Appellative lassen sich die Benennungsmotive für die Flurnamen ableiten. Die historischen Formen und die Bedeutungsangaben richten sich wie in den Flurnamenatlanten aus Hessen und Westfalen (vgl. HFA 19; vgl. WFA 13) nach den gängigen Wörterbüchern. Für das Ahd. wurden die Wörterbücher von KARG-GASTERSTÄDT/FRINGS (AHDWB) und bei Bedarf von SCHÜTZEICHEL (SCHÜTZEICHEL 2006) und STARCK/WELLS (STARCK/WELLS 1990) herangezogen, für das Mhd. LEXER (MHDWB), für die gelegentlich benötigten mnd. Formen LASCH/BORCHLING (MNDWB). Das große Wörterbuch der deutschen Sprache (DUDEN) wurde benutzt, um zu überprüfen, ob das den Flurnamen zugrunde liegende Wort standardsprachlich gebräuchlich ist. Die Verwendung in den rheinischen Mundarten wurde mit Hilfe des Rheinischen Wörterbuchs (RHWB) untersucht. Die Wortgeschichte wird anhand des Deutschen Wörterbuchs (DWB) und von KLUGES Etymologischem Wörterbuch (KLUGE/SEEBOLD) skizziert. Unverzichtbar für die Deutung der Namen sowie für zusätzliche Informationen zu Verbreitung, Kombinatorik und Varianten sind DITTMAIERS Rheinische Flurnamen (RHFLN). Speziellere Literatur wird nur gelegentlich herangezogen, weil die vorliegende Arbeit konzeptionell durch eine sprachgeographisch-synoptische und weniger durch eine sprachhistorische oder gar lokalgeschichtliche Untersuchungsperspektive gekennzeichnet ist. Zahlreiche Details zur Wortgeschichte der behandelten Flurnamentypen können den entsprechenden Artikeln des Westfälischen Flurnamenatlas entnommen werden, die Stellen sind in den Namenartikeln jeweils angegeben. Der zweite Abschnitt des Kommentarteils thematisiert die Häufigkeiten verschiedener sprachlicher Merkmale der behandelten Flurnamentypen. Dabei wird zunächst die absolute und relative Häufigkeit der verschiedenen Varianten untersucht. Da das Digitale Nordrheinische Flurnamenarchiv nur über schriftliche Belege aus amtlichen Unterlagen verfügt, sind Aussagen zum Verhältnis von Schreibung und Lautung – anders als in den Flurnamenatlanten aus Hessen und Westfalen – nur sehr eingeschränkt möglich, werden aber gelegentlich berücksichtigt. In Abhängigkeit davon, welche Merkmale bei der statistischen Betrachtung, vor allem aber bei der Kartierung im Vordergrund standen, wurden einzelne Varianten zusammengefasst. Zugunsten der Lesbar-

5.2 Der Aufbau der Flurnamenartikel

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keit von Karte und Häufigkeitsmatrix musste für jeden Artikel eigens abgewägt werden, ob und wie stark einzelne Varianten gruppiert werden konnten. Wie im Hessischen Flurnamenatlas unterliegen diese Entscheidungen also „Sachzwängen ebenso wie einer starken interpretativen Einschätzung“ (HFA 18) und können nicht nach einem einheitlichen Muster erfolgen. Einen nächsten Schwerpunkt des zweiten Abschnitts bilden die Erläuterungen zur den Anteilen der verschiedenen morphosyntaktischen Strukturtypen. Dazu wurden die Ergebnisse der linguistischen Analyse (vgl. Kap. 3.5) daraufhin untersucht, in welcher morphosyntaktischen Position der untersuchte Bestandteil der behandelten Flurnamentypen vorkommt, also ob beispielsweise Seifen als Simplex, im Bestimmungs- oder im Grundteil auftritt. In diesem Kontext werden auch die Kombinatorik behandelt und die gängigen Kombinationstypen präsentiert, die wertvolle Hinweise für die Deutung der behandelten Flurnamentypen geben können und gelegentlich auch Rückschlüsse auf den Grad der Toponymisierung zulassen. Ein dritter Aspekt im zweiten Abschnitt ist die Auftretenshäufigkeit der verschiedenen Genera, obwohl diese häufig nur eingeschränkt quantifizierbar sind. Dadurch kann die Varianz im Genusgebrauch exakter beschrieben werden als durch die verallgemeinernde Angabe in der Artikelüberschrift, in wenigen Fällen wie bei Heide konnten dadurch auch ambige Belege einem bestimmten Lemma zugeordnet werden. Alle genannten quantitativen Analyseschritte erfolgen stets im Vergleich zu entsprechenden Daten aus dem Hessischen- und dem Westfälischen Flurnamenatlas, so dass sich Auffälligkeiten im Gebrauch von Varianten, morphosyntaktischer Struktur und beim Genus in einen größeren räumlichen Zusammenhang einordnen lassen. Auch für die Qualität der Lemmatisierung ist die quantitative Analyse ein wichtiges Hilfsmittel, weil für jeden Artikel die etwa 50 häufigsten Belege jeder Variante und jedes Kombinationstyps eigens durchgesehen wurden, hinzu kamen weitere Kontrollen bei der Analyse des Genusgebrauchs. Bei diesem Schritt konnten fehlerhafte oder auch fehlende Lemmatisierungen korrigiert werden. Die Belegzahl in den Namenartikeln weicht deshalb in der Regel geringfügig von den bei einer automatischen Datenbankabfrage ermittelten Ergebnissen ab. Der dritte Abschnitt des Kommentarteils behandelt die geographischen Merkmale des jeweiligen Flurnamentyps, bezieht sich also auf die Karten und stellt damit den inhaltlichen Schwerpunkt des Kommentarteils dar, obwohl er vom Umfang her nicht immer den größten Raum einnimmt. Die Erläuterungen zu den Karten sind zweigeteilt, der erste Teil bezieht sich auf die Punktsymbolkarte, der zweite auf die Popularitätskarte. Anhand der Punktsymbolkarte wird untersucht, wo der kartierte Flurnamentyp vorkommt und wie sich die einzelnen Schreibungen räumlich verteilen. Gelegentlich werden Merkmale wie morphosyntaktische Struktur (vgl. Art. 6.1, 6.2, 6.4, 6.26, 6.28), Kombi-

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5. Auswahl und Aufbau der Flurnamenartikel

natorik (vgl. Art. 6.13, 6.30, 6.32) oder Bedeutungsaspekte (vgl. Art. 6.22, 6.27) in den Punktsymbolkarten zusätzlich dargestellt. Eine Ausnahme stellt die Punktsymbolkarte von Acker (vgl. Art. 6.25) dar, wo ausschließlich die morphosyntaktische Struktur abgebildet ist. Der Kommentar zur Popularitätskarte bezieht sich ihrer Konzeption entsprechend auf die relative Vorkommensdichte im gesamten Untersuchungsgebiet. Innerhalb des nördlichen Rheinlandes werden dabei einerseits die Bezüge zur außersprachlichen Welt, insbesondere zur naturräumlichen Gliederung, andererseits zur Verbreitung (teil)synonymer Bezeichnungen hergestellt. Von besonderer Bedeutung ist die zusätzliche Einbettung des Kartenbildes in größere räumliche Zusammenhänge. Dazu wurde die im Westfälischen Flurnamenatlas detailliert dokumentierte Verbreitung der jeweiligen Flurnamentypen im deutschsprachigen Raum herangezogen, vor allem aber die entsprechenden Kartierungen im Hessischen- und im Westfälischen Flurnamenatlas und gelegentlich auch in den Rheinischen Flurnamen. In Einzelfällen war auch der Abgleich mit der Familiennamengeographie mit Hilfe von Geogen (GEOGEN) aufschlussreich.

5.2.3 Die Häufigkeitsmatrix In einer automatisch erzeugten Matrix wird die Häufigkeit der einzelnen Namenvarianten dargestellt, jeweils aufgeteilt nach dem Vorkommen als Simplex, im Grund- oder im Bestimmungsteil. In einem ersten Schritt wurde dazu eine vorläufige Matrix mit allen vorkommenden Varianten erzeugt, die dann als Auswahlgrundlage für die Gruppierung einzelner Varianten diente. Diese erfolgte dann, wie bereits erwähnt, im Hinblick auf die im Artikel behandelten Merkmale. Die Vorkommenshäufigkeit spielte dabei keine Rolle und so enthalten mehrere Häufigkeitsmatrizen Varianten, für die nur ein Beleg im Digitalen Nordrheinischen Flurnamenarchiv enthalten ist. Entsprechend der Konzeption der Punktsymbolkarten, eine möglichst exakte Wiedergabe des Belegmaterials zu gewährleisten, betrifft die Gruppierung in der Regel nur die Varianz von auslautendem und häufig apokopiertem -e, es wurde in den Matrizen also beispielsweise Kaul(e) für Kaul u n d Kaule angesetzt. Die absteigend sortierte Vorkommenshäufigkeit der einzelnen Varianten ist wichtig für die Artikelüberschrift (vgl. Kap. 5.2.1), vor allem aber für die Sortierreihenfolge in der Kartenlegende (vgl. Kap. 5.2.4). Die Summenwerte der Varianten und der einzelnen morphosyntaktischen Strukturtypen wurden zusätzlich durch prozentuale Angaben ergänzt, so dass sie mit den Anteilen aus anderen Häufigkeitsmatrizen verglichen werden können. Diese Vergleichbarkeit beschränkt sich nicht nur auf die im Rahmen dieser Arbeit erstellten Matrizen, sondern erstreckt sich auch auf jene aus dem Hessischen Flurnamenatlas (vgl. HFA 20), die im Übrigen als Vorlage für die eigene Auswertung dienten. Wenn zwei etymologisch eigenständige Flurnamentypen in

5.2 Der Aufbau der Flurnamenartikel

159

einem Artikel behandelt werden (vgl. Art. 6.3, 6.7, 6.23, 6.35), werden auch zwei Häufigkeitsmatrizen erstellt (vgl. HFA 20).

5.2.4 Die Darstellungsprinzipien für die Karten Die Punktsymbolkarte dient, stärker als die Popularitätskarte, nicht nur Präsentationszwecken, sondern soll selbst auch die Möglichkeit weiterer Auswertungen eröffnen. Um diesem dokumentarischen Anspruch gerecht zu werden, muss die Darstellungsweise ein hohes Maß an Differenziertheit gewährleisten. Besonders exakt ist die Punktsymbolkarte in geographischer Hinsicht, weil die Belegpunkte nach einem sehr feinmaschigen, systematischen Raster angeordnet sind. Im Hessischen Flurnamenatlas dagegen musste das Ortspunktenetz aus Karten abdigitalisiert werden und in „einer ganzen Reihe verschiedenartiger Experimente“ (HÄNDLER 1987, 27) angepasst werden, so dass die „geographische Genauigkeit den Umständen entsprechend eingeschränkt ist“ (ebd.). Im Westfälischen Flurnamenatlas wurden „die Ortspunkte, da sie Flächenrepräsentationen sind, jeweils in die Mitte der Gemeindefläche gesetzt, [sie] stimmen also nicht unbedingt mit der Lage der jeweiligen Siedlungskerne überein“ (WFA 7). Die Position der Signaturen, auch im Verhältnis zueinander, entspricht in den Karten der vorliegenden Arbeit deshalb der tatsächlichen Lage der Flurstücke erheblich stärker. Ein feinmaschigeres Belegnetz hat jedoch auch Nachteile, denn dadurch steht jeder Belegsignatur weniger Raum zur Verfügung, so dass deren Größe und damit die Anzahl weiterer unterscheidbarer Objektqualitäten wie Symbolfarbe, -form, -füllung und Symbolausrichtung (HAKE/GRÜNREICH/MENG 2002, 124f.) begrenzt ist. Erschwerend kommt hinzu, dass der Maßstab der Karten aus Platzgründen kleiner gewählt werden musste als im Hessischen Flurnamenatlas, wo er wegen des großen Buchformats 1:625.000 betragen kann. Um aber auch auf maßstäblicher Ebene eine möglichst große Vergleichbarkeit mit dem Nachbarraum Westfalen zu gewährleisten, wurden in den Karten der vorliegenden Arbeit die beiden Maßstabniveaus gewählt, die auch im Westfälischen Flurnamenatlas verwendet werden. Dort beträgt der Maßstab für die Frequenz- und Variablenkarten 1:1.350.000, für die Punktsymbolkarten 1:825.000 (vgl. WFA 7). Aufgrund des Satzspiegels liegt der größtmögliche Maßsstab der Karten in der vorliegenden Arbeit darunter – die Karten des Auswertungsteils (vgl. Kap. 6) haben den Maßstab 1:1.322.750, die Karten des methodischen Teils den Maßstab 1:1.650.000. Tests zeigten, dass bei diesen Maßstabsniveaus wegen der hohen Belegdichte alle graphischen Variationsmöglichkeiten außer der Symbolfarbe nur mit größter Mühe erkennbar waren und deren zusätzliche Verwendung häufig zu einem sehr unübersichtlichen Kartenbild führte. Die daraus resultierende äußere Notwendigkeit zur Beschränkung bei den Objektqualitäten erforderte,

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5. Auswahl und Aufbau der Flurnamenartikel

dass in den Punktsymbolkarten des Auswertungsteils weniger sprachliche Merkmale dokumentiert werden konnten als in den anderen Flurnamenatlanten. Während dort häufig Kombinatorik, Wortstellung, Wortbildung und Flexion, Schreibgebrauch, quantitative Merkmale und Überlieferungsmerkmale (vgl. WFA 8; vgl. HFA 16f.) mit Hilfe von aufwendigen Kombinationssymbolen dargestellt werden, beschränkt sich die Punktsymbolkarte in der eigenen Untersuchung im Wesentlichen auf die Darstellung der Varianten. Sie sind das in jedem Fall kartierte Merkmal, während andere Merkmale nur dann zusätzlich kartiert wurden, wenn keine oder nur wenige Varianten vorlagen und sich regionale Abweichungen beim Genus, bei der morphosyntaktischen Struktur, der Kombinatorik oder der Diminuierung zeigten. Wenn solche Besonderheiten bei der Kartierung gelegentlich nicht berücksichtigt werden konnten, wurde aber in jedem Fall in den Erläuterungen darauf hingewiesen. Ein entscheidender Vorteil des feinmaschigen Belegnetzes ist dagegen, dass die Fläche, deren Flurnamen auf einen Belegpunkt konzentriert werden, recht klein ist (vgl. Kap. 3.7) und damit im Durchschnitt nur 15,0 Belege auf einen Belegpunkt entfallen, während es im Hessischen Flurnamenatlas nach eigenen Berechnungen 99,4 (vgl. HFA 15) und im Westfälischen Flurnamenatlas sogar 337,2 sind (vgl. WFA 3 und 7). Aus diesem Grund kommt es in einer Karte nur selten zu Überschneidungen von Belegen mit unterschiedlichen Merkmalen an einem Belegpunkt und es konnte auf Darstellungskompromisse wie Kombinationssymbole (vgl. HFA 17; vgl. WFA 9), Auslagerung (vgl. HFA 16; vgl. HÄNDLER 1987, 26) oder Verkleinerung von Symbolen (vgl. WFA 11) verzichtet werden. Sollte eine solche Überschneidung, also ein Vorkommen von zwei verschiedenen Varianten an einem Belegpunkt, dennoch auftreten, wird die insgesamt seltenere Variante dargestellt. Dies wird technisch in ArcView 3.2 dadurch umgesetzt, dass das so genannte Thema mit einer selteneren über dem Thema einer häufigeren Variante angeordnet wird. Die Lagerung der Varianten in der Karte und damit auch die Reihenfolge in der Legende entspricht also der aufsteigenden Häufigkeit aus der Häufigkeitsmatrix. Dies führt in vielen Fällen dazu, dass enger verwandte Varianten nicht nebeneinander in der Legende stehen. Um die Verwandtschaft zwischen den einzelnen Varianten jedoch optisch wirkungsvoll in der Karte darzustellen, wurden die Symbolfarben nicht zufällig, sondern systematisch vergeben, denn „gemäß dem Analogieprinzip sollten bei Varianten die Symbole umso ähnlicher sein, je enger die Varianten sprachlich, ggf. auch sachlich zusammengehören“ (RAMGE 1995, 314). Dazu musste jeweils ein relevantes Merkmal ausgewählt werden, anhand dessen die Varianten klassifiziert werden konnten. Beispielsweise gehören bei Seifen, Siefen und Siepen die letzten beiden Varianten enger zusammen, wenn man den Vokalismus betrachtet, während die ersten beiden hinsichtlich des Konsonantismus ein Paar bilden. Wenn also mehrere bezüglich eines Merkmals über-

5.3 Die Reihenfolge der Artikel

161

einstimmende Varianten in ähnlichen Farben dargestellt werden, dann bedeutet dies nicht, dass auch innerhalb dieser Varianten eine mit den „Farbgewichten“ (vgl. HAKE/GRÜNREICH/MENG 2002, 125) korrelierende Rangfolge linguistischer Merkmale einhergeht: Ein durch einen dunkelblaues Symbol dargestellter Beleg ist nicht wichtiger als ein hellblauer, ein orange dargestellter Beleg ist linguistisch gesehen keine Mischform aus einem rot und einem gelb dargestellten Beleg. Die Darstellungsprinzipien für die Popularitätskarte wurden bereits in Kapitel 4.3 erläutert. Das gilt auch für die Methode zur Erstellung und für die Aussagekraft des Kartenbildes. Der prinzipielle Unterschied zwischen beiden Karten ist, dass die Popularitätskarte nicht einzelne Flurnamenbelege abbildet, sondern die relative Verbreitung eines Flurnamentyps unabhängig von seiner schriftlichen oder mündlichen Varianz auf der Grundlage des gesamten Bearbeitungsgebietes präsentiert. Bei Artikeln, die mehr als einen Flurnamentyp behandeln, bezieht sie sich nur auf den häufigsten Flurnamentyp. Insgesamt soll durch die jeweils gemeinsame Präsentation beider Karten ein ausgewogenes Verhältnis hergestellt werden zwischen dokumentarischer Genauigkeit einerseits und intuitiver Verständlichkeit andererseits (vgl. HFA 13f.).

5.3 Die Reihenfolge der Artikel In Kapitel 6 werden die behandelten Flurnamentypen zu thematischen Gruppen zusammengefasst. Diese Zuordnung stellt die Relationen zwischen den behandelten Flurnamentypen her und legt damit die Makrostruktur des Kapitels fest (vgl. WIEGAND 1983, 431). Die Gruppenbildung richtet sich nach der Bedeutung der Appellative, die den jeweiligen Flurnamentypen zugrunde liegen. Die Bedeutung fungiert damit als Leitelement (vgl. ebd.). Diese Orientierung an Sachgruppen (vgl. Kap. 2.1.2) ist nicht unproblematisch, weil viele der Basisappellative polysem sind (vgl. WFA 11) und sich das „Spannungsverhältnis zwischen benennbarer Wirklichkeit und tatsächlich vorkommender Namengebung nicht ohne Gewaltsamkeit und nicht restlos befriedigend auflösen lässt“ (HFA 13). Das zeigt sich auch bei der Anordnung der einzelnen Artikel. Zusammenhänge bei Etymologie, Bedeutung, Varianz und Verbreitung lassen sich häufig auch mit Flurnamentypen herstellen, deren Karten und Kommentare nicht in unmittelbarer Nachbarschaft angeordnet sind. Die Anordnung nach thematischen Gruppen ist trotz der genannten Problematik „jedenfalls sinnvoller ist als beispielsweise eine alphabetische Abfolge der Namen“ (ebd.). Das gilt vor allem für die Untersuchung von Flurnamenräumen, einem zentralen Auswertungsziel der folgenden Kapitel (vgl. Kap. 6 und 7), denn „die Aussagekraft von Namenbildern, die […] durch das natürliche

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5. Auswahl und Aufbau der Flurnamenartikel

Vorkommen einer Sache […] begrenzt sind, ist freilich eingeschränkt“ (SCHORR 2000, 53). Schon Bach hatte erkannt, dass „nur so […] der scheinbar wirre Haufen des Materials in seinen (inneren) Zusammenhängen erkannt werden“ (BACH 1931, 246) kann. Erstmals angewendet wurde dieses Prinzip von WESTPHAL, die ausgehend von der Verbreitung der Flurnamentypen Kamp, Päsch, Bitze, Bände und Bungert historische Wort- und Kulturräume rekonstruierte (vgl. WESTPHAL 1934). Diese fünf Flurnamentypen werden auch in der vorliegenden Untersuchung behandelt (vgl. Art. 6.17-6.21) und gehören der thematischen Gruppe Grasland an. Die behandelten Flurnamentypen verteilen sich grob auf folgende thematische Gruppen: Täler und Senken Siefen (6.1) – Dell(e) (6.2.) – Kaul(e), Kuhl(e); Kutt(e), Kut(e) (6.3) – Schlad(e), Schladen (6.4) Berge und Hügel Scheid (6.5) – Hell(e), Held(e) (6.6) – Hövel; Hügel (6.7) – Hardt (6.8) umzäuntes Land und Befestigungen Hahn, Hagen (6.9) – Hecke, Heck (6.10) – Landwehr (-graben, -hecke, -hege, Gewehr, Knick, Gebück) (6.11) sandiges und minderwertiges Gelände Driesch (6.12) – Sand (6.13) – Geist, Gest (6.14) feuchtes Gelände Brühl, Broe(h)l, Brö(h)l (6.15) – Bruch, Broich (6.16) Grasland Bende, Bend(en) (6.17) – Bitze (6.18) – Kamp (6.19) – Bungert; (Baumhof) (6.20) – Pesch, Pass (6.21) – Weide (6.22) – Wiese; (Wische); (Mate) (6.23) – Anger (6.24) Flurteile Acker (6.25) – Stück (6.26) – Feld (6.27) – Breit(e), Breiten (6.28) – Gewann(e) (6.29) – Morgen (6.30) Wege Trift (6.31) – Weg (6.32) – Pfad (6.33) Wohnstätten Hostert (6.34) – Kath(e), Kott(en), Kat(e); (Hütte) (6.35)

5.3 Die Reihenfolge der Artikel

163

Wie oben bereits angedeutet, ist eine referenzielle Typologie grundsätzlich problematisch und so kommt auch die gewählte Anordnung nicht ohne Kompromisse aus. Einige der Appellative, die den behandelten Flurnamentypen zugrunde liegen, haben Bedeutungsentwicklungen durchgemacht – zum Beispiel müsste Brühl seiner ursprünglichen appellativischen Bedeutung zufolge bei umzäuntes Land und nicht bei feuchtes Gelände eingeordnet sein. Andere Flurnamen könnten mehreren Sachgruppen angehören, das gilt unter anderem für Bitze, das ebenfalls zu umzäuntes Land gestellt werden könnte, sowie für Siefen und Schlad(e), Schladen, die auch in der Gruppe feuchtes Gelände erscheinen könnten. Ein weiteres Problem ist die unterschiedliche Größe der Gruppen. In vielen Fällen sind die Abgrenzungskriterien problematisch, wie beispielsweise die unscharfe Grenze zwischen Grasland und Flurteile belegt. Um die skizzierten Einteilungs- und Zuordnungsschwierigkeiten zu umgehen, wurde – wie schon in der restlichen Arbeit – sehr häufig von Verweisen zu anderen Textstellen Gebrauch gemacht. Besonders im folgenden Kapitel ist deshalb keine feste Bindung an die Reihenfolge nötig.

6. Sprachgeographische Auswertung

In den folgenden 35 Artikeln werden ausgewählte Flurnamentypen in Karten und Kommentaren präsentiert und analysiert (vgl. Kap. 5). Um die Karten detailliert, aber dennoch übersichtlich zu gestalten, wurde dort auf die Beschriftung von Städten, Flüssen und Höhenschichten verzichtet. Die Namen der Städte und der Flüsse gehen stattdessen aus der folgenden Abbildung hervor, genauso wie die Skalierung und Beschriftung der Höhenschichten.

Abb. 42: Übersichtskarte

6.1 Siefen

165

In den Punktsymbolkarten dienen die drei genannten und in Abbildung 42 beschrifteten topographischen Merkmale zur r ä u m l i c h e n E i n o r d n u n g des jeweiligen Flurnamenvorkommens, im Fall der Höhenschichten gelegentlich auch zur E r k l ä r u n g der Verbreitung (vgl. Kap. 7.2.2).

6.1 Siefen c Als Appellativ ist Siefen bzw. Seifen in den rheinischen Mundarten noch gebräuchlich (vgl. RHWB 8,48f.) und weist ein Bedeutungsspektrum von ‘abschüssige Schlucht zwischen zwei Berghängen’ bis ‘Senkung im Gelände’ auf, wobei jeweils das Merkmal ‘morastiger, sumpfiger Boden’ vorliegt (vgl. ebd.). Entsprechend bezieht es sich als Flurname im Bergland auf ein ‘enges, schluchtartiges Tal mit Rinnsal’ und im Flachland auf eine ‘feuchte Stelle in Acker und Wiese’ (vgl. RHFLN 287). Das Wort geht zurück auf mhd. sīfe m. ‘von einem Bächlein durchzogene Bergschlucht’ (vgl. MHDWB 2,912) und ist ursprünglich eine Substantivierung aus mhd. sīfen ‘tröpfeln, triefen' (vgl. ebd.). Im niederdeutschen Raum gilt entsprechend mnd. sīpen > sīp m. n. ‘träge rinnender Wasserlauf’ sowie sīpen > sīpe f. ‘wasserhaltiger Grund, feuchte Niederung’ (vgl. MNDWB 3,240). Sowohl als Appellativ als auch als Flurname kommen Siefen und seine Varianten in allen drei Genera vor, wobei das Neutrum selten ist. d Die verschiedenen Varianten, in denen Siefen im Belegmaterial erscheint, spiegeln einerseits sehr deutlich die lautgeographische Gliederung des Untersuchungsgebietes wider, zum anderen lassen sich mit Einschränkungen auch Zusammenhänge zwischen Variante und Genus feststellen. Gemäß den Anteilen der Sprachräume am Untersuchungsgebiet und der Verteilung der Namenbelege (vgl. e) ist im Rip. Siefen am häufigsten, gefolgt von nördlicherem Siepen (vgl. WFA 550-555) und südlicherem Seifen (vgl. HFA 120). Das „nur katasteramtlich“ (RHFLN 285) auftretende Seufen ist nur einmal im Untersuchungsmaterial vorhanden. Von den Varianten auf -en ist Siefen nur bei den zwei Belegen in der Siefen und in der Mennerts-Seifen Femininum, als eindeutiges Neutrum ist es mit das Rengelsiepen nur einmal belegt. Varianten auf -en haben also wie in den Nachbargebieten meistens wohl mask. Genus (vgl. HFA 120; vgl. WFA 552). Da die Flurnamenbelege jedoch oft im Dativ oder ohne Präpositionen und Artikel stehen, ist eine Trennung zwischen mask. und neutr. Formen in vielen Fällen nicht möglich. Die -en-losen Varianten, darunter auch solche auf -e, sind aber eben nicht „meist f.“ (RHFLN 286), sondern haben nur in 17 Fällen eindeutig ein fem., jedoch in 68 Fällen ein mask. oder neutr. Genus.

166

6. Sprachgeographische Auswertung

Im Gegensatz zu Hessen, wo Siefen am häufigsten als Simplex auftritt (vgl. HFA 120), kommt es im Untersuchungsgebiet vor allem im GT der Flurnamen vor. Dabei tritt es wie in Westfalen in vielen verschiedenen Kombinationstypen auf (vgl. WFA 553f.), häufig sind Verbindungen mit Quellen (Bonnen-, Pütz-, …), Tierbezeichnungen (Wolf-, Fuchs-, …) und Bodenart (Stein-, Kalk-, …). Die Simplizia stehen in der Regel ohne Attribute, fast immer aber mit Präposition. Dabei dominiert in deutlich vor an. Falls Attribute auftreten, sind das wie in Westfalen neben lang und groß vor allem tief und düster (vgl. WFA 553). e Die Punktsymbolkarte zeigt, dass die räumliche Verteilung der Varianten in enger Verbindung zur lautgeographischen Staffelung des Untersuchungsgebietes steht. Deutlich zeichnen sich die durch Diphthongierungs- und Lautverschiebungslinie abgegrenzten Gebiete in den Belegen ab, wobei die Übergangsbereiche ein Nebeneinander unterschiedlicher Varianten aufweisen und sich die Verbreitung der wohl katasteramtlich gestützten, „hochdeutschen“ Schreibung bis weit ins Ripuarische ausdehnt. Die Trennung der Varianten ist, zumindest bei den schriftlichen Belegen, also weniger klar als von DITTMAIER angegeben (vgl. RHFLN 285). Neben den einzelnen Varianten wurden in der Karte ausnahmsweise diejenigen -en-losen Belege gesondert markiert, die eindeutig ein fem. oder mask. Genus haben. Dabei zeigt sich, dass die entsprechenden Belege südlich von Aachen fast ausnahmslos Maskulina sind und die Karte bei DITTMAIER (vgl. RHFLN 286) und die darauf beruhende Annahme, dass sich „südlich Aachen ein größeres Gebiet mit fem. Genus herausgebildet hat“ (HFA 120), nicht zutreffend sind. RAMGES These, dass sich mask. Formen im Hauptgebiet durchsetzten, während sich die fem. nur an den Rändern behaupten konnten (vgl. HFA 120), wird aber noch von den eindeutig fem. Streubelegen im nördlichen Teil des Untersuchungsgebietes und darüber hinaus im Westmünsterland (vgl. WFA 552) gestützt. Während die Punktsymbolkarte die lautliche Gliederung nachzeichnet, bildet die Popularitätskarte die landschaftliche Gliederung des Untersuchungsgebietes ab. Obwohl Siefen sich auch auf Flachland beziehen kann (vgl. c), kommt der Flurnamentyp nur in den Mittelgebirgen überdurchschnittlich häufig vor (vgl. WFA 551) und gibt so ein Beispiel für eine typische Flurnamenverbreitung ab (vgl. Art. 6.2, 6.5, 6.6, 6.8, 6.10), die als „Mittelgebirgsklammer“ bezeichnet werden kann. Durch die Kartierung bei DITTMAIER ist das Auftreten des Flurnamentyps auch im südlichen Rheinland dokumentiert. Seine Karte enthält insgesamt weit weniger Belege als die im Rahmen der vorliegenden Arbeit erstellte Karte, weswegen Aussagen zur regionalen Vorkommensdichte schwierig sind. In der synoptischen Betrachtung mit Kartierungen aus den Nachbarräumen (vgl. WFA 126.1; vgl. HFA 120) lässt

6.1 Siefen

167

sich jedoch feststellen, dass Siefen und seine regionalen Varianten „in einem großen, überwiegend md. Namenareal“ (WFA 551) vorkommen. Im Untersuchungsraum liegt die höchste Vorkommensdichte im Bergischen Land nördlich der Sieg. Auch in Westfalen ist die „Randzone zum Rheinland […] am dichtesten mit Siepen-Namen belegt“ (WFA 554), so dass dieses Gebiet als Kernbereich des Flurnamentyps innerhalb seines großen Verbreitungsareals anzusehen ist. Variante Siefen Siepen Sief(e) Seifen Siep(e) Seif(e) Sipen Seufen Σ %

Simplex 852 180 101 53 46 5 2 1 1240 25,4

GT

Σ

BT 2382 434 321 191 41 14 3 0 3386 69,3

79 27 78 13 55 5 0 0 257 5,3

% 3313 641 500 257 142 24 5 1 4883 100

67,8 13,1 10,2 5,3 2,9 0,5 0,1 0,02 100

6. Sprachgeographische Auswertung

168 6.1 Siefen

6.1 Siefen

169 6.1 Siefen

170

6. Sprachgeographische Auswertung

6.2 Dell(e) c Den nordrheinischen Dell(e)-Flurnamen liegen „Zugehörigkeitsbildungen auf g[erm.] *ja/jō zu dem Wort Tal“ (KLUGE/SEEBOLD 187) zugrunde, also germ. *daljō f. ‘Bodensenke im Gelände, Tal, Schlucht’ (vgl. DWB NB 6,612), das im Mhd. als telle f. ‘Schlucht’ (vgl. MHDWB 2,1418) erscheint. Als Appellativ kommt Delle vor allem im Md. vor, im übrigen Hd. und im Nd. ist es weniger gebräuchlich, in Westfalen allerdings allgemein verbreitet (vgl. WFA 520f.; vgl. HFA 90). Als appellativische Bedeutung gilt in den rheinischen Mundarten ‘flache Bodensenkung, Talmulde, Hohlweg, kleine Mulde in Acker und Wiese, etwas sumpfig, aber ohne fließendes Wasser’ (vgl. RHWB 1,1226). Den Flurnamen, in denen es häufig vorkommt (vgl. ebd.), liegt dieselbe Bedeutung zugrunde (vgl. RHFLN 49). d Im Gegensatz zu den Nachbarräumen (vgl. WFA 522f.; vgl. HFA 90) kommt der Flurnamentyp fast ausschließlich in der Variante Dell(e) vor, die wenigen anderen Varianten sind so selten und verstreut (vgl. e), dass ihnen keine regelhafte Lautvarianz zugrunde liegen kann. Die bei DITTMAIER angegebenen Varianten Dält und Thält oder auch andere Formen mit Dentalerweiterung wie Delde oder Dälde treten im Belegmaterial nicht auf. Bei insgesamt nur vier Belegen, darunter aufm Rosendellen und am Höfkesdell, liegt sicher mask. oder neutr. Genus vor. Hinsichtlich der morphosyntaktischen Struktur der Flurnamen zeigt Dell(e) eine typische Verbreitung – im BT kommt es wie in Hessen und Westfalen (vgl. WFA 525; vgl. HFA 90) recht selten vor, im GT oder als Simplex tritt Dell(e) ungefähr gleich oft auf. Als Simplex steht Dell(e) ganz überwiegend ohne Attribut, meist jedoch mit Präposition, besonders mit in. Die seltenen Attribute beziehen sich wie bei in der hintersten Delle auf die relative Lage der Vertiefungen (vgl. WFA 525), andere Kombinationstypen kommen maximal einmal vor. Die 616 Komposita mit Dell(e) im GT setzen sich aus 576 verschiedenen Belegen zusammen, typische Verbindungen kommen also kaum vor – häufiger tritt allenfalls der Kombinationstyp ‘Besitzerangabe’ + Dell(e) auf. Die Verhältnisse im nördlichen Rheinland entsprechen damit eher denen in Westfalen, wo sich die BT „zu keinen Gruppen mit gemeinsamen semantischen Merkmalen oder gemeinsamen Sachbezügen zusammenfassen“ (WFA 525) lassen, während sie in Hessen „häufig auf Nässe im Flurstück“ (HFA 90) hinweisen. Anders als in Westfalen sind bei Dell(e) im BT nicht Dellbrücke (vgl. WFA 525), sondern Dellenwiese und Dellenfeld die häufigsten Kombinationstypen.

6.2 Dell(e)

171

e Aufgrund der wenigen Varianten konnten in der Punktsymbolkarte zusätzlich die Belege durch Umrandung markiert werden, bei denen Dell(e) im GT auftritt. Insbesondere im Vergleich mit der Popularitätskarte lässt sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen Auftretensdichte und morphosyntaktischer Struktur feststellen. Wie in Westfalen steht Dell(e) häufiger dort im GT, wo „die hohe Dichte der Delle-Namen eine Differenzierung mittels eines Zusatzes erforderte“ (WFA 526). Die größte Dichtewerte weisen auch hier die Mittelgebirgslagen auf, wobei Dell(e) auch im Westen des Untersuchungsgebietes, insbesondere im Mönchengladbacher Raum überdurchschnittlich häufig belegt ist. Dieses Gebiet steht zwar noch mit dem bergischen Hauptverbreitungsgebiet in Verbindung, setzt sich aber auch weiter nach Westen in die Niederlande fort, wo Dell(e) besonders als Simplex „gut verbreitet“ (WFA 522, dort weitere Belege und Literaturangaben) ist. Da der Flurnamentyp im gesamten Rheinland „allgemein“ (RHFLN 49) verbreitet ist, ist eine Verbindung zwischen den Auftretensschwerpunkten im Bergischen Land und in der Eifel über die südrheinischen Mittelgebirge anzunehmen. Das stark gehäufte Vorkommen im Bergischen Land setzt sich in abgeschwächter Form in Westfalen fort, wo „vom Siegerland ein schmales Band mit erhöhten Frequenzen entlang der wfäl.-rhein. Grenze […] bis an den oberen Hellweg“ (WFA 525) reicht. Die höchsten Frequenzen liegen dort im ebenfalls mittelgebirgig geprägten südlichsten Teil (vgl. WFA Karte 121.2) und setzten sich in die Mittelgebirgslandschaften Hessens fort. Vor dem Hintergrund der fast belegfreien altbesiedelten Beckenlandschaften liegt ein „Zusammenhang mit den geomorphologischen Gegebenheiten“ (HFA 90) nahe, weil gerade das Kleinrelief der Mittelgebirge nach der Rodung viele Bodensenken aufweist (vgl. ebd.). Da sich der Flurnamentyp aber auch auf kleine Mulden in Acker und Wiese beziehen kann (vgl. c) und also auch im Flachland vorkommen müsste, nimmt RAMGE zusätzlich an, dass Dell(e) „in Hessen erst in der mittelalterlichen Landesausbauphase als FLN produktiv geworden“ ist (ebd.). Mit dieser These könnte auch im Rheinland der belegfreie Raum zwischen Rhein und Erft erklärt werden, wobei Dell(e) in anderen Altsiedelgebieten wie am Niederrhein durchaus vorkommt. Variante Dell(e) Telle Dölle Dälle Σ %

Simplex 574 4 1 1 576 43,0

GT

Σ

BT 616 2 0 0 616 46,0

134 4 3 0 137 10,2

% 1324 10 4 1 1339 100

98,9 0,7 0,3 0,1 100

6. Sprachgeographische Auswertung

172

6.2 Dell(e)

6.2 Dell(e)

173 6.2 Dell(e)

174

6. Sprachgeographische Auswertung

6.3 Kaul(e), Kuhl(e); Kutt(e), Kut(e) c Die nordrheinischen Kaul(e), Kuhl(e)-Flurnamen gehen auf mhd. kūle f. ‘Grube’ (vgl. MHDWB 1,1766) zurück. Dieses md. Wort (vgl. DWB 11,348) kann sich im Untersuchungsgebiet sowohl auf eine ‘flache Grube von geringer Tiefe, von Natur oder ohne Absicht entstanden’ oder auf eine ‘von Menschen zu bestimmten Zwecken gegrabene Grube’ beziehen (vgl. RHWB 330ff.) und hat damit einen großen Bedeutungsumfang, der auch bei den Flurnamen feststellbar ist. Dort bezieht sich Kaul(e), Kuhl(e) je nach BT vor allem auf Tierlager, Suhlen, Fanggruben sowie Gesteins- und Nutzerdgruben (vgl. RHFLN 135). Dementsprechend setzt DITTMAIER neben Kaule zusätzlich die Komposita Fillkaule (vgl. ebd., 72), Kirschkaule (vgl. ebd., 142) und Schindkaule (vgl. ebd., 268) als eigene Lemmata an. Südlich des Untersuchungsgebietes wird in den Mundarten anstelle von oder neben Kaul(e), Kuhl(e) auch synonymes Kutt(e), Kut(e) verwendet (vgl. RHWB 4,329 und 4,345), das auf mhd. kūte f. (vgl. MHDWB 1,1803; vgl. DWB 5,364) zurückgeht. Dieses Wort begann gegen Ende des 15. Jahrhunderts älteres Grube zu ersetzen (vgl. SHFLNB 560) und drängt von Nordosten her auch Kaul(e), Kuhl(e) stark zurück (vgl. HFA 94; vgl. RHFLN 135 und 361). d Obwohl Kaul(e), Kuhl(e) im Untersuchungsgebiet mundartlich stets ohne Diphthong auftritt (vgl. RHWB 4,329), überwiegen beim Stammvokal -Schreibungen. Dies ist auf das Bemühen zurückzuführen, mundartliche Formen in der amtlichen Verwendung zu vermeiden. Das Verhältnis von etwa 2:1 zwischen amtlichen und mundartnäheren Schreibungen zeigt aber, dass die mundartlich ausgebliebene Diphthongierung auch in amtlichen Belegen deutliche Spuren hinterlässt – Ähnliches gilt für Gebiete mit ausgebliebener oder nur teilweise durchgeführter 2. Lautverschiebung (vgl. 6.1 und 6.16). Die Varianten Kul(e) und Kull(e), letzteres häufig mit Diminutiv und Umlaut, sind relativ selten. Im Gegensatz zu Hessen (vgl. HFA 94) sind Kaul(e), Kuhl(e) und seine Varianten im Untersuchungsgebiet wesentlich häufiger als synonymes Kutt(e), Kut(e) und dessen Varianten. Bei diesen Namen ist der Anteil von Diphthongschreibungen weit seltener als bei Kaul(e), Kuhl(e), und auch sonst fallen trotz der Synonymie deutliche Unterschiede ins Auge. So tritt Kaul(e), Kuhl(e) auffällig häufig im GT der Flurnamen auf, was mit dem großen Bedeutungsumfang und der daraus resultierenden geringen Eignung für Simplex-Bildungen zusammenhängt. Die Anteile der morphosyntaktische Positionen entsprechen dabei ungefähr der Situation in Hessen. Kutt(e), Kut(e) dagegen kommt ganz überwiegend im BT vor, mehrfach sogar als „Pleonasmus“ (RHFLN 135) Kuttenkaul. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Kutten in solchen und anderen Fällen zum semantisch recht verschiedenen,

6.3 Kaul(e), Kuhl(e); Kutt(e), Kut(e)

175

aber etymologisch verwandten Kotten (vgl. ebd.; vgl. Art. 6.35) zu stellen ist, obwohl die Namen bei einigen Belegen wie am Kutten oder im Kauten Maskulina sind. Das aus dem Nd.-Nl. entlehnte Kotten hat stets , während das in Kutte schon alt ist, wie der im nördlichen Rheinland gehäuft auftretende FN Kuttenkeuler (vgl. GEOGEN) belegt. Aufgrund der unterschiedlichen Anteile der morphosyntaktischen Positionen ist die Kombinatorik von Kaul(e), Kuhl(e) und Kutt(e), Kut(e) nicht direkt vergleichbar. Während sich für Kutt(e), Kut(e) keine gängigen Kombinationstypen ermitteln lassen, kommt Kaul(e), Kuhl(e) vor allem mit den BT Fuchs-, Stein-, Lehm-, Sandund Wolf- vor (vgl. HFA 94). Sowohl die Kombinatorik als auch die Belegzahlen verdeutlichen, dass Kutt(e), Kut(e) älteres Kaul(e), Kuhl(e) im Untersuchungsgebiet nicht verdrängen konnte und fast ausschließlich im BT produktiv war. e Die Punktsymbolkarte zeigt, dass Kaul(e), Kuhl(e) und – mit größeren Lücken – auch Kutt(e), Kut(e) im gesamten Untersuchungsgebiet toponymisiert worden sind. Bei der Verteilung der Varianten von Kaul(e), Kuhl(e) zeichnet sich eine Zunahme der Belege mit Diphthongschreibung nach Süden hin ab. Obwohl amtliches Kaul(e) und mundartnäheres Kuhle fast überall nebeneinander vorkommen, zeichnet sich die Grenze zwischen hoch- und niederdeutschem Sprachgebiet recht deutlich ab. Kull tritt besonders im Snfrk. auf, wo der Stammvokal in den Mundarten kurz ist (vgl. RHWB 4, 330). Kutt(e), Kut(e)-Flurnamen sind zu selten, um eine aussagekräftige regionale Differenzierung ihrer Varianten zuzulassen. Allerdings lässt sich festhalten, dass sie nach Norden hin deutlich weiter verbreitet sind als nur bis zum Maifeld, Taunus und Westerwald (vgl. RHFLN 361) und es sich bei DITTMAIERS Belegen aus dem Siegburger Raum (vgl. RHFLN 135) nicht um Einzelbelege handelt. Die Flurnamenbelege im nördlichen Rheinland zeigen, dass das in den rezenten Mundarten nur noch im Mosfrk. auftretende Wort (vgl. RHWB 4,345) einst weiter nach Norden verbreitet gewesen sein muss. Die Kutt(e), Kut(e)-Flurnamen wurden aufgrund der oben genannten Abgrenzungsprobleme zwar in der Punktsymbolkarte, nicht aber in der Popularitätskarte berücksichtigt, obwohl sich ihre Verbreitung gut in die Verteilung der Kaul(e), Kuhl(e)-Flurnamen einfügt. Die Popularitätskarte bedarf einer besonderen Analyse, weil Kaul(e), Kuhl(e) einen verhältnismäßig großen Umfang an Sachbezügen aufweist. Grundsätzlich zeigt sich, dass Kaul(e), Kuhl(e) im Untersuchungsgebiet ein eher südlicher Name ist, wobei sich wie bei vielen anderen Flurnamentypen ein Häufigkeitsunterschied zwischen Mittelgebirgen und Flachland abzeichnet. Er wird hervorgerufen durch die vielen Kaul(e), Kuhl(e)-Flurnamen, die sich auf Gestein- und Nutzerdgruben beziehen und dementsprechend in den Mittelgebirgen häufiger sind. Dass Kaul(e), Kuhl(e) aber auch im Flachland

6. Sprachgeographische Auswertung

176

bis an den Niederrhein immer wieder überdurchschnittlich häufig belegt ist, liegt nicht nur an dem dort häufigeren Kombinationstyp ‘Besitzerangabe’ + Kaul(e), Kuhl(e). Daneben deuten Flurnamen wie Torfkaule am Niederrhein oder Sandkaule in der Kölner Bucht darauf hin, dass auch dort Gruben künstlich angelegt wurden. Auch bei den Kaul(e), Kuhl(e)-Flurnamen mit Bezügen zu Tieren zeigen sich landschaftliche Unterschiede. Wildtiere wie Fuchs, Wolf und Bär kommen öfter in Flurnamen der Mittelgebirge vor, Nutztiere eher in solchen des Flachlandes. Kaul(e), Kuhl(e)-Flurnamen bilden also in hohem Maße natur- und kulturhistorische Sachverhalte ab. Variante Kaul(e) Kuhl(e) Kull(e) Kul Σ %

Simplex

Variante Kutt(e) Kut(e) Kaute Kudde Σ %

Simplex

GT

291 230 17 4 557 16,0

8 3 1 0 12 15,0

Σ

BT 1857 784 32 7 2680 76,7

GT

107 145 11 7 270 7,7 Σ

BT 0 3 2 0 5 6,3

% 2255 1159 60 18 3492 100

46 15 0 2 63 78,8

64,6 33,2 1,7 0,5 100

% 54 21 3 2 80 100

67,5 26,25 3,75 2,5 100

6.3 Kaul(e), Kuhl(e); Kutt(e), Kut(e)

6.3 Kaul(e), Kuhl(e); Kutt(e), Kut(e)

177

178

6. Sprachgeographische Auswertung

6.3 Kaul(e), Kuhl(e); Kutt(e), Kut(e)

6.4 Schlad(e)

179

6.4 Schlad(e) c Die Etymologie des Appellativs Schlade ist ungeklärt, verschiedene Deutungsansätze „überzeugen wegen der mit ihnen verbundenen lautgeschichtlichen und/oder semantischen Schwierigkeiten nicht“ (WFA 560). Dazu gehören auch jene aus dem RHWB, das Schlade als Ableitung zu Schlag ansieht (vgl. RHWB 7,1173), sowie die Deutung DITTMAIERS, der einen Zusammenhang zu Schleide annimmt (vgl. RHFLN 269). Tatsächlich kann Schleide als Schlade erscheinen, jedoch nur in Gebieten, wo mhd. ei zu ā wird, und dies ist im Untersuchungsgebiet – im Gegensatz zum Rheinfränkischen und Zentralhessischen (vgl. HFA 91) – nicht der Fall. Am weitesten ist das Wort im Mnd. zurückzuverfolgen, wo slāt in der Bedeutung ‘moorige Vertiefung, sumpfiger Ort’ belegt ist (vgl. MNDWB 3,262). LEXER führt für das Mhd. nur einen Flurnamenbeleg in den slāden an (vgl. MHDWB 2,952), bei GRIMM erscheint es lediglich als „unverstandener Flurname“ (vgl. DWB 15,263). Mundartlich ist Schlade allerdings innerhalb des Untersuchungsgebiet im Bergischen Land bekannt, kommt vielfach aber nur in Flurnamen vor und hat die Bedeutung ‘Bergschlucht, schmales Tal, meist mit feuchtem Wiesengrund’ (vgl. RHWB 7,1173; vgl. RHFLN 269). Ähnlich wie Seifen (vgl. Art. 6.1) bezieht sich Schlade im Flachland aber auf versumpfte Niederungen, so etwa im Westmünsterland und in den östlichen Niederlanden (vgl. WFA 562). d Der Flurnamentyp kommt im Rheinland in verschiedenen Varianten vor, wobei seltenes Schla(h), das nicht eindeutig zu Schlade gestellt werden kann (vgl. RHFLN 269), nicht berücksichtigt wurde. Das in Westfalen gelegentlich auftretende umlauthaltige Schledde (vgl. WFA 562) kommt im Untersuchungsgebiet nicht vor. Den weitaus größten Anteil machen Schlad(e) und Schladen aus, wobei die in etwa 20 % der Fälle auftretende schwache Flexionsendung -en nicht nur im Dativ, sondern auch im Nominativ vorkommt, wohin sie wohl aus den obliquen Kasus übertragen wurde. Deutlich seltener sind die restlichen Schreibungen auf , , und , die im benachbarten Westfalen häufig mit neutr. Genus vorkommen (vgl. WFA 562). Im nördlichen Rheinland ist nur der Einzelbeleg das Schlatt eindeutig Neutrum, jedoch gibt es für eindeutig fem. Genus bei diesen Schreibungen auch nur 6 Belege. Schlad(e) und Schladen sind ganz überwiegend Feminina, vereinzelt tritt auch das Neutrum auf – beispielsweise stehen 31 Belegen für auf der Schlade(n) nur 4 Belege für aufm Schlad(en) gegenüber. Im Gegensatz zu Hessen, wo die Bildungen mit Schlad(e) als Simplex deutlich überwiegen (vgl. HFA 91), ist das Verhältnis zwischen dem Vorkommen als Simplex oder im GT im Untersuchungsgebiet etwa ausgeglichen. Als Simplex kommt der Flurnamentyp nur selten mit Attribut vor, wobei diese

180

6. Sprachgeographische Auswertung

dann die gängigen Bezüge zu Form, Größe, Besitzer und SN herstellen. Der Kombinationstyp tiefe Schlade ist selten (vgl. WFA 563). Wie beim semantisch vergleichbaren Siefen kommt in als Präposition häufig vor. Stehen Schlade und seine Varianten im GT, treten außergewöhnlich viele verschiedene BT hinzu – unter den 398 Belegen mit dieser Struktur kommt der häufigste Kombinationstyp Heidschlade nur elfmal vor. Daneben treten im BT Benennungsmotive aus den Bereichen Weideland, Wildtiere, Besitzer, Form, wirtschaftliche Nutzung und anderen auf (vgl. WFA 563f.), aber jeweils mit so kleinen Belegzahlen, dass keine typischen Verbindungen feststellbar sind. Schlade im BT steht häufiger vor Bezeichnungen für Grünland und wird dann wohl eher in der Bedeutung ‘feuchte Stelle’ (vgl. c) gebraucht. Es kommt aber auch zusammen mit dem offensichtlich nicht vollständig synonymen -siefen vor, wie beispielsweise der Beleg im tiefen Schladensiefen zeigt. e Auf der Punktsymbolkarte ist die klare räumliche Trennung der verschiedenen Varianten zu erkennen. Die Schreibungen auf und kommen nur am östlichen Niederrhein vor, die wenigen Schlath-Belege nur in der Eifel, während sich Schlad(e) und Schladen, von wenigen Streubelegen abgesehen, im Bergischen Land konzentrieren. Die Formen auf -en im Nominativ gruppieren sich innerhalb des Schlad(e)- und Schladen-Areals besonders am Westrand. Eine besondere Häufung von Schlad(e) und Schladen außerhalb des Kerngebietes im BT, wie sie für Westfalen nachweisbar ist (vgl. WFA 564), liegt im Untersuchungsgebiet nicht vor. Die Popularitätskarte weist das Bergische Land als klares Zentrum des sonst im Untersuchungsgebietes häufig fehlenden Flurnamentyps aus. Dieses Gebiet stellt den westlichen Teil eines Namenareals dar, das sich über Südwestfalen bis nach Nordhessen erstreckt, wo der „Südostrand dieser westfälisch-bergischen Bezeichnung“ (HFA 91) liegt. Daneben gibt es ein zweites Areal am östlichen Niederrhein, das zum Hauptverbreitungsgebiet von Schlatt im westlichen und nördlichen Münsterland (vgl. WFA 564) gehört. Seine isolierte Lage erklärt sich wohl dadurch, dass den Flurnamen hier die andere Bedeutung ‘feuchte Stelle’ (vgl. c) zugrunde liegt und sie möglicherweise weniger stark mit synonymen Bezeichnungen konkurrierten als Schlad(e) in der Bedeutung ‘Bergschlucht’. Die in Westfalen (vgl. WFA Karte 128.2), Hessen (vgl. HFA 91) und im südlichen Rheinland (vgl. RHFLN 269) befindlichen Streubelege deuten nämlich an, dass Schlad(e) als Appellativ ursprünglich weiter verbreitet gewesen sein muss. Verdrängt worden sein könnte es – das wäre allerdings anhand von historischen Belegen im Einzelfall zu überprüfen – von synonymem Siefen (vgl. Art. 6.1), das im nördlichen Rheinland und in Westfalen eine ganz ähnliche Verteilung wie Schlad(e) aufweist, jeweils aber wesentlich häufiger vorkommt und zumindest in SN verhältnismäßig jung ist (vgl. BACH 1953/54, § 621).

6.4 Schlad(e)

Variante Schlad(e) Schladen Schladt Schlatt Schlath Σ %

181

Simplex 235 88 14 3 1 341 43,0

GT

Σ

BT 325 62 5 6 0 398 50,2

50 0 2 0 2 54 6,8

% 610 150 21 9 3 793 100

76,9 18,9 2,6 1,1 0,4 100

6. Sprachgeographische Auswertung

182 6.4 Schlad(e)

6.4 Schlad(e)

183 6.4 Schlad(e)

184

6. Sprachgeographische Auswertung

6.5 Scheid c Sowohl die neutr. und fem. als auch die in Hessen und Westfalen vorkommenden mask. Scheid-Flurnamen sind Ableitungen von germ. *skaid-/skaiþ‘scheiden, trennen’. In den Flurnamen haben sich ahd. sceit m. ‘Spaltung’ (vgl. SCHÜTZEICHEL 2006, 306), mhd. scheit m. ‘Trennung, Sonderung’ (vgl. MHDWB 2,688) früh mit ahd. sceida f. ‘Scheide, Trennung’ (vgl. SCHÜTZEICHEL 2006, 306; vgl. STARCK/WELLS 1990, 704, dort in wegaskeida), mhd. scheide f. ‘Scheidung, Trennung, Abschied, Grenze’ (vgl. MHDWB 2,683f.) vermischt. Als Appellativ ist Scheid als ‘Grundstücksgrenze, Bretterwand zum Absondern von Örtlichkeiten’ im südlichen Teil des Untersuchungsgebietes laut RHWB „geschlossen“ verbreitet und reicht nach Norden bis ins Snfrk. (vgl. RHWB 7,1003). Darüber hinaus ist es in dieser Bedeutung „im nördlicheren Nd. noch recht lebendig“ (WFA 401), in Westfalen, Ostfalen und Hessen kommt es nur noch vereinzelt und gelegentlich in Sonderbedeutungen vor (vgl. ebd.; vgl. HFA 82). „Keineswegs eindeutig“ (WFA 404) ist jedoch, welche Bedeutung für das Wort bei seiner Toponymisierung anzunehmen ist. DITTMAIER gibt als Bedeutungen für die Flurnamen ‘Grenze, Scheide, Bergriedel’ an, letzteres „dürfte wohl die vorherrschende sein“ (RHFLN 262). Von ihr geht dann die Bedeutungsverschiebung ‘bewaldete Anhöhe’ zu ‘Bergwald, Wald’ aus (vgl. DITTMAIER 1956, § 187). Damit könnte auch erklärt werden, warum Scheid-Flurnamen fast nur im bewaldeten Bergland vorkommen, denn auch BACH hatte sich gegen die ursprüngliche Bedeutung ‘Grenze’ gewandt, weil dann „das Wort in den FLN wohl viel häufiger sein [müsste], als es tatsächlich der Fall ist“ (BACH 1953/54, § 619). Er vertritt die Annahme, dass Scheid vielfach das bezeichne, „was sich einer durch Rodung aus dem Waldland der Allmende ausgeschieden“ (ebd.) habe. Dagegen spricht jedoch nicht nur, dass viele Flur- und auch Siedlungsnamen auf -scheid im BT keine Besitzerangabe aufweisen, sondern vor allem, dass die bezeichneten Stellen ganz überwiegend eben nicht früh aus dem gemeinschaftlichen Besitz ausgegliedert wurden, sondern teilweise sogar ausdrücklich auf Allmendebesitz verweisen (vgl. WFA 404). Solche Überlegungen zur Bedeutung betreffen allerdings nur den größeren Teil der Scheid-Flurnamen. Die meisten femininen, von mhd. scheide f. kommenden Formen, beziehen sich auf eine ‘Flur-, Ackergrenze, Stelle, wo etwas getrennt wird’ (vgl. ebd.). Sie sind aber im Untersuchungsgebiet so selten (vgl. d), dass hier auf eine ohnehin problematische Trennung zwischen den Bedeutungen ‘Grenze’ und ‘(Berg)wald’ anhand des Genus (vgl. HFA 82; vgl. WFA 404) verzichtet werden konnte. d Scheid-Flurnamen treten in einer Reihe von Varianten auf, die hinsichtlich der Schreibung des Stammvokals und des Auslauts variieren. Mit großem

6.5 Scheid

185

Abstand überwiegt Scheid, als Simplex oder im GT kommt hin und wieder auch Scheidt vor. Alle anderen Varianten sind sehr selten. Als GT von Komposita lautet Scheid „im Volksmund durchweg -schet“ (RHFLN 262), wodurch sich die Beschränkung der -Schreibungen auf die Position im GT erklärt. Wesentlich seltener, dafür gelegentlich auch in anderen Positionen, kommen die anderen Varianten vor, die auf das in den meisten Mundarten des Untersuchungsgebietes zu /e:/ monophthongierte mhd. ei hinweisen. Schiet und Schied erscheinen entgegen DITTMAIERS Angaben auch als Simplex, sind also nicht unbedingt nur als „Abschleifung in nebentoniger Wortstellung“ (RHFLN 262) zu interpretieren, sondern könnten auch „sekundäre Hebungsform[en]“ (BACH 1953/54, § 619) von mundartlichem -schet sein oder direkt zu mhd. schit, schiet m. ‘Scheidung’ (vgl. MHDWB 2,758) gehören. Beim Genus überwiegt das Neutrum ganz deutlich, auch wenn sich mask. und neutr. Genus bei vielen Belegen nicht unterscheiden lässt. Mit der Nutscheid gibt es nur einen sicheren Beleg für das in Hessen vorherrschende mask. Genus (vgl. HFA 82), als Feminina sind 22 Belege sicher identifizierbar, darunter auch die zu den nicht auf -e ausgehenden Varianten gehörenden Belege die Schiet und die Schied. Auffällig ist ferner Schwertscheide, das wohl kaum nach der Form des Flurstücks zu deuten und zu mhd. scheide f. ‘Scheide des Schwertes’ (vgl. MHDWB 2,683f.) zu stellen ist, sondern eine Umdeutung des Familien- oder Hofnamens Schwer sein könnte (vgl. WFA 402). Betrachtet man die Kombinatorik der Belege, so wird die enge Verbindung zwischen Flur- und Siedlungsnamen auf -scheid deutlich. Der häufigste Kombinationstyp ist ‘Scheid-SN + x’, also beispielsweise aufm Leuscheider Bruch. In solchen Fällen gehört Scheid also zu einem SN und wurde dementsprechend als GT angesehen. In dieser Verwendung tritt Scheid in immerhin 314 Fällen auf, weswegen Statistik und Karte in diesem Fall – wie im WFA auch (vgl. WFA 404f. und Karte 94.3) – nicht nur Scheid-Flurnamen, sondern indirekt auch zahlreiche Scheid-SN enthalten. Hinzu kommt, dass vor allem über die DGK (vgl. Kap. 3.2.2) auch einige Belege in den Gesamtbestand eingegangen sind, die sich wie Leuscheid im Kontext als SN herausstellen. Neben dem oben genannten Kombinationstyp zeichnen sich trotz der großen Beleganzahl keine häufiger auftretenden Muster ab (vgl. WFA 404; vgl. HFA 82), auffällig ist jedoch die größere Anzahl an „undurchsichtigen“ Bildungen wie Guescheid, Sellscheid, Hirkscheid, Bilscheid usw., die also weder mit standardsprachlichem noch mit mundartlichem Wortschatz unmittelbar erklärt werden können. MÜLLER wertet diese Belege als deutlichen Hinweis darauf, dass „wir es mit einem alten Namenbestand zu tun haben“ (WFA 405). e Wie oben bereits erwähnt, ist eine klare Trennung zwischen Flur- und Siedlungsnamen im Belegmaterial nicht möglich. Eine Vermischung beider Namenarten ist – im umgekehrten Fall – auch für die Verbreitungskarte der

186

6. Sprachgeographische Auswertung

entsprechenden SN (vgl. BACH 1953/54, § 618; auch bei DEBUS/SCHMITZ 2004, 3501) anzunehmen, denn „eine solche Dichte von Scheid-SN, wie die Bachsche Karte suggeriert, hat es in Westfalen mit Sicherheit nicht gegeben“ (WFA 405). Bei der Punktsymbolkarte ist dieser Umstand zu vernachlässigen, thematisiert sie doch in erster Linie die Verbreitung der Varianten. Dabei zeigt sich einerseits die allgemeine Verbreitung der amtlichen Form Scheid, andererseits das stärker regional gebundene Auftreten der selteneren Varianten. Die mundartnahe Variante Schet konzentriert sich im Wesentlichen auf die Eifel, die Schreibungen auf kommen, anders als bei Hardt, wo gegenüber überwiegt (vgl. Art. 6.8), gehäuft nur an den nördlichen Randlagen der Verdichtungsgebiete im Bergischen Land und der Eifel vor. Die wenigen Belege mit beim Stammvokal kommen gehäuft im Nfrk. vor, gehören also nicht zu dem bei DITTMAIER für Hunsrück und Taunus angegebenen Schied-Areal, dem älteres Scheid zugrunde liegt (vgl. RHFLN 262). Diese räumliche Trennung und das Fehlen solcher Schreibungen bei Scheid im WFA (vgl. WFA 404) legt die Vermutung nahe, dass sie nicht direkt zu ahd. sceit oder -skeida (vgl. c) gehören. Andere sprachliche Merkmale wie Genus oder morphosyntaktische Struktur zeigen keine auffällige räumliche Streuung. Die Popularitätskarte verdeutlicht das stark überdurchschnittliche Vorkommen von Flur- und auch Siedlungsnamen mit Scheid in den Mittelgebirgen. Gegenüber der SN-Karte bei BACH (vgl. BACH 1953/54, § 618) und den groben Angaben bei DITTMAIER zeigt sich, dass Scheid außerhalb des Bergischen Landes nicht „nur vereinzelt“ (RHFLN 262) auftritt, sondern in der Eifel stellenweise eine vergleichbare Vorkommensdichte aufweist. Dennoch wird deutlich, wie stark die Vorkommensunterschiede zwischen Berg- und Flachland sind. Anhand dieser disparaten geographischen Verteilung lässt sich ableiten, dass Scheid in der Regel eben nicht in der Bedeutung ‘Grenze’ toponymisiert worden ist, denn „Grenzen gibt es ja im Flachland so gut wie im Bergland“ (DITTMAIER 1956, § 187 und 259). Die Mittelgebirgsränder im nördlichen Rheinland stellen, abgesehen von einigen Streubelegen, die nordwestliche Grenze eines großen Scheid-Areals dar, das sich über Südwestfalen, den nordwestlichen Teil Hessens und den südlichen Teil des Rheinlandes erstreckt (vgl. WFA 94.1; vgl. HFA 82; vgl. BACH 1953/54, § 618). Dabei reicht die Verbreitung der Flurnamen auch im Rheinland über das Gebiet der SN hinaus. RAMGE wertet diese Konstellation als Hinweis auf die „FLN als Ausgangspunkt für die SN“ (HFA 82), MÜLLER dagegen meint, dass nur dort, wo Flur- und Siedlungsnamen nebeneinander vorkommen „F[L]N in SN umgewandelt worden bzw. primäre -scheid-SN neu geschaffen worden“ (WFA 405) sind. Im Untersuchungsgebiet gibt es aber auch eine ganze Reihe von Belegen, bei denen Flur- von Siedlungsnamen abgeleitet worden sind (vgl. d). Auf jeden Fall ist bei den Scheid-Flurnamen also eine komplexe zeitliche

6.5 Scheid

187

Schichtung anzunehmen, die sich nicht nur am Verhältnis von Flur- zu Siedlungsnamen, sondern auch am Nebeneinander von verschiedenen Bedeutungen bei der Toponymisierung zeigt. Variante Scheid Scheidt Schet Schied Scheit Schiet Sched Scheed Schedt Σ %

Simplex 182 43 0 3 0 2 2 2 1 235 13,1

GT

Σ

BT 1233 77 19 4 7 0 1 0 0 1341 74,8

207 3 0 1 1 3 0 1 0 216 12,1

% 1622 123 19 8 8 5 3 3 1 1792 100

90,5 6,9 1,1 0,4 0,4 0,3 0,2 0,2 0,1 100

6. Sprachgeographische Auswertung

188 6.5 Scheid

6.5 Scheid

189 6.5 Scheid

190

6. Sprachgeographische Auswertung

6.6 Hell(e), Held(e) c Die Etymologie der hier behandelten Flurnamen erfordert eine differenzierte Betrachtung. Das auch in der Standardsprache bekannte Halde geht zurück auf ahd. halda f. ‘Bergabhang, abschüssige Gegend, Anhöhe’ (vgl. AHDWB 4,624), mhd. halde f. ‘Abhang, Bergabhang’ (vgl. MHDWB 1,1147). Die dentalhaltigen Flurnamen mit umgelautetem Stammvokal gehören zum etymologisch verwandten ahd. helda f. ‘Bergabhang’ (vgl. AHDWB 4,904) bzw. haldī f. (vgl. RHFLN 107; vgl. MHDWB 1,1147), mhd. helde f. (vgl. MHDWB ebd.). Problematischer ist jedoch die Zuordnung von Helle, das wohl in den meisten Fällen eine Variante von Helde mit Assimilation von ld > ll ist, andererseits aber auch zu mhd. helle f. ‘Hölle’ (vgl. MHDWB 1,1232) gehören kann, denn wo „das Umlauts-e des Mhd. im Nhd. zu ө geworden ist, hat es sich in der [rip.] Mundart erhalten“ (MÜNCH 1904, § 52). Ausgeschlossen werden kann der von DITTMAIER wohl für das südliche Rheinland „hier und da“ (RHFLN 107) angenommene Zusammenhang mit mhd. hülwe f. ‘Pfütze, Sumpflache’ (vgl. MHDWB 1,1382), weil im Rip. keine Umlautentrundung stattgefunden hat (vgl. MÜNCH 1904, § 55; vgl. MÜLLER 1912, § 25). Bei den Hölle-Belegen liegt wie in Westfalen wohl „vielfach nur eine fehlerhafte Umsetzung von Helle < helde“ (WFA 435) vor, lediglich „wohl ganz selten“ (RHFLN 113) gehören sie zu Hölle ‘Infernum’ – mit Gewissheit ist das allerdings bei Belegen wie Himmel und Hölle der Fall, die deshalb nicht ins Belegmaterial aufgenommen wurden. Auch bei Helle- oder Hölle-Belegen, die sich auf Geländesenken, Schluchten oder Moore beziehen, ist nicht auszuschließen, dass hier Hölle im Sinne von ‘unheimlicher Ort’ zugrunde liegt. Es ist jedoch ebenso möglich, diese Belege etymologisch zu Helde zu stellen, wenn das Wort eine Bedeutungsentwicklung von ‘Abhang’ > ‘Geländesenke’ gemacht hat, wie MÜLLER sie für Westfalen plausibel vermutet (vgl. WFA 436). Sofern es sich nicht um Hang- oder Bergnamen handelt, geht er am ehesten davon aus, dass sich „älteres helde f. in einem gewissen Umfang mit helle f. ‘infernum’, […] vermischt hat“ (ebd.). Anhand des hier verwendeten Belegmaterials lässt sich allerdings nur sehr selten und wie bei in der Hellen oft nicht eindeutig nachweisen, ob sich ein Flurname auf eine Geländesenke bezieht (vgl. d). In den rheinischen Mundarten, wo Helde noch bekannt ist, wird es jedenfalls nicht für Senken verwendet, sondern für einen mit Gebüsch bewachsenen, sanft ansteigenden Berghang (vgl. RHWB 3,129). Diese Bedeutung liegt laut DITTMAIER auch den Flurnamen zugrunde (vgl. RHFLN 107). Die umlautlosen Formen werden in den rheinischen Mundarten und der Standardsprache auch für Abraumstellen und Schuttlager verwendet (vgl. RHWB 3,129; vgl. DUDEN 4,1645).

6.6 Hell(e), Held(e)

191

d Die relativ ausgeglichene Auftretenshäufigkeit der verschiedenen Varianten hängt damit zusammen, dass auch mundartlich dentalhaltige und -lose Formen nebeneinander vorkommen. Auffällige Unterschiede zwischen den Varianten ergeben sich bei ihrem Vorkommen im GT, BT oder als Simplex. So treten die dentallosen Varianten erheblich häufiger im BT auf als Helde und Halde. Möglicherweise wurde die assimilierte Form im GT eher als Helde oder Halde verschriftlicht, die ja im Gegensatz zu Helle laut RHWB beide mundartlich noch bekannt waren – eine solche Tendenz zur geringeren sprachlichen Normierung der BT ist auch bei anderen Flurnamentypen nachweisbar (vgl. Art. 6.7, 6.9, 6.28). Die ohnehin schon problematische Zuordnung von Helle zu Helde wird im BT daher aber noch schwieriger, so dass im WFA auf eine Kartierung des Namens in dieser Position verzichtet wird (vgl. WFA 436). Da Helle im BT allerdings keine andere räumliche Verteilung aufweist als im GT oder als Simplex, ist es hier in beiden Karten enthalten. Mit wenigen Ausnahmen wie Buschhaldensiefen scheinen die umlautlosen Flurnamen mit Halde als Bestandteil meistens jüngere Bildungen zu sein und sich wie im Nhd. auf Abraumstellen „in den Gegenden der Steinbrüche u. des Bergwerks“ (RHWB 3,129) zu beziehen, so etwa Schlackenhalde. Bei Halle traten wenige Vermischungen mit nhd. Halle auf, die aber wie bei Hallenbad oder Markthalle über die Kombinatorik leicht auszuschließen waren. Die Kombinatorik ist jedoch auch bei den häufigeren Varianten von Interesse, weil auch hier Rückschlüsse auf die Semantik möglich sind. Helle kommt im BT sehr häufig mit Grundteilen vor, die sich wie -berg oder -scheid auf Berge beziehen. Allerdings gibt es auch Hinweise auf den Gebrauch von Helle im Zusammenhang mit Senken, wie die Zusammensetzungen mit -kessel und -käulchen zeigen. Helde steht häufig als einfaches Simplex, in der Regel dann mit der Präposition auf. Typische Kombinationsmuster kommen nicht vor, auch nicht das in Westfalen gängige Muster ‘Himmelsrichtungsbezeichnung’ + Helde (vgl. WFA 436), das im Untersuchungsraum nur durch die BT Sommer-, Winter- und Sonnen-, bei der Variante Helle selten auch durch Nordrepräsentiert wird. e Die Punktsymbolkarte verdeutlicht, dass Helde und seine Varianten im ganzen Untersuchungsgebiet toponymisiert worden sind. Dass Helde „zwischen der māken/machen- und der dorp/dorf-Linie fehle“ (WFA 433), beruht auf einem Missverständnis bei der Interpretation von DITTMAIERS Angaben, die auch von der Kartierung des hier verwendeten Untersuchungsmaterials gestützt werden. Demnach ist Halde „allgemein, doch nicht sehr dicht verbreitet“ (RHFLN 97), wobei es gehäuft im Rheinischen Braunkohlerevier auftritt und somit ein Zeugnis jüngerer kulturlandschaftlicher Veränderungen darstellt. Es handelt sich auch deshalb wohl um neuere Bildungen nach nhd. Halde, weil Halde die „im Südwesten vorherrschende Bezeichnung“ (HFA

6. Sprachgeographische Auswertung

192

86) ist, während es weiter nördlich deutlich seltener wird (vgl. WFA 433) und im Nd. außerhalb von Westfalen „nur ganz selten vorkommt“ (WFA 437). Es zeigt sich ferner, dass Helle über das Gebiet von Helde und Helte hinausreicht (vgl. RHFLN 107) und sich Helde und Helte als einzige Varianten in fast komplementärer Arealität auf den Süden des Untersuchungsgebietes beschränken und damit den Nordrand eines größeren Helde/Helte-Areals markieren. Die bei DITTMAIER angeführten Einzelbelege im Norden (vgl. ebd.) sind im hier verwendeten Untersuchungsmaterial nicht enthalten. Trotz aller Unsicherheiten bei der etymologischen Zuordnung einiger Belege (vgl. c) ergibt sich in der Popularitätskarte ein Gesamtbild, das sich in die Verbreitung des Namens in den Nachbargebieten stimmig einfügt. Demnach stellt der Verbreitungsschwerpunkt des Namens im Süden die westliche Fortsetzung eines Areals dar, das über Ostfalen, Hessen und Südwestfalen reicht (vgl. HFA 86; vgl. WFA 437). Wie bei einigen anderen Flurnamen, besonders denen mit Bezügen zu Geländeformen, deutet sich im Gesamtbild die „Mittelgebirgsklammer“ an, die eine enge Verbindung zwischen Landschaft und Namenvorkommen dokumentiert. Besonders häufig ist der Flurnamentyp an der Rur – dort meist als Helde – sowie an der Sieg. Die nördlichen kleinräumigeren Verdichtungsgebiete resultieren aus dem dortigen Vorkommen von Hellen- in Siedlungs- oder Bergnamen, die ihrerseits jeweils mehrere Flurnamen motiviert haben. Variante Hell(e) Held(e) Helt(e) Hölle Halde Halle Σ %

Simplex 75 83 93 61 7 5 324 39,3

GT

Σ

BT 49 104 36 11 13 0 213 25,8

179 15 36 43 2 13 288 34,9

% 303 202 165 115 22 18 825 100

36,7 24,5 20,0 13,9 2,7 2,2 100

6.6 Hell(e), Held(e)

193 6.6 Hell(e), Held(e)

194

6. Sprachgeographische Auswertung

6.6 Hell(e), Held(e)

6.7 Hövel; Hügel

195

6.7 Hövel; Hügel c Mit Ausnahme von Hügel liegt den kartierten Flurnamen mhd. hübel m. ‘Hügel’ (vgl. MHDWB 1,1372), mnd. hövel m. ‘kleinere Bodenerhebung, Hügel’ (vgl. MNDWB 2,368) zugrunde, „die alte und jetzt noch ober- und teils noch mitteldeutsche Form für Hügel“ (DWB 10,1849). Obwohl Hövel, das im Untersuchungsgebiet recht seltene Hübel sowie Hügel „im Dt. als Varianten desselben Wortes empfunden“ (WFA 427) werden, sind sie etymologisch nicht verwandt, denn Hügel hat sich aus ahd. houg n. ‘Hügel’ (vgl. AHDWB 4,1300f.), mhd. houc n. ‘Hügel’ (vgl. MHDWB 1,1356) entwickelt. Es wurde, begünstigt durch die Sprache Luthers, vom Ostmitteldeutschen aus verbreitet (vgl. DWB 10,1873; vgl. KLUGE/SEEBOLD 425) und ist über das Nhd. auch „hier und da“ in die rheinischen Mundarten eingedrungen (vgl. RHWB 3,901). Im Gegensatz zu den östlichen Nachbarn Westfalen (vgl. WFA 427) und Hessen (vgl. HFA 73) überwiegt als Appellativ im Rheinland laut RHWB jedoch nach wie vor Hövel/Hübel, es hat die Bedeutung ‘Hügel, Hügelkuppe, Unebenheit im Stück Acker, in der Wiese’ (vgl. RHWB 3,860f.). Auf die im RHWB angegebene appellativische Bedeutung verweist DITTMAIER auch bei den Flurnamen (vgl. RHFLN 116), in denen es ebenfalls häufiger vorkommt als Hügel (vgl. d). Da Hügel ursprünglich „der Mundart fremd“ ist, wertet er es in Flurnamen als „Katasterwort“ (ebd. 117) zu mundartlichem Hövel/Hübel. d Die auf mhd. hübel bzw. mnd. hövel beruhenden Flurnamen treten in uneinheitlicher Form auf, obwohl einige Varianten wie Hibel oder Hiwwel (vgl. RHFLN 116; vgl. DWA 4, Karte 10) im Belegmaterial nicht enthalten sind. Die mundartliche Varianz der Stammvokale spiegelt sich in deren Verschriftlichung durch bzw. wider (vgl. RHWB 3,860), auch die uneinheitliche Wiedergabe des Binnenkonsonanten durch , oder ist typisch für ein mundartlich gebräuchliches Wort. Da im Untersuchungsgebiet mundartlich wegen nicht stattgefundener hd. Medienverschiebung inlautend stets stimmhafter Frikativ für mhd. b vorliegt, sind die Hübel-Belege als hochdeutsche Katasterformen zu interpretieren. Auf lexikalischer Ebene gilt dies uneingeschränkt auch für Hügel. Da es ausschließlich in seiner standardsprachlichen Form auftritt, gibt es im Belegmaterial keine Anhaltspunkte dafür, dass Hügel schon früh in die Mundart übernommen wurde und eben nicht nur als Katasterform zu werten sein könnte (vgl. dagegen HFA 73 und WFA 429). Der unterschiedliche Grad der Normierung hängt – zumindest ansatzweise – auch mit der morphosyntaktischen Position im Flurnamen zusammen (vgl. Art. 6.6, 6.9, 6.28). Die drei seltensten Varianten kommen auffällig häufig im

196

6. Sprachgeographische Auswertung

BT vor, während stärker normiertes Hübel dort nicht auftritt, weil „Simplicia und GW häufiger der Normierung, Transponierung in eine sprachliche Standardform unterliegen als GW“ (WFA 429). Insgesamt entspricht der Anteil von Bildungen mit Hövel/Hübel und Hügel im BT ungefähr denen in Westfalen (vgl. WFA 429) und Hessen (vgl. HFA 73), am häufigsten ist die Verbindung mit -straße. Die Simplizia werden nur selten durch Attribute erweitert, sehr häufig kommt jedoch die Präposition auf vor. Stehen Hövel/Hübel oder Hügel im GT, treten allenfalls Rosen-, Stein-, Sand- und Toten- häufiger als BT hinzu, insgesamt kommen aber sehr viele verschiedene BT vor. e Anhand der Punktsymbolkarte wird deutlich, dass Hövel/Hübel oder Hügel im gesamten Bearbeitungsgebiet toponymisiert worden sind (vgl. RHFLN 116), allerdings in unterschiedlicherem Maße, als das aus DITTMAIERS Angaben abzulesen ist. Die geringste räumliche Konzentration zeigen dabei Hübel und vor allem Hügel, womit deren Sonderstellung als Katasterformen unterstrichen wird (vgl. d). Laut der DWA-Karte gilt zwischen Duisburg und Xanten vor allem Högel (vgl. DWA 4, Karte 10), wobei diese Bezeichnung recht jung sein muss, weil in diesem Gebiet g-haltige Toponyme fehlen. Bei den anderen Varianten deutet sich allenfalls eine leichte räumliche Unterscheidung an – Schreibungen mit im Stammvokal finden sich eher im Norden und Osten, solche mit eher im Südwesten. Gerade das Verdichtungsgebiet im Südwesten zeigt aber, dass fast alle Varianten nebeneinander vorkommen, so dass Rückschlüsse von der Schreibung auf die Lautung kaum möglich sind. Gleiches gilt für die Rekonstruktion historischer Worträume, denn die Popularitätskarte, in der nur die Hövel/Hübel-Belege berücksichtigt wurden, zeigt ein sehr uneinheitliches Vorkommen, insbesondere im Vergleich zum appellativischen Geltungsbereich (vgl. ebd.). Der Verdichtungsraum im Norden, der sich östlich ins Westmünsterland fortsetzt (vgl. WFA Karte 100.2), dokumentiert einen älteren Sprachzustand, weil das hier häufig belegte Hövel als Appellativ nicht mehr vorkommt (vgl. DWA 4, Karte 10). Eine ähnliche Konstellation gilt für ein großes keilförmiges Gebiet in der Mitte und im Nordosten des Untersuchungsgebietes, wo mittlerweile andere Wörter gelten, zum Beispiel Berg. Ganz anders jedoch ist das Verhältnis zwischen Name und Wort im Südwesten. Hier ist das Appellativ weit über das sehr deutlich begrenzte Gebiet mit überdurchschnittlichem Vorkommen des Flurnamentyps hinaus verbreitet. Die Interpretation des Flurnamenareals als Rückzugsgebiet in einer Randlage scheidet daher aus, ebenso allerdings eine außersprachliche Erklärung durch die Verbreitung der bezeichneten Sache, denn die restlichen Teile der Nordeifel sind belegfrei – hier gelten dann andere Bezeichnungen für Bodenerhebungen (vgl. Art. 6.5-6.8), vor allem aber Berg.

6.7 Hövel; Hügel

197

Variante Hövel Hüvel Hübel Höfel Hüffel Hüfel Σ %

Simplex

Variante Hügel Σ %

Simplex

GT

63 13 9 7 5 1 98 32,6

28 28 31,8

Σ

BT 87 34 28 8 0 2 159 52,8

GT

25 1 0 5 6 7 44 14,6 Σ

BT 43 43 48,9

% 175 48 37 20 11 10 301 100

17 17 19,3

58,1 15,9 12,3 6,6 3,7 3,3 100

% 88 88 100

100 100

198

6. Sprachgeographische Auswertung

6.7 Hövel; Hügel

6.7 Hövel; Hügel

199 6.7 Hövel; Hügel

200

6. Sprachgeographische Auswertung

6.8 Hardt c DITTMAIER nimmt für Hardt die Bedeutung ‘Wald, Bergwald’ an und kann für einen Einzelbeleg auch die Bedeutung ‘ungehegter, mit Dornengestrüpp durchwucherter Wald’ nachweisen (vgl. RHFLN 101). Laut RHWB ist Hard ein allgemein verbreiteter Distriktname für ‘Berg, Wald’ (vgl. RHWB 3,255), kommt im appellativischen Wortschatz also nicht mehr vor und ist auch schon bei GRIMM als Hart nur noch in der Rhön mit der Bedeutung ‘Wald’ belegt (vgl. DWB 10,509). Etymologisch gehört der Flurnamentyp zu mhd. hart m. ‘fester Sandboden, Trift, Weidetrift, Wald’ (vgl. MHDWB 1,1189). d Die verschiedenen Varianten von Hardt ergeben sich aus unterschiedlichen Schreibungen des auslautenden Verschlusslauts und durch die Schreibungen mit Doppelvokal. Letztere haben insgesamt aber nur einen Anteil von 1,3 % an den Gesamtbelegen, kommen stets neben anderen Varianten vor und weisen auch keine auffällige räumliche Verteilung auf, so dass sie vernachlässigt werden können. Insgesamt dominiert Hardt vor Hard, was den Lemmaansatz Hard(t) bei DITTMAIER rechtfertigt (vgl. RHFLN 101). Die abweichende Verteilung bei den Kombinationstypen und die leicht unterschiedliche räumliche Verteilung von Hart gegenüber Harth deuten darauf hin, dass einige Belege zum Adjektiv hart zu stellen sind und fehlerhaft lemmatisiert wurden, wobei eine klare Zuordnung ohne ältere Belege nur in wenigen Fällen möglich ist. Weit weniger problematisch sind dagegen Rückschlüsse auf die ursprüngliche Bedeutung der Flurnamen. Der mit Abstand häufigste Beleg des Flurnamentyps Hardt ist auf der Hardt, im Kompositum ist Hardtberg am häufigsten. Sofern man auf nicht nur in der Bedeutung von in liest, spricht beides für die primäre Bedeutung ‘Berg’. Die Bedeutung ‘(durchwucherter) Wald’ ist schon deswegen eher unwahrscheinlich, weil kaum Belege nach dem Muster ‘Baumbezeichnung’ + Hard(t) zu finden sind und auch einige Belege für Hardtwiese und sogar Hardtgarten auftreten. e Mit Ausnahme des Gebietes zwischen Köln, Jülich und Aachen treten Hardt-Flurnamen im gesamten Untersuchungsgebiet auf. Eine auffällige Distribution der verschiedenen Varianten liegt, abgesehen von den unsicheren Hart-Belegen am Niederrhein, nicht vor. Vielmehr können alle Varianten nebeneinander auftreten, weshalb sie keine lautlichen Unterschiede repräsentieren, sondern auf fehlenden Normierungen bei der Verschriftlichung von Flurnamen beruhen müssen. Die Dichte der Hardt-Belege nördlich und südlich der Sieg ist so hoch, dass die Areale im Nfrk. und Snfrk. in der Popularitätskarte als Gebiete mit unterdurchschnittlichem Hardt-Vorkommen erscheinen, obwohl der Flurna-

6.8 Hardt

201

mentyp laut Punktsymbolkarte dort – mit den oben genannten Unsicherheiten – häufig vorkommt. Hier zeigt sich der Unterschied beider Darstellungsmethoden deutlich (vgl. Kap. 4.2 und 4.3). Legt man die Popularitätskarte zugrunde, ist die Hardt-Verbreitung trotz der nahezu überall im Untersuchungsgebiet auftretenden Belege ein weiteres Beispiel für die „Mittelgebirgsklammer“, im Bergischen Land allerdings mit einer recht scharfen nördlichen Begrenzung durch die Agger. Das wesentlich häufigere Vorkommen des Flurnamentyps in Mittelgebirgslagen unterstreicht die im Untersuchungsgebiet anzunehmende Bedeutung ‘Berg’, insbesondere gegenüber ‘Sandboden’ (vgl. c) deutlich. Variante Hardt Hard Harth Hart Haardt Haard Haart Σ %

Simplex 517 168 151 175 13 4 6 1034 42,4

GT

Σ

BT 571 298 266 125 4 6 0 1270 52,1

25 19 11 78 0 0 0 133 5,5

% 1113 485 428 378 17 10 6 2437 100

45,7 19,9 17,6 15,5 0,7 0,4 0,2 100

6. Sprachgeographische Auswertung

202 6.8 Hardt

6.8 Hardt

203 6.8 Hardt

204

6. Sprachgeographische Auswertung

6.9 Hahn, Hagen c Die hier behandelten Flurnamen gehen wie Hecke (vgl. Art. 6.10) auf den germ. Nominalstamm *hag- zurück (vgl. WFA 355). Aus dessen Grundbedeutung ‘geflochtener Zaun’ hat sich sekundär die Bedeutung ‘lebende Hecke, Dornstrauch’ entwickelt (vgl. RHFLN 97). Besonders deutlich wird diese Entwicklung bei Hag, ahd. hag m., mhd. hac m. n., für das im Ahd. noch ‘Wall, Schanze, Umzingelung, eingefriedetes Stück’ (vgl. AHDWB 4,594), im Mhd. aber bereits hac ‘Dorngesträuch, Gebüsch, Einfriedigung, umfriedeter Wald’ (vgl. MHDWB 1,1136f.) gilt. Mit Ausnahme der Gruppe Hag, Haag, Heg(e), Heeg(e), Hach und Häch gehören die zahlreichen in Punktsymbolkarte und Häufigkeitsmatrix aufgeführten Varianten jedoch zu Hagen, ahd. hagan m. ‘Dornenstrauch’ (vgl. AHDWB 4,596f.), mhd. hagen m. ‘Dornbusch’ (vgl. MHDWB 1,1142f.). Als Appellativ kommt Hag(en) im Rheinland „nur noch in bestimmten Gebieten“ (RHWB 3,72f.) vor, ist aber in Flurnamen allgemein verbreitet (vgl. ebd.; vgl. RHFLN 96). Es bezieht sich dort stets auf Einzäunungen, ursprünglich auf Wald, Weide und Ackerflächen, später regional auch auf Wohnplätze, wie die zahlreichen SN auf -hagen belegen (vgl. RHFLN 97). d Unter den außergewöhnlich vielen Varianten von Hahn, Hagen dominieren kontrahierte Formen. Der Langvokal wird dabei durch /, /, /, und gekennzeichnet, Hain-Formen sind im Untersuchungsgebiet „alte Schreibungen mit Dehnungs-i“ (RHFLN 97) und deshalb trotz gemeinsamer Etymologie nicht direkt mit dem aus dem erweiterten Standardwortschatz stammenden nhd. Hain ‘Wäldchen’ in Zusammenhang zu bringen (vgl. KLUGE/SEEBOLD 384; vgl. SHFLNB 445). Zum großen Variantenreichtum trägt des Weiteren die Verschriftlichung der Vokalrundung durch , bzw. in Hohn, Hon und Hoon bei. Wie oben bereits dargestellt, gehören Haag, Hag und Hach dagegen einer eigenen Gruppe an. Wegen der fehlenden Gemination gehören auch He(e)g(e), He(e)gen hierher und nicht zu Hecke < germ. *hagjō(n) (vgl. Art. 6.10). Da es sich in vielen Fällen um Belege mit fem. Genus handelt, könnten hier ehemalige Pluralformen von Hag mit analogischem Umlaut vorliegen, die dann als fem. Singularform reanalysiert wurden. Allerdings kommt auch das Maskulinum nicht selten vor, gelegentlich treten sogar Belegpaare wie aufm Hegen und auf der Hegen auf. Ursache hierfür ist wohl das Nebeneinander von Hagen m. und Hecke f. (vgl. Art. 6.10). Hagen ist als amtliche Form zu betrachten, weil das Wort mundartlich nur im Plural auf -en endet (vgl. RHWB 3,72f.), in den Flurnamen wie bei im Hagen ganz überwiegend aber eindeutig im Singular auftritt.

6.9 Hahn, Hagen

205

Mit dem Benennungsmotiv ‘Einzäunung’ hängt zusammen, dass die Präposition in deutlich häufiger auftritt als das sonst gängigere auf. Von zahlreichen anderen Flurnamentypen unterscheidet sich Hahn, Hagen auch wegen der recht ausgeglichenen Verteilung bei der morphosyntaktischen Position, in der Hahn, Hagen usw. auftreten, wobei die einzelnen Varianten hinsichtlich dieses Merkmals mitunter deutlich von der Gesamtverteilung abweichen. Die überproportionale Häufigkeit der amtlichen Form Hagen im GT oder auch als Simplex deutet auf die stärkere Tendenz zur Normierung in diesen Positionen hin, während die mundartnäheren Schreibungen dort seltener auftreten und damit den stärker konservierenden Charakter der BT unterstreichen (vgl. Art. 6.6, 6.7, 6.28). Allerdings ist diese allgemeine Tendenz nicht bei allen Varianten festzustellen, weil kleinräumig auftretende Formen wie Haan (vgl. e) stärker dem regional variierenden Normierungsusus ausgesetzt sind. Das häufige Auftreten von Hain im GT könnte auf eine Umdeutung unter dem Einfluss von nhd. Hain ‘Wäldchen’ (vgl. c) hindeuten. Als Simplex kommt Hahn, Hagen nur selten mit Attributen vor, die sich dann allenfalls auf Form, Größe und Alter beziehen. Klarere Kombinationstypen lassen sich dagegen bei Flurnamen mit Hahn, Hagen usw. im GT ausmachen. Bei allen Varianten tritt zwar eine Vielzahl von GT auf, darunter zeichnen sich aber deutlich die Kombinationstypen ‘Besitzerangabe’ + Hahn, Hagen und ‘Baumbezeichnung’ + Hahn, Hagen ab. Stehen Hahn, Hagen usw. im BT, dominiert der Kombinationstyp Hahn, Hagen + ‘Land’, die häufigsten GT sind -berg, -feld und -busch. Für Gebiete, in denen He(e)g(e), -en mit ihrem auslautenden palatalen Frikativ /ç/ neben Heck (vgl. Art. 6.10) auftreten, weist das RHWB für die Mundarten auf eine Bedeutungsunterscheidung „hęk = Wald […], hęχ = Zaunhecke“ (RHWB 3,389) hin. Anhand der Kombinatorik lässt sich diese Unterscheidung in den betreffenden Gebieten bei den Flurnamen aber nicht nachweisen. Die von DITTMAIER für das Material des gesamten Rheinlandes gewählten Lemmaansätze „Hag m. f., Hage(n), m.“ und „Hain m.“ (RHFLN 96f.) geben die Situation im Untersuchungsgebiet dieser Arbeit nicht korrekt wieder: Zunächst einmal ist gegenüber die viel seltenere Verschriftlichung der Kontraktionsform von Hagen und müsste demnach höchstens bei Hahn, eher jedoch bei Hagen erscheinen. Der Anteil von Hain-Belegen ist demnach im Süden des Untersuchungsgebietes größer, vor allem im Taunus und im Westerwald (vgl. RHFLN 97, vgl. SHFLNB 443ff.). Des Weiteren ist die Form Hage nur achtmal belegt und hat damit einen verschwindend geringen Anteil am Belegmaterial. Ähnliches gilt für Belege mit fem. Genus wie auf der Hag, in der Wolfhagen oder auf der Hohn, das zwar selten, aber eben nicht nur bei Hag, sondern auch bei Hagen und einigen seiner Varianten sicher belegt ist.

206

6. Sprachgeographische Auswertung

e Auf der Punktsymbolkarte, auf der einige Varianten zugunsten der Lesbarkeit zusammengefasst wurden, ist die allgemeine Verbreitung des Flurnamentyps Hahn, Hagen im Untersuchungsgebiet zu erkennen. Dabei zeigt sich jedoch eine auffällige Verteilung der verschiedenen Varianten, die teilweise von einer starken Arealität geprägt ist. Selbst bei der amtlichen Form Hagen und dem noch etwas häufigeren Hahn, das aufgrund seiner Menge, seiner allgemeinen Verbreitung und seinem schriftsprachlichen Dehnungszeichen als normierte Schreibung der kontrahierten Formen angesehen werden darf, deutet sich eine leicht komplementäre Verteilung mit Hahn im Süden sowie in der Mitte und Hagen im Nordosten an. Es ist also nicht richtig, dass Hahn „außerhalb des Berglandes selten“ (RHFLN 96) auftritt. Deutlich stärker auf regionales Vorkommen beschränkt sind die anderen Schreibungen für die Kontraktionsform von Hagen, insbesondere Haan. Auch die Verschriftlichung des Stammvokals zeigt eine räumliche Bindung. Seine Rundung ist mit Ausnahme einzelner Streubelege ausschließlich im Süden bezeichnet, was den lautgeographischen Verhältnissen entspricht (vgl. DIWA Karte 141). He(e)g(e), -en kommt im Nfrk. deutlich weiter nördlich vor als bei DITTMAIER vermerkt (vgl. RHFLN 105), es tritt auch unmittelbar an der Grenze zum Nl. auf. Hag, Haag und Hach sind dagegen ohne erkennbare Häufungen fast überall verbreitet, die einzige Ausnahme stellt der nahezu belegfreie Südosten dar, wo stattdessen Hagen und seine Varianten am häufigsten sind. Trotz aller regionalen Unterschiede bleibt eine deutliche Arealbildung mit nur einer vorkommenden Variante und einer klaren Abgrenzung zu einer anderen Variante aus. Insbesondere im Verdichtungsraum im Südosten kommen fast alle Varianten nebeneinander vor, so dass in der Karte gelegentlich häufigere Varianten von selteneren verdeckt werden. Zusammen mit der ohnehin sehr großen Variantenvielfalt unterstreicht diese Belegsituation, dass in vielen Fällen keine lautlichen Unterschiede wiedergegeben werden, sondern dass das Kartenbild auf regional, in vielen Fällen wohl auch auf kleinräumig unterschiedlicher Handhabung bei der Verschriftlichung der Flurnamenbelege beruht. Die alle Varianten zusammenfassende Popularitätskarte hat gegenüber der Punktsymbolkarte eine eingeschränkte Aussagekraft, zumal vergleichbare Kartierungen aus den Nachbargebieten fehlen. Sehr viel deutlicher zeichnet sich aber der Verdichtungsraum im Südosten des Untersuchungsgebietes ab, der eine Fortsetzung ins südliche Westfalen vermuten lässt, was sich aber zumindest für die Verbreitung von Landhagen nicht bestätigen lässt (vgl. WFA Karte 77.2). Auch weiter südöstlich ist der Flurnamentyp „sehr häufig“ (SHFLNB 443), dort meist in der Form Hain oder Hahn. Das leicht überdurchschnittliche Vorkommen an der Südgrenze des nördlichen Rheinlandes deutet an, dass nach Süden hin mit noch größeren Belegzahlen zu rechnen ist, zumal auch DITTMAIER die Verbreitung im nördlichen Teil des Rheinlandes vor allem linksrheinisch als „weniger dicht“ (RHFLN 96) bezeichnet.

6.9 Hahn, Hagen

Variante Hahn Hagen Hohn He(e)g(e), -en Haag Haan Hag Hain Han Hon Hach Hayn Hoon Σ %

207

Simplex 359 320 172 108 107 34 27 17 17 2 2 3 1 1169 36,8

GT

Σ

BT 311 467 165 31 9 71 24 47 9 0 1 0 0 1135 35,7

356 157 148 55 16 17 44 9 33 35 0 0 1 871 27,4

% 1026 944 485 194 132 122 95 73 59 37 3 3 2 3175 100

32,3 29,7 15,3 6,1 4,2 3,8 3,0 2,3 1,9 1,2 0,1 0,1 0,1 100

208

6. Sprachgeographische Auswertung

6.9 Hahn, Hagen

6.9 Hahn, Hagen

209 6.9 Hahn, Hagen

210

6. Sprachgeographische Auswertung

6.10 Hecke, Heck c Wie Hag, Hagen usw. (vgl. Art. 6.9) gehört auch Hecke zu den Wörtern, die vom germanischen Nominalstamm *hag- aus gebildet worden sind (vgl. WFA 355). Germ. *hagjō(n) setzt sich fort zu ahd. hegga f. ‘Wall, Schanze’ (vgl. AHDWB 4,795), mhd. hecke, hegge f. ‘Hecke, Umzäunung zum Jagen des Wildes’ (vgl. MHDWB 1,1201) und wird auch in Mundarten des Untersuchungsgebietes verwendet. Dort hat Hecke ein breites Bedeutungsspektrum entwickelt, das von ‘künstlich gezogene, lebende Gartenumzäunung’, ‘Strauchwerk, Gestrüpp’ über ‘Abhang, Rain, unbebauter Streifen zwischen zwei Äckern’ bis hin zu ‘Wald, Busch geringeren Umfanges’ reicht (vgl. RHWB 3,389-393). Bei ‘Wald’ liegt ein Bedeutungsübergang ‘Umhegung’ > ‘Umhegtes’ vor, wie er besonders häufig bei den Hecke-Flurnamen im benachbarten Westfalen auftritt und sogar appellativisch nachweisbar ist (vgl. WFA 337). Im nördlichen Rheinland deckt sich die toponymische Bedeutung von Hecke mit der appellativischen (vgl. RHFLN 104). d Anders als bei den meisten anderen behandelten Flurnamentypen wurden die Varianten Hecke und Heck nicht als Heck(e) zusammengefasst, sondern sowohl in der Häufigkeitsmatrix als auch in der Punktsymbolkarte einzeln aufgeführt. Das liegt nicht nur an ihrer abweichenden geographischen Verteilung (vgl. e), sondern vor allem an den Abgrenzungsschwierigkeiten der Heck-Belege von Heck n. ‘Schranke, Einfahrtstor’ (vgl. RHFLN 104; vgl. RHWB 3,388). Wie im WFA ist also „mit einer gewissen Fehlerhaftigkeit des Hecke-Kartierungskorpus“ (WFA 337) zu rechnen, wobei die Toponymisierungsintensität von Heck n. „wesentlich niedriger“ (ebd.) ist als die von Hecke f. mit Apokope. Das schriftlich massenhaft auf endende Hecke dürfte als amtliche Schreibform zu werten sein, weil es sich mundartlich laut RHWB erst „jüngst“ (RHWB 3,398) findet. Heck n. und Hecke f. lassen sich demnach in den Mundarten nur durch das Genus unterscheiden. Die Hegge-Flurnamen zeigen, dass der schriftsprachliche Einfluss der ursprünglich obd. Schreibformen mit durchgeführter Medienverschiebung nicht alle Belege erfasst hat. Im Plural wird die -Schreibung durch mundartliches [g] gestützt, im Dativ Singular ist [g] schon laut RHWB im Rip. „älter“ (vgl. ebd.), so dass Belege wie an der Birker Hegge heute als Reliktformen angesehen werden müssen. Hinsichtlich der morphosyntaktischen Struktur fällt der geringe Anteil an Simplex-Bildungen auf, der sich aber mit der großen Beleganzahl und der damit verbundenen Differenzierungsnotwendigkeit erklären lässt. Aus diesem Grund treten die Simplizia auch sehr häufig mit Attributen auf, die sich oft auf Form und Größe der Hecken beziehen. Noch häufiger ist jedoch der Kombinationstyp SN + Hecke bzw. FN + Hecke, der auf die Nutzung der Hecken als

6.10 Hecke, Heck

211

Grenzen verweist (vgl. WFA 336f.). Diese Funktion wird auch bei den Bildungen mit Hecke im GT häufig deutlich, wie die Beispiele Landhecke und Herrenhecke zeigen. Das auf den Zusammenhang zwischen Erdwällen und Heckenbepflanzung verweisende und in Westfalen häufige Kompositum Wallhecke (vgl. WFA 336f.) kommt im Untersuchungsgebiet nicht vor. Wie in Westfalen bezieht sich der BT in vielen Fällen auf das Material der Hecken, besonders häufig ist Dornhecke. Daneben sind im BT auch Wildtierbezeichnungen, nicht nur Wildvögel (vgl. ebd., 338), recht gängig, vor allem Fuchs, Reh und Wolf. Solche Kombinationstypen können wie die zahlreichen Verbindungen mit Baumbezeichnungen als Hinweise auf die Verwendung von Hecke in der Bedeutung ‘Wald, Busch geringeren Umfangs’ (vgl. c) interpretiert werden. Die Bedeutung ‘unbebauter Streifen zwischen zwei Äckern’ liegt wohl überwiegend bei Kamp-, Feld- und Heidhecke zugrunde. Anders als in Westfalen ist nicht Heckenstück (vgl. WFA 338), sondern Heckenfeld der häufigste Kombinationstyp mit Hecke im BT. Die Anteile dieser Kombinationstypen korrespondieren mit den allgemeinen Häufigkeitsverhältnissen von Stück (vgl. Art. 6.26) und Feld (vgl. Art. 6.27) im Untersuchungsgebiet. e Anhand der Punktsymbolkarte wird deutlich, dass Hecke und seine Varianten massenhaft und überall im Untersuchungsgebiet toponymisiert worden sind. Das Verhältnis zwischen amtlichem Hecke und mundartnäherem Heck ist in weiten Teilen des Untersuchungsgebietes etwa ausgeglichen, in der Eifel jedoch ist Heck viel stärker bewahrt, im Bergischen Land dagegen kommt es nur ganz selten vor, weil dort mundartlich andere Varianten gelten (vgl. RHWB 3,389). Da Heck n. im Mhd. keine Entsprechung hat und an mnl. hecke bzw. mnd. heck(e) anzuschließen ist, handelt es sich bei den HeckFlurnamen in der Eifel wohl kaum um Belege für Heck n., sondern um mundartnahe Schreibungen von Hecke f. mit e-Apokope. Der Reliktcharakter von Hegge zeigt sich auch in der geographischen Verbreitung – Hegge-Flurnamen bilden kein eigenes Areal, sondern treten lediglich verstreut auf. Nach Norden hin, also mit wachsender Entfernung zum obd. Herkunftsgebiet von Hecke, nehmen sie leicht zu, weisen aber im gesamten Untersuchungsgebiet eine für Relikte typische Randlage auf. Im Vergleich mit den Popularitätskarten vieler anderer Flurnamentypen, bei denen die „Mittelgebirgsklammer“ im Kartenbild heraustritt, überrascht bei Hecke die niedrige Auftretenshäufigkeit im Bergischen Land. Die Erklärung hierfür ist in der Verbreitung von Konkurrenten mit synonymer Grundbedeutung zu suchen (vgl. WFA 338), in diesem Fall von Hagen, dessen geschlossene Verbreitung sich auf das Bergische Land konzentriert (vgl. Art. 6.9). DITTMAIERS Angabe, nach der Hecke-Flurnamen „allgemein, doch am Niederrhein spärlicher“ (RHFLN 104) auftreten, beschreibt das Kartenbild der Popularitätskarte insgesamt passend, weist aber nicht auf die starke Ver-

6. Sprachgeographische Auswertung

212

dichtung der Belege in der Eifel und südlich der Sieg hin. Die Fortsetzung dieses Verdichtungsraums nach Osten deutet sich auch in den erhöhten Frequenzwerten im äußersten Süden Westfalens an und setzt sich weiter nach Hessen (vgl. WFA 399; vgl. SHFLNB 467ff.) fort. Grundsätzlich steht das Verbreitungsbild im nördlichen Rheinland damit aber eher in Widerspruch zu der Vermutung, dass „Westfalen (hier im wesentlichen das Münsterland), die anschließenden östlichen Niederlande und das westliche Md. ein Kerngebiet der Hecke-F[lur]N[amen] bilden“ (WFA 339). Innerhalb des Untersuchungsgebietes, das dann mitten in diesem vermeintlichen Kerngebiet liegen müsste, sind die Vorkommensunterschiede von Hecke-Flurnamen recht groß und die hohen Dichtewerte im Süden deuten – isoliert betrachtet – auf einen südlichen Zusammenhang hin. Variante Hecke Heck Hegge Σ %

Simplex 418 108 15 541 21,7

GT

Σ

BT 1003 591 7 1601 64,3

228 106 13 347 14,0

% 1649 805 35 2489 100

66,3 32,3 1,4 100

6.10 Hecke, Heck

213 6.10 Hecke, Heck

214

6. Sprachgeographische Auswertung

6.10 Hecke, Heck

6.11 Landwehr; (-graben; -hecke; -hege; Gewehr; Knick; Gebück)

215

6.11 Landwehr; (-graben; -hecke; -hege; Gewehr; Knick; Gebück) c Landwehr geht auf ahd. landwerī f. (vgl. DWB 6,150), mhd. lantwer f. (vgl. MHDWB 1,1832) zurück und hat ursprünglich die abstrakte Bedeutung ‘Landesverteidigung’, die sich im Laufe des Spätmittelalters zu ‘Befestigungswerk im Gelände’ konkretisierte (vgl. KLUGE/SEEBOLD 556). Diese Bedeutung liegt den meisten Landwehr-Flurnamen zugrunde und ist laut RHWB auch im appellativen Wortschatz geläufig (vgl. RHWB 5,85). Daneben ist am Niederrhein auch die Bedeutung ‘Wasserweg, aus der Zeit übrig geblieben, wo der Rhein, noch ungehindert durch Dämme, frei daherströmte’ (vgl. ebd.) möglich. Die Befestigungswerke bestanden aus natürlichen oder künstlichen Gräben und Wällen, auf denen zur zusätzlichen Verstärkung häufig dornige Hecken gepflanzt wurden (vgl. STEEGER 1940, 135-139; vgl. HRG 2, 1599). Wegen der hohen Relevanz der Grenz- und Landwehren für die Bevölkerung geht STEEGER zurecht davon aus, dass die Bedeutung „sich widerspiegeln wird in der Namengebung für die Fluren“ (STEEGER 1940, 125). d Im amtlich geprägten Untersuchungsmaterial ist fast ausschließlich die Hauptvariante Landwehr belegt, der Anteil anderer Varianten ist geringer als in Hessen (vgl. HFA 137) und Westfalen (vgl. WFA 344). Die bei DITTMAIER verzeichneten Varianten Lanfer und Lamper (vgl. RHFLN 177) ließen sich nicht nachweisen. Bei den morphosyntaktischen Positionen zeigt sich eine nahezu identische Verteilung wie in Hessen, wo Landwehr ebenfalls ganz überwiegend als Simplex auftritt und nur sehr selten im GT steht. Als Simplex beziehen sich Landwehr-Flurnamen wie bei die Landwehr zu etwa gleichen Teilen auf die Befestigung selbst oder wie bei an der Landwehr auf das umliegende Land. Landwehr steht dabei fast immer ohne Attribut, die in Westfalen so häufige Verbindung mit alt (vgl. WFA 344) kommt im nördlichen Rheinland nur sechsmal vor, Familien-, Hof- oder Siedlungsnamen sind noch seltener. Im BT dient Landwehr erwartungsgemäß der Spezifizierung von angrenzendem Land oder zugehörigen Einrichtungen, wie die Verbindungen mit -feld, -wiesen, -graben und -straße belegen. e Mit einigen Ausnahmen ist Landwehr auf den südniederfränkischen und niederfränkischen Raum beschränkt und ist damit im Ripuarischen seltener, als dies aus den Angaben von DITTMAIER hervorgeht (vgl. RHFLN 177). Ausnahmen stellen nur das südliche Bergische Land und die Gebiete um Jülich und Aachen dar. Der südlichste Beleg ist die nur einmal auftretende Variante Landgewehr, die ohne räumlichen Zusammenhang zum restlichen Verbrei-

216

6. Sprachgeographische Auswertung

tungsgebiet von Landwehr auftritt. Die Varianten Lafert und Lanter kommen, manchmal mit mehr als einem Beleg pro Ortspunkt, nur im östlichen Untersuchungsgebiet an der Grenze zu Westfalen vor. In den südöstlichen Bereichen des Untersuchungsgebietes gelten für die Befestigungswerke andere Bezeichnungen, die in der Punktsymbolkarte – jedoch nicht in der Popularitätskarte – zusätzlich aufgenommen wurden, weil sich eine eigene Kartierung mit Kommentar für solche häufig nur mit wenigen Belegen vertretenen Namentypen nicht lohnt. Die häufigste Bezeichnung neben Landwehr ist Landgraben, dessen Verbreitung sich abgesehen von wenigen Streubelegen auf den Bonner Raum konzentriert. Die Belege im Untersuchungsgebiet stellen den nördlichen Vorkommensrand von Landgraben dar (vgl. RHFLN 177), so dass hier von einer Keilwirkung des Rheins auszugehen ist. Im Bergischen Land schließt Landhecke südlich an das Verbreitungsgebiet von Landwehr an. Landhecke ist bei DITTMAIER nicht als eigenes Lemma verzeichnet, weist aber eine andere Verteilung als allgemeineres Hecke auf (vgl. Art. 6.10). Die Lücke zwischen Landgraben im Süden und Landwehr weiter nördlich wird von Gewehr geschlossen, wenn auch mit geringer Belegdichte und mit teilweise anderer Bedeutung (vgl. RHFLN 88f). Die in den östlichen Nachbarräumen Westfalen oder Hessen neben oder anstelle von Landwehr verbreiteten Knick, Landhege und Gebück kommen nur ganz vereinzelt vor, Landhagen fehlt gänzlich. Andere auf Befestigungsanlagen oder Grenzen hinweisende Flurnamen (vgl. RHFLN 375) kommen entweder nur vereinzelt und ohne klare Verbreitungsräume vor oder haben einen größeren Bedeutungsumfang als Landwehr, insofern bleibt der Südwesten des Bearbeitungsgebietes ohne direkte Bezeichnung für das ‘Befestigungswerk im Gelände’. Dort gilt eine Reihe anderer Flurnamen, die sich a u c h auf Befestigungen und Grenzen beziehen können wie beispielsweise Hahn (vgl. Art. 6.9) Hecke (vgl. Art. 6.10) und Bitze (vgl. Art. 6.18). Allein für den Niederrhein, wo Landwehr häufig ist, führt STEEGER die „ungeahnte Zahl“ (STEEGER 1940, 154) von 90 weiteren Flurnamentypen mit Bezügen zu Befestigungswerken an, wobei hier „absichtlich auch zweifelhafte Namenserklärungen“ (ebd., 155) aufgenommen wurden. Die begrenzte Verbreitung von Landwehr wird auch in der Popularitätskarte deutlich, die das Hauptverbreitungsgebiet des Flurnamentyps im Norden des Untersuchungsraums dokumentiert. Im dort angrenzenden Teil Westfalens ist Landwehr ebenfalls häufig, obwohl die höchsten Frequenzen weiter südöstlich am Hellweg erreicht werden (vgl. WFA 344). Der Flurnamentyp ist aber sowohl in Westfalen als auch in Hessen nahezu flächendeckend vorhanden, auch wenn dort mehrere Bezeichnungen für Grenzbefestigungen konkurrieren. Umso auffälliger ist das vollständige Fehlen von Landwehr im südlichen linksrheinischen Teil des Untersuchungsgebietes.

6.11 Landwehr; (-graben; -hecke; -hege; Gewehr; Knick; Gebück)

Variante Landwehr Lafert Lanter Landgewehr Σ %

Simplex 328 4 4 1 337 83,4

GT

Σ

BT 15 0 0 0 15 3,7

217

50 1 1 0 52 12,9

% 393 5 5 1 404 100

97,3 1,2 1,2 0,2 100

218

6. Sprachgeographische Auswertung

6.11 Landwehr; (-graben; -hecke; -hege; Gewehr; Knick; Gebück)

6.11 Landwehr; (-graben; -hecke; -hege; Gewehr; Knick; Gebück)

6.11 Landwehr; (-graben; -hecke; -hege; Gewehr; Knick; Gebück)

219

220

6. Sprachgeographische Auswertung

6.12 Driesch c Driesch, mhd. driesch m. n. ‘unangebautes Land’ (vgl. MHDWB 1,462), ist ein Wort aus der altertümlichen Feldgraswirtschaft und hat die Bedeutung ‘früher beackertes, nun aber für mehrere Jahre unbebautes, brachliegendes, minderwertiges, ausgewonnenes Ackerland mit einer spärlichen Grasnarbe bewachsen, deshalb als Weide dienend oder zum Heuen’ (vgl. RHWB 1,1490). Es ist umstritten, ob dem Wort – neben zahlreichen anderen Herleitungen (vgl. DITTMAIER 1960, 724ff.; vgl. FOERSTE 1966, 62f.) – germ. *þreu(t) ‘ermüden, mangeln, untauglich werden’ (vgl. RHFLN 54) zugrunde liegt oder germ. *þreuska- ‘zerrieben, morsch’ (vgl. u.a. FOERSTE 1966, 63). Nach der Ablösung der Feldgraswirtschaft durch modernere Bewirtschaftungsformen haben sich für Driesch regionale Sonderbedeutungen ausgebildet (vgl. exemplarisch HARD 1963, 279-285), im Rheinland beispielsweise zusätzlich ‘alter, verfallener Weinberg’ (vgl. RHWB 1,1490f.). DITTMAIER sieht Driesch als Paarwort zu Esch nach dem Muster „Esch = nützendes Land – Driesch = ruhendes Land“ (DITTMAIER 1960, 726) an. d Während Driesch in Hessen (vgl. HFA 32) und Westfalen (vgl. WFA 105f.) in einer größeren Fülle von Namenvarianten auftritt, ist ihre Anzahl im nördlichen Rheinland insgesamt geringer und viel stärker von der Hauptvariante Driesch dominiert. In dieser Schreibung entspricht jedoch sie nur im Kleverländischen, also im nördlichsten Teil des Untersuchungsgebiet der Mundart (vgl. RHWB 1, 1490), womit das Bemühen um eine hochdeutsche Wiedergabe der Flurnamen in den amtlichen Verzeichnissen deutlich wird. Wie in Westfalen (vgl. WFA 106) haben die Belege mit eindeutig feststellbarem Genus bis auf die zwei Belege das breite Driesch und auf der Driesch immer mask. Genus. Ein Unterschied zeigt sich allerdings im Vorkommen von driesch als Adjektiv, für das im nördlichen Rheinland nur der Einzelbeleg Drieschenkreuz in Frage kommt, obwohl es im nordöstlich benachbarten münsterländischen Gebiet wohl in „mehrheitlicher Verwendung“ (ebd.) auftritt. Am häufigsten begegnet Driesch als einfaches, etwas seltener als attributiv erweitertes Simplex. Als Attribute werden dann neben Größenbezeichnungen vor allem alt, faul und sauer verwendet. Im BT steht Driesch sehr häufig vor Feld und Kamp, bei der Verwendung als GT steht es vor allem nach Nutzungs- (u.a. Kuh-, Galgen-, Klee-) oder Besitzerangaben (u.a. Pfaffen-, Herren-, Gemeinde-). Für das in Westfalen „auffallend häufig“ (WFA 106) auftretende Diminutiv gibt es im Untersuchungsgebiet nur einen einzigen Beleg.

6.12 Driesch

221

e Anhand der Punktsymbolkarte lässt sich belegen, dass Driesch im nördlichen Rheinland ein allgemein verbreiteter Flurnamentyp ist (vgl. RHFLN 54). Die Hauptvariante Driesch ist überall vertreten, die anderen Varianten kommen verstreut und ohne Arealbildung vor. Dieser Befund gilt auch für die nicht eigens markierte Verteilung der Strukturtypen. Der in Westfalen zu Driesch gestellte Name Dreis wurde – trotz ähnlicher räumlicher Verteilung wie Driesch – nicht berücksichtigt, weil er „wohl selten“ (RHFLN 53) zu Driesch gehört, denn mundartlich liegt auslautend stets /S/ vor (vgl. RHWB 1, 1490). Auffälliger als die Verteilung der einzelnen Varianten und Strukturtypen ist das Kartenbild der Popularitätskarte. Trotz der allgemeinen Verbreitung zeichnet sich dort eine deutliche Häufung des Namentyps im Süden und Südwesten mit Ausnahme der Mittelgebirgslagen ab. Diese Häufung im Süden setzt sich auch ins angrenzende südliche Westfalen und weiter bis in den Nordwesten Hessens fort. In Westfalen tritt die größte Belegdichte allerdings im äußersten Westen auf, also an der Grenze zum Niederrhein (vgl. WFA Karte 15.1), wo im Bearbeitungsgebiet nur leicht überdurchschnittliches Vorkommen zu verzeichnen ist. Dass „hier, am Niederrhein und in den südlichen Niederlanden der Kernbereich der Toponymisierung von Driesch“ (ebd., 106) liege, ist laut der Popularitätskarte des nördlichen Rheinlandes nur eingeschränkt zutreffend. Vielmehr muss wohl von mehreren Verdichtungsräumen ausgegangen werden, die jeweils durch Gebiete mit seltenem oder fehlendem Auftreten von Driesch-Flurnamen unterbrochen werden: So weist beispielsweise der Nordwesten Hessens eine weit größere Belegdichte auf als der angrenzende Südosten Westfalens, bevor die Belege nach Nordwesten hin wieder häufiger werden. Da die hessischen Belege gleichsam die südöstliche Grenze des im nord- und westdeutschen Sprachraum verbreiteten Driesch darstellen (vgl. HFA 13), wäre eine Kartierung des Flurnamentyps im südlichen Rheinland, in den Niederlanden und in den nördlich an Westfalen angrenzenden Regionen notwendig, um die Gesamtverbreitung des Namens und die Regionen seines schwerpunktmäßigen Auftretens zu ermitteln. Variante Driesch Dresch Triesch Dries Drisch Dreesch Dreisch Σ %

Simplex 283 9 6 13 2 0 3 316 51,1

GT

Σ

BT 231 2 7 0 1 1 0 242 39,1

44 9 2 0 3 3 0 61 9,9

% 558 20 15 13 6 4 3 619 100

90,1 3,2 2,4 2,1 1,0 0,6 0,5 100

6. Sprachgeographische Auswertung

222 6.12 Driesch

6.12 Driesch

223 6.12 Driesch

224

6. Sprachgeographische Auswertung

6.13 Sand c Im Gegensatz zur nhd. Bedeutung ‘aus verwittertem Gestein, meist aus Quarz bestehende, feinkörnige, lockere Substanz’ (vgl. DUDEN 7,3281) konnte sich Sand früher nicht nur auf das Material selbst, sondern auch auf Bereiche der Erdoberfläche beziehen, wo dieses Material vorhanden war (vgl. DWB 8,1759f.). Diese weitere Bedeutung von Sand, mhd. sant m. ‘Strand, Ufer, sandige Gegend, Turnierplatz’ (vgl. MHDWB 2,605) ist in den rheinischen Mundarten erhalten geblieben, wie sich unter anderem in Redewendungen wie Land und Sand zeigt (vgl. RHWB 7,731). Das RHWB gibt als Bedeutungen sowohl ‘Sand als Material’ als auch ‘Sandboden’ an (vgl. ebd.), dementsprechend bezieht sich Sand in Flurnamen auf „sandiges Gelände, vielfach am Flußufer“ (RHFLN 255). d Im Belegmaterial tritt Sand nur in der standardsprachlichen Schreibung auf. Das aus frz. sabel ‘Sand’ entlehnte und mit Sand konkurrierende Sabel kommt laut DITTMAIER nur südlich des Bearbeitungsgebietes vor (vgl. RHFLN 254). Dies gilt auch für das Auftreten von im Sande als im Sann im Mosel- und Rheinfränkischen (vgl. ebd. 256). Auffällig ist das von vielen anderen Flurnamentypen abweichende geringe Vorkommen von Sand als Simplex und insbesondere als GT der Flurnamen, wo es auch in Westfalen „sehr selten“ (WFA 133) ist. Dies ist ein Hinweis darauf, dass die mundartliche Bedeutung ‘Sandboden’ nur bei verhältnismäßig wenigen Belegen toponymisiert wurde. Dazu gehören die Simplizia, bei denen Sand meistens ohne attributive Erweiterungen auftritt und dabei häufig mit der Präposition auf und gelegentlich zusätzlich mit den Ortsadverbien oben und unten steht. Weit häufiger steht Sand aber im BT. In der Bedeutung ‘Sand als Material’ kommt Sand wie in Westfalen fast ausschließlich in bestimmten Kombinationstypen vor (vgl. WFA 133f.): Der häufigste Kombinationstyp ist Sand + ‘Berg, Anhöhe’, die GT -berg, -hövel und -buckel kommen zusammen in 111 Fällen vor. Der nicht weiter differenzierte Kombinationstyp Sand + ‘Acker-/Grünlandbezeichnung’ mit den GT -kamp, -stück, -feld, -benden, -heide und -wiese kommt mit 73 Belegen einmal öfter vor als Sand + ‘Wegebezeichnung’ mit den GT -weg und -straße. Der vierte wichtige Kombinationstyp ist Sand + ‘Grube, Loch’. Dazu gehören 65 Belege mit den GT -kuhle/kaule, -grube und -loch. Bei den restlichen Belegen mit Sand im BT lassen sich keine regelhaften Bildungen feststellen. Das in Westfalen „ganz selten“ (ebd. 134) vorkommende Adjektiv sandig tritt im nordrheinischen Belegmaterial nicht auf. Ebenfalls fehlt das Diminutiv, vermutlich weil sich die Sand-Flurnamen in der Regel auf größere Flächen beziehen (vgl. ebd. 133). Anhand der meist im Dativ stehenden Belege lassen sich mask. und

6.13 Sand

225

neutr. Formen nur schwer trennen. Es gibt mit Auf das Sand aber immerhin einen sicheren Beleg für neutr. Genus, obwohl Sand in den Mundarten durchgängig mask. Genus hat. Diese neutr. Form am nördlichen Niederrhein ist auf den Einfluss von nl. zand n. zurückzuführen (vgl. ebd.). e Da die Sand-Flurnamen nur in einer Variante auftreten und auch die morphosyntaktischen Strukturtypen keine besondere räumliche Verteilung aufweisen, konnten die oben genannten Kombinationstypen (vgl. d) mit eigenen Symbolen in der Punktsymbolkarte berücksichtigt werden. Dabei ergeben sich jedoch allenfalls kleinräumige Häufungen bestimmter Kombinationstypen. Größere Areale, wie sie in Westfalen zumindest für die Ackerbezeichnungen als GT vorliegen (vgl. WFA 135), sind nicht zu erkennen. Auffällig ist allerdings das fast vollständige Fehlen des Musters Sand + ‘Berg, Anhöhe’ in den Mittelgebirgen, wo der GT -berg ansonsten sehr häufig ist. Offensichtlich kommen in diesen Gebieten keine größeren Sandanhäufungen vor oder sie sind im Verhältnis zu den anderen dort als Berg bezeichneten Oberflächenformen zu gering ausgeprägt, um dieselbe Bezeichnung zu erhalten. Der enge Zusammenhang von Sand-Flurnamen mit dem Relief wird in der Popularitätskarte noch deutlicher. Es zeigt sich, dass Sand im Vergleich zu anderen Flurnamentypen nicht nur andere Verhältnisse bei den morphosyntaktische Positionen (vgl. d), sondern auch eine fast komplementäre geographische Verbreitung aufweist. In sich uneinheitlich, aber dennoch gut erkennbar hebt sich das Tiefland gegenüber den Mittelgebirgen als Verdichtungsraum ab. Die größten Häufungen liegen dabei direkt an den Flüssen oder in den Akkumulationszonen ihrer ehemaligen Verläufe und zeichnen damit die Landschaftsgenese nach. Entsprechend stimmt die Lagerung der SandFlurnamen mit dem Vorkommen von Sandböden gegenüber den weitaus älteren Sedimentgesteinen der Mittelgebirge weitestgehend überein (vgl. IRSIGLER 1982, Karte I.3). Zieht man die Verteilung von Sand-Flurnamen in Westfalen (vgl. WFA Karte 24.1) und das Vorkommen darüber hinaus (vgl. zusammenfassend WFA 133) hinzu, ist Sand in einen nordwestlichen toponymischen Zusammenhang zu stellen. Variante Sand Σ %

Simplex 111 111 18,4

GT

Σ

BT 11 11 1,8

481 481 79,8

% 603 603 100

100 100

6. Sprachgeographische Auswertung

226 6.13 Sand

6.13 Sand

227 6.13 Sand

228

6. Sprachgeographische Auswertung

6.14 Geist, Gest c Geest, mnd. gēist f. ‘das hohe sandige Land’ (vgl. MNDWB 1,90), ist ursprünglich ein Wort aus dem Gebiet der kontinentalen Nordseeküste, das aber bis nach Westfalen und an den Niederrhein verbreitet war, wo es in den Mundarten jedoch ausgestorben ist (vgl. WFA 56, dort auch weitere Literatur). Über die niederdeutschen Mundarten ist es allerdings in die dt. Standardsprache gelangt und hat die Bedeutung ‘höher gelegenes, sandiges u. weniger fruchtbares Land an der Nordseeküste’ (vgl. DUDEN 3,1403). Im RHWB ist es nur noch unter der Sonderbedeutung ‘ein gewisser, sandiger Hohlweg’ (vgl. RHWB 2,1210) verzeichnet. Den Flurnamen liegt laut DITTMAIER die Bedeutung ‘leichter, oft sandiger Ackerboden’ zugrunde (vgl. RHFLN 85). d Da Geist, Gest laut DITTMAIER in allen drei Genera vorkommen kann (vgl. RHFLN 84f.; vgl. auch WFA 57), ist eine eindeutige Zuordnung der Schreibungen zu Geest, mnd. gēist f. statt zu Geist, mhd. geist m. ,Geist, Gegensatz zum Körper’ (vgl. MHDWB 1,789), trotz der überschaubaren Anzahl nicht möglich. Ausgeschlossen werden konnten allenfalls anhand der Kombinatorik Belege wie unterm Heiligengeist. Im Untersuchungsmaterial ist das Genus bei den Varianten Geest und Gest in den Fällen, in denen es zweifelsfrei bestimmt werden kann, jedoch ausschließlich Femininum. Geist dagegen ist bei 19 Belegen eindeutig nicht Femininum, so dass im Einzelfall mit weiteren Belegen und/oder Realprobe geprüft werden müsste, ob diese Belege überhaupt zu mnd. gēist f. zu stellen sind. Anhaltspunkte f ü r eine Zuordnung von Geist zu mnd. gēist liefert allerdings die geographische Verbreitung (vgl. e). Im Gegensatz zu den meisten anderen hier untersuchten Flurnamentypen ist Geist, Gest am häufigsten im BT zu finden und ist im GT nur zweimal belegt. Wie im benachbarten Westfalen (vgl. WFA 58) kommt es im BT nicht nur in der für viele Flurnamentypen gängigen Kombination Geist, Gest + ‘Ackerbezeichnung’ vor, sondern wird wie in am Gestenberg, Gestlack oder im Geistdamm auch mit Wörtern anderer Bedeutung kombiniert. Bei den Simplizia steht Geist, Gest sehr oft in Präpositionalphrasen, meistens nach auf der oder auf die, Erweiterungen mit Adjektiven kommen dagegen nur ganz selten vor. e Anhand der Punktsymbolkarte wird deutlich, dass die Varianten Geest und Gest mit zwei Ausnahmen nur am Niederrhein vorkommen. Vereinzelte, größtenteils unsichere Belege von Geist dagegen treten im gesamten Untersuchungsgebiet auf, eine starke Verdichtung der Verbreitung liegt östlich von Düsseldorf vor. Die enge räumliche Nähe zum Verbreitungsgebiet der anderen

6.14 Geist, Gest

229

Varianten legt nahe, dass dort auch mask. Formen wie aufm Geisterfeld zu mnd. gēist gehören. Die Popularitätskarte zeigt deutlich den nördlichen Bezugsrahmen des Flurnamentyps an. Abgesehen von einigen verstreuten Belegen im südlicheren Untersuchungsgebiet und einer Verdichtung um Geistenbeck, einem Stadtteil von Mönchengladbach, reicht das Gebiet mit überdurchschnittlichem Vorkommen von Geist, Gest-Flurnamen bis in den Düsseldorfer Raum. Damit ist Geist, Gest im nördlichen Rheinland weiter nach Süden vorgedrungen als in Westfalen, wo das Hauptverbreitungsgebiet zwischen Lippe und Ruhr endet (vgl. WFA Karte 2.2). Die Ursache dafür ist der Rhein, der als große Verkehrsachse das Vordringen des Wortes nach Süden begünstigte. Besonders deutlich wird dies durch die Konzentration der Belege am Rhein und das weitgehende Fehlen im restlichen Untersuchungsgebiet – sprachgeographisch handelt es sich also um einen keilförmigen Vorbruch entlang eines Verkehrsweges. Variante Geist Gest Geest Σ %

Simplex 9 12 8 29 30,5

GT

Σ

BT 2 0 0 2 2,1

41 21 2 64 67,4

% 52 33 10 95 100

54,7 34,7 10,5 100

6. Sprachgeographische Auswertung

230 6.14 Geist, Gest

6.14 Geist, Gest

231 6.14 Geist, Gest

232

6. Sprachgeographische Auswertung

6.15 Brühl, Broe(h)l, Brö(h)l c Der Flurnamentyp Brühl, Broe(h)l, Brö(h)l geht auf mhd. brüel m. ‘umzäuntes Wald-, Wiesengelände’ (vgl. AHDWB 1,1428) zurück, das vermutlich über mlat. bro(g)ilus aus gallorom. *brogilos ‘eingehegtes Gehölz’ entlehnt wurde (MÜLLER/FRINGS 1968, 128). Die für mhd. brüel m. jedoch ebenso angegebene Bedeutung ‘bewässerte, buschige Wiese, Aue’ (vgl. MHDWB 1,364) erklärt DITTMAIER als Bedeutungsübergang „von ‘Grenze’ über ‘Grenzsumpf’ zu ‘Sumpf’“ (DITTMAIER 1952/53, 176), denn die Grundbedeutung des Wortes ist „nicht das Feuchte, […] sondern das Umzäunte“ (RHFLN 43). Entsprechend deckt Brühl heute in den Mundarten ein breites Bedeutungsspektrum ab, das vom RHWB mit ‘nasser Talgrund, sumpfige, nasse, Wiese, mit Buschwerk bestanden, […] eingezäunte Wiese; ein aus Wiesen, Ackerfeldern und Gärten bestehender Distrikt, in der Regel dem Dorfe näher liegend als die Au’ (vgl. RHWB 1,1040) angegeben wird. In Hessen liegen die Brühl-Flurnamen meistens in Ortsnähe und konnten teilweise Herrenhöfen zugeordnet werden, so dass sich „die meisten hessischen Brühle ursprünglich auf die (gefriedete) herrschaftliche große Heuwiese bezogen“ (HFA 16), was auch für den Nieder- (vgl. STEEGER 1935, 333ff.) und Mittelrhein (vgl. HALFER 1988, 214) gilt. d Die -Schreibungen haben den größten Anteil an den auftretenden Varianten, sind jedoch durchweg als amtliche Schreibungen zu werten, da im ganzen Untersuchungsgebiet mundartlich [ø:] gilt. Der hohe Anteil dieser Schreibung kommt auch dadurch zustande, dass sich einige Belege wie An der Bonn-Brühler-Strasse auf den SN Brühl beziehen. Die Schreibungen und in Brö(h)l und Broe(h)l entsprechen dagegen der Mundart. Obwohl sie bei DITTMAIER (vgl. RHFLN 43) und dementsprechend auch in der Häufigkeitsmatrix getrennt aufgeführt werden, handelt es sich aufgrund ihrer ähnlichen geographischen Verteilung (vgl. e) nur um Schreibvarianten für /ø:/, so dass beide zusammen die zweite häufige Variante des Flurnamentyps im Untersuchungsgebiet ausmachen. Im Gegensatz zum HFA und zum SHFLNB wurde Brüchel(chen) hier nicht als Variante von Brühl angesehen, sondern als Diminutiv von Bruch entsprechend zu Bruch (vgl. Art. 6.16) gestellt. Der Diminutiv zu Brühl lautet in den Mundarten des Untersuchungsgebietes [brø:lçən] (vgl. RHWB 1,1040). Neben Brüchel(chen) wurde hier auch Brill, das für Hessen vielfach nachgewiesen ist (vgl. HFA 16; vgl. SHFLNB 262ff.), nicht als Brühl-Variante angesehen. Brill-Flurnamen kommen vor allem im nfrk. Teil des Untersuchungsgebietes vor, würden als Brühl-Varianten aber Umlautentrundung voraussetzen, die im Nfrk. nicht stattgefunden hat. Des-

6.15 Brühl, Broe(h)l, Brö(h)l

233

halb gehören diese Belege wohl zu Brille, worauf auch mehrfach belegtes Kick in de Brill hindeutet. Wie in Hessen (vgl. HFA 16) ist Brühl, Broe(h)l, Brö(h)l auch im Untersuchungsgebiet meistens Simplex. Das Vorkommen in Komposita, insbesondere als GT, ist zu selten, um regelhafte Verbindungen wie etwa das Muster ‘Besitzerhinweis’ + Brühl, Broe(h)l, Brö(h)l feststellen zu können. e Aus der Punktsymbolkarte geht hervor, dass Brühl, Broe(h)l, Brö(h)l und die anderen Varianten – abgesehen von einigen Lücken – im gesamten Untersuchungsgebiet vorkommen. Trotz der insgesamt recht geringen Belegmenge zeichnet sich eine auffällige Arealbildung ab – Brühl kommt, sicherlich gestützt durch den SN Brühl, eher im südlichen linksrheinischen Gebiet vor, Brö(h)l/Broe(h)l dagegen vorwiegend im südlichen rechtsrheinischen Gebiet mit einer starken Konzentration zwischen Sieg und Agger. Obwohl die Popularitätskarte wegen der Belegmenge nur eine eingeschränkte Aussagekraft hat, wird deutlich, dass der Flurnamentyp im südlichen Bereich des Untersuchungsgebietes gehäuft auftritt. Ein geschlossenes Areal mit überdurchschnittlichem Vorkommen von Brühl, Broe(h)l, Brö(h)l lässt sich wegen der geringen Belegdichte nicht ermitteln, vielmehr sind recht isolierte Verdichtungsgegenden auszumachen. Neben Teilen der (Vor-)Eifel sind das insbesondere der Bereich zwischen Sieg und Agger und das linksrheinische Gebiet zwischen Köln und Bonn, wo allerdings viele Flurnamen den SN Brühl enthalten (vgl. d). Immerhin wird der südliche Zusammenhang sichtbar, denn in größerer räumlicher Betrachtung entsprechen diese Gebiete der Nordgrenze des Massenvorkommens von Brühl, Broe(h)l, Brö(h)l im Rhein- und Moselfränkischen (vgl. RHFLN Karte 1), die sich nach Osten hin entlang der Mittelhessischen Namenscheide fortsetzt (vgl. HFA 16). In der Karte von DITTMAIER sind die Varianten von Brühl allerdings nicht berücksichtigt, weswegen sich die Grenze des Massenvorkommens dort nördlich der Lahn abzeichnet, obwohl sie tatsächlich nördlich der Sieg liegt, was sich auch in der Verbreitung der FN nachweisen lässt (vgl. GEOGEN). Variante Brühl Broe(h)l Brö(h)l Breuel Brügel Brüll Σ %

Simplex 63 36 28 4 4 1 136 83,4

GT

Σ

BT 0 6 2 1 0 0 9 5,5

6 3 5 1 0 3 18 11,0

% 69 45 35 6 4 4 163 100

42,3 27,6 21,5 3,7 2,5 2,5 100

234

6. Sprachgeographische Auswertung

6.15 Brühl, Broe(h)l, Brö(h)l

6.15 Brühl, Broe(h)l, Brö(h)l

235 6.15 Brühl, Broe(h)l, Brö(h)l

236

6. Sprachgeographische Auswertung

6.16 Bruch, Broich c Der Flurnamentyp Bruch, Broich geht auf ahd. bruoh n. m. ‘Sumpf, morastiges Gelände’ (vgl. AHDWB 1,1452), mhd. bruoch n. m. ‘Moorboden, Sumpf’ (vgl. MHDWB 1,368) zurück und ist urverwandt mit dem aus dem Keltischen stammenden Brühl (vgl. DITTMAIER 1952/53, 176; vgl. Art. 6.15). Das RHWB gibt als appellativische Bedeutung unter anderem ‘Sumpf-, Moorland, Sumpfstelle in einer Wiese, Strauchdickicht am Wasser, sumpfige Buschparzelle, Waldung’ an (vgl. RHWB 1,1026), auf die sich auch die meisten Flurnamen beziehen (vgl. RHFLN 42). Gelegentlich und nur für die Belege mit mask. Genus ist auch eine Deutung als ‘Ort, wo Steine gebrochen werden, Steinbruch’ (vgl. RHWB 1,1027) möglich. d Der hochfrequente Flurnamentyp tritt in zahlreichen lautlichen Varianten auf, die sich in der Schreibung niederschlagen. Dabei nehmen und eine dominierende Rolle ein, während vor allem die auf unverschobene Formen hindeutenden Schreibungen wie beispielsweise prozentual eine stark untergeordnete Rolle spielen, insgesamt mit 344 Belegen aber alles andere als selten auftreten. Die Schreibung in Broek ist als /u:/ zu lesen, denn sie beschränkt sich weitestgehend auf das Kleverland, wo dialektal brūk gilt (vgl. ebd. 1,1026). Somit ist die -Schreibung als bewahrte nl. Graphie zu werten. Neben diesen Schreib- und Lautvarianten nimmt Brüchel(chen) eine Sonderstellung ein. Brüchel(chen) ist bei DITTMAIER nirgends berücksichtigt, obwohl es allein in den nordrheinischen Flurnamen 75 Belege gibt und auch das Zettelarchiv des Rheinischen Flurnamenarchivs aus den 1930er Jahren eine längere Brüchel(chen)-Strecke enthält. Der HFA und das SHFLNB stellen Brüchel zu Brühl, obwohl das SHW [briçəlçə] als Diminutiv von Bruch führt (SHW 1,1154; vgl. auch PFWB 1,1266). Im RHWB ist bei Bruch keine Diminutivform verzeichnet, allerdings handelt es sich bei -elchen um eine besonders nach stimmlosen Obstruenten beliebte Variante des Diminutivsuffixes, das auch bei zahlreichen anderen Flurnamen wie Heckelchen, Bächelchen, Teichelchen, Wegelchen usw. auftritt. Im Gegensatz zum urverwandten Brühl, das in der Regel als Simplex auftritt (vgl. Art. 6.15), ist Bruch, Broich gleichmäßiger in allen Strukturtypen zu finden, steht aber in etwa der Hälfte der Fälle im GT des Flurnamens. Steht Bruch, Broich im BT, wird es sehr häufig mit -wiese, -benden oder -feld kombiniert. Bei den Belegen mit Bruch, Broich im GT dominieren die Kombinationstypen Mühlen-, Erlen- und Weidenbruch, wobei auch Steinbruch (vgl. c) sehr häufig vorkommt. Leider kann nur bei insgesamt 104 Belegen das Genus zweifelsfrei bestimmt werden. Sie setzen sich zusammen aus 68

6.16 Bruch, Broich

237

neutr. und 36 mask. Formen, für die sich aber eine unterschiedliche räumliche Verbreitung nachweisen lässt (vgl. e) e Die Punktsymbolkarte zeigt, dass die Hauptvariante Bruch im gesamten Untersuchungsgebiet vorkommt, jeweils neben einer Reihe anderer Varianten. Als typisch (nord-)rheinische Form muss Broich angesehen werden, das sich als einzige Variante außer Bruch nicht auf einen kleineren Vorkommensraum beschränkt. Die unverschobenen Formen treten erwartungsgemäß fast ausschließlich nördlich der Benrather Linie auf, die seltenen Belege im ripuarischen Gebiet könnten auch zu Brocken (vgl. RHWB 1,998) zu stellen sein. Schreibungen mit Dehnungs-e kommen mit zwei Ausnahmen nur im westlichen Nfrk. vor, während sich Schreibungen mit Doppelvokal oder ohne Längenkennzeichnung allgemeiner verbreiten. Die westfälischen Formen Brauk und Brauck kommen nur an der Ostgrenze des Untersuchungsgebietes vor und markieren den schmalen Gürtel, in dem /au/ statt /o:/ im westlichen Westfälischen gilt (DIWA Karte 456). Im Bergischen Land, südlich der Sieg und vereinzelt bis zur Eifel kommt Broch vor, allerdings stets neben Bruch und Broich. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurde auf eine zusätzliche Markierung der Bruch, Broich-Belege mit mask. oder neutr. Genus verzichtet. Wie bei den Appellativen (vgl. RHWB 1,1026) ergibt sich auch bei den Flurnamen trotz der wenigen Belege eine deutliche räumliche Distribution beim Genus. Im Neutrum kommt Bruch, Broich als Flurname fast ausschließlich im Nfrk. vor, während sich die mask. Formen bis auf drei Ausnahmen auf das Ripuarische beschränken. Die Popularitätskarte unterstreicht die allgemeine Verbreitung des Flurnamentyps, die schon aus der Punktsymbolkarte ablesbar ist. Verhältnismäßig selten ist Bruch, Broich in der Kölner Bucht, allerdings mit Ausnahme von Rur und Erft, wo er häufiger vorkommt. Im Gegensatz dazu ist der Flurnamentyp am Rhein wieder deutlich seltener – der Rhein trennt sogar das Gebiet mit überdurchschnittlichem Vorkommen in zwei Hälften. Das Auftreten des Flurnamentyps korrespondiert insgesamt mit den klimatischen Bedingungen – in den trockeneren Bördelandschaften ist er selten, in den feuchteren Mittelgebirgslagen und am Niederrhein ist er häufiger. Im südlichen Teil des Untersuchungsgebietes stimmt die Verteilung deshalb auch ungefähr mit dem Auftreten von Flurnamen aus verwandten Denotatbereichen wie Siefen (vgl. Art. 6.1), Bach sowie Brühl, Broe(h)l, Brö(h)l (vgl. Art. 6.15) überein.

6. Sprachgeographische Auswertung

238

Variante Bruch Broich Broch Bruck Bro(c)k Brüchel(chen) Broek Broo(c)k Brau(c)k Broechelchen, -öBröckelchen Σ %

Simplex 1343 512 49 24 27 58 9 6 11 9 3 2051 37,2

GT

Σ

BT 1961 552 68 48 44 13 26 8 2 0 0 2722 49,3

419 157 27 68 56 4 7 5 3 0 0 746 13,5

% 3723 1221 144 140 127 75 42 19 16 9 3 5519 100

67,5 22,1 2,6 2,5 2,3 1,4 0,8 0,3 0,3 0,2 0,1 100

6.16 Bruch, Broich

239 6.16 Bruch, Broich

240

6. Sprachgeographische Auswertung

6.16 Bruch, Broich

6.17 Bende, Bend(en)

241

6.17 Bende, Bend(en) c Die Etymologie von Bende, Bend(en) war zunächst ungeklärt (vgl. WESTPHAL 1934, 144) bzw. umstritten (vgl. DITTMAIER 1958, 108). DITTMAIER stellt Benden dann aufgrund von historischen Belegen wie Panement aus dem Xantener Raum zu mlat. banimentum (vgl. ebd., 112; vgl. RHFLN 23), dessen ursprüngliche Bedeutung von ‘Verbannung’ bis ‘Geldstrafe’ reicht, wobei in zwei Weistümern aus dem 16. Jahrhundert eine ‘Sperrung auf Zeit’ als dominierendes Moment des Begriffsinhalts nachgewiesen werden kann (vgl. DITTMAIER 1958, 111f.). Allerdings ist banimentum für ein gesperrtes Geländestück sonst in keinem Urkundenwerk nachweisbar, weswegen DITTMAIER vermutet, dass das Wort aus dem (Alt-)Wallonischen über die „direkten zwischenvolklichen Beziehungen im sprachlichen Bereich ohne die Vermittlung einer Oberschicht“ in die rheinische Volkssprache eingedrungen sei (ebd., 113). Laut RHWB bezeichnet Benden als Appellativ eine ‘vom Wasser durchflossene oder am Bach liegende, abgelegene, baumlose und nicht eingezäunte Heuwiese’ (vgl. RHWB 1,436f.). d Im Untersuchungsgebiet tritt der Flurnamentyp fast ausschließlich als Bend(en), Bende auf. Das umlautlose Band(en) geht auf mlat. banimentum zurück, ist mit einem Anteil von 5,7 % aber recht selten und zudem räumlich begrenzt (vgl. e). Für die bei DITTMAIER (vgl. RHFLN 23) angegebenen Varianten Bönd und Beent konnten im untersuchten Material keine Belege nachgewiesen werden. Während DITTMAIER Benden als mask. Form führt (vgl. ebd.), setzt WESTPHAL die fem. Form Bände als Hauptvariante an. Im vorliegenden Material sind aber nur 32 Belege mit eindeutig fem. Genus wie die lange Bende enthalten, das entspricht einem Anteil von etwa 1 %. Den Genuswechsel von banimentum n. zu Benden m. erklärt DITTMAIER damit, dass es „in den Bereich von Bann geriet, das ja ein Maskulinum ist“ (DITTMAIER 1958, 114). Bende, Bend(en) und seine Varianten kommen in etwa zwei Drittel aller Fälle im GT der Flurnamen vor und sind im BT sehr selten. Die Kombinatorik von Bende, Bend(en) im GT deutet deutlich auf das Merkmal ‘Wasser, Feuchtigkeit’ (vgl. c) hin, weil Mühlen-, Pütz-, Bach- und Bruchbenden die häufigsten Kombinationstypen sind. Ähnliches gilt für die Simplizia, die neben den gängigen Attributen wie groß und lang auch mit sauer erweitert werden. Insgesamt sind Attribute – wie bei Flurnamentypen mit ähnlicher Bedeutung (vgl. Art. 6.17-6.21, 6.23) – aber selten. e Während sich Band(en) und Bänd(en) abgesehen von einigen Streubelegen im niederbergischen Bereich konzentrieren, weist Bende, Bend(en) keine

242

6. Sprachgeographische Auswertung

besondere räumliche Distribution auf. Das gilt auch für die Verteilung der morphosyntaktischen Strukturtypen – WESTPHAL hatte Bende, Bend(en) aufgrund ihres nur teilweise aus Flurnamenverzeichnissen ergänzten Fragebogenmaterials (vgl. WESTPHAL 1934, 160) im Kölner Umland und im nfrk. Bereich „fast nur als Simplizia“ belegen können. Tatsächlich aber ist der Name als GT häufiger (vgl. d), eine regionale Häufung des einen oder des anderen Typs liegt nicht vor. Leichte Unterschiede in der räumlichen Verteilung zeigen sich allenfalls beim Genus, weil die fem. Formen im Norden etwas häufiger sind. Sie sind aber insgesamt so selten, dass auf eine gesonderte Kartierung verzichtet wurde. Noch deutlicher als die Punktsymbolkarte offenbart die Popularitätskarte das weitestgehend linksrheinische Auftreten des Flurnamentyps. Eine Ausnahme stellt das niederbergische Gebiet im Bereich Düsseldorf und Mettmann dar, das auch von WESTPHAL schon als Häufungszentrum beschrieben wurde (vgl. WESTPHAL 1934, 160). Es wird im Norden durch die Ruhr begrenzt und stellt den östlichen Rand des nördlichen Häufungsbereichs von Bende, Bend(en) dar. Eine noch stärkere Vorkommensdichte weist der Südwesten des Untersuchungsgebietes auf, insbesondere der Nordrand der Eifel sowie die Zülpicher und Jülicher Börde. Da Bende, Bend(en) südlich im Moselraum nicht vorkommt, dokumentiert die hohe Vorkommensdichte im Westen das Eindringen von Bende, Bend(en) aus dem benachbarten wallonischen Raum (vgl. DITTMAIER 1958, 113). Auffällig ist die Trennung der beiden Häufungsgebiete längs der Achse Köln-Mönchengladbach, wo Bende, Bend(en)-Belege zwar nicht gänzlich fehlen, jedoch recht selten sind (vgl. WESTPHAL 1934, 160). Da Bende, Bend(en) als Appellativ im betreffenden Gebiet jedoch bekannt ist und im gesamten Untersuchungsraum die gleiche Bedeutung hat, ist das seltene Auftreten des Flurnamentyps dort auf das seltenere Vorkommen der namengebenden Sache ‘Bachwiese’ zurückzuführen. Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Belegdichte von Bende, Bend(en) und dem Verlauf der Flüsse Rur, Erft, Niers und Wupper, wodurch ‘vom Wasser durchflossenen Wiese’ gegenüber ‘nicht eingezäunte, baumlose Wiese’ als zugrunde liegende Bedeutung (vgl. c) wahrscheinlicher ist. Dennoch gilt der Zusammenhang nicht überall und reicht nicht aus, um DITTMAIERS Herleitung des Namens von banimentum ‘gesperrtes Geländestück’ in Frage zu stellen. Immerhin ist diese geographische Verbreitung ein Indiz dafür, dass Bende, Bend(en) eben „nicht genaues Synonym“ (ebd., 145) zu Bitze, Pesch und Kamp ist (vgl. allerdings Kap. 7.8).

6.17 Bende, Bend(en)

Variante Bende, Bend(en) Band(en) Bänd(en) Bind Σ %

Simplex 917 87 19 0 1023 30,3

243

GT

Σ

BT 2113 89 14 0 2216 65,7

117 15 0 4 136 4,0

% 3147 191 33 4 3375 100

93,2 5,7 1,0 0,1 100

244

6. Sprachgeographische Auswertung

6.17 Bende, Bend(en)

245

6.17 Bende, Bend(en)

6.17 Bende, Bend(en)

246

6. Sprachgeographische Auswertung

6.18 Bitze c Flurnamen vom Typ Bitze gehen zurück auf ahd. bízūna f. ‘umzäuntes Grundstück, Gehege’ (vgl. AHDWB 1,1163), mhd. bitze f. ‘Baumgarten’ (vgl. MHDWB 1,288). Der seltenen mask. Form Betzen liegt ahd. bízūni n. (vgl. AHDWB 1,1163), mhd. biziune, bizūne n. ‘eingezäuntes Grundstück’ (vgl. MHDWB 1,293) zugrunde. Sofern Bitze noch als Appellativ bekannt ist, hat es im Untersuchungsgebiet meistens die Bedeutung ‘eingezäunte, ertragreiche Baumwiese beim Haus’, wobei auch so unterschiedliche Bedeutungen wie ‘gutes Acker- oder Gartenland’, ‘kulturmüdes Ackerland’ oder ‘kiesiger, wasserarmer Boden’ belegt sind (vgl. RHWB 1,729f.). In diesen vielfältigen Bedeutungen ist Bitze auch toponymisiert worden (vgl. RHFLN 30). In Hessen, wo das Wort in den Mundarten längst aufgegeben worden ist, kann aus historischen Belegen und aus Flurnamen die Bedeutung ‘Baumgarten’ abgeleitet werden (HFA 11). Im Nd. war das Wort immer fremd, in Westfalen kommt Bitze als Flurname deshalb nur äußersten Süden vor und ist dort in den Katasterbüchern überwiegend als ‘Grasland’ gekennzeichnet. d Im Gegensatz zu den Verhältnissen in Hessen, wo in über der Hälfte der Fälle Betze gilt (vgl. HFA 11), tritt im Untersuchungsgebiet fast ausschließlich die Hauptvariante Bitze auf. Belege für mask. Bitzen konnten im vorliegenden Material nicht gefunden werden. Für Betzen ist die Genusbestimmung nicht immer möglich, beispielsweise bei in der Betzendell und unterm Betzen, es hat aber in 14 von 39 Fällen eindeutig fem. Genus, etwa bei in der Betzen. Bei den anderen Varianten Pitze, Bütze und Botze ist eine Zuordnung zum Lemma Bitze unsicher, insbesondere bei großer räumlicher Distanz zum Gebiet mit geschlossenem Vorkommen – hier könnten beispielsweise auch Varianten von Pütz ‘Schöpf- und Ziehbrunnen’ vorliegen (vgl. HFA 11; vgl. VOGELFÄNGER 2008, 55). Mit 56,7 % kommt Bitze im Untersuchungsgebiet sehr viel häufiger als in Hessen und Westfalen im GT der Flurnamen vor, in Hessen sind es nur 7,0 % (vgl. ebd.). Dies überrascht insofern, als dass der Anteil dieses Strukturtyps gegenüber den Simplizia im Belegmaterial des Untersuchungsgebietes nach Südosten hin zunimmt (vgl. WESTPHAL 1934, Karte 2). Als Simplex steht Bitze meistens ohne Attribut und entspricht damit der Kombinatorik von Flurnamentypen mit ähnlichen Sachbezügen (vgl. Art. 6.17-6.21). Unterschiede gibt es aber in der Verwendung von Bitze im GT, denn hier treten keine dominierenden Typen zutage. Etwas gehäuft treten allerdings Weizen- und vor allem Kornbitze auf. Wegen der hohen Ansprüche von Weizen an die Bodenqualität ist in diesen Fällen für Bitze die Bedeutung ‘gutes Ackerland’ anzunehmen (vgl. c).

6.18 Bitze

247

e In beiden Karten ist ein recht geschlossenes Verbreitungsgebiet des Flurnamentyps mit ungewöhnlich scharfen Grenzen erkennbar. Die Belege konzentrieren sich im südöstlichen Teil des Untersuchungsgebietes und reichen vom Westerwald bis ins südliche Bergische Land. Links des Rheins ist Bitze seltener und kommt verstreut bis in die Eifel vor, nördlich der Linie AachenKöln sind Belege sehr selten und überdies nicht sicher zu Bitze zu stellen (vgl. d). Eine regionale Distribution der Varianten liegt nicht vor, nur bei der Verteilung der morphosyntaktischen Positionen, in denen Bitze vorkommt, deutet sich ein geringerer Anteil der Simplizia im Bitze-Kerngebiet an, der sich mit dem größeren Bedürfnis zur Differenzierung durch Komposition in Verdichtungsräumen erklären lässt. Wegen der starken Belegverdichtung ist eine zusätzliche Darstellung der morphosyntaktischen Struktur in der Punktsymbolkarte jedoch nicht sinnvoll. Die gelegentlichen räumlichen Überschneidungen mit Pesch (vgl. Art. 6.21), Kamp (vgl. Art. 6.19), Bungert (vgl. Art. 6.20) und Benden (vgl. Art. 6.17) lassen darauf schließen, dass die eigentlich weitestgehend synonyme Bedeutung der entsprechenden Appellative gebietsweise so abweichen kann, dass beide Namen nebeneinander gelten können (vgl. Kap. 7.8). Das gilt im Untersuchungsgebiet besonders für den linksrheinischen Vorkommensraum von Bitze, wo sich das zugrunde liegende Wort nur selten auf eine eingezäunte und ertragreiche Wiese beim Haus bezog (vgl. WESTPHAL 1934, Karte 1; vgl. RHFLN Karte 7b). Die in der Popularitätskarte ungewöhnlich deutlich abgegrenzte Verbreitung von Bitze stellt den nordwestlichen Rand eines ursprünglich obd.-wmd. Geltungsbereichs dar, der geschlossen bis zu Eifel reichte (vgl. WESTPHAL 1934, 175). Dementsprechend ist Bitze als Flurname im heutigen RheinlandPfalz und im Saarland ebenfalls in großer Zahl belegt (vgl. WESTPHAL 1934, Karte 2), im Saarland sogar deutlich häufiger als es aus dem Material WESTPHALS hervorgeht (vgl. SCHORR 2000, 72). Auch in Hessen ist der Flurnamentyp, abgesehen vom nd. Norden, recht allgemein verbreitet, weist aber eine deutliche Häufung im Westen auf, so dass die Streubelege im Nordosten Hessens den Nordostrand des Bitze-Geltungsbereichs markieren (vgl. HFA 11). Das Bitze-Vorkommen im äußersten Süden Westfalens (vgl. WFA Karte 41.3) verbindet die Verdichtungsgebiete aus Hessen und dem nördlichen Rheinland miteinander. Im Rheinland ist Bitze allerdings „ein Relikt im Sinne der Kulturkreisforschung“ (WESTPHAL 1934, 164), weil es vor allem vom synonym gewordenen Pesch (vgl. Art. 6.21) verdrängt und kranzförmig nur noch an den Randgebieten erhalten geblieben ist. Solche Verdrängungsprozesse von Bitze haben auch in Hessen stattgefunden, dort allerdings durch Bangert und Beune (vgl. HFA 11).

6. Sprachgeographische Auswertung

248

Variante Bitze Betze Pitze Bütze Botze Σ %

Simplex 633 32 9 7 3 684 37,3

GT

Σ

BT 1032 1 6 1 0 1040 56,7

88 6 4 3 8 109 5,9

% 1753 39 19 11 11 1833 100

95,6 2,1 1,0 0,6 0,6 100

6.18 Bitze

249 6.18 Bitze

6. Sprachgeographische Auswertung

250 6.18 Bitze

6.19 Kamp

251

6.19 Kamp c Kamp ist eine Entlehnung aus lat. campus ‘freie, unbebaute Fläche’, die aus Nordgallien in das Niederländische und die rheinischen Mundarten gelangt ist (vgl. MÜLLER/FRINGS 1968, 147) und in frühmittelalterlicher Zeit über bzw. in Westfalen das And. erreichte (vgl. WFA 63). In den Mundarten und auch als Toponym ist es im gesamten nd. Sprachgebiet gebräuchlich (vgl. ebd.) und tritt im Rheinland und in Nordhessen (vgl. HFA 13) auch südlich der Lautverschiebungslinie auf. Die Hauptbedeutung des Appellativs verengt sich im Laufe der Zeit zu ‘abgegrenztes Ackerland, eingezäuntes Stück Land’ (vgl. WFA 63), im Rheinland ist das Bedeutungsspektrum als Folge der zeitlichen Schichtung komplexer (vgl. WESTPHAL 1934, 168 und Karte 6; vgl. FRINGS 1966, 169; vgl. RHFLN Karte 20b). Auch den Flurnamen liegt eine räumlich und zeitlich variierende Bedeutung zugrunde (vgl. RHFLN 128). In der Bedeutung ‘eingehegtes Stück Feld’ ist Kamp im Rheinland synonym zu Bitze (vgl. Art. 6.18) und Pesch (vgl. Art. 6.21) geworden (vgl. WESTPHAL 1934, 142). d Der Flurnamentyp kommt bis auf die wohl als Katasterform zu wertende Variante Kampf und die Formen mit oder für den umgelauteten Stammvokal nur in der Hauptvariante Kamp vor. Der Umlaut tritt vor allem im Plural und vor dem Diminutivsuffix -chen auf, Kemp kommt gelegentlich aber auch im Singular vor, weswegen eine von WEIJNEN (vgl. WEIJNEN 1967, 403, zit. nach POST 1982) angesetzte zweite Ausgangsform *campio in Betracht gezogen werden kann. 8,5 % der Gesamtbelege weisen das Diminutivsuffix auf, das ist ein relativ hoher Wert. Mit über 35,7 % steht Kamp recht selten als Simplex und dafür häufig im GT der Flurnamen, weil Kamp als Appellativ häufig noch gebräuchlich ist – erst durch die nähere Bestimmung, in der Regel durch Besitzer oder Nutzung, bekommt es onymischen Charakter und wird zum „wirklichen Flurnamen“ (WESTPHAL 1934, 149f.). In Hessen dagegen, wo die Kamp-Flurnamen aber „seit langem keine Stütze mehr im Wortgebrauch“ (HFA 13) haben, sind die Verhältnisse umgekehrt, hier treten sie mit über 60 % als Simplex auf. Bei den Bildungen mit -kamp im GT kommen aufgrund der recht allgemeinen Bedeutung von Kamp sehr viele verschiedene Kombinationstypen vor. Zu ungefähr gleichen Teilen dominieren aber die Kombinationstypen ‘Nutztier’ + Kamp wie Kuh-, Ossen- oder Pferdekamp und ‘Bodenbedeckung’ + Kamp, also beispielsweise Heid-, Busch- und Birkenkamp. Nicht selten ist auch der Typ ‘Besitzerangabe’ + Kamp, wie die Beispiele Schmitzkamp und Pastorskamp belegen. Als Simplex kommt Kamp meistens ohne Erweiterung vor, sehr häufig ist aber die Präposition auf. Die häufigsten Attribute sind groß, neu und

252

6. Sprachgeographische Auswertung

lang. Als BT dient Kamp – wie beispielsweise auch Bungert (vgl. Art. 6.20) – sehr oft zur näheren Bestimmung von -hof und -feld. e Die Punktsymbolkarte belegt das massenhafte Vorkommen von Kamp in Flurnamen. Mit 5.956 Belegen gehört Kamp zu den am häufigsten belegten Flurnamentypen im Untersuchungsgebiet. Auffällig ist die Dominanz von Schreibungen mit für den Stammvokal im Gebiet nordwestlich von Düsseldorf. Die dortigen Flurnamen referieren wie beispielsweise An der Kempener Straße zum Großteil auf den SN Kempen. Deutlich lässt sich in der Karte das seltenere Vorkommen des Flurnamentyps im linksrheinischen Kölner Raum bis zur Rur sowie generell im Süden des Untersuchungsgebietes feststellen. Auch WESTPHAL hatte auf Basis ihres Belegmaterials im linksripuarischen Gebiet eine leichte Auflockerung erkannt, „die sich keilförmig in das dichte nördliche Belegnetz vorschiebt“ (WESTPHAL 1934, 157). Diesen Eindruck bestätigt auch die Popularitätskarte recht genau, wobei der Südrand des Untersuchungsgebietes ohnehin in etwa das Verbreitungsgebiet von Kamp im Süden begrenzt, denn die vereinzelt südlich davon auftretenden Namen sind nicht eindeutig auf Kamp zurückzuführen, sondern können auch zu Kamm ‘Höhenrücken’ oder kelt. camb ‘Krümmung’ gehören. (vgl. ebd., 143). Anders ist die Situation am nördlichen und östlichen Rand des Untersuchungsgebietes, wo der Flurnamentyp sehr häufig auftritt. Dabei treten mit dem Niederrhein und vor allem dem Bergischen Land bis zur Ruhr zwei Gebiete besonders hervor, die sich in einen größeren nordöstlichen Zusammenhang stellen lassen, denn das Kamp-Gebiet reicht vom Niederrhein über Westfalen und Ostfalen bis an die Saale, die Südgrenze liegt etwa an der Eder in Hessen (vgl. HFA 13). Auch in den nordwestlichen Nachbargebieten kommt Kamp „in beträchtlicher Zahl“ (MÜLLER/FRINGS 1968, 148) vor. In Westfalen ist es sogar mit Abstand der am häufigsten belegte Flurnamentyp, wobei auch hier eine Abnahme der Belege nach Süden hin zu verzeichnen ist (vgl. WFA Karte 4.1 und Karte 4.2). In den Gebieten mit geringerer Verbreitungsdichte steht Kamp in Konkurrenz zu den dort synonymen Bezeichnungen wie Pesch, Bitze und Bende (vgl. Art. 6.21, 6.18, 6.17; vgl. zusammenfassend Kap. 7.8). Dennoch belegt die Menge und die Verteilung der Kamp-Flurnamen, dass sie „charakteristisch für die nördliche Rheinprovinz, also Ripuarien, Berg und das Kleverland“ (FRINGS 1966, 169) sind.

6.19 Kamp

Variante Kamp Kämp, -e(n), -chen Kemp, -e(n), -chen Kampf Σ %

253

Simplex 1494 489 127 18 2128 35,7

GT

Σ

BT 3312 330 15 5 3662 61,5

67 31 68 0 166 2,8

% 4873 850 210 23 5956 100

81,8 14,3 3,5 0,4 100

6. Sprachgeographische Auswertung

254 6.19 Kamp

6.19 Kamp

255 6.19 Kamp

256

6. Sprachgeographische Auswertung

6.20 Bungert; (Baumhof) c Der kartierte Flurnamentyp geht auf ahd. boumgart(o) m. ‘Baumgarten, Obstgarten’ (vgl. AHDWB 1,1301f.), mhd. boumgarte m. ‘Baumgarten’ (vgl. MHDWB 1,334) zurück, neben denen sich schon ahd. boungarto, bongarto m. (vgl. AHDWB 1,130f.) und mhd. būngarte m. (vgl. MHDWB 1,383) entwickelt. Mundartlich ist das Wort geläufig und wird für eine Wiese in der Nähe des Wohnhauses oder des Dorfes verwendet, die mit Obstbäumen bestanden, von größerer Fläche und meist eingezäunt ist – es kann aber auch als Bezeichnung für den Friedhof gebraucht werden (vgl. RHWB 1,556). Diese Bedeutungen liegen auch den Bungert-Flurnamen zugrunde. Das Appellativ ist „in jüngerer Zeit […] z.T. synonym mit Päsch, Bitze, Kamp“ (RHFLN 45; vgl. WESTPHAL 1934, 51) geworden. d Im Untersuchungsgebiet treten die Varianten Bungert, Bungart und Bungerd mit für den Stammvokal in insgesamt über der Hälfte der insgesamt 691 Belege am häufigsten auf. Bongert und Bongart haben mit etwa einem Drittel den nächstgrößten Anteil, die Belege für standardsprachliches Baumgarten sind mit gut 10 % recht selten. Das im südwestdeutschen Sprachraum vorherrschende und auch im südwestlichen Hessen dominierende Bangert ist im nördlichen Rheinland nur fünfmal, davon an zwei Belegpunkten je zweifach belegt. Dass der Flurnamentyp Bungert überwiegend in einfacher Form auftritt und nur gelegentlich im GT und selten im BT steht, lässt sich schon anhand der Karte von WESTPHAL ablesen (vgl. WESTPHAL 1934, 167). Insgesamt zeigt sich im nördlichen Rheinland aber ein ausgeglicheneres Bild als in Hessen, wo der Namenbestandteil in fast 90 % der Fälle in einfacher Form vorkommt (vgl. HFA 21). Dennoch überwiegt Bungert als Simplex. In dieser Position steht es fast immer ohne Attribut, nur groß kommt mehr als einmal vor. Bei den insgesamt ebenfalls verhältnismäßig seltenen Präpositionen überwiegen auf und im. Bei den Bildungen mit Bungert im GT dominiert der Strukturtyp ‘Besitzerangabe’ + Bungert, wobei BT wie beispielsweise Schmitz-, Michels- und Jans- häufiger sind als Burg-, Kloster- oder Kirchen-. Als BT wird Bungert fast immer mit Wohnstätten- oder Ackerbezeichnungen kombiniert, am häufigsten sind Bungartshof und Bungartsfeld, wobei Bungert hier auch FN sein kann. e Schon anhand der Punktsymbolkarte wird deutlich, dass der Flurnamentyp Bungert mit seinen Varianten zwischen Rhein und Sieg am häufigsten auftritt, grundsätzlich aber im gesamten Untersuchungsgebiet vorkommt und verhältnismäßig homogen verbreitet ist. Damit muss das entsprechende Kartenbild

6.20 Bungert; (Baumhof)

257

bei WESTPHAL (vgl. WESTPHAL 1934, 167) und die darauf gründende Feststellung, im niederfränkischen Sprachgebiet komme der Name nur „ganz vereinzelt“ (RHFLN 45) vor, korrigiert werden. WESTPHAL hatte die Belege für Bungert nicht systematisch erhoben, bewertet das angebliche Fehlen des Flurnamens im Norden aber als „so stark, dass man es mit der Lückenhaftigkeit des Materials nicht erklären kann“ (WESTPHAL 1934, 161). Da Bungert als Appellativ im Norden jedoch geläufig ist, folgert sie, dass Bungert als Flurname den Norden „erst in jüngster Zeit erobert“ (ebd., 173) habe. Die Popularitätskarte belegt aber, dass die hier verwendete Datengrundlage dafür keine Anhaltspunkte enthält. Statt eines Fehlens liegt an der äußersten Nordspitze des Untersuchungsgebietes sogar eine Belegdichte vor, die nur noch von den Verbreitungsräumen im Süden übertroffen wird. Vereinzeltes Auftreten ist allenfalls im östlichen Bergischen Land an der Grenze zu Westfalen festzustellen. Dort kommen dann das insgesamt aber nur siebzehnmal belegte Baumhof oder zumindest teilsynonyme Bezeichnungen wie Bitze (vgl. Art. 6.18), Pesch (vgl. Art. 6.21), Benden (vgl. Art 6.17) und Kamp (vgl. Art. 6.19) gehäuft vor (ebd.). In Westfalen zeigt sich an der Grenze zum Rheinland ein sehr ähnliches Bild – im Norden dominiert Bungert, während südlich der Ruhr nur Baumhof vorkommt. Innerhalb Westfalens weist der an der Grenze zum nördlichen Rheinland gelegene Kreis Borken die höchste Frequenz an Belegen von Bungert, Bummert oder Baumgarten auf (vgl. WFA 51.2), insgesamt ist aber Baumhof häufiger. In Hessen sind die Flurnamen des Typs Bangert/Baumgarten gleichmäßiger und häufiger verbreitet, Baumhof ist sehr selten. Bemerkenswert ist dort die Verteilung der Varianten – während im Nordosten Baumgarten dominiert, tritt im Südwesten häufiger Bangert auf, das „vorwiegend ein Name des südlichen und westlichen Sprachraums ist“ (HFA 21), im Untersuchungsgebiet allerdings sehr selten vorkommt und als mittelrheinische Form anzusehen ist (vgl. RHFLN 45; vgl. HALFER 1988, 195f.). Obwohl jeweils überall vorhanden, erweist sich Bungert im Untersuchungsgebiet tendenziell als südliche Variante, während Bongert im Norden häufiger ist. Entsprechend dieser räumlichen Distribution treten auch die Familiennamen Bongart(z) und Bungart(z) auf (vgl. GEOGEN). Variante Bungert Bongart, -ard Bongert, -erd Baumgart(en) Bungart, -ard Büngert Bangert Böngert Bungengarten Σ %

Simplex 154 77 67 49 28 7 3 4 1 390 56,4

GT

Σ

BT 129 8 30 22 8 0 1 0 0 198 28,6

21 44 20 3 15 0 1 0 0 104 15,0

% 304 129 117 74 51 7 5 4 1 692 100

43,9 18,6 16,9 10,7 7,4 1,0 0,7 0,6 0,1 100

258

6. Sprachgeographische Auswertung

6.20 Bungert; (Baumhof)

6.20 Bungert; (Baumhof)

259 6.20 Bungert; (Baumhof)

260

6. Sprachgeographische Auswertung

6.21 Pesch, Pass c Die Flurnamen des Typs Pesch, Pass gehen etymologisch auf lat. pascuum ‘(Wald-)Weide’ zurück. Es liegt also ein Lehnwort zugrunde, das „entweder direkt oder über spätere romanische Vermittlung“ (WFA 181) in das Wmd. gelangt ist. Gegen eine direkte Entlehnung spricht jedoch das mask. Genus (vgl. RHFLN 225). Neben der ursprünglichen haben sich landschaftlich unterschiedliche appellativische Bedeutungen entwickelt, die von ‘Weide’ und ‘Wald’ im Norden des Untersuchungsgebietes über ‘(üppig wuchernde) Wiesenstelle’ in der Mitte bis hin zu ‘eingezäunte Wiese beim Haus’ in der Eifel reichen (vgl. WESTPHAL 1934, 137). Auch als Flurname ist die Bedeutung „nach Landschaften verschieden“ (RHFLN 222) und entspricht der dort jeweils geltenden appellativischen Bedeutung. Da es keine räumliche Verbindung zu Gebieten gibt, in denen das Wort heute noch gebräuchlich ist, gilt Pesch als romanisches Restwort (vgl. FRINGS 1966, 188). d Der mit 1.350 Belegen recht häufig belegte Flurnamentyp tritt in der deutlichen Mehrzahl der Fälle in der Variante Pesch auf, im nfrk. Gebiet gilt Pass. Eine sprachliche Zwischenposition nimmt die dritte wichtige Variante Pasch ein, die zwar hochdeutsches -sch, nicht aber den „charakteristisch westdeutschen Übergang von a zu ä vor folgendem sch“ (FRINGS 1926, 106) enthält. Das von DITTMAIER angegebene Pösch konnte im Belegmaterial nicht nachgewiesen werden. Während in Westfalen das Simplex überwiegt (vgl. WFA 183), kommt Pesch im Untersuchungsgebiet zu ungefähr gleichen Teilen als Simplex oder als GT in den Flurnamen vor, im BT steht es nur sehr selten. Eine auffällige räumliche Verteilung dieser morphosyntaktischen Strukturtypen, wie WESTPHAL (vgl. WESTPHAL 1934, 156) sie beschreibt, konnte im untersuchten Material nicht festgestellt werden. Die unterschiedliche Bedeutung von Pesch (vgl. c) lässt sich noch an den Komposita ablesen. Während im Norden neben Baumbezeichungen wie Elsenpesch in den häufigsten Fällen Weidetierbezeichnungen wie Kälberpesch auftreten, kommen letztere im Süden nicht vor. Stattdessen sind dort Namen wie Backespesch, Hofpesch oder Peschgarten häufiger, die auf eine Wiese am Haus hindeuten. e Die Punktsymbolkarte offenbart eine recht deutliche Trennung der drei wichtigsten Varianten Pass, Pasch und Pesch. Die Varianten ohne Umlaut beschränken sich weitestgehend auf den nfrk. Raum. Pasch fügt sich dabei auch geographisch zwischen das Pass- und Pesch-Gebiet ein. Anhand von Pesch, das in der Mitte und im Süden des Untersuchungsraums gilt, zeigt sich der sprachliche Reliktcharakter von Flurnamen, da der Umlaut bei den Appel-

6.21 Pesch, Pass

261

lativen wie Fläsch „vor dem süd- und kulturdeutschen Raum abstirbt“ (FRINGS 1926, 106) und südlich der Achse Köln-Jülich-Aachen nicht mehr vorkommt (vgl. DSA Karte 222). Vereinzelt kommt Pesch auch im Nfrk. vor, wobei es sich nicht nur um dialektferne Katasterformen handelt, wie mundartliche Belege wie Op de Pesch oder Tüschen die Peschen zeigen. Der Flurnamentyp Pesch, Pass tritt im gesamten Untersuchungsgebiet auf, hauptsächlich allerdings linksrheinisch. In Westfalen kommt er nur im äußersten Westen und Südwesten vor, also an der Grenze zum Untersuchungsgebiet, wo demnach die östliche Begrenzung des Verbreitungsareals von Pesch, Pass liegt. Im Süden wird die Verbreitung des Flurnamentyps durch die Mosel begrenzt (vgl. WESTPHAL 1934, 159 und Karte 5). Pesch, Pass ist damit am Niederrhein und im rechtsrheinischen Bereich in Flurnamen weiter verbreitet als das Appellativ (vgl. ebd., 158 und Karte 4), was auf ein ehemals größeres Verbreitungsgebiet hindeutet, das einem „mittelfränkischen“ (ebd. 175) Raumzusammenhang entspricht. In der Popularitätskarte wird eine Lücke zwischen den Hauptverbreitungsgebieten des Flurnamentyps in der Eifel und am westlichen Niederrhein deutlich, die auch in der Appellativ-Karte bei WESTPHAL erkennbar ist. Pesch, Pass kommt als Flurname im Norden wohl deshalb noch gehäuft vor, weil hier die ursprüngliche appellativische Bedeutung ‘(Wald-)Weide’ nach wie vor gilt. Sonst ist es durch seinen Bedeutungswandel zu ‘eingezäunte, ertragreiche Wiese beim Haus’ synonym geworden mit Kamp (vgl. Art. 6.19), Bitze (vgl. Art. 6.18) und Benden (vgl. Art. 17) und dann laut WESTPHAL durch Bungert (vgl. Art. 6.20) allmählich verdrängt worden (vgl. WESTPHAL 1934, 173; vgl. allerdings Kap. 7.8). Der Verdichtungsraum in der Eifel dagegen zeigt deren Bedeutung als „Sammelstelle überhaupt für romanisch-westliche Reste“ (WESTPHAL 1934, 165), die Pesch trotz seines dortigen Bedeutungswandels gegenüber Kamp, Bitze usw. bewahrt. Trotz der unterschiedlichen appellativischen Bedeutung (vgl. c) und toponymischen Verbreitungsdichte im Untersuchungsgebiet ist Pesch aber „ein Charakteristikum des Kölner und Trierer Raumes“ (FRINGS 1966, 173), was neben dem Vorkommen in Appellativen und Flurnamen entsprechend auch bei den Familiennamen Pass und Pesch sichtbar wird (vgl. GEOGEN). Variante Pesch Pass Pasch Päsch Päss Peisch Paisch Σ %

Simplex 446 107 38 19 3 5 4 622 46,1

GT

Σ

BT 474 173 35 8 5 0 0 695 51,5

24 2 6 1 0 0 0 33 2,4

% 944 282 79 28 8 5 4 1350 100

69,9 20,9 5,9 2,1 0,6 0,4 0,3 100

262

6. Sprachgeographische Auswertung

6.21 Pesch, Pass

6.21 Pesch, Pass

263 6.21 Pesch, Pass

264

6. Sprachgeographische Auswertung

6.22 Weide c Das Appellativ Weide geht zurück auf ahd. weida f. ‘Beute, Futter, Weide’ (vgl. SCHÜTZEICHEL 2006, 403), mhd. weide, weid f. ‘Futter, Speise, Weide, Weideplatz’ (vgl. MHDWB 3,737f.). Gegenüber der nhd. Bedeutung ‘grasbewachsenes Stück Land, auf dem das Vieh weiden kann, das zum Weiden genutzt wird’ (vgl. DUDEN 10,4461) hatte es also früher einen größeren Bedeutungsumfang, durch den es in Konkurrenz stand zu Benden (vgl. Art. 6.17) Wiese/Wische (vgl. Art. 6.23), Mate (vgl. ebd.) und anderen. Für die Flurnamen gibt DITTMAIER nur ‘Viehweide, Weideplatz’ (vgl. RHFLN 335) an, obwohl die alte, allgemeinere Bedeutung laut RHWB in den Mundarten teilweise noch erhalten ist – am Westrand und im Norden des Untersuchungsgebietes kann sich Weide auch auf eine Wiese beziehen, „ohne dass sie dem Vieh zur Weide dient“ (RHWB 9,367). Problematisch ist ferner, dass die Weidenutzung von Grünflächen, speziell von größeren Gemeinschaftsflächen, „zu selbstverständlich“ (WFA 174) war, als dass sie als Benennungsmotiv herangezogen wurde. Aus diesem Grund lässt sich von der geographischen Verbreitung des Flurnamentyps Weide nur sehr eingeschränkt auf die Verbreitung von Weideland schließen. d Neben standardsprachlichem Weide kommen auch mundartlich geprägte Varianten vor, die zwar selten, aber insofern von großer Bedeutung sind, als dass sich damit Weide vom im Nhd. homographen Pflanzennamen Weide, ahd. wīda f. ‘salix, Weide’ (vgl. STARCK/WELLS 1990, 722), mhd. wīde f. (vgl. MHDWB 3,821) abgrenzen lässt. Diese „Heranziehung der Mundart“ (RHFLN 335) zur Unterscheidung ist aber bei über 90 % der Belege zur Unterscheidung nicht möglich, eine Disambiguierung anhand von Namenkontexten in Flurkarten wäre nur in wenigen Fällen, nicht aber für das gesamte Bearbeitungsgebiet praktikabel. Einzig über die Kombinatorik lassen sich deshalb noch größere Belegmengen klar zuordnen, beispielsweise bei Flurnamen wie auf der Kuhweide einerseits oder am Weidenstrauch andererseits. Steht Weide im GT, dann beziehen sich die BT in aller Regel auf Weidetiere – Kuhweide ist wie im benachbarten Westfalen (vgl. WFA 176) der häufigste Typ. Seltener sind Besitzerangaben wie Hof- oder Herrenweide oder Angaben zur Bodenqualität wie bei Fettweide. Weide kommt häufig auch als einfaches Simplex vor, Attribute beziehen sich auf die Gestalt und Lage, seltener auf die Bodenqualität. Im BT kommt Weide verhältnismäßig oft und auch häufiger als in Westfalen (vgl. ebd.) vor, statt dortigem Weidenkamp ist Weidenpesch im Untersuchungsgebiet der häufigste Typ.

6.22 Weide

265

e Die Punktsymbolkarte belegt die allgemeine Verbreitung von WeideFlurnamen im nördlichen Rheinland. Die mundartlich geprägten Varianten kommen – abgesehen von wenigen Belegen im Südosten, bei denen Wei oder Wey jeweils ausschließlich im BT stehen – vor allem im Norden und Westen vor, eine Arealbildung bestimmter Varianten ist nicht zu erkennen. Für die Gesamtverteilung ergibt sich allerdings ein deutlicher räumlicher Schwerpunkt, wie neben der Punktsymbolkarte besonders die Popularitätskarte zeigt. Dort wurden nur die eindeutig zu Weide ‘Viehweide’ gehörenden Belege berücksichtigt, also alle mundartlichen Schreibungen und der häufige Kombinationstyp ‘Weidetierbezeichnung’ + Weide. Das Kartenbild entspricht im Wesentlichen jedoch der Verteilung aller Weide-Belege. Im Vergleich mit Popularitätskarten von Flurnamen, die auf zumindest teilsynonyme Bezeichnungen zurückgehen, lässt sich für das Benennungsmotiv ‘Grünland’ eine deutliche namenräumliche Gliederung nachweisen: Im Osten gilt Wiese (vgl. Art. 6.23), im Westen und in der Mitte Benden (vgl. Art. 6.17) und im Norden dominiert dagegen Weide. Aufgrund von kleineren Bedeutungsunterschieden kommen alle Namen jedoch auch zusammen vor. Am Westrand des Untersuchungsgebietes, wo Weide als Appellativ älteres Wische verdrängt hat (vgl. RHWB 9,366), ist es der Popularitätskarte zufolge nicht besonders häufig. Die Punktsymbolkarte zeigt jedoch auch dort eine gewisse Verdichtung von Weide, das im Westen aber eine allgemeinere Bedeutung hat und nur selten in dem Kombinationstyp auftritt, der in der Popularitätskarte berücksichtigt wurde. Insgesamt ist davon auszugehen, dass sich das Weide-Areal weiter ausbreiten wird. Im Nl. verdrängt es aufgrund einer Bedeutungserweiterung Benden und Mate, die im östlichen Nl. verbreiteten Hooiweide-Flurnamen reichen bis in den Westen Westfalens, auch im nördlichen Rheinland ist Heuweide belegt. Im westlichen Westfalen „bedrängt Weide seinerseits Wiese als Benennung/Bezeichnung von Mähland“ (WFA 176), zumal zwischen beiden Flurnamentypen ohnehin Übergänge bestehen (vgl. Art. 6.23). Darüber hinaus hat Weide in Westfalen gegenüber Kamp „in den letzten 150 Jahren […] an Boden gewonnen, z.T. drastisch“ (WFA 177), was auch auf dem Einfluss der standardsprachlichen Verwendung von Weide beruht. Im Untersuchungsgebiet deutet sich der Ausbreitungstrend von Weide in den Kartenbildern dadurch an, dass Weide stärker als Wiese (vgl. Art. 6.23) und vor allem als Benden (vgl. Art. 6.17) auch außerhalb seines Kernareals häufig vorkommt.

6. Sprachgeographische Auswertung

266

Variante Weide Wey Wei Weyde Weed Σ %

Simplex 795 56 5 3 1 860 33,5

GT

Σ

BT 1149 88 5 1 0 1243 48,4

410 25 28 1 0 464 18,1

% 2354 169 38 5 1 2567 100

91,7 6,6 1,5 0,2 0,04 100

6.22 Weide

267 6.22 Weide

6. Sprachgeographische Auswertung

268 6.22 Weide

6.23 Wiese; (Mate)

269

6.23 Wiese; (Mate) c Den hochfrequenten Wiese-Flurnamen liegt das Appellativ Wiese, ahd. wisa f. ,Wiese’ (vgl. STARCK/WELLS 1990, 738), mhd. wise f. ‘Wiese’ (vgl. MHDWB 3,938) zugrunde. Diesem Wort steht im Nd. das bedeutungsgleiche Wische, as. wīska, mnd. wīsche gegenüber, das sich durch Ablaut und k-Suffix von ahd. wisa unterscheidet (vgl. RHWB 9,505; vgl. RHFLN 347f.; vgl. WFA 203), aber in Flurnamen „heute fast durchweg zu Wiese verhochdeutscht worden“ ist (RHFLN 342). Im Untersuchungsgebiet hat Wiese laut DITTMAIER die Bedeutung ‘Grasland jeder Art’ (ebd.; vgl. auch RHWB 9,505f.), konkurriert in der Westhälfte und im Norden aber sowohl als Appellativ als auch als Flurname mit Benden (vgl. Art. 6.17) und Weide (vgl. DSA Karte 41; vgl. Art. 6.22), die jeweils speziellere Bedeutungen haben. Am äußersten Nordrand des Untersuchungsgebietes kommt noch Mate, mnd. māt f. ,Wiese, Heuwiese’ (vgl. MNDWB 2,923) vor. d Als einer der wenigen in der vorliegenden Untersuchung behandelten Flurnamentypen kommt Wiese im Belegmaterial ohne mundartlich geprägte Varianten vor. Das liegt zum einen am amtlichen Charakter des Belegmaterials, zum anderen am standardsprachlichen Status von Wiese. Im Dialekt weicht Wiese zudem kaum von der standardsprachlichen Form ab, hier und da tritt beim Stammvokal Senkung oder ein fallender Diphthong auf, das auslautende /-ə/ wird apokopiert (vgl. RHWB 9,505). Wegen seiner unspezifischen Bedeutung kommt Wiese nur selten im BT oder als einfaches Simplex vor, sondern wird als Simplex meistens von Attributen begleitet oder steht im GT von Komposita. Mit einem Anteil von 3,5 % kommt das Diminutiv bei Wiese verhältnismäßig häufig vor. Bei Wiese als Simplex beziehen sich die Attribute in der Regel auf die Lage und Ausdehnung des Flurstücks, häufig sind groß, lang, unterst usw., daneben wird oft auch die Bodenqualität bei der Benennung mit herangezogen, so etwa sauer und trocken. Bei den Komposita dominieren solche Typen, die die Zugehörigkeit der Wiese zu einem bestimmten Objekt kennzeichnen – oft sind das Gebäude wie bei Kirchwiese, Mühlenwiese oder bei dem mit 379 Belegen häufigsten Typ Hofwiese. Auch natürliche Merkmale wie Berg-, Bruch- oder Busch- kommen gelegentlich im BT vor, der Typus ‘FN’ + Wiese ist dagegen seltener. Wie in Westfalen zeichnen sich bei Flurnamen, die von der Nutzung her motiviert sind, mit ‘Heuland’ und ‘Weideland’ zwei Gruppen ab (vgl. WFA 205). Zur ersten Gruppe gehören vor allem Heu-, Mäh- und Kornwiese, seltener Schnitt- und Grummetswiese. Das in Westfalen häufige Graswiese (vgl. ebd.) kommt im Untersuchungsgebiet nicht vor. Hinweise auf die Nutzung als Weideland und damit auf eine speziellere Bedeutung, in der Wiese

270

6. Sprachgeographische Auswertung

stärker mit Benden (vgl. Art. 6.17) und Weide (vgl. Art. 6.22) konkurriert, sind entsprechend seltener. Am häufigsten ist Pferdswiese vor Kuh-, Kalbsund Schafswiese. e In der Punktsymbolkarte sind neben Wiese auch Mate und das etymologisch verwandte Wische aufgenommen worden, aus Gründen der Übersichtlichkeit wurden deren Varianten dabei jedoch nicht eigens markiert – Mate kommt beispielsweise in den Schreibungen , , , und vor, die aber keine räumliche Systematik aufweisen und in der Karte deswegen nicht differenziert wurden. Es deutet sich auch im nördlichen Rheinland der Kontrast zwischen Mate und Wiese an, der in Westfalen insbesondere in der Sonderbedeutung ‘Weide’ nachgewiesen werden konnte (vgl. WFA Karte 41.2). Wie in Westfalen kommt Mate in Flurnamen nur noch in unmittelbarer Randlage zum Nl. hin vor (vgl. WFA 206 und Karte 41.3). Die Verbreitung der auf as. wīska basierenden Varianten entspricht in etwa dem Areal des Appellativs (vgl. DSA Karte 41). Das räumliche Nebeneinander mit dem weitaus häufigeren Wiese belegt, dass Wische durch die standardsprachliche Form „fast völlig verdrängt“ (RHFLN 347) wurde. Anhand der Popularitätskarte wird deutlich, wie unterschiedlich stark Wiese toponymisiert wurde. Das Areal mit großer Vorkommensdichte beschränkt sich weitestgehend auf das Bergische Land und reicht nur im äußersten Süden des Untersuchungsgebietes westlich über den Rhein. Da sich das namengebende Motiv nicht nur auf diesen Raum beschränkt, liegen dem Kartenbild unterschiedliche Geltungsbereiche synonymer Bezeichnungen zugrunde. Tatsächlich ergibt sich in weiten Teilen des nördlichen Rheinlandes mit dem Verwendungsgebiet von Benden (vgl. Art. 6.17) eine nahezu komplementäre Distribution. Sie lässt sich östlich von Düsseldorf, wo Benden auch rechtsrheinisch gilt und das Areal mit hochfrequentem Wiese nördlich begrenzt, sogar kleinräumig nachweisen. Da Benden ‘Heuwiese’ jedoch eine spezifischere Bedeutung hat, deutet der räumliche Befund stark darauf hin, dass Wiese in den Flurnamen ebenfalls die Bedeutung ‘Heuwiese’ zugrunde liegt und es als ‘Grasland jeder Art’ kaum toponymisiert wurde. Dafür sprechen auch die zahlreichen Kombinationstypen, die auf die Nutzung als Ernteland hindeuten. Weide war deshalb bei seiner Toponymisierung nicht vollständig synonym zu Wiese und kommt dementsprechend häufiger auch zusammen mit Wiese vor. Dass sich zwischen den Wiese- und Weide-Arealen (vgl. Art. 6.22) dennoch ein komplementäres Verhältnis andeutet, das auch bei den Appellativen feststellbar ist (vgl. DSA Karte 41; vgl. RHWB 9,505), hängt wohl eher mit einem speziellen Bewirtschaftungszyklus zusammen. Bis etwa 1890 wurde das Grasland häufig abwechselnd als Weide- und Ernteland genutzt (vgl. RHWB 9,367), so dass in einigen Regionen eher das eine, anderswo eher das andere Benennungsmotiv für die Flurnamen herangezogen wurde.

6.23 Wiese; (Mate)

271

Variante Wiese Wische, Wi(e)ske Σ %

Simplex 2664 24 2688 37,8

GT

Variante Mate Σ %

Simplex

GT

7 7 29,2

Σ

BT 4125 12 4137 58,3

273 4 277 3,9 Σ

BT 17 17 70,8

% 7062 40 7102 100

0 0 0

99,4 0,6 100

% 24 24 100

100 100

272

6. Sprachgeographische Auswertung

6.23 Wiese; (Mate)

6.23 Wiese; (Mate)

273 6.23 Wiese; (Mate)

274

6. Sprachgeographische Auswertung

6.24 Anger c Die ursprüngliche Bedeutung von Anger, dem germ. *ang-ra m. vorauszusetzen ist, lautet ‘Grasland’ (vgl. KLUGE/SEEBOLD 44). Sie ist noch in mhd. anger m. (f.) ‘Grasland, Ackerland’ (vgl. MHDWB 1,70f.) erkennbar, wobei für ahd. angar m. ‘Ackerland, Saatfeld’ auch ‘Platz zum Abhalten von Spielen’ und ‘Marktplatz’ nachweisbar sind (vgl. AHDWB 1,518). In dieser allgemeineren Bedeutung bezog sich Anger später auf einen „Grasplatz, und zwar meist auf einen eingefriedigten, nahe dem Dorf gelegenen“ (RHFLN 13), der häufig für gemeinschaftliche Zwecke genutzt wurde (vgl. BADER 1973, 118). Dieser große Bedeutungsumfang und die damit verbundene „große Variationsbreite der Erscheinungen verbietet jedoch eine ein für allemal gültige Deutung; die jeweilige Verwendung ist nur dem örtlichen oder landschaftlichen Quellenkreis zu entnehmen“ (ebd., 119). Im Rheinland ist Anger als Appellativ nur in Dinslaken als ‘Wiese mit Obstbäumen’ bekannt, in Flurnamen kommt es aber häufig vor (vgl. RHWB 1,191). d Anger ist mit 61 Belegen im Untersuchungsgebiet verhältnismäßig selten und tritt ohne Varianten auf. Auffällig ist das häufige Vorkommen von Anger im BT der Flurnamen. Als Ursache hierfür ist wohl das Bedeutungsspektrum des Wortes anzusehen, denn besonders bei den Verbindungen mit -kamp, -benden und -feld dominieren offensichtlich die Merkmale ‘Allmende’ und ‘Dorfnähe’. Bei Anger im GT oder als Simplex lassen sich aufgrund der dünnen Belegsituation regelhafte Bildungen oder Leitvarianten wie in den Nachbargebieten Westfalen (vgl. WFA 180) und Hessen (vgl. HFA 29) nur unter Vorbehalt ableiten. Meistens tritt Anger ohne Attribut auf, sowohl beim Simplex als auch im GT steht Anger dann meist mit Ortsadverbien und Präpositionen wie in Oberanger, Überanger oder Am Anger. Belege für das vor allem in Ostfalen häufige Pfingstanger (vgl. WFA 180) fehlen im Untersuchungsgebiet genauso wie die Kombination mit Weidetierbezeichnungen oder Siedlungsnamen. Das im Mhd. „auch fem.“ (MHDWB 1,70) Genus ist noch im zweifach belegten an der Anger nachweisbar. e Die Punktsymbolkarte zeigt das Fehlen von Anger-Flurnamen im Norden und Nordwesten des Untersuchungsgebietes und belegt im restlichen Teil immerhin ein verstreutes, im Bereich zwischen Duisburg und Düsseldorf sogar ein gehäuftes Auftreten. Da einige der kartierten Belege aus der SAD stammen, überrascht es umso mehr, dass sich die Verbreitung von Anger laut DITTMAIER nur auf den rhein- und moselfränkischen Teil des Rheinlandes, also dessen südlichen Abschnitt beschränken soll (vgl. RHFLN 13). Dieser

6.24 Anger

275

Fehler findet sich in der Folge auch im WFA (vgl. WFA 178), wobei die Verbreitung in Westfalen allerdings auch in keiner Weise auf ein nordrheinisches Vorkommen hindeutet. In Westfalen beschränkt sich das Anger-Areal auf einen schmalen Streifen im äußersten Osten und stellt den Westrand des ostfälischen Kernbereichs von Anger dar (vgl. ebd.), der bis an den Nordostrand Hessens reicht (vgl. HFA 29). Durch die gemeinsame Betrachtung der Verhältnisse in Hessen, Westfalen und im nördlichen Rheinland wird deutlich, dass Anger ein weit verbreitetes Wort war (vgl. BADER 1973, 112f.), das aber in unterschiedlichem Maß toponymisiert wurde. RAMGE interpretiert die mittelhessischen Belege als „westmitteldt. Brücke zwischen nieder- und den oberdt. Hauptvorkommensräumen“ (HFA 29) – die nordrheinischen Belege stellen dann möglicherweise den westlichen Rand dieser Verbindung dar. Auffällig ist jedoch die starke Belegkonzentration im rechtsrheinischen Snfrk. zwischen Duisburg und Düsseldorf, die in der Popularitätskarte besonders deutlich wird. Sie ist ein Beispiel für eine sehr kleinräumige namengeographische Erscheinung, die sich jedoch ohne Informationen zur Nutzung der so bezeichneten Flurstücke nicht eindeutig erklären lässt. Aufgrund des Bedeutungsspektrums von Anger ist aber anzunehmen, dass das Wort in diesem Gebiet eine speziellere Bedeutung hatte, die es vor einer Verdrängung durch synonyme Bezeichnungen bewahrt hat. Da für Grasland, Ackerland und umzäuntes Gelände dort andere Wörter gelten (vgl. Art. 6.17-6.27), sind es wahrscheinlich die Benennungsmotive ‘Gemeinschaftsbesitz’ und/oder ‘Dorfnähe’, die den betreffenden Anger-Flurnamen zugrunde liegen. Für diese Annahme spricht auch, dass sich die Verbreitung der Kombinationstypen Angerkamp, -benden und -feld (vgl. d) auf das Gebiet zwischen Duisburg und Düsseldorf beschränkt. Variante Anger Σ %

Simplex 17 17 27,9

GT

Σ

BT 17 17 27,9

27 27 44,3

% 61 61 100

100 100

6. Sprachgeographische Auswertung

276 6.24 Anger

6.24 Anger

277 6.24 Anger

278

6. Sprachgeographische Auswertung

6.25 Acker c Den Acker-Flurnamen liegt ahd. ackar m. ‘Saatfeld, ungepflegtes Land, offenes Land’ (vgl. AHDWB 1,90f.), mhd. acker m. n. ‘Ackerfeld’ (vgl. MHDWB 1,18) zugrunde, mit der das Wort auch in die Schriftsprache gelangte. In den Mundarten des Untersuchungsgebietes wurde es allerdings von Stück (vgl. Art. 6.26), Feld (vgl. Art. 6.27), Land und anderen Wörtern verdrängt und kommt nur noch in aus dem Hd. übernommenen Bauernregeln oder in Flurnamen vor (vgl. RHWB 1,50f.), in letzteren allerdings hochfrequent. Acker konnte sich als Appellativ auf ein einzelnes Stück Pflugland oder auch die Gesamtheit des Ackerlandes beziehen (vgl. ebd.). Wenn sich Acker auf Wald bezieht, könnte es auch zum auch umlautlos auftretenden Ecker ‘Eichelmast’ zu stellen sein (vgl. RHFLN 8; vgl. RHWB 1,50). d Im untersuchten Material gibt es neben Acker keine Varianten – Plural und Diminutiv sind mit je unter 40 Belegen verhältnismäßig selten. Schreibungen mit initialem wurden nicht berücksichtigt, weil sie zu Ecker m. (vgl. RHFLN 8, 56) gehören. Laut WFA können Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Acker und Ecker vor allem dann bestehen, wenn -garten und -kamp als GT antreten (vgl. WFA 81). Da Acker aber ohnehin nur sehr selten im BT vorkommt und die genannten Kombinationstypen nur je einmal auftreten, ist kaum mit einer Vermischung zu rechnen. Für den in Westfalen in Verbindung mit Kardinalzahlen häufig anstelle des Plurals auftretenden Singular gibt es keine Belege, einzig bei op die Schildacker könnte eine solche Bildung vorliegen, sofern Acker hier nicht fem. Genus hat. Auf ein abweichendes Genus deutet ansonsten aber nur der Einzelbeleg das Dualacker hin. Im östlichen Nachbarraum hat die „weitgehende Gleichheit in der Verwendungsweise von Stück und Acker für F[lur]N[amen] von einzelnen Ackerstreifen […] auch zu einer vergleichbaren Kombinatorik geführt“ (ebd.), was im nördlichen Rheinland jedoch nur bedingt zutrifft. Zwar kommen auch bei Acker Angaben zu Besitzer und Größe – übrigens in einem ausgeglicheneren Verhältnis zwischen groß und klein usw. als bei Stück – vor, im BT treten Wörter aus vielen verschiedenen Sachgruppen auf, es dominieren jedoch Angaben zur Bodenbeschaffenheit. Der häufigste Kombinationstyp ist Steinacker mit 221 Belegen. Übereinstimmung zwischen der nordrheinischen und westfälischen Situation herrscht aber darin, dass Acker gegenüber Stück wesentlich häufiger als Simplex ohne Attribut vorkommt (vgl. ebd.). Die Ursache hierfür ist vermutlich das Fehlen von Acker als Appellativ in den Mundarten. In Südhessen, wo „die Grenze zwischen Appellativ und Name in den frühen Belegen noch fließend“ ist, taucht Acker dagegen nur sehr selten als Simplex auf (vgl. SHFLNB 155). Abgesehen von den fehlenden Attributen

6.25 Acker

279

bei den Simplizia sind die Anteile der verschiedenen morphosyntaktischen Positionen bei Stück und Acker nahezu identisch (vgl. Art. 6.26). e Die sehr allgemeine Bedeutung von Acker führt zu einer sehr hohen Belegfrequenz und einer nahezu flächendeckenden Verbreitung im Untersuchungsgebiet. Da Acker ohne Varianten auftritt, konnte zusätzlich die Verwendung als Simplex, Bestimmungs- oder Grundteil der Flurnamen in die Karte aufgenommen werden. Dabei zeigt sich im Norden und ansatzweise auch im Osten ein stärkerer Gebrauch im GT, während Acker im zentralen Teil des Untersuchungsgebietes etwa gleich oft auch als Simplex auftritt. Die Ursache dafür ist wohl das zumindest gelegentliche Auftreten von Acker als Appellativ im westlichen Nd. (vgl. WFA 80) und die damit verbundene geringere Abgrenzbarkeit des Simplex vom Appellativ. Die wenigen Belege für Acker im Plural kommen verstreut vor und wurden in der Karte nicht eigens gekennzeichnet. Die Popularitätskarte zeigt die Kölner Bucht als Gebiet mit stark überdurchschnittlichem Vorkommen von Acker in Flurnamen. Auffällig ist das seltenere Vorkommen des Flurnamentyps um Köln, was aber mit der grundsätzlich geringeren Belegdichte in diesem städtisch geprägten Gebiet zusammenhängt. Gut erkennbar ist auch das vermehrte Auftreten von Acker im Bereich des Rheins, das sich wohl mit dem dort häufigeren Vorkommen der bezeichneten Sache erklären lässt. In den Mittelgebirgslagen und am Niederrhein kommt der Flurnamentyp weniger häufig vor, womit DITTMAIERS Darstellung, die Belegdichte nehme von Süden nach Norden zu und erreiche ihr Maximum am Niederrhein (vgl. RHFLN 8), revidiert werden muss. Obwohl Acker insgesamt häufiger ist als Stück, zeigt sich zwischen beiden Flurnamentypen eine fast komplementäre Distribution (vgl. Art. 6.26). Stück, das auch im nordöstlich angrenzenden Westfalen die häufigere Form ist (vgl. WFA Karte 8.2), dominiert deutlich im Bergischen Land, kommt in der Eifel und am östlichen Niederrhein aber ebenfalls überdurchschnittlich häufig vor und umklammert damit das Gebiet mit hochfrequentem Gebrauch von Acker (vgl. Art. 6.26). Insofern ist dieses Acker-Areal räumlich isoliert von anderen Zentren der Acker-Verbreitung, zum Beispiel dem in Hessen (vgl. SHFLNB 155; vgl. WFA 82) und kann trotz der hohen Belegfrequenz sprachgeographisch als Reliktgebiet angesehen werden. Variante Acker Σ %

Simplex 928 928 29,3

GT

Σ

BT 2128 2128 67,2

112 112 3,5

% 3168 3168 100

100 100

6. Sprachgeographische Auswertung

280 6.25 Acker

6.25 Acker

281 6.25 Acker

282

6. Sprachgeographische Auswertung

6.26 Stück c Das dem Flurnamentyp zugrunde liegende Appellativ Stück, ahd. stuki n. ‘Stück, Teil, Abstand’ (vgl. SCHÜTZEICHEL 2006, 340), mhd. stücke, stück, stucke, stuck n. ‘Teil von etwas’ (vgl. MHDWB 2,1259) bezeichnet ursprünglich einen ‘(abgeschnittenen) Teil von etwas’ (vgl. KLUGE/SEEBOLD 893) und ist so auch in der Schriftsprache gebräuchlich (vgl. DUDEN 8,3792). Für die Flurnamen ist in der Regel die Sonderbedeutung ‘Acker, Parzelle’ (vgl. RHWB 8,904) anzunehmen, die für das Hd. „seit dem 13. jh. […], zuerst besonders in flurbeschreibungen bezeugt“ (DWB 20,212), im Nd. allerdings „erheblich älter“ ist (WFA 77). Daneben kann Stück sich entsprechend der schriftsprachlichen Verwendung auch auf „jedes Teilstück eines Ganzen, also auch von Wald und Wiese“ (RHFLN 307) beziehen. d Abgesehen von zwölf Belegen ohne Umlautbezeichnung gilt im gesamten Untersuchungsgebiet die Hauptvariante Stück. Bei den umlautlosen StuckBelegen handelt es sich angesichts ihrer geographischen Verbreitung (vgl. e) um die beibehaltene nl. Graphie (vgl. MNLWB 7,2361). Wie in Westfalen und Hessen ist Stück im BT der Flurnamen sehr selten, sondern tritt in der Regel als Simplex oder im GT auf. Im Vergleich mit den hessischen Verhältnissen ist der Anteil der Simplizia im Untersuchungsgebiet geringer, doch lässt sich bei den zahlreichen Kombinationstypen mit Stück im GT nur verhältnismäßig selten das Muster ‘Besitzerangabe’+ Stück nachweisen, Kirchenstück ist mit 17 Belegen noch der häufigste Fall dieses Kombinationstyps. Viel häufiger beziehen sich die BT in Komposita und die Attribute bei den Simplizia auf Form, Größe und Länge der benannten Flurstücke. Dabei dominiert lang mit 140 Belegen vor groß (85), krumm (31) und breit (19). Die jeweiligen Antonyme kurz (2), klein (6) und schmal (5) sind dagegen selten, weswegen Stück im Rheinland wie in Hessen wohl als Name von großen Flurstücken angesehen werden kann (vgl. HFA 48; vgl. dagegen WFA 77). Die Kombination mit Kardinalzahlen wie bei auf den sieben Stücken oder Ordinalzahlen wie Am fünften Stück ist zwar selten, belegt aber, dass Stück auch als Ackermaß verwendet werden konnte (vgl. WFA 77). e Die wenigen Belege für Stuck sind tendenziell am Niederrhein zu finden, wo sie wie bei Büttenstuck sicher zu Stück gehören. Die räumlich deutlich getrennten drei Belege nördlich der Sieg lauten Stucksiefen, Stuckssiefen und in obersten Stucks und können auch zu einem FN zu stellen sein. Mit nur zwei Varianten ist das Kartenbild so übersichtlich, dass die morphosyntaktischen Positionen, in denen Stück auftritt, zusätzlich in der Punktsymbolkarte angegeben werden konnten. Dabei zeigt sich zwar ein leichtes Übergewicht der

6.26 Stück

283

Simplizia am Niederrhein, von einer Arealbildung oder gar einer komplementären Distribution der unterschiedlichen morphosyntaktischen Positionen, in denen Stück auftritt, kann jedoch keine Rede sein. Die von RAMGE angenommenen Zusammenhänge zwischen Agrargeschichte und Namenverbreitung, wonach die Simplizia besonders dort gelten, wo die Vergewannung erst spät eingetreten ist, während der Kombinationstyp ‘Besitzerangabe’ + Stück in Gebieten mit früher Einteilung in Gewanne auftritt (vgl. HFA 48), lassen sich aus namenkundlicher Sicht im nördlichen Rheinland also sowohl aufgrund der Kombinatorik (vgl. d) als auch wegen der räumlichen Verteilung nicht nachweisen. Obwohl Stück der Punktsymbolkarte zufolge überall im Rheinland in Flurnamen verwendet wird, hebt die Popularitätskarte das stark erhöhte Auftreten im Südosten und das viel seltenere linksrheinische Vorkommen – mit Ausnahme der Eifel und des Niederrheins – deutlicher hervor. Im Vergleich mit anderen toponymisierten Bezeichnungen für die mit Stück bezeichnete Sache zeigt sich eine fast komplementäre Distribution, insbesondere mit Acker (vgl. Art. 6.25), das im zentralen Bereich des Untersuchungsgebietes dominiert und von Stück somit umklammert wird. Variante Stück Stuck Σ %

Simplex 424 4 428 33,2

GT

Σ

BT 837 3 840 65,1

17 5 22 1,7

% 1278 12 1290 100

99,1 0,9 100

6. Sprachgeographische Auswertung

284 6.26 Stück

6.26 Stück

285 6.26 Stück

286

6. Sprachgeographische Auswertung

6.27 Feld c Das in Flurnamen hochfrequent auftretende Wort Feld geht zurück auf die idg. Verbalwurzel *pelə/plā- ‘ausbreiten’, so dass als Ausgangsbedeutung von Feld ‘Ausgebreitetes, Ebene’ anzunehmen ist (vgl. KLUGE/SEEBOLD 284). Im Ahd. ist feld n. in zahlreichen Bedeutungen belegt, darunter ‘Ebene, Flachland im Gegensatz zum Gebirge’ und ‘ebenes, offenes anbaufähiges Land im Gegensatz zum Wald’, die spezielle Bedeutung ‘bebauter Acker’ ist unsicher und kommt nur für einen Einzelbeleg in Frage (vgl. AHDWB 3,709ff.). Auch die Belege bei LEXER geben keine Anhaltspunkte für die Bedeutung ‘Ackerland’, sondern für ‘Fläche, Ebene, das Freie überhaupt’ (vgl. MHDWB 3,57f.). GRIMM dagegen führt – neben noch 13 weiteren Bedeutungen – auch ‘Ackerfeld’ an (vgl. DWB 3,1476), in der Feld heute standardsprachlich meist verwendet wird. Mundartlich ist die Bedeutung ‘freies Feld’ im Rheinland nur noch in Redewendungen anzutreffen, sonst gilt ‘Ackerland’ (vgl. RHWB 2,375). Dieses zeitliche Nacheinander der Bedeutungen hat bei den Flurnamen zu einem räumlichen Nebeneinander geführt, wodurch ihre Interpretation erschwert wird. Dort, wo die ältere Bedeutung mundartlich noch gilt (vgl. WFA 66), sowie in den älteren Flurnamen dürfte sich Feld auf den Raum, der „nicht zum Nutzraum der Siedlung gehörte, also den freien Wald und die Heide“ (RHFLN 71) beziehen, während sonst Ackerland bezeichnet wird, für das Feld mit Acker (vgl. Art. 6.25) und Stück (vgl. Art. 6.26) konkurriert. d Der amtliche Charakter des Belegmaterials und das Vorhandensein von Feld in der Standardsprache führen dazu, dass trotz der sehr großen Belegzahl keine Varianten wie beispielsweise Veld oder Feldt (vgl. WFA 69) auftreten. Die Anteile der morphosyntaktischen Positionen entsprechen denen der nahezu synonymen Stück und Acker – im BT tritt Feld nur sehr selten auf und im Gegensatz zur Situation in Westfalen gibt es keinen dominierenden Kombinationstyp, denn Feldkamp ist im Untersuchungsgebiet nur sechzehnmal belegt und tritt damit ähnlich oft auf wie Feldwiese, -garten oder -straße. Auch in anderen morphosyntaktischen Positionen werden Unterschiede zu Westfalen deutlich. Während dort der Kombinationstyp ‘SN’ + Feld dominiert (vgl. ebd.), kommen bei den Bildungen mit Feld im GT vor allem Mühlen-, Kirch-, Busch- und Rott- im BT vor. Simplizia werden vor allem mit Angaben zur Form und Lage erweitert, mit Abstand am häufigsten ist großes Feld, oft steht Feld aber auch ohne Attribut. Da das Untersuchungsmaterial keine Angaben zur Nutzung der zu den Flurnamen gehörenden Flurstücke enthält, kann die Bedeutungsunterscheidung zwischen Feld ‘freier Wald und Heide’ und Feld ‘Ackerland’ nur indirekt über die Kombinatorik erfolgen. Die ältere erste Bedeutung liegt laut WFA vor allem Flurnamen wie Feldkamp, Heidfeld,

6.27 Feld

287

Drieschfeld und Haferfeld zugrunde, während solche, die Bezüge auf „Form, Lage, (relatives) Alter und Größe des benannten Geländes“ enthalten als Leitformen für Feld ‘Ackerland’ gelten (WFA 69f. und Karte 5.4). e In der Punktsymbolkarte wurden wie im WFA (vgl. WFA Karte 5.4) diejenigen Flurnamen hervorgehoben, die aufgrund Ihrer Kombinatorik Rückschlüsse auf die Bedeutung von Feld zulassen. In der Bedeutung ‘freier Wald und Heide’ bzw. auch ‘Allmende’ kommt Feld im Nordwesten Westfalens und im östlichen Nl. vor (vgl. WFA 66; vgl. RHFLN 71), so dass sie auch für den Norden des Untersuchungsgebietes möglich sein könnte. Eine so klare Übereinstimmung zwischen Kombinatorik und mundartlicher Verwendung von Feld wie in Westfalen (vgl. WFA 69 und Karte 5.4) lässt sich im nördlichen Rheinland nicht nachweisen, allerdings deutet sich ein Übergewicht der auf Feld ‘freier Wald und Heide’ verweisenden Flurnamen im Norden an. Die Unterscheidung anhand der Kombinationstypen ist aufgrund von Nutzungsänderungen oder standardsprachlichem Einfluss von Feld ‘Ackerland’ aber nur bedingt aussagekräftig. Das trifft offensichtlich auch auf die Interpretation des Diminutivs zu, das in Westfalen ganz überwiegend dort auftritt, wo die ältere Bedeutung von Feld gilt. Im Untersuchungsgebiet ist es genau umgekehrt, so dass sich Feldchen hier wohl auch auf kleine Ackerflächen und nicht nur auf „Reste von Heide und sonstigem, wenig nutzbarem Grasland zwischen Äckern“ (WFA 69) beziehen kann. Während die Punktsymbolkarte das flächendeckende und massenhafte Auftreten von Feld-Flurnamen dokumentiert, fördert die Popularitätskarte die deutlichen regionalen Unterschiede in der Auftretenshäufigkeit zutage. Die größte Belegdichte liegt rechtsrheinisch zwischen Sieg und Ruhr vor und schließt damit westlich an das Feld-Areal im Südwesten Westfalens an (vgl. WFA Karte 5.1). Verhältnismäßig häufig ist der Flurnamentyp auch im linksrheinischen Snfrk. und Nfrk., während er im linksrheinischen Rip. seltener ist. Die geringsten Dichtewerte erreicht Feld im städtischen Verdichtungsraum Kölns, wo das Benennungsmotiv offensichtlich fehlt. In der Bedeutung ‘Ackerland’ konkurriert Feld unter anderem mit Stück und Acker, was sich anhand der entsprechenden Popularitätskarten deutlich zeigen lässt (vgl. Art. 6.26, 6.25). Rechtsrheinisch erreicht Feld jenseits der Nordgrenze des hohen Stück-Vorkommens die größten Frequenzwerte, wobei Stück auch in seinem Hauptverbreitungsgebiet seltener ist als Feld. Dort, wo Feld linksrheinisch seltener ist, ist Acker häufiger und umgekehrt – die Grenze entspricht dem landschaftlichen Übergang zwischen Kölner Bucht und Niederrheinischem Tiefland.

6. Sprachgeographische Auswertung

288

Variante Feld Σ %

Simplex 4145 4145 31,4

GT

Σ

BT 8604 8604 65,3

437 437 3,3

% 13186 13186 100

100 100

6.27 Feld

289 6.27 Feld

6. Sprachgeographische Auswertung

290 6.27 Feld

6.28 Breit(e), Breiten

291

6.28 Breit(e), Breiten c Das Appellativ Breite geht zurück auf ahd. breitī(n) f. ,Weite, breite Fläche von Land’ (vgl. AHDWB 1,1348f.), mhd. breite, breiten f. ‘Breite, breiter Teil’ (vgl. MHDWB 1,347). Neben seiner nhd. Bedeutung ‘Ausdehnung in seitlicher Richtung’ (DUDEN 2,657) ist das Wort in der Bedeutung ‘Talfläche, Hochfläche’ mundartlich im Untersuchungsgebiet „veraltet“ (RHWB 1,960), kommt aber in Flurnamen noch vor. Als toponymische Bedeutung ist im nördlichen Rheinland ‘breit hingelagerte Fläche, die nur geringe Höhenunterschiede zeigt’ (vgl. RHFLN 40; vgl. BACH 1953/54, § 290) anzunehmen. „Bislang nicht erwiesen“ (RHFLN 40) ist, ob die im hd. Raum vielfach geltende und dort mit Brühl (vgl. Art. 6.15) synonyme Bedeutung ‘Herrenacker’ (vgl. STEEGER 1935, 34) im Untersuchungsgebiet anzunehmen ist. Explizit gilt sie im Nd. jedenfalls nicht (vgl. WFA 72) und auch in Hessen bezieht sich der Name in der Masse auf „Form und Größe des geschlossenen Ackerlandes“ (HFA 17). Dennoch können mit Breite bezeichnete Flurstücke durchaus in herrschaftlichem Besitz sein, auch wenn der Name durch Form und Größe des Flurstücks motiviert ist (vgl. ebd.). d Die Häufigkeitsmatrix von Breit(e), Breiten bedarf einer genaueren Betrachtung. Ursache hierfür ist zum einen die außergewöhnlich große Anzahl an Varianten, vor allem aber die unsichere Abgrenzung vom Adjektiv breit, das in attributiver Funktion sehr häufig auftritt und durch Zusammenrückung auch im BT der Flurnamen auftreten kann, wie das Belegpaar Breedenschabbert und breeden Schabbert zeigt. Sowohl im Westfälischen- als auch im Hessischen Flurnamenatlas wird deshalb auf die Kartierung und quantitative Auswertung von Breite und breit in diesen Verwendungen verzichtet (vgl. WFA 75; vgl. HFA 17). Entsprechend wurden solche Belege für die Berechnung der Anteile von Varianten und morphosyntaktischen Positionen sowie für die Erzeugung der Popularitätskarte (vgl. e) in der vorliegenden Arbeit ausgeklammert. In der Häufigkeitsmatrix wurde eine zusätzliche Spalte für breit in attributiver Verwendung angelegt, um immerhin die einfachen Belegzahlen von breit in der allgemeinen standardsprachlichen Bedeutung zu dokumentieren. Durch den Bezug auf die Form des Flurstücks wird das Adjektiv breit generell recht häufig als Attribut verwendet. Mögliche Fälle, wo breit als Adjektiv weiterlebt, nachdem es als Name in der Bedeutung ‘grundherrschaftliches Ackerland’ verschwand (vgl. STEEGER 1935, 335), werden demnach allenfalls ganz vereinzelt anzunehmen sein und sind auch nur durch Einzelstudien zu ermitteln. Ebenfalls recht häufig im BT und damit auffällig unterschiedlich zu Breit(e), Breiten tritt Breid(e), Breiden auf. Der hohe Anteil von mundartnäherem Breid(e), Breiden im BT zeigt einmal mehr

292

6. Sprachgeographische Auswertung

(vgl. 6.6, 6.7, 6.9), dass der BT resistenter gegen normierenden Einfluss ist als GT und Simplizia. Die schriftsprachliche Form Breit(e), Breiten ist, gefolgt von mundartnäherem Breid(e), Breiden, unter den sicher zu ahd. breitī(n) zu stellenden Belegen die häufigste Form. Die abgesehen vom Stadtkölnischen und Teilen des Snfrk. in allen Teilen des Untersuchungsgebietes mundartlich auftretende Monophthongierung von mhd. ei (vgl. MÜNCH 1904, § 54; MÜLLER 1912, § 45; RHWB 1, 960) tritt ebenso in den restlichen Schreibungen zutage wie der Konsonantenausfall von inlautendem /-d-/ (vgl. RHWB 1,960; vgl. RHFLN 40). Die Sonderform Breede geht auf die Wortbildungsvariante ahd. breitida f. ‘Überhebung, das Großtun’ (vgl. AHDWB 1,1348) zurück (vgl. WFA 72). Abgrenzungsschwierigkeiten zu ahd. brīo, brī m. ‘Mehlbrei, Grütze’ (vgl. AHDWB 1,1409f.) treten bei der Schreibung auf, wobei sich mit Hilfe der Kombinatorik alle Belege außer aufm Milchbrei zu ahd. breitī(n) stellen ließen. Als Simplex steht Breit(e), Breiten fast immer ohne Attribut, allenfalls Ortsadverbien kommen mehrfach vor. Sehr häufig treten Präpositionen hinzu, vor allem auf. Die wenigen Belege mit Breit(e), Breiten im GT lassen keine Aussagen über kombinatorische Muster zu, wobei wie immer bei recht allgemeinen Nutzlandbezeichnungen eine vielfältige Kombinatorik zu erwarten wäre (vgl. WFA 75). Die Formen haben ganz überwiegend fem. Genus, nur drei Belege sind eindeutig Neutra. (vgl. RHFLN 40). e In der Punktsymbolkarte wurden auch die unsicheren Belege mit Breit(e), Breiten bzw. breit im BT und in attributiver Verwendung kartiert. Die Belege mit Breit(e), Breiten im GT oder als Simplex wurden durch eine schwarze Umrandung gekennzeichnet. Dabei zeigt sich ein geographischer Zusammenhang dieser sicher zu ahd. breitī(n) zu stellenden Belege mit den Belegen mit Breit(e), Breiten im BT. Letztere können in der Mehrzahl deshalb wohl als Komposita aus zwei Substantiven und nicht als Zusammenrückungen aus dem Adjektiv breit und einem Substantiv interpretiert werden. Im Gegensatz dazu ist breit als Attribut erwartungsgemäß allgemeiner verbreitet. Die insgesamt geringe Beleganzahl lässt den Schluss zu, dass Breite im nördlichen Rheinland nicht so häufig toponymisiert wurde wie in Teilen des benachbarten Westfalen, wo es neben Stück noch vor Acker zur wichtigsten Benennung für Streifenparzellen zählt (vgl. WFA 75). Bei der Verbreitung der Varianten fällt vor allem die Häufung von Brede, Bredden und Breede an der Grenze zu Westfalen auf, hinter der sie gegenüber den Belegen mit Diphthong „weitaus überwiegen“ (ebd. 75 und Karte 6.2). Wie in Westfalen tritt Bredde kleinräumig gehäuft auf, die Belege im Untersuchungsgebiet bilden den westlichen Rand eines südwestfälischen Bredde-Areals (vgl. WFA Karte 6.2). Die Belege im Untersuchungsgebiet stellen den Westrand dieses Areals dar. Bezüglich der mundartlichen Spuren in Flurnamen gibt es bei Breite in Westfalen große

6.28 Breit(e), Breiten

293

Unterschiede. Dort weist der münsterländischen Norden die größte Nähe zur gesprochenen Sprache auf, von dort nimmt der Anteil dialektaler Merkmale in östlicher und südlicher Richtung ab (vgl. ebd. 76). In westlicher Richtung, also am Niederrhein, dominieren ebenfalls mundartnahe Schreibungen mit Konsonantenausfall und/oder Monophthong, während die Mischform Breid(e), Breiden und die schriftsprachliche Form Breit(e), Breiten erst weiter südlich belegt sind. Diese Tendenz zur stärker schriftsprachlich geprägten Form im Süden „hat damit zu tun, daß die Verschriftlichung der nd. F[lur]N[amen] vor allem im UK […] eine regional sehr unterschiedliche Nähe bzw. Ferne zu den gesprochenen Wortformen aufweist“ (ebd. 75). Für die Herstellung der Popularitätskarte wurden ausschließlich Belege mit dem untersuchten Flurnamentyp im GT oder als Simplex berücksichtigt. Die daraus resultierende geringe Beleganzahl führt zu einem recht lückenhaften Kartenbild, das aber eine deutliche Belegkonzentration am Ostrand des Untersuchungsgebietes erkennen lässt. Zieht man das westfälische (vgl. ebd. Karte 6.1) und hessische Vorkommen (vgl. HFA 17) hinzu, wo der Süden jeweils nahezu belegfrei ist, stellt sich nordrheinisches Breit(e), Breiten ebenfalls „in den fälischen und ostmitteldt. Namenzusammenhang“ (ebd.), wo es sich auf Form und Größe der Flurstücke bezieht. Obwohl Breit(e), Breiten auch im südlichen Rheinland vorkommt (vgl. RHFLN 40), ist damit wohl keine Verbindung zu den südwestdt. Breiten mit der Bedeutung ‘Herrenacker’ herzustellen. Sollte Breit(e), Breiten wie Brühl (vgl. Art. 6.15) in dieser Bedeutung toponymisiert worden sein (vgl. c), deutet sich auch für das Untersuchungsgebiet eine ähnliche Situation wie in Hessen an, wo „im sprachlichen Bereich das Paar Brühl-Breite aufgelöst wurde, indem sich in Hessen Breite dem nördlichen Bedeutungstyp anschloß, während Brühl im südlichen Zusammenhang verblieb“ (HFA 16). Variante breit Breid(e), -en Brei Breit(e), -en Bre(e) Brede Bredde(n) Breede(n) Breidt Brey Σ %

Simplex 0 19 9 33 9 15 14 5 4 2 110 85,9

GT 0 0 7 1 7 2 0 0 1 0 18 14,1

Best.teil (152) (57) (18) (2) (15) (10) (3) (1) (3) (0) (261)

Attribut (189) (0) (3) (0) (1) (1) (0) (3) (0) (0) (197)

Σ

% 19 16 34 16 17 14 5 5 2 128 100

14,8 12,5 26,6 12,5 13,3 10,9 3,9 3,9 1,6 100

294

6. Sprachgeographische Auswertung

6.28 Breit(e), Breiten

6.28 Breit(e), Breiten

295 6.28 Breit(e), Breiten

296

6. Sprachgeographische Auswertung

6.29 Gewann(e) c Die in Flurnamen auftretenden Wörter Gewann(e), Wann(e) und Anwand sind alle Ableitungen von wenden, ahd. wenten (vgl. SCHÜTZEICHEL 2006, 405f.). Gewann(e), ahd. giwanta f. ‘Wende, Wechsel’ (STARCK/WELLS 1990, 226), mhd. gewande f., gewende n. ‘Grenze, Umkreis, Acker’ (vgl. MHDWB 1,975 und 1,982), bezeichnet „eigentlich die Stelle, wo der Pflug wendet“ (RHFLN 88). Durch die Wendefläche des Pfluges entstand ein Grenzstreifen, der nachträglich vertikal zur Hauptrichtung gepflügt werden musste. Damit wurden nebeneinander liegende Parzellen gleicher Bewirtschaftung zu einer größeren Einheit zusammengefasst, auf die sich der Begriff Gewann(e) ausweitete (vgl. HFA 7), wie das RHWB mit der Angabe ‘Flurabteilung; die ganze Flur’ belegt (vgl. RHWB 9,242). Dasselbe gilt für das ohne Kollektivpräfix gebildete Wand, das mundartlich fast nur in Zusammensetzungen vorkommt (vgl. ebd.) und im Hd. selten, im Mnd. dafür häufig ist (vgl. DWB 27,1524). Wann(e) ist durch Assimilation aus Wand(e) entstanden (vgl. ebd. 27,1894). Die Bedeutung von Anwand, das südlich des Untersuchungsgebietes in zahlreichen Varianten auftritt (vgl. RHFLN Karte 3) bleibt dagegen eingeschränkt auf die ‘schmale Seite des Ackers, wo der Pflug wendet’ (vgl. RHFLN 15) und ist mit diesem kleineren Bedeutungsumfang nur eingeschränkt als Synonym zu Gewann(e) und Wann(e) zu werten. d Im Untersuchungsgebiet ist Gewann(e) die mit Abstand häufigste Variante der auf ahd. wenten zurückgehenden Ableitungen. Die Varianten ohne Assimilation von -nd > -nn, teilweise mit Umlaut, treten nur selten auf. Wann(e) und Wand, die in Westfalen die „bei weitem häufigste[n]“ Typen sind (WFA 83), kommen im Untersuchungsgebiet nur in einem Verhältnis von etwa 1:4 gegenüber Gewann(e) vor. Damit sind sie aber immer noch deutlich häufiger als Anwand und seine Varianten. Wand ‘Flurabteilung’ ist allerdings nicht von Wand ‘Steilhang, Felswand’ (vgl. RHFLN 330) zu trennen, weshalb diese Belege unsicher sind – die ähnliche räumliche Verteilung wie Wann deutet aber auf eine Zusammengehörigkeit hin (vgl. e). Die untersuchten Flurnamenwörter kommen recht häufig als Simplex vor, denn im Untersuchungsgebiet sind sie – anders als im südlichen Rheinland – als Appellativ ungebräuchlich geworden. Stattdessen gelten die Appellative Vorhaupt und Furchende (vgl. RHWB 3, Karte 11), die ihrerseits in Flurnamen nicht auftreten. Als Simplex steht Gewann(e) wie in Hessen (vgl. HFA 7) häufig mit Attributen, die sich auf die Form beziehen. Alle anderen Varianten und Kombinationstypen sind zu selten, um eine regelhafte Kombinatorik festzustellen. Gewann(e), Gewand und Gewend haben fast immer fem. Genus, in nur fünf Fällen sind sie sicher Neutra. Bei Wann(e) ist dieses Verhältnis

6.29 Gewann(e)

297

entgegen der Angabe bei DITTMAIER, der es nur als Neutrum ausweist (vgl. RHFLN 330f.), ausgeglichen. e Die Punktsymbolkarte ist wegen der unterschiedlichen Bedeutungen der untersuchten Flurnamenwörter differenziert zu analysieren. Anwand bezieht sich ausschließlich auf die Wendestelle des Pfluges und kommt nur am Südrand des Untersuchungsgebietes vor. Die Flurnamenbelege decken sich mit der Nordgrenze des appellativischen Vorkommens des Wortes (vgl. DWA 8, Karte Pflugwende). Vereinzeltes Anwend kommt noch weiter nördlich vor, der Beleg hinterm Angewand sogar nördlich von Düsseldorf. Er liegt damit im Zentrum eines das ganze Untersuchungsgebiet umfassenden Areals, wo die Pflugwende als Vorhaupt oder Fuhrende bezeichnet wird, die auffälligerweise nicht toponymisiert wurden, was auch für Fürwest in Westfalen gilt (vgl. WFA 90). Während die Fortsetzung des nord- und westhessischen sowie sauer- und siegerländischen Anwand(e)- bzw. Gewand(e)-Areals (vgl. WFA Karte 9.2 und Karte 10.2; vgl. HFA 7) für das Rheinland „nach den Angaben bei Dittmaier […] nicht zu ermitteln“ war (WFA 90), markiert der hier kartierte Einzelbeleg Auf der Angewanne an der Sieg die westliche Ausdehnungsgrenze. Ob die Belege am Rhein auch noch zu diesem Gebiet zu rechnen sind, kann aufgrund der dünnen Beleglage nicht entschieden werden. Das zahlenmäßige Verhältnis der Gewann(e)- und Wann(e)-Flurnamen verändert sich nach Nordosten hin zugunsten von Wann(e), die dann in Westfalen deutlich häufiger sind (vgl. d). Damit nehmen auch die fem. Formen in dieser Richtung ab, die nach RAMGE in Hessen eher auf einen südlichen und westlichen Namenzusammenhang hindeuten und den Belegen mit neutralem Genus im Norden gegenüberstehen (vgl. HFA 7). Die Übergangszone verläuft demnach im Untersuchungsgebiet. Auf den südlichen und westlichen Zusammenhang der Gewann(e)-Flurnamen deutet auch die Popularitätskarte hin, bei der nur die Gewann(e)-Belege kartiert wurden. Variante Gewann(e) Wann(e) Wand Gewand Anwand Anwend Gewend Angewann Angewand Σ %

Simplex 153 19 8 2 2 3 1 1 1 190 69,3

GT

Σ

BT 54 5 8 5 3 0 0 0 0 75 27,4

6 11 0 0 1 0 1 0 0 19 6,9

% 213 35 16 7 6 3 2 1 1 284 100

77,7 12,8 5,8 2,6 2,2 1,1 0,7 0,4 0,4 100

6. Sprachgeographische Auswertung

298 6.29 Gewann(e)

6.29 Gewann(e)

299 6.29 Gewann(e)

300

6. Sprachgeographische Auswertung

6.30 Morgen c Das Appellativ Morgen, ahd. morgan m. noch ‘Morgen, der folgende Tag’ (vgl. SCHÜTZEICHEL 2006, 242), mhd. aber auch morgen m. ‘Ackermaß’ (vgl. MHDWB 1,2200) ist eine wohl in ahd. Zeit im fränkischen Sprachraum entstandene Lehnbedeutung zu lat. iuger oder iurnalis ‘Tageswerk’ (vgl. SCHMIDT-WIEGAND 1989, 114). Entsprechend dieser Bedeutung bezeichnet Morgen ursprünglich ‘so viel Land, wie an einem Morgen bzw. Vormittag umgepflügt werden kann’ (vgl. MHDWB 1,2200). Später entwickelte es sich zu einem allgemeinen Flächenmaß, das nicht nur Saatland, sondern auch andere bewirtschaftete Flächen wie Wiesen- oder Weideland bezeichnen konnte (vgl. SCHMIDT-WIEGAND 1989, 118f.). Als Appellativ ist Morgen laut RHWB als altes Landmaß, mit dem der Bauer lieber als mit Hektar und Ar rechne (vgl. RHWB 5,1295), weiterhin in Gebrauch, hatte aber bis zur Einführung des preußischen Morgens im Jahr 1816 keine überregional einheitliche Größe. d Wie die Häufigkeitsmatrix zeigt, tritt Morgen ohne Varianten auf. Es ergeben sich jedoch gelegentlich Schwierigkeiten bei der Unterscheidung von Morgen ‘Landmaß’ und Morgen ‘früher Tag’. Das gilt vor allem für diejenigen Belege, bei denen Morgen im BT auftritt. Sicher nicht auf das Landmaß beziehen sich Flurnamen wie Morgenbrotskamp, Morgenland und Morgensternheide, die wohl durch den Bewirtschaftungszeitpunkt oder die östliche Ausrichtung des Flurstücks motiviert sind (vgl. HFA 52). Abzüglich solcher Belege kommt Morgen nur sehr selten im BT vor und auch im GT ist es die Ausnahme, meistens steht es als Simplex zusammen mit einem Attribut. Damit unterscheidet sich die Verteilung auf den ersten Blick von der Situation in Hessen, wo allerdings der Kombinationstyp ‘Adjektiv/Numerale’ + Morgen als Kompositum gewertet wurde und dort deshalb der Anteil mit Morgen im GT in der Statistik dominiert (vgl. ebd.). Wie in den Nachbarräumen Westfalen und Hessen dominiert auch im nördlichen Rheinland der Typ ‘Kardinalzahl’ + Morgen. Dabei reicht die in den Namen angegebene Anzahl der Morgen von 2 bis 100, wobei bis 24 fast alle Zahlenwerte vorkommen und ab 30 dann nur noch Zehnerschritte zu verzeichnen sind. Ganz deutlich dominiert zehn mit 67 Belegen. Es ist also im Gegensatz zu Westfalen (vgl. WFA 118) eine Bevorzugung bestimmter Zahlenwerte zu verzeichnen, dabei handelt es sich allerdings um durchweg andere als in Hessen (vgl. HFA 52). Falls im Attribut keine Kardinalzahl steht, treten vor allem Adjektive wie krumm und lang auf, die sich ähnlich wie bei Acker (vgl. Art. 6.25) und Stück (vgl. Art. 6.26) auf die Form und Größe des Flurstücks beziehen.

6.30 Morgen

301

e Die Punktsymbolkarte gibt einen ersten Überblick über die räumliche Verteilung von Morgen, das ohne Varianten auftritt. In der Karte konnten deshalb solche Belege hervorgehoben werden, die dem Kombinationstyp ‘Kardinalzahl’ + Morgen angehören. Diese weisen gegenüber den restlichen Morgen-Belegen zwar keine besondere räumliche Verteilung auf, die Karte vermittelt aber einen Eindruck von der Häufigkeit des Kombinationstyps. Dass Morgen allgemein auftritt und im Norden seltener ist, hatte bereits DITTMAIER festgestellt (vgl. RHFLN 207). Anhand der Popularitätskarte lässt sich die Verbreitung aber noch differenzierter darstellen, wonach das Zentrum des Vorkommens im Bonner Raum an der Südgrenze des Bearbeitungsgebietes liegt und das Gebiet einer geschlossenen Verbreitung nach Norden ungefähr bis zur Ruhr reicht. Das Kartenbild zeigt keine Korrelation mit der Verteilung von Stück (vgl. Art. 6.26), Acker (vgl. Art. 6.25) und Gewann (vgl. Art. 6.29), was auf die speziellere Bedeutung ‘Landmaß’ zurückzuführen ist. Allerdings sind auch mit allen anderen, jeweils weitaus seltener belegten Flurnamentypen mit Bezug auf Landmaße keine auffälligen Zusammenhänge feststellbar. Die Ursachen für Unterschiede in der Belegdichte sind also nicht nur durch den regional abweichenden Gebrauch synonymer Bezeichnungen zu suchen, sondern auch darin, in welchem Maße ein Benennungsmotiv überhaupt zur Bildung von Flurnamen benutzt worden ist. Bezeichnungen für Ackermaße sind regional sehr unterschiedlich toponymisiert worden (vgl. WFA 128), was besonders für Morgen gilt, wie die gemeinsame Betrachtung mit den Nachbarräumen Westfalen und Hessen verdeutlicht. Abgesehen davon, dass die Nordgrenze des geschlossenen Verbreitungsgebietes in etwa der Fortsetzung des schmalen westfälischen Korridors entspricht (vgl. WFA Karte 19.2), über den „das ostfälische […] mit dem rheinischniederländischen Morgengebiet zusammenhängt“ (FLECHSIG 1959, 47), lässt sich kein zusammenhängendes Areal von Morgen-Flurnamen feststellen. Stattdessen stehen weitgehend isolierte Räume mit großer Belegdichte – das sind der südliche Teil des Untersuchungsraumes, das östliche Westfalen und südwestliche Hessen – immer wieder neben Gebieten mit seltenem oder fehlendem Auftreten des Flurnamentyps. Variante Morgen Σ %

Simplex 825 825 82,7

GT

Σ

BT 157 157 15,7

16 16 1,6

% 998 998 100

100 100

6. Sprachgeographische Auswertung

302 6.30 Morgen

6.30 Morgen

303 6.30 Morgen

304

6. Sprachgeographische Auswertung

6.31 Trift c Trift und den anderen Varianten dieses Flurnamentyps liegen Verbalabstrakta zugrunde, die von treiben, ahd. trīban, trīben (vgl. SCHÜTZEICHEL 2006, 359) abgeleitet sind. Dabei sind im Wesentlichen drei Formen zu unterscheiden: Die älteste, dennoch aber erst ab dem 12. Jahrhundert belegte (vgl. DWB 22,496) Form Trift geht zurück auf mhd. trift f. ‘Weide’ (vgl. MHDWB 2,1513), Treibe dagegen auf mhd. treip m. ‘Viehtrieb’ (vgl. ebd. 2,1503) und das im Untersuchungsgebiet toponymisch nicht belegte Trieb (vgl. d) auf mhd. trip m. ‘das Treiben, Trift, Weide’ (vgl. ebd. 2,1516). Diese drei Appellativa haben in den rheinischen Mundarten jeweils ein großes Bedeutungsspektrum entwickelt (vgl. RHWB 8,1340f., 8,1359f., 8,1362). Die toponymische Bedeutung ‘Weg, über den das Vieh in der Regel zur Weide getrieben wird und die Weide selbst’ (vgl. RHFLN 318f.; vgl. RHWB 8,1362) ist jedoch „nur noch“ (RHWB 8,1362) bzw. im Fall von Treibe „fast nur noch in Flurnamen“ (ebd. 8,1340) greifbar. d Der hier behandelten Flurnamentyp mit der Bedeutung ‘breiter Weg zur Weide, Weideplatz’ kommt in einer Reihe von Varianten vor, die teils auf den verschiedenen Substantivierungen von treiben, teils auf dem unterschiedlich starken Erhalt dialektaler Merkmale in den amtlichen Belegen beruhen. Wie in Hessen (vgl. HFA 34f.) und Westfalen (vgl. WFA Karte 70.2 und Karte 70.3) ist Trift die häufigste Form. Dricht, Tricht, Driet und das bei DITTMAIER fehlende Drift sind mundartlich geprägte Varianten von Trift (vgl. RHFLN 53f., 319), wie auch die räumliche Verbreitung innerhalb des Trift-Areals (vgl. e) belegt. Dricht und Tricht weisen den „kennzeichnend mfrk. Lautwandel“ (KLEIN 2000, 15) von ft > ht auf, bei Driet ist das h vor t vokalisiert worden (vgl. ebd.). Der Einzelbeleg die schmale Dreef ist zu snl. dreve, dreef ‘Allee, breiter Landweg’ (vgl. RHFLN 318f.) zu stellen. Die zweithäufigste Form Treib und das mundartnähere Dreib kommen ausschließlich im BT vor, wo sie auch im benachbarten Westfalen ganz überwiegend auftreten (vgl. WFA 320). Der häufigste Kombinationstyp ist Treibweg (vgl. WFA 318f.), womit die Bedeutung ‘Weg zur Weide, Weideplatz’ spezifiziert wird. Triebel könnte als l-Ableitung indirekt zu Trieb zu stellen sein (vgl. HFA 34; vgl. WFA 319f.), sich aber laut HFA auch auf die Form des Flurstücks beziehen und dann zu mhd. tribel ‘Kurbel am Spinnrad’ gehören (vgl. HFA 34). In den rheinischen Mundarten ist Triebel nicht geläufig und auch mit Hilfe der Kombinatorik – Triebel kommt überwiegend in Triebelsheide vor – lassen sich die Belege nicht eindeutig zuordnen. Die mit Abstand häufigste Form Trift kommt zu etwa gleichen Teilen im GT und als Simplex vor. Bei den Simplizia überwiegen einfache Präpositionalkonstruktionen wie an der Trift. Bei den attributiv

6.31 Trift

305

erweiterten Simplizia überwiegt der Kombinationstyp ‘SN’ + Trift, die seltenen Adjektive beziehen sich auf Form, relatives Alter und Lage. Damit entsprechen sich nördliches Rheinland und angrenzendes Westfalen hinsichtlich der Kombinatorik bei den Simplizia sehr stark. Als GT wird Trift wie in Hessen und Westfalen „verhältnismäßig stereotyp mit Vieh- oder einer Tierbezeichnung“ (HFA 34; vgl. WFA 320) kombiniert, im Gegensatz zu Westfalen dominiert dabei Vieh- statt Kuh- (vgl. WFA 320; vgl. RHFLN 319). Andere BT kommen nur ganz vereinzelt vor, allenfalls Galgen- ist mit fünf Belegen etwas häufiger. Ob es sich dabei um den Weg zum Galgen oder um eine Weide am Galgen handelt, ist anhand des Belegmaterials nicht zu klären. Als BT ist Trift wie in Hessen und Westfalen meistens mit -weg, anders als dort aber fast nie mit Ackerbezeichnungen verbunden (vgl. WFA 318f.; vgl. HFA 34). e Die Punktsymbolkarte zeigt die recht allgemeine, im südwestlichen Teil des Untersuchungsgebietes gehäufte Verbreitung von Trift. Alle anderen Varianten weisen eine stärkere Arealität auf. Die Trift-Varianten Dricht, Tricht und Driet kommen nur im Hauptverbreitungsgebiet von Trift vor. Dieses Nebeneinander zeigt, dass hier der Lautwandel ft > ht einst galt, bevor ft in der Neuzeit unter hochsprachlichem Einfluss wieder eingeführt und damit „ein älterer Zustand […] wiederhergestellt“ (SCHÜTZEICHEL 1955, 275) wurde. Die auf mhd. treip beruhenden Varianten Treib und Dreib weisen trotz der überschaubaren Belegzahl eine klare rechts- und niederrheinische Lagerung auf. Ihre gestreute Verbreitung setzt sich nach Westfalen fort, das in ein „westliches Treib-/Trieb-/Triebel-Gebiet“ und „ein östliches Trift-Gebiet“ (WFA 319f.) zerfällt. In dieses Bild passt auch die an der Ostgrenze des Untersuchungsbiets konzentrierte Verbreitung von Triebel-Belegen, die demnach nicht direkt zu Trieb gehören, das „hier u. da in Nassau“ auftritt (RHFLN 318f.). Die Verbreitung der Belege hängt mit der unterschiedlichen räumlichen Herkunft von Trift, Trieb und Treibe zusammen. Obwohl Trift auch im südlichen Rheinland allgemein verbreitet ist (vgl. RHFLN 319) gehört es in einen nördlichen Zusammenhang, denn es ist „obd. nur ganz spärlich belegt“, jedoch „nd. ganz geläufig“ (DWB 22,499). Es wurde im Obd. durch Trieb verdrängt, das wohl „aus südöstlicher Richtung [bis] in den hessischen Sprachraum vorgedrungen ist“ (HFA 35) und dort an der mittelhessischen Namenscheide zu einem scharfen Kontrast zwischen Trift und Trieb geführt hat (vgl. HFA 34f.). Einen „deutlichen namengeographischen Kontrast“ (WFA 321) gibt es auch in Westfalen, wo Trift vor allem im BT mit Treib-, Trieb- und Triebel- konkurriert. Treibe ist ein omd. Wort (vgl. DWB 22,434), dessen gelegentliches Vorkommen im Untersuchungsgebiet den Westrand seiner toponymischen Verbreitung markiert. Schwierig zu erklären ist dann allerdings dessen klare Begrenzung durch das dicht belegte ostwestfälische

6. Sprachgeographische Auswertung

306

Trift-Areal. Es bedürfte also weiterer Kartierungen aus umliegenden Räumen, um das räumliche Verhältnis der Trift-, Trieb- und Treibe-Flurnamen genauer zu analysieren. Das gilt im Speziellen für die Verbreitung von Trift, denn die zahlreichen Belege im Untersuchungsgebiet zeigen, dass eben nicht das „ostwf. Trift-Gebiet […] den Westrand eines großen toponym. Areals“ (WFA 317) bildet, sondern dieser Westrand im nördlichen Rheinland liegt. Aufgrund der unterschiedlichen Wortbildungen wurden in der Popularitätskarte lediglich die Varianten Trift, Dricht, Tricht, Drift und Driet berücksichtigt. Da die Varianten von mhd. treip sowie die Triebel-Belege ohnehin nur recht vereinzelt auftreten, lässt sich an der Popularitätskarte vor allem ablesen, in welch unterschiedlichem Maß Wege zur Viehweide und die Viehweide selbst als Motiv bei der Namengebung dienten. Während Hessen eine verhältnismäßig homogene Verbreitung so motivierter Flurnamen aufweist, zeigen sich in Westfalen und im nördlichen Rheinland deutliche räumliche Unterschiede. Auffällig ist dabei, dass die westfälischen und nordrheinischen Verdichtungsräume durch ein großes Gebiet geringer Belegdichte unterbrochen sind und die Verbreitung nicht so sehr von Relief und Landschaftsstruktur abhängig zu sein scheinen, wie dies bei vielen anderen Flurnamentypen der Fall ist. Variante Trift Treib Triebel Dricht Tricht Dreib Drift Driet Dreef Σ %

Simplex 117 0 4 3 2 0 1 1 1 129 43,4

GT

Σ

BT 113 0 0 3 3 0 1 0 0 120 40,4

18 17 8 1 0 3 0 1 0 48 16,2

% 248 17 12 7 5 3 2 2 1 297 100

83,5 5,7 4,0 2,4 1,7 1,0 0,7 0,7 0,3 100

6.31 Trift

307 6.31 Trift

6. Sprachgeographische Auswertung

308 6.31 Trift

6.32 Weg

309

6.32 Weg c Das Appellativ Weg, ahd. weg m. ,Weg, Zugang, Gang’ (vgl. SCHÜTZ2006, 401), mhd. wёc m. ‘Weg, Straße’ (vgl. MHDWB 3,719) ist massenhaft toponymisiert worden (vgl. e). Weg gehört deshalb zu den am häufigsten belegten Flurnamentypen im Digitalen Nordrheinischen Flurnamenarchiv. Wie im Nhd. bezeichnet das im Rheinland allgemein verbreitete Wort auch in den rheinischen Mundarten „jede gangbare Verbindung zwischen zwei Orten, nah od. fern“, es „kann sowohl Fussweg als auch Fahrweg sein“ (RHWB 9,335). Damit hat Weg einen größeren Bedeutungsumfang als Pfad (vgl. Art. 6.33) einerseits und gegenüber dem für überörtliche, befestigte Verbindungen aus dem lat. (via) strāta ‘gepflasterter Weg, Heerstraße’ entlehnten Straße andererseits. Straße kommt in Flurnamen deutlich seltener vor als Weg, die genauen Verhältnisse lassen sich allerdings nicht bestimmen, weil über die Lagebezeichnungen des ALB auch zahlreiche Straßennamen auf -weg und vor allem -straße in das Untersuchungsmaterial gelangt sind (vgl. Kap. 3.3.1).

EICHEL

d Aufgrund der amtlichen Prägung des Untersuchungsmaterials und dem damit verbundenen Einfluss der Schriftsprache tritt Weg ohne Varianten auf. Es steht wie im benachbarten Westfalen (vgl. WFA 294f.) meistens im GT der Flurnamen, kommt jedoch auch als Simplex häufig vor, während es im BT deutlich seltener ist. Als Simplex kommt Weg nur ganz vereinzelt ohne Attribut vor, weil Weg so häufig ist, dass Weg-Flurnamen in solchen Fällen keine ausreichenden Unterscheidungsmerkmale aufweisen (vgl. ebd. 295). Berücksichtigt man Artikel und Präpositionen mit, setzen sich die 13.263 Belege aus 9.915 unterschiedlichen Kombinationstypen zusammen. Dieser vielfältigen Kombinatorik von Weg wird bei DITTMAIER durch die zahlreichen eigens angesetzten Lemmata mit Weg im GT Rechnung getragen (vgl. RHFLN 66, 90, 95, 104, 107, 109, 113, 125, 132, 142, 168, 184, 187, 203, 205, 215, 243248, 250, 253, 262f., 273, 298, 302, 317, 324). Von diesen Kombinationstypen treten im Belegmaterial Kirchweg mit 480 Belegen vor Holzweg mit 253 auf, Kreuzweg – das nur bedingt zu Weg in der hier untersuchten Bedeutung zu stellen ist (vgl. RHFLN 168) – kommt mit 102, Leich(en)weg mit 100, Steinweg mit 90 und Heerweg mit 85 Belegen vor. Mühlenweg dagegen ist trotz seiner 469 Belege im Belegmaterial nicht eigens bei DITTMAIER angesetzt. Neben den oben genannten kommen andere Kombinationstypen nur vereinzelt vor, das gilt auch für das in Westfalen häufigere Hellweg, das im Untersuchungsmaterial nur fünfmal verstreut belegt ist und dessen Verbreitungsgebiet also nur bedingt als „rhein.-wfäl.-ofäl.“ Areal (WFA 299) bezeichnet werden kann. Als Simplex wird Weg ebenfalls mit einer Fülle von

310

6. Sprachgeographische Auswertung

Attributen versehen, meistens mit von Siedlungsnamen abgeleiteten Adjektiven. Daneben kommt auch grüner Weg häufig vor (vgl. WFA 295), das laut DITTMAIER „in der Nordhälfte des Rheinlandes […] über 90 mal belegt ist“ – im Untersuchungsmaterial konnte es sogar in 348 Fällen nachgewiesen werden. Andere Attribute beziehen sich meistens auf Gestalt und Alter der Wege, sie sind aber weitaus seltener. e Die Punktsymbolkarte zeigt die nahezu flächendeckende Verbreitung der hochfrequenten Weg-Flurnamen im Untersuchungsgebiet. Wegen der fehlenden Varianten konnten die häufigsten Kombinationstypen mit eigenen Symbolen dargestellt werden. Bei Kirch-, Mühlen-, Holz- und Leich(en)weg sind keine regionalen Vorkommensunterschiede festzustellen, was mit den überall auftretenden Benennungsmotiven zusammenhängt. Flurnamen mit Bezügen zu weniger verbreiteten Wegarten weisen dagegen stärkere Unterschiede bei der räumlichen Verteilung auf. Steinweg bezieht sich auf gepflasterte Straßen oder alte Römerstraßen (vgl. RHFLN 302) und kommt fast ausschließlich im Südteil des Untersuchungsgebietes vor. Das auf besonders alte Wege verweisende Heerweg (vgl. ebd. 104) kommt gehäuft nur in der Kölner Bucht, besonders zwischen Jülich und Mönchengladbach, vor. In den Mittelgebirgen und am Niederrhein fehlt es fast ganz – dort gilt häufiger Landweg. Besonders bei hochfrequenten Flurnamentypen wie Weg erweist sich die Popularitätskarte als wesentlich übersichtlichere Darstellungsform. Mit Hilfe dieses relativierenden Verfahrens wird unter der Masse an Einzelbelegen ein Muster in der räumlichen Verwendung deutlich, dass dem von Pfad sehr ähnelt (vgl. Art. 6.33). Obwohl Weg-Flurnamen insgesamt weit häufiger auftreten und überall im Untersuchungsgebiet belegt sind, liegt auch hier die größte Vorkommensdichte in der Kölner Bucht. Deutlicher sichtbar als bei Pfad ist das vermehrte Vorkommen im Gebiet um Remscheid, das die Verbindung zu einem zentralwestfälischen Streifen mit höheren Weg-Frequenzen (vgl. WFA Karte 65.1) darstellt. Die wenigen grundlegenden Abweichungen zwischen beiden Karten lassen sich durch die unterschiedliche Handhabung des ALB-Feldes Lagebezeichnung bei den verschiedenen Katasterämtern erklären. In der Düsseldorfer Gegend sind dort neben Flurnamen auch etliche Straßennamen verzeichnet, was zu einer extremen Belegdichte in der Karte führt. Den hohen Werten im Osten des Untersuchungsgebietes liegen Lagebezeichnungen wie Verbindungsweg Oststraße-Dorfstraße zugrunde, die nicht zum Untersuchungsgegenstand gehören, aber nur durch Einzelkontrolle aus dem Belegmaterial zu entfernen gewesen wären. Trotz dieser Überlagerung der Weg-Flurnamen durch Straßennamen wird deutlich, dass Weg „im Flachland – mangels anderer geeigneter Punkte – sehr viel öfter zur Flurbezeichnung herangezogen [wurde] als im gebirgigen Teil“ (RHFLN 332).

6.32 Weg

Variante Weg Σ %

311

Simplex 4676 4676 35,3

GT

Σ

BT 8131 8131 61,3

456 456 3,4

% 13263 13263 100

100 100

6. Sprachgeographische Auswertung

312 6.32 Weg

6.32 Weg

313 6.32 Weg

314

6. Sprachgeographische Auswertung

6.33 Pfad c Den Pfad-Flurnamen liegt das Appellativ Pfad, ahd. p(h)ad m. n. ,Pfad, Weg’ (vgl. SCHÜTZEICHEL 2006, 256), mhd. phat m. n. ‘Fußweg, Pfad’ (vgl. MHDWB 2,230f.) zugrunde. Seine Herkunft ist unklar, zumal die rekonstruierte westgerm. Form *paþa anlautendes idg. b- voraussetzt, das „sehr selten war (vielleicht gar nicht vorkam)“ (KLUGE/SEEBOLD 693). Als Wort ist Pfad im nördlichen Rheinland allgemein gebräuchlich und kommt meistens, in manchen Gebieten sogar ausschließlich, mit Diminutivsuffix vor (vgl. RHWB 6,643). Als Bedeutung gibt das RHWB ‘Spur von Menschen und Tieren, seit alters vorhanden’ und ‘Gartenweg und schmaler Fußweg’ (vgl. ebd.) an, DITTMAIER ergänzt für die Flurnamen ‘nicht befahrbar, meist zwischen Zaunhecken hindurchführend’ (vgl. RHFLN 225). In der von DITTMAIER angegebenen Bedeutung ist das etymologisch undurchsichtige Wort (vgl. KLUGE/SEEBOLD 693) in den meisten deutschen Mundarten verbreitet (vgl. zusammenfassend WFA 305). d Die Dominanz von standardsprachlichen -Schreibungen im Anlaut belegt den amtlichen Charakter des Belegmaterials, das aber immerhin noch deutliche Spuren mundartlich geprägter Schreibungen aufweist. Dazu gehören neben den unverschobenen Belegen mit initialem die sehr seltenen Schreibungen mit Doppelvokal, die auf einen Langvokal hindeuten und genau dort vorkommen, wo in der Mundart /a:/ gilt (vgl. RHWB 6,643). Im Untersuchungsgebiet ist das jedoch nur „hier u. da“ (ebd.) der Fall, während im Rhein- und Moselfränkischen der gedehnte Kurzvokal aus den obliquen Kasus auf den Nominativ übertragen wurde. Wie im benachbarten Westfalen ist Pfad im GT verbreiteter als das Simplex (vgl. WFA 306f.), auch die Kombinationstypen sind in beiden Gebieten ähnlich. Sehr frequent ist bei den attributiv erweiterten Simplizia jeweils die Verbindung eines aus einem SN abgeleiteten Adjektivs mit Pfad. Bei den Komposita mit Pfad im GT spezifizieren die BT meistens die Funktion des Pfades. Am häufigsten sind Mühlen-, Busch- und Kirchenpfad. Die Komposita Eselspfad, Leinpfad, Mauspfad, Rennpfad, Richtpfad und Seelenpfad sind bei DITTMAIER jeweils als eigene Lemmata angesetzt (vgl. RHFLN 66, 185, 200, 244, 246 und 285). Für die in Westfalen gelegentlich auftretenden Formen mit neutr. Genus (vgl. WFA 306) gibt es im nördlichen Rheinland keine eindeutigen Belege, denn Pfad wird in Flurnamen meistens im Dativ Singular gebraucht oder steht im Nominativ ohne Artikel, so dass eine Unterscheidung von mask. und neutr. Formen nicht möglich ist. Im Verhältnis zu anderen Flurnamentypen ist das bei 27,6 % der Belege auftretende Diminutiv sehr

6.33 Pfad

315

häufig. Es kommt nur im Kerngebiet der Pfad-Flurnamen vor, wurde aus Gründen der Übersichtlichkeit jedoch nicht eigens kartiert. e Anhand der Punktsymbolkarte wird deutlich, dass die einzelnen Varianten keine Arealbildung aufweisen, sondern auch jeweils nebeneinander vorkommen. Im Nfrk. ist allenfalls ein leicht erhöhter Anteil der mundartnäheren Schreibungen gegenüber standardsprachlichem Pfad auszumachen. Da die unverschobenen Formen mundartlich jedoch im gesamten Untersuchungsgebiet gelten, bildet die Karte im Gegensatz etwa zu Siefen (vgl. Art. 6.1) nicht die Differenzen zwischen hd. und nd. Sprachgebiet, sondern das Nebeneinander amtlicher und mundartlicher Schreibungen ab. Anders als in Westfalen, wo Pfad zwar in unterschiedlicher Frequenz, aber insgesamt flächendeckend vorkommt, ist es im nördlichen Rheinland östlich des Rheins selten, in Teilen des Bergischen fehlt es sogar gänzlich. Die starken räumlichen Unterschiede in der Häufigkeit von Pfad treten anhand der Popularitätskarte noch deutlicher heraus. Überdurchschnittlich häufig tritt Pfad im Bereich der Kölner Bucht auf, in den Mittelgebirgen und auch am Niederrhein ist es seltener oder fehlt ganz. Damit ergibt sich eine komplementäre Distribution zu der bei zahlreichen anderen Flurnamen festgestellten „Mittelgebirgsklammer“ und zu Flurnamentypen, deren Vorkommen sich auf den Niederrhein beschränkt. Dies dokumentiert den Einfluss der landschaftlichen Gestalt auf die Flurnamengebung, zumal das Appellativ mundartlich im gesamten Bearbeitungsgebiet bekannt ist und die damit bezeichnete Sache überall vorkommt. Wegen der hohen Belegdichte im Bonner Raum treten die in der Punktsymbolkarte erkennbaren Belege um Remscheid auf der Popularitätskarte nicht hervor. Sie sind aber insofern von Bedeutung, als dass sie die Fortsetzung eines Bandes sind, das in Westfalen „vom südlichen Weserbergland […] über den oberen bis mittleren Hellweg reicht“ (WFA 307 und Karte 67.1 und Karte 67.2). Es verbindet das Areal in Nordhessen, wo Pfad sehr häufig ist (vgl. ebd. 305 und 307) mit dem linksrheinischen Verdichtungsgebiet. Variante Pfad Pat(t) Pad Paad Paath Σ %

Simplex 570 21 10 1 1 603 34,2

GT

Σ

BT 1008 39 42 0 0 1089 61,8

14 50 5 1 0 70 4,0

% 1592 110 57 2 1 1762 100

90,4 6,2 3,2 0,1 0,1 100

6. Sprachgeographische Auswertung

316 6.33 Pfad

6.33 Pfad

317 6.33 Pfad

318

6. Sprachgeographische Auswertung

6.34 Hostert c Hofstatt und seine „Nebenform“ (HFA 132) Hostert, ahd. hovestat f. ‘Wohnstätte, Sitz’ (vgl. SCHÜTZEICHEL 2006, 164), mhd. hofstat, hovestat f. ‘Grund und Boden, worauf ein Hof mit den dazu gehörigen Gebäuden steht oder stehen könnte’ (vgl. MHDWB 1,1369) sind als Appellative in Westfalen und in Hessen ausgestorben (vgl. WFA 213; vgl. HFA 132). Im Rheinland sind sie laut RHWB noch selten belegt, und zwar mit der Bedeutung ‘offenes Gebäude, ärmliche Behausung’ (vgl. RHWB 3,844f.) oder ‘Weiler von mehreren Wohnungen’ (vgl. ebd., 3,742). Den Flurnamen, in denen zumindest Hostert häufiger auftritt, liegt die Bedeutung ‘Ort, an dem ein Hof stand, steht oder stehen soll’ (vgl. RHFLN 116; vgl. DWB 10,1700) zugrunde. Ebenfalls auf den Standort einer Hofanlage bezieht sich Hausstatt, das entweder als Umdeutung aus Hostert zu betrachten ist (vgl. RHFLN 104) oder wie im Westfälischen direkt auf mnd. hūsstēde zurückgeführt werden kann (vgl. WFA 215). d Im Gegensatz zu Westfalen, wo Hausstatt bzw. -stätte gegenüber Hofstatt und Hostert „das mit Abstand häufigste und auch am weitesten verbreitete Kompositum“ (WFA 215) ist, kommt es im Untersuchungsgebiet nur zweimal vor. Auch das in Hessen dominierende Hofstatt (vgl. HFA 132) ist nur ganz vereinzelt belegt. Im nördlichen Rheinland überwiegt Hostert sehr deutlich, gefolgt von einer Reihe von Varianten, die verschiedene Vokalqualitäten widerspiegeln und ebenfalls zu Hostert zu stellen sind (vgl. RHFLN 115). Bei den morphosyntaktischen Positionen zeichnet sich ein ähnliches Bild wie in den Nachbarräumen ab (vgl. WFA 214f.; vgl. HFA 132), mit Abstand am häufigsten treten Hostert und seine Varianten als Simplizia auf. Sie sind nur ganz selten durch Attribute erweitert, sondern stehen in der Regel nur mit Präposition, meistens mit auf. Im GT und BT kommen Hostert und seine Varianten zu selten vor, um typische Verbindungen festzustellen. Entgegen der Kennzeichnung bei DITTMAIER liegt im Untersuchungsmaterial keine häufigere Verwendung des fem. Genus vor – von den 80 Belegen mit eindeutiger Genusmarkierung entfallen jeweils 40 auf Femininum und Maskulinum, die auch in unmittelbarer Nachbarschaft und ohne besondere geographische Verbreitung auftreten. e Die Punktsymbolkarte wird dominiert von den Hostert-Belegen, die in größerer Zahl im Süden des Untersuchungsgebietes auftreten, jedoch in Streulage auch weiter nördlich anzutreffen sind. Bei den Hostert-Varianten mit anderen graphisch bezeichneten Vokalqualitäten liegt im Fall von Höstert eine räumliche Beschränkung auf das mittlere Erftgebiet vor, Hastert tritt nur

6.34 Hostert

319

im Snfrk. und Nfrk. auf. Die anderen Varianten sind nur sehr verstreut belegt. Die Trennung zwischen Belegen mit umgelautetem -stätte im Norden und -statt weiter südlich, die sich in Westfalen recht deutlich abzeichnet (vgl. WFA 216 und Karte 44.2), ist im nördlichen Rheinland nur andeutungsweise nachvollziehbar, weil nur wenige Belege vorliegen. Der Beleg Hausstadt zwischen Düsseldorf und Duisburg müsste dann wegen der fehlenden Umlautbezeichnung als Katasterform von Hostert erklärt werden, da auch weiter südlich schon -stätte gilt. Für die Flurnamen mit Haus- oder Hof- liegen ebenfalls zu wenige Belege vor, so dass auch hierbei keine Aussagen zur Arealität getroffen werden können. Die Popularitätskarte macht deutlich, dass Hofstatt und Hostert mit ihren Varianten vor allem im linksrheinischen Süden des Untersuchungsgebietes als Benennungen von Gelände nach dem Standort einer Hofanlage verwendet wurden. Die hohen Dichtewerte am äußersten Nordrand sind dadurch erklärbar, dass dort an e i n e m ALB-Belegpunkt sieben Flurnamen mit dem Muster ‘Besitzername’ + Hofstedt vorkommen. Der Vergleich mit Verbreitungskarten in den Flurnamenatlanten aus Hessen und Westfalen zeigt, dass in jedem Gebiet andere Benennungen für dieselbe Sache dominieren. In Westfalen sind es Hausstatt bzw. -stätte, in Hessen Hofstatt und ähnliche Varianten, Hostert dagegen ist als typisch rheinische Benennung anzusehen. Das Kartenbild legt nahe, dass im Untersuchungsgebiet die Nordgrenze des geschlossenen Hostert-Areals liegt, es sich aber weiter in den südlichen Teil des Rheinlandes fortsetzt und dort im Osten bis nach Nassau reicht, wie der Hessische Flurnamenatlas dokumentiert. Variante Hostert Hofstedt, -städ(t), -stätt Höstert Hustert Hastert Hofstatt, -stadt Haustert Hoestert Hausstaedt Hausstadt Σ %

Simplex 80 9 5 6 3 2 2 1 1 1 110 76,9

GT

Σ

BT 17 1 4 0 0 0 0 0 0 0 22 15,4

6 0 0 2 1 1 1 0 0 0 11 7,7

% 103 10 9 8 4 3 3 1 1 1 143 100

72,0 7,0 6,3 5,6 2,8 2,1 2,1 0,7 0,7 0,7 100

6. Sprachgeographische Auswertung

320 6.34 Hostert

6.34 Hostert

321 6.34 Hostert

322

6. Sprachgeographische Auswertung

6.35 Kath(e), Kott(en), Kat(e); (Hütte) c Die hier behandelten Flurnamen gehen zurück auf mnd. kōte, kotte m. f., kōt n. ‘Hütte, Haus eines Tagelöhners, abhängige Bauernstelle’ (vgl. MNDWB 2,653). Die im hochdeutschen Raum auftretenden Kotten-Belege, mhd. kote m., kot n. ‘Hütte’ (vgl. MHDWB 1,1690), beruhen auf Entlehnungen aus dem nd.-nl. Sprachraum, wie das unverschobene -t- bezeugt. Die weitere Herkunft des Flurnamentyps Kath(e), Kott(en), Kat(e) ist nicht gesichert (vgl. KLUGE/SEEBOLD 477; vgl. DWB 11,1884), zusammen mit den Formen aus anderen germanischen Sprachen (vgl. KLUGE/SEEBOLD 477; vgl. DUDEN HERKUNFTSWÖRTERBUCH 334; vgl. PFEIFER 1999, 635) ließe sich jedoch germ. *kuta-/ō ‘Hütte’ rekonstruieren (vgl. KLUGE/SEEBOLD ebd.), das eine Dentalerweiterung der Wurzel idg. *geu-, *gū- ‘biegen, krümmen, wölben’ ist (vgl. PFEIFER 1999, ebd.). Damit läge eine Urverwandtschaft unter anderem mit Kaule, Kuhle (vgl. Art. 6.3) vor, die Grundbedeutung ist dann ‘(mit Flechtwerk bedeckte) Höhlung, Grube’ (vgl. PFEIFER 1999, ebd.) bzw. ‘aus Reisig geflochtene Hütte’ (vgl. RHFLN 162). In den rheinischen Mundarten haben sich „mehrere daraus entspringende Bedeutungen“ (ebd.) und verschiedene Formen herausgebildet. Dazu gehören vor allem Kat f. ‘kleine Hofstätte’ (vgl. RHWB 4,253), Kote f. m. ‘kleine Bauernstelle, armseliges Haus’ (vgl. ebd. 4,1279) und Kotten m. ‘Werkstätte; kleines Anwesen; baufälliges Haus; Heuhaufen’ (vgl. ebd. 4,1285f.). Jedoch haben Kate und Kotten sowohl appellativisch als auch toponymisch die Bedeutung ‘kleine Bauernstelle’ „wohl ursprünglich im gesamten rheinischen Verbreitungsgebiet besessen“ (RHFLN 162), die sich dann später ausdifferenzierte (vgl. ebd. 162f.). d Legt man wegen der Bedeutungsdifferenzierung eine frühen Entlehnung aus dem Nd. zugrunde (vgl. c), ist Kott(en) eine ursprünglich tongedehnte Entlehnung mit rip. Rückverkürzung. Im Nfrk. bleibt die Rückverkürzung aus und führt zu der dortigen Variante Koth(en) (vgl. e). Bei den -Schreibungen im Nfrk. handelt es sich um eine konservative regionale Graphie, die auf für westgerm. o in der spätmittelalterlichen geldrisch-kleverländischen Schreibsprache beruht. Letzteres wurde in offener Silbe „bei der Dehnung zugleich zum offenen Laut“ (TILLE 1925, 54) und fiel so mit dem altlangen westgerm. ā zusammen, für das „der normale Schriftausdruck a, ae, ai war“ (ebd.). In den Mundarten gilt dort laut RHWB nach wie vor /O:/ oder /O:a/, nur nördlich der Ruhr auch /a:/ (vgl. RHWB 4,253). Wie ist auch , zum Beispiel bei aen de Maaskaet, als Graphie für /O:/ zu betrachten, der Einzelfall Rademacherskät ist daher eine missglückte Normierung einer Schreibung mit Dehnungs-e.

6.35 Kath(e), Kott(en), Kat(e); (Hütte)

323

Gegenüber anderen Flurnamentypen ist der hohe Anteil von Bildungen mit Kath(e), Kott(en), Kat(e) im GT auffällig. Als Ursache hierfür ist die Häufigkeit des bezeichneten Gegenstandes und das damit verbundene Bedürfnis zur Differenzierung durch einen BT anzusehen. Trotz der 1.225 Belege mit Kath(e), Kott(en), Kat(e) im GT gibt es keinen Beleg, der häufiger als fünfmal vorkommt, weil fast alle Belege dem Kombinationstyp ‘Besitzerangabe’ + Kath(e)/Kott(en)/Kat(e) zugeordnet werden können. Dabei dominieren FN im BT ganz deutlich (vgl. RHFLN 134), allerdings lassen sich daneben noch zwei weitere Kombinationen ausmachen, die auf eine spezielle Bedeutung von Kath(e), Kott(en), Kat(e) hinweisen. Als BT zeigen Schleif-, Schliep- und Scherp- die Nutzung der Hofstätten als Werkstatt des Messerschmieds und Feilenhauers an (vgl. RHFLN 163; vgl. RHWB 4,1285), während Armen- auf die Nutzung als Unterkunft für Arme und möglicherweise auch Aussätzige (vgl. RHFLN 163; vgl. SHFLNB 597) hinweist. Von den im RHWB angegebenen BT, welche die Bedeutung ‘(Heu-)Haufen’ nahe legen (vgl. RHWB 4,1286), kommen nur zwei Belege mit Mollen- vor. Auch bei den Simplizia wird Kath(e), Kott(en), Kat(e) in aller Regel wie bei Dickmanns Kate mit einem FN erweitert, einfache Simplizia sind ganz selten. Bei den Bildungen mit Kath(e), Kott(en), Kat(e) im BT treten gängige GT wie -feld, -siefen, -acker, -wiesen usw. an. In diesen Fällen ist jedoch nicht sicher zu entscheiden, ob sich der BT auf eine kleine Hofstätte bezieht oder ob mnd. quāt ‘schlecht, böse, übel, verdorben’ (vgl. MNDWB 2,1791) zugrunde liegt (vgl. RHFLN 162). Diese Bedeutung ist mundartlich allerdings nur im Snfrk. und Nfrk. möglich, während es im Rip., wo stattdessen böse vorkommt, nur in bestimmten Verbindungen auftritt und sich meist auf Krankheiten bezieht (vgl. RHWB 6,1268 und 4,1279). Jedenfalls ist kot eines der wenigen Wörter, die den mhd. bzw. mnd. qu-Anlaut im Untersuchungsgebiet nicht bewahren (vgl. MÜNCH 1904, § 118). Durch das seltene Auftreten von Attributen und Präpositionen ist eine Genusbestimmung schwierig. In den eindeutigen Fällen liegt bei Kott(en) und Koth jedoch stets mask. Genus vor, auch bei Kathe und seinen Varianten stehen 16 Belege mit am nur 5 Belegen mit an der gegenüber. Belege wie Am Kerstenskate zeigen also, dass Kathe nicht ausschließlich mit fem. Genus (vgl. ebd. 134), sondern eben „auch als masc.“ (DWB 11,274) vorkommt. e Die Punktsymbolkarte offenbart eine deutliche räumliche Trennung der Hauptverbreitungsgebiete von Kott(en) und Kothen gegenüber Kath(e), Kat(e), Kaet und Kaat, die fast ausschließlich „am Niederrhein nördl. der Ürdinger Linie“ (RHFLN 134) vorkommen. Ihr Verbreitungsgebiet stimmt recht genau mit den Arealen überein, in denen noch am Ende des 18. Jahrhunderts eine „stark ausgeprägte[…] Zweisprachigkeit“ (CORNELISSEN 1998, 41; vgl. ebd. 23) gilt. Das Fehlen einer einheitlichen Schriftsprache führt auch bei

6. Sprachgeographische Auswertung

324

den hier untersuchten Flurnamen, die ja in aller Regel aus amtlichem Katastermaterial stammen, zu einem Nebeneinander aller Varianten in diesem Raum. Dabei ist allerdings eine deutliche Tendenz zur -Graphie erkennbar, während insbesondere und lediglich in den Randlagen auftreten. Fast ausschließlich auf das rechtsrheinische Snfrk. beschränkt sind Koth(en)-Flurnamen, die mit der südlicheren Variante Kott(en) die Schreibung des Stammvokals teilen, mit den nördlicheren Varianten Kath(e), Kat(e) usw. durch die ausgebliebene rip. Rückverkürzung dagegen in der Vokallänge übereinstimmen (vgl. d). Südlich der Benrather Linie und vereinzelt auch noch über das Untersuchungsgebiet hinaus (vgl. RHFLN 162; vgl. SHFLNB 597) gilt dann Kott(en). Das Fehlen des Flurnamentyps in größeren linksrheinischen Gebieten legt nahe, dass neben Laut- auch Wortgrenzen vorliegen, denn die bezeichnete Sache kommt auch dort vor. Der Vergleich mit dem in der Punktsymbolkarte zusätzlich aufgenommenen Hütte, mit dem es „in der bed. ganz, in den lauten mehr als halb“ (DWB 11,1884) übereinstimmt, lässt trotz dessen standardsprachlicher Verwendung eine komplementäre Verteilung erkennen. Insbesondere im Mönchengladbacher Raum, wo Kath(e), Kott(en), Kat(e) ganz selten ist, hat Hütte seine größte Belegdichte im Untersuchungsgebiet, während es am Niederrhein nur sehr vereinzelt vorkommt. Die Wortgrenze deckt sich demnach ungefähr mit der Uerdinger Linie. Die geringen Belegzahlen im Süden des Untersuchungsgebietes erklären sich durch die dortige Konkurrenz zu Hostert (vgl. Art. 6.34). Deutlicher als auf der Punktsymbolkarte ist auf der Popularitätskarte die geringere Belegdichte zwischen Ruhr und Lippe zu erkennen, so dass nicht von einem geschlossenen Kath(e)/Kott(en)/Kat(e)-Gebiet, sondern eher von einem niederrheinischen Kath(e)/Kat(e)-Areal n e b e n einem niederbergischen Kott(en)-Areal gesprochen werden kann. Dennoch ist ersichtlich, dass die kartierten Flurnamen sprachgeographisch in einen nd. Zusammenhang zu stellen sind. Damit weisen sie ein für das Untersuchungsgebiet eher untypisches Verbreitungsmuster auf, das eine Fortsetzung im nl. und westfälischen Raum erwarten lässt. Variante Kath(e) Kott(en) Kat(e) Koth(en) Kaet Kaat Σ %

Simplex

Variante Hütte Σ %

Simplex

GT

49 72 71 20 6 8 226 13,7

353 353 30,4

Σ

BT 618 189 283 122 12 1 1225 74,4

GT

7 164 2 19 4 0 196 11,9 Σ

BT 579 579 49,9

% 674 425 356 161 22 9 1647 100

229 229 19,7

40,9 25,8 21,6 9,8 1,3 0,5 100

% 1161 1161 100

100 100

6.35 Kath(e), Kott(en), Kat(e); (Hütte)

6.35 Kath(e), Kott(en), Kat(e); (Hütte)

325

326

6. Sprachgeographische Auswertung

6.35 Kath(e), Kott(en), Kat(e); (Hütte)

7. Flurnamenräume im nördlichen Rheinland

Die folgenden Abschnitte enthalten eine vergleichende Zusammenfassung der im vorigen Kapitel präsentierten Einzelverbreitungen. Diese Perspektive entspricht der Konzeption von Flurnamenatlanten, die „der Idee nach mehr als die Summe der Einzelkarten“ (RAMGE 1995, 315) sind. Durch die Berücksichtigung der 35 meist hochfrequenten Flurnamentypen vereint dieser synoptische Ansatz die Verbreitung von 89.384 Flurnamenbelegen (vgl. Kap. 5.1) aus dem Digitalen Nordrheinischen Flurnamenarchiv. Es fehlen nur solche Flurnamentypen, die bei den Auswahlverfahren keine auffällige räumliche Verteilung zeigten (vgl. ebd.). Deshalb ist zu erwarten, dass die hier präsentierten Ergebnisse unter Berücksichtigung des g e s a m t e n Belegmaterials nicht grundsätzlich anders, sondern allenfalls etwas weniger klar ausfallen würden. Ziel der vergleichenden Zusammenfassung ist die Ermittlung von Flurnamenräumen im nördlichen Rheinland, also von räumlichen Mustern, die sich aus der Verbreitung einzelner Flurnamentypen ableiten lassen. Zunächst wird dazu die Frage geklärt, mit welchem Verfahren hsich Flurnamenräume bestimmen lassen und zu welchem Ergebnis ein solches Verfahren im nördlichen Rheinland führt. Daran schließt sich ein Vergleich der ermittelten Raumstrukturen mit sprachlichen und naturräumlichen Grenzen an, denn „die Beschreibung von Namenräumen wirft auch die Frage nach ihrer Entstehung auf“ (SCHORR 2000, 31). Die in Kapitel 6 isoliert kartierten 35 Flurnamentypen werden schließlich nach Flurnamenräumen sortiert und gemeinsam in entsprechenden Karten präsentiert. Während in diesen Abschnitten die i d e n t i s c h e Verbreitung von Flurnamentypen im Mittelpunkt steht, endet der Auswertungsteil mit einem Exkurs zur k o m p l e m e n t ä r e n Verbreitung von Flurnamentypen mit vergleichbaren Denotatbereichen. Dazu werden mit Bende/Bend(en), Bitze, Kamp und Pesch/Pass vier „für die Kulturkreisforschung besonders bedeutsame rheinische Flurnamen“ (WESTPHAL 1934, 131) herangezogen, die von WESTPHAL bereits 1934 untersucht worden sind (vgl. ebd.). Der Schluss der vorliegenden Arbeit weist damit zurück auf den Beginn der sprachgeographischen Auswertung von Flurnamen im Rheinland.

328

7. Flurnamenräume im nördlichen Rheinland

7.1 Zur Ermittlung von Flurnamenräumen Anlässlich einer Rede zur Preisverleihung des Henning-Kaufmann-Preises (vgl. DEBUS 1987) untersuchte RAMGE die Manuskriptkarten des damals kurz vor der Veröffentlichung stehenden Hessischen Flurnamenatlas auf solche Namen hin, „die häufig bis massenhaft als Flurnamen belegt sind und eine hinreichend klar erkennbare unterschiedliche Verteilung im Untersuchungsraum aufweisen“ (RAMGE 1987b, 24). Sein Ziel war die Feststellung der hessischen Flurnamenräume, womit er den Terminus Flurnamenraum in die Flurnamenforschung einführte. Seiner Ansicht nach entstehen Flurnamenräume, „indem übergeordnete Kommunikationsgemeinschaften ein gleiches Zeichen für das gleiche Örtlichkeitsmerkmal übernehmen oder ein anderes nehmen“ (RAMGE 1996, 1170). Gelingt es, diese Räume zu ermitteln, können sie in einem zweiten Schritt beispielsweise „zur Erhellung der Struktur der hessischen Sprachlandschaften“ (ebd., 18, vgl. auch 47-52) herangezogen werden. Dieser Ansatz wurde, trotz seiner überzeugenden konzeptionellen Ausrichtung, bislang nur auf eine andere deutschsprachige Region übertragen und dabei für den Saar-Mosel-Raum überprüft (vgl. SCHORR 2000). Die Ursachen für die fehlende Nachahmung in anderen Gebieten sind einerseits bei den hohen Ansprüchen an die Materialgrundlage und andererseits bei der fehlenden Weiterentwicklung der Methoden zur Ermittlung von Flurnamenräumen zu suchen. RAMGE machte darauf aufmerksam, dass nur bestimmte Flurnamentypen für eine Untersuchung von Flurnamenräumen in Frage kommen (vgl. RAMGE 1987b, 24). Die Voraussetzung zur Auswahl solcher Belege ist jedoch ein Überblick über die räumliche Verteilung etlicher Flurnamentypen, wie er nur in regionalen Flurnamenarchiven mit der Möglichkeit zur Kartierung von Flurnamenverbreitungen gegeben ist. Dies ist in SCHORRS Untersuchungsgebiet mit dem Archiv für Siedlungs- und Flurnamen des Saarlands und des germanophonen Lothringen (ASFSL) der Fall (vgl. GLUTING/JOCHUM-GODGLÜCK/PITZ/PUHL/SCHORR 1997), bleibt allerdings insgesamt die Ausnahme (vgl. KLEIBER 2005, 3516f.). Der entscheidende Faktor für die fehlende Untersuchung in anderen deutschsprachigen Regionen ist aber wohl das problematische Ermittlungsverfahren von Flurnamenräumen. RAMGE hatte seinen Ansatz nur als „erste Annäherung“ (RAMGE 1987b, 24) verstanden und eine Detailuntersuchung angekündigt, in der die „eher intuitiv gefassten Flurnamenräume über eine EDV-Bearbeitung formal exakter und vollständiger erfaßt werden sollen“ (ebd., 25). Eine solche Weiterentwicklung ist allerdings nicht mehr erfolgt und auch SCHORR stellt nach dem Vorbild RAMGES lediglich ähnliche Verbreitungsgebiete zusammen, aus denen er dann Namenräume ableitet (vgl. SCHORR 2000, 31-34).

7.2 Synoptische Betrachtung von Einzelverbreitungen

329

An der Schnittstelle von subjektiv-interpretativen Verfahren zur objektivierenden Berechnung relativer Häufigkeiten (vgl. RAMGE 1987b, 24f.) setzt die im Rahmen der vorliegenden Arbeit entwickelte Methode zur Ermittlung von Flurnamenräumen an. Die Vorgehensweise ist auch dabei „induktivheuristisch“ (ebd., 24), weil aus der Verbreitung einzelner Flurnamentypen auf übergeordnete räumliche Strukturen geschlossen wird. Dies geschieht auf der Grundlage der Mittelwertskarte, die eine vereinfachte Darstellungsvariante der Popularitätskarte ist (vgl. Kap. 4.3.4).

7.2 Synoptische Betrachtung von Einzelverbreitungen Die Grundlage zur Ermittlung von Flurnamenräumen ist die vergleichende Analyse von Verbreitungsbildern mehrerer Flurnamentypen. Die in Kapitel 6 präsentierten Popularitätskarten eignen sich aufgrund ihrer flächenhaften Darstellung jeweils nur zur Kartierung e i n e s Flurnamentyps und kommen deshalb für eine synoptische Betrachtung nicht in Frage. Mit der Mittelwertskarte wurde eine vereinfachende Darstellungsvariante der Popularitätskarte bereits vorgestellt (vgl. Kap. 4.3.4), die mit ihrer linienhaften Konzeption in der Lage ist, die Verbreitungsgebiete mehrerer Flurnamentypen abzubilden. Die Isolinien auf der Mittelwertskarte markieren die Grenze zwischen überund unterdurchschnittlicher Popularität und nicht die Grenze der gesamten Verbreitung eines Flurnamentyps inklusive aller Streubelege. Dies ist für die Interpretation dieser Karten sowie für die daraus ableitbaren Aussagen über räumliche Muster von zentraler Bedeutung. Auch RAMGE hatte sich zur Ermittlung der hessischen Flurnamenräume an solchen Hauptgeltungsräumen orientiert, weswegen in seinem Verfahren „bei massenhaft vorkommenden Namen der Raum des Massenvorkommens als Hauptgeltungsraum interpretiert [wurde] und die Gebiete geringeren Vorkommens außer Betracht blieben und bei häufig, aber nicht massenhaft vorkommenden Namen der hauptsächliche Vorkommensraum als Geltungsraum interpretiert wurde und seltenere Vorkommen unberücksichtigt blieben“ (RAMGE 1987b, 24).

Dieses „subjektiv-interpretative[…] Verfahren“ (ebd.) RAMGES wird mit Hilfe der Mittelwertskarte durch eine objektive, auf messbarer Vorkommenshäufigkeit basierende Methode ersetzt. Während es bei RAMGES Ansatz nötig war, „die die Flurnamenräume definierenden Grenzen oder Schranken als jeweils 20 bis 30 km breite Grenzsäume anzusehen“ (ebd. 25), kann die Grenze zwischen höherem und geringerem Vorkommen in der Mittelwertskarte mit einer Linie exakt dargestellt werden.

330

7. Flurnamenräume im nördlichen Rheinland

Dieses objektive und exakte Verfahren erfordert allerdings Generalisierungen, da eine gemeinsame Darstellung der Mittelwerts-Isolinien a l l e r Flurnamentypen zu einem so komplexen Kartenbild führt, dass keine Muster mehr erkennbar sind. Eine erste Vereinfachung ist die Berücksichtigung von nur 35 Flurnamentypen, so dass anstelle der 200.110 Belege des Digitalen Nordrheinischen Flurnamenarchivs nur 89.384 für die Ermittlung von Flurnamenräumen herangezogen werden. Auch dieses Verfahren findet bereits bei RAMGE Anwendung, der „die vielen kartierten Namen mit geringer Belegzahl“ und „die Namen, die eine schwache oder unklare räumliche Verteilungsvarianz zeigen“ (ebd.), unberücksichtigt lässt. Auch SCHORR untersucht die saarländisch-lothringischen Flurnamenräume auf der Basis von nur 20 Flurnamentypen (vgl. SCHORR 2000, 59-78). Eine zweite generalisierende Maßnahme war die bereits angedeutete Beschränkung auf e i n Hauptverbreitungsgebiet pro Flurnamentyp (vgl. Kap. 4.3.4). In den Fällen, in denen die Darstellung in Popularitätskarten mehrere isolierte Areale mit überdurchschnittlicher Beleghäufigkeit ergab (vgl. Abb. 41), wurde für die synoptische Betrachtung nur das jeweils größte Areal berücksichtigt. Schon in den Einzelkartierungen in Kapitel 6 hatten sich vergleichbare Verbreitungen angedeutet, besonders der Gegensatz zwischen Mittelgebirge und Tiefland, die „Mittelgebirgsklammer“, war auf mehreren Karten erkennbar. Deshalb ist der Versuch, die Mittelwerts-Isolinien aller Karten in einer Karte darzustellen und dort bereits räumliche Muster festzustellen, gerechtfertigt. Methodisch schließt dieses Verfahren an die von LAUSBERG und MÖLLER Isolexen-Kombinationskarte aus 50 ausgewählten Wortkarten des RHWB an (vgl. LAUSBERG/MÖLLER 1996, 276). Diese onomasiologischen Wortkarten enthalten aber jeweils weit mehr Isolinien als die hier kombinierten Karten, mit jeweils nur einer Mittelwerts-Isolinie – insofern sind beide Ansätze nur bedingt vergleichbar. LAUSBERG und MÖLLER waren zu dem Ergebnis gekommen, dass in der rheinischen Wortgeographie von klaren Grenzen „keine Rede sein kann“ (ebd., 275). Auf den ersten Blick mag dieser Eindruck auch im Bereich der Flurnamengeographie entstehen (vgl. Abb. 43). Eine gründlichere Betrachtung der Karte zeigt aber, dass sich anhand der addierten Einzelverbreitungen mehrere Grenz- und Raumstrukturen ermitteln lassen. Starke Bündelungen von Mittelwerts-Isolinien entsprechen dabei Grenzen, Gebiete mit geringem Vorkommen solcher Linien entsprechen Räumen. Am auffälligsten ist die starke Bündelung von Linien östlich der Achse Bonn-Düsseldorf. Besonders zwischen Köln und Bergisch Gladbach verlaufen innerhalb eines wenige Kilometer breiten Korridors über ein Dutzend solcher Isolinien, sie markieren also die deutlichste flurnamenräumliche Grenze im Untersuchungsgebiet. In geringerer Stärke setzt sie sich nach Norden bis etwa Duisburg fort, wo sie nach Osten abknickt. Weitere Linienbündel sind im Südwesten und ansatzweise im Bereich von Geldern erkenn-

7.2 Synoptische Betrachtung von Einzelverbreitungen

331

bar. Die Linienbündel an der südöstlichen Grenze des nördlichen Rheinlandes sind nur sehr eingeschränkt als Grenzen interpretierbar, weil das Untersuchungsgebiet isoliert von Flurnamenverbreitungen der angrenzenden Räume analysiert werden musste – wie aus den Kommentaren der Einzelkartierungen hervorgeht, setzen sich aber gerade in diesem Gebiet viele Verbreitungen nach Südwestfalen und Nordwesthessen fort.

Abb. 43: Kombinationskarte der Mittelwerts-Isolinien von 35 Flurnamentypen

Den skizzierten Grenzen stehen einige Gebiete mit nur ganz wenigen Linien gegenüber, das sind vor allem der zentrale Teil des nördlichen Rheinlandes um Bergheim und der Norden zwischen Kleve und Wesel, aber auch der Südosten im Gebiet um Waldbröl. Sie sind offensichtlich Kerngebiete von Flurnamenräumen, während Gebiete wie die zwischen Köln, Bonn und Euskirchen sowie zwischen Duisburg, Düsseldorf und Mönchengladbach Übergangsräume mit einer kleinräumigen flurnamengeographischen Struktur sind.

332

7. Flurnamenräume im nördlichen Rheinland

Diese erste Beschreibung von flurnamengeographischen Strukturen wird in den nächsten Abschnitten in zwei Richtungen erweitert. Den Untersuchungen von RAMGE und SCHORR entsprechend werden die angedeuteten räumlichen Muster zunächst mit inner- und außersprachlichen Raumstrukturen verglichen. Dazu wird einerseits die dialektale und andererseits die naturräumliche Gliederung des Untersuchungsgebietes herangezogen. Wie sich zeigen wird, lassen sich schon mit diesem Vergleichsverfahren grundlegende Erklärungen für die Struktur der nordrheinischen Flurnamenräume finden – ein weiterführender Vergleich, beispielsweise mit Bistumsgrenzen, frühmittelalterlichen Siedlungskammern, spätmittelalterlichen Territorien oder Fernwegen (vgl. SCHORR 2000, 54-57) könnte nur in einer gesonderten Untersuchung gezogen werden, zumal eine solche „Wiederaufnahme des kulturmorphologischen Ansatzes […] systematisch, umfassend und interdisziplinär erfolgen“ (LAUSBERG/MÖLLER 1997, 285) müsste. Die bereits skizzierten und dann auch benannten Flurnamenräume werden anschließend noch in Einzeldarstellungen präsentiert, so dass die raumbildenden Flurnamentypen identifiziert und einzelne Besonderheiten diskutiert werden können.

7.2.1 Dialektale Gliederung und Flurnamenräume Die Untersuchungen von RAMGE und SCHORR zu den hessischen und saarländisch-lothringischen Flurnamenräumen beschränken sich nicht auf die Beschreibung der jeweiligen Raumstrukturen, sondern verfolgen zusätzlich das Ziel, einen Bezug zu anderen räumlichen Grenzen herzustellen. RAMGE wertet die Flurnamenräume daraufhin aus, „was sie zur Erhellung der Struktur der hessischen Sprachlandschaften und ihrer Einbindung im Verbund des Deutschen beizutragen vermögen“ (RAMGE 1987b, 18) und vergleicht sie deshalb detailliert mit den hessischen Dialekträumen (ebd., 47-52). Darüber hinaus weist er abschließend aber auch auf Spiegelungen von Sprachräumen „in der politischen Großraumbildung, im Verhältnis von Anerbenrecht und Realteilungsrecht, in Hausbauformen, in Trachten, in Sitten und Gebräuchen“ (ebd., 54) hin. Diese explizit kulturmorphologische Perspektive wählt auch SCHORR, der außersprachliche Raumstrukturen in den Vergleich mit einbezieht, indem er untersucht, „welche Zusammenhänge mit historischen Raumbildungen festzustellen sind und welche Schlussfolgerungen für eine regionale Sprachgeschichte […] sich daraus ergeben“ (SCHORR 2000, 30). Im Rheinland wurde der „Gedanke, die Flurnamenforschung in derselben Weise wie früher die Mundartenforschung für die Kulturkreisforschung nutzbar zu machen“ (WESTPHAL 1934, 129) bereits 1934 von WESTPHAL exemplarisch erprobt. Der Einfluss der Bonner Schule ist auch bei DITTMAIER erkennbar, der jeden in den Rheinischen Flurnamen behandelten Flurnamen „nach seinem Auftreten in den einzelnen rheinischen Sprach- und Lebensräu-

7.2 Synoptische Betrachtung von Einzelverbreitungen

333

men“ (DITTMAIER 1963, 4) markiert. Dazu legt er die traditionelle dialektale Gliederung seines Bearbeitungsgebietes in Rheinfränkisch, Mittelfränkisch, Ripuarisch und Niederfränkisch zugrunde (ebd., 2). Diese Einteilung gilt es anhand des Materials aus dem Digitalen Nordrheinischen Flurnamenarchiv zu überprüfen.

Abb. 44: Dialektale Gliederung und Flurnamenräume

Die obige Karte kombiniert die Mittelwerts-Isolinien der 35 ausgewählten Flurnamentypen mit dem nördlichen Teil des Rheinischen Fächers (zur Bezeichnung der Dialektgrenzen und -räume vgl. Abb. 01). Während die Flurnamen- und Dialekträume in Hessen „in wesentlichen Zügen“ (RAMGE 1987b, 53) übereinstimmen und sich im Saarland „bei großzügiger Betrachtung“ (SCHORR 2000, 52) ein Zusammenhang immerhin andeutet, sind im nördlichen Rheinland keine Übereinstimmungen erkennbar. Die deutlichste flurnamengeographische Grenze lässt sich von ihrer Verlaufsrichtung her in keiner

334

7. Flurnamenräume im nördlichen Rheinland

Weise mit der dialektalen Süd-Nord-Staffelung in Zusammenhang bringen. Die auf der Übersichtskarte zum RHWB angedeutete West-Ost-Einteilung in Links- und Rechtsripuarisch beruht auf dem Verlauf des Rheins, ist also nicht innersprachlich motiviert, zumindets nicht explizit. Sie liegt zudem weiter westlich als das Linienbündel auf der Kombinationskarte. Bei den Räumen wirkt allenfalls der niederfränkische Dialektaum flurnamengeographisch einigermaßen homogen, es fehlt aber eine Abgrenzung nach Süden, sofern man das Isoliniengewirr im östlichen Südniederfränkischen nicht als Kennzeichen eines Übergangsraums interpretieren will. DITTMAIERS Einteilung nach Kulturräumen, die bei ihm nichts anderes als Dialekträume sind, ist also höchstens zur ungefähren geographischen Lokalisierung der Flurnamentypen aus den Rheinischen Flurnamen geeignet, sie sagt aber nichts aus über die Raumstrukturen, die sich anhand der Flurnamen selbst ermitteln lassen. Auch mit der Einteilung der deutschen Dialekte nach WIESINGER (WIESINGER 1983, Karten 47.4 und 47.10), auf die sich RAMGE bezieht (vgl. RAMGE 1987b, 21), sind keine Übereinstimmungen zu erkennen, zumal sie der traditionellen dialektalen Einteilung des Untersuchungsgebietes sehr ähnelt. Der Zusammenhang zwischen Dialekt- und Flurnamenräumen lässt sich also auch nicht mit der Auswahl anderer phonologischer und morphologischer Merkmale herstellen. Dabei sollte ohnehin berücksichtigt werden, dass es einen direkten innersprachlichen Zusammenhang zwischen solchen Merkmalen und Flurnamenräumen gar nicht geben kann – hier wäre allenfalls daran zu denken, dass dieselben sprachexternen Faktoren in ähnlicher Weise auf Raumbildung eingewirkt haben. Die enge Verbindung zwischen Flurnamenund Worträumen dagegen hatte WESTPHAL an Einzelfällen schon nachgewiesen (vgl. WESTPHAL 1934) und es ist unbestritten, dass die „Namengeographie wichtige Bausteine für die historische Wortgeographie liefert“ (SCHORR 2000, 52; vgl. HILDEBRANDT 1998). Die rheinische Wortgeographie wurde von LAUSBERG und MÖLLER zunächst als Sekundäranalyse der Karten des Rheinischen Wörterbuchs (vgl. LAUSBERG/MÖLLER 1996; vgl. ebd. 1997), später auch durch eine eigene Erhebung für den Rheinischen Wortatlas (vgl. ebd. 2000), untersucht. Mit einem quantitativ-statistischen Ansatz untersuchten sie 50 Karten aus dem Rheinischen Wörterbuch (ebd. 1996, 264 und 270) und präsentierten die Ergebnisse in einer Reihe von Karten. Dazu gehören neben einer Kombinationskarte auch eine Wabenkarte, zahlreiche Ähnlichkeitskarten sowie recht komplexe, auf Basis einer Clusteranalyse erstellte Karten. Mit Hilfe der Clusteranalyse konnten die Autoren im gesamten Rheinland sieben lexikalische Räume ermitteln. Auf das nördliche Rheinland entfallen davon der kleverländische Raum, das südniederfränkische Gebiet und der zentralripuarische Raum (vgl. ebd. 1997, 281f. und Karte 5). Die Terminologie deutet bereits an, dass die „skizzierte lexikalische Landschaft […] im

7.2 Synoptische Betrachtung von Einzelverbreitungen

335

großen und ganzen unübersehbare Übereinstimmungen mit der klassischen lautgeographischen Gliederung“ (ebd. 285) aufweist. Aus diesem Grund sind auch die lexikalischen Grenzen, die sich anhand von 50 Anfang des 20. Jahrhunderts verwendeten Appellativen ermitteln lassen, nicht mit den Flurnamenräumen in Einklang zu bringen. Vor allem die deutliche flurnamengeographische Grenze östlich der Achse Bonn-Düsseldorf zeichnet sich weder phonologisch, morphologisch noch lexikalisch ab. Sie fällt allenfalls auf einer wesentlich schematischeren Ebene räumlich mit dem nordöstlichen Rand eines lexikalischen „Westkeils“ (HILDEBRANDT 1983, 1343) zusammen und entspricht in etwa der Lage einer Isolexenhäufung ersten Grades bei Lehnwörtern (POST 1982, 314). Einschränkend ist aber zu bemerken, dass diese markante Flurnamengrenze eher den Westrand von östlichen Flurnamentypen darstellt als umgekehrt (vgl. Kap. 7.3.1, 7.3.2, 7.5). Während sich Sprach- und Wortgeographie auf der einen, die Namenforschung auf der anderen Seite oft gegenseitig stützen (vgl. BAUER 2002, 111), gliedert die flurnamengeographische Methode im nördlichen Rheinland demnach „Räume bestimmter Namengebung aus, die sich mit dialekt- und wortgeographisch bestimmten Räumen nicht decken“ (ebd.). Zu ähnlichen Resultaten kommt auch SCHORR, der diese aber auf die grundsätzlichen „Probleme der Dialektbeschreibung des Saar-Moselraums“ zurückführt. RAMGE dagegen kann belegen, dass „sich die onomastische Gliederung des hessischen Raums grundsätzlich und zwanglos den übergreifenden, das gesamte deutsche Sprachgebiet umfassenden Gliederungsprinzipien im lexikalischen Bereich ebenso einordnet, wie die Beziehungen zur dialektal phonologischen Raumgliederung Hessens als vergleichbar herausgearbeitet werden konnten“ (RAMGE 1987b, 52).

Für diese unterschiedlichen Ergebnisse in Hessen und im nördlichen Rheinland kommen grundsätzlich zwei Ursachen in Betracht: Möglicherweise ist das hier verwendete objektive Verfahren zur Ermittlung von Flurnamenräumen gegenüber der subjektiv-interpretierenden Methode RAMGES ungeeignet, bildet also keine Flurnamenräume, sondern irgendwelche anders bedingten räumlichen Muster ab. Die andere Möglichkeit ist, dass die nordrheinische Flurnamenverbreitung stärker als die hessische von außersprachlichen Einflussfaktoren gesteuert wird – dies wird im nächsten Abschnitt überprüft – insbesondere anhand der naturräumlichen Gliederung.

7.2.2 Naturräumliche Gliederung und Flurnamenräume Bei der Verbreitung verschiedener innersprachlicher Merkmale konnte kein räumlicher Zusammenhang mit den skizzierten Flurnamenräumen und deren Grenzen festgestellt werden. Nicht nur deshalb ist es sinnvoll, auch außer-

336

7. Flurnamenräume im nördlichen Rheinland

sprachliche Faktoren zur Erklärung der nordrheinischen Flurnamengeographie heranzuziehen. Bereits AUBIN, FRINGS und MÜLLER hatten erkannt, dass sich die „territorialen und kirchlichen Verbände […] und die in ihnen durchscheinenden Naturgegebenheiten […] als Gestalter und Former der rheinischen Sprachlandschaft“ (AUBIN/FRINGS/MÜLLER 1926, IIIf.) erweisen (vgl. Kap. 4.1). Es ist daher anzunehmen, dass solche Faktoren auch für die Flurnamenlandschaft prägend sind und sich darin spiegeln. Während sich RAMGE auf das Verhältnis von Flurnamen- zu Dialekt- und Worträumen konzentriert und kulturmorphologische Aspekte nur andeutet (vgl. RAMGE 1987b, 54), widmet SCHORR der Landschaftsgliederung und auch der historischen Raumbildung jeweils ein eigenes Kapitel. Den Zusammenhang von Flurnamenräumen und Landschaftsgliederung behandelt er allerdings nur in wenigen Zeilen, weil „sich keine starken natürlichen Schranken für die Ausbreitung bestimmter Namentypen ausmachen“ (SCHORR 2000, 53) lassen. Etwas engere Bezüge sieht er dagegen zwischen historischer Raumbildung und Flurnamenräumen, denn dort zeichnen sich zwar „weder die alten Bistumsgrenzen noch die Territorien in einer besonderen Form in diesen Räumen ab, jedoch finden sich überraschende Bezüge zu den frühmittelalterlichen Gauen“ (ebd., 58). Insgesamt kommt er zu dem Ergebnis, dass Flurnamenräume „in erster Reihe mit frühmittelalterlichen historischen Raumstrukturen abzugleichen“ seien (ebd.). Für das nördliche Rheinland hat AUBIN die historische Raumbildung beschrieben und mit zahlreichen Karten illustriert (vgl. AUBIN/FRINGS/MÜLLER 1926, 1-89). Zur Überprüfung von SCHORRS Befund im nördlichen Rheinland wurde AUBINS Karte zu Gauen und fränkischen Herzogtümern (vgl. ebd., 38) herangezogen. Vor dem Hintergrund, dass die meisten dort gezeigten Grenzen eben keine Parallelen zur Flurnamengeographie aufweisen, erscheinen kleinere Übereinstimmungen wie die „trennende[…] Wirkung“ der Eifel oder die „Sonderung des Kölner Raumes von dem nördlicheren“ (ebd. 43) als nicht sehr belastbare Argumente für einen direkten Zusammenhang zwischen frühmittelalterlichen Gauen und Flurnamenräumen im nördlichen Rheinland. Wenn also sprachliche Faktoren und historische Raumbildung – letztere wäre allerdings detaillierter zu untersuchen, als das im Rahmen dieser Arbeit möglich ist – nicht zur Erklärung der nordrheinischen Flurnamenräume in Frage kommen, ist zuletzt die naturräumliche Gliederung zu betrachten. Bereits in zahlreichen Karten der Einzeluntersuchung (vgl. Kap. 6) hatten sich hierbei Parallelen zur Flurnamenverbreitung angedeutet und so ist zu überprüfen, ob es auch bei der synoptischen Betrachtung aller untersuchten Flurnamenverbreitungen Übereinstimmungen zur naturräumlichen Struktur des nördlichen Rheinlandes gibt.

7.2 Synoptische Betrachtung von Einzelverbreitungen

337

Abb. 45: Naturräumliche Gliederung und Flurnamenräume

In der obigen Karte wurden die bereits in Abbildung 2 präsentierten Grenzen der Haupteinheiten naturräumlicher Gliederung auf die Kombinationskarte der Mittelwerts-Isolinien projiziert. In der Karte wurde auf die zusätzliche Abbildung der Flüsse verzichtet, weil sich im Gesamtbild kein direkter Zusammenhang der Flurnamenverbreitung mit deren Verläufen abzeichnete, obwohl bei Einzelverbreitungen durchaus Parallelen erkennbar waren (vgl. Art. 6.13, 6.17 und 6.25). Darüber hinaus sind Flüsse auch für die naturräumliche Gliederung selbst nicht sonderlich maßgeblich, denn „Relief, Boden und Gestein spielen bei der Gliederung in Naturräume die beherrschende Rolle“ (NEGENDANK/RICHTER 1982, 32). Schon auf den ersten Blick wird die deutliche Übereinstimmung der naturräumlichen Grenzen mit den Bündelungen von Mittelwerts-Isolinien sichtbar. Das gilt insbesondere für das Linienbündel östlich der Achse BonnDüsseldorf, das also offensichtlich den Übergang der Kölner Bucht zum

338

7. Flurnamenräume im nördlichen Rheinland

Bergischen Land nachzeichnet. Selbst kleinräumige Strukturen wie der Austritt der Sieg aus dem Mittelgebirgsraum östlich von Bonn oder die am Verlauf der Ruhr orientierte Nordgrenze des Bergischen Landes finden sich in den Mittelwerts-Isopletenbündeln wieder. Im westlichen Bereich gibt es klare Übereinstimmungen an der Nordgrenze der Eifel. Selbst die naturräumliche Trennung zwischen West- und Osteifel ist flurnamengeographisch nachweisbar. Die homogeneren, also von Linien weniger stark zerteilten Gebiete, entsprechen jeweils den Kernräumen der Naturlandschaftsräume. Zu klären wäre allenfalls die starke Zergliederung im Bereich zwischen Köln, Bonn und Euskirchen (vgl. dazu Kap. 7.4). Des Weiteren bereitet in der Gesamtbetrachtung die Abgrenzung zum Niederrheinischen Tiefland Schwierigkeiten – genau wie bei der fast deckungsgleich verlaufenden maken/machen-Linie ist ein Zusammenhang dieser naturräumlichen Grenze mit der Flurnamenverbreitung undeutlich. In der nach Flurnamenräumen sortierten Darstellung der Einzelverbreitungen tritt diese Grenze allerdings klarer hervor (vgl. Kap. 7.5 und 7.6). Der Vergleich der kombinierten Flurnamenverbreitungen mit sprachlichen, historisch-räumlichen und naturräumlichen Grenzen führt im Untersuchungsgebiet also zu einem eindeutigen Ergebnis: Der entscheidende Faktor für die Gestalt der nordrheinischen Flurnamenräume ist die naturräumliche Gliederung, speziell das Relief. Damit bestätigt sich für das nördliche Rheinland der Befund aus Südtirol, wo „eindeutige Zusammenhänge zwischen den Flurnamen und der topographischen Lage nachgewiesen werden“ (OBERBICHLER/HELLER 2001, 350) konnten. Neben diesem Ergebnis steht damit auch fest, dass die Mittelwertskarte und damit die Popularitätskarte geeignet sind, um Flurnamenräume präzise zu ermitteln und abzubilden. Der Gesamtüberblick zeigt dabei fünf Flurnamenräume, wobei sich bei genauerer Betrachtung (vgl. Kap. 7.4) ein Zusammenschluss der West- und Osteifel inklusive des Eifelvorlandes anbietet. Somit ergeben sich insgesamt vier deutlich unterscheidbare Flurnamenräume deren Bezeichnung im Wesentlichen von den Naturräumen übernommen werden kann. Diese Räume werden in den folgenden Abschnitten mit ihren zugehörigen Flurnamentypen einzeln präsentiert.

7.3 Der Flurnamenraum „Bergisches Land“ Von den 35 behandelten Flurnamentypen kommen besonders viele schwerpunktmäßig im Osten des Untersuchungsgebietes vor. Sie werden im Westen und Norden durch den Übergang der Mittelgebirgs- in die Tieflandslandschaft begrenzt, im Osten erstrecken sie sich in einigen Fällen über das Bearbeitungsgebiet hinaus, wie der Vergleich mit Karten des Westfälischen Flurna-

7.3 Der Flurnamenraum „Bergisches Land“

339

menatlas zeigt. Für die genaue Ermittlung der südlichen Begrenzung fehlen Daten aus dem südlichen Rheinland. Wegen der isolierten Betrachtung des Untersuchungsgebietes dürfen die in der Karte sichtbaren südlichen und östlichen Grenzen also nur als vorläufig betrachtet werden. Der Flurnamenraum „Bergisches Land“ enthält so viele Flurnamentypen, dass eine differenzierte Darstellung in e i n e r Karte nicht möglich war. Aus diesem Grund wurden die entsprechenden Flurnamentypen nach ihrer internen Verbreitung auf zwei Karten verteilt. Die erste Karte enthält solche Typen, deren überdurchschnittliche Verbreitung sich auf das gesamte Bergische Land erstreckt, die zweite solche, die eher im Süden dieses Gebietes vorkommen, gelegentlich auch etwas weiter nach Westen reichen und zusammen eine gestaffelte Nordgrenze aufweisen.

7.3.1 „Bergisches Land (gesamt)“ Von den acht Flurnamentypen, deren Hauptverbreitungsgebiete sich auf das gesamte Bergische Land erstrecken (vgl. Abb. 46), beziehen sich Dell(e), Scheid und Siefen auf Geländeformen, die in diesem Gebiet besonders häufig vorkommen. Es handelt sich in allen drei Fällen um typische Benennungen im Mittelgebirgsraum, weil sie jeweils auch in der Eifel häufig sind, im Tiefland dagegen nur vereinzelt auftreten (vgl. Art. 6.1, 6.2, 6.5). Dass ein erhöhtes Vorkommen der bezeichneten Sache jedoch nicht der einzige Faktor für das erhöhte Vorkommen der Bezeichnung ist, zeigen Flurnamentypen wie Feld, Hahn/Hagen und Kamp (vgl. Art. 6.9, 6.19, 6.27), die außerhalb des Bergischen Landes sehr unterschiedliche Verbreitungsgebiete aufweisen, obwohl ihre Benennungsmotive überall vorliegen. Eine Sonderstellung in der ansonsten sehr ähnlichen Hauptverbreitung der Flurnamentypen nimmt Bruch, Broich ein, das besonders im Bereich der Übergänge zwischen Mittelgebirge und Tiefland auftritt. Auch die anderen, in dieser Karte nicht dargestellten Gebiete mit überdurchschnittlicher Verbreitung liegen in Bereichen landschaftsräumlicher Übergänge (vgl. Art. 6.16).

340

7. Flurnamenräume im nördlichen Rheinland

Abb. 46: Der Flurnamenraum „Bergisches Land (gesamt)“

Insgesamt gehören die Flurnamentypen aus dem Flurnamenraum „Bergisches Land (gesamt)“ trotz aller Verbreitungsunterschiede außerhalb dieses Gebietes in einen westfälisch-nordhessischen Zusammenhang, wie RAMGES Untersuchung zu den hessischen Flurnamenräumen (vgl. RAMGE 1987b) und die Karten aus dem Hessischen- und Westfälischen Flurnamenatlas zeigen. Zusammen mit der Verbreitung aus dem nördlichen Rheinland wird beispielsweise das Verbreitungsgebiet von Siefen großräumig erfasst – die Westgrenze des Hauptverbreitungsgebietes liegt im Osten des nördlichen Rheinlandes, die Nordgrenze in Südwestfalen (vgl. WFA Karte 126.1) und die Ostgrenze im Westen Hessens (vgl. HFA 120) – allein die Südgrenze müsste noch kartiert werden.

7.3 Der Flurnamenraum „Bergisches Land“

341

7.3.2 „Bergisches Land (Süd)“ Die sechs Flurnamentypen aus dem südlichen Bereich des Bergischen Landes verteilen sich insgesamt etwas weniger einheitlich als die zuvor behandelten Typen.

Abb. 47: Der Flurnamenraum „Bergisches Land (Süd)“

Im Süden ragen die Hauptverbreitungsgebiete einiger Flurnamentypen über den Rhein hinaus bis an den östlichen Eifelrand – hier begünstigt die Sieg und die geringe Distanz zwischen Bergischem Land und Eifel die Ausbreitung der Namentypen nach Westen. Bei den Nordgrenzen zeigt sich eine räumliche Staffelung, weswegen der kartierte Flurnamenraum auch nur ein Teilraum des Flurnamenraums „Bergisches Land“ ist. Die Lage der Grenzlinien verdeutlicht außerdem, dass Flurnamenräume immer nur Abstraktionen sind und keineswegs eine völlig einheitliche innere und äußere Struktur aufweisen müssen.

342

7. Flurnamenräume im nördlichen Rheinland

Neben den in Mittelgebirgslagen erwartbaren Flurnamen mit Bezügen aus dem Bereich Gelände kommen mit Bitze, Brühl, Stück und Wiese erneut vier Flurnamentypen schwerpunktmäßig im Bergischen Land vor, deren Benennungsmotive im gesamten Bearbeitungsgebiet verbreitet sind. Die räumliche Lage resultiert deshalb nicht aus der Verbreitung der benannten Sache, sondern aus der Verbreitung des Flurnamenausdrucks und seiner Konkurrenz zu Flurnamenausdrücken mit identischen Sachbezügen. Deshalb ist es „sinnvoll, für die Abgrenzung von Flurnamenräumen Namenwörter einer Denotatsklasse auszuwählen“ (SCHORR 2000, 52), wie auch schon BACH erkannt hatte. Seiner Ansicht nach kann nur durch eine Gruppierung nach Sachgruppen „der scheinbar wirre Haufen des Materials in seinen (inneren) Zusammenhängen erkannt werden; nur so sind schließlich praktisch die Voraussetzungen gegeben für das kaum bearbeitete, aber sicherlich fruchtbare Feld einer „vergleichenden deutschen Namenforschung“ (BACH 1931, 246).

7.4 Der Flurnamenraum „Eifel und Voreifel“ Im Vergleich zur naturräumlichen Grenze der Eifel ragt der Flurnamenraum „Eifel und Voreifel“ nach Norden bis in die Jülicher- und Zülpicher Börde hinein und hat ein verhältnismäßig kleines Kerngebiet, das sich ungefähr mit der überdurchschnittlichen Verbreitung von Gewann(e) deckt (vgl. Abb. 48). Die Ränder der Hauptverbreitungsgebiete sind der naturräumlichen Grenze in einem etwa 25 km breiten Grenzsaum vorgelagert. Gegenüber der Westgrenze des Flurnamenraums „Bergisches Land“ ist der Übergang zwischen Mittelgebirge und Tiefland hier also weniger deutlich – dabei spielen die Flüsse mit großer Sicherheit eine wichtige Rolle: Es fehlt eine zusätzliche quer gelagerte Barriere wie der Rhein, also eine „Rheinschranke“, stattdessen begünstigt die Süd-Nord-Ausrichtung von Rur und Erft die Vorlagerung der Hauptverbreitungsgebiete nördlich der Eifel – besonders deutlich ist das beim Flurnamentyp Bend(e), Benden sichtbar, der keilförmige Ausdehnungen mit häufigem Vorkommen entlang von Rur und Erft aufweist, anderseits im Süden aber jenseits des Rheins fast nicht mehr belegt ist (vgl. Art. 6.17). Zusätzlich zur natürlichen Begrenzungsfunktion des Rheins ist dafür die Konkurrenz zum teilsynonymen Bitze verantwortlich (vgl. Art. 6.18 und Kap. 7.8). Einen ähnlichen engen Zusammenhang zwischen Flurnamenverbreitung und Flüssen wie Bend(e), Benden zeigt das Hauptverbreitungsgebiet von Driesch, das zusätzlich zu Rur und Erft auch das Siegtal und angrenzende Bereiche einschließt. Als Ursache kommt die speziellere Bedeutung von Driesch und die daraus resultierende fehlende Konkurrenz zu synonymen Bezeichnungen in Betracht.

7.5 Der Flurnamenraum „Kölner Bucht“

343

Abb. 48: Der Flurnamenraum „Eifel und Voreifel“

Das vermeintliche Fehlen von Flurnamentypen aus dem Denotatbereich Geländeform resultiert aus dem häufigeren Vorkommen dieser Typen im Bergischen Land, ist also letztlich der relativierenden Darstellungsform geschuldet.

7.5 Der Flurnamenraum „Kölner Bucht“ Der Flurnamenraum „Kölner Bucht“ reicht im Osten recht genau an die Westgrenze des Flurnamenraums „Bergisches Land“, womit die dortige Grenze

344

7. Flurnamenräume im nördlichen Rheinland

auch aus dieser Perspektive gestützt wird. Gleiches gilt in schwächerem Ausmaß im Südwesten für die Grenze zu „Eifel und Voreifel“.

Abb. 49: Der Flurnamenraum „Kölner Bucht“

Der Nordrand der Hauptverbreitungsgebiete von Acker und Pfad entspricht fast exakt der Nordgrenze der Kölner Bucht, nur das hochfrequente Weg zeigt einen weniger klaren Übergang. Kommentarbedürftig ist deshalb auch bei dieser Karte die relative Darstellung der Verbreitungsgebiete – obwohl nur drei Flurnamentypen zu diesem Raum gehören, sind die betreffenden Namen doch in besonderer Weise raumbildend, weil sie jeweils sehr häufig sind und deswegen, insbesondere bei Weg, einen hohen Anteil an den Gesamtbelegen dieses Raums ausmachen. Im Vergleich mit den Flurnamenräumen der Mittelgebirgslandschaft sind die Denotatbereiche der kartierten Flurnamentypen besonders auffällig. Das Benennungsmotiv von Acker kommt im gesamten Bearbeitungsgebiet vor –

7.6 Der Flurnamenraum „Niederrheinisches Tiefland“

345

die Verbreitung des Namens resultiert also nicht aus der Verbreitung der bezeichneten Sache, sondern in erster Linie aus der Konkurrenz zu weitestgehend synonymen Flurnamenausdrücken. Dem überdurchschnittlichen Vorkommen von Acker in der Kölner Bucht entspricht beispielsweise das gehäufte Auftreten von Stück im Bergischen Land (vgl. Art. 6.26 und Abb. 47). Bei der Verbreitung von Pfad und Weg wird ein weiterer, bisher nicht behandelter Einflussfaktor auf die Verbreitung von Flurnamentypen deutlich, nämlich die Frage, was als landschaftsstrukturierende Merkmale wahrgenommen wird. In den Mittelgebirgen sind das vorwiegend Motive aus den Bereichen Geländeform, -art und gelegentlich -nutzung (vgl. Abb. 46-48), im Flachland dagegen offensichtlich vorwiegend Motive aus dem Bereich der Kulturnamen. Schon DITTMAIER hatte darauf hingewiesen, dass Flurnamen mit Benennungsmotiven wie Verkehr „im Flachland – mangels anderer geeigneter Punkte – sehr viel öfter zur Flurbezeichnung herangezogen [wurden] als im gebirgigen Teil“ (DITTMAIER 1963, 332).

7.6 Der Flurnamenraum „Niederrheinisches Tiefland“ Die Flurnamentypen mit Hauptverbreitungsgebiet im Norden des Untersuchungsraums bilden nur einen unscharfen Flurnamenraum „Niederrheinisches Tiefland“ (vgl. Abb. 50). Es ist zu unterscheiden zwischen einem klaren nördlichen Kerngebiet und einer weiter nach Süden reichenden Verbreitung einzelner Flurnamentypen. Das Kerngebiet lässt sich anhand der überdurchschnittlichen Verbreitung von Hövel, Kath(e)/Kott(en)/Kat(e) und Weide nachweisen. In seiner westlichen, nördlichen und südlichen Begrenzung stimmt dieses Gebiet mit der Verbreitung der anderen kartierten Flurnamentypen überein, wobei diese Isolinien wegen der Randlage im Untersuchungsgebiet vorläufig sind und durch Belegmaterial jenseits seiner Grenzen überprüft werden müssten. Eine Südgrenze des Flurnamenraums ist kaum ablesbar, Pesch, Pass wird jedenfalls in erster Linie durch weitestgehend synonyme Bezeichnungen in seiner Hauptverbreitung eingeschränkt (vgl. Kap. 7.8) und kommt auch in der Eifel wieder überdurchschnittlich häufig vor (vgl. Art. 6.21). Dagegen ist Landwehr trotz seiner ähnlichen Verbreitung ein anders gelagerter Fall, weil es hierfür keine synonymen Bezeichnungen im Untersuchungsraum gibt (vgl. Art. 6.11). Sein Hauptverbreitungsgebiet ist also weitestgehend unabhängig von der Verbreitung der bezeichneten Sache und von konkurrierenden Benennungen. Ein weiterer Sonderfall ist Geist, Gest, dessen Hauptverbreitung einen engen Bezug zum Rhein zeigt, weil dort das namengebende Motiv besonders häufig vorkommt. Trotzdem ist der

346

7. Flurnamenräume im nördlichen Rheinland

Flurnamentyp aufgrund seiner Gesamtverbreitung eindeutig in einen nördlichen Zusammenhang einzuordnen (vgl. Art. 6.14).

Abb. 50: Der Flurnamenraum „Niederrheinisches Tiefland“

Insgesamt erweist sich der Flurnamenraum „Niederrheinisches Tiefland“ also als verhältnismäßig unscharf, insbesondere was seine Südgrenze anbelangt. Allerdings ist auch der naturräumliche Übergang von der Kölner Bucht zum Niederrheinischen Tiefland recht fließend (zu den Abgrenzungskriterien vgl. NEGENDANK/RICHTER 1982, 42-45), so dass der enge Zusammenhang zwischen naturräumlicher Gliederung und Flurnamenräumen auch in diesem Fall eher noch unterstrichen wird.

7.7 Isolierte Verbreitungen

347

7.7 Isolierte Verbreitungen

Abb. 51: Isolierte Verbreitungen

Auf der obigen Karte sind diejenigen Flurnamentypen abgebildet, deren Hauptverbreitungsgebiete keinem der vier nordrheinischen Flurnamenräume direkt zugeordnet werden können. Die Existenz solcher isoliert vorkommenden Verbreitungen beweist, dass Flurnamenräume Abstraktionen sind – sie lassen sich induktiv aus der Verbreitung von Flurnamen ableiten und sind keine starren Raumgebilde, die ihrerseits die Flurnamenverbreitung determinieren. Bei genauerer Betrachtung der einzelnen Hauptvorkommensgebiete ergeben sich allerdings trotzdem deutliche Parallelen zu den bereits gezeigten

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7. Flurnamenräume im nördlichen Rheinland

Flurnamenräumen. Kaul(e), Kuhl(e) kommt vorwiegend in den Mittelgebirgen vor, weil sich dieser Flurnamentyp oft auf Gruben zum Gesteinsabbau bezieht – er tritt wegen seiner vielfältigen Kombinatorik aber auch im Flachland recht häufig auf (vgl. Art. 6.3). Insgesamt erstreckt sich Kaul(e), Kuhl(e) schwerpunktmäßig aber sowohl über den Flurnamenraum „Bergisches Land“ als auch über „Eifel und Voreifel“ und stimmt in seiner Ausdehnung recht genau mit deren Grenzen überein, wenn man das zusätzliche Verdichtungsgebiet an der Erft unberücksichtigt lässt. Mit dieser räumlichen Verbreitung ist Kaul(e), Kuhl(e) der einzige hier behandelte Flurnamentyp, der zusammenhängend in beiden Mittelgebirgen überdurchschnittlich häufig ist und die in vielen Popularitätskarten sichtbare „Mittelgebirgsklammer“ auch in der Mittelwertskarte abbildet. Auch bei der räumlichen Verteilung von Hecke, Heck deutet sich die „Mittelgebirgsklammer“ an, wobei dieser Typ insgesamt trotz seiner allgemeinen Verbreitung deutlich nach Süden orientiert ist – hier kann nur eine Kartierung für das südliche Rheinland Aufschluss darüber bringen, ob das Vorkommen von Hecke, Heck in der Eifel und im Bereich der Sieg als nördlicher Rand eines südlicheren Hauptverbreitungsgebietes anzusehen ist. Das ist sicher bei Bungert der Fall, wie aus der Karte bei WESTPHAL hervorgeht (vgl. WESTPHAL 1934, 167). Wie bereits Geist, Gest (vgl. Abb. 50) ist Sand ein Sonderfall, dessen Verbreitung stark mit den Flüssen zusammenhängt. Die Mittelwertskarte ist in diesem Fall nicht sehr aussagekräftig, weil Sand auch im Norden des Untersuchungsgebietes überdurchschnittlich häufig auftritt und das dortige Vorkommensgebiet wegen der kartographischen Beschränkung auf e i n Hauptverbreitungsgebiet (vgl. Kap. 4.3.4) in der Karte nicht erscheint. Auch bei Morgen täuscht die Mittelwertskarte etwas über die tatsächliche Verbreitung hinweg – wegen der extremen Verdichtung des Flurnamentyps zwischen Rhein und Sieg liegen die Popularitätswerte in anderen Häufungsgebieten unter dem Mittelwert. Berücksichtigt man in diesem Fall auch die Gebiete mit leicht unterdurchschnittlicher Verbreitung, lässt sich Morgen sehr gut dem Flurnamenraum „Kölner Bucht“ zuordnen (vgl. Art. 6.30). Im Vergleich zu allen anderen Flurnamentypen weist Anger das kleinste zusammenhängende Areal mit überdurchschnittlichem Vorkommen auf, obwohl es als Wort ursprünglich weit verbreitet war (vgl. Art. 6.24). Anger, das in dem kartierten Areal auch in Siedlungs- und Gewässernamen auftritt, ist jedoch ein weiteres Beispiel für die Verbindung von Namen und naturräumlicher Gliederung – dieses Gebiet in der Übergangszone zwischen Bergischem Land, Kölner Bucht und Niederrheinischem Tiefland ist in einer Karte der Landschaften der Bundesrepublik Deutschland aus dem Jahr 1979 als Angerland eingezeichnet (vgl. IAG). Die Karte mit den zumindest vordergründig isolierten Verbreitungen verdeutlicht die Notwendigkeit zur Einzelbetrachtung der Flurnamentypen. Insbesondere die Kombinationskarte sollte also als zwar objektive, aber eben

7.8 Exkurs: komplementäre Verbreitung

349

nur vorläufige und interpretationsbedürftige Strukturbeschreibung angesehen werden – beispielsweise finden Alter und Produktivität der einzelnen Flurnamentypen keine Berücksichtigung (vgl. RAMGE 1987b, 40). Daran werden die Grenzen eines rein objektiv-statistischen Verfahrens wie der Kartierung von Mittelwerts-Isolinien sichtbar. Es ist geeignet, um aus einer großen Massen von Flurnamenbelegen Raumstrukturen abzuleiten, ohne bereits im Vorfeld „Einzelfälle nach dem Ähnlichkeitsprinzip zu addieren“ (RAMGE 1987b, 25). Diese Raumstrukturen bilden dann eine Schablone, anhand derer die jeweiligen Einzelverbreitungen verschiedener Flurnamentypen diskutiert werden müssen (vgl. Kap. 7.3-7.7).

7.8 Exkurs: komplementäre Verbreitung Ein kurzer Ausblick auf eine weitere Anwendungsmöglichkeit der Mittelwertskarten schließt die synoptische Betrachtung mehrerer Flurnamenverbreitungen ab. Als Ordnungsprinzip der bislang in diesem Kapitel präsentierten Karten hatte stets die ähnliche geographische Verbreitung der jeweiligen Flurnamentypen fungiert. Legt man stattdessen eine vergleichbare oder günstigstenfalls synonyme Bedeutung des ursprünglichen Appellativs bei der Auswahl zugrunde, entstehen Karten historischer Worträume. Während bei der Ermittlung von Flurnamenräumen eine möglichst d e c k u n g s g l e i c h e räumliche Verteilung gesucht wurde, sind diesmal besonders die Fälle von Interesse, die eine k o m p l e m e n t ä r e Verteilung aufweisen. Bereits 1934 hatte WESTPHAL verschiedene Flurnamentypen aus dem Denotatbereich „eingezäunte, baumbestandene Wiese beim Hause oder im Dorfe“ (WESTPHAL 1934, 131) untersucht, indem sie die Verbreitung der Flurnamen mit den entsprechenden Appellativen verglich und daraus lexikalische Bewegungs- und Verdrängungsprozesse ableitete. Eine solche Analyse setzt Daten darüber voraus, in welcher speziellen Bedeutung die untersuchten Wörter landschaftlich verwendet werden. Das ist nur für den Stand von 1934 möglich, weswegen die Untersuchung der komplementären Verbreitung hier nur exemplarisch angedeutet werden kann. Das Digitale Nordrheinische Flurnamenarchiv mit seinem Belegmaterial aus SAD, DGK und ALB (vgl. Kap. 3.7) erlaubt aber immerhin einen neuen zeitlichen Schnitt, der n a c h Prozessen wie Flurbereinigung und Siedlungsflächenexpansion ansetzt und eben nicht mehr die „heile Welt“ (SHFLNB 22) der ursprünglichen Flurnamenlandschaft abbildet. Eine erste Frage wäre also, ob sich die von WESTPHAL dokumentierte komplementäre Verbreitung von vier Flurnamentypen auch noch anhand des zumindest teilweise neueren Belegmaterials nachweisen lässt. Sofern dies der Fall ist, zielt eine zweite,

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7. Flurnamenräume im nördlichen Rheinland

methodisch ausgerichtete Frage darauf ab, ob diese spezielle Verbreitung mit den im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Kartierungsmethoden präzise dargestellt werden kann. Dazu wurden die Gebiete überdurchschnittlich häufigen Vorkommens nicht in Linienform, sondern flächenhaft kartiert. Der Untersuchung WESTPHALS entsprechend, enthält die folgende Karte die Hauptverbreitungsgebiete von Bitze, Kamp, Bend(e)/Benden und Pesch/Pass.

Abb. 52: Komplementäre Distribution (teil-)synonymer Flurnamentypen

WESTPHAL hatte als Ergebnis festgestellt, dass „die Synonyma Bitze, Päsch und Kamp einander räumlich ausschließen und je ein anderes Gebiet für sich beanspruchen“ (WESTPHAL 1934, 173). Auf den ersten Blick trifft das auch für das hier gezeigte Kartenbild zu, allerdings muss für die präzise Interpretation berücksichtigt werden, dass dabei die Haupt- und eben nicht die Gesamtverbreitungsgebiete des jeweiligen Flurnamentyps dargestellt sind. Die räumliche Distribution wird dadurch besonders betont und erscheint klarer, als sie

7.8 Exkurs: komplementäre Verbreitung

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es in Wirklichkeit ist. Tatsächlich schließen sich die Verbreitungsgebiete von Pesch/Pass und Bend(e)/Benden keineswegs aus, sondern überlagern sich deutlich (vgl. Art. 6.17 und 6.21). Das gilt auch für Kamp und Bend(e), Benden, weswegen WESTPHALS Untersuchung ergeben hatte, dass „das BändeGebiet gänzlich in den Kamp-Bereich eingelagert ist“ (ebd., 172). In solchen Überschneidungsgebieten wäre also – entsprechendes Datenmaterial vorausgesetzt – zu untersuchen, inwiefern die Überlagerung von Flurnamen desselben Wortfeldes zu Bedeutungsdifferenzierungen geführt haben. WESTPHALS Ergebnisse widersprechen der eigenen Kartierung in keiner Weise – die Übereinstimmungen ergeben sich t r o t z der relativen Darstellung, Abweichung ergeben sich w e g e n ihr. Insofern bestätigt einerseits das Kartenbild die Resultate WESTPHALS, andererseits spricht der fast identische Gesamteindruck auch für die kartographische Methode, die ja auf der Popularitätskarte (vgl. 4.3) basiert. Gegenüber WESTPHALS Punktsymbolkarten erweist sich das gewählte Verfahren als wesentlich übersichtlicher und suggestiver. Andererseits ist die relative Darstellung interpretationsbedürftig: Die Karte zeigt zunächst einmal nur, dass sich die Hauptverbreitungsgebiete der zumindest teilsynonymen Flurnamentypen weitestgehend ausschließen. An diesem Punkt müsste dann eine vertiefende Betrachtung ansetzen, wie sie WESTPHAL präsentiert hatte. Fragen dabei könnten sein, wie sich die relative Verbreitung – insbesondere in Überschneidungsgebieten – gegenüber der tatsächlichen zahlenmäßigen Belegverbreitung verhält, welcher räumliche Zusammenhang zu den entsprechenden Appellativen besteht, welche Rolle die Bedeutung bei Ersetzungs- und Bewegungsprozessen spielt und welcher zeitlichen Variation diese Konstellationen unterworfen sind. Die Basis für solche Detailfragen ist aber zunächst einmal die Ermittlung komplementärer Verbreitungen bei Flurnamentypen identischer Denotatbereiche. Die hier nur kurz behandelte Karte liefert eine solche Grundlage, andere Fälle lassen sich auch unter den 35 im Rahmen dieser Arbeit behandelten Flurnamentypen schnell finden, zum Beispiel die Verbreitungen von Acker und Stück. Die Popularitätskarte und ihre Varianten dienen also nicht nur zu Präsentationszwecken, sondern sind gleichsam Erkenntnisinstrumente, mit denen identische oder komplementäre Verbreitungsgebiete problemlos ermittelt werden können. Umso höher ist die Leistung derer einzuschätzen, die flurnamengeographische Konstellationen schon mit einfachsten kartographischen Mitteln erkannten.

8. Zusammenfassung und Ausblick

Das Ziel der vorliegenden Arbeit war die Untersuchung nordrheinischer Flurnamen in sprachgeographischer Perspektive. Zu diesem Zweck wurde zunächst Belegmaterial digital erfasst, um es anschließend – nach einer linguistischen und geographischen Aufbereitung – zu kartieren und auszuwerten. Diesem Prozess entsprechend weist die Untersuchung zwei Schwerpunkte auf: In den Kapiteln 3 und 4 werden in erster Linie die Methoden zur Auswahl, Erfassung und Aufbereitung des Belegmaterials und die kartographische Umsetzung von Flurnamentypen in Popularitätskarten erläutert. Gegenüber diesem methodisch geprägten Teil stellen die sprachgeographische Auswertung einzelner Flurnamentypen in Kapitel 6 und die daran anschließende synoptische Betrachtung in Kapitel 7 den zweiten, auswertenden Schwerpunkt dar. In den folgenden Abschnitten werden die Ergebnisse der einzelnen Untersuchungsschritte zusammenfassend präsentiert und die in der Einleitung aufgeworfenen Fragestellungen beantwortet. Mit einem Ausblick auf die vielfältigen Anknüpfungsmöglichkeiten an die hier erzielten Ergebnisse und verwendeten Methoden und Materialien schließt das Kapitel und damit die gesamte Untersuchung ab. In der E i n l e i t u n g wurde die Funktion von Flurnamen als Schnittstelle zwischen Sprache und Raum und damit ihre besondere Eignung zur Untersuchung sprachlicher Raumstrukturen herausgestellt. Für sprachgeographische Fragestellungen ist dabei ein großräumiges Untersuchungsgebiet und ein umfangreiches, nur mit digitalen Zugriffsmöglichkeiten zu überblickendes Untersuchungsmaterial notwendig. Mit dem vorangestellten Zitat BACHS und einem kurzen Überblick über die jüngere Forschung wurde die konzeptionelle Ausrichtung der vorliegenden Arbeit begründet, die eben keinen kleinräumigen lokal- oder sprachhistorischen, sondern einen großräumigen sprachgeographischen Ansatz verfolgt. Die einleitenden Fragen zielten deshalb auf die Arealität einzelner Flurnamentypen, auf wiederkehrende Muster in deren Verbreitung und auf die Einbindung solcher Muster in größere räumliche Zusammenhänge ab. Der Untersuchungsgegenstand und der Untersuchungsraum wurden in K a p i t e l 2 behandelt. Dabei wurde zunächst die Wahl des Terminus Flurname begründet, der sich gegenüber einer Vielzahl anderer, kaum etablierter Bezeichnungen gerade durch seine Unschärfe für das heterogenen Belegmaterial eignet. Die spätere geographische und linguistische Aufbereitung des Belegmaterials erforderte daneben eine präzise Terminologie für verschiedene Beschreibungsebenen von Flurnamen, weshalb identitätstheoretische Grund-

8. Zusammenfassung und Ausblick

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lagen skizziert und zentrale Begriffe wie Flurnamenausdruck, Flurstück, Lemma und Flurnamentyp definiert wurden. Vor dem Hintergrund seiner Lage und Geschichte musste auch die Bezeichnung des Untersuchungsgebietes diskutiert werden, was zur Wahl von nördliches Rheinland und nordrheinisch führte. Abschließend wurden die sprachliche und die naturräumliche Gliederung des Untersuchungsgebietes vorgestellt, die damit für die Erklärung der später ermittelten Flurnamenräume herangezogen werden konnten. Schon der Umfang von K a p i t e l 3 zeigt dessen herausgehobene Stellung innerhalb der Gesamtuntersuchung. Ziel des Kapitels war die Strukturbeschreibung der Einzelbestände und deren Weiterverarbeitung für die Auswertungsziele der vorliegenden Arbeit, womit auch für ähnlich gelagerte Untersuchungen in anderen Gebieten wichtige methodische Grundlagen zur Verfügung stehen sollten. Zunächst wurden dazu die Faktoren erläutert, die zur Auswahl der drei Einzelbestände DGK, ALB und SAD führten. Anschließend erfolgte eine Strukturbeschreibung der drei sehr unterschiedlichen Bestände, aus der sich jeweils unterschiedliche Aufbereitungsmaßnahmen wie die Transformation von Belegpunktakkumulationen im ALB oder die Bezugsflächenrekonstruktion für die SAD ableiteten. Mit Hilfe des dann erläuterten Verfahrens zur automatischen Lemmatisierung konnte schließlich mit der Bestandsfusion ein eigens entwickeltes und erstmals in der Flurnamenforschung angewendetes Verfahren präsentiert werden. Mit einer detaillierten Beschreibung des flächendeckend vorliegenden Gesamtbestandes schließt das Kapitel ab. Die wichtigsten Ergebnisse der in Kapitel 3 erläuterten Bearbeitungsschritte sind die Digitalisierung und Zusammenführung von drei bislang isolierten Beständen in einer Datenbank. Dadurch konnten insgesamt 200.110 nordrheinische Flurnamen gesichert und für weitere Auswertungsansätze zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus wurde mit der automatischen Lemmatisierung ein Verfahren entwickelt, durch das 72,63 % aller Belege vollständig lemmatisiert werden konnten, mindestens zehnfach belegte Flurnamenausdrücke sogar zu 100 %. Anhand von Stichproben wurde gezeigt, dass die Lemmatisierungsquote nur noch durch Ortskenntnis und bzw. oder durch zusätzliches Archivmaterial nennenswert gesteigert werden könnte. Die Lemmatisierung ist Voraussetzung für die spätere Bestandsfusion und für die Kartierung von Flurnamentypen – sie ist außerhalb von Fragestellungen der vorliegenden Arbeit allerdings ebenfalls von großem Wert, weshalb die Belege nicht nur in ihrer ursprünglichen Schreibung, sondern zusätzlich auch in lemmatisierter Form in das Kulturlandschaftsinformationssystem KuLaDigNW integriert wurden. Der Lemmatisierung liegt ein auf der Basis von DITTMAIERS Rheinischen Flurnamen aufgebautes und erheblich erweitertes Flurnamenlemmatisierungswörterbuch zugrunde, das mit seinen 15.852 enthaltenen Varianten und 4.114 Lemmata als Basis eines neuen (nord-)rhei-

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8. Zusammenfassung und Ausblick

nischen Flurnamenbuches angesehen werden kann. Mit der Bestandsfusion wurde ein Verfahren entwickelt, das die gemeinsame Nutzung verschiedener Bestände eines Bearbeitungsgebietes ermöglicht – nur so können verzerrungsfreie Aussagen über Beleghäufigkeiten getroffen werden. In K a p i t e l 4 wurden die Entwicklungen in der Flurnamengeographie aufgezeigt. In diesem Kontext wurde die Bedeutung der Bonner Schule verdeutlicht, deren methodische Ansätze auch in der vorliegenden Untersuchung sichtbar werden. Auf der Basis einer Differenzierung von bereits vorliegenden Flurnamenkarten in drei Haupttypen wurde mit der Popularitätskarte eine neue Darstellungsmethode in die Flurnamenforschung eingeführt. Die Popularitätskarte hat bestimmte Ansprüche an das Belegmaterial und setzt gewisse Modellannahmen voraus, die ebenso erläutert wurden wie die Vorteile, die eine Darstellung von Flurnamenverbreitungen anhand der Popularitätskarte bietet. Mit der Beschreibung der Mittelwertskarte, einer für synoptische Auswertungen notwendigen Variante der Popularitätskarte, schließt Kapitel 4 ab. Das wichtigste Resultat dieses Kapitels ist die Übertragung der kartographischen Choroplethendarstellung, also der gleichfarbigen Darstellung von Flächen des gleichen Wertebereichs, in die Flurnamenforschung. Mit Hilfe der Popularitätskarte ist es möglich, die Häufigkeit eines Flurnamentyps zu ermitteln und darzustellen. Dabei kann die räumliche Verbreitung unabhängig von anderen Flurnamentypen dargestellt werden, als Referenz für häufiges oder seltenes Vorkommen dient jeweils das durchschnittliche Auftreten im gesamten Untersuchungsgebiet. Auch kleinsträumige Unterschiede in der Verbreitung können wegen einer sehr feinen Rasterung des Untersuchungsgebietes in 0,09 km² kleine Zellen sehr präzise wiedergegeben werden. Trotz dieser Detailgenauigkeit ist die Karte auch im Gesamtbild intuitiv verständlich, so dass ihre Interpretation auch ohne theoretische Grundlagen erfolgen kann. Durch die Farbgebung werden Zonen über- und unterdurchschnittlicher Beleghäufigkeit suggestiv vermittelt, so dass die Popularitätskarte auch außerhalb der institutionalisierten Flurnamenforschung verwendet werden kann. Konzeptionell ist die Popularitätskarte die erste Darstellungsform, die neben der Belegdichte mit der kommunikativen Reichweite ein Merkmal der Namenverwendung abbildet und damit den neueren sprecherbezogenen Flurnamendefinitionen entspricht. Das nächste Kapitel bereitet den Auswertungsteil der vorliegenden Arbeit vor. Dieser Konzeption entsprechend wurde in K a p i t e l 5 zunächst die Auswahl der später detailliert behandelten Flurnamentypen begründet. Sie orientiert sich an der räumlichen Varianz der Belegverbreitung, der Auftretenshäufigkeit, den Denotatbereichen der zugrunde liegenden Appellative und den Verknüpfungsmöglichkeiten mit bereits vorliegenden Kartierungen innerund außerhalb des Untersuchungsgebietes. An die Erläuterung der Auswahl-

8. Zusammenfassung und Ausblick

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kriterien knüpfen sich Hinweise zum Aufbau und zur Reihenfolge der Flurnamenartikel in Kapitel 6. In K a p i t e l 6, dem Schwerpunkt der flurnamengeographischen Auswertung, wurden 35 Flurnamentypen anhand von Karten, Häufigkeitsmatrizen und entsprechenden Kommentaren präsentiert. Dabei konnten insgesamt 89.384 Einzelbelege aus dem Digitalen Nordrheinischen Flurnamenarchiv berücksichtigt werden. Im ersten Abschnitt des Kommentars wurden für jeden Flurnamentyp sowohl die Etymologie als auch die mundartliche Verwendung und Bedeutung aufgezeigt. Daran anschließend wurden die jeweils auftretenden Varianten und die vorkommenden Kombinationstypen besprochen. Im dritten Teil wurden die Punktsymbol- und Popularitätskarten jedes Flurnamentyps erläutert und zusätzlich die Verbreitung außerhalb des Untersuchungsgebietes skizziert. Die Punktsymbolkarten dokumentieren jeweils die Verbreitung einzelner Varianten, gelegentlich auch weiterer Merkmale, die Popularitätskarten ermitteln und veranschaulichen die areale Häufigkeit aller Belege des Flurnamentyps im Untersuchungsgebiet. Jeder der 35 Flurnamenartikel stellt isoliert betrachtet bereits ein Auswertungsergebnis dar, weil die bisherigen Erkenntnisse zur räumlichen und sprachlichen Variation des behandelten Flurnamentyps in jedem Fall erweitert werden konnten – in einigen Fällen wurden Lücken geschlossen, in anderen Fällen bisherige Erkenntnisse bestätigt, erweitert und zum Teil auch korrigiert. Neben solchen auf einzelne Flurnamentypen bezogenen Resultaten konnten auch allgemeinere Ergebnisse erzielt werden: Sehr häufig wurde der Reliktcharakter der Flurnamen deutlich, besonders in Fällen, wo die zugrunde liegenden Appellative nicht mehr verwendet werden, aber auch dort, wo ältere Bedeutungen sowie stärkere Variation beim Genus und bei der Schreibung toponymisch erhalten geblieben sind. Bei der morphosyntaktischen Struktur der Flurnamen zeigte sich mehrfach, dass die Bestimmungsteile resistenter gegen standardsprachliche Normierung sind als die Grundteile. In den Fällen, wo der Flurnamentyp auch appellativisch noch verwendet wird, trat ein geringerer Anteil an Simplex-Bildungen zutage. Als häufigste Attribute traten solche auf, die sich auf Form, Größe und relatives Alter beziehen. Insgesamt ergab sich dabei in Abhängigkeit vom jeweiligen GT jedoch eine recht große Varianz – das gilt auch für die verwendeten Präpositionen. Darüber hinaus konnte das Kartenbild in einigen Fällen Argumente für oder gegen eine Zugehörigkeit fraglicher Belege zum Flurnamentyp liefern. Bei der Verbreitung der Varianten – nicht aber bei der Verbreitung der jeweiligen Gesamtbelege – konnte ein enger Zusammenhang zur dialektalen Gliederung nachgewiesen werden, der sich also trotz expliziter Normierungsvorgaben im amtlichen Katastermaterial erhalten hat. Die einzelnen Kartenbilder wiesen sehr häufig deutliche Bezüge zur landschaftlichen Struktur auf, besonders zum Relief, gelegentlich auch zu Flussverläufen. Als wiederkehrendes Muster war

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8. Zusammenfassung und Ausblick

in vielen Popularitätskarten eine „Mittelgebirgsklammer“ zu erkennen. Die größeren städtischen Verdichtungsräume zeigten erwartungsgemäß eine weitaus geringere Belegdichte als ländlichere Gebiete. In einigen Fällen konnten historische Worträume und deren Wandel anhand der Flurnamenverbreitung nachgezeichnet werden. Zum Auswertungsteil der vorliegenden Arbeit gehört neben der Untersuchung einzelner Flurnamentypen auch die synoptische Betrachtung in Kapitel 7. Mit Hilfe der Mittelwertskarte, einer auf Isolinien basierenden Variante der Popularitätskarte, konnte eine Kombinationskarte erstellt werden, welche die Hauptverbreitungsgebiete a l l e r untersuchten Flurnamentypen bündelt. Die auf der Kombinationskarte erkennbaren Muster wurden anschließend mit inner- und außersprachlichen Raumstrukturen in Bezug gesetzt. Durch diesen Vergleich konnten die schon in der Kombinationskarte sichtbaren Flurnamenräume zusätzlich verdeutlicht und vor allem auch erklärt werden. Ein kurzer Exkurs zu einer denotatorientierten Nutzungsmöglichkeit der Popularitätsbzw. Mittelwertskarte verweist zurück auf die ersten flurnamengeographischen Ansätze im Rheinland und eröffnet zugleich eine Perspektive für zukünftige Untersuchungen. Dass sich die Popularitäts- bzw. Mittelwertskarten zur Erforschung und Darstellung von Flurnamenräumen eignen, war das zentrale methodische Ergebnis von Kapitel 7. Damit konnten Flurnamenräume erstmals in der Flurnamenforschung auf der Basis eines objektiven, auf messbarer Vorkommenshäufigkeit basierenden Verfahrens ermittelt werden. Insgesamt wurden im nördlichen Rheinland mit dieser Methode vier Flurnamenräume nachgewiesen. Sie alle lassen ein unterschiedliches Maß an innerer Homogenität und an Abgrenzbarkeit zu benachbarten Flurnamenräumen erkennen, wie anhand der kurzen Präsentation der einzelnen Flurnamenräume und der jeweils raumbildenden Flurnamentypen deutlich wurde. Das wichtigste Resultat des Kapitels und zugleich der gesamten Untersuchung ist der sehr enge Zusammenhang zwischen Flurnamenverbreitung und naturräumlicher Gliederung. Im nördlichen Rheinland ist die naturräumliche Gliederung der entscheidende Faktor für die räumliche Verbreitung der Flurnamen. Andere Einflussgrößen aus den Bereichen der Sprachgeographie oder der kulturräumlichen Struktur sind an Einzelfällen zwar nachweisbar, spielen für die geographische Variation der nordrheinischen Flurnamen in ihrer Gesamtheit aber nur eine untergeordnete Rolle. Als wichtigste „Namenscheide“ (vgl. RAMGE 1987b, 28ff.) tritt im nördlichen Rheinland der Übergang zwischen Mittelgebirge und Tiefland hervor. Der Überblick über die einzelnen Kapitel und die genannten Ergebnisse eröffnen eine Reihe von Anknüpfungsmöglichkeiten, erinnern aber auch daran, dass es an einigen Stellen nötig war, „mit dem erreichten Unvollkommenen zu arbeiten“ (HFA 15). Hier bieten sich – getreu dem Motto „Wer’s

8. Zusammenfassung und Ausblick

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besser weiß, soll’s dann besser machen!“ (BACH 1963, XX) – also ebenfalls Gelegenheiten zu vertiefender Forschung. In den abschließenden Abschnitten werden einige weiterführende Ansätze skizziert:

digitales (nord-)rheinisches Flurnamenbuch Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde ein Flurnamenlemmatisierungswörterbuch (FLWB) aufgebaut, das zur automatischen Lemmatisierung des Belegmaterials genutzt wurde. Als Basis der Varianten-Lemma-Zuordnungen dienten DITTMAIERS Rheinische Flurnamen (DITTMAIER 1963). Mit 15.852 Varianten und 4.114 Lemmata enthält das zusätzlich als Subwörterbuch konzipierte FLWB jedoch ein Vielfaches der 2.043 Lemmata und insgesamt 1.964 Verweislemmata und Varianten aus den Rheinischen Flurnamen (vgl. Kap 3.5.2), zu denen KLEIBER und RAMGE feststellen: „Das grundlegende, inzwischen allerdings teilweise überholte Werk bedürfte dringend einer überarbeiteten Neuauflage.“ (KLEIBER 1988, 30) „So überragend und bahnbrechend Dittmaiers Arbeit auch noch heute ist, so sehr ist auch festzustellen, dass sie nur eine höchst begrenzte Anzahl der tatsächlich bestehenden rheinischen Flurnamen vorführt.“ (RAMGE 2002, 31)

Dass die Rheinischen Flurnamen trotz dieser Defizite noch immer Vorbildfunktion haben, zeigt die Einschätzung NAUMANNS, der „in ferner Zukunft […] ein gesamtdeutsches Flurnamenbuch in Anlehnung an die von Dittmaier getroffenen Auswahlprinzipien“ (NAUMANN 2005, 136) für möglich hält. Auf der Basis des FLWB könnte das Werk überarbeitet und erweitert werden. Da das Material bereits in digitaler Form vorliegt, könnte das Flurnamenbuch dann problemlos als digitales Namenbuch konzipiert werden (vgl. GREULE/PRINZ 1999; vgl. RAMGE/RICHTER 2003; vgl. FLN SÜDTIROL). Dadurch wäre zum einen die automatische Verknüpfung mit den Belegen des Digitalen Nordrheinischen Flurnamenarchivs möglich, zum anderen könnten zu allen enthaltenen Lemmata und Varianten online Karten erzeugt werden, wie das für Mittelhessen bereits möglich ist (vgl. MHFB). Eine Vernetzung mit anderen Flurnamenbüchern aus dem deutschsprachigen Raum (vgl. NAUMANN 2005, 136) würde erheblich erleichtert. Überlegungen für eine Neubearbeitung der Rheinischen Flurnamen gab es am damaligen Institut für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande bereits in den 1990er Jahren – aus diesem Grund wurde beispielsweise das Namenmaterial der DGK vom Landesvermessungsamt Nordrhein-Westfalen bezogen, was schließlich zu einer Neubelebung der Flurnamenforschung in Bonn und damit auch zur Entstehung der vorliegenden Untersuchung führte.

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vergleichende deutsche Flurnamenforschung Die folgende Karte zeigt das durch die vorliegende Arbeit nun zusammenhängend flurnamengeographisch erschlossene Gebiet.

Abb. 53: Benachbarte flurnamengeographische Bearbeitungsgebiete

Das südliche Rheinland ist auf den Karten in DITTMAIERS Rheinischen Flurnamen berücksichtigt. Die flurnamengeographische Erschließung dieses Raums könnte jedoch noch erheblich ausgebaut werden, denn im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden bereits 66.280 südrheinische Belege aus der Sammlung Dittmaier (SAD) digitalisiert und georeferenziert. Mit diesem Material könnte – ergänzend zum Material des Rheinland-Pfälzischen Flurnamenarchivs (vgl. RPFA) und dem unter anderem darauf basierenden Digita-

8. Zusammenfassung und Ausblick

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len Flurnamenlexikon Rheinland-Pfalz (vgl. DFLRP) – ein weiterer Baustein zu einer überregionalen deutschen Flurnamenforschung beigetragen werden. Für den bereits 1931 von BACH geforderten Ansatz einer solchen „vergleichenden deutschen Flurnamenforschung“ (BACH 1931, 246) ist die „Sammlung und Erschließung der Flurnamenbestände größerer Regionen […] unabdingbare Voraussetzung“ (RAMGE 1996, 1174). Nur dadurch werden überregionale Perspektiven ermöglicht, wie sie jüngst KUNZE – bereits unter Berücksichtigung des Digitalen Nordrheinischen Flurnamenarchivs – für die Untersuchung von Schorfheide und verwandten Namen (vgl. KUNZE 2007) wählt. Mit dem Namenmaterial der DGK und des ALB wurden in der vorliegenden Arbeit zwei im gesamten Bundesgebiet vorliegende Bestände erstmals für flurnamengeographische Auswertungsansätze genutzt. Durch die ausführliche Dokumentation der Aufbereitungsmaßnahmen (vgl. Kap. 3.2 und 3.3) können ähnlich gelagerte Untersuchungen mit überschaubarem Erhebungsaufwand auch in Regionen durchgeführt werden, wo es keine oder nur handschriftlich verzettelt vorliegende Flurnamenarchive gibt. Die im Rahmen dieser Arbeit entwickelte Popularitätskarte setzt keine Erhebung aller Flurnamentypen eines Bearbeitungsgebietes voraus, sondern kann für einzelne Flurnamentypen unabhängig von weiterem Belegmaterial erstellt werden (vgl. Kap. 4.3.3). Dadurch ist es möglich, in Zettelarchiven vorliegende Flurnamensammlungen auch punktuell auszuwerten und relativ schnell Einblicke über die regionale Verbreitung bestimmter Flurnamentypen zu erhalten.

Zusammenarbeit mit Ortskundigen Die vorliegende Arbeit richtet sich nicht ausschließlich an den verhältnismäßig kleinen Kreis von Flurnamenforschern an Hochschulen und Akademien. Sie soll auch denjenigen, die sich mit den Flurnamen eines Dorfes beschäftigen oder nur an bestimmten Flurnamentypen interessiert sind, einen Rahmen zur Einordnung eigener Beobachtungen bieten. Anhand der Popularitätskarten kann beispielsweise festgestellt werden, welche Flurnamen in einer bestimmten Region typisch sind, die Punktsymbolkarten geben Auskunft darüber, in welchen Varianten derselbe Flurnamentyp anderswo auftritt. Umgekehrt können Fachleute an Hochschulen und Akademien aber auch von Ortskundigen profitieren, denn noch heute gilt: „[…] in der Kenntnis der örtlichen Quellen und vor allem in der unentbehrlichen Ortskenntnis wird ihnen ein tüchtiger Ortsforscher immer überlegen sein, auf Gebieten also, die unter den Voraussetzungen einer gedeihlichen Flurnamenforschung an allererster Stelle stehen.“ (BACH 1931, 234)

Konkrete Hilfestellungen sind beispielsweise bei der Zuordnung fraglicher Varianten zu einem bestimmten Lemma möglich, wenn Ortskundige ältere

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Belege oder mundartliche Formen der Namenbelege kennen. Bei der Überprüfung der Lemmatisierungsergebnisse konnte gezeigt werden, dass eine nennenswerte Steigerung der Lemmatisierungsquote über den hier erreichten Wert hinaus ohne Untersuchungen oder die Unterstützung Ortskundiger nicht möglich ist (vgl. Kap 3.5.4.2).

Integration zusätzlicher Bestände Zu den weiteren Anknüpfungsmöglichkeiten an die vorliegende Arbeit gehört auch die Integration zusätzlicher Bestände, also ein Ausbau des Digitalen Nordrheinischen Flurnamenarchivs. Da bei der Fusion der drei bislang verwendeten Großbestände schon umfangreiche Schnittmengen auftraten, ist der Zugewinn an exklusiven Belegen aus kleineren Sammlungen jedoch als verhältnismäßig gering einzuschätzen. Andererseits ist eine Integration durch die entwickelten Fusionsverfahren automatisch möglich (vgl. Kap. 3.7) und ein Ausschluss der Schnittmengen je nach Fragestellung auch gar nicht erwünscht. Ein besonders großer Zugewinn an Belegmaterial ist allerdings bei historischem und mundartlichem Belegmaterial zu erwarten, da das Digitale Nordrheinische Flurnamenarchiv bislang fast ausschließlich amtliches Katastermaterial enthält.

kleinräumige Detailuntersuchungen Aufgrund der Kombinationskarte (vgl. Abb. 43) wären kleinräumige flurnamengeographische Untersuchungen vor allem in zwei Gebieten sinnvoll: Dazu gehören einerseits die Grenzregion zwischen Niederrheinischem Tiefland und Kölner Bucht, die in der Makroperspektive als verhältnismäßig schwache Raumgrenze erscheint (vgl. Kap. 7.2.2, 7.5, 7.6), sowie andererseits der in der Kombinationskarte sehr kleinräumig gegliederte Bereich zwischen Bonn, Köln und Euskirchen im Süden der Kölner Bucht (vgl. Kap. 7.2.2). Die Untersuchung von Grenzräumen könnte auch mit statistischen Methoden noch weiter ausgebaut werden. Eine eigene Testauswertung ergab eine signifikante Veränderung der Anteilsverhältnisse von Acker- und Stück-Flurnamen im Grenzbereich ihrer beiden Hauptverbreitungsgebiete. Als Ausgangspunkt für solche Ansätze fungieren Karten mit Flurnamentypen aus vergleichbaren Denotatbereichen (vgl. Kap. 7.8). Neben den internen Grenzen sind auch die Außengrenzen des Untersuchungsgebietes und ihre Bedeutung für Flurnamenräume von Interesse. Eine solche grenzübergreifende Betrachtung erfordert die Zusammenarbeit mit Flurnamenarchiven außerhalb des nördlichen Rheinlands oder kann in einigen Gebieten (vgl. Kap. 7.3) auch auf Basis von gedruckter Literatur wie dem Westfälischen Flurnamenatlas erfolgen.

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weiterführender Einsatz von GIS-Anwendungen Geoinformationssysteme (GIS) fungieren im Kontext der Flurnamenforschung als methodische Schnittstelle zur sprachgeographischen Perspektive, denn der „räumliche Zusammenhang zwischen Namen und Landschaft stellt […] das Bindeglied zwischen Namenkunde und Geographie dar“ (OBERBICHLER/HELLER 2001, 348). Das hier verwendete Geoinformationssystem ArcView 3.2 kam bei sehr vielen Bearbeitungsschritten von der Erfassung bis hin zur abschließenden Ausarbeitung der Karten zum Einsatz. Besonders hervorzuheben ist dabei die Möglichkeit der direkten Verknüpfung von Belegmaterial mit anderen räumlichen Strukturen wie Gemarkungsgrenzen, Dialekt- und Naturräumen oder Höhenschichten, vor deren Hintergrund Flurnamenverbreitungen besser eingeordnet und in vielen Fällen auch erklärt werden konnten. Im Bereich der Flurnamenforschung wären weiterführende Anwendungen denkbar, beispielsweise dass Flurnamen „mit identischen oder vergleichbaren Benennungsmotiven selektiert und dann nach ihrer charakteristischen räumlichen Lage im Geländemodell (Höhenlage, Exposition und Hangneigung) analysiert werden“ (ebd., 349) oder in Form von „Distanzanalysen ausgehend von Siedlungen und Verkehrswegen“ (ebd.). Obwohl die GIS-Anwendungen hier primär aus der Perspektive der Namenforschung genutzt wurden, können sie „mit ihren räumlichen Analysemöglichkeiten nicht nur für interne Fragestellungen der Namenforschung eingesetzt werden, sie leisten auch für die Visualisierung und Konservierung von Namendaten wertvolle Dienste“ (ebd., 350). Das gilt insbesondere im Kontext der kulturlandschaftlichen Perspektive, denn obwohl schon die „sprachliche Erschließung des Raums mit der Hilfe der Namengebung [...] eine kulturelle Tätigkeit“ (FISCHER 2007, 123) ist, entfaltet sich die tatsächliche kulturlandschaftliche Relevanz der Flurnamen erst vor dem Hintergrund anderer Elemente der Kultur- und auch der Naturlandschaft – dann können Flurnamen ihre häufig genannte Funktion für die „sprachliche Archäologie“ (GABRIEL 1996, 1451) besonders gut erfüllen. Das im Rahmen der vorliegenden Arbeit erstellte Digitale Nordrheinische Flurnamenarchiv wurde aus diesem Grund bereits in das Kulturlandschaftsinformationssystem KuLaDigNW (vgl. KULADIGNW) integriert.

Erforschung historischer Worträume Wie alle Namen bewahren auch Flurnamen ältere Sprachzustände, weil „keine Notwendigkeit bestand, die Veränderungen im appellativischen Wortschatz mitzumachen“ (GABRIEL 1996, 1451; vgl. GOOSSENS 1998, 905). Da auch ihre räumliche Lage stabil ist, geben sie Auskunft über ehemalige Geltungsbereiche bestimmter Wörter. In dieser Perspektive erhält die Flurnamenkarte „die Funktion einer historischen Sprachkarte […], diese kann dann mit ihrem

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8. Zusammenfassung und Ausblick

appellativen Gegenstück aus jüngerer Zeit verglichen werden“ (GOOSSENS 1998, 905). Für das Rheinland liegt dazu mit dem Rheinischen Wortatlas (vgl. LAUSBERG/MÖLLER 2000) eine Voraussetzung vor, wobei die dort untersuchten und kartierten Wörter nur sehr wenige Schnittstellen zu den toponymisierten Wörtern aufweisen. Die zahlreichen Wortkarten im Rheinischen Wörterbuch (vgl. RHWB) bilden in vielen Fällen dagegen bereits einen älteren Sprachzustand ab, wie im Rheinischen Wortatlas nachgewiesen werden konnte (vgl. ebd., 13f.). Für eine vertiefende Untersuchung zum Verhältnis zwischen toponymischer und appellativischer Gebrauchsweise bestimmter Wörter wäre also eine gesonderte Erhebung notwendig. Dabei müssten – dem Beispiel von WESTPHAL (vgl. WESTPHAL 1934) folgend – der rezente Geltungsraum und die rezente Bedeutung räumlich erfasst werden. Diese Merkmale könnten dann mit den im Rahmen der vorliegenden Arbeit präsentierten Verbreitungskarten verglichen werden, um zur Rekonstruktion historischer Worträume und ihrer Entwicklung zu gelangen. Der Ausblick auf weiterführende Untersuchungsansätze schließt die Erforschung der nordrheinischen Flurnamen in sprachgeographischer Perspektive ab. Es bestätigte sich, dass es „eine der reizvollsten Aufgaben der großräumlichen Flurnamenforschung“ ist, die „Verbreitung der Namen im Raum […] genauer zu erforschen und in weitere Zusammenhänge einzubetten“ (RAMGE/RICHTER 2003, 224). Diese Verbreitung anhand nordrheinischer Flurnamen digital zu erfassen, zu kartieren und auszuwerten, war das Ziel der vorliegenden Arbeit.

Abkürzungsverzeichnis

ahd. ALB and. Art. as. BT DGK dt. f. fem. FLWB FN frz. gallorom. GT hd. idg. kelt. lat. m. mask. md. mhd. mlat. mnd. mnl. n. nd. neutr. nfrk. nhd. nl. obd. omd. rip. RN rom.

althochdeutsch Automatisiertes Liegenschaftsbuch altniederdeutsch Artikel altsächsisch Bestimmungsteil Deutsche Grundkarte 1:5000 deutsch Femininum Femininum Flurnamenlemmatisierungswörterbuch Familienname französisch galloromanisch Grundteil Hochdeutsch indogermanisch keltisch lateinisch Maskulinum Maskulinum mitteldeutsch mittelhochdeutsch mittellateinisch mittelniederdeutsch mittelniederländisch Neutrum niederdeutsch Neutrum niederfränkisch neuhochdeutsch niederländisch oberdeutsch ostmitteldeutsch ripuarisch Rufname romanisch

Abkürzungsverzeichnis

364 SAD snfrk.. snl. wfäl. wmd.

Sammlung Dittmaier südniederfränkisch südniederländisch westfälisch westmitteldeutsch

Abbildungsverzeichnis

Abb. 01: Sprachliche Gliederung des Untersuchungsgebietes ....................... 30 Abb. 02: Naturräumliche Gliederung des Untersuchungsgebietes................. 31 Abb. 03: Schematischer Ablauf der linguistischen und geographischen Aufbereitung der Bestände .............................................................. 40 Abb. 04: Beispiele für Abweichungen von den Schreibvorgaben für DGKFlurnamen ........................................................................................ 43 Abb. 05: Ausschnitt aus der Datei geonamen.txt vom LVERMA NRW ......... 46 Abb. 06: Belegpunkte des DGK-Materials..................................................... 49 Abb. 07: Belegpunkte des Westf. Flurnamenarchivs (MÜLLER 1984, Karte 3) und des DGK-Materials ................................................................... 50 Abb. 08: Kamp-Belege aus dem Westfälischen Flurnamenatlas (WFA Karte 4.2) ......................................................................................... 51 Abb. 09: Kamp-Belege aus dem DGK-Material............................................. 51 Abb. 10: Ausschnitt aus einer ALB-Originaldatei ......................................... 56 Abb. 11: Ausschnitt aus der vorläufigen ALB-Datenbank............................. 58 Abb. 12: Belegpunktakkumulation................................................................. 59 Abb. 13: Prozessabfolge zur Konzentrierung adjazenter Bezeichnungen...... 62 Abb. 14: Die ALB-Belege auf der Heide vor (links) und nach (rechts) der Konzentrierung ................................................................................ 66 Abb. 15: Belegpunkte des ALB-Materials ..................................................... 67 Abb. 16: SAD-Belegorte im nördlichen und südlichen Rheinland ................ 72 Abb. 17: Quellenanteile am Zettelarchiv........................................................ 76 Abb. 18: Unterschiedliche Vorlagenqualität von Blättern aus der SAD ........ 79 Abb. 19: Rekonstruierte Bezugsflächen der SAD-Belegorte ......................... 85 Abb. 20: Detailansicht rekonstruierter Bezugsflächen mit SAD-Belegorten . 86 Abb. 21: Herkunft der Varianten im FLWB................................................... 95 Abb. 22: Herkunft der Lemmata im FLWB ................................................... 95 Abb. 23: Anteile der Wortarten/Namentypen an den Lemmata des FLWB... 96 Abb. 24: Genera der FLWB-Lemmata ........................................................... 96 Abb. 25: Überprüfung d. automatischen Lemmatisierung in den Testgebieten Wasserquintett u. Essen .................................................. 105 Abb. 26: Ermittlung der Distanzwerte zur Bestandsfusion von DGK und ALB ............................................................................................... 115 Abb. 27: Distanzen zwischen DGK- und ALB-Belegen .............................. 116 Abb. 28: Verhältnis zwischen Rechts-/Hochwertabweichung und Distanz . 117 Abb. 29: Zusätzliche gleich lautende Belege bei zunehmender Distanz...... 118 Abb. 30: Distanzbasierte Fusion................................................................... 119

366

Abbildungsverzeichnis

Abb. 31: Polygonbezogene Fusion............................................................... 120 Abb. 32: Kombinierte Fusion ....................................................................... 122 Abb. 33: Zusammensetzung des Gesamtbestandes nach Quellen ................ 126 Abb. 34: Belegpunkte des Digitalen Nordrheinischen Flurnamenarchivs nach der Bestandsfusion ................................................................ 128 Abb. 35: Linearer u. nichtlinearer Zusammenhang zw. Entfernung und Popularitätswert (schematisch) ...................................................... 139 Abb. 36: Mono- und dichromatische Farbskalierung der Popularitätswerte 140 Abb. 37: Überlappungen von Popularitätswerten unterschiedlicher Belegpunkte ................................................................................... 141 Abb. 38: Skalierung nach gleichmäßigen Intervallen: Diagramm und Karte (Bende, Bend(en)) .......................................................................... 142 Abb. 39: Skalierung nach halben Standardabweichungen: Diagramm und Karte (Bende, Bend(en)) ................................................................ 143 Abb. 40: Feld in Popularitäts- und Frequenzkarte (WFA Karte 5.1) ........... 147 Abb. 41: Popularitäts- und Mittelwertskarte von Bende, Bend(en) im Vergleich ....................................................................................... 149 Abb. 42: Übersichtskarte .............................................................................. 164 Abb. 43: Kombinationskarte der Mittelwerts-Isolinien von 35 Flurnamentypen .............................................................................................. 331 Abb. 44: Dialektale Gliederung und Flurnamenräume................................. 333 Abb. 45: Naturräumliche Gliederung und Flurnamenräume ........................ 337 Abb. 46: Der Flurnamenraum „Bergisches Land (gesamt)“......................... 340 Abb. 47: Der Flurnamenraum „Bergisches Land (Süd)“.............................. 341 Abb. 48: Der Flurnamenraum „Eifel und Voreifel“ ..................................... 343 Abb. 49: Der Flurnamenraum „Kölner Bucht“............................................. 344 Abb. 50: Der Flurnamenraum „Niederrheinisches Tiefland“....................... 346 Abb. 51: Isolierte Verbreitungen .................................................................. 347 Abb. 52: Komplementäre Distribution (teil-)synonymer Flurnamentypen .. 350 Abb. 53: Benachbarte flurnamengeographische Bearbeitungsgebiete ......... 358

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