Nord-Amerika im Urteil des Deutschen Schrifttums bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts: Eine Untersuchung über Kürnbergers „Amerika-Müden“ [Reprint 2022 ed.] 9783112686027


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German Pages 166 [180] Year 1930

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Table of contents :
Inhaltsangabe
Einleitung
I. Teil: Das Amerikabild im deutschen Schrifttum bis zur Mitte des neunzehnten Jahrhunderts
1. Das Amerikaurteil des 18. Jahrhunderts zur Zeit der Revolution, des Sturm und Drangs und des Klassizismus
2. Das Amerikaurteil zur Zeit der Restauration und der Romantik
3. Das Urteil über Nordamerika zur Zeit der liberalen Opposition und des Realismus
II. Teil: Das Amerikabild Ferdinand Kürnbergers im „Amerika- Müden"
Einleitung
1. Die öffentlichen Angelegenheiten
2. Charakteristik des Amerikaners
3. Die Behandlung Deutschlands und der Deutschen in Bezug auf Amerika
4. Zusammenfassung
Schluß
Anhang
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Nord-Amerika im Urteil des Deutschen Schrifttums bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts: Eine Untersuchung über Kürnbergers „Amerika-Müden“ [Reprint 2022 ed.]
 9783112686027

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ÜBERSEE-GESCHICHTE

EINE SCHRIFTENFOLGE H E R A U S G E G E B E N VON

ADOLF REIN

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BAND 3

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Nord-Amerika im Urteil des Deutschen Schrifttums bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts Eine Untersuchung über Kürnbergers «Amerika-Müden" Mit einer Bibliographie von

Hildegard Meyer

Friederichsen, de Gruyter & Co. m. b. H. / Hamburg 1929

Die Schriften-Folge „Ü b e r s e e - G e s c h i e h t e " soll in zwangloser Reihe Einzelforschungen und Studien zur Geschichte der Ausbreitung der Europäer und des europäischen Wesens über die Erde bringen. In dem den bewohnbaren Erdraum umfassenden Vorgang der Ausdehnung des Abendlandes, seiner Macht und seiner Bildung, seines Denkens und seines Gestaltens, erscheint ein weltgeschichtliches Geschehen, von dem die neueren Jahrhunderte vorzüglich bestimmt werden. Eine Ordnung der Staaten und Völker zueinander in Gemeinschaft von allen Erdteilen und Rassen, und deshalb der wechselnden Einwirkung aller aufeinander, ist im Entstehen. Weltpolitische Aufgaben (im weitesten Sinn des Begriffes Politik genommen) sind heraufgekommen von einer Art und Bedeutung für das Ganze, wie sie den Menschen nie zuvor gestellt waren. Der unentbehrlichen geschichtlichen

Durchdringung

dieses Gegenstandes im Geiste der Wahrheit zu dienen, ist die vorliegende Sammlung unabhängiger Einzeldarstellungen bestimmt.

Übersee-Geschichte E i n e S c h r i f t e n f o l g e her aus gegeben von

Adolf Rein Band 3

Nord-Amerika im Urteil des Deutschen Schrifttums bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts Eine Untersuchung über Kürnbergers „Amerika-Müden"

Mit einer Bibliographie von

Hildegard Meyer

Friederichsen, de Gruyter & Co. m. b. H. / Hamburg 1929

Copyright 1929 by Friederichsen, de Gruyter & Co. m. b. H. Hamburg 36

D r u c k von J . J . A u g u s t i n in G l ü c k s t a d t u n d H a m b u r g

Inhaltsangabe. Einleitung I. Teil: Das Amerikabild im deutschen Schrifttum bis zur Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. 1. Das Amerikaurteil des 18. Jahrhunderts zur Zeit der Revolution, des Sturm und Drangs und des Klassizismus D a s Zeitalter der R e v o l u t i o n u n d des S t u r m u n d D r a n g : Allgemeine Einstellung 6 ; Klopstock, Rousseau, H e r d e r 7 ; S c h u b a r t , Stolberg, Seume, Goeckingh 7 f . ; Wieland, Lessing, K a n t 8; historisch-politische Schriften (Schloezer, die Göttinger Gelehrten, A r n d t , Heeren) 8 f . ; Briefe, Journalistik 9 ; geographische W e r k e (Fenning u n d Collyer, Ebeling); Reisebeschreib u n g e n (Scheibler, S c h ö p f ) ; Übersetzungen 9 f . ; Vergleich der französischen m i t der n o r d a m e r i k a n i s c h e n Revolution ( Z i m m e r m a n n , Gentz, Klopstock, Gleim, Voß) 10. D a s Zeitalter der Klassizistik: N e u e kritische Einstellung, Schiller, Goethe 1 0 f . ; kritische S c h r i f t e n (von Bülow, Kierrulf) 11; Erziehung u n d Revolution (Herder, Schiller) 11 f.

2. Das Amerikaurteil zur Zeit der Restauration und der Romantik . . . . F r ü h r o m a n t i k e r u n d Historiker der Restaurationsperiode: Charakteristik romantischer Ideale in Bezug auf N o r d a m e r i k a 1 2 f f . ; Schlegel 13; Tieck, Müller 1 3 f . ; Verhältnis z u m mittelalterlichen S t a a t im Gegensatz zu den rationalistischen Tendenzen Nordamerikas, Brüder Schlegel, W a c k e n r o d e r 14; Novalis 15; Steffens 15; romantische Geschichtsauffassung F r . Schlegel 16; Steffens 16ff.; weitere historische Schriften ü b e r N o r d a m e r i k a : Hegel 18f.; Leo 1 9 f . ; H ü l s e m a n n 20f. Der weitere Kreis romantischer Schriftsteller u n d seine W i r k u n g auf das allgemeine Amerikaurteil: Allgemeines 21 f . ; Eichendorff 22 f . ; E . T . A. H o f f m a n n Chamisso, E i n f l u ß Coopers 23; W i r k u n g auf die Aus Wanderungsliteratur; D u d e n 2 3 f . ; Gerstäcker, Sealsfield 24.

3. Das Urteil über Nordamerika zur Zeit der liberalen Opposition und des Realismus Amerikaenthusiasmus in liberalen K r e i s e n : Allgemeine Stellungnahme 2 5 f . ; Nikolaus L e n a u (romantische u n d politische E r w a r t u n g e n 2 6 f . ; E n t t ä u s c h u n g 2 7 f f ) ; A. G r ü n 32; E r w a r t u n g e n der Liberalen 3 3 f . ; Auswanderungen politischer Flüchtlinge, Münch 34; Weyse 35; Amerika als die freie, „ n e u e " W e l t (Platen, A. Grün, Börne, Zschokke, Sealsfield, D u d e n , von R a u m e r , Freiligrath) 36; der nationale Gedanke in Bezug auf A m e r i k a ; „ N e u d e u t s c h l a n d " , B r a u n s 3 7 f . ; Löher 38; v o n R o t t e c k 3 9 f . ; A. L i p s 4 1 f . ; Schlosser 4 2 f . ; v o n R a u m e r 4 3 f f . ; (gegen N i e b u h r 46); T h . Pösche 4 7 f . ; Rösing 48. Amerikakritik aus liberalen K r e i s e n : allgemeine B e g r ü n d u n g 4 8 f f . ; Schriftsteller des „ J u n g e n D e u t s c h l a n d , " Heine 5 0 f . ; Gutzkow 51 f f . ; L a u b e 5 3 f . ; K r i t i k aus den Kreisen politischer Flüchtlinge 54; O t t o 54ff., kritische Auswandererschriften, Gall, Vulpius, H ö h n e , K i r s t e n 5 4 f . ; Auswanderer auf amerikanischem Boden, W . K o p p s , N . Müller 57 f f . ; Organisationen Deutscher in N o r d a m e r i k a vor 1848 60; neue radikale Bestrebungen 6 0 f . ; Urteile über die Achtundvierziger i n Amerika, „ D e r deutsche P i o n i e r " 6 1 ; E . Pelz 61 f . ; K r i t i k v o n F . G r u n d 6 2 f f . ; (Tocqueville 64); Z u s a m m e n f a s s u n g 65ff.

Inhaltsangabe

VI

II. Teil: Das Amerikabild Ferdinand Kürnbergers im „AmerikaMüden". Einleitung 1. Die öffentlichen Angelegenheiten

69 71

Einleitung: Leben und Charakteristik Ferdinand Kürnbergers 69ff. Geistiges Leben: Religion (Gebräuche 73ff.; Vertreter amerikanischer „Religiosität" 75f., die künftige Nationalreligion Amerikas 77ff.). K u n s t (Musik 80, bildende Künste 80f., Tanz 81, Architektur 82), Dichtkunst (Lyrik 82, Dramatik 82 f). Staat und Politik: Verfassung 84f., Gefahren derselben 85ff., Freiheitsbegriff 87 ff., Rechtsleben 90 ff. Soziale Gliederung: Aristokratie 92f., Sklaven 93f., Proletariat 94f., Mittelstand 95. Die deutschen Eingewanderten 95ff., geistige Berufe, Handwerker 95 ff., Farmer, Kaufleute 97 f.

2. Charakteristik des Amerikaners

98

Persönlichkeit des „Yankee": Grundeinstellung 98, Erziehung 99f., Eigenschaften (Heuchelei 101, Nationaleitelkeit 101f., Herzlosigkeit 103f.), äußeres Auftreten 104. Verhältnis zur Umgebung: Haus und Familie 104ff., weitere Umwelt 106f. Wirksamkeit: Das amerikanische „System" (Betrug, Humbug etc.) 107ff., Wertlosigkeit der Leistungen auf technischem Gebiet 110f., die Mission Amerikas im Zusammenhang mit dem Deutschtum 111 ff.

3. Die Behandlung Deutschlands und der Deutschen in Bezug auf Amerika 113 Deutschland und seine Kulturaufgabe: Charakter als Kulturnation 113ff., politische Entwicklung der deutschen Nation 115 ff. Charakteristik der Deutschen: Allgemeiner Gegensatz zum Amerikaner 117f., besondere Charakterisierung der deutschen Gestalten des Romans (Moorfeld 118f„ Benthal 119f., deutsche Handwerker 120f., andere Figuren 121), Kritik an den Deutschen 121 f., Gegenüberstellungen 123, Zusammenfassung 124.

4. Zusammenfassung

124

Schluß

127

Einleitung. Wir sehen heute bereits auf eine ganze Reihe von Schriften zurück, die sich das Urteil der alten Welt über Amerika, besonders seit der Gründung der nordamerikanischen Republik, zum Gegenstand nehmen. Das unmittelbare Interesse, das sich seit der Bildung eines neuartigen, aller europäischen Tradition widersprechenden Staatswesens im Schrifttum ausspricht, die leidenschaftlichen Kämpfe über den Wert dieser oder jener Tendenz, die der Westen hervorzubringen schien, sein Einfluß vor allem auf die politischen Theorien in den Kämpfen der Zeit, all das war zu stark ausgeprägt, als daß die historische Forschung daran vorbeigehen konnte. Uberblicken wir heute das Ergebnis dieser Untersuchungen, so lassen sich deutlich zwei prinzipiell verschiedene Stufen erkennen: während die ersten Darstellungen sich im ganzen damit begnügten, den Stoff zu sammeln, dabei vielfach auch nur einen zeitlich sehr begrenzten Zeitraum zugrunde legten, zeigen sich in der letzten Zeit Versuche, umfassendere Darstellungen zu geben, welche die gesammelten Urteile über Nordamerika ideengeschichtlich eingruppieren. Die erste Anregung zu einer Darstellung des Amerikabildes im deutschen Schrifttum, zunächst in der deutschen Dichtung, geht von dem DeutschAmerikaner J u l i u s G o e b e l aus 1 ). Ihm kommt das Verdienst zu, in einer kurzen Abhandlung — sie ist nach einem 1890 in New York gehaltenen Vortrag niedergeschrieben 2 ) — darzulegen, „wie die neuen großen politischen und sittlichen Ideen, die sich an das Entstehen und Wachsen dieser Republik knüpfen, auf unsere nationale Dichtung wirken", und Goebel bringt — dieser Problemstellung gemäß — indem sie amerikanische Tendenzen stofflich, gegenständlich auf den Dichter einwirken sieht, aus den Dichterwerken, besonders Ende des 18. Jahrhunderts, dann auch bis zum Tode Goethes, Belege für eine solche Einwirkung, ohne diese prinzipiell, mit Ausnahme von ganz allgemeinen einleitenden Hinweisen, aus den die Heimat bewegenden Ideen abzuleiten. Eine kritische Besprechung dieser Goebelschen Schrift von Minor3) weist auf den Mangel an Material hin, das nun durch neue Belege, besonders aus der Zeit des „ J u n g e n Deutschland" und aus ausländischen Schriftstellern erweitert wird, ohne jedoch über die Fragestellung Goebels, sei es auch nur in Form eines kritischen Hinweises, hinauszugehen. 1 ) „Amerika in der deutschen Dichtung"; in: „Der Kampf um die deutsche Kultur in Amerika, Aufsätze und Vorträge zur deutsch-amerikanischen Bewegung", Leipzig 1914, S. 54ff. 74. 2 ) Eine schon früher erschienene, in diesem Zusammenhang jedenfalls aufschlußreiche Schrift von Tuckermann: "America and her Comentators" (New York 1864), die unter anderen jedenfalls auch deutsche Kommentatoren bringt, war mir leider nicht zugänglich. Außerdem sei hier auf einen Artikel von Karl Biedermann: „Die nordamerikanische und die französische Revolution in ihren Rückwirkungen auf Deutschland" (Ztschr. f. deutsche Kulturgesch. 1858, S. 483) gewiesen. 3 ) In: „Göttingische gelehrte Anzeigen", 158. Jahrgang, 1896, S. 662ff.

1

Meyer, Nord-Amerika

2

Einleitung

Auch die Schrift T h . S. B a k e r s „ L e n a u a n d Y o u n g G e r m a n y in A m e r i c a " aus dem J a h r 1897 1 ) hat, seiner andersartigen Fragestellung entsprechend, die das Schwergewicht nicht auf deutschen, sondern auf amerikanischen Boden verlegt, im ganzen für unseren Gegenstand nichts Neues gebracht. Nur in den beiden ersten Kapiteln, die Lenau und Kürnberger in den Mittelpunkt der Betrachtung stellen, wird überhaupt das Amerikabild im deutschen Schrifttum gestreift, um die im 3. Kapitel behandelten Pläne und Auswirkungen der deutschen politischen Flüchtlinge auf nordamerikanischem Boden verständlich zu machen. E s wird — von der Besprechung Kürnbergers abgesehen, auf die später noch zurückzukommen ist — weder wesentlich neues Material gebracht, noch — wieder von allgemein gehaltenen Hinweisen abgesehen — der Versuch unternommen, die die Zeit beherrschenden Ideen eingehender zu besprechen und mit der Haltung Lenaus, Kürnbergers oder auch des „ J u n g e n Deutschland" zu Amerika in wirklichen Zusammenhang zu bringen. Die nun folgenden Arbeiten von J a m e s T a f t Hatfield und Elfrieda Hochbaum „The influence of the American revolution upon German literature" (1899) 2 ), von H. P. G a l l i n g e r „ D i e H a l t u n g d e r d e u t s c h e n P u b l i z i s t i k z u d e m a m e r i k a n i s c h e n U n a b h ä n g i g k e i t s k r i e g " (1900) 3 ) und von I. A. W a l z „ T h e A m e r i c a n r e v o l u t i o n a n d G e r m a n l i t e r a t u r e " (1901) 4 ) suchen zunächst einfach Material herbeizuschaffen. Sie beschränken sich dabei auf jenen bedeutsamen Einschnitt in der Geschichte Nordamerikas, der den westlichen Kontinent überhaupt dem Interesse Deutschlands in so starkem Maße nahebrachte: den Unabhängigkeitskrieg. Einen Schritt weiter geht die Abhandlung von E d u a r d C a s t l e „ A m e r i k a m ü d e . L e n a u u n d K ü r n b e r g e r " (1902) 5 ), die besonders das Verhältnis des „Amerikamüden" zu Lenau untersuchen und zugleich feststellen will, „welche Tatsachen, Ansichten und Stimmungen überhaupt diesem amerikanischen Kulturbild' zugrunde liegen". Die Schrift — die sich übrigens sehr stark an Baker hält — sucht zum ersten Male die Verhältnisse jener Zeit als Grundlage für die Einstellung der beiden Dichter zu Amerika zusammenzufassen. Sei es nun, daß die besondere Herausarbeitung des Themas den Verfasser veranlaßte, eine möglichst gedrängte Übersicht als jeweilige Vorgeschichte zu geben, sei es, daß ihm aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch nicht genügend Material zugänglich war, um ein klares Bild von der Entwicklung des Verhältnisses zu Amerika aus der Zeit zu geben, jedenfalls ist diese Entwicklung in der Darstellung Castles zu sehr schematisiert, als daß sie den allmählichen Wandlungen, dem dauernden Wechsel in der Bewertung des Problems „Amerika", wie die immer andere Fragestellung verschiedener Zeiten ihn hervorrief, gerecht zu werden vermöchte. In der Tat kann von einem Nacheinander von Amerikaenthusiasmus bis etwa zu den dreißiger Jahren, einer beginnenden !) Diss. Philadelphia 1897. 2 ) In "Americana Germanica", Vol. III, Nr. I, New York, Beri., London. 1899/1900. 3 ) Diss. Lpz. 1900. 4 ) In "Modern Language Notes", Nr. 6, S. 336 ff. Baltimore 1901. 5 ) Im Jahrbuch der Grillparzer-Gesellschaft, hrsg. v. Glossy, 12. Jahrgang, Wien 1902,. S. 15 ff.

Einleitung

3

Enttäuschung dann und Kritik bis zur Mitte des Jahrhunderts nicht, oder doch nur in einem sehr bedingten Maße gesprochen werden; war doch die tiefgründigste Kritik, die überhaupt an Amerika geübt wurde, wie sie aus dem romantischen Weltbild kam, weit vor Lenaus Reise schon vollzogen und wurden doch viele der begeistertsten, auch in breiterem Maße wirksamen Schriften — neben anderen, entgegengesetzten freilich — bis zur Jahrhundertmitte noch geschrieben 1 ). Einen Versuch, die gesamte Geschichte des deutschen Amerikaurteils zusammenzufassen, bringt die Schrift von C o n s t a n t i n B r e f f k a „ A m e r i k a in d e r d e u t s c h e n L i t e r a t u r " (Kölnl917). Die kurze Abhandlung, die auf knapp 25 Seiten die Zeit von Fischart bis zur Gegenwart zusammendrängt, geht freilich über eine bloße stoffliche Aufzählung nicht hinaus. Neues reiches Material bringt die Darstellung von G. D e s c z y k 2 ) , , A m e r i k a in d e r P h a n t a s i e d e u t s c h e r D i c h t e r " (1925), die zugleich in einem gewissen Sinne die Summe der bis dahin gemachten Untersuchungen zu ziehen sucht. Allerdings ist auch hier das Problem nicht eigentlich historisch, sondern sachlich stofflich erfaßt. Schon die Anlage der Arbeit, die einzelne sachliche Probleme durch die Literatur größerer Zeiträume verfolgt, somit die gleichen Epochen mehrere Male zu behandeln veranlaßt, macht eine Ableitung aus den jeweiligen Zeitfragen unmöglich. So kommt die Abhandlung Desczyks zwar zu interessanten Ergebnissen darüber, wie die deutsche Dichtkunst einer bestimmten Periode gewisse scharf umgrenzte amerikanische Fragen sieht 3 ), nicht aber darüber, warum sie diese so sehen konnte oder mußte. Diese Fragestellung bringt zum ersten Male die Untersuchung P a u l C. W e b e r s „ A m e r i c a in i m a g i n a t i v e G e r m a n L i t e r a t u r e in t h e f i r s t h a l f of t h e n i n e t e e n t h C e n t u r y " (New York 1926). Neben der Fülle neuen Materials — auch in dieser Beziehung ist die Arbeit Webers die reichhaltigste — wird zugleich der Versuch gemacht, die gesammelten Amerikaurteile, die übrigens nicht nur aus den Werken d e u t s c h e r Dichter stammen, in die deutschen Entwicklungen einzuordnen. Wie diese Eingruppierung im einzelnen geschieht, ob Einwendungen zu machen sind, ob sie zu bestätigen ist, wird, soweit es nötig erscheint, bei der Besprechung der einzelnen Perioden noch behandelt werden 4 ); auf eines aber sei jetzt 1 ) Es sei in diesem Zusammenhang auf das sehr interessant geschriebene Buch von John Graham Brooks " A s others see us", New York 1909, hingewiesen, das freilich infolge seiner anderen Problemstellung (an Hand von ausländischen, besonders englischen und französischen, aber auch einigen deutschen Kritikern soll ein Licht auf die Entwicklung — "whether forward or backward" — speziell amerikanischer Dinge geworfen werden) nicht in diesen Zusammenhang gehört. Erwähnt sei auch der Aufsatz "The point of view of the British travelers in America", v. E. D. Adams. ("Political Science Quarterly", New York, London, Berlin 1914, S. 244 ff.) 2 ) In: „Deutsch-Amerikanische Geschichtsblätter. Jahrbuch der Deutsch-Amerikanischen Historischen Gesellschaft von Illinois", hrsg. v. Julius Goebel, Jahrgang 1924—25, Vol. X X I V — X X V , Chicago 1925. 3 ) Z. B. Die „unverbildete Natur" des Westens (16 ff.), den „ S t a a t der neuen Welt" (29ff.), das „freie Vaterland" (49 ff.) etc. 4 ) Da das Werk Webers erst zu einer Zeit, als die vorliegende Untersuchung bereits in Arbeit war, zugänglich, ein Teil des herbeigeschafften Materials damit überflüssig wurde, soll, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, im folgenden, wenn zur Charakteristik auf dort angeführte Belege nicht verzichtet werden kann, einfach darauf verwiesen werden.

1*

4

Einleitung

schon hingewiesen: zwar hat der Verfasser, besonders bei den ersten Teilen der Arbeit, bei den Abschnitten also, die die Zeit nach dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg und das romantische Zeitalter behandeln, das Problem „Amerika" durchaus in die jeweiligen Zeitfragen hineingestellt, auch später — wenn auch teilweise nur andeutend — auf eine solche Verwurzelung hingewiesen, jedoch eine straffe Durchführung dieses Gedankens durch den ganzen behandelten Abschnitt nicht gegeben. Schon die große Menge des angeführten Materials machte neben der anfangs zugrundeliegenden Einteilung nach Zeitabschnitten, die durch wesentlich ähnliche Problemstellung zusammengehören, eine systematische Gliederung notwendig, so daß, wenn Wiederholungen vermieden werden sollten, eine straff durchgeführte Ableitung aus den Ideen der jeweiligen Periode von vornherein nicht möglich war. Die Aufgabe der vorliegenden Arbeit nun soll es sein, an diesem Punkte einzusetzen. Wenn sie sich mit Nordamerika im deutschen Schrifttum, besonders an Hand eines um die Mitte des 19. Jahrhunderts erschienenen Werkes von Ferdinand Kürnberger, beschäftigen will, so müssen der eingehenderen Besprechung des Buches selber und der eigentümlichen Stellung, die es in der Entwicklung dieses Problems einnimmt, notwendig die Ergebnisse vorausgeschickt werden, die eine länger als sieben Jahrzehnte währende, oft intensive Beschäftigung, gerade auch des geistig interessierten Deutschland, gebracht hatten. E s ist der Versuch gemacht worden, diese Ergebnisse aus dem Zusammenhang der großen Zeitfragen abzuleiten, sowohl, was die Einstellung der Literatur vor dem „Amerikamüden" anbetrifft, als besonders auch die Haltung der Zeit Kürnbergers selber, aus der sein Werk herauskommt. Soweit in stofflicher Hinsicht von den vorher erschienenen Untersuchungen vorgearbeitet ist, wird — von besonders charakteristischen Belegen, die auch hier herangezogen werden mußten, abgesehen — nur auf jene hingewiesen werden 1 ). Eine Erweiterung fand das Material vor allem durch Heranziehung historischer Werke über Amerika. Zugleich möchte ich nicht verfehlen, auch an dieser Stelle Herrn Professor Rein für das freundliche Interesse, das er dieser Arbeit stets entgegenbrachte, meinen Dank auszusprechen. Für das Zustandekommen der Bibliographie bin ich, was die oft mühsame Beschaffung von Büchern und Titeln und wertvolle Hinweise anbetrifft, auch den Damen und Herren der Hamburger Universitätsbibliothek zu Dank verpflichtet. Immer, wenn in einer der hier besprochenen Schriften ein solcher Beleg bereits angeführt ist, wird dies durch einfache Namensnennung und Angabe der Seitenzahl kenntlich gemacht werden.

I. Teil. Das Amerikabild im deutschen Schrifttum bis zur Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. 1. Nordamerika im Ausgang des 18. Jahrhunderts zur Zeit der Revolution, des Sturm und Drang und des Klassizismus. Im folgenden soll die Geschichte des Amerikabildes im deutschen Schrifttum des neunzehnten Jahrhunderts in seiner Entwicklung, seinen mannigfachen Wandlungen, j a Widersprüchen bis zu jener eigentümlichen Färbung dargestellt werden, die es aus der Bewegung der Achtundvierziger bekam, als deren Vertreter dann Ferdinand Kürnberger mit seinem „Amerika-Müden" im Mittelpunkt der Betrachtung stehen wird. Uberblickt man diese Entwicklung, so zeigt es sich, daß nicht nur amerikanische Vorgänge es sind, welche die Wandlung bedingen. Sie spielen vielfach sogar nur eine untergeordnete Rolle. Das eigentlich Entscheidende sind die Entwicklungen in Deutschland selber, sind die geistigen Tendenzen und politischen oder wirtschaftlichen Vorgänge, aus denen heraus sich das Urteil über Amerika formt. Was man aus den gesamten amerikanischen Bildungen herausgreift, wie man es herausgreift, immer ist es — abgesehen von einem Teil rein wissenschaftlicher, etwa geographischer, geologischer oder ähnlicher Werke — aus den Bedürfnissen oder Gedankengängen der eigenen Zeit entwachsen. Nicht Amerika an sich ist es so sehr, was interessiert, sondern die kulturellen, politischen oder wirtschaftlichen Nöte der Heimat und die Sehnsucht nach Besserung lassen den Betrachtenden aus seinem jeweiligen Interessenkreis heraus ein im Sinne dieses Kreises mehr oder weniger einseitiges Bild von dem fernen Lande formen, das in seiner mehr positiven oder negativen Bewertung die eigene Parteinahme für die Probleme derZeit oder die Hingehörigkeit zu einer bestimmten Strömung kundgibt. Diese Einseitigkeit zeigt sich darin, daß sich das Urteil über Nordamerika unter Umständen aus einer einzeln herausgegriffenen, wenn auch meist irgendwie hervorstechenden Tendenz der Entwicklung Nordamerikas bildet, je nach der eigenen Stellungnahme zu dieser Tendenz innerhalb des eigenen Landes. Das Urteil, das Kürnberger bei seiner Auseinandersetzung mit einem Teil der vor ihm erschienenen Amerikaliteratur findet, gilt für das ganze Schrifttum dieser Art: aus diesen Werken und ihren Tendenzen in Bezug auf Amerika „ging zwar die Wahrheit auf, aber nicht die volle Wahrheit" 1 ). Eine Geschichte des Amerikabildes in diesem Sinne bedeutet *) Kürnberger: „Der Amerika-Müde", Lpz., Reclam, S. 85.

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I. Das Amerikabild im deutschen Schrifttum

also gleichsam eine Geschichte deutscher Entwicklungen, soweit sie sich nämlich im Urteil des deutschen Schrifttums über Amerika offenbaren 1 ). Zwei Hauptströmungen sind es, die sich, abgesehen also von einem Teil rein wissenschaftlich gehaltener Literatur, bei der Betrachtung dieses Bildes in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts herausstellen. Zunächst entsteht das Urteil über die westliche Welt im wesentlichen aus Ideen, wie sie im romantischen Weltbild lebendig sind. Besonders in den ersten drei Jahrzehnten wird das Bild Nordamerikas, sei es in positiver oder negativer Bewertung, in diesem Sinne dargestellt. Das wirkt dann zwar weiter fort bis zur Jahrhundertmitte und darüber hinaus, doch ist es nun nur noch wie das Nachklingen eines einmal angeschlagenen Tones. Eigentlich bestimmt wird die Beurteilung des westlichen Landes durch eine neue geistige Strömung, die, herausgeboren aus den politischen Verhältnissen nach den Befreiungskriegen, in einem neuen Sinne das Politische in den Mittelpunkt ihres Interesses stellt und ihr Urteil über das auf liberalen Grundsätzen aufgebaute nordamerikanische Staatswesen nach der Stellung zu den liberalen Tendenzen der Heimat bildet, wie diese sich in den Verfassungskämpfen und den nationalen Bestrebungen nach dem Wiener Kongreß bis zu der Bewegung der Achtundvierziger darstellen. Ehe wir uns der romantischen Epoche zuwenden, sei kurz auf die Stellung hingewiesen, welche Amerika am Ende des 18. Jahrhunderts im deutschen Schrifttum einnimmt. Da sind es vor allem die die Zeit beherrschenden Ideen der Aufklärung und des „ S t u r m und Drang", welche das Urteil über die westliche Welt bestimmen. So entgegengesetzt, so leidenschaftlich angreifend und zerstörend immer die neue revolutionäre Jugend dem herrschenden Rationalismus entgegentrat, so fremd ihr, die nur in dem Gefühl, dem unbegrenzten Ahnungsvermögen die Möglichkeit einer Welterfassung sah, die angemaßte Fähigkeit der Aufklärer erscheinen mußte, verstandesmäßig, in eindeutigen, klar abgegrenzten Begriffen das Lebendige auf eine verständliche Formel zu bringen, in Bezug auf die Ausdeutung der westlichen Tendenzen konnten sie den gleichen Weg gehen. Zwar, aus zwei verschiedenen Arten der Weltbetrachtung kommend, sahen sie verschiedenes, doch was sie sahen, war so geartet, daß es ihre jeweilige Eigenheit voll treffen mußte. Zunächst läßt sich aus dem Kreis der „Stürmer und Dränger" und der ihnen Nahestehenden ein klares Verhältnis zu Amerika erkennen. Zwei Momente besonders sind es, die dieses ihr Verhältnis zum Westen bestimmen, Momente, die gewiß in Vorgängen und Zuständen jenseits des Meeres ihren Anhaltspunkt fanden, die aber, sollten sie erkannt und herausgegriffen werden, wesentlich in den interessierenden Zeitfragen enthalten sein mußten. Da gerade diese beiden Momente in gewissem Grade allen künftigen Amerikaurteilen, wenn wir von der wirtschaftlichen Frage hier absehen, zugrundeliegen, sei es nun, daß sie zu positiver oder zu negativer Bewertung veranlassen, ist es klar, daß hier eine Geschichte des deutschen Amerikaurteils im 19. Jahrhundert ihren Ausgangspunkt nehmen muß. 1 ) Wie sehr auch das Amerikabild der Gegenwart in der populären oder doch in breiterem Kreise wirksamen Literatur aus den Problemen der Zeit und der Heimat des Betrachtenden heraus zu verstehen ist, zeigt schon ein flüchtiger Überblick über das Material, das Desczyk aus dem 20. Jahrhundert anführt. Vgl. S. 93 ff.

1. Nordamerika im Ausgang des 18. Jahrhunderts

7

Bei Klopstock, der als Erster das rationalistische Weltbild erschüttert hatte, an dem sich die neue Bewegung daher zunächst orientiert, waren gerade auch diese beiden Tendenzen besonders zum Ausdruck gebracht: Liebe zur Natur und Vaterlandsliebe. Die rein gefühlsmäßige Hingabe an die Natur wurde durch die Wirkung der Schriften Rousseaus zur leidenschaftlichen Verneinung der Künste, der Wissenschaften, der zivilisierten, naturentfremdeten menschlichen Gesellschaft überhaupt. Die Idee eines an sich guten ursprünglichen Naturzustandes wurde vertreten. Rückte der primitive Mensch, der Wilde, durch eine solche Betrachtungsweise schon in ein neues Licht, so wurde das noch verstärkt durch Herder, der Ideen Rousseaus aufnahm und der, indem er in der Poesie den natürlichsten Ausdruck des Menschen sah, in seiner Volksliedersammlung (1778) auch Indianerpoesie berücksichtigte 1 ). In der Folgezeit beschäftigte sich die Literatur in anderem Maße mit dem Indianer als vorher, und Amerika wurde im Zusammenhang mit diesen Ideen besonders als die Heimat des primitiven Menschen betrachtet, der im Gegensatz zum Europäer dem verhängnisvollen, verbildenden Einfluß der Zivilisation nicht ausgesetzt war 2 ). Das Gefühl der Vaterlandsliebe, ebenfalls ein Grundton in den Werken Klopstocks, stand bei den Vertretern der neuen Zeitströmung, die sich vor allem in leidenschaftlicher Opposition zu allem Bestehenden auslebten, besonders durch den Zustand vollkommener Willkürherrschaft, wie er an vielen der kleinen Fürstenhöfe damals herrschte, oft in enger Verbindung mit einer intensiven Freiheitssehnsucht, die sich freilich noch nicht in klare politische Forderungen umsetzte 3 ). Auch hier war der Einfluß der Schriften Rousseaus, der die bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse, den Zustand der Ungleichheit und Willkürherrschaft bekämpfte, ungemein wirksam. So war es denn kein Wunder, daß die politischen Ereignisse Nordamerikas, die Tatsache einer Revolution, die Unabhängigkeitserklärung und der Sieg der jungen Republik gerade von den Vertretern dieser Tendenzen mit größter Begeisterung begrüßt wurde 4 ). Die Unabhängigkeitserklärung, der Aufbau der neuen Republik, der die Begeisterung der nach revolutionärem Durchbruch aller der durch Tradition gegebenen Zustände Strebenden hervorrief, enthielt jedoch zugleich x ) Vgl. Goebel 57; Minor (663) weist darauf hin, daß gleichzeitig mit Herders Volksliedern ein vierbändiges Werk: „Sitten und Meinungen der Wilden in Amerika" (1777—81) erschien (von Purmann, Frankf. a. M.). Zur gleichen Zeit kam eine Schrift von Koch: „Versuch eines Kriegs-Rechts der Neger in Afrika und der Indianer in Amerika" (Tüb. 1781) heraus! Herders Charakteristik der Indianer in den „Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit" (1784—87) vgl. bei Weber, 20 f. 2 ) Vgl. Schubart :„Der sterbende Indianer an seinen Sohn" (1774). Krauseneck: „Lied eines W i l d e n . . . " (1778); Schiller: „Nadowessische Totenklage" u. a. mehr. Immer sind Würde, Standhaftigkeit, Edelmut die Attribute dieser Naturkinder. Besonders bezeichnend ist das Gedicht Seumes: „Der Wilde" (1801): „ E i n Canadier, der noch Europens übertünchte Höflichkeit nicht kannte.. . " . Das ausführlichste Material über den Indianer in der deutschen Literatur bringt Desczyk (16ff.), doch vgl. auch Hatfield u. Hochbaum. 3 ) Vgl. bes. das bei Hatfield und Hochbaum angeführte Material. 4 ) Z. B. Schubart: „Freiheitslied eines Kolonisten " (1776); Leopold Stolberg: „Die Zukunft" (nach 1782); Klopstock: „Der jetzige Krieg" (1781) und „Sie und nicht wir" (1790); Goeckingh: „Kriegslied eines Provinzialen" (1782) usw. Vgl. Hatfield u. Hochbaum 366ff.

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I. D a s Amerikabild im deutschen Schrifttum

Momente, die viel tiefer noch auf die Vertreter der Aufklärung wirken mußten; Momente nämlich, die gerade aus dem Bereiche ihres Weltbildes ursprünglich hervorgegangen waren. Denn was bedeuteten—von ihnen aus gesehen — die Ereignisse jenseits des Meeres anderes als den höchsten Triumph der Vernunft und ihrer Postulate ? Sahen jene in der Tat, der Revolution die wesentliche Bedeutung der nordamerikanischen Dinge, hier war es vor allem die Leistung, das Geschaffene, das Interesse und Zustimmung herausforderte. Und was bedeutete da die Gründung der westlichen Republik anderes, als daß hier der mündige Mensch in freier Vereinbarung sich selber einen Staat schuf, in dem er frei sein eigenes Geschick zu bestimmen hatte ? Kosmopolit aus Überzeugung, mußte man hier nicht den Beginn einer neuen Entwicklungsstufe zu jenem Menschheitsideal sehen ? Die große Verehrung, die Männer wie Franklin und Washington vielfach genossen 1 ), ist gerade auch auf solche Zusammenhänge zurückzuführen. Mag es immerhin problematisch erscheinen, ob die Ideen des 18. Jahrhunderts u n m i t t e l b a r die Erklärung der Menschenrechte bewirkten 2 ), ein Teil ihrer Ideen war es jedenfalls, der sich dort realisierte. So waren die Grundlagen beider bestimmenden Geistesrichtungen trotz aller Gegensätze derart, daß sie sich im Urteil über Wert und Bedeutung der nordamerikanischen Ereignisse vereinen konnten. Wie die „Stürmer und Dränger", so sahen auch Männer wie Wieland, Lessing oder Kant voll Erwartung auf jene Entwicklungen 3 ). Doch weit über den Kreis derer, die in den westlichen Vorgängen das Herannahen einer neuen schöneren Epoche auch für das eigene Land zu sehen, das Humanitätsideal der Zeit in den Menschen des neuen republikanischen Staates verwirklicht glaubten, fanden diese Ereignisse im Schrifttum ihren Widerhall. J e nach der Stellung auch zu England, nahm man für oder gegen die Sache der revolutionären Kolonien Partei. Besonders auch mit der Art der Beteiligung deutscher Fürsten an dem Kriege selber, beschäftigte man sich. In den Werken der Dichter 4 ), in den historischen und politischen Schriften über Nordamerika 5 ), in den Briefen der ) Belege finden sich hierzu besonders bei Walz, 336ff. ) Vgl. Jellinek: „ D i e Erklärungen der M e n s c h e n r e c h t e . . . " (1898, 2. Aufl. 1904). F. Klövekorn: „ D i e Entstehung der Erklärung der Menschen- u. Bürgerrechte." Berl. 1911 (Hist. Studien, Heft X C ) ; oder bes. bezügl. Nordamerika: H ä g e r m a n n : „ D i e Erklärungen der Menschen- u. Bürgerrechte in den ersten amerikanischen Staatsverfassungen. Diss. Berl. 1919 u. J . H a s h a g e n : „Zur Entstehungsgeschichte der nordamerikanischen Erklärungen der Menschenrechte", in: Zeitschr. f. die gesamte Staatswissenschaft, 78. J h g . 1924, S. 461ff. 3 ) Besonders in diesem Zusammenhang vgl. „ S t ü r m e r und D r ä n g e r " bei Goebel, 57ff.; über Herder bei Weber 20f., Wieland u. Lessing bei Hatfield u. Hochbaum 349 u. 365; über K a n t bei Weber 3 usw. 4 ) Vgl. bes. Goebel, Hatfield u. Hochbaum und Walz. 5 ) Während der Widerhall, den der Befreiungskrieg durchweg in den Werken der Dichter findet, von Begeisterung für die Sache der Republik durchdrungen ist, wird in den wissenschaftlichen Werken der Streit zwischen Kolonien und Mutterland v o m Standpunkt des Rechts untersucht (Desczyk 32). Vielfach hält man das Unrecht der Kolonien für erwiesen (z. B . Schloezer, Briefwechsel meist historischen und politischen I n h a l t s " , zw. 1776 u. 1782 vgl. Weber 6f.); das gilt besonders z. B . für die Göttinger Gelehrtenkreise, die — wohl wegen der engen Verbindung von Hannover mit England — den Kolonien fast durchweg „Ungerechtigkeit", „ U n d a n k b a r k e i t " oder „ G e w a l t s a m k e i t " vorwerfen (Gallinger x

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1. N o r d a m e r i k a i m Ausgang des 18. J a h r h u n d e r t s

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Zeit 1 ), und vor allem in der Journalistik 2 ) wurden diese Gegenstände getreu widergespiegelt. Allgemeine Werke über Nordamerika: geographische Werke 3 ) und Reisebeschreibungen 4 ) erschienen in größerem Maße als bisher, besonders wurden auch Schriften ausländischer Verfasser über das Land vielfach ins Deutsche übersetzt 5 ). Das allgemeine Interesse an Nordamerika, wie es das Schrifttum jener Zeit verrät, das also in breiterer Wirksamkeit erst durch den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg geweckt wurde, ist von nun an in der Öffentlichkeit immer rege geblieben, auch zu Zeiten, wo die neuen Geistesrichtungen in Deutschland für Amerika und die dort sich entwickelnden Dinge nicht eigentlich interessiert waren. Das zeigt sich besonders in der Journalistik, wo von nun an die Ereignisse in den Vereinigten Staaten eingehend verfolgt und besprochen werden 6 ). „Amerika" und „Vereinte Staaten Amerikas" sind, so stellt Desczyk im Gegensatz zu der vorher mehr auf 47ff.). Andere n e h m e n P a r t e i f ü r N o r d a m e r i k a , auf dessen E n t w i c k l u n g sie große Hoffn u n g setzen (z. B. Sprengel, der Nachfolger Schloezers in Göttingen, der in seinen „Briefen, den gegenwärtigen Z u s t a n d v o n N o r d a m e r i k a b e t r e f f e n d " , 1777, noch ganz auf Seiten E n g l a n d s s t e h t , in seinem s p ä t e r e n W e r k : „Geschichte der R e v o l u t i o n in N o r d a m e r i k a , 1785, Weber 13). Auch E r n s t Moritz A r n d t greift in seinen „ E r i n n e r u n g e n " v o m J a h r e 1840, in denen er sich gegen den Vorwurf eines „demagogischen R e p u b l i k a n i s m u s f ü r das wiederherzustellende D e u t s c h l a n d " w e h r t , auf seine Stellungnahme zu den F r a g e n dieser Zeit z u r ü c k : er versichert, d a ß er a u c h „ d e r besten R e p u b l i k in ihrer besten Zeit k a u m m i t Gerechtigkeit gewogen" w a r , d a ß er „ n a m e n t l i c h f ü r die E n g l ä n d e r gegen die A m e r i k a n e r . . schon in f r ü h e s t e r J u g e n d i m m e r P a r t e i n a h m " . (Wohlfeile Ausg. 6 Bde. hersg. v. Kircheisen, 332). D a b e i wird gerade diesem Krieg die w e i t t r a g e n d s t e B e d e u t u n g zugeschrieben. Der Göttinger Historiker H e e r e n e t w a weist in seinem „ H a n d b u c h der Geschichte des europäischen S t a a t e n s y s t e m s u n d seiner Kolonien, Göttingen 1809, auf das völlig andersartige in der O r d n u n g der Vereinigten S t a a t e n im Gegensatz zu den aus seinem Begriff des „ S t a a t e n s y s t e m s " abgeleiteten europäischen Verhältnissen: „ N o c h kein Krieg der neueren Zeit h a t t e f ü r die Weltgeschichte solche Folgen als dieser! U n t e r diesen s t e h t die G r ü n d u n g eines neuen F r e y s t a a t e s jenseits des Oceans oben an. E i n S t a a t v o n E u r o p ä e r n , außer dem europäischen S t a a t e n s y s t e m , selbständig d u r c h eigene M a c h t u n d eigene P r o d u k t e , u n d zugleich zum großen W e l t h a n d e l berufen d u r c h seine Lage, ohne Bedürfnis stehender Heere u n d ohne Cabinetspolitik. Wie vieles m u ß t e hier anders werden als in E u r o p a ! " (Ausg. v. 1819, S. 503, § 18.) Vgl. auch H e e r e n : Historische Werke, Göttingen 1821, I S. 102£F. Zu den Folgen der R e f o r m a t i o n , v o n d e n e n h i e r gesprochen wird, g e h ö r t a u c h die G r ü n d u n g des westlichen Staates. I m Hinblick d a r a u f r u f t Heeren a u s : „Leser blicke über das Meer auf j e n e neue Welt, wo j e t z t ein v e r j ü n g t e s E u r o p a a u f b l ü h t ! " A n d e r e Belege vgl. bei Walz u. Gallinger. J

) Solche Briefe vgl. bei H a t f i e l d u. H o c h b a u m , 347, 353, 355, 361. ) Ü b e r die H a l t u n g der b e d e u t e n d s t e n deutschen Pressen vgl. Gallinger. Diese H a l t u n g ist z. T. lokal bedingt. So ist H a n n o v e r mehr englandfreundlich, w ä h r e n d H a m b u r g , P r e u ß e n , R h e i n l a n d e , Schwaben eher f ü r die Vereinigten S t a a t e n P a r t e i n e h m e n (vgl. bes. Gallinger 74; doch a u c h Desczyk 32 u. W e b e r 10). 3 ) Z. B. D. F e n n i n g u. Collyer: „ N e u e Erdbeschreibung v o n ganz A m e r i k a " , a. d. Engl., hrsg. v. Schloezer, Göttingen u. Lpz. 1777; E b e l i n g : „ E r d b e s c h r e i b u n g u n d Geschichte v o n A m e r i k a , " H b g . 93. 4 ) Scheibler 1781; Schöpf 1783/84 u. a. vgl. Bibliographie, I I : . 5 ) Vgl. Bibliogr. 6 ) W e b e r (43) e r w ä h n t besonders a n Zeitschriften: „Allgemeine Z e i t u n g " (Cotta), „Politisches J o u r n a l " u n d „Allgemeine E p h e m e r i d e n " , die von 1800 a n ihre Leser m i t reichlichem Material ü b e r das politische u n d wirtschaftliche Leben der Vereinigten S t a a t e n versorgen. 2

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I. Das Amerikabild im deutschen Schrifttum

Mittel- oder Südamerika eingestellten Phantasie fest, nahezu „gleichbedeutend geworden" (45) 1 ). Eine kurze Unterbrechung in diesem unmittelbaren Interesse bedeutete der Ausbruch der französischen Revolution. Die Ideen des Jahrhunderts über Menschenwürde, Freiheit und Gleichheit schienen nun auch in Europa verwirklicht zu werden. Als sich freilich diese Hoffnung nicht erfüllte, als der weitere Verlauf der Revolution viele gerade der anfänglich eifrigsten Anhänger abschreckte, wurde an Stelle Frankreichs wiederum Nordamerika als Land einer vorbildlichen Freiheit betrachtet 2 ). Ein Vergleich zwischen den französischen und amerikanischen Entwicklungen lag da besonders nahe 3 ). Die beiden Hauptgesichtspunkte, unter denen so am Ende des 18. Jahrhunderts einmal Amerika als Heimat des von der Zivilisation unberührten naturhaften primitiven Menschen, das andere Mal als Heimstätte neuer freier, über sich selbst bestimmender Menschen betrachtet wurde, zeigen zugleich, wie weit in der Tat das Amerikabild subjektiv, zeitbedingt war. Dieses eigentümliche Nebeneinander von Rückwärtsschauen auf Uranfänge der Menschheit, wie man sie im Indianer noch zu sehen glaubte, und dem Hinausblicken auf den gleichsam zukünftigen Menschen, wie die Schöpfer der nordamerikanischen Republik ihn darzustellen schienen, deutet das Problem an, das den in der geistigen Entwicklung jener Zeit stehenden Deutschen an sich, abgesehen von dem westlichen Lande, interessierte und unter dessen Gesichtspunkt ihm nun auch dieses erschien: das Ideal des Menschen, wie es im Zeitalter der „ H u m a n i t ä t " in seinen verschiedenen Auffassungen gedacht wurde. Freilich gingen die geistigen Führer, als die Ideen des „ S t u r m und D r a n g " den neuen klassizistischen Idealen weichen mußten, andere Wege. Nicht der primitive Mensch, noch der freie, mündige Rürger Nordamerikas, sondern der Grieche verkörperte ihr Ideal, der Grieche, der beides, Naturnähe und die Reife zu einer sich selbst bestimmenden Freiheit verband und zudem — und das vor allem rückte Nordamerika dieser Geistesrichtung fern — Vertreter großer kultureller Werte war. Amerika findet im Schrifttum 1 ) Unmittelbar an die beginnende machtvolle Entwicklung der Vereinigten Staaten schließt sich erneut in der volkstümlichen Literatur der Gedanke, daß in Amerika überhaupt alles zum besten ausschlagen müsse. Man braucht nur hinüberzufahren, um mit Ruhm und in angesehener Stellung zurückzukehren (z. B. Lenz, „Die Laube," „Waldbruder" (1776); derselbe Gedanke in den Lustspielen „Nicht mehr als 6 Schüsseln," 1776, v. Großmann u. „Die Erbschaft", 1779, v. Gemmingen u. a. (Desczyk S. 42). Auf diese eigentümlich abenteuerliche, man möchte sagen leichtsinnige Auffassung, die fast schon seit der Entdeckung dem westlichen Lande anhaftet, die durch das Aufblühen der Union einen neuen Antrieb erhielt und während des ganzen 19. Jahrhunderts in Auswandererschriften und Flugblättern zum Ausdruck kam, kann in diesem Zusammenhang nur bei besonders charakteristischen Fällen hingewiesen werden. 2 ) Über die begeisterte Aufnahme der französischen Revolution und die folgende plötzliche Abkühlung dieses Interesses vgl. R. Samuel: „Die poetische Staats- u. Geschichtsauffassung Friedrich von Hardenbergs." Frankf. 1925, S. 71. 3 ) Z. B. Zimmermann: „Frankreich und die Freistaaten von Nordamerika," Berl. 1795 (Weber 19); Gentz: „Der Ursprung und die Grundsätze der amerikanischen Revolution, verglichen mit dem Ursprung und den Grundsätzen der französischen", Berl. 1800 (Hist. Journal, hrsg. v. Gentz, 2. Band). In der Dichtung Klopstocks, Gleim, Voss u. a. vgl. Hatfield u. Hochbaum 381f.

1. N o r d a m e r i k a i m Ausgang des 18. J a h r h u n d e r t s

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dieser Zeit im Gegensatz zur vorhergehenden nicht nur keinen bemerkenswerten Platz, sondern es beginnt sich gerade jetzt eine Kritik an seinen Entwicklungen bemerkbar zu machen, wie man sie bisher nicht kannte 1 ). Gerade auch der Einfluß der französischen Revolution, der vielfach eine Abkehr v o n den demokratischen Ideen der Zeit erzeugte, trug dazu bei. Zwar wurde nicht das republikanische Staatsideal als solches verworfen, wohl aber eine gewaltsame, revolutionäre Änderung des Bestehenden, eine „politische Erneuerung gleichsam v o n außen" 2 ). Der Gedanke der Erziehung der noch nicht reifen Volksgenossen zu einer freien Gesellschaftsform, einer Erneuerung also v o n innen heraus, tritt hervor 3 ), ein Gedanke, der zu Beginn des neuen Jahrhunderts in starkem Maße — also besonders auch auf die Beurteilung Amerikas wirkend — in den Vordergrund tritt. Die geistige und sittliche Erziehung soll der äußeren gesellschaftlichen Umwandlung vorangehen, da diese allein unsinnig, wenn nicht eine Gefahr ist. „Der Weg der Revolution ist darum", so formuliert Fichte später diese An1 ) Schiller, der noch 1776 voll H o f f n u n g n a c h d e m W e s t e n geblickt h a t t e , ist d a besonders bezeichnend. E t w a u m die J a h r h u n d e r t w e n d e e n t s t a n d folgender V e r s : „ N a c h dem f e r n e n W e s t e n wollt ich steuern, / auf der S t r a ß e , die Columbus f a n d , / dort vielleicht ist Freiheit. A c h d o r t ist sie n i c h t . . . " (Desczyk 48). Goethe l ä ß t in den „ L e h r j a h r e n " L o t h a r i o d e n W u n s c h aussprechen, in die H e i m a t z u r ü c k z u k e h r e n , d e n n „ h i e r oder nirgends ist A m e r i k a ! " (Desczyk 47). Ü b e r Goethes V e r h ä l t n i s zu d e n amerikanischen Ereignissen, die er i m m e r interessiert verfolgte, vgl. bes. W a d e p u h l , „ G o e t h e a n d A m e r i c a " , J a h r b u c h der deutsch-amerikanischen historischen Gesellschaft v o n Illinois, a. a. O. J a h r g . 1922—23. S. 77ff. u. W e b e r S. 86ff.) Die a b l e h n e n d e H a l t u n g N o r d a m e r i k a u n d seinen B e w o h n e r n gegenüber k o m m t a m k l a r s t e n i n d e m B u c h v. B ü l o w s : „ D e r F r e i s t a a t v o n N o r d a m e r i k a in seinem n e u e s t e n Z u s t a n d " , Berl. 1797 (vgl. W e b e r 28ff) z u m Ausdruck. Der Handelsgeist, das Prinzip des Vorteils ist es, worauf sich die Gesetze der Vereinigten S t a a t e n gründen. Aufschlußreich in diesem Z u s a m m e n h a n g ist a u c h ein etwas später erschienener A u f s a t z v. Bülows: „ D e s p o t i s m u s in d e m F r e i s t a a t N o r d a m e r i k a s " ( W o l t m a n n s Zeitschr. „Geschichte u n d P o l i t i k " . Berl. 1800, S. 181ff.) N e b e n den M o m e n t e n , die als Anzeichen einer sich einschleichenden Despotie gewertet w e r d e n — z. B. die Sedition- u n d Alien-Bill (189) oder das natürliche M a c h t s t r e b e n der a u s ü b e n d e n Gewalt i m Gegensatz zur P a s s i v i t ä t der d u r c h Wohlleben u n d G e n u ß erschlafften Bürger, d u r c h das „die Freiheit verloren gehen m u ß " (205) — sind w i e d e r u m besonders interessant die Bemerkungen, die ü b e r den C h a r a k t e r des amerikanischen Volkes fallen (vgl. bes. S. 186 A n m . : „ D i e A m e r i k a n e r sind ein Gemisch aller Völker u n d h a b e n gar keinen C h a r a k t e r " . Oder (S. 183) bei der Schilderung der W a h l i n t r i g e n : außer B e t r u g , Prügeleien u. dergl. w ü r d e n die A m e r i k a n e r gewiß auch Bestechungsversuche m a c h e n , w e n n sie reich genug w ä r e n „ u n d d a s Geld nicht m e h r liebten als ihre politischen V e r b i n d u n g e n " . Wie anders sah der überwiegende Teil des S c h r i f t t u m s S t a a t u n d gerade a u c h die Menschen des westlichen K o n t i n e n t s in der vorhergehenden E p o c h e ! — Einen besonders bezeichnenden Aufsatz gerade auch in dieser Beziehung e n t h ä l t dieselbe Zeitschrift (S. 112ff.) in der A b h a n d l u n g Kierr u l f s : „ B e m e r k u n g e n über die b e r ü h m t e s t e n Männer des F r e i s t a a t e s N o r d a m e r i k a " , wo eine scharfe K r i t i k gerade derer gegeben wird, die vorher als die V o r k ä m p f e r der Freiheit besungen waren. Vgl. bes. die A u s f ü h r u n g e n ü b e r W a s h i n g t o n (116ff.), d e m Geiz, Heuchelei, H a r t h e r z i g k e i t usw. vorgeworfen werden. D a s allgemeine Ergebnis des Verfassers, der 5 J a h r e (1793—1798) in Amerika w a r , l a u t e t : „ K i n d e r der F r e i h e i t " h o f f t e ich zu f i n d e n , „ a b e r b e t r o g e n sah ich mich b a l d i n meiner f r o h e n E r w a r t u n g . H a b s u c h t , Selbstliebe u n d Unwissenheit w a r e n die P f l a n z e n , die i n diesem B o d e n der Freiheit ü p p i g gewuchert h a t t e n " (116). 2 ) Vgl. A. P o e t z s c h : „ S t u d i e n zur f r ü h r o m a n t i s c h e n Politik u. Geschichtsauffassung", Lpz. 1907. S. 9. 3 ) H e r d e r : Briefe zur B e f ö r d e r u n g der H u m a n i t ä t , 2. S a m m l u n g S. 21. Schiller, i m 2. Brief an den Herzog v o n A u g u s t e n b u r g , Poetzsch a. a. O. S. 5.

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I. D a s Amerikabild im deutschen Schrifttum

schauung, „ehe nicht eine gänzliche Umkehrung mit dem Menschengeschlechte vorgeht, mit Sicherheit anzusehen, als der, statt eines Übels ein anderes, und gewöhnlich ein noch größeres zu erhalten" 1 ).

2. Nordamerika zur Zeit der Restauration und der Romantik. Für das Ende des 18. und den Beginn des 19. Jahrhunderts, für die Epoche also, in welcher die romantischen Ideen einen großen Teil des Schrifttums beherrschen, gelten für das Amerikabild im ganzen die beiden Gesichtspunkte als Grundlage, die schon vorher die bestimmenden waren: Die unberührte mächtige Natur einerseits, die freie Republik andererseits 2 ). Freilich, wenn wir uns nun der frühromantischen Periode zuwenden, so kann in dieser Zeit von einem Interesse an Amerika überhaupt nicht gesprochen werden 3 ). Die Vertreter dieser neuen geistigen Tendenzen führten, trotz ihrer Abkehr von der Klassizistik, im ganzen deren Tradition fort, so daß auch in ihrem Weltbild Amerika mit den dort sich entwickelnden Verhältnissen keinen wesentlichen Platz finden konnte. Selbst soweit Ideen des ,,Sturm und D r a n g " wieder aufgenommen wurden, etwa in der betonten Opposition gegen den Intellektualismus der Aufklärung, in der Vorzugsstellung, die im Gegensatz zu den Verstandeskräften dem Gefühl, der Ahnung, der Phantasie eingeräumt wurde, oder in dem Bewußtsein von der Einseitigkeit des modernen Kulturmenschen, selbst oder gerade da wurde das Moment, das die neue Bewegung von den Stürmern und Drängern wesentlich unterscheidet, für die Haltung zu Amerika ausschlaggebend. Während jene einseitig das Gefühl, das Ursprüngliche, Schöpferische in den Mittelpunkt stellten und damit in gewissem Sinne einem Kult des primitiven Menschentums — in Bezug auf Amerika also des Indianers — vorarbeiteten, ist diesen gerade die bewußte Klarheit über alle Gebiete des Lebens wesentlich. Wenn jene das nicht greifbar-Wirkliche in ihrer Weltbetrachtung als das Wesentliche zu erahnen glaubten, es auch mitfühlend zu erleben suchten, erschien den Romantikern dieses „Nichtwirkliche" so weit „wirklich", daß sie es, wenn nicht verstandesmäßig, so doch mit dem vollen ausgebildeten Bewußtsein des überlegenen Kulturmenschen wirklich erkennen zu können meinten. Sollte aber in diesem Sinne die Welt dem Betrachter gleichsam durchsichtig werden für das Wirken der verborgenen geistigen Kräfte in ihr, so konnte nur der auf eine lange geistige, besonders 1812, S y s t e m der Rechtslehre, Sämmtliche Werke, 10. B d . nachgelassene Werke 2. B d . S. 634. 2 ) D a s mit dem 19. Jahrhundert immer mehr in den Vordergrund dringende wirtschaftliche Moment — (über die bald in sehr starkem Maße anschwellende Auswanderungsliteratur vgl. Bibliogr.!) — wird hier, da es sich vielfach u m eine rein sachliche Beschreibung des amerikanischen wirtschaftlichen Lebens handelt, u m eine Beantwortung rein technischer Fragen, die dem durch die Not der Zeit zum Auswandern Getriebenen Ratschläge geben will, nur dann berücksichtigt werden, wenn — wie es oft geschieht — selbst hier von den bestimmenden Zeitproblemen aus die amerikanischen Zustände ausgedeutet und gewertet werden. 3 ) Vgl. hier auch Weber S. 43ff.

2. Nordamerika zur Zeit der Restauration und der Romantik

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künstlerische Entwicklung zurückschallende, nicht der naive, primitive Mensch ihr Ideal sein. Damit mußte aber Amerika als Heimat des naturwüchsigen, unverdorbenen aber auch nicht entwickelten Wilden zunächst aus dem Interessenkreis der Romantiker ausscheiden. Auch das andere am Ende des 18. Jahrhunderts angegebene Motiv, das in der freien Republik der Vereinigten Staaten Erfüllung und Vorbild des gegenwärtigen politischen Bedürfnisses sah, lag den Romantikern fern 1 ). Allerdings hatten auch sie, besonders einer ihrer Führer, Friedrich Schlegel, den republikanischen Ideen nahegestanden 2 ); aber wenn gewiß das Interesse an den politischen Fragen der Zeit nie ganz verschwindet, so gewinnen sie doch während des ersten Jahrzehntes allmählich eine andere Bedeutung. Noch 1804 erklärt Friedrich Schlegel es zwar für die Aufgabe der Romantik, nicht nur den Geist, sondern auch die Form des nationalen Lebens, Gesellschaft und Verfassung zu erneuern 3 ). Doch nicht die politischen Zustände und Ereignisse der Gegenwart interessieren die Vertreter dieser Richtung so sehr — etwa in dem Sinn, wie am Ende des 18. Jahrhunderts die bürgerliche Freiheit Nordamerikas als Ideal, als Forderung einer gewissen Gruppe von Menschen erschien — sondern die politischen Fragen werden zum Kulturproblem überhaupt, wie alle Lebensgebiete werden auch sie in die Sphäre des Philosophischen und Poetischen erhoben und ändern dadurch in jeder Weise Richtung und Charakter. Nicht um Erlangung der bürgerlichen Freiheit ist es ihnen zu tun, sondern um die Befreiung der Persönlichkeit von allen konventionellen Schranken überhaupt. Der Begriff der Pflicht, Fleiß um Nutzen, Arbeit und Leistung, jede von außen an den Menschen herangebrachte Forderung bedeutet ihnen Fessel und Rückgang 4 ). Gerade in Nordamerika aber sch_ ,-n sich eine neuartige, ausschließlich auf das „Nützliche, Fabrikartige" eingestellte Lebensführung auszubilden, die in unmittelbarem Gegensatz zu dem freien Ausleben der sich selbst genießenden romantischen Persönlichkeit stand und in mechanischer Arbeit für materiellen Vorteil die Bestimmung des Menschen zu finden schien. Sehr bezeichnend sagt Tieck im „Phantasus" von der Stadt Fürth, die mit 1 ) Eine Ausnahme bildet in gewisser Beziehung Dorathea Schlegels „Florentin" (1801). Interessant ist es, was Weber (54) über den Charakter des Helden sagt, der eine zwiefache Natur darstelle: den Menschen des „Sturm und Drang" und den Romantiker. In der Tat ist die kurze auf Amerika bezügliche Stelle, die den Freiheitsenthusiasmus, die Abenteuerlust, das Abwenden von der Kultur Europas zugleich mit der kühlen Art des überlegenen Betrachtens zum Ausdruck bringt, gerade sehr bezeichnend dafür: „Allenthalben, wo man sich befindet, kann man den Krieg für die Freiheit unterstützen und verfechten. Allenthalben steht man auf dem Schlachtfeld, wo Habsucht und Barbarey herrscht... wäre es mir nicht so notwendig, andere Menschen, einen anderen Welttheil zu sehen, als den, der sich jetzt der kultivierte nennt. Das Schauspiel eines neuen sich selbst schaffenden Staates ist mir interessant." („Florentin", hrsg. v. Fr. Schlegel, Lübeck u. Lpz. 1801 S. 346) 2 ) Sein Verhältnis zur Politik vgl. bei Poetzsch a. a. O. 18. Über Hardenberg vgl. Samuel a. a. O. 64ff. S. auch F. Meinecke: „Weltbürgertum und Nationalstaat", München u. Berl. 1917 S. 76. 3 ) Poetzsch, S. 19. 4 ) Z. B. aus der „Idylle über den Müßiggang" in Friedr. Schlegels „Lucinde" (2. Abdruck, Hbg. u. Lpz. 1848 S. 58): „Der Fleiß und der Nutzen sind die Todesengel mit dem feurigen Schwerdt, welche dem Menschen die Rückkehr ins Paradies verwehren." Auch die Tatsache, daß wir kaum abgeschlossene Werke der Romantiker haben, hängt mit diesen Gedankengängen zusammen.

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I. Das Amerikabild im deutschen Schrifttum

ihren „Spiegelschleifereien, Knopfmanufakturen und allen klappernden und rumorenden Gewerben" geschildert wird: „Dieses Nord-Amerika von Fürth konnte mir freilich neben dem altbürgerlichen, germanischen kunstvollen Nürnberg nicht gefallen" 1 ). Nordamerika tritt als Schlagwort einer Anzahl zu bekämpfender, moderner Tendenzen auf. Denselben • Begriff „Amerika" aus gleichen Voraussetzungen verwendet Adam Müller, wenn er sagt: es solle „der falsche Gewerbsgeist des Jahrhunderts, den wir Zeitgeist zu nennen pflegen — über das atlantische Meer entweichen, dahin, wo seiner die verwandten Gesetze, Sitten und Staatseinrichtungen erwarten" 2 ). Gerade der Vergleich mit Nürnberg, der Stadt, die deutsches mittelalterliches Leben verhältnismäßig rein erhielt, wie ihnTieck gibt, ist wiederum besonders charakteristisch. Seit Beginn des neuen Jahrhunderts war, teilweise im Gegensatz zur Napoleonischen Fremdherrschaft, ein neues Moment in das romantische Weltbild hineingekommen: das nationale 3 ). Walzel zeigt, wie rasch gerade bei den Brüdern Schlegel, den eigentlichen Wortführern der romantischen Schule, der Übergang vom Weltbürgertum zur nationalen Politik vonstatten geht 4 ). Allerdings hatte sich die Tendenz, das Heimische zu pflegen — auch hier hatte der „ S t u r m und D r a n g " j a verwandte Ideen hervorgebracht — bereits vorher angekündigt. Schon 1797 hatte zum Beispiel Wackenroder auf die Notwendigkeit hingewiesen, die nationale Vergangenheit zu würdigen. Bezeichnend ist die Art, in der dies geschieht: „Warum verdammt ihr den Indianer nicht, daß er indianisch und nicht unsere Sprache redet ? Und doch wollt ihr das Mittelalter verdammen, daß es nicht solche Tempel baut wie Griechenland ?" 5 ) E s ist gewissermaßen eine Gegenüberstellung der beiden dem Deutschen eigentlich wesensfremden Menschheitsideale der Zeit: des Naturmenschen der „ S t u r m und Drangzeit", des Griechen der klassizistischen Periode mit betontem Hinweis auf das Wesensgemäße, die eigene nationale Vergangenheit. Diese neue nationale Richtung, die den Blick speziell auf das deutsche Mittelalter lenkt, in gewisser Weise eine Restauration dieser vergangenen Zeit zu beginnen sucht, ist in ihrer ganzen Art, ihrer Begründung innerhalb des romantischen Weltbildes so, daß sie ein neues Moment schärfster Ablehnung des nordamerikanischen Staatswesens notwendig mit sich bringen mußte. In den Ideen der Aufklärung finden die Romantiker die wirksamen Kräfte, welche die großartige, allumfassende mittelalterliche Lebenseinheit unter der zusammenhaltenden Autorität des Katholizismus zersetzten; der Aufklärung, wie sie sich mit der Reformation durch die ganze neuere Geschichte hindurch bereits entwickelte und in dem Individualismus der Re!) Tieck, „Phantasus" (1811) I, S. 11. Vgl. Weber S. 51. 2 ) „Concordia", Zeitschr. hrsg. v. Fr. Schlegel, III. Heft, Wien 1820, S. 141, vgl. Weber 54. 3 ) Vgl. auch Weber 52. 4 ) O. Walzel: „Deutsche Romantik", I, S. 104ff. 5 ) Wackenroder: Aus den Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders, Berl. 1797 S. 102. Ähnlich an anderer Stelle (100): „Ihm (erg. dem Schöpfer) ist der gotische Tempel so wohlgefällig als der Tempel der Griechen; und die rohe Kriegsmusik des Wilden ist Ihm ein so lieblicher Klang als kunstreiche Chöre und Kirchengesänge".

2. Nordamerika zur Zeit der Restauration und der Romantik

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volution ihre höchste Steigerung erfuhr 1 ). Durch sie wurden Kirche und Staat, die notwendig eine Einheit bilden müssen, gewaltsam getrennt, durch sie damit aus einem Ganzen, einem „Organismus", eine Summe willkürlich nebeneinandergesetzter Teile gemacht. Gerade diese Gedankengänge, die den Romantiker auf eine Wiedergeburt des mittelalterlichen Weltbildes hoffen lassen — wenn freilich auf neuer Basis —, die ihn zugleich in gewisser Weise der reaktionären Politik des Restaurationszeitalters nahebringen 2 ), machen seine gegensätzliche, schroff ablehnende Haltung gegenüber den modernen, von naturrechtlichen Prinzipien ausgehenden liberalen und demokratischen Ideen, wie sie ihm aus dem zerstückelnden, mechanisierenden Geist der Aufklärung hervorzugehen scheinen, ebenso verständlich, wie die Ablehnung des auf diesen Prinzipien aufgebauten nordamerikanischen Staatswesens. Im Zusammenhang mit solchen Gedankengängen sieht etwa Steffens 3 ) in der Tatsache, daß in Nordamerika Staat und Religion getrennt sind, daß die Religion „Privateigentum der Einzelnen ist, die Schuld, daß Kunst und Wissenschaft dort nicht zu finden sind. Denn „die Verbindlichkeit der Bürger, daß sie um solche zu werden, an Gott, Unsterblichkeit, in einigen Staaten an den Erlöser glauben müssen", ist nicht als eine Staatsreligion anzusehen, da eine solche ohne Form nicht sein kann. Der nordamerikanische Staat ist „irreligiös", Kunst und Wissenschaft aber blühen nur da, „wo ein Geistiges das Lebensprinzip des Staates ist". Gerade die Vereinigten Staaten scheinen ihm das Produkt jener Auffassung, welche die Absicht des Staats erfüllt glaubt, wenn er „eine Art tierischer Kunsttriebe nur verwickelter und künstlicher darstellt, durch deren Hilfe das physische Dasein sich bequemer zu gestalten, der physische Genuß sich reicher zu entwickeln vermag 4 )". Ebenso erwähnt Friedrich Schlegel bei der Behandlung der Periode „der moralischen Auflösung aller Stützen, Bande und Verhältnisse der politischen wie der intellektuellen Welt 5 )", die der französischen Revolution unmittelbar vorausgeht, als in Europa „die großen Grundsätze der alten Ordnung und Gerechtigkeit durch den Egoismus des Augenblicks" verletzt wurden und „an die Stelle der alten großdenkenden Festigkeit" eine „aufgelöste und laxe Gesinnung" getreten war, Vgl. darüber Poetzsch a. a. O. S. 39f. Novalis schreibt z. B . : „Mit der Reformation war's um die Christenheit getan." In „Die Christenheit und Europa", Werke, herg. v. Friedemann, IV, S. 136. Ähnlich Görres, auf den in diesem Zusammenhang noch zurückzukommen ist, u. a. m. 2 ) Poetzsch (a. a. O. 41) zeigt die eigentümliche Mittelstellung der Romantiker, die ebensowenig von „dem Prinzip der Zentralisierung aller menschlichen Dinge in der Staatssouveränität und dem konservativen und nationalitätenfeindlichcn Legitimismus, dem es nur auf Erhaltung der Souveräne ankommt" wissen wollen, wie von der „auf abstrakter Gleichheit beruhenden Volkssouveränität und autonomen Parlamentsherrschaft". 3 ) H. Steffens: „Die Gegenwärtige Zeit und wie sie geworden mit besonderer Rücksicht auf Deutschland", Berlin 1817, S. 330. Vgl. Weber S. 65ff. 4 ) In diesem Zusammenhang ist es auch, daß sich Adam Müller den Staat auf einer Grundlage aufgebaut denkt, wo Gott die „sittliche und bürgerliche Verfassung zur ursprünglichen Ebenbildschaft seiner zurückführt" (Concordia II, 1820, in: „Das System der Wahrheit" S. 90), wo aber „der falsche Gewerbsgeist" in das ihm gemäße Nordamerika zu verbannen sei (s. o.). 5 ) Concordia I, 1820, S. 25, vgl. Weber 52f.

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I. Das Amerikabild im deutschen Schrifttum

daß in dieser Zeit „die nordamerikanischen Grundsätze und Begebenheiten in der magischen Beleuchtung einer weiten Ferne nach dem alternden Europa" herüberschimmerten und mit „dem vollen Hoffnungszauber einer jugendlich emporwachsenden, neuen Welt in die Gemüter" drangen. Noch später, 1828, macht er Nordamerika verantwortlich für die zerstörenden revolutionären Tendenzen, wie sie sich in Frankreich und im übrigen Europa bemerkbar machten1). Dieses zerstörende Moment, das die Romantiker in den revolutionären Prinzipien als Ausfluß der Aufklärung sahen, wird besonders durch ihr Verhältnis zur Geschichte überhaupt geklärt. Zur Zeit der Aufklärung war es das Ideal des Menschen, zu dem hin die Entwicklung ging: der Mensch sollte sich im Laufe der Zeit zur Vollkommenheit entwickeln, die Wandlungen von Staat und Gesellschaft jedoch wurden als einzelne zusammenhanglose Tatsachen rein äußerlich nebeneinandergereiht, oder es wurden die gegenwärtigen Zustände mechanisch nach Kausalzusammenhängen zu erklären gesucht. Die Romantiker, die von der Gesellschaft, dem Staat als einem individuellen, sich entwickelnden Ganzen ausgingen, suchten nun aus dem, was bisher „ein regelloses Feld reiner Empirie"2) zu sein schien, die Entwicklungsgesetze, die waltenden Ideen aufzudecken3). Die Gegenwart als ein geschichtlich Gewordenes und weiter Werdendes bekommt einen neuen Sinn. Aus diesem Gefühl des Zusammenhangs mit vergangenen Entwicklungen heraus erschien ihnen alles das, was die „allmählich und pflanzenhaft erzeugten" Institutionen4) umstieß von vornherein nicht als lebensfähig, zumal nicht, wenn es zugunsten der „Allerweltsverfassung des Revolutionszeitalters"5) geschah, die aus einer unwirklichen Abstraktion „des Menschen" verstandesmäßig, willkürlich abgeleitet wurde. So spricht Steffens von einem „geschichtlichen Wahnsinn der Revolution", deren „abstrakte Freiheit" ihm in der Seele zuwider war", eine abstrakte Freiheit, die eben alles in Besitz nahm, weil sie selber nichts besaß, allenthalben sich verwüstend niederließ, weil sie nirgends zuhause war". Oder von seiner „Furcht" und seinem „Entsetzen", daß sich über den Bereich der friedlichen Städte und Dörfer, wo sich jeder „seinen beschränkten Kreis so freundlich und heiter . . . zu gestalten suchte", die „Flut abstrakter Prinzipien" stürzen würde6). Es ist klar, daß aus solchen Gedankengängen heraus gerade das nordamerikanische Staatswesen als eine Unbildung empfunden werden mußte, ihnen abstrakt, unlebendig, starr erschien7). Man vergleicht es einer Statue — „roh genug zugehauen, 1 ) Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte, 1828, Sämtliche Werke, Wien 1846, B:. XIV, S. 226. Weber 53. 2 ) Humboldt, vgl. Poetzsch a. a. O. S. 65. 3 ) Friedr. Schlegel sagt z. B. „Nichts ist unhistorischer, als bloße Mikrologie, ohne große Beziehungen und Resultate". Er definiert den Historiker als „rückwärts gekehrten Propheten". Poetzsch S. 44. 4 ) Adam Müller: „Lehre vom Gegensatz", 1804, S. 76. Poetzsch S. 44. 5 ) Vgl. Poetzsch S. 46. 6 ) Henrik Steffens: „Lebenserinnerungen aus dem Kreis der Romantik", Jena 1908 S. 94f. 7 ) Vgl. Ricarda Huch: „Ausbreitung und Verfall der Romantik", 1920 S. 32. Nordamerika wurde als „Sinnbild der Nüchternheit der geschichtslosen, willkürlichen Konstruktion" empfunden. Vgl. Weber S. 50.

2. Nordamerika zur Zeit der Restauration und der R o m a n t i k

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doch erkennt man die Gesichtszüge, die Gliedmaßen. Aber die Augen öffnen sich nicht, die Gliedmaßen bewegen sich nicht, es schlägt kein lebendiges Herz in der Brust" 1 ). Steffens 2 ) erscheint der westliche Staat ganz durch seinen aus Ideen der Aufklärung stammenden Charakter bestimmt: er. ist ihm „ein trauriges Denkmal einer Zeit, in welcher wohl manches Kraft, aber Nichts hohen, großen Sinn verriet,in welcher man glaubte, Staaten verfassen zukönnen 3 ). Von den drei Momenten, die Steffens in der geistigen Entwicklung seiner Zeit wahrzunehmen glaubt, die sich zunächst getrennt entwickeln, j a bekämpfen, um in ihrer Wiedervereinigung die Grundlage einer neuen Zeit bilden zu können, scheint ihm im Gegensatz zu dem konservativen und zu dem religiösen das dritte am meisten durch die Vereinigten Staaten dargestellt. Diese Richtung „ist bestimmt durch den Versuch des Verstandes, sich in und durch sich selber zu versöhnen" 4 ). Ohne Kämpfe und ohne Härten und Roheit, aber auch ohne daß „der großartige Sinn" sich ausbilden konnte, entwickelte sich das Land auf der Grundlage der gegenseitigen Duldung, die für Steffens Gleichgültigkeit zur Sache bedeutet. Was durch die „fortschreitende Bildung zum geheimen Wunsch der meisten Nationen" gemacht war, drückte sich dort zuerst aus, und während in Deutschland „Gerichtsordnung und Rechnungswesen, Exerzieren, Polizei, Finanzen, Fabriken und Handel" die Welt ausmachten, gab sich Nordamerika eine „schöne Verfassung". Da wurde „das Ideal der sehnsüchtigen Deutschen nach Amerika gepflanzt; dort träumte man sich ein idyllisches Leben, eine Art irdisches Paradies, denn dort wohnte die Freiheit" 5 ). Aber seit der Gründung der Vereinigten Staaten bis zu der Zeit, in der Steffens diese seine Gedanken über die „gegenwärtige Zeit" niederlegt, sind fast vierzig Jahre vergangen, durch die hindurch sich Nordamerika seine Freiheit bewahrt hat. Was ist, so fragt sich der Verfasser, in dieser Zeit aus dem Staatswesen geworden ? Steffens vergleicht das, was jenseits des Ozeans wirksam ist, mit einer von verwandten Kräften bestimmten Epoche des deutschen Geisteslebens, mit jener Epoche gerade, zu welcher die Romantiker in unmittelbarem Gegensatz standen: der Aufklärung. In jener Zeit nämlich, als man „an der Geschichte verzweifelte", als „ d a s Gewordene unter unsern Händen den Sinn verlor" und man es mit dem „Gemachten" versuchte, als man „allgemeine Begriffe", „allgemeine Maximen und herrlicheGrundsätze" aufstellte, die „mit der Zeit nichts zu schaffen hatten, vielmehr gleich gut für alle ' ) Henrik Steffens: „ W a s ich erlebte", I I , 330f. (Weber 66). Bezeichnend für das prinzipielle Zurücktreten Nordamerikas, der Überseeländer überhaupt, innerhalb der Geschichtsauffassung der R o m a n t i k ist auch Görres. Hier ist es nicht Deutschland, das Nordamerika gegenübergestellt wird (wie bei Steffens!), sondern E u r o p a wird den anderen Weltteilen verglichen, die ihm untergeordnet erscheinen. Vgl. Görres, „Gesammelte Schriften", 1. B d . (1803—1808), hrsg. v. Schellberg, K ö l n 1926, S. 406: nimmer opfert der Weltgeist das Ganze einem Fragmente a u f " . . . . , es „wird erfolgen, was lange schon die Natur vorbereitet: E u r o p a wird die anderen Welttheile zu sich in das Verhältnis setzen, in dem ehemals die Freyen zu den Heloten s t a n d e n . " 2 ) Über Steffens vgl. auch Weber 65ff. 3 ) Steffens: „ D i e gegenwärtige Zeit und wie sie geworden", 2 B d . , Berl. 1817, S. 330. 4 ) Steffens, a. a. O. S. 323. 5 ) Dto. S. 328. 2

Meyer, Nord-Amerika

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I . Das Amerikabild im deutschen Schrifttum

Zeiten paßten", da ging man vor, wie man es heute in den Vereinigten Staaten tut. Die Staaten, vor allem aber auch die Menschen sollten aus solchen allgemeinen Grundsätzen heraus erzogen werden. „Man wollte eine Art ganz vortrefflicher Menschen bilden, und die Kinder aus allen Gegenden wurden in diese Begriffsschule hineingetrieben.. „Sollten jedoch die so abstrakt erzogenen Kinder „für Europa zu g u t " werden, so stand ihnen j a Nordamerika offen, „denn dort hatten die freien Männer sich vereinigt, dasselbe im Großen zu tun, was man hier im Kleinen und mit den Kleinen versuchen wollte" 1 ). Trotz alledem liegt jedoch auch Steffens nichts ferner, als Nordamerika und den Nordamerikanern jede Bedeutung überhaupt abzusprechen. Nur gegen die Auffassung, daß man in Nordamerika „eine über alle Nationalität schwebende allgemeine Glückseligkeit" 2 ) erringen könne, „ein Phantom der Freiheit zu erjagen" suche, das ohne Rücksicht auf die Entwicklung im einzelnen für alle Völker und alle Menschen gleich gut passe, mußte er sich wehren. Der Begriff der Glückseligkeit, der Freiheit kann nur innerhalb der bewußten individuellen Nationalität eines Volkes liegen. Die Deutschen z. B . konnten selbst in den Zeiten der schwersten nationalen Bedrückung, zur Zeit der Fremdherrschaft Napoleons, solange nur das Bewußtsein dieser Bedrückung, der Haß, das Widerstreben lebendig waren und damit die „nationale Eigentümlichkeit", von sich sagen: „Siehe, wir sind in diesen Ketten frei" 3 ). Nordamerikas Bedeutung also liegt nicht in der Gegenwart, wie viele wegen seiner freien Konstitution annehmen, sondern in der Zukunft. J a gerade dieses Staatswesen ist ihm ein Beweis dafür, ,,daß auch die trefflichste, j a die freieste Verfassung nicht hinlänglich ist, um einem Staate Bedeutung zu verschaffen" 4 ). Seine Bedeutung kann erst in einer Zeit beginnen, in der es sich zur„Nationalität in tieferem Sinne" ausgebildet hat. Dieser Zeitpunkt aber, wo sich der Anfang zu einer solchen Entwicklung auch in dem westlichen Staatswesen zeigen wird, scheint Steffens nicht mehr weit entfernt. Eine sehr ähnliche Haltung begegnet uns bei Hegel. Dieser Philosoph, der gerade die Individualität des Staates, den unzertrennlichen Zusammenhang von Religion, Kunst, Philosophie und Verfassung betont, deren keines für sich betrachtet werden kann, und dem die Willkür, das künstlich gemachte des rationalistischen Staatsgedankens durchaus fremd sein mußte 5 ), konnte freilich die nordamerikanischen Entwicklungen kaum sehr viel anders werten. Hegel charakterisiert die Vereinigten Staaten als „ein Gemeinwesen, das von den Atomen der Individuen ausging, so daß der Staat nur ein Äußerliches zum Schutze des Eigentums war" 6 ). Gerade dieses Moment, sowie das der fast völligen Abgabenlosigkeit, stellen das dar, was dem 2 ) Dto. S. 332. ) Steffens, a. a. O., S. 329. ) Dto. S. 332. ") Dto. a. a. O. S. 330. 5 ) Vgl. Meinecke, a. a. O. S. 279ff. 6 ) Hegel, Philosophie der Geschichte, Lpz. Reclam S. 131. Nach 1821 entstanden. 1. Ausg., welche die Vorlesungen in Buchform brachte, 1837. Vgl. die sehr ähnliche Formulierung bei Steffens, s. o. S. 24. J

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2. Nordamerika zur Zeit der Restauration und der Romantik

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Europäer besonders auffällt. Aber gerade darin offenbart sich auch der „ G r u n d c h a r a k t e r " des Landes, „welcher in der Richtung des Privatmannes auf Erwerb und Gewinn besteht, in dem Überwiegen des partikularen Interesses, das sich dem Allgemeinen nur zum Behufe des eigenen Genusses zuwendet". Zwar ist ein Rechtsgesetz vorhanden, das also die Folgen eines solchen Grundcharakters mildern könnte, aber das ist nur formell. „Diese Rechtlichkeit ist ohne Rechtschaffenheit, und so stehen denn die amerikanischen K a u f l e u t e in dem üblen Rufe, durch das Recht geschützt zu betrügen" 1 ). Besonders weist Hegel auf das Fehlen jeder religiösen Einheit, die sich in E u r o p a durch die Spaltung in doch nur einige wenige große Konfessionen noch erhalten hat. „ I n Nordamerika herrscht die unbändigste Wildheit aller Einbildungen", „die Kirche ist nicht ein an und für sich Bestehendes, die eine substantielle Geistigkeit und äußere Einrichtung hatte, sondern das Religiöse wird nach besonderem Gutdünken zurechtgemacht" 2 ). Freilich, historischer Boden war Amerika noch nicht, und somit wird es aus dem Kreise dessen, was Hegel zu betrachten unternimmt, ausgeschieden. Ein „wirklicher S t a a t " , eine Regierung entstehen nur, wenn nicht mehr wie bisher durch die Möglichkeit der fast unbegrenzten Kolonisation die Quelle aller Unzufriedenheit von vornherein verschwindet. E r s t wenn aller R a u m ausgefüllt ist, Amerika nicht wie bisher reiner Ackerbaustaat bleiben kann, durch das Ergreifen städtischer Gewerbe, durch die Tatsache, daß nicht mehr jeder seine Bedürfnisse stillen kann, sich eine festere Organisation notwendig macht, erst dann beginnt das historische Eigenleben dieses Landes. J e t z t ist es nur „der Widerhall der alten Welt und der Ausdruck fremder Lebendigkeit" 3 ). Gewiß hat es Interesse für eine Gruppe von Menschen, für solche, „welche die historische Rüstkammer des alten Europa langweilt", die sich, wie man von Napoleon erzählt, sagen: „Cette vieille Europe m'ennuie", historisch aber ist es „ein L a n d der Zukunft", dessen Bedeutung erst kommen soll, erst — ähnlich wie es Steffens ausführte — kommen kann, wenn sich sein staatliches Eigenleben entwickelt hat. Eine der Hegeischen wiederum sehr ähnliche Bewertung Nordamerikas findet sich bei dem Historiker Heinrich Leo. Dieser, ursprünglich Verfechter liberaler Grundsätze, hatte sich allmählich in romantische Ideen eingelebt, war jedoch später zeitweise auch besonders von der Philosophie Hegels stark beeinflußt 4 ). Charakteristisch ist die Erläuterung, die er zur Unabhängigkeitserklärung der Nordamerikaner gibt 5 ). E r s a g t : „ D i e Unabhängigkeit war offenbar das Ziel, wonach von Anfang an eine gewisse Anzahl, in die damals sog. Philosophie hineingerissene, Leute gestrebt h a t t e ; E s war aber auch in Nordamerika in jener Zeit eine Anzahl Männer, welche einen S t a a t wollten, in dem die Philosophie des 18. Jahrhunderts (die allerdings in Nordamerika am wenigsten historische Obstacula fand) domi!) Hegel, S. 132. 2) D t 0 . s. 133. 3 ) Dto. S. 134. 4 ) Über Leo vgl. bes. Wegele, „Geschichte der deutschen Historiographie", Münch, u. Lpz. 1885 S. 1034 und Below: „Deutsche Geschichtschreibung", Lpz. 1916 S. 21 ff u. 47, auch P. Krägelin: „Heinrich Leo", Lpz. 1908. 5 ) Heinrich Leo: „Lehrbuch der Universalgeschichte", Bd. 4, Halle 1842, S. 523. 2*

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I. Das Amerikabild im deutschen Schrifttum

liieren könnte. In Zeitungen und Flugschriften waren diese Tendenzen verbreitet worden, in einer Sprache und Gedankensphäre, in welcher die Menge einheimisch ist und sich wohlfühlt, nämlich in der Sphäre des beschränkten, hausbackenen Verstandes . . . Jefferson ist ohne Zweifel der entschiedenste Repräsentant dieser Richtungen . . . " An Hegel erinnert besonders die Auffassung Leos von den in Amerika entstandenen „Übelständen, die sich von demokratischen Verfassungsformen einmal nicht ganz entfernen lassen" 1 ), unter denen außer dem dauernden Wechsel in den Staatsämtern, der anstelle des abgeschafften Standesunterschiedes eingetretenen Unterscheidung nach beweglichem Geldbesitz besonders auch auf das Vorherrschen des Privatinteresses hingewiesen wird, sowie auf die amerikanische Justiz, die, indem sie sich „vorzugsweise an den Buchstaben des Gesetzes hält, von der moralischen, möglicherweise durch das Privatinteresse bestimmbaren Uberzeugung der Privaten" abhängt und dadurch „ganz in den Bereich rein menschlichen Tuns hereingezogen und ihres tieferen religiösen Elementes entkleidet wird". Diese aus dem Zeitalter der Restauration und romantischer Ideen stammenden Gedankengänge finden mehr und mehr auch in rein politischen, auf breitere Wirksamkeit berechneten Schriften ihren Niederschlag, werden, auch wenn ihre eigentliche Begründung vergessen oder nicht mehr beachtet wird, zum Allgemeingut innerhalb der politischen Zeitkämpfe. Ein interessantes Beispiel für die antiamerikanische Stimmung solcher Kreise findet sich in der gegen die Liberalen gerichteten Vorrede der Schrift Johann Georg Hülsemanns: „Geschichte der Democratie in den Vereinigten Staaten von Nord-America" (1823, Göttingen), die im J a h r der MonroeDoktrin bezeichnender Weise erschien. Die „in Nord-Amerika geltenden Prinzipien" werden hier den europäischen als „feindselig" gegenübergestellt: „Die in Nord-Amerika herrschende Tendenz ist in einem bestimmten Kampfe mit unserer Religion, mit unsern monarchisch aristokratischen Interessen und Gesinnungen, und eben daher kann der Verfasser alles dasjenige, was auf dieser transatlantischen Basis beruhet, nicht anders als verderblich nennen" 2 ). Freilich, nicht die Vereinigten Staaten werden an sich bekämpft, sondern nur die liberalen Tendenzen jener Welt, wenn sie in Europa Fuß fassen wollen. Solange Amerika,, jenseits des Oceans bleibt, wollen wir es nur als fremd betrachten; aber bekämpfen müssen wir es, wenn es sich in Europa eindrängt, wenn es feindlich und störend gegen unsere ersten und theuersten Interessen auftritt" 3 ). Alle jene, die in Frankreich und Spanien, „überhaupt im westlichen Europa mit dem Namen der Liberalen bezeichnet werden", und die sich der europäischen Politik entgegensetzen, sind „Vorfechter jener transatlantischen Schlachtordnung" 4 ) und werden mit Recht als Staatsfeinde betrachtet und verfolgt. Nur so kann man das, „was man gewöhnlich den Kampf zwischen Amerika und Europa nennt" betrachten. Bei dem Kampfe aber um solche Gegenstände darf es keine Mäßigung, keine Toleranz geben, ) ) 3) 4)

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Heinrich Leo: „Lehrbuch der Universalgeschichte", Bd. 4, Halle 1842, S. 524f. Hülsemann, a. a. O. S. V I I I Einl. Dto. S. I X . Hülsemann, a. a. O. S. X I I .

2. Nordamerika zur Zeit der Restauration und der Romantik

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denn es handelt sich um prinzipielle Fragen 1 ). Das Prinzip aber „kann nie mit zu großer Strenge aufrecht erhalten -werden". Die eigentliche Kritik der amerikanischen Verhältnisse bringt im ganzen nichts wesentlich Neues. Besonders hervorgehoben wird die Irreligiosität wiederum, die sich immer weiter verbreitet 2 ) und das Streben nach völliger Gesetzlosigkeit, das sich besonders in den sich lockernden natürlichen Banden der Familie zeigt. Als Mangel der Verfassung wird besonders betont, daß die „sogenannte Theilung der Gewalten", die „bekanntlich ein theoretischer Irrtum ist, . . . wie überall sonst in der Welt, auch hier" kein Gleichgewicht ergab, sondern daß die gesetzgebende Gewalt die richtende und die vollziehende in ihrer Tätigkeit beschränkt. Eine sehr schlechte von den Partheien abhängige Verwaltung der J u s t i z " wird als die notwendige Folge dieses „Mißverhältnisses" angesehen. 3 ) E s ist eine eigentümliche Erscheinung, daß, obwohl so der engere Kreis der Vertreter romantischer oder der politischen Restauration nahestehender Ideengänge das nordamerikanische Staatswesen mit allen seinen Erscheinungen ablehnen mußte, ein großer Teil der ihnen sehr nahestehenden Schriftsteller eine ganz gegenteilige Einstellung dem fernen Land gegenüber einnimmt. Jene hatten die beiden Ideen, die am Ende des 18. Jahrhunderts Amerika in der deutschen Auffassung bezeichneten, von einem ganz veränderten Gesichtspunkt betrachtet. Sie hatten dem Ideal der ungefesselten Natur die Kultur, dem des naturhaft primitiven Menschen das des entwickelten, bewußten gegenübergestellt, und sie hatten den Freiheitsbegriff jener Zeit auf Grund ihrer neuen Fassung des Begriffes Nation eine neuartige, der politischen Entwicklung Nordamerikas entgegengesetzte Deutung gegeben, indem sie besonders im Gegensatz zur Aufklärung den Nachdruck auf die individuelle historische „organische" Entwicklung eines Volkes legten. Der weitere Kreis der von diesen Gedankengängen noch immer stark berührten Schriftsteller, die man daher ebenfalls als Romantiker zu bezeichnen pflegt, hat zwar in seiner Beurteilung Nordamerikas zunächst ähnliche Ausgangspunkte, doch nehmen sie hier eher die Färbung an, wie wir sie bei der „Sturm- und Drangperiode" des 18. Jahrhunderts kennen lernten. Das öffentliche Interesse wurde in dieser Zeit besonders auch durch die vielen Forschungsreisen, die man damals unternahm, auf Nordamerika gelenkt. Die Berichte dieser wissenschaftlichen Reisen 4 ) richteten den Blick 1 ) Von vornherein wendet sich Hülsemann gegen die „sogenannte Unpartheilichkeit" bei historisch politischen Untersuchungen. Eine solche ist doch nur eine „eingebildete", da ein Grundsatz „allgemeiner Toleranz und allgemeiner Aufklärung" bereits einen subjektiven Standpunkt verrät (VI). Selbst in einem Werk wie Ebelings Erdbeschreibung von Nordamerika (s. o.), das der Verfasser viel als Quelle benutzt habe, seien oft Urteile, die „nur einen gänzlichen Mangel an Kenntnis der politischen Theorie und einem gewissen nicht sehr entschiedenen Hinneigen zur Demokratie und zum religiösen Indifferentismus" zuzuschreiben seien (VII). 2 ) Hülsemann, a. a. 0 . S. 346ff. 3 ) Hülsemann beruft sich übrigens vielfach auf Rülow, jenen erwähnten, wohl ersten Kritiker der Vereinigten Staaten. 4 ) Über den Einfluß ausländischer Reiseberichte, besonders Chateaubriands, vgl. Weber 45. 102. Wie stark in der Tat das Interesse gewesen sein muß, zeigt die große Anzahl der in jener Zeit gerade auch aus dem Englischen und Französischen übersetzten Reisebeschreibungen. Vgl. Bibliogr. II.

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I. Das Amerikabild im deutschen Schrifttum

auf alle Momente, die irgend für Geschichte und Charakter des amerikanischen Kontinentes von Einfluß gewesen sein konnten. Bodenbeschaffenheit, Klima, Landschaft, Tier- und Pflanzenwelt wurden ebenso wie die historischen Entwicklungen und politischen Ereignisse behandelt. Namentlich aber dadurch, daß diese Forschungen teilweise von Männern unternommen wurden, deren geistige Bedeutung oder soziale Stellung das Interesse der Öffentlichkeit in besonderem Maße auf sie lenkte 1 ), wurde durch deren Schriften eine Auffassung von Nordamerika in weitem Kreise verbreitet, bei der die grandiose, unberührte Natur im Vordergrund stand. Dieses Amerikabild entsprach durchaus dem Bedürfnis der Zeit, denn der Gegensatz des naturhaft Großen zum Gemachten, Konventionellen der Zivilisation wurde j a von den Romantikern durchaus empfunden. Besonders ein romantischer Dichter, Eichendorff, ist für diese andersartige Beurteilung der westlichen Welt charakteristisch 2 ), da er in jeder Beziehung von denselben Voraussetzungen ausgeht, wie wir sie kennenlernten. Eine seiner Gestalten in „Ahnung und Gegenwart"(1815) zieht hinüber in die neue Welt. Aber nicht, weil dort eine ersehnte politische Freiheit herrscht — wir sahen j a , wie die Romantiker diese Freiheit beurteilten — sondern um in unberührter Natur zu gesunden. Leontin sagt: „Diese allgemeine, natürliche, philosophische Freiheit, der jede Welt gut genug ist, um sich in ihrem Hochmute frei zu fühlen, ist mir ebenso in der Seele zuwider, als jene natürliche Religion, welcher alle Religionen einerlei sind. Ich meine jene uralte lebendige Freiheit, die uns in großen Wäldern wie mit wehmütigen Erinnerungen anweht . . . " 3 ) . E r muß hinüberziehn, weil das Unnatürliche, Gebundene der gegenwärtigen Zeit mit seinem Schaffensdrang nicht vereinbar ist, denn „die Jungfrau Europa, die so hochherzig mit ihren ausgebreiteten Armen dastand, als wolle sie die ganze Welt umspannen, hat die alten, sinnreichen, frommen, schönen Sitten abgelegt und ist eine Metze geworden. Sie buhlt frei mit dem gesunden Menschenverstände, dem Unglauben, Gewalt und Verrat, und ihr Herz ist dabei besonders eingeschrumpft 4 )". Und wie bei den Romantikern, besonders aber bei Eichendorff, die Liebe zum Vaterland, Stolz oder Schmerz über die Geschicke der deutschen Nation im Mittelpunkt stehen, so ist der Grund der Auswanderung Leontins auch da zu suchen: „und so . . . will ich denn in dem noch unberührten Waldesgrün eines andern Weltteils Herz und Augen stärken und mir die Ehre und die Erinnerung an die vergangene große Zeit, sowie den tiefen Schmerz über die gegenwärtige 5 ) heilig bewahren, damit ich der künftigen, besseren, die wir alle hoffen, würdig bleibe und sie mich wach und rüstig finde" 6 ). So besonders Humboldt (1799—1804), Chamisso (1815—1818), Herzog Bernhard zu Sachsen-Weimar-Eisenach (1824—26), Herzog Paul Wilhelm von Württemberg (1822— 1824), Prinz Maximilian zu Wied (1832—34) u. a. vgl. Bibliogr. I I ! 2 ) Vgl. Weber 55. 3 ) Joseph von Eichendorffs Dichtungen, hrsg. v. Fr. Schultz, Inselverlag, Lpz. II, in „Ahnung und Gegenwart" S. 262. «) Dto. S. 259. 5 ) Die Erzählung spielt zur Zeit der Napoleonischen Herrschaft. e ) Ahnung und Gegenwart, a. a. O. S. 264, Weber, 55.

2. Nordamerika zur Zeit der Restauration und der Romantik

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Diese Art der Gegenüberstellung der Natur Nordamerikas mit der Unnatur Europas findet sich vielfach 1 ). Dabei spielt auch der Indianer, der unverdorbene, von Natur edle, tapfere Mensch im Gegensatz zum falschen, gierigen Weißen, wieder eine Rolle 2 ). Und dieses Bild von Amerika als dem Land der ungebändigten Natur, der Urwälder und der wilden Ströme, der weiten Prärien und der edlen Indianer mit ihrem kindlichen, aber dem Weißen an innerlicher Größe weit überlegenen Wesen und ihrem abenteuerlichen Waldleben, dieses „romantische" Amerikabild wurde in der wirksamsten Weise populär gemacht durch die Romane Coopers3), die bereits seit den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts in vielen Übersetzungen in Deutschland erschienen. Und lange hat es gedauert, bis die Kritik an dieses Amerikabild wirksam herankam. Bis zur Jahrhundertmitte und darüber hinaus blieb es so vorherrschend. In den Schriften der vor allem an den politischen Entwicklungen der westlichen Welt interessierten Autoren bildet bald diese Auffassung von Amerika als dem Lande wunderbarer, „romantischer" Landschaften, Menschen und Schicksale einen unentbehrlichen Hintergrund. Selbst in die Auswandererliteratur, die seit Beginn des dritten Jahrzehntes in bisher unerhörtem Maße anschwillt, und die doch zunächst ausschließlich den praktischen Bedürfnissen der meist durch Armut und Not zum Auswandern gezwungenen Familien dienen sollte, dringen Züge dieses Bildes hinein. Das geht soweit, daß es unter Umständen zu den unheilvollsten Wirkungen kommen konnte. Von einer Schrift Gottfried Dudens 4 ) etwa berichtet Ludwig Gronau:5) „Vielen Familien wurde Dudens Buch zur täglichen Lektüre. Um auch weniger Bemittelten die Anschaffung zu erleichtern, ließen Freunde und Begünstiger der Auswanderer zahlreiche billige Ausgaben herstellen und verbreiten. Infolgedessen kam ein förmliches Auswandererfieber zum Ausbruch. Tausende von Leuten, denen „der Duden den Kopf verrückt gemacht hatte", schickten sich zur weiten Reise nach Missouri an 6 )". Duden selber allerdings, der sich der 1 ) Besonders lehrreich ist in dieser Beziehung E. T. A. Hoffmanns: „Schreiben Milos, eines gebildeten Affen an seine Freundin Pipi in Nordamerika", in dem Milo, „ehemals Affe, jetzt privatisierender Künstler und Gelehrter," „ein gemachter Mann", der durchaus „alles weiß", dem es dazu sehr leicht geworden, „auf diese hohe Stufe der Kultur zu gelangen", seine armseligen Verwandten sehr bedauert, die „in den weiten, unkultivierten Wäldern auf den Bäumen herumhüpfen, sich von rohen, nicht erst durch Kunst schmackhaft gewordenen Früchten nähren etc." (Werke, Lpz., 1900, I, 293. Weber 68.) Über Jean Paul Friedrich Richter vgl. Weber 57. Er hofft, wenn „eine harte schneidende Winternacht" über allen „Pflanzungen" der Wissenschaft liegt, daß dann über „einer anderen Halbkugel eine Sonne stehen und ein Neu-Deutschland beleuchten und befruchten" wird, „das dem Alt-Deutschland Samen und Frühling zurückbringen wird — nämlich Nordamerika. (Vaterl. Museum, Hbg. 1810 S. 35). 2 ) Vgl. bes. Chamisso, sämtl. Werke, Lpz. 1895, 2. Bd. (Weber 62f.): „Rede des alten Kriegers Bunte-Schlange im Rate der Creek-Indianer" S. 56ff. (1829) u. „Das Mordthal" S. 58ff. (1830). 3 ) Vgl. Bibliographie. 4 ) „Bericht über eine Reise nach den westlichen Staaten Nordamerikas und einen mehrhrigen Aufenthalt am Missouri. . ." Bonn 37. Bibl. 5 ) Cronau: Drei Jahrhunderte deutschen Lebens in Amerika, Berlin 1909, S. 265 f. 6 ) Über die Wirkung Dudens z. B. auch in Bezug auf festere Auswandererorganisationen vgl. G. M. Stephanson „A history of American immigration 1820—1924", Boston, New York 1926, 47 f.

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I. Das Amerikabild im deutschen Schrifttum

Folgen seiner Schrift bald bewußt geworden war, suchte diese in seiner acht Jahre später erscheinenden „Selbstanklage wegen seines amerikanischen Reiseberichtes zur Warnung vor fernerem leichtsinnigen Auswandern" 1 ) wieder aufzuheben. Aber die zahlreichen ähnlich gerichteten Werke, vor allem auch die Broschüren der durch Spekulation an den Auswanderern interessierten Agenten, trugen das Ihre dazu bei, gerade diese Züge des Amerikabildes möglichst populär zu erhalten. Selbst in den im ganzen sehr viel realistischer gehaltenen Auswanderernovellen und -romanen etwa Gerstäckers 2 ), die um die Mitte des Jahrhunderts erscheinen, sind noch Züge dieses abenteuerlichen Lebens in freier amerikanischer Natur wirksam. Und auch dann noch, als längst die Kritik dieses populäre Bild zu revidieren unternimmt 3 ), als vor allem getäuschte Auswanderer oder diejenigen, die sich ihrer Not annahmen 4 ), sich immer energischer mit ihren ganz anders gefärbten Schilderungen bemerkbar machen, oder als die in ihren hochgespannten politischen Erwartungen getäuschten Flüchtlinge, von denen noch zu reden sein wird, die gegenteiligsten abschreckendsten Bilder vom Lande jenseits des Meeres geben, selbst dann noch bleibt diese zu Anfang des Jahrhunderts geprägte Vorstellung von Amerika dem Lande großer Natur, großer Menschen und Schicksale in den Köpfen und Schriften deutscher Betrachter weitaus die beherrschende.— Die Begriffe „Freiheit" und „ N a t u r " , beide im revolutionären Sinn, im Gegensatz zu den bestehenden heimatlichen Verhältnissen gebraucht, waren, wie wir sahen, die beiden Momente, die schon seit dem Ende des 18. Jahrhunderts durch Tendenzen des „ S t u r m und Drang", doch auch der Aufklärung unter Gleichsetzung von Natur und Vernunft das Amerikabild der Interessierten beherrschte. Damals entsprachen beide, im Begriff „Nordamerika" gleichsam zusammengefaßten Ideen dem Bedürfnis der Zeit, und eine absolute, zunächst fast kritiklose Begeisterung für die westliche neue Welt war die Folge. Auch zu Beginn des neuen Jahrhunderts, zur Zeit, als ) Anhang zur „Nordamerikanischen D e m o k r a t i e . . . " Bonn 37. Bibl. ) Über Gerstäcker, Sealsfield vgl. in diesem Zusammenhang bes. Weber S. 121 ff. "Ethnographical novels". Vgl. auch Bibliogr.! 3 ) In der scherzhaftesten Weise machte sich Eichendorff selber später lustig über die reichlich hochgespannten Erwartungen der Zeit in Bezug auf Amerika. In seinem Gedicht: „Ein Auswanderer" (1850) zieht einer hinüber, dem es in Europa zu bunt wird. Denn spannt man da „vorn eine Lokomotive an, — gleich hängen sie hinten eine andere dran, — die eine schiebt vorwärts, die andre retour — so bleibt man stecken mit der ganzen Kultur". Da ist es drüben gleich anders in „den vereinigten Provinzen, — wo die Einwohner alle Prinzen — und alle Berge in Gold verhext, — wo die Zigarre und der Pfeffer wächst!" Es geht ihm auch alles nach Erwarten: „ D a wurden Böller abgebrannt, — entgegen mir gegangen — kam ganz New York heraus zum Strand, — mich würdig zu empfangen. — J a , man trug ihn „auf den Händen fast, wie einen Potentaten". Zuletzt wird er freilich nur von einem Komödiantendirektor als „Staberl" engagiert, um bei den „Yankees im Urwald — die Bildung einzuführen". (Werke I a. a. O., S. 13ff. Weber 56f.) 4 ) Solche Schriften sind z. B. Gall,,Meine Auswanderung nach den Ver. S t . " Trier 1822 (Bibliogr.) „Zwei erste Jahre in der neuen Welt. Zur Warnung für Auswanderungslustige" v. e. Merseburger Anonymus, 1834. Wie sehr gegen solche Schriften gearbeitet wurde, zeigt die Antwort auf eine Schrift F. Hohnes: „Wahn und Überzeugung. Reise des Kupferschmiedemeisters F. H ö h n e . . . . " , Weimar 1844, aus dem gleichen Jahr, die den Titel trägt: „Abgedrungene Zurechtweisung und Schilderung des Meisters F. Höhne. Eine gründliche Widerlegung von der in dessen Schrift „Wahn und Überzeugung" ausgestreuten Verleumdungen und Irreleitungen" v. einem Unbeteiligten. Bremen 1844. 1

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die geistige Entwicklung von den Ideen der romantischen Weltanschauung beherrscht wird, erscheinen die Begriffe von „Freiheit" und „ N a t u r " als die wesentlichen Merkmale des westlichen Staatswesens. Aber die Folge ist eine andere, da sich das Freiheitsideal geändert hat. So spaltet sich innerhalb des romantischen Weltbildes das Urteil über Amerika. Diejenigen die sein politisches Dasein, seine Wirkung auf die politischen Gedankengänge der Zeit sehen, nur das also, was ihren veränderten Begriffen von Staat und Freiheit als Gefahr erscheinen mußte, lehnen ab. Diejenigen dagegen, welche mehr ein großartiges, ungebundenes Naturleben, die Möglichkeit, sich in ungehemmtem Schaffen ausleben zu können im Gegensatz zu dem gefesselten Dasein innerhalb der europäischen Zivilisation sehen, glauben in Amerika Erfüllung ihrer Sehnsucht, Zuflucht zu finden.

3. Nordamerika zur Zeit der liberalen Opposition und des Realismus. So sehr die Zeit nach 1815 in mancher Beziehung an Anregungen anknüpft, die sie der vorhergehenden Periode der Restauration und der Romantik verdankt, so sehr bedeutet sie andererseits eine Kampfansage. Sie ist revolutionär, führt dazu in vielfacher Weise aufklärerische Gedankengänge fort, so daß von vornherein ein fundamentaler Gegensatz gegeben ist. Nicht an einem fernen, verklärten Ideal antiker oder mittelalterlicher Zustände orientiert sie sich, sondern den modernen Bedürfnissen will sie gerecht werden, zeitgemäß sein, das, was das gegenwärtige Tagesleben an Leiden und Forderungen hervorbringt, „realistisch" in ihren Schriften spiegeln. Entsprechend dieser Grundeinstellung der neuen Generation bestand das, was sie zu einem der Hauptgegenstände ihrer Schriften machte, in ihrer Stellungnahme zu den politischen Problemen der Zeit. Es kamen da besonders zwei Ausgangspunkte in Frage, entsprechend den beiden großen, sich bekämpfenden politischen Systemen, welche die europäischen Entwicklungen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vorwiegend bestimmen. Entweder man stand jenen Mächten nahe, die sich für die Erhaltung der bestehenden Verhältnisse, das Prinzip der Legitimität, einsetzten, wie es die Metternichsche Politik tat, oder man schloß sich den neuen revolutionären Ideen an, die einem nationalen, konstitutionellen Staate zustrebten. Wir sahen, wie sich die romantische Einstellung im ganzen dem reaktionären Systeme eingliederte, und sahen, wie ein ablehnendes Verhalten zu den amerikanischen Tendenzen die notwendige Folge war. Anders die revolutionäre Bewegung! Sahen ihre Anhänger vom Standpunkt ihrer konstitutionellen Wünsche auf die Vereinigten Staaten, so mußten sie, zunächst jedenfalls, hier einen Staat sehen, der ihr Ideal bereits verkörperte 1 ). 1 ) In der Formulierung Kürnbergers im „Amerika-Müden" a. a. O. S. 85: „Der Liberalismus der Restaurationsperiode fand in Wort und Schrift über Amerika eines seiner wenigen erlaubten Ausdrucksmittel. Er benutzte es eifrig. Er feierte die Sternbannerrepublik als die praktische Verwirklichung seines geächteten Ideals." Und S. 86: in einer „filtrierten Sonnenbcleuchtung" wurde das Bild von Amerika gegeben. Diese Schriften seien nur „als Kunstwerke der oppositionellen Beredsamkeit" zu verstehen.

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So wird von hier aus Nordamerika, seinem Staate, seiner Verfassung ein neuer Platz in der Literatur eingeräumt. Und wieder ist, wie immer, wenn enthusiastische Begeisterung die Farben für das Amerikabild hergab, „Amerikas Schönheit" seine „Idee" 1 ). Der weitere Kreis der mehr volkstümlichen Romantiker sah im ganzen nur eine der beiden am Ende des 18. Jahrhunderts im Begriff „Nordamerika" zusammengefaßten Ideen: die ungebändigte, großartige Natur. Die neue, auf die politischen Zeitfragen eingestellte Generation übernimmt zwar dieses Bild, aber nur als Hintergrund für das, was nun ihr als das Wesentliche erscheint: die politische Freiheit des nordamerikanischen Staatswesens. Wie richtig in der Tat das Wort über die Beziehung Amerikas zu seiner deutschen Beurteilung ist, das Kürnberger seine Romanfigur sagen läßt, zeigt gerade diese Bewegung besonders stark: nicht Land oder Volk, was es „ i s t " , sondern was es „bedeutet", seine „ I d e e " , das, was man gewissermaßen hineinsieht, begründet sein Bild im deutschen Geistesleben. Denn nie wurde Nordamerika so verklärt gesehen, wie bei den politischen Dichtern dieser Zeit, nie aber auch so abschreckend in allen seinen Erscheinungen gemalt, wie von ebendiesen, wenn sie zu entdecken glaubten, daß die politische Ordnung und der Freiheitsbegriff der Bürger Nordamerikas nichts mit den Idealen des deutschen Liberalismus zu tun habe oder ihnen geradezu widerspreche. In besonderem Maße bezeichnend für die Haltung der Zeit zu Amerika ist Nikolaus Lenau 2 ). Halb Romantiker, halb aus Voraussetzungen der neuen realistisch politisch orientierten Strömung kommend, hat er eigentlich alle Möglichkeiten, Amerika zu sehen, wie diese in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus den deutschen Verhältnissen hervorgingen, im Laufe der Zeit durchgemacht und in seinen Schriften zum Ausdruck gebracht. E r ist Dichter der Übergangszeit, und gerade in seiner Beziehung zu Amerika spiegelt sich das aufs Deutlichste wider. Lenau ist zunächst Romantiker. Da ist es besonders die große Natur, von der er, vor allem für sein dichterisches Schaffen, Gesundung erhofft. Fünf Jahre, so plant er noch einige Monate vor seiner Abreise, will er drüben bleiben: „Der ungeheure Vorrath schöner Naturscenen ist in fünf Jahren kaum erschöpft", schreibt er an seinen Freund 3 ). Und einige Tage später 4 ): „Nämlich ich will meine Phantasie in die Schule — in die nordamerikanischen Urwälder schicken, den Niagara will ich rauschen hören und Niagaralieder singen . . . Meine Poesie lebt und webt in der Natur, und in Nordamerika ist die Natur schöner, gewaltiger als in Europa. Ein ungeheurer Vorrath der herrlichsten Bilder erwartet mich dort, eine Fülle göttlicher Auftritte, die noch daliegt jungfräulich und unberührt, wie der Boden der ) Kürnberger: „Der Amerika-Müde" a. a. O. 165. ) Lenaus Reise und Stellung zu Amerika ist sehr oft behandelt. Vgl. bes. Mulfinger: „Lenau in America." Americana — Germanica VI, 2 New York, London, Berlin etc. 1897. Baker a. a. O. Castle, a. a. O. Auch Desczyk, 71ff. u. Weber 160ff. Außerdem Bischoff: „Nikolaus Lenaus Lyrik, ihre Geschichte, Chronologie und Textkritik," Berl. 1920. V, S. 284 ff. 3 ) Brief an Mayer vom 13. März 1832. Schurz, Lenaus Leben. Stuttg. u. Augsb. 1855, I, 158. 4 ) Brief an Schurz vom 16. März, 1832, Schurz I, 161. 1

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Urwälder. Ich verspreche mir eine wunderbare Wirkung davon auf mein Gemüth." Und etwas später spricht er von den „stillen, sinnenden Blumenbäumen" des Urwaldes 1 ). Dorthin will er sich flüchten, auch vor dem flüchten, was das deutsche Leben jener Zeit so sehr beschäftigt, der — so formuliert Lenau — „verdammten Politik . . . zumal, wenn man ein ewiges Politisieren hört, wie hier zu Lande." Verschiedene Gedichte über Amerika, auch während und nach seiner Rückkehr, sind aus dieser Einstellung entstanden: die Indianerlieder 2 ), die ganz die traditionelle Fassung haben: das edle Naturkind, das schmerzerfüllt dem gewaltsamen fremden Eindringling, dem Weißen, weichen muß, und die Niagaralieder 3 ). Aber gerade auch imHinblick auf den Unterschied zwischen den politischen Zuständen der Heimat und denen Nordamerikas blickt Lenau voll Hoffnung auf das ferne Land. In dieser Beziehung gehört er nun auch schon ganz zu jener Gruppe politischer Dichter, die, im Gegensatz besonders zu den frühen Romantikern, die freie Verfassung des nordamerikanischen Staatswesens als ein ideales Vorbild auch der heimatlichen Verhältnisse ansehen. Gerade bei Lenau, der unter den Fesseln der österreichischen Zensur zu leiden hatte, erscheint eine solche Haltung besonders motiviert. Am deutlichsten spiegeln sich diese Gedankengänge in seinem Gedicht: „Abschied, Lied eines Auswandernden" 4 ) wieder: „ S e i mir zum letzten Mal gegrüßt, mein Vaterland, das, feige, dumm, die Ferse dem Despoten küßt, und seinem Wink gehorchet stumm." mit der Schlußstrophe: „ D u neue Welt, du freie Welt, an deren blüthenreichen Strand die Fluth der Tyrannei zerschellt, ich grüße dich, mein Vaterland !" 5 ) Freilich konnte Lenau nicht ahnen, welche Enttäuschungen er in den Vereinigten Staaten durchmachen sollte. E s ist unglaublich, welch verändertes Amerikabild sich in den Briefen aus der kurzen Zeit seines amerikanischen Aufenthaltes abmalt. Von der amerikanischen Natur, von der er soviel erwartete, machten nach Schurz überhaupt nur drei Dinge einen großartigen und bleibenden Eindruck auf ihn: der „ f a s t erstorbene Urwald in den westlicheren Gegenden", das „Hudsonsthal von New Y o r k " und der Niagara. Sonst müssen sich alle Momente, auch die so zahlreich und gran1 ) Die Schilderungen Nordamerikas von Duden (s. o.) waren Lenau übrigens bekannt. Schurz, I, 163. Vgl. Desczyk, 71. 2 ) So „Der Indianerzug" und „Die drei Indianer", Lenaus sämtliche Werke, hrsg. v. Bart hei, Lpz. Reclam S. 77 f. Die Lieder erschienen erst 1834. 3 ) „Verschiedene Deutung", „Niagara". Werke, a. a. O. 83f. Erschienen 1838. 4 ) In der ersten Ausgabe der Gedichte Lenaus (1832) trug es den Titel: „Lied eines auswandernden Portugiesen". 5 ) Ahnlich — besonders noch die Verbindung seiner Freiheitssehnsucht mit der Sehnsucht nach großartiger Natur wiedergebend, bezieht sich eines der „Polenlieder" Lenaus: „Der Maskenball" auf die bevorstehende Amerikareise (vgl. Schurz, I, 192): „Nach der Freiheit Paradiesen — Nehmen wir den raschen Zug — Wo in heil'gen Waldverliesen — Kein Tyrann sich Throne schlug .— Weihend mich mit stillem Beten, — Will den Urwald ich betreten — . . . (Werke, a. a. O. S. 59.)

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dios gedachten landschaftlichen Szenen, dem eintönigen und abschreckenden Bilde eingliedern, das der enttäuschte Dichter zu sehen glaubt. Gerade hier, in der ganzen Einseitigkeit und Ungerechtigkeit seines Urteils über Nordamerika, ist Lenaus Haltung typisch f ü r die Haltung der deutschen Literatur seiner Zeit überhaupt. Ist dort das v e r k l ä r t e Ideal, das meist Poeten und Politiker dem fernen Lande andichteten, tatsächlich nicht verkörpert, so wird das westliche Staatswesen f ü r die eigenen Träumereien verantwortlich gemacht, und nichts bleibt mehr bei den vielerlei Erscheinungen Nordamerikas, dem man nicht eine kleinliche oder häßliche Seite abzugewinnen vermöchte. Gewiß mochte bei dem tatsächlich kulturell noch unentwickelten Lande eine Revision des deutschen Urteils, wie sie sich bei den frühen Romantikern bereits gefunden hatte, an sich notwendig sein. Dennoch berührt es eigenartig, die amerikanischen Dinge von Lenau beschrieben zu lesen, etwa die N a t u r : das zum Beispiel, was er ihr durchaus nicht verzeihen kann, was ihm geradezu symbolisch f ü r den Charakter von Land und Leuten wird, ist das Fehlen von Singvögeln — aber Lenau verbrachte gerade nur die Herbst- und Wintermonate auf amerikanischem Boden! 1 ) Im übrigen ist die Natur ihm „entsetzlich matt". „ B u f f o n hat recht", schreibt er, „daß in Amerika Menschen und Tiere v o n Geschlecht zu Geschlecht weiter herabkommen" 2 ). „Sie (die Natur) hat kein Gemüth und keine Phantasie". Es macht ihm einen traurigen, niederdrückenden Eindruck, die „ausgebrannten Menschen" in ihren „ausgebrannten W ä l d e r n " zusehen 3 ). Die Natur ist 1 ) In den wenigen Briefen, die in dieser Zeit geschrieben und von Schurz veröffentlicht sind, macht Lenau gerade auf diesen Mangel immer wieder aufmerksam: Brief an Schurz 16. Oktober 1832 „Der Amerikaner hat keinen Wein, keine Nachtigall" (Schurz I, 198). An Emilie Reinbeck 5. März 33 „Hier gibt es, wie Sie wissen, keine Nachtigall, überhaupt keine wahren Singvögel" (204). An J. Klemm 6. März 33 „kein wahrer Singvogel" (207). Wie tief ihm dieser Mangel zu Bewußtsein kam, drückt besonders sein Gedicht „Der Urwald" aus (Werke, a. a. O. S. 80ff.) Oder an anderer Stelle: „Mag der Amerikaner bei seinem Glase Cider seine Spottdrossel behorchen, mit seinen Dollars in der Tasche, ich setze mich lieber zum Deutschen und höre bei seinem Wein die liebe Nachtigall, wenn auch die Tasche ärmer ist", (Bischoff, a. a. O. I, 312.) 2 ) Die Anschauung einer Degeneration aller Lebewesen in Amerika durch Klima, Bodenbeschaffenheit usw., auf die Lenau hier weist, kommt noch besonders stark in einem Werk von K. v. Pauw zum Ausdruck: „Recherches Philosophiques sur les Américains" par Mr. P.. . ., Berl. 1770. Schon gleich zu Beginn des Vorwortes gibt der Verfasser einen interessanten Hinweis darauf. Er spricht von der großen Bedeutung der Entdeckung Amerikas, mit der man kein anderes Ereignis vergleichen könne und fährt dann fort: «et c'est sans doute un spectacle grand et terrible de voir une moitié de ce globe, tellement disgracié par la nature, que tout y etoit ou dégénéré ou monstrueux». Menschen, Tiere und Pflanzen degenerieren dort. Vgl. z. B. Bd. II, 153: «Du génie abruti des Américains», der physischen Degeneration der Menschen folgt die ihrer geistigen Fähigkeiten: «la dégenération avoit atteint leurs sens et leurs organes : leur ame avoit perdu a proportion de leurs corps. . . » Vgl. auch Bd. III Kap. XVIII «De la dégenération des animaux transplantés en Amérique», wo er, übrigens auch mit Berufung auf Buffon, seine Anschauung gegen die «Dissertation sur l'Amérique et les Américains» von Dom Pernety verficht. — Übrigens spricht auch Alexander von Humboldt von der wenig begünstigten Natur Nordamerikas. Er vergleicht die Bevölkerung Neu-Spaniens mit der Nordamerikas und findet, daß die der „vereinigten Staaten, so a u f f a l l e n d m i n d e r a u c h Boden und Clima dort von der N a t u r b e g ü n s t i g e t s i n d , " schneller zunimmt. (Versuch über denpolitischen Zustand des Königsreich Neu-Spanien, Tüb. 1809, Bd. 1 S. 9). 3 ) Schurz, I, 204f.

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„ k a l t " . „Die Conformation der Berge, die Einbuchtungen der Thäler, alles ist gleichförmig und unphantastisch" 1 ). J a , er, der gerade von der Natur dichterische Anregungen erhoffte, schreibt: „ I n dieser langen Einsamkeit, ohne Freund, o h n e N a t u r , war ich wohl darauf angewiesen, stille Einkehr zu halten . . . . Als Schule der Entbehrung ist Amerika wirklich zu empfehlen" 2 ). Aber freilich, nicht die Natur ist es, die Lenau zu dieser völligen Absage an Amerika bringt. Sie ist ihm nur Gleichnis, wesensgemäßer Ausdruck für das gesellschaftliche und kulturelle Leben dieses Landes. Kurz nach seiner Rückkehr, soll sich Lenau einmal über das Ergebnis seiner Amerikareise in einer für die Haltung der politischen Dichter seiner Zeit zu Nordamerika äußerst bezeichnenden Weise ausgesprochen haben: „Mein Aufenthalt in der neuen Welt hat mich von der Chimäre von Freiheit und Unabhängigkeit, für die ich mit jugendlicher Begeisterung schwärmte, geheilt. Ich habe mich dort überzeugt, daß die wahre Freiheit nur in unserer Brust in unserem Wollen und Denken, Fühlen und Handeln ruht" 3 ). Aber was ist es nun eigentlich, das diesen mit den wärmsten Vorurteilen ursprünglich ausgestatteten Dichter zu einer so völligen Umwandlung bringen konnte ? Der Grund liegt in dem Moment, das viele geistig orientierte Männer jener Zeit, die den Boden Amerikas betraten, zu ähnlicher Kritik führte 4 ), das zur Zeit der klassizistischen Periode bereits Ausgangspunkt einer beginnenden Abkehr und Kritik gewesen war: der mangelnden Kultur des Landes, der materiellen Grundeinstellung und Herzensroheit seiner Bewohner, die sich infolge des ständigen wirtschaftlichen Existenzkampfes gegen die Wildnis in jener Zeit tatsächlich in einer gewissen ausschließlichen Weise bemerkbar machen mußte. Kein Wort erscheint Lenau stark genug, um den alles beherrschenden Handelsgeist zu geißeln, der ihm, ähnlich wie wir es bei den frühen Romantikern beobachten konnten, vor allem den Amerikaner zu bezeichnen scheint. „Bruder, diese Amerikaner sind himmelanstinkende Krämerseelen. Tod für alles geistige Leben, maustodt . . . Eine Niagarastimme gehört dazu, um diesen Schuften zu predigen, daß es noch höhere Dinge gebe, als die im Münzhause geschlagen werden" 5 ). Oder ein andermal: „die Bildung der Amerikaner ist bloß eine merkantile, eine technische. Hier entfaltet sich der praktische Mensch in seiner furchtbarsten Nüchternheit". Aber selbst das, was auf diesem Gebiet in Amerika geschaffen wird, ist nicht eine „von innen organisch hervorgegangene, sondern eine von außen gewaltsam und rapid herbeigezogene, „bodenlose" Kultur. Bodenlos — eine ganz aus romantischen Gedankengängen hervorgegangene Kritik also —• erscheint ihm alles drüben: Ackerbau, Industrie, Handel, vor allem aber die politischen Institutionen. Von einem „Vaterland", von Vaterlandsliebe 2 ) Dto. S. 205. Schurz, I, S. 207. ) Dto. S. 224. Interessant ist eine Gegenüberstellung der europäischen Unfreiheit und der amerikanischen „Freiheit", nämlich wie sie Lenau sah: „Mag poetischer sein Europa's Kettengeklirre, — aber tröstlicher ist Amerika's Thalergeschwirre". (Motto einer Handschr. zu „das Blockhaus", Bischoff a. a. 0 . 314). 4 ) So bes. Dickens, Hubert Herkomer u. a. Vgl. Castle S. 24. 5 ) Schurz, I, 199. 3

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kann nicht gesprochen werden. Wenn der Amerikaner im Sinne seiner republikanischen Verfassung wirkt, so tut er das nur, „solange dadurch sein Privatbesitz gesichert i s t " . „Was wir Vaterland nennen, ist hier bloß eine Vermögensassekuranz. Der Amerikaner kennt nichts, er sucht nichts, als Geld; er hat keine Idee; folglich ist der Staat kein geistiges und sittliches Institut (Vaterland), sondern nur eine materielle Convention" 1 ). Daß die einzelnen Lebensäußerungen, wie sie sich dem Dichter darboten, bei diesem rohen Grundzug des amerikanischen Charakters, wie ihn der Dichter sehen mußte, jeder künstlerischen Ausgestaltung) ermangeln, ist klar. Hatte Lenau das eine erkannt, so mußte er für die Roheit der Lebensformen, auch abgesehen von seiner großen Empfindlichkeit überhaupt, besonders empfänglich sein. Die Geschmacklosigkeit, verbunden mit Reichtum und Luxus 2 ), die unbehagliche Atmosphäre 3 ), die „zahme, und darum doppelt widerliche" Rauheit 4 ), die Unmusikalität und „Hohlheit" der Amerikaner, besonders auch der Frauen, stoßen ihn besonders ab. „Ich war häufig in musikalischen Gesellschaften", schreibt er, „wo junge Damen sich singend ( ?) hören ließen. . . . ein sonderbares Geschrille, das höchstens dem einer Möwe ähnlich kommt. Ich hörte mit vielem Grausen zu, denn ich vernahm in jeder Note die Resonnanz einer fürchterlichen inneren Hohlheit" 5 ) Scheinen so die amerikanischen Dinge in ihrer ganzen Flachheit „durchschaut", greift so der Dichter, der aus jenem weiteren Kreis der Romantik die Hoffnung auf ein großes Natureriebnis „ A m e r i k a " mitgebracht, der zugleich aus den neuen politisch-realistischen Gedankengängen ein „freies" Staatswesen gesucht hatte, in seiner Enttäuschung ganz — oft in fast wörtlicher Fassung — auf die prinzipielle romantische Kritik zurück, so bleibt er darin auch in seinen Folgerungen konsequent. Auch ihm verkörpert Amerika ein Prinzip, eine verhängnisvoll wirkende, zerstörende K r a f t . Amerika ist eine Gefahr und dies besonders für die Deutschen. Wer hinüberwandert — und in jener Zeit ist die Auswanderung bereits außerordentlich stark 6 ) — der scheint ihm allem zu entsagen, was er vorher war, denn diese eigentümliche Atmosphäre saugt ihn auf. Zwar zuerst dünkt dem Auswanderer „ d a s fremde (furchtbarfremde) L a n d " noch unerträglich, er empfindet den Gegensatz. Aber bald verliert er sein Heimweh, seine Vaterlandsliebe, alles überhaupt, was er zuvor darstellte. „Hier sind tückische Lüfte, schleichender Tod. In dem großen Nebellande Amerika's werden der Liebe leise die Adern geöffnet, und sie verblutet sich unbemerkt" 7 ). Lenau selber glaubt, diesen verhängnisvollen Einfluß zu spüren. „Ich muß eilen über Hals und K o p f hinaus — hinaus — sonst verlier ich das meine (erg. Heimweh) auch noch" 8 ). Und ein andermal: „Merkwürdig ist es, wie die heftigsten Gefühle hier so 2 ) Dto, I, 198. Schurz. I, 208. 4 ) Dto. S. 204. ) Dto. S. 209. 5 ) Dto. S. 207. 6 ) Erst seit 1846 wurden Aufzeichnungen der über Hamburg und Bremen Reisenden vorgenommen. In Amerika dagegen gibt es bereits seit 1820 eine Einwanderungsstatistik. Nach ihr wanderten zwischen 1820 und 1830 — 6761, zwischen 1831 und 1840 — 152454, zwischen 1841 und 1850 — 434626 und zwischen 1851 und 1860 — 951667 Deutsche in Nordamerika ein. (Vgl. O. Preuße-Sperber: Deutschlands Auswanderungsfrage, Lpz. 1924, S. 52). ') Schurz, I, 205. ») D t o . g. 205. 3

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schnell e r k a l t e n . Die Liebe z u m V a t e r l a n d geht bei den meisten E i n g e w a n d e r t e n sogar in H a ß u n d V e r l e u m d u n g ü b e r " 1 ) . Gerade die A u s w a n d e r u n g scheint i h m d a h e r als die „ s c h l i m m s t e F r u c h t der üblen Verhältnisse in D e u t s c h l a n d " 2 ) . U n d in der T a t sieht die rasche Abwicklung der G e s c h ä f t e v o r der R ü c k k e h r L e n a u s n a c h D e u t s c h l a n d einer F l u c h t n i c h t unähnlich 3 ). D a s Gesamtergebnis also v o n L e n a u s a m e r i k a n i s c h e n S t u d i e n ist d a s einer absoluten U m w a n d l u n g der aus D e u t s c h l a n d m i t g e b r a c h t e n B e u r teilung, einer völligen A b l e h n u n g der westlichen Verhältnisse. Die ausschließlich materiellen G r u n d l a g e n , die n u r „ K r ä m e r s e e l e n " u n d deren Bedürfnissen e n t s p r e c h e n d e n E i n r i c h t u n g e n lassen das F e h l e n j e d e r Geistesk u l t u r d e m B e t r a c h t e n d e n n o c h besonders a b s t o ß e n d ins Auge fallen. Zud e m liegt in der a m e r i k a n i s c h e n „ L u f t " geradezu eine G e f a h r , d a in ihr, in der A t m o s p h ä r e dieses L a n d e s die E i g e n s c h a f t e n des Geistes u n d des Gem ü t e s v e r d o r r e n , u n d so die E i n w a n d e r e r , besonders die D e u t s c h e n , zu den selben r a u h e n u n d kulturlosen B a r b a r e n w e r d e n , wie es f ü r L e n a u die Amer i k a n e r sind 4 ). L e n a u selber f a ß t das E r g e b n i s dieser Reise e i n m a l sehr bezeichnend z u s a m m e n : „ A m e r i k a ist das w a h r e L a n d des U n t e r g a n g e s , der W e s t e n der Menschheit. D a s a t l a n t i s c h e Meer a b e r ist der isolierende G ü r t e l f ü r den Geist u n d alles höhere L e b e n " 5 ) . E s ist vielfach, u m das V e r h a l t e n L e n a u s N o r d a m e r i k a gegenüber zu r e c h t f e r t i g e n , auf die u n g ü n s t i g e n U m s t ä n d e bei seiner Reise hingewiesen worden 6 ). Die T a t s a c h e eines W i n t e r a u f e n t h a l t e s , die K r a n k h e i t , u n t e r der er d r ü b e n zu leiden h a t t e , die außergewöhnliche R e i z b a r k e i t L e n a u s überh a u p t , d a n n der Ärger m i t der Auswanderungsgesellschaft, der i h m eigentlich schon vor der E i n s c h i f f u n g n a c h d e m W e s t e n die Reise v e r b i t t e r t e — alles das sind gewiß M o m e n t e , die ein L i c h t auf L e n a u s S t i m m u n g werfen k ö n n e n . Aber zu einer E r k l ä r u n g w ü r d e n sie h ö c h s t e n s genügen, wenn das Urteil L e n a u s ü b e r A m e r i k a in dieser Zeit u n d in dieser F o r m ein einmaliges gewesen wäre. Aber das ist d u r c h a u s n i c h t der Fall. I m Gegenteil, es ist schon d a r a u f hingewiesen w o r d e n , wie sich gerade in L e n a u s H a l t u n g , zum a l in d e m W a n d e l , den er in dieser B e z i e h u n g d u r c h m a c h t , das U r t e i l der Zeit gewissermaßen z u s a m m e n g e f a ß t widerspiegelt. G e r a d e L e n a u , der a u c h literarisch a n der Grenze zweier Zeiten s t e h t , k a n n m i t b e s o n d e r e m R e c h t f ü r das Bild, das sich das geistige D e u t s c h l a n d seiner Zeit v o n A m e r i k a m a c h t e , herangezogen werden. W i r w e r d e n sehen, wie die politischen 2 !) Schurz, I, S. 209. ) Dto. S. 205. 3 ) Schurz schreibt über Lenaus Pachtvertrag v o m 15. März 1833, wo er seine Ländereien einem Württemberger übergab: „Niembsch unterschrieb, bereits mit dem Fuß im Steigbügel" (I, 211). An seinen Ländereien erlebte er übrigens wenig Freude, so daß sich mit allem andern auch die Hoffnung auf eine glückliche Spekulation zerschlug. 4 ) Bezeichnend ist auch, daß Lenau, der an Reinbeck einige Gedichte aus Amerika mitschickte, in dem Begleitbrief schrieb: „Ich weiß nicht, ob nicht alles, was ich hier niedergeschrieben, äußerst geistlos ist; ich kann es h i e r nicht beurteilen. Ich bitte daher geziemendst, alles, was Ihnen abgeschmakt erscheint, auf das amerikanische Klima zu schieben". (Schurz, I, 206.) 5 ) Den stärksten Niederschlag der Enttäuschung dieser beiden „prägnantesten Jahre" seines Lebens (Brief an Schurz, Schurz I, 229) finden wir in dem Gedicht „Der Urwald" (Werke, a. a. O. 80ff.): Es ist ein Land voll träumerischem Trug, — auf das die Freiheit im Vorüberflug — bezaubernd ihren Schatten fallen l ä ß t . . . " 6 ) So von Baker, Desczyk u. Weber.

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Schriftsteller, vor allem die des „Jungen Deutschland", die die romantischen Züge des Amerikabildes, wie sie bei Lenau stark vertreten sind, mehr und mehr fallen lassen und den Ton fast ausschließlich auf die politische Freiheit des westlichen Staates lenken, kaum Andersartiges sagen in ihrer begeisterten Zustimmung oder völligen Abkehr, als es uns in den wenigen Dokumenten der Amerikareise Lenaus vor und nach der Umwandlung, wenigstens angedeutet enthalten ist. Freilich war Lenaus Freiheitsbegriff nicht der in feste politische Forderungen eingekleidete des revolutionären damaligen Deutschland. Er war viel zu sehr Aristokrat, zu sehr auch gerade Romantiker, als daß ihn die radikalen demokratischen Wünsche und die Art, sie zu äußern, auch vor seiner Amerikareise, nicht abgestoßen hätten. Seine Opposition hatte mehr auf einer allgemeinen Freiheitssehnsucht beruht, die sich gegen „Despoten" 1 ) und „Tyrannen" 2 ) irgendwelcher Art, besonders aber gegen das österreichische Polizeiregiment, gegen die Zensur gerichtet hatte. Aber daß gerade Männer aus dieser Stellungnahme heraus — besonders gehört auch der österreichische Graf Auersperg, Anastasius Grün, hierher 3 ) — Großes v o n dem Westen erwarteten, zeigt, wie in der Tat Amerika und Freiheit, was auch immer man darunter verstand, einer Gruppe Deutscher identisch schien. Unterdessen hatten sich die politischen Probleme und Kämpfe der Zeit in der deutschen Dichtung einen Platz erobert, wie er in diesem Maße in der Geschichte wohl einzig dasteht. Lenau, dem „ein ewiges Politisieren" so durchaus zuwider war, bedeutete damit eine eigentlich ganz unzeitgemäße Erscheinung; die Zeit, da „ein politisch Lied ein garstig Lied" hieß, hatte sich völlig verwandelt. Bezeichnend für die damals herrschende Stimmung ist das Lied v o n Hoffmann von Fallersleben „Ein Lied aus meiner Zeit" 4 ), das beginnt: 1

) Vgl. „Abschied, Lied eines A u s w a n d e r n d e n " , a. a. O. ) Vgl. Polenlieder „ M a s k e n b a l l " , a. a. O. — Auf die Frage, wie sich L e n a u 1848 verh a l t e n h ä t t e , wäre er gesund gewesen, g l a u b t Schurz a n t w o r t e n zu können, d a ß er sich wohl n a c h kurzer Zeit e n t t ä u s c h t zurückgezogen h a b e n w ü r d e . Besonders ein Gedicht „ P r o t e s t " (Nachlaß, W e r k e , a. a. O. 321), das in A m e r i k a , also zur Zeit der vielen radikalen U m t r i e b e , des H a m b a c h e r Festes in D e u t s c h l a n d , e n t s t a n d , gibt von seiner diesbezüglichen Stellungnahme Zeugnis. E r w e n d e t sich d a m i t besonderem N a c h d r u c k gegen „ i n des Volkserretters R u h m g e w a n d verhüllte S c h u f t e " , z ä h l t „ d a s K ö n i g t h u m d e n Himmelsg a b e n " zu, ohne sich freilich f ü r das einzusetzen, „ w a s j e t z t u n d hier a n Königen wir h a b e n " . I n einem Brief a n Emilie R e i n b e k ist es „ a n die Ultraliberalen in D e u t s c h l a n d " betitelt. Vgl. Bischoff, a. a. O. I , 208. 3 ) Ü b e r die Stellung v o n A. G r ü n zu den politischen D i c h t e r n der Zeit vgl. T r e i t s c h k e : Deutsche Geschichte i m 19. J a h r h u n d e r t , 4. Tl. Lpz. 1889, S. 445f. E s ist eigentümlich, wie G r ü n in einem Gedicht aus d e m J a h r 1831 „ e i n e m a u s w a n d e r n d e n F r e u n d e " (Album österreichischer Dichter, W i e n 1850 S. 75ff.) noch d u r c h a u s eine a b w a r t e n d e H a l t u n g gegenüber Amerika e i n n i m m t . E r f r a g t „ d r u m , o sprich, was lockt dich d r ü b e n , das die H e i m a t h dir versagt ? — I s t s des R e c h t s e r h a b n e r L e u c h t t h u r m , der dir hell h i n ü b e r t a g t ? — Ists der G n a d e o r t der Freiheit, der M a d o n n a u n s r e r Zeit ? . . . " U n d a n t w o r t e t : „ F r e u n d , ich weiß, d a ß allzuüppig u n s der Freiheit B a u m n i c h t s p r i e ß t " oder die A u s w a n d e r n d e n werden verglichen m i t den Pilgern n a c h J e r u s a l e m : „ A c h wohl wird's a u c h euch ergehen, wie sich's j e n e n einst b e g a b , — euer Heiland ist e r s t a n d e n u n d ihr t r e f f t ein leeres G r a b ! " Später auf seiner Italienreise 1834—35 freilich, als er selber den G e d a n k e n h a t t e , auszuwandern, ist i h m im Gegensatz zu Italien, d e m L a n d e des Todes, der Gräber, A m e r i k a das L a n d des Lebens. (Cincinnatus, Ges. W e r k e , Berl. 1877 S. 265ff.). U b e r G r ü n s Stellung zu Amerika vgl. W e b e r , 170ff. 4 ) „ D e u t s c h e Lieder aus der Schweiz", 4. A u f l . L p z . " 1848, S. 25. 2

3. Nordamerika zur Zeit der liberalen Opposition und des Realismus

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„ E i n politisch Lied ein garstig Lied! so dachten die Dichter mit Göthen und glaubten, sie hätten genug gethan, wenn sie könnten girren und flöten . . . " und später fortfährt: „Ich sang nach alter Sitt' und Brauch von Mond und Sternen und Sonne, von Wein und Nachtigallen auch, von Liebeslust und Wonne. Da rief mir zu das Vaterland: du sollst das Alte lassen,den alten verbrauchten Leiertand, du sollst die Z e i t erfassen." 1 ) Die Ideale der „Freiheit" und eines geeinigten Deutschtums waren zu tief in das Leben des Volkes bereits eingedrungen, als daß sie nicht gerade auch da zum Ausdruck kommen mußten, wo die Lebensfragen einer jeden Zeit sich spiegeln: in der Dichtung. Zudem bedeuteten für diejenigen, die sich zu Vorkämpfern dieser Ideale, einer neuen Zeit überhaupt, berufen fühlten, Rede und Schrift die einzige Möglichkeit, sich zu äußern, wenn es auch dank der Zensur und dem konsequenten Einschreiten gegen alles, was demagogischen Umtrieben ähnelte, Gefahr genug mit sich brachte. Gewiß haben jedenfalls gerade diese Schriftsteller in ihrer Wirkung eine große Bedeutung für die geistige Vorbereitung der 48 er Ereignisse gehabt 2 ). Daß Nordamerika in diesen Kämpfen zunächst als Symbol der Freiheit auftauchte, liegt nahe. Einmal war es das traditionelle Land der „Freiheit" bereits seit dem „ S t u r m und D r a n g " des 18. Jahrhunderts, jener Strömung gerade, auf die man vielfach zurückgriff. Dazu kommt noch ein anderes Moment: Schon nach den ersten scharfen Maßnahmen der Reaktion, wie sie besonders nach dem Wartburgfest hervorgerufen wurden, waren Auswanderungen von Vertretern der unterdrückten politischen Ideale vorgenommen worden. Das steigerte sich im Laufe der Zeit bis zur Mitte des Jahrhunderts immer mehr. Besonders als mit dem Wachsen der Erbitterung gegen die Reaktion sich die Opposition immer stärker Luft machte, als vor allem die revolutionären demokratischen Strömungen in Kundgebungen wie beim Hambacher Fest mehr und mehr in den Vordergrund rückten und erneute schärfere Maßnahmen seitens der Regierungen nach sich zogen, kam es zu wahren Massenauswanderungen solcher politischen Flüchtlinge. Und daß diese vielfach gerade Nordamerika, das in seinem Staatswesen die ersehnte deutsche Zukunft darzustellen schien, zu ihrer Heimat wählten, lag von vorn herein in den Tendenzen, die sie vertraten. Waren doch auf jenem Hambacher Fest sogar Hochrufe auf „die vereinigten Freistaaten Deutschlands" 3 ) zu hören gewesen, bei denen die Parallele zu den VereinigVgl. auch in dieser Beziehung den 1843 erschienenen, sehr bezeichnenden Aufsatz von R. E. Prutz: „Die politische Poesie der Deutschen" (LiterarhistorischesTaschenbuch, 1. Jahrgang, 1843, hrsg. v. Prutz). 2 ) Über die politische Dichtung des „Jungen Deutschland" vgl. bes. J . Proelss: „ D a s junge Deutschland. Ein Buch Deutscher Geistesgeschichte". Stuttg. 1892. 3 ) Vgl. Treitschke, a. a. O. 264. 3

Meyer, Nord-Amerika

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I. Das Amerikabild im deutschen Schrifttum

ten Staaten Nordamerikas unverkennbar ist. Diese Auswanderungen aber vermochten das allgemeine Interesse an dem westlichen Lande in ganz anderem Maße zu erwecken, als es die Auswanderungen der wirtschaftlich Bedrängten, so groß sie damals auch immer waren, je vermocht hätten. Die Schriften dieser Gruppe von Menschen, die jetzt Jahr für Jahr in großer Anzahl auf dem Büchermarkt erschienen 1 ), fanden doch nur in den Kreisen der unmittelbar an der wirtschaftlichen Not der Zeit oder an Auswandererfragen Interessierten Anklang; selten aber drang, was sie an Lob oder Tadel über Nordamerika schrieben, in das wirkliche Bewußtsein der Öffentlichkeit. Jene politischen Flüchtlinge aber galten als Märtyrer der noch ungelösten Zeitprobleme, die alle interessierten, und zogen sie nach Westen, so lag in der Richtung ihrer Auswanderung schon Urteil und Bild von Amerika: es war das ihnen gemäße Land, das die Kämpfer der Freiheit und der neuen besseren Zeit, welche die Heimat verstieß, mit offenen Armen empfing 2 ). Diese Stimmung hat vielfach in Liedern und Gedichten dieser Flüchtlinge selber ihren Niederschlag gefunden. Da ist etwa ein Lied Friedrich Münchs, der als Student in Gießen Mitglied einer radikalen Burschenschaft, des „Bundes der Schwarzen" 3 ), war und 1834 nach Amerika auswanderte, in welchem er die neue Heimat begrüßt: „Auf in mutigem Vertrauen, fest und brüderlich vereint! Vorwärts, vorwärts laßt uns schauen, am Missouri Hütten bauen, wo der Freiheit Sonne scheint. Vaterland, das mich geboren, lebe wohl, ich scheide nun! Glück und Freude war verloren, — Tyrannei, du seist verschworen! Will in freiem Lande ruhn. Ihr vom alten Vaterlande, seht, wir gehen euch voran. O zerbrecht auch eure Bande, kühn entreißet euch der Schande — folgt, o folget unsrer Bahn. Deutsche Kraft und deutsche Treue — über Meere fliehn sie hin. 0 so blühe denn aufs neue deutsche Kraft und deutsche Treue, am Missouri sollt ihr blühn". 1)

Vgl. Bibliographie ! Über die Auswanderung politisch Verfolgter nach Amerika s. unten S. 101, Anm. 2. 3 ) Vgl. hierzu besonders Hermann Haupt: „Karl Folien und die Gießener Schwarzen", in den „Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins", 15. Bd. Gießen 1907. In Bezug auf die Ideen dieser Kreise von Amerika bes. S. 145ff. 2)

3. Nordamerika zur Zeit der liberalen Opposition und des Realismus

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Oder ähnlich aus einem Gedicht des 1836 ausgewanderten Julius Weyse: „Weit entfernt von unserm Vaterlande und von dem, was unserm Herzen nah, segeln mutig wir zum fernen Strande, in das freie Land Amerika. Durst nach Schätzen trieb uns nicht von dannen, nicht die Schuld, die's eigne Herz verklagt; nur die Willkür schändlicher Tyrannen, die am Mark des deutschen Volkes nagt. Wunden, die des Schicksals Mächte schlagen, trägt der Mensch, denn Gott hat sie beschert, aber knechtisch Sklavenjoch zu tragen, das ist keines freien Menschen wert ! Drum lebt wohl, ihr vaterländschen Auen! Drang nach Freiheit trieb uns in die Fern', und wir folgen ihm mit Gottvertrauen : überm Meer blinkt uns der Freiheit Stern!" 1 ) x ) Aus UMendorf: "German-American Poetry. A. contribution to Colonial Literature." Jahrbuch der deutsch-amerikanischen historischen Gesellschaft von Illinois, hrsg. v. Goebel, Jahrg. 1922—23, S. 140ff. Fundstellen deutsch-amerikanischer Literatur bes. auch bei H . A. Rattermann : Deutschamerikanisches Biographikon und Dichter-Album. Cincinnati 1911. Bes. bezeichnend für das, was man aus diesen Kreisen u. U. von Amerika erwartete, ist dort ein Gedicht von Jacob Schmidt (Bd. X , Tl. I, 426): Nordamerika, das Land meiner Wünsche.

„ K e n n t ihr das Land, wo frei die Meinung ist, kein Zensor je der Worte Kühnheit mißt, das Urteil frei von Mund zu Munde geht und unverletzt der Freiheit Tempel steht ? Wißt ihr, wo man nach eignem Herzensdrang den Herrn verehrt im eig'nen Lobgesang, kein Glaubenszwang zur Heuchelei verführt und Duldung stets den freien Glauben ziert ? Kennt ihr das Land, wo gleich sich alle sind ? Wo's keine Junker gibt, kein Fürstenkind, den Besten selbst der Name „Bürger" schmückt? Kennt ihr das Land, wo das Gesetz regiert und kein Despot ? Wo freie Wahl erkürt den besten Mann, des Staates Haupt zu sein, kein Titel gilt, nur das Talent allein ?" usw. Andere Fundorte solcher auf amerikanischem Boden massenhaft erschienenen, großenteils gerade von politischen Flüchtlingen stammenden Verse bei G. A. Zimmermann: Deutsch in Amerika, Beiträge zur Geschichte der deutsch-amerikanischen Literatur, Chicago 1892, bes. Kap. I I : „Politische Periode" (1825—1850) S. 9ff. Oder „Dornrosen". Erstlingsblüthen deutscher Lyrik in Amerika, 3. Aufl. New York 1872. Andere Literaturangaben bei Uhlendorf (s. o.). Vgl. auch H. H a u p t a. a. O. S. 148. 3*

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I. D a s Amerikabild im deutschen Schrifttum

Aber gerade auch die Schriften der Zurückbleibenden zeigen sich vielfach von einer solchen Stimmung erfüllt. Da ist Amerika vor allem die „neue Welt", das noch unverbrauchte Land der Zukunft, dem man die untergehende alte Welt, Europa, gegenüberstellt. Der Gedanke, wie ihn Platen in seinem Tagebuch 1818 formuliert, „daß bald die ganze Kultur Europas nach Amerika wandern wird, daß unsere Geschichte sich ihrem Ende naht" 1 ) liegt vielen nahe. Amerika ist das „große und blühende Weib", Europa „das berüchtigte welkende Mädchen" 2 ), oder wie es aus ähnlicher Stimmung Anastasius Grün faßte, es ist im Gegensatz zu Italien, dem Lande der Gräber, des Todes das des Lebens 3 ). Oder in der Formulierung Börnes: „Asien war die Wiege des menschlichen Geschlechtes; Europa sah die Lust, die Kraft, den Übermut seiner Jugend. In Amerika entwickelt sich die Fülle und Weisheit des männlichen Alters" 4 ). Die „Europamüdigkeit" 5 ) jener Zeit, wie sie aus den drückenden politischen Verhältnissen, den vielen vergeblichen Kämpfen und der Aussichtslosigkeit auf eine zukünftige Änderung zu verstehen ist, kann garnicht deutlicher zum Ausdruckkommen, als in den Attributen, welche die zeitgenössischen Schriftsteller Europa und denen, welche sie Amerika beilegen. Dabei sind es immer die beiden wirksamen Ideen der Zeit, aus denen diese Stimmung hervorgeht: bürgerliche Freiheit und nationale Einigung. Und nicht nur in ihrer Resignation gegenüber den europäischen Verhältnissen, auch in dem Bilde, zu dem ihnen Nordamerika wird, schaffen beide Ideen mit. Als Land der Freiheit wird es in allen nur denkbaren Tonarten besungen. Den Liedern der politischen Dichter liegt dieses Motiv zugrunde wie vielen Romanen 6 ), Reisebeschreibungen, der Auswandererliteratur 7 ) und besonders auch historischen Schriften 8 ), die Amerika behandeln. E s ist das „ L a n d der Pracht, wo der Freiheit stolzes Leben zwischen Palmen auferwacht" 9 ), „wo die Freiheit hält das Lot" 1 0 ), wo aus des Urwalds „ge! ) Tagebuch, 26. J a n u a r 1818. Sämtl. Werke, hrsg. v. K o c h u. Petzet. 2. Bd. 1. Tl. S. 23. 2 ) Platen: „ A m e r i k a " 1817, Werke, hrsg. v. C. Redlich, Berlin, I, 691f. Vgl. Weber 73ff. 3 ) Grün, s. o. — Eine sehr ähnliche Formulierung findet sich in dem Gedichte Platens: „Columbus G e i s t " 1818. Werke, hrsg. v. Redlich, a. a. O. S. 3: „ S e g l e westwärts, sonne dich am Lichte, — das umglänzt den stillen Ocean; — denn nach Westen flieht die Weltgeschichte, — wie ein Herold segelst du v o r a n ! " 4 ) Aphorismen Nr. 141, Ges. Schriften, B d . VI. H a m b u r g 1829, Weber 238. 5 ) Über die Herkunft dieses charakteristischen, in jener Zeit viel gebrauchten Ausdrucks vgl. bes. Desczyk 55. Zuerst ist er wohl von Heine ( „ E n g l . F r a g m e n t e " 1823) gebraucht worden, dann haben ihn Immermann, H o f f m a n n von Fallersleben, Zschokke aufgenommen, Willkomm machte ihn zum Titel seines R o m a n s ( „ D i e E u r o p a m ü d e n " 1838). Übrigens verwendet ihn auch Eichendorff in seinem Gedicht „ E i n Auswanderer" (s. o.), in dem er sich über die Haltung seiner Zeit zu Amerika lustig macht. 6 ) Z. B . bei Sealsfield (Karl Postl), 1822 nach Amerika. (Vgl. Bibliographie!) Bes. auch Zschokke (1771—1848). Bes. interessant ist in diesem Zusammenhang seine Abhandlung: „Europens Niedergang — Amerika's A u f g a n g " , veröffentl. in den „Überlieferungen zur Geschichte unserer Zeit", 1818; Vgl. Weber 80f. 7 ) So besonders Duden, a. a. O. 8 ) Etwa Friedrich von Raumer, u. a., über die noch zu sprechen sein wird. 9 ) Platen, Werke, a. a. O. I, 31 „Matrosenlied" (1818). , 0 ) Freiligrath, aus „ T o d des F ü h r e r s " , 1835. Sämtl. Werke, New York, 1858, I, 270ff. Im ganzen sind es sonst f a s t ausschließlich die große Natur, der Urwald, die Indianer und die Auswanderer, die Freiligrath besingt. Weber, 190ff.

3. N o r d a m e r i k a zur Zeit der liberalen Opposition u n d des Realismus

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heimnisvollen Dämmerungen der Freiheit Tag erhob die goldnen Fahnen" 1 ). Und Columbus, der dieses Land der Menschheit „zum Heil" gefunden hat, wird als Heros einer neuen großen Zeit gepriesen 2 ). Aber Amerika bedeutet doch nicht ausschließlich das Land der Freiheit, vielfach und stark klingen Töne an, die dieser westlichen freien Welt erst in Verbindung mit der deutschen Nation eigentliche Bedeutung beimessen. Wiederum tritt deutlich hervor, wie wenig Amerika an sich, wieviel mehr dagegen die lebendigen Probleme der Zeit das Bild des fernen Landes formen. Der Gedanke eines Neu-Deutschland wird gefaßt, das, vielfach ein Idealstaat der Liberalen, das Mutterland im Laufe der Zeit mit seinen Ideen überfluten, es „befreien" wird, wodurch der Weg zum einigen Deutschland und zur zukünftigen Macht- und Weltgeltung des Vaterlandes eingeschlagen sein wird. So haben wir aus dem Jahr 1847 eine interessante Schrift von Brauns; „Neudeutschland in Westamerika" 3 ). Als Motto ist ihr das vorausgesetzt, was „ein sehr erleuchteter Korrespondent" in der Augsburger Allgemeinen Zeitung schrieb: „Hätte Deutschland für seine Auswanderungen einige Sorge getragen, und ihnen das erste, immer schwere Etablissement erleichtert und vorbereitet, so würden jetzt in Nord- und Südamerika deutsche Staaten bestehen, vielleicht im politischen Verbände der Vereinigten Staaten oder von Brasilien, aber in Sprache, Sitte und Handel durchaus deutsch" 4 ). In der Abhandlung sucht dann der Verfasser die „Europamüden" 5 ), die sich bis jetzt wahllos in alle Welt verstreuten, oft von Spekulanten, die „mit 29 Proz. Gewinn" beteiligt sind 6 ), in tiefstes Elend gebracht, vor allem auf den Westen v o n Nordamerika aufmerksam zu machen. Hier, jenseits des Mississippi, ist ein „Erdfleck", „der noch uns und dem x ) R u d . Gottschall „ F r e i l i g r a t h " 1842, vgl. W e b e r 196. — Diese der romantischen Verfassung völlig entgegengesetzte A r t der Auslegung der amerikanischen Verfassung, wie sie in allen diesen N o r d a m e r i k a beigelegten A t t r i b u t e n z u m A u s d r u c k k o m m t , zeigt wiederum deutlich ihre Gebundenheit a n die Zeitprobleme. Eine d u r c h ganz ähnliche Momente bedingte Auffassung der amerikanischen Verfassung f i n d e t sich in den W e r k e n amerikanischer Schriftsteller: Vgl. d a r ü b e r A. R e i n : „Die historische F o r s c h u n g über die U r s p r ü n g e der Verfassung der Vereinigten S t a a t e n von A m e r i k a " , Historische Zeitschrift, B d . 122, H e f t 2, S. 241ff., wo die in verschiedenen Zeiten eigentümlich entgegengesetzten Beurteilungen im Z u s a m m e n h a n g m i t den politischen P r o b l e m e n Amerikas b e h a n d e l t werden. 2 ) So v. P l a t e n „Colombos Geist", a. a. O. Ludw. Aug. F r a n k l „Colombos T o d " , 1836 in S t u t t g . erschienen. A l b u m österr. Dichter, Wien 1850 S. 289ff. Friedrich R ü c k e r t : „Cristophero Columbo oder die E n t d e c k u n g der Neuen Welt. Geschichtsdrama in 3 Teilen." (Ges. poetische W e r k e in 12 B ä n d e n . F r a n k f u r t a. M. 1882, Bd. 10, 284f.) Z u m Schluß erscheint d e m sterbenden Columbus der Geist der Königin Isabella, der ihn einen Blick in die Z u k u n f t t u n l ä ß t : „ F r e i über der Zerstörung Graus — erhebe deinen Blick! — I n gold'ne Z u k u n f t sieh hinaus, — sieh deiner W e l t Geschick! — America, von Blut gedüngt, — E u r o p a b l ü h t daselbst v e r j ü n g t — Sieh, freie S t a a t e n wachsen da — i m blühenden A m e r i c a ! " (S. 647, veröffentl. 1845, vgl. W e b e r 98.) 3 ) E . L. B r a u n s in Lemgo u. D e t m o l d , 1847, ersch. Der Verfasser h a t auch sonst vielfach ü b e r A m e r i k a geschrieben, vgl. Bibliographie! 4 ) A u c h D u d e n gibt in seinem e r w ä h n t e n Reisebericht den P l a n zu einem solchen d e u t schen S t a a t e , zu dessen G r ü n d u n g 60000 deutsche Einwanderer sich z u s a m m e n t u n m ü ß ten, „dessen Gesetzgebung sie n a c h Willkür ihren vaterländischen Sitten u n d G e b r ä u c h e n anpassen d ü r f t e n " . Ausg. Elberf. 1829, S. 326. 5 6 ) B r a u n s , a. a. O. S. 5. ) Dto. S. X .

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I. Das Amerikabild im deutschen Schrifttum

gesammten deutschen Stamme Raum gewährt" 1 ), hier also ist ein Land gefunden, wo — wie es im Vorwort heißt — „noch keine europäische oder anglo-amerikanische Nation vorherrscht und mit schlauer Gewandtheit sich bestrebt, allen andern unter und neben ihr sich niederlassenden Nationen den Stempel ihres Geistes aufzudrücken 2 ). Hier, und „nur hier kann der Deutsche seine Nationalität entfalten, nur hier seine alten vaterländischen Sitten, Gewohnheiten und die wohlbekannten von Kindheit auf gehörten süßen Töne der Sprache aufrecht halten" 3 ), während dies allerdings „in allen gegenwärtigen dreißig Staaten der nordamerikanischen Union, wo die deutsche Nationalität einmal verpufft und verscherzt und für ein elendes Linsengericht weggegeben i s t " , wo sich überhaupt „die deutsche Nationalität . . . schwerlich noch ein Jahrhundert behaupten" wird 4 ), unmöglich ist. Wenn auch hier die Deutschen, „ s t a t t ihre schöne Sprache aufrecht zu halten, Affen der Engländer und Irischen werden", so ist ihr Untergang als Deutsche ihre eigene Schuld, denn an die deutsche Sprache in Schulen, Kirchen, besonders aber Gerichten 5 ) ist die Erhaltung der Nationalität geknüpft. Wird aber wirklich einmal die Auswanderung sinngemäß organisiert, „dann werden wir bald ein blühendes ,Neudeutschland' sich entfalten sehen, an dessen Küste weder die anglo-amerikanische, mexikanische, sondern die deutsche Fahne aufgepflanzt ist" 6 ). Gerade dieses Thema: für ein „Neudeutschland" auf amerikanischem Boden zu werben, ist auch der eigentliche Gegenstand der Schrift Löhers: „Geschichte und Zustände der Deutschen in Amerika" (2. Ausg. 1855, Göttingen). Löher wehrt sich mit aller K r a f t dagegen, daß etwa der Deutsche in Amerika keine andere Bestimmung haben sollte, „als zum Verzehr des Yankees und als Völkerdünger zu dienen" 7 ). Besonders bezeichnend aber für diesen Zusammenhang ist der Schluß des Werkes: „ I n der Tat, es wäre ein schönes lebendes Bild in der Weltgeschichte, das großartigste vielleicht, was sie jemals aufgewiesen, — das alte Deutschland in Europa und das junge Deutschland in Amerika in mächtiger Wechselwirkung! Das alte Deutschland hat die Mitte Europas inne und hat diesen Welttheil lange geistig und politisch beherrscht, es zerfleischte sich selbst und wurde matt, jetzt einigt es sich wieder, jetzt nimmt es seine Stärke wieder zusammen und erhebt sich, um auch seine Herrschaft zurückzunehmen, — wird das junge Deutschland auch die Mitte Nordamerikas einnehmen und diesen Welttheil einst ebenfalls beherrschen ? — Es wird untergehen, wenn die Einwanderung aufhört, das alte Deutschland langsam abstirbt, und der Deutsche in Amerika sich nicht ermannt. Menschlicher Wahrscheinlichkeit nach aber wird die Einwanderung noch lange Jahre wachsen, wird auch der jetzt in Amerika lebende Deutsche sich ermannen, — Deshalb: Glück auf Neudeutschland!" 8 ) 2 ) Dto. s. VIII. Brauns, a. a. O. S. 13. 4 ) Dto. S. 15. ) Dto. S. 14. 6 ) Dto. S. 82. 6 ) Dto. S. 77f. ') Einl. S.I. 8 ) Löher, S. 544. Andere ähnlich gerichtete Schriften, wie sie vielfach erschienen, vgl. Anhang III A, a. 3

3. Nordamerika zur Zeit der liberalen Opposition und des Realismus

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Gerade auch in den Liedern derer, welche die Heimat verlassen mußten, tritt dieser Gedanke besonders stark hervor. Bezeichnend ist etwa ein Lied des in Philadelphia lebenden Deutschen Wilhelm Wagner, das er zur Feier des 4. Juli 1834 dichtete und das mit den Strophen beginnt: „Willkommen, willkommen, o herrlicher Tag!— Uns Deutschen sei herzlich willkommen! Ein großes Volk kühn die Ketten brach, die Flammen der Freiheit erglommen. Wo das Bess're lebt in des Deutschen Brust, ist höherer Freude er heut' sich bewußt. Hinweg mit Tyrannen und Fürsten-Tand! Wir wohnen auf glücklicher Erde; uns umschlingt ein inniges deutsches Band: Neu-Deutschland erblühe! — Es werde kein Zwittergeschlecht auf Kolumbia's Schoß, nur als Deutscher bleibet der Deutsche groß"1). Wie die romantischen Gedankengänge, soweit sie ein bestimmtes Urteil über Amerika begründen, auch in historischen Schriften ihren Niederschlag fanden, ebenso haben wir in dieser Zeit Historiker, die Nordamerika von den Gesichtspunkten der liberalen Strömung aus sehen. Wohl am eindeutigsten ist die Stellungnahme des gerade in liberalen Kreisen ungemein verbreiteten Werkes K. W. von Rottecks: „Allgemeine Geschichte vom Anfang der historischen Kenntnis bis auf unsere Zeiten" 2), ein Werk, dessen kurze, aber von ausschließlicher Begeisterung getragene Behandlung der amerikanischen Dinge eine Beurteilung Amerikas als „Land der Freiheit" 3 ) schlechthin jedenfalls weit verbreitet hat 4 ). Hier wird Amerika in der Tat ganz vom Standpunkt des Liberalismus betrachtet, als ein Land, das diese Ideen und ihre Fruchtbarkeit eindeutig darstellt: „Die Hauptforderung einer reinen Theorie, welcher sich in Europa so feindselig das historische Recht entgegenstellt, sehen wir dort in beneidenswerter Erfüllung" 5), so schreibt Rotteck. Alles ist denkbar glücklich geordnet: neben der überall herrschenden Sicherheit des Eigentums und der Personen wird besonders die „vernünftige, gesetzmäßige Gleichheit und Freiheit" unter den Bürgern — also abgesehen von den noch vorhandenen Sklaven — hervorgehoben, oder die Tatsache, daß man wohl „edle, berühmte, verehrte Namen" kenne, aber nicht das die „europäischen Völker 1 ) Abgedruckt bei Rattermann: Deutsch-Amerikanisches Biographikon und DichterAlbum, 1.T1. Cincinnati i. Ohio 1911, 379. Vgl. dort auch das Gedicht Haussiers „Die deutsche Eiche in Amerika" (1838), 3. Tl. S. 504f. 2 ) 9. Aufl. Freiburg 1833. 3 ) Rotteck, a. a. O. VIII, S. 394. 4 ) Über die Verbreitung der „Allgemeinen Geschichte" von Rottecks vgl. Wegele, Geschichte der deutschen Historiographie", München u. Lpz. 1885 S. 1073f. Hier wird das Werk das „universalhistorische Evangelium" liberaler Kreise jener Zeit genannt. Über die Aufnahme, die von Rotteck in revolutionären Kreisen u. U. fand vgl. etwa auch die bez. Nordamerika interessante Schrift v. J . Rösing: „Die Nordamerikanische Revolution und das Recht der Völker zum Widerstand und zur Revolution", Bremen 1849 S. 63. 6 ) Rotteck, a. a. O. VIII, 398.

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I. Das Amerikabild im deutschen Schrifttum

niederdrückende Institut des Adels". Ein stehendes Heer und vor allem: „auch Gewissenszwang und Preßzwang kennt man in dem glücklichen Lande nicht" 1 ). Wie überragend aber die Bedeutung ist, die Rotteck dem westlichen Kontinent für die gesamte Menschheitsentwicklung zulegt, zeigt in besonders eindeutiger Weise die Schlußbetrachtung seines Werkes. 2 ) Hier kommt die ganze Untergangsstimmung bei Betrachtung der europäischen Verhältnisse im Gegensatz zu dem aufblühenden westlichen Erdteil in derselben Art zum Ausdruck, wie wir sie bei jener Gruppe politischer Dichter bereits kennen lernten. Ein „wehmütiges Gefühl" ergreift den europäischen Bürger, wenn er nach Osten und Westen blickt. „Die entgegengesetzten Bilder vermehren seinen Gram". Denn zwei große Systeme bieten sich da seiner Betrachtung, welche beide im Kampf miteinander liegen. „Dort in Asien (und Afrika) sieht er seit Jahrtausenden das starre historische Recht und die unbedingte Willkürherrschaft thronen, durch beides aber die Völker zu Heerden erniedrigt, und die Herrscher zu Treibern. In Westen dagegen, in der jugendlichen neuen Welt, erbaut sich das natürliche, das vernünftige Recht sein erlesenes Reich." In Nordamerika hat es bereits „die herrlichsten Früchte erzeugt". Dabei ist das, was der Verfasser „die Sonne dieses T a g e s " nennt, nicht die republikanische Form, sondern der „republikanische Geist". Dieser republikanische Geist des Westens aber könne in einer „wohlgeregelten Monarchie" sogar weit sicherer herrschen, als „in der Demokraten sturmbewegtem Reich". Er besteht in der „Herrschaft gerechter Gesetze, entflossen dem ewigen, natürlichen Recht und dem lauteren Gesamtwillen, Verbannung der Willkürherrschaft und der traurigen Scheidung der Bürger in geborene Herren und geborene Knechte". Zwischen diesen beiden Systemen nun steht Europa, und es ist sein trauriges Schicksal, daß es sich für das östliche entschieden hat. „Europa, bis jetzt noch der Kampfplatz beider Systeme, sieht in der neuesten Zeit Asien herüber nach seinem unglücklichen Boden schreiten, die edlere Civilisation dagegen aus der alten Welt nach der neuen fliehen". Damit aber ist Europa trotz seiner großen Kultur, „seinem Drang nach Voranschreiten", seinen „edlen, der Erkenntnis sich öffnenden Völkern" ausgeschaltet: es „soll plötzlich stille stehen", ?? zurücksinken in die Fesseln des starren historischen Rechts" und „entsagen der Freiheitssonne, deren Strahlen es begierig in sich gesogen, und der in edler Menschenbrust unvertilgbaren natürlichen Rechtsidee, deren Forderungen es deutlich erkannt h a t " . Freilich wird damit die Freiheit nicht aus der Welt weichen, aber — so lautet der letzte Satz der „Allgemeinen Geschichte" Rottecks — „Europa wird das heilige Feuer, welches es bisher bewahrte, nur noch von ferne, von jenseits des atlantischen Meeres herüberleuchten sehen" 3 ). 1 ) Ähnlich an anderer Stelle bei Behandlung der Gesetzgebung: „Kein Gesetz aber darf gegen die Religionsfreiheit, keins gegen die Preßfreiheit und keins gegen das Petitionsrecht gegeben werden." A. a. O. 397. 2 ) A. a. O. I X , 540ff„ § 27. 3 ) Vgl. hier die ähnliche Auffassung H. W. E. Eggerlings, wie sie in dem Motto seiner Schrift „Kurze Beschreibung der Vereinigten Staaten von Nordamerika", Wiesbaden 1832 (vgl. Bibliogr.!) zum Ausdruck kommt: „Amerikas jugendliche Naturkraft war und ist für den Europäer der willkommenste Boden, auf dem sich die alternde Welt des Ostens nach Körper und Geist verjüngt."

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E i n ähnliches Urteil, das sich freilich vorsichtiger ausspricht, h a t das W e r k des Marburger Professoren Alexander L i p s : S t a t i s t i k v o n A m e r i k a oder Versuch einer historisch-pragmatischen u n d raisonierenden D a r stellung des politischen u n d bürgerlichen Z u s t a n d e s der neuen S t a a t e n Körper von Amerika"1),. Auch hier wird die fortschrittlichere, weisere O r d n u n g der politischen Angelegenheiten i m Vergleich zu der europäischen hervorgehoben. K e i n e R a n g u n t e r s c h i e d e , Pensionen, Orden u n d keinen Adel gibt es u n d d a m i t „ k e i n H o c h f a h r e n der B e a m t e n " , sondern „schlichte E i n f a l t m i t W ü r d e u n d E i n f a c h h e i t " g e p a a r t 2 ) . K e i n besonderer Glanz ist u m das S t a a t s o b e r h a u p t , der „imponieren, schrecken, v e r p l ü f f e n " , keine „ E t i q u e t t e " u n d „ A m t s m i n e " , die Gehorsam erzwingen soll, s t a t t dessen aber eine Regierung, der sich jeder v o n selber u n t e r w i r f t , da sie „alles durch das Volk u n d nichts wider dasselbe" ist, ein „ f r e i e r " S t a a t , der „keiner künstlichen Mittel zu seiner Stütze b e d a r f " , der anstelle eines u n v e r a n t w o r t l i c h e n O b e r h a u p t e s „ d a s blos g l ä n z t " , einen M a n n an der Spitze h a t , der die V e r a n t w o r t u n g ü b e r zahlreiche P f l i c h t e n ü b e r n i m m t u n d erst d u r c h seine Verdienste „ g l ä n z e n d " w i r d 3 ) . D a die Regierung dieses L a n d e s „blos den W e g der Vern u n f t " geht 4 ), b r a u c h t sie keine geheime Polizei, keine Zensur, stehende Heere u n d ähnliche „ A n s t a l t e n , die m a n in E u r o p a f ü r so notwendig e r a c h t e t " . F u r c h t l o s a b e r k a n n die Regierung „ d a s ganze Volk bew a f f n e t sehen u n d all der A n o r d n u n g e n der Staats-Polizey e n t b e h r e n , welche die F u r c h t e i n f l ö ß t " 6 ) . D a b e i sei es keineswegs so, d a ß d u r c h die T a t s a c h e , d a ß „ j e d e r ein Bruchtheil des Souverains i s t " , das P r i n z i p „einer ewigen A n a r c h i e " herrsche, u n d d a ß m a n A m e r i k a als ein L a n d b e t r a c h t e n k ö n n e , „dessen Gesetze n u r den Bösewicht u n d P f i f f i g e n b e g ü n s t i g e n " , oder die A m e r i k a n e r als ein Volk, „ d a s aus z u s a m m e n g e l a u f e n e m Gesindel b e s t e h t " 6 ) . Allerdings geht m a n in A m e r i k a nicht gleich „ m i t E x e k u t i o n u n d G e w a l t " v o r , a b e r das ist f ü r den Unglücklichen n u r wohltätig. E s k o m m e bei der Beurteilung dieser F r a g e darauf an, so sagt Lips, „ m i t welchem Auge m a n n a c h A m e r i k a k o m m t u n d urteilt, ob m i t d e m einer a n u n b e d i n g t e U n t e r w ü r f i g k e i t gew o h n t e n Aristokratie oder als V o l k s f r e u n d " 7 ) . Die Folge einer so v o m Geiste der „ A u f k l ä r u n g " u n d d e m „gesunden M e n s c h e n v e r s t a n d " 8 ) getragenen O r d n u n g liegen nicht n u r in d e m H e r a n Frankf. a. M. 1828. ) Lips, a. a. O. S. 142 ) Dto. S. 142 f. 4 ) Dto. S. 153. 5 ) Lips, a. a. 0 . S. 153. Ganz ähnlich bei der Behandlung der Preßfreiheit (S. 172). „Man wird in Europa solange nicht von der Stelle kommen oder ruhig seyn können, als das Wort „geheim" noch irgend in Regierungsangelegenheiten eine Bedeutung hat. Daher erschrecken hier die Regierungen, umringt von bewaffneten Heerscharen, bei jeder leisen Bewegung im Volke, während die Regierung von Nordamerika nackt und wehrlos unter dem bewaffneten Volke steht." Vgl. hier auch die Stellen, in denen der Historiker Poelitz (mit Berufung auf die Darstellung v. Rüssel) sich auf Nordamerika bezieht. „Die Staatensysteme Europas und Amerikas seit dem Jahre 1783," Lpz. 1826, I, 479ff. 6 ) Vgl. Hegel, a. a. O. S. 131 f. u. a. ') Lips, a. a. O. S. 146. 8 ) Bei der Behandlung der religiösen Toleranz: S. 159, Anm. 2 3

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wachsen eines neuen, würdigen Menschentums, wie es die Bürger der Vereinigten Staaten schon jetzt darstellen 1 ), sondern vor allem darin, daß Amerika ein neues Prinzip vertritt: „Die Erscheinung, daß plötzlich ein ganzer Welttheil zur Freiheit und Aufklärung gelangt, und aller Banden sich entledigt, mit welchen eine fremde Zwingherrschaft in geistiger, politischer, commercieller und religiöser Hinsicht ihn umstrickt hielt, kann nicht ohne die größte Rückwirkung in allen wissenschaftlichen, geselligen und weitbürgerlichen Beziehungen nicht bloß in Hinsicht auf Amerika selbst als auf übrige Erdtheile und namentlich auf Europa bleiben, denen dadurch eine totale Umgestaltung aller bisherigen Verhältnisse, eine Schöpfung ohne Gleichen bevorsteht" 2 ). Oder an anderer Stelle: „wie sehr man das alte sinkende Gebäude europäischer Institutionen auch stützen m a g ; — keine Macht der Welt wird es aufrecht erhalten oder von dem Einfluß jener Luft bewahren können, welche über den atlantischen Ozean herüberweht" 3 ). Und wer würde nicht gern zugeben, so schließt Lips die Besprechung Nordamerikas, „daß, wenn es je eine gute rein menschliche und vernünftige Regierung gäbe, es ohne Zweifel diese sein müsse" 4 ). Doch sind, trotz aller sichtbaren Begeisterung für die amerikanischen politischen Verhältnisse, auch kritische Ansätze in dem Werke von Lips vorhanden, die besonders auf eine mangelnde Betonung des kulturellen Momentes im öffentlichen Leben Nordamerikas hinweisen 5 ). Die materielle Einstellung der Bürger, „Überschätzung des Geldes, das der Abgott des Volkes i s t " , Eigennutz und Habsucht werden besonders hervorgehoben 6 ). Reichtum wird „höher geschätzt als Gelehrsamkeit", das Wissen überhaupt nur nach seiner Nützlichkeit und Anwendbarkeit im Leben geschätzt 7 ). Besonders wird auch die Tatsache der Sklaverei, „das Brandmal der Menschheit" als störend empfunden 8 ). Aber diese Kritik wird so kurz nur und zögernd gegeben, daß sie in keiner Weise dazu angetan ist, das Bild von Nordamerika als einem vollkommenen Lande in wirksamer Weise zu beeinträchtigen, als einem Staate, wie es Lips formuliert, bei dem man staunen muß, „wie hier so vieles Weise und Gute habe Wurzel fassen können, und wie dieses alles auf Europa gar keine Wirkung habe 9 "). Auch der Historiker Schlosser gehört wie Rotteck zu den gerade in liberalen Kreisen viel gelesenen Schriftstellern 10 ), wenn er gleich, was seine persönliche politische Stellungnahme anbetrifft, in seinem Werke sehr viel zurückhaltender ist. Immerhin ist das, was er im Anschluß an die Behandlung der Erklärung der Menschenrechte über die reaktionären Maßnahmen und über den Unterschied zwischen der amerikanischen und der französichen Revolution sagt, charakteristisch für die Beurteilung der westlichen Tendenzen aus diesen Kreisen. Über den Charakter des Amerikaners vgl. S. 106 ff. Besonders hervorgehoben wird die „Ruhe des Charakters", das „Gefühl für das Anständige und Edle". „Der Mensch gilt dort nur als Mensch etwas, nur Thätigkeit macht Ehre, und nur da, wo das ist, ist ächter Menschen-Adel." (S. 107.) 2 ) Lips, a. a. O. S. 4. 3 ) Dto. S. 5. 4 ) Dto. S. 186 f. 5 ) Vgl. in dieser Beziehung auch Poelitz, a. a. O. 6 ) Lips, a. a. O. S. 110. Auch S. 51. ') Dto. S. 108. 8 ) Dto. S. 146. 9 ) Dto. S. 187. 1 0 ) Vgl. Wegele, a. a. O. S. 1062 ff.

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In seiner „Geschichte des 18. Jahrhunderts" 1 ) sagt Schlosser: „Die Unabhängigkeitserklärung, welche wegen der Einleitung und der Erklärung über die in jeder Art von Staat unveräußerlichen Rechte der Staatsbürger besonders merkwürdig ist, war, wenn man den Grundsätzen huldigt, zu denen sich hier der Congreß bekennt, meisterhaft abgefaßt". Diese gerade auf das Volk berechnete meisterhafte Abfassung „gab ihr in Europa, wo Alles in Gährung war, eine furchtbare Wirkung, welche leider hernach den Sophisten unseres Jahrhunderts, die alle Übel der französischen Revolution von dieser Erklärung ableiten, ihr mit Geld und Orden bezahltes Geschäft sehr erleichterte." Denn durch diese Lehre, „die an und für sich wahr sein konnte, unter einem entarteten Geschlecht beim gegenwärtigen Zustande der Civilisation des Continents aber unanwendbar ist", hatten nun „die Egoisten aller Länder" leichtes Spiel: da in der französischen Revolution „Schurken" den Freiheitsenthusiasmus mißbraucht hatten, spotteten sie nun „aller bürgerlichen Freiheit und ihrer Verteidiger, sie fanden nur in der Servilität, im Alten und im Vorurtheil Recht und Wahrheit, und betrogen auf diese Weise durch schändliche Sophismen die Völker unseres Continents um den einzigen Vortheil, den sie durch die Mordthaten, Gräuel und durch die langen Leiden, welche die französische Revolution nach sich zog, hätten erlangen können". Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang das Werk Friedrich von Raumers: „Die Vereinigten Staaten von Nordamerika" 2 ). Besonders die Vorrede drückt wiederum unmittelbar aus, was in dieser politisch erregten, von revolutionären Tendenzen erfüllten Zeit die „Europamüden" veranlaßte, alle Hoffnung in Amerika zu sehen. Er spricht am Anfang von der französischen Revolution. Ihren Bewunderern erscheint „über das Erreichte hinaus kaum ein weiterer Fortschritt möglich", jenen andern dagegen, die sie verdammen, denen sie als „unwiderleglicher Beweis menschlicher Torheit und Sündhaftigkeit" erscheint, verzweifeln nun an aller Zukunft. Beide Auffassungen befriedigen von Raumer nicht. „ J e mehr ich wünschte", so fährt er fort, „die wahrhafte Gegenwart und die wahrscheinliche Zukunft der Menschheit kennen zu lernen, desto mehr überzeugte ich mich, daß diese keineswegs in Europa liegen, und daß man über den Glanz, oder die Gräuel der französischen Revolution, viel zu sehr die germanisch-amerikanische aus den Augen verloren habe." 3 ) Noch sehr viel deutlicher wird der uns aus andern Schriften bekannte Hinweis auf die Verlegung des historischen Schwergewichts von Europa nach Amerika, der besonders auch an die Formulierung Rottecks erinnert, am Schluß dieser Vorrede: „Wie !) 3. Aufl. Heidelberg 1844, III., S. 529ff. 2 ) Lpz. 1845, 2 Bde. Von Raumer unternahm im Jahre 1841 eine Reise nach Amerika, die von der Heimat interessiert verfolgt wurde. Ein Bericht über sie und die Aufnahme in Amerika findet sich z. B. in der Augsburger „Allgemeinen Zeitung" vom 5. Juni 1844 Nr. 157. Über die Bedeutung v. Raumers als Historiker vgl. Wegele, a. a. O. 1026ff. 3 ) Von Raumer, a. a. O. S. V, VI. An anderer Stelle formuliert er diesen Gedanken noch einmal in aller Schärfe: es gibt „keinen größeren geschichtlichen Irrtum, als die nordamerikanische und die französische Revolution. . . . gleichzusetzen; keine größere geschichtliche Einseitigkeit, als die letzte wie ein Vorbild oder Abschreckungsmittel für Gegenwart und Zukunft hinzustellen, auf die größere amerikanische Entwicklung aber gar keine Rücksicht zu nehmen" (I, S. 119). Vgl. darüber auch Bd. II, S. 274.

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wenig Hoffnung für eine weitere, neue Entwicklung der Menschheit bietet Asien und Afrika, wie krank erscheinen manche Teile Europas! Müßte man auch an den germanischen, weltgeschichtlichen Fortschritten Amerikas verzweifeln, wo gäbe es da noch eine Rettung, als in einer neuen, unmittelbaren göttlichen Schöpfung!" 1 ). Auch in den vielfachen Urteilen, besonders wenn das „freie" Nordamerika behandelt wird, klingt immer die Wärme, die persönliche Beteiligung des Verfassers an den Ereignissen jenseits des Meeres durch. So wenn er von seiner „Sehnsucht" spricht, „die jugendliche Gegenwart des merkwürdigen Landes zu sehen" 2 ), oder wenn er seine Ubersicht über die historische Entwicklung Amerikas durch den Hinweis begründet, daß „in Europa noch viele der Meinung sind: der große Bundesstaat sei aus einer Empörung hervorgegangen, und könne mithin niemals ein gesundes Leben führen und gute Früchte tragen" 3 ) und dann bei der Behandlung der Gründe zum Unabhängigkeitskrieg die „gerechte Sache" 4 ) der Kolonien, den „gerechten Zorn über erlittenes Unrecht" 5 ) betont. Oder er spricht von „dem Lande neuaufblühender Freiheit" 6 ), von der „großartigen Demokratie" 7 ), von der „edlen, tadel- und fleckenlosen Gestalt" Washingtons 8 ), ohne den die amerikanische Revolution nie in so erfreulicher Weise gelungen" wäre 9 ), oder gibt überhaupt eine Charakteristik der ersten Präsidenten Nordamerikas, die zum Teil, besonders bei Jefferson 1 0 ) zu kritikloser, ausschließlicher Bewunderung wird. Bei einer solchen dem Amerikabilde zugrunde liegenden allgemeinen Begeisterung verliert das, was von Raumer an Mängeln kritisch darzulegen sucht (ein Tadel übrigens, der, wie die Vorrede betont, seinen Glauben an die Möglichkeit einer Besserung ausspricht) ähnlich wie bei den kritischen Ansätzen bei Lips, von vorn herein jede Schärfe. Besonders bezeichnend ist die Art, wie eine solche Kritik ausgesprochen wird, wie etwa bei der Darstellung der Sklavenfrage die Behandlung der scheinbar unlöslichen Schwierigkeiten, der Gefahren und der Hinweis eines Besserungsversuches abgeschlossen wird mit der Wendung: „daß die Amerikaner der Vorsehung in Scheu und Demut danken müssen, daß sie zu so vielen für die Entwicklung der Menschheit hochwichtigen Aufgaben, auch diese ihren Händen anvertraute", nämlich die der „Erziehung und Beyormundung der Schwarzen" und „ihre endliche Versöhnung mit den Weißen". Unversehens wird so unter den Händen von Raumers gerade aus jenem Moment, das vor allem den Bewunderern der amerikanischen „Freiheit" ein Ärgernis sein !) Von Raumer, a. a. O. S. X I I I f. 2 ) Dto. S. VII. 3 ) Dto. S. 12. 4 ) Dto. S. 80 Bd. I. 5 ) Dto. I, S. 87. 6 ) Dto. I, S. 102. 7 ) Von Raumer, a. a. O. S. 312 Bd. I. 8 ) Dto. I, S. 90. 9 ) Dto. I, S. 88. 1 0 ) Vgl. I. S. 167: „Die stürmische See der Freiheit war das Element, auf dem er kühner und weiter segelte als jemals ein Mensch; — ohne eigenen Schaden, und (wer kann noch jetzt es leugnen) zum Heile seiner Zeitgenossen und Nachkommen." Oder (S. 216) „Die Gesamtentwicklung der Menschheit ist nie in die Hand des Einzelnen gelegt; aber kaum hat jemals Einer in dieser Beziehung so viel gewagt und zu Stande gebracht, wie Thomas Jefferson". Vgl. noch S. 129 u. 155 über Washington, S. 165 besonders über Adams, S. 211 ff. über Jefferson. Wie anders sahen andere diese Gestalten! Vgl. Kierrulf s. o.

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m u ß t e , das d a r ü b e r h i n a u s f ü r das Staatswesen selber eine d r o h e n d e , zu den unheilvollsten i n n e r n K o n f l i k t e n f ü h r e n d e Gefahr darstellte, eine besondere G n a d e ! 1 ) E i n e sehr ähnliche W e n d u n g n i m m t die K r i t i k der Zollfrage. A u c h hier w e r d e n n a c h K l a r l e g u n g der beiden sich widerstreitenden P a r t e i e n zun ä c h s t die scheinbar u n l ö s b a r e n Schwierigkeiten des Problems dargestellt, d a n n die Gefahren beschrieben, die aus der Selbsthilfe der einzelnen S t a a t e n d u r c h N u l l i f i k a t i o n des Bundesbeschlusses, zu der Südcarolina bereits griff, d e m S t a a t s w e s e n d r o h e n , m i t einer S p r e n g u n g des B u n d e s drohen, u m d a n n m i t der Versicherung abzuschließen, d a ß gerade dieser Gedanke einer Nullifikation „ w o h l t ä t i g " w i r k t e , d a er zwar „bis a n den A b g r u n d hinf ü h r t e u n d in dessen Tiefe h i n a b s c h a u e n l i e ß " , doch eben d a d u r c h aber zugleich auf „die N o t w e n d i g k e i t gegenseitiger Verständigung u n d Nachgiebigk e i t " drang 2 ). Besonders i n t e r e s s a n t f ü r die H a l t u n g v o n R a u m e r s ist seine Auseinandersetzung m i t a n d e r e n A m e r i k a u r t e i l e n . „Abgesehen d a v o n " , so schreibt er, „ d a ß ich es f ü r ganz unmöglich halte, vieles in A m e r i k a Vortreffliche n a c h E u r o p a zu v e r p f l a n z e n , wird m e i n L o b desselben n i c h t einmal den m i t der H e i m a t U n z u f r i e d e n e n gefallen". E s wird noch d a r a u f hingewiesen werden, wie gerade aus den Reihen der R e v o l u t i o n ä r e eine K r i t i k a n dem, was A m e r i k a i h n e n darstellt, g e ü b t wird, wie sie in so ausschließlicher, leidenschaftlicher Weise sonst k a u m zutage getreten w a r ; gerade auch Ferd i n a n d K ü r n b e r g e r , dessen A m e r i k a b i l d i m einzelnen noch zu besprechen sein wird u n d das ein eindeutiges N e g a t i v b i l d alles dessen b e d e u t e t , was j e Gutes u n d Ideales v o n d e u t s c h e n Schriftstellern in A m e r i k a gesehen worden ist, ist aus diesen R e i h e n hervorgegangen. D e n G r u n d f ü r ein solches Urteil f i n d e t v o n R a u m e r darin, d a ß in E u r o p a der Liberalismus i m ganzen n u r ein teilweiser ist, i n d e m er sich eigentlich n u r gegen die „monarchischen S p i t z e n " w e n d e t . D a ß hingegen j e n e a n d e r n , welche die H a u p t t r ä g e r des k o n s e r v a t i v e n S t a a t s g e d a n k e n s sind, j e n e , die „ d e n Kreis ihrer monopolistischen R e c h t e f ü r u n a n t a s t b a r " h a l t e n , die eine „große W e h k l a g e " erheben, „ d a ß die A m e r i k a n e r alle ihre H e i l i g t ü m e r entheiligt, ihren Glauben f ü r Aberglauben, ihre G ö t t e r f ü r Götzen e r k l ä r t h a b e n " , die amerikanischen Tendenzen nicht verstehen können, ist v o n v o r n h e r e i n klar. Sie h a b e n besonders kein V e r s t ä n d n i s d a f ü r , d a ß gerade in der „ T o t a l i t ä t der geselligen, kirchlichen u n d öffentlichen Verhältnisse" das Charakteristische der amerikanischen Dinge liegt, nicht aber in diesem oder j e n e m herausgegriffenen 1 ) Von Raumer, I, S. 278. Daß diese Sklavenfrage bei einer Behandlung Nordamerikas besonders berücksichtigt werden müßte, lag, abgesehen von ihrer Bedeutung für die Geschichte der Vereinigten Staaten, nahe, da gerade sie in Deutschland vielfach diskutiert wurde. Vgl. in dieser Beziehung allein in der Augsburger „Allgemeinen Zeitung" die regelmäßige Berichte über Nordamerika brachte, aus dem Jahr 1835 die Nummern 239, 244, 249, 265 u. a. 2 ) Einen wirklichen Schaden bei den gesamten amerikanischen Verhältnissen sieht von Raumer eigentlich nur in den finanziellen Schwierigkeiten des Staatswesens, besonders also in allem, was die Nationalbank, die Banken überhaupt anbetrifft. Die Resignation, die ihn hier beherrscht, seine „geringe Hoffnung", „daß die amerikanischen Bankeinrichtungen auf einen durchaus gesunden Fuß gebracht werden", wird auch durch den allgemeinen Wunsch auf eine künftige Besserung nicht fortgetäuscht. (I, 395 f.) Entgegnungen auf dem Amerikaner vorgeworfene schlechte Eigenschaften (Materialismus usw.). Vgl. I, 518ff. 310.

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Einzelzug der Verfassung. Fehlerhafte und verzerrte Bilder des westlichen Staates kommen außerdem dadurch zustande, daß man vielfach „europäische Maßstäbe" anlegt, daß etwa, wenn von Yolkssouveränität die Rede ist, nicht an die „wohlgeordnete, bewährte in den Vereinigten S t a a t e n " gedacht wird, sondern an die „Pöbelaufstände in einigen europäischen Hauptstädten" 1 ), oder daß man die französische Revolution zum Ausgangspunkt seines Urteils nimmt und „die Brauchbarkeit republikanischer Einrichtungen" abmißt nach „den mißglückten Versuchen der französischen Revolution" 2 ). Auch jener Vorwurf, der den aus romantischen Gedankengängen Urteilenden die westliche Republik als ein starres, willkürlich von Menschen geschaffenes Gebilde betrachten läßt, dem durch das Fehlen einer historischen Verankerung jede Lebensfähigkeit abgeht, wird entkräftet. Tatsächlich ist nach von Raumer das amerikanische Staatsrecht durchaus nicht „a priori von wenigen erfunden", sondern es ist das Ergebnis einer zweihundertjährigen Entwicklung und „aus der Gesamtheit aller Zustände" hervorgegangen. „Das republikanische Prinzip ist in den Vereinigten Staaten ganz anders verzweigt, verwachsen und durchgebildet, als in irgend einer Verfassung der alten oder neuen Welt" 3 ). Ausdrücklich wehrt sich von Raumer gegen die Behauptung Niebuhrs, der voraussagt, daß die Bundesverfassung Nordamerikas, zwar „Washingtons größtes W e r k " , doch „ihre Entwicklung im Verderben endigen muß" 4 ), da ihm gewisse „römische Elemente" 5 ) fehlten. Gerade umgekehrt mußte „die römische Entwicklung ins Verderben führen", während dagegen in Amerika viel großartigere, umfassendere Elemente für eine weitere Ausbildung vorhanden sind. Wenn trotz einer solchen Verfassung die Amerikaner „ins Verderben hineinrennen", so schreibt von Raumer, dann ist es „ihre eigene und eine doppelt große Schuld". So haftet an dem Amerikabild Friedrich von Raumers kein Makel, fehlerfrei vor allem ist die Verfassung. Aber es sind nicht nur die „unschätzbaren Güter", die sie gewährt und deren Mangel in Deutschland viele der Liberalen nach Amerika blicken ließ, wie „die Freiheit des nordamerikanischen Bürgers, seine Rechte, seine Sicherheit, der Wert dieser großartigsten Republik, der unbeschränktesten Religionsfreiheit, des steten Friedens, der Freiheit von Söldnerdienst" 6 ), auch der Gedanke eines drüben zu schaffenVon Raumer, a. a. O. S. 269, Bd. II. Dto. II S. 271. Vergl. der französischen mit der amerikanischen Revolution s. o. Etwas später hält es von Raumer doch für nötig, zu jener romantischen Grundauffassung noch einmal Stellung zu nehmen, obwohl durch die Tatsache einer Entwicklung hin zur Bundesverfassung das Urteil dieser Kreise über Amerika bereits aufgehoben scheint: „Der so oft wiederholte allgemeine Satz: eine neu gemachte und niedergeschriebene Verfassung tauge nichts; — beruht auf einseitigen Abstraktionen und Induktionen. Für die vereinigten Staaten war es ein unermeßlicher Gewinn, daß man, bei aller Ehrfurcht vor der früheren Entwicklung, doch auch nie Gesehenes und Gehörtes zu Gesetzen e r h o b . . . " (II, 275.) 4 ) Von Raumer, a. a. 0 . S. 274 Bd. II, Anm. 2. 6 ) Über Niebuhrs Stellung zur Union vgl. besonders den Aufsatz „Trennung der Union von Nordamerika" (1815), der die Auflösung der Vereinigten Staaten behandelt. In: Nachgelassene Schriften B. G. Niebuhrs nichtphilologischen Inhalts, Hamburg 1842, S. 453. o) Von Raumer, a. a. 0 . S. 311 Bd. I. 2)

3)

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den neuen Deutschland beschäftigt von Raumer. Die Regierungen selber, die bisher alle denkbaren Mittel zur Unterbindung der Auswanderungen heranzogen, diese wie „eine Art Verbrechen" betrachteten, müßten in sachgemäßer Weise helfend eingreifen, denn sie selber würden „wahrhaft" dabei gewinnen. Die Auswanderungen gewaltsam zu erschweren, ist sinnlos, solange nicht die wirksamen Gründe fortgeschafft werden. Das ist jedoch nicht der Fall, solange noch „der dreifache Druck stehender Heere, ungeheurer Abgaben, und kirchlicher Gängelei oder Herrschsucht fortdauert" 1 ). Dagegen müßte man dafür sorgen, daß sich die Auswanderer nicht in alle Gegenden zerstreuen, sondern diese müßten „sich alle für eine Richtung zur Gründung eines neuen Deutschlands vereinen." 2 ) Es sei in diesem Zusammenhang auf einen interessanten Aufsatz von Theodor Pösche hingewiesen: „Die Deutschen in Amerika" 3 ). Zu einer Zeit, so heißt es da, als alle Länder für eine eventuelle deutsche Kolonisation schon vergeben waren, jede Hoffnung in dieser Beziehung enttäuscht sein mußte, „war der ,Weltgeist' tätig, hinter dem Rücken der Patrioten und des Bundestages eine deutsche Kolonie zu gründen ,mit allerlei Volk', eine Kolonie, die in nicht zu ferner Zeit das Mutterland an Glanz und Macht übertreffen wird", nämlich in Nord-Amerika. Es wird dann an Hand von Tabellen nachgewiesen, wie die deutsche Einwanderung zunimmt, besonders im Verhältnis zu Irland und England, den europäischen Ländern, die neben Deutschland die größte Einwanderungsziffer stellten 4 ), was „für einen bedeutenden Einfluß der Deutschen auf den amerikanischen Geist" spricht. Es wird dann die Stellung der Deutschen in Nord-Amerika zum Handwerk, Ackerbau, Einfluß auf Kunst und Wissenschaft usw. gestreift, besonders auf die mangelnde Organisation hingewiesen, um als Ergebnis der ganzen Schrift zu einer Charakteristik Amerikas und seiner Bedeutung zu kommen, die zunächst in sehr lockerer Verbindung zu dem Thema steht: denn nicht eine deutsche Frage ist Amerika, sondern eine germanische, wobei dann freilich der Einfluß des speziell deutschen Elementes nach der Untersuchung als ein sehr großer vorauszusetzen ist. Keine „geschichtlich — politische Frage von größerer Bedeutung" als die nordamerikanische gibt es, „das Schicksal der Welt" hängt auch von ihrer Lösung mit ab. Welche Ausdehnung des westlichen Staatswesens seit dem Zeitpunkt, an dem sich die 13 Kolonien zur Union zusammenschlössen! Die Annexion von Cuba, Hayti, der Canadas, der Sandwichsinseln steht bevor, Mexiko wird folgen, dazu „dämmert die ungeheuerste Unterwerfung im fernen Osten auf", die Unterwerfung Japans, Chinas wird den Weg der Vereinigten Staaten bezeichnen. Das alles aber bedeutet eine Rassenfrage, deren Lösung vorauszusehen ist: „Die Gleichheit der Racen ist in der amerikanischen Theorie anerkannt, aber die Praxis sticht grell dagegen ab". Nie soll und kann der Neger eine soziale Gleichstellung erlangen (wenn er auch frei sein mag), der Indianer stirbt aus, was über die „chinesische Frage" in der Presse diskutiert wird, sieht ebenfalls nicht nach Gleichheit !) 2) 3) 4)

Von Raumer, a. a. O. S. 406. 309. Bd. I. Dto. S. 309 ff. Bd. I. Deutsche Vierteljahrs Schrift, Stuttgart und Augsburg 1855, 2. Heft, S. 188ff. Pösche, a. a. O. S. 190ff.

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aus; die Spanier in Texas und Californien „verschwinden spurlos", die Franzosen sind immer „fremder Bestandteil", die Irländer sind verachtet. Wer also bleibt als „Vollbürger", als der also zu der bedeutendsten Zukunft Bestimmte ? Die Antwort liegt auf der H a n d : „die germanischen und protestantischen Engländer, Deutschen, Holländer, Skandinaven. Das Rätsel des amerikanischen Lebens heißt: Pangermanismus". „Den Schleier der Zukunft ganz zu lüften, ist Niemand vergönnt", so schließt der Verfasser, doch möchte es so sein, „daß die junge erstehende Nation die besten Züge ihrer Muttervölker an sich tragen, und durch weises Aufnehmen fremder Elemente, wie durch eigene innere Arbeit dieselben immer mehr zu Menschheitszügen verklären möge!" Wenn so Amerika von einem Teil der Anhänger des revolutionären Deutschland unter dem Gesichtspunkt seiner Verfassung betrachtet wird, wenn man es als das große Land der Gegenwart und Zukunft ansieht, das die auch für das eigene Land ersehnte Befreiungstat vollbracht hat und dessen welthistorische Bedeutung darin liegt, eine neue große Periode in der menschlichen Entwicklung eingeleitet zu haben 1 ), so steht — ganz ähnlich wie wir es innerhalb des romantischen Weltbildes sahen — dem eine andere Gruppe von Menschen gegenüber, die aus denselben Voraussetzungen zu einer gerade umgekehrten Beurteilung des westlichen Staatslebens kommen. Auch sie gehören zu jenen mit heimatlichen Verhältnissen Unzufriedenen, zu den Trägern der politischen Zeitkämpfe. Der Kampf um die Verfassung, die Oppositionsstellung zu den reaktionären Maßnahmen, deren Opfer sie zum Teil selber wurden, und der wenigstens literarische Kampf für ein national geeintes Deutschland 2 ) charakterisiert auch sie. Der Grund für die seltsame Tatsache, daß aus scheinbar gleichen Voraussetzungen bei der Betrachtung Amerikas so durchaus verschiedene Ergebnisse zutage kommen konnten, liegt — wiederum ganz wie bei der Spaltung des Amerikaurteils aus romantischen Gesichtspunkten — darin, daß ein anderes Sehen, eine andere Fragestellung im Vordergrund steht. Jene politischen Schriftsteller, die in Amerika ihre höchsten Wünsche verkörpert glaubten, sahen aus den Kämpfen ihrer Zeit und ihres Landes nur eigentlich die Verfassung. Die Vereinigten Staaten existierten für sie nur als das Land einer die allgemeinen Menschenrechte berücksichtigenden politischen Ordnung, die eine Gleichheit aller Rechte zu garantieren schien, ein Urteil, das im ganzen die Gedanken des Aufklärungszeitalters wieder aufnimmt. Mit diesen einem erx ) Vgl. in diesem Zusammenhang von den vielen politischen Schriften, die aus liberalen Kreisen sich auf Amerika berufen, außer der Schrift Rösings (s. o.), besonders die Einleitung, die B r o m m e seinen „Verfassungen der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika, der Freistaaten Pennsylvania und T e x a s . . . . " (vgl. Anhang!) gibt; oder Samuel Ludwigh: „Licht- und Schattenbilder republikanischer Z u s t ä n d e " (Lpz. 1848), ein Werk, das mit den Worten schließt (S. 342): „Möge Europa, besonders das deutsche Volk, zur baldigen Erkenntniß kommen und v o m Kapitole Washington's herab die Wahrheit lesen: ,daß Volksregierung keine Chimäre' — ,daß ein Volk frei sein k a n n , wenn es frei sein will' " . u. a. m. Vgl. Anhang, bes. I. 2 ) I. Proeis, a. a. O. weist im ersten Buch seines Werkes „ D i e literarische Revolution in der Restaurationszeit" gleich anfangs darauf hin, wie wenig der Einfluß der Literatur auf die Einigung Deutschlands, seine Gestaltung „ z u m in Einheit gefesteten R e c h t s s t a a t " bisher berücksichtigt ist und sucht diesem Mangel für den von ihm behandelten Abschnitt des „jungen Deutschland" abzuhelfen.

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füllten Ideal war ihr Urteil bereits gegeben, und alles andere: Volk, Leben, Sitten, Natur und Kultur des Landes wurden bei ihrem Amerikabild so „gesehen", daß es dieser einen Grundauffassung entsprach. Diese andere Gruppe politisch interessierter Schriftsteller sieht — auch sie ganz aus den zeitbedingten heimatlichen Problemen heraus — vor allem vom Standpunkte ihres deutschen Ideals auf Amerika. Der Begriff des Deutschtums aber ist ihnen ein solcher, daß er zu vielen Erscheinungen Amerikas in Gegensatz zu stehen scheint, und daß er Kritik und Ablehnung des westlichen Staatslebens mit sich bringt. Deutschtum bedeutet ihnen vor allem andern eine Kultureinheit, ganz ähnlich, wie wir es in der Romantik kennen lernten. So sehen sie, wenn sie auf Amerika blicken, vor allem gerade das Fehlen dieser kulturellen Grundlagen des Staates, ein Vorherrschen nur materieller, die Bedürfnisse des täglichen Lebens umfassender gemeinsamer Interessen. Damit ist das ganze Bild verschoben, das Urteil völlig verwandelt. Wenn nun jene anderen Momente, die für die Beurteilung eines fremden Volkes und Landes von Bedeutung sind, betrachtet werden, so sieht man sie nun von diesem neuen Gesichtspunkt aus, und alles, selbst die Verfassung, erscheint jetzt mehr als Ausdruck eines materialistischen, sich in egoistischen ,,Krämerinteressen" auswirkenden, abstoßenden Volkscharakters 1 ). Damit wird Nord-Amerika nicht nur völlig ungeeignet, dem deutschen Volk die ersehnte „Freiheit" zu bringen, sondern umgekehrt muß jenes Land gerade von dem auf eine grandiose Kulturentwicklung zurückschauenden, sich frei in geistiger Sphäre bewegenden Deutschen erst aus seiner tiefen materiellen Gebundenheit „befreit" werden. E s ist eine eigentümliche Erscheinung, daß diese beiden sich völligwidersprechenden Beurteilungen, die aus Grundsätzen der liberal Gesonnenen der vormärzlichen Zeit zu verstehen sind, scheinbar wahllos verteilt vorkommen. Man kann durchaus nicht sagen, daß diejenigen, die das umstrittene Land selber betraten, den Unterschied also des heimatlichen verklärten Bildes mit den tatsächlichen Verhältnissen persönlich empfinden konnten, eher den Feinden amerikanischer Tendenzen zuzurechnen sind, jene andere Gruppe der Enthusiasten und Bewunderer dagegen nur von europäischem Boden aus urteilten. Das mag für viele gelten, wie etwa Bezeichnend ist etwa ein Lied von Hoffmann von Fallersleben: „Die neue Welt". Die Freiheit ist dir nur ein Fetisch, ein Sorgenstuhl und Schlendrian, — sag an, du Krämervolk am Theetisch, was hast du für die Welt gethan ? Ach hättest du nur Klapperschlangen! Dagegen gibt's noch Hülf' und Schutz — Weh dir! Mich schreckt mit Angst und Bangen dein Schachergeist, dein Eigennutz. Drum träuft nie Wein von deinen Reben und deine Blumen duften nie, kein Vogel darf ein Lied erheben, und tot ist alle Poesie!" Aus „Deutsche Lieder aus der Schweiz", 4. Aufl. Lpz. 1848, S. 175f. Weber 226f. (dort auch über die spätere Wandlung des Dichters in Bezug auf seine Haltung zu Amerika). 4

Meyer, Nord-Amerika

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bei Lenau, Dickens und anderen. Viele andere aber, Duden etwa und von Raumer, waren persönlich in den Vereinigten Staaten und haben gerade dort erst ihr günstiges Bild gewonnen. Von Raumer betont ausdrücklich in seiner Vorrede: „Viele hatten mir daheim geweissagt: wenn ich aus den Vereinigten Staaten zurückkehrte, würde ich von allen günstigen Vorurtheilen geheilt sein, und eine ungünstige Ansicht des Landes und Volkes mitbringen. — Umgekehrt! — All die kleinen Unannehmlichkeiten der Reise verloren bereits jede Bedeutung, während die wahrhaft großen und bewundernswerten Erscheinungen und Thatsachen (wie die sonnenroten Gipfel der Alpen) noch immer in vollem Glänze vor meinen Augen stehen" *). Viele andere wiederum haben nie amerikanischen Boden gesehen und sahen doch nur Mängel und Gefahren in der Entwicklung dieser neuen Welt. Besonders bezeichnend für diese scheinbar zufällige jeweilige verschiedene Blickeinstellung ist die Tatsache, daß jene deutschen Dichter und Schriftsteller, die man unter dem Namen des „jungen Deutschland" zusammenzufassen gewohnt ist und die in ganz intensiver Art gerade die Zeitprobleme durchlebten und in ihren Schriften zum Ausdruck brachten, Amerika gegenüber ganz entgegengesetzte Urteile haben. Während Ludwig Börne, einer der leidenschaftlichsten Vorkämpfer eines geeinten, die Grundsätze der politischen Freiheit vertretenden Deutschland, stets eine amerikafreundliche Haltung einnimmt, gerade das Moment der Freiheit besonders hervorhebt, sehen besonders Heine, doch auch Laube und Gutzkow nur die materialistisch-mechanistischen Tendenzen der westlichen Republik, die sie daher in jeder Form zu bekämpfen suchen. „Der weltliche Nutzen ist ihre eigentliche Religion und das Geld ist, ihr G o t t " , so schreibt Heine 2 ). Von diesem Gesichtspunkt wird alles übrige beurteilt. Eine wirkliche Freiheit existiert in Amerika nicht. Heine spricht von einem „ungeheuren Freiheitsgefängnis", „wo der widerwärtigste aller Tyrannen, der Pöbel, seine rohe Herrschaft a u s ü b t ! " Roheit überhaupt ist ihm die charakteristische Eigenschaft des amerikanischen Volkes. „ D u weißt", schreibt er, „wie ich über dieses gottverfluchte Land denke, das ich einst liebte, als ich es nicht kannte . . . Und doch muß ich es öffentlich loben und preisen, aus Metierspflicht . . . Ihr lieben deutschen Bauern! geht nach Amerika! Dort gibt es weder Fürsten noch Adel, alle Menschen sind dort gleich, gleiche Flegel 3 ) . . . mit Ausnahme freilich einiger Millionen, die eine ) Von Raumer, a. a. O. I, S. X I I I . ) Sämtl. Werke, Lpz., Reclam, 3. Bd. „Ludwig Börne" (1840) S. 456, vgl. Weber 242. Überhaupt bringt Weber besonders reiches Material über die Beurteilung Amerikas aus den Kreisen des „jungen Deutschland" (235 ff.). Börnes Stellung zu Amerika als Land der Freiheit kommt besonders charakteristisch in seinen „Pariser Briefen" zum Ausdruck. Gesammelte Schriften, a. a. O. Bd. 11 Nr. 97. 1833: „Dieses Amerika tut ihnen wehe wie ein hohler Zahn und stört sie im Schlafe. Wenn es nur zu plombieren wäre! Eine Republik ohne Guillotine — und sie sagen uns doch seit vierzig Jahren: Republik und Guillotine, das wäre alles eins. Freiheit ohne Blut — und sie lehren doch der Hofratsjugend in allen Schulen : Die Freiheit sei eine Art Fisch, der nur im roten Meere lebe! Bezeichnend ist, wie auch hier Amerika zu einer Art Parteischlagwort wird, wie jeder Satz für Amerika in seiner Form eine Kampfansage gegen die konservativ Gesonnenen wird. 3 ) Derselbe Ausdruck kommt später (1851) in dem Gedicht „ J e t z t wohin?" vor. (Bd. I, a. a. 0 . S. 447): „Manchmal kommt mir in den Sinn — nach Amerika zu segeln — nach dem großen Freiheitsstall — der bewohnt von Gleichheitsflegeln." (Weber 243.) J

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schwarze oder braune Haut haben und wie die Hunde behandelt werden". Es folgt eine Schilderung der Behandlung der Schwarzen in den sklavenfreien Staaten, die viel schlimmer als alle Sklaverei selber ist, dann fährt Heine fort: „Dabei machen die Amerikaner großes Wesen von ihrem Christentum und sind die eifrigsten Kirchgänger. Solche Heuchelei haben sie von den Engländern gelernt1), die ihnen übrigens ihre schlechtesten Eigenschaften zurückließen. Auch jenes andere Moment, das Lenau so stark empfand, das Fehlen von Phantasie und Schönheit im amerikanischen Leben, stößt Heine, wie im puritanischen England, so auch hier ab. Er spricht von einer „amerikanischen Lebensmonotonie, Farblosigkeit und Spießbürgerei"2). In sehr ähnlicher Weise sieht auch Gutzkow den materialistischen Grundzug im Charakter der Amerikaner, wenn er auch diesen nicht für die Beurteilung des gesamten Landes ausschlaggebend werden läßt. Die „Tarifierung aller Dinge im Himmel und auf Erden" ist ihm ein besonders charakteristisches Merkmal, das er gleich zu Beginn seiner Abhandlung beschreibt. „Die Leichtigkeit, wie der Amerikaner die subtilsten Begriffe auf Geld anschlagen kann, ist unglaublich. Selbst die Imponderabilien, als da sind Gott, Freiheit, Unsterblichkeit, die Metaphysik hat für ihn ein Gewicht" 3 ). Auch über die „praktische Betriebsamkeit und die Verstandesrichtung des Nordamerikaners"4) spricht Gutzkow, und weist bei der Behandlung einer französisch-amerikanischen Streitfrage auf die Tatsache hin, daß „wo es Geld betrifft . . . alle Nordamerikaner Commis eines einzigen großen Banquierhauses"5) sind. Dennoch aber hat auch Amerika für die Weltgeschichte eine gewisse Bedeutung, es hat eine Aufgabe, ein „einzelnes Pensum zu lösen" 6 ), das freilich •—und das ist bedeutsam — nicht nach Europa hinübergreift, sondern darin besteht, die „Ausbildung klarer politischer Begriffe über Südamerika, OstÜber Heines Stellung zum englischen Puritanismus vgl. besonders „Shakespeare's Mädchen und Frauen" (1838), a. a. O. Bd. I I S. 390ff. Gleich zum Anfang, wo die langsame Verdrängung des Katholizimus geschildert wird, sagt er: „Blume nach Blume, gelang es den Puritanern, die Religion der Vergangenheit gründlich zu entwurzeln, und über das ganze Land, wie eine graue Nebeldecke, jenen öden Trübsinn auszubreiten, der seitdem entgeistet und entkräftet, zu einem lauwarmen, greinenden, dünnschläfrigen Pietismus sich verwässerte". Oder er spricht von der „nivellierenden Puritanerzeit... , die mit dem Königtum so auch aller Lebenslust, aller Poesie und aller heitern Kunst ein Ende" macht (S. 391). Kein Wort erscheint ihm zu stark, seine Antipathie dem englischen Volke gegenüber auszudrücken: „Welch ein widerwärtiges Volk, welch ein unerquickliches Land! Wie steifleinen, wie hausbacken, wie selbstsüchtig, wie eng, wie englisch. . . . " (390). Jenes „steinkohlenqualmige, maschinenschnarrende, kirchengängerische und schlecht besoffene England" (S. 393). Wenn Heine die Amerikaner hier mit den Engländern vergleicht, ihnen zudem die „schlechtesten Eigenschaften" der Engländer zuspricht, so heißt das in der Heineschen Formulierung in der Tat, ihnen Eigenschaften zuschreiben, wie sie schlechter, widerwärtiger, verächtlicher nicht mehr zu denken sind. Welch Unterschied zu jener anderen Auffassung, die zu gleicher Zeit den vorbildlichen freien würdigen Bürger im Nordamerikaner sah! 2 ) Heine, a. a. O. Bd. IV, S. 29 in: „Französische Zustände" (1832) vgl. Weber 242. 3 ) Gutzkow: Gesammelte Werke, Jena, 1. Serie, 8. Bd. „Säkularbilder" (1837) S. 84. Weber 250 ff. 4 ) Gutzkow, a. a. O. S. 88. 5 ) Dto. S. 88. 6 ) Dto. S. 93. 4*

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asien, Australien" zu übernehmen. Diese „Kulturbewegung hat mit den Ereignissen von Texas, denen bald Mexiko folgen wird, bereits begonnen. Jede Beeinflussung aber der europäischen Entwicklungen, wie sie vielfach von Amerika erhofft wurde, lehnt Gutzkow ab. Höchstens Warnung oder Lehre kann Amerika für Europa sein, „in Wenigem aber ein Beispiel" 1 ). Zu verschieden, oft entgegengesetzt sind die Faktoren, welche die Entwicklung beider Länderbestimmen. Der transatlantischen Republik, die nicht eigentlich geworden, sondern „ d a s Produkt rationeller Überlegung" ist 2 ), steht die „unermeßliche Vergangenheit" Europas gegenüber, die viele Vorurteile und alte Institutionen fest verankert hat. Man kann gegen diese wohl kämpfen, sie aber nicht „nivellieren auf eine solche Einfachheit wie in Amerika" 3 ). Viele Gefahren, die Europa durchzumachen hat, existieren für den westlichen Staat garnicht. Revolutionen, „für Europa ein Engpaß", mit dem Umsturz alter Autoritäten, also schweren Kämpfen, verbunden, hat Amerika bereits hinter sich, so friedlich überwunden, wie es in Europa nie geschehen könnte. Eine Außenpolitik, ebenfalls eines der schwierigsten und bedeutungsvollsten Momente europäischer Entwicklung, hat es „strenggenommen" garnicht 4 ). Alles das, was die Grenzen eines europäischen Staates zu sprengen droht, Übervölkerung, übergroße „moralische Triebe", etwa militärischer Ehrgeiz vom Ausmaß eines Napoleon, wird durch die unbegrenzten Ausdehnungsmöglichkeiten in die westliche Wildnis abgelenkt. 5 ) Dazu der komplizierte, „einem zackigen Waldbaum, der kraus und confus wächst" ähnelnde Charakter des Europäers gegenüber dem einfachen, gleichmütigen, durch nichts zu erregenden Charakter des Amerikaners, den Gutzkow mit einer schlanken Pappel vergleicht 6 ), und vor allem der Gegensatz der Kulturgüter beider Länder. Was in Europa nach Auflösung drängt, sind Fragen, die man jenseits des Ozeans nicht einmal versteht. Was an Ideen aus der „Erhabenheit des Altertums", der „Poesie des Mittelalters", der „Empirie der neuen Zeit" im Denkvermögen des modernen europäischen Menschen steckt, kann nie im „ L a n d der Comptoire und der Sklaven" Berührungspunkte finden 7 ). Nie können religiöse Fragen in Amerika gelöst werden, Kunst und Philosophie sind garnicht vorhanden, und die Literatur besteht in „ein paar nach Schiffsteer riechenden Romanen und einigen Liedern, für welche die Originale in England leben" 8 ). Die bezeichnenden Charakterzüge des Amerikaners, die Gutzkow zuletzt durch einen Vergleich des langaufgeschossenen mageren „ J o n a t h a n " mit Gutzkow, a. a. O. S. 91. ) Die Annäherung an romantische Gedankengänge, die j a von vornherein mit der Aufnahme des Begriffs Nation gegeben sein mußte, ist hier also auch in Bezug auf die Kritik des Amerikanischen unverkennbar. 3 ) Gutzkow, a. a. O. S. 96. 4 ) Vorher (87) sagt Gutzkow, daß „der Verfall der Vereinigten Staaten mit dem Tage beginnen würde, wo sie anfangen würden, sich um Amerika weniger zu kümmern als um Europa." 5 ) Vgl. oben die sehr ähnlichen Ausführungen Hegels, der Amerika solange nicht als „wirklichen S t a a t " mit historischem Eigenleben anerkennen kann, als es noch unbegrenzte Strecken zur Kolonisation besitzt, die von vornherein alle inneren Schwierigkeiten, alle Unzufriedenheit ablenken. 6 ) Gutzkow, a. a. O. S. 94. 7 ) Dto. S. 96. 8 ) Dto. S. 97. 2

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dem untersetzten, aber launigen und heiteren „John Bull" hervorhebt, sind das Fehlen jedes Humors und jeder Freudigkeit, seine eingeborene praktische Lebensphilosophie, Prahlerei, Heuchelei, Nationaleitelkeit; dagegen lassen ihn andere Eigenschaften, seine Toleranz allem Andersartigen gegenüber, die Tatsache, daß der Nordamerikaner jedem die Verantwortung für seine Angelegenheiten selber überläßt und nur seine eigenen Dinge zu verantworten sich berufen fühlt, für die republikanische Staatsform geeignet erscheinen. Das Ergebnis der Untersuchung Gutzkows, das er mit den Worten ausdrückt: Amerika verdiene zwar „den Namen der neuen Welt recht gern", „aber nicht den der besten", besteht im ganzen also in einer Ablehnung dessen, was jenseits des Ozeans sich entwickelt, für Europa und zwar aus historischen und psychologischen Gründen. Besonders bezeichnend ist dabei, daß gerade das, was so viele andere Schriftsteller veranlaßte, in Amerika ihr Ideal verkörpert zu sehen, die Freiheit seines Bürgertums, nach Gutzkow auf einer Art Täuschung beruht, auf einer Gleichsetzung nämlich des europäischen mit dem amerikanischen Freiheitsbegriff: „Das Ideal nordamerikanischer Freiheit kennen wir", schreibt Gutzkow, „stellen wir uns ein gleiches von europäischer vor, so wird sie weit länger als jene kämpfen müssen, ehe sie zum Siege kommt, aber ihr Inhalt wird dafür voller sein, sie wird nicht wie die amerikanische nur einen Umfang für die Nachbarn, sondern für die Welt haben; denn mag auch ihr Symbol nur das einfache Bürgertum sein, so wird sie doch weit mehr menschliches, der veredelnden Humanität Angehöriges gerettet haben, als in dem Begriffe eines Bürgers der nordamerikanischen Demokratie steckt" 1 ). Noch stärker vielleicht als bei Heine und Gutzkow kommt der Eindruck eines nur materialistische Tendenzen darstellenden Amerika in einem Romane Heinrich Laubes zum Ausdruck 2 ). Hier erscheint alles Lebendige, alles Menschliche erstarrt durch diesen alle Gebiete umfassenden Materialismus, und das Bild eines Landes des Unterganges, oder doch des menschlichen Niedergangs tritt, in wenigen Worten gemalt vor unsere Augen, wie es in seiner Eindeutigkeit schon sehr an das Ferdinand Kürnbergers erinnert. Auch hier ist es die Freiheit, die den Helden hinüberzuziehen lockte, auch hier das Fehlen jedes moralischen und geistigen Gehaltes, der dem Freiheitsbegriff des Auswandernden von selber anhaftete, die materialistische Deutung, die er drüben erhält, die überhaupt dem gesamten Volkscharakter ihr Gepräge gibt, woran er verzweifelt. „Die Freiheit hofft' ich zu finden und finde die bettelhafteste Armut, und neben ihr noch alle Frechheit der Armut. Gold haben sie und suchen sie, aber kein Leben; aller Reichtum des Menschen, seine Lust, seine Klage, sein Sehnen . . . den ganzen Roman des Menschen, um den allein es sich lohnt, morgens aufzustehn, abends sich niederzulegen, alles das haben sie jenseits des Meeres gelassen, davon sind sie frei, das ist ihre Freiheit. Auch das Tier ist frei von menschlicher Sorge — oh!" Oder an anderer Stelle: Die gleiche Berechti!) Gutzkow, a. a. O. S. 97. 2 ) Über Laube vgl. Weber 245 ff.

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gung haben sie verleumdet, indem sie Gleichheit daraus machten. Und diese Schwarzen! O frecher Frevel mit der Freiheit! Als wenn die Bedienten Europas sich Geld gespart und sich einen Staat errichtet hätten! Was nicht auch Bedienter gewesen ist, heißt Aristokrat, wessen Antlitz anders gefärbt ist, der heißt Hund, wird mit Füßen getreten, zertreten. Alle Prosa Europa's ist hier zur Herrschaft gediehen". „Keine Geschichte, keine Wissenschaft, keine freie Kunst! Freier Handel ist die ganze Freiheit! . . . was nicht Geld einbringt, ist unnütz, was nicht nützt, ist überflüssig! O schöne Freude einer edlen Bildung, warum habe ich dich mit Füßen gestoßen, eine Kaufmannsschule, welche sich für eine Welt ausgibt, rächt sich an mir" 1 ). Der deutsche Auswanderer aber, der in dieser Weise an den amerikanischen Verhältnissen verzweifelt, kommt zum Schluß in einem ausbrechenden Straßenaufstand um, indem er der amerikanischen Yolksmasse zuruft, „daß sie ein nichtswürdig Gesindel seien, das Menschenrecht und Freiheit mit Füßen tritt" 2 ). Ein interessantes Beispiel für die Stimmung, die vielfach die nach Amerika ausgewanderten, von dem „Land der Freiheit" enttäuschten Achtundvierziger ergriff, bietet die Schrift „Diesseits und Jenseits des Oceans" von Otto3), ein Pamphlet, das das Amerikabild dieser Kreise bezeichnend widerspiegelt. „In der gedrücktesten unglücklichsten Stimmung der Welt" verließ der Verfasser Europa, so berichtet er, nachdem die Revolution 1848 besiegt war, von der er „das Glück der Menschheit" erwartet hatte. Was ihn nach Amerika zog, war die Hoffnung, „jenseits des Meeres ein freies, glückliches und tugendhaftes Volk zu finden." Aber er fand es nicht, sondern statt dessen ein „unfreies, lasterhaftes und deshalb unglückliches."4) Ehe die Gründe für diese Tatsache und die amerikanischen Zustände beschrieben werden, gibt Otto sein eigenes politisches Glaubensbekenntnis. Zwei Staatsformen kommen für ihn überhaupt nur in Betracht: die Demokratie und die Monarchie, während alle Zwischenformen von vorn herein „Unsinn", eine „contradictio in adjecto" bedeuten 5 ). Die Demokratie ist gewiß die bessere, fortschrittlichere Staatsform, aber sie ist an eine Vorbedingung gebunden: nur ein „tugendhaftes" Volk, wie es etwa die alten Römer waren, ist für sie reif, während ein „lasterhaftes" erst durch die Monarchie erzogen werden muß: „Bei einem tugendhaften Volke ist die republiLaube, Gesammelte Schriften, Wien 1876, 7. Bd. „Das junge Europa" (1833—37) S. 298 f. Weber 248 f. 2 ) Laube, a. a. O. S. 300 f. 3 ) F. Otto, Schwerin 1852. 4 ) Otto, a. a. 0 . S. 35. 5 ) Dto. S. 32 f. An anderer Stelle spricht Otto von „constitutionellen Mißgeburten" (33) oder von einem „Monstrum des modernen doctrinären Liberalismus", der „noch immer in den verdrehten Köpfen mancher , Gothaer' fortspukt, während es bis dato noch keinem vernünftigen Menschen eingefallen sei, Nein und Ja, Feuer und Wasser zu vereinen". Interessant ist in diesem Zusammenhang die Schrift: „Republikanische Licht- und Schattenseiten" von Alexander Ziegler (Dresden u. Lpz. 1848), die aus einer Kritik der nordamerikanischen Verhältnisse gerade die konstituionelle Monarchie als die Deutschland gemäßeste Staatsform abzuleiten sucht (67). Die Hauptstützen der westlichen Republik, die trotz schwerer Mängel (22 f.) die beste aller bestehenden Republiken ist, liegen in den günstigen Bedingungen des Landes (Natur, schwache Bevölkerung, günstige Lage), die alle aber für Deutschland nicht zutreffen, aber sie liegen nicht etwa in der „weisen Gesetzgebung" oder einer „vollkommenen Regierungsform" (83).

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kanisch-demokratische, bei einem lasterhaften die monarchische die beste Staatsform 1 )". Denn es ist einleuchtend, daß bei einer Demokratie, deren Bürger in der Mehrzahl lasterhaft sind, auch „der höchste Wille" ein lasterhafter sein wird, der durch Mehrheitsbeschluß zustande kommt. Das Volk würde seinen verschiedenen Sonderinteressen zufolge, in Parteien zerfallen, und die jeweils regierende Partei „parteiisch und lasterhaft sein". Intrige und Bestechung würden zu den Mitteln einer solchen Regierung werden, und wenn auch sie versagen, so müßte es zum Bürgerkrieg kommen; alles so führt Otto fort, wie wir es „in der ,großen Republik' jenseits des Ozeans sehen" 2 ). Tatsächlich sieht Otto in den Nordamerikanern das Beispiel eines solchen „lasterhaften" Volkes. Der zweite Teil seiner Schrift bringt eine ausführliche Kritik dieses Volkscharakters und die Folgen für das öffentliche Leben bei demokratischer Regierungsform. Man kann sagen, daß Schmähschriften wie diese von Otto, was ihre antiamerikanische Tendenz angeht, zu jenen Erscheinungen gehört, die unmittelbar zu dem Gehalt der Kürnbergersehen Schrift hinführen 3 ), in freilich sehr wahlloser, oft willkürlicher Weise werden Momente des alltäglichen oder des geistigen Lebens herbeigezogen, um die Entwicklung hin zum Schlechten, zum Untergang zu beweisen. Das eigentliche Ziel eines jeden Amerikaners zunächst ist nach Otto, seine persönlichen Wünsche rücksichtslos zu befriedigen. Das Mittel dazu ist der Gelderwerb, nur freilich daß der Zweck dabei vergessen wird, und das Geld völlig in den Mittelpunkt rückt. Der Amerikaner wird zum „schmutzigen K r ä m e r " 4 ) , zum „money making deer" 5 ). Auch in Deutschland, so vergleicht Otto, „sind wir auf diesem schmutzigen Wege vorgerückt. Geld, Handel und Wandel haben auch bei uns leider eine zu große Bedeutung gewonnen." „Der Himmel beschütze uns vor solchen amerikanischen Zuständen!" 6 ) Dabei hat der Amerikaner keinerlei moralische Bedenken, was freilich kein Wunder sei, wenn man den Ursprung dieses Volkes bedenkt: „Amerika ist die Latrine Europas", es besteht hauptsächlich aus den „geldgierigen Krämern und strafefliehenden Verbrechern ganz E u r o p a s " 7 ), denn der religiöse Fanatismus, der ehedem auch viele hinübertrieb, findet in dieser „Geist und Körper vergiftenden Atmosphäre, wo Begeisterung nur höchst selten eine !) Otto, a. a. 0 . S. 25. 2 ) Dto. S. 27. ) Weber sieht in Leopold Schefers „Probefahrt nach Amerika", Bunzlau 1837, besonders einen Vorgänger Kürnbergers (206). Das gilt jedoch nur für die Romanform. Was den Gehalt betrifft, so sind zwar Ansätze einer Kulturkritik da, aber gerade doch nur Ansätze, die bei Lenau, Dickens, Heine u. a. sehr viel ausgeprägter sind. Der eigentliche Gedanke jedoch der Kürnbergerschen Schrift, die (dazu mit besonderer Berücksichtigung des Politischen) jedes Erlebnis, jede Gestalt auf amerikanischem Boden zum Symbol eines Untergangsmäßigen macht, um ein eindeutiges Bild von Amerika als die Entwicklung der Menschheit hemmende, verneinende Macht zu schaffen, kommt noch in keiner Weise heraus. Selbst der Schluß des Laubeschen Romanes, der Amerika verhältnismäßig nur kurz streift, ist in dieser Beziehung eindeutiger. 4 ) Otto, a. a. O. S. 103. 5 ) Dto. S. 63. 6 ) Vgl. die fast wörtliche Formulierung aus romantischen Kreisen, etwa Adam Müller (s.o.)! ') Otto, a. a. O. S. 41. 3

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kleine Stätte findet" 1 ), keinen Platz. Wenn aber das Volk aus „Krämern und Banditen" bestellt, können die vielen in dem Lande vorkommenden Verbrechen nicht Wunder nehmen: 2 ) „ D a s ganze Volk betrügt und der gewöhnliche Betrug gilt kaum für ein Verbrechen" 3 ). Damit ist zugleich die freudlose und unkünstlerische Atmosphäre Amerikas erklärt: Die Menschen sind unfroh 4 ), die Vögel singen nicht, die Blumen haben keinen Duft 5 ). Alle Kräfte des Gemütslebens sind ausgeschaltet: das Familienleben ist voll Roheit und Kälte 6 ), die Umgebung des Amerikaners, da er ohne Schönheitsund Formensinn ist, häßlich, geschmacklos, schmutzig und abstoßend 7 ). Kunst und Religion, soweit überhaupt vorhanden, sind nicht Selbstzweck, sondern Mittel zu Gelderwerb und Verbrechen 8 ). Dabei wehrt sich Otto ausdrücklich gegen Schriften wie die von Raumers, der übrigens „seine Nase nur bis Washington steckte" oder die Gerstäckers, „der nur Romane schreiben wollte, da diese zu Gehülfen der verworfenen Menschenklassen" werden — „wenn auch wider Willen" — welche „von jeher die crassesten Lügen verbreitet haben — aus Geldgier und Eigennutz" 9 ). Sollten dem Fremden im öffentlichen Leben Züge auffallen, die scheinbar den Aussagen Ottos widersprechen, so handelt es sich da um Heuchelei, um „ H u m b u g " . Dieser Zug ist nach Otto bei dem Amerikaner so ausgebildet, daß er nicht nur dem Fremden, sondern sogar sich selber „ H u m b u g " vormacht. Vor allem die Religion ist „nichts als Humbug oder Döpkenspielerei. Nachdem der Amerikaner sechs Tage hindurch seinen Nächsten betrogen hat, betrügt er am siebenten den lieben Herrgott" 1 0 ). Auch der beim Auftreten allerdings auch nur berühmter europäischer Künstler sich zeigende Kunstenthusiasmus ist nichts als „Humbug-Fieber" 1 1 ). Wenn nun ein solches in der Tat „lasterhaftes" Volk sich selber regiert, so kann es freilich nicht segensreich sein. Besonders in der Art der Rechtsprechung, aber auch im politischen Leben überhaupt zeigt sich das. Die Advokatur ist, genau wie andererseits die Wirksamkeit des Arztes und Predigers, außer „Geldmacherei" wiederum nur „ H u m b u g " . Examen, Kenntnisse werden nicht verlangt, die Partei und das Geld wählen den Richter. Die Rechtsprechung selber wird zum oberflächlichen, gleichgültigen Geschäft. Gefällt dem „souveränen Volk" der Richterspruch nicht, so kümmert es sich nicht darum und hängt unter Umständen den eben Freigesprochenen l2 ). Ähnlich wird auch das politische Leben charakterisiert. Da sind die beiden großen Parteien, die „sogenannten" Demokraten und Whigs — 1) Dto. S. 42. 2 ) Vgl. hierzu Egenter, F. I.: „Amerika ohne Schminke." Eine Quellensammlung zur Darstellung des amerikanischen Lebens in der Wirklichkeit, Zürich 1857; eine Schrift, die lediglich Zeitungsnachrichten und Berichte über in Amerika verübte Verbrechen enthält. Dem Gehalt dieser Schrift ähnlich ist auch der von Gerstäcker übersetzte Roman George Lippards: „Die Quäkerstadt und ihre Geheimnisse. Amerikanische Nachtseiten." Lpz. 1847. 3. Aufl. 4 Bde. 3 ) Otto, a. a. O. S. 48. 4 ) Dto. S. 103, 107. 6 ) Dto. S. 100, 107. 6 ) Dto. S. 104f. ') Dto. S. 106. «) Dto. S. 42. 9 ) Dto. S. 43 Anmerkung. l 0 ) Dto. S. 76. u ) Dto. S. 101. l 2 ) Dto. S. 73.

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„wiederum nichts als reiner Humbug, reine Döpkenspielerei". Nur Geschäftsinteresse bindet die Mitglieder an die eine oder andere Partei, ein Prinzip aber vertreten sie nicht: „Selbst das allgemeine Merkmal, daß die Demokraten für liberalere Regierungsweise sind, ist nicht richtig, da oft von den Whigs sehr liberale, von jenen sehr illiberale (natürlich Alles nach Interessen Forderung) beabsichtigt und ausgeführt werden" 1 ). Höchstens daß im ganzen die Whigs mehr den reicheren Ständen angehören und also auch hier das Geld das einzige unterscheidende Merkmal ist. Gerade die Bildung einer Geldaristokratie, die „schlechthin zu verwerfen ist", bei der es allein „Geldwerthe" gibt, die Menschen „bloße Nenner, die Geldsäcke allein die Zähler" sind, veranlaßt Otto, die Vereinigten Staaten in Gegensatz zu England, der „durch Monarchie und Geburtsaristokratie veredelten Krämer-Republik", als eine „durch Geldaristokratie verhunzte Republik" zu bezeichnen 2 ). Die ganze Lasterhaftigkeit des amerikanischen Volkes aber zeigt sich im politischen Leben bei den Wahlen. Diese Zustände braucht Otto nicht selber zu schildern, da er sich auf eine wirksame Autorität berufen kann, auf Dickens, der, wie der Verfasser hinzusetzt, doch sonst „so viel gebildete (?) Amerikaner und Freunde (Schmeichler?) dort fand, daß er, eingenommen, nur ungern wieder das Land verließ" 3 ). Gegen einen Einwand muß sich Otto noch wehren, den man ihm zugunsten Amerikas machen könne: die Vereinigten Staaten seien noch jung, später aber würde alles besser werden. Das aber sind Phrasen. Im Gegenteil, alles wird sich immer weiter zum Schlechten entwickeln: „Wenn man sieht, wie die Schule immer schlechter, die Kirchlichkeit immer heuchlerischer, das öffentliche Leben immer verderbter wird — und Schule, Kirche und öffentliches Leben geben doch dem Menschen sein Gepräge! — dann hat man gegründete Aussicht, daß das Volk, — wenn es möglich ist — immer schlechter, nicht aber, daß es im geringsten besser werde" 4 ). Zugleich wird dieses so geschilderte Amerika auch bei Otto zu einem „Prinzip", dem modernen Lebensprinzip, wie wir es — im Guten und im Schlechten — bei fast allen Schriftstellern sahen; ein Prinzip freilich, zu dessen Bekämpfung alle Kräfte aufgerufen werden müssen: Die „höchsten Güter der Menschheit", „Tugend und Bildung" müssen verteidigt werden in einer Zeit, wo „die Unterscheidung zwischen Gut und Schlecht immer schwieriger, die Brutalität der unteren und die Schwärmerei der gelehrten Stände immer größer wird. Nur selten noch erleuchten jene hellen Sterne das dunkle Meer des modernen Lebens, während jenseits immer dunklere Wolkenmassen heraufziehen am trüben Abendhimmel der unglücklichen Menschheit" 5 ). Diese selbe Stimmung Amerika gegenüber, wie sie so gerade auch aus den Reihen des liberalen und revolutionären Deutschland kommt, wie sie zumal auch durch die Auswandererliteratur im engeren Sinne, mehr und mehr verbreitet wird 6 ), kommt bei den deutschen politischen Flüchtlingen auf 2 ) Dto. S. 29 f. !) Otto, a. a. O. S. 82. 3 ) Dto. S. 69ff. 4 ) Dto. S. 107. 5 ) Dto. S. 112f. 6 ) Vgl. Ludwig Gall: „Meine Auswanderung nach den Vereinigten Staaten in Nordamerika. . . . (Trier 1822), ein „allen wahren Liberalen" gewidmetes Werk, worin die Ab-

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I. D a s Amerikabild i m d e u t s c h e n S c h r i f t t u m

amerikanischen Boden zum Ausdruck. E i n besonders bezeichnendes Gedicht dieser Art von einem Deutschen namens Wilhelm Kopps bringt fast dieselben Gedanken, wie wir sie bei Otto, besonders aber bei Laube fanden, zum Ausdruck. E s lautet: „Ihr fragt mich, was ich hier gefunden habe, in meiner Jugend schönem Ideal, wohin ich sehnend, voll v o n Hoffnung eilte ? Ich fand nur Sklaven hier, wie überall. Wohl glänzte eine lichte Morgenröte, doch folgten schwere dunkle Wolken nach, und tiefe Schatten lagern auf den Fluren, verfinsternd den kaum angebrochnen Tag. Ich fand ein Volk, das in des Goldes Fesseln u m Freundschaft feilscht, nach Gold die Liebe wägt, dem für das wahrhaft Schöne, Gute, Edle, für Menschenwert kein Herz im Busen schlägt. Ich fand ein Volk, das, stolz sich dessen rühmend, die Menschenrechte anerkennt, und sie lehnung des L a n d e s m i t d e m alles beherrschenden Materialismus b e g r ü n d e t wird. Alles, selbst ein Mensch wird n a c h seinem Geldbesitz b e u r t e i l t : " h o w m u c h is he w o r t h ? " l a u t e t die übliche F o r m e l ( I I , 107). Vgl. W e b e r 105. Ahnlich F r . V u l p i u s : „Amerikanische E r f a h r u n g e n " , Bellevue 1847. Die Schrift beginnt : „Die W e l t ist voll v o n d e m R u f der s o g e n a n n t e n Freiheit der Vereinigten S t a a t e n , d a r u m ist es billig, hier m i t der B e t r a c h t u n g zu b e g i n n e n " (1), u m d a n n n a c h Schilderung der beiden großen P a r t e i e n festzustellen: das Volk k ü m m e r e sich wenig d a r u m , „ o b Gesetze u n d S t a a t s e i n r i c h t u n g e n aristokratische oder republikanische G r u n d s ä t z e a t h m e n . Geld, Geld u n d nichts als Geld — das ist der G o t t des Amerikaners, u n d d a r a u f hin sind alle seine Blicke, G e d a n k e n u n d W e r k e g e r i c h t e t " , a u c h n a t ü r l i c h gerade bei der W a h l (2). Die Schilderung des sittenlosen u n d meineidigen, verräterischen u n d heuchlerischen amerikanischen Charakters f ü h r t i h n d a n n zu der B e h a u p t u n g : „ A m e r i k a ist das L a n d der Freiheit f ü r alle R ä u b e r , S p i t z b u b e n , H a l l u n k e n " (12). N a c h der B e t r a c h t u n g der religiösen Z u s t ä n d e k o m m t Vulpius zu d e m Schluß: „ S o b a l d a b e r die Sittlichkeit eines Volkes n u r noch in religiöser Heuchelei b e s t e h t , so w e r d e n i h m die republikanischen Formen s t a t t zum Heil z u m F l u c h gereichen, weil i h m v e r m ö g e ihrer m e h r Freiheit gegeben ist, seine v e r d o r b e n e n Neigungen u n d Triebe befriedigen zu k ö n n e n . D a s Bestehen einer solchen R e p u b l i k aber, wo m a n alles andere, n u r keine R e p u b l i k a n e r f i n d e n k a n n , deren Freiheit zwar auf d e m Papier, aber nicht i m L e b e n zu f i n d e n ist, — wo republikanische Tugend (Anerkennung der Gleichheit u n d Gerechtigkeit) v e r l a c h t u n d v e r h ö h n t wird — k a n n nicht v o n langer D a u e r s e i n " (29). — Zu ähnlichen Ergebnissen k o m m t u n t e r unzähligen a n d e r n a u c h etwa der K u p f e r schmied F r . H ö h n e ( „ W a h n u n d Ü b e r z e u g u n g . Reise des Kupferschmiede-Meisters F. H ö h n e in W e i m a r ü b e r B r e m e n n a c h N o r d a m e r i k a u n d T e x a s i n den J a h r e n 1839, 40 u n d 4 1 " , W e i m a r 1844), der gleich in der Vorrede b e m e r k t , d a ß v o n allem, was der Verfasser über A m e r i k a gelesen h a t , die E r f a h r u n g e n Galls a m t r e f f e n d s t e n scheinen, die er jedem, „welcher nicht lockende Berichte ü b e r A m e r i k a , wie es die v o n D u d e n sind, lesen will," e m p f i e h l t (S. V.). Vgl. auch etwa K i r s t e n : „ S k i z z e n aus den Vereinigten S t a a t e n v o n A m e r i k a " (Lpz. 1849), auf den sich a u c h das P a m p h l e t O t t o s (s. o.) b e r u f t , w e n n diese Schrift i h m gleich alles „leider m i t zu blasser D i n t e auf Fließpapier getragen h a t " (Otto, a. a. 0 . S. 43) u . a. m .

3. Nordamerika zur Zeit der liberalen Opposition und des Realismus

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m i t F ü ß e n t r i t t , i n d e m es seinesgleichen z u m Sklaven m a c h t , erniedriget z u m Vieh. I c h f a n d ein Volk, das n a c h B a r b a r e n Sitte d e n F r e m d l i n g m o r d e t , der sich i h m v e r t r a u t , der Freiheit suchend, die es i h m verheißen, a n seinen U f e r n gastlich sich g e b a u t . U n d w u n d e r t ihr euch, w e n n ich j e t z t n a c h Osten voll S e h n s u c h t wende den b e t r ü b t e n Blick ? O w ä r s t d u frei, d u H e i m a t m u t t e r e r d e , ich k e h r t e freudenvoll zu dir zurück. 0 , werde f r e i ! 0 ruf uns zu den W a f f e n ! W i r sind bereit, wir s t e h n in deinen Reihn. Zerbrich des Despotismus S k l a v e n b a n d e , wir k e h r e n h e i m , — wir w a n d e r n wieder e i n " 1 ) . E i n e ähnliche K l a g e s t a m m t v o n d e m Achtundvierziger Nikla s Müller, der 1853 n a c h N e w Y o r k k a m . Seine „ K l a g e des F r e i h e i t s k ä m p f e r s " schließt m i t den W o r t e n : „ ,Nach W e s t e n f l i e h t die Weltgeschichte!' so l a u t e t e des Sehers W o r t ; n a c h W e s t e n zog ich m i t d e m L i c h t e der Sonne w a n d e r n d zog ich f o r t . So k a m ich a u c h m i t m a n c h e n B r a v e n in's L a n d des edlen W a s h i n g t o n — den F u ß i m N a c k e n seines Sklaven, s p r a c h dir der freie Bürger H o h n . Die F r e i s t a t t h a b ' ich zwar g e f u n d e n , vor den B e d r ä n g e r n f a n d ich R u h , doch schmerzen n o c h die alten W u n d e n — 0 S t a t t der Freiheit, wo bist d u ?" 2 ) I n N o r d a m e r i k a m a c h t e sich diese S t i m m u n g besonders bei den entt ä u s c h t e n A c h t u n d v i e r z i g e r n in Versuchen L u f t , das politische Leben der Vereinigten S t a a t e n u m z u g e s t a l t e n , zu verbessern; Versuche, die bei d e n E i n h e i m i s c h e n , besonders a u c h bei den f r ü h e r eingewanderten D e u t s c h e n , die sich den amerikanischen Verhältnissen schon völlig a n g e p a ß t h a t t e n , wenig V e r s t ä n d n i s f a n d e n u n d zu K o n f l i k t e n f ü h r t e n . Freilich h a t t e n a u c h die politischen Flüchtlinge der vormärzlichen Zeit i m ganzen ihre A u s w a n d e r u n g z u n ä c h s t als eine Zwischenperiode b e t r a c h t e t u n d ihr W i r k e n auf a m e r i k a n i s c h e m B o d e n möglichst in Beziehung zu D e u t s c h l a n d u n d seinen politischen N ö t e n zu setzen gesucht. J e n e r G e d a n k e x

) B. A. Ulilendorf, a. a. 0 . S. 145 f. Ähnlich bei Rattermann, a. a. 0 . S. 201, X I u. a. ) Zimmermann, a. a. O. S. 48. — Über das Fehlen aller Phantasie und Romantik in Amerika vgl. Aug. Becker (Achtundvierziger) „An die Schwarzamsel" (Zimmermann 45), auch Hermann Behr (auch Achtundvierziger) „Im deutschen und im fremden Wald" (57). 2

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I. Das Amerikabild im deutschen Schrifttum

eines „Neu-Deutschland", der, wie wir sahen, im Schrifttum der Heimat eine große Rolle gespielt, zur Gründung von Auswanderungsorganisationen wie die der Gießener Gesellschaft vom Jahre 1833 oder die des „Mainzer Adelsvereins" und anderen, freilich gleich ergebnislosenBemühungen geführt hatte 1 ), hatte durch die politischen Flüchtlinge auch auf amerikanischem Boden neue Impulse erhalten. E s waren auch in Amerika Organisationen geschaffen worden, die im Gegensatz zu den schon vorher bestehenden deutschen Gesellschaften in Philadelphia besonders und New York 2 ), die der wirtschaftlichen Not der Einwandernden abzuhelfen suchten, gerade das Politische in den Mittelpunkt stellten 3 ). Außer dem Gedanken einer Stärkung des deutschen Einflusses oder der Idee eines „Neu-Deutschland" im amerikanischen Staatsverband, kamen aus diesen Kreisen weitere und neue radikale Theorien: so entstand etwa 1841 in Philadelphia eine kommunistische Gesellschaft, deren Niederlassung in Pennsylvanien „Teutonia" genannt wurde 4 ). Aber dennoch hatten mit der Zeit diese Ideen auf amerikanischem Boden ihre Wirksamkeit eingebüßt, die Deutschen sich den neuen Verhältnissen allmählich eingegliedert und die unmittelbare Verbindung mit der Heimat mehr und mehr fallen gelassen. Viele derjenigen, die als Verfolgte der Reaktion in Amerika Asyl gesucht hatten, waren zudem in angesehene Stellungen gelangt, die zwar für die Stärkung des deutschen Einflusses sehr wirksam sein konnten, zugleich aber zeigten, wie sehr ihnen Nordamerika bereits zur Heimat geworden war 5 ). Nun kam nach 1848, besonders in den Jahren 50 und 51 ein neuer Strom politischer Radikaler nach Amerika. Wiederum wurde die neue Welt zunächst als Operationsbasis einer Wirksamkeit in revolutionärem und besonders auf Deutschland berechnetem Sinn betrachtet. Dabei kam es vielfach zu Konflikten zwischen den vor 48 eingewanderten Deutschen, den „Grauen", die, völlig angepaßt an die amerikanischen Verhältnisse, als Verräter an der deutschen Sache betrachtet wurden, und den revolutionären Neuankömmlingen, den „Grünen" 6 ). Der Gedanke an eine vollständige Germanisierung der Vereinigten Staaten, wie wir ihn bereits von Pösche !) Vgl. Baker 63 ff. 2 ) Gegründet 1764 und 1784. Vgl. darüber besonders Friedr. K a p p : „Geschichte der deutschen Einwanderung in Amerika" Lpz. 1868, S. 334f. 3 ) So entstanden etwa die „Deutsche Gesellschaft" in Cincinnati (1834), die den Einfluß der Deutschen auf die Regierung des Landes heben wollte, oder eine in Philadelphia 1836 gegründete Gesellschaft „zur Unterstützung politischer Flüchtlinge, welche aus der Schweiz vertrieben, in London zum Theil in bitterster Armuth lebten und Mittel suchten für ihre Überfahrt nach Amerika". Baker 53 f. 4 ) Vgl. Baker S. 65. 6 ) So Follen (1824 eingewandert), später Professor der deutschen Literatur und Sprache an der „Harvard" Universität (Biogr. bei Koerner: „ D a s deutsche Element in den Vereinigten Staaten von Nordamerika 1818 — 48," Cincinnati 1880 S. 155ff.), oder Beck (1824 eingewandert), später Professor der lateinischen Sprache und Literatur an der selben Hochschule (Koerner S. 155), oder Lieber (1825 eingewandert), später Professor der National-Ökonomie am „ S ü d Carolina College" (Koerner 166ff.), oder Minnigerode (1839 eingewandert), später Lehrer der klassischen Literatur am „William und Mary College" in Virginien, dann Rektor der Pauluskirche in Richmond, und viele andere, die besonders auch im Staatsdienst hohe Stellungen einnahmen wie besonders Schurz, List u. a. 6 ) Vgl. besonders Ludwig Cronau, a. a. O. S. 303 ff.

3. N o r d a m e r i k a zur Zeit der liberalen Opposition u n d des Realismus

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vertreten sahen, an eine Revolutionierung der ganzen Welt, an eine Universalrepublik, in deren Mittelpunkt die Yereingten Staaten stehen sollten, wurde gefaßt und zu seiner Durchführung wurden im Jahre 1852 Revolutionsvereine, besonders im Osten gegründet, deren Mittelpunkt Boston war 1 ). Das Gesamturteil, das im Ganzen von dem Einfluß der deutschen 48 er auf das amerikanische Leben gefällt wird, ist etwa das des „Deutschen Pioniers": sie brachten nicht die Sucht nach Gelderwerb, sondern sie brachten Ideen und kulturhistorische Bestrebungen auf amerikanischen Boden mit. Mag das Ziel, für dessen Erreichung die deutsche Jugend Freiheit, Blut, Leben und das Aufenthaltsrecht im Vaterlande opferte, zu weit gestreckt gewesen sein, die Bewegung von 1848 hat dennoch den Anstoß zu neuem Aufleben der erschlafften deutschen Nation in beiden Welten gegeben" 2 ). Zur Zeit jedoch dieses ersten revolutionären Auftretens auf amerikanischem Boden, stießen sie naturgemäß auf Widerstand und Ablehnung, zumal sich unter ihren Reihen vielfach auch Abenteurer fanden, welche die Sympathien gewisser amerikanischer Kreise für die politischen Verfolgten für ihre Zwecke auszunutzen verstanden, so daß die betont kritische Einstellung dieser Deutschen zum Teil auch auf die Ablehnung zurückzuführen sein mag, die sie und ihre Ideen drüben fanden. In den Büchern, die, meist aus Auswandererkreisen kommend, die gesamten Verhältnisse der Vereinigten Staaten schildern, und die meistens die Stellung der Deutschen im Leben Nordamerikas besonders behandeln, finden sich viele Hinweise auf politische Flüchtlinge dieser Art, die man als Schwätzer oder halb Wahnsinnige betrachtete. So bringt zum Beispiel Eduard Pelz in seinen übrigens stark antiamerikanischen Skizzen 3 ) den Typ Vgl. besonders die 1853 in New Y o r k erschienene, ebenfalls v o n Pösche v e r f a ß t e Schrift " T h e New R o m c ; or T h e U n i t e d S t a a t e s of t h e W o r l d " , a n der auch Goepp beteiligt w a r , der Verfasser einer v o m gleichen Geist getragenen Schrift „ E pluribus u n u m " . K o e r n e r , a. a. O. 121 f f . ; B a k e r 74. Vgl. hierzu besonders: Alb. W i r t h „ D a s W a c h s t u m der Vereinigten S t a a t e n v o n Amerika u n d ihre auswärtige P o l i t i k " , B o n n 1899, S. 64ff. 2 ) „ D e r deutsche P i o n i e r " , Zeitschr. 1869—79, Vol. V, S. 102ff., B a k e r S. 56. Ganz ähnlich K o e r n e r (a. a. O. S. 356), der urteilt, d a ß die W i r k u n g der Achtundvierziger, „ n a c h d e m die ersten Illusionen u n d unreifen k o m m u n i s t i s c h e n u n d sozialen P h a n t a s t e r e i e n verflogen w a r e n . . . ., sich als höchst belebend, b e f r u c h t e n d u n d h e i l s a m " gezeigt habe. Übrigens ist der S t a n d p u n k t , den K o e r n e r zu der F r a g e des amerikanischen D e u t s c h t u m s einnimmt, wie er in der Vorrede b e t o n t , der K a p p s , den er zur K l ä r u n g seiner Stellungnahme zitiert: die angelsächsischen u n d deutschen S t ä m m e t r e f f e n sich in Amerika „zur gemeinsamen Arbeit, zur E r w e i t e r u n g des Reiches der F r e i h e i t " , jeder gibt das Seine (der Deutsche besonders W e r t e des Geistes u n d Gemütslebens), doch „ n i c h t in der Absonderung v o n amerikanischen Bildungselementen liegt das Heil der deutschen Einwanderung, nicht in p h a n t a s t i s c h e n T r ä u m e n v o n einem in A m e r i k a zu g r ü n d e n d e n deutschen S t a a t " , n u r „ m i t t e n i m L e b e n u n d S t r e b e n " der A m e r i k a n e r k a n n sie gedeihen. Geschieht das „ A u f gehen des D e u t s c h t h u m s im A m e r i k a n e r t h u m " in diesem Sinne, so h a t es „nichts schmerzliches m e h r " (S. 10). I m Gegensatz dazu s t e h t Löher, der wie K a p p gesagt haben soll, eine „ r o m a n t i s c h e Geschichte" geschrieben habe, um das deutsche Selbstbewußtsein zu s t ä r k e n , u n d der gerade eine Sonderung der D e u t s c h e n aus d e m A m e r i k a n e r t u m erstrebt, u n d t a t sächlich in einer sehr krassen F o r m u l i e r u n g in der Vorrede b e t o n t , „ d a ß die D e u t s c h e n in Amerika eine höhere B e s t i m m u n g h a b e n , als z u m Verzehr der Yankees u n d als Völkerdünger zu d i e n e n " (Einl. S. I , s. o.). 3 ) P e l z : „ T r a n s a t l a n t i s c h e F e d e r z e i c h n u n g e n " , R u d o l s t a d t 1853, S. 257 ff. D e r Verfasser, d e r , wie er i n der Vorrede sagt, „ d e n A m e r i k a n e r n H a r t e s , das er als w a h r e r k a n n t , offen u n d scharf schneidend u n t e r die Augen g e s a g t " h a b e (S. V I I I ) , stellt der W a r n u n g

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I . D a s Amerikabild i m d e u t s c h e n S c h r i f t t u m

eines deutschen Auswanderers, der 1848 nach Amerika kommt und sich immer da als politischer Flüchtling zu zeigen weiß, wo dies einträglich erscheint, der sich aber v o m „Deutschtümler" und Demokraten sehr bald zum „Deutschverächter" und „Aristokratenanhänger" entwickelt, weil es günstiger ist, u m schließlich zum gemeinen Betrüger herabzusinken, und, nachdem er die „Eigentümlichkeit der Yankeenatur" sich angeeignet hat, „nach jedem Sturz — den Katzen gleich — auf die Füße zu kommen" als Geistlicher zu enden. 1 ) Interessanter noch in diesem Zusammenhang sind die Abschnitte in dem Werk Grunds: „die Aristokratie in Amerika, aus dem Tagebuch eines deutschen Edelmannes" (1839) 2 ), die v o n der Aufnahme der politischen Flüchtlinge handeln; wie überhaupt dieses Werk wohl eines der wirkungsvollsten gewesen sein mag, mit der Ansicht, Amerika sei das Land der „Freiheit" und „Gleichheit" aufzuräumen. Gerade der schon vielfach vorgekommene Hinweis auf den Unterschied zwischen dem amerikanischen Freiheitsbegriff und dem europäischen, welchem die Gegner der westlichen Republik die „falschen" Amerikabeurteilungen zuschrieben, und wobei der Amerikaner das egoistische Einzelinteresse betone, die unbegrenzte Möglichkeit des freien Besitzerwerbes, während dem Deutschen das sittliche Moment, die Möglichkeit der freien Kraftentfaltung in geistiger oder sozialer Hinsicht im Vordergrund stehe, gerade dieser bereits aus romantischen Gedankengängen vielfach vorkommende Hinweis mußte nach der Lektüre des Grundschen Werkes eine gewisse neue Uberzeugungskraft gewinnen. Die europäischen Einwanderer sind es da, die v o m „aristokratischen" Amerika verantwortlich gemacht werden für die „Pöbelregierung", und zwar ganz besonders die „armen Irländer und Deutschen", die mit „den vor A m e r i k a , die diese Schrift e n t h ä l t , eine W a r n u n g anderer A r t zur Seite, die auf die erw ä h n t e n D u r c h f ü h r u n g s v e r s u c h e radikaler Theorien auf amerikanischem B o d e n zurückgeht, in seinem s p ä t e r e n A u f s a t z : „Sozialistische B e s t r e b u n g e n in A m e r i k a " (Deutsche Vierteljahrsschrift, S t u t t g . u . Augsb. 1855, 4. H e f t , 205). I m M i t t e l p u n k t stehen die in N o r d a m e r i k a g e m a c h t e n „ p r a k t i s c h e n Versuche zur D u r c h f ü h r u n g in E u r o p a e n t s t a n d e n e r socialistischer Ideen oder Gesellschaftssysteme". Diese Versuche, die v o n d e n europäischen Regierungen n i c h t g e s t a t t e t w e r d e n (was d u r c h die amerikanischen Ergebnisse „ w e i t h i n g e r e c h t f e r t i g t " erscheint) h a b e n doch das G u t e , vor k ü n f t i g e n ähnlichen „ I d e a l t h e o r i e n " zu warnen, u n d d e n V o r w u r f , „ d a ß m a n der a r m e n Menschheit den W e g zur Glückseligkeit absichtlich v e r s p e r r e n wolle" ein f ü r alle Mal zu e n t k r ä f t i g e n . J ) Auch in der e r w ä h n t e n Schrift O t t o s f i n d e n sich Beispiele dieser A r t (vgl. 36 ff.), die ihn zu dem Ausruf v e r a n l a s s e n : „ F r e u e dich, D e u t s c h l a n d , d a ß d u diese Volksbeglücker los b i s t ! " (38.) 2 ) S t u t t g . u . T ü b . 1839. F r a n c i s J o s e p h G r u n d (1805—63), geb. in B ö h m e n , k a m 1826 in die Vereinigten S t a a t e n , wo er a m H a r v a r d College 1833 eine Professur der M a t h e m a t i k i n n e h a t t e . E r w a n d t e sich sehr bald d e m S t a a t s d i e n s t zu u n d agitierte z u n ä c h s t iin demokratischen Sinne bei der W a h l k a m p a g n e 1835 u n d 36 f ü r V a n B u r e n ( S c h r i f t ü b e r V a n Buren aus dieser Zeit vgl. Bibliographie!), n a c h dessen W a h l er ein K o n s u l a t in A n t w e r p e n erhielt. Aus der politischen Einstellung dieser J a h r e e n t s t a n d vorliegendes, gegen die amerikanische Aristokratie gerichtete W e r k . — Bald d a r a u f , bei der n ä c h s t e n W a h l , als wieder V a n B u r e n u n d H a r r i s o n als K a n d i d a t e n aufgestellt w a r e n , wechselte er seine politische Einstellung, t r a t f ü r H a r r i s o n ein, redigierte zugleich i m Interesse der W h i g partei eine englische Zeitung ( S t a n d a r t i n Philadelphia). N a c h der W a h l H a r r i s o n s ü b e r n a h m er das K o n s u l a t i n B r e m e n . S p ä t e r h a t G r u n d noch zweimal die P a r t e i gewechselt, was jedesmal, wie K o e r n e r b e t o n t (a. a. O. S. 57 ff.), m i t einer Verbesserung seiner p r i v a t e n Stellung v e r b u n d e n war.

3. Nordamerika zur Zeit der liberalen Opposition und des Realismus

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lächerlichsten Begriffen von Freiheit und Gleichheit" kommen. Da sie nämlich „ihre ganze Lebenszeit Sklaven waren, so setzen sie einen übermäßigen Preis auf abstrakte Freiheit, ohne den Wert des Eigentums zu kennen" 1 ). Gerade das Eigentum aber ist es, was die Aristokratie Amerikas bezeichnet. Diese ist nämlich „nichts anderes, als eine reiche aus ein paar Dutzend aufgedunsener Familien zusammengesetzte, durch glücklichen Handel plötzlich reichgewordene Bürgerkaste" 2 ), die freilich von dem Moment an, wo sie reich genug ist, um „fashionable" zu sein, alle ehemaligen Grundsätze, vor allem alle republikanischen, vergißt, sich einer „unerträglichen Arroganz" 3 ) schuldig macht und, zumal wenn sie auf einer Europareise ein wenig Hofluft geatmet hat, „einen echt adeligen Ekel für republikanische Gleichheit" 4 ) mitbringt. Dieser wirkt sich auf das verschiedenste aus; am bedeutungsvollsten aber ist, daß sich der amerikanische „Aristokrat" nun nicht mehr mit politischen Dingen zu beschäftigen vermag, daß das Wort „Patriot" einen schlechten Klang für ihn bekommt, da er bei der Wahlurne nur die gleichen Rechte wie jeder beliebige Bürger hat, oder daß er es jedenfalls erst wieder tut, wenn das, was ihn zum Aristokraten werden ließ, sein Reichtum, aus irgrendweichen Gründen ruiniert ist 5 ). Die Schilderung der „Aristokratie" Amerikas, zu der also im ganzen jene Bürger gehören, die „ein Vermögen von fünfzig- bis hunderttausend Taler besitzen" 6 ), führt zu dem Ergebnis, daß sie „nichts als eine jämmerliche Carrikatur" der europäischen ist, eine Karrikatur, die noch besonders hervorsticht durch die der europäischen Aristokratie abgesehenen Gebräuche, die man unbedenklich den völlig andersartigen amerikanischen Verhältnissen aufdrückte. Noch lächerlicher, sinnloser erscheint diese selbe Methode bei den beiden großen politischen Parteien der Whigs und Tories, die ebenfalls europäischem, englischem Vorbild ihre Bezeichnung verdanken. „Ich möchte fragen" — so läßt Grund einen der Senatoren in Washington ausführen — „was denn unsere Conservativen eigentlich zu verwahren ? was unsere Destruktiven zu vernichten haben ?" Die Konservativen besitzen keine Privilegien, die nicht die niedersten Klassen auch besitzen. Im Gegensatz also zur Politik der Konservativen anderer Länder, etwa Englands, wollen sie „nicht verwahren was sie besitzen, sondern erwerben; ihre Existenz ist nicht an die Vergangenheit geknüpft, aber sie sind voll Hoffnung auf die Zukunft". Dadurch aber sehen sie den englischen Konservativen gerade so ähnlich „wie ein Mann, der durch Betrug reich werden will, einem Millionär, der ein ererbtes Vermögen besitzt" 7 ). Sie haben Angst vor dem Nivellierungssystem der Demokraten — aber was haben sie dabei zu verlieren ? „wo ist die Höhe, von der sie sich herabzusteigen fürchten ?" Das Einzige, was sie auszeichnet, ist ihr Reichtum; dann aber hat Webster recht, wenn er sagt, daß der Kampf „der Demokraten gegen die Aristokraten ein Krieg der Armen gegen die Reichen" sei 8 ). !) 3) 6) ')

Grund, a. a. O. S. 83, Bd. I. Dto. S. 140. Dto. S. 21 ff. Dto., II, S. 200.

2)

Dto. Dto. 6 ) Dto. 8 ) Dto. 4)

S. 15. S. 95. II, S. 238. S. 201.

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I. Das Amerikabild im deutschen Schrifttum

Der Einfluß dieser Aristokratie aber, die an anderer Stelle „der größte Feind des Menschengeschlechts" genannt wird 1 ), ,,ist der demüthigendste unter allen, und dem Manne von Geist ebenso unerträglich als dem Tagelöhner. 2 ) Gegen ihn sind alle „Schrecken des Feudalwesens" nichts, denn der Adel des Mittelalters gab den unterdrückten Ständen doch Schutz und das „Beispiel von Muth und Tapferkeit", diese „beweglicheGeldaristokratie" aber kann weder ein „historisches Glied zwischen der Vergangenheit und der Zukunft" darstellen, noch die allgemeinen Menschheitsinteressen repräsentieren, wie es die Massen tun. Hier herrscht die„krasseste Selbstsucht", jede ihrer Tendenzen ist niederwärts, bis sie endlich das Volk in einen Zustand moralischer Entwürdigung versetzt, wovon es vielleicht die Gegenwart eines kräftigen, historisch begründeten Adels errettet hätte." 3 ) Gewiß ist dieses Buch Grunds eines jener Werke, die mit am gründlichsten mit der Auffassung aufräumten, daß Amerika das Ideal der politischen Freiheit und Gleichheit sei 4 ). Behandelt es gleich scheinbar nur einen Ausschnitt aus der amerikanischen Gesellschaft, die Aristokraten, so liegt doch durch die Tatsache, daß nur der Reichtum den Aristokraten ausmacht, daß ein jeder also, der danach strebt, sich in sie hineinarbeiten oder — spekulieren kann, zugleich eine Gesamtcharakteristik enthalten. Nach der Lektüre dieses Werkes liegt die Auffassung nahe, daß die republikanische Staatsform Amerikas nur eine scheinbare, der momentanen Kapitalverteilung entsprechende ist, daß jedoch im Grunde genommen die dem Streben des Amerikaners wirklich entsprechende Regierungsform eine ganz andere, der englischen ähnliche ist. Denn jeder Amerikaner strebt nach Reichtum s ), durch diesen aber Aristokrat im amerikanischen Sinne geworden, ändert er zugleich seine politische Überzeugung 6 ). Daran ändern auch die ver!) Grund, a. a. O. II, S. 41. 2 ) Dto. S. 201. 3 ) Dto. S. 41 f. 4 ) Vgl. hierzu noch besonders die Abschnitte, welche die „sociale Tyrannei" (II, 37) behandeln, die größer ist, als überall in Europa und die persönliche Freiheit" völlig vernichtet. Von Boston etwa wird erzählt, daß jeder Mann, „der Spion seines Nachbars" ist, ein „freiwilliger, unbezahlter Polizei-Agent" (II, 9). Vgl. auch II, 38 f. II, 82 u. a. 5 ) Grund, a. a. O. II, S. 44 z. Bsp. 6 ) Es ist möglich, daß das Grundsche Werk über die amerikanische Aristokratie den Titel im Gegensatz zu der drei Jahre vorher von Rüder ins Deutsche übersetzten Schrift von Alexis de Tocqueville „Über die Demokratie in Nordamerika" (Lpz. 1836) wählte. In diesem trotz vieler gleicher Beobachtungen den Ausführungen Grunds entgegengesetzten Werke werden die gesamten amerikanischen Verhältnisse aus der Idee der Gleichheit abgeleitet, einer Idee, in deren allmählicher Verwirklichung Tocqueville die Geschichte der jüngeren Vergangenheit, besonders aber der Zukunft charakterisiert sieht. Nordamerika stellt diese Tendenzen allerdings nicht rein dar, viele Schwächen und Gefahren in den amerikanischen Verhältnissen werden, besonders im 2. Band, scharf hervorgehoben, aber doch immerhin am reinsten von allen Ländern. Dort sind die Resultate der „großen demokratischen Revolution", die sich bereits überall vorbereitet, schon Voraussetzung. „Ich gestehe", so sagt Toquecville in der Einleitung, „daß ich in Amerika mehr als bloß Amerika sah. Ich suchte daselbst ein Bild der reinen Demokratie, ihrer Neigungen, ihres Charakters und ihrer Leidenschaften a u f " . Während für Tocqueville der Gesellschaftszustand der Amerikaner ein durchaus demokratischer ist (I, 67; auch trotz des Bestehens einer Geldaristokratie. Vgl. II, S. 8 den Abschnitt : „von den Trümmern der aristokratischen Parthei in den Vereinigten Staaten"), sahen wir, wie nach Grund das allen gemeinsame Streben der Amerikaner nach Reichtum, wenn es erfolgreich ist, zugleich aristokratische, die Grundlage der Verfassung bedrohende Wandlungen in der politischen Einstellung mit sich bringt.

3. Nordamerika zur Zeit der liberalen Opposition und des Realismus

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schiedenen Hinweise Grunds auf die gesunde Bevölkerung des Westens nichts, da Beispiele gegeben werden, wie durch die Raffinesse der Aristokratie New Yorks, besonders seiner Frauen, die begabten, politisch wirksamen Vertreter dieser Bevölkerung bald und gründlich „bekehrt" zu werden pflegen 1 ). Neben das Bild des ersehnten Landes der Freiheit stellt sich so ein Bild der Unfreiheit und Ungleichheit. Was politische Freiheit sein soll, ist im Grunde nichts Anderes als eine dem Materialismus der Bewohner angepaßte Verfassung, die, nur den Schutz des Eigentums gewährleistend, als das dem Staate zugrundeliegende gemeinsame Band den allen Bewohnern eigenen Eigennutz voraussetzt. Keine Kunst, keine Wissenschaft, keine Kultur überhaupt, nur Streben nach Gold bezeichnet diese Bewohner 2 ). Wir sahen, gerade die Sklavenfrage wurde einer solchen Kritik besonders zugrunde gelegt. So werden aus den freien stolzen Bürgern Nordamerikas, die jenem anderen Amerikabild das Gepräge gaben, abstoßende Rohlinge, deren Egoismus durch eine heuchlerisch zur Schau getragene Religiosität nur widerlicher wird. Damit ist dieser Gruppe deutscher Betrachter eigentlich alles über Land und Leute des westlichen Landes gesagt, was man überhaupt wesentlich sagen kann, denn eine absolute Gleichförmigkeit, Eintönigkeit charakterisiert alles. Die Menschen sind einander gleich, ihr Aussehen, ihre Interessen, ihre Geistesart, und selbst die Natur ist einförmig, unpoetisch und unphantastisch. Die Existenz einer Aristokratie zudem, die dem Charakter des Landes entsprechend in materiellen Vorzügen ihre Kennzeichen hat, vollendet das Bild Amerikas als eines Landes, wo die Ideale der Freiheit und Gleichheit eine andere, entgegengesetzte Deutung voraussetzen als in Europa und das zumal, da die Ziele dieser Aristokratie auf eine englandähnliche, also völlig andersartige Verfassung gehen und die momentane scheinbare politische Gleichberechtigung nur Ausdruck einer zufälligen Kapitalverteilung ist. So hat das Amerikabild, wie es sich im deutschen Schrifttum darstellt in der Zeit vom Unabhängigkeitskrieg bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts verschiedene Wandlungen durchgemacht. Dabei waren es, wenn man von Amerika, dem Objekt selber ausgeht, im ganzen die beiden am Ende des 18. Jahrhunderts schon auftauchenden Gesichtspunkte, die im Mittelpunkt standen: die unermeßliche, ungebändigte Natur und das selbstgeschaffene, politische freie Staatswesen Nordamerikas. Wenn man dagegen vom deut!) Grund, a. a. O. S. 153ff. oder S. 169ff. Bd. I. 2 ) Auch Grund weist in seinem Werk vielfach auf das Fehlen jeder kulturellen Grundlage hin, wobei die nur auf „Familie und Bildung" gegründete Aristokratie des Südens ausgenommen wird, deren Aufgabe es ist, „die edle Demokratie, welche einst das Land beherrschte, vor gänzlichem Untergang zu bewahren, oder zu verhindern, daß sie nicht in eine gemeinsame Oligarchie von kalkulierenden Maschinen ausarte, ohne Großmuth, ohne Poesie und ohne schöne Künste. Oder es wird von den „kalten, ruhigen, kalkulierenden, geldmachenden Yankees" gesprochen, die den praktischen „gesunden Menschenverstand" darstellen, „das Genie und den Enthusiasmus" aber den Europäern überlassen (II, 27). So nennt Grund Amerika „das Grab des Talentes und des Genies" (II, 168), denn wenn sich gewiß jeder „Menschenfreund", auch in Europa, darüber freut, daß es auf der Erde ein Land „des Fleisches und Brodes, reiner Hemden und ganzer Strümpfe für Alle" gibt, so besteht immerhin darin „ a m Ende doch nicht das letzte Glück eines Volkes oder seine Fähigkeit zu großen, seinen Namen verewigenden Handlungen" (II, 169). 5

Meyer, Nord-Amerika

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I. Das Amerikabild im deutschen Schrifttum

sehen Betrachter ausgeht, waren es die Ideen und Ereignisse der Zeit und der Heimat, die ihn aus der Stellungnahme zu den eigenen Problemen auch seine Haltung zu Amerika anweisen. Den Ideen der „Stürmer und Dränger", die in leidenschaftlicher Kampfstellung allem dem gegenüberstanden, was die Entwicklung der Zivilisation an der ursprünglichen Naturanlage des Menschen zerstört hatte, die außerdem aus einer besonderen Pflege des Vaterländischen, des Altdeutschen heraus den drückenden politischen Verhältnissen der Zeit gegenüber revolutionäre Grundsätze verfochten, entsprach es durchaus, in Nordamerika das Land ihrer Ideale zu sehen. E s stellte ihnen das Land des edlen unverbildeten Naturmenschen dar, der sich seine Ursprünglichkeit inmitten einer großen unberührten Natur bewahrt hatte. E s war ihnen zugleich das Land der politischen Freiheit, das sich gegen unberechtigte Ubergriffe eines fremden Volkes selber seine Freiheit geschaffen hatte. War der „ S t u r m und D r a n g " gleich im Gegensatz zu den die Zeit beherrschenden Ideen der Aufklärung entstanden, so liegen doch in der Beurteilung Amerikas als Land der freien die allgemeinen Menschenrechte berücksichtigenden Verfassung gewisse Berührungspunkte. Dabei war es freilich den Gedankengängen der Aufklärung und der ihr nahestehenden Ideen gemäß, weniger den Akt der Revolution, den Kampf um die Freiheit zu sehen, als vielmehr das von der ausgebildeten Vernunft des Menschen frei geschaffene Staatswesen. Während der klassizistischen Periode trat das Interesse an Nordamerika fast völlig zurück. Andere Ideale beherrschten die Zeit, die keine Verbindung zu den nordamerikanischen Verhältnissen mit sich brachten. So begann sich bereits eine Abwendung im deutschen Schrifttum vorzubereiten, die dann ihre eigentliche Begründung in den Ideen des romantischen Zeitalters fand. Jetzt wurde das rationale Moment, wie es dem Zeitalter des Humanismus zugrunde lag, völlig ausgeschaltet, ein neuer Begriff, der des Vegetativen, des Organischen in der Geschichte, ein neuer Entwicklungsgedanke trat bei der Beurteilung eines Staatswesens an seine Stelle. Der vom entwickelten Menschen stolz geschaffene Vernunftstaat Nordamerika wurde jetzt zum starren abstrakten Gebilde, dem, hatte es gleich alles, was der Mensch zu geben vermag, doch immer das Wesentliche fehlte: das Leben. Durch eine Revolution entstanden, durch ein Moment also, das zu dem Gedanken der stetigen pflanzenhaften Entwicklung im absoluten Widerspruch stand, schien es in keiner Weise geeignet, bedeutende, gute, lebendige weltgeschichtliche Wirkungen auszuüben. Dazu mußten die besondere Bewertung metaphysischer Kräfte und das Individualitätsgefühl der Romantiker im schroffsten Gegensatz zu den materialistisch-mechanistischen Tendenzen stehen, die, wie man glaubte, von Nordamerika her auch Europa bereits überfluteten. Auch der weitere Kreis der sich eng an romantische Ideen anschließenden Schriftsteller stand dem nordamerikanischen Staatswesen an sich ablehnend gegenüber. Der Grund für ihr verändertes Urteil lag, wie wir sahen, in der Tatsache, daß ein anderer Gesichtspunkt maßgebend wurde. Nicht das politische Staatswesen wurde betrachtet, sondern die unberührte Natur, von der man von den Fesseln einer überwuchernden Zivilisation Erlösung

3. Nordamerika zur Zeit der liberalen Opposition und des Realismus

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hoffte. Auch dieser Gesichtspunkt kam durchaus aus dem romantischen Weltbild, doch veränderte er das Amerikaurteil völlig. E s entstand jenes Bild, das, durch Reiseschilderungen zunächst angeregt, durch Romane populär gemacht, ein „romantisches" Amerika darstellte, das Land weiter Prärien, wilder Ströme, unbetretener Urwälder und des heroischen, oder doch edlen Indianers. Aber auch dieses Bild, solange es sich in populären Schriften immerhin erhielt, j a bis heute erhalten hat, bekam durch einen Teil der neuen Generation eine andere Färbung. Die Forderung einer realistischen Kunst, welche die akuten Fragen der Zeit zu ihrem Gegenstand machte und so die nach dem Wiener Kongreß die Zeit am intensivsten beschäftigenden politischen Probleme mehr und mehr in ihren Mittelpunkt stellte, brachte auch Amerika gegenüber eine neue Betrachtungsweise mit sich. Die beiden Gesichtspunkte, unter denen man das westliche Land sah, waren die beiden Hauptfragen der Zeit: das konstitutionelle Problem und das eines national geeinten, mächtigen Deutschland. Diejenigen, die hauptsächlich die Verfassung sahen, mit deren bloßer Existenz ihr Hauptziel erreicht glaubten, sahen in Amerika das Land der garantierten politischen Freiheit, den Idealstaat ihrer und der kommenden Zeit. Ihnen schien der eigentliche Endpunkt der europäischen Entwicklung nahe, Abstieg und Dunkelheit das Schicksal der alten, zerfallenden Welt, während in Amerika, der wahrhaft „neuen Welt", ein neuer Menschheitstag begann. Pflegten sie im Hinblick auf Amerika den Gedanken des Deutschtums, so hofften sie durch Hinüberwanderung der Besten ihres Volkes auf freiem Boden ein Neudeutschland zu gründen, das emporblühen, sich mit den neuen Ideen erfüllen und später auch das Mutterland verjüngen und befreien würde. Wir sahen, wie die vielen politischen Flüchtlinge, die nach Amerika wanderten, oft ein solches Bild von ihrer neuen Heimat in sich trugen und verbreiteten, wie die Romane vieler Schriftsteller es populär machten, wie es selbst in die Auswanderungsliteratur der an sich weniger an den idealen, als an den wirtschaftlichen Gütern Interessierten drang. Diejenigen dagegen, die aus den Problemen der Zeit im Hinblick auf Amerika eher das Ideal eines deutschen Einheitsstaates im Auge hatten, besonders die deutsche Kultureinheit betrachteten, welche im Laufe ihrer historischen Entwicklung bereits eine große Mannigfaltigkeit geistiger Güter hervorgebracht und damit ihre hervorragende Bedeutung für die Menschheitsentwicklung erwiesen hatte, sahen dort ausschließlich den Mangel kultureller Werte in Vergangenheit, Gegenwart und — dank der einseitig materiellen Einstellung der Amerikaner — auch in Zukunft. Ihnen war Amerika das Land des Materialismus. Die auffallende Stellung der Religion im öffentlichen Leben war ihnen, ebenso wie die Verfassung, Heuchelei oder Geschäftsmache. Eigennutz und Unrecht charakterisierten ihnen das Lebendes Bürgers. Aus dem Lande der „Freiheit" wurde so durch die Betonung des sittlichen Momentes bei der Fassung des Freiheitsbegriffes, das der Unfreiheit. Nicht nur die Tatsache einer engen Gebundenheit an eine ausschließlich materielle egoistische Wirksamkeit, der Unfähigkeit einer überlegenen freien Bewegung in geistiger Atmosphäre, sondern besonders auch die Sklavenfrage wurde zum Beweis herangezogen. Selbst der Natur 5*

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I. Das Amerikabild im deutschen Schrifttum

wurde alle Größe, alle Phantasie und Poesie genommen; kurz, Amerika stellte ihnen das Land des absoluten Niederganges dar, einen „wahren Westen der Menschheit", eine europäische Gefahr. Verschiedene Vertreter wurden genannt, welche besonders seit Lenau die Züge zu diesem veränderten Amerikabild zusammentrugen. Sie entstammten vorwiegend der politisch erregten, revolutionären Zeit bis zur Jahrhundertmitte, und zu ihnen, zu dieser Zeit und diesen Voraussetzungen gehört auch der Schriftsteller, der alle diese Züge zu einem in sich fest gegründeten, zusammenhängenden Bild zusammenfaßte, Ferdinand Kürnberger.

II. Teil.

Das Amerikabild Ferdinand Kürnbergers im „Amerika-Müden". Einleitung. Der Verfasser des „Amerika-Müden" wurde am 3. Juli 1821 in Wien geboren. 1 ) Trotz der ärmlichen Verhältnisse seines Elternhauses — der Vater, ursprünglich Schuster, hatte die Stelle eines magistratischen Laternenanzünders — erhielt er eine sorgfältige Erziehung, so daß er sich, indem er sich durch Privatstunden den Lebensunterhalt verdiente, dem Universitätsstudium widmen konnte. Er selber berichtet aus dieser Zeit: „Anstalten, an welchen sich Ostreich die Beamten für seinen Hausgebrauch erzog, nannte man in meinen Jünglingsjahren, — angesichts Berlin und Göttingen — Universitäten! Wenn man will, so studierte ich also an der ,Universität' zu Wien." 2 ) E s geht schon aus dieser Charakteristik hervor, daß Kürnberger für seine eigentliche Ausbildung nicht viel von der Hochschule selber holen zu können glaubte, so daß er sich eher in den Wiener Museen und Konzerten wenigstens eine „Kultur des Instinkts" zu verschaffen bemühte. In dieser Zeit jedenfalls mag er in die radikalen politischen Strömungen hineingekommen sein, wie sie sich in den politischen Feuilletons des Revolutionsjahres und den Briefen während seiner Flucht aussprechen. Im November 1848 verließ er Wien, da er als Mitglied des Studentenkomitees an den Unruhen beteiligt gewesen war. Er kam, nachdem er in Dresden in neunmonatlicher Untersuchungshaft festgehalten worden war 3 ), 1850 nach Hamburg und Bremen. In dieser Zeit ist der Plan zum „Amerika-Müden" entstanden, wohl nicht ohne Grund gerade in diesen, für die Einschiffung nach Amerika besonders wichtigen Hafenstädten. 1851 begab sich Kürnberger nach Frankfurt a. M. für fünf Jahre. E s folgte dann eine Zeit ruhelosen Umherwanderns; er weilte in Wien, Stuttgart und Koburg, verschiedene Male in München, Wien und Graz, rastlos literarisch tätig, bis er am 14. Okt. 1879 während einer Reise in München starb. Für Kürnbergers Stellungnahme zu den radikalen politischen Doktrinen jener Zeit, vor allem bis zur Entstehung des „Amerika-Müden" sind beÜber das Leben Ferdinand Kürnbergers vgl. seine Selbstbiographie, mit Anmerkungen von O. E. Deutsch als Einleitung zu den von ihm herausgegebenen „Briefen an eine Freundin (1859—1879)", Wien 1907 abgedruckt, außerdem die Einleitung zu den ebenfalls von ihm herausgegebenen „Briefen eines politischen Flüchtlings", Wien 1920, und Baker. Weitere Literaturangaben vgl. Allg. deutsche Biogr. 2 ) Selbstbiographie, a. a. O. S. XV. 3 ) Über die Flucht aus Wien und den Dresdener Aufenthalt vgl. besonders den Brief vom 1. Mai 1850 aus Hamburg, „Briefe eines politischen Flüchtlings", a. a. O. S. 81.

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II. Das Amerikabild Ferdinand Kürnbergers im „Amerika-Müden"

sonders aufschlußreich die Artikel, die 1848 in den Wiener „ S o n n t a g s b l ä t t e r n " (hrsg. v. F r a n k l ) u. der „Constitutionellen D o n a u z e i t u n g " erschienen. E s sei etwa auf Feuilletons hingewiesen wie „ D i e Freiheit u n d das 19. J a h r h u n d e r t " (Sonntagsbl. V I I , 4 5 9 f f ) , wo m i t großen W o r t e n — Kürnberger selber h a t in seiner s p ä t e r e n F e u i l l e t o n s a m m l u n g die Artikel aus dieser Zeit nicht a u f g e n o m m e n — p a t h e t i s c h die U n m ö g l i c h k e i t einer Reaktion d a r g e t a n wird, d a die Freiheit j e t z t „ s t a t t einer Nationalsache eine Sache der reinen, a b s t r a k t e n M e n s c h h e i t " geworden sei. Die T a t s a c h e eines fehlenden Genies, eines F ü h r e r s , auf den die „ t ö r i c h t e M e n g e " w a r t e , wird als eine besondere, höhere E n t w i c k l u n g s s t u f e angesehen, d e n n „die ganze Generation ist d a d u r c h als Genie e r k l ä r t " . Der Artikel schließt: „ R e a k tion ist u n m ö g l i c h : werde diese B e h a u p t u n g solange wiederholen, bis auf d e m Grabe des letzten J u n k e r s der letzte J a g d h u n d v e r e n d e t ist, u n d das blödeste Auge die letzte Möglichkeit einer R e a k t i o n v o n den W ü r m e r n verzehren sieht" (462). Oder „ D i e Wiener R e v o l u t i o n , f r a g m e n t a r i s c h e r B e r i c h t " (130ff): „ D i e akademische J u g e n d s p r a c h : es werde L i c h t u n d es w a r d Licht. I n 6 T a g e n w a r d die W e l t erschaffen, in 2 T a g e n Österreich. D e r große Völkerpferch der Monarchie h a t sich in einen zivilisierten S t a a t verwandelt, die H u n d e - W a c h e der geheimen Polizei u n d Zensur h a t a u f g e h ö r t , die H e e r d e n sind N a t i o n e n g e w o r d e n " . I m L a u f e der Zeit, besonders schon w ä h r e n d der D r e s d n e r H a f t , k l ä r t e n sich K ü r n b e r g e r s A n s c h a u u n g e n zu b e s t i m m t e n politischen F o r d e r u n g e n , die besonders in einem Brief a n seinen B r u d e r v o m 8. Dez, 1850 z u m A u s d r u c k k o m m e n . E r n i m m t hier Stellung z u m „ S o z i a l i s m u s " (104ff), zur „ R e p u b l i k " ( l l O f f ) u n d zur „ K o n s t i t u t i o n " ; das E r g e b n i s der U n t e r s u c h u n g l ä ß t sich e t w a so z u s a m m e n f a s s e n : K ü r n b e r g e r s a g t : „ W e r bloß R e p u b l i k a n e r ist u n d n i c h t zugleich Sozialist, d e m m ö c h t e es schwer fallen zu erklären, was er eigentlich bezweckt m i t der R e p u b l i k ? F r e i h e i t ! wird er sagen. Aber wer ist d e n n f r e i in einer R e p u b l i k ohne Sozialismus ? Bloß der Bürger, n i c h t der Mensch; bloß der Besitz, nicht die A r b e i t ; bloß eine P a r t e i , n i c h t die Gesellschaft. E i n e solche R e p u b l i k k a n n n i c h t das I d e a l des J a h r h u n d e r t s sein . . . " (S. 111). K ü r n b e r g e r h a t sich i m L a u f e seines f e r n e r e n Lebens stets i n t e n s i v m i t den großen politischen F r a g e n der Zeit b e s c h ä f t i g t , u n d n e b e n seinen literarischen W e r k e n , seinen D r a m e n , Novellen, R o m a n e n u n d K r i t i k e n gerade politische Artikel v o n o f t größter S c h l a g k r a f t u n d W i r k s a m k e i t geschrieben. Die v o n i h m selber herausgegebenen „Siegelringe" (deren Vorrede seine H a l t u n g zu den H a u p t p r o b l e m e n k u r z charakterisiert) geben Zeugnis davon. Auf einige dieser Feuilletons wird i m Z u s a m m e n h a n g m i t der I n t e r pretation des „ A m e r i k a - M ü d e n " n o c h z u r ü c k z u k o m m e n sein. S u c h t m a n sich ein G e s a m t b i l d v o n der Schriftstellerpersönlichkeit K ü r n bergers a n seinen W e r k e n 2 ) zu m a c h e n , so wird m a n weniger in i h m d e n 1 Vgl. dort auch die „Literarischen Charaktere" (403 ff.) oder in der Konstitutionellen Donauzeitung v o m 17. April 1848 die „Gedanken über die Lyrik der Zukunft" u. a. m. 2 ) Aus der sonstigen schriftstellerischen Tätigkeit Kürnbergers sind besonders zu nennen: „Der Haustyrann" (1876 geschrieben), 5 Bde. „Ausgewählte Novellen", Reklam 1857, 3 Bde. Novellen (1861—62), Novellen 1878. A n Dramen das Lustspiel „Fürst und D a m e " (1850 geschrieben), „Catilina" 1855, „Firdusi" 1865, „Quintin Messis" 1867. Vgl. Allg. Deutsche Biogr. u. Baker.

1. Die öffentlichen Angelegenheiten

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Dichter als vielmehr den Kritiker zu sehen und zu bewundern haben. Hier, auf dem Gebiete des Feuilletons, der politischen und literarischen Kritik insbesondere, liegt sein eigentliches Feld. Man hat ihn mit Lessing verglichen, und in der Tat würde eine eingehende Stilanalyse der Kürnbergerschen Schriften, auch der Romane und Dramen, einen solchen Vergleich sehr nahe legen. Nie verleugnet er den Kritiker und Logiker: die Gesamtkomposition seiner Werke wie der Aufbau der Einzelszenen seiner dramatischen und epischen Produktion, die Technik des Bildes und des Vergleiches, Satzbau, Wortwahl, alles ist streng bewußt, logisch, linienhaft. Satz und Gegensatz, oft stark pointiert, folgen einander unmittelbar, immer geistreich, schlagkräftig und auf die denkbar knappeste Form gebracht. Selbst Enthusiasmus und Leidenschaft bleiben in dieser Sphäre, und so besteht denn die Wirkung Kürnbergers nicht im pathetisch Erhabenen, einer Stilschicht, die dennoch oft von ihm verwandt wird, immer aber fremd, gemacht, allzu betont erscheint, als vielmehr in der Ironie, seinem eigentlichen, vielfach auch gerade im „Amerika-Müden" in der glücklichsten Weise angebrachten stilistischen Hilfsmittel.

1. Die öffentlichen Angelegenheiten.

Da der „Amerika-Müde" nach der Beteiligung des Verfassers an der Wiener Revolution 1848 und seiner Flucht aus der Vaterstadt konzipiert und ausgearbeitet wurde, auch 1855 noch vor der Rückkehrerlaubnis in Frankfurt a. M. erschien, liegt von vornherein auf der Hand, daß er nur aus der Atmosphäre dieser politisch erregten Jahre, aus den Problemen, welche die Revolutionsflüchtlinge erfüllten, zu verstehen ist. Und tatsächlich zeigt bereits eine oberflächliche Betrachtung der Schrift, zeigt schon eine Betrachtung ihrer ersten Seiten, wie vollkommen sie sich in die Reihe der Amerikabeurteilungen einordnen läßt, die, wie wir sahen aus eben diesen Kreisen hervorgingen. Der Ausgangspunkt zunächst, das „Vorurteil" Amerika, dessen Untergrabung und Wandlung der Inhalt der Schrift ist, wie es in den Begrüßungsworten des noch nicht enttäuschten Ankömmlings sich darstellt, zeigt fast dieselbe Formulierung, wie sie bei jenen enthusiastischen Amerikabewunderern zu finden war, die in der Verfassung der Vereinigten Staaten das bedeutsamste Ereignis ihrer und künftiger Zeit und die Erfüllung ihrer Wünsche sahen: „Asien ist die Wurzel, Europa der Stamm, Amerika die Laub- und Blütenkrone — so gipfelt sich das Wachstum der Menschheit", so läßt Kürnberger seinen Helden sprechen 1 ), oder: „nur Amerika hat Tag, Europa das Phosphorlicht seiner faulenden Stoffe" (S. 13). Und gerade auf diese Gruppe, der also Amerika fast ausschließlich unter dem Gesichtspunkt seiner Verfassung erschien, weist auch der Fort-, gang: Nicht mit der Kuppel fing man beim Aufbau des Staatsgebäudes an *) S. 8 des „Amerika-Müden". Die sonst in Klammern beigefügte Seitenzahl gilt für die Reclamausgabe. Zuerst erschien Kürnbergers „Amerika-Müder" als 8. Band (II Serie,. 1. u. 2 Bd.) der deutschen „Bibliothek" bei Meidinger & Cie., Frankf. a. M. 1855. Eine Neuauflage erfolgte 1889 bei Reclam (durch Schembera); dann 1910 als 4. Band der geplanten, doch noch nicht zuendegeführten „Gesammelten Werke", hrsg. von O. E. Deutsch (München und Leipzig). Die beiden außerdem erschienenen ersten Bände enthalten I. „Siegelringe", II. „Literarische Herzenssachen".

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II. Das Amerikabild Ferdinand Kürnbergers im „Amerika-Müden"

wie in der alten Welt, wo der König und hohe Priester zuerst, dann die Vasallen und Ritter als Säulen kamen, dann erst der Sockel, das Bürgertum, mit dem das Gebäude abschloß, während die leibeigenen Bauern den verwahrlosten Untergrund bildeten, sondern man begann v o n unten an zu bauen, „ein festes wohlgezimmertes Haus, ein Haus gebaut auf die erste aller Wissenschaften, auf die Wissenschaft v o m Volke". „Weises Amerika, das mit dem Anfange a n f i n g ! " (11). Wenn so das Amerikabild am Beginn der Schrift ganz im Sinn jener einen, an der amerikanischen Verfassung orientierten Gruppe liberaler Betrachter erscheint, so ist auch die völlige Wandlung dieses Bildes im Verlaufe des Romans, die eigentliche Stellungnahme Kürnbergers zum Problem „Amerika" also, innerhalb der Stellungnahme der Liberalen zunächst nichts Neues. Sie wächst aus jener anderen, eher an der nationalen Frage orientierten Betrachtungsweise heraus, die den nationalen Gedanken als den A u f b a u eines Staatswesens auf der Grundlage einer kulturellen Einheit faßte. Denn die eigentliche Frage, die der Kürnbergerschen Schrift zugrunde liegt, ist j a zuerst die nach der K u l t u r oder Kulturfähigkeit des Landes. Ganz abgesehen v o n der Behandlung der einzelnen Probleme, über die noch zu sprechen sein wird, schon allein die Tatsache, daß der Held des Romanes, der das Amerikabild vermittelt, ein Dichter, in gewisser Weise Nikolaus Lenau ist 1 ), weist darauf hin. Diese Fragestellung aber, die den Betrachter 1 ) Das Verhältnis der Amerikareise Lenaus zu dem Kürnbergerschen Roman ist vielfach untersucht, besonders von Baker, Castle (a.a.O.) und Mulfinger. „Ferd. Kürnbergers Roman „Der Amerikamüde", dessen Quellen und Verhältnis zu Lenaus Amerikareise" (In: „German American Annais", hrsg. v. Learned, Philadelphia 1903, S. 315 ff.) Während früher u. U. der Roman als Biographie des Lenauschen Amerikaaufenthaltes angesehen wurde (so Emil Klauprecht, vgl. Mulfinger S. 316), haben genauere Vergleiche ergeben, daß Kürnberger mit den offensichtlich dem Helden der Schrift, Moorfeld, gegebenen Charakterzügen des Dichters, mit der Stimmung der Amerikakritik desselben nicht zugleich auch die Erlebnisse Lenaus in Amerika biographisch genau zugrundegelegt hat. Als völlig erledigt kann die Frage gelten, seitdem Deutsch im 4. Band der „Gesammelten Werke" Kürnbergers im Nachwort zum „Amerika-Müden" einen Brief Kürnbergers veröffentlichte, der aus dem Nachlaß des Anton Schurz stammt (S. 578). Da der Brief zugleich einen interessanten Hinweis auf die Tendenz des Romans enthält, sei er hier im Auszug mitgeteilt. Kürnberger schreibt am 25. Juni 1854 aus Frankfurt: Ihre gütigst mitgeteilten Notizen über den fraglichen Gegenstand hatten den Wert für mich, daß ich aus denselben sogleich und auf kürzestem Wege die Uberzeugung schöpfte, die Idee vollständig aufgeben zu müssen, den hier vorliegenden realgeschichtlichen Stoff für meine Dichtung zu benützen. Die Intention dieser Dichtung geht nämlich in erster Linie darauf aus, die Verunglückung meines Auswanderers der amerikanischen Lebenspraxis zur Last zu schreiben. Das ist Hauptsache. Nun erhellt aber aus dem Exposé, das durch Ihre Güte mir vorliegt, daß der Ruin von Lisbon durch zwei Umstände bedingt war: 1. durch den Verrat eines d e u t s c h e n Landmanns; 2. durch Zufall, der den Diener Huber im Augenblick der rettenden Tat umkommen ließ. Beide Motive sind demnach für den Zweck meiner Dichtung nicht nur unfruchtbar, sondern würden ihn geradeswegs aufheben. Es ist nach dieser Belehrung die Aufgabe an mich gestellt, von der tatsächlichen Wirklichkeit hier gänzlich zu abstrahieren und mich auf den Weg der freien, selbständigen Erfindung zu begeben." Wie sehr freilich andererseits die S t i m m u n g der Lenauschen Amerikakritik, die Entwicklung von Amerikaenthusiasmus zu absoluter Enttäuschung sich zu einer romanhaften Zusammenfassung und entscheidenden Stellungnahme zu dem Problem „Amerika" verwenden lassen mußte, geht aus der Stellung hervor, die gerade Lenau innerhalb der Entwicklung des deutschen Amerikaurteils einnimmt (s. o.). Es ist anzunehmen, daß Kürnberger sich von der klaren Erkenntnis dieser Tatsache leiten ließ, nicht lediglich, wie Otto

1. Die öffentlichen Angelegenheiten

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aus dem Bewußtsein einer großen europäischen oder deutschen Kulturentwicklung heraus Amerika beurteilen ließ, war ja zugleich jene, die sich während des ausgehenden 18. Jahrhunderts zur Zeit der Klassizistik bereits anbahnte, dann ihre eigentliche Fundierung im romantischen Weltbild fand, um in der deutschen Revolutionszeit um die Jahrhundertmitte bereits als Schlagwort in den Zeitkämpfen in weitgehendem Maße zum Eigentum des allgemeinen öffentlichen Bewußtseins zu werden 1 ). Die Problemstellung Kürnbergers ist nach diesen Voraussetzungen etwa die: in die Reihe der Staatswesen, wie sie werden und vergehen, der Völker, die, selber nicht dauernd, doch an einem Dauernden arbeiten, eben dem, w a s wir Kultur nennen, ist ein neues eingetreten: das amerikanische. Welche Aufgabe hat nun dieses Volk für den geistigen Fortschritt der Menschheit zu leisten ? Die Beantwortung ergibt sich für Kürnberger aus einer umfassenden Betrachtung des Amerika seiner Zeit: aus dem geistigen Leben dieses Landes sowohl als aus seinen staatlichen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen; aus dem Charakter seiner Bewohner ebenso wie aus seinem Verhalten zu anderen Völkern, die — wie vor allem die Deutschen — im Gegensatz zu dem erst werdenden Amerika bereits auf anerkannte kulturelle Leistungen zurückblicken können. Wir betrachten zunächst das Gebiet amerikanischen Lebens, das am meisten über seine Kultur oder besser über seine Kulturfähigkeit auszusagen hat: das geistige. Es kann sich da zunächst natürlich nur in beschränktem Maße um Fertiges handeln, u m große geistige Leistungen etwa, die man nur mit denen anderer Völker zu vergleichen hätte, um sie in ihrem Wert oder Unwert für die Menschheit beurteilen zu können. Fragen wir zunächst nach dem allgemeinsten, nach dem Gebiet, das am meisten das gesamte Volk betrifft: nach seiner Religion 1 ). E r i c h D e u t s c h v e r m u t e t — vielleicht des Verlegers halber — d u r c h den „ p i k a n t e n Beig e s c h m a c k " eines L e n a u r o m a n s seiner Schrift eine w i r k s a m e R e k l a m e verschaffen wollte u n d so „ i n einer g u t e n Sache m i t etwas groben M i t t e l n " gearbeitet habe. (Deutsch, B d . 4 der „ G e s a m m e l t e n W e r k e " , 579). *) K ü r n b e r g e r w a r sich der T a t s a c h e , d a ß sein R o m a n f ü r die Z e i t s t i m m u n g der fünfziger J a h r e besonders charakteristisch ist, d u r c h a u s b e w u ß t . Als 1878 d u r c h einen Berliner Verleger die F r a g e einer N e u a u f l a g e a n i h n h e r a n t r a t , wollte er n u r einige K ü r z u n g e n anbringen, keinesfalls jedoch „zeitgemäße Ä n d e r u n g e n " . E r schreibt: „ D e r Amerika-Müde h a t j u s t d a r u m Glück g e m a c h t , weil er ein A u s d r u c k s e i n e r Z e i t s t i m m u n g w a r ; ein voller u n d tiefer A t e m z u g in der A t m o s p h ä r e der ersten fünfziger J a h r e , in der Ära des Reaktionsu n d Auswanderungsfiebers. W a r u m das K i n d der fünfziger J a h r e i n das Kleid der siebziger J a h r e u m k l e i d e n ? " U n d e r n e n n t den R o m a n „eine geschichtliche Erscheinung", ein „politisch-literar-historisches D o k u m e n t " . Veröffentlicht v o n D e u t s c h , Werke a. a. O., B d . 4 S. 587 f. J ) E s sei hier z u n ä c h s t k u r z auf die Quellenfrage hingewiesen. G. A. Mulfinger weist in seiner A b h a n d l u n g (a. a. O.) als H a u p t q u e l l e n n a c h : „Reise Sr. Hoheit des Herzogs B e r n h a r d zu Sachsen-Weimar-Eisenach d u r c h N o r d a m e r i k a in den J a h r e n 1824—26, hrs. v o n H . L u d e n , W e i m a r , 1828; die Schrift Friedr. v. R a u m e r s , a. a. O.; von den W e r k e n Sealsfields besonders „ M o r t o n oder die Große T o u r " , der S q a t t e r R e g u l a t o r " u n d „ D a s C a j ü t e n b u c h " ; v o n W a g n e r u n d Scherzer: „ R e i s e n in N o r d a m e r i k a in den J a h r e n 1852—53, Lpz. 1853; D u d e n s Reisebericht, s. o. u n d die „Briefe eines U n g e n a n n t e n " , Lpz. 1853. (Mulfinger, S. 320). I m ersten Teil dieser Arbeit ist versucht worden, auf G r u n d deutscher geistesgeschichtlicher E n t w i c k l u n g e n die F r a g e zu b e a n t w o r t e n : wie k o n n t e K ü r n b e r g e r ü b e r h a u p t zu dem Bild v o n Amerika k o m m e n , das er in seiner Schrift niederlegte. E r s t in zweiter Linie s t e h t demgegenüber die F r a g e : woher h a t der Verfasser des Amerika-

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I I . Das Amerikabild F e r d i n a n d K ü r n b e r g e r s i m „ A m e r i k a - M ü d e n "

Wir hören zuerst von dem Puritanertum N e w Yorks. Gewisse äußere Bräuche, die besonders ins Auge fallen, werden herangezogen und nach Wert und Bedeutung untersucht. Da liegt zum Beispiel im Pariour, einem Raum also, der doch zunächst dem Empfang der Fremden dient, der im übrigen äußerst prunkhaft ausgestattet ist, auf dem Tisch die Bibel. E s besteht ein eigentümliches Mißverhältnis zwischen dem reichen, aufdringlichen Zimmer und der Bibel darin. Kürnberger spricht v o n einer „seltsamen Ostentation" (36). E s ist eine Frömmigkeit nach außen hin, sie wird zur Schau gestellt. Dasselbe Mißverhältnis im Großen bemerkt man, wenn man über die Art nachdenkt, in der N e w York den Sonntag feiert. Zunächst wird uns die Stadt im Werktagskleid geschildert: sie scheint die Personifikation der Arbeit; alles ist laute Bewegung, die Straßen hallen wider von dem wirren Treiben der Handelnden, Fuhrwerke drängen sich, ein ungeheures Tosen erfüllt die Luft. Man e m p f i n d e t : das ist N e w York in seiner natürlichen Gestalt. Aber am Sonntag ist alles still. Ohne einen Ubergang, der den Wandel irgendwie verständlich machte, liegt eine plötzliche lastende Ruhe, liegt nach Kürnberger der Sabbath „wie eine eiserne Maske" auf der Stadt (63). Wieder das eigentümliche Mißverhältnis, der Widerspruch zwischen dem „frommen" Brauch und dem, was das Gegebene und Natürliche scheint; und wieder das unangenehm aufdringliche, das betont Äußerliche dieser Form. Aber eine Stadt von derart pulsendem Leben zu zwingen, ist gefährlich, und so scheint es nur natürlich, wenn wir von jenen sonntäglichen Ausschreitungen hören, durch die das zurückgehaltene Leben New Yorks sich Luft macht: v o n den Feuersbrünsten, ihrer Entstehung und ihrem Verlauf (ÖSf) 1 ). Die Unnatur dieser Sonntags, ,feier "kann kaum wirkm ü d e n i m einzelnen die Bilder u n d Episoden, die er zur I l l u s t r a t i o n seiner A u f f a s s u n g heranzieht. D a bei dieser zweiten F r a g e von Mulfinger bereits v o r g e a r b e i t e t ist, soll diese, also die Quellenfrage i m engeren Sinn, hier n u r d a n n e r ö r t e r t werden, w e n n eine besonders bezeichnende U m f o r m u n g einer der v o n Mulfinger nachgewiesenen Quellen bei K ü r n b e r g e r s t a t t g e f u n d e n h a t , oder w e n n es sich u m Quellen h a n d e l t , die Mulfinger noch n i c h t k a n n t e . *) Mulfinger verweist hier als Quelle auf die Schrift v o n W a g n e r u n d Scherzer. D o r t heißt es sehr vorsichtig: „ H a u s b r ä n d e sind so h ä u f i g u n d die L ö s c h a n s t a l t e n so v o r t r e f f l i c h , d a ß wir vielfach die Meinung aussprechen h ö r t e n , das verheerende E l e m e n t werde o f t m a l s absichtlich beschworen, u m die Meisterhaftigkeit der verschiedenen L ö s c h a p p a r a t e erproben zu k ö n n e n " ( W a g n e r u n d Scherzer, 248f., Mulfinger 324). Jedenfalls h a t sich K ü r n berger eine derartige A u f f a s s u n g erst v o n a n d e r e n Schriften bestätigen lassen. Besonders in Frage k o m m t d a u . a. das e r w ä h n t e P a m p h l e t O t t o s (s. o.), wo v o n einer E n t s t e h u n g der F e u e r s b r ü n s t e zum „ A m ü s e m e n t " als v o n einer festen T a t s a c h e gesprochen wird u n d vor allem die „ b l u t i g s t e n K ä m p f e " der S p r i t z e n m a n n s c h a f t geschildert werden ( O t t o S. 49); da a u c h sonst auffallende Parallelen zwischen d e m „ A m e r i k a - M ü d e n " u n d der Ottoschen Schrift bestehen, auf die noch hinzuweisen sein wird, d a diese obendrein gerade zur Zeit, als K ü r n b e r g e r den R o m a n bearbeitete, erschien, h a t er sie wohl g e k a n n t . W e n n Mulfinger bei der B e s t i m m u n g der Quellen v o n der A n n a h m e ausgeht, d a ß im ganzen eher Schriften in F r a g e k ä m e n , welchen besonders die amerikanischen Z u s t ä n d e zu A n f a n g der dreißiger J a h r e z u g r u n d e liegen ( L e n a u s Reisezeit!), so ist d e m entgegenzuhalten, d a ß es Kürnberger — wenigstens was die S i t t e n u n d K u l t u r k r i t i k a n b e t r i f f t — n i c h t auf eine t a t sachengetreue Schilderung a n k a m . F ü r seine K a m p f s c h r i f t gegen den „ A m e r i k a n i s m u s " , oder mit einem A u s d r u c k j e n e r Zeit, gegen die „ A m e r i k o m a n i e " (von Bülow schon 1797 gebraucht s. o., d a n n besonders in der Schrift des B a r o n v o n E c k s t e i n im Offenbacher S t a a t s m a n n : „ L a f a y e t t e u n d die A m e r i k o m a n i e " , vgl. Desczyk, 46, 55), aber n a h m er die Unterlagen, w a n n u n d wo i m m e r sie sich b o t e n . Gerade j e n e r Brief a n Schurz a u c h weist darauf hin. Außer a n d e r e n S c h r i f t e n spricht besonders Dickens v o n der Möglichkeit einer nicht zufälligen E n t s t e h u n g der F e u e r s b r ü n s t e . „Reiseskizzen", ü b e r s e t z t v o n Seybt, Lpz. S. 101.

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samer herausgearbeitet werden, Das ist die „eigentümliche Puritanerluft" (65), die der Held der Kürnbergerschen Schrift, kaum auf amerikanischem Boden, empfindet: der Gegensatz, das Mißverhältnis zwischen Religionsform und Religiosität der Amerikaner. Aber das sind Bräuche zunächst äußerer Art, und deutet Kürnberger durch den Ton ihrer Behandlung schon einen Grundzug amerikanischer „Religiosität", wie diese ihm erscheint, an, so muß diese selber doch vor allem untersucht werden. Wir betrachten zunächst verschiedene Vertreter dieser Religiosität, Seelsorger, sowie überhaupt Persönlichkeiten, die besonders in Bezug auf religiöse Fragen Charakteristisches darstellen. Wir kommen dadurch nicht nur an die Art dieser Religiosität, an die Bedeutung der Religion im einzelnen näher heran, sondern werden zugleich sehen, ob sich durch die verschiedenen, täglich entstehenden und wieder verschwindenden Sekten, die Kürnberger als ein Suchen nach einer nationalen amerikanischen Religionsform darstellt (454), gewisse einheitliche Grundzüge aufzeigen lassen, die bereits einen Schluß auf eben diese künftige Nationalreligion zuließen. Gelingt dies, so ist es klar, daß wir damit einer Charakteristik des amerikanischen Volkes im Sinne Kürnbergers, sowie seiner Bedeutung für den geistigen Fortschritt der Menschheit um ein Wesentliches nähergekommen sind. In der Tat ist die Charakteristik der Seelsorger eine völlig einheitliche. Da ist etwa der Prediger einer New Yorker Kirche. Ein „scheinheiligkokettes, lächelndes Bürschchen, hatte gebrannte Locken, atmete Parfüms" (89) und predigte von der Kanzel in einer widerlichen Mischung von Plattheit, Sinnlichkeit und Heuchelei. Das Bedenkliche dabei ist, daß er zugleich als Typ einer ganzen Gattung von Seelsorgern erscheint (525f), deren schmutzige Tätigkeit das gerade Gegenteil dessen darstellt, was sie sollte. Statt Führer zu sein, sind sie Verführer, und zwar so geschickt, so raffiniert, daß sie mit den Gesetzen gerade noch nicht in Widerspruch geraten, mit einer „Rhetorik", so sagt Kürnberger, „welche an der Grenzlinie des Polizeikodex gerade noch vorbeilaviert" (526). Daß das Publikum ihnen aber zuläuft, daß es sie liebt, so wie sie sind, wirft allerdings bereits ein bezeichnendes Licht auf das, was Kürnberger amerikanische „Religiosität" nennt. Die Quäkerpfarrer Philadelphias mit ihrem „altgebacknem schimmeligen Lächeln, einer unaussprechlich erlogenen Mischung der schärfsten egoistischen Gifte mit süßlichen Ingredienzen" (312) sind nicht eben sympathischer. Und die weiteren Vertreter, „das Faß Madeira" (319) der Abendgesellschaft von Philadelphia, wie der betrunkene Bischof genannt wird, mit seiner lauten Begeisterung für die zwar vorteilhaften, doch nach Kürnberger wenig redlichen Bankgeschäfte, sowie die beiden Konkurrenten von Lisbon (385), die so eifrig für ihre jeweiligen Auffassungen Reklame machen, oder der „tierisch" brutale Methodist des Campmeeting — „ein widerlicher Mensch. Seine gemeinen Züge stempelte sinnliche Roheit. Die breite Anlage seiner unteren Gesichtshälfte, die starke Muskulatur der Eßorgane gab ihm sogar etwas tierisch Brutales. Sein ganzer Charakterausdruck wies keine Spur von Geistlichkeit auf . . . " (448) — sie alle zeigen jedenfalls, daß unserem Verfasser ein ganz bestimm-

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II. Das Amerikabild Ferdinand Kürnbergers im „Amerika-Müden"

tes Bild von der Art der amerikanischen „Religiosität" vorschwebt. Der Bildungsgang eines solchen Pfarrers, in den wir durch die Persönlichkeit des Hoby einen Einblick gewinnen, ist in diesem Sinne besonders aufschlußreich: aus dem einstigen Straßenjungen der Battery, der dort seinen Handel mit Schandschriften trieb, dem nachmaligen bezahlten „Kunstenthusiasten", der sein Amt, aus dem Publikum die letzten Gelder zu ziehen, so wohl verstand, wird ein Prediger. Jedenfalls wird niemand zweifeln, daß er auch aus diesem A m t seinen Vorteil zu finden wissen wird. Was aber bedeutet unter solchen Umständen „Religiosität", was ist dem Kürnbergerschen Amerikaner die Religion, wenn uns ihre nächsten Vertreter, die Geistlichen selber, in derartiger Weise geschildert werden ? Denn daß sie tatsächlich ein gewisses zentrales Interesse hat, geht schon aus der trotz aller Unnatur strengen Einhaltung gewisser Bräuche hervor, etwa dem des sonntäglichen Kirchgangs oder der Sonntagsruhe (53), sowie der Bedeutung, welche die „Bekehrung" zum Christentum im Leben des jungen Amerikaners spielt, wenn er unter seinen Mitbürgern „reüssieren" will (259). Durch drei Motive sucht Kürnberger die Stellung des amerikanischen Volkes zur Religion zu erklären. Einmal durch Geschäftsinteresse. Die Geistlichen und ein Teil des Volkes haben, wie es uns etwa an demLisboner Händler demonstriert wird (385), unter Umständen sogar recht ansehnliche Vorteile durch sie. Dann durch Sensationslust: Die widerlichen Vorgänge in den, wie uns versichert wird, besonders v o n den amerikanischen Frauen bevorzugten Kirchen gehören hierher (89f, 525f). Aberglaube, Wundersucht, Eigenschaften, denen v o n raffinierten Vertretern „amerikanischer Religionsmache" (454) weitgehend entgegengekommen wird, sind da ausschlaggebend. U n d drittens durch Eitelkeit. Wie Kürnberger diese Eigenschaft im Wesen seiner Amerikaner begründet, darüber wird noch im einzelnen zu sprechen sein. Jedenfalls ist es ihnen unmöglich, sich ein anderes als das eigene Volk als das auserwählte Gottes vorzustellen. Der Gedanke der Konkurrenz, der selbst in Angelegenheiten der Religion den Amerikaner nicht verläßt, spielt hier im Hinblick auf die Juden des alten Testaments eine gewisse Rolle: „Bekanntlich ist Bruder Jonathan sich selbst das auserwählteste aller Völker. Der liebe Gott sollte mit Juden umgegangen sein und mit Amerikanern nicht umgehen wollen ? Konkurrenz! Wahrlich das Wort darf uns nicht zu profan sein, es ist auch hier das wahre Schlagwort der Sache" (457). Von Religiosität also, v o n einem wirklichen inneren Verhältnis zu den Dingen des Glaubens, hier speziell zu den Dingen des Christentums, kann demnach überhaupt nicht die Rede sein. Leere Formen, die einen gewissen materiellen Vorteil versprechen, sind beibehalten, ihre Bedeutung, ihr Sinn ist vergessen. E s ist ein Sprechen gewissermaßen in festgesetzten Formeln, die aber im Munde des Amerikaners eine völlig andersartige Bedeutung gewonnen haben. Die bezeichnenden Züge der Geistlichen, Heuchelei und Verlogenheit, sind, wie wir nun sehen, zugleich die charakteristischen Züge der amerikanischen „Religiosität" im Sinne Kürnbergers überhaupt. Aber wenn die Amerikaner lediglich die äußeren Züge, wenn sie nur den Worten nach die Lehren des Christentums aufgenommen haben, was ist, wenn wir nun mit Kürnberger diese äußere und offenbar wenig passende

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F o r m zu d u r c h s c h a u e n suchen, die ihrem wirklichen Wesen g e m ä ß e Religion ? I n der T a t wird a n g e d e u t e t , d a ß die ganzen E n t w i c k l u n g e n bereits G r u n d z ü g e dieser eigentlichen, dieser z u k ü n f t i g e n Nationalreligion A m e r i k a s e r k e n n e n lassen. D a ß sie noch n i c h t existiert, „ d a ß das Volk n u r die S t e m p e l a k t e , nicht a u c h die Religion des M u t t e r l a n d e s a b w a r f " , ist — wie K ü r n b e r g e r eine seiner R o m a n f i g u r e n sagen l ä ß t — „die größte A n o m a l i e " (458). A b e r das Volk sucht bereits n a c h ihr, wie die i m m e r wieder sich bild e n d e n u n d wieder verschwindenden Sekten zeigen. Welcher A r t n u n wird — n a c h den v o r h a n d e n e n A n f ä n g e n u n d d e m ganzen Charakter der amerikanischen „ R e l i g i o s i t ä t " zu urteilen — diese Zukunftsreligion sein ? B e t r a c h t e n wir einmal, wie uns K ü r n b e r g e r einige dieser Sekten schildert. D a hören wir v o n den P i t t s b u r g e r n (141 f ) . Die eigentlichen Anschauungen dieser Sekte werden n i c h t besonders a u s g e f ü h r t . M a n e r f ä h r t d a r ü b e r n u r , d a ß die Bewohner des n e u e n J e r u s a l e m die Bibel reichlich wörtlich auslegen. Sehr genau aber w e r d e n wir ü b e r die T r a c h t der Gläubigen orientiert, die n a c h der Darstellung unseres Verfassers als besonders wichtiges Prob l e m erscheint. Die Folgerung, die aus dieser T a t s a c h e gezogen wird, d e u t e t bereits die allgemeine T e n d e n z an, d u r c h welche K ü r n b e r g e r die n e u e Religion b e s t i m m t g l a u b t : Man will „geistige Tendenzen verfolgen u n d verwickelt sich d a b e i in U n t e r - u n d O b e r h o s e n " (143)! Aus dem Gebiet rein geistiger, religiöser Angelegenheiten v e r i r r t sich selbst der amerikanische „ P r o p h e t " in die Sphäre des p r a k t i s c h Materiellen. Diese Art, aus der Religion etwas ganz Anderes, ihr nicht Gemäßes, nämlich konkrete m a t e rielle Vorteile zu ziehen, e n t s p r i c h t d u r c h a u s d e m Charakter ihrer geschild e r t e n geistlichen V e r t r e t e r . Aber das ist n i c h t alles. R e c h t eigentlich beleuchtet wird uns das, was die k ü n f t i g e amerikanische Religion darstellen wird, durch einen methodistischen Gottesdienst (449ff). D e n A u f t a k t zur eigentlichen religiösen Feier bildet die P r e d i g t . Sie ist ohne jeglichen Gehalt u n d b e s t e h t aus einer Reihe ganz d u m m e r , banaler Wortklaubereien 1 ). W a s a n geistigen W e r t e n f e h l t , ersetzt der „ P r e d i g e r " , ein völlig verblödeter Mensch, durch seine besondere S p r e c h m e t h o d e , die aus seiner Sprache eine A r t schauerliches Tiergeheul m a c h t : „ d e r elendeste aller G o t t e s k n e c h t e ersetzte diesen geistigen A b g a n g d u r c h physische M i t t e l " (450), sagt Kürnberger. Die Wirk u n g auf die Gemeinde ist u n g e m e i n groß, n u r d a ß sie freilich keine geistige V e r s e n k u n g h e r v o r z u r u f e n in der Lage ist. E n t s p r e c h e n d den a n g e w a n d t e n Mitteln vielmehr wird alle Besinnung, alles B e w u ß t e , Geistige n a c h K r ä f t e n b e t ä u b t u n d eine A r t tierischer Z u s t a n d i m Zuhörer geschaffen. Anstelle v o n menschlichen S t i m m e n t r i t t „ein Heulen, Blöken, Bellen, Grunzen, 1 ) Eines der wirkungsvollsten Mittel der Kürnbergerschen Schrift, durch Kontrast die Unkultur Amerikas besonders herauszuarbeiten, stellt gerade diese Stelle dar: Der Held ist voll Erwartung: „Rede, daß ich dich sehe!" sagte Sokrates. Amerikas Idealismus hat sich auf die Religion zurückgezogen. Hier sollt ich ihn jetzt sehen. Er fing zu reden an. Aber schon nach den ersten Perioden verging mir Hören und S e h e n . . . " Es folgt der Vergleich des Predigers mit Falstaff, nur mit dem Unterschied, daß dieser nur die einfache Form eines „gemeinen" Grundgedankens verdirbt, bei jenen aber das „Einfache zugleich das Erhabene" ist; „die gänzliche Ohnmacht des Methodisten, aus seiner Gemeinheit sich zu erheben, schändete Form und Inhalt zugleich" (450).

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H- Das Amerikabild Ferdinand Kürnbergers im „Amerika-Müden"

Miauen und Scharren . . . , als ob eine Noahsarche im Schiffbruch begriffen wäre, und alle Tiergattungen der Erde um Hilfe schrieen" (451f). Das also ist die Vorbereitung zu dem im eigentlichen Mittelpunkt methodistischer Auffassung stehenden Gedanken der Wiederbelebung, nach welcher der Gläubige zu streben hat. Wie erlangt er diese Gnade ? E r geht nach Kürnberger den Weg, den ihm die Predigt wies, weiter. Mit jetzt ganz anderen physischen Kräften schreit er, arbeitet er mit Händen und Füßen wie ein Tobsüchtiger, um den Rest geistiger Besonnenheit, den ihm die Predigt etwa noch ließ, endgültig abzutöten. Also keine geistige Tätigkeit, sondern ungeheure körperliche Leistungen sind für den, der den Heilsweg gehen will, erforderlich 1 ). Von einem künftigen Prediger rühmt ein Anhänger dieser Sekte: „Nie hatte ein Kind des neuen Landes bessere Gabe für diesen Beruf. Welch eine Lunge" (453) ! 2 ) In diesem Sinne läßt Kürnberger seinen Helden die amerikanische „Religion" als „eine Maschine von so und so viel Pferdekraft" (454) charakterisieren 3 ). Von einer so von vorn herein das Geistige verleugnenden Menschengruppe können freilich geistige Werte nicht erwartet werden. Die Predigt des Methodisten, die eigentümlichen Verirrungen der Pittsburger Gläubigen erscheinen unter solchen Umständen nicht mehr als bedauerliche Einzelfälle, sondern als Prinzip. Dasselbe gilt von den Geistlichen der beliebten New Yorker Frauenkirchen, die ihre Gemeinden von der Kanzel herab, statt sie zuführen, verführen. Immer handelt es sich um ein Ablenken vom Geistigen, immer irgendwie um ein Enden im Materiellen. Und was zunächst als eigentümlicher Fehlgriff nur lächerlich wirkte, die Tatsache, daß die methodistischen Bußgänge nach Melodien der denkbar weltlichen Lieder gesungen werden, etwa nach der des Liedes „Mihi est propositum in taberna mori" (447) oder nach „Gassenhauerpsalmen" wie „O, mein lieber Augustin" (450), erscheint jetzt eher als bedeutsam und charakteristisch von Kürnberger hervorgehoben. Die zukünftige Nationalreligion geht also, wenn wir unserm Verfasser folgen, einen im Vergleich zu anderen Religionen sehr eigenen, nämlich entgegengesetzten Weg. Sie ist ein Verneinen des Geistigen, ein Anbeten des Materiellen mit allen seinen Folgen. Egoismus ist, wie wir schon sahen, allgemein verbreiteter und anerkannter Grundsatz. Das christliche „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" wird, wenn sich das amerikanische Volk 1 ) Zur Schilderung des Camp-meeting hat Kürnberger außer von Raumer, den Mulfinger nachweist, wahrscheinlich Grisson benutzt. Vgl. dessen „ B e i t r ä g e zur Charakteristik der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika", H a m b u r g 1844, S. 368 ff. 2 ) Diese Charakteristik weist besonders auf Gall (a. a. O. II, 199), wo ein Methodistenprediger erwähnt wird, der „durchaus keine andere Gabe als die einer Brüllochsenstimme" aufzuweisen habe. 3 ) Wenn Kürnberger die Einzelepisoden des Camp-meeting z. T. von R a u m e r entnahm (das gilt besonders auch der Gestalt der Annette und ihrem E n d e im Wahnsinn, vgl. Mulfinger, 390), so kommt der eigentliche Gehalt dieser Scenen, die für Kürnberger — ganz im Gegensatz zu von R a u m e r (s. o.)! — den g e s a m t e n religiösen Zustand bezeichnen, außer bei Gall, auch in der Ottoschen Schrift (a. a. O. S. 42) stark zum Ausdruck, wo die Religion in der „Geist und Körper vergiftenden A t m o s p h ä r e " als zum „Mittel für Geld und Verbrechen v e r f l a c h t " dargestellt wird. Vgl. dazu auch die Formulierung Kürnbergers S. 454, wo er von einer „leidenschaftlichen Befangenheit im Diesseits", einer „absoluten Unfähigkeit zur Vertiefung und Verinnerlichung" spricht.

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seine Religionsform s c h a f f t , zu einem „ h e l p yourself " a m e r i k a n i s i e r t w e r d e n (458) 1 ). U n d d a eine so schrankenlose H i n g a b e a n materielle W e r t e ü b e r h a u p t das ganze sittliche L e b e n des A m e r i k a n e r s b e s t i m m e n m u ß , wird m a n vor B e t r u g u n d H u m b u g i m Sinne der „ P r o p h e t i n von K i l l a n y t h a l " (454 f ) oder der sonntäglichen „ W o h l t ä t e r " New Yorks (53 f ) n i c h t zurückschrecken. J a , K ü r n b e r g e r l ä ß t seinen H e l d e n „ o h n e alle F r i v o l i t ä t " diese k ü n f t i g e Religion als „ H u m b u g " bezeichnen (458) 2 ). Welch ein Ausblick auf A m e r i k a s Z u k u n f t : Ziel u n d M i t t e l p u n k t seiner „ R e l i g i o n " ist d a s Materielle, Ungeistige, Untermenschliche, der Heilsweg B e t r u g u n d H u m b u g . G u t u n d Böse, alle S a t z u n g e n anderer Religionen, H i m m e l u n d Hölle gewissermaßen v e r t a u s c h e n ihre B e d e u t u n g , das sonst Verworfene wird e r s t r e b t u n d u m g e k e h r t das sonst E r s t r e b t e verworfen. U n d dies alles entwickelt sich u n t e r d e m D e c k m a n t e l v o n L e h r e n u n d B r ä u c h e n der christlichen Religion! W i r sehen, w e n n gleich anfangs d e m A n k ö m m l i n g eben diese B r ä u c h e irgendwie nicht echt v o r k o m m e n , wenn der Dichterheld des R o m a n s sofort das U n w a h r e , E r h e u c h e l t e etwa der S o n n t a g s r u h e gleichsam i n t u i t i v d u r c h s c h a u t , so ist d a m i t bereits von A n f a n g a n das g e d e u t e t , was in Bezug auf die C h a r a k t e r i s t i k der Religion als einheitliches Bild sich d u r c h die ganze Schrift zieht 3 ). W e n n wir so bei der U n t e r s u c h u n g des religiösen Lebens in Amerika n a c h K ü r n b e r g e r feststellen m u ß t e n , d a ß v o n einer Religion ü b e r h a u p t keine R e d e sein k a n n , jedenfalls n i c h t , w e n n sie n i c h t m i t i h r e m direkten Gegensatz gleichgestellt w e r d e n soll, so ergibt sich bei einer n ä h e r e n B e t r a c h t u n g amerikanischer K u n s t oder künstlerischen Lebens bei u n s e r e m Verfasser dasselbe Bild. A u c h hier m u ß v e r s u c h t werden, allgemein die R i c h t u n g , in der sich diese K u n s t entwickeln wird, aus den wenigen v o r h a n d e n e n Anf ä n g e n herauszulesen, d a sich in der v e r h ä l t n i s m ä ß i g k u r z e n Zeit der E n t wicklung A m e r i k a s k a u m Fertiges, d e m amerikanischen Volksgeist k ü n s t lerisch E n t s p r e c h e n d e s h a t herausstellen k ö n n e n . Lassen wir einmal in diesem Sinn die verschiedenen Gebiete künstlerischer B e t ä t i g u n g , soweit sie v o n K ü r n b e r g e r b e r ü c k s i c h t i g t werden, a n u n s vorbeiziehen. Die künftige Religion „wird das: liebe deinen Nächsten wie dich selbst, solange nationalisieren, bis ein help yourself! daraus wird". Dies help yourself als amerikanischer Grundsatz kommt in vielen Reise- und Auswandererschriften vor. Vgl. z. B. Gall, a. a. O. II, S. 347. Bei Otto (a. a. O. S. 38) heißt es nach der Schilderung einer Unterschlagung von dem, der einem Unzuverlässigen Geld lieh: „Warum hat er das getan; das hatte er ja nicht nöthig gehabt; hier in Amerika heißt es: ,help yourself'!!" 2 ) Wahrscheinlich hat Kürnberger diese Auffassung von Otto, der (S. 75) schreibt: „ I n den Vereinigten Staaten ist die Religion nichts als „Humbug" oder Döpkenspielerei. Nachdem der Amerikaner sechs Tage hindurch seinen Nächsten betrogen hat, betrügt er am siebenten den lieben Herr Gott. Ähnlich schreibt Gall (II, 218), daß der Amerikaner glaube, durch seine Religion Gott „einen blauen Dunst vormachen zu können". Kürnberger schreibt (S. 457): „Sollte der künftige Islam dieses Weltteils nicht überhaupt Humbug heißen?" Oder er nennt diese neue Religion eine solche „des Unternehmungsgeistes* der Eroberung, eine Religion go ahead" (S. 458) und spricht von dem „Islam Amerikas", der noch bevorstehe. 3 ) Eines der wirkungsvollen Mittel der Kürnbergerschen Technik besteht darin, den Dichterhelden, der uns das Amerikabild vermittelt, bei den verschiedensten Gelegenheiten in diesem Sinne gleichsam intuitiv Unreines aus der amerikanischen Atmosphäre herausfühlen zu lassen, das sich dann erst später durch die Erfahrung bestätigt.

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Gleich zu Anfang erfahren wir, daß die Amerikaner durchweg unmusikalisch sind. Diese Tatsache wird immer wieder durch den Kontrast zu dem stark hervorgehobenen musikalischen Empfinden des Moorfeld betont. Musikwerke, die in Amerika entstanden wären, werden nicht erwähnt. Was an Melodien bekannt ist, die Nationalhymne oder geistliche Lieder, das ist von England oder Deutschland übernommen, und, wie schon erwähnt, nicht immer mit dem rechten Takt für das Passende und Hingehörige. Da uns ausdrücklich versichert wird, daß das „ganze Volk keine einzige musikalische Note in seiner Kehle" hat (442)1), ist es nicht verwunderlich, wenn keinerlei Verständnis, keine musikalische Bildung zu finden ist. Das naive Benehmen der Kinder, die sich „mit intelligentester Raumabmessung" genau in die Mitte zweier mit Macht gegeneinander arbeitender Orchester stellen, um „zwei Musik" zu hören (20. 261) oder der Chorgesang der Andächtigen, der zwar sehr laut, aber nicht harmonisch klingt (442), scheinen in dieser Beziehung bezeichnend für das ganze Volk. Soweit Interesse vorhanden ist, handelt es sich höchstens um ein quantitatives. Selbst wenn man die ganze Art der Kürnbergerschen Schrift, im Einzelnen das Ganze darzustellen, dergleichen Anekdoten also für die allgemeine Charakteristik unberücksichtigt ließe, würde man doch über das Verhältnis der Amerikaner zur Musik nicht im unklaren bleiben. Denn nichts kann dieses eindeutiger charakterisieren als die Tatsache, daß die Musik zum „Handwerk" der verachteten Schwarzen herabgesunken ist(20). Damit ist sie für den Amerikaner, den „Native" nicht vorhanden. Wird sie trotzdem in gewissen, mehr an europäische Art anschließenden Gesellschaftskreisen gepflegt, so geschieht es jedenfalls nicht nur um ihrer selbst willen und unter allen Umständen ohne Verständnis2). Mit den bildenden Künsten steht es nicht anders. Man könnte, was zunächst die amerikanischen Gemälde angeht, nach Kürnbergers Darstellung etwa zwei Gruppen unterscheiden: die unterste Stufe stellen solche Malereien dar, die lediglich ihres goldenen Rahmens wegen existieren und als Prunkobjékte in den Familienräumen ihr Dasein führen. Ihre Auswahl wird mit der übrigen Wohnungsausstattung dem Tapezierer überlassen (39)3). Die andere Gruppe dagegen muß, da man deren Gemälde im Museum aufbewahrt, offenbar für das amerikanische Empfinden den Gipfel wenigstens des diesbezüglich Vorhandenen darstellen. Uber die erste Gruppe ist nicht viel zu sagen. Der Wert dieser Bilder ist rein äußerlich bestimmt, sei es durch die Höhe der Geldsumme, die sie kosteten (38)4), oder durch die Von dem Morgengesang einer andächtigen Gemeinde berichtet Kürnberger: „Zwischen eine spielende Batterie und dieses Geheul gestellt, hätte ich jedenfalls bei den Kartätschen Sicherheit gesucht" (442). 2 ) Vgl. die erzwungene Musikpflege bei Mr. Bennet (562) oder die Anekdote des Da Ponte (548 f.). Über Da Ponte besitzen wir übrigens eine andere Novelle Kürnbergers mit dem Titel „Der Dichter des Don Juan", die im 2. Band der „Novellen von Ferd. Kürnberger" München 1861 aufgenommen ist. 3 ) „Man baut oder mietet hier ein Haus", so läßt Kürnberger einen Amerikaner berichten (39), „übergibt es dem Tapezierer im Akkord zur Ausschmückung, und dessen Sache ist es dann, einige Goldrahmen mit den betreffenden Malereien anzubringen. Das ist hier Sitte, kein Mensch hält es anders." 4 ) Ein Amerikaner urteilt über ein Bild: „O, es ist ein vortreffliches Werk, . . . . zehn Dollars kostet es!" (38).

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Länge der Zeit, in der sie hergestellt wurden (39). Jedenfalls sind sie eine reine Verirrung, und nur durch den Hinweis, daß gerade diese Bilder den Kunstansprüchen der meisten Amerikaner genügen, erhalten sie für uns eine Bedeutung. In Bezug auf die Gemälde der New Yorker Bildergalerie muß zunächst, ähnlich wie bei dem, was man in Amerika an Musik hört, gesagt werden, daß es sich nicht um amerikanische Originale, sondern um Kopien europäischer Werke handelt. Freilich sind diese von den Künstlern der neuen Welt bezeichnend umgestaltet. Die geringe oder fehlende Bekleidung der Figuren ist dem starren puritanischen Geiste nicht erträglich, und so werden denn die Götter und Göttinen, die Helden und Heldinnen der alten Sagen zwar kopiert, doch außerdem mit den ausgewähltesten Garderoben angetan (102)1). Wir sehen, malerisches Empfinden, künstlerischer Takt ist nicht vorhanden oder zum mindesten hoffnungslos verbaut. Welche Anstrengungen und welche Bestechungsgelder läßt es Kürnberger dem einzigen Mann in New York kosten, der eine Art wirkliches Verhältnis zu den alten Kunstwerken besitzt — (freilich auch er nicht ohne wesentliche Einschränkung ! (561 ff) — seine Nachbildungen griechischer Skulpturen vor den sittenstrengen Landesgenossen zu verantworten und zu verteidigen. Dieselbe puritanische Starrheit macht die leichte heitere Kunst des Tanzes in Amerika unmöglich. Es wird von einem Ballet erzählt, dem ersten in New York, welches ein ungeheures Aufsehen erregte: „Schon der bloße Anblick der kurzen Ballettröcke brachte eine Bewegung im Hause hervor, die dem Ausbruch eines Yolksaufstandes nicht unähnlich war. Als aber die erste Pirouette gemacht wurde, besagte Röcke rundum flogen und die Beine eine horizontale Richtung nahmen — da schrieen die weiblichen Zuschauerinnen laut auf, und die nicht auf eigenen Füßen hinausstürzten, die wurden ohnmächtig fortgetragen. Die Männer aber erhoben ein Gelächter — kein wohlgefälliges, bewahre, ein satirisches, ein Hohngelächter, nur lächerlich erschien ihnen diese Kunst; die Sprache der Grazie verstanden sie nicht darin, in ganz New York war keine Ahnung darüber aufzutreiben" (225 f) 2 ). Wie aber soll sich künstlerisches Leben entwickeln, wenn sich ihm von 1 ) ,,Die griechischen Schönheiten waren mit den New Yorker Ladies auf dem, Shopping'Gang gewesen und brillierten in der gewähltesten Garderobe". 2 ) Wenn bei den Abhandlungen Kürnbergers über die störende Wirkung des Puritanismus auf die freie Entwicklung der Künste ein Vergleich mit Heine (s. o.) bereits nahe lag, so wird das durch diese Ausführungen durchaus bestätigt. Die Quelle zu der Ballettszene ist offenbar in Heines „Englischen Fragmenten" (1828, a. a. 0 . S. 499) zu suchen, wenn auch hier auf England bezüglich. Gerade die Mischung einer „puritanischen" und einer „frivolen" Denkweise (Heine 498), wie sie in der Kürnbergerschen Scene zum Ausdruck kommt, weist besonders auf Heine. Dort lautet die Stelle: „Am ergötzlichsten zeigte sich mir dieser Kontrast beider Denkweisen, als ich einst in der großen Oper neben zwei dicken Manchesterner Damen saß, die diesen Versammlungsort der vornehmen Welt zum erstenmale in ihrem Leben besuchten, und den Abscheu ihres Herzens nicht stark genug kundgeben konnten, als das Ballett begann, und die hochgeschürzten schönen Tänzerinnen ihre üppig graziösen Bewegungen zeigten, ihre lieben langen Beine ausstreckten,.... alles vereinigte sich, den armen Damen Angstschweiß auszupressen, ihre Busen erröteten vor Unwillen, shoking ! for shame, for shame ! ächzten sie beständig, und sie waren so sehr von Schrecken gelähmt, daß sie nicht einmal das Perspektiv vom Auge fortnehmen konnten und bis zum letzten Augenblicke, bis der Vorhang fiel, in dieser Situation sitzen blieben (499)".

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Meyer, N o r d a m e r i k a

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II- Das Amerikabild Ferdinand Kürnbergers im „Amerika-Müden"

vornherein starre Formen entgegenstellen, die es erdrücken ? Das Verhältnis des Amerikaners zu den bildenden Künsten ist dasselbe also wie zur Musik: kein Verständnis, keine Anlagen. Wie weit diese Verständnislosigkeit geht, zeigt uns besonders noch jene Anekdote, die Mr. Bennet zum Besten gibt. Als er in Rom einige alte Italiener, die er erstanden hat, verpacken läßt, rät ihm ein Landsmann, sie zu übertünchen und unter Ofenschirmdeklaration — zur Ersparung des Zolls nämlich — nach Amerika zu überführen (261). Mit der Architektur steht es nach Kürnberger in Amerika nicht besser. Auch hier bleibt man völlig am Äußeren hängen, ohne die Materie künstlerisch zu durchdringen und einheitlich zu gestalten. Man sieht das Einzelne, nicht das Ganze. Der fertige amerikanische Bau ist nichts als aufgehäufte Masse. Da ein ausgebildeter eigener Stil noch nicht existiert, muß man auch hier zunächst von andern Völkern übernehmen. Aber wie übernimmt man auch hier! Man holt alles herbei, dessen man habhaft werden kann, ob es aus Europa oder Asien kommt, spielt keine Rolle, noch weniger, ob es zueinander paßt oder nicht, und mischt es durcheinander. E s wird uns etwa von einer Kolonnade berichtet, die in einer Front „sämtliche fünf Säulenordnungen" vereinigt (96). Man würfelt vom „chinesischen bis zum venetianischen, vom maurischen bis zum Roccocostil alle Bauformen der Erde verstandlos bunt durcheinander"(96). Die Tendenz des amerikanischen „Künstlers", der statt dem intensiv-Geistigen dem Quantitativen, extensivMateriellen zustrebt, kann kaum wirksamer zum Ausdruck gebracht werden. Die Dichtkunst zeigt dasselbe Bild. Die Lyrik ist rasch verurteilt: „sie kopiert die schlechten Seiten ihres europäischen Originals" (301), was an Hand eines allerdings recht schlechten amerikanischen Gedichtes erwiesen wird. Die Wirkung dieses Gedichtes scheitert wieder an der Oberflächlichkeit seines Dichters, der über das Äußerliche, das bloße Material nicht zu innerlichem Empfinden dringen kann. Das Bild, in das der eigentliche Gehalt eingekleidet wird, ist nur von außen erfaßt und harmoniert nicht mit dem, wofür es Symbol sein soll 1 ). Noch schlimmer steht es mit dem Drama. Wir hören ausführlich von einem Machwerk von Theaterstück, bei dem man allerdings alles, was man etwa an Gehalt oder Formgesetzen von einem europäischen Drama zu erwarten gewohnt ist, zurückstellen muß. Der ausdrückliche Hinweis, daß es sich nicht um ein Winkeltheater handelt, daß sich also das gebotene Werk „mindestens auf der Linie der Kunst, oder dessen, was hier (erg. in Amerika) dafür gilt" (104) bewegt, zeigt, daß es sich auch hier um eine Kritik des 1 ) Kürnberger hat es sich in diesem Falle sehr leicht gemacht. Zweifellos will er hier ebenso wie bei den anderen Gegenständen den gesamten Zustand der amerikanischen Lyrik, überhaupt die Begabung des Amerikaners für diese Dichtungsgattung aburteilen. Schon die allgemein gehaltenen Urteile des Moorfeld (301) sprechen dafür, ganz abgesehen davon, daß es auch ganz dem Sinne der Tendenz entspricht. Jedenfalls überzeugt es wenig, wenn aus der Analyse eines beliebigen schlechten amerikanischen Gedichtes Folgerungen allgemeiner Art gezogen werden. Das zum Muster herangezogene „deutsche" Gedicht: „Hinter dem Wald steht ein Hüttchen", stammt aus der Jugendproduktion Kürnbergers, die er sonst, wie er in seiner Selbstbiographie (s. o. S. X V I I . ) betont, „die Mäßigung hatte", niemals drucken zu lassen, von der aber Einzelnes „der Erhaltung und Auswahl" wert sei, wie z. B. das vorliegende Gedicht, das er „mit Recht als ein Muster erklärt habe".

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allgemeinen amerikanischen Kunstgefühls handelt. Der Inhalt dieses Stückes besteht in einer losen Verknüpfung aller möglichen Sensationen, deren eigentlicher Mittelpunkt Prügelszenen in allen möglichen Variationen bilden. Das Publikum, dessen „gewohnte Bühnengenüsse" (111) dies sind, beteiligt sich lebhaft an der Vorführung. Wir sehen, ebenso wie das religiöse Leben ist das gesamte amerikanische Kunstleben von Kürnberger ganz einheitlich und im selben Sinn dargestellt. Überall, selbst da, wo in völliger Abhängigkeit von Europa übernommen wird, zeigt sich die Tendenz, im Äußeren, im rein Stofflichen zu verharren. Ebenso wie die amerikanische Religion wird die Kunst zum Gegenteil dessen, was man in Europa von ihr erwarten würde. Die Quantität, nicht die Qualität, das extensiv-Materielle nicht das intensiv-Geistige ist bestimmend 1 ). Unmengen irgendwie imposanter Einzelheiten, deren Wert sich aber rein äußerlich bestimmt, werden vom amerikanischen „Künstler" aufeinandergehäuft, ganz im Sinne Mephistos: „Dann hat er die Teile in seiner Hand, fehlt leider! nur das geistige Band" 2 ). Wenn wir mit Kürnberger davon ausgingen, die Tendenz der zukünftigen amerikanischen Kultur, sowie ihre Aufgabe im allgemeinen Kulturleben der Völker aus dem Vorhandenen zu bestimmen, so scheint aus dem bisher Gesagten in Bezug auf das geistige Leben jedenfalls höchstens ein negativer, hemmender und zerstörender Einfluß von Amerika ausgehen zu können. Eines stützt das Andere, und schon scheint sich ein in sich abgerundetes Ganzes herauszustellen, aus dem wir den amerikanischen Nationalgeist im Sinne unseres Verfassers zu erkennen glauben. Aber ehe wir daraus Folgerungen ziehen können, müssen wir erst noch prüfen, ob nicht, selbst wenn wir von allen speziell das geistige Leben angehenden Leistungen absehen, das amerikanische Volk auf einem anderen Gebiet Leistungen vorzuweisen hat, die vielleicht bedeutsam sind, ob nicht den zwar immerhin sehr wesentlichen Mängeln auf der einen Seite um so größere Fähigkeiten auf der anderen gegenüberstehen. Und das um so mehr, als sich das eigent1 ) Wir sahen bereits oben, wie seit der klassizistischen Epoche, besonders seit der Romantik jedoch immer wieder die unkünstlerische Atmosphäre Amerikas hervorgehoben wurde. (Besonders Lenau!) Aber auch viele der anderen Quellen, die Kürnberger benutzte, heben diesen Mißstand hervor: vgl. etwa Grund II, 168 (Amerika als „Grab des Talentes und des Genies"), oder Grisson 216: „ E s ist ein auffallender Zug im Charakter des Amerikaners, daß er für die höheren Genüsse, welche die schönen Künste bieten, fast völlig stumpf ist". Die Art der Kürnbergerschen Formulierung, ihre reizvolle Knappheit, ihre Ironie, die viel durch überraschende und paradoxe Bilder die Kritik zu unterstreichen sucht, kommt auch hier zum Ausdruck: Der Amerikaner hat sich „das Geistige vom Halse geschafft und Kunst, Wissenschaft und Religion in einer blechernen Formelbüchse getrocknet zum hastigsten Verzehr mittels einer Kanne Theewasser" (161). Auch Dickens, dessen "American Notes" (1842) Kürnberger gewiß gekannt hat, hebt diesen Mangel hervor. („Reiseskizzen", a. a. O. S. 269.) 2 ) Zur Charakteristik des amerikanischen geistigen Lebens wäre vielleicht noch das heranzuziehen, was über die Wissenschaft gesagt wird. Doch hat Kürnberger selber offenbar wenig Wert darauf gelegt, da er diesbezüglich eigentlich nur Namen nennt (S. 238 Livingstone, S. 237 Griswold). Jedenfalls läßt ihre kurze Charakteristik keinen Schluß auf die allgemeine wissenschaftliche Befähigung zu, der Gegenstand kann also hier übergangen werden. — Was die Unwissenheit und Halbbildung des amerikanischen Volkes anbetrifft, so wird sie weniger durch einen Mangel an Anlagen als an Erziehung begründet und soll daher in dem entsprechenden Abschnitt später behandelt werden.

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II- D a s Amerikabild Ferdinand Kürnbergers im „Amerika-Müden"

liehe Interesse der Zeitgenossen Kürnbergers meist weniger um die Frage nach Amerikas Kultur als vielmehr um einen ganz anderen Punkt konzentriert : um seine politischen und staatlichen Verhältnisse. Wir sahen, daß viele der Schriften gegen Amerika vor Kürnberger zunächst aus romantischen, dann besonders aus den liberalen Kreisen der späteren politischen Kämpfe außer auf kulturellem Gebiet gerade auch hier Angriffspunkte fanden. Nach solchen Büchern, deren wenigstens teilweise Kenntnis wir bei der Arbeitsweise Kürnbergers voraussetzen müssen, mußte sich ihm die Notwendigkeit noch besonders aufdrängen, gerade dies allgemein interessierende Gebiet in sein Bild von dem amerikanischen Volkswesen mit einzubeziehen, selbst wenn er nicht in so starkem Maße politisch interessiert wäre, wie wir es aus seinem Lebensgang wissen. Betrachten wir uns also mit Kürnberger Amerika unter dem Gesichtspunkt seiner großen Tat, seiner Verfassung! Kürnberger sucht zunächst eine genaue Definition für das zu erhalten, was der Amerikaner und meist auch der deutsche Auswanderer unter der „unverbesserlichen Konstitution Amerikas" versteht. Es ergibt sich jedoch die merkwürdige Tatsache, daß niemand recht darüber orientiert ist, ja, daß das Streben nach Klarheit in dieser Beziehung „eitel Pedanterie" sei, „denn der Liebenswürdigkeit muß man keinen Grund abfragen. Solch eine grundlose Liebenswürdigkeit ist die amerikanische Konstitution" (205). Die Definitionen aber, die gegeben werden, und die sich Kürnberger aus den politischen Parteien der Vereinigten Staaten herausholt, sind recht widersprechend1). Zugrunde liegen ihm die Verhältnisse von 1832. Im Mittelpunkt der Diskussionen stand die Zollfrage. Die Union war diesbezüglich in zwei Parteien gespalten. Der Norden, der wenigstens im Westen vorwiegend Industrie trieb, hatte alles Interesse an einem Einfuhrzoll, der Süden dagegen, dessen Produkte auf Ausfuhr berechnet waren, glaubte sich durch einen solchen Zoll geschädigt. Es bestand für ihn die Gefahr, daß dadurch weniger Waren eingeführt würden, was zugleich eine schädigende Wirkung auf die Ausfuhr bedeutete, da die ausgeführten Produkte vielfach nicht mit Bargeld, sondern mit Waren bezahlt wurden, wobei sich außerdem die Transportkosten wegen fehlender Rückfracht erhöhen mußten2). Seit 1828 war ein Vorteil der schutzzöllnerischen Bewegung zu verzeichnen, so daß die Erbitterung des Südens mehr und mehr wuchs. Dazu kam, daß die Überschüsse der Union zu allgemeinen inneren Verbesserungen verwendet wurden, bei denen sich die Südstaaten wiederum benachteiligt glaubten. Beide Parteien legten, ihrem jeweiligen Interesse entsprechend, die Verfassung verschieden aus. Clay oder Webster, welche die schutzzöllnerische Bewegung vertraten, werden, so läßt Kürnberger ausführen, „das Privilegium, den Handel des Landes nach Gutdünken zu besteuern und aus den Zolleinkünften Straßen und Schulen zu bauen" für wesentlich halten3), ') Es ist freilich klar, daß die amerikanische Verfassung nicht sehr tauglich sein kann, da sie offensichtlich — wie Kürnberger es formuliert — zu schnell gemacht ist. Vgl. 458, wo gesagt wird, daß man „Religionen nicht so schnell macht, wie Konstitutionen". 2 ) Vgl. Luckwaldt, Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika, I, S. 276 ff. Berl. n. Lpz. 1920. 3 ) Mulfinger weist hier auf die Verfassungsbesprechungen von Raumers (II, 273 ff.), die jedoch so allgemein gehalten sind, daß Kürnberger sich unter allen Umständen noch

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während die Vertreter der südlichen Interessen diese Auffasssung als „Gewaltsystem" einerseits, „Protektionssystem" andererseits bezeichnen, welches aus einer nicht zu duldenden Auslegung der Konstitution hervorgehe" (206). Aus derartigen Konflikten erhob sich die Frage der alten Parteien der Förderalisten und Republikaner von neuem, ob bei den Vereinigten Staaten, eher das einheitliche, zentralisierende Moment, oder eher die Tatsache, daß eine Reihe souveräner Staaten sich zusammentat, betont werden solle. Die Anhänger der letzten Auffassung, die in der Konstitution einen Vertrag v o n Einzelstaaten sahen, deren jeder einzelne jeden gegen diesen Vertrag verstoßenden Regierungsbeschluß nullifizieren könnte, legten natürlich die Verfassung völlig anders aus als ihre Gegner, die sich für befugt hielten, solche Beschlüsse „in allen Distrikten der Union durchzusetzen" (205 f) 1 ). Es ist hier nicht die Frage zu untersuchen, ob es besonders empfehlenswert ist, eine Verfassung nach den allerdings in ihrer Gesamtheit „konfus" anmutenden Auslegungen einander widerstreitender politischer Parteien zu beurteilen, sondern lediglich festzustellen, welches Amerikabild Kürnberger entwickelt. Die unmittelbaren Folgen, die sich ihm aus einer Verfassung ergeben, die so „auf die konfuseste Weise" ausgelegt werden kann, sind zwei gleichzeitig drohende Gefahren, v o n deren Nähe bereits vorhandene Anfänge zeugen: Anarchie und Despotismus 2 ). Wenn die Entwicklung zur Anarchie noch nicht fortgeschritten ist, so liegt es daran, daß der Staat noch überwiegend Ackerbaustaat ist, daß der größte Teil seiner Bewohner noch Eigentum besitzt. Aber die ganze Enta n d e r e Quellen v e r s c h a f f t h a b e n m u ß . F ü r die Besprechung der politischen u n d sozialen Verhältnisse, aber a u c h zur Charakteristik der A m e r i k a n e r scheint K ü r n b e r g e r „die Aristok r a t i e in A m e r i k a " von G r u n d ( S t u t t g . u . T ü b . 1839, s. o.), v o r allem B a n d I I herangezogen zu h a b e n . Vgl. ü b e r General J a c k s o n , Clay u n d W e b s t e r im Zusammenhang m i t d e m Tarif, den B a u v o n N a t i o n a l s t r a ß e n u n d K a n ä l e n G r u n d I I , 157f. u n d 208. Außerdem h a t K ü r n b e r g e r wahrscheinlich eine Übersetzung des Tocquevilleschen Werkes g e k a n n t (Tocequville, s. o. übers, v. R u d e r , Lpz. 1836), vgl. dort Bd. I I , S. 284f. über das Verhältnis v o n Bundesregierung u n d E i n z e l s t a a t e n . Bei d e m ganzen A b s a t z k ö n n e n die A n d e u t u n g e n v o n R a u m e r s Kürnberger nicht genügt haben. Bei G r u n d ( I I , 183) heißt es : „Welcher G r u n d s a t z ist wohl in den Vereinigten S t a a t e n f e s t g e s e t z t ? N i c h t einer, D a ist das System der inneren Verbesserungen; h a b e n wir in dieser Beziehung ein festes Prinzip a u f g e s t e l l t ? N e i n ! Die demokratische P a r t e i ließ es durchfallen, d a m i t die Whigs, sowie sie ans R u d e r k o m m e n , dasselbe wieder a u f n e h m e n k ö n n e n ; d a n n ist das amerikanische System mit dem hohen Zolltarif ; wie s t e h t es wohl u m diese F r a g e ? Die P a r t e i e n stehen noch ganz so, wie zur Zeit des Compromise bill2 im J a h r e 1832—33; der Norden will ein P r o h i b i t i v - S y s t e m u n d der Süden besteht auf ) Der seiner N u lGedanke, l i f i k a t i o n .d" a ß Anarchie u n d Despotismus die notwendigen Folgen der nordamerikanischen Verfassung sind, ist schon sehr alt. Vgl. besonders den Aufsatz v. Bülows (s. o.). B e k ä m p f t w u r d e er v o n Lips (a. a. O. 55): Allerdings sagt e r : „ n u r über kleine S p h ä r e n h i n . . . k a n n sich eine Volksregierung erstrecken ; über große wird sie stets in den A r m einzelner D e s p o t e n u n d U s u r p a t o r e n der Volksgewalt a u s a r t e n , oder d u r c h Eifersucht sich v e r b l u t e n " , aber Amerika h a t diese Gefahr vermieden, d a es aus lauter kleinen Sonderd e m o k r a t i e n b e s t e h t . E b e n s o b e k ä m p f t v . R a u m e r diese Auffassung ( I I , 323). Bei Tocqueville dagegen wird sowohl die Möglichkeit einer U b e r m a c h t einzelner S t a a t e n (Tyrannei), als a u c h ein Auseinanderfallen der S t a a t e n wegen ihrer Sonderinteressen e r w ä h n t . ( I i , 277. 272. 291.) Vgl. a u c h I I , 119 : „ A n a r c h i e als Folge des Despotismus". E s ist a n z u n e h m e n , d a ß K ü r n b e r g e r sich bei einer so viel diskutierten Frage aus verschiedenen Berichten orientierte.

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II- Das Amerikabild Ferdinand Kürnbergers im „Amerika-Müden"

wicklung des Landes, seine ungeheuren Bodenschätze vor allem, weisen auf seine Zukunft als Industriestaat 1 ). Was ist dann die Folge? Dieselbe Not, die unter den europäischen Arbeitern herrscht, wird auch in Amerika herrschen, aber mit dem Unterschied, daß die Notleidenden dort „im ganzen genommen" (204) dem Gesetz gehorchen, daß zudem in ihren eigenen Rechtsbegriffen die Unantastbarkeit des Eigentums feststeht, während in Amerika, seiner Verfassung zufolge, die Armen zugleich die Gesetzgeber sind. Der Besitz wird also höchstens geduldet werden, eine Duldung, die aber in Konfliktsfällen jederzeit entzogen werden kann. Der regierende Arbeiter, ist er nur erst in überwiegender Mehrzahl da, wird „mit dem Besitz zwar den Vorteil, nicht aber den Nachteil" tragen wollen 2 ). Das aber muß zu beispiellosen Katastrophen führen. Schon jetzt treten die gutorganisierten „Workies" mit ihren Forderungen hervor. Was so von innen her droht, wird noch übertroffen von den Gefahren, die dem Bestand des ganzen Staatswesens als solchem drohen. Bereits in der Vergangenheit trat der Gedanke an eine Auflösung der Union hervor. Kürnberger erwähnt den Hartforder Konvent vom Dezember 1814, wo in der T a t von Vertretern der Neuenglandstaaten, die sich im Gegensatz zum Süden vor allem durch gewisse Wahlbestimmungen benachteiligt glaubten, Verfassungsänderungen gefordert wurden, wo aber zugleich der Gedanke eines eventuellen Sonderbundes nicht allzufern lag. Gefährlicher aber, „ein tödliches G i f t " (206) für die Zukunft, ist die erwähnte Nullifikationstheorie, zumal da sie durch die Nullifikationserklärung Südcarolinas vom November 1832 inBezug auf dieZollgesetze, die nicht zurückgewiesen werden konnte, eine folgenreiche Stärkung erfahren hat. Nichts ist da sicherer als der endgültige Zerfall, der Untergang. Die weite Ausdehnung des Landes, dessen einzelne Teile von Natur einander entgegengesetzte Interessen haben müssen — und die Möglichkeit einer solchen Theorie! Nord und Süd zeigen mit ihren Gegensätzen, in der Zoll- oder in der Sklavenfrage zum Beispiel, schon deutlich an, was kommen wird 3 ). „England kolonisiert für den Abfall", sagt Kürnberger, genau so wird es Amerika ergehen (208). Nicht geringer ist die andere Gefahr. E s gibt allerdings außer England noch ein anderes Land, das wie die Union riesige Landstrecken zusammenzuhalten weiß: Rußland. Dieses aber „zentralisiert durch den Despotismus" (208). Auch zu dieser zunächst scheinbar nicht in der Verfassung liegenden Entwicklung waren und sind schon Anfänge da. Wir hören von der NatioDie Auffassung, daß Nordamerikas politischer Zustand der Gunst der Verhältnisse, besonders der unbegrenzten Ausdehnungsmöglichkeit nach Westen zuzuschreiben ist, daß dies aber keine Garantie für seine zukünftige Entwicklung bedeuten kann, ist uns aus der antiamerikanischen Literatur vor Kürnberger bekannt. Vgl. etwa Hegel oder Gutzkow (s. o.). Der Hinweis, daß Nordamerika künftig vorwiegend Handelsstaat sein werde, findet sich in der von Mulfinger nachgewiesenen Quelle Wagner und Scherzer, I, 78. Mulfinger 332. 2 ) Die Betonung eines andersartigen Rechtsbegriffes, den Kürnberger hier zur Begründung der kommenden anarchischen Verhältnisse heranzieht, findet sich, wie wir ebenfalls bei Hegel sahen, in der deutschen antiamerikanischen Literatur schon vielfach (s. o.). 3 ) Hier ist offenbar das Tocquevillesche Werk benutzt. Uber die Sonderinteressen der Amerikaner im Norden und Süden, Osten und Westen der Vereinigten Staaten vgl. II, 271ff., über die Nullifikationstheorie und seine Folgen II, 290f., die Stellung des Südens zum Tarif noch besonders II, 78; über Sklaverei 168ff.

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n a l b a n k in Philadelphia, v o n der v o r d e m Eingriff J a c k s o n s „ g a n z e S t ä d t e u n d P r o v i n z e n " a b h ä n g i g w a r e n , j a die ganze Union, Sie w ä h l t e , sie m a c h t e P r ä s i d e n t e n , S e n a t o r e n u n d D e p u t i e r t e , sie h a n d h a b t e Legislative u n d E x e k u t i v e , sie w a r P a p s t , Cäsar, O m n i a r c h ! k u r z , sie „ w a r die V e r f a s s u n g " (Blßf) 1 ). Noch einmal w u r d e die F r e i h e i t des L a n d e s gerettet, aber es d r o h e n n e u e G e f a h r e n . S c h o n j e t z t i s t e i n „ T r i u m v i r a t " v o r h a n d e n , d e m alles folgt, das, w e n n n i c h t k o n s t i t u t i o n e l l , so doch p r a k t i s c h die M a c h t in H ä n d e n h a t : die drei S t a a t e n N e w Y o r k , P e n n s y l v a n i e n u n d Yirginien (208). I m P r i n z i p ist es K ü r n b e r g e r gleich, ob ein I n s t i t u t , ein S t a a t oder ein einzelner der D e s p o t ist 2 ). Doch a u c h die letzte, reinste F o r m des Despotismus ist f ü r die U n i o n a b z u s e h e n , d e n n n a c h d e n Bürgerkriegen, die d a n k der Verfassung aus den sozialen M i ß s t ä n d e n u n d der politischen Auflösung der Vereinigten S t a a t e n e n t s t e h e n , ist die M i l i t ä r d i k t a t u r n u r zu e r w a r t e n , u n d diese „ w a r i m m e r der Steigbügel zur M o n a r c h i e " (209) 3 ). Die V e r f a s s u n g also, die große gefeierte T a t der Freiheit in Amerika erscheint u n s e r m Schriftsteller bei n ä h e r e r B e t r a c h t u n g nicht n u r als ein wirksames M o m e n t f ü r d e n allgemeinen s t a a t l i c h e n Zerfall u n d einen a n a r c h i s c h e n Z u s t a n d , sondern geradezu als das Gegenteil dessen, als was sie gilt: als V o r s t u f e f ü r D i k t a t u r u n d D e s p o t i s m u s . A b e r d a im offenbaren Gegensatz d a z u der A m e r i k a n e r gerade das M o m e n t der Freiheit a n seiner Verfassung i m m e r h e r v o r h e b t , ist es nötig, diesen seinen Freiheitsbegriff m i t K ü r n b e r g e r n ä h e r zu u n t e r s u c h e n . E s ergibt sich da das Merkwürdige, d a ß jedenfalls v o n einer geistigen Freiheit n i c h t gesprochen w e r d e n k a n n 4 ) . Freilich stehen i m Gesetz des Landes keine P a r a g r a p h e n , welche die Religions- oder Lehrfreiheit e t w a beschränkt e n , doch a n d e r e u n d vielleicht w i r k s a m e r e Mittel ü b e r n e h m e n diese F u n k tion. E i n e allgemeine U n d u l d s a m k e i t , S t a r r h e i t ist f ü r das geistige Leben bezeichnend 5 ). W i r sahen bereits, wie sehr die K u n s t durch sie g e h e m m t wird. Von einer Freiheit a u c h in religiöser Beziehung, k a n n n u r in sehr bes c h r ä n k t e m Maße die Rede sein. D a b e i h a n d e l t es sich n a c h Kürnberger z u m Teil u m r e c h t h i n t e r h ä l t i g e Mittel, denen ein jeder plötzlich ausgeliefert sein k a n n , so d a ß es d u r c h a u s fraglich erscheint, ob nicht ein eindeutiges Gesetz, ob n i c h t selbst Zensoren d a s kleinere Übel wären. W a s etwa die 1 ) Außer v. Raumer (1,361 ff.), auf den Mulfinger verweist (343) und der, wie wir sahen, gerade in den finanziellen Verhältnissen der Vereinigten Staaten eigentlich die einzige Möglichkeit einer Kritik sah, kommt als Quelle Tocqueville II, 287 in Frage. 2 ) Über die „beständige Hinneigung der Macht und des Bundeseinflusses nach Nordwesten" vgl. Tocqueville II, 276. 3 ) Außer bei Wagner und Scherzer (I, 76; Mulfinger 332) wird bei Tocqueville (II, 115, besonders II, 119) auf die Möglichkeit einer werdenden Monarchie hingewiesen. Ebenso bei Grund (II, 55). 4 ) Vgl. Tocqueville II, 114: „Wenn Amerika bisher noch keine großen Schriftsteller besaß, so rührt dies bloß daher, daß ohne Geistesfreiheit kein literarisches Genie aufblühen kann, und Amerika hat keine Geistesfreiheit". 5 ) Eine besonders charakteristische Stelle für die „Unfreiheit" in den Vereinigten Staaten findet sich bei den von Kürnberger benutzten Quellen bei Grund: vgl. II, 9: „Kein Mensch ist Herr in seinem eigenen Hause ; kein Mensch darf seine Kinder auferziehen lassen, wie er will, kein Mensch darf einen von der Masse verschiedenen Wunsch äußern, ohne befürchten zu müssen, an den Pranger gestellt zu werden, und seinen Namen in allen Zeitungen zu sehen" usw.

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I I . Das Amerikabild F e r d i n a n d K ü r n b e r g e r s i m „ A m e r i k a - M ü d e n "

religiöse Duldung anbetrifft, so berichtet Kürnberger zum Beispiel, daß in einem Gasthause einem Hungrigen das schon servierte Mahl wieder entzogen wird, wenn der Gast das Tischgebet nicht spricht. Ein wirksames Bekehrungsmittel, zumal es selbst bei einem so edlen Romanhelden, wie es Moorfeld ist, verfängt !(335 f J1) Jeder hat sich den kirchlichen Bräuchen zu fügen, dem Zwang des sonntäglichen Kirchgangs, der Sonntagsruhe. Wie völlig starr, jedes Gefühl einer persönlichen Freiheit v o n vorn herein erdrückend, sich Kürnberger das amerikanische Leben vorstellt, zeigen die Worte des Staunton, jenes pomphaften, in Bezug auf seinen Charakter aber sehr zweifelhaften Amerikaners: „Unser frommes Land hält Klang und Saitenspiel für eine Sünde am Tage des Herrn; aber ich denke wohl, meine Nachbarn sind bereits in den Kirchen, man wird uns kein Ärgernis nachsagen" (51) oder seine „liberale Prophezeihung, daß ein Spaziergang wohl nicht mehr lange für eine Profanation des Sonntags gehalten werde, wenngleich es einstweilen allerdings, zumal zur Kirchzeit, noch niemand mitmache (53) 2 ). Mit der politischen Freiheit steht es nicht besser. Wer an den amerikanischen Einrichtungen Kritik übt, bekommt es mit Zensoren zu tun, gegen welche die europäischen nichts sind 3 ). Auf derartige Gegensätze kommt es Kürnberger ja an. Eine allerdings sehr stark kritisierende Abhandlung, die übrigens v o n ihrem deutschen Verfasser als eine Sühne für die „politisch liberalen Schönfärbereien" (200) der Hambacher Zeit aufgefaßt wird, soll lieber an Cotta geschickt werden, da sie in Amerika die „Lynchzensur" nicht passieren würde. Besonders bezeichnend für die politische „Freiheit" in Amerika sind die Wahlkämpfe. Wer in den Streitigkeiten der Parteien J ) Moorfeld s a g t : „ I c h selbst h ä t t e h u n g e r n k ö n n e n , aber m e i n e m Gaul zuliebe b e t e t e ich. We are in a free c o u n t r y ! " (336) — E i n e n ähnlichen K o n t r a s t bildet dieses " w e are in a free c o u n t r y " bei K ü r n b e r g e r z. B. bei der „ G e s c h i c h t e des ersten Walzers in A m e r i k a " (228), den die p u r i t a n i s c h e Denkweise der A m e r i k a n e r a b l e h n t ; oder bei der Schilderung der f u r c h t b a r e n Folgen eines b e v o r s t e h e n d e n S k l a v e n a u f s t a n d e s (249) oder bei der E r wähnung des Rechtes, einen e n t f l o h e n e n Sklaven zu erschießen, f ü r welche J a g d e n m a n „eigene L e u t e u n d — H u n d e ! " h ä l t (428). Eine ähnliche F o r m u l i e r u n g f i n d e t sich in der a n t i a m e r i k a n i s c h e n L i t e r a t u r v i e l f a c h : z. B. Grund ( I I , 3 8 f . ) : „Dies ist ein freies L a n d , H e r r ! E i n j e d e r darf d a r i n d e n k e n , was er will, nur m u ß er es den a n d e r n n i c h t wissen lassen", besonders a u c h bei Pelz ( T r a n s a t l a n t i s c h e Federzeichnungen, s. o.) in d e m K a p i t e l „ D i e drei H a u p t h e i l i g e n der Vereinigten S t a a t e n Nordamerikas" (S. 333ff.), deren einer (neben " S t . Business" u n d „ S t . S h o w " ) „ S t . Custom ist. „Dabei aber e r t ö n t e unablässig die feste Versicherung: " W e live in a free c o u n t r y ! " Die Freiheit b e s t a n d darin, den Vorschriften des St. Custom nachleben zu m ü s s e n " (337). 2 ) Ein ähnlicher Fall ist bei G r u n d : E i n j u n g e r Bostoner b e m e r k t , „ d a ß es in Boston nicht Gebrauch sey so spät aufzubleiben, u n d d a ß er, u m n i c h t seinen Ruf als ein moralischer Mann zu verlieren, j e t z t gezwungen sey, mir eine g u t e N a c h t zu w ü n s c h e n . " ( I I , 82). Allgemeines ü b e r geistige T y r a n n e i bezüglich „ A n d a c h t " , „häusliche E i n r i c h t u n g e n " , „ U n t e r h a l t u n g " vgl. I I , 40. Vgl. a u ß e r d e m Gall, Tocqueville u. a. Die A r t der amerikanischen Sonntagsfeiern wird in f a s t allen Auswanderer- u n d Reiseberichten beschrieben. Mulfinger weist besonders auf W a g n e r u n d Scherzer I , 269. 3 ) Die „ L y n c h z e n s u r " einerseits (200), d e n Hinweis auf die europäischen Zensoren andererseits (316), welche „ n u r die G e d a n k e n m o r d e n " , w ä h r e n d Amerika u. U. „ d e n Menschen an seine G e d a n k e n " ausliefert (Pennsylvanisches System!) f a n d K ü r n b e r g e r in der antiamerikanischen T e n d e n z l i t e r a t u r vor. Z. B . Ziegler „ R e p u b l i k a n i s c h e Licht- u n d Schattenseiten oder die R e p u b l i k in D e u t s c h l a n d u n d in den Vereinigten S t a a t e n v o n Nordamerika", Dresden u. L p z . 1848, S. 32. „ E s existiert in A m e r i k a m i t u n t e r ein Zensor, d e r alle Zensoren E u r o p a s ü b e r t r i f f t . " S. 34 wird ein solches „ C e n s u r g e r i c h t " a u s g e f ü h r t .

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anderer Überzeugung ist, wird durch Prügeleien bekehrt. „Politische Freiheit, . . . wo ist sie denn ?" läßt Kürnberger einen Handwerker fragen, „Ich war in Pittsburg, als sie im vorigen Jahr den Präsidenten wählten, — Prügeln sah ich wohl, aber keine Freiheit". „Es ist, als ob sie garnichts im Schädel hätten, sondern alles in der Faust" (395 f). Stimmt der Arbeiter gegen den Brotherrn, so wird er entlassen (267). Auch hier tritt wieder die schon festgestellte Eigenart des amerikanischen Volkes hervor, bei Dingen der Überzeugung, des Geistes, ins Materielle zu geraten: man sucht durch körperliche Schädigung geistig zu überzeugen 1 ). Die Einrichtung aber, die am meisten die Freiheit des Amerikaners zunichte macht, ist nach Kürnberger die Presse. Sie ist „das Werkzeug der Tyrannei" (228), eine Art Diktator, mit dem es sich gut stellen heißt, da er alles durchsetzen, aber auch alles verderben kann. Was von ihr vertreten wird, macht sich das Volk zur eigenen Ansicht. „Die Knechtung der Presse ist ein vortreffliches Mittel der Freiheit; denn das Publikum bildet sich in diesem Falle sein eigenes Urteil; aber die freie Presse ist ein köstliches Werkzeug der Tyrannei — der Mob vertraut ihr und betet ihr blind nach" (228)2). Worin besteht nun aber Amerikas Freiheit ? Die Tatsache, daß Unduldsamkeit und geistige Tyrannei die in der Verfassung liegenden Freiheiten unwirksam machen, zeigt, daß der Amerikaner für solche Freiheiten unreif ist. Alle diese Institutionen haben die eigentliche Wirkung der Freiheit, eine „Veredelung des Charakters" (255), nicht bewirkt. Es haben, so läßt Kürnberger Channing, „den ersten Prosaisten Amerikas" (237) sprechen, „unsere Institutionen uns alle getäuscht" (255)3), Man sieht, wieviel mehr Kürnberger das sittliche, als das politische Moment bei seinem Freiheitsbegriff in den Vordergrund stellt. Das geht soweit, daß er den Deutschen Moorfeld sagen läßt: „Diese F r e i e n m ü s s e n d u r c h u n s V e r k n e c h t e t e ein w e n i g f r e i e r w e r d e n " (337)4). Zwar Reichtum und äußeres Gedeihen sind zu verzeichnen, wenngleich auch das durch die erwähnten BürÜber die Mittel, mit denen die Parteien bei den Wahlen operieren, vgl. besonders Ludwig Gall, II, 152ff.; eine Besprechung die voll Ironie mit den Worten schließt: „So ist es mit der Freiheit der Rede und der Presse in den Vereinigten Staaten." (154) 2 ) Ziegler (a. a. O. 44) bringt über die Unfreiheit" der Presse ein Zitat, das eine ähnliche Formulierung zeigt: „Die freie Presse in Amerika wird aber auch ferner häufig unfrei, weil sie. .. . die elende Pflicht übernimmt, für Bezahlung zu lügen". Über die Schäden der Presse, die in allen antiamerikanischen Schriften bereits vor Kürnberger herangezogen wurden, besonders über ihre Tyrannei vgl. Dickens S. 269ff. 3 ) Bei der Charakteristik Channings verweist Mulfinger (335) auf von Raumer (gemeint ist jedenfalls I, 262, die angegebene Seitenzahl 254 ist offenbar verdruckt); zu der ausführlichen Beschreibung jedoch, die Kürnberger von ihm gibt, kann diese Quelle nicht ausgereicht haben. Eine Charakteristik Channings als „ausgezeichnetster Literator" ist bei Grund (II, 102) gegeben. Das hier erwähnte Urteil Channings über die amerikanischen Institutionen findet sich wörtlich bei Ziegler (S. 30); dort spricht Ziegler den Wunsch aus, daß „die Ansicht des amerikanischen Patrioten Dr. Channings: „Unsere sämmtlichen Institutionen haben uns getäuscht", nie erfüllt werde." 4 ) Diese eigentümliche paradoxe Formulierung, daß die „Freien" von den „Verknechteten" erst wahre Freiheit lernen müßten, erinnert stark an eine ähnliche bei Steffens, der Deutschland zur Zeit seiner tiefsten Bedrückung das Recht gibt zu sagen: „Siehe, wir sind in diesen Ketten frei" (s. o.). Überhaupt fanden wir den Freiheitsbegriff Kürnbergers, von dem aus er Amerika beurteilt, als Ausgangspunkt einer ähnlichen Beurteilung bereits zur Zeit der Klassizistik und der Romantik.

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II- Das Amerikabild Ferdinand Kürnbergers im „Amerika-Müden"

gerkriege in Z u k u n f t n i c h t d a u e r n wird, a b e r T u g e n d existiert n i c h t . Sie „ist teurer geworden als F r e i h e i t " (255). Die „ g e m e i n s t e n L e i d e n s c h a f t e n " sind an ihre Stelle g e t r e t e n , „welche alle besseren moralischen S t ü t z e n " des amerikanischen Staatswesens „ e n t f e s t i g e n " . F r e i h e i t h e i ß t also Zügel losigkeit, sie ist in A m e r i k a n i c h t s anderes als ein E i n g e h e n auf die Leidenschaften u n d persönlichen W ü n s c h e des Einzelnen. Gerade die Presse zeigt diese E n t a r t u n g des Freiheitsideals aufs Deutlichste. N e b e n e i n a n d e r gehen „Pressefreiheit u n d Pressescheußlichkeit in u n m i t t e l b a r s t e r B e r ü h r u n g ! Neben d e m römischen T r i u m p h a t o r ging so ein Sklave einher, der sein Zerrbild u n d A f f e w a r . " (17) 1 ). E n t s p r e c h e n d ist a u c h das, was das L e b e n des einzelnen A m e r i k a n e r s a n g e h t , seine T ä t i g k e i t , in keiner Weise b e s c h r ä n k t . E s h e r r s c h t eine absolute F r e i h e i t , Geld zu verdienen, wo u n d wie m a n will. Diese Freiheit des Gewerbes g e h t aber so weit, d a ß eine B e s c h r ä n k u n g wesentlich förderlicher wäre 2 ). Sie m a c h t es möglich z u m Beispiel, d a ß j e d e r sittenlose S t r a ß e n junge, w e n n es i h m einträglich erscheint, a u c h Seelsorger w e r d e n k a n n , wie wir es a n der E n t w i c k l u n g des H o b y sehen 3 ), oder d a ß ein G e s c h ä f t s m a n n , der „in T h r a n f a l l i e r t " h a t n e b e n a n d e r e n G e s c h ä f t e n , Zwiebelhandel e t w a , d u r c h K i n d e r e r z i e h u n g in der Stellung eines Lehrers seinem Geldbeutel wieder a u f z u h e l f e n s u c h t . . . (25 f ) , d e n n — so sagt K ü r n b e r g e r — „sie ehren die F r e i h e i t des H a n d e l s u n d W a n d e l s . E n t s e t z l i c h ! " Ä r z t e u n d A p o t h e k e r h a b e n keine P r ü f u n g i h r e r K e n n t n i s s e , ü b e r h a u p t keine Aufsicht bei i h r e m v e r a n t w o r t u n g s v o l l e n B e r u f e zu b e f ü r c h t e n . O h n e die ständige E i n w a n d e r u n g w ü r d e n die A m e r i k a n e r „ i n n e r h a l b einer G e n e r a t i o n v o n ihren Ä r z t e n a u s g e r o t t e t s e i n " (412) 4 ). A u c h gegen die eigentümliche A r t , sich sein B r o t i m Sinne des K a u f m a n n s S t a u n t o n zu verdienen, der v e r d o r b e n e W a r e n v e r k a u f t (47), gegen betrügerische B a n k r o t t e (550) 5 ), gegen einen öffentlichen H a n d e l m i t skandalösen P r e s s e p r o d u k t e n (17), oder gar gegen die betrügerischen M a c h e n s c h a f t e n auf d e m G e n e r a l l a n d a m t ( 6 6 f f ) , wird seitens des Gesetzes kein E i n s p r u c h e r h o b e n . Aber w e n n d e m so ist, w e n n Sittenlosigkeit u n d B e t r u g u n g e h i n d e r t ihr Wesen t r e i b e n k ö n n e n , j a , w e n n sie d u r c h die h e r r s c h e n d e n I n s t i t u t i o n e n geradezu gefördert werden, wie m u ß u n t e r solchen U m s t ä n d e n das R e c h t s leben dieses L a n d e s v o n K ü r n b e r g e r dargestellt sein ? F ü r i h n ergibt sich Über die Entsittlichung der Presse konnte Kürnberger in fast jeder Schrift über Nordamerika Belege finden, vielfach selbst in denen von ausgesprochen amerikafreundlicher Tendenz wie v o n Raumer, auf den Mulfinger (321) verweist. 2 ) Vgl. Adam Müller, Hegel u. a. (s. o.). 3 ) Eine Parallele zu Hobys Entwicklung bringt Gall (II, 198f.) .Hier wird aus einem ehemaligen Matrosen ein methodistischer Prediger ohne andere Gabe „als die einer Brüllochsenstimme". Allgemein sagt Gall: „Taugenichtse, die zu träge sind, sich auf eine redliche Weise zu ernähren, werden Doktor oder herumziehende Prediger." (II, 198, Anmerk.) 4 ) Diese Auffassung weist besonders auf Gall (II, 197 Anm.): „nur in den Staaten Ohio, Kentucky, New York, New Jersey und Maryland ist die Ausübung der medizinischen Praxis auf die Kundigen beschränkt. In den übrigen Staaten ist es noch erlaubt, als Doktor ungestraft zu morden und zu verkrüppeln, oder wenigstens — zu betrügen." Vgl. auch Otto S. 47. 5 ) Die Tatsache, daß betrügerische Bankrotte in Nordamerika nicht bestraft werden, wird in sehr vielen Schriften erwähnt, mit besonderem Nachdruck weist auch Gall (II, 205) darauf hin.

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auf diesem Gebiet derselbe Widerspruch, den er auf religiösem zwischen der Form der Religion und religiösem inneren Leben festgestellt hat. Gerichte und Richter, Gesetze, nach denen Recht gesprochen wird, das alles ist wie in Europa vorhanden. Trotzdem ist ein großer Unterschied, ob man in Europa oder in Amerika mit den Gerichten zu tun hat. Der Sinn der diesbezüglichen Anekdoten und Episoden ist festzustellen, daß in der Union stets der Verbrecher, der Schuldige im Vorteil, der Unschuldige aber im Nachteil ist. Wir hören etwa von dem übervorteilten Bäcker, der seinem fortziehenden amerikanischen Kollegen für möglichst viel Geld die Kundschaft abkauft. Leider kehrte dieser aber nach kurzer Zeit zurück, und da gegen sein Wiederkommen im Kontrakt nichts vermerkt war, nützt keine Klage (135f). Oder von dem Tischler, der einen Bau zur Zufriedenheit des Bestellers zu liefern verspricht, den bedungenen Lohn jedoch nach tagelanger und offenbar tadelloser Arbeit nicht bekommt, da der Besteller behauptet, nicht zufrieden zu sein (392ff). Dann hören wir gar, daß es möglich ist, eine Zeugenaussage als ungesetzlich zu verwerfen, da der Zeuge beim Schwur nicht die rechte Hand erhoben hatte. E r hatte den rechten Arm nämlich in einer Schlacht verloren (508). Bei allen diesen Episoden ist das gleiche festzustellen: immer hält man sich zwar an das Gesetz, doch so buchstäblich, so entgegen jedem rechtlichen Gefühl, jedem „ R e c h t " überhaupt, daß genau das Gegenteil herauskommt: der Verbrecher wird geschützt, der Angegriffene verurteilt 1 ). Das Recht ist „eine Prämie des lumpigsten Lumpen" (135) 2 ). Das eigentliche amerikanische „Rechtsgefühl" besteht also nach Kürnberger im Interesse am Schutz des Unrechts. Selbst die Regierung huldigt solchem Grundsatz. Sie unterläßt nicht nur den Schutz des Betrogenen, sondern betrügt selber, wenn es lohnt. „Caveat emptor" ist auch ihr Prinzip (512), und die unglücklichen Auswanderer, die sich Regierungsland am Generallandamt zu kaufen gedenken, müssen sich in Acht nehmen, wie bei einer Räuberbande (84). Auch auf diesem Gebiet also stellt Kürnberger fest, daß unter den Händen der Amerikaner aus einem zunächst Übernommenen sein Gegenteil geworden ist. Daß dem aber gerade so im Rechtsleben ist, muß wegen der notwendigen Folgen für die allgemeine Sicherheit, besonders aber für die Entwicklung des Charakters des einzelnen Amerikaners recht bedenklich erscheinen. Doch wird darüber später noch zu sprechen sein. Neben dem Gedanken der Freiheit, der, wie wir sahen, im Kürnbergerschen Amerika ganz eigentümliche Bedeutung und Folgen hat, ist es vor allem der Begriff der Gleichheit, der dem westlichen Staatswesen einen verklärten Schimmer gibt. Nach unseren bisherigen Erfahrungen in Bezug auf Die Anekdoten, die Kürnberger hier anführt, besonders die wörtliche Auslegung der dem Richter gegebenen Vorschriften, die diesen nicht instandsetzen, den erkannten Verbrecher zu bestrafen, weisen auf Gall. Vgl. u. a. II, 190ff. Kap. XVI, das die Überschrift trägt: „Noch einige Beiträge zur Beurtheilung des Maßes von Sicherheit der Person und des Eigenthums, dessen man in den Vereinigten-Staaten sich erfreut". 2 ) Die Formulierung erinnert an Vulpius: „Amerikanische Erfahrungen. Winke und Warnungen für Auswanderungslustige", Belle-Vue 1847 S. 12: „Amerika ist das Land der Freiheit für alle Räuber, Spitzbuben, Hallunken und schlechtes Gesindel jeder Art; ja, es ist die Heimat und der Herd dieser Menschen".

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II- D a s Amerikabild Ferdinand Kürnbergers im „Amerika-Müden"

das Kürnbergersche Bild von Nordamerika, in dem jeder Begriff sich in sein Gegenteil verwandelt, wird man auch hier von Amerika als dem Lande der „Ungleichheit" sprechen müssen. Und in der Tat, wenn wir zunächst die Gleichheit in Bezug auf die soziale Rangordnung untersuchen, so scheint das nur berechtigt. Wir hören von einer Aristokratie des Geldes, dann von einer Arbeiterpartei, die sich von den Rechten der anderen durchaus als ausgeschlossen empfindet, und schließlich gar von Sklaven. Aber immerhin, wenn wir also den vollen Begriff einer sozialen Gleichheit in Amerika nicht erfüllt finden, wenn wir außerdem von der Bestechlichkeit in allen Institutionen hören, etwa beim Gericht oder der Presse, und so von vornherein annehmen müssen, daß der Reiche im öffentlichen wie im Privatleben dank seines Geldes ganz andere „Rechte" hat als der Arme, daß also selbst bei zugestandener Verschiedenheit der sozialen Rangstufe außerdem von einer Rechtsgleichheit keine Rede sein kann, wenn wir also jede Verwirklichung des Gleichheitsgedankens in Amerika leugnen müssen, so sind doch die verschiedenen gesellschaftlichen Schichten noch im einzelnen mit Kürnberger zu untersuchen, um feststellen zu können, ob sie im Gegensatz zu den europäischen Verhältnissen vom Standpunkt des Liberalen nicht immerhin erträglicher sind. Da ist zunächst die Aristokratie. Sie ist keine abgeschlossene Kaste, deren Mitglieder von vornherein feststehen, sondern ihre Vertreter wechseln beständig. Wer heute an ihrer Spitze steht, kann morgen ausgestoßen sein, ebensogut umgekehrt1). Das einzige Kriterium ist das Geld, eine Tatsache, die uns durch die charakteristische Frage des Amerikaners: „How much is he worth ?" aus vielen Auswandererschriften bereits bekannt ist 1 ). Betrachten wir uns einmal die auffallendsten Züge ihrer Vertreter. Es handelt sich dabei einerseits zwar um eine Gruppe stiller, vornehmer, ja bedeutender Menschen (237ff), die aber durch ihre geringe Anzahl und ihre Zurückgezogenheit im Bewußtsein der Öffentlichkeit ziemlich zurücktreten, andererseits dagegen um Wesen, die eher Karikaturen als Menschen darstellen. Sie sind etwa dem vergleichbar, was bis vor kurzem in den satirischen Blättern des Tages als der „Neureiche" sein Leben fristete; Menschen, die durch rasche, glückliche Spekulationen oder durch unbedenkliches brutales Ausnutzen der Gelegenheit schnell reich geworden sind und nun angestrengt danach streben, als Aristokraten zu gelten, und die durch alle möglichen übertriebenen Äußerlichkeiten zu ersetzen suchen, was ihnen an angeborenen Eigenschaften dazu fehlt. Sie entbehren jeglicher Form und Bildung. Schon äußerlich stellen sie in ihrer geschmacklos aufgeputzten Kleidung (234), ihrem weichlichen, marklosen und ungesunden Aussehen (521), überhaupt der ganzen frechen, aufdringlichen Art ihres Benehmens wahre „Affenfratzen" dar. In diesem Auftreten liegt die „aristokratische" Seite ihres Benehmens. Ihr eigentlichesWesen, ihre ganze Brutalität kommt erst im Straßenleben zutage. Ihr Sonntagsvergnügen, das Feuerlegen- und Übrigens erfahren wir bei Kürnberger nur etwas über die Aristokratie des Nordens, besonders New Yorks. Die südliche Aristokratie, die sich durch Grundbesitz auszeichnet, wird nur kurz erwähnt. Zu ihrer Charakteristik vgl. Grund, II, 20. 105ff. r ) Vgl. Gall II, 107 u. Vulpius 1 1 7 ; Grund II, 27 u. a. m. Die Charakteristik der Geldaristokratie findet sich besonders bei Grund (s. o.).

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und löschen ist schon erwähnt. In ihrer ganzen Roheit werden sie besonders zum Schluß, wo ein „ R i o t " gegen die Deutschen geschildert wird, dargestellt 1 ) (521 ff, 573ff). Das also ist die Aristokratie in Amerika. Von Kürnberger selber wird die erste Gruppe, die der geistig Hochstehenden, ganz in den Hintergrund gestellt im Gegensatz zu diesen „Schaumperlen einer Geldaristokratie, die in der Gährung begriffen i s t " (236). Er spricht von einem Stadium der „Flegeljahre", „der Abgeschmacktheit" des Reichtums 2 ). Die Frauen, deren Einfluß die rohen Formen etwa mildern könnten, spielen keine Rolle (232). Charakteristisch auch für die eigentümliche Verwirrtheit der Begriffe, die den Angehörigen der Aristokratie eigen ist, scheint die große Titelsucht auf der einen (239), die betonte Formlosigkeit (233) auf der anderen Seite. Freilich ist diese Formlosigkeit, dieser letzte republikanische Rest in der Aristokratie, bereits im Schwinden. Die verpönte Livree und sogar das Wappen werden im Verlaufe des Romans in New York eingeführt (559) 3 ). Der Unterschied der europäischen Aristokratie zu der amerikanischen ist nach alledem sehr groß. Zwar findet bereits in Bezug auf die äußere Form ein gewisser Ausgleich statt; es besteht bereits die Tendenz, in die New Yorker Gesellschaft europäische Formen einzuführen. Um so größer aber ist der Gegensatz der Vertreter. Das sind in Amerika zum großen Teil Emporkömmlinge, die noch mit allen Eigenschaften einer unbeherrschten Brutalität behaftet sind 4 ), und die im Gegensatz etwa zur deutschen Aristokratie des vorigen Jahrhunderts nicht auf Grund historisch gewordener, rechtlich begründeter Macht, sondern durch ihren Reichtum lediglich mit unrechtlichen Mitteln, sei es Bestechung, sei es rohe Gewalt, ihren Einfluß geltend zu machen wissen (z. B. S. 523). Den Gegensatz zu diesen „Aristokraten" bilden im Süden die Sklaven, im Norden die Proletarier und auf dem Lande die Farmer. Am schlimmsten natürlich von ihnen allen ist die Lage der Sklaven. Von der Behandlung, der sie ausgesetzt sind, läßt Kürnberger Livingstone sagen, daß die Amerikaner, die „exaktesten Christen der Welt", von den in dieser Beziehung „mild menschlichen" Völkern Asiens und Afrikas, j a von den Mohameandern lernen könnten (247) 5 ). Die Kluft zwischen dieser völlig entrechte1 ) Vgl. hier außer der von Mulfinger (336) angegebenen Quelle Sealsfield, Gesammelte Werke, Stuttg. 1846, B d . 8 „Morton oder die große T o u r " 2. Tl. S. 121 f., die nur die Charakteristik eines verweichlichten und lächerlichen äußeren Auftretens bringt, besonders Otto S. 47ff., wo die Betrügereien und Mordtaten dieser „ L o a f e r s " geschildert werden, ihnen übrigens auch, wie im R o m a n , die Feuersbrünste zugeschrieben werden. 2 ) Diese Auffassung, wie sie Kürnberger durch Bennet aussprechen läßt, und die — den herrschenden Materialismus gewissermaßen entschuldigend — auf künftige bessere Zeiten verweist, denn „Geld wird immer zu G e i s t " (236), wird, genau wie im Roman, auch bei Grund b e k ä m p f t (besonders II, 170 f.). 3 ) Die Nachahmung des europäischen Adels, die hier bei den „aristokratischen" Schichten New Yorks festgestellt wird, ist besonders bei Grund geschildert. Gerade dieses Thema zieht sich durch dessen ganze Schrift. 4 ) Besonders scharf formuliert Grund diese Auffassung. E r läßt einen Amerikaner sagen: „Unsere beste Gesellschaft ist nichts als eine jämmerliche Carrikatur der europäischen" (65). 5 ) Kürnberger hat verhältnismäßig wenig Anekdoten zur Charakteristik für die grausame Behandlung der Sklaven herangezogen (316, 428). Der Grund mag darin liegen, daß er auch in dieser Zeit bereits mit dem „Humanitätsschwindel" der Zeitungsschreiber nichts zu tun haben mochte, welche die Sklaverei in jeder Gestalt verwarfen. Anläßlich des amerikanischen Krieges haben wir einen Brief aus dem J a h r e 1865, der seine genauere

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ten Menschenklasse und den Aristokraten ist unüberbrückbar und geht, da dem Sklaven unter Umständen überhaupt sein Menschentum abgesprochen wird (247), tiefer, als es je bei den europäischen Verhältnissen zwischen den verschiedenen sozialen Schichten möglich wäre. Entsprechend dieser Spannung ist auch die in ihr begründete Gefahr. E s ist schon erwähnt worden, daß der Bestand der Union durch die entgegengesetzte Einstellung von Süd und Nord zu dieser Frage bedroht ist. Viel furchtbarer aber ist die Gefahr, die von den Sklaven selber k o m m t ; denn sie ist nicht nur gegen das bestehende Staatswesen, sondern gegen alle Einrichtungen und Denkmale europäischer Kultur und vor allem gegen die Weißen selbst gerichtet. „Die größere Hälfte der Union, durch Sklavenarbeit ein Paradies, kann schauderhafte Sklavenarbeit bald in eine ausgebrannte Wüste, in einen Leichenanger voll gebleichter Gebeine verwandelt h a b e n ! " (249) 1 ). Doch handelt es sich auch hier nicht um Angelegenheiten einer möglichen späteren Zukunft, sondern um Dinge, die sich nach Kürnberger in allernächster Zeit abspielen werden. Jederzeit kann das englische Parlament die Emanzipationsakte erlassen (245), und allgemein erwartet man im Süden mit der Kunde von der Freiheit der englischen Sklaven den Aufstand (249). Nicht ganz so drohend, doch immerhin für die Zukunft des Nordens gefahrvoll genug, haben sich die Arbeiterverhältnisse gestaltet. Ihre Lage ist im ganzen nach Kürnberger die des europäischen Proletariats. Was sie diesen an Rechten voraushaben, steht lediglich auf dem Papier. Gewiß, jeder Bürger hat an der Regierung teil, doch die Tatsache, daß nur der geringe besitzende Teil der Gesellschaft die Möglichkeit hat, sich entsprechend zu bilden, hebt dieses Recht schon fast auf (201). Dazu kommt die große Rolle, welche bei den Wahlen etwa die Bestechung spielt, durch die die Rechte der Besitzlosen wiederum geschmälert, wenn nicht überhaupt in Frage gestellt werden. Die eigentliche Gefahr aber liegt bei diesen Verhältnissen in der Tatsache, daß im Gegensatz zum europäischen Proletariat das amerikanische sich nicht einer durch alte Rechte, durch lange geschichtliche Entwicklung gestützten Aristokratie gegenübersieht, sondern daß es sie Stellungnahme zu dieser Frage bringt: von einer „Humanität, die mit Hunden und Lumpen Gevatter ist," will er, der die „Exklusivität des Genieadels" vertritt, nichts wissen. Vor allem sucht er auch hier den Unterschied zwischen der Sklaverei im Orient zu der amerikanischen herauszustellen: während die erstere „gemütlich", „liebenswürdig" erscheint, der Sklave selber seine Unfreiheit nicht als ein Unglück empfindet, während er besonders in Griechenland und Rom den Bürgern die Arbeit für „eine höhere Kultur der Menschheit" ermöglichte, will Kürnberger allerdings die nordamerikanische Sklaverei „nicht eben verteidigen". (Briefe an eine Freundin, a. a. O. S. 37ff.) 1 ) Die Formulierung Kürnbergers (247) über die Sklavenfrage erinnert stark an eine Stelle in Heines „Shakespeare's Mädchen und Frauen" (Werke, a. a. O. S. 460). Kürnberger schreibt: „Ihr erzieht sie zu Christen ? Aber der Schwarze wird über den weißen herfallen, und — auf St. Domingo ist es geschehen — mit Rachegeschrei euch anfallen: die Weißen haben den Heiland ermordet! Wahrlich sie brauchen nur die Gattung für die Art zu n e h m e n . . . . so sind ihre Massacres mindestens ebenso gerecht, als die Judenverfolgungen unserer mittelalterlichen Christen." Heine schreibt: im Mittelalter „schlug man die Juden tot und plünderte ihre Häuser, „weil sie Christus gekreuzigt" — ganz mit derselben Logik, wie auf St. Domingo einige schwarze Christen zur Zeit der Massacre mit einem Bilde des gekreuzigten Heilands herumliefen und fanatisch schrien: Les blancs l'ont tue, tuons nous les blancs!" Im übrigen stammen die Unterhaltungen über die Sklavenfrage entweder, wie Mulfinger nachwies, aus von Raumer oder aus Grund (II, 103 ff.).

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„täglich und stündlich" werden sieht (201). Eine solche „nicht im mildernden Dämmer der Geschichte gewordene" privilegierte Aristokratie wird die „gehässigste Sorte" derselben genannt (201)1). Die Gefahr, die hier liegt, ist, wie schon bei der Besprechung der amerikanischen Verfassung gesagt wurde, nur deshalb nicht so dringend, weil Amerika zur Zeit noch vorwiegend Ackerbaustaat ist. Beginnt erst die Industrie in den Mittelpunkt zu rücken, so ist die Katastrophe unvermeidlich, zumal, da sich schon eine gut organisierte Arbeiterpartei gebildet hat. Einen Mittelstand in unserem Sinne, der diese Gegensätze auszugleichen berufen wäre, gibt es nach Kürnberger in Amerika nicht. Der Bürger, der Handwerker und der besitzende Bauer sind in dieser Beziehung mit den Verhältnissen in Deutschland nicht zu vergleichen. Wir erfahren überhaupt darüber sehr wenig. Von einer in sich abgeschlossenen bürgerlichen Gesellschaft wird nicht gesprochen. Dennoch müßten wir ihr sehr viele der auftretenden Romanfiguren zuzählen. Man wird sich da nach der Schrift etwa die Vorstellung machen müssen, daß die Vertreter dieses Standes durch die jedem Amerikaner eigene Spekulationswut stets davor stehen, durch den Verlust ihres Besitzes zum Proletarier oder durch seine Vermehrung zum „Aristokraten", wie wir ihn bei Kürnberger geschildert sahen, zu werden. Doch wird dies nicht herausgearbeitet. Was wir durch Personen wie etwa Staunton über den Bürger erfahren, ist eher für seinen Charakter als eigentlich seine soziale Stellung bezeichnend. — Wie wenig auch der Bauernstand und die Handwerker fähig sind, bei den großen sozialen Gegensätzen in den Vereinigten Staaten eine vermittelnde Stellung einzunehmen, wird noch die Besprechung der wirtschaftlichen Angelegenheiten, die wegen ihrer Bedeutung für den größten Teil der deutschen Einwanderer eine besondere Behandlung verlangen, näher auszuführen sein. Soviel jedenfalls scheint klar: so wenig nach Kürnberger die staatlichen und politischen Verhältnisse vorbildlich sein können, so wenig sind es die sozialen Zustände. Noch stärkere Gegensätze, noch bedrohlichere Spannungen sind kaum denkbar. Wenn es die Absicht unseres Verfassers war, möglichst alle Fragen zu berühren, die in Deutschland in Bezug auf Amerika aktuell waren, so mußte er natürlich die den breiteren Auswandererstrom interessierenden wirtschaftlichen Verhältnisse einbeziehen. Es war dies bei der ganzen Anlage des Romans, bei dem Charakter des Helden schwierig, und so sind auch diesem Umstände manche der ermüdenden Längen des Werkes zuzuschreiben. Wir betrachten diese wirtschaftlichen Angelegenheiten vom Standpunkt des deutschen Auswanderers und fragen uns: wie sind nach Kürnberger die Erwerbsmöglichkeiten in Amerika, welche Berufe sind da in besonderem Maße erfolgreich ? Daß geistige Arbeiter kein geeignetes Wirkungsfeld finden werden, ist bei der Beurteilung, welche die geistigen Leistungen dort Diese Charakteristik der nordamerikanischen Geldaristokratie weist in besonderem Maße auf Grund. Vgl. etwa II, 15: „Hier scheinen es die höheren Stände ordentlich darauf anzulegen, den Ärmeren ihre Überlegenheit recht fühlen zu lassen... . Und alles das geschieht mit einer republikanischen Simplicität, welche jede Art von Arroganz dadurch, daß sie von einer ihnen gleichgestellten Person ausgeht, erst recht unerträglich macht." Vgl. außerdem II, 14 u. 87 f.

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f i n d e n , von v o r n h e r e i n k l a r . A u c h Ä r z t e n u n d A d v o k a t e n i s t ein F o r t k o m men nicht möglich, d a sie gegen ihre a m e r i k a n i s c h e n Kollegen n i c h t a u f kommen k ö n n e n . E b e n s o g e h t es d e m H a n d w e r k e r - u n d B a u e r n s t a n d , der unter den E i n w a n d e r e r n a m meisten v e r t r e t e n ist. F ü r alle diese B e r u f e ist es bezeichnend, d a ß sie in A m e r i k a e t w a s ganz a n d e r e s darstellen als in D e u t s c h l a n d , u n d d a r a n z u m großen Teil liegt es, d a ß die D e u t s c h e n d o r t trotz aller A n s t r e n g u n g e n scheitern. D e n n der B e r u f ist d e m A m e r i k a n e r nicht eigentlich ein T ä t i g k e i t k e i t s f e l d , auf d e m er das Seine zu leisten, das E r l e r n t e z u m N u t z e n a u c h der G e s a m t h e i t zu v e r w e r t e n sucht, s o n d e r n er b e d e u t e t i h m lediglich ein Mittel z u m Gelderwerb 1 ). U n d zwar ein Mittel u n ter vielen a n d e r e n , das m a n beliebig wechseln oder je n a c h den Aussichten erweitern k a n n 2 ) u n d das m a n liegen l ä ß t , w e n n m a n sein Ziel erreicht h a t (z. B. 139, 373). A u c h hier also ist v o n einem f e s t in sich abgeschlossenen M i t t e l s t a n d e keine R e d e . Wie aber ergeht es u n t e r diesen U m s t ä n d e n d e m d e u t s c h e n E i n w a n d e r e r ? Gewiß ist, was z u n ä c h s t den H a n d w e r k e r a n b e t r i f f t , sehr viel Arbeitsmöglichkeit v o r h a n d e n . Aber einmal ist es i h m n a c h K ü r n b e r g e r eigentlich ganz u n m ö g l i c h , z u m a l bei u n g e n ü g e n d e n S p r a c h k e n n t n i s s e n , einen einigerm a ß e n p a s s e n d e n P o s t e n zu f i n d e n , d a die V o r b e d i n g u n g e n u n d die G r u n d einstellungen z u m B e r u f e zu verschieden sind (139); d a n n ist die N a c h f r a g e j e n a c h der Saison eine a n d e r e , u n d l a n d e t m a n bei f l a u e r Zeit, so l ä u f t m a n G e f a h r zu v e r h u n g e r n ( 1 4 9 f ) . U n d endlich, h a t m a n sich etwas Geld mitgeb r a c h t oder sich wirklich eine S u m m e ersparen k ö n n e n , so ist d a n k den „ L a n d s l e u t e n a m H a f e n " 3 ) , ü b e r h a u p t d a n k d e m C h a r a k t e r der n e u e n Landsgenossen, ü b e r den n o c h n ä h e r zu sprechen ist, m i t B e s t i m m t h e i t anz u n e h m e n , d a ß m a n d a r u m b e t r o g e n wird. E i n n a c h g e s u c h t e r R e c h t s s c h u t z ist, wie schon e r w ä h n t , i m allgemeinen ergebnislos u n d kostspielig. D a z u b e s t e h t die G e f a h r , d u r c h den überall h e r r s c h e n d e n H a ß gegen die d e u t s c h e N a t i o n allen möglichen M i ß h a n d l u n g e n ausgesetzt zu sein, j a bei den vork o m m e n d e n D e u t s c h e n v e r f o l g u n g e n sein L e b e n u n d sein E i g e n t u m b e d r o h t zu sehen (573) 4 ). Die Charakteristik des amerikanischen Berufslebens in diesem Sinne durchzieht, seitdem die Kritik besonders Bülows Ende des 18. Jahrhunderts, dann die der Romantik auf das „unruhige", Erwerbsleben der Vereinigten Staaten hingewiesen hatte (s. o.), die gesamte antiamerikanische Literatur. 2 ) Z. B. in Bezug auf den Bauernstand: „ J a der Bauernstand ist kein Ruhestand bei uns. Hier handelt alles, was sein bischen Mark noch fühlt. Schlimm genug, wen das Fieber niederknebelt; wer sich aber rühren kann, dem ist die Straße sein Haus; sein Haus nur Absteigequartier. „Die Kritik Kürnbergers, der gern bei Dingen, die für sich selber sprechen die Haltung des an diese Dinge Gewöhnten annimmt, und dadurch besonders wirksam, wenn auch in verhaltener Weise, seine Ablehnung zum Ausdruck bringt, ist hier für die Technik des Tendenzromans sehr bezeichnend. Sie k o m m t so zum Ausdruck: zunächst Absatz. Dann nur: „Moorfeld schwieg. Schlagender konnte das Ungemütliche des hiesigen Landlebens nicht mehr ausgedrückt werden." (Wieder Absatz!) Nach dem Frühstück. . . . etc." — es folgt also eine Entwicklung, welche jede Bezugnahme auf das Vorhergehende völlig vermeidet. 3 ) Die „Landsleute am Hafen", diese „aller Welt Landsleute" (147) hat Kürnberger offenbar von Gall (II, 106), der sie ganz gleich charakterisiert: „als Gesindel am Gestade", „jene dienstfertigen Landsleute von Jedermann, die auf Kosten der Unerfahrenheit der ankommenden Emigranten leben." Über die Aufnahme der deutschen Einwanderer vgl. ebenfalls Gall, II, 108 ff. 4 ) Bei der Behandlung des Verhältnisses der Amerikaner zu den Deutschen, das im ein-

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Freilich alle diese Widerstände sind zu überwinden, aber eigentlich nur durch ein Mittel: der Deutsche muß sich „amerikanisieren", und zwar im Kürnbergerschen Sinn. Er muß die Fähigkeit erlangen, Gleiches mit Gleichem zu vergelten, er muß dem Amerikaner gewachsen, das heißt ihm gleich sein. Was eine solche Wandlung in ihrem ganzen Ausmaße bedeutet, wird noch zu untersuchen sein. Ganz ähnlich ergeht es den Farmern; zunächst besteht die Gefahr, daß der eingewanderte deutsche Bauer schon gleich beim Landkauf durch Betrug ruiniert wird. Man verhandelt ihm „senkrechte" Felswände, die man aber als wagerecht in die Karte einzeichnete (81 f), schwatzt ihm eine Fiebergegend auf, oder sucht ihm doch auf alle Fälle die oft empfindlichen Schäden der Ländereien zu verbergen (66ff). Da ist gar keine Rettung möglich, selbst der scheinbar ganz gefahrlose Weg, sich von den „free-soilers" Land schenken zu lassen, bedeutet für den Nichteingeweihten den sicheren Untergang (78f). Sind diese Gefahren überwunden, nennt der Eingewanderte wirklich ein Stück fruchtbares Land sein eigen, so ist noch immer sein Los das denkbar traurigste. Meilenweit entfernt von jeder Kultur fristet er unter harter Arbeit mühsam sein Leben. „ D a s Grab eines Unbegrabenen" (371) nennt Kürnberger ein solches Gehöft. Die schwer erarbeitete Ernte muß dazu gegen Papiergeld verkauft werden und schon der nächste Bankbruch kann den Erlöß entwerten (321). Am besten von allen hat es der Kaufmann. Das ist der eigentliche amerikanische Beruf, dem irgendwie jeder Amerikaner, selbst der sonst an der Scholle klebende Bauer (s. o.) nachgeht. Freilich auch dieser Beruf ist zunächst nicht für den Eingewanderten aussichtsvoll. Nur der amerikanische oder der wenigstens amerikanisierte Kaufmann wird mit Erfolg spekulieren. E s wird sich da also um Persönlichkeiten handeln, wie sie Kürnberger uns etwa in der Figur des Staunton darstellt, die nicht allzu fein zwischen Recht und Unrecht unterscheiden. Wir hören in dieser Beziehung von dunklen Geschäften, die jedoch die glänzendsten Erfolge zeitigen (47, 536, 550 etc.). Auch hier also heißt es für den Deutschen in Amerika: untergehen oder sich amerikanisieren im Sinne unseres Verfassers. Besonders bezeichnend für den Charakter, für die unglaubliche Verbreitung und Wirkung solcher Spekulationen in den Vereinigten Staaten einerseits, für die erdrükkende Gefahr gegenüber den unerfahrenen Eingewanderten andererseits ist nach Kürnberger das Bankwesen. E s ist nichts als ein großer Betrug. Und doch hat ihm zum größten Teil die Union den ungeheuren Fortschritt zu verdanken (322). Ein Engländer führt diesbezüglich aus: Ich „habe den Fallissements Ihrer Banken seit dem Jahr 1811 nachgerechnet und gefunden daß Sie bis heute, also innerhalb einer Generation, für zweihundert Millionen Dollars falliert haben. Schlage ich einen Taglohn durchschnittlich zu einundeinhalb Dollar an, so haben Sie einer einzigen Generation Ihrer Mitbürger hundertundfünfzig Millionen Arbeitstage gestohlen! Damit läßt sich was ausrichten! Das tut ihnen allerdings keine Nation der Erde gleich. Von zelnen noch zu untersuchen ist, hat Kürnberger offenbar Löher benutzt (a. a. O. 2. Ausg. 1855). Vgl. in Bezug auf den „Riot gegen die Deutschen", mit dem der Roman abschließt (besonders Schutzlosigkeit der Deut sehen selbst seitens der Behörden, Mißhandlungen etc.) Löher S. 486 f. "7 Meyer, Nord-Amerika

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II. Das Amerikabild Ferdinand Kürnbergers im „Amerika-Müden"

dem Geheimnis Ihrer Fortschritte ist das der Schlüssel . . . " . Denn mit diesen Werten sind dann die Städte, Kanäle, Straßen und Flotten gebaut, Wälder und Prärien kultiviert worden (319). E s gibt Banken, deren ganzes Vermögen in einer Banknotenpresse oder einem einzigen Dollar bestehen soll (321)! Welcher deutsche Einwanderer aber, ganz gleich, welchen Beruf er habe, vermöchte sich gegenüber einer solchen Ubermacht von Betrug und Frechheit auf die Dauer wirtschaftlich zu halten 71) Wenn aber Amerika keine Kulturwerte zu bieten hat, wenn dank den Mängeln der Verfassung stets Krieg, Anarchie, j a Despotismus drohen, wenn zudem das Land durch die Spannungen im sozialen Leben vor großen Katastrophen steht, und wenn man sich dann nur unter den größten Anstrengungen, eigentlich nur als Betrüger, eine Existenz erkämpfen kann — was kann unter solchen Umständen den Europäer, den Deutschen noch nach den Vereinigten Staaten ziehen ?

2. Charakteristik des Amerikaners.

Das Bild, das Kürnberger von Nordamerika gibt, wird noch besonders gestützt durch die Charakteristik seiner Amerikaner. Er geht so vor, daß er ihnen allen eigentlich die gleichen Eigenschaften gibt, daß er also gewissermaßen einen Typ „amerikanischer Mensch" konstruiert. Was sein Amerikabild durch ein solches summarisches Verfahren, das, wie wir es bei den verschiedenen Institutionen der Vereinigten Staaten sahen, nun auch hinsichtlich ihrer Bewohner die vielerlei Einzelerscheinungen auf eine Formel zu bringen sucht, auf der einen Seite an Wahrscheinlichkeit verliert, das gewinnt es auf der anderen an breiterer Wirksamkeit, Einprägsamkeit 2 ). Daran aber gerade mußte ihm vor allem liegen. Ahnlich'wie bei anderen Schriften über Amerika, besonders seit der Romantik, ist der Grundzug auch der Kürnbergerschen Amerikaner ein ausschließliches Bekenntnis zu materiellen Werten 3 ) und ähnlich sind auch die entsprechenden Folgen hinsichtlich der sittlichen Begriffe des Amerikaners. Doch bekommt diese Einstellung, dieser „amerikanische Materialismus" bei Kürnberger eine gewisse neue Färbung. Er ist nicht nur ein Mangel, ein Irrtum vom Standpunkt des Deutschen aus, der seine Bekenner zu moralisch unentwickelten Menschen macht, sondern er ist ein doch irgendwie grandioses System, eine zwar dem Europäer, vor allem dem Deutschen unverständliche, doch in sich auf das Großartigste folgerichtige, abgerundete Weltanschauung, die zwar einseitig nur ein Gebiet des menschlichen Lebens umfaßt, dieses aber in wirksamer und sonst unerreichter 1 ) Es ist klar, daß Kürnberger für eine Schilderung der finanziellen Verhältnisse in den Vereinigten Staaten in der zeitgenössischen Literatur Anhaltspunkte in Mengen fand, da keine Auswandererschrift diese Dinge unberührt ließ. Selbst ausgesprochen amerikafreundliche Schriften (etwa v. Raumer, s. o.) kritisieren diese Zustände scharf. 2 ) Übrigens ist die den Amerikanern vorgeworfene Gleichförmigkeit des Charakters bereits ein alter Bestand der antiamerikanischen Schriften. Vgl. besonders das in dieser Beziehung charakteristische Bild einer Pappel, das Gutzkow brachte (s. o.), der der Amerikaner gleiche (als Gegensatz zum „zackigen Waldbaum"). 3 ) Wir sahen, wie gerade die an geistigem Leben Interessierten immer wieder so kritisierten (s. o.). Ähnlich formuliert auch Dickens diesen Eindruck: „ E s wäre gewiß für die Amerikaner im Ganzen besser, wenn sie das Reale etwas weniger und das Ideale etwas mehr liebten" (a. a. O. 270).

2. Charakteristik des Amerikaners

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Weise zu entwickeln weiß. Freilich hebt im Verlaufe des Romanes mit der Darstellung der Folgen einer solchen Einstellung diese sich selber gewissermaßen auf, da von ihr ausgehend die Entwicklung Stufe für Stufe dem Untergang entgegengeht. Bereits die Erziehung, die der junge Amerikaner durchzumachen h a t , entwickelt eindeutig und folgerichtig die ihn bezeichnenden Eigenschaften ; sie ist ausschließlich mit Rücksicht auf diese allgemein herrschende materialistische Grundeinstellung angelegt. Der Bürger der Vereinigten Staaten hat in seiner Jugend drei verschiedene Epochen durchzumachen 1 ). Zunächst ist er im Elternhaus. Hier verwöhnt und verzärtelt man ihn bis zum Beginn der Schulzeit derart, daß er sich bald zu einem vollkommenen Tyrannen entwickelt hat, dem jede kleine Laune von den Eltern erfüllt werden muß. Respektlosigkeit, Mutwillen und Trotz werden als „Zeichen künftiger Mannestüchtigkeit" sorgfältig gehegt und gepflegt (257). Auf diese Weise wird bereits in der ersten Kindheit die Eigenschaft auf das Gründlichste entwickelt, die als ausschlaggebend in Denken und Handeln den Kürnbergerschen Amerikaner durchs Leben begleitet: der Egoismus. Die Folgen auf den Charakter und die Sitten der kleinen „unbeugsamen Republikanergamins" (257) sind nur natürlich. Kautabak und Alkohol spielen bereits im Anfang des zweiten Abschnitts ihrer Jugend, der Schulzeit, ihre Rolle. In diesem neuen Lebensabschnitt, der Schulzeit, wird die eigentliche materialistische Welt- und Lebenseinstellung des Amerikaners entwickelt. Von einer wirklichen Bildung, einer Vertiefung in die kulturellen Güter der Völker oder gar einer Erziehung zu schönem und edlem Menschentum ist keine Rede (258). Das leitende Prinzip ist die Nützlichkeit in Bezug auf die äußeren Güter des Lebens, ganz gleich, ob es sich um Volksschulen oder um höhere Schulen handelt 2 ). Der Schüler wird angehalten, das Zweckmäßige und Praktische geistesgegenwärtig herauszufinden (27ff). Als Beispiel für eine in diesem Sinn ausgewählte Schullektüre gibt Kürnberger einen Abschnitt aus einer Schrift Franklins 3 ), eine in der Tat sehr wirksame und bezeichnende Illustration zu der von unserm Verfasser charakterisierten Art der Erziehung! Die Bestimmung dieser Menschen erschöpft sich im Hervorbringen von Dollars: „aus dem Rinde macht man Talg, aus dem Menschen Geld" (32). „Der Amerikaner soll baldmöglichst ein Dollar erzeugender Automat werden" (257) 4 ), dafür hat die Schule zu sorgen 5 ). Die Sprachen, ' ) Die Entwicklung des Amerikaners bis zu seiner „Bekehrung", also etwa dem 20. Lebensjahr stammt wörtlich (geringe Wortänderungen ausgenommen) aus Löher, vgl. 364ff. 2 ) Die von Mulfinger angeführte Quelle v. Raumer, II, 42 betont zwar den Mangel an Gründlichkeit (besonders der Sprachen) und die Tendenz der Erziehung, praktische Kenntnisse zu vermitteln, sucht aber eher das Positive einer solchen Auffassung hervorzuheben. Wahrscheinlich hat Kürnberger bei seiner Betonung des bloßen Nützlichkeitsprinzips u. a. besonders Grund benutzt. Vgl. z. B. dort II, 33 und bez. wissenschaftliche Erziehung I I , 27ff. 3 ) Auch bei Grund findet sich der Hinweis: „ ,Zeit ist Geld' sagt Franklin" (II, 144). 4 ) Charakteristische Bezeichnungen des Amerikaners in Bezug auf sein Verhältnis zum Geld finden sich in diesem Sinne in der Amerikaliteratur in Mengen. So spricht z. B. Grund (II, 21 u. 27) von „kalkulierenden Maschinen," „kalkulierenden geldmachenden Jankees". Das Ottosche Pamphlet bringt den Ausdruck "money making deer" (63). 5 ) Grund bringt das Beispiel einer Schulerziehung, wo die Kinder für Geld lernen (II, 33). 7*

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II- Das Amerikabild Ferdinand Kürnbergers im „Amerika-Müden"

wie sie in den höheren Schulen getrieben werden, sind nur ganz von außen erfaßt. Es kommt darauf an, oberflächlich Bescheid zu wissen, „die Handgriffe einer Sprache oder Wissenschaft zur Schau tragen" zu können (258), auf Ubersetzungsstücke auf die öffentlichen Prüfungen zu trainieren. Dazu kommt ein wenig Physik, Mathematik und Geschichte, freilich nur die des eigenen Landes 1 ), und etwas Philosophie, oder vielmehr „jene banausische Mischung von Denk- und Naturgesetzen, Sittenlehren und Geschichtsanekdoten, welche man Philosophie nennt"(258) 2 ), alles zusammen zwei bis vier Jahre und die Erziehung ist beendet. Hat der erste Lebensabschnitt den Egoismus des Amerikaners entwickelt, ihn daran gewöhnt, jede kleine Laune seiner eigenen Person zu befriedigen, hat ihn die Schulzeit durch Hinweis auf ausschließlich materielle Werte und Erziehung zu Lebensgewandtheit und Schlagfertigkeit die Fähigkeiten dazu gegeben, so vollendet die dritte Periode, vor allem bei dem reichen Amerikaner, den Charakter des hemmungslosen, brutalen, ausschließlich niederen Werten zugänglichen Egoisten, indem sie, was etwa noch sittlich an ihm zu verderben ist, verdirbt, ihn aber zugleich zum vollendeten Schauspieler, zum Lügner und Heuchler, sofern es nützlich erscheint, ausbildet. Der nunmehr kaum sechzehnjährige stellt das wahre Zerrbild eines Menschen dar. D u m m , eitel, prahlerisch füllt ihn ein liederliches Leben völlig aus. Höchstens tritt er zu weiterer Betätigung einer Partei oder einer Feuerlöschkompagnie bei, deren eigentümliche Wirksamkeit schon erwähnt wurde. Wird ihm das alles zu langweilig, oder ist er von diesen Anstrengungen gesundheitlich angegriffen, so geht er auf Reisen. Blasiert, „gähnend" bereist er die ganze Welt, u m dann gelangweilt wieder zurückzukehren 3 ). Den würdigen Abschluß dieser Epoche bildet seine „Bekehrung", die für ihn durchaus notwendig ist, „um unter seinen Mitbürgern zu reüssieren" (259) und eine reiche Heirat 4 ). Damit sind die Lehrjahre vorbei, der nunmehr etwa Zwanzigjährige ist fürs Leben ausgerüstet. Wenn so der Amerikaner durch Anlage und Erziehung auschließlich Materialist, sittenloser Egoist geworden ist, so sind die übrigen ihn bezeichnenden Charakterzüge nur die notwendige Folge dieses Grundzuges. Kürnberger läßt einen Amerikaner sagen: „Wir sind mit dem Gewinn als mit unserm höchsten Gut eine Ehe eingegangen und niemand darf es wundern, 1 ) Moorfeld prüft eine Farmerstochter deutscher Abkunft, die in Amerika erzogen ist. „Den Unabhängigkeitskrieg z. B. kannte sie so im Detail, als ob jedes Vorpostengefecht wichtiger, als die Schlacht bei Leipzig gewesen wäre" (von der sie nämlich nichts wußte). „Verdammte Prahlsucht dieses Volkes, das alle Geschichte zu verachten affektiert, nur nicht sein eigenes Geschichtchen." Den deutschen General Steuben dagegen kannte sie wieder nicht. So redigiert der Yankee seine Schulbücher!" 2 ) Keine Kürnbergersche Formulierung, übernommen von Löher s. o. 3 ) Die Blasiertheit des reisenden Amerikaners hebt besonders auch Grisson (216) hervor. 4 ) Die Art, wie sich beim Amerikaner alle Ereignisse (wie hier Bekehrung und Heirat) gerade im passenden Moment einstellen und ohne weiteren Gefühlsüberschwang erledigt werden, die Tendenz also, alle Dinge ausschließlich im Hinblick auf das Nützlichkeitsprinzip zu betrachten, findet sich mit ähnlicher Ironie bei Grund (II, 111): „Die Gentlemen dieser Stadt thun, wie Salomon, alles zur rechten Zeit. Verhebt sich einer von ihnen, so kann man sicher sein, daß er auch schon alles zur Heirath bereit hat, und daß der Gegenstand seiner Affektion legitim ist. Nie verschwendet er seine Empfindungen auf etwas Unerreichbares; denn er hält mit seinem Gefühl ebensp gut Haus als mit seinem Vermögen".

2. Charakteristik des Amerikaners

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daß aus dieser Ehe die gemeinsten Leidenschaften entsprossen sind" (255). Und für seine Amerikaner stimmt das durchaus: Am meisten fällt ihre Heuchelei ins Auge. Die Bewertung, welche die kirchlichen Gebräuche in der Öffentlichkeit genießen, sind da besonders bezeichnend. Man geht zur Kirche, man „bekehrt" sich in einem gewissen Alter, man rügt peinlich jeden, der diese Zwangsbräuche nicht anerkennt oder einhält. Die Gestalten des Staunton und des Hoby durch ihre immer gleiche Scheinfreundlichkeit, das gewohnheitsmäßige Lächeln und die moralische Unantastbarkeit einerseits, die leidenschaftliche religiöse Beflissenheit andererseits, und das bei einem völlig verdorbenen Charakter und einem durchaus verbrecherischen Leben sind da vor allem aufschlußreich. Bezeichnend ist auch die kleine Anekdote von dem frommen Methodisten: zu ihm, einem eifrigen Mitglied eines Mäßigkeitsvereins, der eine Wirtschaft, natürlich ohne Spirituosen, hat, kam in dunkler Nacht der Missionar dieses Vereines zu einem,, Quart Whisky". Nachdem man sich erkannthatte, wurde das Getränk „mit aller Diskretion verabreicht, und ebenso schweigsam genossen, die beiden Frommen verloren kein Wort über ihr erkanntes Inkognito und am hellen Tage im Missionshause beglückwünschten sie sich als die auserwählten Kinder dieser gottlosen Welt" (443f) 1 ). Ebenso bezeichnend sind die Erlebnisse der Harriet, die das Leben einer Prostituierten aufgibt, und diesen Schritt „zum Entsetzen der Welt" begründet: „nicht das Laster selbst habe sie zum Rückschritt getrieben, sondern das habe sie mit Schauder und Ekel, ja mit zerrüttender Verzweiflung erfüllt, daß die gefeiertsten Tugendspiegel New Yorks in hellen Haufen die Besucher ihres Hauses gewesen!" (526f). Aus der ausschließlichen Betonung der eigenen Persönlichkeit, die den Amerikaner kennzeichnet, ist auch die maßlose Eitelkeit und Selbstgefälligkeit zu erklären. Selbst Männern von Verdienst, von geistiger Bedeutung ist dieser Zug eigen (241). Die anderen aber wirken gerade dadurch besonders verzerrt, daß diese Eitelkeit mit einer unerträglichen Dummheit und Unwissenheit verbunden ist. Da sind etwa die sogenannten „Dandies on short allowance" (234), die mit ihrer unbeschreiblichen Selbstüberschätzung, ihrem koketten, prahlerischen Wesen (55), mit ihrem ganzen aufgeputzten Narrentum wahre Karikaturen darstellen. Da ist Staunton, unter dessen Gestalt wir uns überhaupt den Kürnbergerschen Amerikaner in denkbarer Vollendung vorzustellen haben, dieser alternde, schmächtige Mensch, der so ängstlich bemüht ist, durch gefärbtes Haar, geschwärzte Augenbrauen und Schminke ein jugendliches Aussehen zu erhalten (37, 88), der im übrigen nur in großen, salbungsvollen Worten spricht, freilich ausschließlich über Dinge, von denen er nichts versteht. Besonders auffallend in dem republikanischen Staatswesen aber ist die allgemein verbreitete Eine Schilderang heimlichen Trinkens, die hier durch den knapp berichtenden Ton Kürnbergers besonders wirksam ist, findet sich ähnlich an Inhalt und Art der Darstellung bei Grisson (40): „Ich habe selbst gesehen, wie ein solcher heimlicher Trinker leise in eine Wirtsstube geschlichen kam, sich scheu überall umschauete, sich unbemerkt glaubend eiligen Schrittes dem Ladentisch zueilte, nach nochmaligem schüchternen Rückblick dem Aufwärter eine Bitte zuflüsterte, verstohlen ein Glas erhielt, verstohlen dasselbe mit der berauschenden Flüssigkeit füllte, der Wand zugewendet das Glas leerte und gesenkten Blickes rasch davonstürzte. . . . "

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II- Das Amerikabild Ferdinand Kürnbergers im „Amerika-Müden"

Titelsucht. Die Titulatur der Mrs. Staunton nimmt bei Kürnberger fast eine Drittelseite in Anspruch. Im übrigen ist sie im Drawingroom der betreffenden Dame sorgfältig unter Glas und Goldrahmen ausgestellt ,,für jeden, der die Geduld dazu hatte, zu lesen" (89). Sonst sind es besonders militärische Titel, die man bevorzugt (239) 1 ). Neben dieser Selbstüberschätzung und Selbstgefälligkeit ist den Kürnbergerschen Amerikanern eine ebenso maßlose Eitelkeit in Bezug auf ihre Nation eigen 2 ). Auch hier ist die Gestalt des Staunton mit ihrer dummen Arroganz, die sich in lauter hohlen und unverstandenen Phrasen ergeht, besonders charakteristisch. Wenn er spricht, so geschieht es, um das Lob der Vereinigten Staaten zu singen (87). Kürnberger hat oft, gerade um die Dummheit dieses salbungsvollen Propheten recht zu unterstreichen, eine amerikanische Einrichtung, wie dieser sie sieht, geschildert und gleich darauf, wie sie „wirklich", also nach der eigenen Auffassung ist. Was kann lächerlicher wirken, als etwa ein überschwengliches Lob auf die edle männliche Jugend New Yorks, die sich freiwillig in der uneigennützigsten Weise der Feuerwehr widmet, um „die edelste aller Kriegswissenschaften" zu pflegen, den „ K a m p f gegen das Element" zum Schutze der öffentlichen „Sicherheit des Lebens und des Eigentums"(59), wenn wir bereits über den „wahren" Sachverhalt orientiert sind, nämlich über die Rauflust, die Koketterie, Roheit, Sensationslüsternheit, überhaupt die ganze Verdorbenheit eben dieser „edlen" Jünglinge. Oder wenn der alte, kosmetisch mühsam zusammengehaltene Staunton rühmt, daß man in Amerika dank Klima und Tätigkeit der Bewohner keinen alten Mann finden würde (88)! Besonders widerwärtig ist diese nationale Arroganz, da sie mit einer lediglich auf Unwissenheit gegründeten Nichtachtung der Institutionen anderer Völker verbunden ist, über die in der unverschämtesten Weise abgeurteilt wird (87). Freilich ist das so sehr nicht verwunderlich, da man in den Schulen, wie wir wissen, nur amerikanische Geschichte treibt, und auch diese ist, ehe sie gelehrt wird, gehörig revidiert (423). Jeder Amerikaner ist auf seine staatlichen Institutionen, auf die Verfassung ungemein stolz, obwohl alle diese Dinge, wie wir bereits sahen, nach Kürnberger nichts Gesundes an sich haben. Hohle Formeln, Phrasen vom Geist „der Freiheit und der Vernunft" (38), von den „herrlichen Institutionen unseres freien und aufgeklärten Volkes", von „unsern heiligen Institutionen" (264) oder vom „freien und aufgeklärten Bürger der Union" (310) werden von den Patrioten dahingesprochen, ohne daß ihr Inhalt näher untersucht, ihre Unwahrhaftigkeit empfunden wird. Es sind Schlagworte, deren bloßer Klang die Eitelkeit befriedigt, an denen man sich berauscht. Eine jener Eigenschaften, die ebenfalls unmittelbar aus der ausschließlich materiellen Grundrichtung des Amerikaners zu erklären ist, und die nicht Kürnberger berichtet von Moorfeld: „ E s verdroß ihn aber bald, daß er Kaufleute, Fabrikanten und Schiffsreeder als Oberste, Colonels, Kapitäns usw. durch alle Grade der Kasernenhierarchie zu salutieren hatte. Ein Land, das in seinem ganzen Begriff das Friedensreich der modernen Bürgerlichkeit bedeutet, mit soviel Vorliebe im Epaulettenreflex sich bespiegeln zu sehen, war dem Europäer, dem zu Hause schon sein , Soldatenspielen' kulturwidrig dünkt, eine der widerwärtigsten Schwächen des amerikanischen Volkscharakters." Diese Charakteristik geht offenbar auf Gall (II, 68 f. Anm.) zurück. 2 ) Vgl. hierzu Löher 379: „Die Amerikaner sind das erleuchtetste V o l k . . . . "

2. Charakteristik des Amerikaners

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wenig dazu beiträgt, ihn zu dem geschilderten Beherrscher und Sieger im Alltagskampf zu machen, ist seine Herzlosigkeit. Ein absoluter Mangel an Gemütskräften kennzeichnet ihn. Freude an den Erzeugnissen der Kunst etwa, Trauer, Mitgefühl, Freundschaft oder Liebe sind ihm unbekannt 1 ). Wird uns wirklich einmal von einem vergnügten Amerikaner erzählt, so ist seine Freude gewiß Schadenfreude, oder es ist jedenfalls etwas Listiges und Verkniffenes dabei. Eine reine herzliche Hingabe an etwas außer ihm Liegendes ist ihm fremd. Gewiß, eine Art Naturgefühl ist vorhanden, er macht sogar unter Umständen weite Reisen „ u m einen Wasserfall oder einen Löwen" zu betrachten, aber es ist doch keine ganz reine Freude, jedenfalls würde es „seinen Genuß wunderbar erhöhen, wenn der Wasserfall eine Mühle triebe 2 ) und der Löwe einen Bratspieß drehte" (270). Einer ruhigen inneren Heiterkeit oder einer überschäumenden Fröhlichkeit ist er nicht fähig. Von den Bauern, die eine Lustbarkeit veranstalten, sagt Kürnberger, ihr Jauchzen sei ein „schrilles, blutrünstiges Gellen, wie von befriedigter Mordgier", „dem Kriegsgeheul der Indianer entlehnt" (421) 3 ). Der blasierte Städter kennt nur hämische Schadenfreude und Zufriedenheit über einen Skandal oder einen geglückten Betrug. Auch einer tieferen Trauer, eines Schmerzes über einen Schicksalsschlag etwa ist der Amerikaner nicht fähig. Wird ihm ein Plan durchkreuzt, mißlingt ihm etwas, so ist er höchstens von Wut oder Rachsucht erfüllt. Im allgemeinen ist er überhaupt empfindungslos. Sein Herz bleibt gleich kalt, gleich unbeteiligt, ob er in der Kirche betet oder ob er Zoten reißt (325), ob er seine Mitmenschen ruiniert (393, 550 u. a. ), oder ob ihm selber ein schmerzlicher Verlust droht (48). Er hätte garnicht die Zeit, sich einem Gefühle hinzugeben. Die stete Aufmerksamkeit auf gegenwärtige oder zukünftige Möglichkeiten haben ihn zu einer unempfindlichen Rechenmaschine gemacht. Zufriedenheit, Gemütlichkeit kann er bei seinem rastlosen Streben, seiner immer wachen Sucht nach Sensation, nach „Wagnis und Skandal" (137), seinem eigentlichen Lebenselement, nicht brauchen. Pietät und Ehrfurcht sind ihm nicht minder fremd. Pflegt er ein Überkommenes, ehrt er etwa die Religion, rühmt er die Kunst, so sind es Heuchelei, Eitelkeit oder Berechnung, die ihn dazu veranlassen. Ein Familienleben existiert nicht. Elternliebe wird in Amerika höchstenfalls zu einem gemeinsamen Geschäftsinteresse, indem der Sohn sich als „Associe" für den Vater interessiert, mit dem dieser „die Dividente — nicht der väterlichen Liebe — sondern des väterlichen GeUber die Herzlosigkeit des Amerikaners vgl. u. a. besonders Gall II, 106 ff. ) Das fehlende Verhältnis des Amerikaners zur Natur durch diese allerdings charakteristische Anekdote zu illustrieren, hat den verschiedensten Schriftstellern eingeleuchtet. Genau dasselbe Bild findet sich bei Biernatzki: der braune Knabe oder die Gemeinden in der Zerstreuung. Novelle. 2 Teile. Altona 1839, I, 138: „ I n den nördlichen Provinzen ist ein Nützlichkeitsprinzip, das gern dem Niagarafall ein Wasserrad u n t e r l e g t e . . . . " ; und bei Glisson (217): Dort findet ein edler „Yankee", der Niagarafall sei doch ein "damned funny thing" und fährt fort, „vorzurechnen, wie viele Mühlen, Eisenhämmer und Gott weiß, was sonst noch, durch die Wasser, die jetzt nutzlos in die Tiefe stürzen, getrieben werden könnten." Bei Wagner und Scherzer wird bereits (I, 82) von neuen Stampf- und Sägemühlen am Niagara gesprochen. 3 ) Die Schilderung dieser ländlichen „frolics" erinnert sowohl in der Kritik der äußeren, primitiven Aufmachung, als auch in manchen Punkten der Sittenschilderung (Negermusik, barbarische geschmacklose Tänze, Freßsucht etc.) an Grisson S. 76 ff. 2

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II- Das Amerikabild Ferdinand Kürnbergers im „Amerika-Müden"

schäftes abrechnet" (63). Kindliche Dankbarkeit oder Ehrfurcht wird Widerspenstigkeit (566). Eine wirksame Illustration zu der inneren Veranlagung dieser Kürnbergerschen Amerikaner bildet ihr äußeres Auftreten. Da sie nur immer auf sich und auf ihr rastlos erstrebtes Ziel des Reichtums, der Befriedigung ihrer Leidenschaften überhaupt, im übrigen aber weder nach rechts noch links blicken, an gefälliger Form aber, an Schönheit und Maß kein Interesse haben, ist es kein Wunder, wenn ihr Gebaren, die Form, in der sie sich geben, völlig unkontrolliert, unharmonisch ist. Es kann keine ungezogeneren, rüpelhafteren Menschen geben als diese Amerikaner. Diese Ungezogenheit geht von den reichen Aristokraten bis zum armen Hinterwäldler und nimmt nach unserm Verfasser Ausmaße an, die es einem ästhetisch fühlenden Menschen in der Tat nahezu unmöglich machen, in Amerika zu existieren (98). Wenn man aus dem äußeren Gebaren eines Menschen glaubt auf dessen Charakter schließen zu können, so sind Rücksichtslosigkeit und Brutalität gegenüber dem Mitmenschen jedenfalls Züge, die bei dem Amerikaner sofort ins Auge fallen. Ein „Gentleman", der zu größerer Bequemlichkeit seine kotigen Stiefel mitten auf den Tisch in einem öffentlichen Lokal legt (99), ein dummer Junge, der spaßeshalber seinen Revolver abfeuert (98), ein Rüpel, der auf Grund einer Wette mit zwei lächerlich verschiedenen Schuhen in eine angesehene Gesellschaft kommt (284f), sind nur alltägliche bezeichnende Fälle für diese allgemeine Roheit. Das Benehmen bei Tisch ist nach Kürnberger zwar ein „Schauspiel höchster Originalität, aber auch Abscheulichkeit" (45). 1 )Keine Kultur, kein primitives ästhetisches Empfinden oder Formgefühl ist vorhanden. Gerade dieser Mangel wird von Kürnberger besonders herausgearbeitet. Einmal muß das Abstoßende aller dieser widerwärtigen kleinen Züge, denen der Fremde stündlich wehrlos ausgeliefert ist, dem Leser eine ablehnende Einstellung, geradezu ein Entsetzen vor diesem Lande gleichsam von selbst einflößen, dann aber bilden diese Sitten oder vielmehr Unsitten tatsächlich eine passende, abrundende Ergänzung zur Charakteristik des Kürnbergerschen Amerikaners, des „Yankee". Sein Verhältnis zur engeren und weiteren Umgebung ist nicht weniger bezeichnend für ihn. Die herzlose, gemütlose Art, das Fehlen jedes innigeren Gefühls ist besonders auffallend, wenn wir ihn im Kreise seiner Familie, in seiner Häuslichkeit überhaupt betrachten. Da ihm Freundschaft, Liebe, jede Anteilnahme an einem anderen Menschen unbekannte Dinge sind, ist selbst im engsten Kreise kein gegenseitiges Verstehen, überhaupt kein Verhältnis möglich. Vater und Sohn sind höchstens Geschäftskompagnons (s.o.); die Beziehung von Mutter und Tochter zu einander ist voll unwahrer Sentimentalität (41) und hält nur solange an, als beider Interessen die gleichen sind (566). Ebenso innerlich geschieden sind die Gatten. Ihr Verhältnis zu einander ist rein konventionell, zumal, wie wir wissen, die Heirat ein Geldgeschäft ist. Man ehrt die Frauen in Amerika, man verwöhnt sie als 1 ) Über die äußere Unerzogenheit der Amerikaner konnte sich Kürnberger wieder : n allen Reise- und Auswandererschriften über Amerika Anregungen in Mengen holen. Besonders ausführlich finden sich fast in allen Schriften die amerikanische Kochkunst, Art des Servierens und des Essens selber ausgeführt.

2. Charakteristik des Amerikaners

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die „zarten Blumen der Menschheit" (43), aber wohl oder übel, man muß es tun, wenn man sich nur einigermaßen „auf dem Niveau der öffentlichen Meinung seines Landes behaupten will". Man tut es auch. Aber da es auf die Dauer doch recht anstrengend ist, so ist der Amerikaner recht froh, wenn er nichts mit ihnen zu tun hat, wenn er sich einmal „außer dem Zwang seiner häuslichen Verhältnisse" (325) nach Belieben gehen lassen kann. Langeweile, vollständige Interesselosigkeit am andern, Beschränktheit, Engherzigkeit und Arroganz bezeichnen das Niveau dieses „Familienlebens". Zuhausesein ist dem Amerikaner ein anstrengendes Schauspiel, das er gibt, kein behagliches Ausruhen oder interessiertes Miteinanderleben. Er kehrt der Gattin, der Tochter „die Bildseite des irdischen Lebens zu" (62). Sein eigentliches Leben, Arbeit wie Genuß, spielt sich außerhalb des Hauses ab 1 ). Freilich ist es kaum ein Wunder, denn die geschilderten amerikanischen Frauen sind von einer beispiellosen Dummheit, dazu eitel, herzlos und voll Hochmut, daß sie gewiß nicht die Berufenen scheinen, dem Familienleben einen traulicheren Zug zu verleihen. Sie stehen nicht nur den Interessen der Männer fremd und ablehnend gegenüber, ihre Putzsucht und Faulheit trägt unter Umständen zu deren Ruin bei. Alles in allem bilden diese „Blumen der Menschheit" ein würdiges Gegenstück zu ihren männlichen Landsgenossen. Einem Fremden, der etwa wie Moorfeld eine Zeit mit einer solchen amerikanischen Familie zusammenlebt, bedeutet das eine nicht unbeträchtliche Strapaze (45ff). Betrachtet man sich die äußere Umgebung, die Wohnung, die Kürnberger diesen verzerrten, karikaturhaften Menschen gibt, so stellt diese in ihrer disharmonischen und geschmacklosen Ausstattung ihnen eine durchaus angemessene Umrahmung dar. Etwas Ungemütlicheres als das Heim des Kürnberger sehen Amerikaners ist nicht denkbar. Durch die prunkhafte, farbengrelle, von keinerlei ästhetischem Takt oder dem Gedanken des Zulässigen, Zweckmäßigen geleitete Einrichtung ist ein abstoßender Zug von Kälte der vorherrschende. Die Stühle etwa in einem bürgerlichen Hause sind „mit so bizarrer Feinheit geschnitzt, daß selbst die Königin Mab, wie es schien, darauf hätte durchbrechen müssen. Nur eine ungewöhnliche Holzfaser konnte diese Bearbeitung erlauben, aber die sinnliche Vorstellung des Sitzens war ganz bedachtlos dabei verletzt. Nach demselben Mißverhältnis zwischen Schein und Zweck präsentierte sich der Sofaüberzug: er brillierte in einem orangeprächtigen Farbenmuster, das das Auge lebhaft genug traf, aber das Muster stellte nicht weniger als einen Waldbrand vor . . . " (35 f). Nichts macht den Raum anheimelnd. Es fehlt dem Zimmer „der gemütliche Zug, wir möchten sagen, die organische Wärme der Häuslichkeit" (37). Blumen an den Fenstern zu ziehen, die dem Ganzen einen freundlicheren Anblick geben würden, ist nicht Sitte (24, 398). Uberhaupt wird das Haus nicht als Heim aufgefaßt, als Ruhepunkt, oder gar als etwas Überkommenes, 1 ) Die Charakteristik der Stellung des Amerikaners zu seiner Familie, besonders zur Frau, wie sie Kürnberger gibt, stammt offenbar aus Grund (II, 44f.): Die Amerikaner „achten die Frauen im Allgemeinen, sind ihnen aber nicht über die Formen der Höflichkeit zugetan. Das Geldmachen ist ihr Hauptaugenmerk, das so gänzlich ihre Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt, daß zwischen Geschäften und Politik ihnen für das, was die Deutschen Gemüthsleben nennen, durchaus keine Zeit übrig bleibt."

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II. Das Amerikabild Ferdinand Kürniergers im „Amerika-Müden"

Ererbtes pietätvoll erhalten. E s ist „kein Erbe auf Kind und Kindeskind", Sondern wie es, eine Art Dutzendware, jeweilig von der Fabrik geliefert wurde, so wird es auch als „vorübergehendes Werkzeug" wieder von ihr verbraucht (24) 1 ). Dasselbe kalte teilnahmslose Verhältnis, das der Kürnbergersche Amerikaner zu seinen nächsten Angehörigen hat, ist bezeichnend für sein Verhältnis zu den Mitmenschen. Nur tritt hier das schroff ablehnende, j a feindselige Moment noch stärker hervor. Im steten K a m p f des Alltagslebens, in seinen Spekulationen und immer neuen Plänen tritt ihm jeder Mensch als Feind entgegen, gegenüber dem man sich immer als der Überlegene erweisen muß, und den man unschädlich zu machen hat, wenn man nicht selber untergehen will. Jeder Schritt des Freundes, des Nachbarn, des Compagnon muß auf das argwöhnischste bewacht werden, da er den eigenen Untergang bedeuten kann. Dabei muß die äußerste Vorsicht bewahrt werden, die angeborene leere, aber glatte und höfliche Geschäftsfreundlichkeit klug beobachtet werden, denn man ist auf die Hilfe des andern angewiesen, und diese gilt es restlos auszunützen. Aber dieser andere hat, wenn er nicht gerade ein „einfältiger" Deutscher ist oder sonst ein Ausländer sondern selber „ Y a n k e e " , dieselben Pläne, und so gilt es von vorn herein einen K a m p f auf Tod und Leben eingehen, wenn man als Amerikaner in das Erwerbsleben hineintritt 2 ). Wir haben j a bereits gesehen, daß selbst die an sich dem Dienste des Nächsten gewidmeten Berufe des Geistlichen oder des Arztes da keine Ausnahme machen, daß im Gegenteil gerade sie eines ganz besonders guten schauspielerischen Talentes und einer ganz besonders brutalen Verantwortungslosigkeit bedürfen, um im Sinne des Yankee von zweckmäßiger Wirkung, also hinsichtlich der Ausnutzung und Schädigung des Nächsten zu sein 3 ). Wie sehr der Amerikaner diesem täglichen, stündlichen K a m p f gegen die Mitmenschen seine Institutionen angepaßt hat, wie sehr der Freiheitsbegriff, die eigentümlichen Begriffe der Rechtspflege, wie sehr auch das amerikanisierte „Christentum", dessen Moral das „Liebe deinen Nächsten" zum „help yourself" wandelte, dieser Auffassung entgegenkommt, ist schon gesagt worden. Ein K a m p f aller gegen alle ist die Losung. Welch unbezahlbares Kapital an nützlichen Eigenschaften aber gerade für diesen K a m p f bringt er ins Leben mit! Seine ausschließliche Bewertung materieller Güter und seine restlose Diesseitigkeit, der angeborene Egoismus und seine Eitelkeit lassen ihm diese seine Lebensaufgabe: auf Kosten des Mitmenschen emporzukommen, von vornherein als das einzig Wichtige 1 ) Die Tatsache, daß das Ererbte, die Tradition des Elternhauses, überhaupt die Verehrung des Gestern als Wurzel des Heute, welche besonders die Romantiker an Amerika vermißten, im Leben des Amerikaners keine Rolle spielt, findet Parallelen z. B. in der Charakteristik des Yankees als eines Heimats- oder Vaterlandslosen überhaupt, wie wir es besonders bei Lenau fanden (s. o.). Auch Grisson bringt (48) eine ähnliche Auffassung: „Es ist wahr, so paradox es auch klingen mag, der Amerikaner hat wohl ein Vaterland, aber er hat keine Heimath, und er hat diese nicht, weil ihm der Heimathsinn abgeht." 2 ) Über die den Amerikaner besonders charakterisierende Eigenschaft „des Mißtrauens und der Eifersucht" vgl. auch Dickens (267), dessen allgemeine Bemerkungen über den amerikanischen Charakter überhaupt mit Kürnbergers Charakteristik viel Ähnlichkeit aufweisen. 3 ) Außer Gall (s. o.) vgl. auch Löher (402) u. a.

2. Charakteristik des Amerikaners

und Lebenswerte erscheinen,

seine

listige und

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stets bereite Schlagfertigkeit

u n d Heuchelei einerseits, seine, wie wir sahen, eigentümlich u m g e k e h r t e n

sittlichen Begriffe, die Auffassungen von Gut und Böse andererseits geben ihm die denkbar wirksamsten Waffen in die Hand, diesen K a m p f zu führen, und die ihm eigene rücksichtslose Brutalität, Schonungslosigkeit, j a Schadenfreude vollenden den im Lebenskampf zum immer Überlegenen bestimmten, — wenn auch vom deutschen Standpunkt nicht edlen Menschen. Die Arbeit des Amerikaners, seine Tätigkeit bezieht sich auf alle möglichen Zweige menschlichen Wirkens. Entsprechend läßt uns Kürnberger in die Arbeit aller Stände und Berufe einen Blick tun. Der Aristokrat, der Sklave, der angesehene Bürger, der Bauer, der kleine Handwerker, sie alle werden in dieser Hinsicht beleuchtet. Aber bei allen diesen Berufen ist es wie bei der verwirrenden Mannigfaltigkeit der bei einem amerikanischen Frühstück aufgefahrenen Gerichte: wie letztere durch den ihnen allen •eigenen schlechten Geschmack in eine „traurige Einheit" (45) gebracht sind, so sind es diese durch das sie alle charakterisierende Verbrechertum, das sich bei den verschiedenen Erwerbszweigen und Menschen nur durch gewisse stärkere oder schwächere Nuancen, durch größere Dreistigkeit und Frechheit hier, durch verschlagenere List dort unterscheidet. Wenn wir die antiamerikanische Tendenz von Kürnbergers ,,Amerika-Müden" feststellten, die jede einzelne Lebensäußerung des westlichen Staates auf eine dieser Grundeinstellung entsprechende Formel zu bringen sucht, so bildet jedenfalls dieses allgemein verbreitete Verbrechertum eines der abschreckendsten Mittel, die angewendet werden. — Die geistigen, politischen und sozialen Verhältnisse in Amerika sind, ebenso wie zum Teil die Charakteristik, die Erziehung und Umgebung des Yankee in oft langen Abhandlungen und Gesprächen entwickelt (unter Umständen, wie wir sahen, wörtlich aus einer anderen Schilderung übernommen), jedoch nicht in den romanhaften Gang der Handlung eingegliedert, sondern ihn unterbrechend 1 ). Die Beschreibung der Wirksamkeit des Amerikaners dagegen, die Schilderung seiner Betrügereien, seiner „ T r i k s " geht durch die ganze Schrift hindurch. Gleich nachdem wir durch die ersten Kapitel mit New York etwas vertraut gemacht sind, gibt das 4. Kapitel die Beschreibung einer ganzen Organisation von Betrug und Schwindel mit den Vorgängen am Generallandamt. Dann folgt eingestreut Episode auf Episode, deren jede entweder eine neue Seite dieser eigentümlichen Art des Gelderwerbs enthüllt oder einen schon geschilderten Zug noch einmal unterstreicht, bis der Roman zum Schluß als Krönung gewissermaßen, die unvermeidlich ansteckende Wirkung dieses ganzen Systems zur Anschauung bringt, die vorher schon hin und wieder angedeutet wurde: das Meisterstück, das in dieser Hinsicht ein glücklich amerikanisierter Deutscher, ein ursprünglich edler Mensch, leistet. Das Abschreckende, Verwirrende, die Tatsache, als unerfahrener Ankömmling an jedem Ort, auf jedem Gebiet dem Verbrechen wehrlos ausgeliefert zu sein und zugleich die Wirkung, selber rettungslos diesem System zu verfallen, 1 ) E s sei hier außer an die Entwicklung der Erziehung und des Lebens des jungen „Yankee" (256ff., s. o.), besonders an die nur lose eingefügte Schrift „zur Beurteilung des Bestandes der nordamerikanischen Gesellschaft" (200), oder an die langen Gespräche des ,Rout" über die Sklavenfrage (242ff.), die Verfassung (255ff.) erinnert.

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H- D a s Amerikabild F e r d i n a n d K ü r n b e r g e r s i m

„Amerika-Müden"

ist dadurch, entsprechend der Absicht Kürnbergers, wirksam herausgekommen 1 ). Die Art und Weise im betrügerischen Ausbeuten des Mitmenschen seinen eigentlichen Beruf zu sehen, sowie die kleinen diesbezüglichen Anekdoten bedeuten wiederum, wie wir es überhaupt bei den stofflichen Einzelheiten fast allgemein feststellen konnten, im Vergleich zu den Auswandererschriften jener Zeit nichts Neues. Sie sind zum großen Teil einfach übernommen oder, u m charakteristische Momente besonders hervorzuheben, entsprechend variiert. Sie sind zunächst mit besonderer Rücksicht auf die Hauptmasse der Auswanderer in zwei Komplexen zusammengestellt: einmal, bei den Vorgängen am Generallandamt, stehen die Farmer im Mittelpunkt (66ff), dann, bei den Verhandlungen in „Kleindeutschland", die Handwerker (134ff). Im übrigen sind sie bunt aneinandergereiht und abgesehen v o n einer stärkeren Betonung dieses oder jenen Zuges alle einerlei Art. Auch die feinere Unterscheidung zwischen „ H u m b u g " und Betrug (83), die ein freilich sehr gerissener Yankee zum Besten gibt, ändert daran nichts. An den amerikanischen Institutionen, den Auffassungen v o n Gut und Böse, ihrem Charakter sahen wir bereits, daß die „Büberei ein großes aus! ) D a ß K ü r n b e r g e r gerade a u c h vor allzu h o c h g e s p a n n t e n wirtschaftlichen E r w a r t u n g e n die Auswanderer zu w a r n e n f ü r nötig hielt, ist kein W u n d e r , w e n n m a n b e d e n k t , was f ü r lächerlich ü b e r s p a n n t e E r w a r t u n g e n v o n d e m W u n d e r l a n d Amerika noch i m m e r im Volke •zirkulierten. Solche U n t e r s t r ö m u n g e n k o n n t e n in diesem Z u s a m m e n h a n g n u r gerade angedeutet werden, doch sei hier als charakteristisches Beispiel wenigstens teilweise eines j e n e r i m B ä n k e l s ä n g e r t o n wiederzugebender Lieder a n g e f ü h r t , wie m a n sie ähnlich viel auf M ä r k t e n zur Drehorgel gesungen h ö r t e u n d billig erstehen k o n n t e . (Aus: D e u t s c h e Vierteljahrs Schrift, 1. H e f t , S t u t t g . u. Augsb. 1855, S. 326. A u s dem A u f s a t z C. Andrees „ U m w a n d l u n g e n i m W e l t v e r k e h r " . ) D e r T e x t , „ D i e neueste F a h r t aus D e u t s c h l a n d n a c h A m e r i k a " w u r d e i m E r s c h e i n u n g s j a h r des „ A m e r i k a - M ü d e n " in H a n n o v e r g e d r u c k t : „ A u f , ihr L e u t c h e n groß u n d klein, f a h r t n a c h der n e u e n W e l t , F a h r t n a c h A m e r i k a hinein, — d e n n d o r t v e r d i e n t i h r Geld. U n d h a t m a n Geld, d a n n ist m a n f r o h — i n diesem E r d e n t h a l u n d dieses w a r j a i m m e r so — u n d ist es noch zumal.

D o r t lebt m a n f r o h u n d ohne N o t — u n d f r e u t sich i m m e r d a r ; hier fehlt u n s o f t das liebe B r o t — im lieben langen J a h r . K a r t o f f e l n sind zuweilen schlecht, — das ist r e c h t s c h l i m m f ü r w a h r , D o c h in A m e r i k a m i t R e c h t — sind wirklich sie n i c h t r a r . Mein V e t t e r schrieb noch kürzlich mir — aus diesem schönen L a n d , u n d ich bleib wahrlich n i c h t m e h r hier — will h i n z u m schönen L a n d . Rosinen, Mandeln i ß t m a n da — wie hier zu L a n d das B r o t , D e n n in d e m L a n d A m e r i k a — h a t m a n garkeine N o t h . E s ist so schön in j e n e m L a n d , — wie einst i m P a r a d i e s , u n d t a u s e n d e n ist es b e k a n n t , — d a ß dieses ist gewiß. D r u m wer will glücklich leben d o r t , — verlasse D e u t s c h l a n d bald u n d eile hin z u m schönen O r t , — wovon m e i n Lied erschallt." Es wird d a n n endlos i m selben T o n a u s g e m a l t , was m a n d o r t alles im einzelnen h a b e n k a n n , u n d d a ß m a n sich d o r t „ i m H i m m e l g l a u b t " . Der ironische G r u n d t o n , der bei aller P r i m i t i v i t ä t d u r c h b r i c h t — gewiß aber nie e r f a ß t w u r d e — weist zugleich d a r a u f hin, d a ß sich der I n h a l t auf ein beliebtes T h e m a gerade des ungebildeten Volkes bezog, wie d a s ü b e r h a u p t bei Liedern dieser A r t der Fall ist.

2. Charakteristik des Amerikaners

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gebildetes System, daß sie ,Industrie' ist" 1 ) (413). Dieses System besteht in nichts Anderem als durchsichtigen, dummen Streichen, den sogenannten „Tricks". Durch lügnerische Vorspiegelungen, bei denen man aber direkte Lügen zu vermeiden sucht, hintergeht man den anderen, macht ihm Unwahres glaubhaft und sucht ihn zum Zahlen zu bewegen, oder, wie jener Verteidiger des Humbugs besser sagt, die „menschliche Torheit" zu „besteuern" (83). Die ganzen Typen vom Generallandamt gehören hierher: der angebliche österreichische Gesandtschaftsbeamte (66ff), der so scharfsinnig die Nationalitäten zu erkennen und diese Gabe als Landspekulant einer Fiebergegend auszunutzen weiß (71), die gewissenlose Spekulation der „free-soilers" (75ff), die ihre „Wüsten" durch Menschenblut zu kultivieren suchen, der ehrenwerte Quäker, der die senkrechten Felsenwände seiner Landstelle als Ackerboden verkauft (81), der raffinierte Spekulant, der an diese Felsenwand lieber ein paar „Zentner Farben" schmieren will, um durch eine bezahlte „ebenso gelehrte als gründliche Kontroverse" diese als „Malereien eines alten Kulturvolkes" gründlichst zu verwerten (81), oder der Landagent, der in verwahrlosten, sumpfigen Gegenden unvermittelt elegante Wohnhäuser errichtet und dort „Farmerglück" spielen läßt, um die Einwanderer anzulocken. E s ist klar, warum Kürnberger diese amerikanische Geschäftsmethode gerade in Bezug auf die Landfrage besonders ausführt; gerade durch Landerwerb suchte ein großer Teil der Auswanderer sein Glück in Amerika. Die anderen, ebenfalls verhältnismäßig zahlreichen Anekdoten, die den armen eingewanderten Handwerker ruiniert und wehrlos der amerikanischen Beutelschneiderei ausgeliefert zeigen, weisen dieselben Züge von Verschlagenheit, List, Gemeinheit und Roheit seitens der Yankee auf. Da ist der Bäcker, der seinen schwer erkauften Kundenkreis durch eine Frechheit seines amerikanischen Kollegen wieder verliert (135, s. o.), da der Tischler, der um seinen Lohn geprellt wird (392ff, s. o.), da ein Dritter, der durch falsches Zeugnis 2 ) und andere Manipulationen eines Yankee zum Bankrott getrieben wird (366, 550). Daß diese selbe Geschäftsart auch im Großen verwendet wird, etwa von den Verkäufern des Regierungslandes am Generallandamt, auch die Methode des amerikanischen Banksystems, ist schon erwähnt worden. Eine andere Seite dieses amerikanischen Systems von List, Humbug und Betrug, worin, wie wir wissen, seine ganze Wirksamkeit sich erschöpft, stellen alle jene Streiche dar, bei denen nicht so sehr Gewinnsucht als Sportlust das eigentliche Motiv ist. Gewiß hat der Kürnbergersche Yankee ein 1 ) Kürnbergers Darstellung eines „ausgebildeten Systems" des Betrügens ist offenbar aus Gall entnommen. Er erzählt: „daß alle gewerbetreibenden Klassen in den Vereinigten S t a a t e n . . . stillschweigend einig geworden zu seyn scheinen, alle Vortheile, nicht gegen Fremde allein, sondern auch unter sich, zu benutzen, um nur Geld zu machen. Daher hört man einen Amerikaner nie über Ubertheurung klagen: aber er nimmt sich vor, an dem ersten besten sich wieder schadlos zu halten (II, 14). Überhaupt ist es in dieser Beziehung aufschlußreich, sich einmal die Inhaltsangabe des 2. Teils der Gallschen Schrift durchzusehen, in der das Thema „Prellereien" allein sechs verschiedene Male vorkommt, ganz abgesehen von ähnlichen Begriffen wie „Eigennutz", „Undank", „Egoismus", „Täuschungen" etc. Über den „amerikanischen Humbug" vgl. auch Löher S. 400 ff. 2 ) Auch hier ist Gall offenbar die Quelle, der die Möglichkeit, einen Menschen durch falsche Zeugenaussagen ohne weiteres zu schädigen, ausführlich behandelt (z. B. II, 193 ff.).

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II- Das Amerikabild Ferdinand Kürnbergers im „Amerika-Müden"

doppeltes Vergnügen, wenn er durch einen Streich einmal seine Überlegenheit über einen andern gezeigt hat, dann aber außerdem um ein paar Dollars reicher geworden ist; Doch genügt es ihm auch, den andern nur gerade auslachen zu können 1 ). Besonders lieb ist es ihm, wenn es ihm gelingt, „dem Gesetze eine wächserne Nase zu drehen" (264). So wird einem Konstabier, der einen Yankee am Sonntag bei dem gesetzlich verbotenen Reisen ertappt und ihn abführen will, erklärt, daß man aus Ehrfurcht vor dem Gesetz und den „heiligen Institutionen" nicht einen Schritt weiterfahren und ihm somit natürlich auch nicht folgen könne (264). Oder aus der Tatsache, daß in einem Staate ein puritanisches Gesetz den jungen Männern verbietet, ein junges Mädchen ohne die Zustimmung der Eltern anzureden oder zu küssen 2 ), zieht ein vergnügter alter Yankee den Schluß, daß er, da er alt ist, bei einer solchen Gelegenheit also nichts zu befürchten hat (265). Oder man spielt, da das Neunkegelspiel verboten ist, statt dessen ein Zehnkegelspiel (136) 3 ). Wer es zu einer besonderen Fertigkeit in derartigen Streichen bringt, der ist ein „smart-man". Dieses „ s m a r t " sein liegt dem Yankee im Blut, es scheint, wie Kürnberger sagen läßt, in den Vereinigten Staaten in „der Luft selbst zu liegen" (266). Selbst der Neger huldigt diesem Sport; nur freilich wird, j e nach Anlage und Geschick der eine feiner und witziger, der andere gröber vorgehen 4 ). Aber erschöpft sich wirklich die ganze Wirksamkeit der Kürnbergerschen Amerikaner in solchen Schelmereien oder Verbrechen ? Hat das amerikanische Volk, dessen ganze zerrütteten Einrichtungen, dessen geistige und sittliche Unentwickeltheit wir nun kennen, überhaupt nichts im Dienste der allgemeinen Menschheitsentwicklung zu leisten ? E s wird allerdings über eine große Schaffensfähigkeit, über großartige Leistungen der Amerikaner auf materiellem, vor allem technischem Gebiet gesprochen. Und auch der Gedanke an eine Aufgabe, eine Mission des amerikanischen Volkes, wenn auch nur im Dienste der deutschen Entwicklung wird erwähnt. Die großen technischen Leistungen, überhaupt die Beherrschung und Dienstbarmachung der Erde wäre die Folge und gewissermaßen die positive Seite, das Ergebnis der materialistischen Welteinstellung des Amerikaners. Hier sind ihm Denk- und Schaffensmöglichkeiten von ungeheuerlichem Ausmaße angeboren. E s sei etwa an die Dimensionen bei der Anlage New Yorks erinnert, an den Broadway, den „starren Beethoven" (21) dieser Stadt, an den „industriellen Donner", „die ganze Symphonie eines Werktages, der für eine halbe Welt arbeitet" (16), oder an die Szene auf dem Weg 3 ) Löher charakterisiert sehr ähnlich, daß der Yankee „den Humbug nach Art der Raubritter auf eine lustige Art betreibt" (im Gegensatz zu den yankeeisierten Deutschen, die „aus Humbugern Betrüger" werden) (402). 2 ) Die Anekdote weist, wenn auch etwas verändert, auf Dickens (79), wo von „einem altpuritanischen" Gesetz gesprochen wird, das jeden Bürger, „dem man beweisen konnte, daß er am Sonntag sein Weib geküßt," bestraft. 3 ) Die charakteristische Anekdote vom „Zehn-Kegelspiel" kommt in verschiedenen Auswandererschriften vor: vgl. z. B. Grisson 47, Ziegler 37. 4 ) Eine ausführliche Abhandlung über das „ s m a r t " sein findet sich bei Dickens (268f.); einzelne diesbezügliche Anekdoten, die Mulfinger bei von Raumer nachwies, sind bei diesem nur als Episoden eingeschoben, ohne den Begriff " s m a r t " , wie Kürnberger ihn bringt, zu erklären. (Mulfinger 338f.).

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zum Champmeeting, wo ein einfacher Farmer seinen Wagen durch den unwegsamen« Urwald führt und von dem Bewußtsein erfüllt ist, daß er Wegbereiter einer kommenden Zivilisation ist, daß er es ist, der der Eisenbahn als erster den Weg absteckt — ein Bewußtsein, das Kürnberger von Moorfeld kommentieren läßt: „Sie formulieren ihre Prosa mitunter doch großartig! dann begreift man wenigstens den Charakter darin und für die nächste Minute sind sie wieder amnestiert!" (445) Aber diese Leistungen treten in der weiteren Entwicklung des Romanes immer mehr in den Hintergrund. Schon die Tatsache, daß die Menschen so garnicht würdige Vertreter ihres Werkes sind, daß das „Grandios-Menschliche nie in der Personifizierung grandioser Menschen" (97) erscheint und der gänzliche Mangel des,ästhetischen Mediums" (100), lassen keine rechte Freude daran aufkommen. Jeden Wert aber verlieren diese Großtaten des „amerikanischen Arms" (100),wenn wir wissen, daß ihr Bestand durch die mangelhaften Institutionen, durch den drohenden Sklavenaufstand und die Bürgerkriege in Frage gestellt ist, daß sie auf Grund höchst unsauberer Spekulationen, durch eine beispiellose Ausnutzung gerade der armen, arbeitenden Bevölkerungsschicht möglich gemacht wurden (322). Wer kann da noch bewundern oder überhaupt anerkennen ? Ganz ähnlich ergeht es der anderen, oben angedeuteten Aufgabe des amerikanischen Volkes, die darin bestehen soll, in Verbindung mit dem deutschen Volk, das, wie wir später bei seiner Charakteristik nach Kürnberger noch sehen werden, in besonderem Maße ein „Kulturvolk" darstellt, zu seinem Dienste Bedeutsames zu wirken. Da es selber nicht fähig ist, Dauerndes zu schaffen, soll es sich mit deutschem Geiste erfüllen. Die Vereinigung von „deutschem Geist und amerikanischem Arm" (72) wird Großes und Lebensfähiges hervorbringen. Wieso gerade die Eigenart des Deutschen eine solche Vereinigung zu besonderen Hoffnungen veranlaßt, werden wir sehen, wenn wir die Behandlung Deutschlands und der Deutschen bei Kürnberger untersuchen. Amerika also, das sich selber überlassen, einer unvermeidlichen Katastrophe entgegensieht, gewinnt eine kulturhistorische Bedeutung, indem es der deutschen Größe, der deutschen Mission dient. Bereits in der Gegenwart, so wird festgestellt, erfüllt Amerika diese Aufgabe (210f). Da Deutschland selber in der Entwicklung zu seiner Größe im Verhältnis zu anderen Ländern, etwa zu England, noch weit zurück ist, stehen ihm noch große und folgenschwere innere Umwälzungen bevor. Revolutionäre deutsche Männer, die dieser Entwicklung dienen, werden geboren werden. „Deutschland zeugt von heute an keine anderen Generationen mehr als Hambacher Jugend" (211). Diese Männer werden, bis Deutschland reif für sie geworden ist, „in den Hundstagen des Absolutismus" (210), in Amerika ihren Ideen leben können. Da werden, ähnlich wie zur Zeit der inneren Umwälzungen und des beginnenden Aufstiegs Englands dessen Auswanderer das Land mit angelsächsischem Geist erfüllten, sie nun das Deutschtum dort heimisch machen. Sie alle werden, wie es bisher schon die seit einem Jahrhundert in Amerika ansässigen deutschen Bauern Pennsylvaniens taten, treu ihr Deutschtum bewahren 1 ). Über die Geschichte der Deutschen Pennsylvaniens vgl. Löher. Er betont besonders, wie in den Kämpfen der Deutschen und Englischen um die Macht, Gegensätze, die übrigens

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II. Das Amerikabild Ferdinand Kürnbergers im „Amerika-Müden"

Dann aber, wenn das Mutterland selber einig und mächtig geworden ist, wird dieses sich alle jene innerlich schon deutschen Lande einverleiben. 1 ). In diesem Sinne also wird Amerika zu der zukünftigen Größe Deutschlands das Seine beitragen. Aber schon gleich bei der Ausführung dieser Gedanken wird innerhalb des Romans durch den Ausruf Moorfelds „und ich heiß' ein Dichter!" (212) das Illusorische, Schwärmerische solcher Ansichten betont. Völlig aufgehoben aber werden sie durch die Tatsache, daß die Deutschen nicht nur in Amerika ihr Deutschtum nicht zu bewahren vermögen, sondern daß sie sich obendrein in einer Weise amerikanisieren, die jede Hoffnung auf ihre künftige Kulturfähigkeit unmöglich macht. Von dem pennsylvanischen Deutschtum hören wir, daß es dank seiner Vermischung mit dem Amerikanertum einem Baume gleicht, „der keine Blüten treibt" (330) 2 ). Die Nationalität dieser Menschen ist „abgestorben", sie sind für die Kultur unfruchtbar geworden. A m eindeutigsten aber werden wir v o n Kürnbergers Absicht in dieser Beziehung durch die Entwicklung Benthals überzeugt. Er, der glühende Patriot, der hoffnungsvolle Idealist, dem Deutschlands große Zukunft unzweifelhaft ist, der sich selber als Vorarbeiter für die Größe seiner Nation empfindet, der, seiner großen Aufgabe sich bewußt, v o n sich sagt: „Ich werde ausdauern, Deutscher im Yankeetum, und der Sturz, den ich diesem Mischvolk bevorstehen sehe, kann mich so wenig kümmern, als uns das Los einer Ziege kümmert, die einen Jupiter großgesäugt hat" (211), gerade dieser Benthal verliert völlig seinen nur geistigen und sittlichen Werten zugeneigten, ursprünglich lauteren Charakter. Gerade er, der, wie wir noch sehen werden, nächst Moorfeld das am reinsten darvor dem U n a b h ä n g i g k e i t s k r i e g zwischen der englisch-aristokratischen u n d deutschdemokratischen P a r t e i zu vielfachen K o n f l i k t e n f ü h r t e n (88 ff.), das D e u t s c h t u m erst z u r ü c k g e d r ä n g t w u r d e , als der Z u s t r o m deutscher E i n w a n d e r e r E n d e des 18. J a h r h u n d e r t s bis etwa 1815 u n t e r b r o c h e n wird u n d d a m i t die V e r b i n d u n g m i t d e n Ideen der H e i m a t aufhört, w ä h r e n d jedoch der Z u s a m m e n h a n g m i t E n g l a n d b e s t e h e n bleibt (195ff.). Selbst in dieser Zeit, w e n n auch schlecht organisiert u n d zurückgezogen, b e w a h r t e n sich die deutschen B a u e r n ihre nationale Eigenheit, wenn sich diese auch, da sie 30 J a h r e zirka v o n der H e i m a t a b g e s c h n i t t e n waren, in der eigentümlichsten Weise entwickelte (199ff.). 1 ) Bei der Gestalt Benthals, d e m typischen V e r t r e t e r also jener, wie wir sahen, gerade aus liberalen Kreisen vielfach s t a m m e n d e n Beurteilung A m e r i k a s als einem freien „ N e u D e u t s c h l a n d " (s. o.), das alle W ü n s c h e , „ F r e i h e i t " u n d nationale M a c h t erfülle, m a g K ü r n berger a n die K ä m p f e u n d A n s i c h t e n der d e u t s c h e n Achtundvierziger auf amerikanischem Boden g e d a c h t h a b e n (s. o.). E s ist d a r a u f hingewiesen worden, d a ß er, da er den R o m a n in H a m b u r g b e g a n n , hier möglicherweise m i t a u s w a n d e r n d e n oder e n t t ä u s c h t zurückgekehrten Flüchtlingen z u s a m m e n g e k o m m e n sein k a n n . D a s wird sich schwer nachweisen lassen. Doch w a r dies gleich nicht der Fall, so h a b e n wir j a , ganz abgesehen v o n Zeitschriften, in dieser Zeit schon e n t s p r e c h e n d e L i t e r a t u r , aus der sich K ü r n b e r g e r genügend orientieren konnte. 2 ) Vgl. Löher, 199 ü b e r die „ B i l d u n g einer n e u e n d e u t s c h e n V o l k s a r t " . Löher weist darauf hin, wie sich in C h a r a k t e r u n d S p r a c h e der D e u t s c h e n Pennsylvaniens, als die Verbindung m i t dem M u t t e r l a n d e a u f h ö r t e , vieles v e r ä n d e r t e . I h n e n blieb die „geistige Wiedergeburt D e u t s c h l a n d s seit d e m vorigen J a h r h u n d e r t . . . . gänzlich u n b e k a n n t " (200). Manche hielten sich f ü r die einzigen D e u t s c h e n auf der W e l t ; t r o t z d e m blieben sie in T r a c h t und Gebräuchen d u r c h a u s deutsch. N u r d a ß im Z u s a m m e n l e b e n m i t den Englischen, i m Gegensatz zu i h n e n , sich M i ß t r a u e n , H a r t n ä c k i g k e i t , H a b s u c h t u n d Geiz besonders ausbildeten. U b e r die S p r a c h v e r ä n d e r u n g vgl. 201 f., ü b e r Yankeeisierung der Pennsylvanierdeutschen d u r c h Mischehen 518. A u ß e r d e m ü b e r den U n t e r g a n g eines deutschen Nationalbewußtseins, die stehengebliebene u n d verenglischte M u n d a r t vgl. u . a. F ü r s t e n w ä r t h e r : „Der Deutsche in N o r d - A m e r i k a " S t u t t g . u. T ü b . 1818, S. 74.

3. Die Behandlung Deutschlands und der Deutschen

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stellt, was Kürnberger unter dem „deutschen Wesen" versteht, muß durch seinen Verrat einen Meisterstreich im Sinne des „ Y a n k e e " liefern, gerade er in diesem Yankeetum Kürnbergers völlig aufgehen 1 ). Wie könnte die zerstörende, rein negative Wirkung, die der Amerikaner ausübt, uns deutlicher gemacht werden als so! Nicht nur alle seine Taten sind anrüchig, schlecht, verbrecherisch, oder wie die immerhin anerkannten technischen Leistungen zum mindesten ohne Dauer, sondern selbst auf andere, wirklich produktive Menschen, deren Arbeit für kulturelle Werte uns klargemacht ist, wirkt er wie eine ansteckende Krankheit, gegen die man sich, wie Moorfeld es tut, höchstens durch die Flucht retten kann. Aber auch er hat an den Folgen dieser Yankeeseuche zu leiden. Wie uns angedeutet wird, verläßt er, an Leib und Seele gebrochen, dem Wahnsinn nahe, das Land.

3. Die Behandlung Deutschlands und der Deutschen in Bezug auf Amerika. Wir sagten, daß Moorfeld und nächst ihm Benthal am reinsten etwa das darstellen, was Kürnberger unter „dem Deutschen" versteht. Da er sich gerade in dieser seiner antiamerikanischen Schrift warnend an die Deutschen wendet, ist es nötig, näher zu untersuchen, was ihm im Gegensatz zu Amerika Deutschland im Gegensatz zum Yankee der Deutsche bedeutet. Wenn festgestellt wurde, daß sich Amerika unserm Verfasser als Land des reinen Materialismus darstellt, eines Materialismus, der ihm einen Mangel an allem der Menschheit, dem allgemeinen Fortschritt Förderlichen, j a den Verderb aller Kultur bedeutet, so ist ihm Deutschland zu allem dem das direkte Gegenteil. E s ist das Land geistiger Arbeit, der eigentliche Mittelpunkt einer großen europäischen, geistig kulturellen Regsamkeit. In zwei Beziehungen wird uns Deutschland von Kürnberger charakterisiert. Einmal in Bezug auf seine kulturelle Bedeutung. Große Namen und Leistungen der Vergangenheit und der Gegenwart, also der Zeit um 1832, in welcher der Roman spielt, werden aufgezählt, um für seine besondere Fähigkeit zu zeugen. Dann aber auch in Bezug auf sein Dasein als Nation. Da kann freilich die Vergangenheit nicht für eine große und glanzvolle Rolle unter den Völkern zeugen, und so muß ein Blick in die Zukunft entschädigen, für deren Größe bereits vorhandene erste Anfänge der Gegenwart bürgen. Die eigentlichen Gebiete auf denen die kulturelle Bedeutung Deutschlands beruht, sind Kunst und Wissenschaft. Es gibt, wie wir sahen, kaum einen Kürnbergerschen Amerikaner, der gerade für diese Gebiete Begabung oder auch nur Interesse hätte, es gibt aber kaum einen Kürnbergerschen In mancher Weise erinnert die Gestalt Benthals, besonders wenn man die großsprecherische Geste in dem erwähnten Ausspruch im Gegensatz zu seinem wirklichen Verhalten denkt, an die Gestalten ausgewanderter Achtundvierziger, die in Amerika so völlig versagen und herabkommen, daß Otto von ihnen ausruft: „Freue dich Deutschland, daß du diese Volksbeglücker los b i s t ! " In gewisser Weise nämlich, was den Benthal nach seiner „Amerikanisierung" anbetrifft, mag Kürnberger ein derartiger Typ in der Tat vorgeschwebt haben. Vorher allerdings ist er in keiner Weise so gezeichnet. 8

Meyer, Nord-Amerika

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II. Das Amerikabild Ferdinand Kürnbergers im „Amerika-Müden"

Deutschen, der für sie nicht befähigt wäre. Jeder hat irgendwie Geschmack und ein gesundes Urteil, wenn es sich auch graduell bei den Einzelnen unterscheidet, das „aus der angeborenen Fähigkeit entspringt", die Künste auszuüben (220). Das Bild, das wir von Deutschland als Land der Kunst und Wissenschaft im Gegensatz zu Amerika bekommen, ist in der Art, wie es dargestellt wird, ganz im Sinne dieser Schwarzweißmalerei stilisiert, die dui/;h den ganzen Roman geht und ihn besonders als Tendenzschrift kennzeichnet. Ein Amerikaner, Mr. Bennet, erzählt von seinen Reisen in Deutschland (220 f.) Entsprechend seiner „amerikanischen Einstellung" ist es gerade die Menge bedeutender deutscher Männer, die ihm vor allem imponiert. Er ist einmal in Wien in einem Gemach gewesen, das ihn recht an die irischen Brandystuben erinnerte. Die Leute aber, die dort verkehrten, waren Künstler von Weltruf, Grillparzer und Beethoven darunter. Als er mit seinem Wagen in Stuttgart durch die Friedrichstraße fuhr, trat gerade Uhland aus seinem Hause. Natürlich war er auch in Weimar, wo neben Goethe, den er noch gesehen hat, Namen verschwinden, die in Amerika „nicht Planeten, sondern Sonnen eines eigenen Planetensystems wären" (221). Das Gebiet zwischen Leipzig und Dresden, das an Größe etwa einer Baumwollenplantage in Amerika entspricht, scheint ihm mehr für Kunst und Wissenschaft getan zu haben, als die „fünf Zonen der übrigen Erde zusammen". Und was Berlin anbetrifft, so könnte man hier leicht ein Bataillon aus solchen Männern formieren, die „jeder den Marschallstab eines klassischen Werks in ihrer Patrontasche tragen" (221). Wer in der Tat vermöchte nach einer solchen Schilderung noch an Deutschlands kulturellen Fähigkeiten zu zweifeln ? Gerade die anfängliche Art, zufällige Erlebnisse als das Allgemeine darzustellen, ist besonders wirksam. Zudem wußte der deutsche Leser, an den sich die Schrift vor allem wendet, mit den genannten Namen und dem Hinweis auf die aufblühenden Wissenschaften von selber, was dies alles für das geistige Leben bedeutete. So kommt es, daß Kürnberger kaum eine Seite braucht, um Deutschlands geistiges Leben im wesentlichen zu charakterisieren, während, wie wir wissen, dieselbe Charakteristik für Amerika lange Abhandlungen, Beschreibungen und Gespräche in Anspruch nimmt. Außerdem mußte er von vornherein auf den Einwand gefaßt sein, daß es ein Leichtes ist, die Leistungen eines ganz jungen, geistig noch im verhältnismäßig rohen Erstlingszustand befindlichen Landes mit den Leistungen eines älteren Volkes zu schlagen. Er hat daher, wie wir schon feststellen konnten, nicht nur den Zustand des augenblicklichen geistigen Lebens in Amerika geschildert, sondern vor allem versucht, die Ursachen aufzudecken, aus denen heraus dieser Zustand gerade nur so und nicht anders sein kann, um dann mit Hilfe einer solchen Grundlage auf alle künftigen Leistungen schließen zu können. Es ist klar, daß es seine Schwierigkeiten haben mußte, eine so komplizierte Beweisführung in einem Roman unterzubringen, daß nur ein ständiges Zurückkommen auf diesen Gegenstand, seine möglichst vielseitige und genaue Beleuchtung ihn einigermaßen klar herausarbeiten konnte, während allerdings die von vornherein bekannten kulturellen Leistungen Deutschlands mit der geschickten Hervorhebung weniger bedeutender Namen gekennzeichnet waren.

3. Die Behandlung Deutschlands und der Deutschen

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An anderer Stelle wird in ganz derselben Weise die deutsche Metaphysik nur gerade durch den Hinweis auf sie in Gegensatz zu dem in Amerika im Mittelpunkt stehenden Nützlichkeitsprinzip gebracht (29ff)) 1 ). Gerade auch die Stellung, welche die Religion in Deutschland einnimmt, wirft ein bezeichnendes Licht auf den Gegensatz zwischen diesem Land und Amerika. Sie, die dem Yankee", wie wir sahen nicht eine Angelegenheit der Seele oder des Geistes bedeutet, die ihm „eine Maschine von so und so viel Pferdekraft" ist, ist dem Deutschen eine „philosophische Liebe" (454). Auch hier genügt Kürnberger ein kurzes Urteil, das er freilich durch die Charakteristik einzelner auftretender Deutscher noch stützt. Ein anderes Mal wird einfach von der „deutschen Religion" gesprochen, die sich der Auswanderer gegenüber dem „trockenen Sektenkram" in Amerika bewahren soll (158), ohne daß wir näher erfahren, was darunter zu verstehen ist, während wir allerdings über ihren Gegensatz, das amerikanische Sektenwesen, vorher und im weiteren Verlauf der Schrift ausführlichen Bericht erhalten. Die Selbstverständlichkeit, mit der Kürnberger bei allen diesen Dingen annimmt, daß der Leser trotzdem ausreichend orientiert ist, zeigt zugleich, wie völlig, wie ausschließlich er von der Bedeutung Deutschlands für das kulturelle Leben erfüllt ist. Es ist ihm das Land der „Waldvögel, der Dichter, der Universitäten, der Dome" (161)2). In unmittelbarem Zusammenhang mit Deutschlands kultureller Bedeutung steht seine Entwicklung als Nation. Ist die Veranlagung des deutschen Volkes in Bezug auf geistige, kulturelle Werte dargestellt, so hängt seine entsprechende Aufgabe, seine Mission für den allgemeinen menschheitlichen Fortschritt von seiner Stellung unter den Völkern ab. Es besteht eine gewisse Schwierigkeit, aus dem Roman ein klares Bild zu bekommen, wie sich Kürnberger diese deutsche Entwicklung denkt, da es gerade Benthal ist, der diesen Gedanken ausführt. Von ihm hören wir von einer großen Zukunft, in der Deutschland als machtvoller, geeinter Staat der ganzen Welt seinen Stempel aufdrücken wird (211f). Wie einst Hollands Größe der Englands weichen mußte, so wird England nun vor Deutschland zurückstehen müssen. Und diese Zeit ist nicht mehr fern; schon ist die Epoche des Kampfes, der Revolutionen, der „Hambacher Jugend" gekommen, die Deutschlands Einheit und Freiheit und damit seine Macht begründen wird. Genau die nämliche Gegenüberstellung findet sich bei Grund (II, 30 und 33). Einmal sogar, genau wie bei Kürnberger, bei der Kritik der nur das Nützliche berücksichtigenden Tendenz der amerikanischen Schulerziehung: „ J a es ist nicht deutsche Metaphysik", läßt Kürnberger den Lehrer sagen, nach einer Probe amerikanischen Anschauungsunterrichts. Ähnlich bemerkt bei Grund ein Amerikaner: „Man hört es Ihnen gleich an, daß Sie von der deutschen Transcendental Philosophie angesteckt sind". Über eine „philosophische Sendung in Amerika" (freilich besonders bezüglich des amerikanischen Sektenlebens als Vertreter der Humanität) vgl. auch Löher 423 f. 2 ) So nahe Kürnberger seiner ganzen Einstellung nach eine solche Auffassung vom kulturellen Werte des Deutschtums liegen mußte, so sehr sie in diesem Sinne also sein Eigentum ist, so wenig bedeutet sie jedoch etwas Nenes als hervorgehobener Gegensatz zu Amerika. Es wurde verschiedentlich daraufhingewiesen, wie besonders seit den Romantikern, die gerade hier mit ihrer Kritik eingesetzt hatten, dieser scharf herausgearbeitete Gegensatz ein Grundbestand fast aller antiamerikanischen Schriften, die nicht rein wirtschaftlich interessiert sind, ist. Vgl. u. a. Grund II, 30. 33, Wagner u. Scherzer I, 81 ff., Grisson 216ff., Löher (s. o.), auch Gall II, 106ff. u. a. m. 8 *

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II. Das Amerikalbid Ferdinand Kürnbergers im „Amerika-Müden"

Gerade die Ähnlichkeit, die Benthal in der Entwicklung Deutschlands im 19. Jahrhundert mit der Entwicklung Englands im 17. Jahrhundert sieht, der Epoche, die seine Größe begründete, bürgt ihm für diese Tatsache. Was im selben Zusammenhang von einer Aufgabe Amerikas im Dienste dieser deutschen Entwicklung gesagt wird, ist schon erwähnt worden. Es ist die „Baumschule, in welcher die Freiheitsbäume Europas gezogen werden", „die große Cisteme, welche die Erde grün erhält in den Hundstagen des Absolutismus" (210), wo alle Vorkämpfer der Freiheit Aufnahme finden, solange sie nicht zahlreich und mächtig genug sind, ihre Ideen in der Heimat durchzusetzen. Diese Deutschen „werden in den Bürgerkriegen der Union nicht zugrunde gehen. Deutschland wird seine Flotte schicken, und seine deutsche Provinz Pennsylvanien sich zu schützen wissen. Was sag' ich: Pennsylvanien ? Ganz Nordamerika wird deutsch werden, denn unsere Einwanderung stützt sich dann auf ein mächtiges Mutterland, sowie sich Yankee-England auf Altengland stützte. Aber was sage ich ganz Nordamerika ? Die ganze Welt wird deutsch werden, denn mit Deutschlands Aufgang wird England untergehen . . . " (211f). Soweit Amerika bei diesen Ausführungen eine Rolle spielt, kann man sie nicht für Kürnbergers Bild von Deutschlands Zukunft in Anspruch nehmen, denn wir wissen bereits, daß ihm in keiner Weise der geringste, auch nur indirekte Einfluß auf eine kulturelle Entwicklung zuzusprechen ist. Aber sollte damit alles, was in dieser Hinsicht entwickelt wird, hinfällig sein ? Gewiß, gerade Benthal entpuppt sich im Verlaufe des Romans als Phrasenheld und Schwächling. Auch die Tatsache, daß Kürnberger seinen demokratischen Parteigenossen zum großen Teil ablehnend gegenüberstand, ließe es durchaus für möglich erscheinen, daß er in Benthal einen solchen Typ zu charakterisieren gedachte. Hatte er doch einmal behauptet, daß er in seinem Leben nie „ein so ärgerliches Übermaß von Geistesbeschränktheit, Bildungslosigkeit und Begriffsverwirrung, verbunden mit der anmaßendsten Selbstüberschätzung und den absurdesten Verkehrtheiten des Idealismus gefunden habe als bei dem „Schofel und Pofel" dieses „demokratischen Haufens" 1 ). Aber ein solcher Typ ist Benthal bei seinen ganzen Anlagen, seinem Wirken garnicht, trotz seiner weiteren Entwicklung nicht, die, wie wir sahen, überhaupt nur in bedingter Weise durch seinen Charakter, sondern vor allem durch die „amerikanische Atmosphäre" begründet wird. Dazu kommt, daß vieles von dem, was gesagt wird, wenn wir andere Aufzeichnungen unseres Verfassers — allerdings nicht aus der gleichen, sondern aus etwas früherer und späterer Zeit — zum Vergleich heranziehen, sich durchaus als Kürnbergers eigenes Bild erweist: der Gedanke, daß die Ideen der Freiheit und der nationalen Einigung sich durchsetzen werden, hat ihn nie, selbst zur Zeit der entschiedensten Reaktion nicht, verlassen. Wir besitzen einen Brief aus dem Jahre 1849, in dem er sich zu dem Fall Ungarns äußert2). Trotzdem er mit aller Klarheit einer nun anbrechenden reaktionären Epoche entgegensieht, trotz allen Schmerzes darüber, scheint ihm der x ) Ferdinand Kürnberger „Briefe eines politischen Flüchtlings", a. a. O. S. 27 f. Der Brief ist im August 1849 geschrieben. Übrigens charakterisiert Deutsch (Vorwort, S. X.) Kürnbergers Anschauung als ein „aristokratisches Demokratentum". 2 ) Desgl. S. 28 f.

3. Die Behandlung Deutschlands und der Deutschen

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Sieg der d e m o k r a t i s c h e n Sache, w e n n a u c h erst n a c h Verlauf einer längeren Zeit, gewiß, Die Ähnlichkeit, die nicht n u r in der A n s c h a u u n g , s o n d e r n a u c h in der F o r m u l i e r u n g zwischen j e n e m Brief u n d d e m R o m a n b e s t e h t , f ä l l t sofort a u f : E r vergleicht die Geschichte m i t einem Strom. W i e dieser das U f e r i m m e r einige S p a n n e n h ö h e r hinauf n ä ß t , durch einzelne „ r e v o l u t i o n ä r e Wasserwellen" nämlich, als z u n ä c h s t die eigentliche S t r o m f l ä c h e r e i c h t , so sind a u c h die fortschrittlichen (also demokratischen) Ideen der wirklichen politischen E n t w i c k l u n g v o r a u s . Aber diese Ideen bezeichnen den Weg, d e n die Geschichte gehen wird, ebenso wie das Ufer, soweit es v o n den Wellen g e n ä ß t w u r d e , einmal z u m Bereich des Stromes gehören wird. W a s t u t es d a , d a ß z u n ä c h s t viele Wellen, die voreilig bis zur Höhe der k ü n f t i g e n S t r o m b a h n h ü p f t e n , zurückschlagen m u ß t e n ? Ähnlich i m R o m a n . Wie er d o r t v o n Wellen spricht, die zurückschlagen, so hier von den G e n e r a t i o n e n „ H a m b a c h e r J u g e n d " , die D e u t s c h l a n d n u n erzeugen w i r d : „ D i e erste, vielleicht a u c h die zweite wird unterliegen, aber die d r i t t e , längstens die vierte wird uns j e n e n Z u s t a n d e r k ä m p f t h a b e n . . . " (211). Wie sehr a u c h der G e d a n k e einer n a t i o n a l e n Machtstellung D e u t s c h l a n d s wie er in B e n t h a l s W o r t e n z u m A u s d r u c k k o m m t , den K ü r n b e r g e r s c h e n Ideen e n t s p r i c h t , zeigen viele seiner späteren Feuilletons. Gewiß h a t er n i c h t i m E r n s t d a r a n g e d a c h t , d a ß die deutsche Flotte ganz N o r d a m e r i k a , j a die ganze W e l t f ü r D e u t s c h l a n d erobern soll, doch war eine m a c h t v o l l e n a t i o n a l e A u s b r e i t u n g , a u c h d u r c h das Schwert, durchaus in seinem Sinn. E i n Feuilleton e t w a v o m J a n u a r 1871, aus einer Zeit also, in der allerdings diese F r a g e in ganz a n d e r e m Maße a k u t war, spricht geradezu v o n der N o t w e n d i g k e i t , d a wo die K u l t u r eines Landes erobernd vorausging, m i t d e m Schwerte zu folgen. W e n n der deutsche Geist sich seit einem h a l b e n J a h r h u n d e r t m i t Schiller u n d Goethe, m i t K a n t u n d Hegel u n d B e e t h o v e n F r a n k r e i c h eroberte, so s u c h t sich m i t d e m Vordringen des d e u t s c h e n Schwertes n u r „die N a t u r zu einer geistigen Tatsache einen s i c h t b a r e n Leib" 1 ). W i r sehen also, D e u t s c h l a n d ist n i c h t n u r — im Gegensatz zu N o r d a m e r i k a — das L a n d der Innerlichkeit, der geistigen Vertiefung, des k u l t u rellen F o r t s c h r i t t s , a u c h als N a t i o n ist i h m eine große Z u k u n f t v o r b e h a l t e n , deren A n f ä n g e in den innerpolitischen Entwicklungen bereits ersichtlich sind. A u c h dies stellt den d i r e k t e n Gegensatz zu der K a t a s t r o p h e d a r , der die Vereinigten S t a a t e n entgegengehen, u n d deren N ä h e ebenfalls in d e n staatlichen u n d sozialen E r s c h e i n u n g e n bereits festzustellen ist. W i r d auf der einen Seite die U n h a l t b a r k e i t der z u m Chaos f ü h r e n d e n amerikanischen E i n r i c h t u n g e n noch besonders u n t e r s t r i c h e n d u r c h die C h a r a k t e r i s t i k derer, welche sie sich schufen, so s t ü t z t auf der a n d e r e n Seite die C h a r a k t e r i s t i k der Deutschen das, was ü b e r D e u t s c h l a n d u n d seine K u l t u r gesagt wird. E s ist freilich nicht so, d a ß , ebenso wie die Amerik a n e r als durchweg schlecht u n d minderwertig, n u n der K ü r n b e r g e r s c h e D e u t s c h e als eine A r t vollkommener Mensch dargestellt wird. D a r a n k o n n t e u n s e r m Verfasser, der j a n u r v o r allem, was A m e r i k a ist, w a r n e n will, a u c h „Siegelringe, eine Sammlung politischer und kirchlicher Feuilletons," a. a. O. S. 172. Vgl. auch einen Brief aus jener Zeit, der denselben Gedanken bringt: „Briefe an eine Freundin," a. a. O. S. 89 ff.

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II. Das Amerikabild Ferdinand Kflrnbergers im „Amerika-Müden"

garnichts liegen. Im Gegenteil, ihm, dem Kritiker, lag es sehr viel näher, die Gelegenheit zu ein paar ernsten Worten an seine Volksgenossen zu erergreifen. Dagegen ist alles das, was den Deutschen in amerikanischer Umgebung betrifft, was also die Tendenz der Schrift unmittelbar angeht, wieder durchaus einseitig im Sinne dieser Tendenz dargestellt, selbst das romanhafte Geschehen ist entsprechend stilisiert. Wir haben so, was die Behandlung der Deutschen bei Kürnberger anbetrifft, zwei leitende Gesichtspunkte : einmal wird uns eine allgemeine Charakteristik gegeben, die durchaus kritisch neben vielen guten Eigenschaften auch die schlechten sieht, dann aber werden uns besonders die Eigenschaften derer gezeichnet, die bereits längere Zeit in Amerika gelebt haben. Entweder, sie haben sich akklimatisiert, dann fällt ihre Charakteristik in jeder Beziehung schlecht aus, sie sind Verräter und Schurken, wie es die Kürnbergerschen Amerikaner sind; oder es gelang ihnen nicht, sich anzupassen, dann sind sie wirtschaftlich ruiniert, oder seelisch gebrochen, haben also auf alle Fälle durch ihre Auswanderung nach Amerika Schaden genommen. Was zunächst die allgemeine Charakteristik anbetrifft, so entspricht sie ganz dem, was über Deutschland als Land der Kultur gesagt wird. Sie steht in direktem Gegensatz zu dem, was Kürnberger im „Yankee" sieht. Und dies in jeder Beziehung. Der Deutsche hat nicht nur positive Eigenschaften, die dem Amerikaner fehlen, selbst da, wo Kürnberger tadelt, stellt dieser Tadel das Fehlen von solchen Eigenschaften fest, die umgekehrt beim „Yankee" sehr stark ausgebildet sind. Doch betrachten wir zunächst, was der Deutsche an Positivem im Gegensatz zum Amerikaner in seiner Veranlagung aufzuweisen hat. Als hervorstechendste Züge hatten wir bei diesem seine ausschließliche Interessiertheit für materielle Werte, sowie einen''durch keine sittlichen Bedenken eingeschränkten ganz rücksichtslosen Egoismus festgestellt. Der Kürnbergersche Deutsche, wohlverstanden der nicht amerikanisierte Deutsche, zeichnet sich im Gegensatz dazu durch ein besonderes Interesse für geistige künstlerische oder religiöse Dinge1), sowie durch ein starkes soziales Gefühl aus. Natürlich ist dies je nach der Verschiedenheit der Anlagen, auch des Bildungsgrades und der sozialen Stellung verschieden stark entwickelt. Da ist zunächst Moorfeld. Er ist im intensivsten Sinne Vertreter des Kürnbergerschen Deutschen. Daß sein eigentliches Lebensinteresse durchaus der Sphäre des Geistigen angehört, braucht bei ihm, dem Künstler, dem Dichter und Musiker, dem Philosophen auch, der in jeder Beziehung alles, was über den Wert Deutschlands als Kulturzentrum gesagt wurde, darstellt, kaum betont zu werden. „Auf seine Stirn haben die Götter das Siegel des Gedankens gedrückt" (12). Er ist ein Mensch, so charakterisiert ihn Kürnberger, dem ein Auftrag geworden scheint: „Das Subjekt zu vertreten in der Welt der objektiven Äußerlichkeiten" (15). Seine ganze Aufgabe innerhalb des Romans ist in diesem Wort ausgedrückt. Er, der „lyrische Luxusmensch", der „grand seigneur", der „soviel Überfluß, soviel Unnötiges, Unfruchtbares" (172) in seinem ganzen Wesen und Wirken darstellt, 1 ) Wir sahen, wie u. a. besonders Löher diese Gegensätze: der deutsche Idealist und der amerikanische Materialist herausarbeitete (vgl. u. a. noch 448, 370; s. o.).

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lebt in einem Lande, oder besser: kämpft gegen ein Land, wo der Materialismus mit allen seinen Folgen, wo ausschließlich das Prinzip der Nützlichkeit herrschen. Denn um einen Kampf handelt es sich von vorn herein. Noch ehe Moorfeld Amerika kennen lernt, empfindet er schon voll das Andersartige: gleich nach seiner Ankunft in New York, so gibt Kürnberger dieses Grundthema an, an der „Pforte einer Hemisphäre, am Füßgestelle riesenhafter Wirklichkeiten will er noch einmal eine Stunde der Muße feiern und seine ganze Innerlichkeit in ein großes Gegengewicht zusammenfassen" (15). Wenn er dann in diesem Kampfe unterliegt, wenn er zum Schluß zusammenbricht und, dem Wahnsinn nahe, Amerika verläßt, so geschieht dies, weil eben dieses Land, dessen völlige Hingabe an die „objektiven Äußerlichkeiten" wir schon schilderten für Persönlichkeiten seiner Art keinen Platz hat. Sie können nichts Gemeinsames haben: dies rohe Volk der Kürnbergerschen Amerikaner und die feine, sensible Natur des deutschen •Künstlers. Ein starkes Mitempfinden mit dem Nächsten, ein stetes Bereitsein, ihm zu helfen, ist gerade bei Moorfeld besonders hervorgehoben. Als Einziger hilft er dem kleinen verirrten Mädchen im Broadway (24), ein ganzes Vermögen setzt er aufs Spiel, um einen unglücklichen betrogenen Landsmann aufzurichten (367), als Arzt besucht er die Fieberkranken seiner Umgebung (408), und wenn er durch ein Erlebnis besonders tief betroffen ist, so handelt es sich größtenteils um das einem Andern zugefügte Unrecht (461. 538). Als nächster Vertreter der Deutschen ist, wenigstens vor seiner „Amerikanisierung" im Sinne Kürnbergers, Benthal anzusehen. Ist er gleich nicht produktiver Künstler, so ist er doch als Kritiker an allem, was den geistigen Menschen angeht, besonders interessiert. Kunst, Wissenschaft, überhaupt alle kulturellen Probleme seiner Zeit sind sein Lebenselement. Mit inniger Begeisterung und Hingabe steht er für alles, was ihm ein geistiger Fortschritt zu bedeuten scheint. Und daß er nicht nur von seinen Idealen spricht, sondern mit seiner ganzen Persönlichkeit für sie einzustehen bereit ist, deutet Kürnberger durch den Grund seines amerikanischen Aufenthaltes an: Benthals Teilnahme am Hambacher Fest und seine anschließende Flucht (168). Zugleich ist sein Leben von einem sehr stark ausgebildeten sozialen Gefühl für andere bestimmt. Es handelt sich bei ihm nicht um ein unmittelbares, dem jeweiligen Augenblick entspringendes Mitempfinden, wie bei Moorfeld, sondern es ist ein wohlbedachtes systematisches Einspringen für andere, das seiner Liebe zu Deutschland und zu seinem Volke entspringt. Er wird uns im Gegensatz zu Moorfeld, dem „Idealisten" als die „positive, handelnde Natur mit ihrer tiefen Andacht für das Ideale" charakterisiert (185). Wenn man sich bei der ganzen Anlage Moorfelds dessen tragischen Ausgang wohl erklären kann aus dem zu großen Gegensatz zwischen seiner fein empfindenden, vergeistigten Natur und dem erdrückenden, rohen Volkstum der Kürnbergerschen Amerikaner, so wird man allerdings zunächst vergebens nach ausreichenden Gründen für die Wandlung Benthals suchen. Was ihn, den Idealisten, der von ganzem Herzen an die Zukunft Deutschlands glaubt, der durchaus nicht als einer jener Achtundvierziger, jener „Deutschtümler" geschildert ist, die bei erster Gelegenheit ihr Deutschtum verleug-

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II- D a s Amerikabild Ferdinand Kürnbergers im „Amerika-Müden"

nen, sondern der in selbstloser Arbeit für seine Landsleute einsteht, und der obendrein als scharfer Kritiker an den Fehlern und Mängeln gerade des Yankee den Gefahren bewußt ins Auge sieht, die ein Leben unter ihnen mit sich bringt, was gerade ihn in verhältnismäßig kurzer Zeit zum Verräter an seiner Sache, seinem Deutschtum, kurz zum Kürnbergerschen Yankee machen konnte, ist auch wenig genug motiviert 1 ). Die Begründung, daß er selber Geld und Macht brauche, um seinen Landsleuten wirksam helfen zu können (553), ist natürlich als bloße Verschleierung aufzufassen und hat bereits nichts mehr mit dem Benthal der früheren Zeit zu tun. Jedenfalls, so wenig motiviert, und, vom Standpunkt einer literarischen Kritik des Romans zulässig, diese Wandlung ist, die Tendenz der Schrift findet gerade in dieser Gestalt eine besondere Stütze: nicht in einer mangelhaften Veranlagung des Benthal liegt der Niedergang begründet, in einer Schwäche etwa gegenüber den Versuchungen des Reichtums, sondern sie kommt von außen, von der „amerikanischen Lebenspraxis" nämlich (s. o.), in der Gutes und Edles, so unwandelbar es scheint, nicht gedeihen kann. Darauf weisen auch die Andeutungen, die uns über diese Entwicklung gegeben werden (531 ff). Wir hören, daß man Benthal als Objekt einer raffinierten Berechnung zwischen steter Hoffnung und Enttäuschung hinhielt, ihn so innerlich haltlos und mürbe machte und zuletzt dazu brachte, auf Pläne einzugehen, die dem gesunden, sittlich gefestigten Mann von ehedem nichts hätten anhaben können. Auch Benthal stellt also, wie Moorfeld, den Deutschen dar, der nicht in Amerika existieren kann. Der stete K a m p f des geistigen Kulturarbeiters gegen den überwältigenden Materialismus des Amerikaners mit allen seinen Folgen bringt den einen dem Wahnsinn, den andern dem Verbrechertum nahe 2 ). Als weitere Vertreter deutscher Art, gewissermaßen als eine dritte Schicht haben wir die ausgewanderten Handwerker anzusehen. Entsprechend ihrem Stande und ihrer Bildung liegt ihr Interesse, ihre eigentliche Arbeit auf materiellem Gebiete. Aber welch Unterschied zu ihren amerikanischen Berufsgenossen ! Jedes Stück, das diese Arbeiter hergestellt haben, stellt einen Wert dar, nicht so sehr durch den Gegenstand an und für sich, als vielmehr durch das, was an Fleiß und Gründlichkeit, an Gewissenhaftigkeit und Verantwortungsgefühl, an Liebe zum Werk hineingelegt wurde. Was bei Moorfeld als geistige Produktivität, bei Benthal als Aufnahmefähigkeit und kritische denkerische Betätigung auf geistigem Gebiet dargestellt ist: das überwiegende Interesse für geistige Werte, ein ausgebildetes Innenleben im Gegensatz zum Amerikaner, das wird bei dieser Schicht der das Deutschr ) Der Versuch, diese künftige Wandlung Benthals durch seine nervös-überreizte innere Haltung, sein ungeduldiges Warten auf die „ T a t " vorzubereiten, die den erdrückenden Widerständen nicht standzuhalten vermag (184), ist nicht ohne weiteres einleuchtend, da er sich uns bis dahin durchaus anders darstellt. 2 ) Interessant ist, daß Kürnberger den Degenerationsbegriff in Bezug auf Amerika, wie wir ihn bei Lenau und schon vor diesem fanden, bewußt aufnimmt. Bei der Betrachtung der verschiedenen Persönlichkeiten, die sich zu einer Festlichkeit zusammenfinden, stellt Moorfeld fest: „Und da leugne noch einer die t r a n s a t l a n t i s c h e E n t a r t u n g d e r R a s s e n ! Die geknechteten Europäer sahen wie geistige Menschen, die freien Amerikaner wie verdummte Heloten" (422). Diese „transatlantische Entartung" wirkt sich im Laufe der Zeit auch auf den Beobachter — wenn auch in anderer Weise — aus.

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t u m r e p r ä s e n t i e r e n d e n G e s t a l t e n d u r c h besondere B e t o n u n g der Gemütsk r ä f t e dargestellt. Liebe zur eigenen erlernten Arbeit, Heimatliebe, Gesangsfreude, H u m o r , ein sicheres G e f ü h l f ü r R e c h t u n d U n r e c h t , ein gesundes Urteil in Bezug auf alles, was a n sie h e r a n k o m m t , zeichnen sie aus. U n t e r e i n a n d e r sind sie d u r c h ein starkes Gefühl der Anhänglichkeit verb u n d e n . Setzen sie gleich n i c h t , wie Moorfeld u n d B e n t h a l , sich selbst u n m i t t e l b a r f ü r den a n d e r n ein, so sind sie doch voll w a r m e r A n t e i l n a h m e f ü r sein Schicksal, u n d i m Einzelfalle, wenn es n o t t u t , helfen sie einander a u c h (155). Das Schicksal aber, das diese L e u t e in A m e r i k a e r w a r t e t , ist e n t w e d e r wirtschaftlicher R u i n u n d V e r k o m m e n h e i t wie das der „ L a n d s l e u t e a m H a f e n " (147), oder es ergeht ihnen wie B e n t h a l : sie erlahmen. Die stete E n t t ä u s c h u n g , der stete B e t r u g , der sie u m den Preis aller Mühe b r i n g t , d a z u die Unmöglichkeit, selbst bei den klarsten Rechtsfällen auf gerichtlichem W e g zu d e m I h r e n zu k o m m e n — das alles u n t e r g r ä b t ihre sittlichen Anschauungen, u n d sie t r e t e n in die Spuren ihrer erfolgreichen A u s b e u t e r . E s sind n u r wenige Gestalten, die als D e u t s c h e vor Ahnlichem b e w a h r t werden. Das sind die Leidenden, die, a n denen sich der „ Y a n k e e " oder der amerikanisierte D e u t s c h e u n g e s t r a f t auslassen k a n n . Bei ihnen ist die Frage ihrer z u k ü n f t i g e n E n t w i c k l u n g z u m Teil noch offen gelassen. N a c h welcher R i c h t u n g h i n ihre B e a n t w o r t u n g v o n K ü r n b e r g e r aus gedacht ist, b r a u c h t n a c h allem, was bisher gesagt w u r d e , k a u m e r w ä h n t zu werden. D a sind etwa die F r a u e n v o n B e n t h a l s „ L o r e t t o h ä u s c h e n " , die besonders s t a r k nach i n n e n leben, die sich d e m Schein, d e m A u ß e n gegenüber besonders ablehnend v e r h a l t e n (537). Sie u n d ihresgleichen sind der Rücksichtslosigkeit, der B r u t a l i t ä t der a m e r i k a n i s c h e n V o l k s a r t vor allem ausgeliefert. U n d sind sie z u n ä c h s t des Schmerzes ü b e r ihren Z u s t a n d noch fähig, so ist es doch v o n d o r t bis zu der s t u m p f e n Resignation, d e m gänzlichen Absterben j e d e r Gemüts- oder Gefühlsregung, wie sie u n s in der deutschen F a r m e r f r a u bei P i t t s b u r g dargestellt wird (345), oder d e m I r r s i n n der kleinen A n n e t t e (461) n i c h t weit 1 ). Aber woher k o m m t es, d a ß die D e u t s c h e n so völlig rettungslos dem Amer i k a n e r ausgeliefert sind, d a ß sie in seinem L a n d e ausnahmslos v e r k o m m e n , e n t a r t e n oder z u s a m m e n b r e c h e n ? H i e r setzt K ü r n b e r g e r s K r i t i k a n seinen Volksgenossen a n . D a ß sie sich in d e m L a n d e des Betrugs, des t r i u m p h i e r e n d e n U n r e c h t s wirtschaftlich nicht h a l t e n k ö n n e n , ist zwar z u n ä c h s t kein Fehler. D a ß sie aber v o n sich aus nichts t u n , sich zu einer den A n f o r d e r u n gen ihrer n e u e n H e i m a t entsprechenden U m s t e l l u n g zu b e q u e m e n , a u c h n i c h t hinsichtlich dessen, was sie wirklich Neues u n d Gutes d o r t lernen k ö n n t e n , das ist ihre Schuld, ist ein Mangel in ihrer Anlage. Gerade die 1 ) Die Nebenpersonen, welche die Charakteristik des Deutschen in bezug auf die „amerikanische Lebenspraxis" zu stützen haben, sind, was ihr Schicksal anbetrifft, so aufzuteilen, daß sie 1. seelisch zusammenbrechen, 2. yankeeisieren oder 3. wirtschaftlich ruiniert werden: Geistig krank oder doch abgestumpft enden Moorfeld, Annette (346ff.), der Bayer im pennsylvanischen Gefängnis (315f.) und die deutschen Bauern in Harrisburg (328ff.). „Yankeeisiert" werden: vor allem Benthal (531 ff., 555), die „Hafenlandsleute" (147), der Bauer Martin (339 ff.) und die deutsche Minna (455 f.). Dem wirtschaftlichen Ruin, dem der Deutsche meist durch Betrug oder „Humbug" des Yankee entgegensieht, sind besonders viele der eingestreuten Anekdoten gewidmet, z. B. S. 66f.f; 134ff.; 361ff.; 392ff.; 413 ff.; 499 ff.) I m ganzen ist auch hier der Erfolg ein völliger seelischer Zusammenbruch.

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II- Das Amerikabild Ferdinand Kürnbergers i m „Amerika-Müden"

Eigenschaften, welche die Amerikaner zu Herren des praktischen Lebens, des Erfolgs machen, Eigenschaften, die allerdings bei ihnen auf Kosten ihrer moralischen Konstitution ausgebildet sind, gehen dem Deutschen ganz ab. Sie haben keine Großzügigkeit, kein Selbstbewußtsein, keine Anpassungsfähigkeit und Beweglichkeit. Mut und Entschlossenheit zu jedem Großen fehlen ihnen (160). Was sie auf der einen Seite gerade v o m Yankee so wohltätig unterscheidet, das Nach-innnen-sehen, das ist auf der anderen Seite ein Mangel, eine Einseitigkeit 1 ). Ihre Heimatliebe, ihr Traditionsgefühl wird zum Beharren am Gewohnten, auch wenn dies minderwertig ist oder sie hemmt (132f. 139.160), ihre Freundschaft zum Aneinanderhängen, das jeden am Vorwärtskommen hindert (156), ihr Verantwortungsgefühl, ihre Gewissenhaftigkeit zu Pedanterie, die nur das Kleine, das Kleinliche zu übersehen und zu leisten vermag (158. 132), ihre Liebe zum erlernten Handwerk zu einem beschränkten „Meisterstolz", der alles Neue und Andersartige ablehnt (157), die hohen sittlichen Anforderungen, die sie an sich selber stellen, zu Eigensinn und Selbstzerstörung (415. 163). Dazu kommt ein verhängnisvoller Mangel an Nationalgefühl, der zwar im Gegensatz zu •der zudringlichen und unbegründeten Nationaleitelkeit des Kürnbergerschen Amerikaners immer noch wohltuend ist, der aber die traurigsten Folgen hat. Ihm zu einem großen Teil ist die Verachtung zuzuschreiben, mit der man dem Deutschen in Amerika begegnet. Gewiß ist dieser Mangel verständlich, da Deutschland schwach und ohne Ansehen ist, gewiß liegt es auch an dem „fehlenden großen nationalen Rang", wenn der Deutsche im Gegensatz etwa zum Engländer nicht selbstbewußt und sicher aufzutreten vermag (322) 2 ), doch hat er auch selber Schuld. Daß er zum Beispiel seine amerikanische Niederlassung und Zuflucht „Kleindeutschland" nennt, daß er es vermag, an sein „Vaterland den Begriff klein zu knüpfen", ist schon für dieses Fehlen eines nationalen Stolzes bezeichnend (132) 3 ). .Als verächtlich aber und demütigend macht sich dieser Mangel bemerkbar bei der Charakteristik des deutschen Bauern Martin, der obendrein nicht eine zufällige Einzelerscheinung, sondern einen typischen Fall darstellt (343). Gerade dieser Zug ist es, der den Deutschen der Gefahr des „Yankeeisierens" im Sinne Kürnbergers besonders aussetzt 4 ). 1 ) Vgl. hierzu besonders Löher (467), der die einseitige Ausbildung der Gemütskräfte in einem Lande, „in welchem der Verstand das Gemüt stündlich auffrißt" vor allem als eine Gefahr für das Deutschtum in Amerika darstellt. 2 ) Besonders Kapp (a. a. O.) leitet aus der politischen Machtlosigkeit und inneren Zerrissenheit des Vaterlandes die allzu zurückhaltende und daher verachtete Wirksamkeit im nationalen Sinn bei den Deutschen auf amerikanischem Boden ab. Ebenso auch Fürstenwärther (69); u. a. 3 ) Im Gegensatz dazu betont Kürnberger, daß die Griechen ein „Großgriechenland", die Engländer ein N e w h a m p s h i r e , N e w j e r s e y , N e w c a l e d o n i e n , die Holländer ein N e u holland, die Franzosen ein N e u o r l e a n s gründeten (132). D a ß die Institutionen der Deutschen in Amerika sehr mangelhaft sind, wird vielfach getadelt. Vgl. etwa Posch (s. o.): „Die Englischen sind Meister in der Organisation, die Deutschen sind Stümper, die noch fast alles von ihnen zu lernen h a b e n . . . . " (S. 198). Vgl. auch Löher 466ff., besonders 408 ff., 499 f., 520. 4 ) Wie ernst Kürnberger unter diesen Fehlern, die ihm im deutschen Charakter überhaupt zu liegen scheinen, auch später litt, zeigt ein Brief aus dem Jahr 1860, in dem er sich dagegen wehrt, je die Deutschen (im Gegensatz zu den von ihm besonders stark angegriffenen Österreichern, vor allem Wienern) als sein „Lieblingsvolk" ausgegeben zu haben:

3. Die Behandlung Deutschlands und der Deutschen

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Den unversöhnlichen Gegensatz zwischen dem Amerikaner und dem noch gesunden, sittlich noch nicht angekränkelten Deutschen sucht uns Kürnberger durch wiederholte Gegenüberstellungen besonders eindringlich zu machen. Vor allem auch gerade die Verschiedenheit hinsichtlich geistiger und sittlicher Veranlagungen oder hinsichtlich der Ausbildungen der Gemütskräfte. Die Auffassung des Deutschen von der Bestimmung des Menschen ist, Geistiges zu schaffen, die des Amerikaners, Geld aus ihm zu schlagen (s. o.). Der Deutsche ist „ein lebendiger Dom, ein immerwährender Gottesdienst der Begeisterung", der Amerikaner dagegen der „Gott der Materie" (161), wobei freilich im Sinne unserer Schrift einschränkend hinzuzufügen ist, daß sein Materialismus bei näherer Bekanntschaft mit den Verhältnissen nicht zu „imponieren" brauche (322). Oder es wird festgestellt, in New York" lähme der Schlag eine ganze Menschheitsseite" (223), während kurz vorher festgestellt wurde, daß gerade diese Seite, die einer produktiven geistig-kulturellen Veranlagung nämlich, bei den Deutschen ganz besonders ausgebildet ist. Der „deutsche Tiefsinn" wird „der routinierten Flachheit" des Yankee gegenübergestellt, das „deutsche Gemüt" seiner „höflichen Herzenskälte", die „deutsche Religion" seinem „trockenen Sektenkram", das deutsche Persönlichkeitsgefühl" seinem „herdenmäßigen Parteitreiben", das „deutsche Gewissen" seinem „Humbug" und „Yankeetrick", das „deutsche Weinglas" seiner „Mäßigkeitsheuchelei", die „deutsche Sonntagslust" seinem „Sonntagsmuckertum" (158). Ein andermal wird von dem „schönen Natursinn" des Deutschen gesprochen im Gegensatz zu dem „lieblosen Yankeestil" (398), ein andermal von der Wahrhaftigkeit des Deutschen und den Lügnern Amerikas, seiner Keuschheit und der Frechheit des Yankee (465). Der Aufenthalt von Deutschen in Amerika bedeutet: als Fühlender unter Fühllosen, als Menschen mit „Herzen unter Ziffern" zu weilen, „Menschen unter Bestien" zu sein (466). Bis hinein in Natur und Sprache geht dieser Gegensatz. Die Blumen in Amerika haben keinen Duft wie die Europas. Die amerikanischen Sommernächte sind „kalt-schrill-hart", während durch die europäischen ein „schwärmerischer Zug", „eine zaubervolle, geistige Hellseherei" geht (419)1). Dann wird die „deutsche Sprache" dem „Mißlaut und der Gedankenarmut" des Yankee entgegengestellt. Oder die verschiedene Einstellung zur Mitwelt wird in ihrer Gegensätzlichkeit betont: in Europa „fühlt sich selbst der höchst Beamtete als ein Diener", „Ich sehe den Augenblick noch kommen, wo ich mich in Frankreich oder Italien ansiedle und Deutschland gänzlich verlasse. Denn die Deutschen sind ein plumpes, langweiliges Volk, kleinlich, rechthaberisch, störrisch, pedantisch, ohne Heiterkeit der geselligen Formen, ohne Anmut und Höflichkeit, ohne Naivität, ohne schöne Sinnlichkeit, ohne malerisches Kolorit des Volkslebens" (Briefe an eine Freundin, a. a. O. 16). Wenn Deutsch von einer „Haßliebe zu Wien" seitens Kürnbergers berichtet, so kann man in der Tat von einer solchen gerade auch zum Deutschen überhaupt sprechen. Über yankeeisierte Deutsche vgl. besonders Löher S. 400ff., 463f. Die Anekdote vom Bauer Martin ist, wie Mulfinger (346) nachwies, übernommen von Sealsfield („Morton oder die große Tour".) x ) Es kommt oft vor, daß Kürnberger wie hier ganz Europa in Gegensatz zu Amerika setzt. Doch wissen wir ja bereits, daß Deutschland ihm eine Art Mittelpunkt der europäischen Kultur bedeutet. Die Schilderung der undichterischen Natur Amerikas ist, besonders seit Lenau (s. o.) — bezüglich des fehlenden Blumenduftes und Vogelgesangs vor allem — fester Bestandteil vieler antiamerikanischer Schriften geworden. Vgl. u. a. noch Grund II, 202 Anm., Otto, 100, 107.

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II- Das Amerikabild Ferdinand Kürnbergers im „Amerika-Müden"

in Amerika „möchte der niedrigste Dienst gern für ein Amt gelten" (41 f). Auch das Fehlerhafte in der Veranlagung des Deutschen, sein „ B e h a r r e n " , das ihm jedes, auch das Minderwertige „zum R u h e p u n k t " werden läßt, wird in Gegensatz zum Yankee gestellt, der keinen Moment zu fixieren, sondern jeden zu überbieten strebt (155). Dem „deutschen Triebe des Beharrens" wird die amerikanische Auffassung entgegengesetzt, welche die Zufriedenheit mit dem jeweiligen Zustand als das „erste L a s t e r " empfindet (158)1). So ist nach allem dem kein größerer Gegensatz zu denken als der zwischen Deutschtum und Amerikanertum. Ist Deutschland das L a n d immer tätiger g e i s t i g e r Produktivität, so ist Amerika das Land des ausschließlichen Materialismus. Während der deutschen Nation dank der in ihr keimenden neuen K r ä f t e eine große Zukunft vorbehalten ist, sieht die amerikanische dank ihrer zerrütteten inneren Verhältnisse dem Untergang entgegen. Stellt der Deutsche den sittlich gefestigten, verantwortungsvollen und gläubigen Menschen dar, der zur großen und dauernden kulturellen T a t berufen scheint, so ist der Amerikaner, der Yankee, gerade der Zersetzende, Hemmende, zum geistigen, sittlichen Verfall und auch materiellen Ruin Hinführende, dessen Tun Verbrechen, dessen Wirkung Untergang ist. Nur Flucht und selbst das kaum, wie wir an Moorfeld sahen, kann den Andersgearteten, besonders den Deutschen, vor dem geistigen oder leiblichen Verderben retten, in das ihn dieses einheitliche, geschlossene und in seiner Masse erdrückende Kürnbergersche Amerikanertum hineinziehen muß. Nichts aber ist nach alledem verständlicher, als der Haß, dem der Deutsche in Amerika ausgesetzt ist, der es dem Amerikaner fast zur Pflicht zu machen scheint, diesen Deutschen, der nicht einmal eine starke Nation hinter sich hat (163), auszurotten: er ist begründet in der instinktiven Angst des niederen, von seinen Leidenschaften geknechteten und nur ihnen lebenden Menschen vor dem wirklich freien, entwickelten, produktiven Geistesmenschen 2 ).

4. Zusammenfassung. In der T a t — wenn wir uns rückschauend noch einmal Kürnbergers Amerikabild vergegenwärtigen — eines liegt klar vor Augen: es ist ein durchaus einheitliches Prinzip, das ihm dieses L a n d verkörpert. Jeder einzelne Gesichtspunkt, der einem Amerikabetrachter jener Zeit interessant scheinen Derartige Antithesen gehören bereits zum Handwerkszeug auch des antiamerikanischen Schrifttums vor Kürnberger. Vgl. besonders Gall I I : Der Deutsche sucht Menschlichkeit — der Amerikaner Geld (107). Der Deutsche freut sich über den „Triumph der Vernunft und der Menschenrechte" (anläßlich eines Sieges „der von einer Pfaffenregierung so schmählich unterdrückten Volker Südamerikas"), der Amerikaner rechnet „mit kalter Klugheit den baaren Vortheil vor", der Deutsche verehrt „den hohen Geist", der eine Dampfmaschine schuf, der Amerikaner hält den Erfinder „für einen nützlichen Mann" (108). Ähnliche Beispiele fanden wir bereits bei Grund, s. o. Vgl. auch Löher (etwa 531) u. a. 2 ) Vgl. Löher 474, der den Haß gegen die Deutschen ähnlich begründet. Der Deutsche habe „umfassendere Bildung", „höhere Weltanschauung" etc. „Gegen den deutschen Philosophen aber hat der Yankee eine Art von instinctmäßigem Haß", denn er fühlt, daß der Deutsche ihn, „den Eitlen und Unwissenden, den Humbuger und bloßen Kaufmann" verachten muß.

4. Zusammenfassung

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konnte, findet sich in dem diesem Prinzip entsprechenden Sinne eindeutig charakterisiert, ein Moment wird durch das andere gestützt und vor dem Leser des „Amerika-Müden" entsteht Zug um Zug ein Bild, das ebenso als Gesamtwerk wie in seinen Einzelheiten Wesen und Schicksal des westlichen Landes enthüllt: Materialismus und Untergang. Inhalt, Aufbau des Romanhaften, Sprachgebung, alles dient, dem deutschen Leser zweierlei herauszuarbeiten: Warnung vor dem fremden Land, Würdigung der Güter des eigenen. Denn diese beiden Gesichtspunkte sind es, die, wie wir sahen, den Inhalt der Kürnbergerschen Schrift bestimmen. Eine Warnung zunächst: alles was das öffentliche Leben der Vereinigten Staaten betrifft, ist als solche aufzufassen. Denn das geistige Leben, Staat und Bürger jener Welt, alles trägt eindeutig — in seiner Folgerichtigkeit großartig auch — ein ausschließlich materialistisches Gepräge, das aber heißt für Kürnberger, es trägt den Untergang in sich. Ein sittlich oder geistig bestimmtes Leben kann in einem solchen Staat nicht existieren: wir sahen, die Religion entwickelt sich zu einem Weltbild, in dem Weg und Ziel des Menschen das Materielle, Untermenschliche, Böse ist, und in der Kunst wird ohne Gestaltungsvermögen geistlos Materie auf Materie gehäuft. Andere ideelle Güter der Menschheit, wie die revolutionäre Zeit um 48 sie gerade in Amerika gesichert glaubte, „Freiheit" und „Gleichheit", auch sie haben hier keinen Ort: wohl garantiert die Verfassung die geistige und politische Freiheit, die rechtliche Gleichheit des Einzelnen, aber dank der Unreife der Amerikaner für solche Güter ist nur Verwirrung und Entsittlichung die Folge, die Auflösung der Vereinigten Staaten, ihr Ende in Despotismus und Anarchie steht unmittelbar bevor. Wie so alles, was das amerikanische Leben charakterisiert, auch wenn es ursprünglich europäischen Verhältnissen entlehnt wurde, drüben seinen Sinn völlig verliert, so weist Kürnberger mit besonderem Nachdruck auf die folgenschwerste dieser Umkehrungen: auf die amerikanische Justiz, deren Tendenz, konsequent und wirksam, der Schutz des Unrechts ist. Nicht nur Amerikas Bestand selber ist durch diese „Rechtspflege" in augenfälliger Weise bedroht, gerade auch von ihr ist das unabwendbare Verderben der deutschen Einwanderer abzuleiten. Denn gehen diese in dem westlichen Lande dank seiner inneren Zerrüttung schon an und für sich einer trüben Zukunft entgegen, die unbeschränkte Herrschaft des Unrechts bewirkt es, daß bereits kurze Zeit nach Betreten amerikanischen Bodens der Deutsche völlig ruiniert und dem Untergange ausgeliefert ist. Schuld aber an allen diesen Verhältnissen ist der, welcher sie sich schuf, der Kürnbergersche Amerikaner. Materialist, Egoist von Natur, ist seine ganze Erziehung so angelegt, daß nur die diesen Grundeigenschaften entsprechenden Leidenschaften in ihm gezüchtet werden. Heuchelei, eine maßlose Eitelkeit und Uberschätzung seiner Person und seines Landes, und das verbunden mit einem Mangel an allen Gefühls- und Gemütskräften überhaupt, kennzeichnen ihn. Dazu ist fast jede seiner Lebensäußerungen eine abstoßende Unerzogenheit, die freilich der rohen Geschmacklosigkeit seiner von ihm geschaffenen Umgebung entspricht. Über die Grenzen der engen eigenen Interessen hinauszugehen ist ihm, dem Egoisten, verwehrt, und so

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II- D a s Amerikabild Ferdinand Kürnbergers im „Amerika-Müden"

ist sein Verhältnis selbst zu den nächsten Angehörigen voll Kälte oder besteht in brutaler Ausnutzung. Für seine Wirksamkeit aber ist dieses: die Ausnutzung des Nächsten mit jedem zu Gebote stehenden Mittel, sei es gleich das verworfenste, der einzig leitende Gedanke. Betrug, Meineid, Rohheit und List sind das Handwerkzeug dieser Kürnbergerschen Gestalten, ein Handwerkzeug, das selbst der Staat nicht verschmäht, wenn es seinen Vorteil gilt, und das dem schadenfrohen Kürnbergerschen „Yankee" unter Umständen zum Selbstzweck wird. Da alle technischen Großtaten auf solchem schwankenden Grund aufgebaut sind, da der Tieferschauende die Armen und Ausgesogenen, deren Untergang diese scheinbaren Werte wachsen ließ, kennt, ist selbst hier nichts Dauerndes geschaffen, das etwa mit dem amerikanischen Wesen versöhnen könnte. Die verhängnisvollste Wirkung aber dieses amerikanischen Geistes ist sein zersetzender Einfluß auf das gerade, was wahrhafte Werte schöpferisch hervorzubringen weiß. Nicht nur verliert das ursprünglich Sinnvolle und Gute, das man von Europa übernahm, unter seinem zerstörenden Einfluß seinen Sinn und wird zum Dienst des gemeinen amerikanischen Materialismus herabgezogen, wie wir es bei der Religion, der Kunst, den Idealen der Freiheit und Gleichheit, dem Rechte sahen, weit verderblicher sieht Kürnberger Amerikas Einfluß: die schöpferische Kraft selber versagt, die Reinheit der vom westlichen Materialismus noch unberührten Menschen wird verdorben. So greift die verneinende Kraft des amerikanischen Volksgeistes weit über die Grenzen des eigenen Bodens hinaus. Nicht der Untergang nur Nordamerikas ist durch ihn bedingt, der gesamten Menschheit bedeutet Amerika eine ungeheure Gefahr, die erkannt werden muß, soll nicht ein überhandnehmendes Eindringen jenes Geistes alle Entwicklung dem Niedergang zutreiben. Ist aber diese Gefahr in ihrem ganzen Umfang erkannt, so liegt auch ein Anderes klar auf der Hand: die Erkenntnis des Deutschtums und seines Wertes. Dieser zweite leitende Gesichtspunkt bedurfte nicht langer Erörterungen, wenigstens nicht in dem Maße, wie es die Begründung des Amerikabildes bedurfte. Eine leise Hindeutung auf die dem deutschen Leser des „Amerika-Müden" vertrauten Entwicklungen, eindrucksvoll geprägte, fast leitmotivisch wiederkehrende Kontrastwirkungen, die in der eigentümlich knappen, oft ironisierenden Ausdrucksweise des Kritikers nie ohne Wirkung sind, genügten Kürnberger, um den dunklen, abgründigen Kräften des Westens die ihnen entgegengesetzten, klaren und aufwärtsstrebenden gegenüberzustellen, wie er sie im deutschen Wesen zu erkennen glaubte. Im Gegensatz zum Materialismus Amerikas ist ihm das Deutschtum charakterisiert durch seine Fähigkeit, das Materielle mit ideellen Werten zu durchdringen durch die jedem Deutschen angeborene Schöpferkraft. Und entsprechend sieht er das Schicksal Deutschlands im Gegensatz zum Untergang des westlichen Staates in einem unerhörten Aufschwung der künftig geeinten Nation, die unter den übrigen Nationen der Erde eine ihrer überragenden geistigen Kultur entsprechende Stellung einnehmen wird.

Schluß. Fragt man sich nun, was an diesem ganzen abschreckenden Gemälde, das der „Amerika-Müde" von dem westlichen Staate zeichnet, neu ist, um so die Bedeutung Kürnbergers für das amerikanische Problem im deutschen Schrifttum klarer abzugrenzen, so kommt man zunächst in einen eigentümlichen Konflikt. Wir sahen, neu eigentlich ist keiner dieser Gedankengänge im einzelnen, ja es konnte gezeigt werden, daß die antiamerikanische Literatur etwa aus romantischem Weltbild vielfach ihre ausschließliche Ablehnung begrifflich klarer fundierte; wesentlich neu ist auch keine der einzelnen Anekdoten, die, eingestreut in die romanhafte Entwicklung, zur Charakteristik des Landes dienen; es konnte nachgewiesen werden, daß sie vielfach der Auswandererliteratur einfach entnommen wurden, und ungezählt finden sich dort Anekdoten, die, von gleichem Geist getragen, unter Umständen noch stärker die zerstörenden Leidenschaften des Amerikaners darzustellen geeignet wären. Dennoch ist es keine Frage, daß im „Amerika-Müden" für das Auftreten des amerikanischen Kulturproblems in der deutschen Literatur in der Tat etwas Neues, bisher in dieser Art nicht Dagewesenes vorliegt. Nicht in den einzelnen Problemen allerdings liegt dieses Neuartige, sondern in zwei anderen Momenten vor allem: in der Zusammenfassung des gesamten Problemkreises der antiamerikanischen Schriften einerseits, in der ausgesprochenen kritischen Begabung Kürnbergers selber andererseits, die gerade einem solchen Problem stilistisch, technisch überhaupt, in besonderem Maße gewachsen war. Bisher hatte noch jede Kritik größeren Stils an Amerika das kulturelle Problem in den Mittelpunkt gestellt: die klassizistische Periode, die vorherrschenden romantischen Ideen im Zeitalter der Reaktion, wo Amerika zum ersten Mal als historische Kraft, als Prinzip gesehen wurde, die Enttäuschten der Revolutionszeit, ihnen allen gemeinsam bei ihrer Stellung zu Amerika war die Kritik am geistigen und sittlichen Leben, an der Kultur dieses Landes überhaupt. Und zudem •— und wir sahen, wie stark gerade dieses auch benutzt wurde — lag eine Fülle von trüben Auswanderererfahrungen vor, die dazu dienen konnten, von einem ganz anderen, aber entsprechend verwandt, nicht minder überzeugenden Gesichtspunkt, die „Wahrheit" über Amerika zu sagen. Das alles fand Kürnberger vor, ebenso wie ihm die Argumente des gegnerischen Lagers klar vor Augen lagen, wie sie der Freiheitsenthusiasmus zur Zeit des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges und der französischen Revolution, die der europäischen Zivilisation Müdegewordenen des weiteren romantischen Kreises und jene politischen Revolutionäre der vorachtundvierziger Zeit gebracht hatten, die ihre Ideale im Westen gesichert glaubten. Alles das wurde erstmalig von Kürnberger zusammengefaßt, und zwar in der einzig möglichen Weise, in der sich die Diskussion über so verschiedene Gesichtspunkte: die der positiven wie die der negativen Amerikabewertung, die der geistig, der politisch

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Schluß

wie die der wirtschaftlich Interessierten überhaupt für eine durchgreifende breitere Wirkung, aufweiche die Tendenzschrift rechnen mußte, zusammenfassen läßt: im Roman. Es ist darauf hingewiesen worden, wie der Aufbau des Romans in diesem Sinne geschah: wie erst allmählich der in allen seinen verschiedenen Abstufungen charakterisierte Amerikaenthusiasmus — Moorfeld als geistig-kulturell, Benthal als politisch, die übrigen deutschen Einwanderer als wirtschaftlich Suchende — zu Fall kommt, in der giftigen Atmosphäre Amerikas zu seelischem oder wirtschaftlichem Ruin führt, wie erst allmählich aus dem hellen, freudigen Bild, das eine „falsche" Phantasie für Amerika hielt, jenes abgründige, verderbliche Dunkel wird, aus dem sich freilich — ganz in der üblichen Schwarz-weißmalerei der Tendenzschrift — um so heller das Bild des Kürnbergerschen Deutschtums abhebt. Aber daß diese romanhafte Zusammenfassung der Amerikabeurteilungen einer langen Periode mit ihrem aus der Stimmung der nachachtundvierziger Jahre verständlichen scharf antiamerikanischen Charakter, die Wirkung hatte, die ihr tatsächlich beschieden war 1 ), daß sie alle ähnlichen Versuche der vorhergehenden Zeit weit hinter sich ließ 2 ), das hat nicht zuletzt seinen Grund in der besonderen kritischen Begabung des Verfassers. Hier lag ihm ein Problem vor, dessen Bearbeitung gerade diese Fähigkeit vor allem voraussetzen mußte. Denn nicht um das Werk eines epischen Künstlers handelt es sich hier, das, breit angelegt, aus vielen scheinbar wahllos herangezogenen Geschehnissen, unter allen Umständen doch irgendwie einer Entwicklung zustrebt, sondern um die Kritik, die Analyse eines von vornherein fertigen Gegenstandes. Was scheinbar dennoch an Entwicklung vorhanden ist, die des Moorfeld etwa, die sich durch den ganzen Roman zieht, oder die der übrigen Gestalten, das ist alles nur Mittel, diese Kritik lebendig zu machen, sei es in direkter Weise, indem diese Figuren als bloße Betrachter die dunklen Seiten des westlichen Kontinents sehen und sagen, sei es indirekt, indem diese Schattenseiten sich im Schicksal derselben wiederspiegeln. Einer solchen ausgesprochen kritischen Aufgabe aber mußte gerade die Kürnbergersche Technik im besonderem Maße gewachsen sein. Alles, was seine Eigenheit ausmacht, ist hier an seinem Platz: es sei nur auf die knappe, zusammengeballte Ausdrucksweise hingewiesen, die, an entscheidender Stelle angewandt, wie durch einen Faustschlag die gegnerische Amerikaschwärmerei vernichtet, oder auf seine beißende Ironie, jenen „echten Henkerstil 3 ), die, besonders durch das Hauptmittel der 1 ) Deutsch berichtet in seinem „Nachwort" zum „Amerika-Müden" (a. a. O. S. 577), daß der Verleger des Romans (s. o.) durch ihn den Verlust auszugleichen hoffte, den sein Verlag dem kurz vorher erschienen „Ekkehard" von Scheffel zu verdanken hatte. Tatsächlich scheint der erste Erfolg ein sehr großer gewesen zu sein, indem die erste Auflage in wenigen Jahren vergriffen war. Daß die Popularität Kürnbergers, soweit von einer solchen überhaupt gesprochen werden kann, z. T. gerade auf dem „Amerika-Müden" beruht, beweisen auch die Berichte Kürnbergers, der auf seinen Reisen vielfach gerade als Verfasser dieses Werkes begrüßt wurde. Vgl. „Briefe an eine Freundin" a. a. O. S. 191, 222. 2 ) Schefer, s. o. 4 ) Eine interessante Charakteristik von dem Stil eines seiner erfolgreichsten Feuilletons aus dem Jahre 1870 gibt Kürnberger in einem seiner „Briefe an eine Freundin" (a. a. O. S. 88): „ E s ist wieder ein echter Kürnberger! Es sagt stark und ganz, was die Phrase nur phrasenhaft und halb s a g t . . . . Es ist jene glühende Grobheit, welche vor lauter Glut — kaltblütig wird. Kurz, der echte Henker!"

Schluß

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Kürnbergerschen Stiltechnik überhaupt, den Kontrast, nie ihre Wirkung verfehlt; und nicht zuletzt auch auf die eigentümlichen Bilder- und Wortspiele, die scheinbar fremdartiges durch einen sinnlosen, äußeren Zusammenhang nebeneinandersetzen und dadurch gerade einen überraschenden, meist ebenfalls ironischen Sinn enthüllen. Alle diese Besonderheiten des tatsächlich sehr reizvollen Kürnbergerschen Stils, der später in den vielen Feuilletons und Kritiken der weiteren journalistischen Tätigkeit wahre Meisterstücke geliefert hat 1 ), können in diesem Zusammenhang gerade nur gestreift werden. Jedenfalls ist eine der Hauptursachen dafür, daß die Aufgabe, die sich der „Amerika-Müde" stellt, durchaus gelöst, und wirksam gelöst scheint, gerade auch hier zu suchen: in dem Zusammenstimmen des besonderen kritischen Stils Kürnbergers mit dem Problem des Romans, das gerade eine Kritik in den Mittelpunkt stellt. Noch heute wird von einem großen Teil des deutschen Schrifttums die Frage nach Amerikas Teil am kulturellen Leben der Gegenwart und der Zukunft gestellt. Der ernsten Warnung vor dem eindringenden westlichen Wesen steht auch heute unbedingte Begeisterung und Offenheit entgegen — ein mehr als hundertjähriges Problem. Das literarische Rüstzeug der Feinde „amerikanischer Tendenzen" erstmalig gesammelt, es dank der Eigenart seiner ausgesprochenen kritischen Begabung zu einer wirksamen, eindeutigen Warnung gestaltet zu haben, das ist die Bedeutung des „AmerikaMüden" Ferdinand Kürnbergers. Vgl. Bd. I und II der von Deutsch herausgegebenen Werke. Kürnbergers Freunde haben ihn als Kritiker mit Lessing verglichen. Einen ähnlichen Vergleich, freilich mit Bezug auf seine dramatische Produktion bringt Kürnberger selber in einem Brief vom Jahre 1871 (dto. an eine Freundin S. 174): Bei seinem Lustspiel soll gekürzt werden. Kürnberger beruft sich auf „Minna von Barnhelm", und man erwidert ihm, heute schriebe man nicht mehr so. „Aber ist es an dem", so fährt er fort, „so bin ich selbst auch ein Alter und fühle meine ganze Unmöglichkeit, modern zu sein. Bei Lessing unter der Erde liegt meine Zeit." Äußerungen Kürnbergers über seinen Stil vgl. ebendort Einl. S. VII u. S. 208, 281.

9 Meyer, Nord-Amerika

Anhang. Versuch einer Bibliographie in Deutschland erschienener Schriften über die Vereinigten Staaten von Nordamerika vom Beginn des Unabhängigkeitskrieges bis zur Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. I. Historisch-politische Schriften II. Reisebeschreibungen III. Auswandererliteratur A. Allgemeine Schriften über Auswanderung nach Nordamerika 1. Organisationsbestrebungen und historische Auswandererliteratur 2. Ratgeber für Auswanderer 3. Beobachtungen und Reisebeschreibungen, mit besonderer Rücksicht auf Auswanderer veröffentlicht 4. Veröffentlichte Briefe aus Nordamerika 5. Der Deutsche in Nordamerika B. Schriften über Auswanderung nach einzelnen Staaten Nordamerikas 1. Californien 2. Michigan 3. Missouri und Illinois 4. Pennsylvanien 5. Texas 6. Wisconsin 7. Verschiedene Staaten IV. Allgemeines über Nordamerika 1. Sitten, Volk und Leben 2. Erzählungen und Novellen 3. Zeitschriften V. Deutsche Ubersetzungen fremdsprachlicher Amerikaliteratur. A. Ubersetzungen aus dem Englischen 1. Historisch-politische Schriften 2. Reiseliteratur 3. Volk und Leben in Nordamerika 4. Erzählende Literatur B. Übersetzungen aus dem Französischen 1. Die nordamerikanische Demokratie 2. Biographien 3. Reiseliteratur 4. Briefe 5. Bilder und Erinnerungen aus Nordamerika C. Übersetzungen aus anderen Sprachen 1. Übersetzungen aus dem Dänischen 2. Übersetzungen aus dem Italienischen 3. Übersetzungen aus dem Schwedischen 4. Übersetzungen aus dem Spanischen VI. Benutzte Bibliographien 9*

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I. Historisch - politische Schriften. 1776. B a u m a i i i i , L u d w . Adolph. A b r i ß der S t a a t s v e r f a s s u n g der v o r n e h m s t e n L ä n d e r i n Amerika. N e b s t einem A n h a n g e von den nördlichen Polarländern. B r a n d e n b u r g 1776. N o r d a m e r i k a , historisch u n d geographisch beschrieben, aus zuverlässigen Nachrichten. 4 Bde. H a m b u r g 1776. S c h i r a c h , G. B. v. Historisch-statistische Notiz der Großbrittanischen Colonien in America, m i t politischen A n m e r k u n g e n , die gegenwärtigen americanischen U n r u h e n b e t r e f f e n d . F r f t . u. Lpz. 1776. S p r e n g e l , M. Chr. Schilderung der großbritannischen Colonien, m . e. Tabelle. Göttingen 1776. — Schilderung der großbritannischen Colonien. Göttingen 1776. 1777. — Briefe ü b e r den gegenwärtigen Z u s t a n d v o n N o r d a m e r i k a . Göttingen 1777. K u r z e Schilderung der Großbrittanischen Colonien in Nordamerica. Göttingen 1777. A c h e n w a l l , G o t t f r i e d . Einige A n m e r k u n g e n ü b e r N o r d - A m e r i k a u n d ü b e r dasige Großbrittanische Colonien. Aus m ü n d l i c h e n N a c h r i c h t e n des H e r r n D. F r a n k l i n s v e r f a ß t . N e b s t H . J o h n Wesleys Schrift v o n den Streitigkeiten m i t den Colonien in Amerika. H e l m s t e d t 1777. L ö w e , A n d r . F . Historisch-geographische Beschreibung der zwölf vereinigten Kolonien v o n N o r d a m e r i k a . N e b s t einer Schilderung des gegenwärtigen Zustandes v o n G r o ß b r i t a n n i e n . B u n z l a u 1777. Nord-Amerika. H i s t o r i s c h u n d geographisch b e s c h r i e b e n . . . H a m b u r g 1777. 4 Bde. 1778. N a c h r i c h t e n u n d E r i n n e r u n g e n a n verschiedene deutsche Völker, die v o n ihren F ü r s t e n n a c h A m e r i k a geschickt worden sind. s. 1. 1778. K u r z g e f a ß t e historisch-geographische N a c h r i c h t e n v o n den Englischen Kolonien in N o r d a m e r i k a bis auf jetzige Zeiten. H a m b u r g 1778. 1779. A b h a n d l u n g e n ü b e r die Kolonien ü b e r h a u p t , u n d die amerikanischen besonders. B e r n 1779. Historische B e t r a c h t u n g e n der Englischen Amerikanischen Colonien. B o n n 1779. 1780. C a m p e . Die E n t d e c k u n g v o n A m e r i k a . . . H a m b g . 1780—81. 3 Bde. 1781. K o c h , I. G. F . Versuch eines Kriegs-Rechts der Neger in A f r i k a u n d der I n d i a n e r i n A m e r i k a . T ü b i n g e n 1781. R i n g , F . D . K u r z g e f a ß t e Geschichte der drey ersten E n t d e c k e r v o n Amerika. F r k f . 1781. S c h e i b l e r , Carl Friedrich. Reisen, E n t d e c k u n g e n u n d U n t e r n e h m u n g e n des Schiffs-Capitain J o h a n n S c h m i d t oder J o h n S m i t h ; welche den w a h r e n U r s p r u n g derer E n g l i s c h e n Colonien in Nord-Amerika b e w i r k t h a b e n , u n d i h n deutlich vor Augen stellen: G r ö ß t e n t h e i l s aus desselben eigenen Schriften. Berl. 1781. 1782. S c h m o h l , I. Chr. Über N o r d a m e r i k a u n d D e m o k r a t i e . K o p e n h . 1782. S p r e n g e l , M a t t h . Chr. A b h a n d l u n g ü b e r d e n jetzigen nordamerikanischen Krieg u n d dessen Folgen f ü r E n g l a n d u n d F r a n k r e i c h . Lpz. 1782. S p r e n g e l . Geschichte der E u r o p ä e r in N o r d a m e r i k a . Lpz. 1782. 1783. K u r z e Beschreibung der 13 u n a b h ä n g i g e n nordamerikanischen S t a a t e n ; aus den englischen Quellen. K ö l n 1783. L e b e n u n d T a t e n G. W a s h i n g t o n s , m i t einem Abriß des nordamerikanischen Freis t a a t s . H a m b u r g 1783. 1784. C r o m e , A . F r . W . E t w a s ü b e r die Größe, V o l k s m e n g e , K l i m a usw. des a u f b l ü h e n d e n N o r d a m e r i k a n i s c h e n F r e i s t a a t s . Dessau 1784. F o r s t e r . Geschichte der E n t d e c k u n g e n u n d S c h i f f a h r t e n i m Norden. F r f t . 1784. G e i s l e r , A d a m Friedrich. K u r z e C h a r a k t e r - u n d Thatenschilderungen v o n h u n d e r t u n d siebenundfünfzig sich in letztern amerikanischen Krieg vorzüglich ausgezeichneter brittischer Offiziere wie a u c h einiger Offiziere v o n den deutschen H ü l f s t r u p p e n . Dresden u n d Leipzig 1784. Vorstellung der S t a a t s v e r ä n d e r u n g in N o r d a m e r i k a , m i t d e n R e f l e k t i o n e n eines Engländers. 2. Aufl. B e r n 1784.

I . Historisch-politische Schriften

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1784. Historisch-geographische Beschreibung v o n Amerika f ü r J ü n g l i n g e . N ü r n b e r g 1784. ( J u g e n d s c h r i f t anläßlich der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten S t a a t e n . Verfasser der Hauslehrer des F r e i h e r r n A n t o n von Beulwitz.) M o s e r , J . Nord-America n a c h den Friedensschlüssen v o m J a h r 1783. N e b s t l . einem V o r b e r i c h t v o n America ü b e r h a u p t , 2. einigen Charten, u n d 3. einem hinlänglichen Register. Leipzig 1784—85. 3 Bde. 1785. S p r e n g e l , M a t t h . Chr. Geschichte der Revolution in N o r d - A m e r i k a . Speier 1785 (1788). 1786. V e i t h u s e n , I . K . N a c h r i c h t e n v o n der evangelischen Kirchenverfassung in N o r d karolina. H e i m s t . 1786. 1787. Abbildung Nordamericanischer L ä n d e r u n d Eingebohrner Wilden, d a b e y die E r d Beschreybung u n d N a t u r - S e l t e n h e i t e n der dortigen Gegenden, a u c h die sonderb a h r e n G e b r ä u c h e des L a n d e s , E i n w o h n e r , die H a n d l u n g , Policey u n d R e g i m e n t s Verfassung. E r f u r t 1787. M e y e n , I. I . F r a n k l i n der Philosoph u n d S t a a t s m a n n . I n f ü n f Gesängen. AltS t e t t i n 1787. 1788. Briefe u n d Schriften der b e r ü h m t e s t e n Generale in Amerika; nebst deren Lebensbeschreibungen. Hrsg. v. I. Z i n n e r . Augsb. 1782. Dasselbe u n t e r dem T i t e l : „Beit r ä g e zur Geschichte des amerikanischen K r i e g e s . . . " 1. Tl. 1775—80; Phil. u . Lpz. 1788. 1789. Geschichte der Mission der evangelischen B r ü d e r unter den I n d i a n e r n in Norda m e r i k a d u r c h Georg H e i n r i c h Loskiel. B a r b y 1789. 1794. Historisch-geographische Beschreibung v o n Amerika f ü r Jünglinge. N ü r n b e r g 1794. 1795. Geschichte der E n t d e c k u n g von Amerika. E i n durchaus verständliches L e s e b u c h f ü r J e d e r m a n n . Halle 1795. M u r s i n n a , Friedr. Samuel. Geschichte der E n t d e c k u n g von Amerika. Halle 1795. S e i d e l , G. K . F . Die S t a a t s v e r f a s s u n g der Vereinigten S t a a t e n von N o r d a m e r i k a . Berlin 1795. 1796. Allgemeine Geschichte der b e r ü h m t e s t e n Königreiche u n d Freistaaten in u n d außerh a l b E u r o p a s (v. I . M i l b i l l e r ) . Tl. I I . 1. u. 2. B d . : Die vereinigten n o r d a m e r i k a nischen P r o v i n z e n . Lpz. 1796. 1797. B ü l o w , A d a m Heinrich Dietrich von. D e r F r e i s t a a t von Nordamerika in seinem n e u e s t e n Z u s t a n d . Berlin 1797. 2 Bde. 1799. E b e l i n g , D . C. E r d b e s c h r e i b u n g u n d Geschichte von Amerika. 5 Bde. H a m b u r g 1793—1799. Z i m m e r m a n n , E . A. W . F r a n k r e i c h u n d die Freistaaten von N o r d a m e r i k a . 1. B d . Berlin 1795. 2. B d . Braunschweig 1799. 1800. G e n t z , Friedrich. D e r U r s p r u n g u n d die Grundsätze der amerikanischen R e v o lution, verglichen m i t d e m U r s p r ü n g e u n d den Grundsätzen der Französischen. Berlin 1800. Historisches J o u r n a l . H r s g . v. Gentz. Bd. 2. R i e d e s e l , Friedr. Ad. u n d Frederica Charlotte Louise. Auszüge aus den Briefen u n d Papieren des Generals F r e y h e r r n von Riedesel und Seiner Gemalinn, geborenen v o n Massow. I h r e beyderseitige Reise n a c h America u n d ihren dortigen A u f e n t h a l t b e t r e f f e n d . Z u s a m m e n g e t r a g e n u n d geordnet von ihrem Schwiegersohne Heinrich d e m X L I V . Grafen R e u ß . G e d r u c k t als Manuskript f ü r die Familie. Berlin 1800. W i e d e r g e d r u c k t u n t e r dem T i t e l : Die Berufsreise nach America. Briefe der Generalin v o n Riedesel auf dieser Reise u n d w ä h r e n d ihres 6jährigen Aufenthalts in America zur Zeit des dortigen Krieges in den J a h r e n 1776—1783 nach D e u t s c h l a n d geschrieben. Berlin 1800. 1802. M i c h a e l e r , K . Ü b e r die ältesten Völkerstämme u n d ihre W a n d e r u n g e n n e b s t V e r p f l a n z u n g n a c h Amerika. W i e n 1802. K u t s c h e r , F r . I. Amerika, n a c h seiner ehemaligen u n d jetzigen Verfassimg d a r gestellt, n a c h den besten Geschichts- u n d Reisebeschreibungen. Schleswig 1802—5. 3 Bde. 1804. C o l u m b u s , E p h . E n t d e c k u n g v o n Amerika. E i n nützl. Lesebuch f ü r die J u g e n d . V o m Verf. Cooks Reise u m die Welt. Altona 1804. (2. Aufl. 1826.) Gallerie aller m e r k w ü r d i g e n Menschen, die in der Welt gelebt h a b e n . (Von F . M u r s i n n a . ) B d . X I V . W a s h i n g t o n . Chemnitz 1797—1804. 1806. B a u e r . F r a n k l i n u n d W a s h i n g t o n , oder Sammlung der merkwürdigsten b e k a n n t e n Züge aus d e m L e b e n dieser Männer. Berlin 1806.

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Anhang

1807. L o u i s ( = J . L. Gösch). W a s h i n g t o n u n d die französische Revolution. Gießen 1807. 1809. G r e g o i r e . Ü b e r die L i t e r a t u r der Neger. T ü b i n g e n 1809. 1810. L o u i s (— J . L . Gösch.) W a s h i n g t o n u n d die amerikanische Revolution. Gießen 1810. 3 Bde. (1817 u n t e r d e m T i t e l : „ W a s h i n g t o n u n d die Befreiung der n o r d amerikanischen F r e i s t a a t e n . " ) 1815. H a s s e l , G. K u n d e v o n A m e r i k a . 1. B d . : A m e r i k a ü b e r h a u p t , u n d N o r d a m e r i k a . Mit Charten. W e i m a r 1815. S a n t o n , J . Denkwürdiges Gespräch zwischen F r a n k l i n u n d W a s h i n g t o n . Königsberg 1815. 1818. N o r d a m e r i k a oder neuestes Gemälde der n o r d a m e r i k a n i s c h e n F r e i s t a a t e n . Von einem W ü r t t e m b e r g e r . T ü b i n g e n 1818. 1820. S c h m i d t - P h i s e l d e k , Conr. Friedr. von. E u r o p a u n d Amerika oder die k ü n f t i g e n Verhältnisse der civilisierten Welt. K o p e n h a g e n 1820. 2 Bde. S a r t o r i , F . Überlieferungen aus der neuen W e l t , oder die S t a a t e n , Kolonien u n d Völker jenseit des Meeres, der S c h a u p l a t z gewaltiger Ereignisse, das A u g e n m e r k v o n ganz E u r o p a . N a c h den j ü n g s t e n Entdeckungsreisen u n d interessantesten Gem ä l d e n . B r ü n n , 1820. 2 Bde. 6 H f t e . 1822. S c h m i d t , Friedrich. Versuch ü b e r den politischen u n d moralischen Z u s t a n d der Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d - A m e r i k a i m J a h r 1821. S t u t t g . u. T ü b . 1822. 2 Bde. 1823. H ü l s e m a n n , J o h . Georg. Geschichte der D e m o k r a t i e in den Vereinigten S t a a t e n v o n Nord-America. Göttingen 1823. Georg W a s h i n g t o n ' s Biographie. Chemnitz 1823. 1824. M o h l , R . von. D a s B u n d e s - S t a a t s r e c h t der Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d - A m e r i k a . S t u t t g . u . T ü b . 1824. R ö d i n g , C. N. A m e r i k a in seiner gegenwärtigen politischen Gestalt, n a c h den neuesten, zuverlässigen Originalquellen, m i t Berücksichtigung des m e r k a n t i l e n Bedürfnisses b e a r b e i t e t . H a m b u r g 1824. (Dasselbe in den J a h r e n 1829 u n d 1831.) 1826. — Übersicht der in A m e r i k a b e s t e h e n d e n S t a a t e n u n d Colonien im J a h r e 1826. H a m b u r g 1826. P o e l i t z , K a r l H e i n r . L u d w . Die S t a a t e n s y s t e m e E u r o p a s u n d Amerikas seit d e m J a h r e 1783. Geschichtlich-politisch dargestellt. Lpz. 1826. 2 Bde. W i d e n m a n n , E d . Die n o r d a m e r i k a n i s c h e R e v o l u t i o n u n d ihre Folgen. E i n Versuch. E r l a n g e n 1826. 1827. P h i l i p p i , K . F. Geschichte der Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a . 3 Bdchen. Dresden 1827. (2. Aufl.) 1828. B ü t t n e r . Der A m e r i k a n e r . E i n e Selbstbiographie J o h a n n Carl B ü t t n e r s , ehemaligen n o r d a m e r i k a n i s c h e n Kriegers. 2 A u f l . Camenz 1828. E v e r e t t . A m e r i k a , oder allgemeiner Überblick der politischen Lage der verschiedenen S t a a t e n des westlichen F e s t l a n d e s n e b s t V e r m u t h u n g e n ü b e r deren k ü n f tiges Schicksal. Übers. H a m b g . 1828. 2 Bde. L i p s , Michael. S t a t i s t i k v o n A m e r i k a , oder Versuch einer historisch-pragmatischen u n d raisonierenden Darstellung des politischen u n d bürgerlichen Zustandes der n e u e n S t a a t e n - K ö r p e r v o n A m e r i k a . F r f t . 1828. 1829. D i r c k i n c k - H o l m f e l d , C. v. G r o ß b r i t a n n i e n s u n d der vereinigten S t a a t e n neuere Handelspolitik. Mit Beziehung auf die G r u n d s ä t z e des Canningschen Ministeriums. K o p e n h a g e n 1829. H u g o , Gust. W l h . J a h r b ü c h e r der Geschichte v o n Amerika (1492—1829). Karlsr u h e 1829. K o r t ü m , F r . Geschichte der N o r d a m e r i k a n i s c h e n R e v o l u t i o n , oder des zweiten Englischen Bürgerkrieges. Zürich 1829. 1831. B r a u n s , E . L . D a s liberale S y s t e m oder das freie B ü r g e r t h u m in seiner höchsten E n t f a l t u n g ; in einem Gemälde des B u n d e s s t a a t e s von N o r d a m e r i k a p r a k t i s c h dargestellt. P o t s d a m 1831—33. 2 Bde. (Auch u n t e r d e m Titel: „ A m e r i k a u n d die m o derne V ö l k e r w a n d e r u n g " . ) 1832. A r r o w s m i t h , A. Neuer Zeitungsatlas v o n Amerika. N a c h den besten Originalquellen u n d den letzten politischen V e r t r ä g e n entworfen. Lpz. 1832. K u f a h l , Ludwig. Die Geschichte der Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a , v o n der E n t d e c k u n g des Landes bis auf die n e u e s t e Zeit. Berlin 1832—34. 3 Bde. 1833. D u d e n , G o t t f r i e d . E u r o p a u n d D e u t s c h l a n d v o n N o r d a m e r i k a aus b e t r a c h t e t , oder: Die europäische E n t w i c k l u n g i m 19. J a h r h u n d e r t in Bezug auf die Lage der Deutschen, n a c h einer P r ü f u n g i m i n n e r e n N o r d a m e r i k a . B o n n 1833—35. 2 Bde.

I. Historisch-politische Schriften

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1835. D u d e n , G o t t f r i e d . Einige B l ä t t e r des W e r k e s : E u r o p a u n d D e u t s c h l a n d etc. F ü r Besitzer v o n dessen a m e r i k a n i s c h e n Reisebericht besonders a b g e d r u c k t . B o n n 1835. G r u n d . M a r t i n v a n B u r e n als S t a a t s m a n n u n d künftiger P r ä s i d e n t der Vereinigten S t a a t e n v o n Nord-Amerika. 1835. 1836. B e n z e n b e r g , J . F r . D a s Anleihen in Frankreich, England u n d N o r d a m e r i k a v o m J a h r e 1792 bis z u m J a h r e 1836. Düsseldorf 1836. B i s s i n g , Friedrich. D a s Verfassungsrecht der vereinigten S t a a t e n N o r d - A m e r i k a s n a c h J a m e s K e n t , n e b s t der Verfassungsurkunde u n d einer statistischen Tabelle. Heidelberg 1836. 1837. D u d e n , G o t t f r i e d . Die n o r d a m e r i k a n i s c h e Demokratie u n d das v o n Tocqueville'sche W e r k d a r ü b e r , als Zeichen des Zustandes der theoretischen Politik. N e b s t einer Ä u ß e r u n g ü b e r Chevalier's nordamerikanische Briefe, insbesondere hinsichtlich der w a h r e n U r s a c h e n des B a n k s t r e i t e s u n d der neuesten Unfälle in d e m H a n d e l s leben. D u d e n s Selbstanklage wegen seines amerikanischen Reiseberichtes zur W a r n u n g vor f e r n e r e m leichtsinnigen A u s w a n d e r n . Bonn 1837. J u l i u s , Nik. H n r . Die amerikanischen Besserungs-Systeme, erörtert i n einem Sendschreiben a n W . Crawford, Generalinspektor der großbritannischen Gefängnisse. Lpz. 1837. 1838. B u s s , F . J . Ü b e r die V e r f a s s u n g s - U r k u n d e der Vereinigten S t a a t e n v o n NordAmerika. Historischer Theil, n a c h Story's Commentarien bearbeitet. Lpz. 1838. E i s n e r , H . B e f r e i u n g s k a m p f der nordamerikanischen Staaten. Mit Lebensbeschreibungen der vier b e r ü h m t e s t e n Männer desselben wie Washington, F r a n k l i n , L a f a y e t t e u n d Kosciuszko. N a c h d e n besten historisch-biographischen Quelle b e a r b e i t e t . S t u t t g . 1838. 1839. G r u n d , F . J . Die Aristokratie in Amerika, aus dem Tagebuche eines Deutschen E d e l m a n n e s . Mit den Bildnissen des Generals J a c k s o n u n d des P r ä s i d e n t e n v a n B u r e n . S t u t t g . u. T ü b . 1839. 2 Bde. 1841. F a b r i c i u s , J . F . Notizen ü b e r die E i n f ü h r u n g u n d erste Ausbreitung der B u c h d r u c k e r k u n s t i n Amerika. H a m b u r g 1841. 1842. B e r g , Olof. N o r d a m e r i k a s Stellung zum Q u i n t u p e l - T r a c t a t v o m 20. December 1841. E i n e Beleuchtung der Sklaven- u n d Handelsverhältnisse der Vereinigten S t a a t e n , als Versuch eines C o m m e n t a r s zur N o t e des General Cass d. d. Paris 13. F e b r u a r 1842. N a c h amtlichen D a t e n . Königsberg 1842. D a m a s c h k a , W . F r . Die E n t d e c k u n g v o n Amerika. — Christoph Columbus. Neu b e a r b . Mit Bildern. Hrsg. v . S a n d t n e r . P r a g 1842. G i l d e m e i s t e r , J . C. F . V e r f a h r e n u n d E r k e n n t n i ß des Bremischen Obergerichts in U n t e r s u c h u n g s s a c h e n wider den Capitain des Bremischen Schiffs J u l i u s u n d E d u a r d u n d Cons. wegen Sklavenhandels. Bremen 1842. F o r s t e r , F r . Christoph Columbus, der E n t d e c k e r der neuen Welt. E i n Volksbuch. B e a r b e i t e t n a c h den besten Originalquellen. Lpz. 1842, 43. G r u n d , F . J . D a s U n t e r s u c h u n g s r e c h t . Zur Beurtheilung der zwischen den Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a u n d der königl. großbritanischen Regierimg obschwebenden F r a g e . Lpz. 1842. 1843. B e r g , Olof. Sklaverei, Seeherrschaft u n d die Preußische Staatszeitung. E i n N a c h t r a g zu meiner Schrift : „ N o r d a m e r i k a s Stellung zum Quintupel-Tractat a m 20. December 1841." Königsberg 1843. E h r e n b e r g , H . von. Texas u n d die Revolution. Lpz. 1843. Zwey R e d e n über die E r h e b u n g der niederen Volksklassen. Frei n a c h den V o r t r ä g e n des H e r r n Channing, gehalten im J a h r e 1840 in der Halle des Arbeitervereins zu Boston in N o r d a m e r i k a . Zürich u n d W i n t e r t h u r 1843. T ü r k , C. Geschichtliche Studien. 1. B d . 2. Abt. : Die Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d amerika. R o s t o c k 1843. 1844. B e r g s t r ä ß e r , W . Die königlich sächsischen S t r a f a n s t a l t e n m i t Hinsicht auf die amerikanischen P ö n i t e n t i a r s y s t e m e . Insbesondere die S t r a f a n s t a l t e n zu H u b e r t u s burg, n e b s t einer Geschichte dieses Schlosses u n d Beschreibung seiner übrigen Anstalten.Lpz. 1844. B u s s , F . J . Vergleichendes B u n d e s s t a a t s r e c h t von Nordamerika u n d der Schweiz. K a r l s r u h e 1844. H e r m e s , K . H . Die E n t d e c k u n g von America durch die Isländer i m 10. u n d 11. J a h r h u n d e r t . Braunschweig 1844.

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Anhang

1845. R a u m e r , Friedr. v. Die vereinigten S t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a . Lpz. 1845. W e r n e r , G. Der nordamerikanische Freiheitskrieg. H a m b u r g 1845. 1846. B ü t t n e r , J . G. Geschichte der h o c h d e u t s c h e n reformierten Kirche in N o r d a m e r i k a . Schleiz 1846. H a l f e r n , A l b e r t von. Scenen aus den K ä m p f e n der I n d i a n e r Floridas gegen die Weißen; oder der L e t z t e der Seminolen. N e b s t R ü c k b l i c k auf die Z u s t ä n d e der Vereinigten S t a a t e n . L p z . 1846. H o f f m a n n , F . A. Die E n t d e c k u n g v o n A m e r i k a . N a c h den neuesten Quellen der J u g e n d erzählt. Wesel 1846. S p ä t e r : A b r a h a m Lincoln, der Befreier der Negersclaven. E i n e E r z ä h l u n g f ü r die J u g e n d . Breslau 1867. 1847. L ö h e r , F r a n z . Geschichte u n d Z u s t ä n d e der D e u t s c h e n in A m e r i k a . Cincinnati u n d Leipzig 1847. T a l v j (T. A. L. Robinson). Geschichte der Colonisation v o n N e u - E n g l a n d . Von den ersten Niederlassungen daselbst i m J a h r e 1607 bis zur E i n f ü h r u n g der Provinzialverfassung v o n Massachusetts im J a h r e 1692. N a c h den Quellen bearbeitet. Leipzig 1847. 1848. A b e k e n , H . Die R e p u b l i k in Nord-Amerika, o. O. 1848. B a a d e r , Friedr. Die Bundes-Verfassung, der Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a . E i n Beitrag zur Lösung der deutschen Verfassungsfrage. Berlin 1848. B e r g h a u s , H . K . W . s. u . A u s w a n d e r e r l i t e r a t u r : Allg. Schriften, 1848. B r o m m e , T r a u g . Die Verfassungen der Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d - A m e r i k a , der F r e i s t a a t e n P e n n s y l v a n i a u n d Texas, der Königreiche Belgien u n d Norwegen, die B u n d e s v e r f a s s u n g der Schweiz u n d die Englische S t a a t s v e r f a s s u n g zur B e a n t w o r t u n g der F r a g e ob Republik, ob konstituionelle M o n a r c h i e ? S t u t t g a r t 1848. Historische H a u s b i b l i o t h e k . B d . 10. Geschichte v o n N o r d a m e r i k a (1848) n a c h E . W i l l i a r d s . Leipzig 1848. K ö r b e r , Phil. Christoph Columbus der E n t d e c k e r der neuen Welt. Histor. E r zählung. F ü r die J u g e n d b e a r b e i t e t . N ü r n b e r g 1848. L u d v i g h , S. Licht- u n d Schattenbilder republikanischer Z u s t ä n d e w ä h r e n d einer Reise in den Vereinigten S t a a t e n , 1846—47. Leipzig 1848. — D a s Schwert der Revolution. Reise von New Y o r k n a c h Paris, H a m b u r g , Leipzig. 1847—48. s. 1. 1848. R ö n n e , v. D e n k s c h r i f t , die volkswirtschaftlichen B e s t i m m u n g e n der nordamerikanischen B u n d e s k o n s t i t u t i o n b e t r e f f e n d . Berlin 1848. T r o x l e r , J . P . V. Die Verfassung der Vereinigten S t a a t e n N o r d a m e r i k a ^ als Musterbild der schweizerischen B u n d e s r e f o r m . Mit V o r w o r t u n d E r l ä u t e r u n g e n . — Z u m N e u j a h r 1848. S c h a f f h a u s e n 1848. Die Verfassungen der Constitutionell-Monarchischen u n d Republicanischen S t a a t e n der Gegenwart. N a c h den Quellen zusammengestellt u n d m i t e r l ä u t e r n d e n Anm e r k u n g e n versehen v o n H o r w i t z . (2. L i e f e r u n g : N o r d a m e r i k a , Belgien, Norwegen.) Berlin 1848. Die V e r f a s s u n g s u r k u n d e n u n d Grundgesetze der S t a a t e n E u r o p a ' s , der Nordamerikanischen F r e i s t a a t e n u n d Brasiliens, welche gegenwärtig die Grundlage des öffentlichen R e c h t e s in diesen S t a a t e n bilden, hrsg. u. e r l ä u t e r t v o n Schubert. Königsberg 1848. Die Verfassung der Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a . Mit einer historischen Skizze des F r e i h e i t s k a m p f e s der A m e r i k a n e r begleitet. Z u n ä c h s t f ü r A u s w a n d e r n d e u n d f ü r A u s w a n d e r u n g sich Interessierende. Hrsg. v. W e i g e l . Leipzig 1848. Die Verfassungen der Vereinigten S t a a t e n v o n Nord-Amerika, des S t a a t e s New Y o r k , des Königreichs Norwegen u n d des Königreiches Belgien. Als A n h a n g der E n t w u r f der n e u e n preußischen Constitution. Berlin 1848. Z i e g l e r , A. Republikanische Licht- u n d S c h a t t e n s e i t e n oder die R e p u b l i k in D e u t s c h l a n d u n d die in den vereinigten S t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a . Dresden 1848. 1849. B ü t t n e r , J . G. s. u. A u s w a n d e r e r l i t e r a t u r : R a t g e b e r , 1849. R ö s i n g , J . Die N o r d a m e r i k a n i s c h e R e v o l u t i o n u n d das R e c h t der Völker z u m W i d e r s t a n d u n d zur R e v o l u t i o n . B r e m e n 1849. Die Verfassung der Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a . K r e u z n a c h 1849. 1850. S c h u b e r t , F . W . V e r f a s s u n g s u r k u n d e n u n d Grundgesetze der S t a a t e n E u r o p a s , der N o r d a m e r i k a n i s c h e n F r e i s t a a t e n u n d Brasiliens. Königsberg 1848—50. 2 Bde. G r o n e , C. v o n : Briefe ü b e r N o r d - A m e r i k a u n d Mexico u n d den zwischen beiden g e f ü h r t e n Krieg. Braunschweig 1850.

I I . Reisebeschreibungen

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1850. K o t t e n k a m p , F . Geschichte der Colonisation Amerikas. F r a n k f u r t a. M. 1850. 1851. B r a u n s , E . L. E u r o p a u n d N o r d a m e r i k a im Lichte der Gegenwart. G r i m m a 1851. Revolutions-Periode, oder Geschichte von den nordamerikanischen F r e i s t a a t e n bis auf unsere Zeit. B a m b e r g 1851. K ö r b e r , Phil. P a n t h e o n der Weltgeschichte f ü r die J u g e n d . Cyclus historischer E r z ä h l u n g e n aus der alten, m i t t l e r e n u n d neueren Geschichte. I n freier Reihenfolge bearbeitet. 1. J a h r g . : 1—3 Christoph Columbus, der E n t d e c k e r der n e u e n W e l t . N ü r n b e r g 1847—48. 4. J a h r g . : u. a. Die Familie W h a r t o n . E r z ä h l u n g aus d e m amerikanischen Befreiungskriege u n t e r W a s h i n g t o n . Nürnberg 1851. 1852. A n d r e e , C. A m e r i k a in geographischen u n d geschichtlichen Umrissen. Mit besonderer Berücksichtigung der Eingeborenen u n d der indianischen A l t e r t ü m e r , der E i n w a n d e r u n g u n d der Ansiedelungen, des Ackerbaues, der Gewerbe, der Schiffahrt u n d des H a n d e l s . Braunschweig 1851—52. 1853. B e t t z i e c h - B e t a , H . B e n j a m i n F r a n k l i n . Sein Leben, D e n k e n u n d Wirken. Leipzig 1853. R u p r e c h t , Theodor. B e n j a m i n F r a n k l i n s Leben und Schriften. Leipzig 1853. 1854. N a g e l , R . Geschichtliche E n t w i c k l u n g der Nord-Amerikanischen Union. Vorlesungen. Leipzig 1854. 1855. D ü t t e n h o f e r . Über die E m a n c i p a t i o n der Neger. Ein Versuch zur Aufstellung h u m a n e r Principien in dieser Frage. Nördlingen, 1855. G r i e b , Chr. F r . Sklavenleben in A m e r i k a : oder wunderbare Lebensschicksale eines auf britisches Gebiet e n t k o m m e n e n , ehemaligen Negersklaven, n a m e n s J o h n B r o w n . N a c h dessen eigenen W o r t e n deutsch wiedererzählt, sowie m i t einer Einleitung ü b e r den dermaligen S t a n d der Sklaven-Frage versehen. S t u t t g a r t 1855. R e i n m a n n , E . Die Vereinigten S t a a t e n im Übergänge vom S t a a t e n b u n d z u m B u n d e s s t a a t . W e i m a r , 1855. 1856. H a n d e l m a n n , H . Geschichte der Vereinigten Staaten. Kiel 1856. 1858. K a p p , F . L e b e n des amerikanischen Generals Friedrich Wilhelm v o n Steuben. Berlin 1858. — Die Sklavenfrage in den Vereinigten S t a a t e n . Geschichtlich entwickelt. Göttingen. New Y o r k 1858. 1859. F r ö b e l , Julius. America, E u r o p a u n d die politischen Gesichtspunkte der Gegenw a r t . Berlin 1859. K u n s t m a n n , F . Die E n t d e c k u n g Amerikas. Nach den ältesten Quellen geschichtlich dargestellt. M ü n c h e n 1859. 1860. M ü n c h , F r . Die Z u k u n f t v o n N o r d a m e r i k a und Blicke aus der neuen W e l t in die alte. B r e m e n 1860.

II. Reisebeschreibungen. 1788. S c h ö p f , J o h . D a v . Reise d u r c h einige der mittleren u n d südlichen vereinigten S t a a t e n n a c h Ost-Florida u n d den Bahama-Inseln in den J a h r e n 1783 u n d 84. E r langen 1788. 2 Bde. C a m p e . D a s I n t e r e s s a n t e s t e aus J o h . Carver's Reisen durch N o r d a m e r i k a . B r a u n schweig 1788. 1791. E h r m a n n , T . E . Geschichte der merkwürdigsten Reisen, welche seit d e m 12. J a h r h u n d e r t zu Wasser u n d zu L a n d e u n t e r n o m m e n worden sind. F r a n k f u r t 1791. 1795. Reisen n a c h der nordwestlichen K ü s t e von Amerika von den K a p i t ä n e n Meares, Dixon, Portlock u. a. N ü r n b e r g 1795. 1797. H e c k e w e l d e r , J . G. E . Reise von Bethlehem in Pensilvanien bis z u m W a b a s h f l u ß i m nordwestlichen Gebiet der Vereinigten S t a a t e n von N o r d a m e r i k a . Mit A n m e r k u n g e n herausgegeben von M. C. S p r e n g e l . Halle 1797. 1800. Reise v o n H a m b u r g n a c h Philadelphia. H a n n o v e r 1800. 1802. S a m m l u n g der besten u n d neuesten Reisebeschreibungen in einem ausführlichen Auszuge, worin eine genaue Nachricht von der Religion, Regierungsverfassung, H a n d l u n g , Sitten, natürlichen Geschichte u n d anderen merkwürdigen Dingen verschiedener L ä n d e r u n d Völker gegeben wird. Aus verschiedenen Sprachen zusammengetragen. Berlin 1774—1802. 35 Bde. (Bd. 11 bezügl. A n m . ) 1804. Reisen englischer Seefahrer nach den nordamerikanischen K ü s t e n u n d in das I n n e r e von N o r d a m e r i k a . Berlin 1804. 2 Bde.

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Anhang

1804. V o l n e y , C. F. Reisen d u r c h die Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a . Bd. 5 u n d 6 das „Magazin der neuesten u n d besten ausländischen Reisebeschreibungen". H a m b u r g 1804. 1808. B u h l e . Reisen d u r c h die Vereinigten S t a a t e n v o n Nord-Amerika. 2 Bde. N ü r n b e r g 1808. 1814. Reise eines R h e i n l ä n d e r s d u r c h die n o r d a m e r i k a n i s c h e n S t a a t e n , oder N a c h r i c h t e n und E r f a h r u n g e n über die vereinigten S t a a t e n v o n A m e r i k a . F r a n k f u r t a. M. 1814 (1824). 1818. S a c k , A. von. Beschreibung einer Reise n a c h S u r i n a m u n d des A u f e n t h a l t e s daselbst in den J a h r e n 1805,1806, sowie v o n des Verfassers R ü c k k e h r n a c h E u r o p a ü b e r Nord-Amerika. Berlin 1818. 1820. B ü c h l e r , J . U. L a n d - u n d Seereisen eines St. Gallischen K a n t o n b ü r g e r s n a c h Nordamerika u n d Westindien, ü b e r A m s t e r d a m u n d Baltimore etc. in den J a h r e n 1816, 1817 u n d 1818. St. Gallen 1820. (2. A u f l . Chur [183-]). E r n s t , F . B e m e r k u n g e n auf einer Reise d u r c h das I n n e r e der Vereinigten S t a a t e n von N o r d - A m e r i k a im J a h r e 1819. N e b s t einer Übersetzung der Constitution des Illinois-Staats. Hildesheim 1820. H e c k e , J . Valentin. Reise d u r c h die Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a i n den J a h r e n 1818 u n d 1819. N e b s t einer k u r z e n Ü b e r s i c h t der neuesten Ereignisse auf dem Kriegsschauplatz in Süd-Amerika u n d W e s t - I n d i e n . Berlin 1820—21. K e a t i n g , W l h . Forschungsreise in die nördlichen Teile der vereinigten S t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a . J e n a 1820. 1821. C h a m i s s o , A d a l b e r t von. Reise u m die W e l t m i t der R o m a n z o f f i s c h e n E n t d e c k u n g s E x p e d i t i o n in den J a h r e n 1815—1818. W e i m a r 1821. 1822. G a l l , L. s. u. A u s w a n d e r e r l i t e r a t u r . A : B e o b a c h t u n g e n u n d Reisen bez. Ausw. 1822. 1823. Reisebeschreibung, k u r z g e f a ß t e n a c h N o r d a m e r i k a , v o n der G a t t i n d. J . Schweizer, in einem Brief a n ihre Aeltern in die Schweiz. E b n a t 1823. Schweizer, J . Reisebeschreibung n a c h A m e r i k a u n d d u r c h die b e d e u t e n d s t e n Teile desselben. E b n a t 1823. 1825. Reise eines Schweizers n a c h d e m r o t h e n F l u ß in N o r d a m e r i k a , dortiger A u f e n t h a l t u n d R ü c k k e h r ins V a t e r l a n d . B e r n 1825. 1826. R ü t l i n g e r , J . J . T a g e b u c h auf einer Reise n a c h N o r d a m e r i k a , i m J a h r e 1823. Mit vielen interessanten B e m e r k u n g e n ü b e r die durchreisten L ä n d e r u n d Meere u n d besonders ü b e r N o r d a m e r i k a . E b n a t 1826. 1827. S i d o n s , C. ( = K a r l Postl.) Die Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a n a c h i h r e m politischen, religiösen u n d gesellschaftlichen Verhältnisse b e t r a c h t e t . Mit einer Reise d u r c h den westlichen Theil v o n P e n n s y l v a n i e n , Ohio, K e n t u c k y , I n d i a n a , Illinois, Missouri, Tennesse, das Gebiet A r k a n s a s , Mississippi u n d Louisiana. S t u t t g a r t 1827. S. v . N. ( = Suchard v. N e u e n b u r g ) . Mein Besuch Amerikas i m Sommer 1824. E i n Flug d u r c h die Vereinsstaaten Maryland, P e n n s y l v a n i e n , N e w Y o r k z u m Niagarafall u n d d u r c h die S t a a t e n Ohio, I n d i a n a , K e n t u c k y u n d Virginia zurück. A a r a u l 8 2 7 . 1828. H u l s w i t t , J . T a g e b u c h einer Reise n a c h den Vereinigten S t a a t e n u n d der Nordw e s t k ü s t e v o n Amerika. Münster 1828. Reise Sr. H o h e i t des Herzogs B e r n h a r d zu Sachsen-Weimar-Eisenach d u r c h Norda m e r i k a in den J a h r e n 1824—26. Hrsg. v. H e i n r . L u d e n . W e i m a r 1828. 1829. D u d e n , G. s. u. A u s w a n d e r e r l i t e r a t u r : B e o b a c h t u n g e n u n d Reisen bez. Ausw. 1829. 1830. N a u m a n n , J . Reise n a c h d e n Vereinigten S t a a t e n v o n Nord-Amerika, siebenjähriger A u f e n t h a l t usw. Lpz. 1830. 1833. J o s s , N. Reise n a c h d e m S t a a t Ohio i n N o r d a m e r i k a . B e r n 1833. K l i n c k h a r d t , C. G. Reise n a c h N o r d a m e r i k a u n d dessen erste Ansiedlung d a s e l b s t ; aus Briefen v o n demselben gezogen u n d herausgegeben v o n C. G. T e m p e r . L e i p z l 8 3 3 . Reisebericht der Familie K ö p f l i . . . s. u. A u s w a n d e r e r l i t e r a t u r : Allg. Schriften, 1833. 1834. L ö t z , G. W a n d e r u n g e n eines j u n g e n N o r d d e u t s c h e n d u r c h P o r t u g a l , Spanien u n d N o r d a m e r i k a in den J a h r e n 1 8 2 7 — 3 1 . H a m b u r g 1834. 1835. Briefe in die H e i m a t h , geschrieben zwischen October 1829 u n d Mai 1830, w ä h r e n d einer Reise ü b e r F r a n k r e i c h , E n g l a n d u n d die Vereinigten S t a a t e n v o n Nordamerika nach Mexiko. S t u t t g a r t u n d T ü b i n g e n . 1835. B r o m m e , J . Reisen d u r c h die Vereinigten S t a a t e n u n d Ober-Canada. Leipzig 1834—35. 3 B d e .

I I . Reisebeschreibungen

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1835. A c h e n b a c h , H . T a g e b u c h meiner Reise nach den N o r d a m e r i k a n i s c h e n Freis t a a t e n o d e r : D a s neue K a n a a n . Düsseldorf 1835. D u t t e n h o f e r , A. Bereisung der Vereinigten S t a a t e n von N o r d a m e r i k a , m i t besonderer Hinsicht auf den E r i e - K a n a l . S t u t t g a r t 1835. I r v i n g , W a s h i n g t o n . A u s f l u g auf die Prairien zwischen den A r k a n s a s u n d R e d river. S t u t t g a r t 1835. K o p p e , F . W . Briefe in die H e i m a t zwischen Oktober 1829 u n d Mai 1830 w ä h r e n d einer Reise ü b e r F r a n k r e i c h , E n g l a n d u n d die Vereinigten S t a a t e n von N o r d a m e r i k a n a c h Mexico. S t u t t g a r t 1835. P a u l W i l h e l m , Herzog v o n W ü r t t e m b e r g . E r s t e Reise nach dem nördlichen A m e r i k a in den J a h r e n 1822 bis 1824. S t u t t g a r t u n d Tübingen 1835. Reisen u n d Länderbeschreibungen der älteren u n d neuesten Zeit, eine S a m m l u n g der interessantesten W e r k e ü b e r L ä n d e r - u n d S t a a t e n - K u n d e . Mit K a r t e n . H e r a u s gegeben von E . W i d e n m a n n u n d Wilh. H a u f f . S t u t t g a r t 1835. R e u m o n t , Alfred. Reiseschilderungen u n d Umrisse aus südlichen Gegenden. A u c h u n t e r dem T i t e l : Briefe in die H e i m a t h , geschrieben zwischen October 1829 u n d Mai 1830 w ä h r e n d einer Reise ü b e r F r a n k r e i c h , E n g l a n d u n d die Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d - A m e r i k a n a c h Mexiko. S t u t t g a r t 1835. 1836. B r o m m e , T r a u g . Beiträge zur Topographie u n d Statistik der Vereinigten S t a a t e n von N o r d a m e r i k a . (Auch u n t e r dem T i t e l : „ T a s c h e n b u c h f ü r Reisende in den Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d - A m e r i k a " . ) Leipzig u n d B a l t i m o r e 1836. A d r i a n , Dr. Reisescenen aus Amerika. 1. Teil. F r a n k f u r t 1836. R a u ß e , J . H . Reisescenen aus zwei Welten n e b s t einer B e h a n d l u n g der Zustände in den W e s t - S t a a t e n der Union. Güstrow 1836. 1837. B r o m m e , T . Reise d u r c h die Floridas, v o n St. Augustine d u r c h die Halbinsel nach Pensacola. Leipzig 1837. 1838. D e W e t t e , L. Reise in den Vereinigten S t a a t e n u n d Canada im J a h r e 1837. Leipzig 1838. A r e n d s , F r . Schilderung des Mississippithaies, oder des W e s t e n s der Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a . N e b s t A b r i ß meiner Reisen dahin. E m d e n 1838. L e n z , T . W . Reise n a c h Saint Louis a m Mississippi. N e b s t meinen, während eines vierzehnmonatlichen A u f e n t h a l t e s in den J a h r e n 1836 u n d 1837, theils im Missouris t a a t e , theils in Illinois g e m a c h t e n B e o b a c h t u n g e n u n d E r f a h r u n g e n . W e i m a r 1838. W e t t e , L . de. Reise in den Vereinigten S t a a t e n u n d Canada im J a h r e 1837. Leipzig 1838. 1839. B e y e r a n d u n d K o c h , L. Amerikanische Reisen. Leipzig 1839. Bde. M a x i m i l i a n , P r i n z zu Wied. Reise in das I n n e r e Nord-America in den J a h r e n 1832 bis 1834. Coblentz 1839—41. 2 Bde. Die Schicksale u n d A b e n t e u e r der aus Sachsen n a c h Amerika ausgewanderten Stephanier. I h r e Reise n a c h St. Louis, ihr A u f e n t h a l t daselbst u n d der Z u s t a n d ihrer Colonie in P e r r y County. D r e s d e n 1839. 1840. R i e s , Julius. Schilderungen des Treibens im Leben u n d H a n d e l in den Vereinigten S t a a t e n u n d H a v a n a . Gezeichnet auf Reisen in den J a h r e n 1838 u n d 1839. Berlin 1840. 1841. B ü t t n e r , J . G. Die Vereinigten S t a a t e n von Nordamerika. Mein A u f e n t h a l t u n d meine Reisen in denselben v o n 1834 bis 1841. H a m b u r g 1841. 2 Bde. 1842. B r o m m e , T. Gemälde v o n N o r d a m e r i k a in allen Beziehungen von der E n t d e c k u n g a n bis auf die neueste Zeit. Eine pittoreske Geographie f ü r alle u n d ein umfassendes R e i s e h a n d b u c h f ü r J e n e , welche in diesem L a n d e w a n d e r n wollen. S t u t t g a r t 1842. G e r s t n e r , Clara von. Beschreibung einer Reise d u r c h die Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a in den J a h r e n 1838 bis 1840. I n Gesellschaft des R i t t e r s F . A. v o n Gerstner u n t e r n o m m e n . Leipzig 1842. 1843. O t t o , E . Reiseerinnerungen a n Cuba, Nord- u n d S ü d a m e r i k a 1838—41. Berlin 1843. F o r s t e r , G. S ä m m t l . Schriften. Hrsg. von dessen Tochter u n d begleitet m i t einer Charakteristik F o r s t e r ' s v o n G. G. Gervinus. Leipzig 1843. 9 Bde. Besonders B d . 1—2 J o h . Reinh. Forsters u n d Georg Forsters Reisen u m die W e l t in den J a h r e n 1772 bis 1775. B d . 4. Die Nordwestküste v o n Amerika u n d der dortige Pelzhandel, Schilderung des Nordens v o n Amerika. 1844. H ö h n e , F r . s. u. Auswandererliteratur : B e o b a c h t u n g e n etc. 1844. 1845. E h r e n b e r g , H . F a h r t e n u n d Schicksale eines Deutschen in Texas. Leipzig 1845.

140

Anbang

1845. S a l z b a c h e r , Joseph. Reise n a c h N o r d a m e r i k a im J a h r e 1842. Mit statistischen Bemerkungen über die Z u s t ä n d e der katholischen K i r c h e n bis auf die n e u e s t e Zeit. 2 Teile. Wien 1845. 1847. B ü t t n e r , J . G. Die Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a . Mein A u f e n t h a l t u n d meine Reisen in denselben v o m J a h r e 1834 bis 1841. H a m b u r g 1847. 2 Bde. K o c h , A. C. Reise d u r c h einen Teil der Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a in den J a h r e n 1844 bis 1846. Dresden u n d Leipzig 1847. S o m m e r , C. v. s. u. A u s w a n d e r e r l i t e r a t u r B . : Texas. 1847. 1848. B r o m m e , T r a u g . H a n d - u n d Reisebuch f ü r A u s w a n d e r e r n a c h den Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d - A m e r i k a , Texas, Ober- u n d U n t e r - C a n a d a , Neu-Braunschweig, N e u - S c h o t t l a n d , S a n t o T h o m a s in G u a t e m a l a u n d der Mosquitoküste. 5. A u f l . B a y r e u t h 1848. W e i c h a r d t , Aug. Carl. Reisen d u r c h die Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a nebst einem Ausfluge n a c h C a n a d a . N a c h F . v o n R a u m e r , F . Gerstäcker., E . v o n Gerstner u n d A. m. Sowie n a c h d e m Felsengebirge i m J a h r e 1842 u n d n a c h dem Oregon-Gebiet u n d Nord-Californien i n den J a h r e n 1843 u n d 1844, v o n J . C. F r e m o n t . Leipzig 1848. Z i e g l e r , Alexander. Skizzen einer Reise d u r c h N o r d a m e r i k a u n d W e s t i n d i e n . Dresden u n d Leipzig 1848. 1850. E n g e l s , L . N o r d a m e r i k a — O h i o . Reise n a c h N o r d a m e r i k a . B e o b a c h t u n g e n u n d E r f a h r u n g e n i n Ohio 1848 u n d 1849. Elberfeld 1850. N a u m a n n , J . , s. u. A u s w a n d e r e r l i t e r a t u r : B e o b a c h t u n g e n u n d Reisen bez. Ausw. 1850. O s t e r m a y e r , H . T a g e b u c h einer Reise n a c h Texas. B i b e r a c h 1850. 1851. B a l l e n s t e d t , C. W . T . s. u. A u s w a n d e r e r l i t e r a t u r : B. Californien 1851. D i e t r i c h , Ludwig. Erlebnisse auf meinen W a n d e r u n g e n d u r c h N o r d a m e r i k a u n d Westindien. Seitenstück zu der „ d e u t s c h e n A u s w a n d e r e r F a h r t e n u n d Schicksale" v o n F . Gerstäcker. G r i m m a 1851. Q u e n t i n , K a r l . Reisebilder u n d Studien aus dem N o r d e n der Vereinigten S t a a t e n v o n A m e r i k a . Arnsberg 1851. 2 Bde. 1852. K ö r b e r , Phil. s. u. A u s w a n d e r e r l i t e r a t u r : B. Californien 1852. O t t o , F . Diesseits u n d jenseits des Oceans. Schwerin 1852. R i c h t e r , K a r l E r n s t . Reisen n a c h N o r d a m e r i k a u n d zurück in den J a h r e n 1835 bis 1848. Z u g a b e : E i n Brief aus Californien v o n Moritz Aug. R i c h t e r . Leipzig 1852. 2 Bde. 1853. S c h u l t z e , W . Reise- u n d Lebensbilder aus Neuholland, Neuseeland u n d Californien. Aus d e m T a g e b u c h e eines V e r w a n d t e n . Herausgegeben v o n W . Schultze. Magdeburg 1853. 1854. B u s c h , Moritz. W a n d e r u n g e n zwischen H u d s o n u n d Mississippi, 1851 u n d 1852. S t u t t g a r t 1854. 2 Bde. F e r n a u u n d H e y d e f u ß . Die gesamten Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d - A m e r i k a . Vollständiges H a n d - u n d Reisebuch. Berlin 1854. W a g n e r , Moritz u n d K a r l S c h e r z e r . Reisen in N o r d a m e r i k a in den J a h r e n 1852 u n d 1853. Leipzig 1854. N o 11 e , V i n c e n t . F ü n f z i g J a h r e in beiden H e m i s p h ä r e n . Reminiscenzen aus d e m L e b e n eines ehemaligen K a u f m a n n s . H a m b u r g 1854. 2 B d e . 1855. B r e n t a n o , Carl A u g u s t von. Bilder aus einer Reise n a c h A m e r i k a 1852. Mit einer Vorrede v o n H . R u ß w u r m . Augsburg 1855. M a y e r , C. N a c h dem S a c r a m e n t o . Reisebilder eines H e i m g e k e h r t e n . A a r a u 1855. L ö h e r , F r a n z . L a n d u n d L e u t e in der alten u n d Neuen Welt. Reiseskizzen. G ö t t i n gen 1855. 1857. K o h l , J . G. Reisen in Canada, u n d d u r c h die S t a a t e n v o n New Y o r k u n d Pennsylvanien. S t u t t g a r t 1856. Reisen i m Nordwesten der Vereinigten S t a a t e n . New Y o r k 1857. F r ö b e l , Julius. Aus Amerika. E r f a h r u n g e n , Reisen u n d Studien. Leipzig 1857—58. 2 Bände. 1858. M ö l l h a u s e n , Balduin. T a g e b u c h einer Reise v o m Mississippi n a c h den K ü s t e n der Südsee. E i n g e f ü h r t v o n Alexander v o n H u m b o l d t . Leipzig 1858. 1859. A n d r e e . Geographische W a n d e r u n g e n . Dresden 1859. S c h i e l , J . Reise d u r c h die Felsengebirge u n d die H u m b o l d t g e b i r g e n a c h dem Stillen Ocean. Schaffhausen 1859.

III. Auswandererliteratur

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III. Auswandererliteratur. A. A l l g e m e i n e S c h r i f t e n über A u s w a n d e r u n g n a c h N o r d a m e r i k a . 1. Organisationsbestrebungen und historische Auswandererliteratur. 1816. B u 11 e, Wilhelm. Erinnerungen an meine teutschen Landsleute, welche versucht seyn sollten, aus Europa auszuwandern. Köln 1816. 1817. G a g e r n , H. C. E. v. Über die Auswanderung der Deutschen. Frankfurt a. M. 1817. 1827. B r a u n s , E. L. Ideen über die Auswanderung nach Amerika; nebst Beitrag zur genaueren Kenntnis seiner Bewohner und seines gegenwärtigen Zustandes. Nach eigenen Ansichten und den neuesten Quellen. Göttingen 1827. 1829. L i p s , A. s. u. Auswandererliteratur: Ratgeber, 1829. 1831. B r o m m e , Traugott. Die freie Auswanderung als Mittel der Abhülfe der Not im Vaterlande. Nebst Entwurf eines Planes zur Einrichtung einer deutschen Kolonisationsgesellschaft von einem Sachsen. Dresden 1831. 1833. Aufforderung an teutsche Auswanderer zu einer größeren und gemeinschaftlichen Ansiedelung in den Freistaaten von Nordamerika. Gießen 1833. Aufforderung und Erklärung in Betreff einer Auswanderung im Großen aus Teutschland in die Nordamerikanischen Freistaaten. Gießen 1833. B r o m m e , Traug. Uber Auswanderung und Armen-Kolonien. Ein Wort, der hohen Stände-Versammlung des Königreichs Sachsen an das Herz gelegt. Leipzig 1833. E g g e r l i n g , H. W. E. Beschreibung der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika nach ihren politischen, religiösen, bürgerlichen und gesellschaftlichen Verbindungen, mit besonderer Berücksichtigung deutscher Ansiedelungen daselbst. Den deutschen Auswanderern gewidmet. Mannheim 1833. Neu-Würtemberg. Ein Vorschlag zur Gründung einer würtembergischen Kolonie im nordamerikanischen Freistaate Virginien. Mit allg. Notizen über die nordamerikanische Union und Kaufs- und Pachtanträgen über dortige Ländereien. Nebst einer Charte von Virginien. Heilbronn 1833. R a p p , G. Amerika und die moderne Völkerwanderung. Potsdam 1833. Reisebericht der Familien Köpfli und Suppiger nach St. Louis am Mississippi und Gründung von Neu-Switzerland im Staate Illinois,. Bern 1833. 1834. B r o m m e , Traug. Plan einer in Nord-Amerika zu gründenden deutschen Kolonie. Baltimore u. Lpz. 1834. Über Auswanderungen überhaupt, über Auswanderungen nach Amerika insbesondere, von dem Standpunkte der Geschichte, der Universalphilosophie, der Moral und Politik. Rudolstadt 1834. 1839. H a g g e n m a c h e r , Joh. Hnr. Über die Auswanderungen nach Amerika. Ein Aufruf an Alle, die nach diesem Welttheile auswandern wollen. Heilbronn 1839. 1844. Die Auswanderung der Deutschen nach Texas, Nordamerika und Ungarn. Eine Mahnung an die Nation. München 1844. 1845. Über] schweizerische Auswanderungen. Berichte der schweizerischen ConsularAgenten in Europa, Nord-Afrika und beiden Amerika, mit Anmerkungen der von der schweizerischen gemeinnützigen Gesellschaft niedergesetzten AuswanderungsCommission. Glarus 1845. 1846. W a p p ä u s . Deutsche Auswanderung und Colonisation. Herausgegeben und mit einigen Zusätzen begleitet. Leipzig 1846. 1847. B r a u n s , E. L. Neudeutschland in Westamerika. Oder: Welches ist die zur Ansiedlung für auswandernde Deutsche geeignetste Weltgegend? Für Auswanderer und Freunde der Erd-, Völker- und Länderkunde. Lemgo und Detmold 1847. Ein Wort über Agenturen zur Beförderung deutscher Auswanderer nach Nordamerika. Als Erwiderung auf die Erklärungen und Erläuterungen von W. Fini a y. Paris 1847. F i n l a y , W. Letztes Wort gegen den Special-Agenten der Postschiffe zwischen Havre und New York. Paris 1847. P a u er, F. Die Vereinigten Staaten von Nordamerika nach erfolgtem Anschluß der Republik Texas. Mit besonderer Beziehung auf deutsche Auswanderer. Bremen 1847. P f a h l , A. W. Kommt und wandert aus! Ein Zuruf an alle Auswanderungslustigen. Danzig 1847. (Gegen Auswanderung!)

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Anhang

1848. B e r g h a u s , Heinr. Karl Wilh. Die Vereinigten Staaten von Nordamerika, geographisch-statistisch vorzugsweise nach Van der Straten-Ponthoz geschildert. Mit besonderer Rücksicht auf die deutsche Auswanderung. Gotha 1848. Bromme, Traug. Der Zentralverein für deutsche Ansiedlung in überseeischen Ländern nebst Plan des ersten von ihm zu gründenden Süddeutschen Ansiedlungsund Asyl-Vereins. Stuttgart 1848. Plan einer geregelten deutschen Auswanderung und Ansiedelung in den Vereinigten Staaten Nordamerikas, mit besonderer Berücksichtigung unbemittelter Auswanderer. Eine Denkschrift herausgegeben von dem hessischen Zweigverein des Nationalvereins für deutsche Auswanderung und Ansiedelung zu Darmstadt. Darmstadt 1848. T r e u , G. s. u. Auswandererliteratur: Ratgeber, 1848. 1849. Bülow, A. v. Auswanderung und Kolonisation im Interesse des deutschen Handels. Berlin und Posen 1849. F l e i s c h m a n n , C. L. Plan für deutsche Auswanderung und Ansiedelung in den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Stuttgart 1849. Ziegler, A. s. u. Auswandererliteratur: Ratgeber, 1849. 1850. Die Auswanderung nach Amerika. Breslau 1850. 1851. B r o c k m a n n , Karl. Amerikanische Kolonisation im Lichte des Geistes der Zukunft. Hamburg 1851. 1853. Die Auswanderer in Amerika. Aus den Atlantischen Studien abgedruckt. Göttingen 1853. L ö h e r , Franz. Aussichten für gebildete Deutsche in Nordamerika. Berlin 1853. 1858. Fröbel, Jul. Die deutsche Auswanderung und ihre culturhistorische Bedeutung. 15 Briefe an den Herausgeber der Allgemeinen Auswanderungs-Zeitung. Leipzig 1858. 1863. Erster bis neunter Bericht über die Wirksamkeit des Nachweisungs-Bureau für Auswanderer in Bremen. (1. März 1851 bis 31. Dezember 1862). Bremen 1851—63. 2. Ratgeber. 1823. H a s s e l , G. Handbuch der vereinigten Staaten von Nordamerika. Weimar 1823. 1829. B r a u n s , E. L. Praktische Belehrungen und Ratschläge für Reisende und Auswanderer nach Amerika; mit dem Nebentitel: Mittheilungen aus Nordamerika, die höhern Lehranstalten und die Englisierung der dortigen Deutschen betreffend. Braunschweig 1829. Gudehus, J. A. Meine Auswanderung nach Amerika im Jahr 1822 und meine Rückkehr in die Heimath im Jahr 1825. Nebst Bemerkungen über den kirchlichen, ökonomischen und moralischen Zustand der dortigen Deutschen und Winke für Auswanderungslustige. München 1829. 2 Tie. L i p s , Mich. Alex. Über die Richtung der Zeit nach Amerika, oder Untersuchungen der Fragen: sollen wir auswandern ? — wer namentlich soll auswandern ? — wohin sollen wir auswandern ? — und mit welchen Vorsichtsmaßregeln sollen wir wandern ? Ein Fingerzeig für alle, die Europa verlassen wollen. Marb. u. Cassel 1829. 1831. Ratgeber für Auswanderer. Darmstadt 1831. (2. Ausg. 1833.) 1832. Anweisung für diejenigen, welche nach Nordamerika auszuwandern gedenken, um als Kaufleute, Künstler, Handwerker oder Oekonomen ihr Glück zu machen. Nebst einem Brief eines deutschen Landwirths aus Amerika. Leipzig 1832. 1833. Collins, S. H. Sichere Anleitung für Auswanderer und Reisende nach den vereinigten Staaten von Nordamerika. Mit umfassender geogr.-polit. Beschreibung dieser Länder, nach dem neuesten Standpunkte bearbeitet. Nebst einem Anhang von Briefen aus Amerika an Freunde in Europa und einer Charte von Nordamerika. Heilbronn 1833. Eggerling. Beschreibung der Vereinten Staaten von Amerika. Den deutschen Auswanderern gewidmet. Mannheim 1833. Gerke, H. Chr. Der nordamerikanische Rathgeber nebst den in den Jahren 1831 und 32 in der Union gemachten Reisebeobachtungen, ein Taschenbuch für deutsche Auswanderer jeder Art. Hamburg 1833. Günther, J. M. Ratgeber für Auswanderer nach Nordamerika, nach im Jahr 1832 auf einer Reise durch Amerika gesammelten Erfahrungen. Bremen 1833.

I I I . Auswandererliteratur

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1833. L ö w i g , G. s. u. A u s w a n d e r e r l i t e r a t u r : Beobachtungen etc., 1833. Wohlgemeinter R a t h der Vorsteher der deutschen Gesellschaft in New Y o r k , an Deutsche, die n a c h den vereinigten S t a a t e n von N o r d a m e r i k a a u s z u w a n d e r n beabsichtigen. N e b s t einem Überschlag der Reiseko6tenliste, m i t z u n e h m e n d e r Gegenstände u n d eine Liste einzulegender Lebensmittel. Solingen 1833. (2. A u f l . 1847.) S t i m m e n aus Amerika. Gesammelt u n d herausgegeben zu N u t z u n d F r o m m e n f ü r Auswanderungslustige, v. K . E . R i c h t e r . 1. H e f t . Zwickau 1833. W i t t e , Aug. K u r z e Schilderung der Vereinigten Staaten von N o r d - A m e r i k a n a c h ihren statistischen, politischen u n d commerciellen Verhältnissen, so wie in A n sehung der S i t t e n u n d Lebensweise der Einwohner, nebst ausführlichen Vorsichtsmaßregeln f ü r Auswanderer. H a n n o v e r 1833. Einige W o r t e a n den gemeinen M a n n , die Auswanderung nach d e n vereinigten S t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a b e t r e f f e n d . Vorzüglich in Bezug auf den, welcher seinen U n t e r h a l t d u r c h L a n d b a u bezwecken will. R i n t e l n 1833. 1834. Conversations-Lexikon f ü r Auswanderer n a c h den nordamerikanischen F r e i s t a a t e n , oder gedrängte Übersicht des W i c h t i g s t e n in Geographie, Geschichte, S t a t i s t i k , des moral., polit., Ökonom, u. m e r k a n t i l . Zustandes dieses wichtigen L a n d e s . B e r n 1834. D e r vollkommene N o r d a m e r i k a n e r , oder Handbibliothek f ü r alle d a h i n Ausw a n d e r n d e , insbes. L a n d w i r t h e , F a b r i k a n t e n , Handelsleute, Techniker u n d H a n d werker. E n t h a l t e n d ein vollständiges Verzeichnis der vorzüglichen Schriften, L a n d k a r t e n u n d K u n s t s a c h e n ü b e r die d e m Auswanderer nöthigsten K e n n t n i s s e u n d Wissenschaften. Mit einer allgemeinen Einleitung, vielen B e m e r k u n g e n , geographisch-statistisch-historischen Tabellen u n d einer vollständigen Ü b e r s i c h t aller Nordamerikanischen u n d Englischen Geldsorten, Münzen, Maße u n d Gewichte. B e r n u n d Chur. 1834. D e w i s , J . P . Guter R a t h a n E i n w a n d e r e r in die Vereinigten S t a a t e n v o n Nordamerika. Hrsg. v. W . K . Riedlen. A a r a u 1834. M e r s e b u r g e r A n o n y m u s . Zwei erste J a h r e in der neuen Welt zur W a r n u n g f ü r Auswanderungslustige, (o. O.) 1834. S c h o r i , P . D a s Neueste aus dem S t a a t e Ohio in Nordamerika. Vollständiges T a g e b u c h einer Reise aus der Schweiz über H a v r e und New York, der Niederlassung in S t a r k Counti, Paris T o u n s h i p i m S t a a t e Ohio. Mit vielen B e m e r k u n g e n , R ä t h e n u n d W ü n s c h e n f ü r d a h i n Auswandernde, u n d einem Hinblick auf Ausw a n d e r u n g e n n a c h d e m S t a a t e Missouri. Mit einer historisch-statistisch-geograph. Beschreibung des S t a a t e s Ohio. B e r n u. Chur 1834. 1838. B r o m m e , T r a u g . Wohlfeile H a n d b i b l i o t h e k f ü r Auswanderer nach den Vereinigten S t a a t e n von N o r d A m e r i k a u n d F r e u n d e der K u n d e fremder Welttheile. Leipzig u n d Baltimore 1838. 6 Bde. Einzelne Teile sind gesondert herausgegeben. 1839. G e r s t n e r , F r . A n t o n , R i t t e r von. Berichte aus den Vereinigten S t a a t e n v o n Nordamerika ü b e r E i s e n b a h n e n , D a m p f s c h i f f f a h r t e n , Banken etc. Leipzig 1839. 1840. B r o m m e , T r a u g . Neuestes vollständiges H a n d - u n d Reisebuch f ü r Auswanderer aller Klassen u n d jedes Standes n a c h den Vereinigten S t a a t e n von N o r d - A m e r i k a . Mit einer kleinen englischen G r a m m a t i k . B a y r e u t h 1840. 1841. Der kleine Amerikaner, ein leichtes Hülfsmittel zur Erlernung der englischen Sprache, u m i n kurzer Zeit sich den Amerikanern verständlich m a c h e n zu k ö n n e n . 3. A u f l . Zweibrücken 1841. 1842. B o s s e r t , G. D a s W a n d e r b ü c h l e i n n a c h Nordamerika oder Schilderung der Ausw a n d e r u n g n a c h N o r d a m e r i k a . V e r f a ß t nach Briefen ausgewanderter W ü r t t e m berger. Rotweil 1842. 1843. G r u n d , F. H . H a n d b u c h u n d Wegweiser f ü r Auswanderer n a c h den Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a . S t u t t g a r t u n d Tübingen 1843. 1845. B ü t t n e r . W a r n u n g e n u n d R a t h s c h l ä g e der deutschen Gesellschaft in N e w Y o r k a n Auswanderer, n e b s t den Preisen der Inland-Passage. H a m b u r g 1845. D ö s c h e r , E . A. E r f a h r u n g e n u n d Abenteuer während eines a c h t j ä h r i g e n A u f e n t h a l tes in den Vereinigten S t a a t e n von Nordamerika, nebst W i n k e n u n d R a t h s c h l ä g e n f ü r Auswanderer. Neue Ausgabe Chemnitz u n d Schneeberg 1845. E i n H a n d b u c h f ü r deutsche Auswanderer. Bremen 1845.

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Anhang

1846. Der richtig sprechende Amerikaner, oder gründliche Anweisung, in kurzer Zeit die englische Sprache zu erlernen. E i n t r e u e r H e l f e r f ü r die n a c h A m e r i k a Auswandernden. Zunächst als Beigabe zu d e m B u c h e „ T e x a s " . B r e m e n 1846. B e y e r , M. D a s A u s w a n d e r u n g s b u c h oder F ü h r e r u n d R a t h g e b e r bei der Auswanderung nach N o r d a m e r i k a u n d Australien, m i t B e r ü c k s i c h t i g u n g v o n Texas u n d Californien, in Bezug auf Ü b e r f a h r t , A n k u n f t u n d Ansiedlung, n e b s t einer vollständigen Schilderung des geographischen, politischen u n d geselligen Z u s t a n d e s jener L ä n d e r u n d genauer E r ö r t e r u n g aller bei der A u s w a n d e r u n g zu berücksichtigenden P u n k t e . Großentheils n a c h eigener A u f f a s s u n g w ä h r e n d eines 2jährigen Aufenthaltes in Amerika. Leipzig 1846. B r o m m e , T r a u g . R a t h g e b e r f ü r Auswanderungslustige. W i e u n d wohin sollen wir auswandern ? . . . . E i n e u m f a s s e n d e B e l e u c h t u n g der bisherigen deutschen Auswanderung u n d aller deutschen Ansiedelungspläne, Beschreibung der in Vorschlag gebrachten Auswanderungsgebiete u n d gewissenhafte Schilderung derer Vortheile u n d Nachtheile. S t u t t g a r t 1846. N ö r t e n , Ch. Ausführlicher Dollmetscher des Auswanderers n a c h den vereinigten S t a a t e n v o n N o r d - A m e r i k a , oder Anweisung, Englisch zu lernen, u m sich m i t Geschäftsleuten v e r s t ä n d l i c h zu m a c h e n . Regensburg 1846. — Der t r e u e F ü h r e r des Auswanderers n a c h den Vereinigten S t a a t e n v o n NordA m e r i k a , T e x a s u n d der Mosquitoküste. E i n vollständiges H a n d - u n d Reisebuch ü b e r alle diejenigen Theile des amerikanischen Continents, n a c h welchen in der neueren Zeit die E i n w a n d e r u n g e n gelenkt werden. Regensburg 1846. R o ß , G. M. v. R a t h s c h l ä g e u n d W a r n u n g e n , oder zuverlässiger F ü h r e r f ü r Ausw a n d e r e r n a c h N o r d - A m e r i k a . (Von einem Amerikaner. A u g s b u r g 1846. (2. v e r m . Ausg. A u g s b u r g 1848.) 1847. B e h r , O t t o m a r von. Guter R a t h f ü r A u s w a n d e r e r n a c h den Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a m i t besonderer R ü c k s i c h t von Texas. Vorzüglich f ü r L a n d l e u t e u n d H a n d w e r k e r n a c h eigener E r f a h r u n g geschrieben. Leipzig 1847. W i t l e n b o r g e r , J . Der R a t h g e b e r u n d Wegweiser f ü r A u s w a n d e r e r n a c h den Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a u n d Texas, in Beziehung auf Ü b e r f a h r t , A n k u n f t , Ansiedlung, Arbeitslohn, Boden, Gesundheit, Verfassung, K a n ä l e , Eisenb a h n e n , Münzen, M a a ß e u n d Gewichte. . . H e i l b r o n n 1847. 1848. Der geschickte A m e r i k a n e r oder die K u n s t , ohne Lehrer, in 10 L e k t i o n e n englisch lesen, schreiben u n d sprechen zu lernen. Cöln 1848. (3. Aufl.). B r o m m e , T r a u g . Wegweiser f ü r E i n w a n d e r e r u n d Reisende in den Vereinigten S t a a t e n von Nord-Amerika u n d den Canada's. Eine genaue Zusammenstellung aller Eisenbahn-, P o s t - u n d D a m p f b o o t - R o u t e n . . . . B a y r e u t h 1848. Der richtig sprechende A m e r i k a n e r , oder gründliche Anweisung, in k u r z e r Zeit die englische Sprache zu erlernen. E i n t r e u e r Helfer n a c h A m e r i k a A u s w a n d e r n d e r . B r e m e n 1848. ( = 3. A u f l . , ; 4. A u f l . in Amerika.) Der deutsche Auswanderer n a c h Amerika. Lehr- u n d H a n d b ü c b l e i n , sich in kurzer Zeit hinreichende K e n n t n i ß der englischen Sprache zu erwerben etc. N e b s t nützlichen Fingerzeichen f ü r Auswanderer u n d Notizen über Münzen, Maaße u n d Gewichte. K r e u z n a c h 1848. F l e i s c h m a n n , J . C. L. Der N o r d a m e r i k a n i s c h e L a n d w i r t h . E i n H a n d b u c h f ü r Ansiedler in den Vereinigten S t a a t e n . F r a n k f u r t a. M. 1848. R o t h , Dr. R a t h s c h l ä g e u n d W a r n u n g e n . A u g s b u r g 1848. S c h m ö l d e r , B . Neuer praktischer Wegweiser f ü r Auswanderer n a c h N o r d a m e r i k a . . Mainz 1848. S c h u b e r t h . R a t h g e b e r u n d F ü h r e r f ü r Auswanderer. H a m b u r g 1848. T r e u , G. D a s B u c h der A u s w a n d e r u n g , e n t h a l t e n d eine S a m m l u n g der wichtigsten in den süddeutschen S t a a t e n , in B r e m e n u n d N o r d a m e r i k a erschienenenVerordn u n g e n u n d diplomatischen A k t e n s t ü c k e , der B e k a n n t m a c h u n g e n der deutschen Gesellschaften, des Texas-Vereins usw. F e r n e r eine kurze Beschreibung der Vereinigten S t a a t e n , n e b s t zweckdienlichen R a t h s c h l ä g e n f ü r Auswanderer. B a m b e r g 1848. W e r n e r , J . v . K u r z e r Wegweiser f ü r A u s w a n d e r e r n a c h den Vereinigten S t a a t e n von N o r d a m e r i k a . Reutlingen 1848. 1849. Amerika! T r e u e r R a t h g e b e r u n d F ü h r e r des deutschen Auswanderers n a c h den vereinigten S t a a t e n von N o r d a m e r i k a . K r e u z n a c h 1849.

I I I . Auswandererliteratur

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1849. B ü t t n e r , J . G. D a s j e d e m n a c h den Vereinigten S t a a t e n v o n Nordamerika Ausw a n d e r n d e n unentbehrliche Büchlein. E n t h a l t e n d : die Unabhängigkeits-Erklärung, n e b s t der R e d e des J o h n A d a m s , die Verfassung der Vereinigten S t a a t e n , Washingt o n ' s Abschiedsadresse u n d das H a u p t s ä c h l i c h s t e aus den Verfassungen der S t a a t e n New-York, Pennsylvanien, Ohio, Illinois, I n d i a n a , Missouri, Michigan, K e n t u c k y , Maryland, J o w a u n d Wisconsin. B a y r e u t h 1849. G e r s t ä c k e r , Friedrich. Wie ist es d e n n n u n eigentlich in A m e r i k a ? Eine kurze Schilderung dessen, was der Auswanderer zu t h u n u n d d a f ü r zu h o f f e n u n d zu erw a r t e n h a t . Leipzig 1849. J ü n e m a n n , F . R a t h g e b e r u n d Wegweiser f ü r Auswanderer n a c h den Vereinigten S t a a t e n von N o r d a m e r i k a . I n Beziehung auf Ü b e r f a h r t , A n k u n f t , A n s i e d e l u n g . . . W i e n 1849. Z i e g l e r , A. Der deutsche Auswanderer n a c h den Vereinigten S t a a t e n v o n Nordamerika. Leipzig 1849. 1850. B r o m m e , Traug. Post-, K a n a l - u n d E i s e n b a h n k a r t e der Vereinigten S t a a t e n von N o r d Amerika. N a c h S m i t h , T a n n e r , Mitchell u n d den Berichten des GeneralP o s t a m t s bearbeitet. S t u t t g a r t 1850. F l e i s c h m a n n , C. L. Erwerbszweige Fabrikwesen u n d H a n d e l der Vereinigten S t a a t e n von N o r d a m e r i k a . Mit besonderer R ü c k s i c h t auf deutsche Auswanderer. S t u t t g a r t 1850. S c h u l t z e , A. Neuestes ü b e r A u s w a n d e r u n g u n d v o n Ausgewanderten f ü r das J a h r 1850. Leipzig 1850. (Dasselbe f ü r die J a h r e 1851—53.) Z i r c k e l , O. s. u. Allgemeines: Volk, S i t t e n . . . , 1850. 1851. R i c h t e r , K . E . Der F r e u n d des Auswanderers. D a r m s t a d t 1851. R o ß , G. M. v. Des Auswanderers H a n d b u c h . Getreue Schilderung der Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a u n d zuverlässiger R a t h g e b e r f ü r d a h i n Auswandernde j e d e n Standes. Eberfeld 1851. ( I n : Neueste L ä n d e r k u n d e , m i t besonderer Beziehung auf deutsche A u s w a n d e r u n g u n d Kolonisation, 3. Bd.) — D e r Englisch sprechende Auswanderer, o d e r : Anweisung, in kürzester Zeit Englisch sprechen u n d verstehen zu lernen, in Gesprächen u n d Redesätzen, welche d e m n a c h N o r d - A m e r i k a a u s w a n d e r n d e n Deutschen j e d e n Standes zugleich als F ü h r e r v o m Schiffe aus bis zu seiner Ansiedlung dienen. R u d o l s t a d t 1851. 1852. Der neue Amerikaner, oder die K u n s t die englische Sprache ohne Lehrer in kürzester Zeit zu erlernen. E i n t r e u e r R a t h g e b e r f ü r Auswanderer n a c h Amerika etc. Nördlingen 1852. Auswanderer-Bibliothek. Verzeichniß der seit den letzten 10 J a h r e n erschienenen Schriften u n d Charten f ü r Auswanderer m i t Angabe der Stärke, der Verleger, der Preise u n d einer Übersicht n a c h den verschiedenen L ä n d e r n u n d Staaten. Rudols t a d t 1852. ( N u r wenige Titel bez. N o r d a m e r i k a ! ) B r o m m e , T r a u g . Neuester Wegweiser f ü r Auswanderer n a c h Amerika. Mit großer Eisenbahn-, Post- u n d Reise-Karte. S t u t t g a r t 1852. F l e i s c h m a n , C. L. Wegweiser u n d R a t h g e b e r n a c h u n d in den Vereinigten S t a a t e n . S t u t t g a r t 1852. R a t h u n d Hülfe f ü r Auswanderer n a c h N o r d a m e r i k a . Von einem Sachverständigen. 3. v e r b . Aufl. T ü b i n g e n 1852. R e d n i t z , L. Getreuester u n d zuverlässigster Wegweiser und Rathgeber zur Reise n a c h u n d in Amerika u n d Californien, e n t h a l t e n d alle die speciellen Erfordernisse, Bedürfnisse, Vortheile etc. gegründet auf reichlichen u n d praktischen E r f a h r u n g e n des 1841 als Bromberger Schiffer d o r t h i n gereiseten und 1852 als K a u f m a n n i n St. Francisco glücklich hierher zurückgekehrten Verfassers. Berlin 1852. R o ß , G. M. von. P r a k t i s c h e W i n k e f ü r Auswanderer nach den Vereinigten S t a a t e n von N o r d a m e r i k a . Beilage zur neuesten K a r t e von Nord-, Mittel-Amerika u n d Westindien. Iserlohn 1852. 1853. B r o m m e , T . H a n d - u n d Reisebuch f ü r Auswanderer u n d Reisende n a c h N o r d Mittel- u n d Süd-Amerika. 7. Auflage. Bamberg 1853. — L e i t f a d e n f ü r Auswanderer n a c h den Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d - A m e r i k a , Texas, Brasilien etc. O d e r : W e r soll u n d darf auswandern, wer n i c h t ? W i e soll m a n a u s w a n d e r n ? N e b s t Vorschriften f ü r Einwanderer u n d einem R a t g e b e r in amerikanischen Rechtsangelegenheiten. Bamberg 1853. 10

Meyer, N o r d - A m e r i k a

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Anhang

1853. O l s h a u s e n , T. Die Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a , i m J a h r e 1852. E i n e statistische Übersicht m i t besonderer R ü c k s i c h t auf deutsche Auswanderer. Kiel 1853. 2 Bde. S c h m i d t , Carl. Dies B u c h gehört d e m d e u t s c h e n Auswanderer. E i n e geographische statistische u n d geschichtliche Beschreibung der Vereinigten S t a a t e n v o n NordAmerika m i t besonderer R ü c k s i c h t n a h m e auf A u s w a n d e r u n g u n d Colonisation. Leipzig 1853. S o d e n , C. T . v. Des Auswanderers Schutz diesseits u n d jenseits des Oceans. Wegweiser f ü r Auswanderer n a c h Nord-, Mittel- u n d Süd-Amerika, sowie Australien. H a m b u r g 1853. 1854. Der neue A m e r i k a n e r . E i n t r e u e r R a t h g e b e r f ü r Auswanderer n a c h den Vereinigten S t a a t e n Nord-Amerikas. N e b s t einer Anleitung die englische Sprache ohne vorherige K e n n t n i ß derselben, ohne Lehrer i n kürzester Zeit zu erlernen. Nördlingen 1854. (2. A u f l . ) S c h a f f , Philipp. A m e r i k a . Die politischen, socialen u n d kirchlich-religiösen Zus t ä n d e der Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a ; m i t besonderer R ü c k s i c h t auf die D e u t s c h e n . . . Berlin 1854. W a r d e r , K . F . W . A u s w a n d e r u n g s K a t e c h i s m u s . Glogau 1854. 1855. D e r n e u e A m e r i k a n e r . E i n Dollmetscher f ü r A u s w a n d e r e r n a c h N o r d - A m e r i k a u n d Australien, oder die K u n s t ohne Lehrer i n ganz k u r z e r Zeit englisch zu lernen, n e b s t einem k u r z e n Wegweiser n a c h N o r d - A m e r i k a u n d Australien. F r i e d b e r g 1855. Die Reise n a c h A m e r i k a , u n d das L e b e n in d e n Vereinigten S t a a t e n . E i n R a t h g e b e r f ü r d e u t s c h e Auswanderer. V o n F r a n c o v o m R h e i n . F r a n k f u r t a. M. 1855. 3. B e o b a c h t u n g e n u n d Reisen bezüglich der A u s w a n d e r u n g . 1818. N o r d - A m e r i k a oder Neuestes Gemälde der Nord-Amerikanischen F r e i s t a a t e n . Von einem W ü r t t e m b e r g e r , der sich d o r t b e f i n d e t , seinen deutschen L a n d s l e u t e n gew i d m e t . T ü b i n g e n 1818. N e u e s t e K u n d e v o n A m e r i k a . 4 Bde. P r a g 1818—20. 1822. G a l l , L u d w i g . Meine A u s w a n d e r u n g n a c h den Vereinigten S t a a t e n in N o r d - A m e r i k a i m F r ü h j a h r 1819 u n d m e i n e R ü c k k e h r n a c h der H e i m a t 1820. Trier 1822. 1829. D u d e n , G o t t f r . Bericht ü b e r eine Reise n a c h den westlichen S t a a t e n N o r d a m e r i k a s u n d einen m e h r j ä h r i g e n A u f e n t h a l t a m Missouri (in d e n J a h r e n 1824—27) in Bezug auf A u s w a n d e r u n g u n d Ü b e r v ö l k e r u n g o d e r : D a s L e b e n i m I n n e r n der Vereinigten S t a a t e n u n d dessen B e d e u t u n g f ü r die häusliche u n d politische L a g e der E u r o p ä e r . Elberfeld 1829. B o n n 1829. G u d e h u s , J . H . Meine A u s w a n d e r u n g n a c h A m e r i k a i m J a h r e 1822 u n d meine R ü c k k e h r in die H e i m a t h i m J a h r e 1825. N e b s t B e m e r k u n g e n ü b e r d e n kirchlichen, ökonomischen u n d moralischen Z u s t a n d der dortigen D e u t s c h e n . Hildesheim 1829. 1830. B r a u n s , E . L. s. u. Allgemeines: Volk, S i t t e n etc. 1833. E g g e r l i n g , H . W . E . s. u . A u s w a n d e r e r l i t e r a t u r : D e r D e u t s c h e in A m e r i k a , 1833. G e r k e , H . Chr. s. u. A u s w a n d e r e r l i t e r a t u r : R a t g e b e r , 1833. G ü n t h e r , J . M. dto. 1833. L ö w i g , G u s t a v . Die F r e y s t a a t e n v o n N o r d a m e r i c a . B e o b a c h t u n g e n u n d B e m e r k u n gen f ü r a u s w a n d e r n d e Deutsche. Heidelberg u n d Leipzig 1833. P a g e , C. G. Darstellung der bürgerlichen Verhältnisse in den F r e i s t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a ; n e b s t einer m e r k w ü r d i g e n Reise d a h i n u n d in Begleitung eines Verzeichnisses der n ö t h i g s t e n W ö r t e r d e u t s c h u n d englisch m i t der Aussprache des Letzteren. Weißenfels 1833. 1834. K ö r n e r , Gust. B e l e u c h t u n g des D u d e n s c h e n Berichtes über die westlichen S t a a t e n N o r d a m e r i k a ' s , v o n A m e r i k a aus. A. u . d. T . : Schilderung des gegenwärtigen Zustandes der westlichen S t a a t e n N o r d - A m e r i k a ' s . E i n Schriftchen f ü r den gebildeten Auswanderer. F r a n k f u r t a. M. 1834. S c h o r i , P . s. u . A u s w a n d e r e r l i t e r a t u r : R a t g e b e r , 1834. [1839. 1839. E r l e r , Christ. Aug. Meine A u s w a n d e r u n g n a c h Polen u n d N o r d a m e r i k a . Zwickau 1844. H ö h n e , F . W a h n u n d Überzeugung. Reise des K u p f e r s c h m i e d e m e i s t e r s F . H ö h n e in W e i m a r über B r e m e n n a c h N o r d - A m e r i k a u n d T e x a s in den J a h r e n 1839 bis 1841. Zum N u t z u n d F r o m m e n deutscher A u s w a n d e r e r v o n i h m selbst gesammelt u n d zusammengestellt. W e i m a r 1844.

I I I . Auswanderliteratur

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1844. Abgedrungene Zurechtweisung u n d Schilderung des Meisters F . H ö h n e ; eine gründliche Widerlegung der i n dessen Schrift „ W a h n u n d Ü b e r z e u g u n g " ausgestreuten Verleumdungen u n d Irreleitungen. Von einem Unbeteiligten. B r e m e n 1844. 1845. D ö s c h e r , E . A. s. u. A u s w a n d e r e r l i t e r a t u r : R a t g e b e r , 1845. 1846. F . A. G. Reise n a c h N o r d a m e r i k a i m Sommer 1845. Ein W o r t f ü r Auswanderungslustige. Regensburg 1846. 1847. B e h r , O. v. s. u. A u s w a n d e r e r l i t e r a t u r : R a t g e b e r , 1847. V u l p i u s , F . Amerikanische E r f a h r u n g e n . W i n k e u n d W a r n u n g e n f ü r A u s w a n d e rungslustige. Bellevue 1847. 1848. N a u m a n n , J . N o r d a m e r i k a , sein V o l k s t h u m u n d seine I n s t i t u t i o n e n . N a c h m e h r jährigen E r f a h r u n g e n , insbesondere zur Belehrung f ü r Ansiedler geschildert. Leipzig 1848. 1850. B e y e r a n d , u n d K o c h , L . Lebensbilder u n d Reisen in Amerika. F ü r Auswanderer u n d alle Interessenten der Z u s t ä n d e u n d Verhältnisse in Nordamerika. Herausgegeben v o n Beyer. Leipzig 1850. 2 Bde. N a u m a n n , J . Reise n a c h den Vereinigten S t a a t e n von Nordamerika, siebenjähriger A u f e n t h a l t in denselben u n d R ü c k k e h r n a c h Deutschland. Mittheilungen f ü r Auswanderungslustige, m i t besonderer Beziehung auf Ackerbau, Handel u n d Gewerbe. Leipzig 1850. 1851. B e a c h t e n s w e r t h e Notizen u n d E r f a h r u n g e n v o n einem schweizerischen Ankömmlinge aus Amerika. I m J a h r e 1851. Zürich 1851. H a y n e l , Carl F r d r . W a h r h e i t — u n d n u r W a h r h e i t über Nord-Amerika u n d amerikanisches Leben in allen seinen Verhältnissen. F ü r Auswanderungslustige nach selbstgemachten E r f a h r u n g e n offen u n d t r e u niedergeschrieben. Lpz. 1851. Nebst einer wohlgemeinten dringenden W a r n u n g vor B e t r u g bei ihrer A n k u n f t in New Y o r k . 2. v e r m e h r t e Auflage. Leipzig 1852. 1853. M e n z e l , G. Die Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a , m i t besonderer Rücksicht auf deutsche A u s w a n d e r u n g dahin, n a c h eigener A n s c h a u u n g beschrieben. Berlin 1853. 1855. B ü c h e l e , C. L a n d u n d Volk der Vereinigten S t a a t e n v o n Nord-Amerika. Vorzüglich f ü r Auswanderer. N a c h eigenen B e o b a c h t u n g e n u n d den neuesten Quellen geschildert. S t u t t g a r t 1855. 4. Briefe. 1806. Brief aus A m e r i k a ; v o n einem Basler L a n d m a n n , an seine F r e u n d e in der Schweiz. N e b s t einer k u r z e n Beschreibung der nordamerikanischen Freistaaten zur Belehrung f ü r alle Auswanderungslustige herausgegeben. A a r a u u n d Basel 1806. 1832. Anweisung f ü r d i e j e n i g e n . . . s . u . A u s w a n d e r e r , lit. R a t g e b e r , 1832. 1833. Auszüge aus Briefen aus N o r d a m e r i k a , geschrieben vonz weien aus U l m an der Donau gebürtigen, n u n i m S t a a t e Louisiana ansässigen Geschwistern. U l m 1833. C o l l i n s , S. H . s. u. A u s w a n d e r e r l i t e r a t u r : R a t g e b e r , 1833. Nordamerikanische Briefe eines Auswanderers. 1. H e f t . Schreiben aus New York. G r i m m a s. a. (nach 1833 !) 1834. M a r t e l s , H . von. Briefe ü b e r die Westlichen Theile der Vereinigten S t a a t e n v o n Nord-Amerika. O s n a b r ü c k 1834. 1835. Amerika u n d die A u s w a n d e r u n g d a h i n . . . I n Briefen an einen F r e u n d von einem W e i m a r a n e r . Leipzig 1835. D e l l m a n n , F r . Briefe der n a c h Amerika ausgewanderten Familie Steines. F ü r V e r w a n d t e , F r e u n d e u n d B e k a n n t e der A u s g e w a n d e r t e n . . . Briefe aus B r e m e n , Baltimore u n d St. Louis n e b s t Anhang. K o p p e , F . W . s. u. Reisebeschreibungen, 1835. Nordamerikanische Briefe eines Auswanderers aus dem Muldenthale. 1. H e f t . Schreiben aus New York. Grimma (o. O. wohl n a c h 1835). 1836. Briefe von Deutschen aus Nord-America, m i t besonderer Beziehung auf die Gießener Auswanderergesellschaft v o m J a h r e 1834. Eine Schrift zur Belehrung ü b e r die w a h r e n Verhältnisse der deutschen E i n w a n d e r e r in den Vereinigten S t a a t e n , n e b s t Vorsichtsmaßregeln u n d auf E r f a h r u n g e n gegründete Ratschläge. Altenburg 1836. 1837. Briefe eines Deutschen aus N o r d - A m e r i k a a n seine F r e u n d e u n d V e r w a n d t e i n Deutschland. E i n e L e k t ü r e zur belehrenden U n t e r h a l t u n g . Hrsg. v . E . E . K u t s c h e r a . Saaz 1837. 10*

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Anhang

1843. Briefe eines Sachsen aus Amerika. Nebst einer erläuternden Einleitung über Amerika und die Auswanderung dahin, zur Belehrung und Unterhaltung. Grimma 1843. 1845. B ü t t n e r , J. G. Briefe aus und über Nordamerika, oder: Beiträge zu einer richtigen Kenntnis der Vereinigten Staaten und ihrer Bewohner. Dresden und Leipzig 1845 (1847). 2 Bde. 1847. Für Auswanderungslustige! Briefe eines unter dem Schutze des Mainzer Vereins nach Texas Ausgewanderten. Leipzig 1847. Neueste Briefe und Nachrichten aus Texas. Mit der Verfassungsurkunde dieses Landes und den genauen Einwanderungs-Bedingungen des deutschen Vereins. Heilbronn 1847. Sorgel, A. Briefe für Auswanderungslustige. Leipzig 1847. 1848. Neueste Briefe von nach der deutschen Colonie Wartburg in East-Tennesee in Nordamerika ausgewanderten Sachsen (1. Heft). Friedr. Herrn. Behrs gesammelte Briefe über die deutsche Colonie Wartburg in Ost-Tennessee in Nordamerika. Zur Belehrung für Auswandernde und sich für Auswanderung Interessierende. Leipzig 1848. — 2. Heft:) Als Abschrift gedruckt und zur Kenntnißnahme und Urtheilsberichtigung über dieses Land, herausgegeben von Weigel. Leipzig 1848. — (3. Heft): Über Wisconsin, Als Abschrift gedruckt und herausgegeben von Weigel. Leipzig 1848. 1849. Briefe aus Nord-Amerika von einem katholischen Missionär. 2. Aufl. der „Skizzen". Augsburg (1845) 1849. S c h w a r z , J . L. Briefe eines Deutschen aus Kalifornien. Berlin 1849. T h i l e n i u s , Klara. Briefe und Erzählungen aus Amerika. Berlin 1849. (Forts. 1850.) 1850. Auszüge aus den Briefen eines nach Nordamerika ausgewanderten Schweizers. Bern 1850. Brief aus Highland im Staate Illinois, an die Freunde in der Heimath, von Ad. Eug. Bandlier, Friedr. v. Graffenried und A. Reitmann. Bern 1850. Grone, C. von. s. u. historisch-politische Literatur:1850. 1852. P e l z , Eduard. Briefe aus Nord-Amerika. Erster Brief Bremen 1850. Auch: ein Jahresbericht der Emigranten-Kommissäre von New-York. Rudolstadt 1852. R i c h t e r , K. E. Briefe aus Amerika für Deutsche Auswanderer. Darmstadt 1852. 1853. Goery, E. Briefe aus den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Von einem Ungenannten. Leipzig 1853. 2 Bde. M a c k a y , A. Briefe aus den Vereinigten Staaten von Nord-America. Leipzig 1853. 2 Bde. Briefe aus den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika. Von *** ( = Eduard Jörg). Leipzig 1853. 2 Bde. 1854. K ö h l e r , Carl. Briefe aus America. Ein lehrreicher Wegweiser für deutsche Auswanderer. 2. Aufl. Darmstadt. 1854. 1856. B a u m b a c h , von. Neue Briefe aus den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika in der Heimat. Mit besonderer Rücksicht auf deutsche Auswanderer. Cassel 1856. 1857. S c h m i d t , Carl. Briefe aus und über die Vereinigten Staaten von Nord-Amerika. Altenburg 1857. 1858. F r ö b e l , Jul. s. u. Auswandererliteratur: Allgemeine Schriften, 1858. 5. Der Deutsche in Nordamerika. 1787. Nachrichten von den vereinigten deutschen Evangelisch-Lutherischen Gemeinen in Nord-Amerika, absonderlich in Pennsylvanien, Halle 1787. 1806. H e r r m a n n , F. Die Deutschen in Nordamerika. Lübben 1806. 1818. F ü r s t e n w ä r t h e r , M. von. Der Deutsche in Nord-America. Stuttgart 1818. 1829. B r a u n s , E. L. s. u. Auswandererliteratur: Ratgeber, 1829. Gudehus, J. H. s. u. Auswandererliteratur: Beobachtungen und Reisen bez. Ausw. 1829. 1832. Eggerling, H. W. E. Kurze Beschreibung.. . 1832 (33) s. u. IVa. 1846. B ü t t n e r , J. G. Geschichte der hochdeutschen reformirten Kirche in Nordamerika. Schleiz 1846. 1847. Löher, Franz. Geschichte und Zustände der Deutschen in Amerika. Göttingen 1847. (Cincinnati, Leipzig.) 2. Aufl. Göttingen 1855. 1853. Löher, Franz. s. u. Auswandererliteratur: Organisationsbestrebungen etc., 1853.

I I I . Auswandererliteratur

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1858. F r ö b e l , J u l . Die deutsche A u s w a n d e r u n g u n d ihre cultur-historische Bedeutung. 15 Briefe a n den Herausgeber der Allgemeinen Auswanderungs-Zeitung. Leipzig 1858. 1859. H o l l e n b e r g , W . N. Die Deutschen in Amerika. Mittheilungen des Berliner Vereins f ü r die ausgewanderten Deutschen der evangelischen Kirche i m W e s t e n Nordamerikas. Berlin 1859. B. S c h r i f t e n ü b e r A u s w a n d e r u n g n a c h e i n z e l n e n S t a a t e n N o r d a m e r i k a s . 1. Californien. 1846. B a y e r , M. s. u. Auswandererliteratur : R a t g e b e r , 1846. 1848. K ü n t z e l , H . Obercalifornien. Eine geographische Schilderung f ü r den Zweck deutscher A u s w a n d e r u n g u n d Ansiedlung. D a r m s t a d t 1848. 1849. Californien u n d seine Goldminen. Mittheilungen aus der Geographie u n d Geschichte dieses Landes u n d über seine G o l d s c h ä t z e . . . K r e u z n a c h 1849. Californien. W e i m a r 1849. Californien. Mit besonderer Berücksichtigung des Gold- u n d Quecksilber-Distriktes. N e b s t 1 K a r t e n a c h d e m California Herald v o m 26. December 1848. Mit Ergänzungen n a c h D u f l o t de Mofras u n d F r e m o n t . W i n t e r t h u r 1849. H o p p e , J a m e s . Californiens Gegenwart u n d Z u k u n f t . N e b s t Beiträgen von A. E r m a n über die Klimatologie von Californien u n d über die geographische Verb r e i t u n g des Goldes. Berlin 1849. Kalifornien das Goldland. Mit Berücksichtigung der Auswanderung d o r t h i n . . . . Rorschach 1849. Kalifornien, das Goldland. Seine Lage, seine Größe, sein K l i m a , sein jetziger Z u s t a n d . . . . Leipzig 1849. Kaliforniens Gold- u n d Quecksilber-Distrikt. N a c h : T h e California Herald v. F r . G e r s t ä c k e r . Leipzig 1849. K r a k e n f u ß , Albr. M ü n c h h a u s e n in Californien. E i n w a h r e r u n d w a h r h a f t i g e r , vollständ. a u t h e n t . u n d nirgend übertriebener Bericht über eine Expedition n a c h dem Golddistricte v o n San Francisco, u n t e r n o m m e n u n t e r der Leitung der grand auriferous stultiferous assiniferous Californian bamboozle Company in H a m b u r g . B r e m e n 1849. O s s w a l d , H . Californien u n d seine Verhältnisse. E i n unterrichtendes H a n d b u c h f ü r alle, welche sich u m dieses L a n d i n t e r e s s i e r e n . . . Leipzig 1849. R a t h g e b e r f ü r Auswandere n a c h Californien ü b e r Clima, A n k a u f u n d Ergiebigkeit des Bodens. Nebst den nöthigen Belehrungen über dieses L a n d u n d die Reise dorthin. B r e m e n 1849. S c h w a r z , J . L. s. u. Briefe. 1849. W e g z u m R e i c h t h u m ! Californien's Goldreichtum. Eine genaue Beschreibung dieses herrlichen Landes u n d dessen bis j e t z t n u r z u m kleinsten Theil bearbeitete Goldlager etc. Leipzig 1849. 1850. F l e i s c h m a n n . Neueste officielle Berichte an die Regierung der Vereinigten S t a a t e n ü b e r die Lage u n d Z u k u n f t Californiens. S t u t t g a r t 1850. 1851. B a l l e n s t e d t , C. W . T. Beschreibung meiner Reise n a c h den Goldminen Californiens. Zur Belehrung u n d W a r n u n g f ü r Auswanderer. Schöningen 1851. 1852. K ö r b e r , Phil. J a k o b u n d E d u a r d Jefferson's Reise n a c h Californien. N ü r n b e r g 1852. — Schilderung einer Reise n a c h Californien's Goldminen im J a h r e 1848. N ü r n b e r g 1852. R e d n i t z , L. s. u. A u s w a n d e r e r l i t e r a t u r : R a t g e b e r , 1852. 1854. S c h e u r e r , C. A. D a s jetzige Kalifornien. Allgemeine Schilderung der dortigen Verhältnisse. B e r n 1854. 1858. G e r s t ä c k e r , F r . Gold! E i n californisches Lebensbild aus dem J a h r e 1849. Leipzig 1858. 3 Bde. 2. Michigan. 1834. B r o m m e , T r a u g . Michigan. Eine geogr. - statistisch - topographische Skizze f ü r E i n w a n d e r e r . . . Baltimore u n d Leipzig 1834.

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1849. Des Auswanderers Wegweiser n a c h dem S t a a t e Michigan. New-York 1849 ( S t u t t gart). 1851. K o c h , F. C. L. Die deutschen Colonien in der N ä h e des Saginaw-Flusses. E i n Leitfaden f ü r deutsche Auswanderer n a c h d e m S t a a t e Michigan. Braunschweig 1851. 3. Missouri u n d Illinois. 1820. E r n s t , F . s. u. Reisebeschreibungen 1820. 1834. Die vereinigten F r e i s t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a beschrieben n a c h d e n sichersten Quellen, n e b s t Charten m i t der n e u e s t e n politischen E i n t h e i l u n g ; 1. H e f t : Illinois. Bern 1834. S c h o r i , P. s. u. A u s w a n d e r e r l i t e r a t u r : R a t g e b e r (1834). 1835. B e c k , L. C. Missouri u n d Illinois. T a s c h e n b u c h f ü r E i n w a n d e r e r u n d F r e u n d e der Länder- u n d V ö l k e r - K u n d e . Dresden 1835. Missouri u n d Illinois. T a s c h e n b u c h f ü r Auswanderer. Dresden 1835. 1838. B r o m m e , T r a u g . Illinois u n d Missouri, T a s c h e n b u c h f ü r E i n w a n d e r e r u n d F r e u n d e der L ä n d e r - u n d Völkerkunde. B a l t i m o r e u n d Leipzig 1838. 1854. B a u d i s s i n , Graf A d a l b e r t . D e r Ansiedler i m Missouri-Staate. D e n deutschen A u s w a n d e r e r n gewidmet. Iserlohn 1854. 1859. M ü n c h , F r . Der S t a a t Missouri, geschildert m i t besonderer R ü c k s i c h t auf t e u t s c h e E i n w a n d e r u n g . B r e m e n 1859. 4. P e n n s y l v a n i e n . 1787. N a c h r i c h t v o n einigen evangelischen Gemeinen in Amerika, absonderlich in Pensylvanien. M. 16 F o r t s e t z . Halle 1745—1787. 1793. B o y l e , R o b . Reisen u n d B e g e b e n h e i t e n ; u. A. R . Castelmanns Reisen u n d N a c h r i c h t e n v o n Pensylvanien. Leipzig 1793. 1796. L u t y e n s , Gotthilf Nicolas. E t w a s ü b e r den gegenwärtigen Z u s t a n d der Ausw a n d e r u n g e n u n d Ansiedlungen i m S t a a t e v o n Pennsylvanien. H a m b u r g 1796. 1848. R ä p p . Die Colonie, oder die H a r m o n i t e n zu Oeconomie im S t a a t e P e n n s y l v a n i e n . Birsfelden 1848. 5. Texas. 1832. R ä c k n i t z , J . v. s. u. A u s w a n d e r e r l i t e r a t u r : B. Verschiedene S t a a t e n 1832. 1834. D u n t , D. Reise d u r c h T e x a s n e b s t N a c h r i c h t e n v o n diesem L a n d f ü r Deutsche, welche n a c h A m e r i k a zu gehen beabsichtigen. B r e m e n 1834. 1841. H a e b e r l i n , Carl Ludwig. Die Auswanderer n a c h Texas. Historisch-romantisches Gemälde aus der n e u e s t e n Zeit. Leipzig 1841. 3 Bde. S c h e r p f , G. A. E n t s t e h u n g s g e s c h i c h t e u n d gegenwärtiger Z u s t a n d des n e u e n , u n a b h ä n g i g e n , amerikanischen S t a a t e s Texas. E i n B e i t r a g zur Geschichte, Statistik u n d Geographie dieses J a h r h u n d e r t s . I m L a n d e selbst g e s a m m e l t . . . . A u g s b u r g 1841. 1843. E h r e n b e r g , H . v. s. u . Historisch-politische L i t e r a t u r 1843. 1844. Die A u s w a n d e r u n g der D e u t s c h e n n a c h Texas, N o r d a m e r i k a u n d U n g a r n . . . s. u. A u s w a n d e r e r l i t e r a t u r : allgemeine Schriften 1844. H ö h n e , F r . s. u. A u s w a n d e r e r l i t e r a t u r : B e o b a c h t u n g e n etc. 1844. 1845. Gesammelte A k t e n s t ü c k e des Vereins z u m Schutze deutscher E i n w a n d e r e r in Texas. Mainz 1845. S c h u l t z , I. H . S. Die D e u t s c h e Ansiedlung in Texas. Besonderer A b d r u c k einer Reihe das U n t e r n e h m e n eines Vereins z u m Schutze deutscher E i n w a n d e r e r in Texas besprechender Artikel aus d e m rheinischen Beobachter. B o n n 1845. Texas. E i n H a n d b u c h f ü r deutsche Auswanderer. Mit besonderer R ü c k s i c h t auf diejenigen, welche ihre Ü b e r f a h r t u n d Ansiedlung d u r c h Hilfe des Vereins bewirken wollen. B r e m e n 1845. 1846. Auszug aus den A c t e n s t ü c k e n des Vereins z u m Schutze deutscher E i n w a n d e r e r in Texas. Gefertigt v o n dem Bevollmächtigten des Vereins in Heilbronn. H e i l b r o n n 1846. Der Auswanderer n a c h Texas. E i n H a n d b u c h u n d R a t h g e b e r f ü r die, welche sich in Texas ansiedeln wollen, u n t e r besonderer R ü c k s i c h t derer, welche sich d e m mainzer oder a n t w e r p e n e r Verein a n v e r t r a u e n . B r e m e n 1846.

I I I . Auswandererliteratur

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1846. B a y e r , M. s. u. A u s w a n d e r e r l i t e r a t u r : Ratgeber, 1846. C a r l , P r i n z zu Solms-Braunfels. Texas. Geschildert in Beziehung auf seine geographischen, socialen u n d übrigen Verhältnisse m i t besonderer R ü c k s i c h t a u f die deutsche Colonisation. E i n H a n d b u c h f ü r Auswanderer n a c h T e x a s . . . . F r a n k f u r t a. M. 1846. E h r e n k r e u t z , B a r o n v . Vollständige Beschreibung des S t a a t e s v o n T e x a s i n historischer, politischer, geographischer u n d geselliger H i n s i c h t . . . . Coblenz 1846. E r w e n d b e r g , L . C. Neueste N a c h r i c h t e n aus Texas. F r a n k f u r t a. M. 1846. D e r F r e i s t a a t Texas, geographisch-statistisch-naturhistorisch u n d in R ü c k s i c h t auf Auswanderer beschrieben v o n einem transatlantischen Reisenden. Clausthal 1846. H a n d b u c h f ü r A u s w a n d e r e r n a c h T e x a s . . . .Coblenz 1846. K o r d ü l , A. Der sichere F ü h r e r n a c h u n d in Texas. Rottweil 1846. N ö r t e n , Ch. s. u. A u s w a n d e r e r l i t e r a t u r : Ratgeber, 1846. P a u e r , F . Texas, ein sicherer F ü h r e r f ü r Auswanderer. Bremen 1846. S c h ü t z , K . D. F r h . v. Texas. R a t h g e b e r f ü r Auswanderer nach diesem L a n d e . M i t besonderer U n t e r s t ü t z u n g des Vereins zum Schutze deutscher E i n w a n d e r e r i n Texas. N e b s t der neuesten i m J a h r e 1848 aufgenommenen K a r t e u n d m e h r e r e n Briefen deutscher Ansiedler in Texas. Wiesbaden 1846. 1847. B e h r , O. v . s. u. A u s w a n d e r e r l i t e r a t u r : R a t g e b e r , 1847. C o n s t a n t , L. D a s V e r d e r b e n deutscher Auswanderer u n t e r d e m Schutze des mainzer Vereins. Berlin 1847. N e u e s t e Briefe. . . s. u . A u s w a n d e r e r l i t e r a t u r : Briefe 1847. Der nordamerikanische F r e i s t a a t Texas. E i n F ü h r e r und Rathgeber f ü r solche, die d a h i n a u s w a n d e r n wollen. Vollständige N a c h r i c h t über die dortigen Verhältnisse u n d genaue Anweisung f ü r Auswanderungslustige. Mit der Staats- u n d VerfassungsU r k u n d e dieses Landes, den genauen B e s t i m m u n g e n des Vereins z u m Schutze deutscher Auswanderer. H e i l b r o n n 1847. P a u e r , F . s. u. A u s w a n d e r e r l i t e r a t u r : allgemeine Schriften, 1847. S o m m e r , C. v. Bericht ü b e r seine Reise n a c h Texas im J a h r e 1846. Die Verhältnisse dieses Landes b e t r e f f e n d . B r e m e n 1847. — N a c h t r a g zu d e m Berichte ü b e r die Reise nach Texas im J a h r e 1846. N e b s t einigen B e m e r k u n g e n ü b e r die nördlichen S t a a t e n von Amerika. Braunschweig 1847. S ö r g e l , A. H . Neueste N a c h r i c h t e n aus Texas. Zugleich ein Hilferuf an d e n m a i n z e r Verein z u m Schutze deutscher E i n w a n d e r e r in Texas. Eisleben 1847. W i t l i n b o r g e r , I . s. u . A u s w a n d e r e r l i t e r a t u r : Ratgeber, 1847. 1848. M a r t i n , L. Der nordamerikanische F r e i s t a a t Texas. Ein H a n d b u c h f ü r solche, die d a h i n , insbesondere aber n a c h d e m der deutschen Colonisationsgesellschaft in T e x a s angehörigen, in der c o u n t r y B e x a r gelegenen Landbezirk a u s w a n d e r n wollen. Wiesbaden 1848. 1849. B r a c h t , V. Texas i m J a h r e 1848. N a c h mehrjährigen Beobachtungen dargestellt. Mit verschiedenartigen Zugaben. Auszügen aus Briefen. Elberfeld 1849. (Neueste L ä n d e r k u n d e , m i t besonderer Beziehung auf deutsche Auswanderung u n d Colonisation, 1. Bd.). R ö m e r , F . Texas. Mit besonderer Rücksicht auf deutsche A u s w a n d e r a n g u n d die physischen Verhältnisse des Landes. Mit einem naturwissenschaftlichen A n h a n g e u n d einer topographisch-geognostischen K a r t e von Texas. Bonn 1849. Comite-Bericht des Vereins z u m Schutze deutscher Einwanderer in Texas. Wiesb a d e n 1850. H e r f f , v. Die geregelte Auswanderung des deutschen Proletariats m i t besonderer Beziehung auf Texas. Zugleich ein L e i t f a d e n f ü r deutsche Auswanderer. F r a n k f u r t a. M. 1850. M ö l l h a u s e n , B. s. u. A u s w a n d e r l i t e r a t u r : B. Verschiedene S t a a t e n 1850. 1851. I n s t r u c t i o n e n f ü r deutsche Auswanderer nach Texas, nebst der n e u e s t e n K a r t e dieses S t a a t e s n a c h den Grenzbestimmungen d u r c h Congreßbeschluß v o m S e p t e m ber 1850. S o d a n n einer Special-Karte über den vermessenen Theil des G r a n t s Gebiets des T e x a s Vereins u n d einzelnen P l ä n e n der S t ä d t e Neu-Braunfels, Friedrichsburg u n d Indianola. Herausgegeben von dem Verein zum Schutze deutscher E i n w a n d e r e r in Texas. Wiesbaden 1851. R o ß , G. M. v . Der Nordamerikanische F r e i s t a a t Texas n a c h eigener A n s c h a u u n g . . geschildert. R u d o l s t a d t 1851.

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Anhang

1855. S t a t u t e n der europäischen-amerikanischen Colonisations-Gesellschaft i n Texas. Zürich 1855. Auswanderung nach Hoch-Texas. 1. Tl. V. Considérant. Beschrbg. ds. L a n d e s a m oberen T r i n i t y - F l u ß . A. d. F r a n z ö s . 2. Tl. Studer. W a s wir in T e x a s wollen. 3. Tl. S t a t u t e n der europäisch - amerikanischen Colonisations - Gesellschaft in Texas. A. d. Französ. Zürich 1855. 6. Wisconsin. 1841. H a s s e , C. E . Schilderung des Wisconsingebietes in N o r d a m e r i k a . E i n auf eigene E r f a h r u n g u n d W a h r n e h m u n g gegründeter Fingerzeig f ü r Auswanderer über das W o h i n in den Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a . G r i m m a 1841. 1846. H a s s , de. N o r d Amerika. Wisconsin. W i n k e f ü r Auswanderer. B a r m e n 1846. 1848. Z i e g l e r , A. Skizzen einer Reise d u r c h N o r d a m e r i k a u n d Westindien, m i t besonderer Berücksichtigung des deutschen E l e m e n t s , der A u s w a n d e r u n g u n d der l a n d w i r t schaftlichen Verhältnisse in dem n e u e n S t a a t e Wisconsin. Dresden u n d Leipzig 1848. 2 Bde. 1849. R i c h t e r , Gust. Der nordamerikanische F r e i s t a a t W i s c o n s i n . . . Wesel 1849. 1851. W e t t s t e i n , T h . D e r nordamerikanische F r e i s t a a t Wisconsin in seiner physischen, sozialen u n d politischen Gestalt. Zur Belehrung u n d W a r n u n g f ü r d e u t s c h e Auswanderer. N e b s t einer ausführlichen Darstellung aller Gewerb-, F a b r i k - , I n d u s t r i e u n d Handelszweige. Elberfeld 1851. (Bd. 4 d e r : neuesten L ä n d e r k u n d e , m i t besonderer Beziehung auf deutsche A u s w a n d e r u n g u n d Colonisation.) 7. Verschiedene S t a a t e n . 1788. S c h ö p f , J . D . s. u. Reisebeschreibungen 1788. 1790. V e i t h u s e n , I. K . Nordkarolinische K i r c h e n - N a c h r i c h t e n . Leipzig 1790. 1. S t ü c k . 1827. S i d o n s ( = Sealsfield, Postl.) s. u . Reisebeschreibungen 1827. S. v. N . s. u. Reisebeschreibungen 1827. 1832. R ä c k n i t z , J o h a n n v . Vorläufer, als L e i t f a d e n f ü r Auswanderer n a c h d e m S t a a t e Texas, a n den Flüssen St. Marco, Colorado, auch R i o de la Canos, im Gebiet Neumexiko in N o r d a m e r i k a . Meersburg 1832. 1833. J o ß , Niki. Reise n a c h d e m S t a a t Ohio in N o r d a m e r i k a . B e r n 3. A u f l . 1833. 1834. M a r t e l s , Heinrich von. Der westliche Theil der Vereinigten S t a a t e n v o n Nordamerika. O s n a b r ü c k 1834. S c h o r i , P . S. u. A u s w a n d e r e r l i t e r a t u r : R a t g e b e r , 1834 (bez. Ohio). 1837. B r o m m e , T r a u g . Louisiana. E i n T a s c h e n b u c h f ü r Auswanderer u n d F r e u n d e der L ä n d e r - u n d Völkerkunde. Baltimore u n d Leipzig 1837. A u s : Reisen d u r c h die Vereinigten S t a a t e n . . . 1834. 1838. — A l b a m a u n d Mississippi, eine geographisch-statistisch-topographische Skizze f ü r E i n w a n d e r e r u n d F r e u n d e der L ä n d e r - u n d Völkerkunde. Baltimore u n d Leipzig 1838. 1841. D e l i u s , E . Einige W o r t e ü b e r das H o c h l a n d v o n Süd-Carolina a n Auswanderer n a c h Amerika gerichtet. B r e m e n 1841. 1845. D a l w i g , J . C. Florida, als Auswanderungskolonie f ü r D e u t s c h l a n d u n d die Schweiz. St. Gallen 1845. 1846. Die Mosquitoküste u n d Texas. Vollständige u n d unparteiische Beschreibung beider L ä n d e r u n d H a n d b u c h f ü r Auswanderer. C h a r l o t t e n b u r g 1846. 1847. Die Kolonie Alpina i m nordwestlichen Theile des S t a a t e s New Y o r k (Vereinigte S t a a t e n Nordamerikas), in l a n d w i r t s c h a f t l i c h e r u n d gewerblicher Beziehung, vorzüglich m i t Bezug auf die deutsche E i n w a n d e r u n g u n d Ansiedlung in dieser Kolonie. D a r m s t a d t 1847. 1848. R a u s c h e n b u s c h , August. Einige Anweisungen f ü r Auswanderer n a c h den westlichen S t a a t e n v o n N o r d a m e r i k a . 3. Aufl. Elberfeld u n d Iserlohn 1848. 1849. B ü t t n e r , I. G. D e r S t a a t Ohio. E i n e geographische statistisch-topographische Beschreibung f ü r E i n w a n d e r e r u n d F r e u n d e der L ä n d e r - u n d Völkerkunde. B a y r e u t h 1849. G ü n t h e r , F . B . Berichte ü b e r Ost-Tennessee u n d die deutsche Ansiedlung. S t u t t gart 1849.

IV. Allgemeines über Nordamerika

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1849. Der Auswanderer am Niederrhein. 1. Wisconsin: Manitowac-Rapids. 2. dto. : Milwaukee. Ebenezer. 3. Iowa: Pella. 4. New York. 5. Indiana. Wisconsin. Missouri. 6. Wisconsin (Titel: „Wie sieht es in Wisconsin aus?" Ein treuer Führer und Rathgeber für Auswanderer, v. Wilh. Dames.) 7. Indiana (Titel: „Nordamerika in seinen verschiedenen Beziehungen, insbesondere der Staat Indiana." v. Pet. Schultze.) 8. Ceresco, Fond du Lac Counti. (Titel: Nordamerika: Der Staat Wisconsin. Die Perle Wiskonsin's; Ceresco, Fond du Lac Counti. v. Emil E v e r s z . . . ) Meurs, 1849/50. 1850. M ö l l h a u s e n , B. Die in Texas und Virginien gelegenen, der Londoner allgemeinen Auswanderungs- und Colonisations-Gesellschaft gehörigen Ländereien... Berlin 1850. Wie und wohin soll der deutsche Landmann auswandern? Mit besonderer Rücksicht auf West-Virginien, nebst einem Statutentwurf zur Gründung einer Niederlassung in dieser Gegend. Solingen 1850. 1851. Koch, F. C. L. Die Mineral-Gegenden der Vereinigten Staaten Nord-Amerikas am Lake Superior, Michigan und am obern Mississippi, Wisconsin, Illinois, Jowa. Ein Leitfaden für deutsche Auswanderer. Göttingen 1851.

IV. Allgemeines über Nordamerika. 1. Volk, Sitten und Leben in Amerika. 1777. P u r m a n n , I. G. Sitten und Meinungen der Wilden in Amerika. Frankfurt a. M. 1777—1781. 4 Tie. 1784. Crome, Aug. Fr. W. Etwas über die Größe, Volksmenge, Klima u.s.w. des aufblühenden Nordamerikanischen Freistaates. Dessau 1784. 1817. Dankbare Erinnerungen an die Gemeinde der Schwenkfelder zu Philadelphia in Nordamerika. Görlitz 1817. 1818. Nordamerika, oder neuestes Gemälde der nordamerikanischen Freistaaten. Tübingen 1818. Von einem Württemberger. 1819. Kurze Beschreibung der vereinigten Staaten von Nordamerika. Freiburg 1819. 1820. L i s t , Fr. Mittheilungen aus Nord-Amerika. Herausgegeben von E. Weber und E. W. Arnoldi. 1. Heft über Kanäle und Eisenbahnen. Hamburg 1820. (Später: Nachtrag zum 1. Heft d. Mittheil, aus N. Am., enthaltend eine weitere Entwicklung der Vortheile: I. eines Eisenbahnsystems im Innern Baierns, II. einer baierischhanseatischen Eisenbahn. Herausgegeben von Weber und Arnoldi. Hamburg 1830.) 1827. Sidons ( = Postl. Sealsfield!) Die Vereinigten Staaten von Nordamerika, nach ihrem politischen, religiösen und gesellschaftlichen Verhältnissen betrachtet. Stuttgart und Tübingen 1827. 2 Bde. 1828. Görling, A. Die Neue Welt. Skizzen von Land und Leuten der Nord Amerikanischen Freistaaten. Leipzig 1828. 1830. B r a u n s , E. L. Skizzen von Amerika. Zur belehr. Unterhaltung für gebildete Leser, mit besonderer Rücksicht auf Reisende und Auswanderer nach Amerika. Halberstadt 1830. 1831. Sommer, I. G. Neuestes Gemälde von Amerika. Wien 1831 und 32. 2 Tie. (auch 32/33). 1832. E g g e r l i n g , H. W. E. Kurze Beschreibung der Vereinigten Staaten von NordAmerika, nach ihren politischen, religiösen, bürgerlichen und gesellschaftlichen Verbindungen, nebst besonderer Berücksichtigung und Hinweisung dort zu gründender Niederlassungen europäischer Einwanderer. Wiesbaden 1832. (Mannheim 1833). 1835. Bilder aus dem geselligen Leben der Nordamerikaner. Von einem Deutschen. Reutlingen 1835. 1837. Grund, Fr. Jos. Die Amerikaner in ihren moralischen politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen. Ins Deutsche übersetzt vom Verfasser. Stuttgart 1837.

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Anhang

1839. B r o m r a e , Traug. N o r d a m e r i k a ' s Bewohner, Schönheiten u n d N a t u r s c h ä t z e im Allgemeinen, u n d die Britischen Besitzungen insbesondere. S t u t t g a r t 1839. J u l i u s , N. H . N o r d a m e r i k a s sittliche Z u s t ä n d e . N a c h eigenen A n s c h a u u n g e n in den J a h r e n 1834, 1835 u n d 1836. Boden u n d Geschichte, Religiöses, Erziehung u n d Unterricht, A r m u t h u n d Mildthätigkeit, Volk u n d G e s e l l s c h a f t . . . Leipzig 1839. 2 Bde. 1840. B r o m m e , T r a u g o t t . Des U n i v e r s u m s n e u e W e l t : N o r d - A m e r i k a n e r , in allen Beziehungen geschildert. E i n belehr. Bilderwerk f ü r alle S t ä n d e . S t u t t g a r t 1838—40. (Auch u n t e r d e m T i t e l : Gemälde v o n N o r d - A m e r i k a i n allen Beziehungen, v o n der E n t d e c k u n g a n bis auf die neueste Zeit m i t m e h r e r e n H u n d e r t e n v o n A b b i l d u n g e n u n d m i t K a r t e n . E i n e p i t t o r e s k e Geographie f ü r Alle, welche u n t e r h a l t e n d e Belehr u n g suchen, u n d ein umfassendes R e i s e - H a n d b u c h f ü r J e n e , welche in diesem L a n d e w a n d e r n wollen. S t u t t g a r t 1839.. 3 Bde.) C r a m e r , C. E t w a s ü b e r die N a t u r - W u n d e r in N o r d - A m e r i k a . St. P e t e r s b u r g 1840. R i e s , I. Schilderungen des Treibens i n L e b e n u n d H a n d e l in den Vereinigten S t a a t e n u n d H a v a n a , 1837—39. Berlin 1840. 1841. D ö s c h e r , E r i c h A u g u s t . A c h t j ä h r i g e r A u f e n t h a l t in den vereinten S t a a t e n . Chemnitz 1841. 1842. B ü t t n e r . N o r d a m e r i k a n i s c h e Bilder u n d Z u s t ä n d e . H a m b u r g 1842. Mit d e m 2. T i t e l : Die E n t h a l t s a m k e i t s - V e r e i n e in d e n Nord-Amerikanischen F r e i s t a a t e n . F o r t s , der B a i r d ' s c h e n Geschichte der Mäßigkeitsvereine in den Vereinigten S t a a t e n N o r d - A m e r i k a s bis z u m J a h r e 1842. 1844. B ü t t n e r , I . G. Die Vereinigten S t a a t e n v o n N o r d Amerika. 2