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German Pages 112 Year 1936
Freiburger Beiträge zur
Strafvollzugskunde Herausgegeben von
Professor
Dr. E r i k
Wolf
Freiburg i. Br.
Heft
2:
S a a r n , Quellenstudien zur Geschichte des deutschen Zuchthauswesens bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts
Berlin
Walter
und L e i p z i g
1936
de G r u y t e r
& Co.
vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung — J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer — Karl J. Trübner — Veit & Comp.
Quellenstudien zur Geschichte des deutschen Zuchthauswesens bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts
Von
Dr. jur. G ü n t h e r Saarn aus Wuppertal - Barmen
Berlin
Walter
und
Leipzig
de G r u y t e r
1936
& Co.
vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung — J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer - Karl J. TrUbner - Veit & Comp.
Archiv-Nr. 241736
Meinen
Eltern
Inhaltsverzeichnis. Seite 9
Vorbemerkung Erster
Abschnitt.
Die geschichtliche Entwicklung des Besserungsgedankens als Zweck der Zuchthausstrafe in Deutschland bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. 1. Der Besserungsgedanke in der Rechtsphilosophie 2. Der Besserungsgedanke in der allgemeinen Strafrechtstheorie
u 13
3. Der Besserungsgedanke in den Spezialabhandlungen, insbesondere im Schrifttum der Strafvollzugspraxis
15
4. Der Besserungsgedanke in einigen Strafgesetzen und Sprüchen der Juristenfakultäten 21 5. Der Besserungsgedanke der Zuchthausverfassungen in seiner allgemeinen Prägung 23 6. Zusammenfassung 30 Zweiter
Abschnitt.
Die Verwirklichung des Besserungsgedankens in der Praxis und Ausschnitte aus den Zuständen des deutschen Zuchthauswesens bis zur Neige des 18. Jahrhunderts. 1. Die Unvollkommenheit bisheriger Geschichtsurteile über das deutsche Zuchthauswesen bis 1800 und ihre Gründe 32 2. Das Zuchthauswesen des 18. Jahrhunderts im Urteil der Zeitgenossen 34 3. Die religiöse Erziehung in den Zuchthäusern 36 4. Der Arbeitsbetrieb 38 5. Die Ordnungsstrafen 6. Die Verpflegung 7. Zusammenfassung
39 42 43 Dritter
Abschnitt.
Die geschichtliche Entwicklung der Verhaltensvorschriften für Gefangene bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. 1. Das Wesen der Verhaltensvorschriften 2. Die Verhaltensvorschriften als Rechtsforderung
44 47
3. Form und Gliederung der Verhaltensvorschriften
51
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8
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4. Der Inhalt der Verhaltensvorschriften:
Seite
a) Vorschriften über Religion, Sittlichkeit und Rechtserziehung . . . b) Arbeitsordnung c) Reine Ordnungsvorschriften d) Strafbestimmungen e) Rechtsschutz und Ansprüche der Gefangenen 5. Die unechten Verhaltensvorschriften Vierter
52 58 59 62 64 68
Abschnitt.
Beiträge zur Geschichte der Verhaltensvorschriften in England bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts
68
Schriftennachweis
73
Archivalienverzeichnis
77 Anhang:
Sammlung
der V e r h a l t e n s v o r s c h r i f t e n
79
Vorbemerkung. Über die deutschen Zuchthäuser des 18. Jahrhunderts wird allenthalben das gleiche abfällige Urteil ausgesprochen. „Brutstätten des Verbrechens und der Unzucht", „elende Verwaltung", „Brutalität der Behandlung", „die Kirche und der Geistliche . . . im günstigsten Falle ein überflüssiger Zierat", „Unklarheit über das Wesen und den Zweck der Freiheitsstrafe", „unerhörter Zustand der Verwahrlosung"; das ist das Bild, das verdienstvolle und wahrheitsliebende Männer uns von den Zuchthäusern des 18. Jahrhunderts entrollten. Die Wirklichkeit aber war anders. Ihr ist insbesondere der erste und zweite Abschnitt unserer Untersuchung gewidmet. Sollen die Mängel bisheriger Darstellungen, die im wesentlichen auf unzulässigen Verallgemeinerungen einer einmaligen Erscheinung und unbewußt oder bewußt zweckbetonten Geschichtsurteilen beruhen, vermieden werden, so ist aus den Quellen heraus auf breiter Grundlage neu aufzubauen. Natürlich erlaubt es der kleine Rahmen dieser Arbeit nicht, eine solche Fülle von Material zu verwerten, wie es nötig wäre, um zu einem a b s c h l i e ß e n d e n Urteil zu kommen. Nur einige, bisher oft übersehene Grundzüge des Zuchthausstrafvollzugs sollen in groben Umrissen aufgezeichnet werden, um wenigstens begründete Zweifel an der überlieferten Meinung zu erwecken. Das gesteckte Ziel kann nur durch Mitteilung von Tatsachen und Quellen erreicht werden. Dadurch nimmt die ganze Arbeit leicht den Charakter einer Chronik an. Der Verfasser nimmt diesen Vorwurf gern in Kauf, wenn andererseits die noch größere Gefahr vermieden werden kann, grundlose oder nur auf Einzelerscheinungen beruhende Gesamturteile abzugeben. Mögen die Quellen sich selbst rechtfertigen! Ein weiterer Abschnitt über die Verhaltensvorschriften soll den obigen Leitsatz abwandeln und die an den Gefangenen gestellten Erwartungen und seine Ansprüche so darlegen, wie sie im Zuchthaus unmittelbar, aber noch allgemein formuliert, an ihn herantreten. Die im Anhang wiedergegebenen Verhaltensvorschriften bezwecken, die im Text durchgeführten Einzeluntersuchungen durch das in sich geschlossene Bild einzelner Anstalten zu ergänzen.
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10
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Auf der Suche nach alten Pergamenten wurde mir das Glück zuteil, in den Besitz von Abschriften ältester Archivalien über die Gründungszeit des Amsterdamer Zuchthauses zu gelangen. Herrn Dozent Dr. Hans Scherpner, Frankfurt am Main, der mich auf die Schriften Hallemas, die jene Akten wieder ans Licht gebracht haben, aufmerksam machte und mir die weitere Bearbeitung des Stoffes überließ, will ich auch an dieser Stelle besonderen Dank sagen. Die nähere, sehr aufschlußreiche Verwertung muß einer späteren Arbeit vorbehalten bleiben. Dankbar bin ich für die Bereitstellung von Materialien der Generalstaatsanwaltschaft in Karlsruhe, den Herren Direktoren der Strafanstalten in Celle, Jauer, Köln und Mannheim sowie den Herren Direktoren des Gemeente-Archiefs in Amsterdam, des Stadtarchivs in Braunschweig, des Staatsarchivs in Darmstadt, der Stadtarchive in Frankfurt a. M. und Freiburg, des Generallandesarchivs in Karlsruhe, des Gemeente-Archiefs in Leiden, des Hauptstaatsarchivs in München, des Staatsfilialarchivs in Stuttgart und des Landeshauptarchivs in Wolfenbüttel. Großen Dank schulde ich Herrn Professor Dr. Erik Wolf, meinem Lehrer, dessen reger Anteilnahme an dem Fortgang der Arbeit ich stets gewiß sein durfte.
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Erster
11
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Abschnitt.
Die geschichtliche Entwicklung des Besserungsgedankens als Zweck
der Zuchthausstrafe
in Deutschland
bis zur
Mitte des 19. Jahrhunderts.
1. Der Besserungsgedanke in der Rechtsphilosophie. Die geschichtliche Forschung ist zu dem Ergebnis gekommen, daß das 17. und 18. Jahrhundert als Strafzwecke im wesentlichen nur Vergeltung, später Abschreckung und Unschädlichmachung kannten, unter allgemeiner Vernachlässigung des Besserungsgedankens.1) Nähere Untersuchungen können dieses Urteil im vollen Umfange nicht bestätigen. Weitgehend trifft es zunächst für die Philosophen jener Zeit zu. Immerhin führt selbst G r o t i u s 2 ) als ersten Strafzweck die „utilitas eius qui peccavit" an, mag er auch das Mittel in patriarchalischer Züchtigung erblicken. Bei seinem Schüler L u d o 1 f u s 3 ) ist die „malorum correctio et emendatio" an die letzte Stelle gerückt. S. P u f e n d o r f 4 ) nennt als Mittel zur Erreichung des „natürlichen" Strafziels der Verbrechensverhütung an erster Stelle, daß „in melius emendetur, qui peccavit". Er baut — wohl als erster unter den Philosophen — die Zuchhausstrafe in das Strafensystem ein, zählt sie aber noch „ad passiones" der Grootschen Definition.6) Wie Grotius mißt auch T h o m a s i u s 8 ) bei der anzustrebenden „emendatio delinquentium" der körperlichen Züchtigung große Bedeutung bei. x) G ü n t h e r , S. 112 ff., S. 161 f., zählt zu den wenigen, die den Besserungsgedanken stärker betonen; noch entschiedener A . H e g l e r S. 85. s) De jure belli ac pacis, lib. I I cap. 20 Ziff. 6, 7, Amsterdam 1651 (1. Ausg. 1625). 3) Zitiert nach N a g 1 e r S. 276 f. 4) De jure naturae et gentium, lib. 8 § 9, 2. Ausg. Frankfurt a. M. (1. Ausg. 1672). Vgl. auch N a g l e r S. 299. 6) 6)
Pufendorf
a.a.O.
1684
§4.
Diss. academ. 4. Bd., Halle 1780, S. 307.
Diss. 127 § 31.
Vgl. auch
Nagler
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12
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Während Chr. W o l f f in seiner „Politik" 1 ) den Besserungsgedanken hinter den der Abschreckung zurücktreten läßt, räumt er an anderer Stelle 2 ) der „emendatio animi laedendi" gleichen Rang neben generalpräventiven Zwecken ein, indem die Strafe gleichermaßen „ad mutandum animum laedendi" wie „ad deterrendum alios a laedendo" dienen soll. K a n t s Ablehnung des Besserungsgedankens folgt notwendig aus seiner Straftheorie.3) Zuchthausarbeit ist für ihn nur Verpflegungsentgelt. H e g e l 4 ) nimmt keine Stellung zu den Strafzwecken; ihm kam es auf eine reinliche Scheidung der Strafidee und der Strafzwecke an, die man miteinander vermengt hatte. Unter den Großen beschreitet F i c h t e wohl als erster neue Wege. Die Sicherheit des Staates, deren Schutz die Strafe bezweckt, und sein Interesse an der Erhaltung seiner Glieder5) erfordern die p o l i t i s c h e — nicht moralische — Besserungsstrafe,6) die im Rechtsbrecher die „Sorge für seine eigene Sicherheit" erwecken soll. Diese Sicherheit kann ihm aber nur innerhalb des Staates und nur dann geboten werden, wenn er jenen nicht durch Delikte verletzt. Zu diesem Zweck soll die Besserung im Zuchthaus durch Gewöhnung an Ordnung und Arbeit und durch Erweckung der Liebe zum Eigentum erstrebt werden.7) Beeinflußt vom amerikanischen Strafvollzug vertritt W e l c k e r 8 ) die Forderung m o r a l i s c h e r Besserung: 9 ) die Gerechtigkeit als Strafidee fordere die Aufhebung des im Verbrechen zutage getretenen „intelectuellen Schadens", den Wiederaufbau und die „Erweckung des Gefühls und Gewissens". K. Chr. F r . K r a u s e 1 0 ) schließt diese Entwicklung ab und stellt den Besserungsgedanken in den Mittelpunkt des Systems. Weil Mensch und Staat ein organisches Sein in Gott führen, können sie, wie Gott, *) §§ 347. 349Zitiert nach R. F r a n k : „Die Wolff'sehe Strafrechtsphilosophie", Göttingen 1887, S. 19 Anm. 13, S. 36 Anm. 8. 2 ) Institutiones juris naturae et gentium, Halle 1750, § 93 S. 48. Ähnlich sein Schüler Regn. E n g e l h a r d ; vgl. F r a n k a . a . O . S. 34. ®) Metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre, Frankfurt a. M. und Leipzig 1797, S. 197 f. Vgl. auch N a g 1 e r S. 400. *) Grundlage der Philosophie des Rechts § 99 a. E., § 96 a. E.; Ausg. Gans Bd. 8, Berlin 1833. 5 ) Grundlagen des Naturrechts, Jena und Leipzig 1797, 2. Teil S. 98, 97. 8 ) a. a. O. S. 114, 119. ') a. a. O. S. 117. 8 ) Die letzten Gründe vom Recht, Staat und Strafe, Gießen 1813, S. 260. •) a. a. O. S. 258 ff., S. 266. 10 ) Abriß des Systems der Philosophie des Rechts oder des Naturrechts, 1828.
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in ihren Handlungen nur ein Gutes wollen.1) Deshalb darf die Strafe „als Übel nicht beabsichtigt sein", der Verbrecher ist „als Unmündiger, als Unerzogener zu betrachten", „die inneren Bedingungen seines rechtlichen Willens" sind wiederherzustellen.2)3) 2. Der Besserungsgedanke in der allgemeinen Strafrechtstheorie. Auch die Rechtstheoretiker des 17. und 18. Jahrhunderts rücken den Abschreckungs- und Vergeltungsgedanken in den Vordergrund. Nur einzelne Schriftsteller können sich der Wirklichkeit nicht ganz verschließen, erkennen den großen Zwiespalt, der sich zwischen traditioneller Lehre und der Praxis des Zuchthauswesens aufgetan hat, und ziehen hieraus Folgerungen für ihr System. So verlangt selbst C a r p z o w ,4) daß die Verbrecher durch die Strafe „cautius mercari discant".5) Bei E. P u f e n d o r f 6 ) kehrt diese Wendung wieder mit dem Zusatz „suosque mores corrigant". Auch J . R. E n g a u ' ) zählt neben generalpräventiven und staatssichernden Zwecken den weiteren ,,ut eum, quem punit, emendet" auf. A. L e y s e r,8) der für eine später oft wiederholte Häufung der Strafzwecke eintritt, führt als dritten der sechs Strafzwecke die „emendatio malefici" an. Zwei Dissertationen jener Zeit wenden sich von der stiefmütterlichen Behandlung der Zuchthausstrafe und des Besserungsgedankens ab. Joh. Georg S i m o n 9 ) läßt für Verbrechen, die nicht gegen göttliches Gebot verstoßen, die Zuchthausstrafe befürworten; Zuchthäuser seien „loca ad homines a vita inhonesta ad honestam laboribus compelendos salutis publicae causa extructa". 10 ) Ihm schließt sich D. T. J . R e i n h a r t h " ) in wörtlich fast gleicher Formulierung an. ") a. a. O. S. 22, 1 1 5 f., 36. *) a. a. O. S. 187 ff. s ) Ähnlich H. A h r e n s , Naturr. od. Phil. d. R. u. d. St. I I S. 448 ff., 6. Aufl. 1 8 7 1 . ') Pract. nov. Imp. Sax. rer. crim., Wittenberg, 7. Ausg. 1677 (1. Ausg. 1635), qu 101 n 13. ') Schon vor ihm spricht S c h w e d e n d ö r f e r von einer „emendatio delicti". Zitiert nach N a g 1 e r S. 247.
•) Introd. in proc. crim. Luneb., Frank, a. M. und Lpzg. 1732, c. 23 § 1. ') Elem. jur. crim. Germ.-Carol., 1738, lib. 1 tit. V § 59. *) Med. ad pand. X , Leipzig 1747, spec. 649 zu lib. 48 tit. 19. •) Ergasteria Disciplinaria, Diss. Jena 1670, Cap. III, 8. ) Cap. I. u ) De ergastulis eorumque jure, Diss. Erford 1734, S. 18, S. 5 f.
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F ü r Joh. Chr. Q u i s t o r p 1 ) ist „der vornehmste Endzweck auf die Besserung des Verbrechers gerichtet". 2 ) „Moralische Besserung des Schuldigen ist der edelste, wohltätigste und zugleich politisch erwünschteste Nebenzweck der Strafen" schreibt M i c h a e l i s , 3 ) Hauptzweck bleibt aber die Abschreckung. 4 ) 6) U m diese Zeit wird der Zuchthausstrafe zum erstenmal eine eigene Stellung im System verschafft, 6 ) während man sie bisher zu den Leibesstrafen gerechnet hatte. 7 ) Seltsamerweise tritt um die Wende des 18. Jahrhunderts der Besserungsgedanke, trotz bedeutender Persönlichkeiten wie Howard Steltzers und Wagnitz, in der Rechtstheorie eher zurück. Forderung „rechtlicher Besserung" soll weniger durch Erziehung als durch Abschreckung erfüllt werden.8) Aus liberalistischer Scheu vor jedem Eingriff in die Persönlichkeit und das Gewissen lehnt K l e i n 9 ) jede moralische Besserung als Strafzweck ab. 1
) Grunds, des teut. peinl. R., Rostock und Leipzig 1770, § 65. ) Vor ihm ruft H o m m e l , Princ. cura leg., 1765, S. 23, aus: Cui bono enim poena, quae neminem emendat? 2
a
) Mosaisches Recht, Frankfurt a. M. 1775, 6. Teil Vorrede S. 142. ) a. a. O. S. 18. Auf der Grenze zwischen polizeistaatlichem und liberalem Denken stehend, gründet er einerseits die Aufgabe der Besserung auf die landesväterliche Fürsorge (S. 147 f.), lehnt aber eine staatliche Verpflichtung zur Einführung der Besserungsstrafe, die eine Eigentümlichkeit despotischer ( ! ) Länder sei, ab (S. 150, 154). 4
") Ebenso Chr. G. G m e l i n , Grds. der Gesetzgeb. über Verbr. u. Str., Tübingen 1785, S. 34 f., 52, 58. Vgl. auch G. J. F. M e i s t e r , De jure ergastula inst, ex jurisdict. crim. patrim . . . , 1784, S. 2. •) Z. B.: G. J . F. M e i s t e r , Princ. jur. crim., Göttingen 1798 (1. Ausg. 1789), § 63—65; Ch. J . L. S t e l t z e r , Lehrb. des teutschen Criminalrechts, Halle 1793, § 169. ') So z. B . : J . S. F. B o e h m e r , Elem. jur. crim., 5. Aufl. 1757, Sect. I I § 7 ; Q u i s t o r p a. a. O. § 7 2 ; Theresiana I Art. 6 §§ 1, 3, 7. Selbst W ä c h t e r , S. 205, zählt hierhin. •) Grundsätze des peinlichen Rechts, 1790, zitiert nach N a g l e r S. 418 Anm. 1. Vgl. auch S t e l t z e r , Lehrbuch a. a. O. S. 76, S. 201 (oben Anm. 6), wo der Besserungszweck erheblich geringere Bedeutung hat. Wie Steltzer auch K. G r o l m a n , Grundsätze der Criminalrechtswissenschaft, Gießen, 2. Aufl. 1805 (1. Aufl. 1797), § 63, der die „bürgerliche" Besserung ganz im Sinne der Abschreckung versteht. •) In K l e i n - K l e i n s c h r o d 1. Bd. 3. Stück S. 40; ebenso S c h i l l i n g daselbst 6. Bd. 2. Stück S. 98 ff. In den Grunds, d. gem. deut. peinl. Rechts, Halle 1799 (1. Aufl. 1796), § 1 1 ist für E. F. Klein — bürgerliche — Besserung Nebenzweck.
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Ebensowenig konnte im F e u e r b a c h s c h e n 1 ) Gedankenkreis der Zweck moralischer Besserung anerkannt werden: „Dieser ist Zweck der Züchtigung, aber nicht der Strafe." 2 ) In den folgenden Jahrzehnten fand, wie bekannt, der Besserungsgedanke in der eigentlichen Strafrechtstheorie wenig Beachtung. 3. Der Besserungsgedanke in den Spezialabhandlungen, insbesondere im Schrifttum der Strafvollzugspraxis. Ein ganz anderes Bild ergeben die Schriften der Zuchthausspezialisten. Über die älteste Zeit soll erst im übernächsten Abschnitt berichtet werden, da sich hier Theorie und Praxis innig durchdringen und deshalb zusammenhängend besser darstellen lassen. Ch. H e n e l i u s 3 ) nennt als ersten Strafzweck, daß die Verbrecher ,,a malitia ducantur ad probitatem, a vitiis ad virtutem; a via ad inferos in semitam ad superos". J. D ö p l e r 4 ) wiederholt die Simonsche Formulierung,5) die er mit Worten wie „von Boß- und Hartnäckigkeit zur Fröm- und Willigkeit", aber auch „durch Hunger und Schläge zur Arbeit und Änderung" ausmalt. K r a u s o 1 d , dem die erste systematische Behandlung der Zuchthausstrafe zu verdanken ist, bezweckt mit der Strafe beim Verbrecher die „animadversio, admonitio, commonitio". 6 ) Mittel hierzu ist das Zuchthaus, ,,in quem . . . includuntur, ut . . . tenui victu vivere, diurnos et eos quidem pro cujuscunque ingenio viribusque gravissimos exantlare labores . . . tenentur", und wo sie bleiben „donec emendationis vitae signa producant, idque omne in honorem Dei tranquillitatem Reipublicae propriamque immorigerorum salutem".7) Die Besserung soll sich in Arbeitsamkeit, Zucht und — stark betont — Gottesfurcht zeigen.8) K r a u s o 1 d tritt eifrig ')
Feuerbach,
Lehrb., 14. Aufl. 1847 (1. Aufl. 1801) S. 40 § 10.
») Ähnlich C. F. R o ß h i r t , Entwickl. d. Grds. d. Strfr., Heidelberg und Leipzig 1828, S. 465 f. C. A. T i 1 1 m a n n , Hdb. d. Strafrwiss., 2. Ausg. 1822 (1. Ausg. 1806), S. 85, lehnt selbst „politische Besserung" ab. Für diese im Sinne der Abschreckung oder Erziehung G. A . K l e i n s c h r o d , Grundbegr. u. Grundwahrheiten d. peinl. Rechts, 3. Ausg. 1805, Erlangen, 2. Teil S. 131, 133. Weitere Autoren bei F. C. Th. H e p p , Kritische Darstellung der Strafrechtstheorien, Heidelberg 1829, S. 38, 45, und G ü n t h e r S. 159 ff. ') H e n e l i u s *) D o e p l e r 5)
S. 310. S. 703 f.
Siehe oben S. 13.
•) K r a u s o l d
§36.
') K r a u s o l d
§ 19, vgl. ferner „Widmung" und „ A n den Leser".
8)
„Widmung", „ A n den Leser", §§ 19, 55, 56.
Krausold
Vgl. auch § 51.
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dafür ein, die Leibesstrafen, soweit nicht göttliches Recht entgegensteht, durch die Zuchthausstrafe zu ersetzen, da sie die Staatseinnahmen mehre und zu nützlichen Bürgern erziehe.1) Er bekräftigt seine Darlegungen durch Anführung zahlreicher Schriftsteller, die gleichen Sinnes sind.2) Schon 1763, also noch vor dem Wirken H o w a r d s , gibt ein unbekannter d e u t s c h e r Verfasser 3 ) folgende, die späteren Reformen vorausahnende, sie aber zugleich in vernünftige Grenzen einschränkende Darstellung vom Sinn der Zuchthausstrafe. Man soll „nach Beschaffenheit der Gesinnungsart derer Subjectorum die gelinde, schärffere und sehr geschärffte Strafe und Erinnerungsmittel anwenden . . . Die Menschenliebe muß auch bey diesen fürchterlichen Anstalten vorwalten, die böse Inclinationen und Beginnungen derer Lasterhaften müssen, wann die Güte, Zuspruch und gelinde Correctiones nicht verfangen, mit Ernst, Zwang und Schärffe auf eine empfindliche doch nicht in eine personal-animositaet degenerirende Weise coercirt werden." 4 ) Reinlichkeit muß vorherrschen, „damit sie nicht von dem Ungeziefer, dann durch Blöse, Feuchtigkeit und Kälte ruinirt, . . . mithin auf vielfache Art zugleich gestraft . . . werden".6) Strafe und Arbeitszuteilung sollen individuell nach Geschlecht, Kräften und Delikt erfolgen.6) Neben dieser mehr von weltlichen Ideen ausgehenden Richtung läuft eine zweite, schon bei allen vorher angeführten Schriftstellern deutlich zutage tretende Strömung, die auf der christlichen Lehre und Kirche fußt. Der Prediger A. C. R i e d e l soll als Beispiel angeführt werden. Nach ihm 8 ) besteht der Zweck der Zuchthausstrafe darin, daß „durch tägliche Ermahnungen und Verkündigung des Willens Gottes zu ihrer (der Züchtlinge) wahrer Besserung und Seelen-Aenderung ein dauerhafter Grund geleget w e r d e . . . " und daß Züchtigung und Arbeit den „harten Sinn" des Sträflings beuge.7) ») K r a u s o l d § 92, 87, 55. Ähnlich D ö p l e r S. 7 1 5 ff., H e n e l i u s S. 323, 3 1 0 ff. s ) K r a u s o l d S. 99—118. Z. B. Seckendorf!, Nauradus, Faust v. Aschaffenburg, Fritschius. s ) Schwabacher Beschreibung, Archiv. 4 f. 4 ) Archiv. 4 f. S. 12. e ) Archiv. 4 f. S. 13 f. Individueller Strafvollzug bezüglich Zuchtmittel, Behandlung, Unterkunft, Unterhalt wird schon vorher, 1746, in L e i p z i g e r S a m m l u n g e n S. 866 gefordert. •) A. C. R i e d e 1 S. 6. ') Ähnlich die Rede des Paters bei Einweihung der Mannheimer Zuchthauskirche, Archiv. 6 a: „ . . . die Mißhändler . . . hierher zur Büß und erwartenden Besserung versetzet werden . . . " Vgl. auch B e r g i u s S. 268.
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Eine vermittelnde Stellung nimmt C. E . W ä c h t e r ein. Er führt nebeneinander Besserung, Beispiel und, soweit erstere unerreichbar, die Staatssicherheit als Zweck der Zuchthausstrafe an und mißt dem religiösen Element im Strafvollzug große Bedeutung zu.1) Strafübel sind ihm weniger Freiheitsentziehung als Arbeit, Schande und allerdings auch regelmäßige Schläge.2) Es ist jedoch besonders zu vermerken, daß W ä c h t e r ernsthafte Überlegungen anstellt, ob Arbeit, die doch die „Hauptstütze des Staates" sei, als ein Übel gelten dürfe; deshalb anerkennt er zugleich ihren Besserungscharakter.3) In dieser Zeit des 17. und 18. Jahrhunderts stehen e i n s e i t i g e , sogenannte barbarische Auffassungen, wie sie R i e m e r 4 ) vorträgt, durchaus vereinzelt da. Die Problematik der politischen oder aber moralischen Besserung, die wohl als eine der theoretischen Hauptfragen der Reform um 1800 angesprochen werden kann, findet ihre erste gründliche Darstellung und Klärung durch H. B. W a g n i t z und v. A r n i m . Bei beiden ist der Einfluß der gerade erfolgten Proklamation der „Menschenrechte" unverkennbar. Während der Minister v. A r n i m sie jedoch mit den Vorstellungen des erwachenden liberalen Rechtsstaats verbindet, schlägt der Pfarrer W a g n i t z die Brücke zwischen ihnen und der christlichen Lehre. W a g n i t z führt den angeblich schlechten Zustand der Strafanstalten darauf zurück, daß ihre Verfassungen aus einer Zeit stammen, „wo man das große Capitel von Rechten der Menschheit noch wenig durchdacht hatte". 5 ) Im Verbrecher müsse „die Menschheit doch immer mehr respectirt werden".6) Diese Achtung vor dem Menschen läßt ihn die Abschreckung und Unschädlichmachung als Hauptzweck ablehnen.7) Die Strafe bezweckt vielmehr, den Verbrecher „moralisch oder im äußersten Fall physisch außer Stand zu setzen, dem Staate C. E. W ä c h t e r S. 53, 61, 117. *) C. E. W ä c h t e r S. 55, 90. 3 ) C. E. W ä c h t e r S. 69 ff. *) Zitiert bei A. S t r e n g , Studien S. 74 „Ein Zuchthaus ist der beste Präceptor. Fein viel Arbeit, Wasser und Brod und mehreinmal satt, alle Stunden Schläge und doch über Hand und Fuß geschlossen, mit den Händen angeschnüret bis aufs Blut gegeisselt, daß sind der Gezüchtigen ihre Traktamente." 6 ) W a g n i t z 1. Bd. S. 29. 6 ) W a g n i t z 1. Bd. S. 59. Hervorhebung der Menschenrechte ferner S. 6, 43. 53. 102. 188 f., 196, 309. 7 ) W a g n i t z 1. Bd. S. 9, 20. Saarn, Zuchthauswesen.
2
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schädlich zu werden". 1 ) Moralisch bessern heißt aber „veredelen und für die Zukunft brauchbarer machen". 1 ) Dieses Ziel will W a g n i t z , wie es in all seinen Schriften zum Ausdruck kommt, vor allem durch christliche Erziehung und die Mittel der Religion erreichen. Ausdrücklich hebt er hervor, daß Besserung nicht nur Wunsch des Staates, sondern Zweck der Strafe sei.2) So wird nach den Worten G l a w i n g s , denen sich W a g n i t z voll anschließt,3) „Besserung der Hauptgegenstand der Zuchthäuser". „Der Züchtling ist als ein moralisch Kranker anzusehen." 4 ) 5 ) Die Forderung eines individuellen Strafvollzugs ergibt sich hieraus von selbst.4) Als Praktiker ist W a g n i t z nicht so weltfremd, um nicht die häufige Erfolglosigkeit seines Systems zuzugeben 7) und Warnung und erbauendes Beispiel als hinter der Besserung zurücktretende Nebenzwecke der Strafe anzuerkennen.8) Stellt somit W a g n i t z die Forderung moralischer Besserung erstmalig scharf in den Vordergrund, so brachte er damit doch nur einen bei Theologen 9) und in den Zuchthausverfassungen des 17. und 18. Jahrhunderts 10 ) häufig, wenn nicht ständig wiederkehrenden Gedanken zum Ausdruck. Die in W a g n i t z verkörperte Richtung war so verbreitet, daß v. A r n i m 1 1 ) ihre Strafzweckdefinition als „eine jetzt beinahe allgemein gewordene Idee" bezeichnen konnte. Hiergegen wendet er sich. Zwar sieht auch A r n i m die Grenze der Strafe in der „die Person eines Züchtlings nie zu verletzenden Achtung für die Menschheit", 12 ) jedoch muß er, von der frühliberal-rechtsstaatlichen Gesellschaftsordnung ausgehend, eine scharfe Trennung zwischen Moral und Recht vornehmen und moralische Besserung, als außerhalb der nur r e c h t l i c h e Interessen verfolgenden Staatsaufgaben liegend, ablehnen.13) Dem >) ») 8 ) 4 )
Wagnitz Wagnitz Wagnitz Wagnitz
1. 1. 1. 1.
Bd. Bd. Bd. Bd.
S. S. S. S.
4. 48. 292, 310. 305. Vgl. auch S. 56, 308.
5
) In späteren Jahren läßt W. den Besserungsgedanken eher etwas zurücktreten; W a g n i t z , Ideen und Plane, 1. Samml. S. 33. •) W a g n i t z 1. Bd. S. 308 f., 6. ') W a g n i t z 1. Bd. S. 5, 21, 27. •) W a g n i t z 1. Bd. S. 4, 9, 53. •) Vgl. M i c h a e l i s a . a. O. S. 142 f.; K l e i n - K l e i n s c h r o d 1. Bd. 3. Stck. S. 40. 10 ) Vgl. hier: 1. Abschn. 5, 2. Abschn. 3. " ) A r n i m 2. Teil 1.—3. Abschn. S. 8. " ) A r n i m a. a. O. S. 58. ls ) A r n i m a. a. O. S. 8. Moralische Besserung bleibt aber erwünscht (S. 22).
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19
—
alleinigen Strafzweck der Verbrechensverhütung diene vielmehr außer der Zufügung sinnlicher Übel die „physische Besserung", 1 ) d. Ji. „eine durch m e c h a n i s c h e s G e w ö h n e n zur Arbeit und Ordnung bewirkte Unterdrückung der verderbten Neigungen". 2 ) Der gesetzestreue Bürger ist das Ideal dieser Theorie,3) ihr Mittel nicht mehr Einschüchterung, sondern Erziehung. Wie stark in jener Zeit der Besserungsgedanke die Gemüter bewegte, zeigt z. B. die vor den Gefangenen gehaltene Rede bei der Übernahme der Jahresverwaltung des Hamburger Zuchthauses: 4 ) „ . . . Aber die weise Güte des Gottes, der auch in seinen Strafen Vater bleibt, verhängte sie über Euch zu Eurer Besserung. Und wenn seine Strafe Besserung wirkt, hört sie auf Strafe zu seyn, wird Wohlthat." Ein weniger bedeutender und oft überschätzter Zeitgenosse jener beiden Großen, Justus G r u n e r , läßt — allenfalls politische — Besserung nur insofern als Ziel der Strafe gelten, als sie ein Ergebnis der Abschreckung ist; 6 ) im übrigen beschwert gerade er sich über die damals angeblich bestehende, durch den Verfallszustand bewirkte, abschreckende Wirkung der Anstalten. Die Schriftsteller der nächsten Jahrzehnte folgen grundsätzlich A r n i m oder W a g n i t z unter Bevorzugung des letzteren. Schon bald verblaßt der Übelscharakter der Strafe und wird durch ein verschieden gestaltetes Erziehungssystem ersetzt. So sind nach A. E. M a r t e n s , Vorsteher der Hamburger Strafanstalten, die Verbrecher „weniger zur Strafe als zur Besserung" 6) im Zuchthaus, d. h. zur Nachholung der von der Gesellschaft vernachlässigten Erziehung und Kenntnis der Religionslehre.7) Ganz von christlichen Erwägungen ist die freie Ubersetzung einer Schrift des Engländers William R o s c o e von E. S p a n g e n b e r g 8 ) getragen. Der Oberschulrat C. A. Z e 11 e r schreibt in seiner wenig bekannten Schrift „Grundriß der Strafanstalt, die als Erziehungsanstalt bessern *) A r n i m
a. a. O. S. 14, 8 f., 22.
*) A r n i m
1. Teil S. 97.
3)
2. Teil 1 . — 3 . Abschn. S. 103.
Arnim
«) W a g n i t z
2. Bd. 1. Hälfte S. 165 ff., S. 171.
6)
Gruner
S. 108, 100, 105, 113.
6)
Martens
S. 43.
') M a r t e n s
S. 52.
Vgl. auch S. 5 — 7 , 60 ff.
8) S p a n g e n b e r g S. 4, 12 ff., 40. Im Gegensatz zum inhaltlosen liberalistischen Staatsbegriff macht er die christliche Lehre zum Fundament staatlicher Ordnung und folgert aus ihr die Pflicht des Staates zu moralischer Besserung.
2*
—
20
—
will": „Die Zuchtanstalt muß eine L e h r - und E r z i e h - A n s t a l t , der .furchtbare H a u f e ' muß eine G e s e l l s c h a f t werden, die sich w e c h s e l s e i t i g erzieht." 1 ) Mittel hierzu sind Klassifikation, eine gewisse Selbstverwaltung und gute Hausgesetze.2) Er entwirft ausführlich einen Idealtyp des Zuchthauses, der ein Abbild des Staates darstellt, nur daß hier im Kleinen unter Zwangsaufsicht geübt wird, was im Großen jedermann freiwillig vollbringt. DerZüchtling wird zum „Zögling", 3 ) das Ziel der Erziehung ist der gesetzestreue Bürger,4) der religiösen Beeinflussung wird entscheidende Bedeutung zugemessen.8) Auch bei N. H. J u l i u s tritt das religiöse Moment ganz in den Vordergrund. Strafe ist ihm vergeltende Verwirklichung göttlicher Weltordnung. Sie wird, nach den Worten seines Lehrers K . E. J a r c k e , nicht „um eines äußeren, irdischen Zweckes willen verhängt". 6 ) Deshalb kann die Besserung nicht allein durch Arbeit und Unterricht angestrebt werden: christliche Unterweisung ist nötig.7) „Sittliche Wiedergeburt" wird gefordert; die Gewöhnung an äußere Ordnung ist nur eine Voraussetzung hierfür! 8) 9) Bekannt sind die Bestrebungen J. H. W i c h e r n s , der in Moabit sein religiös durchsetztes Erziehungssystem zu verwirklichen suchte. Eine neuartige Rechtfertigung der Besserungsstrafe entwickelt C . V . L i c h t e n b e r g . Sie erwächst nach ihm,10) in methodischer Anlehnung an H e g e l , nicht aus christlicher Liebe oder politischer Zweckmäßigkeit, sondern „allein aus dem Grunde des Rechts", das sich nicht als reine Negation entfaltet, sondern in sich die Forderung gegenseitiger Förderung und Entwicklung trägt. Deshalb ist „die Zwangserziehung nicht F o l g e der Strafe, sondern die Strafe selbst".
1 1
)
')
Z e l l er
2)
Zeller
S. 2. S. 34, 40.
3)
Zeller
S. 2.
4)
Zeller
S. i o i ,
s)
V g l . Z e 1 1 e r s Ä u ß e r u n g hierzu bei J u l i u s
118.
6)
Julius
S. 4 f.
')
Julius
S. C X X I I I .
•)
Julius
S. 126.
9)
F ü r moralische Besserung a u c h
V g l . a u c h S. C X X V I .
S. 24, daneben A b s c h r . und S ü h n e ;
W e i c k auch
S. 3, 5;
Speflhardt
maier,
S. 50, wird der Sträfling z u m „ B ü ß e r " ;
Besserung
(S. 6).
vgl. 10 )
C. v .
M a u s c h w i t z
S. 89.
Für
L i c h t e n b e r g L i c h t e n b e r g
O b e r -
er v e r l a n g t ebenfalls innere
Ü b e r die Ä h n l i c h k e i t seiner M e t h o d e m i t der v o n
K r i e g s m a n n
Wichern
S. 62. S. 1.
A u s g a n g s p u n k t ist f ü r ihn seine eigenartige i n d i v i -
dualistische Organtheorie des S t a a t e s (§ 9). ")
S. C X X V I .
S. 157.
—
21
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L. v. J a g e m a n n greift die seit längerem vernachlässigte Arnimsche Theorie wieder auf und trägt zu ihrer Vertiefung bei. Indem er *) von der Strafe „die Beförderung der Rechtlichkeit oder der rechtlichen Gesinnung" erwartet, wendet er sich von der Arnimschen Theorie mechanischer, nötigenfalls durch Angewöhnung wirkender Beeinflussung ab und legt den Schwerpunkt in die Umgestaltung und Stärkung des Willens.2) 4. Der Besserungsgedanke in einigen Strafgesetzen und Sprüchen der Juristenfakultäten. Eine — die Hauptgesichtspunkte hervorhebende — Betrachtung der Gesetze mag mit der C a r o l i n a beginnen. Sie kennt den Besserungsgedanken als Strafzweck nicht.3) „Besserung" in Art. 142 bedeutet Geld- und Ersatzstrafe. 4 ) Wenn ferner in Art. 158 von „Besserung" die Rede ist, so mag dahingestellt bleiben, ob auch hier dieser Ausdruck im Sinne von Geldstrafe zu verstehen ist oder ob auf die innere Haltung des Täters abgestellt wird,6) — jedenfalls ist sie nicht Zweck der Strafe, sondern Voraussetzung der Strafmilderung. Der C o d e x j u r i s B a v a r i c i c r i m i n a l i s beruht auf dem Vergeltungsprinzip.6) Wenn die T h e r e s i a n a in I Art. 4 § 2 auch von Besserung redet, so widerspricht dem doch die Klassifizierung ihrer Strafen und die Art ihrer Strafmittel.7) Das preußische A l l g e m e i n e L e n d r e c h t , dessen Entwurf, § 24,®) in einem programmatischen Satz neben der „Sicherheit des Staates" „zugleich aber auch die Besserung des Verbrechers durch Züchtigung der schädlichen Leidenschaft" als Zweck aufführte, hat den Besserungsgedanken nicht generell ausl
) J a g e m a n n S. 16. ) K. D. A. R ö d e r verurteilt jede „gewissensrichterliche" Einmischung (S. 19), fordert aber unter Ablehnung der Vergeltungs- und Abschreckungstheirie (S. 38 ff.) äußere, rechtliche Besserung (S. 16 ff., S. 22). Über seinen Einfluß vgl. N a g i e r S. 460. Nicht mehr verarbeitet werden konnte: F . v. W i e k , Über Strafe und Besserung, Schwerin 1852. J
') Sie hat die Gerechtigkeitstheorie zum Grunde, Art. 104; vgl. N a g l e r S. 390 ff. ') Vgl. N a g l e r S. 201 Anm. 1 und v. H i p p e l , Deutsches Strafrecht 1. Bd. S. 178 Anm. 1. Vgl. hierzu v. H i p p e l a. a. O.; S c h o e t e n s a c k S. 335 (über den ähnlichen Art. 184 der CCB.); N a g l e r S. :oi Anm. 1 sowie die dort erwähnten Autoren.
in GerS. Bd. 70 S. 201 f., insbes.
') Nach N a g l e r S. 372. ') I Art. 4 § 13, Art. 6 der Theresiana. Vgl. auch N a g l e r ') Quellenwiedergabe bei N a g l e r S. 377 Anm. 3.
S. 372.
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gesprochen. Da j edoch die Zuchthausstrafe, insbesondere beim Diebstahl, 20 I I § 1125, in das Strafensystem aufgenommen ist, werden mithin auch die Zwecke dieser Strafart mittelbar und im Hinblick auf bestimmte Delikte als Zwecke der Strafe anerkannt.1) Zu beachten ist ferner, daß das Wort „Besserung", soweit es im einzelnen gebraucht wird, eine verschiedene Bedeutung hat. So sollen z. B. in 20 I I §§ 336/5 Verwarnung, Verweis und Geldstrafe — die Zuchthausstrafe ist hier nicht aufgeführt — zur „Besserung", also mehr im Sinne von Abschreckung, dienen. In 20 I I § 63 ist Besserung — verstanden als wirkliche Sinnesänderung — nicht Strafzweck, sondern ihr Nichteintritt hat die Verwirkung des Begnadigungsanspruchs zur Folge.2) Das b a y e r i s c h e Strafgesetzbuch F e u e r b a c h s beruht auf den Gedanken der Vergeltung und Abschreckung.3) Das w ü r t t e n > b e r g i s c h e Strafgesetzbuch von 1839 hat keine Theorie allein anerkannt.4) Sachsen legt großen Wert auf sittliche und religiöse Beeinflussung.5) Häufig wird der Besserungszweck in den Edikten angeführt, die die Zuchthausstrafe an Stelle des Staupenschlags und der Landesverweisung einführten.6) Eine eifrige Befürwortung erfuhr im 17. Jahrhundert die Zuchthausstrafe durch die Spruchfakultäten der Universitäten, weil sie die Zweckwidrigkeit der Leibesstrafen, insbesondere der üblichen Stäupung, und Landesverweisung einsahen. Die Konsilien betonen daher die durch das Zuchthaus zu bewirkende emendatio, und zwar im Sinne bürgerlicher Nützlichkeit, aber auch religiöser Buße und Sinnesänderung.7) Die Circularverordnung vom 26. Februar 1799 (abgedruckt bei Mannkopflf, A L R . , Berlin 1838, 7. Bd. S. 587 fi.) will die auf Diebstahl stehenden Strafen „zweckmäßiger bestimmen": sie ist von dem als Leitsatz vorangestellten Gedanken getragen, das Eigentum der Bürger zu sichern, abschreckend zu wirken, „die Verbrecher wo möglich zu bessern und, wenn sie keiner Besserung fähig sind, für ihre Mitbürger unschädlich zu machen". *) Vgl. zum Ganzen N a g l e r S. 377 f., insbesondere S. 378 Anm. 2 und die in Anm. 4 aufgeführten Autoren. ') Vgl. auch N a g l e r S. 390, 396. ) Vgl. N ö l l n e r in Julius-Nöllner, Jahrb. x. Bd. 1842 S. 2 1 3 f. ') Vgl. s ä c h s i s c h e V e r o r d n u n g in Julius-Nöllner, Jahrb. 3. Bd. 1843 S. 271 ff. § 91. 6 ) Z. B. h a n n o v . E d i k t vom 28. Dezember 1 7 1 7 c. 23 § 4 bei E . Pufendorf, Introduc. in process. crim. Luneb., Frankfurt a. M. und Leipzig 1 7 3 2 ; w ü r t t b . V O. vom 12. September 1 6 1 7 bei Krausold S. 1 1 8 und vom 19. September 1 6 2 7 bei Hegler S. 86. ') Vgl. Zitate bei H e g l e r S. 86 ff., R e i n h a r t h S. 19, K r a u s o 1 d S. 108. Vgl. auch Eb. S c h m i d t S. 19. 4
— 23 — 5. Der Besserungsgedanke der Zuchthausverfassungen in seiner allgemeinen Prägung. Die erste vortreffliche geschichtliche Behandlung der ältesten Zuchthäuser ist v. H i p p e 1 zu verdanken. Neuerdings hat W. T r a p h a g e n sich bemüht, ihre dunkle Vorgeschichte aufzuhellen, während v. D o 1 s p e r g Untersuchungen über die englischen Anstalten des 16. Jahrhunderts anstellte.1) Nach T r a p h a g e n betonte L u t h e r — im Gegensatz zum Katholizismus — erstmalig den ethischen Gehalt der Arbeit, die der Züchtigung des Leibes und der Bekämpfung des vom christlichen Lebenswandel abhaltenden Teuflisch-Sinnlichen dienen sollte.2) „Dieser Lutherische Zuchtgedanke ist eins der wichtigsten konstituierenden Momente für die bald darauf entstehenden Arbeitshäuser geworden." 3) Luthers Lehre verband der Humanist J . L. V i v e s 4 ) mit der sozialpolitischen Forderung der Bekämpfung der Armut — wieder im Gegensatz zum Katholizismus — und verlangte die Errichtung von Armenarbeitshäusern,8) deren Struktur in den folgenden zwei Jahrhunderten mit der der Zuchthäuser dann in vielem übereinstimmen sollte. Der Besserungsgedanke in Gestalt der Erziehung zur Arbeit, aber auch zu christlichem Wandel, steht bei V i v e s und jenen ersten Anstalten auf dem Kontinent und in England im Vordergrund.6) Die Gründungsgeschichte und älteste Einrichtung des A m s t e r d a m e r Zuchthauses lag bisher im dunkeln. Die verdienstvollen NachJ
) Vgl. auch G. S e g g e l k e , Göttingen, Breslau 1928. l
) Traphagen
s
) Traphagen
Die Entstehung der Freiheitsstrafe, Diss.
S. 1 6 f i . S. 19.
•) De subventione paupenim sive de humanis necessitatibus 1525; vgl. T r a p h a g e n S. 29. 5 ) T r a p h a g e n S. 27 fi., 54 fi. Vives genoß größten Einfluß: seine Schrift wurde in mehrere Sprachen übersetzt (S. 36); die Annengesetze Karls V . von 1 5 3 1 beruhen auf seinen Gedanken, ebenso die englischen aus dem gleichen Jahre (S. 3 7 f.); die Bridewellsche Anstaltsordnung entspricht stellenweise wörtlich den Plänen Vives' (S. 64).
Die eingehenden Arbeiten von T r a p h a g e n und D o 1 s p e r g erübrigen eine nähere Darstellung, die nur eine Wiederholung sein könnte. E s soll nur darauf hingewiesen werden, daß die von D o l s p e r g wiederentdeckte Ordnung der Anstalt in Bury schon H. B. W a g n i t z (Ideen und Plane, 2. Samml. S. 61) bekannt war, der ihre geschichtliche Bedeutung wohl zu würdigen wußte!!
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forschungen des Holländers H a l l e m a 1 ) haben auf diesem Gebiet neue und aufschlußreiche Quellen erschlossen. H a l l e m a fand im Leidener Archiv Abschriften einiger der ältesten Amsterdamer Akten sowie Leidener Berichte über diese Anstalt.2) Von einer eingehenden Behandlung dieser Archivalien soll hier jedoch abgesehen werden, da sie den gesteckten Rahmen dieser Arbeit erheblich überschreiten würde.3) Nur soweit die Quellen Aussagen über die religiöse Erziehung und den Unterricht enthalten, werden sie im folgenden besprochen. Schon nach dem Entwurf des Dichters Henric Lourijsz. S p i e g e l , 4 ) der nach H a l l e m a aus dem Jahre 1589 stammen soll, sollen die Züchtlinge dazu angehalten werden, „door goede vermaninge 00c dwang, van hen gebet te spreecken",6) und zwar beim Aufstehen und Schlafengehen sowie vor und nach der Mahlzeit. Von einer Ausbildung im Lesen und Schreiben ist nicht die Rede. Die große Wandlung in der Auffassung vom Wesen und Zweck der Strafe, zugleich aber auch das Mithineinspielen karitativer Bettler-, Armen- und Jugendfürsorge, die bei der Amsterdamer Gründung von großer Bedeutung war, kommt in den Vorschlägen des Amsterdamer Doktors der Medizin Sebastiaen E g b e r t s,6) die einen kritischen Zusatz zum Spiegeischen Entwurf bilden, zum Ausdruck: ,,mer alsoe teygentlicke wit ende meeninghe von dit tuchthuys zal wesen, niet soe zeer straffe als beteringhe ende tuchtinghe van alsulcke die hun eygen nut nyet verstaende, sich der tuchtinge, (als bijsinnige krancken der medicine), zouden pogen te ontrecken, . . . " 1
) Auch an dieser Stelle möchte ich nicht versäumen, Herrn Dozent Dr. S c h e r p n e r , der mich auf die in Deutschland m. W. bisher unbekannten Arbeiten H a l l e m a s hingewiesen hat, zu danken. 2
) Außer der nunmehr ältesten Amsterdamer Zuchthausverfassung enthalten sie Gründungsentwürfe und Berichte aus der Zeit vor 1598 sowie den ältesten Entwurf von C o o r n h e r t s „Boeventucht". E s ist nicht ausgeschlossen, daß an Hand dieses Stoffes die geistigen, vielleicht auch wirklichen Vorbilder der Amsterdamer Anstalt ans Licht gebracht werden. 3
) Ihre Verwertung soll einer späteren Arbeit vorbehalten bleiben.
*) Entgegen H a l l e m a S. 67, der übrigens für die Richtigkeit seiner Angaben keine Gründe anführt, muß behauptet und festgestellt werden, daß der Entwurf von H. L. S p i e g e l stammt und nicht, wie H a l l e m a angibt, von dem Schöffen Jan. Laurensz S p i e g h e l , da der Entwurf nach der aus dem Leidener Archiv erhaltenen Abschrift beginnt: was gestelt bij de hand van Henric Lourijsz. Spiegel. Archiv. 8 a. «) Archiv. 8 b.
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Noch vor April 1595 wandte sich einer der Regenten, denen die Leitung der Anstalt oblag, wohl im Namen aller, an das Gericht mit der Bitte, „eenige ordre te maecken",1) wobei er selbst Vorschläge unterbreitete. Wahrscheinlich war das der Anlaß zu dem „Ontwerp van de wijse ende forme des tuchts in den tuchthuyse" des Dr. Sebastiaen E g b e r t s , den er am 9. November 1595 aufstellte, im gleichen Jahre, als er Lehrer an der Anatomie wurde, nachdem er in den beiden vorangehenden Jahren das Schöffenamt bekleidet hatte.2) Obwohl diese Ordnung nur als „Entwurf" bezeichnet wird, kann dennoch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit angenommen werden, daß er bis zum Erlaß jener von v. H i p p e 1 entdeckten Hausordnungz) in der Praxis als maßgebende Zuchthausverfassung gegolten hat.4) Was nun Religion und Unterricht anlangt, so ist auch in diesem „Ontwerp" das Ziel so klar erkannt und formuliert, daß die Wiedergabe einer wortgetreuen Übersetzung jede erläuternde Stellungnahme erübrigt. Dabei erkennt man in ihm unschwer das Vorbild der späteren berühmten Ordnung. Die folgenden Gedanken sind das ureigene Werk des Dr. E g b e r t s , da sich, bis auf den kurzen, oben angeführten Hinweis Spiegels, m. W. keine ähnlichen Äußerungen weder bei S p i e g e l noch in den Vorschlägen der Regenten nachweisen lassen. „Diese Zucht, dünkt mich (mit Verbesserungsmöglichkeiten), soll in zwei Stücken bestehen, und zwar: daß man sie wissen lehre, was sie tun oder lassen sollen, und daß man sie daran gewöhne, das Böse zu lassen und das Gute zu tun, daß es ihnen leichter und angenehmer werde, ein sittsames und frommes, denn ein ungehöriges und gottloses Lehen zu führen. Das Lehren geschieht auf zweierlei Weise, mit Worten oder mit Tat und Beispiel. Das Lehren (leringe) durch Worte ist wiederum allgemeiner (gemeene) und besonderer (Art).5) Die allgemeinen (Lehren) 5) mögen sein, daß der ,binnenvader' alle Sonntage vormittags an einem Ort, wo man alle Züchtlinge, die jetzt einigermaßen gezähmt (betemt) sind, zusammenkommen läßt, einige Kapitel aus der Bibel oder irgendeinem anderen erbaulichen Buch vorliest, welche Kapitel er von einem der ,predicanten' angeben lassen soll, in denen besonders einige unterhaltende und zur Frömmigkeit ermahnende Ge') H a l l e m a S. 95 f. und Archiv. 8 d. l ) H a l l e m a S. 95 f., 7 1 . Der „Ontwerp" ist unter Archiv. 8 c verzeichnet. s ) H i p p e l S. 47z. 4 ) Siehe die Beweisführung bei H a l l e m a S. 96 f., der die Richtigkeit dieser von ihm aufgestellten These für fast sicher nachgewiesen erachtet. 6 ) Von mir eingefügt.
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schichten oder Sprüche erzählt und beschrieben sind. Nach dem Essen sollen entweder der .binnenvader' oder einer von den anderen Meistern, die die Insassen Handwerke lehren sollen und die dazu geeignet sein mögen, ihr Lesen und Schreiben, wenn sie es gelernt haben, in der Übung halten, oder wenn sie es nicht können, lehren, und dies am Vaterunser, Glaubensbekenntnis, 10 Geboten, täglich kurzem Gebet für sich selbst, durch einen oder anderen .predicant' zu bestimmen, und andere Sprüche Salomos, . E c c l e s i a s t i c i ' o d e r von Jesus Sirach, auf daß sie zugleich und mit einer Mühe das Lesen und Schreiben und die Lehren, Geschichten und Gebete selbst lernen, wobei nicht schlecht sein würde, daß man nach dem Lesen einen jeden abfragte, was er von den vorgelesenen Sprüchen behalten hätte, und daß man diejenigen, die lesen oder schreiben lernen, alle ihre Aufgaben und Vorschriften auswendig lernen läßt, und ebenfalls die Gebete, die sie alle Morgen und Abende vor und nach dem Essen lesen sollen, die man dazu kurz, damit auch die, die etwas beschränkt sind, sie leichter lernen können, erklären lassen soll." Die b e s o n d e r e Erziehung mit Worten geschieht durch Unterweisung und Vermahnung.2) Der ,,Ontwerp" ermahnt am Ende die Regenten, bei aller Mühsal und bei allen Schwierigkeiten nicht zu vergessen, „eine wie große Sache es ist, die Seelen wohl von ,boven' 3) oder noch ärgeren, trotzdem von Menschen, nach dem Bilde Gottes geschaffen und durch das Blut seines Sohnes erlöst, zur Festigimg wieder bringen zu helfen, die sonst durch ihre angenommene Bosheit ewig geschaffen wären, verlorenzugehen." 4) Auch in den nächsten Jahren der Amsterdamer Anstalt spielten religiöse und weltliche Unterweisung und Unterricht eine führende Rolle. Die vortrefflichen Ausführungen v. H i p p e l s lassen hier wie bei den ersten deutschen Zuchthäusern einen Hinweis auf seine Schriften für genügend erscheinen,5) so daß unmittelbar zu den späteren deutschen Anstalten übergegangen werden kann. In ihren Verfassungen treten kirchlich-christliche Tendenzen noch deutlicher hervor und nehmen nicht selten sogar den Vorrang vor den Ideen des Arbeitsstrafvollzugs ein. *) Gemeint ist wohl „Ecclesiastes" = Pred. Sal. der Ubers, d. Septuaginta und nicht „Ecclesiasticus" = Jes. Sir. der Vulgata. s) Vgl. ferner die von H a 1 1 e m a S. IOO aufgestellte interessante E r ziehungstabelle sowie in Ergänzung zu den dort mitgeteilten Strafen hier 3. Abschn. 4 d. 3) Buben, Gauner; etwa Sammelbezeichnung für die Insassen. *) Übersetzung. s) H i p p e l S. 462, 612, 622, 636 f., 646.
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Das Ziel der 1679 errichteten F r a n k f u r t e r Anstalt war, „daß sämtliche Hausgenossen/ junge und alte/ von allen strafbaren Lastern/ auch von Müßiggang/ Muthwillen/ undienlichen Worten und Wercken abgehalten/ hingegen zu rechter Erkentnüss ihres Christenthums/ zu liebreicher stillen fleißiger Arbeit/ und allem gottseligen Leben/ einfältiglich/ mit Bescheidenheit angeführet/ . . . " x) werden sollen. Viel zitiert worden ist das „mortificiert werden" der M ü n c h e n e r Verordnung über das dortige Zuchthaus von 1682.2) Es ist aber festzustellen, daß dem Wort „mortificieren" durchaus nicht nur die Bedeutung von „quälen", „zerschlagen" oder „töten" im körperlichen Sinn zukommt; als „Vox nota Scriptoribus asceticis" 3 ) wurde es auch im übertragenen geistlichen Sinn gebraucht und ersetzte etwa den Ausdruck „den Leib kasteien". Somit erweckt schon die Wortauslegung berechtigte Zweifel an der angeblichen Grausamkeit der Münchener Anstalt. Sie werden bestätigt und verstärkt durch die tatsächliche Handhabung des dortigen Strafvollzugs: gerade das Münchener Zuchthaus muß zu den besten Deutschlands gezählt werden! 4 ) Um die Neige des 17. Jahrhunderts begann man, hier und da mit der Anlegung von Zuchthäusern merkantilistische Ziele zu verfolgen: sie sollten der Hebung der Fabrikation dienen und dem Staat aus ihren Arbeitserträgen Einkünfte verschaffen. Dieses Prinzip fand im wesentlichen in den p r e u ß i s c h e n Anstalten Eingang, 5 ) während z. B. in Bayern 6 ) es mit geringen Ausnahmen unbekannt blieb. Darüber vergaß man aber nicht, neben Arbeitsamkeit auch Erziehung zur christlich-sittlichen Reife zu fordern.7) Im S t u t t g a r t e r Zuchthaus, 1710, sollen die Sträflinge „sich von ihren bösen Wegen und Gewohnheiten würklich" wenden, doch wird das Mittel hierzu in „harter Arbeit", „geringer Speiss und Tranck" und je nach dem Verbrechen in „täglichen Schlägen" erblickt.8) Auch nach der L u d w i g s b u r g e r Stiftungsurkunde, 1736, sollen die Züchtlinge ») Zho. Frankfurt Cap. V. *) Vgl. z.B.
Hippel,
Deutsches Strafrecht I S. 248.
3)
Du C a n g e - F a v r e , Glossarium mediae et infimae latinitatis, 1885, unter „mortificare, mortificatio"; vgl. zum Ganzen ebendort. *) Vgl. D o e r i n g . ') Eb. S c h m i d t S. 9, 66, 31 f., 21, 98. •) D o e r i n g S. 75. ') Vgl. S c h m i d t S. 5, auch S. 55 f.; L i e b e r k n e c h t S. 109 (Magdeburg), 118 (Kolberg); vgl. auch S c h m i d t S. 86 über eine Äußerung des Königs Friedrich Wilhelm. 8)
B ert sch
S. 2 ff.
—
28
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„durch eine proportionirte Zucht von dem Bösen ab und zu dem Guten angetrieben, mitfolglich in die rechte Ordnung gebracht und gebessert werden" x ); an anderer Stelle heißt es ähnlich wie in dem „Ontwerp" des Dr. E g b e r t s : 2 ) , , . . . auch so viele 100, ja iooo Seelen nach und nach dem Teufel aus dem Rachen gerissen werden, die sonst . . . ewig wären verloren gewesen".3) Man mag über die Zweckmäßigkeit der Mittel streiten — sie sind kirchlichen oder polizeistaatlichen Ursprungs —, die verfolgte Absicht ist eindeutig. Die auf den ersten Blick „brutal" erscheinende Häufung der Zucht und Schläge verliert bei näherer Betrachtung ihre unverständlich erscheinende Härte 4) Die B a y r e u t h e r Zuchthausordnung, 1732, sieht die drei Zuchthausaufgaben darin, „daß die Züchtlinge an Seele und Leibe berathen, und durch Unterrichtung in dem Christenthum, stetige Arbeit und nöthige scharfe Zucht ihre Bosheit erkennen, sich bessern, und zu dienlichen Mitgliedern und tauglichen Mitmenschen gemacht werden mögen".5) Das Ziel der Erziehung zu christlichem Wandel und zur Arbeit sowie der Förderung des Gemeinwohls ist geradezu klassisch bei der Gründung der M a i n z e r Anstalt wiedergegeben worden.6) Die Celler Zuchthausordnung von 1732 stellt die religiös-sittliche Besserung völlig an die Spitze des ganzen Systems.7) Die Arbeit galt in dieser Anstalt mehr als Strafe.8) 9) B e r t s c h S. 53. ) Vgl. oben S. 26. 3 ) B e r t s c h S. 56. Vgl. auch S. 83. 4 ) Vgl. unten 2. Abschn. 1. 2
l ) Zho. Bayreuth, Vorwort. Aus dem Reskript von 1724: „zu Gottes Ehre, und des gemeinen Wesens Wohlfahrth, Sicherheit und Ruhestand", bei R i e d e l S. 16. s ) Quellenwiedergabe bei H o f f m a n n S. 4. Ferner Verordnung von 1742, vorhanden in Archiv. 3 : „ . . . in behörige Zucht gebracht, und von ihrem Seel und Leib verderblichem Leben abgehalten werden, zu Erlangung dieses aber kein sichereres Mittel seyn, als ein Zucht-Hauß . . . einzurichten, worin obige Züchtling sowohl zur Gottes-Furcht, als zur Hand-Arbeit angehalten . . . das gemeine Wesen . . . mit fleißigen Untherthanen verbessert werde." In einer weiteren Mainzer Zho. aus der gleichen Zeit, vorhanden in Archiv. 10, wird die Religion ebenfalls als das wahre Heilmittel der Verbrecher gepriesen.
') Zho. Celle, Cap. I § x. Ebenso ein „Bericht", 1788, bei E m m e r m a n n S. 29 f. 8 ) Nach E m m e r m a n n S. 62. 9 ) Die Kasseler Zho. von 1720 entbehrt m. W. einer grundsätzlichen Auslassung; doch herrschten gerade hier gute Zustände; vgl. D a e h n. Auch in Waldheim stand die „moralische Gesundung" nach K o p p e l S. 35, 62 an erster Stelle.
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29
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Die Verordnung betreffend das Pf o r z h e i m e r Zuchthaus von 1758 kennt als doppelten Zweck die Abschreckung und christlich-moralische Besserung. Nach dem Project-Edict vom 6. März 1749 dient die M a n n h e i m e r Anstalt „zur Züchtigung und Besserung all solch schändlichen Ungeziefers". 8 ) Nach einem — wohl amtlich — gedruckten Bericht über Behandlung und Kost imZucht-und Arbeitshaus zu H e i l b r o n n 3 ) trachtete man dort „die Menschen zu bessern und nicht zu verderben" unter Ablehnung jeder gesundheitsschädlichen Behandlung. Noch 1783 sieht die neue L u d w i g s b u r g e r Ordnung 4 ) den „Endzweck" der Anstalt gleichzeitig in eigentlicher Strafe, die in Freiheitsentziehung, schmaler Kost und Arbeit bestehen solle, und darin, „daß selbige (Züchtlinge) zugleich durch Christlichen Unterricht und ernstliche Ermahnungen zu reumüthiger Erkenntnüss ihrer Schand- und Lasterthaten und zu einer wahren Herzensbesserung gebracht werden mögen". 5 ) In §42 des W a r s c h a u e r Reglements vom 2. Mai 1803, 6 ) das von G o 1 d b e c k erlassen wurde, hallen christlich-moralische Ziele noch nach, indem Zwang und Zuchtmittel „nicht hinreichend sind, den sittlichen Charakter . . . zu verbessern, wenn nicht zugleich ein zweckmäßiger Unterricht der Moral und Religion hinzutritt"; doch steht in § 45 der Zweck politischer Besserung, koordiniert mit dem der „ B e strafung", an der Spitze. Mit dem 1804 von G o 1 d b e c k aufgestellten Generalplan ') kommt die Arnimsche Richtung in Preußen zum Siege. Die Anstalten bezwecken Sicherung, rechtliche Besserung und Abschreckung. „Sie werden in ihrer innern Verfassung ganz darnach eingerichtet, auf die ') Abgedruckt bei R e i n h a r d ; vgl. dort S. 167, 186: die Züchtlinge, „diese verlohrene Schafe", sollen „ihrem getreuen Hirten, zu ihrer Selen Heile, wiederum zugeführet, und . . . zu gesittet- und wenigstens zu unschädlichen Bürgeren des gemeinen Wesens gemacht werden". 2
) Archiv. 6 a.
3
) Archiv. 4 a.
') Archiv. 9. 6 ) A n der Spitze des Abschnittes über das Betragen, vielleicht galt er als V v . , steht der Satz: „ D i e Sträflinge sollen sich überhaupt die Zuchthauß-Strafe zur wahren Besserung und Rettung ihrer Seele dienen lassen, und die gute viele Gelegenheit, das Wort Gottes zu hören, sich von der Abscheulichkeit und den bittern Folgen des Lasters zu überzeugen, ihre Verbrechen zu erkennen, und ernstlich und aufrichtig zu bereuen, mit möglichster Sorgfalt und Redlichkeit benutzen."
*) Archiv. 6 c. ') Archiv. 6 b.
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Sinnlichkeit zu würken, und durch strenge Ordnung diejenige mechanische Gewöhnung zur äußern Rechtlichkeit hervorzubringen, die nur allein im Stande ist, die darin aufgenommenen verwöhnte Menschen zu ändern und sie für moralische Besserung empfänglich zu machen." 1 ) Auf fast gleiche Art und Weise steckt sich eine Münchener Instruktion, um 1810,2) die Erziehung zum „rechtlichen Bürger" als Ziel. Das grundlegende R a w i c z e r Reglement von 1835 rückt hiervon wieder ab und schafft die Voraussetzung für die Reformen Wicherns: „gleichzeitig" mit der „Strafe" soll „der Sinn der Sträflinge . . . in sittlicher und religiöser B e z i e h u n g so wie die k ö r p e r l i c h e G e s c h i c k l i c h k e i t erweitert" werden, damit „nach der Entlassung die Führung eines geregelten Lebenswandels" erwartet werden kann.3) Noch schärfer drückt sich der preußische Minister des Innern in einem Bericht an den König über die Grundsätze des Strafvollzugs aus.4) Wohl sei die Strafe zunächst Übelszufügung, doch habe man bei der Behandlung der Sträflinge davon auszugehen, daß „man es mit einem gefallenen Sünder . . . , der durch Arbeit und Buße sein Verbrechen sühnen will, und der durch diese Mittel und durch die TrostGründe der Religion einer moralischen Besserung zugeführt werden soll, zu thun h a b e . . ,". 6 ) Nachdem Wichern in P r e u ß e n gescheitert war, setzte sich, wie bekannt, in Preußen, dem die andern Länder hierin schon vorangegangen waren oder doch bald nachfolgten, die Arnimsche Richtung endgültig durch. 6. Zusammenfassung. Die vorangegangene Quellenbearbeitung läßt sich in folgende Sätze zusammenfassen. Die Philosophen beschäftigten sich mehr mit dem Wesen der Strafe als mit ihren Zwecken. Doch führen sie die „emendatio" weit häufiger an, als gemeinhin angenommen wird. Durch F i c h t e , W e l c k e r Ähnlich schon vorher ein Regierungsentwurf bei l)
Archiv. 1.
3)
Hausordnung § 1.
*) Bericht vom 31. August 1840; 6)
nach
Arnim
Lichtenberg
1. Teil S. 96.
S. 211.
Strafe als Übelszufügung koordiniert mit sittlicher Besserung ebenfalls in Zho. von Waldheim 1855/56, vgl. K o p p e l S. 155, und von Dreibergen, § 1 und 2, vgl. W i e k .
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31
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und K r a u s e wird der Besserungszweck systematisch ein- und ausgebaut. Gleich geringe Beachtimg findet die Besserung bei den Rechtstheoretikem, weil sie allzu lange an den Strafarten der Carolina festhielten und folglich die resozialisierende Zuchthausstrafe als Fremdkörper im System empfinden mußten. So übersahen sie, fast bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, den in der Praxis schon längst errungenen Sieg dieser neuen Strafart und ihrer Ziele. Es bestand eine kaum verständliche Kluft zwischen Wissenschaft und Wirklichkeit.1) Die mit der Praxis eng verbundenen Spruchfakultäten schenkten schon frühzeitig dem Zweck sozialer Besserung und der dies verfolgenden Zuchthausstrafe entsprechende Beachtung. Der Gesetzgeber selbst hielt sich neutral. Den Zuchthausspezialisten ist Vergeltung und Abschreckung nie Hauptziel. Sie fordern Resozialisierung durch Erziehung zur Arbeit und christlichem oder doch rechtlichem Lebenswandel. Die Grundsätze der Zuchthausverfassungen ergeben das gleiche Bild. Dazu erhoffte man vereinzelt und weniger als Straf- denn als Anstaltszweck bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts die Hebung der Finanzen durch den Ertrag der Anstalten. Man kann kaum bestimmte Epochen benennen und abgrenzen, in denen der Arbeits- oder Moralitätsgedanke in kirchlich-christlichem Sinne überwog. Meist waren sie, evangelischem Herkommen entsprechend, verschmolzen. Doch darf gerade der äußerst intensive religiöse Einfluß im 18. Jahrhundert keineswegs unterschätzt werden; oft beherrscht er entscheidend das ganze Anstaltsbild. Die Forderung bloß „rechtlicher", „politischer", „bürgerlicher" Besserung war ein Ergebnis liberal-rechtsstaatlichen Denkens. Sie fand Eingang in der Praxis, 2 ) während die überwiegende Zahl der Spezialisten aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts den christlichen Erziehungsgedanken zur letzten Blüte brachten. x ) Z. B. zwischen dem bayrischen Strafvollzug und der Feuerbachschen Theorie; vgl. D o e r i n g S. 84. ») Vgl. 3. Abschnitt.
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Zweiter
32
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Abschnitt.
Die Verwirklichung des Besserungsgedankens in der Praxis und Ausschnitte aus den Zuständen des deutschen Zuchthauswesens bis zur Neige des 18. Jahrhunderts.
1. Die Unvollkommenheit bisheriger Geschichtsurteile über das deutsche Zuchthauswesen bis 1800 und ihre Gründe. Die stete g r u n d s ä t z l i c h e Voranstellung des Besserungsgedankens in der Praxis mußte sich natürlich auch in der speziellen Ausgestaltung des Strafvollzugs bemerkbar machen. Allerdings haben die bisherigen Urteile über die Zuchthäuser aus der Zeit von etwa 1650 bis 1800 fast einhellig — deshalb soll hier auf Zitate verzichtet werden — grundsätzlich das Gegenteil wahrhaben wollen. Seit H o w a r d ergeht man sich in den schärfsten ablehnenden, oft romanhaften Ausdrücken über jene Epoche. Höchst vereinzelt wird gegen solche Darstellungen Front gemacht. Besonders hervorzuheben ist hier Eb. S c h m i d t , der jene Schilderungen „vielfach als übertrieben und unsachlich" 1 ) bezeichnet hat. Diese Unvollkommenheit jüngerer Darstellungen beruht auf verschiedenen Gründen. Als Quellen werden W a g n i t z , A r n i m , G r u n e r und H o w a r d bevorzugt, ältere selten herangezogen.2) Jene und jüngere Autoren wollten aber weniger ein der Wirklichkeit getreues Geschichtsbild entwerfen als eigenen Reformvorschlägen zum Siege verhelfen.3) So mußten sie notwendig das Bestehende und Vergangene in schlechtes Licht setzen, um die eigene Idee um so heller erstrahlen zu lassen. Nicht übersehen werden darf die Einwirkung der Französischen Revolution, ') E b . S c h m i d t 2
S. 2 1 , 53 Anm. 1.
) Spezialarbeiten über einzelne Zuchthäuser liefern, soweit sie auf Quellen zurückgreifen, durchschnittlich ein weit besseres Bild. 3 ) Wächters Darstellungen.
ältere
„Über Zuchth. und Zchthstr." zählt zu den wenigen objektiven
— 33 — die durch die Ablehnung der Vergangenheit den Blick für die geschichtliche Wirklichkeit trübte. Zudem haben jene Schriftsteller teilweise ihre Kenntnisse erst aus zweiter Hand. 1 ) Nicht selten lassen sich Widersprüche bei ihnen aufweisen.2) Schließlich geben selbst die um 1800 verfaßten Quellen bei unbefangener Betrachtung ein durchschnittlich nicht schlechtes Bild, wenn man sich vor Verallgemeinerungen einzelner Mißstände hütet.3) Ferner verleitet die Darstellung der „Verfallszeit" öfters zu anachronistischen Folgerungen in bezug auf Soziologie, Hygiene, Religion und Mentalität. So vergißt man bei der Prügeldisziplinarstrafe nur zu häufig, daß sie in Schule und Heer (!), also durchaus ehrbaren Schichten der Bevölkerung, als d a s Zuchtmittel angesehen 4) und nicht als menschenunwürdig empfunden wurde.5) Der häufig vorkommende Begriff der „Zucht" umfaßt außer der Gewöhnung an Ordnung, Sauberkeit und Arbeitsamkeit auch die körperliche Züchtigung. Diese galt aber, der Zeit entsprechend, zugleich als Straf- u n d Besserungsmittel. Außer zur Abschreckung diente sie in gleichem Maße der — patriarchalisch zu verstehenden — Erzwingung der Besserung, etwa im Sinne des dem Inhalte nach der Bibel entnommenen Sprichwortes: „Wer sein Kind lieb hat, der züchtigt es", nicht etwa „der schreckt es ab" oder „der vergilt ihm". Die oft nur „äußerlichen", mechanischen religiösen Besserungsmittel entsprechen der orthodoxen, puritanischen Grundhaltung jenes Zeitabschnittes. Bezüglich des Lebensstandards kann nicht erwartet werden, daß er sich weit über den der armen Bevölkerung erhob. Daß er sich im ') Bedenklich stimmt ein zeitgenössisches Urteil über die exakte Methode Howards (bei W a g n i t z 2. Bd. 2. Hälfte S. 42), dessen Mitteilungen über Königsberg auf sehr oberflächlichen Erkundigungen beruhen sollen. 2
) Besonders bei G r u n e r ; wenn er z. B . (S. 1 6 1 f.) eine Anstalt in den schwärzesten Farben malt und als Beispiel das Schicksal einer alten Frau anführt, die 30,5 Jahre ihrer Zuchthausstrafe infolge Krankheit im Bett zubringen mußte, so k a n n der Lebensstandard nicht schlecht gewesen sein, sonst hätte eine alte Frau nicht ein so hohes Alter erreicht. 3 ) Erwähnt sei der amtlich angegebene geringe Prozentsatz der Rückfälligen (von 1200 Züchtlingen 1 5 — 2 0 ) in der als schlecht verschrienen Anstalt zu Brieg; W a g n i t z 1. Bd. S. 328. 4
) So auch G ü n t h e r
6
S. 1 7 9 f.
) Nicht unerwähnt soll bleiben, daß in Waldheim noch 1 8 3 1 bis 100 Streiche, 1 8 5 5 bis 60 Streiche zulässig und üblich waren! ( K o p p e l S. 138, 150.) S a a r n , Zuchthauswesen. 3
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34
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Rahmen des Üblichen und Möglichen hielt, zeigt ein kurzer Vergleich mit den Lebensverhältnissen der Minderbemittelten, wie sie in umfassender Weise von A. F i s c h e r geschildert werden: Unter allen Handwerksarten gäbe es keine, die nicht mehr oder weniger die Gesundheit beeinträchtige; so urteilt 1791 H e b e n s t r e i t. 1 ) Die Löhne waren zu niedrig.2) Es herrschte Mangel an Raum, Luft, Wäsche, Ernährung.3) In Berlin bewohnte der Arme nur einen Raum, der ihm und der Familie als Wohn-, Arbeits- und Schlafstätte diente.4) Alkoholismus war recht weit verbreitet.5) Das geringe Sauberkeitsbedürfnis jenes Puderzeitalters ist allbekannt. So kommt F i s c h e r zu einem ungünstigen Urteil über das 18. Jahrhundert hinsichtlich Lebenshaltung und Hygiene.6) 2. Das Zuchthauswesen des 18. Jahrhunderts im Urteil der Zeltgenossen. Oft überstieg aber der Lebensstandard der Züchtlinge den der Minderbemittelten, was ganz verständlich ist für den Fall, daß die Anstalt mit einem Kranken- oder Waisen- und Armenhaus verbunden war. So fehlt es nicht an Quellen, welche die zu hohe Lebenshaltung rügen und den Howardschen Pessimismus nicht teilen. Mancher Sträfling sehne sich nicht nach der Freiheit zurück, weil er im Zuchthaus ein besseres und gesicherteres Unterkommen gefunden habe. So verblasse der Strafcharakter völlig. In diesem Sinne äußern sich amtliche Berichte über das Stargarder Zuchthaus, 1732 und um 1790.') 8) Das Ludwigsburger Zuchthaus ist für die Insassen „oft eher eine Wohltat, weil sie ohne zu große Anstrengung ihr Essen und. Winters eine warme Stube haben".9) Deshalb kehrten die Entlassenen schon nach wenigen Wochen zurück. F i s c h e r 2. Bd. S. 254. ) F i s c h e r 2. Bd. S. 182. 3 ) F i s c h e r 2. Bd. S. 181 f. «) F i s c h e r S. 203; ebenso in Clausthal (S. 182). 1752/66 wird in BadenDurlach das Zusammenschlafen der erwachsenen Kinder verschiedenen Geschlechts untereinander sowie dieser mit den Eltern verboten! (S. 204.) 6 ) F i s c h e r S. 277. ') F i s c h e r S. 180f., 183, 189. ') L i e b e r k n e c h t S. 76 ff. 8 ) Ähnlich das Urteil eines aufsichtsführenden Rates über die Kost in Zweibrücken, 1788; S c h u n c k S. 347. 8 ) Bericht des Vorstehers, Kammerrat G e o r g i i , um 1782; nach B e r t s c h S. 498 f. Vgl. auch Bericht des Geheimen Rats, der für Beibehaltung der Prügel2
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35
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Das allgemeine Urteil M i c h a e l i s ' 1 ) lautet: „Das Zuchthaus ist wirklich für manchen, der vorhin sein Brod nicht erwerben konnte, eine Wohlthat, sichert ihn vor manchem Übel des herumschweifenden Lasters, gibt ihm eine noch ziemlich mannigfaltige, durch Arbeit und Aufsicht gesittet gemachte Gesellschaft, die bey ihren Arbeiten die Zeit verplaudert . . . und wenn der Nähme nicht so abschreckend wäre, würden arme Leute sich hinein wünschen, wie in ein Hospital, sonderlich wenn es so reinlich wäre, als das Cellische, wo die zusammensitzende Züchtlinge unter einander eine solche Policey halten, daß ja kein Ungeziefer (die gewöhnliche Plage armer Leute) zu finden ist, und zum Theil so vergnügte Gesichter haben, als sie vorhin nicht gehabt haben mögen." W ä c h t e r 2 ) äußert sich in ähnlichem Sinne. G m e 1 i n 3 ) weiß zu berichten, daß man Züchtlinge nach ihrer Strafverbüßung zwangsweise aus der Anstalt entfernen mußte, weil sie dort besser als in der Freiheit untergebracht waren. Sehr lesenswert ist das Urteil 4 ) der vorgesetzten Behörde über vorgeschlagene Reformen des Münchener Zuchthauses um 1806: Sie bezeichnet allgemein den Eifer der Reformer als „gekünstelten Enthusiasmus . . . für Humanität"; diese Idealisten würden „mit unglaublicher Teilnahme bei den Qualen der leidenden Menschheit" verweilen und „bei ihren faden Empfindeleien" durch ein „Übermaß der guten Behandlung" den „Zweck der Strafe selbst, welche denn doch bei aller Menschlichkeit ein Übel bleiben sollte", vereiteln; finanzielle Gesichtspunkte blieben dabei völlig außer Betracht. 6 ) Mögen solche Äußerungen ebenfalls subjektiv und durch eine bestimmte Straftheorie bedingt sein, so dürfen sie jedoch in einer geschichtlichen Darstellung neben den nach gleichen Methoden abgefaßten Urteilen eines H o w a r d oder W a g n i t z nicht außer acht gelassen werden. strafe eintritt, denn die Züchtlinge „achteten die Zuchthausstrafe wenig", wenn sie nur in Arbeit und Freiheitsbeschränkung bestehe; zitiert nach B e r t s c h S. 489. ') M i c h a e l i s , 2
) Wächter
Mosaisches Recht, Frankfurt a. M. 1775, 6. Teil S. 43.
S. 70.
3 ) G m e 1 i n , Chr. G., Grundsätze der Gesetzgeb. üb. Verbr. u. Strafen, Tübingen 1785, S. 54.
*) Abgedruckt bei D o e r i n g s
S. 65.
) Vgl. auch das Urteil J a c o b s
bei W a g n i t z 2. Bd. 2. Hälfte S. 150.
3*
— 36 — 3. Die religiöse Erziehung in den Zuchthäusern. Eine nähere Betrachtung der speziellen Gestaltung des Strafvollzugs zeigt ebenfalls, daß von einem gänzlichen Verfall, insbesondere im 18. Jahrhundert, nicht gut gesprochen werden kann. Bis 1800 legte man größten Wert auf die seelische Sinnesänderung des Züchtlings, wie die allgemeine Formulierung des Besserungsgedankens in den Zho.en schon vermuten läßt. Hingegen läßt sich die in den ältesten Zuchthäusern übliche Unterrichtung im Lesen, Schreiben, Rechnen und anderen weltlichen Fächern späterhin weit seltener nachweisen.2) Die religiöse Erziehung änderte sich zwar mit den kirchlichen Zeitströmungen und ist nur aus diesen heraus zu verstehen, galt aber stets als eine Hauptaufgabe. Die Ausführungsvorschriften über diesen Punkt nehmen deshalb in den Zho.en breitesten Raum ein. Das Tagewerk des Züchtlings begann und endete mit Gebeten 3) und Liedern, ebenso waren die Mahlzeiten von ihnen eingerahmt und mit Kapiteln aus der Bibel oder dem Katechismus ausgeschmückt. Der Sonntagvormittag war dem Gottesdienst vorbehalten, an den sich nachmittags die „Catechisation" anschloß, die regelmäßig in der Wiederholung der Predigt und im Religionsunterricht bestand. Außerdem waren wöchentlich etwa weitere drei Stunden mit Andachten, zusätzlichem Gottesdienst oder „Betstunden" ausgefüllt.4) Diesem Durchschnittsbild entsprachen, mit Abweichungen im einzelnen, die meisten Anstalten.5) ') A m s t e r d a m (Hippel S. 463), L ü b e c k b u r g (Zho. II, 3 bei S t r e n g S. 1 7 3 ff.).
(Hippel S. 626),
Ham-
2 ) Aus dem 18. Jahrhundert sind hier W a l d h e i m (Koppel S. 65), C e l l e (Emmermann S. 54), B r a u n s c h w e i g (Ahner S. 26) zu nennen; über P r e u ß e n vgl. Lieberknecht S. 45; nach 1800 auch M ü n c h e n (Doering S. 72 und Archiv. 1 S. 170). 3 ) Das sich gleichbleibende Morgen- und Abendgebet von M a i n z das noch erhalten ist, diene als Beispiel; vorhanden in Archiv. 3.
1743
4
) Tägliche Betstunden usw. z. B. in den Anstalten von: Frankfurt, B r a u n s c h w e i g 1677, K a s s e l , C e l l e , B a y r e u t h , W a l d h e i m , H a l l e , L u c k a u , L u d w i g s b u r g (Archiv. 4b), Braunschweig (Wagnitz); Quelle und Jahr vgl. nächste Anmerkung. 5 ) E s trifft auf folgende Anstalten, mit Abweichungen im einzelnen, zu: A m s t e r d a m um 1600 (Hippel S. 462). B r e m e n 1609 (Hippel S. 612, 616). H a m b u r g 1622, 1669, 1680 (Streng S. 173 ff., S. 202 ff.; Streng, Studien S. 83 ff.). D a n z i g 1639 (Pietsch S. 73 ff., Zho. Ziff. 4—24). F r a n k f u r t 1679 (Zho. Frankfurt Cap. I, V, XIV). B r a u n s c h w e i g 1677 (Archiv. 2 S. 75 ff.): „Gleichwie der Mensch vornehmlich zum Erkenntnuß und Lobe Gottes erschaffen ist, also will auch sonderlich von nöthen sein, daß die Armuth und
— 37 — Die alltäglichen Religionsübungen, die aus finanziellen Gründen nicht immer von einem Prediger geleitet werden konnten, suchte man klugerweise mit den Quellen selbst, mit Bibel, Katechismus und Lied oder mit bestimmten, festgelegten Gebeten auszufüllen. Vom Auswendiglernen mag man reichlich Gebrauch gemacht haben. Dem Nachteil womöglicher Eintönigkeit stand der Vorteil psychologischer Massenwirkung und der den Charakter ändernden oder doch verdeckenden Gewöhnung gegenüber. Diese nach gegenwärtigem Empfinden etwas äußerliche religiöse Fürsorge darf nicht als oberflächlich hingestellt werden; sie entspricht ganz dem orthodoxen oder puritanischen Religionsbild damaliger Zeiten. Auch fehlt es nicht an ausdrücklichen Anweisungen zu i n d i v i d u e l l e r Seelsorge,1) zu der außerdem die Katechetik gute Gelegenheit bot. Zur Unterstützung dieser religiösen Erziehung gebieten die Dienstvorschriften den Beamten, den Züchtlingen ein gutes Beispiel christlichen Lebenswandels zu geben.2) Züchtlinge dieses Ortes nicht allein . . . Arbeit verrichten sondern . . . aus der heiligen Schrift und Dr. Lutheri Catechismo unterrichtet, zur Gottesfurcht ermahnet, und nebst dem Gebrauch des heiligen Nachtmals zum Gebet, Fürbitte und Danksagung aufgemuntert und angewiesen werden"; abends und morgens Gebet, morgens Betstunde (Segen, Vaterunser, Kirchensegen, Morgensegen, Hauptstück des Kat., Bibelkap., Lied), Gebet vor und nach der Mahlzeit, mittags in die Kirche (näher ausgeführt), Sonntags außerdem: Predigt, Bibelkapitel, Katechisation, Nachmittagsgottesdienst, außerdem zweimal wöchentlich eine Stunde Frühgottesdienst, Samstag nachmittag Büß- und Beichttag, nach Feierabend Epistel und Evangelium; „unter währender täglicher Arbeit" werden Bibelstellen vorgelesen!! B r a u n s c h w e i g 1747 (Ahner S. 23 ff.). W a l d h e i m 1 7 1 6 (Koppel S. 62 f.). K a s s e l 1720 (Daehn S. 20, 22, 39). S t e t t i n 1 7 2 3 (Lieberknecht S. 1 1 5 f.). C e l l e 1 7 1 9 , 1 7 3 2 (Emmermann S. 68 f., Zho. Mainz Cap. I, II). B a y r e u t h 1 7 3 2 (Zho. Cap. I, I I ; Riedel S. 71). *743 (Archiv. 3). P f o r z h e i m 1 7 5 7 (Reinhard S. 172, 186). Heilbronn um 1760 (Archiv. 4 a). L u d w i g s b u r g 1736, 1783 (Bertsch S. 250, 404 f. und Archiv. 4 b). S c h w a b a c h 1759 (Archiv. 4 f.). B r u c h s a l 1785 (Zho.). Allgemein über P r e u ß e n vgl. Eb. Schmidt S. 55 und Lieberknecht S. 43. Ferner die Angaben bei Wagnitz 2. Bd. x. Hälfte: A u g s b u r g (S. 10), B r a u n s c h w e i g (S. 26), K a s s e l (S. 63), H a l l e (S. 126 ff.), L u c k a u (S. 179), L u d w i g s b u r g (S. 192), M a n n h e i m (S. 2 1 1 ) . M ü n c h e n um 1805 (Doering S. 72). Die angeführten Quellen befinden sich meist in Zho.en. Celle, Z. B . in den Anstalten von: F r a n k f u r t , W a l d h e i m , Pforzheim, Ludwigsburg 1783, B a y r e u t h ; Quelle und J a h r vgl. vorige Anmerkung. Preuß. Edikt wegen d. schles. Zuchth. zu Brieg und Jauer 1747 § 1 0 : Die Geistlichen sollen sich von allen konfessionellen Streitigkeiten fernhalten, die Gewissensfreiheit achten und auf wahre Sinnesänderung hinwirken. Vgl. auch hierzu W ä c h t e r S. 1 1 9 . 2
) Z . B . Zho. B a y r e u t h
1732.
— 38 — „Mit Recht stehen daher die Vorschriften wegen der täglichen Übung der Züchtlinge im Gottesdienste und ihres Unterrichts im Guten bey allen Zuchthausordnungen vorne an, und bey Errichtung eines Zuchtund Arbeitshauses ist die Anlegung einer Capelle und Anstellung eines Predigers eine der ersten Sorgen", so lautet das unbefangene Urteil W ä c h t e r s. 1 ) a ) 4. Der Arbeitsbetrieb. Der Arbeitsbetrieb in den Zuchthäusern läßt ebenfalls keinen allgemeinen Verfall erkennen. Von jeher waren leicht zu erlernende, körperlich anstrengende Massenarbeiten bevorzugt. Handwerkliche Spezialberufe fanden wegen der hohen Kosten höchst selten Eingang, soweit sie nicht zur Deckung des Eigenbedarfs dienten.3) Wichtig ist zunächst, ob überhaupt und wie lang die Arbeitszeit bestimmt war. Es kann wohl mit Fug und Recht behauptet werden, daß die Zuchthausverfassungen sie im allgemeinen hinreichend umgrenzten. Man kann die durchschnittliche Arbeitszeit mit etwa 1 2 % bis 1 3 Stunden täglich angeben.4) Sie war somit den ZeitverhältJ
) W ä c h t e r S. 118. ) Zum Ganzen vgl. auch die Ausführungen zum 3. Abschn. 4 a.
2
3 ) An Ausnahmen sind mir bekannt: K ö n i g s b e r g 1755 (Lieberknecht S. 89 f.), M a n n h e i m (Wächter S. 81). Vgl. ferner A r n i m 2. Bd. 1.—3. Abschn. S. 213. 4
) Ungefähre Arbeitsstunden:
Lübeck 1605: Hamburg 1622: etwa Danzig 1639: Braunschweig 1677: „ 1747: Kassel 1720: Waldheim 1726: Celle 1732: Bayreuth 1 7 3 2 : Pforzheim 1758: München 1 7 6 1 : Mannheim 1769: „ 1806: Torgau 1 7 7 1 : Königsberg 1770: Zweibrücken 1780: Bruchsal 1 7 8 5 : Berlin 1801: Warschau 1803:
13,5 12 13,5 12 14 13 12 13 12 12,5 11 n3/a 13,5 12,5 13 13 11 12 12
(Hippel S. 626), (Hippel S. 637), (Pietsch S. 38, 73 fl.). (Ahner S. 10 f.), (Ahner S. 23 f.), (Daehn S. 37), (Koppel S. 72, 79, 35), (Emmermann S. 66 f. und Zho.), (Zho. Cap. IV), (Reinhard S. 170, 173, 188), (Doering S. 42), (Archiv. 6 c.), (Archiv. 6 d), (Lichtenberg S. 200), (Lieberknecht S. 92), (Schunck S. 344), (Zho.), (Klein-Kleinschrod 5. Bd. 2. Stück S. 43 ff.), (Archiv. 6 c).
Uber fünf preußische Anstalten, etwa in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, vgl. S c h m i d t S. 45: 1 5 — 1 7 Stunden einschl. Pausen. L u c k a u ,
— 39
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nissen durchaus angepaßt, ja man darf sagen, daß sie unter dem Durchschnitt der übrigen arbeitenden Bevölkerung lag. Zum Vergleich sei angeführt, daß 1834 in ganz Preußen die Arbeitszeit auf 14 Stunden im Sommer und 13 im Winter festgesetzt w u r d e ! 1 8 4 7 beschwert sich ein badischer Ministerialbeamter2) über die geringe Arbeitszeit in Bruchsal, indem er zum Vergleich anführt, kein Handwerker arbeite weniger als 12 Stunden! Nicht selten ist in den Zho.en individuelle Arbeitszumessung nach körperlicher Beschaffenheit, aber auch nach Delikt vorgeschrieben.3) Die möglichen Mißstände des Entrepreneursystems sollen nicht verkannt werden; doch äußerten sie sich mehr in einer Erweichung der Strafzwecke als in verhältnismäßig schlechterer Behandlung. 5. Die Ordnungsstrafen. Die Bestimmung der Disziplinarstrafen nach Art und Maß stand seit Gründung der ersten Zuchthäuser regelmäßig im freien Ermessen der Beamten und wird es auch stets bleiben. Erst seit W a g n i t z empfand man dies als „Willkühr eines Despoten "*) und verlangte ihre Beseitigung. Ob diese Forderung eine Frucht übler Erfahrungen oder das Ziel liberal-rechtsstaatlicher Ideologien war, wird sich heute schwerlich noch entscheiden lassen. Nur soviel sei hier bemerkt, daß man bei aller,,Willkür" in späterer Zeit nicht vergaß, die Verhängung der schwereren Strafen den oberen Instanzen vorzubehalten, die Prügelstrafgewalt der untersten Beamten Meiningen, Pforzheim: 13, 6—10, 12 Stunden (Wagnitz 2. Bd. 1. Hälfte S. 179, 215, 2. Hälfte S. 63). S t e t t i n , S t a r g a r d , K o l b e r g : Arbeit freiwillig; J a u e r , S c h w a b a c h , W e s e l : 12 Uhr Arbeitsschluß; vgl. Arnim 2. Bd. 1.—3. Abschn. S. 213, 217. Im Winter verkürzte sich die Arbeitszeit infolge Beleuchtungs- und Aufsichtsschwierigkeiten häufig. *) Nach einem vom Direktor der Anstalt in Jauer auf Anordnung des Departementsrats verfaßten Umlauf; Archiv. 5 a. 2
) In einer Randbemerkung zu den V v . von Bruchsal 1847;
3
Archiv. 7.
) Z . B . in den Anstalten von: H a m b u r g , Celle, Waldheim, B r a u n s c h w e i g 1747, P f o r z h e i m ; Quelle und Jahr vgl. Anm. 4 S. 38. Ferner teilweise K a s s e l 1720 (Zho. Ziff. 1 in Archiv. 10); L e i p z i g um 1700 (Archiv. 4e), S c h w a b a c h 1759 (Archiv. 4 f.), A l i e n s t e i n 1780 (Lieberknecht S. 96), M a i n z 1743 (Archiv. 3), L u d w i g s b u r g 1788 (Wagnitz 2. Bd. 1. Hälfte S. 190), Korrektionshäuser Schweidnitz, L i e g n i t z 1800 (Reglm. § 22; Archiv. 5 a ) . *) W a g n i t z
x. Bd. S. 188.
— 40
Verpflegungs-
Brot
Jahr
Warme
Ort täglich
1600
Amsterdam
1622
Hamburg . . . .
. .
ja ? ja
weniger außerdem als lmal lmal abends täglich täglich wöchentlich
1679 1700
Leipzig
3 Pfund
1720
Kassel
1,5
„
1723
Stettin
1.5
„
1723
Waldheim . . . 3 Celle ja Bayreuth . . . . 2 Pfund — Ludwigsburg . . 3mal weh. ja Mainz 1,5 Pfund Hamburg . . . . 1 , 2 5 „ —
1733 1736 1743 1749 1758
weniger als lmal wöchentlich
ja —
Frankfurt....
1732
Mahlzeiten
„
7 mal
„Ordinari ' nur Wasser und Brot, —
ja
7 mal 7 mal
»»
»» —
ja
3 mal
— —
—
| 3 mal jährlich u. 1
il4täg. — Koamu-f »nizieren: 0,5 Pfd.'
| 8mal jährlich 1 | 0,5 Pfund j 6mal jährlich —
5 mal 7 mal
„
—
7 mal
—
1763 1765
Pforzheim . . . 1 , 5 Schwabach . . . 1,75
„
—
lmal
—
Heilbronn
„
—
7 mal
1783
Zweibrücken . .
1
Bruchsal
1,5
1785 18.
. . . ....
1,5
—
„
J Magdeburg . . .
1792
1796 1803 1803
Hamburg . . . . ja Meiningen . . . 2 Pfund Jauer 2 „ Braunschweig . 1 Braunschweig . 0,75 „ Oberdischingen 1 Bruchsal . . . . 1 , 7 5 „ Pforzheim . . . 1,5 .Stettin
Istargard 18. Jahrh. I Kolberg
....
„
— —
6mal
—
— ja Jahrh. (•Frankfurt . . . 3 Pfund 2mal weh. Halle 1,5 „ —
vor
—
4mal —
—
— —
ja
3 mal
—
».
—
».
5mal 7 mal
an hohen Festen
?
3mal jährlich
—
—
7 mal 1 7mal und \ morgens 3mal
— — — —
Selbstbeköstigung
»»
7 mal
—
— —
—
0,5 Pfund 1 4mal jährlich ( —
—
'Küstrin Ferner gute Berichte über Allenstein-Rössel (Lieberknecht S. 95), RavensFleisch (Bergius S. 267). Ähnlich Spandau, dagegen in Halle 4 Hungerabende, in Breslau kein
— 41
-
tabelle. Fleisch
Bier
lmal wöchentl.
außerdem wöchentlich
ja
Fisch
(Cofent)
Sonstiges
Käse Selbstbeköstigung wenn R a t nichts anderes bestimmt
ja 0,5 P f d .
l m a l Speck
ja
Fisch
0,5 P f d .
(0,5 P f d . , Speck^ \ 3 m a l Fisch |
ja ja
0,5 P f d .
H i p p e l S. 4G5 S t r e n g S. 173 ff. Zho. Cap. X V I I , 5 Archiv. 4 e
D ä h n A n h a n g Ziff. 26 ff. 1 B u t t e r 0,5 P f u n d \ l wöchentlich | L i e b e r k n e c h t S. 115 K o p p e l S. 102
ja
E m m e r m a n n S. 71
j a o d . 2ma
Zho. w c h t l . B u t t e r , Milch B e r t s c h S. 277; W a g n i t z I I , 1 S. 193 Beichte, Archiv. 3 S. 35 höh. Fest. S t r e n g S. 215
ja 0,5 P f d .
Käse
Quelle
ja
Keine Selbstbeköst.
R e i n h a r d S. 174 Archiv. 4 f S. 38 Archiv. 4 a
0,25 P f d .
S c h u n k S. 348
0,25
Zho.
„
ja
Schmidt S. 51
ja
W a g n i t z I I , 1 S. 90, 94
II. Klasse
l 0,5 Pfd. J
ja
1 3mal | | u. 7mal Fisch )
ja
| 4mal 0,5 P f u n d 1 W a g n i t z I I , 1 S. 122 ) Brot abends | W a g n i t z I I , 1 S. 158
W a g n i t z I I , 1 S. 215 Wagnitz ja
0,25 P f d . 6mal 0,25 P f u n d ? 0,25 P f d . 0,25
„
ja
I
S. 345
1. Tisch 1 j m g a n z e n W a g n i t z I I , 1 S. 32 2. Tisch! 4 Tische W a g n i t z I I , 1 S. 32 B i t t e r S. 51 Keine S o n d e r k o s t
Archiv. 6 c Archiv. 6 c
Schmidt S. 50
b ü r g 1783 (Bitter S. 19); im A r b e i t s h a u s Berlin g a b es v o r 1774 3mal wöchentlich
Fleisch und Bier.
—
42
—
auf wenige Hiebe zu beschränken *) oder sie ihnen ganz zu nehmen.2) Daß die Prügelstrafe, die im Gegensatz zu fast allen Leibes-, Lebensund Freiheitsstrafen nur in einer augenblicklichen, zeitlich beschränkten Übelszufügung besteht, nur aus den Zeitverhältnissen heraus verstanden und gewürdigt werden kann, wurde schon oben darzulegen versucht.3) 6. Die Verpflegung. Auch die Verpflegung hat sich im 17. und 18. Jahrhundert im allgemeinen auf der gleichen Höhe erhalten, wie die vorstehende Tabelle in groben Umrissen nachzuweisen versucht. Bei dieser Aufstellung muß berücksichtigt werden, daß die Züchtlinge sich mit den Mitteln ihres Verdienstes, soweit er gewährt und ausgezahlt wurde, häufig Zukost kaufen durften und von Verwandten oder von der sie einliefernden Behörde Zuschüsse erhielten. Auch war die Kost öfters nach der Arbeitsleistung abgestuft. Auffallend ist, daß die Gefangenen verhältnismäßig häufig Dünnbier (Cofent) erhielten. Man sah in ihm wahrscheinlich mehr ein Nahrungs- denn ein Genußmittel. >) W a l d h e i m 1716: Zuchtmeister 6 Hiebe (Koppel S. 91). Stettin J723 (?): Zuchtmeister 2—3 Hiebe (Lieberknecht S. 116). J a u e r 1745: Zuchtknecht 2—3 Hiebe, Inspektor 8—10 Hiebe (Archiv. 5 b ) . P f o r z h e i m 1758: Zuchtmeister 3—4 Hiebe (Reinhard S. 183). L u d w i g s b u r g 1783: Zuchtmeister 4 — 5 Hiebe (Bertsch S. 412 ff.). B r u c h s a l 1785: Zuchtmeister 3—4 Hiebe (Zho. Ziff. 20). Ähnlich J a u e r , K a s s e l (Wagnitz 1. Bd. S. 347, 2. Bd. I . H ä l f t e S. 63). P f o r z h e i m , M a n n h e i m 1803: Zuchtknecht 2—3 Hiebe (Archiv. 6 c). l) A m s t e r d a m 1595 (Archiv. 8 c) um 1600 (Hippel S. 466). Wohl auch B r e m e n 1609 (Zho. Nr. 3 bei Hippel S. 614). B r a u n s c h w e i g 1677 (Zho. Cap. X I I I in Archiv. 1). Magdeburg 1727 (Lieberknecht S. 109). K a s s e l 1720 (Zho. Ziff. 9, 16 bei Daehn, Anhang). M a i n z 1743 (Instruktion für den Zuchtknecht in Archiv. 3). C e l l e 1732: Zuchtmeister durfte Peitschenhiebe nur „mit Vorwissen des Commissarii" anwenden, es sei denn, daß die Tat offenkundig und der Täter „auf frischer T a t " gestellt ist (Zho. Cap. I V § 2, 3; vgl. auch E m m e r m a n n S. 61, 77). M a g d e b u r g , Spandau (Schmidt S. 54). C e l l e und auch L u c k a u (Wagnitz 2. Bd. 1. Hälfte S. 78, 181). In H e i l b r o n n „ist man von allen Arten der Züchtigungen entfernt, welche der Lebsucht und Gesundheit der Sträflinge die Nothdurft entziehen, und am Ende denen Gesellschafften . . . Sieche zurück liefern" (Archiv. 4 a). Über teilweise gänzlichen Fortfall der Bestrafung in Anstalten P o m m e r n s vgl. Lieberknecht S. 67, 72, 82. Nach dem p r e u ß i s c h e n Generalplan (Archiv. 6 b ) stand erst dem Oberinspektor — und zwar bis 10 Hiebe — Prügelstrafgewalt zu. H a m b u r g 1823 (Martens S. 41) zählt zu den ersten Anstalten, die das Prügeln abschafften. 3)
Vgl. oben unter 1.
— 43 — Bei der Beurteilung der Lebenshaltung darf auch hier wiederum die allgemeine Lage der minderbemittelten Bevölkerung nicht außer Ansatz gelassen werden. Unter diesem Gesichtspunkt kann die Verpflegung sicherlich als ausreichend bezeichnet werden. Sie mußte, sollte die Strafe den Charakter der Übelszufügung bewahren, unter dem Durchschnitt der Lebenshaltung der wirtschaftlich unteren Schichten der Bevölkerung liegen, oft aber überstieg sie ihn. Nur in Frankfurt und Ludwigsburg war sie offensichtlich unzulänglich. 7. Zusammenfassung. Die hier behandelten Längsschnitte aus dem Strafvollzug des 17. und 18. Jahrhunderts lassen die behauptete Verwahrlosung nicht erkennen. Es würde die gesetzten Grenzen überschreiten, wenn sich Betrachtungen über Hygiene, Sterblichkeit, Verbindung mit anderen Anstalten, über die Klassifizierung, die Geschlechtertrennung, das Beschwerderecht, den Lohn, die Teilnahme an der Verwaltung, den Verkehr mit der Außenwelt, die Verurteilung bis zur erfolgten Besserung, über die Beamten, die Verwaltung und weitere Fragen des schon behandelten Stoffes anschlössen. Doch auch hier wird manches zumindest in anderem Licht erscheinen. Grundsätzlich muß behauptet werden, daß, soweit solches vorkam, die Gemeinschaftshaft bei Tag und Nacht, das Beisammensein der Geschlechter, das Ein- und Ausgehen von Verwandten und Bekannten, die Zusammenlegung mit Anstalten anderer Zweckbestimmung dem Sträfling den Aufenthalt im Strafort erleichterten. Allerdings verlor dadurch die Strafe an abschreckender Bedeutung und wurde weniger als Übel empfunden. Es ist daher nicht verwunderlich, daß die Praxis nur ungern die Disziplinarstrafen, insbesondere die Prügelstrafe, mildern wollte. Vielleicht wird die weitere, gründlichere Durchforschung der Geschichte das Urteil eines M i c h a e l i s und G m e 1 i n für oft zutreffend erklären: Die Behandlung war, an den Zeitverhältnissen gemessen, derart „human", daß dadurch öfters die Strafe ihres eigentlichen Wesens als ein Übel entkleidet wurde. Die Besserung wurde im 17. und besonders im 18. Jahrhundert, soweit das gesichtete Material überhaupt schon ein Urteil erlaubt, im Sinne kirchlich-moralischer Einkehr und Selbstbesinnung, daneben und häufig erst in zweiter Linie im Sinne bürgerlicher Nützlichkeit verstanden.
— 44 —
Dritter
Abschnitt.
Die geschichtliche Entwicklung der Verhaltensvorschriften für Gefangene bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts.
1. Das W e s e n der Verhaltensvorschriften. Das Material zu dem bisher entworfenen Geschichtsbild lieferten vor allem die Z u c h t h a u s o r d n u n g e n . Inwieweit die darin befohlenen Anordnungen von der Praxis befolgt wurden, wird sich im einzelnen nie feststellen lassen. Demgegenüber erlauben nun die V e r h a l t e n s v o r s c h r i f t e n für die Gefangenen, die diesen stets bekanntgemacht wurden, eine wenn auch beschränkte Kontrolle; zugleich geben sie insofern eine Garantie, als den Gefangenen in gewissem Umfang ein Anrecht auf Innehaltung der erlassenen Vorschriften durch die Beamten und die Verwaltung zustand, das durch eine wenn auch noch so schwache Beschwerdemöglichkeit irgendwie gesichert war. Und endlich stellen sie die letzte Quelle dar, die uns ein bis in alle Einzelheiten gehendes Bild von der Verwirklichung der Strafe im Tageslauf der Sträflinge gibt. Der geschichtlichen Behandlung seien einige allgemeine Bemerkungen über die V v . als solche vorangestellt. Die V v . oder Hausordnungen im engeren Sinne sind von den Dienstvorschriften, Zuchthausstatuten, Vollzugsordnungen und Verwaltungsvorschriften zu unterscheiden, welche die Einrichtung der ganzen Anstalt oder die Pflichten der Beamten betreffen. 1 ) Die V v . können Teile jener sein, behandeln aber nur die Aufführung und sonstigen Angelegenheiten der Gefangenen während der Haft. Eine genaue Umgrenzung des möglichen Inhalts läßt sich nicht vornehmen, ist auch für die begriffliche Erfassung von untergeordneter Bedeutung. Ihr zweites Kennzeichen liegt vielmehr in ihrer Bekanntmachung an den Gefangenen. Zum folgenden vgl. auch E c k e r t in Holtzendorff-Jagemann-Eckert, Handbuch des Gefängniswesens I I S. 63 ff., K r o h n e S. 333, 345 ff., K r i e g s m a n n S. 162 ff.
—
45
—
Die Vv. können ihre juristische Herkunft aus dem Verwaltungsrecht oder der Gesetzgebung herleiten. In Deutschland sind sie mit wenigen Ausnahmen in ältester Zeit von jeher Verwaltungsverordnungen gewesen. Während sie in der Vergangenheit regelmäßig von der Verwaltungsspitze eines Zuchthauses beschlossen wurden und nur für diese Anstalt Geltung besaßen, wird neuerdings ihr allgemeiner Teil von höheren Verwaltungsbehörden oder als gesetzesvertretende Verordnung erlassen. Die Verwaltung ist an die bestehenden Vv. gebunden und kann sie nicht ohne weiteres für den Einzelfall rückwirkend abändern. Auf der anderen Seite hat der Gefangene insoweit ein Anrecht auf hausordnungsgemäße Behandlung, wenn dessen Verletzung durch eine irgendwie geartete Beschwerdebefugnis verhütet werden soll. Da die Vv. ihrem Rechtscharakter nach Verordnungen sind, gilt auch hier der Vorrang des Gesetzes vor der Verordnung, so daß die Vv. zu keinem einfachen oder verfassungsrechtlichen Gesetz in Widerspruch treten dürfen. Man hat geglaubt, in der Strafvollzugspraxis solche Widersprüche aufzeigen zu können ( F r e u d e n t h a l ) . In Wirklichkeit dürfte eine wohlverstandene Gesetzesauslegung, die bei vielen Gesetzen die Voraussetzung des f r e i e n Rechtsgenossen als Normadressaten sowie eine normative Auslegung des Begriffs der Freiheitsstrafe berücksichtigt, solche angeblichen Unstimmigkeiten aus dem Wege räumen. Die wirkliche Bedeutung der Vv. wird aber nicht genügend gewürdigt, wenn sie nur als Verwaltungsakt angesehen werden. Stellt die Strafe als ein zwangsweise zugefügtes Übel wohl den einschneidendsten Eingriff in die sogenannte Individualsphäre dar, so ist der Inhalt der Vv. neben der Freiheitsentziehung als solcher als ihre fühlbarste Realisation zu bezeichnen. Sie regeln das Leben des Gefangenen bis ins kleinste und weit einschränkender, aber auch umfassender, als Gesetze die bürgerliche Ordnung erfassen können. Die Vv. sind daher, zwar nicht ihrer rechtlichen Geltung nach, wohl aber in ihrer psychologischen Wirkung s e i n Gesetzbuch, s e i n gefänglichbürgerliches Gesetzbuch, s e i n e Prozeßordnimg, s e i n Strafkodex. In dieser Wirkung übertreffen die Vv. die für den freien Rechtsgenossen geschaffenen grundsätzlichen Rechtsnormen. Ererbte Empfindung und ständige Gewöhnung machen jene Gesetze, in denen sich das tägliche Leben abspielt, zu unbewußten Handlungsprinzipien eines jeden. Im gefänglichen Dasein verlieren diese zum größten Teil ihre Anwendungsmöglichkeit, ja ihren Geltungsgrund und werden ersetzt durch eine
— 46
-
neue Ordnung, die erst gelesen, begriffen, erlebt und dann erst — aber nur für die Dauer des Strafaufenthaltes — angewöhnt wird. Hiermit erhebt sich die Frage nach dem Warum, nach den Zwecken derVv. In erster Linie sind sie ein Mittel des Strafvollzugs, ein S p i e g e l der S t r a f z w e c k e . Indem sie den Gefangenen mit der Dürftigkeit seiner neuen Lebenshaltung bekannt machen, ihm strenge Behandlung ankünden und ihm empfindliche Strafen bei der geringsten Übertretung der Hausordnung in Aussicht stellen, schrecken sie ihn und alle übrigen Rechtsgenossen von dem Aufenthalt im Strafort ab. Gleichzeitig soll der Gefangene mit diesen Mitteln zu einem mäßigen Lebenswandel und zur Achtung vor dem Gesetz und Recht erzogen werden. Das Gebot strengster Disziplin und bedingungslosen Gehorsams im Rahmen der Vv., die widerspruchslose Gewöhnung an das Anbefohlene dürfen heute als die Hauptaufgabe der Vv. im Hinblick auf die Zwecke des Strafvollzugs bezeichnet werden. In dieser Tatsache als solcher offenbart sich hier wie bei soldatischen Institutionen die Erziehungsmethode. Der Unterschied liegt 1 ) im Moment des Zwangs, durch den das oberste Prinzip der Strafe, die abschreckende Übelszufügung, in Erscheinung tritt. Das so verfolgte Ziel ist unabhängig von dem konkreten Inhalt der Vv., der nur für die Dauer des Strafaufenthalts von Bedeutung ist. Vielmehr soll durch die Vv. im engen Rahmen des Anstaltslebens das Verständnis für die Voraussetzung jedes Gemeinschaftslebens, für die unbedingte Beugung der Person unter Gesetz und Recht erweckt werden. Verhilft dem Gefangenen die eigene Erkenntnis nicht zur Einsicht, so soll er durch schärfsten Zwang und unnachsichtige Bestrafung zu ihr geführt werden derart, daß durch ständige Gewöhnung an die Befolgung des Gebotenen alle rechts-widrigen Willensmomente gebrochen, nicht nur gebeugt werden. Gewohnheit aber vermag wenigstens im Außenerfolg die fehlende rechtspersonale Gesinnung zu ersetzen. Und endlich wirken die Vv. noch in einem anderen Sinne auf den Gefangenen ein. Indem der Verwaltung durch die Vv. gewisse, wenn auch durch das freie Ermessen sehr erweiterte Grenzen gezogen sind, zeigen sie dem Sträfling, daß die Staatsgewalt bei der Strafdurchführung sich selbst gewisse Beschränkungen auferlegt. Somit stärken sie sein Rechtsgefühl und erleichtern ihm die Anerkennung der staatlichen Ordnung. *) Soweit es sich um die Methode handelt.
— 47 — Diese staatliche Selbstbegrenzung leitet über zu der zweiten Gruppe von Zwecken, die staats- und verwaltungsrechtlicher Natur sind. Nach liberal-rechtsstaatlicher Auffassung sollten die V v . dem Schutz des Staatsbürgers vor der Willkür der Verwaltung und des Staates dienen. Die Jetztzeit hat den hieraus sprechenden liberal-individualistischen Gesellschaftsbegriff überwunden. Wenn heute der Staat an dem Bestand der Vv. festhält, so entspringt dies einem grundsätzlichen staatlichen Rechts- und Ordnungsbedürfnis, nicht aber der Anerkennung eines individuellen Schutzanspruchs. Endlich und letztlich sollen die Vv. die Verwaltung erleichtern und die. Beamten in der Beaufsichtigung der Sträflinge unterstützen.
2. Die Verhaltensvorschriften als Rechtsforderung. Die vorangegangenen allgemeinen Bemerkungen über den Sinn und Zweck der Vv. machen ihre geschichtliche Entwicklung begreiflich. Sie bildeten in der Vergangenheit durchaus nicht einen selbstverständlichen Bestandteil des Strafvollzugs, wie es heute der Fall ist. In den ältesten kontinentalen Anstalten treffen wir sie zwar regelmäßig an, später, insbesondere im 18. Jahrhundert, tritt ihre Bedeutung aber zurück. So erwähnt z. B . A r n i m , daß er um 1800 „seines Wissens" „Policeygesetze" in Preußen nur in drei Anstalten vorgefunden habe; in den Festungen würden sie gänzlich fehlen. Die wirkliche Zahl dürfte allgemein aber wohl höher liegen, wie die im Anhang befindliche Zusammenstellung vermuten läßt.2) Außerdem muß beachtet werden, daß wohl jede Anstalt eine sehr eingehende Zuchthausordnung besaß, die umfangreiche, oft kasuistische Anweisungen an jeden Beamten enthielt. Nicht selten mögen Auszüge hieraus den Gefangenen in gewissen Zeitabständen vorgelesen worden sein.3) In den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts haben sich die V v . dann überall durchgesetzt. Der Streit um ihre Einführung ist deutlich ein Spiegelbild des sich wandelnden Staatsbegriffs und damit in seinem späteren Stadium ein Abschnitt aus dem Kampf zwischen Gesetz und Verordnung. Arnim
2. Teil 1.—3. Abschn. S. 226.
„Policeygesetze" d. i. Vv.
2
) Oft erreichten die V v . eine lange Geltungsdauer; z. B. galten noch 1803 in Mannheim die V v . von 1769 (Archiv. 6 c), in Hamburg überdauerte die Zho. 1 5 0 Jahre (Howard S. 73). 3
) Z. B. bilden die Celler V v . einen Auszug der Zho.
— 48 — Bis zu den Zeiten H o w a r d s bedeuteten die Vv. nur ein Mittel zur Verwaltungserleichterung und zur Erreichung der Strafzwecke, später aber suchte man sie ebenso zur Magna Charta des Sträflings auszubauen, wie das Strafgesetz die Magna Charta des Verbrechers darstellen sollte. Es ist ein unendlicher Unterschied zwischen jener ältesten Amsterdamer Verhaltensvorschrift vom Jahre 1595, deren Vorspruch lautet: „Aber auf daß nicht ungestraft bleibe, wenn jemand sich vergeht oder eine Missetat ausführt, sollen Gesetze, Hüter der Gesetze und Strafen eingesetzt werden", 1 ) und jener merk-würdigen Stelle in den thüringischen Vv. 2 ) aus dem Jahre 1 9 3 1 : „Die berechtigten Belange eines jeden Gefangenen werden warm vertreten, und deshalb ist es erforderlich, daß ein ungetrübtes gegenseitiges Vertrauensverhältnis besteht"! Damit die Züchtlinge nicht „Unwissenheit vorschützen" können, um sich vor Strafe zu bewahren, werden Vv. in Amsterdam 1595, Celle 1732, Mannheim 1769 und Bruchsal 1782 erlassen. K r a u s o l d 3 ) empfiehlt Vv., ,,ne dyscolis ex arbitratu suo vel propria dictatura vivere concessum sit". Andere Anstalten 4) haben sie zur „gebührenden Achtung" angeschlagen. Nie aber wird die Auffassung vertreten, daß die Vv. den Zweck verfolgen sollten, die Verwaltung dem G e f a n g e n e n gegenüber zu binden und einen Kodex der Gefangenenrechte zu schaffen. Wenn die Verwaltung sich freiwillig auch stets an die Vv. gehalten hat, so erfüllte sie damit nur ein höheren Orts gebotenes staatliches Ordnungsbedürfnis, nicht aber einen individuellen Rechtsanspruch des Gefangenen. Mit dieser Auffassung hielt sich der damalige Strafvollzug ganz an das Vorbild des landesväterlichen Polizeistaates, dem der aus den „Menschenrechten" abgeleitete rechtliche Gegenanspruch des Individuums unbekannt war. Daher enthalten die damaligen Vv. fast nur Pflichten, höchst selten Rechte. Der Raum rechtlichen Dürfens ergab sich allein negativ aus den selbstbestimmten Grenzen der Verwaltung. Mit H o w a r d 6 ) trat der Umschwung ein. In Deutschland betont W a g n i t z 6 ) unter Howards Einfluß erstmalig die große Bedeutung Archiv. 8 c. ) V v . von Ichtershausen Ziff. 1. 3 ) K r a u s o 1 d § 54. 4 ) V v . von L u d w i g s b u r g 1736 Ziff. 15, 16; M a i n z 1743 Ziff. 7 ; M a n n h e i m 1749 Ziff. 6. 6 ) Vgl. unten 4. Abschn. 6 ) W a g n i t z 1. Bd. S. 103 ff. W a g n i t z , Ideen und Plane, 3. Samml. S. 1 1 3 , bemerkt, daß man „schon lange vor Howard" V v . gefordert habe. In s
— 49 — der V v . Ausgangspunkt bilden auch hier wieder die „Menschenrechte", die auch dem Gefangenen zustehen und von der Verwaltung in gewissem Umfang zu achten sind. 1 ) Nur unter Berücksichtigung dieser Grundhaltung wird die weitere Anregung W a g n i t z ' verständlich, man solle sogar die Dienstvorschriften der Beamten mindestens monatlich einmal in Gegenwart der Gefangenen verlesen, 2 ) um somit dem Sträfling eine Kontrolle über seine Rechte zu geben und um jede Willkür auszuschließen. In dieser Proklamation der Menschenrechte, des Rechtsanspruchs der Gefangenen, liegt das eigentümlich Neue, das in den V v . zum Durchbruch kommen sollte. Außerdem erblickt W a g n i t z die Bedeutung der V v . in der Erziehung zur Gesetzestreue, indem sie so eingehend wie möglich das Tun und Lassen des Sträflings regeln sollen. Wie immer erreichen die neuen Gedanken gleich zu Beginn ihr Extrem. Eine Rede des Vorstehers der Hamburger Anstalt vor den Züchtlingen gibt trefflich Auskunft: „ A u c h Ihr habt Rechte, weil Ihr Pflichten habt, weil Ihr Menschen seyd; . . . Ihr habt das Recht: . . . Diese Rechte sind mir heilig. Ich schwöre E u c h : daß ich sie halten will. Ihre Verletzung ist Hochverrath an der Menschheit." 3 ) Juristisch klarer erfaßt A r n i m das Problem. Er will jede Verwaltungswillkür ausschließen und nur „durch das Gesetz und nach bestimmten Vorschriften, nicht durch die Handhaber des Gesetzes und nach Willkühr" 4 ) die Strafe vollstreckt wissen. Der Ausschließung dieser so oft angeführten Willkür dienen „Policeygesetze", die nicht nur das Betragen, sondern auch die „Rechte und Pflichten" der Gefangenen festlegen sollen. 5 ) Bindung der Verwaltung und Anerkennung der Gefangenenrechte treten auch hier als Ziel der Reformen klar hervor. Ob A r n i m und W a g n i t z den Begriff des Policeygesetzes im heutigen gesetzestechnischen Sinne verstehen, ist nicht klar ersichtlich. Jedenfalls sollte es den Rahmen der einfachen Verwaltungsverordnung überschreiten. Schon bald wird man sich des Unterschiedes klar bewußt und eröffnet den K a m p f zwischen Gesetzgebung und Verwaltung auch Frankreich hätte man längst V v . eingeführt (Wagnitz i. Bd. S. 103). auch H o w a r d S. 168.
Vgl. hierzu
Vgl. oben S. 17. 2)
W a g n i t z 1. Bd. S. 102. Auch in Ideen und Plane 3. Samml. S. 93 ff., 113 ff. bringt W. zum Ausdruck, daß die V v . dem Schutz vor Willkür dienen sollen. a)
W a g n i t z 2. Bd. 1. Hälfte S. 165 ff., S. 173 f.
4)
Arnim
2. Bd.
1 . — 3 . Abschn. S. 123.
*) A r n i m 2. Bd. 1 . — 3 . Abschn. S. 216. Vgl. ferner S. 105 f., 122 4. Abschn. S. 274. Ähnlich auch G r o 1 m a n a. a. O. § 75. S a a m , ZuohthauBwesen.
4
und
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50 —
im Strafvollzug. 1831 erscheint ein anonymer Aufsatz „Das Strafverfahren in den Zuchthäusern — soll es durch's Gesetz genau vorgeschrieben seyn, oder innerhalb gewisser Schranken, der Willkühr der Verwaltungsbehörde überlassen werden?", 1 ) in dem sich der Verfasser zwar für die Beibehaltung des bisherigen Brauchs entscheidet, das Problem aber klar erkennt. Bei der Beratung des württembergischen StGB, stellt die Kommission den Antrag, die Behandlung der Gefangenen im Gesetz selbst zu regeln.2) Den gleichen Vorschlag unterbreitet der Kommissionsbericht zum Entwurf eines badischen StGB, im Jahre 1839. 3 ) 4 ) Der ersteren Anregung wird überhaupt nicht, der letzteren nur in geringem Umfang entsprochen. 1857 verlangt D i e z 5 ) die gesetzliche Bestimmtheit der Disziplinarstrafen, die dem Gefangenen in den Vv. mitgeteilt werden sollen. Vier Jahre später lehnt H o l t z e n d o r f f die Einführung der Einzelhaft in Preußen durch Verwaltungsverordnung als mit dem Gesetz nicht vereinbar ab und fordert gesetzliche Regelung des Strafvollzugs, weil die bisherigen Bestimmungen „den Verurteilten in einem Prozeßstadium (während der Vollstreckung) jedes Schutzes berauben . . . weil der richterliche Schutz, welcher gegen polizeiliche Willkür v o r der Verurteilung zugänglich ist, auch gegen das Gutdünken der Gefängnisbehörden n a c h der Verurteilung nicht vollkommen abgeschnitten werden darf . . . " 6) So erhalten die mehr naturrechtlich-humanitären Empfindungen eines W a g n i t z und A r n i m hier ihre juristische liberal-rechtsstaatliche Prägung vom Standpunkt der Gewaltenteilungslehre aus. Hiermit waren die Voraussetzungen für die spätere Entwicklung geschaffen, die, da die Praxis einer gesetzlichen Gestaltung des Strafvollzugs ablehnend gegenüberstand, nun umgekehrt in der Nichtigkeitserklärung der mit Gesetz und Verfassung nicht vereinbaren Bestimmungen der Vv. und Hausordnungen gipfelte.7) *) J u l i u s , Jahrb. 6. Bd. S. 209. s ) J u l i u s - N ö l l n e r , Jahrb. 1. Bd. S. 228. 3 ) Bericht über den 2. Titel S. 27. 4 ) Welch hohen Wert man in den dreißiger und vierziger Jahren den V v . und Dienstvorschriften beimaß, ergibt sich aus den sehr umfangreichen Akten über badische Hausordnungen (Archiv. 7); 1842 geschah es sogar, daß sich der Anstaltsdirektor von Bruchsal an die Regierung wandte, um eine zwischen ihm und den Sträflingen bestehende Auslegungsstreitigkeit über die V v . schlichten zu lassen, — ein unerquicklicher Zustand! e ) D i e z S. 190. «) H o 1 1 z e n d o r f f S. 23. Vgl. auch S. 26. ') Vgl. die Schriften von F r e u d e n t h a l und L. E s p i g : „Die rechtliche Stellung des Strafgefangenen", Diss. Leipzig 1933, K. B a s t a : „Inwieweit
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3. Form und Gliederung der Verhaltensvorschriften. Der näheren Erforschung der Einzelheiten unserer Vv. steht eine zweifache Schwierigkeit entgegen: der Umfang und die Unzugänglichkeit des Materials sowie die völlige Verschiedenheit der V v . untereinander und ihre kasuistische Fassung. Dadurch wird eine geschichtliche Untersuchung, die sich nicht in Einzelheiten verlieren und diese nicht verallgemeinern will, erheblich gehemmt. Deshalb soll nur ein Überblick gegeben werden, der durch das geschlossene Bild einzelner Anstalten, wie es die im Anhang befindlichen Vv. aufzeichnen, ergänzt weiden mag. Wie schon ausgeführt wurde, ist ein wesentliches Erfordernis jeder Verhaltensvorschrift ihre Bekanntmachung an den Sträfling. Sie kann mündlich oder schriftlich erfolgen. Die Amsterdamer Vv., 1595, wurden regelmäßig des Sonntags verlesen, diejenigen von 1600 wurden wahrscheinlich nur bei der Einlieferung bekanntgemacht (Ziff. 27). Die Hamburger Vv. von 1680 sind gedruckt und demnach wohl auch angeschlagen worden. Alle späteren V v . wurden ebenfalls, meist in Pläkatform, gedruckt und zur Einsicht aufgehängt. Außerdem wurden sie häufig in regelmäßigen Abständen verlesen. Von den Vv. spaltete man öfters „Tabellen" ab, die über Kost und Lohn Auskunft gaben. Eine Gliederung nach systematischen Gesichtspunkten ist selten durchgeführt. Die Celler Vv., 1732, zeigen Ansätze hierzu, indem sie Religions-, Arbeits- und Verhaltensvorschriften unterscheiden. Die Münchener Vv., 1802, sowie die V v . von Dreibergen sind in einen allgemeinen und in einen besonderen Teil über den Tageslauf aufgeteilt. 1 ) Eigenartig, aber sinnvoll ist schließlich die Zellersche 2 ) Unterscheidung in Ordnungs- und Sittengesetze; diese dienen der bürgerlichen, jene der ethischen Erziehung. Pädagogisch wichtig ist die textliche Fassung in Gebots- oder Verbotsform, denn positive Anordnungen wirken bestimmter und klarer als negative. Meistens sind beide Arten zugleich anzutreffen, nur die Amsterdamer V v . von 1595 und die Bruchsaler, 1782/85, sind völlig in die Verbotsform gekleidet. deckt die Anstaltsgewalt Eingriffe in die Rechte der Gefangenen?", Diss. Frankfurt 1927. Vgl. auch K r i e g s m a n n S. 160 ff. *) Die V v . Halle 1 7 9 2 entbehren nicht einer willkürlichen Gliederung, ebenso die V v . Pforzheim 1 8 3 2 . 2 ) Z e 1 1 e r S. 40.
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4. Der Inhalt der Verhaltensvorschriften. a) V o r s c h r i f t e n
über Religion, Sittlichkeit Rechtserziehung.
und
Der Inhalt der V v . liefert nun ein getreues Spiegelbild der in den Zuchthausordnungen niedergelegten Auffassung von den Strafzwecken. Daher nehmen vor 1800 die Bestimmungen über Religion und christlichen Lebenswandel einen weit breiteren Raum ein als in späterer Zeit. Vereinzelt ist der Strafvollzugszweck generell vorangestellt. Während in Celle, 1732 (Vv. Cap. I, 1), und Bruchsal, 1782 (Vv. Vorwort), er in Buße und Besserung erblickt wurde, kommt in den Münchener Vv. von 1805 (1. Abs.) die neue Richtung zum Ausdruck: „Die Bestimmung der Sträflinge im Straforte ist, die . . . Strafen zu erdulden, und sich daselbst zu Menschen umzubilden, welche nach überstandener Strafzeit, und wiedererlangter Freiheit als r e c h t l i c h e 1 ) Unterthanen können behandelt werden." Die badischen Vv. von 1821, § 1 , kehren dann zur „Buße", „Besserung" und „abschreckendem Beispiel" zurück.2) Sehr zahlreich sind in älterer Zeit die speziellen Bestimmungen über kirchliche Unterweisung. Die Entwicklung erreicht in der Mitte des 18. Jahrhunderts ihren Höhepunkt. Eingehend wird die Ordnung beim Gottesdienst, beim täglichen Gebet vor und nach den Mahlzeiten sowie morgens und abends, bei Andachten und Betstunden, beim Abendmahl und den sonntäglichen Betübungen aufgezeichnet.3) An Einzelheiten ist zu erwähnen, daß in Amsterdam sogar die Gebete auswendig gelernt wurden und im Hamburger Zuchthaus, 1680, tägliche Examination im Glauben erfolgte. Man ging so weit, in Celle selbst die zu singenden Lieder in den Vv. zu bezeichnen. In Mainz war das tägliche Morgen- und Abendgebet in seinem vollen Wortlaut in die Zuchthausordnung aufgenommen worden. Auch nach 1800 werden oft, jedoch nicht immer, die Gebete und auch der Gottesdienst beibehalten, spielen aber in den Vv. eine zunehmend untergeordnete, ja unbedeutende Rolle.4) Charakteristisch J
) Von mir gesperrt gedruckt. ) Ebenso Vv. F r e i b u r g 1827 § 1; Vv. P f o r z h e i m 1832 § 1 nur Buße. 3 ) Vv. von: A m s t e r d a m 1595 § 2, 1600 § 1 ; F r a n k f u r t 1679 § 2; H a m b u r g , Spinnhaus, §§ 1—4, 6, 7, 16—18; H a m b u r g , Zuchthaus, 1680 §§1—7, 14; C e l l e 1732 Cap. I §§ I—8; L u d w i g s b u r g 1736 §§ 1—5. 7. 14; M a i n z 1743 §§ 1, 2, 5; M a n n h e i m 1749 §§ 1, 2, 5, 1769 §§ 1—4, 9; M ü n c h e n 1780 §§ 1, 3; H a l l e 1792 II 4, 7, 9, 12. *) Z. B. Vv. von: D e t m o l d 1801 §§ 13, 14; M ü n c h e n 1805; B a d e n 1821 § 10; S p a n d a u 1833 § 7 ; B r u c h s a l 1847 § § 4 , 5, 7, 19; selbst die Vv. von M o a b i t , §§ 2, 3, 6, sind in dieser Hinsicht dürftig. s
— 53 — sind die Auslassungen der Vv. von Baden, 1841, § 9: „Andacht und Frömmigkeit läßt sich nicht befehlen"; es verbleibt daher bei der „dringenden Mahnung", die Sünden zu bereuen und die gebotenen Gelegenheiten zur Glaubensstärkung wahrzunehmen. Die Vorschriften über das Betragen der Gefangenen mußten notwendig an die in früheren Jahrhunderten allein übliche Form der Gemeinschaftshaft anknüpfen. E s galt, den verderblichen Einfluß der Sträflinge untereinander auszuschließen. Stets wiederkehrender Bestandteil aller Vv. ist daher das Verbot des Fluchens und Schwörens. In Frankfurt, 1679, lautete es z. B . : „ I n diesem Haus soll niemand/ wer der seye/ Fluchen, Schwehren/ oder den Nahmen Gottes unnützlich führen." Anschließend ergeht das Gebot: „Niemand soll leichtfertige oder sonsten unziemliche Geberden machen/ keine unnütze überflüssige/ viel weniger schandliche Wort führen/ . . . " Alles Lügen, Schlagen, Streiten, Raufen, Zanken, Schelten und alle unzüchtigen Reden waren ebenfalls verboten. Die gleichen Anordnungen kehren in fast sämtlichen V v . der älteren Zeit wieder, im 19. Jahrhundert werden sie in verkürzter Form zum Ausdruck gebracht. 1 ) Alle anstößigen Spiele, insbesondere Karten- und Würfelspiele, „zu mahlen umb Geld", sowie das Wetten galten als unchristlich und waren daher regelmäßig unstatthaft. 2 ) Das schon in den Vv. von Amsterdam, 1600, § 12, aufgestellte Verbot des Handeltreibens taucht erst viel später und nur vereinzelt wieder auf. 3 ) Dies läßt umgekehrt die Vermutung aufkommen, daß die Gefangenen bis in das 19. Jahrhundert hinein Geschäfte untereinander abschließen durften. Die Erlaubnis, Geld zu besitzen, hing meist davon ab, ob der Züchtling einen Teil seines Verdienstes ausbezahlt erhielt.4) 1 ) Vgl. Vv. von: A m s t e r d a m 1595 §§ 1, 5, 7, 4, 1600 §§2, 1 5 ; F r a n k f u r t 1679 §§ i, 5, 8, 6, 4; H a m b u r g , Spinnhaus, 1680 §§ 8—10; H a m b u r g . Zuchthaus, 1680 §§8, 14, 9; C e l l e 1732 Cap. II § 7 ; Ludwigsburg 1 7 3 6 § 1 5 ; M a i n z 1743 §§ 3, 7; M a n n h e i m 1749 §§ 3, 6, 1769 § 5; M ü n c h e n 1780 § 2 ; B r u c h s a l 1782/85 § 9; H a l l e 1792 I 3, II 6 d, 8; D e t m o l d 1801 §§ 3, 4, 16; M ü n c h e n 1802 §§ 5, 6, 1805; S p a n d a u x ^33 § 4; B a d e n 1821 § § 1 , 3; P f o r z h e i m 1832 §§ 2, 20, 19; B e v e r n § 1 5 ; G ö r l i t z 1835 §§ 2, 7, 8; B r u c h s a l , Gemeinschaftshaft, 1860 §§ 5, 8. 2 ) Z. B. Vv. von: A m s t e r d a m 1600 § 1 2 ; F r a n k f u r t § 5 ; C e l l e II § 1 5 ; M a n n h e i m 1769 § 5 ; M ü n c h e n 1802 § 14; S p a n d a u § 5. 3 ) Vv. C e l l e Cap. II, 22; später z. B. M a n n h e i m 1792 I § 4; danach regelmäßig, z. B. S p a n d a u § 3.
1769 § 5 und
Halle
4 ) Z. B. Vv. von: A m s t e r d a m 1600 § 19; G ö r l i t z § 12. Im übrigen finden sich Bestimmungen über Geldbesitz in den V v. selten; gänzliches Verbot z. B. nach den Vv. von: C e l l e Cap. II, 9 und M a i n z , M a n n h e i m 1749 § 4.
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Die Trennung der Geschlechter war in den älteren Anstalten oft nur unvollkommen durchgeführt, weil aus finanziellen Gründen die Zahl der Räumlichkeiten und des Aufsichtspersonals eine beschränkte sein mußte. Soweit daher keine genügende Absonderung bestand, wird jede Verständigung der Geschlechter untereinander mit Worten oder durch Zeichen ausdrücklich untersagt.1) Eine weitere Erziehungsvorschrift ist das Bettelverbot gegenüber Fremden, welche die Anstalt besuchen. Schon die Amsterdamer Vv. von 1600, § 15, bringen es, später taucht es erst in den Celler Vv., 1732, Cap. II § 16, wieder auf, kehrt aber für die Zukunft in allen Vv. wieder, bis man es um 1840 nicht mehr mit der „Menschenwürde" zu vereinbaren wußte, die Züchtlinge — meist für Geld — beschauen zu lassen. An die Untersagung des Bettels schloß sich häufig das Verbot an, sich mit Fremden in ein Gespräch einzulassen. Das Reden war den Züchtlingen in den älteren Anstalten gestattet. Es ist interessant, an Hand der langsam fortschreitenden Einführung des Sprechverbots die Entwicklung des Absonderungssystems im Südwesten Deutschlands zu verfolgen, die schon vor der Einwirkung angelsächsischer Einflüsse ihren Anfang nahm. 1743 sollen in Mainz, Vv. § 3, die Gefangenen „eines stillen . . . wandels sich befleißen". Die von hier übernommenen Mannheimer Vv. von 1749 wiederholen die Stelle und fügen 1769, Vv. § 5, das Verbot „alles Schwätzens" hinzu. Nach allen drei Vv. wird während des Essens nicht gesprochen, allerdings mit der Begründung, um die Bibelandacht nicht zu stören. In Bruchsal sind 1782/85, Vv. § 5, die Züchtlinge gehalten, nicht „heimlich miteinander zu reden".2) 1821 wird in ganz Baden jegliches Sprechen bei der Arbeit verboten, Vv. § 4, während in den Schlafsälen nur „heimliches Reden", „Meckereien" und „Zotenreißen" (§ 3) unstatthaft sind. In Freiburg wird 1827, Vv. § 3,3) auch die leise Unterhaltung in den Schlafsälen für unzulässig erklärt und „strengstes Stillschweigen" gefordert; zur Essenszeit hatte man sich „ruhig" zu verhalten. In Pforzheim hat 1832, Vv. § 3, die Zuchthausverwaltung versucht, das Verbot für die Dauer des Essens und der *) Erstmalig in den V v . von M a n n h e i m 1 7 6 9 § 7 ; ferner z. B . B r u c h s a l 1782/85 § 4; H a l l e 1 7 9 2 I 6; B a d e n 1821 § 5; G ö r l i t z §17. s ) Hierzu mögen allerdings eher Sicherheits- als Erziehungsgründe bewogen haben. Als Parallele seien die von Wagnitz entworfenen V v . H a l l e 1 7 9 2 I I 6 c, 7 a, e herangezogen, nach welchen Arbeit und Essen „in der Stille" vor sich zu gehen haben. 3
) Ebenso V v . F r e i b ü r g
1 8 3 4 § 3.
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Arbeit aufzuheben und zu gestatten, „sich anständig zu unterhalten". Doch scheint man höheren Orts diese Sonderentwicklung nicht gebilligt zu haben, da der entsprechende Paragraph der gedruckten Vv. später handschriftlich durchstrichen worden ist. In den Badener Vv. von 1841/46, §§ 1 , 2 , wird zwar die Gemeinschaftshaft noch beibehalten, doch ist alles Reden, soweit es nicht unbedingt notwendig ist auch mit den Aufsichtsbeamten, sowie jede Verständigung untereinander schlechthin verboten. Nur zur Essenszeit sind „anständige Gespräche" erlaubt. Im übrigen darf der Sträfling „nicht um sich her schauen, sondern muß stets die Blicke vor sich hin, oder auf die Arbeit richten". In Bruchsal kommt dann 1847, Vv. § 4, nach amerikanisch-englischem Vorbild das System gänzlicher Absonderung zum Siege, das dem Sträfling verbietet, „seine Mitgefangenen kennen zu lernen und mit ihnen durch Worte, Zeichen oder Gebärden zu verkehren". 1 ) Fast alle der bisher aufgeführten Bestimmungen regeln das Leben der Gefangenen untereinander, haben also die Gemeinschaftshaft zur Voraussetzung. Im Einzelhaftsystem erübrigen sie sich. Hier ist es nicht nötig, das Fluchen, Zotenreißen, Zanken, Raufen, das Geschäftemachen und den Verkehr mit dem anderen Geschlecht zu untersagen, da es an Gelegenheit fehlt. Statt dessen werden zahlreiche, bis ins kleinste gehende Ordnungsvorschriften über jede einzelne Handlung des Sträflings erforderlich. Sie verfolgen zwei Zwecke: einmal erleichtern sie die durch die Einzelhaft sehr erschwerte ständige Beaufsichtigung, zum andern sollen sie jeden Verkehr mit den übrigen Gefangenen unmöglich machen. Allerdings hat die starke Zunahme der Ordnungsvorschriften auch noch andere Ursachen, auf die weiter unten eingegangen werden soll. Unabhängig von jedem Haftsystem sind die Anweisungen, die zur Reinlichkeit anhalten sollen. Sie sind lange Zeit hindurch recht dürftig.2) In den Vv. von Ludwigsburg, 1736, § 1 , ist zum ersten Male vorgeschrieben, daß man sich nach dem Aufstehen zu waschen habe! Die eindringliche Ermahnung der Mannheimer Vv., 1769, §§ 1 , 1 1 , die Unsauberkeit mit dem großen Willkomm bestrafen und wöchentliche „ohnausgesetzte Säuberung" befehlen, steht völlig vereinzelt da. 3 ) !) In R a w i c z , 1 8 3 5 , V v . § 63, bestand schon vorher das Sprechverbot; ebenso die s ä c h s i s c h e n Bestimmungen, soweit nicht eine Verständigung durch den Arbeitsgang geboten war, abgedruckt in Julius-Noellner, Jahrb. 3. B d . S. 283 ff. 2 ) Verhältnismäßig eingehend die V v . von A m s t e r d a m 1600 § 1 6 ; vgl. auch F r a n k f u r t § 1 2 ; H a m b u r g , Zuchthaus, 1680 § 1 3 . 3 ) Später vgl. noch V v . M ü n c h e n 1 7 8 0 § 19.
— 56 — Die gründliche Hygiene, die W a g n i t z in den Vv. von Halle, 1792, I 7, vorschrieb, war eine bedeutsame Neuerung, die bald Eingang in allen Anstalten fand. 1 ) Wenn nun der Sträfling die zahlreichen Vorschriften befolgte, so erhebt sich die pädagogische Frage, welche Behandlung er zu erwarten hatte. Zunächst war der Gefangene vor Disziplinarstrafen bewahrt. Im Laufe des 18. Jahrhunderts führte man Belohnungen ein, die als Vorstufe der späteren Klassensysteme bezeichnet werden können. Die Ludwigsburger Vv., 1736, § 15, sprechen zum erstenmal allgemein von Belohnung und gutwilliger Behandlung bei gehorsamem Verhalten. Die Vv. von Mainz und Mannheim (1749/69) bringen in fast wörtlicher Anlehnung dasselbe zum Ausdruck. Nach 1800 macht man von Vergünstigungen häufiger Gebrauch.2) Die bisherigen Ausführungen lassen erkennen, daß die religiösen und moralischen Bestimmungen einen Hauptbestandteil der Vv. vor 1800 bilden. Seltsamerweise aber ist in dieser Zeit eine allgemeine Norm „strenger Ordnung und Regelmäßigkeit" 3 ) nicht nachweisbar! Sicherlich hängt dieser Mangel mit dem Wandel des Strafvollzugsideals zusammen. Erst um 1820/30 erscheint das w e r t f r e i e P r i n z i p s c h l e c h t h i n n i g e r O r d n u n g als Grundtendenz der Vv., schon äußerlich erkenntlich an der zunehmenden Zahl der reinen Ordnungsvorschriften sowie an der nunmehr in die Vv. aufgenommenen Grundsatzformulierung. Damit ist das christlich-sittliche Vorbild grundsätzlich durch das des „rechtlichen", d. h. die Ordnung um ihrer selbst und um seiner Freiheit willen liebenden „Bürgers" abgelöst und tritt nunmehr trotz gelegentlicher Rückschläge 4) seinen Siegeszug im Strafvollzug an.5) In Preußen ist der Umschwung nicht zuletzt auf die Vollzugsbeamten selbst zurückzuführen, da sie regelmäßig dem Z . B . V v . von: D e t m o l d §§ 6, 7, 1 1 , 1 2 ; B a d e n S p a n d a u § § 5 , 7, 8; D r e i b e r g e n , Tagesordnung.
1821
§§3,
8;
2
) Z . B . V v . von: B a d e n 1 8 2 1 § 14 (u. U. Begnadigung); F r e i b u r g 1 8 2 7 §18; B e v e r n §23; G ö r l i t z §31; B r u c h s a l 1847 § 2 0 ; Hamb u r g vgl. Martens S. 43. 3
) V v . von P f o r z h e i m
1 8 3 2 § 9.
4
) Z. B. Strafanstalt M o a b i t . Auch das R a w i c z e r Reglement hatte die religiöse Erziehung wieder sehr betont (vgl. oben 1. Abschn. 5), was auch in zahlreichen Vorschriften der Tagesordnung, nicht der V v . , hervortritt. Aber gerade hier handelt es sich um reine Ordnungsvorschriften. *) „Strengste Ordnung" wird z. B. in B r u c h s a l , 1847, V v . § 4, verlangt; ähnlich: P f o r z h e i m 1 8 3 2 §§ 2, 9; B e v e r n § 3 ; G ö r l i t z § 7 ; D r e i b e r g e n §4; M o a b i t §2.
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57
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Soldatenstand entnommen wurden. Sie forderten z. B. in Spandau „militärische Subordination, die unter den Züchtlingen durch unbedingten Gehorsam und Verbannung alles Raisonnirens erhalten werden muß" und verboten einfach „alles was in einem wohlgeordneten Haushalt nicht erlaubt werden kann". Allerdings boten sie damit den Theoretikern insofern eine Angriffsfläche, als man die rechtlichen Garantien der Gefangenen gefährdet sah. In Rawicz wird daher die allgemeine Verbotsklausel fallengelassen und durch eine fast kleinliche Regelung des „wohlgeordneten Haushalts" ersetzt. Demgegenüber fehlt es nicht an merkwürdigen, idealistischen Ausnahmen, die sich ganz auf die christliche Lehre aufbauen. Man versucht, die Vv. in Form einer religiösen Erbauungstabelle abzufassen. So war im Halleschen Arbeitshaus, 1831, eine Tafel aufgehängt, die neben Ordnungsvorschriften zahlreiche auf das gefängliche Leben bezügliche Bibelsprüche enthielt.2) Eine sehr feine Systematik zeigt die von C. A. Z e 1 1 e r entworfene Hausordnung für Sträflinge, die, wenn man seine Vorstellungen über den Zweck des Strafvollzugs teilt, als ein Meisterwerk bezeichnet werden kann. Inhaltlich ist sein Entwurf wahrscheinlich den Vv. von Graudenz entnommen.3) Z e 11 e r stellt zwei in Ordnungs- und Sittengesetze geschiedene Tafeln auf. Die Ordnungsgesetze regeln in knapper, aber sehr übersichtlicher Weise den Tageslauf. Die Sittengesetze dienen der religiösen und weltlichen Erziehung. Dabei ist jedes weltliche Gesetz aus biblischem Recht abgeleitet ! Auf diese eigentümliche Weise sollte der Sträfling zwar nicht zum Büßer, wohl aber zur „Unterordnung unter wohlgeordnete Gesetze", nämlich sittlich-religiöse und staatliche, erzogen werden, um so das Anstaltsziel, die Wiedereingliederung in die Gesellschaft, zu erreichen.4) In diesem Zusammenhang sei ein Entwurf der Freiburger Zuchthausverwaltung von 1839 erwähnt, der aus dem Rahmen der Badener Entwicklung herausfällt und deshalb auch wohl von der Regierung nicht genehmigt wurde. Mehrere Bestimmungen dieser Vv. gleichen eher einer Moralpredigt als einer Hausordnung. Schließlich ist noch die Moabiter „Lesetafel" anzuführen, die als Führer durch das Kirchenjahr gedacht war und zur Bibellektüre anleiten sollte.5) *) Vv. §§ 1, 2, 10. Nach einer Mitteilung des Herrn Strafanstaltsdirektors von Jauer, für die auch an dieser Stelle gedankt sei, galten die Spandauer V v . wahrscheinlich auszugsweise in ganz Preußen. 2 ) Vv. von H a l l e 1831. ') Vgl. Z e l l e r S. III, 1 1 9 Anm. 4 ) Z e l l e r S. 34, 40, 118. 5 ) W i c h e r n S. 203.
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b) A r b e i t s o r d n u n g . Alle Vv. enthalten Regeln über den Arbeitsbetrieb. Da sie zugleich ein Mittel der Strafe, Besserung und Ordnungserhaltung sind, mögen sie gesondert behandelt werden. In älterer Zeit sind sie, ganz im Gegensatz zu Religions- und Sittengesetzen, von einer auffallenden Dürftigkeit. Eine Ausnahme bilden vielleicht die Vv. von Amsterdam, 1600; doch erscheint es zweifelhaft, ob diese Anordnungen Gegenstand der Vv. oder nur Dienstvorschriften waren.1) Im Hamburger Zuchthaus, 1680, Vv. § 1 1 , ist das Raspelpensum mit 45 Pfund täglich, „thut die Woche über 170. Pfundt", angegeben. Celle verweist auf eine besondere Tabelle, aus der sich der Überverdienst bei Mehrarbeit ergibt.2) Nur die Ludwigsburger Vv., 1736, § 2 ff., geben Auskunft über die genaue Arbeitszeit und ihre Unterbrechungen. In München konnte sich 1780, Vv. § 14, der Sträfling Pensum und Verdienst insofern errechnen, als er wöchentlich für 30 kr. ohne Entgelt spinnen mußte. Im übrigen beschränkte man sich darauf, zu Fleiß und Arbeitsamkeit zu ermahnen, allenfalls die Schonung der Arbeitsgeräte 3 ) und der Materialien *) zu empfehlen, auch wohl einige Arbeitszweige aufzuführen,5) gab aber weder Arbeitsleistung noch Arbeitszeit, Verdienst, individuelle Arbeitszumessung oder die nähere Ausführung der Arbeit an. Nach 1800 ändern sich die Zustände. Schon im Titel der 1803 erlassenen Münchener „Tags- und Spinnordnung" kommt dies zum Ausdruck. Sie scheint das Versäumte nachholen zu wollen und bringt eine Fülle von Vorschriften über Arbeitszeit, Pensum, Arbeitszweige, Entgelt, Festsetzung des zulässigen Arbeitsschwunds, Entschuldigung durch Krankheit, Umgrenzung der Lehrzeit usw.6) In den darauf *) H i p p e 1, S. 476 (464), spricht zwar von ihnen als „Verhaltungsmaßregeln für die Züchtlinge", doch enthalten die Ziff. 19, 2 1 — 2 4 Verwaltungsvorschriften. Vermutlich wurde den Züchtlingen die hier als V v . bezeichnete „Ordnung der Zuchtkinder" nur im Auszug mitgeteilt, was m. E . auch die Ziff. 27 zu bestätigen scheint. s
) V v . Cap. II, 4 und E m m e r m a n n S. 66.
3
) V v . von M a n n h e i m
4 5
) V v . von C e l l e
) Hamburg 1 7 8 0 § 1 3 f.
1 7 6 9 § 5.
Cap. II, 2 1 und B r u c h s a l
1680, Spinnhaus, § 1 2 ;
Celle
1782
§6.
Cap. II, 2;
München
6 ) Schon vor 1800, dem Geist nach aber zum neuen Jahrhundert zählend, bringen die von Wagnitz entworfenen V v . von H a l l e , 1 7 9 2 , II, 6, eingehende Arbeitsregeln.
— 59 — folgenden Vv. wird mit verschwindenden Ausnahmen die Arbeitszeit genau mitgeteilt. Selbst der Lohnanteil sowie die Verfügungsmöglichkeit über das Verdiente sind häufig genau bestimmt. 2 ) Teilweise ging man dazu über, Abrechnungsbücher über Arbeit und Lohn einzuführen, die die Gefangenen quittierten oder sogar selbst verwalteten. 3 ) Die Anordnungen über eine sorgfältige Behandlung des Arbeitsstoffes und der Werkzeuge mehren sich.
c) R e i n e
Ordnungsvorschriften.
Innerhalb jeder Verhaltensvorschrift kann eine besondere Gruppe der reinen Ordnungsregeln zusammengefaßt werden. Diese dienen in erster Linie der Verwaltungserleichterung, obwohl nicht bestritten werden soll, daß sie in der Regel gleichzeitig einen oder mehrere Zwecke des Strafvollzugs, sehr häufig den der Übelszufügung, verfolgen. An der Spitze aller Ordnungsregeln kehrt in allen V v . der Befehl unbedingten Gehorsams gegen jeden Vorgesetzten wieder. Merkwürdigerweise fehlt eine allgemeine Unterordnungsvorschrift in den V v . von Amsterdam, 1595, und des Hamburger Spinnhauses, 1680. Da die Gehorsamspflicht eine Voraussetzung jedes ernstgemeinten Strafvollzugssystems ist, unterlag sie im Laufe der Jahrhunderte keinen grundsätzlichen Wandlungen. Wo ihre Grenzen lagen, ist nicht recht ersichtlich. Die V v . geben keine Auskunft, ob die Befolgung eines ihrem eigenen Inhalt oder dem der Gesetze widersprechenden Befehls verlangt werden konnte. Eine Ausnahme bilden die V v . von Pforzheim, 1832, § 1 , und Dreibergen, § 1 3 , die jede Widersetzlichkeit auch für den Fall, daß eine berechtigte Beschwerde gegeben zu sein scheint, verbieten. Insofern es sich um hausordnungswidrige Befehle handelt, ist anzunehmen, daß sie unbedingt befolgt werden mußten; bei gesetzwidrigen Befehlen darf vermutet werden, daß im liberalrechtsstaatlichen Zeitalter der Gehorsamspflicht gewisse, wenn auch äußerst weit gesteckte Grenzen gezogen waren. Vv. von S p a n d a u ; vgl. Wichern S. 249 ff.
die Handhabung in M o a b i t ist nicht ersichtlich,
2 ) Z . B . Vv. von: Freiburg 1830 § 7 f f . ; B a d e n 1841 § 7 ; B r u c h s a l 1847 § 21 f.
Görlitz
§§11—13;
3 ) V v . von F r e i b u r g 1830 § 1 3 ; B a d e n 1841 § 7 ; Bruchsal 1847 § 21 f.; D r e i b e r g e n , Zho. § 15 (bei Wiek); S a c h s e n , Vollzugsbest. § 73 (Julius-Nöllner, Jahrb. 3. Bd. S. 283 ff.).
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Die Zahl und Ausführlichkeit der reinen Ordnungsvorschriften nimmt, dem Wandel des Vollzugsideals entsprechend, 1 ) nach 1800 bedeutend zu. Die Entwicklung erreicht ihren Höhepunkt mit den Reglements von Rawicz, Bruchsal und Moabit, die eine kaum noch zu steigernde Genauigkeit in der Festlegung jeder einzelnen Handlung verfolgen. Die gleiche Wandlung kennzeichnet die Vv. 2 ) Die wechselnde Bedeutung der Tagesordnung, die die Einzelheiten des Tagesablaufes regelt, bietet hierfür ein gutes Beispiel. Sie fehlt gänzlich in den Vv. von Amsterdam, Frankfurt, 3 ) 1679, selbst in denen von Celle, 1732, München, 1780, Bruchsal, 1782/85, und Detmold, 1801. In dem Hamburger Spinn- und Zuchthaus, 1680, gibt die Glocke das Zeichen zum Aufstehen und einigen Gebetsübungen. Die anderen V v . bringen einige der notwendigsten Zeitangaben. Nach 1800 aber wird die Tageseinteilung in eindringlicher und oft nicht mehr zu überbietender Weise von sämtlichen Vv. geregelt. Aus der Fülle der Ordnungsvorschriften, deren Einzelheiten meist nur örtliche Bedeutung haben, seien einige allgemein interessierende herausgegriffen. Die Verhütung von Ausbrüchen ist eine ständige Sorge aller Zuchthäuser; deshalb werden sie durch stets wiederkehrende Verbote unter erheblicher Strafandrohung, die sich notwendig schon auf den Versuch erstrecken muß, zu verhindern versucht.4) Anstiftung und Beihilfe, die unter dem Begriff des „Unterredens", z. B . V v . Mainz § 6, oder des „Complottierens", z. B . Vv. Baden 1821 § 12, zu verstehen sind, waren ebenfalls strafbar. Selbst der Versuch zur Anstiftung war vereinzelt mit Strafe belegt. 5 ) Seit 1830 werden solche Bestimmungen spärlicher, teils weil sie als selbstverständlich und daher überflüssig erachtet wurden, teils weil das Gesetz schon die Strafdrohung enthielt. 6 ) Eine verschiedene Haltung nahm man bei der Frage ein, ob der Sträfling zur Anzeige von Ausbruchsvorbereitungen oder sonstigen Verstößen gegen die Vv., die ihm bekannt wurden, bei Strafe verpflichtet sei. Eine einheitliche Beantwortung läßt sich für keinen ZeitJ
) Vgl. oben unter a. ) Inwieweit die bis ins kleinste gehende R a w i c z e r „ T a g e s - " und„Polizei-Ordnung" zur Kenntnis der Sträflinge gelangte, habe ich nicht feststellen können. 3 ) Frankfurt besaß eine eingehende Tagesordnung, Zho. Cap. X I V , doch galt sie hauptsächlich nur für Kinder und Arme. 2
4
) Sie fehlen in den V v . von A m s t e r d a m 1600, L u d w i g s b u r g . ) V v . von B r u c h s a l 1782/85 § 8 ; P f o r z h e i m 1 8 3 2 § 22. 6 ) Z. B. V v . von S p a n d a u , B e v e r n , Görlitz. 5
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abschnitt geben. Außer in den Vv. von Amsterdam fehlt z. B . ebenso in Mainz, Mannheim, Baden, 1 8 2 1 , Spandau und Bruchsal, 1847, die Normierung einer Meldepflicht; in München und Dreibergen ist sie auf die Angabe von Fluchtvorbereitungen beschränkt, während sie in den Vv. von Frankfurt, § 13, Bruchsal, 1782/85, § 1 1 , und Bevern, § 2 1 , sich auf alle Verstöße, in denen von Rawicz, § 69, nur auf die Verletzung „allgemeiner Gesetze" erstreckt. Die badische Regierung hielt die Bestrafung der Nichtanzeige jeglicher „Unordnung", wie der Freiburger Entwurf der Vv. von 1839 vorschlug, für viel zu hart. 8 ) Daher sahen die badischen V v . von 1841, § 12, eine Anzeigepflicht nur im Falle der Anfrage durch die Behörde vor. Schließlich waren z. B . in Ludwigsburg, Vv. 1736 § 12, und München, V v . 1805, die Stuben ältesten zur Meldung verpflichtet. Weiterhin ist die Regelung des Verkehrs mit der Außenwelt durch Briefe und Besuche als Ordnungsvorschrift, verbunden mit dem Zweck der Übelszufügung, zu betrachten. Die Celler Vv., Cap. I I , 1 3 f., geben die früheste Auskunft. Briefe dürfen nur mit Erlaubnis des Vorstehers geschrieben und empfangen werden; sie unterliegen der Zensur. Die späteren V v . des 18. Jahrhunderts verbieten das Briefschreiben schlechthin.3) Doch wird man die Vermutung aufstellen können, daß es mit Genehmigung des Anstaltsleiters erlaubt war. 4 ) Nach 1800 kehrt die in Celle getroffene Regelung in allen.Vv. wieder.5) In Bruchsal, V v . 1847 § 17 und 1860 § 22, wird die sogenannte Verwaltungswillkür sogar insofern eingeschränkt, als der Gefangene monatlich je zwei, später je einen Brief absenden und erhalten darf. Die Erlaubnis des Besuchsempfangs ist in den Vv. nicht festgelegt gewesen, weil sie als Gnadenakt der Verwaltung betrachtet wurde. Erst die Bruchsaler Vv., 1847, § 13, gestatten den Besuch von Fremden, wenn die Behörde und der Sträfling einwilligen. Damit ist die spätere Entwicklung angebahnt, die das freie Verwaltungsermessen zu einem in den Vv. verbürgten Anspruch des Gefangenen umwandelt, indem nach den V v . von 1860, § 2 1 , und 1868 (Frauen), § 10, der Sträfling monatlich einmal, später „wenigstens einmal" Besuch unter Aufsicht empfangen „ d a r f " ! 6 ) 1
) Vv. von M ü n c h e n 1780 § 7 ; D r e i b e r g e n § 1 0 . ) Archiv. 7. 3 ) Ausnahme bilden die Vv. von B r u c h s a l 1785 § 4. *) So z . B . in B r a u n s c h w e i g 1747 (Ahner S. 25), Pforzheim (Reinhard S. 182). 5 ) Ausnahmen: D e t m o l d , M ü n c h e n 1805, D r e i b e r g e n . 6 ) In M o a b i t , Vv. § 14, galt der Besuchsempfang als Vergünstigung. 2
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d) S t r a f b e s t i m m u n g e n . Einen wichtigen Bestandteil der Zuchthausverfassungen bilden die Ordnungsstrafen. Mit ihrer Aufnahme in die Vv. bezweckt man, den Sträfling durch die Folgen seines Tuns abzuschrecken und ihm die Grenzen der Verwaltungsmaßnahmen aufzuzeichnen. In Verfolgung dieser Ziele hat die Geschichte eigenartige Wandlungen erfahren. Der erste Teil der ältesten Amsterdamer Vv. von 1595 würde ein den strengsten Anforderungen liberal - rechtsstaatlicher Ideologie genügendes Strafgesetzbuch darstellen, in dem neben dem Tatbestand sogar das Strafmaß genau bestimmt ist, wenn nicht die Schlußklausel die Richter ermächtigen würde, das Strafmaß nach Gutdünken zu ändern und neue Tatbestände von sich aus zu schaffen.1) Die Frankfurter Vv. geben in § 15 das genaue Strafmaß für alle vorerwähnten Übertretungen an. Hier ist die besondere Strafschärfung für Rückfällige, die schon in den Amsterdamer Vv. von 1595 für schlechte Arbeit ausgesprochen war, auf alle Ordnungsverletzungen ausgedehnt. Jedoch muß bei den Frankfurter Vv. berücksichtigt werden, daß sie für a l l e Insassen, also auch z. B. für die Armen, galten und daß folglich für die Züchtlinge noch besondere Strafen erforderlich waren, die aber keine Aufnahme in die Vv. fanden.2) Auch die Vv. des Hamburger Spinnhauses, 1680, knüpfen an feste Tatbestände bestimmte Strafen an mit der einen Ausnahme, daß ein das Haus schädigendes Verhalten sowie der Ausbruchsversuch u. a. „nach Befindung des Verbrechens" gestraft wird. Die Amsterdamer Ermächtigungsklausel ist hier aber nicht eingeführt! Die Vv. des Hamburger Zuchthauses haben ebenfalls, wenn auch in etwas verallgemeinernder Form, die Straffolgen normiert: Ungehorsam und Faulheit wird erstmalig mit Essensentzug, im Wiederholungsfall außerdem mit Schlägen, beim dritten Male mit dem Pranger, danach mit dem „Höltzern Pferde", nur Gotteslästerung und Ausbruchsversuch schlechthin nach Gutdünken oder peinlich bestraft. Eine ähnliche Staffelung mit Angabe der Strafarten tritt uns auch in den Vv. von Mainz, 1743, §§ 6, 7, und Mannheim, 1749, entgegen, während die Vv. von Celle, Cap. II, 2, 6, Ludwigsburg, 1736, § 15, und München, 1780, § 19, es bei der generellen Androhung von Strafe bei Unregelmäßigkeiten belassen. Die Mannheimer Vv. von 1769 schließen mit der Ermahnung zu ihrer Befolgung, andernfalls der Züchtling „der • Die V v . von 1600 zeigen gleichen Charakter, doch ist die Ermessensstrafe häufiger in den einzelnen Tatbeständen angeführt. 2
) Die besonderen Züchtlingsstrafen stehen in Zho. Cap. X V I I .
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Übertrettung gemas, mit der bey jedem obigen Posten, an dictirten Straf" zu rechnen habe. Späterhin geben die Bruchsaler Vv., 1782/85, die auf jede einzelne Übertretung stehende Strafe so genau an, wie es in einem Zuchthaus überhaupt nur möglich ist, wenn die Disziplin aufrechterhalten werden soll. Selbst die Modalität und Anzahl der Hiebe ist bestimmt. Dies hatte zur Folge, daß die Strafen verhältnismäßig scharf ausfallen mußten. Nur beim Versuch des Ausbruchs hatte der Züchtling „willkührliche Strafe" zu gewärtigen. So sind die disziplinarrechtlichen Bestimmungen der Vv. des 17. und 18. Jahrhunderts mit wenigen Ausnahmen dadurch gekennzeichnet, daß sie sowohl den Tatbestand als auch die Strafe selbst nach Umfang und Art verhältnismäßig genau angeben. Aus liberal-rechtsstaatlichen Gesichtspunkten kann man erwarten, daß das kommende Zeitalter diese Ansätze übernahm und fortentwickelte. Merkwürdigerweise ist aber das Gegenteil eingetreten. Fast alle späteren Vv. der Strafanstalten lassen es bei der generellen Androhung von Strafe bewenden, ohne den Tatbestand oder die Straffolge näher zu bezeichnen. Nur die Vv. von Baden, 1841, § 12, und sämtliche Bruchsaler Vv. seit 1847 liefern wenigstens ein Verzeichnis der — in Bruchsal „gesetzlichen" — Hausstrafen. 1 ) Das gleiche trifft auf die Vv. der seit 1800 von den Zuchthäusern wohl zu unterscheidenden Arbeitshäuser polizeilichen Charakters sowie der Amts- und Untersuchungsgefängnisse 2) zu. Für den Sträfling ist es von großem Interesse, zu erfahren, wem das Recht zur Verhängung von Strafen und in welchem Umfang es ihm zusteht. Hierüber gibt keine Verhaltensvorschrift Auskunft. Nur Andeutungen dieser Art finden sich in den Vv. des Hamburger Zuchtund Spinnhauses,3) wo dem Zuchtmeister oder dessen Frau das Recht körperlicher Züchtigung bei Verweigerung des Kirchgangs zugestanden wird oder — im Zuchthaus — die Strafe in gewissen Fällen „nach Erkäntnis der Herrn Patronen und Provisoren" bemessen wird.4) Ferner ist in den G ö r l i t z e r Vv., §§ 15, 27, in zwei Fällen Tatbestand und Strafart bestimmt. 2 ) V v . von: D e t m o l d 1801 am Ende; F r e i b ü r g 1 8 3 0 1 3 ; B e v e r n §22; E b e r b a c h § 2 2 (unter Bezeichnung der Strafverhängungsinstanz); G i e ß e n 1843 § 2 1 ; B a d e n 1859 § 1 1 ; ebenso Amtsgefängnis in O f f e n b u r g 1852 § 1 1 (nach Veith S. 39). ») V v . Spinnhaus § 18; Zuchthaus §§ 8, 10, 12. •) Als Ausnahme müßten die Amsterdamer Vv. 1595, nach § 8, hervorgehoben werden, wonach nur die „rechteren" (Richter) zur Änderung und Erweiterung der Strafen befugt sind. Doch erscheint es mir sehr zweifelhaft, ob dieser Passus einen Bestandteil der Vv. bildete. Die gleiche Frage taucht bei den Vv. von 1600 auf.
— 64 — Das geschichtliche Verhältnis zwischen anstaltlicher und staatlicher Strafgewalt ist bislang noch nicht geklärt worden. Auch die Vv. geben nur sehr dürftige Auskunft. Von überraschendem Weitblick und Verständnis zeugen die ersten Amsterdamer Vv. des Dr. S. E g b e r t s , der in § 4 ausdrücklich festgelegte, daß neben den Disziplinarmitteln die durch „bürgerliche Gesetze" *) angedrohten Strafen zur Anwendung kommen sollten! In den Vv. des Hamburger Zuchthauses, § 8, finden sich noch insofern Spuren des Amsterdamer Vorbildes, als Gotteslästerung „peinlich" bestraft werden k a n n . In den übrigen Vv. aber fehlt jeglicher Anhaltspunkt. M. E. begnügte man sich bis 1800 mit Ausnahme der schwersten Verbrechen mit der Verhängung der Hausstrafen, die allerdings in ihrer Wirkung — z. B. Strafzeitverlängerung — der gerichtlichen Strafe häufig gleichkamen. In Abweichung von den zeitgenössischen Vv. bestimmen dann später die Badener Vv. von 1841, § 12, daß „gemeine Verbrechen und Vergehen nach den Landesgesetzen" bestraft werden, demnach wohl unter Ausschluß der Ordnungsstrafen.2) Jedoch muß in dieser jüngeren Zeit berücksichtigt werden, daß häufig die Anstaltsreglements3) das Verhältnis zwischen Kriminal- und Disziplinarstrafe klarstellen. Die Arten der Strafen sind allgemein bekannt. Besonders hingewiesen sei auf die äußerst scharfe Bestrafung in Bruchsal, Vv. 1782/85, und auf die unbestimmte Strafzeitverlängerung bei Ausbruchsversuchen und Widerstand in Mainz, Vv. § 6, und Mannheim, Vv. 1749/69 § 5 bzw. § 8. e) R e c h t s s c h u t z
und A n s p r ü c h e der
Gefangenen.
Wenn im folgenden der Rechtsschutz und die Ansprüche der Gefangenen nach den Vv. behandelt werden sollen, so ist vorweg zu bemerken, daß die Praxis, das Wesen der Strafe nicht aus den Augen lassend, es nicht darauf abzielen konnte, in den Vv. einen Rechtskodex zu schaffen. Gegenüber dem von der Freiburger Zuchthausverwaltung 1839 gereichten Entwurf der Vv. bemerkt daher das Justizministerium,4) J
) „burgerlijcken wetten".
2
) Vgl. ferner V v . von B a d e n 1821 § 7 , G i e ß e n § 1 8 ; ebenso verwiesen die V v . von E b e r b a c h , § 2 6 , alle nicht hausordnungswidrigen Vergehen an das Gericht. 3 ) Z. B. H a w i c z e r „Hausordnung" § 76: beide Strafen nebeneinander; ebenso in S a c h s e n , vgl. Julius-NoeUner, Jahrb. 3. Bd. S. 283 ff. § 8 1 ; M a n n h e i m e r Dienstordnung von 1831 § 1 1 8 (Archiv. 7): bei „größeren Verbrechen" nur Kriminalstrafe. *) Archiv. 7.
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daß „nur die Pflichten der Sträflinge aufzuzählen, nicht aber denselben auch Rechte einzuräumen" seien1). Jedoch auch in der Praxis fassen liberal-rechtsstaatliche Gedankengänge bald Fuß, wie folgende wahrscheinlich ebenfalls ministerielle Anmerkung 2) zu einem Entwurf der Vv. für die Amtsgefängnisse Badens, 1859, beweist. Die Vv. sollen hiernach „nicht nur die Pflichten, sondern auch die Rechte der Gefangenen umfassen, wie dies auch in den für die Strafanstalten erlassenen der Fall ist". 3 ) Aber schon früher hatte man dem Sträfling ein gewisses Mindestmaß von Ansprüchen zuerkannt. Allgemein ist daran festzuhalten, daß der Gefangene verlangen konnte, der Hausordnung gemäß behandelt zu werden. Insoweit umgrenzen die Gebote und Verbote der Vv. nicht nur den Sollens- sondern auch den Dürfensraum. Im Zeitalter des landesväterlichen Polizeistaates kann allerdings von Ansprüchen im modernen Sinn nicht gut die Rede sein.4) Autoritäre, nach oben verantwortungsbewußte Verwaltungsführung ersetzte aber hinreichend die mangelnde Rechtsschutzkontrolle durch das Individuum, die im letzthin sich selbst verneinenden liberalen Staat notwendigerweise als Surrogat der geschwächten Staatsgewalt gefordert werden mußte. Im einzelnen sind jene Bestimmungen hervorzuheben, die durch genaue Angaben über Arbeitszeit, Arbeitspensum und Arbeitslohn die Ansprüche der Gefangenen festlegen.5) Die von W a g n i t z entworfenen Halleschen Vv., II 6e, sachten den Gefangenen dadurch vor Übervorteilungen zu schützen, daß je zwei Gefangene bei der Zuwägung und Ablieferung der Arbeitsmaterialien als Zeugen zugegen sein mußten! 6 ) In Baden bestand von etwa 1821 bis 1835 7) die Eigenart, daß die zu verabreichende Kost, teilweise sogar nach Menge und Zubereitung bestimmt, in den Vv. aufgeführt wurde.8) ') Interessant ist, wie das badische Gesetz, § 2, das Lesen usw. in den Freistunden als Vergünstigung darstellt, während die Bruchsaler Vv. 1847, § 4, die auf diesem Gesetz beruhen, hieraus eine Pflicht machen. 2 ) Archiv. 7. 3 ) Die Präambel der Vv. des Gießener Untersuchungsgefängnisses, 1843, drückt das gleiche aus. 4 ) Vgl. oben 3. Abschn. 2. 6 ) Vgl. 3. Abschn. 4 b. *) Aus dem gleichen Grunde hatte man im H a m b u r g e r Spinnhaus, um 1823, einen Preiszettel angeschlagen, der die Preise der käuflichen Waren enthielt: M a r t e n s S. 39, Anhang Nr. 16. ') Vv. von: B a d e n 1821 § 9 ; F r e i b u r g 1827/34 § 9< I ®3° § 4 1 P f o r z h e i m 1832 § 25; ebenso G i e ß e n § 3 . 8 ) In F r e i b u r g , Vv. 1834 § 9, mußten die übriggebliebenen Speisen in Gegenwart der Züchtlinge in den Schweinetrog geworfen werden! S a a r n , Zuchthauswesen.
5
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Bei der Behandlung des Rechtsschutzes und der Ansprüche muß grundsätzlich nochmals auf jene Wandlung um die Wende des 18. Jahrhunderts hingewiesen werden, als liberal-rechtsstaatliches Denken die aus staatlichem Ordnungsbedürfnis heraus erwachsenen Strafvollzugsvorschriften der Zuchthausverfassungen und V v . zu Rechtsschutzansprüchen des Sträflings gegen den Staat umzugestalten versuchte. Dieser Umschwung tritt deutlich auch in der Entwicklung des Beschwerderechts zutage. Vor 1790 ist es in den V v . fast gänzlich außer acht gelassen worden. Nur die Celleschen Vv., Cap. II, 20, enthalten eine allgemeine Beschwerdebefugnis; in Amsterdam, Vv. 1600 § 7, und Mannheim, Vv. 1769 § 9, lassen sich Ansätze hierzu insoweit aufdecken, als der Züchtling wegen schlechter Kost vorstellig werden, durfte. Späterhin aber treffen alle Vv. mit wenigen Ausnahmen 1 ) hierüber eine Regelung. Der Einfluß der neuen Ideen ist unverkennbar. So konnten z. B. in München, Vv. von 1805, die Sträflinge sich dann beschweren, wenn sie „glauben, daß sie . . . nicht so ganz r e c h t l i c h 2 ) behandelt werden". Die Beschwerde konnte in der Regel bis zum Anstaltsdirektor geführt werden.3) Nur selten durfte sie bei der dem unmittelbaren Anstaltspersonal vorgesetzten Behörde angebracht werden.4) In dieser Hinsicht sind die Vv. von Bruchsal am weitesten ausgebaut. Zunächst mußte jeder Beamte die ihm bei seinen Zellenbesuchen vorgetragenen Beschwerden entgegennehmen, die spätestens bis zum andern Tage erledigt werden sollten.5) Darüber hinaus konnte der Sträfling Beschwerden an den Vorstand, Aufsichtsrat, an das Justiz- oder gar Staatsministerium in einen auf dem Wege zur Kirche befindlichen Briefkasten legen. Der rechtsstaatliche Idealismus scheint aber aus dieser Neuerung keine guten Früchte geerntet zu haben, denn schon in den Vv. vom 8. August 1851 sowie in allen späteren taucht diese Beschwerdemöglichkeit nicht mehr auf. Schließlich stand dem Sträfling laut Vv. gegen Straferkenntnisse des Vorstandes und Aufsichtsrates der „Recurs" an den Aufsichtsrat bezw. an das Justiz*) Nämlich V v . von B a d e n H a l l e , B e v e r n (Arbeitshaus). 2)
1821;
Freiburg
(Arbeitshaus);
Von mir gesperrt.
3)
Z . B . V v . von P f o r z h e i m 1832 § 10; S p a n d a u fast wörtlich in § 68 der V v . R a w i c z wiederkehrt. 4)
1830
Z.B.
Vv.
von:
kommission). 6) V v . 1847 § 12.
Halle
1792
I2;
Detmold
§ 1, dessen Fassung §2
(Oberaufsichts-
— 67 — ministerium zu.1) Aber auch hierin hatte man anfänglich des Guten zuviel getan, indem nach den Vv. von 1847 der Recurs unter Umständen aufschiebende Wirkung besaß. Alle späteren Vv. gehen hiervon wieder ab. Wenn endlich in Gießen, Vv. § 15, der Gefangene seine Beschwerde bei seinem Richter vorbringen mußte, so ist diese Eigenart aus dem Charakter der Anstalt als Untersuchungsgefängnis zu erklären. Die Gießener Vv. liefern im übrigen ein gutes Beispiel für die unterschiedliche Behandlung und Rechtsstellung der Untersuchungs- und Strafgefangenen: sie enthalten gegenüber den Vv. der Strafanstalten eine größere Anzahl „Ansprüche", Neben diesen Ansprüchen und Rechtsschutzbestimmungen hat es andererseits in den Vv. nie an Vorschriften gefehlt, welche die Rechtssphäre der Gefangenen über das durch das Wesen der Strafe als Freiheitsentziehung u n m i t t e l b a r gebotene Maß hinaus beschränkten. Ein Hinweis auf einige Einzelheiten möge das Problem verdeutlichen. Die häufig wiederkehrenden Verbote 2) des Kaufens, Tauschens, Schenkens oder Leihens untereinander, der Verfügung über den Verdienst sowie der Verwendung des Vermögens zum eigenen Gebrauch zeigen, daß der bürgerliche Rechtsverkehr den Gefangenen weitgehend verschlossen war. Die Rechtsfolgen der Übertretung solcher Verbote waren in disziplinaren Eingriffen noch nicht erschöpft, vielmehr konnten sie das Rechtsgeschäft selbst betreffen, indem die von der V e r w a l t u n g erlassenen Bestimmungen der Vv. die allgemeinen G e s e t z e außer Kraft setzten. Regelmäßig schloß nämlich die Verbotsverletzung die Ungültigkeit des Rechtsgeschäfts in sich. So wurde in Celle, Vv. Cap. II, 22, der Vertragsgegenstand „restituirt", in München, Vv. von 1802 § 15, beschlagnahmt und enteignet; in Pforzheim, Vv. 1832 § 1 1 , war der Vertrag „ungültig" und das Objekt mußte zurückgegeben werden. Eine weitere Gruppe von Kollisionsmöglichkeiten zwischen Gesetz und Verordnung war insbesondere im 18. Jahrhundert durch das ungeklärte Verhältnis von Kriminal- und Ordnungsstrafe geschaffen worden.3) Schließlich sei auf einen eigenartigen Eingriff in die Persönlichkeitssphäre des Gefangenen nach den Vv. von Görlitz, 1835, § 20, aufmerksam gemacht. Hier wird die Selbstbefleckung unter Androhung „harter Strafe" verboten.4) V v . 1847 § 25; später ebenso. ) Vgl. 3. Abschn. 4 a.
2
®) Vgl. 3. Abschn. 4 d am Ende. 4 ) Ebenso F r e i b u r g , 1839, Entwurf der V v . § 60. 5*
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5. D i e u n e c h t e n V e r h a l t e n s v o r s c h r i f t e n . In Deutschland war man stets darauf bedacht, die V v . von Dienstvorschriften für die Beamten rein zu erhalten Ein treffliches Beispiel bieten die Celleschen Vv., 1732, die einen Auszug der Zuchthausverfassung darstellen und deren Auslese ihr Verfasser mit sicherem Instinkt und feinsinnigem Verständnis getroffen hat. Für die Auffassung vom Wesen der Strafe und der V v . in damaliger Zeit ist es aber sehr bezeichnend, daß die ziemlich ausführlichen Anordnungen der Zho. über Arbeitszeit, Strafen und Reinigung keine Aufnahme in die V v . fanden, wohl aber die zahlreichen Religionsvorschriften. Einer der seltenen Fälle unechter Verhaltensvorschriften hat sich in die V v . von Spandau, 1833, §§ 3, 4, eingeschlichen. Die Vv., 1846, § 18, der Bruchsaler Frauenstrafanstalt enthalten die überflüssige, später fortgelassene Mitteilung, daß die „Beamten die Pflicht haben, sie (die Gefangenen) mit Milde und Wohlwollen zu behandeln", solange sie selbst sich ordentlich betragen. 1 )
Vierter Beiträge
zur
Geschichte
Abschnitt. der
Verhaltensvorschriften
in
England bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts.
Ein kurzer Überblick über die Geschichte der englischen Vv. zeigt manche Abweichung von der deutschen Entwicklung auf. Den englischen Strafvollzugsbestimmungen sind in älterer Zeit folgende charakteristischen Merkmale zu eigen: die schon frühzeitig einsetzende g e s e t z l i c h e Regelung, die kasuistische Anordnung des Stoffes, die Vermischung von Dienst- und echten Verhaltensregeln in den V v . und — materiell — die Betonung des Magna-Charta-Gedankens. 1729, act 2. Geo. II c. 22, wird durch Gesetz das Anschlagen von Gebühren- und Benefizienverzeichnissen in den Gefängnissen befohlen, 12 Jahre später, act 24. Geo. II c. 40, auch das Anheften von Tafeln, welche die drei Prohibitionsklauseln dieses Gesetzes gegen den Alkoholgenuß enthalten sollen. Der act 32. Geo. II c. 28, 1759, fußend auf diesen und anderen Strafvollzugsgesetzen, bringt zum ersten Male eine in sich geschlossene, sehr ausführliche Strafvollzugsordnung. Hiernach ') Ähnlich Vv. von G i e ß e n 1843 § 14.
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sollen tables of fees, legacies, benefications, rules and Orders „in some open or publick Room or place, and in a conspicious manner" in der Anstalt aufgehängt werden.1) Die „judges and justices of assize" haben die Durchführung dieser Anordnung ständig zu überwachen.2) Ein weiterer Act for preserving the Health of Prisoners . . ,,3) 14. Geo. III c. 59, 1774, soll seinem ganzen Inhalt nach „painted in large and legible Characters on a Board" in gleicher Weise in jedem Gaol angeschlagen werden.4) All diese Gesetze sollten nicht nur einzelne Unzulänglichkeiten des Strafvollzugs beseitigen, sondern zugleich den Gefangenen vor obrigkeitlicher „Willkür" schützen. Aus dem letzteren Grunde besaß auch die unmittelbare Anstaltsbehörde keine Verordnungsgewalt. Die Ausführungsvorschriften der einzelnen Gefängnisse zu den obenerwähnten Gesetzen, insbesondere die örtlichen rules, bedurften daher der Genehmigung des Friedensrichters oder wurden von ihm erlassen. In der gesetzestechnischen Form jener Parlamentsakte tritt die typisch englische Abneigung gegen systematische Kodifikationen zutage; jeweils ein besonderer Mißstand gab den Anstoß zum Erlaß eines einzelnen Gesetzes kasuistischen Inhalts. Die ausführlichen Untersuchungen H o w a r d s ermöglichen nun die Uberprüfung, wie die Praxis diese Gesetze verarbeitete, und inwieweit sie überhaupt durchgeführt wurden. H o w a r d besuchte etwa 307 Anstalten.5) In mehr als einem Drittel der Gefängnisse befanden sich Gebührentafeln. Die übrigen tables traf H o w a r d weit seltener an.6) Rules waren nur in etwa 20 Anstalten angeschlagen; unter Berücksichtigung der Zahl der Insassen lebten etwa 24 v. H. !) Vgl. act a. a. O. Ziff. 6—8, 10. ) Vgl. H o w a r d S. 35 Anm. Hierzu sowie zu den vorigen Gesetzen im ganzen vgl. auch H o w a r d S. 34 f. 3 ) A s c h r o 1 1 , S. 75, hat irrtümlich angegeben, daß in diesem act das Verbot des garnish ausgesprochen sei. Es war zu dieser Zeit noch statthaft, wie sich schon aus seiner häufigen Erwähnung bei H o w a r d ergibt. ') Der nächste bedeutsame act ig. Geo. I I I c. 74 enthält m. W. keine neuen Bestimmungen über die Bekanntmachung von rules usw. 6 ) A s c h r o 1 1 , S. 74 Anm. 2, errechnet 244, wahrscheinlich durch Addition der von H. im Anhang angeführten Anstalten. In Wirklichkeit aber beschreibt H o w a r d i m T e x t etwa 307 von ihm besuchte Anstalten. 2
") Ungefähre Tabelle der Anstalten, die Tafeln besaßen (nach Howard errechnet): J a Nein Keine Nachricht Gebührentafel . . . . Gesundheitsakt.... Benefizientafel . . . . Alkoholtafel
1x5 21 7
99 62 16
26
103
64 (29 wieder abgeschafft.) 224 — (Nur für 23 Anstalten werden Benefizien erwähnt.) 178
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aller Gefangenen oder 44 v. H. Schuldgefangene und nur etwas über 5 v. H. Kriminelle unter bekanntgemachten und angeschlagenen rules.1) Die Gebührentafel legte ziffernmäßig die Preise für Verpflegung sowie den garnish, das Ein- und Austrittsgeld, fest. Der Act for preserving the Health enthielt sanitäre Bestimmungen. Das Alkoholgesetz beschränkte den Verbrauch geistiger Getränke. Die Benefizientafel nannte die von den Gönnern der Anstalt zugedachten Stiftungen. Die von H o w a r d veröffentlichten rules seien nur kurz gestreift. Vorschriften über Religionsübungen fehlen fast gänzlich. Wohl aber wird das Fluchen, Schwören und Spielen regelmäßig verboten.2) Nur die rules von Bodmin geben nähere Auskunft über Arbeitszeit,3) Lohn und Arbeitsordnung. Den Aufsehern gegenüber hat man sich with that Submission and regard which the l a w 4 ) requires 5) zu betragen. Die Bestimmungen über persönliche Sauberkeit sind sehr dürftig. Die Regelung des äußeren Tageslaufs beschränkt sich auf das öffnen und Schließen der Anstalt und Zellen. Der Verkehr mit der Außenwelt kann ziemlich ungehindert vor sich gehen.6) In King's Bench und Fleet 7 ) hatte sich vorübergehend eine kuriose, weitgehende Gefangenenselbstverwaltung eingenistet. Ein Beschwerderecht ist in den rules fast nie festgelegt. Häufig, ja regelmäßig enthalten die rules im Gegensatz zu den deutschen Vv. echte Dienstanweisungen der Beamten.8) So hinterlassen die englischen rules wie überhaupt der englische Strafvollzug einen schlechteren Eindruck als die entsprechenden deutschen Verhältnisse. Von besonderem Interesse sind die rules für Kriegsgefangene.9) Sie hatten in Frankreich und England 10 ) mit zwei unbedeutenden AusDie „rules" für z. B . Lostwithel (Howard S. 398) bedeuten etwas ganz anderes als V v . ; es ist hier das rules of the road, Straßenrecht, gemeint. Aus dem 16. Jahrhundert sind bisher keine V v . aufgefunden worden, vgl. Doleisch v. D o l s p e r g . Die ältesten von Howard mitgeteilten rules des Londoner Fleet-Gefängnisses reichen allerdings bis in die Zeit der Königin Elisabeth zurück ( 1 5 5 8 — 1 6 0 3 ) ! ") Jeder Verbrecher, der in Bodmin am Samstagsgottesdienst teilnimmt, erhält 0,5 Pfund Fleischzulage I 3 ) Im Winter 8 und im Sommer 1 0 Arbeitsstunden. Von mir gesperrt gedruckt. s ) So die rules von Fleet. 6 ) Im Schuldgefängnis Fleet wohnen 4 7 5 Frauen und Kinder bei 2 4 3 V e r urteilten ! ( H o w a r d S. 219.) ') H o w a r d S. 248, 220 bringt Näheres. e ) Z. B . rules von Fleet, King's Bench, Tolbooth in Glasgow und fast sämtliche Tables of Fees. •) Der Prozentsatz der Kriegsgefängnisse, die im Besitz von rules waren, ist ungleich höher. Vielleicht ist das auf den französischen Einfluß zurückzuführen. 10 ) Abgedruckt bei H o w a r d S. 1 8 1 , 4 7 3 .
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nahmen den gleichen Wortlaut. Wahrscheinlich ist Frankreich das Ursprungsland. Eine Eigenart dieser rules ist, daß die Gefangenen einen drei- bis fünfgliedrigen Ausschuß wählen, der vor allem darüber wacht, daß das Essen genau der Verpflegungstabelle entspricht. In ähnlicher Weise wird auch heute noch in englischen Kriminalgefängnissen dem Rechtsschutzgedanken Rechnung getragen, indem nach der Vollzugsordnung von 1933 dem einzelnen Gefangenen ein weitgehendes und nur in England mögliches Kontrollrecht über das gelieferte Essen zusteht.1) Bei der Dürftigkeit der rules ist es verständlich, daß H o w a r d , den aus der Praxis an ihn herantretenden Wünschen folgend, sich eifrig für ihren Ausbau einsetzte,2) dabei aber den Fehler wiederholte, Verhaltens- und Dienstvorschriften nicht zu trennen. Seine Anregungen sollten auch in Deutschland nicht ungehört verhallen.3) Die späteren Gesetze wiederholen die Anordnung, daß die rules bekanntzumachen und in jeder Zelle anzuheften seien.4) Jedoch werden alle Dienstvorschriften ausgeschieden. Mit dem Prison Act, 1877, ist das Recht zum Erlaß von rules and regulations auf den Secretary of State übergegangen, der der Zustimmung des Parlaments bedarf.5) Die eigentlichen Vv. werden seit 1865 6) aus den allgemeinen rules vom Direktor zusammengestellt und dem Secretary of State zur Genehmigung vorgelegt. Auf fast gleiche Art sucht man auch heutigentags die Freiheit der unteren Behörde einzuschränken, um den Schutz des Gefangenen zu erhöhen.7) Für die Praxis sind die „Rules proposed for the Government of Gaols, Houses of Correction and Penitentiaries", London 1820, der „Society for the Improvment of Prison Discipline . . . " von großer *) Erik W o l f , Die Neuordnung des Gefängniswesens in England, in: f. Gkd. 66. Bd. S. 127.
Bl.
2
) Vgl. H o w a r d S. 35, 371 Anm., 472. Auf S. 168 spricht sich H. sehr lobend über die V v . der Gefängnisse in und um Paris aus. 3 ) Vor allem W a g n i t z , 1. Bd. S. 103 f., Ideen und Plane 3. Samml. S. 93, 1 1 3 ff., ist von H. beeinflußt.
') Act 4. Geo. I V c. 64 X I I , 1823; Prison Act 1865, Anhang Reg. f. Gov. § 72 und 1877/8 Gen. Ru. f. Gov. Ziff. 7. 5
) Vgl. R. W i l k i n s o n , The law of Prisons in England and Wales, London 1878, S. 46, 192; Prison Act 1877 s. 51. 6
) Prison Act 1865 a. a. O.
') Heute beschließen der Direktor und die Commissioners die V v . ; Erik W o l f S. 126.
vgl.
—
72 —
Bedeutung geworden.1) Sie fanden weitgehend Verwertung in Milbank 2 ) und Pentonville.3) Die Entwicklungstendenzen dieser vorbildlich gewesenen Vv. weisen gegenüber den deutschen nicht mehr so große Unterschiede auf wie im vorangehenden Jahrhundert; jedoch ist eine stärkere Hervorhebung des rechtlichen Elements zu verzeichnen, das sich bis in die Gegenwart hinein verfolgen läßt. Schon wie nach den Gesetzen von 1759 und 1865 wird z.B. auch nach der jüngsten Vollzugsordnung von 1933 4) dem Gefangenen sogar die „table of dietaries" zur Kenntnis gebracht. Wenn heute das Betragen der Gefangenen durch eine Fülle von kasuistischen Verboten umschrieben wird, die als festumrissene Tatbestände den strafrechtlichen Schutzgedanken verkünden wollen, mögen sie auch aus unumgänglicher „praktischer Notwendigkeit" 5) durch eine allgemeine Klausel ergänzt und erweitert werden,5) so ist das Vorbild dieser Systematik in den entsprechenden Vorschriften der Anstalten zu Pentonville und Milbank und in den Vorschlägen der „Society for the Improvment of Prison Discipline . . . " zu erblicken. Wir Deutschen aber dürfen stolz darauf sein, daß unser Strafvollzug im 18. Jahrhundert niemals den Tiefstand der Verwahrlosung wie in England und anderen Ländern erreichte, sondern stets von einer bestimmten, staatsaufbauenden, religiösen Idee getragen war. Es ist an der Zeit, unser Zuchthauswesen des landesväterlichen Fürsorgestaats ins rechte Licht zu setzen, das durch angeblich objektive, in Wirklichkeit zweckgebundene Darstellungen verschleiert worden ist. Es ist an der Zeit, unserer eignen Vergangenheit Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen. *) 1 8 2 3 in einer durch ein neues Gesetz erforderlich gewesenen Umarbeitung in neuer Auflage erschienen; vgl. hierüber J u l i u s S. 79. Zum Vergleich mit den V v . von Milbank und Pentonville sei angeführt „Rules proposed . . . " S. 3 0 ff., insbesondere S. 3 3 ff. 2 ) Besserungshausordnung von M. 4. Abschn. gedruckt in J u l i u s S. 3 3 8 ff.
(insbesondere Ziff. 20);
ab-
3 ) Rules for the Gov. of the Pent. Prison, 1 8 4 2 , insbesondere Ziff. 266; abgedruckt in J u l i u s , „England's Mustergefängniß Pentonville", Berlin 1846, S. 7 2 ff. Die ältesten V v . selbst sind heute in der Anstalt nicht mehr vorhanden, wie eine Anfrage ergab.
') Vgl. Erik W o l f 5
S. 126.
) Erik W o l f S. 1 3 3 . vgl. dort S. 1 2 7 Anm. 1.
Über einen weiteren Fall der Persönlichkeitswahrung
— 73 —
Schriftennachweis. (Schriften, die nur im ersten Abschnitt und nur einmal herangezogen werden, sind dort in den Fußnoten angeführt. Wenn nur eine Schrift eines Autors benutzt ist, wird diese mit seinem Namen allein zitiert, im übrigen werden die unten in Klammern hinzugesetzten Abkürzungen gebraucht.)
A h n e r , F. W.: Die Entwicklung des Gefängniswesens im Lande Braunschweig. Diss. Göttingen 1921. (Maschinenschrift.) v o n A r n i m , A. H . : Bruchstücke über Verbrechen und Strafen. Frankfurt a. M. und Leipzig 1803. A s c h r o t t , P. F.: Strafensystem und Gefängnißwesen in England. Berlin und Leipzig 1887. B e r g i u s , J. H. L.: Policey- und Cameral-Magazin 9. Bd. S. 253 (Über Zuchthäuser). Frankfurt a. M. 1774. Bertsch, A.: Das Herzogliche Zucht- und Arbeitshaus in Ludwigsburg, 1736—1806. 1912. (Landesbibliothek Stuttgart: Cod. hist. Q 438. Handschrift.) B i t t e r , M.: Das Zucht- und Arbeitshaus . . . zu Oberdischingen . . . . Halle 1929. B l ä t t e r für G e f ä n g n i s k u n d e
Diss.
(Bl. f. Gkd.).
D ä h n , C.: Beiträge zur Geschichte der Freiheitsstrafe in Hessen-Cassel. Diss. Göttingen 1921. (Maschinenschrift.) D i e z , C. A . : Über Verwaltung und Einrichtung der Strafanstalten mit Einzelhaft. Karlsruhe 1857. D o e r i n g , W. L . : Das alte Münchener Zuchthaus. Diss Erlangen 1926. (Maschinenschrift.) D o l e i s c h v o n D o l s p e r g , F. von: Die Entstehung der Freiheitsstrafe. Strafr. Abhdl. Nr. 244. Breslau 1928. D ö p l e r , J.: Theatrum poenarum . . . . Sondershausen 1693. E m m e r m a n n , K . : Das Zuchthaus zu Celle. Diss. Göttingen 1921. (Maschinenschrift.) F i s c h e r , A . : Geschichte des deutschen Gesundheitswesens. Berlin 1933. G r a m b o w , O.: Das Gefängniswesen Bremens. Diss. Göttingen 1910. G r e l l e t - W a m m y : Handbuch der Gefängnisse. Solothurn 1838. G r u n e r , J.: Versuch über die recht- und zweckmäßigste Einrichtung öffentlicher Sicherungsinstitute. Frankfurt a. M. 1802. G ü n t h e r : Die Strafrechtsreform im Aufklärungszeitalter, in: H. Groß' Archiv 28. Bd. S. 112 ff. 1907.
— 74 — H a 1 1 e m a , A.: Merkwaardige Voorstellen Tot Oprichting Van Het Eerste Nederlandsche Tuchthuis Te Amsterdam (1589—1595), in: 24. Jaarb. v. h. Gen. Amst. S. 63 ff. — Drie Rapporten Van J . Van Hout Inzake Het Amsterd. Tuchthuis In 1597 En 98, in: Bijdr. en Med. Hist. Gen. 1927. (Hallema Rapporten.) — Het Oudste Ontwerp van Dirck Volckertszoon Coornherts Boeventucht Teruggevonden, in: Tijdschr. v. Nederl. Taal- en Letterk. D. 45. Afl. 1. (Hallema Ontwerp Coornhert.) H e g l e r , A.: Die praktische Tätigkeit der Juristenfakultäten des 17. und 18. Jahrhunderts. Freiburg 1899. H e n e 1 i u s , Chr.: Tractatus Politicus de Aerario. Berlin 1670. v o n H i p p e l , R . : Beiträge zur Geschichte der Freiheitsstrafe, in: ZStW. Bd. 18 S. 419 ff., 608 ff. H i r s c h , F . : Q 6 in Mannheim. Karlsruhe 1924. (Enthält Beschreibung der ältesten Zustände im Zuchthaus zu M.) H o f f m a n n , E . : Das Gefängniswesen in Hessen. Diss. Gießen 1899. v o n H o l t z e n d o r f f , F . : Gesetz oder Verwaltungsmaxime? Berlin 1861. H o w a r d , J . : The State of the Prisons in England and Wales. 3. Ed. 1784 (1. Ed. 1777). von J a g e m a n n , L . : Zur Rechtsbegründung und Verwirklichung des Grundsatzes der Einzelhaft. Frankfurt a. M. 1848. J u l i u s , N. H.: Vorlesungen über die Gefängniß-Kunde. Berlin 1828. — Jahrbücher der Straf- und Besserungs-Anstalten. 5., 6. Bd. 1 8 3 1 ; 7. Bd. 1832. (Julius, Jahrb.) Julius, Nöllner, Varrentrapp: Jahrbücher der GefängniQkunde und Besserungsanstalten. Frankfurt a. M. 1. Bd. 1842. (Julius, Nöllner, Jahrb:) K a d e , Umschwung in Strafe und Strafvollzug im 18. Jahrhundert. Berlin 1908. K l e i n - K l e i n s c h r o d : Archiv des Criminalrechts. Halle 1799ff. K o p p e l , M.: Die Vorgeschichte des Zuchthauses zu Waldheim. Waldheim 1934. K r a u s o l d , Fr.: De miraculis et egregiis usibus S. Raspini. Merseburg 1698. Leipziger Sammlungen v o n W i r t h s c h a f f t l i c h e n , Policey-, C a m m e r - u n d F i n a n t z - S a c h e n , 3. Bd., Leipzig 1746, S. 803, 861, 1051 ff. „Gedancken von der Einrichtung eines Arbeits-, Werck- oder sogenannten Zucht-Hauses." (Leipziger Samml.) v o n L i c h t e n b e r g , C.: Die Strafe, die Zuchthäuser und das ZwangsErziehungs-System. Berlin 1846. L i e b e r k n e c h t : Die alten preußischen Zuchthäuser. Diss. Göttingen 1921. Magdeburgische gemeinnützige Blätter, Bd. 2, 1790, S. 341 ff. (Über Zuchthaus in M.) M a r t e n s , A. E . : Das Hamburgische Criminal-Gefängnis, genannt: das Spinnhaus . . . . Hamburg 1823. v o n M a u s c h w i t z , C.: Uber Strafgefangene und Strafanstalten im Geiste der Zeit. Berlin 1843. N a g l e r , J . : Die Strafe. Leipzig 1918. O b e r m a i e r , G. M.: Anleitung zur vollkommenen Besserung der Verbrecher. Kaiserslautern 1835.
— 75 — Pietsch,
G.: Das Zuchthauswesen Alt-Danzigs.
E t w a 1928.
R e i n h a r d , J . J . : Umständliche Nachricht von dem Waisenhause, wie a u c h Toll- u n d Krankenhause zu Pforzheim, Ingleichen von dem Zucht- und Arbeitshause daselbst. Carlsruhe 1759. R e i n h a r t h , D. T. J . (C. F. Banck): De ergastulis eorumque jure. Diss. Erford 1734. R i e d e l , A. C.: Beschreibung des im F ü r s t e n t h u m B a y r e u t h zu sanct Georgen a m See errichteten Zucht- u n d Arbeits-Hauses. B a y r e u t h 1750. Röder, K. D. A . : Besserungsstrafe und Besserungsstrafanstalten als Rechtsforderung. Leipzig 1864. S c h e r e r , A . : Die Besserungsbestrebungen im Strafvollzug in Vergangenheit u n d Gegenwart. Diss. Freiburg 1927. S c h m i d t , E b . : Entwicklung u n d Vollzug der Freiheitsstrafe in BrandenburgPreußen bis zum Ausgang des 18. J a h r h u n d e r t s . Berlin 1915. S c h u n c k , F . : D a s Gefängniswesen des ehem. Herzogtums Zweibrücken, i n : Bl. f. Gkd. 60. B d . 1929 S. 305 ff. Simon,
J . G.: Ergasteria Disciplinaria.
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Gesammelte Schriften.
4. B d .
H a m b u r g 1905.
v o n W i e k , F . : Reglementäre Bestimmungen f ü r die Strafanstalt Dreibergen. Rostock 1856. W o l f , E . : Die Neuordnung des Gefängniswesens in England, i n : Bl. f. Gkd. 66. Bd. 2. H e f t 1935. Z e 11 e r , C. A.: Grundriß der Strafanstalt, die als Erziehungsanstalt bessern will. S t u t t g a r t u n d Tübingen 1824.
— 76 — Zuchthausverfassungen: Bayreuther Zuchthausordnung vom 20. September 1732, in: Corpus constitutionum Brand.-Culmb. II, 2, 1748, S. 339 ff. Reglement des Arbeitshauses zu Berlin, vom 30. September 1801, in: KleinKleinschrod 5. Bd. 2. Stück S. 43 ff. Bruchsaler Zuchthausstatut von 1785, in Bl. f. Gkd. 3. Bd. S. 40 ff. Haus- und Dienstordnung für das Zucht- und Tollhaus zu Celle, 1732, in: Beil. A zur Statistik der zum Ressort des Königl. Preuß. M. d. I. gehörenden Strafanstalten . . . für 1907. Des Heil. Römischen Reichs Stadt Franckfurt am Mayn neulich aufgerichteten Armen-Waysen- und Arbeit-Hauses Ordnungen und Gesetze. Frankfurt 1684. Reglement für die Strafanstalt zu Rawicz vom 4. November 1835 nebst Ergänzungen. Berlin 1868. Ferner folgende Lehrbücher: B u m k e , Deutsches Gefängniswesen; v o n H i p p e l , Deutsches Strafrecht I ; H o l t z e n d o r f f - J a g e m a n n - E c k e r t , Handbuch des GefängniQwesens; K r i e g s m a n n , Einführung in die Gefängniskunde; K r o h n e , Lehrbuch der Gefängniskunde.
Abkürzungen. Zho. = Vv. =
Zuchthausordnung. Verhaltensvorschriften.
— 77
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Archivalienverzeichnis. (Abkürzung: Archiv. Ziffer und Buchstabe.)
x. Bayrisches Hauptstaatsarchiv: MA 718 Nr. 7 Strafarbeitshaus 1808/10. (Enthält: Bericht und Zho.)
München
2. Braunschweig Stadtarchiv: Acta Herzgl. Waisenhaus BMV Lit. W Nr. 21. (Enthält: Zho. von 1677.) 3. Darmstadt Hess. Staatsarchiv: X A Rono 5, A 5. (Enthält: Zho. von Mainz, 1743 )
4. Frankfurt a. M. Stadtarchiv: Mg b D 14 Nr. 82, Auswärtige Zho.en und Pläne. (Enthält unter anderem: a) Entwurf, Berichte, gedruckte Nachricht über Behandlung und im Zuchthaus Heilbronn, 1756—1765;
Kost
b) Ordnungen und Berichte über Ludwigsburg, 1736—1750; c) „Beschreibung deß Arbeitshauß zu Amsterdam", 33 Seiten; ferner je einen Bericht über das dortige Spinn- und Werkhaus. Es wird die Zeit von der Gründung bis etwa 1670 beschrieben. „Beschreibung" ohne Abfassungsdatum; dieses muß zwischen 1662 und 1666 liegen, wie eine Anfrage im Gemeente-Arch. Amsterdam ergab; d) „Beschreibung deß Zuchthauß zu Hamburg", Zho. von 1622; e) Bericht über das Zuchthaus Leipzig, um 1700 (?); f) „ K u r z e Beschreibung des Schwabacher Zucht- und 1763)
Arbeit-Haußes",
5. Jauer Strafanstalt: a) Act. gen. betr. Reorg. bis zur Einf. des Raw. Regl. Lit. d I d. (Enthält u. a.: Regl. für die Correctionshäuser Schweidnitz, Liegnitz vom 31. August 1800 u. Ber. über Spandau vom 4. November 1833.) b) „Gründung und Beschreibung der Anstalt in Jauer" 1745. 6. Karlsruhe Generallandesarchiv: a) Mannheim Stadt 3280 u. 3430. (Enthält u. a.: Gründungsakten, Entwürfe, Berichte, gedruckte Predigt bei Einweihung der Zuchthauskirche; um 1750.) b) IV, 1, 1 Conv. 286 (u. a.: „General-Plan . . . zur Verbesserung der Gefängniß- und Straf-Anstalten" für Preußen, vom Ministerium aufgestellt, Druck, 1804). c) IV, 1, 2 Zwangsanstalten 1804—6. (Enthält u. a.: Berichte über Mannheim, Pforzheim, Bruchsal, Zho. von Warschau 1803.) d) Mannheim 3452.
-
78 —
7. Karlsruhe Generalstaatsanwaltschaft. vollzugskunde, Freiburg i. B.)
(Verzeichnis im Seminar für Straf-
8. Leiden Gemeente Archief: Archief der Secretarie na 1574, voorloopig No. 849, a) fol. 263 vso — 266 (Bedenking op de grontvesten vant tuchthuys, von H. L. Spiegel); b) fol. 266 — 271 vso (Staet te letten, von Dr. S. Egberts); c) fol. 271 vso — 278 (Ontwerp van de wijse ende forme des tuchts in den tuchthuyse, 21. November 1595, von Dr. S. Egberts); d) fol. 278 — 286 (Bericht des J . van Hout über das Amsterdamer Zuchthaus vom 9. November 1597). Diese Leidener Archivalien sind in Abschrift in meinem Besitz. 9. Ludwigsburg Staatsfilialarchiv: K. V. 31 Ord. 5 aus Rubr. I. 1. Nr. 7. (Enthält u. a.; Konzept der Vv. vom 28. August 1736.) 10. Mannheim Strafanstalt. (Enthält u. a.: „Über Willkomm und Abschied", Mainzer Zho. 1750 (?), Kasseler Zho. 1720.) 1 1 . Freiburg Stadtarchiv: d 5/345.
—
A
Sammlung
der
n
79
h
a
—
n
g
.
Verhaltensvorschriften.1)
(Eine Abschrift der im folgenden mit einem Stern (*) versehenen V v . befindet sich nunmehr im Besitze des Seminars für Strafvollzugskunde an der Universität Freiburg i. B.)
Vv. v o n A m s t e r d a m , 21. N o v e m b e r 1595. ( Q u e l l e : Archiv. 8c.)
Übersetzung aus dem „Ontwerp van de wijse ende forme des tuchts in den tuchthuyse" von Dr. Sebastiaen Egberts vom 21. November 1595. Aber auf daß nicht ungestraft bleibe, wenn jemand sich vergeht oder eine Missetat ausführt, sollen Gesetze, Hüter der Gesetze und Strafen eingesetzt werden. Die Gesetze sollen diese und ähnliche sein: 1. Niemand soll leichtfertig fluchen oder schwören, bei der Strafe von drei Tagen auf Wasser und Brot gesetzt zu werden. 2. So wer seine Gebete und den Inhalt des christlichen Glaubens, wie die Zehn Gebote, das Glaubensbekenntnis, das Vaterunser, nachdem er es einmal gut gelernt hat, auf Verlangen der Leiter (vaders) oder Meister nicht aufsagen kann, soll auch drei Tage auf Wasser und Brot gesetzt werden, aber wer denselben schlecht zuspricht, soll einen Monat in die „gaten", dazu auf Wasser und Brot gesetzt werden, aber wenn jemand sich so weit vergeht, daß er die vorgesetzten Personen stößt oder zu Boden wirft, aber ohne Quetschung (was, dasselbe bei den Ratsherrn [„stadte keuren"], bei den Privilegierten und den Personen in Staatsdienst betrieben, auch am Leibe gestraft werden soll), soll (er)2) diese Missetat mit strenger Geißelung und einem halben Jahr bei Wasser und Brot büßen müssen. 3. Wenn jemand denjenigen, die auf Wasser und Brot gesetzt sind, etwas, das er selbst aufgespart oder anders bekommen hat, zusteckt, soll derselbe drei Tage auf Wasser und Brot gesetzt werden. 4. Wenn jemand mit seinen Mitgefangenen Streit anfängt, soll (er) 2) einen Tag, aber wenn er mit denselben kämpft, vierzehn Tage auf Wasser und Brot gesetzt werden. Wenn jemand dazu kommt, den anderen doch ohne irgendwelche Gefahr (unberührt hiervon bleiben die bürgerlichen Gesetze, denen niemand bei seinen Missetaten entgehen kann und deren Strafen er unterworfen bleibt) zu quetschen, so wird er gegeißelt und zwei Monate auf Wasser und Brot gesetzt. 5. Wenn jemand unzüchtige Worte spricht, soll (er) 2) drei Tage mit Wasser und Brot zufrieden sein müssen. 6. Wenn jemand seiner eigenen Kleidung oder der seiner Mitgefangenen oder dem Haus irgendwelchen Schaden zufügt, soll (er) a) vierzehn oder mehr Tage, je nach den näheren Umständen, auf Wasser und Brot gesetzt werden. ') W o in den Vv. der Buchstabe „ s s " stand, mußte er durch das nach heutiger Rechtschreibung gebotene „ ß " ersetzt werden. — *) Von mir eingefügt.
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Wenn jemand seine Arbeit nicht tun will, die ihm auferlegt war, soll (er) ' ) beim ersten Mal vierzehn Tage nichts als Wasser und Brot haben, und wenn er am Ende derselben noch nicht arbeiten will, gegeißelt werden und einen Monat bei Wasser und Brot in die „ g a t e n " geworfen werden, und wenn er alsdann noch nichts tun will, soll er nach der Entschließung seiner Richter abgeurteilt („angegrepen") werden, aber wenn jemand darüber hinaus seine Arbeit mutwillig zerstört, oder Speise und Trank ungehörig angibt (?) („vermelde"), soll (er) gegeißelt und drei Monate auf Wasser und Brot gesetzt werden. 7. Wer den Aufsehern etwas vorlügt, soll diese Lügen mit einem Tag bei Wasser und Brot büßen müssen. 8. Wer versuchte, mit List aus dem Zuchthaus zu kommen, hat verdient, gegeißelt zu werden, mit schwereren Fesseln und Block gesichert („verseeckert") und in die düsteren „gaten" ein halbes Jahr lang geschlossen zu werden, aber gebrauchte er dazu irgendwelche Gewalt, so soll außer den verhängten Strafen auch seine Zeit, die er dort hineingesetzt — gebannt — war, aufs neue beginnen, was auch stattfinden soll, wenn er mit List aus dem Hause herausgekommen ist, und die, die dazu irgendwelche Hilfe geleistet haben, sollen derselben Strafe unterworfen sein, wohlverstanden sollen alle, die auf Wasser und Brot gesetzt sind, darum nicht von ihrer Arbeit befreit sein, sondern trotzdem dazu angehalten werden, die ihnen auferlegte Arbeit zu tun. Daß auch die Strafen, die in den Gesetzen aufgestellt sind, je nachdem Umstände die Tat leichter oder schwerer erscheinen lassen, nach der Entschließung der Richter erleichtert oder erschwert werden sollen, nach welchem Gutdünken auch alle Vergehen, deren die Gesetze keine Erwähnung tun, gestraft werden sollen. Die aufgestellten Gesetze sollen den Gefangenen („gesellen") alle Sonntage nach dem Mittagessen vorgelesen werden, auf daß niemand sich mit Unwissenheit entschuldigen möge. >) Von mir eingefügt.
Vv. von Amsterdam um 1600. (Quelle:
von Hippel S. 476 ff.)
„Ordnung der Zuchtkinder."
Vv. von Frankfurt a. M. 1679. ( Q u e l l e : Des Heil. Römischen Reichs Stadt Franckfurt am Mayn neulich aufgerichteten Armen- Waysen- und Arbeit-Hauses Ordnungen und Gesetze, Frankfurt a. M. 1684, S. 55.) Allgemeine Haus-Gesetze/ wie solche auf einer offenen Tafel im Haus aufgehängt sind. 1. [Siehe Text S. 53.] 2. Alle Hausgenossen sollen täglich bey dem Morgen- Abend- und TischGebeth / auch Sonn- und Feyertags bey dem gewohnlichen Gottes-Dienst andächtig seyn/ und ohne sonderliche Erlaubnuß des Hausmeisters oder Praeceptoris daselbe niemand versäumen.
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81
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3. Seinen vorgesetzten soll sich niemand auf einigerley Weiß widersetzen/ sondern jeglicher Ehrerbietig und Gehorsam seyn: Hätte aber jemand über seinen Vorgesetzten etwas zu klagen / das soll vor die Herren Pfleger bescheidentlich gebracht werden. 4. Niemand soll gegen das andere hart reden/ feindselige Geberden machen/ oder einigen Menschen mit Unnahmen belegen/ schelten/ viel weniger schlagen oder sonsten beschimpffen. 5. Niemand soll leichtfertige oder sonsten unziemliche Geberden machen/ keine unnütze überfliißige/ viel weniger schandliche Wort führen/ keine unziemliche Spiel treiben/ zu mahlen umb Geld/ auch keine Würffei oder Karten bey sich finden lassen. 6. Wann zwey oder mehrere Personen zancken/ oder sich sonsten gegen einander ungebührlich halten/ sollen sie samtliche gestraffet werden; Dann das unschuldige hätte des andern ungebührliches Zufügen seinen Vorgesetzten alsobald bescheidentlich anzeigen und dabey friedlich still seyn sollen. 7. Niemand soll etwas entwenden weder Essen-Speis/ noch sonsten das geringste. 8. Eine jegliche Lüge und Betrug/ ob sie wohl nichts auf sich zu haben scheinet/ soll ohne übersehen ernstlich gestrafet werden; und jederman sich einer aufrichtigen Warheit befleißen. 9. Niemand soll in diesem Haus Taback haben/ oder anzünden: auch ohne sonderbare schriftliche Erlaubnuß des Hausmeisters keine Lampe/ Kohlen oder Lichter in seine Schlaf-Kammer oder sonsten im Haus haben. 10. Wer sich voll trincket/ oder sonsten unordentlich leben wil/ der soll in diesem Haus nicht gelidten/ sondern auf vorhergehende Bestraffung alsobald abgeschaffet werden. 1 1 . Niemand soll in diesem Haus müßig gehen/ oder von seiner Arbeit aufstehen/ noch sich auser seinem bestirnten Ort finden lassen/ ohne Erlaubnuß seiner Vorgesetzten: Und welcher Erlaubnuß erhalten/ der soll zu bestirnter Zeit sich alsobald wieder einstellen. 12. Mit ungewaschenen Händen soll keiner bey der Mahlzeit erscheinen/ oder auser dem Haus gehen/ sondern sich jederman an dem Leib und Kleidern rein und sauber halten. 13. Welches erführe/ daß etwas strafbares von einigen Hausgenossen vorgegangen wäre/ oder vorgehen wolte/ in- oder außerhalb des Hauses/ es seye Zanck/ Schläg/ ungebührlicher Schertz/ leichtfertige Reden oder Geberden/ Untreu/ Diebstahl/ Trunckenheit/ auch unerlaubtes Aufstehen/ umblauffen/ oder dergleichen und solches nicht alsobalden dem Hausmeister oder Praeceptori, oder denen täglich im Haus erscheinenden Herrn Pflegern anzeigte/ der soll eben so gestraft werden/ als derjenige/ welcher solches Übel selbst begangen hat. 14. Alles und jedes Haus-Geräth soll jederzeit an seinem Ort unverzüglich wieder gebracht/ und nichts an ungehörigen Platz gelassen werden. 15. Welcher in einem oder mehrern dieser Stück übertretten würde/ der soll das erstemal umb so viel/ als seine Bestallung eine Woche beträgt / oder mit Einschließung zu harter Arbeit bey Wasser und Brod/ bestrafet werden; Und wann er nicht nachlasset ferner solches Übel zu thun/ so sollen solche Strafen gemehret werden: darnach sich männiglich zu richten.
S a a r n . Zuchthauswesen.
6
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82
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*Vv. von Hamburg, 1. Juli 1680, Spinnhaus. (Quelle:
A. Streng, Studien S. 83.)
Die Hausordnung des Hamburgischen Spinnhauses vom 1. Juli 1680.
Vv. von Hamburg 1680, Zuchthaus. (Quelle:
Krausold S. 52 ff.)
Hamburgische Ordnung der Züchtlinge, wie sie sich bey dem Gebeth, Tisch, Arbeit und sonsten verhalten sollen. Welche daselbst Anno 1680 in öffentlichen Druck gegeben. 1. Die Züchtlinge/ so in diesem Hause sind oder künfftig herein gebracht werden/ sollen sich von dem Praeceptore täglich examiniren und verhören lassen/ was sie von Gott und seinen Worten von Christo ihrem Heylande von Himmel und ewigen Leben wissen und verstehen/ auff daß wenn sie in ihren Christenthum nicht gegründet/ können unterrichtet werden/ biß sie auch etwas gutes gefasset und gelernet haben. Hiervon meldet die Vorrede unsers Catechismi unter der ÜberschriSt, wie so wohl Arme als Züchtlinge in der Gottesfurcht geübet und unterrichtet werden/ ein mehreres. 2. Des Donnerstags wenn die öffentliche Predigt gehalten wird/ auch des Sonn- Fest- und Werckel-Tages/ wenn der Praeceptor die Betstunde hält, soll niemand in dem Cojen bleiben/ sondern es soll ein jeder in die Kirche an seinen ihm verordneten Orte gehen/ andächtig mit beten/ singen/ und die Predigt anhören; Wer außen bleibet/ oder da ist/ und Muthwillen treibt/ soll als ein Flucher und Gotteslästerer gestrafft werden. 3. E s sollen alle in diesem Hause/ so über 15. Jahr oder sonst zu einem verständigen Alter kommen/ uffs wenigste zweymahl des Jahrs das Abendmahl des HErrn empfangen/ sie sollen aber zuvor/ ehe solches geschieht/ in allen Stücken fleißig unterrichtet seyn. 4. E s sollen die Züchtlinge täglich bey ihrer Arbeit Christliche Psalmen singen/ und sonderlich die sich schicken/ auf die Zeit des Jahres/ darin man ist. 5. Alle Werckel-Tage / wenn die Glocke des Morgens frühe zum erstenmahl geleutet wird/ sollen Züchtlinge und Arme aufstehen und ihre Betten machen/ so bald die Glocke zum andere mahl geläutet wird, zur Betstunde gehen/ andächtig mit singen/ beten und zuhören/ und nach geendigter Betstunde sich zu der gewöhnlichen Arbeit verfügen. 6. Wenn des Mittags und Abends gespeiset wird/ sollen sie stehend/ fein züchtig und langsam/ mit heller Stimme und gefaltenen Händen mit Andacht das Benedicte, und nach den Essen das Gratias, wie es im Catechismo Lutheri fürgeschrieben/ beten/ auch wohl nach der Mahlzeit das Gratias singen. 7. Wenn feine ehrliche Leute/ es seyn Bürger/ Einwohner/ Einheimische oder Frembde/ Manns- oder Frauenspersohnen vor das Raspel-Haus kommen/ soll ein jeder auf seiner Stelle stehen bleiben/ fleißig arbeiten/ und nach Gelegenheit einen Christlichen Lobgesang singen.
— 83 — 8. Wenn sich jemand wider das erste und andere Geboth Gottes vergreifft/ den Nahmen Gottes lästert/ und mißbraucht/ mit Fluchen/ Schweren/ Lügen/ Trügen/ oder wie es einen Nahmen haben mag/ der soll nach Gelegenheit der Verbrechung entweder E. E. Rath/ wo die Sache peinlich/ oder so sie civil, nach Gelegenheit von dem Hrn. Patronen und Provisoren allein gestrafiet werden. 9. Diejenigen so sich Hadern/ Zancken/ Schlagen/ Fluchen und Schweren/ sollen dieselbe/ so solches hören und sehen/ den Oeconomo oder Schul-Meister anmelden/ würden sie aber solches verschweigen/ sollen sie mit den Verbrecher in gleiche Straffe verfallen seyn. 10. Es soll ein ieder in seinem Stande sich gehorsamlich und geduldig erzeigen/ die Arbeit/ die ihnen vorgegeben wird/ willig verrichten; Würde aber einer solches nicht thun/ und sich widerlegen/ soll ihm nach der Lehre Pauli das Essen entzogen werden/ würde er zum andern mahl wieder kommen/ und sich ungehorsam und unfleißig erzeigen / soll er mit Hunger und Schlägen / zum dritten mahl nach Erkäntnis der Herrn Patronen und Provisoren mit dem Pranger/ und zum vierdten mahl mit dem Höltzern Pferde gestraffet werden. 11. Es soll ein ieder der gesund und starck ist/ täglich raspeln 45. Pfund klar geraspelt Holtz/ thut die Woche über 170. Pfundt. 12. Wenn einer oder mehr sich unterstünden einige ungebührliche Mittel vor die Hand zu nehmen/ als gewaltsame Thaten üben/ weglauffen oder ausbrechen wollen/ sollen nicht allein dieselbigen/ sondern auch alle diejenigen so Wissenschafft darum gehabt/ solches verschwiegen und nicht angemeldet/ nach Erkäntnis der Herrn Patronen und Provisoren ernstlich gestraffet werden. Auch wenn die Eltern und Freunde sie wiederum herausnehmen wollen/ sollen ihnen alsdann solcher Verbrechung halber ihre Jahr und Zeit verlängert und aufgeschoben werden/ oder in Geld dafür zu erlegen schuldig seyn. 13. Alle heilige und Sonnabende/ sollen die Züchtlinge/ wenn ihre Arbeit verfertiget/ abgewogen und abgemessen/ Feuerabend haben/ und ihr Werck-hauß und Cojen sauber fegen und kehren. 14. Es soll sich niemand unterstehen Huren-Lieder zu singen/ und garstige Reden zu führen/ wodurch die Jugend geärgert wird/ sondern sie sollen dafür einen Christlichen Lob-Gesang singen. Darüber freywillig übernommen worden. Die Inspection und Obacht aber vorstehender Ordnung und Versorgung dieses Hauses ist ausgetragen/ vier deputierten aus dem Rath/ und vier Personen aus der Bürgerschafft. Und so sey auch dieses 39. Capitel beschlossen.
* Vv. von Celle 1732. ( Q u e l l e : Vollzugsmuseum der Strafanstalt Celle. 8 Seiten starkes Büchlein. Datumsangabe fehlt; jedoch entspricht der Inhalt im wesentlichen den entsprechenden Stellen der Zuchthausordnung vom gleichen Jahre.) „Extract auß der publiclrten Zuchthaus-Ordnung, Begreifend diejenige Puncte, welche insonderheit von denen Züchtungen zu beobachten."
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Vv. von Ludwigsburg 1736. (Quelle:
Archiv. 9. Das Concept wurde genehmigt, vgl. Bertsch S. 202. E s ist eine schwer zu entziffernde Handschrift.)
Concept allgemein. Haußordnung für die in dem . . . Zucht- u. Arbeitshauß allhier stehenden Persohnen. 1. Sollen ohne Unterschied, alle im H a u ß arbeitende Zucht- u. Sträfflinge,. v o m i m o April biß ad l m u m Nov. des morgens frühe, aufl gegebenes Zeichen der Gloke, um 4. Uhr auffstehen, so sie gebettet, sich anziehen, säubern, u. waschen, auch vor dem außgehen aus der Schlaffcammer ihr B e t t zurecht machen; 1. Jedesmahl eine % Stunde nach dem auffstehen, sollen sämtl. Persohnen, nach gegebenem Glocken Zeichen, von dem Zuchtmeister zu dem morgen Gebett geführet, und dieses in beyseyn des Hauß- u. Schulmeisters, nach vorgeschriebener A r t h verrichtet werden, 2. Sollen sämbtl. Persohnen, praecisse um 5. Uhr . . . (unleserlich) vor seine Arbeit geführt werden, B e y welcher sie, den T a g hindurch, an ihrer Stelle ordentl. verbleiben und ohne Erlaubniß des Haußmeisters, keiner aus den Zimmern, weniger aus dem Hauß gehen; D a auch jemandem erlaubt oder beordert würde, solle er an keinen anderen orth gehen, als wohin ihm erlaubt oder befohlen worden, auch um die gesezteZeit sich wiederum im Hauß einfinden. 3. Soll um 11. Uhr von dem Pfarrer die Cathegisation und Bettstunde g e halten, zu solcher aber, ohne Unterschied, alle Arme-arbeitende Zucht- u. S t r ä f linge geführt werden; Nach vollendeter Bettstunde gehet man zum Essen, und soll um halb ein Uhr, ein jeglicher sich wiederum an seiner bestimmten Stell, zur Arbeit einfinden. 4. Die Arbeit soll wiederum biß abends um 6. Uhr ohnablässig continuiren, um 6. Uhr die Leute wieder zum Essen geführet und nach demselben nochmahlsan die Arbeit gebracht werden biß halb 9 Uhr; U m b halb 9. Uhr soll das abend Gebett im beyseyn obbenannter Persohnen gehalten u. nach selbigem um 9 Uhr praecise in ihre Zimmer zum Schlaffengehen gebracht und der Verordnung gemäß beschlossen werden. 5. Wehrendem Essen sollen die Speisenden still, eingezogen und ordenth. sich verhalten, und auff das, was ihnen aus einem geistreichen Buch wird vorgelesen werden, fleißig achtung geben. 6. N a c h geendigtem Essen soll alles gebrauchte Geschirr u. Geräth, von dem Zuchtmeister u. der Haußmagd ordenthlich zusammen genommen, zur Säuberung in die K ü c h e gebracht und der Haußmeisterin zur Verwahrung übergeben werden. 7. A n Sonn- u. Feyertäg. Stehet man um halb 6. Uhr auff, ziehet sich an und bereitet sich zum morgen Gebett um 6. Uhr, so in obiger Ordnung gehalten wird; Um 7. Uhr ist der Früh-Gottesdienst, nach Vollendung desselben, sind p r i v a t Übung im Christenthumb; U m b halb 11. Uhr gehet man zum Essen, nach dem Essen wird denen L e u t e n frey gegeben biß 1. Uhr. Um 1. Uhr ist Kinderlehr oder Wiederhohlungsstundt. Nach derselben . . > Pfarrer . . . privat Übung.
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Umb 5. Uhr wird Vesperlection gehalten. Um 6. Uhr ist Essens Zeit, und werden die Leute in voriger Ordnung dazu gebracht. Nach dem Essen aber ihnen wieder das (ins?) Hauß frey gelassen biß 7. Uhr, da sie dann zum Nacht Gebett und Schlaffengehen gebracht werden. 8. Alles bißher bemerktes, wird im Winter auff gleiche Arth an Sonn- und Feyertäg observirt, an denen übrig Wercktäg aber, und zwar vom i m o Nov. biß i m ™ April stehet man auff um 5. Uhr, und gehet des nachts schlaffen um 10. Uhr, in eben der Ordnung und auff . . . Arth u. Weise, wie ob-gemeldet worden. 9. Wann die Leute in ihre Cammern zum Schlaffen gebracht worden, sollen dieselbige, und zwar jeglicher an seinen angewiesenen Orth, sich verfügen, sich erbar und ohne ärgernuß auskleiden, seine Kleyder zusammen legen und nichts herum fahren lassen, so dann still ins Bett begeben, u. kein Gezänck noch Tumult anfangen. 10. Der Zuchtmeister soll in dem nechst dabey sich befindl. Zimmer schlaffen und so bald er eines unordenthl. Geschreyes, gezencks oder Tumulthaderes inne würde, gleich zulauffen und die Tumultirenden in Ordnung bringen. 1 1 . Gleichwie ohne Erlaubnus des Haußmeisters niemanden Frembden gestattet seyn soll, in das Hauß zu kommen und darinnen herum zu gehen; also soll auch ohne Erlaubnus des . . . Haußmeisters, kein Frembder mit denen im Hauß stehenden Arbeitern, Zucht- u. Strafflingen zu sprechen, vielweniger etwas ihnen an Geldt, Speiß, Tranck, Kleydung oder sonst was zu geben, am allerwenigsten aber, etwas von diesen im Hauß stehenden Persohnen anzunehmen und wegzutragen gestattet seyn, wann aber einer oder anderer gutthätiger . . ., Fremder oder Anverwandter etwas zu geben willens ist, soll er solches entweder in den Opferstock legen, oder dem Haußmeister zustellen. Deßhalben dann auch kein Arbeitender, Züchtling, und Sträfling von denen das Hauß besehenden Frembden etwas zu begehren sich undfangen soll, wohl aber diesen etwas frey-willig in Opferstock einzulegen ansprechen darff. 12. In einer jedweden Stube wo gearbeitet wird, soll von dem . . . u. . . . (Pfarrer?) einer der ältesten und . . . lichsten Persohnen zum Auffseher bestimmt werden, welcher so dann auff der übrigen thun und lassen genau acht geben, die vorhabende Ungebühr gleich untersagen, die Fehlenden mit guten Worten erinnern, da es aber nichts verfänge, es dem Haußmeister anzeigen, dieser aber, nach Anweisung seines Staats das weitere deshalb vornehmen soll. 13. Die vorgelegte Arbeit soll ein jegl. mit allem Fleiß verrichten, sich darinnen nicht saumseelig oder untreu finden lassen, wiedrigenfallß aber gewärttig, daß ihm, nebst empfindl. Straff, die Arbeit verdoppelt werde. 14. Die Schulen sollen von dem Pfarrer also regulirt werden, u. in Classen eingetheilet werden, damit die Kinder nicht allzusehr, noch allezumahl von der Arbeit destrahiret, sondern ein jeglicher etwas des Tages, nach seiner Claß, mehrers nicht als eine Stunde auffgehalten werde; Nachdem auch öffters alte Leute herein kommen, welche weder Lesen noch Schreiben können, noch gar dem geringsten Begriff von Christenthumb haben; dieserley Leute dann, sollen ebenmäßig zusammen genommen, und eine halbe oder %tel Stund lang, ihrer Fähigkeit nach, im Lesen und Schreiben und in dem Christenthumb unterrichtet werden. 15. Gleichwie nun alle Willige und Gehorsame gerühmt und Belohnet, und selbigen aller guter Wille Bezeiget werden soll; also sollen hingegen die Halßstarrigen- und Ungehorsamen, welcher dieser Ordtnung zu wider handien, sich ihrer vorgesetzten Obrigkeit und Meistern widersetzen, wider dieselbigen murren.
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mit Fluchen, Schwören, Zancken, unzulässigen Reden, oder auS andere Weiße übel verhalten, der Übertrettüng gemäß, mit empfindl. Strafl jedesmahl . . . werden. 16. Soll diese Ordnung samtl. im Hauß stehenden Persohnen, des Sonntags abends vor dem Nacht-Essen alle Wochen vorgelesen und in dem Hauß zu jedermanns gebührender Nachacht angeschlagen werden. Gegeben zu Lburg
Deputatione den 28ten Augt. 1736
* Vv. von Mainz, 9. Mal 1743. ( Q u e l l e : Archiv. 3. Vorhanden als Teil der Zuchthausordnung und als besonderes Plakat. Sie haben fast den gleichen Wortlaut wie die Vv. von Mannheim 1749. Jedoch fehlt in § 2 die Bestimmung für die Evangelischen, in § 3 „Schließung in Fesseln"; nach § 4 kann die Anzeige auch beim Verwalter angebracht werden; kleine Abweichungen in der Sonntagsnachmittagslehre.) „Verordnung nach welcher die Ziichtling sich zu achten haben."
Vv. von Mannheim 1749. (Quelle:
Archiv. 6 a .
Genehmigt unterm 14. März 1749; vielleicht mit unbedeutenden Änderungen.)
Project-Verordnung, Nach welcher die Züchtlinge sich zu achten haben. 1. Alle Züchtlinge sollen Winter-Zeit um 5 und im Sommer um halber 5. auffstehen, des Abends um halber 10 im Sommer und 9. Uhr im Winter zu Beth gehen, Morgends und Abends um 6. Uhr sich in der Capell ordentlich einfinden, und- ihr Gebett andächtig verrichten. 2. An Sonn- und Feyertägen soll Morgends um 8. Uhr der Gottesdienst, nemlich für die Catholiken die heilige Meß, und darauff eine Exhortation, Nachmittags aber um 1 Uhr die christliche Lehr gehalten, darauff die sieben BußPsalmen mit sieben Vatter Unser und Englischen Gruß gebettet werden, auch sollen sie alle Monath, oder so offt der ihnen zugeordnete Priester für gut finden, und es ihnen auferlegen wird, reumüthig beichten, und mit Andacht communiciren; für die Reformirte und Lutherischen aber eine solche Verfügung und Einrichtung geschehen soll, damit auch dieserseiths an der Andacht nichts verabsäumet werde. 3. Auf Wercktäg sollen sie die ihnen anbefohlene Arbeith fleißig verrichten, und mit Eyfer fortsetzen, sich eins stillen, frommen und verträglichen Wandels befleißen, alles Fluchens, Zanckes, Scheltens, Spielens, Tabackrauchens, und Brandenwein-Trinkens sich enthalten, gegen die ihnen vorgesetzte Zucht-Haus Bediente allen Gehorsam beweisen, alles bey Vermeydung schwerer Straff als nach Bewandtnuß der Umständen, Schläg, Hunger, Schließung in Fesseln und sonstiger harter Züchtigung. 4. Kein Züchtling soll Geld bey sich haben, mit Fremden, so das Haus besehen, ohne Erlaubnuß reden, oder Brief-Schreiben, viel weniger jemanden um Allmosen ansprechen, sollte ihnen aber an Speiß und Tranck, und sonstiger Nothdurfft, so ihnen vermacht ist, gegen Verhoffen nicht gereichet werden, so hätte derselbe solches allenfalls der Commission anzuzeigen.
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5. Zu Mittag um n Uhr und Abends um 7 Uhr sollen die Mannsleuth, wie auch die Weibs-Persohnen in ihren besonderen Zimmeren zu Tisch gehen, im wehrenden Essen nichts reden, sondern da dasjenige, was ihnen aus dem geistlichen Buch vorgelesen wird, mercken, und einen Nutzen daraus ziehen, derjenige aber, welcher einen Ausbruch nur tentirt, sich mit anderen deshalben verabredet, oder auch nur Sinnes ist sich an einem deren Haus-Bedienten zu vergreifien, soll keine Hoffnung haben, sobald aus dem Zucht-Hause zu kommen, sondern vielmehr dessen Straff geschärffet und verlängeret werden, und denenjenigen, so dergleichen von anderen anbringen, oder verhinderen, soll ihre Straff Zeit verkürzet werden. 6. Gleichwie endlich alle Gehorsame belohnet, und ihnen guter Wille bezeigt werden soll, als werden hingegen die Hals-Stärrige und Ungehorsame, welche dieser Ordnung zuwider handien, oder sich sonst ungebührlich aufführen, sich ihrer vorgesetzten Obrigkeit und Meisteren widersetzen, murren, mit fluchen, zanken, reden und auff andere Weiß sich übel verhalten, der Übertreibung gemäß anfänglich mit scharffem Verweiß, darnach mit Fasten, öffentlichen Bußwerken, Streichen und Schlägen, härteren Arbeithen, Schließung in Fesseln, Kercker und dergleichen gestrafft werden, und sollen diese Ordnung denen Züchtlingen wöchentlich einmahl vorgelesen, auch im Hauß zu jedermanns gebührender Achtung öffentlich angeschlagen werden. Mannheim, den. ö.ten Martii 1749 Ita Salvo Öchsel
Vv. von Mannheim 1769. (Quelle:
Archiv. 6 b.)
Verordnung wornach die Zlichtlinge sich zu achten haben: Die
Zeit
zum
a u f s t e h e n , und s c h 1a f f e n g e h e n , Züchtlingen.
der
1. Sämbtliche so wohl Manns- als Weibs-Züchtlinge, wessen Stands und Conditions dieselbe auch seynd, sollen ohnausgesetzter, frühe um vier Uhr, auf denen Arbeits-Tägen aufstehen, und des abends um neun Uhr schlaffen gehen, anbey frühe, nachdeme dieselbe sich gewaschen, ihr Morgen-Gebett, abends ihr Nacht-Gebett in der Stille andächtig verrichten, von einem Züchtling aber einer deren 7. Buß-Psalmen, zuletzt laut vorgelesen werden. Tägliche Anhörung der Heil. Meß der Catholischen. und Lutherischen täglich haltende Bettstund.
Dann der Heformirten
2. Wird dermahlen Sommers-Zeit vor 5. Uhr, und im Winter um 6. Uhr, alltäglich die Heil. Meß gelesen, welcher die Catholische, nach gegebenem GlockenZeichen, mit gebührender Andacht beywohnen. Die Reformirte und Lutherische aber während diesem Gottesdienst in ihren angewiesenen Arbeits-Zimmeren, im Betten, und begreiflicher Vorlesung eines geistlichen Buchs, die Zeit fromm zubringen. Dann diese Andacht jedesmahlen, mit dem, in dem Zuchthauß befindlichen Danck-Gebät vor gnädigste Herrschaft so wohl, als sonstige Gutthäter, andächtig beschliesen.
— Sonn-
und
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Feyertägige
Gottesdienste.
3. Alle Sonn- und Feyertäg solle Morgens um neun Uhr der Gottesdienst, nemlich, für die Catholische die Heil. Meß, darauf eine Predig, Nachmittags aber um 2. Uhr, die Christliche Lehr gehalten, und demnächst der Rosen-Kra(n)tz und Litanie, bey Aussetzung des Hochwürdigsten Guths, auch vor und nach gegebenen Heil. Seegen gebetten und demnächst, die Andacht mit dem gewöhnlichen Danckgebett, beschlossen werden. Und damit die Protestantische Züchtlinge keinesweegs in ihrem Religions Exercitio, und Andacht verhindert oder verstöhrt werden, so sollen dieselbe solche Zeit über, ihre Andacht, wie am 2ten Nro ausführlich gedacht worden, ohnausgesetzt verrichten, worauf genaue Acht genommen werden solle. Und weilen Beicht
und C o m m u n i o n vor mahl-Verreichung
Catholische. Und der Protestanten.
Abend-
4. die Züchtlinge wegen ihren begangenen Missethaten und Lasteren, von Churfürstlicher hoher Landes-Regierung, zur Straf und Bußthuung gnädigst condemniret worden, so sollen die Catholische alle Monat, oder so oft der ihnen zugeordnete Priester es vor gut befindet, und ihnen auferlegen wird, reumüthig beichten, und mit Andacht communiciren; für die Reformirte und Lutherische aber, solche Verfügung und Einrichtung geschehen, damit auch dieser Seits, in dem Geistlichen, nichts verabsäumet und auf Anmelden der einschlägigen ReligionsPfarrern, das Abendmahl gereichet werde; und damit Die
eyferig
und
fleißige Verrichtung, Arbeit.
der
täglichen
5. die Züchtlinge ihre geniesende Nahrung und Unterhalt, so viel möglich, mit ihrer Handarbeit auf einige Weiß verdienen mögen, so sollen dieselbe auf denen Arbeitstagen, die ihnen anbefohlene Arbeit mit allem Fleiß, Sorgfalt, mit Schonung des Geschirrs und Materialis, verrichten, und mit solchem Eyfer fortsetzen, damit sie wegen bezeigter Trägheit sich nicht vielmehr der ohnausbleiblichen augenblicklichen Straf schuldig machen. Übrigens sich eines stillen, frommen und verträglichen Wandels befleißen, alles Schwätzens, Fluchens, Zanckens, Scheltens, Spielen, Tabac-Rauchens, Vertausch oder Verhandlung ihrer Kleyder, unter sich, oder sonsten, gänzlichen sich enthalten; gegen die ihnen Vorgesetzte allen blinden Gehorsam beweisen, alles bey Vermeydung schwerer Straf, als, nach Bewandnuß der Umständen, des grosen Willkomms, Hungers, schärfferer Schliesung in Fässelen, Block tragen, Einsperrung in die unterste Bloch-Gefängnüssen, und sonsten scharffer Züchtigung. Z ü c h t l i n g e sollen kein Geld haben, noch mit jemand reden, oder einiges Allmosen begehren. 6. Kein Züchtling, wer der auch sey, solle keinen Heller Geld bey sich behalten, sondern bey dem Eintritt in das Zuchthauß solches getreulich, an den zeitlichen Verwaltern zur Verwahrung, bis zu dessen seiner Zeit erfolgenden Austritt, samt demjenigen, so ihme währender Straf-Zeit von Gutthäteren geschickt, oder sonsten zugebracht würde, abgeben, denen Frembden, so das Hauß besehen, auf deren Anred nicht die mindeste Antwort ertheilen, mit niedergeschlagenen Augen, fordersamst die Erlaubnus hierzu deren Oberen abwarten. Niemand um Allmosen außer- oder in dem Hauß anreden, deswegen auch oder sonstigen Ursachen keine Brief schreiben, oder durch die Kinder Bottschaften
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ausrichten lassen, sondern sich still, fromm, ruhig betragen, und zwarn dieses bey Straf, des grosen Willkomms. M a n n s - Z ü c h 11 i n g e s o l l e n m i t W e i b s - S t r ä f 1 i n g e und diese mit jenen kein Wort sprechen. 7. Wird ferner ausdrücklich verbotten, daß kein Manns-Züchtling mit einer Weibs-Sträfling, oder ein Weibs-Sträfling mit einem Manns-Züchtling, ob gleich beede Geschlechter jederzeit von einander abgesondert seynd, bey allenfalls gemeinschaftliche geschehender Arbeit, oder sonstiger Gelegenheit das mindeste Gespräch führen, oder sonsten nur mit denen Augen Zeichen geben, worauf sämtliche Zuchtknecht ein ohnausgesetztes genaues Augenmerck stetshin halten werden: solte nun einer oder die andere solcher gestalten betretten werden, so solle der oder die schuldig befundene ohne alle Nachsicht mit der Straf des grosen Willkomms beleget werden. S t r a f der D e s e r t i o n . 8. Derjenige Manns- oder Weibs-Sträfling, welcher einen Ausbruch nur waget, sich mit anderen desfalls verabredet, oder solche Flucht zu ergreifen verspühren lasset, dann welcher sich an einem deren Haußbedienten zu vergreifen, einen Gedancken hätte, solle in Gegenwart samtlicher sowohl Manns- als Weibs-Züchtlingen, nicht nur mit dem grosen Willkomm zum Abscheuen anderer öffentlich im untern Gang, drey mahl in einer Woche, bestrafet werden, sondern zu seiner besonderen Straf, so bald aus dem Zuchthauß zu kommen, keine Hofnung haben, und vielmehr dessen Straf geschärffet und verlängert, fort alle Pein auf ihn geleget werden. Herentgegen denenjenigen, so von dergleichen einige Wissenschaft haben, oder nur verspühren, und solches mit Grund so gleich anzeigen, oder verhinderen, soll nicht nur deren Nahmen verschwiegen bleiben, sonderen ihre Straf gelindert, und verkürtzet seyn. Züchtlinge,
wie
solche sich M i t t a g s , und A b e n d s bem E s s e n zu v e r h a l t e n . 9. Zu Mittag um 1 1 . Uhr, Abends im Sommer um 8. Uhr, Winterszeit um 7. Uhr, sollen die Manns-Sträflingen, wie auch die Weibs-Züchtlinge, in ihre besonders angewiesene Zimmer zu Tisch gehen, vor und nach dem Essen, das Tisch-Gebett mit Andacht und zusammen gefalteten Händen, insgesamt laut verrichten, unter währendem Essen nichts reden, sondern dasjenige, was ihnen aus dem geistlichen Buch, jedesmahlen, durch einen hierzu tüchtigen Züchtling, vorgelesen wird, wohl mercken, und einen Nutzen daraus ziehen; Solte ihnen aber an Speiß und Tranck, und sonstiger Nothdurft, dasjenige, so ihnen vermacht ist, gegen Verhoffen nicht verreichet werden, so hätte derselbe ohne Scheue solches, allenfals der gnädigst angeordneten Commission, anzuzeigen, solte nun W i e s i c h d i e k r a n c k e Z ü c h t l i n g e zu v e r h a l t e n . 10. ein Züchtling einen Defect an dem äußerlichen Leib bekommen, daß solcher, seine angewiesene Arbeit zu verrichten, außer Stand seye, oder mit einer schweren Kranckheit überfallen werden, so solle derselbe solches dem zeitlichen Verwaltern in Zeiten anzeigen, damit Er, nach Befund, in das Krancke-Zimmer gebracht, mit geist- und leiblichen Artzeneyen bey Zeiten versehen, und die vor einen Krancken nöthige Speisen nach weißlicher Anordnung des Herrn Physici, oder Herrn Chyrurgi, nach Umständen seiner Kranckheit, oder Gebrechen, verreichet werden, und weilen nun
— 90 — Die
nöthige
Sauberkeit
der
Züchtlingen.
11. die Säuberung in einem solchen Hauß, die höchste N o t w e n d i g k e i t seyn will, so wird solche auf das schärffeste eingebunden, damit durch einen solchen fahrlässigen Züchtling, nicht nur er selbsten, sonderen mehrere angestecket werden, dahero hätte derjenige, welcher an einem solchen nachlässigen Menschen eine auch nur die geringste Unsauberkeit verspühret, solches bey Zeiten, dem Verwalteren anzuzeigen, wo dann solcher unsaubere Mensch nach gründlich vorgenommener Visitation, wegen seiner Nachlässigkeit, mit dem grosen Willkomm, und Einsperrung in eines der untern Bloch-Gefängnus, bey Wasser und Brod, ohnausbleiblich gestraft werden solle, und damit sich niemand, auf ein- oder die andere Weiß, wegen unterlassener Säuberung entschuldigen könne, so wird sämtlichen Züchtlingen, die ohnausgesetzte Säuberung, bey Straf des grosen Wilkomms, auf Sonn- und Feyer-Tägen nach dem Nachmittags Gottesdienst ernstgemessen anbefohlen. Die
B e l o h n u n g der G e h o r s a m e n , und B e s t r a f u n g Widerspenstigen Züchtlingen.
der
12. Gleichwie endlichen alle Gehorsame belohnet, und ihnen guter Wille bezeiget werden solle, als werden hingegen die Halsstarrige, und Ungehorsame, welche dieser Verordnung zu wider handien, oder sich sonsten ungebührlich aufführen, oder auf andere Weiß sich übel verhalten, der Übertrettung gemas, mit der bey jedem obigen Posten, an dictirten Straf, ohne alle Gnad und Barmhertzigkeit beleget werden; Und damit niemand einer Unwissenheit sich entschuldigen könne, so solle diese Ordnung denen Manns- so wohl, als Weibs-Züchtlingen, nicht allein zu ihrer Nachachtung gedruckter zugestellet, sondern auch in denen Zimmer und Block-Häußern affigiret fort alle Sonntag frühe nach dem gehaltenen Gottesdienst vorgelesen werden, so mit, wie solches geschehen, jedesmahlen der gnädigst angeordneten Commission gleich nach der beschehenen Vorlesung, die schuldigste Anzeige durch den zeitlichen Verwalter gethan werden. Mannheim den Iten Januarii 1769. Von Lands-Fundi Commissions wegen. I. L. Babo.
* Vv. von München 1780. (Quelle:
Doering S. 53.)
.Verhaltungs- und Strafordnung für Züchtllnge in churfürstl. Zucht- und Arbeits' haus in München."
* Vv. von Bruchsal, 1. März 1782. (Quelle:
Archiv. 6 b .
Plakat. Wörtlich wie V v . von Bruchsal 1785, jedoch mit folgendem Vorspruch: „Nachdeme es bishero die Erfahrung gezeiget, wasmasen die Züchtlinge anstatt, daß sie ihre in der Freiheit begangene Fehler und Missethaten erkennen, bereuen und sich ein besseres Leben angewöhnen sollten, vielmehr während ihrer Bußzeit noch neue . . . Verbrechen begehen . . .; die zeitherigen Bestrafungen aber zum abschreckenden Beispiel noch nicht gereichen wollen:" werden die folgenden Strafen bestimmt und geschärft. Unterschrift: ,, Hochfürstlich-Speierische zur Oberverwaltungs-Kommission gnädigst verordnete weltliche Räthe und Assessoren.")
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* Vv. von Bruchsal 1785. (Quelle:
Zuchthausstatut, 9. Absatz. Abgedruckt in Bl. f. Gkd, 3. Bd., 1868, S. 40 ff.)
Vv. von Halle 1792. ( Q u e l l e : Wagnitz I S. io6ff. und II, i S. 109.)
*Vv. von Detmold, 1. November 1801. ( Q u e l l e : Wagnitz, Ideen und Plane, 3. Samml. S. 1 1 9 ff.) .Verhaltungsregeln der Corrigenden im Strafwerkhause zu Detmold."
* Vv. von München 1. Januar 1802 und 1. Juli 1803. ( Q u e l l e : Wagnitz, Ideen und Plane, 3. Samml. S. 125 ff.) „Verhalts- und Strafordnung für die Züchtlinge im Churfürstl. Zucht- und Arbeitshause zu München" und „Tags- und Spinnordnung f ü r sämmtliche Züchtlinge des Churfürstl. Zuchthauses zu München".
Vv. von München 1805. (Quelle:
Zuchthausordnung, vorhanden in Archiv, i. Bl. 157 ff., 193 ff.)
„Instruction für die Sträflinge" (im Münchener Strafarbeitshaus • Zuchthaus, zwischen 1805 und 1810 erlassen). (1. Abs. vgl. Text S. 52.) Sie haben sich daher genau, und pünktlich nach der ihnen in dieser Hinsicht im Straforte vorgeschriebenen Handlungsweise zu achten, und wohl zuzusehen, daß sie ja nicht durch irgend eine Verletzung der ihnen genau vorgezeichneten Hausordnung noch größere, und in solchen Fällen immer unvermeidliche Leiden als nothwendige Folgen ihrer Wiederspenstigkeit sich zuziehen. Die Sträflinge haben nicht allein dem Commissär, sondern auch allen übrigen im Straforte angestellten Dienstespersonen, als dem Rechnungsführer, dem Hausmeister, den Werkmeistern, den Gerichtsdienern, dem Hausgeistlichen, dem Arzte, und Chirurgen mit ausgezeichneter Achtung zu begegnen, und ihnen in allen ihren Anweisungen ohne Wiederrede die pünktlichste Folge zu leisten. Glauben sie, daß sie auf irgend eine Art von einem oder dem andern Offizianten nicht so ganz rechtlich behandelt werden, so können sie darüber mit der größten Bescheidenheit mit ihrer Beschwerde an den Commissär sich wenden; dann aber haben sie ganz ruhig dessen Anordnungen und Beschlüsse hierüber zu erwarten, und selbe auf das pünktlichste zu befolgen.
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Die Sträflinge haben sich immer ruhig, und eingezogen in den ihnen zur Arbeit, und zur Wohnung angewiesenen Zimmern zu betragen, und keines derselben dürfen sie ungestraft verlassen. So wie sie in die Zimmer eingetheilt sind, können sie zwar unter sich sprechen, ihre Gespräche müssen aber von ganz gleichgiltiger Art seyn, und keiner darf den andern mit Erzählungen von seinen verübten Verbrechen unterhalten, oder sonst anstößige, und die gute Ordnung und Moralität stöhrende Discursen führen. Ein Sträfling muß den andern in seiner Arbeit wechselweise unterstützen, einer den andern sowohl hiezu, als auch zur pünktlichsten Befolgung der vorgeschriebenen Hausordnung liebevoll, und bescheiden mahnen, und aufmuntern. Kein Sträfling darf dem andern ein Kleidungsstück oder irgend Etwas von seiner Kost oder Arbeit ableihen, oder vertauschen. Jeder Sträfling h a t sich mit dem andern äußerst friedfertig zu betragen. Wer den andern durch Worte oder Thaten beleidigt, oder beschimpft, wer den andern Etwas entwendet oder vorenthält, muß ohne Nachsicht auf das Strengste bestraft werden. Jeder Sträfling h a t seine Arbeitsgeräthschaften, seine Wäsche, Kleidung, Betten, und das ihm zur Arbeit zugetheilte Material auf das sorgfältigste zu verwahren, zu beobachten, und in dem besten Zustande zu erhalten. Wer hieran Etwas entweder aus Bosheit, oder aus grober Fahrlässigkeit verdirbt, muß den dadurch zugefügten Schaden ersetzen, und unterliegt überdieß noch den darauf gesetzten geeigneten Strafen. Die Sträflinge müssen ihre Zimmer, ihre Körper, und alle ihnen zu ihrem Gebrauche zugetheilten Effekten, und Geräthschaften im höchst möglich reinlichen Zustande stets zu erhalten suchen. Ein Vergehen gegen die Reinlichkeit wird unnachsichtsvoll bestraft. Das Complottiren zur wiederrechtlichen Erlangung der Freiheit, zu geflissentlichen Verletzungen der Hausordnung, und alle Versuche zur Stöhrung der Sicherheit im Straforte werden auf das Strengste bestraft. Auch der Gebrauch zweydeutiger, und gefährlicher Instrumente, und selbst des Geldes, und anderer als der zugetheilten Kleidungsstücke sind verbothen, und müssen hier geahndet werden. Mit ununterbrochenem Fleiße und mit der größten Anstrengung und Aufmerksamkeit müssen die Sträflinge alle ihnen zugetheilten Arbeiten ganz den Erwartungen ihrer Vorgesetzten so entsprechend verrichten, daß auch bey der genauesten Prüfung derselben sie sich also keinerlei Rüge zuziehen können. Bey dem Gottesdienste, in der Schule, bey der Arbeit, bey Verabreichung der Kost, und des Trunkes, und bey allen Handlungen, welche zu verrichten die Sträflinge angewiesen werden, haben sie die größte Eingezogenheit, Ruhe, und Ordnung zu beobachten. So wie sie im Sommer Morgens um fünf Uhr, und im Winter um sechs Uhr aufgestanden sind, haben sie sich ungesäumt anzukleiden, ihre Schlafstätte in Ordnung zu bringen, sich an dem dazu bestimmten Orte zu waschen, ihr Morgengebeth gemeinschaftlich zu bethen, und dann ungesäumt zu der ihnen bestimmten Arbeit sich zu verfügen. Mit dieser beschäftigen sie sich nun, bis die Glocke zum Mittagsessen ruft. Nach der ihnen zugetheilten Speise verrichten sie ihr Tischgebeth, dann verzehren sie ihre Kost, reinigen ihre Speisegeschirre, verwahren solche wiederum an dem angewiesenen Orte, verrichten ihr Dankgebeth nach dem Essen, und begeben sich wiederum an ihre Arbeit. Mit dieser beschäftigen sie sich, bis die Glocke zur Abendssuppe ruft. Haben sie auch diese erhalten, so verzehren sie solche auf die nämliche Art, wie die Mittagskost, und setzen dann ihre Beschäftigungen bis 8 Uhr Abends fort. Nun enden sich diese.
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die Arbeiten selbst, das Arbeits-Material, und die G e r ä t s c h a f t e n werden in Ordnung gebracht, es wird das Abendgebeth wieder laut gesprochen, man kleidet sich aus, und begiebt sich zu Bette. In jedem Zimmer besorgt der von dem Commissär dazu besonders ernannte Sträfling die genaueste Befolgung der vorgeschriebenen Ordnung. Er muntert die übrigen durch bescheidene vernünftige Anmahnungen dazu auf, und meldet diejenigen, die sich dagegen sträuben sollten, unverzüglich, er bethet des Morgens, des Abends, vor und nach Tische jedes Mahl unter dem in jedem Zimmer hangenden Kruzifix auf dem davor stehenden Bethstuhle knieend vor, und alle übrigen bethen in der Reihe herumkniend mit der größten Auferbaulichkeit nach. Ebenso ließt er ihnen alle Sonnabend ihre Instruction nach verzehrter Nachtsuppe laut vor. Kommiß, v. Weveld.
Vv. von Mannheim 1806 (Entwurf.) (Quelle:
Archiv. 6 d.)
* Vv. von Eberbach um 1815 ( ? ) . (Quelle:
Archiv. 10.)
,Verhaltungs-Regeln für die Correctionäre zu Eberbach."
Vv. von Baden 1821. ( Q u e l l e : Im Original vorhanden im Seminar für Strafvollzugskunde Freiburg i.B.) Verordnung, wie die Sträflinge in den Zucht- und Besserungs-Häusern während der Dauer ihrer Strafzeit sich in Ordnung, Reinlichkeit und Arbeitsamkeit zu verhalten haben. § I. Jeder Sträfling, welcher von Gericbtsstellen zur Buße begangener Verbrechen und seiner Besserung für die Zukunft, sowie zum abschreckenden Beispiel für andere in das Zucht- oder Besserungs-Haus vermög Urtheil eingeliefert wird, soll sich in der Anstalt, sowohl der vorgesetzten Verwaltung, als der übrigen Aufsichts-Personen mit gebührender Achtung und Gehorsam beweisen, den Befehlen und Verboten strenge nachkommen, auch mit den übrigen Sträflingen in Ruh und Eintracht leben, keinen durch ungebührliche Reden, Schimpfen, Fluchen und Vorwürfen begangener Fehler stören, ebenso keinen beim Gebet oder der Arbeit hindern, noch Anlaß zu klagen geben, sondern dieser ihm beim Eintritt in die Anstalt bekannt gemachten Hausordnung gehörig nachkommen, und dadurch Beweise seiner Besserung ablegen. § II. Die Zeit zur Aufführung auf die Arbeit, welche ausschließlich zum Besten der Anstalt gewidmet, ist des Morgens 5 Uhr, wo sich der Sträfling still und ruhig in den Arbeitssaal zu begeben und von da an bis 7 Uhr zu arbeiten, hierauf sein Morgen-Brod während einer halben Stunde Ruhe, zu verzehren, von 7 y2 Uhr an aber wieder bis 12 Uhr zu arbeiten hat, wo das Mittag-Essen während einer Stunde Ruhe gegeben; von 1 Uhr an wird die Arbeit wieder bis 6 Uhr fortgesetzt,
— 94 — hierauf die Abendsuppe während einer halben Stunde Ruhe gereicht, und dann von 6 y2 Uhr an wieder bis 8 Uhr gearbeitet, jedoch während dieser letztern Arbeitszeit die Tagarbeit ab- und solche auf den nächsten Tag ausgetheilt; nach diesem begibt sich jeder still und ruhig zur Schlafstätte. § III. Ebenso soll er sich in den Schlafbehältern aller Meckereien, heimliches Reden oder in fremden Sprachen zu sprechen, Zottenreißen u. d. gl. enthalten; bei dem Aufstehen morgens 5 Uhr hat er sich gehörig anzukleiden, zu waschen und kämmen, sein Lager in Ordnung zu bringen, und eben so des Abends sich auszukleiden, nicht von einer Lagerstätte zur andern herumzugehen, sondern an der seinigen zu verbleiben. Die Oefinung oder Beschädigung der verschlossenen Laterne so wie alle andern Beschädigungen sind, so wie das verordnungswidrige Betragen, bei harter Strafe verboten. § IV. In den Arbeitssälen hat sich jeder Sträfling (so wie in den übrigen Arbeitsbehältern) an dem ihm angewiesenen Platz still, ruhig und fleißig zu verhalten, die ihm aufgegebene Arbeit gehörig zu verrichten, das Herumgehen von einem zu dem andern und das Reden, ist durchaus untersagt, es seie dann, daß seine Arbeit das Abholen von Materialien, Wassertrinken oder einen Gang auf den Abtritt erfordert, in welchem Falle er sich jedes Mal an den stets anwesenden Werk- oder Zuchtmeister zu wenden, das Darwiderhandeln an sonsten strenge bestraft werden wird. § V. Wird ein oder der andere Sträfling mit Arbeiten im freien Hof beschäftiget, soll er sich daselbst eben so still und sittsam betragen, keine Fremde, die etwa in die Anstalt kommen, anreden, noch weniger anbetteln, am wenigstens aber von der Arbeit hinweg, um sich in die Koch- oder Waschküche oder sonsten wohin zu begeben, ohne daß ihn ein Zuchtmeister begleite, eben so dürfen keine männlichen mit weiblichen Gefangenen (und umgekehrt) reden, sondern müssen sich der Aufsicht des Zuchtmeisters ohne alle Widerrede straklich fügen, ansonsten unausbleibliche Strafe zu gewarten. § VI. Ein jeder Sträfling hat sich der ihm von den Werkmeistern auferlegten, höhem Orts bestimmten Arbeiten fleißig und gehorsam zu unterziehen, keine Materialien aus Sorglosigkeit oder gar Bosheit zu verderben, und sich nie zu Schulden kommen zu lassen, irgend etwas gegen die ihm gegebenen Befehle, oder die bestehende Ordnung im geringsten selbst zu unternehmen oder von andern unternehmen zu lassen, ohne hievon die schuldige Anzeige den Werk- oder Zuchtmeistern sogleich zu machen, im Widerhandlungsfalle er ansonsten strenge Bestrafung zu gewärtigen. § VII. So wie alles Entwenden überhaupt untersagt, und in den Strafanstalten selbsten am härtesten bestraft werden muß, darf sich kein Sträfling unterfangen, irgendetwas seinem mitgefangenen Angehörige, es bestehe worin es wolle, zu entwenden, oder gar allenfalls verdorbene Arbeits-Materialien in den Abtritt zu werfen, in welch unverhofften Fälle der deshalb schuldig Befundene die schärfste Strafe, und nach Wiederholung solchen Vergehens durch Anzeige höheren Orts Strafzusatz zu gewärtigen ist.
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§ VIII. Wer an Werkzeug, Hausgeräthe, Bett- oder Kleidungsstücken aus Muthwillen oder Bosheit etwas verdirbt, und kein eigenes Guthaben zu dessen Wiederersatz besitzet, soll durch Hunger im engen Arrest oder den Umständen nach, schärfer bestraft werden; ebenso hat sich jeder angelegen seyn lassen, seinen sowohl im Arbeits- als Schlafsaal angewiesenen Platz reinlich zu halten, damit sich kein Ungeziefer einstellen, deswegen keine Unreinlichkeit auf den Boden zu werfen, die Speikästchen reinlich zu halten, auch nach jeweiliger Anweisung der Zuchtmeister die Fenster in den Arbeits- und Schlafsälen zum Auslüften zu öffnen. § IX. Zur Zeit des Mittag-Essens oder der Nachtsuppe soll sich jeder Sträfling an den ihm hierzu angewiesenen Platz verfügen, seine Kost, welche am Werktage des Mittags in Suppe und Gemüse, am Sonntag aber in Fleischbrühsuppe, Gemüse und ein Stück Fleisch, dann alle Abend in einer Suppe und täglich i % Pfund Brod besteht, und welche zu gehöriger Zeit beigebracht und aufgestellt wird, haben dieselbe ruhig und reinlich zu verzehren, sich auch keiner zu unterstehen, von der Portion seines Mitgefangenen etwas auf irgendeine Art zu nehmen, noch andern von dem Seinigen zu geben, wie dann die übrig bleibenden Speisen, welche jeder nicht selbst verzehrt, sowohl des Mittags als Abends wieder durch den stets anwesenden Werk- und Zuchtmeister rückgesandt werden müssen. § X. An den Sonn- und Festtagen ist den Sträflingen vergön it, eine Stunde später aufzustehen, und sich eine Stunde früher zur Ruhe zu begeben, als an den Werktagen. Dem Gottesdienste haben sie mit der geziemenden Aufmerksamkeit und Andacht beizuwohnen und die übrige Zeit wird dazu benutzt, daß ein oder der andere Gefangene den übrigen aus der Bibel — auch andern lehrreichen Büchern vorliest, auch Junge und Unerfahrne im Lesen, Schreiben und Rechnen, unter gehöriger Aufsicht der Zuchtmeister, durch Kenntnisbesitzende unterrichtet werden. Jeden Morgen, Mittag und Abend soll jeder Gefangene auf das gegebene Glockenzeichen das Gebet des Herrn stehend verrichten, eben so hat abwechselnd ein Gefangener Mittags und Abends vor und nach dem Essen laut vor-, und die andern andächtig nachzubeten. § XI. Wenn sich ein Sträfling mit Wahrheit krank fühlt, hat er solches dem Aufsichtsführenden Zuchtmeister anzuzeigen, damit dieser es anmelden, und ihn sodann dem Arzte vorstellen kann, der ihn gehörig untersuchen und nach Befund in das Krankenzimmer zu verbringen, anordnen wird, wo er dessen Anordnung streng befolgen, sich eingezogen betragen, und sobald ihn der Arzt wieder zur Arbeit verweist, ohne Widerrede sich dieser nach wie vor unterziehen muß. Auch darf kein Sträfling wenn er sich krank meldet, in den Schlafbehältern allein verbleiben, sondern muß mit den übrigen in den Arbeitssaal verbracht werden, wenn nicht besondere Umstände noch vor dem Erscheinen des Arztes seine frühere Abführung in das Krankenzimmer nöthig machen. § XII. Alles Complottieren und Versuche zur Entweichung ist eben so streng, als der Besitz schneidender Instrumente, des Geldes, die Absendung oder den Empfang von Briefen untersagt; dagegen ist denjenigen, welche an ihren Eltern oder Ver-
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wandte schreiben wollen, nicht verboten sich desfalls an die Verwaltung mit ihrer Bitte zu wenden, welche dann die von ihnen abgehende, so wie die an sie kommende Briefe in Empfang nehmen, zu öffnen, nach genommener Einsicht und Gutbefinden bestellen wird. Eben so wird die Verwaltung das ihnen von ihren Verwandten etwa zukommende, oder von ihnen selbst durch Belohnung ihres Fleißes und guter Aufführung verdiente Geld in Verwahr nehmen, und bis zu ihrem Austritte nur so viel davon verabreichen, als etwa zum Bedarf des o f t für die Gesundheit unentbehrlichen Schnupftabaks nöthig ist. § XIII. Jeder Sträfling wird zu genauer Befolgung vorstehender Artikel ermahnet, und zu deren steten Erinnerung in allen Arbeits- und Schlafsälen solche angeheftet, dahero auch keine Ausreden von Entschuldigungen ihrer Übertretung gelten können, sondern jeder die ihm von der Verwaltung zuerkannte Züchtigung keinem andern, als sich selbsten, und seinem eigenen ungehorsamen Betragen zuzumessen hat. Eben so hängt es aber auch § XIV. Von dem eigenen guten Betragen, Besserung und dem Fleiße eines jeden Sträflings selbsten ab, durch Beweise der Wahrheit und Fortsetzung derselben nicht nur Unterscheidung, Vorzüge und Belohnungen vor all übrigen Sträflingen, sondern hauptsächlich durch die hierüber zu ihren Gunsten sprechenden Berichten der Verwaltung die Empfehlung der obern Staats-Behörden, bei Sr. Königlichen Hoheit dem gnädigsten Landesfürsten zur Herabsetzung ihrer Strafzeit, oder früheren Befreiung aus ihrem Straforte sich selbst zu verdienen. Genehmigt, durch hohen Ministerial-Staats-Anstalten-Commissions-Beschluß d. d. Carlsruhe am 22. Dezember 1821 Nr. 3333—36. Die Großherzoglich Badische Verwaltung.
Vdt.
[Die fast gleichlautenden Vv. von Mannheim 1821 (Quelle: Archiv. 6, „Mannheim Stadt 3640—41") weichen insofern ab, als nach § 2 von 4 Uhr bis %5 Uhr eine Pause eingelegt war und die Fleischportion in § 9 m i t % Pfund angegeben wurde.]
* Vv., aufgestellt von Zeller, 1824. (Quelle:
Zeller S. n 8 f i . )
* Vv. von Freiburg, März 1827. ( Q u e l l e : Archiv. 7. In wesentlichen Punkten wie die Rahmen-Vv. von Baden 1821.) „Verordnung wie die Sträflinge in der Zuchthaus-Ansialt zu Freiburg während der Dauer der Strafzeit sich in Ordnung, Reinlichkeit und Arbeitsamkeit zu verhalten haben."
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Vv. von Freiburg i. Br., Arbeitshaus, 1830 (?, spätestens 1837). (Quelle:
Archiv. Ii.)
Hausordnung ftir die Anstalt auf dem Brelsacher-Thor. § i . Die Anstalt bildet eine Art Zwangs-Arbeitshaus, und muß deshalb stets geschlossen bleiben. § 2. Die Aufgenommenen haben sich ordentlich, nüchtern, reinlich, sittsam, friedfertig, bescheiden und arbeitsam zu benehmen, sind dem Aufseher Achtung und Gehorsam schuldig, und haben die Anordnungen des Vorstandes der Anstalt auf's Pünktlichste zu befolgen, bei Vermeidung angemessener Strafe. § 3. Die Strafen bestehen: a) b) c) d)
in in in in
geschmälerter Kost, strengerer Arbeit, Abzügen von dem Guthaben, Einthürmung.
Für den Fall, daß die hier genannten Strafen wirkungslos bleiben sollten, wird die Commission dem Großherzoglichen Stadtamte die Anzeige machen, damit von demselben das weiter Geeignete verfügt, und nach Umständen höheren Orts der Antrag auf Verbringung in das allgemeine Arbeitshaus nach Pforzheim gestellt werde. § 4. Morgens wird zum Aufstehen durch eine Glocke das Zeichen gegeben und zwar im Sommer um 5 und im Winter um 6 Uhr. Sämmtliche haben dann ihre Lagerstätten zurecht zu machen, zu kehren, und sich sohin alsbald zu waschen, anzukleiden, und ihr Morgengebet zu verrichten. Dann wird das Frühstück vorgesetzt, welches in einer Suppe besteht. Hi-ra-f Leginn. r.^ch bcoOi.de»er Anmeldung uie Ai'ueii. uud t w u vom 1. Mai bis letzten Oktober von Morgens 6 bis Mittags 11 Uhr, und Nachmittags von 12 bis Abends 6 Uhr — und vom 1. November bis letzten April von Morgens 8 bis Mittags 11 Uhr, und Nachmittags von 12 bis Abends 5 Uhr. Das Essen wird in der Anstalt bereitet, und zwar in gleicher Quantität und Qualität auf den Kopf, wie im Heiliggeistspitale, und wo möglich um denselben Preis. Das Mittagessen wird in den anzuweisenden Sälen stets um 11 Uhr, und das Nachtessen in den Sommermonaten um 7 Uhr, und in den Wintermonaten um 6 Uhr eingenommen, das Zeichen wird ebenfalls durch eine Glocke gegeben werden. Immer eine Stunde nach dem Nachtessen haben sich Sämmtliche zur Ruhe zu begeben unter Verrichtung ihres Nachtgebets, wozu die Glocke ebenfalls ein Zeichen geben wird, und worauf alsbald in den Schlafsälen die Beleuchtung aufzuhören hat. § 5. Sowohl in den Schlaf- und Arbeitssälen, als während dem Essen und bei auswärtiger Arbeit, ist strenge Ruhe und Ordnung zu beobachten, bei Vermeidung angemessener Strafe. § 6. Niemand ist in der Regel von der Arbeit dispensirt, eine Befreiung bestimmt nach Umständen, so wie eine etwaige Abänderung von der Hausordnung, der Vorstand. § 7. Bei auswärtiger Arbeit wird für den Mann täglich 18'kr. und für die Weibsperson 12 kr. in Anrechnung gebracht; für die Arbeit auf der Anstalt richtet sich der Lohn nach dem Vollbringen. S a a r n , Zuclithauswescn.
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— 98 — § 8. Das, was die Aufgenommenen über ihre tägliche Aufgabe liefern und verdienen, wird ihnen besonders gut geschrieben und aufbewahrt. § 9. Aus dem Lohn wird Kost und Kleidung bestritten und jeder Überschuß den Betreffenden als Sparpfenning niedergelegt. § 10. Alles Auslaufen von der Anstalt und alles Erscheinen unberufener Personen daselbst ist strenge untersagt. § 1 1 . Die Mannsleute haben weder die Säle der Weibsleute, noch diese die Säle der Mannsleute unerlaubterweise zu betreten, bei Vermeidung empfindlicher Strafe. § 12. In der Zwischenzeit außer der Arbeitsstunden wird zur Erholung und Bewegung im Hofe abgesondert — bald den Manns-, bald den Weibspersonen nach Bedürfniß die Erlaubniß von dem Aufseher gegeben werden. § 13. Jeder Aufgenommene erhält ein Büchlein, worin seine Arbeit und sein Lohn aufgezeichnet wird, und welches wohl aufzubewahren ist. § 14. An Sonn- und Feier-Tagen hat der Aufseher mit sämmtlich Aufgenommenen Morgens einen öffentlichen Gottesdienst zu besuchen; sowohl auf der Straße als namentlich in der Kirche wird Ordnung und Anstand, und insbesondere in der Kirche Andacht empfohlen. Gleich nach dem Gottesdienste hat sich der Aufseher mit allen Aufgenommenen alsbald wieder auf die Anstalt zu begeben; etwaige unerlaubte Entfernung wird strenge bestraft werden. § 15. Ebenfalls trifft denjenigen eine empfindliche Strafe, welcher von auswärtiger Arbeit unerlaubterweise wegläuft, oder dem zur Aufsicht Beigegebenen keine Folge leistet. § 16. Diese Hausordnung ist in allen Sälen anzuschlagen, und jedem Aufgenommenen zur pünktlichen Nachachtung bezüglich auf § 3 urkundlich zu eröffnen.
Tafel im städtischen Arbeitshause in Halle 1831. (Quelle:
Julius, Jahrb. 6. Bd. S. 155.)
Bete und arbeite. Wachet und betet, daß ihr nicht in Anfechtung fallet. Matth. 26 Kapitel 44 Vers. Arbeitet! Schaffet mit euren Händen etwas Gutes. Ephes. 4, 28. So jemand nicht will arbeiten, der soll auch nicht essen. 2.Thess. 3, 10. Alles hat seine Zeit. Pred. Sal. 3, 1. Schlafen und Aufstehen, Beten und Arbeiten, Essen und Trinken, Sprechen und Schweigen. Was dir zu thun aufgegeben ist, vollende mit Sorgfalt und Fleiß. Verdirb nicht deine Arbeit aus Leichtsinn oder Trägheit. Haushalte gut mit dem was du dir erworben, und sei sparsam. Erhalte was du hast, nahmentlich Kleidung durch Schonen und Ausbessern. Lasset alles ehrbar und ordentlich zugehen. i.Kor. 14, 40. Seid folgsam den Vorgesetzten und Aufsehern. Seid anständig und aufmerksam bei den Andachten und beim Vorlesen. Seid reinlich an euch selbst, und an Allem, was euch anvertraut ist. Die Lüge ist ein häßlicher Schandfleck an einem Menschen. Sir. 20, 26. Darum leget die Lügen ab und redet die Wahrheit. Ephes. 4, 25. Lasset kein faul Geschwätz aus eurem Munde gehen, sondern was nützlich ist zur Besserung, daß es holdselig sei anzuhören. Eph. 4, 29.
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Niemand veruntreue Arbeitsstoff, oder was der Anstalt oder was einem Mitbewohner gehört, und vergreife sich nicht an fremdem Gut. Niemand verschweige Veruntreuungen anderer, denn der Hehler ist so strafbar wie der Stehler, und trägt gleiche Schuld. Niemand verderbe Geräthschaften oder sonst etwas muthwilliger Weise. Was du nicht willst, daß dir die Leute thun sollen, das thue ihnen auch nicht. Matth. 7, i . Der Herr ist gerecht, und hat Gerechtigkeit lieb. Psalm I i , 7. Jaget nach dem Frieden gegen Jedermann. Ebr. 12, 14. Vertraget einer den andern in der Liebe. Eph. 4, 2. Meidet alle Zänkerei. Thue nichts Böses, so wiederfährt dir nichts Böses. Sirach 7, 1. Thust du Böses, so fürchte dich, denn die Obrigkeit ist Gottes Dienerinn, eine Rächerinn zur Strafe über den, der Böses thut. Römer 13, 4. Alle Züchtigung, so lange sie währt, dünket uns nicht Freude, sondern Traurigkeit zu seyn, aber darnach wird sie geben eine friedsame Frucht der Gerechtigkeit, denen, die dadurch geübt sind. Ebr. 12, 11.
Vv., entworfen von Jäger, 1831. (Quelle:
Julius, Jahrb. 5. Bd. S. 212 ff.)
* Vv. von Pforzheim 1832. (Quelle:
Archiv. 7.
Plakatform.)
Haus-Regeln für die Gefangenen des Großherzoglich Badischen allgemeinen Arbeltshauses zu Pforzheim. (Für Polizei- u n d Kriminaldelikte.) I. Polizeiliche Gesetze. § 24 II. Rückfällige, welche zum wiederholten Male in die Anstalt verbracht werden, haben in derselben eine — durchaus — strengere Behandlung und bei Unfleiß, oder unordentlicher Aufführung, schärfere Bestrafung unnachsichtlich zu erwarten. Insbesondere erhalten die erstmals Rückfälligen kein Sonntagsfleisch und die wiederholt Rückfälligen haben wöchentlich einen Fastentag. II. Ökonomische Gesetze. § 25. Jeder Gefangene hat für die Dauer seiner guten und tadellosen Aufführung und seines Fleißes zu erhalten: a) Gesunden-Kost. M i t t a g s : Anderthalb Schoppen gut zubereitete und geschmälzte Zwiebel-, Mehl-, Butter- oder Kartoffel-Suppe, und eben so viel Gemüs; letzteres nach der Jahreszeit, namentlich: Sauerkraut, Erbsen, Linsen, Bohnen, Hirsen, Grundbirnen, Weiskraut, Kohlraben, weiße und gelbe Rüben und andere — ärztlich für gut erkannte — Speißen. Nur an Sonn- und den 5 Feiertagen: Neujahr, Ostermontag, Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag und Weihnacht erhält jeder Gefangene ein halbes Pfund ausgebeintes Ochsen- oder auch Schweine-Fleisch. Bei Abgabe des Ochsenfleisches ist die Suppe eine Fleischbrüh-Suppe. Abends: gute Suppe.
Sonn- wie Werktags anderthalb
Schoppen, wie
vorbemerkt,
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b) Als Brod: Ein männlicher Gefangener einen halben Laib zu anderthalb Pfund Brod, ein weiblicher Gefangener einen halben Laib zu einem und ein Viertel Pfund Brod. § 26. Kranke Gefangene erhalten die — vom Arzte verordnet werdende — Kranken-Kost, oder Diät; jedoch — pr. Kopf — nur ein Viertel-Laib Brod, oder — nach Umständen — auch zwei Wecke. § 27. Vor Abgabe der Kost aus der Hausküche wird dieselbe immer durch einen der Vorgesetzten oder Aufseher der Anstalt genau untersucht; es ist also anzunehmen, daß dieselbe gut und genießbar zubereitet ist, wenn sie in die SpeisSäle gelangt. Sollte jedoch, wider Vermuthen, ein oder mehrere Gefangene dagegen Beschwerde haben, so haben sie hiervon dem Aufseher Anzeige zu machen, welcher die Speise sogleich und so lange in eigene Verwahrung nimmt, bis dieselbe von dem Verwalter oder dem Arzt untersucht ist. Ungegründete Beschwerden werden bestraft. Wenn jedoch eine derartige Beschwerde gegründet erfunden wird, so wird für andere genießbare Speise wie augenblicklich möglich, auf Rechnung des Kostgebers, gesorgt. Vorstehende Hausregeln sind durch hohe Murg- und Pfinz-Kreis-DirektorialVerfügung von 3. April 1832, Nro. 5924 und 25, genehmigt. Pforzheim, den 10. April 1832. Großherzoglich Badische Verwaltung des allgemeinen Arbeitshauses.
* Vv. von (Quelle:
Bevern
1833
(?).
Julius-Nöllner, Jahrb. 5. Bd., 1844, S. 99 ff.)
,Verhaltungsregeln der Corrigenden in der Besserungs- und Arbeltsanstalt in Bevern."
Vv. von Spandau 1833. (Quelle:
Archiv. 5 a.)
Hausordnung für die Straf- und Besserungsanstalt zu Spandau. § r. Die Züchtlinge sind den Befehlen sämtlicher Ober- und Unterbeamten der Anstalt unbedingten Gehorsam schuldig und müssen strenge angehalten werden, alles das zu thun oder zu unterlassen, was ihnen befohlen oder verboten wird. Kein Züchtling, welcher über das Verfahren eines Beamten gegen ihn, über die Beköstigung oder sonst irgend eine Beschwerde zu haben glaubt, darf deshalb Fremde durch ein ungestümes Bitten belästigen, oder Drohen und Widersetzlichkeit ausüben wollen. Betrifft seine Klage einen Unterbeamten, so hat er solche dem den Revier-Dienst habenden Inspektor bei dessen Umgängen bescheiden vorzutragen und die Erledigung ruhig abzuwarten. Glaubt er, daß ihm durch den Inspektor selbst Unrecht geschehen sei, oder will er über ein anderes Mitglied der Verwaltungsbehörde klagen, so hat er den Director der Anstalt durch den Unteraufseher seiner Station um Gehör bitten zu lassen, welcher letztere von einem jeden solchen Gesuch bei der nächsten Gelegenheit an den Director unfehlbar Meldung zu machen hat. Das erbetene Gehör gewährt der Director in der Amtsstube. Jedes unm ttelbare und unangemeldete Antreten des Directors bei seinen Umgängen im Revier ist durchaus untersagt und straffällig.
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§ 2. In der ganzen Anstalt muß eine militairische Subordination herrschen, die unter den Züchtlingen durch unbedingten Gehorsam und Verbannung alles Raisonnirens erhalten werden muß. Die verschiedenen täglich mehrmals vorkommenden Gänge der Züchtlinge in Haufen nach und aus den Schlaf- Arbeitsund Freisälen müssen unter gehöriger Führung der Unteraufseher in der ein für allemal angewiesenen Ordnung geschehen, auch in solcher die Züchtlinge bei Austeilung der Speisen und der Wäsche antreten, und überall keinen Andern als den bestimmten Platz einnehmen. § 3. Keiner von den Ober- und Unterbeamten der Anstalt darf sich mit den Züchtlingen in die geringste Verbindung und Gemeinschaft einlassen, mit ihnen vertrauten Umgang halten, Durchstechereien treiben, heimliche Briefe oder andere Bestellungen besorgen, ihnen unerlaubte Genüsse verschaffen, etwas von ihnen oder für sie in Verwahrung nehmen, kaufen oder verkaufen, noch von ihren Verwandten oder Bekannten Geschenke annehmen und dergleichen. Jeder Beamte haftet zugleich dafür, daß von seinen Familien-Mitgliedern und Dienstboten Niemand sich in dergleichen verbotenen Handlungen einläßt oder andern Unfug ausübt. Alle ihm gemachte Anträge oder zu seiner Kenntnis kommenden Fälle der obgedachten Art ist derselbe sofort dem Director anzuzeigen schuldig. Ebenso ist der Verkehr und Umgang der Züchtlinge aus der einen mit denen in der anderen Arbeits- und Schlafstube gänzlich untersagt. Auch untereinander dürfen die Züchtlinge sich nichts an Speisen, Kleidungsstücken etc. tausch- oder leihweise oder als Geschenk überlassen. Das Entwenden irgend einer Sache wird strenge bestraft. § 4. Sämtliche in der Anstalt befindlichen Personen haben alles zu vermeiden, was Geringschätzung der Religion, der Gesetze oder der Sittlichkeit begünstigt, oder wodurch die äußere Ehrbarkeit, Ordnung und die völlig ruhige Stimmung gestört werden kann. Die Züchtlinge unter einander müssen ein stilles und verträgliches Benehmen beobachten, allen Streit, Vorwürfe und Zänkereien vermeiden und den Unteraufsehern diejenigen von ihnen anzeigen, welche zu Unordnungen und Beleidigungen Veranlassung gegeben. Es ist daher alles übermäßige Lachen, Singen oder Schreien der Züchtlinge verboten; sie dürfen sich keiner Flüche, Schwüre, Zoten, Schimpfwörter und zweideutiger Reden bedienen und keine, die Schamhaftigkeit verletzende Handlungen erlauben. Nur Gespräche, welche die gemeinschaftliche Arbeit betreffen, sind erlaubt. § 5. Auf den Arbeitssälen muß das Hinaussehen zu den Fenstern, das Hinausrufen, das Zeichengeben, das Spielen mit Arbeitsgeräten etc. vermieden werden. Wer etwas an den Arbeitsgeräten, überhaupt an den Sachen, welche der Anstalt oder den Entrepreneurs derselben zugehören, oder an seinen Kleidungsstücken muthwillig beschmutzt oder verdirbt, wird bestraft. Der Genuß des Brandweines und das Rauchen oder Kauen von Taback, so wie jedes Kartenoder andere Spiel mit oder ohne gewinnsüchtige Absicht, desgleichen das heimliche Stricken, oder das Ansprechen oder Anbetteln fremder Personen ist strenge verboten, und wird im Übertretungsfalle hart bestraft. § 6. Der Briefwechsel zwischen den Züchtlingen und denen auswärtigen Verwandten darf nur mit Vorwissen des Directors geführt werden. Die eingehenden Briefe an die Züchtlinge werden, nachdem ihnen der Inhalt derselben mitgeteilt worden, zu den Personal-Acten eines jeden Züchtlings gebracht. Das Briefschreiben wird einem Züchtling nur in der Amtsstube auf vorgängige Erlaubniß gestattet. § 7. An den Sonn- und Festtagen, an welchen die gewöhnliche Zwangs-Arbeit ruht, wird im Sommer um 6%, im Winter um 7 Uhr aufgestanden, und nachdem sich die Züchtlinge gereinigt haben, gefrühstückt. Um 7% Uhr wird zum Gottes-
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dienst geläutet, welcher in der Anstaltskirche gehalten wird, und welchem sämtliche Züchtlinge beiwohnen müssen. Achtmal im Jahr wird den Züchtlingen das heilige Abendmahl von dem Prediger der Anstalt nach evangelischem Brauch gereicht. Die katholischen Züchtlinge empfangen solches nach dem Brauch ihrer Kirche. Die Sonntags-Vormittage werden von den Züchtlingen zum vollständigen Reinigen ihres Körpers und Ausbessern ihrer Kleidungsstücke benutzt. Einige Züchtlinge werden zum Reinigen und Scheuern der Arbeitssäle und zum Putzen und Schleifen der Arbeitsgeräthe und Maschinen (wenn dies den Sonnabend nicht hat geschehen können) gebraucht. In den übrigen Stunden der Muße an Sonn- und Festtagen werden die Züchtlinge in einzelnen Abtheilungen auf die Höfe gelassen, oder in den Freisälen eingeschlossen. § 8. Täglich Abends und Morgens müssen die Züchtlinge sich Gesicht und Hände waschen, und sich von Ungeziefer rein halten, wozu wöchentlich die Wäsche gewechselt und gebadet wird. Das Verschneiden der Haare wird von Zeit zu Zeit ebenfalls wiederholt. § 9. Der Besitz von Geld, Messern und Branndwein wird, als der inneren Sicherheit der Anstalt gefährlich, besonders hart bestraft. § 10. Wer sich in der Arbeit faul und nachlässig oder gar widerspenstig beweiset, wird nach den Umständen mit nachdrücklicher Strafe belegt. Die Züchtlinge jüdischer Religion werden, der polizeilichen Ordnung wegen, auch am Sonnabend zur Arbeit angehalten und genießen mit den christlichen Züchtlingen einen gemeinschaftlichen Ruhetag. Nur an den hohen Festtagen ihres Glaubens bleiben sie mit Arbeit verschont, und sollen dagegen an den Christlichen Festtagen solche Arbeit, welche Zeit und Ordnungsverhältnisse gestatten, verrichten. Die Züchtlinge müssen in den bestimmten Arbeitsstunden strenge und ununterbrochen zur Arbeit angehalten werden. Nur bei einem höchst dringendem Bedürfniß erhält der Züchtimg von dem Unteraufseher die Erlaubniß, den Saal zu verlassen, und die auf den Höfen befindlichen Unteraufseher sind dafür verantwortlich, wenn der Züchtling unnützerweise oder in Gesellschaft irgendwo verweilt. Überhaupt alles was bloß heimlich geschehen, und was in einem wohlgeordneten Haushalt nicht erlaubt werden kann, ist in der Strafanstalt als verboten zu betrachten und wird nach den Umständen geahndet. Spandow den iten Juni 1833. Die Königliche Verwaltungsbehörde der Straf- und Besserungs-Anstalt.
*Vv. von Görlitz, I . J a n u a r 1835. (Auszug.) (Quelle:
Archiv. 5 a.)
Allgemeine Hausordnung für die Sträflinge. 1 . Die Sträflinge sind dem Hausvater, den Aufsehern und Werkmeistern als ihren nächsten Vorgesetzten, nicht minder den Militär-Wacht-Posten, vollständigen Gehorsam, ohne Murren und Drohungen, schuldig, und müssen deren Anordnungen ohne Widerrede, bei strenger Ahndung, aufs Pünktlichste Folge leisten. 2. Den Beamten, Geistlichen und Hausärzten der Strafanstalt, muß sich der Sträfling mit Bescheidenheit, wenn er etwas vorzutragen hat, nähern und
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immer ehrerbietiges Betragen gegen sie äußern. Alles Fluchen, Raisonieren, Stoßen und Pfeifen, ist streng untersagt. 3. Bei allen Aufstellungen, in der Kirche und im Speisesaale, sollen die Sträflinge jederzeit nach Klassen geordnet sein, so daß die erste Klasse voran, nach ihr die Zweite, und sodann erst die Dritte folgt. Die Rückfälligen 2ter und 3ter Klasse sind allemal die Hintersten jeder Abteilung. 4. Die Kleidung besteht während der Arbeit aus rohem Drillich, in Freistunden, während des Gottesdienstes auch beim Essen aber aus braunen Tuche. Die zweite Klasse zeichnet sich auf dem linken Ärmel durch eine römische II. und die 3. Klasse durch eine römische III. aus; die Farbe ist in der Regel gelb, bei Rückfälligen aber rot. Wer seine Klassenabzeichen absichtlich verunreinigt oder gar abreißt, ist straffällig. 5. Die tägliche Arbeitszeit, worauf pünktlich gehalten werden muß, beträgt in den Sommermonaten 14. und in den Wintermonaten 13. Stunden. An Sonnund Feiertagen wird in der Regel nicht gearbeitet; doch steht dies Sträflingen, welche Überverdienst erwerben wollen, nach dem Gottesdienste frei. Die Juden feiern die Ruhetage mit den Christen zugleich. 6. Das Tragen der Mützen in den Arbeitssälen ist den Männern untersagt, und nur die für gewisse Rückfällige angeordneten Pappmützen sind stets auf dem Kopfe zu halten. 7. Ruhe, Ordnung, Reinlichkeit, Fleiß und Stillschweigen muß vorherrschend in den Arbeitsstunden sowohl, als auch in den Strafklausen und auf dem Hofe sein; nicht minder jeder Sträfling stets auf seinem angewiesenen Arbeitsplatze bleiben, daher er niemals auf dem Saale oder gar außerhalb des Saales umherlaufen darf. Gegenseitige Besuche auf den Sälen dürfen keinem Sträfling von den Aufsehern erlaubt werden. 8. Aller Streit und Zank oder unanständiges Reden ist streng verboten. 9. Jeder Sträfling, ohne Ansehen des früheren Standes muß sich der Arbeit unterziehen, welche ihm der Arbeits- und Polizei-Inspector oder in dessen Namen der Werkmeister und der Aufseher, aufgiebt. 10. Die zu leistenden Arbeitspensa bei jeder Arbeit sind auf den besonders ausgehängten Tagewerks-Tabellen enthalten. Jeder Sträfling hat sein aufgelegtes Tagewerk tadellos zu liefern, muß wirthlich mit den Arbeitsmaterialien umgehen, auch die Arbeitsutensilien schonen. n . Den fleißigen und ordentlichen Sträflingen wird für ihre tägliche Arbeit eine Vergütigung, und für die Mehrleistung ein verhältnismäßiger Überverdienst zu Theil. Wie diese ausgemessen werden, zeigt die besondere Tabelle. 12. Nur die Hälfte des Arbeitslohnes und Überverdienstes darf dem Sträfling bei tadellosen Betragen in die Hände gegeben werden; die andere Hälfte aber wird in das Depositum genommen, und dem dereinst zu Entlassenden ausgezahlt. Bei auf lebenslang Verurteilten leidet dies, wenn sie fleißig und sittsam sind, in der Art eine Abänderung, daß sie den ganzen Verdienst und Überverdienst in die Hände bekommen können. Rückfällige sollen in der Regel kein Geld erhalten, doch ist dem Director, bei guter Führung und besonderem Fleiße eines Sträflings, Ausnahmen zu machen, gestattet. 13. Die Bedürfnisse, welche für den Verdienst und Überverdienst angekauft werden dürfen, sind: Brodt, Butter, Käse, Schnupftaback, Heringe, Bier des Sonntags. (Rauchen bei Außenarbeit und guter Führung.) 14. (Briefverkehr nur mit Genehmigung.)
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15- Wer aus Faulheit oder aus Unlust sein Arbeitspensum nicht leistet, wird nicht nur körperlich, oder mit Arrest bei Wasser und Brodt, gestraft, sondern er wird noch außerdem auf so lange, bis er seine Schuldigkeit tut, auf eine geringere Brodt-Portion gesetzt. Auf Kränkliche, Alte, von Natur schwächliche und Krüppel, wird jedoch billige Rücksicht genommen werden. 17. Alle heimliche Verbindungen und Korrespondenzen zwischen beiden Geschlechtern sind streng untersagt. Wer von Entweichungskomplotten oder von einer vorbereiteten Meuterei Kenntniß erhält, und zeigt es nicht an, ist derselben Strafe unterworfen, als wäre er wirklich Teilnehmer. 18. (Spielverbot.) 20. Auch darf Niemand sich mit einem zweiten gemeinschaftlich in ein und dasselbe Bett legen. Wer der Selbstbefleckung überführt wird oder unnatürliche Sünden begeht, leidet harte Strafe. 21. (Verbot der Störung des Gottesdienstes.) 22. Kein Sträfling darf einen Neueintretenden wegen der Ursache seiner Bestrafung befragen oder Kaupeleien mit ihm treiben. 24. (Bei mutwilliger Beschädigung von Anstaltsgut: Strafe und Ersatzpflicht.) 25. Wenn die Sträflinge zu oder von der Arbeit sich begeben, zum Morgenund Abend-Gebete, zum Mittagessen, auf den Hof, oder in die Kirche geführt werden, muß dies immer zu Zweien und mit Ruhe und Ordnung geschehen. Auf dem Anstaltshofe dürfen nicht Mehrere mit einander spazieren, noch weniger Arm in Arm oder Hand in Hand gehen. 28. Das mit eingebrachte Geld muß der Sträfling dem Rendanten übergeben, der ihm solches aufbewahrt und in sein Buch, welches er in Händen hat, einträgt. Unter den Sträflingen selbst dürfen nur die eingeführten Blechmarken im Umlaufe sein; verheimlichtes baares Geld wird confiscirt und zur Belohnung fleißiger und gesitteter Sträflinge verwendet. 29. (Entbehrliche Gegenstände, wie Messer, Briefe usw., werden bei Einlieferung abgenommen. Betten sind nur auf ärztliches Gutachten hin erlaubt — gegen Bezahlung.) 31. Dem Director steht das Recht zu, solche Sträflinge, welche sich durch Folgsamkeit, Fleiß und Sittlichkeit vor Andern auszeichnen, auch durch ihr gutes Beispiel auf die übrigen Gefangenen vortheilhaft gewirkt haben, alljährlich bei Gelegenheit Sr. Königlichen Majestät Geburtsfestes, in eine höhere Klasse zu versetzen, dagegen aber auch Halsstarrige, faule, unverträgliche und ungesittete Gefangene für eine schlechtere Klasse zu bestimmen. 32. Jede begründete Beschwerde übrigens, kann ein Sträfling zunächst dem Saalaufseher und sodann den revidirenden Beamten, bescheiden vortragen, und wird keine gerechtfertigte Klage unberücksichtigt bleiben. Doch muß Jeder sich vor falschen oder unerheblichen Anzeigen hüten. Diese Hausordnung ist von den Saalaufsehern jedem Neuankommenden sogleich, und alle vier Wochen allen Sträflingen, deutlich vorzulesern. Wer von den darin enthaltenen, durch die höhere Behörde festgesetzten Vorschriften abweicht, macht sich deshalb verantwortlich. Görlitz, den isten Januar 1835. Direction der Königlichen Strafanstalt.
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Vv. von Rawicz 1835. (Quelle:
Reglement S. 1 2 f.)
„Allgemeine polizeiliche Vorschriften."
* Vv. von Bruchsal 1838 (Frauen). {Quelle:
Archiv. 7. Inhaltlich gleichen sie den V v . vom 14. November 1846.)
„Hausordnung für die Gefangenen im Weiber-Zuchthause zu Bruchsal."
Vv. von Freiburg, 10. Oktober 1839, Entwurf. (Quelle:
Archiv. 7.
Umfassen 69 weitschweifige Paragraphen. * im Auszug.)
Vv. von Baden 1841. (Quelle:
Archiv. 7.)
Hausordnung für die Strafanstalten.
(Baden 1841.)
§ 1. Der Sträfling muß den Beamten des Hauses, so wie den Zucht- und Werkmeistern und andern Aufsehern gebührende Achtung beweisen und ihren Befehlen augenblicklich Folge leisten. E r muß sich zu jeder Zeit und an jedem Orte still und bescheiden betragen, und alles Schreiens, Singens, Lachens, überhaupt jedes Lärmens enthalten. Mit andern Sträflingen darf er weder sprechen, noch ihnen durch Briefe, Gebärden, Blicke, Klopfen, oder auf andere Weise Mittheilungen machen; er darf nicht um sich her schauen, sondern muß stets die Blicke vor sich hin, oder auf die Arbeit richten. Auch mit den Zucht- oder Werkmeistern oder andern Aufsehern darf er Nichts sprechen, als was nothwendig ist. Nur während des Essens wird ein anständiges Gespräch mit andern Sträflingen geduldet. Heimliche Mittheilungen, unziemliche Reden und Gebärden, Schelten, Zanken, Fluchen, Spotten, Necken und das Erzählen von Verbrechen ist jedoch durchaus untersagt. Das Vorlesen kann nur mit besonderer Erlaubniß stattfinden. An Personen, die der Anstalt fremd sind, selbst den nächsten Verwandten, dürfen keine Mittheilungen gemacht, es dürfen dergleichen ebensowenig von ihnen empfangen werden, außer mit Erlaubniß des Vorstandes, welcher von allen Briefen Einsicht nimmt. § 2. Kein Sträfling darf bei der Arbeit, dem Essen, im Schlafsaal, oder wo es sonst sei, den ihm angewiesenen Platz ohne Erlaubniß verlassen. Werden mehrere Sträflinge in Gemeinschaft geführt, so müssen dieselben, je nach erhaltener Weisung, paarweise oder einzeln hintereinander hergehen und dabei jedes Gedränge vermeiden.
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§ 3- Der Genuß von geistigen Getränken, das Tabakrauchen, das Tabakkauen und jedes Spiel ist durchaus verboten; ebenso der Besitz aller Gegenstände, die nicht von den Beamten oder Aufsehern gegeben oder zugelassen wurden, jeder Handel, das Geschenkgeben und Geschenkempfangen, auch wenn die Gegenstände werthlos sind. Was ein Sträfling unerlaubter Weise besitzt, wird ihm weggenommen. Das Tabakschnupfen wird nur Denjenigen gestattet, für deren Gesundheit es nach ärztlichem Ausspruch nothwendig oder wesentlich zuträglich ist. Sie dürfen jedoch keinem andern Sträfling, selbst wenn demselben das Schnupfen ebenfalls erlaubt ist, von ihrem Tabak auch nur eine Prise reichen. § 4. Der Sträfling muß seinen Körper, seine Kleidung und sein Bett möglichst rein halten, Kleidung, Bettung, Arbeitsstoffe und Werkzeuge sorgsam und vorsichtig behandeln, sich vor boshaften und muthwilligen Beschädigungen, so wie vor Beschädigungen aus Unachtsamkeit hüten, jede Verunreinigung im Gebäude vermeiden oder doch sogleich beseitigen, und jede Beschädigung anzeigen, damit die Ausbesserung oder Herstellung sogleich erfolge. Jede Beschädigung aus Bosheit oder Muthwillen muß er ersetzen, bei Beschädigungen aus Unachtsamkeit kann er zum Ersätze angehalten werden. § 5. Bei der Einlieferung wird der Sträfling vollständig gereinigt, und kann sodann bis zu vier Wochen einsam verwahrt werden. Kleider und andere Gegenstände, die er etwa mitbringt, werden aufbewahrt, oder wenn sie dem Verderben ausgesetzt sind, öffentlich versteigert. Der Erlös, so wie seine etwaige Baarschaft werden ihm in dem Abrechnungsbüchlein, das er erhält, gutgeschrieben. Jeder Sträfling muß die vorgeschriebene Kleidung anlegen, und sich der gleichförmigen Beschneidung der Kopfhaare, wie dem Abschneiden der Barthaare unterwerfen. Rückfällige Sträflinge tragen zur Auszeichnung ein rothes Band um das rechte Bein. § 6. An Werktagen muß der Sträfling um halb fünf, an Sonn- und Festtagen um halb sechs Uhr auf das Zeichen mit der Glocke das Bett verlassen, sich ankleiden, das Bett machen, sich kämmen, den Mund ausspülen, Gesicht und Hände rein waschen, sodann an das Bett zurücktreten und hier stehen bleiben, bis der Zuchtmeister das Zeichen zum Aufbruch gibt. An Werktagen muß er von Morgens fünf Uhr bis Abends halb acht Uhr nach seinen Kräften mit allem Fleiße arbeiten. Doch wird ihm eine halbe Stunde zum Frühstück, eine Stunde zum Mittagessen und am Nachmittag eine halbe Stunde zur Erholung freigelassen. Das Mittagessen wird um zwölf, das Abendessen um halb acht Uhr ausgetheilt. Abends acht Uhr werden die Sträflinge in die Schlafsäle abgeführt, wo Jeder sich sogleich zu entkleiden und zu Bette zu legen hat. Während der Ruhestunden müssen die Sträflinge sich abtheilungsweise mit raschem Schritt im Hof ergehen. Juden werden am Sabbath, am Oster-, Pfingst-, Neujahrs-, Versöhnungsund Laubhüttenfest von der Arbeit entbunden, wogegen sie verpflichtet sind, an christlichen Festtagen die ihnen aufgetragene Arbeit, insbesondere die Hausgeschäfte, zu besorgen. § 7. Jeder Sträfling muß sein ihm zugemessenes Tagewerk verrichten, und kann außerdem zu Hausgeschäften verwendet werden. Wo auswärtige Schanzarbeit stattfindet, sind davon ausgeschlossen: 1. die Rückfälligen; 2. Heimathlose und Landfremde;
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3- Diejenigen, welche mehr als vierjährige Freiheitsstrafe zu erstehen haben, und nicht durch ihr Betragen Bürgschaft geben, daß sie nicht zu entweichen suchen; 4. Diejenigen, welche, auch bei kürzerer Strafzeit, als der öffentlichen Sicherheit gefährlich, oder der Flucht verdächtig zu betrachten sind; 5. Diejenigen, welche schon einmal entflohen waren oder zu fliehen versuchten. Kein Sträfling wird zur Schanzarbeit angehalten, der um Befreiung von derselben bittet. Arbeiten, die einem Sträfling aufgegeben sind, darf er nicht durch einen andern verrichten lassen. Bei Fleiß und gutem Betragen erhält jeder Sträfling die tarifmäßige Belohnung für seine Arbeit, die in sein Abrechnungsbüchlein eingetragen, und bis zur Entlassung zinsbringend aufbewahrt wird, insoweit er sie nicht zur Anschaffung von Schnupftabak oder andern Dingen, oder zur Unterstützung von Angehörigen mit besonderer Erlaubniß verwendet. § 8. Sträflinge, welche noch nicht das dreißigste Lebensjahr zurückgelegt haben, nehmen am Schulunterricht Theil; ältere Sträflinge, die des Lesens nicht kundig sind, müssen dasselbe erlernen, und werden auf Verlangen auch zum übrigen Unterricht zugelassen. Am Sonntag können alle Sträflinge zur Theilnahme am Unterricht angehalten werden. Jeder Sträfling, der am Unterricht Theil nimmt, muß dabei Eifer, Fleiß und Folgsamkeit beweisen. § 9. An Sonn- und Festtagen findet gemeinschaftlicher Gottesdienst statt, und in der Woche wird noch außerdem Religionsunterricht ertheilt. Vor dem Beginn der Arbeit, vor dem Mittag- und Abendessen wird in jedem Saale ein gemeinschaftliches Gebet verrichtet, welches ein Sträfling laut vorspricht. Von dem Gottesdienst, dem Religionsunterricht und der Theilnahme an den Sakramenten soll sich kein Sträfling ausschließen. Andacht und Frömmigkeit läßt sich nicht befehlen; es ergeht jedoch an alle Sträflinge, zu ihrem eigenen Besten, die dringende Mahnung, ihr Herz zu Gott zu wenden, die begangenen Sünden ernstlich zu bereuen, im Gebete Trost und Hilfe zu suchen, und die ihnen gebotene Gelegenheit zur Erkenntniß und zur Stärkung im Glauben zu benutzen, um nach der Entlassung vor neuer Sünde bewahrt zu sein. § 10. Sträflinge, welche erkranken, haben dieß sofort dem Zuchtmeister, der sie beaufsichtigt, anzuzeigen, damit derselbe ihnen ärztlichen Beistand verschaffe. Sie werden, wenn dieß nothwendig ist, in das Krankenzimmer gebracht, in welchem die in den §§. 1—3. vorgeschriebene Stille und Ordnung ebenfalls beobachtet werden muß. Leichterkrankte und Genesende haben sich den ihnen aufgetragenen Arbeiten zu unterziehen. § 1 1 . Wenn ein Sträfling einen Beamten zu sprechen wünscht, sei es um Bitten oder Beschwerden vorzutragen, oder um Rath und Trost zu erhalten, so läßt er sich bei ihm durch den Zuchtmeister melden. Wird er nicht am dritten Tag vor den Beamten gerufen, oder ist das Anliegen besonders dringend, so darf er sich unmittelbar an denselben wenden. Dagegen ist es verboten, andere Sträflinge zu Klagen und Beschwerden aufzufordern, oder im Namen anderer Sträflinge Klagen und Beschwerden vorzutragen, oder Tadel über die Beamten oder Aufseher oder ihre Anordnungen, oder über Speisen oder Kleidung vor anderen Sträflingen auszusprechen, oder zu lügen, oder Verstellung anzuwenden. § 12. Jede Störung der Hausordnung, jede Entweichung und jeder Entweichungsversuch wird auf angemessene Weise bestraft. Derjenige Sträfling,
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der ihm bekannte, von andern begangene oder beabsichtigte Unordnungen oder Verbrechen nicht auf Befragen der Beamten oder Zuchtmeister anzeigt, wird ebenfalls von Strafe getroffen, und muß zu dem etwa zu leistenden Ersätze beitragen. Rückfällige Sträflinge werden mit besonderer Strenge bestraft. Die Hausstrafen sind: Verweis, Entziehung von Bequemlichkeiten und Vergünstigungen, Kostabzug, Hungerkost, einsame Einsperrung, Dunkelarrest, und für Zuchthaussträflinge Anlegung von Ketten und Anbinden an den Strafstuhl. Sträflinge, welche sich gemeiner Verbrechen und Vergehen schuldig machen, werden nach den Landesgesetzen bestraft. Gegen Sträflinge, welche gewaltthätige Angriffe machen, oder sich gewaltthätig widersetzen, oder zu entweichen suchen, sind die Aufseher befehligt, ihre Waffen anzuwenden. Carlsruhe, den 10. Dezember 1841. Justiz-Ministerium. J°Uy.
Vdt. Ammann.
Vv. von Gießen 1843. (Quelle:
Hess. Staatsarchiv X A Rono 5 A 3
1910/253.)
Disciplinar-Vorschriften für die Gefangenen im Provinzial-Arresthause. Damit jeder Gefangene wisse, welche Ansprüche er im Provinzial-Arresthause in Beziehung auf seine Behandlung zu machen und welche Pflichten er zu erfüllen habe, wird hierdurch bekannt gemacht: A r t . 1. Jeder Verhaftete wird bei seiner Aufnahme in die Anstalt einer genauen körperlichen Untersuchung unterworfen und ist verbunden, alle Gegenstände, welche er am Körper oder in seinen Kleidern verborgen hat, namentlich schneidende und stechende Werkzeuge, Feilen, Bohrer, ferner Kordel, Garn und dergl.; selbst abzuliefern. Diese Gegenstände werden verzeichnet, in Verwahrung genommen und dem Gefangenen, wenn dies nicht aus Rechtsgründen unzuläßig erscheint, zurückgegeben, sobald er die Anstalt verläßt. Der Gefangene ist ferner bei seinem Eintritte in die Anstalt verpflichtet, dem Verwalter anzuzeigen, wenn er mit einer ansteckenden Krankheit, oder mit Ungeziefer behaftet sein sollte. A r t . 2. Dem Gefangenen wird eine reinliche Zelle angewiesen, er hat dieselbe sorgfältig in diesem Zustande zu erhalten, insbesondere darf er nicht die Wände beschmutzen, beschreiben oder zerkratzen, nicht in die Stube, sondern in das hierzu bestimmte Gefäß, speien; den Stubenboden muß er stets von Stroh, Kehricht und dergleichen sauber erhalten. Nur die Fenster darf er nicht reinigen, weil das Hinansteigen zu denselben nach Art. 8 untersagt ist. Art.
3. Dem Gefangenen wird an Speise gereicht:
a) täglich im Durchschnitte Pfund gutes ausgebackenes Brod; ferner eine halbe Maaß gut geschmelzter, nicht zu flüßiger Suppe oder eben so viel Gemüse;
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b) je um den andern Tag Abends i Pfund Kartoffeln mit Salz; c) alle 14 Tage 8 Lothe Fleisch ohne Knochen. Wem diese Kost nicht genügt, darf sich aus eigenen Mitteln verköstigen; dieß kann jedoch, da die Verabreichung von Speisen und Getränken den Bediensteten in der Anstalt untersagt ist, nur in der Weise geschehen, daß von dem Gefangenen eine angemessene Vorlage an Geld geleistet und der bestellte Speisewirth alsdann durch den Großherzoglichen Arresthaus-Verwalter veranlaßt wird, die gewünschte bessere Kost zu der dafür bestimmten Zeit zu liefern. Zu einer solchen ausnahmsweisen Verköstigung ist jedoch vorerst die Erlaubniß des ersten peinlichen Richters einzuholen. Kranken wird die vom Arresthaus-Arzte verordnete Speise gereicht. Als Getränke muß zweimal während des Tages frisches Wasser ausgegeben werden. Der Genuß anderer Getränke ist nur nach besonderer Erlaubniß zuläßig. A r t . 4. Der Gefangene hat Morgens, unmittelbar nach der ersten Öffnung der Zelle durch die Arresthausbediensteten, sein Lager zu verlassen und darf es vor 8 Uhr Abends nicht mehr benutzen, ausgenommen bei, durch den Arzt erkannter Krankheit. Die zum Lager gehörigen Gegenstände (Strohsack, Strohkissen, Teppiche) müssen während jener Zeit in Ordnung und an keinem anderen Orte als auf der Bettstelle liegen. A r t . 5. Die gelieferten Kleidungsstücke dürfen nicht beschädigt, oder auf andere Art, als der gewöhnliche Gebrauch erfordert, verwendet werden. Beschädigungen jeder Art hat der Gefangene aus seinem eigenen Vermögen alsbald zu ersetzen. A r t . 6. Es wird kein Schreib-Material in dem Gefängnisse geduldet. Wer an Personen außerhalb der Anstalt Briefe richten oder mit denselben sprechen will, hat sich bei dem bestellten Untersuchungsrichter anmelden zu lassen. A r t . 7. Es darf Nichts dem Fenster hinausgeworfen und von Außen durch dasselbe angenommen werden, auch das Auflegen von Gegenständen in das geöffnete Fenster oder außerhalb desselben ist untersagt. A r t . 8. Das Hinansteigen an's Fenster, wenn auch nur um nach Außen zu sehen, ist verboten, ebenso auch das Betreten des in der Zelle angebrachten Sitzes oder der Bettstelle. A r t . 9. Der Gefangene hat sich stets ruhig zu verhalten. Besonders e m p f i n d l i c h e S t r a f e n trifft denjenigen: a) welcher ruft, singt oder laut spricht; b) welcher mit seinen in andern Zellen verhafteten Mitgefangenen Gespräche anknüpft; c) welcher an den Wänden, Thüren etc. klopft; d) welcher Gefangenen in einem andern Behälter irgend etwas zusteckt. A r t . 1 0 . Die zum Lesen gestatteten Bücher sind reinlich zu erhalten, jede Beschädigung ist alsbald unaufgefordert anzuzeigen. A r t . 1 1 . Wer die Erlaubniß erhält, im Hofe sich Bewegung zu machen, darf den ihm vorgezeichneten Weg nicht verlassen, nicht stehen bleiben, mit Niemanden, namentlich nicht mit Soldaten der Wache, sprechen oder sich sonst z. B. durch Zeichen verständlich zu machen suchen. A r t . 1 2 . Die Kübel, bestimmt für den Unrath, sind jederzeit nach gemachtem Gebrauche mit den dazu gehörigen Deckeln sorgfältig zu verschließen.
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Die Kübel selbst sind nicht aus derjenigen Ecke der Stube zu entfernen, welche sich am nächsten an der Thüre befindet. A r t . 1 3 . Wenn zwei oder mehrere Gefangene in einer Stube vereinigt werden, so haben sie jeden Streit zu meiden und etwaige Uneinigkeiten alsbald anzuzeigen. A r t . 1 4 . Eine der ersten Pflichten des Gefangenen besteht darin, daß er sich gegen den Arresthaus-Verwalter und die Gefangenenwärter geziemend benimmt, wie diese dem Verhafteten mit Menschlichkeit entgegenkommen und ihm alle erlaubte Unterstützung leisten werden. A r t . 1 5 . Wer eine Beschwerde zu haben glaubt, hat sich bei dem ersten peinlichen Richter zu deren Vorbringen anmelden zu lassen. A r t . 1 6 . Jeder Gefangene kann sich zu allen Stunden, in welchen die Gefängnißthüren geöffnet werden, zum Verhör bei seinem Untersuchungs-Richter anmelden lassen. Ist er geneigt, seiner Pflicht gemäß, etwa vorgebrachte Irrthümer oder Unwahrheiten zu berichtigen, so wird es gerathen sein, daß er mit der Anmeldung nicht zögere, weil ihn sonst durch den Fortgang der Untersuchung, durch die Verlängerung der Haft, durch die Vermehrung der Kosten, dadurch, daß er sich die dem Geständigen und Reumüthigen, selbst im Gesetze in Aussicht gestellten Wohltathen entzieht etc. empfindliche Nachteile treffen können. A r t . 1 7 . Auch die Tröstungen der Religion sind dem Gefangenen gewährt; es ist zu dem Ende ein evangelischer und ein katholischer Geistlicher angestellt. Beide werden von Zeit zu Zeit die Zellen ihrer Glaubensgenossen besuchen. Wer den Geistlichen außer dieser Zeit zu sprechen wünscht, hat dieß dem ArresthausVerwalter unter Angabe des Zweckes mitzutheilen. A r t . 1 8 . Wer einen Diener der Anstalt gröblich begegnet, es vielleicht wagen sollte, sich an demselben zu vergreifen, wer Versuche macht zur Entweichung, hat außer den zuläßigen Disciplinarstrafen und Sicherheitsmaaßregeln, noch die Einleitung einer besonderen Criminaluntersuchung und Bestrafung nach dem Strafgesetzbuche zu erwarten. A r t . 1 9 . Wer nicht im Stande ist, für schuldbare Beschädigung an Kleidern, Wänden etc. alsbald Ersatz zu leisten, hat dafür in angemessenen Zwischenräumen die Entbehrung der warmen Kost zu büßen. Wer eine, wenn auch ohne seine Schuld, entstandene Beschädigung nicht sogleich unaufgefordert anzeigt, von dem wird angenommen, daß er sie absichtlich verübt habe. A r t . 2 0 . Eine Zuwiderhandlung gegen die Hausordnung ist bewiesen, wenn auch nur E i n e r der im Hause Bediensteten solche auf den vön ihm geleisteten Diensteid bezeugt. Lügen haben Schärfung der Strafe zur Folge. A r t . 2 1 . Als Strafen gegen die in den vorstehenden Artikeln bezeichneten Disciplinarvergehen werden, je nach der Bedeutung des Einzelfalles, angewendet: 1 . Entziehung der warmen Kost für eine bestimmte Zeit; 2. Anlegung einer Kette; 3. Anfesseln an die Bettstelle; 4. Anlegung eines Hand- oder Fuß-Sprengers; 5. körperliche Züchtigung. A r t . 2 2 . Derjenige Gefangene, welcher bereits Beweise seines Wohlverhaltens, seiner Aufrichtigkeit etc. gegeben hat, dessen Untersuchung beendiget
— 111 — ist, darf vorzugsweise die Bewilligung solcher Begünstigungen z. B . Spazierengehen, Beschäftigung, Besprechung mit seinen Angehörigen u. dergl. entgegensehen, welche das Gericht verstatten kann. A r t . 2 3 . Diejenigen Gefangenen, welche der Gendarmerie zum Transporte aus der Anstalt übergeben werden, können, um die mit dem Marsche zu Fuß verbundenen Unannehmlichkeiten, namentlich, wenn sie gefesselt werden, so weit thunlich zu beseitigen, auf ihre Kosten einen Wagen miethen, sie müssen jedoch ihre deßfallsige Absicht hierzu, dem Arresthaus-Verwalter alsbald zu erkennen geben. Gießen den 28. Mai 1843. Großh. Hess. Criminalgericht. Nöllner.
*Vv., entworfen von Speßhardt 1843. (Quelle:
Speßhardt S. 142 ff.)
* Vv. von Baden, 20. August 1846. ( Q u e l l e : Archiv. 7.) „Hausordnung für die Strafanstalten." (Wie V v . vom 10. Dezember 1841 mit folgenden Abänderungen:) § 3 Abs. 1 gänzliches Schnupfverbot; Abs. 2 fehlt. § 7 (Statt des bisherigen Abs. 2:) Auswärtige Schanzarbeit findet nur ausnahmsweise und bei solchen statt, welche nicht flucht verdächtig sind. Abs. 3 fehlt. Abs. 5: . . . und bis zur Entlassung aufbewahrt wird, insoweit er sie nicht zur Unterstützung von Angehörigen oder zu andern erlaubten Zwecken mit besonderer Bewilligung verwendet. § 8 (Zusätzlicher Schlußsatz:) Wer sich hierin auszeichnet, erhält bei der Jahresprüfung ein nützliches Buch. § 1 1 . Die Beamten des Hauses besprechen sich in schicklichen Zeiträumen mit allen Sträflingen einzeln; wünscht ein Sträfling außerdem einen Beamten zu sprechen, sei es um . . .
* Vv. von Bruchsal, 14. November 1846 (Frauen). (Quelle:
Archiv. 7.)
.Hausordnung f ü r die Gefangenen in der Weiber-Strafanstalt zu Bruchsal."
* Vv. von Bruchsal, 21. Mai 1847. (Quelle:
Jagemann S. 242 ff.)
.Hausordnung für das neue Männerzuchthaus in Bruchsal."
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*Vv. von Dreibergen.
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(Zwischen 1848 und 1852.)
( Q u e l l e : Wiek S. 67 ff.) „Verhaltungsregeln für die Gefangenen."
* Vv. von Bruchsal vom 8. August 1851 und ferner vom 23. August 1851. ( Q u e l l e : Archiv. 7.) „Hausordnung für das neue Männerzuchthaus in Bruchsal" und „Hausordnung für das Männerzucht- und Arbeitshaus in Bruchsal".
* Vv. von Baden, 8. Mai 1854. ( Q u e l l e : Archiv. 7.) .Hausordnung für die Männer-Zucht- und Arbeitshäuser."
* Vv. von Moabit 1857. ( Q u e l l e : Wichern 4. Bd. S. 165 ff.) .Verhaltungs-Vorschriften für die Gefangenen in den Einzelzellen der Königlichen Strafanstalt."
* Vv. von Baden, 6. Oktober 1859, Amtsgefängnisse. ( Q u e l l e : Archiv. 7.) „Hausordnung für die Amtsgefängnisse."
* Vv. von Bruchsal, 10. Februar 1860. ( Q u e l l e : Archiv. 7.) .Hausordnung für die Sträflinge in Gemeinschaftshaft im Männerzuchthause zu Bruchsal."
* Vv. von Bruchsal, 8. Mai 1868 (Frauen). ( Q u e l l e : Archiv 7.) Hausordnung für die in Einzelhaft befindlichen Gefangenen in der Weiberstrafanstalt zu Bruchsal."
* Vv. von Bruchsal, 8. Mai 1868 (Frauen). ( Q u e l l e : Archiv 7). Hausordnung für die in Gemeinschaftshaft befindlichen Gefangenen in der Weiberstrafanstalt zu Bruchsal."
Otto Walter, Buchdrudterel,
Berlin
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