Neugriechische Lyriker [2. Aufl., Reprint 2021]
 9783112606780, 9783112606773

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NEUGRIECHISCHE LYRIKER Ausgewählt und übertragen von

Karl Dieterich mit einem Geleitwort von Gerhart Hauptmann

Zweite Auflage

In Kommission bei Friederitfisen, de G r u y t e r ® Co. m. b. H. HAMBURG

1931

Herrn Konsul

Photis J. Kaludis in dankbarer Gesinnung gewidmet vom Herausgeber

Ü

bertragungen lyrischer Gedichte aus der Sprache, in der sie empfangen sind, in eine fremde gehören unter die fast unlösbaren Aufgaben. Wir wollen aber diese Anthologie als Ganzes herzlich willkommen heißen. Man empfindet in ihr die schmerzlich erregte Seele des Griechenvolkes hinter Schleiern gleichsam und die drängenden Pulse seines Herzens. Selbst wo die deutsche Sprache der griechischen nicht gerecht werden kann, fühlt man den tiefen Ernst und die Wahrheit eines ursprünglichen Erlebens, die Wolke eines gemeinsamen Schicksals. Vielleicht nimmt sich das Ganze im Original jugendfrischer und zuversichtlicher aus. Und deutet nicht etwa das eine oder andere Gedicht auf eine Rückkehr zur Heiterkeit der Antike? Aber wie dem auch sei: ich grüße die Muse des modernen Griechenlands und ihren Dichterkreis mit warmem Zuruf und spreche ein wenig frei nach Pindar: Hellas, nur nach Schönem aus Gott trachte immer dein Herz! A g n e t e n d o r f , den 1. November 1927.

Gerhart Hauptmann.

VII

Zur Einführung. Den Spalten, die antike Quadern ließen, Entsproß ein junges Pfiänzchen, schmächtig", elend, Als spräch' es: Sonne, leucht' auch mir, nicht lnß mich Auf düst'rem Friedhof toten Ruhmes schmachten! Erdrücken würde mich der kalte Marmor! W a s soll mir Ärmsten auch ein solches Grabmal? — Ich mag nicht Weihrauch, leben will ich nur, Sei's auch als Magd, ihr stolz Geschlecht vergessend.

I

n diesen Versen eines sonst wenig bekannten neugriechischen Lyrikers erklingt die tiefe Klage einer ganzen Dichtergeneration über das Epigonentum ihres Volkes. Wie das neue Griechentum schwer um seine staatliche Befreiung ringen mußte, fast noch schwerer sind die Kämpfe, die es um seine geistig - seelische Selbständigkeit führen muß. Schweren Quaderblöcken gleich lastet noch immer eine tausendjährige, kultur- und lebensfeindliche Tradition auf allen Gebieten des Geisteslebens und sucht die zum Licht sich emporringenden neuen K r ä f t e gewaltsam niederzuhalten, ihnen den Weg zu einem nationalen Eigenleben zu versperren. Das griechische Volk schwebte lange Zeit in Gefahr, wie das jüdische ein Diasporavolk zu werden, nachdem es sein Jerusalem, Konstantinopel, verloren hatte. Seine Sprache drohte eine sakrale zu werden unter dem Einfluß der Kirche und der aristokratischen Phanarioten, die auch die Schule seit dem 17. Jahrhundert in ihrer Gewalt hatten. Alles Volkstümliche wurde als vulgär geächtet, ein frostiger, geist- und seelenloser Klassizismus drohte alle Lebenskeime erstarren zu lassen. Aber unter der Eisfläche tastete, wie in dem Kellerschen Gedicht die Nixe, das gefangene und vereinsamte griechische Volkstum, wie es Leopold von R a n k e so feinfühlig geschildert hat („Digression über die Neugriechen im 16. J a h r h . " [Sämtl. Werke, Bd. 35, 15ff., bes. S. 18]). Die griechische Volkslyrik, auf die Ranke hier anspielt, war aber ein zu fest und tief im Mutterboden verwurzeltes Gewächs, als daß ihre Lebenskraft hätte gebrochen werden können. Ihre Heimat war wie im Altertum die griechische Inselwelt vor der Küste Kleinasiens. Seit dem Absterben der antiken Kultur poetisch brach liegend, nahm sie erst im 14. Jahrhundert neue poetische Keime in sich auf durch die Berührung mit dem veredelnden Geiste des Romanentums. Cypern, Rhodos, Kreta waren nacheinander die Etappen einer literarischen Neugeburt, die aus dem Halbdunkel der Volksdichtung allmählich emporführte in den Lichtkreis poetischer Persönlichkeiten. Dieser Lichtkreis wurde nun aber im Osten in dem Maße kleiner, als die türkische Eroberung um sich griff und das Griechentum wieder in jene geistige Lethargie versenkte, aus der es erst seit wenigen Jahrhunderten wieder erwacht war. Mit dem Übergang Kretas von Venedig an die

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Türkei (1669) wurde auch der auf jener Insel so hoffnungsvoll aufsprudelnde volkstümliche Phantasiequell verschüttet, und es folgte eine Zeit neubyzantinischer Verstandesrenaissance unter der Führung der genannten Phanarioten, deren geistiger Bedeutung noch G o e t h e gerecht zu werden suchte (Sämtl. Werke, 1840, Bd. 33, 324—335 = Weim. Ausg. Bd. 41, 315ft.), die aber doch nur eine klassizistische Oberflächenkultur zu schaffen vermochten, und die dem heimischen Volkstum fremd, ja feindlich waren. Dieses folgte nun abermals den Fußtapfen Venedigs. Ihm blieb, als auch die kleineren Inseln der Ägäis 1715 türkisch wurden, als letztes Bollwerk in der Levante jene westöstliche Inselgruppe, die die Griechen den Heptanes (Siebeninselland), die Europäer die Ionischen Inseln nennen. Die schönsten dieser Inseln, Zante und Korfu, wurden die Wiege einer volkstümlichen neugriechischen Kunstlyrik. Beide sind fest verbunden mit dem Namen des Mannes, der griechisches Empfinden mit italienischer Bildung verschmolz, eine moderne griechische Metrik schuf und Griechenland eine Nationalhymne gab: Dionysios S o l o m o s (1798—1857). Sein Name weist den Weg, den auch die neugriechische Lyrik zurücklegte: einer griechisch-kretischen Familie entstammend, die nach der türkischen Eroberung Kretas nach Zante flüchtete, vertauschte er selbst diese seine Heimatinsel mit dem geistig regsameren Korfu und machte es zum Zentrum einer literarischen Wiedergeburt, deren letzte Ausläufer wir noch in den beiden Lyrikern M a b i l i s und M a r t z o k i s vor uns haben. Solomos selbst kämpfte noch zu sehr mit seiner italienischgriechischen Doppelnatur, um seinen größeren Dichtungen den Stempel der Vollendung aufzudrücken. Bis in die 1860 er Jahre waren die Ionischen Inseln die einzige kunstpoetische Provinz des neuen Griechenland. Erst allmählich eroberte die lyrische Dichtung auch das westliche Festland: der Leukadier Aristoteles V a l a o r i t i s (1824—1879) gehörte nach Abstammung und Stoffwahl schon fast ganz zu Epiros, der Heimat der reichsten und kraftvollsten neugriechischen Volkslieder, die er für die Kunstdichtung eroberte, aber mehr als Epiker denn als Lyriker. Dagegen entstand in den 1880 er Jahren der lyrischen Bewegung ein neuer Ausgangspunkt in dem poesiereichen Gebiete von Messolongi, das man den Poetenwinkel von Neugriechenland nennen könnte, ohne daß es selbst ein literarischer Mittelpunkt werden konnte. Vielmehr wurde nun die Hauptstadt Athen selbst ein solcher, seitdem diese gegen Ende der 1880 er Jahre zur Großstadt geworden war und die poetischen Kräfte der Provinz an sich zu ziehen begann. Daß dies nicht schon 50 Jahre früher geschah, daß Athen selbst nicht zum Mittelpunkt einer modernen literarischen Bewegung wurde, obwohl es doch schon seit 1837 eine Universität hatte, das hängt zusammen mit der Vorherrschaft jener Phanarioten, die nach der Gründung der neuen Hauptstadt Athen (1835) dorthin übersiedelten und deren erste und lange Zeit einzige

X

Bildungsschicht bildeten. Sie waren aber ihrem alten aristokratischen Konservatismus ebenso treu geblieben wie ihrer Abneigung gegen alles volkstümliche in Sprache und Empfinden. So entstand noch im 19. J a h r h u n d e r t im modernen Athen eine akademische Pseudopoesie, die ganz in den H ä n d e n dilettierender Professoren, Diplomaten und Journalisten lag und nur einen neuen Aufguß von Byron, Lamartine und M u s s e t gab, nur leider ohne Mousseux. Fast 50 J a h r e lang behauptete sie das Feld, bis um die Mitte der 1880 er J a h r e jene volkstümliche Reaktion einsetzte, deren H a u p t t r ä g e r jene Dichterphalanx war, die aus der Gegend von Messolongi hervorging und die berufen war, der akademischen Poesie Athens den Todesstoß zu versetzen. Ihre Hauptvorkämpfer waren K. P a l a m a s und G. D r o s s i n i s . Palamas war der aggressivere und leidenschaftlichere, er rief nicht nur als Dichter, sondern auch als Publizist eine Periode des Sturmes und Dranges hervor. Glaubt man sich doch in die Zeit Gottscheds zurückversetzt, wenn man in seinen Erinnerungen an jene Zeit (1882) liest: „Eine poetische Bewegung gab es in Athen nicht; die Poesie war erbärmlich. Es war Zeit, daß ein neues poetisches Leben gesät wurde mit neuen Gedanken und Formen ." Und weiter: „Es kam mir damals nicht in den Sinn, daß, um unsere Poesie zurückzuholen, wir erst einmal den Anfang damit machen müßten, unsere Volkspoesie zurückzuholen." Wie berechtigt dieses Urteil war, mußte Palamas an sich selbst erfahren, als ihm noch im J a h r e 1889 ein akademisches Preisgericht den P r e i s f ü r seine Dichtung „Hymnus an Athene" verweigerte, weil sie in der lebendigen, aus dem Herzen quellenden, griechischen Volkssprache verfaßt war! Und wenn heute überhaupt kein Dichter mehr eine andere Sprache schreibt, so ist das nicht am wenigsten seiner Kampflust und seinem Vorbilde zu verdanken. Denn er sammelte in den 1890 er Jahren alle aufstrebenden Talente Athens wöchentlich in seinen schlichten, aber gastlichen, durch das Walten einer von echter Kalokagathie erfüllten Gattin verschönten Räumen um sich, wo auch der Übersetzer dieser kleinen Auswahl zuerst mit ihnen und ihren Erstlingswerken bekannt und b e f r e u n d e t wurde. Da fand man nicht nur die angesehenen Novellisten Gr. X e n o p u l o s , itndr. K a r k a w i t z a s , J. V l a c h o j a n n i s und P. N i r w a n a s , sondern vor allem die Lyriker, wie K. H a d z o p u l o s und M. M a l a k a s s i s aus Messolongi, bzw. Agrinion, den jungen P o r p h y r a s aus Chios, G r y p a r i s von der Insel Siphnos, die beiden Brüder P a s s a j a n n i s aus d e r M a n i , den leidenschaftlichen, f r ü h verstorbenen Hauptmannjünger J. K a m b i s s i s u. a., während der bescheidene, schweigsame J. P o l e m i s sich abseits hielt. Dieser kleine Kreis „derer um Palamas" h a t dadurch literar-historische Bedeutung gewonnen, daß aus seiner Mitte die erste sezessionistische Literaturzeitschrift des neuen Griechenland hervorging, die freilich nur ein Jahr lang (1898/99) sich

XI

behauptende, von allen Verständnislosen stark verspottete Monatsschrift „Techne" (Kunst). Ihr Wahlspruch war d a s Wort d e s Dichters Solomos: „Die Nation muß das als national ansehen, was wahr ist," wie ü b e r h a u p t der ganze Kreis der „Techne" wieder bewußt an die Ssthetisdien und sprachlichen Anschauungen des Begründers der neugriechischen Lyrik ank n ü p f t e . Trotz ihrer kurzen Lebensdauer hat diese Zeitschrift d a s Verdienst, den Boden gelockert und gedüngt zu haben f ü r die Aufnahme neuer poetischer Ideenkeime. Eine ganze Reihe ähnlich gesinnter, von kleinen literarischen Konventikeln etragener Zeitschriften folgte ihr mit dem Anbruch des neuen ahrhunderts. Da entstanden außer dem zuerst stark sozialreformerisch gerichteten „Numa" (1903), der dann (seit 1910) sich f a s t ganz der literarischen Bewegung annahm, die rein literarisch-modernistischen Zeitschriften „Hegeso", „Akritas", „Der Altar", „Die Fackel", „Die Lyra", „Die Jungen", „Die Muse" u. a., sämtlich in der Zeit von 1907—1922 in Athen. In allen diesen Zeitschriften, vor allem in der „Techne", dem „Numas" und der „Hegeso" erschien zuerst ein großer Teil der in die vorliegende Auswahl aufgenommenen Gedichte, ehe sie in Buchform gefaßt wurden. Aus dem Kreise des „Numa" und der „Hegeso" sind besonders zu nennen die Pfleger einer sinnig-beschaulichen Heimatlyrik, wie sie in der e r s t e n Gruppe unserer Sammlung vertreten sind. Sie gehören mit geringen Ausnahmen der um 1880 geborenen Generation an, die schon einen seelisch und literarisch gefestigteren Charakter, eine größere Aktivität zeigen, gegenüber den noch vorwiegend passiv gerichteten Dichtern der „Techne". Auch zeigt sich ein deutliches Nachlassen des bei diesen noch stark vorherrschenden französischen Einflusses (Verlaine, Baudelaire, Heredia, Moreas, welch letzterer freilich selbst geborener Grieche war) und eine nicht zu verkennende Beeinflussung durch nordisch-germanische Denkungsart. Es wäre eine lohnende Aufgabe, diesem Einflüsse in der jüngsten griechischen Lyrik nachzugehen, zumal bei denjenigen Dichtern, die in Deutschland studiert haben. Hierher gehören zwei aus der ältesten Generation, über die die gegenwärtige Entwicklung schon hinweggegangen ist und die daher in dieser Auswahl nicht Platz finden konnten, nämlich A r i s t o m e n e s P r o v e l e n g i o s (geb. 1850) und G e o r g i o s V i z y i n o s (1854—1896), jener ein Schüler Haeckels, dieser ein Schüler Lotzes, sodann G. D r o s s i n i s , L. M a b i l i s und A. M a m m e l i s , die beiden letzten offenbar stark von Schopenhauer beeinflußt, weiter die beiden Goethejünger K. H a d z o p u l o s und G. D e l i s , endlich die sinnig-nachdenklichen L a k o n - K a r t h a e o s , Thr. S t a w r u und P. K a n e l l o p u l o s . Wenn hier der Halbwiener K. C h r i s t o m a n o s (1867—1911) fehlt, so darum, weil seine „Orphischen Lieder" zuerst deutsch erschienen sind (Wien 1899), er also als Lyriker der deutschen Literatur angehört. Jedenfalls ist es wohl kaum ein Zufall, wenn die meisten dieser von deutschem Denken genährten Dichter von dem

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Herausgeber, ohne daß er sich dieser Tatsache bewußt war, in die z w e i t e Gruppe (Gedankenlyriker) eingereiht wurden. Wie es sich aber auch mit der Frage des deutschen Einflusses auf die jüngste griechische Lyrik verhalte, so kann doch höchstens von einem gedanklichen, nicht von einem künstlerischen Einfluß die Rede sein. Und gerade auf dem Gebiete, von dem man erwarten sollte, daß deutscher Einfluß maßgebend dafür gewesen sei, auf dem Gebiete der p o e t i s c h e n E r n e u e r u n g der A n t i k e , hat er sich als wirkungslos erwiesen. Es hängt das damit zusammen, daß den Griechen die große Renaissance der Geister im 15. und 16. Jahrhundert fast völlig verschlossen geblieben war, außer dem, was ihnen durdi Venedigs schmale Kanäle zufloß, und als sich ihnen dann im späten 18. Jahrhundert zuerst wieder das Fenster nach Europa öffnete, war es die Luft des französischen Rationalismus und Enzyklopädismus, die hereinströmte. Der d e u t s c h e Klassizismus, auf dem doch der ganze Philhellenismus der 1820 er Jahre sich erhob, hat das neue Griechentum innerlich nicht berührt, und selbst sein Hauptvertreter Hölderlin begann erst neuerdings und auf Umwegen über Frankreich einzudringen. Auf diesem Umwege verschaffte sich nun auch die poetische Wiedergeburt der Antike bei den Griechen Eingang. Wer scharf zusieht, wird namentlich in der als Kulturlyrik bezeichneten d r i t t e n Gruppe manche französischen Anregungen erkennen. Allerdings darf es den Griechen zur Genugtuung gereichen, daß derjenige französische Dichter, der das antike Element in der modernen französischen Lyrik wieder zur Geltung gebracht hat, J. M o r i a s , ein geborener Grieche war, ursprünglich Papadiamandopulos hieß und aus dem Peloponnes stammte. Stofflich war die Antike ja schon durch die „Parnassier" in Frankreich heimisch geworden und kam durch sie nach Griechenland, wo G r y p a r i s ihr erster Verkünder wurde zu einer Zeit, wo selbst Palamas noch im Fahrwasser V. Hugos schwamm. Überhaupt sind es nicht so sehr die Dichter der „alten" griechischen Stammländer gewesen, die zuerst das griechische Altertum wieder künstlerisch gestalteten, als jene der g r i e c h i s c h e n D i a s p o r a , die, der heimischen Volkspoesie entfremdet, sich um so williger der antiken Kunstpoesie öffneten, als in diesen Gebieten der Anschluß an die Tradition der Antike noch leichter, der Weg dahin noch nicht so stark verschüttet war wie im „alten" Griechenland. Dieses jüngste, literarisch voraussetzungsloseste, aber künstlerisch vollendetste und reifste Griechentum erwuchs in der Diaspora und fand seinen literarischen Hauptstützpunkt in Alexandria. Die Linie Korfu—Athen—Alexandria bezeichnet die Höhepunkte auf dem Wege der jungen griechischen Lyrik, den sie in 80 Jahren zurücklegte, und wovon nur die letzten 20—24 Jahre auf Alexandria entfallen. Hier hatte sich im Gefolge der englischen Okkupation von 1882 als Hauptträger des ägyptischen Baumwollhandels eine immer stärker

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anwachsende, wohlhabende griechische Kolonie gebildet, die jetzt auf zirka 50000 Seelen geschätzt wird. Darunter sind, wie überall im Handel treibenden Griechentum, geistig stark regsame K r ä f t e tätig, und eine Anzahl junger griechischer Kaufleute war es auch, die im J a h r e 1904 einen literarischen Verein „Neues Leben" in Alexandria begründete, der auch eine gleichnamige modernistische Zeitschrift herausgab. Dieses auch äußerlich gut ausgestattete Organ, sowie sein bald (1911) ihm erwachsender Konkurrent, die „Literatur" (Grammata), zog bald die besten literarischen K r ä f t e nicht nur von Alexandria selbst, sondern auch von Athen und selbst der weiteren griechischen Diaspora an sich. Hier erschienen zuerst auch die meisten Gedichte derjenigen beiden griechischen Lyriker, die, zwar an sich grundverschieden, ja Antipoden an Weltanschauung und Technik, und am stärksten in der literarischen Meinung ihres Volkes umstritten, dennoch das Gemeinsame zeigen, daß sie am weitesten und tiefsten vorgestoßen sind in das antik-griechische Leben, K. K a v a p h i s und A. S i k e l i a n o s . Kavaphis' S t ä r k e ist sowohl die scharf pointierte, epigremmatisch knappe Schilderung historisch und kulturell bedeutungsvoller Momente aus der alexandrinisch-römischen Dekadenzzeit mit starker Herausarbeitung des Morbiden („Alexandrinerkönige", „Schritte") und Tragischen („Antonius gottverlassen") oder auch dramatischer Szenen aus dem hohen Altertum („Treulosigkeit"), zum Teil mit symbolischer Beziehung auf die griechische Gegenwart („Troer"), wie auch die bohrende Selbstanalyse („Lebenskerzen", „Mauern") und das eigentümliche Schwanken zwischen Sensualismus und Ästhetentum („Nachmittagssonne", „Morgen am Meer"). Kavaphis h a t seine eigene sensible Anlage auf seine Dichtung übertragen und darum seine antiken Stoffe ebenso modern gestaltet wie Sikelianos seinen Dichtungen, auch da, wo sie Modernes behandeln („Goethe in Rom", „Die Mutter Gottes von Sparta"), einen antiken Charakter zu geben, sie mit antikem Empfinden zu erfüllen weiß. Dabei ist ihm die Antike, ähnlich wie Palamas, die ethische Kraftquelle, die ihm zur Schaffung einer neuen, physisch und seelisch vollkommenen Kasse, zu einer Synthese von Athene und Dionysos helfen soll — ein Gedanke, den er in seiner großen Trilogie „Prolog des Lebens" durchzuführen gesucht hat, in einer Sprache, die sich dem dithyrambischen Schwünge Hölderlin-Pindars wohl manchmal allzu bewußt nähert. Kavaphis und Sikelianos sind Gegenpole: Kavaphis ist experimentell, Sikelianos visionär; Kavaphis Maler und Musiker, Sikelianos Plastiker; Kavaphis realistisch-nüchtern, Sikelianos feierlich priesterhaft. In Kavaphis' Gedichten spürt man die warmfeuchte, schwüle Luft Alexandrias, in denen von Sikelianos die erfrischende Seebrise der Insel Leukas. Noch zwei andere Gegensätze der Antike finden sich in einem komplementären Dichterpaare verkörpert, d a s zum Kreise

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der Alexandriner „Graramata" gehört: das Apollinische und d a s Dionysische. Jenes wird vertreten durch S. S k i p i s , dieses durdi K. V a r n a l i s , der übrigens, wie seine jüngsten Gedichte lehren, bei dieser Auffassung nicht stehen geblieben ist. Als dionysisch kann man auch die Gedichte einer Frau, T h e o n e D r a k o p u l u , bezeichnen, wenigstens in ihrer späteren Entwicklung. Und endlich ist hierher noch ein starker Lyriker zu rechnen, der zwar nichts antikes in seinen Stoffen noch in seinem Ethos, wohl aber in seiner resignierten Weltanschauung zeigt: K. U r a n i s („Fürbitte", „Lebensausklang"). Es ist sehr merkwürdig, daß von den letztgenannten fünf Dichtern nicht weniger als drei in K o n s t a n t i n o p e l , dem mittelalterlichen Kulturzentrum des Griechentums, geboren sind: Kavaphis, Uranis, Theone Drakopulu — ein vierter, Omiros B e k e s , konnte leider aus äußeren Gründen nicht mehr berücksichtigt werden —, während zwei weitere Lyriker, G r y p a r i s und M a m m e l i s , wenigstens entscheidende Jahre in Konstantinopel zugebracht haben. Es sei das hier nur angemerkt, denn den Fernstehenden wird es nicht interessieren, der kulturpsychologisch mit dem byzantinischen Osten Vertraute kann aber daraus manches lernen. Man braucht nur an den Sinn f ü r Raffinement, an kosmopolitische Neigungen, an den transzendenten Nihilismus (Uranis, Mammelis), an zynische Selbstironie (Philindas), an den Sensualismus (Kavaphis) zu denken, und man wird leicht den Wegweiser nach Byzanz finden. Schließlich ist dabei auch das nicht zu übersehen, daß keiner dieser Dichter dauernd in seiner Heimatstadt geblieben ist, sondern daß alle früher oder später in andere, stärker pulsierende Lebenszentren des Griechentums oder in den europäischen Westen übergesiedelt sind. Nur wirkten sie jetzt nicht, wie ihre Vorgänger vor 90 Jahren, retardierend, sondern regenerierend auf die poetische Entwicklung ein. Nur flüchtig konnte auf dem verfügbaren knappen Räume der Entwicklungsgang dieser Lyrik skizziert werden. Wir konnten ihr konstantes Vorrücken von Westen nach Osten feststellen und zugleich damit eine unverkennbare Vertiefung ihres Gehaltes und eine ebenso unverkennbare Veredlung der Form beobachten — eine Beobachtung, die sich noch stärker aufdrängen würde, wenn man die älteren Hervorbringungen neugriechischer Lyrik gegenüberstellen würde, aus jener noch nicht so lange vergangenen Zeit, wo man glaubte, den Wert eines Gedichtes nach der Elle messen zu müssen, weil man das Gefühl f ü r das Maß völlig verloren hatte. In wenigen Jahrzehnten hat die junge Dichtergeneration diese so unriechische Maßlosigkeit abgestreift und sich im fleißigen tudium teils ihrer eigenen Volkspoesie, teils der antiken und modernen Kunstdichtung wieder zurückgefunden zur alten Eurhythmie der Form und zur Eusebie des Gehalts. Vergleiche mit der Antike sind immer bedenklich, aber e i n e

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Parallele möge zum Schluß noch gestattet sein: man fühlt sich angesichts der Veredelung, die die moderne griechische Lyrik im Laufe von zwei Menschenaltern erfahren hat, unwillkürlich erinnert an die Veredelung der antiken griechischen Plastik der Blütezeit gegenüber der archaischen. Der Götterfunke Phantasie ist auch in den heutigen Griechen nicht erloschen, ja, er ist wieder im Begriff, zur leuchtenden und wärmenden Flamme zu werden. Die nachstehenden Übertragungen sind im Laufe von 25 Jahren entstanden, also gleichsam mit der neugriechischen Lyrik selbst aufgewachsen. Daraus erklärt sidi vielleicht manche Ungleichmäßigkeit in Auswahl und Wiedergabe. Natürlich konnte der Übersetzer nur solche Stücke wiedergeben, die ihn innerlich in Schwingung versetzten und wie von selbst zur Verdeutschung aufforderten. O b es ihm daher gelungen ist, von jedem der vierzig Dichter und Dichterinnen das Charakteristischste auszuwählen, mag zweifelhaft sein. Auch wird die Gesamtauswahl manchem zu weit, manchem zu eng erscheinen. Umfaßt doch eine der neuesten lyrischen Anthologien, die von G. E. A v l o n i t i s herausgegebene 'EXo-f?) V£OEXAT]\I. TCOI7)(I.DTT(OV, nicht weniger als 1 2 0 Dichter, die alle Anspruch auf Unsterblichkeit erheben. Diese soll den hier fehlenden 80 um so weniger abgesprochen werden, als sie ihnen für ihre Heimat bereits gesichert ist. Für uns handelte es sich um einen weiteren, unpersönlichen Gesichtspunkt, nicht nur um einen rein literarischen, sondern ebenso sehr um einen volkspsychologischen, nämlich den, den modernen Griechen dem modernen Deutschen seelisch näherzubringen. Das vermag aber vielleicht auch diese kleine Auswahl. Bei der Korrektur leistete wertvolle Hilfe die Vortragskünstlerin Fräulein E l e o n o r e Z i e b a r t h in Hamburg, die bereits mehrere Stücke dieser Sammlung in verschiedenen Zweigvereinen der Deutsch-Griechischen Gesellschaft öffentlich vorgetragen hat, und die mit ihrem sprachlichen Feingefühl zahlreiche Härten in Ton und Ausdrude hat mildern helfen, sowie Herr Schriftsteller R u d o l f P a u l s e n in Berlin-Steglitz, dem ich manche Verbesserungen namentlich in metrischer Hinsicht verdanke. Ihnen sei hiermit auch öffentlich herzlicher Dank ausgesprochen. Schließlich und nicht zum wenigsten sei noch dein Manne gedankt, der es nicht verschmäht hat, diesen Proben aufstrebender Dichtung eines unterschätzten kleinen Volkes ermutigende Worte mit auf den Weg zu geben. L e i p z i g , im November 1927.

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Karl

Dieterich.

Natur und Leben *

Georgios Drossinis An eine Schlummernde Dem Fenster gegenüber dort im Frührotscfaein, da lagst du, Regungslose, weiß wie Marmorstein. Du schliefst. Ich ließ dich ruhen, trat zu dir ganz leis, süß ist der Morgenschlaf, erquickend — o ich weiß. Und auch den Morgentraum ein Zaubernetz umspinnt: Drum auch im Schlaf dir Lächeln von den Lippen rinnt. Du schliefst. Ich ließ dich ruhn, und an den Scheiben sah man das Frührot tausend Rosen treiben. Grad' auf dein schlafend Haupt legt' es zwei Rosen, zwei himmlische, dir hin mit sanftem Kosen, der lichte Blütenschmuck schien's zu verschönen, und idi betrachtete dich unter Tränen . . . Mir war's, als ob es dein Geschick bedeute: Märtyrerkrone oder Kranz der Freude? —

Die Schifferwitwe Du gierig Meer, verschlingst der Tapfren Scharen, verschlangst den Mann mir auch schon nach drei Jahren. Was midi als Mädchen, midi als Frau geschmückt, der Witwe frommt es nicht — nimm es zurück. Nimm Mütz' und Mantel mit dem Münzentand, davon ich Stück für Stück ins Haar mir band, nimm auch das Kleid zurück, erst frisdi geblaut — es stand mir, als ob man den Himmel schaut. Die rote Schürze nimm, die reich bestickte mit Blumen, die man auf dem Felde pflückte. Das alles nimm, leg' es als Schmuck dir an, madist eine Freude meinem guten Mann. Sieht er dich, werd' idi bald vergessen sein — Nun noch den Ring, dann ist er völlig deint I Neugriechische Lyriker

1

Die Wahnsinnige In ein Gewand von glühndem Rot gehüllt, lehnt sie am Ölbaum, hoch emporgereckt, hält hinterm Haupt die Arme ausgestreckt, auf die das blonde Haar herniederquillt. Von dem zerschlißnen Tuche kaum bedeckt, gar heftig ihr der straffe Busen schwillt; ein gold'ger Widerschein der Sonne füllt ihr Angesicht, das die Begierden weckt. An ihre nackten Füße fest sidi klammernd, wälzt sich am Boden, in dem dürren Wald, ein abgemagert Kind, vor Hunger jammernd. Doch sie, erbarmungslos und marmorkalt, von aller Sorgenlast befreit für immer, wendet sich kaum bei seinem Schmerzgewimmer.

Abendstimmung Aufs Haupt setzt sich die goldne Krone der Sonnenkönig, eh' er sinkt; gleidi einem ries'gen Rosengarten die weite Meeresfläche blinkt. Der Fischer ragende Gestalten sieht man, die Netze ziehend, stehn gleich Schnittern, die mit ihrer Sichel im Wasser ßosenblüfen mähn. Und in des Sonnenunterganges lichtsprüh'nder Farbenpracht verschwimmt das Festland gegenüber, die fernen Inseln in der Nacht. Der Athos nur, der noch alleine sich ragend in die Lüfte hebt, gleicht einer großen Kirchenglocke, die am goldros'gen Himmel schwebt.

Johannes 19,27 Darnach spricht er zu dem Jünger: Siehe, das ist deine Mutter I Und von der Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.

Durchs Ahrenfeld, das goldig wogende, ziehn hinter ihm daher die anderen. Und du, der Allerjüngste, sein Geliebtester, liebkosest mit der Hand ganz leise die Ähren, die ihn streiften im Vorübergehn.

2

So schreiten alle straff und unerschütterlich in Glaubenskraft. Doch du gehst weiter, immer ruhig weiter, und in den Äugen aufleuchtet dir die Liebe. Zu ihm nun treten hungrig seine Jünger, und seine göttlich hohe Gnade hilft sie führen auf jenen Pfad, wo ew'ge Nahrung quillt. Du aber, seit du bist sein Teuerster, du, der schon seines Kommens harrte, hast sdion gestillt den Hunger deiner Seele und willst nichts weiter, als, durch die gold'gen Ähren wandelnd, nur immer folgen deinem Herrn und Meister. Dies und nidits 'weiter ist es, was du dir wünschest in alle, alle Ewigkeit. Denn deine Liebe ist's, die, gleich wie jede starke Liebe, mit Bangen und mit Fürditen dich erfüllt Was ist's, was du dort drüben siehst am Wegesende? Was ist es? Ja, du, sein Liebling, siehst als Allererster mit deiner phantasieerfüllten Seele, du siehst dort in der weifen, weiten Ferne schon aufgestellt das Kreuz von Golgatha! Wichest du darum nicht von seiner Seite? Schmiegtest du darum dich an ihn, als er die Worte des Verdachtes ausgesprochen? Nein, nein! Zu dir hat er Vertrauen. Nein, nein! Du wirst ihn nicht verraten. Des ist er sicher, und, um es frei dir zu enthüllen, raunt er dir etwas zu Ja, du Getreuer, du an Liebe Mächtiger, wardst dazu ausersehn, sein Herz zu sänftigen; dir ward die hohe Gnade auch, noch seines Herzens Schlag zu hören zu jener Stunde, da die Menschheit ihn verraten! Allein nun ließen alle ihn am Marterort, ja, alle ließen allein ihn dort; denn ach! Ihr Sdimerz ist gar zu schwer,

sie können ihn nicht niederzwingen. Dich aber hielt die Liebe, sie, die stärker noch als all dein Sdimerz und grenzenloser noch als deine Qualen, wie festgebannt am Fuße seines Kreuzes! Ja, du bist bei ihm die ganze lange Marterstunde, sein Blut, es quillt in deine Seele Ober in vollen Tropfen ohne Zahl; und immer mehr gedeiht und wachst voll Zuveisidht die Liebe dir. Sobald der Herr nun deine Kraft erkannte, da dachte er für deine Liebe ein wohlverdient Geschenk sich aus: In deine eignen Hände legte er das Höchste, was der Welt er hinterlassen könnt': „ S i e h , d a s i s t d e i n e M u t t e r ! " spradi er. Und alsbald nähmest du sie mit und führtest sie hinweg zu dir ins Haus. Ihr beide wandelt nun nicht länger mehr durchs Ährengold — o nein! Es stehn in Blüte rings um euch des Feldes Lilien feuerrot Der gold'ge Weg, er liegt längst hinter dir; und während du nun immer weiter schreitest, triffst überall du auf die blut'gen Spuren deines Herrn und Meisters.

Gelöbnis In schlotternd weiten Bettlerhüllen vor dir erscheinen — nein, das woll'n wir nicht; auch nicht um Zuflucht nach schwerem Schiffbruch woll'n wir bei dir flehn — O nein, wir kommen nidit um, rot vor Scham, an deinem Busen zu bergen unser Angesicht. Mit einer Stirne, leuchtend hell, so woll'n wir vor dich treten, im Alabasterbüdischen haltend den Balsamsaft, der heilen soll dir deine Wunden.

4

Woll'n wir doch wahrlich nicht zu deiner Wunden fünf dir eine neue Wunde schlagen, dir, unsrer Seelen Hüter und Herr!

Deutsches Aus den der und

Mathilde Wesendonk tausend Harmonienquell'n goß euch das Glück Liebestrank in Kelche lautren Goldes; Traum zerrann — du, seine Witwe, bliebst zurück trägst hinfort das Trauerkleid Isoldes. Nietzsche Mit dem Hammer des Wortes erkühntest du dich, zu stürzen Altäre von Göttern, und ihre Bilder, die heiligen, frech zu zerstör'n, zu zerschmettern. Doch als mit Entsetzen du steuerlos, ohne Seele sahst, was geschaffen, da aus Göttertrümmern bemühtest du dich, den M e n s c h e n g o t t zu erschaffen.

Lebensmärchen Mit Märchen hast du oft mich eingewiegt, auf deinem Schoß, du mein lieb Mütterlein, und wenn das Märchen dann zu Ende war, schlief idi im Bett an deiner Seite ein. Dahin, wo du im ew'gen Schlafe liegst, sdilepp' ich nun langsam mich mit müden Gliedern; bald ruh' ich neben dir — zu Ende geht nun auch mein Lebensmärchen mit den Liedern. * * *

Joattnis Pofemis Januarnacht Die starren Glieder dehnet die kalte Januarnacht, der Mond mit fahlem Lichte hüllt sie ins Bahrtuch sacht. Vor einem leuchtend hellen, kristallnen Marmorschloß, da klagt ein Wandrer zitternd vor Hunger und vor Frost:

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„Saß* ich in Praditgewändern, wie du beim üpp'gen Mahl, könnt* ich auf weichem Pfühle mich wärmen nur einmal!'' In seinen Marmorhallen der Sdiloßherr finster steht, sieht neidisch auf den Wandrer, der dort vorübergeht: „Hätt' idi, was mich beseligt, mir Hoffnung gäb' und Lust, hätt' idi des Geistes Ruhe nur einmal in der Brust!" Der wadie Mond hört beide, zieht leis dahin und lacht, hüllt dann in seinen Mantel die kalte Januarnacht.

Der Deserteur Zum Deserteur ward einer nur; schnell warf er von sich das Gewehr, zog durch das Dunkel kreuz und quer, zitternd, wie einer Kerze Flackerschein, eh sie verlöscht der Wind im N u . . . so wandert er dem Dorfe zu. „Wer klopft da?" — „Mutter, ach, so öffne doch! Es ist kein Dieb, kein Fremder nur, dein Sohn ist's, dem man auf der Spur. Mutter, mach' auf, vor Schweiß ersticke ich, vor Schreck versagt die Stimme schier, der Tod sitzt ja schon hinter mir." „Mein Sohn? Der ist im Kriege doch, sein leeres Bett, es steht noch hier. Du irrtest dich wohl in der Tür. Ja, ja, mein Sohn im Kriege ist — werd' ihn wohl nimmer wiedersehn. Du bist es nicht — magst weitergehn."

Der Pflug Da steht der Pflug, das wundertätige Gerät, fest blickt er auf den Ochsenziemer neben sich, er, der ein volles Jahr schon müßig steht. Als wilder Nordsturm durch die Bäume strich, zog's Mutter Erde brünstig zu ihm hin vergebens, die Erde, die dem Leben dienet königlich, der Maid gleich, der sich nicht erfüllt das Ziel des Strebens, und die, fest eingezwängt in ihres Schicksals Fänge, verrinnen fühlt den Saftstrom ihres Lebens.

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Wie wonnig, o, wie wonnig sind des Friedens Klänge! Es kreischt das Türschloß in dem Keller tief und dumpf, und halb erstarrt tritt er aus seiner Enge. Vom Schlafe steif noch fühlt er sich an Glied und Rumpf. Wo ist das öl? — Hier! So, nun reibt ihn ein, juchhe!' Die Pflugschar glänzt, die rostig ward und stumpf. Schaffen wird nun der Pflug nochmal soviel wie je!

Das Glück Oft treff' ich unterwegs das Glück allein, höflich begrüß' idi es, es tritt dicht zu mir her, gibt mir sein Händchen, sagt, es hätt' mich gern, denk* auch an midi, und was dergleichen mehr. So kam es, daß ich einst ein Herz mir faßte und gradezu es fragte: „Wenn's Euch paßte, würdet Ihr wohl ein Stückchen mit mir gehn?" Das Glück — ich merkt', es stand schon wie auf Kohlen — sprach nur: „O ja, recht gern, doch — unverhohlen — mit armen Sängern darf man mich nicht sehn."

Sinnbilder I. Was spricht zur Lilie die Biene wohl, wenn sie den Honig saugt? — „Ein schmudces Mägdlein Hochzeit hält, anmutumhaucht. So gib mir, Lilie, gib mir dodi dein leuchtend Weiß zu eigen, daß ich in meiner Wabe zieh' das Licht zum Hochzeitsreigen." II. Im öden Felsen wühlt Schirokkoglut, sein kahler Gipfel dorrt im Sonnenbrand, doch frisch an seinem Fuß entquillt die Flut und sprudelt einer Quelle Silberband. Geschwind nun rinnt es plätschernd dort entlang, im Moos und im Gesträuche tief verloren, und murmelt leise wie ein heitrer Sang, der aus des Leidens Flamme ward geboren.

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III. „Sag* mir, wo der Palast des Reichtums steht; ich muß ihn finden, und wenn's Jahre dauert." „Hier, wo der einsam öde Pfad abgeht — Doch gib ja acht, seitwärts der Abgrund lauert. Dort triffst du den Palast des Reichtums an; gar niedrig aber nur ist seine Türe. Willst du hindurch, du armer Wandersmann, bück' dich gar tief, den Boden fast berühre!" IV. Ein den das der

blinder ödipus, betritt ein jeder von dem Schicksal ihm gewies'nen Pfad, selber blind. Wohin wohl wird ihn führen Fußpfad, den als Blinder er betrat?

Ein blinder ödipus, gebeugt am Stabe, geht er und geht — schon winkt das Ziel, wohin? Er sieht's nicht; Glück schon ist's, wenn ihm beschieden eine Antigone zur Führerin.

Verlorene Jahre O daß sie doch noch einmal sich erneute, die Zeit, eh ich mich deiner Liebe freute, soweit zurück, als ob sie fremd mir wären, die Jahre sind, da ich dich mußt' entbehren! Es war ein Strom, der über Steine setzte, nicht einmal zarte Gräser nur benetzte, das Erdreich bannte ihn in finstre Tiefen, daß selbst die Spuren sich von ihm verliefen. Kehrten sie wieder, würd' ich doppelt leben, unausgesetzter Liebe mich bestreben, du wärst die erste, wie die letzte du, von meiner Wiege bis zur ew'gen Ruh'! Zur Hälfte nur ich dir mein Leben o, daß sich Leben doch an Leben da du's verdient, von mir geliebt kämen die Jahre wieder doch auf * 8

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weihte; reihte, zu werden; Erden! *

Konstantin Hacfzopuios Laß lodern deiner Haare Fackel... Laß lodern deiner H a a r e Fackel, ja, lodern tief in Waldesnacht! Mit dir nur einmal dort zu wandern, treibt es midi wie mit Zaubermacfat. Laß rings um uns die Satyrn tanzen, die Blätter wirbeln weit und breit, laß deiner Augen Fackeln leuchten tief in die schwarze Dunkelheit. Den Weg zum Turm soll sie uns weisen, wo in des Drachen sichrer H u t der Schatz, den man uns hat gestohlen, wo unser Schatz verloren ruht. Umschnürt h a b ' ich mich mit dem Panzer, geschliffen hab' ich scharf mein Schwert; das Blut, es soll in Strömen fließen; daß du hindurchdringst, ist mir's wert. Laß lodern deiner H a a r e Fackel, ja, lodern tief in Waldesnacht! Den Weg mit dir, den nie begangnen, zu wandern, treibt es mich mit Macht!

O, wie die Fichten... O, wie die Fichten hier im Walde ächzen, wie — hörst du's wohl? — der Uhu klagt sein Weh! Geschwind, komm mit mir, komm mit mir hinüber, weit weg von hier, ins Feld hinüber, ins Feld hinüber, wo der Mohn uns lacht, der rote, ins Feld hinüber, wo die Schwalben lustig zwitschern! O, wie die Fichten hier im Walde ächzen, wie — hörst du's wohl? — der Uhu klagt sein Weh! Es ist, als wehen Todeslüfte rings umher, es ist, als wandelte zum Friedhof sich der Garten. Wie Totenweihrauch d u f t e n mir die Lilien, wie Totenkränze schimmern mir die Rosen . . . So komm doch, komm mit mir hinüber, weit weg von hier, ins Feld hinüber! Ins Feld hinüber, wo der Mohn uns lacht, der rote, ins Feld hinüber, wo die Schwalben lustig zwitschern!

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Es führte midi der Weg... Es führte midi der Weg vor jene Pforte, vor jene öde, stille Pforte wieder, die fest versdilossen stets und stets verriegelt. Die alten, regungslosen Schatten schweben noch um sie her, und an der Schwelle drunten kroch feudites Moos, der Holzwurm rastlos bohrte. Und unten, unabsehbar weit, die Eb'ne mit ihrer ew'gen Ironie von Sonne, von einer kalten, immer siechen Sonne. Dort blieb ich stehn — Ich wußte selbst nicht, was ich wollte, wozu idi durch das Schlüsselloch hineinsah. So stand ich dort. Ich weiß nicht mehr, wie lange, ob's nur Minuten, ob es lange Jahre, Idi sah auch gar nichts durch das Schlüsselloch und hört' auch gar nichts durch die Tür hindurch. Erst als idi in die Eb'ne stieg hernieder, da brüllt' es hinter mir wie wilde See, da braust' es wie der Sturmwind durch den Wald.

Nebelballade Vom Leide ich lebe, idi walle und webe, walle weit in die Räume und web' in der Runde, streu' um Ufer und Buchten zerflatternde Säume, als war' idi ein Schleier, der sidi legt um die Träume. Ich durch walle die Räume und walle und webe, bis den Schleier ich hebe. Ja, vom Leide idi lebe und walle und webe, walle weit in die Räume und web* in der Runde wie ein Schleier um Träume. Und ich webe, zerrinne, das Leiden ich spinne, gleich der Nymphe midi hegen Flußufer und See. O, so fragt nur die Rosen und die Schiffe — o weh!

Ja, vom Leide ich lebe, und walle und webe und träufle das Leid. Und ich web' in die Weite, und ich wall' in die Kunde und walle und webe. Ich häng' in den Zweigen, um Gewölbe ich schwebe. Wer da meint, daß die Sonne verzehren midi kann — o, so fragt bei den Gosen, bei der Seele nur anl

Laß das Boot... Laß ruhig das Boot durch die Wellen nur gleiten, nur ruhig die Segel dem Winde vertraut! Laß die Schwingen sich dehnen in endlose Weiten, o, wie schön sind die Küsten, die niemand geschaut! Wie die Brise, die Welle, so das Leben zerrinnt, drum lenk' es nach Macht und nach Willen der Wind. Mögen Felsen bunt wechseln mit Wäldern und Wiesen, bald Burgen, bald Dörfer rings ziehen vorbei, mag die Schöpfung erblühn wie in Traumparadiesen, mag Sturmgewölk hängen am Himmel wie Blei — glaube nicht, daß das Steuer du hast in der Hand; dich schleudert die Woge, wo sie will, an das Land. Was du forderst und wünschest, kannst du es wohl wissen? Verfehlst du denn niemals, wonach du so jagst? Mußt von guter Saat du die Frücht nicht oft missen? Stockst du nie bei der Frage nach dem, was du fragst? Und was dir Beseligung bot und Erquickung, hast d u ' s dir verdient, war's nicht gütige Schickung? So laß denn die Woge, wo sie Lust hat, verbrausen, laß das Herz sidi nur krampfen in wirbelnder Flut, heult der Sturm in der Runde, ball'n sich Wolken voll Grausen, dereinst strahlt im Hafen dir sonnige Glut. Und ob dir jetzt Tränen die Seele noch feuchten, wird heimliche Freude noch einmal dir leuchten. *

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MihiacCes Mafafiassis Verklärung Warst du's, war sie's, die idi zuerst nahm wahr, sie, die Madonna mit dem Seidenschleier, vor der ich lag in demutvoller Feier, verborgen hinter eines Leuditers P a a r ? Wie ich ins Gotteshaus, wo Messe war, hineintrat und hindurchschritt bis zum Chore, da sah ich dich, geneigt auf der Empore, ein Tüchlein trugst du um das schwarze Haar. Warst du's, war sie's, die ich zuerst nahm wahr, Genug — die zwei Gestalten sich verwoben zu der, die ich ersehnte immerdar: Du mit dem Tüchlein um das schwarze Haar, die ich erblickt' auf der Empore droben, dann die Madonna, die verschleiert war.

Traumvision In unserm Saal, wo doppelter Gesang erscholl, freudig der eine, doch der andre kummerschwer, daraus ein Duft von Weihrauch und von Blumen quoll, der noch um deine bleiche Schönheit wogt' umher, neigte zum Schlummer sich mein Haupt, von Leide schw«r in unserm Saal, wo doppelter Gesang erscholl. Es brannten alle Kerzen, und es strahlt' ihr Glanz, grad' wie an jenem Abend, da uns beide umschlungen bei der Trauung der ersehnte Kranz. Und da, in meines Traumes süßer Äugenweide, kamst du daher im leuchtend weißen Hochzeitskleide und löschtest nacheinander aus der Kerzen Glanz.

Lebenspilger In langen Reihn die Gläub'gen — endlos schier die Reise, eintön'ger Stunden freudlos bittre Kreise, in spärlicher Erholung selbst der Schlummer eine Las*; doch strahlend hell vor ihnen, gleichwie S t e r n e n f e u e r , der Traum von Freuden, die man nicht erfaßt. — Weh' euch, ihr Armen, die am Ziel! Sagt, was wohl wartet euer? Nur der ist glücklich, der auf halbem Wege fiel!

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Der Wald Det Wald, drin es dich sdiauderte, eh' du ihn ganz durchmessen, den magst du nun vergessen, du nächt'ger Wandersmann. Früh eines Morgens lichteten Holzhauer ihn ohn' Zagen: die Pfade dir's jetzt sagen, du nächt'ger Wandersmann. Den tiefen Ton, den seufzenden, davon das Herz dir zittert, der dir dein Knie erschüttert, den hörst du nun nicht mehr. Ihn nahmen auf die offenen und ängstlich scheuen Schwingen, ein T,ied danach zu singen, die Vögel in der Nacht. Und etwas, das mit heiserem, mit Menschenlaut geschrien, auch das sah man entfliehen, da sich's gelichtet dort. Das Messer auch, das blutige, fiel nieder, blank gezogen, das wie der Blitz geflogen kam aus des Mörders Hand. Das das, zum dem

Singen auch, das säuselnde, Wandrer, dich erfaßte, zaub'rischen Palaste, düsteren, dich zog,

auch dies — o sieh nur! — sammelten, eh' letzte Seufzer schwiegen, die Blätter, die dort liegen verwelkt am Boden nun. Die Harfe auch, die klingende, die süß dich hat berauschet, der heimlich du gelauschet, gleich einem Sterbelied, mitsamt der Maid entrückt sie ist, die drauf gespielt, die hehre, zum Berge hin, zum Meere, daß sie nun nimmer klingt.

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Der Wald, drin es dich schauderte, eh' du ihn ganz durchmessen, magst ewig ihn vergessen, du nächt'ger Wandersmann.

Taki-Plumas O wie herrlich er strahlte — ich seh' ihn noch heute — auf dem Rosse von edlem Geschlecht, mit der kirschroten Weste, der goldig durchwirkten, darüber von Münzen ein klirrend Geflecht. Ein gefälteltes Rock dien auch trug er gar artig, und weiße Gamaschen und mit Troddeln die Schub', die eigens verfertigt in Jannina waren, und aus Preveza SilberagrafEen dazu. So ausstaffiert trug er noch über der Schulter eine Flinte; und mit der Rechten er lenkt' fest Zügel und Mähne. Es glänzte die Straße, wenn er kam im Galopp aus dem Tore gesprengt. Und wie er daher ritt, da — ich seh's noch — die Haare, die um den Fez sich ihm schlangen so kraus, sie wogten und spielten in goldigem Schimmer — wie von Korn eine lohende Garbe sah's aus. Und so, von dem sonnigen Lichte umflossen, mit glühendem Antlitz von des Rittes Gewalt, da schimmerte er wie aus Golde gegossen, als wär's Sankt Georg in leibhaft'ger Gestalt. Heil unsres Messolongis tapfrem Helden, Sonne in meines Lebens Morgenrot l Ich zähle — es sind drei und dreißig Jahre, daß unser Taki-Plumas nun ist t o t . . . *

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Joanrtis Gryparis Wolken Am veilchenblauen Himmelszelt rosig gefärbte Wolken wandern; und durch der Seele weiße Nebelreihn trüb dämmernde Gespenster wandern.

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Die Freuden sind es, die nicht lachen, die Leiden, die nicht können weinen; stumm wie das Schicksal ziehen sie dahin, nicht lachen jene, noch auch diese weinen. Welch einer Zauberin Beschwörungskunst deutet die Namen derer, die da wandern? — Am veilchenblauen Himmelszelt rosig gefärbte Wolken wandern . . .

Fassung O, lerne denn, den starken Schmerz lautlos zermalmen bis zum Bluten; und laß den tollen Lebenswein sich mischen mit der Lethe Fluten. Es geht so leicht, so wunderbar, und eh' das Jahr noch ist verklungen, sind schon, will's Gott, vom neuen Schmerz dir sieben Nägel eingedrungen. Walte denn, Parze, deines Amtes, das Leben immer neu zu spinnen, und in den tollen Lebenswein laß neue Lethefluten rinnen!

Stunde der Trübsal Die Schwester sprach: „Ein leiser Regen von Gram quillt mir heut' nacht ins Herz, ich fühle eine Hand darauf sich legen, die schlingt's zu einem Knoten fest, daß es die Tränen mir entpreßt. Ich seh' am feuchten Firmament der Hirten Stern vergehn, es halten ihren Atem an die Bäume auf den Höhn. Und wie von Nardenöl ein Duft, der mir benimmt die Luft, so steigt empor aus Tiefen, wo Erinn'rung schlief, ein alter Sang von Augen tief, draus leiser Gegen drang; und auf dem leisen Tränenbach ziehn Schiffe stolz entlang."

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Da sprach ich: „Schwester, uns bedrückt der Trübsal Stunde, die uns nur von Längstvergangenem läßt zehren; indes: den Traum, der wachend uns begann, im Schlaf uns ward entrückt — Wer sagt uns den wohl wieder an, wenn Gott die große Stunde schickt, die nur von altem Trost will hören?" Da sprach die Schwester: „Laß uns klagen denn von d e m Leide, dran wir tragen!"

Panischer Schrecken „Gott ist uns Sdiutz und Wehr! Die Furcht vor ihm laßt recht ins leere Herz euch dringen, undankbar Geschlecht!" Im Tempel, dort unter des Admetos Schafen, legt sich der schmucke Hirtenbub am Mittag schlafen. „Ob unerkannt jetzt wohl die Götter ziehn daher?!" „Gott ist, sei's früh, sei's spät, uns starker Schutz und Wehr!" Da weht es um den Hirten plötzlich scharf im Schlafe, doch sorglos auf den Triften weiden seine Schafe. Vertrieben vom Olymp, umfängt ihn Götterwahn, sieht sich als Festzugführer im Olympierkreise und stimmt im Schlafe an den alten Schlachtpäan. Entsetzen sät ringsum die zauberkräft'ge Weise: Der Felsenquell hält inne im geschwätzten Drang, die Schafe stürzen wild herab den Bergeshang.

Der tote Sänger Hin durch die Wogen streicht das Boot wie Geisterspuk, ein schwaches Licht gießt über sie der kalte Mond, der Leiche schwarz verhüllt Gefolge lautlos thront, kein Tränenseufzer nimmt zum Himmel seinen Flug. So flieht dahin des toten Sängers Trauerzug, mit offnem Äug', entblößter Stirn ruht er, berauscht vom Trank des Mondlichts, ruht, als ob er lauscht dem Schwanensang, der leise tönt vom Vorderbug. Doch horch! Am fernen Strande dort welch ein Gewimmer"? Die Nixe ist's, die Meerfrau; wild sie um sich schlägt und wünscht, es war' mit ihrem Leben aus für immer.

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In stiller Reede hat das Boot nun angelegt, die Wellen gehn und kommen, leis und zage, und schlagen an wie eine brennend heiße Klage.

Der junge Handelsmann Aus Stambul kam ein junger Handelsmann mit auserles'ner Ware, mit Silber- und mit Goldgeschmeid', mit weichem, schwarzem Äugenpaare. Begierig drängen sich des Dorfes Dirnen an Fenster und an Tür'n und schauen, die Frau'n selbst büßen ihre Nachtruh' ein durch seine schöngeschwung'nen Brauen. Ein goldner Gürtel, dreifach umgeschlungen, die schlanke Taille hält. Die sdiöne Witwe kann sich nicht mehr lassen: »Gar sehr, mein Bursche, mir gefällt der Gürtel, den du trägst; sag', was du forderst, ich biet" es doppelt, wenn's gelänge." „Für Gold auch geb' ich ihn nicht her, und gäbst du Silber noch die schwere Menge, mit e i n e m Kuß erkauft' ich ihn, für zwei gäb' ich ihn w i e d e r . . . " „Geschwind zur sdiönen Grotte eil', du Händler mit dem schwarzen Äugenpaare 1 Den Preis, den bring' ich dir dahin und hol' mir meine Ware." Zur sdiönen Grotte trabt er schnell auf eines Maultiers goldverziertem Sitze; Noch eh' er's denkt, ist er zur Stell' in brennend glühnder Mittagshitze, bindet das Maultier an den Apfelbaum, der vor der Grotte Schatten spendet, legt seine Hand sich vor das Äuge gegen die Sonne, die ihn blendet, und saugt die Straße mit den Blicken ein: Nichts ist zu sehn, nichts will sich regen. So geht er in die Grotte, sich zur Ruh' zu legen. In der verhexten Grotte drin, wo er sich ruht die Glieder, gaukeln vor ihm im Traum bald auf, bald nieder Elfen mit schillernd bunter Brust, mit Hälsen marmorblank, mit Leibern voll von wilder Lust. 2 Neugriechische Lyriker

Sie tragen in den aufgesiedeten Zöpfen Geflecht von Seegras und von F r a u e n h a a r ; die Finger sind wie Lilien weiß, die Näglein Rosenblätter. Und eine, die die tollste ist, den Tod selbst überwand, die schlägt den jungen Handelsmann und raubt ihm den Verstand. Im Städtchen geht der Handelsmann nun klagend auf und nieder: „Mit e i n e m Kuß erkauft' ich ihn, f ü r z w e i geb' ich ihn wieder, den Gürtel, den die Liebste mir, die teure Braut, f ü r einen Kuß gestickt; betört hat midi nun eine Elfe in der Fremde, hat mir den Kopf verrückt." *

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Nifiofaos Petmesas Der Wanderschauspieler Aufs H a u p t setz' ich heut abend eine Krone, ein goldnes Szepter nehm' ich in die H a n d , ein Reich erneu're ich, das längst entschwand — so sitz' ich vor euch nun auf stolzem Throne. Dann tu' ich meinen Schatz auf, Gott zum Lohne füll' ich der Armen Taschen bis zum Rand, freigeb'ger, als man Krösus selbst erfand. Und tu' ich ab den Flitter, dann voll Hohne Sprech' ich zum König: Grausam war's, du S ü n d e r , leichtsinnig zu verschleudern Schmuck und Gold, indes zu Hause hungern deine Kinder. Eh ich zur Ruh' geh* — so hat's wohl gewollt mein Schicksal —, eß' idi in der bittren Not, ein König jetzt, ein Bettler dann mein Brot.

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Der Greisin Tanzlied Schleppt das alte Mütterchen noch zum Geigenplatz sich hin, will es nur noch einmal sehn, wie sie sich im Tanze drehn, ob sie noch genau so schreiten wie in guten alten Zeiten. Seht nur, wie sie sich beeilt, Lob und Tadel gleich verteilt, fast mit Absicht es vergißt, wie es ihr am Herzen frißt; denn sie fühlt auf kurze Zeit sich als schmucke, frische Maid. „Despo, hübsch empor den Kopf, hast doch wahrlich keinen Kropf, drum den Hals recht vorgestreckt, daß er die Begierde weckt! Solche Lilie blütenfrisch stellt man doch nicht untern Tisch. Setz', Marie, den Fuß recht fein, flattern laß dein Tüchelein! Wie die Rosenknospe wild, so dein Lippenpaar erquillt. Welche Biene wird, j a welche nippen einst an solchem Kelche? Ach, mein Lenchen, hätt' ich doch meine alten Blicke noch! Schlug sie zwar zu Boden tief, doch manch Blitz in ihnen schlief. Warum hältst du deine Augen wie zwei Kerzen, die nichts taugen? Wieg dich, Phrosso, ja recht leicht, halte dich auch sanft geneigt! Der, dem einmal lieblich lacht deiner Posenwangen Pracht, will sich auch an Glieder schmiegen, die sich wie Zypressen biegen. J a , was macht ihr für'n Gesicht? Dumme Dirnen, habt euch nicht! Meint wohl, ich sei närrisch gar? Bald tret' ich zum Traualtar; heimlich mir die Meldung ward, daß mein Liebster draußen harrt. 2*

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Bald nun kommt er zu mir her, 's dauert gar nicht lange mehr. Aus der Unterwelt herauf kommt er in geschwindem Lauf. Liegt schon lange auf der Lauer, mich zu f ü h r ' n in nächt'ge Schauer. Dort, wo er sein Lager hält, haben mich nun hinbestellt alle, die man dort getraut, daß man midi als jüngste Braut auch noch seh' im Tanze schreiten wie in guten alten Zeiten."

Aus dem Heiligen Lande Am S e e G e n e z a r e t h Auf deinem Spiegel, in der stillen Flut, schmilzt es wie Silber in der Sonne Glut; im kleinen Boote dort am sand'gen Strand der Fischer kommt und seine Netze spannt. Seltsamer Fisdier! Nicht aus fremden Meeren kam er, mein See, dir deine Ruh' zu stören. Hoch oben f ä h r t dahin ein stolzer Aar, und wie von seinem mächt'gen Flügelpaar der Schatten breitend sich herniedersenkt und über deiner Spiegelfläche hängt, beschreibt er auf der Flut, der leuchtend blauen, ein schwarzes Zeichen, wie ein Kreuz zu schauen. Auf dem Ö l b e r g e Des ö l b e r g s Bäume rausdien Klagelieder, fern in der Ebene die Sonne sinkt, die Tränen tropfen aus dem Quell hernieder des Leides, der schier unversiegbar dünkt. Sag', was verzagtest du, o Menschenkind, daß blut'ger Schweiß dir von der Stirne rinnt? S' ist, als ob eine H a n d zum Berg der Leiden uns zog' hinauf, als wink' es uns empor. Ist's Wink von Gott? Von Menschen? Gar von beiden? Und steigen wir nicht alle einst im Chor zum Ölberg, wo an einem schwarzen Nachmittag; die Erde heimlich mit dem Himmel sprach? —

Es ist so weit... Aus ist es mit der Bäume Frühlingsrauschen, anbricht die sturmesschwangre Winterszeit, und wo ich steh', raunt mir ein heimlich Flüstern ganz leise zu: Es ist so weit. Stets war ich da, wo lauter Freudenjubel in Stadt und Land ertönte weit und breit. Wo ist das junge Volk? — Aus tausend Kehlen ruft es mir zu: Es ist so weit. Hinter dem Blütenzaun ein süßes Küßdien von einem holden Kind vertrieb das Leid. Wieder geh' ich vorbei — die welken Blumen, sie künden mir: Es ist so weit. Du eisenstarkes Schiff, wenn deinen Bugspriet umflatterte der Woge Silberkleid, schien mir's wie eine Lüge, wenn ganz nahe tönte der Ruf: Es ist so weit. Du alte Uhr — Herz, das mit schnellem Schlage in treuem Dienst mir Jahr an Jahr gereiht, bleib stark, und zeig' mir an die bittre Stunde, die letzte dann: Es ist so weit. *

*

*

KCeancfros Lakon^Kartfiaeos Jorgos Rambias Der Jorgos Gambias vom Jägerkorps, in der Laute ein Meister vom Ort, ein Wörtchen — fest blidkt er ins Auge dir, doch sein Geist ist meilenweit fort. Die andern Jäger der Kompagnie, die halten den Jorgos zum Narren; doch der denkt nur an sein Heimatdorf, hört Lauten nur und Gitarren . . . „Als allererste in Jannina rückt Kompagnie Rambias ein!" Wie ein Löwe drauf los unser Jorgos stürmt, läßt Laute Laute nun sein.

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Wie Funken es ihm aus den Äugen sprüht, schon hat er gefällt das Gewehr, da — eine Kugel ihn niederstreckt, auf die Brust fall'n die Hände ihm schwer. Fort tragen zwei Kameraden ihn, seinem Mund sich ein Lächeln entringt: Er denkt an sein trauliches Heimatdorf, leis ins Ohr ihm Lautenspiel dringt.

Siegers Heimkehr Oh, küß' mich ja nicht, Mutter, voll von Blut sind meine Hände. Sieh, wie sie noch triefen vom Blut der Mütter, die, wie du so gut, dort drüben jetzt zum Totenmahle riefen. Erst geh zur Kirche, zünd' ein Wachslidit an, und unter tränenfeuchten, heißen Küssen bedeck' des Herren blut'ge Füße dann, im Bunde mit der Jungfrau, schmerzzerrissen. Schöpftest du so aus Gottes Gnadenflut Vergebung für midi Sündigen auf Erden, dann geh nach Hause, wasch midi rein vom Blut; nur so kann mir dein Kuß zum Segen werden.

Der Ölbaum Du alter Graukopf, du Runzelgesicht, du silberne Ruhe im lachenden Lidit, du schweigsam edles, erfahrnes Gebilde, du Ölbaum, mein Freund, bescheiden und milde!! Zu deinen Füßen ruhend, ich sdiau' deine Flimmerblättchen am Himmelsblau; ihr sanftes Spiel an deinen Zweigen gleich tausend kleinen Friedenszeichen. Unter deinem Segen, du heiliger Baum, versink' ich mit dir in den ewigen Traum: Mir ist's, als käme vor meinen Blicken der Heiland lächelnd, ein Reis zu pflücken.

Verhängnis Wenn ich mich manchmal in mich selbst versenke, in meine Arme, Liebchen, still dich drückend und wie voll Schrecken dir ins Äuge blickend, dann frage mich nur ja nicht, was ich denke. Mein Herz, Geliebte, hast du wohl ergründet, weißt, daß es gänzlich dir nur ist zu eigen, daß einzig nur des Grabes kühles Schweigen uns trennen könnte, die wir treu verbündet. Genug denn also! Frage mich nicht wieder, was heimlich mir das Innere durchschneidet; denn die Gedankenmauer, die uns scheidet, die reißt auch deine Liebe uns nicht nieder. * * *

Lamßros Porpßyras Eine alte Stickerei Gefesselt quoll hervor dein blondes Haar, du liebes Kind, aus schwarzem Tuch so dicht, des Herbstes Sonnenschein fiel auf dich klar, wie auf ein Krankenbett der Lampe Licht. Dort, unter unsrer Laube welkem Dach, gebeugt du saßest, stickend flog die Hand — Sie war der einz'ge Falter, der noch wach und sturmgefestigt spielt' im Sonnenbrand. Und Bilder sticktest in die Schürze du, leidvolle, wie von Trennung, Ewigkeit... In Trauerweidenzweige — o wozu sticktest du unser heimlich Herzeleid? Und dein alt Mütterlein, das stumm, gebückt, im schwarzen Rock zu uns heran sich schlich, still lächelnd — sie auch, ahnungslos bedrückt, der Schicksalsgöttin unsrer Trennung glich.

Ihre Augen Am Abend sahn sie nach den Sternen, sahn nach der Sonne in der Früh', sie stirbt, in weite dunkle Fernen entweichen sie — wozu der Müh'? —

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Was schön und hold nun an ihr war, flog zu den Blumen hier und dort; die Augen nur, ein Fackelpaar, leuchten noch tief im Grabe fort: Sie sehen wie aus tiefen Fernen, erfüllt von sanfter Harmonie, noch spät am Abend nadi den Sternen, noch nach der Sonne in der Früh'.

Das letzte Märchen Dahin auf endlos langem Pfade schritten die Königstöchter und die güt'gen Feen, aus fremden Landen sah man Kön'ge gehn, und Reis'ge, goldbetreßt, vorüberritten. Zwischen zwei Lampen bleich hindurch sie glitten, Großmutters Bett umkreisend, sie zu sehn; so schwebten sie dahin und blieben stehn — ein Sängerchor, der sang, was sie gelitten. Doch keiner mocht' es ihr zuliebe wagen, den Drachen, noch den Riesen zu erschlagen, niemand ihr der Genesung Wasser bringen. Die Mutter sah ich auf die Knie gleiten, doch drüber — 's war einmal vor langen Zeiten — da strich ein Engel hin mit seinen Schwingen . . .

Lacrymae rerum Unselige, behext ist unser Häuschen, durch deiner Schönheit unheilvolles Glüdc; dort an der Wand, am Spiegel, an den Bildern hängt wie von deiner Schönheit noch ein Stüde. Etwas wie Mosdiusduft, der unser Häuschen durdiwallend und durchwogend rings erfüllt, etwas wie leichtes, unfaßbares Schimmern, das im Vorbeiziehn alles leis umhüllt. Eintönig schwer die Regentropfen prasseln auf unser Dach herab und — hörst du's wohl? Aus jedem Ding, das deine Hände weihten, erklingt es wie ein Klageton so hohl. Und aus der Ecke dort, wo des Vergessens treuer Geleiter, unsre liebe Uhr, auch sie ein Zeitbesinger, läßt ertönen lang hingezogne Totenweisen nur.

Markos Awjeris Der junge Limasis und sein Weib Der junge Limasis hatt' ein fuchsrotes Roß, haft' auch im geheimen ein Weiblein gar fein, die webte tagsüber und sang auch dazu. Doch der junge Limasis, der tummelt tagsüber sein fuchsrotes Goß auf den Pfaden des Ruhms, ruht die Nacht dann hindurch seinem Weibe zur S e i t ' . * . Eines Tags, da er ritt auf den Pfaden des ßuhms, stürzt er wuditig zu Boden am Rande des Weges, schwamm in dampfendem Blut mit zerschmettertem Haupt, lang hingestreckt lag dort sein herrlicher Leib. Mit dampfendem Bug lag gestürzt auch daneben das fuchsrote Roß und keuchte gar schwer . . . Doch im niedren Gemach saß das Weibchen, das junge, webt' und webte nichts ahnend und sang auch dazu. Wie die bittere Botschaft nun kam — o, wie weinten da alle, doch mehr noch sein bekümmertes Weib. Sie schlug mit der Hand sich den üppigen Busen und raufte ihr gold'ges, ungebändigtes Haar, doch sein grausiger Tod nicht entpreßte ihr Tränen, sie klagte ihr Leid nur dem Leibe, dem leeren, daß kein Sprößling ihr ward von dem Mann, den sie liebte, zu Freude und Trost in dem einsamen Hause. O, wenn er dann tanzte im Arme der Mutter, wie sollte dann jubeln seine flammende S e e l e ! . . . Wohl klagt' sie ihr bitteres Leid auch den Mägden: „Er eilte noch schneller als der windschnelle Hengst, an kraftvoller Schönheit übertraf er den Eber, und so hoch wie ein Eichbaum fast war er gewachsen. O, glaubt mir, ihr Frau'n, was ich Arme euch s a g e . . . " . So vor ihren Freundinnen spricht sie und jammert, doch das bitterste Leid, das behielt sie für s i c h . . .

Lied der Plebejerin Aus edlem Drange quillt auch edler Sinn: so spricht es tief aus meiner eignen Brust, in der sich's regt von Mutterkraft und -lust. Nennt arm den Sproß nur der Plebejerin — ich freu' mich meiner sonn'gen Kinderschar und reich' den gier'gen volle Brüste dar auf meinem Lager, das ich nicht geb' hin fürs üpp'ge Bette der Patrizierin!

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„Laus

Deo"

vi. Du hast die heimlichen Triebe zum Lidite geleitet empor, daß es prangt in der Sonne von Blüten, auf jeder ein summender Chor. Ein Paradies meine Seele, mein Sinn einen Frühlingstag fand, und Purpurrosen in Fülle hat mir himmlische Liebe gesandt. O Liebe, du zaubrische Wolke, darin es knospet und schwillt, wo von üppig grünenden Sprossen, von blühenden Flocken es quillt. Du bist die bräutliche Hülle, wie ein Stern ruht darunter die Braut, es gleicht einer Taube, der wilden, ihre Jugend so keusch und so traut. Den Mandelbaum, der schon harret, gehüllt in sein bräutlich Gewand, du hast ihn mit schneeweißer Fülle bedeckt, da der Winter kaum schwand. Und nun sich über ihn breitet der Himmel mit wollüst'gem Blau, und der i i . ide flammendes Sternbild umspielt ihn, gebadet in Tau, Auf daß er verscheuche des Winters so bleischwer lastende Macht, daß es leuchte wie liebliche Dämmrung selbst in der Unterwelt Nacht. Von Auferstehung umwittert, wie am ersten Tage so rein, so funkelt's um jegliche Blüte, um die Zweige spielt strahlender Schein. In des Heiligen Geistes Gebrause Gottes Huld hernieder sich ließ, und hoch oben der zwitschernde Vogel ist wie Segen, der rings sich ergießt. Wie des goldigen Kranzes Gewinde, dem entsteigt ein köstlicher Duft, wie ein Apfel vom Paradiese, quillt sein Sang durch die taufrische Luft. Und wie in des Engadins Fluren, so zwitschert's und starrt doch von Eis, daß es unaufhörliche Ernte und endlose Lese verheißt. Und süß, als hätt' ich's gekostet, spür' im Innern den Leib ich des Herrn, die himmlische Liebe, sie spricht noch aus der Vögel Gesang in der Fern'. Ja, es gleichet der zwitschernde Vogel dem Stern, der ins Licht ist getaucht, er zieht seine strahlenden Kreise wie von denkendem Geiste durchhaudit. Dem heiligen Sprudel entquillet das Lied, das harmonisch erklingt, wie das Sternbild, das blütengeschmückte, wie die Blume, die himmelwärts dringt. *

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Nikos Hacfzaras Kinderjahre Ach, Freund, wo sind die wonnigen, die sel'gen Jahre, da wir als freies Volk das Tal durchstreiften, barfuß, mit bloßer Brust, da luft'ge Kühle uns in die Stirne trieb die wilden Haare? Wie tat das trockne Brot doch damals munden so köstlich unserm zarten Kindergaumen, wenn wir's erweicht im kühlen Naß der Quelle, die uns Erquickung bot in schwülen Stunden. Wie oft riß uns der Fels die Füße blutig, wenn wir nach Faltern und nach Vögeln jagten — O Gott! wo sind die wonn'gen Kinderjahre, da wir noch barfuß liefen, frisch und mutig!

Mädchenlieder I. Jetzt fühl' ich erst mein Leben recht erwarmen am Körper, in der Brust und in den Armen. Ich fühle, Mutter, drinnen in der Brust ein starkes Herz und manneskräft'ge Lust. Audi Lenchen mit dem Gürtel, goldgestickt, sie wird wie eine Ähre rund und dick. II. Wie gern mödit' ich zu meinem schmucken Burschen gehn! Zwei lange Tage sah ich ihn nicht mehr. Doch Mutter läßt midi nicht vom Webstuhl weg — davon ist mir das Herz so schwer. Wie gern möcht' ich zu meinem schmucken Burschen gehn! Ihm Nelken bringen, die er liebt so sehr. Doch Vater heißt midi mit dem Vieh zur Tränke ziehn — davon ist mir das Herz so schwer. Wie gern möcht' ich zu meinem schmucken Burschen gehn! Grad kommt mein böser Bruder durch den Hof daher; die Sonne birgt sich hinterm Berg, das Dunkel sinkt — davon ist mir das Herz so schwer.

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III. *Nodi immer will sein Purpursegelchen nicht nähern sich dem Ziel; wie eine N e l k e ist es anzusdiau'n, die aus der Morgenrote Munde fiel. In meiner Brust, ach, liebes Mütterchen, sitzt mir ein Weh, so süß, so bang, dein Kind, es härmt sich ab vor Liebesleid, die gestern noch entzückte Vogelsang. Wie sich der Äst des süßen Äpfelbaumes zur Erde neiget früchteschwer, so sehr ist mir die Brust, lieb Mütterchen, von Liebe voll zu ihm, den ich begehr'. Noch immer winket mir sein Segelchen — Zephyr, treib ihn ans Landl — wie eine R o s e , die entglitten ist der Morgenröte goldnem Gürtelband. Noch weiß ich wohl, wie du, lieb Mütterdien, da ich noch klein war, midi zur Ruh' gebracht, und wie ich gar so oft geschmollt mit dir, wenn du mich hast geliebkost nur ganz sadit. Auf deinem Schoß kannst du, lieb Mütterchen, dein Lenchen nicht mehr wiegen in den Schlaf, seit mit dem goldnen Pfeil der Liebesgott so tief sie in das Herze traf. Ach, immer leuchtet noch sein Segelchen — Treib es, Herr Wind, ans Ziel — wie eine Z e n t i f o l i e in dem Wogensdiwall, die aus der Morgenröte Arme fiel.

Aus den „kleinen Idyllen" I. Kommt auf Flügeln sie dahergeschritten in der Frühe durch die grüne Wiese, wo der kleine Schäfer mit der Flöte weidet seine schneegeflockte Herde. Eine Flamme schießt ihm heiß ins Auge, wie er leichten Schrittes sie sieht ziehen, streichelt zärtlich sich das weiche Flaumhaar, das ihm auf der Oberlippe flimmert.

II. Auf blum'gem Wiesenplan gedacht' ich dein, du früh dem Tod geweihtes Mägdelein. Du sprachst zu mir, noch kurz, eh du verschiedest (unsicher regte sich die kleine Hand): „Gib, Thyrsis, mir den roten Apfel her!" (Sie meinte den im Netze an der Wand.) Doch nur dein Äuge sprach's, von Tränen schwer, die Zunge hatte schon der Tod gebannt. — * * *

Nikos Karvunis Das Regenmärchen Grau in grau — der Regen rinnt, wie ein Märchen voll von Kummer; und ihn hört das arme Kind, fällt in einen tiefen Sehl ummer. Wiegenlieder ihm der Nordwind singt in den Zweigen kahler Bäume, Vögel flattern ängstlich, weißbeschwingt, und umgaukeln seine Träume. Und der Regen rinnt und rinnt wie das Lied, das schmerzgepreßte, von der grauen Himmelsveste . . . — Einst — es ist sdion lange her — Freude noch auf Erden blühte; in dem Haare goldig schwer strahlend hell ein Stern ihr glühte. Sagt, wo blieb die blonde Maid? Wer will's sagen . . . Wer will's sagen? Staubbedeckte Wanderhirten, die aus einem fremden Reich sich in fernes Land verirrten, sahn dort eine Blume, goldumflossen, sternengleich, wie ein Lied, aus Wiesengrund entsprossen.. Ob des Mägdleins blondes Haar wohl die goldne Blume war? — Wer will's sagen? . . . Wer will's sagen? —

Leis herab der Regen rinnt, wie ein endlos Märchen, voll von Kummer; Sacht umgarnte er das Kind, und es sank in ew'gen Schlummer . . .

Das alte Buch Du liebes Buch, nun schon so a l t . . . Ich war noch klein, 's war Abend, bitterkalt, Sdinee trieb der eis'ge Nordwind vor sich her und stöhnte vor dem Fenster angstvoll, schwer. In tiefen Träumen lag der Sterne Schar, warm zugedeckt in ihrem Wolkenbette, und schweigend am geschwätzten Ofenfeuer, das lustig prasselte und sang und summte, als ging' es mit dem Sturme um die Wette, saß Mütterchen mit ihrer Stickerei. Ich hielt dich, wenn ich saß zu ihren FGßen, geöffnet vor mir. Deiner Märchen Spuk, die bunten Bilder mich nicht ließen . . . Gleidi einem alten Märdien floh die Zeit im Flug Und ich war's wirklich — ja, es ist kein Trug. Wenn ich dich heut nun wieder vor mir sehe, das lange Jahre schwand aus meiner Nähe, ist mir's, als öffnet' man verschloßne Türen . . . als riefen liebe, längstvergessene Gestalten mir zu aus deinen Blättern, schmerzverhalten, die mich in alte Zeiten woll'n entführen. Es ist kein T r u g . . . es kann ein Trug nicht sein! Hab' ja mit euch verlebt so lange Jahre, so mancher frommen Wünsche Frührotschein, der Eintagsträume bläulich Abendflimmern, die heißen Jugendliebesgluten, den Kummer, leicht gelöscht, und dann der Töne Fluten, der paradiesischen, die nun verklungen . . . — Nein, nein, ihr seid kein Trug, ihr seid kein Märchenspuk! Doch, wohin reißt ihr mich? Seht doch dies Bild! Der holde Leichtsinn, Unschuld — alles hin; die reine Luft, die durch die offne Türe hereinströmt von versunkenen Gestaden, weht scharf mir um die Brust, zum Sturm sie schwillt, will sich zum wütenden Orkan entladen. O, wär's doch nur ein Trug, ein Märdienspuk! —

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Tief eingehüllt in Dunst und dichten Nebel, ruht jener Abend, da ich aus dir las, du liebes Buch, vergilbt und a l t . . . Es schneit' und schneite und war b i t t e r k a l t . . . Zwei Tränen noch — nun gut! — Wie, wär's nicht doch ein Trug? . . . W a r ich es wirklich, war's kein Märdienspuk? Andächtig schließ' ich dich, mein altes Buch. Doch eh du gehst zur Ruh' in deiner Ecke, ritz' ich noch schnell in deine Einbanddecke — als wär's ein Grabstein —• mit dem Schmerzensstichel die Worte ein: „In Frieden r u h ' . . . in Frieden! — Ein Frühling schlummert hier — und nun für immer . , . " * * *•

Rigas Gofpßis Freiheit Ich fronte lange Jahre auf dem Felde, als Kind schon lernt' ich Pflug und Hacke führen; ich sah die Welt, die Welt sah mich als Sklaven, Selbst meine Seele beugte sich dem Herrn. Mein Geist war wie ein stiller Kratersee; Ich sah, ja fühlte kaum das Licht der Sonne. Doch stieg ein Fluch mir auf aus jedem Seufzer, die Erde schmäht' ich, daß sie Blumen brachte. Allein zur Arbeitszeit auf stillem Felde, vernahm ich einst dicht über mir ein Rauschen. Zum erstenmal hob ich das Haupt zum Himmel und sah dort einen ries'gen Vogel schweben; er zog nach Norden, wandte sich gen Westen, tauchte in Wolken, schwand am Horizonte, flog bald zur Sonne, schoß bald in die Tiefe, vom Feld zum Berg, vom ölwald zu den Tannen. Welch Wunder, daß du, Aar, dich niederließest, ein fast versunknes Sehnen mir zu wecken. Du zogest Blick und Geist gewaltig an dich, ein blendend Licht traf mich, da du emporstiegst, und wo du standst, sah ich ein weites All. Frei malte sich die Welt vor meinem Äuge, das inbrunstvoll die Sternenwelt umarmte. Alsbald nun ließ ich Pflug und Hacke liegen und ging der Freiheit nach, ja nur der Freiheitl 31

Die Kunst Der steigt den Berg empor zum Hirschejagen, der taucht ins Waldesdickicht, Holz zu hau'n, der sucht die Einsamkeit und reine Lüfte, der träumt von Gipfeln und von weiten Au'n, der möcht' ein Schläfchen tun im tiefen Walde, der wünscht sich Sonnenglut, ein Bächlein kalt, der sehnt sich nach der alten Tanne Segen, nach Lebenswasser der und Märchendrachen. Doch du, du Unscheinbare, weltfremd, klein, du steigst empor, der Sonne dich zu freu'n. Wenn dieser sich verirrt auf seinen Wegen, wenn jenem trügerische Hoffnung schwand, und er den Fluch ins Weltgebrause schleudert, wenn der kaum eine Hirschkuh könnt' erlegen und, Reisig auf dem Rücken, zog dahin, Wenn dieser K r ä u t e r holt, der Wasser schleppt, der duft'ge Blumen drückt in seine Arme — du bliebst mir treu, du Unscheinbare, Stille, kommst stets den Berg h e r a b in Jugendfülle.

Du Brot der Trübsal... Du Brot der Trübsal und des Leides, gierig seh' ich dich vor mir liegen; kann ich den Hunger auch besiegen, brennt doch der Zorn gerechten Neides. Des Neides gegen das Verhängnis, das einem jeden Ruhm verspricht, nur mir und meiner Leier nicht Befreiung bringt von der Bedrängnis. Der armen Leier, die nicht singet, ein ganzes Volk in Schlaf zu wiegen, ums Ideal es zu betrügen — nein, vom Betrug, den man vollbringet. Betrug, der wächst zu Riesenhöhen, das Recht zertritt und sich spielt auf; es ist des Menschen Schicksalslauf, umsonst dagegen anzugehen. Des Menschen, der nichts k a n n verdienen, dem bittre Not den Hals abschnürt, der lebt und doch kein Leben f ü h r t in der Gesellschaft Tretmaschinen.

Der Tretmasdiinen, die zerdrfidcen jeden Gedanken, jedes Herz, die Freude ziehen niederwärts und allen edlen Drang ersticken. Schlag alles nieder, Zorn des Leides! Solang' ich nag' am Hungertuche, hast du verdient, daß ich dir fluche, du Brot der Trübsal und des Leides!

Das Standbild Dahin, wo ich zum Lichte einst erwacht, doch wo ich lange Jahre nicht mehr weilte, versdilug mich wieder nun des Krieges Macht. Von tiefer Purpurröte rings umglüht, sah ich, mein Heimatland, dich wie im Rausche, der aus der Sonne letztem Glanz versprüht. Der Strandsee, lohend wie ein Flammenmeer, die fernen Inseln, glänzend wie Rubine, die Stille selbst, sie schien verwundet schwer. Das Städtchen drin in seinem Safranhag, mit seiner Fenster glüh'ndem Widerscheine gleich einem brünst'gen Märchenhexlein lag . . . lind ich, ein feiler Kriegsknecht meiner Zeit, mit einem Blicke ohne Stolz und Glauben, das Herz erfüllt von bitterschwerem Leid, Bog alsobald in jene Straße ein, die sich dahin zum Gottesacker windet, mir zu erleichtern meiner Seele Pein. Wie ich den Gräbern langsam näher trat, erblickt' ich dich, mein Ahne, aufgerichtet in deines Martertumes Strahlenbad. Und als ob Zorn du fühltest oder Scham, daß ich zum Sklaventum bestimmt im Leben, sah ich, wie glühend Rot dich überkam.

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3 Neugriechische Lyriker

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Tfjrasyßuhs Stawru Im Quellenhaus Wie wir des Weges gingen, sprach sie: „Idi verdurste!" So bogen wir ins Tannenwäldchen ein. Hier steht das Kirchlein, dort das Quellenhaus; zwei Sieine, von Efeu überrankt, am Eingang; fünf, sechs Stufen führen zum Wasser nieder. Wir stiegen nun hinab, und unten schlug uns eine Kühle, strömt' uns ein seltsam süßer Duft entgegen. Und dunkel war's und alles still. Ganz wenig Licht nur stahl sich durch das Efeudickicht, wie in der Kirche war es vor dem Gottesdienst. > Sie trank. Da ließ auch ich mich nieder auf den nassen Stein, mit beiden Händen faßte ich ihr Köpfdien und küßte herzhaft ihr den Mund. Noch niemals hatte ich ihr einen Kuß gegeben. Und nun — wie kam es doch? — Weil's rings so stille war, weil nur ganz wenig Licht sich durch den Efeu stahl, weil alles ein so seltsam süßer Duft durchströmte, weil's wie in einer Kirche war vorm Gottesdienst.

Die Goldkäfige Von der Schidcsalsgöttin habe ich die Gabe, zu erbaun aus goldnen Stäben, goldnen Strahlen, goldnen Flittern Käfige mit goldnen Gittern; und dann fang' ich, hasch' ich, sperr' ich alles, was da fliegt und kriechet, Raupen, Falter, Finken, Naditigall'n, Vögel groß und klein, rote, weiße, schwarze, graue, grüne, blaue, in den goldnen Käfig ein. Doch's gibt Tage, wo mir willenlos höhere Gewalt fest die Hände bindet. Rings um mich dann tönt und schallt lautes Zwitschern, Singen, Jubilieren einer bunten Vogelschar. Rings umflattern midi verschämt, voll von würdig stiller Art, 34

scheue Tauben; rings um midi, da seh' ich gaukeln Falter flügelzart, die in allen Farben flimmern, silberhell wie Atlas schimmern, sich wie luft'ge Blumen schaukeln, die im Licht erblühn. Und um sie zu fassen, sie zu fangen in den Käf'gen, die ich baue, brauch' ich nur zu langen weit mit meinen ausgestreckten Händen in den luft'gen Schatz, ins Blaue. Doch wie ich mich müh', ich kann's nicht, und — o wehe — meine Hand ist wie festgebannt. Also muß der Jubelreigen schnell sein Ende finden; schon will sich die Sonne neigen, alle Farben schwinden, jeder Laut verklingt, lebe wohl nun, Vogel, bunter Schmetterling! Rings ist Öde, Finsternis umher, meine Käfige, sie stehen leer. Doch ob rings um mich auch lastet eine Todesstille, etwas blieb doch in der Seele mir zurück von ihrer Fülle: Es blieb von der Falter Flügeln etwas wie ein wunderfeiner, goldig staub'ger Niederschlag; auf nimmt ihn mein trüber Geist, setzt an seines Himmels Nacht ihn als Sterne. Dann ist mir's, als ob umher athersprüh'nde Farben kreisen; in mir flattert's wie mit Schwingen, in mir braust es wie ein Meer tausendfacher Jubelweisen, und es wehen in mir Föhne wie der Flöte Sterbetöne. * 3*

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Georgios Atßanas Erntetanzlied Geigen der M ä d c h e n Wer hat die Tenne, lieber Mond, die Tenne rund und fein — Weldi Künstler hat sie dir erbaut, welch Hexlein hält sie rein? Wie herrlich er die Rundung traf — was das für'n Werkzeug wart Und wie er sie fein sauber hält — kein Stäubdien nimmt man wahr. Die Tenne, liebe die ist in meines Ihr Schöpfer ist Die Engel fegen

Der Mond Mägdelein, die Tenne rund und schön, Meisters Hut, kommt ihm gar hoch zu sfehn. der Sonnengott, die Lüfte sein Gesell; sie mir rein mit ihren Flügeln schnell.

Reigen der Mädchen Die schöne Tenne, lieber Mond, die Tenne rund und fein, wie schade, daß sie gar so weit, könnt' sie nicht näher sein? Wenn sie so recht, recht nahe wär' an unsres Dorfes Kranz, wir führten jeden Abend auf darin den Reigentanz. Der Mond Die Tenne, liebe Mägdelein, die Tenne rund und fein, die hat der Herrgott sich gebaut, sein Gold dort aufzureih'n. Und wenn sie noch viel näher wär' bei eures Dorfes Kranz — Nie würd' er dulden, daß ihr dort aufführt den Reigentanz* Reigen der Mädchen Die schöne Tenne, lieber Mond, die Tenne rund und fein, behalt* sie ruhig nur für dich, sie schmutzt dir niemand ein. Auf u n s r e n Tennen tanzen wir, und scheinst du im August, dann sollst du sie mal leuchten sehn von gold'gem Korn — o Lustl

Liebe im Felde Im Felde weidet träg' die Rinderherde, die Pflüge blinken still im Sonnenschein, der Schnitter kommt, die Sichel ruht am Boden, schleppt goldne Garben, stellt die Mandeln ein.

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Um gehn zur Mittagstunde Spukgestalten, Gott Amor wählt die Mandeln sich zum Sitze, mit Ähren an dem Pfeil trifft er die Burschen, trifft auch die Dirnen mit der zweiten Spitze. Die Schöpfung ruht in Mittagshitze brütend, im Schatten schlaft der Schnitter Schar verstreut, die zwei nur zieht es mit Gewalt zum Teiche, wo trauliches Versteck das Schilfrohr beut. Heiß fühlt das Blut er in den Adern kreisen, mit allen Fasern zieht's ihn in den Sumpf — den sünd'gen Weg sperrt eine schwarze Schlange, sie lehnt sich an ihn, angsterfüllt und dumpf. Er drückt sie fest in seinen nerv'gen Arm, kein Vogel singt, nur der Zikaden Schwärm zirpt laut; er küßt sie auf die Lippen wild, nicht Blumenduft, nur Kleegeruch erquillt. Weich liebkost er sie mit der harten Hand, kein Falter fliegt, ein Eidechs lugt im Sand — Sie sinkt ihm in die Arme voll Verlangen, Ameislein kneifen nicht, noch stechen Schlangen... Sagt mir, was wird nun wohl der Schnitter pflücken: ob keusche Blüten vom Orangenzweig, ob faule Wasserblumen, um das Haar zu schmücken einer Gefall'nen, die ertrank im Teich?

Goldene Wagschalen I. In dem alten Weinberg, der, entkräftet, nicht mehr Schweiß noch Mühe lohnt, schafft der Arbeitsmann von früh bis Abend, hört dann auf, doch ohn* Ertrag. Dort die lieben Mägdlein in dem Häuschen, drin des Segens Fülle wohnt, wissen, wie sich Vater quält und werden sittiger von Tag zu Tag. II. Auf dem Markte drunten, welch' Gedränge! Tiefgebückt der Schuster flickt drinnen in der kleinen Holzbaracke ein Paar derbe Bauernschuh'.

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Mütterchen in ihres Häuschens Enge sah' ihn gern der Sorg' entrückt, und ihm strickend eine warme Jacke, betet sie für ihn dazu. III. An dem sturmumwogten Vorgebirge ringen mit der Wogen Schwall Fischer in den Booten, die gleich Schalen tanzen, wie vom Tod behext. In den kleinen Häuschen, die sich müde lehnen an den Festungswall, fühlen, ihrer denkend, es die Frauen: Mit Geduld die Treue wächst.

Kriegermütter Mütterchen, die den Liebling du verloren, der unaufhaltsam nun die Träne rinnt, weih' eine auch der armen Mutter Sohne, der in der Schlacht zu Tode traf dein Kin4. Und du, Glückselige, die unter Tränen den teuren Sohn in ihre Arme schloß, weih' eine Träne jener Mutter Sohne, den in der Schlacht der dein'ge niederschoß.

Beim Regen Goldne Vögel werden Geiers Beute — es verschwimmen Häuser, Gärten, Dämme; 's ist die Zeit, wo alte Trauer sinket unter in der Traurigkeit des Heute. Läuft das Schiff nun ein in seinen Hafen — voller Schreck duckt sich ins Nest der Vogel. — Nidit die Flügel, nicht die Kapitäne brachten mir, wonach ich mich so sehne. Die verhüllte Sonne sucht in Blitzen ihren Zorn zu lindern, und — o wehe! — Nieder schmettert sie mein hoffend Sehnen — — Regen, weine du um mich nun Tränen! *

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Gedankenlyrik *

Kostis Paiamas Ein Erlebnis Da vor mir einst unfroher Lehrer Hände dich auf der kahlen Schulbank ausgebreitet, dich, mein Homer, du Quelle hoher Freuden, da tat sich in mir auf ein weifer Himmel, eine smaragdbestreute Meeresfläche. Zum Thron zu werden schien mir das Katheder, zur Welt die Schule, ein Prophet der Lehrer, und also es in meinem Innern fönte: „Dort in der großen Grotte, rings umgeben von dichten Pappel- und Zypressenwäldern, dort in der großen Grotte, lieblich duftend, die heiß durchlodert ist von Zedernfeuer, webt nicht im Strahlenhaare mehr Kalypso mit goldnem Schiffchen, singt dazu nicht Lieder mit süßer Stimme. Nein, sie hebt die Hände, Verwünschung schleudernd aus entflammtem Herzen gegen der Götter Neid: ,Ihr Sterblichen, verehrt von Göttinnen, die euch Ambrosia austeilten in olympischer Umarmung, ihr, die der Götter Eifersucht zerschmettert.. Alsbald verdorren unter der Verwünschung der frische Eppich und die wilden Veilchen. Wie Hagelwetter fährt's mit heft'gem Wüten, zerschlägt die Trauben an den üpp'gen Reben. Nur den erlauchten Helden Ithakas, den flücht'ge Leidenschaft gepackt, läßt kalt der Nymphe Fluch, aus heißem Herzen strömend. Wie immer sitzt der meergepeitschte Flüchtling draußen am Strand, starrt regungslos ins Weite, gedenkt der Heimat und bricht aus in Klagen, so laut, daß nur die Möwe, die die Flügel kreischend ins Meer taucht, wenn sie Fische sucht, und dann der Habicht, der im Walde horstet, des starken Helden Klage übertönen . . . "

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Die Erstgeburt war's meiner Phantasie, die sich in diesem Traumbild mir enthüllte. Da lag mein armes, düstres Heimatstädtchen vor mir verwandelt in die Zauberinsel, da ward die Bauernmagd, das Fischermädchen zur strahlenhaar'gen, glutverzehrten Göttin, und mitten drin sah ich mein Herz weit wandern durchs Erdenrund, heimat- und liebedürstend. Seitdem auch fühl' ich ewig meine Seele anstimmen die uralte Weltenweise, abwechselnd auf zwei Saiten: Fluch oder K l a g e . . .

Die Stadt, in der man nicht stirbt*) Ich ging, die Welt zu suchen, die dreimal sel'ge Welt, wo man nichts weiß vom Tode, kein Wort vom Sterben fällt; dahin, wo, wenn die Zeit auch Morgen und Abend bringt, doch nie die Äugen dämmern, kein Todesdunkel sinkt. So zog ich durch die Weiten, durchs ganze Erdenrund — Und wo Ich fragte: Stirbt man? Jawohl! ward mir da kund. In eine Stadt nun kam ich auf hohem Bergeshang; dort war nur Sonnenleuditen, kein Schatten fuhr entlang. Im Innern quell'nde Ströme, rings Täler voller Duft, ein Schleier alles hüllte in reine, milde Luft. Ein Berg nur gegenüber der Liditstadt drohend stand, gewaltig wie ein Riese, schwarz wie Gewitterwand. Ich fragte: „Gibt's hier Sterben?" — Und hörte: „Nein, hier nicht." O glücklich, wo da wandelt der Mensch im Götterlicht! Heil dir, du Stadt der Sonne, daß ihr lebend'ger Strahl nie einem Toten leuchtet! — Zur Heimat meiner Wahl ward mir nun, seelenrettend, die Stadt, befreit vom Tod, idi jubelte: „Hier gibt es nicht Tod noch Todesnot!" Da nahte sich mir einer, der von der Stadt herkam, und sprach, als er mein Singen von ferne schon vernahm: „Wohl muß hier niemand sterben, doch merke dir das Wort: Der Berg, der schwarzumwölkte, der gegenüber dort, Bebt plötzlich, eine Stimme wie Himmelszorn sidi hebt, ruft laut beim Namen einen, der in der Stadt hier lebt. Dann sieht man den Gerufnen alsbald von dannen gehn, er ist dahin, verschwunden auf Nimmerwiedersehn." — ) Nach einer Volkssage.

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Seit ich vernahm die Worfe, fährt mir's durch Mark und Bein, zieht durdi des Hirnes Bahnen bis tief ins Herz hinein, und schneidet wie mit Messern; denn idi hört' immerdar, wie nach mir rief der Rufer „Sterb ich? O nein, nicht wahr?" Und alle Augenblicke, im Schlaf und wenn ich wach, beim Beten und beim Fasten, beim Schmausen, im Gemadi, beim Reden und beim Ruhen, wenn Sorge midi umwand, wenn ich Erleidit'rung spüre, sind meine Ohr'n gespannt und warten auf die Stimme und bangen voller Weh — Was spinnst du auf der Spindel für mich, du meine Fee? — So harr' ich stets des Rufers, der rufen soll nach mir. Achl besser, daß mich packe des Todes Beutegier 1 Laßt lieber mich in Öde, Kälte und Finsternis, daß, wenn idi frage: „Stirbt man?" — es heißt: „Man stirbt, gewiß!"

Welt und Dichter Ha, da ist sie, von Krieg und Verderben die Brutl Aus eherner Schale schlürfen blutigen Wein die Feindschaft, die Gewalt und die Wut. Von Erz ihre Stirne, und von Erz ihre Brust, von Erz ihre Waffen, und dazu eine Lust, die wütend drauf losstürmt, immer mordet, zerstört, mit der Hand nach Leibern nur fährt. Und darin meine Seele, die an kosenden Rhythmen nur webt, sie, die Tochter des Sturms und der lieblichen Kühle, die zum Äther empor, die schmächtige, strebt, — sie sitzt nun hier drinnen in drückender Schwüle, in herzloser Härte, in geilem Gewühle einer Welt, auf dem Ämbos vom Hammer behau'n, gemartert, gepeinigt in der Erzflamme Glut, wie ein Schmetterling, flügelbeschmutzt, zu erschau'n. Und als voller Wut dann Typhone, Zyklopen auf Erden in blutigem Morden, noch eh' man's gedacht, bezwungen der Menschen unbezwingbare Herden, als der Tod, der Vernichter, gelangte zur Macht — Seit sie da nun herrschen, kann Getreide nicht reifen, die Rose nicht aufblüh'n, kein Efeu sich ranken empor, nur eherne Glätte, ein Leuchten, ein blendender Streifen, der als Blitz schon züngelt hervor. Und mit erzgrüner Härte spür' ich manchmal sidi legen mir etwas um's Herz, das es grausam bedrückt und beengt, und ich höre, wenn's mächtig sich will in mir regen, eine knisternde Flamme, die Flügel versengt.

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Der Klausner Gedenkst du nodi der ärmlich kleinen Hütte im Walde, hinter'm Dorfbereich? — Wohl denk' ich noch der Hütte, klein und ärmlich; sah einem Kirchlein, einer Klause gleich. Gedenkst du noch des Klausners in der Hütte? War es ein Räuber wohl, ein Mönch, ein Hirt? — Ich weiß, noch immer klingt mir in den Ohren der Flöte Klageton, wie fern verirrt. Denkst du noch des Gesichtes, bleich und hager, und auch des müden Körpers, leicht gebückt? — Ich weiß noch. Unter seinen busch'gen Brauen blitzte das Aug', als wär' ein Schwert gezückt. Denkst du des Brandes noch im dichten Walde' Des Brandes, der am Abend jäh kam aus? — Ich weiß. Die Hexe! — Ausgebrannt die Hütte, dahin der dichte Wald, o welch ein Graus! So weißt du's noch? Wo blieb er wohl? Gar niemand hat je den alten Klausner mehr gesehn. Ich weiß nicht. Eins nur blieb mir noch im Geiste fest im Gedächtnis an die Hütte stehn: Gebeugt auf ihre abgebrannten Trümmer stand, heiter, unbesorgt und kalt wie Stein, Gott Amor, sich die kleinen Hände wärmend und seine cherubzarten Flügelein.

Nelkenflor

Wie sog ich eure Seelen ein, ihr Nelken! Inmitten einer Landschaft, schmutzig-bräunlidi vom Salzduft, von dem Südwind, von der Sonne; doch rings um das Genick des dunklen Landes schlingt sich korallengleich ein Kranz von Nelker: Nelken im Gartenbeet, an Fensterbänken, Nelken von Kronen- und von Sternenformen, Nelken, die, aufgereiht an Treppenstufen, mit schwerem Duft den Wanderer berauschen. Nelken, gefüllt und ungefüllt, die ihr zerflattert nicht wie Rosen und auch nicht gleich den Violen Seel' und Leib erquicket; die ihr in eurem Dufte etwas berget vom scharfen Hauche eines Binnensees,

ihr Nelken, bald so blaß wie schmächt'ge Jungfrau'n, bald hell auflodernd von verzehr'ndem Feuer, bald wie die nadcte rosenrote Schönheit des Kinderleibes nach dem frischen Bade; bald wie der scheck'ge Putz von tollen Zwergen, bald wie die stolze Pracht des Kaiserpurpurs — All' diese reiche, rauschend rote Fülle, die wie aus einem mächtigen Orchester ihr eurem Innersten entströmen lasset, spielt Farbensymphonien vor meinen Äugen. Ja, eure Seelen sog ich ein, ihr Nelken!

Ringe

Ein Goldschmied ich bin, in der Werkstatt ich weil", fert'ge glänzende Ringe und halte sie feil. Jedem Finger, der's gern hat, geb' ich Ginge geschenkt, daß sie Herzen verbinden, wie von Zauber gelenkt. Ringe mach' ich für die Finger deren, die ich gefreit, und um kostbare Gemmen, um gold'nes Geschmeid such' ich Ringe von Seelen und von Fleisch auch zu zieh'n, von Augen und Lippen und was sonst uns verlieh'n. Sieh den Ring meiner Leidenschaft, wie er dich ziert, dich, die du mir bist eine Hand, die mich führt. Und der Ring meiner Verse dich, Gedanke, umkreist, dich, der wie ein Finger zum Himmel midi weist. Von den ringelnden Locken, die goldig umschwirr'n und dir leise umspielen die leuchtende Stirn, bis zum feurigen Ring, den der Riesenstern zieht, gleicht alles dem Ringe, der nur bildet ein Glied. Ohne Anfang und Ende tanzt zur Kette gesellt so des Weltenraums Weite wie die irdische Welt.

Wer weiß, wie's auf den Sternen... Und mag es hier auf Erden auch niemals besser werden, ob Amor uns erzeugte, ob uns das Elend säugte — Wer weiß, wie's auf den Sternen aussieht, den weltenfernen... Die Sterne, die vergehen, ob sie auch drohend stehen vor'm Erdball, gleich Giganten vor winz'gen Diamanten . . .

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Wer weiß, wie's auf den Sternen aussieht, den weltenfernen, was dort für Völker leben, für Burgen sich erheben, welch Lachen, welche Liebe, weldi Leid und welche Triebe? Uns ist es nidit verliehen, den Schatten, den sie ziehen, zu schau'n im Weltenraume, sei es auch nur im Traume. Welch Wimmern und welch Klagen dort herrscht, wer will es sagen? Vielleicht sind unsre Leiden dagegen Kinderfreuden . . . Vor solchem Weh und Bangen sind gift'ge Liebessdilangen, ja, sind selbst wilde Geier nur wie erlosdi'ne Feuer. Drum seien wir hienieden so, wie es ist, zufrieden, mocht' Amor uns erzeugen, modit* uns das Elend säugen, — wer weiß, wie's auf den Sternen aussieht, den weltenfernen!

An den „Hundert Stimmen" O Stambul, du Zweimeeresbild im Grün, du Heimat meiner Heimat, Türkenraub hat dich entstellt, du sankest in den Staub. Und doch vergißt dich nicht der stolze Aar: Von Nord und Süd, von West und Osten zieht des Nachts er seine Kreise, weckt zum Lied der Siegeskaiser Ruhm, läßt Tränenfunken auf ihre Gräber fallen, die versunken. *

Wie heut', so pflegten einst auf Knossos' Boden vor vielen, vielen Tausenden von Jahren Männer und Frauen, Ros' und Nachtigall zur Frühlingszeit in Liebe sich zu paaren. Wie heut', so blühten Künste und Gesetze, im Hirn sproß Weisheit, auf dem Thron saß Mino;, wie heut', so meißelte des Künstlers Trieb Lilien in das Gestein. Dahin ist alles, allein die Lilie, sie blieb. *

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Ich bin der Aufschrei, der aus Sapphos Harfe brennt, Lippen und Leiern setzte ich in helle Flammen, dann ward ich hingestellt auf teures Pergament, dann kamst du, Mönch, und riebest mich hinweg, banntest wie einen Dämon mich in finstre Tiefen und setztest siegreich einen Bußpsalm über mich. Doch aus des Büßers Äsche, sieh', da sprüht ein Feuer, mein unverzehrbar Feuer — sterben soll ich nicht. * Verächtlich scheint, ihr Felsen, eure Kahlheit kurzsichtigen Verehrern grüner Matten. Einst kreiste Götterblut in Felsenadern, in dichter Waldesfülle, kühlem Schatten. Lebt wohl denn, Ioniens Lenze, Doriens Wälder, und eine neue Wunderwelt von Bäum' und Blumen laßt, Säulen ihr, Metopen, Giebelfelder, hervor aus mädit'gen Quadersteinen quellen!

Zum Sturm Zum Sturm! Steht fest und wanket nicht! Ein Blitz zuckt — schwarze Nacht. Hei, wie das Schwert schon funkelte, hei, wie die Flinte kracht! Zum Pindos vom Taygetos bis zu des Balkans Kamme nur e i n e droh'nde Flamme und ein Gedanke: Sturm! Zum Sturm! Berge, empor uns tragt, Meer, deine Stunde naht. Gib unsern Schiffen Riesenkraft, führ' uns den Siegespfad! Rigas Trompete schmettert es wieder in Himmelsbläuen: „Auf, Montenegros Leuen, auf, Adler vom Olymp!" Brüder, zum Sturme! Wanket nicht! Und zündet nun der Blitz — die Schwerter ja schon funkelten, schon krachte das Geschütz. Kreta, Morea, Rumeli, zum Sturme! Hellas Gauen Erstrahl'n. Es hall'n die Auen, die Herzen gluhn — Zum Sturmi

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An das Griechentum Armes Griechentum, gramvoll, gekneditef, ich vernahm, wie mit gottlosen Lehren der Versucher dich lästernd geächtet, wie mit Heuschreckenschwarm und mit Schwären. Sag', wes Äuge wohl könnt' ohne Tränen dich schauen? Welche Schuld mußt du büßen? Deine goldenen Kaiserpaläste nur noch Spinnen und Eulen umschließen. Und du siehst in des Äntidirists Händen den Pfeil der Vernichtung; er durchbohrt dir das Herz, — du mußt enden. Geist und Seele, Gedanke und Dichtung, das goldene Büchslein — zersprungen. Alles dahin, nur zwei Tropfen dir blieben: Du kannst Gott noch und Vaterland lieben. Armes Griechentum, gramvoll, geknechtet, laß dir nicht von dem Antichrist rauben den Rest deines Schatzes! Mit der Kraft und der Gnade im Glauben stell' dich fest auf die Füße, die schwachen, und such' in dem Herzen, dem leeren, einen Funken noch still zu entfachen. Drum, was rings noch an Reisig zu finden, bring's herbei, laß die Glut es verzehrenl Brenn' sie nieder, die Werke der Sünden, eh' verfallen den Schlingen des Bösen, was noch rein an dir und zu erlösen. Armes Griechentum, gramvoll, in Knechtung, gegen dich war die Läst'rung gerichtet; du, Vaterland, straf' sie mit Ächtung! Eh' dich Pest und Plage vernichtet von Heuschreckenschwarm und von Schwären. Ja, verbrenn' sie, laß die Glut sie verzehren! * * *

Stepßanos Martzokis Himmlische Hochzeit Hin durch des Himmels Weiten gleich Sphärenharmonien ertönen Meßgesänge aus Gottes weitem All.

Es klingt von tausend Sternen, es strahlt von tausend Sonnen, und von Millionen Lippen strömt wonnig süßer Schall. Mit unruhvollem Blicke und mit verhalt'nem Leide, so steht die große Schöpfung jubelnd und leuchtend schon dort mit den Hochzeitskerzen und harrt in tiefem Schweigen auf etwas, das vorbeizieht, den toten Gottessohn.

Himmel und Erde Nicht schlage in Fesseln mir meine schneeweiß leuchtenden Schwingen 1 Ein Etwas begehr' ich von dir, was nicht die Erde kann bringen. Wohl ist bekannt mir der Weg zu dem herrlichsten aller Gestirne; o laß mich bringen dorthin, was goldig entsprang deinem Hirne. Ich, der das Ird'sche begrub, möchte bittere Tränen vergießen, sie dann begraben im Schrein, den Herz und Seele umschließen. Laß mich bringen denn dort in die Höh'n, was noch nicht entrückt in den Äther: die Dornenkrone des Herrn und den Kuß, den ihm gab der Verräterl

Morgendämmerung Mit fahlem Antlitz, des Gewandes bar, so jagt die Mondesgöttin wild daher; von Übernächt'gung blickt ihr Äuge schwer, vom Küssen trocken ward ihr Lippenpaar. Die ganze Nacht nahm sie der Liebe wahr, ihr Lager lohte wie ein Flammenmeer, die weißen Schultern, ihr Gesicht so leer, sie weisen noch des Liebsten Spuren dar.

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Bald hier-, bald dorthin blickt sie angstverwirrt, an ihren Bruder denkt sie und erbleicht, daß sie verschämt in Wolken sich verirrt Doch er, der Sonnengott, rafft sich zusamnen, zornrot er hinter'm Horizont aufsteigt, der Schwester Schande deckt er unter Flammen.

Ich folge dir... Ich folge dir: wohin dein Blick auch fällt, da sollst du sehen mich am Boden winden; und kannst du dann noch um mich Schmer: empfind dann jubl' und jauchz' ich laut vor aller Welt. Und aus dem Grabe, das du mir bestellt, darin mein siecher Leichnam wird verschwinden, wird dir ein Geist erstehn, den sollst du finden von einem Drang nach Huldigung geschwellt. Ich folge dir — und bricht dann an der Morgen, da du in deiner Freude frevler Lust in eines andern Armen ruhst geborgen, als Natter wirst du dann umflorten Blicket empor mich züngeln sehn an deiner Brust, den Kranz umschlingend deines Hochzeitsgliickes. * *• *

Lorenzos Maßiiis Lethe Glücklich die Toten! Ihnen ist entschwunden das Weltleid. Hat die Sonne ihren Lauf vollendet, zieht die Dämmerung herauf, dann weine nidit, trotz deiner Seele Wunden. Die durst'gen Seelen ziehn zu dieser Stunde hin zum Kristallquell der Vergessenheit; wenn dann ein Teurer ihnen Tränen weiht, gleich wird das Wasser schlammig bis zum Grunde. Dann quillt Erinn'rung aus dem trüben Trurke, wenn sie dahinziehn durch die Äsphodelen, Erinnerung an Leid, das längst versunken.

Doch dringt die Träne dir aus tiefem Herzen des Abends, mußt du die Lebend'gen wählen: Sie wollen, doch sie können nicht verschmerzen.

Der alte Ölbaum Ein Bienenschwarm in deinem Stamme nistet, du Ölbaum, der vor Älter tief gebückt, nur spärlich noch mit Blättergrün geschmückt, als ob es dir das Totenhemde rüstet. Und jeder Vogel, den's nach Liebe lüstet, beginnt auf deinem abgestorb'nen Äst verliebtes Jagen, wonnig süße Gast, nachdem dir längst das Blühen ist befristet. O wie sie dir das Sterben leichter machen, die summ'nden Tone zaub'risch dich umwehn, wie tollen Jugendübermutes Lachen, das wimmelnd die Erinn'rung weckt an Gestern. O könnten so doch aus dem Leben gehn auch andre Seelen, die der deinen Schwestern!

Kallipafeira „Was sudist du, Rhodierin, uns hier zum Hohn, wo doch verpönt der Frauen Gegenwart?" „In den Olympien Eukles Sieger ward, mein Neffe, dann drei Brüder, Vater, Sohn — Hellanodiken, o ihr müßt mich schon hier prangen lassen in der Leiber Pracht, die mit der Mannesseele ganzer Macht heiß ringen um des wilden Ölzweigs Lohn. Kein Weib wie andre dürft' ihr in mir sehn; Vorrechte hat mein Stamm durch seine Gaben, die in Äonen nicht soll'n untergehn. Mit goldnen Lettern steht es eingegraben auf einer Marmortafel, leuchtend weiß: des heil'gen Pindar hoher Liederpreis."

Siegesstimmung Ein Fund ist uns geworden, kaum zu schätzen: Jetzt, wo die alten Kämpfe neu entbrannt, wo neue Lebensflamme unser Land in wilde Kriegesstimmung will versetzen. 4 Neugriechische Lyriker

Da leuditet, unserm Volk einst ein Ergötzen, das über zwei Jahrtausende entschwand, Bakchylides' Gesang, der neu erstand aus der Olivenhaine Blätternetzen. Uns hat ihn Mutter Hellas neu beschert als des Triumphes Pfand im großen Kriege, auf daß mit Hoffnungsmanna er ernährt das Volk, das wieder sidi erkämpft die Siege. Mutter, zu deiner neuen Helden Ehr' ersteh' ein Dichter uns, so groß wie er!

Kreta Sirene du im goldiggrünen Glimmer mit Liebesblidc, mit Lippen, leicht geschwellt, mit Strahlenhaar, straffbusig, reich bestellt, mit Reizen zahllos, buntem Schuppenflimmer, Du sdimetterst in des Meeres Rosenschimmer ein Lied hinaus, und durch das Sonnenzelt, das luft'ge, durch die Reiche dieser Welt, trägt es ein Hauch, so duftig süß wie nimmer: „Ernähren kann mein Kuß auch Götterkinder, wie Amaltheas Ziege sie gesäugt; so kommt und nehmt, ihr Lebensüberwinder, in meinen götterkräft'gen Arm gebeugt, von mir der Gaben festvereinte Dreiheit: den Tod im Kampf, Unsterblichkeit und Freiheit." * * *

Mertos PMindas Aus den „Oktaven"

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In des verhexten Gartens Wege führt Amor, ach, zu ihrer Pein unschuld'ge Wandrer. Sorglos träge ziehn sie der Reihe nach hinein. Indes der Gärtner, der dort hauset, ein Drache, sie mit Fronden plagt, bis daß der Tod, der Seelenwächter, zur Hintertür hinaus sie jagt. *

Die Sonne nannte didi Liebkind, du schlugst die Liebe in den Wind, formtest den Sdiöpfer, als ob e r von d i r ein treues Abbild war'. Doch er, in seiner höchsten Not, sdiuf dich aus Erde und aus Kot. Dann ekelt ihn, was er geschaffen, und sdinell sucht er didi wegzuraffen. Von der Akropolis Kastell fällt wie ein Stern so leuchtend hell der alten Marmortrümmer Größe auf unsre klassisch nackte Blöße. Doch du, mein wackrer Zukunftsmann, siehst auch den Abendstern nur an als Trümmerstück im Raum der Welt, von dem ein Lidit aufs Wissen fällt. * Voll ist der Mischkrug bis zum Rand, ein jeder Tropfen ein Rubin, nimm das Kristallglas denn zur Hand, ein neues Opfer zu vollziehn. 's ist heil'ges Salböl der Hellenen — der Lehrer sagte dir's wohl schon — da du ein Sprößling nun von jenen, so salb' dich damit ein, mein Sohn! * Mit Mars auf seinem Schlachtenbeet, das mit Diamantenstaub bestreut, nimmst du's nicht auf, du mein Planet, du Erde ohne Lust und Freud'. Er strahlt so herrlich, wie getaucht in flüssig Gold sieht man ihn prangen; d u bist von Schwären wie bedeckt, von Stacheln, Nesseln und von Schlangen. * Er, der das Brennöl unsres Lebens in unsre Lampe eingefüllt, der ihren Docht herniederschraubte, damit's am Abend leuchtet mild, 51

warum, wenn dieses Ol zu Ende, füllt er uns ein von neuem nicht, statt unserm Lämpdben zu entziehen sein ganzes bißchen Lebenslicht? — * * *

Konstantin Deftas Kantate Kaum hatten sie den Dampf, den Werkgenossen, entweichen lassen, daß es zisdiend auf zum Himmel wallte, da ging, als ob ihr langgezog'nes Knarren wollt' sagen: „Kinder, laßt die Arbeit ruhn und gehtl", unwillig eine Tür auf, und heraus aus dunsterfülltem Saale drängte in die Dämmerung von Arbeitstieren sich ein Menschenhauf. Im Herdenzuge ging es wieder nun der Stadt entgegen, Mut sidi zu holen, bis der nächste Tag sie wieder in das Joch zwang; denn so wollten es die Kräfte, die sie umklammert hielten allerseits, und die in enge Grenzen ihres Lebens Ablauf bannten, in stetem Wechsel Drude und Gegendruck. — Wie sie so fürbaß gingen, stimmt' aus ihrer Mitte einer plötzlich ein Liedchen an, das tief verborg'nen, sehnsücht'gen Drang entlud. Da trat, gesellt zu seiner Stimme, noch eine zweite; dann noch eine and're, und wieder eine, bis sie sich im Chor vereinten. Da nun geschah das Wunder — denn wie soll man sonst das wohl benennen, was im Innersten sie spürten? War's Hoffnung? Doch auf welche Freude wohl? Spürten sie eh'rne Fesseln springen? — Sie, die tagesüber das Auge nicht von ihrer Arbeit hoben, suchten zu schauen etwas in den Sternen droben.

Martyrium Anstimmen Sonn' und Sterne hoher Lieder Weise und schlingen leuchtende Bahnen unablenkbarer Kreise.

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Wie einen Mißklang nur vernimmt im Weltenall, so feingestimmt, die Seele — o wie fürchterlich! — Ihr eig'nes Ich.

Ein Sturz O, welch ein Selbstbetrug in deinem ersten Anlauf! Wie du, nicht mehr zu halten, in dem wonn'gen Frührot empfandest, daß du leise immer weiter schrittest, von heft'gem Drang erfüllt, ans Licht dich durchzuringen, das, wie du ahntest, leuchtend seinen Schein schon warf am Horizonte, wie der Weg unmerklich dann — wie über's Saitenspiel die Hand, glitt hin dein Fuß da's dunkelte, als eine schwarze Wand emporstieg, da fühltest du, wie eine fürchterliche Last dich unbesiegt hinab ins Chaos stürzte . . .

Der Springbrunnen Ein düfteatmend Schweigen scheint ringsum über dem Garten hin zu schweben, so süß gewaltsam, daß es \yie ein Bann betäubend lastet über allem Leben. Ein Wasserstrahl nur schießt ohn' Unterlaß nach einem Ziele hin wie eine Lanze; doch ist's sein Schicksal, daß er's nie erreicht, und er erschöpft sich im Verzweiflungstanze. * * *

Georgios DeCis An das Leben Sprech' ich gar manchmal: Leben, o, ich hasse Ruhm, Reichtum, Macht, der Kronen Schmuck, stredt nicht die Waffen, nicht zerbrich die Bogen, mein Leiden lindre nicht, — es war' Betrug. Und sprech' ich wiederum: Ich hasse Sünde, Meuchelmord, Dolch, Gift, Hinterlist und Trug, laß nicht in meiner Nacht das Opfer liegen, nicht drück' mich an die Brust — es war' Betrug.

Doch sahst du, wie idi midi vor Armut bäumte, der frevlen Knechtschaft Bande ich zerschlug, nicht Kränze flicht mir, nein, sag' Kampf mir in und tritt mich auf die Brust — sonst wär's Betrug.

Bergschnee Bin ich auf deinem Gipfel, Berg, was schert's mich, wenn Trug mein Traum, mein Flügel ist versengt, wenn tief im Abgrund ruht die Nacht im Schweigen, des Gießbachs Wut sich durch die Felsen drängt? Du tägliches Geplack im Feld und auf den Straften, ihr düstren Sorgen, die der Staub aufwühlt, seid ihr wohl wert die eine Hand voll Firnsdmee, die meine fieberheiße Stirne kühlt?

Aus den „Traumschatten" I. In deiner Hand ein glüh'nder Meißel. Jugend ritzte auf meinen leeren Grabstein ein: „Zuletzt das Wort, zu Anbeginn die Tat, zu allererst der Liebe Kraft und Tugend!" Ob sumpf'ge Zeit mir all mein ringend Schaffen gleich früher Chrysanthemen Schmelz zerschlug, der Alltagssorge trüber Bodensatz mir meine jungen Blätter läßt erschlaffen, Im Innern fühl' idi ruhelos sich regen das Salz der sünd'gen Sodomiterin, und sehe einen Krüppel Ikaros an seine Krücken neue Sdiwingen legen. II. Tief in die Stirne gräbt mir ein der Zeiten Lauf sibyllenhafte, abendliche Runzeln, und in der müden Seele dumpfen Gängen stellt mir die steinern-stumme Sphinx ein Waditmal auf. Die Platte meines Sarkophages nun betaut wie Auferstehungsflut die Träne. Kriegsgesänge und S chlachf trompeten schweigen. Glockenklänge durchdringen nächtlich wie ein fremder Weltenlaut das All in der Entsühnung Stunde. Wie ein Band entzünden Sterne, Völker palmbekrönte Lichter, vom großen Wunder des Martyriums bebt die Erde, zum Chaos reck' ich auf die abgezehrte Hand.

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III. Hoch sind des Hades Pfeiler und gar weit die Straßen. Glücklich, die fest vereinigt durch das Leben schritten und nun im Bunde audi der Lethe Flut durchmaßen, eh' sie der Trennung mitleidlos Geschick erlitten. Auch wir, du unbeugsame Seele, wenn verflossen die letzte Stund', im Abendlicht erglüh'n die Matten, wollen als reuelose, strahlende Genossen hinüber wandeln in das Land der Schatten. Doch nicht gebückt wie feige, lebensflücht'ge Knechte, die mit des Schicksals Ketten schwer beladen, nein, Kön'gen gleich, die du, Gebieterin der Nächte, hast in dein stolzes Herrenhaus geladen.

Wunsch Ich sog dir jede Beere aus, du süßes Leben, als ems'ge Biene an der Sonnenquelle Reben, ich ließ, ein wüster Traumgesell, der Leier Saiten hin durch des Ruhmes und der Liebe Flammen gleiten. Doch sollt' ich j e zur Sonnenhöh' emporgelangen, drei Steinenzweige wünsdit' ich heimlich einzufangen: Zwei, meinen Schmerz und meinen Schlummer mir zu letzen, den dritten, sdlönsten, auf der Mutter Grab zu setzen.

Eine Zigeunermutter... Eine Zigeunermutter säugte midi in einer Pyramide Schatten; Erinn'rung an ein totes Heimatland zieht mit mir nun in Bildern trüb' und matten. Erinn'rung ist die ganze Schöpfung mir, und fest umklammern mich die alten Zeiten; tief in der Seele nur, wenn's Abend wird, seh' idi die Sahara weithin sich breiten. Und drüben dort am dunklen Sternenzelt, da leuchtet's auf, und eine Stadt ich ahne; plötzlich erlischt es — Nacht ist's wiederum, mein Sehnen zieht dahin als Karawane.

Venedig „Wißt, Kön'gin war Venedig. Rings umschlossen von der P a l ä s t e nun so öden Reih'n, die wie Geschmeide ihre Brust umflossen, im Wasser werfend ihren Schein —"

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„Wozu mich, Alter, mit dem Zeug da quälen? Rud're midi lieber auf das offne Meer! Weit ist mein Schmerz, eng ist's in den Kanälen, die Mauern drücken midi so schwer." „Welch heimlich Leid, mein Sohn, dir wohl betrübte die junge Seele, daß so wild sie schlägt? Starb dir die Mutter? Oder die Geliebte? Ob sie für andere Liebe hegt?" „Auf zieh' die Segel, geradeaus das Steuer, solang' noch weht der stete Wind! Tief ist mein Schmerz, und hier ist's nicht geheuer hinaus, hinaus aufs Meer geschwind!" *

*

*

Apostofos Mammetis Unterweltslieder I. Des Hades tiefe Stufen stieg ich nieder, sah, wie der Tod ganz munter Leiber schleift, und fragte, ihn auf mein Gerippe weisend, warum er sich nicht auch an mir vergreift? „Fort, Halbbegrabner, nächt'ger Lebenswandrer! Stellt deine Fee dir nidit mit Blut den Freibrief aus, die Toten würd' im Schlaf dein Wimmern stören, als mächt'ges Schlagholz dröhnen durdi mein Haus!" II. Im Kerker des Erlösdiens eine arme Seele gebückt um Gnade vor dem Unbekannten fleht, indes der Tod, des Richterspruches harrend, mit leisem Lächeln horchend steht. Wie er auf die Verdammte nun im Dunkel blidcte, und ihres Lebens endlos lange Qual vernommen, da winkt' ihm jemand aus der Tiefe zu, schritt in den Himmel dann und war verglommen. Bekümmert rief der Tod: „Du Unglückselige, hart ist sein Richterspruch, vergeblich ist dein Fleh'n, hinaus soll ich dich in die nächt'ge Welt verstoßen, bis du in deiner Marter Qualen mußt vergehn."

„Erbarmen, Tod! Freudlose Gunst ich mir erflehe, wie Nachttau soll in meine Glut dein Atem dringen, deine erschöpfte Ferse, die auf Leichen tritt — sie soll meines lebend'gen Leibes Hemmschuh neu verjüngen —" Da an des Todes Wimpern sah zum ersten Male man zitternd eine Träne der Verleugnung hängen; es sdilossen sich zwei schwarze Pforten — er verschwand, die Seele blieb fortan im Kerkerloch, dem engen.

Jenseits der Finsternis I. Tief in dem Qualm, der endlos wogt im Raum, mit schwarzem Mantel Erd' und Himmel deckend, funkelt's wie Licht, zieht's wie ein wirrer Traum, in meinem Herzen kalte Hoffnung weckend. Schleppend an zweier Weifen Ideal, war Sehnsucht Kompaß, Führer stille Töne; Lichtsudier, zieh' ich ob dem nächt'gen Tal und hör' weit hinter mir die Läst'rung höhnen. Rhythmisch pocht unter meinem Schritt mein Herz, hämmernd wie im Kamine die Dämonen gegen mein stummes Ich, das, fremd dem Leib, hinschmilzt vor Heimweh in des Lichts Äonen. II. In des endlosen Meeres tangerffillte Tiefen will ich, ein ries'ger Taucher, untertauchen und in die tief verborgnen Höhlen dringen, aus zarten Wurzeln Saft der Perlen saugen. Und steig' ich stärker dann empor und voller atmend, dann, eh ich sprüh'nden Schaum wie Perlen ringsum streue in Weiten, die kein Atmender durchschwömmen, stimm' ich des Weltalls mystische Sonate an und sing' ein Lied dazu, wie man's noch nie vernommen.

Nächte Weinende Nächte gibt es, wo auch du mußt weinen; und du nur weißt, woher die Tränen kommen: Unsichtbar eine schwere Hand von droben schlägt drein, und alles weint, in Schmerz entglommen. Die schweren Nächte sind's, die nicht vergehn, die ew'gen, die alle, die sie leben, Schmerz und Seufzen lehren. Weint denn, ihr starken Seelen, die am Leben leiden! Die sdiweren Nächte sind's, die an der Seele z e h r e n . . .

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Die Geleiterinnen Wonnetrunkene Feen im Garten des Lebens einst begegneten mir, eh' noch schwer mein Gemüte. Wie nun alle mir nah und mich alle geküßt, da tränkten sie mich mit dem Saft einer Blüte. Mich zum Blütenträger erwählend, sie sangen das Lied mir des Lebens, und zwei, drei mich geleiten; Auf das Lebenslied legen sie befeuchtete Blumen, und wer ihren Tau trinkt, muß schwer daran leiden. „Wohin führt ihr mich, Feen? Wie heißt ihr? Wer seid ihr?" — „Wir besingen die Träume und führ'n ohn' Erbarmen, ohne Gnade dich hin zu der Wüste des Lebens . . . Wir heißen: Erinnerung, Trübsal und Harm!"

Himmelwärts! Mit ausgebranntem Weihrauchfaß und leerem Leuchter zog's wie ein Schatten, eines schweren Lebens Last auf leisen Sohlen wandelnd durch das nächt'ge Dunkel, nach einem Punkte leuchtend-weißen Nebels forschend. Wie auf den Weg er hielt den starren Blick geheftet, sah ihn von fern die Seele, die zum Himmel strebte: „Mach Platz, endlose Nacht, birg deine Truggestalten, die ins Verderben ziehn den Geist. Und du, der Seele Verwüster, Bruder du des Leids, qualvolles Denken, bekleidet mit dem Schleier meines ew'gen Ich, schwing machtvoll dich zum lichten Nebel, eh' du scheidest; trittst du dann ein ins Ällerheiligste und betest, als Licht und Weihrauch opfre an des Brandes Stätte Glauben und Hoffnung, sie, des Seelenheils Symbole, Doch mach' geschwind, du keusches Denken, daß du ja nicht im endlos nächt'gen Jagen ihre Spur verlierest!"

Laß die Welt... Laß denn das Festland ruhen mit seinem Lebensneid — komm, steig in meine Barke, sie rudert mit dem Leid. In des Vergessens Fluten segl' ich mit dir hinaus, mein wildes Stöhnen lösche dein Liebestrank mir aus. Und wenn im Nachtgebete du für mich Wache hältst, und fernes Klagen hörest, das durch die Nacht sich wälzt, frag' meinen fiüdit'gen Schatten, der dir zur Seite schwimmt, er sagt dir von dem Unheil, das man darin vernimmt.

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Komm denn, am Möwenfelsen ist stummes Stelldichein; Girlanden, Kerzen, Weihrauch — alles soll bei mir sein. Mit vollen Segeln woll'n wir im Äther Kreise ziehn, durch Ewigkeitsvisionen hinrudernd leis verglühn! *

*

*

M Kafavitis Hören Feurige Lettern schreiben die Hören beim Messelesen der Ewigkeit auf langgewundene Kirdienbogen in stummem Leid. Die heiligen Bilder blicken voll Sinnen hinab auf der Hören langes Gebet. Jahrhunderte fliehen, erlöschen, zerrinnen — Feurige Lettern schreiben die Hören hinein in Bücher, geheimnisdurchweht.

Vergänglichkeiten I. Des heil'gen Schweigens Schritte wallen hin durch des Todes stille Hallen. Der Leichnam ruht allein, kein Klagesang, kein Kerzenleuditen und kein Weihraudisdiwang. Nur eben fiel herab ein Heil'genbild, in Stücke sprang sein goldner Rahmen, und dann ist wieder alles still. Ein Geist geht um — Vergänglichkeit mit Namen. II. Des Leidens Quell ist nun verstopft. Tief in dem weiten Weltmeer starrt schweigend der Fluten trübe Fülle. Dodi etwas voller Unruh' klopft — es scheint, als ob es ängstlich harrt auf langer Nächte düstre Stille. Da kommt heran des Charons Boot, sacht gleitend aus verborg'nem Sunde, ohne ein Ruder, ohne Ruderpflock.

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Allein nur an dem breiten Buge hockt, messend die mystisch-stille Stunde, in düstrem Ernste Fährmann Tod. III. In dem unheimlichen Gemache drinnen hängt mutterseel'nallein der alte Spiegel, ein Überrest von altem, reichem Leben; in abgelegnen Winkeln, wo die Spinnen still emsig der Erinn'rung Fäden weben, breiten sich teurer Toten schatt'ge Flügel. Es ziehn vorüber und beschauen sich im alten Spiegel die lang aufgereihten, versunk'nen Tage, Tagewerke, Bilder, trübsel'ge, nimmer wiederkehr'nde Zeiten. Doch kommen wird ein Tag, ob früh, ob später erst, da fällt herab der Spiegel und ¡zerbricht. Wird bis dahin ein Bild — ich stehe schon und laure — noch vorbeiziehn oder nicht?

Sonnenuntergang Im Städtchen weben schattige Gestalten die Nachtruh', auf daß Friede möge walten. Ein Königspurpur hüllt die Gipfel ein, der sacht hinüberwallt ins Heiligtum der Feuertempel dort des Sonnenkönigs, wo schon die Hören sich zum Hochamt rüsten.

Abendmesse Das Schlagholz dröhnt, zur Vesper auf es ruft der Mönche Schar; im engen Kloster hört man schon Bußpsalmen hell und klar. Stumm schauen auf die Leidensprozessionen hernieder grämlich-finstre Malerei'n, . und bei dem Vesperopfer, mystisch-rein, ziehn schwarzverhüllt vorüber die Äonen.

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Atßanasios Kyriazis Lebenslieder Ich hörte deine Worte nicht, in Windes Wehn, im Sturmesbrausen hab' ich sie erlauscht, als war' es deiner Seele Flügelschlag, der herzzerreißend in den Sturmwind rauscht. Als war' es deiner Worte Widerhall, schwer lastend, herzzerreißend, insgeheim, vernehm' heut nacht ich wieder Flügelschlag — Der Wind weht draußen — und ich bin allein. * Wir werden nimmermehr den P f a d einschlagen, der zu des Glückes Gipfel führt empor; beschieden ist es uns, das Kreuz zu tragen, Zermürbung uns das Schicksal auserkor. Endlos will unser Lebensmeer sich dehnen, am Strande jedes Hoffnungsglück versank — Das Schicksal wollte, daß von heißen Tränen uns unsrer Jugend Blumenglas zersprang. * Gefesselt an das Denken, an die Ahnung von Sterben, von Zerstörung, wildem Schrei'n, trink' ich aus dir wie Aloe mein Leben, du Zeitenborn, so hell und rein. Bei dir, gestürzter und verwehter Tempel, liegen die Marmorsäulen nun zerschellt: in deiner Flut fließt, Leidensstrom, mein Sehnen, ein blut'ges Anemonenfeld.

Das Gesetz Sprach das Gesetz: „Halt still, wie ich verfüge: Hände und Flügel werden dir gebunden." Der Priester sprach: „Ihr Lieben, fest umwunden sind Glaub' und Leben" — so sagt Pfaffenlüge. Doch ungebändigt pocht dein Herz, wild jagend in Sternenhöhen seine sel'gen Träume und seine Schwingen breitend durdx die Räume; die Hochzeitsrosen in der Schürze tragend, setzt du mit Reuetränen sie in Flammen und bringst sie als ein Opfer zum Altare, ob dir zum Heile oder zum Verdammen? —

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Triffst du dann einen Liebsten früh'rer Jahre, sprichst du zu ihm: „Wir war'n auf rechter Bahn, mein Herz bezwingt Gesetz und Priesterwahn."

Mein Grabmal Vergessen sein will ich dereinst von euch, vertrocknen soll der blut'gen Tropfen Spur, wo einst entlang das Wunderwesen fuhr. O Todesfriede du, so segensreich, der in die Luft du treibst Zypressen schlank, der Knechtschaft Ketten läßt in Studie gehn, kein andrer Tag soll mehr nach dir erstehn, kein Geisterringen, wie es Dante rang. Auch soll in Marmor nicht noch in Metall man eine Ruhmesstatue mir errichten mit einer Freundeswidmung eitlem Schwall. Ein Bild der Lethe soll man mir errichten, die Kränze nicht noch Lorbeerzweige trägt, nur streng den Finger an die Lippen legt. * * *

Joannis Maenafiotis Aus „Menschliches und Göttliches" Lebensgeschichte Von Gottes wundersamer Schöpferhand in eine Himmelsträne eingehüllt, fand ich mich eines Tags im grünen Rasen. Und dann, nach ein'ger Zeit, wurde zu Saft die Träne zart und ich zur Blüte. Und dann, nach ein'ger Zeit, ein Rhythmus aus der Träne ward und ich zum Liede. Wieder nach ein'ger Zeit lag ich als Engelein in meiner Mutter Arm. Und nun muß ich, aus Sternenhöh'n gefallen, den Weg des Erdenlebens wallen.

Das Licht des A b g r u n d s Der Abgrund, erfüllet von pechschwarzem Dunkel, Gestalt nicht hat er nodi Ende. Der Seele angstvoller Weheruf, der weit hinfiber dringet ins Dunkel, nimmermehr kehret er wieder, kehrt nimmer zurück — — — Etwas zieht ihn unwiederbringlich zu dem, was dort schimmert in der Windungen Tiefe, zu des Abgrunds heiligem Licht. Kelterf est Den lieblichsten Mysterien weih' ich mich, es quillt in vollem Strome Phantasie . . . Mein Geist ist wie ein flammend Feuermeer; und schweift in selige Gefilde der Gedanke, — er, der der Kelterer der Gottestraube, die Herz und Leib mit Süßigkeit erfüllt — dann, in des Weihetempels tiefstem Innern, preßt er und preßt ohn' Unterlaß den Saft von allem, was nur zu erdenken, von Lilien, Rosen, Hyazinthen — alle Düfte und alles, was berückend in mir lebte an unaussprechlichem Entzücken. Und bringt mir immer neuen Blütensaft herbei von einem unbekannten Jordansstrande, auf daß gar süß idi dufte und mich sättige an jenem unersättlichen Warum, wonach mein Ich fragt, wenn es geht ans Sterben. Weltbewußtsein Unendlich Weltbewußtsein, deine Flamme wird ganz von meinem Wesen eingesogen, wie erster Regen von dem dürren Erdreich. Wenn heft'ger Sturmwind, der den Sdiaum gebärt, in großer Stunde midi durchrüttelt, verleiht er mir die gotterfüllten Gaben, und voller Frieden schau' ich ihn. Dann spür' ich dich, o du Allsichtbare, im Aufgang einer Doppelsonne . . . Der Todesgott, die Lebensgöttin mich umarmen!

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Tod Ein Geheimnis der Tod ist, das Gestalt ward im L e b e n . . . Seine Schwingen rühren unhörbar an allem, was sich da reget. Ein gebändigter Panther in der Sanftheit des Ganzen, ein heis'res Getöne in vielstimmigem Einklang, ein heimliches Leben in der Schöpfung Ermatten. * * *

Timos MaCanos Wohlan, es lacht die Meeresflut... I. M o r g e n Zieht nun die Segel auf zur frohen Fahrt, es ladit die Meeresflut — auf denn, ihr Jugendsdiönen! Der Augenblick, den wir verlieren, fliehe, erstickt von unserm Zorn, daß er sich bannen ließ von toten Tönen. Ja, jung nodi sind wir, Sirenen birgt für uns das Meer, die unser warten; in bernsteinhellem Glänze leuchtend, strahlt es in seinen Tiefen wie ein blum'ger Garten. Auf zu den Polen unsres schönen Strebens, laßt alles Zaudern uns ertränken in der Flut, dieweil uns aus den Masten lacht der Mut des Lebens. Wie Statuen steh'n wir da, in unser Haar hat sich verliebt die Sonne; darum berauscht, befeuert uns auch ihr Lidit, es wird zum regellosen, zum wilden Takte, der das Fahrzeug steuert. Mit aufgeblähten Segeln, blutig rot, laßt uns die Sonne, eh' sie sinkt, erjagen, eh' sie in uns versinkt; beseligt wird dann unser Auge sdiauen, zu jenen fernen Polen zu gelangen;

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dann trachten wir vergebens zu verlängern den Tag, der, schon so karg an Stunden, gleichmütig alles hüllt in Nadit und Grauen. Laßt euch durch Rosen nicht die lange Reise betören kurz vor der Verheißung Land, mit wilden Orgien, lockend üpp'gen Frauen, mit Dingen, wie sie keine Phantasie erfand. Madit klar zur Fahrt, nach Neuland geht's, wir sind die Jungen. Die Sonne sagt es eudi mit eh'rnen Zungen: Ihre Posaune gibt uns das Signal mit Klängen voll von Licht: wie ein Rubin glänzt Mut in ihrer Äugen Strahl. Für jeden Schritt dem Dunkel zu müßt ihr nun, Tapfre, euer Inn'res geben. So nehmt denn Träume über Träume mit, daß ihr sie in des Meeres Tiefen senkt, entgeltend jede Spanne, die wir entziehn dem Leben. Ja, nehmt mit euch hinaus viel schöne Träume, versdionet auch die allerschönsten nicht, werft immer neue in des Meeres Räume: Für jeden neuen Tropfen in des Lebens Becher gilt's neuen Tod, unsichren Pfad, erträumte Wogenbredier. II. M i t t a g So tretet nun mit mir ans Steuejbord, ins endlos weite Blau werft eure Blicke, die Blicke, die unsicher irrend sdiweifen, die ruhelos durchs Unbekannte ziehn, das über Wolken sich emporreckt, die Blicke, die, Luftschiffen gleich, die Höh'n durchstreifen. Ja, werft sie prüfend in die Weite, daß ihr die boshaft tück'sche Wahrheit wie in Verklärung schauet, als Licht, als Woge, Luft und Töne . . . Ihr sollt mir nun, die des Erfolgs entbehrten, erst recht in Schönheitfülle strahlen, den Helden gleichend, die an Abenteuer glaubten, sidi an sie hefteten, jung, wie sie waren, und, von der Zeit besiegt, zur Heimat kehrten. Wie gern ich doch das Rattern in den Segeln höre, es mahnt midi so an meines Herzens Schläge... Nah'n wir uns, Kapitän, 6 Neugriechische Lyriker

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denn noch nidit dem ersehnten, dem belebten Hafen? Meer, nidits als Meer, wohin idi b l i c k e . . . Gut, daß wir der Erkenntnis Mittagshöh' erstiegen. Berausch' uns denn, du reiner Nektar der Erscheinungsfülle, zur Sonne wird doch keiner von uns fliegen. Wir sind junges Blut, uns entstellte nur das Denken, angelangt sind wir auf Mittag und durchfurchen noch die Flut. Ach, die Stunden, sie betrogen uns, noch zeigt nirgend sich das fremde Land. Ja, betrogen haben uns die S t u n d e n . . . Wer wird's glauben, daß wir nur dazu Traum auf Traum ins Meer gesenkt, daß es für jeden tückisch rätselvollen Äugenblick uns mit Verführerkünsten fest umfängt? Frischauf, noch sind wir jung, ja jung noch sind wirl Wir haben nichts, was kümmert uns die Weite? Noch haben wir ja keinen Schritt voran getan, wohl meinten wir, daß wir schon weiter seien, weit, wie die Sonne eilt auf ihrer Bahn. Stürzt euch in Orgien denn, noch ist es Z e i t . . . Es wiege sich mit uns das Schiff in Rausch und Wonne — nicht lange mehr, und sinken wird die Sonne. III. A b e n d Seht, wie dort in der Segel tiefem Schatten das Denken liegt; es beugt sich vor E r m a t t e n . . . Nun ruht es fest in der* Gewißheit Schlummer, das Denken, dem man alles hat geraubt, das sich in eitlem Kampfe aufgerieben mit den Titanen des Unmöglichen, und dem nur Hohn und Spott davon geblieben. Das Ziel verschwimmt; tückisch wie ein Verschwörerauge, das höhnisch, tief gerötet steht im Westen, lauert die Sonne, unserm kühnen Streben wie einem Opfertier den Tod zu geben. Beendet ist die Fahrt, aus Tag ward A b e n d . . . Im Stich ließ uns die Sonne; wähnend, sie sei nun unser, überließen wir ganz allein sie ihrer altersheil'gen Tage berauschend wildem Zechgelage . . . Drum, sinkt sie jetzt, ist's, als ob uns zum Hohne sie sich berauscht im irisfarb'gen Nektartrank des Meeres, für uns unfaßbar, die wir voller Einfalt das Glück gesucht, als ob's in ihrem Innern w o h n e . . .

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Beendet ist die Fahrt: Laß, Kapitän, das Steuer. Die Äugenblicke hasten . . . Die Sonne schwindet nun für uns, verzweifelt kämpfen mit dem Dunkel schon die Masten, das Morgen liegt in andrer Händen; das Morgen mit der kurzen Spanne, die so viel Glück den Jungen wird verheißen, ihnen, die mit uns gleiche Sprache reden, die sich zu einer Fahrt, gleich unsrer, rüsten, zu fernen Polen, märchenschönen Küsten. Uns winken morgen keine neuen Fahrten, wir alle sind dann tot, und weit getrennt, der eine blaue Woge, weißer Schaum der andre, so sondert sich ein jedes E l e m e n t . . . Noch denk' ich, wie in jedem Sonnenstrahle, der morgen leuchtet, werden weiterleben die Seelen derer, die mit uns gelebt; der Träume Seelen, die mit uns ertranken, sie werden dann im Sonnenscheine funkeln und über uns ergießen ew'ge Helle, wenn wir zerstoben sind in Wind und Welle. *

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Panajotis Karte(iopufos Verlorne Söhne Auf halbem Weg sah man sie heimwärts streben mit Weib und Kind und was sie brauchten für ihr bißchen Leben. Verlorne Söhne waren's, die voll Reue bleichen Gesichts, elende Hungerleider, zur Heimaterde kehrten nun aufs neue, am Leibe noch die abgetragnen Kleider. — Wie sie Vergebung nun erlangt, die Sünder, erfüllte sich das Haus mit Weihrauchbläue, und da, wo sie dereinst erblickt das Licht, feiern sie Hochzeit nun bei Kerzenglanz, mit Geigen, Hochzeit mit denen, die noch gestern ihre Kinder. Denn ach! Sie wissen ja schon heute nicht, was ihnen eigen 1 5*

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Sie, die dem nachjagten, was sie nicht errangen, sie, die sich's vorgestellt, daß, wer den eb'nen Weg erwählt, sich ewig auch das gleiche Maß bewahre in allem, was er auch erfahre — Sie mußten in den eignen Schritten sich verfangen und konnten nicht mehr auf die rechte Spur gelangen.

Schwarzes Gewölk Ein schwarz Gewölk wälzt langsam sich daher — Sagt mir: bedrückt die Fremde euch so schwer? — Sagt mir: nadi welchem Heim und Herd wohl euer sehnend Herz begehrt? „Ach, süße Seele, Heimat ward uns nicht! Uns winkt kein Heim, nicht Schutz noch Schoß. Doch wenn er los nun bricht, der Weitersturm — und heute nacht noch bricht er los —, fährt er nicht dahin, wo das Land liegt kahl und bloß, er fährt dahin, wo Häuser stehn, wo Menschen wohnen, die sich nicht sorgen um des Himmels Zorn, dahin, wo Stätten alter, hoher Traditionen. Und wenn nun so der Sturm losbricht, möchten sie alle, sie wär'n elternlos und hätten Herd und Heimat nicht, und wär'n wie wir ohn' Schutz und Schoß. Denn wenn einmal der Sturm bricht los, fährt er nicht dahin, wo das Land liegt kahl und bloß!"

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Kulturlyrik *

Konstantin Kavapßis Mauern Ohn' Mitleid, ohne Gnade, rücksichtslos zog man rings um mich riesenhohe Mauern. Nun sitz' ich, und Verzweiflung ist mein Los. Es zehrt an Herz und Geist mir dieses Trauern, mir, der so viel zu wirken sich noch sehnte. Oh, daß ich nicht mehr auf den Bau gab acht! Kein Maurerlärm, auch kein Geräusch ertönte, und eh' ich mir's versah, schloß sich der Schacht.

Lebenskerzen Verheißungsvoll stehn unsre Zukunftstage vor uns in unabsehbar langer Linie, gleich einer Reihe flammend heller Kerzen, goldglüh'nder, warmes Leben sprüh'nder Kerzen. Still hinten stehn die Tage, die vergangen, erloschner Kerzen wehmutvolle Reihe; die vordren sdiwelend noch, doch alle andern vom Rauch geschwärzt, herabgebrannt, erkaltet. Hinweg! Von hinnen! Mich bedrückt ihr Anblick, es drückt mich, denk' idi an ihr erstes Leuchten. Drum blick' ich auf die Kerzen, die da brennen. Nicht umdrehn will ich mich, nicht schaudernd sehen, wie schnell die dunkle Linie sich verlängert, wie schnell sich die erloschnen Kerzen mehren!

Stimmen Oft scheinen geisterhafte, liebe Stimmen derer, die längst gestorben oder.aber für uns verloren sind wie Äbgeschiedne, bald, wenn wir träumen, leis mit uns zu flüstern, bald, wenn wir denken, laut mit uns zu reden.

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Mit ihrem Tone kehren flücht'ge Töne aus unsrer ersten Lebensdichtung wieder, die wie Musik in ferner Nacht verklingen.

Morgen am Meere Hier will ich rasten und mir die Natur beschaun. Ein morgenfrisdbies Meer, ein wolkenlos Gewölb' in sattem Blau, ein ockergelber Strand, alles verklärt in starker Leuchtkraft ruhend. Hier will ich rasten, sei's auch, was ich sah, ein Trug nur — wie's wirklich war, das zudct nur auf beim ersten Stillestehn oder seh' ich auch hier, was Phantasie nur war, was nur Erinnerung, was Gaukelbilder üpp'ger Lust?

Nachmittagssonne Dies Zimmer hier, wie kenn' ich's doch genau: vermietet wird's nun samt den Nebenräumen als ein Geschäftskontor. Das ganze Haus verwandelt in ein Bureau von Maklern, Händlern, Kaufmannsfirmen. Wie gut bekannt ist mir doch dieses Zimmer. Hier an der Türe stand das Kanapee, ein bunter, türk'scher Teppich lag davor; darüber die Konsole mit zwei gelben Vasen. Rechts — nein, geradezu, da stand ein Spiegelschrank. Der Tisch, woran sie schrieb, stand in der Mitte, davor drei große strohgeflochtne Stühle. Seitwärts am Fenster aber stand das Bett. Jawohl, am Fenster seitwärts stand das Bett, hell ruhte die Nachmittagssonne drauf. Vier Uhr nachmittags war's, da wir uns trennten für eine einz'ge Woche nur — Doch ach, die eine Woche ward zur Ewigkeit.

Die Stadt „Ich will fort in ein anderes Land, will zu andern Küsten weit wandern, da, wo's gibt eine Stadt, die besser als die. Was ich hier auch beginne, gedieh mir noch nie; wie ein Leichnam, so* liegt mein Herz hier begraben, und mein Geist — oh, wie lange noch soll er's ertragen? Wohin ich wende auch immer die Blicke, meines Lebejj.5 nur seh' ich zertrümmerte Stücke;

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hier, wo ich so endlose Jahre verbrachte, so vieles entbehrte, so vieles zerstörte . . . " Mein Lieber, andre Länder, andre Küsten iind'st du nimmer. Die Stadt geht mit dir, auf dieselben Wege kommst du wieder, du lassest in derselben Nachbarschaft dich nieder, und in denselben Häusern wird dein Haar ergrau'n. Stets bist du wieder, wo du warst; du wirst nichts Neues schau'n. Für dich gibt es kein Schiff, gibt's keinen Pfad — Wie du zerstört hast deine Lebenstat in diesem engen Winkel, ließest du sie überall auf Erden — zunichte werden.

Troer Mit Wir uns sich

unserm Trachten geht's uns wie den Troern: kommen ein Stüde vorwärts, glauben gleich obenauf, und alsobald beginnen Mut und Hoffnungen in uns zu regen.

Doch etwas tritt sofort uns in den Weg: Im Graben vor uns ein Achill emporwächst, der uns mit lautem Rufen treibt zurück. Ja, wie den Troern geht es unserm Trachten: Wir glauben, daß mit Willenskraft und Kühnheit wir des Geschickes Schlägen wehren können, und stehn schon draußen, fertig, kampfgerüstet. Doch naht die große Stunde der Entscheidung, dahin alsbald ist Willenskraft und Kühnheit. Verwirrt wird unsre Seele und erlahmet, wir jagen sinnlos um den Mauerring und suchen nur noch Rettung in der Flucht. Doch unser Fall steht unumstößlich fest: Dort auf den Mauern hebt schon an die Klage; beweinend denkt man unsrer großen Tage, Laut jammern Priamos und Hekuba.

Ionien Ob wir zerbrachen ihre Weihebilder, ob wir aus ihren Tempeln sie vertrieben, gestorben sind darum die Götter nicht. Dich, Ioniens Erde, lieben sie noch immer, noch immer denken deiner ihre Seelen: Wenn über dir bricht an ein Sommermorgen,

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fährt's wie ein Wollusfsdiauder durch die Lüfte, man sieht eines Epheben Luftgestalt hin Gber deine weichen Hügelwellen zerfließend, leis vorüberschweben.

Treulosigkeit Als Peleus Thetis man zum Weib erkoren, erhob Apollo sich beim Hochzeitsmahle und wGnschte preisend Glück den Neuvermählten zum Sprößling, der dem Bund entspringen sollte. Er sprach: „Es wird ihn niemals Krankheit treffen, und lange wird er leben." — Wie er's sagte, war Thetis' Freude groß; denn diese Worte des Gottes, der mit Seherkunst begabt, waren Ihr Bürgschaft für des Sohnes Schicksal. Wie nun Achill heranwuchs und Thessalien vom Rufe seiner Schönheit widerhallte, da dachte Thetis an des Gottes W o r t e . . . Doch eines Tages brachten Greise Botschaft, in Troja habe man Achill getötet. Da riß sich Thetis ihre Purpurkleider jammernd vom Leibe, schleuderte zu Boden der Spangen und der Ginge reichen Schmuck und dadit' in ihrem Schmerze alter Zeiten. Sie fragte sich, was für ein Gott das sei, was für ein Dichter, der bei den Gelagen so herrlich rede, was für ein Prophet, wenn man in Jugendkraft den Sohn ihr raubte. Da sagten ihr die Greise, Gott Apoll sei selbst hernieder in die Stadt gestiegen und habe mit den Troern ihn erschlagen.

Alexandrinerkönige Versammelt hatten sich die Alexandrien die Söhne der Kleopatra zu schaun: Caesarion und seine kleinen Brüder, Alezandros und Ptolemäos, die man jetzt auf dem Manöverfelde vorsfell'n wollte, um dann inmitten prächt'ger Truppenschau als Kön'ge auszurufen alle drei. Caesarion stand am weitesten nach vorn, mit rosenroter Seide angetan, an seiner Brust ein Strauß von Hyazinthen, sein Gürtel doppelreih'ge Edelsteine;

die Sdiuhe zugeschnürt mit weißen Bändern, mit rosenroten Perlen reich bestickt. Ihn nannte man mit einem höh'ren Namen: ihn nannte man den königlichsten König. Natürlich merkten es die Alexandrien daß alles leeres Schaugepränge war. Indes der Tag war heiß und wunderschön, der Himmel ein weit ausgespanntes Blau, des Übungsplatzes Säulenhalle war ein Meisterwerk und ein Triumph der Kunst. So strömten alle Bürger hin zum Fest und waren wie berauscht und akklamierten auf Griechisch, auf Ägyptisch, ja selbst auf Hebräisch, bezaubert von des Schauspiels Herrlichkeit, wiewohl sie sehr gut wußten, was dahinter war, wie hohler Phrasen voll dies Königswesen.

Antonius gottverlassen Hört plötzlich man zu mitfern ächt'ger Stunde unsichtbar einen Trupp vorüberziehn, mit herrlicher Musik und mit Gesang — dann sollst du ja nicht dein Geschick beklagen, das unterliegende, die fehlgeschlagnen Werke, die Lebenspläne, die als trüg'risch sich erwiesen. Wie einer, der schon längst bereif, voll Mannesmut, so trenne dich von Alexandria, das auszieht. Vor allem laß dich nicht beirren, sage nicht, daß es ein Traum, daß dein Gehör dich täuschte; so trügerischer Hoffnung traue nicht! Nein, wie schon längst bereit, voll Mannesmuf, als hätt'st du eine solche Stadt verdient, tritt festen Schrittes an das Fenster hin und hör* mit inn'rer Rührung, aber nicht mit flehentlichen Klagen feiger Memmen als letzten Ohrensdhmaus die Klänge, die herrliche Musik des mystischen Orchesters, und nimm dann Äbsdiied von der Stadt, die du verlierst.

Schritte In einem Bett von Ebenholz, verziert mit Adlern aus Korallen, liegt in tiefem Sdilummer Nero in glücklich stiller Selbstvergessenheit, in all der Frische seines blüh'nden Fleisches, in seiner Jugend strotzend üpp'ger Fülle. —

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Doch in dem Älabastersaal, darinnen die alte Hauskapelle seiner Ahnen, wie unruhvoll die Laren sich gebärden! Wie ängstlich dort die kleinen Götter beben, Wie scheu sie ihre kleinen Leiber bergen! Denn sie vernahmen ein entsetzliches Geschrei, d a s Tod verkündigend t r e p p a u f w ä r t s drang, eiserne Schritte, daß die Stufen krachten. Ohnmächtig sieht man sie, die armen Laren, sich in der Hauskapelle Tiefe ducken, einer versetzt dem andern Püff' und Tritte, und durcheinander stolpern all die kleinen Götter. Denn sie verspürten wohl, was f ü r Geschrei d a s war, sie hörten schon die Schritte der Erinnyen! * * *

Zaccarias Papancfoniu Pariser Straßensänger Im blauen Lichte, durch der Straßen Dämmern matt abgedämpft, sieht man sie schon dahinziehn, der Straßensänger tägliche Gestalten. Sie singen uns das Lied, das alfvertraute, das einst in einem Saale, lichtdurchflutet, eine berühmte Schönheit vorgetragen; des Liedes Weise, die in langen J a h r e n unmerklich fast, wie süße Liebesfreuden, wie Frauenschönheit, fing schon an zu altern, sie tragen nun die abendlichen Stimmen gebeugter Krüppel, kaum noch zu vernehmen, wieder hinaus in die belebten Straßen. Erbarmet euch der Ärmsten, doch gedenket der Weise auch: Sie steigt aus Grabestiefen samt ihrem Vers, dem treuen Weggenossen. Wie sie nun singen, regen sich, ganz leise der alten Männer H ä u p t e r , die ergrauten, in der Erinn'rung grenzenlosen Glückes. In mancher Brust, da fliegt, unruhig pochend, das Herz von Jubeltrillern bis zu Tränen, dem leichtbeschwingten Vogel gleich im Garten.

Zerronnen isi das matte Liebessehnen mitsamt den Kerzen, die vor dem Klaviere in silberstrahl'nden Leuchtern flackernd brannten. Die Weise aber, die dazu erklungen, sie kann nicht sterben, sie kehrt immer wieder, im Straßenlärm um eine Gabe heischend, um eine Gabe, die, gleich einer Träne sich uns entringend, fällt von dem Altane hinab in der verklungnen Töne Welten. Der Sänger aber, der da meint, ihm selber, dem siechen Krüppel, gelte unser Mitleid, er wendet sich und r u f t : „Habt Dank, ihr Herrn!"

Begegnung Straff durch des Parkes kerzengrade Stämme schritt, reif an Formen, eine Frau'ngestalt; der gold'ge Laubgang warf ihr tote Blätter und mir Gedanken zu, verwelkt und alt. Sie ist es, die so viel geweint. Noch huschet ums Auge ihr von Gram ein leiser Zug, am Kummer stillten sich den Durst die Tränen, des Schluchzens Quelle füllte ihren Krug. Fest zugepreßt die einst geküßten Lippen, geht sie durchs dürre Laub, ein trübes Bild; vergessen will sie sich im Dämmerdufte, der aus den regenfeuchten Zweigen quillt. So sah ich sie, der auch der Welt entronnen, und sprach: „'s ist noch zu früh — ich wart'. Zuletzt könnt' ich ja einer Frau still anvertrauen mein Tränenkrüglein, voll von einst und jetzt. Wenn wir uns dann in tiefe Ruh' versenken, wir Müden, Oberreifen, wollen wir einander unser Mißgeschick uns beichten, und welke Küsse sei'n der Dank dafür. Du süßer Lebensherbst, Zeit stiller Weisheit, dem Zaubertrank des Leidens Glück erst sdienkt, kostest die Liebe wie die Frucht, die goldig und säfteschwer im Regen niederhängt." Mit gleichem herbstlichen Begehren zog es, da sie mich sah, die reife Frau. Blitzschnell tat auf ihr Herz die todeswunden Flügel, doch ein zog es sie wieder auf der Stell'.

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Stumm, scheu und fremd — so gingen wir vorüber . . . Das Wort, das wir nicht hören durften, fiel, ein leuchtend Herbstblatt, in die Meerestiefe des Unerfüllten, wo schon ruht so viel. *

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Petros Viastos Griechenland

An hell besonnten Küsten, in der Kleften Buschwald, wo zwisdien Ficht' und Myrte sich Geranien schlingen, wo meereskund'ge Schiffe leicht vorbei sich wiegen, auf einem Boden, voll von Statuen und Ruinen, webt noch die ewig junge Seele. Still beruhigt, der weichen Brise gleichend, die mit gold'gen Blicken um abendliche Gipfel spielt, so herrscht noch immer der Ruhm. In seinem Blicke sogen die Äonen sich voll von Glut und Seligkeit. Noch verspür' ich sein Blenden, fühle Heimweh wie nach Osterpalmen. Jungfräulich pocht ein Rhythmus, der des Lebens harret. Göttinnen, nein! Ihr starbet nicht. Leicht ruht die Erde auf euren Gräbern: still gebeugt im Walde lauschend, hört' ich, wie eure Leiber sich im Boden regten.

Stimmungsbilder aus Deutschland 1. N ü r n b e r g Ein blauer Sommerhimmel. In der Ferne tannenbewachsne Hügel, Stoppelfelder — Tiefblau und strohgelb wie Email verschmolzen; und träge floß der Strom durchs Häusermeer. Rings um den Turm sich spitze Dächer drängten, glotzäugige Fabelwesen fest umkrallten die Kirchen. Spitzgeflügelt schwirrten Schwalben, und an den Fenstern die Geranien glühten. In Mittagsglut schlief baumumkränzt die Burg. Gleich Hüften quoll'n hervor die wucht'gen Schanzen, und ziegelrot der Türme Zinnen glänzten. Den Torweg hüteten zwei schlanke Pappeln, und auf dem eisernen Beschlag der Flügel sah man des Kaiser Rotbart schwarzen Adler.

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2. Im K ö l n e r D e m Entsagt hab' ich der Welt, will nicht mehr schauen die wilde Sonne nodi die eitle Freude. Des Zauberkrautes Saft tränkt uns mit Lüge; wie trügerischer Schein verfließt das Leben. Hinweg den glüh'nden Wein! Im Dome drinnen will auf des Grabes Marmorplatte kniend ich Paradiesesherrlichkeiten weben und wie ein Cherub leicht gen Himmel wallen. In kühner Schwingung krfimmen sich die Bogen, wie Flügel hebt die Wölbung mich empor, die buntbemalten Fensterscheiben gleichen Altanen voll von Blumen. Falten möcht' ich schon jetzt die starren Hände auf dem Grabe und Orgelklang in meinem Schlummer hören.

Sommeridyll Unzähl'ge Sänger barg zur Sommerszeit die alte Fichte: auf der braunen Rinde zirpten tagsüber die Zikaden Lieder, es dufteten des Harzes gold'ge Tränen. Die Hängematte flog durdi das Gezweige im Takte hin und her. Und in dem Wipfel saß einer und ließ Tannenzapfen regnen; wir aber drehten an dem Brunnenholze, die Eimer aufzuziehn, daß uns erquicke das Quellenwasser. — Sag', was spiegelst du dein leuchtend Antlitz, Mägdlein, in der Quelle? So lauf doch! Sieh, der Ball fiel in die Myrten, man überholt dich, lauf, laß mich bewundern die Tanagräeranmut deines Körpersl

Liebesgluten Spiel* mit dem Feuer nicht! Wie Elfenkosen ist seine Flamme, weckt Begierden wild. Spiel' nicht — es strömt dir durch den Leib und fährt wie wildes Fieber durch die brünst'gen Adern. Du willst nicht hören — wühlst mit beiden Füßen des Feuers Scheite lachend um und um — jetzt seh' ich, wie ins Äuge eine Flamme dir helle Tränen treibt, ich fühle Schaudern

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dir durch die Finger fahren. Aufgelöst h a t sich dein Haar, wie funkelnd Band umgarnt's midi. Goldarmig flicht um uns ein Netz das Feuer und unsrer Liebe Glut. Doch horch, es zischen im Feuer schon die Kohlen — sie verglimmen . . . Sieh, wie erschreckt ins Fenster sdiau'n die Sterne!

Der Tod Im feuchten Hauch des Südwinds blich der fahle Mond; der schmale, r u ß b e s t r e u t e P f a d verlor sich ferne in todesstarrem,' diditem Nebel, und am Wege ließ ich ermüdet midi im tiefen Graben nieder. Da kam ein Wagen knarrend durch die Äbendstille, kam immer näher, doch vernahm ich weder Singen noch P f e r d e s t a m p f e n . Und je mehr er sich mir nahte, traf's midi wie eisigkalter Hauch, und ringsum sah ich die Blätter von den Bäumen rieseln. Vor mir f u h r langsam vorbei der Wagen, und darauf saß thronend als schmucker junger Bursdi' der Tod mit bittrem Lächeln. Du trautes Liebchen mit den azurblauen Augen, umfang' ich deinen wonn'gen Leib, alsbald ich höre des Todes Adisenwagen uns zur Seite knarren. * * *

Sotiris Skipis Sankt Satyr Warum steht wohl so lange, verwildert, verlassen, auf dem Berge das Kirchlein? Die Tür fest verriegelt, kommt niemand gepilgert aus der Gläub'gen Menge, dem Heil'gen wie einstmals das Hochamt zu halten. In stürmischer Herbstnacht einst h a t t e ermüdet ein eisgrauer Satyr hierher sich geschleppt, schlich scheu in den Vorraum, versank dann in Schlummer und verschied eines seligen Todes. Verhext ist das Kirchlein nun, heilig der Satyr, wie vom Sturme zerstoben der Gläubigen Menge — Komm', laß uns die Tür, die verschloss'ne, erbrechen, der Gott h a r r e t unser, sünd'ge Priesterin du.

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Laß als Lampen uns Fackeln und Thymian als Weihrauch, Denaida, entzünden: und dann im Gestühle woll'n wir stehn bis zur Dämm'rung, Choräle anstimmend aus dem holden Gebetbuch von Bion und Mosdios.

Aus dem „Apollinischen Liede"

I, l. O Seele der Ältenl Welch Giebelfeld von zertrümmertem Tempel, welchen Krug, der vor Älter zersprungen längst, welch pelasgisch Gemäuer, welch heiligen Felsen, welch trotzigen, längst vergessenen Vorsprung, welch ogygisdies Eiland, dem Widerhall alles Lebens entrücket, welch sagenumwobenes Heldengrab, das kein Name mehr nennet, welch ein Herz voller Unheil, geschaffen dazu, daß der Uhu drin nistet, hast du, Vogel nie alternder Frühlingszeit, dir zum Neste erwählet? Daß du jubelst aus steinernem Leichenfeld uns olympische Lieder? I, 7.

Dort im Haine harr'n unser die lockenden, in Gosen begrabenen Jungfrau'n, mit nackenden Hälsen wie Bronzeguß und dem offenen Lilienbusen. Mit des Frühlings Wagen heut halten sie ihren Einzug auf Erden. Bald zieht er seine duftigen Furchen, es folgen ihm luft'ge Äoluskinder in Schwärmen. In den zarten Fingern erklirren schon von neuem die Klappern und Schellen, es tönen die Lieder, die jambischen, wie parnassisches Flutengeplätscher. Auch wir, die zum Feste Geladenen, dem weihevoll'n, glauben zu spüren, wie der Lenz in den prächtigen Brüsten wogt, die wie Citrusknospen erbeben.

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I, 10. Die spielenden Finger laßt gleiten entlang und klimmen von Saite zu Saite, sie schimmern wie leuchtende Nachtviol'n, hinstreifend am Quellengemäuer. Wie Lilien aud), die im Kruge stehn, dem kristall'nen, wie Strahlen des Mondes, die im Teiche sich brechen, dem ruhenden, in der Fluten näditlichem Schweigen. Nach Olympia zieht morgen ein festlicher Strom aus allen griechischen Gauen. Da urteilt gar strenge das Kampfgericht über heilige Künste der Musen. Und aus Lesbos der Jungfrauen herrlichste, die verteilt die Preise des Sieges: einen Kuß, den sie ihm auf die Finger drück:, dem glücklichen Sieger der Jamben.

Meine Nationalhymne Als einen einz'gen großen Garten seh' ich im Geiste Hellas blühn, voll Wasserquell'n und Waldesschatten, voll Blumenduft und Wiesengrün. Droben des Sonnengottes Leuchten in uralt-jugendfrischer Macht, rings Meereswell'n und milde Lüfte, davor der Landsdiaft Farbenpracht. Lieblich gebräunte Mütter sieht man sitzen im heil'gen Sonnenbrand; sie stidcen lächelnd an dem Bilde des künft'gen großen Griechenland. Rotbäck'ge Säuglinge sich schmiegen in ihren Arm, und voller Lust langen sie nach den reifen Trauben der kraftgeschwellten Mutterbrust.

Blutige Messe Die hundert) ähr'ger Glaube einst errichtet, ihr Kirchen, steht nun nackt und kahl; von Gras verwachsen eure Tür'n, und ringsum starrt eine Öde, kalt und fahl.

Nur in gar manchen sfernenlosen Nächten, wer ist's, der da die Glocken läßt ertönen? Daß man die brüchig-heis'ren Klageklänge durch ganz Kleinasien hört erdröhnen? Die toten Krieger sind's, die aus dem Schlafe im freien Felde plötzlich sind erwacht; hin zu den Kirchen ziehn sie, leise singend mit Geisterstimmen, durch die Nacht. Aus Stadt und Dorf vernimmt man dann Choräle, die tief durchdringend füll'n den weiten Raum, und blut'ge Christus- und Marienbilder sieht dann das Türkenvolk im Traum. * * *

Kfias KuCuvatos Themistokles vor den Persern Weitweg vom Lande meiner Jugendjahre, wo — schlafend oder wachend — all mein Sehnen Miltiades nur galt, weit von der Erde, wo mit Titanenkraft und Götterwürde dem feigen Eurybiades ich trotzte, weitweg vom unvergess'nen Salamis, wo ich die teure Freiheit ihm erkämpfte, hat midi verbannt das kurzsidit'ge Athen. Mein Herz verschmäht den Fluch, doch meine Seele, die sehergleich gedeutet das Orakel, da euer sieggewohnter Weltbeherrscher auf dem Ägaleos seinen Thron errichtet — Sie sieht den Tag schon, wo die Riesenmauern, die ich mit meinem Schweiß für sie erbaute, unter Lysanders Streichen stürzen werden. Dann wird die Kriegsdrommete es verkünden durchs Erdenrund, daß Spartas Sklave wird auf ewig sein das kurzsicht'ge Athen. Von wildem Toben wird die Pnyx dann schallen, in aller Munde wird mein Name sein — umsonst; denn längst schon ruht dann bei den Toten, der, großes Volk, bei dir jetzt Zuflucht sucht. 6 Neugriechische Lyriker

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Wirst d u besiegt, bin ich, nicht jene, Sieger! Denn seit ich hier bin, ist der Sieg mit mir, und du kannst morgen wieder triumphieren, wenn klein, erniedrigt, sklavisch und erbärmlich bitterlich weint das kurzsicht'ge Athen!

Borgias Rechtfertigung „Mein Sohn, in deines Bruders Blut die Hand du tauchtest!" „Hieß er mein Bruder auch, er h i e ß es nur, er w a r ' s nicht! Kalt war sein Blut, schlaff seine Hand und weibisch feig sein Herz; es schlug für kleine, niedre Dinge nur. Zur Last war ihm das Leben, darum nahm ich's ihm." „Mein Sohn, in meines Kindes Blut die Hand du tauchtest!" „Ein Mann hatt' einen Äpfelbaum, zweiästig. Ein Ast war dürr und krank im Mark, der andre lechzte förmlich, von Safte strotzend, goldig schwere Frucht zu tragen. Besser als du verstand's der Gärtner: E i n Äst brennt im Ofen, Der andre wuchert, daß es eine Wonne!" „Mein Sohn, es war mein Blut, mein Herz nach ihm verlangte!" „Rief's d i c h nach deinem B l u t , mich rief's nach deinem N a m e n Mein Name, blutgetränkt, soll gold'ge Früchte tragen!" * * *

Angefos Sifafianos Satyrlied In meine Melodien platzt ein Satyrlachen, Artemis will im Traume mir entfachen des Nachts in brünst'ger Seele lichterfüllt etwas, das dunkel in mir drängt und heimlich wühlt. Umsonst, trotz allem, was sich in mir will entladen, trotz allem tollen Spuk von Nymphen und Najaden, führ' ich doch siegreich in der Tragik Schreckenslauf den göttlich schönen Reigentanz des Denkens auf. Umsonst läßt sein unzücht'ges Licht der Mond ergießen; woll'n meine Wimpern sich vor wilden Träumen schließen, gleich kommt die Göttin, mir den Schlummer zu entziehn — ein Satyrlachen platzt in meine Melodien.

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Aphrodite Anadyomene

Zum rosig-feuchtverkl arten Flor des Morgenrots steig' ich empor mit hocfaerhob'nen Händen. Ich hör' des stillen Meeres Flehn, zu azurblauen Himmelshöh'n beglückt midi hinzuwenden. Dodi scharfe Lüfte, erdentsandt, die stürmisch mir die Brust berannt, treiben mich hin und wider. O Zeus, wie Blei drückt midi das Meer, und meine Haarflut zieht so schwer wie Steine midi hernieder. Eilt, luft'ge Nymphen, schnell nun her, und stützt midi, eine starke Wehr, fest unter meinem Rüdten. Ich ahnte nicht, daß gar so bald der Sonnengott midi mit Gewalt würd' in die Arme drücken!

Goethe in Rom

Wie Daedalos' Erzeuger der Erkenntnis Segen in seiner festgeschloss'nen Hand erquoll, wie er auf beiden Händen hielt, als wollt' er wägen, der Götter hohe Gaben reich und voll, sie dann dem Puls gleich senkte in der Lethe Fluten, die hell kristall'nen, ew'ger Künsterlust, also in deiner Hand die reifen Früchte ruhten mit gleicher Wonne wie des Weibes Brust.

Abendfeier

Dort auf des Berges Söller steht das Mahl bereitet, das Öllicht ist so milde wie des Ölbaums Frucht; gleich einem stillen Sternbild steht im Haus der Leuditer, mit duftig weißem Linnen ist der Tisch bedeckt; darauf stehn frische Früchte, drauf die Honigwabe und die Olive, die so lieblich schmilzt im Munde. Die Weberin saß schon beim Mahl, daneben Lygia, das junge Klageweib, mit sanft geformtem Antlitz — hodi oben auf dem Webstuhl ihre Flöte lag —, dann Glauke mit den großen Augen, deren Haarflut zwei goldnen Flügeln gleich auf ihrer Stirne ruhte, der großen Stirne, die ein stiller Glanz verklärte. 6»

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Tief leuchtete die Äbendruh' in unser Inn'res, olymp'sdie Nacht drang durch die offnen Fenster, vom Monde leicht verschleiert lag der Berge Band, die Sterne sogen stille ein das Licht des Öles, das öl in uns durchleuchtete die Abendstille, die Nacht den trotzig stolzen Frieden und das Denken. Und hinterm fernen, duftig leuchtenden Gebirge versank auch unser Schmerz mitsamt des Mondes Scheibe, die glutrot sinkend noch beschien den stummen Kampf.

Die Gottesmutter von Sparta Aus Erz nicht, noch penfelischem Gestein werd' idi dir ein unsterblich Bild errichten — Nein, eine Säule aus Zypressenholz, auf daß mein Werk die Ewigkeit durchdufte. Und auf dem Hügel, wo voll edlem Stolze Venedigs Burg thront, werd' ich eine Kirche erbau'n gar wuchtig und dich drin verschließen mit Pforten, die von Eisen, unbezwingbar. Glocken, die gellen sollen wie ein Schild, an den ein Schwert klingt, einer Lanze Schaft hänge ich auf und andre dran als Schellen. Und ihre Fenster soll'n dir Schatten spenden, mit farbigem Kristall will ich sie füllen, schießschartenähnlich soll ein jedes sein.

Abschiedslied Heul', ionsche Flut, nur um mein Eiland her, ein Saitenspiel ist mir das ganze Meer. Dem Hengste gleich, der mit den Hufen scharrt, so steht mein Schiff voll Ungeduld und harrt. Am Zechertisch gebückt erzähl'n sich leis, die feindlich mir, von meiner Tugend Preis. Den Ruhm sprecht ihr mir ab, ihr trunk'nen Narr'n, von Pfeil und Bogen meine Wände starr'n. Nicht Ruhm begehrt von euch, der frank und frei hinauszieht in den blütenfrischen Mai. Von euch heischt er nicht Lorbeer'n, er, der kehrt zurück, wenn Märzgewitter niederfährt, als starker Held, den niemand bringt zu Fall. Drum drückt euch, Lämmer, schnell in euren Stall!

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Aus dem „Gewissen des Weibes" Wie kann ich wohl, Diotima, von vollem Seelenfrieden in Eros' Angesichte reden? Einstmals, da ruhte still im Rhythmus meine Seele sich, gleich wie die Wolke, die über's Meer hin oder über Ströme der Nebel breitet in der Frühe — Und jetzt, wie's mitten auf dem Meer wohl geht, wenn klatschend sidi die Wasserschichten wälzen, geschwind, und nirgend sich vom Himmel hebt das Festland, wenn unser Auge plötzlich sieht, wie ein einsam stiller, weißer Falter segelt dahin in eil'gem Fluge über des blauen Meeres Fluten, so seg'l auch ich dahin in regellosem Takte! Und gleich wie jener, berauscht vom Honigsaft der Blüten, im sonnenfreud'gen Frührot und schüchtern zaghaft bald mit weitoffnen Flügeln tanzt im Schaumgekräusel, bald wieder gaukelnd ob des Strandes Blüten, indes der Bläue führerloses Naß, das ihn besprüht, völlig zum Pulsschlag seiner Flügel wird, bis daß voll Seligkeit ihn mit sidi reißt der unzerstörbar strenge Rhythmus zu seines wonnigen Gesetzes Liebe, und wie alsdann in stürm'schem Schritte er folgt seinem Fluge über des Abgrunds Tiefe, sich im Licht verlierend, also gesellt sidi auch meine Seele, frei und ungebunden, zu dem Gefüge ew'ger Freude; so zieht sie, lauterer als Argo, voll beladen mit den Gestirnen der Heroen, in dem allmädit'gen Hauch des Wortes geheimnisvoll befreit, um unversehrt sidi dann hindurchzuringen dort, wo die Berge auf und zu sich schließen 1

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O Seele, die du plötzlich fauchest so rein empor, die du befreit nun in dem Rhythmus, du, des geheimnisvollen Kämpfers Seelei O Ewigkeit, des Schiffes Taue, die nun sind durchhauen von dem Schwert, sie halten mich nidit mehr gebunden an die leichte Sicherheit! Du, liebes Weib, am Badebord bleibe, steil aufgerichtet, still! Dein ist auf ewig nun der sternbeseelte Atem, dein ist der günst'ge Wind, o Heilige! Dodi mein die unbezwingbar starke Ferse, das Fleisch, so fest wie eine gold'ge Rosenknospe, mein auch die Hand, die leicht am Steuer ruht auf daß sie's lenke, indes das ganze Sdiiff beim Fahren zittert wie in der zugedrüdeten Hand der junge Vogel! * * *

Nikofaos Poriotis Heimatbilder aus dem Kriege Die G a t t i n Heim kehret mein Lieber. Stern meiner Jugendieit, goldstrahlend leuchte wieder ins Weltenall! Wer mich nennt Witwe, schwarz gekleidet, Sdilangen sollen im Munde ihm nisten! Welch' Glück, daß er heimkehrt! Liebedürstend wie einstmals, sein sonnig Äuge, gierig verschlingt es mich. Dein Heldenarm soll mich erdrücken, reiche die Lippen mir zur Erquickung! Was? Ist es ein Grabstein, der mich belastet hat? Wie kalt seine Lippen! — War's eines Kindes Kuß? Hin zog es mich zu ihm so machtig, daß es wie Flammenglut midi verzehrte. Wie? Du kannst weinen, du, der sonst tränenlos? Hat eine Schlange der schmerzlich Lachenden ihr bißdien Leben abgeschnüret? Wehe! Ich ward eines Lebenden Witwe.

Die Mutier Mein süßer Junge, sag', wer behexte dir die starken Arme, da, wie zum Götzenbild sich die Gebärerin gewandelt, daß ich nun vor dir steh' wie versteinert? Deine kunstvolle Hand, hätt' doch nimmer sie erfaßt die Waffe, die todabwehrende. Sie bringt nun nicht mehr Brot noch Ehre mir, die ein Kind und doch wieder keins hat. Die Feindeserde raubte die Seele ihr, sie, die dem Erdenstoff Seele verliehen hat. Doch laß nur, Vöglein, ich ernähr' dich, das du nun flügellos wieder wurdest. Daß ich noch einmal, alt und gebrechlich schon, Wöchnerin würde, wer sang's an der Wiege mir? Ich Arme kann ja nicht mehr reichen nährende Brüste dem teuren Liebling. D i e Tochter Warum sagtest du, Vater, beim Abschied zu mir, da du mich küßtest: „Garstiges Mädchen du!" Doch ich, im Spiegel mich beschauend, schmollte mit Sonnenblick: „Bist du denn blind?" Ein schweres Jahr bliebst du fern von mir, in üpp'ger Schönheit strotzend erblühte ich, und alle Männer im Vorbeigehn warfen wildlodernde Blicke mir zu. Doch — ob's in mir wallte vom Blute des ödipus? In einem Verlangen nur lebte und webte ich, daß meiner Formen zarter Schimmer deinem Auge nur sollte erstrahl'n. Und du kämest — erblindet. Doch meine Schönheit spürtest du, und gleich einer Flamme schoß es ins Auge dir, den Schatten führend, geht — o Grausen! — Antigone bettelnd von Tür zu Tür. Die S c h w e s t e r Welch geschwisterlich Schicksal! Ein Zwillingspaar, kräftig in Jugendfülle erblühten wir. Da läßt ein tück'scher Wurm als erste dem Tod zum Schmause mich gerade reifen.

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Weh, daß du fortgingst, des Todes uneingedenk: „Welch nächtlicher Kummer biß in die Wange dir? Welch Liebesleid bracht' ros'ge Röte? Dodi bis ich komme, nur fert'ge den Braufschmuck." Ja, meinen Brautschmuck! Das Bahrtuch bereitet' ich. Ist doch ein Jahr nun schon Schwindsucht der Buhle mein. So harrt' ich einsam auf dem Lager, daß du die Totenkränze mir bringest. Adi, du lieb Bruderherz, schmerzlich empfand ich es, dein Kommen. Die Rosen bleichte die Kugel dir, eil' nicht so, wart'! Wir gehn selbander, die früh schon Getrennten, ins nämliche Grab. * * *

Kostas Varnaiis Nacht auf dem Lande Es zirpt gar lieblich in den Weißdornbüschen der Grillen abendlicher Sängerchor, als würden tausend Uhren aufgezogen; der Kirschbaum, frohgemut im frischen Lüftdien, das Wang' und Äpfel lieblich sich läßt röten, wiegt wie ein wonn'ger Amazonenkörper auf einem silberblitzend hellen Meerwolf sich. Der Mond, der in der Stadt gleicht einer Scheibe, die an Tavernen trüb und rostig hängt, prangt taufrisch hier, ein goldner Blumenkorb. War schwarz und stumm, o See, sonst deine Seele, nun hallt's von Elfenspuk und goldnen Liedern. Wie brünstige Zentauren eilt das junge Volk, wenn eine äpfelwang'ge Bauerndirne voll Wollust sich im üpp'gen Kraute wälzt.

Im Mondschein Mein guter Mond, der du das Schweigen breitest gleich einem windgeschützten blüh'nden Mandelbaum, gern laß ich meine Leier dir, so reich an Klange, für deinen Weg, den gold'gen, den du schreitest. Auf einen Stoß von staub'gen Büchern steigend,

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laß midi dafür, den Sdimadifenden, gelangen an jenes Fenster, das von Efeu wie umgittert, um deinen holden Zauber zu umfangen, der in zwei leuchtend blauen Augen zittert; sie nur zu sehen, würd' ein Sohn die Mutter lassen und würd* als treuen Lebensfreund ein Schwert mit einem Silberknaufe fassen.

Hetärenklage Und ob beim Zitherklang allabendlich man mir versichert, ich sei eine Sternengöttin, der schmucke Dichterjüngling mag mich nicht, er, der in seiner Frühlingsfrische Prangen konnte der Dionysien zweiten Preis erlangen. Indes ich heimse reidie Schätze ein, verpraßt er all sein Hab und Gut in wilden Orgien, leert ganze Krüge voll von Zyperwein und weiß die herrlichsten Milesierinnen durch witz'ge Reden und durch Küsse zu gewinnen. Gleich Taubenflügeln glänzt sein Schulterpaar, wie eine Statue steht er zwischen Säulen: Da nennt man mich noch eine Göttin g a r . . . Ja, war' ich's, würd' ich mein Geschlecht verwandeln, ein Jüngling werden und mit männlich freiem Handeln die volle Quelle meiner Liebeslust ausströmen über wonnig süße Mädchenleiber, und, wie ein junger König, kraftbewußt, ließ ich in einer Nacht, vom Vollmond hellen, mein Schiff an der Kalypso üpp'gem Strand zerschellen!

Priapusopfer Reiß, Midas, nun die Zipfelmütze ab von des kahlen Hauptes Spitze; geschwind dann eile und hole aus dem frischen Heu das junge Eselchen herbei, das brünstig geile. Dem's Fell erglänzt so spiegelblank, auf das sich noch kein Reiter schwang, das Tag und Nacht nur steht auf seinen Hinterbeinen, darunter man hervor sieht scheinen der Hoden Pra&t.

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Zur Tenne führe ihn heran, und unter der Platane dann wirf ihn zu Boden. Än ihm nun ist's, der Götterschar zu huld'gen, die so fruchtbar war, mit Opferbrodem. Heut heirat' ich. Drum ziemet dir, Priapus, solch ein Opfertier mit kräft'gem Keil, dir, der so häßlich von Gesicht und selbst fast wie ein Esel nicht so brünstig geil.

Mutter Erde Da im Arme der Sonne ich war noch ein Licht, ein luftiges, warmes, ein durchsichtig blaues, mit den übrigen Brüdern ein einiges Licht, der künftige Weltkeim noch nicht war entfesselt, da ich flüssige Glut dann ward, kuglig und schwer, mein eigenes Schicksal ließ freischwebend wirbeln in dem Eishauch des Weltalls, und ächzte gar schwer, eine glühende Lava, ein wirbelnder Sturmwind, da begann in der Seele mir, die erst ganz trübe, im feurigen Innern sich begann zu gestalten, zu ringen, zu kämpfen — da begann auch ganz trübe, in der Seele verschlossen, zu dämmern das Denken. Wie sich täglich dann klärte der denkende Geist — jeder Tag, jeder Atem, er war ein Jahrtausend —, da die Glieder sich dehnten, auf flammte der Geist, und je starrer mein Leib ward, um so freier das Denken. Doch mein denkender Geist, so erhaben und fest, meiner Glieder Erstarken, ihre Fülle und Säfte, — das bist du, du mein Himmelsgewölbe. So fest saugst du an dich und preßt mich in die göttlichen Arme. Der Gischt der Gewässer, die vom Felsen sich stürzen, er treibt dir voll Mitleid den Wind ins Gesidit; und die tiefschwarze Meerflut, sie brandet und stürzet, mit Kühlung zu lindern deinen wollüst'gen Schmerz. Fest an mich gedrückt, so erbebst du mit mir, und spürest mit mir auch tiefinnerste Schmerzen. Doch steigt unser Drang auf das höchste, mit mir dann versinkst du im Chaos, das einst uns geboren.

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Die Fatalisten Im Keller, der erfüllt von Toben, von Tabaksdunst und von Geschrei, — ein Leierkasten dudelt oben —, da sitzt beim Wein die Kumpanei. So geht's alle Tage zur Vesperzeit: Sie spülen herunter die Bitterkeit. Still zueinander sie sich bücken, und einer auf den Boden spuckt — „O, wie doch diese Qualen drücken, wie Bittres man im Leben schluckt!" Und so sehr auch ihr Sinn sich will mühen und quälen, von sonnigen Tagen weiß er nichts zu erzählen. „Schuld ist das Schicksal, das uns fluchte!" „Nein, Gottes Haß — der muß es sein!" „Der Kopf ist schuld dran, der verruchte!" „Nein, schuld vor allem ist der Wein!" Wer ist schuld? Ja, wer? Es kann niemand ergründen, was es ist, und noch wen'ger es künden. So in dem finsteren Verließe trinken und trinken sie gebückt; ein jeder Fuß, wenn er dran stieße, hätte wie Würmer sie zerdrückt. Verzagt, ohne Zuversicht, schwächliche Narren — so scheinen sie wie auf ein Wunder zu harren. *

*

*

Aristos Kamßanis Siegestrophäe Es kämpften von der Frühe bis zur Dämm'rung einst auf Thyreas grasigem Gefilde Argiver und Spartaner: von dem Blute, dem jugendfrischen, ward getränkt der Boden. Wie nun die Sonne in das Flutbett sank, da atmete nicht ein Argiver mehr, von Spartas Helden harrten nur noch drei des Todes unter ihren toten Brüdern. —

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Und als d a s F r ü h r o t wieder stieg empor dort auf Thyreas grasigem Gefilde, da regte sich von der Spartaner dreien nur einer langsam noch im Leichenfelde. Wie nun ins Auge ihm ein Steinblock fiel, der in der Morgensonne Strahl erglühte, nahm er die ganze letzte K r a f t zusammen, hob mühsam sich, den grimmen Schmerz verbeißend, zog dann h e r a u s den spitzen Kriegerpfeil, der tief ihm in die Weiche war gedrungen, und schrieb mit seinem Blute auf den Stein zitternd die W o r t e : „Siegreich die Spartanerl" Dann legte er sich nieder zu dem Schlummer, der schon umfangen h a t t e F r e u n d und Feind.

Ein Tempel Du, meiner Göttin Tempel, deren Dienst midi süß berauschte und Herzeleid mir brachte, in Klarheit m a j e s t ä t i s d i ruhig ragest du, du, allen Wunderwerks von M e n s d i e n h ä n d e n bezauberndstes! Von dem Olivenwälddien aus, wo im Verborgnen tief einsam dämmert unser ärmlich Häuschen, sah ich dich eines Abends, da die Sonne sich schon senkte und das Licht, als wär's gesättigt von seines Schöpfers Seelenruhe, zu Göttersang und Götterpulsschlag sich vergeistigte. So sah ich dich. Wie eine Riesenblüte standest du, die aufbrach in des G a r t e n s schönstem Teile. H a t doch der Erdenflecke herrlichsten erwählet der Schöpfer, dich emporzuziehn. Ja, hoch empor! Welch Zauberbildl Als wärest du dem Hügel, der dich trägt, entstiegen, bist d u von allem, was der Fels erzeugt, das Edelste an Keim und Trieb, an Blüt' und Herrlichkeit! Im Dämmerlidite war's, da ich dich sah aus unserm Häuschen; die Bäume windstill, und die Felder weit hingedehnt zu deinen Füßen, als war' über sie der Friede hingewandelt. Und ein Gebet, das mir aus tiefstem Innern des eignen Selbst emporquoll auf die Lippen, strömte in heil'gen Worten in die Dämmerung.

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¡Ich sprach: »Du, der du das Gedenken hütetest ¡der Götterjungfrau, [heilig sei mir dein letztes Trümmerstück, ¡heilig das Licht, das deinen Bau umfließt, den ragenden, 'heilig die Berge in der weiten Runde, und in der Tiefe der Saron'sdie Golf im Schleierduft, die Eb'ne, die der Friedensgöttin Fuß betreten." So ward zum Hymnus mein Gebet; ich wollte ja gar nichts erbitten von der Pallasgöttin; die Freude nur an deiner Harmonie erfüllte mich, das und nichts w e i t e r . . . Und wie nun rings zerrann das Tageslicht, schlug ich den Fußpfad ein, den einsam stillen; mir folgte nur mein Schatten und mein Traum. *

*

*

Kostas Uranis Frauenaugen In alle Äugen blickt' ich, holde Frauenaugen, in liebevolle, gute Mutteraugen, die uns wie Duft von Heliotrop umweben, von unserm Leuchten Licht sich leihen und verlöschen, wenn uns die guten Feen nicht mehr leuchten wollen. In treue Sdiwesteraugen, die hell schimmern, gefeit vor allen bösen Lebensstürmen, zwei Kerzen gleich, die mild und sanft und heilig der Seele Dunkelheit im Hause scheuchen. In unsrer Jugendliebe lichte, keusche Äugen — Gestirne, die den Lebensweg uns weisen, denen wir in des Lebens Mai gar sorglos folgen, wenn's ohne Stab und lastende Bestimmung zu luft'gen Schlössern unsrer Phantasie uns zieht. In unkeusch lüsterne, in freche Äugen — die Lotosblüten gleich im Dunkel leuchten mit starkem Dufte, der berauscht die Seele und sie vergessen läßt, was einst ihr S e h n e n . . . In alle Äugen blickt' ich, holde Frauenaugen hingebungsvolle, feuchte Augen, dienstbereite, die gleich den Kerzen sdimelzen vor den heil'gen Bildern,

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Äugen von schwachen Seelen, über uns sich neigend wie Bäumdien ohne Arg im schweren Wintersturm. In Äugen dann, nachdenklich forschende des Weibes, das vor dem Schiffbruch rettet und sich selber rettet — Augen, die uns voll Schrecken in die Seele blicken, ob sie nicht müde sei der L i e b e . . . In sanfte, weiche Augen, treuen Weibes Augen, die sich zu unsrer Seele Fluten neigen, sidi drin spiegelnd zwei großen Wasserrosen gleich, so lang' es stille, und doch beim ersten Sturm entblättern und verhauchen . , In alle, alle blickte ich, die holden Ä u g e n . . . Doch die ich n i c h t sah und doch so ersehne, das sind der Feindin Augen, die vor Haß vergehn, die uns gern tot seh'n und, wenn sie uns sehn regungslos auf der Bahre, uns vielleicht beweinen...

Aus dem toten Griechenland 1. J u l i a n Ä p o s t a t a Verstummt für immer ist der Flut Gekose, schwer hängt und welk nun in des Flusses Grab des Lorbeers und des Ölbaums Zweig hinab: Umsonst, Julian, trotzt du dem Schicksalslose. Einsam steht der Olymp, der gStterlose, Athen vergaß den alten Schladitpäan, und Syrer hören nun des großen Pan nächtliche Klage durch des Meers Getose. In Hellas* Herzen, in Olympias Haine, da singt kein Pindar, klingt kein Menschenton: ein schneeweiß Grab nur liegt im Sonnenscheine. Gekreuzigt ward nicht nur der Gottessohn, nein, mit ihm mußt' die ganze Welt der Heiden am Kreuze Golgathas den Tod erleiden. 2. D i e F r a n k e n f ü r s t i n Fremd in das kahle Attika gestellt, in eines Sommertages Siedeglut die Frankenfürstin auf dem Altan ruht, blidct traumverloren in die tote Welt. Still ragen Berg' und Tempel lichterhellt, wie eingeschmolzen in des Himmels Brand; keim Baum gibt Schatten dem verdorrten Land, kein Wölkdien zieht dahin am blauen Zelt.

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So zart und unberührt, fern von den Ahnen, fühlt sie voll Bitterkeit sich wie verbannt, die Frankenfürstin dort auf dem Altane. Der Lilie gleich welkt sie im Sonnenbrand; bald wird ihr Grab audi mit dem Wappenschilde ein Fremdling sein auf Attikas Gefilde.

Bild aus Holland

Verschlafne, grüne Grachten ringsumher, darin der Wasserrosen weiße Kelche herniederhängen müd' und schwer. Schwerfäll'ge Kähne ziehen, schwarz von Teer, träge dahin durch todesstarre Fleete. An beiden Ufern hoher Bäume Reih'n, die wie versunken dastehn im Gebete. Dort eine Mühle, fest verschlossen, regungslos, als hätt' vergessen sie der Wind, dämmert dahin, gar wundersam verschSnt vom Abendlicht, das sanft verrinnt. Ein Greis dort auf dem grünen Rasen Pfeife raucht und in das stille Wasser vor sich starrt, gleich einer Seele vor dem Acheron, die auf des Totensdiiffers Fähre harrt.

Fürbitte Herr Gott, in dieser Nacht, der bitterkalten, wo aus dem ew'gen Frühling deine Engel von ihres Altans Brüstung niederschauen zur Erde, weißen Blütenregen sendend ihr, die sidi schweigend dreht im Weltenall, — mein Gott, in dieser Nacht, wo Stürme heulen gleidi sünd'gen Seelen, die nicht Ruhe finden, gedenke derer, die auf hartem Lager sidi neue Lebenskräfte sammeln woll'n, daß sie ihr gestrig Leid auch morgen tragen. Nimm, Gott, ein menschlich Herz und denke heute der greisen Dichter, die im Dunkel leben, an deren Türe nie der Ruhm gepocht: an die auch, die, des Lebens satt, erharr'n ein bess'res Morgen und doch nicht dran glauben. Denk' an die Häßlichen, ein Spott der andern, die Treuherz'gen, die man so herzlos neckt, die Kranken, die, stets sterbend, weiter siechen, die Mädchen, die nichts haben, was uns reizt.

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An die, so dulden, daß sich a n d r e ruhen, an alle Sanften, Güt'gen und Verfolgten, die keine Träne mehr vergießen können. Denk', o mein Gott, an alle, die hienieden verdammt sind, nur zu kriechen und zu buckeln, und deren Leid nicht lindern deine Kirchen; denn du bist hoch und ihre Stimme brüchig. Denk', Herr, an alle, die unschuldig leiden und sende ihnen jetzt kein Glück zum Lohne — Ach, ihrem Schmerze hülf' es nicht — nein liebet laß heute nacht, wenn sie im Schlummer liegen, leise den Tod ihr ödes H a u s beschleichen — Ganz leis' und leicht, daß er sie nicht erschrecke, soll er zu ihnen sich herniederbeugen, sie sanft umarmen, als war's ihre Schwester, — nur ja nicht ihre M u t t e r : ihr Umarmen war' gar zu stark, war' ein verzweifelt Drücken — Dann soll er leise ihre Lippen küssen, die festgeschloss'nen, eingeschrumpften Lippen, und unter diesem Kuß entweich' ihr Odem Doch, Herr, in dieser Nacht, der bitterkalten, wo aus dem ew'gen Frühling deine Engel von ihres Altans Brüstung niederschauen zur Erde, weißen Blütenregen sendend, f ü h r ' diese Toten ja nicht in den Himmel, den Ort der Sel'gen — nein, laß sie begraben in Erdentiefen, daß sie nie erreiche der Weltenlärm — und dort sei'n sie vergessen . . .

Liebesausklang Kehre wieder denn, Einsamkeit, stete Genossin du unsres Lebens, so freudlos, an Früchten so karg. Nachdenklich und stumm laß uns sitzen wie immer, nun die Dämm'rung hereinbrach, an der Tür, der halb off unsres Häuschens, vom Glück und vom Leben verlassen, wie gealterte Eltern, die gebeugt auf der Schwelle, eh' noch eintraf die Kunde vom Tode der Kinder, und fest hin zum Abend die Äugen gerichtet, still harren, im Geiste die Heimkehr schon feiernd, und die, in der Welt ganz allein nun geblieben, nach lieber Gewohnheit auf der Schwelle sich kauern, wenn, dem Alb gleich, die Dämm'rung beschleicht i h r e Se und, die Blidce verloren in gespenstigen Träumen, mit stoischem Gleichmut des Todes nur harren. *

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Frauenlyrik *

GaCatea Kasandzaki Aus den „Gottesliedern" Einst sah ich bei dem schlichten Ackersknechte, der mit dem alten Pflug sein Land bestellt, geheimnisvoll, wie seine treue Rechte, Gottes Gestalt einhergehn durch das Feld. Ich sah, wie seine Huld aus Schweißes Mühen, der von der Stirn in hellen Tropfen quoll, Mohnblumen ließ gleich glüh'nden Flammen blühen, die sich im Lichte wiegten ruhevoll. Und gleich als wüßt' er, wer ihm ging zur Seite, frohlockend ihm sein Herz entgegenschlug; und wie sein Blick drang freudig in die Weite, spürt' er im Innern tief den Erdgeruch. Und wieder sah ich ihn, wie er den Segen in reicher Fülle streut' mit leichter Hand, indes ein leise quill'nder Sommerregen durchtränkte singend das verdorrte Land. Und wieder war er dort, als strotzend bogen und hoben sich die Ähr'n im Windesspiel, und als ihr Gold, von Meeresluft durchzogen, vom scharfen Sichelschnitte niederfiel. Dabei auch war er, als beim schlichten Mahle die Frau, das grobe Brot zerschneidend, sprach: „Gesegnet seine Müh'nl" und er zum ersten Male sich freudig gönnte einen Ruhetag.

Gebet Was ward wohl aus dem Garten blütensdiwer, der in mein Traumreich lachte mir von fern, indes Gestrüpp und Dornen rings umher mir jetzt den endlos weiten Weg versperr'n? Warum, Herr, deine Huld den Dank mir wehrte, der mir ins Auge Trinen trieb so gern, 7 Neugriechische Lyriker

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und midi mit einem Fuß, den nichts beschwerte, und leidit aufatmend aus befreiter Brust mich hieß verfolgen deines Sdiattens Fährte, die ganze Welt umspannend voller Lust? Was raubtest du die Freude, die mir blühte wie Waldesrauschen, das sidi unbewußt, plötzlich erhob, wenn ich zu meiner Hütte Schwalben heranziehn sah in vollen Schwärmen, und wenn ich hörte in des Sommers Mitte rastlos ertönen der Zikaden Lärmen? Erhöre, Herr, in Gnaden mein Gebet, auf daß wie früher voll inbrünst'ger Wärme dem Palmbaum gleich, der in der Wüste steht, sich meine Seele in dein Licht erhöht.

Griechenland „Wann wirst du wohl die starken Flügel dehnen, du Bienenkönigin, im Äther frei? Wann tragen Lüfte wohl dein summend Sehnen in alle Winkel, daß man steh' uns bei?" „Wann wirst d u neuen Sdiwung der Schöpfung geben, mein Auserwählter, in lichtblaue Höh'n zu neuem Lebenstage stolz erheben der alten Mutter Ruhm, so stark und schön? Dein harr' ich in der Sonne, dort zu halten das Aufgebot, du Diditer, Götterdrohne! Ein Wesen bin ich aus der Welt der Alten. Werde ein Aar, nimm meinen Kuß zum Lohne, du hütest meines großen Traums Verlangeil, du bist es wert, mich liebend zu umfangen."

An die Mutter Brächte das sanfte Lüftchen auch uns Kunde, daß nun der sonnenfreud'ge Lenz anbridit, und wäre rosenrotes Dämmerlicht über den Frühlingsrosen leis entschwunden, hätten die Schwalben auch ihr Nest gefunden an unserm Fenster, das nun strahlend lacht, und stände jeder Baum in Blütenpracht, zu gotterfüllten Frühlingsfeierstunden —

Uns, adi! in langer Nacht voll tiefem Schmerze leuchtete nur des Todes Heil'genkerze, und unser Sinnen, nicht der Sonne froh, flog dahin, wo, die Stütze am Gebäude, die Mutter, uns in jener Nacht entfloh, und mit sich nahm all unser bißchen Freude. *

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Tßeone DrakopuCu (Myrtiotissa) Die tote Bettlerin Tot sah ich manche Frauen vor mir liegen — Wie könnt' ich lesen da in ihren Zügen! Ein'ge in üpp'ger Schönheitsfülle prangten mit Lippen, die nach Küssen noch verlangten; andre, die ihrer Keuschheit Schatz still wahrten mit allem jungfräulichen Schmelz, dem zarten; andre noch trugen ihrer Schmerzen Zeichen, den Schredcen, der sie plötzlich ließ erbleichen. Audi Mägdlein sah ich fest die Hände schließen, unschuld'ge Tauben, die ihr Leben ließen. Doch alle sie, die Schmerz- und Schönheitsreichen, müssen vor dir, dem Bettelweibe, weichen. Nicht Blumen rings, auch keiner Seele Trauer, ein lump'ger Schal umschlang dich nur, ein grauer; kein Schmerzensschrei um dich die Luft durchfuhr, und dodi — du, deren Mutter Trübsal nur, du lagst so friedlich lächelnd, frei von Sorgen, in heil'ger Armut Hülle fest geborgen.

Mein Christus Im Traum versetz' ich mich, Herr Jesus Christ, in deine brennend glüh'nde Leidenswoche, weit von den Städten, von den Kirchen weg, die deiner Gläub'gen Scharen dir erbauten. 7*

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Versetz' midi auf ein abgeschiedenes, armsel'ges Fischerinselchen, voll Trübsal, weil der Tod vorüberzog und jedes Häuschen sich vor ihm verschloß. Der Schiffe Lenker liegen lange schon tief unten auf dem Meeresgrunde, und andre, die vor Jahren ausgewandert, weilen in fernen unbekannten Ländern. In dem verlass'nen Kirchlein, das ich mir von dir, Herr Christus, dachte ausgeschmückt, summt es von massenhaften Bienenschwärmen, und Vogelscharen bauen ihre Nester. Wie nun ertönet die gesprung'ne Glocke — sie klingt wie eines Menschen Trauerklage —, da kommen schon den Berg hinauf, gebeugt, die Frauen, in ihr schwarzes Tuch gehüllt, mit ihnen an der Hand die kleinen Kinder. Es werden Witwen, Mütter, Schwestern auch alsbald zu dir erheben ihre Arme, Seelen, die dir gehören, keusch und rein, zermürbt vom Leid um dich, du Leidender, so schmelzen sie vor dir wie Heil'genkerzen. Und Kränze werden dir die Kinder flechten — die Kindlein, die dir so ans Herz gewachsen — aus würz'gem Thymian und aus Feldkamillen, aus wilden Lilien, die am Strande blüh'n. Dann wird des Priesters Stimme, die vor Alter schon stockt und zittert, wundersam verschmelzen mit abendlicher Winde heft'gem Wehen, mit eines Schafes lieblich zartem Blöken und mit der Meereswoge mächt'gem Brausen.

Rodile Rodile, holdes Liebchen mein, Rodile, vernimm mein Wort: es ist die Zeit nun da, voll Wonne deine Lippen mir zu reichen. Morgen ist Feiertag und großes Volksfest im Städtdien. Geh nicht hin. Ich harre dein. Kaum daß die Sonne hinterm Bergeshang zum dichten stillen Walde sidi will neigen, so komm im Unterkleide ohne Gürtel, in feinem, dünnem für den Liebeskampf, und ohne alle Spangen und Geschmeide.

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Von meinen vielgeliebten Ziegen laß den Weg dir weisen, brauchst sie nicht zu fürchten! Gar liebe Freunde sind sie mir und wissen schon lange, wie's mit meiner Liebe steht. Im Walde sitz' ich oftmals bis zum Abend für midi allein und plaudre mit der Herde. Komm denn, und du sollst sehn, mein heller Stern, was ich dir mitgebracht an schönen Dingen: Weintrauben, frisch vom Stock, und saft'ge Feigen, die ich dir selbst gepflückt vom Feigenbaum auf unserm Acker; frischen Wabenhonig, durchsichtig, hellgelb, als ob's Bernstein wäre. Ich bring' ihn dir, und wenn der ganze Schwärm der Bienen sollte herfall'n über mich! Und endlich bring' ich dir aus meinem Keller gar blum'gen, edlen roten Rebensaft. Wenn du den trinkst, mein Liebchen, dann, ich weiß, wird sanft und weich und ohne Schmerzgefühl sich unser Fleisch verein'gen. O so komm! Nicht ziemt sich's, daß du länger Jungfrau bleibest. Voll ist dein Körper, drum was zögerst du? Nicht ewig währt, Rodile, unsre Jugend. Komm denn, eh' deiner Blicke Glut erlischt 1 — Und nun noch eines und vergiß es ja nicht: Eh' wir in Liebe uns zusammenfinden, sollst du auf dem Altare unsres Waldes noch eine weiße, junge Taube opfern. Und eh' wir hochbeglückt von dannen gehn, woll'n wir voll Dank noch zu den Göttern beten.

Voluptas So kommt herbei denn, eine Welt bin ich. Aus meinem Haar, das goldig rot erschimmert, aus meinem Blicke, ja aus meinen Fingern erquillt das Element der wilden Lust. Ja, kommt nur, kommt, die ganze Welt bin i c h . . . Mit Rosenduft hab' ich erfüllt mein Lager, darauf sich — ein berauschend süßer Trank — hindehnt mein Leib, der alabasterweiße. Doch dürft ihr ja nicht Liebe von mir fordern, nie werdet ihr vor euch midi niederzwingen, in nichts verhall'n soll'n eure süßen Lieder. Wilde Begierden wühlen mir im Innern,

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eure verliebten Herzen — o, wie gerne möcht' idi sie, könnt' idi es, zerkauen mit meinen starken, blendend weißen Zahnen wie frische, knusperige Mandelkerne, um ihren blut'gen Saft dann einzusdilürfen. Nicht Tränen will ich, ich verlange nidits als Feuer für des eignen Feuers Glut, für meiner wilden Küsse Flut; will küssen einen Mund, der Flammen speit. Was kümmert es midi da, wenn jählings reißt der Faden ab von meiner Lebensspindel, wenn ich nur spüre, wie ins Nichts zerstiebt vor Wollust all mein Wesen gleidi wie Äsdiel *• * *

KCearete Dipla ~Ma(amu Der neue Odysseus So streb' hinaus ins Meer, mein Schiff, und die Sirenen mit ihrem Geiz und Wohllaut nimm an Bord; still laßt midi auf der Ruderbank, Genossen, lauschen, das Ohr weit offen, alle Fesseln fort! Wohlan, mein Schiff, durch manches Windlodi mußt' ich, entging mit knapper Not dem Todesstreich. Was sind mir da Sirenen? Hör' ich sie dodi gerne, lockt auch ihr Lädieln leicht ins Totenreich. Doch hast du diese Fährnis siegreich überwunden, mein starkes Schiff, dann zieh mit breitem Bug und vollen Segeln vorwärts, nirgend geh vor Anker, denn keine Küste gäb' dir Schutz genug.

Die Mohnblume Glanz bin ich und Stolz meines Vaters, des Frühlings; er hat, da idi kam, fast zu Tod sich getollt; wie im Glase so leuchtet das sprudelnde Leben, wie von blutrotem Wein durch den Leib es mir rollt. Jugend spend' idi den Feldern und säe Begierden, den Gräsern und Blumen gar sehnsüdit'gen Traum; in den ragenden Bäumen weck' ich heimliches Wühlen, schüttl' ich leis' meinen flammenden Purpurflaum.

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Gleich der Rose erblass* ich nicht, wenn ich verscheide; reicht der neidische Tod dereinst mir die Hand, dunkelrot dann vor Trotz, daß die Welt ich muß lassen, flattr' ich hin, wie berauscht von dem sonnigen Brand.

Pappeln Auf der hohen Tenne leuchtet wie ein See goldner Ähren Menge und nach allen Seiten quillt es strahlend hell, färbt des Berges Hänge. Um die Tenne ragen Pappeln hoch empor, reichen sich zum Tanze ihre Hände, und der Kleider feiner Flor strahlt im Silberglanze. Wie das sanfte Lüftchen nimmt ein Liedchen dann auf der Schwingen Breite, hebt die erste Pappel leicht zu summen an, schon folgt ihr die zweite. Nun in einer Reihe sie wie Bräute stehn, Jubellieder schallen von des Himmels Gnade, von des Berges Höh'n, und des Kornes Wallen!

Seelenringen

Nacht. Finstrer Kummer greift ganz sacht und leise nach meinem Hirn, nadi meinem Herzen hin, kuppelnd umgarnen mich die eignen Fänge. Wie dünn gesäte, gelbe Totenblumen glüh'n in der Nacht noch unbekannte Sterne, die Luft ist düfteschwanger, schwer mein Atem. Doch stark wie eine Festung steh' ich da, im Innern kämpfend, heiter ruh'gen Hauptes, steinhart sind meine Hände, bleich mein Antlitz.

Ein Lächeln

Wie letztes Dämmerlicht, wie Weihrauch, der verdampft, wie eine Rose, die im zarten Glas zerfällt, so seh' ich noch dein Lächeln, matt und sanft, langsam verscheiden, wie es kam zur Welt. Ich wollt' es sperr'n in einen kleinen Purpurschrein, auf blut'gem Grunde eine Perle bleich. Ich suchte nach, da fiel es mir ins Herz hinein. Nun ruht es tief im innersten Bereich.

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Aemifia Dapßni Ein Tempel Ihr sel'gen Worte, die erloschenen, ihr süßen Düfte, die wie Wolken ziehn, ihr alten Klänge, die entlockte einst geliebte Hand dem Silbertamburin — Zu einer einz'gen Welt verwuchset ihr, zu e i n e m Tempel, und ich bin darin; als eifernder Adept halt' Messe ich von düster-sibyllinenhaftem Sinn. Der Hymenäen mächt'ger Wedcerklang heißt mich zum ferngeleg'nen Hochamt gehn; um deine friedlidi-stille Seelenruh', du meine schöne Welt, ist's nun gesdieh'n. Mich aber lockte wie ein Traumgesidit das Feld, wo sich die Totenblume wiegt, wo in der Lethe sanfter Strömung sich das Kraut Vergessenheit zur Seite biegt.

Das Weib Wie einst Rebekka mit dem Wasserkruge, stieg ich hervor aus alter Zeiten Schoß; zum Trank wollt' ich ihn dir, dem Durst'gen, teidien, stand dienend vor dir, wie's des Weibes Los. Du warst es, der des Geistes Göttergaben in reicher Fülle vor mir ausgestreut; der Seele Sehnsucht blitzte in den Äugen wie Sterne durch die nächt'ge Dunkelheit. Ich folg' dir mit dem Kruge auf der Schulter, des kindlich-reinen Weibes biblisch Bild; gib, daß ich stets in lichter Klarheit wandle, daß edle Freude meine Jugend füllt. So hat von je das Schicksal es beschieden: in dieser Welt heilig-zweiein'gem Bund sollst d u mir deines Geistes Gaben spenden, indes ich dir den Krug setz' an den Mund.

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Klotho Klotho — so heißest du. Vor deinet Schwelle steh' ich an deinem Pfosten still gelehnt, den Lichtschein mit der flachen Hand beschattend, um deiner Augen Leuchten aufzufangen. O zeig* mir, Teure, deine Fertigkeit, die Lebensfäden hurtig abzuhaspeln und durch das Spinnen alles Rhythmenlose im rhythmischen Gesetze fest zu regeln. Zeig' mir die Kunst! Dann die Geschwindigkeit den trägen Fingern; und wie den Gedanken, den mächt'gen, ich auf deine Spindel wickle mit der Geschicklichkeit von Frauenhänden! Gib etwas mir von deiner stillen Größe, die zwischen deinen Augenbrauen steht, daß zum Gespinst die Märchenwelt ich wandle, und schützend mir steh' bei der Zeiten Gott. Dann gleite das Gespinst durch meine Finger, und füllen soll alsbald die Spindel sich mit kräft'gen, vielgestalt'gen Lebensfäden, die leicht wie dein Gespinst zerflattern soll'n.

Herbstelegie Im Herbstgestrüpp auf ihrem Laube schlummert Natur, ein schönes Weib, doch welk und krank; am feuchten Boden weit dahin sich schlängelt wie Sorg' und Leid ein schwarzer Schienenstrang. Schwer braust daher ein Zug, auf kurze Weile erbebt der Boden, bis es fern verklingt, erschrocken wälzt das Weib sich auf dem Lager, stiert trüben Blickes, dann in Sdilaf versinkt. Es dunkelt — in den Telegraphendrähten, kaum noch zu sehn, des Feldes Seele tönt; der Schmerz greift in die Harfe, und verzweifelt vernimmt man, wie ein Weib laut schluchzt und stöhnt.

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Biographisch - Bibliographisches * (Die Marginalien beziehen sich auf die Seitenzahlen. Ein S t e r n bedeutet, datt der betreffenden Sammlung von Gedichten unsere Übersetzungen entnommen sind.)

36-38 GEORGIOS ATHANAS (G. Athanasiadis),

geb. in

Naupaktos (Lepanto) 1893. Lebt als Journalist in Athen. — Er gab heraus: "„Frühauf brach" (ilpuitvo Sixivr^a), 1919; „Liebe in Naupaktos" CAfcEnY) errov "Erca^xo), 1921; „Kriegszeit" (Katpoj noXifiou), 1922. — Das Gedicht „Kriegermutter" in der „'ExAifr) veoeXXrjvixOiv 7toi7jficix