Nominalprädikate: Eine valenztheoretische Untersuchung der französischen Funktionsverbgefüge des Paradigmas "être Präposition Nomen" und verwandter Konstruktionen [Reprint 2014 ed.] 9783110955347, 9783484303454

The valency concept provides a model capable of dealing with the semantic and syntactic aspects of the relationship betw

122 101 19MB

German, French Pages 304 Year 1996

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Table of contents :
Abkürzungen
Vorwort und Ausblick
1.1. Theoretische Prämisse: Verb, Valenz und Satzfunktion
1.2. Anstelle einer Definition: was sind Funktionsverbgefüge?
1.3. Ein Kriterienkatalog zur Bestimmung von Funktionsverbgefügen
1.3.1. Die Inhaltseinheit von Funktionsverb und Fügungsnomen
1.3.2. Das Fügungsnomen als Nomen actionis
1.3.3. Die Nicht-Substituierbarkeit des Funktionsverbs durch Vollverben
1.3.4. Die Reihenbildung von Funktionsverben und Fügungsnomina
1.3.5. Der obligatorische Charakter des Fügungsnomens
1.3.6. Die fehlende Anaphorisierbarkeit und Erfragbarkeit des Fügungsnomens
1.3.7. Die eingeschränkte Referenzfähigkeit des Fügungsnomens
1.3.8. Die Stellungseigenschaften der FVG im Satz
1.3.9. Besondere Valenz- und Rektionsverhältnisse in FVG
1.4. Die Relevanzhierarchie der Kriterien
1.5. Funktionsverbfügungen und Streckformen
1.6. Funktionsverbfügungen und phraseologisch feste Syntagmen
1.7. Funktionsverbgefüge als syntaktisch heterogener Konstruktionstyp
1.7.1. Die syntaktische Valenz der präpositionslosen FVG
1.7.2. Die eingeschränkte Anaphorisierbarkeit und Erfragbarkeit der FVG
1.7.3. Die Relativsatzfähigkeit von FVG
1.7.4. Die Passivierbarkeit der präpositionslosen FVG
1.7.5. Die Permutierbarkeit des Subjektmitspielers
1.7.6. Die Spaltsatzfähigkeit der FVG
1.7.7. Die “zweifache Analyse” der FVG
1.8. Zusammenfassung
2. Positionen der Forschung
2.1. Die strukturell-funktionale Analyse der Funktionsverbgefüge
2.1.1. Funktionsverbgefüge als periphrastische Streckformen
2.1.2. Modifikation von Valenz und Aktionsart einfacher Verben (Heringer 1968a)
2.1.3. Die Reihenbildung der Funktionsverben
2.1.4. Zur Problematik des Aktionsartenbegriffes
2.1.5. Systemwertermittlung versus konstruktioneile Analyse
2.2. Funktionsverbgefüge als Wortbildungen
2.3. Funktionsverbgefüge als phraseologisch feste Syntagmen
2.3.1. Drei Definitionen des Phraseologischen
2.3.2. Rothkegel (1973)
2.3.3. Schmid (1984) und (1989)
2.3.4. Danlos (1980), (1981) und (1988)
2.3.5. Zur Lexikalisierung der Funktionsverbgefüge
2.4. Funktionsverbgefüge als komplexe Prädikate
2.4.1. Komplexe Prädikate und Nominalprädikate im Französischen
2.4.2. Eine exhaustive Dokumentation komplexer Prädikate auf transformationeller Grundlage (M. Gross und das L. A.D.L.)
2.4.3. Funktionsverbgefüge in der X’-Theorie (Gunnarson 1983 und 1986)
2.4.4. Funktionsverbgefüge in der Generativen Semantik (Persson 1975)
2.4.5. Funktionsverbgefüge in der Erweiterten Standardtheorie der Generativen Transformationsgrammatik (Jackendoff 1974)
2.4.6. Eine semantische Analyse komplexer Prädikate im Rahmen der Rektions- und Bindungstheorie (Cattell 1984)
3. Die semantische Struktur der Funktionsverben
3.1. Semantische Eigenschaften der Funktionsverben als Problem der Forschung
3.2. Eine zweidimensionale Matrix zur Klassifizierung einfacher Verben (Koch 1981)
3.3. Être, rester, entrer, se mettre, mettre und tenir als Verben des Örtlichen Befindens
3.3.1. Die Kategorisierbarkeit von être, rester, entrer, se mettre, mettre und tenir in der Dimension der Art der Sachverhaltsdarstellung
3.3.2. Die semantischen Aktantenrollen von être, rester, entrer, se mettre, mettre und tenir als Verben des Örtlichen Befindens
3.4. Die semantische und syntaktische Struktur der Funktionsverben être, entrer, se mettre, rester, mettre und tenir
3.4.1. Funktionsverben und lexikalische Vollverben
3.4.2. Der Mechanismus der Zuweisung semantischer Rollen in komplexen Prädikaten der Form être PRÄP N(FVG)
3.4.3. Die rollensemantische Struktur der Funktionsverben des Paradigmas être PRÄP N(FVG)
3.5. Exkurs: Sachverhaltsdarstellung, Aktionsart, Valenz, Diathese
3.5.1. Die verbsemantische Fundierung der Aktionsarten
3.5.2. Die Kategorie ‘kausativ’ und die Aktionsarten
3.5.3. Zum “passivischen” Charakter von entrer-Funktionsverbgefügen
3 .6. Varianten der Funktionsverben être, entrer, se mettre, rester, mettre und tenir
3.6.1. Varianten von être: se trouver und se retrouver
3.6.2. Varianten von êntrer und se mettre. venir, parvenir, arriver und tomber
3.6.3. Eine Variante von rester. demeurer
3.6.4. Varianten von tenir: garder und maintenir
3.6.5. Varianten von mettre: remettre, mener, amener; plonger; pousser, jeter und flanquer
3.7. Der Status der Funktionsverben im Sprachsystem
3.7.1. Funktionsverben, lexikalische Kategorie und propositionale Funktion (I)
3.7.2. Die Pro-Form l’être / es-sein
3.7.3. Funktionsverben und kopulative Verben
3.7.4. Die distributioneilen Eigenschaften der être PRÄP N(GVG)
4. Die semantische und syntaktische Struktur der FVG
4.1. Zu Struktur und Status der Nomina actionis
4.2. Sachverhaltsnomina ohne einzelsprachlich repräsentierte Ableitungsbasen
4.3. Fügungsnomina, die keine Sachverhaltsnomina sind
4.4. Zur Abgrenzung und Klassifizierung von Sachverhaltsnomina und nichtrelationalen Konkreta
4.4.1. Semantische Subklassen von Sachverhaltsnomina
4.4.2. Semantische Subklassen von nicht-relationalen Konkreta
4.5. Die semantisch-sachverhaltsdarstellende Struktur von FVG mit Sachverhalts-Fügungsnomina
4.6. Semantisch zweidimensionale und dreidimensionale Prädikate
4.7. Lexikalische Dependenz, syntaktische Rektion und semantische Rollenzuweisung bei être PRÄP N(FVG)
4.7.1. Der y-Aktant von être PRÄP N(FVG) mit Sachverhalts-Fügungsnomina
4.7.2. Der zweite Aktant der être PRÄP N(FVG) mit Sachverhalts-Fügungsnomina
4.7.3. Être PRÄP N(FVG) als usuell beschränkter Konstruktionstyp
4.7.4. Être PRÄP N(FVG) ohne Sachverhalts-Fügungsnomina
4.7.5. Kausative Konstruktionen der Form {mettre + tenir} PRÄP N(FVG)
4.7.6. Zusammenfassung
4.8. Semantisch-sachverhaltsdarstellende Subklassen der être PRÄP N(FVG)
4.8.1. Strukturtyp 1: FVG mit Zustands-Sachverhaltsnomina
4.8.2. Strukturtyp 2: FVG mit Vorgangs-Sachverhaltsnomina
4.8.3. Strukturtyp 3: FVG mit Tun-, Handlungs- und InteraktionsSachverhaltsnomina
4.8.4. Strukturtypl / 3: FVG mit interaktiven Zustands-Sachverhaltsnomina
4.8.5. Strukturtyp 0: FVG ohne Sachverhalts-Fügungsnomina
4.9. Lexikalische Kategorie und propositionale Funktion (II)
4.10. Das Paradigma der etre PRÄP N(FVG) im System der französischen FVG
5. Die Funktion der Präposition in der semantisch-sach- verhaltsdarstellenden Struktur der être PRÄP N(FVG)
5.1. Die Präpositionen en und dans
5.2. Die Opposition der Präpositionen à und en
5.3. Die Präposition sous
5.4. Die Präposition sur
5.5. Die Opposition der Präpositionen en und hors (de)
6. Funktionaler Gesichtspunkt: die Beziehung der etre PRÄP N(FVG) zu einfachen Verben und Adjektivprädikaten
6.1. Funktionsverbfügungen mit deverbalen Fügungsnomina
6.1.1. FVG in systematischer Beziehung zu aktivischen Verbalprädikaten
6.1.2. FVG in systematischer Beziehung zu passivischen Verbalprädikaten
6.1.3. Zustands-passivische und Vorgangs-passivische Verbalprädikate und ihre Entsprechungen unter den être PRÄP N(FVG)
6.1.4. Funktionsverbgefüge in systematischer Relation zu neutralen Verbalprädikaten
6.1.5. Exkurs: Passiv-Wertigkeit versus Aktanteninversion. Echt diathetische être PRÄP N(FVG)
6.1.6. Deverbale Sachverhaltsnomina in unsystematischer Beziehung zu morphologisch verwandten Verben
6.1.7. Deverbale Fügungsnomina, die keine Sachverhaltsnomina sind
6.2. Funktionsverbfügungen mit deadjektivischen Sachverhaltsnomina
6.2.1. FVG in Äquivalenz zu Adjektivprädikaten
6.2.2. Adjektivprädikate in Relation zu etre PRÄP N(FVG) mit Aktanteninversion
6.2.3. FVG in unsystematischen Beziehungen zu Adjektivprädikaten
6.2.4. Deadjektivische Fügungsnomina, die keine Sachverhaltsnomina sind
6.3. FVG ohne morphologische Affinität zu Verben oder Adjektivprädikaten
6.3.1. Fügungsnomina, die keine Sachverhaltsnomina sind
6.3.2. Sachverhaltsnomina ohne morphologisch verwandte Ableitungsbasen
6.4. Zusammenfassung
6.5. Lexikalische Unterschiede zwischen être PRÄP N(FVG) und den korrelierenden einfachen Prädikaten
7. Zur Abgrenzung von Funktionsverbfügungen und freien syntaktischen Verkettungen
7.1. Positionen der Forschung (Persson 1975 und Blochwitz 1980)
7.2. Lexikalische Varianten der Funktionsverben des être(FV)-Paradigmas und ihre Abgrenzung von homonymen Vollverben
7.2.1. Arriver à und parvenir à
7.2.2. Amener à und pousser à
7.2.3. Induire à und riduire à
7.2.4. Soumettre à
7.3. Die Funktionsverben des être(FV)-Paradigmas und ihre Abgrenzung von homonymen lexikalischen Vollverben
7.3.1. Entrer als Verb des Sozialen Befindens
7.3.2. Entrer als Verb des Zeitlichen Befindens
7.3.3. Se mettre au travail
7.4. Grammatisch bedingte Homonymien zwischen être PRÄP N(FVG) und Verb-Aktant-Verbindungen
8. Phraseologisch feste FVG und verwandte Konstruktionen
8.1. Motiviertheit, Motivierbarkeit und Remotivation fester Syntagmen
8.2. Die Motivierbarkeit phraseologisch fester Syntagmen être PRÄP N(FS)
8.3. Die Motivierbarkeit phraseologisch fester FVG
8.4. Syntaktisch-distributionelle Eigenschaften der Verbalkonstituenten von und phraseologisch festen FVG und verwandten festen Syntagmen
8.5. Die Nominalkonstituenten von FFVG und verwandten festen Syntagmen
8.5.1. FFVG und feste Syntagmen erster Ordnung
8.5.2. FFVG und verwandte feste Syntagmen zweiter Ordnung
8.6. Zusammenfassung
9. Periphrastische Konstruktionen mit komplexen Verknüpfungsprädikaten der Form être PRÄP N
9.1. Allgemeine Eigenschaften
9.2. Periphrastische être PRÄP N(Pkj) mit nominalen Prädikatskernen
9.3. Die distributioneilen Eigenschaften der periphrastischen Konstruktionen etre PRÄP N de(Pkj) V(PN)
9.4. Die semantisch-sachverhaltsdarstellende Struktur der être PRAP N(Pkj) V(PN)
9.5. Weitere verbale Periphrasen mit être und se mettre
9.6. Wie nominal sind Nominalprädikate? Versuch einer Zusammenfassung
10. Literatur
10.1. Sekundärliteratur
10.2. Belegquellen
10.2.1. Zeitschriften
10.2.2. Monographien
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Nominalprädikate: Eine valenztheoretische Untersuchung der französischen Funktionsverbgefüge des Paradigmas "être Präposition Nomen" und verwandter Konstruktionen [Reprint 2014 ed.]
 9783110955347, 9783484303454

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Linguistische

Arbeiten

345

Herausgegeben von Hans Altmann, Peter Blumenthal, Herbert E, Brekle, Gerhard Heibig, Hans Jürgen Heringer, Heinz Vater und Richard Wiese

Ulrich Detges

Nominalprädikate Eine valenztheoretische Untersuchung der französischen Funktionsverbgefüge des Paradigmas «etre Präposition Nomen» und verwandter Konstruktionen

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1996

Meinen Eltern

Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufhahme Detges, Ulrich: Nominalprädikate : eine valenztheoretische Untersuchung der französischen Funktionsverbgefbge des Paradigmas "6tre Präposition Nomen" und verwandter Konstruktionen / Ulrich Detges.- Tübingen : Niemeyer, 1996 (Linguistische Arbeiten; 34S) NE: GT ISBN 3-484-30345-X

ISSN 0344-6727

© Max Niemeyer Verlag GmbH & Co.KG, Tübingen 1996 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Druck: Weihert-Druck GmbH, Darmstadt Einband: Hugo Nädele, Nehren

Inhaltsverzeichnis Abkürzungen Vorwort und Ausblick 1. Einleitung

xi xiii 1

1.1. 1.2. 1.3. 1.3.1. 1.3 .2. 1.3 .3. 1.3.4. 1.3 .5. 1.3.6. 1.3.7. 1.3.8. 1.3.9. 1.4. 1.5. 1.6. 1.7. 1.7.1. 1.7.2. 1.7.3. 1.7.4. 1.7.5. 1.7.6. 1.7.7. 1.8.

Theoretische Prämisse: Verb, Valenz und Satzfunktion Anstelle einer Definition: was sind Funktionsverbgefiige? Ein Kriterienkatalog zur Bestimmung von Funktionsverbgefiigen Die Inhaltseinheit von Funktionsverb und Fügungsnomen Das Fügungsnomen als Nomen actionis Die Nicht-Substituierbarkeit des Funktionsverbs durch Vollverben Die Reihenbildung von Funktionsverben und Fügungsnomina Der obligatorische Charakter des Fügungsnomens Die fehlende Anaphorisierbarkeit und Erfragbarkeit des Fügungsnomens Die eingeschränkte Referenzfähigkeit des Fügungsnomens Die Stellungseigenschaften der FVG im Satz Besondere Valenz-und Rektionsverhältnisse in FVG Die Relevanzhierarchie der Kriterien Funktionsverbfiigungen und Streckformen Funktionsverbfiigungen und phraseologisch feste Syntagmen Funktionsverbgefiige als syntaktisch heterogener Konstruktionstyp Die syntaktische Valenz der präpositionslosen FVG Die eingeschränkte Anaphorisierbarkeit und Erfragbarkeit der FVG Die Relativsatzfähigkeit von FVG Die Passivierbarkeit der präpositionslosen FVG Die Permutierbarkeit des Subjektmitspielers Die Spaltsatzfähigkeit der FVG Die "zweifache Analyse" der FVG Zusammenfassung

1 3 4 5 6 7 7 8 8 9 12 14 16 19 21 22 22 23 26 27 28 29 29 32

2.

Positionen der Forschung

33

2.1. 2.1.1. 2.1.2.

Die strukturell-funktionale Analyse der Funktionsverbgefiige Funktionsverbgefiige als periphrastische Streckformen Modifikation von Valenz und Aktionsart einfacher Verben (Heringer 1968a) Die Reihenbildung der Funktionsverben Zur Problematik des AktionsartenbegrifFes Systemwertermittlung versus konstruktionelle Analyse Funktionsverbgefiige als Wortbildungen

33 33

2.1.3. 2.1.4. 2.1.5. 2.2.

36 40 41 44 47

vi 2.3. 2.3.1. 2.3.2. 2.3.3. 2.3.4. 2.3.5. 2.4. 2.4.1. 2.4.2.

Funktionsverbgefuge als phraseologisch feste Syntagmen Drei Definitionen des Phraseologischen Rothkegel (1973) Schirad (1984) und (1989) Danlos (1980), (1981) und (1988) Zur Legalisierung der Funktionsverbgefuge Funktionsverbgefuge als komplexe Prädikate Komplexe Prädikate und Nominalprädikate im Französischen Eine exhaustive Dokumentation komplexer Prädikate auf transformationeller Grundlage (M. Gross und das L.A.D.L.) Funktionsverbgefuge in der X'-Theorie (Gunnarson 1983 und 1986) Funktionsverbgefuge in der Generativen Semantik (Persson 1975) Funktionsverbgefuge in der Erweiterten Standardtheorie der Generativen Transformationsgrammatik (Jackendoff 1974) Eine semantische Analyse komplexer Prädikate im Rahmen der Rektions- und Bindungstheorie (Cattell 1984)

50 50 54 57 59 61 64 64

3.

Die semantische Struktur der Funktionsverben

99

3.1. 3.2.

Semantische Eigenschaften der Funktionsverben als Problem der Forschung.. Eine zweidimensionale Matrix zur Klassifizierung einfacher Verben (Koch 1981)

99

3.3.

Etre, rester, entrer, se mettre, mettre und tenir als Verben

2.4.3. 2.4.4. 2.4.5. 2.4.6.

3.3.1. 3.3.2. 3.4.

des örtlichen Befindens Die Kategorisierbarkeit von etre, rester, entrer, se mettre, mettre und tenir in der Dimension der Art der Sachverhaltsdarstellung Die semantischen Aktantenrollen von etre, rester, entrer, se mettre, mettre und tenir als Verben des örtlichen Befindens Die semantische und syntaktische Struktur der Funktionsverben etre, entrer,

66 72 82 87 92

100 107 107 108

se mettre, rester, mettre und tenir 3.4.1. 3.4.2. 3.4.3. 3 .5. 3.5.1. 3.5.2. 3.5.3. 3 .6. 3.6.1. 3.6.2.

Funktionsverben und lexikalische Vollverben Der Mechanismus der Zuweisung semantischer Rollen in komplexen Prädikaten der Form etre PRÄP N(FVG) Die rollensemantische Struktur der Funktionsverben des Paradigmas etre PRÄP N(FVG) Exkurs: Sachverhaltsdarstellung, Aktionsart, Valenz, Diathese Die verbsemantische Fundierung der Aktionsarten Die Kategorie'kausativ und die Aktionsarten Zum "passivischen" Charakter von e«/rer-Funktionsverbgefügen Varianten der Funktionsverben etre, entrer, se mettre, rester, mettre

113 113 114 Π6 119 119 120 121

und tenir

121

Varianten von etre: se trouver und se retrouver Varianten von entrer und se mettre. venir, parvenir, arriver und fomber

122 123

vii

3.6.3. 3.6.4. 3.6.5.

Eine Variante von rester: demeurer Varianten von tenir: garder und maintenir Varianten von mettre: remettre, mener, amener, plonger, pousser, jeter und flanquer 3.7. Der Status der Funktionsverben im Sprachsystem 3.7.1. Funktionsverben, lexikalische Kategorie und propositionale Funktion (I) 3.7.2. Die Pro-Form l'etre /es-sein 3.7.3. Funktionsverben und kopulative Verben 3 .7.4. Die distributioneilen Eigenschaften der etre PRÄP N(FVG)

125 127 127 129 132 134

4.

Die semantische und syntaktische Struktur der FVG

139

4.1. 4.2. 4.3. 4.4.

Zu Struktur und Status der Nomina actionis 139 Sachverhaltsnomina ohne einzelsprachlich repräsentierte Ableitungsbasen 143 Fügungsnomina, die keine Sachverhaltsnomina sind 145 Zur Abgrenzung und Klassifizierung von Sachverhaltsnomina und nichtrelationalen Konkreta 146 Semantische Subklassen von Sachverhaltsnomina 146 Semantische Subklassen von nicht-relationalen Konkreta 150 Die semantisch-sachverhaltsdarstellende Struktur von FVG mit Sachverhalts-Fügungsnomina 152 Semantisch zweidimensionale und dreidimensionale Prädikate 156 Lexikalische Dependenz, syntaktische Rektion und semantische Rollenzuweisung bei etre PRÄP N(FVG) 157 Der y-Aktant von etre PRÄP N(pvG) mit Sachverhalts-Fügungsnomina 158 Der zweite Aktant der etre PRÄP N(FVQ) mit Sachverhalts-Fügungsnomina .. 159 Etre PRÄP N(FVG) als usuell beschränkter Konstruktionstyp 163 Etre PRÄP N(FVG) ohne Sachverhalts-Fügungsnomina 164 Kausative Konstruktionen der Form {mettre + tenir} PRÄP N(FVG) 164 Zusammenfassung 165 Semantisch-sachverhaltsdarstellende Subklassen der etre PRÄP N(FVG) 165 Strukturtyp 1: FVG mit Zustands-Sachverhaltsnomina 166 Strukturtyp 2: FVG mit Vorgangs-Sachverhaltsnomina 167 Strukturtyp 3: FVG mit Tun-, Handlungs-und InteraktionsSachverhaltsnomina 168 Stmkturtypl / 3: FVG mit interaktiven Zustands-Sachverhaltsnomina 170 Strukturtyp 0: FVG ohne Sachverhalts-Fügungsnomina 171 Lexikalische Kategorie und propositionale Funktion (II) 174 Das Paradigma der etre PRÄP N(FVG) im System derfranzösischenFVG 174

4.4.1. 4.4.2. 4.5. 4.6. 4.7. 4.7.1. 4.7.2. 4.7.3. 4.7.4. 4.7.5. 4.7.6. 4.8. 4.8.1. 4.8.2. 4.8.3. 4.8.4. 4.8.5. 4.9. 4.10.

124 125

viii

5. 5.1. 5.2. 5.3. 5.4. 5.5.

6.

Die Funktion der Präposition in der semantisch-sachverhaltsdarstellenden Struktur der ätre PRÄP N(FVG)

181

Die Präpositionen en und dans Die Opposition der Präpositionend und en Die Präposition sous Die Präposition sur Die Opposition der Präpositionen en und hors (de)

181 182 187 188 188

Funktionaler Gesichtspunkt: die Beziehung der itre PRÄP zu einfachen Verben und Adjektivprädikaten

191

N(FVG)

6.1. 6.1.1. 6.1.2. 6.1.3. 6.1.4. 6.1.5. 6.1.6. 6.1.7. 6.2. 6.2.1. 6.2.2. 6.2.3. 6.2.4. 6.3. 6.3.1. 6.3.2. 6.4. 6.5.

7.

Funktionsverbfiigungen mit deverbalen Fügungsnomina 192 FVG in systematischer Beziehung zu aktivischen Verbalprädikaten 193 FVG in systematischer Beziehung zu passivischen Verbalprädikaten 195 Zustands-passivische und Vorgangs-passivische Verbalprädikate und ihre Entsprechungen unter den itre PRÄP Ν(ργβ) 197 Funktionsverbgefuge in systematischer Relation zu neutralen Verbalprädikaten 201 Exkurs: Passiv-Wertigkeit versus Aktanteninversion. Echt diabetische itre PRÄP N(FVG) 204 Deverbale Sachverhaltsnomina in unsystematischer Beziehung zu morphologisch verwandten Verben 207 Deverbale Fügungsnomina, die keine Sachverhaltsnomina sind 211 Funktionsverbfugungen mit deadjektivischen Sachverhaltsnomina 212 FVG in Äquivalenz zu Adjektivprädikaten 212 Adjektivprädikate in Relation zu itre PRÄP N(FVG) mit Aktanteninversion .... 215 FVG in unsystematischen Beziehungen zu Adjektivprädikaten 216 Deadjektivische Fügungsnomina, die keine Sachverhaltsnomina sind 217 FVG ohne morphologische Affinität zu Verben oder Adjektivprädikaten 219 Fügungsnomina, die keine Sachverhaltsnomina sind 219 Sachverhaltsnomina ohne morphologisch verwandte Ableitungsbasen 220 Zusammenfassung 221 Lexikalische Unterschiede zwischen etre PRÄP N(FVG) und den korrelierenden einfachen Prädikaten 222

Zur Abgrenzung von Funktionsverbfügungen und freien syntaktischen Verkettungen

7.1. 7.2. 7.2.1. 7.2.2.

Positionen der Forschung (Persson 1975 und Blochwitz 1980) Lexikalische Varianten der Funktionsverben des efre^-Paradigmas und ihre Abgrenzung von homonymen Vollveiben Arriver ά undparvenir ά Amener ά undpousserä

235 235 240 240 240

ix

7.2.3. 7.2.4. 7.3.

Induire α und riduire ä Soumettre ά Die Funktionsverben des etre^ry)-Paradigmas und ihre Abgrenzung von homonymen lexikalischen Vollverben Entrer als Verb des Sozialen Befindens Entrer als Verb des Zeitlichen Befindens Se mettre au travail Grammatisch bedingte Homonymien zwischen etre PRÄP N(FVG) und Verb-Aktant-Verbindungen

245

8.

Phraseologisch feste FVG und verwandte Konstruktionen

249

8.1. 8.2. 8.3. 8.4.

Motiviertheit, Motivierbarkeit und Remotivation fester Syntagmen Die Motivierbarkeit phraseologisch fester Syntagmen etre PRÄP N(FS) Die Motivierbarkeit phraseologisch fester FVG Syntaktisch-distributionelle Eigenschaften der Verbalkonstituenten von und phraseologisch festen FVG und verwandten festen Syntagmen Die Nominalkonstituenten von FFVG und verwandten festen Syntagmen FFVG und feste Syntagmen erster Ordnung FFVG und verwandte feste Syntagmen zweiter Ordnung Zusammenfassung

251 253 254 255 258 259 261 263

Periphrastische Konstruktionen mit komplexen Verknüpfungsprädikaten der Form etre PRÄP Ν

265

7.3.1. 7.3.2. 7.3.3. 7.4.

8.5. 8.5.1. 8.5.2. 8.6.

9. 9.1. 9.2. 9.3.

241 241 242 242 242 244

9.5. 9.6.

Allgemeine Eigenschaften Periphrastische etre PRÄP Νρΐφ mit nominalen Prädikatskernen Die distributionellen Eigenschaften der periphrastischen Konstruktionen etre PRÄP Ν de (PIG) V(PN) Die semantisch-sachverhaltsdarstellende Struktur der etre PRÄP NFPIG) V(PN) Weitere verbale Periphrasen mit etre und se mettre Wie nominal sind Nominalprädikate? Versuch einer Zusammenfassung

271 275 278

10.

Literatur

281

10.1. 10.2. 10.2.1. 10.2.2.

Sekundärliteratur Belegquellen Zeitschriften Monographien

281 289 289 289

9.4.

265 268 270

Abkürzungen

Die folgende Liste enthält nur die durchgängig verwendeten Abkürzungen, nicht z.B. die in Kapitel 2 jeweils gesondert erläuterten Abkürzungen aus der X'-Theorie oder der Generativen Semantik. A ADJ ASD ASB DET Ε FFV FFVG FS FV FVG INF Κ KSB Ν N(A) N(E) N(FFVG> N(FS) N(FVG>

NP N(PKJ) N(PN)

Nqc Nqn PART.n Pkj PN PP PRÄD PRÄP S S(SUBJ)

V V(FS)

freie Angabe Adjektiv (Dimension der) Art der Sachverhaltsdarstellung (Dimension der) Art der Sachverhaltsbenennung Determinante Ergänzung phraseologisch festes Funktionsverb Phraseologisch festes Funktionsverbgefuge phraseologisch festes Syntagma Funktionsverb Funktionsverbgefuge Infinitiv Kopula (Dimension der) konstitutiven Sachverhaltsbedingungen Nomen Nomen mit Angabenstatus Nomen mit Ergänzungsstatus Nominalkonstituente eines phraseologisch festen FVG Nominalkonstituente eines phraseologisch festen Syntagmas Nominalkonstituente eines FVG, Fügungsnomen Nominalphrase Nominalkonstituente eines Verknüpfungskomplexes Pkj Nominaler Prädikatsnukleus, Nukleus einer Nominalperiphrase Nom/quelque chose, d.h. Nomen mit dem Merkmal [- menschlich] Nom/quelqu'un, d.h. Nomen mit dem Merkmal [+ menschlich] Partizip Π Verknüpfungskomplex, komplexe Form in der Satzfunktion von Vkj (nicht finiter) Prädikatsnukleus einer Verknüpfung oder Periphrase Präpositionalphrase Prädikat Präposition Satz Satz im Subjonctif Verb Veibalkonstituente eines phraseologisch festen Syntagmas

xii V(INF)

Verb im Infinitiv

V(K) Vkj VKN VP V(PN) *

Kopulatives Verb (konjugierte) Verbalkonstituente einer Verknüpfung Verknüpfung Verbalphrase verbaler Prädikatsnukleus einer periphrastischen Verknüpfung abweichende Form oder Konstruktion

Paradigmen { +}

UN, LE, DE,

0

Paradigmen sind in geschweiften Klammern {} angegeben, die durch geschweifte Klammern eingeschlossenen Elemente von Paradigmen sind untereinander durch + getrennt: {etre + entrer + se mettre + ...}. Artikelwörter und Präpositionen in Großbuchstaben, die sich vor einem Paradigma befinden, geben immer die unmarkierte, nicht-proklitische, genus- und numerus-unspezifische Form des betreffenden Wortes an, die, je nachdem mit welchem Element des Paradigmas sie zu kombinieren ist, als Stellvertreterform für markierte Vorkommensweisen steht. DE in pas DE {sous + mormaie + argent} repräsentiert sowohl die "lange" Form der Präposition in pas de sous, pas de mormaie als auch die proklitische Kurzform in pas d'argent. repräsentiert das Fehlen eines Elementes im Paradigma.

Konstruktionen oder Konstruktionstypen

etre ADJ etrePRÄP Ν ι etre PRÄP Νi-3 5

FVN(FVG)

FVPRÄP N(fvg) VN(E)

Konstruktionen oder Konstruktionstypen werden als Sequenzen von Konstituenten oder Konstituententypen angegeben. Die Konstituenten einer Sequenz sind jeweils kursiv gedruckt. Die wichtigsten Konstruktionen sind: Adjektivprädikat mit der Verbalkonstituente etre. Homonyme Konstruktionen und Bedeutungsvarianten polysemer Konstruktionen sind mit Indizes versehen. Werden von einer polysemen Konstruktion zwei oder mehrere Bedeutungsvarianten gleichzeitig diskutiert, so wird die Konstruktion mit allen betreffenden, durch "-" oder"," verbundenen Indizes versehen. Funktionsverbgefuge aus Funktionsverb und Fügungsnomen. Funktionsverbgefiige aus Funktionsverb, Präposition und Fügungsnomen. Freie Verkettung aus Verb und Nomen mit Ergänzungsstatus.

xiii

Vorwort und Ausblick

Mit dem Konzept der Valenz steht ein theoretisches Modell zur Verfugung, das die verschiedenen semantischen und syntaktischen Aspekte der Beziehung zwischen typischerweise verbalen Prädikaten und ihren typischerweise nominalen Aktanten im Satz erfaßt. Dagegen müssen die entsprechenden Verhältnisse innerhalb komplexer Prädikate als weitgehend ungeklärt gelten. Welcher Art sind - aus valenztheoretischer Sicht - in komplexen Prädikaten wie etwa faire faillite die Beziehungen zwischen dem formal verbalen, flektierbaren Formativ faire und dem formal nicht-verbalen Prädikatskern faillite? In welcher Hinsicht sind diese Beziehungen der Valenzrelation zwischen Verb und Aktant ähnlich und worin bestehen die zentralen semantischen und syntaktischen Unterschiede? Dies ist die Fragestellung, auf die die vorliegende Arbeit am Beispiel derfranzösischenFunktionsverbgefiige des Paradigmas etre PRÄP N(FVG) den Versuch einer Antwort unternimmt. Da die semantische und syntaktische Analyse von Funktionsverbgefugen nicht voraussetzungslos erfolgen kann, sondern einer dreißigjährigen Forschungsgeschichte Rechnung zu tragen hat, zu deren wichtigsten Problemen die Abgrenzung ihres Gegenstandes zählt, sollen, aufbauend auf einer knappen Darstellung des dieser Arbeit zugrundeliegenden Konzeptes der Valenz, eine Definition des syntaktischen Paradigmas "Funktionsverbgefiige" und eine Darstellung seiner wichtigsten Charakteristika geleistet werden (Kapitel 1), die ihrerseits Voraussetzung fur eine kritische Darstellung der wichtigsten Forschungspositionen sind (Kapitel 2). Im Verlauf der Diskussion von Forschungsmeinungen wollen wir darlegen, (i) daß Funktionsverbgefiige keine periphrastischen Streckformen, sondern (fixierte) komplexe Nominalprädikate sind; (ii)daß der Schlüssel zur Erfassung des grundlegenden Unterschiedes zwischen der Valenzbeziehung einerseits, wie sie in Verb-Aktant-Verkettungen besteht, und der Nicht-Valenzbeziehung in komplexen Nominalprädikaten andererseits in der semantischen Analyse des jeweiligen verbalen Formativs lieg/.

Die Annahme (ii) begründet unser weiteres Vorgehen in Kap. 3.1. - 3.6., das im Rahmen einer zweidimensionalen Matrix zur semantischen Analyse einfacher Verben (Koch 1981) am Beispiel des Paradigmas etre PRÄP N(FVG) den zentralen Unterschied zwischen komplexen Prädikaten und Verb-Aktant-Verbindungen in einem bestimmten Strukturmerkmal der verbalen Formative komplexer Prädikate lokalisiert. Aus der Annahme (i), der zufolge Funktionsverbgefiige Nominalprädikate sind, ergibt sich das Anliegen von Kap. 3.7., wo - ausgehend von Überlegungen zum Verhältnisses der lexikalischen Kategorien (z.B. der Kategorien "Verb" und "Nomen") zu den propositionalen Funktionen (insbesondere der Funktion der Prädikation) - der Status der Funktionsverben im Sprachsystem geklärt werden soll. In Kapitel 4, das der Frage des Einflusses der nominalen Konstituente auf das komplexe Prädikat insgesamt nachgeht, werden wir darlegen, daß sich die Funktionsverbgefiige des Paradigmas etre PRÄP N(FVG) semantisch und syntaktisch fundamental von einfachen Verben und

xiv Adjektivprädikaten unterscheiden, und daß ihnen auch gegenüber anderen Typen von FVG des Französischen eine Sonderrolle zukommt. Kapitel 5 ist der Untersuchung der Präposition der etre PRÄP N(FVG) gewidmet. Aufbauend auf den Ergebnissen der Kapitel 3 bis 5 werden wir in Kapitel 6 einen systematischen, syntaktischen und semantischen Vergleich zwischen etre PRÄP N(FVG) und morphologisch und semantisch ähnlichen Verben (z.B. etre en mouvemertt^vG) - se mouvoir(y)) und Adjektivprädikaten durchführen und dabei empirische Argumente gegen eine Einschätzung der Funktionsverbgefuge als Periphrasen (vgl. Kapitel 2) vorbringen. In Kapitel 7 wird die in Kapitel 3 dargelegte Hypothese zum zentralen semantischen Unterschied zwischen Verb-Aktant-Verkettungen und komplexen Nominalprädikaten am Problem der Abgrenzung der Funktionsverbgefüge in einer Reihe von Einzelfällen überprüft. Die Kapitel 8 und 9 sind der Abgrenzung der etre PRÄP N(FVG) v o n weiteren Konstruktionstypen gewidmet, die ihnen strukturell ähnlich sind, nämlich (i) phraseologisch festen Konstruktionen der Form etre PRÄP N, z.B. &tre sur la touche, Stre ά cheval sur (Kap. 8); (ii)echt periphrastischen Konstruktionen vom Typ etre en train de VQNF) (Kap. 9). Den Befund, daß solche Konstruktionen in unterschiedlichem Maße zentrale syntaktisch-distributionelle Eigenschaften mit den etre PRÄP N^YG) teilen, nehmen wir zum Anlaß, die Kategorie des "Nominalprädikates" einer kritischen Würdigung zu unterziehen. Mein Dank gilt allen, die zum Zustandekommen der vorliegenden Arbeit beigetragen haben, namentlich Peter Koch, Sven Dörper, Inga Bierkandt, Gesa Büttner, Jörg Deiwick und Ernst Kröger. Cranz besonders aber habe ich Thomas Kotschi zu danken, der die Arbeit mit Umsicht und unerschöpflicher Geduld betreut hat. Berlin, den 6.12.1994, Ulrich Detges

1.

Einleitung

1.1. Theoretische Prämisse: Verb, Valenz und Satzfunktion Theoretische Grundlage der vorliegenden Arbeit ist die auf den französischen Sprachwissenschaftler Lucien de Tesniere zurückgehende Valenztheorie. Der Begriff der Valenz bezeichnet die Eigenschaft lexikalischer Einheiten - typischerweise (aber nicht ausschließlich) des Verbs 1 eine bestimmte Anzahl von syntaktisch und semantisch spezifizierten Leerstellen für kontextuelle Mitspieler - "Aktanten" - zu eröffnen. Der jeweilige Valenzträger ist strukturelles Zentrum der Konstruktionen, die entstehen, wenn seine Leerstellen durch lexikalische Einheiten im einfachsten Fall Nominalphrasen - besetzt werden. Die Fähigkeit von Lexemen, Leerstellen fur Kontextpartner zu eröffnen und dadurch deren Art und Anzahl im Satz festzulegen, ist eine Eigenschaft, über die sie aufgrund einer in ihrer lexikalischen Bedeutung angelegten Stelligkeit verfugen (Kotschi 1981:81). Da verbale Valenzträger gewissermaßen dazu geschaffen sind, die Funktion von Prädikaten - d.h. die zentrale Satzfunktion - zu repräsentieren,^ ist die Verbgrammatik aufs engste mit der Satzgrammatik verknüpft (Koch 1981:81) und bildet einen Schnittpunkt zwischen Lexikon und Syntax. Valenz ist ein semantisch begründetes lexikalisches Phänomen von unmittelbarer syntaktischer Relevanz. Die Zentralität des aufgrund seiner Valenz im Satz regierenden verbalen Prädikates manifestiert sich in mindestens vierfacher Hinsicht. 1. Unter propositional-semantischem Aspekt ist das Verb als Prädikat ein Sachverhaltsdarstellungsrahmen, der Leerstellen für referierende (typischerweise nominale) Ausdrücke eröffnet und dadurch den propositionalen Gehalt des Satzes festlegt (Koch 1981:80f. u. 117). 2. Daraus folgt, daß das Verb auf der Ebene der semantisch-sachverhaltsdarstellenden Feinstruktur über semantische Aktantenrollen als einer besonderen Art von Merkmalen verfugt, die auf die in seine Leerstellen eintretenden Mitspieler gerichtet sind, und die diese als in bestimmter Art und Weise am dargestellten Sachverhalt beteiligt charakterisieren (vgl. Koch 1981:117). In (1) sieht das Verb descendre^ aufgrund seiner lexikalischen Bedeutung einen Aktanten a vor mit der Rolle 'quelqu'un qui descend quelque chose quelque part', ferner einen Aktanten b in der Rolle 'quelque chose qui est descendu par quelqu'un quelque part' sowie einen Aktanten c mit der Rolle 'endroit oü quelqu'un descend quelque chose': (1) Ce soir, Luc(a) α descendu le νέΐοφ) dans la cave(c). Ebensowenig wie die Strukturen der sprachlichen Darstellung von außersprachlichen Sachverhalten selber, sind semantische Aktantenrollen unmittelbare logisch-begriffliche Widerspiegelungen außersprachlicher Sachverhaltsstrukturen. Semantische Aktantenrollen sind integraler

1 2

"Verb" ist hier immer zu verstehen im Sinne von "lexikalisches Vollverb". Auf die funktionale Koinzidenz von verbalem Prädikat und Satz weist besonders nachdrücklich Busse (1974:58ff., bes. 61) hin.

2 Bestandteil der einzelsprachlichen, idiosynkratischen lexikalischen Bedeutung von Verben:3 die drei semantischen Rollen des Verbs descendre^ sind nur durch den Rekurs auf das Verb selbst darstellbar (vgl. Koch 1981:152ff). Umgekehrt macht die Existenz der drei fraglichen Rollen erst die inhärente Stelligkeit des Verbs descendre(V) und damit seine Bedeutung aus,4 denn das semantische Konzept 'descendre' ist untrennbar mit der Existenz der drei Rollen des Hinuntertragenden', des Hinuntergetragenen' sowie des 'Ziels des Hinuntertragens' verbunden. In 3.2. soll mit dem theoretischen Modell von Koch (1981) eine Begründung für den Schritt von idiosynkratischen, konkreten semantischen Aktantenrollen einzelner Verben zu allgemeineren, abstrakten semantischen Aktantenrollen geliefert werden. 3. Ferner ist das Verb zentral unter dem Gesichtspunkt seiner Kontextaktivität (vgl. Koch 1981:117). Es übt aufgrund seiner Bedeutung Selektionsbeschränkungen aus, die auf die inhärenten semantischen Merkmale der Elemente gerichtet sind, welche in seine Aktantenleerstellen eintreten. Der Satz (2) ist deshalb ungrammatisch, weil descendre(y) aufgrund seiner Bedeutung einen a-Mitspieler vorsieht, der das Merkmal [+ aus eigener Kraft beweglich] haben muß, um in allen Verwendungen von descendre^ mit diesem verträglich zu sein. Diese Bedingung erfüllt chaise(M) nicht, wohl aber beispielsweise ascenseur^. (2) *La chaise (a) a descendu le νέΐοφ) dans la cave(cy 4. Schließlich regiert das Verb seine Mitspieler auch in einem syntaktischen Sinn, insofern als es deren morphosyntaktische Repräsentation festlegt.5 Verben weisen ihren nominalen Aktanten entweder einen Kasus zu, oder sie verlangen Präpositionen, die ihrerseits den Kasus des betreffenden Substantivs festlegen. So fordert descendre(y) in aktivischer Verwendung zur Realisierung seines a-Aktanten die syntaktische Kategorie El, zu deijenigen seines b-Mitspielers die Kategorie E2 und zur Realisierung von c die Kategorie E4.6 Diejenigen Satzkonstituenten, die wie Luc, le velo und dans la cave in (1) im Stellenplan des Verbs verankert sind, nennen wir dessen Mitspieler oder Aktanten. Syntaktisch werden die Aktanten des Verbs als von diesem regierte Ergänzungen (im folgenden abgekürzt als E) realisiert. Satzkonstituenten, die wie ce soir in (1) nicht im Stellenplan des Verbs vorgesehen 3

4

s

6

Nach diesem Verständnis sind propositionale SachverhaltsdarsteIllingen keine bloßen Abbilder von in der außersprachlichen Wirklichkeit vorgefundenen Sachverhalten, sondern Sachverhalte werden durch die Tatsache ihrer Darstellung in der Sprache und durch die jeweiligen sprachlichen Mittel, durch die diese Darstellung erfolgt, zu eben solchen und nicht anderen gemacht (vgl. Koch 1981:25). Vgl. in diesem Sinne Busse (1974:113), der feststellt: "Nicht die Bedeutung des Verbs ist ergänzungsbedürftig, sondern das Verb hat die Bedeutung, 'ergänzungsbedürftig' zu sein, es hat eine relationelle Bedeutung, die als lexiko-syntaktische Bezüglichkeit zu interpretieren ist." Unter Rektion im weitesten Sinne ist die Fähigkeit eines (regierenden) Syntagmas Α zu verstehen, die morphosyntaktische Form (z.B. den Kasus) eines anderen (regierten) Syntagmas Β festzulegen. Rektion, die eine einseitige Zuweisung morphosyntaktischer Merkmale durch V oder Präpositionen beinhaltet, wird häufig unterschieden von der Relation der Kongruenz, wie sie vorliegt in lesß) hommes(A) oder grandeßj fille^), wo die Elemente des jeweiligen Syntagmas in Bezug auf bestimmte morphosyntaktische Merkmale ko-variieren (vgl. Matthews 1993:116). In valenztheoretischen Ansätzen wird der Nutzen des Rektionsbegriffes häufig bezweifelt (vgl. u.a. Heibig 1976:144, Stepanova / Heibig 1981:188ff., Koch 1981:95). Wir übernehmen dabei das Inventar syntaktischer Kategorien aus Kotschi (1981:94).

3 sind, sondern dem Komplex aus Verb und Aktanten von außen hinzugefügt werden können, nennen wir im Anschluß an Tesniere (1969:102f.) Zirkumstanten7 Syntaktisch werden Zirkumstanten als (nicht vom Verb regierte) freie Angaben realisiert. Fungieren einfache Verben im Satz als Prädikate, so stehen ihre lexikalischen Valenzeigenschaften insofern in unmittelbarer Deckungsgleichheit mit den valenzbedingten Satzfunktionen des Prädikats, als die und nur die Satzpositionen, die bereits auf Lexikonebene als Leerstellen in der Valenzstruktur des Verbs vorgesehen sind, im Satz vom Verb und nur vom Verb durch Selektionsrestriktionen reguliert und mit einer semantischen Aktantenrolle sowie einer morphosyntaktischen Form versehen werden können. Bei komplexen Prädikaten wie den Funktionsverbfiigungen, die Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind, sind dagegen, wie zu zeigen sein wird, lexikalische Valenzeigenschaften und die verschiedenen Ebenen der valenzbedingten Satzfunktionen nicht mehr deckungsgleich.

1.2.

Anstelle einer Definition: was sind Funktionsverbgefuge?

Am Beginn jeden Redens über einen Gegenstand kann dessen präzise Bestimmung erwartet werden. Ein erstes grundlegendes Problem, welches das wissenschaftliche Reden über Funktionsverbgefüge (FVG)8 mit sich bringt, besteht darin, daß die Definition dieses Gegenstandes eine der Fragestellungen ist, die man trotz einer längeren Forschungsgeschichte als ungeklärt

7

8

Zirkumstanten werden zwar vom Verb nicht gefordert, sie können umgekehrt jedoch auch nicht völlig frei hinzugefugt werden. Vielmehr scheint es so, als übe das Verb bzw. der Komplex aus V und seinen Aktanten Restriktionen aus, die jeweils bestimmte Typen von Zirkumstanten ausschließen (vgl. etwa Dik 1978:35f.), und als stünden die verschiedenen Ziikumstantenklassen in jeweils unterschiedlicher Nähe zum Prädikat des Satzes (Melis 1983, Dik 1989:72). Neben dem Terminus "Funktionsverbgefuge" werden wir imfolgendenauch die gleichwertige Denomination "Funktionsverbfugung" gebrauchen. Diese geht zurück auf Heringer (1968a) und wurde von Kotschi (1974) und Bahr (1977) wiederaufgenommen. Der Terminus "Funktionsverbgefuge" wurde von Engelen (1968) geprägt und von Herrlitz (1973), Rothkegel (1973) und Persson (1975) übernommen. Als weitere Termini für den hier interessierenden Konstruktionstyp wurden in der Forschung Bezeichnungen wie "analytische Kausativbildung" (Kolb 1962), "nominale Umschreibung" (Daniels 1963 und 1972), "Funktionsverbformer (v. Polenz 1962), "analytische Verbalverbindung" (v. Popadic 1971), "Streckform" (Schmidt 1968) und "verbale Periphrase" (Blochwitz 1980) geprägt. Zur Terminologiegeschichte in der germanistischen Forschung vgl. Persson (1975:6). In der französischsprachigen und romanistischen Forschung werden solche Konstruktionen häufig unter dem Namen "locutions verbales" untersucht, zumal dann, wenn diese Untersuchung aus der Perspektive der Phraseologieforschung erfolgt (vgl. u.a. Rohrer 1967, Gaatone 1981 u. 1982, Gougenheim 1971, Lipshhz 1981). Gross u.a. (etwa in Gross 1981), die solche Konstruktionen als nicht per definitionem phraseologisch feste komplexe Prädikate analysieren, verwenden zu ihrer Bezeichnung den m.E. glücklicheren Terminus "constructions i verbe support". Demgegenüber spielt der von Dubsky (1963), (1964), (1965), (1966a), (1966b), (1988) geprägte Begriff der "formes (tecomposees" (s.u., 2.2.) in der Forschung keine Rolle. In der englischsprachigen Forschung, wo solche Konstruktionen als "complex predicates" behandelt werden, ist der Terminus des "light verb" zur Charakterisierung ihrer Verbalkonstituenten (Cattell 1984:20 im Anschluß an Jespersen) geprägt worden.

4 ansehen muß.9 Unstrittig ist nur soviel: als FVG bezeichnet man formal komplexe, feste und halbfeste Prädikatsausdrücke im Grenzbereich zwischen Syntax und Lexikon, wie beispielsweise die Konstruktionen faire greve, prendre connaissance de Nqc, etre en discussion(s) avec Nqn. Konsensfähig sind darüber hinaus nur die allgemeinsten Eigenschaften von FVG. Ihre Verbalkonstituenten sind - verglichen mit den jeweils gleichlautenden Vollverben - semantisch weitgehend "inhaltsarm" (Althaus / Henne / Wiegand 1980:626f.)'0 in dem Sinne, daß sie nur mehr "satzkonstitutive [...] grammatische Funktionen" wahrnehmen, im wesentlichen also die Markierung von Numerus, Tempus, Person, Modus und Genus verbi. 11 Aus diesem Grunde werden sie als "Funktionsverben" (FV) - im Unterschied zu lexikalischen Vollverben (V) - bezeichnet. Dem weitgehenden Verlust an "konzeptuellem Gehalt" (Grundzüge 1981:433) auf Seiten der Verbalkonstituenten entspricht ein Funktionszuwachs der substantivischen Formative (N(FVG)X welche die semantischen Zentren der jeweiligen komplexen Prädikatsausdrücke bilden. 12 Funktionsverbfiigungen bestehen im Französischen entweder aus den Konstituenten FVN(FVG) oder aus FV Präposition (PRÄP) N(FVG)· Die umfangreichsten Gruppen sind: a) das Paradigma der avoir N(FVG) und verwandte Konstruktionen,13 z.B. {avoir + prendre} connaissance (de Nqc), {prendre + perdre} patience neben avoir de la patience, {prendre + perdre} courage neben avoir du courage; b) die Gruppe der faire N(fvg),ia wie z.B. faire concurrence (ä N), faire faillite, faire fonction (de N), faire irruption (dansNqc), fairepression (sur N), faire usage (de Nqc) usw.; c) das Paradigma der etre PRÄP N(fvg) und verwandte Konstruktionen,^ wie etre en admiration (devant N), etre en revolte (contre N), etre sur le depart, {etre + mettre} sous (le) controle (de Nqn), {etre + mettre + tenir} en alerte, {etre + mettre} dans Vembarras usw. Beispiele für FVG, die weniger umfangreichen Paradigmata angehören, sind etwa trouver {une explication + une reponse + une solution}, avoir Ν en {degout + affection + Sympathie + grippe}, porter {plainte (contre N) + atteinte (a N) + secours (a Nqn)}, tirer vengeance de Nqc, prefer assistance ά Nqn, rendre service a Nqn, garder rancune ά Nqn usw.

1.3.

Ein Kriterienkatalog zur Bestimmung von Funktionsverbgefugen

Die Schwierigkeit, den Konstruktionstyp FVG über oberflächliche Charakterisierungen wie die oben skizzierten hinaus zu definieren, beruht nicht auf einem Mangel an Kriterien, sondern auf 9 10 11 12

13 14 15

Vgl. in diesem Sinne Yuan Jie (1986:7). Vgl. u.a. Engelen (1968:289), Crome (1976:41), Blochwitz (1980:4). Vgl. u.a. Bresson (1989:65). Diesen Umstand umschreibt Daniels (1963:17) mit der Formulierung: "[...] der Inhaltswert kommt dem Substantiv zu, der Satzwert dem Verb mit seiner Personalform." Weitere, z.T. sehr originelle Argumente für die Zentralität des NQJVG)findensich bei Lipshitz (1981:38). Vgl. Labelle (1974), (1983,) (1984), Meunier (1981), Vives (1983), (1984). Vgl. Thun (1981), Giry-Schneider (1978a), (1978b), (1987). Vgl. Negroni-Peyre (1978). FVG der Form {Stre + mettre} PRÄPN(FVG) werden auch bei Danlos (1980), (1981) und (1988) berücksichtigt.

5 dem Umstand, daß die Anwendung der einzelnen zur Verfugung stehenden Kriterien zu einander widersprechenden Ergebnissen fuhrt. Zur Darstellung dieser Problematik wollen wir im folgenden einen Katalog von insgesamt 9 Kriterien diskutieren, die alle - in zum Teil verschiedenen Kombinationen und mit unterschiedlicher Gewichtung - in der Forschung eine Rolle spielen. In einem weiteren Schritt wollen wir als Konsequenz aus der Problematik dieses Katalogs die Frage nach Status und relativem Gewicht der einzelnen Kriterien stellen.

1.3.1. Die Inhaltseinheit von Funktionsverb und Fügungsnomen Die substantivische Konstituente N(FVG) und die Verbalkonstituente FV repräsentieren im Satz eine "Inhaltseinheit" (Daniels 1963:15). Sie erfüllen gemeinsam die für lexikalische Vollverben oder Adjektivprädikate etre ADJ charakteristische Funktion des Satzprädikates und können daher im Satz als Gesamtheit durch einfache V bzw. etre ADJ substituiert werden. 16 Mit Hilfe dieses Kriteriums lassen sich FVG wie in (3.1) von freien syntaktischen Verkettungen aus Vollverb und nominaler Ergänzung (VNß•)) wie in (3.2) unterscheiden. (3.1) Luc a mis en mouvementfpyG) s a chaise roulante. < => Luc a fait se mouvoir sa chaise roulante. (3.2) Luc a mis (y) toute sa force dans ce mouvement (de sa chaise roulante). *Luc a fait se mouvoir tout SON {inergie + force + concentration}. Allerdings würden durch das Kriterium der formellen satzfünktionalen Äquivalenz mit V oder etre ADJ auch Konstruktionen als FVG ausgewiesen, die nach Maßgabe weiterer, im folgenden noch zu diskutierender Kriterien nicht den Status von FVG haben. So läßt sich faire in Satz (4.1) als eigenständiges, inhaltsstarkes V in der Bedeutung 'anfertigen, herstellen' interpretieren. Ebenso hat mettre in konkret-räumlicher Bedeutung 'legen, setzen' in (S.l) sowie in übertragener Bedeutung in (6.1) den Status eines V. Dennoch lassen sich faire(y) N@) und mettre (η PRÄP Nß) durch einfache V paraphrasieren. (4.1) Luc a fait {une photo + un dessin} de Marie. (4.2) Luc α fphotographi0 + dessini) Marie. (5.1) Luc a mis {du goudron sur la route + de l'huile dans la serrure}. (5.2) Luc a fgoudronni la route + huiΙέ la serrure). (6.1) Luc met son espoir en Marie. (6.2) Luc espire en Marie.

16

Vgl. u.a. Sabräula (1966:184f.), Engelen (1968:291), Heringer (1968a:41ff.), Gougenheim (1971:64), Persson (1975:7), Heibig (1979:276), Blochwitz (1980:15ff. sowie 26ff.), Hinderdael (1980:342ff ), Bresson (1989:58), Frein-Plischke (1992:3).

6 1.3.2. Das Ffigungsnomen als Nomen actionis Insbesondere in der germanistischen und deutschsprachigen Forschung werden als FVG nur solche Konstruktionen zugelassen, deren Nominalkonstituenten Nomina actionis sind.17 Das Konzept des Nomen actionis ist dabei zweifach, nämlich sowohl morphologisch und als auch semantisch, definiert. Unter morphologischen Gesichtspunkten sind Nomina actionis deadjektivische oder deverbale Wortbildungen. In strikt synchronischer Hinsicht ist es dabei unerheblich, ob sich das betreffende Nomen vom Verb ableitet, oder ob umgekehrt das Verb sich diachronisch auf das Substantiv zurückfuhren läßt. Entscheidend ist allein die den Sprachteilhabern zur Verfügung stehende Möglichkeit, Nomen und Verb aufgrund ihrer morphologischen Affinität in Beziehung zu setzen (Heringer 1968a:27). Semantisch haben Nomina actionis den Charakter von Verbalabstrakta. Diese Kategorie definiert Heringer (1968a:25f.) folgendermaßen: Ein Nomen actionis besitzt die gleiche semantische Funktion wie ein Verbum: es bezeichnet eine Handlung, einen Vorgang oder einen Zustand. Dies kommt allerdings in dem Zusatz 'Actionis' nicht klar zum Ausdruck, da wir kein Wort besitzen, das diese drei Funktionen bezeichnet. Anhand dieses Kriteriums läßt sich das FVG aus (3.1) vom Nicht-FVG in (3.2) unterscheiden. (3.1) Luc a mis en mouvementfpvo) sa chaise roulante.

mowoir, se mouvoir (3.2) Luc a misfv) tout son espoir dans ce mouvement (politique)ß4j.

?

Die Bestimmung, der zufolge die N(FVG) obligatorisch Nomina actionis sind, hängt zwar eng zusammen mit dem Kriterium der satzfunktionalen Äquivalenz von FVG mit V bzw. etre ADJ (Kriterium 1), doch sind beide Kriterien nicht völlig deckungsgleich. Dem Kriterium 2 zufolge scheiden nämlich verbäquivalente Konstruktionen wie mettre {du goudron + de l'huile} oder faire {une photo + un dessin} aus dem Kreis der Kandidaten für den FVG-Status aus, da sie zwar in morphologischer Affinität zu einfachen V stehen (und damit die morphologische Bedingung für das Vorliegen von Nomina actionis erfüllen), gleichzeitig aber keine Verbalabstrakta, sondern Konkreta sind. Allerdings ist dieses Abgrenzungskriterium einerseits insofern zu eng, als Nomina actionis auch als Ergänzungen von Vollverben auftreten können: (7) Luc a mis toute son inergie dans la ridacüon de sa thiseßq. Andererseits ist das Kriterium 2 insofern zu weit gefaßt, als es aufgrund seiner morphologischen Klausel nahelegt, Konstruktionen wie die in (10) als Nicht-FVG zu klassifizieren, die nach noch vorwissenschaftlich-intuitiven Maßstäben - dieselbe bzw. eine ähnliche Bedeutung hat wie die Konstruktionen in (8) und (9), die sich unter Maßgabe der bisher diskutierten Kriterien problemlos als FVG kategorisieren lassen. (8) 17

fitre + mettre) en ordre(ργο)

ordonner^y), itre ordonni(ADj)

Vgl. v. Polenz (1963:11), Heibig (1979:276), Heringer (1968a:25ff.) und (1988:109), Starke (1989:81). ZumforschungsgeschichtlichenHintergrund dieses Kriteriums, s.u., 2.1.1.

7 (9) {ötre + mettre} endäsordrefpyG) (10) fStre + mettre} en pagaille

Stre disordormi.ißDj)

?

Angesichts dieser und anderer18 Schwierigkeiten und der Häufigkeit problematischer Fälle wie in (10) ist in der Forschung bisweilen der Vorschlag gemacht worden, die morphologische Relation zu V oder ADJ als definitorisches Merkmal von FVG aufzugeben und sich ausschließlich an den semantischen Gegebenheiten zu orientieren. 19 Diesen Gedanken werden wir in der vorliegenden Arbeit aufgreifen und ausbauen. Vor einer ausfuhrlichen methodischen Begründung sollen jedoch die Kriterien 1 und 2 trotz ihres problematischen Charakters vorläufig weiter Anwendung finden und Konstruktionen wie etre en pagaille zunächst aus der Diskussion ausgeklammert werden.

1.3.3. Die Nicht-Substituierbarkeit des Funktionsverbs durch Vollverben Die FV alleine können nicht durch bedeutungsähnliche lexikalische Vollverben ersetzt werd e n d Durch dieses Kriterium unterscheiden sich FVG wie die in (11.1) und (12.1) von VΝß) wie denen in (11.2) und (12.2). (W A)Luc a {mis + *posi + *diposi}(FV) sa chaise roulante en mouvementfFVG'•)• (11.2)Luc a {mis + posi + diposi}(y) sa chaise roulante au garage. (12.1)Marie a {fait + *rialisi + *produit}(pv) usagepryß) du νέΐο de Max. (12.2)Marie a {fait + rialisi + produit}(V) un portrait de Max. 1.3.4. Die Reihenbildung von Funktionsverben und Fügungsnomina Trotz ihrer gegenüber den gleichlautenden Vollverben eingeschränkten paradigmatischen Beziehungen (Kriterium 3) bilden sowohl die FV als auch die N(FVG> ausgeprägte Kommutationsreihen.21 (13) Luc {α έίέ + est tombi} en {disgräce + däfaveur} aupräs de ses supirieurs. (14) Luc {est + reste + entre} en {relation + rapport + contact + conflit + discussion + nigociation + ...} avecMarie. (15) Marie {a + prend} cette affaire sous {son contrdle + sa direction + sa responsabiliti + sa surveillance + ...}. 18

19 20 21

In der Forschung wird häufig offengelassen (bzw. jeweils ad hoc entschieden), wie weitgehend die semantische Affinität zwischen dem FVG und seinem verbalen oder adjektivischen Substitut sein muß. Es hängt ganz offensichtlich von der Beantwortung dieser Frage ab, ob man die Konstruktion Luc et Marie sont en froid als FVG interpretiert oder nicht (? Les relations entre Luc et Marie sontfroidesfADJ))·Eine zu großzügige Auslegung birgt die Gefahr methodischer Beliebigkeit. Kotschi (1974:69f.), Persson (1975:7). Sabräula (1966:186), Heibig (1979:276), Hinderdael (1980:340) sowie Gaatone (1981:49), letzterer aber mit Beispielen, die zum größten Teil phraseologisch feste Syntagmen im engeren Sinne sind. Vgl. Engelen (1968:293ff), Götze (1973:57), Heibig (1979:276), Hinderdael (1980:340), Bresson (1989:59), Frein-Plischke (1992:5ff.), Gross (1993:109 u. 118). Schon Engelen (1968:303) weist allerdings auch auf lexikalisierte FVG ohne Reihenbildung hin.

8 (16)

Luc {a + prend} Max en {ρίίίέ + digoüt + amitii + aversion + conflance + considiration estime + affection + Sympathie + horreur + ...}.

+

Problematisch ist nun die Tatsache, daß die gleichzeitige Anwendung der Kriterien 3 und 4 ein zirkuläres Verfahren begründet. Woher weiß man im Einzelfall, ob es sich bei den kommutierenden Elementen um bedeutungsähnliche V oder im Gegenteil um die Elemente eines FV-Paradigmas handelt? (17) ζα m'aurait flanqui dans des rages folles de voir Jeanne faire la coquette aupris des clients [...]. (Sue:43) (18) Qa suffit [a Ivan Lendl, U.D.J pour s'imposer gräce ä un redoutable service et un passing de coup droit quifigent l'ex-numiro un dans une colkre insurmontable. (L3.ll .86:43) In (17) und (18) sind flcmquer und figer als verbale Konstituenten im Kontext der jeweiligen PRÄP Ν so unüblich, daß sich allein aus der Austauschbarkeit von figer und flcmquer lediglich schließen läßt, daß sie denselben Status haben, also entweder beide als FV oder aber beide als V klassifiziert werden müssen. Erst das Einsetzen von mettre oder (faire) entrer, von denen man aufgrund anderer Kriterien "weiß", daß sie im Kontext von en rage, en colere als FV fungieren, gibt hinreichenden Grund zu der Annahme, daß figer und ftanquer in (17) und (18) ebenfalls als FV verwendet werden.

1.3.5. Der obligatorische Charakter des Fügungsnomens Die Konstituente N(FVG) bildet den semantischen Kern des FVG. Ihr Auftreten ist aus diesem Grund obligatorisch.22 (19) Luc a mis ses projets ά ex0cution. (20) Luc est en discussion avec Marie. (21) Luc a fait usage du νέΐο de Marie.

=> => =>

*Luc a mis ses projets. Luc est avec Marie. *?Luc a fait (du + le) vilo de Marie.

Dieses Kriterium, das auf die "inhaltsarme" semantische Struktur der FV verweist (s.o., S.4), trifft zwar auf alle FVG ohne Ausnahme zu, doch stellt es keine spezifische Eigenschaft solcher Konstruktionen dar. Abweichende Sätze oder Bedeutungsunterschiede ergeben sich auch dann, wenn die obligatorische Ergänzung eines Vollverbs getilgt wird: (22) Luc a mis(y) son manteau sur le fauteuilßy. => ?Luc a mis son manteau.

1.3.6. Die fehlende Anaphorisierbarkeit und Erfragbarkeit des Fügungsnomens Die N(fvg) können nicht anaphorisiert werden.23 22 23

Vgl. Herrlitz (1973:14) und Heibig (1979:277). Vgl. Daniels (1963:23), Rohrer (1967:358), Engelen (1968:290), Rothkegel (1969:11), Götze (1973:53), Heibig (1979:276), Blochwitz (1980:5), Hinderdael (1980:336), Gaatone (1981:67ff.), Frein-Plischke (1992:3).

9 (23) *Luc α έίέ en confiitfpyQ) avec Marie et Max y α έίέ aussi. (24) *Luc n'apas repris couragefpyG)· C'estMax qui l'a repris. (25) *Luc a pris lafiiite^jryG)hier, et Max {l'a prise + a pris la sienne} ce matin. Ebensowenig können die N(FVG) erfragt werden.24 (26) *Luc, {oü + comment} a-t-il έίέ(ρν> avec Marie? En conflit(pvG)? (27) *Luc, qu'est-ce qu'il a faitfpy) du νέΐο de Marie? Usage(pyQ)? Anaphorisierung und Erfragung werden hier als ein einziges Kriterium behandelt, da in beiden Fällen Konstituenten des Satzes anaphorisch bzw. (im Fall der Erfragung) kataphorisch durch Pro-Formen ersetzt werden. Durch dieses Kriterium unterscheiden sich FVG wie in (26), (27) von V Ν(E) wie faire fune photo+ un dessin}, mettre son espoir dans Ν, mettre {du goudron + de l'huile} usw., denen gemeinsam ist, daß sie lediglich das Kriterium 2 - Substituierbarkeit durch einfache V - und, bei weiter Auslegung, auch die morphologische Bestimmung des Kriteriums 1 insoweit erfüllen, als ihre nominalen Konstituenten morphologisch in Relation zu einfachen V stehen: (28) A: (a) Qui a fait {cette photo + ce dessin}? Β: (b) C'estMax qui l'a fait(e). (29) Luc a mis son espoir dans ce mouvement, et Max y met le sien aussi.

1.3.7. Die eingeschränkte Referenzfähigkeit des Fiigungsnomens Die N(FVG) weisen eine eingeschränkte Referenzfähigkeit auf. Damit ist gemeint, daß der Artikelgebrauch vor N(FVG). die Pluralfähigkeit der N(FVG). ihre Attribuierbarkeit sowie bestimmte Negationsarten in unterschiedlicher Weise blockiert sind.25 So postulieren ältere Forschungspositionen das obligatorische Fehlen des Artikels bzw. das Vorliegen des festen bestimmten Artikels als konstitutiv für FVG (Gougenheim 1971:57, Heringer 1968a:37fF.).26 (30) Luc a mis son train electrique en {mouvement + marche + service}. *Luc a mis son train ilectrique {en + dans} {UN + LE + CE} {mouvement + marche + service}. (31) Luc a pris Marie en {affection + digoüt}. *Luc a pris Marie {en + dans} {UN + LE + CE} {affection + digoüt}. (32) Luc a pris la fiiite devant ses probUmes. *Luc a pris {β + une + cette}fiiitedevant ses probUmes.

24

25 26

Vgl. Daniels (1963:17f ), Engelen (1968:290), Rothkegel (1969:11), Götze (1973:53), Persson (1975:12), Helbig (1979:276), Hinderdael (1980:336). Vgl. Blochwitz (1980:9f). Heringer unterscheidet dabei zwischen FVG im engeren Sinne, die seiner Meinung nach artikellos sein müssen, und einem äußeren Bereich von FVG mit artikelfahigen N(FVG)< Vgl. zu dieser Frage auch Sabrsula (1966:186f ), Rohrer (1967:358), Rothkegel (1969:12), Blochwitz (1980:9), Hinderdael (1980:336), Danlos (1981:57), Gaatone (1981:57f.), Lipshitz (1981:40), Bresson (1989:62ff.). Von besonderem Interesse ist Rohrer (1967), der fur FVG des Französischen die Frage "Nullartikel oder fehlender Artikel?" aufwirft.

10 Die N(FVG) sind häufig nicht pluralfähig .27 (33) Luc a mis sa voiture en {?mouvements + *marches + *services}. (34) *Luc a pris Marie en {affections + digoüts}. (35) "Luc a pris les fiiites devant ses problämes. Die N(FVG) sind bisweilen nicht oder in nur beschränktem Maße durch adjektivische oder präpositionale Attribute erweiterbar.28 (36) *Luc a mis ses projets ά fe + une} execution rapide. (37) *Les projets de Max sont ä {0 + une} itude soigneuse au Conseil municipal. (38) Luc a mis son train ilectrique {en + *dans une} marche rapide. Die Negation der F V G kann in der Regel nur in Form einer Satznegation mittels ne ... pas, nicht aber in der Form einer Wortnegation allein von N(FVG) durch (ne) ... aucun N(FVGJ oder ne... pas de ΝρνΌ) realisiert werden. 2 ' (3 9) Marie η 'est pas en rage. *Marie η 'est dans aucune rage. (40) Cette histoire ne veut pas prendre fin. * Cette histoire ne veut prendre aucune fin. * Cette histoire ne veut pas prendre de fin. (41) Luc n'apas {peur + faim + envie}. *Luc η 'a pas DE {peur + faim + envie}. *Luc η 'α aucune peur. aber: Luc n'a aucune {faim + envie}. Für die Abgrenzung von F V G einerseits und VNß) andererseits sind solche Eigenschaften allerdings von zweifelhaftem Wert. Einerseits zeigt es sich zwar, daß VNß) in der Regel keiner der dargestellten Restriktionen unterworfen sind. Dies gilt auch fur die nur-verbäquivalenten Konstruktionen vom Typ faire une photo, mettre son espoir qp oder mettre du goudron qp, deren nominale Konstituenten unbeschränkt pluralfähig, attribuierbar und relativsatzfähig sind, die jede beliebige Artikelform außer 0 zulassen und die ohne Ausnahme durch die Wortnegation mittels ne... aucun oder ne... pas de verneint werden können: (42) Luc fait {une belle photo + des photos ridicules + la photo que lui a demandi Max}. (43) Luc n'a {pas fait de dessin + fait aucune photo}, mais Max en a fait trois. Neuere Untersuchungen kommen jedoch zu dem Ergebnis, daß die N(FVG) den oben skizzierten Restriktionen in höchst unterschiedlichem Maße unterworfen sind, und daß dementspre-

27

28

29

Vgl. Rohrer (1967:359), Persson (1975:10), Heibig (1979:276), Hinderdael (1980:336), Danlos (1981:59), Gaatone (1981:58ff), Lipshitz (1981:42). Sabräula (1966:187), Rohrer (1967:358), Rothkegel (1969:9f.), Götze (1973:54ff.), Gougenheim (1973:61ff ), Persson (1975:9f ), Heibig (1979:276f ), Hinderdael (1980:337), Blochwitz (1980:9), Danlos (1981:58), Lipshitz (1981:39), Bresson (1989:64f.). Vgl. fur das Deutsche Heringer (1968a:48), Götze (1973:53), Herrlitz (1973:13), Persson (1975:11), Heibig (1979:277), Hinderdael (1980:338), fur das Französische Rohrer (1967:359), Blochwitz (1980:9) und Gaatone (1981:57f ).

11 chend alle Artikelformen möglich sind.30 Hinsichtlich ihrer inneren Festigkeit lassen sich FVG in mehrere (im folgenden: vier) Gruppen untergliedern.3' a) FVG, deren N(FVG) frei attribuierbar und / oder pluralfahig sind. In unmarkierter Form (d.h., wenn N(FVG) nicht durch adjektivische Attribute oder Relativsätze qualifiziert wird) fehlt in solchen Konstruktionen entweder der Artikel (44), oder es treten der bestimmte Artikel (45) oder ein obligatorisches Possessivpronomen auf (46). Wird N(FVG) dagegen attribuiert, so verhält sich das Artikelsystem solcher Konstruktionen insofern völlig regelhaft, als - analog zu den Verhältnissen bei nominalen Ergänzungen lexikalischer Vollverben - in Zusammenhang mit der Art des Attributs entweder der bestimmte oder der unbestimmte Artikel auftritt.32 Eine Besonderheit des Artikelsystems der N(FVG) besteht allerdings darin, daß der Artikel auch bei Attribution oft ausfallen kann (47). (44) (45) (46)

Luc est avec Max {en relation + dans une relation itroite + dans la relation la plus itroite que I'on puisse imaginer}. Cette affaire a mis Luc {dans I'embarras + dans un grand embarras + dans le mime embarras que Max + dans de graves embarras financiers}. Luc a fait {son entrie + une entrie remarquie + I'entrie la plus remarquie de toutes}.

Die N(FVG) dieser Gruppe lassen sich in der Regel pluralisieren. Nicht pluralfahige N(FVG) sind dies auch außerhalb von FVG nicht: (47) (48)

Luc est avec Marie en {discussions + nigociations + conflits + relations + contacts + rapports + ....+ Oppositions) permanent(e)s. Les {discussions + nigociations + conflits + relations + contacts + rapports + ....+ Oppositions} sont permanent(e)s entre Luc et Marie.

Bereits innerhalb dieser Kategorie gibt es eine Reihe von Konstruktionen, die sich insofern in geringerem Maße "frei" verhalten, als bei ihnen einzelne der eben skizzierten Möglichkeiten blockiert sind: (49) Luc est en colire. Luc est {*en + dans une} colire terrible. (50) Luc est en effroi. Luc est {en + *dans un} grand effroi. (51) Luc fait usage du νέΐο de Marie. Luc fait {*0 + un} usage exagiri du νέΐο de Marie.

FVG dieser Gruppe lassen in Einzelfällen auch die Wortnegation allein von N(FVG) ZU: (51.1 )Luc ne fait aucun usage du νέΐο de Marie.

b) F V G , deren Konstituenten N(FVG) mit bevorzugten Attributen kombinierbar sind.

30 31 32

Vgl. Grimm (1981) u. (1986), für FVG des Spanischen Busch (1988). Ahnliche Einteilungsvorschläge für FVG des Deutschenfindensich bei Götze (1973:54ff.), zu französischen Konstruktionen vgl. Blochwitz (1980:9) und Danlos (1981:58f ). Auf keinen Fall hat das Auftreten der Artikelformen in solchen Fällen den Charakter von Ausnahmen (vgl. krit. Starke 1989:83).

12 (52) (53) (54) (55) (56) (57) (58)

Luc a grand fenvie + peur}. Max est dans une coläre noire. Luc fait grand cas de la thdse de Marie. Luc a grand-peine a terminer sa thdse. Luc a une peur bleue. Luc a une faim de loup. Max fait {triste + piitre} figure.

Zu dieser Gruppe gehören auch Fügungen, deren N(FVG)-Konstituenten obligatorisch im Plural auftreten oder bestimmte feste Attribute fordern: (59) Marie entre en pourparlers avec Max. (60) Luc mene grand train. (61) Max a fait bon menage avec Marie. c) Distributioneil erstarrte Fügungen, deren nominale Formative starken syntaktischen Beschränkungen unterworfen sind. Die N(fvg> sind in der Regel weder pluralfähig noch attribuierbar, und ihre Artikelformen (in der Regel α oder der bestimmte Artikel) können nicht durch andere substituiert werden. (62) Luc est ά l'abri des calomnies de Max. *Luc est ά {V + un} abri sür des calomnies de Max. (63) Marie a rapidement mis ses projets ά exäcution. * Marie a mis ses projets ä fe + une} execution rapide. (64) Luc a pris la fuite. *Luc α pris {la + une} fuite inattendue. d) Idiomatisierte FVG. Im Gegensatz zu den Konstruktionen unter c) sind solche F V G auch unter semantisch-interpretativen Gesichtspunkten phraseologisch fest. Unter dem Gesichtspunkt ihrer syntaktisch-distributionellen Variabilität sind sie immer vollständig blockiert: (65) (66) (67) (68)

Luc est en mal2 d'une cigarette. Max est en panne2 d'idies. Luc α l'estomac en beme. Celle facture va rester en souffrance.

1.3.8. Die Stellungseigenschaften der FVG im Satz F V G haben bestimmte Stellungseigenschaften im Satz, die auf einen hohen Grad an syntagmatischer Kohärenz hinweisen.33 Im Französischen gilt, daß präpositionale Ergänzungen (z.B. E4-Konstituenten) normalerweise auf das direkte Objekt N(E2) folgen, welches seinerseits seinen normalen Platz hinter dem Verb hat, wenn die Satzglieder in unmarkierter, kanonischer Normalstellung auftreten. (69) Luc a mis son νέΙθβ2) au 33

garage^)·

Weitere Besonderheiten, die die Stellungseigenschaften von FVG im Deutschen betreffen, werden u.a. bei Daniels (1963:24), Heringer (1968a:50f ), Herrlitz (1973:13ff ), Heibig (1979:277), Persson (1975:12) und Hinderdael (1980:338) beschrieben.

13 Als Alternative zu dieser Abfolge können das direkte Objekt und die präpositionale E4-Konstituente zwar ihre Positionen tauschen, doch wird nun als Konsequenz seiner nunmehr markierten Satzposition das direkte Objekt rhematisch hervorgehoben. (70) Luc a mis au garage ß^ son νέΙθβ2) (et

non

Pas

sa

v°i,ure(E2))·

Dagegen sind bei FVG der Struktur FV PRÄP N(FVG) grundsätzlich beide Abfolgemuster unmarkiert. A Β

(71.1) Cette histoire a misfpy) ses soupfons ß2) en ^ve'l(N(FVG)) (71.2) Cette histoire a mis en iveilßvG) ses soupgonsß2)

Während die Satzgliedfolge Α in (71.1) also insofern derjenigen von Sätzen mit einfachen V in Prädikatsfunktion entspricht, als hier das direkte Objekt ses soupgons, ses projets unmittelbar auf den morphologisch verbalen Teil des Prädikats folgt, ist die in (71.2) realisierte alternative Möglichkeit Β ein Indiz für die interne, syntagmatische Festigkeit des komplexen Prädikats FVG, dessen Konstituenten unabhängig von ihrer morphosyntaktischen Realisierung zusammen die Position von V einnehmen können. Allerdings wird die in (71.1) realisierte Satzgliedfolge Α zum bevorzugten bzw. einzig möglichen Muster, wenn das N(FVG) mit einem qualifizierenden Attribut ((72.1), (72.2)) oder einer präpositionalen attributiven Ergänzung ((73.1), (73.2)) versehen wird.34 Der Satz (72.2) ist zwar nicht grammatisch abweichend, wird jedoch von Informanten als weniger "natürlich" bzw. weniger "normal" interpretiert als der Satz (72.1): A Β A Β

(72.1) Cette affaire α misßy) Luc et Marieß2) de™ les raPPorts2(N(FVG)) les plus cordiaux et les plus ditendus qu'on puisse imaginer. (72.2) Cette affaire α misßy) dans les rapportS2(N(FVG)) les plvs cordiaux et les plus deten dus qu'on puisse imaginer Luc et Marieß2). (73.1) Cette affaire α misßy) Lucß2) en colkre(S(FVG)) contre Max. (73.2) * Cette affaire α misßy) en coldre^ßyQjj contre Max Lucß2) (et non pas Leaß2))·

Umgekehrt wird die Alternative Β mit dem direkten Objekt in Satzendstellung zur einzig unmarkierten Möglichkeit, wenn dessen syntaktischer Komplexitätsgrad den einer minimalen NP, d.h. DET Ν deutlich überschreitet. Der Satz (74.1) wurde von Informanten als "natürlicher" bewertet als (74.2). (74.3) ist klar abweichend. Β A A

(74.1) Cette affaire a mis en ένβίΐβγο) les vieux soupfons de Marieß2) (concernant le comportement de Luc). (74.2) Cette affaire α misßy) les vieux soupgons de Marieß2) en ένείΐβγο). (74.3)* Cette affaire α misßy) les vieux soupfons de Marie concernant le comportement de Lucß2) en ένβίΐβγο).

Damit dieser Effekt eintritt, reicht es, wenn ein solcher Mitspieler als Possessivpronomen realisiert wird: Luc a mis Max sur ses gardes. *Luc a mis sur ses gardes Max.

14 1.3.9. Besondere Valenz- und Rektionsverhältnisse in FVG Die Valenz- und Rektionseigenschaften von FVG werden in besonderer Weise durch die N(FVG) bestimmt. Diese Tatsache wirft ihrerseits eine Reihe von spezifischen Fragen auf. So stellt Heibig (1979:277) einerseits fest, das N(FVG) sei "[...] ein Hauptvalenzträger im Satz. Weitere Objekte und Adverbialien im Satz hängen nicht direkt vom FV sondern vom SF [vom N(FVG), U.D.] und erst über dieses SF von der Gesamtheit des FVG ab." Dieser These widerspricht nun aber Heibig (1979:277) selbst mit folgendem Schema, in welchem der präpositional angeschlossene y-Aktant auf seine Entwicklung nicht unmittelbar vom N(FVG> sondern von einer Konnexion aus FV und N(FVG) regiert wird. Wir(X) nehmen

Einfluß

auf seine

Entwicklung(y)

(aus Heibig 1979:277) Abb.1

Für beide Sichtweisen lassen sich gute Gründe anfuhren. a) Wenn FV und N(FVG) im Satz gemeinsam die Prädikatsfunktion ausüben (Kriterium 1), dann ist die Annahme plausibel, daß beide gemeinsam die Aktanten des Prädikats regieren. b) Im Fall der präpositional angeschlossenen Mitspieler wie auf seine Entwicklungist dagegen die Hypothese einer besonders engen Beziehung zum N(FVG) durch die Tatsache zu rechtfertigen, daß die betreffenden Aktantenleerstellen schon auf Lexikonebene von N(FVG) dependent sind. Die Fähigkeit des betreffenden lexikalischen Elementes, den fraglichen Mitspieler zu regieren, hängt nicht davon ab, ob dieses als N(FVG) auftritt oder nicht. Sie ist somit eine Eigenschaft, die das FVG von seiner nominalen Konstituente "ererbt".33 Der Einfluß

auf seine

Entwicklung.

Γ

Of)

Wir {haben + nehmen)

Einfluß auf seine

EntwicklungM

τ Abb.2

Eine konsequente Untersuchung der lexikalischen Eigenschaften des N(FVG) in Abb.2 würde zu dem Ergebnis fuhren, daß die Leerstelle des Mitspielers in Subjektposition ebenfalls bereits auf Lexikonebene im Stellenplan des Elementes in der Position N(FVG) angelegt ist: 35

Dieser Wortlaut sowie eine Argumentation im Sinne der folgenden Überlegungen finden sich auch bei Rösch (1994:94ff). Diese Arbeit stand mir erst unmittelbar vor der Fertigstellung meines Manuskriptes zur Verfügung.

15 Unser,ι Elnfluß auf seine Entwicklu

Wir w {haben * nehmen} Einfluß auf seine

Entwicklungw

Abb.3

Diese Situation bedingt, daß die Selektionsrestriktionen, die beide Mitspieler betreffen, nicht vom FV, sondern vom N(FVG) ausgehen. 36 So fordert das Nomen Angst (unabhängig davon, ob es sich mit h a b e n ^ zu einem FVG verbindet oder nicht) fiir seine erste Aktantenleerstelle obligatorisch einen Mitspieler mit dem Merkmal [+ belebt], während Einfluß(Ν) keine solche Restriktion fiir seine Aktanten festlegt. Aus der Tatsache, daß beide Ν zusammen mit haben(FV) FVG mit derselben Selektionsrestriktion bilden können, folgt, daß das FV seinerseits keine spezifischen Restriktionen für die Besetzung der fraglichen Aktantenleerstelle festlegt. (75.a) (75.b) (75 .c) (75 .d)

Die Angst {des Lehrers + *des Wetters} vor {Willy + seiner Entwicklung} [...]. {Der Lehrer+ *das Wetter} hat Angst vor {Willy + seiner Entwicklung}. Der Einfluß {des Lehrers + des Wetters} auf {Willy + seine Entwicklung} [...]. {Der Lehrer + das Wetter} hat Einfluß auf {Willy + seine Entwicklung}.

Ein Unterschied zwischen dem x-Mitspieler des Nomens und seinem y-Aktanten in Abb.3 besteht im Hinblick auf das FVG darin, daß letzterer seine morphosyntaktische Form unverändert beibehält, ersterer dagegen seine ausdrucksseitige Realisierung von der einer Genitiv-NP zu der einer Subjekt-NP im Nominativ ändert, d.h. von einer Kategorie nominaler Valenz zu einer Form wird, die der Realisierung verbaler Valenz vorbehalten ist. Der N(X)-Mitspieler des FVG ist zwar lexikalisch dependent vom N(FVG> wird aber nicht unmittelbar von diesem regiert, da eine Subjekt-NP nicht von einem Nomen regiert werden kann. Insofern als die Mitspieler des FVG lexikalisch zwar vom N(FVG) dependent sind, gleichzeitig aber in unterschiedlichen Rektionsbeziehungen stehen, liegt hier ein besonderes Verhältnis zwischen der Valenz der Konstituenten und den Rektionsverhiltnissen in der Gesamtkonstruktion vor. 37 Eine weitere - entscheidende - Frage wird in Helbigs Darstellung vermieden: In welcher Beziehung steht das N(FVG) zum FV? Ist eine Darstellung adäquat, die das N(FVG) als Ergänzung des FV ansieht? Unsere schematischen Darstellungen in Abb.2 und Abb.3 gehen von der - allerdings ungedeckten - Prämisse aus, daß dies nicht der Fall ist. (In beiden Darstellungen führt keine Verbindungslinie vom FV zum N(FVG)-) Dieser Umstand wirft die Frage auf, wie im 36 37

Vgl. Abramov (1978:11), Heibig (1979:277) sowie Cattell (1984:2). Diesen Umstand konstatiert schon Teubeit (1979:70), ohne ihn theoretisch zu reflektieren. S. auch Rösch (1994). Rösch (1994:95) stellt fur die FVG des Deutschen fest, "daß die Ε des FVG, und vor allem die Nominativeigänzungen vom FV morpbosyntaktisch gekennzeichnet und vom SF [d.h. dem N(FVG> U.D.] semantisch bestimmt werden". Daß diese Sichtweise etwas zu einfach ist, werden wir in Kap. 4.7.1. und 4.7.2. darlegen.

16 Rahmen einer solchen Interpretation das Verhältnis zwischen FV und N(FVG) konzeptualisiert werden kann. Dagegen sieht Helbigs Schema Beziehungen zwischen FV und N(FVG) vor, die einerseits zwar hierarchisiert sind, da die präpositionale Ergänzung von einer Konnexion aus FV und N(FVG) abhängt. Gleichzeitig werden aber die Relation, die zwischen dem gesamten FVG und seiner präpositionalen Ergänzung besteht, und diejenige, die das FV zum N(FVG) unterhält, als im Prinzip qualitativ gleichwertig dargestellt. Diese Sichtweise fuhrt zwangsläufig zu der (von Heibig in dieser expliziten Form vermiedenen) Schlußfolgerung, die Konstituente N(FVG) verhalte sich dem FV gegenüber wie ein normaler nominaler Valenzpartner eines normalen Verbs. 38 Die Frage nach der Natur der Beziehung zwischen FV und N(FVG) wird Gegenstand unserer ersten zentralen These (Kap. 3.4.) sein.

1.4.

Die Relevanzhierarchie der Kriterien

Der oben skizzierte Kriterienkatalog ist in mehrfacher Hinsicht problematisch. Unsere Kritik konzentriert sich vor allem auf drei Gesichtspunkte: 1. Die Anwendung bestimmter Kriterien (insbesondere des Kriteriums 2) fuhrt zu Ergebnissen, die kontraintuitiv sind. Diese Kriterien müssen genauer überprüft werden. 2. Bestimmte Kriterien, wie z.B. 1, 4 und 5, sind nicht spezifisch für FVG und deshalb operationell wertlos. 3. Die Kriterien haben eine höchst unterschiedliche Reichweite. Aus diesem Grund fuhren manche von ihnen zu Ergebnissen, die einander direkt widersprechen. Dieser Umstand wirft die Frage auf, in welcher Beziehung die einzelnen Kriterien zueinander stehen, welchen Status und welches relative Gewicht sie jeweils gegenüber den anderen Kriterien haben. 39 Konstruktionen, welche einzelne oder mehrere der oben aufgeführten Kriterien nicht erfüllen, dennoch als FVG einzuschätzen (wie dies in der Forschung häufig geschieht), setzt voraus, daß stillschweigend oder explizit eines oder mehrere der oben genannten Kriterien als höherrangig bewertet werden als die übrigen. Welches ist nun das zentrale Kriterium, das die qualitative Grenze zwischen

38

39

Diese bei Heibig nur angedeutete Sichtweise wird in expliziter Form von Abramov (1978:3) vertreten, wenn er über FVG des Typs {sein + kommen + bringen} PRÄP Ν(ργο) schreibt: "Die Funktionsverben des Seins und die des Überganges [gemeint sind sein^py) und kommen^py), U.D.] sind zweiwertig, die des Versetzens [z.B. bringen(ργ), U.D.] dreiwertig. Eine Wertigkeit wird stets durch den Anschluß der nominalen Komponente [(PRÄP) Ν(ργβ), U.D.] gesättigt und kann also nach außen hin nicht mehr wirksam sein. Die übriggebliebenen Wertigkeiten gehören zu den Valenzeigenschaften der Streckform als Ganzes." Unklar ist die Aussage bei Starke (1989:80), die FV böten "aufgrund ihrer ursprünglichen Vollverbfunktion mit den entsprechenden Aktanten [...] den syntaktischen Rahmen" für die N(FVG)· Gegen die Annahme eines normalen Satzgliedstatus von N(FVG) sprechen sich dagegen ausdrücklich SabrSula (1966:185), Gaatone (1981:62ff.) sowie Kotschi (1974:68ff.) aus, allerdings mit jeweils unterschiedlicher Begründung. Eine detaillierte Darstellung der Behandlung dieser Frage in der deutschsprachigen Forschung findet sich bei Rösch (1994:79ff ). Diese Sachlage problematisieren auch Heibig (1979:279) und Böhmer (1994:165ff ).

17 FVG und anderen Konstruktionstypen markiert? Der Gedanke einer "Relevanzhierarchie"40 der einzelnen Kriterien impliziert nicht notwendig, daß alle nicht-zentralen Kriterien irrelevant werden; sie bedeutet lediglich, daß bestimmte Merkmale fur relevanter gehalten werden als andere. Eine noch vorläufige, weil tautologische Fassung des zentralen Kriteriums, welches wir vorschlagen werden, lautet: Funktionsverbgefuge sind formal mehrgliedrige Prädikate, deren verbale Formative keine lexikalischen Vollverben, sondern Funktionsverben sind. Diese Bestimmung läßt sich durch die in 1.1. dargelegten theoretischen Vorüberlegungen begründen und an ein operationelles Abgrenzungsverfahren anbinden. Die empirisch wohlbegründete theoretische Prämisse der Zentralität des (lexikalischen Voll-) Verbs im Satz wollen wir nicht etwa schon als hinreichende Begründung für unseren Vorschlag verstanden wissen, zur Abgrenzung von FVG auf Eigenschaften der FV zurückzugreifen. Denn die zentrale und in der Forschung unstrittige Eigenschaft, durch die sich FVG von VN(E) unterscheiden, besteht gerade darin, daß nicht ihre Verbalkonstituente FV allein, sondern FV und N(FVG) zusammen das Prädikat des Satzes bilden. Diese Tatsache liegt direkt oder indirekt sämtlichen der in 1.3. aufgeführten Kriterien zugrunde.4· Offenbar ist sie so zentral, daß in der französischsprachigen Forschung neben dem dort zur Denomination von FVG üblichen Terminus constructions ä verbe support Bezeichnungen wie "locutions a noms predicatifs" (Bresson 1989:57) oder einfach "predicate nominaux" (Giry-Schneider 1987) verwendet werden. FVG repräsentieren den markierten Fall, daß nicht ein lexikalisches Vollverb, sondern eine Sequenz aus Funktionsverb und Nomen strukturelles Zentrum des Satzes im Sinne eines Prädikats ist, innerhalb derer wiederum das Nomen als Zentrum fungiert. Diese Aussage impliziert, daß die N(FVG) zu den FV, mit denen sie jeweils gemeinsam auftreten, nicht den Typ von Beziehungen unterhalten, in dem normalerweise Aktanten zu lexikalischen Vollverben stehen, wenn diese Prädikat des Satzes sind: N(FVG) sind keine A k t a n t e n der formal verbalen Konstituenten FV, sondern haben als P r ä d i k a t s k e r n e selbst prädikative Funktion. Diese bis hierhin rein semantische Argumentation hat eine formale Dimension, die für die übergeordnete Frage einer operationellen Abgrenzung von FVG unmittelbar relevant ist. Zentrales und gleichzeitig allgemeinstes Kriterium für eine Klassifizierung von gegebenen Aktanten und Zirkumstanten in konkreten Sätzen zu abstrakten syntaktischen Ergänzungs- und Angabenklassen ist ihre Anaphorisierung durch Pro-Formen4* sowie ihre unmittelbare Erfra-

40

41 42

Die Idee einer Relevanzhierarchie geht zurück auf die valenztheoretisch orientierte Arbeit von Günther / Pape (1976:113), die, was die Bestimmung des zentralen operationellen Kriteriums betrifft, zu demselben Ergebnis kommen wie wir, allerdings mit einer unterschiedlichen Begründung. Eine Ausnahme bildet in dieser Hinsicht lediglich das Kriterium 4. Der Terminus "Pro-Form", den wir im Anschluß an Kotschi (1981:86) verwenden, ist dabei so gefaßt, daß er mehr als nur die Pronomina im herkömmlichen Sinne umfaßt. Pro-Formen, die nicht gleichzeitig auch Pronomina sind, wären etwa ainsi oder ä ce moment-lä (vgl. Kotschi 1981:86). Pro-Formen sind zudem nicht an die Ersetzung von Elementen einer bestimmten Wortart gebunden (etwa der Wortart "Nomen", wie der Ausdruck "Pronomen" nahezulegen scheint), sondern können beispielsweise auch satzwertige oder adverbiale Ε oder Α vertreten (vgl. Kotschi 1981: 95).

18 gung.43 Hinter dieser in der Forschung unstrittigen Prämisse steht die Überlegung, daß die Funktionsweise von Pro-Formen gegenüber deijenigen ihrer lexikalischen Substitute (NP, PP, Sätze usw.) die eigentlich grundlegende ist, da sie in den Paradigmata, deren Elemente sie jeweils vertreten, den größtmöglichen Grad an Abstraktheit ausweisen (Kotschi 1981:87). Diese methodische Prämisse wird in valenztheoretisch orientierten Arbeiten, z.B. Kotschi (1974) und (1981), Engel (1970), (1982), (1988) und Engel / Schumacher (1976), systematisch zur Erstellung eines Inventars der Ergänzungsklassen von Verben des Französischen bzw. des Deutschen genutzt. Umgekehrt besteht eine Eigenschaft von V, die im Satz in Prädikatsfunktion auftreten, darin, daß sie nicht unmittelbar durch Pro-Formen wiederaufgenommen oder erfragt werden können.44 Diese Eigenschaft bewerten Busse (1974:62), Kotschi (1981:87) und Koch (1981:118) übereinstimmend als Ausdruck der hierarchisch ranghöchsten Stellung des Prädikats innerhalb des Satzes. Wenn sich die Aktanten des Verbs und die Zirkumstanten im Satz nun durch die spezifische Art und Weise, in der sie erfragt und anaphorisiert werden können, zu E- und Α-Klassen gruppieren lassen, so folgt daraus umgekehrt, daß Nicht-Aktanten wie die N(FVG) sich prinzipiell und durchgehend von Aktanten und Zirkumstanten dadurch abgrenzen lassen müssen, daß sie sich - wie der oben dargestellte Katalog in Form des Kriteriums 6 konstatiert - nicht bzw. auf grundlegend andere Art und Weise anaphorisieren lassen als diese.45 Genau wie die Erfragbarkeit von NP, PP usw. mit Aktanten-Status eine Eigenschaft der lexikalischen Vollverben ist, läßt sich umgekehrt die Nicht-Erfragbarkeit von N(FVG) als Eigenschaft der Funktionsverben beschreiben. Der fundamentale Unterschied zwischen FVG (77.a) und VNß) (76.a) beruht nicht auf jeweils unterschiedlichen intrinsischen Merkmalen der nominalen Konstituente (execution^). Er ist vielmehr bedingt durch eine jeweils unterschiedliche Satzfunktion dieses Nomens. (76.a) Luc a mis(V) beaucoup de soin dans l'exicution(£4) de ce projet. (77.a) Luc a nüsfpv) son projet ä exicutionp^fpvG)] a™0 beaucoup de soin. Diese jeweils unterschiedliche Satzfunktion des Nomens execution^ beruht ihrerseits auf dem fundamentalen Unterschied zwischen dem Vollverb mettre(η, das in (76. a) als selbständiges Prädikat fungiert und dabei execution^ den Status eines durch die Pro-Form .y anaphorisierbaren und durch ou? erfragbaren Aktanten zuweist (76.b). In (77.a) dagegen kann das Funktionsverb mettre (fry) nicht unabhängig als Prädikat des Satzes fungieren und ist damit auch nicht in der Lage, execution(S) den Status eines Aktanten zuzuweisen. Als Teil des Prädikates ist execution(Ν) nicht durchs anaphorisierbar (77.b). (76.b) A: (a) II y a mis beaucoup de soin. B: (b) Oü ga? /Dans quoi? Dans l'exicution de ce projet? (77.b) *Luc a mis son projet ä exicution, et Max y a mis le sien aussi. 43 44 45

Vgl. dazu Engel (1970:361-392), (1982:176) sowie (1988:185), ferner Engel / Schumacher (1976:24f.) sowie Kotschi (1981:86). Sie sind lediglich durch verba vicaria wie faire oder se passer anaphorisierbar. Vgl. in diesem Sinne Günther / Pape (1976:98) und So (1991:28). Für invalide hält dagegen Böhmer (1994:169f.) dieses Kriterium (s.Kap. 1.7.2).

19 Die operationeile Fassung unseres oben tautologisch formulierten zentralen definitorischen Kriteriums zur Bestimmung von FVG lautet nun: Funktionsverbgefüge sind komplexe Prädikate, deren verbale Formative keine lexikalischen Vollverben, sondern Funktionsverben sind. Diese treten nur zusammen mit nominalen Formativen N(FVG> auf, denen sie keinen Aktantenstatus, sondern die Funktion von Prädikatskernen zuweisen. Auf syntaktischer Ebene sind N(FVG) keine £ der FV und aus diesem Grund weder erfragbar noch anaphorisierbar.

1.5.

Funktionsverbfügungen und Streckformen

Mit der oben vorgeschlagenen Definition verfugen wir über ein operationelles Kriterium, das nicht nur leicht zu handhaben ist, sondern dessen Ergebnisse gleichzeitig theoretisch interpretierbar sind.46 Aus den im Abschnitt 1.4. skizzierten Vorüberlegungen folgt, daß sich aus der Erfragbarkeit und Anaphorisierbarkeit einer NP immer auf deren E- bzw. Α-Status schließen läßt. Der Ε-Status einer NP impliziert seinerseits wiederum logisch immer auch den V-Status der fraglichen Verbalkonstituente. Dieses Kriterium schließt nun Konstruktionen wie faire {une photo + un dessin + des broderies + ...}, mettre {du goudron + de l'huile + ...} qp, mettre son espoir en Ν usw. aus der Klasse der FVG aus. Zwar erfüllen sie das Kriterium 2, weil sie sich im Satz durch einfache V ersetzen lassen, doch resultiert, wie die Erfragbarkeit der betreffenden NP zeigt, dieser Umstand nicht aus der internen syntaktischen und semantischen Struktur der betreffenden Konstruktionen. Ein Syntagma wie faire une photo weist, betrachtet als Konstruktion sui generis, dieselbe Relation zwischen faire^ und der E2-NP une photo de Nqn auf wie beispielsweise faire {une tartine + un cafe}, die in keiner Austauschbeziehung zu einfachen V im Satz stehen und schon deshalb für eine Klassifizierung als FVG auch dann nicht in Frage kommen, wenn man das Kriterium der funktionalen Wortäquivalenz zum konstitutiven Merkmal von FVG erhebt. Yuan Tie (1986:54), dessen Ausführungen im Gegensatz zu unseren Überlegungen stehen, weil für ihn die Äquivalenz mit einfachen V das wichtigere von zwei Kriterien zur Abgrenzung von FVG ist,47 schreibt:

46 47

Wenn man einmal von der Problematik absieht, von der in Kap. 1.6. die Rede sein wird. Neben dem Kriterium der Ersetzbarkeit derfraglichenKonstruktion durch einfache V oder Kopula ADJ operiert Yuan Jie mit einem weiteren Kriterium, welches besagt, daß das N(FVG) notwendig ein Abstraktum ist. Dabei scheint uns das Konzept "abstrakter" Nomina bei Yuan Jie nicht hinreichend definiert zu sein, so daß im Zweifelsfall immer die Paraphrasierbaikeit einer gegebenen Konstruktion durch einfache V den Ausschlag gibt. Nur so ist es zu erklären, daß dabei Konstruktionen wie die folgenden unterschiedslos als FVG klassifiziert werden. (1) Jemanden mit Lob überschütten. Jemanden loben (vy (2) Jemanden mit einem Köder locken. Jemanden ködemfy). (3) Dafür nahm er einen Verlust in Kauf. Das erkaufte(y) er mit einem Verlust. Die Erfragungs- und Anaphorisierungsprobe weist (1) und (2) eindeutig als V ^^-Konstruktionen aus, deren einzige Besonderheit darin besteht, daß sie metaphorisch verwendet werden. Schwieriger Liegen die Dinge in (3), wo ein phraseologisch festes Syntagma vorliegt (s.u., 2.3.). Diese Besonderheit wird durch die scheinbare GleichWertigkeit mit erkaufen gerade verdeckt.

20 FVG sind Prädikativgefuge, die meistens durch ein dem darin vorkommenden Nomen zugrundeliegendes Vollverb (oder Adjektiv) mit semantischen und stilistischen Unterschieden paraphrasiert und entsprechend als eine semantische Einheit betrachtet werden können. (Hervorh. U.D.) Diese Ausführungen können so verstanden werden, als beruhe die semantische und syntaktische Einheit der FVG ursächlich auf dem Umstand, daß sie durch einfache V oder etre ADJ im Satz ersetzt werden können. Diese Annahme aber ist ganz offensichtlich irrig.48 Die Tatsache, daß sich komplexe Ketten von sprachlichen Zeichen durch einfache Zeichen substituieren lassen, ist nicht auf den verbalen Bereich beschränkt, sondern ein generelles Phänomen, das auf eine grundlegende Leistung von Sprache verweist. Die semantische Korrelation eines einfachen Ν wie z.B. poulain mit formal komplexeren NP wie jeune cheval ist so einerseits zwar sprachwissenschaftlich relevant, weil sie die Aussage begründen kann, daß poulain aufgrund seiner begrifflichen Bedeutung ein Hyponym von cheval ist. Ähnlich ließe sich auch die begriffliche Ähnlichkeit von photographier und faire une photo nicht allein auf die morphologische und semantische Affinität von photo ^ zu photographier(v) zurückfuhren, sondern vor allem auf die Hyponymiebeziehung, in der photographier(y) zu faire^ steht, das als lexikalisches Vollverb u.a. die Bedeutung 'herstellen, anfertigen' hat. Die Leistung solcher Sinnrelationen zwischen Elementen des Lexikons einer Sprache besteht u.a. darin, daß sie ein Sprechen auf unterschiedlichen Abstraktionsstufen, ökonomisches Formulieren, die Vermeidung stilistischer Redundanzen im Text usw. erlauben (Schwarze 21977:82ff). Umgekehrt macht der Vergleich zwischen poulain und jeune cheval aber auch klar, daß sich aus der Wortäquivalenz von jeune cheval keinerlei Rückschlüsse auf die internen, konstruktioneilen Eigenschaften dieser NP als syntaktischer Struktur ziehen lassen.49 Der Umstand, daß diese NP semantisch äquivalent mit einem einfachen Lexem des Französischen ist, stellt zwar eine linguistisch relevante Tatsache dar - daraus aber folgern zu wollen, daß die komplexe NP über einen besonders hohen Grad an semantischer Festigkeit verfügt, wäre unsinnig. Aus diesen Überlegungen ergeben sich zwei Konsequenzen: Einerseits ist deutlich geworden, daß die semantische und syntaktische Festigkeit von FVG einer Erklärung bedarf, die nicht bei ihrer satzfunktionalen Verbäquivalenz ansetzt, sondern auf konstruktionelle Eigenschaften rekurriert. Andererseits wollen wir, um das vor allem unter stilistischen, textgrammatischen und informationsstrukturellen Gesichtspunkten nicht irrelevante Phänomen der Äquivalenz komplexer Verbalphrasen mit einfachen Verblexemen methodisch von unserem eigentlichen Gegenstand FVG zu trennen, folgende terminologische Festlegung treffen: komplexe, ausdrucksseitig mehrgliedrige Verbalphrasen, die durch einfache Verballexeme ersetzt werden können, wollen wir als Streckformen bezeichnen und weiter festlegen, daß dieser Begriff - außer der allgemeinen Bestimmung, daß es sich um formal komplexe Syntagmen mit einer verbalen Kopfkonstituente handelt - keinerlei weitergehende Aussagen über die konstruktionellen semantischen und syntaktischen Eigenschaften der betreffenden Struktur beinhaltet. Dies bedeutet, daß als Streckformen sowohl Verb-Aktant-Konstruktionen wie faire une photo 48

49

Theoretisch untermauert wird sie bei Herrlitz (1973:12): "Ist eine sprachliche Kette die Paraphrase einer anderen, werden also beide [...] als synonym beurteilt, so muß beiden Ketten aufgrund der Bedingung der semantischen Adäquatheit dieselbe Tiefenstruktur zugeordnet werden." Vgl. dazu die parallelen Überlegungen bei Dietrich (1973:26) zu den Verbalperiphrasen.

21 als auch FVG wie etre en desordre fungieren können.50 Die Frage, ob umgekehrt FVG obligatorisch immer gleichzeitig auch Streckformen sind, ob also etre en pagaille, wo ein Bezug zu einem V fehlt (s.o., 1.3.2), als FVG angesehen werden kann, ist strittig .

1.6.

Funktionsverbfugungen und phraseologisch feste Syntagmen

Der Erfragbarkeits- / Anaphorisierbarkeitstest ist ein operationelles Kriterium, durch das sich FVG von VΝ(E) abgrenzen lassen: aus der Erfragbarkeit / Anaphorisierbarkeit der nominalen Konstituente einer komplexen Verbalphrase kann immer auf ihren Ergänzungsstatus geschlossen werden. Die umgekehrte Feststellung trifft nicht zu. Nicht jedes nicht-erfragbare oder nicht-anaphorisierbare nominale Formativ einer komplexen Verbalphrase ist notwendig immer auch ein N(FVG)· Nicht-anaphorisierbar sind insbesondere die nominalen Konstituenten bestimmter Typen von phraseologisch festen Syntagmen (FS).51 (78) Max a cass0 sa pipe, *et Luc va casser la sienne bientöt. *et Luc aussi va la casser bientöt. Formal unterschieden sich FVG von FS dadurch, daß ihre Konstituenten stark reihenbildend sind (Kriterium 4). Eine Grenzziehung mit Hilfe dieses Kriteriums wird zusätzlich dadurch erschwert, daß auch phraseologisch feste Syntagmen oft nicht völlig starr sind, sondern häufig eine Kommutation ihrer Formative innerhalb enger Grenzen z u l a s s e n . ^ Diese Paradigmenbildung betrifft auch die verbalen Konstituenten der FS:53 (79) Ce mouvementpolitique a (perdu + gagni} du terrain. (Vgl. Thun 1975:64) Ein Unterschied zwischen FVG und solchen festen Syntagmen besteht darin, daß die Paradigmata, innerhalb derer die FV und N(FVG> kommutieren, in der Regel deutlich umfangreicher sind als die entsprechenden Listen bei phraseologisch festen E i n h e i t e n . 5 4 i n Kap. 2.3. wird zu

50

51

52 53

54

Für beide Typen von Streckform-Konstruktionen gilt etwa, daß sie gegenüber den morphologisch verwandten V einen "Topikalisierungs- / Fokussierungsshiit"(Esau 1976:145ff) bewirken können. Der Vorschlag, die bis dahin in der Regel synonym verwendeten Termini "Funktionsverbgefüge" und "Streckform" im o.g. Sinne gegeneinander abzugrenzen, findet sich schon bei Blochwitz (1980:6). Allerdings werden, wie So (1991:8) und Bflttner (1991:29f.) kritisch anmerken, auch in Publikationen neueren Datums die Termini "Streckform" und "Funktionsverbgefüge" weiterhin synonym verwendet, so z.B. bei Busch (1987:4), Richter (1988:339), Mirski / Balakirev (1989), Frein-Plischke (1992:2). Allerdings schließen FS im Gegensatz zu FVG die Erfragbarkeit und Anaphorisierbarkeit ihrer nominalen Formative nicht prinzipiell aus: Les ilus du front national ne peuvent pas voir un plat sans s'y jeter ä piedjoints (FS). (L 18.6.87:4) Auf diesen Umstand weist besonders nachdrücklich Thun (1975) und (1978) hin. Neben den verbalen Konstituenten von FS kommutieren besonders häufig deren adjektivischen Formative. FS mit reihenbildenden Nominalkonstituenten scheinen dagegen Ausnahmen zu sein. Vgl. in diesem Sinne bereits Daniels (1963:25), der FVG als umfangreiche Paradigmata von einzelnen, isolierten "Redensaiten" vom Typ im Schildeflihren,in Harnisch bringen abgrenzt.

22 zeigen sein, daß diesem quantitativ unterschiedlichen Verhalten von FVG und FS qualitative Unterschiede zwischen beiden Konstruktionstypen zugrunde liegen.

1.7. Funktionsverbgefüge als syntaktisch heterogener Konstruktionstyp Die oben skizzierte Schwierigkeit einer schlüssigen Eingrenzung von FVG ist nicht zuletzt durch die objektiven Eigenschaften dieses Gegenstandes bedingt. Wendet man auf den Bereich deijenigen Konstruktionen, auf welche die Bedingung der Nicht-Erfragbarkeit bzw. NichtAnaphorisierbarkeit zutrifft, die in 1.3. dargestellten Kriterien an, so ergibt sich das Bild einer wenig homogenen Gruppe komplexer Prädikate, deren Grenzen zu freien Wortverbindungen auf der einen Seite und zu phraseologisch fixierten Konstruktionen auf der anderen unscharf sind.55 Unter den Konstruktionen mit nicht-erfragbarer bzw. nicht-anaphorisierbarer N-Konstituente verhalten sich nun umfangreiche Gruppen insofern heterogen, als sie in unterschiedlichem Maße eine Reihe von Kriterien erfüllen, welche sekundäre Charakteristika von NP mit EStatus darstellen. Diese Merkmale betreffen die Relativsatzfähigkeit, die Passivierbarkeit sowie die Inversions- und Spaltsatzfähigkeit bestimmter Konstruktionsgruppen. Im Rahmen ganz bestimmter textgrammatischer Verfahren lassen zudem eine Reihe von FVG eine eingeschränkte Erfragung bzw. Anaphorisierung ihrer N(FVG) ZU. Während bei V Ν a u s dem Aktantenstatus eines Ν (welcher seinerseits seinen einfachsten Ausdruck in dessen Erfragbarkeit bzw. Anaphorisierbarkeit findet) logisch immer auch die Relativsatzfähigkeit, die Passivierbarkeit, die Inversions- und die Spaltsatzfähigkeit der FjV^-Konstruktion folgen, trifft der Umkehrschluß auf FVG nur in unterschiedlichem Maße zu. FVG bilden ein Kontinuum zunehmender semantischer und syntaktischer Ähnlichkeit zu VN@). Dabei markiert freilich das Kriterium der Nicht-Erfragbarkeit und Nicht-Anaphorisierbarkeit der N(FVG> unter pragmatisch und textgrammatisch neutralen Bedingungen einen qualitativen Einschnitt. Die im folgenden beschriebenen Eigenschaften der FVG zeigen, daß wir es bei diesen nicht einfach mit wortäquivalenten "komplexen V" zu tun haben, sondern mit syntaktisch strukturierten Konstruktionen.^

1.7.1. Die syntaktische Valenz der präpositionslosen FVG Daß die N(FVG> sekundäre Eigenschaften von Aktanten aufweisen, läßt sich bei den FVG der Struktur FVN(FyG) an der einfachen Tatsache ablesen, daß diese niemals direkte Objekte regie55

56

Den Gedanken, daß FVG keine homogene Klasse von Prädikaten darstellen, sondern, je nach Konstruktionstyp, unterschiedliche Grade an innerer Festigkeit aufweisen, vertreten u.a. Gaatone (1981:62), Hinderdael (1980:341) und Heibig (1979:278f.). Dabei setzen insbesondere Heibig und Hinderdael diese Eigenschaft der FVG unhinterfragt in einen unmittelbaren kausalen Zusammenhang zu den "unterschiedlichen Graden ihrer Lexikalisierung" (Heibig 1979:279). Es zeigt sich jedoch, daß sich auch solche FVG in hohem Maße syntaktisch "fest" verhalten, die keineswegs phraseologischfixiertoder in besonderer Weise lexikalisiert sind. Vgl. Gaatone (1993:39ff.) fur präpositionslose FVG.

23 ren, d.h. niemals insgesamt als transitive V fungieren können. Gaatone (1993: 40) erklärt diese Tatsache damit, daß die N(fvg) offenbar die Fähigkeit der FV (und der Gesamtkonstruktion) sättigen, ein direktes Objekt zu binden. Eine syntaktische Affinität der FV Ν(FVQ) ZU V N@2) zeigt auch die Reaktion solcher Konstruktionen auf die Kausativierung mit faire (Gaatone 1993:40). Das Subjekt von Sätzen mit intransitiven V (Satz (80)) wird durch die Kausativierung per faire zum direkten Objekt. Dagegen wird das Satzsubjekt von Sätzen mit transitivem V und direktem Objekt im faire-Satz als indirektes Objekt realisiert (Satz (81)). (80) Maxsourit.

=>

Cette histoirefait sourire Max.

(81) Luc di teste les sports.

=>

Cette histoire a fait ditester les sports ä Luc.

Für FVN(FVG) gilt nun dieselbe Umformungsregel wie fur transitive V mit direkten Objekten: (82) Marie a pris la fuite.

=>

Cette histoire a fait prendre la fuite ä Marie.

1.7.2. Die eingeschränkte Anaphorisierbarkeit und Erfragbarkeit der FVG In Kap. 1.4. haben wir dargelegt, warum wir die Nicht-Erfragbarkeit / Nicht-Anaphorisieibarkeit der N(fvg) als das entscheidende Kriterium zur Abgrenzung von V Nßj betrachten. Unschärfen ergeben sich nun mitunter dann, wenn Erfragung oder Anaphorisierung pragmatische oder textgrammatische Sonderfunktionen erfüllen. Ein Beispiel für eine solche textgrammatische Sonderfunktion ist die reprise pronominale im Rahmen thematischer Linksversetzung oder Thematischer Rechtsbewegung im Satz. Im gesprochenen 57 Französisch kann die Aktantenfunktion einer gegebenen NP dadurch morphologisch explizit markiert werden, daß der nominale Mitspieler durch zusätzliche pronominale Realisierung syntaktisch in den Satz integriert wird. Dieses Verfahren stellt sicher, daß Subjekt- oder Objekt-NP von bestimmten Positionen im Satz unabhängig sind und durch Voranoder Nachstellung thematisiert oder Thematisiert werden können. (83) Lucßi), il ne la voit pas, Marie@2)· (84) Lucfi2), eile ne le voit pas, Marie(Ei). Mithilfe dieses Verfahrens können auch die N(fvg) bestimmter FVG des präpositionslosen Typs thematisch an den Satzanfang verschoben werden. In diesen Fällen lassen sie sich manchmal wie E2-Aktanten pronominal anaphorisieren. Beispiel (86) belegt, daß diese Möglichkeit auch im Deutschen besteht. (85) La guerre, certains g0niraux la font avec plaisir. (aus Gaatone 1981:67) (86) Angst hatte Peter schon, aber die Flucht, die wollte er keineswegs ergreifen. Von echten Aktanten unterscheiden sich solche N(fvg) jedoch dadurch, daß ihre Anaphorisierbarkeit strikt auf das eben skizzierte Thematisierungs- bzw. Rhematisierungsverfahren eingeschränkt ist. Die anaphorische Wiederaufnahme derselben N(fvg) führt dagegen zu abweichen57

Im geschriebenen Französisch ist dagegen die Stellung einer NP in der linearen Abfolge des Satzes fur die Markierung ihrer jeweiligen Aktantenfünktion entscheidend (s. Kap. 1.3.8. und Kap. 1.7.5.).

24 den Resultaten, wenn sie nicht innerhalb desselben Kernsatzes, sondern zwischen zwei Sätzen erfolgt: (87) *Marie fait la guerre ά Max, Luc par centre la fait ά LSa. (88) * Peter wollte keineswegs die Flucht ergreifen, aber Paul {ergriff sie + wollte sie ergreifen + wollte, daß er sie ergriff}. Ist dagegen auch eine transphrastische Anaphorisierung möglich, so ist die Grenze zu VNß) überschritten. 58 Dies bedeutet, daß beispielsweise die Verbalkonstituente von faire la vaisselle analog zu der von faire les courses, faire (= nettoyer) les escaliers usw. als Vollverb in der Bedeutung 'erledigen', "besorgen' zu interpretieren ist. (89) La vaisselle, ce sont toujours les maris qui la font. (Gaatone 1981:67) (90) Max fait la vaisselle du matin et Marie fait celle du soir. Pragmatisch bzw. textgrammatisch hochgradig markiert sind auch die Beispiele, die Böhmer (1994:170f.) gegen die Erfragungsprobe vorbringt, wie beispielsweise die akustische Verständnisfrage durch was?:59 (91)

Wis (hast du gesagt) hat er ergriffen? - Die Flucht?

Der markierte Charakter dieser Form der Frage wird daran deutlich, daß sich unter pragmatisch neutralen Bedingungen abweichende Fragesätze ergeben: (92) {Wen + was} hat er ergriffen? {Marias Hand + den Einbrecher + *die günstige Gelegenheit zu sprechen + *die Flucht}. Ein ganz anders gelagerter Fall, bei dem es nicht um pragmatische oder textgrammatische Sonderfünktionen geht, sondern lediglich um Homonymie, betrifft die Möglichkeit der Anaphorisierung und Erfragung sowohl von Verb-Aktant-Sequenzen (z.B faire une photo) als auch von FVG (wie etwa faire faillite oder faire usage de) durch le faire /que faire?. Als verbum vicarium, das von einem numerus- und genusinvarianten "Pseudoaktanten" le bzw. que? begleitet wird (s.u., Kap. 3.2.), kann faire generell alle Prädikate, die ein Tun ausdrücken, zusammen mit ihren Aktanten wiederaufnehmen, also manifester(y) dans la rueß4), regarder(V) une photo (E2),faire(Γ) une photOß2) ebenso wie faire faillite (FVG) oderfaire usage de (FVG)· (93.1) Que fait Paul? - II fait {faillite (FVG) + usaSe(FVG) du νέΐο de Marie}. (93.2) Paul ne fait pas {faillite βγο) + usage (fvg) du νέΐο de Marie}, c'est Max qui le fait. 38

59

Dies gilt auch für eine Reihe von Beispielen, die Böhmer (1994:169f.) anfuhrt, um die Pronominalisierung als Abgrenzungskriterium zu invalidieren. Bei einigen dieser Konstruktionen wie etwa ein Seminar (abjhalten oder Verstand haben handelt es sich m.E. auch unter intuitiven Kriterien eindeutig nicht um FVG, sondern um V A^-Sequenzen. Allerdings fuhrt Böhmer auch Beispiele auf, bei denen man eher geneigt ist, FVG-Status anzunehmen, wie etwa seine Erlaubnis geben (zu). Aus der Pronominalisierbarkeit dieser Konstruktion (etwa in: Sie haben meine Erlaubnis. Ich gebe sie Ihnen aber nur unter der Bedingung, daß [...]) folgt für mich aber nicht, daß der Pronominalisierungstest unbrauchbar ist, sondern daß es sich bei der fraglichen Sequenz um eine Streckform mit VNßj-Charakter handelt. Zu dieser Diskussion vgl. auch Büttner (1991: 28ff). Dasselbe gilt etwa für die Erfragung des N(FVG) von eine Begegnung haben mit im Rahmen einer Fokussierungsfrage vom Typ was glaubst du wohl, was Peter gestern hatte? - Eine Begegnung mit der Susi. (Böhmer 1994: 170), die sich m.E. am Rande grammatischer Akzeptabilität befindet.

25 (94.1) Que fait Paul? -II tfait(v) + regarde(y)} une photo @2)· (94.2) Ce n'est pas Paul qui (fait(y) + regarde(y)} la photo β2)· c'est Marie qui le fait. Erfragt bzw. anaphorisiert wird in (93), (94) nicht ein einzelnes Nomen, sondern jeweils der gesamte Prädikatsausdruck. Angesichts dieser Situation gilt nun, daß eine Abgrenzung zwischen F V G und V Ν(E) mit der Verbalkonstituente faire nur dann problemlos möglich ist, wenn das fragliche Nomen pluralisch oder feminin ist, denn die Pro-Form für maskulin-singularische Nomina ist homonym mit der Form des Pseudoaktanten le.60 Nur in Fällen von femininen und / oder pluralischen Nomina kann die gesonderte Wiederaufnahme eines einzelnen Aktanten durch la und les von der Wiederaufnahme des gesamten Prädikates (gleich ob FVG oder V Nß)) durch le formal unterschieden werden. Die Möglichkeit der Anaphorisierung durch la, les in (95) weist die betreffenden Konstruktionen als V Νaus, die Unmöglichkeit einer solchen Anaphorisierung in (96) weist auf den FVG-Status der betreffenden Konstruktion hin. Dagegen ist in Fällen wie (97) 61 mittels der Anaphorisierungsprobe nicht entscheidbar, ob ein FVG oder eine F A ^ - S e q u e n z vorliegt. (95) Ce n'est pas Max qui fait {les photos + la tartine}, c'est Paul qui {les + la} fait. (96) *Ce n'est pas Max qui fait faillite, c'est Paul qui la fait. (97) Ce n'est pas Max qui fait usage du νέΐο de Luc, c'est Marie qui le fait. Da das Fragepronomen que? keine besondere feminine oder pluralische Form aufweist, fällt die Erfragung durch que faire? als Unterscheidungskriterium häufig aus, denn durch que faire? sind unterschiedslos alle Prädikate mit faire erfragbar, sofern sie ein Tun ausdrücken (s. Kap. 3.2 ). Allerdings zeigt Giry-Schneider (1978a: 121, 1987:29f), daß die Anaphorisierung durch le faire bzw. die Erfragung durch que faire? unter bestimmten Bedingungen zur Unterscheidung von faire N(FVG) und faire^ Ν@2) auch bei maskulin-singularischen Ν tauglich sein kann: im letzteren Fall kann nämlich das betreffende Nomen häufig alleine, d.h. ohne seine Aktanten durch que? erfragt werden, während dies bei faire (ργ) Ν(ργα) ausgeschlossen ist. 62 (98) => (99) =>

Paul fait(V) un gäteau(E2) pour Marie. Que fait Paul pour Marie? - Un gäteau. Marie fait (ργ) une allusion (N(FVG)) ä Paul. * Que fait Marie a Paul? - Une allusion.

Trotz der eben skizzierten Verhältnisse halte ich (etwa im Gegensatz zu Böhmer 1994: 171) Anaphorisierung und Erfragung für besser geeignet als jedes andere Kriterium, um FVG und V Ν Β) voneinander abzugrenzen. Insbesondere bei den etre PRÄP N(FVGJ fuhren die Anapho60

61

62

Bei Sätzen im passt compost kommt als zusätzlicher Indikator der Zwang zum accord hinzu. Da aber der accord nur bei femininen und pluralischen Nomina möglich ist, gibt er keine anderen Aufschlüsse als es die Anaphorisierung ohnehin tut. Zumal dann, wenn das betreffende Nomen nicht pluralisiert werden kann, was bei FVG häufig der Fall ist (s.o., Kap. 1.3.7.), was aber auch aus anderen Gründen bei Nomina mit Ε-Status vorkommt. Dieser Test setzt jedoch voraus, daß im Fragesatz eine Ergänzung des FVG verbleibt. Hat das verbleibende Element dagegen den Status einer freien Angabe, versagt er, d.h. die Erfragung mittels que faire? fuhrt zu einem grammatisch wohlgeformten Satz, obwohl ein FVG vorliegt: Paul fait^py) une randonnienj/pYQn dans le Vercorsßy => Que fait Paul dans le Vercors? - Une randonnie. (nach Giry-Schneider 1987:29).

26 risierung von PRÄP NfpvG) durch y und ihre Erfragung durch ou? immer zu übereinstimmend abweichenden Sätzen.63 1.7.3. Die Relativsatzfähigkeit von FVG Normalerweise gilt, daß FVG nicht in Form attributiver Relativsätze an ein Ν angeschlossen werden könnend (100.1) Luc a pris en digoüt le chien de Marie. (100.2)*Ze digoüt oü Luc α pris le chien de Marie ßtonne Max], (100.3) *Le d0goüt dans lequel Luc α prts le chien de Marie [itonne Max]. Diese Restriktion steht in mindestens zweifacher Hinsicht in logischer Beziehung zum NichtAktanten-Status der N(FVQ>: erstens würde die Zulässigkeit der Umformung in Relativsätze des dargestellten Typs implizieren, daß ein und dasselbe Ν gleichzeitig als Aktant (des übergeordneten Hauptsatzes) und als Prädikativum (im Relativsatz) fungieren kann. Da ferner im Relativsatz dieses Ν gleichzeitig in Form eines Relativpronomens realisiert wird (dieses nimmt m.a.W. die Position N(FVG) ein) läge hier - zweitens - ein Spezialfall von Anaphorisierung der N(FVG) vor. Eine Reihe von Konstruktionen mit nicht unmittelbar anaphorisierbaren N-Konstituenten lassen eine Relativsatztransformation aber zu:65 (101) L'usage qu'a fait Luc du νέΐο de Marie [itait exag0ri]. (102) La toumure que prerment les Mnements [άέρίαϊί ά Luc], (103) L'essor que prennent lesfilmsde Kurosawa [έιοηηε Marie], Besonders bei den etre PRÄP N(FVG) ist diese Form der Relativsatzumformung häufig möglich und zwar sowohl mit dem Relativpronomen ou als auch mit dans LEquel. (104) Par contre, l'ignorance ou itaient les Russes des conditions de vie ά l'Ouest en faisait [...] des interlocuteurs fatigants. (OR:663) (105) L'isolement dans lequel nous nous trouvonsprendra fin. (Nul :212) Das syntaktische Verhalten von FV, bei denen diese Transformation zugelassen ist, ist demjenigen von V ähnlicher als das Verhalten von FV, bei denen sie ausgeschlossen ist. Dabei ist jedoch zu bedenken, daß die Relativsatzumformung durch Faktoren blockiert werden kann, die unabhängig von dieser Frage sind: relativsatzfähig sind nur solche FVG, deren N(FVG) eine Artikelform zulassen (s.o., 1.3.7.). Außerdem sind Relativsatztransformationen häufig auch bei phraseologisch festen Syntagmen blockiert: (106) Marie fait le trottoir. < => *Le trottoir que fait Marie [άέρίαΐί ά Max].

63

64 65

In Kap. 3.7.2. werde ich zeigen, daß sich die 6tre PRÄP N(FVQ) zwar anaphorisieren lassen, daß sich jedoch der Typ von Anaphorisierung, den sie zulassen, fundamental von deijenigen nicht-prädikativer Satzglieder unterscheidet. Vgl. Rohrer (1967:360). Diese Tatsache wird von Blochwitz (1980:12) problematisiert.

27 1.7.4. Die Passivierbarkeit der präpositionslosen FVG Unter den FVG des präpositionslosen Typs, deren N(FVG) aufgrund einer ausdrucksseitig identischen morphosyntaktischen Realisierung mit E2-NP verwechselt werden können, lassen viele keine Passivierung zu. 66 (107)

(108)

Luc a pris plaisir ä taquiner Marie. * Plaisir α έίέ pris (par Luc) ä taquiner Marie. Marie a fait preuve d'un grand courage. * Preuve α έίέ faite (par Marie) d'un grand courage.

Die Relevanz dieses Befundes liegt darin, daß die Passivierbarkeit eine sekundäre Eigenschaft von FjV^j-Sequenzen ist, die ein direktes Objekt enthalten.67 Gegenstand der Passivtransformation ist die Umwandlung des E2-Mitspielers in einen El-Aktanten (während der obligatorische El-Mitspieler der aktivischen Form als fakultative E6 realisiert wird). Eine Reihe von FVG lassen nun die Passivierung zu, ohne daß gleichzeitig das Kriterium der Erfragbarkeit den E2-Status der fraglichen Konstituente bestätigt.68 (109) (110) (111) (112) (113) (114) (115)

Justice α έίέ rendue ä Marie. Assisfance α έίέ prtäe ά Max. Appel α έίέ faif ά la gέnέrosifέ de Marie. Compie sera fenu des /ηέώιαηϋβίέ.r de Luc. Calcul en α έίέ fait Selon la m0thode de F. Α l'unanimit0, Ηsolution α έίέ prise de dέposer une ρέίίίίοη. {β + la) promesse nous α έίέ faiie de frailer noire demande.

Das syntaktische Verhalten von FV, welche die Passivtransformation zulassen, ist demjenigen von V graduell ähnlicher als das Verhalten von FV, bei denen diese Transformationsmöglichkeit blockiert ist.69 Allerdings kann eine Restriktion in dieser Hinsicht durch Ursachen bedingt sein, die logisch unabhängig vom Problem des Status von N(FVG) sind: Einerseits lassen sich auch phraseologisch feste Konstruktionen nicht passivieren: (116) Marie α faif le frofloir. 66 67

68

69

*Le troffoir α έίέ fait par Marie.

Vgl. Rohrer (1967:360), Giry-Schneider (1978a: 128ff), Gaatone (1981:64). Dementsprechend lassen sich in ambigen Sätzen durch die Passivtransformation E2-Aktanten von Satzgliedern unterscheiden, die nicht den Status von E2-Aktanten haben (wie z.B. freie Angaben): (1) Luc a mangέ tout le gäteau. Tout le gdteau α έίέ τηα^έ par Luc. (2) Luc α ηιαηξέ foule la jourrrte. *Toute la)οηηιέε α έίέ mangie par Luc. Ffir die Sätze (109)-(112) wurden Beispiele aus Gaatone (1981:66) herangezogen, die Sätze (113)(115) sind Anscombre (1986a: 12ff.) entnommen. Zur Passivierbarkeit präpositionsloser FVG s. auch Gaatone (1993: bes. 41-48). Dieser Befund wird zusätzlich durch die Tatsache kompliziert, daß einige der FVG, deren Passivformen wie in (107), (108) als abweichend interpretiert wurden, offensichtlich akzeptablere Sätze bilden, wenn anstelle einer normalen Passivform das unpersönliche Passiv gewählt wird. Als grammatisch bewertet Gross (1975:186) Konstruktionen wie il α έίέ pris plaisir ά cela. Als FVG, die nur das unpersönliche Passiv zulassen, führt ferner Gaatone (1981:66, Anm.17) Konstruktionen wie il a έίέ mis fin au άέΒαί, il α έίέ fail confiance ά la direction, il α έίέ firt avantage de cetfe Situation an.

28 Andererseits hängt bei VNß) die Zulässigkeit der Passivtransformation von weiteren semantischen Bedingungen ab. Das betreifende V muß beispielsweise ein Handlungs-V im Sinne von Koch (1981) sein. Bei V, die dieses Kriterium nicht erfüllen, ist die Möglichkeit der Passivierung in der Regel blockiert:™ (117) Marie posside unvilo.

*Ce νέΐο est possidi par Marie.

Entsprechend sind auch FVG niemals passivierbar, wenn sie sich nicht als Darstellungen von Handlungssachverhalten kategorisieren lassen: (118) Max apris froid.

*Froidα έίέpris (parMax).

1.7.5. Die Permutierbarkeit des Subjektmitspielers Im geschriebenen 7 ' Französischen, das keine morphologischen Kasusmarkierungen kennt, sind direkte Objekt-NP durch ihre Position im Satz gekennzeichnet, die sich obligatorisch hinter dem Verb befindet. Diese Position unterscheidet sie insbesondere von Subjekt-NP, welche dieselbe morphologische Form wie Objekt-NP haben, gleichzeitig aber obligatorisch vor dem Verb auftreten. Im Französischen kann das Subjekt dann und nur dann hinter das Verb treten, wenn der Satz kein nominales direktes Objekt enthält. Anhand dieser Regel läßt sich für einen Teil der präpositionslosen Konstruktionen ermitteln, ob ein FVG mit N(FVG) oder ein Vollverb mit direktem Objekt vorliegt (vgl. Gaatone 1981:62).72 (119) [Max attendait] le moment ού feraient(fy)faillite(^(pvG)) Luc et Marie (giy (120) La rue ού eut(pv) Heu (S(FVG)) l'accidentßj) [itait mal iclaireej. (121) Un groupe dont faisaitßy) partie(N(FVG)) Lucßi) [se promenait dans la rue]. (122) C'est a ce moment-Ιά qu'apriSfpyyfinß/ffYQj)le filmßiy (123) [Max itait] la seule personne dont tenait(pv) compteß/fpYG)) Marie ßiy Allerdings fuhrt in einer Reihe von Fällen die Subjektinversion zu zweifelhaften Resultaten. (124) * [IIfaut informer Marie] quand aurontfpy) faim^ffyQ)) les enfantsßjy (125) * [Appelons un pretre] avant que ne perdeßy) connaissance^fpycj)) Maxβ ij. (126) *[11 faut] qu'en fasse (ργ)preuve^fpyQ)) Lucßj) (et nonpasMaxßij). FV, die die Inversion nach dem beschriebenen Muster ausschließen, sind in ihrem syntaktischen Verhalten V in höherem Maße ähnlich als FV, die diese Umformung zulassen. Allerdings können bei adäquatem Kontext auch die Subjekte von Sätzen mit freien syntaktischen Verkettungen umgestellt werden: 73 (127) C'est ainsi que peut resoudreßQ beaucoup de problämes@2) un raisonnement sans prijugesßi). 70

71 72 73

Gaatone (1993:45) weist auf Ausnahmen hin wie [...] ce qui sera du au tuteur du mineur oder ce denouement itait voulu par tous les intiressis. Solche Ausnahmen kommen, wie Gaatone betont, bei FVG niemals vor. Vgl. dazu oben, Kap. 1.3.8. und 1.7.2. Beispiele (121), (122), (123) in Anlehnung an Gaatone (1981:62). Der folgende Satz und weitere Beispiele finden sich bei Gaatone (1981:63).

29

Ferner ist die Inversion des hier diskutierten Typs im Französischen stilistisch markiert und nicht auf FVG und FS anwendbar, die niedrigen Sprachregistern zuzurechnen sind. (128) * [11 faut intervener] avant que ne fasse la gueuleMax. 1.7.6. Die Spaltsatzfähigkeit der FVG Die mise en relief in Form eines Spaltsatzes mittels C'est X {qui + que}... ist ein Verfahren, das im Prinzip auf jedes Satzglied X mit Ausnahme des Prädikates angewendet werden kann. Auf N(fvg), das ja Bestandteil des Prädikates ist, läßt sie sich dagegen in der Regel nicht anwenden:74 (129) * C'est usage qu 'a fait Luc du νέΐο de Marie. (130) * C'est la fuite que Max a prise. In bestimmten Fällen, etwa in kontrastierenden Kontexten oder bei qualifizierender Attribution können jedoch auch N ( f v g ) aus dem Satz heraustransportiert und dadurch hervorgehoben werden: (131) C'est une faim de loup que j'ai (et non pas soij). (132) C'est un usage exagiri qu 'a fait Luc du νέΐο de Marie. Konstruktionen, die die mise en relief in der beschriebenen Weise zulassen, sind in ihrem syntaktischen Verhalten Vollverbkonstruktionen ähnlicher als Fügungen, die sie nicht zulassen. Allerdings schließen phraseologisch feste Konstruktionen Spaltsätze ebenfalls aus: (133) * C'est le trottoir que fait Marie (et non pas le minage). Da die Attribuierbarkeit der N(FVG) eine der Bedingungen ist, unter der Spaltsatzfähigkeit möglich wird (vgl. Sätze (129) und ( 1 3 2 ) 7 5 ) , Und da ferner Attribution und Artikelfähigkeit von N ( f v g ) >n engem Zusammenhang stehen, gilt, daß für FVG häufig dann keine Abspaltung des N ( f v g ) in Frage kommt, wenn dieses nicht artikelfähig und nicht attribuierbar ist. 1.7.7. Die "zweifache Analyse" der FVG FVG, die einen präpositionalen oder satzformigen Aktanten regieren, verhalten sich diesem gegenüber häufig ambivalent. So scheinen sich fur den Fall, daß das N ( f v g ) durch einen Spaltsatz oder einfachen Relativsatz aus dem FVG herausbewegt wird, zwei unterschiedliche strukturelle Interpretationen anzubieten, je nachdem, ob der betreffende Aktant zusammen mit dem N ( f v g ) permutiert oder nicht: (134) LUC(EI) a fait un usage exagirifpyG) de ce νέΐοβ). (134.a) C'est un usage exagiripifpyG)) de ce νέΐοβ^) qu'a faitßv) Lucßjy (134.b) C'est un usage exagiri(S(FVG)) qu'a faitfFV) Luc (El) de ce viloßq. 74 75

Vgl. Gaatone (1981:63). Gegenstand der Thematisierung ist hier nicht eigentlich N(FVG)> sondern dessen Attribut.

30 Konstruktionen mit V lassen dagegen oft nur die erste Möglichkeit zu: (135.a) C'est un usage exagirä de ce νέΙθβ2) Φ*'α remarquäfy)Max. (135.b)*C'efi un usage exagέrέß2) und une anecdote sur Νββ). Ist diese formale Ambiguität nicht gegeben, so entfällt auch die Möglichkeit einer zweifachen Spaltsatzkonstruktion: (137) Paul raconte l'accident de Marie. (137.a) C'est l'accident de Marie que Paul raconte. (137.b)*C'est l'accident que Paul raconte de Marie. Erhöbe man die Möglichkeit der double analyse zum konstitutiven Kriterium der operationellen Abgrenzung von FVG, 79 so sähe man sich zu der ganz offensichtlich problematischen Schlußfolgerung veranlaßt, raconter {une anecdote + une histoire + une blague + ...} sur Nqn als FVG, raconter {un accident + un fait + un evenement + ...} dagegen als Vollverbkonstruktion zu analysieren. Die double analyse lassen offenbar solche V in besonders systematischer Art und Weise zu, die eine merkmalsarme Intension, d.h. eine besonders "abstrakte" Bedeutung haben und aus diesem Grund mit besonders vielen Typen von Aktanten der von ihnen dependenten Mitspieler im Sinne von (136.bl) oder (136.b2) verträglich sind: (138) C'est {une photo + un portrait} de Marie que Paul fait. C'est {une photo + un portrait) que Paulfait de Marie. (139) C'est une agression centre Luc que Paul commet.

78

79

Zur Annahme von Konnexionshierarchien, d.h. unterschiedlicher Prädikatsnähe und -ferne der einzelnen Aktanten im Satz s. Wegener (1986) und (1989). Wie Wegener fur das Deutsche zeigt, weisen in der Regel E2-Aktanten die größtmögliche Verbnähe auf. Dies tun etwa Giry-Schneider (1978b) und Gross / Vives (1986).

32

C'est une agression que Paul commet contre Luc. Genau hier liegt die Aussagekraft der Möglichkeit einer zweifachen Spaltsatzbildung: FV sind in einer noch zu präzisierenden Art und Weise "abstrakt", die sie fundamental von V unterscheidet. Aus diesem Grund lassen sie die double analyse zu. Dies bedeutet: FVG, welche neben der Analyse Β auch eine Lesart im Sinne der Analyse Α zulassen, verhalten sich, verglichen mit FVG, welche allein die Analyse Β erlauben, eher wie Vollverbkonstruktionen.80 Umgekehrt ist das syntaktische Verhalten von V, die außer der Lesart Α auch eine Analyse Β zulassen, demjenigen von FV ähnlicher als das Verhalten von V, die allein eine Lesart Α zulassen. Die Möglichkeit einer zweifachen Spaltsatzfähigkeit nach dem oben beschriebenen Muster ist also ein Phänomen, das einen breiten Grenzbereich zwischen FV und V charakterisiert.

1.8. Zusammenfassung Der Terminus "Funktionsverbgefuge" bezeichnet eine syntaktisch und distributionell heterogene Gruppe (1.3.7., 1.7.) komplexer Ausdrücke der Form FV (DET) N(FVG) bzw. FVPRÄP (DET) Ν(fvg), deren verbale Formative keine lexikalischen Vollverben, sondern Funktionsverben sind (1.4.). Diese treten nur zusammen mit nominalen Formativen N(FVG> auf (1.3.1., 1.3.5 ), denen sie keinen Aktantenstatus, sondern die Funktion von Prädikatskernen zuweisen (1.4 ). Auf syntaktischer Ebene sind N(FVG) keine Ergänzungen der FV und aus diesem Grund weder erfragbar noch anaphorisierbar (1.3.6., 1.3.9. und 1.4.). Dieser Definition zufolge sind einfache Streckformen vom Typ faire une photo de Ν (als Umschreibung von photographier N) oder mettre du goudron sur Nqc (als Umschreibung von goudronner Nqc) keine FVG, sondern Verb-Ergänzungs-Sequenzen (1.5 ). Von phraseologisch festen Einheiten vom Typ tomber dans les pommes oder mettre les pieds dans le plat unterscheiden sich FVG formal durch die Reihenbildung ihrer Konstituenten (1.6.). Im Interesse der Begriffsklärung haben wir im vorliegenden Kapitel bereits eine Reihe von Fragen erörtert, die uns im folgenden Kapitel wieder begegnen werden, dort jedoch eingebettet in die theoretischen Kontexte, die von den unterschiedlichen Forschungspositionen vorgegeben werden. Solche Fragen betreffen insbesondere a) das Problem der besonderen Rektions- und Dependenzbeziehungen in den FVG, d.h. die Frage nach der Art der Relation zwischen FV und N(FVG) und den Beziehungen beider zu den Ergänzungen der Gesamtkonstruktion, sowie b) die Frage, ob FVG obligatorisch Streckformen sind, ob also für das Konzept der FVG eine semantische und morphologische Beziehung zu einfachen V konstitutiv sein kann. Im folgenden Kapitel soll deutlich gemacht werden, warum gerade diese Probleme die Forschung in besonderem Maße beschäftigen.

80

Weil die double analyse die Spaltsatzfähigkeit der N(FVG) voraussetzt, die ihrerseits ein Indiz für einen relativ geringeren Grad innerer Kohärenz ist.

2.

Positionen der Forschung

Die zentrale Schwierigkeit der Darstellung von Forschungspositionen zum Thema FVG besteht darin, daß es sich nicht einfach um konkurrierende Beschreibungen eines fertig vorgefundenen Gegenstandes handelt. Vielmehr wird in Abhängigkeit vom spezifischen Forschungsinteresse und den theoretischen Kategorien der betreffenden Position ein Kernbereich von Konstruktionen mit außerordentlich heterogenen Eigenschaften in jeweils unterschiedlicher Art und Weise als Gegenstand wissenschaftlicher Beschreibung konstituiert. Dies betrifft nicht allein die in Kapitel 1 aufgeworfene Frage nach der Abgrenzung von FVG, sondern auch das eng damit verbundene Problem ihrer Einordnung in das Sprachsystem. Im folgenden werden Ansätze diskutiert werden, die FVG entweder als periphrastische Streckformen (2.1.), als Produkte von Wortbildungsverfahren (2.2 ), als phraseologisch fixierte Mehrwortlexeme (2.3.) oder als komplexe Nominalprädikate (2.4.) interpretieren. Die Entscheidung für oder gegen eine dieser Positionen impliziert nicht nur jeweils fundamental unterschiedliche Aussagen über die Funktion der FVG im Sprachsystem und die für sie konstitutiven Eigenschaften, sondern stellt darüber hinaus eine Vorentscheidung in bezug auf die Fragestellungen dar, die an den Gegenstand FVG herangetragen werden.

2.1.

Die strukturell-funktionale Analyse der Funktionsverbgefuge

2.1.1. Funktionsverbgefuge als periphrastische Streckformen Die Diskussion über FVG in der germanistischen und deutschsprachigen Forschung ist bis heute wesentlich durch die Umstände geprägt, unter denen dieser Konstruktionstyp zu Beginn der sechziger Jahre erstmals wissenschaftliche Beachtung fand. In Reaktion auf die Sprachkritik dieser Zeit, die in FVG vor allem "Abklatschwörter", "Sprachbeulen", "Zeitwortattrappen", Quetschungen", "Zerdehnungen" usw. sah,i machten es sich Vertreter einer wissenschaftlich-strukturellen Linguistik? zum Anliegen, auf die "Leistung" solcher Konstruktionen im Sprachsystem hinzuweisen, die insbesondere in der Modifikation von Valenz und Aktionsart einfacher V bestehe. Der Hinweis auf diese Funktion der FVG diente der Linguistik nicht nur als Erklärung für die Frage nach den Ursachen ihrer zunehmenden Verwendung,3 sondern wurde gegenüber den Sprachkritikern geradezu als Legitimation für die Daseinsberechtigung dieses Konstruktionstyps ins Feld gefuhrt.4 Der Bezug von FVG zu V und Adjektivprädikaten wurde theoretisch durch das Konzept des Nomen actionis für die Substantive in der Position 1

2 3 4

Zit. n. Daniels (1963:9f.). Kritische Darstellungen der Bewertung von FVG in der Sprachkritik finden sich auch bei Kolb (1962:373f.), v. Polenz (1964:1), Heringer (1968a: 1 Iff.) sowie besonders bei v. Polenz (1963:5ff.). Neben den in Anm. 1 erwähnten Autoren insbesondere Stötzel (1966) und Schmidt (1968). Einen solchen Erklärangszusammenhang stellt Heringer (1968a:56) her. Vgl. wiederum Heringer (1968a: 14).

34 N(FVG> sichergestellt (s.o., 1.3.2.). Eine problematische Konsequenz dieses an sich nicht unbegründeten Anliegens besteht darin, daß bis heute die systematische, nicht nur semantische, sondern auch morphologische Affinität der N(FVG) ZU einfachen V als quasi definitorisches Merkmal der FVG angenommen wird.5 In durchaus konsequenter Fortführung dieser Tradition schlägt Blochwitz (1980:1) vor, FVG unter das Konzept der Verbalperiphrasen im Sinne von Coseriu (1976:119) zu subsumierend An der von Blochwitz angegebenen Stelle charakterisiert Coseriu - der dabei freilich keine FVG, sondern Konstruktionen mit verbalem Kern wie avoir bu oder venir de boire im Auge hat - die verbalen Periphrasen der romanischen Sprachen als analytische Verbalformen, deren Funktion darin besteht, daß sie [...] neben dem Grundsystem der einfachen Zeitform als ein sekundäres oder sogar als ein tertiäres System des romanischen Verbs eintreten. Diese Verbalperiphrasen gehören zur Grammatik, weil sie prinzipiell für alle Verben möglich sind, und sie sind 'Periphrasen', weil sie einfache Bedeutungen haben, die nicht völlig ihren bildenden Gliedern entsprechen, und die in Oppositionen mit einfachen Formen eintreten. Blochwitz baut seinen Vorschlag, das so definierte Konzept der verbalen Periphrase auf FVG zu übertragen, nicht weiter aus. Zu seiner Absicherung hätte er u.a. den Einwand auszuräumen, daß FVG, obwohl in seiner Perspektive Verbalperiphrasen, Konstruktionen mit nominalem Kern sind. Ihre Bestimmung als verbale Periphrasen im Sinne der oben zitierten Definition Coserius impliziert aber notwendig, daß eine grammatisch-syntaktische Relation zwischen V und den N(FVG) angesetzt werden müßte. Überträgt man diese Bestimmung, wie Blochwitz vorschlägt, auf FVG, so behauptet man damit gleichzeitig, daß die in (1.1) dargestellte Beziehung von prinzipiell derselben Qualität ist wie die in (1.2)7 (1.1) Die Parteien {verhandelnfPrtaau) verhandeltenfPr^tentum)}· (1.2) Die Parteien {verhandeln(y) treten in Verhandlungen ein^G)}· Dies wiederum würde voraussetzen, daß die Derivationsrelation zwischen verhandeln^ und Verhandlungen(S) sich als grammatisch ebenso regelhafte Beziehung darstellen läßt, wie dies 5

6

7

Yuan Jie (1986:54), Heringer (1968a:25ff. und 1988:109), v. Polenz (1987:169ff.), Rösch (1994:48). Wolf (1987:224) schlägt fur das Deutsche vor, prädikative Strukturen, deren N(FVG) in keiner morphologischen und semantischen Korrelation zu einfachen V stehen, "nicht mehr als Funktionsverbgefuge, sondern als teilweise analog funktionierende Phraseoschablonen" zu klassifizieren. Umgekehrt zieht Schmid (1989:418f.) aus der zutreffenden Beobachtung, daß mettre-FVG des Französischen in hohem Maße von einfachen V unabhängig seien, die Schlußfolgerung, daß sich das Konzept des Funktionsverbgefuges nicht auf das Französische übertragen lasse. Dagegen vertreten u.a. v. Popadic (1971:4), Herrlitz (1973:16) und Rothkegel (1973:54) die Auffassung, daß die N(FVG) nicht notwendig Nomina actionis sein müssen. Eine Mittelstellung nehmen Persson (1975:7) und Kotschi (1974:69f.) ein, die zwar aus unterschiedlichen Gründen die Notwendigkeit des Nomen actionis nicht in Frage stellen, die aber Nomina actionis als nicht obligatorisch deverbal bzw. deadjektivisch redefinieren. Auf den problematischen Zusammenhang zwischen der Debatte mit der Sprachkritik und dem daraus resultierenden extralinguistisch begründeten Postulat zum Status der 2 N(FVG) als Nomina actionis weist bereits Eisenbeig ( 1989:307ff.) hin. Im Gegensatz dazu behandelt Bausch (1964), anders als es der Titel seiner Arbeit vermuten läßt, FVG (und phraseologisch gebundene Verb-Nomen-Verbindungen) als "Nominalausdriicke", die von den Periphrasen des Verbs zu unterscheiden sind. Dies behauptet explizit etwa Konieczna (1982:14).

35

bei verhandeln verhandelten der Fall ist. Diese Position ist jedoch spätestens seit der Nominalisierungsdebatte in der generativen Grammatik obsolet. 8 Nominalisierung in der Form suffixaler Derivation ist ein Phänomen des Lexikons, nicht der Grammatik. 9 Daß dieser mögliche Einwand gegen eine Bestimmung der FVG als Periphrasen kaum zur Kenntnis ge8

9

Die These einer weitgehenden Grammatikalisierung der Beziehungen zwischen V und FVG wird in expliziter Form von Heringer (1968a: 104) u. (1988:109) vertreten, wenn er feststellt daß man FVG "von vielen Verben nach dem gleichen Muster bilden könne" - eine Feststellung, die offenbar fur die verschiedenen Untergruppen von FVG in höchst unterschiedlichem Maße gilt. (Für die hier untersuchten französischen FVG vgl. Kap.6.) Eine widersprüchliche Position vertritt in dieser Frage Herrlitz (1973), der einerseits feststellt, daß FVG und V keine Varianten, sondern "selbständige, semantisch relevante Einheiten" seien (Herrlitz 1973:16), der aber gleichzeitig FVG als Transformate tiefenstruktureller Verben beschreibt (Herrlitz 1973:115ff., bes. 119). Die These eines diachronischen Grammatikalisierungsprozesses der Beziehungen zwischen V und stammgleichen Nomina actionis in N(FVG)-P°sition wäre nun möglicherweise fur einzelne FVG-Paradigmata bedenkenswert (vgl. nächste Anm.), als allgemeine Hypothese zum grammatischen Status von FVG aber ist sie viel zu stark. FVG sind fur das Alt- und Mittelhochdeutsche (Blum 1986, Yuan Jie 1986:15fF., So 1991:53ff.) sowie für das Altfranzösische (Chaurand 1983) belegt, aber nur in äußerst seltenen Fällen wie dem in der nächsten Anm. erwähnten lassen sich einzelne Konstruktionen als echte Verbalperiphrasen interpretieren. Gerade solche Konstruktionen scheinen aber im Deutschen durch nichtperiphrastische FVG zurückgedrängt worden zu sein. Damit ist gemeint, daß die semantischen und formalen Beziehungen zwischen V und deverbal derivierten Ν trotz häufig wiederkehrender Strukturmuster uneinheitlich sind, und daß die Frage, welche Beziehung gerade vorliegt, idiosynkratisch für jedes Paar V / Ν beantwortet werden muß (vgl. Chomsky 1970:187ff). Diese Hypothese schließt freilich nicht aus, daß einzelne Sprachen fur den Übergang Ν => Κ neben lexikalischen Mitteln (der Derivation mittels Suffigierung) auch grammatikalisierte Verfahren vorsehen, wie beispielsweise die Substantivierung von infiniten V im Deutschen. Insofern stellen einzelne Konstruktionstypen wie etwa am {Arbeiten + Nachdenken + Schlafen + ...} sein seltene Mischformen zwischen FVG und echt verbalen Periphrasen dar, weil ihre N(FVG) gewissermaßen an der Grenze zwischen den Kategorien Ν und V liegen. Einerseits weisen sie (in Form des Artikels) ein typisch nominales Merkmal auf, andererseits haben sie gleichzeitig den Charakter von Formen, die mit grammatischen Mitteln von V abgeleitet sind. V. Polenz (1963:35) und So (1991:273) erwähnen die fortschreitende Verdrängung des substantivierten Infinitivs in bringenFVG (zum Anschauen bringen) durch Verbalabstrakta (zur Anschauung bringen) im Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert. Im Lichte unserer bisherigen Argumentation läßt sich dieser Fall als direktes Gegenbeispiel gegen die Annahme einer Grammatikalisierung der Relation V Ν(ργο) (vgl. letzte Anm.) interpretieren, denn offensichtlich ist hier innerhalb eines bereits existierenden FVG-Paradigmas ein grammatisch-deverbaler N(FVG)-Typus durch einen lexikalisch-deverbalen ersetzt worden. Unter dem Gesichtspunkt ihres Status' im Sprachsystem sind aber FVG mit N(FVG) des zweiten Typus "verb-femer" als der erste. Das vorliegende Beispiel repräsentiert also den Fall, daß sich eines der seltenen echt periphrastischen FVG in eine nicht-periphrastische Konstruktion verwandelt hat. Über die Ursachen dieser Entwicklung wollen wir nicht spekulieren. Auffällig ist jedoch, daß die FVG mit N ( f v g ) des lexikalisch derivierten Typus (Anschauung) denen mit grammatisch derivierten N ( f v g ) insofern überlegen sind, als sie über ein deutlich breiteres Repertoire an distributioneilen Möglichkeiten verfugen. Im Gegensatz zu den substantivierten infiniten V, die allein ihre Artikelfahigkeit mit Ν gemeinsam haben, lassen sich die lexikalisch deverbalen Ν prinzipiell durch Adjektive und Relativsätze attribuieren und können pluralisiert werden; vgl. {zum + ins + *zum schnellen + *in schnelles} Schwingen bringen und in {schnelle Schwingungen + Schwingungen, die ziemlich schnell sind} bringen. Im Französischen, wo ein entsprechendes grammatikalisiertes Substantivierungsverfahren fehlt, haben echt periphrastische Konstruktionen unter den FVG nie eine Rolle gespielt. Zum Status suffixaler Nominalisierungen s. unten, 4.1. u. 4.2.

36 nommen wurde, läßt sich zum Teil durch den Umstand erklären, daß bei den Vertretern der funktional-strukturellen Sprachwissenschaft die (unzutreffende) Vorstellung dominiert, bei den N(FVG) handele es sich nicht um echte Nomina (s.u., 2.2 ), so daß das Konzept der Nominalisierung in ihrem Falle nicht anwendbar sei (vgl. etwa Herrlitz 1973:80ff). Als zusätzlicher Einwand gegen eine Interpretation der FVG als grammatikalisierte Periphrasen ließe sich die Tatsache anfuhren, daß nicht nur die Annahme einer regelhaften Derivationsrelation V => Ν problematisch ist, sondern daß darüber hinaus auch die Relation Ν => N(FVG) nicht durchgängig gilt. FVG des Französischen sind, wie wir in 2.3.5. zeigen werden, lexikalisiert in dem Sinne, daß die N , die für eine Besetzung der Position N(FVG> in Frage kommen, usuell fixiert sind. Das bedeutet, daß nicht nur kein beliebiges Eintreten von Nomina actionis in die N(FVG)-Position gegeben ist, sondern daß darüber hinaus die Restriktionen, die dies verhindern, keinen systematischen Status haben, sondern im Lexikon festgelegt sind.

2.1.2. Modiiikation von Valenz und Aktionsart einfacher Verben (Heringer 1968a) Analyse und Klassifikation der FVG bedeuten vom strukturell-funktionalen Standpunkt aus weniger ihre Beschreibung als Prädikatstyp sui generis, sondern in erster Linie den Vergleich mit ihren vermeintlichen verbalen oder adjektivischen "Basisformen". Die Reichweite dieses Vorgehens und seine Grenzen wollen wir exemplarisch anhand einer kritischen Würdigung von Heringer (1968a) darstellen. Innerhalb der strukturell-funktionalen Arbeiten zum Thema FVG nimmt Heringers Untersuchung der kommen(FV)- / bringen^-FVG des Deutschen insofern eine Sonderstellung ein, als der kontrastierende Vergleich der jeweiligen Leistung von FVG und V nicht mehr nur in erster Linie unter dem Gesichtspunkt der Aktionsarten erfolgt, sondern erstmals auch valenztheoretische Kriterien in expliziter und systematischer Form berücksichtigt werden. io Die Kategorie 'Aktionsart' bezeichnet die zeitliche Gliederung versprachlichter Sachverhalte in Phasen-Abfolgen, soweit diese in der lexikalischen Bedeutung von Verben und komplexen Prädikaten zum Ausdruck kommen. Heringer unterscheidet dabei zwischen qualitativen Aktionsarten und quantitativen, wobei er sich vor allem für den ersteren Typus interessiert, der im einzelnen folgende Aktionsarten umfaßt: 1. Kursiv: ein Sachverhalt wird sprachlich als unbegrenzt, d.h. als Verlauf ohne Anfang und Ende dargestellt, z.B. durch das Verb blühen. Dabei hat selbstverständlich der außersprachliche Sachverhaltstyp, auf den blühen^ verweist, normalerweise sowohl einen Beginn als auch ein Ende; entscheidend ist, daß solche Phasengrenzen in der Bedeutung von blühen^ nicht mitverstanden werden. Allerdings ist die innersprachliche Verankerung des Aktionsartenbegriffs problematisch (s.u., 2.1.4 ). 2. Ingressiv (auch: inchoativ): ein Sachverhalt wird sprachlich von seinem Beginn / Anfangspunkt her dargestellt (z.B. erblühen - 'anfangen zu blühen'). 10

Allerdings werden einzelne Phänomene, die der Sache nach in den Bereich der Verbvalenz gehören, durchaus schon vorher diskutiert, wie z.B. die Kausativierung (Kolb 1962) oder die Passiv-Äquivalenz bestimmter FVG-Typen (v. Polenz 1963:20, ebenso Stötzel 1966:300ff.).

37 3. Egressiv (auch: terminativ): ein Sachverhalt wird als durch einen Endpunkt begrenzt dargestellt, z.B. durch das Verb verblühen, dessen Bedeutung sich paraphrasieren läßt als 'aufhören zu blühen'. 4. Transformativ (auch: perfektiv): ingressiven und egressiven Verben ist gemeinsam, daß sie einen Übergang von einem Zustand in einen anderen darstellen. Beide Aktionsarten werden entsprechend unter dem Oberbegriff "transformativ" zusammengefaßt. Die quantitativen Aktionsarten stellen ein sekundäres Einteilungskriterium fur transformative Verben dar. Heringer unterscheidet zwischen 1. meßbaren Aktionsarten, wie 1.1. Durativ: ein transformativer Sachverhalt wird als Verlauf mit einer zeitlichen Erstreckung dargestellt (z.B. durch das Verb zerfallen, vgl. Heringer 1968a:82). 1.2. Momentan: ein transformativer Sachverhalt wird als punktuell begrenzte Zustandsänderung dargestellt (etwa durch das Verb umfallen, vgl. Heringer 1968a:82). 2. zählbaren Aktionsarten wie z.B. 2.1. Iterativ: ein Sachverhalt wird als Wiederholung einzelner, gleichartiger, punktueller Teilsachverhalte dargestellt, etwa durch Verben wie zittern, zucken. 2.2. Semelfaktiv: ein transformativer Sachverhalt wird als nicht-iterativ, d.h. als nicht in mehrere einzelne Teilsachverhalte zerfallend dargestellt. Die Kategorie Aktionsart ist von der des Aspektes strikt zu trennen, obwohl beide Begriffe der Sache nach zusammenhängen. Aspektuelle Modifizierung verbaler Sachverhalte meint eine temporal-deiktische Spezifizierung durch morphologisch-grammatische Mittel sozusagen "von außen her". Demgegenüber sind die durch das Prädikat ausgedrückten Phasenabfolgen und -Gliederungen Aktionsarten, wenn sie in der lexikalischen Bedeutung des betreffenden Verbs selbst angelegt sind (vgl. u.a. Klein 1974:76 u. 103). Aktionsartenmerkmale von Verben können durch den Aspekt verschoben werden (Ullmer-Ehrich 1977:95). Kommen(FV)- und bringen^-FVG, wie sie in den Beispielen (2), (3) vorliegen, sind Heringer zufolge ingressiv in dem Sinne, daß beide einerseits die dem Kochen vorangehende, vorbereitende Phase betonen, andererseits aber auch den Endpunkt dieser Phase, den Vorgang des Kochens selbst, mitbezeichnen (Heringer 1968a:83). (2) Paul bringt das Wasser in fünf Minuten zum Kochen. (3) Das Wasser kommt in fünf Minuten zum Kochen. Bei der Gegenüberstellung von FVG mit bringenφγ) und kommen^v) und ihren "Grundverben" unterscheidet Heringer je nach dem Umfang der jeweiligen aktionalen Abstufung mehrere Konstellationen. Besonders deutlich fällt die semantische Leistung der FVG in Fällen wie zum Kochen {bringen + kommen} vs. kochen(V) aus, wo die ingressiven FVG kursiven V gegenüberstehen. Umgekehrt ist die Leistung der FVG als besonders gering zu veranschlagen, wenn ingressive FVG mit V korrelieren, die selbst ingressiv sind, wie etwa im Fall von ausbrechen(V) vs. zum Ausbruch kommende) (vgl. Heringer 1968a: 86), wo entweder keinerlei aktionale Abstufung mehr festzustellen ist, oder aber eine Opposition nur mehr unter Zuhilfenahme zusätzlicher, sekundärer Kategorien (wie z.B. 'momentan' für ausbrechenbegründet werden kann.

38 Ähnlich wie bei den Aktionsarten verfährt Heringer, wenn er FVG und ihre "Grundverben" unter dem Gesichtspunkt ihrer Valenz kontrastiert. Bringen-FVG sind eine von mehreren im Sprachsystem angelegten Möglichkeiten der Kausativierung (Heringer 1968a:60). Einen Sachverhalt zu kausativieren bedeutet, ihn dahingehend zu modifizieren, daß er als 'verursacht' erscheint.11 Da dabei notwendigerweise ein zusätzlicher (in der Regel als E l realisierter) Aktant in der Rolle des 'Veranlassers' hinzutritt, weisen kausative Sachverhalte unter dem Gesichtspunkt ihrer quantitativen Valenz stets einen Aktanten mehr auf als die korrelierenden nicht-kausativen Sachverhalte (Heringer 1968a:60). Kausativierung heißt damit immer auch Transitivierung von Sachverhaltsdarstellungen. Die "Leistung" der kausativen bringen-FVG gegenüber ihren "Grundverben" kann, je nach deren Wertigkeit, als kausativierende Leerstellenzahlerhöhung beschrieben werden. Heringer unterscheidet dabei mehrere Fälle: a) Dem Nomen actionis in der Position N(FVG) entspricht ein 1-wertiges Verb. In diesem Fall leistet das kausative bringen-FVG immer eine Leerstellenzahlerhöhung um einen Mitspieler (Heringer 1968a:62), z.B. in;!2 (4.1) Diese beiden Standpunkte(ei) stimmen überein. (4.2) Jemand(Ei) bringt die beiden Standpunkte @2) Übereinstimmung. Charakteristisch für FVG und V in dieser Relation ist eine Aktantenverschiebung der Form:

E1

E2 (aus Heringer 1968a:67) Abb.4

b) Dem Nomen actionis in der Position N(fvg) entspricht ein transitives, mindestens zweiwertiges "Grundverb". Für diesen Fall ergeben sich zwei weitere Möglichkeiten, je nachdem, ob das betreffende Nomen actionis "aktivisch" wie in (5.1) oder "passivisch" wie in (5.2) verwendet wird. (5.1)

(5.2)

Maria bringt Paul zur Ausführung des Planes. Paul fihrt den Plan aus. Maria bringt den Plan (durch Paul) zur Ausfilhrung. Der Plan wird (durch Paul) ausgeföhrt.

b l ) Bringen-FVG mit "aktivischen" Nomina actionis. Wie bei FVG mit intransitiven "Grundverben" leisten bringen-FVG, die in Korrelation zu transitiven V stehen, immer eine Wertigkeitserhöhung um einen Mitspieler, wenn das Nomen actionis in der Position N(FVG)

11

12

Dabei ist zu unterscheiden zwischen grammatischen Verfahren zur Kausativierung und lexikalischen. Lexikalische Kausativierung liegt vor bei N(X) senken N(yj gegenüber N(y) sinken. Grammatische Verfahren zur Kausativierung sind Verbalperiphrasen wie Nfxj lassen N(y) sinken, oder N(x) {machen + veranlassen + bewirken}, daß Ν(y) sinken. Die beiden folgenden Beispielsätze sind in modifizierter Form Heringer (1968a:62) entnommen. Die besondere Notation für die Ergänzungen des Verbs, die im Gegensatz zu denjenigen des FVG in Kleinschreibung angegeben sind (also el, e2, e3 usw.) übernehmen wir hier von Heringer.

39 aktivisch verwendet wird. Heringer (1968a:68) konstatiert für diesen Fall zwei unterschiedliche Muster der Aktantenverschiebung, nämlich: - das Muster^ ei E1

e2

\\ Ε2

En (vgl. Heringer 1968a:67) Abb.5

für Fälle wie'

4

(6.1) Er(ei) kippt sein Glas(e2) um. (6.2) Ich (Ei) bringe ihn@2) zum Umkippen des Glases ßn). - das (eher marginale) Schema ei E1

e2

\\ E2

E3 (vgl. Heringer 1968a:68) Abb.6

für Konstellationen wie (7.1) Peter(ei) {kennt + hört} die Entscheidung^). (7.2) Maria β i) bringt Peter(En) die Entscheidungß2) {zur Kenntnis + zu Gehör}. b2) Bringen-FVG mit passivischen Nomina actionis. Tritt in der Position N(FVG) ein Nomen actionis auf, welches passivisch verwendet wird, so leistet es gegenüber dem "Grundverb" keine bzw. eine nur geringfügige Aktantenmodifizierung. Heringer unterscheidet wiederum zwei Muster der Aktantenverschiebung, nämlich - das Schema

w

e1

e2

E1

E2 (aus Heringer 1968a:72) Abb.7

(8.1) Paul(ei) drückt sein Erstaunen(e2) aus. (8.2) Paul(Ei) bringt sein Erstaunen@2) zum Ausdruck. - das Muster 13

14

Der Mitspieler En wird bei Heringer (1968a:68) als "E3" etikettiert. In dem unserer Untersuchung zugrunde liegenden Modell der syntaktischen Ergänzungsklassen des Französischen (Kotschi 1981) meint das Etikett E3 einen als ά NP realisierten, durch lui, leur oder y anaphorisierbaren "Dativ"Mitspieler. Aus diesem Grund haben wir gegenüber der Darstellung bei Heringer (1968a) eine Modifikation der Bezeichnung E3 zu En vorgenommen, welche, wie von Heringer ursprünglich beabsichtigt, einen nicht näher definierten Drittaktanten repräsentieren soll. Die folgenden Beispiele sind Heringer (1968a:67) entnommen.

40

(vgl. Heringer 1968a:70) Abb.8 (9.1) Du(e])ftlhrstden Plari(e2) aus. (9.2) Ichßi) bringe den Plan β2) (durch Dich(g„j) zur Ausföhrung. 15 Wie Heringer ausdrücklich einräumt, ist es bei Verhältnissen wie unter b2) und speziell in Fällen wie (8.1), (8.2) besonders schwierig, "die Fügungen aus grammatischen Motiven zu erklären [...], da in den Fällen, wo auch keine aktionelle Abstufung zu erkennen ist, keine Opposition zum Grundverb besteht" (Heringer 1968a: 62).·6

2.1.3. Die Reihenbildung der Funktionsverben Mit besonderem Nachdruck wird von den Vertretern der strukturell-funktionalen Position auf die reihenbildende Funktion der FV hingewiesen. 17 Damit ist die Tatsache gemeint, daß Funktionsverben Systeme bilden, welche darauf spezialisiert sind, die oben beschriebenen aktionalen Abstufungen und Wertigkeitsmodifikationen zu realisieren. Von diesem Standpunkt aus betrachtet sind es Eigenschaften der Funktionsverben, welche die Leistung der FVG im Sprachsystem begründen. Seit Heringer (1968a) wird in der Forschung hervorgehoben, daß durch die Opposition des kausativen bringen(ργ) zu seinem rezessiven Korrelat kommen(ρψ) im Deutschen die Realisierungsmöglichkeit der Diathesen-Opposition zwischen Aktiv und Passiv gewissermaßen verdoppelt wird (Heringer 1968a:77): Aktiv/V: Aktiv / FVG: Passiv / V: Passiv/FVG:

(101) (10.2) (10.3) (10.4)

Ichfei) führe den Plan(e2j aus. Ichßj) bringe den Plan(E2) zur Ausföhrung. Der Plan^i) wird (durch mich(e2)) ausgeföhrt. Der Planßi) kommt (durch michßn)) zur Ausföhrung.

Eine weitere Funktion der Reihenbildung ergibt sich aus der Tatsache, daß es die FV sind, welche die Aktionsart jeweils der gesamten Konstruktion festlegen. Während einfache V aufgrund ihrer lexikalischen Bedeutung auf eine bestimmte Aktionsart festgelegt sind (s.o., S.39), erscheinen FVG aufgrund der Tatsache, daß ihre Verbalkonstituenten mehr oder weniger umfangreiche Paradigmata bilden, in besonderer Weise dazu prädestiniert, zwischen verschiedenen Aktionsarten zu differenzieren. In dieser Perspektive sind die FV "sozusagen [...] 15 16

17

Das Beispiel stammt aus Heringer (1968a:70). Allerdings fuhrt Heringer Fälle an, wo die Kausativierung durch ein bringen-FVG zwar keine quantitative, wohl aber eine qualitative semantische Modifikation der Valenz des "Grundverbs" zur Folge hat. Im Gegensatz etwa zu etw. erfahren(y) liegt bei etw. in Erfahrung bringende) eine kausative Bedeutung ('Ich bewirke, daß ich etwas erfahre') vor (vgl. Heringer 1968a:73). Vgl. insbesondere SabriSula (1966) sowie Engelen (1968), die diesen Gesichtspunkt besonders vertiefen. Vgl. außerdem schon Kolb (1962:380) und v. Polenz (1963:27ff ).

41 Aktionsart in reiner Form" (Büttner 1991:65). 18 Zwar stehen für das Verbalsystem des Deutschen funktionale Alternativen zur Markierung der Aktionsarten zur Verfugung, wie etwa die Präfigierung, 19 doch zeichnen sich gerade die FV-Paradigmata durch ihren systematischen Charakter aus. Vom Standpunkt der strukturell-funktionalen Position aus ist die Annahme systematischgrammatischer Beziehungen zwischen den Elementen der einzelnen FV-Subsysteme ein sekundäres Argument zugunsten einer Einschätzung der FVG als periphrastische Streckformen. 20 Im Sinne dieser Argumentationslinie interpretiert Wolf (1987), der damit einen Gedanken von Sabrsula (1966) für die entsprechenden Konstruktionen im Französischen wiederaufnimmt, FVG des Deutschen als auf die Markierung von Aktionsarten spezialisierte Verbalperiphrasen, die sich diachronisch auf dem Wege zur Grammatikalisierung befinden. 21 Diese zurückhaltende (und weder bei Wolf noch bei Sabrsula im einzelnen belegte) diachronische Argumentation ist offensichtlich schon deshalb notwendig, weil synchronisch gesehen die FVReihen vieler FVG idiosynkratische Lücken aufweisen, die als Restriktionen auf Normebene keiner systematischen Erklärung zugänglich sind (vgl. Persson 1975:115ff.; vgl. auch unten, 2.3.5.)

2.1.4. Zur Problematik des Aktionsartenbegriffes Eine erste Problematik des eben skizzierten Ansatzes ergibt sich aus der Tatsache, daß der Aktionsartenbegriff semantisch unzureichend fundiert ist. Die sprachlich in der Bedeutung von Verben angelegte Phasendarstellung kann offenbar mit den Mitteln, die der Forschung zur Verfügung stehen, nur unzureichend von der Phasenhaftigkeit der außersprachlichen Sachverhalte selber unterschieden werden, die durch die betreffenden Verben dargestellt werden. 22 Steinitz (1981:10) faßt dieses Dilemma folgendermaßen zusammen:

18

S. dazu auch Steinitz (1977:98). Der Gedanke, FVG seien aufgrund der Eigenschaften der FV "semantisch transparenter" als einfache V, findet sich auch bei Starke (1989:79). Vgl. dazu auch das umfangreiche Material zur aktionalen Abstufung von FVG des Deutschen in Engelen (1968:294ff.). Für das Französische s. besonders Bresson (1989). 19 Vgl. etwa blühen (kursiv), auf-blühen, er-blühen (ingressiv), ver-blühen (egressiv). 20 Um das (verglichen mit dem Postulat des deverbalen Charakters der N(FVG)) sekundäre Kriterium der Reihenbildung der FV ebenfalls in den Rang einer fur FVG konstitutiven Eigenschaft zu erheben, schlägt v. Polenz (1987:170) eine Unterscheidung zwischen "Nominalisieningsverbgefugen" (NVG) und FVG vor. Dabei sind FVG als Sonderfall der NVG definiert, der sich von diesen lediglich dadurch unterscheidet, daß die FV einen Eigenbeitrag zur Gesamtbedeutung der FVG leisten und reihenbildend sind, während die Verbalkonstituenten von NVG keine Paradigmata bilden. Kandidaten für NVG des Französischen wären demnach hauptsächlich unter komplexen Prädikaten mit faire (ργ) zu suchen, da faire(ργ) als Verbalkonstituente in der Regel nicht reihenbildend ist (Ausnahmen s. Giry-Schneider 1987:187ff.) und keinen semantischen Beitrag zur Gesamtkonstruktion zu leisten scheint, wenn das betreffende prädikative Nomen eine Handlung ausdrückt, wie in faire abus de, faire faillite, faire abstraction de. Typische FVG dagegen wären die Konstruktionen mit dem FV Paradigmas {etre + entrer / se mettre + mettre + tenir} PRÄP N. 21 Vgl. bereits Flämig (1965:10), ebenso Heibig (1979:279) und Tuchel (1982:5). 22 Ein Beispiel dafür ist die fragwürdige Aktionsartenfestlegung bei Bresson (1989:68).

42 In den Vorgängen selbst oder in ihren gedanklichen Abbildern kann das Raster nicht gesucht werden, das bestimmte Modifizierungen von Vorgängen als Aktionsarten gegenüber den anderen auszeichnet. [...] Die Art, wie gedankliche Inhalte sprachlich verarbeitet und ausgedrückt werden, müßte die Aussonderung, Ordnung und Komposition des semantischen Materials steuern. (Hervorh. im Text) Daraus ergibt sich für eine Bestimmung der Aktionsarten23 folgendes zentrale Problem: [...] ohne ein aktionsartenneutrales Relat kann eine sprachliche Einheit nicht als Ausdruck der Wiederholung, Verstärkung usw. eines Geschehens bestimmt werden. (Steinitz 1981:10, Hervorhebung im Text) Diese Problematik wird gelegentlich auch in der FVG-Forschung selbst reflektiert. So schlägt Wolf (1987:222ff.) vor, den FVG, die seiner Meinung nach als auf den Ausdruck von Aktionsarten spezialisierte Verbalperiphrasen per definitionem aktional markiert sind, die jeweiligen "Basisverben" als aktionsartenneutrale Relate gegenüberzustellen. Abgesehen davon, daß wir eine zentrale Prämisse der Argumentation Wolfs nicht teilen - diejenige nämlich, daß FVG sinnvoll als "verbale" Periphrasen beschrieben werden können - scheint uns seiner Bestimmung der Basisverben als aktional neutrale Relate der FVG ein fundamentales Mißverständnis zugrunde zu liegen, das sich aus dem Bestreben herleitet, für das Deutsche die Annahme einer grammatischen Kategorie Aktionsart plausibel zu machend aus der Tatsache, daß FV die Aktionsarten in reiner Form auszudrücken scheinen, folgt nämlich keineswegs, daß im Gegensatz dazu in der semantischen Struktur von Vollverben keinerlei aktionale Bedeutungsanteile enthalten sind. V sind niemals aktionsarten-neutral 2 5 Von der Mehrzahl der FV unterscheiden sie sich lediglich dadurch, daß sie außer aktionalen Bedeutungsanteilen zahlreiche weitere semantische Merkmale enthalten. Eine zweite Problematik betrifft die Weiterklassifizierung von transformativen Prädikaten in ingressive und egressive Aktionsart. Prädikate, die den Anfangspunkt eines Sachverhaltes aus23

24 25

In der zitierten Passage wendet sich Steinitz gegen eine von ihr so genannte Auffassung Α des Aktionsarten-Begriffs, der in außersprachlichen Gegebenheiten verankert ist. Dieser Auffassung stellt sie einen an der Tradition der Aktionsarten- und Aspektforschung der slawischen Sprachen orientierten Standpunkt Β entgegen, der Aktionsarten als grammatische Kategorien zu fassen sucht, soweit sie einzelsprachlich durch morphosemantisch relevante Verfahren markiert sind. Im Deutschen ist dies insbesondere bei der Präfigierung von Verben der Fall. Anhand dieses Kriteriums grenzt sie nun die Kategorien 'durativ' und 'terminativ' / 'inchoativ' ebenso wie 'kausativ', auf deren Ausdruck im Deutschen ausgerechnet die sein^y)-, kommert(pv)-, bringeri(Fy)-FVG spezialisiert sind, von den Aktionsarten ab (vgl. Steinitz 1981:36f.), weil sie vom Standpunkt Β aus keine grammatischen, sondern verbsemantische Kategorien allgemeinerer Natur darstellen. Die von Steinitz kritisierte Auffassung Α des Aktionsartenbegriffes ist genau diejenige, mit der häufig in der FVGForschung operiert wird. Eine lesenswerte Zusammenfassung der Aktionsartendiskussion findet sich bei Francis (1985). Mit dieser Einschätzung schließen wir uns Büttners (1991:66) Kritik an Wolf an. Der Unterschied zwischen Oppositionspaaren vom Typ rager(y).enrager(y) und solchen vom Typ &tre en rage: se mettre en rage ist nicht semantischer, sondern formaler Natur. Im Fall der V wird die Opposition Tcursiv':'ingressiv' durch die Präfigierung des ingressiven Oppositionsterms markiert, im Falle der FVG dagegen durch die Opposition der FV. Der Unterschied zwischen V und FVG betrifft also nicht die Tatsache, daQ Aktionsarten ausgedrückt und aktionale Abstufungen markiert werden, sondern die Art und Weise wie dies geschieht.

43 drücken, sind ingressiv (s. S.36). Im Anschluß an Heringer (1968a:82f.) gelten bringen- und kommen-FVG im Deutschen als ingressiv. Diese Auffassung ist plausibel, da solche Funktionsverbgefüge den Beginn eines durch das N(FVG) prädizierten Sachverhaltes darstellen. Demgegenüber postuliert Persson (1975:52, 68ff.) für bringen- und kommen-FVG eine egressive Aktionsart mit der Begründung, daß das Eintreten des durch das N(FVG) dargestellten Sachverhaltes logisch den Endpunkt des im FV prädizierten Prozesses impliziert. Diese Analyse ergibt sich folgerichtig aus der Paraphrase (12), die Persson fur (11) vorschlägt (s. S.84): (11) Klaus kommt ins Schwitzen. (12) Es erfolgt ein Prozeß, der damit endet, daß Klaus anfängt zu schwitzen. Problematisch ist Perssons Argumentation jedoch deshalb, weil die vermeintliche Äquivalenz der Paraphrase (11) mit der Bedeutung des Satzes (12) rein logischen Status hat und nicht aus einer Analyse des Funktionsverbgefüges als sprachlicher Sachverhaltsdarstellung hervorgeht. Problematisch ist ferner die Tatsache, daß die zur Verfügung stehenden aktionalen Kategorien nicht immer ausreichen, um alle erklärungsbedürftigen Phänomene zufriedenstellend zu erfassen. Noch bei Engelen (1968:294) werden bleiben(ργ) und halten^ genauso wie sein(fv) als gleichermaßen kursiv^ klassifiziert, so daß unklar bleibt, worauf der charakteristische aktionale Unterschied zwischen in Anwendung sein und in Anwendung bleiben beruht. Das Problem, das eine Analyse von bleibenfpv) und seines Kausativums halten (pyj aufwirft, ist folgendes. Einerseits sind beide FV unbestimmt in bezug auf Phasenabfolgen und - begrenzungen und scheinen statische Zustände auszudrücken. Andererseits unterscheiden sie sich aber von echten Kursiva wie z.B. seinfpy) dadurch, daß sie gleichzeitig ein Element der Prozeßhaftigkeit enthalten. Blochwitz (1980:101) charakterisiert ihre aktionale Struktur als "transformativ 'unterkühlte' Kursivität". Um FV wie bleiben(py) und halten(ρψ) von den echten Kursiva zu unterscheiden, wurden in der Forschung Termini wie "explizit durativ" (Blochwitz 1980:101), "kontinuativ" (Schmidt 1968:4) oder "transgressiv" (Thun 1975:66) geprägt. Diesen terminologischen Versuchen haftet der Charakter von Verlegenheitslösungen an, weil sie in der Sache das zu erklärende Phänomen nicht bewältigen. Eine Ausnahme bildet in dieser Hinsicht der glücklich gewählte Terminus 'intransformativ' (Persson 1975:80, im Anschluß an FabriciusHansen 1975, vgl. dazu unten, 3.5.1). Das, was es in einer für die Erfassung der Aktionsart von bleibenfFV) / halten^ geeigneten Kategorie zusammenzubringen gilt, nämlich Statik bei gleichzeitiger Prozeßhaftigkeit, läßt sich nicht in ein Aktionsarten-Konzept einfügen, welches an außersprachlichen Sachverhalten orientiert ist. Ein weiteres Problem betrifft die Frage des Verhältnisses der Bedeutungskomponente 'kausativ' zu den Aktionsarten. Bisweilen wird in der Forschung die Meinung vertreten, 'kausativ' sei eine Aktionsart im selben Sinn wie 'kursiv' oder 'ingressiv'.27 Obwohl sowohl die Aktionsarten als auch die Kategorie 'kausativ' verbsemantische Bedeutungskomponenten sind, ist diese Annahme problematisch: der Terminus Aktionsart meint lediglich zeitlich definierte

26 27

Engelen benutzt anstelle des Terminus Tcursiv' den Term 'durativ'. Diese Ansicht vertreten Heibig / Buscha (1972.68ff.) und indirekt auch Starke (1975:159). Zu den Aktionsarten rechnet auch Yuan Jie (1986:151) die Teilbedeutung 'kausativ', allerdings mit der Einschränkung, daß 'kausativ' einer anderen (welcher?) semantischen Ebene angehört als etwa 'egressiv'.

44 Phasengliederungen verbal ausgedrückter Sachverhalte, die Kategorie 'kausativ' dagegen einen kompletten Teilsachverhalt 'veranlassen, daß etw. der Fall ist'. Die Kategorien 'kausativ' und 'Aktionsart' betreffen offensichtlich unterschiedliche Ebenen der verbalen Bedeutungsstruktur (s. dazu auch Steinitz 1981:37). Da aber beide Kategorien von zentraler Bedeutung für die Bestimmung der semantischen Struktur von FVG sind, wäre ein theoretisches Instrumentarium wünschenswert, das geeignet ist, beide Ebenen in ihrem Verhältnis zueinander zu erfassen.

2.1.5. Systemwertermittlung versus konstruktionelle Analyse Bei der Vorgehensweise der hier skizzierten Forschungstradition werden zwei Beschreibungsebenen miteinander gleichgesetzt, deren deutliche Trennung im Interesse methodischer Klarheit wünschenswert wäre, nämlich: 1. die Strukturbeschreibung von FVG als Konstruktionen sui generis, diese Ebene findet bei Heringer insoweit Berücksichtigung, als Valenz und Aktionsart der FVG als solcher beschrieben werden. 2. der Vergleich von FVG und V (als deren vermeintlicher Basisformen) aus den oben skizzierten forschungsgeschichtlichen Gründen, der eigentlich keine Strukturbeschreibung der FVG, sondern die Strukturbeschreibung des Lexikons einer Sprache zum Ergebnis hat, weil er Alternativen zum vorhandenen verbalen Inventar des Lexikons untersucht und die Bedingungen für deren Gebrauch systematisiert. Als theoretischer Hintergrund einer Position, die diese beiden methodischen Ebenen miteinander identifiziert, lassen sich unschwer Grundannahmen des sprachwissenschaftlichen Strukturalismus ausmachen. Dieser postuliert, daß das sprachliche Zeichen (hier also ein gegebenes FVG) seinen "Wert" aus seinen Beziehungen zu den anderen Zeichen des Systems herleitet,28 so daß erst eine Beschreibung dieser Beziehungen, insbesondere der Oppositionsrelationen, seine systematisch relevanten Eigenschaften zutage fördert.29 Eine umfassende Würdigung des Strukturalismus als sprachwissenschaftlicher Methode kann nicht die Aufgabe der vorliegenden Arbeit sein.30 Die Anwendung dieser Methode auf den Gegenstand FVG in der beschriebenen Art und Weise wirft jedoch ein zentrales Problem auf, das sich folgendermaßen darstellt. Die Hypothese, der zufolge sich relevante konstruktioneile Eigenschaften von FVG in befriedigender Art und Weise aus der Gegenüberstellung mit V herleiten lassen, beruht in entscheidendem Maße auf der Voraussetzung, daß FVG - obwohl ausdrucksseitig mehrgliedrige Zeichen - sich nicht weiter in die Einzelbedeutungen 28 29 30

Vgl. Saussure (1915:158). Coseriu (1988:201) bringt diese GrundaufFassung in folgende Form: "Die funktionalen Einheiten existieren (als eben solche und nicht andere) dank der Oppositionen', an denen sie teilhaben." Eine exemplarische Einlösung dieses Programms leistet Dietrich (1973) bei der Beschreibung echter Verbalperiphrasen. Die Frage nach der inneren Einheit mehrgliedriger Zeichen im allgemeinen und verbaler Periphrasen im besonderen beantwortet Dietrich vor allem mit dem Hinweis darauf, daß die aus Verbum adiectum und nichtflektierter Verbform bestehenden Periphrasen und das korrelierende einfache V zum Paradigma desselben Lesems gehören (Dietrich 1973:56). Für echte Verbalperiphrasen ist diese Überlegung sinnvoll, ihre Übertragung auf FVG fuhrt jedoch zu den oben skizzierten Ungereimtheiten.

45 ihrer Konstituenten auflösen lassen. Wenn diese Voraussetzung nicht erfüllt ist, wenn sich also F V G als nach bestimmten Konstruktionsprinzipien gefugte, komplexe syntaktische und semantische Strukturen interpretieren lassen, die ihrerseits Funktionen der jeweiligen semantischen und syntaktischen Struktur ihrer einzelnen Konstituenten (FV, PRÄP, Artikel, N(FVG>) sind, dann scheint es mehr als fraglich, ob die Eigenschaften dieser Konstituenten und die betreffenden Konstruktionsprinzipien hinreichend über den Systemwert beschrieben werden können, der sich aus der Opposition der komplexen Zeichen FVG zu einfachen Zeichen der Kategorie V ergibt. Zu diesem entscheidenden Punkt finden sich bei Heringer widersprüchliche Aussagen. So befindet er einerseits: Es ist überhaupt fraglich, ob man bei der Bestimmung der Funktion und Bedeutung der Funktionsverbfugungen weiterkommt, indem man die einzelnen Teile interpretiert. Wir haben darum die einzelnen Elemente nicht nach ihrer Bedeutung analysiert, sondern lediglich untersucht, wie ihre genauere Betrachtung zu einer festen Abgrenzung des Begriffs 'präpositionale Funktionsverbfugung' benutzt werden kann. (Heringer 1968a:41) Die Funktionsverbfugung bildet eine Ganzheit mit einem eigenen semantischen Gehalt, den keines ihrer Glieder einzeln hat [...]. (Heringer 1968a:5 lf.) Mit dieser Aussage setzt sich Heringer aber in Widerspruch zu einem anderen Bereich seiner Argumentation. Bei der Definition seines Untersuchungsgegenstandes grenzt er sich nämlich ausdrücklich vom Konzept der "Funktionsverbformel" ab, wie es v. Polenz (1963) vertritt. Heringer tut dies mit dem folgenden Argument . Diese Bezeichnung [Funktionsverbformel, U.D.] soll hier vermieden werden, denn ich hoffe, daß sich im Laufe der Untersuchung zeigen wird, daß es sich nicht um Formeln, d.h. um erstante Verbindungen handelt, sondern um eine lebendige grammatische Fügungsmöglichkeit der deutschen Sprache, die bis zu einem hohem Grad systematisiert ist. (Heringer 1968a:25) Wenn nun F V G tatsächlich systematisierte Konstruktionen sind, die sich synchronisch oder diachronisch produktiv verhalten, dann müssen sich sowohl die Elemente isolieren lassen, die zu neuen FVG kombiniert werden können, als auch die Prinzipien, nach denen sich diese Kombination vollzieht. Das eigentliche Problem scheint nun darin zu bestehen, daß die Konstituenten der F V G sich unter dem Gesichtspunkt ihrer Struktur und Kombinierbarkeit anders verhalten als das bei Fügungen aus lexikalischem Vollverb und dessen Ergänzungen der Fall ist. Diesem Umstand trägt Heringer in zweifacher Hinsicht Rechnung, ohne allerdings beide Argumentationsstränge in einen Zusammenhang zu bringen. Einerseits beschreibt er den semantischen Unterschied zwischen Vollverben und Funktionsverben als höheren Grad der semantischen "Generalisierung", d.h. als Verlust von Bedeutungselementen bei letzteren, der sie in die Nähe von Hilfsverben rückt (Heringer 1968a:34). Andererseits versucht er, den Strukturunterschied zwischen FVG und V anhand stemmatischer Darstellungen zu veranschaulichen. Für die Dependenzverhältnisse der Prädikat-Argument-Struktur in (13) gibt Heringer (1968a:43) die als Abb.9 wiedergegebene Darstellung. (13) Der Abgeordnete kommt(y) zur

Verhandlung^).

46 mm zu J Verhandlung

Abgeo

I

dir

der (aus Heringer 1968a:43) Abb.9

Dagegen ergibt sich fur F V G wie in (14) die in Abb. 10 dargestellte Struktur. (14) Das Gesetz kommt zur Verhandlung(FVG)·

Gesetz das

Τ (vgl. Heringer 1968a:44) Abb. 10

Heringer (1968a:41 u. 51) zufolge sind FVG "Ganzheiten". Die N(FVG) stellen keine Aktanten der FV dar, sondern sind Teile des Prädikats, die zusammen mit FV andere Elemente des Satzes als Aktanten zu sich nehmen. Demgegenüber ist die in (14) vorliegende Struktur keine "Ganzheit", weil allein kommen^ als Prädikat fungiert, welches die PP zur Verhandlung als Aktanten bindet. Diese Darstellung impliziert also zwei Aussagen über den strukturellen Unterschied zwischen F A ^ - S e q u e n z e n und FVG, von denen uns insbesondere die zweite interessiert, weil sie die interne Struktur von F V G betrifft: a) Innerhalb des Satzes nehmen FVG nur als ganze Prädikatsfünktion wahr. b) In ihrer internen Struktur zeichnen sich FVG dadurch aus, daß die Konstituente FV zu N(FVG) IN keinem Prädikat-Aktant-Verhältnis steht. Es fragt sich nun aber, wie man diese negativ spezifizierte Aussage mit positivem Inhalt füllen kann. Die unter b) formulierte These stellt den zentralen Gesichtspunkt dar, der im folgenden der weiteren Aufarbeitung der Forschungsdiskussion zugrunde liegt. In 2.2. werden wir prüfen, ob sich die interne "Ganzheit" der F V G darauf zurückführen läßt, daß sie in Wirklichkeit Wörter sind. In 2.3. sollen Ansätze dargestellt werden, welche die "Ganzheit" von FVG im Satz und den Nicht-Prädikat-Argument-Status ihrer Konstituenten als Folge phraseologischer Erstarrtheit zu konzeptualisieren versuchen. In 2.4. werden Ansätze diskutiert, die FVG als ausdrucke- und inhaltsseitig komplexe Prädikate beschreiben, und die in diesem Rahmen Modelle zur Darstellung der Nicht-Prädikat-Argument-Relation von FV und N(FVG) vorschlagen.

47

2.2.

Funktionsverbgefuge als Wortbildungen

Eine erste Position, die Aussagen über die interne Struktur von FVG enthält, besagt: FVG sind Resultate von Wortbildungsprozessen. In diesem Sinne beschreibt etwa Guilbert ( 1 9 7 5 : 2 6 4 ) 3 1 die Bildung von locutions verbales wie avoir mal, faire froid, faire pipi usw. als "[...] processus de transformation par laquelle un lexeme de categorie nominale passe dans la categorie verbale". Das den FVG zugrunde liegende Wortbildungsverfahren charakterisiert D u b s k y 3 2 ; der damit einen Gedanken von Bally (1932:94) weiterfuhrt, als "Dekomposition", bei der ein originär verbaler Sachverhalt in ein die verbalgrammatischen Kategorien Person, Numerus und Tempus tragendes "(semi-) auxiliaire" (FV) und ein nominales Verbalabstraktum (N(FVG)) aufgespalten wird. [...] les verbes auxiliaires [d.h. FV, U.D.] perdent leur signification et deviennent une sorte de morpheme ajoute Ä la forme nominale du verbe semantique [d.h. des N(FVG> U.D.]. (Dubsky 1964:163) Das Verfahren der Dekomposition rangiert Dubsky (1966a) zufolge gleichwertig neben Derivation, Komposition und Rekomposition. Diese Position ist der in 2.1. beschriebenen strukturell-funktionalen Analyse insofern ähnlich, als sie aus der funktionalen Wortäquivalenz der FVG (also der Tatsache, daß sie paradigmatisch Wörter vertreten), stillschweigend den Schluß zieht, FVG seien Wörter. 33 Allerdings dient die Bezeichnung der FVG als "Verben"34 bzw. als "komplexe Verben"35 häufig eher einer oberflächlichen Charakterisierung ihrer Satzfunktion, ohne daß damit der Versuch einer theoretisch kohärenten Integration in den Bereich der Wortbildung verbunden wäre. Explizit vertreten wird diese Vorstellung dagegen bei Sieglinde Heinz (1982), deren eigentlicher Untersuchungsgegenstand freilich nicht FVG, sondern die Artikel des Altfranzösischen sind. Im Zusammenhang mit der Hypothese, im Gegensatz zu den Verhältnissen im Altfranzösischen sei die Annahme der Existenz eines Nullartikels im modernen Französisch unzulässig, muß sich Heinz mit dem (für ihre Hypothese problematischen) Befund auseinanderset-

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33

34 35

Zu einer kritischen Würdigung der Sichtweise Guilberts s. auch Thun (1981:326). Für das Altspanische Dubsky (1963 u. 1965), für das moderne Spanisch Dubsky (1966b). Ein knapper Vergleich der Verhältnisse im modernen Französischen mit denen im Altspanischen und modernen Spanischen findet sich in Dubsky (1964). Dubsky (1988:87) nimmt zwar ausdrücklich eine Unterscheidung zwischen den formas descompuestas vom Typ dar un grito und FVG vom Typ entrar en cölera vor, da bei letzteren der semantische Gehalt der die Aktionsart tragenden Verbalkomponente höher sei als beim ersten Typ. Diese Unterscheidung lassen wir hier jedoch außer Acht, da wir für beide Typen von Konstruktionen eine grundsätzlich ähnliche Analyse vorschlagen werden (s.u., Kap. 4.10). Dies wird etwa bei Dubsky (1966a:193, 197) angedeutet, ebenso bei Dubsky (1964) in der oben zitierten Passage. Auf die Unzulässigkeit einer Gleichsetzung beider Sachverhalte weist bereits Gaatone (1981:49f.) hin. Innerhalb der strukturell-funktionalen Forschungsposition sind solche Charakterisierungen in Zusammenhang mit dem Postulat zu sehen, daß die Nominalkonstituenten der FVG obligatorisch deverbale Nomina actionis sind (vgl. 1.3.2. sowie 2.1.1). vgl. etwa Giry-Schneider (1978:272) oder Heringer (1968a:79). Günther / Pape (1976:115).

48 zen, daß im heutigen Französisch N(FVG) häufig artikellos verwendet werden. Zunächst stellt sie (zutreffend) fest, daß [...] in einer Sprache, die eine obligatorische Anzeige des Referenzbezuges hat [...] und bei der die Existenz eines Nullartikels nicht nachzuweisen ist, nominale Elemente ohne Determinativum sich auf keinen Referenten beziehen. (Heinz 1982:24) Daraus zieht sie den problematischen Schluß, im modernen Französisch besäßen substantivische Elemente ohne Artikel oder sonstiges Determinativum - wie sie in FVG auftreten - nicht den Status von Nomina, sondern seien Teile von zusammengesetzten Wörtern, "hätten also Morphemstatus" (Heinz 1982:24).36 Dies erklärt Heinz (1982:24) zufolge auch die fehlende Erfragbarkeit der N(FVG), denn: "in Wörter kann man nicht hineinpronominalisieren".37 Eine ähnliche Einschätzung begründet Sabräula (1966) aus diachronischer Sicht. Im Unterschied zu Heinz stützt er seine Überlegungen nicht auf Merkmale der N(FVG), sondern auf Eigenschaften der FV. Sabrsula (1966:189) bewertet FVG als "formations premorphologiques" bzw. "postsyntaxiques", d.h. als lexikalisierte, wortähnliche Syntagmen, innerhalb derer die FV-Paradigmata die Funktion von diachronisch (noch) nicht voll grammatikalisierten Morphemsystemen zur Markierung aktionaler Abstufungen ausfüllen. Zugunsten dieser Auffassung fuhrt Sabrsula die Tatsache an, daß sich in den romanischen Sprachen die Morpheme zur Realisierung verbaler Tempora, z.B. des französischen future simple aus den flektierten Verbalkonstituenten periphrastischer Konstruktionen entwickelt haben. Die These, F V G hätten Wortstatus, ist mit folgenden Argumenten zu widerlegen. a) Die in Kapitel 1 dargelegten Eigenschaften von FVG (insbesondere ihre partielle Passivierbarkeit, Relativsatzfähigkeit, Spaltsatzfahigkeit, double analyse usw.) sind nicht die Eigenschaften von Wörtern, sondern die Eigenschaften von Verkettungen von Wörtern, innerhalb derer trotz eines hohen Grades an innerer Festigkeit und unterschiedlich ausgeprägten distributioneilen Beschränkungen (die ihrerseits erklärungsbedürftig sind) - syntagmatisch die Wortgrenzen eindeutig gewahrt bleiben. 38 b) In 1.3.7. wurde dargelegt, daß der Artikel vor N(FVG) keineswegs immer obligatorisch ausfällt. Zwar weisen N(FVG) hinsichtlich ihrer Attribut- und Artikelfähigkeit in der Tat erhebliche Restriktionen auf, die sich damit erklären lassen, daß N(FVG) keine Referenz leisten, doch sind selbst ein restringiertes Artikelsystem und eine eingeschränkte adjektivische Attribution distributionelle Hinweise darauf, daß N(FVG) sowohl in paradigmatischer als auch in syntagmatischer Hinsicht weder ihren Wortstatus noch ihren nominalen Charakter abgelegt haben. 39 N(FVG) sind Nomina ohne Referenzfunktion.

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Vgl. auch Dubsky ( 1 9 6 6 : 1 9 4 ) . Ähnliche Vorstellungen spielen bei Starke ( 1 9 8 9 : 8 4 ) eine Rolle, wo von "Denominalisierung" des N(FVG) die Rede ist. Ähnlich argumentiert Herrlitz (1973:80FF). Auf diesen Umstand weist Thun ( 1 9 8 1 : 3 4 5 ) hin. So fällt auf, daß selbst das N(FVG) in zur Kenntnis bringen, das Herrlitz ( 1 9 7 3 ) wegen des abweichenden Charakters von *zu dieser ungeheueren Kenntnis bringen als "amputierte" NP charakterisiert, dennoch eine enklitisch mit der Präposition verschmolzene, starre Artikelform (zur) aufweist.

49 c) Das Fehlen der Pronominalisierbarkeit der N(FVG) kann, wenn a) und b) zutreffen, nicht darauf zurückzuführen sein, daß sie Morphemstatus haben. Sie ist darüber hinaus kein gültiger Indikator ihrer Nicht-Nominalität: Pronominalisierbarkeit und Erfragbarkeit sind, wie wir in 1.2. dargelegt haben, keine spezifische Eigenschaft der lexikalischen Kategorie N, sondern verweisen auf den Aktantenstatus eines gegebenen Elementes. 40 Sie sind keine Indikatoren einer bestimmten Wortart, sondern einer Funktion im Satz. Dies bedeutet umgekehrt, daß aus der Nicht-Pronominalisierbarkeit der N(FVG) nicht folgen kann, daß diese keine Nomina sind, sondern lediglich, daß sie (nominale) Nicht-Aktanten sind. 4 ' Die in b) und c) angedeutete Argumentation verweist auf das grundlegende Problem des Verhältnisses von Kategorie und Funktion, auf die Frage also, was die lexikalischen Kategorien Verb und Nomen mit den propositionalen Funktionen der Prädikation und der Referenz zu tun haben (s.u., Kap. 3.7.1). Die Aussage, daß FVG Wörter sind, trifft lediglich auf eine verschwindend kleine Gruppe von hochgradig idiomatisierten FVG zu. Offenbar werden PRAP N(FVG) in Syntagmen wie zustande bringen, zustande kommen, imstande sein, instand halten, instand setzen usw. von den Sprechern als (adjektivische) Wörter empfunden.^ Im Französischen, wo der entsprechende Wortbildungstyp unter FVG keine Rolle spielt, finden sich sehr vereinzelt indirekte Hinweise 40

41

42

Erfragbar und pronominalisierbar sind beispielsweise auch nichtnominale Aktanten, die die Struktur von Sätzen haben (vgl. u.a. Kotschi 1974:35ff. sowie 1981:95). In dieser Hinsicht gehen lediglich Günther / Pape (1976) differenziert vor. Günther / Pape, die wie die oben kritisierten Autoren eine Subklasse von FVG als "komplexe Verben" charakterisieren (vgl. Günther / Pape 1976:115), werten zunächst die Nicht-Erfragbarkeit der N(FVG) als Hinweis auf deren Nicht-Ergänzungsstatus und teilen in einem weiteren Schritt anhand distributioneller Kriterien die N(FVG) hinsichtlich ihres "substantivischen Charakters" in drei Gruppen ein, nämlich: (i) N(FVG) ohne Plural- und Artikelfahigkeit in weitgehend lexikalisierten Konstruktionen mit Tendenz zum synthetischen Bau. Nur diese FVG charakterisieren sie als "komplexe Verben", (ii) N(FVG> die freie Artikelwahl, unbeschränkte Attribuierung sowie freie Numerusvariabilität zulassen. Bei den betreffenden Konstruktionen, fur deren kategorialen Status Günther / Pape eine Charakterisierung schuldig bleiben, konstatieren sie eine Tendenz zum analytischen Bau (vgl. Günther / Pape 1976:115). (iii) Übergänge zwischen (i) und (ii), in denen syntaktisch-distributionelle Kriterien zu keinen eindeutigen Ergebnissen fuhren. Zwar tragen Günther / Pape damit unausgesprochen der hier vorgetragenen Forderung nach einer Unterscheidung zwischen propositionaler Funktion und lexikalischer Kategorie insofern Rechnung, als die Nicht-Erfragbarkeit der N(FVG) als Hinweis auf deren Nicht-Ergänzungsstatus, die geschilderten distributionellen Restriktionen dagegen als Indiz fur ihren nicht-nominalen Charakter interpretieren, doch nehmen sie diese Unterscheidung nicht ausdrücklich vor. Außerdem fragt es sich, ob die von Günther / Pape angeführten distributionellen Restriktionen nicht in Wirklichkeit eher auf die Lexikalisierung der betreffenden FVG zurückzufuhren sind. Vgl. zu diesem Thema auch Heringer (1968a:52f. u. 104), Yuan Jie (1986:94f.), So (1991:47) und Büttner (1991: 24, Anm.29). Wir interpretieren die dem Duden (1991) entnommene orthographische Wiedergabe dieser Gruppe als Hinweis auf die Intuitionen der Sprecher. Daß die Orientierung an der Orthographie nicht ganz unproblematisch ist, zeigt die Tatsache, daß die betreffenden 'Wörter" manchmal Reihenbildungen zulassen, die sich bei weniger festen Konstruktionen mit Wortgrenzen decken. Vgl. etwa {im- + außer-}stande sein mit völlig normalen FVG wie sich {in + außer} Betrieb befinden. Ein besonders deutlicher Hinweis auf den häufig inkonsequenten Charakter der Orthographie ist das Beispiel von imstande sein, etw. zu tun vs. jem. in den Stand (ver)setzen, etw. zu tun. Persson (1975:143f.) interpretiert im Gegensatz zu unserer Analyse Konstruktionen wie zustande bringen nicht als (phraseologisch feste) FVG.

50 darauf, daß FVG bzw. Teilsyntagmen von FVG wortähnliche Einheiten bilden, wie beispielsweise die Existenz der Nomina enjeu'(Spiel-) Einsatz', oder entrain'Schwung', 'gute Laune', die aus den PRÄP N(FVG)-Sequenzen der Konstruktionen {etre + mettre} en train2 und {etre + mettre} en jeu2 deriviert sind. In diesen Fällen haben die FVG zunächst einen Prozeß der phraseologischen Verschmelzung der Teilbedeutungen ihrer Konstituenten durchlaufen, bevor sie auch in morphosyntaktischer Hinsicht ihre Grenzen als autonome Konstituenten aufgegeben haben und zu Einzelwörtern geworden sind. Dieses Wortbildungsverfahren, das Fleischer (1982:189f.) als "dephraseologische Derivation" charakterisiert, betrifft allerdings einerseits eine numerisch vergleichsweise unbedeutende und atypische Gruppe von FVG, 43 und stellt andererseits ein Verfahren dar, das nicht für FVG spezifisch ist, sondern auf alle möglichen Arten von syntaktischen Verkettungen Anwendung findet . 44 Die Eigenschaften von FVG als Konstruktionstyp und insbesondere ihre innere Festigkeit lassen sich also nicht damit erklären, daß sie Wörter wären. FVG verhalten sich vielmehr wie Verkettungen von Einzelwörtern. Eine naheliegende Alternative zu der in diesem Abschnitt diskutierten Hypothese stellt nun die Überlegung dar, daß FVG zwar keine Einzelwörter, aber doch "Paralexeme" (Heibig 1979:275), "Wortgruppenlexeme" (Fix 1979) bzw. "Mehrwortlexeme" (Ricken u.a. 1983:136ff.), d.h. phraseologische Einheiten sind, die einerseits - als "Lexeme" - im Satz wie einfache Wörter fungieren, andererseits aber eine syntaktisch komplexe Struktur aufweisen. Eine solche Einschätzung scheint sich außerdem als Erklärungsmodell für die semantische Nicht-Pädikat-Argument-Struktur der FVG zu eignen.

2.3.

Funktionsverbgefüge als phraseologisch feste Syntagmen

2.3.1. Drei Definitionen des Phraseologischen In einschlägigen Handbüchern und Überblicksdarstellungen finden sich in unterschiedlicher Gewichtung mindestens drei Definitionen des Phraseologischen, nämlich eine semantische Definition, eine syntaktisch-distributionelle sowie eine lexikalische.45 Da es, wie wir sehen werden, bei der Frage der Einordnung der FVG in den Bereich des Phraseologischen ganz wesentlich darauf ankommen wird, diese drei fundamental unterschiedlichen Verständnisse phraseologischer Fixiertheit zu differenzieren, wollen wir die einzelnen Definitionen kurz vorstellen und ihr Verhältnis zueinander skizzieren. 43

44 45

Für eine Einschätzung als "Wörter" kommt also lediglich eine Subklasse der in ihrer semantischen Struktur phraseologisch festen FVG in Frage, die - wie wir im nächsten Kapitel zeigen werden - ihrerseits innerhalb der Gesamtheit der FVG den Status einer untypischen Subklasse hat. Vgl. dazu für das Deutsche Fleischer (1982:166ff), für das Französische u.a. G. Gross (1988). Diese drei Ebenen berücksichtigt beispielsweise Fleischer (1982:35), wenn er "Idiomatizität, Stabilität und Lexikalisierung / Reproduzierbarkeit als Hauptmerkmale phraseologisch fester Einheiten angibt. Bei Gaatone (1981) finden sich dieselben drei Kriterien unter den Bezeichnungen "non-calculabilite du sens" (Gaatone 1981:51), "inanalysabilite syntaxique" (Gaatone 1981:55) und "imprevisibilite" (Gaatone 1981:68). Ein umfangreicherer Kriterienkatalog wird bei Burger u.a. (1982:62) diskutiert.

51 1. Die Definition, die wir als s e m a n t i s c h e charakterisiert haben, besagt: Phraseologisch fest sind Wortverbindungen dann, wenn sich ihre Gesamtbedeutung nicht mehr aus den lexikalischen Einzelbedeutungen ihrer Formative und deren grammatischer Struktur ergibt. Idiomatisch in diesem Sinn sind Konstruktionen wie die F//^-Verbindungen casser sa pipe und mordre la poussiere, die beide die nicht aus den Einzelbedeutungen ihrer Formative induzierbare Gesamtbedeutung 'sterben' haben. 2. Eine syntaktisch-distributionelle Definition des Phraseologischen könnte lauten: Phraseologisch fest sind Wortverbindungen dann, wenn die für ihre Formative in freier Verwendung normalerweise gültigen syntaktisch-distributionellen Umformungsmöglichkeiten blockiert sind, ohne daß sich dieses Faktum seinerseits durch eine Regel beschreiben oder vorhersagen ließe.47 Genau diese Bedingung erfüllen auch die FS in (15.1) und (16.1). (15.1) Luc a cassi {*ma + *ta + sa} pipe(FS)· (16.1) *Max a mordu {la + une} poussidre grise(ps). 3. Unter lexikalischen Gesichtspunkten schließlich sind Wortverbindungen dann phraseologisch fest, wenn sie den Sprechern als Ganzes zur Verfügung stehen und von diesen en bloc reproduziert werden.48 (15.2) Luc a {cassi + *brisej {sapipe + *sa bouffarde + *son calumet}. Von entscheidender Bedeutung für unsere weiteren Überlegungen ist nun die Tatsache, daß diese drei Definitionen zwar in vielen Einzelfällen wie casser sa pipe oder mordre la poussiere koinzidieren, prinzipiell jedoch eine unterschiedliche Reichweite haben. Besonders eng ist die semantische Definition 1. Wortverbindungen, die, wie z.B. mordre la poussiere oder casser sa pipe, im Sinne dieser Definition phraseologisch fest sind, sind es in der Regel auch in syntaktisch-distributioneller und lexikalischer Hinsicht.49 Syntaktisch-di46

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Diese Definition, die den Bereich des Phraseologischen insofern zu eng faflt, als sie der Interpretation von Phänomenen wie der usuellen Fixierung (s. 2.3.1) keinen Raum bietet, stellte lange Zeit den Minimalkonsens der synchronischen Phraseologieforschung dar (vgl. dazu den Überblick bei Thun 1978:84ff.). Der klassische Versuch einer Einteilung von FS in syntaktische "Erstarrtheitsklassen" geht auf Fräser (1970) zurück. Während Fräser, dem es in erster Linie um die Integration der FS in die "standard theory" der GTG geht, seine Untersuchungen auf einer semantischen Definition des Phraseologischen im Sinne der Definition 1 aufbaut, findet sich eine noch konsequentere Anwendung des Kriteriums der transformationellen Restriktion bei Danlos (1980), (1981) und (1988) (s.u., 2.3.4). Dieses Kriterium entspricht der auf Coseriu (1966) zurückgehenden Definition des Phraseologischen als "wiederholte Rede" (vgl. Coseriu 1976:24ff., Thun 1975:53 u. 1978:26). Die "Imprevisibilite" von Wortverbindungen, verstanden als Reproduzierbarkeit en bloc und NichtVorhersagbarkeit distributioneller Beschränkungen ohne notwendige gleichzeitige semantische Nicht-Analysieibarkeit ist auch für Gaatone (1982) das eigentlich konstitutive Kriterium zur Bestimmung des Phraseologischen. Diese Schlußfolgerung ist im Fall Gaatones schon deshalb besonders interessant, weil in seinen Überlegungen die locutions verbales, d.s. FVG und phraseologisch mehr oder weniger feste Verbalphrasen, eine zentrale Rolle spielen. Allerdings ist die Definition 1 allein kein hinreichendes Kriterium für das Vorliegen phraseologisch fester Einheiten. In Fällen wo ausschließlich dieses Kriterium erfüllt ist, wo also insbesondere die Lexikalisierung nicht gegeben ist, liegt keine phraseologische Festigkeit, sondern lediglich okkasioneller metaphorischer Gebrauch prinzipiellfreierWortverbindungen vor (vgl. Buiger 1988).

52 stributionell fixierte Ausdrücke (Definition 2) wie in (17) - (17.1) sind ihrerseits zwar immer lexikalisiert im Sinne der Definition 3, aber nicht notwendigerweise auch semantisch unanalysierbar im Sinne der engen Definition 1. (17) Cet objet ne vaut pas grand chose. (17.1)* Cet objet vaut grand chose. (17.2) *Cet objet ne vaut pas {une + de + 0} inorme chose. Lexikalisierte Ausdrücke schließlich sind weder notwendigerweise semantisch noch syntaktisch fixiert. Gerade diese Fallkonstellation, also Wortverbindungen, die phraseologisch fest allein im Sinne der Definition 3 sind, die Kriterien der Definitionen 1 und 2 dagegen nicht erfüllen, stellen einen theoretisch interessanten und einzelsprachlich besonders häufigen Fall dar. Es handelt sich um Konstruktionen vom Typ (18) (19)

Luc se {lave + ?brosse + rince + *nettoie} les dents. Peter {putzt + "wäscht + ?reinigt + ?bürstet) sich die Zähne. 50

Für solche Verbindungen gilt die Feststellung von Thun (1978:50): Als Einzelprodukte innerhalb einer Sprache betrachtet, feilen diese MWG [Mehrwortgefuge, U.D.] kaum auf, denn die Komponenten bezeichnen das, was sie außerhalb der Verbindung ebenfalls bezeichnen, und mit den MWG läßt sich in der Regel das machen, was für vergleichbare andere Gefiige zulässig ist (Permutation, Qualifikation einer Komponente usw.).5' Die Besonderheit dieses Typs von festen Verbindungen, die Thun (1978:50) als "bevorzugte Analysen" bezeichnet, 52 läßt sich plausibel als Diskrepanz zwischen System und Norm im Sinne von Coseriu (1967:68)53 charakterisieren. Das Sprachsystem als funktionale Dimension umfaßt die Summe aller virtuell realisierbaren Möglichkeiten einer gegebenen Einzelsprache. Die Sprachnorm dagegen, welche die soziale Dimension der Sprache und die sprachlichen Traditionen einer Sprachgemeinschaft zum Inhalt hat, legt fest, welche der unter systematischen Gesichtspunkten virtuell möglichen Realisationen den Sprechern im tatsächlichen Gebrauch der Sprache zur Verfugung stehen. In diesem Sinn stellt die Sprachnorm eine Auswahl aus den systematisch gegebenen funktionalen Möglichkeiten dar. Im Falle der Konstruktionen in (18), (19) manifestiert sich dieser Umstand darin, daß die diesen zugrunde liegenden semantischen und syntaktischen Bildungsregeln (welche dort für ihre freie Interpretierbarkeit verantwortlich sind) von Restriktionen überlagert werden, die nicht systematischen, sondern konventionellen Charakter haben; die Restriktionen in (18), (19) sind durch keinerlei sprachliche Regularität erklärbar, nicht einmal durch semantische Festigkeit im Sinne der Definition 1. Diesen 50

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53

Aus Thun (1978:51). Die mit'?' gekennzeichneten Kombinationsmöglichkeiten sind nicht prinzipiell ausgeschlossen. In den oben dargestellten Kontexten bilden sie aber Wortverbindungen, die insofern markiert sind, als sie spezielle Techniken des Zähneputzens bezeichnen (Thun 1978:51). Aus diesem Grund wird wohl gerade dieser Typus von Wortverbindungen von manchen Autoren, etwa Fleischer (1982:68), nicht zu den phraseologisch festen Einheiten im eigentlichen Sinne gezählt. Anderswo findet man die Bezeichnung "Kollokationen". Die allgemeinen Merkmale dieses Typs fester Verbindungen treffen aber auch auf die "Phraseoloiden" im Sinne von Klappenbach (1968:222) zu. Nach Thun (1978:49).

53 Typus phraseologischer Fixiertheit (Festigkeit im Sinne der Definition 3 ohne gleichzeitige Festigkeit im Sinne der Definition 1) wollen wir im folgenden in Anlehnung an Bally (1951:70) als usuelle Festigkeit bezeichnen. Wie aus diesen Überlegungen hervorgeht, ist usuelle Fixiertheit neben semantischer Nicht-Analysierbarkeit eine zweite, von dieser logisch unabhängige Quelle phraseologischer Festigkeit. Syntaktisch-distributionelle Beschränkungen schließlich können entweder durch semantische Festigkeit im Sinne der Definition 1 begründet sein (wie etwa im Fall von casser sa pipe) oder rein konventionellen Charakter haben (ne pas valoir grand chose). Syntaktisch-distributionell beschränkte Konstruktionen, die nicht gleichzeitig auch semantisch unanalysierbar sind, wollen wir ebenfalls als usuell fest bezeichnen. Das Verhältnis der verschiedenen Bereiche des Phraseologischen, die sich aus den Definitionen 1 bis 3 ergeben, läßt sich stark vereinfacht54 durch folgendes Schema darstellen. Die durch "Def.l", "Def.2", "Def.3" markierten Bereiche überlagern einander und stehen in gegenseitigen Inklusionsbeziehungen. Die durch Α, Β und C markierten Bereiche stellen die DifFerenzmengen zwischen den einzelnen Definitionsbereichen dar. Usuelle Festigkeit ist durch die Bereiche Β und C, unter Ausschluß des Bereiches A, repräsentiert.

Abb. 11 Aus dem eben Gesagten ergibt sich, daß Wortverbindungen der morphosyntaktischen Form VN(E), die nur den äußeren Bereichen Β und C angehören, und deren Konstituenten trotz usueller Festigkeit semantisch frei interpretierbar bleiben, z.B. se laver les dents, Prädikat-Aktanten-Sequenzen darstellen. Expliziter Ausdruck dieser Tatsache ist der Umstand, daß sich ihre N-Konstituenten problemlos erfragen und anaphorisieren und damit syntaktischen Ergänzungsklassen zuordnen lassen. In dieser Hinsicht verhalten sich die meisten der Konstruktio-

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Vereinfacht ist diese Darstellung vor allem insofern, als sie völlig unberücksichtigt läßt, daß Konstruktionen, die in einem der beiden engeren Bereiche liegen, zwar immer auch das Kriterium des jeweils angrenzenden, weiteren Bereiches erfüllen, dies jedoch in sehr unterschiedlichem Maße tun. So gilt etwa, daß das im Sinne der Definition 1 phraseologisch feste Syntagma se creuser la tite in weit geringerem Maße lexikalisiert ist als etwa casser sa pipe, da neben tite auch cervelle, citron oder ciboulot möglich sind

54 nen, die im inneren Bereich Α liegen, grundlegend anders. Für FS wie mordre la poussiere oder casser sa pipe gilt, daß ihre nominalen Formative mit Hilfe der verbalen weder erfragt noch anaphorisiert werden können und in der Regel auch keine Passivierung zulassen.55 (15.3) *Sapipe, Luc l'a cassie ily a un mois. (16.2) *Marie a mordu lapoussiire et Luc l'a mordue aussi. Dieser formale Befund ist Ausdruck der semantischen Tatsache, daß die verbalen und nominalen Formative ihre lexikalische Eigenbedeutung eingebüßt haben. Dies aber bedeutet: prädikative Wortverbindungen der Form VNP und VPRÄPNP, die phraseologisch fest im Sinne der Definition 1 sind, weisen nur ausdrucksseitig eine komplexe Struktur auf. Semantisch dagegen sind sie intern nicht als Prädikat-Aktanten-Komplex strukturiert, sondern weisen typischerweise56 eine propositional eingliedrige (Prädikats-) Struktur auf. Im Hinblick auf die diesem Kapitel vorangestellte Frage nach einem theoretischen Konzept zur Erfassung des Nicht-PrädikatAktanten-Charakters von FVG sind, wie sich aus dieser Überlegung unmittelbar ergibt, Ansätze interessant, die FVG als phraseologisch fest im Sinne der Definition 1 charakterisieren, weil damit eine auf den ersten Blick plausible Erklärung für ihre innere Festigkeit und ihre syntaktisch-distributionellen Besonderheiten gefunden scheint. Im folgenden Abschnitt sollen drei solcher Ansätze diskutiert werden.

2.3.2. Rothkegel (1973) Annely Rothkegel (1973), die auf der Grundlage der im vorigen Abschnitt als semantisch charakterisierten Definition des Phraseologischen vorgeht (vgl. Rothkegel 1973:20), steht in der Tradition des erstmalig von Amossova (1963) explizit formulierten "kontextlogischen" Ansatzes (vgl. Klappenbach 1968:221fF.), der die semantische Erstarrtheit fester Syntagmen als Beschränkung der möglichen Kontexte ihrer Konstituenten beschreibt. Rothkegel unterteilt die phraseologischen Einheiten in folgende Grundtypen:

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56

Analog zu den Verhältnissen bei FVG können in Einzelfallen jedoch auch die N(FS) solcher FS sekundäre Eigenschaften von Aktanten aufweisen. In dieser Hinsicht verhalten sich FS ebenso heterogen wie FVG. Passivierbar ist z.B. der Ausdruck casser sa pipe: Sa pipe α έίέ cassie par Ney (aus Ruwet 1983:10). Angesichts der Existenz von Misch- und Übergangs-Phänomenen (vgl. Anm.54 u. 55), aber auch von partiell sehr weitgehender Motiviertheit ist die These von der generellen semantischen Unteilbarkeit der FS keineswegs unumstritten (vgl. Burger u.a. 1982:65 sowie Ruwet 1983). Ruwet weist daraufhin, daß zwischen semantischer Teilbarkeit bzw. semantischer Transparenz von FS und ihren formal syntaktischen Eigenschaften - z.B. Attribuierbarkeit, Pronominalisierbarkeit, Spaltsatzfahigkeit der N(PS) USW. - eine direkte Korrelation besteht (vgl. Ruwet 1983:48, s. allerdings die Gegenposition bei Gaatone 1993:46f). Insofern betreffen solche Einschränkungen lediglich die quantitative Reichweite der oben formulierte These zur semantischen Struktur von FS, nicht ihre prinzipielle Validität: verbale FS, deren Formative N(FS) erfragbar oder pronominalisierbar sind, weisen intern eine mehrgliedrige semantische Struktur, d.h. in der Regel eine Prädikat-Argument-Struktur, auf. Verbale FS wie die in (15), (16), deren N(FS) nicht erfragt bzw. pronominalisieit werden können, haben dagegen eine semantisch eingliedrige Nur-Prädikats-Struktur.

55 1. Variable (d.h. freie) Syntagmen (Rothkegel 1973:23), z.B. blinder Vogel. In dieser Verbindung ist blind nur einer von vielen möglichen Kontextpartnern von Vogel, und umgekehrt Vogel nur einer von vielen möglichen Kontextpartnern von blind, wenn die Gesamtbedeutung der Verbindung sich regelhaft aus den lexikalischen Einzelbedeutungen ihrer Konstituenten und deren syntaktischer Struktur herstellen soll. Andere mögliche gegenseitige Kontexte sind: (20)

i blinder \ I großer l | dicker I

I Vogel | J Löwe l | Onkel I

Diesen Typus von Bedeutungskonstitution bezeichnet Rothkegel (1973:25) als endozentrische Determination. Damit ist gemeint, daß die betreffende Verbindung ihre Bedeutung "aus sich selbst heraus" besitzt, ihren referentiellen Bezugspunkt also explizit benennt und ihn durch die intensionalen Merkmale ihrer Konstituenten kennzeichnet. 2. Feste Syntagmen zweiter Ordnung (FS2) (Rothkegel 1973:24), z.B. blinder Passagier. Die phraseologische Festigkeit dieses Ausdruckes manifestiert sich in der Tatsache, daß Passagier obligatorischer Kontextpartner von blind ist, wenn das Adjektiv nicht in seiner normalen lexikalischen Bedeutung 'unfähig zu sehen', sondern singulär im Sinne von 'nicht zahlend' interpretiert werden soll. Dagegen behält die Konstituente Passagier auch im Kontext von blind ihre normale Lexikonbedeutung. Die Konstituente blind ist an die Konstituente Passagier gebunden, wenn sie in phraseologischer Bedeutung realisiert werden soll, die Konstituente Passagier dagegen ist frei: (21)

blinder

( Passagier! I "Onkel I yLöwe J

Da sich die Gesamtbedeutung solcher FS2 und ihr referentieller Bezugspunkt partiell aus den Einzelbedeutungen ihrer Konstituenten ableiten lassen, setzt Rothkegel hier ebenfalls endozentrische Determination an. 3. Feste Syntagmen erster Ordnung (FSj) (Rothkegel 1973:24), z.B. casser sapipeA1 In diesem Ausdruck ist einerseits casser obligatorischer Kontextpartner von sa pipe, und umgekehrt sa pipe obligatorischer Kontextpartner von casser, wenn der Ausdruck insgesamt die Bedeutung 'sterben' haben soll. (22)

f casser } J *briser I I *ditruire |

i sa pipe 1 I *sa bouffarde I 1 "son calumet Ι

Charakteristisch für die Bedeutung von casser sa pipe ist mit anderen Worten, daß der Ausdruck nicht in Merkmale zerlegt werden kann, die sich seinen einzelnen Konstituenten zuordnen lassen. Diesen Typus von Bedeutungskonstitution bezeichnet Rothkegel als exozentrische Determination. Damit ist gemeint, daß das betreffende FS Bedeutung nicht "aus sich selbst heraus" hat, sondern daß ihm diese gewissermaßen von "außen her", d.h. unabhängig von den lexikalischen Bedeutungen seiner Formative zugewiesen wird. 57

Rothkegel diskutiert diesen Strukturtyp am Beispiel Kalte Ente ('Bowle').

56 Wie Rothkegel (1973:50ff.) ausfuhrt, halten FVG eine Mittelstellung zwischen endozentrischer und exozentrischer Determination: einerseits komme ihre Gesamtbedeutung nicht durch die Kombination der semantischen Merkmale ihrer Konstituenten zustande (als besonders stark gebunden interpretiert Rothkegel die Konstituente FV), andererseits sei die Gesamtbedeutung jedoch nicht ausschließlich durch externe Merkmale bestimmt, denn das Zentrum der Konstruktion, N(FVG> behält dieser Analyse zufolge einen Teil seiner semantischen Merkmale bei. Als Beispiel diskutiert Rothkegel den mehrdeutigen Ausdruck zur Versteigerung kommen, der sowohl als freie syntaktische Wortverbindung (23) als auch als FVG interpretiert werden kann (24): (23) Der Maler kam(v) zur Versteigerung seines Bildes(£4)· (24) Das Bild kam zur Versteigerung(pvG). In (23) sind Versteigerung und kommen nicht obligatorische Kontextpartner. Angenommen, kommen hat aufgrund seiner lexikalischen Bedeutung, wie sie in (23) realisiert wird, die semantischen Merkmale (25) und Versteigerung die Merkmale (26), so ist die Bedeutung des Gesamtausdrucks eine Funktion dieser beiden Einzelbedeutungen wie in (27). Wird zur Versteigerung kommen dagegen wie in (24) als FVG gebraucht, so hat es eine Bedeutung, die sich paraphrasieren läßt als Versteigert werden'. Bezogen auf die Lexikonbedeutungen von kommen (= {bl;b2}) und Versteigerung (= {al; a2}) hat der Gesamtausdruck Rothkegels Analyse zufolge die in hohem Maße exozentrisch determinierte semantische Struktur (28), in der ζ die exozentrisch zugewiesenen Bedeutungsmerkmale repräsentiert (Rothkegel 1973:50). (25) (26) (27) (28)

kommen = {bl; b2} Versteigerung = {al; a2} f(a,b) = {al; a2 ; bl; b2} f(z)={al;zl;z2;z3;}

Für die Kontextrelation von Verb und Nomen bedeutet dies: wenn der Gesamtausdruck die Merkmalskonstellation {al; zl; z2; z3} aufweisen soll, dann ist N(FVG) Versteigerung mit der lexikalischen Normalbedeutung {al; a2} obligatorischer Kontextpartner des Verbs kommen und umgekehrt. Die problematische Grundannahme dieser Argumentation58 besteht nun darin, daß als Maßstab für die Analyse des Funktionsverbs das gleichlautende Vollverb mit der kompletten Merkmalsmenge {bl; b2} angelegt wird, und daß dabei das FV als kontextgebundene, bedeutungsmäßig stark reduzierte Realisierung dieses Verbs, d.h. als semantisch isoliertes lexikalisches Vollverb beschrieben wird. Diese Sichtweise läßt sich mit dem Argument entkräften, daß FV wie die des kommen- / bringen-Paradigmas als lexikalische Einheiten sui generis eine stabile Bedeutung haben, die sich zwar von der Bedeutung der homonymen V unterscheidet, die aber keineswegs singular an ein bestimmtes PRÄP N(fvg) gebunden ist. FV haben Bedeutungen, die in "vielen Kontexten" (Persson 1975:14) konstant realisiert werden. 59 Genau 58 59

Das folgende entspricht im wesentlichen den kritischen Anmerkungen bei Persson (1975:14). Möglicherweise um diesem Einwand zu begegnen, stellt Rothkegel (1973:52) in ihren weiteren Überlegungen am Beispiel von nehmen in festen Verbindungen klar, daß dieses keineswegs nur an einen singulären Kontextpartner gebunden vorkommt. Dabei ordnet sie nehmen aber eine semantisch aus-

57 dadurch unterscheiden sich FVG mit der in 1.3.4. dargestellten, fur sie charakteristischen Reihenbildung (s. S.7f., (13) - (16)) von FS wie fcasser + *briser} {sa pipe + *sa bouffarde}. Rothkegels Darstellung kann als besonders explizites Beispiel fur diejenigen Tendenzen der Forschung angesehen werden, die darauf abzielen, FVG insgesamt als peripheres Phänomen in die Phraseologie zu integrieren.

2.3.3. Schmid (1984) und (1989) Von Rothkegels methodischem Rahmen, der iur die maschinelle Erfassung von FS konzipiert und deshalb streng formell, explizit und statisch ist, unterscheidet sich Annemarie Schmids Vorgehensweise dadurch, daß sie FS auch in dynamischer Perspektive sieht und ein theoretisches Modell des Zustandekommens exozentrischer Determination anbietet. Metaphorisierung und phraseologische Fixierung ursprünglich freier Wortverbindungen beschreibt Schmid (1984:90) als "Überfuhrung konnotativer Elemente der literalen Bedeutung [d.h. der Bedeutung einer freien Wortverbindung, U.D.] in die Denotation der neugeschaffenen semantischen Einheit [d.h. in die Denotation eines FS, U.D.]." Mit dem durch einen Satz wie le chat a mis les pieds dans le plat dargestellten konkreten Sachverhalt ist beispielsweise konnotiert, daß er unpassend, Ärger verursachend ist. Diese Konnotation bestimmt die denotative Struktur der durch Bedeutungsübertragung entstandenen phraseologischen Einheit mettre les pieds dans le platfps) in der Bedeutung 'ins Fettnäpfchen treten, sich unpassend benehmen'. Wird nun, wie in diesem Beispiel, der Inhalt der Konnotation einer freien Kombination VPRÄP N(E4) zur Denotation eines FS, so geht dieser Prozeß typischerweise mit einer Modifikation der semantischen Bedingungen einher, die die von dieser Konstruktion im Satz regierten Satzglieder zu erfüllen haben. 60 Solche Verschiebungen der Selektionsrestriktionen verdeutlichen dem Hörer, daß er im Sinne der übertragenen Bedeutung dekodieren soll. Schmid (1984) behandelt die französischen FVG mit mettre (ργ) als Sonderfall der FS vom Typ mettre les pieds dans le plat. Dafür führt sie die folgende Begründung an: In der großen Gnippe der KL / mettre [d.h. der FS mit mettre, gemeint sind hier aber die FVG mit mettre, U.D.] vom Typ mettre a l'abri, mettre en danger hingegen bleiben die Komponenten der nicht verbalen Bildungselemente [d.h. die Bedeutungen von PRÄP und N(FVG> U.D.] semantisch weitgehend präsent, betrifft die Umschichtung von Semen in der Bildung einer neuen Bedeutungseinheit vor allem das Verb. (Schmid 1984:92f.) Diese Analyse trägt zwar der Tatsache Rechnung, daß die N(FVG) in der Regel frei interpretierbar sind. Die Beschreibung der FV aber entspricht genau der Rothkegels, allerdings mit dem

60

serordentlich heterogene Kontextklasse zu, in der nicht nur FVG enthalten sind: etwas in Anspruch nehmen, Abschied nehmen, einen Aufschwung nehmen, sich in Acht nehmen, etwas in die Hand nehmen, sich ein Beispiel nehmen, etwas in Kauf nehmen, etwas unter die Lupe nehmen. Eine solche Klassenbildung fuhrt natürlich zwingend zu der Schlußfolgerung, daß FV Konstituenten mit einer an ganz spezifische Kontexte gebundenen, phraseologischen festen semantischen Struktur sind. Der El-Aktant von mettre les pieds dans le platfFS) hat im Unterschied zu V PRÄP Ν@4) obligatorisch das Merkmal [+ menschlich].

58 Unterschied, daß die Analyse der F V als semantisch isolierter V auf die diachronische Achse verschoben wird. Schmids Darstellung zufolge sind F V auf dem W e g e der Bedeutungsübertragung aus V deriviert. Ganz offensichtlich bedeutet aber bei F V G wie mettre en {mouvement application

+ relation

+ contact + opposition

+

+ rage + ...} "semische Umschichtung" etwas

völlig anderes als bei F S vom Typ mettre les pieds dans le plat^).

Bei FS wie dem zuletzt

genannten, w o tatsächlich ein isoliertes Vollverb vorliegt, ist davon auszugehen, daß beim Z u standekommen exozentrischer Determination die freien Wortverbindungen, die diachronisch gesehen Ausgangspunkt des Prozesses semischer Umschichtung sind, diesen jeweils einzeln durchlaufen.61 Neubildung bei F V G dagegen, die j a hochproduktive Paradigmata darstellen, vollzieht sich nicht derart, daß die gesamte Konstruktion, oder, wie Schmid andeutet, die Verbalkonstituente, jeweils aufs N e u e einen Prozeß der Bedeutungsübertragung durchläuft. F V G wie z.B {etre + entrer + se mettre + mettre} en N(FVG) existieren vielmehr im Sprachsystem als stabiler, paradigmatischer Rahmen, den die Sprecher fertig vorfinden.62 Innerhalb dieses Rahmens können neue, lexikalisch freie Elemente in die Position N ( f v g ) eintreten. Entscheidend ist dabei, daß F V G sich als Strukturmuster voll endozentrisch auf die nicht von spezifischen Kontexten abhängigen lexikalischen Einzelbedeutungen ihrer Konstituenten zurückfuhren lassen. Sie sind keine "Schablonen",63 sondern komplexe Prädikate. Allerdings sind g r o ß e Gruppen von F V G im Sinne der Definitionen 2 und 3 fixiert.64

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62

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Allerdings scheinen, wie wir in Kapitel 8 zeigen werden, solche Prozesse der Bedeutungsübertragung, auch wenn sie von FS jeweils individuell durchlaufen werden, oft dieselbe Richtung zu nehmen. Diese Hypothese jedenfalls erklärt, warum die V-Konstituenten phraseologisch fester Konstruktionen, die diachronisch und / oder synchronisch eindeutig auf freie Wortverbindungen zurückfuhrbar sind (z.B. {itre + mettre} sur la touche, etre a cheval sur), ähnliche systematische Eigenschaften wie FV aufweisen (s.u., 8.4 ). Schmid (1989), die in stark komprimierter Form dieselbe Problematik behandelt wie Schmid (1984), enthält eine in dieser Frage widersprüchliche Argumentation. Einerseits weist sie ausdrücklich auf die Produktivität bestimmter Subklassen von mettre-FVG, etwa von mettre en {gaiet0 + colire + fiireur + ...} oder von mettre en {marmelade + bouillie + ...} hin (Schmid 1989:416). Diese Tatsache wertet auch sie als einen Hinweis darauf, daß hier hochproduktive Strukturmodelle mit quantitativ umfangreichen Paradigmata, etwa im Sinne der "Phraseoschablonen" (Fleischer 1982:119 u. 135) vorliegen. Andererseits deuten bestimmte Formulierungen, etwa auf S.414f. und S.417, an, daß Schmid die V-Konstituente mettre in mettre ά l'abri, mettre en opposition, mettre en mouvement, die wir als immer ein- und dasselbe Funktionsverb mettre interpretieren, als jeweils unterschiedlich ausgeprägte phraseologische Aktualisierung des (Voll-) Verbs mettre auffaßt. Die semantischen Unterschiede, die Schmid dort feststellt, lassen sich freilich nicht auf eine je unterschiedliche Aktualisierung von mettre zurückfuhren, sondern müssen als Eigenschaften der lexikalischen Elemente in N(FVG) interpretiert werden. Fleischer (1982:139) charakterisiert FVG als "Phraseoschablonen". Dieses Etikett dient ihm als Oberbegriff für "bestimmte Strukturen [...] der Sprache mit einer typisierten Semantik" (Fleischer 1982:119). Phraseoschablonen liegen Fleischer zufolge "in einem Grenzbereich der Phraseologie zur Syntax. Ihre Einbeziehung in die Phraseologie ist strittig. Es handelt sich um syntaktische Strukturen [...], deren lexikalische Füllung variabel ist, die aber eine Art syntaktischer Idiomatizität aufweisen" (Fleischer 1982:136). Als Beispiele fur Phraseoschablonen fuhrt Fleischer u.a. Konstruktionen wie es ist zum {Lachen + Heulen + Davonlaufen + Verrücktwerden} oder {hin + weg + tot} ist {hin + weg + tot} an. Legt man den Wortlaut der oben zitierte Definition zugrunde, so könnte man einer Subsumierung der FVG unter die Phraseoschablonen durchaus zustimmen, wenn nicht der Terminus

59 2.3.4. Danlos (1980), (1981) und (1988) Während Rothkegel (1973) und Schmid (1984) ihre Vorschläge zur Integration der FVG in den Bereich der Phraseologie semantisch begründen, argumentiert Laurence Danlos (1980), (1981) und (1988) ausschließlich auf dem Boden deijenigen Definition des Phraseologischen, die wir in 2.3.1. als syntaktisch-distributionell charakterisiert haben. Danlos, die phraseologisch feste Konstruktionen der morphosyntaktischen Struktur etre PRAP Ν untersucht, definiert ihren Gegenstandsbereich folgendermaßen: Nous utiliserons un entere portant sur la distribution de N1 [d.h. des phraseologisch festen prädikativen N, U.D.] pour distinguer des groupes 'variables' les groupes prepositionnels qualifiables de figes: nous considerons qu'une expression Ρτέρ Χ [X repräsentiert ein Nomen oder eine komplexe NP, U.D] est figee si le nom autour duquel X est construit n'offre pas de variation distributionnelle. (Danlos 1981:54) In diesem Rahmen spielt ein an semantischen Überlegungen orientiertes "calcul du sens" eine bestenfalls untergeordnete Rolle (vgl. Danlos 1981:61). Danlos' Vorgehen kann als repräsentativ für die asemantische Methodik der Gruppe des L.A.D.L. um M. Gross (s.u., 2.4.2.) angesehen werden, deren Vertreterin sie ist.65 Das Kriterium der blockierten "variation distributionelle" wird von Danlos so weit ausgelegt, daß sie die usuelle Fixiertheit einzelner (interpretativ-semantisch freier) Konstruktionen als Spezialfall distributioneller Kontextbeschränkung einschätzt. Sobald sich feststellen läßt, daß sich die Nominalkonstituente einer gegebenen Konstruktion nicht durch ein Synonym oder zumindest durch einen bedeutungsähnlichen Ausdruck substituieren läßt, sieht Danlos die in ihrer Definition des Phraseologischen enthaltenen Bedingungen für erfüllt an (vgl. Danlos 1980:38, 1981:56). (29) Luc est {au d0sespoir + *au dicouragement}. (nach Danlos 1980:38)

64

65

als solcher irreführend wäre. Störend ist v.a. der folgende Zusatz in Fleischers Definition der Phraseoschablonen: "Das syntaktische Konstruktionsmodell hat eine vom entsprechenden nichtidiomatischen Modell abweichende, irreguläre Bedeutung" (Fleischer 1982:136). Dies ist im Fall der FVG offenbar in der Weise zu verstehen, daß die FV als phraseologische Realisierung der gleichlautenden V zu betrachten sind (Fleischer 1982:139ff ). Vgl. in diesem Zusammenhang Gaatone (1981) und (1982), der alle drei Typen phraseologischer Festigkeit am Beispiel französischer locutions verbales vom Typ avoir honte, prendre fin, avoir lieu, avoir pitii, avoir confiance diskutiert. Er kommt dabei zu dem Ergebnis, daß ein großer Teil dieser Konstruktionen in semantischer Hinsicht voll analysierbar sei, während er syntaktisch-distributionelle Transformationen in so unterschiedlicher Weise zulasse, daß allein auf der Grundlage dieses Kriteriums keinerlei homogene Klassenbildung möglich sei. Lediglich das Kriterium der "imprevisibilite", d.h. der Lexikalisierung und usuellen Beschränktheit, treffe auf alle Konstruktionen zu und rechtfertige ihre Integration in den Bereich des Phraseologischen (vgl. Gaatone 1981:68ff.). In ähnlicher Weise äußern sich Thun (1978:187 und 1981:325), Giiy-Schneider (1978:272 sowie 1987:87 und 93), Schippan (1975:118), Ricken (1983) sowie Klappenbach (1968:222). Eine Diskussion der Behandlung von FVG durch die Gruppe des L.A.D.L. findet sich in 2.4.2. Die gesonderte Darstellung der Arbeiten von Danlos ist durch die Tatsache gerechtfertigt, daß Danlos die von ihr untersuchten Konstruktionen primär als feste Syntagmen (Danlos 1980 und 1981) bzw. als phraseologisch feste constructions a verbe support (Danlos 1988) interpretiert, während die in 2.4.2. diskutierten Arbeiten die von ihnen untersuchten FVG als komplexe Prädikate behandeln.

60 Auf der Grundlage ihrer syntaktisch-distributionellen Definition klassifiziert nun Danlos verschiedene Typen von etre PRÄP Ν als gleichermaßen phraseologisch fixiert, die - legt man die von Rothkegel (1973) und Schmid (1984) vorgeschlagenen semantischen Kriterien zugrunde wenig miteinander gemein haben, nämlich a) Konstruktionen wie beispielsweise etre {en rage + en forme3 + en deficit + en quete de Nqc + au desespoir}, die wir als zwar lexikalisierte, unter interpretativ-semantischen Gesichtspunkten jedoch voll endozentrisch determinierte, freie FVG bewerten. b) Konstruktionen wie etre {dans les nuages + dans la lune + dans les jupes de Nqn}, die unter formal-kontextlogischen Gesichtspunkten phraseologisch feste Syntagmen des exozentrisch determinierten Typs sind, und die ferner unter Maßgabe von Schmids Modell semischer Umschichtung als semantisch isolierte Verb-Aktant-Sequenzen der Struktur V PRÄP Ν@4) interpretiert werden können. c) Konstruktionen wie etre {en mal2 de Nqc + en panne2 de Nqc + ä sec2 de Nqc}, die unter formal-kontextlogischen Gesichtspunkten ebenfalls als feste Syntagmen des exozentrisch determinierten Typs bewertet werden müssen, die sich aber nicht auf Verb-Aktant-Sequenzen, sondern auf interpretativ-semantisch freie FVG vom Typ der unter a) aufgeführten Konstruktionen zurückfuhren lassen. Immerhin kann Danlos die Gleichbehandlung all dieser verschiedenen Typen von etre PRÄP Ν durch ein auf den ersten Blick plausibles Argument untermauern. Die Konstituenten PRÄP Ν all dieser Konstruktionen verhalten sich nämlich alle wie prädikative Adjektive, insofern als sie sich wie diese durch die numerus- und genus-invariable Pro-Form le anaphorisieren lassen, mit Adjektiven koordinierbar sind und bisweilen wie Adjektive durch Vergleichs- und Gradadverbien wie tres, plus usw. intensiviert werden können (vgl. Danlos 1980:53-65, 1981:60fr. sowie 1988:23ff). (30) Luc est {appauvri + en diflcit + a sec d'argent + sur la paille} et Marie ne l'est pas. (31) Max est trds {a cheval sur les principes + en coläre}. (32) Marie est degue^jj et sur les nerfs(psy Solche distributioneilen Gemeinsamkeiten der von ihr untersuchten etre PRÄP Ν wertet Danlos nun dahingehend, daß deren Konstituenten PRÄP Ν sich aufgrund von phraseologischer Fixiertheit satzfunktional und distributionell wie Adjektive verhalten. 66 Die These einer phraseologisch bedingten Fusion von PRÄP Ν zu adjektiv-ähnlichen Einheiten ist aber schon deshalb problematisch, weil dafür lediglich die exozentrisch determinierten Konstruktionen unter b) und c) die semantischen Voraussetzungen erfüllen, nicht aber die semantisch freien FVG unter a). In 3.7. werden wir darlegen, daß die distributionellen Gemeinsamkeiten dieser etre PRÄP Ν mit etre ADJ sich nicht primär als durch phraseologische Festigkeit bedingte Eigenschaft der PRÄP Ν interpretieren lassen, sondern ursächlich auf die Tatsache zurückzufuhren sind, daß trotz bestimmter Unterschiede etre als Funktionsverb eine ähnliche semantische Struktur aufweist wie kopulatives etre. 66

Im Rahmen dieser Hypothese diskutiert sie sogar die Frage, ob die orthographische Repräsentation von Konstruktionen wie etre sur la paille nicht durch die (ihrer Meinung nach linguistisch adäquatere) Orthographie Stre surlapaille ersetzt werden sollte (vgl. Danlos 1981:62ff).

61 Die Tatsache, daß Danlos (1980), (1981) und (1988) auf der Grundlage einer verkürzten (weil eindimensionalen) Definition des Phraseologischen FVG zu den phraseologisch festen Syntagmen rechnet, widerlegt die Auffassung nicht, der zufolge FVG unter semantischen Gesichtspunkten keine FS, sondern komplexe Prädikate sind. Danlos' Argumentation ist insofern beizupflichten, als auch semantisch freie FVG in unterschiedlichem Maße lexikalisiert und distributioneil blockiert sind. Darüber hinaus weisen marginale Gruppen von FVG eine auch unter semantischen Gesichtspunkten phraseologisch feste Struktur des exozentrisch determinierten Typs auf.

2.3.5. Zur Lexikalisierung der Funktionsverbgefiige FVG sind in mehrfacher Hinsicht lexikalisiert. a) Usuell fixiert ist der Kernbereich der FVG insofern, als er syntaktisch-distributionelle Restriktionen aufweist, die logisch unabhängig von semantischer Nicht-Analysierbarkeit sind. Starken usuellen Beschränkungen unterliegt insbesondere die Artikelfähigkeit und Attribuierbarkeit der N(FVG>·67 Unter den in 1.3.7. beschriebenen vier Gruppen betrifft dies Konstruktionen vom Typ avoir grand envie, avoir um peur bleue, mettre a rude epreuve, deren N(FVG) bestimmte bevorzugte Attribute zu sich nehmen (Gruppe b, 1.3 .7 ), sowie Konstruktionen vom Typ mettre ä execution, deren N(FVG> sich nicht attribuieren lassen, ohne daß sich dafür semantische oder syntaktische Gründe anfuhren ließen (Gruppe c, 1.3 .7 ). b) Lexikalisiert sind FVG auch insofern, als viele Konstruktionen, die nach Maßgabe systematischer, semantischer und syntaktischer Gegebenheiten virtuell möglich scheinen, in der Norm des Französischen nicht attestiert sind. Dies gilt in besonderem Maße fur die {etre + mettre} PRÄP N(FVG), die, verglichen mit den FVG-Gruppen der faire N(FVG) und avoir N(FYGJ, den lexikalisch und syntaktisch-distributionell am stärksten restringierten FVG-Typ darstellen. So existiert im Französischen eine umfangreiche Konstruktionsgruppe mit N(FVG> die emotionale Befindlichkeiten ausdrücken: (33.1) Max est {en joie + en coläre + en rage + en fureur + en fiirie + en rogne + enpanique + {en + dans lej ddsarroi + {en + dans le + au} disespoir + dans l'incertitude + dans l'ennui + dans l'embarras...}. (34.1) Marie apris Luc en {affection + aversion + ρίΗέ + Sympathie + digoüt + ....}. (35.1) Max est dans {l'impossibiliti + l'mcapaciti} de sortir ce soir. Die Tatsache, daß es sich bei diesen interpretativ-semantisch freien FVG gleichwohl um lexikalisierte Verbindungen handelt, wird daran deutlich, daß die Konstruktionen unter (33.2) (3S.2), deren nominale Konstituenten ähnliche semantische Konturen aufweisen wie die in (33.1) - (35.1), in der Norm des Französischen nicht belegt sind.68 67

68

Dem Artikelgebrauch der lire PRÄP N(fvg) liegt allerdings ein spezifisches, von usuellen Restriktionen überlagertes System zugrunde (s.u., Kap. 4.8.5.). Vgl. Schmid (1989:416), Danlos (1980:39), Thun (1975:66). Die Diskrepanz zwischen System und Norm verdeutlicht Thun (1981:331), mit Beispielen, die von Sprechern als "verständlich" (d.h. hier: dem System des Französischen entsprechend) qualifiziert wurden, obwohl sie entweder erfunden wa-

62 (33.2) Max est en {*tristesse + *irritation + *enthousiasme}. (34.2) Marie a pris Luc en {*joie + "nostalgie + *peur}. (35.2) Max est dans la f*capaciti + *possibiliti} de sortir ce soir. Umgekehrt sind auch die FV-Paradigmata oft in dem Sinne lexikalisiert, daß bei einzelnen N(FVG) entweder unvorhersagbare Lücken oder aber singuläre, nur zusammen mit dem betreffenden Ν in N(FVG) auftretende FV-Formen enthalten. 6 ' So ist plonger(pr) nur mit zweien der folgenden bedeutungsähnlichen N(FVG) kombinierbar, mettre (fy) hingegen mit der gesamten

Serie: mettre {dans le desarroi + dans le desespoir + dans l'embarras + en rage} aber plonger {dans le desarroi + dans le desespoir + *dans l'embarras + *en rage}. Der vergleichsweise hohe Grad an usueller Fixiertheit macht unter rein phraseologischem Gesichtspunkt den wichtigsten Unterschied zwischen FVG und freien Wortverbindungen der Struktur VN@) aus. 70 Allerdings existiert eine marginale Gruppe von exozentrisch determinierten festen Syntagmen, die sich diachronisch auf interpretativ-semantisch freie FVG zurückfuhren lassen. Zu einigen dieser Konstruktionen liegen solche Homonyme in freier Verwendung vor. (36) (37) (38) (39) (40) (41) (42)

Luc est en panne2 d'un stylo. Ceci va remettre ä flot2 le commerce de Luc. Luc est [flnanciirement] ά sec2Cette affaire a mis Marie complement ά plat2. Cette histoire a mis Marie en boule2Cet homme est tris en vue4. Ce joumaliste est en mal2 d'informations.

Wollte man FVG insgesamt als semantisch unanalysierbar klassifizieren, so würde gerade der spezifische Unterschied zwischen semantisch freien Konstruktionen wie {etre + mettre} en {opposition + negociation + greve + mar che + mouvement + ...} und solchen auch unter semantischen Gesichtspunkten festen Konstruktionen verwischt. Insgesamt verhalten sich FVG unter dem Gesichtspunkt, welche Typen phraseologischer Festigkeit jeweils in Frage kommen, genau wie V ΝFVG als Konstruktionstyp sind nicht endozentrisch determiniert. Parallel zu anderen interpretativ freien Konstruktionen können sie aber marginale Subklassen mit semantisch nicht analysierbaren Konstruktionen bilden. Legt man zur Repräsentation der verschiedenen Arten von Fixiertheit das Schema in Abb.l 1 (S.53) zugrunde, so ergibt sich speziell für die etre PRAP N(FVG) folgende Verteilung mit dem quantitativen Schwerpunkt in den Bereichen C und B: 7 ·

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70 71

ren wie faire annonce (de), faire abstention (de), faire s0lection (de), faire renvoi (ά) oder zwar attestiert, aber aus dem Gebrauch gekommen sind, wie beispielsweise faire dommage a, faire outrage ά, faire offre de. Allerdings lassen sich eine Reihe solcher Beschränkungen auf systematische Regularitäten zurückfuhren, die nicht auf den ersten Blick klar auf der Hand liegen. Zu plongerfpy) vgl. 3.6.5. Damit ist aber noch nichts über strukturelle Unterschiede zwischen FVG und VN(g) ausgesagt. Für das Deutsche vertritt Bahr (1977:44ff) eine ähnliche Einschätzung.

63

Abb. 12

Für die quantitative Verteilung von V Ν a u f dieses Schema verfugen wir über keinerlei empirische Anhaltspunkte, doch läßt sich vermuten, daß dort insbesondere der Bereich Β der nur syntaktisch-distributionell restringierten Ausdrücke weniger bedeutend ist, während demgegenüber der Bereich völliger Freiheit von Fixierung?^ eine wesentlich größere Rolle spielt:

Abb. 13

Die Eigenschaft von VN@), in Prädikat und Argument zu zerfallen, betrifft die semantischsachverhaltsdarstellende Ebene des Satzes. Wenn nun aber richtig ist, daß sich das Gros der FVG von den FA^-Konstruktionen im Hinblick auf seine Integration in die verschiedenen Bereiche des Phraseologischen nicht in semantischer Hinsicht unterscheidet, so kann auch der vergleichsweise hohe Grad phraseologischer Festigkeit der FVG im Sinne der Definitionen 2 und 3 keine Erklärung fur ihre Nicht-Prädikat-Aktanten-Struktur und ihre satzfunktionale und strukturelle "Ganzheit" sein. Der fundamentale semantische Unterschied zwischen VN(E) und 72

Damit ist nicht gemeint, daß nicht-fixierte VN(E) frei sind von Restriktionen überhaupt. Vgl. dazu Crome (1976:37).

64 FVG läßt sich nicht als Unterschied zwischen Prädikat-Aktanten-Struktur einerseits und semantisch unanalysierbarer, prepositional eingliedriger phraseologischer Bedeutung andererseits beschreiben, sondern muß vielmehr als der Unterschied zwischen Prädikat-Aktanten-Struktur auf seiten der V Ν@) und der Struktur semantisch komplexer Prädikate auf seiten der FVG aufgefaßt werden.

2.4.

Funktionsverbgefiige als komplexe Prädikate

Im vorliegenden Kapitel sollen Forschungspositionen diskutiert werden, denen gemeinsam ist, daß sie die Einschätzung von FVG als komplexe Prädikate teilen. Vor einer Darstellung dieser Positionen wollen wir einen Überblick über die verschiedenen Typen komplexer Prädikate des Französischen geben, um diejenigen ihrer Eigenschaften herauszuarbeiten, denen eine konsistente Beschreibung der FVG Rechnung zu tragen hätte.

2.4.1. Komplexe Prädikate und Nominalprädikate im Französischen Kotschi (1974:60fF.) unterscheidet für das Französische neben FVG zwei weitere große Gruppen komplexer Prädikate, nämlich Verknüpfungen (Kotschi 1974:64ff.) und Adjektivprädikate (Kotschi 1974:60ff). 1. Verknüpfungen sind komplexe Prädikate, die aus einem finiten Verknüpfungsverb sowie einem nichtfiniten, verbalen Prädikatsteil bestehen (der in der Regel als Infinitiv oder als Partizip II realisiert wird). Die Verknüpfungen lassen sich ihrerseits in drei Gruppen 73 unterteilen, nämlich in a) analytische temporale und diathetische Verbformen, die als allomorphe Formen eines Verbs eine eingliedrige Bedeutung haben, z.B. avoir mange, etre sorti oder avoir έίέ battu. b) modale Verknüpfungen, deren finite Verbalkonstituenten - unabhängig davon, ob sie deontisch wie in (Pierre) doit travailler oder epistemisch wie in (Pierre) doit etre venu gebraucht werden - eine isolierbare eigene Bedeutung haben. c) temporal-aspektuelle Periphrasen wie in venir de manger oder aller manger, die, was die semantische Eigenständigkeit der Verknüpfungsverben angeht, eine Mittelposition zwischen den modalen Verknüpfungen und den analytischen temporalen Verbformen halten. 73

Bei der folgenden, intuitiv begründeten Subklassifizierung verfahren wir grundsätzlich anders als Kotschi (1974:64f.), der eine weitere Unterteilung der Verknüpfungen unter syntaktischen Gesichtspunkten vorschlägt, und zwar in Verknüpfungen mit "einwertigen" Verknüpfungsverben wie z.B. Pierre est venu und in Verknüpfungen mit "zweiwertigen" Verknüpfungsverben, etwa ce remdde fait dormir l'enfant. Diese Klassifikation scheint uns vor allem deshalb unbefriedigend zu sein, weil das Kriterium der Ein- oder Zweiwertigkeit der fraglichen Verbalkonstituenten ungeprüfte Aussagen über die Rektions- und Valenzverhältnisse innerhalb komplexer Prädikate enthält; die Aussage, daß •werden in Peter wird von Karl verwundet einwertig sei, impliziert, daß Peter als Aktant von werden, das Syntagma von Karl dagegen von verwundet dependent ist. Eine solche Aussage, die ein fundamentales Problem der Analyse komplexer Prädikate berührt (s.u., 4.7.), bedarf jedoch einer expliziten Begründung.

65 Die finiten Verknüpfungsverben aller drei Typen können ihrerseits morphologisch komplex realisiert werden (vgl. Kotschi 1974:66, Anm.52) wie in (Pierre) a eu chante oder (Paul) est en train de manger. 2. Adjektivprädikate bestehen aus prädikativen Adjektiven sowie aus kopulativen Verben, die ihrerseits morphologisch eingliedrig sein können wie in (cette affaire) passe inapergue oder komplex wie in (ces fruits) ont l'air bons (vgl. Kotschi 1974:63). Zu den Adjektivprädikaten rechnet Kotschi auch mehrgliedrige Prädikate aus kopulativen V und substantivischen Prädikativa wie in (43), vorausgesetzt, daß diese artikellos verwendet werden (vgl. Kotschi 1974:63 sowie Anm.47, S.62). Aus grundlegenden Erwägungen schlagen wir stattdessen die Annahme einer zusätzlichen Kategorie "Substantivprädikate" vor. (43) Elle fait dijä trtsfemme. (aus Kotschi 1974:63) 3. Substantivprädikate bestehen aus kopulativen V und fakultativ durch Artikel determinierten Substantiven. Substantivprädikate liegen demnach vor in Pierre {est prof + un mauvais prof + le prof dont Luc α parle}. Im Anschluß an v. Polenz (1985:107ff.) wollen wir alle Typen komplexer Prädikate mit nicht-verbalen Prädikatsteilen, d.h. Adjektivprädikate, Substantivprädikate und FVG unter dem gemeinsamen Oberbegriff "Nominalprädikate" zusammenfassen.^ Im weiteren Verlauf dieser Arbeit sollen weitere, von der Nicht-Verbalität der Prädikativa unabhängige, semantische und syntaktisch-distributionelle Merkmale herausgearbeitet werden, die für die Homogenität der sogenannten Nominalprädikate sprechen. Insgesamt ergibt sich folgende Klassifikation komplexer Prädikate des Französischen: 1. analytische temporale Verbformen 2. temporal-aspektuelle Periphrasen 3. Modal verb Verknüpfungen

Verknüpfungen

4. Adjektiv-Prädikate 5. Substantivprädikate 6. Funktionsverbgefuge

Nominalprädikate

I , J

All diesen Typen komplexer Prädikate ist nur eines gemeinsam: die finite Verbalkonstituente weist dem nichtfiniten Prädikativ keinen Aktantenstatus zu - die Prädikatsteile sind in der Regel nicht erfragbar oder anaphorisierbar im selben Sinne wie Ergänzungen / Aktanten - sondern bilden mit ihnen zusammen das Prädikat im Satz.75 Darüber hinaus heben sich die verschiedenen Typen komplexer Prädikate durch mehr oder weniger augenfällige Unterschiede voneinander ab. Außer den analytischen temporalen Verbformen, die keine in semantischem Sinne zusammengesetzten Prädikate sind, da die Auxiliarverben innerhalb der betreffenden Prädikate keinen eigenständigen lexikalisch-(verb)semantischen Beitrag leisten, lassen sich alle anderen Typen komplexer Prädikate - also auch die FVG - als semantisch komplex beschreiben, obwohl eine detaillierte Analyse sicherlich beträchtlichen Unterschieden und nicht entscheidbaren

74 75

Zu den Nominalprädikaten zählt Guchntann (1961) auch Prädikate der Form Kopula Partizip II, d.h. Passiva, bei denen es sich ja eigentlich um komplexe Formen von Verben handelt. Eine Ausnahme bilden Nominalprädikate mit Itre, die sich durch pro-prädikatives l'&tre anaphorisieren lassen. Diese besondere Art der Anaphorisierung ist jedoch kein Indiz dafür, daß das betreffende Ν oder ADJ bzw. die Sequenz PRÄP Ν Aktantenstatus hätte (s.u., 3.7.2.).

66 Grenzphänomenen Rechnung zu tragen hätte.76 Während Hilfsverben semantisch "leer" sind, ist fiir Funktionsverben, kopulative Verben, Modalverben und bestimmte Verbalkonstituenten periphrastischer Konstruktionen die Annahme einer autosemantischen Struktur diskutabel. 77 Für kopulative und Funktions-Verben wie etre und avoir ist diese Annahme allerdings nicht unumstritten (s.u., 3.1.). Wenn nun FVG inhalts- und ausdrucksseitig zusammengesetzte Prädikate sind, dann muß es möglich sein, die komplexe Struktur, die sie als ganze besitzen, in ihre Elemente aufzulösen und den einzelnen Konstituenten zuzuordnen. Dies gilt nicht allein für einzelne semantische Strukturmerkmale der FVG (wie etwa die Aktionsart), sondern betrifft sämtliche semantischsyntaktischen Eigenschaften wie beispielsweise Valenz- und Rektionseigenschaften. In welchem Verhältnis steht die vom komplexen Prädikat als ganzem semantisch und syntaktisch regierte Leerstellenstruktur zu deijenigen der einzelnen Konstituenten des betreffenden Prädikates (s.o., Kap. 1.3.9.)? Ferner ergibt sich das Problem eines geeigneten theoretischen Modells zur Konzeptualisierung der Nicht-Valenz-Relation zwischen finiter Verbalkonstituente und nicht-finitem Prädikatsteil. In engem Zusammenhang dazu steht die Frage nach den semantischen Strukturmerkmalen der Verbalkonstituenten komplexer Prädikate: aufgrund welcher semantischer Eigenschaften unterscheiden sie sich von lexikalischen Vollverben, die ja aufgrund ihrer Bedeutung echte Leerstellen für valenzabhängige Aktanten eröffnen? Ein dritter Fragenkomplex berührt das Verhältnis von Wortarten und Satzfunktionen. Nominalprädikate sind Prädikate mit nicht-verbalen semantischen Kernen. Kopulative V und FV verwandeln NichtVerben in Prädikate JS Dieser Befund verweist auf die umfassendere Problematik des Verhältnisses der lexikalischen Kategorien N, ADJ, V und den propositionalen Funktionen der Referenz und der Prädikation. Den im folgenden dargestellten Ansätzen ist gemeinsam, daß sie - im Rahmen jeweils unterschiedlicher theoretischer Vorgaben - die eben skizzierten Fragen für verschiedene Typen von FVG bzw. Nominalprädikaten zu beantworten versuchen.

2.4.2. Eine exhaustive Dokumentation komplexer Prädikate auf transformationeller Grundlage (M. Gross und das L.A.D.L.7?) Die wissenschaftliche Beschreibung sprachlicher Phänomene bewegt sich im Spannungsfeld zwischen zwei Positionen; die erste dieser beiden Positionen stellt bei der Beschreibung ihres Gegenstandes die theoretische Modellbildung in den Vordergrund, die zweite dagegen zielt vor 76

77

78

79

Einen jeweils höchst unterschiedlichen semantischen Eigenbeitrag leisten beispielsweise Modalverben in Modalverbverknüpfungen, wobei das semantische Profil deontischer Modalverben besonders deutlich ausfallt. Bei vouloir in eile veut encore {0 + manger} de la soupe ist Kotschi (1974:67) zufolge die Grenze zum lexikalischen Vollverb mit autonomer Bedeutung überschritten. Vgl. auch Bahr (1977:29) im Anschluß an v. Polenz (1963). Eine Mittelstellung zwischen V und Hilfsverben scheint auch Starke (1989:108) den FV zubilligen zu wollen. Modalverben, die flektierten Verbalteile periphrastischer Verknüpfungen und Auxiliarverben der analytischen Verbformen haben im allgemeinen keine vergleichbare Funktion, da der eigentliche Prädikatsteil der betreffenden komplexen Prädikate bereits der auf die Prädikation spezialisierten Kategorie V angehört (vgl. Büttner 1991:12f.). Laboratoire Automatique Documentaire et Linguistique an den Universitäten Paris VII und VIII.

67 allem auf seine exhaustive Erfassung ab. Obwohl beide Standpunkte nicht unvereinbar sind, ergibt sich nicht selten ein faktischer Gegensatz aus dem Umstand, daß die Überschaubarkeit auf seiten der Theoriebildung oft auf Kosten der quantitativen Leistungsfähigkeit geht und umgekehrt.80 Diese Sachlage bringt es beinahe zwangsläufig mit sich, daß man Beschreibungsansätzen, die auf eine exhaustive Dokumentation abzielen, nicht gerecht werden kann, wenn man ihre theoretischen Grundlagen einer kritischen Überprüfung unterzieht, ohne in gleicher Weise ihre empirischen Ergebnisse zu würdigen. Dies gilt in besonderem Maße fur die Forschungsgruppe des L.A.D.L. um M. Gross,81 deren theoretische und methodologische Prämissen wir im folgenden darstellen werden, ohne gleichzeitig auf das umfangreiche Material eingehen zu können, das von dieser Gruppe ausgewertet wurde. Allerdings müssen sich auch empirischtaxonomisch verfahrende Untersuchungen die Frage nach der Relevanz der Kriterien gefallen lassen, die der Bearbeitung ihres Materials zugrunde liegen. Ziel des L.A.D.L. ist die Erstellung eines exhaustiven "Lexique-grammaire" des Französischen, das alle notwendigen Informationen zur automatischen Analyse, Erzeugung und Übersetzung von Sätzen enthält. Die diesem Projekt zugrunde liegende Auffassung des Verhältnisses von Grammatik und Lexikon einer Sprache deckt sich insofern mit zentralen Prämissen der vorliegenden Arbeit, als die syntaktische Struktur einfacher Sätze als im wesentlichen durch die Valenz ihres Prädikates determiniert verstanden wird. Valenz ist eine idiosynkratische Eigenschaft der betreffenden lexikalischen Elemente einer Sprache, die für jeden Valenzträger gesondert im Lexikon aufgeführt werden muß. In diesem Sinne ist das "Lexique-grammaire" des L.A.D.L. eine Liste von Verben und komplexen bzw. mehrgliedrigen Prädikaten, die unter dem Gesichtspunkt der syntaktischen Struktur systematisiert sind, welche sie jeweils für einfache Sätze festlegen. Auch in neueren Arbeiten führen Autoren der Gruppe die Arbeiten von Zellig Harris als theoretische Grundlage an. Im Unterschied zu anderen transformationalistischen Theorien lassen sich im Rahmen von Harris' Ansatz Beziehungen zwischen lexikalischen Einheiten nur auf der Ebene von Beziehungen zwischen Sätzen beschreiben. Die Nominalisierung von voyager(V) beispielsweise wird nicht als semantische und morphologische Relation zwischen den Wörtern voyager(y) und voyage(S) begriffen, sondern als nicht-gerichtete Transformationsbeziehung zwischen den Sätzen (44.1) und (44.2):82

80

81

82

Ein Beispiel für diesen Gegensatz ist die Debatte, die Giry-Schneider (1987:7) (sie ist Mitglied des L.A.D.L.) vom quantitativen Standpunkt aus mit R. Cattell (1984) fuhrt, ohne dabei in irgendeiner Form auf dessen theoretische Argumentation einzugehen. Zum oben angesprochenen Problem und seiner Relevanz fur die Arbeit des L.A.D.L. vgl. u.a. auch Dominicy (1979:297). Die Arbeiten dieser Gruppe sind in unserer Literaturliste repräsentiert durch Boons / Guillet / Ledere (1976a und 1976b) fur einfache V, fur FVG und verwandte Konstruktionen durch GirySchneider (1978a, 1978b, 1987, 1991), J. Labelle (1974, 1983, 1984), Danlos (1980, 1981, 1988), M. Gross (1976, 1981), G. Gross (1982, 1984, 1991, 1993), Gross / Vives (1986), Vives (1983, 1984, 1988), Meunier (1977, 1981), de Negroni-Peyre (1978), Picabia (1978). In der deutschsprachigen Forschung sind Seelbach (1991) und Böhmer (1994) dem theoretischen Rahmen der Gruppe verpflichtet. Zur Diskussion der Ergebnisse der Nominalisierungsdebatte innerhalb des L.A.D.L. vgl. Gross / Vives (1986:7) und Giry-Schneider (1978a: 12ff.)

68 (44.1) Luc voyage. (44.2) Luc fait un voyage, (vgl. Gross / Vives 1986:6) Aus der Annahme einer transformationellen Beziehung zwischen deverbalen Substantiven und ihren verbalen Derivationsbasen83 erklärt sich die Tatsache, daß FVG im Ansatz der Gruppe von Anfang an mit der Nominalisierung identifiziert wurden.84 Transformationelle "Quelle" eines deverbalen Nomens ist ein kompletter Satz mit einem einfachen V in Prädikatsfunktion. Das Ergebnis der "Nominalisierungs"-Transformation ist kein isoliertes deverbales N, sondern wiederum ein ganzer Satz, dessen Prädikat einen nominalen Kern hat. Ergebnis der transformationeilen Derivation von Ν aus V sind also FVG. 85 Reine Nominalphrasen mit präpositional angeschlossenen Komplementen schließlich werden, auf dem Umweg über Relativsätze, mittels einer Reduktionsregel, durch die die FV getilgt werden, aus den FVG abgeleitet:8^ (44.3) Le voyage que fait Luc [intiresse Marie], (44.4) =>Le voyage de Luc fintiresse Marie], Das interkategorielle Transformationsschema, soweit es bisher erläutert wurde, sieht folgendermaßen aus:87 NOMINALISIERUNG V

[Reduktion]

FV (V)n

=>

(V)N Abb. 14

Auf dieser Entwicklungsstufe des theoretischen Modells des L.A.D.L. wurden drei Problembereiche miteinander identifiziert, die im Interesse methodischer Klarheit eigentlich hätten getrennt werden müssen, nämlich - erstens - die Derivation von Elementen der lexikalischen Kategorie Ν aus Elementen der lexikalischen Kategorie V mit all ihren morphologischen, semantischen und syntaktischen Implikationen, zweitens die Begründung nominaler Valenz, sowie drittens das Auftreten von Ν in prädikativer Funktion, d.h. in einer ganz bestimmten Verwendung im Satz. Aussagen zur Funktion der FV - in der Terminologie des L.A.D.L. verbes supports genannt88 - ergeben sich aus ihrem Status im oben skizzierten Transformationszyklus: 83

84 85

86 87 88

Die Beispiele aus M. Gross (1981:10) machen zudem deutlich, daß unter semantischer Äquivalenz zwischen Sätzen keine Bedeutungsgleichheit im engeren Sinne, sondern lediglich Bezeichnungsgleichheit zu verstehen ist. Dort werden etwa Sätze wie Max a donne ce lit ά Luc und ce lit a ete donni ä Luc par Max bzw. Luc regoit ce lit de Max als bedeutungsgleich bewertet. Vgl. etwa Giry-Schneider (1978a: 1 Iff.), M. Gross (1976:109 u. 1981:32). Die Derivation deadjektivischer Nomina funktioniert analog: Luc est courageuxßjxj). Luc α du courage (fi(FvG))· Eine eingehendere Darstellung dieser Tilgungsregel, die in der Terminologie des L.A.D.L. als rdgle [Rid Vsup] bezeichnet wird, findet sich u.a. bei M. Gross (1981:40ff). Die Abkürzung (V)N repräsentiert ein beliebiges nominalisiertes Verb. Das ursprünglich im Anschluß an Harris (1970) u.a. für die verbalen Konstituenten von "Nominalisierungen" anstelle des verbe support vorgeschlagene Konzept des verbe opirateur (vgl. M. Gross 1976:110ff, Giry-Schneider 1977 und 1978a: 13) ist inzwischen in mehrfacher Hinsicht fundamental modifiziert worden. G. Gross (1981:24) bestimmt den Begriff - im Gegensatz zu der bis dahin gängigen Definition - rein relational, d.h. ohne Rekurs auf einen spezifischen semantischen Inhalt (vgl.

69 1) Die verbes supports und ihre aspektuellen Varianten^ tragen die Marken von Tempus, Person und Numerus, dienen also dazu, die prädikativen Nomina "zu konjugieren".90 2) Sie machen die Beziehungen explizit, die innerhalb komplexer NP zwischen Kopfkonstituente und deren Aktanten bestehen, die dort aber implizit bleiben. 91 Im Zyklus in (44) wird die Beziehung zwischen (44.3) und (44.4), und folglich auch die zwischen (44.2) und (44.4) als gerichtete, d.h. hierarchische Transformation dargestellt. Damit aber werden die FVG / constructions ά verbe support als transformationelle Quelle der Nominalvalenz, d.h. dieser gegenüber als primär und hierarchisch höherstehend angesetzt. Zugunsten dieser Sichtweise kann M. Gross (1981:43) das überzeugende Argument anführen, daß sich Ambiguitäten, welche die Interpretation der Valenzrelationen in komplexen NP betreffen, in der Regel durch die Rückführung auf Konstruktionen mit unterschiedlichen verbes supports auflösen lassen, z.B.: (45) Max exicute les ordres de Luc. (45.1) < = Max exicute les ordres que lui a donndsfpyj Luc. (45.2) Ν ernst, so ergibt sich, daß beide FVG als Ableitungsbasis für das Ν in Frage kommen. Weil nun aber le voyage de Luc, im Gegensatz zu les ordres de Luc in (72), nicht ambig ist, folgt aus der Formel FVG => Ν logisch die offenkundig unzutreffende Schlußfolgerung, daß die beiden FVG etre en voyage und faire un voyage theoretisch eine identische Bedeutung haben müßten, da ja - wie Gross konsequenterweise annehmen muß - beide FVG derivationelle Grundlage für le voyage(S) de Luc sind.92

89 90 91 92

auch Gross / Vives 1986:15): die verbes opirateurs werden definiert als Verben, die die Argumentstellenzahl in einem gegebenen Satz um mindestens eine Einheit erhöhen. Entsprechend liegt sowohl in (1) als auch in (2) mettre als verbe opirateur vor, obwohl es, legt man die in Kapitel 1 dargelegten Abgrenzungskriterien als Maßstab an, in (1) als V, in (2) dagegen als FV füngiert: (1) Max metfop) # le livre estfy) sur la table. => Max metzle livre surla table. (2) Max metfop) # cet homme estpry) en rage. => Max metfpy) cet homme en rage. In dieser revidierten Fassung des opirateur-Kotaspiss ist auch die Möglichkeit vorgesehen, daß kausative Operatoren reine Vollverben sein können (vgl. M. Gross 1981:25ff). Um von den so definierten verbes opirateurs die Funktionsverben in dem in Kapitel 1 dargestellten Sinne auch terminologisch klar unterscheiden zu können, wurde Ende der siebziger Jahre die Kategorie der verbes supports eingeführt. Zur Definition der "Extensions aspectuelles" der verbes supports s. u.a. Gross / Vives (1986:17). Vgl. u.a. Giry-Schneider (1987:203f.), G. Gross (1991:256). G. Gross (1993:106) charakterisiert die verbes supports als "Aktualisatoren" der Nominalprädikate. Vgl. M. Gross (1981:33). Bedeutungsgleichheit behauptet M. Gross (1981:33) explizit fur avoir une excellente εαηίέ und itre en excellente santi. Zum Bedeutungsunterschied zwischen FVG wie avoir une bonne santi, faire un voyage einerseits und Stre en bonne santi, itre en voyage andererseits s.u., 4.10.

70 Das in Abb. 14 schematisch dargestellte Modell ist in einem weiteren entscheidenden Punkt ausgebaut worden. Durch die Bestimmung, der zufolge FV in erster Linie dazu dienen, die in komplexen NP vorliegenden Valenzbeziehungen explizit auszudrücken, wird nämlich der Zusammenhang zwischen Nominalisierung und FVG / constructions ä verbe support in Frage gestellt: über Valenz verfügen auch solche Nomina, die im Sprachsystem in keiner morphologischen Relation zu einfachen V stehen. (46) Le cinima de Luc ά Marie fest sans effet], (46.1) < = Le cinima que Luc fait ä Marie [est sans effet], (46.2) 0

(aus Giiy-Schneider 1987:1)

Substantive, die das Kriterium einer Umformbarkeit diesen Typs erfüllen, werden als noms predicatifs bezeichnet. Noms predicatifs können deverbal sein, sind es jedoch nicht obligatorisch. Damit werden FVG / constructions ά verbe support aus dem letztendlich morphologischen und auf dem System der Wortarten basierenden Konzept der Nominalisierung herausgelöst, 93 um nunmehr in einen Erklärungszusammenhang gestellt zu werden, der die propositionale Funktion der Prädikation in den Mittelpunkt rückt. Das vollständige Schema der möglichen transformationellen Beziehungen sieht somit folgendermaßen aus: FVG

V NOMIN/ JJSIERUNG

V Luc voyage 0

»

Abb. 15

Der FVG-Forschung liefert diese Sichtweise Argumente dafür, die Beschränkung auf deverbale und deadjektivische Nomina actionis, wie sie in der strukturell-funktionalen FVG-Forschung gefordert worden ist (vgl. 2.1), aufzugeben. Ferner wird mit der Relation, die in Abb. 15 als [Reduktion] gekennzeichnet ist, eine scheinbar einfache und leicht operationalisierbare Definition dessen gegeben, für das sich in der deutschsprachigen Forschung der Terminus "Sachverhaltsnominal" eingebürgert hat:94 Nomina, die wie cinema in le cinima de Luc (in der Bedeutung le cinema que fait Luc) über eine Aktantenstruktur verfügen, benennen, wenn sie zur Referenz verwendet werden, keine einfachen, konkreten Entitäten, sondern referieren auf

93

94

Diese Ausweitung hatte u.a. zur Folge, daß Giry-Schneider im Anschluß an ihre 1978 erschienene, noch dem Konzept der "Nominalisierung" verpflichtete Untersuchung zu den FVG mit faire(ργ) (Giiy-Schneider 1978a) eine zweite breit angelegte Studie zum selben Thema veröffentlichte (GirySchneider 1987), in der hauptsächlich faire N(FVG) berücksichtigt werde, deren nominale Konstituenten in keiner morphologischen Relation zu V stehen. Zum neueren Konzept der noms pridicatiß vgl. auch Vives (1988:150), G. Gross (1991: 255f), Seelbach (1991: 173). G.Gross (1993: 107f.) spricht im Falle solcher Nomina von substantifs pridicatifs autonomes. Vgl. Kolde (1989:48ff.).

71 komplexe Sachverhalte. Auf diese Eigenschaft der noms predicatifs weist Giry-Schneider hin, wenn sie hervorhebt, bei NP wie le cinema de Luc ά Marie handele es sich in Wirklichkeit um Sätze. 95 Diese Aussage, die ja nur das Prinzip umschreibt, auf dem die Definition der noms predicatifs im Rahmen der transformationalistischen Methodik des L.A.D.L. beruht, trifft zwar in einem weiteren semantischen Sinn zu, ist aber insofern unglücklich, als komplexe NP ja weder die syntaktische Form noch die semantische Funktion von Sätzen besitzen. Sie dennoch als "Sätze" zu behandeln, bedeutet, Prinzipien des kategorialen Aufbaus natürlicher Sprachen unberücksichtigt zu lassen. Ahnlich wie das ältere Konzept der nominalisation identifiziert das der noms predicatifs im oben dargelegten Sinn auf unzulässige Weise zwei Bereiche, die in Wirklichkeit einen fundamental unterschiedlichen Status haben. "Prädikativ" sind diese Ν nämlich in zweifacher Hinsicht: 1) Als "prädikativ" werden im Modell des L.A.D.L. Nomina bezeichnet, die den Status von "reductions de phrases" haben, die also über Valenz im Sinne einer syntaktischen Aktantenstruktur verfügen. Diese Einschätzung ist zwar insofern nicht unzutreffend, als solche Ν "Prädikatoren" sind, die aufgrund einer ihnen inhärenten Stelligkeit Relationen zwischen Aktanten herstellen. In ganzen Sätzen wie (47.1), (48.1) sind aber cinema bzw. ordre offensichtlich keine Satzprädikate im selben Sinne wie fatiguer oder etonner, vielmehr verhalten sich die von cinema bzw. ordre regierten Knoten gegenüber dem jeweiligen Satzprädikat insgesamt wie Aktanten, die innerhalb des Satzes erfragbar und anaphorisierbar sind. (47.1) Le cinima de Luc ά Marie fatigue Max. (48.1) Les ordres de Luc έίοηηβηΙ Max. 2) Dagegen treten in FVG wie (47.2), (48.2) die betreffenden Ν tatsächlich als weder erfragbare noch anaphorisierbare Kerne des Satzprädikates auf, die zusammen mit den FV die übrigen Satzglieder als Aktanten binden. (47.2) Luc fait du cinima ά Marie. (48.2) Max a eu ses ordres de Luc. Was mit dem Konzept der noms predicatifs also gleichgesetzt wird, ist einerseits "Prädikation" als propositionale Funktion, d.h. eine bestimmte Verwendung, die fur cinema und ordre in (47.2), (48.2) gegeben ist, nicht jedoch in (47.1), (48.1), wo die betreffenden Ν Aktanten, d.h. Nicht-Prädikate sind, und andererseits ein bestimmter Typ von intensional-semantischer Struktur, aufgrund derer eine große Zahl von Ν in der Lage ist, Aktanten zu binden. Diese semantische Struktur macht die betreffenden Ν zu "Prädikatoren" im strikt semantischen Verständnis von Sachverhaltsnominalen. Die Fähigkeit, Aktanten zu binden, ist in ihrer Lexikonbedeutung angelegt und damit prinzipiell unabhängig von einer bestimmten Verwendung, etwa als Aktant wie in (47.1), (48.1) oder als N(FVG) wie in (47.2), (48.2). Die Kategorie des nom predicatif im eben skizzierten Verständnis impliziert, daß nur Sachverhaltsnominale im Sinne von 1) durch den Einsatz von verbes supports zu Satzprädikaten im

95

Vgl. Giry-Schneider (1987:1).

72 Sinne von 2) verwandelt werden können. 96 Genau dies aber ist nicht der Fall, denn für ganze Klassen von Konstruktionen,97 etwa vom Typ {Paul + ceci} fait probleme ä Marie, {Paul + ceci} fait obstacle aux entreprises de Marie, die von Giry-Schneider nichtsdestoweniger als komplexe Prädikate interpretiert werden, ist die für die noms predicatifs angeblich konstitutive Transformationsrelation blockiert (*l'obstacle de Paul, ?le probleme de Paul). In solchen Fällen, die ja belegen, daß die Existenz eines FVG nicht notwendig auf das Vorliegen eines Sachverhaltsnominals in der Position N(FVG) schließen läßt, sieht sich Giry-Schneider veranlaßt, für faire einen anderen Status als den eines verbe support anzunehmen.Umgekehrt legen die "transformationellen" Kriterien des L.A.D.L. häufig die Annahme von constructions ä verbe support nahe, wo u.E. eindeutig Verb-Aktant-Verbindungen vorliegen, wie im Fall von la

grammaire du coreen de Durand [...] Luc(x) est en possession d'une maisonfy). (77.b) La maisonfy) est en la possession de Luc(xy Theoretische Probleme wirft der Modellvorschlag Jackendoffs immer dann auf, wenn der Status des prädikativen Ν berührt wird, das u.E. nicht hinreichend von NP mit Aktantenstatus abgegrenzt ist. Daß dieser Umstand nicht allein ein Problem des formalen Apparates der Darstellung Jackendoffs ist, sondern konzeptionellen Charakter hat, wird u.a. an der Tatsache ersichtlich, daß Jackendoff die V-Konstituenten solcher komplexen Prädikate als - allerdings semantisch markierte - Aktualisierungen der entsprechenden lexikalischen Vollverben interpretiert. Put(y) in put the blame for the accident ort someone unterscheidet sich Jackendoff zufolge von put(V) in put a book on the shelf lediglich dadurch, daß die Bewegung, die es ausdrückt, abstrakten Charakter hat (vgl. Jackendoff 1974:494 u. 496). Der Nichtberücksichtigung der besonderen, prädikativen satzsemantischen Funktion des Ν blame entspricht bei Jackendoff die Tatsache, daß nicht einmal ansatzweise zwischen lexikalischen Vollverben und Funktionsverben unterschieden wird. Eine unmittelbare praktische Konsequenz dieser Tatsache ist der Umstand, daß das komplexe Prädikat, welches Jackendoffs CPR in (73.2) als Resultat der Einsetzung des Subkategorisierungsrahmens von blarney in denjenigen von put(V) erzeugt, genaugenommen nicht put the blarney mit den Ergänzungen El, \for NP](E6), [on NP](EÖ) lautet, sondern put the blame for the accident (η mit den Ergänzungen El und [on NP](E6) Die lexikalisch von blame dependente [for NP](EÖ) wird nicht als Aktant des komplexen Prädikates insgesamt, sondern als dessen Bestandteil betrachtet (Cattell 1984:30 u. 32). Problematisch an dieser Sichtweise ist nicht nur die Tatsache, daß dadurch die von Jackendoff behauptete Parallele zu blame (V) in Frage gestellt wird (Cattell 1984:34), sondern vor allem der Umstand, daß die Rektionsverhältnisse in komplexen Prädikaten auf den Kopf gestellt werden.

135

Standpunkt vertritt z.B. Gross 1981), kann jedoch erst im Ergebnis einer Diskussion über den Status semantischer Rollen entschieden werden. Dies besagen u.a. die One-per-Sent-Kiausel (Fillmore) und das Θ-Kriterium (Chomsky 1981:36).

92 2.4.6. Eine semantische Analyse komplexer Prädikate im Rahmen der Rektions- und Bindungstheorie (Cattell 1984) Die Analyse von komplexen Prädikaten bzw. FVG, 136 die Cattell (1984) im Rahmen der Rektions- und Bindungstheorie vorschlägt, stellt in mehrfacher Hinsicht eine Weiterfiihning der im letzten Abschnitt skizzierten Überlegungen aus Jackendoff (1974) dar. Wie bei Jackendoff, so stehen auch bei Cattell zwei Probleme im Vordergrund: a) Welche der Eigenschaften komplexer Prädikate sind von ihren Verbalkonstituenten ererbt und welche von ihren nominalen Formativen? b) Wie lassen sich innere Kohärenz und besondere Satzfunktion komplexer Prädikate in ein angemessenes theoretisches Konzept bringen? Anders als Jackendoff (1974) stellt Cattell diese zentrale Frage von vornherein in der folgenden, spezifischeren Form: durch welche strukturellen Eigenschaften unterscheiden sich komplexe Prädikate von Prädikat-Aktanten-Sequenzen? Cattells Ansatz wollen wir anhand seiner Analyse von Prädikaten des Typs (78) Harry made an offer of money to the police. darstellen. Ausgangspunkt seiner Überlegungen ist der Befund, daß komplexe Prädikate in bestimmten Fällen Eigenschaften aufweisen, die, wie Cattell (zu Unrecht) annimmt, weder von ihrer verbalen noch von ihrer nominalen Konstituente, sondern von dem mit dem prädikativen Ν korrelierenden einfachen V ererbt sind.137 Aus diesem Grund setzt Cattell für das prädika136

137

Zwar bezeichnet Cattel (1984) die von ihm untersuchten Konstruktionen als "zusammengesetzte" bzw. "komplexe Prädikate", doch sind damit keine Konstruktionen mit Auxiliar-oder kopulativen Verben gemeint, sondern lexikalisierte, aber interpretativ freie Konstruktionen, deren semantisches Zentrum Nominale bilden (vgl. Cattell 1984:60f.). Alle Beispiele, die er diskutiert, entsprechen dem FVG-Paradigma. Als "komplexe Prädikate" im engeren Sinne definiert Cattell (1984:116) "periphrastische" Konstruktionen (Cattell 1984:116), d.h. FVG in semantischer und morphologischer Relation zu einfachen V, als "zusammengesetzte Prädikate" dagegen FVG mit denselben konstruktionellen Eigenschaften, jedoch ohne eine solche Relation zu V. Dies betrifft insbesondere die Möglichkeit des dative-shift, d.h. die Möglichkeit der Verwandlung einer [to NP]pp in eine präpositionslose "Dativ"-NP. Der dative-shift ist Cattell zufolge bei komplexen Prädikaten immer dann unzulässig, wenn die betreffenden V ihn ausschließen: (1) Bill confessed his infidelity to his wife. => (\b)*Bill confessed his wife his infidelity. (2) Bill made a confession to his wife. => (2b)*Bill made his wife a confession. Daß diese Annahme einer der Schwachpunkte in Cattells Überlegungen ist, zeigt sich daran, daß er gezwungen ist, zur Erklärung häufiger Ausnahmen eine eigene semantische Regel von fragwürdiger Validität (vgl. Cattell 1984:59) einzuführen. Probleme bringt Cattells These aber auch für den [of NP]PP-Mitspieler, ein Umstand, auf den Cattell (1984:54, Anm.ll), am Rande selbst hinweist. So konstatiert er, daß aus der Zulässigkeit von (3) => (3a) keineswegs die von (4) oder gar von (5) folgt. (3) Harry offered his car to the police. => (3a) Harry offered the police his car. (4) *Harry made {the + an} offer of his car to the police. (5 )*Harry made the police an offer of his car. Cattell kommentiert zwar zutreffend, daß an offer of money zulässig sei, weil of money in höherem Maße "adjektivische", d.h. qualifizierende Funktion habe als of his car. Dies bedeutet freilich auch, daß of money in geringerem Maße Argument-Charakter hat als of his car. Die von Cattell vorgesehene formale Lösung eines gemeinsamen, kategorial unspezifizierten Lexikoneintrages offer(μ für offer(N) und offer(y) (s. nächste Anm.) setzt aber zwingend voraus, daß jedes direkte Objekt von of-

93 tive Ν in make an offer of something to someone einen Lexikoneintrag (L) fur offer(ij an, der kategorial unspezifiziert in dem Sinne ist, daß er die Paare offer^ und offer^ gleichzeitig repräsentiert. 138 Das zentrale Problem, dessen Lösung Cattells eigentliches Interesse gilt, ergibt sich aus folgender Überlegung. Ein komplexes Prädikat wie make an offer hat dieselbe Argumentstruktur wie offer(i) und damit auch dieselbe wie offer(y). Im Gegensatz zu offer (L)/(V) ist aber make an offer ausdrucksseitig mehrgliedrig und diskontinuierlich. Eine Strukturbeschreibung des komplexen Prädikates hätte mit anderen Worten der Tatsache Rechnung zu tragen, daß make an offer eine völlig andere Phrasenstruktur begründet als offer(L)/(V), obwohl eine in beiden Fällen identische semantische Rollenkonstellation vorzuliegen scheint. Die Struktur von make an offer stellt Cattell folgendermaßen dar. V

offer

(of) money

| Präp'

Präp to

N"c the police

(nach Cattell 1984:51) Abb.26

Die Knoten Vi und Ni repräsentieren das diskontinuierliche Prädikat innerhalb von V . Aus diesem Grund ist N"a nicht als Argument des V-Knotens zu interpretieren, denn N"a enthält Ni

fer(V) auch als Argument von offerßi) realisiert werden kann. Aus diesem Grund sind (4) und (5) Beispiele gegen Cattells These und unterstreichen, daß nominale und verbale Valenz zwar nach ähnlichen Prinzipien strukturierte, aber prinzipiell autonome Systeme sui generis sind. 138 Dieser Lexikoneintrag für ojfer(μ hat folgende Form: Offer^ W GOAL -• r (Ν", Χ1) (ΡΡ,Χ') L (N"1, V)J (aus Cattell 1984:52) 'R' und GOAL repräsentieren die semantischen Rollen von offerß,) ('R' wird von Cattell inhaltlich nicht weiter spezifiziert). Die Einträge unter GOAL, die die Dativ-Transformation regeln, sind als Alternativen zu verstehen. (PP, X') ist folgendermaßen zu lesen: Wenn offer als X realisiert wird (d.h. unabhängig davon, ob es verbal oder nominal realisiert wird), kann der GOAL-Mitspieler als (to-) PP realisiert werden. (Ν"1, V) besagt: wenn offer als V realisiert wird, dann kann der GOALMitspieler die syntaktische Form N" 1 , also die eines präpositionslosen indirekten Objektes N" annehmen, das im Satz unmittelbar rechts vom Verb realisiert wird (deshalb der Index in Ν"'). (N", X') unter der Rollendenomination 'R' ist zu lesen als: Unabhängig davon, ob offer(i) nominal oder verbal realisiert wird, hat 'R' die syntaktische Form N". Diese Eintragung ist insofern unvollständig, als 'R' ja nur dann als N" realisiert werden kann, wenn offer = [+ V); andernfalls muß 'R' als [o/NP]PP realisiert werden.

94 offer, welches Teil des komplexen Prädikates ist. Cattell (1984:51) formuliert dazu folgendes Prinzip: (79)

Kein Prädikatsknoten Ρ oder eine seiner Projektionen kann Argument eines Prädikates sein, in welchem Ρ als Konstituente enthalten ist.

Zur Darstellung des formalen Mechanismus, der die Zuweisung der semantischen Rollen innerhalb des komplexen Prädikates regelt (und der gleichzeitig dem Unterschied zwischen der inneren Struktur komplexer Prädikate zu Verb-Argument-Sequenzen Rechnung tragen soll) greift Cattell auf einen Vorschlag von Chomsky (1981:37) zurück, der die Zuweisung semantischer Rollen in "idiomatischen Ausdrücken" (sie!) vom Typ take advantage of betrifft. Chomsky schlägt eine Analyse vor, bei der dem nominalen Formativ advantage durch take keine echte Θ-Rolle, sondern eine Art Pseudo-Rolle # für Quasi-Argumente zugewiesen wird. Cattell (1984:52) nimmt diesen Gedanken auf und formuliert folgende Regel. (80)

Kopf-Konstituenten, welche Nicht-Argumente subkategorisieren,139 weisen ihnen eine Quasi-Rolle # zu.

Ausgehend von diesem Prinzip reformuliert nun Cattell (1984:53) das Θ-Kriterium, das in der Rektions- und Bindungstheorie die Zuweisung semantischer Rollen regelt.140 In seiner ursprünglichen Fassung besagt dieses Prinzip zweierlei, nämlich: 1) jedes im Satz auftretende Argument des Verbs trägt eine und nur eine Θ-Rolle. 2) jede Θ-Rolle wird im Satz einem und nur einem Argument des Verbs zugewiesen. Aus der Feststellung, daß N"a im Strukturbaum des komplexen Prädikates in Abb.26 kein Argument von V ist, folgt die Notwendigkeit einer Modifikation des Θ-Kriteriums für komplexe Prädikate. Diese lautet Cattell zufolge: (81)

Jedes Argument in der Zone V N' ist Träger einer und nur einer Θ-Rolle.

Im Fall von make an offer sind die Verhältnisse derart, daß alle Argumente, die in der Zone V N' auftreten, auch in der Zone offer allein vorkommen. Hier gewährleistet die Quasi-Rolle # zusammen mit dem Prinzip (81), daß das Θ-Kriterium nicht im Bereich von N* offer allein Anwendung findet. Es sind mit anderen Worten nicht die semantischen Rollen des Nomens per se, 141 die den Argumenten des gesamten komplexen Prädikates zugeschrieben werden, sondern die Rollen des komplexen Prädikates als Ganzem, die hier identisch sind mit denjenigen von offer(L) (vgl. Cattell 1984:54). Durch die Reformulierung des Θ-Kriteriums und durch die Annahme, daß Θ-Rollen in komplexen Prädikaten über den gesamten Bereich FV (PRÄP) N(FVG) zugewiesen werden, kann der Tatsache Rechnung getragen werden, daß lexikalisch von N(FVG) dependente Ergänzungen vom gesamten Prädikat FV (PRÄP) Ν(ργβ) regiert werden. Mit der Annahme einer Quasi-Rolle #, die zu einer Reformulierung des Θ-Kriteriums speziell für komplexe Prädikate führt, liefert Cattell eine Analyse, die anderen Interpretationen, wie etwa der Θ-Rollen-Perkolation, die 139 140 141

Die Regelung der Frage, welche (verbalen) Kopfkonstituenten welche NP als Prädikative, d.h. als Nicht-Argumente subkategorisieren, verweist Cattell ins Lexikon. Vgl. oben, S.91, Anm.135. Diese werden in Anm. 138 dieses Kapitels dargestellt.

95 Gunnarson (1986) vorschlägt, auch deshalb überlegen ist, weil sie die in Nominalprädikaten zwischen FV und (PRÄP) N(fvg) herrschenden semantischen Beziehungen formell von Prädikat-Argument-Relationen unterscheidet. Problematisch an der Annahme der Quasi-Rolle # ist allerdings die Tatsache, daß sowohl bei Cattell (1984) als auch bei Chomsky (1981) offen bleibt, was für einen realen Status sie hat und welches natürliche sprachliche Phänomen mit ihrer Hilfe wiedergegeben werden soll. Wenn - wie wir annehmen - die semantischen Rollen, die von Verben an deren Argumente vergeben werden, unmittelbare Funktionen der verbalen Bedeutung sind (vgl. oben, 1.1), dann ist die Annahme einer Quasi-Rolle # nur durch den Nachweis dafür zu untermauern, daß FV über "Quasi-Bedeutungen" verfugen. In den entsprechenden Ausführungen bei Chomsky (1981:34ff.)'42 fällt zunächst ein fundamentaler Widerspruch auf. Als Ausnahme zu dem Prinzip, daß einerseits das Vorkommen eines Elementes in der Subkategorisierung eines Verbs, und andererseits der Argumentstatus des betreffenden Elementes sowie seine Θ-Markierung durch dieses Verb zwar unterschiedliche, aber kongruente sprachliche Ebenen darstellen, diskutiert Chomsky die Verhältnisse in phraseologisch festen Syntagmen, wo Verben Nicht-Argumente subkategorisieren und ihnen dabei die Quasi-Rolle # zuweisen. Aus den Beispielen, die Chomsky in diesem Zusammenhang anführt, geht jedoch die semantische Fundierung dieses Rollentyps nicht explizit hervor. Chomsky charakterisiert "idiomatische Ausdrücke" als Sequenzen, welche jeweils als Ganzes die von ihnen abhängigen Argumente θ-markieren. Die solchermaßen beschriebenen festen Syntagmen illustriert er am Beispiel von to take advantage of, also einem FVG, das, wie wir uns in 2.3., bes. 2.3.5. zu zeigen bemüht haben, nur in einem ganz bestimmten, stark eingeschränkten Sinn idiomatisch ist. Wenn aber die Konstituenten in take advantage of nur lexikalisiert sind, ohne gleichzeitig semantisch gebunden zu sein, dann wäre die Annahme von #, das als Quasi-Rolle ja ebenfalls semantischen Status hat, nicht durch die Idiomatizität der Konstruktion, sondern nur durch Beobachtungen über Besonderheiten in der Bedeutungsstruktur von take zu rechtfertigen. Der Charakterisierung idiomatischer Ausdrücke bei Chomsky entspricht aber offensichtlich in viel höherem Maße das von ihm im selben Zusammenhang (Chomsky 1981:146, Anm.94) diskutierte Beispiel kick the bucket, das insgesamt als lexikalisierter Ausdruck mit der Bedeutung 'sterben' fungiert, und das ein festes Syntagma im striktesten Sinne ist, dessen Gesamtbedeutung sich nicht mehr als Funktion der Einzelbedeutungen seiner Formative beschreiben läßt. Eine plausible Funktion von # könnte hier gerade darin bestehen, die semantische Nicht-Analysierbarkeit des gesamten Ausdruckes zu markieren. Nimmt man also semantisch feste FS als typische Distribution von # (genau dies ist aber bei Chomsky nicht gemeint), so ließe sich der Unterschied zwischen einer semantischen Quasi-Rolle # und einer "echten" Aktantenrolle θ auf den Unterschied zwischen lexikalischen Vollverben in freier Verwendung einerseits und semantisch demotivierten, phraseologisch eingefrorenen V andererseits zurückfuhren. Die An-

142

Die in Di Sciullo / Rosen Thomas (1991) erwähnte Arbeit von Keams, K. (1988): "Light verbs in English", ms. (ΜΓΓ), stand mir bei der Fertigstellung des Manuskripts nicht zur Verfugung.

96 nähme einer so charakterisierten Quasi-Rolle ist nun aber gerade für FVG nicht haltbar, da diese zwar generell lexikalisiert, aber interpretativ-semantisch frei sind. FVG mit diesen Eigenschaften sind auch die Beispielskonstruktionen, mit denen Chomsky (1981:146, Anm.94) seine Theorie idiomatischer Ausdrücke und die Annahme von # illustriert, etwa take advantage of oder take (good) care of. Chomsky konstatiert, daß es sich um Konstruktionen handelt, die bestimmte syntaktische Gemeinsamkeiten mit nicht-idiomatischen Strukturen aufweisen, etwa, was ihre Passivfähigkeit angeht. Durch solche Eigenschaften unterscheiden sie sich fundamental von echt idiomatischen Ausdrücken wie kick the bucket.'43 (82) *The bucket was kicked by Bill. (83) {Good care + advantage} was taken ofBill. Wie fur alle Umformungen, so werden auch fiir die Passivierung in der Rektions- und Bindungs-Theorie die Θ-Rollen benötigt, denen die Aufgabe zufällt,'44 das move-α-Prinzip zu beschränken und damit einzelsprachlich anwendbar zu machen. 145 Gerade für (83) ist also die Annahme von Θ-Rollen oder vergleichbaren Größen wie der Quasi-Rolle # theoretisch besonders wünschenswert (aus genau diesem Grund postuliert Chomsky siel46), aber gerade hier ist sowohl die Annahme "echter" Θ-Rollen als auch die einer Quasi-Rolle # besonders problematisch, wenn diese die Idiomatizität der betreffenden Verbalphrase wiedergeben soll. Ebenso wie FVG eine Art "dritten" Konstruktionstyp jenseits von Verb-Argument-Sequenzen und phraseologisch festen Einheiten darstellen, liegt auch zwischen FV und N(FVG) ein Typus semantischer Relation vor, der sich weder durch das Konzept der Θ-Rolle noch durch das einer idiomatischen Quasi-Rolle # angemessen darstellen läßt. Vollends fragwürdig wird die Begründung der Quasi-Rolle # schließlich, wenn Chomsky als weiteres Vorkommen von Quasi-Argumenten die syntaktischen Subjekte nullwertiger Verben vom Typ it rains angibt (Chomsky 1981:325). Zwar trifft auch in solchen Fällen zu, daß die 143

Damit aber widersprechen sie genaugenommen der formalen Definition, die Chomsky am Anfang der Anmerkung fur "idiomatic expressions" angibt:"[...] we may think of an idiom rule for an idiom with a verbal head as a rule adding aVy to the phrase marker of each terminal string αβγ, where β is an idiom [...]." (Chomsky 1981:146, Anm.94). Komplexe Prädikate, deren nominale Konstituenten Subjektposition in Passivsätzen einnehmen können, verhalten sich nicht wie einfache V, wie diese Definition fordert. '44 zusammen mit dem Projection Principle. 145 Zum move-a-Prinzip und seiner Rolle bei der Passivierung vgl. Seils (1985:43). 146 Yg] aber Chomsky (1981:345, Anm.5), wo Chomsky bei der Diskussion des Zusammenhanges von move-α und dem Θ-Kriterium bei "idiomatischen" Ausdrücken vom Typ take advantage of keinen Unterschied zwischen (echten) Θ-Rollen und Quasi-Rollen mehr macht. Erhebliche Probleme birgt dabei insbesondere die Annahme, daß eine abweichende Struktur wie *advantage took t of John insofern durch das Θ-Kriterium ausgeschlossen sei, als take der Subjekt-Leerstelle eine Θ-Rolle zuweise, so daß das Quasi-Argument advantage nicht in diese bereits anderweitig markierte Position eintreten könne (ebend.). Problematisch daran ist zunächst der Umstand, daß wir es im Falle von take mit einem Typ Verb zu tun hätten, der dem Prädikativ advantage eine Quasi-Rolle #, dem Subjektmitspieler dagegen eine echte Θ-Rolle zuweist. Femer stünde der gesamte Mechanismus der semantischen Rollenzuweisung in Widerspruch zu der Bestimmung Chomskys, daß "idioms" immer nur als Ganzheiten die von ihnen subkategorisierten Argumente θ-markieren (s.o., Anm. 143).

97 formalen Subjekte unter semantischen Gesichtspunkten keine Aktanten der betreffenden Verben sind, mithin ebenfalls den Charakter von "Nicht-Argumenten" besitzen. Dennoch handelt es sich in ihrem Falle um nicht-referenzfähige, semantisch leere Oberflächenrepräsentationen, nicht aber um die semantischen Kernkonstituenten komplexer Prädikate. Insofern, als mit seiner Hilfe unterschiedslos alle Typen von Nominalen ohne potentielle Referenz (Chomsky 1981:325) erfaßt werden, ist das Konzept der Quasi-Rolle # viel zu weit gefaßt, als daß es die strukturellen Besonderheiten gerade von Nominalprädikaten adäquat beschreiben könnte. Da wir in 1.1. semantische Rollen definiert haben als integralen Bestandteil der Bedeutungsstruktur von Verben, bedeutet dies, daß eine Analyse des fundamentalen Unterschiedes, durch den sich die besondere semantische Relation FV: N(fvg) von der Relation V: unterscheidet, auf einer semantischen Analyse beider Typen von Verben aufbauen muß.

3.

Die semantische Struktur der Funktionsverben

3.1.

Semantische Eigenschaften der Funktionsverben als Problem der Forschung

In der Forschung herrscht weitgehende Übereinstimmung darüber, daß die Verbalkonstituenten der FVG reine "Funktionsverben" sind, die lediglich dazu dienen, als Träger der grammatischen Kategorien Person, Numerus, Tempus, Modus und Genus verbi die prädikativen N ( F V G ) ZU "konjugieren" (Giry-Schneider 1987:203f.). Als Voraussetzung, welche die Erfüllung dieser Funktion erst ermöglicht, wird allgemein angeführt, daß FV, im Gegensatz zu Vollverben, bedeutungsmäßig weitgehend "entleert" seien.1 In dieser Perspektive werden FV in die Nähe von kopulativen Verben2 oder von Auxiliar- bzw. Semi-Auxiliarverben^ gerückt. Faßt man dagegen die oben dargestellten Forschungspositionen zusammen, sofern sie die Bedeutung der FV betreffen, so ergibt sich folgender Katalog von Tatsachen, die eine konsistente semantische Beschreibung zu berücksichtigen hätte. 1) FV sind zwar gegenüber den gleichlautenden Vollverben durch einen Verlust an Bedeutung gekennzeichnet (Kap. 1.3.3 ), doch enthalten ihre Restbedeutungen Merkmale, die FV mit den gleichlautenden Vollverben teilen, und die möglicherweise eine zentrale Rolle in den paradigmatischen Beziehungen der FV untereinander spielen (2.1.3 ). Der Bedeutungsverlust der Funktionsverben ist in Zusammenhang mit der Tatsache zu sehen, daß bestimmte semantische Funktionen an die N ( F V G ) abgetreten werden (1.3.1., 1.3.2. u. 1.3.5.). 2) FV verfugen über formal-syntaktische Valenz. Unklar ist, inwieweit sie Valenzträger in semantischem Sinne sind (vgl. bes. Kap. 2.4.2., 2.4.5. u. 2.4.6.). 3) Funktionsverben verfügen über eine jeweils spezifische aktionale Struktur, die in hohem Maße ihre Oppositionsbeziehungen untereinander bestimmt. Ein generelles Problem stellt in diesem Zusammenhang die ungenügende verbsemantische Fundierung der Aktionsarten dar. Unklar ist außerdem, in welchem Verhältnis die Aktionsart der FV zu anderen Bestandteilen ihrer semantischen Struktur wie z.B. 'kausativ' steht (vgl. Kap. 2.1.4.). 4) FV weisen aufgrund ihrer Bedeutung den N ( F V G ) keinen Aktantenstatus zu, sondern bilden mit ihnen zusammen das Prädikat des Satzes (vgl. Kap. 2.1.5.ff, bes. 2.4.3.-2.4.6.). Eine Klärung dieser Problemkomplexe soll im folgenden beispielhaft am Paradigma der etre PRÄP N(FVG) versucht werden, das mit etre, entrer, se mettre, rester, mettre, tenir eine besonders umfangreiche FV-Reihe aufweist Wie wir in Kapitel 4.10. zeigen werden, haben die Konstruktionen des Typs etre PRÄP N(FVG) zwar eine Sonderstellung unter den FVG des Französischen, doch lassen sich alle bei ihrer Beschreibung konstatierten Eigenschaften auf andere 1

2 3

Vgl. Daniels (1963:21ff.), Engelen (1968:290), CatteU (1984:2). In dieselbe Richtung zielt auch die Charakterisierung der FV als "bedeutungs-" oder "beziehungsweite" Verben bei Fix (1979:10) sowie Fleischer (1982:40 u. 139). Von einer "Desemantisierung" der FV spricht Starice (1989:80). Vgl. Heringer (1968a:33ff), ebenso Gunnarson (1986:27). Vgl. Moignet (1974:148), Giry-Schneider (1978:29f.), Gaatone (1981:54), Seelbach (1991:172), Rösch (1994:23).

100 Gruppen von FVG des Französischen übertragen. In einem ersten Schritt wollen wir der Frage nachgehen, durch welche spezifischen semantischen Merkmale sich die FV etre, entrer, se mettre, rester, mettre, tenir von den gleichlautenden Vollverben unterscheiden, da diese Frage, wie wir in Kapitel 2 herausgearbeitet haben, den Schlüssel für die Beantwortung der weitergehenden Fragen nach den konstruktionellen Unterschieden von FV PRÄP N(fvg) und den gleichlautenden VPRÄP Νund damit nach den konstruktioneilen Besonderheiten der FVG überhaupt darstellt. Theoretische Grundlage der Analyse der FV etre, entrer, se mettre, rester, mettre und tenir und der gleichlautenden Vollverben ist das von Koch (1981) zur Beschreibung der semantisch-sachverhaltsdarstellenden Struktur und Valenz einfacher V vorgeschlagene Modell, das hier in seinen Grundzügen skizziert werden soll.

3.2. Eine zweidimensionale Matrix zur Klassifizierung einfacher Verben (Koch 1981) Im Sinne unserer Darlegungen in Kap. 1.1. begreift Koch semantische Aktantenrollen prinzipiell als konkrete Funktionen der einzelsprachlich festgelegten idiosynkratischen Bedeutung einzelner Verben. Ausgangspunkt für seinen Versuch, dennoch abstrakte semantische Aktantenrollen für ganze Gruppen von Verben zu ermitteln, ist die Überlegung, daß in den lexikalischen Bedeutungen konkreter Verben zwei verschiedenartige, fundamentale semantische Dimensionen obligatorisch zusammenfallen. Diese semantischen Dimensionen und ihre Kategorien können ohne Rekurs auf metasprachliche Mittel explizit gemacht werden. Koch (1981:163) charakterisiert sie als grammatisch-semantische Verständniskategorien. Die erste der beiden oben erwähnten fundamentalen semantischen Dimensionen, die Dimension der konstitutiven Sachverhaltsbedingungen (im folgenden abgekürzt als KSB) beschreibt, was fur ein Sachverhalt durch ein bestimmtes V dargestellt wird. Das zentrale Kriterium zur Klassifikation von V innerhalb dieser Dimension ist ihre Beziehung zu sogenannten verbes de reference, die auf sehr allgemeine Art und Weise fundamentale Sachverhalte darstellen, welche bei der Verwendung spezifischerer, semantisch markierter V systematisch mitverstanden werden. Mithilfe des verbe de reference avoir(y) kann die vendre-Sachverhaltsdarstellung (l.a) zurückgewiesen werden, indem ihre konstitutive Sachverhaltsbedingung explizit gemacht und entkräftet wird (l.b). (1) A: (a) Jean m 'a vendu sa 2CV. B: (b)Mais Jean n'a jamais eu de 2CV. Als mitbehauptete konstitutive Sachverhaltsbedingung (KSB) spielt der durch avoir(y) dargestellte Sachverhalt bei einer ganzen Klasse von V eine grundlegende Rolle. Genau wie vendre (V) können beispielsweise acheterfy), emprunterfy), prefer(V), leguer(y), perdre(V), gagner(y) in jeweils unterschiedlicher, spezifischer Form durch avoir in der Bedeutung 'über etwas verfugen' thematisiert werden. Die KSB dieser Klasse bezeichnet Koch als Verfügung.

101 Analog dazu kann durch savoir(v) als verbe de rif0rence die KSB des Wissens explizit gemacht werden, die u.a. fur die durch apprendre^ oublier(y), communiquer(y), trcmsmettre(v) darstellbaren Sachverhalte konstitutiv ist. Für eine weitere Klasse von Verben, der des Örtlichen Befindens (hierzu gehören etwa: aller (y), venirfy), ertvoyer(y), descendre(y), monier(η, rester (V) usw.), ist die Beziehung zu etre(v), se trouver(V) als verbes de reference konstitutiv. Da ein gegebenes Verb innerhalb dieser Dimension nur einer einzigen Kategorie angehört, stehen die Kategorien der Dimension der KSB parallel und gleichrangig nebeneinander. Zwischen ihnen bestehen keine Inklusionen oder hierarchischen Beziehungen. Die Kategorien der zweiten oben erwähnten Dimension beschreiben, wie bzw. als was ein Sachverhalt durch ein bestimmtes V dargestellt wird. Diese Bedeutungsebene bezeichnet Koch als Dimension der Art der Sachverhaltsdarstellung (im folgenden abgekürzt als ASD). Das zentrale Klassifikationskriterium innerhalb dieser semantischen Dimension ist die Erfragbarkeit, Thematisierbarkeit oder Anaphorisierbarkeit durch sog. Pro-Verben. Die wichtigsten Eigenschaften solcher Pro-Verben sind die, daß sie semantisch weitgehend abstrakt sind und daß ihre Aktanten andere Eigenschaften aufweisen als diejenigen normaler Verben. An eine Äußerung wie (2) kann sich eine Frage anschließen, die ein normales Verb enthält wie (3.1) oder auch eine Frage wie (3.2), die als Prädikat ein Pro-Verb enthält: (2)

A: Hier, Lucßl)

m

(E3)'a rendu mon

(3.1) B: Quand est-ce qu'ilßj) (3.2) Β: Quand est-ce qu'ilßi)

livreß2).

teß3) 1'(E2) a rendu? l'ß2')

a

fait?

Das Verb r e n d r e ^ in (3.1) ist ein Verb mit einer normalen Valenzstruktur, dessen Leerstellen offen sind für echte Aktanten. In (3.1) werden diese Leersteilen durch Anaphern besetzt, denen durch rendre(V) semantische Rollen zugewiesen werden, und die innerhalb des Dialogverlaufes durch den anaphorischen Rückverweis auf die Aktanten der in (2) geäußerten Sachverhaltsdarstellung Referenz leisten. Demgegenüber besteht eine satz- und textstrukturelle Besonderheit der Leerstelle E2' des Pro-Verbs faire in (3.2) darin, daß diese nicht in der Lage ist, echte Mitspieler im Sinne von referenzfähigen Aktanten aufzunehmen und ihnen eine semantische Aktantenrolle zuzuweisen. Sie hat als "Pseudoaktanten"-Leerstelle (vgl. Koch 1981:189) vielmehr die Funktion, faire als Pro-Verb verwendbar zu machen. Nur zusammen mit diesem Pseudoaktanten ist faire in der Lage, das gesamte Prädikat des vorangehenden Satzes einschließlich seiner Aktanten aufzunehmen.4 Lediglich die El-Leerstelle von faire, durch die der El-Aktant der vorausgegangenen Sachverhaltsdarstellung gesondert anaphorisch wiederaufgenommen wird, hat die Qualität einer "echten" Leerstelle.

4

Zu den Eigenschaften solcher "Pseudoaktanten" s.u., 3.7.2. Auf ihren besonderen Status weist bereits Happ (1976:401ff.) hin, der die Anaphorisierung durch le faire als formelles Kriterium zur Unterscheidung zwischen Ergänzungen undfreienAngaben nutzt.

102

(nach Koch 1981:192) Abb.28

Aufgrund dieser Eigenschaften steht das Pro-Verb faire stellvertretend für eine ganze Klasse von Verben. Das Verb faire weist aufgrund seiner (idiosynkratischen) Lexikonbedeutung seinem (echten) El-Aktanten die konkrete semantische Rolle eines Tuenden zu, d.i. die Rolle 'desjenigen, der etwas tut'. In Bezug auf das Pro-Verb faire selber ist diese Bestimmung zwar eine Tautologie, nicht jedoch in bezug auf die gesamte Klasse von Verben, die durch faire vertreten werden können. Über alle diese Verben läßt sich nämlich die Aussage treffen, daß sie ihren El-Mitspielern, welche ja auf Abstraktionsebene durch den El-Mitspieler von faire ersetzt werden können, ebenfalls die (in diesem Falle abstrakte) semantische Rolle eines "Tuenden zuweisen (Koch 1981:190). In diesem Sinne sind die konkreten semantischen Aktantenrollen der El-Mitspieler der Verben rendre(V), vendre^y), voler(v) (d.h. die Rollen 'desjenigen, der jemandem etwas zurückgibt', 'desjenigen, der jemandem etwas verkauft' und 'desjenigen, der jemandem etwas stiehlt') spezifischere Ausformungen der semantischen Rolle 'desjenigen, der etwas tut', d.h. der abstrakteren Rolle °Tuender. In ähnlicher Weise funktionieren bei der ASD-Klassifikation einfacher Verben die Formen tie rien faire und faire quelque chose sowie die Frageform qu'est-ce que N@j) a fait? als Pro-Formen für die Kategorie Tun (Koch 1981:192f.). Eine weitere Kategorie der Dimension der Art der Sachverhaltsdarstellung wird begründet durch das Pro-Verb se passer, das einen Pseudoaktanten in seiner El-Leerstelle aufweist. (4) A: (a) Qu'est-ce quißi) s'estpassi avec mon livre^j? B: (b) Mais Lucßi) te@$) l'(E2)a rendu hier.

103 Die Vorgangs-Verben teilen in der Regel5 mit ihrem Pro-Verb se passer einen (bei diesem als Εavec realisierten) El-Aktanten in der semantischen Rolle eines °Vorgangs-Trägers. Im Unterschied zu den Kategorien der Dimension der KSB sind die Kategorien der Ebene der ASD hierarchisch gegliedert. Das Pro-Verb faire ist nämlich - genauso wie die gesamte Klasse der Verben, die es als Pro-Verb "vertreten" kann - seinerseits durch das semantisch abstraktere Pro-Verb se passer ersetzbar, während umgekehrt se passer nicht durch faire wiederaufgenommen werden kann. Parallel dazu ist die gesamte Klasse der Tun-V in der der Vorgangs-V einseitig inkludiert, d.h. jedes als Tun kategorisierbare Verb ist gleichzeitig immer auch als Vorgang kategorisierbar (5), während umgekehrt nicht jedes Vorgangs-V immer auch durch faire anaphorisiert und damit als Tun kategorisiert werden kann (6). (5) Luc α νοίέ un νέΐο ά Marie. {Cela s'est passi + il a fait cela} hier soir. (6) Marie a perdu son νέΐο. {Cela s'est passi + *elle a fait cela} hier soir. Eine weitere Kategorie innerhalb der Dimension der ASD wird durch die Pro-Form y avoir avec begründet, die als Stellvertreterprädikat übergreifend für alle denkbaren verbalen Sachverhaltsdarstellungen fungiert (Koch 1981:219). Die Klasse Vorgang ist als markierte Kategorie einseitig in der verbsemantisch unmarkierten, allen Verben ohne Unterschied eigenen Kategorie Sachverhaltsdarsteilung inkludiert. In der Kategorie Vorgang wiederum ist als markierte Kategorie Tun einseitig inkludiert. Als weitere ASD-Kategorie läßt sich aus der Klasse Sachverhaltsdarsteilung die Gruppe der Zustands-V ableiten, die mit der "Restkategorie" Nur-Sachverhaltsdarstellung zusammenfällt. Zustand ist jede Sachverhaltsdarsteilung, die nicht gleichzeitig auch Vorgang ist. Zustands-Prädikate stiften Sachverhaltsdarstellungen, in denen das Element eines Zeitverlaufes nicht unmittelbar enthalten ist (Koch 1981:221). Innerhalb der Tun-Verben läßt sich eine weitere Unterscheidung unter dem Gesichtspunkt treffen, ob das jeweilige Tun intentional und kontrolliert erfolgt oder nicht. Intentional herbeigeführte, kontrollierte Sachverhalte bilden die Subklasse Handlung, die wiederum einseitig in der Kategorie Tun inkludiert ist. Explizite Indikatoren für Intentionalität sind finale freie Angaben, die explizit machen, welche Intention vorliegt (ζ. B. in Form eines Nebensatz pour 'Tuender => 'Agens Nfyf 'BewegungsGegenstand •Ziel

entrer se mettre

°End-Zustand

Präp A/» (

Abb.32

Dem N(y)-Mitspieler von rester(y) wird ebenfalls die Rolle eines "Vorgangs-Trägers zugewiesen, der offen ist für eine Weiterkategorisierung auf "Tuender und "Agens. Da rester(V) Nicht-

110 Veränderungen darstellt, die auf zwei identische, sie begrenzende Zustands-Sachverhalte bezogen sind, hat N(Z) die ASD-Rolle °Zustand. In der Dimension der KSB ist N( y ) als "Bewegungs-Gegenstand, N(Z) als °Ort spezifiziert. 'Zustands-Änderungsträger => 'Tuender = > ' gens y Nm 'BewegungsGegenstand -

rester

'Zustand

Präp N(2)

]

•Ort-

Abb.33

Bei den dreiwertigen Verben mettre^ und tenir(v) kommt gegenüber den bloß zweiwertigen etre(V), entrer(v), se mettre(y) und rester(y) ein zusätzlicher, dort als E l realisierter Aktant ins Spiel, der den "Auslöser" oder "Verursacher" des jeweiligen Sachverhaltes nennt. Dieser Rollenaktant, den wir im folgenden als "Kausator bezeichnen wollen, ist der Urheber von Sachverhalten, die durch eine Vorwärtsthematisierung mit Hilfe von comment cela se fait-il? erfragt werden können. Eine °Kausator-Rolle eröffnen V genau dann, wenn sich ihre aktivische Form mittels comment cela se fait-il? aus dem Passiv (oder einer gleichwertigen rezessiven Form) erfragen läßt: 1 3 (23) A: (a) Ces lunettes ^) ont έίέ {mises + tenues}(vj dans ce tiroirty. B: (b) Comment cela se fait-il? A (c)Luc( x ) lesfy)y>(2) α {mises + tenues}(v). Die semantische Aktantenrolle °Kausator ist folgendermaßen in das System der übrigen ASDRollen integriert. Ein "Kausator kann wie in (23), wo N(X) die Merkmale [+belebt], [+ menschlich] aufweist, ein "Tuender bzw. ein °Agens sein. Eine Überschneidung mit den Rollen "Tuender / °Agens ist umgekehrt insbesondere dann ausgeschlossen, wenn, wie in Satz (14), N(X) nicht mindestens über das Merkmal [+ belebt] verfugt. 1 4 Während die Rollen °Agens und °Tuender systematisch aufeinander bezogene, verschiedengradig abstrakte semantische Rollen darstellen, handelt es sich bei "Agens / "Tuender einerseits und "Kausator andererseits 13

14

Diese formale Präzisierung der Definition des "Kausators gegenüber Koch (1981:289ff), der die einfache Erfragung durch comment cela se fait-il? ohne den Rekurs auf die passivische Form als Kriterium festlegt, ist notwendig, um inkohärente Vorwärtsthematisierungen wie (1) auszuschließen, durch die der x-Mitspieler von travailler falschlich als "Kausator ausgewiesen würde: (1) A: (a) Lucfy) est fatigui. B: (b) Comment cela se fait-il? A: (c) 11(x) a trop travailü. In (lc) ist der N(X)-Mitspieler von travailler(y) lediglich in einem umgangssprachlichen Sinne "Verursacher" des in (la) dargestellten Sachverhaltes, kein "Kausator im Sinne einer semantischen Rolle von travailler (y). Ein [- belebter] "Kausator ohne Kontrollfahigkeit in bezug auf den von ihm verursachten Sachverhalt liegt vor in le vent a emporti la tente. Eine Weiterfiihrung dieses Satzes durch *[...] et il a fait cela pendant la nuit ist zwar unter bestimmten Voraussetzungen akzeptabel. Die Anaphorisierung durch le faire stellt jedoch eine exzeptionelle, metaphorische Weiterkategorisierung des Mitspielers vent aus der Rolle "Nur-Kausator in die stärker spezifizierte Rolle eines "Tuenden dar.

Ill um verschiedenartige Aktantenrollen (vgl. Koch 1981:290f.), die nur insofern aufeinander bezogen sind, als sie sich in den Leerstellen konkreter Verben überschneiden können (Koch 1981:291). Im Gegensatz zu den N(y)- und N(Z)-Aktanten von etre^, entrerfv), se mettre(V), rester(y) ist der N( X )-Aktant von mettre (y) und tenir(y) auf keine Rolle in der Dimension der KSB bezogen. Die Zurückweisung von (24.a) durch die Äußerung (24.b), in welcher der N(X)-Aktant in explizite Relation zu einem Örtlichen Befinden gesetzt wird, ist offensichtlich unsinnig. 15 (24) A: (a) VoiläMax. Luc(x) lui a tenu(v) la töte(y) sous l'eau(Z). B: (b)Mais Luc(x) n'itait(V)pas sous l'eau(z)! Die °Kausator-Rolle der N( X )-Aktanten in den El-Leerstellen beider Verben bedingt, daß ihre N(y)-Mitspieler niemals °Tuende oder °Agentes sein können. Ansonsten entsprechen die von beiden Verben festgelegten semantischen Rollenkombinationen denen von entrer^, se mettre(V) bzw. von rester(y) 'Kausator / 'Tuender =>"Agens N,Μ

mettre

'ZustandsÄnderungsträger N,Μ

•Endzustand

I

Präp N(z)

'BewegungsGegenstand •Ziel Abb.34 "Kausator / 'Tuender => 'Agens Ν,

tenir

'ZustandsÄnderungsträger

'Zustand

N.Μ

Präp Ν ω

'BewegungsGegenstand •Ort-

Abb.35

Das System der semantischen Aktantenrollen der lexikalischen Vollverben etrefy), entrer^, se mettre(y), mettre(y) und tenir(y) läßt sich anhand des folgenden Schemas darstellen:

1S

Die Tatsache, daß "Kausator-Rollen nicht zwingend auf bestimmte KSB-Teilrollen bezogen sind, scheint eine Voraussetzung fur die Produktivität der Kausativierung als lexikalischem Verfahren zu sein. Die KSB-Losigkeit der "Kausator-Rolle gilt jedoch nur für einen Teil der Verben des Örtlichen Befindens. In anderen Fällen wie conduire^y), transporter(y) usw. treten die N(X)-Aktanten mit der ASD-Rolle "Kausator auf der Ebene der KSB (ebenso wie die N(y)-Aktanten) in die Rolle von 'OrtsGegenständen ein. Dies zeigt die Tatsache, daß (a) durch (b) zurückgewiesen werden kann: A (a) Luc(X) m '^ja conduit(yj ä l'airoport(zy B: (b) Mais Luc(x) η 'itait(y) pas ά IWroportß!

112 Ν(χ)

N(y)

ASD etre

entrer / se mettre

rester

mettre

tenir

NW

w , Ε "2 οι Ε ο ® ο

0

"Zustands-Träger

"Zustand

0

"Zustands-ÄnderungsTräger => "Tuender => "Agens

0

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KJ 0 '

r οο Abb.36

Bis auf se mettre(v) und entrer(V) unterscheiden sich alle Verben im Hinblick auf mindestens eine Aktantenrolle. Damit sind jedoch die zwischen ihnen bestehenden Bedeutungsunterschiede keineswegs vollständig beschrieben. So gehört beispielsweise zur Bedeutung von mettre(V), daß der von N(X) bewirkte Zustands-Änderungs-Sachverhalt, den es beschreibt, innerhalb einer kurzen Distanz erfolgt und "mit den Händen initiiert" ist (Schmid 1984:47), was die von diesem Verb ausgehende Selektionsrestriktion bezüglich des Merkmals [+ menschlich] für den N(X)-Aktanten erklärt. Die Bedeutungskomponente "mit den Händen initiiert", die man mit Koch (1981:199fF.) als "akzessorische Sachverhaltsbedingung" interpretieren kann, ist mit den Bedeutungen von entrer(V) und se mettre^ unvereinbar, während etre^- und rester ^-Sachverhalte unspezifiziert in bezug auf dieses Merkmal sind. Die Verben entrer(y) und se mettre(V) wiederum unterscheiden sich voneinander hauptsächlich dadurch, daß der N(Z)-Mitspieler von entrer(y) gewöhnlich einen dreidimensionalen Raum bezeichnet, als Aktant von se mettre(v) dagegen unspezifiziert in bezug auf Ein-, Zwei- oder Dreidimensionalität ist. Wegen solcher Bedeutungsunterschiede stehen etre(y), entrer(η, se mettre(y), rester (v) und tenir(V) als Verben des örtlichen Befindens nicht durchgehend in unmittelbarer Opposition zueinander. Es zeigt sich aber, daß Ähnlichkeiten und Unterschiede, die die semantische Rollenstruktur der betreffenden Verben kennzeichnen, in den Oppositionsbeziehungen der gleichlautenden Funktionsverben eine zentrale Rolle spielen.

113

3.4. Die semantische und syntaktische Struktur der Funktionsverben etre, entrer, se mettre, rester, mettre und tenir 3.4.1. Funktionsverben und lexikalische Vollverben Die FV etre(pv), se mettre(pv), entrer(py), rester(ργ), mettre(py), tenir(ργ) sind nicht als Verben des örtlichen Befindens kategorisiert. Dieser Umstand manifestiert sich in der Tatsache, daß die entsprechenden N(FVG) nicht mehr durch die fur die KSB örtliches Befinden charakteristischen Pro-Formeny/oü? anaphorisiert bzw. erfragt werden können. (25) Luc et Marie sont en quete d'un nouvel appartement. *Ils y sont depuis quelques semaines. Die Nicht-Kategorisierbarkeit als Verben des örtlichen Befindens ist allerdings nicht spezifisch für FV. Sie trifft in gewissem Umfang auch auf Bedeutungsvarianten der stark polysemen Vollverben zu. In solchen Fällen bleibt jedoch die Möglichkeit der Anaphorisierung durch y / oü? erhalten: (26) Qu'aurais-je fait de toi, mon pauvre Pierre, dans cette vie inconnue oü je vais entrer? (Frc:73) Die Tatsache, daß in (26) ein Wechsel von entrer^ in andere KSB-Klassen als die des Örtlichen Befindens stattgefunden hat, manifestiert sich darin, daß gegenüber entrer(V) als Verb des örtlichen Befindens jeweils bestimmte Selektionsrestriktionen modifiziert sind, die den Aktanten in der E4 mit der semantischen Rolle °Ort betreffen Dieser hat in der konkreten Bedeutung von entrer(V) das Merkmal [+ dreidimensional]. In (26) tritt an die Stelle dieser Selektionsrestriktion das Merkmal [+ zeitlich]. Die in (26) vorliegenden Variante läßt sich entsprechend als Zeitliches Befinden klassifizieren. Für Substantive, die als N(FVG) IN FVG eintreten, lassen sich derartige Restriktionen nicht formulieren. So kann z.B. entrer (FV) bei gleichbleibender Bedeutung mit so unterschiedlichen N(FVG) wie colere, putrefaction, branle, comparaison, vigueur kombiniert werden. Der Unterschied zwischen freien syntaktischen Verkettungen und FVG besteht darin, daß bei letzteren nicht die verbale Konstituente FV, sondern N(FVG) die Kategorisierbarkeit des gesamten Prädikats in der Dimension der KSB steuert. In (27) - (35) kommt die konstitutive Sachverhaltsbedingung jeweils des gesamten Prädikats ausschließlich über das N(FVG> ins Spiel. (27) Verfügung

(28)

(29)

w

(30) Marie(y) est en voyagefpyQ) en Italie(z). (31) Marie (y) est en diplacement^yo) en Italie^. (32) Marie(yj est en promenade(pvo) ä Paris(zy

Örtl. Befinden

Wissen

114 FV drücken keine konstitutiven Sachverhaltsbedingungen aus. Sie sind jedoch keineswegs "bedeutungsleer". Vielmehr legen sie die ASD-Kategorie jeweils des gesamten Prädikats fest: Lucfy) est en colire^pvc) contre Marie(z) Lucfy) {se met + entre} en colirefpvG) contre Marie(z)

Zustand Vorgang / Zustands-Anderung

(- etre), (+ itre) Lucfy) reste en colirefFVG) contre Marie(z)

Vorgang / Zustands-Anderung

(+ itre), (+ itre) {Max + ceci}(x) met Luc(y) en colirepyo) contre Marie(z)

durch N(X) bewirkte Zustands-Anderung

(+ itre), (- itre) {Max + ceci}(x) tient Lucfy) en colirefpyc) contre Marie (Z)

durch N(X) bewirkte Zustands-Anderung

(+ itre), (+ itre) Aus diesen Vorüberlegungen läßt sich ein Schluß ziehen, der von zentraler Bedeutung für unser weiteres Vorgehen ist. Die semantische Struktur von FV läßt sich ausschließlich in den Kategorien der Dimension der ASD beschreiben; Kategorien wie Zustand, Vorgang usw., die lediglich e i n e Dimension der zweidimensionalen Bedeutungsstruktur von Vollverben ausmachen, s i n d die Bedeutung von Funktionsverben. 16 Funktionsverben sind nicht "bedeutungsleer", sondern haben eine im Vergleich zu Vollverben insofern u n v o l l s t ä n d i g e Bedeutung, als sie auf ein nominales Element N(FVG) angewiesen sind, welches die ihnen fehlende Dimension der KSB in das FVG einbringt. In einem F V G der Struktur N(y) etre en N(fvg) schreibt m.a.W. etre^ry) dem Aktanten N( y ) einen Zustand zu. Die Sequenz Ρ RA Ρ N(fvg) prädiziert, in was fiir einem Zustand sich N( y ) befindet.

3.4.2. Der Mechanismus der Zuweisung semantischer Rollen in komplexen Prädikaten der Form etre PRÄPN(FVG) Aufgrund ihrer defizitären semantisch-sachverhaltsdarstellenden Struktur weisen FV den N o mina in der Position PRAP N(fvg), mit denen sie zu komplexen Prädikaten kombiniert werden, keine vollständig spezifizierten semantischen Aktantenrollen zu (wie dies semantisch vollständige V fiir ihre Argumente tun würden), sondern sie setzen sie in die Prädikatsfiinktion ein.

16

Als "Zustand", "Zustandsänderung" usw. beschreibt z.B. auch Heibig (1979:274) die Bedeutung von FV. Heibig gebraucht diese Termini jedoch als Paraphrasen und nicht als verbsemantisch begründete Kategorien. Ebenso beschreibt Bieberle (1979) die semantische Struktur von FV als "Tätigkeit" (genauer als: "caus inch[oativ, U.D.] exist"), "Vorgang" (= "inch exist") und "Zustand" (= "exist"). Die Elementarprädikate caus, inch und exist werden charakterisiert als "grundlegende Prozeßmerkmale". Wie die jeweiligen Kombinationen von Prozeßmerkmalen anzeigen, stehen "Tätigkeit", "Vorgang" und "Zustand", genau wie die parallelen Kategorien bei Koch, in einseitigen Inklusionsbeziehungen. Allerdings bleibt unklar, worin der konstitutive semantische Unterschied zwischen V und FV im Hinblick auf die zugrunde liegenden Elementarprädikate besteht.

115

Vollständige, d.h. in den Dimensionen der ASD und der KSB spezifizierte semantische Valenz haben sie nur zusammen mit diesen PRÄPN(FVG)· Die Opposition der FV &TRE^V), entrer(FV), se mettre(FV), mettre^v), rester(ργ) und tenir^v) basiert auf denselben Merkmalen, durch die sich auch die gleichlautenden Vollverben in der Dimension der ASD unterscheiden. Eine zentrale Rolle spielt das FV etre, das als Träger der Kategorie Zustand das semantisch am meisten abstrakte Element des Paradigmas darstellt und gegenüber den anderen FV die Rolle einer forme de refirence spielt.17 Dementsprechend spielen &tre(FV)-FVG gegenüber Konstruktionen mit anderen FV des Paradigmas - z.B. etre en vente gegenüber mettre en vente - die Rolle sekundärer, "unechter" formes de reference. Als forme de refirence fungiert das jeweilige itre^-FVG, weil es innerhalb seines Paradigmas die syntaktisch und semantisch am wenigsten komplexe Form darstellt. (36) A: (a) Pourquoi as-tu mis ta maison en vente? B: (b) Mais ma maison η'est pas en vente! Eine nur sekundäre forme de reference ist etre en vente gegenüber mettre en vente deshalb, weil das eigentliche verbe de reference fiir die im N(FVG) ventegebundene KSB Verfügung das Verb avoir^ ist. Entsprechend kann eine Äußerung wie (37.a) auf viel grundlegendere Art und Weise mit Hilfe von avoir^ zurückgewiesen werden (vgl. (37.b)). (37) A: (a) Pourquoi as-tu mis ta maison en vente? B: (b) Mais je n'ai(y) pas de maisonl Seinem syntaktisch als El realisierten N(y)-Mitspieler weist etre^v) wie das gleichlautende V die ASD- (Teil-) Rolle eines "Zustands-Trägers zu. Das Nomen in der Position N(FVG) gibt demgegenüber den °Zustand an, in dem N(y) sich befindet. Auch bezüglich dieser semantischen Teilrolle verhält sich etre(pv) in vollkommener Analogie zum gleichlautenden Vollverb. Der wesentliche Unterschied zwischen FV und V ergibt sich erst aus der Tatsache, daß dem ASDTeilrollensystem der FV eine Fundierung in der Dimension der KSB fehlt. Der Aktant N(y) des FVG ist rollensemantisch insofern "vollständig", als er - wie etwa der entsprechende Rollenaktant des Vollverbs etrefy) - sowohl in der Dimension der KSB als auch in der der ASD spezifiziert ist. In der Dimension der ASD ist er durch das FV spezifiziert, in der Dimension der KSB wird ihm durch das N(FVG) eine semantische (Teil-) Rolle zugewiesen (im Fall von etre en voyage die Teilrolle eines Orts-Gegenstands, im Fall von etre en possession de Nqc die Rolle einer °Verfugungs-Person). Die semantisch-syntaktische Besonderheit der FVG ergibt sich aus dem rollensemantischen Status des Elements N(FVG)· Das N(FVG) selbst nämlich ist, da etre^v) keine KSB zum Ausdruck bringt, rollensemantisch nur in e i η e r Dimension, nämlich der der ASD spezifiziert Es besetzt eine u n v o l l s t ä n d i g e , d e f i z i t ä r e Rollenleerstelle °Zu17

Unsere These, der zufolge Strefpy) innerhalb seines FV-Paradigmas als forme de rifirence eine privilegierte Rolle spielt, deckt sich mit der Beobachtung von Gross (1981:37), der zufolge in den verschiedenen FV-Paradigmata generell Dissymmetrien zwischen "elementaren" FV wie etwa Strefpy) oder avoir(ργ) und den anderen FV bestdien, deren weniger fundamentale Rolle Gross dadurch andeutet, daß er sie als "extensions aspectuelles" der verbes supports des fundamentalen Typs einstuft (s. auch Gross / Vivfes 1986:17).

116 stand. Die semantisch-sachverhaltsdarstellende Unvollständigkeit dieser Rolle macht das N(FVG) zum Nicht-Aktanten. Aus diesem Grund kann PRAPΝ(yyc) weder durch oü? erfragt noch durch j> anaphorisiert werden. Die Zuweisung semantischer Teil-Rollen in etre PRÄP Ν(ργο) läßt sich wie folgt darstellen. Die geraden Linien stehen für semantische Rollen, die das FY seinen Kontextpartnem zuweist, die runden Linien repräsentieren die von N(FVG) ausgehende Rollenzuweisung. Das Symbol 0 repräsentiert das Fehlen semantischer Teil-Rollen (hier der Dimension der KSB), die durchbrochenen Linien mit den leeren Pfeilsymbolen (->) deuten an, wie die Zuweisung semantischer Teil-Rollen erfolgen müßte, wenn Stre ein Vollverb wäre, das seine Aktanten in beiden Dimensionen rollensemantisch vollständig spezifiziert.

ASD:

"Zustands-Träger

"Zustand

Präp N(z)

KSB:

KSB-Rolle' Abb.37

3.4.3. Die rollensemantische Struktur der Funktionsverben des Paradigmas etre PRÄPNpvG) I n allen F V G mit d e n F V d e s P a r a d i g m a s {etre(pv) + entrer(py) + se mettrefpy) + rester (ργ) +

mettre(FV) + tenir^y)} funktioniert die Zuweisung semantischer Aktantenrollen nach den im letzten Abschnitt beschriebenen Prinzipien. Unterschiede ergeben sich lediglich aus der Tatsache, daß im Vergleich zu etre(ργ) die übrigen FV über eine markierte, stärker spezifizierte ASD-Struktur verfugen. Als Zustands-Änderungs-FV weisen entrer(ρψ) / se mettrefpy) und rester(ργ) ihrem N(y)-Aktanten die Rolle eines "Zustands-Änderungs-Trägers zu. Je nachdem, welches Substantiv in die Position N(fvg) eintritt, lassen alle drei FV eine Weiterkategorisierung von N(y) aus der Rolle °Zustands-Änderungs-Träger in die stärkeren Rollen °Tuender und 0 Agens zu. In (38) wird diese Möglichkeit durch colere in N(FVG) blockiert, in (39) dagegen ermöglicht contact die Weiterkategorisierung von N(y) in die Rollen °Agens und °Interagens. (38)

Max {se met en colbre^^vQ^ centre Marie + entre dans une colire Cela lui arrive souvent. / *Il le fait souvent.

folle}.

117 (39) Apris le diner Max fentre + se met + reste} en contact(N(FVG)) wee Luc. IIfiat cela pour jouer aux cartes avec lui. Die FV entrer und se mettre weisen N(FVG) die unvollständig spezifizierte Nur-ASD-Rolle °End-Zudstand zu (Abb.38). Rester(ργ), das eine Nicht-Veränderung als zeitlichen Verlauf darstellt, eröflhet für N(FVG) die ASD-Rolle eines °Zustandes (Abb.39). Durchgezogene Linien ( ) repräsentieren die Zuweisung von ASD-Rollen durch das FV, durchbrochene Linien (—) stehen für die KSB-Rollenzuweisung durch N(FVG)· °K repräsentiert beliebige KSB-Rollen, 0 das Fehlen einer (Teil-) Rolle.

"Zustands-Änderungsträger «> 'Tuender => 'Agens => 'Interagens N.Μ •Κ-

*End-Zustand

entrer se mettre

PräpNw

Abb.38

'0

'Zustands-Änderungsträger =>"Tuender => 'Agens => 'Interagens N,Μ

'0

'Zustand

rester

PrtpN(z)

Abb.39

Mettre fry) und tenirgry) bringen gegenüber etrefpv), rester(fv) und entrer (pv) / se mettre(FV) einen zusätzlichen Aktanten N(X) in der Rolle °Kausator ins Spiel. Diese Rolle ist offen für eine Kategorisierung als "Tuender und "Agens. Wie bei den gleichlautenden Vollverben ist dieser Aktant niemals in der Dimension der KSB spezifiziert.18 Die "Kausator-Rolle für N(X) bewirkt, daß N(y) niemals als "Tuender oder "Agens, sondern immer als "Nur-Zustands-ÄnderungsTräger kategorisiert ist. Das Zustands-Änderungs-FV mettre weist N(FVG) die unvollständige 18

Diese Analyse widerspricht derjenigen von Di Sciullo / Rosen Thomas (1991:24ff.), die in einem vergleichbaren Fall - es geht um das it. Kausalivum fare - von einem "verbe quasi-16ger" (also einem "Quasi-FV") sprechen, das sich von echten FV dadurch unterscheide, daß es eine echte Argumentleerstelle in Form des "Kausator-Aktanten besitze. Zu diesem Schluß kommen Di Sciullo / Rosen Thomas wohl deswegen, weil der betreffende Aktant dem des gleichlautenden V ähnlich ist. Unserer Analyse zufolge basiert diese Ähnlichkeit jedoch darauf, daß schon das betreffende V einen nur eindimensional spezifizierten Mitspieler aufweist (s.o., S. 111).

118 (Nur-ASD-)Rolle °End-Zustand zu (Abb.40). Dagegen ist das N(FVG) bei t e n i r ( p v ) als °Zustand spezifiziert (Abb.41). 'Kausator/'Tuender => 'Agens N ,Μ

'ZustandeÄnderungs-Trflger

mettre

N ,Μ

'End-Zustand PräpN.

'0 °KAbb.40

'0 'Kausator / 'Tuender => 'Agens N ,PO

'ZustandsÄnderungs-Träger

tenir

N, Μ

'Zustand PräpN.

'0 •KAbb.41

°0

Das System der semantischen Aktantenrollen der FV e t r e ( F V ) , e n t r e r ^ v ) , se m e t t r e f ^ y j , r e s t e r ( f v ) und t e n i r ( p v ) läßt sich schematisch folgendermaßen darstellen:

N

(X)

N

(y)

itre

0

'Zustands-Träger

entrer/ se m e t t r e

0

"Zustand s-Änderungs-Träger => 'Tuender / => 'Agens => 'Interagens

rester

0

'Zustand s-Änderungs-Träger => 'Tuender / => 'Agens => 'Interagens

N

(FVO)

'Zustand

°End-Zustand

'Zustand

mettre

'Kausator / 'Tuender => 'Agens

'Zustands-Änderungs-Träger

'End-Zustand

tenir

'Kausator / 'Tuender => 'Agens

'Zustands-Änderungs-Träger

'Zustand Abb.42

119

3.5. Exkurs: Sachverhaltsdarstellung, Aktionsart, Valenz, Diathese Mit den von Koch (1981) übernommenen Kategorien haben wir diejenige Ebene der lexikalischen Bedeutung von Verben isoliert, die die verbsemantische Grundlage für die Aktionsarten bildet. Das Konzept der Sachverhaltsdarstellung stellt zwar einerseits ein Modell dar, das mit dem traditionellen Aktionsartenbegriff konkurriert, andererseits liefert es diesem jedoch eine verbsemantische Fundierung.

3.5.1. Die verbsemantische Fundierung der Aktionsarten Als [+ kursiv] sind alle diejenigen Sachverhaltsdarstellungen definiert, die in ihrer lexikalischen Bedeutung keine Spezifizierung bezüglich zeitlicher Phasenabfolgen enthalten. Das Merkmal [+ kursiv] haben demnach alle Zustande-, Vorgangs-, Tun-, Handlungs-, Interaktions- und Illokutions-Prädikate, die nicht gleichzeitig auch in die Kategorie Zustands-Änderung fallen. Von den FV des hier untersuchten Paradigmas erfüllt diese Bedingung allein etrefpv). Als [+ transformativ] sind alle diejenigen Verben definiert, denen gemeinsam ist, daß sie Sachverhalte von deren Anfang ([+ ingressiv]) oder Ende ([+ egressiv]) her perspektivieren. Im Rahmen des in 3.2. beschriebenen Modells läßt sich die Kategorie [+transformativ] mit der verbsemantischen Klasse Zustands-Änderung gleichsetzen. Als [+ ingressiv] sind dann alle Zustands-Änderungs-FV definiert, die auf eine Zustands-Abfolge (- etre), (+ etre) bezogen sind. Dies betrifft die FV entrerfpv), se mettrefpv) und mettre(FV). FV mit der Aktionsart [+ egressiv] dagegen, die auf eine Zustands-Abfolge (+ etre), (- etre) bezogen wären, sind in dem von uns untersuchten Paradigma nicht repräsentiert. Femer kann die Aktionalität der FV rester (FV) und tenirfpv) mit Hilfe der verbsemantisch fundierten Kategorie Zustands-Änderung als Sonderfall der transformativen Aktionsart beschrieben werden, der gleichrangig neben ingressiver und egressiver Aktionsart steht. Die besondere Affinität solcher FV zur kursiven Aktionsart basiert auf ihrem doppelten (d.h. verglichen mit ingressiven FV besonders starken) Bezug auf eine positiv spezifizierte, per definitionem [+ kursive] forme de reference, in der Abfolge (+ etre), (+ etre). Der Terminus "intransformativ" zur Charakterisierung dieser Aktionsart (s. 2.1.4.) scheint uns aus diesem Grunde der am ehesten angemessene zu sein. Ein Vorteil des Modells von Koch (1981) besteht offenkundig darin, daß wir zur Bestimmung der Aktionsarten von Funktionsverben weder auf die Sachverhalte selbst rekurrieren müssen, die durch die betreffenden FVG jeweils abgebildet werden, noch darauf angewiesen sind, mit methodisch problematischen Paraphrasen zu operieren. Vielmehr verfügen wir, in Form der verbes /formes de reference (in unserem Fall also etre^) über ein objektsprachliches, unmarkiertes Relatum, das eine verbsemantisch fundierte Bestimmung der transformativen Aktionsarten der übrigen FV seines Paradigmas erlaubt (s. 2.1.4.). 19 19

Dabei trifft es allerdings zu, daß die verbes de rißrence nicht als aktionsartenneutral in dem Sinne betrachtet werden können, daß sie keine Aktionsarten ausdrücken (vgl. in diesem Sinne die Kritik bei Büttner 1991:67, Anm.56, an Detges 1985:73). Wie alle objektsprachlichen Verben sind auch die verbes de rifirence innerhalb der Dimension der ASD kategorisiert. Neutral sind aber gerade diese

120 Die damit behauptete "Übersetzbarkeit" der Aktionsarten in Kochs Kategoriensystem trifft allerdings nicht auf die quantitativen Aktionsarten zu. So stehen für die Untergruppe der quantitativen, meßbaren Aktionsarten (s. 2.1.2.), die den Charakter sekundärer Spezifizierung der zeitlichen Ausdehnung von Zustands-Änderungen haben, in diesem Modell keine entsprechenden Kategorien zur Verfugung.

3.5.2. Die Kategorie 'kausativ' und die Aktionsarten Ein weiterer Vorteil des unserer Beschreibung zugrundeliegenden theoretischen Modells besteht darin, daß es zur Darstellung von Valenz und Aktionsarten, die als theoretische Kategorien analytisch getrennt werden müssen, eine einzige Beschreibungsebene vorsieht. Dieser Umstand ermöglicht es, das Verhältnis der Kategorie 'kausativ' zu den Aktionsarten zu klären. Im oben skizzierten Modell sind Kausativa dadurch definiert, daß sie einen Aktanten N(X) in der semantischen Rolle eines 'Verursachers' / °Kausators vorsehen, der sich in Form einer Vorwärtsthematisierung durch comment cela se fait-il? erfragen läßt (s. S. 110). Da das Prädikat dieser Frage, se faire, selbst als Zustands-Änderung kategorisiert ist, sind die durch comment cela se fait-il? in der oben, S.110, festgelegten Art und Weise erfragbaren Sachverhalte immer auch Zustands-Änderungen (vgl. Koch 1981:289) 20Ferner unterscheidet sich die Kategorie der Kausativa als markierter Sonderfall von der Kategorie Nur-Zustands-Änderung qualitativ dadurch, daß ein Kausativum immer das Auftreten mindestens zweier Aktanten, nämlich eines Aktanten N(X) in der semantischen Aktantenrolle eines °Kausators sowie das Auftreten eines weiteren Aktanten N(y) in der semantischen Rolle eines °Nur-Zustands-Änderungs-Trägers (des veranlaßten Sachverhalts) vorsieht.21 Der Terminus "Aktionsart" meint nun lediglich die qualitative oder quantitative Phasengliederung von Prädikaten. Aktionsarten sind insbesondere nicht unmittelbar an das Auftreten bestimmter Aktantenrollen gebunden. Über die Kategorie

20

21

Verben insofern, als sie Träger der allerallgemeinsten, unmarkierten Restkategorie Nur-Sachverhaltsdarstellung sind, die unspezifiziert bezüglich der Darstellung von Zeitverläufen ist. Aufgrund eben dieser semantischen Unmarkiertheit spielen die fraglichen Verben gegenüber den anderen Verben ihrer KSB eine Sonderrolle, die sich u.a. in ihrer heuristischen Bedeutung für die Klassifizierung der ASD-Kategorie Zustands-Änderung manifestiert. Die verbes de r0f0rence sind also genaugenommen nicht aktionsartenneutral, sondern als Zustands-Verben im Sinne von Koch (1981) Trfiger einer unmarkierten, neutralen Aktionsart. In ihrer Kritik an Detges (1985) weist Büttner zurecht darauf hin, daß die Unterscheidung in aktionsartenspezifizierte und aktionsartenneutrale Prädikate, die der oben in 2.1.4. zitierten Forderung von Steinitz (1981:10) nach einem aktionsartenneutralen Relat zugrunde liegt, an den Verhältnissen in den slawischen Sprachen orientiert ist, wo Aktionsarten in Form von morphologischen Markierungen am Verbstamm als grammatische Kategorien explizit kenntlich gemacht werden (vgl. Büttner 1991:67 und Steinitz 1981:54). Dagegen sind die durch cela anaphorisierten Sachverhalte, die ja lediglich die "Resultate", d.h. die End-Zustände der durch comment cela se fait-il? erfragten Sachverhalte angeben, nicht zwingend Zustands-Änderungen. Dagegen impliziert eine Kategorisierung von Prädikaten als Nur-Vorgang bzw. Nur-Zustands-Änderung keinerlei Aussagen über ihre semantischen und syntaktischen Valenzeigenschaften (vgl. dazu Koch 1981:228). Nullwertige Vorgangs-Prädikate sind etwa die Witterungsverben vom Typ pleuvoir.

121 "kausativ" läßt sich damit die begründete Aussage treffen, daß sie keine Aktionsart ist. Als markierter Sonderfall der Kategorie Zustands-Änderung haben kausative Prädikate per definitionem eine transformative Aktionsart. 22

3.5.3. Zum "passivischen" Charaktervoll enfrer-Funktionsverbgefiigen Die für das Deutsche von Kolb (1962:383) und Heringer (1968a:75ff. u. 1988:160) aufgestellte These, der zufolge kommen(p-^-FVG in ihrem semantischen Wert einem Passiv gleichkommen, 2 3 ist auf Konstruktionen mit frz. entrer (py) übertragen worden. 2 4 Für französische F V G mit entrerfpy) läßt sich diese These auf der Grundlage der Beschreibung der semantischen Valenz des Funktionsverbs entrerfpy) differenzierter beantworten: die "Passiv-Ähnlichkeit" solcher Konstruktionen beruht auf der Tatsache, daß ihnen gegenüber dem kausativen mettre(FV) der Rollenaktant N(X) fehlt, der beispielsweise auch bei einer Passivierung von mettre(pv) ausfallen würde. Gegen eine komplette grammatische Äquivalenz von entrer(ργ)Konstruktionen mit dem Passiv des entsprechenden mettre-FVG spricht jedoch, daß der Aktant N(y) in der E l von entrer (py) und se mettre (py) offen ist für die Rolle "Agens, die beim passivisch verwendeten mettre (py)-¥WG ausgeschlossen ist: (40.1)Apres le diner Luc(y) fs'est mis + est entre} en contact avecMarie. II a fait cela pour avoir des nouvelles de Max. (40.2) Apres le diner Luc(y) a ete mis en contact avec Marie. *Il a fait cela pour avoir des nouvelles de Max. Im Deutschen gilt dagegen für das Funktionsverb k o m m e n ^ , daß der Aktant in seiner E l Leerstelle in der Tat niemals die Rolle °Agens hat. Se mettre(py) / entrer (py) decken sich in ihrem Gebrauch nicht mit kommenfpy), sondern korrelieren eher mit den FV treten(ργ), sich setzen (ργ) (vgl. entrer en vigueur, 'in Kraft treten', se mettre en contact avec Nqn, 'mit jem. in Verbindung treten, sich mit jem. in Verbindung setzen').

3.6. Varianten der Funktionsverben etre, entrer, se mettre, rester, mettre, tenir Zu den in 3.4. beschriebenen FV existiert eine Reihe von Varianten,25 die sich von ihnen in erster Linie dadurch unterscheiden, daß sie eine geringere Zahl an möglichen Verbindungen mit 22 23

24 25

Zu diesem Ergebnis kommt, mit unterschiedlicher Begründung, auch Blochwitz (1980:43f.). Und zwar entweder dem Passiv der bringen(pyj-Konstruktion (Kolb 1962) oder dem Passiv eines korrelierenden transitiven Verbs (Heringer 1968a). Vgl. Blochwitz (1980:62). Obwohl wir uns im folgenden stark an den Ausführungen von Blochwitz (1980:8 Iff.) orientiert haben, vermeiden wir bewußt den Terminus der "lexikalischen Variante", wie Blochwitz ihn vorschlägt. Diesen Terminus halten wir fur mißverständlich, da er suggeriert, die Varianten der FV seien lexikalisiert, d.h. usuell auf bestimmte N(FVG) als idiosynkratische Kontextpartner festgelegt. Wie zu zeigen sein wird, ist dies jedoch nur bei einem Teil solcher Varianten der Fall. Der Sache nach

122 PRÄPN(FVG) zulassen. Diese Tatsache läßt sich in Ausnahmefällen als semantisch unmotivierte Lexikalisierung der Verbindung einer gegebenen Konstituente PRÄP N(FVG) mit der betreffenden Variante interpretieren. Viel häufiger haben solche distributionellen Beschränkungen den Charakter semantischer Spezialisierungen, welche ihrerseits auf die Tatsache zurückzuführen sind, daß die betreffenden Varianten über Merkmale verfugen, die über rudimentäre Bedeutungen vom Typ Zustand, Zustands-Änderung hinausgehen. Blochwitz (1980:81) charakterisiert im Anschluß an Bausch (1964) diese Varianten als Funktionsverben einer höheren "semantischen Stärkestufe". Uns interessiert dabei in erster Linie die Frage, ob die vergleichsweise starke semantische Markiertheit solcher Varianten in Einzelfällen die Qualität von KSB erreicht, und damit die in 3.4.1. dargelegte Hypothese der semantisch-sachverhaltsdarstellenden Eindimensionalität der Funktionsverben widerlegt.

3.6.1. Varianten von etre·. se trouver und se retrouver Als Variante von etre(PV) existiert im Französischen das Funktionsverb se trouver(FV),26 das in unserem Material durch Beispiele wie das folgende belegt ist. (41) Quant ά Soun, il ne se doutait pas que la jonque füt en perdition, ou plutöt, pour lui, on se trouvait en perdition du moment qu'on s'aventurait sur le perfide element, mime par le plus beau temps du monde. (Trib:245) Se trouver(FY) ist in jedem Kontext frei gegen etre(FV) substituierbar und hat dieselbe rollensemantische Struktur wie dieses. Allerdings unterscheidet sich se trouver (FV) von etre(pv) in einer semantischen Nuance. Während &tre^y) unmarkiert bezüglich einer zeitlichen Ausdehnung des durch es prädizierten Zustands ist, tendiert se trouver(FV) dazu, [+ momentane], im Bezug auf einen übergeordneten zeitlichen Referenzrahmen genau situierte Zustände darzustellen. Se trouver (fv) wird m.a.W. insbesondere dann anstelle von etre(FV) verwendet, wenn es darum geht, Zustände zu prädizieren, in denen N(y) sich zu einem bestimmten Zeitpunkt gerade befindet. In Beispiel (41) wird ein solcher Bezug explizit durch das Element du moment que geleistet. 27

26

27

werden Varianten von Verbalkonstituenten komplexer Prädikate mit etre, entrer, se mettre auch bei Danlos (1988:25ff.) diskutiert. Dabei handelt es sich allerdings zum größten Teil nicht um FVG, sondern um feste Syntagmen vom Typ le boxeur {est + part} dans les cordes oder le feu rouge {est + passe} au vert. Da wir das Verhältnis solcher durch V PRÄP Nß4) motivierten FS zu den FVG erst noch klären müssen (s.u., Kap. 8), wollen wir Danlos' Ausführungen im folgenden Abschnitt außer Acht lassen. Kein FV, sondern (transitives) Vollverb in der Bedeutung 'finden, daß', 'glauben, daß', das ähnlich wie croire(y) in der Lage ist, in StrefFV)-FVG das FV zu ersetzen (s.u., 3.7.4 ), ist se trouver im folgenden Beleg: [...] Pierre Pucheu ne regrette rien, il regarde son existence et se trouve en rkgle. (Vic:39) Im Vorgriff auf unsere weitere Argumentation läßt sich dieser Unterschied zwischen Strefpv) und se trouver(FV) an Konstruktionen verdeutlichen, in denen beide als kopulative Verben fungieren. In solchen Fällen kann Stre nur dann durch se trouver substituiert werden, wenn [+ momentane] Zustände, etwa in Form akzidenteller Eigenschaften, prädiziert werden, wie in Lucfy) {est + se trouve} libre pour le reste de la semaine. Sollen den N(y)-Aktanten dagegen essentielle, d.h. über einen be-

123 Als Funktionsverb verfugt se trouver(FV) seinerseits über die morphologische Variante se retrouver (FV), die ebenfalls frei gegen etrefpv) substituierbar ist. Genau wie se trouver (FV) prädiziert se retrouver (FV) [+momentane] Zustände, die darüber hinaus als [+unerwartet], [+ unverhofft] oder [+ plötzlich eingetreten] spezifiziert sind. (42) Όη να dissoudre toutes ces associations', pronostique un cadre de Nice-Communication,[...] 'nous allons nous retrouver au chdmage. '(L 25.9.90:8) Weder bei se trouver(ργ) noch bei se retrouver(pv) haben die zusätzlichen semantischen Merkmale, durch die sie sich von etrefpv) unterscheiden, die Qualität von konstitutiven Sachverhaltsbedingungen. Zwar prädizieren beide spezifischere Zustände als etre(FV), doch enthalten sie über allgemeine Merkmale wie [+ momentan], [+ plötzlich eingetreten] hinaus keine weiteren Festlegungen, um "was für" Zustände es sich dabei handelt.

3.6.2. Varianten von entrer und se mettre: venir, parvenir, arriver und tomber Als Variante von entrer(FV) und se mettrefpv) spielt venir(FV), das nur in Iexikalisierten Kontexten auftritt, eine untergeordnete Rolle (vgl. Blochwitz 1980:87). Typische Distributionen von venir({ψ) sind Konstruktionen wie in Nfy) venir ä {terme + icheance + maturite}, Nqn(y) venir ä composition avec Nqn, Nqn^j en venir a un accommodement avec Nqn. In unserem Material ist venir(FV) durch Beispiele wie venir ä resipiscence (PR: Resipiscence) oder venir ä expiration (OR:299) belegt. In vew/r^-Konstruktionen wird gegenüber FVG mit entrer^FV) und se mettre(FV) das Eintreten des jeweiligen °End-Zustandes in besonderer Weise hervorgehoben. Das Funktionsverb venir(FV) verfugt seinerseits über die morphologische Variante parvenir(FV), die vor allem auf N(FVG) spezialisiert ist, deren Bedeutungsstruktur in einer losen Affinität zur Darstellung zeitlicher Sachverhalte steht. Dabei wird, wie schon bei venir(pv), das tatsächliche Eintreten des °End-Zustandes der durch das FVG prädizierten Zustands-Änderung in besonderer Weise betont. (43) Inciser un phlegmon parvenu ä maturiti. (Robert: Maturite) (44) Glande ginitale parvenue ä maturiti. (Robert: Maturite) (45) [...] Mon visa touristique f...] est parvenu ä ichiance. (L 27.1.87:25) Im selben Typ von Kontexten trifft man zuweilen auch arriver (FV) als Funktionsverb an:

grenzten Zeitraum hinaus fur N(y) konstitutive Eigenschaften zugeschrieben werden, so ist allein etre als Kopula möglich: Marie {*se trouve + est} un esprit libre. Allerdings sind Konstruktionen möglich, in denen sich aus der Kombination von [+ momentanem] se trouver und einer essentiellen Eigenschaft die Bedeutung *N(y) erweist sich als zu einem bestimmten Zeitpunkt als über eine bestimmte (essentielle) Eigenschaft verfugend' eigibt: Mariefyj se trouve itre un esprit libre. Da die FVG des hier untersuchten Typs aufjpund ihrer besonderen semantisch-sachverhaltsdarstellenden Struktur niemals essentielle Eigenschaften prädizieren (s.u., 4.6.), ist hier die Opposition zwischen &tre(FV) und se trouver(FV) weniger deutlich akzentuiert.

124 (46) [...] l'embargo de juin 1984 visait settlement a empicher la signature de nouveaux controls: 'Ceux qui avaient έίέ passis avant cette date devaient arriver άpeu pres ä expiration'. (LM 22.11.86:3) Die wichtigste Variante von entrer(ργ) / se mettre(pv) ist zweifellos des Funktionsverb tomber(ργ), das in zwei Sorten von Kontexten auftritt. In einigen Fällen, wie z.B. Nqn(y) tomber d'accord de Nqc oder (chien)(y) tomber en arret, läßt sich tomber(ργ) als lexikalisierte Variante von entrer(fv) / se mettre(ργ) interpretieren. In solchen Distributionen ist seine Verwendung nur insofern semantisch motiviert, als tomber(ργ) gegenüber se mettre(ργ) / entrer(ργ) die Aktionsart [+ momentan] zum Ausdruck bringt, durch die es sich auch als Vollverb des Örtlichen Befindens von entrer(V) und se mettrefy) unterscheidet. Als lexikalisiertes Funktionsverb prädiziert tomber (ργ) schnelle, abrupte Zustands-Änderungen. Darüber hinaus tritt tomberfpy) in einer zweiten Verwendung als freie Variante von entrer (ργ) / se mettre (ργ) auf. Diesen gegenüber weist es die Besonderheit auf, daß es auf N(FVG) spezialisiert ist, welche unwillkommene oder [+ ungünstige] Sachverhalte darstellen (Blochwitz 1980:86). Typische Kontexte für das FV tomber sind Konstruktionen wie beispielsweise tomber en crise de nerfs (Bou:349), tomber en desuetude (L 20.9.1190:3), tomber dans le discredit (Nu2:335), tomber en disgrace (OR:6öO), tomber dans l'oubli (Ely:353), tomber en panne (Ely: 143), tomber en poussiere (Trib:93) und tomber en ruine (Esp:371). Während die semantische Aktantenstruktur von venir(ρψ) mit der von entrer(py) und se mettre^ identisch ist,28 ergeben sich fur die semantische Rollenstruktur von tomber (ργ) deutliche Abweichungen. Die Tatsache, daß tomber(ργ) über die minimale FV-Bedeutung Zustands-Änderung hinaus ein zusätzliches Bedeutungsmerkmal [+ unwillkommen] enthält, das auf N(FVG) in der Rolle °End-Zustand gerichtet ist, hat Auswirkungen auf den Rollenaktanten N(y), der als Gegenstand einer [+ unwillkommenen] Zustands-Änderung dargestellt wird. Dieses Merkmal bewirkt, daß N(y) anders als bei entrer(ργ) und se mettre le rougej / le rouge2 du manteau), während umgekehrt zur Verwendung von Substantiven in der nicht-referierenden, nur-beschreibenden, prototypischen Funktion von Adjektiven eine Vielzahl von jeweils semantisch spezialisierten Verfahren existieren. Zum Unterschied zwischen Beschreibungsverfahren des Typs manteau en laine und un manteau de laine vgl. Tamba (1983), zu substantivischen Qualifikationen des Typs un manteau annies cinquante s. Krefeld (1991). Die englischen Entsprechungen zu beschreibenden Konstruktionen wie un putain de mdme diskutiert Mc Cawley (1987). Im Unterschied zu Gattungsnamen werden aber deiktische und phorische Pro-Fomen fest ausschließlich zur Herstellung von Referenz verwendet (Ausnahmen bilden "Pseudoaktanten", s. 3.7.2). Sie sind deshalb keine Pro-"Nomina" im Sinne einer markierten "Modalität" der Kategorie Substantiv

129 eher sekundären oder tertiären Verwendungen wird daran deutlich, daß diese in der Regel durch den Einsatz zusätzlicher sprachlicher Mittel gekennzeichnet sind.35 So sind beispielsweise auch ADJ und Ν in der Lage, sekundär Prädikatsfunktion zu übernehmen. Die "zusätzlichen sprachlichen" Mittel, mit denen dieser propositionale Funktionswechsel markiert wird, sind kopulative Verben bei ADJ und Ν (Bsp. (51)), sowie Funktionsverben, durch die Ν oder PRÄP Ν zu prädikativen Elementen in FVG werden (Bsp. (52) - (54)): (51) (52) (53) (54)

Luc(y) estßc) tres {compitent^Djj + connoisseur (S)} Maxfy) α(ργ) trds peur(jy Lucfy) fait (fry) trds attention(n) aux enfants(z) LuC(y) est(fy) träs en retard^

Dabei sind die mit Ν oder ADJ markierten prädikativen Konstituenten nicht mehr "Gegenstände", denen durch eine Prädikation Relationen oder Eigenschaften zugeschrieben werden, sondern sie geben vielmehr einen Teil der Relationen oder Eigenschaften an, die in (51) - (54) den durch y oder ζ markierten Argumenten zugeschrieben werden. FVG sind keine V oder "komplexen" V, sondern Ν bzw. PRÄP Ν in Prädikatsfunktion. Die Fähigkeit von FV, aus Nicht-Verben Prädikate zu machen, unterscheidet sie fundamental von V, die Ν als Argumente zu sich nehmen. Die Frage nach der Funktion der FV im Sprachsystem ist lediglich eine andere Form der Frage nach der Natur der Nicht-Valenzrelation zwischen FV und N ( F V G ) ·

3.7.2. Die Pro-Form l'etre / es-sein Ein expliziter und formeller Unterschied zwischen dem semantisch eindimensionalen Funktionsverb etre(pv) und dem gleichlautenden Verb des örtlichen Befindens besteht darin, daß der E4-Aktant von etre^y) durch die Pro-Form y anaphorisierbar und entsprechend durch oü? erfragbar ist. 36 Die Konstituente PRÄP N(fvg) muß dagegen durch den pro-prädikativen "Pseudoaktanten" le (s. S. 101) in l'etre wiederaufgenommen werden.

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36

(vgl. krit. Coseriu 1 9 8 7 : 3 3 ) , sondern ein-eindeutige Indikatoren der Funktion der Referenz bzw., bezogen auf die Proposition, ein-eindeutige Indikatoren der Aktanten- und Zirkumstantenfunktion von Satzelementen. Dies wird daran deutlich, daß auch nicht-nominale Aktanten und Zirkumstanten durch prinzipiell dieselben Pro-Formen ersetzbar sind wie nominale (vgl. Kap. 1., Anm. 42).Vgl. krit. Herrlitz ( 1 9 7 3 : 9 7 ) , der die fehlende Erfiagbarkeit und Anaphorisierbarkeit der N ( F V G ) nicht als Indikator für ihren Nicht-Aktantenstatus (d.h. fur eine bestimmte Funktion), sondern als Hinweis auf ihre Nicht-Nominalität interpretiert. S. Kap. 2, Anm. 36 u. 37. Mit dieser Sichtweise grenzen wir uns gegen die Tesnieresche Translationstheorie ab, die nicht zwischen lexikalischer Kategorie und propositionaler Funktion unterscheidet (vgl. Wunderli 1989, Lambertz 1 9 9 1 , Koch / Krefeld 1 9 9 1 ) . In unserer Sicht impliziert der Wechsel aus einer Funktion in eine andere durchaus keinen Wechsel der lexikalischen Kategorie. Ein Ν wird m.a.W. dadurch, daß es prädikativ verwendet wird, nicht zum V oder ADJ, sondern bleibt ein N. Aufgrund bestimmter Möglichkeiten, über die Ν als lexikalische Kategorie verfugen, unterscheiden sich Stre Präp N(fvg) von prädikativen V oder ADJ gerade durch die ganz spezifische Art und Weise, in der sie Prädikation leisten. Einschränkend muß dazu jedoch angemerkt werden, daß y / oü? als Pro-Formen nicht spezifisch fur die Aktanten der Verben des örtlichen Befindens sind. Sowohl y als auch oü? spielen eine Rolle bei den Varianten der stark polysemen V des örtlichen Befindens, z.B. den Verben des Zeitlichen Befin-

130 (55) Luc est en Franceßq et ily@4) est depuis deux mois. (56) Luc est en colh-e(N(FVG)) et il f*y + l'} est depuis deux mois. 37 Anders ausgedrückt: das lexikalische Vollverb etre^y) drückt als Verb des Örtlichen Befindens ein DORT-sein aus, etrefpv) als Funktionsverb mit der Bedeutung Zustand dagegen ein ESsein. Diese Eigenschaft teilt es mit kopulativem e t r e f ö l * (57) Luc est {malade (ADJ} + vaccinS(PART.II) + inginieur(S) + en colireßvc)} assez longtemps.

et il l'est depuis

Bei Günther / Pape (1976:99) wird im Anschluß an Engel (1970:369, 374) und Engel / Schumacher (1976:26) die Auffassung vertreten, dt. {es + so} sein seien Pro-Formen, mit denen sich A r t - E r g ä n z u n g e n , a l s o Aktanten, und nicht, wie wir behaupten, Prädikative anaphorisieren lassen. 40 Gegen diese Position sprechen folgende drei Argumente. 1) Die Pro-Form le, es / so ist numerus- und genusunspezifisch. Sie bleibt unverändert, wenn sie pluralische und genusmarkierte Prädikativa wiederaufhimmt: (58) Lilly und Mariaßj) sind Lehrerinnen. Sießij sind {*sie + es} gem. (59) Luc et Maxßi) sont des professeurs. Ilsßi) {*les + le} sont volontiers. Art-Ergänzungen, wie Günther / Pape sie annehmen, würden sich durch diese Eigenschaft fundamental von allen anderen bekannten Ergänzungsklassen unterscheiden. Gibt man dagegen die Kategorie der Art-Ergänzung auf und ersetzt sie durch das Konzept des Prädikativs, d.h. des Adjektivs, Nomens oder der Präpositionalphrase in prädikativer Funktion, so läßt sich das in (58) und (59) illustrierte Phänomen folgendermaßen erklären. Normalerweise bestehen zwi-

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dens (s.o., 3.3.2). Femer dient speziell y als Pro-Form für nicht-individualisierbare E3-Aktanten beliebiger Verben (vgl. Kotschi 1981:93 im Anschluß an Blanche-Benveniste, sowie Jacob 1991:158): Paul {lui + y} appartient, ά cette iquipe de football (aus Kotschi 1981:93). Speziell bei den Verben des örtlichen Befindens fungieren aber y und oü? systematisch als Pro-Formen fur die Aktanten in der KSB-Teilrolle O r t bzw. einer ihrer spezifischeren Ausprägungen. Zur Anaphorisierbaikeit phraseologisch fester Stre PRÄP Nßyoj vom Typ Nqn Stre dans la lune durch die Pro-Form le s. Danlos (1980:54fF., 1981:60 sowie 1988:23). Unverständlich ist die bei Blochwitz (1980:17) geäußerte Auffassung, im Unterschied zu den Verhältnissen bei AdjektivPrädikaten sei es "problematisch, die Zulässigkeit von er ist es fur er ist in Aufregung als vollgültige Anaphorisierung anzusehen", wenn damit gemeint sein soll, daß es sein als Pro-Prädikat für in Aufregung sein ausgeschlossen ist. Der folgende Satz ist nach unserem Empfinden grammatisch akzeptabel: Klaus war in großer Aufregung, aber sein Bruder, der viel mehr Grund dazu gehabt hätte, war es nicht. Zur Anaphorisierbarkeit von Stre ADJ und Stre Ν durch l'Stre s. auch Picabia (1978:17). Bei Engel (1970) werden die durch {es + so} sein anaphorisierbaren Elemente unter dem Begriff der "Neutralia" zusammengefaßt. Eine differenziertere, aber im Grundtenor ähnliche Argumentation findet sich zu dieser Frage in Gross (1981:11). Einerseits werden dort prädikative ADJ und Ν in dfre-Konstruktionen aufgrund ihrer Anaphorisierbarkeit in Form von le als "compUments" des "Verbs" Stre charakterisiert. Gross (1981:9) definiert dabei Ergänzungen / compUments genau wie wir als morphosyntaktische Repräsentationsklassen semantischer Argumente. Andererseits werden solche Stre ADJ ausdrücklich als Prädikate in einem semantischen Sinne interpretiert. Gross scheint dieser (vermeintliche) Widerspruch zwischen syntaktischer und semantischer Valenz als Argument gegen ein semantisch orientiertes Vorgehen bei der Erstellung seines Lexique-Grammaire zu dienen (Gross 1981:11).

131 sehen Anapher und anaphorisiertem Element Koreferenzbeziehungen, die ihrerseits aufgrund von Regeln dekodiert werden, welche auf der Kongruenz von Anapher und anaphorisiertem Bezugselement in Numerus und Genus beruhen. Aufgrund solcher Regeln kommt als Bezugselement von ils in (59) nur Luc et Max in Frage. Für die Beziehungen zwischen professeurs und le gelten nun solche Kongruenzregeln deswegen nicht, weil professeurs trotz des Plurals nicht auf eine Vielheit von Individuen referiert, sondern als Prädikativ fungiert, das eine (allerdings als Vielheit gegliederte) Eigenschaft von Luc et Max angibt. 2) Der besondere Status von es / le als pro-prädikativer Pseudoaktant in dem in 3.2. beschriebenen Sinne wird daran deutlich, daß es das betreffende prädikative Element sowohl alleine (60.1) als auch zusammen mit dessen Ergänzungen aufnehmen kann (60.2). Dabei ist es / le als Stellvertreter des Prädikativs namentlich in der Lage, die von diesem dependenten Ergänzungen an seiner Stelle zu regieren (60.3). (60.1) Max est fier. II l'est depuis que je le connais. (60.2) Max est fier d'avoir riussi son examen. II α raison de I'litre.. (60.3) Max est tris fier ce soir, et il l'est surtout d'avoir riussi son examen. Die Pro-Formen von Aktanten / Ergänzungen schließen diese Möglichkeit aus. 3) Dt. es und frz. le können verwendet werden, um Elemente zu anaphorisieren, deren prädikativer Status unstrittig ist. Das Pro-Prädikat es sein ist im Deutschen in der Lage, jedes beliebige Zustands-passivische Prädikat wie in (61) wiederaufzunehmen. Der Pseudoaktant es kann in diesem Fall das als Partizip II realisierte Verballexem zusammen mit den von ihm dependenten Ergänzungen anaphorisieren.'*! (61) Willy war gegen Grippe geimpft, aber Marie war es nicht. Im Französischen, wo der Unterschied zwischen Vorgangs- und Zustands-passivischen Konstruktionen nicht wie im Deutschen durch eine jeweils unterschiedliche Verbalkonstituente markiert wird, kann jede beliebige passivische Konstruktion durch das Pro-Prädikat l'etre wiederaufgenommen werden. Der Vorgangs-passivische Charakter des Prädikats im Beispiel (62) wird durch die Realisierung eines E/wr-Mitspielers angezeigt, dessen Erscheinen bei Zustandspassivischen Prädikaten ausgeschlossen wäre (vgl. Koch 1981:226). (62) 'Si la majoriti est battue, eile le sera par elle-mime' a cteclari Μ. Charles Millon lors d'une interview ά l'Express. (LM 20.6.87:6, Hvh. von mir, U.D.) Die Annahme einer durch l'etre nachweisbaren Kategorie "Art-Ergänzung" würde also zu der unsinnigen Konsequenz führen, daß jedes passivische Prädikat des Französischen aus einem (Voll-) Verb etre und dessen als PART.II realisierten "Art-Ergänzung" besteht.

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Bei Vorgangs-passivischen Konstruktionen im Deutschen führt die Anaphorisierung durch es zusammen mit der Verbalkonstituente werden häufig zu Resultaten von zweifelhafter Akzeptabilität: Maria ist gegen Grippe geimpft worden, *und Willy ist es auch {worden + geworden}.

132 3.7.3. Funktionsverben und kopulative Verben Die Tatsache, daß sowohl etre^) {ADJ + PART.ll^ + N} als auch etre^ PRÄP N(FVG) durch dasselbe Pro-Prädikat l'etre anaphorisiert werden können, ist der formelle Nachweis dafür, daß das Funktionsverb etrefpy) und die Kopula etre^ dieselbe semantische Struktur haben.43 Nicht nur hinsichtlich ihrer Funktion im Sprachsystem sondern auch unter dem Gesichtspunkt ihrer semantischen Struktur weisen FV auffällige Ähnlichkeiten mit kopulativen Verben auf. Das Kopula-Verb etre^ steht in Opposition zu devenir^ und rendre^) aufgrund derselben in der Dimension der ASD begründeten semantischen Unterschiede wie etrefpv) zu den Funktionsverben entrerfpv) und m e t t r e ^ : Lucfy) est pretentieux. Maxfyj devientpretentieux Ce travail(X) rend Marie (y) pritentieuse

Zustand Zustands-Änderung (- etre), (+ etre) Durch N(X) bewirkte

Zustands-Änderung

(- etre), (+ itre)

42 43

Im folgenden repräsentiert itre Ρ ART.11 das Zustande-, nicht das Vorgangs-Passiv. Die Annahme einer identischen, semantisch eindimensionalen (d.h."KSB-losen") Struktur für itrefpy) und kopulatives itre steht im Widerspruch zur Annahme einer KSB Befinden, wie sie von Koch (1981:264, 275) für kopulatives itre formuliert wird. FVG, in denen die Konstituente N(FVG) AUF sehr eindeutige Art und Weise für die Gesamtkonstruktion eine andere KSB als Befinden festlegt (etwa Verfügung für etre en vente, örtliches Befinden für etre en diplacement, Wissen für etre dans l'ignorance de Nqc) legen es nahe, Befinden als KSB zu definieren, die für andere KSB offen ist (was unbefriedigend ist, weil sich Befinden darin grundsätzlich von den KSB anderer Verben unterscheiden würde) oder die fraglichen FVG einer anderen KSB als Befinden zuzuordnen (was ebenfalls unbefriedigend ist, da sie ja ganz offensichtlich die Syntax und Semantik von Stre PRAD haben, durch die Koch die KSB Befinden definiert). Der Abb. 30 (S.106) entnimmt man, daß sich diese Kategorie von den anderen KSB-Klassen ohnehin durch die beträchtliche semantische und morphosyntaktische Heterogenität der in ihr erfaßten Prädikatstypen unterscheidet. Einerseits repräsentiert in den komplexen Prädikaten der Struktur {itre + ... } PRAD die Kategorie PRÄD eine bestimmte propositionale Funktion, in die eine morphosyntaktisch heterogene Vielfalt von Elementen eintreten kann. Andererseits scheint die einzige semantische Gemeinsamkeit der außerdem in dieser Klasse enthaltenen Vollverben darin zu bestehen, daß sie sich auf irgendein etre PRAD als vermeintlicher forme de rifirence beziehen lassen (etre {brüU.e + ouvert,e + mort,e}). Uns scheint jedoch diese Beziehung kein hinreichendes Kriterium zur Abgrenzung einer besonderen KSB-Klasse darzustellen, da itre PRAD auch Zustands-passivische itre PART.ll umfaßt. Über ein ZustandsPassiv der Form itre PART.ll verfügt aber eine Vielzahl von V, die ganz eindeutig anderen KSB als Befinden zuzuordnen sind. Dies betrifft ganz allgemein die meisten transitiven V, die gleichzeitig als Zustands-Änderung kategorisierbar sind. Insgesamt scheinen uns solche Umstände hinreichenden Grund für die Annahme darzustellen, daß eine angemessene Behandlung von itre PRAD nicht im Lexikon (als forme de rifirence einer KSB Befinden) sondern in der Grammatik ihren Platz hat, wo etre unter anderem dazu dient, aus Nicht-Prädikaten Prädikate zu machen. Die Aufgabe der KSB Befinden stellt Kochs Modell nicht grundsätzlich in Frage, da das von ihm vorgeschlagene Inventar an KSB-Klassen ohnehin keine Vollständigkeit beansprucht (s.o., S.10S).

133 Innerhalb des Paradigmas der kopulativen Verben spielt etre^ als deren verbe de reference die Sonderrolle der semantisch am wenigsten markierten Form. Dieser Umstand macht die (nichtsdestoweniger unzutreffende) These verständlich, etreqq sei "bedeutungsleer". Wie Funktionsverben sind kopulative Verben wie etre(K), devenir^c), rendre(K) defizitär in dem Sinne, daß sie über keine Dimension der KSB verfugen und zu "vollständigen" (d.h. in beiden Dimensionen kategorisierbaren) Prädikaten immer nur in Verbindung mit prädikativen Substantiven oder Adjektiven werden.44 Die innere Kohärenz komplexer Prädikate vom Typ {etre(K) + devenir(K) + rendre(K)} malade läßt sich dadurch erklären, daß das prädikative Adjektiv bzw. Nomen ähnlich wie N(FVG) eine unvollständige, also nur in der Dimension der ASD spezifizierte Rollenleerstelle besetzt und aus diesem Grund nicht wie ein Aktant anaphorisierbar oder erfragbar ist.45 Ähnlichkeit zwischen kopulativen Verben und FV besteht ferner hinsichtlich ihres jeweiligen Status im Sprachsystem insofern, als beide Typen von Verben aufgrund ihrer unvollständigen, eindimensionalen Bedeutungsstruktur Elemente der morphosyntaktisch definierten Wortartenklassen "Substantiv" und "Adjektiv" in die propositionale Funktion der Prädikation überfuhren. Demnach lautet unsere zentrale Hypothese: t.tre(fv) und etre^ sind eindimensionale, nur in der Dimension der ASD beschreibbare Verben, die für lexikalische Elemente, welche nicht der Kategorie V angehören, einen Funktionswechsel aus ihren jeweiligen, an die kategoriale Klassenzugehörigkeit gebundenen, bevorzugten propositionalen Funktionen (der der Beschreibung von ADJ, der der Benennung von N) in die Funktion der Prädikation realisieren. Dabei sind etre(FV) und etrepQ trotz ihrer semantischen Eindimensionalität, d.h. trotz ihres defizitären Charakters, nicht einfach nur bedeutungsleere Träger von Person, Numerus, Tempus und Modus, die dazu dienen, die jeweiligen prädikativen Konstituenten der Kategorien ADJ, N, PRÄP N(fvg) ZU "konjugieren". Vielmehr ist in ihrer defizitären Bedeutung Zustand auch die allgemeinste, allen Prädikaten eigene semantische Kategorie Sachverhaltsdarstellung impliziert, die sie in die Lage versetzt, Nicht-Prädikate in Prädikate zu verwandeln. Im folgenden Schritt unserer Überlegungen sollen in detaillierterer Form die distributionellen Eigenschaften dargestellt werden, die sich aus der prädikativen Funktion von PRÄP N(fvg) 44

45

Die These vom bedeutungsleeren Funktionswort oder "dummy verb", das lediglich dazu dient, die verbalen Kategorien Person, Numerus, Tempus und Modus zu tragen, findet sich häufig in Aussagen zur Semantik kopulativer Verben (vgl. etwa Lyons 1968:322 oder Koch 1981:79). In die Hypothese einer eindimensionalen semantisch-sachverhaltsdarstellenden Struktur von Stre(K) und etreffY) ließe sich auch die verschiedentlich in der Forschung beobachtete Tatsache integrieren, daß Substantive eine besondere, höherwertige Valenz haben, wenn sie prädikativ verwendet werden (vgl. Hartmann 1979:48). Im Rahmen des hier vorgeschlagenen theoretischen Zusammenhanges ließe sich dieses Faktum so erklären, daß der y-Aktant in Luc^j est professeur deshalb zum Argument des prädikativen Ν werden kann, weil diesem durch die Kopula aufgrund ihrer Bedeutung Zustand / Sachverhaltsdarstellung eine semantische Dimension (sowie eine semantische Teilrolle "ZustandsTräger zur Spezifizierung von N(y)) "geliehen" wird, über die es normalerweise, d.h. in unmarkierter, nicht-prädikativer Verwendung nicht verfugt. Zu den Beziehungen zwischen prädikativen Adjektiven und der Subjektleerstelle von komplexen Prädikaten mit kopulativem sein^j vgl. Heibig (1976:133f.).

134 ergeben. Wie zu zeigen sein wird, rechtfertigen diese Eigenschaften die Annahme einer syntaktischen und semantischen Identität von etre^y) und etre^c). Darüber hinaus belegen sie eine partielle funktionale Äquivalenz von etre PRÄPN(FYG) nicht nur mit Elementen der lexikalischen Kategorie V (s. Kap. 2.1.), sondern auch mit Elementen der Kategorie (etre) ADJ.46 3.7.4. Die distributionellen Eigenschaften der etre PRÄP Ν(FVG) Die Anaphorisierbarkeit sowohl von etre(K) {ADJ + PART.1I + N} als auch von etre(ργ) PRÄP N(PVG) durch die Pro-Form l'etre steht als abstrakteste gemeinsame Eigenschaft stellvertretend für eine ganze Reihe distributioneller Gemeinsamkeiten von etre^) und etre^ sowie der Elemente, die diese jeweils in die prädikative Funktion einsetzen. So lassen sich PRÄP N(FVG) mit ADJ, PART.n und Ν nach etre koordinierend (63) Comme Noah l'avant-veille, Boris Becker itaü groggy, dipassi, en retard sur les balles, contraint ä la faute. (LM 7./8.6.87:8) Etre PRÄP N(FVG) lassen sich systematisch in die Funktion der Beschreibung, d.h. die primäre propositionale Funktion von ADJ umprägen. Dieser Funktionswechsel wird durch den Ausfall von etre(Fr) realisiert.48 (64) Chiffres d'affaires en baisse, revenus en berne, croissance ralentie, alors mime que le prix des matiriels diminue sauf exception, la Ugendaire prospiriti de l'industrie informatique fait place ä la morositi. (L 24.11.86:13) Wie Adverbien können PRÄP N(FVG) in beschreibender Funktion in der Umgebung von V auftreten: (65) Priciser les responsabilitis respectives de Londres, de ses reprisentants et de nous-mimes [...] est [...] le seul moyen d'iviter les conflits, done de faire vivre et travailler en Harmonie tous ceux qui concourent cm mime but. (Nu2:16) Auch in beschreibender Funktion lassen sich PRÄP N(FVG) mit attributiven ADJ und mit PÄRT.II koordinieren: (66) Par dicrochages successifs et en bon ordre, les chefs soviitiques amenirent l'ennemi ά livrer bataille lä oü ils l'avaient voulu [...]. (OR: 179) Für Konstruktionen der Form etre {ADJ + PÄRT.II} gilt grundsätzlich, daß Sätze der Struktur (A) systematisch eine Umformung in (B) mit ADJ bzw. PÄRT.II in prädikativer Funktion zulassen,4» wenn N(y) und N(„) in Pertinenzrelation stehen.50

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47 48 49

Zu den distributionellen Gemeinsamkeiten von itre N(FVG). Stre ADJ, itre Ν und itre PÄRT.II s. auch Gunnarson (1986 u. 1983). Speziell zum Verhältnis zwischen phraseologisch festen etre PRÄP Nmid itre ADJ vgl. Danlos (1980, 1981 u. 1984). Vgl. dazu auch Danlos (1980:54ff., 1981:60, 1988:23f.). Vgl. auch Danlos (1988:23). Solche mw'r-Konstruktionen schließen ADJ aus, die dem Mitspieler N(a) essentielle Eigenschaften zuschreiben. Die Umwandlung von ses(a) cheveux^j sont blonds in il(a) α {ses + les} cheveux^)

135 (A) (Β)

LE N&) de N(a) Stre {ADJ + PART.II}. Ν(a) avoir {SON + LE} % {ADJ + PART.II}.

(67) Les cheveuxfy) de Luc(aj sont coiffis(PART.II) wee soin. (68) Luc(a) a {les + ses} cheveux(y) coiffisfP/mT.ii) avec soin. PRÄP N(FVG) können grundsätzlich in derselben Umgebung auftreten ((69) u. (70)). Auch in dieser Distribution können PRÄP Ν(FVG) und ADJ koordiniert werden (vgl. (71)). (69) Elle n'avaitplus la tignasse en disordre [...]. (Def:383) (70) [...] il avait le Visage en sueur. (Def:325) (71) Tu semblais avoir l'esprit libre et en paix. (Esp:311) PRÄP N(FVG) können wie prädikative N, ADJ und PART.Ü bei einer umfangreichen Gruppe von ein- oder zweiwertigen Verben vom Typ paraitre El PRÄD, se sentir El PRÄD, croire El E2 PRÄD, diclarer El E2 PRÄD die Position PRÄD besetzen. Die Verbindbarkeit eines solchen Verbs mit einem ADJ dokumentiert Beispiel (72). (72) De France et d'Allemagne, des officiers en αοϋνίίέ se diclarent prits ä marcher contre les anarchistes. (Ely:319) Die prädikative Funktion der betreffenden ADJ, N, PART.II und PRÄP Nf^ny auch bei diesen Verben wird daran ersichtlich, daß sie sich weiterhin durch l'etre anaphorisieren lassen. (73) Marießij {parait + semble + se sent} {amoureuse(/mjj de Luc + d0couragie(p/mTjy + en coläre(FYQ)}(PRÄD) ^ eile ne l'estpas. (74) Maxßi) croit Marie(E2) {amoureuse^ix/j de Luc + d0courag0e(P4RT.ll) + en cofeRE (FVG)}(PRAD) »""s eile ne l'est pas. (75) Quelqu'unßi) a diclard Lucß2) {coupabk(/uxj) + vainqueur^ + battufPART.U) + en bonne forme physique (FVG)} (PRÄD)· wu il ne l'est pas. In unserer Materialsammlung sind Kombinationen von solchen Verben mit PRÄP N(FVGJ breit dokumentiert: croire Nqn en contact avec Nqn (Fan:211), se considerer en droit de V(i„j) (Stal :58), considerer Nqn en fuite (L 20.9.90:48), savoir Nqc en variation avec Nqc (LC:20), sentir Nqn sur la defensive (Men:78), estimer Nqc en danger (Μέη:157). Auch nach solchen Verben ist die Koordination von prädikativen PRÄP N(FVG) mit ADJ oder PART.II möglich:51 (76) II paraissait tourmenti oü en proie ä la tristesse. (Pat:483)

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blonds ist nur dann möglich, wenn ausgesagt werden soll, daß N(a) im Moment gerade seine Haare blond trägt, etwa weil er sie sich gefärbt hat (vgl. Cattell 1984:108 sowie Furukawa 1987). Eine pertinenzanzeigende Artikelform vor N(y) wie der bestimmte Artikel oder ein Possessivpronomen ist obligatorisch. Nur weil zwischen N(a) und N(y) ohnehin eine (sachliche und durch die Artikelform signalisierte) Pertinenzrelation besteht, hat avoir den Charakter eines Funktionsveibs im Sinne eines verbe pridicatif (le Bidois, zit. n. Furukawa 1987:283) und ist nicht als V der Verfügung interpretierbar. Beim Beispiel (76) handelt es sich allerdings um ein FVG mit phraseologisch fester semantischer Struktur. Die behauptete These läßt sich jedoch mühelos an erfundenen Beispielen überprüfen, etwa sembler propre et en ordre oder croire Nqn diqu et en colire.

136 Genau wie Adverbien und Adjektive, aber auch wie prädikative Ν in etre^c) Ν können auch durch tres, si, aussi... que intensiviert werden.52 Diese Tatsache ist deshalb bemerkenswert, weil, wie Moignet (1974) für tres und si feststellt, solche Partikeln im Französischen normalerweise nur Adjektive und Adverbien, in der Regel aber niemals V oder nichtprädikative Ν determinieren können.5^ Moignet zieht aus diesem Befund den problematischen weil nicht zwischen "Kategorie" und "Funktion" unterscheidenden - Schluß, daß die prädikativen Ν in etre(K) Ν und etre PRÄP N(FVQ keinen echten Substantivstatus hätten.

PRÄPN(FVG)

(77) (78) (79) (80)

Les traitres sont tris en vogue. (L 27.1.87, 25) [...] le bureau de Leclerc [...] semblait tris en ordre. (Esp:34) [...] le PS est omniprisent, le PC en revanche tris en retrait (L 24.11.86:2) D'ailleurs, il est tris en retard. Peut-Stre qu' il n'aplus d'essence. (Esp:25)

Das Auftreten von aussi... que bei (etre) PRÄP N(FVG) ist u.a. durch folgenden Beleg dokumentiert: (81) II έίαίί raisonnable de supposer que les sentinelles ne seraient pas aussi en alerte au bout de deux heures et demi de veille qu'au dibut de leur tour de garde. (Esp:338) Beispiele für die Intensivierung von (etre) PRÄP plus... sind:

Ν(FVG)

durch plus... que und {le + la + les}

(82) Jamais, monsieur, [...] vous n'avez έίέ plus en süretdqu'ici. (Trib:383) (83) Unisor Dunkerque supprimera 835 postes de travail [...] tout en criant 150 nouveaux emplois [...] 'plusen rapport avec la modernisation de l'usine' [...]. (L 172.11.86:10) Solche syntaktisch-distributionellen Gemeinsamkeiten insbesondere von ADJ und PRÄP N(FYG) sind expliziter Ausdruck einer gemeinsamen propositionalen Funktion, die über die Mittel, mit deren Hilfe ihre Einsetzung in diese Funktion realisiert wird, nämlich etre^ und etre(py), den Umkehrschluß nahelegen, daß beide eine identische semantische Struktur haben. Allerdings unterscheiden sie sich nicht allein darin, daß etreßc) auf den Kontext ADJ, N, PART.II spezialisiert ist, etre(ΡΓ) dagegen auf den Kontext PRÄP N(FVG), sondern auch dadurch, daß beide Verben formes de reference für verschiedene Paradigmen sind. (84.1) Marie(yj estpQ {furieuse(AW') + en colire^ryG)}· (84.2) Marie(y) devientfK) (fiirieuse^Dj) + *en cottrefpyQ)}· (84.3) {Luc + cette affaire}(x) rend^ Marie^ {furieuse0W) + *en colire^Q)}· (85.1) MarieFY) estfpv) {en colire(pyc) + fiirieusefADJ)}· (85.2) Marie(y) {se met + entre}(pv> {en colirepyG) + *fi*rieuse(ADj)}. (85.3) {Luc + cette affaire}(x) metfpy) Marie (Y) {en colire (PVG) + *fi (S2) hat nicht den Status einer syntaktisch-transformationellen Beziehung, sondern sie besagt lediglich: in der semantischen Struktur von Satz 2 ist die propositionale Struktur von Satz 1 logisch vorausgesetzt. Die einzelsprachliche Realisierung der Relation (Sj) => (Sj) hat von Stufe zu Stufe einen jeweils unterschiedlichen Status. Die Relation zwischen den Sätzen (3.1) und (3.2) sowie diejenige zwischen (4.2) und (4.3), also die Beziehung V => Nomen actionis bzw. etre ADJ => Nomen actionis ist als substantivische Derivation auf Lexikonebene geregelt. Dagegen haben Beziehungen ADJ => etre ADJ und Nomen actionis => etre PRÄP Ν(FVG) grundsätzlich syntaktischen Charakter, π Diese Aussage muß zwar dahingehend relativiert werden, daß die Frage, welche Nomina actionis die Relation Nomen actionis => etre PRÄPN(PVG) zulassen, ebenfalls im Lexikon festgelegt ist. Gegenstand der Syntax ist diese Relation jedoch insofern, als sie die Beziehung zwischen einem Wort {Nomen actionis) und einem komplexen Prädikat (etre PRÄP N(FVG)) umschreibt, welches seinerseits semantisch frei ist und regelhaft bestimmte paradigmatische und syntagmatische Umformungsmöglichkeiten oberhalb der Wortgrenze zuläßt (s.o., 2.2 ). Die Realität eines jeweils unterschiedlichen Status' der Relation V => Nomen actionis einerseits und der Relation Nomen actionis => etre PRÄP Ν(ργα) andererseits manifestiert sich darin, daß auch bei der Neubildung von FVG im Französischen die Abfolge der einzelnen Stufen (3.1) - (3.3) bzw. (4.1) - (4.4) niemals in vollem Umfang durchlaufen wird. Produktivität im Sinne von aktueller Neubildung bisher nicht existierender Konstruktionen vollzieht sich auf 10 11

Die Abkürzung δ in (4.1) zeigt die beschreibende Funktion des attributiven Adjektivs an. Nur in genau diesem Sinne können FVG wie die unter (3.3) und (4.4) als "Re-prädikativierung von wortbildenden Nominalisierungen" (Bzdega 1981:9) aufgefaßt werden.

143 der letzten Stufe, d.h. bereits lexikalisierte Nomina actionis werden dadurch, daß sie in FVG eintreten, in die prädikative Funktion überfuhrt. Dies ist z.B. der Fall bei der Konstruktion se mettre en autogestion, die Schmid (1984:15) als Beispiel für individuelle Neubildung im journalistischen Sprachgebrauch anfuhrt. Derselbe Befund gilt für in unserem Korpus enthaltene Neu- oder zli/-/joc-Bildungen wie etre en ondulation (Ec:27), etre en Education (LM 14.2.87:4), etre en cohabitation (LM 4.6.87:6), etre en variation (LC:16), etre en reconstruction (LS 13.5.89:S-5), etre en recuperation (mdl.). In ihrer überwiegenden Mehrzahl stehen die Konstruktionen des Paradigmas etre PRÄP Ν(FVC) den Sprechern als bereits fertige, usuell feste Konstruktionen zur Verfugung. Die Frage, die uns in diesem Kapitel beschäftigen wird, ist nun folgende: welche Rolle spielt die ASB der N(FVG) in der semantisch-sachverhaltsdarstellenden Struktur der FVG? Einfacher ausgedrückt: ist ein FVG wie Nqn etre en nigociation(s) avec Nqn ein Zustande- oder ein Interaktions-Prädikat? Bevor wir in 4.5. auf diese Frage zurückkommen werden, wollen wir im nächsten Schritt Argumente fur die Aufgabe der Kategorie Nomen actionis anfuhren.

4.2.

Sachverhaltsnomina ohne einzelsprachlich repräsentierte Ableitungsbasen

Zwischen der besonderen semantischen Struktur der Nomina actionis und ihrem morphologischen Status als deverbale (oder deadjektivische) Wortbildungen besteht keine eins-zu-eins-Beziehung. Es gibt N(FVG). die sich hinsichtlich ihrer semantischen Struktur wie deverbale oder deadjektivische Nomina actionis im oben skizzierten Sinne verhalten, ohne daß ihnen in der einzelsprachlichen Norm ein V oder ADJ-Prädikat entspricht. Dies ist der Fall bei competition das als N(FVG) in N(y) &tre en competition avec N(w) auftritt. La competition(s) entre Nfy) et Ν(W) in der Bedeutung 'recherche simultanee par deux ou plusieurs personnes d'un meme avantage' (PR: Competition) benennt Interaktions-Sachverhalte. Der Bedeutung dieses Nominals ist logisch-begrifflich eine verbale Sachverhaltsdarstellung vorgeordnet, die im Lexikon des Französischen nicht repräsentiert ist. N(FVG) wie compitition(N), die sich lediglich unter semantischen Gesichtspunkten wie Nomina actionis verhalten, wollen wir im folgenden als Sachverhaltsnomina bezeichnen. Sachverhaltsnomina sind wie Nomina actionis substantivische Prädikatoren in dem Sinne, daß in ihrer lexikalischen Bedeutung Sachverhaltsdarstellungen präsupponiert sind.·3 In unmarkierter Verwendung benennen Sachverhaltsnomina Zustands-, Vorgangs-, Tun-, Handlungs- und Interaktions-Sachverhalte. Als nominale Prädikatoren verfugen Sachverhaltsnomina immer über

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Competition^/) ist ein Lehnwort aus dem Englischen. Dem englischen competition^ korreliert semantisch das Verb to compete(η, das aber nicht zusammen mit dem logisch nachgeordneten Substantiv ins Französische übernommen wurde (vgl. Rey-Debove / Gagnon: Competition). Diese können jedoch nicht immer mit Hilfe stammgleicher Verben explizit gemacht werden.

144 die Fähigkeit, Leerstellen für Aktanten zu eröffnen und diesen semantische Rollen zuzuweisen. 14 Die Nomina actionis sind eine morphologisch markierte Subklasse der Sachverhaltsnomina. Nomina actionis sind immer Sachverhaltsnomina, aber nicht jedes Sachverhaltsnomen ist umgekehrt immer gleichzeitig auch ein Nomen actionis. Aus dieser Bestimmung folgt, daß die Kopfkonstituenten von Nominalen wie la greve de N(y) contre N(W), les pourparlers de N(y) avec N(wj, la competition de N&) avec N(W), denen der deverbale Status von Nomina actionis wie in la lutte de N(y) contre N(w) ( die in morphologischer Relation zu V oder ADJ stehen (vgl. (5.1) und (5.2)), unter semantischen Gesichtspunkten keine Nomina actionis sind. Dies äußert sich u.a. darin, daß sie in unmarkierter, nicht-prädikativer Distribution keine Valenz haben (5.3). (5.1) Lucfx) να mettre cette affaire(yj au clairfpvo). (5.2) Luc(x) va iclaircirfv) cette affaire(y). (5.3) *Le clairßi) de cette affaire(y) [surprendMax]. Beispiele wie die eben diskutierten, in denen semantische und syntaktische Kriterien in Widerspruch zu morphologischen Gesichtspunkten geraten, 15 legen es nahe, sich bei einer Beschreibung der semantisch-syntaktischen Struktur der FVG ausschließlich an der Valenz der N(FVG) und ihrer ASB-Struktur zu orientieren, und die Frage, ob N(FVG) formal deverbal, deadjektivisch oder nicht-abgeleitet sind, erst dann wieder zu stellen, wenn es um die Klärung der Leistung von FVG im Sprachsystem geht, also darum, welche Typen von einfachen Prädikaten den FVG einzelsprachlich jeweils gegenüberstehen.

14

15

Die Aussage "syntaktische Valenz haben nur Nominalisierungen von Verben und Adjektiven" (Heibig 1976:140, die Thesefindetsich im Wortlaut auch in Stepanova / Heibig 1981:180) ist also unzutreffend. Vgl. in diesem Zusammenhang Kolde (1989:55), der bei der Diskussion der Abgrenzung von Sachverhaltsnomina morphologische Kriterien als "gleichzeitig zu eng und zu weit" charakterisiert.

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4.3.

Fügungsnomina, die keine Sachverhaltsnomina sind

Während die N(fvg) von Konstruktionen wie etre en greve, etre en pourparlers, etre en competition als Sachverhaltsnomina unter strikt semantischen und syntaktischen Gesichtspunkten den Nomina actionis gleichwertig sind, obwohl sie weder deverbale noch deadjektivische Wortbildungen sind, liegen in Konstruktionen wie etre en feu, etre en pension nominale Konstituenten vor, die in ihrer intensionalen Struktur keine ASB-Dimension aufweisen und damit auch unter rein semantischen Gesichtspunkten keine Ähnlichkeit mit Nomina actionis haben. Sachverhaltsnomina wie greve(fj), negotiation^) oder competition^ sehen auch außerhalb von FVG in ihrem Stellenplan mindestens einen Aktanten vor, der in das in 3.4. mit.y bezeichnete Aktantensystem des Paradigmas der Funktionsverben etre, entrer / se mettre, rester, mettre und tenir eintritt. Nicht-relationale Konkreta wie feu^ oder pension^ dagegen binden in unmarkierter, nicht-prädikativer Funktion keinen Aktanten. Über die Fähigkeit, Leerstellen für valenzabhängige Mitspieler zu eröffnen, verfugen sie nur zusammen mit einem Funktionsverb. Wird der Aktant N(y) als attributive Ergänzung dieser Nomina außerhalb des FVG realisiert, so entsteht entweder eine ungrammatische Konstruktion, oder es ergibt sich eine Bedeutungsabweichung: (6) On l'a mis en pension dans un collige. (7) Hier soir notre maison itait en feu.

< = ?Sa pension. < = ?Le feu de notre maison

Nicht-relationale Konkreta wie feupj) oder pensionsind im Gegensatz zu Sachverhaltsnomina wie greveßi) und competition^ nicht schon aufgrund ihrer Bedeutung nominale "Prädikatoren", sondern werden erst dann zu Prädikatoren mit einer inhärenten Stelligkeit, wenn sie in Konstruktionen wie (6) oder (7) eingehen. Logisch-begrifflich liegt solchen Fügungen eine einstufige propositionale Funktionswechselabfolge zugrunde. (8.1)

N:

(8.2) => SVD.·

{un + du} feu Nfy) ttre enfeu.

Entgegen der in der FVG-Forschung vorherrschenden Auffassung, der zufolge die nominale Konstituente von FVG obligatorisch den Status eines Nomen actionis hat, wollen wir in diesen wie auch in ähnlichen Fällen, in denen N-Konstituenten unter semantischen Gesichtspunkten nicht als Sachverhaltsnomina betrachtet werden können, von FVG sprechen, da die VKonstituenten und die Sequenzen PRÄP Ν solcher Konstruktionen dieselben (in 3.7.4. dargelegten) distributionellen Eigenschaften haben wie die entsprechenden Konstituenten in FVG mit Nomina actionis und Sachverhaltsnomina im weiteren Sinne. Insbesondere lassen sie sich nicht durch lokales y etre(y), sondern durch pro-prädikatives l'etre anaphorisieren. Sie erfüllen damit das in 1.4. begründete zentrale Kriterium, dem zufolge Funktionsverbgefuge komplexe Nominalprädikate sind, deren verbale Konstituenten den Status von Funktionsverben haben.

146

4.4.

Zur Abgrenzung und Klassifizierung von Sachverhaltsnomina und nicht-relationalen Konkreta

Zur Abgrenzung der Sachverhaltsnomina und zur Ermittlung ihrer ASB-Kategorie stehen keine formellen Kriterien zur Verfugung. Sachverhaltsnominale sind dadurch definiert, daß sie Zustande-, Vorgangs-, Tun-, Handlungs- und Interaktions-Sachverhalte benennen. Mit dieser Tatsache hängt unmittelbar zusammen, daß sie als relationale Nomina über die Fähigkeit verfugen, Leerstellen für Aktanten zu eröffnen, denen sie semantische Rollen zuweisen, und die syntaktisch als von ihnen dependente adnominale Ergänzungen realisiert werden. Die Fähigkeit, Leerstellen fur Aktanten zu eröffnen, ist allerdings kein Spezifikum von Sachverhaltsnomina. 16 Umgekehrt gilt jedoch, daß Nomina, die über diese Fähigkeit nicht verfugen, keine Sachverhaltsnomina sind. Formelle Gesichtspunkte, wie etwa Paraphrasetests (Kolde 1989:61, Ullmer-Ehrich 1977:85ff), die Anaphorisierung verbaler Sachverhalte durch Sachverhaltsnominale (Pusch 1976, Combettes 1988),17 Einbettungsverträglichkeiten bzw. "Unverträglichkeiten mit bestimmten V wie promettre oder refuser (s.o., S.103), die Verträglichkeit mit bestimmten temporalen Adjektiven oder die morphosyntaktische Realisierung valenzabhängiger Mitspieler 18 haben nicht den Status echter Abgrenzungskriterien von theoretischem Rang, sondern begründen allenfalls heuristisch nützliche Verfahren (vgl. Kolde 1989:61).

4.4.1. Semantische Subklassen von Sachverhaltsnomina Um die Homogenität der Beschreibung zu wahren, wollen wir in den folgenden Ausführungen zur semantischen und syntaktischen Struktur der etre PRÄP N(ftg) bis auf eine Ausnahme dieselben Subklassen für Sachverhaltsnomina in N(FVG)-Position zugrunde legen, wie wir sie in 3.2. im Anschluß an Koch (1981) für V angenommen haben. Angesichts des Fehlens eindeutiger operationeller Kriterien zur Abgrenzung und Subklassifizierung von Sachverhaltsnomina kann diese Grundannahme problematisch erscheinen, allerdings nicht in dem Sinne, daß einzelne oder sämtliche der in ihr enthaltenen Kategorien unbegründet sind (daß also "zu viele" Kategorien angenommen werden), sondern derart, daß sie nicht hinreichend differenziert ist 16

17 18

So besitzen bestimmte Typen von Gattungsnamen, wie etwa die sogenannten Sachverhaltspartizipanten (Kolde 1989:59), ebenfalls die Fähigkeit, Leerstellen für Aktanten zu eröffnen. Sachverhaltspartizipanten dienen der Referenz auf Individuen, denen sie die Eigenschaft zuschreiben, an bestimmten Sachverhaltstypen auf fur sie konstitutive Art und Weise beteiligt zu sein. Typische Sachverhaltspartizipanten sind beispielsweise die Nomina agentis, welche in der Lage sind, genitivisch realisierte Valenzpartner zu regieren, wie le directeurß/j du journal local(E) (Tra2:106), un danseurßi) de twistß) (Men:230), un distributeur^i) de tractsß) (OR:353). Die Valenz der Nomina agentis rührt daher, daß weitere der an solchen Handlungs-Sachverhalten beteiligten Mitspieler (etwa die als E2 realisierten °Vorgangs-Träger) als Komplemente des Nomen agentis realisiert werden. Vgl. auch Anm. 9 in diesem Kapitel. Eine ausfuhrliche Darstellung des Zusammenhanges zwischen semantischen Aktantenrollen (die ja ihrerseits Hinweise auf die ASB des Nomens liefern) und der morphosyntaktischen Aktantenrepräsentation im Englischen bietet Mackenzie (1983), der damit Überlegungen von Dik (1978) (zuletzt Dik 1989:209ff.) zu den entsprechenden Verhältnissen bei einfachen V fortfuhrt.

147 (d.h. "zu wenig" Subklassen vorsieht). Diese Sachlage macht es notwendig, die einzelnen ASBKategorien und ggfs. semantische Subklassen innerhalb dieser Kategorien zu skizzieren. 1) Interaktions-Sachverhaltsnomina sind Substantive, welche semantische Rollen fur (aktuelle bzw. aktuelle und potentielle) °Interagentes eröffnen (s.o., 3.2.), wie z.B. mes@) entrevueS(N) avec le ministre de l'interieurß) (Nu 1:354), un arrangement^ avec la direction de la Regieß) (L 3.11.86:13), la negotiation^ sur le contrat gazier@) [...] avec la Norvegeß) (L 11.11.86:13), des reglements de compte^ entre gangs rivauxß) (L 11.11.86:21). Interaktions-Nomina sind immer auch Handlungs- und Vorgangs-Nomina. Funktionsverbgefiige mit lnteraktions-N(FVG) liegen vor19 bei Nqn etre en nigociation(s) avec Nqn, Nqn etre en pourparlers avec Nqn, Nqn etre en conversation avec Nqn, Nqn etre en discussion avec Nqn, Nqn etre en correspondance avec Nqn, Nqn etre en competition avec Nqn, Nqn etre en concurrence avec Nqn, Nqn etre en communication avec Nqn, Nqn etre en consultation avec Nqn, Nqn etre en dispute avec Nqn, Nqn entrer en arrangement avec Nqn, Nqn etre en lutte avec Nqn, Nqn etre en rebellion contre Nqn. 2) Tun- und Handlungs-Sachverhaltsnomina20 eröffnen semantische Rollen für "Tuender- und "Agens- Mitspieler, etwa I'mvasion^) du Koweitß) par Saddam Husseinß) (L 21.9.90:2), la mise en faillite^ de la Manila Bankpj par la Banque Centrale des Philippinesß) (L 18.6.87:11), la däposition^ du lieutenant-colonel Northß) (LM 11.7.87:1), leurßj sanglant assaut^) (OR: 104). Funktionsverbgefüge mit Tun- oder Handlungs-Nomina liegen vor bei Nqn etre ά la recherche de Nqc, Nqn etre en action, Nqn etre en observation} devant N, Nqn etre en contemplation devant Nqc, Nqn etre dans l'attente de N, Nqn etre en contravention ά Nqc, Nqn etre en marche; quelque part, Nqn etre en preparation ι de Nqc, Nqn etre en reaction contre Nqc, Nqn etre ά l'ecoutei de Nqc, Nqn etre au service de N, Nqn etre en fuite devant N. Tun- und Handlungs-Sachverhaltsnomina sind immer gleichzeitig auch als Vorgang kategorisierbar. Durch den Ausfall der "Tuender- und "Agens-Aktanten können solche Nominale systematisch zu Nur-Vorgängen "herunterkategorisiert" werden: l'annexion^ du Koweitß) (L 25.9.90:3), sonß) arrestation(N) (OR:488), la creation^ du quotidien 'De Morgen'ß) (L 8.11.86:10). Funktionsverbgefüge mit solchen von Handlung zu Nur-Vorgang "herunterkategorisierten" N(FVG) liegen vor in Ν etre en agitation, Nqc etre en discussion2, Nqc etre en application, Ν etre en observation, Nqn etre en accusation, Nqc etre en construction, Nqc itre en fabrication, Nqc etre en experimentation, Nqc etre en preparation, Nqc etre en vente. 3) Vorgangs-Sachverhaltsnomina sind Nomina, in deren Bedeutung das Element eines Zeitverlaufes enthalten ist, wie z.B. la perte(S) de ce brave Maiamoreß) (Frc:171), l'heureux deroulement(N) du rendez-vousß) (OR:525), la disparitionß/) du journal 'Pout'β) (L 3.11.86:10), la chute^ du dollarß) (QP 8.6.87:13). Funktionsverbgefüge mit VorgangsN(FVG) sind etwa Nqc etre en baisse, Nqc etre en chute, Nqc etre en culbute, Nqc etre en 19 20

Wenn Aktanten mit dem Merkmal [+ menschlich] in die betreffenden Konstruktionen eintreten. Bei der weitergehenden, zusätzlich zwischen verschiedenen Aktionsarten differenzierenden Subklassifizierung der Handlungs-Nomina in "Akte", "Aktionen" und "Aktivitäten", wie sie Ullmer-Ehrich (1977:79ff., 119ff.) vorschlägt, erscheint uns zwar insbesondere der Sonderstatus der "Aktivitäten" begründet. Er trägt zur Beschreibung der FVG jedoch wenig bei.

148 circulation, Ν etre en fermentation, Ν etre en ebullition, Nqc etre en marche2, Nqc etre en eruption, Nqc etre en effervescence. Von einer weiteren, zwischen verschiedenen Aktionsarten differenzierenden Subklassifizierung wollen wir im folgenden absehen.21 Dagegen erscheint uns eine Einteilung der Vorgangs(d.h. der Nur-Vorgangs, Tun-, Handlungs- und Interaktions-) Sachverhaltsnomina in Zustands-Änderungen vs. Nicht-Zustands-Änderungen gerade im Bereich der Nominalvalenz von besonderer Bedeutung zu sein, da Zustands-Änderungs-Nomina häufig "sortenambig" bezüglich einer Kategorisierung als Zustände sind (s.u., 4e, S.149). 4) Zustands-Sachverhaltsnomina sind alle Sachverhaltsnomina, die nicht mindestens als Vorgang klassifizierbar sind, in denen also das Element eines Zeitverlaufes nicht enthalten ist. Zustand ist, analog zu den Verhältnissen bei verbaler Valenz, eine unmarkierte Restkategorie. Dementsprechend umfaßt diese Kategorie eine Vielfalt semantischer Subklassen, von denen nur einige "Zustände" in der umgangssprachlichen Bedeutung des Wortes sind. 4a) Zustandsbenennungen im engeren Sinne22 sind z.B. leur@j presence^ au Marocß) (Pau:ll), la peurpjj des enfantSß), la colere^j des dieuxß), leurß) confiance^ dans le marechal Ρetain φ (Nul:55), saß) connaissancepy de la langue allemandeß) (OR:408). Funktionsverbgeflige mit Zustandsbenennungen im engeren Sinne sind beispielsweise Nqn etre en colere, Ν etre en emoi, Nqn etre dans Vignorance de Nqc, Nqn etre en possession] de Nqc, Ν etre a l'ecart de N, Nqn etre dans 1'embarras, Ν etre en equilibre, Ν etre en liberie. 4b) Eigenschaftsbenennungen23 liegen vor in l'iligance^ de la presentationβ) (LM 4.11.86:2), I'importance^ de cette missionß) (Nau: 134), sonß) independance^ (Ani:331), la vigilance (ψ de la commissionß) (LM 23/24.11.86:9), la cruaute^ [...] des rebellesß) (L 20.9.90:35), la justesse^ de son diagnosticβ) (Ely:352). Funktionsverbgeflige mit eigenschaftsangebenden N(FVG) sind beispielsweise Nqn etre en beaute, Nqc etre en evidence, Nqn etre en folie. Aus Gründen, die wir weiter unten darlegen wollen, prädizieren solche FVG niemals inalienable, essentielle Eigenschaften (s.u., 4.6.). 4c) Kategorialbenennungen, welche zur "Kategorialisierung von Mengen und Größen" sowie von "mehr oder weniger abstrakte[n] kategoriale[n] Wertung[en]" dienen (Teubert 1979:84), sind z.B. le systeme (s) des aspectsβ) dans les langues slaves(A), la surprise (S) de reconnoitre madame Theodoreß) (Robert: Aise), la questionQQ de l'avenir du premier secretaire β) (L 2.11.86:7). Solche Ausdrücke präsupponieren Prädikationen vom Typ (9) Les aspects dans les langues slaves forment un systime. (10) Reconnoitre Madame Thiodore est une surprise. (11) L 'avenir du premier secritaire est une question. Funktionsverbgeflige mit entsprechenden N(FVG) sind beispielsweise Konstruktionen wie Ν etre en danger de V(j„ß, mettre Nqn au defi de V(j„ß, etre en droit de V(jnj), Nqn etre dans l'impossibilite de V(i„ß, etre dans la necessitei de V(jnß, Nqn etre dans l'obligation de V(j„ß, 21 22 23

Für die von Ullmer-Ehrich (1977:118ff.) vorgeschlagene Einteilung in "Ereignisse" ("im engeren Sinne"), "Prozesse" und "Vorgänge" gilt, was in Anm.20 festgestellt wurde. Nach Teubert (1979:83). Vgl. Teubert (1979:84).

149 Nqn etre en pouvoir/ de V(jnß, V(j„ß etre dans le pouvoir2 de Nqn, deren Nominalkonstituenten sich paraphrasieren lassen als Vfinj) etre {un danger + un deft + une obligation + une necessite} pour Nqn, V(j„ß etre {le droit + le pouvoir} de Nqn. 4d) Qualifizierende M e n g e n b e n e n n u n g e n 2 4 liegen vor in une reserve^ de 2000 litres β), un deficit (N) d'exportationsß), une difference^ de deux kilos β), une marge ^ de 10.000 votes β), le rang^ des elevesßy Solche Nominale präsupponieren Prädikationen wie die folgenden. (12) 2000 litres constituent la riserve. (13) Les exportations prisentent un deficit. (14) Les έΐένεε forment des rangs. Funktionsverbgefuge mit qualifizierenden Mengenbenennungen sind beispielsweise Ν etre en ligne, Ν etre en nombre, Nqc etre en reserve, Nqn etre en rangs, Nqn etre en troupe. 4e) Ergebnisbenennungen 25 sind typischerweise Nominale, welche die End-Zustände von Zustands-Änderungen benennen, z.B. l'alignementßi) des pierres ß), l'epuisement^ du solßj usw. Für Zustands-Änderungs-Sachverhaltsnomina gilt, daß sie in hohem Maße "sortenambig" (Kolde 1989:51) sind. Damit ist gemeint, daß in bestimmten Verwendungen aufgrund fehlender kontextueller Informationen (etwa der Weglassung von "Agens- oder °Interagens-Mitspielern) nicht entschieden werden kann, ob das betreffende Nominal als Vorgang (wie in (15.1)) oder als Zustand (wie in (15.2)) zu interpretieren ist.26 Vgl. (15.1) L 'alignementj des pierres (par Luc) [a pris deux heures]. (15.2) L 'alignement2 des pierres [est parfait], Funktionsverbfügungen mit Ergebnisbenennungen in N(FVG)-Position sind Ν etre ά l'abcmdon, Nqn mettre Nqn en arrestation, Ν mettre Ν ά l'alignement, Nqn mettre (un cheque) ä l'encaissement, Nqn etre dans l'epuisement, Nqn mettre (un projet) ά execution, Nqc etre en pulverisation(s). 4f) Benennungen interaktiver Zustände sind Zustandsbenennungen, die sekundäre Eigenschaften von Interaktions-Sachverhaltsnomina aufweisen.2? Beispiele für diese Gruppe sind les relations(N) de Trepperß) avec les deux soeursßj (OR:498), l'equilibre^) entre Mosern et Washingtonβ), Γ accord(ty entre les cinq membres du Conseil de Securiti des Nations Uniesß) sur la situation du Golfeß) (L 20.9.90: 17). Bei den betreffenden Nominalen handelt es sich um Zustands-Benennungen, weil in ihnen das Element eines Zeitverlaufes nicht unmittelbar enthalten ist. Eigenschaften von Interaktions-Nomina weisen sie insofern auf, als ihre Aktanten offen sind für eine Interpretation als (symmetrische) "Interaktionspartner / => 24 25

26

27

Vgl. Teubert (1979:84). Wir verwenden diesen Terminus anders als Teubert (1979:82), der darunter Nomina acti, d.h. Konkreta zu verstehen scheint. An dieser Stelle sehen wir von der zusätzlichen Möglichkeit ab, solche Ν als Gattungsnamen im Sinne von Nomina acti zu interpretieren. Vgl. etwa la solutionj de ce problime par Luc [a pris deux heures] und la solution2 de ce problime [est sur la table]. Diese Überlegung geht insofern über den von Koch (1981) übernommenen theoretischen Rahmen hinaus, als dort °Interaktionspartner immer nur als Aktanten von Interaktions-V vorgesehen sind, die ihrerseits eine markierte Subkategorie der Handlungs-V darstellen.

150 "Interagentes und deren bevorzugte morphologische Realisation als entre NP bzw. avec NP aufweisen. Außerdem lassen sich die betreifenden Nominale als [+ intentional] herbeigeführte und [+kontrollierte] Zustände interpretieren und durch Prädikate vom Typ (16) - (18) paraphrasieren. (16) Trepper entretient des relations avec les deux soeurs. (17) Moscou et Washington maintiennent entre eux un (έίαί d') äquilibre. (18) Les membres du Conseil {concluent + entretiennent} un accord. Für den Handlungs-Charakter der betreffenden Sachverhalte spricht ferner daß die fraglichen Nominale eine Einbettung in Verbalphrasen mit refuser^ oder promettre(y) zulassen.2^ (19) Luc a {promis + refiisi){des contacts + un accord} avec Marie. Funktionsverbgefuge mit interaktiven Zustandsbenennungen treten häufig auf: Ν etre en accord avec N, Nqn etre d'accord avec Nqn, Nqn etre en conflit avec Nqn, Ν etre en contact avec Ν, Ν etre en contradiction avec Ν, Ν etre en contraste avec Ν, Ν etre en corrilation avec Ν, Ν etre en correspondence avec Ν, Ν etre en desaccord avec Ν, Ν etre en liaison avec Ν, Ν etre en opposition ά Ν, Ν etre en relation avec N, Nqn etre en ßons + mauvais} termes avec Nqn.

4.4.2. Semantische Subklassen von nicht-relationalen Konkreta Ahnlich wie FVG mit Zustands-Sachverhaltsnomina bringen etre PRÄP N(FVG) mit N(FVG> die keine Sachverhaltsnomina, sondern Konkreta sind, eine breite Vielfalt semantischer Relationen zum Ausdruck. Den N(FVG) ist dabei lediglich gemeinsam, daß sie obligatorisch artikellos verwendet werden. Die wichtigsten Typen solcher Relationen sind die folgenden. a) Materielle Konsistenz, z.B. Nqc^ etre en {bouillie + laine + en marbre}, Nqc^) {etre + tomber} en pousstäre, N(x) mettre Nqcfy) en {cendres + marmelade}. Die Relation, die die fraglichen Konstruktionen zum Ausdruck bringen, läßt sich paraphrasieren als *N(y) besteht aus N(FVG)'· Als prädikative Ν kommen für diese Subklasse nur (artikellose) Kontinuativa in Frage. b) Erscheinungsform, z.B. N^j etre en {bobines + couleur(s) + germe + surplomb}, (Ble)fy) etre en herbe, N Solche Konstruktionen weisen die Besonderheit auf, daß ihr °Agens-Mitspieler entweder als (formal vom FV regierte) E l oder aber lediglich als freie Angabe vom Typ chez N, aupres de N, grace ά Ν realisiert werden kann. Dieser Befund ist deshalb kurios, weil solche °Agens-Mitspieler als Aktanten des Sachverhaltsnomens außerhalb der N(FVG)-Position bevorzugt als par Ν realisiert werden. Genau diese morphosyntaktische Realisierungsform ist für die Zweitaktanten der etre PRÄP N(FVG) jedoch immer ausgeschlossen: (44.1) La priparationfH) du nouveau prototype par Renault ßj [...]. (44.2) Le nouveau prototype est en priparationfFVG) ehez Renault(4). (44.3) *Le nouveau prototype est en priparation^pyG) par Renault 40

41

Semantisch unterscheidet sich die Anaphorisierung durch en von deijenigen in Form eines Possessivpronomens dadurch, daß durch en realisierte Mitspieler in der Regel [- individuiert] und [agensfähig] sind. (Weitere Bedingungen für das Auftreten von en vgl. Bouchard 1987:34ff.). Die Möglichkeit der Anaphorisierung in der Form Luc est en danger de trop boire et Max(y/a) l'est de parier trop fort(w/t,) deutet daraufhin, daß auch die mit w/b indizierte Infinitivphrase Aktant des gesamten, von der Pro-Form l'Stre gemeinsam vertretenen Prädikats etre en danger ist.

162 Die Präposition par ist eine auf die Realisierung von "Agentes von Handlungs-Sachverhaltsnomina spezialisierte morphosyntaktische Form.42 Die Tatsache, daß par Ν als morphosyntaktische Realisierungsform eines vom Substantiv in N(FVG) ererbten Mitspielers ausgeschlossen ist, obwohl dieser bei demselben Substantiv außerhalb von N(FVG) als par Ν realisiert werden kann, läßt sich ursächlich auf den Umstand zurückfuhren, daß etre PRÄP N(FVQ) aufgrund ihrer besonderen (dreidimensionalen) semantisch-sachverhaltsdarstellenden Struktur primär Zustands-Prädikate sind, in denen, wie oben beschrieben, die ASD von etrefpv) und nicht diejenige des N(FVG) dominiert. Die Tatsache, daß die durch das Funktionsverb für das gesamte komplexe Prädikat festgelegte ASD-Kategorie eine bestimmte (an die Realisierung einer bestimmten semantischen Rolle gebundene) morphosyntaktische Form des Zweitaktanten blokkieren kann, impliziert aber ihrerseits, daß der betreffende Mitspieler, wie das gesamte Prädikat, (rollen)semantisch primär vom FV itre und erst in zweiter Linie vom N(FVG> bestimmt wird. 43 Aus diesem Grund wollen wir annehmen, daß auch die möglichen Zweitaktanten der etre PRÄP N(FVG) generell in dreidimensionale Rollenkombinationen eintreten. Liternι est en possession Τ —

I

ae ce vetoΜ de νέΐο^,/b) "Zustands-Träaer 'Zustands-Träger.

^ ^

ι

-°Zustands-Träger -"Verfügungs-Gegenstand Abb. 50

Eine dreidimensionale semantische Rollenkombination gilt umgekehrt auch für (33), wo N(A) und nicht N(b) in die Position des Zweitaktanten eintritt. Levilo(y/b) est en possession Τ

I

ae L.uC( de Luc^u) w/a) "Zustands-Träger

-"Zustands-Träger •

-Verfügungs-Person

— ^ ^ '

'

' Abb.51

42

43

Allerdings bedeutet die Tatsache, daß der Mitspieler eines S achverhaltsnomens nicht als par NP realisiert werden kann, nicht zwingend, daß kein °Agens-Mitspieler vorliegt. Wird beispielsweise neben dem °Agens-Aktanten ein weiterer Mitspieler des Sachverhaltsnomens realisiert, und erfolgt dessen Realisierung in Form einer (nicht-genitivischen) PP, so muß der "Agens genitivisch realisiert werden (*la riponse ά ma question par lui; sa riponse ά ma question). Als par NP lassen sich umgekehrt auch nicht-agentivische adnominale Aktanten und Zirkumstanten realisieren, wie z.B. Richtungs-, Umstands- und Mengenadverbiale (un saut par la fenStre, un voyage par mer, un achat par douzaines). Solche par NP unterscheiden sich formell von °Agentes u.a. dadurch, daß sich letztere häufig auch genitivisch realisieren lassen, wenn sie als einziger Mitspieler realisiert werden (la fabrication du prototype par Renault; la fabrication de Renault). Die hier dargestellte Restriktion betrifft wohlgemerkt nicht die Realisierung von "Agens-Mitspielern als solchen, sondern ihre Realisierung als par Ν, weil diese auf die Realisierung von °Agens-Mitspielern spezialisierte morphosyntaktische Form mit Zustands-Prädikaten unvereinbar ist. Dagegen können vom N(FVG) dependente °Agentes, die durch Stre(FV) als °Zustands-Agentes spezifiziert werden in der Form adnominaler genitivischer NP oder, sofern es sich um °Interagentes handelt, als entre Ν realisiert werden (da beide Formen mit Zustands-Prädikaten vereinbar sind), wie in ce pays est sous contrdle des giniraux oder in cette affaire est en discussion entre Luc et Marie.

163 4.7.3. Etre PRÄPN(FVG) als usuell beschränkter Konstruktionstyp Die semantische und syntaktische Struktur der etre PRÄP N(FVG) der Strukturtypen 1 bis 3 läßt

sich im Rahmen der oben getroffenen Aussagen zu lexikalischer Dependenz, syntaktischer Rektion und semantischer Rollenzuweisung als Bildungsregel folgender Art beschreiben: Wird ein etre PRÄP N(FVG) der Strukturtypen 1 bis 3 gebildet, tritt also ein Sachverhaltsnomen in die Position N(PVG) ein, so erbt das etre PRÄP N(PVG) dessen Aktantenstruktur, um sie syntaktisch

und semantisch zu modifizieren. Dabei tritt in der Regel (i) ein beim betreffenden Sachverhaltsnomen genitivisch realisierter Aktant in die El-Leerstelle des etre PRÄP Ν(FVG) ein, während

(ii) weitere genitivische Ergänzungen des Sachverhaltsnomen beim FVG entweder als weiterhin von N(FVG) regierte Genitivmitspieler oder als formal vom FV regierte E6-Mitspieler realisiert werden, und (iii) mögliche weitere vom Element in N(FVG) dependente präpositionale Mitspieler ihre Präposition beibehalten, sofern sie nicht, wie /w-NP-Aktanten, mit der semantischen Struktur der etre PRÄP N(FVG) inkompatibel sind und deshalb aus dem Stellenplan der Fügung herausfallen. Die Tatsache, daß etre PRÄP N^VG) usuell feste Konstruktionen sind, bedeutet in diesem Zusammenhang, daß zwar einerseits, wie unter (i) festgestellt, hauptsächlich genitivische Mitspieler des Sachverhaltsnomens in die El-Leerstelle des etre PRÄP Ν(FVG) eintreten, daß aber

umgekehrt keineswegs jeder genitivische Mitspieler des Nomens als El des FVG realisiert werden kann. Liegen Sachverhaltsnomina mit mehr als einem genitivisch realisierbaren Mitspieler vor, so entzieht sich die Frage, welcher von diesen in die El-Leerstelle des FVG eintritt, jeder systematischen Vorhersagbarkeit. (45) quite (de Luc(ay, d'un appartementßj) (45.1) Luc(y/a) est en quite d'un appartement^//,). (45.2) *Cet appartementfy/b) est en quite. (46) vente (de Max(ay, d'une maisonßj) (46.1) *Max(y/a) est {en + dans la} vente (de la maison^/bj). (46.2) La maison/y/b) est en vente.

Die Konstruktionen (32) und (33) stehen für den dritten denkbaren Fall, daß beide Genitiv-Ergänzungen des Ν in die y-Leerstelle des etre PRÄP N(FVG) eintreten können. Zur Regel (i) gibt es in unserem Material verhältnismäßig wenige Ausnahmen. Gegen (i) verstoßen beispielsweise die Konstruktionen N(y/a) etre en danger de(pvc) Vflnß, ^(y/a) etre dans l'impossibiliti de(jryG) V(lnß- Die Subjekt-Aktanten dieser Konstruktionen werden außer-

halb der FVG nicht genitivisch sondern als präpositionale Epour-Mitspieler des betreffenden Sachverhaltsnomens realisiert (Je danger {*de + pour} N(y/a) de V(inß, l'impossibiliti {*de + pour} Nfy/a) de V(injj)· Die Bildung von komplexen Prädikaten wie etre en danger de^vG) V(inJ)> etre dans l'impossibilite de^vc) V(lnj), in denen keine Idiomatizität in semantischem Sinne

vorliegt, werten wir als Lexikalisierung einer syntaktisch-distributionellen Irregularität.

164 4.7.4. £tre PRÄP N(FVG) o h n e Sachverhalts-Ffigungsnomina

Für etre PRÄP N(FVG)> deren N(FVG) keine Sachverhaltsnomina sind, gilt, daß der y-Aktant anders als bei FVG der Strukturtypen 1 bis 3 nicht vom Nomen in FVG ererbt ist, sondern erst entsteht, wenn das Ν in die N(FVG)-Position eintritt. Im Gegensatz zu FVG mit Sachverhaltsnomina in N(FVG> sind bei etre PRÄP N(FVG) des hier interessierenden Strukturtyps die semantischen Dimensionen der ASD und der KSB in eindeutiger Weise auf die Konstituenten FV und N(FVG) verteilt. FV ist alleiniger Träger der Kategorien der ASD des Prädikats, N(FVG) repräsentiert ausschließlich dessen KSB. Die Struktur dieser FVG ist, wie die von etre ADJ, etre Ν oder von Vollverben, lediglich zweidimensional. Der Rollenaktant y solcher Konstruktionen, der ja nicht als attributive Ergänzung des Ν in nicht-prädikativer Funktion auftreten kann, wird durch N(FVG) ausschließlich in der Dimension der KSB spezifiziert, durch FV dagegen, genau wie in FVG der Typen 1 bis 3, in der Dimension der ASD.44 La

est en feu 'Zustands-Träger °K Abb. 52

4.7.S. Kausative Konstruktionen der Form {mettre + tenir} PRAP Ν(fvg) Die bisher dargestellten besonderen Dependenz-, Rektions- und Rollenzuweisungsverhältnisse gelten auch dann, wenn andere FV-Konstituenten als Strefpv) auftreten. Dabei ergibt sich fur mettre(fy) und tenirψν) allerdings die Besonderheit, daß mit N(X) in der Rolle °Kausator ein weiterer Aktant ins Spiel kommt. (47)

Cette affaire(x) a mis Luc(y/a) en possession de ce νέ!θ(ν/ι,).

Im Unterschied zum Aktanten in der y-Leerstelle des FV ist der Mitspieler in N(X) lexikalisch dependent von FV und nicht vom Substantiv in N(FVG)· Er wird syntaktisch regiert von mettre (fr) und erhält eine rollensemantische Spezifikation ausschließlich von mettre (FV)· Während das formale Rektionsverhältnis zwischen mettre (fv) und N(X) unmittelbar evident ist, bedürfen die beiden anderen Aussagen einer Erläuterung. In bestimmten Fällen scheint es nämlich, als sei der Mitspieler in N(X) tatsächlich lexikalisch dependent vom Nomen in N(FVG) Dies ist immer dann der Fall, wenn N(X) referenzidentisch mit einem lexikalisch vom N(FVG> dependenten Mitspieler ist (in (48.4) mit N(a)):

44

Dieses Modell ist umgekehrt eine theoretische Erklärung fur die Tatsache, daß eine Reihe von Ν unter ihnen N(FVG) ohne den Status von Sachverhaltsnomina -, je nachdem, ob sie in prädikativer oder nicht-prädikativer Funktion auftreten, eine unterschiedliche Wertigkeit haben. In Konstruktionen wie ία maison est en feu oder Luc est tris professeur kommen, anders als bei N, die Sachverhaltsnomina sind, erst durch FV bzw. kopulative Verben Teilrollen in der Dimension der ASD ins Spiel, die im Ν als solchen nicht angelegt sind (s. dazu auch Kapitel 3, Anm. 45).

165 (48.1) (48.2) (48.3) (48.4)

Le contröle ^ du marchiß)par cette entreprise(a) Le contröleßi) de cette entreprise(aj sur le marchifi) Le marchi(y/b) {est + se trouve} sous (le) contröle de cette entreprise(v/a). Cette entreprise(X) a mis le marchi^/b) sous son(w/a) contröle.

Der Eindruck, der N(X)-Mitspieler sei genau wie der N(y)-Aktant lexikalisch von contröleßi) ererbt, hält jedoch einer genaueren Überprüfung nicht stand. Es zeigt sich nämlich, daß im speziellen Falle von Konstruktionen wie Nfy/b) etre sous LE {contröle

+ responsabilite

+

direction

+ influence + ...} de N(w/a) mit semantisch [+ kontrollfähigen] N(a)-Zweitaktanten der N(X)Mitspieler mit der Rolle °Kausator koreferent mit N(a) sein kann, aber nicht sein muD. Daneben läßt die x-Leerstelle von mettrefpy) Nomina zu, deren dependentielle Unabhängigkeit von contröle (χ) unmittelbar einsichtig ist. (48.5) La crise du yen(x) a mis le marchi^/b) sous le contröle de cette entreprise(w/a).

4.7.6. Zusammenfassung Unter dem Gesichtspunkt des Verhältnisses von lexikalischer Dependenz, morphosyntaktischer Rektion und semantischer Rollenzuweisung ergibt sich folgendes Bild für die möglichen Leerstellen des Paradigmas der etre PRAP N(FVG)

FV

syntakt. Rektion

FV

semant. Rollenzuweis.

FV

(W)

(*>

lexikal. Dependenz

N

N

N

N

(FVG)

FV

N

N(FVG) ' FV FV/

FV/ N

(FVG)

(FVG)

N

(FVG)

Abb.53

4.8.

Semantisch-sachverbaltsdarstellende Subklassen der itre

PRÄPN(FVQ

In Abhängigkeit von der Kategorisierbarkeit des Elementes in der Position N(fvg) lassen sich die etre PRÄP N(fvg) in Subklassen einteilen. Aus der Kombination der ASD2 des Sachverhaltsnomens und der A S D j der F V etre, entrer, se mettre, rester, mettre und tenir in F V G er-

geben sich für FVG dreidimensionale Kombinationen semantischer Aktantenrollen.

166 4.8.1. Strukturtyp 1: FVG mit Zustands-Sachverhaltsnomina Etre PRÄP N(FVG) mit Zustands-Sachverhaltsnomina wie etwa Nqn etre en possession de Nqc stellen einen ohnehin als Zustand spezifizierten Sachverhalt zusätzlich als Zustand dar. Entsprechend wird der Aktant N(y/a), der schon als N(a)-Mitspieler des Sachverhaltsnomens possession^ als °Zustands-Träger spezifiziert ist, zusätzlich als "Zustands-Träger kategorisiert. Für diesen Aktanten ergibt sich somit eine komplexe ASD-Rollenkombination "ZustandsiZustands2-Träger. In eine komplexe Rollenkombination °Zustandsi-Zustands2-Träger tritt auch der Zweitaktant N(W/b) ein. Von N(y/a) unterscheidet sich dieser Mitspieler dadurch, daß ihm von possession^ eine andere KSB2-Rolle zugewiesen wird. Bei anderen FV als etre^y) ändern sich für N(y/a) und N(W/b) lediglich die ASDi-Spezifiziemngen. Beide Mitspieler sind bei jedem anderen FV als e t r e ^ als °Zustands-Änderungsi-Zustands2-Träger kategorisiert. Das N(FVG) selbst ist lediglich in einer einzigen Dimension spezifiziert und damit Träger der defizitären semantischen Rolle °Zustand (s.o., S.llSf.), da in etrefpv) keine Dimension der KSB angelegt ist. Ebenso ist der "Kausator N(X) auf keine Dimension der KSB bezogen. Für das Paradigma Nqnfy/a) {etre + ...} en possession de Nqc^/b) mit dem zweiwertigen Zustands-Sachverhaltsnomen possession(s) (de Nqn(a), de Nqc β)) ergibt sich folgende Struktur von möglichen semantischen Rollenkombinationen:45

45

Wir abstrahieren dabei von der Tatsache, daß das Schema Konstruktionen vorsieht, die gegen die Norm des Französischen verstoßen, wie etwa *N(X) tenir Nqrt(y/a) en possession de Nqc^/b).

167

ASDj:

N

N

«

(y)

N

(FVG)

N(w) °Zustands-Träger1

etre

0

°Zustands-Träger1

'Zustand

entrer/ semettre

0

"ZustandsÄnderungs-Träger·)

°End-Zustand

"ZustandsÄnderungs-Träger1

rester

0

"ZustandsÄnderungs-Träger-i

'Zustand

"ZustandsÄnderungs-Träger-i

"ZustandsÄnderungs-Träger·,

"End-Zustand

'ZustandsÄnderungs-Träger·)

"ZustandsÄnderungs-Träge^

"Zustand

'ZustandsÄndemngs-Träge^

mettre

"Kausator/Tuender => °Agens1

tenir

"Kausator/Tuender => *Agens-|

0

"D~ C

co

V>

U.N « ~

ASD 2 °Zustands-Träger 2 .*^i Nqn ( a ) KSB2:°Verfügungs-Person2

O possession (Verfügungs-Zustand)

8 !

a £

- A S D 2 : °Zustands-Träger2-

:>—I Nqc( b ) • KSB2:°Verfügungs-Gegenstand2-

Abb.54

4.8.2. Strukturtyp 2: FVG mit Vorgangs-Sachverhaltsnomina Von zweidimensionalen Vorgangs-Prädikaten wie fermenter°lnteragens,

'Zustand

mettre

"Kausator, / "Tuender, => "Agens,

"Zustands-Änderungs-Träger,

°End-Zustand

tenir

"Kausator, / "Tuender, => 'Agens,

"Zustands-Änderungs-Träger,

'Zustand

O

-ASD°Agens2>

=>°lnteragens2

3

N

(a)

-KSB

0 Abb.56

FVG mit FV rester, deren N(FVG) Tun-, Handlungs- oder Interaktions-Sachverhalte prädizieren, verhalten sich analog.

170 Die systematische Offenheit bezüglich der durch das N(FVG> eingeführten ASD-Kategorien und semantischen Aktantenrollen ist eine spezifische Eigenschaft der FV entrer / se mettre und rester. £tre-FVG dagegen stellen den N(y/8)-Aktanten der Fügung immer primär als "NurZustands-Trägeri dar, auch wenn er durch N ( f v g ) als "Tuender, "Agens oder °Interagens spezifiziert ist. Bei mettre (ργ)- und fe/i/r^-FVG entfällt die kategoriale Offenheit des N(y/a)Aktanten ebenfalls. Die eben geschilderten Verhältnisse sind in Abb. 56 zusammengefaßt.

4.8.4. Strukturtyp 1 / 3 : FVG mit interaktiven Zustands-Sachverhaltsnomina FVG, deren N(FVG)-Konstituenten als interaktive Zustands-Sachverhaltsnomina kategorisierbar sind (s.o., S.149f.), verhalten sich ambivalent. Einerseits bilden sie eine Subklasse des Strukturtyps 1, denn ihre N(FVG)-Konstituenten sind Zustands-Sachverhaltsnomina. Andererseits verhalten sie sich auf entrer- / se mettre-Stufe insofern wie FVG des Strukturtyps 3, als ihre N(y/a)-Aktanten, besonders wenn sie das Merkmal [+ menschlich] aufweisen, "VorgangsTräger mit systematischer Offenheit für eine Weiterkategorisierung zu "Tuender / "Agens / "Interagens sind. (51) Apris cette rencontre qui eut lieu vers la mi-janvier, personne ne put riussir a entrer en contact avec la femme de Calzolari. (Mas:56). Daß es sich dennoch um Zustands-Sachverhaltsnomina handelt, wird daran deutlich, daß die betreffenden FVG sich ohne jede Ambiguität wie Konstruktionen des Strukturtyps 1 verhalten, wenn ihre N(y/a)-Mitspieler nicht über das Merkmal [+ menschlich] verfugen. (52) {Par hasard + *pour mettrefinä l'expirience} les deux substances sont entris en contact. Für die Annahme einer Klasse von etre PRÄP N(fvgj mit interaktiven Zustands-N(FVG> die einerseits zwar Zustände darstellen, andererseits aber in enger semantischer Affinität zu Interaktions-Sachverhaltsdarstellungen stehen, spricht auch ein weiteres Argument, das logisch unabhängig ist von den bisher dargelegten Überlegungen. Das Auftreten des Funktionsverbs entrer(ργ) ist normalerweise usuell festgelegt, d.h. bei FVG sämtlicher semantisch-sachverhaltsdarstellender Strukturtypen kann entrer(FV) entweder erscheinen oder blockiert sein, ohne daß sich dafür irgendein auf die semantische Struktur des Elementes in N(FVG) rekurrierendes regelhaftes Muster beschreiben ließe. Dagegen kann entrer(FV) immer sowohl in Konstruktionen mit Interaktions-N(FVG) als auch in FVG auftreten, deren N(FVG) interaktive Zustände darstellen. In unserem Material ist es in FVG mit Interaktions-Sachverhaltsnomina durch Beispiele wie die folgenden belegt: entrer en arrangement (Pym:200), entrer en Campagne contre (Bou:210), entrer en collision avec (TLF, Collision), entrer en conversation (Bov:167), entrer en competition (L 7.11.86:2), entrer en communication avec (Sta2:195), entrer en guerre contre (OR:284), entrer en interaction (SL:342), entrer en pourparlers avec (Littre: Pourparler), entrer en revolte contre (CE 3.12.86:3). Weitere typische Verwendungen von entrer(pv) in FVG mit lnteraktions-N(FVG) sind Nqn entrer en {concurrence + lutte + correspondance + discussion(s)i + negociation(s) i} avec Nqn. Im Falle der Konstruktionen entrer en arrangement (Pym:200), entrer en composition (Robert: Composition), und entrer en

171

accommodement (Littre: Accommodement) ist die Stufe mit entrer(ργ) sogar die einzig mögliche, d.h. Formen mit etre, se mettre, mettre oder tenir sind hier ausgeschlossen. Die Verwendung von entrer (ργ) in Konstruktionen mit interaktiven Zustands-N(FVG) ist durch Beispiele dokumentiert wie entrer en conflit (LM 11.7.87:4), entrer en contact direct (Stal:91), entrer en dissidence (Ani:331), entrer en liaison (Ely: 196), entrer en rapport (Tria:139), entrer en relations amicales (Stal:353), entrer dans une relation grammaticale (Asp: 106), entrer en relation interpretative (Pas:43). Das folgende Schema repräsentiert den einfachen Fall, daß beide interaktiven "ZustandsTräger2 kumuliert in N(y/a) realisiert werden. ASD,

«

N,

% )

N

(FVG)

etre

0

"Zustands-Träger,

"Zustand

entrer/ se mettre

0

"Zustands-Änderungs-Träger, =>°Tuender,/ =>"Agens,/ =>"lnteragens,

"End-Zustand

rester

0

"Zustands-Änderungs-Träger, =>Tuender,/ => "Agens,/ =>"lnteragens,

"Zustand

mettre

"Kausator, / "Tuender, => "Agens,

"Zustands-Änderungs-Träger,

"End-Zustand

tenir

"Kausator, / "Tuender, => "Agens,

"Zustands-Änderungs-Träger,

"Zustand

O cCD >_•E« ..^ .C. ο 0Q 32 t? ccoo

-ASD2: interaktiver Zustands-Träger 2 -

E2 'S m

S i l c c CD 1« Ν

N

(a)

KSBj: "KAbb.57

4.8.5. Strukturtyp 0: FVG ohne Sachverhalts-Ffigungsnomina FVG mit Fügungsnomina, denen logisch keine Prädikate vorgeordnet sind (in deren Bedeutungsstruktur also keine Dimension der ASB angelegt ist), unterscheiden sich als nur zweidimensionale Prädikate von Fügungen der Typen 1 bis 3 grundsätzlich dadurch, daß sie für ihren

172 y-Aktanten eine lediglich zweidimensionale Rollenkombination vorsehen (s.o., 4.7.4.). Die möglichen Rollenkombinationen der etre PRÄP N(FVG) des Strukturtyps 0 lassen sich wie folgt darstellen. N

N

(x)

(y)

n

(FVG)

itre

0

"Zustands-Träger,

"Zustand

entrer/ se mettre

0

"Zustands-Änderungs-Träger, =>°Tuender,/ =>°Agens,/ =>°lnteragens,

"End-Zustand

rester

0

'Zustands-Änderungs-Träger, =>Tuender,/ => 'Agens,/ =>°lnteragens,

"Zustand

mettre

"Kausator, / 'Tuende^ => "Agens,

°Zustands-Änderungs-Träger,

"End-Zustand

tenir

"Kausator, / "Tuender, => 'Agens,

"Zustands-Änderungs-Träger,

"Zustand

Ο

K S B : °K

i

» O Abb.58

Einige der entrer- / se mettre-, rester-FVG dieses Typs eröffnen für den N(y)-Aktanten °Tuender- oder °Agens-Rollen, bei anderen dagegen ist N(y) als °Nur-Zustands-ÄnderungsTräger kategorisiert. °Agens-Rollen liegen beispielsweise vor in: (53) Le hirissorify) se met en boule pour se άέ/endre. (54) Pour iconomiser de l'argent, LuC(yj s 'est mis en pension chez sa tante.

Als °Nur-Zustands-Änderungs-Träger ist N(y) dagegen kategorisierbar in: (55) Le temps(y) se met au beau. (56) Les pharesfy) se sont mis en veilleuse.

Im Unterschied zu den Verhältnissen bei FVG der Typen 1 bis 3 ist die Kategorisierbarkeit von N(y) als "Agens, "Tuender oder °Nur-Zustands-Ändenxngs-Träger unabhängig von Eigenschaften der jeweiligen N ( f v g ) · Bei Konstruktionen mit mettre oder tenir ist N ( y ) dagegen immer als °Nur-Zustands-Änderungs-Träger spezifiziert. Etre PRÄP N(fvg) des Strukturtyps 0, deren N(FVG)-Konstituenten Konkreta im Sinne von nicht-relationalen Gattungsnamen sind, lassen normalerweise keine Determinante zu, da das

173 N(fvg) sonst die Grenze zur Argument-NP mit Referenz-Funktion überschreitet. Für etre PRÄP N(FVG) des Strukturtyps 0 ist das Fehlen des Artikels obligatorisch. Das obligatorische Ausfallen des Artikels vor den N(fvg) des Strukturtyps 0 verhindert ihren referentiellen Gebrauch und damit die Realisierung ihres semantisch konkreten Charakters. Umgekehrt ist die Grenze zur Referenz überschritten, wenn irgendeine Artikelform realisiert wird. (57)

La maison de Luc est en feu.

(57.1)'La maison de Luc est dans {un + du + le} feu. (58) Ce manteau est en laine. (58.1)?*Ce manteau est dans {de la + une + la} laine.

Diese Restriktion gilt für die hier diskutierten Ν auch dann, wenn sie als N(fvg) in anderen FVG-Typen auftreten: (59) La maison de Marie a pris feu. (59.1) *La maison de Marie α pris {un + du + le} feu.

Die etre PRÄP N(FVG) des semantisch-sachverhaltsdarstellenden Strukturtyps 0 lassen ferner die Attribution ihrer N(fvg) nur insoweit zu, wie diese keine Artikelform erfordert. (60) Cet escalier est {en marbre gris + *dans un marbre trks sombre}.

Ausnahmen gegen die eben formulierte Regel sind äußerst selten. Bei den Konstruktionen Ν mettre au clair Nqc und [temps + barometre] {etre + se mettre} au beau liegt jeweils ein nicht-variabler Bestimmter Artikel vor. Bei der zuletzt genannten Konstruktion weist die fixierte, attributive erweiterte Variante {etre + se mettre} au beau fixe darauf hin, daß es sich hier um eine Konstruktion an der Grenze zum phraseologisch festen Syntagma handelt. Die etre PRÄP N(FVG) der Strukturtypen 1 - 3 , deren N(fvg) als Sachverhaltsnomina aufgrund ihrer lexikalischen Bedeutung Abstrakta sind, verhalten sich in dieser Hinsicht grundlegend anders. Zwar gilt auch für diese Konstruktionen, daß in der unmarkierten, durch keine Attribute erweiterten lexikalischen Nennform die N(fvg) mehrheitlich artikellos auftreten, doch können distributionell markierte Verwendungen der N(fvg) zum Auftreten beliebiger Artikelformen fuhren, ohne daß dadurch der prädikative Charakter der PRÄP N(FVG) beeinträchtigt würde; dies belegt die Möglichkeit der Anaphorisierung durch l'etre. (61.1) Luc et Max sont {en relation + dans une relation amicale + dans la relation de patron ά employέ}, et ils le sont depuis des artnees.

Darüber hinaus bieten etre PRÄP Ν(FVG) als prädikative Strukturen aber die besondere, bei nicht-prädikativen Argument-NP nicht gegebene Möglichkeit, die N(fvg) ' n auch markierter Verwendung artikellos zu realisieren und dadurch besondere stilistische und semantische Effekte zu markieren. (61.2) Iis sont {en relation + en relation amicale + en relation de patron ά employi}.

Die bisher beschriebenen Verhältnisse (keine Artikelform bei Konstruktionen des Strukturtyps 0, freie Variabilität der Artikelformen einschließlich der Möglichkeit, den Artikel ausfallen zu lassen, bei Konstruktionen der Strukturtypen 1 - 3 ) bilden den durch die Semantik der Elemente in N(fvg> vorgegebenen Rahmen systematischer Beschränkungen für die Wahl der Artikel-

174 form. Dieser Rahmen wird allerdings insofern zusätzlich von usuellen Restriktionen überlagert, als sich innerhalb der verbleibenden Domäne der Strukturtypen 1 bis 3 nicht in Form positiver Regeln vorhersagen läßt, wann die Artikelformen frei kommutieren, wann sie eingeschränkt kommutieren und wann sie vollständig fixiert sind (s. Kap. 1.3.7.).

4.9.

Lexikalische Kategorie und propositionale Funktion (II)

Für die in Kap. 3.7. aufgeworfene Frage nach dem Verhältnis von lexikalischer Kategorie und propositionaler Funktion im Fall der Funktionsverbfugungen vom Typ etre PRÄP Ν läßt sich aufgrund des bisher Gesagten folgendes Fazit ziehen: einerseits sind etre PRÄP N(FVG) wegen der besonderen semantisch-sachverhaltsdarstellenden Struktur ihrer verbalen Konstituente, die PRÄP Ν in die Funktion der Prädikation einsetzt, in der Lage, in der archetypischen Funktion von V sowie den verschiedenen Distributionen von (etre) ADJ aufzutreten. Andererseits ist semantisch-sachverhaltsdarstellende Dreidimensionalität ein potentielles46 Strukturmerkmal von etre PRÄP N(FVG), durch das sie sich von V oder etre ADJ unterscheiden. Sie ist ein Strukturmerkmal, über das die betreffenden FVG im Französischen im Unterschied zu Verben verfugen, weil sie im Gegensatz zu einfachen V formell mehrgliedrige Prädikate sind, in denen eine semantisch defizitäre Verbalkonstituente die primäre ASD-Kategorie trägt. Sie ist ferner ein Strukturmerkmal, über das etre PRÄP N(FVG) im Unterschied zu Verben und Adjektiven 47 aufgrund der lexikalischen Klassenzugehörigkeit ihrer nominalen Konstituente verfugen, die das eigentliche semantische Zentrum dieser Konstruktionen bildet; lexikalische Grundlage für die semantisch-sachverhaltsdarstellende Dreidimensionalität der etre-FVG ist die im Lexikon des Französischen fur Ν vorgesehene Möglichkeit, komplexe Sachverhalte zu benennen, d.h. in primärer, unmarkierter Funktion über eine Dimension der Art des benannten Sachverhaltes zu verfugen, die als sekundäre ASD-Ebene in die semantische Struktur des FVG eingeht.

4.10. Das Paradigma der itre PRÄP FVG

N(FVG>

im System der franzosischen

Durch die besondere Art und Weise, in der ihre semantisch-sachverhaltsdarstellende Dreidimensionalität realisiert wird, kommt den etre PRÄP N(FVG) auch gegenüber den anderen, prä-

46 47

Im Fall von Konstruktionen wie 2Ire en feu usw. liegt ja keine dreidimensionale Struktur vor. Im Französischen kann die Verbalform Partizip I, die neben Ν am ehesten als Kandidat fur die Bildung dreidimensionaler Prädikate in Frage kommt (vgl. die Progressive-Form im Englischen / am negotiating^ oder das Gerundio im Spanischen es toy negociandofy)), nicht mit etre zu komplexen Prädikaten kombiniert werden (*cet enfant estpleurant). Eine voll grammatikalisierte Alternative zu FVG vom Typ itre en nigociations stellt die periphrastische Verknüpfung etre en train de(y^N) nigocier(V) dar, die man ebenfalls als dreidimensional im oben skizzierten Sinne charakterisieren kann, (s.u., Kap. 9).

175

positionslosen Gruppen von FVG eine Sonderstellung zu. Diese sind zwar ebenso wie die etre PRÄP Ν(fvg) in der Lage, dreidimensionale semantisch-sachverhaltsdarstellende Strukturen zu bilden, doch ist in diesem Fall ihre semantische Komplexität in geringerem Maße transparent. Die Gründe dafür wollen wir kurz skizzieren. Für die präpositionslosen FVG lassen sich folgende Fälle unterscheiden: a) Das N(fvg) ist kein Sachverhaltsnomen. In diesem Fall verleiht das semantisch eindimensionale FV dem N(fvg) seine ASD und setzt es dadurch in die Lage, als (Satz-) Prädikat Aktanten zu regieren. Dieser Fall, der in unmittelbarer Analogie zu den etre PRÄPN(FVG) des Strukturtyps 0 steht, liegt vor bei Konstruktionen wie (62) Ν => N(PVG)1 in beiden Übergängen lexikalisiert ist (s. 4.1). Wenn die Überlegung zutrifft, daß FVG keine grammatikalisierten Verbalperiphrasen sind, so folgt daraus, daß die Beziehung FVG V / etre ADJ sich nicht als syntaktische Transformation einer komplexen Form FVG aus "ihrem Basisverb"2 beschreiben läßt, sondern als im Lexikon vorgefundene, synchronisch zufallige semantische und morphologische Ahnlichkeitsrelation. In dieser Perspektive sind FVG keine Konstruktionen, die in erster Linie dazu dienen, Wertigkeit und Aktionsart einfacher V zu modifizieren (s. 2.1.2.), sondern sie stellen einen Prädikatstyp dar, der über lexikalisierte Subsysteme (in Form der FV-Reihen) verfugt, welche ihrerseits aktionale und valenzielle Abstufungen systematisch ermöglichen. Dieser Prädikatstyp kann dazu verwendet werden, an die Stelle semantisch und morphologisch ähnlicher V zu treten. Beim folgenden Vergleich von FVG und korrelierenden V bzw. etre ADJ wollen wir mögliche Ähnlichkeitsrelationen gleichwohl "systematisch" nennen, wenn die ASB des Substantivs in N(FVG> entweder identisch ist mit der ASD des korrelierenden V als solchem oder mit deijenigen einer bestimmten grammatischen Verwendung des betreffenden V (z.B. mit seinem Vorgangs- oder seinem Zustands-Passiv). Es muß jedoch betont werden, daß selbst dort, wo FVG aufgrund weitgehender lexikalischer und systematischer Ähnlichkeit ihrer Konstituente N ( f v g ) mit einem V oder (etre) ADJ in größtmöglichem Maße "verbähnlich" zu sein scheinen, sie sich in Wirklichkeit aufgrund ihrer besonderen semantisch-sachverhaltsdarstellenden Struktur und ihrer heterogenen distributioneilen Eigenschaften von einfachen V und etre ADJ fundamental unterscheiden: 1) Etre PRÄP N(FVG) und ihre Varianten mit entrer(FV), se mettre^, rester(FV), mettre(pr> und tenir(pv) sind, sofern sich Sachverhaltsnomina in N(FVG)-Position befinden, dreidimensionale Prädikate, die zwei Dimensionen der ASB und eine Dimension der KSB enthalten. Einfache V und etre ADJ dagegen sind semantisch zweidimensional. Dieser Umstand fuhrt trotz un1

2

Diese Kurzform wäre zu lesen als: aus einem beliebigen V oder ADJ läßt sich mittels einer grammatikalisierten derivationellen Operation ein Ν bilden, das seinerseits mit Hilfe einer grammatikalisierten syntaktischen Operation als nominale Konstituente eines FVG eingesetzt werden kann. Vgl. u.a. Heringer (1968a), Heibig (1979:274), Blochwitz (1980), Wolf (1987), Richter (1988:340), Rösch (1994: bes. 94 u. 121). Bei Büttner (1991) wird die Rede vom FVG und "seinem Basisverb" unseres Wissens zum erstenmal problematisiert.

192 bestreitbar weitgehender Bezeichnungsgleichheit beider Prädikatstypen zu systematischen semantischen Unterschieden (s. Kap. 4.5. und 4.6.). 2) Aufgrund der besonderen semantischen und syntaktischen Struktur ihrer Verbalkonstituente FV verfugen etre PRÄP N(PVG) über eine Reihe von distributioneilen Eigenschaften, die als typisch für etre ADJgelten (s.o., Kap. 3.7.4 ). V verfügen über diese Eigenschaften nur in der markierten Form etre PART II. 3) Aufgrund der Zugehörigkeit der Konstituente N(FVG) ZUR Wortart Substantiv verfugen FVG über ein nur partiell lexikalisiertes, nach spezifischen Regeln funktionierendes internes Artikelsystem (Kap. 1.3.7. u. 4.8.5), das sie fundamental von Foder etre ADJ unterscheidet. 4) Schließlich besitzen, wie wir in 4.7. dargelegt haben, FVG ein heterogenes Kategoriensystem zur morphosyntaktischen Realisierung der von ihnen abhängigen Aktanten, das sich als Mischung adverbaler und adnominaler Aktantenrepräsentation beschreiben läßt. Die FVG des Paradigmas etre PRÄP Ν(FVG) und die korrelierenden V bzw. etre ADJ sind niemals bedeutungs-, sondern allenfalls bezeichnungsgleich. Zwar sind sie auf dieselbe propositionale Funktion spezialisiert, doch erfüllen sie diese Funktion auf jeweils unterschiedliche Art und Weise.

6.1.

FVG mit deverbalen Fügungsnomina

In der bisherigen Forschung werden Funktionsverbfugungen mit deverbalen N(FVG) als Kern des FVG-Bereichs angesehen. Dabei wird in der Regel - mangels semantisch fundierter Kriterien zur Abgrenzung der Nomina actionis - aus dem formal deverbalen Charakter der N(FVG) mechanisch deren Status als Nomina actionis gefolgert.3 Ausgehend von der in Kapitel 4 dargelegten Beschreibung läßt sich zeigen, daß unter den FVG mit deverbalen N(FVG) umfangreiche Gruppen von Fügungen existieren, deren substantivische Konstituenten entweder in einer unsystematischen semantischen Relation zu morphologisch verwandten Prädikaten stehen (6.1.6.) oder semantisch weder als Nomina actionis im engeren Sinne noch als Sachverhaltsnomina angesehen werden können (6.1.7 ). Die Existenz solcher etre PRÄP Ν(FVG) stellt ein zusätzliches Argument dafür dar, das Vorliegen von Nomina actionis in N(FVG)-Position als quasi definitorisches Merkmal von FVG aufzugeben. Die Funktionsverbgefüge mit deverbalen Nomina actionis in systematischer Beziehung zum korrelierenden V werden in der bisherigen Forschung unter rein syntaktischem Gesichtspunkt klassifiziert in Konstruktionen mit "aktivischen" und "passivischen" Nomina actionis (Heringer 1968a: 6 Iff.) bzw. in Fügungen, die mit transitiven oder intransitiven V korrelieren (Persson 1975:5Iff.). Legt man die in 4.8. entwickelten semantischen Strukturmodelle zugrunde, dann läßt sich dieses Klassifikationsschema erweitern. Die Gruppe der FVG mit passiv-wertigen N(FVG) kann zusätzlich danach unterteilt werden, ob das N(FVG) dem Vorgangs- oder dem Zustands-Passiv des korrelierenden Verbs entspricht (6.1.3.). Funktionale Gründe rechtfertigen es ferner, gleichrangig neben FVG, deren N(FVG) der aktivischen oder passivischen Ver3

Vgl. dazu Anm. 23 in diesem Kapitel.

193 wendung des korrelierenden V entsprechen, eine Gruppe von Fügungen anzusetzen, deren in systematischen Beziehungen zu neutralen V stehen (6.1.4.). Wie wir zeigen werden, sind die betreifenden Konstruktionen in der Regel aktiv- oder passiv-wertig nicht aufgrund intrinsisch-konstruktioneller Eigenschaften, sondern nur in der Perspektive des Vergleiches zu einfachen V. Lediglich für eine verschwindend kleine Gruppe von etre PRÄP N(FVG) läßt sich eine von diesem Vergleich unabhängige strukturelle Ähnlichkeit zur Diathesenopposition Aktiv / Passiv bei V begründen.

N(fvg)

6.1.1. FVG in systematischer Beziehung zu aktivischen Verbalprädikaten Eine umfangreiche Gruppe von etre PRÄPN(FVG) ist unter semantischen und syntaktischen Gesichtspunkten gleichwertig mit der aktivischen Form des morphologisch korrelierenden V. Diese Übereinstimmung beruht darauf, daß der El-Aktant des Verbs dem Mitspieler im yAktantensystem des FVG entspricht. Diese syntaktische Entsprechung ist immer dann gegeben, wenn auf semantischer Ebene die ASB des deverbalen Sachverhaltsnomens in N(FVG)-Position mit der ASD des korrelierenden V identisch ist. (1.1) (1.2) (1.3) (1.4)

Paulßj)Juit. Lajuite de PaulpEN) [• • •]• Paulßi/y) est en fiiite. Cecißj/χ) a mis Pauley) en fiiite.

Der x-Aktant in der El des FVG auf mettreßv)- oder iew'r^-Stufe in der Rolle °Kausator ist weder im Stellenplan des korrelierenden V noch in demjenigen des Substantivs in N ( f v g ) vorgesehen (vgl. 4.7.5.). Auf mettre- und fen/r-Stufe verfugen aktiv-wertige Konstruktionen des Paradigmas etre PRÄP N(FVG) also, verglichen mit den korrelierenden V, über einen zusätzlichen Aktanten. Der funktionale Stellenwert solcher Fügungen im Verbalsystem des Französischen ergibt sich aus der Tatsache, daß sie neben grammatikalisierten Periphrasen des Typs faire fair eine lexikalisierte Möglichkeit darstellen, kausativ-transitive komplexe Prädikate anstelle intransitiver V einzusetzend Der Aktant der El-Leerstelle ist der einzige Mitspieler, dessen morphosyntaktische Realisierung bei den aktiv-wertigen etre PRÄP Nßyaj und den korrelierenden V immer identisch ist. Dagegen entsprechen adverbalen E2-Aktanten auf Seiten des FVG am häufigsten (formal vom N ( f v g ) regierte) Genitiv-NP bzw. (formal von FV regierte) E6-Mitspieler (s.o., 4 . 7 . 2 ). (2.1) Les candidats auxfonctions publiquesßi) quitent des suffragesß2). (2.2) La quite des candidats(GEN) [•••]· quite de suffrages (gen) [•••] (2.3) Les candidatsßi) sont en quite de suffrages^)· Analog verhalten sich beispielsweise Nßj) attendre Nß2) NQRTßI) icouter Nß2) Nqnßi) exercer (une fonction)ß2) 4

^(El) &tre dans l'attente de Nßgj itre ά l'icoutej de N(GEN/E6) Nqnßjj itre dans l'exercice d'(une fonction)(GEN/E6)

NQNßI)

Vgl. u.a. Heringer (1968a:60), Engelen (1968:293).

194 Nqnßi) Nqnßj) Nqnßj) Nqnßj) Nqnßj)

ignorer Nqcß2) poursuivre Nß2) possider Nqcß2) rechercher Ν(E2) servirN(E2)

Nqnßj) Nqnßj) Nqnßj) Nqnßj) Nqnßj)

itre dans l'ignorance de Nqcßfy itre ά la poursuite de N(GEN/E6) Stre en possession de Nqc((JEN/E6) itre ά la recherche de N(ßEN/E6) Stre au service de Ν@ΕΝ)

Als syntaktische Entsprechungen der E2 auf seiten des Verbs sind beim FVG auch präpositionale Ergänzungen möglich. Entscheidend für die Frage, ob der betreffende Mitspieler genitivisch oder präpositional realisiert wird, ist allein der im Lexikon festgelegte normale Stellenplan des Sachverhaltsnomens (3.2.), nicht der des korrelierenden V (3.1.): (3.1) (3.2) (3.3)

Lucßi) suspecte Maxß2) de lui avoir νοίέ sonportefeuille. La suspicion de LUCHEN) contre Maxß) [...]. Lucßjj est en suspicionj contre Maxßj.

In anderen Fällen kommt der Aktant in der E2-Leerstelle des V im Stellenplan des FVG nicht vor. Auch diese Restriktion ist bereits im Stellenplan des Sachverhaltsnomens angelegt. In (4.3), (4.4) kann der E2-Aktant des V nur mehr als freie Angabe des FVG realisiert werden: (4.1) Lucßi) admire Marieß2). (4.2) *L'admiration deMariefGEN) Par Luc [...]. (4.3) L 'admiration de LuCfßEN) ((pour + devant} Marie^j). (4.4) Lucßi) est en admiration devant Marie^y Ein Ausfall des der E2 des Verbs entsprechenden Mitspielers im FVG kann entweder bereits im Stellenplan des Ν angelegt sein wie in (5), oder aber eine lexikalische Eigenschaft allein des FVG darstellen wie in (6): (5.1) Lucßi) fite son anniversaireß2). (5.2) Lafite deLucfGEN) [•••]• (5.3) ? La fite de son anniversaire(GEN) [•••]• (5.4) Lucßi) est en fite. (5.5) *Lucßj) est {en + dans la} fite de son anniversaire(GEN)· (6.1) Ce capitalßi) rapporte des intiritsß2). (6.2) Le rapport de ce capital,(GEN) [• • •]• (6.3) Le rapport des intiritS(GEN) [•·•]• (6.4) Ce capitalßj) est en rapport. (6.5) *Ce capitalßj) est en rapport fd' + des}

intiritSfQgN)·

Präpositionale Ergänzungen von V sind häufig identisch mit denen deverbaler Sachverhaltsnomina und treten dementsprechend unverändert im Stellenplan des FVG auf: (7.1) (7.2) (7.3)

Maxßi) lutte contre le sommeilß). La lutte contre le sommeilß) [...]. Maxßi) est en lutte contre le sommeilß).

(7.1) (7.2) (7.3)

L 'inflationßj) a progress0 de 8%ß). La progression de 8%ß) [...]. L 'inflationßj) est en progression de 8%ß).

195 Einen Sonderfall stellen V mit Mitspielern dar, die der durch en anaphorisierbaren Subklasse der Kategorie E6 angehören. Die korrelierenden Sachverhaltsnomina realisieren den betreffenden Aktanten häufig genitivisch, während er bei den entsprechenden etre PRÄP NßvG) als Genitiv und / oder als E6 erscheinen kann. (8.1) (8.2) (8.3)

Luc (Ei) jouit d'unefortune considdrableßg). La jouissance d'une fortune considirablefQgN) [•••]• Lucβ ι) entre en jouissance d'unefortune considerableßy.

Aktiv-wertige etre PRÄP N(FVG) bilden diejenige Gruppe, die hinsichtlich ihrer syntaktischen Valenzstruktur und der von ihnen eröffneten semantischen Aktantenrollen die relativ größte Ähnlichkeit mit den jeweils morphologisch korrelierenden Verben aufweist. Die in den deverbalen Sachverhaltsnomina solcher Konstruktionen angelegten ASB-Kategorien stimmen in der Regel mit der ASD der korrespondierenden Verben überein. Entsprechend läßt sich jedes etre PRÄPNßvoj der hier diskutierten funktionalen Gruppe einem der in 4.8. skizzierten Strukturtypen 1 bis 3 zuordnen. Konstruktionen des Typs 0 sind ausgeschlossen .

6.1.2. FVG in systematischer Beziehung zu passivischen Verbalprädikaten Bei Vollverben äußert sich der Unterschied zwischen dem Aktiv als primärer und dem Passiv als markierter, abgeleiteter Form im morphologisch abgeleiteten Charakter des Passiv und in der Valenzstruktur (Koch 1981:319). Der aktivische E2-Aktant wird, auch wenn er fakultativ ist, im Passiv zu einem obligatorischen El-Aktanten, der im Aktiv obligatorische El-Aktant wird dagegen im Passiv als fakultative Εpar realisiert, die entweder ausgeblendet oder aber dadurch, daß sie erscheint, im Gegenteil rhematisch hervorgehoben wird (vgl. (9.2)) (Koch 1981:320). Die Relevanz des verbalen Passiv liegt auf funktional-satzperspektivischer Ebene, während es, von einer Ausnahme abgesehen (s.u., 6.1.3.), grundsätzlich indifferent gegenüber der semantisch-sachverhaltsdarstellenden Struktur des betreffenden Verbs ist (vgl. Dubois 1967:81). (9) (9.1) (9.2)

Marie a ripari le νέΐο. Le νέΐο α έίέ ripari. Le νέΐο α έίέ rdpar^ par Marie (et non par Max).

Ähnlich wie bei Vollverben beruht Passiv-Äquivalenz bei den etre PRÄP N(FVGJ auf einer, verglichen mit dem korrelierenden V, unterschiedlichen syntaktischen Repräsentation detjenigen Aktanten, die dessen El- und E2- Mitspielern entsprechen. Der dem E2-Aktanten des korrelierenden V entsprechende Mitspieler des Sachverhaltsnomens wird in diesem Fall als El des etre PRÄP Νβγβ) realisiert. (10.1) (10.2) (10.3) (10.4)

Renaultßi)fabrique cemodileß2). Ce modileßi) estfabriquk par Renaultßy La fabrication de ce modile^EN) P°r Renaultß) [...]. Ce modileßj) est en fabrication.

196 Ein erster Unterschied zum verbalen Passiv betrifft nun die Realisierung des El-Mitspielers des aktivischen Verbs im etre PRÄP N(FVG)· Dieser kann aus Gründen, die sich unmittelbar aus der Dominanz der ASB Zustand in der dreidimensionalen semantisch-sachverhaltsdarstellenden Struktur der etre PRÄPN(FVG) ergeben, nicht wie beim korrelierenden V und bei dem dem FVG unmittelbar zugrunde liegenden Sachverhaltsnominal als par Ν, sondern allenfalls als freie Angabe, und zwar entweder als freie Orts-Angabe chez Ν, ά Ν, aupres de Ν oder aber als kausale Präpositionalphrase vom Typ α cause de N, grace ά Ν realisiert werden (s. 4.7.2 ). Freie Angaben sind nicht im Stellenplan des Prädikates verankert. Das den a-Mitspieler des Verbs ((11.1), (11.2)) und des Sachverhaltsnomens (11.3) entsprechende Glied des FVG-Satzes (11.5) tritt nicht in das Rollensystem des FVG ein, ist also weder Zweitaktant der betreffenden Konstruktion insgesamt, noch Ergänzung des N(FVG) allein. (11.1) Un midecirifaj traite Lucφ). (11.2) Luc φ) est traiti par un mideciri(a). (11.3) Le traitement de Luc φ) par un midecin(a) [...]. (11.4) *Luc(y/b) est en traitement par un midecin(w/b). (11.5) Luc(y/b) est en traitement chez un midecinf/tj. Diese Konstellation liegt beispielsweise vor bei: Nqn(a) appliquer Nqcß) Nqn(a) considirer Νφ) Nqn(a) criditer Nqn φ) de Nqc(c) Nqn(a) discuter Νςΰφ) Nqn(a) difavoriser Νφ) Nqn(a) ditenir Nqn^) Nqn(a) disgracier Nqn φ) Nqn(aj estimer Νφ) Nqn(a) itudier ^ΰφ)

Nqc(y/b) etre en application aupris de Nqn^j N(y/b) etre en consideration aupris de Nqn^ Nqn(y/b) itre en cridit aupres de Nqnß) Nqc(y/b) itre en discussion aupris de Nqn0) N(y/b) etre en difaveur aupris de Nqnß) Nqn^/b) itre en ditention chez Nqn^) Nqn^/b) Stre en disgräce aupris de Nqn N(y/b) ötre en estime aupris de Nqnß) Nqc^/b) itre ά l'itude aupris de Nqn^

Für freie Angaben, die per definitionem einen fakultativen Status besitzen, gilt in noch höherem Maße als für fakultative adverbale Εpar, daß sie dazu prädestiniert sind, rhematisch hervorgehoben zu werden. Als Satzglieder, deren Auftreten sich aus der syntaktischen Struktur des Prädikats nicht vorhersagen läßt, bringen sie Informationen zu Ausdruck, die in hohem Maße neu oder unerwartet sind. Die Tatsache, daß die fakultativen Epar-Aktanten der korrelierenden Tun- und Handlungs-V bzw. der den FVG zugrunde liegenden Sachverhaltsnomina aus der Valenz der FVG herausfallen, bedeutet aber gleichzeitig, daß die entsprechenden N(FVG> mindestens auf Vorgang herunterkategorisiert werden. Während bei V die Opposition zwischen aktivischer und passivischer Diathese keine Abweichung in der semantisch-sachverhaltsdarstellenden Struktur zur Folge hat, bedeutet die Zugehörigkeit von etre PRÄP N(FVG) zur Gruppe der passiv-wertigen Konstruktionen, daß ihre N(fvg) ' n der Regel nicht stärker denn als Vorgang kategorisierbar sind, und zwar auch dann, wenn die ihnen korrelierenden V und Sachverhaltsnomina Tun- oder Handlungs-Prädikatoren sind. Ausnahmen dazu sind FVG mit Interaktions-N(FVG), die die Möglichkeit bieten, die "Interagens-Aktanten als fakultative Ergänzungen entre Ν zu realisieren (12.3), sowie be-

197 stimmte Einzelfälle, in denen "Agens-Mitspieler der Substantive in N(FVG) ALS ebenfalls fakultative Genitiv-NP realisiert werden können (13 .4). 5 (12.1) Le budget(a) est discuti {par + entre} les membres du conseilφ). (12.2) La discussion du budgetφ) {par + *entre} les membres du conseil(a) [...]. (12.3) Le budget(y/b) est en discussion {*par + entre} les membres du conseil(w/ay (13.1) (13.2) (13.3) (13.4) (13.5)

Ce barφ,) est surveilU par la police(a). La surveillance de la police(a) [• ••]• La surveillance de ce barφ) {*de la police + par la police} (aj [...]. Ce bar(y/b) est sous la surveillance de la policed/a).6 Ce bar(y/b) est sous surveillance.

Auch diese Konstruktionen gehören dem semantisch-sachverhaltsdarstellenden Strukturtyp 2, nicht dem Strukturtyp 3 an, da letzterer ja vorsieht, daß der vom Element in N(FVG) ererbte °Agens-Mitspieler in das y-System des N(FVG) eintritt. Aufgrund seiner Realisierung als fakultativer Zweitaktant ist der °Agens-Mitspieler solcher Konstruktionen wie beim verbalen Passiv im Falle seines Erscheinens in besonderer Weise rhematisch.

6.1.3 Zustands-passivische und Vorgangs-passivische Verbalprädikate und ihre Entsprechungen unter den etre PRAP Ν(FVG) Zu der Regel, daß die Passivierung die semantisch-sachverhaltsdarstellende Struktur von Prädikaten nicht tangiert, gibt es bereits bei Vollverben eine wichtige Ausnahme, die die Zustands-Änderungs-Verben betrifft. Dort bietet nämlich das Passiv ohne den fakultativen, agentivischen Epar-Aktanten die Möglichkeit einer Umkategorisierung: als Zustands-Passiv erlaubt es die Darstellung von Zuständen mit Hilfe von Vorgangs-Verben. Wird dagegen der E/wr-Mitspieler realisiert, so bleibt die semantisch-sachverhaltsdarstellende Struktur der Zustands-Änderungs-Verben erhalten (Koch 1981:226). Zustands-Passiva dienen der Darstellung der in Zustands-Änderungs-V angelegten End-Zustände. (14.1) Dans l'apris-guerre l'Allemagne α έίέ divisie en quatre zones par les alliis. ('...ist geteilt worden...', Vorgangs-Passiv) (14.2) L'Allemagne itait divisie en quatre zones pendant präs de 45 ans. ('... war geteilt...', Zustands-Passiv) Analoge Verhältnisse finden sich zuweilen bei Sachverhaltsnomina; vgl.: (14.3) La divisionj de l'Allemagne (par les alliis) [s'est faitepar suite de l'accordde Yalta]. (Handlung / Zustands-Änderung) (14.4) La division2 de l'Allemagne [a duri pris de 45 ans]. (Zustand)

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Dabei bandelt es sich häufig um Konstruktionen mit der Präposition sous (s. S.3). In (13.3) kann der "Agens-Mitspieler nicht genitivisch realisiert werden, da diese Realisierung bereits an den zweiten Aktanten in der Rolle "Vorgangs-Träger vergeben ist. In (13.4) dagegen tritt der "Vorgangs-Träger in die syntaktisch von FV regierte, formal als El realisierte y-Leerstelle ein, so daß einer genitivischen Realisierung des "Agens-Aktanten nichts mehr im Wege steht.

198 Die Analogie zwischen (14.1), (14.2) einerseits und (14.3), (14.4) andererseits ist allerdings rein semantischer Natur. Während nämlich die Bildung von Zustands-Passiva aus Handlungs/ Zustands-Änderungs-V ein voll grammatikalisiertes Verfahren darstellt, stehen zur Bildung von Zustands-Sachverhaltsnomina als Korrelate zu Handlungs- / Zustands-ÄnderungsNomina mehrere Verfahren zur Verfügung, deren jeweiliger Geltungsbereich lexikalisch festgelegt ist. Neben "sortenambigen" Sachverhaltsnomina wie divisionin (14.3) und (14.4), bei denen nur aufgrund des Kontextes zu entscheiden ist, ob sie als Handlungs- / Zustands-Änderungs-Benennung oder aber als Nur-Zustands-Nominale zu interpretieren sind, treten Paare wie liberation / liberie, activation / activite auf, wo der Unterschied morphologisch markiert ist. Vorgangs-passivische Gegenstücke zu Handlungs- / Zustands-Änderungs-V sind passivwertige etre PRÄP N(FVG), deren N ( f v g ) als Vorgang kategorisiert sind, die also dem Strukturtyp 2 angehören. In diesem Fall sind lediglich die zugrunde liegenden Handlungs-Sachverhaltsnomina durch den Ausfall ihrer "Tuender- / "Agens-Mitspieler auf Nur-Vorgang herunterkategorisiert. Dies entspricht den in (10), (11) diskutierten Fällen: (15.1) (15.2) (15.3) (15.4)

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Aktiv Vorgangs-Passiv Sachverh.-Nominal FVG

Typische passiv-wertige etre PRÄP N(FVG) mit Vorgangs-Sachverhaltsnomina sind etwa Nqcfy/b) itre en aminagement Nqc(y/b) itre en application Nqc{y/b) itre en construction Nqc(y/b) itre ά l'itude Nqc(y/b) itre en experimentation Nqcfy/t) itre en exploitation Nqcfy/b) itre en fabrication (Champ)fy/b) itre en labour Nqc(y/b) itre en liquidation Nqcfy/b) itre en promotion Nqcfy/b) itre en preparation NqCfy/bj itre en reconstruction Nqn(y/b) itre en reeducation Nqnfy/b) itre en traitement Nqcfy/bj itre en usage Nqcfy/b) itre en vente

N°Agens offen ist. Das Vj ist in solchen Fällen also, obwohl formal rezessiv, ein Vorgangs- / => Tun- / => Handlungs-Prädikat. Das entsprechende etre PRÄP Νργβ) gehört dem Strukturtyp 2 an, ist aber offen für eine Höherkategorisierung in den Strukturtyp 3. Das verbale Passiv schließt dagegen jedwede Agentivität für den Subjektmitspieler aus; Konstruktionen des Strukturtyps 3 (deren y-Mitspieler für eine Kategorisierung zu °Zustands-Agentes offen sind) können ebensowenig passiv-wertig sein wie rezessive Verbalprädikate mit Subjektmitspielern in den Rollen "Tuender- / => °Agens. Die Verben N(a) promener(vt) Ν φ) und Ν φ) se promener^ stehen in Neutralitätsrelation, π Es zeigt sich, daß der Aktant in der Rollenleerstelle Ν φ) als "Tuender- / =>"Agens kategorisierbar ist, wenn das Lexem, das in die betreffende Leerstelle eintritt, das Merkmal [+ belebt] aufweist:12 (25.1) Lucfa) prominent) Maxφj dans le pare. (25.2) Maxφ) se promine (y,) dans le pare (gräce ä Luc^j). (25.3) Μαχφ) se promine dans le pare et ύφ) le fait gräce ά Luc. Aufgrund der (von den korrelierenden V prinzipiell unabhängigen) lexikalischen Bedeutung von (la) promenadeßj) (de Νφ)) findet sich eine Entsprechung der "Tuender- / =>°Agens-Rolle für N(b) in der dreidimensionalen semantisch-sachverhaltsdarstellenden Struktur des FVG N(y/b) etre {ά la + en} promenade wieder, wo N(y/b) in der komplexen Rollenkombination "Zustandsi-Tuende^ auftritt, die zu "Zustandsi-Agens2 weiterkategorisiert werden kann: (25.4) A: (a) Que fait Max? Β: (b)Il est {en + ά la) promenade dans le pare. C: (c)Mais non, il ne fait rien! Für eine Abgrenzung der FVG im Korrelation zu neutralen V von den passiv-wertigen Konstruktionen spricht ferner die Tatsache, daß in dieser Gruppe auch Konstruktionen mit interaktiven Zustands-N(FVG) auftreten können. Anders als passiv-wertige etre PRÄP N(FVG) sind solche Konstruktionen in der Lage, auf entrer^/ se mettre(pv)-Stufe "Tuender- /

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12

Allerdings ist Luc(aj fait se promener^j Μαχφ) dans le pare keine vollgültige Paraphrase von (25.1), da der Satz auch bedeuten kann 'Luc a persuade Max ä se promener dans le pare'. Kein "Tuender / =>°Agens ist N(b) in Max(a) fait se promener son regard φ) dans le pare.

203 =>°Agens-Rollen fur ihre y-Aktanten zu eröffnen (s. 4.8.4.). Genau dadurch unterscheiden sich (24.5) und (24.6) vom grammatischen Passiv von opposer(yt) in (24.7): (24.5) La Boliviefy/b) {se mettra + entrera} en opposition au Chili(c), et eile le fera ä cause de ce diffkrend(ay (24.6) La ΒοΙΜβφ) s'opposerafVi) au ChiIi (c), et eile le fera ά cause de ce dijfirend(a). (24.7) *La ΒοΐΜβφ) sera opposiefyt) au Chili (C), et eile le fera ά cause de ce diffSrend(ay Beispiele fur FVG mit Nur-Zustands-N(pvG) in systematischer Relation zu neutralen Verben sind die folgenden Konstruktionen: (ceil)fy/b)Stre en accommodation ά Nqc(w/C) N(a) accommoder(yt) ά NqC(c) / Nqcfb) s'accommoder(Vj) ά Nqc(c) Nqc(y/b) Stre {en + ά Γ) arrSt N(a) arreter(vt) Νφ) /Νφ) s'arrSter(yy N(y/f>) Stre en beauti Ν(a) embellir(yt) Ν φ) / Ν φ) embellirfyj) N(y/b) Stre en contraste avec N(y/b) Ν(α) contrasterfy,) Ν φ) avec Νφ) / Ν φ) contrasterfyi) avec Ν φ) Ν(α) courroucerfYt) Νφ,) / Ν φ) se courroucerfy N(y/b) Stre en courroux Ν(α) dSsespirer(yt) Ν φ) /Ν φ) (se) disespirer(yi) Nqn(y/b) Stre au disespoir Nqn(y/b) Stre en effroi Ν φ) effrayer (yt) Μφ) fΝφ) s'effrayerfyp (de Ν(α)) N(y/b) Stre en Smoi Ν(α) imouvoir(vt) Νφ) /Νφ) s'imouvoir(yi) (de Ν(α)) Nqnfy/b) etre en extase Ν(a) extasierfyt) Ν φ) /Νφ) s'extasier(Vi) (de Ν(α)) N(y/b) Stre en harmonie avec Ν (y/b) Ν(α) harmoniser(yt) Ν φ) avec Νφ) / Ν φ) s'harmoniserfVj) avec Νφ) Nqnfy/b) etre en souci ({de Ν + Φ + V(i„ß + que S}(a) soucierfy,) Νφ) / de Vfaß + que (ne) S})(w/a) Νφ) se soucier ({de Ν + de V(i„ß + que (ne) S}(aj) N(y/b) Stre en stationnement Nqn(a) stationner(yt) Νφ)Μ /Νφ) stationner Beispiele für etre PRÄP N(pro) mit interaktiven Zustands-N(FVG) sind folgende FVG: N(y/b) entrer en accommodement avec Ν(y/b) N(a) accommoder(vt) Νφ) avec Ν φ) / Ν φ) s'accommoder(yj) avec Νφ)^ Ν (μ) accorder(vt) Ν φ) avec Νφ)16/ Ν(y/b) Stre en accord avec Ν(y/b) Νφ) s'accorder(yi) avec Ν φ) Ν (a) lierfvt) Ν φ) avec Ν φ)/Νφ) se Her avec Νφ) Νfy/b) Stre en liaison avec Ν(y/b) Ν(α) opposer(vt) Νφ) ά Ν φ)/Νφ) s'opposer(Vi) ά Νφ) Ν(y/b) Stre en opposition avec Nfy/b) Konstruktionen mit Nur-Vorgangs-N(FVG) sind: Ν(y/b) Stre en agitation Nqn(y/b) Stre dans Vassoupissement Nqc Stre en augmentation

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Ν(a) agiter(yt) Νφ) /Νφ) s'agiter(Vi) Ν(α) assoupir(vt) Νφ)/Νφ) s'assoupirfvi) Ν (α) augmenter(vt) Νφ) (de N(c)) / Ν φ) augmenter(yi) (de N(cj)

Das FVG, das Sachverhaltsnomen sowie courroucer(yt) / se courroucerfyi) sind als literarisch markiert (PR: Courroux, Courroucer, vgl. krit. Blochwitz 1980:26). Diese Variante, etwa in stationner sa voiture, ist als familier markiert (Robert: Stationner). Accommoder(yt) Ν avec Ν in der Bedeutung 'in Einklang bringen' und s'accommoder(Vi) avec N, 'sich arrangieren mit' sind jedoch veraltet (vgl. PR: Accommoder). Die transitive Variante accorder(yt) ist freilich als rare markiert, wenn Νφ) das Merkmal [+ menschlich] haben soll (vgl. PR: Accorder).

204 NqCfy/h) etre en baisse (de N(w/C)) N(y/b) Stre en dicomposition Nqc(y/b) etre en formation Nqcfy/b) etre en fusion Nqcfy/b) etre en hausse (de N(w/C)) Nqc(y/b) etre en pourriture Nqc(y/b) etre en putrifaction Nqcfy/b) Stre en variation (avec Nqcfy/b))

N(a) baisser(yt) Ν φ) (de N(cß / N(b) baisser(Vi) (de N(cj) N(a) decomposer^) Ν φ) / Ν φ) se decomposer^) Ν(a) former(yt) Νφ)/Νφ) se former(Vi) N(a)fondre(vt) Νφ) / Ν φ) fondrefvi) N(a) hausser(yt) Νφ) (de N(c)) / Νφ) hausser(Vi) (de N(c)) N(a) pourrir(yt) Νφ) / Νφ) pourrir^yj) N(a) putr0ßer(yt) Νφ)/Νφ) se putrSfier(yj) N(a) varier(vt) Ν φ) avec Νφ) / Ν(h)varier(Vi) avec Ν φ)

Konstruktionen, die dem Strukturtyp 3 zugerechnet werden können, sind in unserem Material selten belegt. Es handelt sich um die folgenden: Nqnfy/b) Stre en deplacement N(y/b) Stre au galop N(y/b) Stre en mouvement Nqn(y/b) Stre {en + ä la} promenade

N(a) deplacer(yt) Nqηφ) / Νqnφ) se diplacer(Vi) Nqn(a) galoper^t) Ν φ) / Νφ) galoper^•) 17 N(a) mouvoir(yt) Νφ)/Νφ) se mouvoir^) N(a)promener Νφ)/Νφ) sepromenerfVi)

Auch unter dem Gesichtspunkt ihrer funktionalen Relevanz haben Fügungen, die mit neutralen V korrelieren, aufgrund der Tatsache, daß ihnen sowohl ein transitives als auch ein intransitives V entspricht, eine Sonderstellung. Der Stellenplan der formal intransitiven, nicht-kausativen Stufen mit etrefpv), entrer(fv), se mettrefpv) und resterφγ) weist Ähnlichkeit mit der rezessiven Variante Vi auf, während auf mettre^vj- und tenir(FV)- Stufe kausativ-transitive Konstruktionen entstehen, deren Valenz der von Vt vergleichbar ist: (26.2)

(26.1) Luc est en effroi ά cause du chien. Luc s'effraye du chien. (26.3) Luc est effraye par le chien.

Stre-FVG Vj, aktivisch Vt, passivisch

(26.4) Le chien met Luc en effroi. (26.5) Le chien effraye Luc.

mettre-FVG Vt, aktivisch

6.1.5. Exkurs: Passiv-Wertigkeit versus Aktanteninversion. Echt diathetische PRÄPN(FVG)

etre

Das Beispiel der etre PRÄP N(fvg) in systematischer Relation zu neutralen Verben zeigt, daß Passiv- und Aktiv-Wertigkeit keine konstruktioneilen Eigenschaften der jeweiligen etre PRÄP Ν(fvg) P^ se sind, sondern auf der Korrelation zwischen etre PRÄP N(fvG) mit bestimmten Eigenschaften auf der einen Seite und V mit bestimmten Eigenschaften auf der anderen Seite beruhen. 18 Eine Konstruktion etre PRÄP Ν(FVG) in systematischer Relation zu neu17

18

Die transitive Variante Nqn(a) galoper(yt) Νφ) ist allerdings veraltet (Blochwitz 1980:21) bzw. auf die Reitersprache beschränkt (Robert: Galoper). Schon Persson (1975:73ff.) unterscheidet nicht mehr zwischen "aktivischen" und "passivischen" FVG, sondern legt seiner Klassifikation der FVG die Korrelation zu transitiven bzw. intransitivev V zugrunde. Auch bei Bahr (1977:150ff.) ist nicht von "passivischen" FVG, sondern von "Passiv-Para-

205 tralen Verben ist, sofern sie nicht dem semantischen Strukturtyp 3 zuzurechnen ist, in gewisser Weise sowohl aktiv- als auch passiv-wertig. Setzt man sie in Relation zur rezessiven Variante Vj, so erscheint sie als Äquivalent der aktivischen Form von V, (vgl. (26.1) und (26.2)). Korreliert man dagegen dasselbe FVG mit der kausativ-transitiven Variante Vt, so ist es mit der passivischen Form gleichwertig (vgl. (26.1) mit (26.3)). Abgesehen von der Restriktion, daß sich passiv-wertige Konstruktionen niemals dem Strukturtyp 3 zurechnen lassen, 19 ist die Äquivalenz mit aktivischen oder passivischen Verbalprädikaten keine konstruktioneile Eigenschaft der jeweiligen etre PRAPN(FVG), sondern beruht auf der Relation zu einer verbalen Bezugsgröße im Lexikon. Das Phänomen funktionaler Ähnlichkeit mit aktivischen oder passivischen Verbalprädikaten ist strikt zu trennen von Fällen, in denen FVG als Konstruktionen eine Eigenschaft aufweisen, die der Diathesenopposition zwischen Aktiv und Passiv entspricht. Für Sachverhaltsnomina, die über mehr als einen genitivisch realisierbaren Aktanten verfugen, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, jeden dieser beiden Mitspieler in das y-Aktantensystem der FV eintreten zu lassen. Die Frage, welcher der beiden Mitspieler in diese Aktantenleerstelle eintritt, ist lexikalisch festgelegt (s. 4.7.3). Echt diathetische Konstruktionen stellen den Sonderfall dar, daß beide Aktanten des Nomens in die y-Leerstelle des FVG eintreten können. (27.1) (27.2) => (27.3) (27.4) =>

La discussion] {de + entre} Luc etMarie(a) sur cette questionφ) [...]. Luc etMarie(y/a) sont en discussionj sur cette question ^/by La discussion2 de cette question(b) (par Luc et Marie(a)) [...]. Cette questions/a) est en discussion2 entre Luc et Marie(ν/α).

Je nachdem, welcher Aktant des N ( F V G ) I N das y-Aktantensystem des FVG eintritt, ergibt sich eine aktivische (27.2) oder passivische Form des FVG (vgl. (27.4)). "Aktivisch" ist im Bsp. (27.2) das Zusammenfallen des [+ menschlichen] °Zustands-Agens mit der syntaktischen E i Leerstelle des Prädikats. Umgekehrt ist in (27.4) "passivisch", daß der agentive Mitspieler entweder aus dem Stellenplan des FVG herausfallt und nur mehr als freie Angabe oder aber als fakultativer Zweitaktant der Form entre Ν realisierbar ist. Bei (27.4) handelt es sich gleichwohl nicht um das Passiv des Verbs discuter(y), sondern um die "passivische" Verwendung des Nomens discussion im FVG, die sich von der "aktivischen" Verwendung in (27.2) durch eine charakteristische Zuordnung von semantischen Rollenaktanten (des Nomens) zu syntaktischen Positionen (des FVG) unterscheidet. Ein erster Unterschied zum verbalen Passiv, das ja die grammatische Form eines Verblexems ist, ergibt sich aus der Tatsache, daß der "aktivischen" Verwendung in (27.2) und der

19

phrasen" von V durch FVG die Rede. Vgl. auch So (1991:42, bes. Anm. 32). Vgl. dagegen krit. Heibig (1979:283) und Starke (1989:94). Widersprüchlich verfahrt in dieser Hinsicht Rösch (1994), die einerseits konstatiert, daß nur der Vergleich mit V und anderen FVG, nicht aber formale Kriterien eine Einteilung in FVG mit aktivischer und passivischer Bedeutung rechtfertigen, die aber andererseits, da sie FVG als Funktionen "ihres Basisverbs" (s. Anm. 2 in diesem Kap.) ansieht, dennoch den Versuch unternimmt, passivwertige FVG konstruktionell abzugrenzen. Selbst der Umkehrschluß dieser Aussage, nämlich daß alle Konstruktionen, die sich dem Strukturtyp 3 zurechnen lassen, aktiv-wertig sind, ist unzutreffend, da itre PRÄP N(FVG) des Strukturtyps 3 nicht immer mit V korrelieren (s. 6.3.2.).

206 "passivischen" Form in (27.4) jeweils eine syntaktisch unterschiedliche Variante von discussion^ zugrunde liegt, nämlich in (27.2) die Variante (Ία) discussionι {de + entre} Nqri(a) sur Nqc(b), in (27.4) dagegen (la) discussion2 de Nqc^j par Nqn(a). Ähnlich verhalten sich: (28.1) La suspicion} de Ktax(a) contre Lucß) [...]. (28.2) => Max(y/a) est en suspicion 1 contre Luc(W/b). (28.3) La suspicion2 de Lucφ) par Max(a) [...]. (28.4) => Luc(y/b) esten suspicion. (29.1) L'observationi de Max(a) devant la maison ßj [...]. (29.2) => Maxfy/a) est en observationJ devant la maison(AJ. (29.3) L'observation2 de la maisonφ) parMax(a) [...]. (29.4) => La maison(y/b) est {en + sous} observation Daß wir es in (27) - (29) trotz starker Parallelen nicht mit einem Phänomen zu tun haben, welches identisch ist mit dem verbalen Passiv, wird auch daran deutlich, daß eine Inversion der Aktanten nach dem oben beschriebenen Muster auch bei Sachverhaltsnomina in N(FVG) möglich ist, die wie das Zustands-N possession(s) nicht mindestens als Handlung kategorisierbar sind. Verben wie das Zustands-V posseder(V) dagegen, die das Kriterium einer solchen Kategorisierbarkeit nicht erfüllen, lassen sich nicht passivieren.2o Aus diesen Gegebenheiten resultiert der paradoxe Umstand, daß etre en possession2 das Äquivalent eines verbalen Passiv ist, welches es nicht gibt, obwohl ein stammgleiches V vorliegt. (30.1) Lucfy/a) est en possessionj de ce vifo^/b)· (30.2) Luc(a) posside ce νέΐοφ). (30.3) Ce v6lo(y/b) est en possession2 de Luc(w/a). (30.4) *Ce νέΐοφ) estpossidi par Luc(a). Die Zahl der Konstruktionen, die die Aktanteninversion zulassen, ist vergleichsweise gering. Es handelt sich um Nqn(y/a) etre en deliberationj (sur Nqc(w/iNqc(y/b) &tre en deiiberation2 (aupräs de Nqn^ß Nqnfy/a) etre en discussion] ({sur + pour} Nqc^/b)) Nqcfy/b) etre en discussion2 (auprits de Nqn(4)) Nqn(y/a) etre en dispute] (sur Nqc(w/b}) ^1c(y/b) &tre en dispute2 (aupris de Nqn^ß Nqn(y/a) etre dans ie doute] (au sujet de Nqc(w/bß Νqcfy/i,j etre hors de doute2 (aupris Nqnß)) Nqr>(y/a) &tre en faveurj de N(w/b) ^(y/b) etre en faveur2 (aupris de NqnfAß Nqn(y/a) etre en surveillance 1 N(y/b) etre sous la surveillance2 de Nqn(w/a) Nqn(y/a) etre en n0gociation(s)] (sur Nqc(w/b)) Nqcfy/b) &tre en nigociation(s)2 (entre Nqn(w/a)) Nqn(y/aj {etre + se tenir} en observation] N(y/b) ötre {en + sous} observation2 N(y/a) etre en perte] de Nqc^/b) Nqc(y/b) etre en pertep·^ Nqn(y/a) etre dans la preparation / de Nqc(w/t,) Nqc(y/b) etre en preparation2 Nqn(y/a) etre en suspicionj contre N(w/bj ^(y/b) &tre en suspicion2 (de Ν (w/cj) Nqn(y/a) etre en gestation j (de Nqc(w/b)) Nqc(y/b) etre en gestation2 Nqn(y/a) etre en pouvoirj de V(l„ß(w/b) {V(Inß+N sich nicht durch N(a) etre {dangereux + perilleux}, sondern lediglich durch Nqc etre {dangereux + perilleux} pour N(a) prädikativ ausdrücken lassen. Für ihren Status als Sachverhaltsnomina spricht der Umstand, daß der y-Aktant der FVG auch dann als (attributive) Ergänzung der betreffenden Substantive realisiert werden kann, wenn diese außerhalb der Fügungen auftreten. (51) Dans ce pays, sa vie est en {danger + ρέήΐ}. (51.1) II est rentre dans ce pays au piril^j de sa vieß).

6.2.4. Deadjektivische Fügungsnomina, die keine Sachverhaltsnomina sind Bei den N(FVG)- Konstituenten der FVG des Typs mettre au clair, etre ά plat, etre ά sec, remettre ά neuf handelt es sich um Elemente der lexikalischen Kategorie Adjektiv. Unter dem Gesichtspunkt ihrer Beziehungen zu den korrelierenden etre ADJ stellen diese FVG den Parallelfall zu den unter 6.1.7. diskutierten Konstruktionen dar, deren N(FVG) keine Sachverhaltsnomina sind. In seiner Funktion als N(FVG) ist clair kein Träger einer Dimension der ASB, da ihm logisch-begrifflich kein Prädikat vom Typ etre clair vorgeordnet ist. In (52.1) hat clair(ADJ) beschreibende, in (52.2) prädikative Funktion. Die nominale Entsprechung des Zustands-Prädikats in (52.2) lautet nun nicht (52.3), sondern (52.4). (52.1) Une affaire claire. (52.2) Cette affaire est claire. (52.3) *Le clair de cette affaire [...]. (52.4) La clartä de cette affaire [...]. Die betreffenden N(FVG) werden erst durch FV in den Stand versetzt, Aktanten zu regieren. (53) Max va remettre ä neuf l'appartement de Luc. (53.1) *Le neuf de son appartement [...]. (54) Luc met ά nu le conducteur vert. (54.1) *Le nu du conducteur vert [...]. (55) [...] Arsdne Lupin ne se laisse pas frapper et mettre ä mal [...]. (Sho:221) (55.1) ?Le mal d'Arsäne Lupin [...]. Mit Konstruktionen wie mettre au clair, etre a sec, etre ά plat, deren adjektivische N(FVG) nicht den Status von Sachverhaltsnominalen haben, korrelieren nun neben den entsprechenden etre ADJ häufig auch Vollverben. Wenn es sich dabei um neutrale V handelt wie bei eclairer (yt) / s'eclairer (γ,), sέcher(vt) / secAer^, aplatir(vt) / s'aplatir(Vi), so entspricht das intransitive V, semantisch einem Adjektivprädikat mit devenir, während das transitiv-kausative V t in Wertigkeit und ASD-Kategorie mit rendre ADJ übereinstimmt. Entsprechend korrespondieren mettre-FVG mit V t und rendre ADJ, während FVG der Stufen etre, entrer, se mettre mit V; und {etre + devenir} ADJ korrelieren.

218 (56.1) L'itang est sec. (56.2) L'itang est a sec.

Zustand

(56.3) L'itang siehe (yg. (56.4) L 'itang devient (plus) sec.

Zustands-Änderung (+ itre), ( - Stre)

(56.5) (56.6) (56.7) (56.8)

herbeigeführte Zustands-Änderung (+ etre), (- Stre)

Le soleil sichert) l'itang. Le soleil rend l'itang (plus) sec. Le soleilfait sicher(yy l'itang. Le soleil met ά sec l'itang.

Auch wo solche deadjektivischen V keine neutralen Verbpaare bilden (dies ist z.B. der Fall bei mettre ä rtU(FVG) I denuder^ mettre en plis(pvG) /plisser^), besteht zwischen FVG, Vollverb und dem Paradigma etre ADJ eine so enge denotativ-semantische und syntaktisch-funktionale Affinität, daß die betreffenden etre PRÄP N(pyß) eigentlich gar nicht existieren dürften, wenn die Aussage zuträfe, daß ihre hauptsächliche Funktion im Sprachsystem in der Modifikation von Valenz und Aktionsart einfacher V bzw. dem Auffüllen von Lücken im Verbalsystem besteht, denn in jedem Fall korreliert mit dem betreffenden Verb außer dem FVG noch ein komplexes Prädikat der Form {etre + devenir + rendre} ADJ. Fälle wie der folgende, in dem sich insbesondere das V und das FVG durch andersartige Selektionsrestriktionen unterscheiden, sind bei den hier diskutierten FVG ausgesprochen selten. Trotz der denotativ-semantischen Unterschiede zwischen V und FVG läßt sich das entsprechende ADJ-Prädikat als gleichwertiger Ersatz sowohl für das V als auch für das FVG verwenden: (57.1) Le temps να (se mettre au beau + devenir plus beau + *embellir}. (57.2) Marie va f*se mettre au beau + devenir plus belle + embellir}. (57.3) Ceci va {*mettre au beau + rendre plus belle + embellir} Marie. Konstitutiv für die Klassifizierung der FVG diesen Typs ist der Umstand, daß sich die ASDStruktur der N(FVG) (die hier 0 ist, da die lexikalischen Elemente in N(FVG) keine Prädikatoren sind) nicht aus den ASD-Kategorien der morphologisch verwandten Vollverben oder etre ADJ ableiten läßt. Diese Konstruktionen sind nicht zu verwechseln mit Fügungen, bei deren N(FVG)Konstituenten es sich um nicht-affixal derivierte Zustands-Nomina handelt.33 (58) Luc et Marie sont enfroid. (58.1) Le froid entre Luc et Marie [...]. (58.2) Le froid qui rigne entre Luc et Marie [...]. (59) Le vilo de Luc itait en rouge. (59.1) Le rouge de son vilo [...]. (59.2) Le vilo de Luc est rouge.

33

Nicht-affixale deadjektivische Substantive sind in der Regel Zustands-Sachverhaltsnomina, die häufig mit deadjektivischen "noms de qualite" mit Suffix -iti kommutieren ({l'absurde + l'absurditi} de sa conduite, vgl. Winther 1982:350). Diese Möglichkeit besteht auch im Deutschen ({das Rot + die Röte} ihrer Wangen, vgl. Teubert 1979:105 ).

219

6.3. FVG ohne morphologische Affinität zu Verben oder Adjektivprädikaten In den folgenden Ausführungen sollen Konstruktionen vorgestellt werden, deren nominale Konstituenten in keinerlei morphologischer und semantischer Korrelation zu einfachen Verben oder Adjektiv-Prädikaten stehen, die also, legt man die Kriterien der in 2.1. als "strukturellfunktional" charakterisierten Forschungstradition an, nicht als FVG im engeren Sinne angesehen werden können. Ein völlig anderes Bild ergibt sich dagegen, wenn man von dem in 4.2. dargelegten, ausschließlich auf semantischen Kriterien beruhenden Begriff der Sachverhaltsnomina ausgeht. Wurde in 6.1.7. und 6.2.4. versucht zu zeigen, daß nicht alle morphologisch deverbalen bzw. deadjektivischen N(FVG) gleichzeitig auch als Sachverhaltsnomina angesehen werden können, so läßt sich an den Fügungsnomina ohne morphologisch verwandte Prädikate ohne weiteres der umgekehrte Fall belegen. Sachverhaltsnomina finden sich in dieser Gruppe ebenso wie unter den formal deverbalen oder deadjektivischen N(FVG> Auch für etre PRÄP Ν (FVG) mit Fügungsnomina ohne Korrelation zu V oder (etre) ADJ sind die semantischen Strukturtypen 0 bis 3 belegt.

6.3.1. Fügungsnomina, die keine Sachverhaltsnomina sind Die FVG ohne morphologisch verwandte Prädikate, deren substantivische Konstituenten nicht den Status von Sachverhaltsnomina haben (die also dem Strukturtyp 0 zuzurechnen sind), stellen, wie die unter 6.1.7. und 6.2.4. behandelten Fügungen, den Sonderfall dar, daß morphologische Tatsachen mit semantisch-fünktionalen Eigenschaften der betreffenden FVG in eins-zu-eins-Beziehung stehen. Die N(FVG) solcher Konstruktionen binden den Aktanten in der y-Leerstelle der entsprechenden FVG nur zusammen mit FV, d.h. nur als Elemente von Nominalprädikaten. Außerhalb dieser Funktion sehen sie dagegen keine Leerstellen für valenzabhängige Mitspieler vor. (60) Le hirisson s'est mis en boule. (60.1)? La boule du hirisson [...]. (61) La maison de Marie est en feu. (61.1 γ Lefeu de la maison [...]. (62) p Les arbres sont en fleurs. (62.1)· < => Les fleurs des arbres [...]. Bei vielen Konstruktionen der Subklassen der "materiellen Konsistenz" und der "Affiziertheit" scheint es auf den ersten Blick so, als könnten die y-Mitspieler der FVG auch dann als Ergänzungen der Elemente in N(FVG) fungieren, wenn diese außerhalb der entsprechenden Fügungen auftreten. Die betreffenden, in (60.1) - (62.1) genitivisch realisierten Elemente sind allerdings keine Ergänzungen der jeweiligen Substantive, sondern haben den Status freier Angaben. In den betreffenden FVG in (60) - (62) sind die semantischen und syntaktischen Beziehungen zwischen y-Mitspieler und prädikativem N(FVG) jeweils grundlegend andere als diejenigen zwischen den nominalen Kopfkonstituenten und ihren freien Angaben in (60.1) - (62.1). Diese

220 jeweils unterschiedlichen Relationen manifestieren sich in ausgeprägten Bedeutungsunterschieden zwischen den FVG und den betreffenden NP: (63.1) La maisorify) est en feu. (63.2) ? < => Le feu de la maison [...]. (64.1) Le boxeur a le visage (y) en sang. ? (64.2) Le sang du visage du boxeur [...]. (65.1) La 2CVdeMarie(y) έίαΐί en (pleins)phares. (65.2) ? Les (pleins) phares de la 2CVde Marie [...]. Während in (63.1), (64.1) und (65.1) die mit y indizierten Satzglieder Argumente von Sachverhaltsdarstellungen sind, denen mittels etre en Nfpyo) Eigenschaften zugeschrieben werden, sind die entsprechenden Ν als freie Angaben in (63.2), (64.2) und (65.2) umgekehrt ihrerseits "kompakte Ausdrucksform einer zusätzlichen Prädikation" (Teubert 1979:145).

6.3.2. Sachverhaltsnomina ohne morphologisch verwandte Ableitungsbasen Die N(FVG) von Konstruktionen wie etre en greve, etre en Campagne oder etre en colere sind Sachverhaltsnomina, die sich zwar einzelsprachlich nicht auf morphologisch verwandte Verben oder Adjektivprädikate zurückfuhren lassen, die aber wie Nomina actionis komplexe Sachverhalte benennen, da sie Träger einer Dimension der ASB sind. Formal äußert sich diese Eigenschaft darin, daß sie in der Lage sind, die y-Aktanten der FVG auch dann als Ergänzungen zu regieren, wenn sie in nicht-prädikativer Funktion, d.h. außerhalb der N(FVG)-Position auftreten. Wie zufällig das Fehlen eines morphologisch ähnlichen, in der einzelsprachlichen Norm lexikalisch repräsentierten Prädikats sein kann, läßt sich am Beispiel des N(FVG) erreur in etre dans l'erreur illustrieren. Das Tun-Verb errerfv), das diesem N(FVG) auf der Ausdrucksseite ähnlich und unter diachronischen Gesichtspunkten mit ihm verwandt ist, hat im gegenwärtigen Französisch die Bedeutung 'umherirren, umherstreifen'. Aufgrund seiner KSB örtliches Befinden korreliert dieses Verb semantisch nicht mehr mit dem erreur^ (das einen Zustand des Wissens bezeichnet) und kann somit nicht als dessen Basisprädikat angesehen werden. 3 4 Die Tatsache, daß erreur^ nichtsdestoweniger den Status eines Sachverhaltsnomens hat, läßt sich daran verdeutlichen, daß ein durch die Nominalphrase l'erreur de N(aj bezeichneter Sachverhalt ohne weiteres prädikativ durch semantisch zweidimensionale Prädikate wie das morphologisch nicht verwandte Verbalprädikat Ν(α> se trompe oder das (und nur implizit dreidimensionale) F V G N(a) fait erreur dargestellt werden kann. Ahnlich verhalten sich die N(FVG) folgender Konstruktionen: (66.1) Marie est en cotere. (66.2) < = La colere de Marie [...]. (66.3) < = Marie estfurieuse. 34

Vgl. Blochwitz (1980:21). Weitere Beispiele dieser Art werden in 6.5. diskutiert werden.

221 (67.1) Les pantalons verts ne sont plus fa la mode + en vogue}. (67.2) < = {La vogue + mode} des pantalons verts [...]. (67.3) < = Les pantalons verts sont conformes au gout du jour. (68.1) Max η 'est pas en droit de battre ses enfants. (68.2)

+

(76) V

+

+

+

=>

Ν => FVG 0 0

=>

Ν => FVG + 0

+

(77) V

Ν => FVG

Einen weiteren Hinweis darauf, daß sich die lexikalischen Verhältnisse bei FVG in der Regel in erster Linie an denen des N, und nicht primär an denen des korrelierenden V orientieren, liefert das Beispiel der Konstruktionen Nqc entrer en combinaison avec Nqc und Nqn etre {en + dans la} combine avec Nqn, die beide mit jeweils einer Bedeutungsvariante von combiner(V) korrelieren, denen aber zwei verschiedene N, nämlich combinaison(N) und combine^ zugrunde liegen.39 Wären FVG nämlich grammatisch abgeleitete Verbalperiphrasen, und keine lexikalisierten Nominalprädikate, wie wir behaupten, so dürfte ein solcher Fall gar nicht eintreten, da aus einer einzigen verbalen Basisform combiner(v) nicht durch eine grammatische Operation zwei ausdrucksseitig verschiedene Derivate gebildet werden können, zumal combinaison(N) denjenigen semantischen Bereich von combiner(y), auf den combine^ spezialisiert ist, ebenfalls abdeckt. Das Beispiel legt vielmehr die Interpretation nahe, daß aus Gründen, die von der Existenz oder Nichtexistenz der FVG unabhängig sind, im Sprachsystem des modernen Französisch zwei semantisch und in ihrer Registerzugehörigkeit unterschiedliche, zu verschiedenen Epochen entstandene deverbale Ν in unterschiedlicher Art und Weise mit combiner (V) korrelieren.

39

Entrer en combinaison wird in anderem Zusammenhang bei Blochwitz (1980:23) diskutiert.

227

V

Ν

COMBINER

COMBINAISON

FVG

1. Riunir des ölöments dans un ar- 1. Assemblage d'ölöments dans un rangement (Ι&βτπύηέ. Combiner arrangement ddtermini. Combinai0 des signes, des sons, des mouveson de couleurs, de lignes ments. 4. Vetement qui en combine deux. Une combinaison d'homme, de 0 (+) femme, de sport. 5. Systeme d'ouverture d'un coffre(+) 0 fort. 2. (Chim.) Rdunir des (corps simp- 2. Union des atomes des öliments (Chim.) Nqc entrer en COMBIqui entrent dans un composö, synNAISON avec Nqc. les) pour obtenir un composö. thase. La combinaison de deux volumes d'hydrogine et d'un vo- Deux substances entrent en combilume d'oxygine dome de l'eau. naison. 3. Organiser en vue d'un but 3. Organisation pr&ise de moyens pr&is, tramer, machiner, trafiquer. en vue d'assurer le succfes d'une 0 entreprise. Trouvez une combinaison pour en sortir! 3.1. 3.1. Des combinaisons financiöres, politiques 0

Combiner un mauvais coup.

COMBINE (Fin XIX6 sitele, diachron. de combinaison

Nqn etre {en + dans la} COMBINE avec Nqn.

Moyen astucieux et souvent döloyal Tramer un mauvais coup avec pour parvenir ä ses fins. Tu conNqn, etre le complice de Nqn nais la combine pour payer sans entrer? Abb.62 Dieselbe Konstellation liegt vor zwischen progresserfy), 'fortschreiten, Fortschritte machen, vorwärtskommen' und den beiden Sachverhaltsnomina progris, Tortschritt' und progression, 'Zunahme, Voranschreiten'. Zu jedem der beiden Sachverhaltsnomina existiert nun ein FVG, nämlich Nqc etre en progression (de Nqc), 'im Anwachsen sein' (etwa in le profit enregistre est en progression de 8% sur l'annee precedente, vgl. LM 23./24.11.86:13) 40 sowie Ν etre en progres (surN), belegt durch folgendes Beispiel:

40

Die Konstruktion Stre en progression verfugt ihrerseits über eine Bedeutungsvariante Nqn itre en progression (qp), 'sich auf dem Vormarsch (nach irgendwo) befinden'. Auch dieser Variante entsprechen Bedeutungsvarianten des Verbs progresser und des Sachverhaltsnomens progression. Während es sich bei Nqc itre en progression (de Nqc) um ein FVG des Strukturtyps 2 handelt (weil sein N(FVG) als Nur-Vorgang kategorisiert ist, liegt bei Nqn Stre en progression (qp) ein FVG mit Handlungs-Sachverhaltsnomen (Strukturtyp 3) vor.

228 (78) Un examen d'ensemble des mammifires montre, comme l'a fait Frechkop, que le pied de 1'homme, loin d'itre en progris sur celui du singe, est au contraire un organe beaucoup plus grossier, beaucoup plus primitif dans son plan et sa structure. (Ani:215) Analog verhalten sich Nqn etre en deliberation ι avec Nqn sur Nqc / Nqc etre en deliberation 2 vs. Nqn mettre Nqc en delibere. Sowohl das N(FVG) der juristisch-fachsprachlich markierten Konstruktion mettre en delibere41 als auch das der stilistisch unmarkierten FVG etre en deliberation7 / etre en deliberation stehen in Korrelation zu delibererfv). Eine ähnliche Konstellation, allerdings mit dem Unterschied, daß die betreifenden FVG bzw. Ν in Homonymierelation stehen, ist für die Konstruktionen Nqn etre en consultations) 1 sur Nqc und (un livre) etre en consultation gegeben, denen zwei verschiedene Ν consultation zugrunde liegen, deren Bedeutungen sich ihrerseits mit verschiedenen Bedeutungsvarianten des Verbs consulter^ decken. Die Variante 2 des FVG korreliert mit einer Vorgangs-passivischen Verwendung von consulter(V). (79.1) Luc et Marie consultent. (79.2) {La + les} consultation(s) j {de + entre} Luc et Marie [...]. (79.3) Luc et Marie sont en consultation(s)/. (80.1) Marie consulte ce livre. (80.2) La consultation de ce livre par Marie [exaspere Luc].42 (80.3) [Quand Luc voulait l'emprunter,] ce livre etait dijä en consultation. Als zusätzliches Argument gegen eine Einschätzung der FVG mit deverbalen N(FVG) als verbale Periphrasen läßt sich eine weitere Konstellation der Verteilung von Bedeutungsvarianten auf V, Ν und FVG anfuhren: Wären FVG in erster Linie grammatikalisierte Verbalperiphrasen, so müßte in Fällen, in denen eine Bedeutungsvariante des V veraltet und aus dem Gebrauch kommt, auch das entsprechende FVG verschwinden. Daß dies aber nicht der Fall ist, belegt das folgende Beispiel. Das Verb derouter bzw. altfrz. desroter^ in der Bedeutung 'fliehen' ist aus dem Gebrauch gekommen. Damit würde strenggenommen die Variante 1 des FVG etre en deroute in der Bedeutung 'auf der Flucht sein, sich auf dem Rückzug befinden' das Kriterium der Deverbalität unter synchronisch-semantischen Gesichtspunkten nicht mehr erfüllen. 43

41

42

43

Bei mettre Nqc en delibäre handelt es sich nicht um eine Konstruktion mit phraseologisch gebundener Nominalkonstituente. Dilibiri kann nämlich in seiner normalen lexikalischen Bedeutung auch außerhalb des FVG auftreten: le dilibere ne fut pas long (Saint Simon, zit.n. Robert: Delibere). Wegen seiner Registerzugehörigkeit ist d0libere^ außerhalb des FVG allerdings wenig geläufig Das Ν consultation2 ist in unserem Material durch folgende Verwendung belegt: II y avait [...] un volume de couleur orange [...], qui [...] laissait voir les traces d'une friquente consultation. (Tra2:19) Das folgende Beispiel wird auch bei Blochwitz (1980:21) diskutiert, der allerdings die Konsequenzen, die sich aus diesem Fall für eine Einschätzung der FVG als verbale Periphrasen ergeben, nicht reflektiert.

229

V

Ν

FVG

DEROUTER

DEROUTE

Ν etre en DEROUTE

1. Fuite d^sordonnee de troupes battues. Cette laborieuse retraite aurait pu se changer en deroute. (Mörimde) 0

3. Rendre Nqn incapable de röagir comme il faudrait. Dirouter un candidal par des questions inattendues.

1. etre battu et en retraite disordonnöe. 1.1. C'etait un Espagnol de Ι'αηηέε en ddroute. (Hugo, cf. PR) 1.2. [•••] dis l'avinement de Gorba-tchev, le groupe conservateur dtait en pleine ddroute. (L 7.11.86:19) 2. etre confus, en d6sordre. Ma belle sdrdnitd du mois d'octobre est en ddroute. (Duhamel, cf. PR). II mit son contradicteur en ddroute par des arguments irrdfutables. (Robert: Ddroute)

2. Contusion, dösordre.

(+) Deroute d'idees. DEROUTEMENT/DEROUTAGE

1. (Vx.) 6garer Nqn de sa route. Quelque petite maison assez iloig0 ηέε pour dirouter les importuns. 2. (Mod.) Ddrouter un navire: Ie Changement de la route qu'un nafaire changer d'itinöraire, de desvire / un avion aurait du suivre. tination. Diroutement par suite d'une avarie.

0

0

Abb.63

Keine Korrespondenz einer der verschiedenen Bedeutungsvarianten des V mit einer der verschiedenen Bedeutungsvarianten von Ν und FVG ist bei errer(y) in der Bedeutung 'umherirren' vs. erreur(N), 'Irrtum' und etre dans l'erreur^VG), 'sich im Irrtum befinden* mehr gegeben.**4 Keine Übereinstimmung zwischen FVG und V, aber partielle Korrespondenz zwischen den Varianten von V und Ν einerseits und denen von Ν und FVG andererseits besteht bei demeurer(y), "bleiben, verweilen, wohnen', d e m e u r e ^ Bleibe, Unterkunft', aber auch 'Verzug, Aufschub, Verspätung' und (jur.) mettre Nqn ert demeure^yo) de V(i„j), 'jemanden mahnen, etwas zu

tun'.

Die

unter

den

etre

PRÄPN(FVG)

mit

deverbalen

Sachverhaltsnomina

nur

ausnahmsweise auftretende Konstellation (81) ist die Regel bei den Konstruktionen, die wir in 6.3. diskutiert haben. (81) V => Ν => FVG 0 + + Während lexikalische Sonderentwicklungen des V wie in den zuletzt diskutierten Fällen die konstruktionellen Eigenschaften des FVG nicht berühren, fuhren konträre Entwicklungen zwi44

S.o., 6.3.2.; vgl. auch Blochwitz (1980:21).

230 sehen FVG und Ν zu phraseologischer Fixierung und exozentrischer Determination des N(fvg)· FVG mit phraseologisch festen, exozentrisch determinierten N(fvg) sind dadurch definiert, daß die betreifenden N(fvg) ihre phraseologisch gebundene Bedeutung ausschließlich im Kontext etre PRÄP N(FVG) realisieren (s. Kap. 8).45 Deshalb gehören Fälle, in denen einem FVG bzw. einer seiner Bedeutungsvarianten auf Seiten des Ν eine Lücke entspricht, in denen also eine Konstellation der Art (82) bzw. (83) vorliegt, strenggenommen nicht in den Kontext der hier diskutierten Konstruktionen. (82) V => Ν => FVG + 0 + (83) V => Ν => FVG

0

0

+

Die Konstellation (83) liegt vor bei: (84.1) Max α remis son commerce ä flot. (84.2) *Le flot du commerce de Max [...]. (84.3) *Le commerce de Max flotte. Ein schwer zu entscheidender Grenzfall ist die Konstruktion etre en brartle, für die eine lexikalische Konstellation der Art (82) vorliegt. Dieser Fall wird dadurch kompliziert, daß 1) als korrelierendes Verb nur mehr ein Kompositum, nämlich ebranlerfy), und nicht das V brcmler in Frage kommt, das aufgrund einer Bedeutungsvariante in obszöner Bedeutung ('se masturber') tabuisiert ist und deswegen standardsprachlich keine Verwendung mehr findet; 2) die nominale Konstituente von etre en brankfpvG) zwar nicht mehr als normales, nichtprädikativ verwendetes Ν auftreten kann, aber doch als N(pvG)-Konstituente eines anderen FVG-Typs (dormer le branle) bzw. eines fixierten Wortgefüges (sonner en branle). Daneben existiert das Ν branlement, das in freier Verwendung vorkommt, allerdings mit einer sehr weitgehend eingeschränkten Bedeutung (branlement de tele), die mit keiner Variante von etre en branle in Korrelation steht. Beide Tatsachen beeinträchtigen die Hypothese, der zufolge es sich bei etre en branle um ein exozentrisch determiniertes FVG handelt, und könnten trotz des Fehlens des Wortes *branle(N) die Annahme eines Morphems /branle/ rechtfertigen, welches Träger des Sems [Bewegung] ist, das den Formen ebranler(y), branlerfy), branlement^ und dem N(fvg) in etre

45

Vgl. dazu krit. die Ausführungen von Schemann (1982), der in Fortfuhrung der strukturell-funktionalen Analyse der FVG (s. 2.1.) FVG dann als phraseologisch fest interpretiert, wenn sie semantisch vom korrelierenden V abweichen, z.B. in Erscheinung treten im Vergleich zu erscheinen(y) (Schemann 1982:88.) etwa in der Minister ist nicht erschienen vs. der Minister ist nicht in Erscheinung getreten. Dabei wollen wir nicht bestreiten, daß es sich bei in Erscheinung treten um ein exozentrisch determiniertes FS handelt. Problematisch ist aber der Versuch, dies anhand des korrelierenden Verbs und nicht über das zugrunde liegende Substantiv belegen zu wollen. Eine solche Herangehensweise ist konsequent, wenn man mit Schemann die FVG als "Oberflächenrepräsentationen" von aspektuell modifizierten, "tiefenstrukturell" als Verben repräsentierten Prädikaten auffäßt ("zum Blühen kommen = 'Blühen' + 'Aspekt'", Schemann 1982:87). Sie ist widersinnig, wenn man FVG als Konstruktionen sui generis auf phraseologische Festigkeit untersucht.

231 en brcmle gemeinsam ist.46 Allerdings verhält sich das FVG auch in syntaktisch-distributioneller Hinsicht (etwa, was Attribuierbarkeit oder Artikelfähigkeit des Elements in N(FVG) angeht) wie ein phraseologisch festes Syntagma. V

Ν

FVG

EBRANLER

BRANLE

Nqc etre en BRANLE

0

0

0

0

0

0

0

0

1. faire trembler, vibrer. ϋέΐοηαtion qui ibranle les vitres. 2. Compromettre la soliditö de Nqc. Ebranler un immeuble 2.1. Mettre en danger de ruine. Ce ne sont pas les philosophes qui 0branlent les empires. (Danton) 3. Rendre peu fermes les convictions de Nqn. La confiance itait ibranUe, sinon ditruite. (Bainville) 4. Etre mis en branle. Les cloches de Saint-Jacques sVbranlent pour les vipres..

0

(+)

0

5. Se mettre en marche, en mouvement. Pesamment, le cortige s'ibranla. (Martin du Gard)

0

1. Mouvement d'oscillation. Mettre en branle une cloche, sonner en branle. 1.1. (Se) mettre en branle: (se) mettre en mouvement. [...] lapuissante machine syndicate met en branle ses rouages [...]. (Ely) 2. Premifere impulsion (donnde ä Nqc qu'on met en mouvement). Une chasse ά l'homme se met en branle Α../(LS 13.5.89, A-5).

BRANLER (vx., rare)

BRANLEMENT

0

1. Branler la täte 2. Etre instable. Dent qui branle. 3. (Vulg.) mastuiber. (Se) branler. 3.1. (Vulg.) Faire, fabriquer. Ce type-lä, qu'est-ce qu'il branle? 3.2. (Vulg.) S'en branler, s'en foutre.

Branlement de täte 0 0

0 0 0

0

0

0

0 Abb.64

46

Die Konstruktion itre en brcmle gehört bezeichnenderweise zu den FVG, die der in 2.2. referierten Hypothese von SabrSula zugrunde liegen, der zufolge es sich bei den FVG um "postsyntaktische" bzw. "prämorphologische" Konstruktionen im Übergang zwischen Syntax und Wortbildung handele. Im speziellen Fall von Stre en branle ist diese Hypothese angesichts der oben dargestellten besonderen lexikalischen Situation sinnvoll, denn gegen die Einschätzung dieser Konstruktion als Nominalprädikat spricht das Fehlen eines Nomens *branle in nicht-prädikativen Kontexten, und gegen eine Einschätzung der Konstruktion als exozentrisch determiniertes festes Syntagma lassen sich die oben diskutierten Gründe anfuhren. Die besonderen Verhältnisse bei etre en branle machen diese Konstruktion jedoch zu einem isolierten Ausnahmefell, der in keiner Weise typisch fur die Eigenschaften von FVG ist.

232 Während bei ebranler(y), etre en branle der Fall gegeben ist, daß das Nomen (branle^) in freier, nicht-prädikativer Verwendung aus dem Gebrauch gekommen ist, belegt das nächste Beispiel den Fall, daß ein Funktionsverbgefüge (phraseologisch feste) Varianten gebildet hat, die mit keiner entsprechenden Variante des Ν in freier Verwendung korrelieren. Das FVG etre en vue verfugt über insgesamt vier Bedeutungsvarianten, nämlich 1. Ν etre en vuej in der Bedeutung (konkr.) 'sich in Sicht(weite) befinden1 (Bsp. (85.1)), 2. Nqc etre en vue2, (abstr.) 'in Aussicht stehen' (Bsp. (86.1)), 3. Nqc etre en vue3, 'auffällig, sichtbar sein' (Bsp. (87.1)), 4. Nqn etre en vue4, 'auffällig, prominent sein' (Bsp. (88.1)). (85.1) (86.1) (87.1) (88.1)

Pas une cuisinidre en vuej [...]. (PF: 181^) La fin est en vue2. (Ely :331) Ainsi, leur luxe seraitplus en vue3 [...]. (Dia:65) [...] il s'agit d'indiquer auxflics les itudiants lesplus en vue4 [...]. (Mas: 102)

Von diesen vier Varianten lassen sich zwar alle bis auf die letzte in irgendeiner Weise mit Verwendungen von voir(V) korrelieren, doch kann nur die erste Variante ohne Schwierigkeiten auf vueft) zurückgeführt werden (Satz (85.2) wäre zu übersetzen als 'der Anblick / das Erblicken der Köchin'). In (86) - (87) expliziert der Bezug zu vuepi) und voirfy) keinerlei semantische oder syntaktische Eigenschaften der exozentrisch determinierten FVG, sondern dient allenfalls ihrer Motivation. (85.2) La vue de la cuisiniire [...]. / On voit la cuisiniire. (86.2) *La vue de la fin [...]. / ?On voit la fin. (87.2) *La vue de notre luxe [...]. / ?On voit notre luxe. (88.2)

'La vue des itudiants [...]. / Ort voit les itudiants.

Was für die Verteilung von Bedeutungsvarianten gesagt wurde, gilt ebenso für die Registerund Fachsprachenzugehörigkeit von V, Ν und FVG. Die weitaus meisten der in unserem Material erfaßten FVG sind ebenso wie die zugrunde liegenden Ν und korrelierenden V stilistisch unmarkiert («). Es gilt also die Konstellation: (89) V => Ν => FVG u u u Beispiele dafür, daß V, Ν und FVG jeweils in derselben Weise markiert (m) sind, daß also die Konstellation (90) gegeben ist, stellen vadrouiller(V), vadrouille^), etre en vadrouilkfpyG) oder rogner(V), rogne(S), etre en rogne^Q) dar, die dem frangais familier angehören, ferner cavalerfv), cavale^ und etre en cavale(j?yG), die dem franqais populaire zuzurechnen sind, 47 außerdem adjuger(v), adjudicationmettre en adjudicationdie in den Bereich der juristischen Fachsprache gehören. 47

In den von uns konsultierten Wörterbüchern sind die Registerangaben für (se) cavalerfy), cavale itre en cavale(fy/jj uneinheitlich. Im PR und bei Robert sind cavale(fy und Stre en cavale(ργβ) als argotique gekennzeichnet, (se) cavaler(v) dagegen als populaire. Im DFC wird (se) cavaler^ dagegen als "tres familier" markiert, cavale(ty wiederum als argotique, im TLF ist (se) cavaler^yj als argotique, familier und populaire ausgwiesen. Mir dagegen scheint das hohe Alter von (se) cavaler und cavale fur ihre Zugehörigkeit zum frangais populaire zu sprechen.

233 (90) V => Ν => FVG m m m Häufig verfiigen V oder Ν über unmarkierte oder anderweitig markierte Varianten, so z.B. adjuger(y), das in familiärem Sprachgebrauch im Sinne von 'donner1 verwendet wird (vgl. PR: Adjuger). Ein weiteres Beispiel für diesen Fall stellen jouirp) de Nqc, jouissance^ de Nqc und entrer en jouissance de Nqc dar. Während das FVG ausschließlich im juristisch-fachsprachlichen Gebrauch auftritt, können jouissance^ und jouir^ sowohl juristisch in der Bedeutung 'Nutznießung' bzw. "Nutzen ziehen' als auch unmarkiert verwendet werden. 48 Ein analoger Fall liegt vor bei poursuivre^, poursuite^ und dem juristischen Term mettre Nqn hors de poursuite2(FVG), 'die strafrechtliche Verfolgung einstellen'. 49 Ein Beispiel dafür, daß das korrelierende einfache Prädikat unmarkiert ist, FVG und Ν dagegen markiert, daß also die Konstellation (91) vorliegt, stellen das unmarkierte etre instant, 'unmittelbar bevorstehen, anstehen', sowie das juristisch-fachsprachliche instance^ und das demselben Register zugehörige etre en instance de^G) ("Ein Verfahren anhängig haben, Gegenstand eines schwebenden Verfahrens sein') dar. Das Nomen instance(s) kann darüber hinaus auch unmarkiert verwendet werden. (91) V => Ν => FVG u m m Ahnlich verhalten sich liberer (y) / etre libreßW), liberießi), etre en libertäfpvG), die sämtlich unmarkiert sind. Zu Ν und FVG existieren jedoch fachsprachliche Varianten, die die Form fixierter Wortgefüge besitzen, nämlich Nqn etre en liberie provisoire(pvG) - 'sich (vorläufig) auf freiem Fuß befinden' / liberie provisoireund (Nqn etre en) liberie surveillee, 'unter Bewährungsaufsicht stehen' / liberie surveillee (Ν). Ein sub-standardsprachliches Gegenstück zu den Verhältnissen bei deliberer^ (u), delibere^ (m) und mettre en delibere(fyo) (w) (s.o., S.228) stellt die Konstellation bei chömedu(N), etre au chömedufpyo) dar. Bei dem N, das dem FVG zugrunde liegt, handelt es sich um eine argotische Umbildung von chömage(s) (vgl. DFN: Chömedu). Mit dem unmarkierten chomer(y) korreliert somit neben dem unmarkierten etre au chomage eine stilistisch markierte Dublette. Die umgekehrte Konstellation, in der einem stilistisch markierten V ein unmarkiertes Ν und ein ebenso unmarkiertes FVG gegenüberstehen, (92) V => Ν => FVG m u u ist relativ selten. Sie ist erfüllt bei mouvoirfy) / se mouvoirfy), das (außer im Infinitiv Präsens und im Partizip der Vergangenheit) als rare markiert ist, während mouvement^ und etre en mouvementfpvG) stilistisch unmarkiert sind (Schmid 1989:418). Genauso verhalten sich se

48 49

Dieses Bsp. wird auch bei Blochwitz (1980:23) diskutiert. Die Verhältnisse sind hier allerdings insofern komplizierter, als es neben der stilistisch markierten Konstruktion mettre Nqn hors de poursuite2, die mit der passivischen Verwendung des stilistisch umnarkierten V korreliert, das unmarkierte, aktiv-wertige FVG etre ά la poursuite; de gibt.

234 defier(Y) de Ν vs. άέfiance (Ν) und etre en defiance contre Ν 50 oder surseoir(v), das als Ιίίίέraire oder juridique markiert ist, vs. sursis(ty, etre en sursis^G), die beide unmarkiert sind. Dieselbe Konstellation ergibt sich für oeuvrer(y) (als litteraire markiert) bzw. ouvrer^j (veraltet) und oeuvre^, itre ά l'oeuvre als unmarkierten Tennen. Bei etre a l'oeuvre handelt es sich jedoch nicht um ein FVG, sondern um eine fixierte Konstruktion der Struktur VPRÄPN(E4) (s.u., 7.3.3.). Schließlich ist der Fall denkbar, daß die Registerzugehörigkeit eines markierten FVG mit keiner der Registerzugehörigkeiten des Ν bzw. einer entsprechenden Variante des Ν übereinstimmt, daß also eine Konstellation der Art (93) oder (94) gegeben ist. (93) V => Ν => FVG u u m (94) V => Ν => FVG m u m Der Fall (93) betrifft "papierdeutsche" Wendungen wie zur Kenntnis bringen, zur Ausführung gelangen, zur Detonation bringen, deren Nominalkonstituenten außerhalb der FVG genau wie die korrelierenden V unmarkiert sind. Im Französischen, wo das Paradigma der itre PRÄP N(fvg) als solches stilistisch unauffälliger (aber auch weniger produktiv) ist, sind solche Fälle ungewöhnlich. Die Konstellation (93) ist in unserem Material ausgesprochen selten,51 der Fall (94) nicht belegt.

50 51

Dieses Beispiel wird im selben Sinne bei Blochwitz (1980:26) behandelt. Die auf S.233 diskutierten Konstruktionen mettre Nqn hors de poursuite2 und entrer en jouissance de Nqc erfüllen als fachsprachliche Ausdrücke diese Konstellation in bezug auf die unmarkierten Varianten von Ν und V. Ein echtes Beispiel fur die Konstellation (93) ist die Konstruktion Sire en souci de {N + Vffnß}, die als veraltet markiert ist und einem unmarkierten Ν le souci de {N + V(]nJ)} und einem ebenso unmarkierten se soucier/γ) de {N + Vfinß} gegenübersteht.

7.

Zur Abgrenzung von FunktionsverbfUgungen und freien syntaktischen Verkettungen

Jeder Versuch einer Beschreibung von FVG, der den Anspruch auf Konsistenz erhebt, muß sich daran messen lassen, inwieweit er in der Lage ist, Kriterien zu liefern, mit denen sich Funktionsverbfügungen von Konstruktionen abgrenzen lassen, die auf der Ausdrucksseite zwar den FVG ähnlich, ihrer internen Struktur nach jedoch keine komplexen Prädikate sind. Der Stand der Forschung zu diesem Problem scheint die in Kap. 3.4. dargelegte zentrale These zur semantischen Struktur der FV zu widerlegen.

7.1.

Positionen der Forschung (Persson 1975 und Blochwitz 1980)

Persson (1975), dessen Ausführungen zur Abgrenzung von FV und homonymen Vollverben im Deutschen den am besten fundierten Versuch einer Klärung darstellen, kommt zu dem Ergebnis, daß eine Reihe von freien Verkettungen mit deverbalen nominalen Ergänzungen sich nur durch das Auftreten der semantischen Aktantenrolle "Agens von FVG unterscheiden. Sollte diese Auffassung zutreffen, wäre die in 3.4. dargelegte These widerlegt, der zufolge FV im Unterschied zu den gleichlautenden Vollverben über Bedeutungen verfügen, die lediglich in der Dimension der ASD beschreibbar sind; die Rolle "Agens, an deren Auftreten oder Fehlen Persson in mehreren Fällen den Unterschied zwischen Vollverb-Konstruktionen und FVG festmacht, ist definiert als eine Kategorie der Bedeutungsdimension der ASD. Läßt sich nun der Unterschied zwischen FVG und freien syntaktischen Verkettungen in der Tat nur am Auftreten oder Nicht-Auftreten einer Kategorie der Dimension der ASD festmachen, dann folgt daraus entweder, daß es auch Vollverben gibt, die ähnlich wie FV nicht in der Dimension der KSB kategorisierbar sind, oder umgekehrt, daß FV im Gegensatz zu der hier vertretenen Auffassung KSB binden, die sie mit den von Persson untersuchten homonymen Vollverben gemeinsam haben. In jedem Fall wäre das in 3.4. etablierte Unterscheidungskriterium zwischen Funktionsverben und Vollverben durchbrochen. Persson (1975:56) zufolge darf in bringen-FVG der von N(FVG) lexikalisch dependente Aktant, der in unserer Darstellung die y-Leerstelle des FVG besetzt, niemals die Rolle °Agens haben, da sonst eine Fügung mit dem Vollverb bringen^ in der Bedeutung 'überreden' entstehe. Diese Überlegung zielt auf Konstruktionen wie (1), wo im Gegensatz zu (2) eine VPRÄP Nß)Sequenz vorliegt. (1)

Eine längere Bombardierungspause wird als das beste Mittel angesehen, die Parteien^ zu Verhandlungen zu bringen(y). (aus Persson 1975:57, Indiz. U.D.) (1.1) Wozu werden die Parteien(y) gebracht(y)? (2)

Es liegt an der Bundesregierung, die Angelegenheit^ zur Verhandlung zu bringenfFVG)· (aus Persson 1975:57, Indiz. U.D.) (2.1) * Wozu wird die Angelegenheit(y) gebracht(ργ) ? Zur Verhandlung?

236 In (1) liegt das Vollverb bringen(y) als Prädikat einer freien syntaktischen Verkettung vor, das Verhandlungenqq als Argument zu sich nimmt, während in (2) zur Verhandlung bringende) insgesamt als Satzprädikat fungiert. Der eigentliche Unterschied zwischen (1) und (2) besteht Persson zufolge darin, daß N(y) in (2) als °Nur-Vorgangs-Träger kategorisiert sei, in (1) dagegen als "Agens. Für VPRÄP jV^-Konstruktionen wie in (1) setzt Persson eine semantische Strukturbeschreibung an, die der Paraphrase (3) entspricht. (3)

χ bewirkt, daß sich r entschließt, zu verhandeln.

In Perssons Darstellung ist der (lexikalisch vom Element in N(FVG) dependente) y-Aktant mit r indiziert: PI BEWIRK

WOLL

VERHANDEL Abb.65 Ähnliche Überlegungen stellt Persson für bestimmte fcww/Mew-Konstruktionen an. (4) [...], daß ich kaum zum Schlafen gekommen war. (vgl. Persson 1975:77) (4.1) [...], daß kaum dazu gekommen war, zu schlafen. (4.2) Wozu war ich kaum gekommen? Zum Schlafen. In (4) liegt kommen als Vollverb in der Bedeutung 'zu etwas Gelegenheit haben' vor. Entsprechend sind Persson (1975:75ff.) zufolge auch die Verbalkonstituenten kommen in (5) und (6) keine FV, sondern Vollverben, die sich paraphrasieren lassen als 'durch eigenes Bemühen erreichen'. (5) Durch harte Arbeit kam er zu Geld. (5.1) Wozu kam er? Zu Geld? (6) Das Gericht kam zu dem Entschluß, daß [...]. (6.1) Wozu kam das Gericht? Zu dem Entschluß, daß [...]. In allen Fällen bestätigt die Erfragbarkeit der PRÄP //-Sequenzen, daß es sich bei diesen um Argumente innerhalb von Prädikat-Argument-Verkettungen handelt. Problematisch wird Perssons Analyse, wenn er als generalisierenden Schluß seiner Diskussion der Unterscheidung zwischen FVG und Verb-Argument-Sequenzen die Regel aufstellt: Die Kasusrelation darf in der dem kausativen FVG zugrunde liegenden Struktur zwischen dem Präd und dem Arg[ument] r in der P3 [d.h. N(y)] nicht als A[gens] angesetzt werden. (Persson 1975:59, Ergänzung von mir, U.D.)

237 Für die nicht-kausativen kommen(v)- Konstruktionen in (4), (5) und (6) ist diese Aussage leicht zu widerlegen, denn dort sind die fraglichen Argumente in keinem Fall als °Agentes im Sinne der in Kap. 3.2. dargelegten Definition kategorisiert. (7) (8) (9)

Das Gericht war zu dem Schluß gekommen, die Sitzung zu vertagen, und das {?*hatte es am Nachmittag getan + war am Nachmittag geschehen}. 1 Er war zu Geld gekommen und das {*hatte er nach dem Tode seines Onkels getan + war nach dem Tode seines Onkels geschehen}. Endlich kam er zum {Schlafen + Arbeiten + Nachdenken} und das {''tat er + das geschah} gegen 16 Uhr 30.

Der Unterschied zwischen kommen(ργ) und den verschiedenen Varianten von kommen(y) in (4), (5) und (6) kann also nicht im Vorliegen einer Kasusrolle "Agens auf seiten der Vollverben bestehen. Er besteht vielmehr darin, daß die Vollverb-Varianten von kommen^ über eine Dimension der konstitutiven Sachverhaltsbedingung verfugen. Die Variante von kommen^ in (5) ist ein Verb der Verfügung, in (6) wird ein Sachverhalt des Wissens dargestellt. In (8), wo k o m m e n ^ in der Bedeutung 'Gelegenheit haben, etwas zu tun' vorliegt, sind zwar die Verben der eingebetteten Infinitiv-Phrasen (arbeiten, nachdenken, schlafen) obligatorisch HandlungsV,2 doch verfugt kommen^ selbst nicht über die ASD Handlung (und kann dementsprechend keinen E l -Mitspieler in der Rolle "Agens binden); die Anaphorisierung durch das tun in (8) ist nur dann nicht abweichend, wenn sie sich nicht auf die gesamte vorangegangene Proposition bezieht, sondern allein auf die eingebettete Infinitivphrase. In Satz (8) ist das Vollverb kommen^ in der Dimension der ASD zwar als Nur-Vorgangs- (und nicht als Handlungs-) Verb kategorisiert, doch bindet es Handeln als KSB. Diese KSB markiert insofern eine "Schleife" in Kochs Modell, als eine Kategorie der Dimension der Art des dargestellten Sachverhaltes hier als konstitutive Sachverhaltsbedingung einer Klasse von Verben fungiert (Koch 1981:265). Verben mit der KSB Handeln (etwa demander^, se proposer (y), amener(V), weitere Bsp. s. Abb.30, S.106) zeichnen sich Koch zufolge dadurch aus, daß sie Aktanten zu sich nehmen, die ihrerseits (satzförmige bzw. infinitivische) Handlungs-Sachverhaltsdarstellungen oder (nominale) Handlungs-Sachverhaltsbenennungen sind. Das Verb kommen^ in (8) erfüllt beide Bedingungen, ebenso das Verb bringen^ in Konstruktionen des Typs jem. zu etw. bringen, jem. dazu bringen, {daß S + zu Vfinß} wie in (1). Perssons Überlegungen sind von Blochwitz (1980:90ff.) auf das Französische übertragen worden. Blochwitz klassifiziert alle {entrer / se mettre + mettre}(pv)- Fügungen, deren y-Aktanten von den Elementen in N(fvg) die Rolle von "Agentes zugewiesen wird - dies trifft durchweg auf F V G des Strukturtyps 3 zu -, als freie Verknüpfungen der Struktur

1

2

Die Anaphorisierung mit das tun ist nur dann zulässig, wenn dieses als Pro-Form fur die Sitzung vertagen interpretiert wird, nicht aber als Pro-Verb für zu dem Entschluß kommen. Bei schlafen (η handelt es sich genaugenonunen um ein nicht-absichtsbestimmtes Tun-Verb (Koch 1981:247), welches normalerweise [-intentionale], aber [+ kontrollierbare] Sachverhalte darstellt, und das in bestimmten sprachlichen und außersprachlichen Kontexten spezifischer als [+ intentional], d.h. als Handlung kategorisierbar ist. Dies ist in Satz (9) der Fall, oder beispielsweise dann, wenn schlafen(y) als Prädikat einer Aufforderung wie schlaf nicht! fungiert.

238 VPRÄPNß), obwohl dort Erfragungs- und Anaphorisierungsprobe immer eindeutige Ergebnisse in Form abweichender Sätze liefert. (10) liest entri en discussionsavecson voisin. (10.1) *Ily est entri. / *Oü est-il entri avec son voisin? En discussions? Wenn die These von Persson und Blochwitz zuträfe, wären alle entrer(ργ)- / se mettre(pY)-Fügungen mit Handlungs- und interaktiven Zustands-Sachverhaltsnomina sozusagen aus sich selbst heraus zu freien syntaktischen Verkettungen ausbaufähig, da ja in solchen Fällen die Vorgangs-FV entrer und se mettre offen sind für eine Weiterkategorisierung als Handlung (vgl. 4.8.3. u. 4.8.4 ).3 Die Restriktion, daß N(y) niemals als °Agens kategorisiert sein darf, stellt aber keine immanente, universelle Eigenschaft von Funktionsverben dar (wie aus Perssons und Blochwitz' These folgt), sondern die Frage, welche bzw. wieviele homonyme V-Varianten einem gegebenen FV jeweils gegenüberstehen, ist im Lexikon jeder Einzelsprache in anderer Weise festgelegt. Übereinzelsprachliche Gültigkeit hat lediglich das Prinzip, daß die FV im Unterschied zu V aufgrund ihrer defizitären, weil KSB-losen Struktur den Konstituenten N(FVG) keinen Aktanten-Status zuweisen, sondern mit ihnen zusammen das Prädikat im Satz bilden. Es gibt im Deutschen bestimmte Konstruktionen mit den Vollverben bringen(y) und kommen(v), die sich von FVG darin unterscheiden, daß sie ganz bestimmte KSB ausdrücken und im Zusammenhang mit diesen KSB °Agens-Rollen eröffnen. Die Ähnlichkeit zwischen kommen- und bringen-FVG und den betreffenden homonymen freien Verkettungen ist, synchronisch gesehen, zufälliger Natur. Im Deutschen ergeben sich Abgrenzungsprobleme zwischen FVG und freien Prädikat-Argument-Verkettungen wie denen in (1) ebenso wie in (4), (5) und (6) immer nur in Fällen, wo als Präposition zu auftritt. FVG mit der PRÄP in dagegen lassen problemlos N(FVG) mit "AgensMitspielern in der y-Leerstelle des FV zu: (11) Diese Ereignis (Xj bringt Peter^ ins Nachdenken. (11.1) *[...] dahin, nachzudenken. (11.2)* Wohin brachte dieses Ereignis Peter? *Ins Nachdenken? Dabei ist der Mitspieler N(y) in (11) "Agens des Ereignisses Nachdenken auch im Sinne der Definition, die Persson für diese semantische Rolle anführt.4 Dem Unterschied zwischen (12.1) Klaus (x) brachte(y) Peter(y) zum Nachdenken. (11.3) Klaus(x) brachte(ργ) Peter(y) ins Nachdenken. liegt kein Unterschied in der jeweiligen semantischen Relation zwischen Nachdenken und dem Mitspieler N(y) zugrunde - in beiden Fällen hat Peter^ die konkrete semantische Aktantenrolle 'desjenigen, der nachdenkt' -, sondern ein semantischer Unterschied zwischen

3

4

"Die Verben kommen bzw. entrer sind [in bestimmten Verwendungen, U.D.] keine FV; mit der Bedeutung 'aus eigenem Antrieb erreichen' werden sie zu Vollverben" (Blochwitz 1980:90, Hervorh. U.D.). Im selben Zusammenhang spricht Blochwitz (1980:94) auch von "struktureller Homonymie". "Instigator of an event, [+ hum], and in combination with (I)" (vgl. Anm. 122, Kap.2 ).

239 a) dem Vollbverb bringen in (12.1.) mit der lexikalischen Bedeutung 'jemanden veranlassen, etwas zu tun' ist, das ausschließlich mit der Präposition zu auftritt, und das die KSB Handeln ausdrückt. In diesem Fall ist N(y) obligatorisch °Agens der eingebetteten Proposition. b) dem FV bringen in (11.3), das eine, verglichen mit bringen(η, merkmalsärmere intensionale Struktur hat, und das man paraphrasieren könnte als 'bewirken, daß etwas der Fall ist'. Bringen(FV) läßt aufgrund dieser merkmalsarmen Struktur systematisch offen, ob dieses Bewirken' die spezifischere Form eines TJberzeugens' aufweist und ob N(y) 'aus eigenem Antrieb' handelt oder nicht. Das FV bringen(ρψ) kann sowohl mit der PRÄP zu als auch mit in auftreten. Tritt es mit der Präposition zu auf, so ergeben sich wegen der Existenz des Vollverbs bringen(V) mit der KSB Handeln immer dann Ambiguitäten (die auf Homonymie beruhen), wenn der y-Mitspieler als "Agens des durch das N(FVG) prädizierten Teilsachverhaltes interpretiert werden kann. Im Französischen ist für entrer^ / se mettre (pv) und mettre (pv) eine völlig andere lexikalische Situation gegeben. Hier gilt nämlich die Nicht-Erfragbarkeit fur FVG mit N(FVG), welche dem entsprechenden Mitspieler N(y) eine "Agens-Rolle zuweisen, auch dann, wenn die Präposition α vorliegt, die am ehesten dt. zu entspricht: (13)

Que l'on decowre Soun [...] !'ditKin-Fo en s'adressant ά l'intendant qui(x) mit tout son mondefy) ä la recherche de l'introuvable. (Trib:50) (13.1) *Oü est-ce qu'il mit tout son monde? {A la recherche de + ά rechercher} l'introuvable? Trotz der Ähnlichkeit von frz. mettre (ργ) und dt. bringen(ργ) ist in (13) weder die Umformung des N(FVG) >n einen Infinitivsatz noch die Erfragung von PRÄP N(FVG) durch oü? / a quoi? möglich.3 Der für bringen-zu-Konstruktionen des Deutschen unzutreffende Vorschlag, die Grenze zwischen FVG und Verb-Argument-Sequenzen generell über das Auftreten einer dem Mitspieler N(y) zugewiesenen "Agens-Rolle definieren zu wollen, scheint uns damit auch für das Französische empirisch widerlegt. 6 Darüber hinaus scheint uns die in Perssons Modell angelegte Sichtweise, der zufolge eine gegebene Struktur ihren syntaktischen Charakter ändert (d.h. von einem komplexen Prädikat "zu" einer Verb-Aktant-Sequenz "wird"), je nachdem, ob ihr lexikalisch variabler Teil N(FVG) eine bestimmte semantische Rolle eröffnet oder nicht, auch aus theoretischen Gründen unplausibel zu sein: der Unterschied zwischen FVG und VPRÄP N@) beruht in erster Linie auf unterschiedlichen Eigenschaften ihrer verbalen, nicht ihrer nominalen Konstituenten.

5

6

Die Inakzeptabilität von*// mit tout son monde ά chercher l'introuvable gewinnt als Einwand gegen Perssons These bzw. ihre Übertragung auf die völlig unterschiedlichen einzelsprachlichen Verhältnisse im Französischoi zusätzliches Gewicht durch die Tatsache, daß es Konstruktionen des Typs Ν β]) mettre l'eauß2) ά chauffer(j„j) mit mettre als lexikalischem Vollverb tatsächlich gibt. Hier gilt aber gerade, daß der E2-Mitspieler niemals "Agens sein kann. Dieser Vorschlag bringt Persson (1975:61) zudem in theorieimmanente Probleme.

240

7.2.

Lexikalische Varianten der Funktionsverben des itre^y)-Paradigmas und ihre Abgrenzung von homonymen Vollverben

Eine Entsprechung zu den lexikalischen Verhältnissen, die im Deutschen die Grundlage f ü r die oben diskutierte These Perssons bilden, ergibt sich im Französischen bei parvenir ά sowie den transitiv-kausativen amener Nqn ά Ν und pousser markierte Varianten v o n entrer^

/ se mettrefpv)

ά und

arriver

Nqn ά Ν, die als semantisch

bzw. mettre(ργ)

auftreten können (s. o.,

3.6.2. und 3.6.5.).

7.2.1. Arriver ä und parvenir ά Als Varianten von entrer(pv) /se mettre(ργ) liegen arriver (ργ) und parvenir (ργ), e t w a in ά maturite(FVG) oder arriver

parvenir

ά expiration(PVGJ, in enger semantischer N ä h e zu den gleichlau-

tenden V in der B e d e u t u n g 'aufgrund eigener Anstrengungen über etwas verfugen 1 . (14) Luc(yj est parvenu ä {une immense fortune + se faire une immense fortune} mais Maxn'y parviendra jamais. (15) Luc(y) est arrivi ά {une solution de ses problimes + risoudre ses problimes} mais Max n'y arrivera jamais. D e r zentrale Unterschied zwischen arriver (ργ) und parvenir(ργ)

einerseits und den gleichlauten-

den V auf der anderen Seite besteht darin, daß letztere konstitutive Sachverhaltsbedingungen z u m Ausdruck bringen. Im Fall von parvenir(η

ist dies die K S B Verfügung, im Fall von

arriver (γ), das nicht nur willentlich veränderbare avo/r-Relationen prädiziert und zudem mit Universaliennamen kombinierbar ist,^ liegt eine K S B vor, die mit der K S B Verfügung zumindest verwandt ist, wie die Thematisierbarkeit von (14), (15) durch (14.1), (15.1) zeigt: (14.1) A: (a)Mws Luc n'a(V) pas de fortune! (15.1) A: (a)Mais Luc n'a(v)pas de solution!

7.2.2. Amener ä und pousser ä Keine FV, sondern lexikalische Vollverben liegen ferner vor in Konstruktionen wie Nqn ner Nqn

ά {la raison

+ l'obeissance},

Nqn pousser

Nqn au pechd

ame-

(vgl. krit. Blochwitz

1981:83). In solchen Konstruktionen lassen sich die vermeintlichen N(FVG)-Konstituenten durch eingebettete Nebensätze substituieren und durch y anaphorisieren. (16) (17)

7

Luc(x) amene(y) Max^j ä {l'obiissance + etre obiissant}, mais il n'arrivera jamais ay amener Marie aussi. Luc(x) pousse(V) Mariefy) {au pichi + ά l'achat d'une 2CV + ä picher + ä acheter 2CV}, mais il n'oserapas y pousser Lea aussi.

une

Diese Eigenschaften sind mit der Zugehörigkeit zur Kategorie Verfügung, so wie diese bei Koch definiert ist, nicht vereinbar (vgl. Koch 1981:267ff., bes. 269f.).

241 Die Merkmale dieser durch die Pro-Form y anaphorisierbaren Konstruktionen sind dieselben wie die von Persson (1975) für Konstruktionen des Deutschen wie zum Nachdenken bringen(y) konstatierten. Die betreffenden V haben keine rudimentären, unvollständigen Bedeutungen wie "Nfx) bewirkt, daß N(y) Gegenstand einer Zustsnds-ÄnderunQ ist1, sondern lassen sich paraphrasieren als "N(X) {überredet + verleitet} N(y) dazu, etwas zu tun'. In dieser Bedeutung verlangen die betreffenden V eingebettete Propositionen mit obligatorischen °Agens-Rollen, da man jemand nur zu etwas verleiten kann, worüber die betreffende Person auch die Kontrolle hat. Die betreffenden Konstruktionen unterscheiden sich jedoch von FVG nicht ausschließlich durch das Vorliegen von "Agens-Rollen in der eingebetteten Proposition; amener^ und pousserfy) bringen vielmehr die KSB Handeln zum Ausdruck.8

7.2.3. Induire ä und reduire ä Entgegen der Auffassung von Blochwitz (1981:89) sind Konstruktionen mit reduire und induire in keinem Fall als FVG zu interpretieren. In folgendem Beispiel legt zwar die Ähnlichkeit zu etre au chomagefpvG) eine Interpretation als FVG nahe, doch belegt die Möglichkeit, die vermeintliche N(FVG)-Konstituente durch die Pro-Form .y zu anaphorisieren, daß es sich um den Aktanten eines V handelt. Ein ähnlicher Befund ergibt sich fur induire (s.(19)). (18) Luc est riduit au chdmage technique. C'est la crise qui l'y a riduit. (19) Ce repas induit Luc ά {la gourmandise + trop manger} mais ilnepeut pas y induire Marie. Einzelfalle wie Ν reduire Nqc ά neant, Ν induire Nqn en erreur und Ν amener Nqn ά resipiscence mit artikellosen Ν bewerten wir als usuell feste Syntagmen, nicht als komplexe Prädikate mit eindimensionalen Verbalkonstituenten.

7.2.4.

Soumettreä

Trotz ihrer scheinbaren Bedeutungsgleichheit mit FVG vom Typ Ν mettre Ν sous N(FVG) sind Konstruktionen mit soumettre Ν ά Ν niemals komplexe Prädikate, sondern Verb-Aktant-Sequenzen. Der semantische Unterschied zwischen mettre (py) sous und soumettre (ν) ά kann durch die Erfragbarkeits- und die Anaphorisierungsprobe explizit gemacht werden. (20) Max a mis le projet de Luc sous le contröle de Marie. (20.1) *[...] et ily a mis celui de Paul aussi. (21) Max a soumis le projet de Luc au contröle de Marie. (21.1) f...] et ily α soumis celui de Paul aussi. Bei freien syntaktischen Fügungen der Form N@j) soumettre(V) N(E2) ά N(E3) sind die N, die in die E3-Position eintreten können, ausschließlich durch die von soumettre(V) ausgehenden Se8

Unverständlich ist die Tatsache, daß Blochwitz Perssons These fur französische FVG mit m e t t r e ^ übernimmt (obwohl eine einfache Anaphorisierungsprobe ausgereicht hätte, um sie speziell fur mettre(FV) zu widerlegen), während er sie fur amener und pousser, wo die lexikalischen Verhältnisse denjenigen von dt. bringen in der Tat ähnlich sind, nicht in Erwägung zieht.

242 lektionsrestriktionen beschränkt, ansonsten aber frei. Bei mettre Ν@2) sous N(FVG) sind demgegenüber die lexikalischen Elemente, die in der Position N(FVG) möglich sind, usuell fixiert, und deshalb in höherem Maße beschränkt, obwohl mettre(FV) merkmalsärmer als soumettre(v) ist und keine Selektionsrestriktionen für N(FVG) festlegt. (22) Marie a soumis le projet de Luc ά un examen attentif. (23) *Marie a mis le projet de Luc sous un examen attentif.

7.3.

Die Funktionsverben des itre(FvrParadigmas und ihre Abgrenzung von homonymen lexikalischen Vollverben

7.3.1. Entrer als Verb des Sozialen Befindens Legt man, wie im vorangehenden Abschnitt, als zentrales formales Kriterium zur Unterscheidung von FVG und freien Prädikat-Argument-Sequenzen das der Erfragbarkeit bzw. Anaphorisierbarkeit des jeweiligen nominalen Elements an, so lassen sich die meisten Konstruktionen, die bei oberflächlicher Betrachtung Ähnlichkeit mit FVG aufweisen, ohne größere Probleme als freie syntaktische Verkettungen bestimmen. Dies gilt z.B. für Konstruktionen wie entrer dans {un emploi + une fonction + une entreprise + une carriere} 'eine Stellung, eine Anstellung, ein Amt antreten' mit der KSB Soziales Befinden. (24) Je suis done entri ä la Simex et j'y suis restd [...]. (OR:301) Solche Konstruktionen sind in unserem Material durch zahlreiche Beispiele belegt: (25) [...] le combattant clandestin, pourvu de faux papiers et sans domicile fixe, ne peut pas toujours entrer dans le circuit alimentaire ofßciel et percevoir ses cartes de rationnement. (OR: 127) (26) II itait άέ]ά l'un des hauts personnages ά l'Etat quand un Alain Peyrefitte se präparait ά entrer ä l'Ecole normale. (Ely:56) Kein FVG, sondern ein partiell exozentrisch determiniertes FS liegt im Fall der Konstruktion entrer en religion, 'ins Kloster gehen, einem Orden beitreten', vor: (27) Je ne m'itais pas trompie en croyant pendant des annäes mes parents secritement hos tiles ά mon entrie en religion.^Bou:407)

7.3.2. Entrer als Verb des Zeitlichen Befindens Kein FV, sondern ein V, das eine Relation des Zeitlichen Befindens prädiziert, ist entrer in (28) Qu'aurais-je fait de toi, mon pauvre Pierre, dans cette vie inconnue oü je vais entrer? (Frc: 73) (29) Andri Malraux est demeuri lucide jusqu'au bout, c'est-ä-dire jusqu'ä son entrie dans l'irriversible nuü du coma [...]. (LM 23./24.11.86:2)

243 Problematisch ist eine Abgrenzung von V und FV in Fällen wie (30.1) L'industrie informatique est entries en crisefpyG)· (30.2) L'industrie informatique est entree^ dans unepiriode de crise^y. In (30.2) nimmt entrer(y) die Präpositionalphrase dans une periode de crise als durch oü? erfragbare £4 zu sich. Dagegen liegt in der scheinbar bedeutungsgleichen Konstruktion in (30.1) entrer als Funktionsverb vor. Heringer (1968a:34f.) beschreibt die Beziehung von kommen(V) und kommen(py) als Übergang auf einem Kontinuum wachsender semantischer Entleerung auf seiten des Verbs. Dabei bildet die temporale Bedeutungsvariante von kommen(y) die am meisten abstrakte semantische Stufe des Verbs, die an der Grenze zum Funktionsverb kommen^ liegt. Obwohl entrer nicht das Äquivalent von dt. kommen, sondern von treten bzw. eintreten ist, sind hier die Verhältnisse analog zu denen bei dt. kommen. Die semantische Nähe von entrer(V) als Verb des Zeitlichen Befindens zu entrer^ry) als Funktionsverb ist die Grundlage für die Bezeichnungsgleichheit von (30.1) und (30.2). Als Verb des Zeitlichen Befindens übt entrer(V) allerdings spezifische Selektionsrestriktionen auf seine E4-Mitspieler aus, die obligatorisch Zeiträume denotieren müssen. Als Funktionsverb dagegen ist entrer ein KSB-loses Zustands-Änderungs-Prädikat, das sich unter anderem mit N(FVG) verbinden kann, welche als Vorgangs-, Tun-, Handlungs- oder Interaktions-Nomina Sachverhalte mit einem zeitlichen Verlauf darstellen. Solche Ν sind wegen ihrer ASD-Struktur häufig offen für eine Paraphrase als une {periode + phase} de N. (31) La Vs Ripublique est entrie en agonie^cy (31.1) La Vs Ripublique est entrie(y) dans une phase d'agonie^y (32) II entra lentement en convalescence(FVG)· (32.1) II entra(V) lentement dans une phase de convalescenceß4y Das FV entrer ist jedoch nicht spezialisiert auf die Darstellung eines Zeitlichen Befindens, und aus diesem Grund auf eine Kombination mit N, die sich in der beschriebenen Art und Weise als une {periode + phase} de Ν paraphrasieren lassen, nicht obligatorisch angewiesen. (33)

M. Chirac avait clairement indiqui qu' 'aucune mesure nouvelle ne sera accordie au titre de 1986'. Toutefois, les augmentations dijä entries en application ne seront pas remises en cause. (LM 23724.11.86:13) (33.1 )*[...] entries dans {unephase + une piriode} d'application [...]. In (33) ist entrer eindeutig als FV interpretierbar, weil application aufgrund seiner besonderen Verwendung in keiner spezifischen Relation zu einem Sem Zeit auf seiten des verbalen Formativs steht. Umgekehrt ist die Annahme plausibel, daß in entrer dans une {phase + periode} de {crise + convalescence} die Verbalkonstituente den Status eines Vollverbs hat, da die Kopfkonstituenten der Sequenzen, die als E4-Mitspieler auftreten, nämlich phase^ und periode pj) aufgrund ihrer lexikalischen Bedeutung in einer engen Relation zu Sachverhalten des Zeitlichen Befindens stehen. Die Annahme, daß es sich bei Ν entrer en N(wg) und Ν entrer(y) dans une {periode + phase} de Nßq um unterschiedliche Paradigmata (die in Wirklichkeit nicht bedeutungs- sondern allenfalls bezeichnungsgleich sind), findet eine Bestätigung im se-

244 mantischen Unterschied, der manifest wird, wenn das Sachverhaltsnomen, das in die jeweilige Konstruktion eintritt, das Merkmal [+ punktuell] hat: (34.1) Luc est entri(FV) en action (pvcy (35.1) *Luc est entreßj dans une {phase + periodej d'action ßjfy

7.3.3. Se mettre au travail Keine FVG sind ferner Konstruktionen wie fetre + se mettre} au boulot, fetre + se mettre} ά la besogne, fetre + se mettre} ά l'oeuvre, mettre Nqn {au travail + ά l'oeuvre}, deren nomi-

nale Konstituenten in Synonymie- oder Hyponymierelation zu travail^ stehen. (36) [...] Maurice Couve de Murville se met au travail sans conviction. (Ely:355) (37) [...]Mme Bovary, n'yprenant garde, se mettait ä sa toilette. (Bov:224) (38) Le jour suivant, ά l'aube, Kouka se mit ä sesprdparati/s. (Dia:62)

Die Nomina solcher Fügungen lassen sich zwar häufig als Sachverhaltsnomina bzw. als Nomina actionis interpretieren, so daß die entsprechenden Konstruktionen wie etre PRÄP N(FVG) Paraphrasen der Art 'sich im Zustand des Arbeitens befinden', 'in den Zustand des Arbeitens eintreten' usw. zuzulassen scheinen. Die Möglichkeit einer Anaphorisierung der fraglichen Nominalkonstituenten zeigt aber, daß in solchen Konstruktionen, ähnlich wie im Deutschen, räumliche Vorstellungen eine Rolle spielen, daß also travail in der o.g. Konstruktion nicht als Prädikativ, sondern als Ortsbezeichnung mit Aktantenstatus zu interpretieren ist. (39) II faut s'y mettre, ά ce travail. (40) Jusqu'alors il ne mordaitpas au latin, maintenant il s'y met.

Daß es sich bei Konstruktionen wie (36) - (38) um "bevorzugte Analysen" (s. S.52) mit mettre, se mettre als V des örtlichen Befindens handelt, belegt auch die Existenz der lexikalisierten Fügung s'y mettre(v) im Sinne von 'sich an die Arbeit machen', 'ans Werk gehen': (41) A trois heures du matin, le ministre dit sombrement: 'La province s'y met. Aujourd'hui Bordeaux et Lyon. Mais de main?' (Ely .52)

Als weiteres Indiz dafür, daß se mettre in solchen Konstruktionen als Vollverb und nicht als FV anzusehen ist, läßt sich der Umstand deuten, daß, anders als in FVG des semantischen Strukturtyps 3, die Kategorisierbarkeit des Prädikats in der Dimension der ASD unabhängig von den semantischen und syntaktischen Eigenschaften der nominalen Konstituente zu sein scheint. Der El-Aktant von se mettre in solchen Konstruktionen ist immer als "Agens spezifiziert, und zwar auch dann, wenn es sich bei dem nominalen Element (im Gegensatz zu oeuvre(N) oder travail(S)) eindeutig um kein Handlungs- Sachverhaltsnomen handelt: (42) Dans la prison de Bakou, il se mit ä l'espiranto [...]. (Stal :246) (43) II m 'a promis de se mettre aux mathimaüques däs demain.

245

7.4. Grammatisch bedingte Homonymien zwischen etre Verb-Aktant-Verbindungen

P R A P N ^ Q

und

Wahrend die in den vorangegangenen Abschnitten diskutierten Grenzfälle auf dem Umstand beruhen, daß Varianten der Vollverben etre(v), entrerfv), se mettrefy), mettre^yj bzw. bestimmte Verbindungen solcher Varianten mit ihren Ergänzungen aufgrund der lexikalischen Verhältnisse im Französischen in semantischer Nähe zu FV liegen, hat der Konstruktionstyp, der Gegenstand des vorliegenden Abschnittes ist, grammatische Grundlagen. Es handelt sich um Fälle wie (44) Iis itaient ά la Campagne ou en voyage. (Bov:317)

Die Problematik dieser Konstruktion besteht darin, daß nach dem Formativ etre eine Präpositionalphrase mit eindeutigem E4-Status (a la Campagne) in Koordination mit der Sequenz en voyage auftritt, die ihrerseits eindeutig auf ein FVG, etre en voyage (ργο), zurückfuhrbar ist. Diese Situation wirft die Frage auf, wie etre in (44) zu interpretieren ist: als Verb des örtlichen Befindens (dafür spricht die Anwesenheit eines E4-Aktanten), als Funktionsverb (dafür spricht die Anwesenheit von PRÄPN(FVG)) oder gar als beides gleichzeitig (dafür spricht der Umstand, daß E4-Aktant und PRÄP N(FVG) kumuliert auftreten). Auch die Erfragbarkeits- und Anaphorisierungsprobe führt nicht zu eindeutigen Ergebnissen. So lassen sich sowohl ά la Campagne als auch en voyage einerseits problemlos durch ou? erfragen: (44.1) Ou sont-ils? A la Campagne ou en voyage?

Andererseits führt die Anaphorisierung durch y zu einem abweichenden Ergebnis: (44.2) Luc est ά la Campagne, et Marie y est aussi. (44.3) *Luc est soit en voyage, soit ä la Campagne, et Marie y est aussi.

Diesen scheinbar widersprüchlichen Befund interpretiere ich folgendermaßen. Das FVG etre en voyage verfügt über eine KSB örtliches Befinden, die keine Eigenschaft von etre^, sondern des N(FVG) voyage ist. Dieses Nomen benennt als Kopfkonstituente eines Nominale wie (le) voyage (de Max) (ά Paris) Zustands-Änderungen / Handlungen des örtlichen Befindens. Wie in Kap. 3.7.4. dargelegt, können etre PRÄP N(FVG) - unter der Bedingung, daß etre^v) ausfallt - in die prototypische Funktion von Adverbien eintreten. Ist dies der Fall, so bleibt die im N(fvg) gebundene KSB der Gesamtkonstruktion - im Fall von etre en voyage die KSB örtliches Befinden - erhalten. Aus diesem Grund kann en voyage (FVG) als adverbialisiertes F V G wie andere Adverbiale in die E4-Leerstelle von V des örtlichen Befindens eintreten: (45.1) Luc est parti {pour Paris + en voyage} ßy. (45.2) Marie a envoyi Luc {ά Paris + en voyage}ß4).

Dasselbe Phänomen liegt nun in Satz (44) vor. Die semantische Struktur dieses Satzes ist nicht (44.5), sondern (44.6) (44.5) Iis sont (v/FV) ä la Campagne ßy ou en voyage/pyq}· (44.6) Iis sontfyj [ά la Campagne^ ou en voyageßVG)J(E4)·

246 Nicht nur F V G mit N(FVG) des örtlichen Befindens, sondern alle FVG, bei denen ein örtliches Befinden in noch so unsystematischer Art und Weise mitverstanden wird, lassen sich wie in (44) nach etre(y) mit konkreten Nomina zu kumulierten E4-Mitspielern koordinieren und entsprechend durch Ott? erfragen. Eine dialogische Frage-Antwort-Sequenz wie (46) kann dann sinnvoll geäußert werden, wenn der Sprecher Β erwarten darf, daß Α aufgrund außersprachlichen Wissens in der Lage ist, die bei der Äußerung von etre en discussion avec Marie präsupponierte Information über den Ort mitzuverstehen, an welchem dieser Sachverhalt lokalisiert ist. 9 (46) Α: (Λ) Ou est Max? B: (b)// est ou bien chez lui ou bien en discussion avec Marie. Fälle grammatisch bedingter Homonymie ergeben sich immer dann, wenn ein adverbialisiertes F V G in die Leerstelle eines V eintreten kann, welches seinerseits Homonym eines FV ist. Im folgenden Beispiel ist mettre als V des Positionellen Befindens (s. Anm. 8, Kap. 3) und nicht als FV zu interpretieren, io obwohl es sich bei en plis um ein adverbialisiertes F V G des Strukturtyps 0 {etre en plis) handelt: (47) Comment le coiffeur a-t-il mis les cheveux de Marie? En arriäre ou en plis? Ein analoger Fall liegt vor bei Konstruktionen vom Typ se mettre {en habit + en noir + en deuil + ...}. (48) Au fond, il en itait un peu resti au temps oü on se mettait en habit pour aller a I'opera et en smoking pour pinitrer dans les cabarets de nuit. (Pat: 50) (48.1) Comment faut-il se mettre pour aller ä l'opdra? En habit ou en smoking? In Konstruktionen wie (48) ist das Vollverb (se) mettre Hyperonym von V wie (se) : Nitre ά vif. Die bisherigen Überlegungen zur konnotativen Präsenz eines oder mehrerer "freier Gegenstücke" haben die Frage nach der eigentlichen, denotativen Bedeutung der FFVG und FS und ihren synchronisch relevanten Eigenschaften unbeantwortet gelassen. Zu überprüfen wäre im Fall der FFVG, durch welche syntaktisch-distributionellen Eigenschaften dieser Konstruktionen sich die Aussage rechtfertigen läßt, es handele sich bei ihnen um (phraseologisch feste) Funktionsverbgefüge. Da wir in 1.4. FVG als Konstruktionen definiert haben, deren verbale Formative Funktionsverben sind, wollen wir zunächst die distributionellen Eigenschaften der Verbalkonstituenten von FFVG einem Vergleich mit denjenigen von FV unterziehen. Im Falle der etre PRÄP N(FS) muß die Hypothese geprüft werden, ob nicht für ein gegebenes FS "semische Umschichtung" und "semantische Isolation" trotz konnotativer Präsenz der Ursprungsbedeutung zur Herausbildung einer semantischen Struktur führen kann, die deijenigen von F V G ähnlich ist.

255

8.4. Syntaktisch-distributionelle Eigenschaften der Verbalkonstituenten von phraseologisch festen FVG und verwandten festen Syntagmen Die verbalen Konstituenten von FFVG (FFV) und FS (V(FS>) bilden Paradigmen, in denen außer etre als der semantisch am wenigsten markierten Form se mettre, mettre, rester und tenir vertreten sind. Die Substitution der FFV und V(FS) determiniert die ASD der FFVG und FS in derselben Weise, in der dies bei der Substitution der FV in freien FVG der Fall wäre. {Luc + cette affaire} est en veilleuse2(FFVG) Luc est en boule2(FFVG) Marie est sur les dents(ps) Le nouveau gouvernement est sur pied](ps) Luc se met en boule2(FFVG) Luc se met en veilleuse^fFFVG) Marie se met au courant de(ps) ce qui se passe Le nouveau gouvernement se met en place (ps)

e/re Zustand se mettre ZustandsÄnderung (- etre), (+ Stre)

Cette affaire met Luc en boule2(FFVG) Ceci met {Luc + l'affaire} en veilleuse2(FS) Marie met Luc au courant de(p$) ce qui se passe On a mis en place (ps) un nouveau gouvernement

mettre bewirkte Zustands-Änderung (- etre), (+ etre)

Luc reste en boule2(FFVG) {Luc + cette affaire} reste en veilleuse2(ppvG) Marie reste au courant de(FS) ce qui se passe Le nouveau gouvernement reste en place(ps)

rester ZustandsÄnderung (+ it re), (+ itre)

Cette affaire tient Luc en boule2(FFVG) Ceci tient {Luc + l'affaire} en veilleuse2(FS) Marie tient Luc au courant de(ps) ce qui se passe Ceci a (main)tenu en place(p$) le gouvernement

tenir bewirkte Zustands-Änderung (+ etre), (+ Itre)

Die bei einzelnen Konstruktionen insbesondere unter den FS zu beobachtenden Lücken lassen sich teilweise mit der semantischen Unverträglichkeit zwischen der Verbalkonstituente und PRÄP Ν(FS) erklären (*tenir en cause). In anderen Fällen scheint es sich dagegen um usuelle Restriktionen zu handeln (vgl. etwa *tenir sur piedi mit tenir en place). Der diachronische Ursprung und die spezielle Motivation der etre PRÄP N(FS) äußern sich darin, daß in ihren Verbalparadigmata häufig besondere Verbalkonstituenten auftreten, die idiosynkratisch an einzelne PRÄP N(FS) gebunden sind. (14) Luc {est + navigue} dans les eaux2 de(ps) Marie.

(15) Luc {est + monte} sur la brdchefpsj. (16) (17) (18) (19)

Luc {est + couche) sur la paillefps). Luc {tient + garde} Max sous sa coupes(FS)· Luc s'est {mis + embourbi + fourri} dans un sale pitrin(ps). Max {est + tratne} ä la remorque de(ps) Marie.

Die Reihenbildung der Verbalkonstituenten phraseologisch fester Syntagmen ist keine Besonderheit der F F V G und etre PRÄP Ν (FS) (S. Kap. 1.6.). Die Kommutierbarkeit von etre, se mettre, rester, mettre und tenir belegt also weder mit Sicherheit, daß sie als F F V und V(FS> phraseologisch nicht-gebunden sind (dazu wäre der Nachweis zu erbringen, daß sie in kon-

256 stanter Bedeutung in nicht-singulären Kontexten Ρ RA Ρ Ν kommutieren), noch, daß sie dieselbe semantische Struktur haben wie FV. Die oben aufgeführten Beispiele deuten zwar darauf hin, daß etre, se mettre, rester, mettre und tenir jeweils dieselbe ASD-Kategorisierbarkeit aufweisen wie die homonymen FV, aber sie belegen nicht, daß sie wie diese über keine semantische Dimension der KSB verfügen. Auch die Nicht-Erfragbarkeit der nominalen Konstituenten, etwa in (20), die bei semantisch freien FVG als Ausdruck der wegen des Fehlens der Dimension der KSB defizitären semantischen Struktur der FV interpretiert wurde, ist in diesen Fällen ein zwar notwendiges, aber keinesfalls hinreichendes Kriterium, denn sie stellt eine generelle Eigenschaft semantisch fester Syntagmen jeder Art dar (s. Kap. 1.6.). (20) *Oü est Luc? En proie ä une depression nerveuse? Es zeigt sich jedoch, daß phraseologisch feste FVG und FS mit der Verbalkonstituente etre dieselben syntaktisch-distributionellen Eigenschaften haben wie etre PRÄP N(FVG). a) FFVG und etre PRÄP N(FS) lassen sich genau wie interpretativ freie FVG und etre ADJ durch l'etre anaphorisieren.9 (21) Luc est {ä sec2(FFVG) + en mal2 d'(FFVG) arguments + en proie ά^ρψγα) une d0pression nerveuse + sur les dents (ps) + dans le brouillardfps·) au sujet de cette affaire + ä cheval sur(FS) les principes + ά la remorque de(ps) Marie + nervewcßW)} wis il ne le sera plus ce soir b) FFVG und etre PRÄP N(FS) lassen sich nach etre mit ADJ, PART.II und freien PRÄP Ν(FVG) koordinieren: (22) Marie est digue(A£>j) et {en boule2(FFVG) + en proie ä(FFVG) une crise de colere + sur les dentS(FS) + a bout] d'(ps) inergie} c) FFVG und etre PRÄP N(FS) können in die adjektiv-typische propositionale Funktion der Beschreibung eintreten, wenn die Verbalkonstituente etre ausfällt: (23) Quelques annies plus tard, les enqueteurs en mal de tuyaux inßltrdrent un indicateur. (L 24.10.86:24) (24) Sa femme quitte le domicile conjugal et il se retrouve seul face ά son destin d'icrivain en butte aux caprices des editeurs [...]. (L 23.6.87:33) d) FFVG und etre PRÄP N(FS) lassen auch in beschreibender Funktion die Koordinierung mit ADJ, PART.II und freien PRÄP N(FVG) ZU: (25) [...] une nymphomane toujours en chasse et en vadrouille. (Rat: 120) (26) J'ai planqui mon materiel et je me suis couchi, en nage et abruti. (Sue: 148) (27) [...] un observateur en dveil et sur ses gardes [...]. (PR: Aguets)

9

Danlos (1980:54) weist darauf hin, daß in Fällen vollständiger Homonymie zwischen etre PRÄP Ν (FS) und Stre(y) PRÄP Nß4) (also in Fällen, in denen das FS in besonders hohem Maße motivierbar ist) die Anaphorisierung durch l'Stre und y etre eine Desambiguierung bezüglich einer Interpretation als FS oder VPRÄP N(£4) leistet.

257 e) FFVG und etre PRÄP N(fvG) lassen sich genau wie ADJ und freie PRÄP N(fvg) Vergleichs- und Gradadverbien wie tres, plus... que und aussi... que intensivieren:

durch

(28) II s'agite beaucoup lorsqu'il s'agit d'indiquer aux flics les etudianls les plus en vue^^-pyuj qu'il faut poursuivre et passer ά tabac. (Mas: 102) (29) [...] je ne suis pas trks au courant(FS)· (Def:345) f) Die Konstituenten PRÄP N ( f f v g ) und PRÄP N(fsj können als Prädikative regelmäßig in bestimmte andere Strukturen eintreten, z.B - in ovo/r-Konstruktionen des Typsio (30) Les comptes de Max sont ä jour2(FS)· Max α {les + ses} comptes ä jour2(FS)· (31) Vous avez la conscience en berne. (PF:243) (32) Elle a la gamberge en veilleuse, Conchita. (Men:77) (33) II a trop d'oeuvres en chantier. (Tral:42) -

in Konstruktionen mit V wie dem einwertigen paraitre oder dem zweiwertigen croire. ι 1 (34) La notairesse quiparaissait ä bout s'affala dans un fauteuil. (Bou:512) (35) Un brave de province qui ne paraissait pas au fait des usages de la cour [...]. (Voltaire, zit.n. PR: Fait) (36) Me savoir au courant ne lui dilierait pas la langue. Au contraire. (Rat:47)

Je weniger aufwendig die Motivation eines etre PRÄP N(f$) durch VPRÄP Nßy ist, desto eher sind die paraitre-Konstruktionen abweichend, weil paraitrei ('erscheinen, so aussehen als ob') über ein Homonym paraitre2 ('erscheinen, auftauchen') mit der KSB örtliches Befinden verfügt. Zur Desambiguierung ist in diesem Fall bei PRÄP Ν(fs) das Auftreten der Verbalkonstituente etre auch nach paraitre erforderlich. (37) Max est dans le brouillard(FS) (ά propos des projets de Marie). Max parait {*e + itre) dans le brouillardfps) (a propos des projets de Marie). Diese Überlegungen zeigen: 1) Die oben dargestellten distributioneilen Eigenschaften, die etre als FFV und V(FS> mit dem Funktionsverb etre^y) und kopulativem etreßcj teilen, belegen seine phraseologische Nicht-Gebundenheit auch in FFVG und FS, denn über die betreffenden Eigenschaften verfugt es unabhängig davon, ob es als Kontextpartner einer bestimmten Sequenz PRÄP N(pyvo) bzw. PRÄP Ν(ps) oder aber im Kontext freier Elemente wie ADJ, PART. II, PRÄP N(fvg) oder prädikativer Ν auftritt. 12

10 11 12

Vgl. dazu Kap. 3.7.4. Vgl. auch Kap. 3.7.4. FFV und V(FS) werden auch bei Laporte (1988:119) und Danlos (1988:31) (letztere im Anschluß an Ruwet 1983) als interpretativ-semantisch frei klassifiziert. Zumindest für die hier untersuchten FS ist also die Aussage unzutreffend, im Gegensatz zu FVG seien bei phraseologisch festen Syntagmen alle Konstituenten obligatorisch an ihre jeweiligen Kontextpartner gebunden (Starke 1989:82).

258 2) Die Kriterien a) - f) zeigen, daß - genau wie bei interpretativ freien etre PRÄP N(FVQ) den Sequenzen PRÄP N(FFVG) und PRÄP N(FS) durch die Konstituente etre keine semantische Teilrolle in der Dimension der KSB (etwa °Ort) zugewiesen wird. Die Verbalkonstituente etre drückt in beiden Fällen kein DORT-sein, sondern ein ES-sein bzw. ein SO-sein aus. Dementsprechend geben die PRÄP JV-Sequenzen keine °Orte, sondern Eigenschaften an. Aus diesem Befund ergibt sich der Umkehrschluß, daß etre als FFV und V(FS) seinerseits über keine Dimension der konstitutiven Sachverhaltsbedingung verfügt, sondern semantisch eindimensional ist, d.h. als Träger der minimalen, prädikatsspezifischen ASD-Kategorie (Nur-) Sachverhaltsdarstellung die phraseologisch festen Sequenzen PRÄP N(FFVGJ und PRÄP N(F$) in die prädikative Funktion einsetzt. 3) Alle Verbalkonstituenten etre von FS, die sich durch l'etre und nicht durch y etre anaphorisieren lassen, haben die qualitative Grenze von semantisch isolierten Vollverben zu Funktionsverben überschritten. Entsprechend treten die Konstituenten PRÄP N(FSJ in denselben Distributionen auf wie PRÄP N(FVG) bzw. PRÄP N(FFVGJ· 4) Die trotz semantischer Eindimensionalität bei V(FS) etre (in einem von Konstruktion zu Konstruktion variierendem Maße ausgeprägte) konnotative Präsenz einer KSB örtliches Befinden manifestiert sich in einigen Fällen explizit darin, daß etre^$) über die für FV "normalen" distributioneilen Eigenschaften hinaus in idiosynkratischen paradigmatischen Beziehungen zu anderen V(FS> steht, die ihrerseits keine Funktionsverben, sondern semantisch isolierte Verben des örtlichen Befindens sind (s.o., Bsp. (14) - (19)). Obwohl die Prozesse semischer Umschichtung, denen etre PRÄP N(FS) im Übergang von Vollverbkonstruktionen zu phraseologisch festen Konstruktionen unterworfen sind, eine allgemeine Richtung zu haben scheinen, die fur e t r e ^ immer im Verlust der KSB endet, ist der idiosynkratische Charakter der paradigmatischen Beziehungen von etre^ zu V(FS) wie monier, naviguer, trainer usw. Ausdruck der Tatsache, daß Prozesse semischer Umschichtung von den betroffenen Konstruktionen jeweils einzeln durchlaufen werden. Dies gilt zwar auch für die FFVG, doch verfügen deren "Ursprungskonstruktionen" FVG ihrerseits bereits über weitgehend regularisierte, semantisch eindimensionale Verbalparadigmata.

8.5.

Die Nominalkonstituenten von FFVG und verwandten festen Syntagmen

Unserer Analyse freier FVG zufolge ist in solchen Konstruktionen die Konstituente N(FVG) nicht nur möglicher Träger einer sekundären Dimension der ASD, sondern - dies entspricht dem Stand der Forschung - zentraler denotativ-semantischer Merkmale. Diese Tatsache rechtfertigt die Annahme, daß auch in FFVG und FS die Konstituente Ν das Zentrum der von semischer Umschichtung betroffenen semantischen Struktur darstellt. Allgemeinstes definitorisches Merkmal phraseologisch fester FVG ist allerdings nicht die "übertragende Bedeutung" des jeweiligen Elementes in N(FFVG) bzw. N(FS), sondern die Tatsache, daß die Konstituente N(FFVG> bzw. N(FS) zur Realisierung dieser übertragenen Bedeutung immer auf das

259 obligatorische Auftreten bestimmter sprachlicher Kontexe angewiesen ist. 13 Je nach dem syntaktischen Status und den Konstituenzbeziehungen dieser obligatorischen Kontexte läßt sich für FFVG und FS eine Einteilung rechtfertigen, die sich partiell mit ihrer Zuordnung zu den in 4.8. entwickelten semantisch-sachverhaltsdarstellenden Strukturtypen deckt.

8.5.1. FFVG erster Ordnung und verwandte feste Syntagmen Für die weitaus größte Gruppe der FFVG und FS gilt, daß die Konstituente N(ffvg) und N(fs) obligatorisch an den Kontext FVPRÄP bzw. V(fs) PRÄP gebunden ist. (38) Max(y) est {en train2 + en boule2 + en reste de politesse avec Marie}. (38 .1) *Le train de Maxfy) [έ tonne Marie], (38.2) *La boule de Maxfy) [estpermanente]. (38.3) *Le reste {depolitesse + 0} deMaxfy) {avecMarie + 0} [est scandaleuxj. Aus der Tatsache, daß solche N(ffvg) und N(fs) nicht außerhalb der betreffenden Konstruktionen auftreten können, folgt, daß sie nicht in der Lage sind, isoliert den von der jeweiligen Gesamtfügung regierten y-Aktanten als Ergänzung zu sich zu nehmen. Diese Eigenschaft teilen FFVG mit interpretativ freien FVG des Strukturtyps 0. Bei diesen ist die semantische und syntaktische Unverträglichkeit zwischen der aus der Fügung isolierten N(FVG)-Konstituente und dem y-Aktanten nicht auf phraseologische Festigkeit zurückzuführen. N(fvg> IN interpretativ freien FVG des Strukturtyps 0 behalten vielmehr auch außerhalb dieser FVG ihre semantischen Merkmale unverändert bei. Aus diesem Grund ist z.B. eine Thematisierung des durch das FVG dargestellten Sachverhaltes mit Hilfe des lexikalischen Elementes in N(fvg)Position möglich: (39) A: (a) La maison^j de Max est en feu(FVG)· B: (b) Mais il n'y a pas de feu Ιά-bas! Unserer Interpretation zufolge sind Konstruktionen wie feu de la maison nur deshalb abweichend, weil Nicht-Sachverhaltsnomina wie feu eines Funktions- oder Hilfsverbs bedürfen, um über eine vollständige, insbesondere auch in der Dimension der ASD spezifizierte Aktantenleerstelle für N(y) zu verfugen. Der zentrale Unterschied zwischen FVG des Strukturtyps 0 und FFVG wie unter (38) besteht darin, daß sich erstere ohne besonderen Rekurs auf das Lexikon in die Teilbedeutung ihrer Konstituenten auflösen, d.h. als semantisch und syntaktisch zusammengesetzte Prädikate beschreiben lassen, während PRÄP N(ffvg) als Konstituenten von

13

Vgl. in diesem Sinne Burger (1988). Speziell fur FVG läßt sich diese These an Beispielen wie Marie est en {bonne forme2 physique + forme3} illustrieren, wo gegenüber der homonymen Konstruktion in cet objet est dans la forme j souhaitie das N(fvG) in metaphorischer Verwendung vorliegt. Daß die N(FVG) en forme2,3 trotz einer jeweils übertragenen Bedeutung nicht phraseologisch gebunden sind, zeigt sich daran, daß die Realisierung dieser Bedeutung auch dann noch möglich ist, wenn forme2 und forme3 außerhalb der FVG auftreten: la {bonne forme2 physique + forme3} de Marie. Die FVG itre en forme2,3 haben keine phraseologisch gebundene Struktur, weil forme2 und forme3 nicht auf den Kontext itre PRÄP N(fvg) angewiesen sind, um ihre übertragenen Bedeutungen zu realisieren.

260 FFVG weitgehend exozentrisch determinierte Syntagmen sind, die sich nicht bzw. nur unvollständig auf die Lexikonbedeutungen ihrer Konstituenten zurückfuhren lassen. Aus diesem Grund müssen (FV) PRÄP N(FFVG) immer zusammen im Lexikon aufgeführt werden. Dieser Umstand beschreibt den Unterschied zwischen semantisch komplexen Prädikaten (zu denen FVG des Strukturtyps 0 gehören) und interpretativ gebundenen festen Syntagmen. Formal äußert sich dieser Unterschied in der Tatsache, daß N ( f f v g ) anders als die Ν(ρνο)-Κοηstituenten des Typs 0 (vgl. (40.b) und (41.b)) nicht zur Thematisierung des durch die Gesamtkonstruktion dargestellten Sachverhaltes herangezogen werden können. (40) A: (a) Max est tris en train^fFFVG)· B: (b) * Mais {il n'y a pas + je ne vois pas} de train de sa part! Derselbe Befund gilt für die im vorliegenden Kapitel diskutierten FS. (41) A: (a) C'est la probiti de Max que Marie a mise en cause(ps). B: (b) *Mais il n'y a pas de cause de la part de {Marie + de la probiti de Max}! Ungeachtet solcher Unterschiede teilen die interpretativ freien FVG des Strukturtyps 0 und die FFVG und FS aus (38), die wir im Vorgriff auf unsere weitere Argumentation FFVGi und FS] nennen wollen, eine wichtige Eigenschaft: beide sind zweidimensionale Prädikate, in deren semantisch-sachverhaltsdarstellender Struktur nur eine einzige (in der Konstituente FV gebundene) Dimension der ASD auftritt, während PRÄP N(fs) bzw. PRÄP N(pyvG) ausschließlich Träger der KSB der Gesamtkonstruktion sind. In interpretativ freien FVG des Strukturtyps 0 sind die Elemente in N(FVG)-Position aufgrund ihrer lexikalischen Bedeutung keine Sachverhaltsnomina, in FFVGi und FSi kann dem Nomen, das seine Bedeutung nur zusammen mit Verbalkonstituente und PRÄP zu realisieren in der Lage ist, aufgrund seiner phraseologisch bedingten semantischen Unselbständigkeit keine Kategorie in der Dimension der ASD zugewiesen werden. Aus diesen Überlegungen folgt: FFVGi und FSi gehören aufgrund ihrer phraseologischen Festigkeit immer dem Strukturtyp 0 an, da die N ( f f v g ) bzw. N ( f s > solcher Konstruktionen als phraseologisch an die Konstituentenstruktur FV PRÄP gebundene Elemente keine Sachverhaltsnomina sein können. Diese Aussage gilt im Fall der FFVG unabhängig davon, welchem Strukturtyp sich eventuell existierende homonyme freie FVG zuordnen lassen. 14 Als nicht nur lexikalisierte, sondern darüber hinaus exozentrisch determinierte feste Syntagmen sind die PRÄP N(ffvg) und PRÄP N(fs) besonders häufig Konversionsprozessen unterworfen, wie sie z.B. der Bildung von entrain'Schwung, Elan, Lebhaftigkeit' aus etre en train2(FFVG), 'gut aufgelegt sein, in Schwung sein, in Fahrt sein', der Bildung von e n j e u x Einsatz' aus etre en jeu2(FS) 'auf dem Spiel stehen1 oder der Bildung von en regard de^R^p), en vuei de (PRÄP) Ν/en

vue2 de^>RÄP) V(IMF) aus Nqc etre en regard de(FFVG) Nqc, Ν etre en vuej /

Nqc etre en vue2 zugrunde liegen. 14

Ein sekundäres Argument fur die Annahme starker Ähnlichkeit der FFVG] und FSi mit den interpretativ freien FVG des Strukturtyps 0 stellt die Tatsache dar, daß für die Nominalkonstituenten aller drei Gruppen die für Elemente der Wortart Substantiv normalerweise gültigen distributionellen Variationsmöglichkeiten vollständig blockiert sind. Dies gilt für die Attributfahigkeit von N ( f t v g ) und N ( f s > und fur ihre Artikel- und Pluralfahigkeit.

261 8.5.2. FFVG zweiter Ordnung und verwandte feste Syntagmen Unter den FFVG und FS weisen einige die Besonderheit auf, daß das N(FFVG) bzw. N(FS> nur zusammen mit einem obligatorischen Attribut - in der Regel einem Adjektiv oder einer präpositionalen Ergänzung - auftritt. 15 Es handelt sich um Konstruktionen wie (42) Nqn itre au chömage technique; Nqn itre aux petits soins {pour + avec} Nqn; Nqn itre dans une {situation + position} interessante; Ν etre en perte3 de vitesse; Nqn mettre Ν en coupe2 riglie In allen Beispielen unter (42) fungieren die nominalen Kopfkonstituenten und ihre Attribute als jeweils fur einander obligatorische Kontexte. Die phraseologische Festigkeit der komplexen NPfFFVG) äußert sich in der Tatsache, daß die betreffenden Attribute weder durch quel? erfragbar sind noch in Strukturen der Art qui est ADJ verwandelt werden können. 16 (43) *{A + en + dans} quel chömage est Marie? Au chömage technique? (44) *Elle est en perte de quoi, Marie? En perte de vitesse? (45) *Luc va mettre la fortune de son oncle {en + dans une} coupe qui est riglie. Untersucht man nun die obligatorisch attribuierten NP(FFVG) unter dem Gesichtspunkt eines möglichen Auftretens außerhalb der Fügung, so zeigt sich, daß in einem Teil der Fälle die Realisierung der phraseologisch gebundenen Bedeutung der komplexen NP prinzipiell unabhängig von deren Auftreten im FFVG bzw. etre PRÄP N(FSJ ist: (46) Marie est au chömage technique. Le chömage technique de Marie [est une catastrophe pour eile], (47) Luc est en perte3 de vitesse. La perte de vitesse de Luc [itonne Max], Dagegen verhalten sich wie FFVGi: (48) Luc est aux petits soins {pour + avec} Marie. *Les petits soins de Luc {avec + pour} Marie [inquiitent MaxJ. (49) pMarie est dans une situation intiressante. • [Luc est responsable de] la situation intiressante de Marie. (50) Luc a mis la fortune de son oncle en coupe2 riglie. *La coupe riglie de cette fortune {0+ par Luc} [n'a pas iti longuej.

15

16

Obligatorische Attribute sind nicht per se konstitutive Kriterien fur das Vorliegen phraseologischer Festigkeit im oben definierten Sinn. Obligatorische Attribute werden beispielsweise von (interpretativ freien) Konstruktionen wie itre dans une {situation + position} {"β + difficile + ginante + heureuse + ... + qui S} und etre dans un itat {*e + lamentable + d'ipuisement + ... + qui S} gefordert. In solchen Fällen behalten sowohl die N(FVG) als auch die obligatorischen Attribute ihre normale lexikalische Bedeutung bei. Der obligatorische Charakter der Attribute ist in diesem Fall auf die semantische Merkmalsarmut der N(FVG) zurückzuführen. Für die FFVG itre dans une situation intiressante, §tre dans une position intiressante ergeben sich infolge solcher Umformungen Konstruktionen, die zwar grammatisch sind, in denen aber die phraseologisch gebundene Bedeutung 'in anderen Umständen sein, schwanger sein' zerstört wird.

262 Konstruktionen wie (46) und (47) wollen wir im folgenden feste Funktionsverbgefüge zweiter Ordnung (FFVG2) nennen.'? Zwar sind FFVG2 "freier" als FFVGi, doch betrifft diese Freiheit nicht die linearen kontextlogischen Beziehungen ihrer Elemente, sondern die Konstituentenstruktur der gesamten Konstruktion. FFVGi sind als (etre) PRÄP N(fvg) phraseologisch fest. In FFVG2 betrifft die phraseologische Bindung allein die Binnenstruktur der komplexen NP in N(pvG)-Position, die ihrerseits nicht auf den Kontext etre PRÄP angewiesen ist, um ihre phraseologisch gebundene Bedeutung zu realisieren. Einfacher ausgedrückt bedeutet dies: zur Interpretation der Bedeutung der FFVG2 reicht es aus, wenn im Lexikon lediglich die betreffende komplexe NP in ihrer phraseologisch gebundenen Bedeutung aufgeführt wird. Das entsprechende FVG dagegen läßt sich, ausgehend von diesem besonderen Lexikoneintrag sowie den allgemeinen, für freie FVG gültigen Interpretationsregeln als semantisch und syntaktisch zusammengesetzt beschreiben. In diesem Sinne sind FFVG2 komplexe Prädikate. FFVGi dagegen müssen unabhängig davon, ob ihre Konstituenten N(FFVG) intern als komplexe NP oder als einfaches Ν organisiert sind, als ganze im Lexikon aufgeführt werden. Der Umstand, daß die komplexe, als FS strukturierte NP, die in FFVG2 die Position N(FVG) besetzt, prinzipiell in der Lage ist, außerhalb der Funktionsverbfügung aufzutreten, impliziert, daß in solchen Konstruktionen - im Unterschied zu FFVGi - die phraseologische Festigkeit der NP(FFVG) kein Hindernis darstellt, den y-Mitspieler des FV-Aktantensystems auch außerhalb der N(FVG)-Position als Ergänzung zu regieren. Bei den komplexen NP solcher Konstruktionen kann es sich um phraseologisch feste Sachverhaltsnominale handeln. Während FFVGi immer dem semantisch-sachverhaltsdarstellenden Strukturtyp 0 zugerechnet werden müssen, sagt der FFVG2-Status einer gegebenen Konstruktion nichts über deren Kategorisierbarkeit als Strukturtyp 0 bis 3 aus (s. (51) und (52)). Auch unter den FVG-ähnlichen, durch VPRAP Ν β4) motivierbaren festen Syntagmen findet sich eine kleine Gruppe von Konstruktionen, deren obligatorisch attribuierte N(FS)- Konstituenten auch außerhalb der Konstruktion auftreten können. Es handelt sich um Konstruktionen wie in (51) und (52): i« (51) Luc est dans une (bonne + mauvaise} passe. Luc a franchi sa mauvaise passe. (52) Marie est ά l'article de la mort. Ceci a rameni Marie de l'article de la mort. Das Beispiel (51), wo mauvaise passe (ps) einen als Possessivpronomen realisierten "ZustandsTräger regiert, zeigt, daß konkrete Orts-Benennungen wie passe^ durch phraseologische Fixierung und semische Umschichtung diachronisch zu Sachverhaltsnomina werden können.

17

18

Damit soll keineswegs angedeutet werden, bei solchen FFVG handele es sich um "feste Syntagmen zweiter Ordnung" im Sinne von Rothkegel (1973). FFVG2 sind in derselben Weise weitgehend exozentrisch determiniert wie FFVGi. Die komplexen NP in N(ps)-Position sind intern wie endozentrisch determinierte FS2 (Typ blinder Passagier) organisiert. In (51) ist das Nomen zur Realisierung seiner phraseologisch gebundenen Bedeutung auf eines der Adjektive bon, mauvais angewiesen, während umgekehrt die Adjektive weiterhin in ihrer üblichen lexikalischen Bedeutung auftreten. Interpretativ frei ist auch mort in (52).

263

8.6.

Zusammenfassung

Die zentralen Ergebnisse, zu denen unsere Überlegungen geführt haben, lassen sich folgendermaßen zusammenfassen. 1) Die verbalen Konstituenten der FFVG der Struktur etre PRÄPN können als (phraseologisch nicht-gebundene) Realisierungen der "normalen", semantisch eindimensionalen, d.h. nur in der Dimension der ASD kategorisierbaren FV etre, entrer / se mettre, rester, mettre, tenir gelten, weil sie über dieselben syntaktisch-distributionellen Eigenschaften verfugen wie diese. Diese Tatsache rechtfertigt eine Klassifikation der betreffenden Konstruktionen als phraseologisch feste Funktionsverbgefuge (FFVG). 2) Die Verbalkonstituenten der durch V PRÄP N@4) motivierbaren festen Syntagmen sind ebenfalls phraseologisch nicht-gebunden und weisen dieselben Eigenschaften auf wie FV. Trotz der Tatsache, daß sie darüber hinaus zuweilen in (für die betreffende PRÄP N^-Konstituente idiosynkratischen) paradigmatischen Beziehungen zu Verbalkonstituenten stehen, die ihrerseits eindeutig semantisch isolierte Vollverben sind, haben die etre-, entrer- / se mettre-, mettre-, rester-, tenir- Konstituenten solcher Konstruktionen die Grenze vom phraseologisch festen Vollverb zum semantisch eindimensionalen Funktionsverb überschritten. 3) Unter dem Gesichtspunkt der möglichen Distribution ihrer Konstituente N(fvg) scheiden sich FFVG und die verwandten FS in feste Funktionsverbfiigungen / feste Syntagmen erster und zweiter Ordnung. Dieses Kriterium weist FFVGi und FSi als Konstruktionen des Strukturtyps 0 aus. FFVG] bzw. FS) als ganze sind jeweils Einheiten des Lexikons. Dagegen sind FFVG2 und FS2 Konstruktionen, in denen lediglich die Konstituente Ν intern als festes Syntagma organisiert ist, deren Konstituentenstruktur aber ansonsten von phraseologischer Festigkeit ausgenommen ist. FFVG2 und FS2 sind komplexe Prädikate im selben Sinne wie interpretativ-semantisch freie FVG und lassen sich wie diese prinzipiell allen möglichen semantisch-sachverhaltsdarstellenden Stnikturtypen zuordnen.

9.

Periphrastische Konstruktionen mit komplexen Verknüpfungsprädikaten der Form itre PRÄP Ν

Verknüpfungen als Sonderfall komplexer Prädikate lassen zwei verschiedene Arten rekursiver Einbettungen zu (vgl. Kotschi 1974:64 u. 66, Anm.52). 1) Einerseits muß der nicht-finite Prädikatsnukleus PN nicht notwendig die Form eines einfachen V aufweisen, sondern kann seinerseits ein komplexes Prädikat - z.B. ein Adjektivprädikat, ein FVG oder wiederum eine Verknüpfung (VKN) - sein: (1)

Luc va(vkj) (manger(V) + devenir michant(ADj) + se mettre en coläre(FVG) + fvouloirßyj manger(pN)J(VKN)} (PN) bientöt.

2) Andererseits kann an die Stelle des einfachen, konjugierten Verknüpfungsverbs Vjy eine komplexe Form P^j treten (s. Kap. 2.4.1). Einige solcher Verknüpfungskomplexe Pjcj haben die Form etre PRÄP Ν de(p^. ι Diese Konstruktionen sind Gegenstand des vorliegenden Kapitels. (2)

Luc {vcifviq) + est sur le point de^ty) manger(p^j

Es handelt sich um die Fügungen etre en train3 defpty, etre en passe de(Pkj), etre en voie de^), etre sur le point de^y, se mettre en devoir de^ty. Sonderfalle stellen etre en cours2 de(Pkj) und etre en voie de^j dar (s.u., 9.2 ). Die morphosyntaktische Struktur dieser komplexen Syntagmen und ihre paradigmatischen Beziehungen zu "einfachen" Vkj werfen die Frage auf, inwieweit man es hier mit "Verknüpfungs-FVG", d.h. mit FVG in der Satzfunktion nicht von Prädikaten, sondern in der von Konstituenten von Prädikaten zu tun hat.

9.1. Allgemeine Eigenschaften a) Wie die Verknüpfungsverben von V, so unterscheiden sich die etre PRÄP Ν de^ von "einfachen" FVG in Prädikatsfunktion dadurch, daß sie nicht alleine, sondern nur zusammen mit dem nicht-finiten Prädikatsnukleus PN das Satzprädikat bilden. Entsprechend hat PN keinen Argumentstatus, was sich außer in seiner Nicht-Erfragbarkeit bzw. Nicht-Anaphorisierbarkeit auch in der Tatsache äußert, daß die P^ niemals ohne einen PN auftreten können. (3)

1

Marie se met en devoir de faire sa valise. *[...] et Luc s'en met dans le devoir aussi. *[...] et Luc se met dans {le mime + ce} devoir. *[...] et Luc aussi se met en devoir.

Eine Klassifikation von Konstruktionen wie Stre en train3 defpigj als Verknüpfungsverben begründet Kotschi (1974:66, Anm.52) damit, daß sie "aus nicht kommutierbaren Elementen [bestehen], d.h. [...] nicht weiter in Konjunkte teilbar [...] [sind]". Diese Begründung wird sich als nicht haltbar erweisen.

266 Keine komplexen Prädikate, sondern Prädikat-Argument-Verbindungen (deren Argumente freilich obligatorisch als Infinitiv-Phrasen realisiert werden) sind demnach etre PRÄP N(FVG) mit modaler Bedeutung vom Typ (4)

Nqn &tre dans la nicessit02 de V(infi, Nqn etre dans l'obligation de V(j„ß, Nqn etre dans l'impossibiltä de V(inj), Nqn itre dans l'incapacU0 de V(j„ß.

Zwar lassen sich die Konstituenten de V(i„ß dieser Konstruktionen nicht wie adverbale Ε durch en anaphorisieren, 2 doch sind Erfragung und anaphorische Wiederaufnahme durch die adnominalen Formen quel?, ce, un tel möglich (s.o., Kap. 4.7.2.): (5)

Dans quelle täcessiti2 Luc se trouve-t-il? Dans celle de payer ses impöts?

Trotz ihrer modalen Bedeutung besitzen die fraglichen etre PRÄP Ν de also nicht denselben Status wie die "echten" Modalverben pouvoir, vouloir, devoir, sondern den von Pseudomodalen der Art etre capable de {Ν + V(i„ß}ß6), etre oblige ά{Ν + V(i„ß}ß6)i b) Die komplexen Verknüpfungsprädikate etre PRÄP Ν de^ können nur solche Satzglieder regieren, die lexikalisch von PN dependent sind. Dies manifestiert sich u.a. darin, daß -

nullwertige Verben in P N zusammen mit etre PRÄP Ν de^ wiederum nullwertige Prädikate bilden (vgl. ilo pleut mit ilo est en train3 depty pleuvoir(p^)). Der formal von etre regierte El-Mitspieler des Satzes ist lexikalisch dependent vom Verb in PN.

-

sich etre-VKN mit transitiven Handlungs-V in PN immer ohne Bedeutungsverschiebung passivieren lassen, was bedeutet, daß die syntaktisch von etre PRÄP Ν de^ regierte Subjekt-Leerstelle offen ist für alle Mitspieler, denen auch das V in PN eine El-Position zuzuweisen in der Lage ist. Die betreffenden P^j ordnen den einzelnen Mitspielern der betreffenden V ^ keine Konstellationen gesonderter semantischer Rollen zu, sondern modifizieren lediglich den gesamten PN inklusive seiner semantische Rollenstruktur.'*

2

Im Gegensatz zu Gunnarsson (1986:20) bewerten wir die Konstruktion *mais j'en suis vraiment dans l'incapaciti [en = de payer maintenant] als abweichend. Die Unterschied zwischen "echten" Modalverben wie pouvoir, vouloir, devoir und "pseudomodalen" Prädikat-Argument-Strukturen deckt sich mit der generelleren Unterscheidung in Anhebungsverben (d.s. V|fj komplexer Prädikate, z.B. sembler) und Kontrollverben. Kontrollverben sind Vollverben, die als Aktanten Infinitivphrasen zu sich nehmen, deren (nicht realisierte) logische Subjekte in obligatorischer Koreferenzbeziehung zum El-Mitspielern des Matrixsatzes stehen. "Echte" Modalverben sind Anhebungsverben (vgl. Meyer 1991:66ff.), Pseudomodale dagegen Kontrollverben. Dennoch sind wir nicht der Auffassung, daß solche P^j den Aktanten des eingebetteten Verbs keine semantischen Rollen zuweisen, wie dies Meyer (1991:68) generell für Anhebungsverben (s. Anm.3) und um solche handelt es sich bei den fraglichen Pkj - behauptet. Diese Aussage würde gemäß der Bestimmung, der zufolge Prädikate Argumenten semantische Rollen aufgrund ihrer Bedeutung zuweisen, implizieren, daß Anhebungsverben keine lexikalische Bedeutung haben, was offensichtlich unzutreffend ist. Allerdings weisen Anhebungsverben den Argumenten des eingebetteten V unvollständig spezifizierte semantische Rollen zu, die die vom eingebetteten V vergebenen, vollständig spezifizierten semantischen Rollen lediglich modifizieren. In Luc peut vendre sa maison modifiziert das Anhebungsverb pouvoir den °Verfügungs-Änderungs-Agens und den "VerfügungsÄnderungs-Gegenstand des eingebetteten vendre zu einem "potentiellen Verfugungs-ÄnderungsAgens bzw. einem "potentiellen Verfugungs-Änderungs-Gegenstand. Interessanterweise gelangt Meyer bei seiner Beschreibung der Modalverben devoir und pouvoir zu einer Relativierung der

3

4

267 (6)

Luc β/) [est en (rains de battre] (VKN) MarienMarie ΒI) [est en trains d'etre battue](VKN) par Maxßj.

Keine komplexen Prädikate, sondern Prädikat-Argument-Verbindungen (deren Argumente freilich obligatorisch als Infinitiv-Phrasen realisiert werden) sind demnach außer den Konstruktionen unter (4) auch die folgenden etre PRÄP NßvG) mit phraseologisch gebundener modaler Bedeutung vom Typ (7)

Ν etre en 0tatßS) de Vflnfi, Ν &tre en position deps) v(Inj)·

en

mesure ßS) de V(inß. Ν ^tre ä memeß$) de V(inß, Ν etre

Anders als die Konstruktionen unter (4) lassen solche Fügungen zwar keine Erfragung bzw. Anaphorisierung ihrer Konstituenten de V(j„j) durch quel?, ce, un tel zu, doch ist dies mit der phraseologischen Festigkeit der PRAP Nßs) erklärlich. Bei den Konstruktionen unter (7) handelt es sich um semantisch vollständige Prädikate* mit einer eigenen Aktantenstmktur, in der insbesondere dem El-Mitspieler von etre PRÄP NßS) eine vom Prädikat des eingebetteten Argumentsatzes unabhängige semantische Rolle zugewiesen wird. Das Subjekt des Matrixsatzes ist nicht "ererbt" vom Verb des Argument-Satzes sondern lediglich obligatorisch koreferent mit dessen (nicht realisiertem) Subjekt-Mitspieler. Das wird daran deutlich, daß wegen der obligatorischen Koreferenzbedingung als V(inf) des eingebetteten Satzes keine nullwertigen Verben auftreten können, da deren formale Oberflächensubjekte keine Referenz leisten, und deshalb nicht koreferent mit dem El-Mitspieler des Matrixsatzes sein können (s. (8.1) u. (8.2)). Außerdem ist eine Passivierung der eingebetteten Infinitivphrase unmöglich, da die etre PRÄP NßS) ihren Subjektmitspielern vollständig spezifizierte, von V(inf) unabhängige semantische Rollen zuweisen (s.(9.2)). Echte Modale wie devoir, pouvoir, vouloir lassen dagegen beides zu (s. (9.1)). 6 (8.1) Ilo {peut + doit} neiger ce soir. (8.2) *IIq est (en 6tat + a meme + en mesure + en position} de neiger ce soir. (9.1) Luc {peut + doit} vendre ce velo. Ce νέΐο {peut + doit} etre vendu par Luc. (9.2) Luc est {en έίαΐ + ä meme + en mesure + en position} de vendre ce νέΐο. *Ce νέΐο est {en itat + a mSme + en mesure + en position} d'Stre vendu. c) Die hier interessierenden etre PRÄP Ν de^ sind eine semantisch homogene Gruppe. Sie weisen sämtlich eine temporal-aspektuelle Bedeutung auf. d) Bis auf se mettre en devoir deß$) haben alle Konstruktionen etre als Verbalkonstituente. e) Die nicht-finiten Syntagmen, die in die Konstituentenstelle PN eintreten können, müssen mindestens als Vorgang kategorisierbar sein. 7 (10) Luc est en trains de {*etre malade + tomber malade}.

3 6 7

These, daß diese keine Θ-Markierung leisten (Meyer 1991:84 spricht von "fakultativer Θ-Markierung"), allerdings mit einer Begründung, die sich nicht mit unserer deckt. Im Sinne von Kontrollverben, s. Anm.3 und 4 in diesem Kapitel. It. volere wird entsprechend bei Di Sciullo /Rosen (1991) als light verb, d.h. als FV interpretiert. Zu itre en trains de V(i„j) vgl. in diesem Sinne bereits Schogt (1968:69).

268 (11) Luc est en passe de {*se trouver + se rendre} ά Paris. (12) Marie est sur le point de {*possider + s'acheter} une maison. f) Die fraglichen etre PRÄP Ν de(PY weisen bis auf etre en COURS2 DE^ty intern die Struktur phraseologisch fester Syntagmen auf. Ein Teil der Konstruktionen ist analog zu FFVG durch semantisch freie FVG motivierbar, so z.B. etre en trainj de^kj), oder se mettre en devoir defpigj. Die restlichen komplexen P^j, nämlich etre en passe de^), etre en voie de^, etre sur le point de^), sind analog zu den in Kapitel 10 diskutierten FS durch VPRAP N(E4) motivierbar. Die unterschiedliche Motivierbarkeit impliziert für die hier diskutierten Konstruktionen keine konstruktioneilen oder funktionalen Unterschiede. Die funktionale Homogenität der Verknüpfungsprädikate etre PRÄP Ν de(PS) liefert eine zusätzliche Rechtfertigung für die in Kapitel 8 dargelegte Entscheidung, etre PRÄP N ( f f v g ) und etre PRAPN(fs) als prinzipiell gleichartige, nur graduell unterschiedene Konstruktionstypen anzusehen. e) Unter grammatisch-funktionalen Gesichtspunkten lassen sich etre PRÄP Ν de (Pig) je nach der Wortartenzugehörigkeit von PN einteilen in P^j verbalperiphrastischer und Pkj nominalperiphrastischer Konstruktionen.

9.2.

Periphrastische etre PRÄP N(Pig) mit nominalen Prädikatskernen

Nominale Prädikatsteile fordern die Konstruktionen etre en voie de^pkj) ^(PN) (Bsp. (13)) und etre en cours2 de^j) Ν (PN) (Bsp. (14)). Von diesen tritt etre en cours2 de^) ausschließlich mit nominalen PN auf, während etre en voie defpig) außer nominalen auch verbale Prädikatskerne zuläßt (Bsp. (15)). (13) [...] la cavale est en cours de preparation [...]. (Pap:415) (14) Un teliscripteur itait igalement en voie d'installation. (Nau:159) (15) Mais Trepper [...] est en voie de trahir Luba [...] (OR:24) Die N, die für die Besetzung der Position PN in Frage kommen, sind starken strukturellen Restriktionen unterworfen, die insgesamt sicherstellen, daß sie eine maximale morphologische und semantische Ähnlichkeit zu V aufweisen: 1) Die N(PN) sind obligatorisch Nur-Vorgangs-Sachverhaltsnomina.8 Aus diesem Grund sind (16), wo kein Sachverhaltsnomen vorliegt, und (17), wo ein Handlungs-Sachverhaltsnomen vorliegt, abweichend. Nur (18) erfüllt die o.g. Bedingungen. (16) *La maison est en cours2 de^ty feu(pfj). (17) *Luc est en {voie + cours2) depty nigociation(PN) avec Marie. (18) Les projets de Luc et Marie sont en {voie + cours2} de^ty negotiation^). 2) Das betreffende N(PN) muß morphologisch deverbal und mit -ment oder -ion deriviert sein, d.h. die Besetzung von PN ist strikt auf Nomina beschränkt, die nach synchronisch pro-

8

Als PRÄP läßt sich en cours de auch mit Gattungsnamen verbinden, z.B. en cours de(ppjip) route.

269

duktiven Derivationsverfahren gebildet sind.9 Aus diesem Grund sind (19), (20) und (21) abweichend. Das Beispiel (22) wurde von Sprechern zwar als akzeptabel bewertet, doch sind Konstruktionen etre en coursi de N(p\) mit N(pn) auf -age häufig problematisch: 1° (19) (20) (21) (22)

*Les prixsont en {cours2 + voie} defpkß baissefpty. *Ce livre est en {course + voie} depy lecture (ρχ). *Cet italage est en voie depty gamissagefpjy. Cet italage est en cours2 de gamissage.

3) Für etre en cours2 depig) N(pn) - nicht aber für etre en voie de^

Ν(ρχι - gilt, daß die

N ( p n > obligatorisch in morphologischer und semantischer Beziehung zu passivierbaren, d.h. transitiven Handlungs-V stehen. In unserem Material sind Konstruktionen wie etre en cours2 DE(Pkj) {achevement + realisation + preparation + fabrication + discussion + fusion} belegt, die mit den transitiven V achever, realiser, preparer, discuter, fondre korrelieren. Die No-

minalperiphrasen etre en cours2 de(py N(pn) drücken obligatorisch Sachverhalte aus, die dem Passiv von korrelierenden V entsprechen. Umgekehrt kann entsprechend dieser Regel disparition(N), das in Beziehung zum intransitiven Nur-Vorgangs-V disparaitre(y) steht, nicht als N ( p n ) von etre en cours2 de^y, wohl aber von etre en voie de^

auftreten.

(23) *Ces antiques bees de gaz sont en cours2 de(pkj) disparitionfpfj) (24) Ces antiques bees de gaz sont en voie defp/φ disparitionfpfj).

Die starken semantischen, morphologischen und (im Fall von etre en cours2 de(Pkj)) syntaktischen Restriktionen verweisen auf die Grammatikalisierung des Konstruktionstyps P^. Innerhalb der o.g. Restriktionen sind die N, die in die Position N(pn) eintreten können, völlig frei. Der abweichende Charakter von (19) und (20) zeigt jedoch, daß selbst bei den etre en cours2 de(Pkf) Ν (PN), wo die systematischen Affinitäten zu V am engsten sind, keine Verbalperiphrasen im Sinne "sekundärer oder tertiärer Zeitformen" (vgl. 2.1.1.) vorliegen, die in der Grammatik des Verbs als solchem ihren Platz haben, sondern daß es sich um grammatikalisierte Konstruktionen handelt, deren Position PN den lexikalischen Zwängen der Nominalisierung im Französischen unterworfen sind. Die Konstruktionen etre en cours2 defpkj) N(p^) dienen zwar der periphrastischen (passiv-wertigen) Umschreibung von Verben - umschrieben werden können aber nur solche V, die sich mit den unter 2) dargelegten lexikalischen Verfahren nominalisieren lassen. Gegenüber nicht-grammatikalisierten Nominalprädikaten wie den etre PRÄP N(FVG) zeichnen sich etre en cours2 de^ty N(pn) und etre en voie de^ N(pm) dadurch aus, daß ein syste-

matischer semantischer, morphologischer und - im Falle von etre en cours2 de(Pkj) Ν(ρμ) - syntaktischer Bezug zu einfachen V zu ihren konstruktioneilen Eigenschaften gehört. Die Beziehungen der betreffenden Periphrasen zu den entsprechenden V haben zwar nicht den Cha9

10

Allerdings gibt es auch Ausnahmen: Leur texte est en cours d'examen [...] (L 20.9.90:17). Für die Besetzung der El-Leerstelle von Stre en cours j gelten keine vergleichbaren Restriktionen: [...] une ipreuve deforce est en cours entre [...] la prisidente [...] et l'armie (LM 31.1.87:4). Für deveibale Nomina mit Suffix -age finden sich weder in unserem Material noch in den konsultierten Wörterbüchern Belege. Konstruktionen wie *etre en cours de nettoyage, *etre en voie de

lavage wurden von einer Reihe von Sprechern als abweichend bewertet.

270 rakter von syntaktischen Transformationen (da man nicht aus der Existenz eines beliebigen V systematisch auf die Existenz einer Konstruktion etre en {cours2 + voie} de (V -ion / -ment / -age)(N) schließen kann), sie hat aber insofern systematischen Charakter, als umgekehrt die Existenz einer Konstruktion etre en fcours2 + voie} de(ρ^ N(PN) immer die Existenz eines korrelierenden V voraussetzt. Das, was ein großer Teil der Forschung als konstitutives Merkmal von FVG insgesamt postuliert, nämlich die Koinzidenz morphologisch-derivationeller, semantischer und syntaktischer Korrelationen von Nominalprädikaten und Verben trifft in einem eingeschränkten Sinn also nur für den hier diskutierten, marginalen Fall von etre en coursi defptq) Ν (PN) und etre en voie ckfpigj N(p\) zu.

9.3. Die distributionellen Eigenschaften der periphrastischen Konstruktionen etre PRÄP Ν de(PKJ) V(PS) Anders als die im vorherigen Abschnitt diskutierten Konstruktionen sind die Periphrasen mit verbalen PN(inf) in der Tat sekundäre Zeitformen der betreffenden V. Aufgrund der Eigenschaften von Pkj weisen sie gleichwohl wesentliche Merkmale von Nominalprädikaten auf. a) Alle Konstruktionen mit etre sind wie Nominalprädikate durch pro-prädikatives l'etre anaphorisierbar. Da es sich hier aber um Verbalprädikate handelt, ist l'etre jedoch nicht, wie bei Nominalprädikaten, die einzig mögliche Form der unmittelbaren Anaphorisierung. (25) Luc est en train3 d'apprendre l'espagnol. [...] et il Vest depuis quelques semaines seulement. [...] il le fait pour impressionner Marie. b) Alle Konstruktionen lassen sich in die propositionale Funktion der Beschreibung einsetzen, wenn die Konstituente etre ausfällt. Die Konstituenten PRÄP Ν de(py Fp^; können in diesem Fall mit ADJ, PART.II, N, PRÄPNfpvG), PRÄP N(FFVG) und PRÄP N^J koordiniert werden. (26) Luc est fdicouragi(4£)j) + en colirefpvG) + ä platf^pyc') + sur les dents (fs)} et {en train3 + en passe + en voie + sur le point} d'(pkß abandonner la partie. c) Die Konstituenten PRÄP Ν de (PIG) V(PN) können regelmäßig als Prädikativa bei Verben wie paraitre, sembler und croire auftreten. (27) Le jeune chef du Parti Liberal [...] semble en passe de se tailler dimanche un beau succes poujadiste. (LM 22.11.86:2) (28) Ne dites pas a ma mire que Je suis aux Baliares, eile me croit en train de bronzer sur la C6te d'Azur... (LM 22.11.86:16) Solche distributionellen Eigenschaften stellen zwar generelle Merkmale von Nominalprädikaten dar (s. 3 .7.4.), doch sind sie gerade im Falle der etre PRÄP Ν de^ V(PN) bemerkenswert. Da die Konstituente PRÄP Ν cte(Pkj) einen besonders geringen Anteil an lexikalischer Eigenbedeutung aufweist, ist der eigentliche Gegenstand der (für Nominalprädikate spezifischen) distribu-

271 tionellen Veränderungen nicht PRÄP Ν de pig), sondern das jeweilige Verb in PN, das semantisch den Nukleus der gesamten Konstruktion bildet. Blockiert sind dementsprechend alle diejenigen distributionellen Eigenschaften von Nominalprädikaten, denen die Verbalität des Prädikatsnukleus entgegensteht, wie die Intensivierung der PRÄP Ndefpig) V(PN) durch tres, plus... que, aussi... que (s.o., S.136). Periphrastische Konstruktionen des Typs etre PRÄP Ν defp/G) V(PN) sind Verbalprädikate mit den formal-grammatischen Eigenschaften von Nominalprädikaten. Demnach haben wir es hier mit einer zusätzlichen, voll grammatikalisierten Möglichkeit des propositionalen Funktionswechsels von Verben zu tun, der neben der Relativsatzbildung und der Bildung des Partizips I rangiert. Von diesen unterscheidet sich dieser besondere Typ des propositionalen Funktionswechsels dadurch, daß er mit den grammatischen Mitteln des Paradigmas der Nominalprädikate zustandegebracht wird (insofern als er auf den Eigenschaften der eindimensionalen Verbalkonstituente etre gründet); unter semantischen Gesichtspunkten weist er die Besonderheit auf, daß einerseits mit seiner Hilfe nur solche V einem propositionalen Funktionswechsel unterworfen werden können, die mindestens als Vorgang kategorisiert sind, und daß andererseits die betreffenden V außer einem propositionalen Funktionswechsel eine aspektuelle Modifikation erfahren. Die letztere Eigenschaft erklärt teilweise, wieso etre PRÄP Ν de(pigj V(PN) in bestimmten Distributionen wie etwa in pertinenzanzeigenden avoirKonstruktionen (Bsp. (29)) weniger geläufig sind als Relativsätze. (29) Max a le nez {qui coule + *coulant + *en trains de couler}. Dagegen treten in einfacher Attributfunktion PRÄP Ν de (PIG) V(PN) (ebenso wie Relativsätze) in der Alltagssprache geläufiger auf als Partizipien I (Bsp. (30)). Diesen gegenüber weisen sie vor allem den Vorzug auf, mit Hilfe der Verbalkonstituente etre in die Funktion der Prädikation überfuhrt werden zu können (Bsp. (31)). Partizipien I schließen im Französischen eine Verbindung mit etre kategorisch aus (Bsp. (32)). Die prädikative Form eines Partizip I ist das flektierte V (cet enfant pleure). (30) [Voilä] un enfant {qui pleure + en trains de pleurer + pleurant}. (31) Cet enfant est en trains de pleurer. (32) * Cet enfant est pleurant.

9.4.

Die semantisch-sachverhaltsdarstellende Struktur der Stre PRÄP N(nj) V(PN)

Wie etre PRÄP N(FVG) mit Sachverhaltsnomina in N(FVG)-Position sind Verknüpfungen der Form etre PRÄP Ν de (py {V + N} (PH) dreidimensionale Prädikate, in denen zwei ASD-Ebenen angelegt sind. Dies manifestiert sich in der bei diesem Typ komplexer Prädikate immer gegebenen Möglichkeit der zweifachen Anaphorisierung (s. Bsp. (25)). Verknüpfungen der Form etre PRÄP Ν de^ {V + N} (PN) sind dreidimensionale Prädikate, die Sachverhaltsdarstellungen, welche ihrerseits mindestens als Vorgang kategorisiert sind, mit Hilfe der Eigenschaften von έίτβρίφ als Zustände darstellen.

272 Bei den Verknüpfungen mit verbalen P N ^ ist, anders als bei etre PRÄP N(FVG) oder etre PRÄP Ν de (FS) Ν (PN) die ASD des Nukleus V(PN) immer durch die direkte Anaphorisierung per le faire, ceci se passer avec möglich. Diese Form der Anaphorisierung bleibt auch dann als Möglichkeit erhalten, wenn durch den Ausfall von etre^) die Konstituente PRÄP Ν de(p^) V(PH) in die propositionale Funktion der Beschreibung überführt wird. (33) J'ai VW un homme en trains de battre sa femme et qui semblait le faire souvent. Wie im vorigen Abschnitt dargelegt, fungieren die Konstituenten PRÄP Ν de (pig) von Verknüpfungen als grammatikalisierte Translative, mit deren Hilfe V und bestimmte deverbale Ν in die Distribution von Nominalprädikaten eintreten können. Der Grammatikalisierung dieser Konstruktionen entspricht die Tatsache, daß die (zumeist phraseologisch festen) Formative PRÄP N(pig) lediglich über schwache lexikalische Bedeutungen zu verfugen scheinen. In der semantischen Struktur der Verknüpfungen scheinen PRÄP Ν de^ einen Typ von Bedeutung zu repräsentieren, der in interpretativ-semantisch freien FVG alleine durch die Konstituente PRÄP repräsentiert wird: (34) Ce projet est

nigociation negociation Stre nigocie

Gegen eine solche Sichtweise spricht jedoch die Tatsache, daß die PRÄP Ν de^ von etre en {train3 + voie + passe} de^ty V(PN) und etre en {voie + cours2} de^ty Npw) einerseits und etre sur le point de^j) V(pn) andererseits in Opposition zueinander stehen. Dieser Umstand weist auf Minimalbedeutungen der betreffenden Syntagmen hin: die Bedeutung von Nfy) etre en {trains + vo'e + passe} de^) V(p^ und N(y) etre en {voie + cours2} de^) N(p^) lassen sich paraphrasieren als "N(y) befindet sich (mitten) in einem ihn betreffenden Vorgang', die Bedeutung von N(y) etre sur le point de(pkj) V(pty dagegen als "N(y) befindet sich unmittelbar vor dem Eintreten eines ihn betreffenden Vorgangs." Bei N(y) etre en {trains + vo'e + posse} depy V(PN), und N(y) etre en {voie + coursi} de