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German Pages 322 Year 2004
Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 303
Neuerungen im Recht der Verbraucherdarlehensverträge Fortschritt oder Rückschritt für den Verbraucherschutz?
Von Germar Enders
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
GERMAR ENDERS
Neuerungen im Recht der Verbraucherdarlehensverträge
Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 303
Neuerungen im Recht der Verbraucherdarlehensverträge Fortschritt oder Rückschritt für den Verbraucherschutz?
Von Germar Enders
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Die rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln hat diese Arbeit im Jahre 2003/2004 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten # 2004 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 3-428-11532-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2003 / 2004 von der Juristischen Fakultät der Universität zu Köln als Dissertation angenommen. Das Manuskript wurde im Februar 2003 abgeschlossen. Rechtsprechung und Literatur konnten in der Folge weitgehend bis Januar 2004 berücksichtigt werden. Ganz besonderer Dank gilt meiner Doktormutter Frau Prof. Dr. Barbara DaunerLieb, die als kritische Gesprächspartnerin die Entstehung dieser Arbeit mit großem Engagement betreute und mich als Mitglied ihres Lehrstuhlteams stets vertrauensvoll förderte. Frau Prof. Dr. Barbara Grunewald danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Meiner lieben Freundin Marion Schmauser danke ich besonders herzlich nicht nur für Lektüre und Korrektur des Manuskripts, sondern v. a. auch für die moralische Unterstützung in „schwierigen Phasen“. Besonders herzlicher Dank gilt schließlich auch meinen Eltern, die mich während meiner Ausbildung immer unterstützten. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Köln, März 2004
Germar Enders
Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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B. Grundlagen: Verbraucherschutz im Lichte der Privatautonomie und die Schutzkonzeption des Verbraucherdarlehensvertragsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
I. Verbraucherschutzkonzepte: Eckdaten der Debatte im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . .
25
1. Marktwirtschaftlich-liberale Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
2. Sozial-interventionistische Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
II. Bewertung vor dem Hintergrund der Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
34
1. Festlegung des Beurteilungsmaßstabs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
34
2. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Die Funktion des Vertrages im Lichte der Vertragsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36
a) Der Vertrag als Instrument der Selbstbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36
b) Der Vertrag als Instrument zur Vermittlung „richtiger“ Vereinbarungen
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c) Kritik und Standortbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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aa) Die Gewährleistung objektiver Richtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
bb) Die Gewährleistung subjektiver Richtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
cc) Die Gewährleistung individueller Selbstbestimmung . . . . . . . . . . . . . . .
43
(1) Die „streng“ liberale Ausgangssituation des BGB . . . . . . . . . . . . . .
43
(2) Ansätze materialen Rechtsdenkens im BGB und deren Wirkweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
(3) Das Bedürfnis nach einer Materialisierung der Vertragsfreiheit im Hinblick auf die Bedeutung der Vertragsfreiheit in einer modernen marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung . . . . . . . . . .
46
(4) Ansätze in der Literatur, Gründe für das Versagen von Vertragsmechanismus und Wettbewerb herauszuarbeiten . . . . . . . . . . . . . . . .
48
4. Auswertung der vertretenen Schutzkonzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
a) Die sozial-interventionistischen Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
aa) Das reaktiv-duldende Handeln eines umfassend strukturell unterlegenen Verbrauchers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51
bb) Die Umsetzung der Schutzkonzeption, insbesondere die Frage eines eigenständigen Sonderprivatrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
cc) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
8
Inhaltsverzeichnis b) Die marktwirtschaftlich-liberalen Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61
aa) Das am Leitbild des homo oeconomicus orientierte Menschenbild und der aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher . . .
61
bb) Die Abstraktion des Gesetzes von einer konkret-subjektiven Schutzbedürftigkeit im Rahmen eines auf situative oder vertragsgegenständliche Gefahren bezogenen Verbraucherschutzrechts . . . . . . . . . . .
66
c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
70
III. Die situativ-vertragsgegenständliche Schutzkonzeption des Verbraucherdarlehensvertragsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
74
1. Die Subjekte des Verbraucherdarlehensvertragsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
74
a) Das grundsätzlich „rollenspezifische“ Verständnis von Unternehmer und Verbraucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
74
b) Die Maßgeblichkeit des Vertragszwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
76
c) Die Nichtgeltung der verbraucherschützenden Sonderregelungen beim Vertragsschluss zwischen zwei Verbrauchern und zwei Unternehmern . . .
77
2. Die situativ-vertragsgegenständliche Gefahrenlage beim Verbraucherdarlehensvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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a) Schriftformerfordernis und Informationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
81
b) Widerrufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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c) Verbundene Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
84
d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
89
3. Der Abbau des modernen Schuldenturms und der finanzschwache Darlehensnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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a) Insbesondere: die Tilgungsbestimmung des § 497 Abs. 3 BGB . . . . . . . . . .
90
b) Folgerungen für die Schutzkonzeption des Verbraucherdarlehensvertragsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Die kodifikatorische Zusammenführung der §§ 607 ff. BGB a.F. und des Verbraucherkreditgesetzes: Überblick über Terminologie und Systematik der neuen Regelungsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Überblick über Titel 3 des Abschnitts 8 im zweiten Buch des BGB: Darlehensvertrag; Finanzierungshilfen und Ratenlieferungsverträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Zusammenfassung: Strukturelle Leitlinien des neuen „Verbraucherkreditrechts“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 II. Der Darlehensvertrag als „Grundlage“ des Verbraucherdarlehensvertragsrechts: Überblick über die Änderungen im allgemeinen Darlehensrecht . . . . . . . . . . . . . . . 102 1. Das Wesen des Darlehensvertrags nach § 488 BGB und die Hauptpflichten der Vertragsparteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
Inhaltsverzeichnis
9
2. Fälligkeit der Rückzahlungspflicht und ordentliche Kündigung . . . . . . . . . . . . . 105 a) Fälligkeit bei Verträgen ohne Laufzeitvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 b) Fälligkeit bei Verträgen mit Laufzeitvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 3. Außerordentliche Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 a) Außerordentliches Kündigungsrecht des Darlehensgebers . . . . . . . . . . . . . . . 107 b) Außerordentliches Kündigungsrecht des Darlehensnehmers . . . . . . . . . . . . . 110 c) § 314 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 4. Zinsanspruch bei Verzug des Darlehensnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 5. Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 6. Zusammenfassende Bewertung der Neuregelungen im allgemeinen Darlehensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 III. Änderungen des Verbraucherschutzniveaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 1. Die Abgrenzung generell-schutzeröffnender von konkret-schutzgewährenden Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 2. Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 IV. Änderungen des Schutzniveaus unter generell-schutzeröffnenden Gesichtspunkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 1. Der sachliche Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 a) Das Sachdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 b) Das Immobiliardarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 aa) Neuerungen durch das OLGVertrÄndG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 bb) Streichung der Teilausnahme für Immobiliardarlehen durch das OLGVertrÄndG: neue Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 cc) Einführung des Widerrufsrechts für Immobiliardarlehensverträge durch das OLGVertrÄndG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 (1) Ausgangssituation: Die Rechtssache Heininger / HypoVereinsbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 (a) Deutsches Recht und gemeinschaftsrechtliche Vorgaben: Das Widerrufsrecht des Verbrauchers bei einem als Haustürgeschäft abgeschlossenen Immobiliardarlehensvertrag vor und nach dem SMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 (b) Legislative Konsequenz im OLGVertrÄndG . . . . . . . . . . . . . . . 131 (2) Würdigung der neuen Rechtslage unter verbraucherschutzdogmatischen Gesichtspunkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 dd) Anwendbarkeit der §§ 358, 359 BGB auf Immobiliardarlehensverträge durch das OLGVertrÄndG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 (1) Rechtslage vor In-Kraft-Treten des OLGVertrÄndG . . . . . . . . . . . . 138 (a) Unsicherheiten in der Rechtsprechung: Das obiter dictum des BGH in der Rechtssache „Heininger“ und die „Securenta“-Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
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Inhaltsverzeichnis (b) Anwendbarkeit der Grundsätze über verbundene Verträge auf den Widerruf nach § 1 HausTWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 (aa) Analoge Anwendung des § 9 VerbrKrG . . . . . . . . . . . . . . 142 () Die „Securenta“-Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . 142 ( ) Übertragbarkeit der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . 145 (bb) Ausschluss wegen § 3Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG . . . . . . . . . 146 (cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 (c) Anwendbarkeit der Grundsätze über verbundene Verträge auf den Widerruf nach § 312 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 (aa) Die Anwendbarkeit des § 358 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 (bb) Die Anwendbarkeit des § 358 BGB auf verbundene Immobilienkaufverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 (cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 (d) Die an die wirtschaftliche Einheit zu stellenden Anforderungen beim (immobiliar-)darlehensfinanzierten Immobilienerwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 (2) Zusammenfassende Bewertung der Neuerungen im Bereich verbundener Verträge bei Finanzierung des Leistungserbringungsvertrags durch ein Immobiliardarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 ee) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 2. Der persönliche Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 3. Aufhebung der Beweislastumkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 a) Existenzgründer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 b) Verbraucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 4. Abweichungs- und Umgehungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 a) Das Umgehungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 b) Das Abweichungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 aa) Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 bb) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 (1) Die Rechtslage nach dem OLGVertrÄndG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 (2) Verbraucherschutzdogmatische Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus: Einzelne Schutzinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 1. Schriftformgebot und Angabepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 a) Einordnung in den Schutzkontext des Verbraucherdarlehensvertragsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
Inhaltsverzeichnis
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b) Überblick: Form- und Angabepflichten und die Folgen von Rechtsverstößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 aa) Schriftformgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 bb) Informationspflichten des Darlehensgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 cc) Folgen von Verstößen gegen das Form- und Angabengebot . . . . . . . . . 185 (1) Nichtigkeit, Heilung und Vertragsinhaltsmodifikation . . . . . . . . . . 185 (2) Neuer gesetzlicher Zinssatz bei Existenzgründerdarlehen . . . . . . . 186 c) Einführung der Form- und Angabepflichten für die Vollmachtserteilung 188 aa) Überblick über die Neuregelungen und neue Problemfelder . . . . . . . . . 188 bb) Regelungshintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 (1) Problemaufriss: „Vertretungsrecht und Verbraucherschutz“ . . . . . 189 (2) Immobilientreuhandmodelle als rechtstatsächlicher Hintergrund
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(3) Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . 190 (4) Legislative Konsequenz im SMG: Einführung des § 492 Abs. 4 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 cc) Regelungszweck und Regelungsreichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 (1) § 167 Abs. 2 BGB und seine formzweckbezogene Einschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 (a) Schriftformgebot aus § 492 Abs. 1 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . 195 (b) Notarielle Beurkundung als Substitut der Schriftform . . . . . . 198 (2) Repräsentationsprinzip und Angabepflichten (§ 492 Abs. 1 S. 5 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 (a) Warnfunktion der Angabepflichten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 (b) Einschränkung des § 492 Abs. 4 S. 2 BGB wegen der Informations- und Transparenzfunktion? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 (aa) Repräsentationsprinzip versus direkte Verbraucherinformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 (bb) Einschränkung des § 492 Abs. 4 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . 209 dd) Keine Heilung der (form-)nichtigen Vollmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 d) Zusammenfassende Bewertung der Neuerungen bei den Form- und Angabepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 2. Vorschriften über das Widerrufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 a) Rechtsnatur des Widerrufsrechts und Gesetzessystematik . . . . . . . . . . . . . . . 214 aa) Dogmatische Konzeption und Rechtsnatur des Widerrufsrechts . . . . . 214 bb) Gesetzessystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 b) Ausübungsmodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 aa) Widerrufsfrist und -form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 (1) Widerrufsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
12
Inhaltsverzeichnis (2) Widerrufsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 (a) Fristbeginn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 (b) Sonderfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 (3) Erlöschen des Widerrufsrechts und Fristende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 (a) Ordnungsgemäße Belehrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 (b) Unterbliebene und rechtsfehlerhafte Widerrufsbelehrung . . 223 (aa) Von § 7 Abs. 2 VerbrKrG über § 355 Abs. 3 BGB in der Fassung des SMG zur Streichung der Maximalfrist durch das OLGVertrÄndG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 (bb) Rechtslage nach dem OLGVertrÄndG . . . . . . . . . . . . . . . . 224 () Verbliebener Anwendungsbereich der Maximalfrist aus § 355 Abs. 3 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 ( ) Nachholung der Belehrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 ( ) Unzulässigkeit jeder zeitlichen Höchstschranke?
229
() Verwirkungsgrenze (§ 242 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . 230 (4) Streichung der Erlöschensfiktion des § 495 Abs. 2 BGB . . . . . . . 232 bb) Zusammenfassende Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 c) Widerrufsabwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 aa) Wertersatz bei bestimmungsgemäßer Ingebrauchnahme . . . . . . . . . . . . 235 (1) Vergleich von Neu- und Altregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 (2) Kritik der Neuregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 (a) Wesen und Funktion des verbraucherschützenden Widerrufsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 (b) Praktische Konsequenz: Aushöhlung des Widerrufsrechts . 240 (c) Unvereinbarkeit der Regelung mit Artt. 6 Abs. 2 S. 2 und 12 Abs. 1 FernabsRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 (3) Die Abgrenzung von Prüfung und Ingebrauchnahme als zentrales Anwendungsproblem und Ansatzpunkt einer teleologischen Korrektur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 (a) Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 (b) Mögliche Abgrenzungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 (c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 bb) Wertersatz trotz Beachtung der eigenüblichen Sorgfalt – insbesondere die Überwälzung des Zufallsrisikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 (1) Regelungsgehalt und Vergleich mit der alten Rechtslage . . . . . . . 250 (2) Regelungskritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 (3) Teleologische Korrektur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 cc) Der Umfang der Wertersatzpflicht nach § 346 Abs. 2 S. 2 BGB . . . . . 256 (1) Regelungsgehalt des § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . 256
Inhaltsverzeichnis (2) Regelungskritik und Erfordernis einer teleologischen Reduktion (3) Sonderfall: Gebrauchsvorteile eines Darlehens, § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Unzulässigkeit einer teleologischen Reduktion des § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 1 BGB wegen Halbsatz 2? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zusammenfassende Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13 258 263 265 266
3. Vorschriften über verbundene Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 a) Definition: Verbundenes Geschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Personenidentität auf Unternehmerseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verwendungszweck „Immobilienkauf“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Noch einmal: finanzierte Grundstücksgeschäfte und Immobiliardarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) § 358 Abs. 3 S. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
269 270 271 272 273
b) Widerrufsdurchgriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 c) Einwendungsdurchgriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 aa) Partielle Subsidiarität nach § 359 S. 3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 bb) Einwendungen aufgrund nachträglicher Vereinbarungen bei Unternehmeridentität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 4. Sonderregeln im Verzug des Darlehensnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 a) Verzugszinshöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Sonderfall: Immobiliardarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Konkreter Schadensnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
284 284 287 290
b) Behandlung der Verzugszinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 c) Anrechnung von Teilleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 d) Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 e) Zusammenfassende Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 D. Abschließende Bewertung unter Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse 296 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322
A. Einleitung Seit dem 1. Januar 2002 müssen im Rechtsverkehr zwischen professionellen Kreditgebern und privaten Kreditnehmern neue Regeln beachtet werden. Hintergrund der Neuregelung der verbraucherkreditrechtlichen Bestimmungen ist die im Zuge der Reformbestrebungen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes (SMG) betriebene Integration des Verbraucherkreditgesetzes in das BGB.1 Die 19 Paragraphen des ehemaligen Verbraucherkreditgesetzes wurden in die Bestimmungen der §§ 491 bis 507 BGB, §§ 655a bis 655e BGB, teilweise aber auch in das allgemeine Schuldrecht, respektive in dessen allgemein-verbraucherprivatrechtlichen Teil (§§ 355 ff. BGB) überführt, der mit der Eingliederung weiterer verbraucherprivatrechtlicher Gesetze geschaffen wurde. Terminologisch ist bemerkenswert, dass die neue Gesetzesfassung dabei den vormals zentralen Terminus „Kredit“, als Oberbegriff für alle Arten der vertraglichen Überlassung von Kaufkraft2, aufgegeben hat. Das Gesetz differenziert terminologisch und systematisch zwischen Darlehen, Zahlungsaufschub und sonstigen Finanzierungshilfen und trifft daneben spezifische Regelungen für Ratenlieferungsverträge. Im Zentrum der verbraucherschützenden Regelungen des ehemaligen Verbraucherkreditgesetzes stehen dabei nach der neuen, mit dem ebenfalls novellierten allgemeinen Darlehensrecht eng verknüpften Regelungsstruktur die Vorschriften über den Verbraucherdarlehensvertrag (§§ 491 bis 498 BGB); hier haben die zentralen Schutzinstrumente aus dem ehemaligen Verbraucherkreditgesetz ihre Kodifikation gefunden, auf die, soweit der Gesetzgeber sie auch auf andere Kreditformen anwendbar wissen wollte, verwiesen wird. Die Bestimmungen über den Verbraucherdarlehensvertrag bilden nach der neuen Regelungsstruktur somit den Kernbereich des neuen Verbraucherkreditrechts. Deswegen gebührt ihnen besondere Aufmerksamkeit und deswegen sollen sie in der vorliegenden Arbeit eingehend untersucht werden. Die Regelungen über den Verbraucherdarlehensvertrag – gemeint sind nach der Legaldefinition des § 491 Abs. 1 S. 1 BGB entgeltliche Darlehensverträge zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer – modifizieren den, dem BGB in seiner ursprünglichen Fassung zugrunde liegenden Grundsatz der formalen Gleichheit der Privatrechtssubjekte, nach dem alle geschäftsfähigen Rechtssubjekte formal gleichgestellt und von der Zivilrechtsordnung gleich zu behandeln sind. So werden dem Darlehensgeber nach § 492 BGB besondere Form- und Informationspflichten zur Beach1 2
Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. 11. 2001, BGBl. I S. 3138. Köndgen, WM 2001, 1967 (1641).
2 Enders
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A. Einleitung
tung gegenüber dem Verbraucher auferlegt, es wird dem Verbraucher ein zeitlich befristetes Widerrufsrecht eingeräumt (§§ 495, 355 BGB) und Sonderregelungen für den Fall bereit gehalten, dass der Verbraucher mit der Darlehensrückzahlung in Verzug gerät (§§ 497 f. BGB). Gemeinsam ist all diesen Bestimmungen, dass sie vom Grundsatz der formalen Gleichheit der Privatrechtssubjekte dahingehend abweichen, dass sie den als Unternehmer (§ 14 BGB) handelnden Darlehensgeber beschweren und im Gegenzug dem in § 13 BGB legaldefinierten Verbraucher, zugute kommen sollen. Dabei sind die Vertragsparteien nicht frei, von den verbraucherschützenden Bestimmungen zu Lasten des Verbrauchers abzuweichen, da diese halbzwingendes Recht darstellen. Gemeinsam ist ihnen ferner, dass sie einem in der identischen Situation mit dem darlehenssuchenden Verbraucher befindlichen Unternehmer, nicht zugute kommen. Kontrahiert dieser mit einem unternehmerisch handelnden Darlehensgeber, gilt das allgemeine, unmodifizierte Darlehensvertragsrecht, es sei denn, er handelt ausnahmsweise i. S. d. § 507 BGB zum Zweck der Existenzgründung. Diese Ungleichbehandlung und Reglementierung des grundsätzlich liberalen Schuldrechts ist in weiten Teilen, insbesondere auch in ihrer halbzwingenden Ausgestaltung, gemeinschaftsrechtlich vorgegeben. Die Bestimmungen des ehemaligen Verbraucherkreditgesetzes und nunmehr des Verbraucherdarlehensvertragsrechts dienen insofern zum Großteil der Umsetzung der Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit 3. Teilweise gehen sie aber auch zugunsten des Verbrauchers über die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben hinaus, wozu der nationale Gesetzgeber nach dem in Art. 15 VerbrKrRL enthaltenen Prinzip der Mindestharmonisierung befugt ist. So sieht die Richtlinie beispielsweise kein Widerrufsrecht vor, wie es §§ 495, 355 BGB enthält. Ziel der VerbrKrRL war und ist es, die Schutzvorschriften auf dem europäischen Verbraucherkreditmarkt auf einem möglichst einheitlichen, einen Mindeststandard aufweisenden Schutzniveau zu vereinheitlichen, um hierdurch den europäischen Verbrauchern zu ermöglichen, einen Angebotsvergleich zwischen in- und ausländischen Kreditgebern vornehmen zu können und in der Gewissheit eines Mindeststandards an Schutz die Möglichkeit eines „grenzüberschreitenden“ Vertragsschlusses wahrzunehmen, wodurch als Folge eines gesteigerten Wettbewerbs letztlich eine optimale Marktintegration erreicht werden soll. Die VerbrKrRL steht damit in einer Reihe von sekundärrechtlichen Gesetzesinitiativen der europäischen Gemeinschaft, die dem Schutz des Verbrauchers im Vertragsrecht dienen. Beispielhaft genannt seien die Haustürgeschäfterichtlinie (85 / 577 / EWG)4, die Pauschalreiserichtlinie (90 / 314 / 3 Richtlinie 87 / 102 / EWG vom 22. 12. 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit, ABl EG Nr. L 42, S. 48, modifiziert durch die Änderungsrichtlinie 90 / 88 / EWG vom 22. 2. 1990, ABl EG Nr. L 61, S. 14 und die Änderungsrichtlinie 98 / 7 / EG vom 16. 2. 1998, ABl EG Nr. L 101, S. 17. 4 Richtlinie 85 / 577 / EWG vom 20. 12. 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, ABl EG Nr. L 372, S. 31.
A. Einleitung
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EWG)5, die Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (93 / 13 / EWG)6, die Teilzeit-Wohnrechte-Richtlinie (94 / 47 / EG)7 und die Fernabsatzrichtlinie (97 / 7 / EG)8. Die Umsetzung dieser gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben vollzog sich in Deutschland bekanntermaßen zunächst durch die Schaffung von sondergesetzlichen Regelungskomplexen außerhalb des BGB. Die Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (99 / 44 / EG)9 nahm der deutsche Gesetzgeber aber dann zum Anlass für die „große“ Schuldrechtsreform, in deren Verlauf die ehemals sondergesetzlichen Bestimmungen in das BGB Einzug hielten. Bezogen auf das ehemalige Verbraucherkreditgesetz bedeutet dies, dass die auf einer Ungleichbehandlung von Verbrauchern und Unternehmern beruhenden Regelungen des ehemaligen Verbraucherkreditgesetzes nunmehr in das BGB „verschoben“ wurden und dort fortwirken. Es wäre indes verfehlt, anzunehmen, inhaltlich bliebe alles beim alten und die Neuerungen beschränkten sich auf den formalrechtlichen Aspekt der Integration. Auch wenn sich die Neukonzeption ausweislich der Gesetzesmaterialien im Wesentlichen auf die Standortverlagerung der gesetzlichen Bestimmungen und insoweit auf strukturelle und terminologische Änderungen beschränken sollte, so wurden doch im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens teilweise bewusst und explizit, teilweise aber auch unbewusst, tiefgreifende inhaltliche Änderungen vorgenommen, mit denen sich der Rechtsanwender vertraut machen muss und aus denen zahlreiche neue, sich bis dahin nicht stellende Probleme erwachsen, die gelöst werden wollen. Warum etwa sieht § 492 Abs. 4 S. 2 BGB eine Ausnahme von dem nach § 492 Abs. 4 S. 1 BGB aus verbraucherschutzrechtlichen Erwägungen neu eingeführten Formerfordernis für eine vom Verbraucher zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags erteilte Vollmacht vor? Liegt dem eine bewusste und sachgerechte gesetzgeberische Differenzierung zugrunde oder bedarf es hier einer Korrektur? Muss ein Verbraucher, der nach ordnungsgemäßer Belehrung fristgerecht von seinem Widerrufsrecht aus § 495 BGB Gebrauch macht und zuvor die darlehensfinanziert erworbene Sache bestimmungsgemäß in Gebrauch genommen hat, für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme wegen § 357 Abs. 3 S. 1 BGB ausnahmslos Wertersatz leisten oder sind insofern Einschränkungen denkbar oder gar aus Wertungsgesichtspunkten erforderlich? Wie wirkt sich insoweit die neue Konstruktion des Widerrufsrechts mit seiner partiellen Anbindung an einen dem UnterRichtlinie 90 / 314 / EWG über Pauschalreisen vom 13. 6. 1990, ABl EG Nr. L 158, S. 59. Richtlinie 93 / 13 / EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen vom 5. 4. 1993, ABl EG Nr. L 95, S. 29. 7 Richtlinie 94 / 47 / EG zum Schutz der Erwerber im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Verträgen über den Erwerb von Teilnutzungsrechten an Immobilien, ABl EG Nr. L 280, S. 83 8 Richtlinie 97 / 7 / EG über den Verbraucherschutz bei Verträgen im Fernabsatz, ABl EG Nr. L 144, S. 19. 9 Richtlinie 99 / 44 / EG vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, ABl EG Nr. L 171, S. 12. 5 6
2*
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A. Einleitung
nehmer zu machenden Pflichtverletzungsvorwurf aus? Auf diese und weitere Fragen wird vorliegende Untersuchung eine Antwort zu finden bemüht sein. Dabei wird die Untersuchung auch auf die Änderungen eingehen, die in unmittelbarem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem SMG ergingen. Schon bald nach Verabschiedung des SMG, namentlich in der „Heininger“-Entscheidung des EuGH10, stellte sich heraus, dass Teile der gerade geschaffenen Neuregelungen im Spannungsfeld von Haustür- und Verbraucherkreditgeschäften mit den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts nicht in Einklang zu bringen waren, in dem Sinne, dass sie Mängel des alten Rechts aufrechterhielten, bzw. verschärften. Der deutsche Gesetzgeber reagierte hierauf mit Korrekturen der entsprechenden verbraucherrechtlichen Bestimmungen. In letzter Sekunde der laufenden 14. Legislaturperiode wurden die insofern für notwendig erachteten Änderungen, die schwerpunktmäßig, wenn auch nicht ausschließlich, die verbraucherschützenden Widerrufsrechte betrafen, im „Omnibus“-Verfahren in das OLG-Vertretungsänderungsgesetz (OLGVertrÄndG)11 aufgenommen und so in das BGB eingeführt. Soweit diese Novellierungen für den Verbraucherdarlehensvertrag relevant sind, wie etwa die Neueinführung eines generellen Widerrufsrechts bei Immobiliardarlehensverträgen, werden sie in vorliegender Untersuchung berücksichtigt. Freilich kann es hier nicht darum gehen, umfassend auf alle durch das SMG und das OLGVertrÄndG vorgenommenen, respektive derzeit erkennbaren Änderungen einzugehen und jedwede Änderung im Hinblick auf mögliche Auswirkungen zu analysieren. Ziel der Untersuchung ist es vielmehr, die zentralen Neuerungen zu identifizieren, etwaige neuralgische Punkte offen zu legen und für diese systemkonforme, praktikable Lösungsmöglichkeiten anzubieten, um schließlich vor diesem Hintergrund das neue Verbraucherdarlehensvertragsrecht aus dem Blickwinkel des Verbraucherschutzes einer Bewertung zuzuführen: Stellen die Neuerungen des Verbraucherdarlehensvertragsrechts einen Fortschritt oder einen Rückschritt im Bemühen um ein hohes Verbraucherschutzniveau dar?12 Für diese Fragestellung ist die begleitend zum Gesetzgebungsverfahren im Schrifttum intensiv geführte Debatte, ob die Integration verbraucherschützender Nebengesetze, zu denen freilich auch das Verbraucherkreditgesetz zählte, als solche überhaupt begrüßenswert ist oder nicht, von vergleichsweise geringem Interesse.13 Die Diskussion nahm sich von Anbeginn ein wenig müßig aus: Einer der 10 EuGH, Urteil vom 13. 12. 2001, Rs. C – 481 / 99 (Heininger / Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG) = ZIP 2002, 31 = EuZW 2002, 84. 11 Gesetz zur Änderung des Rechts der Vertretung durch Rechtsanwälte vor den Oberlandesgerichten (OLG-Vertretungsänderungsgesetz – OLGVertrÄndG) vom 23. 7. 2002, BGBl. I S. 2850. 12 Das Bemühen um die Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus begleitete das gesamte Gesetzgebungsverfahren zum SMG und verdichtet sich in der Äußerung des Abgeordneten der Regierungskoalition Volker Beck bei der abschließenden Beratung des SMG im Bundestag, die Schuldrechtsreform sei in erster Linie „eine Reform für die Verbraucherinnen und Verbraucher in unserem Land“, vgl. Plenarprotokoll 14 / 192, 18750.
A. Einleitung
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Hauptbeweggründe, dem BGB im Zuge der Schuldrechtsreform die verbraucherrechtlichen Nebengesetze einzugliedern, lag für den Gesetzgeber darin, die durch die bisherige Regelung in Einzelgesetzen vermeintlich entstandene Intransparenz und Unübersichtlichkeit der Gesetzeslage zu beseitigen. Die Gesetzesmaterialien betonen das Transparenzargument immer wieder, ohne es wirklich inhaltlich fassbar zu machen und ohne aufzuzeigen, inwieweit bei der Entscheidung konkreter Rechtsfragen etwa das Verbraucherkreditgesetz dem Rechtsanwender die Rechtsfindung wegen Intransparenz erschwert hätte. Ob der nunmehr gefundene Weg der Integration die Regelungstransparenz fördert, weil sich wichtige Nebengesetze nun nicht mehr verstreut in Einzelgesetzen sondern in der zentralen Zivilrechtskodifikation des BGB finden14, oder ob die konkrete Form der Integration, etwa der Umstand, dass die Regelungen zum verbundenen Geschäft und zum Einwendungsdurchgriff nunmehr aus dem kredit-, respektive darlehensvertraglichen Kontext herausgenommen und dem allgemeinen Schuldrecht eingegliedert wurden, der Transparenz eher abträglich ist, entzieht sich weitgehend einer objektiv-juristischen Bewertung und bleibt primär dem subjektiven Rechtsempfinden des einzelnen Betrachters überlassen. Nicht weniger ambivalent als die unterschiedliche Wahrnehmung der durch die Novellierung bewirkten Änderungen an Regelungstransparenz nehmen sich die übrigen für und wider das „Ob“ der Integration vorgebrachten Argumente aus. Man mag das BGB als zentrale Zivilrechtskodifikation durch die Aufnahme wirtschaftlich bedeutsamer und praxisrelevanter Regelungssysteme wie das Verbraucherkreditgesetz als gestärkt und „modernisiert“ ansehen, die Integration als Akt „symbolischer“ Aufwertung der Nebengesetze begreifen und in der Eingliederung eine Chance für die dogmatische Konsolidierung verbraucherschützender Regelungsfelder erkennen. Gleichzeitig aber lassen sich sprachlichstilistische Gefahren für das wie Flume formulierte „Kulturdenkmal BGB“15 kaum leugnen und systematisch-inhaltliche Verwerfungen erscheinen nicht von vornherein ausgeschlossen. Sprachlich-stilistisch folgen die verbraucherschützenden Nebengesetze und deren Nachfolgeregelungen in Abweichung vom hergebrachten abstrakt-nüchternen Stil des BGB, so wurde bei Honsell vorgebracht, dem teilweise „geschwätzigen, terminologisch unpräzisen und mit unnötigen Adjektiven überladenen „Brüsseler Neudeutsch“16; in systematisch-inhaltlicher Hinsicht wurde u. a. darauf verwiesen, dass der vom allgemeinen Zivilrecht abweichende Anwendungsbereich verbrauchervertragsrechtlicher Regelungen und der (europäische) Regelungshintergrund zahlreicher Normen, insbesondere aber auch das Auslegungsmonopol des EuGH für Regelungen gemeinschaftsrechtlichen Ursprungs zu noch nicht absehbaren Veränderungen der Zivilrechtsdogmatik führen könnte. Man mag der Integration insbesondere im Hinblick auf letztgenannte GeEinen guten Überblick über die Debatte liefert statt vieler Roth, JZ 2001, 475 ff. m. w. N. Verwunderlich ist freilich, dass das Produkthaftungsgesetz als bedeutsames Verbraucherschutzgesetz von der Integration ausgenommen wurde. 15 Flume, ZIP 2000, 1427 (1429). 16 Honsell, JZ 2001, 18 (19). 13 14
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A. Einleitung
sichtspunkte skeptisch gegenüberstehen. Allerdings erscheint die insoweit teilweise betriebene „Schwarzmalerei“ 17 letzten Endes ebenso spekulativ wie der von anderer Seite vorgebrachte Enthusiasmus über die Segnungen der Zusammenfassung von allgemeinem Privatrecht und Verbraucherschutzrecht. Verständlich sind solche Extrempositionen freilich im Vorfeld, respektive im Verlauf eines Gesetzgebungsverfahrens, um dem Gesetzgeber die denkbaren Wertungsgesichtspunkte mit dem gebotenen Nachdruck zu Bewusstsein zu bringen. Der souveräne Gesetzgeber hat sich nunmehr für die Integration der Nebengesetze entschieden. Praxis und Wissenschaft haben diese Entscheidung zur Kenntnis zu nehmen und mit den Neuerungen arbeiten zu lernen. Es geht insoweit nicht mehr um das „Ob“ der Integration, sondern um die Auseinandersetzung mit dem „Wie“ der Eingliederung. Die vorliegende Untersuchung wird dementsprechend nicht die allgemeinen Vor- und Nachteile der Eingliederung des Verbraucherkreditgesetzes erörtern, sondern sich darauf konzentrieren, die konkrete Form der Integration der verbraucherdarlehensvertraglichen Vorschriften einer kritischen Betrachtung zu unterziehen. Diese Vorgehensweise erscheint für die Behandlung konkreter Auslegungsfragen sinnvoll und für die Beantwortung der Frage gewinnbringend, inwieweit die gesetzliche Novellierung zu einer Anhebung des Verbraucherschutzniveaus im Bereich der Verbraucherdarlehensverträge führen wird oder inwieweit vielleicht sogar eine Verschlechterung der Rechtsstellung des geschützten Personenkreises am Markt zu erwarten steht (Teil C.). Nach einem Überblick über die neue Regelungssystematik und Terminologie (Teil C. I.) sowie einer Darstellung der Änderungen des allgemeinen Darlehensvertragsrechts als Grundlage des besonderen Verbraucherdarlehensvertragsrechts (Teil C. II.) wird die Untersuchung insofern Änderungen des Schutzniveaus unter „generell-schutzeröffnenden“ wie auch unter „konkret-schutzgewährenden“ Gesichtspunkten aufdecken und beleuchten (Begriffbestimmung unter Teil C. III.). Unter dem Aspekt der „Schutzeröffnung“ werden vorliegend Erweiterungen oder Verkürzungen des sachlichen und personalen Anwendungsbereichs und damit eng zusammenhängende Fragen, etwa solche der Beweislast, verstanden, weil diese allgemein den Schutzumfang, insbesondere die Art der erfassten Konstellationen bestimmen, ohne dass die entsprechenden Regelungen als solche schon verbraucherschützende Wirkung entfalten würden (hierzu Teil C. IV.). Das „konkretschutzgewährende“, sozusagen „qualitative“ Schutzniveau hingegen ist anhand der einzelnen Schutzinstrumente zu bestimmen (Teil C. V.), etwa anhand der Formund Angabepflichten, des Widerrufsrechts, der Bestimmungen über verbundene Verträge und der Sonderregeln im Verzug des Verbrauchers; denn es sind diese Bestimmungen, über die die spezifisch verbraucherdarlehensvertragsrechtlichen 17 Ulmer, BB 2001, Heft 46, Die erste Seite, äußert den Verdacht, der Gesetzgeber wolle ein Stück Systemveränderung unter dem neutralen Deckmantel der Schuldrechtsmodernisierung vornehmen.
A. Einleitung
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Mechanismen dem einzelnen Schutzadressaten zur Seite stehen. Die Untersuchung wird insoweit die einzelnen Regelungen Schritt für Schritt auf relevante Änderungen „abklopfen“. In diesem Zusammenhang sind dann neue Schutzvorkehrungen, z. B. das Formerfordernis bei der Vollmachtserteilung bei § 492 Abs. 4 BGB und auch Modifikationen bestehender Regelungen auf ihre verbraucherschützende Wirkung hin zu untersuchen. Insgesamt geht es dabei weniger um eine rechtspolitische Bewertung, als vielmehr um eine Überprüfung der Novellierungen daraufhin, wie konsequent sie sich in ein dem Verbraucherschutz verpflichtetes Regelungsgefüge einpassen und dieses dahingehend vorantreiben, die Rechtsstellung der Schutzadressaten auszubauen. Um die rechtliche Stringenz der eingeführten Änderungen hinsichtlich ihrer verbraucherschützenden Wirkung beurteilen und im Fall von Brüchen die problematischen Konstellationen einer schutzoptimierenden, systemkonformen und praktikablen Lösung zuführen zu können, muss freilich in einem ersten Schritt die mit dem Einsatz verbraucherschützender Normen im Verbraucherdarlehensvertragsrecht verfolgte Schutzkonzeption offengelegt werden; diese liefert nämlich den Maßstab für die Gesetzesauslegung und Rechtsanwendung in Zweifelsfällen und bildet den Bezugspunkt einer Gesamtbewertung des neuen Regelungskomplexes aus Verbraucherschutzperspektive. Daher beschäftigt sich der erste Hauptteil dieser Arbeit (Teil B.) damit, Beweggründe, verfolgte Regelungsziele und Umsetzungsmechanismen, mithin das tragende Schutzkonzept herauszuarbeiten, das dem Verbraucherdarlehensvertragsrecht zugrunde liegt. Die Frage nach der Schutzkonzeption zu stellen, heißt, das verbraucherschutzdogmatische Fundament der untersuchten gesetzlichen Regelungsstruktur – an diesem sollte durch die Novellierung weder etwas geändert werden, noch ist daran in seiner grundsätzlichen Form etwas geändert worden – aufzudecken. Erforderlich ist insoweit eine Analyse des (Spannungs-)verhältnisses von Verbraucherschutz und Privatautonomie. Es ist zu klären, aus welchen Gründen sich der Gesetzgeber – abgesehen von den verbindlichen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben – veranlasst sieht, im „Kreditvertrags-“, respektive Darlehensvertragsrecht die formale Gleichheit der Privatrechtssubjekte aufzuweichen. Zu untersuchen ist, warum der idealtypischerweise umfassend gewährten Privatautonomie eines unternehmerisch handelnden Darlehensgebers durch gesetzliche Reglementierungen Grenzen gezogen werden, wenn dieser einem Verbraucher ein Darlehen gewährt und warum der dem Verbraucher gewährte Schutz, dann nicht eingreift, wenn der Darlehensnehmer ebenfalls Unternehmer ist. Hierfür sollen in einem ersten Schritt verschiedene Verbraucherschutzkonzeptionen, auf denen das Verbraucherdarlehensvertragsrecht beruhen könnte, dargestellt werden (Teil B. I.); in der Folge sind diese dann im Hinblick auf Prämissen und Wirkmechanismen einer Systemkritik zu unterziehen (Teil B. II.). Wie bei jeder Kritik ist auch hier in einem ersten Schritt der Wertungsmaßstab festzulegen. Es gilt insoweit den Begriff der Privatautonomie, der in seiner Erscheinungsform der Vertragsfreiheit das tragende Prinzip des Vertragsrechts darstellt, im Hinblick auf
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A. Einleitung
seine Bedeutung für die Funktion des Vertrages herauszuarbeiten. Es ist zu entscheiden, ob die wesentliche Funktion des Vertrages darin besteht, der Selbstbestimmung des einzelnen, bzw. dessen rechtsgeschäftlicher Entscheidungsfreiheit Rechnung zu tragen oder ob sie in der Vermittlung „richtiger“ im Sinne „gerechter“ Ergebnisse zu sehen ist. Denn die wesentliche Vertragsfunktion bestimmt den maßgeblichen Ansatzpunkt für gesetzgeberische Eingriffe in die formale Gleichheit der Privatrechtssubjekte. Sie erlaubt auch eine erste Einschätzung, welchen Schutzmechanismen im Rahmen des traditionellen Vertragsrechts generell der Vorzug zu geben ist und welchen eher mit Skepsis zu begegnen ist, weil sie der tragenden Vertragsfunktion widersprechen. Es lassen sich die tragfähigen von den nicht tragfähigen Eingriffsgründen und systemkonforme von systemgefährdenden Schutzinstrumenten unterscheiden. Auch wenn in diesem Zusammenhang außerjuristische, insbesondere ökonomische, aber auch gesellschaftlich-soziale Erwägungen in die Betrachtung miteinfließen müssen, ist die vorliegende Untersuchung bemüht, die Grenze zur ideologisierten Bewertung nicht zu überschreiten; sie sucht sich vielmehr schwerpunktmäßig an den grundlegenden, idealtypischen Wertungen des Zivilrechts zu orientieren und dabei nicht den Blick für die Rechtswirklichkeit zu verlieren, die von diesen Wertungen aus diversen Gründen teilweise abweicht und ebenfalls Berücksichtigung verlangt. Auf dem so herausgearbeiteten dogmatischen Fundament eines systemkompatiblen Verbraucherschutzes, lässt sich in Teil B. III. das tragende Schutzkonzept des Verbraucherdarlehensvertragsrechts mit seinen konkreten Anknüpfungspunkten für die Sonderbehandlung der Schutzadressaten bestimmen – freilich vorbehaltlich einer mitunter detailgenaueren Spezifizierung in Teil C.
B. Grundlagen: Verbraucherschutz im Lichte der Privatautonomie und die Schutzkonzeption des Verbraucherdarlehensvertragsrechts I. Verbraucherschutzkonzepte: Eckdaten der Debatte im Schrifttum Bei dem Unterfangen, das theoretische Fundament des Verbraucherschutzes in Deutschland im Umriss herauszuarbeiten und hierdurch die Zielsetzung verbraucherschützender Bestimmungen des Darlehensvertragsrechts offen zu legen, lassen sich bei aller Mannigfaltigkeit und Unterschiedlichkeit im Detail dem Grunde nach zwei gegenläufig konzipierte Grundpositionen erkennen, deren eine aus ökonomischer Sicht als marktwirtschaftlich-liberal (unter 1.) und deren andere als sozialinterventionistisch (unter 2.) bezeichnet werden kann1. In rechtlicher Hinsicht handelt es sich insofern um Begründungsmodelle für Einschränkungen der im allgemeinen Zivilrecht geltenden (formalen) Privatautonomie. Teilweise gehen die vertretenen Ansätze dabei soweit, den Geltungsanspruch der Privatautonomie im Bereich des Verbraucherrechts vollständig zu verneinen. Die folgende Untersuchung will sich auf eine Skizzierung der beiden Hauptströmungen beschränken. Vor dem Hintergrund der widerstreitenden, nicht selten schwerpunktmäßig aus sozio-ökonomischen Betrachtungen abgeleiteten Positionen, soll dann der eigene Standpunkt des Verfassers mit Blick auf die Rechtswirklichkeit im Vertragsrecht als Grundlage für die weiteren Ausführungen kenntlichgemacht werden.
1. Marktwirtschaftlich-liberale Ansätze Die marktwirtschaftlich-liberalen Modelle gehen im Ansatz davon aus, dass auf der Grundlage eines freien und funktionierenden Wettbewerbs ein im Wesentlichen an den Verbraucherinteressen ausgerichteter Markt entsteht und der Verbraucher 1 Diese Einteilung entspricht weitgehend der Differenzierung von Dauner-Lieb, Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher, zwischen „marktkomplementären Informationsmodellen“ und „marktkompensatorischen sozialen Modellen“; ähnlich die Unterscheidung bei Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, der „ordnungspolitische Informationsmodelle“ von „sozialen Alternativmodellen“ unterscheidet; ferner Micklitz, ZeuP 1998, 253 ff., der „allokative“ und „distributive“ Gerechtigkeitsprinzipien unterscheidet.
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B. Grundlagen
grundsätzlich in der Lage ist, die sich ihm bietenden Marktchancen zu nutzen.2 Die Möglichkeit der Marktteilnehmer, Vertragsverhältnisse privatautonom, also frei von staatlichen Eingriffen zu gestalten, wird dabei als Funktionsvoraussetzung eines funktionstüchtigen, dem Verbraucher zugute kommenden Markt- und Preismechanismus verstanden. Vor diesem Hintergrund hat Dauner-Lieb zu Beginn der achtziger Jahre eine restriktive, auf ein „Informationsmodell“ beschränkte Verbraucherschutzkonzeption entwickelt, die das formale Verständnis der Privatautonomie, wie es der ursprünglichen Fassung des BGB zugrunde liegt, nur geringfügig einschränkt.3 Ausgehend von dem klassischen liberalen Sozialmodell des BGB, welches durch den Grundsatz der formal-abstrakten Gleichheit der Personen und Verwendungszwecke geprägt ist, vertraut sie grundsätzlich darauf, dass durch die Kräfte des freien und funktionierenden Wettbewerbs ein an den Verbraucherinteressen ausgerichteter Markt entsteht und hierdurch Verbraucherschutz in hinreichendem Maße gewährleistet wird.4 Dem Verständnis liegt das Leitbild der Konsumentensouveränität zugrunde, wonach der wirtschaftliche Erfolg oder Misserfolg eines Anbieters am Markt maßgeblich von der Entscheidung der Summe der einzelnen Nachfrager abhängt. Der Verbraucher wird insoweit, wie jedes andere geschäftsfähige Privatrechtssubjekt auch, unter Rückgriff auf das wirtschaftswissenschaftlich ausgeformte Bild des rational und nutzenmaximierend handelnden homo oeconomicus5 begriffen, also als selbstbestimmtes und selbstverantwortliches Wesen, das seine wirtschaftlich relevanten Entscheidungen autonom und auf rationaler Grundlage trifft, bzw. treffen kann. Sein Handeln wird nach dieser idealtypischen Vorstellung von dem Gedanken geleitet, zwischen den verfügbaren Mitteln, den eigenen Bedürfnissen und Präferenzen sowie dem Preis der angebotenen Güter eine ZweckMittel-Relation herzustellen.6 Weil Verbraucher und Unternehmer sich insoweit nicht unterscheiden, treffe das BGB in seiner ursprünglichen Fassung zwischen ihnen auch keine Unterscheidung; als rechtsgeschäftlich tätige, am Wirtschaftsleben als Marktteilnehmer partizipierende Personen kenne das BGB weder Verbraucher noch Unternehmer, sondern ausschließlich geschäftsfähige Rechtssubjekte und behandelt diese Rechtssubjekte dementsprechend formal-abstrakt gleich. Hinsichtlich der formal-abstrakten Gleichheit der Verwendungszwecke argumentiert Dauner-Lieb, das liberale Sozialmodell reduziere die Komplexität der wirtschaftlichen Zusammenhänge weitgehend auf Warenaustauschbeziehungen. Des2 Hierzu Gröner / Köhler, Verbraucherschutz in der Marktwirtschaft, S. 17 ff.; kritisch zu diesen Grundannahmen Simitis, Verbraucherschutz – Schlagwort oder Rechtsprinzip?, S. 107. 3 Dauner-Lieb, Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher. 4 Dauner-Lieb, ebd., S. 54 ff. 5 Zur Begrifflichkeit ferner Schmidt, JZ 1980, 153 (154 f.); i.Ü. vgl. die Ausführungen und Nachweise unter B. II. 4. b) aa). 6 Dauner-Lieb, Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher, S. 52 f.
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wegen beschränkten sich die Bestimmungen des BGB auf die Regelung dieses unmittelbaren Austauschs von Leistung und Gegenleistung, und deswegen erachteten sie die neben dem eigentlichen Entschluss zur rechtsgeschäftlichen Verpflichtung liegende besondere Motivation des Handelnden, d. h. den mit dem Vertragsschluss verfolgten Zweck, als unbeachtlich; dementsprechend habe für die Beurteilung von Rechtsgeschäften außer Acht zu bleiben, ob der rechtsgeschäftlich Handelnde zum Zwecke des Konsums, der Kapitalanlage oder unternehmerisch tätig werde.7 Auch die kaum vergleichbaren Ausgangspositionen der einzelnen Rechtssubjekte im Hinblick auf wirtschaftliche und intellektuelle Ressourcen, sowie geschäftliche Erfahrung seien für das Funktionieren des Marktmechanismus nach diesem Sozialmodell nicht beachtlich, da die Funktionsfähigkeit des Markt- und Preismechanismus allein voraussetze, dass die Rechtssubjekte von ihren mehr oder minder knappen Ressourcen einen grundsätzlich vernünftigen, d. h. nutzenmaximierenden Gebrauch machen. Insoweit sei das BGB mit dem ihm zugrunde liegenden Sozialmodell freilich darauf angewiesen zu postulieren, dass grundsätzlich jedes Rechtssubjekt in gleichem Maße fähig und bereit ist, seine wirtschaftlichen Angelegenheiten autonom und rational durch die gezielte Verwendung der ihm zur Verfügung stehenden Mittel zu gestalten. Das BGB müsse insoweit Parität voraussetzen. Aus dieser Parität, die als Funktionsbedingung der Privatautonomie zu begreifen sei8, ergebe sich ohne weiteres, dass Abschluss-, Gestaltungs- und Inhaltsfreiheit, also insbesondere auch die Bestimmung des Äquivalenzverhältnisses von Leistung und Gegenleistung ganz überwiegend den Vertragsparteien überlassen werden – abgesehen von den Fällen des § 138 BGB.9 Da grundsätzlich jedermann die Mittel der Privatautonomie zur Durchsetzung seiner Interessen und damit zur Erzielung „richtiger“ Vertragsinhalte zur Verfügung stehen, ist er, sofern er diese Chance nicht nutzt, dafür selbst verantwortlich und nicht schutzbedürftig. Konsequenterweise lehnt Dauner-Lieb Ansätze zur Privilegierung bestimmter Personengruppen, bzw. des Konsums als Verwendungszweck auf Grundlage des Prinzips der formal abstrakten Gleichheit kategorisch ab.10 Für die Entwicklung verbraucherschützender, systemkonformer Regelungen komme alleine ein Ansatz in Betracht, der ausgerichtet an den Funktionsbedingungen der Privatautonomie, die Ursachen für mögliche Paritätsstörungen offen lege und diese Störungen ausgleiche. Allein wenn die Möglichkeit autonome, rationale Entscheidungen zu treffen wegen eines Mangels an Information oder wegen eines Erfahrungsdefizits, mithin wegen der Unkenntnis bestimmter willensbildungsrelevanter Umstände nicht mehr gewährleistet ist und damit der Wettbewerb als verbraucherschützende Grundeinrichtung fehlschlägt, müsse das Recht regulierend in die formale Privatautonomie ein-
Dauner-Lieb,ebd., S. 54. Dauner-Lieb, ebd., S. 66 f.; zur Problematik eines argumentativen Abstellens auf das Merkmal der Parität, vgl. unter B. II. 3. c) (4). 9 Dauner-Lieb, ebd., S. 55 f. 10 Dauner-Lieb, ebd., S. 61, 104. 7 8
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B. Grundlagen
greifen und die vertragliche Parität als Funktionsbedingung der Privatautonomie wiederherstellen; das sei nicht nur aus individualschützender Sicht, sondern auch aus gesamtwirtschaftlichen Erwägungen geboten.11 Bei Vertragsschlüssen zwischen Verbrauchern und Marktgegenseite seien typischerweise Informationsasymmetrien zu erkennen, die aus der verwirrenden Vielfalt der Angebote am Markt, aus teilweise unverständlichen Produktbeschreibungen und aus der nicht immer auf sachliche Information gerichteten Werbung resultierten.12 Dem aufgrund wirtschaftlicher und organisatorischer Konzentration an Kenntnissen und Erfahrungswissen überlegenen Unternehmer stehe ein fachlich überforderter Verbraucher gegenüber. Dessen Schutzbedürftigkeit stelle sich also als eine subjektiv-intellektuelle Unterlegenheit dar und gründe letztlich in dessen rechtlicher und geschäftlicher Unerfahrenheit. Freilich seien derartige Defizite nicht auf den „Verbraucher“ als privaten Endabnehmer beschränkt, so dass eine Schutzbedürftigkeit grundsätzlich überall bestehe, wo ein Vertrag ohne berufliche Spezialkenntnisse geschlossen werde. Zur Kompensation konkreter Informationsasymmetrien sei der Einsatz von Schutzinstrumenten zulässig und geboten, die auf Aufklärung zielten: Dementsprechend könne das Informationsmodell zu massiven Informationspflichten des besser kundigen Geschäftspartners führen und gegebenenfalls könne dem bei Geschäftsabschluss Uninformierten das Recht eingeräumt werden, seine rechtsgeschäftliche Entscheidung später in informiertem Zustand noch einmal zu überprüfen und die vertragliche Bindung durch Ausübung eines Aufhebungs-, bzw. Widerrufsrechts zu lösen. Wer indes über alle willensbildungsrelevanten Informationen verfüge, sei im Rahmen des Informationsmodells uneingeschränkt an seinem Wort festzuhalten. Gesetzgeberische Eingriffe in den Vertragsinhalt seien im Rahmen des Informationsmodells grundsätzlich unzulässig. Dass die Inhaltskontrolle von allgemeinen Geschäftsbedingungen im Rahmen des Informationsmodells trotz ihrer vertragsinhaltsbezogenen Rechtsfolge- Vertragskorrektur durch die Unwirksamkeit einzelner Klauseln- zu rechtfertigen sei, ergebe sich daraus, dass eine Aufklärung nur dort Sinn habe, wo das bestehende Defizit durch bessere Information ausgeglichen werden könne, was bei komplexen Klauselwerken aber weder praktisch durchführbar sei, noch effektiv erfolgen könne.13 Damit erschöpft sich aber aus der Sicht Dauner-Liebs ein systemkonformes Verbraucherschutzrecht. Ein über die Kompensation subjektiv-konkreter Informationsdefizite hinausgehender Schutz etwa durch den Einsatz halbzwingender Normen, die auch zugunsten eines informierten Verbrauchers wirken, lehnt sie in Ermangelung einer subjektiv-konkreten Paritätsstörung grundsätzlich als systemsprengend ab. In kritischer Auseinandersetzung mit der Konzeption Dauner-Liebs stimmt Bydlinski14 ihrer Analyse – grundsätzliche Konsumentensouveränität sowie Infor11 12 13 14
Dauner-Lieb, ebd., S. 63 ff. Dauner-Lieb, ebd., S. 64. Dauner-Lieb, ebd., S. 73 f. Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts, S. 741 ff.
I. Verbraucherschutzkonzepte: Eckdaten der Debatte im Schrifttum
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mationsasymmetrien als maßgeblicher Ansatzpunkt für die Feststellung relevanter und kompensationsfähiger Paritätsstörungen bei vollkommener Systemverträglichkeit dieses Konzepts – im Ergebnis zu. Dabei steht er aber der argumentativen Anbindung an das „liberale Sozialmodell“, als sozialwissenschaftlich-ökonomischem Ansatz, skeptisch gegenüber.15 Er sucht insoweit die Überzeugungskraft des liberalen Verbraucherschutzmodells unter Berufung auf materiale Anknüpfungspunkte in der – wie auch er deutlich herausstreicht – grundsätzlich formalen Rechtskonzeption des allgemeinen Zivilrechts stärker normativ zu stützen. Als Beispiele materialer Ansatzpunkte benennt er etwa die zur Kompensation nachhaltiger Informationsdefizite bestehenden Irrtumsregeln und die breite Anerkennung von Schutz- und Sorgfaltspflichten im Rahmen der cic.16 Ausgehend von gravierenden Informationsasymmetrien als maßgeblichen Ansatzpunkten für berücksichtigungsfähige und berücksichtigungsbedürftige Paritätsstörungen bezweifelt Bydlinski sodann aber, unter argumentativer Einbeziehung neuerer gesetzlicher Entwicklungen, den Absolutheitsanspruch des reinen Informationsmodells als Erklärungsmodell für verbraucherschützende Regelungen und propagiert eine vorsichtig-restriktive Berücksichtigung weiterer materialer, präzise zu definierender Kriterien.17 Als Test, ob das reine Informationsmodell die allein tragfähige Grundlage einer Verbraucherschutzkonzeption sein kann, schlägt er vor zu überprüfen, ob Regelungen des Verbraucherschutzrechts auch zugunsten eines voll informierten Verbrauchers wirken.18 Da dieser freilich wegen der typisierend angelegten und halbzwingenden Geltung der Regelungen des Verbraucherschutzrechts positiv ausfällt, bestehe ein über das reine Informationsmodell hinausgehender Rechtfertigungsbedarf, der nach Ansicht Bydlinskis – und insoweit widerspricht er Dauner-Lieb – durchaus systemkonform zu bewerkstelligen sei.19 In zahlreichen Bereichen zeige sich das Recht offen für die Berücksichtigung unterschiedlicher, materialer Aspekte. Für die Entwicklung einer systemadäquaten und die Rechtswirklichkeit reflektierenden Verbraucherschutzkonzeption gehe es insoweit auch seiner Auffassung nach freilich keineswegs darum, Ungleichgewichtslagen an unbestimmte und vage Kriterien wie das der wirtschaftlichen Kapitalausstattung oder an generelle ökonomische Rollen anzuknüpfen, sondern darum, Sachverhalte zu identifizieren, in denen eine einseitige Unterlegenheit konkret beschriebener Art feststellbar ist und in denen die korrigierende Rechtsfolge der jeweiligen Art der – im Normkontext exakt definierten – Unterlegenheit angepasst ist; „wohldosierte Typisierunge“, seien im Rahmen der unter umfassender Prinzipienabwägung in OptimierungsBydlinski, ebd., S. 743. Bydlinski, ebd., S. 744 ff. Letzteres Argument ist freilich wegen der rechtsfortbildenden Entwicklung der Schutz- und Sorgfaltspflichten nicht ohne weiteres durchschlagend. 17 Bydlinski, ebd., S. 751 ff. 18 Bydlinski, ebd., S. 752. 19 Zum kompensatorischen Verbraucherschutzmodell als Systemproblem vgl. Bydlinski, ebd., S. 750 ff. 15 16
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B. Grundlagen
absicht gewonnenen Regelungen aus Gründen der Rechtsklarheit und Praktikabilität erforderlich und geboten.20 In dem Bemühen, jenseits eines etwaigen Informationsgefälles weitere Anknüpfungspunkte für kompensationsbedürftige Paritätsstörungen zu finden, bezeichnet Bydlinski unter ausdrücklicher Ablehnung eines Paradigmenwechsels vom formalen hin zu einem materialen Freiheitsverständnis u. a. das Prinzip inhaltlicher Äquivalenz als einen adäquaten und hinreichend konkretisierbaren Anknüpfungspunkt21; dieser könne freilich nicht als solcher auf die Gültigkeit von Verträgen Einfluss haben, aber in Fällen, in denen alleine formale Vertragsfreiheit gewährleistet sei – etwa weil relevante Informationen fehlen – Beachtung erfordern. Zur Illustration dieser Einschätzung zieht er u. a. die Vorschriften über die Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen heran. Dabei schließt er sich der Auffassung Dauner-Liebs an, dass im Falle des Einsatzes zumeist umfangreicher und komplexer Klauselwerke typischerweise gravierende Informationsdefizite auf Seiten des Verwendungsgegners bestehen, die durch bloße Informationspflichten nicht ausgleichbar sind. Den von Dauner-Lieb daraus gezogenen Schluss, dass dann im Rahmen des Informationsmodells auch Maßnahmen, bzw. Rechtsfolgen legitimierbar seien, die über die bloße Aufklärung hinausgingen, zieht er aber nicht. Vielmehr hält er an dieser Stelle das reine Informationsmodell für ergänzungsbedürftig und ergänzungsfähig: Deutlich streicht er heraus, dass die bestehenden Informationsasymmetrien nicht schon durch den Wettbewerb am Markt ausgeglichen werden, da ein solcher, reale Entscheidungsalternativen offerierender, effizienter Konditionenwettbewerb aus psychologisch-ökonomischen Gründen gar nicht existiere.22 Das Fehlen realer und vor allem auch – etwa im Hinblick auf aufzubringende Suchkosten und Unsicherheiten bezüglich der Erfolgsaussichten von Verhandlungsbemühungen – zumutbarer Entscheidungsalternativen könne als zusätzlicher, d. h. neben das Bestehen von Informationsdefiziten tretender, evtl. sogar als eigenständiger Umstand angesehen werden, der eine relevante Paritätsstörung auszulösen geeignet ist. Hierdurch werde (unabhängig von Erwägungen der Praktikabilität 20 Der Begriff der „Typisierung“ bezieht sich nach dem argumentativen Kontext, in dem er verwandt wird, nicht allein auf den typisierenden Schutzansatz der meisten Bestimmungen des Verbrauchervertragsrechts, sondern auch auf deren halbzwingende Ausgestaltung, aufgrund derer Schutzmechanismen auch zugunsten voll informierter Rechtssubjekte greifen, vgl. Bydlinski, ebd., S. 752. Tatsächlich kann man zwischen dem typisierenden Schutzansatz und der halbzwingenden Ausgestaltung einen funktionalen Zusammenhang erkennen, vgl. zum Abweichungsverbot im Verbraucherdarlehensvertragsrecht unter C. IV. 4. b) aa). 21 Daneben sollen Einschränkungen der formalen Vertragsfreiheit zugunsten eines freilich genau zu umreißenden Persönlichkeitsschutzes und bei „primär freiheitsbeschränkenden Verträgen“ denkbar sein, Bydlinski, ebd., S. 755 f. 22 Insoweit beruft sich Bydlinski, ebd., S. 759 auf empirische Erhebungen; Canaris, AcP 200 (2000), 273 (324) bezeichnet das Fehlen eines effizienten Konditionenwettbewerbs als die, neben die Beeinträchtigung der Möglichkeit einer Einflussnahme auf den Vertragsinhalt zusätzlich bestehende ratio legis der Inhaltskontrolle; ähnlich, mit ausführlicher Analyse der Gründe des Wettbewerbsversagens Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 332 ff.; in dieselbe Richtung argumentiert Roth, JZ 2001, 475 (481).
I. Verbraucherschutzkonzepte: Eckdaten der Debatte im Schrifttum
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und Rechtssicherheit) begründbar, dass der Schutz der Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen auch dem voll informierten Rechtssubjekt angedeihe. In der Sache vergleicht er die Situation fehlender Entscheidungsalternativen mit der aus dem Wucherrecht bekannten „Zwangslage“, rekurriert damit implizit auf eine denkbare normativ-materiale Wurzel seines Ansatzes23 und offenbart dabei den im Wucherrecht für die Auslösung der Unwirksamkeitsfolge bedeutsamen Aspekt der Äquivalenzstörung als einen auch für die Inhaltskontrolle von AGB beachtlichen Umstand. Den Kern der Inhaltskontrolle umschreibt er abstrakt als das „Verbot auffallend inadäquater Vertragsgestaltung“24 und benennt damit die Verwirklichung des materiellen Äquivalenzprinzips im Hinblick auf die beiderseitigen Leistungspflichten und die sonstigen risikoverteilenden Vertragspositionen – diese Zielsetzung hebt auch der Gesetzgeber bei Schaffung des AGBG hervor25 – als die neben die Berücksichtigung der besonderen Umstände des Vertragsschlusses tretende Zielsetzung der Inhaltskontrolle26.
2. Sozial-interventionistische Modelle Den Befürwortern sozial-interventionistischer Modelle ist gemein, dass sie schon die Prämissen der marktwirtschaftlich-liberalen Ansätze als realitätsfern verwerfen. Die Vorstellung, funktionierender Wettbewerb komme dem Verbraucher zugute, sei ebenso eine der sozialen Wirklichkeit widersprechende Fiktion wie die mit dem Leitbild der Konsumentensouveränität verbundene Einschätzung, der Verbraucher sei zur rationalen Entscheidungsfindung fähig.27 Die Wirklichkeit sei 23 Eine explizit parallel angelegte Argumentation erarbeitet Canaris, AcP 200 (2000), 273 (320 ff.). 24 Bydlinski, ebd., S. 759. 25 In BT-Drucks. 7 / 3919, S. 13 heißt es: „Das vorrangige rechtspolitische Ziel dieses Gesetzentwurfs liegt darin, bei der Verwendung von AGB im rechtsgeschäftlichen Wirtschaftverkehr dem Prinzip des angemessenen Ausgleichs der beiderseitigen Interessen Geltung zu verschaffen, das nach den Grundvorstellungen des Bürgerlichen Gesetzbuches die Vertragsfreiheit legitimiert; denn deren Funktion besteht darin, durch freies Aushandeln von Verträgen zwischen freien und zur rechtsgeschäftlichen Selbstbestimmung fähigen Partnern Vertragsgerechtigkeit zu schaffen.“ 26 Dem folgend Canaris, AcP 200 (2000), 273 (325 f.). 27 Grundlegend mit Schwerpunkt in einer Kritik der Wettbewerbspolitik Simitis, Verbraucherschutz- Schlagwort oder Rechtsprinzip?, S. 112 ff., 136 ff.; Reich, Markt und Recht, S. 183 f. bezeichnet den Verbraucher als „Untertan“ des Marktgeschehens. Dass es sich bei der Annahme der Fähigkeit und Bereitschaft des einzelnen zur rationalen Entscheidungsfindung um eine Fiktion handelt, wird auch von Vertretern der liberalen Modelle durchaus erkannt; insoweit wird aber auch von einer durch das Zivilrecht vorgegebenen normativen Entscheidung gesprochen, vgl. Dauner-Lieb, Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher, S. 55; diese normative Vorgabe ist aber wie dies., ebd., S. 144 f. erläutert, der sozialen Wirklichkeit gar nicht so fern; hierzu vgl. die Ausführungen unter B. II. 4. a) aa) und insbesondere B. II. 4. b) aa).
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B. Grundlagen
vielmehr von einem ökonomischen und sozialen Machtgefälle zwischen Anbieter und Verbraucher bestimmt, einem Ungleichgewicht zu Lasten des Verbrauchers. Dieses gelte es durch ein Verbraucherschutzrecht, das über vorsichtige Korrekturen der Rahmenbedingungen des Vertragsmechanismus hinausgehend auch inhaltsgestaltend wirkt – im Hinblick auf Marktprozesse also interventionistischer Natur ist – zu kompensieren. Als Beispiele radikaler Theorien extensiven Verbraucherschutzes soll anknüpfend an die von N. Reich in den siebziger Jahren entwickelte Konzeption eines eigenständigen Sonderprivatrechts für Verbraucher der Ansatz Reifners vorgestellt werden. Ziel der Konzeption Reichs28 ist die Schaffung eines selbständigen, von der allgemeinen Zivilrechtsdogmatik losgelösten, umfassenden Verbraucherschutzrechts, das die Privatautonomie überwindet. Den Ausgangspunkt hierfür bildet ein klassengeprägtes Gesellschaftsverständnis, nach dem die mit Privateigentum an Produktionsmitteln ausgestatteten Unternehmer den Verbrauchern, deren Eigentum sich auf die auf Bedürfnisbefriedigung zielenden Konsumgüter beschränkt als Antagonisten gegenüberstehen. Dabei seien die Unternehmer, die Investitionen im Gegensatz zu den Verbrauchern nicht zur Bedürfnisbefriedigung tätigten, sondern, um daraus weitere Tauschwerte29 zu gewinnen, den am Ende der Konsumkette stehenden, sozialökonomisch mit den Lohnarbeitern vergleichbaren30 Verbrauchern strukturell überlegen, was zu einer nachhaltigen Störung des Wettbewerbs führe; dabei werde die dauerhafte Machtposition durch die zunehmende Anbieterkonzentration noch verstärkt.31 Durch Werbung, Preis- und Produktgestaltung antizipiere, steuere und manipuliere der Unternehmer die Entscheidungen des Konsumenten. Da ein autonomes, selbstverantwortliches Auftreten des Verbrauchers am Markt in der sozialen Realität nicht existiere, gehe dem Wettbewerb das notwendige Korrektiv auf Nachfragerseite verloren. Letztendlich sei der Verbraucher dem durch die Marktgegenseite geschaffenen Markt hilf- und mittellos ausgeliefert, er sei „Untertan des Marktgeschehens“32. Ein derart krasses Ungleichgewicht im Sinne einer wirtschaftlich-sozial verstandenen Paritätsstörung hält Reich für nicht systemkonform behebbar und fordert eine sozialwissenschaftlich abgesicherte Zivilrechtsdogmatik, die nicht allein marktkomplementär angelegt sein könne, sondern marktkompensierend, mithin marktkorrigierend wirken müsse.33 Unter Berücksichtigung der Bedingungen der Reich, ZRP 1974, 187; ders., Markt und Recht. Diese Terminologie, also insbesondere die Dialektik von Tausch- und Gebrauchswert wie sie Reich, Markt und Recht, S. 179 ff. verwendet, offenbart – abgesehen von der direkten Berufung auf Marx – die inhaltliche Anlehnung an die marxistische Wirtschafttheorie. 30 Abgesehen vom „gesellschaftlich-ökonomischen Tätigkeitsfeld“ erkennt Reich, Markt und Recht, S. 192 f. keine substanziellen Unterschiede zwischen Lohnarbeitern und Verbrauchern; gewisse rollentheoretische Erwägungen will er neben dieser klassentheoretischen Argumentation in beschränktem Umfang zulassen. 31 Reich, Markt und Recht, S. 180 ff. 32 Reich, Markt und Recht, S. 182 f. 28 29
I. Verbraucherschutzkonzepte: Eckdaten der Debatte im Schrifttum
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Arbeitsteilung und der unterschiedlichen Zuordnung von Produktionsmitteln sei eine Dreiteilung des Zivilrechts vorzunehmen: Ein Unternehmensrecht solle die Rechtsverhältnisse zwischen Unternehmen regeln, das Bürgerrecht die Beziehung zwischen privaten Rechtssubjekten zum Gegenstand haben und das Verbraucherrecht im Verhältnis von Unternehmern zu privatem Endabnehmer gelten. Für die Ausgestaltung des Verbraucherrechts erachtet er die Statuierung privatrechtlicher Informationspflichten für durchaus sinnvoll34, wenn auch nicht hinreichend und propagiert insofern insbesondere die Umwandlung des dispositiven in zwingendes Recht35. Reifner lehnt zwar die Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher ab, weil er befürchtet, durch die Herauslösung des Verbraucherschutzrechts aus der allgemeinen Zivilrechtsdogmatik, könnten sich bereits bestehende Ungleichgewichtslagen noch weiter verfestigen36, im Übrigen folgt er jedoch insbesondere hinsichtlich der grundsätzlichen Kritik des kapitalistischen Wirtschaftssystems und der marktpolitischen Rolle des Verbrauchers weitgehend dem Verständnis Reichs. Im Ergebnis vertritt er, dass grundsätzlich, d. h. auch bei funktionierendem Wettbewerb, eine Vertragsfreiheit auf Seiten des Verbrauchers nicht existiere, dieser vielmehr durchweg den Vorgaben der kapitalstärkeren Anbieter ausgesetzt sei. Auf wirkliche Vertragsverhandlungen ließe sich die Anbieterseite gar nicht ein, sondern setzte schlichtweg ihre vorformulierten Vertragsbedingungen durch. Die Ausübung negativer Vertragsfreiheit auf Seiten des Verbrauchers in Form eines gänzlichen Verzichts auf den Vertragsabschluss oder der Suche nach einem Substitutionsgut bei einem anderen Anbieter komme wegen der generellen Angewiesenheit des Konsumenten auf das Produkt zur Bedürfnisbefriedigung oder auch wegen der Unaufschiebbarkeit des Konsums nicht in Betracht. Aber auch, wenn der Verbrauchervertrag nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts erforderlich sei, sondern eine keineswegs existenznotwendige Bedürfnisbefriedigung also der Erwerb eines Luxusartikels in Frage stehe, so führt nach Ansicht Reifners der gesellschaftliche Druck der Gruppe, in der sich der Verbraucher bewegt, im Zusammenwirken mit der durch die Anbieterseite zur Bedürfnisschaffung gezielt eingesetzten Werbung und entsprechenden Verkaufsstrategien dazu, dass der Verbraucher einem ihn wirtschaftlich möglicherweise überfordernden Konsum- und damit Abschlusszwang unterliegt, wenn er nicht sozial isoliert werden will.37 Letztlich beschränke sich die Vertragsfreiheit des Verbrauchers auf die Wahl des Anbieters, worin allerdings eine bloße Scheinfreiheit zu erkennen sei, die an der grundsätzlichen UnterlegenHierzu wie zum folgenden vgl. Reich, Markt und Recht, S. 193 ff. Reich, NJW 1978, 513 ff. 35 Reich, ZRP 1974, 187 (188). 36 Diese Gefahr ergebe sich schon allein daraus, dass die für die Schaffung eines Verbraucherrechts verantwortlichen politischen und rechtlichen Kräfte grundsätzlich die überlegene Stellung der Unternehmer nicht in Frage zu stellen gewillt seien, Reifner, Alternatives Wirtschaftsrecht am Beispiel der Verbraucherverschuldung, S. 408. 37 Reifner, ebd., S. 202 ff. 33 34
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heit des Verbrauchers gegenüber der konzentrierten wirtschaftlichen Macht der Gesamtheit der Anbieter nichts ändere.38 Stellt sich unter Zugrundelegung vorstehender Auffassung die Vertragsfreiheit auf Seiten des Verbrauchers grundsätzlich als eine sinnentleerte Hülse dar, so sinkt nach der Auffassung Reifners die Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers allerdings in dem Maße, in dem er über hinreichende finanzielle Mittel zur Beschaffung oder Reparatur eines Wirtschaftsgutes verfügt.39 Damit zeigt sich, dass das eigentliche Schutzobjekt einer so verstandenen Verbraucherschutzkonzeption nicht der Verbraucher als solcher ist. Denn auch finanzstarke Subjekte können in ihrer Rolle am Markt zur privaten Bedarfsdeckung auftreten. Schützenswert im Sinne eines aus Reifners Sicht sozial verstandenen Zivilrechts ist der ökonomisch schwache Verbraucher als Teil einer finanziell unterprivilegierten gesellschaftlichen Gruppe. Konkret fordert Reifner in Überwindung der Abstraktion der geltenden Zivilrechtsdogmatik bei der Rechtsanwendung auf die tatsächlich vorgegebenen sozioökonomischen Rollen der am Wirtschaftsprozess beteiligten Personen abzustellen.40 Zur Steigerung materieller Gerechtigkeit und wegen der grundgesetzlichen Geltung des Sozialstaatsprinzips sei eine (vermeintlich) soziale Auslegung privatrechtlicher Verträge geboten. Gewollt ist eine Überprüfung der Vertragsinhalte auf ihre soziale Adäquanz und Richtigkeit41, was im Ergebnis die Auslegung und Ergebnisfindung in zivilrechtlichen Fragen von der jeweiligen finanziellen Situation des beteiligten Verbrauchers abhängig macht.
II. Bewertung vor dem Hintergrund der Privatautonomie 1. Festlegung des Beurteilungsmaßstabs Für die Informationsmodelle und gegen die sozial-interventionistischen Modelle streiten in tatsächlich-ökonomischer Hinsicht die durch das Scheitern des real existierenden Sozialismus umso deutlicher gewordenen Vorzüge der Marktwirtschaft. Doch lässt sich die Frage nach einem unserem Rechtssystem entsprechenden Schutzkonzept nicht mit dem bloßen Hinweis auf die Kraft des Faktischen im Sinne eines funktionstüchtigen Wirtschaftssystems beantworten. Richtigerweise stellt Drexl in seinem Bemühen um die Entwicklung einer allgemeinen Verbraucherschutztheorie fest, der Schluss von der als richtig befundenen WirtschaftsordReifner, ebd., S. 209. Reifner, ebd., S. 407 ff. 40 Reifner, ebd., S. 39. 41 Reifner, ebd., S. 45 f.; bei der sozialen Auslegung sei etwa Individualismus durch Kollektivität, Isolation durch Gesellschaftlichkeit, Tauschwert und Gewinnbezug durch Gebrauchswert und Nutzen zu ersetzen, vgl. ders., ebd., S. 92. 38 39
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nung auf das normativ geltende Rechtssystem könne nicht gezogen werden; das Verständnis des geltenden Rechts werde aber sehr wohl durch die Erkenntnisse über das optimale Funktionieren der Wirtschaftsordnung beeinflusst.42 Die Frage nach dem richtigen Verständnis des Verbraucherschutzes muss daher auf der Grundlage des geltenden Rechts unter Berücksichtigung der systemtragenden außerjuristischen, einer wissenschaftlichen Überprüfung nur bedingt zugänglichen Wertungen erfolgen.
2. Begriffsbestimmung Das grundlegende Ordnungsprinzip des geltenden Privatrechts ist die Privatautonomie.43 Daran hat sich auch durch fortschreitende Beschränkungs- und Begrenzungstendenzen in Rechtsetzung und Rechtsprechung nichts grundlegend geändert. Die Privatautonomie bezeichnet das Prinzip der Selbstgestaltung der Rechtsverhältnisse durch den einzelnen entsprechend seinem Willen und steht damit im Gegensatz zu staatlicher Bevormundung; Rechtsfolgen treten grundsätzlich nicht aufgrund gesetzlicher Bestimmungen oder aufgrund einer wie auch immer ausgestalteten staatlichen Intervention ein, sondern vielmehr durch selbstbestimmtes Handeln des einzelnen, der entscheidet, ob, mit wem, wann und unter welchen Bedingungen er eine Rechtsbeziehung eingeht.44 Eine Rechtsbeziehung zwischen zwei Rechtssubjekten besteht insofern, weil die Begründung einer solchen gewollt ist (Abschlussfreiheit) und sie besteht mit dem Inhalt, wie sie gewollt ist (Gestaltungs- und Inhaltsfreiheit). Vor diesem Hintergrund stellt die Privatautonomie insbesondere in der hier allein interessierenden Form der Vertragsfreiheit – daneben sind Eigentumsfreiheit, Testier- und Vereinigungsfreiheit garantiert – einen Grundpfeiler der freiheitlichen Wirtschaftordnung dar.45 Dem Einzelnen soll ermöglicht werden, durch Erklärung seines autonom definierten Willens bestimmte bindende Rechtsfolgen herbeizuführen – nämlich die, auf deren Verwirklichung sein Wille zielt – und somit auf rechtlich gesicherter Grundlage selbstbestimmt am Rechtsverkehr teilzunehmen. Um dem Ziel umfänglicher (wirtschaftlicher) Selbstbestimmung bestmöglich Rechnung zu tragen, zeichnet sich das Vertragrecht durch eine weitgehende Abwesenheit von Ge- und Verboten aus, die die Freiheit des einzelnen einzuschränken geeignet wären. Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 81 f. Larenz / Wolf, AT, § 1 Rdn. 2. 44 Einhellige Ansicht, vgl. etwa Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts, S. 147 ff.; Flume, AT Bd. II, § 1 1; Larenz / Wolf, AT, § 2 Rdn 15; Medicus, AT, § 1 Rdn 174; zum Aspekt der Sicherung individueller Freiheit gegenüber staatlicher Regelung als eine tragende Funktion der Privatautonomie vgl. Schmidt-Rimpler, in: Festschrift Raiser, 1974, 3 ff.; M. Wolf, Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit und vertraglicher Interessenausgleich, S. 8 f. 45 Grunsky, Vertragfreiheit und Kräftegleichgewicht, S. 5; M. Wolf, ebd., S. 19. 42 43
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3. Die Funktion des Vertrages im Lichte der Vertragsfreiheit Hinsichtlich vorstehender Eckdaten einer Begriffsbestimmung besteht breite Einigkeit. Uneinigkeit herrscht indes darüber, worin im Rahmen eines auf Privatautonomie gründenden Vertragsrechts die maßgebliche Funktion von Verträgen, bzw. von Vertragsschlüssen zu erkennen ist. Im Zentrum des Interesses steht dabei die Frage, ob das Konstrukt des Vertrages neben der Verwirklichung der Selbstbestimmung auch eine „Richtigkeitsgewähr“ für vertragliche Vereinbarungen bieten kann und soll. Die Erörterung und Beantwortung der Frage ist erforderlich, um den adäquaten – zur Realisierung der Vertragsfunktion geeigneten – Anknüpfungspunkt für verbrauchervertragsrechtliche Schutzinstrumente zu bestimmen.
a) Der Vertrag als Instrument der Selbstbestimmung Das ursprüngliche, im Grundsatz formal-abstrakter Gleichheit der Rechtssubjekte wurzelnde Verständnis der Privatautonomie geht davon aus, dass im Vertragsschluss stets und ausschließlich die Selbstbestimmung der Rechtssubjekte Ausdruck findet.46 Der Vertrag in seiner konkreten Gestalt widerspiegelt danach allein die von autonom und selbstverantwortlich handelnden Rechtssubjekten getroffenen, im Verhandlungswege gefundenen Vereinbarungen. Weil vertragliche Vereinbarungen auf der Selbstbestimmung jedes Vertragsschließenden beruhen – Flume spricht hier von der „Selbstherrlichkeit“ des einzelnen47 – sind diese von der Rechtsordnung anzuerkennen, auch wenn sie nach objektiven Maßstäben zum Nachteil einer Partei gereichen. In der Gewährung der Möglichkeit zu selbstbestimmtem Verhalten erschöpft sich nach dieser Ansicht die Funktion der Vertragsfreiheit. Dementsprechend vertritt Flume, soweit von einer Richtigkeitsgewähr des Vertrages gesprochen werde, könne damit nur die Art des Zustandekommens des Vertrages gemeint sein, in dem Sinne, „dass nämlich die vertragliche Regelung in der Selbstbestimmung der Vertragspartner geschieht“ und man insoweit „von der Regelung des Vertrages sagen [kann], dass sie „richtig“ ist“.48 Eine die Gewährleistung der Möglichkeit zu eigenverantwortlicher Gestaltung überschreitende Kontrolle der Ergebnisrichtigkeit von Austauschverhältnissen, die über §§ 134, 138 BGB und die Vorschriften über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinausgeht, ist danach abzulehnen.
46 In kritischer Auseinandersetzung mit der Lehre von der materiellen Richtigkeitsgewähr vertritt dies mit besonderem Nachdruck Flume, AT Bd. II, § 1 4 ff. 47 Flume, ebd., 5. 48 Flume, ebd., 6a.
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b) Der Vertrag als Instrument zur Vermittlung „richtiger“ Vereinbarungen Die Lehre von der Richtigkeitsgewähr des Vertrages, bzw. deren zahlreiche Ausprägungen gehen auf die grundlegenden Arbeiten Schmidt-Rimplers zurück.49 Die intensive Diskussion und Rezeption seiner Thesen hat über die Jahre zu einer funktionalen Verknüpfung der Vertragsfreiheit mit dem Topos der Richtigkeitsgewähr des Vertrages geführt, die weithin kaum in Frage gestellt wird, wobei allerdings die inhaltliche Ausfüllung und Weiterentwicklung der Begrifflichkeit – die im Zentrum der Diskussion steht – sehr unterschiedlich ausfällt.50 In kritischer Distanz zum liberalen Verständnis des Vertrages als Mittel zur selbstbestimmten Einflussnahme auf die Entstehung von Obligationen, sieht Schmidt-Rimpler die darüber hinausgehende, ja primär zu beobachtende Funktion des Vertrages in der Herbeiführung richtiger, respektive gerechter Ergebnisse, „auch gegen den unrichtigen Willen“51 des Einzelnen. „Richtig“ ist eine Regelung seiner Ansicht nach, wenn sie einer gerechten und zweckmäßigen Gemeinschaftsordnung entspricht.52 Zur Realisierung einer so verstandenen Gerechtigkeit erachtet der Autor den Vertragsmechanismus insoweit grundsätzlich als geeignetes Instrument, als „immer der durch die Unrichtigkeit Betroffene zustimmen muss“53. Die für einen Vertragsabschluß erforderliche Willensübereinstimmung führe die divergierenden Interessen der Beteiligten im Kompromiss zusammen und entspreche idealiter einer überindividuellen, gerechten Ordnung, weil „im Ausgleich zwar nicht sicher, aber doch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit das Richtige vereinbart“54 wird. Die Richtigkeitsgewähr des Vertragsmechanismus sieht er indes nur so lange als gewährleistet an, wie sich die Beteiligten tatsächlich selbstbestimmt und freiverantwortlich gegenüberstehen und ihre divergierenden Interessen in die Vertragsgestaltung einbringen können. Dem liberalen Rechtsverständnis macht Schmidt-Rimpler zum Vorwurf, dass es die Funktionsvoraussetzungen dieses Mechanismus nicht hinterfragt und die Willensherrschaft der Parteien schlichtweg unterstellt.55 Die Abstraktion von einseitigen Abhängigkeitsverhältnissen der Beteiligten, besonderen Bedürfnislagen oder anderen erheblich schwächenden Faktoren gefährde oder vereitele gar den Abschluss ausgewogener Verträge. Da der Vertragsmechanismus in diesen Fällen aufgrund fehlender Richtigkeitsgewähr „überhaupt kein geeignetes Mittel zur Ordnung der LebensSchmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 ff.; ders., in: Festschrift Nipperdey, 1955, 1 ff. Einen instruktiven Überblick über den Ausgangspunkt der Diskussion und deren Entwicklung bietet Busche, Privatautonomie und Kontrahierungszwang, S. 76 ff.; 87 ff.; 90 ff.; 102 ff. 51 Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 (156). 52 Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 (132). 53 Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 (156). 54 Schmidt-Rimpler, in: Festschrift Nipperdey, 1955, 1 (6). 55 Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 (157). 49 50
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verhältnisse“56 sei, bedürfe es eines über die §§ 134, 138 BGB hinausgehenden hoheitlichen Eingreifens in Form der Vertragsgestaltung.57 Die aus vorstehenden Ausführungen deutlich werdende Geringschätzung des Prinzips der Privatautonomie, verdichtet sich bei Schmidt-Rimpler explizit in der Aussage, der Vertrag finde seinen Sinn nicht in der Willensherrschaft und der Ermächtigung zur Selbstrechtsetzung der Parteien, sondern darin, dass ohne hoheitliche Gestaltung in begrenztem Rahmen eine richtige Regelung auch gegen den unrichtigen Willen des Einzelnen herbeigeführt werde.58 Nicht die Verwirklichung individueller Selbstbestimmung, sondern die Manifestation einer gerechten Ordnung und die Erzielung richtiger Vertragsinhalte wird zur Funktion des Vertrages. Auch wenn Schmidt-Rimpler die Wirksamkeit des einzelnen Vertrages nicht von der Übereinstimmung von übergeordneten Gerechtigkeitskriterien abhängig machen will- wie er später klarstellend ergänzt59 – so stellt er doch – der Sache nach – objektive Gerechtigkeitsvorstellungen ganz ins Zentrum seiner Vertragstheorie. Subjektive Wertungen der Parteien werden zwar in den späteren Schriften im Hinblick auf die Richtigkeitsgewähr stärker berücksichtigt60, inhaltlich bleiben sie aber auch hier auf einen übergeordneten Maßstab bezogen61. Busche hat deutlich herausgearbeitet, dass im Vertragsmodell Schmidt-Rimplers die Parteien mittelbar zur Beachtung objektiver Gerechtigkeitsvorstellungen verpflichtet werden, wollen sie nicht zumindest Gefahr laufen, dass ihrer Vereinbarung die staatliche Anerkennung versagt wird.62
c) Kritik und Standortbestimmung Ausgangspunkt einer kritischen Analyse vorstehender Ansätze ist die Einschätzung Schmidt-Rimplers, im Zentrum der Vertragsfunktion stehe nicht die Verwirklichung des Parteiwillens sondern die Erzielung „richtiger“ Vereinbarungen im Hinblick auf Vertragsgerechtigkeit und Zweckmäßigkeit.
Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 (157). In Betracht kommen nach Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 (159) Eingriffe durch Gerichte oder Verwaltung. 58 Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 (156). 59 Schmidt-Rimpler, in: Festschrift Raiser, 3 (10 f.; 16). 60 Schmidt-Rimpler, in: Festschrift Raiser, 3 (10 f.). 61 Bei Schmidt-Rimpler, Festschrift Raiser, 3 (16) heißt es: „Da beide Parteien bei ihrem Gerechtigkeitsurteil im allgemeinen natürlich von den in ihrer Gesellschaft und Rechtsgemeinschaft geltenden Wertungen ausgehen werden, [ . . . ] ist die Erwartung begründet, dass das Ergebnis auch der Gemeinschaftsordnung weitgehend entspricht [ . . . ].“ 62 Busche, Privatautonomie und Kontrahierungszwang, S. 78. 56 57
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aa) Die Gewährleistung objektiver Richtigkeit Diese Einschätzung begegnet nachhaltigen Bedenken. Ausgangspunkt einer Bewertung des im Jahre 1941 rechtsfortbildend entwickelten Ansatzes SchmidtRimplers63 muss zweifelsohne das dem BGB in seiner ursprünglichen Form zugrunde liegende Verständnis der Vertragsfreiheit sein. Originärer Sinn und Zweck der Vertragfreiheit, wie sie dem Vertragsrecht des BGB zugrunde liegt, ist es, dem Individuum die Rechtsmacht zu verleihen, die es benötigt, um autonom und eigenverantwortlich rechtliche Bindungen begründen und entsprechende Vermögensdispositionen treffen zu können. Mit diesem sogar grundrechtlich verbürgten Recht ist eine Konzeption nicht in Einklang zu bringen, die die Verwirklichung des individuellen Parteiwillen als maßgebliche Funktion des Vertrages negiert: Die Idee übergeordneter Gerechtigkeitskriterien als entscheidende Zielrichtung des Vertragsrechts beinhaltet zwangsnotwendig die Ausrichtung des Vertragsrechts an überindividuellen und damit heteronomen Zielvorstellungen und bedingt daher eine Zurückdrängung autonomer, wirtschaftlicher Selbstbestimmung. Das kann aber eine auf freiem Wettbewerb beruhende Wirtschaftsordnung keinesfalls hinnehmen. Vertragsfreiheit und freier Wettbewerb bedingen sich gegenseitig, sie stehen zweifelsohne in einem funktionalen Zusammenhang.64 Einerseits ist ein freier und effizienter Wettbewerb nur denkbar, wenn die Rechtsverhältnisse am Markt privatautonom gestaltet werden, wenn also Abschluss- und Gestaltungsfreiheit als rechtlich relevante Formen der Selbstbestimmung existieren. Andererseits kann sich wirtschaftliche Selbstbestimmung nur dann verwirklichen, wenn die Freiheit des Wettbewerbs dem potentiellen Abnehmer Entscheidungsalternativen etwa im Hinblick auf Anbieter und Produkte zur Verfügung stellt; schon aus diesem Grund kann die Gewährleistung objektiver Richtigkeit keinesfalls funktionaler Ausgangspunkt und Maßstab eines auf Vertragsfreiheit basierenden Vertragsrechts sein. Hinzu kommt, dass die Ausrichtung des Vertragsrechts an dem Ideal objektiver Richtigkeit zunächst die Errichtung eines objektiven Wertesystems erfordern würde, das den Begriff der Richtigkeit, etwa unter dem Aspekt der Austauschgerechtigkeit, zu konkretisieren geeignet wäre. Wie schnell die Möglichkeiten des Rechts dabei an ihre Grenzen stoßen, belegen insoweit die vergeblichen Bemühungen zur Bestimmung des iustum pretium sowie die bewusste Entscheidung des BGBGesetzgebers gegen eine Aufnahme der Rechtsfigur der laesio enormis.65 Auch die Schwierigkeiten, denen die Gerichte bei der durch § 138 Abs. 2 BGB oder der 63 Das rechtspolitische Anliegen seiner Ausführungen stellt Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), 130 in scharfer Abgrenzung zu einer etwaigen dogmatischen Analyse explizit und in aller Klarheit heraus. 64 Hierzu Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 91 ff.; 212 f.; 291; 300 f.; Habersack, Vertragsfreiheit und Drittinteressen, S. 45 f.; grundlegend: Böhm. Freiheit und Ordnung in der Marktwirtschaft, S. 105 ff.; Eucken, Grundsätze der Wirtschaftspolitik, S. 275 ff.; ferner Joerges, Verbraucherschutz als Rechtsproblem, S. 19. 65 Zum historischen Hintergrund Mayer-Maly, in: 2. Festschrift Larenz, 1983, 395 ff.
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durch § 138 Abs. 1 BGB beim wucherähnlichen Geschäft geforderten Konkretisierung des objektiven Äquivalenzmissverhältnisses begegnen, sprechen insoweit eine beredte Sprache – der genauen Grenzziehung, ab der ein rechtlich zu missbilligendes Missverhältnis anzunehmen ist, haftet doch immer etwas Beliebiges an.66 Wollte man nun Kriterien für das gesamte Vertragsrecht suchen, so würde ein solches Unterfangen von vornherein zum Scheitern verurteilt sein. Es fehlen – was Schmidt-Rimpler letztlich auch erkennt, freilich ohne die daraus resultierenden Schlussfolgerungen für die Tragfähigkeit seines Konzepts zu ziehen67 – generalisierungsfähige Kriterien, um einen schlechthin gültigen Richtigkeitsmaßstab zu entwickeln. Nicht zuletzt unter diesem Gesichtspunkt ist auch die von M. Wolf68 geforderte, über die Gesetz- und Sittenwidrigkeitskontrolle hinausgehende Inhaltskontrolle von Austauschverträgen als unhaltbar abzulehnen. Das Recht kann sich die Überprüfung des objektiven Äquivalenzverhältnisses von Leistung und Gegenleistung schon deswegen nicht zur zentralen Aufgabe machen, weil es hierzu – will es nicht auf seinen Geltungsanspruch als ein von Beliebigkeiten weitgehend freies Ordnungssystem verzichten – schlechterdings gar nicht in der Lage ist.69 Vertragsinhalte resultieren grundsätzlich nicht aus übergeordneten Richtigkeitserwägungen sondern aus dem Ergebnis der Verhandlungen der Parteien. Daraus zu folgern, die dem Zivilrecht zugrunde liegende Rechtskonzeption sei frei von inhaltlich-materialen Wertungen wäre freilich verfehlt. Sowohl das den Parteiwillen ergänzende dispositive Gesetzesrecht als auch insbesondere das die Vertragsfreiheit beschränkende zwingende Recht sind angereichert mit materialen Gerechtigkeitserwägungen.70 Die Beobachtung des objektiven Äquivalenzprinzips beim Wuchertatbestand im Rahmen des „auffälligen Missverhältnisses“ von Leistung und Gegenleistung etwa setzt der privatautonomen Vertragsgestaltung eine be66 Wie problematisch die Überbewertung material-objektiver Gerechtigkeitskriterien sein kann, zeigt insbesondere die Rechtsprechung zum wucherähnlichen Konsumentenkredit im Rahmen des § 138 Abs. 1 BGB – grundlegend: BGHZ 80, 153; 98, 174 –, die das objektive Äquivalenzmissverhältnis von Leistung und Gegenleistung ganz ins Zentrum der rechtlichen Würdigung stellt und hierfür nachhaltige Kritik erfahren hat. Sehr kritisch: Mayer-Maly in: 2. Festschrift Larenz, 1983, 395 (400, 407 ff.), der vor einer Renaissance der laesio enormis warnt; ähnlich Canaris, AcP 200 (2000), 273 (300 ff.). 67 Bei Schmidt-Rimpler in: Festschrift Raiser, 3 (11). heißt es, objektive Gerechtigkeitskriterien seien „für den Menschen mangels fester Kriterien nicht feststellbar. 68 M. Wolf, Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit und vertraglicher Interessenaustausch, S. 35 ff.; Larenz / Wolf, AT, § 2 Rdn 21 Fn. 13. 69 A.A. M. Wolf, Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit und vertraglicher Interessenaustausch, S. 35 ff.; Larenz / Wolf, AT, § 2 Rdn 22 ff.; kritisch Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 8. Busche, Vertragsfreiheit und Kontrahierungszwang, S. 99 f. i.V.m. 79 ff.; Limbach, KritV 1986, 165 (177). 70 Hierzu Canaris, AcP 200 (2000), 273 (285 f.); im Rahmen des dispositiven Gesetzesrechts wurde ein hoher Gerechtigkeitsgehalt etwa dem bis dahin geltenden kaufrechtlichen Gewährleistungsrecht attestiert, z. B. Coester- Waltjen, in: Staudinger, § 11 Nr. 10 AGBG Rdn 1; trotz nachhaltiger Kritik im Detail, für das neue Schuldrecht grundsätzlich bestätigend: Schubel, JZ 2001, 1113 (1117).
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deutsame Schranke; dass die objektive Äquivalenz damit aber noch nicht zur Grundlage der Vertragsgestaltung, also zum rechtsdogmatischen Ausgangspunkt der Betrachtung wird, zeigt sich schon allein daran, dass das Äquivalenzmissverhältnis als solches nicht die Unwirksamkeitsrechtsfolge des § 138 Abs. 2 BGB herbeizuführen vermag, sondern weitere Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sein müssen. Letzten Endes ist einer Konzeption, die das Vertragsrecht auf höhere Gerechtigkeitskriterien verpflichten möchte, zum Vorwurf zu machen, dass sie das Institut der Vertragsfreiheit aushöhlt, ja geradezu in sein Gegenteil verkehrt. Aufgrund der faktischen Kompetenzverschiebung vom Einzelnen zum Staat – wer sonst als staatliche Stellen sollte rechtsverbindlich bestimmen, wo der Vertragsmechanismus versagt, was eine gerechte Gemeinschaftsordnung ausmacht und wo hoheitliche Vertragsgestaltung erforderlich wird – werden die Möglichkeiten zur überindividuellen, ja staatlichen Einflussnahme auf Vertragsabschlüsse und Vertragsgestaltungen erheblich erweitert. Das Vorbringen Schmidt-Rimplers, er habe mit seiner Konzeption das Institut der Vertragfreiheit vor dem Zugriff des totalitären Gesetzgebers schützen wollen71 kann insoweit – gelinde gesagt – nur mit Verwunderung aufgenommen werden. Die breite Öffnung des Vertragsrechts für hoheitliche Einflussnahme – zwar nicht über das Institut der Vertragsfreiheit, aber über den Begriff der Richtigkeit – führt faktisch zur Fremd- statt zur Selbstbestimmung.72 Damit wird die Grenze einer systemkonformen Rechtsfortbildung überschritten. Vor diesem Hintergrund erscheint es ausgeschlossen, dass ein auf die Beachtung der Privatautonomie verpflichteter Gesetzgeber den verbraucherschützenden Regelungen im Kredit- bzw. Darlehensrecht als telos die Erzielung „objektiver Richtigkeit“ zugrunde gelegt hat. bb) Die Gewährleistung subjektiver Richtigkeit Es bleibt zu prüfen, ob der Gedanke der Richtigkeitsgewähr unter subjektiven Gesichtspunkten die tragende Funktion des Vertragsrechts darstellt. Das liegt insoweit nicht fern, als sich objektiv-heteronome Zielvorstellungen mit dem Gedanken der vertraglichen Selbstbestimmung als unvereinbar erwiesen haben und der Zweck des Vertragsrechts insoweit in der rechtlichen Fixierung subjektiver Vorstellungen der Vertragsparteien gesehen werden muss. Im Hinblick nicht auf das objektiv-inhaltlich zu bestimmende Vertragsergebnis, sondern auf den Vertragsmechanismus, also das Verfahren der Vertragsbildung, könnte es Ziel des Vertrages, respektive des Vertragsprozesses sein, ausgleichende Gerechtigkeit bezüglich der unterschiedlichen Interessen der Beteiligten herzustellen.73
Schmidt-Rimpler, in: Festschrift Raiser, 3 (9) spricht vom „autoritären“ Gesetzgeber. So auch explizit Busche, Privatautonomie und Kontrahierungszwang, S. 81, 85; ähnlich Bydlinski, Privatautonomie und objektive Grundlagen des verpflichtenden Rechtsgeschäfts, S. 133. 71 72
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Es ist das Verdienst Schmidt-Rimplers, dass er den Wirkmechanismus des Vertrages als Instrument des Interessenausgleichs in aller Deutlichkeit aufgedeckt hat74 und der Vertragstheorie damit den Boden bereitete, die funktionale Verknüpfung von Vertragsfreiheit und Vertragsgerechtigkeit im Sinne einer subjektiv verstandenen Gerechtigkeit zu erkennen75: Im vertraglichen Einigungsprozeß, oder wie Bydlinski plastisch formuliert, im Prozeß des „gegenseitigen Abschleifens entgegenstehender Interessen“76 realisiert sich grundsätzlich ein subjektiver Interessenausgleich, der zu einem für die jeweilige Partei „richtigen“ Ergebnis führt. Der diesem prozeduralen, auf inhaltliche Vorgaben verzichtenden Verständnis der Vertragsgerechtigkeit zugrundeliegende fundamentale Gerechtigkeitsgedanke ist mit Canaris – ausgedrückt in dem Satz volenti non fit iniuria - darin zu erkennen, dass dieses Verständnis der Autonomie des Menschen Rechnung trägt77: es wäre kaum vertretbar, einen Vertrag, den eine Partei in Kenntnis aller relevanten Umstände aus freien Stücken abgeschlossen hat, als ungerecht zu bezeichnen; man denke an Fälle, in denen eine Partei bereit ist, wegen eines gesteigerten Affektionsinteresses, einen besonders hohen, über dem Verkehrswert der Sache liegenden Preis zu zahlen oder bevorzugt, das gewünschte Produkt aus Bequemlichkeit – etwa weil der Weg zum Supermarkt zu beschwerlich erscheint – unter Inkaufnahme eines höheren Preises lieber an dem um die Ecke gelegenen Kiosk zu erwerben. Die subjektive Richtigkeit des Vereinbarten folgt in vorstehenden Beispielen daraus, dass die vermeintlich benachteiligte Partei den Wert der Gegenleistung aufgrund individueller Wertschätzung als Ausdruck eines autonomen, selbstverantwortlichen Verhaltens festgelegt hat und insoweit für sich persönlich als „richtig“ empfindet. Damit aber führt die Argumentation zurück auf den in der Vertragsfreiheit angelegten Selbstbestimmungsgrundsatz als den zentralen Ansatzpunkt subjektiver Richtigkeit. Insoweit ist in der subjektiven Richtigkeitsgewähr keine eigenständige Vertragsfunktion zu erkennen. Die subjektive Richtigkeitsgewähr leitet sich vielmehr unmittelbar aus der individuellen Selbstbestimmung ab, wie sie sich im Vertragsmechanismus realisiert. Sie ist lediglich die aus der Selbstbestimmung folgende Konsequenz bzw. – eingedenk des Umstands, dass das Recht keine Richtig73 Zusammenfassend zur Theorie subjektiver Richtigkeitsgewähr: Busche, Vertragsfreiheit und Kontrahierungszwang, S. 87 f. mit zahlreichen Literaturnachweisen. 74 Mit plastischem Beispiel Schmidt-Rimpler in: Festschrift Nipperdey, 1955, 1 (9). 75 Statt vieler Bydlinski, Privatautonomie und objektive Grundlagen des verpflichtenden Rechtsgeschäfts, S. 62; Kramer, in: MüKo, Vor § 145 Rdn 2 f.; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, § 6 I (S. 78); dezidiert gegen eine funktionale Verknüpfung von Vertragsfreiheit und Vertragsgerechtigkeit – allerdings ohne weitergehende Differenzierung zwischen objektiver und subjektiver Vertragsgerechtigkeit – argumentiert Busche, Vertragsfreiheit und Kontrahierungszwang, S. 82 f. 76 Bydlinski, Privatautonomie und objektive Grundlagen des verpflichtenden Rechtsgeschäfts, S. 62. 77 Vgl. hierzu und zu folgenden Beispielen auch die Ausführungen bei Canaris, AcP 200 (2000), 273 (283 ff.).
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keit als solche, sondern allein eine Richtigkeitschance78 gewähren kann – bloßer Reflex und gewinnt ihre Aussagekraft allein aus dem Selbstbestimmungsbegriff. Da der Privatautonomie der Gedanke subjektiver Richtigkeitsgewähr somit nicht als eigenständiger Wert innewohnt, ist dieser auch nicht als maßgeblicher Ansatzpunkt für verbraucherschützende Regelungen anzusehen.
cc) Die Gewährleistung individueller Selbstbestimmung Ist nunmehr die Verwirklichung individueller Selbstbestimmung als maßgebliche Funktion des Vertrages ausgemacht, bleibt zu klären, ob ein rein formales Verständnis der Funktion des Vertrages in der wirtschaftlich-sozialen Realität hinreichend Rechnung trägt oder ob darüber hinaus und wenn ja, in welchem Umfang auch materielle Aspekte Berücksichtigung finden müssen.
(1) Die „streng“ liberale Ausgangssituation des BGB In der ursprünglichen Konzeption des BGB kann der Vertragsmechanismus seine Wirkung, der Selbstbestimmung des Einzelnen zur Durchsetzung zu verhelfen, ohne weiteres erfüllen, weil sich die am Rechtsverkehr teilnehmenden Rechtssubjekte- entsprechend dem Grundsatz formal-abstrakter Gleichheit79 – unter normativen Gesichtspunkten als ebenbürtige, mit hinreichender rechtlicher Erfahrung ausgestattete und geschäftlich urteilsfähige Individuen gegenüberstehen, die im Verkehr mit anderen Gleichgestellten ihre Rechts- und Vermögensverhältnisse selbständig und eigenverantwortlich zu gestalten vermögen. Im Widerstreit der egoistisch motivierten Interessen bildet sich eine innerhalb der durch §§ 134, 138 BGB gezogenen Grenzen selbst tragende Ordnung, die keiner regulierenden Eingriffe von staatlicher Seite bedarf. Dieser Konzeption, die das Verständnis der Verfasser des BGB von der bürgerlichen Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung des ausgehenden 19. Jahrhunderts als einer durch besitzende Bürger, kleine Unternehmer und Landwirte geprägten Ordnung widerspiegelt80, entspricht die Gewährleistung rechtlich-formaler Freiheit im Hinblick auf die Kompetenz zum Vertragsabschluß und zur Vertragsgestaltung, die ihren sinnfälligen Ausdruck im Grundsatz 78 Davon, dass der Vertragsprozess die „Vermutung“, bzw. die Çhance“ einer gerechten Regelung in sich berge sprechen etwa: Esser, Schuldrecht I, S. 82; Hönn, Kompensation gestörter Vertragsparität, S. 94 f.; Kramer, in: MüKo, Vor § 145 Rdn 2; M. Wolf, Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit und vertraglicher Interessenaustausch, S. 73 f. 79 Grundlegend hierzu Dauner-Lieb, Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher, S. 51 ff.; insbesondere 54 f. 80 Busche, Vertragsfreiheit und Kontrahierungszwang, S. 50; ähnlich zur formellen Gleichstellung der Rechtssubjekte Larenz / Wolf, AT, § 46 Rdn 2 und ders, ebd., § 2 ausführlich zu den geistigen und sozialen Grundlagen des BGB; ferner H.P. Westermann, AcP 178 (1978), 150 (152 ff.); Wieacker; Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, S. 478 ff.
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pacta sunt servanda81, also in der grundsätzlich unbeschränkten Selbstbindung als Kehrseite einer prinzipiell unbegrenzten Selbstbestimmung oder, wie hier präziser formuliert werden soll, als Kehrseite einer unbegrenzten Entscheidungsfreiheit82 findet. Selbstbestimmung ist ohne Selbstbindung nicht denkbar, da durch diese erst die verbindliche Grundlage für die wechselseitig beabsichtigten Vermögensdispositionen geschaffen wird.83 Ist nun in Abweichung vom formalen Postulat die Freiheit der Willensbildung in tatsächlicher Hinsicht beeinträchtigt, z. B. weil einer Partei entscheidungserhebliche Informationen fehlten und sie beim Vertragsschluss also nur in formaler Hinsicht frei handelte, hindert dies das Entstehen einer vertraglichen Bindungswirkung grundsätzlich nicht; die Bindungswirkung ist in diesen Fällen vielmehr unter Verkehrsschutz- und Vertrauensschutzgesichtspunkten erforderlich.84
(2) Ansätze materialen Rechtsdenkens im BGB und deren Wirkweise Diesem liberalen Ansatz, mit dem – wie gesehen – ein formales Rechtsdenken korrespondiert, wurde schon bei Entstehung des BGB zum Vorwurf gemacht, die gesellschaftlichen Realitäten nicht in ausreichendem Maße zu berücksichtigen; bekannt geworden ist die Forderung Otto v. Gierkes, dass „unser Privatrecht ein Tropfen sozialistischen Öls durchsickern muss“85. Damit war schon vor gut 100 Jahren im Kern die Problematik ausgemacht, der sich die Zivilrechtsdogmatik auch heute immer wieder aufs Neue zu stellen hat und die insbesondere im Verbrauchervertragsrecht virulent wird: der Widerstreit zwischen formalem und materialem Rechtsdenken. Bezieht sich materiales Rechtsdenken – unabhängig von der konkreten Ausformung – tendenziell stärker auf die Berücksichtigung der tatsächlichsozialen Realität, so sieht sich die formale Dogmatik primär der rechtlich-normativen Wirklichkeit verpflichtet.86 81 Zur inhaltlichen Verknüpfung formal-abstrakter Freiheit und der vertraglichen Bindungswirkung vgl. Canaris, AcP 200 (2000), 273 (278 ff.). 82 Zum Begriff der Entscheidungsfreiheit grundlegend M. Wolf, Rechtgeschäftliche Entscheidungsfreiheit und vertraglicher Interessenausgleich, S. 101 ff. 83 Die Vertragsfunktion, eine für die beabsichtigten Vermögensdispositionen stabile Grundlage zu liefern, wird teilweise direkt aus der Privatautonomie, also im Hinblick auf die verliehene Kompetenz zur Ingeltungsetzung von Rechtsfolgen hergeleitet, vgl. Canaris, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, S. 413 ff.; ähnlich Hönn, Kompensation gestörter Vertragsparität, S. 37 ff.; teilweise wird sie aber auch auf die Erfordernisse der Verkehrssicherheit und des Vertrauensschutzes gestützt – so insbesondere Bydlinski, Privatautonomie und objektive Grundlagen des verpflichtenden Rechtsgeschäfts, S. 66 f. 84 Canaris, AcP 200 (2000), 273 (279). 85 Otto v. Gierke, in: Wolf (Hrsg.), Die soziale Aufgabe des Privatrechts, S. 10; zur schwachen Ausprägung der sozialen Komponente innerhalb des Bürgerlichen Gesetzbuches vgl. auch H. P. Westermann, AcP 178 (1978), 150 (156). 86 Zur Begriffsbildung des Gegensatzpaares formal / material als synonym für die Unterscheidung rechtlich / tatsächlich vgl. Canaris, AcP 200 (2000), 273 (277); Bydlinski, System
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Für den Begriff der Vertragsfreiheit und damit der Entscheidungsfreiheit stehen sich insoweit die formale, d. h. rechtliche Entscheidungsfreiheit und die materiale, d. h. tatsächliche Entscheidungsfreiheit gegenüber. Hinsichtlich dieses Begriffspaares meint Canaris einen Antagonismus erkennen zu können; dass es sich um einen Gegensatz und nicht bloß um einen Unterschied handele, begründet er damit, dass die formale Vertragsfreiheit im Sinne einer rechtlichen Kompetenz zur Ingeltungsetzung von Rechtsfolgen auf Verbindlichkeit angelegt sei, das Prinzip der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit aber zur Lösbarkeit von Verträgen tendiere. Das zeige sich auf der Rechtsfolgenseite der die tatsächliche Entscheidungsfreiheit schützenden Vorschriften der Anfechtung oder etwa des Wucherrechts.87 Hinsichtlich der untersuchten Regelungen – einschließlich der in diesen Kontext eingebundenen jüngeren Widerrufsrechte des Verbrauchervertragsrechts88 – ist Canaris in seinem Befund, hier bestehe ein Spannungsverhältnis zwischen rechtlicher, auf Bindung zielender und tatsächlicher, auf Lösbarkeit zielender Entscheidungsfreiheit, uneingeschränkt zuzustimmen. Geht man indes über den Rahmen der untersuchten Regelungen hinaus, wird man sich hinsichtlich der Bewertung, es handele sich um einen Antagonismus, in ihrer Absolutheit wohl kaum anschließen können, weil tatsächliche Entscheidungsfreiheit wenn auch tendenziell, so doch nicht ausschließlich im Hinblick auf die Lösbarkeit von Verträgen verstanden werden kann und sollte – man denke etwa an die in jüngerer Zeit normierten vorvertraglichen Informationspflichten, deren Sinnhaftigkeit doch gerade darin gesehen werden muss, die tatsächliche Entscheidungsfreiheit im Hinblick auf den Vertragsabschluss, also die Bindung nicht aber auf eine Lösbarkeit zu fördern.89 Dahinter steht zweifelsohne der Gedanke, dass der Vertragsmechanismus seine Wirkung, der Selbstbestimmung, bzw., der Entscheidungsfreiheit des Einzelnen zur bestmöglichen Durchsetzung zu verhelfen, nur dann optimal entfalten kann, wenn rechtliches Ideal und soziale Realität schon und Prinzipien des Vertragsrechts, S. 158 f., 753 f.; Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 7, 208 f., 266 f.; Hönn, in: Festschrift Kraft, 1998, 251 (259); St. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, S. 498 f. 87 Im Fall des Wuchers ist der Vertrag durch eine „Zwangslage, die Unerfahrenheit, den Mangel an Urteilsvermögen oder die erhebliche Willensschwäche“ also aufgrund erheblicher Beeinträchtigungen der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit zustande gekommen. Zum Spannungsverhältnis zwischen Vertragsbindung und tatsächlicher Entscheidungsfreiheit vgl. Canaris, AcP 200 (2000), 273 (278 ff.). 88 Hierzu Canaris, AcP 200 (2000), 273 (343 ff.). 89 Beispielhaft seien genannt: Prospektpflicht und inhaltliche Vorgaben für den Prospekt bei Teilzeit- Wohnrechteverträgen gem. § 482 BGB iVm § 2 InfoV oder die vorvertragliche Informationspflichten beim Fernabsatz gem. § 312c iVm § 1 InfoV. Die Informationspflichten betreffen insofern insbesondere die Person des Vertragspartners, den Vertragsgegenstand, wichtige Vertragsabreden und sonstige wesentliche Umstände. Ferner lässt sich gegen die Annahme eines Antagonismus ins Feld führen, dass Canaris, AcP 200 (2000), 273 (280) als Ausprägung des Schutzes der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit u. a. die §§ 104 ff. BGB bezeichnet. In diesem Rahmen aber von einer „Lösbarkeit“ von Verträgen zu sprechen erscheint unsachgemäß. Darin könnte dann auch der Grund liegen, dass Canaris bei seinen weiteren Ausführungen nicht näher auf die §§ 104 ff. BGB eingeht.
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beim Vertragsschluss weitgehend zur Annäherung gebracht sind. Die kategorisch formulierte Sichtweise Canaris’ ist geeignet, den Blick auf diesen, am Beispiel der vorvertraglichen Informationspflichten besonders deutlich werdenden Aspekt zu verstellen. Dieser Klarstellung eingedenk, hat seine Analyse aber eine wichtige Tendenz ausgemacht und mit dem Verweis auf das Anfechtungsrecht und den Wuchertatbestand belegt, dass die Berücksichtigung tatsächlich-materieller und nicht bloß rechtlich-formaler Entscheidungsfreiheit obschon nicht sehr weitreichend ausgeformt, so doch im grundsätzlich formalen Verständnis der Vertragsfreiheit des BGB durchaus angelegt ist.
(3) Das Bedürfnis nach einer Materialisierung der Vertragsfreiheit im Hinblick auf die Bedeutung der Vertragsfreiheit in einer modernen marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung Damit zeigt sich schon in der ursprünglichen Fassung des BGB, dass eine rein formale Sichtweise der Vertragsfreiheit nicht schlechterdings die Funktion des Vertrages gewährleisten kann und dass es durchaus Situationen gibt, in denen rechtliches Postulat und soziale Wirklichkeit in rechtserheblicher, d. h. beachtlicher Weise divergieren. Die Frage, die sich nun stellt ist die, inwieweit das grundsätzlich formale Verständnis der Privatautonomie mit seinen punktuellen Materialisierungsansätzen den Anforderungen, die eine moderne Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung an das Vertragsrecht stellt, gerecht wird und inwieweit Modifikationsbedarf besteht. Hierzu ist der bereits angesprochene funktionale Zusammenhang von Privatautonomie und einer auf freiem Wettbewerb gründenden Marktwirtschaft näher zu beleuchten. Es sind also wirtschaftstheoretische, mithin außerjuristische Erwägungen mit in die Betrachtung einzubeziehen. Das System der Marktwirtschaft ist durch die Gewährleistung privaten Eigentums und durch das Institut der Privatautonomie, insbesondere in ihrer Erscheinungsform der Vertragsfreiheit gekennzeichnet. Der Gebrauch der Vertragsfreiheit ermöglicht es dem Einzelnen, die ihm zur Verfügung stehenden Mittel beliebig einzusetzen und dadurch Vermögensdispositionen zu treffen. Sind die Vertragspartner in der Lage, ihre persönlichen Interessen im Rahmen der Vertragsverhandlungen hinreichend zu vertreten, so führt der Vertragsmechanismus – wie bereits dargelegt – zu nicht anzuzweifelnden Resultaten. Gesamtwirtschaftlich gesehen äußern sich die positiven Folgen im sog. Marktparadigma: Der Wettbewerb funktioniert, weil sich als Folge selbstbestimmter Rechtsgestaltung am Markt tendenziell die Anbieter im Hinblick auf Absatzsteigerung und Gewinn durchsetzen werden, die aus Abnehmersicht die günstigste Relation zwischen Qualität und Preis offerieren.90 Eine sinnvolle Ressourcenallokation, das Bemühen um Innovation, Quali-
90 Hierzu vgl. Dauner-Lieb, Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher, S. 64 f.
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tätsverbesserungen und Kostensenkung auf Anbieterseite sind die Folge. Umgekehrt vermag ökonomischer Wettbewerb die tatsächliche Entscheidungsfreiheit potentieller Vertragsparteien schon im Vorfeld des Vertragsschlusses in mehrfacher Hinsicht zu fördern.91 Als Instrument zur Beschränkung von Marktmacht eröffnet er Marktteilnehmern Entscheidungsalternativen und schafft in seiner Funktion als Entdeckungsverfahren92 und auf der Grundlage ökonomischer Effiziens ein Güterangebot, dessen Umfang für die Entfaltung tatsächlicher Entscheidungsfreiheit konstitutiv ist. Bei funktionstüchtigem Wettbewerb sind damit rechtliche und tatsächliche Entscheidungsfreiheit weitestgehend angenähert und diese Annäherung wiederum bedingt den funktionstüchtigen Wettbewerb. Eines Gegensteuerns bedarf es hingegen, wenn das Funktionieren des Wettbewerbs gefährdet ist. In diesem Fall geht nämlich der Abnehmer seiner Chance verlustig, von seiner grundsätzlich, d.h rechtlich gewährten Abschluss- und Gestaltungsfreiheit auch tatsächlich Gebrauch zu machen, mit negativen Folgen für die Ressourcenallokation und den für die Anbieter bestehenden Ansporn, sich um Innovation, Qualitätsverbesserungen und Kostensenkung zu bemühen. Der Vertragsmechanismus kann die ihm zugedachte Funktion in individueller wie auch gesamtwirtschaftlicher Hinsicht nicht mehr hinreichend erfüllen. Aufgrund dieses funktionalen Zusammenhangs von Vertragsfreiheit und Wettbewerb genügt es daher nicht, den am Rechtsverkehr teilnehmenden Rechtssubjekten ein rein formales System der Privatautonomie an die Hand zu geben und blindlings auf dessen Funktionsfähigkeit zu vertrauen. Es besteht vielmehr ein systemsicherndes Bedürfnis, den Vertragsmechanismus daraufhin zu überprüfen, ob er den Marktteilnehmern nicht nur rechtlich, sondern auch in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit eröffnet, ihren Willen autonom bilden und diesen wirksam durchsetzen zu können.93 Stellt der Gesetzgeber hier Defizite fest, so hat er sich bei seiner Beurteilung, ob diese erheblich und damit korrekturbedürftig sind, von der Erwägung leiten zu lassen, Ideal und Realität weitestgehend anzunähern, weil die Privatautonomie im System einer marktwirtschaftlichen Ordnung nur dann optimal zu Geltung gelangt, wenn die am Vertragsschluss beteiligten Parteien über tatsächliche, d. h. materielle Vertragsfreiheit verfügen. Ist aber die Funktionsfähigkeit der Vertragsfreiheit im Vertragsmechanismus gewährleistet, bleibt es dem Einzelnen überlassen, ob und gegebenenfalls wie er von der ihm gewährten Freiheit Gebrauch macht. Die Absicherung dieser Chance, die rechtliche Entscheidungsfreiheit auch tatsächlich zu nutzen, bedeutet keinesfalls eine Garantie für den Abschluss objektiv günstiger Verträge; eine solche wäre nicht allein über den Vertragsmechanis91 Ausführlich zu den Funktionen des Wettbewerbs und den bedeutendsten Wettbewerbstheorien: Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 91 ff. 92 Grundlegend zum Innovationspotential des Wettbewerbs: von Hayek, Der Wettbewerb als Entdeckungsverfahren. 93 Ein Kontrollbedürfnis wird inzwischen weitestgehend anerkannt; statt vieler Kramer, in: MüKo, Vor § 145 Rdn 3, der ein Kontrollbedürfnis unter dem Gesichtspunkt subjektiver Richtigkeitsgewähr befürwortet.
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mus, also verfahrensmäßig, sondern insbesondere über inhaltliche Eingriffe in die Vertragsgestaltung zu erreichen und würde damit die mit einem objektiven Gerechtigkeitsdenken stets verbundenen Unsicherheiten, ja Beliebigkeiten bei der Statuierung der für das hoheitliche Eingreifen maßgeblichen Kriterien heraufbeschwören.94 Schließt eine Person trotz materiell verfügbarer Vertragsfreiheit, also in tatsächlicher Hinsicht frei und in Kenntnis aller relevanten Umstände einen aus objektiver Sicht nachteiligen, insbesondere im Bezug auf Leistung und Gegenleistung inäquivalenten Vertrag, so ist dieser als Ausdruck ihres autonomen und freiverantwortlichen Willens von der Rechtsordnung zu respektieren. In diesem Sinne werden materielle Erwägungen zu einem systemsichernden Bestandteil des grundsätzlich formalen Vertragsrechts.
(4) Ansätze in der Literatur, Gründe für das Versagen von Vertragsmechanismus und Wettbewerb herauszuarbeiten Wenn in der rechtswissenschaftlichen Literatur nach den Gründen für das Versagen des Wettbewerbs, bzw. des Vertragsmechanismus gefragt wird – was nicht nur, wie hier, unter dogmatischer Anknüpfung an die Selbstbestimmung, respektive an die Entscheidungsfreiheit, sondern häufig auch unter Bezugnahme auf eine (subjektive) Richtigkeitsgewähr geschieht – so werden die Gründe teilweise in einer ungleichen Machtverteilung zwischen den Vertragsparteien gesehen oder es wird – in zahlreichen Spielarten – die Formel eines vertraglichen Ungleichgewichts bemüht, um Abweichungen von der formalen Privatautonomie zu rechtfertigen. Keinesfalls zu überzeugen vermögen insoweit die Ansätze, die Abweichungen von der Privatautonomie mit schwammigen Formeln wie dem „Schutz des Schwächeren“95 oder einem sozialen Machtgefälle zwischen den Vertragsparteien begründen wollen; denn abgesehen davon, dass derartige Kriterien dem grundsätzlich liberalen Verständnis des BGB vollständig fremd sind96, erscheint es nicht nur schwierig, sondern nahezu unmöglich, soziale Schwäche oder ein vermeintliches Machtgefälle verlässlich und allgemeingültig zu bemessen oder gar – so sie dennoch festgestellt wären – zu bestimmen, welches Ausmaß an Schwäche oder welcher Grad des Gefälles erforderlich wäre, um Schutzinstrumente eingreifen zu lassen97. Indes ist auch die Formel vom vertraglichen Ungleichgewicht nicht unproblematisch, ist sie doch offen genug, um etwa Vertretern sich diametral entgegenstehender VerVgl. vorstehend B. II. 3. c) bb). Vom Schutz des Schwächeren spricht etwa Raiser, JZ 1958, 1 (6) im Zusammenhang mit der Forderung nach zwingendem Recht. 96 Dauner-Lieb, Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher, S. 54 f. 97 Deswegen ist die Formulierung von Flume, AT Bd. II, § 1, 7 (S. 10) es sei „das ewige Dilemma der Privatautonomie, dass diese immer wieder durch ungleiche Machtverteilung in Frage gestellt wird“, zumindest irreführend; sehr kritisch zur Position Flumes: Zöllner, AcP 196 (1996), 1 (24 f., 28 ff.). 94 95
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braucherschutzkonzeptionen als Argumentationsbasis für Abweichungen von der formalen Privatautonomie zu dienen.98 Die Schwierigkeiten, die dabei bestehen, die Voraussetzungen für die Annahme eines Ungleichgewichts zu definieren, dessen Ursachen zu erforschen oder die Schwelle zu bestimmen, ab der ein Ungleichgewicht als korrekturbedürftig erscheint, haben einige Autoren dazu veranlasst, das Gleichgewichtsargument als nicht handhabbar zu verwerfen.99 Eine solche Einschätzung ist aber keineswegs zwingend. Wird nämlich das Argument des vertraglichen Ungleichgewichts – oder von der anderen Seite betrachtet – das Paritätsargument dahingehend konkretisiert, dass man es auf das Kriterium der Entscheidungsfreiheit bezieht100, das man – wie ausgeführt – als den Dreh- und Angelpunkt des Gedankens der Privatautonomie bezeichnen kann101, dann bedeutet dies letztlich nichts anderes, als die Argumentation auf die Funktionsbedingungen der Privatautonomie zurückzuführen102. Dass insoweit die Selbstbestimmung oder genauer die Entscheidungsfreiheit, deren Verwirklichung die Privatautonomie in erster Linie dient, nur dann optimal zur Geltung gelangt, wenn die Willensbildung der Parteien nicht nur formal, sondern tatsächlich keinen Beeinträchtigungen unterliegt, leuchtet unmittelbar ein und ist – wie bereits dargelegt – auch aus gesamtwirtschaftlichen Erwägungen erstrebenswert. Allerdings ist auch einsichtig, dass es mit der letztlich ebenfalls aus der Privatautonomie folgenden Bindungswirkung von Verträgen103 unvereinbar wäre, jeder auch noch so geringfügigen Beeinträchtigung der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit rechtliche Relevanz in dem Sinne zuzumessen, dass diese die Bindungswirkung in Frage zu stellen vermochte.104 Schon aus Gründen 98 Bei Kramer, in: MüKo, Vor § 145 Rdn 3 wird der Begriff des Marktgleichgewichts verwandt und im Sinne einer „intellektuellen und eventuell organisatorischen Waffengleichheit der Parteien“ verstanden; sofern insoweit ein Marktungleichgewicht vorliegt, wird die Richtigkeitsgewähr verneint; Dauner-Lieb bezeichnet Parität als Funktionsbedingung der Privatautonomie, S. 66 f.; Hart, KritV 1991, 363 f., begründet einen vertraglichen Sozialschutz, mithin ein interventionistisches Konzept mit „strukturellen Ungleichgewichtslagen“. 99 Medicus, Abschied von der Privatautonomie im Schuldrecht: Erscheinungsformen, Gefahren, Abhilfen, S. 19 ff.; Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 40. 100 Dahingehend Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 290 ff., der Parität im Hinblick auf Selbstbestimmung bezieht; ähnlich auch Lieb, AcP 178 (1978), 196, 201 f.- unter Verwendung der von Wolf, Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit und vertraglicher Interessenausgleich, geprägten Begrifflichkeit der Entscheidungsfreiheit- wenn er als Seinsgrund der Inhaltskontrolle nach dem AGBG die Beschränkung der Entscheidungsfreiheit durch die Vorformulierung der AGB ausmacht und gleichzeitig von einer gestörten Vertragsparität spricht; daraus kann man wohl schließen, dass nach Ansicht Liebs die Beschränkung der Entscheidungsfreiheit eine Störung der Vertragsparität darstellt. 101 Kritisch zum Begriff der Selbstbestimmung in seiner Bedeutung für die Privatautonomie: Zöllner, AcP 196 (1996), 1 (24 ff.). 102 Und genau das machen denn auch die neueren Ansätze, die das Paritätsargument verwerfen. Anstatt vieler: Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 41 f. m. w. N. 103 s. o. unter B. II. 3. c) cc) (1). 104 Insoweit wird das von Canaris, AcP 200 (2000), 273, 279 ff. herausgearbeitete Spannungsverhältnis zwischen Vertragsbindung und tatsächlicher Vertragsfreiheit relevant.
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der Rechtssicherheit und der Vertragstreue muss insoweit das formaleVerständnis der Entscheidungsfreiheit die Regellösung bleiben.105 Die entscheidende Frage für eine Abweichung von der formalen Privatautonomie und damit auch für die Frage nach der Zulässigkeit von Verbraucherschutzinstrumenten, lautet insofern mit der Formulierung Zöllners, „welche Beeinträchtigungen der Entscheidungsfreiheit so relevant sind, dass sie Einfluss auf die Validität vertraglicher Regelungen haben“.106 Diese Einsicht steht aber nicht der Einschätzung entgegen, dass in Fällen, in denen die tatsächliche Entscheidungsfreiheit auf Seiten aller am Vertragsschluss beteiligter Parteien gewahrt ist, überzeugenderweise von einem vertraglichen Gleichgewicht gesprochen werden kann, denn dann ist der Vertragsschluss tatsächlich Ausdruck der mit ihm jeweils verfolgten, im Konsens zusammengeführten Individualinteressen. Ob man insoweit an der Begrifflichkeit der Parität festhalten möchte, weil mit ihr ein über die Überprüfung der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit gefundenes Ergebnis pointiert benannt werden kann107 oder nicht, erscheint vor diesem Hintergrund eher als Geschmacksfrage, denn als inhaltliches Problem: Wesentlich griffiger und einfacher zu konkretisieren – und diese Konkretisierung steht bei der Ursachenforschung des Markt- und Vertragsversagens im Zentrum des Interesses – ist die Frage nach dem Vorliegen tatsächlicher Entscheidungsfreiheit oder vielmehr nach relevanten Beeinträchtigungen nämlich auch nicht. Sie zu beantworten obliegt primär dem Gesetzgeber, der die Situationen ausfindig zu machen und die Kriterien aufzustellen hat, bei deren Vorliegen die tatsächliche Entscheidungsfreiheit in relevanter Weise beeinträchtigt wurde – etwa, wenn er Verbraucherschutzmaßnahmen vorsieht. Kann man somit den Begriff der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit als maßgeblichen Ansatzpunkt einer systemkonformen Rechtsfortbildung ausmachen und ist nunmehr seine Bedeutung im wissenschaftlichen Diskurs herausgearbeitet, so bleibt im Folgenden zu klären, unter Anknüpfung an welche Kriterien und auf welche Weise der Gesetzgeber beabsichtigte, diese bei der Formulierung der verbraucherschützenden Regelungen des Kredit- bzw. Darlehensrechts zu fördern. Insoweit sind nunmehr die eingangs angeführten Schutzkonzepte auszuwerten.
4. Auswertung der vertretenen Schutzkonzepte a) Die sozial-interventionistischen Modelle Es ist zu klären, ob sich der Gesetzgeber von Schutzkonzepten, wie sie Vertreter der vorstehend als sozial-interventionistisch bezeichneten Verbraucherschutztendenz entwickelt haben, hat leiten lassen und ob er eventuell die verbrau105 106 107
Ähnlich Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts, S. 754. Zöllner, AcP 196 (1996), 1 (24 f., 28). Kritisch zu diesem Zusammenhang: Zöllner, AcP 1996, 1 (27 ff.).
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cherschützenden Regelungen des Darlehensvertragsrechts im Rahmen eines eigenständigen Verbraucherschutzrechts verstanden wissen wollte. aa) Das reaktiv-duldende Handeln eines umfassend strukturell unterlegenen Verbrauchers Das käme dann in Betracht, wenn er von der diesen Konzeptionen zugrunde liegenden Wahrnehmung der sozialen Realität überzeugt wäre, auf deren Grundlage die Vertreter der „sozialen“ Verbraucherschutztendenz den Grundsatz formalabstrakter Gleichheit für das Verbrauchervertragsrechts zu überwinden suchen. Das erscheint jedoch höchst zweifelhaft. Das Verständnis Reichs und auch Reifners von der Rolle des Verbrauchers am Markt ist das eines inaktiv-duldenden, reaktiv handelnden Marktteilnehmers, der sich in einer allgegenwärtigen strukturellen Unterlegenheit gegenüber dem Unternehmer befindet, die ihn vollumfänglich der Chance beraubt, in tatsächlicher Hinsicht freie Entscheidungen zu treffen. Es ist also die Tragfähigkeit der dieser Verbraucherschutzkonzeption zugrunde liegenden Prämisse einer allgegenwärtigen strukturellen Unterlegenheit des Verbrauchers zu prüfen. Wenn der zu privaten Zwecken handelnde Bürger generalisierend als zum autonomen und selbstverantwortlichen Auftreten am Markt unfähig erachtet wird, was sich in der Bewertung, er sei „Untertan des Marktgeschehens“108 verdichtet, dann entspricht diese Einschätzung einer extrem verengten Perspektive. Keinesfalls wird man den überwiegenden Teil der Bevölkerung, der am Markt als Konsument auftritt, als eine der Werbung und den Verkaufsstrategien der Anbieter ohnmächtig ausgelieferte, willenlose Masse ansehen können, deren Bedürfnisse und Bedürfnisbefriedigung umfassend fremdbestimmt werden. Eine solche Einschätzung verkehrt das Verhältnis von Regel und Ausnahme109 und lässt vollständig den Konsumenten außer Betracht, der vernunftsorientiert am Markt teilnimmt, indem er prüft, ob ein bestimmtes, u.U. durch Werbemaßnahmen suggeriertes Bedürfnis tatsächlich besteht und bejahendenfalls nach kritischem Preis- und Konditionenvergleich sich zu einem seinen Bedürfnissen entsprechenden Vertragsschluss entschließt. Die Annahme, der Verbraucher habe aufgrund seiner Angewiesenheit auf Konsum und der durch zunehmende Marktkonzentration fehlenden tatsächlichen Entscheidungsalternativen schon rein faktisch keine Möglichkeit, sich auch nur annähernd entsprechend dem Leitbild des homo oeconomicus zu verhalten, selbst Reich, Markt und Recht, S. 182 f. Zum Regel-Ausnahme-Verhältnis im hier vertretenen Sinn auch Dauner-Lieb, Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher, S. 144 f.; ähnlich Grundmann, BKR 2001, 66 (68); Artz, Der Verbraucher als Kreditnehmer, S. 37 Fn. 56 meint etwa für den Bereich des Telekommunikationswettbewerbs eine solche extreme Ausnahmesituation zu erkennen, in dem Sinne, dass hier „eine vom Anbieter gesteuerte Kette beginnend bei der Bedürfniserweckung über die Preisgestaltung bis zur Deckung dieses scheinbar bestehenden Bedürfnisses besteht“. 108 109
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wenn er umfassend informiert ist, ist eine bloße Unterstellung. Dass auch in einer modernen Wirtschaftsordnung der Verbraucher gegenüber dem Unternehmer über tatsächliche Entscheidungsfreiheit verfügt, also auch faktisch die Möglichkeit hat, sich rational zu verhalten, lässt sich sowohl unter dem Gesichtspunkt der Abschluss- als auch der Gestaltungsfreiheit belegen: Insoweit sind insbesondere die bereits dargelegten Ausführungen Reifners kritisch zu hinterfragen. Unabhängig davon, ob der Angewiesenheit des Einzelnen auf Konsum und der Ausstattung mit finanziellen Mitteln überhaupt rechtliche Relevanz beizumessen ist110, ist den Beobachtungen Reifners jedenfalls insoweit beizupflichten, als der Verbraucher einen Großteil seines Auskommens zur Sicherung seiner Existenz, respektive seines Lebensunterhalts aufwendet und unter diesem Aspekt seine Abschlussfreiheit begrenzt ist. Allerdings – und das ist entscheidend – bleibt es auch in diesen Fällen typischerweise dem Einzelnen überlassen, seinen Vertragspartner sowie das konkret zu erwerbende Produkt auszuwählen.111 Dass dies so ist, wird selbst auf Märkten deutlich, die durch Konzentrationserscheinungen gekennzeichnet sind, wie etwa im Lebensmittelhandel, in dem die Anbieter teilweise mit ungeheurem Werbeaufwand in Rundfunk und Fernsehen, v.a. aber durch Postwurfsendungen versuchen, die Entscheidung des Verbrauchers bezüglich Anbieter- und Produktwahl zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Insoweit haben die Verbraucher die Möglichkeit, auf dieser Grundlage eine freie Entscheidung zu treffen. Soweit der Erwerb eines die Sicherung der Existenz übersteigenden Luxusgutes in Frage steht, ist sogar ein enormes Anwachsen der tatsächlichen Abschlussfreiheit zu konstatieren112, nicht zuletzt bedingt durch die Öffnung und Integration des gemeinsamen europäischen Marktes. Die Annahme, der Verbraucher unterliege insoweit einem durch Sozialdruck vermittelten Konsumzwang, der ihn seiner tatsächlichen Entscheidungsfreiheit beraube, ist abwegig. Das einer solchen Einschätzung zugrunde liegende, durch Sozialneid und nahezu grenzenlose Minderwertigkeitskomplexe – immerhin müssen sie so stark sein, einen Konsumzwang zu begründen – gekennzeichnete „pathologische“ Menschenbild kann nicht als repräsentativ für die überwiegende Zahl der Verbraucher angesehen werden und ist insoweit nicht überzeugend. Und selbst wenn etwa der Umstand, dass der Nachbar „schon wieder“ einen Neuwagen erworben hat, für den Einzelnen einen Beweggrund bilden mag, dem Nachbarn gleich zu tun, so wird man nicht ernsthaft annehmen können, dass dieser Beweggrund eine autonome, selbstverantwortliche Entscheidung ausschließt. Hinsichtlich der Gestaltungsfreiheit lässt sich freilich feststellen, dass der freiverhandelte Vertrag wegen der zunehmenden Standardisierung von Vertragswerken einen Bedeutungsverlust erlitten hat. Dass in vielen Bereichen insoweit kein Verhandlungsspielraum besteht, ist jedoch eine Zwangsläufigkeit einer modernen, 110 111 112
Zu diesen Gesichtspunkten vgl. die folgenden Ausführungen weiter unten. Hierzu auch Medicus, Abschied von der Privatautonomie im Schuldrecht, S. 21. Ebenso Artz, Der Verbraucher als Kreditnehmer, S. 49 f.
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durch Massengeschäfte gekennzeichneten Wirtschaftsordnung113, durch die weder die grundsätzliche Geltung der Vertragsfreiheit noch die Möglichkeit zur Erzielung eines gerechten Interessenausgleichs generell in Frage gestellt wird114. Wenn Reifner nun vertritt, der Verbraucher habe im Rahmen dieser Entwicklung jedwede Gestaltungsmöglichkeit im Sinne einer Einflussnahme auf den Vertragsinhalt eingebüßt, so kann das nicht überzeugen. Inwieweit tatsächliche Gestaltungsfreiheit besteht, ist stark abhängig von der am konkreten Markt herrschenden Wettbewerbssituation. Sofern sich der Unternehmer in einer starken Konkurrenzsituation befindet, erwächst dem Verbraucher die Möglichkeit, sich hieraus eröffnende Verhandlungsspielräume zu nutzen. Ein Markt, auf dem typischerweise starker Wettbewerb besteht, ist beispielsweise der Kraftfahrzeugmarkt115; hier werden dem Kunden teilweise erhebliche Verhandlungsspielräume von Anbieterseite eingeräumt, etwa bezogen auf einen Preisnachlass, ein Angebot zusätzlicher Ausstattung oder auch die Inzahlungnahme eines Gebraucherwagens. Die Marktintegration auf europäischer Ebene hat insoweit – freilich nicht nur auf dem Kraftfahrzeugmarkt – den Konkurrenzkampf verstärkt; insbesondere müssen sich nationale Anbieter auch gegen günstige Reimporte behaupten, was typischerweise durch eine entsprechend „abnehmerfreundliche“ Vertragsgestaltung geschehen wird, will der Anbieter nicht Gefahr laufen, dass der Verbraucher ihm gegenüber von seiner Abschlussfreiheit im negativen Sinn Gebrauch macht und bei der günstigere Konditionen gewährenden Konkurrenz abschließt. Inwieweit darüber hinaus der Fall des Rabattgesetzes den Gestaltungsspielraum für Verbraucher tatsächlich erweitern wird, bleibt abzuwarten; eine potentielle Erweiterung lässt sich freilich schon jetzt konstatieren. Ein genereller Ausschluss der Gestaltungsfreiheit im Verhältnis Verbraucher zu Unternehmer lässt sich nach alledem nicht begründen. Soweit die Gestaltungsfreiheit in einzelnen Bereichen ausgeschlossen ist, verbleibt dem Verbraucher grundsätzlich noch die Möglichkeit von seiner Vertragsfreiheit in Form der Abschlussfreiheit Gebrauch zu machen, die nach obigen Ausführungen eben gerade nicht als bloße Scheinfreiheit angesehen werden kann. Soweit dennoch ein allgegenwärtiger Ausschluss der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit auf Seiten des Verbrauchers unter Rückgriff auf klassentheoretische Erwägungen begründet werden soll – wie es etwa Reich unternimmt, wenn er Verbraucher und Lohnarbeiter als im Hinblick auf ihre Stellung gegenüber dem Unternehmer vergleichbare Personengruppen erachtet – so verfängt auch diese Argumentation weder in tatsächlicher, noch in rechtlicher Hinsicht. Als Endabnehmer 113 Canaris, in: Festschrift Steindorff, 519 (548) bezeichnet die Vorstellung, dass die Möglichkeit zu einem freien Aushandeln eines Vertrages konstitutive Voraussetzung für die Gewährleistung materialer Vertragfreiheit und Vertragsgerechtigkeit wäre, spöttisch als „Basarmodell“, das mit einer modernen Markt- und Wettbewerbswirtschaft unvereinbar ist; ihm folgend Medicus, Schutzbedürfnis (insbesondere der Verbraucherschutz) und das Privatrecht, JuS 1996, 761 (764). 114 Dezidiert hierzu Canaris, AcP 200 (2000), 273 (284 Fn. 29) m. w. N. 115 Beispiel bei Artz, Der Verbraucher als Kreditnehmer, S. 50.
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am Markt treten eben nicht nur der Lohnarbeiter und sozial vergleichbare Personengruppen auf, sondern eine Vielzahl sich im Hinblick auf Bildung, rechtliche und geschäftliche Erfahrung und Verfügbarkeit finanzieller Mittel stark unterscheidende Individuen. Als Verbraucher handelt etwa die Hausfrau, der freiberufliche Arzt oder Rechtsanwalt, der Angestellte, der freischaffende Künstler und auch der selbständige Unternehmer, wenn er zur privaten Bedarfsdeckung Verträge schließt. Verbraucherschutz stellt sich insoweit – auch wenn wirtschaftliche Fehlentscheidungen sozial Schwache grundsätzlich härter treffen116 – nicht als klassenspezifisches Problem dar.117 Diese Einsicht wird nunmehr auch in § 13 BGB deutlich, der den Verbraucherbegriff rollen- und nicht klassenspezifisch definiert, indem für die Eröffnung des persönlichen Anwendungsbereichs verbraucherschützender Regelungen auf die Zweckrichtung des konkreten rechtsgeschäftlichen Handelns, mithin auf die im Einzelfall wahrgenommene Rolle im Rechtsverkehr abzustellen ist.118 Die Norm formuliert gerade keinen unter Rückgriff auf feststehende personenbezogene Merkmale gewonnenen statusrechtlichen Verbraucherbegriff; sie verfolgt damit auch nicht den Zweck, bestimmte sozial unterprivilegierte Personengruppen rechtlich zu privilegieren, oder gar eine Schutzbedürftigkeit von den jeweiligen Einkommensverhältnisse der rechtgeschäftlich handelnden Partei abhängig zu machen, mithin an eine wirtschaftliche Unterlegenheit anzuknüpfen, wie es Reifner unter vollständiger Loslösung vom Grundsatz formal-abstrakter Gleichheit befürwortet. Reifner bedenkt in seiner Konzeption weder die fehlende Handhabbarkeit des Kriteriums wirtschaftlicher Unterlegenheit noch die mit der Statuierung eines solch unbestimmten, kaum konkretisierungsfähigen Kriteriums verbundenen Gefahren für eine Rechtssicherheit gewährende, von Beliebigkeiten freie Rechtsdogmatik. Insbesondere übersieht er, dass das Kriterium der wirtschaftlichen Unterlegenheit im Hinblick auf relevante Beeinträchtigungen der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit weitgehend inhaltsleer bleibt, was sich ohne weiteres an dem spezifischen Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit illustrieren lässt: Im Darlehensrecht werden sich typischerweise ein unter dem Gesichtspunkt der Ausstattung mit finanziellen Mitteln wirtschaftlich unterlegener Darlehensnehmer und ein wirtschaftlich stärkeres Kreditinstitut gegenüberstehen. Dabei besteht die „wirtschaftliche Unterlegenheit“ des potentiellen Darlehensnehmers grundsätzlich unabhängig davon, ob er als Verbraucher oder als Unternehmer auftritt, so dass konsequenterweise grundsätzlich auch jeder Darlehensnehmer besonderen rechtlichen Schutz genießen müsste; das ist aber gerade nicht der Fall, weil die §§ 491 ff. BGB nicht auf Fälle anwendbar sind, in denen der Darlehensnehmer als Unternehmer handelt. Dem Kriterium wirtschaftlicher Unterlegenheit fehlt daher ein fassHierzu v. Hippel, VuR 1998, S. 170. Allgemein Eichenhofer, JuS 1996, 857 (862); speziell zum VerbrKrG und damit der Sache nach auch zum Verbraucherdarlehensrecht Kessal-Wulf, in: Staudinger, Einl. zum VerbrKrG, Rdn 16; Seibert, WM 1991, 1445. 118 Zur Kontrastierung eines rollenspezifischen und eines klassenspezifischen Verständnis des Verbraucherschutzes vgl. den Überblick bei Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 10. 116 117
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barer Wertungsgehalt, der geeignet wäre, eine relevante Beeinträchtigung der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit zu begründen und verschleiert, dass im Kern eine allgegenwärtige strukturelle Unterlegenheit des Verbrauchers schlichtweg unterstellt wird, mithin der Konsumzweck als solcher zum Anknüpfungspunkt der Privilegierung wird. Dem Aspekt ökonomisch-sozialer Unterlegenheit ist daher als argumentative Grundlage einer überzeugungskräftigen Verbraucherschutzkonzeption mit größter Zurückhaltung zu begegnen. Wenn das Gesetz insoweit überzeugenderweise unter den genannten Aspekten grundsätzlich nicht an personal-schichtspezifische Merkmale anknüpft, sondern für den Verbraucherbegriff auf den konkreten, außerhalb einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit liegenden Geschäftszweck abhebt, so sei an dieser Stelle klarstellend darauf hingewiesen, dass das Gesetz eine Schutzbedürftigkeit des Bürgers freilich nicht alleine aus dem Verbraucherbegriff, also nicht alleine aus der Tatsache ableitet, dass dieser zur privaten Bedarfsdeckung, mithin als Konsument am Marktgeschehen teilnimmt, sondern bereichsspezifisch, im sachlichen Zusammenhang mit den einzelnen verbraucherschützenden Regelungsfeldern festlegt. Das zeigt sich schon, wenn man exemplarisch einige Regelungen betrachtet, die den sachlichen Anwendungsbereich typischer verbraucherschützender Regelungsfelder eröffnen. Auf Besonderheiten von Vertragsabschlusssituationen im Sinne von situativ bedingten Beeinträchtigungen der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit reagieren z. B. die Vorschriften über den Widerruf von Haustürgeschäften und die über Vertragsschlüsse im Fernabsatz. Die Regelungen über den Widerruf von Haustürgeschäften knüpfen an eine beim Vertragsschluss vorliegende, auf den Direktvertrieb zurückzuführende Überrumplungssituation an119; Personen mit geringerer Geschäftsgewandtheit sollen insoweit vor den Folgen einer übereilt, ohne ausreichende Überlegung oder aufgrund Bedrängnis abgegebenen Willenserklärung geschützt werden, die allein formal ihrer Entscheidungsfreiheit entspricht, nicht aber in tatsächlicher Hinsicht. Bei den Vorschriften über den Fernabsatz ist die entscheidende situative Voraussetzung für das Eingreifen des Schutzes die ausschließliche Verwendung von Fernkommunikationsmitteln für den Vertragsschluss120 und damit die vollständige Distanz der Vertragsparteien im Sinne einer fehlenden gleichzeitigen körperlichen Anwesenheit.121 Hieraus, wie aus dem Umstand, dass der Verbraucher die bestellte Leistung erstmals mit der Lieferung zu Gesicht bekommt und prüfen kann122, wird auf das situative Schutzbedürfnis Palandt – Putzo, § 312 BGB Rdn 3; BGH NJW 1992, 1889 m. w. N. Erfasst ist auch die Vertragsanbahnung, vgl. Reich, EuZW 1997, 581 (582); zustimmend Micklitz, in: Schulze / Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, 189 (196). 121 Dezidiert Schulte-Nölke, Europäisches Verbrauchervertragsrecht und deutsches Bürgerliches Gesetzbuch, Teil 2 Kap. 10 II. 122 Darin ist die Rechtfertigung des Widerrufsrechts bei Fernabsatzverträgen zu sehen, Roth, JZ 2001, 475 (481); Pfeiffer in: Ernst / Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 481 (496). 119 120
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geschlossen. Bei Teilzeit-Wohnrechten hingegen bestimmt sich der sachliche Anwendungsbereich der Schutzvorschriften maßgeblich nach der Art des geschlossenen Vertrages, legaldefiniert in § 481 BGB; auf die Situation des Vertragsabschlusses kommt es grundsätzlich – zumindest nach dem Gesetzeswortlaut – nicht an, wenngleich die häufig offensive, auf spontanen Erwerb durch Touristen zielende Vertriebspraxis das im Hinblick auf den Vertragsgegenstand bestehende Schutzbedürfnis durchaus (situativ) verstärkt.123 Wegen der komplizierten Vertragskonstruktionen und der vielfältigen Nebenkosten insbesondere für den Unterhalt der Immobilie ist die tatsächliche Werthaltigkeit124 des angebotenen Rechts für Erwerber, die nicht zu „professionellen“ Zwecken handeln und insoweit typischerweise rechtlicher und geschäftlicher Kenntnisse ermangeln, kaum zu durchschauen.125 Auch beim Reisevertrag sind es die mit dem Vertragstyp verbundenen, vom Reisenden nicht ohne weiteres voraussehbaren Gefahren126, etwa die eigene Verhinderung oder Hindernisse bei der Durchführung, die den Gesetzgeber zu korrigierenden Eingriffen veranlassten. Worin der spezifische Schutzzweck der verbraucherschützenden Regelungen des Darlehensvertragsrechts besteht, darauf wird noch ausführlich einzugehen sein. Es zeigt aber schon ein erster Blick auf bestehende Regelungen, dass eine allein aus dem Konsumzweck abgeleitete Schutzbedürftigkeit127 für den Gesetzgeber grundsätzlich – die Neuregelungen des Verbrauchsgüterkauf bilden insoweit eine unrühmliche Ausnahme128 – nicht in Betracht kommt. Das nimmt auch nicht Wunder, da eine solche nur unter der vorstehend ausgeführten, keineswegs überzeugenden Prämisse einer allgegenwärtigen strukturellen Unterlegenheit des Verbrauchers begründbar wäre. Mit einem so verstandenen, völlig konturlosen Verbraucherschutz wäre nahezu jede Maßnahme zum Wohle des privat Handelnden mit dem Verweis auf seine vermeintlich unterlegene StelZur Vertriebspraxis Hildenbrand, NJW 1998, 2940 f. Teilzeit-Wohnrechte sind in der Regel wesentlich teurer als das jährliche Anmieten einer vergleichbaren Immobilie, vgl. die Berechnungsbeispiele bei Tonner, Das Recht des Time-Sharing an Ferienimmobilien, S. 19 ff.; die Komplexität der Leistung bildet insbesondere auch die Rechtfertigung des Widerrufsrechts, Roth, JZ 2001, 475 (481). 125 Schulte-Nölke, Europäisches Verbrauchervertragsrecht und deutsches Bürgerliches Gesetzbuch, Teil 2 Kap. 8 I. 126 Roth, JZ 2001, 475 (481), der zusätzlich noch auf die Schutzbedürftigkeit wegen der einseitigen Stellung der Vertragsbedingungen durch den Reiseveranstalter verweist. 127 In einer Kritik der sozialen Modelle stellt Dauner-Lieb, Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher, S. 113 die Angewiesenheit auf Konsum als das für diese Ansätze letztlich ausschlaggebende Kriterium für die Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers heraus. 128 Die Regelungen zum Verbrauchsgüterkauf (§§ 474 ff. BGB) unterscheiden sich von den vorstehend angeführten Regelungsbereichen und auch vom Recht der Verbraucherkredite dadurch, dass hier keine spezifische Gefahrensituation auszumachen ist, die eine derart weitreichende Privilegierung des Verbrauchers gegenüber Unternehmern, wie sie das Gesetz vorsieht, rechtfertigen könnte. Statt vieler vgl. Canaris, AcP 200 (2000), 273 (362) mit scharfer Kritik auch im Hinblick auf die gemeinschaftsrechtliche Vorgabe. 123 124
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lung am Markt begründbar; sie würde im Hinblick auf die Privatautonomie und unter dem Gesichtspunkt der Vertragstreue – man hypothetisiere insoweit beispielsweise eine von einer konkreten Schutzbedürftigkeit abstrahierende, allein an das private Handeln anknüpfende Zubilligung von Widerrufsrechten – verheerende Auswirkungen für die Funktionsfähigkeit des Vertrages als grundlegendes Instrument einer liberalen Wirtschaftsordnung haben.129 bb) Die Umsetzung der Schutzkonzeption, insbesondere die Frage eines eigenständigen Sonderprivatrechts Ist eine generelle strukturelle Unterlegenheit des Verbrauchers nicht begründbar, so kann diese Erkenntnis nicht ohne Auswirkungen auf das Verhältnis, respektive das Zusammenspiel von Verbraucherschutzrecht und allgemeinem Zivilrecht, insbesondere unter dem Gesichtspunkt eines von Reich geforderten eigenständigen Verbraucherschutzrechts bleiben. Ein effektives, die systemtragenden Wertungen unserer Rechts- und Gesellschaftsordnung achtendes Verbrauchervertragsrecht, durchbricht den zivilrechtlichen Grundsatz formal-abstrakter Gleichheit nicht unter Abhebung auf eine völlig unbestimmte, generelle strukturelle Unterlegenheit einer vermeintlich homogenen Personengruppe, die vollumfänglich privilegiert wird, sondern setzt vielmehr punktuell an und zwar an Konstellationen und Situationen, in denen aufgrund präzise definierter, sachbezogener Kriterien eine besondere, möglichst konkret gefasste Schutzbedürftigkeit auszumachen ist. Im Übrigen aber, d. h. jenseits dieser Situationen, in denen die materiale Vertragsfreiheit erheblich gefährdet ist, bietet das bestehende Privatrecht in seiner formalrechtlichen Grundkonzeption einen funktionstüchtigen Mechanismus auch für die rechtsgeschäftliche Begegnung zwischen Verbraucher und Unternehmer, so dass die Entwicklung eines eigenständigen, übergreifenden Verbraucherschutzrechts weder notwendig noch erstrebenswert erscheint. Eine Loslösung des Verbrauchervertragsrechts aus dem allgemeinen System des Zivilrechts, wie sie Reich befürwortet, würde insbesondere die Gefahr in sich bergen, ein von Beliebigkeiten gekennzeichnetes, tragfähiger Wertungskriterien entbehrendes Sammelbecken von Regelungskomplexen entstehen zu lassen. Die Verbraucherinteressen sind zu diffus130, der Begriff der strukturellen Unterlegenheit, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Klassenzugehörigkeit oder Kapitalausstattung zu unbestimmt als dass hieraus ein handhabbarer, juristisch fassbarer Oberbegriff „Verbraucherschutz“ als Grundlage eines eigenständigen Sonderprivatrechts gebildet Hierzu St. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, S. 2, 7. Die Schwierigkeiten bei der Bestimmung von Verbraucherinteressen erkennen Hart / Joerges, in: Assmann / Brüggemeier / Hart / Joerges (Hrsg.), Wirtschaftsrecht als Kritik am Privatrecht, 1980, 83 (87, 90 f.) als grundsätzliches Problem jedweder Verbraucherschutzkonzeption; zur Problematik eines fehlenden einheitlichen Anknüpfungspunktes, der konkret genug wäre, ein umfassendes Verbraucherschutzrecht zu begründen vgl. auch Westermann, AcP 178 (1978), 150 (168); St. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 5 ff. 129 130
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werden könnte. Fehlt aber insoweit ein tragfähiges Fundament für ein umfassendes Verbraucherrecht, dann liegt es fern, anzunehmen, der Gesetzgeber habe das System der formal-abstrakten Gleichheit des BGB generell zum Schutze des Verbrauchers durchbrechen und hierdurch die wiederholt beschriebene Gefahr billigend in Kauf nehmen wollen, einen beinahe beliebigen Personenkreis in nicht kontrollierbarer, uferloser Form zu privilegieren131, respektive die vom Schutz ausgenommenen Personen zu diskriminieren. Vielmehr wird man davon auszugehen haben, dass die Schaffung der bestehenden verbraucherschützenden Regelungen eine Reaktion auf ausnahmsweise, in besonderen Situationen aber regelmäßig auftretende, Störungen der Privatautonomie darstellt, denen durch spezifische, der Sachmaterie entsprechende Regelungen grundsätzlich innerhalb des bestehenden Zivilrechtssystems Rechnung getragen werden soll. Die Frage nach Ungleichgewichtslagen, bzw. nach relevanten Störungen der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit ist insoweit aus dem System des allgemeinen Zivilrechts heraus zu beantworten, nicht aber durch Ausbildung eines externen, gegen die tragenden Wertungen des BGB verstoßenden Sonderprivatrechts. Diese Einschätzung findet nunmehr auch ihre sinnfällige Ausprägung in der durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz veranlassten Integration der zentralen verbraucherschützenden Gesetze132. Wenngleich der Standort der verbraucherschützenden Regelungen freilich für die Frage des inhaltlichen Zusammenwirkens von allgemeinem Zivilrecht und Verbraucherschutzrecht nicht überbewertet werden sollte und die konkrete Form der Integration im Einzelfall durchaus kritikwürdig erscheint, so handelt es sich bei der Integration unter dem Aspekt einer überzeugenden, weil auf das allgemeine Zivilrecht bezogenen Verbraucherschutzdogmatik doch um ein wichtiges Zeichen. Bewegt sich ein richtig verstandenes Verbraucherschutzrecht im Rahmen des allgemeinen Bürgerlichen Rechts, dann kommt freilich nur eine modifizierende Anpassung der bestehenden Grundlagen an die sich wandelnden gesellschaftlichen Entwicklungen in Betracht. Wenn Reifner etwa im Rahmen (!) des bestehenden Zivilrechtssystems unter Berufung auf das Sozialstaatsprinzip die Forderung nach einer „sozialen“ Auslegung von Verträgen133 anhand wie auch immer zu konkreti131 Vgl. Lieb, AcP 178 (1978), 196 (197); St. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, S. 7. 132 Zu den Vor- und Nachteilen der Integration vgl. allgemein Dauner-Lieb, JZ 2001, 8 (14 f., 16); dies. DStR 2001, 1572 (1573); ausführlich und differenziert Dörner, in: Schulze / Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 177 ff.; Pfeiffer, in: Ernst / Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 481 ff.; primär rechtpolitisch Schmidt-Räntsch, in: Schulze / SchulteNölke (Hrsg.), ebd., S. 169 ff.; speziell zum Verbraucherkredit Artz in Jb. J. ZivRWiss. 2001, S. 227 ff.; Bülow, in: Schulze / Schulte-Nölke (Hrsg.), ebd., S. 153 ff.; Habersack, BKR 2001, 72 ff.; Köndgen, WM 2001, 1637 (1644 ff.). 133 Reifner, Alternatives Wirtschaftsrecht am Beispiel der Verbraucherverschuldung. S. 91 ff.
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sierender objektiver Gerechtigkeitskriterien erhebt134, dann muss eine solche Forderung unabhängig von ihrer wertungsmäßigen Fragwürdigkeit in Ermangelung jedweden Rückhalts im System systemsprengend wirken und ist daher abzulehnen. Insgesamt wird man, was den Einsatz von Schutzinstrumenten angeht, entsprechend der tragenden Bedeutung des Selbstbestimmungsgrundsatzes und dem aus guten Gründen nachhaltig prozedural, nicht material geprägten Gerechtigkeitsverständnis des BGB grundsätzlich solche Instrumente zu bevorzugen haben, deren Wirkweise auf eine Verbesserung der Rahmenbedingungen des Vertragsmechanismus zielt, ohne den Vertragsinhalt zu berühren. Die Vertreter der sozial-interventionistischen Verbraucherschutzkonzeptionen müssen freilich die Effektivität von solchen Schutzinstrumenten leugnen oder zumindest anzweifeln, die allein auf eine Stärkung der eigenverantwortlichen Entscheidungsfindung des Verbrauchers zielen – wie etwa die dem Verbraucher zugute kommenden Informationspflichten des Unternehmers135; das ist auf der Grundlage des dargestellten pessimistischen Menschenbildes konsequent, da nicht ersichtlich ist, wie die Zur-Verfügung-Stellung von Informationen einem Verbraucher nutzen soll, der zur Informationsaufnahme weder fähig noch bereit ist. Ein Verbraucher, der sich selbst zu helfen nicht in der Lage ist, muss heteronom, im Vertragsrecht insbesondere durch inhaltsgestaltend-zwingendes Recht, z. B. durch eine allgemeine Angemessenheitskontrolle auch von Individualvereinbarungen136, geschützt werden. Die soziale Verbraucherschutztendenz zieht insoweit aus ihrer unterstellten Prämisse die für die Statuierung von Schutzinstrumenten logische Konsequenz, die aber für ein liberales Vertragrechtssystem mit seiner positiven marktregulierenden Wirkung erhebliche Gefahren birgt: Gegenüber dem Einsatz interventionistischer, auf höhere Gerechtigkeitskriterien verpflichteter Mechanismen, die den Vertragsinhalt heteronom zu gestalten suchen, ist größte Zurückhaltung geboten, da sie das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen tendenziell aushöhlen137, und zwar auf doppelte Weise: Sie beschränken die Gestaltungsfreiheit des Unternehmers und bevormunden darüber hinaus den Verbraucher, der seine Interessen eigenverantwortlich vertreten möchte und sich selbst zu schützen in der Lage ist. Der weitreichende Einsatz marktkompensatorischer Schutzinstrumente, der darauf zielt, „materielle Richtigkeit“ von 134 Die Durchführbarkeit einer „soziale“ Auslegung würde freilich in einem ersten Schritt die Schaffung eines übergeordneten, objektiven Wertesystems erfordern und die mit einem solchen Unterfangen stets verbundenen, unter B. II. 3. c) aa) bereits erörterten Gefahren heraufbeschwören. 135 Die verbraucherschützende Wirkung privatrechtlicher Informationspflichten wird von Vertretern der sozialen Verbraucherschutztendenz nur ausnahmsweise anerkannt, jedenfalls aber als zum erforderlichen Schutz unzureichend erachtet, vgl. etwa Reich, NJW 1978, 513 ff., insbesondere 519. 136 Vgl. die kritische Auseinandersetzung hiermit bei Dauner-Lieb, Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher, S. 128; die Ausdehnung der Inhaltskontrolle auf Individualvereinbarungen wird in der Literatur als Konsequenz einer wirtschaftlich verstandenen Unterlegenheit erklärt; M. Wolf, JZ 1974, 465 (469); Reich, ZRP 1974, 187 (188). 137 Vgl. oben unter B. II. 3. c) aa).
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Austauschbeziehungen zu gewährleisten138, ist daher nicht nur wegen der fehlenden Überzeugungskraft der zugrunde gelegten Prämisse einer allgegenwärtigen Unterlegenheit des Verbrauchers abzulehnen, sondern auch weil er die liberale-prozeduralen Wirkmechanismen des Zivilrechts vollständig verwirft und durch ein System zu ersetzen sucht, das aufgrund seiner schwerpunktmäßigen Ausrichtung an vagen sozialstaatlichen Erwägungen gesetzgeberischer und richterlicher Beliebigkeit Tür und Tor öffnet. Letztendlich ergibt sich aus dem Gesagten, dass eine richtig verstandene Verbraucherschutzkonzeption im Verhältnis zum allgemeinen Zivilrecht keineswegs etwas Besonderes im Sinne einer eigenen Gesetzmäßigkeiten folgenden Materie darstellt, sondern „im Gegenteil auf das richtige Verständnis der Selbstbestimmung und dessen Schutz in der Privatrechtsordnung aufmerksam“ macht.139 Was sich aus Sicht des Unternehmers als Beschränkung seiner Gestaltungsfreiheit, mithin als Eingriff darstellt, erweist sich insoweit aus der Perspektive des Schutzadressaten lediglich als Maßnahme zur Herstellung seiner Vertragsfreiheit, also als bloße Ausgestaltung der Privatautonomie.140
cc) Zusammenfassung Zusammenfassend ist festzuhalten, dass ein generelles Versagen des Marktmechanismus und eine vollständige Abwesenheit tatsächlicher Entscheidungsfreiheit im Bereich der Verbraucherverträge nicht feststellbar ist und insbesondere auch nicht mit einer sozio-ökonomischen, mithin schichtspezifischen Unterlegenheit begründbar ist. Vielmehr können auch hier die beschriebenen Entscheidungsprozesse auf Verbraucherseite den Wettbewerb der Anbieter durchaus stärken und zwar potenziell mit allen, bereits dargelegten positiven Effekten.141 Das der von Reich und Reifner vertretenen gegenteiligen Betrachtungsweise zugrunde liegende Verbraucherbild, nach dem sich der Verbraucher als Teil einer unterprivilegierten gesellschaftlichen Gruppe dem Kollektiv der Unternehmer gegenüber in einer allgegenwärtigen strukturellen Unterlegenheit befindet, geht an der Realität vorbei und eignet sich aufgrund seiner Konturlosigkeit weder als Grundlage eines Ver138 Die Gewährleistung materialer Richtigkeit wird man durchaus als Hauptzielrichtung der sozial-interventionistischen Verbraucherschutztendenz bezeichnen können; es geht darum, ein Vertragergebnis zu erzielen, bei dessen Zustandekommen die unterstellte strukturelle Unterlegenheit des Verbrauchers keine Rolle mehr spielt; vgl. hierzu Bartsch, ZRP 1973, 219 (222); Damm, JZ 1978, 173 (179); Köck / Hart, ZRP 1991, 61 (63). 139 Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 8. 140 Insoweit lässt sich durchaus ein Eingriff in die Privatautonomie verneinen, so explizit Artz, Der Verbraucher als Kreditnehmer, S. 55; dahingehend auch Bülow, VerbrKrG, Einführung Rdn 16; ders. Verbraucherkreditrecht, Einführung Rdn 21; Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 8; Wichtermann, Jb. J. ZivRWiss. 1995, S. 215 (231); a.A. Busche, Privatautonomie und Kontrahierungszwang, S. 93. 141 Vorstehend unter B. II. 3. c) cc) (3).
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brauchervertragsrechts im allgemeinen, noch als Grundlage der verbraucherschützenden Regelungen des Darlehensvertragsrechts im speziellen. Ein richtig verstandenes Verbraucherschutzrecht setzt vielmehr punktuell an, und zwar an Konstellationen, in denen aufgrund präzise definierter, sachbezogener Kriterien die materiale Vertragsfreiheit erheblich gestört ist; es meidet auch den „inflationären“ Einsatz vertragsinhaltsbezogener Schutzinstrumente, der aus der Sicht der sozialen Schutzkonzeptionen freilich konsequent ist, aber außer den Problemen, die jedwede Verpflichtung des Rechts auf übergeordnete Werte mit sich bringt, die Gefahr beinhaltet, nicht nur die Gestaltungsfreiheit des Unternehmers zu beschränken, sondern darüber hinaus auch noch den Verbraucher zu bevormunden. Insbesondere kann ein Verbrauchervertragsrecht, das die Wirkmechanismen des Marktes vollständig ausblendet und auf einem Menschenbild gründet, das die Fähigkeit und Bereitschaft des Individuums zur rationalen und verantwortungsvollen Entscheidungsfindung leugnet, auch – wie Dauner-Lieb in aller Klarheit herausgearbeitet hat – mit den Prämissen eines freiheitlich-pluralistischen Gemeinwesens nicht in Einklang gebracht werden: es wäre nicht begründbar, ja sogar widersprüchlich, dem Bürger im Hinblick auf seinen eigenen, überschaubaren Bereich die wirtschaftliche Vernunft abzusprechen, ihn aber über Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte im demokratischen Prozess an weitaus komplexeren Entscheidungen partizipieren zu lassen.142 Dass der Gesetzgeber diese Einschätzung im Wesentlichen teilt, belegt schon ein erster Blick auf die Gesetzeslage in zentralen verbraucherschützenden Regelungsfeldern. b) Die marktwirtschaftlich-liberalen Modelle Es streiten also in rechtlicher, wie auch in wirtschaftlich-gesellschaftlicher Hinsicht grundsätzlich die besseren Argumente und Wertungsgesichtspunkte für eine marktwirtschaftlich-liberale Verbraucherschutzkonzeption, die ihre Prämissen und Wirkmechanismen tendenziell am hergebrachten Zivilrecht auszurichten sucht. Zu untersuchen ist nun, ob das von Dauner-Lieb entwickelte reine Informationsmodell den tatsächlichen Marktentwicklungen in einer modernen Wirtschaftsordnung in ausreichendem Maße Rechnung trägt oder ob es – wie etwa Bydlinski u. a. auch im Hinblick auf die zwischenzeitliche geltende Rechtslage meint – zumindest geringfügig erweiterungsbedürftig und erweiterungsfähig ist. aa) Das am Leitbild des homo oeconomicus orientierte Menschenbild und der aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher Genauerer Betrachtung bedarf die zentrale Prämisse des Modells, mithin das am Leitbild des homo oeconomicus orientierte Menschenbild, wonach der Mensch – 142 Dauner-Lieb, Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher, S. 144 f.
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sofern nur die äußeren Umstände dies zulassen – stets selbstbestimmt handelt und vernunftsorientiert die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel unter Abwägung aller in Betracht zu ziehender Aspekte nutzenmaximierend einsetzt.143 Kritische Stimmen144 bemängeln hieran, ein solches Menschenbild tauge zwar zur Entwicklung eines wissenschaftlich stimmigen Modells, verliere aber den Bezug zur gesellschaftlichen Wirklichkeit145; weil die Rechtsordnung aber aus individualschützender Sicht wie auch aus gesamtwirtschaftlichen Gründen neben der formellen auch die materielle, tatsächlich existierende Vertragsfreiheit gewähren müsse, dürfe das Privatrecht nicht die real existierenden gesellschaftlichen Zustände außer Acht lassen, die den Menschen aber als ein von vielfältigen Einflüssen und Bedingungen abhängiges Wesen erscheinen ließen.146 Der Kritik ist zuzugeben, dass es nicht Aufgabe praxisorientierter, rechtsfortbildender Erwägungen sein kann, fernab jeder Realität wissenschaftliche Glasperlenspiele zu betreiben. Es ist auch richtig, dass die bestehende Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung, aber auch die Rechtsordnung selbst durchaus ein vitales Interesse daran hat, dass sich die Privatrechtsordnung und ihre formalrechtlichen Prämissen nicht allzu weit von der Wirklichkeit entfernen, die Privatrechtsordnung mithin auf gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen reagiert, ja reagieren muss, die ihre Funktionsfähigkeit beeinträchtigen. 147 Das am Leitbild des homo oeconomicus orientierte Menschenbild des ursprünglichen BGB ist im Ansatzpunkt zweifelsohne keine sozialwissenschaftlich abgesicherte reale, sondern eine normativ geprägte Vorgabe – DaunerLieb spricht von einem Postulat148. Allein daraus, dass der Ansatzpunkt kein empirischer, sondern ein normativer ist und Ideal und Realität divergieren können, lässt sich aber nicht ableiten, dass das idealisierte Leitbild vollkommen realitätsfern sei und für das rechtsfortbildend entwickelte Verbrauchervertragsrecht keine Geltungskraft besäße. Entscheidend ist schließlich nicht, ob zwischen Ideal und Wirklichkeit überhaupt Divergenzen bestehen, sondern ob mögliche oder existierende Abweichungen von einem solchen Ausmaß sind, dass an dem normativen Ausgangspunkt vernünftigerweise nicht mehr festgehalten werden kann.149 Es kann 143 Ausführlich Dauner-Lieb, Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher, S. 52 f.; Lohmann, Verbraucherschutz und Marktprozesse, S. 37. 144 Sehr kritisch Artz, Der Verbraucher als Kreditnehmer, S. 51 f.; ferner: Limbach, KritV 1986, 165 (170 f.); Schünemann, in: Festschrift Brandner, 279; Simitis, Verbraucherschutz, Schlagwort oder Rechtsprinzip, S. 97 ff.; 107 ff. 145 Dezidiert Artz, Der Verbraucher als Kreditnehmer, S. 51; Limbach, KritV 1986, 165 (170 f.) meint eine Schutzkonzeption, die der Prämisse eines ökonomischen Rationalprinzips folge, intendiere den Schutz von „Halbgöttern“, nicht aber den Schutz von gewöhnlichen Menschen. 146 Artz, Der Verbraucher als Kreditnehmer, S. 52. 147 Hierzu schon unter B. II. 3. c) cc) (3). 148 Dauner-Lieb, Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher, S. 55. 149 Hierzu auch schon Dauner-Lieb, Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher, S. 144 m. w. N.
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auch nicht darauf ankommen, ob einzelnen Rechtssubjekten die Fähigkeit und Bereitschaft fehlt, sich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten vernünftig zu verhalten. Maßgeblich ist allein, dass das Verhalten der überwiegenden Zahl der Rechtssubjekte am Markt und im Rechtsverkehr tendenziell dem normativen Menschenbild entspricht, auf dessen Grundlage das Marktparadigma seine wettbewerbsfördernde und verbraucherschützende Wirkung entfalten kann. Bis zum Beweis des Gegenteils – und insoweit stehen die Kritiker dieses Ansatzes in der Beweispflicht150 – wird man also davon ausgehen können, dass Ideal und Realität weitgehend angenähert sind: Der durchschnittliche Bürger ist grundsätzlich fähig und bereit, ihm zur Verfügung gestellte Informationen aufzunehmen, auszuwerten und auf dieser Grundlage eine seinen Bedürfnisstrukturen gerecht werdende, nutzenmaximierende Entscheidung am Markt zu treffen. Wenn der homo oeconomicus Nutzenmaximierung dabei ausschließlich wirtschaftlich begreift und andere autonom definierte, außerhalb ökonomischer Erwägungen angesiedelte Zielvorstellungen – z. B. Markenpräferenzen – außer Acht lässt, dann erscheint eine solches Leitbild im Hinblick auf die tragende Bedeutung eines umfassenden zivilrechtlichen Selbstbestimmungsgrundsatzes freilich nicht unproblematisch, weil zur Selbstbestimmung natürlich auch die autonome Definition individueller Zielvorstellungen gehört.151 Es ist aber zu bedenken, dass gewisse simplifizierende Tendenzen jedem Leitbild denknotwendig schon aufgrund seines von Einzelfällen abstrahierenden Charakters innewohnen. Im Übrigen kann und sollte es für die Rechtsdogmatik gar nicht darum gehen, wirtschaftswissenschaftliche Erwägungen 1 : 1 zu übernehmen und dem Zivilrecht ein Menschenbild zugrunde zu legen, das dem Leitbild des homo oeconomicus vollständig entspricht. Wesentlich ist alleine, eine möglichst realitätsnahe, handhabbare Orientierungsgröße zu finden, die der Normauslegung oder – im Fall der Rechtsfortbildung – der 150 Begründungsbedürftig sind grundsätzlich die Abweichungen, respektive die Ausnahmen vom Grundsatz, nicht aber wird der Grundsatz durch eventuelle Abweichungen in seiner allgemeinen Geltungskraft in Frage gestellt. 151 Zur dahingehenden kritischen Auseinandersetzung mit der Begrifflichkeit des homo oeconomicus vgl. Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 128 ff., 169 ff., der die Verbindung zur sog. REM-Hypothese der ökonomischen Analyse des Rechts herausstellt, die von einem grundsätzlich rationalen Verhalten der Rechtssubjekte in dem Sinne ausgeht, dass sich Marktteilnehmer überwiegend gewinn- und nutzenmaximierend, d. h. egoistisch verhalten (REM- Hypothese des rational-egoistischen Menschen). Das Verständnis des Individuums als nutzenmaximierender Mensch sei eine zwingend notwendige Modellannahme für die ökonomische Analyse des Rechts, weil diese Disziplin rechtliche Regelungen an deren gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen für die Gesellschaft misst, mithin an ökonomischer Effizienz. In seiner Kritik der REM-Hypothese und der wirtschaftlichen Effizienz macht Drexl den Vorschlag, den Begriff der Effizienz normativ aufzufüllen, weil der Markt nicht nur Instrument zur Herstellung wirtschaftlicher Gesamtwohlfahrt, sondern auch Instrument zur Koordination autonom definierter Ziele über das wirtschaftlich relevante Handeln einzelner sei und das Menschenbild kein jeglicher Komplexität beraubtes, rein ökonomisches sein könne, sondern auf der Grundlage übergeordneter, insbesondere durch das Verfassungsrecht und das Gemeinschaftsrecht vorgegebener Wertungen ermittelt werden müsse.
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Normentwicklung als Maßstab zugrunde gelegt werden kann. Das wirtschaftswissenschaftlich ausgeformte Bild des homo oeconomicus eignet sich in seinem Kern insoweit als maßstabsetzende Größe, weil es der sozialen Realität wie auch der Rechtswirklichkeit immerhin besser entspricht als das Leitbild eines zur rationalen Entscheidungsfindung weder fähigen noch bereiten Bürgers. Deswegen kann die Entwicklung eines „zivilrechtsadäquaten“, d. h. die bereichsspezifischen Besonderheiten der Materie beachtenden Menschenbilds, an diese wirtschaftswissenschaftlich entwickelte Figur durchaus angelehnt werden. Die sinnfällige Ausprägung vorstehender Erwägungen findet sich nunmehr im Leitbild des mündigen, aufmerksamen und verständigen Durchschnittverbrauchers.152 Die hier vertretene Einschätzung erfährt insbesondere einen starken normativen Rückhalt. Exemplarisch lässt sich dies an den teilweise sehr weitreichenden, im europäischen Recht wurzelnden Informationspflichten des bestehenden Verbrauchervertragsrecht belegen, die dem Unternehmer zu Gunsten des Verbrauchers auferlegt werden; diese Informationspflichten betreffen die unterschiedlichsten Gegenstände153: Im Vordergrund stehen dabei Informationen über den Vertragsgegenstand (z. B. Eigenschaften des Darlehens in § 492 Abs. 1 S. 5 BGB, des Teilzeit-Wohnrechts in § 482 Abs. 2 BGB i.V.m. § 2 BGB-InfoVO, der Pauschalreise in § 651a BGB i.V.m. § 4 BGB-InfVO) und über die Vertragsbedingungen (z. B. Kosten und Erfüllungsmodalitäten). Daneben finden sich Informationspflichten hinsichtlich der Rechte, die dem Verbraucher aufgrund des Vertrages zustehen, wie etwa die Belehrung über ein Widerrufsrecht. Weniger häufig sehen Regelungen Informationspflichten im Hinblick auf die Vertragsdurchführung vor, so aber z. B. § 492 Abs. 1 S. 5 Nr. 5 BGB bei Zinsänderungen im Rahmen eines Verbraucherdarlehensvertrags. Die Gemeinsamkeit der bezeichneten Informationspflichten ist darin zu erkennen, dass sie dem Verbraucher durch hinreichende Information bzgl. willensbildungsrelevanter Umstände eine sachgerechte Entscheidungsgrundlage vermitteln sollen; insbesondere soweit Vertragsgegenstand und Vertragsbedingungen betroffen sind, dient die Information auch dazu, den Verbraucher in die Lage zu versetzen, einen Vergleich zwischen verschiedenen Angeboten am Markt anstellen zu können und auf dieser Grundlage eine rationale Entscheidung zu treffen. Fragen die Verbraucher dann insoweit die Produkte nach, die sie am ehesten zur Bedürfnisbefriedigung für geeignet halten, dann zeigt sich neben der individualschützenden Funktion der Informationspflichten zugleich auch die – v. a. aus dem Blickwinkel des auf Marktintegration zielenden Gemeinschaftsrechts relevante – marktbezogene Zielrichtung: Dem auf einer strukturellen Informationsasymmetrie beruhenden Marktversagen wird tendenziell entgegengesteuert.154 Nun ist es eine Selbstverständlichkeit, dass die dem UnterZur Terminologie und rechtlichen Einordnung vgl. die folgenden Ausführungen. Eine tabellarische Übersicht und eine ausführliche Analyse im Rahmen einer zeitlichen Systematisierung von Informationspflichten vor und solchen bei oder nach Vertragsschluss finden sich bei Schulte-Nölke, Europäisches Verbrauchervertragsrecht und deutsches Bürgerliches Gesetzbuch, Teil. 3 Kap. 12; Kap. 14; Grundmann, JZ 2000, 1133 (1135 f.). 152 153
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nehmer auferlegten Informationspflichten ihre Funktion natürlich nur dann erfüllen können, wenn der Informationsadressat fähig und bereit ist, die ihm zur Verfügung gestellten Informationen zur Kenntnis zu nehmen und für eine rationale Entscheidungsfindung zu nutzen, denn ansonsten gingen die Informationspflichten ins Leere und wären nichts anderes als eine willkürlich motivierte, den Unternehmer diskriminierende Schikane. Die Informationspflichten des Verbrauchervertragsrechts müssen insoweit auf das Leitbild des aufmerksamen und verständigen Verbrauchers rekurrieren, unabhängig davon, dass die Rechtswirklichkeit im Einzelfall sicherlich auch den flüchtigen, d. h. unaufmerksamen Verbraucher155, bzw. den zur intellektuellen Umsetzung der Information nicht fähigen, also unverständigen Verbraucher kennt, wie er dem – freilich im Wandel befindlichen156 – empirischen Verbraucherleitbild des deutschen Wettbewerbsrechts entspricht und teilweise auch im Rahmen der Anforderungen an die Transparenz von Vertragsklauseln diskutiert wird157. Das Gesetz zieht in vorstehenden Beispielen mit seiner grundsätzlich optimistischen Sichtweise des Menschen – diese wird leider nicht überall konsequent durchgehalten – die einzig schlüssige Konsequenz aus einem auf Autonomie und Selbstverantwortung gründenden liberalen Vertragsrecht. Aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht – die wegen des Anwendungsvorrangs jedenfalls im Anwendungsbereich gemeinschaftsrechtlicher Regelungen bei „grenzüberschreitenden“ Sachverhalten verbindlich ist – wird die Maßgeblichkeit des normativen Leitbilds des „mündigen“158 Verbrauchers bestätigt, denn das Ziel der Marktintegration setzt einen aktiven, grenzüberschreitend rechtsgeschäftlich tätig werdenden Marktbürger und damit implizit einen über seine Marktchancen informierten, d. h. zur Informationsaufnahme fähigen und bereiten Verbraucher voraus.159 154 Die marktbezogene Funktion der Informationspflichten im Richtlinienrecht herausstellend Roth, JZ 2001, 475 (480) m. w. N.; grundlegend zur Informationsasymmetrie als Grundlage des Verbraucherschutzes Dauner-Lieb, Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts, S. 141 ff. 155 Strenggenommen bezieht sich der Begriff des „flüchtigen Verbrauchers“ im deutschen Recht nur auf die Aufmerksamkeit des Verbrauchers, das „traditionell“ gegenübergestellte, gemeinschaftsrechtliche Leitbild des „mündigen Verbrauchers“ bezieht sich auf dessen intellektuellen Fähigkeiten, Beater, JZ 2000, 973 (977); grundlegend und ausführlich zu verschiedenen Verbraucherleitbildern: Niemöller, Das Verbraucherleitbild in der deutschen und europäischen Rechtsprechung; ferner Coester, in: Staudinger, § 9 AGBG Rdn 5 m. w. N. 156 Zur Annäherung des deutschen an das europäische Verbraucherleitbild im Rahmen des wettbewerbsrechtlichen Irreführungsbegriffs auch in Fällen rein nationaler Sachverhalte: Kemper / Rosenow, WRP 2001, 370 ff.; Groeschke / Kiethe, WRP 2001, 230 ff. 157 Hierzu mit zahlreichen Nachweisen aus der Literatur Coester, in: Staudinger, § 9 AGBG Rdn 5. 158 Der Begriff steht hier zusammenfassend für Aufmerksamkeit und Verständigkeit. Im Gemeinschaftsrecht wird er mit vergleichbarem Inhalt vom EuGH v.a. im Wettbewerbsrecht gebraucht, vgl. EuGH, Rs. C 210 / 96 Gut Springenheid / OKD Steinfurt, Slg. 1998, I- 4657, Rdn 31; EuGH, Rs. C- 465 / 98, Slg. 2000, I-2297, Rdn 22. 159 Dieser Aspekt spricht für eine Übernahme des ursprünglich wettbewerbsrechtlichen Leitbilds in das Vertragsrecht; hierfür auch Schulte-Nölke, Europäisches Verbrauchervertragsrecht und deutsches Bürgerliches Gesetzbuch, Teil 3 Kap. 12 II, der als Grund für die Über
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Soweit dieses Leitbild realiter fehlgeht, kann der Ansatz des Gemeinschaftsrechts durchaus als erzieherischer angesehen werden, in dem Sinne, dass dem Verbraucher zur selbstverantwortlichen Interessenwahrnehmung das erforderliche Maß an Information als Mittel einer „Hilfe zur Selbsthilfe“160 an die Hand gegeben wird und auf diese Weise Eigenverantwortung gefördert wird. Der Gesetzgeber hat sich demnach auch im Verbrauchervertragsrecht grundsätzlich dafür entschieden, dem traditionellen Leitbild eines aufmerksamen und verständigen Bürgers zu folgen. Soweit einzelne Regelungen, wie z. B. § 310 Abs. 3 BGB, sich nicht in dieses Bild einfügen161, sollte diesen keine Leitbildfunktion im Sinne eines Maßstabs der Normauslegung und -bewertung beigemessen werden, weil der vorstehende normative Ansatz den liberalen Wurzeln des Vertragsrechts besser entspricht.
bb) Die Abstraktion des Gesetzes von einer konkret-subjektiven Schutzbedürftigkeit im Rahmen eines auf situative oder vertragsgegenständliche Gefahren bezogenen Verbraucherschutzrechts Das geltende Verbrauchervertragsrecht ist nicht auf die Fälle einer im Einzelfall vorliegenden konkret-subjektiven Schutzbedürftigkeit beschränkt. Die verbraucherschützenden Regelungen des Verbrauchervertragsrechts knüpfen nicht an eine im konkreten Einzelfall festgestellte Paritätsstörung an, sondern reagieren vielmehr – wie bereits abrissartig am Beispiel der Haustür- und Fernabsatzgeschäfte, der Teilzeit- Wohnrechte- und der Reiseverträge aufgezeigt wurde162 – auf in bestimmten Situationen oder bei bestimmten Verträgen typischerweise auftretende Beschränkungen der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit. Wenn die Regelungen über den Widerruf von Haustürgeschäften an eine beim Vertragsschluss vorliegende, auf den Direktvertrieb zurückzuführende in § 312 Abs. 1 BGB definierte „Überrumplungssituation“ anknüpfen163, so zeigt § 312 Abs. 1 BGB exemplarisch nahme des Maßstabs die fließenden Grenzen zwischen allgemeiner Werbung, vorvertraglicher Information, z. B. in Prospekten und Vertragstext nennt; skeptisch Grabitz / Hilf-Pfeiffer, Art. 5 KlauselRL, Rdn 19. 160 Verbraucherpolitischer Aktionsplan 1999 – 2001, KOM 696 endg., Punkt 3 unter Betonung der dem Verbraucher obliegenden Selbstverantwortung bei der Interessenwahrnehmung. 161 Die Inhaltskontrolle von Individualvereinbarungen nach § 310 Abs. 3 BGB lässt sich nicht auf der Grundlage eines zur eigenen Interessenwahrnehmung fähigen und bereiten Kunden erklären; vgl. hierzu schon im Grundsatz Dauner-Lieb, Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher, S. 74. 162 Vorstehend unter B. II. 4. a) aa). 163 Darin ist nach allgemeiner Auffassung der Schutzzweck der Regelungen über Haustürgeschäfte zu erkennen, vgl. statt vieler Palandt – Putzo, § 312 BGB Rdn 3; BGH NJW 1992, 1889 m. w. N.
II. Bewertung vor dem Hintergrund der Privatautonomie
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eine solche, zwar auf ein bestimmtes Geschäft bezogene, von konkret-subjektiven Schutzbedürfnissen aber abstrahierende Typisierung, die einerseits Fälle einbezieht, in denen eine Überrumplungssituation in concreto gar nicht gegeben war, weil der angetroffene Verbraucher über eine ausreichende Geschäftsgewandtheit verfügt und andererseits Fälle nicht erfasst, in denen eine solche Situation vorlag164. Abgesichert wird dieses typisierende Schutzsystem durch den Einsatz halbzwingender Normen, für den Bereich der Haustürgeschäfte durch § 312 f. BGB. Rechtfertigen lässt sich diese gesetzgeberische Entscheidung für eine typisierende Lösung mit dem hierdurch erzielten Zuwachs an Rechtssicherheit165 und den positiven Effekten für die Praktikabilität der Regelungen. Eine durchweg einzelfallbezogene Regelung könnte die Gerichte leicht überfordern und wäre insbesondere für die betroffenen Parteien kaum sinnvoll zu handhaben. Man stelle sich vor, das Gesetz würde sich auf weite, zur Erfassung jedweden Einzelfalls geeignete Generalklauseln beschränken und gäbe dem Unternehmer keine präzisen gesetzlichen Vorgaben an die Hand, in welchen Situationen, er seinen Vertragspartner über ein Widerrufsrecht belehren müsste. Es wäre dem Unternehmer schwerlich zumutbar, seinen Vertragspartner vorsichtshalber immer zu belehren, und es wäre auch für den belehrten Verbraucher wenig hilfreich, ja sogar irreführend, eine Belehrung über ein dann vielleicht doch nicht bestehendes Widerrufsrecht zu erhalten. Aus diesen Gründen ist gegen eine „wohldosierte Typisierung“166 nichts einzuwenden, vorausgesetzt sie wahrt das Regel-Ausnahme-Verhältnis von bestehender und nicht bestehender Schutzbedürftigkeit. Droht aber in Einzelfällen eine Pervertierung der eigentlichen Schutzgründe und Schutzziele, weil Personen in den Schutzbereich aufgenommen werden, die evident keines Schutzes bedürfen, so ist ausnahmsweise eine teleologische Reduktion der Schutzbestimmungen in Betracht zu ziehen167 oder eine Berufung auf die Schutzbestimmungen gem. § 242 BGB als rechtsmissbräuchlich anzusehen168. Neben Erwägungen der Rechtssicherheit und Praktikabilität können der typisierenden Betrachtung in besonders gelagerten Fällen durchaus auch materiale Gerechtigkeitserwägungen zugrunde liegen. Dass mit dem Rückgriff auf heteronome Gerechtigkeitserwägungen nicht zwangsweise das System eines liberalen Vertragsrechts verlassen wird, sofern diese nur nicht zum alleinigen und zentralen Anknüpfungspunkt für Abweichungen von der formalen Privatautonomie erhoben werden, belegt Bydlinski – wie eingangs ausgeführt – am Beispiel der Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen, die freilich kein spezifisches Verbraucherproblem 164 Ausführlich und sehr kritisch hierzu St. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, S. 141 f. 165 Canaris, AcP 200 (2000), 273 (347). Medicus, JuS 1996, 761 (767). 166 Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts, S. 752. 167 Hierfür plädiert Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts, S. 734 (Fn. 838). 168 So Medicus, JuS 1996, 761 (767), der ähnlich wie hier betont, dass über die Anwendung des § 242 BGB die vom Gesetzgeber über die Typisierung angestrebte Rechtssicherheit nicht ohne weiteres ausgehöhlt werden darf.
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darstellt169. Die Rechtfertigung der Inhaltskontrolle von AGB vollzieht sich bei ihm überzeugend in einer parallel zur Systematik des Wuchertatbestands angelegten „mehrstufigen“, Argumentationsstruktur, die der Mehrdimensionalität der Schutzkonzeption – Beschränkung der Entscheidungsfreiheit des Verwendungsgegners und Beschränkung der Vertragsgerechtigkeit im Sinne objektiver Äquivalenz – Rechnung trägt.170 Außer, dass seine Ausführungen insofern den Blick auf die spezifisch an materialen Gerechtigkeitskriterien orientierte Wirkweise der Inhaltskontrolle lenken171 – das ist insofern bedeutsam, als das Versagen von reinen Aufklärungsmaßnahmen bei der Verwendung von AGB, insbesondere von Informationspflichten nicht ohne weiteres den inhaltlichen Eingriff in den Vertrag rechtfertigen kann, weil insoweit noch die Möglichkeit bestände, dem Verwendungsgegner ein zeitlich befristetes Vertragslösungsrecht als Schutzinstrument geringerer Eingriffsintensität einzuräumen – zeigt er auf, dass neben den im Falle des Einsatzes komplexer Klauselwerke typischerweise bestehenden Informationsasymmetrien zu Lasten der Kunden weitere situative Ursachen für die Beschränkung der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit in Betracht kommen, insbesondere das Fehlen realer und zumutbarer Entscheidungsalternativen172. Übertragen auf die Prob169 Anders die Inhaltskontrolle von Individualvereinbarungen aus § 310 Abs. 3 BGB, die sich in einem liberalen Vertragsrecht, das auf dem Leitbild eines zur eigenen Interessenwahrnehmung fähigen und bereiten Bürgers gründet, nicht rechtfertigen lässt, vgl. unter B. II. 4. b) aa) a.E. 170 Ähnlich auch Canaris, AcP 200 (2000), 273 (320 ff.). 171 Dafür, dass der Gewährleistung materialer Gerechtigkeit im Sinne des objektiven Äquivalenzprinzips eine dominierende Rolle bei der Inhaltskontrolle von AGB zuzumessen ist, sprechen nicht nur die Gesetzesmaterialien zum ursprünglichen AGBG (vgl. BT-Drucks. 7 / 3919, S. 13: „Das vorrangige rechtspolitische Ziel dieses Gesetzentwurfes liegt darin, bei der Verwendung von AGB im rechtsgeschäftlichen Wirtschaftverkehr dem Prinzip des angemessenen Ausgleichs der beiderseitigen Interessen Geltung zu verschaffen.“), sondern auch die spezifischen Wirkmechanismen der Inhaltskontrolle, die als vertragsinhaltsorientiertes Schutzinstrument in einem auf angemessenen Interessenausgleich zielenden Vertragsrecht selbstverständlich auf die Herstellung materialer Gerechtigkeit gerichtet sind. Jedenfalls soweit die richterliche Kontrolle auf den sachlichen Gehalt einer Klausel und nicht bloß auf deren Klarheit und Verständlichkeit zielt, ist die Inhaltskontrolle, wie Coester, in: Staudinger, § 9 AGBG, 13. Bearbeitung, Rdn 4 überzeugenderweise anmerkt, ungeeignet, Beeinträchtigungen der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit auf Seiten des Kunden rückgängig zu machen, seine Entscheidungsfreiheit wiederherzustellen und die Problemlösung den Parteien zu überlassen. Vielmehr wird die Entscheidung der übervorteilten Partei durch die richterliche Angemessenheitskontrolle substanziell ersetzt. Daran ändert m.E. auch der Umstand nichts, dass das der Ersetzung zugrunde liegende dispositive Recht den hypothetischen Parteiwillen wiedergibt, denn insoweit handelt es sich gerade nicht um den im Zusammenhang mit Verbraucherschutzerwägungen relevanten tatsächlichen Willen. An die Stelle der Entscheidung der Vertragspartei tritt die durch den Richter vermittelte Wertung des Gesetzes. 172 Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts, S. 756 ff.; eine sehr ausführliche Analyse der mannigfaltigen und komplexen Gründe für die Beeinträchtigungen der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit bei der Verwendung von AGB findet sich bei Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 332 ff.; Fastrich, Richterliche Inhaltskontrolle im Privatrecht, S. 79 ff.
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lematik des Verbrauchervertragsrechts bedeutet dies, dass der Gesetzgeber diesen zusätzlichen, neben Informationsasymmetrien bestehenden Umständen, durchaus rechtliche Relevanz beimessen kann, ohne dass hierdurch einer generellen Privilegierung der Verbraucher das Wort geredet oder auf vage und aussagelose Kriterien wie solche einer wirtschaftlich-sozialen Unterlegenheit zurückgegriffen würde.173 Sofern man gegen die rechtliche Beachtlichkeit von (situativen) Kriterien, die über Informationsasymmetrien hinausgehen einwenden wollte, dass hierfür der systemtragende Rückhalt fehle, so ist zu bedenken, dass auch die Berücksichtigung von Informationsdefiziten dem liberalen Zivilrechtssystem nicht ohne weiteres zu entnehmen ist. Im Rahmen eines grundsätzlich formalen Rechtssystems ist die Beachtlichkeit von Informationsasymmetrien nur dann als systemimmanent zu rechtfertigen, wenn dieses System gerade ein „tiefergehende“ Wertungsschicht enthält als eben die bloß formal-abstrakte Gleichheit der Personen und Verwendungszwecke, nach der nämlich auch besser und schlechter Informierte gleich zu behandeln wären.174 Dieses „Mehr“ an Wertung, die Offenheit für eine Materialisierung der Vertragsfreiheit existiert unbestrittenermaßen, wenn auch im ursprünglichen BGB nur sehr schwach ausgeprägt; dies lässt sich beispielsweise an den Abweichungen von der formalrechtlichen, lediglich postulierten, Entscheidungsfreiheit im Anfechtungsrecht belegen, wo die tatsächliche Entscheidungsfreiheit vor irrtumsoder täuschungsbedingten Beeinträchtigungen Schutz erfährt, oder im Wucherrecht, wo dieselbe über das Tatbestandsmerkmal der „Zwangslage“ geschützt wird. Insoweit greift es indes tendenziell zu kurz, die Wertungsoffenheit des Systems auf die Möglichkeit eines Ausgleichs von Informationsasymmetrien zu beschränken: Zweifelsohne können Entscheidungen, die nicht bloß formal, sondern in tatsächlicher Hinsicht als frei und selbstbestimmt zu erachten sind, allein auf der Grundlage hinreichender Informationen getroffen werden, da erst diese eine rationale Entscheidungsfindung ermöglichen. Informationsdefizite und ein Mangel an geschäftlicher Erfahrung bilden insoweit einen bedeutsamen – man wird wohl eingedenk der umfangreichen Informationspflichten des modernen Verbraucher(vertrags)rechtes sagen können – den wichtigsten Grund für Beschränkungen der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit; allein folgt aus dieser Verknüpfung von Information und Entscheidungsfreiheit doch nicht, dass andere Ursachen für Beschränkungen der Entscheidungsfreiheit rechtlich ausnahmslos unbeachtlich wären. Beim Tatbestandsmerkmal der Zwangslage in § 138 Abs. 2 BGB etwa ist die in tatsäch173 Das bedeutet nicht, dass beispielsweise § 310 Abs. 3 BGB gerechtfertigt wäre. Die einzelnen Schutzinstrumente müssen jeweils einer Einzelbetrachtung unterzogen werden. Bei § 310 Abs. 3 BGB fällt diese Betrachtung derart aus, dass die Norm mit ihrem Rückgriff auf einen zur eigenen Interessenwahrnehmung weder fähigen, noch bereiten Verbraucher, die durch ein liberales Vertragsrecht gezogenen Grenzen verlässt. Das soll vorliegend aber nicht weiter interessieren. Vorstehend ging und geht es mit Bydlinski nur darum, aufzuzeigen, dass der Gesetzgeber neben Informationsasymmetrien auch weiteren Umständen rechtliche Relevanz beimessen kann, um von der formalen Vertragsfreiheit abzuweichen, ohne dass er hierdurch die Grenzen einer liberalen Zivilrechtsordnung verließe. 174 Hierzu Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts, S. 743.
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licher Hinsicht unfreie Entscheidung des Bewucherten zugunsten eines Vertragsschlusses mit dem Wucherer typischerweise nicht auf ein in seiner Person bestehendes Informationsdefizit rückführbar, sondern findet seine Ursache insbesondere im Fehlen anderer zumutbarer Entscheidungsalternativen, etwa weil der Bewucherte existenziell auf den Vertragsabschluß angewiesen ist. Im Rahmen des dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Privatautonomie zustehenden Gestaltungsspielraums ist es daher nicht von vornherein systemwidrig, wenn dieser bei der Feststellung von Situationen, in denen er die Vertragsfreiheit auf einer Seite nicht mehr als hinreichend gewährleistet sieht, diese Einschätzung auch auf – freilich genau zu umgrenzende – Erwägungen stützt, die über die Beobachtung von Informationsasymmetrien hinausgehen.175 Freilich ist insoweit äußerste Zurückhaltung geboten – der enge Anwendungsbereich des § 138 Abs. 2 BGB sollte insoweit maßstabsetzend sein – weil Beschränkungen der Entscheidungsfreiheit, die nicht auf Informationsdefiziten beruhen, nicht durch auf Aufklärung zielende Maßnahmen zu kompensieren sind; vielmehr sind sie, wenn sie nicht gänzlich die Validität der Vereinbarung beseitigen, vertragsinhaltsbezogen zu korrigieren und beschwören damit die einem auf übergeordnete Gerechtigkeitskriterien verpflichteten Maßstab stets anhaftenden Gefahren für ein liberales, auf Selbstbestimmung gründendes Vertragsrecht herauf.
c) Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass den Anforderungen einer modernen Wirtschaftsordnung an das Vertragsrecht mit einer situationsbezogenen Verbraucherschutzkonzeption Rechnung zu tragen ist, die sich an den Prämissen und Wirkmechanismen der marktwirtschaftlich-liberalen Modelle ausrichtet. Die formalrechtliche Grundkonzeption der Zivilrechtsordnung ist durch ein Verbrauchervertragsrecht zu ergänzen, das dem Verbraucher in Situationen zur Seite steht, in denen seine materielle Vertragsfreiheit, respektive seine tatsächliche Entscheidungsfreiheit faktisch ausgeschlossen oder zumindest erheblich gefährdet ist. Dabei ist der vom Gesetzgeber eingeschlagene Weg einer von einzelfallbezogenen, konkret-subjektiven Schutzbedürfnissen abstrahierenden Sichtweise zugunsten einer typisierenden Betrachtung schon aus Gründen der Rechtssicherheit und Praktikabilität im Grundsatz nicht zu beanstanden. Die relevanten Fallgestaltungen, in denen aufgrund situativer und u.U. auch vertragsgegenständlicher Ursachen der Vertragsmechanismus als Instrument des Interessenausgleichs ausnahmsweise gefährdet ist oder gar versagt, sind durch die Beobachtung von rechtstatsächlichen, wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen erfassenden Entwick175 Im Ergebnis ebenso Artz, Der Verbraucher als Kreditnehmer, S. 52 ff.; Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts, S. 752.; Canaris, AcP 200 (2000), 273 (344 ff.); Hönn, Kompensation gestörter Vertragsparität, S. 91; ders., JuS 1990, 953; Wichtermann, Jb. J. ZivRWiss, 1995, 215 (233).
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lungen zu identifizieren, die möglichen oder bereits aufgetretenen Störungen auf ihre Intensität zu prüfen und, sofern der Gesetzgeber im Rahmen des ihm hierbei zustehenden Ermessensspielraums die „Beachtlichkeitsschwelle“ als erreicht ansieht – insoweit handelt es sich primär um eine rechtspolitische, sich juristischen Wertungen entziehende Einschätzung – zu beheben.176 Dabei sollte der Gesetzgeber im Auge behalten, dass entgegen modischer Strömungen das formale Verständnis der Vertragsfreiheit maßgebend bleiben und kein Paradigmenwechsel zu einem grundsätzlich materialen Freiheitsverständnis stattfinden sollte177, weil allein das formal-liberale Verständnis dem Einzelnen ein Höchstmaß an Rechtssicherheit und Verlässlichkeit gewährt und insbesondere der Grundsatz der Vertragstreue eine im Hinblick auf die bestehende Wirtschaftsordnung nicht zu unterschätzende systemtragende Kraft hat. Darauf, dass auch die Rechtsprechung entsprechenden Störungen bei der Auslegung von Generalklauseln und wertungszugänglichen Normen von Verfassungs wegen Rechnung zu tragen und der tatsächlichen Vertragsfreiheit zur Durchsetzung zu verhelfen hat, kommt es im vorliegenden Kontext – die Verbraucherschutzkonzeption im deutschen Vertragsrecht als Grundlage des Verbraucherdarlehensvertragsrechts – nicht an. Sofern in bestimmten Situationen typischerweise auftretende Beeinträchtigungen der Entscheidungsfreiheit berücksichtigungsfähig und berücksichtigungsbedürftig sind, geht es für deren Behebung darum, die Gestaltungsfreiheit der Parteien durch den gezielten Einsatz geeigneter, grundsätzlich an den Wirkmechanismen eines liberalen Vertragsrechts ausgerichteter Mittel zugunsten eines Vertragspartners soweit einzuschränken, dass eine Situation entsteht, in der der geschützten Partei privatautonomes Handeln wieder möglich wird und der Vertragsmechanismus seine Funktion als Instrument des Interessenausgleichs erfüllen kann.178 Insoweit richtet sich die Schutzbedürftigkeit des Einzelnen in einem systemkonformen Verbrauchervertragsrecht also keineswegs nach sozio-ökonomischen Kriterien, sondern ergibt sich aus sachlichen Gesichtspunkten, nämlich aus der im konkreten Fall vorliegenden Verhandlungssituation, die typisierbare Gefahren für die Entscheidungsfreiheit einer Vertragspartei beinhaltet. Daher kann auch ein und dieselbe Person bei einem Rechtsgeschäft in den Genuss verbraucherschützender Schutzbestimmungen kommen, wohingegen sie bei einem anderen Geschäft Einschränkungen ihrer Vertragsgestaltungsfreiheit hinzunehmen hat, weil sich die Gegenpartei in einer Situation befindet, die eine verbraucherschützende Privilegierung zu rechtfertigen vermag.179 176 Ähnlich Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 290; wie dieser, allerdings im Gegensatz zur hier vertretenen Einschätzung ohne Hinweis darauf, dass ein Mindestmaß an „Störungsrelevanz“ zu fordern ist, mithin nicht jede Beeinträchtigung der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit ausreichend sein kann, Artz, Der Verbraucher als Kreditnehmer, S. 56. 177 Hierzu auch Habermas, Faktizität und Geltung, S. 472 ff., insbesondere auch S. 488. 178 Wie hier Bülow, in: Festschrift Söllner, 189; ähnlich Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 282.
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Zumeist wird die situative Beschränkung der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit auf Seiten einer Vertragspartei – wie Dauner-Lieb herausgearbeitet hat – auf Informationsasymmetrien zwischen Unternehmer und Verbraucher rückführbar und durch den Ausgleich des auf Seiten des Verbrauchers bestehenden Informationsdefizits zu kompensieren sein. Hierfür eignen sich insbesondere Informationspflichten und Formvorgaben, die dem Unternehmer auferlegt werden und seine vertragliche Gestaltungsfreiheit zugunsten des Verbrauchers einschränken. Aber auch Widerrufsrechte sind insoweit geeignet, bestehende Informationsdefizite auszugleichen, als sie dem Schutzadressaten gestatten, getroffene Entscheidungen ohne den (Zeit)druck der konkreten Abschlusssituation noch einmal reiflich unter Einbeziehung aller relevanten Informationen zu überdenken und die Bindungswirkung des Vertrages gegebenenfalls wieder rückgängig zu machen. All diesen Schutzinstrumenten ist gemein, dass sie der Stärkung einer eigenverantwortlichen Entscheidungsfindung dienen, indem sie dem Verbraucher eine Chance zum Prüfen und Abwägen verschaffen und somit allein die Rahmenbedingungen des Vertragsmechanismus beeinflussen, ohne den Vertragsinhalt als solchen zu berühren; sie stellen allein die verloren gegangene, bzw. beschränkte Entscheidungsfreiheit wieder her, im Gegensatz zu vertragsinhaltsbezogenen Instrumenten, die die individuelle Entscheidungsfreiheit substanziell ersetzen. Es ergeben sich aber auch Situationen, in denen ein hinreichendes Maß an Entscheidungsfreiheit und eine entsprechende Verhandlungsposition des Verbrauchers nicht alleine durch auf Aufklärung zielende Maßnahmen gewährleistet werden kann, weil derartige Aufklärungsmaßnahmen praktisch nicht durchführbar wären, ineffizient blieben oder schlichtweg versagten, weil sie im konkreten Fall zur Kompensation generell ungeeignet wären, da die konkret in Frage stehende Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit (noch) eine andere Ursache hat als ein „bloßes“ Informationsdefizit; in Betracht kommt insbesondere das – freilich vor dem Hintergrund eines grundsätzlich funktionstüchtigen, auf Wettbewerb beruhendem Wirtschaftssystems – auf extreme Ausnahmefälle begrenzte Fehlen realer und zumutbarer Entscheidungsalternativen. In solchen Fällen bedarf es stärkerer Regulierungen, die in ihrer Wirkweise nicht bei einer Einflussnahme auf den Vertragsprozess stehen bleiben, sondern „interventionistisch“ den Vertragsinhalt als solchen modifizieren, weil eine hinreichende Verhandlungsposition des Verbrauchers durch prozedurale, d. h. vertragsmechanismusbezogene Maßnahmen nicht zu erzielen war.180
179 Bülow, in: Festschrift Söllner, 189 (190); Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 405; Hönn, Kompensation gestörter Vertragsparität, S. 273; Larenz / Wolf, AT, § 42 Rdn 27; Medicus, in: Festschrift Kitagawa, 471 (482) illustriert diese Schutzkonzeption am Beispiel des Mieterschutzes, wo ein und dieselbe Person als Mieter in den Genuss privilegierender Vorschriften kommt, als Vermieter indes mieterschützende Einschränkungen hinzunehmen hat. 180 Artz, Der Verbraucher als Kreditnehmer, S. 52, 55; Canaris, AcP 200 (2000), 273 (344 ff.); Hönn, Kompensation gestörter Vertragsparität, S. 134 ff.; Wichtermann, Jb. J. ZivRWiss. 1995, 215 (233).
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Freilich kommen im Rahmen eines Verbrauchervertragsrechts, das wegen seiner Anbindung an das allgemeine Zivilrecht liberalen Grundsätzen verpflichtetet ist, Eingriffe in das Ergebnis von Vertragsverhandlungen und damit in das Marktgeschehen nur als ultima ratio in Betracht, weil solche Eingriffe alle mit einem objektiven Gerechtigkeitsverständnis verbundenen Gefahren heraufzubeschwören geeignet sind. Insbesondere drohen sie bei allzu leichtfertigem Einsatz einem auf individueller Selbstbestimmung gründenden Privatrecht die Grundlage zu entziehen, weil sie den Vertrag auf heteronome, übergeordnete Wertungen verpflichten und es darüber hinaus verlässlicher Kriterien ermangelt, anhand derer allgemeingültig festgestellt werden könnte, ob ein Vertrag tatsächlich den Interessen beider Parteien entspricht. Die Gestaltungsfreiheit des Unternehmers wird besonders stark eingeschränkt und der Verbraucher tendenziell bevormundet. Soweit der Gesetzgeber die „Subsidiarität“ vertragsinhaltsorientierter Schutzinstrumente achtet und generell Korrekturen der formalen Rechtskonzeption auf die Ausnahmefälle beschränkt, in denen der formalrechtliche Ansatz für die rechtsgeschäftliche Begegnung von Verbrauchern und Unternehmern keinen hinreichenden und funktionstüchtigen Mechanismus bereithält – wegen der gebotenen Beschränkung auf solche besonders gelagerten Ausnahmen können Versuche einer übergreifenden Lösung im Sinne eines eigenständigen Verbrauchervertragsrechts nicht überzeugen – soweit wird man die Eingriffe in das allgemeine Zivilrecht nicht als systemgefährdend zu erachten haben. Durch die gezielte und behutsame Anpassung und Ergänzung einzelner bürgerlich-rechtlicher Vorschriften wird das in einzelnen Situationen verloren gegangene oder erheblich gefährdete Mindestmaß an tatsächlicher Vertragsfreiheit erst wieder hergestellt, so dass insoweit ein richtig verstandenes Verbrauchervertragsrecht sogar systemstabilisierende Wirkungen zeitigen kann. Abweichungen vom allgemeinen Zivilrecht, die sich aus Sicht des Unternehmers als Eingriffe in seine Vertragsfreiheit ausnehmen und denen insoweit der „Makel staatlicher Intervention“ anhaftet, lassen sich vor diesem Hintergrund, insbesondere auch, weil die von Unternehmerseite in den problematischen Situationen beanspruchte Vertragsfreiheit im reklamierten Umfang gar nicht gewährleistet ist, lediglich als Maßnahmen zur Wiederherstellung der Funktionsbedingungen des Vertragsmechanismus181, also als bloße Ausgestaltung der Privatautonomie bewerten. Soweit die Verbraucherschutzbestrebungen freilich „überobligatorisch“, bzw. über das erforderliche Maß hinaus erfolgen, stellen sie zweifelsohne Eingriffe in die Vertragsfreiheit des Unternehmers dar, die mangels Rechtfertigung systemgefährdende Wirkung haben können; die Grenzziehung zwischen erforderlichen und nicht erforderlichen Maßnahmen – wie gesagt, handelt es sich bei dieser Differenzierung und Bewertung schwerpunktmäßig um rechtspolitische Entscheidungen – ist freilich diffizil. 181 Dahingehend Artz, Der Verbraucher als Kreditnehmer, S. 55; Bülow, VerbrKrG, Einführung Rdn 16; ders., Verbraucherkreditrecht, Einführung Rdn 21; Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 8; Wichtermann, Jb. J. ZivRWiss. 1995, S. 215 (231); a.A. Busche, Privatautonomie und Kontrahierungszwang, S. 93.
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Die Regelungen des Verbraucherkredit-, bzw. des Verbraucherdarlehensrechts folgen zweifelsohne – wie im Anschluss detaillierter gezeigt wird – dem dargestellten situativ-typisierenden Schutzkonzept. Insoweit sind im Folgenden die genaueren Anknüpfungspunkte, an denen der Gesetzgeber die Gefahren für ein privatautonomes Handeln des Darlehensnehmers festmacht, aufzuzeigen. Vor diesem Hintergrund wird dann auf die Neuerungen im Verbraucherdarlehensrecht durch das SMG und das OLGVertrÄndG einzugehen sein.
III. Die situativ-vertragsgegenständliche Schutzkonzeption des Verbraucherdarlehensvertragsrechts Bevor nunmehr auf die spezifisch sachbezogenen Gefahren von Verbraucherdarlehen eingegangen werden kann, ist in einem ersten Schritt der Blick auf den personalen Anwendungsbereich der Sonderregelungen zu richten.
1. Die Subjekte des Verbraucherdarlehensvertragsrechts Der in § 491 Abs. 1 BGB legaldefinierte Verbraucherdarlehensvertrag setzt für die Eröffnung des persönlichen Anwendungsbereichs der darauffolgenden Schutzvorschriften einen Vertragsschluss zwischen einem Verbraucher (§ 13 BGB) als Darlehensnehmer und einem Unternehmer (§ 14 BGB) als Darlehensgeber voraus. Maßgeblich für den Begriff des Verbrauchers ist nach dem Gesetzeswortlaut jedenfalls der Verwendungszweck des Darlehens. Die außerprofessionelle Verwendung und dieser gleichgestellte Zwecke (§ 507 BGB) begründen die Verbraucherqualität, respektive die personale Schutzbedürftigkeit des Darlehensnehmers.
a) Das grundsätzlich „rollenspezifische“ Verständnis von Unternehmer und Verbraucher „Verbraucher“ ist nach der durch das Fernabsatzgesetz eingefügten, sprachlich ein wenig missglückten182 Legaldefinition des § 13 BGB „jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.“ Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass diese Definition keinesfalls Ausdruck 182 Harsche Kritik an der sprachlichen Ausgestaltung, an der inhaltlichen Aussagekraft und an der systematischen Verortung – letzteres insbesondere im Hinblick auf die Legaldefinition des Unternehmers in § 14 BGB – übt Flume, Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung, ZIP 2000, 1427 ff.
III. Die situativ-vertragsgegenständliche Schutzkonzeption
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eines klassenbezogenen Schutzansatzes ist183, da der Schutz vor Beeinträchtigungen der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit, der im Mittelpunkt einer sachgerechten Verbraucherschutzkonzeption steht, wegen des Ideals bürgerlicher Gleichheit grundsätzlich jedem Rechtssubjekt gleichermaßen zuteil wird. Aus diesem Grund ist freilich die Beschränkung des Schutzes auf natürliche Personen und die damit einhergehende ausnahmslose Ausgrenzung juristischer Personen aus dem Anwendungsbereich verbraucherschützender Bestimmungen verfehlt, weil sie die – wie noch zu zeigen sein wird – sachlich begründbare Anknüpfung an den außerprofessionellen Geschäftszweck durch ein rein statusrechtliches Merkmal begrenzt – wobei diese unsachgemäße Einschränkung wegen ihrer relativ geringen Praxisrelevanz natürlich nicht überbewertet werden sollte.184 Dass nicht der Status einer Person, sondern der Vertragszweck das ausschlaggebende Kriterium zur Ermittlung des personalen Anwendungsbereichs des verbraucherdarlehensrechtlichen Schutzinstrumentariums ist, bestätigt auch § 14 BGB, der den „Gegenbegriff“ zum Verbraucher, nämlich den des Unternehmers allein, d. h. unabhängig von statusrechtlichen Einschränkungen, über den durch die Geschäftlichkeit des Handelns geprägten wirtschaftlichen Vertragszweck legaldefiniert. „Unternehmer“ ist danach – vereinfacht formuliert – eine Person, die unabhängig von ihrem Status, bei Abschluss eines Rechtsgeschäftes in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Diese der Bestimmung des persönlichen Anwendungsbereichs des Verbraucherdarlehensvertragsrechts zugrunde liegende Konzeption wird als Ausdruck einer rollenspezifischen, im Gegensatz zu einer statusrechtlichen Schutzkonzeption verstanden185: So wie der Verbraucher Schutz erfährt, nicht weil er Verbraucher ist, sondern weil er in einer konkreten Vertragsschlusssituation als solcher handelt, so wird der Unternehmer vom Schutz nicht etwa ausgenommen, weil er Unternehmer ist, sondern weil er in concreto als solcher agiert. 183 Vorstehend unter B. II. 4. a) aa); zur Verfehltheit eines statusrechtlichen Schutzansatzes vgl. ferner Faber, ZeuP 1998, 854 (865). 184 Hinsichtlich Kapitalgesellschaften ist der Einschränkung auf natürliche Personen ohnehin keine Aussagekraft beizumessen, da hier eine private Zwecksetzung gar nicht denkbar ist, Kapitalgesellschaften vielmehr stets zu gewerblichen Zwecken handeln. Bedeutung hat die Einschränkung insoweit insbesondere im Bereich der Idealvereine. Soweit diese Rechtsgeschäfte mit privater Zwecksetzung tätigen, steht die Herausnahme aus dem Schutzbereich mit dem Ideal bürgerlicher Gleichheit in Widerspruch und ist als Ausdruck einer statusbezogenen Schutzkonzeption unsachgerecht: Wenn trotz des Vorliegens von sachlichen Gründen, bei deren Vorhandensein der Gesetzgeber ein Schutzbedürfnis wegen einer nicht hinnehmbaren Beschränkung der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit annimmt, einem Rechtssubjekt allein aufgrund seines Status der Schutz versagt wird, dann wird der Schutzzweck der Regelung ohne Not und ohne sachliche Rechtfertigung verfehlt; vgl. die allgemeine Kritik bei Flume, ZIP 2000, 1427 (1428); Pfeiffer, in: Schulze / Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, 133 (138 ff.). 185 Hierzu Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 406, der die rollenspezifische Rechtskonzeption gutheißt und gegen ein klassenspezifisches Konzept abgrenzt.
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B. Grundlagen
b) Die Maßgeblichkeit des Vertragszwecks Freilich leuchtet die Maßgeblichkeit der Zweckrichtung eines Vertragschlusses für ein etwaiges Schutzbedürfnis oder dessen Nichtvorliegen entgegen einiger Literaturstimmen, die dieses nicht weitergehend hinterfragen186, nicht unmittelbar ein und das darin deutlich werdende rollenspezifische Verständnis erscheint im Hinblick auf liberale Gleichheitspostulate des allgemeinen deutschen Zivilrechts durchaus nicht unproblematisch.187 Allerdings handelt es sich bei der Ausrichtung am Geschäftszweck um eine verbindliche Vorgabe des Gemeinschaftsrechts, die für das Verbraucherdarlehensrecht aus Art. 1 Abs. 2 lit.a VerbrKrRL folgt. Im deutschen Recht steht dahinter die Vorstellung, dass im Rahmen von Rechtsgeschäften mit „professioneller“ Zwecksetzung typischerweise eine bereichsspezifische Geschäftskompetenz anzunehmen ist188, die außerhalb einer solchen Zwecksetzung oder im Falle einer Existenzgründung (§ 507 BGB) grundsätzlich nicht vorausgesetzt werden kann und so in besonderen situativ oder vertragsgegenständlich begründeten Gefahrensituationen ein spezifisches Schutzbedürfnis auslöst. Eine derartige Typisierung, d. h. die Abstraktion von konkret- subjektiven Schutzbedürfnissen189 bringt freilich Unschärfen in Randbereichen bei der Bestimmung der durch das Verbraucherdarlehensvertragsrecht erfassten Personen mit sich, die mitunter befremden. So kann etwa ein und dieselbe Person im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit einen unmittelbar wirksamen, nicht widerruflichen Darlehensvertrag abschließen, während sie andererseits bei einem Darlehensvertrag, den sie zur Finanzierung eines privat genutzten Fernsehers abschließt, als schutzwürdig erachtet wird.190 Mag dieser Ansatz des Gesetzes auch in bezeichneten Ausnahmefällen verwunderlich sein, so gewährleistet doch allein die ihm zugrunde liegende typisierende Betrachtungsweise ein hohes Maß an Rechtssicherheit und Rechts-
186 Zu kurz greift insoweit Bülow, VerbrKrG, Einführung Rdn 15 ff., ders. Verbraucherkreditrecht, Einführung Rdn 20 ff.; der die private Zwecksetzung ohne weiteres als maßgebliches Privilegierungsmerkmal bezeichnet, wenngleich er sie in ein situatives Verbraucherschutzkonzept eingebettet sieht; ähnlich Artz, Der Verbraucher als Kreditnehmer, explizit auf S. 60. 187 Dezidiert zum Grundsatz formal-abstrakter Gleichheit, insbesondere bzgl. der Vertragszwecke Dauner-Lieb, Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher, S. 51 ff., 141 ff.; Schulte-Nölke, Europäisches Verbrauchervertragsrecht und deutsches Bürgerliches Gesetzbuch, Teil 1 Kap. 3 I. 5 m. w. N. 188 Explizit Pfeiffer, in: Schulze / Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, 133 (139). 189 Freilich geht es bei der Beurteilung der Zweckrichtung um ein konkretes Rechtsgeschäft, da eine Person je nach Zweck ihres Handelns einmal Verbraucher und einmal nicht Verbraucher sein kann. Eine Typisierung und damit eine Abstraktion vom konkreten Schutzbedürfnis findet aber insoweit statt als keine Einzelfallprüfung der Schutzbedürftigkeit aufgrund des nicht-professionellen Verwendungszwecks vorgenommen wird. 190 Zur Problematik der typisierenden Betrachtungsweise vgl. St. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, S. 195, speziell zum Widerrufsrecht nach § 7 VerbrKrG, S. 200; ähnlich Bungeroth, in: Festschrift Schimansky, 279 (282 ff.).
III. Die situativ-vertragsgegenständliche Schutzkonzeption
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klarheit191. Es handelt sich bei der Annahme einer bereichsspezifischen Geschäftskompetenz auch nicht um ein Postulat, das realitätsfern und deswegen grundsätzlich wertungsmäßig nicht haltbar wäre: Für seine Tragfähigkeit spricht nicht nur, dass Menschen bei ihren berufsbezogenen Geschäften häufig von ihrer spezifischen Erfahrung profitieren, die sie in anderen und damit dem nicht-professionellen Bereich zuordenbaren Geschäften ermangeln, sondern auch, wie Literaturstimmen betonen192, dass ökonomisches Kalkül insoweit zumeist eine Selbstverständlichkeit darstellt, und dass das Handeln in dem verbreiteten Bewusstsein erfolgt, ein robuster Egoismus „gehöre zum Geschäft“.
c) Die Nichtgeltung der verbraucherschützenden Sonderregelungen beim Vertragsschluss zwischen zwei Verbrauchern und zwei Unternehmern Zu klären bleibt freilich, wie es zu rechtfertigen ist, dass die verbraucherschützenden Regelungen des Darlehensvertragsrechts einen Verbraucherdarlehensvertrag voraussetzen, und somit nicht im Verhältnis von Verbrauchern untereinander und auch nicht zwischen Unternehmern gelten. Die Antwort hierauf lässt sich in Abstraktion von der besonderen situativ-vertragsgegenständlichen Gefahrenlage – auf die noch einzugehen sein wird – schon aus Erwägungen der Zumutbarkeit193 und Praktikabilität ableiten: Bei Verträgen zwischen Verbrauchern wäre die Erfüllung der komplexen Anforderungen des Verbrauchervertragsrechts, z. B. die Informationspflichten aus § 492 Abs. 1 S. 5 BGB und die für eine Ingangsetzung der Widerrufsfrist beachtlichen Belehrungsobliegenheiten § 355 Abs. 2 S. 1, 3 BGB wegen typischerweise fehlender Geschäftsgewandtheit realistischerweise kaum zu erwarten und wohl auch unzumutbar. Im Verhältnis von Unternehmern wäre die Beachtung besonderer rechtlicher Anforderungen im Rechtsverkehr untereinander zwar im Hinblick auf den Aspekt der postulierten Geschäftsgewandtheit theoretisch zumutbar, allerdings lässt sich die Unanwendbarkeit der Schutzvorschriften damit begründen, dass eine Anwendung etwa der Widerrufsrechte und der Widerrufsbelehrungen einer zügigen und reibungslosen Geschäftsabwicklung widerspräche.194 In191 Wie hier Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts, S. 752; Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 405; Medicus, JuS 1996, 761 (767); a.A. St. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, S. 202, 513 f., der eine Ausrichtung an einer einzelfallbezogenen Schutzbedürftigkeit fordert. 192 Zu den folgenden Faktoren Canaris, AcP 200 (2000), 273 (360). 193 Zum Kriterium der Zumutbarkeit und seiner normativen Verankerung vgl. Pfeiffer, in: Ernst / Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 481 (497 f.); zum traditionellen Gedanken, dass der rechtgeschäftlich Erfahrene strengeren Regeln unterworfen wird und der rechtsgeschäftlich Unerfahrene tendenziell als schutzwürdig erachtet wird vgl. Preis, ZHR 158 (1994), 567 (582, 593). 194 Pfeiffer, in: Ernst / Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 481 (497); den Aspekt einer zügigen und standardisierten Abwicklung des Unter-
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B. Grundlagen
soweit ist die gesetzliche Einschränkung des spezifischen Schutzinstrumentariums auf Verbraucherverträge sachgerecht. Bei einer Zusammenschau dieser Faktoren erscheint die Annahme einer geringeren Schutzbedürftigkeit von Menschen im Bereich ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit, respektive eine potentiell gesteigerte Schutzbedürftigkeit außerhalb ihres professionellen Tätigkeitsfeldes als Abgrenzungskriterium im Grundsatz zumindest nicht sachwidrig; sie alleine kann freilich ein Abgehen vom Grundsatz formal-abstrakter Gleichheit nicht rechtfertigen und muss daher immer im sachlichen Regelungszusammenhang mit den jeweiligen Schutzvorschriften, d. h. bezogen auf die situativen oder vertragsgegenständlichen Gefahren gesehen und ausgelegt werden, denen der Gesetzgeber im jeweiligen verbraucherschützenden Regelungszusammenhang, vorliegend also dem des Verbraucherdarlehensrechts begegnen möchte.
2. Die situativ-vertragsgegenständliche Gefahrenlage beim Verbraucherdarlehensvertrag Die Schutzvorschriften der §§ 492 ff. BGB setzen – wie gesehen – gem. § 491 Abs. 1 BGB grundsätzlich einen entgeltlichen Darlehensvertrag zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer, mithin einen Verbraucherdarlehensvertrag voraus. Im Gegensatz zu § 312 BGB als Beispiel eines anderen speziell verbraucherschützenden Regelungsbereichs, der hinsichtlich der Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers von einem konkreten Vertragsgegenstand abstrahiert und allein auf die Überrumplungssituation bei Vertragsschluss, also ausschließlich auf ein situatives Moment abstellt, beschränken die §§ 491 ff. BGB den Schutz auf einen bestimmten Vertragstypus, bzw. -gegenstand. Insofern liegt die Annahme nicht fern, der Gesetzgeber wollte mit dem vorgesehenen Regelungsgefüge auf Gefahren reagieren, die dem spezifischen Vertragsgegenstand anhaften195, zumal sich Darlehensverträge in ihrer konkreten Ausgestaltung gemeinhin, also vertragstypenbedingt als sehr komplex ausnehmen.196 nehmerverkehrs als maßgeblichen Grund für das strengere Recht des HGB für Kaufleute hervorhebend, Lieb, AcP 183 (1983), 327 (356). 195 Explizit Dörner, in: Schulze / Schulte-Nölke (Hrsg.): Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 177 (180); ebenso, zumindest im Hinblick auf das Widerrufrecht aus § 7 VerbrKrG, Canaris, AcP 200 (2000), 273 (350); skeptisch etwa Larenz / Wolf, AT, § 39 Rdn 20. 196 Dezidiert Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 324 f., 404 f.; ders., Der Bürge als deutscher und europäischer Verbraucher, JZ 1998, S. 1047 (1051, 1055). ähnlich Ulmer, in: MüKo, 3. Auflage 1995, § 7 VerbrKG Rdn 2.; Häuser, in: Soergel, § 7 VerbrKrG Rdn 3; schon in der BT-Drucks. 11 / 5462, S. 17 heißt es, dass bei zur professionellen Verwendung bestimmten Krediten, die Kreditnehmer „dieses besonderen Schutzes nicht bedürfen, da sie durch Ausbildung und Berufserfahrung in der Lage sind, die Tragweite ihrer Vertragsentschließung zu übersehen“ – speziell zum Widerrufsrecht, ebd., S. 21 wird
III. Die situativ-vertragsgegenständliche Schutzkonzeption
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Es lassen sich allerdings bei näherer Betrachtung auch beim Verbraucherdarlehensvertrag typischerweise bestehende situationsspezifische Schutzbedürfnisse ausmachen, die es rechtfertigen die gesetzliche Konzeption letzten Endes als situativvertragsgegenständlich zu bezeichnen: Das Gesetz umschreibt eine Situation, in der eine natürliche Person mit privater oder jedenfalls außerhalb einer selbständigen beruflichen Tätigkeit liegenden Zielsetzung (§ 13 BGB) oder auch zum Zweck der Existenzgründung (§ 507 BGB) einem gewerblich tätigen Darlehensgeber (§ 14 BGB), regelmäßig einer Bank gegenübertritt und mit diesem einen Darlehensvertrag schließt. Dass die formale Vertragsfreiheit in einer solchen Situation als Mechanismus zur Gewährleistung eines tatsächlich möglichen Interessenausgleichs bei der Vertragsgestaltung typischerweise versagt, erklärt sich insbesondere daraus, dass der Verbraucher ebenso wie der typische Existenzgründer bei einem Darlehen, das nach dem Inhalt des Vertrages weder für eine bereits ausgeübte gewerbliche noch für eine selbständige berufliche Tätigkeit bestimmt ist, regelmäßig nicht auf den Abschluss derart komplexer Verträge eingestellt ist und häufig der für das in Aussicht genommene Geschäft erforderlichen konkreten Geschäftserfahrung ermangelt. Der professionelle Vertragspartner hingegen handelt auf seinem ureigenen Betätigungsfeld.197 Er vermag aufgrund seiner wirtschaftlichen und organisatorischen Konzentration auf den spezifischen Vertragstypus und „verwandte“ Geschäfte umfangreiches Erfahrungswissen aus einer Vielzahl gleicher oder zumindest ähnlicher Verträge in die Vertragsgestaltung einfliesen zu lassen und kann hierfür auch auf die Ergebnisse professioneller Beratung oder spezifischer Schulung zurückgreifen; er prüft die Kreditwürdigkeit des potentiellen Darlehensnehmers und unterbreitet auf der Grundlage professioneller, ohne Zeitdruck vorgenommener Kalkulationen und komplizierter Berechnungen ein häufig standardisiertes Angebot, das der nicht professionell handelnde Darlehensnehmer regelmäßig allein hinsichtlich der wesentlichen Eckdaten intellektuell zu erfassen vermag, dessen Entwicklungsprozess er aber auch bei gebührender Aufmerksamkeit und Verständigkeit nur in den seltensten Fällen durchschauen wird, zumal er sich mit dem Abschluss eines komplexen Darlehensvertrags im Gegensatz zu den Austauschverträgen des täglichen Lebens vergleichsweise selten konfrontiert sehen wird.198 Zwischen professionellem Darlehensgeber auf die „Schwierigkeit der Vertragsmaterie“ hingewiesen; kritisch insoweit Canaris, AcP 200 (2000), 273 (350), der zusätzlich das Kriterium der „Verlockungsgefahr“ bemüht. Die spezifische Gefahr des Vertragsgegenstands begründet er damit, dass die Möglichkeit des sofortigen, privaten Konsums bei späterer Bezahlung besonders verführerisch wirkt. Eine vergleichbare Verlockungsgefahr bestehe nicht bei Kreditaufnahmen im beruflichen Bereich, da diese gerade auf Wertschöpfung und nicht auf Wertvernichtung gerichtet seien. 197 Knops, VuR 1998, 107 (112). 198 Ähnlich, allerdings weniger deutlich auf die bestehende strukturelle Informationsasymmetrie abhebend Artz, Der Verbraucher als Kreditnehmer, S. 58; eine zusätzliche Einbeziehung sozial- psychologischer Gesichtspunkte befürwortet Knops, VuR 1998, 107 (112 ff.); zum spezifischen Schutzbedürfnis des Darlehensnehmers beim Verbraucherdarlehen vgl. ferner H.P. Westermann, Verhaltenspflichten der Kreditinstitute bei der Vergabe von Verbraucher-
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und dem an Erfahrungen und Fachkenntnissen unterlegenen Darlehensnehmer besteht insoweit typischerweise eine eklatante Informationsasymmetrie, die einer wirklich autonomen Willensbildung auf Seiten des Darlehensnehmers und einer entsprechenden Ausübung der Entscheidungsfreiheit im Rahmen der ihm aufgebürdeten Initiativlast zum Nachverhandeln199 entgegensteht. Natürlich werden auch die nach § 13 BGB vom Schutz ausgenommenen zu professionellen Zwecken handelnden Selbständigen und Freiberufler, etwa Ärzte oder Architekten oder auch (Klein)gewerbetreibende, nicht allein deswegen vollumfänglich befähigt sein, komplexe Darlehensbedingungen einer Bank vollständig zu durchschauen, weil ein Darlehen im Zusammenhang mit der bereits ausgeübten beruflichen Betätigung gewährt wird; auch in diesen Konstellationen ist eine intellektuelle Überforderung des Darlehensnehmers durchaus denkbar. Wenn hier dennoch der Anwendungsbereich des verbraucherschützenden Regelungssystems nicht eröffnet ist, dann lässt sich das darauf zurückführen, dass die möglicherweise bestehende Informationsasymmetrie bei typisierender Betrachtung vergleichsweise weniger schwerwiegend ausfällt und der Gesetzgeber insoweit das für ein korrigierendes Eingreifen erforderliche Ausmaß200 an Beeinträchtigung der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit als nicht erreicht erachtet: Im beruflichen Bereich gehört die Aufnahme von Darlehen nämlich zu den selbstverständlichen Maßnahmen normalen Wirtschaftens, so dass hier die Annahme einer tendenziell höheren Geschäftsgewandtheit und Geschäftserfahrung im Hinblick auf die Ausgestaltung von Darlehensverträgen weder sachwidrig noch realitätsfern201 erscheint, auch wenn deren Abschluss nicht den Tätigkeitsschwerpunkt des Betroffenen bildet. Die Bestimmungen des Verbraucherdarlehensrechts reagieren demnach auf schwerwiegende Beeinträchtigungen der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit des an geschäftlicher Erfahrung und bereichsspezifischen Kenntnissen typischerweise nachhaltig unterlegenen Darlehensnehmers. Sie zielen also nicht auf den Schutz eines sich aufgrund ungezügelter Konsumlust durch übereilte Vertragsschlüsse wirtschaftlich selbst gefährdenden Verbrauchers.202 Auch wenn die Möglichkeit sofortigen Konsums gegen spätere Bezahlung besonders verlockend sein mag und heutzutage mehr denn je praktiziert wird, so kann dieser rein tatsächlichen Beobachtung doch nicht ohne weiteres rechtliche Relevanz beigemessen werden, in demSinne, dass hieraus, d. h. aus der verführerischen Möglichkeit zum sofortigen Konsum eine spezifische Gefahr des Vertragsgegenstands „Darlehen“ abgeleitet darlehen, ZHR 153 (1989), 123 f., der den Konsumentenkredit als Paradebeispiel einer korrekturbedürftigen Paritätsstörung ansieht. 199 Insoweit wirkt sich die Vorlage typischerweise standardisierter Angebote aus. 200 Zur „Beachtlichkeitsschwelle“ der Paritätsstörung, deren Festlegung eine rechtspolitische Entscheidung des Gesetzgebers darstellt, vgl. schon B. II. 4. c). 201 A.A. Canaris, AcP 200 (2000), 273 (350). 202 Dahingehend aber St. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, S. 174 spricht von endogen, nicht exogen verursachter Übereilung; kritisch hierzu Artz, Der Verbraucher als Kreditnehmer, S. 59; Bülow, in: Festschrift Söllner, 189 (190).
III. Die situativ-vertragsgegenständliche Schutzkonzeption
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wird, die rechtliche Schutzmaßnahmen legitimieren könnte.203 Soweit dies dennoch geschieht, bedeutet das in letzter Konsequenz, dem Konsumzweck als solchem privilegierende Wirkung beizumessen und einem Menschenbild das Wort reden, wie es einem liberalen Vertragssystem fremd ist; insbesondere gerät eine solche Sichtweise in Erklärungsnöte hinsichtlich der vom Konsumzweck abstrahierenden Typisierung des Gesetzes: Wenn etwa eine Person zur privaten Vermögensbildung ein Darlehen zum Wertpapierkauf204 oder zum Erwerb eines einmaligen Kunstwerkes aufnimmt oder in den Grenzen des § 507 BGB einen Darlehensvertrag zum Zweck der Gründung eines Gewerbes abschließt, mithin als Existenzgründer auftritt, dann gewährt das Gesetz hier den besonderen Schutz der §§ 492 ff. BGB nicht weil der Verbrauch eines Produktes, respektive eine Wertvernichtung in Frage steht – genau das Gegenteil ist vielmehr der Fall – sondern weil hier die unterschiedliche Geschäftserfahrung und -gewandtheit der am Abschluss des Darlehensvertrages beteiligten Personen relevant wird.205 Unter Vorgriff auf Teil C, der sich mit den maßgeblichen Änderungen im Bereich des Verbraucherdarlehensrechts durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz befassen und insoweit eine tiefergehende Auseinandersetzung mit einzelnen Schutzinstrumenten erfordern wird, sollen an dieser Stelle schon beispielhaft und skizzenartig einige Instrumente vorgestellt werden, mit denen das Verbraucherdarlehensvertragsrecht den Schutz der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit, insbesondere den Ausgleich der bestehenden Informationsdefizite auf Seiten des Darlehensnehmers verfolgt. a) Schriftformerfordernis und Informationspflichten Die in § 492 BGB vorgesehene Einschränkung der Vertragsgestaltungsfreiheit des Unternehmers in Form von Form- und Angabepflichten, deren Einhaltung So aber Canaris, AcP 200 (2000), 273 (350). Zu beachten ist der eingeschränkte Anwendungsbereich der Schutzvorschriften gem. § 491 Abs. 3 Nr. 3 BGB (seit In-Kraft-Treten des OLGVertrÄndG: § 491 Abs. 3 Nr. 2 BGB). 205 Völlig überzeugend streicht Canaris, AcP 200 (2000), 273 (350 f.) heraus, dass das Gesetz den Konsumzweck nicht zum Tatbestandsmerkmal erhebt. Dass er darin keinen Widerspruch zu einer auf „Verlockungsgefahr“ und eine konsumbedingte Wertvernichtung aufbauenden Schutzkonzeption erkennt, verwundert allerdings: Auch Handeln zu privaten Zwecken kann – wie in seinen eigenen Ausführungen durchaus deutlich wird – nicht nur auf Konsum im Sinne von Wertvernichtung, sondern durchaus auch auf Wertschöpfung zielen, wenn der Privatmann z. B. darlehensfinanziert vermögensbildende Maßnahmen betreibt. Wenn Canaris insoweit trotz der Zielbestimmung einer Wertschöpfung, die besondere Gefahr der Wertvernichtung – wie sie auch beim Konsum gegeben ist – erkennt, so kann dem noch gefolgt werden. Indes stellt sich die Gefahr der Wertvernichtung grundsätzlich auch bei einer zu professionellen Zwecken handelnden Person. Sofern in letztgenanntem Fall die Gefahr typischerweise als weniger gravierend eingestuft wird, ist diese Einschätzung argumentativ auf die Annahme einer besseren Geschäftsgewandtheit und -erfahrung rückführbar. Damit aber ist das Argument des Konsums und der Wertvernichtung nicht nur als für die gesetzliche Konzeption unmaßgeblich, sondern darüber hinaus auch als wenig aussagekräftig entlarvt. 203 204
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durch die bei Missachtung eingreifenden Sanktionsmechanismen in § 494 BGB gewährleistet werden soll, erschwert dem Darlehensgeber eine Verschleierung seiner Konditionen und zielt als informationspolitisches Instrument206 darauf ab, dem Verbraucher eine fundierte Entscheidungsgrundlage zur Beurteilung der Vor- und Nachteile des Darlehensvertrages zu verschaffen. Die Sicherstellung höherer Transparenz hinsichtlich der Preise und Konditionen207 des Darlehensgebers soll dem Darlehensnehmer ermöglichen, auf zuverlässiger Grundlage schon bei Vertragsschluss eine im Hinblick auf die Zweck-Mittel-Relation des Abschlusses informierte und möglichst wohlüberlegte Entscheidung zu treffen und schließlich auch innerhalb der Widerrufsfrist des §§ 495 i.V.m. 355 Abs. 2 S. 1 BGB, d. h. ohne den Druck der konkreten Abschlusssituation einen Leistungsvergleich mit anderen Anbietern vornehmen zu können.208 b) Widerrufsrecht Das nach § 495 BGB vorgesehene, von der Verbraucherkreditrichtlinie nicht geforderte, aber nach dem in Art. 15 VerbrKrRL niedergelegten Grundsatz der Mindestharmonisierung zulässige Widerrufsrecht stellt aus verbraucherschützender Perspektive eine sinnvolle Ergänzung der Regelung des § 492 BGB dar.209 Denn die Ad-hoc-Auswertung der dem Darlehensnehmer bei Vertragsschluss zur Verfügung gestellten Daten kann wegen der Komplexität der Materie und des Umfangs der zur Verfügung gestellten Daten durchaus auch einen grundsätzlich vernunftbegabten Darlehensnehmer überfordern.210 Hinzu kommt, dass es unter Berücksichtigung der spezifischen Abschlusssituation im Beisein eines typischerweise verkaufspsychologisch geschulten Bankvertreters211 wohl unrealistisch wäre, zu fordern, der Darlehensnehmer solle bei Zweifeln von einer Vertragsunterzeichnung zunächst Abstand nehmen und sich die benötigte Überlegungsfrist selbst verschaffen.212 Deswegen durchbricht die Vorschrift des § 495 BGB den 206 Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 324; Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 4 VerbrKrG Rdn 6 sieht § 4 VerbrKrG als Paradebeispiel für eine dem Informationsmodell verpflichtete Schutzkonzeption an. 207 Ulmer, in: Ulmer / Habersack, § 4 VerbrKrG Rdn 1; Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 4 VerbrKrG Rdn 1, 5 f. 208 Näher unter C. V. 1. 209 Zum Widerrufsrecht vgl. auch ausführlich C. V. 2. und im Zusammenhang mit Immobiliardarlehen C. IV. 1. b) cc) (2). 210 Kritisch zu den Grenzen des Verbraucherschutzes durch Information äußert sich Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 429, der im Zusammenhang mit Produktinformationen eine Ausdehnung der Informationspflichten nur so lange für sinnvoll erachtet, wie die Transparenz zunimmt; ferner Kind, Die Grenzen des Verbraucherschutzes durch Information – aufgezeigt am Teilzeit-Wohnrechtegesetz. 211 Hierzu Knops, VuR 1998, 107 (113). 212 So aber St. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, S. 185; wie hier Canaris, AcP 200 (2000), 273 (352).
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Grundsatz pacta sunt servanda zugunsten des Darlehensnehmers213, indem diesem das Recht eingeräumt wird, durch Widerruf seiner auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung den zunächst nach § 355 Abs. 1 S. 1 BGB allein schwebend wirksamen Vertrag zu Fall zu bringen. Der Darlehensnehmer kann die wirtschaftlichen Folgen der rechtsgeschäftlichen Entscheidung, auf die sich sein Widerrufsrecht bezieht, nachträglich beseitigen. Dabei versetzen ihn erst die schriftlich niedergelegten Vertragsdaten in die Lage, über den Gebrauch des zur Verfügung gestellten Widerrufsrechts auf rationaler Grundlage zu entscheiden, in dem Sinne dass er die getroffene Vereinbarung durch Schweigen endgültig wirksam werden lässt oder von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht. Die durch § 495 BGB eröffnete Chance, den konkreten Vertragsschluss während des Laufs der Widerrufsfrist noch einmal in Ruhe zu überdenken, die zugrunde liegenden Konditionen zu überprüfen, einen Vergleich mit den Angeboten anderer Kreditinstitute vorzunehmen214 und evtl. Rat bei Außenstehenden einzuholen ist ein probates Mittel, um die bestehenden Informationsdefizite auszugleichen. Die Wirkweise dieses Mittels geht insoweit dahin, dass der Schutzadressat gleichsam „zum zweiten mal“ in die Abschlusssituation versetzt wird, diesmal allerdings mit der Möglichkeit, im Sinne ungestörter Vertragsparität unter Idealbedingungen frei und rational zu entscheiden; dabei ist das Schutzinstrument auch in seiner, auf Förderung einer eigenverantwortlichen Entscheidungsfindung zielenden Wirkweise im Rahmen eines liberalen Vertragsrechts durchaus nicht zu beanstanden: schließlich werden die mit der Einräumung eines Widerrufsrechts stets verbundenen Gefahren für die Rechtssicherheit und die Vertragstreue durch die bei Verbraucherdarlehensverträgen typischerweise bestehenden schwerwiegenden Informationsasymmetrien gerechtfertigt. Der Umstand, dass sich die vertragstypischen Risiken regelmäßig erst nach Ablauf der Widerrufsfrist zu verwirklichen pflegen, vermag die Effektivität des eingesetzten Instruments nicht grundsätzlich in Frage zu stellen.215 Soweit dies dennoch geschieht, steht und fällt die erhobene Kritik mit der Antwort auf die Frage, was die effektive Wirkung eines verbraucherschützenden Widerrufsrechts ausmacht. Freilich ist zuzugeben, dass das verbraucherdarlehensrechtliche Widerrufsrecht, das gem. § 355 Abs. 1 BGB zwei Wochen nach der ordnungsgemäßen Belehrung durch den Unternehmer erlischt, tendenziell als zu knapp bemessen angesehen werden kann, weil sich die „Tücken“ eines typischerweise langfristig angelegten Vertrages erst später zeigen können.216 Indes ist es keineswegs Ziel eines im Rah213 Artz, Der Verbraucher als Kreditnehmer, S. 59; Canaris, AcP 200 (2000), 273 (344 f., 348 ff.); Eichenhofer, JuS 1996, 857 (860 f.); unverständlich Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 324, der eine Durchbrechung des Grundsatzes pacta sunt servanda explizit verneint und hinsichtlich § 7 VerbrKrG lediglich von einer Verlängerung der Überlegungsfrist ausgeht. 214 Zu dieser Zielsetzung vgl. auch BT-Drucks. 11 / 5462, S. 12. 215 So auch Canaris, AcP 200 (2000), 273 (351); a.A. Medicus, in: Bundesminister der Justiz (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd. I, 1981, S. 524 f.
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men eines liberalen Vertragsrechts gewährten Widerrufsrechts, dem Verbraucher als selbstbestimmten und damit auch eigenverantwortlichen Wesen jedwedes mit dem Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages verbundene, in der Zukunft liegende Risiko abzunehmen; vielmehr kann es alleine darum gehen, dem Verbraucher zu ermöglichen, seine in wirtschaftlicher Hinsicht u.U. folgenreiche Entscheidung in Ruhe zu überdenken und so die bei Vertragsschluss bestehenden Informationsasymmetrien auszugleichen, die einer wirksamen Ausübung der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit bei der Vertragsgestaltung entgegenstehen. Letzteres aber kann § 495 BGB durchaus gewährleisten. Ob der Verbraucher von dem ihm gewährten Widerrufsrecht dann Gebrauch macht oder nicht, fällt ebenso wie die Frage, ob er die ihm zur Verfügung gestellten Informationen nutzt, in seinen Verantwortungsbereich und ist für die Beurteilung der Effektivität einer Regelung – sofern diese nur generell in der Lage ist, das Informationsniveau tatsächlich zu heben – grundsätzlich irrelevant.217 c) Verbundene Verträge Die in §§ 358, 359 BGB niedergelegten Bestimmungen über das verbundene Geschäft, insbesondere über den Einwendungsdurchgriff lassen sich hingegen nicht allein auf den Gedanken der Kompensation von Informationsdefiziten zurückführen218; sie entspringen zumindest auch materialen Gerechtigkeitserwägungen219 aufgrund derer entgegen dem Grundsatz der Relativität von Schuldverhält216 Mit besonderem Nachdruck, allerdings im Hinblick auf die durch das SMG in § 355 Abs. 3 BGB eingeführte und gegenüber der Rechtslage nach § 7 Abs. 2 VerbrKrG um die Hälfte verkürzte Widerrufsfrist von 6 Monaten bei unterbliebener oder nicht ordnungsgemäßer Belehrung Artz, Jb.J. ZivRWiss. 2001, 227 (248); Bülow, Verbraucherkreditrecht im BGB, NJW 2002, 1145 (1149). Durch das am 1. 8. 2002 in Kraft getretene OLGVertrÄndG wurde jedwede Befristung für die Fälle der unterbliebenen oder nicht ordnungsgemäßen Belehrung aufgehoben. 217 Die tatsächliche Möglichkeit, eine informierte Entscheidung zu treffen wird im Verbraucherdarlehensrecht – wie ausgeführt – nicht zuletzt durch ein zeitliches Moment, nämlich die eingeräumte Überlegungsfrist gewährleistet, innerhalb derer der Verbraucher die komplexen und umfangreichen Informationen über den Vertragsinhalt prüfen kann, was ihm ad hoc bei Vertragsschluss auch bei einer grundsätzlichen Fähigkeit und Bereitschaft zur rationalen Entscheidungsfindung oft nicht möglich sein dürfte. Die pauschale Kritik am Informationsmodell, wie sie Busche, Vertragsfreiheit und Kontrahierungszwang, S. 97 übt, der davon ausgeht, dass der Verbraucher oftmals dazu neige, trotz der Verfügbarkeit von Informationen nicht auf diese zurückzugreife, greift daher viel zu kurz und passt darüber hinaus ohnehin auch nicht in ein liberales Vertragsrecht, das einen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsbürger voraussetzt und auch voraussetzen muss. 218 Im Rahmen des reinen Informationsmodells vgl. die Ausführungen hierzu bei DaunerLieb, Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher, S. 82 ff. 219 Besonders deutlich Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts, S. 764, der den Einwendungsdurchgriff als Ausprägung des Verbots auffallend inäquivalenter Vertragsgestaltung erachtet; ähnlich Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 325 ff.
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nissen die rechtlichen Wirkungen des einen Vertragsverhältnisses partiell auch auf das mit diesem zu einer wirtschaftlichen Einheit verbundenen Geschäft erstreckt werden, um einer einseitigen Risikoverteilung zu Lasten des Verbrauchers entgegenzuwirken. Ursprünglich in der Rechtsprechung zum Abzahlungsgesetz entwickelt, fand das Institut des verbundenen Vertrags zunächst Eingang in das Verbraucherkreditgesetz, namentlich in dessen § 9 VerbrKrG, dessen Regelungsgehalt dann im Zuge des SMG in den §§ 358, 359 BGB aufging.220 Die typische Form des verbundenen Geschäfts ist der aus dem AbzG bekannte (fremdfinanzierte) Abzahlungskauf. Dient ein Kredit-, bzw. ein Darlehensvertrag der Finanzierung eines Kaufvertrages und bilden beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit221, so beseitigt der wirksame Widerruf der auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung auch die Bindungswirkung des verbundenen Vertrages; umgekehrt lässt der Widerruf des verbundenen Vertrages den Darlehensvertrag nicht unberührt, § 358 Abs. 1, 2 BGB. Widerruft der Käufer und Darlehensnehmer nicht, steht ihm aber ein Leistungsverweigerungsrecht gegenüber dem Verkäufer zu, so ermöglicht § 359 BGB den Einwendungsdurchgriff zu Lasten des Darlehensgebers. Die §§ 358, 359 BGB reagieren mit ihrem „vertragsübergreifenden“ Regelungsmechanismus insoweit auf Beeinträchtigungen der Entscheidungsfreiheit, die durch die Aufspaltung des Abzahlungskaufs in zwei betont unabhängig voneinander formulierte Verträge222 entstehen, wobei die genannten Vorschriften die Existenz zweier unabhängiger Verträge nach dem Trennungsprinzip223 durchaus anerkennen. Die situative Problematik folgt aus der rechtlichen Aufspaltung der Verträge, die der Sache nach eine wirtschaftliche Einheit bilden, die Risikolage des Käufers im Vergleich zum gewöhnlichen Abzahlungskauf aber erheblich verschlechtern, obwohl er nicht weniger schutzbedürftig ist. Der Käufer soll dem „Finanzierer“ zahlen müssen, selbst wenn der Verkäufer nicht pflichtgemäß leistet; ja sogar, wenn der Kaufvertrag ungültig ist. Diese im Hinblick auf die Relativität von Schuldverhältnissen und hinsichtlich des beim Leistungsgläubiger angesiedelten Verwendungsrisikos224 eigentlich selbstverständliche Risikoverteilung wird dem Käufer durch die enge Zusammenarbeit seiner beiden Vertragspartner und durch 220 Zur Historie des Instituts in Rechtsprechung und Gesetzgebung, allerdings ohne die Neuerungen durch das SMG vgl. Kessal-Wulf, in Staudinger, § 9 VerbrKrG Rdn 7 ff.; speziell zum Einwendungsdurchgriff und hier zum Begriff der wirtschaftlichen Einheit vgl. DaunerLieb, WM 1991 Sonderbeilage 6, 1 (7 ff.) und zur älteren Rechtsprechung dies., Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher, S. 82 ff. 221 Ausführlich zum verbundenen Geschäft, insbesondere zum Begriff der wirtschaftlichen Einheit Kessal-Wulf in Staudinger, § 9 VerbrKrG Rdn 20 ff. 222 Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 325 rekurriert auf eine Beeinträchtigung der Selbstbestimmung. 223 Hierzu Dauner-Lieb, WM 1991, Sonderbeilage 6, 1 (4 f.); Habersack, in: Ulmer / Habersack, § 9 VerbrKrG Rdn 1. 224 Zu diesem Aspekt insbesondere Dauner-Lieb, Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher, S. 59.
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die entsprechenden Vorgänge bei Vertragsschluss regelmäßig nicht wirklich einsichtig, so dass es nicht fern liegt, hinsichtlich der Risikoeinschätzung eine Informationsasymmetrie zu Lasten des Käufers anzunehmen; das liegt insbesondere insoweit nicht fern, als dieser aufgrund seiner einzelfallbezogenen Perspektive die Wahrscheinlichkeit des Eintritts von Abwicklungsproblemen wesentlich schlechter wird einschätzen können als der routinierte, vergleichbare Kaufverträge massenhaft abwickelnde Verkäufer. Indes lässt sich mit guten Gründen bezweifeln, ob diese Abwicklungsbedingungen für die Willensbildung des Käufers bei Vertragsschluss überhaupt relevant werden, richtet sich dessen Augenmerk doch hauptsächlich auf die Bewertung des Preis-Leistungs-Verhältnisses225, nicht aber auf einzelne Vertragsgestaltungen, zumal diese ihre spezifischen Gefahren erst beim Auftreten von Abwicklungsproblemen zeigen. Und selbst wenn sich der Verbraucher über die Einzelheiten der konkreten Vertragsgestaltung Gedanken machte und insoweit einer Fehlvorstellung über die Tragweite des Aufspaltungsrisikos unterläge, wäre dieser durch eine grundsätzlich vorrangige Aufklärung kaum effizient Rechnung zu tragen. Dementsprechend sieht das Gesetz einen Regelungsmechanismus vor, der nicht auf Aufklärung zielt. Stattdessen wählt es eine Konzeption, die der besonderen Vertragskonstruktion entsprechend vertragsübergreifend wirkt, indem es die rechtliche Trennlinie zwischen dem Kaufvertrag (oder sonstigem Erwerbsvertrag) und dem den Vertragsgegenstand finanzierenden Kreditvertrag zugunsten des Verbrauchers beseitigt. Insofern ist es auch konsequent, dass § 358 Abs. 3 BGB den zentralen Begriff226 der „wirtschaftlichen Einheit“ schon nach seinem Wortlaut nicht als subjektiv geprägt, also auf eine Informationsasymmetrie abzielend definiert. Das tat aber insbesondere227 die frühere Rechtsprechung, wenn sie darauf abstellte, ob beim Darlehensnehmer subjektiv der Eindruck erweckt wurde, Verkäufer und Darlehensgeber ständen ihm gemeinsam als Vertragspartei gegenüber. Vielmehr ist der Begriff der „wirtschaftlichen Einheit“ ausweislich des Wortlauts des § 358 Abs. 3 S. 2 BGB mit seinem zwingenden Beispielsfall objektiv, also im Hinblick auf objektive Verbindungselemente zu verstehen228, was auch der Vorgabe aus Art. 11 Abs. 2 225 So schon Dauner-Lieb, Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher, S. 100; Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 327. 226 Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 326 erkennt hierin das entscheidende Kriterium zur Begründung des § 9 VerbrKrG als zwingendes Recht. 227 Noch in jüngerer Zeit forderte der BGH NJW 1992, 2560 (2562) neben den objektiven Elementen zumindest auch das Vorliegen weiterer subjektiver Voraussetzungen; in BGH NJW 1996, 3414 (3415) hingegen hebt er ausschließlich darauf ab, dass keiner der Verträge ohne den anderen geschlossen worden wäre, was auf eine eher objektive Betrachtungsweise der wirtschaftlichen Einheit hindeutet; die Instanzrechtsprechung hingegen rekurriert noch überwiegend auf ein subjektives Verständnis, so z. B. Stuttgart OLGR 2000, 98 = WM 2000, 292 (300); OLG Koblenz WM 1999, 2353 (2355); OLG Köln NJW- RR 1995, 1008. 228 Für ein ausschließlich objektives Verständnis Coester, Verbraucherschutz bei drittfinanzierten Geschäften, Jura 1992, 617 f.; Dauner-Lieb, WM 1991, Sonderbeilage 6, 1 (11 ff.);
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VerbrKrRL entspricht229. Maßgeblich für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit ist insoweit, dass keines der Geschäfte „ohne das andere geschlossen worden wäre oder jeder der Verträge seinen Sinn erst durch den anderen erhält“.230 Unwiderleglich vermutet wird die wirtschaftliche Einheit nach § 358 Abs. 3 S. 2 BGB – der insoweit inhaltlich der Vorgängernorm des § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG entspricht – u. a. dann, „wenn sich der Darlehensgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrages der Mitwirkung des Unternehmers“, also des Verkäufers bedient. Dies setzt zwar nicht notwendig einen Rahmenvertrag zwischen Verkäufer und Darlehensgeber voraus, zumindest aber ein planmäßiges und arbeitsteiliges Zusammenwirken, wenngleich dies nicht auf Dauer angelegt sein muss.231 Fehlt es daran, ist anhand von Indizien zu entscheiden. Wichtiges Indiz ist dabei der Ausschluss der freien Verfügbarkeit über die Darlehenssumme, also die Zweckbindung des Darlehens, insbesondere bei direkter Auszahlung der Valuta an den Verkäufer.232 Daneben kommt der Verknüpfung der Wirksamkeit des Kaufvertrags mit der Finanzierungszusage durch einen bestimmten Kreditgeber oder der zeitlich-räumlichen Verknüpfung oder der Bezugnahme der vertraglichen Schriftstücke aufeinander233 erhebliche Bedeutung zu, um objektiv das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit anzunehmen.234 Freilich stellt sich dann die Frage, inwieweit eine kompensationsbedürftige Beschränkung der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit auch bei einem objektiven – von dem Bestehen einer subjektiv begründeten Informationsasymmetrie losgelösten – Verständnis der wirtschaftlichen Einheit vorliegen kann. Folgende Erwägungen vermögen das bestehende Wettbewerbsversagen zu begründen: Selbst wenn der Verbraucher die Vertragsgestaltung mit ihren Risikofolgen ausnahmsweise – Habersack, in: MüKo, § 9 VerbrKrG Rdn 14; Reinicke / Tiedke, Zweifelsfragen bei der Anwendung des Verbraucherkreditgesetzes, ZIP 1992, 217 (222); Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 9 VerbrKrG Rdn 27 m. w. N.; ähnlich v. Westphalen / Emmerich / v. Rottenburg, § 9 VerbrKrG Rdn 47, die aber über das Element der Zweckbindung ein subjektives Element einführen; Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 495 BGB Rdn 259; rekurriert auf eine „Objektivierung subjektiver Vorstellungen“ nach dem Verständnishorizont eines vernünftigen Durchschnittsverbrauchers; a.A. Ott, in: Bruchner / Ott / Wagner / Wieduwilt, § 9 VerbrKrG Rdn 54, 56. 229 Diese Einschätzung trifft auch Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 9 VerbrKrG Rdn 27. Für ein objektives Verständnis der wirtschaftlichen Einheit spricht auch der Wortlaut des im Zuge des OLGVertrÄndG eingeführten § 358 Abs. 3 S. 3 BGB, vgl. C. IV. 1. b) dd) (1) (d) a.E. 230 BGHZ 91, 9 (11); BGHZ 47, 253 (255); BGH NJW 1996, 3414 (3415). Kritisch hierzu Dauner-Lieb, WM 1991, Sonderbeilage 6, 1 (11), die dezidiert auf die Konkretisierungsbedürftigkeit dieses Kriteriums der wechselseitigen Abhängigkeit hinweist. 231 Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 9 VerbrKrG Rdn 28 ff.; Habersack, in: MüKo, § 9 VerbrKrG Rdn 27 ff. 232 BGH NJW 1992, 2560 (2562); BGH NJW 1984, 2816 (2818); Bülow, § 495 BGB Rdn 262; Kessal-Wulf, in: Staudinger § 9 VerbrKrG Rdn 32; Habersack, in: MüKo § 9 VerbrKrG Rdn 34 ff.; kritisch zur Indizwirkung Dauner-Lieb, WM 1991, Sonderbeilage 6, 1 (15). 233 Zu letztgenannten Kriterien vgl. OLG Köln, NJW- RR 1995, 1008. 234 Zu den Einzelheiten vgl. Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 9 VerbrKrG, Rdn 27 ff.; Habersack, in: MüKo, § 9 VerbrKrG, Rdn 21 ff.
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etwa als Folge einer detaillierten Aufklärung – hinreichend überblickt, wird es ihm kaum gelingen, eine andere Vertragsgestaltung durchzusetzen. Dies folgt schon allein daraus, dass der Verkäufer ein gesteigertes Interesse an sofortiger Befriedigung seiner finanziellen Interessen hat, dem der Darlehensgeber, im Gegensatz zum illiquiden Verbraucher ohne weiteres Rechnung tragen kann235 und infolgedessen für den Verkäufer gar kein Anreiz besteht, sich auf ein Nachverhandeln seiner Bedingungen einzulassen und etwa auf einen einfachen Abzahlungskauf, respektive eine Kaufpreisstundung auszuweichen. Hierzu müsste er sich nur veranlasst sehen, wenn er durch funktionierenden Wettbewerb, also durch verbraucherfreundlichere Vertragsgestaltungen von Konkurrenten dazu gezwungen wäre, weil dann ein Ausweichen des Kunden zur Konkurrenz drohte. Ähnlich wie im Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wird man aber auch im Bereich der verbundenen Verträge nicht nur von einer intellektuellen Überforderung des Durchschnittskunden, sondern darüber hinausgehend von einem fehlenden effektiven Konditionenwettbewerb236 und damit von tatsächlich fehlenden Ausweichmöglichkeiten237 ausgehen können. Hier wie dort werden die wenigsten Verbraucher – im Gegensatz zu professionell handelnden Rechtssubjekten – den konkreten Abwicklungsbedingungen für ihre Vertragsentschließung Bedeutung beimessen, nicht nur weil sie sie für die Willensbildung als irrelevant erachten, sondern weil sie typischerweise deren Tragweite aufgrund ihrer notwendigerweise einzelfallbezogenen, außerprofessionellen Sichtweise gar nicht richtig einschätzen können. Darüber hinaus wird auch ein Großteil der Verbraucher den Aufwand und den Nutzen, der mit der Suche nach Konkurrenzangeboten verbunden ist, im Verhältnis zu den Nachteilen, die mit dem Eingehen des fremdfinanzierten Geschäfts verbunden sind, als unverhältnismäßig hoch einstufen. Eine solche Situation – Drexl spricht wirtschaftlich gewandt von einer „Monopolsituation“238 – ist der Boden, auf dem inadäquate, einem Zusammenwirken von Verkäufer und Darlehensgeber entsprinU.U. ist er hierzu dem Verkäufer gegenüber sogar vertraglich verpflichtet. Auch für den Bereich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gilt, dass der Kunde sein Hauptaugenmerk auf die Hauptleistung und den Preis und die Neben- und Zusatzbedingungen tendenziell vernachlässigt, was es nahe legt, dass hier ein effizienter Konditionenwettbewerb fehlt; dies erklärt sich daraus, dass der Kunde die Neben- und Zusatzbedingungen gar nicht zur Kenntnis nimmt, deren Tragweite intellektuell nicht erfasst oder wegen der Einzelfallbezogenheit seiner Sichtweise, deren Relevanz unterschätzt. Im Einzelnen zu den Gründen des Fehlens eines effizienten Konditionenwettbewerbs vgl. Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 340 f.; hervorgehoben wird das Kriterium des fehlenden Konditionenwettbewerbs auch bei Canaris, AcP 200 (2000), 273 (321 ff.); ähnlich Roth, JZ 2001, 475 (481), der bemerkt, dass bei massenhaft abgeschlossenen Verträgen die Vertragsbedingungen kaum als Wettbewerbsparameter eingesetzt werden und u. a. darin die Rechtfertigung der Klauselrichtlinie sieht. 237 Bydlinski, System und Prinzipien des Vertragsrechts, S. 763 ff. der die Rechtfertigung des Einwendungsdurchgriffs in einer parallel zur argumentativen Untermauerung der Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen anlegten Argumentationsstruktur herleitet. 238 Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 327 mit einer sehr ausführlichen Herleitung des Wettbewerbsversagens. 235 236
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gende Vertragsgestaltungen mit einer unausgewogenen Risikoverteilung durchsetzbar werden, denen der Gesetzgeber durch Verlagerung des Aufspaltungsrisikos auf den Darlehensgeber in §§ 358, 359 BGB begegnen wollte.239 Die Abweichung vom grundsätzlichen Reglement des Schuldrechts durch Einräumung eines Widerrufs- und Einwendungsdurchgriffs erscheint also auch bei nur objektiver Definition der wirtschaftlichen Einheit nicht unsachgerecht.240 Die Verhinderung einer unausgewogenen Risikoverteilung zu Lasten des Verbrauchers ist dabei das materiale Gerechtigkeitskriterium, das zur Rechtfertigung heranzuziehen ist.
d) Zusammenfassung Abstrahiert man von einzelnen regelungsspezifischen Besonderheiten, so ist der gemeinsame Anknüpfungspunkt vorstehender Regelungen für die Feststellung der gestörten Vertragsparität die durch eine Begegnung professionell und nicht professionell handelnder Vertragspartner gekennzeichnete Situation, in der sich der nicht professionell handelnde, mit einer komplexen Vertragsmaterie konfrontierte Teil um ein Darlehen bemüht.241 Typischerweise bestehen in diesen Situationen erhebliche Informationsasymmetrien auf Seiten des Verbrauchers, bzw. des Existenzgründers, denen das Gesetz durch entsprechende, auf Aufklärung zielende Schutzinstrumente wie Informationspflichten und die Einräumung eines Widerrufsrechts Rechnung trägt. Ausnahmsweise aber bedarf es zur Erklärung einzelner Schutzinstrumente zusätzlich des Rückgriffs auf materiale Gerechtigkeitserwägungen, wie etwa im Fall des Einwendungsdurchgriffs beim verbundenen Geschäft. Erst die Hinzunahme des Wertungsgesichtspunktes, dass das bewusste arbeitsteilige Zusammenwirken von Darlehensgeber und Verkäufer das Entstehen einer im Vergleich zum einfachen Abzahlungsgeschäft unausgewogenen Risikoverteilung zu Lasten des Verbrauchers fördert, macht es begründbar, die Störungen des einen Rechtsgeschäfts auf das andere Geschäft übergreifen zu lassen.
239 Mit besonderem Nachdruck auf das materiale Gerechtigkeitskriterium einer adäquaten Risikoverteilung abhebend Bydlinski, System und Prinzipien des Vertragsrechts, S. 764, der zur Begründung des Einwendungsdurchgriffs anführt: „Denn Verkäufer und Finanzierer in ihrer Zusammenarbeit sichern sich den „guten“ und überlassen dem Käufer den „bösen Tropfen“, was die vertragliche Risikoverteilung betrifft“. 240 Zur Konkretisierung des Schutzzwecks des Widerrufsdurchgriffs, vgl. dessen zwingende Notwendigkeit im Fall des Widerrufs des Verbraucherdarlehensvertrags, dargestellt im Rahmen der „Securenta“-Rechtsprechung und ihre Kritik unter C. IV. 1. b) dd) (1) (b) (aa) (). 241 Ähnlich Artz, Der Verbraucher als Kreditnehmer, S. 60, der indes alleine auf die private Zwecksetzung abstellt, ohne die Sinnhaftigkeit dieses Kriteriums zu hinterfragen; pointiert zu Sinn und Zweck Verbraucherkreditgesetzes Bungeroth, in: Festschrift Schimansky, 279 (282 f.).
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3. Der Abbau des modernen Schuldenturms und der finanzschwache Darlehensnehmer Neben vorstehenden Verbraucherschutzinstrumenten folgen einige Regelungen des Verbraucherdarlehensvertragsrechts, etwa die des § 497 BGB, dem spezifisch sozialpolitischen Ziel, die Situation des in Zahlungsverzug geratenen Darlehensnehmers zu verbessern und seiner fortschreitenden Verschuldung entgegenzuwirken242; die hierzu erforderlichen Beschränkungen der Vertragsgestaltungsfreiheit des Darlehensgebers, die sich vertragsinhaltsbezogen ausnehmen, werden ausweislich der ursprünglichen Gesetzesmaterialien zum VerbrKrG – fußend auf empirischen Untersuchungen243 – mit Erwägungen betreffend die wirtschaftliche Situation des Darlehensnehmers begründet und beabsichtigen damit nach dem Willen des Gesetzgebers den Schutz des finanzschwachen, überschuldeten oder von Überschuldung bedrohten Darlehensnehmers; sie dienen der Bekämpfung des „modernen Schuldenturms“244. Sofern die Fokusierung eines solchen, nach sozial-ökonomischen Erwägungen bestimmten Schutzkreises und Schutzzieles tatsächlich, also unabhängig von der Gesetzesbegründung, die maßgebliche Rechtfertigungsgrundlage für einzelne Bestimmungen des Verbraucherdarlehensvertragsrechts bildet und der im Folgenden zu unternehmende Versuch einer sachlichen Rückführung zentraler Bestimmungen des § 497 BGB auf dargestellte liberale Argumentationsstrukturen fehlschlägt, so wird man dies im Rahmen eines liberalen Vertragsrechts aus systematischen Erwägungen als außerordentlich problematisch ansehen müssen, womit freilich kein Urteil über die sozialpolitische Adäquanz entsprechender Regelungen gefällt wird oder auch nur gefällt werden soll. Allein lässt sich insoweit prüfen und feststellen, ob die Regelungen des Verbraucherdarlehensvertragsrechts einem durchweg liberalen Verbraucherschutzkonzept folgen oder darüber hinausgehen.
a) Insbesondere: die Tilgungsbestimmung des § 497 Abs. 3 BGB § 497 BGB, der in weiten Teilen das Reglement des nicht durch die VerbrKrRL veranlassten § 11 VerbrKrG übernommen hat, enthält Sonderregelungen über die Behandlung von Verzugszinsen und die Anrechnung von Teilleistungen. § 497 Abs. 3 BGB regelt die Verzugsfolgen in Modifikation der Tilgungsbestimmung des § 367 BGB, dessen Anrechnungsregelung bei eingehenden Teilzahlungen das Eintreten des finanzschwachen Darlehensnehmers in einen „Schuldenturm“ maßBülow, Verbraucherkreditrecht, Einführung Rdn 24. Holzscheck / Hörmann / Daviter, Die Praxis des Konsumentenkredits in der Bundesrepublik Deutschland; eine Übersicht zum Tatsachenmaterial betreffend die moderne Schuldturmproblematik mit wichtigen Eckdaten findet sich bei Kessal-Wulf, in: Staudinger, Einl. Zum VerbrKrG Rdn 6 f. 244 BT-Drucks. 11 / 5462, S. 25. 242 243
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geblich bewirkte und dessen finanzielle Not verstärkte. Nach § 367 Abs. 1 BGB werden Teilzahlungen nämlich erst zuletzt, d. h. nach Kosten und Zinsen auf die Hauptleistung angerechnet werden, so dass trotz Erfüllungsbemühungen des Schuldners die Schuld nicht merklich abgetragen wird und die auf die ungetilgte Hauptschuld anfallenden Zinsen kontinuierlich steigen. Nach § 497 Abs. 3 BGB hingegen werden Zahlungen des Verbrauchers, die zur Tilgung des gesamten fälligen Betrages nicht ausreichen, zunächst auf die Kosten der Rechtsverfolgung, dann aber schon auf den übrigen geschuldeten Betrag und erst zuletzt auf die Zinsen (Absatz 2) angerechnet. Auf diese Weise können Teilleistungen zur Reduzierung des Kapitalanteils und damit zum Abbau des Gesamtschuldsaldos wirkungsvoll beitragen. Der entlastende Effekt, der verhindern soll, dass der Verbraucher in ein „dauerhaftes Zwangskreditverhältnis“245 gerät – so die bildhafte Wendung der Regierungsbegründung zu § 11 VerbrKrG – wird in seiner Wirkung durch § 497 Abs. 2 S. 2 BGB verstärkt.246 § 497 Abs. 2 S. 2 BGB weicht für das Verbraucherdarlehen vom allgemeinen Schadensersatzrecht insoweit ab, als dieser eine niedrige Verzinsung des Verzugsschadens absichert: Der auf die Vorenthaltung der Verzugszinsen bezogene Schadensersatzanspruch des Darlehensgebers nach § 289 S. 2 BGB247 – diese Bestimmung gewährt einen Schadensersatzanspruch als „Ausgleich“ für das in § 289 S. 1 BGB normierte Zinseszinsverbot248 – wird der Höhe nach durch § 497 Abs. 2 S. 2 BGB auf den gesetzlichen Zinssatz gem. § 246 BGB beschränkt, so dass ein Teil des typischerweise darüber liegenden Verzugsschadens249 entgegen § 289 S. 2 BGB nicht liquidiert werden kann.250 Den Entlastungseffekt kann der Darlehensgeber auch nicht vereiteln, weil der Verbraucher in Abweichung zu § 266 BGB zu Teilleistungen berechtigt ist und der Darlehensgeber diese gem. § 497 Abs. 3 S. 2 BGB nicht zurückweisen darf. Das der Kreditwirtschaft insoweit abverlangte Opfer, die inhaltliche Einschränkung ihrer Vertragsgestaltungsfreiheit, lässt sich nicht im liberalen Informationsmodell rechtfertigen: Zwar ließe sich durchaus vorbringen, der im außerprofessioBT-Drucks. 11 / 5462, S. 13. Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 497 BGB Rdn 61 weist dem § 497 Abs. 2 S. 2 BGB eine sinnsichernde Bedeutung im Hinblick auf die besondere Tilgungsverrechnung in § 497 Abs. 3 S. 1 BGB zu. 247 Der Begriff “ Zinsen“ in § 497 Abs. 2 S. 2 BGB bezeichnet allein die nach Eintritt des Verzugs anfallenden Zinsen. Insoweit geht es um die Verzugszinsen aus § 497 Abs. 1 BGB, nicht aber um Vertragszinsen; Vertragszinsen können nämlich wegen § 497 Abs. 1 BGB – die Vorschrift sieht vorbehaltlich einer konkreten Schadensberechnung eine Verzugszinspauschale (Basisizinssatz + 5%) vor – nach Verzugseintritt nicht mehr verlangt werden, vgl. Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 497 BGB Rdn 57. 248 Zum Zinseszinsverbot allgemein und im verbraucherdarlehensrechtlichen Kontext vgl. die Ausführungen unter C. V.4. a) aa). 249 Hierzu Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 497 Rdn 54. 250 Im wirtschaftlichen Ergebnis läuft § 497 Abs. 2 S. 2 BGB darauf hinaus, dass er das Recht des Darlehensgebers, Zinseszinsen zu verlangen nicht ausschließt, aber nachhaltig einschränkt, so zur Vorgängerregelung des § 11 Abs. 2 S. 2 VerbrKrG Reifner, NJW 1992, 337. 245 246
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nellen Bereich handelnde Darlehensnehmer neige aufgrund mangelnder Sachkunde und geschäftlicher Erfahrung dazu, die anfallenden Belastungen und die dadurch gestellten Anforderungen an seine finanzielle Leistungsfähigkeit falsch einzuschätzen, ja zu unterschätzen251; insbesondere bei auf Dauer angelegten Darlehensverträgen könnte man argumentieren, die Möglichkeit und Gefahr künftiger Verschlechterungen der Liquidität – wodurch auch immer sie verursacht sein mögen – und daraus folgende Zusatzbelastungen würden zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses typischerweise nicht in ausreichendem Maße bedacht und einkalkuliert. Allerdings ist es bereits Aufgabe der umfassenden Informationspflichten in § 492 Abs. 1 S. 5 BGB dem Verbraucher die mit dem Darlehen verbundenen Kosten vor Augen zu führen. Soweit Inhalt und Umfang der gegebenen Informationen den Verbraucher in der konkreten Abschlusssituation intellektuell überfordern, ermöglicht ihm das Widerrufsrecht, mit Hilfe dessen er die vertragliche Bindungswirkung beseitigen kann, ohne den Druck der konkreten Abschlusssituation den Vertragsinhalt noch einmal genau zu studieren – insoweit ist auch § 492 Abs. 3 BGB bedeutsam – und dementsprechend die tatsächlichen und potentiellen Belastungen zu erkennen und in Bezug zur eigenen finanziellen Leistungsfähigkeit zu setzen. Informationsdefizite hinsichtlich der zu erwartenden finanziellen Belastungen haben demnach schon im Vorfeld des Zahlungsverzugs – typischerweise tritt Verzug erst nach Ablauf der Widerrufsfrist ein – eine Kompensation erfahren, so dass diese als Anknüpfungspunkte für die Verzugsregelungen nicht mehr in Betracht kommen, wenn man nicht die Effizienz vorstehender Schutzinstrumente generell in Frage stellen möchte. Es bleibt damit allein die Fehleinschätzung der eigenen finanziellen Leistungsfähigkeit bezogen auf die zukünftigen Belastungen als Anknüpfungspunkt einer normativen Korrektur. Insoweit ist allerdings festzustellen, dass es nicht Aufgabe eines auf Privatautonomie gründenden Vertragsrechts ist, den Einzelnen, der als Kehrseite seiner Kompetenz zu selbstbestimmtem Handeln auch die Konsequenzen dieses Handelns selbst zu schultern hat, vor wirtschaftlichen Fehlentscheidungen zu bewahren, sofern nur bei Vertragsschluss bestehende Paritätsstörungen im Sinne von erheblichen einseitigen Beschränkungen der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit durch entsprechende Aufklärungsmaßnahmen kompensiert sind. Die Überschätzung der eigenen finanziellen Leistungsfähigkeit, die einen zusätzlichen Anstieg der vertraglichen Belastungen, insbesondere Zinsforderungen zur Folge hat, ist aber nichts anderes als eine solche wirtschaftliche Fehlentscheidung. Wenn nun der Gesetzgeber, obschon er dem Einzelnen Instrumente an die Hand gegeben hat, die geeignet sind, die Folgen seines Handelns transparent zu machen und ihm eine rationale, tatsächlich freie Entscheidung zu ermöglichen, zusätzlich noch mögliche negative Folgen dieser Entscheidung abmildern will, hierfür vom generellen Reglement des Schuldrechts abweicht und 251 Eine dahingehende Argumentation vertritt Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 323 im Hinblick auf die Rücktrittsfiktion des § 13 Abs. 3 S. 1 VerbrKrG; der Verbraucher schätze das persönliche Risiko, seine Fähigkeit zur Ratenzahlung falsch ein.
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den Vertragspartner, respektive den Darlehensgeber inhaltlich in seiner Gestaltungsfreiheit einschränkt, z. B. indem er Höchstgrenzen hinsichtlich eines möglichen Schadensersatzverlangens statuiert, dann stehen hinter derartigen Reglements zweifelsohne materiale Gerechtigkeitserwägungen; im vorliegenden Fall konkretisiert der Gesetzgeber diese dahingehend, dass in Fällen des Zahlungsverzugs das rasche Anwachsen der Schulden, mithin der „moderne Schuldenturm“252 auf Verbraucherseite durch Zinseszinseffekte gebremst werden soll.253 Um die Interessen der Kreditinstitute aber in angemessenem Umfang zu berücksichtigen und diese im Rahmen der den getroffenen Regelungen zugrunde liegenden sozialpolitischen Erwägungen254 nicht über das erforderliche Ausmaß zu strapazieren, bleibt es im Hinblick auf Anrechnung von Teilleistungen bei der vorrangigen Kostentilgung bzgl. der Rechtsverfolgungskosten, wodurch ein schneller Ersatz dieser Fremdauslagen gewährleistet werden soll. Darüber hinaus wird die kurze Verjährungsfrist für Zinsen für diesen Bereich aufgehoben. Unter weitgehender Schonung der Interessen der Unternehmerseite, die auch an Verlusten durch längerfristig notleidende Kredite kein Interesse haben können, wird für den Schuldner eines notleidend gewordenen Darlehens wieder ein Anreiz geschaffen, seine Schulden nach Kräften abzutragen, weil er insbesondere durch die Anrechnung erkennen kann, dass seine Leistungsbemühungen zum tatsächlichen Abtrag der Schuld führen und er sich nicht mehr nur machtlos dem Anstieg der Zinsen gegenübersieht.255 Es zeigt sich also, dass die betrachteten Bestimmungen des § 497 BGB gezielt der wirtschaftlichen Situation des finanzschwachen Darlehensnehmers Rechnung tragen sollen. Mit den aus diesem Grund vertragsinhaltsbezogen ausgestalteten Schutzinstrumenten werden die Grenzen einer liberalen Verbraucherschutzkonzeption verlassen. Das Gesetz löst sich hier ausnahmsweise von den Prämissen und Wirkmechanismen eines liberalen Verbraucherschutzrechts.
b) Folgerungen für die Schutzkonzeption des Verbraucherdarlehensvertragsrechts Unter systembildenden Erwägungen könnte man insoweit bemüht sein, unter Anerkennung der im bestehenden System vorhandenen Brüche und divergierenden Wertungen über die vorstehend bereits befürwortete Erweiterung des reinen Informationsmodells hinausgehend, eine umfassende Synthetisierung liberaler und interventionistischer Schutzkonzeptionen zu einem einheitlichen Konzept hinsichtlich der Beschreibung des Verbraucherdarlehensvertragsrechts zu unternehmen.256 BT-Drucks. 11 / 5462, S. 25. BT-Drucks. 11 / 5462, S. 14, 27. 254 BT-Drucks. 11 / 5462, S. 14, 26 beruft sich explizit auf „soziale Gründe“. 255 BT-Drucks. 11 / 5462, S. 25 ff. 256 Eine Synthese der traditionell als antinomisch begriffenen Schutzkonzepte eines liberalistischen und interventionistischen Denkens ließe sich auf die Ausführungen von Luhmann, 252 253
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Der Erkenntnisgewinn eines solchen Unterfangens erscheint indes gering, da er sich inhaltlich notwendigerweise darauf beschränken müsste, den bereits getroffenen Befund zu konstatieren, dass Ziel- und Wertedivergenzen schlichtweg existent sind. Eine darüber hinausgehende „Synthetisierung“ bewirkte nichts anderes als eine „kosmetische“ Verschleierung bestehender Brüche und würde die Gefahr in sich bergen, bei der Rechtsanwendung mittel- und langfristig den Blick für die tragenden Wertungskriterien zu verlieren. Diese sind aber für das Vertragsrecht allgemein, wie für das Verbraucherdarlehensvertragsrecht im speziellen, sinnvollerweise in einem liberalen Regelungsregime enthalten. Ist ein übergreifendes, von jedweden Brüchen freies, einheitliches Schutzkonzept des Verbraucherdarlehensvertragsrechts auf der Grundlage des geltenden Rechts nicht überzeugend begründbar, so steht diese Einsicht doch nicht der Beobachtung entgegen, dass die einzelnen Regelungen, die spezifisch sozialpolitisch angelegt sind und wenn auch nicht ausschließlich, so doch schwerpunktmäßig dem Schutz des finanzschwachen Darlehensnehmers vor Überschuldung dienen, nicht die Regelungen sind, die dem Verbraucherdarlehensvertragsrecht sein charakteristisches Gepräge geben. Dieses charakteristische Gepräge ist nämlich in der typisierend-situativ-vertragsgegenständlich angelegten Schutzkonzeption zu erblicken, die den Regelungskomplex der Verbraucherdarlehensverträge systematisch mit den anderen, vorstehend erwähnten Verbraucherschutzfeldern vergleichbar erscheinen lässt und sich mit seinem gem. § 13 BGB sachlich und nicht personal begründbaren Adressatenkreis durchaus in ein liberales Vertragsrecht und damit in die Grundwertungen des traditionellen Vertragsrechts einfügt. Für diese Bewertung spricht insbesondere auch, dass das Widerrufsrecht aus § 495 BGB, das als „Kernstück“257 des Verbraucherschutzes im Verbraucherdarlehenvertragsrecht angesehen werden kann, sich im Rahmen eines liberalen Vertragsrechts rechtfertigen lässt und in unmittelbarem Sinnzusammenhang mit den spezifisch liberalen Form- und Angabepflichten aus § 492 Abs. 1 BGB steht. Die Auslegung und Kritik des Verbraucherdarlehensrechts sollte dementsprechend soweit wie möglich an den dargestellten liberalen Kriterien ausgerichtet werden.
Legitimation durch Verfahren; ders., Rechtssoziologie, stützen; unter Rückgriff u. a. auf die ökonomische Analyse des Rechts ist Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, bemüht, das speziell für den Verbraucherschutz richtige Maß an staatlicher Intervention zu bestimmen. 257 So zur Vorgängernorm des § 7 VerbrKrG Palandt – Heinrichs, 61. Auflage, § 7 VerbrKrG Rdn. 2; Bülow, Vorwort zu VerbrKrG, spricht vom Widerrufsrecht als „Kernbereich“ des Verbraucherkreditrechts.
C. Der Verbraucherdarlehensvertrag Die durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz betriebene Integration des Verbraucherkreditgesetzes in das BGB erfolgte nicht en bloc. Sie führte vielmehr zu einer systematischen Neuordnung der verbraucherkreditrechtlichen Bestimmungen, die mit einer Umstrukturierung des allgemeinen Darlehensrechts verbunden wurde und mit terminologischen Änderungen einherging. Um die Orientierung im Gesetz zu erleichtern und Begriffsklarheit zu schaffen, erscheint es daher sinnvoll, einen kurzen Überblick über Systematik und Terminologie der neuen darlehensund kreditrechtlichen Vorschriften zu geben, in die die untersuchungsgegenständlichen Regelungen für Verbraucherdarlehensverträge eingebettet sind. Im Anschluss sind einzelne Neuerungen des Verbraucherdarlehensvertragsrechts zu beleuchten.
I. Die kodifikatorische Zusammenführung der §§ 607 ff. BGB a.F. und des Verbraucherkreditgesetzes: Überblick über Terminologie und Systematik der neuen Regelungsstruktur Im Hinblick auf das allgemeine Darlehensrecht und das Verbraucherkreditrecht verfolgte der Gesetzgeber im Rahmen der Schuldrechtsreform im Wesentlichen zwei Ziele: Das als fragmentarisch und anachronistisch1 empfundene Darlehensrecht der §§ 607 ff. BGB a.F. sollte vom Gesetzeswortlaut her dem gelebten Recht, wie es sich auf der Grundlage der kautelarjuristischen Bankenpraxis2 und der (hierzu ergangenen) Judikatur entwickelt hat, angepasst werden und das Verbraucherkreditgesetz in das BGB integriert werden.3 Dabei war es ein besonderes An1 Zu den romanistischen und altpreußischen Wurzeln der §§ 607 ff. BGB a.F. vgl. Köndgen, WM 2001, 1637 (1638 m. w. N.), der in diesem Zusammenhang auf die Vokabel des „Anachronismus“ rekurriert. 2 Von Bedeutung sind insoweit insbesondere die AGB-Banken und die AGB-Sparkassen. 3 Gegen eine Integration des Verbraucherkreditgesetztes in das BGB argumentierte Reifner, ZBB 2001, 193 (194 f.), der eine Zersplitterung des Finanzdienstleistungsrechts befürchtet; dezidiert befürwortend Schmidt- Räntsch, in: Schulze / Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, 169 (174 f.); grundsätzlich zustimmend auch Pfeiffer, in: Ernst / Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 481 (521, 524); nicht das „ob“ sondern das „wie“ der Integration durch den Regierungsentwurf kritisiert Artz, Jb.J. ZivRWiss. 2001, 227 ff.; kritisch auch Köndgen, WM 2001, 1637 ff.; ders., in: Ernst / Zimmermann (Hrsg.), ebd., S. 457 ff. allerdings noch auf der
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
liegen, allgemeines Darlehensrecht und Verbraucherkreditrecht gesetzestechnisch miteinander zu verknüpfen, um der – worin auch immer bestehenden4- Gefahr vorzubeugen, „dass sich das Verbraucherkreditrecht vom Darlehensvertragsrecht zwischen Unternehmern entfernt“.5 Dieses Verknüpfungsvorhaben bereitete dem Gesetzgeber konzeptionelle Schwierigkeiten. Nachdem deutlich geworden war, dass der zu Beginn des Gesetzgebungsverfahrens im Diskussionsentwurf (DiskE) unternommene Versuch, bisheriges Darlehensrecht und die 19 Paragrafen des Verbraucherkreditgesetzes unter Aufgabe der Begrifflichkeit des Darlehensvertrags zu einem einheitlichen Titel „Kreditvertrag, Kreditvermittlungsvertrag“ zusammenzufassen6, in die Irre führte7, entschloss sich der Gesetzgeber die erstrebte kodifiGrundlage des Diskussionsentwurfs; zum Diskussionsentwurf ferner Bülow, in: Schulze / Schulte-Nölke (Hrsg.), ebd., S. 153 ff. 4 Die „Gefahr“ ist weder in den Gesetzesmaterialien belegt, noch sonst irgendwie erkennbar; vgl. die kritische Sicht bei Habersack, BKR 2001, 72 (73); ferner Bülow, NJW 2002, 1145. 5 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 252. 6 Als Zentralbegriff fungierte der dem in §§ 607 ff. BGB a.F. niedergelegten Darlehensrecht fremde, an Artt.1 Abs. 2 lit.c, 2 Abs. 1 lit.c Verbraucherkreditrichtlinie angelehnte und in Art. 1 Abs. 2 VerbrKrG legaldefinierte Terminus „Kreditvertrag“, der Darlehen, Zahlungsaufschub und sonstige Finanzierungshilfen umfasste. Der Begriff „Kreditvertrag“ sollte nach dem Willen der Entwurfverfasser den neuen Oberbegriff für die in § 1 Abs. 2 VerbrKrG zusammengefassten Kreditarten und das Darlehen des § 607 BGB a.F. darstellen. Die vertragstypischen Pflichten des Kreditvertrages umschrieb § 490 Abs. 1 DiskE: „Durch den Kreditvertrag wird der Kreditgeber verpflichtet, dem Kreditnehmer den vereinbarten Geldbetrag (Kredit) zur Verfügung zu stellen. Der Kreditnehmer ist verpflichtet, den vereinbarten Zins zu zahlen und nach Beendigung des Vertrags den zur Verfügung gestellten Geldbetrag zurückzuerstatten. Gegenstand eines Kreditvertrages können auch ein Zahlungsaufschub oder eine sonstige Finanzierungshilfe sein.“ 7 Schon die in § 490 Abs. 1 DiskE als „Basisnorm“ angelegte strukturelle Grundkonzeption war geeignet, harsche Kritik hervorzurufen: So verkannte die Gesetzesfassung, dass es sich beim Kreditvertrag nicht um einen eigenständigen schuldrechtlichen Vertragstypus handelte, sondern nur um eine besondere Ausgestaltung eines beliebigen schuldrechtlichen Vertrages, etwa eines Kauf-, Miet oder Werkvertrages, die dahin geht, dass dem einen Vertragspartner eine entgeltliche Finanzierungshilfe gewährt wird; beim Darlehensvertrag besteht die Besonderheit, dass dieser die Finanzierungshilfe bereits in sich trägt und deswegen immer auch „Kreditvertrag“ ist, vgl. Bülow, NJW 2002, 1145 (1146). Auch im Übrigen vermochte § 490 Abs. 1 DiskE nicht zu überzeugen: Einerseits verengte die Vorschrift den Anwendungsbereich des § 607 BGB a.F. durch Herausnahme des Sachdarlehens ohne diese Inhaltsänderung zu begründen; andererseits erweiterte sie den Anwendungsbereich des VerbrKrG dadurch, dass § 493 Abs. 1 S. 1 DiskE, der den Anwendungsbereich der verbraucherschützenden Regelungen bei Kreditverträgen bestimmte, auf die Definition des Kreditvertrages in § 490 Abs. 1 DiskE verwies und hierdurch auf das Erfordernis der Entgeltlichkeit der Kreditgewährung aus § 1 Abs. 2 VerbrKrG verzichtete- ausweislich des Gesetzeswortlauts des § 490 Abs. 1 S. 2 DiskE bestand eine Zinspflicht ja lediglich bei entsprechender vertraglicher Vereinbarung- wodurch sich die Frage nach der erhöhten Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers in Fällen der unentgeltlichen Kreditgewährung mit Vehemenz gestellt hätte. Neben diesen (nicht Gesetz gewordenen) Inhaltsänderungen war insbesondere die durch die Neuregelung auftretende „Verwirrung der Grundbegrifflichkeiten“ von dogmatischer Brisanz: Bezeichnete der Begriff des Kreditvertrags in § 490 Abs. 1 S. 1 und 2 DiskE das Darlehen alter Begriff-
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katorische Verbindung auf einem diametral entgegengesetzten Weg zu erreichen: In Abkehr vom Diskussionsentwurf erhielt der Darlehensbegriff samt Sachdarlehen wieder Einzug in das BGB. Die Rechtsfigur des Verbraucherkreditvertrags aus § 1 Abs. 2 VerbrKrG wurde in ihre Unterbegriffe Darlehen, Zahlungsaufschub und sonstige Finanzierungshilfen aufgespalten und alleine diese Unterbegriffe in das BGB aufgenommen; der Oberbegriff „Kreditvertrag“ wie er angelehnt an Artt. 1 Abs. 2 lit.c, 2 Abs. 1 lit.c VerbrKrRL in § 1 Abs. 2 VerbrKrG legaldefiniert war, wurde als gesetzlicher Terminus vollständig8 aufgegeben. Doch auch wenn der Kreditvertrag insoweit keinen (national)gesetzlichen Terminus mehr darstellt, spricht doch seine gemeinschaftsrechtliche Verankerung in der Verbraucherkreditrichtlinie dafür, den Begriff des Kreditvertrages zumindest in seiner dogmatischen Funktion als Oberbegriff beizubehalten9; schließlich weisen Verbraucherdarlehensverträge, Verbraucherfinanzierungsleasingverträge ebenso wie Verbraucherteilzahlungsgeschäfte weiterhin die Eigenschaft auf, jeweils „Kreditvertrag“ im Sinne des Art. 1 Abs. 2 lit. c VerbrKrRL zu sein und müssen dementsprechend den für diese Bereiche vorgesehenen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben folgen. Soweit also im Folgenden nicht nur mit Blick auf die alte, sondern auch auf die neue Rechtslage vom (Verbraucher-)kreditvertrag die Rede ist, erscheint dies zur Hervorhebung der Gemeinsamkeiten der einzelnen Erscheinungsformen des Kredits nicht nur sinnvoll, sondern auch durchaus legitim. Insgesamt ergibt sich für die seit dem 1. Januar 2002 geltende Gesetzesfassung folgende Grundstruktur: Es finden sich sämtliche Regelungen des Darlehensrechts und grundsätzlich auch sämtliche Bestimmungen des ehemaligen Verbraucherkreditgesetzes in Abschnitt 8 des zweiten Buches des BGB (Recht der Schuldverhältnisse), aufgeteilt in mehrere, nicht immer aufeinanderfolgende Titel. In Titel 3 des Abschnitt 8 (§§ 488 bis 507 BGB) werden die allgemeinen Regeln zum Gelddarlehen und der überwiegende Teil des ehemaligen Verbraucherkreditgesetzes – unterteilt in die unterschiedlichen Erscheinungsformen des Verbraucherkredits – zusammengefasst; über die hier (teilweise) vorgesehenen Verweisungsnormen sind ergänzend die §§ 355 ff. BGB beachtlich, die die Regelungen zu den verbraucherlichkeit, mithin einen Unterfall des Kreditvertrages in der Terminologie des § 1 Abs. 2 VerbrKrG, so fungierte der Terminus gleichzeitig in Satz 3 der Vorschrift als Oberbegriff, wie ihn § 1 Abs. 2 VerbrKrG einsetzte. Dass ein Begriff aber gleichzeitig Oberbegriff und Unterfall sein soll ist – vorsichtig formuliert – denklogisch fragwürdig und die Einführung eines derart „schillernden“ Terminus ist dem Bemühen, Normtransparenz zu erreichen, in hohem Maße abträglich. Damit war das Regelungskonzept des Diskussionsentwurfs – ganz abgesehen von seinen sonstigen Mängeln – von Anbeginn zum Scheitern verurteilt. Zur Kritik des Diskussionsentwurfs vgl. insbesondere Artz, Jb.J. ZivRWiss. 2001, 227 (231 ff.); Bülow, in: Schulze / Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, 153 ff.; Köndgen, in: Ernst / Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 457 ff.; Reiff, in: AnwKom, vor §§ 488 ff. BGB Rdn. 4. 8 Unverständlich ist insoweit die Verwendung des Begriffs „Überziehungskredit“ in § 493 BGB. 9 So überzeugend Bülow, NJW 2002, 1145 (1146). 7 Enders
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
schützenden Widerrufs- und Rückgaberechten enthalten, sowie die Bestimmungen über verbundene Verträge (§ 358 BGB) und den Einwendungsdurchgriff (§ 359 BGB). Das Sachdarlehen, das vom Darlehensbegriff des § 607 BGB a.F. mitumfasst war und bei dem nicht Geld, sondern andere vertretbare Sachen Darlehensgegenstand sind, ist nunmehr eigenständig in Titel 7 (§§ 607 ff. BGB) geregelt. Die Vermittlung von Verbraucherdarlehen, die vormals den Regelungen über Kreditvermittlungsverträge in §§ 15 VerbrKrG unterfiel, beurteilt sich nunmehr nach §§ 655 a bis 655 e BGB; sie wurde damit aus systematischen Erwägungen und wegen des größeren Sachzusammenhangs10 den Bestimmungen des Maklerrechts in Untertitel 2 des Titel 10 angeschlossen.
1. Überblick über Titel 3 des Abschnitts 8 im zweiten Buch des BGB: Darlehensvertrag; Finanzierungshilfen und Ratenlieferungsverträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher Die mit der Einfügung des Verbraucherkreditgesetzes in das BGB verbundene Abkehr von dem in § 1 Abs. 2 VerbrKrG verwendeten Oberbegriff „Kredit“, der (Geld-)darlehen, Zahlungsaufschub11 und sonstige Finanzierungshilfen12 umfasste13, musste sich – wie bereits erwähnt – im Gesetzesaufbau niederschlagen. Die unterschiedlichen Erscheinungsformen des Kredits, denen § 2 VerbrKrG die Ratenlieferungsverträge partiell gleichstellte, sind nunmehr eigenständig geregelt und zwar in drei Untertiteln des Titels 3 des Abschnitt 8 im zweiten Buch des BGB, mithin in §§ 488 ff. BGB: Untertitel 1 (§§ 488 bis 498 BGB) befasst sich mit der Haupterscheinungsform14 des Kredits, dem Darlehen. Unter der Überschrift „Darlehensvertrag“ finden sich in den §§ 488 bis 490 BGB die Regelungen des allgemeinen Darlehensrechts. „Allgemein“ sind diese Regelungen, weil sie wie bisher die §§ 607 ff. BGB a.F. für sämtliche Darlehensverträge gelten, unabhängig davon, ob sie zwischen Unternehmern, zwischen Verbrauchern oder zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher abgeschlossen wurden. Die sich daran anschließenden Bestimmungen BT-Drucks. 14 / 6040, S. 253. V.a. Teilzahlungs- und Abzahlungsgeschäfte, vgl. Bülow, in: Schulze / Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, 153 (154). 12 Darunter fallen insbesondere Finanzierungsleasingverträge, aber auch z. B. der Mietkauf; Voll- und Teilamortisationsverträge, nicht aber das Operating-leasing, vgl. Palandt – Putzo, 61. Auflage, § 1 VerbrKG, Rdn 8 m. w. N. 13 Kritisch zur Aufgabe des Kreditbegriffs in einer Auseinandersetzung mit dem Regierungsentwurf Köndgen, WM 2001, 1637 (1640 f.); Reifner, ZBB 2001, 193 (195 f.) bemängelt den Abschied von der vor der Integration des VerbrKrG vermeintlich praktizierten wirtschaftlich-sozialen Betrachtungsweise des Kreditbegriffs. 14 So BT-Drucks. 14 / 6040, S. 252. 10 11
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über Verbraucherdarlehensverträge (§§ 491 bis 498 BGB) setzen demgegenüber einen entgeltlichen Verbraucherdarlehensvertrag entsprechend der Legaldefinition des § 491 Abs. 1 BGB voraus, kommen also – abgesehen vom Erfordernis der Entgeltlichkeit der Darlehensgewährung – von vornherein nur in Betracht, wenn ein Vertragsschluss zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer in Frage steht. Ausweislich des Wortlauts des § 491 Abs. 1 BGB treten die verbraucherdarlehensvertraglichen Vorschriften grundsätzlich „ergänzend“ neben das allgemeine Darlehensrecht – womit die angestrebte strukturelle Verbundenheit der Regelungsbereiche nicht nur durch Unterstellung unter denselben Untertitel systematisch augenfällig wird sondern auch im Normtext ihren Niederschlag gefunden hat. Die dogmatische Durchdringung der verbraucherschützenden Sonderregelungen setzt vor diesem Hintergrund eine Auseinandersetzung mit den Grundbegrifflichkeiten des allgemeinen Darlehensrechts voraus. In sprachlicher Hinsicht präzisiert die Neuregelung die bisherige Diktion des BGB, wonach unter „Darlehen“ sowohl der zur wirtschaftlichen Nutzung überlassenen Darlehensgegenstand als auch der entsprechende Vertrag verstanden wurde. Soweit das Gesetz nun von Darlehen spricht, soll damit nur noch der darlehenshalber zur Verfügung gestellte Geldbetrag gemeint sein, nicht aber die zugrunde liegende vertragliche Vereinbarung.15 Auf den Zusatz „Geld“- darlehen meinte der Gesetzgeber verzichten zu können, da im allgemeinen wie auch im Fachsprachgebrauch unter „Darlehen“ nur das Gelddarlehen verstanden werde.16 Insoweit ist es konsequent, dass das in §§ 607 ff. BGB geregelte Sachdarlehen explizit als solches bezeichnet wird. Die der Darlehensgewährung zugrunde liegende vertragliche Vereinbarung heißt jetzt in Titel 3 „Darlehensvertrag“. Dementsprechend ist in Anlehnung an diese Grundbegrifflichkeit im Bereich des Verbraucherdarlehens nunmehr vom „Verbraucherdarlehensvertrag“ die Rede. Als ergänzende Schutzbestimmungen für die in § 491 Abs. 1 BGB legaldefinierten Verbraucherdarlehensverträge gelten, sofern keine Ausnahme vom Anwendungsbereich nach §§ 491 Abs. 2 oder Abs. 3 BGB vorliegt, die §§ 492 ff. BGB. Für den Vertragsschluss sind nach § 492 BGB spezielle Formerfordernisse und Pflichtangaben zugunsten des Verbrauchers zu beachten, deren Missachtung die Sanktionsmechanismen des § 494 BGB auszulösen vermag und die inhaltlich in engem Zusammenhang mit dem in § 495 BGB normierten Widerrufsrecht stehen. Der Untertitel 1 enthält ferner in § 496 BGB Bestimmungen über den Einwendungsverzicht im Fall der Abtretung und das Wechsel- und Scheckverbot; daneben sind Sonderregeln für den Fall des Verzugs des Darlehensnehmers enthalten und zwar hinsichtlich der Behandlung von Zinsansprüchen des Darlehensgebers und der Anrechnung von Teilleistungen (§ 497 BGB) sowie hinsichtlich der Gesamtfälligstellung bei Teilzahlungsdarlehen. Erstaunlicherweise nicht in den §§ 491 ff. BGB enthalten ist ein den §§ 499 Abs. 1, 500, 501 BGB entsprechender Verweis 15 16
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auf die Regelungen über verbundene Verträge in § 358 BGB und den in § 359 BGB niedergelegten Einwendungsdurchgriff, die anstelle des ehemaligen § 9 VerbrKrG getreten sind und die durch Verlagerung in Titel 5 des Abschnitt 3 im zweiten Buch des BGB systematisch aus dem Kernbereich der „verbraucherdarlehensrechtlichen“ Regelungen herausgenommen wurden – eine Maßnahme, die der Transparenz der neuen Regelungsstruktur nicht unbedingt zuträglich ist.17 Die Anwendbarkeit dieser aus Verbraucherschutzsicht zentralen Normen ergibt sich jedoch direkt aus dem Wortlaut der §§ 358, 359 BGB, so dass es eines – freilich möglichen – Umkehrschlusses zu § 491 Abs. 3 BGB nicht mehr bedarf. In Untertitel 2 (§§ 499 bis 504 BGB) sind die vormals im Verbraucherkreditgesetz verankerten Bestimmungen zu den Kreditformen des entgeltlichen Zahlungsaufschubs und der sonstigen Finanzierungshilfen enthalten.18 Damit sind wie bisher insbesondere Teilzahlungsgeschäfte aber auch Abzahlungsgeschäfte und Finanzierungsleasingverträge erfasst. § 499 BGB stellt insoweit die Basisnorm für diese Kreditformen dar, was sich nicht nur aus der Entwurfsbegründung ergibt19, sondern schon allein aus dem Regelungszusammenhang der Vorschrift folgt: Nach Abs. 1 der Vorschrift sind auf einen entgeltlichen Zahlungsaufschub oder eine sonstige Finanzierungshilfe grds. die für das Verbraucherdarlehen geltenden Vorschriften anzuwenden. Voraussetzung hierfür sind ausweislich des Gesetzeswortlauts des § 499 Abs. 1 BGB wie bisher das Vorliegen eines Verbrauchervertrags und die Entgeltlichkeit der vom Unternehmer (§ 14 BGB) dem Verbraucher (§ 13 BGB) gewährten Finanzierungshilfe. In der Folge bestimmt Absatz 2, dass für Finanzierungsleasingverträge und Teilzahlungsgeschäfte, die in den §§ 500 bis 504 BGB geregelten Besonderheiten gelten, was die Gültigkeit des Absatz 1 als die den besonderen Vorschriften vorgeschaltete Grundregel impliziert. Demnach handelt es sich bei Finanzierungsleasingverträgen und den in § 499 Abs. 2 BGB entsprechend dem bisherigen § 4 Abs. 1 S. 5 Nr. 2 VerbrKrG legal definierten Teilzahlungsgeschäften um Spezialformen der in Abs. 1 genannten Verträge. Daraus ergibt sich u. a., dass auch insoweit ein Verbrauchervertrag und Entgeltlichkeit zu fordern sind. Regelungstechnisch arbeitet das Gesetz hinsichtlich der durch §§ 499 ff. BGB erfassten Verbraucherverträge im Wesentlichen mit Verweisungen auf die Vorschriften für Verbraucherdarlehensverträge. Dabei unterscheidet sich die der Neuregelung zugrunde liegende Gesetzgebungstechnik dadurch von der entsprechenden Altregelung, dass die Verweisungen nunmehr positiv formuliert sind, also die anwendbaren Normen positiv benannt werden und nicht wie in § 3 Abs. 2 VerbrKrG die nicht anwendbaren Normen aufgelistet und vom grundsätzlich umfassenden Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen werden. Neben den bloßen Verweisungen finden sich eigenständige Regelungen für den Bereich der 17 Kritisch auch aus systematischen Erwägungen Schäfer, in: Haas / Medicus / Rolland / Schäfer / Wendtland, Das neue Schuldrecht, Kap. 7 Rdn 38. 18 Hierzu Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 1 VerbrKrG Rdn 47 ff.; Bülow, VerbrKrG, § 1 VerbrKrG Rdn 76 ff. 19 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 257.
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Teilzahlungsgeschäfte in den §§ 501 ff. BGB, die im Wesentlichen auch im ehemaligen Verbraucherkreditgesetz vorgesehen waren20 und nunmehr im Rahmen der, wenngleich durch ein komplexes Verweisungssystem verknüpften, so doch separat gestalteten Normierung der einzelnen „Vertragstypen“ – systematisch richtig – als Sonderregelungen in den §§ 502 bis 504 BGB enthalten sind. Untertitel 3 (§ 505 BGB) regelt die bislang durch § 2 VerbrKrG erfassten Ratenlieferungsverträge in Form der Teillieferungsverträge (§ 505 Abs. 1 Nr. 1 BGB), der Sukzessivlieferungsverträge (§ 505 Abs. 1 Nr. 2 BGB) und in Form von Verträgen, die die Verpflichtung zum wiederkehrenden Erwerb oder Bezug von Sachen zum Gegenstand haben (§ 505 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Da der Rechtsausschuss Bedenken hatte, der Rechtsanwender könne dem Gesetzeswortlaut und dem Regelungszusammenhang der Vorschrift nicht mit ausreichender Sicherheit entnehmen, dass die Bestimmungen über Ratenlieferungsverträge allein für Verbraucherverträge, d. h. Verträge zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer gelten sollen, empfahl er zur dahingehenden Klarstellung die nunmehr amtliche Überschrift des Titel 3, der von Finanzierungshilfen und Ratenlieferungsverträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher spricht21 – womit die diesbezügliche Beschränkung des Anwendungsbereichs freilich auch noch einmal für die Finanzierungshilfen klargestellt ist. Untertitel 4 (§§ 506, 507 BGB) schließlich erklärt in § 506 BGB, der § 16 VerbrKrG a.F. nachgebildet ist, die Vorschriften der §§ 491 bis 505 BGB grundsätzlich zu halbzwingendem Recht, von dem nicht zu Lasten des Verbrauchers abgewichen werden und das auch nicht durch entsprechende (Vertrags-)gestaltung umgangen werden darf.22 § 507 BGB erweitert den personalen Anwendungsbereich der verbraucherschützenden Vorschriften auf Existenzgründer, die nach der Legaldefinition des § 13 BGB keine Verbraucher sind, und vormals dem Schutz des Verbraucherkreditgesetzes durch § 3 Abs. 1 Nr. 2 VerbrKrG unterfielen.
2. Zusammenfassung: Strukturelle Leitlinien des neuen „Verbraucherkreditrechts“ Dem Gesetz lassen sich für den Bereich der ehemaligen Verbraucherkreditverträge damit folgende strukturelle Leitlinien entnehmen: Die Aufgabe des Oberbegriffs des Verbraucherkreditvertrags führte zu einer eigenständigen Regelung 20 Allein auf Teilzahlungsgeschäfte anzuwenden waren etwa §§ 4 Abs. 1 S. 5 Nr. 2 und S. 6, 6 Abs. 1 Alt.2, Abs. 3, Abs. 4 Alt.2, 7 Abs. 1 S. 2, 8 Abs. 2, 13 und 14 VerbrKrG. 21 BT-Drucks. 14 / 7052, S. 200; kritisch zur Gesamtüberschrift des Titel 3 im Hinblick auf Form und Umfang äußert sich Reiff, in: AnwKom, vor §§ 488 ff. BGB Rdn 1. 22 Sonderregelungen enthalten seit dem 1. August 2002 die §§ 506 Abs. 2 bis 4 BGB. Diese Sonderbestimmungen wurden anlässlich der Reform der Verbraucherwiderrufsrechte im sog. Omnibusverfahren durch das OLGVertrÄndG (BGBl. I S. 2850) in das BGB eingeführt.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
der einzelnen Erscheinungsformen des Kredits. Wie unter Geltung des Verbraucherkreditgesetzes ist auch weiterhin anwendungsbereicheröffnendes Kriterium für die speziellen Schutzbestimmungen des Verbraucherkreditrechts jedenfalls das Vorliegen eines Verbrauchervertrags, bei dem der Unternehmer in der Rolle der Person handelt, die ein Darlehen oder eine Finanzierungshilfe gewährt und der Verbraucher in der Rolle dessen handelt, dem der Kredit und zwar als entgeltlicher Kredit gewährt wird. Die zentrale Funktion in dem neuen Regelungsgefüge kommt dabei den Bestimmungen über den Verbraucherdarlehensvertrag in Untertitel 1 des Titel 3 in Abschnitt 8 des zweiten Buches zu. Dieser enthält nämlich gleichsam „vor die Klammer gezogen“ die aus Verbraucherschutzsicht bedeutsamsten Schutzinstrumente, etwa die Form- und Angabepflichten sowie das Widerrufsrecht. Hinsichtlich der neben dem Verbraucherdarlehensvertrag separat aufgeführten Arten der übrigen Verbraucherkreditverträge arbeitet das Gesetz mit einem insbesondere in Untertitel 2 enthaltenen, umfangreichen Verweisungssystem auf Untertitel 1, mithin auf die Bestimmungen des Verbraucherdarlehensvertrags. Hierdurch stellt das Gesetz trotz Aufgabe des Oberbegriffs „Kredit“ einen Regelungszusammenhang zwischen den unterschiedlichen Kreditarten her. Es hat sich ferner gezeigt, dass das Verbraucherdarlehensvertragsrecht systematisch eng an das allgemeine Darlehensvertragsrecht angebunden ist. Die enge Verbindung folgt nicht allein aus der systematischen Unterstellung unter denselben Untertitel, sondern insbesondere daraus, dass der Verbraucherdarlehensvertrag allein ergänzende Regelungen zum allgemeinen Darlehensvertragsrecht bereithält.
II. Der Darlehensvertrag als „Grundlage“ des Verbraucherdarlehensvertragsrechts: Überblick über die Änderungen im allgemeinen Darlehensrecht Weil also die Sonderregelungen des Verbraucherdarlehensvertragsrechts nach der Legaldefinition des § 491 Abs. 1 BGB tatbestandlich einen Darlehensvertrag voraussetzen, erscheint es sinnvoll, das Wesen des Darlehensvertrages nach der neuen Gesetzeslage und die wesentlichen Änderungen, die diesen Vertragstyp als Haupterscheinungsform des Kredits betreffen, zusammenzufassen. Im Hinblick darauf, dass Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit aber gerade die verbraucherrechtlichen Sonderregelungen sind, beschränkt sich die Zusammenfassung auf einen abrissartigen Überblick über das allgemeine Darlehensrecht.
1. Das Wesen des Darlehensvertrags nach § 488 BGB und die Hauptpflichten der Vertragsparteien § 488 Abs. 1 BGB enthält die Definition des Darlehensvertrages. Danach wird der Darlehensgeber durch den Darlehensvertrag verpflichtet, dem Darlehensneh-
II. Der Darlehensvertrag als „Grundlage“ des Verbraucherdarlehensvertragsrechts 101
mer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuerstatten. Die Regelung des § 488 Abs. 1 BGB beinhaltet also die (Haupt-)pflichten der Vertragsparteien und bestätigt den Darlehensvertrag als Konsensualvertrag23, indem klargestellt wird, dass der Darlehensgeber bereits durch den Abschluss des Darlehensvertrags verpflichtet ist, dem Darlehensnehmer den vereinbarten Darlehensgegenstand zur Verfügung zu stellen. Die bei § 607 Abs. 1 BGB a.F. unter Berufung auf dessen Wortlaut noch vereinzelt vertretene Realvertragstheorie24, nach der der Darlehensvertrag erst mit Übertragung des Darlehengegenstandes zustande kommen sollte und der Anspruch des Darlehensnehmers auf Auszahlung des Darlehens somit allein über eine Vorvertragskonstruktion begründbar war, ist damit endgültig obsolet. Konsequenterweise enthält der Gesetzestext nunmehr auch keine selbständige Normierung des vormals in § 607 Abs. 2 BGB a.F. enthaltenen Vereinbarungsdarlehens mehr, das sich nur auf der Grundlage der Realvertragstheorie schlüssig erklären ließ25 und dessen Abschluss nach der neuen Rechtslage über die allgemeinen Regelungen, nämlich über § 311 Abs. 1 BGB zulässig ist. Den Darlehensgeber trifft nach § 488 Abs. 1 S. 1 BGB die Pflicht, dem Darlehensnehmer einen „Geldbetrag“ zur Verfügung zu stellen. Er ist also nicht zur Überlassung bestimmter Geldstücke oder –scheine, sondern alleine zur wertmäßigen Verschaffung des vereinbarten Geldbetrages verpflichtet; den Darlehensgeber trifft mithin eine Wertverschaffungspflicht.26 Mit der Formulierung „zur Verfügung stellen“ sollen die in der Rechtswirklichkeit vorkommenden unterschiedlichen Arten der Darlehensgewährung, insbesondere auch in Form des bargeldlosen Verkehrs27 erfasst werden. Der Darlehensgeber kann seiner vertraglichen Verpflichtung also dadurch genügen, dass er beim Bardarlehen den entsprechenden Geldbetrag übereignet oder im Falle von Buchgeld, den Geldbetrag aus seinem Vermögen endgültig ausscheidet und dem Vermögen des Darlehensnehmers endgültig zuführt.28 Ausdrücklich BT-Drucks. 14 / 6040, S. 252. Ausführlich zu dem schon vor dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz weitgehend praxisirrelevanten Streit zwischen der kaum mehr vertretenen Realvertragstheorie und der herrschenden Konsensualvertragstheorie vgl. etwa Häuser, in: Soergel, Vor § 607 BGB Rdn 6 ff.; Hopt / Mülbert, in: Staudinger, § 607 BGB Rdn 12 ff. 25 Hierzu Hopt / Mülbert, in: Staudinger, § 607 BGB Rdn 408. 26 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 253. Der Kritik Bülows, in: Schulze / Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 153 (156) an § 490 DiskE, der dort einen entsprechenden Auslegungshinweis vermisste, ist damit Rechnung getragen. 27 Als Beispiele benennt BT-Drucks. 14 / 6040, S. 253 Überweisung, Gutschrift, Gewährung eines Kontokorrentkredits und die Einräumung eines Überziehungskredits. 28 Zur Konkretisierung der Wertverschaffungspflicht vgl. Reiff, in: AnwKom, § 488 BGB Rdn 4. 23 24
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
Im Gegenzug ist der Darlehensnehmer nach § 488 Abs. 1 S. 2 BGB verpflichtet, den „geschuldeten Zins zu zahlen“. Die Verpflichtung zur Zahlung des geschuldeten Zinses steht insoweit unzweifelhaft im Synallagma zu den Pflichten des Darlehensgebers nach § 488 Abs. 1 S. 1 BGB. Anders als bei § 607 BGB a.F. hat der Gesetzgeber das verzinsliche Darlehen damit zum gesetzlichen Regeltypus erhoben und den Gesetzestext der gelebten Rechtswirklichkeit angepasst. Für das Verbraucherdarlehen mit seinen besonderen Schutzmechanismen ist diese Änderung freilich bedeutungslos. Hier war nach alter und ist nach neuer Rechtslage die Entgeltlichkeit der Darlehensgewährung nicht nur „Regeltypus“, von dem die Parteien entsprechend ihrem Willen abweichen können, sondern nach § 1 Abs. 2 VerbrKrG bzw. § 491 Abs. 1 BGB sogar ein anwendungsbereicheröffnendes Tatbestandsmerkmal der spezifischen Verbraucherschutzbestimmungen. Unabhängig davon, ob ein „allgemeines“ Darlehen oder ein Verbraucherdarlehen in Rede steht, ist der Darlehensnehmer nach § 488 Abs. 1 S. 2 BGB jedenfalls verpflichtet, „bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuerstatten.“ Ihn trifft eine Rückzahlungspflicht, die freilich nicht dahingeht, genau den erhaltenen Darlehensgegenstand zurückzuerstatten, sondern ihn alleine zur Zahlung des entsprechenden Betrages verpflichtet. Bei dieser Rückzahlungspflicht handelt es sich nicht um eine synallagmatische Hauptleistungspflicht, sondern um eine gesetzlich normierte Nebenpflicht.29 Der Darlehensgeber gewährt das Darlehen schließlich nicht, um den Darlehensbetrag bei Fälligkeit zurückerstattet zu bekommen, sondern mit dem Ziel, die vereinbarten Zinsen zu erhalten. Dass sein Hauptinteresse dem Erhalt der Darlehenszinsen und nicht der Rückzahlung gilt, lässt sich z. B. daran deutlich erkennen, dass nach § 490 Abs. 2 BGB bei langfristigen festverzinslichen Darlehen eine vorzeitige Rückzahlung grundsätzlich nur gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung möglich ist. Gegen die Annahme einer Nebenpflicht lässt sich auch nicht systematisch einwenden, der Gesetzgeber habe die Rückzahlungspflicht zusammen mit der vertraglichen Hauptpflicht zur Zinszahlung in einer Vorschrift geregelt. Zwar hätte es nahe gelegen, eine an das Mietrecht angelehnte Regelung zu treffen, wo sich als Hauptpflichten der Vertragsparteien in § 535 BGB die Gebrauchsüberlassungs- und Instandhaltungspflicht des Vermieters und die Pflicht des Mieters zur Mietzinsentrichtung gegenüberstehen, wobei die Rückgabepflicht des Mieters separat in § 546 BGB geregelt ist; allein daraus, dass die Rückzahlungspflicht des Darlehensnehmers keine vergleichbar eigenständige Regelung gefunden hat, lässt sich aber nicht der Schluss ziehen, dass insoweit eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung gegen die Annahme einer Nebenpflicht30 und für die Ausgestaltung der Rückzahlungspflicht als synallagmatische Hauptleistungspflicht getroffen worden wäre31; auch im Kaufrecht ist die als 29 Reiff, in: AnwKom, § 488 BGB Rdn 6; a.A. Reifner, ZBB 2001, 193 (195); Wittig / Wittig, WM 2002, 145 (146). 30 So aber Reifner, ZBB 2001, 193 (195). 31 Wie hier Reiff, in: AnwKom, § 488 BGB Rdn 6, der unter Heranziehung der Motive zum BGB darauf hinweist, dass die separate Regelung der Rückgabepflicht im Mietrecht
II. Der Darlehensvertrag als „Grundlage“ des Verbraucherdarlehensvertragsrechts 103
Nebenpflicht ausgestaltete Abnahmepflicht des Käufers zusammen mit dessen Hauptpflicht zur Entrichtung des Kaufpreises in § 433 Abs. 2 BGB, also in einer Norm niedergelegt.
2. Fälligkeit der Rückzahlungspflicht und ordentliche Kündigung Nach § 488 Abs. 1 S. 2 BGB trifft den Darlehensnehmer die Rückzahlungspflicht im Zeitpunkt der Fälligkeit. Um festzustellen, wann das gewährte Darlehen zur Rückzahlung fällig wird, ist grundsätzlich danach zu differenzieren, ob im Vertrag für das Darlehen eine Laufzeit vereinbart wurde oder nicht.
a) Fälligkeit bei Verträgen ohne Laufzeitvereinbarung Ist für die Rückerstattung des Darlehens im Darlehensvertrag keine Zeit bestimmt, haben die Parteien also auf eine Laufzeitvereinbarung verzichtet, so hängt die Fälligkeit der Rückzahlungspflicht nach § 488 Abs. 3 S. 1 BGB davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer das Darlehen kündigt. Insoweit ergeben sich keine Abweichungen zu § 609 Abs. 1 BGB a.F. Eine marginale Änderung betrifft alleine die für die ordentliche Kündigung beachtliche Kündigungsfrist: § 488 Abs. 3 S. 2 BGB sieht, sofern die Parteien keine abweichende Vereinbarung getroffen haben32, eine einheitliche Kündigungsfrist von drei Monaten vor, unabhängig von der Höhe des Darlehens. Vormals galt für Darlehen bis zu 200 A eine kürzere Kündigungsfrist von einem Monat. Der Gesetzgeber hielt eine eigenständige Regelung für derartige Kleindarlehen wegen deren geringer Praxisrelevanz nunmehr für überflüssig33 und ließ sie daher ersatzlos entfallen. Für den Bereich der Verbraucherdarlehen ist diese Änderung bedeutungslos, weil hier sog. Bagatelldarlehen bis zu 200 A ohnehin nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 VerbrKrG vom Anwendungsbereich der verbraucherrechtlichen Schutzbestimmungen ausgenommen waren, woran sich durch § 491 Abs. 2 Nr. 1 BGB nichts geändert hat.
b) Fälligkeit bei Verträgen mit Laufzeitvereinbarung Haben die Vertragsparteien im Darlehensvertrag eine Laufzeitvereinbarung getroffen, so wird nach § 488 Abs. 3 S. 1 BGB das Darlehen grundsätzlich zu diesem nicht auf tiefer dogmatischer Einsicht, sondern vielmehr auf bloßen Zweckmäßigkeitserwägungen beruht. 32 Die Regelung ist nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers in BT-Drucks. 14 / 6040, S. 253 dispositiv. 33 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 253.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
Zeitpunkt zur Rückzahlung fällig.34 Insoweit ergeben sich keine Änderungen gegenüber der alten Rechtslage. Auch hinsichtlich der vorzeitigen Darlehensrückzahlung ergeben sich keine Änderungen: Im Umkehrschluss zu § 488 Abs. 3 S. 3 BGB, der § 609 Abs. 3 BGB a.F. bis auf redaktionelle Anpassungen wortgleich ersetzt, ist eine vorzeitige Rückzahlung verzinslicher Darlehen durch den Darlehensgeber entgegen § 271 Abs. 2 BGB35 grundsätzlich ausgeschlossen.36 Ausnahmsweise kann aber dem Ausschluss der vorzeitigen Rückzahlung ein nach § 489 Abs. 4 S. 1 BGB unabdingbares ordentliches Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach § 489 BGB entgegenstehen. Die Regelung entspricht mit ihren Fallgruppen nahezu wörtlich dem bisherigen § 609 a BGB a.F. Eine inhaltliche Modifikation des § 609 a BGB a.F. brachte allerdings dessen „terminologische Bereinigung“ in Abs. 1 Nr. 2 mit sich. In § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ersetzt der Begriff des „Verbrauchers“ (§ 13 BGB) die umständliche Umschreibung des persönlichen Anwendungsbereichs des Kündigungsrechts, wie sie § 609 a Abs. 1 Nr. 2 BGB enthielt. Nach § 609 Abs. 1 Nr. 2 HS. 2 BGB galt das nach Halbsatz 1 der Regelung einer natürlichen Person eingeräumte Kündigungsrecht nicht, „wenn das Darlehen ganz oder überwiegend für Zwecke einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit bestimmt war.“ Nahm also ein Arbeitnehmer ein Darlehen auf, um sich von dem Geld ein KfZ zu kaufen, welches er für den Weg zur Arbeit benötigt, so stand ihm nach alter Rechtslage kein Kündigungsrecht nach § 609 a Abs. 1 Nr. 2 BGB zu, weil er für „berufliche Zwecke“ handelte.37 Nunmehr nimmt § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf die Verbraucherdefinition des § 13 BGB Bezug. Das Kündigungsrecht ist danach nur ausgeschlossen, wenn mit dem Darlehen gewerbliche oder „selbständige berufliche Zwecke“ verfolgt werden. Dem Arbeitnehmer im vorstehenden Fall stände demnach, weil er unselbständig tätig ist, das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu. Der persönliche Anwendungsbereich des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist also im Vergleich zur Vorgängernorm weiter gefasst: Waren nach der alten Formulierung auch Darlehen für unselbständige berufliche Tätigkeiten, mithin Arbeitnehmer aus dem Schutzbereich der Vgl. zu § 609 BGB a.F. Westermann, in: MüKo, § 609 BGB Rdn 3 und 5. Nach § 271 Abs. 2 BGB kann der Schuldner, sofern eine Leistungszeit bestimmt ist, im Zweifel auch schon vorher die Leistung bewirken. 36 Zur Altregelung des § 609 Abs. 3 BGB, vgl. BGHZ 42, 302 (305); 64, 278 (284); im Anschluss an vorbezeichnete Entscheidungen hält Reiff, in: AnwKom, § 488 BGB Rdn 10 die vorzeitige Rückzahlung verzinslicher Darlehen außerhalb der Fälle des § 489 BGB generell für unzulässig; anders Hammen, DB 1991, 953 ff., der danach differenziert, ob das verzinsliche Darlehen befristet gewährt wurde oder nicht. Nur im erstgenannten Fall will er die Unzulässigkeit vorzeitiger Erfüllbarkeit aus § 609 Abs. 3 BGB a.F. ableiten. Auf befristete Darlehensverträge sei § 609 Abs. 3 BGB nach dem Willen des historischen Gesetzgebers nicht anwendbar; die Unzulässigkeit vorzeitiger Rückzahlung befristeter, verzinslicher Darlehen sei aber regelmäßig aus einer Vertragsauslegung zu folgern; für diese Auslegung spricht m.E. auch im Hinblick auf die Neuregelung des § 488 Abs. 3 S. 3 dessen systematische Stellung im Anschluß an Abs. 3 S. 1; Wittig / Wittig, WM 2002, 145 (148) rät dem Darlehensgeber insoweit einen vertraglichen Ausschluss der vorzeitigen Rückzahlungsmöglichkeit an. 37 Hierzu Westermann, in: MüKo, § 609 a BGB Rdn 23. 34 35
II. Der Darlehensvertrag als „Grundlage“ des Verbraucherdarlehensvertragsrechts 105
Vorschrift ausgenommen, so ist das durch die Anwendung des Verbraucherbegriffs nach § 13 BGB nicht mehr der Fall.38 Zu beachten ist freilich, dass es sich trotz des Verweises auf § 13 BGB bei § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht um eine spezifische Schutzbestimmung des Verbraucherdarlehensvertragsrechts handelt. Die Regelung setzt im Gegensatz zu den §§ 491 ff. BGB keinen Verbraucherdarlehensvertrag voraus, kommt also auch in dem Fall zur Anwendung, dass sich zwei Verbraucher als Vertragspartner eines Darlehensvertrages gegenüber stehen. Eine weitere marginale Änderung findet sich in § 489 Abs. 4 BGB. Die hier niedergelegte, rechtspolitisch umstrittene Unabdingbarkeitsregelung39, die § 609 a Abs. 4 BGB a.F. ersetzt, enthält die gleichen Ausnahmetatbestände wie die Vorgängernorm, allerdings ergänzt um zwei weitere: Nunmehr ist das ordentliche Kündigungsrecht des Darlehensnehmers in § 489 BGB nach der Vorschrift des § 489 Abs. 4 S. 2 BGB auch zugunsten der Europäischen Gemeinschaften und ausländischer Gebietskörperschaften abdingbar.
3. Außerordentliche Kündigung Neben den Regelungen zur ordentlichen Kündigung besteht für Darlehensgeber und Darlehensnehmer bei Vorliegen eines wichtigen Grundes auch die Möglichkeit zur außerordentlichen Kündigung.
a) Außerordentliches Kündigungsrecht des Darlehensgebers Nach § 490 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Darlehensgeber wegen Gefährdung der Darlehensrückerstattung außerordentlich, ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Die Regelung ersetzt § 610 BGB a.F., der dem Darlehensgeber ein Widerrufsrecht für den Fall einräumte, dass in den Vermögensverhältnissen des Darlehennehmers eine Vermögensverschlechterung eintrat und das Darlehen noch nicht valutiert war. Die nunmehr erfolgte Einordnung der Vertragslösungsmöglichkeit als Kündigung ist systematisch und terminologisch überzeugend; zum einen, weil die Rechtsfigur des Widerrufs auf der Grundlage gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben typischerweise einen spezifisch verbraucherschützenden Rechtsbehelf bezeichnet und insoweit auf das diskussionsgegenständliche Vertragslösungsrecht nicht so recht passte, zum anderen weil das Kündigungsrecht dem modernen Verständnis des Darlehensvertrages als eines zweiseitig verpflichtenden Konsensualvertrages und Dauer38
Vgl. hierzu, wie auch zur Frage der Beweislast Reiff, in: AnwKom, § 489 BGB Rdn
12 ff. 39 Harsche rechtspolitische Kritik an der zwingenden Ausgestaltung des ordentlichen Kündigungsrechts des Darlehensnehmers übt Köndgen, WM 2001, 1637 (1642).
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
rechtsverhältnis besser entspricht.40 Inhaltlich wurde das Vertragslösungsrecht in mehrfacher Hinsicht erweitert und präzisiert: So wird über § 610 BGB a.F. hinausgehend, das Kündigungsrecht nunmehr auch nach Darlehensvalutierung gewährt.41 Bisher war nach h.M. im Fall einer Vermögensverschlechterung nach Darlehensvalutierung eine Vertragslösungsmöglichkeit allein nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage gegeben.42 Aber auch, wenn § 490 Abs. 1 BGB die vorbezeichneten Fallgruppen nun insoweit angleicht, als beide Fälle von § 490 Abs. 1 BGB erfasst sind, ist dennoch zu beachten, dass das Gesetz die Kündigungssituation vor und nach Darlehensvalutierung unterschiedlich bewertet: Vor Valutierung ist die außerordentliche Kündigung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 490 Abs. 1 BGB „im Zweifel stets“ zulässig, weil man dem Darlehensgeber eine Auszahlung des Darlehens generell nicht wird zumuten können, wenn dieser weiß, dass es höchstwahrscheinlich nicht zu einer Rückzahlung kommen wird und er sich nicht – ausdrücklich oder stillschweigend – auf eine anderslautende Vereinbarung eingelassen hat43 und wenn seine Kündigung auch nicht „zur Unzeit“ oder anderweitig rechtsmissbräuchlich erfolgt44. Dagegen wird das Kündigungsrecht nach Valutierung dem Darlehensgeber „nur in der Regel“ eingeräumt. Durch Rückgriff auf die Formulierung „in der Regel“ wird das Kündigungsrecht nach Darlehensvalutierung entsprechend der bislang geübten Rechtslage bei Anwendung der Geschäftsgrundlagenprinzipien „weicher“ gestaltet als das Kündigungsrecht vor Valutierung. Nach Valutierung hängt die Zulässigkeit der Kündigung demnach von einer letzten Endes zugunsten des Darlehensgebers ausfallenden Gesamtwürdigung der Kündigungssituation auch unter Berücksichtigung der Belange des Schuldners ab.45 Maßgeblich ist insbesondere, ob dem Darlehensgeber die Belassung des Darlehens noch zumutbar ist. Das kann etwa der Fall sein, wenn dem Darlehensnehmer hierdurch die ratenweise Rückzahlung möglich ist, während er bei sofortiger Rückzahlungsverpflichtung insolvent würde.46 40 Köndgen, WM 2001, 1637 (1642); im Ergebnis ebenso, aber abhebend auf die Rechtsnatur des Darlehensvertrag als Konsensualvertrag und seine Rechtsnatur als Dauerschuldverhältnis Reiff, in: AnwKom, § 490 BGB Rdn 6. 41 Unter der Geltung von § 610 BGB a.F. wurde die analoge Anwendung der Vorschrift auf Fälle einer Bonitätsverschlechterung nach Valutierung nur vereinzelt vertreten, zum Meinungsstand vgl. Köndgen, NJW 1994, 1508 (1514 f.). 42 Vgl. Mülbert, in Staudinger, § 610 Rdn 12 f.; Westermann, in: MüKo, § 610 BGB Rdn 13; Köndgen, NJW 1994, 1508 (1514). 43 Aus der Formulierung „im Zweifel“ lässt sich u. a. der dispositive Charakter des Kündigungsrechts aus § 490 Abs. 1 BGB ableiten. 44 Letztgenannte Fälle, in denen bereits nach bisheriger Rechtslage eine Kündigung missbräuchlich war, werden vom Wortlaut der „Zweifelsregelung“ ohne weiteres erfasst. Wenn Reifner, ZBB 2001, 193 (199) mit Blick auf § 490 Abs. 1 BGB insoweit eine Preisgabe der Darlehensnehmerinteressen meint erkennen zu können, vermag dies nicht zu überzeugen; wie hier Freitag, WM 2002, 2370 (2375). 45 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 254. 46 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 254.
II. Der Darlehensvertrag als „Grundlage“ des Verbraucherdarlehensvertragsrechts 107
Neben vorbezeichneter Rechtsprechungskodifikation wird im Normtext des § 490 Abs. 1 BGB, verglichen mit der Vorgängernorm, die Gefährdungsschwelle für den Gläubiger dahingehend herabgesetzt, dass die Kündigungsmöglichkeit nicht erst besteht, wenn die die Darlehensrückzahlung gefährdende wesentliche Verschlechterung in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit bereits eingetreten ist. Ausreichend ist vielmehr, dass eine solche wesentliche „Verschlechterung“ droht, sich also deutlich abzeichnet.47 Diese „herabgesetzte“ Gefährdungsschwelle entspricht der bisherigen Rechtspraxis; es war lediglich eine Klarstellung beabsichtigt.48 Schließlich erweitert § 490 Abs. 1 BGB die Kündigungsmöglichkeit des Darlehensgebers wegen einer wesentlichen Verschlechterung in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers gegenüber § 610 BGB a.F. um den Fall, dass in der Werthaltigkeit einer gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht.49 Daraus darf man freilich nicht schließen, die Neuregelung brächte eine einseitig den Handlungsspielraum des Darlehengebers erweiternde Kündigungsmöglichkeit, in dem Sinne, dass das Vorliegen einer der beiden Formen der „Verschlechterung“ ausreichte, um ihm die Kündigungsmöglichkeit zu eröffnen. Vielmehr sind die beiden Formen der Verschlechterung ausweislich des Gesetzestexts dergestalt aufeinander bezogen, dass die Frage, ob die Darlehensrückgewähr gefährdet ist oder nicht „auch unter Verwertung der Sicherheit“ zu beurteilen ist.50 Liegen also ausreichende Sicherheiten vor, so ist trotz einer wesentlichen Verschlechterung in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers eine außerordentliche Kündigung unzulässig. Das klingt zunächst einleuchtend, wirft aber durchaus praktische Probleme auf: So wird der Darlehensgeber künftig, bevor er eine Kündigung nach § 490 Abs. 1 BGB erklärt, eine u.U. zeit- und kostenintensive Neubewertung der gestellten Sicherheiten vorzunehmen haben und dadurch gezwungen sein, dem Darlehensnehmer eine kaum zu rechtfertigende „Schonfrist“51 einzuräumen. Insbesondere aber für den Fall, dass der Darlehensnehmer in Verzug gerät und der Darlehensgeber nicht weiß, ob die Nichtzahlung auf eine wesentliche Vermögensverschlechterung oder auf andere Gründe, etwa eine taktisch bedingte Zahlungsverweigerung rückführbar ist, stellt sich die Frage, ob sich der Darlehensgeber noch auf das allgemeine Kündigungsrecht aus wichtigem Grund in § 314 BGB berufen kann oder, ob er auf § 490 Abs. 1 BGB beschränkt ist, mit der Folge, dass er zunächst eine Überprüfung der Vermögenssituation des Kunden, evtl. einschließlich der vorbezeichneten Neubewertung von Sicherheiten, durchzuführen hat. Geriet der Darlehensnehmer bisher mit mehreren Raten in Verzug, so stellte dies nach alter Rechtslage eine wesentliche VertragsverSo Reiff, in: AnwKom, § 490 BGB Rdn 4. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 254. 49 Ein Rückgriff auf Treu und Glaube, wie in OLG Düsseldorf, WM 1976, 882 ist damit entbehrlich; zur alten Rechtslage vgl. Westermann, in: MüKo, § 610 BGB Rdn 7. 50 Reiff, in: AnwKom, § 490 BGB Rdn 2 spricht insoweit von einer Wechselwirkung. 51 Hierzu Freitag, WM 2001, 2370 (2374). 47 48
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
letzung dar, die grundsätzlich zur außerordentlichen Kündigung berechtigte52; bei Verbraucherkrediten galt dies freilich nur unter den qualifizierten Voraussetzungen des § 12 VerbrKrG. § 12 VerbrKrG wurde nunmehr in § 498 BGB überführt. Ist damit auch nach neuem Recht schon bei Verbraucherdarlehen ein außerordentliches Kündigungsrecht für den Fall des Zahlungsverzuges, jedenfalls unter qualifizierten Voraussetzungen, vorgesehen, so wird man eine Kündigung aus wichtigem Grund a maiore ad minus auch im allgemeinen Darlehensrecht, wie es unter Unternehmern gilt, für zulässig halten müssen. Dafür spricht insbesondere auch, dass vorgenannte zeit- und kostenintensive Prüfung, ob der Darlehensnehmer tatsächlich vermögenslos ist oder allein aus verhandlungstaktischen Erwägungen seine Raten nicht pflichtgemäß tilgt, dem Darlehensgeber kaum zumutbar ist.53
b) Außerordentliches Kündigungsrecht des Darlehensnehmers Keine explizite, normative Entsprechung im „alten“ BGB hat die Regelung des § 490 Abs. 2 BGB, die dem Darlehensnehmer unter bestimmten Voraussetzungen ein außerordentliches Kündigungsrecht einräumt. Der Reformgesetzgeber verfolgte mit dieser Vorschrift das Ziel, im Dienste der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit54 die Rechtsprechung des BGH zu der Frage zu kodifizieren, ob und unter welchen Voraussetzungen der Darlehensnehmer bei Festsatzdarlehen gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung eine vorzeitige Darlehensablösung verlangen kann. Im Jahre 1997 hatte der BGH in zwei Urteilen entschieden, dass ein Darlehensnehmer, der seinen Darlehensvertrag wegen langfristiger Zinsbindung und grundpfandrechtlicher Sicherung ordentlich erst nach Ablauf der zehnjährigen Frist des § 609 a Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. (nunmehr: § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB) kündigen kann, einen Anspruch auf Einwilligung in die vorzeitige Darlehensablösung gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung hat, wenn sein berechtigtes Interesse, insbesondere die Einhaltung seiner wirtschaftlichen Handlungsfreiheit, dies erfordere.55 Obwohl diese Rechtsprechung aus guten Gründen harscher rechtspolitischer wie dogmatischer Kritik ausgesetzt war56, entschied sich der Reformgesetzgeber dazu, diese, die vertragliche Bindungswirkung von Verträgen nicht unerheblich einschränkende, dogmatisch keineswegs gefestigte57 Rechtsprechung in weiBunte, in: Schimansky / Bunte / Lwowski (Hrsg.): Bankrechts-Handbuch, § 24 Rdn 42. Vgl. auch Freitag, WM 2001, 2370 (2374). 54 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 254. 55 BGHZ 136, 161 (166 f.) = ZIP 1997, 1641 (1643) mit Anmerkung Köndgen; BGH ZIP 1997, 1646 (1647). 56 Köndgen, in: Ernst / Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 457 (467, 475 f.); ders., WM 2001, 1637 (1643 f.); ders., ZIP 1997, 1645 f.; Medicus, EwiR 1997, 921 f.; Marburger, ZBB 1998, 30 ff. 57 Reiff, in: AnwKom, § 490 BGB Rdn 10 erachtet die Kodifizierung insoweit als übereilt. 52 53
II. Der Darlehensvertrag als „Grundlage“ des Verbraucherdarlehensvertragsrechts 109
ten Teilen zu übernehmen und gesetzlich zu verankern. Dabei wurde aus dem von der Rechtsprechung entwickelten, recht eigenwilligen „entgeltlichen“, nämlich durch Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung zu „erwerbenden“ Anspruch auf Einwilligung in die vorzeitige Darlehensablösung, ein außerordentliches Kündigungsrecht, was der dogmatischen Struktur von Dauerschuldverhältnissen zweifelsohne besser entspricht.58 Wie bisher kommt auch jetzt das Kündigungsrecht nach § 490 Abs. 2 S. 1 BGB nur in Betracht, wenn im Darlehensvertrag für einen bestimmten Zeitraum ein fester Zinssatz vereinbart wurde und dieses Festsatzdarlehen grund- oder schiffspfandrechtlich gesichert ist. Um in den Genuss des Kündigungsrechts zu kommen, ist weiterhin Voraussetzung, dass die berechtigten Interessen des Darlehensnehmers eine vorzeitige Kündigung gebieten. Ein berechtigtes Interesse in diesem Sinn liegt nach § 490 Abs. 2 S. 2 BGB insbesondere dann vor, wenn der Darlehensgeber ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Insoweit kam es nach der bisherigen Rechtsprechung, die für die Regelung des § 490 Abs. 2 BGB Modell stand, auf die Beweggründe des Darlehensnehmers nicht an; es genügten private Gründe wie Krankheit, Arbeitslosigkeit, Überschuldung oder Umzug ebenso wie der Wunsch des Darlehensnehmers nach Aufstockung eines Geschäftsdarlehens59, um ein berechtigtes Interesse an einer vorzeitigen Kündigung zu begründen. Ob die Rechtsprechung auch künftig diesen großzügigen Kurs fahren wird, bleibt abzuwarten. Jedenfalls stellt das Tatbestandsmerkmal des berechtigten Interesses eine sehr niedrige Hürde für die Ausübung eines außerordentlichen Kündigungsrechts60 dar. Liegen vorbezeichnete Voraussetzungen vor, so kann der Darlehensnehmer den Darlehensvertrag gem. § 490 Abs. 2 S. 1 BGB „unter Einhaltung der Fristen des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB“ vorzeitig kündigen, also frühestens sechs Monate nach dem vollständigen Empfang des Darlehens und unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten. Rechtsfolge der Kündigung ist nicht allein die Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs. Der Darlehensnehmer ist darüber hinaus – wie sich aus § 490 Abs. 2 S. 3 BGB ergibt – zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung verpflichtet. Der Darlehensgeber hat insoweit einen gesetzlichen Anspruch darauf, den Schaden, der ihm durch die vorzeitige Kündigung entstanden ist – so die Legaldefinition der Vorfälligkeitsentschädigung in § 490 Abs. 2 S. 3 BGB – ersetzt zu bekommen.61 Wie dieser Schaden im Einzelnen zu berechnen ist, war Kritisch hierzu Reiff, in: AnwKom, § 490 BGB Rdn 11. Vgl. BGHZ 136, 161 (167) = BGH ZIP 1997, 1641 (1643); Reiff, in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, § 10 Rdn 20. 60 Ebenso Köndgen, in: Ernst / Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 457 (476). 61 Die ursprünglich im Regierungsentwurf vorgesehene konditionale Verknüpfung zwischen Kündigungsrecht und Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung, nach der die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung Wirksamkeitsvoraussetzung der außerordentlichen Kündigung gewesen wäre, ist nicht Gesetz geworden. Das ist insofern erfreulich, als eine solche 58 59
110
C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
schon vor der Einführung des § 490 Abs. 2 BGB schwierig zu beantworten und umstritten.62 Daran wird sich auch künftig nichts ändern. Der Gesetzgeber hat sich bewusst einer Kodifikation etwaiger Berechnungsgrundsätze enthalten, weil diese in ihren Verästelungen und Details einer normativen Fixierung nicht zugänglich seien und auch für strukturelle Änderungen in den äußeren wirtschaftlichen Bedingungen offengehalten werden müssten, was besser gelinge, wenn die Berechnungsgrundsätze durch die Rechtsprechung festgelegt würden.63 Doch nicht nur insoweit bleibt eine Konkretisierung durch die Rechtsprechung abzuwarten. Auch die dogmatisch fragwürdige, nunmehr in Gesetzesform gegossene Einordnung der Vorfälligkeitsentschädigung als Schadensersatz, anstatt als „Aufhebungsentgelt“64, wird neue, bis dahin nicht geklärte Fragen aufwerfen. So spricht die Ausgestaltung als Schadensersatzanspruch dafür, dass sich Kreditinstitute künftig Ersatzgeschäfte anrechnen lassen müssen, die sie mit dem vorzeitig zurückgezahlten Kapital finanzieren. c) § 314 BGB § 490 Abs. 3 BGB stellt u. a. klar, dass neben den außerordentlichen Kündigungsrechten in § 490 Abs. 1 und 2 BGB den Parteien eines Darlehensvertrags auch das allgemeine Recht zur Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund (§ 314 BGB) zusteht. § 314 BGB kodifiziert diesen bis dahin in Rechtsprechung und Literatur allgemein anerkannten, insbesondere aus § 626 BGB a.F. analog65, bzw. § 242 BGB66 abgeleitete Rechtsgrundsatz, dass Dauerschuldverhältnisse aus wichtigem Grund außerordentlich kündbar sind. Im AnwenKonstruktion wegen des Grundsatzes der Bedingungsfeindlichkeit von Gestaltungsrechten, durch den vermieden werden soll, dass die Gestaltungswirkung einer Erklärung in Rechtsunsicherheit auslösender Weise zunächst in der Schwebe bleibt, sehr bedenklich gewesen wäre, vgl. hierzu auch Köndgen, WM 2001, 1637 (1644). 62 Der BGH hat in BGHZ 136, 161 (168) verschiedene Kalkulationsmodelle zur Auswahl gestellt, wobei im Grundsatz für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung dasselbe gelten soll wie für die Berechnung der Nichtabnahmeentschädigung. Insoweit kann der Darlehensgeber sowohl einen Zinsmargen- als auch einen fiktiven Zinsverschlechterungsschaden geltend machen. Zu den Einzelheiten vgl. BGHZ 136, 161 (168 ff.); BGH ZIP 1997, 1646 (1648); mit instanzgerichtlichen Urteilen Köndgen, NJW 2000, 468 (481). 63 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 255. 64 Schadenersatz ist grundsätzlich eine Sanktion für Vertragsverletzungen oder sonstiges Verletzungsverhalten. Die Kündigung nach § 490 Abs. 2 BGB hingegen stellt ein gesetzliches Recht des Darlehensnehmers dar. Köndgen, WM 2002, 1637 (1644) verweist in diesem Zusammenhang auf das vorzeitige Kündigungsrecht des Werkbestellers nach § 649 BGB, das gerade nicht von einer Schadensersatzzahlung, sondern vielmehr von der Entrichtung des vertraglich geschuldeten Entgelts abhängt und insoweit dogmatisch überzeugender ausgeformt ist als § 490 Abs. 2 S. 3 BGB. 65 RGZ 169, 203 (206); 50, 312 (314); Bruchner, in: Schimansky / Bunte / Lwowski (Hrsg.), Bankrechts-Handbuch, § 79 Rdn 41; Schwerdner, in: MüKo, § 626 BGB Rdn 267 f. 66 BGHZ 41, 104 (108); BGH NJW 1989, 1482 (1483).
II. Der Darlehensvertrag als „Grundlage“ des Verbraucherdarlehensvertragsrechts 111
dungsbereich der Vorschriften des § 490 Abs. 1 und 2 BGB wird man diese jedoch als leges speciales ansehen müssen67, so dass bei Vorliegen der dort normierten Voraussetzungen ein Rückgriff auf § 314 BGB ausgeschlossen ist. Die Abgrenzung kann im Einzelfall, wie vorstehend am Beispiel des Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers erörtert68, sehr schwierig sein, und wird künftig für nicht unerhebliche Probleme sorgen.
4. Zinsanspruch bei Verzug des Darlehensnehmers Gerät der Darlehensnehmer mit geschuldeten Zahlungen, nämlich Zins und Tilgung in Verzug, dann gilt gem. § 288 Abs. 1 BGB grundsätzlich, dass der Darlehensgeber Anspruch auf Zahlung eines Verzugszinssatzes in Höhe des um 5 Prozentpunkte erhöhten Basiszinssatzes hat. Der maßgebliche Basiszinssatz bestimmt sich insoweit nicht mehr nach § 1 Diskontsatz-Überleitungs-Gesetz, wie das nach § 288 Abs. 1 BGB a.F. der Fall war, sondern richtet sich entsprechend dem neu gefassten § 288 Abs. 1 S. 2 BGB nach § 247 BGB.69 Gegenüber der alten Rechtslage wurde der gesetzliche Zinssatz deutlich erhöht und auf der Basis des jeweiligen Marktzinsniveaus dynamisiert. Vorbezeichnete Grundregeln gelten gem. § 497 Abs. 1 S. 1 BGB auch für Verbraucherdarlehen, es sei denn sie sind grundpfandrechtlich gesichert; für letztgenannten Fall der Immobiliardarlehensverträge (§ 492 Abs. 1a S. 2 BGB) wurde in § 497 Abs. 1 S. 2 BGB ein pauschalierter, niedrigerer Verzugszinssatz neu eingeführt, der bei zweieinhalb Prozentpunkten über dem Basiszinssatz per anno liegt. Hierauf wird noch einzugehen sein. Ebenfalls keine Entsprechung im bisherigen Recht hat auch § 288 Abs. 2 BGB, wonach bei Rechtsgeschäften, an denen kein Verbraucher beteiligt ist, der Verzugszinssatz nicht fünf, sondern acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz beträgt, soweit Entgeltforderungen in Rede stehen. Der Anwendungsbereich dieser Bestimmung beim Darlehensvertrag ist im Hinblick darauf, dass der erhöhte Zinssatz allein für Entgeltforderungen gilt, denkbar gering. Befindet sich der Darlehensnehmer nämlich mit der Darlehenstilgung im Verzug, so ist dieser Fall nicht von § 288 Abs. 2 BGB erfasst, weil die Darlehensrückzahlung kein Entgelt für die Darlehensgewährung darstellt. Auf den Verzug mit Zinszahlungen wird man die Regelung des § 288 Abs. 2 BGB jedenfalls ihrem Wortlaut nach für anwendbar halten können, wenngleich auch dies in der Literatur mit Blick auf den europäischen Hintergrund der Regelung angezweifelt wird.70 Ausführlich zum Verhältnis der Bestimmungen, Freitag, WM 2001, 2370 (2377). Vgl. vorstehend C. II. 3. a). 69 Der Basiszinssatz wurde zunächst per 1. September 2001 mit 3,62% festgelegt und ändert sich entsprechend den Änderungen des Zinssatzes für die Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank zweimal jährlich am 1. Januar und 1. Juli, § 247 Abs. 1 BGB. Der neu geltende Basiszinssatz wird anschließend jeweils unverzüglich von der Deutschen Bundesbank bekannt gegeben. 67 68
8 Enders
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
Freilich bleibt es neben vorbezeichneten pauschalierenden Verzugsschadensregelungen dem Gläubiger eines im Verzug befindlichen Schuldners grundsätzlich unbenommen, einen höheren Schaden im Wege des konkreten Schadensnachweises geltend zu machen, § 288 Abs. 4 BGB. Für Verbraucherdarlehen findet sich eine entsprechende Regelung in § 497 Abs. 1 S. 3 BGB. Insoweit besteht noch die schon in § 11 Abs. 1 HS. 2 VerbrKrG enthaltene und nun in § 497 Abs. 1 S. 3 BGB übernommene Besonderheit, dass im Fall des Verbraucherdarlehens dem als Verbraucher handelnden Darlehensnehmer „theoretisch“71 die Möglichkeit eröffnet wird, nachzuweisen, dass der Darlehensgeber einen geringeren Schaden als den nach §§ 497 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 288 Abs. 1 BGB oder den nach § 497 Abs. 1 S. 2 BGB pauschalierten Schaden erlitten hat.
5. Verjährung Eines der zentralen Anliegen der Schuldrechtsreform war die drastische Verkürzung der bisherigen Regelverjährungsfrist von 30 Jahren (§ 195 BGB a.F.) sowie eine Vereinheitlichung und Vereinfachung der bestehenden Fristen.72 In Umsetzung dieses Anliegens verjähren Ansprüche aus dem Darlehensvertrag, insbesondere der Anspruch des Darlehensgebers auf Darlehensrückerstattung und auf Zinszahlungen in der regelmäßigen Verjährungsfrist von nunmehr drei Jahren, § 195 BGB. Die Verjährungsfristen von Tilgungs- und Zinsansprüchen sind insoweit abweichend von der bisherigen Rechtslage aneinander angeglichen worden; nach alter Rechtslage verjährten Ansprüche auf Darlehensrückerstattung nämlich in der regelmäßigen Frist von 30 Jahren, Zinsansprüche wegen § 197 BGB a.F. aber in 4 Jahren. Aus Sicht des Darlehensnehmers bedeutet dies eine Besserstellung gegenüber der alten Rechtslage. Zwar entfällt die Verkürzung der Regelfrist für Ansprüche auf wiederkehrende Zins- und Tilgungsleistungen, allerdings war auch die alte verkürzte Regelfrist von vier Jahren noch länger als die neue Regelfrist. Die drastische Verkürzung der Regelverjährungsfrist von 30 Jahren auf drei Jahre geht mit einer nach alter Rechtslage nicht vorgesehenen „Subjektivierung“ 70 Wittig / Wittig, WM 2002, 145 (154) will § 288 Abs. 2 BGB auf den Verzug mit Zinszahlungen deswegen nicht anwenden, weil der Gesetzgeber die Regelung allein erlassen habe, um die gemeinschaftsrechtliche Zahlungsverzugsrichtlinie (RL 2000 / 35 / EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr, ABl. EG Nr. L 2000 v. 8. 8. 2000, S. 35 ff.) umzusetzen, und diese Richtlinie auf die als Entgelte für Handelsgeschäfte geleistete Zahlungen beschränkt sei und die Zahlung von Zinsen ausdrücklich nicht erfasse. 71 Die positiven Wirkungen dieser Bestimmung dürften sich freilich in Grenzen halten, weil in der Praxis der Nachweis eines geringeren Schadens zumindest gegenüber einem Kreditinstitut vom Verbraucher kaum zu führen sein dürfte, vgl. Soergel / Häuser, § 11 VerbrKrG Rdn 17. 72 Allgemein zum neuen Verjährungsrecht vgl. statt vieler die Ausführungen bei Mansel, in: Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, § 1.
II. Der Darlehensvertrag als „Grundlage“ des Verbraucherdarlehensvertragsrechts 113
des Fristbeginns einher (relative Fristbestimmung): Die Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB), wenn zusätzlich der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners (subjektiv) Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Bei Ansprüchen aus dem Darlehensvertrag ist freilich kaum vorstellbar, dass ein Mangel an Kenntnissen vorliegt, der geeignet wäre, den Fristbeginn zu hindern.73 Ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers greift allerdings eine objektive Obergrenze von 10 Jahren nach Anspruchsentstehung. Die kurze Verjährung kann durch Titulierung verhindert werden; insoweit verjähren Ansprüche für „Einmalforderungen“ erst in 30 Jahren, wenn sie rechtskräftig festgestellt (§ 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB), über sie vollstreckbare Vergleiche getroffen oder vollstreckbare Urkunden errichtet (§ 197 Abs. 1 Nr. 4 BGB) oder sie in einem Insolvenzverfahren festgestellt und in der Insolvenztabelle eingetragen sind (§ 197 Abs. 1 Nr. 5 BGB). Soweit die in den vorgenannten Titeln für vollstreckbar erklärten Zahlungsansprüche auch künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen, z. B. künftige Zinsansprüche des Darlehensgebers zum Inhalt haben, gilt für diese Ansprüche nach § 197 Abs. 2 BGB nur die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren. Bei Verbraucherdarlehen gelten für die Verjährung der Ansprüche des Darlehensgebers auf Darlehensrückerstattung und Zinsen zunächst die gleichen Bestimmungen wie für das allgemeine Darlehensrecht. Gerät der Darlehensnehmer indes mit seinen Tilgungs- oder Zinsleistungen in Verzug, enthalten § 497 Abs. 3 S. 3 und 4 BGB Sonderregelungen. Hierauf wird noch einzugehen sein.
6. Zusammenfassende Bewertung der Neuregelungen im allgemeinen Darlehensrecht Das allgemeine Darlehensvertragsrecht, wie es für Verträge zwischen zwei Unternehmern, zwei Verbrauchern, aber auch grundsätzlich für Vertragsschlüsse zwischen Verbrauchern und Unternehmern gilt, wurde durch das SMG keineswegs grundlegend geändert. Es enthält allein diverse Einzelmodifikationen, von denen jedenfalls die betreffend das außerordentliche Kündigungsrecht (§ 490 BGB) kritisch im Auge zu behalten sind, v.a was deren Konkretisierung durch die Rechtsprechung angeht. Die beabsichtigte Festschreibung der bisherigen Rechtspraxis ist hier nicht vollständig geglückt. Im Übrigen aber ist die Anpassung des terminologisch bereinigten Gesetzestexts an die gelebte Rechtswirklich73 Die Parteien werden nahezu immer von vornherein von den Umständen, die den Anspruch begründen, als auch von der Person des Vertragspartners Kenntnis haben, weswegen es letztlich maßgeblich auf den Zeitpunkt der Anspruchsentstehung ankommen wird. Differenziert zur Frage der Anspruchsentstehung Wittig / Wittig, WM 2002, 145 (154 f.).
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
keit begrüßenswert, ebenso wie die der Systematik des allgemeinen Vertragsrechts entsprechende Festschreibung des Darlehensvertrags als Konsensualvertrag. Für das allgemeine Darlehensvertragsrecht als rechtliche Grundlage des Verbraucherdarlehensvertragsrechts ist damit zusammenfassend zu konstatieren, das gegenüber der bisherigen Rechtslage keine wesentlichen Änderungen zu verzeichnen sind.
III. Änderungen des Verbraucherschutzniveaus Ist somit das allgemeine Darlehensvertragsrecht als Grundlage des Verbraucherdarlehensvertrags umrissen, kann die Untersuchung nunmehr in die spezifische Beleuchtung der Modifikationen des Verbraucherdarlehensvertragsrechts übergehen. Für Verbraucherdarlehensverträge gelten ergänzend zu den §§ 488 ff. BGB die Bestimmungen der §§ 491 ff. BGB. Die Eröffnung des Anwendungsbereichs der Schutzvorschriften erfordert demnach das Vorliegen eines Verbraucherdarlehensvertrages. Wie bekannt, liegt ein Verbraucherdarlehensvertrag nach § 491 Abs. 1 BGB dann vor, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: Es muss sich um eine vertragliche Vereinbarung über die Gewährung eines entgeltlichen Darlehens handeln. Vertragsschlüsse über zinslose Darlehen unterfallen insoweit nicht dem Anwendungsbereich der verbrauchdarlehensrechtlichen Schutzbestimmungen. Der Darlehensgeber muss ferner beim Vertragsschluss als Unternehmer (§ 14 BGB) gehandelt haben, d. h. den in Frage stehenden Darlehensvertrag in Ausübung seiner gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit abgeschlossen haben. Der Darlehensnehmer hingegen muss in der Rolle eines Verbrauchers (§ 13 BGB) gehandelt haben, also als natürliche Person, die den Darlehensvertrag allein zu privaten Zwecken abgeschlossen hat. Dem Verbraucherdarlehensvertrag gleichgestellt sind entgeltliche Darlehensverträge zwischen einem darlehensgewährenden Unternehmer und einem Existenzgründer, sofern der versprochene Darlehensbetrag nicht die durch § 507 BGB festgelegte Obergrenze zum Großdarlehen von 50.000 A überschreitet. Liegen diese sachlichen und personalen Voraussetzungen vor und greift keine Ausnahme nach § 491 Abs. 2, 3 BGB, dann finden grundsätzlich74 die besonderen Schutzbestimmungen der §§ 492 ff. BGB Anwendung.
74 Teilausnahmen sind nunmehr nach der ersten auf die Schuldrechtsreform erfolgten Gesetzeskorrektur im Rahmen des OLGVertrÄndG (BGBl. I S. 2850) nicht mehr allein in § 491 Abs. 3 BGB vorgesehen, sondern finden sich für Immobiliardarlehen „verstreut“ in den einzelnen Regelungen des Verbraucherdarlehensvertragsrechts.
III. Änderungen des Verbraucherschutzniveaus
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1. Die Abgrenzung generell-schutzeröffnender von konkret-schutzgewährenden Bestimmungen Schon diese gesetzliche Systematik lässt es sinnvoll erscheinen, bei der untersuchungsgegenständlichen Frage nach Änderungen des gesetzlichen Schutzniveaus die verbraucherdarlehensrechtlichen Regelungen im Hinblick auf ihre rechtliche Wirkung in „allgemein-schutzeröffnende“ und „konkret-schutzgewährende“ Bestimmungen zu unterteilen.
2. Begriffsbestimmungen Dabei wird das Schutzniveau unter „konkret-schutzgewährenden“ Gesichtspunkten – wie vorstehend schon angeklungen ist – durch die einzelnen Schutzinstrumente des Verbraucherdarlehensrechts bestimmt, z. B. durch die Form- und Angabepflichten, das Widerrufsrecht, die Vorschriften über verbundene Verträge oder die besonderen Zinsbestimmungen. Als „konkret-schutzgewährend“ lassen sich die entsprechenden Regelungen bezeichnen, weil sie die Schutzinstrumente bereithalten, die die Position des Verbrauchers gegenüber dem Unternehmer in spezifischer Art und Weise, nämlich durch die Einräumung besonderer Rechte stärken; durch sie wird die konkrete Form des verbraucherdarlehensrechtlichen Schutzes, man wird sagen können das „qualitative“ Schutzniveau bestimmt. Nicht schwerpunktmäßig das „Wie“, sondern das „Ob“ des Schutzes hat die Untersuchung im Hinblick auf das Schutzniveau unter „generell-schutzeröffnenden“ Aspekten im Auge. Hier sind Erweiterungen und Verkürzungen des sachlichen und personalen Anwendungsbereichs des Gesetzes zu erörtern. Aber auch damit eng zusammenhängende Beweisfragen und die Problematik der Abdingbarkeit der gesetzlichen Regelungen haben hier ihren Platz. Den entsprechenden Normen ist gemein, dass sie als solche die Rechtsposition des Verbrauchers gegenüber dem Unternehmer noch nicht – jedenfalls aber nicht schwerpunktmäßig – im Wege der Einräumung besonderer Rechte stärken, sondern sich primär damit befassen, ob ein potentieller Schutzadressat überhaupt in den Genuss der konkret-schutzgewährenden Bestimmungen kommt oder nicht. Soweit der Problemkreis der Unabdingbarkeit der gesetzlichen Schutzvorschriften in diesem Zusammenhang erörtert wird, lässt sich das daraus rechtfertigen, dass es hier, ebenso wie bei den schutzeröffnenden Regelungen um einen grundsätzlich für sämtliche Schutzinstrumente gültigen, gleichsam vor die Klammer gezogenen und daher allgemeinen Schutzaspekt geht.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
IV. Änderungen des Schutzniveaus unter generell-schutzeröffnenden Gesichtspunkten 1. Der sachliche Anwendungsbereich Zu untersuchen sind die Änderungen des sachlichen Anwendungsbereichs. a) Das Sachdarlehen Fraglich ist, ob nach der neuen Rechtslage Sachdarlehen dem Anwendungsbereich der verbraucherdarlehensvertraglichen Schutzbestimmungen unterfallen. Das im Zuge der Schuldrechtsreform terminologisch präzisierte Gesetz versteht – wie bereits dargelegt wurde – unter „Darlehen“ nur noch das Gelddarlehen und beschränkt dementsprechend den Begriff des Darlehensvertrages in § 488 Abs. 1 BGB auf eine vertragliche Vereinbarung über Gelddarlehen. Dagegen bezeichnet das Gesetz eine Vereinbarung über die darlehensweise Überlassung anderer vertretbarer Sachen nunmehr explizit als Sachdarlehensvertrag (§ 607 Abs. 1 BGB) und hält für diesen in den §§ 607 bis 609 BGB eigenständige Regelungen bereit. Da nach dem Wortlaut des § 491 Abs. 1 BGB ein „Darlehensvertrag“ Tatbestandsvoraussetzung für das Vorliegen eines Verbraucherdarlehensvertrages ist, fällt das Sachdarlehen nach dem Wortlaut des Gesetzes und der neuen Systematik nicht unter die besonderen Schutzbestimmungen der §§ 492 ff. BGB. Nach der bisher geltenden Rechtslage hingegen war nach überwiegend vertretener und überzeugender Auffassung der Sachdarlehensvertrag nicht von den Schutzbestimmungen des Verbraucherkreditgesetzes ausgenommen, weil sich das Darlehen nach § 1 Abs. 2 VerbrKrG an dem Begriff orientierte, den § 607 BGB a.F. vorsah.75 Unter Darlehen war hiernach der Empfang von Geld oder anderen vertretbaren Sachen zu verstehen, der mit der Verpflichtung erfolgte, dem Darlehensgeber das Empfangene in Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzuerstatten. Verbraucher, die ein Sachdarlehen, z. B. in Gestalt eines Wertpapierdarlehens76, aufnahmen, konnten sich dementsprechend auf den Schutz des Verbraucherkreditgesetzes berufen. 75 Bülow, VerbrKrG, § 1 VerbrKrG Rdn 95; Habersack, BKR 2001, 72 (73); Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 1 VerbrKrG Rdn 50; Ulmer, in: MüKo, § 1 VerbrKrG Rdn 37; a.A. Bruchner, in: Bruchner / Ott / Wagner- Wieduwilt, § 1 VerbrKrG Rdn 40, mit einem Verweis auf die Gesetzesmaterialien, der allerdings insoweit nicht überzeugt, als die Materialien Sachdarlehen keineswegs eindeutig aus dem Schutzbereich des Verbraucherkreditgesetzes ausgeschlossen wissen wollen und im Übrigen ein weites Verständnis des Darlehensbegriffs nahe legen. 76 Bedeutsame Gegenstände eines Sachdarlehens können Inhaberpapiere, z. B. Aktien und Obligationen sein; in Betracht kommen aber auch Edelmetalle. Zurückzugewähren sind jeweils Gegenstände gleicher Art und Güte, es sei denn die Parteien haben vereinbart, Gegenstand des Darlehens solle der Geldbetrag sein, der dem Verkaufspreis, respektive dem Kurswert entspricht. Zum Ganzen vgl. Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 1 VerbrKrG Rdn 50 m. w. N.
IV. Änderungen des Schutzniveaus
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Ein sachlicher Grund für die durch die Neuregelung vorgenommene Verkürzung des sachlichen Anwendungsbereichs der verbraucherdarlehensrechtlichen Bestimmungen ist nicht ersichtlich. Insbesondere lässt sich keine Begründung für die Annahme einer generell geringeren Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers in den Fällen des Sachdarlehens finden. Insoweit nimmt es auch nicht Wunder, dass der Ausschluss des Sachdarlehens aus dem Anwendungsbereich der verbraucherrechtlichen Bestimmungen in den Gesetzesmaterialien nicht explizit begründet wird. Allerdings wurde die Problematik des Sachdarlehens im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens im Hinblick auf das allgemeine Darlehensrecht diskutiert. Nachdem der Diskussionsentwurf ohne Begründung für das Sachdarlehen keine Regelung mehr vorsah, wurden, als der Gesetzgeber im Anschluss an Kritik aus dem Schrifttum77 schließlich doch die praktische Relevanz des Sachdarlehens jedenfalls für den „Hauptanwendungsbereich des Sachdarlehens, die Wertpapierleihe“78 erkannte, die §§ 607 ff. BGB eingeführt. In diesem Zusammenhang begründete er die Bildung einer vom Gelddarlehen separierten Regelungsgruppe damit, dass sich in der Rechtswirklichkeit zwei voneinander getrennte Regelungsbereiche entwickelt hätten: „das Gelddarlehen einerseits mit den Besonderheiten des Verbraucherkreditgesetzes“ und das „Sachdarlehen andererseits“.79 Dabei sei die im Vergleich zum Gelddarlehen geringe Regelungsdichte der Bestimmungen über das Sachdarlehen dadurch zu rechtfertigen, dass die Fallgruppe des Wertpapierdarlehens – die Begründung spricht auch hier von der „Wertpapierleihe“ –, „ausschließlich unternehmensbezogen“ sei, weswegen vertragliche Absprachen ohnehin individualvertraglich, bzw. durch Allgemeine Geschäftsbedingungen „der Unternehmen“80 erfolgten, so dass eine detaillierte Regelung des Sachdarlehens entbehrlich sei. Beide der vorbezeichneten Formulierungen implizieren, dass der Gesetzgeber die Praxisrelevanz der Sachdarlehensverträge für den Bereich der Verbraucherverträge als zumindest vernachlässigbar einschätzt. Wohl deswegen sah er davon ab, sie im Rahmen der Novellierung des (Verbraucher)darlehensrechts, in den Anwendungsbereich der Schutzbestimmungen einzugliedern. Es muss allerdings davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber keine Regelung erlassen wollte, mit der er sich in Widerspruch zu gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben setzen würde.81 Unterfiele das Sachdarlehen dem Begriff des Kreditvertrages in Art. 1 Abs. 2 lit. c VerbrKrRL, so wäre vorstehende Lesweise des BGB gemeinschaftsrechtswidrig und bei Auslegungsfähigkeit des § 491 Abs. 1 BGB im Wege einer gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung zu berichtigen. Die Ver77 Artz, Jb. J. ZivRWiss 2001, 227 (234 f.); Bülow, in: Schulze / Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 153 (157); dagegen bezeichnet Köndgen, in: Ernst / Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 457 (469 f.) die Beibehaltung des Sachdarlehens als „Geschmacksfrage“. 78 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 259. 79 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 258. 80 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 259. 81 Zu dieser Argumentationsstruktur vgl. jüngst BGH ZIP 2002, 1075 (1078).
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
pflichtung zur gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung geht nach ständiger Rechtsprechung des EuGH dahin, das nationale Recht soweit wie möglich im Lichte des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen, um das Ziel derselben zu erreichen und der mitgliedstaatlichen Verpflichtung aus dem Grundsatz der Gemeinschaftstreue in Art. 10 EG und dem Umsetzungsgebot in Art. 249 Abs. 3 EG nachzukommen.82 Art. 1 Abs. 2 lit. c VerbrKrRL spricht allgemein vom „Darlehen“ als Unterfall des Kreditvertrages.83 Die Vorschrift enthält ihrem Wortlaut nach, jedenfalls in ihrer deutschen Fassung, keine Beschränkung auf Gelddarlehen.84 Auch dem Katalog der Ausnahmetatbestände des Art. 2 VerbrKrRL ist eine solche Einschränkung des Anwendungsbereichs der Richtlinie nicht zu entnehmen. Die Ausnahmetatbestände sind vielmehr eng gefasst, entsprechend dem Ziel der Richtlinie, Wettbewerbsbeschränkungen auf dem gemeinsamen Markt für Verbraucherkredite, wie sie durch unterschiedliche Bestimmungen in den Mitgliedstaaten entstehen, abzubauen und im Bereich der Verbraucherkredite das Verbraucherschutzniveau zu heben.85 Optimale Marktintegration und ein hohes Verbraucherschutzniveau sprechen dafür, auch Sachdarlehen vom Anwendungsbereich der Richtlinie erfasst zu sehen. Insbesondere erscheint der Verbraucher bei Aufnahme eines Wertpapierdarlehens nicht weniger schutzbedürftig als in dem Fall, in dem er einen entsprechenden Geldbetrag darlehenshalber zur Verfügung gestellt bekommt. Das gilt zumindest dann, wenn man die maßgebliche Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers nicht aus seiner Angewiesenheit auf Konsum – die-
82 EuGH, Rs. C – 14 / 83, (von Colson und Kamann / Nordrhein-Westfalen), Slg. 1984, I – 1891 / 1909 Rdn 26; Rs. C – 71, 72, 73 / 94, Eurim-Pharm / Beiersdorf, Slg. 1996, I – 3603 / 3617 Rdn 26; vgl. ferner Craig / de Búrca, EU Law, S. 198 f.; zur Auslegung von Richtlinienbestimmungen vgl. allgemein Lutter, JZ 2002, 593 (598 ff.). 83 Nach Art. 1 Abs. 2 lit. c VerbrKrRL bezeichnet der Begriff des Kreditvertrages „einen Vertrag, bei dem ein Kreditgeber einem Verbraucher einen Kredit in Form eines Zahlungsaufschubs eines Darlehens oder einer sonstigen ähnlichen Finanzierungshilfe gewährt oder zu gewähren verspricht.“ 84 Freilich sollte dem Wortlautargument bei der Richtlinienauslegung nicht allzu starkes Gewicht beigemessen werden, da es sich bei der deutschen Fassung nur um eine von 15 amtlichen Fassungen handelt und die einzelnen Begriffe in den Mitgliedsstaaten Bedeutungsdivergenzen aufweisen können, so dass sich immer die Frage nach dem autonomen gemeinschaftsrechtlichen Bedeutungsgehalt stellt. Entscheidend ist daher nach Auffassung des EuGH und nach allgemeiner Ansicht in der Literatur insbesondere das telos der Norm, vgl. EuGH, Rs. 67 / 74 (Bonsignore / Oberstadtdirektor der Stadt Köln), Slg. 1975, 297 (306) = NJW 1975, 1096; EuGH, Rs. 283 / 81 (CILFIT / Ministero della sanità), Slg. 1982, 3415 (3430) und aus der Literatur Lutter, JZ 1992, 593 (599, 602) m. w. N. 85 Die Zielsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie war und ist keineswegs ausschließlich die Verbesserung des Verbraucherschutzes. Vielmehr zielt die Richtlinie mit besonderem Nachdruck darauf ab, entsprechend der ihrem Erlass zugrunde liegenden Rechtsgrundlage des Art. 100 EGV (jetzt: Art. 94 EG), Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Kreditgebern auf dem gemeinsamen Markt abzubauen, vgl. RL 87 / 102 / EWG, ABl. EG Nr. L 42 / 48 vom 12. 2. 1987, insbesondere die Erwägungsgründe 1 bis 4; zur Zielsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie vgl. auch Schulte-Nölke, Europäisches Verbrauchervertragsrecht und deutsches Bürgerliches Gesetzbuch, Teil 2, Kap. 5 II.
IV. Änderungen des Schutzniveaus
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ser Aspekt kann für die Frage des Wertpapierdarlehens ersichtlich keine Rolle spielen –, sondern – nach zutreffender Ansicht – aus den bei Geschäftsabschluss mit einem professionellen Darlehensgeber typischerweise bestehenden Informationsasymmetrien ableitet. Für die Verbraucherkreditrichtlinie ergibt sich die Maßgeblichkeit des liberalen Informationsmodells daraus, dass sie durch die Statuierung von umfangreichen Form- und Angabepflichten ohne Zweifel schwerpunktmäßig auf Verbraucherinformation und Transparenz angelegt ist. Dagegen sieht die Richtlinie Bestimmungen mit sozialpolitisch motiviertem Impetus, wie im deutschen Recht § 497 Abs. 3 BGB, grundsätzlich nicht vor. Hinterfragt man vor diesem Hintergrund die Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers beim Sachdarlehen, so wird man die Gefahr einer uninformierten Vertragsentschließung – im deutschen Recht wäre von beschränkter Entscheidungsfreiheit, resp. gestörter Vertragsparität zu sprechen – jedenfalls für die Fälle des Wertpapierdarlehens sogar als besonders hoch ansehen können. Denn es handelt sich dabei für den privat Handelnden typischerweise um ein ungewöhnliches Geschäft, bei dem sich die konkrete Vertragsgestaltung, insbesondere im Hinblick auf anfallende Kosten, besonders diffizil ausnimmt. Aus diesen Gründen wird man das Sachdarlehen als vom Anwendungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie als erfasst ansehen müssen. § 491 Abs. 1 BGB in obenbezeichneter Lesart widerspricht also der gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe86 und ist gemeinschaftsrechtskonform auszulegen. Der Wortlaut des § 491 Abs. 1 BGB, der einen „Darlehensvertrag“ voraussetzt, ist insoweit, selbst wenn die durch das SMG vorgenommene terminologische Bereinigung des Darlehensrechts grundsätzlich gegen eine Erfassung des Sachdarlehens spricht, noch auslegungsfähig87, weil die Bestimmung zwar implizit und in der systematischen Gesamtschau einen Gelddarlehensvertrag voraussetzt, diese Voraussetzung aber aus der Norm selbst heraus nicht explizit macht. § 491 Abs. 1 BGB ist gemeinschaftsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass dieser nicht nur Geld-, sondern auch Sachdarlehen erfasst. Damit ist festzuhalten: Die durch das SMG vorgenommene Verkürzung des sachlichen Anwendungsbereichs der verbraucherdarlehensrechtlichen Sonderbestimmungen um Sachdarlehen senkt das bis dahin bestehende Schutzniveau in sachwidriger Weise ab. Trotz vergleichbarer Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers in den Fällen des Geld- und des Sachdarlehens trifft das Gesetz unterschiedliche Regelungen. Damit widerspricht die nationale Regelung gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben. Der Verstoß gegen die Verbraucherkreditrichtlinie ist im Wege der gemeinschaftsrechtkonformen Auslegung des § 491 Abs. 1 BGB zu korrigieren.
So auch Habersack, BKR 2001, 72 (73), allerdings ohne genauere Begründung. Implizit auch Habersack, BKR 2001, 72 (73), der schlichtweg eine gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung fordert. 86 87
120
C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
b) Das Immobiliardarlehen Weitere Neuerungen im sachlichen Anwendungsbereich des Verbraucherdarlehensvertragsrechts betreffen Immobiliardarlehen.
aa) Neuerungen durch das OLGVertrÄndG Die hier zu verzeichnenden Änderungen fußen allerdings nicht auf dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, sondern auf dem am 1. August 2002 in Kraft getretenen OLG-Vertretungsänderungsgesetz (OLGVertrÄndG). Das OLGVertrÄndG enthält u. a. Korrekturen der verbraucherrechtlichen Bestimmungen, wie sie durch das SMG in das BGB eingefügt wurden.88 Die insoweit vorgenommenen Korrekturen ergingen im Zusammenhang mit dem Urteil des BGH in Sachen Heininger / Hypo-Vereinsbank vom 9. 4. 2002.89 Der BGH hatte hier über Fragen der Widerruflichkeit eines als Haustürgeschäft abgeschlossenen Immobilardarlehensvertrags zu entscheiden; dabei hatte er das in diesem Verfahren als Vorabentscheidung eingeholte Urteil des EuGH vom 13. 12. 200190 zu berücksichtigen, das Unzulänglichkeiten des deutschen Rechts bei der Umsetzung der Haustürgeschäfterichtlinie offenbarte. Diese Unzulänglichkeiten des deutschen Rechts waren durch das SMG nicht beseitigt worden, sondern setzten sich in der Neufassung des BGB, wenn auch teilweise in modifizierter Form fort. Darauf wird noch einzugehen sein. An dieser Stelle sei lediglich angemerkt, dass der Gesetzgeber gemeinschaftsrechtlich jedenfalls zum Handeln aufgerufen war. Um dem Handlungsbedarf zeitnah Genüge zu tun, wurden die Änderungen in letzter Sekunde der laufenden Legislaturperiode im „Omnibus“- Verfahren in das OLGVertrÄndG aufgenommen und in das BGB überführt. Was den zeitlichen Geltungsbereich der verbraucherrechtlichen Neuerungen des OLGVertrÄndG angeht, so ist beachtlich, dass vereinzelte Bestimmungen aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen rückwirkend zum 1. Januar 2002, dem Tag des In-Kraft-Tretens der Schuldrechtsreform (!) gelten.91 Im Übrigen aber sind die Än88 Überblick über die Änderungen bei Meinhof, NJW 2002, 2273; Fischer, DB 2002, 1643; Erläuterungen der Neuregelungen, allerdings noch zur Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses in BT-Drucks. 14 / 9266 bei Schmidt-Räntsch, ZIP 2002, 1100; speziell zu den Änderungen im Bereich der Widerrufsrechte vgl.: Schmidt-Kessel, ZGS 2002, 311, der vom „1. Schuldrechtsmodernisierungsnachbesserungsgesetz“ spricht. 89 BGH DB 2002, 1262 mit Anmerkung Fischer = ZIP 2002, 1075 mit Anmerkung Ulmer; eine ausführliche Rezension findet sich bei Hoffmann, ZIP 2002, 1066. 90 EuGH, Urteil vom 13. 12. 2001, Rs. C – 481 / 99 (Heininger / Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG) = ZIP 2002, 31 = EuZW 2002, 84 mit Anmerkung Reich / Rörig. 91 Für den neuen § 355 Abs. 3 S. 3 BGB (Streichung der zeitlichen Obergrenze des Widerrufsrechts bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung) begründet Art. 229 § 8 Abs. 1 S. 2 EGBGB die Rückwirkung auf nach dem 31. 12. 2001 geschlossene Haustürgeschäfte, um den Vorgaben des EuGH im „Heininger“-Urteil zu genügen.
IV. Änderungen des Schutzniveaus
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derungen beim Widerrufsrecht – das den Schwerpunkt der Novelle bildet – grundsätzlich für nach dem 1. November 2002 geschlossene Verträge und im Fall eines Haustürgeschäfts für nach dem 1. August 2002 geschlossene Verträge beachtlich.92 Wegen ihres zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs mit der Schuldrechtsreform sollen die auf dem OLGVertrÄndG beruhenden Novellierungen, soweit sie für den Verbraucherdarlehensvertrag relevant sind, in vorliegender Untersuchung nicht ausgespart werden. bb) Streichung der Teilausnahme für Immobiliardarlehen durch das OLGVertrÄndG: neue Systematik Betreffend Immobiliardarlehensverträge wurde durch das OLGVertrÄndG in § 492 Abs. 1a S. 2 BGB eine Legaldefinition eingefügt. Danach handelt es sich bei Immobiliardarlehensverträgen um Verbraucherdarlehensverträge, „bei denen die Zurverfügungstellung des Darlehens von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht wird und zu Bedingungen erfolgt, die für grundpfandrechtlich abgesicherte Darlehensverträge und deren Zwischenfinanzierung üblich sind“.93 Charakteristisch für den Immobiliardarlehensvertrag ist demnach die besondere Form der grundpfandrechtlichen Absicherung des Darlehens; unerheblich ist hin92 Zu beachten ist insbesondere die in Art. 25 Abs. 3 OLGVertrÄndG geregelte Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 8 EGBGB (berichtigt: § 9 EGBGB); bei Haustürgeschäften gilt – wie in vorstehender Fußnote gesehen – die Besonderheit des Art. 229 § 8 Abs. 1 S. 2 EGBGB (berichtigt: § 9 Abs. 1 S. 2 EGBGB); zum zeitlichen Geltungsbereich des OLGVertrÄndG vgl. die Darstellung bei Fischer, DB 2002, 1643 (1644 f.); ausführlich zum zeitlichen Geltungsbereich des SMG und des OLGVertrÄndG bezogen auf das Verbraucherkreditrecht Bülow, Verbraucherkreditrecht, 5. Teil, Rdn 1 ff.; sehr problematisch Schmidt-Kessel, ZGS 2002, 311 (317 ff.), der das Verhältnis zu den Übergangsbestimmungen des SMG, namentlich zu Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB beleuchtet und schließlich meint, dass ab dem 1. 1. 2003 auch für Altverträge ausschließlich das BGB in der durch das OLGVertrÄndG geschaffenen Fassung gelte. Diese Annahme vermag nicht zu überzeugen, weil entgegen der von Schmidt-Kessel vertretenen Auffassung, Art. 229 § 5 S. 2 BGB die Übergangsvorschrift aus dem OLGVertrÄndG in Art. 229 § 8 BGB (berichtigt: § 9 EGBGB) nicht überlagert. Denn erstgenannte Vorschrift betrifft ausschließlich die Änderungen durch das SMG, was schon die amtliche Überschrift der Norm belegt. Im Übrigen hatte der Gesetzgeber hier noch gar nicht an die schließlich im OLGVertrÄndG vorgenommenen Korrekturen gedacht. Ferner würde nach der von Schmidt-Kessel vertretenen Auffassung das vom Gesetzgeber bewusst gewählte, fein abgestufte Regelungssystem für den zeitlichen Geltungsbereich des OLGVertrÄndG ausgehöhlt, was auch nicht gewollt sein kann. Schließlich führt das Normverständnis SchmidtKessels, wie er selber herausstreicht, dazu, dass die Übergangsregelung nicht allein rechtspolitisch verfehlt, sondern unter Vertrauensschutzgesichtspunkten verfassungsrechtlich bedenklich ist. Deswegen wird man Art. 229 § 5 und Art. 229 § 8 EGBGB (berichtigt: § 9 EGBGB) als zwei selbständig nebeneinanderstehende Normen anzusehen haben. Maßgeblich für die Änderungen des OLGVertrÄndG ist allein letztgenannte Vorschrift, nicht aber die Überleitungsbestimmung des SMG. 93 Der Sicherung durch ein Grundpfandrecht steht es nach § 492 Abs. 1a S. 2 HS. 2 BGB gleich, wenn von einer Sicherung gemäß § 7 Abs. 3 bis 5 des Gesetzes über Bausparkassen abgesehen wird.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
gegen, welcher Verwendungszweck dem Abschluss des Finanzierungsgeschäfts zugrunde liegt, insbesondere dienen Immobiliardarlehensverträge keineswegs exklusiv der Finanzierung von Grundstücksgeschäften. Das VerbrKrG und die durch das SMG geschaffene Fassung des Verbraucherkreditrechts enthielten keine dem § 492 Abs. 1a S. 2 BGB Legaldefinition. Allerdings fand sich schon in § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG eine Beschreibung der entsprechenden Erscheinungsform des Verbraucherdarlehensvertrags. Dabei formulierte § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG für diese Immobiliardarlehensverträge – in der Literatur sprach man zumeist von Realdarlehens- bzw. Realkreditverträgen94 – negativ gewandte Teilausnahmen vom sachlichen Anwendungsbereich der verbraucherkreditrechtlichen Sonderbestimmungen. So sollte beispielsweise die für sonstige Verbraucherkreditverträge aus § 4 Abs. 1 S. 5 Nr. 1 b VerbrKrG folgende Angabepflicht betreffend den Gesamtbetrag aller zur Darlehenstilgung sowie zur Zahlung der Zinsen und Kosten zu entrichtenden Teilzahlungen bei Immobiliardarlehensverträgen nicht bestehen, weil hier die Angabe des Gesamtbetrags aus rechtstatsächlichen Gründen besondere Schwierigkeiten bereitet.95 Nicht anwendbar waren auch einzelne Bestimmungen über die Behandlung von Verzugszinsen, über die Anrechnung von Teilleistungen und die Regelungen betreffend die Gesamtfälligstellung von Darlehen. Schließlich sollten bei Immobiliardarlehensverträgen das verbraucherschützende Widerrufsrecht und die Vorschriften über verbundene Verträge und der Einwendungsdurchgriff ausgeschlossen sein. Der durch die Schuldrechtsreform eingeführte § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB übernahm die Teilausnahmeregelung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG mit terminologischen Änderungen, die sich an der neuen auf den Darlehensvertrag als spezielle Ausprägung des Kreditvertrags ausgerichtete Gesetzessystematik orientierten, allerdings – und das ist wesentlich – ohne Inhaltsänderung und unter Rückgriff auf die Systematik der Altregelung, nach der nicht anwendbare Bestimmungen enumerativ zusammengestellt waren. Durch das OLGVertrÄndG wurde die Teilausnahme des § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB gestrichen. Die bisherigen Nummern 2 und 3 wurden zu Nummern 1 und 2. Nichtsdestoweniger hält das Gesetz in weiten Teilen inhaltlich an den bis dahin bestehenden Ausnahmeregelungen für Immobiliardarlehensverträge fest. Die Gesetzessystematik wurde allerdings dahingehend geändert, dass die Ausschlusstatbestände nicht mehr kompakt in einer Regelung enthalten sind, sondern sich nunmehr verstreut im Gesetz bei den einzelnen Schutzinstrumenten finden – eine Maßnahme, die der Regelungstransparenz nicht unbedingt förderlich ist. Die Entbehrlichkeit der Angabe des Gesamtbetrags folgt bei Immobiliardarlehen nun aus § 492 Abs. 1 a S. 1 BGB, die Nichtanwendbarkeit besonderer Verzugszinsregelun94 Statt vieler Bülow, VerbrKrG, § 3 VerbrKrG Rdn 78 ff. und die Schrifttumsangaben vor § 3 VerbrKrG Rdn 1. 95 Vgl. hierzu, sowie zur Begründung der sonstigen Teilausnahmen schon zur ursprünglichen Fassung des VerbrKrG BT-Drucks. 11 / 5462, S. 18.
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gen in § 497 ergibt sich aus dessen neu angefügten Absatz 496 und auch an die Regelung betreffend die Gesamtfälligstellung in § 498 BGB wurde ein neuer Absatz 3 angefügt, der die vorstehenden Absätze für Immobiliardarlehensverträge für nicht anwendbar erklärt. Insoweit ändert sich nichts daran, dass der sachliche Anwendungsbereich der verbraucherdarlehensrechtlichen Bestimmungen für Immobiliardarlehensverträge nur eingeschränkt eröffnet ist. Eine marginale Abweichung von der bisherigen Rechtslage ergibt sich daraus, dass die besondere Verjährungsregelung des § 497 Abs. 3 S. 3 BGB97 auf den Immobiliardarlehensvertrag Anwendung findet.
cc) Einführung des Widerrufsrechts für Immobiliardarlehensverträge durch das OLGVertrÄndG Eine einschneidende und wirtschaftlich bedeutsame Änderung bringt das OLGVertrÄndG allerdings dadurch, dass Immobiliardarlehensverträge entgegen der bisherigen Rechtslage nunmehr generell widerruflich gestellt werden. Der sachliche Anwendungsbereich der verbraucherschützenden Bestimmungen für Immobiliardarlehensverträge wurde dadurch erheblich erweitert. Diese Änderung gilt es im Hinblick auf ihre verbraucherschutzdogmatische Überzeugungskraft sowie auf ihre praktischen Konsequenzen zu untersuchen.
(1) Ausgangssituation: Die Rechtssache Heininger / HypoVereinsbank Veranlasst wurde vorbezeichnete Rechtsänderung durch gemeinschaftsrechtliche Vorgaben. Aufgrund des Vorlagebeschlusses des BGH in der Rechtssache Heininger / Hypo- und Vereinsbank AG vom 30. 11. 199998 hatte der EuGH im Spannungsfeld von Haustürgeschäfterichtlinie und Verbraucherkreditrecht zwei Fragen im Wege der Vorabentscheidung zu beantworten: Es galt zu klären, ob ein in einer Haustürsituation abgeschlossener Realdarlehensvertrag der Haustürgeschäfterichtlinie 85 / 577 / EWG unterfällt und die auf seinen Abschluss gerichtete Willenserklärung des Verbrauchers insoweit durch das nationale Recht widerruflich gestellt werden muss. Bejahendenfalls musste noch beantwortet werden, ob der nationale 96 Der Verweis in § 497 Abs. 4 BGB auf § 497 Abs. 3 S. 5 BGB ist wohl als Redaktionsversehen zu bewerten: Da § 497 Abs. 3 S. 5 BGB eine Anwendungsausnahme von den besonderen Teilzahlungs- und Verjährungsregeln der Vorschrift vorsieht, würde die weitere in § 497 Abs. 4 BGB geregelte Ausnahme von der Anwendungsausnahme nach der Wortlautauslegung dazu führen, dass § 497 Abs. 3 S. 1 bis 4 BGB anwendbar wären. Das aber ist offensichtlich nicht gewollt. Wie hier Meinhof, NJW 2002, 2273 (2274). 97 Die Regelung wurde ausweislich der Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 14 / 9266, S. 48 versehentlich für nicht anwendbar erklärt. Zu der neuen Verjährungsvorschrift, vgl. auch unter C. V. 4. d). 98 BGH NJW 2000, 521 = ZIP 2000, 177.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
Gesetzgeber durch die Haustürgeschäfterichtlinie daran gehindert ist, im Falle der unterbliebenen oder fehlerhaften Widerrufsbelehrung eine Befristung des Widerrufsrechts vorzusehen. Der EuGH entschied, dass auf Realkreditverträge die Hautürwiderrufsrichtlinie anwendbar ist, mit der Folge, dass dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zusteht. Eine Befristung dieses Widerrufsrechts hielt er gemeinschaftsrechtlich für unzulässig.99 Für die Kreditpraxis in Deutschland war die Entscheidung von außerordentlicher Bedeutung für den Bereich des sog. „Strukurvertriebs“. Dabei handelt es sich – entsprechend dem Sachverhalt des „Heininger“- Verfahrens – um eine Form der Immobilienveräußerung, bei der spezifisch geschulte Vermittler potentielle Kunden zu Hause aufsuchten und zu Immobilienanlagen in den neuen Ländern überredeten, die durch einen Bauträger errichtet und durch eine mit diesem zusammenarbeitende Bank finanziert wurden. Die Darlehenskosten sollten durch bestehende Steuervorteile und eine Mietgarantie abgedeckt sein, so dass sich das Objekt von selbst tragen und ohne eigenen Kapitaleinsatz Eigentum erworben werden sollte. Häufig wurden die potentiellen Kunden unter Hinweis auf die am Markt herrschende vermeintlich hohe Nachfrage und das geringe Angebot zu einer sofortigen Entscheidung hinsichtlich des finanzierten Kaufs gedrängt und der erforderliche Notartermin zeitnah anberaumt. Die zügig zustande gekommenen Vertragsschlüsse zeitigten allerdings für die wenigsten Kunden die versprochenen wirtschaftlichen Vorteile und erwiesen sich in zahlreichen Fällen als existenzbedrohende Fehlentscheidung; denn oft blieben die garantierten Mietzahlungen aus oder die erworbene Immobilie wurde wegen Insolvenz des Bauträgers gar nicht fertiggestellt. In der Folge gewann die Frage nach dem Bestehen und einer etwaigen Befristung eines verbraucherschützenden Widerrufsrechts Bedeutung.100 (a) Deutsches Recht und gemeinschaftsrechtliche Vorgaben: Das Widerrufsrecht des Verbrauchers bei einem als Haustürgeschäft abgeschlossenen Immobiliardarlehensvertrag vor und nach dem SMG Die Frage der Einräumung eines Widerrufsrechts bei als Haustürgeschäften abgeschlossenen Immobiliardarlehensverträgen war aus der Sicht des deutschen Rechts in seiner ursprünglichen, wie auch in der durch das SMG geschaffenen Fas99 EuGH, Urteil vom 13. 12. 2001, Rs. C – 481 / 99 (Heininger / Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG) = ZIP 2002, 31 = EuZW 2002, 84 mit Anmerkung Reich / Rörig; Anmerkung zu den Leitsätzen bei Felke, MDR 2002, 226; zur Rechtssache Heininger und ihren Folgen für das deutsche Recht vgl. ferner u. a. Hoffmann, ZIP 2002, 145; ders., ZIP 2002, 1066; Lange, EwiR 2002, 523; Rott, VuR 2002, 49; Staudinger, NJW 2002, 653; Stickelbrock, ZGS 2002, 225; Strube, VuR 2002, 55; Pfeiffer, EwiR, 2002, 261; i.Ü. vgl. die umfangreichen Nachweise bei Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 491 BGB Rdn 206 mit Fn. 319. 100 Nach Schätzungen sind insofern ca. 300.000 Darlehensverträge betroffen und alleine bei der HypoVereinsbank steht ein Kreditvolumen von 26 Mrd. DM in Frage. Quelle: Die Zeit, 14 / 2002; zum rechtstatsächlichen Hintergrund vgl. auch Horn / Balzer, WM 2000, 333 (334 f.).
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sung, bis zur Entscheidung des EuGH folgendermaßen zu würdigen: Zwar waren Haustürgeschäfte nach der Bestimmung des § 1 HausTWG, die im Zuge der Schuldrechtsreform durch § 312 BGB ersetzt wurde, grundsätzlich widerruflich. Die Vorschrift des § 1 HausTWG fand aber nach der Vorrangregelung des § 5 Abs. 2 HausTWG keine Anwendung auf Verbraucherdarlehensverträge. Lag ein Verbraucherdarlehensvertrag vor, der gleichzeitig als Haustürgeschäft zu qualifizieren war, weil der Vertragsschluss kausal auf eine Haustürsituation zurückgeführt werden konnte, so waren alleine die verbraucherdarlehensrechtlichen Bestimmungen anwendbar. Der durch das SMG eingeführte § 312 a BGB, der § 5 Abs. 2 HausTWG ersetzte, behielt dieses Vorrangverhältnis bei. Ein Widerruf kam demnach alleine nach § 7 VerbrKrG, bzw. § 495 BGB in Betracht. Wegen der Teilausnahmeregelung in § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG und seiner Nachfolgeregelung in § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB war aber bei Immobiliardarlehensverträgen das verbraucherdarlehensrechtliche Widerrufsrecht ausgeschlossen. Selbst wenn also die Voraussetzungen eines Haustürwiderrufsgeschäfts vorlagen, führt der Vorrang der kreditrechtlichen Bestimmungen im Zusammenwirken mit der Ausnahmeregelung dazu, dass eine Widerrufsmöglichkeit entfiel. Bis zur Vorabentscheidung des EuGH wollte allein eine vereinzelt vertretene Ansicht nicht bei diesem aus dem Gesetzeswortlaut gefolgerten Ergebnis stehen bleiben und verlangte für die Fälle eines in einer Haustürsituation abgeschlossenen Immobiliardarlehensvertrags einen Rückgriff auf das Widerrufsrecht nach den Bestimmungen über Haustürgeschäfte. Eine dahingehende Korrektur sei erforderlich, weil es der Vorrangregelung des § 5 Abs. 2 HausTWG (§ 312a BGB) allein darum gehe, eine doppelte Widerrufsbelehrung zu vermeiden, nicht aber darum, dem Verbraucher einen Rechtsbehelf zu versagen, der ihm aus Gründen eingeräumt wurde, den die kreditrechtlichen Schutzbestimmungen gar nicht berücksichtigen.101 Die bis dahin herrschende Meinung102 und insbesondere die Rechtsprechung103 vertrat hingegen einen umfassenden Vorrang der kreditrechtlichen Bestimmungen. Die Vorrangregelung lasse sich ausweislich ihres eindeutigen Wortlauts, nach dem „nur“ die verbraucherdarlehensrechtlichen Bestimmungen Anwendung finden sollen, nicht einschränken. Auch eine teleologische Reduktion der Vorschrift sei nicht geboten, weil der Ausschluss des Widerrufsrechts bei Immobiliardarlehen sachlich zu rechtfertigen sei. Der Ausschluss diene dem Interesse der Banken an einer taggenauen Refinanzierung von Immobiliardarlehen; da die Möglichkeit einer taggenauen Refi101 Stüsser, NJW 1999, 1586 (1589); Peters, in: Lwowski / Peters / Gößmann, VerbrKrG, S. 125 ff.; Werner, in: Staudinger, § 5 HWiG Rdn 27; noch weitergehend befürwortet Steppeler, Verbraucherkreditgesetz, S. 186 eine parallele Anwendung für alle Fälle, in denen die Vorrangregelung den Schutz des Verbrauchers einschränkt, also das Schutzniveau der Bestimmungen über Haustürgeschäfte höher ist, als der verbraucherdarlehensrechtliche Schutz. 102 Vgl. die umfangreichen Nachweise bei BGH NJW 2000, 521 (522); Palandt – Putzo, 61. Auflage, § 5 HausTWG Rdn 5; Erman – Saenger, § 5 HausTWG Rdn 4a. 103 BGH NJW 2000, 521 = ZIP 2000, 177; OLG Stuttgart, WM 1999, 74; OLG Stuttgart, WM 1999, 1419; OLG München 1999, 1418.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
nanzierung die Grundlage der günstigen Zinsen darstellt, zu denen Immobiliardarlehen grundsätzlich gewährt werden, profitiere letztlich insbesondere auch der Verbraucher vom Ausschluss des Widerrufsrechts. Bei teleologischer Betrachtung setze sich dieser Zweck gegenüber dem Schutz vor Überrumplung bei Haustürgeschäften durch.104 Der Ausschluss des Widerrufsrechts sei ferner auch, so wurde überwiegend vertreten, gemeinschaftsrechtlich unbedenklich: Schließlich sehe Art. 3 Abs. 2 lit.a Haustürgeschäfterichtlinie eine Ausnahme von ihrem sachlichen Anwendungsbereich für Verträge über den Bau, den Verkauf und die Miete von Immobilien sowie für Verträge über andere Rechte an Immobilien vor; der Abschluss eines Immobiliardarlehensvertrags stelle insoweit einen Vertrag über Rechte an Immobilien im Sinne des Art. 3 Abs. 2 lit.a Haustürgeschäfterichtlinie dar, weil er ein dingliches Recht an einer Immobilie entstehen lasse und die Immobilie die Grundlage für die Darlehenssicherung darstelle. Wenn also das nationale Recht Immobiliardarlehensverträge vom sachlichen Anwendungsbereich der Bestimmungen über Haustürgeschäfte ausnimmt, so sei dies gemeinschaftsrechtlich zulässig.105 Der EuGH ist vorstehender Richtlinieninterpretation ausdrücklich entgegengetreten. Er verwies darauf, dass Ausnahmebestimmungen von verbraucherschützenden Vorschriften des Gemeinschaftsrechts nach ständiger Rechtsprechung eng auszulegen sind; die grundpfandrechtliche Absicherung eines Darlehens, die einen Verbraucherdarlehensvertrag zu einem Immobiliardarlehensvertrag werden lässt, reiche nicht aus, um die Vereinbarung als „Vertrag über ein Recht an einer Immobilie“ i. S. d. Art. 3 Abs. 2 lit.a Haustürgeschäfterichtlinie anzusehen. Im Zentrum der Parteivereinbarung stehe eben nicht das Recht an einer Immobilie, sondern die aus dem Darlehensvertrag folgenden Rechte und Pflichten.106 Soweit in Deutschland vorgebracht werde, die Verbraucherkreditrichtlinie, die kein Widerrufsrecht vorsehe, sei gegenüber der Haustürgeschäfterichtlinie im Bezug auf Immobiliardarlehensverträge als speziellere Regelung anzusehen, trage auch diese Argumentation die deutsche Position nicht. Teleologisch argumentierend stellte der EuGH in diesem Zusammenhang heraus, dass im Falle eines in einer Haustürsituation abgeschlossenen Immobiliardarlehensvertrags der Verbraucher nicht weniger schutzwürdig sei als bei sonstigen Haustürgeschäften. In beiden Fällen soll er vor Gefahren geschützt werden, „die sich aus den Umständen eines Vertragsschlusses außerhalb der Geschäftsräume des Gewerbetreibenden ergeben“.107 Aus diesen Gründen müsse das nationale Recht dem Verbraucher beim Vertragsschluss in einer Haustürsituation, auch wenn ein Immobiliardarlehensvertrag in Rede steht, ein Widerrufsrecht einräumen. Hierzu ausführlich BGH NJW 2000, 521 (522 f.). Ausführlich hierzu Habersack, WM 2000, 981, der zur Stützung dieser Richtlinieninterpretation ebd., S. 985 auch die historische Auslegung betreibt. 106 EuGH, Urteil vom 13. 12. 2001, Rs. C – 481 / 99 (Heininger / Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG) = ZIP 2002, 31 (33 f.) Rdn 31 ff. 107 EuGH, Urteil vom 13. 12. 2001, Rs. C – 481 / 99 (Heininger / Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG) = ZIP 2002, 31 (33 f.) Rdn 38. 104 105
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Der BGH verkannte in der Folge nicht, dass er an dieses Auslegungsergebnis gebunden ist und kam dem Gebot zur gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts nach, als er in der Sache Heininger die Vorrangregelung des § 5 Abs. 2 HausTWG richtlinienkonform einschränkend auslegte. Er entschied, dass Kreditverträge „insoweit nicht zu den Geschäften, die i. S. d. § 5 Abs. 2 HWiG die Voraussetzungen eines Geschäfts nach dem Verbraucherkreditgesetz erfüllen“, zählten „als das Verbraucherkreditgesetz kein gleich weit reichendes Widerrufsrecht wie das Haustürwiderrufsgesetz einräumt“.108 Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung stand dem Verbraucher also bei einem als Haustürgeschäft abgeschlossenen Immobiliardarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach den Bestimmungen über Haustürgeschäfte zu.109 Der durch das SMG an die Stelle des § 5 Abs. 2 HausTWG getretene § 312 a BGB ließ sich in gleicher Weise gemeinschaftsrechtskonform korrigieren. Wäre insoweit wegen der Möglichkeit zur gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung eine Gesetzesänderung nicht zwingend veranlasst gewesen, so bedurfte es jedenfalls eines gesetzgeberischen Tätigwerdens aufgrund des Auslegungsergebnisses der zweiten Vorlagefrage. Hier entschied der EuGH, dass der nationale Gesetzgeber durch die Haustürgeschäfterichtlinie daran gehindert ist, das nach Art. 5 der Richtlinie vorgesehene Widerrufsrecht für den Fall, dass der Verbraucher über das ihm zustehende Recht nicht oder nicht ordnungsgemäß belehrt wurde, zu befristen.110 Eine solche Befristung sei im Wortlaut der Richtlinie nicht vorgesehen. Sie wäre auch, so der EuGH, aus Verbraucherschutzgesichtspunkten gar nicht sachgerecht, weil der Verbraucher das ihm eingeräumte Widerrufsrecht nur ausüben kann, wenn es ihm bekannt ist. Wenn von deutscher Seite eine Befristung aus Gründen der Rechtssicherheit für notwendig erachtet werde, so müsse dieser Aspekt soweit zurückstehen, als hierdurch Rechte eingeschränkt werden, die dem Verbraucher aufgrund der Haustürgeschäfterichtlinie eingeräumt sind. Wolle der Geschäftspartner des Verbrauchers Rechtssicherheit erlangen, so könne er diese ohne weiteres erreichen, indem er seiner Obliegenheit zur ordnungsgemäßen Belehrung nachkomme. Das deutsche Recht entsprach diesen Vorgaben weder vor noch nach der Schuldrechtsreform. Nach der Rechtslage vor der Schuldrechtsreform erlosch das Widerrufsrecht des Verbrauchers bei einem Haustürgeschäft im Falle einer unterbliebenen oder fehlerhaften Belehrung einen Monat nach beiderseits vollständiBGH, Urteil vom 9. 4. 2002, XI ZR 91 / 99 = ZIP 2002, 1075 (1077). Die Ansicht, die dem Verbraucher für diesen Fall ein Widerrufsrecht nach den kreditrechtlichen Bestimmungen (§ 7 VerbrKrG) einräumen wollte, indem sie Teilausnahmeregelung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG einschränkend auslegte, lehnte der BGH, Urteil vom 9. 4. 2002, XI ZR 91 / 99 = ZIP 2002, 1075 (1079) mit dem Argument ab, dass hieraus nur ein zeitlich befristetes Widerrufsrecht erwüchse, was nach der Entscheidung des EuGH nicht den Anforderungen der Haustürgeschäfterichtlinie genüge. 110 Hierzu wie zum folgenden EuGH, Urteil vom 13. 12. 2001, Rs. C – 481 / 99 (Heininger / Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG) = ZIP 2002, 31 (33 f.) Rdn 41 ff. 108 109
9 Enders
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
ger Leistungserbringung, § 2 HausTWG. Für die Konstellation eines als Haustürgeschäft abgeschlossenen Immobiliardarlehensvertrags hatte sich der BGH vor der Entscheidung des EuGH im Ausgangsverfahren zwar nicht auf diese für alle übrigen Haustürgeschäfte geltende Frist des § 2 HausTWG bezogen, sondern wollte für den Fall, dass ein Widerrufsrecht kraft richtlinienkonformer Auslegung des nationalen Rechts einzuräumen wäre, die Jahresfrist des § 7 Abs. 2 S. 3 VerbrKrG a.F. anwenden. Indes wäre auch der Rückgriff auf diese Bestimmung richtlinienwidrig gewesen, weil das Widerrufsrecht des Verbrauchers hiernach ein Jahr nach Abgabe der Willenserklärung des Verbrauchers erloschen wäre. Erschien damit jede denkbare Rechtsanwendung richtlinienwidrig, so konnte man doch in der Rechtspraxis vor In-Kraft-Treten des SMG durch die Anwendung des § 2 HausTWG häufig dazu gelangen, dass das Widerrufsrecht des Verbrauchers noch gar nicht verfristet war, weil es an den dort niedergelegten Voraussetzungen einer Verfristung fehlte.111 Nach altem Recht stellte sich damit im konkreten Einzelfall die Frage einer gemeinschaftsrechtswidrigen Verfristung häufig gar nicht. Das SMG führte insoweit zu einer Änderung der Rechtslage, weil eine dem § 2 HausTWG entsprechende Fristenregel nicht mehr existiert. Durch das SMG sind die vorgenannten, unterschiedlichen Widerrufsfristen der verbraucherschützenden Nebengesetze in § 355 Abs. 3 S. 1 BGB dahingehend vereinheitlicht worden, dass das Widerrufsrecht einheitlich spätestens 6 Monate nach Vertragsschluss erlischt.112 Damit stand auch hinsichtlich dieser Bestimmung spätestens seit dem „Heininger“- Urteil des EuGH fest, dass sie den Anforderungen der Haustürgeschäfterichtlinie nicht genügt, weil sie Hautürwiderrufsgeschäfte nicht von der vorgesehenen Befristung ausnimmt. Wegen des klaren Gesetzeswortlauts vorgenannter Fristregelung ist aber weitestgehend anerkannt, dass ein Spielraum zur richtlinienkonformen Auslegung nicht bestand113 und auch eine partielle „Abfederung“ 111 Voraussetzung einer Verfristung nach § 2 HausTWG ist nämlich, dass beiderseits bereits eine vollständige Leistungserbringung erfolgt ist. Das bedeutet bei (Immobiliar)darlehensverträgen, dass das gewährte Darlehen einschließlich der Kosten und Zinsen von Seiten des Verbrauchers vollständig zurückgewährt sein muss, was aber in den seltensten Fällen, insbesondere im vorbezeichneten Problemfeld des Strukturvertriebs der Fall sein wird. Zur Anwendung des § 2 HausTWG gelangt man über die vom BGH in BGH ZIP 2002, 1075 (1077) vorgenommene richtlinienkonforme Auslegung der Vorrangregelung des § 5 Abs. 2 HausTWG, wonach die Bestimmungen des Verbraucherkreditrechts dann keinen Vorrang haben, wenn „das Verbraucherkreditgesetz kein gleich weit reichendes Widerrufsrecht wie das Haustürwiderrufsgesetz einräumt“. Die Reichweite des Widerrufsrecht lässt sich insoweit auch unter zeitlichen Gesichtspunkten begreifen, so dass die Befristung aus § 2 HausTWG dann anwendbar ist, wenn hiernach noch eine Widerrufsmöglichkeit besteht, die nach § 7 Abs. 2 S. 3 VerbrKrG schon ausgeschlossen wäre. 112 Bei der Lieferung von Waren beginnt die Frist nicht vor dem Tag ihres Eingangs beim Empfänger, § 355 Abs. 3 S. 2 BGB. 113 Zu einem anderen Ergebnis käme man nur dann, wenn man mit einer vereinzelt vertretenen Ansicht einen Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts auch für den Fall des Richtlinienrechts annähme, wofür sich indes keine überzeugenden Argumente, insbesondere
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der Problematik wie sie noch im Hinblick auf § 2 HausTWG möglich war, kam nun nicht mehr in Betracht. Daher bedurfte es dringend einer gesetzgeberischen Korrektur, um drohende gemeinschaftsrechtliche Staatshaftungsansprüche wegen fehlerhafter Richtlinienumsetzung 114 zu vermeiden. (b) Legislative Konsequenz im OLGVertrÄndG Der Gesetzgeber hätte sich nun darauf beschränken können, die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben im Sinne einer Minimalkorrektur 1:1 umzusetzen. Das tat er nicht, sondern nahm vielmehr das EuGH-Urteil zum Anlass, weit über das gemeinschaftsrechtlich Erforderliche hinaus Modifikationen der bisherigen Rechtslage vorzunehmen. So wurde durch das OLGVertrÄndG beispielsweise die Sechsmonatsfrist für die Fälle fehlerhafter oder unterbliebener Widerrufsbelehrung in § 355 Abs. 3 S. 1 BGB nicht nur für Haustürgeschäfte, sondern für sämtliche Verbraucherverträge gestrichen und die Anwendungsbereiche verbrauchervertraglicher Regelungen in den Konkurrenzbestimmungen der §§ 312 a und 312 d Abs. 5 BGB grundsätzlich überarbeitet.115 Die Vielzahl der im Rahmen des OLGVertrÄndG vorgenommenen Änderungen des Verbrauchervertragsrechts im Einzelnen darzustellen und zu diskutieren ist aber nicht Gegenstand dieser Untersuchung. Soweit sie für den Verbraucherdarlehensvertrag Relevanz entfalten, werden sie jeweils an geeigneter Stelle, insbesondere im Zusammenhang mit den einzelnen Verbraucherschutzinstrumenten erörtert. Im vorliegenden Zusammenhang stehen die Änderungen des sachlichen Anwendungsbereichs des Verbraucherdarlehensvertragsrechts in Frage. Dabei geht es an dieser Stelle im Speziellen um die Einführung eines Widerrufsrechts für Immobiliardarlehensverträge. Bezüglich der Einräumung eines Widerrufsrechts hat der Gesetzgeber die auf Grund der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben zunächst naheliegende Lösung, in § 312 a BGB zu bestimmen, dass der Vorrang des Verbraucherdarlehensrechts nicht für Immobilardarlehensverträge gilt, wenn diese gleichzeitig als Haustürgeschäfte zu qualifizieren sind und dem Verbraucher damit eine Widerrufsmöglichkeit nach § 312 BGB zu eröffnen, nicht gewählt. Dagegen entschied er sich, um zu verhindern, dass Verbraucherdarlehensverträge nach unterschiedlichen Vorschriften widerruflich wären, je nachdem, für welche Vertriebsform sich der aber auch keine Rechtsprechungsnachweise anführen lassen. Hierzu, mit umfangreichen Nachweisen Hoffmann, ZIP 2002, 145 (151 f.). Aus der Rechtsprechung vgl. LG Bonn, Urteil vom 17. 4. 2002 – 1 O 370 / 01 = ZIP 2002, 981. 114 Grundlegend EuGH, verb. Rs. C – 6 / 90 (Frankovich / Italien), Slg. 1991, I – 5357 ff. = ZIP 1991, 1610; st. Rspr.: EuGH, verb. Rs. C – 46 und 48 / 93 (Brasserie du Pêcheur / Deutschland), Slg. 1996, I – 1029 ff. = ZIP 1996, 561; EuGH, verb. Rs. C -178, 179, 188, 189, 190 / 94 (Dillenkofer / Deutschland), Slg. 1996, I – 4848 ff. = ZIP 1996, 1832. 115 Hierzu, sowie zu den Folgeänderungen vgl. den instruktiven Überblick bei Meinhof, NJW 2002, 2273. 9*
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
Darlehensgeber im Einzelfall entschieden hätte116 und wohl auch um jedwede denkbare (gemeinschaftsrechtswidrige) Schutzlücke im Spannungsfeld von Haustür- und Kreditgeschäften zu vermeiden117. Auf Abschluss eines Immobiliardarlehensvertrags gerichtete Willenserklärungen eines Verbrauchers sind damit seit In-Kraft-Treten des OLGVertrÄndG genauso wie die Willenserklärungen bei sonstigen Verbraucherdarlehensverträgen nach § 495 BGB widerruflich. Der Verbraucher hat also beim Immobiliardarlehensvertrag im Gegensatz zur Rechtslage, wie sie nach der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung der alten Vorrangregelungen galt, nicht allein im Falle eines Haustürgeschäfts eine Widerrufsmöglichkeit, sondern ein generelles, unabhängig von einer Haustürsituation bestehendes Widerrufsrecht aufgrund der darlehensrechtlichen Bestimmungen. Insoweit hat sich mit der Einräumung eines generellen Widerrufsrechts bei Immobiliardarlehensverträgen freilich auch der Schutzansatz gegenüber der alten Rechtslage geändert: wurde dem Verbraucher im Rahmen der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung der alten Vorrangregelung nämlich noch ein Widerrufsrecht nach den Bestimmungen über Haustürgeschäfte eingeräumt, so ist auch für diesen Fall nach § 312 a BGB nunmehr alleine das verbraucherdarlehensrechtliche Widerrufsrecht maßgeblich. Das Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehensverträgen soll aber den Verbraucher nicht vor einer durch eine besondere Vertriebsform bedingten Überrumplung118 schützen, sondern vor situativ-vertragsgegenständlichen Gefahren beim Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags.
116 BT-Drucks. 14 / 9266, S. 44. Die Unbeachtlichkeit der Vertriebsform im Hinblick auf das Widerrufsrecht betrifft freilich den zentralen Gegenstand, den der Gesetzgeber bei der Korrekturnovelle im Auge hatte, nämlich den Immobiliardarlehensvertrag. 117 In § 312 a BGB ist nun geregelt, dass ein Widerrufsrecht nach § 312 BGB ausscheidet, wenn dem Verbraucher bereits nach anderen Vorschriften ein Widerrufsrecht nach §§ 355, 356 BGB [ . . . ] zusteht. Durch die Formulierung „zusteht“ will der Gesetzgeber deutlich machen, dass der Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 312 BGB nur dann gilt, wenn ein Widerrufsrecht nach den anderen Vorschriften auch tatsächlich gegeben ist. Sollte es in bestimmten Fällen ausgeschlossen sein, bleibt das Widerrufsrecht nach § 312 BGB erhalten; als anschauliches, wenn auch nicht sehr praxisrelevantes Beispiel aus dem Verbraucherdarlehensrecht nennt BT-Drucks. 14 / 9266, S. 44 ein als Haustürgeschäft abgeschlossenes Kleindarlehen bis zu einem Betrag von 200 A. Bei diesem wäre ein Widerrufsrecht nach § 495 BGB wegen § 491 Abs. 2 Nr. 1 BGB ausgeschlossen. Insoweit ist also nach neuer Rechtslage in diesem Fall, weil dem Verbraucher kein Widerrufsrecht nach den verbraucherdarlehensrechtlichen Bestimmungen zusteht, ein Widerrufsrecht nach § 312 BGB einzuräumen. Das ist, wenngleich dies aus der Gesetzesbegründung nicht hervorgeht, auch gemeinschaftsrechtlich geboten, weil die Haustürgeschäfterichtlinie nur Geschäfte bis zu einer Höhe von 60 ECU von ihrem Anwendungsbereich ausnimmt. 118 Hiervor sollte noch die gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung der alten Vorrangregelung schützen.
IV. Änderungen des Schutzniveaus
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(2) Würdigung der neuen Rechtslage unter verbraucherschutzdogmatischen Gesichtspunkten Es steht außer Zweifel, dass durch die Einräumung eines generellen Widerrufsrechts bei Immobiliardarlehensverträgen der sachliche Anwendungsbereich der verbraucherdarlehensvertraglichen Schutzbestimmungen erweitert und damit das Verbraucherschutzniveau im Bereich der Immobiliardarlehensverträge verändert wurde. Ob es sich insoweit allerdings um eine Anhebung des Schutzniveaus handelt, könnte auf der Grundlage der Argumente, mit denen die überwiegende Ansicht bisher den generellen, also nicht auf Haustürgeschäfte beschränkten Ausschluss des Widerrufsrechts bei Immobiliardarlehensverträgen rechtfertigte, zweifelhaft sein. Dass nach der bisherigen Rechtslage dem Verbraucher beim Abschluss eines Immobiliardarlehensvertrags kein Widerrufsrecht eingeräumt wurde, beruhte primär auf der Erwägung, dass durch die Zur-Verfügung-Stellung eines Widerrufsrechts die taggenaue Refinanzierung vieler Realkredite, die die Grundlage der günstigen Zinsen darstellt, zu denen Immobiliardarlehen typischerweise gewährt werden, stark gefährdet würde und insoweit in Zeiten erheblicher Zinsschwankungen mit einer deutlichen Verteuerung der Kredite zu rechnen wäre, da die Banken etwaige Zinserhöhungen für die Refinanzierung bis zum Ablauf der Widerrufsfrist preissteigernd einkalkulieren müssten.119 Letztlich wurde der Ausschluss des Widerrufsrechts also damit begründet, dass allein hierdurch sichergestellt sei, dass der Verbraucher in den Genuss der bei Immobiliardarlehen marktüblich-niedrigen Zinsen kommt. Unter Zugrundelegung dieser Argumentation wäre die Einführung eines Widerrufsrechts für Immobiliardarlehensverträge, das nicht auf Haustürgeschäfte beschränkt ist, aus Sicht des Verbrauchers unvorteilhaft, weil er mit steigenden Darlehenskosten rechnen müsste. Aus dieser Perspektive wäre es dann konsequent, von einer Absenkung des Verbraucherschutzniveaus bei Immobiliardarlehensverträgen zu sprechen. Eine solche Einschätzung setzte allerdings voraus, dass die Argumentation, wie sie zur Begründung des bisherigen Ausschluss des Widerrufsrechts angeführt wurde, im Hinblick auf Verbraucherschutzerwägungen überhaupt tragfähig und insoweit für die Beurteilung der Frage des Verbraucherschutzniveaus fruchtbar zu machen ist. Das ist sie aber m.E. nicht. Das Interesse der Banken an einer taggenauer Darlehensrefinanzierung stellt keine maßgebliche Erwägung für die Beurteilung des Verbraucherschutzniveaus dar; zwar zeitigt die Möglichkeit einer taggenauen Refinanzierung für den Verbraucher mittelbar begünstigende Wirkungen, weil auf ihrer Grundlage der Marktzins für Immobiliardarlehen gering gehalten werden kann. Derartige ökonomische Erwägungen stellen aber nach überzeugender Auf119 Diese Argumentation findet sich auch noch im Gesetzgebungsverfahren zum OLGVertrÄndG, vgl. BT-Drucks. 14 / 9531, S. 5; hierzu auch Schmidt- Räntsch, NJW 2002, 1100 (1102); zur ursprünglichen Fassung des VerbrKrG vgl. BT-Drucks. 11 / 5462, S. 18.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
fassung kein maßgebliches Verbraucherschutzkriterium dar, weil ein richtig verstandener Verbraucherschutz nicht darauf abzielt, dem Verbraucher einen Vertragsabschluss zu besonders günstigen Konditionen zu gewährleisten und ihn so gegenüber anderen Marktteilnehmern in ökonomischer Hinsicht zu privilegieren. Ein solcher Schutzansatz wäre nur auf der Grundlage eines Schutzkonzepts begründbar, das den Verbraucher unter wirtschaftlich-sozialen Gesichtspunkten als umfassend strukturell unterlegenen Marktteilnehmer begreift. Es ist aber nachgewiesen worden, dass ein solcher Schutzansatz aus rechtlichen wie auch aus wirtschaftlich-sozialen Gründen nicht trägt.120 Statt dessen geht es im Verbraucherdarlehensvertragsrecht um den Schutz des Verbrauchers vor situativ-vertragsgegenständlichen Störungen seiner tatsächlichen Entscheidungsfreiheit, die typischerweise auftreten, wenn er mit einem professionell handelnden Darlehensgeber kontrahiert. Der entscheidende Ansatzpunkt für die Beantwortung der Frage, ob die nunmehr erfolgte Einräumung eines Widerrufsrechts für Immobiliardarlehensverträge das bestehende Schutzniveau im Sinne einer konsequenten Fortbildung liberaler Schutzprinzipien befördert, ist somit die Frage, ob die grundpfandrechtliche Absicherung eines Darlehens i. S. d. § 491 Abs. 1 a S. 2 BGB dazu führt, dass die situativ-vertragsgegenständliche Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers bei Immobiliardarlehensverträgen anders zu beurteilen ist als bei sonstigen Verbraucherdarlehensverträgen. Zu beurteilen ist dies im Hinblick auf das konkrete Schutzinstrument, um das der Anwendungsbereich der verbraucherdarlehensrechtlichen Bestimmungen erweitert wurde. Das Widerrufsrecht aus § 495 BGB dient dem Verbraucher als wichtiges Korrektiv situativ-vertragsgegenständlicher Paritätsstörungen. Zum einen wird durch die Einräumung eines Widerrufsrechts dem Umstand Rechnung getragen, dass der Umfang der bei Vertragsschluss relevanten Informationen insbesondere bezüglich der anfallenden Zinsen und sonstigen Kosten, sowie allgemein die Komplexität der Vertragsmaterie im Rahmen einer Darlehensgewährung auch einen durchschnittlich aufmerksamen und verständigen Verbraucher, der im Gegensatz zu dem ihm gegenüberstehenden professionellen Anbieter in der Vertragsmaterie „nicht zu Hause“ ist, überfordern können. Daher erscheint es gerechtfertigt, dem Verbraucher eine Bedenkfrist einzuräumen, innerhalb derer er ohne den (Zeit-)druck der konkreten Abschlusssituation alle für den Vertragsabschluss maßgeblichen Daten sichten und verarbeiten kann. Zum anderen wird dem Verbraucher hierdurch die Möglichkeit zum Vergleich mit Angeboten von Konkurrenzunternehmen eröffnet, was die Chance einer rationalen Entscheidungsfindung um ein weiteres steigert. Wird nun die Gewährung eines Verbraucherdarlehens von seiner grundpfandrechtlichen Absicherung abhängig gemacht, so könnte man dem Gedanken anheimfallen, einen solchen Abschluss verfolge der Verbraucher mit einer gegenüber einem anderen Darlehensvertrag gesteigerten Aufmerksamkeit und unter besonde120 Bezeichnenderweise geht auch der EuGH in seinem „Heininger“-Urteil mit keinem Wort auf dieses von deutscher Seite vorgebrachte ökonomische Argument ein.
IV. Änderungen des Schutzniveaus
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rer Anstrengung seiner Erkenntniskräfte121, so dass es einer zusätzlichen Bedenkfrist und einer Vergleichsmöglichkeit nicht bedürfe. Dies ließe sich evtl. daraus ableiten, dass bei grundpfandrechtlich abgesicherten Darlehen typischerweise besonders hohe Summen in Frage stehen und bei Verbrauchern als privat handelnden Rechtssubjekten nicht selten das objektiv-materiell werthaltige und subjektiv-ideel den Lebensmittelpunkt bildende Eigenheim zur Absicherung eingesetzt wird. Eine solche Argumentation ernsthaft zu vertreten, würde aber bedeuten, das Schutzniveau umso stärker abzusenken, je risikoreicher das Geschäft für den Verbraucher ist. Zwar geht es im Verbraucherschutz nach überzeugender Ansicht nicht darum, dem Verbraucher das Risiko wirtschaftlicher und persönlicher Fehlentscheidungen abzunehmen; das bedeutet aber noch lange nicht, dass es legitim wäre, eine gegenüber sonstigen Verbrauchern geringere Schutzbedürftigkeit anzunehmen, nur weil ein Geschäft besonders folgenreich sein kann und deswegen davon auszugehen ist, dass sich der Verbraucher besonders rational verhält. Entscheidend für den Vergleich der Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers bei Abschluss eines Immobiliardarlehensvertrages mit dem Abschluss eines nicht grundpfandrechtlich gesicherten Darlehens, ist das Abstellen auf die Kriterien, die auch im Übrigen den Einsatz des Widerrufsrechts rechtfertigen. Das sind zum einen der besondere Umfang und die Komplexität der vom Verbraucher aufzunehmenden und zu verarbeitenden Daten, sowie die Möglichkeit zum Vergleich mit Konkurrenzangeboten. Da der Vergleich mit Konkurrenzangeboten dadurch bedingt ist, dass der Verbraucher die relevanten Vergleichsdaten nach Umfang und Inhalt intellektuell bewältigt hat, ist die Schutzbedürftigkeit vornehmlich anhand der beiden letztgenannten Kriterien zu bestimmen. Wird die Gewährung eines Darlehens von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht, so wird der insoweit erforderliche schuldrechtliche Sicherungsvertrag Gegenstand des gesicherten Verbraucherdarlehensvertrags und der entsprechenden Vertragsurkunde, was sich aus dem Formerfordernis des § 492 Abs. 1 S. 5 Nr. 7 BGB ergibt.122 Damit steigt unzweifelhaft – verglichen mit einem ungesicherten Darlehen – die Masse der vom Verbraucher zur Kenntnis zu nehmenden und zu verarbeitenden Daten an. Zugleich verkompliziert sich die vom Verbraucher zu überschauende Rechtslage, weil er sich etwa mit den konkreten Modalitäten der Sicherheitsgewährung, wie auch den Abwicklungsmodalitäten für den Eintritt des Sicherungsfalls auseinanderzusetzen hat. Selbst wenn der Verbraucher also wegen der erheblichen wirtschaftlichen Folgen den Vertragsschluss besonders aufmerksam und unter außergewöhnlicher Anspannung seiner Erkenntniskräfte betreiben sollte, so wird ihn doch der besondere Um121 Schmidt-Räntsch, NJW 2002, 1100 (1102) rechtfertigte den Ausschluss des Widerrufsrechts bei Immobiliardarlehensverträgen nicht nur im Hinblick auf das als nicht tragfähig entlarvte ökonomische Argument niedriger Darlehenszinsen, sondern auch mit dem knappen Hinweis darauf, dass „Immobiliardarlehensverträge anders als sonstige Darlehensverträge gut überlegt sind.“ 122 Der dingliche Bestellungsakt ist dagegen nicht Gegenstand des Darlehensvertrages und der Vertragsurkunde. Vgl. hierzu Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 492 BGB Rdn 130.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
fang und die Komplexität der zur Kenntnis zu nehmenden und auszuwertenden Daten in ungewöhnlich hohem Maße beanspruchen und tendenziell überfordern. Eine geringere Schutzbedürftigkeit gegenüber dem Fall sonstiger Verbraucherdarlehensverträge ist beim Immobiliardarlehen deswegen gerade nicht anzunehmen. Die Einräumung einer Bedenkfrist und die dadurch eröffnete Möglichkeit zum Konditionenvergleich durch Zur-Verfügung-Stellung eines Widerrufsrechts erscheint daher als konsequente Fortbildung des bis dahin bestehenden Verbraucherschutzniveaus. Die Einräumung eines generellen Widerrufsrechts für Immobiliardarlehensverträge ist insoweit als Anhebung des bisherigen Schutzniveaus zu verstehen, die verbraucherschutzdogmatisch überzeugt.
dd) Anwendbarkeit der §§ 358, 359 BGB auf Immobiliardarlehensverträge durch das OLGVertrÄndG Die gesetzgeberische Entscheidung zur Einräumung eines generellen Widerrufsrechts bei Immobiliardarlehensverträgen löste freilich als Folgeproblem die Frage aus, welche Rechtsfolgen bei Ausübung des verbraucherdarlehensrechtlichen Widerrufsrechts bezüglich des darlehensfinanzierten Geschäfts eintreten sollen, respektive ob und inwieweit die Vorschriften über verbundene Verträge anwendbar sein sollten. Die Frage ist hoch praxisrelevant und wirtschaftlich von nicht zu unterschätzender Bedeutung, etwa für die bereits geschilderten Fälle der Immobilienveräußerung im Wege des Strukturvertriebs. Ließe der Widerruf des Immobiliardarlehensvertrags die Wirksamkeit des finanzierten Kauf- oder Leistungserbringungsvertrags, z. B. des Immobilienkaufs unberührt, würde der Verbraucher weiter an den Kaufvertrag gebunden sein und von den wirtschaftlichen Folgen des Kaufvertrags nicht befreit. Der isolierte Widerruf des Darlehensvertrags wäre aus Sicht des betroffenen Verbrauchers weitgehend sinnlos. Hätte die Unwirksamkeit des widerrufenen Darlehensvertrags hingegen wegen des bei verbundenen Verträgen vorgesehenen sog. Widerrufsdurchgriffs nach § 358 Abs. 2 BGB (vormals: § 9 Abs. 2 VerbrKrG) auch die Unwirksamkeit des finanzierten Geschäfts zur Folge, dann könnte sich der Verbraucher von den wirtschaftlichen Folgen seiner auf Abschluss eines verbundenen Vertrags gerichteten Willenserklärungen befreien, indem besondere Rückabwicklungsverhältnisse zur Entstehung gelangten und die Insolvenzrisiken verlagert würden.123 In diesem Fall wäre der Verbraucher nämlich aufgrund des Widerrufs nach § 358 Abs. 2 BGB (§ 9 Abs. 2 VerbrKrG) nicht mehr an den Kaufvertrag gebunden und nach der speziellen Rückabwicklungsvorschrift des § 358 Abs. 4 S. 3 BGB (§ 9 Abs. 2 S. 4 VerbrKrG) träte der Darlehensgeber – sofern das Darlehen valutiert und dem Verkäufer, resp. Leistungserbringer bereits zugeflossen ist – gegenüber dem Verbraucher in die Rechte und Pflichten des Verkäufers ein. Der Verbraucher 123 Ausführlich und sehr übersichtlich zur Rechtslage vor der Schuldrechtsreform KessalWulf, in: Staudinger, § 9 VerbrKrG Rdn 58 ff.
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müsste sich daher hinsichtlich der Rückabwicklung der verbundenen Verträge alleine mit einem Vertragspartner, nämlich dem Darlehensgeber124 auseinandersetzen und nicht wie nach allgemeinen Regeln, Kaufvertrag und Darlehensvertrag jeweils im entsprechenden Vertragsverhältnis abwickeln. Er müsste nicht dem Darlehensgeber den Darlehensbetrag erstatten und sich dann seinerseits wegen der Rückzahlung des Kaufpreises an den Verkäufer halten. Es ergäben sich für die Rückabwicklung vielmehr folgende Rechtsbeziehungen: Der Verbraucher könnte aufgrund des Widerrufs die Rückzahlung der Darlehenssumme verweigern. Der Darlehensgeber hätte nämlich keinen Anspruch gegen den Verbraucher auf Rückzahlung des Nettodarlehensbetrags, da dieser Anspruch mit dem Anspruch des Verbrauchers gegenüber dem Kreditgeber (in dessen „neuer“ Rolle als Verkäufer) auf Rückzahlung des Kaufpreises kraft Gesetzes „aufgerechnet“ 125 würde. Hingegen hätte der Verbraucher Anspruch auf Rückerstattung der an den Darlehensgeber erbrachten Leistungen, wovon Tilgungs- und Zinszahlungen als auch eine evtl. geleistete Anzahlung erfasst sind. Im Gegenzug müsste der Verbraucher dem Darlehensgeber (in der Rolle des Verkäufers) lediglich die Kaufsache, etwa die Immobilie herausgeben, bzw. falls der Darlehensgeber nicht Sicherungseigentümer ist, übereignen.126 Hinsichtlich der Darlehensrückerstattung und der Herausgabe der aus dem Darlehen gezogenen Nutzungen müsste sich der Darlehensgeber indes an den Verkäufer halten und diesem im Gegenzug die Kaufsache übereignen.127 Damit aber trüge der Darlehensgeber, respektive die Bank das Insolvenzrisiko des Verkäufers, das sich in den geschilderten Fällen der Immobilienveräußerung im 124 Allein der Darlehensgeber ist nach allgemeiner Ansicht als Folge des gesetzlich angeordneten Übergangs der Rechte und Pflichten des Verkäufers im Prozeß aktiv- und passiv legitimiert, vgl. statt vieler Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 9 VerbrKrG Rdn 61 m. w. N.; a.A. Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 495 BGB Rdn 298 ff., der von einem gesetzlichen Schuldbeitritt ausgeht und dem Verbraucher damit ein Wahlrecht einräumt, ob er sich an den Darlehensgeber oder den Partner des finanzierten Geschäfts wenden will. 125 Dauner-Lieb, WM- Beilage 6 / 1991, 1 (20). 126 Ausführlich zur Rückabwicklung verbundener Verträge vgl. statt vieler Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 9 VerbrKrG Rdn 58 ff. und 90 ff.; Habersack, in: MüKo, § 9 VerbrKrG Rdn 63 ff. 127 Die Frage der Rückabwicklung im Verhältnis zwischen Darlehensgeber und Verkäufer ist in den kreditrechtlichen Bestimmungen nicht speziell geregelt und daher sehr umstritten. Die Rechtsprechung will allgemeines Bereicherungsrecht anwenden, vgl. BGHZ 133, 254 (259) = NJW 1996, 3414 (3416): zuzulassen sei eine Durchgriffskondiktion unmittelbar zwischen der darlehensgebenden Bank und dem Partner des darlehensfinanzierten Geschäfts; für eine bereicherungsrechtliche Lösung auch Ott, in: Bruchner / Ott / Wagner-Wieduwilt, § 9 VerbrKrG Rdn 93 ff.; Bülow, VerbrKrG, § 9 VerbrKrG Rdn 90; zur Rechtslage nach dem SMG vgl. ders., Verbraucherkreditrecht, § 495 Rdn 304; Emmerich, in: v. Westphalen / Emmerich / v. Rottenburg, § 9 VerbrKrG Rdn 122 ff.; eine analoge Anwendung der verbraucherrechtlichen Sonderregelung des § 9 Abs. 2 S. 4, in dem Sinne, das der Darlehensgeber an die Stelle des Verbrauchers tritt, befürwortet Dauner-Lieb, WM- Beilage 6 / 1991, 1 (21); Habersack, in: MüKo, § 9 VerbrKrG Rdn 72; noch anders Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 9 VerbrKrG Rdn 65 mit einer ausführlichen Darstellung des Streitstands ab Rdn 62. Beachtlich ist freilich, dass sich in der Praxis die Problematik dann nicht stellt, wenn die Parteien eine vertragliche Vereinbarung hinsichtlich der Rückabwicklung getroffen haben.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
Wege des Strukturvertriebs zumeist verwirklicht hat. Es ist also von entscheidender Bedeutung, ob der Widerruf des Darlehensvertrags die Wirksamkeit des finanzierten Geschäfts unberührt lässt oder nicht. Der Gesetzgeber entschied nun im OLGVertrÄndG, dass abweichend vom Wortlaut der bisherigen Rechtslage, künftig die Bestimmungen über verbundene Verträge (§§ 358, 359 BGB) nicht mehr von der Anwendung auf Immobiliardarlehensverträge ausgenommen sein sollen. Anwendbar wurde dadurch nicht allein der Widerrufsdurchgriff nach § 358 Abs. 2 BGB, bezüglich dessen sich – wie vorstehend ausgeführt – die Frage einer Rechtsänderung besonders dringend stellte, sondern auch der Einwendungsdurchgriff nach § 359 BGB. Für den Fall des finanzierten Grundstückskaufs sind allerdings Besonderheiten zu beachten: Nach der neu eingeführten Bestimmung des § 358 Abs. 3 S. 3 BGB ist eine wirtschaftliche Einheit von Darlehensvertrag und finanziertem Geschäft im Fall des finanzierten Grundstückskaufs oder des finanzierten Erwerbs grundstücksgleicher Rechte allein dann anzunehmen, wenn die in der Vorschrift genauer bezeichneten qualifizierten Voraussetzungen vorliegen.128 Zu untersuchen ist nunmehr, inwieweit die vorbezeichneten Modifikationen des sachlichen Anwendungsbereichs der verbraucherdarlehensrechtlichen Schutzbestimmungen, das gesetzlich gewährleistete Verbraucherschutzniveau im Bereich der Immobiliardarlehensverträge verändert haben. Hierzu ist die Rechtslage vor InKraft-Treten des OLGVertrÄndG genauer zu beleuchten.
(1) Rechtslage vor In-Kraft-Treten des OLGVertrÄndG Unter Geltung des Verbraucherkreditgesetzes war § 9 VerbrKrG, der die Bestimmungen über verbundene Verträge enthielt, auf Immobiliardarlehensverträge wegen der Teilausnahmeregelung in § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG nicht anwendbar. An dieser Rechtslage änderte das SMG nichts: Die in §§ 358, 359 BGB niedergelegten Bestimmungen über verbundene Verträge sollten ausweislich § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB, der § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG ersetzte, bei Immobiliardarlehensverträgen nicht zur Anwendung gelangen. Spätestens seit dem „Heininger“-Urteil des EuGH stellte sich freilich die Frage, inwieweit der Gesetzeswortlaut vorbezeichneter Ausnahmereglungen teleologisch zu reduzieren ist. Schließlich war die Rechtslage nunmehr insoweit verändert, als Immobiliardarlehensverträge, sofern ihr Ab128 § 358 Abs. 3 S. 3 BGB lautet wie folgt: „Bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstückgleichen Rechts ist eine wirtschaftliche Einheit nur dann anzunehmen, wenn der Darlehensgeber selbst das Grundstück oder das grundstückgleiche Recht verschafft oder wenn er über die Zur-Verfügung-Stellung von Darlehen hinaus den Erwerb des Grundstücks oder des grundstücksgleichen Rechts durch Zusammenwirken mit dem Unternehmer fördert, indem er sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt.“
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schluss auf eine Haustürsituation rückführbar war, aufgrund eines Widerrufsrechts nach § 1 HausTWG, bzw. § 312 BGB widerruflich waren, wohingegen die h.M. zuvor auch diese Widerrufsmöglichkeit ausgeschlossen hatte. Damit stellte sich schon hier die Folgefrage, welche Auswirkungen der Widerruf des Immobiliardarlehensvertrags auf einen verbundenen Vertrag haben sollte. (a) Unsicherheiten in der Rechtsprechung: Das obiter dictum des BGH in der Rechtssache „Heininger“ und die „Securenta“-Rechtsprechung Ohne dass die Klärung dieser Frage im Fall Heininger entscheidungserheblich gewesen wäre, hat der BGH zu ihr in einem obiter dictum unzweideutig und in knappen Worten Stellung bezogen. Er äußerte, dass „§ 9 VerbrKrG gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG auf Realkreditverträge im Sinne dieser Vorschrift nicht anwendbar“129 sei. Die Bestimmung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG sei auch im Falle eines als Haustürgeschäft abgeschlossenen Realkreditvertrags, also auch bei einem Widerruf nach § 1 HausTWG anwendbar, weil die richtlinienkonforme Auslegung der Konkurrenzregel des § 5 Abs. 2 HausTWG nichts daran ändere, dass das VerbrKrG für Geschäfte der vorliegenden Art generell anwendbar sei. HausTWG und VerbrKrG ständen insoweit nebeneinander. Im Übrigen entspräche es ständiger Rechtsprechung, dass Realkreditvertrag und das finanzierte Grundstücksgeschäft nicht als zu einer wirtschaftlichen Einheit verbundene Verträge anzusehen seien. Die fehlende Einschlägigkeit der sog. „Securenta“-Rechtsprechung130 begründete der BGH mit dem knappen Hinweis, dass diese Urteile nicht Realkreditverträge betrafen, sondern die Finanzierung einer Gesellschaftsbeteiligung. In den „Securenta“-Entscheidungen ging es um den Vertrieb darlehensfinanzierter Gesellschaftsbeteiligungen aufgrund einer Haustürsituation. Der BGH hatte hier eine Anwendung der Grundsätze über verbundene Geschäfte auf den Widerruf nach dem Haustürwiderrufsgesetz bejaht.131 Das vom BGH im „Heininger“-Urteil geäußerte obiter dictum ist in der Literatur wegen der recht pauschal formulierten Äußerungen kritisch aufgenommen worden132, und auch die unterinstanzliche Rechtsprechung wich von der vom BGH 129 BGH ZIP 2002, 1075 (1080); ohne weitere sachliche Auseinandersetzung mit der zwischenzeitlich ergangenen Kritik bestätigt durch BGH ZIP 2002, 2210 (2211); BGH NJW 2003, 199 f.; BGH NJW 2003, 424 (426). Weil der zu beurteilende Sachverhalt einen Vertrag betraf, der vor dem 1.1. 2002, also vor In-Kraft-Treten des SMG abgeschlossen worden war, stand nicht die Anwendung der §§ 358, 359 BGB, sondern die Anwendung des § 9 VerbrKrG in Frage. Im Ergebnis ebenso, aber argumentativ etwas differenzierter: BGH NJW 2003, 422 (423); BGH NJW 2003, 885 (886); BGH NJW 2003, 1390 (1391). 130 BGH ZIP 1996, 1940 = NJW 1996, 3414; BGH NJW 1996, 3416. 131 Näher hierzu im Folgenden. 132 Vgl. die Anmerkung zu BGH ZIP 2002, 1075 von Ulmer, ebd., 1080 (1083); ferner Stickelbrock, ZGS 2002, 225 (228); dezidiert für eine Übertragung der „Securenta“-Rechtsprechung und damit für eine Anwendung der Bestimmungen über verbundene Verträge im Falle eines „haustürgeschäfterechtlichen“ Widerrufs von Immobiliardarlehensverträgen plä-
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
vertretenen Rechtsauffassung im Sinne einer Befürwortung eines umfassenderen Verbraucherschutzes ab133. Insoweit wird man die Rechtslage vor dem OLGVertrÄndG keineswegs allein unter Hinweis auf das – zwischenzeitlich freilich in einer Reihe von Urteilen bestätigte134 – obiter dictum des BGH beschreiben können. Es bedarf daher – bis zur endgültigen Klärung der Frage durch den EuGH im Rahmen eines nunmehr eingeleiteten Vorabentscheidungsverfahrens135 – einer genaueren Untersuchung. Zu klären ist, inwieweit die Bestimmungen über verbundene Verträge, resp. den Widerrufsdurchgriff auf Immobiliardarlehensverträge vor Geltung des OLGVertrÄndG anwendbar sind, bzw. waren, wenn der Finanzierungsvertrag aufgrund der Bestimmungen über Haustürgeschäfte widerrufen wurde.136 (b) Anwendbarkeit der Grundsätze über verbundene Verträge auf den Widerruf nach § 1 HausTWG Im Fall eines Widerrufs nach § 1 HausTWG ist die Frage anhand des § 5 Abs. 2 HausTWG und der Bestimmungen in §§ 3 Abs. 2 Nr. 2 und 9 VerbrKrG zu entscheiden.137 diert Hoffmann, ZIP 2002, 1066; ebenso Reiter / Methner, VUR 2002, 316; Derleder, ZBB 2002, 202 (208 f.). 133 Für eine analoge Anwendung des § 9 Abs. 2 S. 1 VerbrKrG im Falle des Widerrufs einer auf Abschluss eines Realkreditvertrags gerichteten Willenserklärung nach dem Haustürwiderrufsgesetz nun explizit LG Bremen, VuR 2002, 287; so auch schon OLG Stuttgart, NZG 1999, 899; in dieselbe Richtung wohl auch OLG München, WM 2002, 694 (696); für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit, allerdings ohne Rückgriff auf § 9 VerbrKrG: OLG Karlsruhe, ZIP 2003, 163 (165). 134 BGH NJW 2003, 199 f.; BGH NJW 2003, 422 (423); BGH NJW 2003, 424 (426); BGH NJW 2003, 885 (886); BGH NJW 2003, 1390 (1391). 135 Vgl. die Vorlage des LG Bochum, ZIP 2003, 1437 ff. 136 Zur Abgrenzung des Untersuchungsgegenstands ist vorab darauf hinzuweisen, dass in Literatur und Rechtsprechung die Problemfelder des Immobiliardarlehens-, bzw. Realkreditvertrages mit der Frage eines verbundenen Immobilienerwerbs zumeist so eng verbunden dargestellt werden, dass der Eindruck entstehen könnte, ein Immobiliardarlehensvertrag zeichne sich dadurch aus, dass er der Finanzierung eines Immobilienerwerbs diene. Zwar wird dies der regelmäßige Verwendungszweck sein. Indes kommen durchaus andere Verwendungszwecke in Betracht – mit erfreulicher Klarheit: Bülow, VerbrKrG, § 3 VerbrKrG Rdn 83; ders., Verbraucherkreditrecht, § 491 BGB Rdn 188. Die Begrifflichkeit des Immobiliardarlehens – respektive Realkreditvertrages resultiert, wie sich aus § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG ergibt, bzw. wie bezüglich des Immobiliardarlehensvertrags aus der Legaldefinition in § 492 Abs. 1 a S. 2 BGB folgt, allein aus der grundpfandrechtlichen Form der Kreditsicherung. Über den Verwendungszweck sagt weder der Begriff des Realkreditvertrages, noch der durch das OLGVertrÄndG an dessen Stelle getretene Begriff „Immobiliardarlehensvertrag“ etwas aus. Deswegen ist es auch sehr eigenartig, wenn der BGH in oben bezeichnetem obiter dictum die Unanwendbarkeit der „Securenta“-Rechtsprechung mit dem Hinweis zu begründen sucht, dort hätte nicht ein Realkreditvertrag, sondern die Finanzierung einer Gesellschaftsbeteiligung in Frage gestanden. Der Begriff des Realkreditvertrags betrifft die spezifische Absicherung eines Kredits, die Finanzierung einer Gesellschaftsbeteiligung hingegen bezeichnet den besonderen Verwendungszwecks eines Finanzierungsgeschäfts.
IV. Änderungen des Schutzniveaus
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Ausgangspunkt der Betrachtung ist der Widerruf einer auf Abschluss eines Immobiliardarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung nach § 1 HausTWG. Da das HausTWG selbst keine dem § 9 VerbrKrG entsprechende Verbundsregelung enthält, könnte man schließen, dass die Wirkungen des Widerrufs auf den Finanzierungsvertrag beschränkt blieben und den verbundenen Vertrag unberührt ließen. Zwingend ist dieser Schluss freilich nicht. Der BGH hat ihn jedenfalls in den „Securenta“-Entscheidungen, auf die noch ausführlich einzugehen sein wird, nicht gezogen und ließ dort bei einem nach dem HausTWG widerrufenen Darlehensvertrag einen Widerrufsdurchgriff auf das verbundene Erwerbsgeschäft zu, indem er auf die zum Abzahlungsgesetz entwickelte Rechtsfigur des verbundenen Geschäfts zurückgriff und in die Argumentation § 9 VerbrKrG mit einbezog. Insoweit ist auch vorliegend ein Rückgriff auf § 9 VerbrKrG durchaus in Betracht zu ziehen. Der Rückgriff ist auch möglich, weil die wegen des „Heininger“-Urteils des EuGH gebotene richtlinienkonforme Auslegung des § 5 Abs. 2 HausTWG lediglich verlangt, dass die Anwendbarkeit des Widerrufsrechts nach § 1 HausTWG neben den kreditrechtlichen Bestimmungen unberührt bleiben muss. Eine darüber hinausgehende Einschränkung des § 5 Abs. 2 HausTWG erfordert das europäische Recht aber nicht. Damit bleibt es beim Vorrang des Verbraucherkreditgesetzes vor den Regelungen des Haustürwiderrufsgesetzes, insbesondere auch bzgl. der auf die Rückabwicklung anzuwendenden Vorschriften. Da allerdings § 9 VerbrKrG einen Widerruf nach § 7 VerbrKrG voraussetzt, kommt bei einem Widerruf nach § 1 HausTWG, wie er vorliegend in Rede steht, allein eine analoge Anwendung des § 9 VerbrKrG in Betracht. Sollte die Untersuchung ergeben, dass eine analoge Anwendung des § 9 VerbrKrG grundsätzlich geboten ist, dann wäre noch in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob diesem Ergebnis § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG entgegensteht, nach dessen Wortlaut die Anwendung des § 9 auf Immobiliardarlehensverträge ausgeschlossen ist. 137 Nichts anderes folgt aus der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB. Nach dieser Bestimmung gelten ab dem 1. 1. 2003, namentlich mit Ablauf der Übergangszeit, für Dauerschuldverhältnisse und damit für Verbraucherdarlehensverträge die durch das SMG geschaffenen Normen, auch wenn der Abschlusstatbestand zeitlich vor dem In-Kraft-Treten des SMG liegt. Allerdings beansprucht die Norm mit ihrer Rückwirkungsanordnung keine Geltung, sofern die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts in Frage steht, was beim Widerruf und beim Widerrufsdurchgriff der Fall ist. Das hat der Gesetzgeber in BT-Drucks. 14 / 7052, S. 201 bezogen auf das durch das SMG neu eingeführte Formerfordernis bei der Vollmachtserteilung (§ 492 Abs. 4 BGB) ausdrücklich klargestellt. Im Rahmen der Einführung des § 492 Abs. 4 BGB stellte sich nämlich die Frage, ob eine Vollmacht, die nach altem Recht formwirksam, nach neuem aber formunwirksam wäre, durch Einführung des neuen Formerfordernisses rückwirkend unwirksam würde. Der Gesetzgeber hat die Frage zutreffend verneint, da für die Frage, ob ein Rechtsgeschäft wirksam zustande gekommen ist, auf den Zeitpunkt seiner Entstehung abzuheben sei. Deswegen blieben Vollmachten, die einmal wirksam erteilt worden sind, weiterhin wirksam, auch wenn sie nach neuem Recht formnichtig wären. Nichts anderes kann für den vorliegenden Fall gelten. Sollten nämlich die Bestimmungen über den Widerrufsdurchgriff auf einen mit dem widerrufenen Darlehensvertrag verbundenen Vertrag anwendbar gewesen sein, dann hat mit dem Widerruf des Darlehensvertrags auch das verbundene Geschäft seine Wirksamkeit verloren.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
(aa) Analoge Anwendung des § 9 VerbrKrG Voraussetzung einer analogen Anwendung des § 9 VerbrKrG wäre, dass der Gesetzgeber in planwidriger Weise die Anwendbarkeit der Bestimmungen über verbundene Verträge auf nach § 1 HausTWG widerrufliche (Immobiliar-)darlehensverträge nicht geregelt hat und dass diese Konstellation hinsichtlich der Interessenlage der betroffenen Parteien mit dem gesetzlich geregelten Fall vergleichbar ist, dass ein mit einem Erwerbsvertrag zu einer wirtschaftlichen Einheit verbundener Darlehensvertrag wegen eines Widerrufs nach § 7 VerbrKrG unwirksam ist. Bezüglich erstgenannter Analogievoraussetzung wird die nachfolgende Untersuchung zeigen, dass es sich bei der vom Gesetzeswortlaut vorgesehenen Nichtanwendbarkeit der Bestimmungen über verbundene Verträge nicht um eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung handelt, sondern vielmehr um eine planwidrige Regelungslücke. Die Richtigkeit dieser These exakt nachzuweisen, soll allerdings aus Gründen der systematischen Darstellung und um Redundanzen zu vermeiden, nicht an dieser Stelle, sondern erst im Rahmen der (historischen) Analyse der Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG erfolgen.138 Bis dahin mag der Hinweis genügen, dass der historische Gesetzgeber die Widerruflichkeit einer auf Abschluss eines Immobiliardarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung nach § 1 HausTWG nicht bedacht hat, weswegen sich auch die Folgefrage der Anwendbarkeit der Vorschriften über verbundene Verträge gar nicht stellte. Im Übrigen ging der Gesetzgeber wegen § 5 Abs. 2 HausTWG davon aus und konnte auch davon ausgehen, dass verbundene Geschäfte regelmäßig allein in den Anwendungsbereich des VerbrKrG fallen und deswegen ganz allgemein bei Verbraucherdarlehensverträgen das Problem des verbundenen Geschäfts für die Fälle des Widerrufs nach HausTWG gar nicht relevant wird. Damit kann an dieser Stelle vom Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke ausgegangen werden.139 Der Frage, inwieweit eine vergleichbare Interessenlage der Fälle vorliegt, dass der Widerruf der auf das Finanzierungsgeschäft bezogenen Willenserklärung nicht aufgrund kreditrechtlicher Bestimmungen, sondern aufgrund des § 1 HausTWG erfolgt, nahm sich der BGH in den „Securenta“- Entscheidungen ausführlich an.140 α) Die „Securenta“-Rechtsprechung Die „Securenta“-Entscheidungen betrafen den Vertrieb darlehensfinanzierter Gesellschaftsbeteiligungen aufgrund einer Haustürsituation unter Geltung des AbzG, aber nach In-Kraft-Treten des HausTWG. Weil das AbzG nur auf den Kauf beweglicher Sachen anzuwenden war, bestand nur ein Widerrufsrecht aufgrund der Haustürsituation. Dieses war aber bezüglich der Gesellschaftsbeteiligung wegen 138 139 140
Vgl. im Folgenden unter C. IV. 1. b) dd) (1) (b) (bb). Wie hier LG Bremen, VuR 2002, 287 (290 f.). BGH ZIP 1996, 1940 = NJW 1996, 3414; BGH NJW 1996, 3416.
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ordnungsgemäßer Belehrung erloschen und konnte daher nur bezüglich des Darlehensvertrags ausgeübt werden. Fraglich war nun u. a. welche Wirkungen dem Widerruf der auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen hinsichtlich des Beteiligungsvertrags zukommen sollten. Der BGH entschied, dass „die Rechtsgedanken, die der BGH-Rechtsprechung zum finanzierten Abzahlungskauf und der Regelung des VerbrKrG zugrunde liegen, auch für ein verbundenes Geschäft gelten, das nach dem HausTWG wirksam widerrufen ist. Auch hier ergibt sich aus der wirtschaftlichen Einheit zwischen Kreditvertrag und finanziertem Geschäft die Notwendigkeit, die Unwirksamkeit als Rechtsfolge des Widerrufs auf beide Geschäfte zu erstrecken“.141 Ebenso wie beim finanzierten Abzahlungskauf und bei § 9 VerbrKrG könne „auch beim finanzierten Haustürgeschäft [ . . . ] der Schutzzweck der Widerrufsregelung nur erreicht werden, wenn der Darlehensnehmer nicht befürchten muß, nach dem Widerruf dem Rückzahlungsanspruch des Darlehensgebers ausgesetzt zu sein, ohne Rücksicht darauf, ob der Rückgriffsanspruch gegen den Partner des finanzierten Geschäfts durchsetzbar ist“.142 Es entspreche dem in den Materialien zum HausTWG erklärten Willen des Gesetzgebers, den Verbraucher „durch die Ausgestaltung der Rückgewährpflichten nicht in seinem freien Entschluss, das Widerrufsrecht auszuüben, zu behindern“; im Übrigen sei ein Kreditnehmer, dem § 1 HausTWG ein Widerrufsrecht wegen der situativen Beschränkung seiner „Entschlussfreiheit beim Vertragsschluss“ einräume, „nicht weniger schutzwürdig als derjenige, dem die Rechtsprechung gem. § 6 AbzG ein Widerrufsrecht nach § 1 AbzG zubilligt“.143 Ohne Einschränkung ist dem Befund zuzustimmen, dass verbraucherschützende Widerrufsrechte dem Verbraucher ermöglichen sollen, sich von den wirtschaftlichen Folgen seiner rechtgeschäftlichen Entscheidung, auf die sich sein Widerrufsrecht bezieht, zu lösen.144 Wurden nun ein Erwerbsgeschäft und ein Finanzierungsgeschäft abgeschlossen und sind diese zu einer wirtschaftlichen Einheit verbunden, dann besteht im Vergleich zum einfachen Abzahlungsgeschäft die Besonderheit, dass sich die Entscheidung des Verbrauchers, von seinem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen nicht allein auf ein Geschäft bezieht, sondern einheitlich auf beide Verträge zusammen.145 Das eine Geschäft wäre nämlich nicht ohne das andere abgeschlossen worden, weswegen bei Unwirksamkeit des einen Vertrags auch der andere Vertrag wirtschaftlich sinnlos wird. Weil sich der „wirtschaftliche Sachverhalt“ trotz der Aufspaltung in zwei verschiedene Verträge im Zeitpunkt des Vertragsschlusses objektiv als Einheit darstellt und die vom Verbraucher auf Abschluss der beiden verbundenen Verträge gerichteten Willenserklärungen bei wertender Betrachtung als eine „einheitliche“ Erklärung anzusehen sind, wird man 141 142 143 144 145
BGH ZIP 1996, 1940 (1942) = NJW 1996, 3414 (3415). BGH NJW 1996, 3414 (3415). BGH NJW 1996, 3414 (3415). Zum Widerrufsrecht beim Verbraucherdarlehensvertrag vgl. schon B. III. 2. b). Völlig zutreffend Hoffmann, ZIP 2002, 1066 (1068).
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
auch für den Fall des Widerrufs fordern müssen, das eine einheitliche Beseitigung der wirtschaftlichen Folgen des Geschäfts möglich ist. Ließe man einen solchen Widerrufsdurchgriff nicht zu, setzte man sich nicht allein in Widerspruch zum begrifflichen Verständnis des verbundenen Geschäfts.146 Man vereitelte gleichzeitig – wie der BGH ausführlich und überzeugend dargelegt hat – die effektive Wirkung des gesetzlichen Widerrufsrechts, weil der Verbraucher bei Ausübung des Widerrufs wirtschaftlich negative Folgen fürchten müsste und deswegen nicht in tatsächlicher Hinsicht frei über die Ausübung des Widerrufsrechts entscheiden könnte. Dadurch verstieße man gegen die tragenden Wertungen des Verbraucherschutzrechts, das auf den Schutz der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit abzielt und daher auch tatsächliche Wirkungen entfalten muss, jedenfalls in dem Sinn, dass für den Verbraucher zumindest die Möglichkeit besteht, die eingeräumte Entscheidungsfreiheit tatsächlich nutzen zu können. Insoweit kann es – wie der BGH auch herausgestellt hat – keinen Unterschied machen, ob dem Verbraucher ein Widerrufsrecht aufgrund einer situativen Beschränkung der Vertragsfreiheit wie beim Haustürgeschäft eingeräumt wird oder das Widerrufsrecht wegen einer situativvertragsgegenständlichen Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit beim Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags besteht.147 In beiden Fällen ist das Widerrufsrecht Kompensat für die bei Vertragsschluss aufgrund von Paritätsstörungen eingeschränkte Entscheidungsfreiheit und in beiden Fällen kann das Schutzinstrument seine Wirkung nur entfalten, wenn über seinen Einsatz oder „Nichteinsatz“ in tatsächlicher Hinsicht frei und ohne Furcht vor wirtschaftlich nachteiligen Folgen entschieden werden kann.148 Die zu vergleichenden Interessenlagen unterscheiden sich insoweit nicht. Im Hinblick auf letztgenannte Erwägung, wohl aber auch wegen des richterrechtlichen Ursprungs der Figur des verbundenen Geschäfts149 sah sich der BGH 146 Diese Erwägung stellt wohl auch der BGH in BGH NJW 1996, 3414 (3415) an, wenn er formuliert, dass auch bei einem Widerruf nach dem HausTWG „aus der wirtschaftlichen Einheit zwischen Kreditvertrag und finanziertem Geschäft die Notwendigkeit [folgt], die Unwirksamkeit als Rechtsfolge des Widerrufs auf beide Geschäfte zu erstrecken.“ 147 Hoffmann, ZIP 2002, 1066 (1068) meint, es wäre „schon ein eigenartiges Ergebnis, wenn die Reichweite des Verbraucherschutzes davon abhinge, aus welchem Gesetz sich das Widerrufsrecht ergibt.“ 148 Dementsprechend hat der Gesetzgeber nunmehr in den durch das SMG eingeführten §§ 358, 359 BGB deutlich gemacht, dass die Vorschriften über verbundene Geschäfte generell zur Anwendung gelangen sollen, wenn dem Verbraucher ein Widerrufs- oder Rückgaberecht nach §§ 355, 356 BGB eingeräumt ist, worin der Gesetzgeber ausweislich BT-Drucks. 14 / 9266, S. 46 einen „Rechtsgedanken“ erkannte, der bis dahin in einzelnen Verbraucherschutzbestimmungen, namentlich § 9 VerbrKrG, § 4 FernabsG und 6 TzWrG „zum Ausdruck gekommen war“, was darauf schließen lässt, dass er die Grundsätze über verbundene Verträge schon vor dem SMG als verallgemeinerungsfähiges Institut erachtete. 149 Wie bereits unter B. III. 2. c) erwähnt, wurde die Figur des verbundenen Geschäfts lange vor der Regelung in § 9 VerbrKrG entwickelt. Vgl. auch BGHZ 91, 9 = ZIP 1984, 682; BGHZ 91, 37 = ZIP 1984, 678; BGHZ 91, 338 = ZIP 1984, 932; BGHZ 83, 301 = ZIP 1982, 667; BGHZ 70, 378; BGHZ 47, 233; BGHZ 37, 94.
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in den „Securenta“-Entscheidungen nicht an einer Übertragung der Grundsätze über verbundene Geschäfte auf einen Widerruf nach § 1 HausTWG gehindert und musste sich aufgrund der angestellten Schutzzweckerwägungen auch nicht daran gehindert fühlen. ( ) Übertragbarkeit der Rechtsprechung Es fragt sich nun, ob sich an der Vergleichbarkeit der Interessenlage dadurch etwas ändert, dass die „Securenta“-Rechtsprechung einen nicht grundpfandrechtlich abgesicherten Darlehensvertrag betraf, vorliegend aber ein Immobiliardarlehensvertrag in Rede steht. Der BGH verneinte im obiter dictum zur „Heininger“-Entscheidung eine Anwendung der „Securenta“-Rechtsprechung für den nach § 1 HausTWG widerrufenen Immobiliardarlehensvertrag, indem er pauschal auf eine vermeintlich langjährige Rechtsprechung und den Wortlaut des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG verwies; dabei würdigte er aber nicht die aufgrund des „Heininger“-Urteils des EuGH eingetretene Änderung der bisherigen Rechtsprechung hinsichtlich des Widerrufsrechts bei Immobiliardarlehensverträgen in ihren möglichen Auswirkungen auf verbundene Verträge und stellte insoweit auch nicht die sich aufdrängende Frage einer Auslegung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG.150 Allein der Umstand, dass ein Realkreditvertrag sich von einem anderen Darlehensvertrag durch die grundpfandrechtliche Absicherung des Darlehens unterscheidet, kann wohl kein entscheidendes Argument für die vom BGH eingenommene Position sein. Und auch der vom BGH in seinem obiter dictum angesprochene Umstand, dass bei Realkreditverträgen, die der Finanzierung eines Immobilienkaufs dienen, ein verbundenes Geschäft nur unter besonderen Voraussetzungen anzunehmen sei, spricht nicht gegen eine Anwendung der „Securenta“-Rechtsprechung. Denn die Forderung aufzustellen, dass bei einem durch einen Realkreditvertrag finanzierten Immobilienerwerb qualifizierte Anforderungen an die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit zu stellen sind, macht nur Sinn, wenn man für den Fall, dass diese besonderen Anforderungen erfüllt sind, die Bestimmungen über verbundene Verträge auch für anwendbar hält. Sonst wäre es nämlich rechtlich irrelevant, ob eine wirtschaftliche Einheit vorliegt oder nicht und unter welchen Voraussetzungen sie anzunehmen ist.151 Die Äußerungen des BGH führen insoweit inhaltlich nicht weiter. Für eine Übertragbarkeit lässt sich jedenfalls anführen, dass in den „Securen150 Vgl. BGH ZIP 2002, 1075 (1080) mit den kritischen Anmerkungen von Ulmer, ZIP 2002, 1079 (1083); bestätigt durch BGH NJW 2003, 199 f.; BGH NJW 2003, 424 (426); ferner: BGH NJW 2003, 422 (423); BGH NJW 2003, 885 (886); BGH NJW 2003, 1390 (1391); eine „schematische“ Anwendung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG ablehnend LG Bremen, VuR 2002, 287 (291). 151 Deswegen greift auch das jüngst geäußerte Argument gegen die Annahme eines verbundenen Geschäfts nicht, der Gesetzgeber habe in § 358 Abs. 3 S. 3 BGB für die Zukunft lediglich klargestellt, dass bei finanzierten Immobilienkaufverträgen ein verbundenes Geschäft nur unter besonderen Voraussetzungen anzunehmen sei, vgl. BGH NJW 2003, 422 (423); BGH NJW 2003, 885 (886); BGH NJW 2003, 1390 (1391 f.).
10 Enders
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
ta“-Fällen wie auch im Fall „Heininger“ ein Widerrufsrecht nicht bezüglich des Erwerbsgeschäfts, sondern allein bezüglich des Darlehensvertrags bestand und zwar aufgrund der Haustürsituation.152 Insoweit war die zu beurteilende Konstellation identisch. Dass in einem Fall die Finanzierung einer Gesellschaftsbeteiligung der erstrebte Verwendungszweck war, wohingegen es in dem anderen Fall um die Finanzierung eines Immobilienerwerbs ging, kann allein im Rahmen der an die wirtschaftliche Einheit zu stellenden Anforderungen relevant werden, betrifft aber nicht die Frage, inwieweit die Grundsätze über verbundene Geschäfte überhaupt anwendbar sind.153 Schließlich steht einer Übertragung der „Securenta“-Rechtsprechung auf die vorliegende Konstellation auch nicht entgegen, dass dort noch unter Geltung des AbzG zu entscheiden war und nicht anhand von § 9 VerbrKrG, der die zum AbzG ergangene Rechtsprechung zu verbundenen Verträgen normativ aufgriff; denn der BGH selbst zog in den „Securenta“-Entscheidungen § 9 VerbrKrG heran, um seine auf Schutzzweckerwägungen gründende Argumentation zu untermauern.154 Es sind daher keine Gründe ersichtlich, die gegen eine Übertragung der Securenta-Rechtsprechung auf den Fall eines nach § 1 HausTWG widerrufenen Immobiliardarlehensvertrags sprächen155, sofern nicht die Teilausnahmeregelung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG entgegensteht. (bb) Ausschluss wegen § 3Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG bestimmt, dass die Regelungen über verbundene Verträge in § 9 VerbrKrG auf Darlehensverträge i. S. d. Vorschrift nicht anwendbar sind. Der Gesetzeswortlaut streitet daher für die vom BGH in der Sache „Heininger“ geäußerte Rechtsauffassung, dass eine Anwendung der Grundsätze über verbundene Verträge bei Immobiliardarlehen nicht in Betracht kommt. Es erscheint allerdings sehr fraglich, ob der Gesetzgeber diesem gesetzlichen Grundsatz uneingeschränkt Geltung verschaffen will. Es ist nämlich zu bedenken, dass schon die Widerruflichkeit einer auf Abschluss eines Immobiliardarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung im VerbrKrG gar nicht vorgesehen ist, weil § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG die Widerrufsmöglichkeit nach § 7 VerbrKrG ausschließt und wegen § 5 Abs. 2 HausTWG auch eine Widerrufsmöglichkeit für den Sonderfall des Abschlusses in einer Haustürsituation ohne die gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung dieser Bestimmung nicht vorgesehen ist. Aus diesem Grund stellte sich aus der Sicht des historischen Gesetzgebers die Frage der Anwendung der Bestimmun152 Ausführlich zur direkten Vergleichbarkeit der Sachverhalte Hoffmann, ZIP 2002, 1066 (1068). 153 Ähnlich Ulmer, Anmerkung zu BGH ZIP 2002, 1075 (1083), der anzweifelt, dass der unterschiedliche Verwendungszweck eine Ungleichbehandlung der Fälle rechtfertigen kann, allerdings nicht darlegt, warum schon die Unterscheidung nach dem Kriterium des Verwendungszwecks verfehlt ist. 154 Wie hier Hoffmann, ZIP 2002, 1066 (1068). 155 Im Ergebnis ebenso LG Bremen, VuR 2002, 287 (292) mit rhetorischen Fragen zur Untermauerung der teleologischen Argumentation; ferner Reiter / Methner, VuR 2002, 316 (319).
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gen über verbundene Geschäfte, respektive über den Widerrufsdurchgriff nicht, weil schon die Situation eines widerruflichen Immobiliardarlehensvertrags nach der Gesetzeskonzeption gar nicht auftreten sollte. Wenn dann aber § 9 Abs. 2 VerbrKrG, der die Möglichkeit des Widerrufsdurchgriffs vorsieht, von der Anwendung auf Immobiliardarlehensverträge dadurch ausgeschlossen wurde, dass § 9 VebrKrG insgesamt für unanwendbar erklärt wurde, dann wird man dieser Maßnahme jedenfalls im Hinblick auf den Widerrufsdurchgriff keine eigenständige Aussagekraft beimessen können. Der Widerrufsdurchgriff erhält seinen Sinn alleine im Zusammenhang mit dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts. Wenn insoweit kein Widerrufsrecht besteht, ist der Ausschluss des Widerrufsdurchgriffs lediglich deklaratorisch. Besteht aber ein Widerrufsrecht, dann ist zu fragen, ob der Ausschluss des Widerrufsdurchgriffs durch einen besonderen Zweck zu rechtfertigen ist, weil die Durchgriffsmöglichkeit bei sonstigen Verbraucherdarlehensverträgen den Regelfall darstellt, der Ausschluss also die begründungsbedürftige Ausnahme ist. Die Gesetzesmaterialien erweisen sich zur Lösung dieses Problems nicht als hilfreich: Ihnen lässt sich zwar entnehmen, dass der Ausschluss des Einwendungsdurchgriffs (§ 9 Abs. 3 VerbrKrG)156 im Gegensatz zum Widerrufsdurchgriff explizit und begründet vorgenommen wurde, der Widerrufsdurchgriff hingegen fand – worauf Hoffmann aufmerksam macht157 – im Zusammenhang mit der Ausschlussvorschrift nicht einmal Erwähnung.158 Anhand der Gesetzesmaterialien lässt sich daher allein die vorstehend gewonnene Erkenntnis bestätigen, dass § 9 Abs. 2 VerbrKrG nicht gezielt, sondern allein im Zusammenhang mit dem grundsätzlichen Ausschluss des Widerrufsrechts erfasst wurde. Für den vorliegenden Fall, dass dem Ausschluss des Widerrufsdurchgriffs ein eigener Regelungsgehalt zukäme, weil entgegen der Gesetzeskonzeption ein Widerruf aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen vorzusehen ist, geben die Materialien bezüglich des Ausschlusszwecks aber nichts her.159 Das erklärt sich daraus, dass der Gesetzgeber diesen Fall gar nicht bedacht hat. Insoweit kann an dieser Stelle schon festgehalten werden, dass die vom BGH vorgebrachte formale Berufung auf den Gesetzeswortlaut nicht hinreicht, um § 9 VerbrKrG bei Immobiliardarlehensverträgen generell für unanwendbar zu halten. Die systematische Auslegung des Gesetzes, wie auch die Gesetzesmaterialien ergeben vielmehr, dass eine vom Gesetzgeber nicht erkannte Regelungslücke vorliegt. Ob die in Frage stehende Konstellation aber eine Regelung dahingehend er156 Der Begriff des Einwendungsdurchgriffs erfasst nach allgemeiner Ansicht allein die Fälle des § 9 Abs. 3 VerbrKrG, nicht aber die des Widerrufsdurchgriffs, vgl. statt vieler Emmerich, in: v. Westphalen / Emmerich / v. Rottenburg, § 9 VerbrKrG Rdn 126; Habersack, in: MüKo, § 9 VerbrKrG, Rdn 74; Köndgen, WM 2001, 1637 (1645). 157 Hoffmann, ZIP 2002, 1066 (1069 f.). 158 In BT-Drucks. 11 / 8274, S. 21 heißt es zur Begründung der Ausnahmevorschrift des § 3 Abs. 2 Nr. 2: „Die für den Realkredit nicht passenden Vorschriften über den Widerruf, den Einwendungsdurchgriff, Verzugszinsen und die Gesamtfälligstellung sollen nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 auf Realkredite allerdings nicht angewendet werden.“ 159 Undeutlich insoweit Hoffmann, ZIP 2002, 1066 (1069 f.).
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
fahren sollte, dass jedenfalls das Institut des Widerrufsdurchgriffs anwendbar sein soll, wenn eine Widerrufsmöglichkeit nach § 1 HausTWG besteht, ist nunmehr unter teleologischen Gesichtspunkten zu untersuchen. Besteht ein besonderer Grund, bei Immobiliardarlehensverträgen den Widerrufsdurchgriff nicht zuzulassen, auch wenn diese ausnahmsweise widerruflich sind? Grundsätzlich gilt, dass bei Bestehen einer Widerrufsmöglichkeit dem Verbraucher nach der Systematik des VerbrKrG auch eine Berufung auf § 9 VerbrKrG eröffnet ist. Unter teleologischen Gesichtspunkten steht dahinter die bereits ausführlich dargelegte Erwägung, dass das Widerrufsrecht dem Verbraucher ermöglichen soll, sich von den wirtschaftlichen Folgen seiner ursprünglichen rechtsgeschäftlichen Entscheidung vollständig zu befreien, weil nur so eine nachträgliche Wiederherstellung der bei Vertragsschluss allein eingeschränkt bestehenden Entscheidungsfreiheit erreicht werden kann. Eine vollständige Lösung ist aber nur dann möglich, wenn die bei Vertragsabschluss als zur wirtschaftlichen Einheit verbundene Verträge auch bei Ausübung des Widerrufsrechts als Einheit behandelt werden. Eine Einschränkung dieses Grundsatzes kommt nur in Betracht, wenn sich diese besonders rechtfertigen lässt. Nur ausnahmsweise will das VerbrKrG auf einen widerruflichen Verbraucherdarlehensvertrag die Grundsätze über verbundene Verträge nicht anwenden: § 3 Abs. 2 Nr. 4 VerbrKrG160 schließt die Anwendung des § 9 VerbrKrG bei Verbraucherdarlehensverträgen aus, die der Finanzierung von Spekulationsgeschäften dienen. Das verbraucherschützende Instrumentarium soll nämlich nicht dazu zweckentfremdet werden, dass dem Verbraucher die Möglichkeit eröffnet wird, bei der Finanzierung von börsengehandelten Kapitalanlagen, das im Hinblick auf das Erwerbsgeschäft bestehende Spekulationsrisiko innerhalb der Widerrufsfrist auf den Darlehensgeber abzuwälzen und auf diese Weise risikolos spekulieren zu können.161 Der besondere Verwendungszweck bildet hier also den Rechtfertigungsgrund für eine Abweichung von der gesetzlichen Grundkonzeption. Fraglich ist, ob der nach dem Gesetzeswortlaut bei Immobiliardarlehensverträgen vorgesehene Ausschluss des § 9 VerbrKrG in vergleichbarer Form zu rechtfertigen ist. Immobiliardarlehensverträge sind allerdings, im Gegensatz zu den in § 3 Abs. 2 Nr. 4 VerbrKrG beschriebenen Verträgen, per definitionem nicht auf einen bestimmten Verwendungszweck beschränkt, so dass schon insoweit eine Übertragung der bezeichneten Argumentation ausscheiden muss. Aber auch soweit man in Rechnung stellt, dass der regelmäßige Verwendungszweck eines Immobiliardarlehensvertrags in einem Immobilienerwerb liegen dürfte, unterscheidet sich dieser Fall von den in § 3 Abs. 2 Nr. 4 VerbrKrG erfassten Spekulationsgeschäften erheblich. Denn der Wert von Immobilien ist verglichen mit börsengehandelten Kapitalanlagen jeden160 Die Vorschrift wurde im Rahmen der sog. „Technischen Novelle“ zum 1. Mai 1993 eingeführt, vgl. BGBl. I S. 509. 161 BT-Drucks. 12 / 4526, 13; ausführlich zu den Folgen, die sich aus einer Anwendbarkeit des § 9 VerbrKrG auch bei finanzierten Risikogeschäften ergeben würden, vgl. Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 3 VerbrKrG Rdn 45.
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falls kurzfristig stabil, weswegen sich die Gefahr einer Abwälzung des Spekulationsrisikos innerhalb der Widerrufsfrist gar nicht stellt.162 In Betracht käme aber, den Ausschluss des § 9 VerbrKrG anhand der Argumente zu rechtfertigen, auf deren Grundlage der generelle Ausschluss des Widerrufsrechts bei Immobiliardarlehensverträgen begründet wurde. Grund für den Ausschluss der Widerrufsmöglichkeit bei Immobiliardarlehensverträgen sollte sein, die bankenrechtliche Praxis einer taggenauen Refinanzierung von Immobiliardarlehen nicht zu gefährden. Es ist bereits dargelegt worden, dass die Gewährleistung der Möglichkeit zur taggenauen Refinanzierung den Ausschluss der Widerrufsmöglichkeit aus verbraucherschutzdogmatischer Sicht nicht überzeugend rechtfertigen kann.163 Aber selbst wenn es sich insoweit um ein tragfähiges Argument handelte, wäre es dennoch ungeeignet, den Ausschluss des Widerrufsdurchgriffs in vorliegender Konstellation zu rechtfertigen: Das Ziel, die durch Einräumung eines Widerrufsrechts bis zum Ablauf der Widerrufsrist eintretende Rechtsunsicherheit zu vermeiden und so mittelbar einer Verteuerung von Immobiliardarlehen entgegenzuwirken, kann nämlich in der vorliegend zu entscheidenden Konstellation eines als Haustürgeschäft abgeschlossenen Immobiliardarlehensvertrags ohnehin nicht erreicht werden, weil dem Verbraucher hier ein Widerrufsrecht nach § 1 HausTWG eingeräumt werden muss und es aufgrund dieses Widerrufsrechts ohnehin zu einem Zustand der Rechtsunsicherheit für den Darlehensgeber kommt.164 Wenn das „Refinanzierungsargument“ aber schon im Hinblick auf die Widerrufsmöglichkeit nach § 1 HausTWG inhaltsleer ist, dann können ihm schon gar keine weiterreichenden Schlüsse hinsichtlich eines etwaigen Ausschlusses des Widerrufsdurchgriffs entnommen werden. Der BGH hat sich in der „Heininger“-Entscheidung zur Begründung des Ausschlusses von § 9 VerbrKrG noch auf seine Rechtsprechung bezogen, nach der „der Realkreditvertrag und das finanzierte Grundstücksgeschäft grundsätzlich nicht als zu einer wirtschaftlichen Einheit verbundene Geschäfte anzusehen“ sind. „Denn bei einem Immobilienkauf weiß auch der rechtsunkundige und geschäftsunerfahrene Laie, dass Kreditgeber und Immobilienverkäufer in der Regel verschiedene Personen sind. Dem hat der Gesetzgeber Rechnung getragen, indem er in § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG bestimmt hat, dass Regelungen über verbundene Geschäfte (§ 9 VerbrKrG) auf Realkredite i. S. d. § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG keine Anwendung finden“.165 Die Aussagen des BGH erscheinen in mehrfacher Hinsicht problematisch und sind zur Antwort auf die Frage, ob und inwieweit § 9 VerbrKrG auf einen nach § 1 HausTWG widerruflichen Immobiliardarlehensvertrag anzuwenden ist, nicht hilfreich. Zum einen greifen sie auf eine (ausschließEbenso Hoffmann, ZIP 2002, 1066 (1070). Siehe vorstehend C. IV. 1. b) cc) (2). 164 Überzeugend beobachtet von Hoffmann, ZIP 2002, 1066 (1070), der allerdings in seiner Schlussfolgerung ein wenig vage bleibt. 165 BGH ZIP 2002, 1075 (1080). 162 163
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
lich) subjektive Bestimmung des Begriffs der wirtschaftlichen Einheit zurück, die mit § 9 VerbrKrG, der den Begriff nach überzeugender Ansicht objektiv bestimmt, nicht zu vereinbaren ist. Zum anderen betreffen sie allein die Fälle, in denen ein Immobiliardarlehensvertrag der Finanzierung eines Grundstückskaufs dient. Wenngleich dies durchaus der Regelverwendungszweck bei Immobiliardarlehensverträgen ist, sind doch auch andere Finanzierungsziele denkbar, weil § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG gerade keinen spezifischen Verwendungszweck voraussetzt. Die Frage der Anwendung der Bestimmung des § 9 VerbrKrG, der sich der BGH in seinem obiter dictum annehmen wollte, stellt sich allgemein im Hinblick auf Verbraucherdarlehensverträge, die i. S. d. § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG grundpfandrechtlich abgesichert sind. Dass im speziellen Fall das finanzierte Erwerbsgeschäft ein Grundstücksgeschäft war, ist für die Frage, inwieweit § 9 VerbrKrG auf Immobiliardarlehensverträge anzuwenden ist, unerheblich. Zwar sollen bei der speziellen Zwecksetzung des Immobilienerwerbs nach der Rechtsauffassung des BGH an das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit qualifizierte Anforderungen zu stellen sein. Aber unabhängig davon, ob man dieser Ansicht zustimmt166, ist die Formulierung spezieller Voraussetzungen für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit nur dann sinnvoll, wenn man für den Fall, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, die Bestimmungen über verbundene Verträge überhaupt für anwendbar hält. Die Äußerungen des BGH vermögen also auch nicht zu rechtfertigen, dass § 9 VerbrKrG auf Immobiliardarlehensverträge, die nach § 1 HausTWG widerruflich sind, keine Anwendung finden soll. (cc) Ergebnis Nach alledem lassen sich keine spezifischen Besonderheiten des Immobiliardarlehensvertrags erkennen, die es rechtfertigen könnten, dem Verbraucher die Möglichkeit zu versagen, sich auf § 9 Abs. 2 VerbrKrG zu berufen, wenn ihm ein Widerrufsrecht nach § 1 HausTWG zusteht. Der Rechtsauffassung des BGH ist daher zu widersprechen. § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG ist insoweit teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass er eine eigenständige Bedeutung allein für den Einwendungsdurchgriff nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG hat, den der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesmaterialien bewusst für unanwendbar erklärt hat und auf den die Einräumung eines Widerrufsrechts nach § 1 HausTWG keinen Einfluss hat. Dass § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG auch den Widerrufsdurchgriff nach § 9 Abs. 2 VerbrKrG erfasst, ist die logische Konsequenz daraus, dass schon der Widerruf nach § 7 VerbrKrG ausgeschlossen ist. Einer Anwendung des § 9 Abs. 2 VerbrKrG auf die Fälle, in denen dem Verbraucher ein Widerrufsrecht nach § 1 HausTWG zusteht, steht die Vorschrift nicht entgegen.
166
s. u. C. IV. 1. b) dd) (1) (d).
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(c) Anwendbarkeit der Grundsätze über verbundene Verträge auf den Widerruf nach § 312 BGB Für die dem BGB in der Fassung des SMG, nicht aber des OLGVertrÄndG unterfallenden Verträge, ist die Frage, inwieweit sich der Widerruf einer auf Abschluss eines Immobiliardarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung nach den Bestimmungen über Haustürgeschäfte (§ 312 BGB) auf die Wirksamkeit eines verbundenen Geschäfts auswirkt, anhand des § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB in der Fassung des SMG und anhand von § 358 BGB zu entscheiden.167 (aa) Die Anwendbarkeit des § 358 BGB Nach der durch das SMG geschaffenen Gesetzessystematik ist hinsichtlich der Erstreckung der Wirkungen eines Widerrufs auf einen verbundenen Vertrag danach zu differenzieren, bzgl. welches verbundenen Vertrags ein Widerrufsrecht besteht: § 358 Abs. 1 BGB regelt den Widerruf eines Warenlieferungsvertrags oder eines anderen Leistungserbringungsvertrags, dessen Wirkung auf das verbundene Finanzierungsgeschäft erstreckt wird. § 358 Abs. 2 BGB regelt hingegen den Widerruf des Verbraucherdarlehensvertrags, dessen Wirkung einen verbundenen Warenlieferungs- oder Leistungserbringungsvertrag erfasst.168 Vorliegend steht allein der Widerruf einer auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung in Frage, weswegen hier § 358 Abs. 2 BGB – seine Anwendbarkeit vorausgesetzt – einschlägig wäre. Im Gegensatz zu § 9 Abs. 2 VerbrKrG setzt die Vorschrift für das Eingreifen des Widerrufsdurchgriffs nicht voraus, dass ein Widerruf nach den verbraucherkreditrechtlichen Bestimmungen, also nach § 495 BGB besteht. Ausreichend ist ausweislich des Wortlauts der Vorschrift, dass der Verbraucher „seine auf den Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen“ hat. Der Wortlaut der Vorschrift erfasst also jedweden verbraucherrechtlichen Widerruf, also auch den Widerruf nach den Bestimmungen über Haustürgeschäfte, mithin nach § 312 BGB. Die Ausgangssituation nach dem SMG nimmt sich also verglichen mit der Rechtslage unter Geltung des VerbrKrG anders aus: Enthielt das HausTWG keine Bestimmungen über verbundene Verträge und kam aufgrund des Wortlauts des § 9 VerbrKrG allein eine analoge Anwendung der Vorschrift in Betracht, so enthält § 358 BGB nun eine allgemeine verbraucherrechtliche Regelung über verbundene Verträge. § 358 Abs. 2 BGB erfasst sämtliche Fälle des verbraucherrechtlichen Widerrufs, grundsätzlich ohne Anschauung auf welche gesetzliche Regelung das Widerrufsrecht im konkreten Fall gestützt ist169; die Vorschrift ist gegenüber der Vorgängerregelung 167 Hierzu Art. 229 § 8 EGBGB. Zum zeitlichen Geltungsbereich der Neuregelungen des OLGVertrÄndG auch schon vorstehend C. IV. 1. b) aa). 168 Bestehen ausnahmsweise bezüglich beider Verträge Widerrufsrechte, dann hat das Widerrufsrecht bezüglich der auf Abschluss des Leistungserbringungsvertrags gerichteten Willenserklärung Vorrang, vgl. § 358 Abs. 2 S. 2 und 3 BGB.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
weiter gefasst. Bei einem Widerruf einer auf Abschluss eines Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung nach den Bestimmungen über Haustürgeschäfte ist damit § 358 Abs. 2 BGB direkt einschlägig. Einer analogen Anwendung der Bestimmungen über verbundene Verträge bei einem haustürgeschäfterechtlichen Widerruf bedarf es daher nicht mehr. Jedoch schließt § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB, der infolge des SMG an die Stelle der Teilausnahmeregelung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG getreten ist, ebenso wie seine Vorgängerregelung eine Anwendung der Bestimmungen über verbundene Verträge (§ 358 BGB) und des Einwendungsdurchgriffs (§ 359 BGB) aus, sofern ein Darlehen i. S. d. Vorschrift des § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB grundpfandrechtlich abgesichert ist. Nun könnte man freilich auf die Idee kommen, dass wegen des verglichen mit § 9 Abs. 2 VerbrKrG weiter formulierten Anwendungsbereichs des § 358 Abs. 2 BGB, der wie gesehen auch den Widerruf nach § 312 BGB erfasst, die Ausnahmeregelung des § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB nun so auszulegen ist, dass ihre Ausschlusswirkung weiter reicht als bisher.170 Gegen eine solch „weite“, vom Wortlaut freilich nahegelegte Interpretation des § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB ist aber einzuwenden, dass der Gesetzgeber ebenso wie nach alter Rechtslage – trotz des zu diesem Zeitpunkt noch laufenden Verfahrens vor dem EuGH – die Möglichkeit eines Widerrufs von Verbraucherdarlehensverträgen nach den Bestimmungen über Haustürgeschäfte wegen § 312 a BGB und der bis dahin in Deutschland überwiegend vertretenen Rechtsauffassung nicht ernsthaft in Betracht gezogen hat, weswegen sich ihm auch nicht die Frage stellte, wie hier bezüglich verbundener Verträge zu verfahren sei. Das zeigt sich schon daran, dass er die Frage in der Gesetzesbegründung nicht thematisierte, sondern bezüglich § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB allein die bisherige Rechtslage ohne Inhaltsänderung übernehmen wollte.171 Eine weite Auslegung des § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB entspräche demnach nicht dem Willen des Gesetzgebers. Sie liefe insbesondere auch den in vorliegender Untersuchung zur alten Rechtslage bezüglich verbraucherschützender Widerrufsrechte angestellten Schutzzweckerwägungen zuwider, die auch nach neuer Rechtslage Gültigkeit beanspruchen. Auch hier gilt, dass die Entscheidung des Verbrauchers über die Ausübung oder Nichtausübung des Widerrufsrechts in tatsächlicher Hinsicht frei erfolgen muss. Sie darf nicht durch die Furcht vor wirtschaftlich nachteiligen Folgen beeinträchtigt werden, die entstehen können, wenn dem Verbraucher eine Lösung von dem mit dem Darlehensvertrag zu einer wirtschaftlichen Einheit verbundenen Vertrag nicht möglich ist.
169 Zu beachten ist freilich insbesondere die Konkurrenzregel des § 312 a BGB und für den Sonderfall des Zusammentreffens von Widerrufsrechten die Vorschriften in § 358 Abs. 2 S. 2 und 3 BGB. 170 Angedacht, aber wie hier abgelehnt bei Hoffmann, ZIP 2002, 1066 (1071). 171 Vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 255, wo es heißt: § 491 „Abs. 3 [BGB] entspricht – bis auf redaktionelle Anpassungen an die jetzige Diktion des Darlehensrechts und die Anpassung der Verweisungen – dem bisherigen § 3 Abs. 2 VerbrKrG.“
IV. Änderungen des Schutzniveaus
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Der vom Wortlaut des § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB vorgesehene Ausschluss des Widerrufsdurchgriffs nach § 358 Abs. 2 BGB erklärt sich also wie nach alter Rechtslage nur im Hinblick auf den Ausschluss des Widerrufsrechts nach den kreditrechtlichen Bestimmungen, mithin im Hinblick auf den Ausschluss des § 495 BGB. Der Ausschluss des § 358 BGB hat insoweit allein deklaratorische Bedeutung und erleichtert dem Rechtsanwender die Gesetzesanwendung. Wenn dem Verbraucher aber wegen der richtlinienkonformen Auslegung des § 312 a BGB bei Immobiliardarlehensverträgen ein Widerrufsrecht nach § 312 BGB zusteht, ist § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB aus den selben Gründen, wie sie vor In-Kraft-Treten des SMG bestanden, dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass die Vorschrift einen Widerrufsdurchgriff auf den verbundenen Vertrag nicht ausschließt. (bb) Die Anwendbarkeit des § 358 BGB auf verbundene Immobilienkaufverträge Soweit der praxisrelevante Fall eines finanzierten Immobilienkaufvertrages in Frage steht, ergibt sich allerdings nach dem BGB in der Fassung des SMG das Problem, dass § 358 Abs. 2 BGB für diesen speziellen Verwendungszweck nicht anwendbar sein könnte, weil das durch den Darlehensvertrag finanzierte Geschäft nach § 358 Abs. 2 S. 1 BGB ein „Vertrag über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung“ sein muss. Damit weicht der neue Gesetzeswortlaut von § 9 VerbrKrG insoweit ab, als hiernach die Bestimmungen über verbundene Verträge auf einen finanzierten „Kaufvertrag“ (§ 9 Abs. 1 VerbrKrG) oder auf einen finanzierten Vertrag über „eine andere Leistung als die Lieferung einer Sache“ (§ 9 Abs. 4 VerbrKrG) anzuwenden waren.172 Nach altem Recht waren Immobilienkaufverträge danach ohne weiteres von dem Begriff des Kaufvertrags erfasst. Der Begriff des Kaufvertrags, der Mobilien wie Immobilien als Vertragsgegenstände gleichermaßen beinhaltet, ist in der neuen Gesetzesfassung der Bestimmungen über verbundene Verträge nicht mehr enthalten. Wegen dieser Wortlautänderung halten Teile der Literatur finanzierte Immobilienanlagen vom Anwendungsbereich der Vorschriften über verbundene Geschäfte für ausgeschlossen.173 Andere hingegen können dem Wortlaut des § 358 Abs. 2 S. 1 BGB einen solchen Ausschluss nicht entnehmen174 und halten die besondere Erwähnung der 172 Während § 9 Abs. 1 VerbrKrG die Bestimmungen über verbundene Geschäfte bei Kaufverträgen für anwendbar erklärte, stellte § 9 Abs. 4 VerbrKrG den Auffangtatbestand dar, der die entsprechende Anwendung auf „Kredite, die zur Finanzierung des Entgelts für eine andere Leistung als die Lieferung einer Sache“ anordnete. 173 Köndgen, WM 2001, 1637 (1646) erachtet den Ausschluss als „unzweideutig“; ebenso Kulke, ZBB 2002, 33 (49); Schäfer, in: Haas / Medicus / Rolland / Schäfer / Wendtland, Das neue Schuldrecht, Kap. 7 Rdn 39; dahingehend auch v. Westphalen, in: Henssler / v. Westphalen (Hrsg.), Praxis der Schuldrechtsreform, § 358 Rdn 4, der den Anwendungsbereich wohl nur für Kaufverträge über bewegliche Sachen und Verträge über Dienstleistungen als eröffnet ansieht. 174 Palandt – Heinrichs, 62. Auflage, § 358 BGB Rdn 8; Hoffmann, ZIP 2002, 1066 (1071).
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
Verträge über Warenlieferungen allein für eine Hervorhebung der wichtigsten Fallgruppe der Vorschriften über verbundene Verträge175. Zweifellsohne lässt sich der Immobilienkaufvertrag nicht unter die erste Alternative „Lieferung von Waren“ subsumieren, weil unter Waren nach allgemeiner Ansicht nur bewegliche Gegenstände verstanden werden und im Übrigen Grundstücke nicht „geliefert“, sondern „übergeben“176 werden. Entscheidend ist demnach, ob ein Immobilienkauf als Vertrag über „die Erbringung einer anderen Leistung“ angesehen werden kann. Ihrem Wortlaut nach ist diese zweite Alternative des § 358 Abs. 2 S. 1 BGB offen genug, um Grundstückskaufverträge zu erfassen. Dass der Begriff der anderen Leistung insbesondere nicht auf die Erbringung von Dienstleistungen beschränkt sein kann, zeigt der Vergleich mit § 312 b Abs. 1 BGB aus dem Fernabsatzrecht. Dieser ist im Gegensatz zu § 358 Abs. 2 S. 1 BGB enger formuliert und erfasst nur Verträge über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen. Weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Gesetzgeber zwischen der „Erbringung von Dienstleistungen“ und der „Erbringung von Leistungen“ grundlos differenziert, wird man dem Begriff der Leistungserbringung ein weiteres Verständnis im Sinne eines Auffangtatbestands zugrunde legen müssen und ihn nicht entgegen seinem natürlichen Wortsinn auf Dienstleistungen beschränken können. Auch die systematische Gesetzesanalyse spricht somit dafür, Immobilienkaufverträge als von § 358 Abs. 2 S. 1 BGB erfasst anzusehen. Gestützt wird dieses Ergebnis durch die Gesetzesmaterialien, ausweislich derer es hinsichtlich der Formulierung des Anwendungsbereichs der Vorschriften über verbundene Verträge allein darum gehen sollte, die bis dahin in § 9 Abs. 1 und Abs. 4 VerbrKrG getrennt geregelten Anwendungsbereiche nun in einer einheitlichen Definition zusammenzufassen. Eine Änderung der geltenden Rechtslage sollte damit nicht verbunden sein.177 Nach alledem sind finanzierte Grundstückskaufverträge ebenso wie nach alter Rechtslage auch weiterhin von den Bestimmungen über verbundene Verträge erfasst. Seit dem OLGVertrÄndG spricht hierfür auch der neu eingefügte § 358 Abs. 3 S. 3 BGB, der für den finanzierten Immobilienerwerb qualifizierte Anforderungen an das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit von Finanzierungsgeschäft und finanziertem Vertrag stellt. Die Norm wäre überflüssig, wenn der Immobilienerwerb nicht von § 358 Abs. 2 S. 1 BGB erfasst wäre. (cc) Ergebnis Festzuhalten ist damit, dass nach der hier vertretenen Ansicht die Grundsätze über verbundene Geschäfte auch nach In-Kraft-Treten des SMG auf einen als So Hoffmann, ZIP 2002, 1066 (1072). Vgl. beispielsweise § 438 Abs. 2 BGB, in dem bezüglich beweglicher Sachen von „Ablieferung“, bezüglich Immobilien aber von einer „Übergabe“ die Rede ist. 177 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 200 f. 175 176
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Haustürgeschäft abgeschlossenen Verbraucherdarlehensvertrag anwendbar sind, auch wenn dieser i. S. d. § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB grundpfandrechtlich abgesichert ist. Auch die besondere Zweckbestimmung eines Immobilienerwerbs hindert die Anwendung des § 358 Abs. 2 BGB nicht. (d) Die an die wirtschaftliche Einheit zu stellenden Anforderungen beim (immobiliar-)darlehensfinanzierten Immobilienerwerb Zu prüfen bleibt damit noch, inwieweit der Ansicht des BGH zuzustimmen ist, an das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit bei finanzierten Grundstücksgeschäften in Abweichung von der gesetzlichen Regelung in § 9 Abs. 1 VerbrKrG, respektive § 358 Abs. 3 BGB in der Fassung des SMG, qualifizierte Anforderungen zu stellen.178 Im obiter dictum zur „Heininger“-Entscheidung vertrat der BGH die Auffassung, dass „der Realkreditvertrag und das finanzierte Grundstücksgeschäft grundsätzlich nicht als zu einer wirtschaftlichen Einheit verbundene Geschäfte anzusehen“ sind und begründete dies damit, bei einem Immobilienkauf wisse „auch der rechtsunkundige und geschäftsunerfahrene Laie, dass Kreditgeber und Immobilienverkäufer in der Regel verschiedene Personen sind“.179 Die Formulierung, dass „grundsätzlich“ die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit abzulehnen sei, impliziert, dass der BGH das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit in Ausnahmefällen, d. h. beim Vorliegen besonderer Voraussetzungen bejaht. Solche besonderen Voraussetzungen hat er denn auch in mehreren Urteilen benannt, auf die er im Rahmen vorstehender Ausführungen auch verweist. Nach dieser Rechtsprechung kommt eine die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit rechtfertigende Verknüpfung von Finanzierungs- und Leistungserbringungsgeschäft im Fall des finanzierten Grundstücksgeschäfts „nur in Betracht, wenn sich der Darlehensgeber nicht mit seiner Finanzierungsrolle begnügt, sondern Funktionen des Verkäufers (etwa Werbung und Vertrieb, rechtliche Ausgestaltung der Geschäfte) im Zusammenwirken mit diesem in einer Weise und in einem Umfang wahrnimmt, daß die Berufung auf die rechtliche Selbständigkeit des Darlehensvertrags gegen Treu und Glauben verstößt“.180 Beachtlich ist allerdings, dass diese Rechtsprechung den Einwendungsdurchgriff nach § 242 BGB betraf, nicht aber die besonderen verbraucherkreditrechtlichen Bestimmungen über verbundene Verträge in § 9 VerbrKrG, respektive §§ 358, 359 BGB. Der BGH erachtet diese Unterscheidung wohl nicht als relevant, was sich einerseits daran zeigt, dass er die zu § 242 BGB 178 Die Frage betrifft freilich nicht das „Ob“ der Schutzgewährung, wie es im Zusammenhang mit den Änderungen des sachlichen Anwendungsbereichs der verbraucherschützenden Bestimmungen bei Immobiliardarlehen untersucht wird. Sie ist aber so eng damit verknüpft, dass ihre Untersuchung an dieser Stelle sachgerecht erscheint. Vgl. außerdem unter C. V. 3. a) bb) (2). 179 BGH ZIP 2002, 1075 (1080); Hervorhebung durch den Verfasser. 180 Vgl. BGH NJW 1980, 41 (42 ff.); BGH NJW 1981, 389 (390 ff.); BGH WM 2000, 1287 (1288) m. w. N.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
ergangene Rechtsprechung heranzieht, um die Anwendbarkeitsfrage des § 9 VerbrKrG zu klären und im Übrigen auf ein subjektives Verständnis des Begriffs der wirtschaftlichen Einheit zurückgreift, das aber dem § 9 VerbrKrG, dessen Anwendbarkeit bestimmt werden soll, nach überzeugender Ansicht181 nicht zugrunde liegt. Die Übertragung vorbezeichneter Rechtsprechungsgrundsätze auf die kreditrechtlichen Sonderbestimmungen des § 9 VerbrKrG und der §§ 358, 359 BGB erscheint aber nicht nur wegen des der Konkretisierung des § 242 BGB zugrunde gelegten subjektiven Begriffsverständnisses hinsichtlich der Annahme einer wirtschaftlichen Einheit problematisch, sondern auch, weil der Wortlaut des § 9 Abs. 1 VerbrKrG und des § 358 Abs. 3 BGB eine Differenzierung nach der Zweckbestimmung des Finanzierungsgeschäfts – jedenfalls vor In-Kraft-Treten des durch das OLGVertrÄndG eingefügten § 358 Abs. 3 S. 3 BGB – nicht kennt. Nach § 358 Abs. 3 S. 2 BGB – der inhaltlich der Vorgängernorm des § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG weitgehend entspricht – ist eine wirtschaftliche Einheit neben weiteren Fällen insbesondere anzunehmen, „wenn sich der Darlehensgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrages der Mitwirkung des Unternehmers“, also des Verkäufers bedient. Darauf, ob das finanzierte Geschäft ein Grundstücksgeschäft ist, kommt es im Rahmen der kreditrechtlichen Sonderbestimmungen nicht an. Spricht der Gesetzeswortlaut somit gegen die Erforderlichkeit besonderer Voraussetzungen, so könnten diese aber dadurch zu rechtfertigen sein, dass der Verbraucher im Fall eines finanzierten Immobilienerwerbs verglichen mit sonstigen finanzierten Leistungserbringungsverträgen weniger schutzbedürftig sein könnte. Der Gesetzgeber hat jüngst im OLGVertrÄndG die vom BGH zum Einwendungsdurchgriff nach § 242 BGB entwickelten Kriterien aufgegriffen182 und dementsprechend in § 358 Abs. 3 S. 3 BGB Sondervoraussetzungen für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit für finanzierte Grundstücksgeschäfte aufgestellt; die hier normierten Sondervoraussetzungen betreffen allein den spezifischen Verwendungszweck des Darlehens, sind aber unabhängig davon, ob das Finanzierungsgeschäft grundpfandrechtlich abgesichert ist und als Immobiliardarlehen qualifiziert werden kann. Begründet wurde die Einführung der gegenüber § 358 Abs. 3 S. 1, 2 BGB verschärften Voraussetzungen damit, dass sonst nahezu jedweder finanzierte Immobilienerwerb unter Verbraucherbeteiligung als verbundenes Geschäft anzusehen wäre, ohne dass dies „in einer finanziellen Verbundenheit oder einem Zusammenwirken des Kreditinstituts mit dem Verkäufer eine innere Rechtfertigung finden würde“, weil die in der Immobilienfinanzierung tätigen Kreditinstitute aus rechtstatsächlichen Gründen, insbesondere wegen des typischerweise schlechter ausgebauten Filialnetzes darauf angewiesen seien, sich in irgendeiner s. o. B. III. 2. c). Vgl. die Rechtsprechungsnachweise in BT-Drucks. 14 / 9266, S. 46 f.; ferner zu § 358 Abs. 3 S. 3 BGB BT-Drucks. 14 / 9531, S. 3 f. 181 182
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Form der Mitwirkung des Veräußerers zu bedienen.183 Das verglichen mit sonstigen finanzierten Leistungserbringungsverträgen geringere Verbraucherschutzniveau wird also mit den rechtstatsächlichen Vertriebsbedingungen finanzierter Immobiliengeschäfte begründet. Richtig ist, dass rechtstatsächliche Beobachtungen der Marktbedingungen im Verbraucherschutzrecht ihren Platz haben. Die hier angestellten Erwägungen überzeugen allerdings nicht, weil sie sich nicht mit dem eigentlichen Schutzzweck der Bestimmungen über verbundene Verträge auseinandersetzen. Dieser liegt im Schutz des Verbrauchers vor inadäquaten Vertragsgestaltungen mit unausgewogener Risikoverteilung, die der Verbraucher nicht wirksam verhindern kann.184 Dass Banken, die schwerpunktmäßig die Finanzierung von Grundstücksgeschäften betreiben, häufig ein weniger gut ausgebautes Filialnetz haben als andere Kreditinstitute, begründet zwar, warum diese häufig besonders eng und planmäßig mit Unternehmern aus dem Immobiliengewerbe zusammenarbeiten, begründet aber nicht, dass hierdurch die Gefahr einer inadäquaten Vertragsgestaltung bei Verbraucherverträgen in irgendeiner Form gemindert wäre. Hinzu kommt, dass derjenige, der die Vorteile einer engen Zusammenarbeit nutzt, auch nicht unverhältnismäßig belastet wird, wenn er daraus auch für ihn u.U. nachteilige Konsequenzen, will heißen die Anwendung der Vorschriften über verbundene Verträge „dulden“ muss. Die Gesetzesmaterialien führen allerdings neben dem Vertriebsargument weitere Umstände an, die rechtfertigen sollen, warum bei finanzierten Immobiliengeschäften erhöhte Voraussetzungen für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit gelten. So heißt es, der Verbraucher könne bei finanzierten Immobiliengeschäften im Gegensatz zu anderen finanzierten Leistungserbringungsverträgen klar zwischen den verschiedenen Vertragsverhältnissen unterscheiden185 und im Übrigen führe eine großzügigere als die nunmehr vorgesehene Anwendung der Bestimmungen über verbundene Verträge zu einer Verteuerung von Immobiliardarlehen 186. Durchschlagende Überzeugungskraft besitzt keines dieser Argumente. Die (vermeintliche) Möglichkeit des Verbrauchers, beim finanzierten Immobiliengeschäft zwischen den bestehenden Vertragsverhältnissen deutlicher zu unterscheiden als bei anderen finanzierten Geschäften, wäre nur dann
183 BT-Drucks. 14 / 9266, 46 führt hierzu aus, dass die in der Immobilienfinanzierung tätigen Kreditinstitute typischerweise nur wenige oder kleine Filialen haben und daher auf eine Zusammenarbeit mit Verkäufern angewiesen sind. Außerdem sei „eine Immobilienfinanzierung regelmäßig nicht ohne die Bereitschaft des Verkäufers darstellbar, dem Erwerber eine Finanzierungsvollmacht zur Belastung des Grundstücks zu erteilen.“ Letztgenanntem Gesichtspunkt ist zwar zuzugeben, dass es sich bei der Erteilung einer Finanzierungsvollmacht um eine praktikable Vorgehensweise handelt. Daraus folgt aber nicht, dass eine andere Gestaltung der Rechtsbeziehungen, etwa eine nachträgliche Grundstücksbelastung nicht vorstellbar wäre. Außerdem lässt sich eine geringere Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers nicht mit dem bloßen Hinweis auf eine bis dahin bestehende Rechtspraxis belegen. 184 Ausführlich hierzu, insbesondere zum Marktversagen aufgrund eines fehlenden effizienten Konditionenwettbewerbs im Bereich der Verbraucherverträge, s. o. B. III. 2. c). 185 BT-Drucks. 14 / 9531, S. 3. 186 BT-Drucks. 14 / 9531, S. 3.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
maßgeblich, wenn für den Begriff der wirtschaftlichen Einheit die subjektive Sicht des Verbrauchers entscheidend wäre. Nach allgemeiner und überzeugender Ansicht ist der Begriff der wirtschaftlichen Einheit aber schon wegen der gesetzlichen Formulierung anhand objektiver Merkmale zu bestimmen. Deswegen kann es auch im vorliegenden Zusammenhang nicht, jedenfalls nicht maßgeblich, auf die Sicht des Verbrauchers ankommen. Das bestätigt gerade auch die neue Bestimmung des § 358 Abs. 3 S. 3 BGB. Hiernach liegt eine wirtschaftliche Einheit u. a. dann vor, wenn der Darlehensgeber, den Grundstückserwerb fördert, indem er sich das Veräußerungsinteresse des Veräußerers „ganz oder teilweise zu eigen macht“ oder „den Veräußerer einseitig begünstigt“. Nun wird es aber für den Verbraucher typischerweise gar nicht erkennbar sein, ob sich der Darlehensgeber Veräußerungsinteresse des Veräußerers zu eigen macht oder den Veräußerer einseitig begünstigt. Auch deswegen kann es hier keinesfalls auf die subjektive Sicht des Verbrauchers ankommen, um eine wirtschaftliche Einheit von Darlehensvertrag und finanziertem Geschäft zu bejahen. Noch weniger überzeugend ist die Argumentation, durch eine restriktivere Eröffnung des Anwendungsbereichs der Bestimmungen über verbundene Verträge werde einer Verteuerung der als Immobiliardarlehen zu qualifizierenden Verbraucherdarlehen entgegengewirkt. Wie bereits ausführlich dargelegt, zielt ein richtig verstandener Verbraucherschutz nämlich nicht darauf ab, einzelne Marktgruppen durch die Gewährleistung günstiger Vertragsabschlüsse zu privilegieren. Freilich bleiben diese Erwägungen bezüglich des neuen § 358 Abs. 3 S. 3 BGB für die seit In-Kraft-Treten dieser durch das OLGVertrÄndG eingeführten Bestimmung reine Theorie, weil der eingeschränkte Verbraucherschutz bei finanzierten Immobiliengeschäften seitdem dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers entspricht. Im Hinblick auf die zuvor geltende Rechtslage, lässt sich aber feststellen, dass ein überzeugendes Argument, warum der Verbraucher bei der speziellen Zweckverwendung des Immobiliengeschäfts weniger schutzbedürftig sein sollte als bei sonstigen finanzierten Geschäften, nicht ersichtlich ist. Daher bleibt es bei der vom Wortlaut des § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG und § 358 Abs. 3 S. 2 BGB vorgegebenen Irrelevanz der spezifischen Zweckbestimmung. Im Übrigen ist in Rechnung zu stellen, dass die in vorbezeichneten Bestimmungen angeführten Regelbeispiele, bei deren Vorliegen eine wirtschaftliche Einheit „insbesondere“ anzunehmen ist, nach allgemeiner Ansicht eine unwiderlegliche Vermutung187 begründen. Eine einschränkende Auslegung wegen einer vermeintlich geringeren Schutzbedürftigkeit käme insoweit ohnehin nicht in Betracht.188 187 Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 9 VerbrKrG Rdn 28; Habersack, in: MüKo, § 9 VerbrKrG Rdn 27 m. w. N. 188 Im Ergebnis wohl ebenso, Stickelbrock, ZGS 2002, 225 (229), die dem obiter dictum des BGH im Fall Heininger (vorsichtig) widerspricht und nach der bei finanzierten Steuersparmodellen, wie sie etwa in den Fällen des Immobilienerwerbs im Wege des sog. Strukturbetriebs in Rede stehen, das (objektive) Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit daran besonders deutlich wird, dass hier der Abschluss eines neben das Erwerbsgeschäft tretenden
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(2) Zusammenfassende Bewertung der Neuerungen im Bereich verbundener Verträge bei Finanzierung des Leistungserbringungsvertrags durch ein Immobiliardarlehen Der Gesetzgeber entschied im OLGVertrÄndG, dass abweichend vom Wortlaut der bisherigen Rechtslage, will heißen vor wie nach dem SMG, künftig die Bestimmungen über verbundene Verträge, einschließlich des Einwendungsdurchgriffs nicht mehr von der Anwendung auf Immobiliardarlehensverträge ausgenommen sind. Die Rechtsunsicherheit, die zuvor im Spannungsfeld zu Haustürgeschäften bestand, ist damit beseitigt worden. Inhaltlich sind damit bezüglich des Widerrufsdurchgriffs beim Haustürwiderruf – jedenfalls nach hier vertretener, dem BGH zuwiderlaufenden Auffassung – keine Änderungen verbunden, weil hier schon nach alter Rechtslage für den praxisrelevanten Fall eines auf eine Haustürsituation rückführbaren und i. S. d. § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG, bzw. § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB grundpfandrechtlich gesicherten Darlehens die Bestimmungen über verbundene Verträge für anwendbar gehalten wurden. Eine sachliche Änderung folgt aber daraus, dass der Widerrufsdurchgriff bei Immobiliardarlehen nicht nur für den Fall des Haustürwiderrufs, sondern ebenso wie bei sonstigen Verbraucherdarlehensverträgen insbesondere für den Fall des Widerrufs nach § 495 BGB vorgesehen ist. Darin ist eine begrüßenswerte Anhebung des bis dahin bestehenden Schutzniveaus zu erkennen, weil die Einräumung eines Widerrufsdurchgriffs bei zu einer wirtschaftlichen Einheit verbundenen Geschäften eine notwendige Voraussetzung für die in tatsächlicher Hinsicht freie Ausübung des verbraucherschützenden Widerrufsrecht ist. Neu ist ferner die Anwendbarkeit des Einwendungsdurchgriffs nach § 359 BGB, der bis dahin bei Immobiliardarlehensverträgen ausgeschlossen war, was auch nicht durch eine verbraucherfreundliche Gesetzesauslegung zu korrigieren gewesen war, weil der Ausschluss dem gesetzgeberischen Willen entsprach189 und auch nicht infolge gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben auf den Prüfstand geriet. Nunmehr kann der Verbraucher dem Finanzierer Einwendungen aus dem finanzierten Geschäft entgegenhalten. Er kann z. B. die Darlehensrückzahlung gegenüber dem Darlehensgeber verweigern, wenn die darlehensfinanzierte Kaufsache Mängel aufweist, die nicht durch eine Nachbesserung behebbar sind.190 Dass nunmehr bei Immobiliardarlehensverträgen nicht nur der WiderrufsdurchDarlehensvertrags gerade erforderlich ist, um die steuerlichen Vorteile, die sich aus der Absetzbarkeit der Zinsen und Aufwendungen für den Erwerber ergeben, realisieren zu können; vgl. hierzu auch Felke, MDR 2002, 226 (228). 189 Bezüglich der durch das SMG geschaffenen Rechtslage ergibt sich dies daraus, dass der Gesetzgeber ausweislich BT-Drucks. 14 / 6040, S. 255 nichts am Ausschluss des Einwendungsdurchgriffs ändern wollte, den er in BT-Drucks. 11 / 5462, S. 18; 11 / 8274, S. 21 als für Immobiliardarlehen unpassend ausgeschlossen wissen wollte. 190 Zu letztgenannter Einschränkung betreffend die fehlgeschlagene Nachbesserung, vgl. § 359 S. 3 BGB.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
griff, sondern auch der Einwendungsdurchgriff zulässig ist, stellt aus verbraucherschutzdogmatischer Sicht eine konsequente Handhabung der Rechtsfigur des verbundenen Geschäfts dar. Die Einführung von qualifizierten Anforderungen an das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit in § 358 Abs. 3 S. 3 BGB für den Fall, dass der Verwendungszweck des Darlehens in einem Grundstücksgeschäft besteht, ist hingegen verbraucherschutzdogmatisch nicht überzeugend, indes gesetzgeberischer Wille. Die praktischen Auswirkungen dieser Neuerung bleiben abzuwarten. Sie werden wohl vor dem Hintergrund der bisherigen (restriktiven) Rechtsprechung bezüglich finanzierter Grundstücksgeschäfte, an der sich der Gesetzgeber bei Schaffung der Neuregelung orientierte, nicht allzu sehr ins Gewicht fallen.191
ee) Zusammenfassung Insgesamt lassen sich die Änderungen im sachlichen Anwendungsbereichs der verbraucherschützenden Bestimmungen bei Immobiliardarlehensverträgen folgendermaßen zusammenfassen: Ursprünglich sah § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG Teilausnahmen vom Anwendungsbereich des Verbraucherkreditgesetzes für die im Sinne der Vorschrift grundpfandrechtlich abgesicherten Verbraucherkreditverträge, die zumeist als Realkreditverträge bezeichnet wurden, vor. Der durch das SMG eingeführte § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB übernahm diese Regelung mit terminologischen Änderungen, die sich an der neuen, auf den Darlehensvertrag als spezielle Ausprägung des Kreditvertrags ausgerichteten Gesetzessystematik orientierten, inhaltsgleich. Seit dem OLGVertrÄndG werden Verbraucherdarlehensverträge, die in vorbezeichnetem Sinn grundpfandrechtlich abgesichert sind, als Immobiliardarlehensverträge bezeichnet. Grundsätzlich waren Realkreditverträge, respektive Immobiliardarlehensverträge generell unwiderruflich gestellt. Die „Heininger“-Entscheidung des EuGH hatte jedoch für Haustürgeschäfte eine Ausnahme von dieser Grundregel erzwungen. Konnte der Verbraucher nunmehr wegen einer gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung des deutschen Rechts seine auf Abschluss des Immobiliardarlehensvertrags gerichtete Willenserklärung nach den Bestimmungen über Haustürgeschäfte (§ 1 HausTWG, bzw. § 312 BGB) widerrufen, so blieb dies – jedenfalls nach hier vertretener, dem BGH widerstreitender Auffassung – nicht ohne Auswirkungen auf einen mit dem Darlehensvertrag zu einer wirtschaftlichen Einheit verbundenen 191 Beachtlich ist ferner, dass die meisten Grundstücksgeschäfte, die immobiliardarlehensfinanziert werden, nicht dergestalt zustande kommen, dass sich der Darlehensgeber wie in § 358 Abs. 3 S. 2 BGB beschrieben direkt des Verkäufers bedient. Vielmehr wird regelmäßig ein Vermittler zwischengeschaltet, dessen sich Darlehensgeber und Verkäufer bedienen, so dass für die Frage, wann eine wirtschaftliche Einheit der abgeschlossenen Geschäfte anzunehmen ist auch noch unter Berücksichtigung von Zurechnungsmomenten zu entscheiden ist. Zu dieser Problematik vgl. Hoffmann, ZIP 2002, 1066 (1073 f.).
IV. Änderungen des Schutzniveaus
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Vertrag, der ebenfalls unwirksam wurde. Für Verträge, die nach § 1 HausTWG widerrufen wurden, war dieses Ergebnis über eine teleologische Reduktion des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG und eine analoge Anwendung des § 9 VerbrKrG zu erzielen. Für Verträge, die zwischen In-Kraft-Treten des SMG und des OLGVertrÄndG geschlossen wurden, galt es § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB entsprechend teleologisch zu reduzieren. Durch das OLGVertrÄndG hat der Gesetzgeber den sachlichen Anwendungsbereich der darlehensrechtlichen Verbraucherschutzbestimmungen im Bereich der Immobiliardarlehensverträge erheblich erweitert. Immobiliardarlehensverträge sind nunmehr generell, d. h. nicht nur bei Abschluss in einer Haustürsituation widerruflich. Diese Rechtsänderung ist verbraucherschutzdogmatisch uneingeschränkt zu begrüßen, da die situativ-vertragsgegenständliche Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers hier nicht geringer ist als bei sonstigen Verbraucherdarlehensverträgen und der bisherige Ausschluss des Widerrufsrechts nicht überzeugend begründbar war. Konsequent ist auch die Entscheidung, nunmehr die Bestimmungen über verbundene Geschäfte, einschließlich des Einwendungsdurchgriffs (§§ 358, 359 BGB) zur Anwendung zu bringen. Die Einführung qualifizierter Anforderungen an das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit im Fall eines finanzierten Immobilienerwerbs in § 358 Abs. 3 S. 3 BGB, dessen Anwendung freilich nicht davon abhängt, ob das Finanzierungsgeschäft als Immobiliardarlehensvertrag zu qualifizieren ist, überzeugt hingegen nicht. Insoweit handelt es sich – jedenfalls nach hier vertretener Ansicht, nach der bis dahin keine Sonderanforderungen an das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit beim finanzierten Immobiliengeschäft zu stellen waren – um eine verbraucherschutzdogmatisch nicht gelungene Beschränkung des Schutzniveaus.
2. Der persönliche Anwendungsbereich Im Hinblick auf den persönlichen Anwendungsbereich der Schutzbestimmungen des Verbraucherdarlehensrechts ergeben sich keine Abweichungen gegenüber der bis dahin geltenden Rechtslage.192 Schutzadressaten sind wie bisher Verbraucher (§ 13 BGB) und die unter den Voraussetzungen des § 507 BGB gleichgestellten Existenzgründer. Schutzverpflichtet sind Unternehmer nach § 14 BGB. Die in Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie in § 13 BGB eingefügte Legaldefinition des Verbrauchers blieb ebenso wie § 14 BGB durch die Schuldrechtsreform unberührt. Hinsichtlich des Existenzgründers tritt § 507 BGB an die Stelle des § 3 Abs. 1 Nr. 2 VerbrKrG. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 VerbrKrG fanden die Schutzbestimmungen des Verbraucherkreditgesetzes keine Anwendung auf mit einem Unternehmer geschlossene Kreditverträge, „wenn der Kredit für die Aufnahme einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit bestimmt ist und der Nettokre192
Zum verbraucherschutzdogmatischen Hintergrund vgl. B. III. 1.
11 Enders
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
ditbetrag oder Barzahlungspreis 50.000 Euro übersteigt.“ Nunmehr enthält § 507 BGB die Legaldefinition des Existenzgründers und sieht für diese Personen die entsprechende Anwendung der verbraucherkreditrechtlichen Bestimmungen vor: „Die §§ 491 bis 506 BGB gelten auch für natürliche Personen, die sich ein Darlehen, einen Zahlungsaufschub oder eine sonstige Finanzierungshilfe für die Aufnahme einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit gewähren lassen oder zu diesem Zweck einen Ratenlieferungsvertrag schließen, es sei denn der Nettodarlehensvertrag oder Bahrzahlungspreis übersteigt 50.000 Euro.“ Aus der negativ formulierten Vollausnahme des § 3 Abs. 1 Nr. 2 VerbrKrG wurde also eine positiv gewandte Anwendbarkeitsvoraussetzung, die entsprechend der neuen Gesetzessystematik den Kreditbegriff in seine einzelnen Erscheinungsformen aufspaltet. Inhaltliche Änderungen sind mit der Neuregelung nicht verbunden. Insbesondere hält das Gesetz für Existenzgründer – ebenso wie beim Verbraucher – an der nicht zu rechtfertigenden statusrechtlichen Beschränkung des Schutzes auf natürliche Personen fest, so dass juristischen Personen der Schutz der verbraucherdarlehensrechtlichen Bestimmungen ausnahmslos verwehrt bleibt; für Existenzgründer ergab sich dies vormals aus dem Wortlaut der in systematischem Zusammenhang stehenden Bestimmungen der §§ 1 Abs. 1 S. 2 und 3 Abs. 1 Nr. 2 VerbrKrG. Da die Neuregelungen hinsichtlich des persönlichen Anwendungsbereichs der verbraucherdarlehensrechtlichen Schutzbestimmungen keine Inhaltsänderungen mit sich bringen, bleiben die bis dahin bestehenden Zweifelfragen unverändert bestehen.193 Es ergeben sich keine Abweichungen vom bisherigen Verbraucherschutzniveau.
3. Aufhebung der Beweislastumkehr Untersuchungsbedürftig ist indes, wer nach neuem Recht die Beweislast bezüglich der Verbrauchereigenschaft des Darlehensnehmers trägt. Hier könnte die bisherige Rechtslage Änderungen erfahren haben. Die Beantwortung der Frage ist entscheidend, weil die Verbrauchereigenschaft des Darlehensnehmers ein konstitutives Merkmal für das Eingreifen der verbraucherdarlehensvertraglichen Schutzbestimmungen ist. Ursprünglich sah das Verbraucherkreditgesetz in § 1 Abs. 1 VerbrKrG eine Beweislastumkehr zu Gunsten des Verbrauchers vor, mit der es von dem allgemeinen Grundsatz abwich, nach dem derjenige, der sich auf den Schutz einer Norm beruft, die Beweislast für das Vorliegen ihrer Voraussetzungen trägt. Wollte der Darlehensgeber die Anwendung der Schutzbestimmungen des Verbraucherkreditgesetzes verhindern, musste er entsprechend dem Wortlaut der Vorschrift („es sei denn“) 193 Ausführlich zum persönlichen Anwendungsbereich des Verbraucherkreditgesetzes Artz, Der Verbraucher als Kreditnehmer, S. 85 ff.
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darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass sein Vertragspartner bei der Darlehensaufnahme nicht als Verbraucher handelte; er musste den Nachweis führen, dass es sich nach dem Inhalt des Vertrages gerade um eine Darlehensverwendung handelte, die durch eine bereits ausgeübte gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit bedingt war.194 Nach umstrittener, aber überzeugender Auffassung konnte dem Darlehensgeber insoweit die Vermutung des § 344 Abs. 1 HGB weiterhelfen.195 An dieser Beweislastverteilung hatte sich nach überzeugender Auffassung auch durch die Einführung des § 13 BGB im Zuge der Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie 196 jedenfalls zunächst, d. h. vor der Integration der kreditrechtlichen Bestimmungen in das BGB, nichts geändert.197 Zwar ist die Auslegung des § 13 BGB im Hinblick darauf, ob der Vorschrift eine Beweislastumkehr entnommen werden kann oder nicht, umstritten. Darauf wird noch einzugehen sein. Aber selbst wenn § 13 BGB dahingehend auszulegen wäre, dass ihm eine Beweislastumkehr zugunsten des Verbrauchers nicht entnommen werden kann und der Verbraucher daher grundsätzlich nach allgemeinen Regeln die für ihn günstige, weil zur Anwendbarkeit der kreditrechtlichen Sonderbestimmungen führende Verbrauchereigenschaft darzulegen und zu beweisen hätte, so beanspruchte doch nach der Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie und vor Inkrafttreten der Schuldrechtsreform die Vorschrift des § 1 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG Geltung, die eine Beweislastumkehr vorsah. Nach § 1 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG galten als Verbraucher „auch alle anderen natürlichen Personen, es sei denn, dass der Kredit nach dem Inhalt des Vertrages für ihre bereits ausgeübte gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit bestimmt ist.“ Zwar mag der Wortlaut der Vorschrift auf den ersten Blick dafür sprechen, die hier enthaltene Beweislastumkehr alleine auf Existenzgründer anzuwenden, weil hier von „anderen“ Personen die Rede ist.198 Diese Auslegung ist aber keineswegs zwingend. Die Norm lässt sich auch so verstehen, dass sie Existenzgründer und alle anderen Personen erfasst, denen der Nachweis der Verbrauchereigenschaft nicht gelingt.199 Ausschlaggebend für die Annahme einer Beweislastumkehr zugunsten der Verbraucher ist aber jedenfalls, dass eine prozessuale Besserstellung von Existenzgründern gegenüber Verbrauchern nicht zu rechtfertigen wäre, weil Existenz194 Hierzu BGHZ 128, 156; OLG Koblenz, WM 1998, 2157 (2158); OLG Celle, NJW- RR 1997, 1144 f.; OLG Hamm, NJW 1992, 3179 (3180); Bülow, NJW 1998, 3454; Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 1 VerbrKrG 42; Ulmer, in: MüKo, § 1 VerbrKrG Rdn 30. 195 Zum hierdurch entstehenden Beweislastkonflikt vgl. Bülow, NJW 1990, 2534; wie hier auch Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 1VerbrKrG 42; a.A. Reinicke / Tiedtke, ZIP 1992, 217. 196 Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27. Juni 2000, in BGBl. I S. 897. Das Gesetz beansprucht Geltung für ab dem 1. Oktober 2000 geschlossene Kreditverträge. 197 Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 1VerbrKrG 42; a.A. Bülow, VerbrKrG, § 1 VerbrKrG Rdn 45. 198 Für eine dahingehende Interpretation plädiert Bülow, VerbrKrG, § 1 VerbrKrG Rdn 45. 199 So Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 1VerbrKrG 42; hierfür spricht auch das in BT-Drucks. 14 / 6857, S. 33, geäußerte Verständnis des § 1 Abs. 2 VerbrKrG, das sich ganz allgemein auf den Verbraucher bezieht.
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gründer ja gerade nicht „originärer“ Adressat der kreditrechtlichen Schutzbestimmungen sind, sondern unter bestimmten Voraussetzungen lediglich dem Verbraucher gleichgestellt werden, weil der nationale Gesetzgeber hier eine vergleichbare Schutzbedürftigkeit annimmt.200 Bis zum Inkrafttreten der Schuldrechtsreform sah das Gesetz somit nach der hier vertretenen Ansicht eine Verbraucher wie Existenzgründer gleichermaßen begünstigende Beweilastregelung vor.
a) Existenzgründer Der durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz eingeführte § 507 BGB, der den Begriff des Existenzgründers legaldefiniert201 hebt die bis dahin zugunsten des Existenzgründers bestehende Beweislastumkehr auf. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift und entspricht dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers.202 Der Existenzgründer, der ein Darlehen aufnimmt, muss insoweit nunmehr darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass das Darlehen für die Aufnahme einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit bestimmt war und nicht seiner bereits ausgeübten Tätigkeit diente. Mit der Gesetzesänderung verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, dem allgemeinen Grundsatz Geltung zu verschaffen, dass derjenige, der sich auf den Schutz einer Norm beruft, die Beweislast für das Vorliegen von deren Voraussetzungen trägt.203 Allein eine marginale Beweislastumkehr verbleibt: Der Darlehensgeber trägt ausweislich des Wortlauts der Bestimmung („es sei denn“) die Beweislast dafür, dass der Nettodarlehensbetrag 50.000 A übersteigt, also ein Großkredit vorliegt. Personen, die erstmalig gewerblich oder selbständig beruflich tätig werden und hierfür ein Darlehen aufnehmen, werden durch die Neuregelung nicht merklich belastet, weil der Nachweis der Aufnahme einer unternehmerischen Tätigkeit nicht sonderlich schwer zu führen sein dürfte. Spürbar werden wird die gegenüber der Altregelung eingetretene Schlechterstellung hingegen in den Fällen der wiederholten Existenzgründung. Diese Fälle, in denen der Darlehensnehmer bereits über ein gewerbliches Unternehmen verfügt, das Darlehen aber zum Aufbau eines neuen gewerblichen oder selbständigen Unternehmens aufnimmt, das mit dem ersten nicht in Zusammenhang steht und von ihm deutlich abgrenzbar ist, unterfallen nach vom BGH vertretener204 und auch im Schrifttum verbreiteter Ansicht205 dem 200 Dahingehend auch Schulte-Nölke, Europäisches Verbrauchervertragsrecht und deutsches Bürgerliches Gesetzbuch, Teil 1, Kap. 3 II. 2 f.), der insoweit von einem Redaktionsversehen ausgeht. 201 Reiff, in: AnwKom, § 507 BGB Rdn 2. 202 BT-Drucks. 14 / 6857, S. 65. 203 BT-Drucks. 14 / 6857, S. 65. 204 BGHZ 128, 156 (162); BGH NJW- RR 2000, 719 = WM 2000, 81 (82). 205 Ulmer, in: MüKo, § 3 VerbrKrG Rdn 9; v. Westphalen / Emmerich / v. Rottenburg, § 1 VerbrKrG Rdn 57.
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Anwendungsbereich der verbraucherkreditrechtlichen Sonderbestimmungen. Das hat zur Folge, dass ein Darlehensnehmer bei jeder neuen Existenzgründung, mithin mehrfach, in den Genuss der verbraucherrechtlichen Schutzbestimmungen kommen kann. Dabei ist die wiederholte Existenzgründung mitunter schwer von den keinesfalls erfassten Fällen der bloßen Betriebsänderung abzugrenzen, in denen ein Darlehen für eine konkret schon bestehende gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit vorgesehen ist, etwa bei bloßer Erweiterung einer bereits vorhandenen Existenz oder der Umwandlung in eine andere Rechtsform.206 Weil die Abgrenzung im Einzelfall diffizil ist, beschwert auch die Beweislast den Beweispflichtigen in tatsächlicher Hinsicht merklich. Der Nachweis, dass eine wiederholte Existenzgründung und keine vom Anwendungsbereich des Verbraucherkreditrechts ausgenommene Betriebsänderung vorliegt, dürfte wohl gelingen, wenn der Inhaber eines Einzelhandelsgeschäfts für Schreibwaren eine Lizenz für ein Gebäudereinigungssystem erwirbt und hierfür ein Darlehen aufnimmt207, schwieriger wird es aber, wenn mehrere Ladeneröffnungen in derselben Branche208 erfolgen. Im Gegensatz zu der vor der Schuldrechtsreform bestehenden Rechtslage, nach der das Verbraucherkreditgesetz „im Zweifel“209 zur Anwendung gelangen sollte, gehen die im Bereich der wiederholten Existenzgründung häufig auftretenden Zweifel nun zu Lasten des Darlehensnehmers. Führt man die im Bereich der Existenzgründung vorgenommene Neuregelung einer Bewertung unter verbraucherschutzdogmatischen Gesichtspunkten zu, so ist zu konstatieren, dass die ursprüngliche Beweislastumkehr grundsätzlich eine sinnvolle, sich in ein liberales Schutzsystem einfügende, weil den Vertragsinhalt als solchen unberührt lassende Ergänzung der materialen Schutzregelungen darstellte, die allerdings nicht zum Ausgleich von Paritätsstörungen geboten war. Die Entscheidung, diese Beweislastumkehr zugunsten allgemeiner Grundsätze aufzuheben ist ebenso rechtspolitischer Natur, wie die ursprüngliche Entscheidung, dem Existenzgründer durch die Beweislastumkehr ein „plus“ an Schutz zu gewähren und ist als solche nicht zu beanstanden. Für den Bereich der Aufnahme der ersten unternehmerischen Tätigkeit ist die Schlechterstellung des Existenzgründers marginal, weil sich hier der Nachweis der Geschäftsaufnahme meist unproblematisch ausnimmt. Für den Bereich der wiederholten Existenzgründung ist die gesetzgeberische Entscheidung zur Aufhebung der Beweislastumkehr vom Ergebnis her sogar deswegen zu begrüßen, weil hierdurch im Zweifelsfall Geschäfte aus dem Anwendungsbereich herausfallen werden, für die ohnehin der sachliche Anwendungsbereich der verbraucherschützenden Be206 Zu diesen Fallgruppen vgl. Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 507 BGB Rdn 7; KessalWulf, in: Staudinger, § 1 VerbrKrG Rdn 41. 207 BGH ZIP 1995, 1050 = WM 1995, 284. 208 Das OLG Celle, WM 1996, 343 ging auch hier von einer wiederholten Existenzgründung aus. 209 Vgl. zur ursprünglichen Gesetzesfassung BT-Drucks. 11 / 5462, S. 17.
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stimmungen gar nicht eröffnet sein sollte. Richtigerweise sollte der „Mehrfachgründer“ nämlich von vornherein gar nicht in den Genuss der verbraucherrechtlichen Schutzbestimmungen kommen. Schließlich erwirbt er durch die vorangegangenen Existenzgründungen typischerweise das Maß an Geschäftserfahrenheit hinsichtlich der Darlehensaufnahme bei professionellen Darlehensgebern, das dem zu privaten Zwecken handelnden Verbraucher oder dem „Erstgründer“ regelmäßig abgeht. Selbst wenn der Mehrfachgründer entsprechend den von der Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen des fehlenden Zusammenhangs und der klaren Abgrenzbarkeit der neuen zur vorausgehenden Existenzgründung nunmehr in einem vollkommen anderen Bereich unternehmerisch tätig ist, sieht er sich doch bei der Darlehensaufnahme – und allein hierauf kommt es für den verbraucherdarlehensrechtlichen Schutz an – mit einer Situation konfrontiert, die er bereits kennt und auf die er sich dementsprechend auch vorbereiten konnte. So wird der bereits unternehmerisch Tätige die für die Berechnung der Kosten eines Kredites maßgeblichen Kriterien kennen, bzw. aus vorausgegangenen Abschlüssen wissen, worauf er bei den Vertragsverhandlungen zu achten hat. Insoweit unterscheidet sich die Verhandlungssituation beim „Mehrfachgründer“ nachhaltig von der beim Verbraucher, der durch die ihm fremde und komplexe Materie in der Vertragsabschlusssituation regelmäßig überfordert ist und dementsprechend seine eigenen Interessen nicht in ausreichendem Maße wahrnehmen kann. Besteht also beim „Mehrfachgründer“ kein dem Verbraucher vergleichbares Schutzbedürfnis, weil die Vertragsparität im Verhältnis zum Darlehensgeber nicht, bzw. nicht in einem vergleichbaren Maße gestört ist, dann lässt sich eine Abweichung vom formalen Verständnis der Privatautonomie durch die Anwendung der verbraucherdarlehensrechtlichen Sonderbestimmungen nicht rechtfertigen.210 Mag auch in Ausnahmefällen anders zu entscheiden sein, etwa wenn jemand erst nach jahrzehntelanger Pause wieder unternehmerisch tätig wird211, so sollte vor dem Hintergrund vorstehender Erwägungen der Mehrfachgründer grundsätzlich aus dem Schutzbereich der verbraucherdarlehensrechtlichen Bestimmungen ausgenommen sein. Freilich steht nicht zu erwarten, dass die Rechtsprechung ihre rechtliche Bewertung wiederholter Existenzgründungen als Verbrauchergeschäfte aufgeben wird. Insoweit ist die nunmehr geänderte Beweilastverteilung jedenfalls deswegen zu begrüßen, weil sie zumindest dazu führen wird, dass ein Teil dieser in sachwidriger Weise in die §§ 491 ff. BGB einbezogenen Geschäfte faktisch aus dem Anwendungsbereich der verbraucherrechtlichen Schutzbestimmungen herausfällt. Denn im Gegensatz zur Altregelung ist nun im Zweifelsfall die Annahme eines Verbrauchergeschäfts zu verneinen.
210 Wie hier Artz, Der Verbraucher als Kreditnehmer, S. 218 ff.; Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 507 BGB Rdn 7; Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 1VerbrKrG 41. 211 Reiff, in Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, § 10 Rdn 32.
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b) Verbraucher Betreffend den Verbraucher gestaltet sich die Beurteilung dessen, was nunmehr überhaupt geltende Rechtslage ist, etwas schwieriger, weil hier den Gesetzesmaterialien im Gegensatz zu Existenzgründerdarlehen kein eindeutiger Wille des Gesetzgebers zur Aufhebung der Beweislastumkehr zu entnehmen ist. Der Rechtsanwender ist insoweit auf die Auslegung des § 13 BGB verwiesen. Verbraucher ist hiernach „jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann“. Nach überwiegend vertretener Ansicht wird die Bestimmung im Hinblick auf ihren „neutral“ gehaltenen Wortlaut, der im Gegensatz zur Altregelung im Verbraucherkreditgesetz kein klares Regel-Ausnahme-Verhältnis erkennen lässt, so verstanden, dass ihr eine Beweislastumkehr nicht zu entnehmen ist; daher sei vom allgemeinen Grundsatz auszugehen, nach dem jeder, der sich auf eine für ihn günstige Regelung berufen will, das Vorliegen von deren Voraussetzungen nachzuweisen hat.212 Eine Beweislastumkehr zugunsten des Verbrauchers könnte aber als Folge einer richtlinienkonformen Auslegung des § 13 BGB geboten sein. Anders als im Fall des Existenzgründers, der gar nicht dem Anwendungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie fällt, den der deutsche Gesetzgeber aber in nach Art. 15 VerbrKrRL zulässiger Weise als gleichermaßen schutzwürdig erachtet, fordert die Verbraucherkreditlinie nämlich, dass das Verbraucherkreditrecht zur Anwendung gelangt, wenn ein Verbraucher handelt. Obliegt nun dem Verbraucher der Nachweis seiner Verbrauchereigenschaft, so kann das in einzelnen Fällen dazu führen, dass ihm die Berücksichtigung seiner Verbrauchereigenschaft versagt wird. Eine solche Beweislastregelung könnte daher der praktischen Wirksamkeit der Verbraucherkreditrichtlinie entgegenstehen, so dass § 13 BGB unter Berücksichtigung des effet utile dahingehend auszulegen wäre, dass er die Beweislast zugunsten des Verbrauchers umkehrt.213 Der Wortlaut des § 13 BGB stände im Hinblick auf die negative Formulierung des zweiten Halbsatzes („weder . . . noch“) einer solchen Auslegung nicht entgegen. Indes ist vorstehendes Richtlinienargument keineswegs zwingend.214 In der Literatur ist nachgewiesen worden, dass die Richtlinien des Gemeinschaftsrechts, wenn sie eine Beweislastregelung treffen wollen, diese typischerweise ausdrücklich formulieren.215 Die Verbraucherkreditrichtlinie enthält 212 Palandt – Heinrichs, § 13 BGB Rdn 4; Schulte-Nölke, Europäisches Verbrauchervertragsrecht und deutsches Bürgerliches Gesetzbuch, Teil 1, Kap. 3 II. 2 f.); speziell im Zusammenhang mit Verbraucherkreditverträgen Reiff, in: AnwKom, § 491 BGB Rdn 3; Bülow, in: Schulze / Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 153 (163 f.). 213 So angedacht zum Verbraucherprivatrecht ohne spezifischen Bezug zum Verbraucherdarlehensrecht bei Pfeiffer, in: Schulze / Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 133 (137). 214 Ebenso Pfeiffer, in: Schulze / Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 133 (137).
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indes hinsichtlich der Verbrauchereigenschaft des Schutzadressaten gerade keine explizite Aussage. Das Gemeinschaftsrecht gebietet also keine Auslegung des § 13 BGB im Sinne einer Beweislastumkehr. Soweit dennoch vereinzelt § 13 BGB dahingehend ausgelegt wird, dass ihm eine Beweislastumkehr entnommen werden könne216, entspringt diese Sicht wohl dem Wunsch nach einem möglichst umfassenden Verbraucherschutz; sie entbehrt aber insbesondere einer Anbindung an den Gesetzeswortlaut, der doch eher die Annahme nahe legt, dass in § 13 BGB überhaupt keine Beweislastregelung getroffen werden sollte. Unter systematischen Gesichtspunkten spricht ferner die Aufhebung der Beweislastumkehr beim Existenzgründer dafür, den Verbraucher im Sinne einer umfassenden Gleichbehandlung der beiden Schutzadressaten nicht abweichend zu behandeln. Hinzu kommt letztendlich, dass die Aufhebung der Beweislastumkehr den Verbraucher auch in tatsächlicher Hinsicht nicht allzu sehr beschwert. Verbraucher, die ohnehin nicht unternehmerisch tätig sind – was entgegen der missratenen Formulierung des § 13 BGB der Regelfall ist217 – fällt der Beweis ihrer Verbrauchereigenschaft leicht. Ist der Darlehensnehmer aber unternehmerisch tätig und dient das Darlehen zur Anschaffung eines „dual-use“ Gutes, etwa eines KfZ, das sowohl für den Weg zur Arbeit, als auch privat genutzt werden kann, so wird man anhand etwaiger Buchführungsunterlagen oder der Steuererklärung ohne größeren Aufwand nachweisen können, ob das Fahrzeug lediglich privat genutzt wird218 oder nicht.
c) Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Gesetz für Verbraucherdarlehen ebenso wie für Existenzgründerdarlehen nunmehr uneingeschränkt und gleiHierzu Bülow, EWS 1997, 155 ff.; Faber, ZeuP 1998, 854 (890 f.). So wohl Pfeiffer, in: Schulze / Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, 133 (137), der sich letztlich darauf beschränkt zu argumentieren, er sähe keine entgegenstehenden Gründe für eine solche Annahme. 217 Die Norm spricht im Hinblick auf die Tätigkeit der Person des Verbrauchers von „ihrer“ gewerblichen oder selbständig beruflichen Tätigkeit, so als ob sie voraussetze, dass die handelnde Person jedenfalls eine gewerblich oder freiberufliche Tätigkeit ausübt und nur im konkreten Fall außerhalb dessen handelt; sehr kritisch hierzu Flume, ZIP 2000, 1427. 218 Die Beurteilung der sog. Mischfälle ist umstrittenen. Zum Meinungsstand unter Geltung des Verbraucherkreditgesetzes vgl. Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 1 VerbrKrG Rdn 34. Dafür, dass bereits eine teilweise gewerbliche Nutzung dem in Frage stehenden Geschäft den Charakter eines Verbrauchergeschäfts nimmt, plädiert Reiff, in: Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, § 10 Rdn 29. Für diese Ansicht sprechen der Wortlaut des § 13 BGB, insbesondere aber auch Schutzzweckerwägungen. Abgrenzungsschwierigkeiten mit Zufallsergebnissen, wie sie bei der Abgrenzung nach einer wie auch immer zu konkretisierenden „überwiegenden Nutzung“ entstehen – hierfür etwa Ulmer, in: MüKo, § 1 VerbrKrG Rdn 29; v. Westphalen in: v. Westphalen / Emmerich / Rottenburg, § 1 VerbrKrG Rdn 49 –, werden vermieden. 215 216
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chermaßen den Grundsatz zur Anwendung bringt, dass derjenige, der sich auf den Schutz einer Vorschrift beruft, die Beweislast für das Vorliegen ihrer Voraussetzungen trägt. Das ursprüngliche Konzept, wonach die verbraucherkreditrechtlichen Schutzbestimmungen „im Zweifel“ anzuwenden waren219, wurde aufgegeben. Die damit einhergehende Deprivilegierung ist als rechtspolitische Entscheidung zu akzeptieren und führt auch nur in Ausnahmefällen zu einer spürbaren Schlechterstellung der Schutzadressaten. Für die Fallgruppe der wiederholten Existenzgründung ist die Neuregelung vom Ergebnis her ausdrücklich zu begrüßen.
4. Abweichungs- und Umgehungsverbot Nach Art. 14 VerbrKrRL obliegt es den Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass von den in Umsetzung des Gemeinschaftsrechts ergangenen nationalen Vorschriften nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen wird und die Schutzbestimmungen auch nicht durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden. Um dieser Vorgabe zu entsprechen und um sicherzustellen, dass der dem Verbraucher gewährte Schutz in der Rechtspraxis tatsächlich eingreift, stehen die Bestimmungen der §§ 491 bis 505 BGB grundsätzlich nicht zur Disposition der Vertragsparteien. § 506 BGB enthält insoweit in Absatz1 Satz1 ein Abweichungsverbot und in Absatz 1 Satz 2 ein Umgehungsverbot.
a) Das Umgehungsverbot Da das Umgehungsgebot in § 506 Abs. 1 S. 2 BGB wortgleich mit seiner Vorgängernorm aus § 18 S. 2 VerbrKrG ist und sich insoweit keine Abweichungen gegenüber der bis dahin geltenden Rechtslage ergeben, soll im Folgenden allein auf § 506 Abs. 1 S. 1 BGB eingegangen werden.
b) Das Abweichungsverbot aa) Allgemein Das Abweichungsverbot in § 506 Abs. 1 S. 1 BGB gestaltet die Vorschriften des Verbraucherdarlehensrechts als halbzwingendes Recht aus: Von den Vorschriften der §§ 491 bis 505 BGB darf zwar zugunsten, nicht aber zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden. Insoweit wäre etwa ein Ausschluss des Widerrufsrechts aus § 495 BGB nach § 134 BGB unwirksam. Die Einräumung einer längeren Widerrufsfrist als die bei ordnungsgemäßer Belehrung in § 355 Abs. 1 S. 2 219
BT-Drucks. 11 / 5462, S. 17.
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BGB vorgesehene 2-Wochenfrist wäre hingegen als Abweichung zugunsten des Verbrauchers ohne weiteres zulässig. Die Bestimmung des § 506 Abs. 1 S. 1 BGB tritt an die Stelle des ehemaligen § 18 S. 1 VerbrKrG und soll diesen ausweislich der Gesetzesmaterialien ohne Inhaltsänderung ersetzen.220 Allerdings weicht der Wortlaut der gesetzlichen Neuregelung von der Vorgängernorm ab. Dass auf Rechtsfolgenseite die Worte „ist unwirksam“ durch die Worte „darf nicht [ . . . ] abgewichen werden“ ersetzt worden sind, die Unwirksamkeit einer Abweichung von den verbraucherschützenden Bestimmungen nicht wie bei § 18 S. 1 VerbrKrG direkt aus der kreditrechtlichen Regelung folgt, sondern nunmehr Nichtigkeit erst nach § 134 BGB (ggf. i.V.m. § 139 BGB) eintritt, erscheint für die Praxis wenig relevant. Interessanter ist folgende, von den Gesetzesverfassern offensichtlich unbemerkte, weil nicht kommentierte Änderung: Während nach § 506 Abs. 1 S. 1 BGB jedwede nachteilige Abweichung von den §§ 491 bis 505 BGB unzulässig ist, sprach § 18 S. 1 VerbrKrG von abweichenden „Vereinbarungen“. Insoweit war im Hinblick auf den Wortlaut der Altregelung umstritten, ob auch der einseitige Verzicht des Verbrauchers auf ihm gesetzlich zustehende Rechte dem Abweichungsverbot unterfiel.221 Die Diskussion wird man im Hinblick auf den neuen Gesetzeswortlaut als obsolet erachten können.222 Wenn § 506 Abs. 1 S. 1 BGB nun allgemein formuliert, dass von den Schutzbestimmungen des Verbraucherdarlehensrechts „nicht zum Nachteil des BT-Drucks. 14 / 6040, S. 258. Mochte der Wortlaut des § 18 S. 1 VerbrKrG auch dafür sprechen, einen einseitigen Verzicht des Verbrauchers als zulässig zu erachten, so stritten die besseren Argumente doch für die Gegenansicht: Für die in Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie ergangenen Schutzinstrumente folgte die Unzulässigkeit des einseitigen Verzichts bereits aus einer gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung des § 18 S. 1 VerbrKrG; denn nach Art. 14 VerbrKrRL obliegt es den Mitgliedstaaten, sicherzustellen, dass von den umgesetzten Vorschriften des nationalen Rechts nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden darf. Insoweit formuliert die Richtlinie ein generelles Verbot, ohne nach der rechtsgeschäftlichen Form der Abweichung – Vereinbarung oder Verzicht – zu unterscheiden. Für Schutzinstrumente, die von der Richtlinie nicht gefordert werden, aber nach Art. 15 VerbrKrRL zulässig sind, wie z. B. das Widerrufsrecht des privaten Darlehensnehmers trägt das Richtlinienargument aus Art. 14 VerbrKrRL freilich nicht, weswegen dieses besonders hitzig diskutiert wurde. Da sich aber die typische Schutzwürdigkeit des Verbrauchers in den Fällen des einseitigen Verzichts nicht nachhaltig von der durch Vereinbarung erfolgten Schutzlosstellung unterscheidet und im Interesse der Rechtsklarheit eine einheitliche, nicht aber eine „gespaltene“, Auslegung des § 18 S. 1 VerbrKrG allein sinnvoll erscheint, musste man wohl auch in den Fällen, in denen dies nicht durch das Gemeinschaftsrecht geboten ist, davon ausgehen, dass der Verbraucher nicht einseitig auf seinen gesetzlichen Schutz verzichten konnte. Insoweit plädierten gegen die Zulässigkeit eines einseitigen Verzichts Artz, Der Verbraucher als Kreditnehmer, S. 184 ff.; Bülow, ZIP 1998, 945 ff.; ders., § 18 VerbrKrG Rdn 8 ff.; Habersack, in: MüKo, § 18 VerbrKrG Rdn 4; v. Rottenburg, in: v. Westphalen / Emmerich / v. Rottenburg, § 18 VerbrKrG Rdn 5; a.A. Fuchs, AcP 196 (1996), 313 (354 ff.), der dem Verbraucher die Möglichkeit zum einseitigen Verzicht auf das Widerrufsrecht einräumen will, sofern er zuvor die Möglichkeit zur Auseinandersetzung mit den Vertragsbedingungen hatte; ähnlich Krämer, ZIP 1997, 93 ff. 222 So auch Artz, Jb. J. ZivRWiss. 2001, 227 (247); Reiff, in: AnwKom, § 506 BGB Rdn 1. 220 221
IV. Änderungen des Schutzniveaus
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Verbrauchers abgewichen werden“ darf, dann ist davon unzweifelhaft auch die Option erfasst, auf seine gesetzlichen Rechte einseitig zu verzichten. Dass in der amtlichen Überschrift immer noch von abweichenden „Vereinbarungen“ die Rede ist, steht dieser Ansicht nicht entgegen. Die Überschrift ist ungenau und insgesamt zu eng gefasst, was sich daran zeigt, dass die Vorschrift des § 506 BGB nicht nur ein allgemein formuliertes Abweichungsverbot, sondern darüber hinaus in § 506 Abs. 1 S. 2 BGB auch noch ein Umgehungsverbot enthält. Der Verbraucher kann also, nach nunmehr eindeutiger Gesetzeslage, weder im Wege der Vereinbarung noch einseitig auf die ihm gesetzlich eingeräumten Rechte verzichten. Je nach Interpretation der bis dahin bestehenden Rechtslage handelt es sich insoweit bei § 506 Abs. 1 S. 1 BGB um eine klarstellende Manifestation der bisher geltenden Rechtslage oder, nach der Gegenansicht, um eine Ausweitung des bis dahin bestehenden Schutzniveaus. Es fragt sich, ob eine solche, nunmehr jedenfalls unzweideutige Regelung unter Verbraucherschutzgesichtspunkten zu begrüßen ist, schränkt sie doch nicht nur die Vertragsfreiheit des Unternehmers, sondern auch die des Verbrauchers teilweise empfindlich ein. Das erscheint nicht immer sachgerecht. So lassen sich etwa Fälle denken, in denen ein professionell im Kreditgeschäft tätiger Darlehensnehmer bei einer privat motivierten Darlehensaufnahme (§ 13 BGB) im Hinblick auf seine Sachkunde bestrebt ist, den Aufwand zu vermeiden, der durch die Beachtlichkeit der verbraucherdarlehensrechtlichen Bestimmungen beim Vertragsschluss entsteht – z. B. die Informationen gem. § 492 BGB zur Kenntnis zu nehmen und ein entsprechendes Vertragswerk zu unterschreiben. Er wünscht dies etwa, weil er sich vom Verzicht auf den verbraucherdarlehensrechtlichen Schutz einen zügigeren Abschluss erwartet oder weil er seine Verhandlungsposition insoweit gestärkt sieht, als er durch den Verzicht günstigere Darlehenskonditionen erlangen kann oder auch, weil er die mit der Beachtung der Verbraucherschutzbestimmungen verbundenen Formalien schlichtweg als lästig erachtet. Betrachtet man die Situation des Verbrauchers in vorstehendem Beispiel, erscheint es auf den ersten Blick geradezu sinnwidrig, von einem durch § 506 Abs. 1 S. 1 BGB gewährleisteten hohen Schutzniveau zu sprechen. Schließlich hindert ihn gerade dieses Schutzniveau an der Wahrnehmung seiner autonom definierten Interessen. Seine tatsächliche Entscheidungsfreiheit, auf deren Sicherung verbraucherschützende Regelungen typischerweise zielen, wird durch die zwingende Ausgestaltung des Gesetzes geradezu konterkariert. Indes wäre es verfehlt, die Höhe des Schutzniveaus einzelfallbezogen festzustellen, weil auch die Schutzkonzeption des Gesetzes nicht einzelfallbezogen greift, sondern typisierend Schutz gewährt. Die typisierende Betrachtung der Vertragsparität unter situativ-vertragsgegenständlichen Gesichtspunkten verbietet grundsätzlich eine Berücksichtigung der im konkreten Einzelfall bestehenden tatsächlichen Schutzbedürftigkeit des Darlehensnehmers. Sie ist in ihrer zwingenden Ausgestaltung durch Art. 14 VerbrKrRL gemeinschaftsrechtlich vorgegeben und vom nationalen Gesetzgeber umfassend für das gesamte Verbraucherdarlehensrecht,
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d. h. auch für nicht gemeinschaftsrechtlich geforderte Schutzinstrumente vorgesehen.223 Man mag an einer solchen Gesetzeskonzeption kritisieren, dass ihr ein Element der Bevormundung innewohnt.224 Allerdings zeigen auch Schutzvorschriften außerhalb des Verbrauchervertragsrechts partiell „entmündigende“ Wirkung, so etwa die allgemein, also nicht allein für Verbraucherverträge (§ 310 Abs. 3 BGB) geltenden Formvorschriften mit Warnfunktion in § 311 b Abs. 1, Abs. 2 BGB oder in § 766 S. 1 BGB. Auch diese stehen als zwingende Vorschriften nicht zur Parteidisposition; der Schutzadressat kann auch hier seine Rechtsverhältnisse nicht gänzlich frei, sondern nur unter Beachtung der gesetzlich vorgesehenen Hürden gestalten. Die hierdurch bedingte Einschränkung der Gestaltungsfreiheit nimmt das Gesetz im Interesse einer Gewährleistung effektiven Schutzes des typischen Schutzadressaten in Kauf. Im Verbraucherdarlehensrecht trägt insoweit der im Hinblick auf den abzuschließenden Geschäftstypus besonders kundige und unbedingt entschlossene, das Widerrufsrecht aus § 495 BGB nicht benötigende, Darlehensnehmer die Last der Anwendung des zwingenden Rechts. Dagegen wäre aber nur dann etwas einzuwenden, wenn das Gesetz in wirklichkeitsfremder Weise das RegelAusnahme-Verhältnis von bestehender und nicht bestehender Schutzbedürftigkeit fehlerhaft beurteilen würde und damit in sachwidriger und nicht zu rechtfertigender Weise in die Vertragsfreiheit der Parteien eingriffe. Wie bereits dargelegt wurde, befindet sich allerdings der zu privaten Zwecken handelnde Darlehensnehmer bei der Darlehensaufnahme typischerweise in einer Situation situativ-vertragsgegenständlich gestörter Vertragsparität gegenüber dem professionell handelnden Darlehensgeber. Die Situation gestörter Vertragsparität ist beim Verbraucherdarlehensvertrag also der Regelfall und nicht die Ausnahme. Wenn daher im Einzelfall einer Person der gesetzliche Schutz entgegen ihrem Willen, mithin zwingend zuteil wird, dann ist das nicht nur im Interesse einer Rechtssicherheit gewährenden Gesetzesanwendung sinnvoll, sondern insbesondere auch zugunsten eines wirksamen Schutzes anderer und zwar der überwiegenden Zahl der Schutzadressaten geboten225. Der sachfremde, „überschießende“ Schutz in Einzelfällen ist der Preis für eine wirksame Kompensation gestörter Vertragsparität in den typischen Fallgruppen des Verbraucherdarlehensvertrages. Dass die Ausgestaltung als zwingendes Recht wesentliche Voraussetzung eines hohen Verbraucherschutzniveaus ist, zeigt sich auch dann, wenn man eine Gesetzeslage hypothetisiert, in der eine für den Verbraucher nachteilige Abweichung von seinen gesetzlichen Rechten zulässig wäre. In einer solchen Situation wäre die Gefahr einer missbräuchlichen Ausnutzung der fachlich überlegenen Position des Darlehensgebers außerordentlich hoch. Vergleicht man nämlich die möglichen Beweggründe, die den Verbraucher dazu veranlassen könnten, auf den Schutz allein ihn begünstigender Vorschriften zu verzichten, mit der Interessenlage auf Zum Sonderfall des Immobiliardarlehensvertrags vgl. nachfolgend B. III. 5. b) bb). Krämer, ZIP 1997, 93 (97) spricht schärfer von einem Element der „Entmündigung“; ähnlich Bülow, VerbrKrG, § 18 VerbrKrG Rdn 9. 225 So auch Artz, Der Verbraucher als Kreditnehmer, S. 186. 223 224
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Seiten des Unternehmers, dann ergibt sich insoweit ein starkes „Interessengefälle“: Alleine die mit dem Vertragsabschluß verbundenen Formalien zu vermeiden, wie sie § 492 BGB fordert, dürfte für den Verbraucher vernünftigerweise kein Grund sein, sich in eine Situation zu begeben, in der ihm für den Vertragsabschluss wesentliche Informationen fehlen und in der die eigene Entscheidungsfreiheit daher wegen der überlegenen Sachkunde und Geschäftsgewandtheit des Gegenübers empfindlich beeinträchtigt ist. Vor Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie freilich hätte dem Verbraucher der Verzicht auf sein Widerrufsrecht noch den Vorteil eines sofortigen Erfüllungsanspruchs gebracht, weil bis dahin § 7 Abs. 1 VerbrKrG noch dem Konzept des bis zum Erlöschen des Widerrufsrechts schwebend unwirksamen Vertrages folgte.226 Da seitdem das Gesetz allerdings dem Konzept schwebender Wirksamkeit folgt, Erfüllungsansprüche also bereits mit Vertragsschluss entstehen, kann auch dies keinen Beweggrund für den Verbraucher mehr bilden, auf den gesetzlichen Schutz zu verzichten. Außer der Möglichkeit, durch den Verzicht auf das Widerrufsrecht die sofortige Fälligkeit des Anspruchs auf Valutierung herbeizuführen, kann man sich nunmehr kaum vorstellen, was den typischen Verbraucher dazu bewegen könnte, auf den gesetzlich gewährten Schutz zu verzichten. Die Interessenlage auf Seiten des Darlehensgebers nimmt sich hingegen ganz anders aus. Dieser wird nämlich durch die Pflicht zur Wahrung der zahlreichen gesetzlichen Schutzbestimmungen nachhaltig in seiner Vertragsgestaltungsfreiheit eingeschränkt. Insoweit hätte der professionelle Darlehensgeber ein gesteigertes Interesse daran, den gesetzlichen Schutz abzubedingen. Wäre nun das Gesetz nicht zwingend ausgestaltet, so läge die Gefahr eines missbräuchlichen Verhaltens des Darlehensgebers im Rahmen der Vertragsverhandlungen nicht fern. Der Darlehensgeber könnte versucht sein, den Darlehensnehmer dazu zu bewegen, auf den gesetzlichen Schutz zu verzichten, z. B. indem er in verkaufstaktischer Manier die Sinnhaftigkeit der gesetzlichen Schutzbestimmungen anzweifelte und dem Darlehensnehmer als „verlockende“ Gegenleistung für den Verzicht günstigere Darlehenskonditionen in Aussicht stellte. Ein effizienter Vergleich der Vor- und Nachteile des Verzichts wäre dem Verbraucher gar nicht möglich, weil ihm die entscheidenden Informationen bezüglich der genauen (§ 492 BGB) Vertragskonditionen fehlten, bzw. weil ihm durch Verzicht auf das Widerrufsrecht nicht die erforderliche Zeit zum eingehenden Studium der Bedingungen und zum Vergleich mit anderen Wettbewerbern bliebe. Daher ist es sachgerecht, zur Gewährleistung eines hinreichenden Ver226 Insoweit wollte Bülow, VerbrKrG, § 7 VerbrKrG, 3. Auflage, Rdn 7 nach alter Rechtslage dem Verbraucher in einer ganz bestimmten Konstellation die Möglichkeit des Verzichts auf das Widerrufsrecht aus § 7 VerbrKrG gewähren: War der Vertrag formwirksam zustande gekommen, die Widerrufsfrist wegen fehlender Belehrung aber noch nicht in Gang gesetzt, dann hätte der Verbraucher, der sein Widerrufsrecht kannte, um die Durchsetzbarkeit seines Erfüllungsanspruchs zu erreichen, eine Klage auf Erteilung der Widerrufsbelehrung anstrengen müssen. Da dies als unpraktikabel, bzw. unzumutbar empfunden wurde, sollte dem Verbraucher ausnahmsweise die Möglichkeit eingeräumt werden, auf das Widerrufsrecht zu verzichten und alsbald Erfüllung zu verlangen.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
braucherschutzes das Reglement des Verbraucherdarlehensvertragsrechts als halbzwingendes Recht auszugestalten. bb) Ausnahmen Die durchgehend halbzwingende Ausgestaltung des Verbraucherdarlehensvertragsrechts gilt für Verträge, die nach dem 1. November 2002 geschlossen wurden aber nicht mehr uneingeschränkt. Durch das OLGVertrÄndG wurde das generelle Abweichungsverbot in zweierlei Hinsicht gelockert, indem Sonderregelungen in § 506 BGB eingeführt wurden.
(1) Die Rechtslage nach dem OLGVertrÄndG In einer Übergangszeit bis zum 30. 6. 2005227 können die Vertragsparteien gem. § 506 Abs. 3 BGB im Wege einer besonderen schriftlichen Vereinbarung den vertraglichen Ausschluss des (neu eingeführten) Widerrufsrechts für Immobiliardarlehensverträge vorsehen, vorausgesetzt, diese fallen nicht unter § 312 BGB228; zwecks Geschäftserleichterung bestimmt Absatz 4, dass die Vereinbarung auch in die Vertragserklärung des Darlehensnehmers nach § 492 Abs. 1 S. 5 BGB aufgenommen werden kann, sofern sie dort deutlich hervorgehoben ist.229 Außerdem kann unter denselben Formvoraussetzungen und in der nämlichen Übergangszeit nach § 506 Abs. 2 S. 1 BGB eine vertragliche Vereinbarung dahingehend getroffen werden, dass nach ordnungsgemäß erklärtem Widerruf eine Widerrufserlöschensfiktion greift, wenn der Verbraucher zwei Wochen nach Erklärung des Widerrufs oder der Valutierung das Darlehen nicht zurückzahlt. Unzulässig ist eine solche Vereinbarung aber, wenn ein verbundenes Geschäft nach § 358 Abs. 2 BGB oder ein Haustürgeschäft vorliegt, § 506 Abs. 2 S. 2 BGB. Die Möglichkeit eine Erlöschensfiktion zu vereinbaren, führte der Gesetzgeber ein, weil 227 Hierzu Artt. 25 Abs. 2 und 34 S. 3 OLGVertrÄndG, wonach zeitversetzt die durch das SMG eingeführte Fassung des § 506 BGB wiederhergestellt werden soll. 228 In letztgenanntem Fall steht die Haustürwiderrufsrichtlinie einem Ausschluss des Widerrufsrechts entgegen. 229 Aus dem systematischen Zusammenhang von § 506 Abs. 3 und Abs. 4 BGB wird man schließen können, dass die Gesetzesformulierung „besondere Vereinbarung“ in Absatz 3 so auszulegen ist, dass insoweit eine getrennte Urkunde zu fordern ist, weil nur im Übrigen § 506 Abs. 4 BGB gilt. Der Begriff „besondere Vereinbarung“ ist daher von dem der gesonderten Erklärung in § 309 Nr. 11 lit.a BGB zu unterscheiden, bei dem nach BGH NJW 2001, 3186 gerade keine getrennte Urkunde zu fordern ist. Im Ergebnis ebenso, allerdings ohne argumentative Untermauerung Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 506 BGB Rdn 28 e; überzeugend auch die Einschätzung, ders., ebd., dass der Begriff der Schriftlichkeit in § 506 Abs. 2, 3 BGB, der sich grundsätzlich nach § 126 BGB richtet, die elektronische Form gem. §§ 126 Abs. 3, 126 a BGB ausschließt, weil § 492 Abs. 1 S. 2 BGB umfassende Geltung im Verbraucherdarlehensvertragsrecht beigemessen werden muss.
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§ 495 Abs. 2 BGB, der in der Tradition von § 7 Abs. 3 VerbrKrG stand, durch das OLGVertrÄndG gestrichen wurde. § 495 Abs. 2 BGB schrieb die nunmehr durch Parteivereinbarung zu erzielende Erlöschensfiktion gesetzlich vor, nahm allerdings allein verbundene Geschäfte, nicht aber Haustürgeschäfte vom Erlöschenstatbestand aus.230 Infolge des „Heininger“- Urteils des EuGH war aber – jedenfalls implizit – deutlich geworden, dass der bis dahin gesetzlich vorgesehene Erlöschenstatbestand für den Fall eines als Haustürgeschäft abgeschlossenen Verbraucherdarlehensvertrags nicht als eine von der Haustürgeschäfterichtlinie erlaubte Ausgestaltung der Rückgewährpflicht des Verbrauchers zu qualifizieren war, sondern vielmehr als ein von der Richtlinie nicht vorgesehener und daher unzulässiger Widerrufsausschluss. Die Altregelungen waren demnach mit der Haustürwiderrufsrichtlinie nicht vereinbar231 und insoweit aufzuheben. Aus Gründen der Rechtsvereinheitlichung wurde die Aufhebung auch auf solche Darlehensverträge erstreckt, die nicht zugleich Haustürgeschäfte sind, erfasst also auch Verträge, wo sich das Problem der Richtlinienwidrigkeit gar nicht stellt. Soweit Verbraucherdarlehensverträge insoweit nicht von der Haustürgeschäfterichtlinie erfasst werden, wollte der Gesetzgeber an der als sinnvoll erachteten Erlöschensfiktion festhalten und eröffnete daher als „Kompensat“ für die Streichung des § 495 Abs. 2 BGB den Parteien – de facto der Kreditwirtschaft – die Möglichkeit, den Inhalt der Altregelung zum Gegenstand einer vertraglichen Vereinbarung zu machen. Mit Ablauf der Übergangszeit, d. h. ab dem 1. 7. 2005 soll der Ausschluss des Widerrufsrechts bei Immobiliardarlehen und die Erlöschensfiktion bei nicht rechtzeitiger Darlehensrückzahlung nicht mehr vertraglich vereinbart werden können. Ab diesem Zeitpunkt gilt allein § 506 BGB in der durch das SMG geschaffenen Fassung, so dass das gesamte Verbraucherdarlehensvertragsrecht ausnahmslos als halbzwingendes Recht ausgestaltet sein wird.
(2) Verbraucherschutzdogmatische Bewertung Zu klären ist, ob die partielle Aufweichung des generellen Abweichungsverbots durch spezifische Besonderheiten der betroffenen Konstellationen zu rechtfertigen ist, oder ob es sich um einen systeminkompatiblen Rückschritt handelt. In den Gesetzesmaterialien wird die gegenüber der alten Rechtslage vorgenommene Erweiterung der privatautonomen Gestaltungsfreiheit der Parteien letztendlich dadurch gerechtfertigt, dass die vorgenommenen gesetzlichen Modifikationen betreffend die Einführung eines generellen Widerrufsrechts bei Verbraucherdarlehensverträgen und die Streichung des § 495 Abs. 2 BGB allein dazu diente, die 230 Auf verbundene Geschäfte hingegen war in Entsprechung der neuen Regelung schon nach der alten Rechtslage die Erlöschensfiktion unanwendbar. 231 Fischer, DB 2002, 1643 (1644) spricht zurückhaltender von einer gemeinschaftsrechtlich „problematischen“ Regelung; der Gesetzgeber hingegen hatte wohl keinen Zweifel an der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit, vgl. BT-Drucks. 14 / 9266, S. 48.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
vom EuGH im „Heininger“-Urteil festgestellten Verstöße gegen die Haustürgeschäfterichtlinie zu beseitigen; weil aber im Übrigen, d. h. in den Fällen, in denen der Verbraucherdarlehensvertrag nicht gleichzeitig ein Haustürgeschäft darstellt, die bis dahin bestehende Gesetzeslage als sinnvoll erachtet wurde, sollte sie so weit als möglich beibehalten werden.232 Im Hinblick darauf, dass sich der Gesetzgeber nun aber aus Gründen der Gesetzessystematik dazu entschieden hatte, bezeichnete Neuerungen über das gemeinschaftsrechtlich gebotene hinaus zu normieren – generelle Einführung eines Widerrufsrechts durch Streichung der Teilausnahme in § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB und Streichung des § 495 Abs. 2 BGB – wollte er zumindest die Möglichkeit vorsehen, den Inhalt dieser (Alt-)bestimmungen vertraglich vereinbaren zu können, sofern kein Haustürgeschäft vorliegt. Ausgangspunkt einer Bewertung der neu gewonnenen Gestaltungsfreiheit, ist vor dem Hintergrund vorbezeichneter gesetzgeberischer Erwägungen demnach die verbraucherschutzdogmatische Sinnhaftigkeit der Altregelungen. Insoweit ist für die Bewertung zwischen den beiden betroffenen Konstellationen zu differenzieren. Der Ausschluss des Widerrufsrechts bei Immobiliardarlehensverträgen wurde früher – wie bereits dargelegt – primär mit ökonomischen Erwägungen, respektive mit der Gefährdung der Möglichkeit zur taggenauen Darlehensrefinanzierung und der damit einhergehenden Gefahr der Verteuerung von Immobiliardarlehen begründet, außerdem mit einer vermeintlich geringeren Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers wegen intensiverer Auseinandersetzung mit dem anvisierten Vertragsschluss. Diese Kriterien haben sich in vorliegender Untersuchung als nicht überzeugend erwiesen. Die Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers ist bei Immobiliardarlehensverträgen nicht geringer als bei sonstigen Verbraucherdarlehensverträgen, weswegen es konsequent war, durch das OLGVertrÄndG auch für diese Form des Verbraucherdarlehensvertrags ein generelles Widerrufsrecht vorzusehen. Hinsichtlich der Frage der Abdingbarkeit, respektive der Disponibilität des Widerrufsrechts könnte man nun freilich mit dem Bundesrat anführen, dass bei Immobiliardarlehen typischerweise hohe Darlehenssummen in Frage stehen, weswegen schon relativ kleine Zinsdifferenzen für die Belastung des Verbrauchers erhebliche Wirkungen zeitigen können und es für den Verbraucher daher vorteilhaft sein kann zur Erlangung günstigerer Konditionen auf sein Widerrufsrecht zu verzichten.233 Ließe man diese Argumentation allerdings gelten, dann wäre konsequenterweise jedwede halbzwingende Ausgestaltung des Verbraucherschutzrechts nicht zu rechtfertigen, weil dem Verbraucher immer die Wahl zu eröffnen wäre, sich gegen Gewährung (vermeintlich) günstigerer Konditionen schutzlos zu stellen und sich der Unternehmer stets von seinen gesetzlichen Pflichten freikaufen könnte; dass beim Immobi232 Vgl. BT-Drucks. 14 / 9266, S. 47, wo es bezüglich der Streichung des § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB heißt, dass eine zwingende Ausgestaltung des Widerrufsrechts bei Immobiliardarlehensverträgen nur im Falle eines Haustürgeschäfts gemeinschaftsrechtlich vorgeschrieben ist, im Übrigen aber nicht; ebenso die Ausführung zur Streichung des § 495 Abs. 2 BGB in BTDrucks. 14 / 9266, S. 48. 233 BT-Drucks. 14 / 9531, S. 5.
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liardarlehen typischerweise besonders hohe Darlehenssummen betroffen sind und insoweit der Verbraucher ein gegenüber sonstigen Verbraucherdarlehensverträgen tendenziell erhöhtes Interesse an der Erlangung günstigerer Konditionen haben könnte, erscheint nicht als durchschlagendes Argument. Ein solcher Ansatz geht im Ergebnis nämlich dahin, mit steigendem Ausmaß der aus einem Darlehensvertrag resultierenden finanziellen Belastung das gesetzlich vorgesehene Schutzniveau abzusenken. Das ist wertungsmäßig verfehlt. Auch wenn es im Verbraucherdarlehensvertragsrecht wie im Übrigen Vertragsrecht richtigerweise nicht darum geht, den Verbraucher davor zu schützen, wirtschaftlich belastende, evtl. nachteilige Vermögensdispositionen zu treffen, heißt dass nicht, dass er in einer Situation, in der wirtschaftlich weitreichende Entscheidungen anstehen, weniger schutzbedürftig wäre, als in Fällen, in denen, die aus dem abgeschlossenen Geschäft resultierenden Belastungen geringer sind.234 Die allein für den untypischen Einzelfall, nämlich den eines bereichsspezifisch erfahrenen, aber zu privaten Zwecken handelnden Darlehensnehmers zutreffende Einschätzung des Bundesrats vermag demnach nichts an dem Grundsatz zu ändern, dass eine zwingende Ausgestaltung des Verbraucherdarlehensrechts geboten ist, um der überwiegenden Zahl der Schutzadressaten effektiven Schutz gewähren zu können und einer potentiellen Missbrauchsgefahr des überlegenen professionell handelnden Darlehensgebers entgegenzuwirken. Dass eine solche Missbrauchsgefahr ausgeschlossen und die Gewährleistung effektiven Schutzes gewährleistet wäre, legt die Gesetzesbegründung nicht dar und könnte sie im Übrigen gar nicht darlegen. Letzten Endes erkennt dies auch der Gesetzgeber und entlarvt die diskussionsgegenständliche Erweiterung der vertraglichen Gestaltungsfreiheit selbst, wenn auch nur implizit, als verbraucherschutzdogmatisch verfehlt: Dass nach Ablauf der Übergangszeit die Widerrufsmöglichkeit auch bei Immobiliardarlehensverträgen zwingend vorzusehen ist, begründet er nämlich damit, dass ansonsten die Gefahr bestände, dass das Widerrufsrecht „ausgehöhlt“ würde.235 Das Widerrufsrecht bei Immobiliardarlehensverträgen disponibel zu stellen überzeugt nach alledem aus verbraucherschutzdogmatischer Sicht nicht; auch nicht für eine Übergangszeit. An dieser Bewertung könnte sich nur dann etwas ändern, wenn die besonderen Formanforderungen, die das Gesetz an den vertraglichen Ausschluss des Widerrufsrechts stellt, geeignet wären, hinreichenden Schutz zu gewährten. Das erscheint allerdings sehr fragwürdig. Zweifelsohne wird mit dem Erfordernis einer die Schriftform wahrenden Fixierung, dem Verbraucher der Verzicht auf seine gesetzlich eingeräumte Rechtsposition deutlich vor Augen geführt; zumal für den Fall, dass keine gesonderte schriftliche Vereinbarung getroffen wird, also die Vereinbarung in die Erklärung des Darlehensnehmers nach § 492 Abs. 1 S. 5 BGB aufgenommen wird, das Transparenzgebot dadurch besonders betont wird, dass die Vereinbarung „deutlich hervorgehoben werden“ muss. Die besondere Form bringt 234 235
Hierzu schon vorstehend C. IV. 1. b) cc) (2). BT-Drucks. 14 / 9266, S. 49.
12 Enders
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
dem Darlehensnehmer seine Entscheidung klarer als eine formlose Vereinbarung zu Bewusstsein, und man wird ihr über ihre auf den Rechtsverlust bezogene Aufklärungsfunktion hinaus wegen der rechtlichen Tragweite der Verzichtserklärung auch eine Warnfunktion zuzusprechen haben236; diese „aufklärende“ Warnfunktion greift allerdings bei einem typischerweise bereichsspezifisch unerfahrenen und rechtsunkundigen Verbraucher in ihren Wirkungen zu kurz: Durch die besondere Form wird dem Schutzadressaten nur zu Bewusstsein gebracht, dass er sich endgültig des gesetzlich vorgesehenen Schutzes entäußert; es wird ihm aber nicht verdeutlicht, dass er diese den Verzicht besiegelnde Erklärung gar nicht in tatsächlicher Hinsicht frei treffen kann. Eine wirklich freie Entscheidung, die zu treffen das Verbraucherdarlehensvertragsrecht dem Verbraucher zumindest ermöglichen will, ist nämlich grundsätzlich nur dann gegeben, wenn der Verbraucher zumindest die Möglichkeit hat, die Vor- und Nachteile seiner Entscheidung abzuwägen. Hier hätte der Verbraucher zu entscheiden, ob er es vorzieht, einen Darlehensvertrag zu marktüblichen Konditionen abzuschließen und dafür sein Widerrufsrecht zu behalten, oder, ob er es vorzieht, auf das Widerrufsrecht zu verzichten, um im Gegenzug etwas günstigere Konditionen zu erhalten. Eine solche Abwägung setzt voraus, dass die Abwägungsgegenstände bekannt sind und diese dann in einem zweiten Schritt nach ihrer Bedeutung gewichtet werden können. Schon an ersterem fehlt es hier, weil der typische Verbraucher beim Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags die komplexe Vertragsmaterie und die Marktüblichkeit der Konditionen gar nicht überschauen kann. Deswegen wird ihm ja gerade kraft Gesetzes während des Laufs der Widerrufsrist im Zusammenwirken mit den Informationspflichten aus § 492 Abs. 1 S. 5 BGB die Möglichkeit eingeräumt, die Masse an Daten betreffend den Vertragsschluss gründlich zu sichten und für seine Entscheidungsfindung auszuwerten, ob er an der vertraglichen Vereinbarung festhalten will oder nicht.237 Wenn somit der typischerweise fachlich überforderte Verbraucher die konkreten Vertragsdaten, die freilich schon im Zeitpunkt der Abgabe der Vertragserklärung zur Verfügung stehen (vgl. § 491 Abs. 1 S. 5 BGB), nicht verarbeitet hat, bzw. verarbeitet haben kann, dann ist auch im Regelfall eine rationale Entscheidungsfindung über den Verzicht des Widerrufsrechts in tatsächlicher Hinsicht 236 Der jeweilige Formzweck einer Formvorschrift ist ihrer ratio legis durch Auslegung zu entnehmen, vgl. Medicus, AT, § 41 Rdn 615; In den Materialien fehlen nähere Erläuterungen, in BT-Drucks. 14 / 9266, S. 48 ist allein von einem „Aufklärungsbedürfnis“ die Rede. Damit ist jedenfalls die Informationsfunktion angesprochen. Im Hinblick auf die rechtliche Tragweite der vom Verbraucher abzugebenden formgebundenen (Verzichts-)erklärung wird man der Schriftform indes zugleich eine Warnfunktion beizumessen haben, zumal jede Warnung, soll sie ihre intellektuellen Wirkungen entfalten, auch aufklärende Elemente enthalten muss; von einer Warnfunktion geht implizit auch Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 506 BGB Rdn 28 e aus, der dem Ausschluss der elektronischen Form in § 492 Abs. 1 S. 2 BGB, dem unstreitig Warnfunktion beigemessen wird, eine umfassende Geltung für das gesamte Verbraucherdarlehensvertragsrecht zuspricht und ihn auch auf die Formerfordernisse in § 506 BGB angewandt wissen will. 237 Zur Komplementärwirkung von Informationspflichten und Widerrufsrecht vgl. schon B. III. 2. b).
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ausgeschlossen, weil schon die in die Abwägung einzustellenden Gegenstände nicht (in hinreichendem Maße) bekannt sind. Nun könnte man unter Zugrundelegung eines sehr weiten, verbraucherschutzdogmatisch „gewagten“ Freiheitsverständnisses andenken, eine tatsächlich freie Entscheidung sei schon dann anzunehmen, wenn der Verbraucher in positiver Kenntnis der Unmöglichkeit einer rationalen Entscheidungsfindung dennoch eine Entscheidung trifft und damit bewusst in Kauf nimmt, dass die getroffene Entscheidung unvernünftig ist.238 Würde insoweit die in § 506 Abs. 3, 4 BGB vorgesehene Form dem Verbraucher die tatsächliche Unmöglichkeit einer rationalen Entscheidung deutlich machen und ließe er sich dennoch auf einen Widerrufsverzicht und damit auf eine endgültige Bindung bezüglich des konkreten Geschäfts ein, so könnte man unter Zugrundelegung vorgenannten weiten Freiheitsverständnisses sagen, dass es sich um eine freiverantwortlich getroffene Entscheidung handelt und dass der Verbraucher keines weitergehenden gesetzlichen Schutzes bedürfte. Das vorgesehene Formerfordernis kann eine solche Warnung letztbezeichneten Inhalts aber gar nicht leisten, weil die Warnfunktion allein die Warnung vor dem Rechtsgeschäft als solchem oder vor seinem Inhalt bezweckt, andere Gegenstände, insbesondere bloße Erläuterungen ohne Rechtswirkungen aber gar nicht der Form unterliegen.239 Nach alledem ist die Möglichkeit der Disponibilität des gesetzlichen Widerrufsrechts bei Immobiliardarlehen, die Abdingbarkeit des Kernelements des deutschen Verbraucherdarlehensvertragsrechts, unter keinem Gesichtspunkt, auch nicht aufgrund des neu eingeführten Formerfordernisses zu rechtfertigen. Anders verhält es sich bei einer formwirksamen Vereinbarung einer Widerrufserlöschensfiktion bei nicht rechtzeitiger Darlehensrückgewährung. Der Verbrau238 Völlig abwegig erscheint ein solches Verständnis nicht, weil es in einer liberal angelegten Verbraucherschutzkonzeption darum geht, dem Verbraucher allein die Möglichkeit zu eröffnen, von seiner tatsächlichen Entscheidungsfreiheit Gebrauch zu machen. Nutzt er diese Möglichkeit nicht und trifft insoweit eine Entscheidung auf irrationaler Grundlage, dann fällt das in seinen Verantwortungsbereich; er hat sich autonom gegen eine informierte und rationale Entscheidungsfindung entschieden (hierzu schon in vorliegender Untersuchung B. II. 3. c) cc) (3)). Daher könnte man denken, dass in dem Fall, in dem dem Verbraucher positiv bekannt ist, dass er jedenfalls ad hoc gar nicht rational handeln kann und er sich dennoch rechtlich bindet, von einer freien Entscheidung auszugehen ist. Mit einem solchen Verständnis verließe man freilich die schon durch das restriktiv angelegte, liberale Informationsmodell gezogenen Grenzen und eröffnete erhebliche Missbrauchsgefahren von Unternehmerseite. Es spricht daher einiges dafür, ein derart weites Freiheitsverständnis als im Rahmen des Verbraucherschutzrechts als nicht tragfähig einzuschätzen. Darüber muss aber gar nicht entschieden werden, wenn die Rechtfertigung der formgebundenen Disponibilität des Widerrufsrechts auch unter Zugrundelegung dieses weiten Freiheitsverständnisses scheitert. 239 Das Formerfordernis erstreckt sich grundsätzlich auf alle Erklärungen, die nach der Vorstellung der Parteien zum Vertragsinhalt gehören, also nicht nur auf die essentialia negotii, sondern auch auf Bedingungen, Befristungen und Nebenabreden. Formbedürftig sind damit jedenfalls nur Erklärungen, die Rechtswirkungen erzeugen, nicht aber bloße Erläuterungen oder gar- was hier in Rede steht- Erläuterungen bezüglich bestehender Störungen im Willensbildungsprozess; allgemein zum Umfang des Formerfordernisses vgl. Larenz / Wolf, AT, § 27 Rdn 17; Einsele, in: MüKo § 125 BGB Rdn 30 f.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
cher bekommt nach § 506 Abs. 2, 4 BGB im Wege der schriftlichen Vereinbarung deutlich zu Bewusstsein geführt, dass er sein Schutzrecht verliert und an seiner vertraglichen Erklärung unumstößlich festgehalten wird, wenn er nicht binnen zwei Wochen nach erklärtem Widerruf das valutierte Darlehen zurückgewährt. Eine solche Vereinbarung erscheint unter Verbraucherschutzgesichtspunkten vertretbar: Die Beschränkung der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers bei Vertragsschluss ist grundsätzlich durch die Form- und Angabepflichten aus § 492 BGB und die Widerrufsmöglichkeit nach § 495 BGB ausgeglichen. Ein darüber hinausgehender Schutz in Form einer zeitlich nicht begrenzten Rückgewährmöglichkeit des Verbrauchers erscheint nicht zwingend geboten.240 Daher ist gegen die Zulässigkeit der Vereinbarung einer Widerrufserlöschensfiktion nichts einzuwenden, sofern nicht wie bei Haustürgeschäften das Gemeinschaftsrecht entgegensteht. Soweit der Verlust eines ordnungsgemäß ausgeübten gesetzlichen Schutzrechts eine ungewöhnliche Rechtsfolge darstellt, erscheint das Formgebot in § 506 Abs. 2, 4 BGB hinreichend, um dem Verbraucher diese Rechtsfolge zu Bewusstsein zu bringen. Die zweite Ausnahme vom generellen Abweichungsverbot des Verbraucherdarlehensvertragsrechts erscheint daher unbedenklich.
c) Zusammenfassung Wenn das Gesetz in seiner durch das SMG geschaffenen Fassung keinen Zweifel daran ließ, dass jedwede für den Verbraucher nachteilige Abweichung von den §§ 491 bis 505 BGB, also auch der einseitige Verzicht auf gesetzliche Rechte unzulässig ist, dann war darin eine Manifestation eines hohen Verbraucherschutzniveaus zu erkennen. Mit dem OLGVertrÄndG verlässt der Gesetzgeber diese (insoweit) konsequente Verbraucherschutzlinie, jedenfalls für eine Übergangszeit bis zum 30. 6. 2005. Die Zulässigkeit, eine Widerrufserlöschensfiktion für nach dem 1. 11. 2002 geschlossene Verträge, die keine Haustürgeschäfte sind, vertraglich und formgebunden zu vereinbaren, ist verbraucherschutzdogmatisch noch unbedenklich. Die Disponibilität des Widerrufsrechts bei Immobiliardarlehensverträgen hingegen ist verfehlt. Die Formgebundenheit der Vereinbarung ist nicht in der Lage, das durch den Verzicht auf das zentrale Schutzinstrument „Widerruf“ entstehende Schutzdefizit aus240 Freilich könnte man argumentieren, die Kenntnis der zeitnahen Rückgewährpflicht könnte den Verbraucher in der freien Ausübung seines Widerrufsrechts beeinträchtigen. Hingegen wäre ohne eine zeitliche Grenze eine missbräuchliche Ausnutzung des Widerrufsrechts keineswegs fernliegend und die kurzfristige Darlehensvalutierung wäre faktisch ausgeschlossen, weil sich die Kreditinstitute nicht mehr auf eine Auszahlung vor Ablauf der Widerrufsfrist einlassen würden. Aus diesen Gründen formulierte die Altregelung wie Reich, in Hadding / Hopt, Das neue Verbraucherkreditgesetz, 29 (39) feststellte, einen „vertretbaren Kompromiß“. Zur rechtspolitisch umstrittenen Bewertung des § 7 Abs. 3 VerbrKrG (Vorgängernorm zu § 495 Abs. 2 BGB), vgl. Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 7 VerbrKrG, Rdn 50.
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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zugleichen. Insoweit ist es nicht allein unter gesetzessystematischen Gesichtspunkten, sondern auch unter Schutzzweckerwägungen zu begrüßen, dass mit Ablauf der Übergangszeit zum 1. 7. 2005 wieder das gesamte Verbraucherdarlehensvertragsrecht halbzwingend ausgestaltet sein wird, weil die Absätze 2 bis 4 des § 506 BGB dann entfallen.
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus: Einzelne Schutzinstrumente Sind damit die wesentlichen Änderungen des Schutzniveaus unter generellschutzeröffnenden Gesichtpunkten herausgearbeitet und verbraucherschutzdogmatisch bewertet, gilt es nunmehr das durch die Neuregelungen gewährleistete konkret-qualitative Schutzniveaus herauszuarbeiten und zu beleuchten. Hierfür sind die einzelnen Schutzinstrumente Schritt für Schritt auf Änderungen „abzuklopfen“.
1. Schriftformgebot und Angabepflichten Zu untersuchen ist, ob und gegebenenfalls inwieweit das Schriftformgebot und die Angabenpflichten aus § 4 VerbrKrG, deren Nichtbeachtung die Rechtsfolgen des § 6 VerbrKrG auslöste, inhaltlich modifiziert wurden. Etwaige Änderungen sollen verbraucherschutzdogmatisch bewertet und neue Rechtsfragen einer praktikablen, systemkonformen Lösung zugeführt werden.
a) Einordnung in den Schutzkontext des Verbraucherdarlehensvertragsrechts Die vor und bei Vertragsschluss beachtlichen Form- und Angabepflichten aus § 492 BGB zielen, vereinfacht formuliert, darauf ab, den Verbraucher präventiv vor einer fehlerhaften, im Sinne einer nicht auf rationaler Grundlage getroffenen, Beurteilung der auf ihn zukommenden finanziellen Belastungen zu schützen. Die Gefahr einer fehlerhaften Einschätzung der zu erwartenden finanziellen Belastungen ist beim Verbraucherdarlehensvertrag situativ-vertragsgegenständlich bedingt; die besondere Komplexität der Vertragsmaterie begründet im Zusammenwirken mit der Verbrauchervertragssituation, mithin dem Zusammentreffen eines typischerweise mit der Vertragsmaterie nicht vertrauten, geschäftsungewandten Verbrauchers mit einem über spezifische Sachkenntnisse verfügenden, geschäftsgewandten, häufig „verkaufstaktisch“ geschulten Unternehmer, die situativ-vertragsgegenständliche Gefahrenlage, aufgrund derer die tatsächliche Entscheidungs-
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
freiheit des Verbrauchers in ausgleichbedürftigem Maße eingeschränkt ist.241 Dem in einer solchen Gefahrenlage drohenden Versagen des Vertragsmechanismus als Instrument des Interessenausgleichs sucht das Gesetz durch die Einschränkung der Vertragsfreiheit des Darlehensgebers in Form eines strengen Schriftformgebots und detaillierter Angabe-, resp. Informationspflichten (§ 492 BGB) zu begegnen, deren Verletzung scharf sanktioniert wird, § 494 BGB. Dem Darlehensgeber wird hierdurch die einen Leistungsvergleich verhindernde Verschleierung seiner Preise und Konditionen erschwert und dem Verbraucher wird auf der Basis dieses informationspolitisch angelegten Schutzinstruments242 eine fundierte Entscheidungsgrundlage zur Beurteilung der Vor- und Nachteile des Darlehensvertrages vermittelt. Ergänzt wird dieser auf Transparenz und Information zielende, „prozedural“ wirkende Regelungsmechanismus durch die Einräumung eines grundsätzlich befristeten Widerrufsrechts, mit dessen Hilfe dem Verbraucher nach Vertragsschluss eine Überlegungsfrist verschafft wird.243 Die Bedeutung des Schriftformgebots und der Informationspflichten besteht insoweit in zweifacher Hinsicht: Die schriftliche Fixierung und das Erfordernis der Pflichtangaben macht Preise und Konditionen transparent244 und soll dem Darlehensnehmer somit schon bei Vertragsschluss ermöglichen, eine im Hinblick auf die Zweck–Mittel–Relation des Abschlusses informierte und möglichst wohlüberlegte Entscheidung zu treffen; dabei wird jedenfalls dem Schriftformerfordernis zusätzlich noch eine Warnfunktion245 beigemessen. Nach Vertragsschluss bildet die Form- und Angabepflicht dann die notwendige Grundlage einer rationalen Entscheidungsfindung über die Ausübung des Widerrufsrechts, indem sie dem Verbraucher innerhalb der Widerrufsfrist des §§ 495 i.V.m. 355 Abs. 2 S. 1 BGB, d. h. ohne den Druck der konkreten Abschlusssituation ermöglicht, den konkreten Vertragsinhalt noch einmal zu überdenken und einen Leistungsvergleich mit anderen Anbietern vornehmen zu können. Durch das SMG wurden das Schriftformgebot und die Informationspflichten aus § 4 VerbrKrG in § 492 BGB überführt. Die Sanktionsmechanismen bei Verstößen, 241 Zur Rechtfertigung der Privilegierung des Verbrauchers gegenüber dem zu professionellen Zwecken handelnden Darlehensnehmer, sowie zur Nichtgeltung der Schutzbestimmungen, wenn ein Vertragsschluss zwischen zwei Verbrauchern oder zwei Unternehmern vorliegt, vgl. ausführlich unter B. III. 242 Vgl. Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 324; KessalWulf in: Staudinger, § 4 VerbrKrG Rdn 6 sieht § 4 VerbrKrG als Paradebeispiel für eine dem Informationsmodell verpflichtete Schutzkonzeption an. 243 Die durch das Widerrufsrecht bedingte Abweichung vom allgemeinen Grundsatz der Vertragstreue ist dadurch gerechtfertigt, dass die ad-hoc Auswertung der vertragsrelevanten Daten auch einen grundsätzlich aufmerksamen und verständigen Verbraucher, der im Gegensatz zu seinem Vertragspartner in der komplexen Vertragsmaterie nicht „zu Hause“ ist, überfordern kann, vgl. hierzu bereits B. III. 2. b). 244 Zu diesem Regelungsziel vgl. Ulmer, in: Ulmer / Habersack, § 4 VerbrKrG, Rdn 1; Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 4 VerbrKrG, Rdn 1, 5 f. 245 Hierzu sowie zur strittigen Frage, ob auch den Angabepflichten eine Warnfunktion beigemessen werden kann, näher im Folgenden, insbesondere unter C. V. 1. c) cc).
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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die vormals in § 6 VerbrKrG niedergelegt waren, finden sich nun in § 494 BGB. Dabei wurden die kreditrechtlichen Bestimmungen terminologisch auf den Verbraucherdarlehensvertrag zugeschnitten. Inhaltlich entsprechen die Neuregelungen weitestgehend den Vorgängerregelungen. Eine bedeutende Neuerung stellt allerdings die explizite Erstreckung der Form- und Angabepflichten auf die Vollmachtserteilung in § 492 Abs. 4 BGB dar, wovon nach Satz 2 allerdings notariell beurkundete Vollmachten sowie Prozessvollmachten ausgenommen sind. Diese Neuregelung wird v.a. im Hinblick auf die Reichweite ihres Geltungsbereichs zu untersuchen sein. Zuvor soll jedoch ein Blick auf das Regelungssystem der §§ 492, 494 BGB geworfen werden, zumal dieses den rechtlichen Hintergrund für die Analyse der vorbezeichneten Neuregelung bildet.
b) Überblick: Form- und Angabepflichten und die Folgen von Rechtsverstößen aa) Schriftformgebot Wie bisher nach § 4 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG ist ein Verbraucherdarlehensvertrag nach § 492 Abs. 1 S. 1 BGB schriftlich i. S. d. § 126 BGB abzuschließen. Dieses Schriftformgebot ist streng. Die Möglichkeit nach §§ 126 Abs. 3, 126 a BGB den Abschluss in elektronischer Form vorzusehen246, ist den Parteien nach § 492 Abs. 1 S. 2 BGB untersagt. Bereits der durch das FormVAnpG247 eingefügte § 4 Abs. 1 S. 3 VerbrKrG schloss den Abschluss in elektronischer Form (§ 126 a BGB) aus, weil der Gesetzgeber den der kreditrechtlichen Schriftform neben der Informationsfunktion beigemessenen Übereilungsschutz (Warnfunktion) durch die elektronische Form nicht in hinreichendem Maße als gewährleistet sah.248 Dass dem kreditrechtlichen Schriftformgebot eine solche Warnfunktion beizumessen war und auch immer noch beizumessen ist, ist in Literatur und Rechtsprechung allgemein anerkannt.249 Durch die Einführung des Formerfordernisses für die Vollmachts246 Maßgeblich für die Möglichkeit, die Form des § 126 a BGB zur Anwendung zu bringen ist der Wille der Parteien; die Schriftform kann dann ersetzt werden, wenn der Erklärungsempfänger, resp. der Vertragspartner damit einverstanden ist, wobei das Einverständnis mit der elektronischen Form nicht notwendigerweise ausdrücklich erfolgen muss, sondern auch schlüssig erklärt werden kann, vgl. ausführlich Noack, in: AnwKom, § 126 BGB Rdn 14 ff. 247 Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Geschäftsverkehr (FormVAnpG) vom 13. 7. 2001, BGBl. I S. 1542. 248 Die traditionelle Schriftform biete, wie es in den Materialien zum FormVAnpG, namentlich in BT-Drucks. 14 / 4987, S. 17 heißt, wegen ihrer langen Tradition und ihrer Verankerung im Bewusstsein der Menschen derzeit noch einen besseren Schutz vor Übereilung; im Übrigen sah sich der Gesetzgeber wegen des Schriftlichkeitserfordernisses aus Art. 4 Abs. 1 VerbrKrRL veranlasst, die elektronische Form auszuschließen, vgl. BT-Drucks. 14 / 4987, S. 27. 249 Aus der Rechtsprechung vgl. schon zu § 1 a AbzG BGHZ 62, 42 (46 f.); aus der Literatur statt vieler Bülow, VerbrKrG, § 4 VerbrKrG Rdn 32; Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 4 VerbrKrG Rdn 5.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
erteilung wurde die Warnfunktion des Schriftformgebots als ratio legis abermals bestätigt, denn der Schutz des Verbrauchers vor einer übereilten Bindung war für den Gesetzgeber der maßgebliche Gesichtpunkt bei der Einführung des § 492 Abs. 4 BGB.250 Ist die Anwendung der §§ 126 Abs. 3, 126 a BGB ausgeschlossen und das Schriftformgebot insoweit besonders streng, so ist es doch wie bisher aus Praktikabilitätsgründen in zweierlei Hinsicht gegenüber § 126 Abs. 1, 2 BGB gelockert. Nach § 492 Abs. 1 S. 3 BGB (vormals: § 4 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG) genügt es entgegen § 126 Abs. 2 BGB, wenn Antrag und Annahme in getrennten Urkunden erfolgen. Ferner muss der Darlehensgeber seine Erklärung abweichend von § 126 Abs. 1 BGB nicht eigenhändig unterzeichnen, wenn er sie mit Hilfe automatischer Einrichtungen erstellt hat, § 492 Abs. 1 S. 4 BGB (§ 4 Abs. 1 S. 4 VerbrKrG). Im Zusammenhang mit dem Schriftformerfordernis ist auch die in § 492 Abs. 3 BGB niedergelegte Pflicht des Darlehensgebers zu nennen, dem Verbraucher eine Abschrift der Vertragsurkunde zur Verfügung zu stellen; hierdurch soll dem Darlehensnehmer ermöglicht werden, innerhalb der Widerrufsfrist die eingegangene Verpflichtung noch einmal auf hinreichend informierter Grundlage zu überdenken. Wenn der Normtext nunmehr statt von „aushändigen“ (§ 4 Abs. 3 VerbrKrG) von „zur Verfügung [ . . . ] stellen“ spricht, so wird hierdurch klargestellt, dass der Darlehensgeber seiner Pflicht nicht allein durch persönliche Aushändigung, sondern auch durch Übersendung per Post nachkommen kann. Eine inhaltliche Änderung ist damit nicht verbunden, weil man die postale Übersendung auch bisher für möglich halten musste251, so dass die Neureglung allein klarstellend wirkt.
bb) Informationspflichten des Darlehensgebers In beinahe wörtlicher Übereinstimmung mit § 4 Abs. 1 S. 5 Nr. 1 lit. a bis g VerbrKrG bezeichnet § 492 Abs. 1 S. 5 BGB in den Nr. 1 bis 7 die Angaben, die die vom Verbraucher zu unterzeichnende Vertragserklärung mindestens enthalten muss.252 In § 502 BGB ausgegliedert wurden die sich auf Teilzahlungsgeschäfte beziehenden Pflichtangaben nach § 4 Abs. 1 S. 5 Nr. 2 VerbrKrG, weil die Neustrukturierung des Verbraucherkreditrechts eine zentrale Vorschrift nicht länger zuließ. Im Übrigen erfolgte bezüglich § 492 Abs. 1 S. 5 BGB die terminologische Ausrichtung am Verbraucherdarlehensvertragsrecht.
Vgl. BT-Drucks. 14 / 7052, S. 201. Ebenso Schäfer, in: Haas / Medicus / Rolland / Schäfer / Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 7 Rdn 31. Dafür, dass die postale Übersendung schon bisher ausreichen musste, sprechen Praktikabilitätserwägungen, sowie der Umstand, dass der Verbraucher kein schützenswertes Interesse an einer persönlichen Übermittlung haben konnte. 252 § 492 Abs. 1 S. 5 BGB normiert, ebenso wie die Vorgängerregelung des § 4 Abs. 1 S. 5 VerbrKrG, allein Mindestangaben, über die die Parteien hinausgehen können, vgl. statt vieler Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 4 VerbrKrG Rdn 26. 250 251
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Wie bisher müssen Verbraucherdarlehensverträge damit folgende Mindestangaben enthalten: Anzugeben ist nach § 492 Abs. 1 S. 5 Nr. 1 BGB der Nettodarlehensbetrag, nach der Legaldefinition in § 491 Abs. 2 Nr. 1 BGB also der auszuzahlende Darlehensbetrag; ausnahmsweise ist der Höchstbetrag zu benennen, wenn es dem Verbraucher freisteht, das Darlehens bis zu einem bestimmten Höchstbetrag in Anspruch zu nehmen, also ein Kreditrahmen vereinbart wurde. Nach § 492 Abs. 1 S. 5 Nr. 2 BGB ist der Gesamtbetrag der Teilzahlungen anzuzeigen, bei Ratendarlehen mit veränderlichen Bedingungen zumindest ein fiktiver Gesamtbetrag; das gilt jeweils vorbehaltlich einer Kreditrahmenvereinbarung oder eines Immobiliardarlehensvertrags (§ 492 Abs. 1a S. 1 BGB). Ferner verlangt Nr. 3, dass Vereinbarungen über die Art und Weise der Darlehensrückzahlung angegeben werden, also Betrag, Anzahl und Fälligkeit der Tilgungsraten253; fehlt eine solche Vereinbarung, z. B. bei einem Kontokorrentdarlehen, ist die Regelung der Vertragsbeendigung anzugeben. Nr. 4 erfordert die Angabe des vereinbarten Zinssatzes und der sonstigen Darlehenskosten, etwa Gebühren oder Vermittlungskosten; ist deren Höhe bei Vertragsschluss noch nicht bestimmt, so genügt die Angabe dem Grunde nach. Anzugeben sind ferner nach Nr. 6 die Kosten einer Restschuldversicherung und nach Nr. 7 die vom Verbraucher zu bestellenden Sicherheiten. Von besonderer Bedeutung ist schließlich die aus Nr. 5 folgende Pflicht zur Angabe des effektiven Jahreszinses. Nach der Legaldefinition in § 492 Abs. 2 BGB bezeichnet der effektive Jahreszins die in einem Prozentsatz des Darlehensbetrags anzugebende Gesamtbelastung pro Jahr. Die Pflicht zur Angabe des effektiven Jahreszinses ermöglicht dem Verbraucher einen Preisvergleich mit Wettbewerbern des Darlehensgebers. Indem das Gesetz dem Darlehensgeber vorbezeichnete Angabepflichten auferlegt, und zwar in standardisierter Form, macht es die Vertragsdaten des konkret in Aussicht genommenen Geschäfts für den Verbraucher deutlich wahrnehmbar und vergleichbar. Damit schafft das Gesetz einen Zuwachs an Markttransparenz und vermittelt dem Verbraucher die Informationen, die für eine rationale Entscheidungsfindung erforderlich sind.
cc) Folgen von Verstößen gegen das Form- und Angabengebot Wird das Schriftformgebot nicht beachtet oder fehlt eine Pflichtangabe nach § 492 Abs. 1 S. 5 Nr. 1 bis 6 BGB, so richten sich die Rechtsfolgen nach § 494 BGB. (1) Nichtigkeit, Heilung und Vertragsinhaltsmodifikation Regelrechtsfolge ist die Nichtigkeit des Verbraucherdarlehensvertrags. Allerdings wird der nach § 494 Abs. 1 BGB nichtige Verbraucherdarlehensvertrag nach 253 Ebenso OLG Karlsruhe, WM 1999, 222 f.; Ulmer, in: MüKo, § 4 VerbrKrG Rdn 37; Reiff, in: AnwKom, § 492 BGB Rdn 6.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
§ 494 Abs. 2 S. 1 BGB gültig, wenn und soweit der Darlehensnehmer das Darlehen empfängt oder in Anspruch nimmt254; der zunächst nichtige Vertrag ist dann geheilt. Verstöße gegen die Informationspflichten aus § 492 Abs. 1 S. 5 BGB bleiben aber selbst im Fall der Heilung nicht unbeachtlich. Als Sanktion sieht das Gesetz die inhaltliche Modifikation des Vertragsinhalts vor.255 So führt eine fehlende Angabe über den vertraglichen (Nominal-)Zins, den (anfänglichen) effektiven Jahreszins und den Gesamtbetrag gem. § 492 Abs. 2 S. 2 BGB zu einer Ermäßigung des vertraglichen Zinssatzes auf den gesetzlichen Zinssatz, nicht angegebene Kosten können vom Darlehensgeber nicht verlangt werden (§ 492 Abs. 2 S. 3 BGB) und die fehlende Angabe der Voraussetzungen zur Änderung preisbestimmender Faktoren, führt nach § 492 Abs. 2 S. 5 BGB zu einem Wegfall des Rechts zur Konditionenanpassung. Ist der Zinssatz nach S. 2 ermäßigt oder werden Kosten nach S. 3 nicht geschuldet, muss der Darlehensgeber nach § 494 Abs. 2 S. 4 BGB die vom Verbraucher geschuldeten Teilzahlungen neu berechnen, falls Teilzahlungen vereinbart sind. Schließlich können nicht angegebene Sicherheiten nicht gefordert werden, sofern der Nettodarlehensbetrag die Grenze von 50.000 A nicht übersteigt. Damit löst ebenso wie bisher allein das Fehlen, nicht aber die Unrichtigkeit der Pflichtangeben die Rechtsfolge der Nichtigkeit bzw. die der Heilung mit Vertragsinhaltsmodifikation aus. Eine Ausnahme besteht allein bei der unrichtigen Angabe des (anfänglichen) effektiven Jahreszinses. Nach § 492 Abs. 3 BGB hat eine zu niedrige Angabe des (anfänglichen) effektiven Jahreszinses die Verminderung des Nominalzinssatzes um die entsprechende absolute Zahl von Prozentpunkten zur Folge. Damit entspricht der Sanktionsmechanismus inhaltlich der Vorgängerregelung des § 6 VerbrKrG. Allein die Regelungen betreffend Teilzahlungsgeschäfte, die vormals v.a. in § 6 Abs. 3 VerbrKrG enthalten waren, wurden in § 502 BGB überführt und die Regelungen des § 494 BGB wurden systematisch und terminologisch am Verbraucherdarlehen ausgerichtet.
(2) Neuer gesetzlicher Zinssatz bei Existenzgründerdarlehen Eine versteckte inhaltliche Änderung könnte sich bei Existenzgründerdarlehen aber dann ergeben, wenn in der vom Existenzgründer zu unterzeichnenden Vertragserklärung die Angabe über den vertraglichen (Nominal-)Zins, den (anfänglichen) 254 Ausweislich des Gesetzeswortlauts („soweit“) kommt auch eine teilweise Heilung in Betracht. Zahlt der Darlehensgeber beispielsweise 50% des Darlehens an den Verbraucher aus, tritt Heilung nur in diesem Umfang ein. Zur dogmatischen Einordnung der Heilung vgl. Ulmer, in: MüKo, § 6 VerbrKrG Rdn 15 m. w. N. 255 Bei diesen vertragsinhaltbezogenen Sanktionen handelt es sich nicht um „eigenartige Rechtsfolgen“, wie Medicus, Schuldrecht II, § 94 Rdn 303 meint, sondern um sachgerechte Eingriffe in die Vertragsgestaltungsfreiheit des Unternehmers. Denn dieser hat die ihm eröffnete Möglichkeit nicht genutzt, das bestehende Informationsdefizit auf Verbraucherseite auszugleichen und damit einen vertragsinhaltsbezogenen Eingriff in seine Vertragsfreiheit zu verhindern.
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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effektiven Jahreszins oder den Gesamtbetrag gem. § 492 Abs. 2 S. 2 BGB fehlt und ein beiderseitiges Handelsgeschäft vorliegt. Rechtsfolge eines solchen Versäumnisses ist nach § 492 Abs. 2 S. 2 BGB – der über § 507 BGB auf Existenzgründer anwendbar ist – die Ermäßigung des vertraglichen Zinssatzes „auf den gesetzlichen Zinssatz“. Dieser beträgt nach § 246 BGB grundsätzlich 4 Prozent pro Jahr. Bei beiderseitigen Handelsgeschäften ist nach § 352 Abs. 1 HGB indes ein gesetzlicher Zinssatz von 5 Prozent pro Jahr vorgesehen. Das Eingreifen dieses erhöhten Zinssatzes für vorbezeichnete Fallkonstellation wurde nach alter Rechtslage, namentlich nach § 6 Abs. 2 S. 2 VerbrKrG, soweit ersichtlich, einhellig angenommen.256 Die Überzeugungskraft dieser, den Existenzgründer gegenüber dem Verbraucher diskriminierenden, Gesetzesauslegung konnte allerdings schon bisher aus teleologischer Sicht bezweifelt werden. Denn die Erstreckung der verbraucherschützenden Regeln auf den Existenzgründer, die Gleichstellung von Existenzgründern und Verbrauchern in § 1 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG, widerspiegelte die gesetzliche Wertung, dass Verbraucher und Existenzgründer vom Gesetzgeber für gleichermaßen schutzbedürftig gehalten wurden. Diese wertungsmäßige Gleichstellung erschien und erscheint dabei hinsichtlich der beim Existenzgründer wie beim Verbraucher typischerweise fehlenden bereichsspezifischen Geschäftskompetenz in kreditrechtlichen Fragen durchaus überzeugend.257 Sie ist im Zuge des SMG im Hinblick auf eine Gleichbehandlung bei der Beweislastregelung bezüglich der Verbraucher- und Existenzgründereigenschaft untermauert worden.258 Konsequenterweise sollte daher auch bei der Anwendung der jeweiligen Schutzmechanismen keine unterschiedliche Auslegung vorgenommen werden und die Ausnahmeregelung des § 352 Abs. 1 HGB sollte dementsprechend auf den diskutierten Fall keine Anwendung finden. Diese Sicht wird für die nunmehr geltende Rechtslage auch dadurch bestätigt, dass der fehlende Verweis auf § 246 BGB in § 494 Abs. 2 S. 2 BGB nach neuer Rechtslage als Redaktionsversehen beurteilt werden muss.259 Der Gesetzgeber wollte nämlich, auf Anregung des Bundesrates hin, in allen Vorschriften des 3. Titels, namentlich in den §§ 488 bis 507 BGB, in denen auf den gesetzlichen Zinssatz verwiesen wird, zur „Vereinheitlichung“ den Klammerzusatz „(§ 246)“ hinzufügen.260 Die Angleichung unterblieb allein in § 502 Abs. 3 S. 3 BGB und § 492 Abs. 2 S. 2 BGB. Sachgründe hierfür nannte der Gesetzgeber nicht und es sind auch keine ersichtlich. Daher ist von einem Redaktionsversehen auszugehen. Künftig ist demnach auch bei einem Existenzgründungsdarlehen, das als beiderseitiges Handelsgeschäft qualifiziert werden kann, in den Fällen des § 494 Abs. 2 S. 2 BGB der gesetzliche Zinssatz derjenige des § 246 BGB. Verbraucher und Existenzgründer werden damit gleichbehandelt. 256 257 258 259 260
Statt vieler Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 6 VerbrKrG Rdn 32. Vgl. B. III.1. Vgl. C. IV. 3. Ebenso Reiff, in: AnwKom, § 494 BGB Rdn 9. Vgl. BT-Drucks. 14 / 6857, S. 34.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
c) Einführung der Form- und Angabepflichten für die Vollmachtserteilung aa) Überblick über die Neuregelungen und neue Problemfelder Eine vollkommen neue Regelung betreffend die Form- und Angabepflichten findet sich in § 492 Abs. 4 BGB. Die Bestimmung hat in § 4 VerbrKrG keine Entsprechung, war im Regierungsentwurf noch nicht enthalten und wurde erst auf Empfehlung des Rechtsausschusses261 eingefügt. § 492 Abs. 4 S. 1 BGB bestimmt, dass die Absätze 1 und 2, also das Schriftformgebot, die Pflichtangaben und die Berechnung des effektiven Jahreszinses auch für eine Vollmacht gelten, die der Verbraucher zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags erteilt. Damit soll ausweislich der Gesetzesmaterialien verhindert werden, dass der durch die Absätze 1 und 2 intendierte Verbraucherschutz in Vertretungsfällen unterlaufen werden kann.262 Ausgenommen vom neuen Schriftform- und Angabenerfordernis sind nach § 492 Abs. 4 S. 2 BGB allein Prozessvollmachten und notariell beurkundete Vollmachten. Soweit indes das Formgebot reicht, werden Verstöße gegen die gesetzlichen Vorgaben nach § 494 Abs. 1 BGB geahndet. Der in § 494 BGB aufgegangene Regelungsgehalt des § 6 VerbrKrG, der Formverstöße beim Vertragsschluss betraf, nicht aber solche einer Vollmachtserteilung, wurde hierfür ergänzt. Die Nichtigkeitsfolge in § 494 Abs. 1 BGB (vormals: § 6 Abs. 1 VerbrKrG) wurde auf die Vollmachtserteilung erstreckt. Wird die Vollmacht also unter Missachtung der Schriftform erteilt oder fehlen erforderliche Pflichtangaben aus § 492 Abs. 1 S. 5 Nr. 1 bis 6, Abs. 2 BGB, so ist die Vollmachterteilung nach § 494 Abs. 1 BGB nichtig. Der Vertreter handelt als falsus procurator mit den Folgen der §§ 177 ff. BGB. Bei den vorbezeichneten Bestimmungen handelt es sich um bedeutsame Neuerungen. Mit der Einführung des § 492 Abs. 4 BGB entschied der Gesetzgeber nämlich die bislang umstrittene Frage, ob und gegebenenfalls inwieweit sich die Beachtung der verbraucherschützenden Form- und Angabepflichten analog § 4 Abs. 1 VerbrKrG als notwendige Voraussetzungen für eine wirksame Vollmachtserteilung darstellt. Insoweit bringt die Neuregelung Rechtsklarheit. Dennoch bleiben Fragen offen. Im Anschluss an die Einordnung der Neuregelung in ihren historischen Kontext, sollen insoweit zwei praktisch besonders bedeutsame Probleme untersucht werden. Zum einen wird zu klären sein, ob die praxisrelevanten Fälle notariell beurkundeter Vollmachten, in denen die Frage der Geltung des § 4 VerbrKrG bis dahin besonders virulent wurde, vom Form- und Angabengebot wegen § 492 Abs. 4 S. 2 BGB uneingeschränkt ausgenommen sind oder ob hier aufgrund des vom Gesetzgeber mit § 492 Abs. 4 S. 1 BGB verfolgten Verbraucherschutzziels Einschränkungen zu machen sind. Ferner soll der Frage Vgl. BT-Drucks. 14 / 7052, S. 201 f. Vgl. BT-Drucks. 14 / 7052, S. 201. Näher zum verbraucherschützenden telos der Neureglung vgl. die Ausführungen im Folgenden. 261 262
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nachgegangen werden, ob sich der Heilungstatbestand des § 492 Abs. 2 S. 1 BGB auch auf eine (form-)nichtige Vollmacht erstreckt oder ob eine Heilung ausgeschlossen ist. Inzident wird die Neuregelung schutzdogmatisch bewertet.
bb) Regelungshintergrund Wie bereits angedeutet, war bis zur Einführung des § 492 Abs. 4 BGB umstritten, ob und gegebenenfalls inwieweit die verbraucherschützenden Form- und Angabepflichten aus § 4 VerbrKrG nicht allein beim Vertragsschluss, sondern auch schon bei einer auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Vollmachtserteilung beachtlich sein sollten.
(1) Problemaufriss: „Vertretungsrecht und Verbraucherschutz“ Im Zentrum der bisherigen Diskussion stand dabei die Frage, ob der in § 167 Abs. 2 BGB niedergelegte Grundsatz der Formfreiheit der Vollmacht, der Ausdruck der Trennung von Vollmachtserteilung und Vertretergeschäft ist und das vertretungsrechtliche Repräsentationsprinzip widerspiegelt, ausnahmsweise einzuschränken war, um dem Schutzzweck des Schriftformgebots aus § 4 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG zu genügen. Eng damit verbunden, aber dennoch von diesem Spannungsfeld zu unterscheiden, war die Frage, ob nicht nur die Schriftform, sondern auch die Angabepflichten bei der Vollmachtserteilung zu beachten waren, ob also die gesetzlichen Informationspflichten nicht alleine dem Vertreter, sondern auch dem Vertretenen gegenüber erfüllt werden mussten; es ging insoweit darum, ob das Repräsentationsprinzip, wie es in den §§ 164, 166 Abs. 1 BGB und in § 167 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommt und nach dem für kenntnis– und willensrelevante Umstände grundsätzlich auf den Vertreter, nicht aber auf den Vertretenen abzustellen ist, im Anwendungsbereich des § 4 VerbrKrG einzuschränken war.
(2) Immobilientreuhandmodelle als rechtstatsächlicher Hintergrund Nahrung fand die Diskussion durch die sog. Immobilientreuhandmodelle, die häufig, wie im Fall „Heininger“ im Wege des „Strukturvertriebs“ vermittelt wurden, und zu einer regelrechten Klagewelle führten.263 Zumeist schlossen durchschnittlich verdienende, zur privaten Vermögensbildung handelnde Anleger auf Veranlassung „verkaufstaktisch“ geschulter Kreditvermittler umfassende, notariell 263 Zur nachfolgend beschriebenen Sachverhaltskonstellation, vgl. etwa BGH NJW 2001, 1931; BGH NJW 2001, 2963; zum „Strukturvertrieb“ vgl. schon unter C. IV. 1. b) cc) (1) im Kontext mit der Rechtssache „Heininger“.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
beurkundete Geschäftsbesorgungsverträge ab. Zugleich erteilten sie dem Treuhänder die notariell beurkundete Vollmacht, in ihrem Namen eine Immobilie zu erwerben, diese evtl. zu vermieten, zur Finanzierung einen Kredit aufzunehmen und Sicherheiten an der Immobilie zu bestellen. Die versprochenen Vermögensvorteile blieben häufig aus, sei es weil die Mieteinnahmen ausblieben oder die Immobilie wegen Insolvenz des Bauträgers nicht fertiggestellt wurde. Daher begehrten die Anleger die Rückabwicklung der in ihrem Namen geschlossenen Verträge. Sofern diese nicht in Betracht kam264, wurde zumindest eine Reduktion der Zinsbelastung nach § 6 Abs. 2 S. 2 VerbrKrG auf den gesetzlichen Zinssatz begehrt. Da die vom Treuhänder im Namen der Verbraucher abgeschlossenen Verkraucherkreditverträge den Form- und Angabepflichten aus § 4 Abs. 1 VerbrKrG genügten, kam eine Anwendung des § 6 VerbrKrG und eine Zinsreduktion nach § 6 Abs. 2 S. 2 VerbrKrG nur dann in Betracht, wenn auch die Vollmachtserteilung der Schriftform, resp. der Angabenpflicht unterfiel.
(3) Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung In „Wechselwirkung“ mit einer uneinheitlichen instanzgerichtlichen Rechtsprechung hatte sich unter Geltung des VerbrKrG in der Literatur ein breites Meinungsspektrum zur abgeleiteten Formbedürftigkeit der zum Abschluss eines Verbraucherkreditvertrags erteilten Vollmacht entwickelt. Nach einer nur vereinzelt vertretenen Ansicht bedurfte die Vollmacht überhaupt nicht der Form des § 4 Abs. 1 VerbrKrG, da der Verbraucher als Vollmachtgeber bereits durch das Widerrufsrecht aus § 7 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG i.V.m. § 361 a Abs. 1 BGB hinreichend geschützt sei.265 Eine diametral entgegengesetzte Ansicht vertrat die analoge Anwendung des § 4 Abs. 1 S. 1 und S. 5 VerbrKrG auf jede vom Verbraucher zum Abschluss eines Verbraucherkreditvertrages erteilte Vollmacht.266 Hiernach musste also jede vom Verbraucher erteilte Kreditvollmacht schriftlich i. S. d. § 4 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG erteilt werden und die Pflichtangaben nach § 4 Abs. 1 S. 5 VerbrKrG enthalten. Begründet wurde dies vornehmlich mit dem Schutz des Verbrauchers, der bereits vor Vertragsschluss die zukünftige Belastung absehen und die vertragsrelevanten Informationen abwägen können müsste. Teilweise wurde insofern aber eine rechtliche oder tatsächliche Bindung des Vollmachtgebers vorausgesetzt, was 264 Die Rechtsprechung schloss vor der „Heininger“-Entscheidung des EuGH bekanntlich eine Widerrufsmöglichkeit bei Immobiliardarlehen und eine entsprechende Vertragsrückabwicklung aus. Ein Anspruch auf Aufhebung des Darlehensvertrags aus cic (nun: §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 i.V.m. 249 S. 1 BGB) gegen die darlehengebende Bank wegen Verletzung von Aufklärungspflichten, scheiterte zumeist daran, dass eine Pflichtverletzung von den Verbrauchern nicht nachzuweisen war. 265 Löhnig, VuR 1999, 147 (148 f.). 266 Bülow, VerbrKrG, § 4 VerbrKrG Rdn 37; v. Rottenburg, in: v. Westphalen / Emmerich / v. Rottenburg, § 4 VerbrKrG Rdn 28; LG Frankfurt a.M., WM 2000, 301; grds. ebenso, aber mit geringfügigen Modifikationen Derleder, VuR 2000, 155 ff.
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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mit den allgemeinen Grundsätzen begründet wurde, die von der Rechtsprechung zur Einschränkung der in § 167 Abs. 2 BGB normierten Formfreiheit der Vollmacht v.a. bezogen auf das Formgebot des § 313 BGB a.F. (nunmehr: § 311 b Abs. 1 BGB) entwickelt worden waren.267 Eine vermittelnde Ansicht differenzierte schließlich zwischen dem Schriftformerfordernis und den Pflichtangaben in dem Sinne, dass alleine das Schriftformgebot des § 4 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG analog anzuwenden wäre, die in § 4 Abs. 1 S. 5 VerbrKrG enthaltenen Pflichtangaben hingegen nicht in der Vollmacht enthalten sein müssten; dabei setzte auch diese Auffassung zumeist eine rechtliche oder tatsächliche Bindung des Vollmachtgebers voraus.268 Der BGH hat, soweit ersichtlich, zu der Frage, ob die Schriftform des § 4 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG auf die Vollmacht zum Abschluss eines Verbraucherkreditvertrages Anwendung finden sollte, keine Stellung bezogen. Soweit die Frage der Formbedürftigkeit virulent wurde, hatte er sich wie in oben beschriebenen Fällen der Immobilientreuhandmodelle mit notariell beurkundeten Vollmachten auseinanderzusetzen, so dass er die Schriftform jedenfalls gem. § 126 Abs. 4 BGB als gewahrt ansah. Im Mittelpunkt der bisherigen Entscheidungen stand für ihn daher die Frage der Beachtlichkeit der Angaben aus § 4 Abs. 1 S. 5 VerbrKrG. Insoweit entschied der BGH, dass die vom Verbraucher zum Abschluss eines Verbraucherkreditvertrags erteilte Vollmacht „grundsätzlich“ nicht der Pflichtangaben aus § 4 Abs. 1 S. 5 VerbrKrG bedurfte.269 Argumentativ untermauert wurde diese Sicht schwerpunktmäßig mit dem vertretungsrechtlichen Repräsentationsprinzip. Der BGH verwies insoweit auf seine Rechtsprechung zum HausTWG, in der er ebenfalls die Repräsentantenstellung des Vertreters hervorhob. Ferner spräche gegen eine Anwendung des § 4 Abs. 1 S. 5 VerbrKrG auf die Vollmachtserteilung, dass dann eine Vertretung bei Verbraucherkreditverträgen faktisch ausgeschlossen wäre, weil die Aufnahme der Mindestangaben in die Vollmachtsurkunde dem Vollmachtsgeber fast nie möglich sein dürfte. In Abgrenzung zum Bürgschaftsrecht argumentierte der BGH dann, die Rechtsprechung zur Ausfüllungsermächtigung bei Blankobürgschaften sei nicht präjudizierend. Die dort befürwortete Anwendung der Form des § 766 S. 1 BGB auf die Ausfüllungsermächtigung sei gerechtfertigt, weil der Bürge ein fremdnütziges Risiko eingehe und daher im Gegensatz zum Verbraucher wesentlich schutzwürdiger sei. Schließlich gebiete auch die VerbrKrRL keine andere Auslegung.
267 OLG München, NJW 1999, 2196 (2197); Ulmer, in: MüKo, § 4 VerbrKrG Rdn 17 m. w. N. 268 OLG Köln, WM 2000, 127 (130); OLG Karlsruhe, WM 2001, 356 (359); OLG Stuttgart, WM 2000, 127 (130); Horn / Balzer, WM 2000, 333 (340 ff.); Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 4 VerbrKrG Rdn 16. 269 So BGH NJW 2001, 1931 und BGH NJW 2001, 2963 mit der nunmehr folgenden Argumentation.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
(4) Legislative Konsequenz im SMG: Einführung des § 492 Abs. 4 BGB In Reaktion auf die als „nicht befriedigend“270 erachtete Rechtslage, fügte der Gesetzgeber im Zuge der Schuldrechtsreform die Bestimmung des § 492 Abs. 4 BGB ein. Nach § 492 Abs. 4 S. 1 BGB gelten die Absätze 1 und 2 der Vorschrift auch für eine Vollmacht, die ein als Verbraucher handelnder Darlehensnehmer zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags erteilt. Eine solche Vollmacht ist also in Abweichung vom Grundsatz der Formfreiheit der Vollmacht (§ 167 Abs. 2 BGB) nach § 492 Abs. 1 S. 1 BGB schriftlich zu erteilen und muss die Mindestangaben aus § 492 Abs. 1 S. 5 BGB einschließlich der Berechnung des effektiven Jahreszinses (§ 492 Abs. 2 BGB) enthalten.271 Hierdurch soll ausweislich der Gesetzesmaterialien sichergestellt werden, dass nicht nur der Vertreter, sondern „der Verbraucher zum Zeitpunkt der Vollmachtserteilung auch selbst über die in Absatz 1 bezeichneten Angaben verfügt und hierdurch von einer „übereilten“ Erteilung der Vollmacht, die letztlich auch zu einem ihn verpflichtenden übereilten Vertragsschluss führen kann und oft genug auch geführt hat, abgehalten wird“.272 Der Gesetzgeber hat damit eine klare Wertentscheidung getroffen: Mit der Vorverlagerung der Form- und Angabepflichten auf den Zeitpunkt der Vollmachtserteilung räumt er dem Schutz des Verbrauchers den Vorrang vor dem vertretungsrechtlichen Repräsentationsprinzip ein. Nach § 492 Abs. 4 S. 2 BGB gilt das aber nicht für Prozessvollmachten und notariell beurkundete Vollmachten. Die Ausnahme soll verhindern, dass durch eine „uneingeschränkte Ausdehnung“ des Satzes 1, die in Satz 2 bezeichneten, für den Rechtsverkehr unentbehrlichen Vollmachten, entwertet würden.273 cc) Regelungszweck und Regelungsreichweite Zu klären ist, wie diese Neuregelungen aus Verbraucherschutzsicht zu bewerten sind. Bedenkt man den rechtstatsächlichen Hintergrund der Neuregelung, so erscheint die nun getroffene Regelung sehr verwunderlich und es drängt sich v.a. die Frage auf, welche Reichweite der Gesetzgeber dem Ausschlusstatbestand des § 492 Abs. 4 S. 2 BGB zumessen wollte. Die praxisrelevanten Fälle, in denen sich die Rechtsprechung mit der Frage der abgeleiteten Formbedürftigkeit und dem Erfordernis der Mindestangaben unter Geltung des § 4 VerbrKrG zu befassen hatte, betrafen nämlich typischerweise notariell beurkundete Vollmachten (Immobilientreuhandmodelle), und es waren gerade diese Fälle, wo der durch § 4 Abs. 1, 2 VerbrKrG intendierte Verbraucherschutz wegen mangelnder Kenntnis der zu erBT-Drucks. 14 / 7052, S. 201. Da die Vollmachtserteilung eine einseitige Willenserklärung darstellt, sind die vertragsbezogenen Sonderregeln aus § 492 Abs. 1 S. 3 und 4 BGB freilich für die Vollmachtserteilung bedeutungslos; die Verweisung in Absatz 4 S. 1 ist insofern zu weit geraten. 272 BT-Drucks. 14 / 7052, S. 201. Kursive Hervorhebung vom Verfasser. 273 BT-Drucks. 14 / 7052, S. 201. 270 271
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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wartenden finanziellen Belastungen faktisch leerzulaufen drohte und wo die Folgen wirtschaftlicher Fehlentscheidungen für die betroffenen Verbraucher besonders schwer wogen. Unter Bezugnahme auf diese Fälle wird dementsprechend auch in den Materialien die Einführung der Form- und Angabenpflicht für die Vollmachtserteilung in § 492 Abs. 4 S. 1 BGB begründet.274 Deswegen erscheint es naheliegend, anzuzweifeln, dass der vom Gesetzeswortlaut des § 492 Abs. 4 S. 2 BGB angeordnete Ausschluss der Form- und Angabepflichten bei notariell beurkundeten Vollmachten umfänglich und ausnahmslos gelten soll.275 Die bisher geführte Diskussion über die abgeleitete Formbedürftigkeit der Vollmacht ist insoweit nicht obsolet. Sie hat weiterhin praktische Bedeutung. Allerdings stellt sie sich nunmehr unter verändertem Vorzeichen. Während zuvor die Formfreiheit der Vollmachtserteilung wegen § 167 Abs. 2 BGB den Ausgangspunkt der Betrachtung bildete und die Annahme der Formbedürftigkeit einer zum Abschluss eines Verbraucherkreditvertrags erteilten Vollmacht die zu rechtfertigende Ausnahme war, stellt nun die Formbedürftigkeit nach § 492 Abs. 4 S. 1 BGB den gesetzlichen Regelfall dar und Abweichungen hiervon sind begründungsbedürftig. Das heißt freilich nicht, dass der verbraucherschützende Regelfall der Form- und Angabepflichten aus § 492 Abs. 4 S. 1 BGB nunmehr unkritisch zum Maßstab der Gesetzesauslegung erhoben werden soll. § 492 Abs. 4 S. 1 BGB stellt eine Ausnahme vom allgemeinen Zivilrecht dar und löst daher selbst Rechtfertigungsbedarf aus. Das vom Gesetzgeber vorgesehene Regel-AusnahmeVerhältnis beinhaltet aber eine Wertentscheidung des Gesetzgebers, der in Zweifelsfragen der Gesetzesauslegung besonderes Gewicht zukommt.276
(1) § 167 Abs. 2 BGB und seine formzweckbezogene Einschränkung Zu untersuchen ist das Zusammenspiel von § 492 Abs. 4 S. 1 und 2 BGB sowie § 167 Abs. 2 BGB. Nach § 167 Abs. 2 BGB kann eine Vollmacht auch dann formlos erteilt werden, wenn das in Aussicht genommene Rechtsgeschäft formbedürftig ist. Die Regelung 274 BT-Drucks. 14 / 7052, S. 201 verweist ausdrücklich auf BGH NJW 2001, 1931, wo eine notariell beurkundete Vollmacht im Rahmen eines Immobilientreuhandmodells vorlag, die allerdings nicht die Mindestangaben enthielt. 275 Die Herausnahme der notariell beurkundeten Vollmachten vom Anwendungsbereich des § 492 Abs. 4 S. 1 BGB stieß in der bisher erschienenen Literatur, wegen des rechtstatsächlichen Hintergrundes, der zur Einführung der Form- und Angabenpflicht führte, weithin auf Unverständnis, vgl. Möller, ZIP 2000, 333 (340); Schäfer, in: Haas / Medicus / Rolland / Schäfer / Wendtland, Das neue Schuldrecht, Kap. 7 Rdn 34 und die kritische Betrachtung bei Herresthal, JuS 2002, 844. 276 Insoweit besteht eine Art „Wechselwirkung“ zwischen den allgemeinen vertretungsrechtlichen Grundsätzen, dem verbraucherschützenden Regelfall des § 492 Abs. 4 S. 1 BGB und der Sonderregelung in Satz 2, die die allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätze zumindest partiell wieder herstellt.
13 Enders
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
ist Ausdruck des vertretungsrechtlichen Prinzips der Trennung von Bevollmächtigung und Vertretergeschäft.277 Sie entspricht außerdem dem Repräsentationsprinzip, wie es neben § 167 Abs. 2 BGB auch in §§ 164, 166 Abs. 1 BGB verankert ist. Nach diesem Prinzip handelt allein der Bevollmächtigte, nicht aber der Vollmachtgeber, bezogen auf das anvisierte Rechtsgeschäft, rechtsgeschäftlich. Er repräsentiert dabei den Vertretenen nicht nur in der Willensumsetzung, sondern auch in der Willensbildung.278 Insofern ist es gerechtfertigt, dass die Bevollmächtigung grundsätzlich nicht der Form des Vertretergeschäfts bedarf und dass die Form des Rechtsgeschäfts allein vom Vertreter, nicht aber vom Vertretenen, zu wahren ist. Es besteht jedoch Einigkeit, dass die Vorschrift des § 167 Abs. 2 BGB der Bedeutung zahlreicher Formvorschriften nicht entspricht und daher der Einschränkung bedarf. Neben den gesetzlich ohnehin vorgesehenen Ausnahmen zu § 167 Abs. 2 BGB, zu denen nunmehr auch der untersuchungsgegenständliche § 492 Abs. 1 S. 1 BGB gehört279, hat die Rechtsprechung insofern schon früh – zunächst bezogen auf das Formgebot des § 313 BGB a.F. (nunmehr: § 311 b Abs. 1 BGB), dann aber auch bezogen auf andere Formvorschriften – Ausnahmen von § 167 Abs. 2 BGB zugelassen. Sie hat hierfür in der Literatur breite Zustimmung erfahren.280 Die in § 167 Abs. 2 BGB vorgesehene Freistellung vom Formzwang des Vertretergeschäfts findet danach dort ihre Grenze, wo der Formzweck des Hauptgeschäfts durch eine formlose Vollmachtserteilung umgangen oder unmittelbar gefährdet würde. In diesen Fällen ist die Vorschrift des § 167 Abs. 2 BGB einschränkend auszulegen. Die Form des Vertretergeschäfts muss dann bereits für die Vollmachtserteilung gelten.281 Eine einschränkende Auslegung des § 167 Abs. 2 BGB kommt freilich in den Fällen nicht in Betracht, in denen die Formvorschrift für das Vertretergeschäft lediglich Beweisfunktionen dient282; denn dieser Zweck wird auch dadurch erreicht, dass der Vertreter, nicht aber der Vertretene, die Form wahrt. Die Vollmachtserteilung bedarf aber in teleologischer Reduktion des § 167 Abs. 2 BGB dann der Form Vgl. Larenz / Wolf, AT, § 47 Rdn 26; Flume, AT Bd. II, § 52 2a. Vgl. nur Flume, AT Bd. II, § 43 3; Schilken, in: Staudinger, Vor §§ 164 ff. BGB Rdn 15; näher hierzu im Folgenden unter C. V. 1. c) cc) (2) (b) (aa). 279 Vgl. u. a. die Bestimmungen in §§ 1904 Abs. 2, 1906 Abs. 5 BGB sowie nunmehr den untersuchungsgegenständlichen § 492 Abs. 1 S. 1 BGB. 280 Im Einzelnen ist freilich einiges umstritten. Ein Überblick über die Rechtsprechungsentwicklung und den Meinungsstand in der Literatur findet sich bei Einsele, in: MüKo, § 125 BGB Rdn 18 ff. 281 BGH NJW 1998, 1857 (1858); Larenz / Wolf, AT, § 47 Rdn 23; Schramm, in: MüKo, § 167 BGB Rdn 17; Palandt – Heinrichs, § 167 BGB Rdn 2. 282 Allgemein zu den Formzwecken Larenz / Wolf, AT, § 27 Rdn 5 ff.; Medicus, AT, § 41 Rdn 614; zur Formzweckanalyse der elektronischen Form (§ 126 a BGB) und der Textform (126 b) findet sich eine Zusammenfassung bei Noack, in: AnwKom, § 126 a BGB Rdn 3 ff.; § 126 b BGB Rdn 1 ff.; ausführlich und kritisch zu den einzelnen Formzwecken, insbesondere im Hinblick auf die Sanktionen bei Formverstößen Heiss, Formmängel und ihre Sanktionen, S. 59 ff. 277 278
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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des Vertretergeschäfts, wenn andernfalls die Warnfunktion des Formgebots, d. h. der Schutz vor einer übereilten vertraglichen Bindung, leer liefe. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn der Vollmachtsgeber bereits durch die Vollmachtserteilung rechtlich oder tatsächlich in gleicher Weise gebunden ist wie durch den Abschluss des formbedürftigen Rechtsgeschäfts.283 Eine rechtliche Bindung wird v.a. dann angenommen, wenn die Vollmacht unwiderruflich erteilt ist.284 Eine faktische Bindung liegt vor, wenn der Vollmachtgeber aus dem Nichtgebrauch der Vollmacht, etwa wegen einer vereinbarten Vertragsstrafe Nachteile erleidet285, der Bevollmächtigte den Weisungen der Vertragsgegenseite untersteht286 sowie bei einer Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens, wenn mit der Befreiung eine Bindung des Vollmachtgebers beabsichtigt ist287. (a) Schriftformgebot aus § 492 Abs. 1 S. 1 BGB Unter Geltung des § 4 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG kam eine analoge Anwendung der Vorschrift auf die Vollmachtserteilung unter konsequenter Übertragung vorstehender Grundsätze also nur dann in Betracht, wenn das dort niedergelegte Schriftformgebot zumindest auch der Warnung des Verbrauchers vor einer übereilten Bindung diente. Indem § 4 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG für Verbraucherkreditverträge ein Schriftformerfordernis (§ 126 Abs. 1 BGB) statuierte, musste der konkrete Vertragsinhalt in einer Urkunde niedergelegt und vom Verbraucher unterzeichnet sein, um nicht die Nichtigkeitsfolge des § 6 Abs. 1 VerbrKrG auszulösen. Hierdurch eröffnete das Gesetz dem Verbraucher die Möglichkeit, die konkreten Vertragsdaten zur Kenntnis zu nehmen und auszuwerten und machte ihn durch das Unterschriftserfordernis auf die „erhöhte“ rechtliche Verbindlichkeit seiner Willensentschließung aufmerksam. Damit stellte das Gesetz dem Verbraucher, der im Gegensatz zum professionell handelnden Darlehensgeber typischerweise nicht über geschäftsspezifische Kenntnisse verfügt und daher ohne besonderen Schutz übervorteilt werden könnte, einen „prozeduralen“ Schutzmechanismus an die Seite, der ihn vor einer nicht hinreichend überdachten und somit übereilten Willenserklärung schützen soll.288 Dagegen lässt sich auch nicht einwenden, schon die Widerrufsmöglichkeit schütze den Verbraucher vor einer übereilten Bindung, so dass es eines Übereilungsschut283 Allgemeine Ansicht vgl. Flume, AT Bd. II, § 52 2a; Larenz / Wolf, AT, § 47 Rdn 23; Medicus, AT, § 57 Rdn 929; Schramm, in: MüKo, § 167 BGB Rdn 16 ff.; weitergehend Einsele, in: MüKo, § 125 BGB Rdn 19 f. 284 Vgl. zu § 313 BGB a.F. (nunmehr: § 311 b Abs. 1 BGB) BGH NJW 1952, 1210 (1211); BGH WM 1965, 1006 (1007); Schramm, in: MüKo, § 167 BGB Rdn 18. 285 Hierzu BGH NJW 1971, 93. 286 RGZ 76, 182 (184); 108, 125 (126). 287 BGH NJW 1952, 1210 (1211); BGH NJW 1979, 2306 (2307). 288 Zu den „prozeduralen“, auf Förderung einer freien und eigenverantwortlichen Entscheidungsfindung zielenden Schutzinstrumenten den und „vertragsinhaltsbezogenen“ Schutzinstrumenten vgl. unter anderem unter B. II. 4 c).
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
zes durch das Schriftformgebot gar nicht bedürfe; denn es ist etwas ganz anderes, ob der Verbraucher bereits vor Vertragsschluss davor geschützt wird, eine unüberlegte Bindung einzugehen, oder ob ihm nachträglich eine Vertragslösungsmöglichkeit eingeräumt wird, die besondere Rückabwicklungsfolgen auslöst.289 Daher ist es völlig überzeugend, dass nach allgemeiner Ansicht dem kreditrechtlichen Schriftformgebot schon immer eine Warnfunktion beigemessen wurde.290 Und daher war es auch überzeugend, dass die überwiegende Ansicht im Schrifttum die vom Verbraucher zum Abschluss eines Verbraucherkreditvertrags erteilte Vollmacht schon bisher dem Schriftformgebot des § 4 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG unterwarf. Der Reformgesetzgeber hat diese Sicht nun bestätigt. Nach § 492 Abs. 4 S. 1 i.V.m. Abs. 1 S. 1 BGB bedarf eine solche Vollmacht nun der Schriftform. Allerdings kommt es nach der neuen Rechtslage im Gegensatz zur einschränkenden Auslegung des § 167 Abs. 2 BGB nicht mehr darauf an, dass durch die Vollmachtserteilung bereits eine dem Vertretergeschäft vergleichbare Bindungswirkung erzeugt wird. Es entfällt für den Anwendungsbereich des § 492 Abs. 4 S. 1 BGB insbesondere die Unterscheidung, ob die erteilte Vollmacht widerruflich ist oder nicht. Das Schriftformgebot gilt in jedem Fall. Fraglich ist, wie diese Privilegierung der Verbraucherdarlehen gegenüber den allgemeinen Grundsätzen zu erklären ist. Bei der Beantwortung dieser Frage muss vorab beachtet werden, dass der strenge Begründungsmaßstab, der an die Begründung einer abgeleiteten, im Gesetzeswortlaut nicht enthaltenen Formbedürftigkeit anzulegen ist, nicht 1:1 übernommen werden kann, wenn es darum geht, eine vom Gesetzgeber dezidiert getroffene, klare gesetzliche Regelung zu legitimieren. Die Begründungsbedürftigkeit einer solchen gesetzgeberischen Entscheidung muss den dem Gesetzgeber zustehenden Ermessensspielraum berücksichtigen. Unter Berücksichtigung dieser, um das gesetzgeberische Ermessen verminderten Argumentationslast, soll somit gefragt werden, wie es begründbar ist, dass es für die Formbedürftigkeit der Vollmachtserteilung nach § 492 Abs. 4 S. 1 BGB nicht auf eine vorgezogene Bindungswirkung, insbesondere eine Unwiderruflichkeit der Vollmachtserteilung, ankommt. Man könnte argumentieren, die Unterscheidung zwischen widerruflicher und unwiderruflicher Vollmacht sei ohnehin fragwürdig gewesen, weil schon durch das zwischen Vertreter und Vertretenem bestehende Grundverhältnis (Auftrag oder Geschäftsbesorgungsvertrag) eine Bindungswirkung bestehe.291 Eine solche Kritik träfe aber allgemein die zur Einschränkung des § 167 Abs. 2 BGB entwickelten Grundsätze und beanspruchte damit nicht allein Beachtung im Verbraucherdarlehensvertragsrecht. Sie kann aber insbesondere deswegen nicht als Begründung für die Entbehrlichkeit der bis dahin vorgenommenen Differenzie289 Im Übrigen entfaltet das Schriftformgebot seine warnende Wirkung auch im Hinblick auf die Entscheidung über die Ausübung des Widerrufsrechts. 290 Vgl. schon unter C. V. 1. b) aa) mit Literatur- und Rechtsprechungsnachweisen. 291 So schon bisher Einsele, in: MüKo § 125 BGB Rdn 19.
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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rung nach dem Vorliegen oder Fehlen einer vorgezogenen Bindungswirkung überzeugen, weil sie die vom Gesetz getroffene Unterscheidung zwischen Grundgeschäft und Vollmachtserteilung, mithin das vertretungsrechtliche Abstraktionsprinzip, missachtete. Es gilt daher, sich auf die Besonderheiten des Verbraucherdarlehensvertrags zu konzentrieren. In den Gesetzesmaterialien zur Einführung des § 492 Abs. 1 S. 1 BGB heißt es, der Verbraucher solle „von einer „übereilten“ Erteilung der Vollmacht, die letztlich auch zu einem ihn verpflichtenden übereilten Vertragsschluss führen kann und oft genug auch geführt hat, abgehalten“ werden.292 Der Gesetzgeber sieht somit im Verbraucherdarlehensvertragsrecht offenbar aufgrund empirischer Betrachtungen einen zeitlich besonders engen Zusammenhang zwischen Vollmachtserteilung und Vertragsschluss. Ob diese Einschätzung verallgemeinerungsfähig ist oder nicht, kann durchaus bezweifelt werden, jedenfalls traf sie bei den praxisrelevanten Immobilientreuhandmodellen, insbesondere im Strukturvertrieb häufig zu, wo die bevollmächtigten Treuhänder regelmäßig keine Zeit verloren, von der jeweils erteilten Vollmacht Gebrauch zu machen.293 Schließlich könnte ausschlaggebend sein, dass der Verbraucher, der einen Verbraucherdarlehensvertrag abschließen will und hierfür eine Vollmacht erteilt hat, die erteilte Vollmacht typischerweise ohnehin nicht widerrufen wird, selbst wenn er die Möglichkeit hierzu hätte. Sofern er nämlich den gewünschten Vertragsschluss nicht selbst vornimmt, wird dies, wie in den Fällen der Immobilientreuhandmodelle, regelmäßig in der Überzeugung geschehen, dass der Bevollmächtigte (typischerweise ein Unternehmer) geschäftsgewandter ist und nach Auseinandersetzung mit der komplexen, dem Verbraucher unvertrauten Vertragsmaterie, eher einen seinen Interessen entsprechenden Abschluss erreicht. Insoweit dürfte ein Widerruf einer einmal erteilten Bevollmächtigung zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags eher unwahrscheinlich sein. Daher liegt es zumindest nicht fern, im Anwendungsbereich des § 492 Abs. 1 S. 1 BGB typischerweise von einer vorgezogenen Bindungswirkung auszugehen und generell – also nicht bloß wie im Fall der abgeleiteten Formbedürftigkeit bei rechtlicher oder faktischer Bindung – die Beachtung des Schriftformgebots zu verlangen. Schlussendlich gilt es allerdings den eingangs erwähnten Ermessensspielraum des Gesetzgebers zu berücksichtigen. Dieser ermöglicht es dem Gesetzgeber, dem Kriterium der vorgezogenen Bindung nicht das Gewicht beizumessen, das der vom Gesetzeswortlaut abweichende Rechtsanwender im Fall der abgeleiteten Formbedürftigkeit diesem Kriterium beimessen muss. Der Gesetzgeber kann insofern auch die situativ-vertragsgegenständliche Gefahrenlage beim Verbraucherdarlehensvertrag, die das Schriftformgebot des Vertragsabschlusses legitimiert, für die Ausübung der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit auf Verbraucherseite schlichtweg als qualitativ so bedrohlich eingestuft haben, dass schon aus diesem Grund auch die Vollmachtserteilung der Form bedarf.
292 293
BT-Drucks. 14 / 7052, S. 201. Kursive Hervorhebungen vom Verfasser. Hierzu schon unter C. IV. 1. b) cc) (1) im Kontext mit der Rechtssache „Heininger“.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
Mit Gewissheit wird man letztlich allein sagen können, dass der Gesetzgeber eine rechtspolitische Entscheidung getroffen hat, für die sich gute Gründe anführen lassen. Die getroffene Entscheidung macht deutlich, dass der Gesetzgeber im Bereich der Verbraucherdarlehensverträge ein besonders ausgeprägtes Bedürfnis für einen effizienten Übereilungsschutz sieht. Dieses Ziel wirkt als gesetzlicher Regelfall im Hinblick auf den verfolgten Formzweck maßstabsetzend und enthält eine Wertentscheidung. Diese Wertentscheidung wird auch bei der Auslegung des § 492 Abs. 4 S. 2 BGB zu berücksichtigen sein. (b) Notarielle Beurkundung als Substitut der Schriftform Nach § 492 Abs. 4 S. 2 BGB sind Prozessvollmachten und notariell beurkundete Vollmachten von der Geltung des § 492 Abs. 4 S. 1 BGB ausgenommen. Geklärt werden soll, wie die Ausnahme vom Regelfall des Schriftformgebots bei den praktisch bedeutsamen notariell beurkundeten Vollmachten zu rechtfertigen ist. Die Ausnahme ist dann gerechtfertigt, wenn die mit der notariellen Beurkundung verfolgten Formzwecke nicht hinter der Warnfunktion der einfachen Schriftform zurückbleiben. Nach § 126 Abs. 4 BGB ersetzt die notarielle Form die Schriftform. Die Regelung rechtfertigt sich aus der durch den Notar erfolgenden Beratung und Belehrung der Privatrechtssubjekte im Beurkundungsverfahren (§§ 17 ff. BeurkG), wodurch auch dem Schutz vor Übereilung Rechnung getragen werden soll.294 Es ist davon auszugehen, dass diese Wertung auch § 492 Abs. 4 S. 2 BGB zugrunde liegt.295 Allerdings ist die notarielle Beurkundung nicht ohne weiteres ein „mehr“ gegenüber der einfachen Schriftform in dem Sinne, dass der durch die einfache Schriftform gewährte Übereilungsschutz automatisch in ihr enthalten wäre.296 Eine über die allgemeinen Risiken eines Verbraucherdarlehensvertrags stattfindende Beratung und Belehrung ist vielmehr weniger geeignet, den Verbraucher vor einer übereilten Bindung zu schützen, als die durch das Schriftformgebot eröffnete Möglichkeit, die wesentlichen, konkretisierten Vertragsdaten schwarz auf weiß zur Kenntnis nehmen und bezogen auf den anvisierten Vertragsschluss vor Unterzeichnung auswerten zu können. Die notariell beurkundete Vollmacht erfüllt insofern nur dann eine dem einfachen Schriftformgebot entsprechende Warnfunktion, wenn auch die notariell beurkundete Vollmacht alle schon nach der einfachen Schriftform des § 492 Abs. 1 S. 1 BGB erforderlichen Angaben enthält. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers die notariell beurkundete Vollmacht hinter der mit einer schriftlichen Vollmacht verbundenen Warnung zurückbleiben sollte. Der Gesetzgeber wollte mit der Sonderregelung in § 492 Hierzu Einsele, in: MüKo, § 128 BGB Rdn 1. Ebenso Herresthal, JuS 2002, 844 (848). 296 Möller, ZIP 2002, 333 (340); Derleder, VuR 2000, 155 (162); die fehlende Funktionsäquivalenz verkennend aber BGH NJW 2001, 1931, der schlichtweg feststellt, die notarielle Form ersetze die Schriftform. 294 295
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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Abs. 4 S. 2 BGB ausweislich der Gesetzesmaterialien allein eine „uneingeschränkte Ausdehnung“ der Geltung des Satzes 1 verhindern, weil hierdurch Vollmachten, die für den Rechtsverkehr unentbehrlich seien, wie etwa solche, die zum Zweck der Vermögensverwaltung notariell beurkundet wurden, entwertet würden.297 Es ging also allein darum, die vollumfängliche Geltung des Satzes 1 auszuschließen, nicht aber darum, den Schutz des Verbrauchers vor einer übereilten Bindung zu verkürzen.298 § 492 Abs. 4 S. 2 BGB ist daher teleologisch einschränkend so auszulegen, dass die Ausnahme vom Schriftformgebot des § 492 Abs. 4 S. 1 BGB allein solche Vollmachten erfasst, die bereits die Angaben enthalten, die auch eine Vollmacht aufweisen müsste, um der einfachen Schriftform zu genügen. Somit ist der Umfang der Formbedürftigkeit der Vollmachtserteilung nach § 492 Abs. 1 S. 1 BGB zu ermitteln. Die Schriftform nach § 126 Abs. 1 BGB verlangt, dass alle Abreden, die nach der Parteivorstellung das Rechtsgeschäft ausmachen, formgerecht erklärt sind. Umfasst sind insofern nicht allein Abreden betreffend das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung, sondern alle Abreden mit Verpflichtungswirkung und solche, die diese Pflichten unmittelbar ausgestalten.299 Allerdings ist nicht allein die Parteivorstellung für den Umfang des Formgebots maßgeblich. Zu beachten ist auch der mit dem Formerfordernis verfolgte Formzweck, im Fall des § 492 Abs. 1 S. 1 BGB also dessen Warnfunktion. Der Formzweck des Übereilungsschutzes gibt insoweit einen „inhaltlichen Mindeststandard“ vor.300 Die mit der Schriftform verfolgte Warnfunktion kann dem Verbraucher nämlich nur dann einen effektiven Schutz vor einer übereilten Vollmachtserteilung bieten, wenn sie einen informatorischen Mindestinhalt aufweist, mithin dem Verbraucher den konkreten Umfang seiner in Aussicht genommenen Verpflichtung vor Augen führt. Denn dieser Pflichtenumfang ist es, den der Verbraucher kennen muss, um ihn in Bezug zu seiner eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu setzen und hieraus das Vertragsrisiko ermitteln zu können. Das Vertragsrisiko, die Gefahr eines wirtschaftlich unvernünftigen, ihn überfordernden Engagements, folgt nicht schon aus dem „abstrakten“ Umstand des Abschlusses eines Darlehensvertrags, sondern erst aus dem „konkreten“ Darlehensumfang, sowie evtl. aus näher bestimmten Nebenpflichten. Aus einer allgemein erteilten, d. h. nicht näher konkretisierten Vollmacht zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags wäre dieses Vertragsrisiko nicht erkennbar. Schon aufgrund der Warnfunktion des Schriftformgebots aus § 492 Abs. 1 S. 1 BGB muss daher die Vollmachtsurkunde die Angabe des Gesamtbetrags des auszuzahlenden Darlehens, die Zinshöhe, resp. die Gesamtbelastung des Verbrauchers und evtl. zu bestellende Sicherheiten entBT-Drucks. 14 / 7052, S. 201. Kursive Hervorhebung vom Verfasser. Über den verbleibenden Bedeutungsgehalt der Norm näher im Folgenden unter diesem Gliederungspunkt und schließlich unter C. V. 1. c) cc) (2) (b) (aa). 299 Statt vieler vgl. allgemein zum Umfang der Formbedürftigkeit Einsele, in: MüKo, § 125 BGB Rdn 30 f. 300 Den inhaltlichen Mindeststandard aus dem Vollständigkeitsgebot (des § 126 BGB) ableitend, Masuch, ZIP 2001, 143 (148). 297 298
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
halten.301 Aus Gründen der Praktikabilität wird man es aber als zulässig erachten können, wenn anstelle des Gesamtbetrags ein Höchstbetrag in der Vollmachtsurkunde eingesetzt wird und auch bezüglich der Zinshöhe ein maximaler Zinssatz festgelegt wird. Der Warnfunktion und dem Verbraucherschutz ist in diesen Fällen Genüge getan, weil dem Verbraucher dann jedenfalls die maximal auf ihn zukommende Belastung bekannt ist. Die Einsetzung von Höchstgrenzen erscheint insofern sinnvoll und unter Schutzgesichtspunkten unbedenklich. Gegen diese teleologisch einschränkende Auslegung des § 492 Abs. 4 S. 2 BGB lässt sich nicht einwenden, die Norm werde im Hinblick auf notariell beurkundete Vollmachten ausgehöhlt und etwaige, mit der Sonderregelung verfolgte Zwecke, blieben unberücksichtigt. Der Gesetzgeber wollte mit der Sonderregelung ausweislich der Gesetzesmaterialien allein eine „uneingeschränkte Ausdehnung“ der Geltung des Satz 1 verhindern, weil hierdurch für den Rechtsverkehr erforderliche Vollmachten, wie etwa solche, die zum Zweck der Vermögensverwaltung notariell beurkundet wurden, entwertet würden.302 Es ging ihm also allein darum, die vollumfängliche Geltung des Satzes 1, also die Geltung des Schriftformgebots (§ 492 Abs. 1 S. 1 BGB) und der Angabenpflicht (§ 492 Abs. 1 S. 5 BGB) auszuschließen. Es ging ihm nicht aber darum, den Schutz des Verbrauchers vor einer übereilten Bindung zu verkürzen. Schon insoweit führt die vorgeschlagene teleologische Einschränkung der Ausnahmeregelung nicht zu einer Aushöhlung der Ausnahmeregelung. Denn die vorgeschlagene Lesweise des § 492 Abs. 4 S. 2 BGB entspricht der Sicht des Gesetzgebers und die Norm behält ihre Bedeutung hinsichtlich des Ausschlusses der Beachtlichkeit der Mindestangaben aus § 492 Abs. 1 S. 5 BGB. Nun könnte man freilich meinen, wenn schon wegen der Substituierung des Schriftformgebots auch bei der notariellen Beurkundung ein inhaltlicher Mindeststandard (Gesamtbetrag, Zinshöhe, Gesamtbelastung sowie evtl. zu stellende Sicherheiten) für den Urkundsinhalt zu verlangen ist, dann mache es keinen Unterschied mehr, ob 301 Wie hier Herresthal, JuS 2002, 844 (849); ebenso zu § 4 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG Masuch, ZIP 2001, 143 (148); ähnlich auch schon Ulmer, BB 2001, 1365 (1369); zu den bereits aufgrund des Schriftformgebots erforderlichen Angaben, allerdings nicht bezogen auf die Vollmachtsurkunde, sondern auf den Verbraucherkreditvertrag vgl. auch Ulmer, in: MüKo, § 4 VerbrKrG Rdn 19; Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 4 VerbrKrG Rdn 26. Man könnte freilich andenken, die Bestimmung des § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB (vormals: § 3 Abs. 2 Nr. 3 VerbrKrG) als maßstabsetzend für den inhaltlichen Mindeststandard der notariell beurkundeten Vollmachtsurkunde heranzuziehen. Die Idee greift aber nicht durch. Die in der Regelung des § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB enthaltene Freistellung von den Schutzvorschriften des Verbraucherdarlehensvertragsrechts bei notariell beurkundeten Verträgen, sofern diese Verträge bestimmte Mindestangaben enthalten, ist nämlich – wie in der Literatur nachgewiesen wurde – entgegen der gesetzgeberischen Intention viel zu weit geraten. Der Anwendungsbereich der Norm muss daher teleologisch reduziert werden, was im Übrigen auch gemeinschaftsrechtlich geboten ist, vgl. statt vieler Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 3 VerbrKrG Rdn 41. Der „verunglückten“ Regelung des § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB sollten daher über ihren eigentlichen Regelungsgehalt hinaus keine Schlüsse bezüglich der an eine notariell beurkundete Vollmacht zu stellenden inhaltlichen Anforderungen entnommen werden. 302 BT-Drucks. 14 / 7052, S. 201.
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auch § 492 Abs. 1 S. 5 BGB für anwendbar gehalten wird oder nicht; schließlich deckt sich der gebotene inhaltliche Mindeststandard weitgehend mit den Pflichtangaben aus § 492 Abs. 1 S. 5 BGB. Eine solche Sicht würde aber den eigenständigen Bedeutungsgehalt des § 492 Abs. 1 S. 5 BGB gegenüber dem Formgebot aus § 492 Abs. 1 S. 1 BGB verkennen. Die Angabepflichten aus § 492 Abs. 1 S. 5 BGB bestimmen nämlich nicht allein, „ob überhaupt“ eine Aufnahme der Darlehensbedingungen in die vom Verbraucher zu unterzeichnende Erklärung erfolgt, sondern regeln insbesondere auch das „Wie“. Die Bestimmung formalisiert und standardisiert die Angabepflichten. Der Darlehensgeber ist bei Geltung des § 492 Abs. 1 S. 5 BGB zu einer gesetzlich bestimmten Aufschlüsselung der Pflichtangaben verpflichtet, die aufgrund ihrer standardisierten Form einen Zuwachs an Transparenz und Verständlichkeit für den Verbraucher sicherstellt und sicherstellen soll. Aus dieser dem Transparenzgedanken verpflichteten Ausgestaltung des § 492 Abs. 1 S. 5 BGB ergeben sich konsequenterweise im Hinblick auf die Lesbarkeit und Verständlichkeit besondere Anforderungen: Die gegebenen Informationen müssen insoweit im Hinblick auf Schriftbild und Schriftgröße in gut lesbarer Weise, an nicht zu übersehender Stelle und in einer auch für den geschäftsungewandten Verbraucher verständlichen Weise niedergelegt sein.303 Einer solchen, dem Transparenzgebot folgenden Formalisierung bedarf es bei Nichtgeltung des § 492 Abs. 1 S. 5 BGB nicht. Weder Schriftform noch notarielle Form fordern zur Formwahrung eine transparente Urkundsgestaltung. Es genügt vielmehr eine Niederlegung unter Zugrundelegung der Andeutungstheorie.304 Insbesondere wegen dieser Transparenzfunktion hat § 492 Abs. 1 S. 5 BGB eine eigenständige Bedeutung gegenüber dem Formgebot aus § 492 Abs. 1 S. 1 BGB.305 Und wegen dieses Transparenzgebots macht es auch einen Unterschied, ob die Angabenpflichten aus § 492 Abs. 1 S. 5 BGB auf die Vollmachtsurkunde erstreckt werden, oder ob – wie hier vertreten – die Ausnahme des § 492 Abs. 4 S. 2 BGB teleologisch einschränkend dahin auslegt wird, dass die notarielle Form als Substitut der Schriftform einem inhaltlichen Mindeststandard genügen muss. Weil § 492 Abs. 4 S. 2 BGB die Geltung der Angabepflichten aus § 492 Abs. 1 S. 5 BGB ausschließt, hat er somit auch dann, wenn die notarielle Urkunde einen inhaltlichen Mindeststandard aufweisen muss, eine eigenständige Bedeutung.306
303 Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 4 VerbrKrG Rdn 26 spricht von einem qualitativen, an Übersichtlichkeit und Verständlichkeit ausgerichteten Mindeststandard, den die inhaltsgleiche Vorgängerregelung zu § 492 Abs. 1 S. 5 BGB statuierte. Sie erkennt darin zutreffend den eigenständigen Bedeutungsgehalt gegenüber dem Schriftformgebot; zum neuen Recht vgl. Herresthal, JuS 2002, 844 (849 f.). 304 Zur in st. Rspr. vertretenen Andeutungstheorie vgl. u. a. BGH NJW 1999, 2591 (2692 f.); BGH WM 1997, 1024 (1025); kritisch Larenz / Wolf, AT, § 28 Rdn 82 ff.; Medicus, AT, § 24 Rdn 328 ff. 305 Vgl. auch Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 4 VerbrKrG Rdn 26; zum Transparenzzweck der Norm siehe auch Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, S. 324; ferner BGH NJW 2001, 2963 (2964).
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Schließlich lassen sich der hier vertretenen Ansicht auch keine „praktischen“ Bedenken entgegenhalten. Die in der notariell beurkundeten Vollmacht zwecks Übereilungsschutz aufzunehmenden inhaltlichen Mindestangaben sind nicht sehr weitreichend und typischerweise – jedenfalls nach kurzer Rücksprache – unproblematisch erfüllbar. Das gilt insbesondere, soweit bezüglich der Darlehenssumme und der effektiven Zinsbelastung lediglich Höchstgrenzen angegeben werden, weil die konkreten Vertragsdaten vor Vertragsschluss noch nicht bekannt sind. Die notarielle Beurkundung ist daher als für den Rechtsverkehr, insbesondere bei der Vermögensverwaltung gebräuchliche Form weiterhin sinnvoll einsetzbar, mithin nicht „entwertet“. (2) Repräsentationsprinzip und Angabepflichten (§ 492 Abs. 1 S. 5 BGB) Zu untersuchen bleibt damit, wie es erklärbar ist, dass § 492 Abs. 4 S. 2 BGB in Abweichung zum verbraucherschützenden Regelfall des § 492 Abs. 4 S. 1 BGB bei notariell beurkundeten Vollmachtserklärungen nicht die Beachtung der Mindestangaben aus § 492 Abs. 1 S. 5 (vormals: § 4 Abs. 1 S. 5 VerbrKrG) fordert. (a) Warnfunktion der Angabepflichten? Nach dem bisher Gesagten, wäre die Angabenpflicht aus § 492 Abs. 1 S. 5 BGB grundsätzlich auch auf die Vollmachtserteilung zu erstrecken, wenn ihr eine Warnfunktion zukäme. Die gesetzliche Ausnahme in § 492 Abs. 4 S. 2 BGB für notarielle Urkunden könnte dann nur durch einen dem Übereilungsschutz vorrangigen Zweck gerechtfertigt sein. Ob den Mindestangaben eine Warnfunktion beizumessen ist, war schon unter § 4 Abs. 1 S. 5 VerbrKrG, den § 492 Abs. 1 S. 5 BGB inhaltsgleich ersetzt, umstritten.307 Die historische Auslegung bleibt ambilvalent.308 In der Gesetzesbegründung zu § 4 Abs. 1 S. 5 VerbrKrG wird zwar auf die Warnung des Verbrauchers vor einem übereilten finanziellen Engagement abgestellt. Dabei bezieht sich die Begründung aber allein auf Art. 4 Abs. 1 S. 1 VerbrKrRL, in dem lediglich die Schriftform, nicht aber die Mindestangabepflicht geregelt ist; die Mindestangaben sind in Art. 4 Abs. 2, 3 VerbrKrRL enthalten.309 Allerdings wird die nunmehr angeordnete Erstreckung des § 492 Abs. 1 BGB auf die Vollmachtserteilung damit 306 Zum Ausschluss der Angabenpflicht des § 492 Abs. 1 S. 5 BGB durch § 492 Abs. 4 S. 2 BGB vgl. näher im Folgenden. 307 Eine Warnfunktion ablehnend Horn / Balzer, WM 2000, 333 (342); bejahend hingegen: Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 4 VerbrKrG Rdn 5, 7; Ulmer, in: MüKo, § 4 VerbrKrG Rdn 1, 17 m. w. N. 308 Überzeugend herausgearbeitet von Herresthal, JuS 2002, 844 (849). 309 BT-Drucks. 11 / 5462, S. 12.
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begründet, dass der Verbraucher anderenfalls bei der Vollmachtserteilung nicht über „die in Absatz 1 bezeichneten Angaben“ verfügen würde und somit die Gefahr einer übereilten Vollmachtserteilung bestände.310 Die Formulierung „bezeichnete Angaben“ spricht dabei für eine Bezugnahme auf die Mindestangaben in § 492 Abs. 1 S. 5 BGB und nicht bloß auf die schon aufgrund der Schriftform zu fordernden Angaben, denn diese sind ja nicht „bezeichnet“. Da die historische Auslegung somit zu keinem eindeutigen Ergebnis führt, ist der Formzweck unmittelbar aus der Norm heraus zu ermitteln. Nach § 492 Abs. 1 S. 5 BGB muss der Informationspflichtige – wie bereits dargelegt – dem Verbraucher die wesentlichen Vertragsdaten in spezifisch aufgeschlüsselter Weise, standardisiert zur Kenntnis geben, womit dem Verbraucher ein Markt- und Preisvergleich mit den Wettbewerbern des Darlehensgebers möglich wird, und insbesondere das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung bewertbar wird.311 Der spezifische Bedeutungsgehalt der Angabenpflicht liegt damit in der durch sie hergestellten Markttransparenz. Indes leisten die in § 492 Abs. 1 S. 5 BGB niedergelegten Angabepflichten durch die Sicherstellung der Informationsübermittlung gleichzeitig auch einen Beitrag zum Schutz des Verbrauchers vor einer übereilten Vertragsentschließung. Informations-, Transparenz- und Warnfunktion gehen insoweit ineinander über. Dem Verbraucher wird der in Aussicht genommene Vertrag nach Inhalt und Ausgestaltung, mithin das konkrete Vertragsrisiko zur Kenntnis gebracht. Insofern ist dem § 492 Abs. 1 S. 5 BGB durchaus auch eine Warnfunktion beizumessen. Allerdings geht diese Warnfunktion nicht über die bereits aus dem Schriftformgebot folgende Warnfunktion hinaus. Bereits aus diesem ergibt sich nämlich – wie gesehen – ein inhaltlicher Mindeststandard, der nicht nur bei Vertragsschluss, sondern auch schon bei Erteilung einer Vollmachtsurkunde beachtlich ist und eben auch im Fall einer notariell beurkundeten Vollmacht durch entsprechende Auslegung des § 492 Abs. 4 S. 2 BGB zu fordern ist. Das „plus“ an Schutz, das § 492 Abs. 1 S. 5 BGB gewährt, ist somit allein ein „plus“ an Transparenz. Es besteht darin, dass die gegebenen Informationen deutlich wahrnehmbar und in verständlicher Form dargeboten werden, wodurch freilich die Warnung effektuiert wird. Es ist aber kein „plus“ an (inhaltlicher) Warnung. Die Warnfunktion als Teilzweck des § 492 Abs. 1 S. 5 BGB entbehrt eines eigenständigen Regelungsgehalts, der über den bereits mit dem Formgebot verfolgten Übereilungsschutz hinausginge, und insofern eine entsprechende Anwendung des § 492 Abs. 1 S. 5 BGB auf eine notariell beurkundete Vollmacht erforderlich scheinen ließe.312
BT-Drucks. 14 / 7052, S. 201. Durch die standardisierte Vorgabe wird dem informationspflichtigen Darlehensgeber zugleich die Erfüllung der gesetzlichen Informationspflichten erleichtert, vgl. Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 61. 312 Ähnlich Herresthal, JuS 2002, 844 (849). 310 311
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Der Ausschluss des § 492 Abs. 1 S. 5 BGB auf notariell beurkundete Vollmachten erscheint daher unter dem Schutzgesichtspunkt des Übereilungsschutzes grundsätzlich unbedenklich. Insofern kommt es letztlich auch nicht auf die eingangs angesprochene Erwägung an, ob der Sonderregelung des § 492 Abs. 4 S. 2 BGB ein besonderer Zweck innewohnt, der gegenüber dem verbraucherschützenden Übereilungsschutz vorrangig wäre. (b) Einschränkung des § 492 Abs. 4 S. 2 BGB wegen der Informationsund Transparenzfunktion? Die Beachtlichkeit der Angabenpflicht für die notariell beurkundete Vollmacht könnte aber wegen der Informations- und Transparenzfunktion der Angabenpflicht geboten sein. Die gesetzliche Ausnahme in § 492 Abs. 4 S. 2 BGB für notariell beurkundete Vollmachten wäre in diesem Fall nur durch einen der Informationsund Transparenzfunktion vorrangigen Zweck gerechtfertigt.313 Auf das Bestehen eines solchen vorrangigen Regelungszwecks kommt es aber schon dann nicht an, wenn schon die Erstreckung der Angabenpflicht aus § 492 Abs. 1 S. 5 BGB auf die Vollmachtserteilung, die § 492 Abs. 4 S. 1 BGB als Regelfall vorsieht, als Abweichung vom allgemeinen Zivilrecht nicht überzeugend zu rechtfertigen ist. Das gilt es zu untersuchen. (aa) Repräsentationsprinzip versus direkte Verbraucherinformation Das bereits erläuterte vertretungsrechtliche Repräsentationsprinzip ist hierfür noch etwas genauer zu betrachten. Nach dem Repräsentationsprinzip, das in §§ 164, 166 Abs. 1 BGB niedergelegt ist und auch in § 167 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommt, handelt im Fall der Stellvertretung allein der Vertreter, nicht aber der Vertretene, rechtsgeschäftlich. 314 Den Vertretenen treffen lediglich die Rechtswirkungen des vom Vertreter mit dem Dritten abgeschlossenen Rechtsgeschäfts. Willensbildung sowie rechtsgeschäftliche Willenumsetzung liegen beim Vertreter. Dieser entscheidet nach Maßgabe der erteilten Vollmacht über den konkreten Vertragsschluss und beurteilt insbesondere das dem Vertragsschluss zugrunde gelegte Äquivalenzverhältnis. Informatorische Vorschriften knüpfen nach § 166 Abs. 1 BGB an die Kenntnis, bzw. das Kennenmüssen des Vertreters, nicht aber des Vertretenen an315; ebenso ist nach § 166 313 Eine Rechtfertigung in dem Sinne, dass die notarielle Beurkundung die durch die Angabenpflichten verfolgten Zwecke gleichermaßen erfüllen würde, also „funktionsäquivalent“ wäre, scheidet aus, weil die notarielle Urkunde –wie bereits dargelegt – im Gegensatz zur Angabenpflicht, nicht dem Transparenzgebot verpflichtet ist. 314 Allgemeine Ansicht vgl. statt vieler Schramm, in: MüKo, Vor § 164 BGB Rdn 67; Larenz / Wolf, AT, § 46 Rdn 99 f.; anders noch die früher vertretene Geschäftsherrntheorie, dazu Flume, AT Bd. II, § 43 2. 315 Solche informatorische Bestimmungen sind z. B. §§ 142 Abs. 2, 442, 892 Abs. 1, 932 BGB; hierzu aber Medicus, AT, § 55 Rdn 900.
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Abs. 1 BGB bei Willensmängeln nicht auf den Vertretenen, sondern auf den Vertreter abzustellen, weil die Willensbildung beim Vertreter liegt. Nur eine scheinbare Ausnahme hiervon ordnet § 166 Abs. 2 BGB an, nach dem im Fall eines weisungsgebunden handelnden Vertreters bezüglich kenntnis- und willensbezogener Vorschriften auf den Vertretenen abzustellen ist. Bei näherer Betrachtung handelt es sich bei § 166 Abs. 2 BGB indes allein um die logische Folge der Repräsentationstheorie316, weil in dem in § 166 Abs. 2 BGB beschriebenen Fall, die maßgebliche Willensbildung ausnahmsweise beim Vertretenen liegt. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass hinsichtlich kenntnis- und willensbezogener Vorschriften immer auf die Person abzustellen ist, bei der die maßgebliche Willensbildung liegt. Daher ist in den Fällen der Stellvertretung für rechtgeschäftlich relevantes Wissen auf den Stellvertreter abzustellen. Soweit besondere, auch gesetzlich angeordnete Informationspflichten bestehen317, sind diese Pflichten dementsprechend gegenüber dem Vertreter, nicht aber gegenüber dem Vertretenen, zu erfüllen. Eine explizite Abweichung von dieser Regel war, jedenfalls bis zur Einführung des § 492 Abs. 4 S. 1 i.V.m. Abs. 1 S. 5 BGB – soweit ersichtlich – in keiner besonderen Informationspflicht enthalten. Nun ordnet § 492 Abs. 4 S. 1 BGB die Geltung der Angabepflichten aus § 492 Abs. 1 S. 5 BGB bereits für die Vollmachtserteilung an, und fordert damit eine Erfüllung der in § 492 Abs. 1 S. 5 BGB normierten Informationspflichten auch gegenüber dem Vertretenen. Der Darlehensgeber als informationspflichtiges Rechtssubjekt, muss also dem darlehenssuchenden Verbraucher gegenüber die Informationspflichten aus § 492 Abs. 1 S. 5 BGB erfüllen, damit dieser einen Vertreter wirksam bevollmächtigen kann. Daraus ist zu schließen, dass der Gesetzgeber bei den Angabepflichten aus § 492 Abs. 1 S. 5 BGB ein außergewöhnliches, ja überwiegendes Interesse des Verbrauchers an persönlicher Information sieht, dem gegenüber das allgemeine Repräsentationsprinzip zurücktreten muss. Zu fragen ist, wie dieses überwiegende Interesse begründbar ist. Generell, also losgelöst von der Frage der Stellvertretung, gilt, dass die Angabepflichten aus § 492 Abs. 1 S. 5 BGB dem Verbraucher eine informierte Entscheidung über die Aufnahme eines nach Inhalt und Umfang konkretisierten Darlehens ermöglichen und ihm die mit der Darlehensaufnahme verbundenen Belastungen aufzeigen sollen. Beim Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags typischerweise bestehende Informationsasymmetrien werden hierdurch ausgeglichen und Markttransparenz wird hergestellt. Insoweit erfüllt § 492 Abs. 1 S. 5 BGB aber allein die allgemeinen Zwecke einer vorvertraglichen Informationspflicht.318 Ein überwiegendes Interesse des Schramm, in: MüKo, § 166 BGB Rdn 1. Neben den Angabepflichten in § 492 Abs. 1 S. 5 BGB sind als besondere Informationspflichten aus dem Verbrauchervertragsrecht beispielsweise zu nennen: §§ 482 – 484 BGB i.V.m. § 2 InfoV; § 651 a Abs. 3 BGB i.V.m. §§ 4 ff. InfoV; §§ 312 c Abs. 1, 2 BGB i.V.m. § 1 InfoV. 318 Vgl. allgemein zum telos vorvertraglicher Informationspflichten Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 76 f. 316 317
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Verbrauchers an der Erfüllung informatorischer Pflichten ihm persönlich gegenüber ist hieraus nicht ohne weiteres begründbar. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Angabepflichten aus § 492 Abs. 1 S. 5 BGB als Teilzweck auch dem Schutz des Verbrauchers vor Übereilung dienen. Denn diesem Teilzweck ist bereits durch das Schriftformgebot, resp. bei notarieller Beurkundung, durch entsprechende Anforderungen an den Urkundsinhalt Rechnung getragen. Damit ist man für die normkritische Bewertung wieder an den Ausgangspunkt der Betrachtung, nämlich das allgemeine zivilrechtliche Repräsentationsprinzip und das Wesen der Stellvertretung verwiesen. Im Wesen der Stellvertretung liegt es aber nun einmal, dass der Bevollmächtigte den Vollmachtsgeber (vorliegend also den Verbraucher) repräsentiert und dass dem Vollmachtsgeber das Wissen des Bevollmächtigten zugerechnet wird. Die Zurechnung liegt dabei im Interesse des Geschäftsgegners und damit letztlich im Interesse des Verkehrsschutzes. Der Geschäftsgegner muss auf eine ihm vorgelegte Vollmacht vertrauen können.319 Und bezogen auf gesetzliche Informationspflichten, muss er davon ausgehen können, den gesetzlichen Vorgaben genügt zu haben, wenn er dem Vertreter, mit dem er in Vertragsverhandlungen steht, die gesetzlich vorgesehenen Informationen formgerecht mitgeteilt hat. Andererseits liegt die Wissenszurechnung gerade auch im Interesse des Vertretenen. Dieser nutzt nämlich die durch die §§ 164 ff. BGB bereitgestellte Möglichkeit der „Arbeitsteilung“ und kann dadurch, dass er den Vertragsschluss nicht höchstpersönlich vornimmt, Zeit sparen und einen seiner Ansicht nach geschäftserfahrenen und bereichsspezifische Kenntnisse besitzenden Vertreter mit der Erledigung seiner Angelegenheiten betrauen.320 Sofern gesetzliche Informationspflichten wie in § 492 Abs. 1 S. 5 BGB bestehen und diese gegenüber dem Vertreter vollständig und, wie das Gesetz vorschreibt, in transparenter Form mitgeteilt sind, realisiert sich deren verbraucherschützende Informations- und Transparenzfunktion nach diesem, den beiderseitigen Interessen von Vertreter und Darlehensgeber Rechnung tragenden Grundsystem, in der Person des Vertreters. Eine besondere Umgehungsgefahr vorbezeichneter Schutzfunktionen ist insoweit allein aus der Stellvertretung heraus nicht begründbar. Die Annahme einer solchen Gefahr ist eine bloße Unterstellung. Zur Rechtfertigung der gesetzgeberischen Entscheidung könnte indes anzuführen sein, dass in den Fällen, in denen der Verbraucher die Entscheidung über das konkrete Rechtsgeschäft nur in begrenztem Umfang aus der Hand geben will und dementsprechend nach allgemeinen Grundsätzen auf eine Informationsübermittlung durch den Vertreter angewiesen ist, Informationsdefizite wegen möglicher Übermittlungsfehler auftreten können. Die Gefahr fehlerhafter, im Sinne unvollständiger, falscher oder unverständlicher Informationen („Übermittlungsrisiko“) ist beim 319 Zum Spannungsverhältnis von Verbraucherschutz und Verkehrsschutz im Recht der Stellvertretung vgl., Möller, ZIP 2002, 333 (334 ff.). 320 Allgemein zum Zweck der Stellvertretung in einer modernen Wirtschaftsordnung Larenz / Wolf, AT, § 46 Rdn 1 ff.; Medicus, AT, § 54 Rdn 881.
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Verbraucherdarlehensvertrag wegen der Komplexität der Materie und der Masse an erforderlichen Daten groß. Sie erscheint u. a. dann besonders groß, wenn dem Bevollmächtigten die rechts- und geschäftsspezifischen Kenntnisse fehlen.321 Weil das Gesetz aber dem Verbraucher eine auf informierter und transparenter Grundlage getroffene Entscheidung über den Vertragsschluss gewähren will und diese Grundlage im Fall von Übermittlungsfehlern ausfällt, spricht das Ziel der Vermeidung von Übermittlungsfehlern für eine Erstreckung der Informationspflicht der darlehensgebenden Bank direkt auf den Verbraucher. Dennoch wird man jedenfalls in den Fällen „idealtypischer“ Stellvertretung, also in den Fällen, in denen der Vertreter allein vom Verbraucher ausgewählt wurde und in keinem Näheverhältnis zum Darlehensgeber steht, eine solche Überbürdung des Risikos von Übermittlungsfehlern auf den Darlehensgeber unter Wertungsgesichtspunkten ablehnen müssen. Sie wäre nicht interessengerecht, weil der Vertreter alleine und ausschließlich der Interessensphäre des Verbrauchers zuzurechnen ist. Anders wird man nur dann entscheiden müssen, wenn der Vertreter gleichzeitig auch der Interessensphäre des Darlehensgebers zugehört, weil das Verkehrsschutzinteresse hier gemindert ist. Das Kriterium der Interessensphäre ist eng mit der Frage der Vertrauenswürdigkeit des Vertreters verbunden. Fakt ist, dass bisweilen vom Verbraucher bevollmächtigte Vertreter – insbesondere bei den Immobilienerwerbermodellen – kaum das Wohl der Verbraucher im Auge hatten; vielmehr wollten sie gemeinsam mit den Darlehensgebern einen zügigen, ohne große Verbraucherinformation stattfindenden Vertragsschluss durchsetzen, weswegen es nicht fern liegt, eine Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers auch vor dem eigenen Vertreter anzunehmen.322 Die persönliche Vertrauenswürdigkeit des Vertreters wird im Vertretungsrecht indes nur ausnahmsweise berücksichtigt. Neben dem wohl wichtigsten Fall des treuwidrigen Zusammenwirkens von Vertreter und Geschäftsgegner (Kollusion)323 wird diskutiert, ob bereits die fahrlässige Unkenntnis vom missbräuchlichen Handeln des Vertreters ausreicht, um den Geschäftsgegner als nicht schutzwürdig zu erachten324. Dabei wird man mit der Rechtsprechung zumindest im allgemeinen Zivilrecht grobe Fahrlässigkeit fordern müssen325, weil ansonsten dem Geschäftsgegner Nachforschungspflichten bezüglich des Innenverhältnisses von Vertreter und Bevollmächtigtem aufgebürdet würden326 und der durch das Repräsentations321 Zum Kriterium des mangelnden Interesses an einer ordnungsgemäßen Informationsübermittlung vgl. im Folgenden. 322 Triebfeder dieses Vertreterverhaltens war in den bezeichneten Fällen zumeist die erhebliche Provision, die aus dem Vertragsschluss resultierte; zu diesem Phänomen bei dem organisierten Strukturvertrieb von Immobilienerwerbermodellen Derleder, VuR 2000, 155 (163). 323 Hierzu RGZ 130, 131 (142); 136, 356 (359); BGH NJW 1989, 26; aus der Literatur vgl. Flume, AT Bd. II, § 45 II. 3; Hübner, AT, Rdn 1297; Schilken, in: Staudinger, § 167 BGB Rdn 100 und 91 m. w. N. 324 BGHZ 113, 315; BGH WM 1989, 1637. 325 Vgl. BGHZ 113, 315 (320). 326 Hierzu Hübner, AT, Rdn 1299; Horn / Balzer, WM 2000, 333 (341).
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prinzip bezweckte Verkehrsschutz unterlaufen würde. Im Verbraucherdarlehensvertragsrecht wird man indes keinen derart strengen Maßstab für eine Abweichung vom Grundsatz der Nichtberücksichtigung der Vertrauenswürdigkeit des Vertreters anzulegen haben, weil hier als Besonderheit das bereits dargelegte erhöhte Übermittlungsrisiko besteht. Das Bestehen dieses Übermittlungsrisikos begründet eine erhöhte Schutzbedürftigkeit des Vollmachtgebers und eine verminderte Schutzwürdigkeit des Geschäftsgegners. Bereits wenn der Geschäftsgegner den Vertreter des Verbrauchers selbst einsetzt oder vermittelt oder eine Zusammenarbeit vorliegt, die die Merkmale eines verbundenen Geschäfts aufweist, ist ein überwiegendes Interesse des Verbrauchers an persönlicher, dem Transparenzgebot genügender Information anzunehmen.327 Die Gefahr von Übermittlungsfehlern erscheint hier schon allein wegen des regelmäßig mangelnden Interesses an einer ordnungsgemäßen Verbraucherinformation typischerweise so hoch, dass der gesetzliche vorgesehene Verbraucherschutz nicht mehr in hinreichendem Maße gewährleistet ist. Da gleichzeitig das Verkehrsschutzinteresse gegenüber den allgemeinen Grundsätzen wegen der Zugehörigkeit des Vertreters zur Interessensphäre des Darlehensgebers gemindert ist, ist die Erstreckung der Angabenpflicht schon auf die Vollmachtserteilung gerechtfertigt. Bezogen auf die Frage der Rechtfertigung einer Erstreckung des § 492 Abs. 1 S. 5 BGB auf die Vollmachtserteilung, die § 492 Abs. 4 S. 1 BGB als Regelfall vorsieht, lässt sich damit zusammenfassend feststellen: Indem das Gesetz in § 492 Abs. 4 S. 1 BGB nach seinem klaren Wortlaut über das hier vertretene „eingeschränkte“ Maß an Schutzbedürftigkeit hinausgeht und generell die Beachtlichkeit der Angabepflichten für die Vollmachtserteilung fordert, trifft der Gesetzgeber eine rechtspolitische Entscheidung, die den Verbraucherschutzgedanken überzieht. Der im vertretungsrechtlichen Repräsentationsprinzip enthaltene Gedanke des Verkehrsschutzes wird in einem Umfang zurückgedrängt, der bedenklich erscheint. Diese Zurückdrängung ist auch, wie der BGH bereits zutreffend festgestellt hat, nicht gemeinschaftsrechtlich verbindlich vorgegeben.328 Denn die VerbrKrRL enthält im Gegensatz zur Haustürgeschäfterichtlinie keine Aussagen zur Stellvertretung, so dass insofern auf die allgemeinen Grundsätze zurückzugreifen ist.329 Letztendlich handelt es sich bei der generellen Erstreckung der Angabepflichten aus § 492 Abs. 1 S. 5 BGB auf die Vollmachtserteilung nach § 492 Abs. 4 S. 1 BGB um eine vom deutschen Gesetzgeber dezidiert getroffene Wertentscheidung. Diese ist freilich, als von seinem Ermessen gedeckt, hinzunehmen.
Ähnlich Horn / Balzer, WM 2000, 333 (341). BGH NJW 2001, 2963 (2965). 329 Zum Einsatz von Vertretern und anderen Hilfspersonen bei Verbrauchergeschäften im Anwendungsbereich von Richtlinien vgl. Micklitz, in: MüKo, § 13 BGB Rdn 24. 327 328
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(bb) Einschränkung des § 492 Abs. 4 S. 2 BGB Soweit für notariell beurkundete Vollmachten die Angabenpflicht durch § 492 Abs. 4 S. 2 BGB ausgeschlossen ist, ist das nach den vorstehenden Ausführungen begrüßenswert, weil der gesetzliche Regelfall des § 492 Abs. 4 S. 1 BGB mit seinem generellen Verweis auf § 492 Abs. 1 S. 5 BGB zu weit geraten ist. Zu klären bleibt damit nur, ob der Ausschluss des § 492 Abs. 4 S. 2 BGB bezogen auf § 492 Abs. 1 S. 5 BGB ausnahmslos gelten soll oder in den vorstehend herausgearbeiteten Fallgruppen eines besonderen Näheverhältnisses von Vertreter und Geschäftsgegner der Einschränkung bedarf. Da der Gesetzgeber ausweislich der Materialien allein eine uneingeschränkte Erstreckung der Grundregel der Form- und Angabepflichten ausschließen wollte330, wird man auch im Anwendungsbereich des § 492 Abs. 4 S. 2 BGB Ausnahmen zulassen können. Mit § 492 Abs. 4 S. 2 BGB kehrt das Gesetz allein zur gesetzlichen Ausgangssituation des vertretungsrechtlichen Repräsentationsprinzips zurück. Der Bedeutungsgehalt der Vorschrift ist auf diese Aussage beschränkt.331 Daher ist eine teleologische Reduktion des § 492 Abs. 4 S. 2 BGB und eine analoge Anwendung des § 492 Abs. 1 S. 5 BGB in den Fällen zulässig, in denen das verbraucherschützende Informations- und Transparenzziel leer liefe und gleichzeitig das Verkehrsschutzinteresse vermindert ist.332 Das ist der Fall beim Bestehen eines besonderen Näheverhältnisses zwischen Vertreter und Geschäftsgegner, namentlich, wenn der Vertreter vom Geschäftsgegner bestellt oder vermittelt wurde oder mit ihm in einer Weise zusammenarbeitet, die die Merkmale eines verbundenen Geschäfts aufweist. In diesen Fällen überwiegt das Interesse des Verbrauchers daran, dass die Pflichten aus § 492 Abs. 1 S. 5 BGB ihm gegenüber persönlich erfüllt werden gegenüber dem Verkehrsschutzinteresse. Eine Aushöhlung der Ausnahmevorschrift bezüglich der Beachtlichkeit des Angabengebots droht bei einer unter derart strengen Voraussetzungen vorzunehmenden Einschränkung nicht. Insbesondere ist die notariell beurkundete Vollmacht als eine für die Vermögensverwaltung übliche Form der Vollmachtserteilung insofern weiterhin praktikabel und nicht entwertet. dd) Keine Heilung der (form-)nichtigen Vollmacht Ist damit der Anwendungsbereich der Neuregelung des § 492 Abs. 4 BGB näher bestimmt und kritisch bewertet, gilt es nunmehr noch einen Blick auf die Rechtsfolgenseite von Verstößen gegen die Form- und Angabepflichten zu werBT-Drucks. 14 / 7052, S. 201. Zutreffend Herresthal, JuS 2002, 844 (847). 332 Eine teleologisch einschränkende Auslegung, wie sie bzgl. des inhaltlichen Mindeststandards der notariellen Urkunde angenommen wurde, wäre hier nicht mehr möglich. Denn für den Fall, dass die notarielle Urkunde ausnahmsweise auch die Pflichtangaben enthalten muss, gelangt § 492 Abs. 4 S. 2 BGB gar nicht mehr zur Anwendung. 330 331
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
fen. Nach § 494 Abs. 1 BGB haben Verstöße die Nichtigkeit der Vollmachtserteilung zur Folge. Fraglich ist, ob die wegen Verletzung des Schriftformgebots oder der Angabepflichten nichtige Vollmacht nach § 494 Abs. 2 S. 1 BGB geheilt werden kann. Die Frage wird in der Literatur unterschiedlich beantwortet. Während eine Ansicht die Heilungsmöglichkeit aus § 494 Abs. 2 S. 1 BGB auf die (form-)nichtige Vollmachtserteilung jedenfalls dann erstrecken will, wenn der Verbraucher die Valuta persönlich erhält und konsequenterweise dann auch die Sanktionsmechanismen des Absatz 2 und 3 für anwendbar hält333, beruft sich die Gegenansicht auf den Wortlaut der Norm und lehnt die Möglichkeit der Heilung der (form-)nichtigen Vollmacht ab334. Ausgangspunkt der Gesetzesauslegung ist der Wortlaut des § 494 Abs. 2 S. 1 BGB. Hier heißt es: „Ungeachtet eines Mangels nach Absatz 1 wird der Verbraucherdarlehensvertrag gültig, soweit der Darlehensnehmer das Darlehen empfängt oder in Anspruch nimmt.“ Der Heilungstatbestand in § 494 Abs. 2 S. 1 BGB bezieht sich also alleine auf den Verbraucherdarlehensvertrag und erwähnt die vom Verbraucher erteilte Vollmacht nicht. Zwar könnte der Begriff des „Mangels nach Absatz 1“ auch Mängel der Vollmachtserteilung erfassen. Wären aber solche Mängel mitumfasst, dann wäre die zugehörige Rechtsfolge nicht die Heilung des Verbraucherdarlehensvertrags, sondern die Heilung der (form-)nichtigen Vollmacht. Bereits nach dem Gesetzeswortlaut ist daher die Heilung einer (form-)nichtigen Vollmacht nach § 494 Abs. 2 S. 1 BGB ausgeschlossen. Gestützt wird diese Sicht durch den systematischen Vergleich mit Absatz 1, der Mängel der Vollmachtserteilung und solche des Vertragsschlusses im Gegensatz zu Absatz 2 Satz 1 separat benennt. Indem der Gesetzgeber im Rahmen des Absatz 2 auf eine solche separate Anordnung verzichtete und alleine auf den Verbraucherdarlehensvertrag Bezug nahm, macht er deutlich, dass der Empfang oder die Inanspruchnahme des Darlehens durch den Verbraucher nicht zu einer Heilung der nichtigen Vollmacht führen soll. Der Gesetzgeber hat insoweit ausweislich der Gesetzesmaterialien auch eine bewusste Entscheidung getroffen. Der gezielte Ausschluss einer auf die Vollmachtserteilung bezogenen Heilungsvorschrift wurde damit begründet, dass andernfalls der durch § 492 Abs. 4 BGB intendierte Verbraucherschutz umgangen werden könnte, wenn die Heilung der Vollmacht dadurch einträte, dass sich der unzureichend bevollmächtigte Vertreter das Darlehen als Empfangsbote auszahlen ließe.335 Nun könnte man aus dieser Ausführung schließen, dass bei persönlichem Empfang des Darlehens ein Ausschluss der Heilung nicht stattfinden soll.336 Eine 333 So ohne argumentative Untermauerung seiner Sicht Schäfer, in: Haas / Medicus / Rolland / Schäfer / Wendtland, Das neue Schuldrecht, Kap. 7 Rdn 35; undeutlich, aber wohl auch in diese Richtung Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 494 BGB Rdn 8 f. 334 Reiff, in: AnwKom, § 494 BGB Rdn 14 f.; Möller, ZIP 2002, 333 (340). 335 BT-Drucks. 14 / 7052, S. 202. 336 So wohl Schäfer, in: Haas / Medicus / Rolland / Schäfer / Wendtland, Das neue Schuldrecht, Kap. 7 Rdn 35.
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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solche Gesetzesauslegung wäre allerdings – wie dargelegt – nicht mehr vom Gesetzeswortlaut gedeckt und entspräche auch, wie den Materialien weiterhin zu entnehmen ist, nicht dem gesetzgeberischen Willen. In den Materialien heißt es nämlich, dass eine gesetzlich angeordnete Heilung schon deswegen entbehrlich sei, weil der Verbraucher den Vertragsschluss nach § 177 Abs. 1 BGB genehmigen und so die Wirksamkeit des Vertrags herbeiführen könne.337 Ist insoweit eine Anwendung des § 494 Abs. 2 S. 1 BGB auf die Vollmacht ausgeschlossen und fehlt es für eine analoge Rechtsanwendung am Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke, so könnte eine Heilung nur durch eine eigenständige Sondervorschrift erreicht werden. Eine solche fehlt aber. Der vom falsus procurator abgeschlossene Verbraucherdarlehensvertrag bleibt daher bis zur Genehmigung oder deren Verweigerung nach § 177 Abs. 1 BGB schwebend unwirksam. In den Gesetzesmaterialien ist insoweit angedacht, bei Auszahlung des Darlehens direkt an den Verbraucher, also nicht an den Vertreter, von einer konkludenten Genehmigung auszugehen.338 Dieser Ansatz erscheint problematisch. Freilich ist nach § 182 Abs. 2 BGB die Erteilung einer Genehmigung auch bei Formbedürftigkeit des zu genehmigenden Geschäfts formlos und damit auch konkludent möglich. Hier wird man indes wegen des Schutzzwecks des § 492 Abs. 4 BGB anders zu entscheiden haben. § 182 Abs. 2 BGB weist die parallele Problematik zu § 167 Abs. 2 BGB auf und sollte daher nach umstrittener, aber vorzugswürdiger Ansicht unter den gleichen Voraussetzungen einer einschränkenden Auslegung zugeführt werden, mithin dann eingeschränkt werden, wenn der Formvorschrift des zu genehmigenden Geschäfts eine Warnfunktion zukommt.339 Dem Schriftformgebot aus § 492 Abs. 1 S. 1 BGB kommt eine solche Warnfunktion zu. Schon insofern wird man eine formlose Genehmigung im vorliegenden Fall für unzulässig halten müssen. Für diese Sicht spricht auch folgende Erwägung: Durch die Genehmigung des vollmachtlos geschlossenen Vertrags wird der Verbraucherdarlehensvertrag nicht wie im Fall der Heilung mit modifiziertem Inhalt (§ 494 Abs. 2 BGB), sondern rückwirkend in vollem Umfang wirksam. Wäre insoweit eine konkludente Genehmigung zulässig, so stände sich der Verbraucher hierdurch schlechter, als wenn der Gesetzgeber die Heilung der Vollmacht angeordnet hätte. Dieses Ergebnis steht im Wertungswiderspruch zu dem vom Gesetzgeber mit dem Ausschluss der Heilungsmöglichkeit verfolgten Verbraucherschutzziel. Daher wird man die Genehmigung im vorliegenden Fall ausnahmsweise für formbedürftig i. S. d. § 492 Abs. 1 S. 1 BGB halten müssen.340 Vgl. BT-Drucks. 14 / 7052, S. 202. Vgl. BT-Drucks. 14 / 7052, S. 202. 339 Überzeugend und in ausführlicher Auseinandersetzung mit der Gegenansicht plädiert Einsele, in: MüKo, § 125 BGB Rdn 23 f. für eine Übertragung der Grundsätze, die auch für die Formbedürftigkeit der Vollmacht gelten. 340 Ähnlich Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 494 VerbrKrG Rdn 8 mit § 492 BGB Rdn 38, der aber zu weitgehend auf die Informations- und Transparenzfunktion abhebt, weswegen auch die Pflichtangaben in der Genehmigung enthalten sein müssten. 337 338
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
d) Zusammenfassende Bewertung der Neuerungen bei den Form- und Angabepflichten Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz hat die §§ 4, 6 VerbrKrG mit terminologischen und systematischen Anpassungen im Wesentlichen inhaltsgleich in die §§ 492, 494 BGB überführt, so dass das bisherige Schutzniveau beibehalten wurde. Eine geringfügige Modifikation enthält § 492 Abs. 3 BGB bezüglich der postalen Übersendungsmöglichkeit der Vertragsabschrift. Ferner bestimmt § 492 Abs. 2 S. 2 BGB nach hier vertretener Ansicht für Existenzgründer auch bei einem als beiderseitiges Handelsgeschäft zu qualifizierenden Darlehensvertrag, die Geltung des für sonstige Verbraucher geltenden Zinssatzes des § 246 BGB, anstelle des in § 352 Abs. 1 HGB vorgesehenen höheren Zinssatzes. Die einzige, wirklich bedeutsame Änderung enthält § 492 Abs. 4 BGB, der in § 4 VerbrKrG keine Entsprechung hatte. Die vom Verbraucher zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags erteilte Vollmacht unterliegt nach § 492 Abs. 4 S. 1 BGB der Schriftform des § 492 Abs. 1 S. 1 BGB, einschließlich der Mindestangaben des § 492 Abs. 1 S. 5 BGB und muss den effektiven Jahreszins (§ 492 Abs. 2 BGB) enthalten. Diese Neuerung führt zu einer Zurückdrängung des Instituts der Stellvertretung im Bereich der Verbraucherdarlehensverträge. Denn die Erforderlichkeit der Aufnahme der Vertragsdaten in die Vollmachtsurkunde setzt voraus, dass diese Daten dem Verbraucher bereits vor Abschluss des Vertrages bekannt sind, der Darlehensgeber also seiner Informationspflicht bereits nachgekommen ist. Damit verliert das Institut der Stellvertretung freilich weitgehend seinen Sinn. Aber auch wenn das Gesetz den Verbraucherdarlehensvertrag somit einem höchstpersönlichen Geschäft annähert, bleibt die Stellvertretung doch noch, zumindest in begrenztem Umfang, möglich. Ein Verhandlungsspielraum des Vertreters besteht nämlich noch insoweit, als ein Abschluss zu günstigeren Konditionen, als denen, die in der Vollmachtsurkunde enthalten sind, denkbar ist, z. B. ein Abschluss zu einem niedrigeren Vertragszins, weil zwischen der Information vor der Vollmachtserteilung und dem Vertragsschluss, der Marktzins gesunken ist. Praktikabel und unter Schutzgesichtspunkten unbedenklich erscheint daneben auch das Einsetzen von Höchstbeträgen in die Vollmachtsurkunde, sofern dies im Rahmen des § 492 Abs. 1 S. 5 BGB zulässig ist. Insgesamt haftet der Neuregelung freilich eine prohibitive Wirkung an. Der Gesetzgeber hat diese bewusst in Kauf genommen, um einer Gefahr der Umgehung des Verbraucherschutzes in den Fällen der Stellvertretung entgegenzuwirken. Soweit der Verbraucher wegen unzureichender Kenntnis des Vertragsrisikos vor einer übereilten Bindung geschützt werden soll, ist die gesetzgeberische Entscheidung auch überzeugend. Wegen der dem Schriftformgebot zukommenden Warnfunktion war § 167 Abs. 2 BGB schon unter Geltung des § 4 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG richtigerweise einschränkend auszulegen, und analog § 4 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG eine abgeleitete Formbedürftigkeit der Vollmacht zu fordern. Während allerdings zuvor eine Einschränkung des § 167 Abs. 2 BGB voraussetzte, dass durch die Voll-
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machtserteilung eine dem Vertragsschluss vergleichbare Bindungswirkung entstand, gilt das Schriftformgebot (§ 492 Abs. 1 S. 1 BGB) nunmehr generell, d. h. insbesondere auch bei widerruflichen Vollmachten. Diese Schutzerweiterung ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Weniger überzeugend ist die Vorverlagerung des § 492 Abs. 1 S. 5 BGB auf den Zeitpunkt der Vollmachtserteilung. Hierdurch wird das vertretungsrechtliche Repräsentationsprinzip und der damit verbundene Verkehrsschutzgedanke m.E. zu nachhaltig eingeschränkt und der Verbraucherschutz überdehnt. Soweit den Angabenpflichten eine Warnfunktion beizumessen ist, ist dieser schon durch die Statuierung des Schriftformgebots genügt. Denn die Schriftform erfordert bereits die Beachtung eines inhaltlichen Mindeststandards, der inhaltlich in dem informatorischen Gehalt des § 492 Abs. 1 S. 5 BGB aufgeht. Zu rechtfertigen ist die Anwendbarkeit des primär auf Transparenz zielenden § 492 Abs. 1 S. 5 BGB auf die Vollmachtserteilung allein mit dem, bei Verbraucherdarlehensverträgen erhöhten Risiko von Übermittlungsfehlern (Übermittlungsrisiko). Insofern wäre es allerdings sachgerecht gewesen, dieses Risiko nur dann auf den Darlehensgeber zu verlagern, wenn der Vertreter nicht allein der Interessensphäre des Verbrauchers zuzuordnen ist, sondern in einem besonderen Näheverhältnis zum Geschäftsgegner steht. Der Gesetzgeber hat insofern m.E. eine wertungsmäßig fragwürdige Entscheidung getroffen. Soweit die Regelung des § 492 Abs. 4 S. 2 BGB u. a. notariell beurkundete Vollmachten von der Geltung des § 492 Abs. 4 S. 1 BGB ausnimmt, muss in diesen – nach hier vertretener Ansicht – jedenfalls der pflichtenbegründende Vertragsinhalt als inhaltlicher Mindeststandard enthalten sein. Diese einschränkende Auslegung des § 492 Abs. 4 S. 2 BGB rechtfertigt sich aus der Warnfunktion des Schriftformgebots aus § 492 Abs. 1 S. 1 BGB, die auch bei einer notariell beurkundeten Vollmacht Geltung beansprucht. Das Formgebot soll den Verbraucher nämlich nicht vor einem Darlehensvertrag als solchem, sondern vor einem konkreten Vertragsrisiko, also einem nach Inhalt und Ausgestaltung konkretisierten Vertrag, warnen. Die Gesetzesmaterialien sowie der rechtstatsächliche Hintergrund, der zur Einführung des § 492 Abs. 4 BGB führte, stützen diese Sicht. Eine analoge Anwendung der Mindestangabepflichten des § 492 Abs. 1 S. 5 BGB scheidet hingegen grundsätzlich aus. Das folgt daraus, dass ihre Erstreckung auf die Vollmachtserteilung schon generell fragwürdig ist. Im Übrigen nähme sie der Sonderregelung des § 492 Abs. 4 S. 2 BGB nahezu jede eigenständige Bedeutung. Eine Analogie ist aber dann in Betracht zu ziehen, wenn der Vertreter in einem besonderen Näheverhältnis zum Geschäftsgegner steht. Wird den Form- und Angabepflichten bei der Vollmachtserteilung nicht genügt, hat dies nach § 494 Abs. 1 BGB die Nichtigkeit der Bevollmächtigung zur Folge. Diese ist nicht heilbar. Der schwebend unwirksame Verbraucherdarlehensvertrag kann durch den Verbraucher aber nach allgemeinen Regeln genehmigt werden. Umdem durch das Schriftformerfordernis aus § 492 Abs. 1 S. 1 BGB bezweckten Übereilungsschutz Rechnung zu tragen und um den Wertungswiderspruch zu dem vom Gesetzgeber zum Schutz des Verbrauchers bewusst vorgenommenen Aus-
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
schluss der Heilungsmöglichkeit zu vermeiden, bedarf die Genehmigung aber in Abweichung von § 182 Abs. 2 BGB der Form des § 492 Abs. 1 S. 1 BGB.
2. Vorschriften über das Widerrufsrecht Ergänzt wird der informatorische Regelungsmechanismus der §§ 492, 494 BGB durch das „Kernstück“ des Verbraucherdarlehensvertragsrechts, das verbraucherschützende Widerrufsrecht des Darlehensnehmers.341 Dieses ebenfalls „prozedural“ wirkende Schutzinstrument wurde durch das SMG in § 495 BGB niedergelegt. Ebenso wie die Vorgängernorm des § 7 VerbrKrG handelt es sich um eine durch die Verbraucherkreditrichtlinie nicht gebotene, aber nach Art. 15 VerbrKrRL zulässige weitergehende Schutzbestimmung. Aufzudecken und unter Schutzgesichtspunkten zu bewerten sind die zentralen inhaltlichen Änderungen, die infolge des SMG sowie des OLGVertrÄndG ergingen. Nach einem Überblick über die Rechtsnatur des Widerrufsrechts und die Gesetzessystematik, sollen insofern die Änderungen im Bereich der Ausübungsmodalitäten und schließlich die Modalitäten der Widerrufsabwicklung beleuchtet werden. a) Rechtsnatur des Widerrufsrechts und Gesetzessystematik aa) Dogmatische Konzeption und Rechtsnatur des Widerrufsrechts § 495 Abs. 1 BGB bestimmt, dass dem Darlehensnehmer bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zusteht. Macht der Verbraucher in Entsprechung dieser Bestimmungen fristgerecht von seinem Widerrufsrecht Gebrauch, so geht die Wirkung des Widerrufs nach § 355 Abs. 1 S. 1 BGB (§ 361 a Abs. 1 BGB a.F.) dahin, dass der Verbraucher „an seine auf den Abschluss des Vertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden ist.“ Das Gesetz folgt damit dem Konzept der bis zum Ablauf der Widerrufsfrist bestehenden „schwebenden Wirksamkeit“ des Vertrages: Der Vertrag ist bereits mit formgerechtem Abschluss wirksam und bringt Erfüllungsansprüche hervor. Allerdings besteht bis zum Ablauf der Widerrufrist ein Schwebezustand, weil die Verbindlichkeit der Willenserklärung des Verbrauchers endet, wenn er rechtzeitig widerruft und es damit am Vorliegen zweier korrespondierender Willenserklärungen fehlt. Die fristgerechte Ausübung des Widerrufsrechts hat insoweit die Wirkung einer auflösenden Rechtsbedingung.342 Der von Anfang an wirksame Vertrag, der bei 341 So zur Vorgängernorm des § 7 VerbrKrG Palandt – Heinrichs, 61. Auflage, § 7 VerbrKrG Rdn 2; Schäfer, in: Haas / Medicus / Rolland / Schäfer / Wendtland, Das neue Schuldrecht, Kap. 7 Rdn 36 bezeichnet das Widerrufsrecht neben § 492 BGB als „zweite tragende Säule“ des Verbraucherdarlehensvertragsrechts. 342 Da die Ausübung des Widerrufsrechts alleine von der Willkür des Verbrauchers abhängt, wird zutreffend von einer gesetzlichen Potestativbedingung, respektive einer auflösen-
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ungenutztem Verstreichen der Widerrufsfrist endgültig wirksam bleibt343, wird im Fall des fristgerechten Widerrufs endgültig unwirksam und zwar ex nunc. Durch Einräumung des Widerrufsrechts wird dem Verbraucher also die Macht an die Hand gegeben, die bestehende Rechtslage dahingehend zu ändern, dass er die einmal begründete vertragliche Bindung wieder beseitigt und in ein Abwicklungsverhältnis umgestaltet. Seiner Rechtsnatur nach handelt es sich beim Widerrufsrecht deswegen um ein Gestaltungsrecht. Entscheidet sich der Verbraucher nun dafür, von dem Gestaltungsrecht Gebrauch zu machen, um die bestehende vertragliche Bindungswirkung zu beseitigen, so richten sich die Rechtsfolgen nach § 357 BGB, der in seinem Absatz 1 Satz 1 BGB auf das Rücktrittsrecht (§§ 346 ff. BGB) verweist und damit vorbehaltlich etwaiger Sonderregelungen in § 357 BGB eine Gleichstellung mit dem allgemeinen Rücktrittsrecht bewirkt. Seiner Rechtsnatur nach ist das verbraucherschützende Widerrufsrecht demnach als ein rücktrittsgleiches Gestaltungsrecht zu charakterisieren.344 Die durch das SMG geschaffene Gesetzesfassung behält insoweit hinsichtlich der dogmatischen Konzeption und der Rechtsnatur des Widerrufsrechts die Rechtslage bei, wie sie für das Verbraucherkreditrecht infolge des Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts345 seit dem 1. 10. 2000346 galt und aus § 7 Abs. 1 VerbrKrG i.V.m. § 361 a BGB a.F. folgte. Die auf der Grundlage der zuvor geltenden Fassung des § 7 Abs. 1 VerbrKrG a.F. bestehenden Zweifel an der Einordnung des Widerrufsrechts als Gestaltungsrecht, die sich mitunter daraus ergaben, dass das Gesetz hier noch dem Konzept der schwebenden Unwirksamkeit folgte347, waren mit der Einführung des § 361 a BGB a.F. beseitigt. Daran hat sich durch das SMG nichts geändert.
den Rechtsbedingung gesprochen, vgl. Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 495 BGB Rdn 42; dass eine Rechtsbedingung und nicht etwa eine echte auflösende Bedingung nach § 158 Abs. 2 BGB vorliegt, stellte Gernhuber, WM 1998, 1797 (1804) besonders deutlich heraus. 343 Die Nichtausübung des Widerrufsrechts innerhalb der gesetzlichen Frist bedeutet insoweit den Wegfall der auflösenden Rechtsbedingung. 344 Schäfer, in: Haas / Medicus / Rolland / Schäfer / Wendtland, Das neue Schuldrecht, Kap. 7 Rdn 36; ausführlich zur Rechtsnatur des Widerrufsrechts Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 495 BGB Rdn 41 ff. 345 Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts vom 27. 6. 2000, BGBl. I S. 897, berichtigt S. 1139. 346 Vgl. die durch das Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro eingefügte Übergangsbestimmung des § 19 VerbrKrG. 347 Gernhuber, WM 1998, 1797 (1801); zusammenfassend v. Koppenfels, WM 2001, 1360 (1361 f.); ausführlich zum Streitstand Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 7 VerbrKrG Rdn 3; Schulte-Nölke, Europäisches Verbrauchervertragsrecht und deutsches Bürgerliches Gesetzbuch, Teil 3, Kap. 15 II.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
bb) Gesetzessystematik Was die gesetzliche Systematik angeht, innerhalb derer das „neue“ verbraucherdarlehenvertragliche Widerrufsrecht eingebettet ist, so ist festzustellen, dass auch diese schon maßgeblich durch die in Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie erarbeitete Struktur determiniert war: Anlässlich der Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie348 hatte der Gesetzgeber bekanntlich die bestehenden verbraucherrechtlichen Nebengesetze „entschlackt“ und u. a. die Bestimmung des § 361 a BGB a.F. eingeführt. Die in § 361 a BGB a.F. enthaltenen Regelungen verfolgten den Zweck, die zu diesem Zeitpunkt noch sondergesetzlich normierten, unterschiedlich ausgestalteten Widerrufsrechte (§ 1 HausTWG, § 7 VerbrKrG, § 5 TzWrG, § 3 FernabsG) im Hinblick auf Wirkung, Modalitäten (Art der Ausübung des Widerrufsrechts, Beginn und Dauer der Widerrufsfrist, Anforderungen an die Belehrung) sowie Rechtsfolgen zu vereinheitlichen349, wenngleich bereichsspezifische Modifikationen zu § 361 a BGB a.F. in den einzelnen Nebengesetzen beibehalten wurden. Die Widerrufsbestimmungen der Nebengesetze wurden dahingehend umformuliert, dass diese jeweils den nach § 361 a Abs. 1 S. 1 BGB a.F. erforderlichen normativen Verweis auf § 361 a BGB a.F. enthielten, der notwendig war, um die Vorschrift, die selbst kein Widerrufsrecht gewährte, sondern die Einräumung eines solchen voraussetzte, überhaupt zur Anwendung zu bringen.350 Das SMG schreibt nun diesen in Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie entwickelten Ansatz einer möglichst einheitlichen Widerrufsausgestaltung fort: An die Stelle des § 361 a Abs. 1 S. 1 BGB a.F. tritt § 355 Abs. 1 S. 1 BGB, der die Vorgängerregelung inhaltsgleich ersetzt. Die anwendungsbereicheröffnende Vorschrift für § 355 BGB ist dabei § 495 Abs. 1 BGB (vormals § 7 Abs. 1 VerbrKrG). Der ehemalige § 361 a Abs. 1 S. 1 und S. 2 BGB a.F. bildet nunmehr mit einer geringfügigen terminologischen Abweichung351 den § 355 Abs. 1 BGB. Die Sätze drei bis sechs des § 361 a Abs. 1 BGB a.F. wurden in § 355 Abs. 2 BGB überführt. Der Übersicht halber352 wurden schließlich die Bestimmungen über die Rechtsfolgen des Widerrufs aus § 361 a Abs. 2 BGB a.F. ausgegliedert und in einer eigenständigen Vorschrift, namentlich § 357 BGB niedergelegt. Ebenso wie die Altregelung bleibt auch § 357 BGB damit in das Recht des Rücktritts eingebettet.353 Zwischen 348 Richtlinie 97 / 7 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsschlüssen im Fernabsatz, ABl. EG Nr. L 144, S. 19. 349 Näher hierzu Ulmer, in: MüKo, § 361 a BGB Rdn 2 f., 5. 350 Vgl. § 7 Abs. 1 VerbrKrG und im Übrigen § 5 Abs. 1 TzWrG, § 3 Abs. 1 FernabsG, § 1 Abs. 1 HausTWG und § 4 Abs. 1 FernUSG. 351 Anstelle des Wortes „erfolgen“, wie es bisher in § 361 a Abs. 1 S. 2 BGB verwandt wurde, heißt es nunmehr „erklären“. Damit sind freilich keine inhaltlichen Änderungen verbunden, vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 198. 352 Zum Ziel der Regelungstransparenz in diesem Kontext, vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 198. 353 Das Rücktrittsrecht findet sich seit dem SMG im Zweites Buch, Titel 5 des dritten Abschnitts. Dabei unterteilt das Gesetz in zwei Untertitel, nämlich Untertitel 1 (§§ 346 bis
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der Regelung über Wirkung und Modalitäten des Widerrufsrechts (§ 355 BGB) und den Bestimmungen betreffend die Rechtsfolgen (§ 357 BGB), befindet sich § 356 BGB, der wie § 361 b BGB a.F. das widerrufsersetzende Rückgaberecht bei Verbraucherverträgen betrifft, worauf aber im Folgenden, wegen des geringen Bezugs zum Verbraucherdarlehensvertragsrecht nicht weiter einzugehen ist.354 Das SMG blieb allerdings nicht bei strukturellen Modifikationen stehen, sondern führte durchaus auch zu inhaltlichen Änderungen. Die Angleichung der Widerrufsmodalitäten im Hinblick auf die Art der Ausübung, den Beginn und die Dauer der Frist, sowie die Anforderungen an die Belehrung wurde weiter vorangetrieben.355 Mit der Überführung der Rechtsfolgen des Widerrufs in § 357 BGB gingen ebenfalls inhaltliche Modifikationen einher – man denke etwa an die neu eingeführte Wertersatzpflicht bei bestimmungsgemäßer Ingebrauchnahme in § 357 Abs. 3 S. 1 BGB. Das OLGVertrÄndG schließlich brachte noch einige Detailänderungen, insbesondere im Zusammenhang mit der bis dahin bestehenden maximalen Widerrufsfrist (§ 355 Abs. 1 BGB a.F.).
b) Ausübungsmodalitäten Das verbraucherschützende Widerrufsrecht des Darlehensnehmers ist ein fristund formgebundenes Gestaltungsrecht. Die Modalitäten der ordnungsgemäßen Ausübung werden bestimmt durch § 355 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, Abs. 3 BGB.
aa) Widerrufsfrist und -form (1) Widerrufsform Ein ordnungsgemäßer Widerruf durch den Verbraucher setzt die Beachtung der gesetzlich vorgesehenen Form voraus. Nach § 355 Abs. 1 S. 2 BGB hat die Widerrufserklärung in Textform (§ 126 b BGB) zu erfolgen, oder sie ist ausnahmsweise – was etwa für Teilzahlungsgeschäfte oder Finanzierungsleasingverträge relevant 354 BGB), der das allgemeine Rücktrittsrecht erfasst und Untertitel 2 (§§ 355 bis 359 BGB), der verbraucherschützende (rücktrittsgleiche) Widerrufs- und Rückgaberechte, sowie die Bestimmungen über verbundene Verträge (§ 358 BGB) und den Einwendungsdurchgriff (§ 359 BGB) umfasst. Nach der Altregelung waren die §§ 361 a, b BGB im Zweiten Buch, Titel 5 des Zweiten Abschnitts ebenfalls zusammen mit den an die allgemeinen Rücktrittsvorschriften niedergelegt, freilich ohne, dass eine Unterteilung in Untertitel erfolgte. 354 Das Rückgaberecht nach § 356 BGB (§ 361 b BGB a.F.) hat im Verbraucherkreditrecht im Bereich der Teilzahlungsgeschäfte (§ 499 Abs. 2 BGB) Bedeutung. Hier kann nach § 503 Abs. 1 BGB das Rückgaberecht eingeräumt werden. Da Teilzahlungsgeschäfte aber nicht Gegenstand vorliegender Untersuchung sind, wird auf das widerrufsersetzende Rückgaberecht im Folgenden nicht näher eingegangen. 355 Vgl. etwa v. Koppenfels, WM 2001, 1360.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
ist – konkludent durch Rücksendung der Sache möglich. Ebenso wie die Vorgängerregelung des § 361 a Abs. 1 S. 2 BGB a.F. schränkt das Gesetz damit die freie Wahl des Erklärungsmittels ein. Dabei unterscheidet sich die Altregelung allein dadurch von der Neufassung, dass der Widerruf statt in „Textform“, „schriftlich“ oder „auf einem anderen dauerhaften Datenträger“ zu erfolgen hatte. Fraglich ist, ob damit inhaltliche Änderungen verbunden sind. Die Frage stellt sich allerdings nur im Hinblick auf Abweichungen der Textform vom Begriff des dauerhaften Datenträgers, nicht aber im Hinblick auf die „schriftliche“ Erklärungsmodalität. Es ist nämlich in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass der Terminus „schriftlich“ i. S. d. § 361 a Abs. 1 S. 2 BGB a.F. keine gegenüber dem dauerhaften Datenträger eigenständige Formvorgabe im Sinne des Schriftformerfordernisses in § 126 BGB bezeichnet, nach dem insbesondere eine eigenhändige Unterschrift, respektive eine qualifizierte elektronische Signatur der Erklärung erforderlich wäre356; vielmehr handelt es sich bei der „schriftlichen“ Erklärung um einen Unterfall des Begriffs des dauerhaften Datenträgers.357 Die hier vorzunehmende Untersuchung hat demnach allein den Begriff des dauerhaften Datenträgers dem Begriff der Textform gegenüberzustellen. Die Textform ist definiert in § 126 b BGB: „Ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, so muss die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Widergabe in Schriftzeichen geeignete Weise abgegeben, die Person des Erklärenden genannt und der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht sein.“ Erforderlich und hinreichend ist somit allein eine fixierte Erklärung in lesbar zu machenden Zeichen auf einem zur dauerhaften Wiedergabe von Schriftzeichen geeigneten Datenträger358; dabei muss aus der Erklärung der Erklärende erkennbar hervorgehen und der Erklärungsabschluss irgendwie deutlich gemacht sein. Der Begriff des dauerhaften Datenträgers wird vom Gesetz nicht präzise definiert. Es fand sich aber 356 Begründet wurde dies insbesondere mit dem Formzweck der in Frage stehenden verbraucherschützenden Bestimmung. Das Schriftlichkeitserfordernis diene dem Verbraucher nicht zum Schutz vor einer übereilten Entscheidung, sondern allein Beweis-, Informationsund Dokumentationszwecken, vgl. ausführlich Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 7 VerbrKrG Rdn 60; ferner Bülow, VerbrKrG, § 7 VerbrKrG Rdn 93, nach dem Schriftlichkeit nichts anderes bedeutet als „Niederlegung in einer Urkunde“. Auch die Rechtsprechung folgte dieser Linie. Schon vor Einführung des § 361 a BGB, mithin unter Geltung des § 7 Abs. 1 VerbrKrG a.F., nach dem generell Schriftlichkeit vorgeschrieben war, hielt das OLG Braunschweig, WM 2000, 814 (815) eine eigenhändige Unterschrift für entbehrlich; vgl. auch OLG Celle WM 2000, 816 (817). 357 Explizit Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 7 VerbrKrG Rdn 60. Diese Einschätzung ist v.a. unter systematischen Erwägungen überzeugend. Es wäre nämlich sinnwidrig, wenn das Gesetz einerseits durch den Begriff „schriftlich“ die Schriftform des § 126 BGB beachtet wissen wollte, andererseits aber eine Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger zuließe, der ausweislich des § 361 a Abs. 3 S. 1 BGB a.F. auch schriftliche Urkunden als Erklärungsmedium zulässt, dabei aber gerade keine eigenhändige Unterschrift oder eine anderweitige Signatur erfordert. 358 Vgl. BT-Drcks. 14 / 4987, S. 18; Noack, in: AnwKom, § 126b BGB Rdn 2.
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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implizit eine Erläuterung in § 361 a Abs. 3 S. 1 BGB a.F., der lautete: „Informationen und Erklärungen sind dem Verbraucher auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt, wenn sie ihm in einer Urkunde oder in einer anderen lesbaren Form zugegangen sind, die dem Verbraucher für eine den Erfordernissen des Rechtsgeschäfts entsprechende Zeit die inhaltlich unveränderte Wiedergabe der Informationen erlaubt“. Der dauerhafte Datenträger ist hiernach eine Urkunde oder ein anderes lesbares, zur dauerhaften Wiedergabe von Schriftzeichen geeignetes Medium; denkbar sind insoweit schriftliche Erklärungen (Urkunden), Telegramme, Telefaxe aber auch nicht verkörperte, durch elektronische Medien übermittelte Erklärungen, etwa solche auf Disketten, CD-Roms oder Erklärungen per e-mail.359 Wertet man nun die Gegenüberstellung der Begrifflichkeiten „Textform“ und dauerhafter Datenträger“ aus, so ergibt sich Folgendes: In beiden Fällen ist eine Verkörperung der Erklärung in einer Urkunde möglich, aber nicht erforderlich, ebenso wenig, wie eine eigenhändige Unterschrift oder sonstige Signatur. Maßgeblich ist allein, dass der gewählte Datenträger die Erklärung dauerhaft wiedergeben kann.360 Soweit § 126 b BGB zur Frage des an die Dauerhaftigkeit anzulegenden Maßstabs im Gegensatz zu § 361 a Abs. 3 S. 1 BGB a.F. schweigt, führt ein Blick in die Gesetzesmaterialien bei der Normauslegung weiter. Hier führt der Gesetzgeber zu § 126 b BGB aus, dass der an die Dauerhaftigkeit anzulegende Maßstab flexibel nach den Erfordernissen des jeweiligen Rechtsgeschäfts zu ermitteln ist.361 Damit ist der Sache nach schon der durch § 361 a Abs. 3 S. 1 BGB a.F. benannte Maßstab bezeichnet, so dass nach dem Willen des Gesetzgebers die bisherige Rechtslage beibehalten werden soll. Inhaltliche Änderungen könnten sich aber daraus ergeben, dass der Wortlaut des § 361 a Abs. 3 S. 1 BGB a.F. dadurch von § 126 b BGB abweicht, dass erstgenannter forderte, dass die Erklärung jedenfalls in einer „lesbaren Form“ erfolgt, wohingegen § 126 b BGB eine solche Formulierung nicht kennt. Lesbar sind Schriftzeichen jedenfalls dann, wenn sie unmittelbar sinnlich wahrnehmbar sind. Soweit § 361 a Abs. 3 S. 1 BGB a.F. insoweit von einer„lesbaren Form“ spricht, kann damit freilich nicht gemeint sein, dass eine unmittelbare sinnliche Wahrnehmung der auf dem Datenträger enthaltenen Schriftzeichen möglich sein muss. Dann wären nämlich elektronische Erklärungen, bei denen der Erklärungsempfänger erst noch eine Handlung vornehmen muss, z. B. das Öffnen einer auf Diskette gespeicherten Datei oder das Öffnen einer e-mail per Mausklick nicht formwahrend, wobei der Gesetzgeber doch gerade diese modernen Kommunikationsmittel durch § 361 a Abs. 3 S. 1 BGB a.F. erfasst wissen wollte. Dementsprechend kann es nur darauf ankommen, dass die entsprechenden Erklärungen vom Empfänger lesbar gemacht werden können. Nichts anderes gilt Palandt – Heinrichs, 61. Auflage, § 361 a BGB Rdn 26. Ausführlich zum Begriff des dauerhaften Datenträgers Noack, in: AnwKom, § 126 b BGB Rdn 12 ff. 361 Vgl. BR- Rechtsausschuss, BT-Drucks. 14 / 7052, S. 195; kritisch hierzu Noack, in: AnwKom, § 126 b BGB Rdn 20. 359 360
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
bei § 126 b BGB362, so dass auch insoweit keine Abweichungen bestehen. Unterschiede könnten sich damit alleine noch daraus ergeben, dass die Wahrung der Textform des § 126 b BGB über die bis dahin genannten Kriterien erfordert, dass die Person des Erklärenden aus der Erklärung identifizierbar hervorgehen und darüber hinaus der Erklärungsabschluss irgendwie deutlich gemacht sein muss. Solche Voraussetzungen lassen sich dem Wortlaut des § 361 a Abs. 3 S. 1 BGB a.F. nicht entnehmen. Allerdings war auch nach § 361 a Abs. 3 S. 1 BGB a.F. anerkannt, dass aus dem Datenträger die Person des Erklärenden hervorgehen muss.363 Bleibt allein, dass nach § 361 a Abs. 3 S. 1 BGB a.F. nicht zwingend der Abschluss der Erklärung kenntlich zu machen war. Die Anforderungen an die Kenntlichmachung des Erklärungsabschlusses nach § 126 b BGB sind aber so gering – so reicht etwa die Anfügung einer Grußformel oder des Datums zur Formwahrung aus364 – dass dieser Unterschied nicht ins Gewicht fällt, zumal es an der Erfüllung dieses Erfordernisses in der Praxis ohnehin kaum fehlen wird. Der Begriff der „Textform“, der den des „dauerhaften Datenträgers“ ersetzt, führt somit zu keiner Verschärfung der Formanforderungen an einen ordnungsgemäßen Widerruf. Hinsichtlich der Formanforderungen an den Widerruf ergeben sich damit gegenüber der alten Rechtslage keine Abweichungen. Unter Schutzzweckgesichtspunkten bedeutet dies Folgendes: Die verglichen mit § 126 BGB eher geringfügige Einschränkung der freien Wahl des Erklärungsmittels durch §§ 355 Abs. 1 S. 2 i.V.m. 126 b BGB ist nicht geeignet, den Verbraucher vor einer übereilten Entscheidung zu schützen, insbesondere weil sie keine eigenhändige Unterschrift oder qualifizierte elektronische Signatur erfordert. Dementsprechend erfüllt sie keine Warnfunktion. Die vorgesehene Textform dient alleine der Sicherung des Beweises über die Ausübung des Widerrufsrechts und verschafft dem Darlehensgeber im Wege der Dokumentation der abgegebenen Erklärung die nötige Klarheit über den Willen des Verbrauchers, sich von der vertraglichen Bindung zu lösen.365
(2) Widerrufsfrist Damit der Widerruf ordnungsgemäß erklärt ist, muss der Verbraucher freilich nicht nur die Widerrufsform, sondern insbesondere auch die Widerrufsfrist beachten, mit deren Ablauf das Recht zum Widerruf erlischt und der Verbraucher endgültig gebunden bleibt. Die Frist zum Widerruf der auf Abschluss des VerbraucherZu § 126 b BGB insoweit explizit Noack, in: AnwKom, § 126b BGB Rdn 2, 12. Palandt – Heinrichs, 61. Auflage, § 361 a BGB Rdn 25. 364 Palandt – Heinrichs, § 126 b BGB Rdn 5; erforderlich und hinreichend ist allein, dass die Kenntlichmachung geeignet ist, den Erklärungsabschluss zu verdeutlichen, um hierdurch zu dokumentieren und klarzustellen, dass das Stadium der rechtsunverbindlichen Notizen verlassen wurde, vgl. Noack, in: AnwKom, § 126 b BGB Rdn 20. 365 Zum inhaltsgleichen Schutzzweck der Altregelung vgl. Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 7 VerbrKrG Rdn 60. 362 363
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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darlehensvertrags gerichteten Willenerklärung beträgt nach § 355 Abs. 1 S. 2 BGB, ebenso wie nach § 361 a Abs. 1 S. 2 BGB a.F., zwei Wochen. (a) Fristbeginn Sie beginnt erst zu laufen, wenn der Darlehensgeber dem Verbraucher eine nach § 355 Abs. 2 S. 1 ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt hat und dem Verbraucher zusätzlich gem. § 355 Abs. 2 S. 3 BGB die Vertragsurkunde, den schriftlichen Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift der Urkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt hat. Insoweit benennt § 355 Abs. 2 S. 1 BGB die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung ohne inhaltliche Abweichung gegenüber der Vorgängerregelung des § 361 a Abs. 1 S. 3 BGB a.F.366 Auch das Zusatzerfordernis des § 355 Abs. 2 S. 3 BGB war bereits in § 361 a Abs. 1 S. 5 BGB a.F. enthalten.367 Allerdings war nach § 361 a Abs. 1 S. 4 BGB a.F. für den Fristbeginn zusätzlich erforderlich, dass der Verbraucher bei anderen als notariell beurkundeten Verträgen, die Belehrung gesondert unterschrieb oder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versah. Noch das SMG hielt an diesem Erfordernis in der Vorschrift des § 355 Abs. 2 S. 2 BGB fest. Durch das OLGVertrÄndG wurde das Un366 Nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB ist eine Widerrufserklärung dann ordnungsgemäß erteilt, wenn „dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittels seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist, die auch Namen und Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, und einen Hinweis auf den Fristbeginn und die Regelung des Absatzes 1 Satz 2 BGB enthält.“ Eine ordnungsgemäße Widerrufserklärung zeichnet sich also dadurch aus, dass ihr ein gesetzlich festgelegter Inhalt zu entnehmen ist, sie inhaltlich und drucktechnisch deutlich, mithin dem Transparenzgebot genügend gestaltet ist und darüber hinaus die Form des § 126 b BGB beachtet. Unterschiede gegenüber der Altregelung bestehen alleine insoweit, als diese nicht auf die „Textform“, sondern auf den Begriff des „dauerhaften Datenträger[s]“ abstellte und anstelle der Umschreibung „desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist“, sprachlich knapper aber unpräziser vom „Widerrufsempfänger“ sprach. Da der Begriff der Textform den des dauerhaften Datenträgers – wie unter C. V. 2. b) aa) (1) gesehen – äquivalent ersetzt und auch die zweite Änderung allein redaktioneller Natur ist, ergeben sich keine inhaltlichen Abweichungen gegenüber der bisherigen Rechtslage. Durch Verordnung vom 1. 8. 2002 wurde nun ein Muster für eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung verabschiedet, vgl. Anlage 2 zur neuen BGB-InfoV. Nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV soll bei Verwendung dieses Musters die inhaltliche Ordnungsgemäßheit der Belehrung gewahrt sein. Verwendet der Unternehmer hingegen eigene Formulierungen, hat er für die Ordnungsgemäßheit der Erklärung selbst Rechnung zu tragen. Detaillierte Ausführungen zum Belehrungsinhalt und zum Deutlichkeitsgebot finden sich bei Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 495 BGB Rdn 108 ff. 367 § 355 Abs. 2 S. 3 BGB, der § 361 a Abs. 1 S. 5 BGB a.F. sprachlich überarbeitet aber inhaltsgleich übernimmt, enthält eine Sonderregelung für den Fristbeginn bei schriftformbedürftigen Verbraucherverträgen. Wegen des Schriftformerfordernisses beim Verbraucherdarlehensvertrag (§ 492 BGB), muss der Darlehensgeber dem Verbraucher zusätzlich zu der Belehrung auch die Vertragsurkunde oder eine Abschrift aushändigen, um die Frist in Gang zu setzen.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
terschriftserfordernis nun aber ersatzlos gestrichen. Für Verträge, die nach dem 1. 8. 2002 abgeschlossen wurden, ist der Fristbeginn damit alleine von der Erteilung einer ordnungsgemäßen Belehrung mit dem Zusatzerfordernis des § 355 Abs. 2 S. 3 BGB abhängig.368 (b) Sonderfrist Ausnahmsweise beträgt die Widerrufsfrist nicht zwei Wochen, sondern einen Monat. Das gilt dann, wenn der Darlehensgeber die ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nicht bereits bei Vertragsschluss erteilt, sondern erst später nachholt. Diese Sonderfrist wurde durch das OLGVertrÄndG in dem neugefassten § 355 Abs. 2 S. 2 BGB im Zusammenhang mit der Streichung der Maximalfrist bei unterbliebener oder nicht ordnungsgemäßer Belehrung eingeführt.369 Sie hat im alten Recht – auch in der Fassung des SMG – keine Entsprechung. Die Sonderfrist gilt für Verträge, die nach dem 1. 8. 2002 geschlossen wurden. Sie gilt aber auch für vor diesem Zeitpunkt abgeschlossene Verträge, sofern die Belehrung erst nach dem 1. 8. 2002 erfolgte.370
(3) Erlöschen des Widerrufsrechts und Fristende Wesentliche, zum Teil einschneidende Neuerungen, betreffen das Erlöschen des Widerrufsrechts, insbesondere in den Fällen unterbliebener oder nicht ordnungsgemäßer Belehrung. (a) Ordnungsgemäße Belehrung Bei ordnungsgemäßer Belehrung und Beachtung des § 355 Abs. 2 S. 3 BGB erlischt das Widerrufsrecht des Verbrauchers wie bisher mit Ablauf von zwei Wochen nach Fristbeginn. Das galt bis zum In-Kraft-Treten des OLGVertrÄndG auch in dem Fall, in dem die ordnungsgemäße Belehrung nicht bei Vertragsschluss erfolgte, sondern erst später nachgeholt wurde. In letztgenanntem Fall steht dem Verbraucher nunmehr – wie gesehen – eine längere Überlegungsfrist zu, so dass das Widerrufsrecht erst nach Ablauf von einem Monat erlischt.
368 Der Wegfall des Unterschriftserfordernisses durch das OLGVertrÄndG gilt bereits ab In-Kraft-Treten des Gesetzes (1. 8. 2002) und nicht erst wie die übrigen verbraucherdarlehensrechtlichen Vorschriften ab dem 1. 11. 2002, vgl. Art. 229 § 8 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 EGBGB (berichtigt: § 9 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 EGBGB). 369 Zum Zusammenhang zwischen dem neuen § 355 Abs. 2. S. 2 BGB und der Streichung der Maximalfrist vgl. näher nachfolgend unter C. V. 2. b) aa) (3) (b) (bb) ( ). 370 In letzterem Fall bedarf es dann auch keiner gesonderten Unterschrift des Verbrauchers unter die Widerrufserklärung mehr, vgl. Art. 229 § 8 Abs. 2 EGBGB.
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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(b) Unterbliebene und rechtsfehlerhafte Widerrufsbelehrung Wird die Widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß, also gar nicht oder zumindest nicht rechtsfehlerfrei erteilt und wird sie auch nicht ordnungsgemäß nachgeholt, so stellt sich die Frage, ob der Verbraucher das Widerrufsrecht, das bereits mit Vertragsschluss entsteht, zeitlich unbegrenzt ausüben kann, oder ob und gegebenenfalls wie im Interesse der Rechtssicherheit hier Grenzen zu ziehen sind. (aa) Von § 7 Abs. 2 VerbrKrG über § 355 Abs. 3 BGB in der Fassung des SMG zur Streichung der Maximalfrist durch das OLGVertrÄndG Der durch das OLGVertrÄndG neugefasste § 355 Abs. 3 BGB beantwortet diese Frage im Sinne einer zeitlich grundsätzlich unbegrenzten Widerrufsfrist. Das gilt für Verbraucherdarlehensverträge, die nach dem 1. 11. 2002 geschlossen wurden. Die zuvor geltende Fassung des § 355 Abs. 3 BGB, wie sie durch das SMG geschaffen worden war, bestimmte hingegen, dass das Widerrufsrecht des Verbrauchers spätestens sechs Monate nach Vertragsschluss erlöschen sollte. Das Gesetz bestimmte damit in der Tradition der bisherigen verbraucherschützenden Widerrufsrechte eine Maximalfrist. Die bis dahin in ihrer konkreten Ausgestaltung teilweise sehr unterschiedlichen Widerrufsfristen371 wurden dabei durch vorstehende, einheitlich für alle verbrauchervertraglichen Widerrufsrechte geltende Regelung harmonisiert. Für das Verbraucherdarlehensvertragsrecht bedeutete dies, dass anders als noch nach § 7 Abs. 2 VerbrKrG die maximale Widerrufsfrist nicht mehr mit Abgabe der Willenserklärung des Verbrauchers zu laufen begann, sondern wie bei allen anderen Verbraucherverträgen mit Vertragsschluss. Diese Änderung war freilich unter Schutzgesichtspunkten ebenso unbedenklich wie der Umstand, dass die beiderseitige Erfüllung des Kreditvertrages, die bis dahin ohne weiteres das Erlöschen des Widerrufsrechts zur Folge hatte, als verbraucherkreditrechtliche Besonderheit von nun an unbeachtlich war. Unter Schutzgesichtspunkten problematisch und rechtspolitisch umstritten war allerdings die drastische Verkürzung der bis dahin nach § 7 Abs. 2 VerbrKrG eingeräumten Jahresfrist auf sechs Monate. Während die Befürworter des gesetzgeberischen Harmonisierungskurses372 diese Verkürzung der kreditrechtlichen Widerrufsfrist um die Hälfte durch den Zugewinn an „übergreifender“ Gesetzestransparenz im Verbrauchervertragsrecht gerechtfertigt sahen373, 371 Vgl. § 3 Abs. 1 S. 3 FernabsG, der eine Ablauffrist von 4 Monaten ab Vertragsschluss bzw. Lieferung der Ware vorsah, § 2 HausTWG, nach dem eine Ablauffrist von einem Monat nach vollständig beiderseitig erbrachter Leistung bestand und § 5 Abs. 2 S. 2, Abs. 4 TzWrG, der einen hinausgeschobenen Fristbeginn von drei Monaten ab Aushändigung der Vertragsurkunde vorschrieb. Zu § 7 Abs. 2 VerbrKrG vgl. die Ausführungen im Text. 372 Vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 198. 373 Dahingehend Habersack, BKR 2001, 72 (75); ähnlich Köndgen, WM 2001, 1637 (1636), der die Sechsmonatsfrist zwar als ein wenig knapp geraten einschätzt, im Hinblick auf das gesetzgeberische Harmonisierungsbestreben aber letztlich doch als akzeptablen Mittelwert bezeichnet.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
übten andere Teile der Literatur harsche Kritik, indem sie eine unsachgemäße Vereinheitlichung unterschiedlich gearteter Sachverhalte im Wege einer „Rasenmähermethode“374 rügten. Die unter schutzdogmatischen Gesichtspunkten interessante Frage der Notwendigkeit unterschiedlicher Widerrufsfristen375 wurde in praktischer Hinsicht schließlich hinfällig, als der Gesetzgeber im Zuge des OLGVertrÄndG an § 355 Abs. 3 BGB einen neuen Satz 3 anhängte. Durch diesen als Reaktion auf die „Heininger“-Entscheidung des EuGH geschaffenen Satz 3 wurde nämlich der Anwendungsbereich der durch das SMG gerade erst eingeführte Maximalfrist aus § 355 Abs. 3 S. 1 BGB so weit eingeschränkt, dass darin eine Streichung der Maximalfrist für die Fälle der unterbliebenen oder fehlerhaften Belehrung zu erblicken ist376. Für Haustürgeschäfte hatte der EuGH im „Heininger“-Urteil in allgemein gehaltener Form entschieden, dass nationale Befristungsregelungen für den Fall der nicht ordnungsgemäß erfolgten Widerrufsbelehrung mit der Haustürgeschäfterichtlinie unvereinbar sind377; damit stand schon vor In-Kraft-Treten des § 355 Abs. 3 BGB in der durch das SMG geschaffenen Fassung die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Regelung fest. Da eine gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung des § 355 Abs. 3 BGB wegen seines klaren Wortlauts nicht in Betracht kam, bestand gesetzgeberischer Handlungsbedarf. Die Möglichkeit, eine Sonderregelung für Haustürgeschäfte vorzusehen, kam für den Gesetzgeber nicht in Betracht, weil er damit das gerade erst umgesetzte Harmonisierungsziel unterwandert hätte.378 Deswegen wurde letztlich nicht nur für den Bereich der Haustürgeschäfte, sondern allgemein für verbraucherschützende Widerrufsrechte bestimmt, dass in den Fällen unterbliebener oder fehlender Widerrufsbelehrung gar keine Frist läuft, das Widerrufsrecht somit grundsätzlich zeitlich unbegrenzt besteht. Dies geschah in der durch das OLGVertrÄndG geschaffenen Variante des § 355 Abs. 3 BGB, namentlich durch die Anfügung des neuen Satz 3 mit den Folgeänderungen in § 355 Abs. 2 S. 2 BGB. (bb) Rechtslage nach dem OLGVertrÄndG § 355 Abs. 3 BGB in der Fassung des OLGVertrÄndG ist auf den ersten Blick schwer verständlich, weil der neu angefügte Satz 3 der Bestimmung des § 355 374 So die bildhafte Bewertung der radikalen Vereinheitlichung bei Artz, Jb. J. ZivRWiss. 2001, 227 (248 ff.); in diese Richtung zum Time-Sharing auch Mankowski, in: Schulze / Schulte-Nölke (Hrsg), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 357 (367); Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 495 BGB Rdn 137. 375 Vgl. zur Frage der schutzzweckorientierten Differenzierung von Widerrufsfristen die (impliziten) Ausführungen im Rahmen der Frage nach einer zeitlichen Begrenzung des Widerrufsrecht im Wege der Verwirkung, nachfolgend unter C. V. 2. b) aa) (3) (b) (bb) (). 376 Näher hierzu im Folgenden. 377 EuGH, Urteil vom 13. 12. 2001, Rs. C – 481 / 99 (Heininger / HypoVereinsbank); hierzu vgl. oben unter C. IV. 1. b) cc) (1) (a). 378 Vgl. BT-Drucks. 14 / 9266, S. 45 f.
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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Abs. 3 S. 1 BGB zu widersprechen scheint. Nach § 355 Abs. 3 S. 1 BGB erlischt das Widerrufsrecht spätestens 6 Monate nach Vertragsschluss.379 Nach dem neuen Satz 3 erlischt das Widerrufsrecht aber nicht nach Satz 1, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist. Das ist regelungstechnisch insoweit befremdend, als Satz 3 damit genau den Fall von Satz 1 ausnimmt, für den Satz 1 ursprünglich geschaffen wurde und der dessen Hauptanwendungsfall bildete. Durch diese weitreichende Einschränkung des Satz 1 ist die Maximalfrist weitestgehend abgeschafft: Der Verbraucher kann bei unterbliebener, unvollständiger, fehlerhafter oder undeutlicher Belehrung zeitlich unbefristet widerrufen, sofern er nicht nachträglich noch ordnungsgemäß belehrt wird. Der Gesetzgeber hielt eine solche Regelung, die die Schutzinteressen des Verbrauchers dem Interesse des Unternehmers an Rechtssicherheit überordnet, aus Sicht des Unternehmers allerdings nur dann für zumutbar, wenn die bis dahin bestehende (hohe) Fehleranfälligkeit von Widerrufsbelehrungen, die aus der Komplexität der gesetzlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Belehrung resultiert und auch einen an sich „rechtstreuen“ Unternehmer überfordern kann380, eingedämmt wird. Um dem Unternehmer zu ermöglichen, die gesetzlichen Anforderungen „leicht und sicher“381 zu erfüllen und damit die Widerrufsfrist in Gang zu setzen, machte das Bundesjustizministerium von der Verordnungsermächtigung des Art. 245 EGBGB Gebrauch: Durch Verordnung vom 1. 8. 2002 wurde ein Muster für eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung verabschiedet, vgl. Anlage 2 zur neuen BGB-InfoV.382 Nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV soll dabei die Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen genügen, wenn zur Belehrung das entsprechende Muster verwandt wird. Ob der Unternehmer beim Rückgriff auf die Gestaltungsvorschläge der Verordnung allerdings tatsächlich auf der sicheren Seite steht, darf bezweifelt werden, weil zwischen Gesetzes- und Verordnungslage im Detail durchaus Diskrepanzen bestehen, die teilweise zu Lasten des Verbrauchers von der gesetzlichen Vorgabe abweichen.383 Daher ist schon in Bälde eine Überarbeitung des Musters zu erwarten.
379 Bzw. gem. § 355 Abs. 3 S. 2 BGB sechs Monate nach einer späteren Warenlieferung, was im vorliegenden Kontext nicht weiter interessiert. 380 Hierzu auch Wittig / Wittig, WM 2002, 145 (153). 381 BT-Drucks. 14 / 9266, S. 45. 382 Vgl. BGBl. I, S. 342; BGBl. I S. 2958. 383 So weicht das Muster etwa im Hinblick auf den Beginn der Widerrufsfrist zu Lasten des Verbrauchers von der gesetzlichen Vorgabe ab. Zwar ist es zutreffend, dass die Frist „frühestens mit Erhalt der Widerrufsbelehrung beginnt“ (vgl. Anlage 2, Muster für die Widerrufsbelehrung), allerdings macht das dem Verbraucher nicht deutlich, dass auch wesentlich später als nach Ablauf von zwei Wochen nach Erhalt der Widerrufsbelehrung ein fristgerechter Widerruf möglich ist. Beim Verbraucherdarlehensvertrag ist der Fristbeginn etwa an die Voraussetzung des § 355 Abs. 2 S. 3 BGB geknüpft, so dass der Verbraucher deutlich jenseits von zwei Wochen nach Erhalt der Belehrung fristwahrend widerrufen kann. Vgl. im Übrigen die ausführliche Kritik bei Masuch, NJW 2002, 2931 f.
15 Enders
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
() Verbliebener Anwendungsbereich der Maximalfrist aus § 355 Abs. 3 S. 1 BGB Fraglich ist nun natürlich, ob durch den neuen Satz 3 die Vorschrift des § 355 Abs. 3 S. 1 BGB zur sinnentleerten Hülse verkommen ist, mit der Folge, dass die Sechsmonatsfrist aus Satz 1 gänzlich unbeachtlich wäre. Das soll im Folgenden für das Verbraucherdarlehensvertragsrecht untersucht werden. Aus dem Wortlaut des § 355 Abs. 3 S. 3 BGB ergibt sich, dass sich die Ausnahme von der Maximalfrist des Satz 1 ausschließlich auf die Belehrung über das Widerrufsrecht als solches bezieht. Ein kleiner Anwendungsbereich des Satz 1 verbleibt damit für die Fälle, in denen der Fristbeginn nicht alleine von einer ordnungsgemäßen Belehrung, sondern von zusätzlichen Handlungen des Unternehmers abhängt; in Betracht kommen die Fälle zusätzlicher, d. h. nicht zur Belehrung als solcher gehörender Informationspflichten wie in §§ 312 d Abs. 2 HS. 1 Alt.1, 312 e Abs. 3 S. 2, 485 Abs. 4 BGB oder die Fälle einer Teilleistung des Unternehmers nach § 355 Abs. 3 S. 2, 312 d Abs. 2 HS. 1 Alt.2 BGB.384 Beim Verbraucherdarlehensvertrag hängt der Fristbeginn außer vom Erfordernis einer ordnungsgemäßen Belehrung nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB zusätzlich von der Beachtung des § 355 Abs. 2 S. 3 BGB ab, wonach der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer die Vertragsurkunde, den schriftlichen Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift von der Urkunde oder dem Antrag zur Verfügung gestellt haben muss, um die Frist in Gang zu setzen. Insoweit könnte die Sechsmonatsfrist nach § 355 Abs. 3 S. 1 BGB dann anwendbar sein, wenn der Darlehensgeber den Verbraucher nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB ordnungsgemäß belehrt hat, dem Erfordernis des § 355 Abs. 2 S. 3 BGB allerdings (noch) nicht Rechnung getragen hat. Voraussetzung hierfür wäre, dass die Beachtung des § 355 Abs. 2 S. 3 BGB nicht bereits ein konstitutives Merkmal für das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Belehrung darstellte. Der Wortlaut des § 355 Abs. 2 S. 3 BGB, der für den Fristbeginn „auch“ die Aushändigung eines der vorbezeichneten Schriftstücke fordert, lässt es naheliegend erscheinen, von einem zusätzlichen Erfordernis für den Fristbeginn, das neben die im Übrigen ordnungsgemäß erteilte Belehrung tritt, auszugehen.385 Zweifelsfrei lässt sich dies der Bestimmung indes nicht entnehmen, so dass auf Sinn und Zweck des „Zusatzerfordernisses“ im Hinblick auf die Frage einer ordnungsgemäßen Belehrung einzugehen ist. Es ist nach einem Sinnzusammenhang zu fragen. Von Bedeutung erscheint insoweit, dass § 355 Abs. 2 S. 3 BGB allein für schriftlich abzuschließende Verbraucherverträge gilt. Schriftliche Verbraucherverträge zeichnen sich typischerweise, wie der Fall des Verbraucherdarlehensvertrags (§ 492 BGB) belegt, durch die besondere Komplexität der Vertragsmaterie aus386; 384 Hierzu vgl. Schmidt-Kessel, ZGS 2002, 311 (312), der außerhalb des BGB noch § 4 Abs. 1 S. 2 FernUSG nennt; ferner Fischer, DB 2002, 1643 (1644); undeutlich die Gesetzesmaterialien, vgl. BT-Drucks. 14 / 9266, S. 46. 385 Anders wohl Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 492 BGB Rdn 62. 386 So auch beim nach § 484 BGB schriftformbedürftigen Teilzeitwohnrechtevertrag.
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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die Komplexität der Vertragsmaterie für den typischerweise fachlich nicht bewanderten und insoweit überforderten Verbraucher greifbar und die konkreten Vertragsbedingungen wahrnehmbar und durchschaubar zu machen, ist der entscheidende Anknüpfungspunkt für die Notwendigkeit der schriftlichen Fixierung und der Beachtung der Schriftform. Wenn nun § 355 Abs. 2 S. 3 BGB allein für schriftformbedürftige Verträge als Sondervoraussetzung für den Fristbeginn auch die Aushändigung eines in der Vorschrift bezeichneten Schriftstücks voraussetzt387, dann steht dahinter zweifelsohne die Erwägung, dass die dem Verbraucher durch die Widerrufsfrist eingeräumte Überlegungszeit bei einem besonders komplexen Vertrag wie dem Verbraucherdarlehensvertrag nur dann sinnvoll wahrgenommen werden kann, wenn der konkrete Gegenstand der Überlegung, nämlich das die konkreten Vertragsbedingungen enthaltende Schriftstück, dem Verbraucher auch tatsächlich zu Abwägungszwecken vorliegt.388 Die Entscheidung, am Vertragsschluss festzuhalten oder sich wieder zu lösen, kann nur unter dieser Voraussetzung frei und rational getroffen werden. Zwischen § 355 Abs. 2 S. 3 BGB und dem Erfordernis einer im Übrigen ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung besteht damit ein so enger Sinnzusammenhang, dass die Nichterfüllung der Voraussetzungen des § 355 Abs. 2 S. 3 BGB mit einer unvollständigen und damit nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung gleichzusetzen ist. Damit führt die Missachtung des § 355 Abs. 2 S. 3 BGB zur Anwendung des neuen § 355 Abs. 3 S. 3 BGB, nach dem bei nicht ordnungsgemäßer Belehrung über das Widerrufsrecht die in § 355 Abs. 3 S. 1 BGB enthaltene Sechsmonatsfrist ausgeschlossen ist. Für das Verbraucherdarlehensvertragsrecht hat die Maximalfrist des § 355 Abs. 3 S. 1 BGB somit keine eigenständige Bedeutung mehr. ( ) Nachholung der Belehrung Mit der weitgehenden Streichung der Maximalfrist wächst die Bedeutung der Nachholung der Widerrufsbelehrung. Sie stellt nämlich nunmehr die einzige Möglichkeit für den Unternehmer dar, bei zunächst versäumter oder fehlerhafter Belehrung die Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 S. 2 BGB doch noch in Lauf zu setzen und so spätestens mit Ablauf der Frist dauerhaft Rechtssicherheit über Bestand oder Nichtbestand des Vertrages zu erlangen. Deswegen musste der Gesetzgeber sicherstellen, dass im Falle einer ordnungsgemäß nachgeholten Belehrung die Frist auch tatsächlich zu laufen beginnt. Es darf nicht die Möglichkeit bestehen, dass der Fristbeginn durch Fremdverhalten außerhalb des Einflussbereichs des Unternehmers verhindert werden kann. Ein solches Fremdverhalten hätte die Unter387 Die Erfüllung der enger formulierten Verpflichtung zur Aushändigung einer Abschrift der Vertragserklärungen aus § 492 Abs. 3 BGB genügt der Vorgabe aus § 355 Abs. 2 S. 3 BGB; dafür, dass die Beachtung des § 492 Abs. 3 BGB als Voraussetzung für den Fristbeginn anzusehen wäre, wie Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 492 BGB Rdn 62 BGB meint, enthält das Gesetz keinen Anhaltspunkt. Hierfür ist § 355 Abs. 2 S. 3 BGB maßgeblich. 388 Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 495 BGB Rdn 105; Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 7 VerbrKrG Rdn 41.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
schrift des Verbrauchers unter die Widerrufsbelehrung dargestellt, die bis dahin nach § 355 Abs. 2 S. 2 BGB in der Fassung des SMG (§ 361 a Abs. 1 S. 4 BGB a.F.) konstitutiv für eine ordnungsgemäße Belehrung war. Da der Gesetzgeber realistischerweise davon ausging, dass der Verbraucher bei nachgeholter Belehrung regelmäßig nicht mehr zur Unterzeichnung bereit sein dürfte389, strich er kurzerhand das Unterschriftserfordernis. Die Unbeachtlichkeit des ehemaligen Unterschriftserfordernisses gilt seitdem umfänglich, d.h nicht nur im Fall der Nachholung der Belehrung, sondern auch, wenn der Verbraucher bereits bei Vertragsschluss belehrt wird. Fraglich ist, ob in der Streichung des Unterschriftserfordernisses ein nicht zu rechtfertigender Rückschritt gegenüber dem bisherigen Schutzniveau zu erkennen ist. Das Erfordernis der gesonderten Unterschrift unter die Widerrufsbelehrung sollte verhindern, dass die Belehrung übersehen wird, und zugunsten des Verbrauchers bewirken, dass dieser die Belehrung aufmerksam zur Kenntnis nimmt.390 Der Gesetzgeber entschied nunmehr, dass dieser Schutz gegenüber dem Interesse des Unternehmers, resp. Darlehensgebers, den durch das Widerrufsrecht bestehenden Zustand der Rechtsunsicherheit nicht dauerhaft tragen zu müssen, zurückzutreten hat. Sicherlich handelt es sich dabei um ein legitimes gesetzgeberisches Ziel, zumal die Notwendigkeit, eine Belehrung noch einmal nachzuholen, nicht unbedingt auf einem vorwerfbaren Verhalten des Unternehmers beruht, sondern durchaus auf die komplexen Anforderungen, die das Gesetz an eine ordnungsgemäße Belehrung stellt, rückführbar ist.391 Man könnte freilich zweifeln, ob es ausreichte, dass der Verbraucher es potentiell in der Hand hätte, durch die Unterschriftsverweigerung dauerhaft den Eintritt von Rechtssicherheit zu verhindern. Ausschlaggebend ist aber jedenfalls, dass dies der Regelfall sein würde, weil für den Verbraucher überhaupt keine Veranlassung bestände, sich seiner gesetzlich eingeräumten Rechte zu begeben, jedenfalls solange er noch nicht die Grenze zum treuwidrigen Verhalten (§ 242 BGB) überschritte. Aus diesem Grund wird man die Absenkung der bisherigen formalen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Belehrung als gerechtfertigt ansehen können. Hinzu kommt, dass jedenfalls im Fall der nachgeholten Belehrung den schutzwürdigen Belangen des Verbrauchers verglichen mit der bisherigen Rechtslage zumindest in vergleichbarem Maße Rechnung getragen wird. Versetzt man sich in die Position des nachträglich belehrten Verbrauchers, so erscheint nämlich die nach Vertragsschluss stattfindende Belehrung nicht minder geeignet, die Aufmerksamkeit des Verbrauchers zu erregen, als eine Unterschrift unter eine zeitgleich bei Vertragsschluss erteilte Widerrufsbelehrung. Der nun in § 355 Abs. 2 S. 2 BGB festgeschriebenen verlängerten Frist von einem Monat bei nachgeholter Belehrung hätte es wohl nicht unbedingt bedurft, sie erscheint aber annehmbar. Vgl. BT-Drucks. 14 / 9531, S. 3. Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 7 VerbrKrG Rdn 36. 391 Dazu, dass auch das neue Muster für eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung in Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV keine hinreichende Gewähr für eine ordnungsgemäße Belehrung bietet, vgl oben unter C. V. 2. b) aa) (3) (b) (bb) und im Übrigen Masuch, NJW 2002, 2931 f. 389 390
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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Soweit nunmehr freilich auch für die bereits bei Vertragsschluss erfolgte Widerrufsbelehrung keine gesonderte Unterschrift mehr erforderlich ist392, taugen vorstehende Argumente nicht zur Rechtfertigung der Schutzverkürzung. Hier lässt sich indes anführen, dass es unter gesetzessystematischen Erwägungen sinnvoll und der Rechtsklarheit zuträglich erscheint, die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Belehrung für die Zeit bei wie nach Vertragsschluss einheitlich auszugestalten. Im Übrigen bleibt noch anzumerken, dass die Aufmerksamkeit des Verbrauchers auch schon durch das in § 355 Abs. 2 S. 1 BGB enthaltene Transparenzgebot, nach dem die Wiederrufsbelehrung (drucktechnisch) „deutlich“ zu gestalten ist393, erregt wird. Die zusätzliche Unterschrift erscheint insoweit nicht dringend erforderlich, der Verzicht auf sie hinnehmbar. ( ) Unzulässigkeit jeder zeitlichen Höchstschranke? Freilich lässt sich mit guten Gründen anzweifeln, ob durch die Neuregelung der Widerrufsfrist bei nicht ordnungsgemäßer Belehrung dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsfrieden in hinreichendem Maße Rechnung getragen ist. Es lassen sich Fälle denken, in denen ein Vertrag bereits vollständig abgewickelt ist, allerdings wegen eines geringfügigen, u.U. unbemerkten Fehlers in der Widerrufsbelehrung niemals eine Frist zu laufen begann. Die Willenserklärung des Verbrauchers wäre noch nach Jahren und Jahrzehnten widerrufbar, weil das Widerrufsrecht als Gestaltungsrecht nicht der Verjährung unterliegt. Deswegen ist in der Literatur schon unmittelbar nach In-Kraft-Treten der Neuregelung des § 355 Abs. 3 S. 3 BGB nach etwaigen Begrenzungsmechanismen gefragt worden.394 So wurde der Vorschlag gemacht, Verjährungsregeln aus dem besonderen Schuldrecht analog auf das verbraucherschützende Widerrufsrecht zur Anwendung zu bringen; das sei zulässig, weil i.R.d. §§ 218, 438 Abs. 4, 5 und 634 a Abs. 4, 5 BGB für Minderung und Rücktritt der allgemeine Grundsatz, dass nur Ansprüche der Verjährung unterliegen (§ 194 Abs. 1 BGB) durchbrochen sei und auf den Widerruf die Rücktrittsregeln wegen § 357 Abs. 1 S. 1 BGB ohnehin entsprechend anwendbar seien.395 Ein solcher Begrenzungsmechanismus ist entschieden abzulehnen. Es fehlt schon an der für eine analoge Rechtsanwendung erforderlichen planwidrigen Re392 Der Bundesrat hatte allein vorgeschlagen, das Unterschriftserfordernis im Fall der nachgeholten Erklärung für nicht anwendbar zu erklären, vgl. die Anrufung des Vermittlungsausschusses, BT-Drucks. 14 / 9531, S. 3. 393 Ausführlich zum „Deutlichkeitsgebot“ Ring, in: AnwKom, § 355 BGB Rdn 29 mit Rechtsprechungsnachweisen; Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 495 BGB Rdn 112 ff. 394 Vgl. Schmidt-Kessel, ZGS 2002, 311 (313); deutlich zurückhaltender hingegen Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 495 Rdn 128 a, 132, der den Widerruf bis zur Verwirkungsgrenze (§ 242 BGB) zulassen will. 395 So Schmidt-Kessel, ZGS 2002, 311 (313).
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
gelungslücke.396 Der in den Gesetzesmaterialien explizit gewordene Wille des Gesetzgebers geht nämlich dahin, bei Haustürgeschäften, entsprechend der gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe, das Widerrufsrecht unbegrenzt zuzulassen und im Übrigen das Harmonisierungsziel durch eine Gleichbehandlung der übrigen verbraucherrechtlichen Widerrufsrechte zu erreichen397, was schließlich auch mit der Gesetz gewordenen Regelung geschah. Schon insoweit kann man nicht sagen, der Gesetzgeber hätte das Problem der zeitlichen Befristung des Widerrufsrechts nicht erkannt und daher in planwidriger Weise keine Regelung über eine Begrenzung getroffen. Das Bewusstsein um die Problematik veranlasste ihn sogar – wie bereits dargestellt – zur Änderung des § 355 Abs. 2 S. 2 BGB. Diese Bestimmung enthält den Regelungsmechanismus, mit dem der Gesetzgeber die Frage der unbegrenzten Widerrufbarkeit bei zunächst nicht ordnungsgemäßer Belehrung regeln möchte. Nunmehr ein fixe „Verjährungsgrenze“ zu etablieren, hieße daher, den gesetzgeberischen Willen bewusst zu missachten und den vorgesehenen Mechanismus durch eine andere, rechtspolitisch vermeintlich sinnvollere Regelung zu ersetzen. Das ist keine Rechtsanwendung, sondern eine unzulässige Rechtsfortbildung praeter legem. Insoweit kommt es für die Beurteilung vorbezeichneter Ansicht auch nicht mehr entscheidend darauf an, was man von dem dogmatisch problematischen Ansinnen hält, den Grundsatz des § 194 Abs. 1 BGB für Gestaltungsrechte weiter zu durchbrechen, als es durch § 218 BGB geschieht. Es bleibt damit festzuhalten, dass es eindeutiger gesetzgeberischer Wille und dementsprechend geltendes Recht ist, dass das Widerrufsrecht des Verbrauchers zeitlich unbefristet besteht, wenn er nicht ordnungsgemäß belehrt wurde. Eine Beschränkung kommt in Ausnahmefällen alleine nach allgemeinen Regeln in Betracht, namentlich nach § 242 BGB. () Verwirkungsgrenze (§ 242 BGB) Zu denken ist an das Institut der Verwirkung, das bekanntlich einen Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung nach § 242 BGB bildet.398 Dabei spricht man von der Verwirkung eines Rechts (oder Anspruchs), wenn der Berechtigte längere Zeit von einem ihm zustehenden Recht keinen Gebrauch gemacht hat (Zeitmoment) und das Untätigbleiben des Berechtigten beim potentiell Rechtsbetroffenen ein schutzwürdiges Vertrauen hervorgerufen hat, der Berechtigte werde von seinem Recht keinen Gebrauch mehr machen, so dass sich der andere Teil darauf eingerichtet hat und eine spätere Geltendmachung des Rechts als treuwidrige, unzumutbare Härte erschiene (Umstandsmoment).399 Weil vorliegend die Frage nach einer 396 Das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke prüft Schmidt-Kessel, ZGS 2002, 311 (313) insoweit „wohlweislich“ schon gar nicht. 397 Vgl. BT-Drucks. 14 / 9266, S. 45 f. 398 BGHZ 67, 56 (68); Larenz / Wolf, AT, § 16 Rdn 63. 399 Allgemein zu den Voraussetzungen der Verwirkung vgl. etwa BGHZ 25, 47 (51 ff.); 67, 56 (68); Larenz / Wolf, AT, § 16 Rdn 59; Medicus, AT, § 15 Rdn 137 ff.
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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zeitlichen Obergrenze der Ausübung des Widerrufsrechts in Frage steht, soll der Blick im Folgenden ausschließlich auf das Zeitmoment gerichtet werden. Hinsichtlich des Zeitmoments ist anerkannt, dass die erforderliche Dauer des Zeitablaufs nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ist, wobei v.a. Art und Bedeutung des in Frage stehenden Rechts Bedeutung erlangen.400 Deswegen wird man die Besonderheiten der verbraucherschützenden Widerrufsrechte, insbesondere ihre unterschiedliche Schutzrichtung beachten müssen. Bei einem rein situativ begründeten Widerrufsrecht wird man dabei die zeitliche Verwirkungsgrenze schneller erreichen als bei einem (auch) vertragsgegenständlich begründeten Widerrufsrecht. Das ergibt sich aus folgender Überlegung: Die Bewusstwerdung über die jeweilige bei Vertragsschluss bestehende Paritätsstörung ist der einzige Anhaltspunkt für den unbelehrten Verbraucher, die Unumstößlichkeit der rechtlichen Verbindlichkeit der getroffenen Vereinbarung anzuzweifeln, die Möglichkeit anzudenken, evtl. etwas gegen die vertragliche Vereinbarung unternehmen zu können und sich hierzu auch überhaupt veranlasst zu sehen. Nun werden situative Beeinträchtigungen der Entscheidungsfreiheit vom Verbraucher vergleichsweise schnell entdeckt werden, nicht selten schon dann, wenn die besondere Abschlusssituation, z. B. das überrumpelnde Verkaufsgespräch an der Haustüre beendet ist. Anders liegt es bei (auch) vertragsgegenständlich begründeten Beschränkungen der Entscheidungsfreiheit, also solchen, die aus der Komplexität der Vertragsmaterie resultieren; letztere werden nämlich erst dann bemerkt, wenn die formal konsentierten Vertragsbedingungen ihre konkret-belastenden Wirkungen zeigen, was bei langfristig angelegten Verträgen, etwa Verbraucherdarlehensverträgen erst nach sehr langer Zeit, u.U. erst nach Jahren der Fall sein kann. Die durch das SMG eingeführte und nunmehr beseitigte 6-Monatsgrenze erschien insoweit als außerordentlich knapp bemessen; die vormals in § 7 Abs. 2 VerbrKrG enthaltene Jahresfrist stellte einen überzeugenderen Ausgleich zwischen den Schutzbelangen des Verbrauchers und dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit dar401; sie bildet damit auch in vorstehendem Kontext die geeignetere Orientierungsgröße. Hat der unbelehrte Verbraucher also ein Jahr nach Vertragsschluss von seinem Widerrufsrecht noch keinen Gebrauch gemacht, so wird man unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und bei Vorliegen des Umstandsmoments davon ausgehen können, dass der Verbraucher sein Widerrufsrecht verwirkt hat. Erlangt er allerdings zwischenzeitlich positive Kenntnis vom Bestehen des Widerrufsrechts und entschließt er sich zu einem spekulativen Abwarten, z. B. weil eine Leitzinssenkung zu erwarten steht und er die Möglichkeit zu einem günstigeren Vertragsschluss abwarten will, so wird man den Rechtsverlust kraft Verwirkung auch schon deutlich früher anzusetzen haben. Das Widerrufsrecht wird ihm schließlich nicht zu spekulativen Zwecken, sondern als Ausgleich für die bei Vertragsschluss bestehende situativ-vertragsgegenständliche Beschränkung der Entscheidungsfreiheit Palandt – Heinrichs, § 242 BGB Rdn 93; Larenz / Wolf, AT, § 16 Rdn 62. Vgl. auch Artz, Jb. J. ZivRWiss. 2001, 227 (248 f.); Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 495 BGB Rdn 137. 400 401
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
eingeräumt. Gemeinschaftsrechtliche Bedenken gegen eine solche zeitliche Beschränkung des Widerrufsrechts bestehen für das Verbraucherdarlehensvertragsrecht nicht, jedenfalls soweit der konkrete Vertrag nicht gleichzeitig in den Anwendungsbereich einer Richtlinie fällt, die ein zeitlich (grundsätzlich) unbegrenztes Widerrufsrecht vorsieht, wie etwa die Haustürgeschäfterichtlinie 402. Fraglich ist, ob vorstehender Maßstab auch gelten kann, wenn der Verbraucher auch ohne Belehrung durch den Darlehensgeber Kenntnis von seinem Widerrufsrecht hat oder zumindest durch den Unternehmer über das Bestehen der Widerrufsmöglichkeit als solche belehrt wurde, allerdings nicht vollkommen rechtsfehlerfrei. Die Situation ist hier insoweit anders zu beurteilen, als der Verbraucher grundsätzlich Kenntnis von der Möglichkeit hat, sich vom Vertrag zu lösen. Das wäre freilich dann nicht hinreichend, um einen gegenüber einer vollständig unterbliebenen Belehrung verkürzten Schutz zu rechtfertigen, wenn der Verbraucher über die konkreten Vertragsbedingungen nicht hinreichend informiert wäre und deswegen keine überlegte Entscheidung über die Aufrechterhaltung der vertraglichen Vereinbarung treffen könnte. Ist der Verbraucher aber wegen § 492 BGB – was grundsätzlich der Fall sein wird – über die anstehenden vertraglichen Belastungen hinreichend informiert und konnte er diese somit in Bezug zu seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit setzen, dann ist seinem Schutzbedürfnis weitestgehend Rechnung getragen. In diesem Fall wird man demnach eine deutlich geringere Zeitspanne für die Ausübung des Widerrufsrechts als ausreichend ansehen können, als im Fall einer vollständig unterbliebenen Belehrung. Um freilich einem Rechtsmissbrauch von Unternehmerseite vorzubeugen und grundsätzlich eine inhaltlich vollständige und korrekte wie auch formgerechte Belehrung zu gewährleisten, sollte sich die zeitliche Grenze noch deutlich von der Einmonatsfrist aus § 355 Abs. 2 S. 2 BGB unterscheiden.
(4) Streichung der Erlöschensfiktion des § 495 Abs. 2 BGB Das OLGVertrÄndG brachte schließlich für Verbraucherdarlehensverträge, die nach dem 1. 11. 2002 geschlossen wurden, eine weitere Veränderung hinsichtlich der Folgen einer nicht ordnungsgemäßen Belehrung, die vorstehend bereits in anderem Kontext erläutert wurde: Die vormals in § 7 Abs. 3 VerbrKrG enthaltene und dann in § 495 Abs. 2 BGB übernommene Widerrufserlöschensfiktion wurde zugunsten des Verbrauchers gestrichen. Ihr Inhalt ist aber in Ausnahme vom Abweichungsverbot nach § 506 Abs. 1 S. 1 BGB formgebunden nach § 506 Abs. 2, 4 BGB in einer Übergangszeit bis zum 30. 6. 2005 privatautonom ver402 Aber selbst in diesem Fall wäre eine Anwendung der Grundsätze der Verwirkung, resp. des Rechtsmissbrauchs nicht von vornherein ausgeschlossen, weil auch das Gemeinschaftsrecht das Verbot des Rechtsmissbrauchs kennt, vgl. EuGH, Urteil vom 12. 5. 1998, Rs. C – 367 / 96 (Kefalas), Slg. 1998, I – 2843. In der Praxis wäre die Zulässigkeit eines solchen Vorgehens freilich im Wege der Vorabentscheidung nach Art. 234 Abs. 2 EG zu klären.
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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einbar, was unter verbraucherschutzdogmatischen Gesichtspunkten unbedenklich erscheint.403 bb) Zusammenfassende Bewertung Das Widerrufsrecht nach §§ 495 Abs. 1 i.V.m. 355 BGB folgt wie bisher dem Konzept der schwebenden Wirksamkeit und ist als rücktrittsgleiches Gestaltungsrecht konzipiert. Die Ausübung des Rechts ist frist- und formgebunden. Hinsichtlich der Formanforderungen an einen ordnungsgemäßen Widerruf ergeben sich keine Abweichungen gegenüber der bisherigen Rechtslage: Der Begriff der „Textform“ ersetzt den des „dauerhaften Datenträgers“ inhaltsgleich und führt daher nicht zu einer stärkeren Einschränkung der freien Wahl des Erklärungsmittels als bisher. Die Widerrufsfrist beträgt ebenso wie bis dahin grundsätzlich zwei Wochen. Erfolgt die ordnungsgemäße Belehrung allerdings erst nach Vertragsschluss, gilt seit In-KraftTreten des OLGVertrÄndG die längere Frist von einem Monat. Seit diesem Zeitpunkt bedarf es auch keiner gesonderten Unterschrift des Verbrauchers unter die Widerrufserklärung mehr, wie dies noch nach § 355 Abs. 2 S. 2 BGB in der Fassung des SMG erforderlich war (§ 361 a Abs. 1 S. 4 BGB a.F.). Die hierdurch eingetretene Schutzverkürzung ist zu rechtfertigen, weil die Möglichkeit, die ordnungsgemäße Belehrung effizient nachzuholen, im Zuge der Änderung des § 355 Abs. 3 BGB (in der Fassung des SMG) durch das OLGVertrÄndG wesentlich wichtiger geworden ist und die einzige Möglichkeit für den Unternehmer darstellt, Rechtssicherheit zu erlangen. Außerdem ist die nach Vertragsschluss erfolgende Widerrufsbelehrung in besonderem Maße geeignet, die Aufmerksamkeit des Verbrauchers zu erregen. Aber auch für den Fall einer ordnungsgemäß erfolgten Belehrung bereits bei Vertragsschluss ist die Schutzverkürzung durch Streichung des Unterschriftserfordernisses zu rechtfertigen. Zum einen ist eine einheitliche Behandlung der formalen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Belehrung unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Erteilung aus Gründen der Rechtsklarheit sinnvoll. Zum anderen ist dem Schutzbedürfnis des Verbrauchers, auf die Widerrufsbelehrung deutlich aufmerksam gemacht zu werden, auch schon durch das Transparenzgebot in § 355 Abs. 2 S. 1 BGB – die deutliche Gestaltung der Belehrung – in hinreichendem Maße Rechnung getragen. Einschneidende Änderungen der bisherigen Rechtslage sind hinsichtlich der Befristung des Widerrufsrechts bei unterbliebener oder fehlerhafter Widerrufsbelehrung zu verzeichnen. Im Zuge der Harmonisierung der unterschiedlichen verbraucherschützenden Widerrufsrechte, führte der Gesetzgeber durch das SMG in § 355 Abs. 3 BGB eine einheitliche Maximalfrist von sechs Monaten ein, die grundsätzlich mit Vertragsschluss zu laufen beginnt. Diese wirkte sich im Verbraucherdarlehensvertragsrecht neben schutzdogmatisch unproblematischen Detailänderungen 403
Vgl. unter C. III. 5. b) bb).
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
insbesondere dahin aus, dass die bis dahin nach § 7 Abs. 2 VerbrKrG geltende Jahresfrist um die Hälfte verkürzt wurde. Veranlasst durch die „Heininger“-Entscheidung des EuGH wurde dann im Zuge des OLGVertrÄndG der Anwendungsbereich der Maximalfrist durch den neuen Satz 3 soweit eingeschränkt, dass diese im Verbraucherdarlehensvertragsrecht – wie gesehen – keine Bedeutung mehr hat. Der Verbraucher kann demnach bei Verträgen, die nach dem 1. 11. 2002 abgeschlossen wurden, in den Fällen nicht ordnungsgemäßer und auch nicht nachgeholter Belehrung, seine Willenserklärung zeitlich unbefristet widerrufen. Diese, unter regelungstechnischen Gesichtspunkten befremdende und nur aus dem historischen Kontext erklärbare, Regelung des § 355 Abs. 3 S. 3 BGB ist für das Verbraucherdarlehensvertragsrecht vom Ergebnis her ausdrücklich zu begrüßen. Das Widerrufsrecht beim Verbraucherdarlehensvertrag ist nämlich nicht allein situativ, sondern auch vertragsgegenständlich begründet, weswegen die zuvor geltende Frist von sechs Monaten deutlich zu kurz geraten war, um den unbelehrten Verbraucher effektiv zu schützen. Um andererseits aber dem auf Unternehmerseite bestehenden Bedürfnis nach Rechtssicherheit hinreichend Rechnung zu tragen, kommt freilich auch nach der Neuregelung eine Anwendung der Verwirkungsgrundsätze (§ 242 BGB) in Betracht. Bei der Maßstabsfindung hinsichtlich des Zeitmoments sollte insoweit unterschieden werden, ob der Verbraucher von der Widerrufsmöglichkeit gar keine Kenntnis hat, weil eine Belehrung vollständig unterblieben ist oder ob die grundsätzlich erfolgte Belehrung allein rechtsfehlerhaft war. Andere zeitliche Begrenzungsmechanismen sind abzulehnen.
c) Widerrufsabwicklung Übt der Verbraucher sein Widerrufsrecht fristgerecht aus und entfällt damit der zunächst wirksame Verbraucherdarlehensvertrag, muss für den Fall, dass bereits Leistungen erbracht wurden, eine Rückabwicklung stattfinden. Von der Rückabwicklung betroffen sind nicht nur die bereits ausgezahlte Darlehensvaluta, rückgezahlte Raten und Zinsen, sondern auch kreditfinanzierte Gegenstände und Leistungen, z. B. in den Fällen des verbundenen Geschäfts oder des Teilzahlungskaufs oder Finanzierungsleasings. Die Rechtsfolgen des Widerrufs richten sich dabei einheitlich für Verbraucherverträge und damit auch für den Verbraucherdarlehensvertrag nach § 357 BGB, der in seinem Absatz 1 Satz 1 auf die §§ 346 ff. BGB verweist und damit wie die Vorgängerregelung des § 361 a Abs. 2 S. 1 BGB a.F. allgemeines Rücktrittsrecht zur Anwendung bringt (vormals: §§ 346 ff. BGB a.F.). Die Anwendung des allgemeinen Rücktrittsrechts steht dabei unter dem Vorbehalt verbraucherspezifischer Sonderregeln wie sie bisher § 361 a Abs. 2 BGB a.F enthielt und nunmehr § 357 BGB vorsieht. Freilich würde es den Rahmen dieser Untersuchung sprengen, sämtliche Änderungen des nach wie vor sehr komplexen Rücktrittsrechts – das als solches auch gar nicht Untersuchungsgegenstand ist – darzustellen und zu analysieren. Deswe-
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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gen sollen nachfolgend allein die verbraucherspezifischen Besonderheiten der Neuregelungen untersucht werden. Diese führen, wie zu zeigen sein wird, teilweise zu weitreichenden Änderungen des bisherigen Schutzniveaus. Hinsichtlich des allgemeinen Rücktrittsrechts sei allein überblicksartig angemerkt, dass verbraucherrechtliche Besonderheiten bei der Formulierung der neuen Rücktrittsregelungen durchaus maßstabsetzend waren. War z. B. früher der Rücktritt bei verschuldeter Unmöglichkeit der Herausgabe oder wegen wesentlicher Verschlechterung des Herausgabegegenstands ausgeschlossen, so galt für den Widerruf im Verbrauchervertragsrecht in diesen Fällen die Besonderheit des § 361 a Abs. 2 S. 4 BGB a.F. Der Widerruf des Verbrauchers war nicht ausgeschlossen. Allerdings hatte der Unternehmer im Fall des Widerrufs einen Wertersatzanspruch nach § 361 a Abs. 2 S. 4, 6 BGB a.F. i.V.m. § 7 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG (vgl. zuvor § 3 Abs. 3 HausTWG i.V.m. § 7 Abs. 4 VerbrKrG a.F.) wegen der Verschlechterung oder des Untergangs des kreditfinanzierten Gegenstands. Diese verbrauchervertragliche Besonderheit hat das SMG für das Rücktrittsrecht nun verallgemeinert und in § 346 Abs. 2 BGB eingeführt.404 Insoweit bestehen keine Besonderheiten der Widerrufsabwicklung gegenüber dem allgemeinen Rücktrittsrecht mehr. Für die Rückabwicklung gilt folgendes Grundsystem: Grundsätzlich sind empfangene Leistungen zurückzugewähren und gezogene Nutzungen herauszugeben, § 346 Abs. 1 BGB. Ist das nicht möglich, so trifft den widerrufenden Verbraucher wie den Rücktrittsschuldner gleichermaßen eine Wertersatzpflicht, wenn und soweit die Rückgewähr der empfangenen Leistung oder die Herausgabe des Erlangten nach § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 3 BGB ausgeschlossen ist. Ausnahmsweise entfällt die Wertersatzpflicht in den Fällen des § 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 bis 3 BGB. Allerdings weicht das neue Verbraucherwiderrufsrecht durch § 357 Abs. 3 BGB von diesem Grundsystem teilweise sehr weitreichend ab. Die Besonderheiten der Widerrufsabwicklung betreffen dabei im Bereich des Verbraucherkreditrechts insbesondere die Fälle des darlehens-, bzw. kreditfinanzierten Erwerbs eines Gegenstands, der dann untergegangen ist oder sich verschlechtert hat. Sie sind daher v.a. beim Teilzahlungsgeschäft und Finanzierungsleasing aber auch, was im Rahmen des untersuchungsgegenständlichen Verbraucherdarlehensvertrags bedeutsam ist, beim verbundenen Geschäft relevant. Auf die Rückabwicklung des verbundenen Geschäfts findet § 357 BGB gem. § 358 Abs. 4 S. 1 BGB Anwendung. Hierauf beziehen sich die folgenden Ausführungen.
aa) Wertersatz bei bestimmungsgemäßer Ingebrauchnahme Die Vorschrift des § 357 Abs. 3 S. 1 BGB weicht zu Lasten des Verbrauchers von § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB dahingehend ab, dass sie ihm im Falle des Widerrufs unter bestimmten Voraussetzungen die Pflicht zum Wertersatz für die bestim404 Hager, in: AnwKom, § 346 BGB vor Rdn 26 sieht darin das „Kernstück“ der Reform des Rücktrittsrechts.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
mungsgemäße Ingebrauchnahme eines (finanziert) erworbenen Gegenstands auferlegt. Es wird zu prüfen sein, wie die Neuregelung unter verbraucherschutzdogmatischen Gesichtspunkten zu bewerten ist und welche Anwendungsprobleme sich künftig aus ihr ergeben.
(1) Vergleich von Neu- und Altregelung Nach allgemeinem Rücktrittsrecht hat der Rückgewährschuldner gemäß dem neuen § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB Wertersatz zu leisten, wenn der zurückzugewährende Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist. Kein Wertersatz ist aber für die Verschlechterung zu leisten, die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstanden ist. Erfolgt die Rückabwicklung indes nicht infolge eines Rücktritts, sondern infolge der Ausübung eines verbraucherschützenden Widerrufsrechts, so bestimmt § 357 Abs. 3 S. 1 BGB, dass abweichend von § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB der Verbraucher auch Wertersatz für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme zu leisten hat, sofern er nur vom Unternehmer spätestens bei Vertragsschluss und in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde und ihm eine Möglichkeit aufgezeigt wurde, sie zu vermeiden. Allein für die Wertminderung, die ausschließlich auf die Prüfung der Sache zurückzuführen ist, ist der Verbraucher wegen § 357 Abs. 3 S. 2 BGB nicht ersatzpflichtig. Damit weicht die nunmehr geltende Gesetzeslage von der Rechtslage vor dem SMG ab. Das aus der verbrauchervertragsrechtlichen Vorschrift des § 361 a Abs. 2 S. 4, 6 BGB a.F. (i.V.m. § 7 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG) bekannte Modell der Wertersatzpflicht, von der die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme ausgenommen war, wurde zwar auf das allgemeine Rücktrittsrecht übertragen, für die Fälle des verbrauchervertragsrechtlichen Widerrufs wurde indes eine Deprivilegierung des Verbrauchers eingeführt. Die neue Gesetzeslage verschlechtert die Rechtsstellung des Verbrauchers gegenüber der bisherigen Rechtslage und gegenüber dem neuen allgemeinen Rücktrittsrecht, indem der Verbraucher Wertersatz für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme zu leisten hat. Der Verbraucher wird einer schärferen Rückgewährhaftung ausgesetzt. So trägt etwa der Kreditgeber, der mit einem professionell handelnden Rechtssubjekt einen kreditfinanzierten Kaufvertrag abgeschlossen hat, im Fall des Rücktritts des Käufers und Kreditnehmers bei wirtschaftlicher Betrachtung den Wertverlust, der dadurch entsteht, dass das erworbene KfZ erstzugelassen wurde. Im Fall eines verbraucherdarlehensfinanzierten Kaufs hingegen ist diese Wertminderung vorbehaltlich einer ordnungsgemäßen Belehrung vom widerrufenden Verbraucher zu tragen. Begründet wurde diese Schlechterstellung des Verbrauchers vom Gesetzgeber damit, dass das Widerrufsrecht des Verbrauchers anders als beim Rücktritt nicht von einer Vertragsverletzung des Unternehmers abhänge; der Unternehmer könne gar nicht vermeiden, die Sache „gebraucht“ zurückzunehmen, obwohl er ordnungsgemäß geliefert habe.405 Dem Schutz des Verbrauchers sei durch eine Belehrung
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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über das Haftungsrisiko Rechnung getragen, ergänzt von der Erklärung, wie der Eintritt der ersatzpflichtigen Wertminderung zu verhindern sei. (2) Kritik der Neuregelung Die durch § 357 Abs. 1 S. 1 BGB eingetretene Haftungsverschärfung ist schon vom Ansatz her verfehlt und unter verbraucherschutzdogmatischen Gesichtspunkten sehr problematisch. (a) Wesen und Funktion des verbraucherschützenden Widerrufsrechts Das Widerrufsrecht ist als Instrument zur Kompensation gestörter Vertragsparität angelegt. Es wird entsprechend der Gesetzeslage vor wie nach dem SMG dem Verbraucher dann eingeräumt, wenn er mit einem Unternehmer kontrahiert und zusätzlich noch besondere Umstände hinzutreten, so dass aufgrund der Gesamtumstände, die tatsächliche Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers wenn auch nicht ausgeschlossen, so doch typischerweise in erheblichem Maße gefährdet erscheint. Die durch das Widerrufsrecht begründete Abweichung vom allgemeinen zivilrechtlichen Grundsatz pacta sunt servanda findet bei Haustür- oder Fernabsatzgeschäften insoweit ihre Rechtfertigung in der besonderen Situation des Vertragsabschlusses. Beim untersuchungsgegenständlichen Verbraucherdarlehensvertrag tritt zu einem (schwächer ausgeprägten) situativen Moment zusätzlich die Besonderheit des Vertragsgegenstands, namentlich die besondere Komplexität der Vertragsmaterie, die die tatsächliche Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers, der mit einem an Fachwissen typischerweise deutlich überlegenen Unternehmer kontrahiert, empfindlich einschränkt. Es ist die situativ-vertragsgegenständlich beschränkte Entscheidungsfreiheit, die die Abweichung vom allgemeinen Grundsatz der Vertragstreue rechtfertigt. Zwar sollen schon mit Hilfe der Form- und Angabepflichten aus § 492 BGB dem typischerweise fachlich überforderten Verbraucher die konkreten Vertragsbedingungen transparent und verständlich gemacht werden. Weil allerdings eine ad hoc-Auswertung dieser Informationen im Hinblick auf Menge und Komplexität der zur Verfügung gestellten Daten auch einen aufmerksamen und verständigen Verbraucher überfordern kann, räumt das Gesetz dem Verbraucher eine Überlegungsfrist ein. Während des Laufs der Widerrufsfrist hat der Verbraucher die Möglichkeit, die ihm nach § 492 BGB zur Verfügung gestellten Daten noch einmal zu sichten und auszuwerten, die zugrunde liegenden Konditionen zu überprüfen, einen Vergleich mit den Angeboten anderer Kreditinstitute vorzunehmen und so den konkreten Vertragsschluss während des Laufs der Widerrufsfrist noch einmal in Ruhe zu überdenken. Gegebenenfalls kann er dann unter Ausübung seines Widerrufsrechts den allein schwebend wirksamen Vertrag mit Hilfe der Gestaltungswirkung des Widerrufs zu Fall bringen. Wenn es also insoweit da405
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
rum geht, bei Vertragsschluss bestehende Beschränkungen der Entscheidungsfreiheit auszugleichen, dann liegt korrespondierend zu diesem Schutzgrund das anzustrebende Schutzziel in der Herstellung einer Situation, in der der Verbraucher in tatsächlicher Hinsicht frei und autonom über die Geltung der vertraglichen Bindung entscheiden kann. Orientiert an dieser Zielvorgabe müssen Ausübungs- und Abwicklungsmodalitäten ausgestaltet sein und dementsprechend war das Widerrufsrecht auch bis zum In-Kraft-Treten des SMG ausgestaltet: Der schwebend wirksame Vertrag konnte vom Verbraucher einseitig, ohne Begründung und insbesondere auch ohne die Furcht vor erheblichen finanziellen Belastungen, mithin risikolos zunichte gemacht werden. Nach § 361 a Abs. 2 S. 3 bis 5 BGB a.F. i.V.m. § 7 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG musste der Verbraucher nämlich für den Untergang oder die Verschlechterung einer kreditfinanziert erworbenen Sache nur dann haften, wenn er den Untergang oder die Verschlechterung zu vertreten hatte; Wertminderungen aufgrund der bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme waren nach § 361 a Abs. 2 S. 6 BGB a.F. nicht vom Verbraucher, sondern vom Unternehmer zu tragen, der bewusst auf einen schwebend wirksamen Vertrag geleistet hatte.406 Der Abwicklungsmechanismus des Widerrufsrechts gewährleistete somit eine in tatsächlicher Hinsicht freie und autonome Ausübung des Widerrufsrechts. Der Verbraucher wurde während des Laufs der Frist gleichsam „zum zweiten Mal“ in die Abschlusssituation versetzt, diesmal allerdings mit der Möglichkeit, im Sinne ungestörter Vertragsparität unter Idealbedingungen auf informierter Grundlage frei und rational zu entscheiden. Das Widerrufsrecht erfüllte seine Funktion, bei Vertragsschluss bestehende Paritätsstörungen durch Wiedereinräumung der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit auszugleichen. Im Grundsatz hält die seit dem SMG geltende Gesetzesfassung an dieser Konzeption des Widerrufsrechts fest. Es handelt sich weiterhin um ein begründungslos und einseitig ausübbares, rücktrittsgleiches Gestaltungsrecht, das dem Verbraucher in vorbezeichneten Situationen gestörter Vertragsparität eingeräumt wird. Unter verbraucherschutzdogmatischen Gesichtspunkten verfehlt ist es allerdings, wenn die Abwicklungsmodalitäten des Widerrufsrechts nun derart umgestaltet werden, dass der Verbraucher in weiterem Maße als bisher mit einer Wertersatzpflicht belastet wird, weil dem Unternehmer bei der Vertragserfüllung keine Pflichtverletzung vorzuwerfen ist, etwa weil er eine mangelfreie Ware geliefert hat407. Dieses vom Gesetzgeber vorgegebene Begründungsmuster wäre nämlich nur dann schlüs406 Um zu vermeiden, den durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstehenden Wertverlust nach § 361 Abs. 2 S. 6 BGB a.F. tragen zu müssen, war es gängige Praxis, dass der Unternehmer erst mit Ablauf der Widerrufsfrist erfüllte, also erst dann, wenn er sicher war, dass der Vertrag zur Durchführung gelangte. Das war auch nach § 10 Nr. 1 AGBG ausdrücklich zulässig. Allein für Fernabsatzverträge war ein solches Verhalten ausgeschlossen, weil hier die Widerrufsfrist gem. § 3 Abs. 1 FernabsG (§ 312 d Abs. 2 BGB) erst mit der Lieferung der Sache zu laufen beginnt, was durch die Fernabsatzrichtlinie zwingend vorgegeben ist. Vgl. hierzu Hager, in: Ernst / Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 429 (448). 407 Vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 199.
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sig, wenn das Widerrufsrecht dem Verbraucher (zumindest auch) deswegen eingeräumt würde, weil dem Unternehmer eine Pflichtverletzung vorzuwerfen ist, in dem Sinne, dass dieser nicht ordnungsgemäß erfüllt hätte. Auf das Vorliegen eines Sachmangels oder einer sonstigen Pflichtverletzung kommt es im Zusammenhang mit der Einräumung eines verbraucherschützenden Widerrufsrechts aber bis dahin überhaupt nicht an, und sollte es auch nicht ankommen. Denn hierfür hält das Gesetz bereits andere Regelungsmechanismen bereit. So hat der Verbraucher, der mit einem Unternehmer einen Kaufvertrag nach § 433 BGB abgeschlossen hat, bei Mangelhaftigkeit der Kaufsache schon die Rechte aus § 437 BGB; insbesondere kann der Käufer nach § 437 Nr. 2 BGB vom Vertrag zurücktreten. Eines Widerrufsrechts bedarf es in diesem Fall nicht. Allein wenn vom Gesetz näher bezeichnete Umstände hinzutreten, aufgrund derer die tatsächliche Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers in nicht hinnehmbarem Maße beeinträchtigt ist, bedarf es einer Durchbrechung des allgemeinen Grundsatzes der Vertragstreue zugunsten des Verbrauchers und nur in einer solchen Situation ist das Widerrufsrecht gerechtfertigt. Indem nun der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Widerrufsabwicklungsmodalitäten den Schutzgrund gestörter Vertragsparität mit dem Schutz vor nicht vertragsgemäßer Leistung in Zusammenhang bringt, modifiziert er den ursprünglichen Schutzgrund des Widerrufsrechts. Ganz wohl scheint ihm dabei freilich selber nicht gewesen zu sein. Das belegt die in § 357 Abs. 3 S. 1 HS. 2 BGB statuierte Aufklärungsobliegenheit des Unternehmers, die für die vorgenommene Modifikation in Halbsatz 1 einen verbraucherschutzdogmatisch fundierten Ausgleich schaffen soll. Da dieser Ausgleichsversuch mit dem klassischen Mittel einer liberalen Verbrauchschutzkonzeption erfolgt, nämlich dem der Aufklärung, zeigt der Gesetzgeber, dass er den eigentlichen Schutzgrund des Widerrufsrechts, die Herstellung tatsächlicher Entscheidungsfreiheit auf Seiten des Verbrauchers, nicht vergessen hat und an ihm im Grundsatz festhalten will. Zusammenfassend lässt sich damit Folgendes feststellen: Indem eine Ersatzpflicht für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme eingeführt und deren Rechtfertigung auf das Fehlen einer unternehmerischen Pflichtverletzung bezogen wird, verquickt der Reformgesetzgeber zwei Regelungsfelder, die bis dahin streng voneinander getrennt waren. Das hatte seinen guten Grund darin, dass eine Schutzbestimmung nur dann sachgerecht und wirklich effizient ausgestaltet ist, wenn Schutzgrund und vorgesehener Schutzmechanismus inhaltlich vollumfänglich korrespondieren. Eine inhaltliche Deckungsgleichheit von Schutzgrund und Schutzmechanismus ist – wie vorstehend bereits angeklungen ist und im Folgenden noch ausführlich dargelegt werden wird – durch die Neuregelung der Widerrufsabwicklungsmodalitäten allerdings nicht mehr in gleichem Maße wie bisher gewährleistet. Der eigentliche Schutzzweck des Widerrufsrechts wird zwar im Grundsatz beibehalten, aber gefährlich verwässert.408 Das ist dogmatisch bedauerlich und, wie im 408 In diese Richtung auch Artz, Jb. J. ZivRWiss. 2001, 227 (250 ff.); Bülow, NJW 2002, 1145 (1148) spricht sogar von einem Paradigmenwechsel. Diese Vokabel erscheint allerdings sehr drastisch und in dogmatischer Hinsicht bedenklich. Sie erweckt nämlich den Eindruck,
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
Folgenden zu zeigen sein wird, unter Schutzgesichtspunkten außerordentlich problematisch. Indes handelt es sich um den eindeutigen gesetzgeberischen Willen, den der Rechtsanwender nicht umgehen darf. (b) Praktische Konsequenz: Aushöhlung des Widerrufsrechts In praktischer Hinsicht führt die Verschärfung des Haftungsrisikos zu einer weitreichenden Einschränkung des Widerrufsrechts, durch die die Effektivität des Widerrufsrechts grundsätzlich in Frage gestellt wird. Das sei für das Verbraucherdarlehensvertragsrecht am Beispiel eines verbundenen Geschäfts verdeutlicht, bei dem der Verbraucher einen Darlehensvertrag zur Finanzierung eines neuen PkW abschließt. Das Beispiel des Neuwagenkaufs erscheint besonders interessant, weil der Gesetzgeber in den Gesetzesmaterialien den Neuwagenkauf selbst als Beispiel für die Notwendigkeit der besonderen Wertersatzpflicht nach § 357 Abs. 3 S. 1 BGB anführte, weil hier durch die Erstzulassung, die einen typischen Fall einer bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme bilden soll, ein Wertverlust von 20% entstehe.409 Erkennt nun der Verbraucher bei eingehendem Studium der Vertragsbedingungen innerhalb der zweiwöchigen Widerrufsfrist, dass die finanziellen Belastungen aus dem komplex gestalteten Verbraucherdarlehensvertrag seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit übersteigen und entschließt er sich daher, seine auf Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrags gerichtete Willenserklärung zu widerrufen, so erfasst der Widerruf des Verbraucherdarlehensvertrags wegen § 358 Abs. 2 S. 1 BGB auch den Kaufvertrag. Es kommt zur Rückabwicklung und damit zu erheblichen finanziellen Belastungen des Verbrauchers. Nach § 357 Abs. 3 S. 1 BGB trägt der Verbraucher nämlich den Wertverlust, der an dem darlehensfinanziert erworbenen PkW durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstanden ist. Bei einem Wertverlust durch Erstzulassung von 20% bedeutet dies bei einem PkW im Wert von 20.000 A, dass den Verbraucher nach § 357 Abs. 3 S. 1 BGB eine Ersatzpflicht in Höhe von 4.000 A trifft. Die Belastungen aus einem nicht sittenwidrigen Darlehensvertrag können gar nicht so hoch sein, dass der Verbraucher unter diesen Umständen nach Ausübung des Widerrufsrechts weniger belastet wäre als im Falle des Festhaltens am Vertrag.410 Die Ausübung des Widerrufsrechts ist mit derart einschneidenden finanziellen Belastungen verbunden, dass von einer tatsächlich freien Entscheidung über die Ausübung des Widerrufsrechts nicht mehr die Rede sein kann. Das Widerrufsrecht kann seine Funktion, tatsächliche Entscheidungsfreiheit wieder herzustellen, nicht mehr effektiv erfüllen; es ist ausgehöhlt.411 dass der ursprüngliche und immer noch zentrale Schutzzweck des Widerrufsrechts nunmehr eine untergeordnete Rolle spielen würde, was allerdings nicht zutrifft. 409 Vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 199 f., wo der Beispielsfall des erstzugelassenen Neuwagens indes allgemein für Verbraucherwiderrufsrechte, resp. im Zusammenhang mit dem Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen thematisiert wird. 410 Zutreffend insoweit Artz, Jb. J. ZivRWiss. 2001, 227 (252).
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An diesem Ergebnis würde sich nur dann etwas ändern, wenn dem Schutzbedürfnis des Verbrauchers dadurch hinreichend Rechnung getragen wäre, dass die Wertersatzpflicht für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme den Verbraucher nur dann trifft, wenn der Unternehmer seiner Aufklärungsobliegenheit nach § 357 Abs. 3 S. 1 HS. 2 BGB nachgekommen ist. Nach § 357 Abs. 3 S. 1 HS. 2 BGB hat der Unternehmer den Verbraucher spätestens bei Vertragsschluss auf die drohende Wertersatzpflicht als Rechtsfolge des Widerrufs in Textform hinzuweisen und ihm eine Möglichkeit aufzuzeigen, wie er sie vermeiden kann. Es darf allerdings bezweifelt werden, ob die Einschätzung des Gesetzgebers zutrifft, durch eine dahingehende Aufklärung werde die durch die erweiterte Haftung eingetretene Schutzverkürzung effizient ausgeglichen.412 Die das Aufklärungserfordernis statuierende Regelung bewirkt ein weiteres Ansteigen der Menge der vom Verbraucher zur Kenntnis zu nehmenden Informationen; sie erhöht also die gerade beim komplexen Verbraucherdarlehensvertrag ohnehin schon außerordentlich hohe „Informationslast“. Alleine aus dieser gesteigerten „quantitativen Beschwer“ lässt sich freilich noch nicht die Ineffizienz des neuen Aufklärungserfordernisses ableiten. Es ist aber gerade wegen der Masse an Informationen erforderlich, dass dem Verbraucher ausreichend Bedenkzeit eingeräumt wird, nicht nur um die Vielzahl der Informationen überhaupt zur Kenntnis zu nehmen, sondern insbesondere auch, um sie zu verarbeiten. Gerade hinsichtlich der Rechtsfolge des § 357 Abs. 3 S. 1 BGB wäre eine Überlegungs- und Abwägungszeit erforderlich, weil die Entscheidung über die Ingebrauchnahme der finanzierten Sache – wie oben gesehen – gleichzeitig die Entscheidung darüber sein kann, am Vertrag endgültig festzuhalten. Eine solche Überlegungsfrist bezüglich der Rechtsfolgen des Wertersatzes steht dem Verbraucher aber nicht zu. Und es ist auch kaum davon auszugehen, dass der Unternehmer dem Verbraucher eine solche Bedenkfrist einräumen wird. Der Unternehmer wird nicht mehr wie bisher mit der Erfüllung seiner vertraglichen Pflicht bis zum Ablauf der Widerrufsfrist abwarten.413 Er wird vielmehr geneigt sein, die darlehensfinanzierte Sache dem Verbraucher so schnell als möglich und d. h. vor Ablauf der zweiwöchigen Widerrufsfrist aus § 355 Abs. 1 S. 2 BGB zur Verfügung zu stellen. Das wird er zum einen tun, weil für ihn damit im Gegensatz zur bisherigen Rechts411 Artz, Jb. J. ZivRWiss. 2001, 227 (252) bezeichnet das Widerrufsrecht insoweit als wertlos; Hager, in: Ernst / Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 429 (448) spricht zutreffend von einem faktischen Kaufzwang; a.A. St. Lorenz, in: Schulze / Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, 329 (350), der die neue Risikoverteilung zwischen Unternehmer und Verbraucher als interessengerecht ansieht. 412 So implizit BT-Drucks. 14 / 6040, S. 199 f. 413 So die gängige und nach § 10 Nr. 1 AGBG zulässige Praxis, um das Tragen des Wertverlustes durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme nach § 361 Abs. 2 S. 6 BGB a.F. zu vermeiden. Allein für Fernabsatzverträge war ein solches Verhalten ausgeschlossen, weil hier die Widerrufsfrist gem. § 3Abs. 1 FernabsG (§ 312 d Abs. 2 BGB) erst mit der Lieferung der Sache zu laufen beginnt, was durch die Fernabsatzrichtlinie zwingend vorgegeben ist. Vgl. hierzu Hager, in: Ernst / Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 429 (448).
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
lage kein Risiko mehr verbunden ist und zum anderen, weil er auf diese Weise den Verbraucher am Vertrag festhalten kann. Der Verbraucher hat also bei einer möglichen Ingebrauchnahme direkt nach Vertragsschluss ohne jede Überlegungsfrist, d. h. ad hoc darüber zu entscheiden, ob er die finanziert erworbene Sache in Gebrauch nimmt und damit faktisch auf sein Widerrufsrecht verzichtet oder nicht. Nun kann man durchaus einwenden, der Verbraucher, der zumindest die Möglichkeit hat, die Belehrung zur Kenntnis zu nehmen, könne ja auf die sofortige Ingebrauchnahme der Sache verzichten. Es ist aber zu bedenken, dass die Belehrung des Verbrauchers über das Haftungsrisiko und die Vermeidungsmöglichkeit „spätestens bei Vertragsschluss“ erfolgt. Die Belehrung erfolgt damit in einem Moment, in dem die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers ohnehin schon aus situativen Gründen und wegen der Komplexität der Vertragsmaterie eingeschränkt ist, der Verbraucher aber in und aufgrund dieser Situation den Abschluss des Vertrages wirtschaftlich jedenfalls sinnvoller erachtet, als den Verzicht auf ihn. In einer solchen „erhitzten“ Abschlusssituation – nicht umsonst wird die Widerrufsfrist im Gemeinschaftsrecht plastisch als çooling-off-period“ bezeichnet414 – liegt die Ingebrauchnahme der sofort zur Verfügung gestellten Sache realistischerweise jedenfalls näher, als das „Beiseitelegen“ des neu erworbenen Gegenstands. Hinzu treten auch rein praktische Probleme. In Einzelfällen, wie etwa im oben geschilderten Fall des Neuwagenkaufs, dürfte sich die Vermeidung der Ingebrauchnahme mitunter als außerordentlich schwierig gestalten. Wo sollte beispielsweise der Verbraucher den nicht zugelassenen Neuwagen ordnungsgemäß abstellen, wenn er keine Privatgarage zur Verfügung hat? Und auch in rechtlicher Hinsicht wirft § 357 Abs. 3 S. 1 BGB schwierige Fragen auf. Wo verläuft z. B. die genaue Trennlinie zwischen einer wertersatzpflichtigen Ingebrauchnahme und einer nach § 357 Abs. 3 S. 2 BGB nicht ersatzpflichtigen Prüfung? Stellt sich der Aufbau eines als Bausatz gelieferten Möbelstücks als bloße Prüfung des Gegenstands dar, weil häufig erst im Wege der Montage ersichtlich wird, ob der Gegenstand als Ganzes vertragsgemäß ist oder handelt es sich bereits bei der Montage um eine bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme? Nachfolgend soll versucht werden, für die Unterscheidung von Ingebrauchnahme und Prüfung handhabbare Abgrenzungskriterien zu finden415. In jedem Fall kann an dieser Stelle aber schon gesagt werden, dass für die Abgrenzung die Entwicklung einer umfangreichen Kasuistik durch die Rechtsprechung zu erwarten steht. Bis dahin besteht Rechtsunsicherheit. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Aufklärungserfordernis den Verbraucher nicht hinreichend schützt. Er wird häufig ohne Überlegungsfrist über die Ingebrauchnahme der Sache und damit über die endgültige Gültigkeit des Vertrages entscheiden müssen. Bei sofortiger Erfüllung der vertraglichen Pflichten des Unternehmers wird die Entscheidung dabei zumeist noch in der Situation gestörter Vertragsparität oder jedenfalls noch unter deren Eindruck erfolgen. Im Einzelfall 414 Vgl. hierzu ausführlich Schulte-Nölke, Europäisches Verbrauchervertragsrecht und deutsches Bürgerliches Gesetzbuch, Teil 3, Kap. 15 I. 415 Hierzu C. V. 2. c) aa) (3).
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wird sich die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme gar nicht vermeiden lassen. In rechtlicher Hinsicht werden sich schwierige Abgrenzungsfragen ergeben, weil die Abgrenzung zwischen Prüfung und Ingebrauchnahme sehr problematisch sein kann. Somit bleibt festzuhalten, dass die Belehrung des Verbrauchers über das Haftungsrisiko und die Vermeidungsmöglichkeit einer Ingebrauchnahme nicht geeignet ist, die durch die Haftungsverschärfung nach § 357 Abs. 3 S. 1 BGB eingetretene Schutzverkürzung des Verbrauchers auszugleichen. (c) Unvereinbarkeit der Regelung mit Artt. 6 Abs. 2 S. 2 und 12 Abs. 1 FernabsRL Im Übrigen bestehen gemeinschaftsrechtliche Bedenken gegen § 357 Abs. 3 S. 1 BGB im Bereich des Fernabsatzrechts. Umstritten ist die Vereinbarkeit der Wertersatzpflicht aus § 357 Abs. 3 S. 1 BGB mit Art. 6 Abs. 2 S. 2 FernabsRL, denn hier heißt es: „Die einzigen Kosten, die dem Verbraucher infolge der Ausübung seines Widerrufsrechts auferlegt werden dürfen, sind die unmittelbaren Kosten der Rücksendung.“ Nach Ansicht des Gesetzgebers und einiger Stimmen in der Literatur416 handelt es sich bei der Wertersatzpflicht nach § 357 Abs. 3 S. 1 BGB nicht um Kosten infolge des Widerrufs, sondern um Kosten, die wegen der Benutzung der Sache entstehen – eine Frage, die von der FernabsRL weder in Art. 6 Abs. 2 S. 2 FernabsRL noch an anderer Stelle geregelt werde. Insoweit verlasse die Regelung des § 357 Abs. 3 S. 1 BGB nicht die Grenzen des nationalen Umsetzungsspielraums. Das zeige sich auch an Erwägungsgrund 14, wonach es Sache der Mitgliedstaaten ist, „weitere Bedingungen und Einzelheiten für den Fall der Ausübung des Widerrufsrechts festzulegen.“ Die Gegenansicht sieht auch den Fall der Wertersatzpflicht für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme als Kosten an, die dem Verbraucher infolge der Ausübung des Widerrufsrechts auferlegt werden und erachtet die Bestimmung dementsprechend als mit Art. 6 Abs. 2 S. 2 FernabsRL unvereinbar.417 Ausgangspunkt der Normauslegung ist die grammatische Bedeutung des Begriffs „infolge“. Der Terminus umschreibt eine kausale Verknüpfung. Zu fragen ist also nach einem Kausalzusammenhang zwischen Widerruf und Wertersatzpflicht. Die Wortlautinterpretation des Gesetzgebers schränkt den Begriff „infolge“ auf ein außerordentlich enges Verständnis ein, indem sie behauptet, zwischen Widerruf und Wertersatzpflicht bestände kein Kausalzusammenhang. Richtig ist, dass die Wertersatzpflicht nur dann entsteht, wenn der Verbraucher die Sache in Gebrauch genommen hat. Insoweit besteht zweifelsfrei eine kausale Verknüpfung. Richtig ist aber auch, dass die Ersatzpflicht im Sinne einer tatsächlichen Kostenentstehung 416 Vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 199; zustimmend Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 495 BGB Rdn 199; Grigoleit, NJW 2002, 1151 (1154 f.). 417 Artz, Jb. J. ZivRWiss. 2001, 227 (252); Brüggemeiner / Reich, BB 2001, 213 (219); Hager, in: Ernst / Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 429 (448); Mankowski, in: Schulze / Schulte-Nölke, Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, 357 (370 f.); Ring, in: AnwKom, § 357 BGB Rdn 39.
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überhaupt nur dann relevant wird, also tatsächlich Kosten hervorbringt, wenn der Verbraucher widerruft. Ohne den Widerruf kommt es nicht zur Widerrufsabwicklung und ohne Widerrufsabwicklung entstehen für die Ingebrauchnahme der Sache keine Kosten. Anders gewendet bedeutet dies: Weil der Verbraucher widerruft, treffen ihn Kosten, die er ohne den Widerruf nicht tragen müsste. Deswegen spricht die Wortlautinterpretation jedenfalls nicht dagegen, die Wertersatzpflicht aus § 357 Abs. 3 S. 1 BGB als Kosten „infolge“ des Widerrufs anzusehen. Weil der Wortlaut des Art. 6 Abs. 2 S. 2 FernabsRL somit beide Ansichten trägt, sind systematische und teleologische Erwägungen anzustellen. Gegen das Argument aus Erwägungsgrund 14 der Richtlinie, lässt sich anführen, dass die Option, Bedingungen und Einzelheiten des Widerrufsrechts nach nationalem Recht zu gestalten, jedenfalls nicht dazu führen darf, dass das Widerrufsrecht des Verbrauchers faktisch ausgeschlossen ist. Für den Ausschluss des Widerrufsrechts findet sich nämlich für bestimmte Vertragstypen und Lieferungsgegenstände eine enumerativ und abschließend angelegte Ausnahmebestimmung in Art. 6 Abs. 3 FernabsRL. Der vorliegende Fall einer Wertersatzpflicht aufgrund bestimmungsgemäßer Ingebrauchnahme ist hiervon nicht erfasst. In den übrigen von Art. 6 Abs. 3 FernabsRL nicht erfassten Fällen steht dem Verbraucher das Widerrufsrecht nach Art. 12 Abs. 1 FernabsRL aber zwingend zu; insbesondere ist ein Verzicht auf dieses Recht nicht möglich. Die Entscheidung über die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme kann sich aber – wie bereits vorstehend erörtert – als faktischer Verzicht auf das Widerrufsrecht darstellen.418 Damit verfehlt die Bestimmung des § 357 Abs. 3 S. 1 BGB das telos des gemeinschaftsrechtlichen Widerrufsrechts im Fernabsatzrecht, indem sie den Schutz aushöhlt, der dem Verbraucher aufgrund der besonderen Abschlusssituation eingeräumt wird. Somit sprechen die besseren Argumente dafür, die Bestimmung des § 357 Abs. 3 S. 1 BGB als unvereinbar mit Artt. 6 Abs. 2 S. 2, 12 Abs. 1 FernabsRL anzusehen. Einen Auslegungsspielraum für eine richtlinienkonforme Auslegung wird man wegen des eindeutigen Wortlauts der Regelung verneinen müssen.419 418 Mit entschiedener Klarheit auch Rott, VuR 2001, 78 (85), der den Verbraucher vor ein Wahlrecht gestellt sieht: Der Verbraucher kann wählen zwischen einem Verzicht auf die Ingebrauchnahme der Sache einhergehend mit einem faktischen Verzicht auf das Widerrufsrecht oder einer Ingebrauchnahme der Sache. 419 Zu einem anderen Ergebnis käme man allein dann, wenn man einen Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts auch für den Fall des Richtlinienrechts annähme, wofür sich indes keine überzeugenden Argumente, insbesondere aber auch keine Rechtsprechungsnachweise anführen lassen. Hierzu, mit umfangreichen Nachweisen Hoffmann, ZIP 2002, 145 (151 f.), der die Frage im Zusammenhang mit der vergleichbaren Problemstellung bei § 355 Abs. 3 BGB in der Fassung des SMG erörtert; aus der Rechtsprechung vgl. LG Bonn, Urteil vom 17. 4. 2002, 1 O 370 / 01 = ZIP 2002, 981; im Übrigen vgl. v. Westpalen, in: Henssler / v. Westphalen (Hrsg.), Praxis der Schuldrechtsreform, § 357 Rdn 14, der den Versuch einer richtlinienkonformen Auslegung unternimmt, indem er den Begriff der „Prüfung“ gegenüber dem der „Ingebrauchnahme“ extensiv auslegt. Ein solches Vorgehen führt allerdings alleine zur „Schadensbegrenzung“, indem Einzelfälle aus der Ersatzpflicht herausfallen, führt aber nicht zur generellen Gemeinschaftsrechtskonformität der Regelung.
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(3) Die Abgrenzung von Prüfung und Ingebrauchnahme als zentrales Anwendungsproblem und Ansatzpunkt einer teleologischen Korrektur Bis zur verbindlichen Klärung der Vereinbarkeit des § 357 Abs. 3 S. 1 BGB mit den Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie durch den EuGH, wird sich indes aller Voraussicht nach nichts an der Bestimmung des § 357 Abs. 3 S. 1 BGB ändern. Deswegen gilt es, sich den drängenden Rechtsfragen zu stellen, die die Regelung aufwirft. Von zentraler Bedeutung für die Ersatzpflicht aus § 357 Abs. 3 S. 1 BGB ist die bereits angesprochene Unterscheidung zwischen der bloßen „Prüfung“ der finanzierten Sache und der „bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme“. (a) Problemaufriss Der Wertminderungsanspruch nach § 357 Abs. 3 S. 1 BGB für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme ist nämlich dann nach § 357 Abs. 3 S. 2 BGB ausgeschlossen, wenn die „Verschlechterung ausschließlich auf die Prüfung der Sache zurückzuführen ist“. Das Gesetz räumt dem Verbraucher somit ein Prüfungsrecht ein und bestimmt, dass die aus der Ausübung dieses Rechts resultierende Wertminderung alleine vom Unternehmer zu tragen ist. Eine Abwendungsmöglichkeit für die aus der Prüfung resultierende Wertminderung hat der Unternehmer nicht. Es wurde bereits dargelegt, dass die Frage, ob eine Ersatzpflicht für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme besteht, für die Möglichkeit des Verbrauchers, frei über die Ausübung des Widerrufsrechts zu entscheiden, von fundamentaler Bedeutung ist. Illustriert wurde dies vorstehend am Beispiel eines verbundenen Geschäfts, bei dem der Verbraucher einen Darlehensvertrag zur Finanzierung eines Neuwagenkaufs abschloss, wobei dann vor Ausübung des Widerrufsrechts die Erstzulassung erfolgte. Die Ersatzpflicht aus dem verbundenen Kaufvertrag war mit 20% dabei so hoch zu beziffern, dass eine freie Entscheidung über die Ausübung des Widerrufsrechts bezüglich des verbundenen Darlehensvertrags faktisch vollständig ausgeschlossen war, weil die Darlehenskonditionen gar nicht so schlecht sein können, dass der Widerruf nicht vollkommen unwirtschaftlich gewesen wäre. Bedenkt man diese Tragweite der Ersatzpflicht, so kann die Bedeutung der exakten Unterscheidung zwischen einer nichtersatzpflichtigen Prüfung und einer ersatzpflichtigen Ingebrauchnahme gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Umso bedauerlicher ist es, dass das Gesetz keine Definition der beiden Begriffe enthält, zumal eine exakte Grenzziehung wegen des fließenden Übergangs zwischen der Prüfung und der Ingebrauchnahme einer Sache außerordentlich diffizil erscheint. Der Gesetzgeber sah die Unterscheidung wohl als weniger problematisch an. Wie § 357 Abs. 3 S. 2 BGB zeigt, ging er vielmehr davon aus, dass zwischen Wertminderungen, die nur durch die „Prüfung“ entstehen, und solchen, die auf die „bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme“ rückführbar sind, ohne weiteres unterschieden werden kann. Dabei übersah der Gesetzgeber aber schlichtweg,
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
dass häufig eine Prüfung gar nicht ohne die Ingebrauchnahme des Gegenstands durchführbar ist. Denn oft wird der Verbraucher nur so feststellen können, ob die Sache seinen Erwartungen entspricht. (b) Mögliche Abgrenzungskriterien Ausgehend vom Wortlautverständnis der diskussionsgegenständlichen Begriffe soll am Beispiel eines als Bausatz gelieferten Möbelstücks dargelegt werden, wie schwierig die Abgrenzung im Einzelfall sein kann. Der Aufbau des Möbelstücks könnte eine bloße Prüfung des Gegenstands darstellen. Geht man vom natürlichen Wortsinn des Begriffs „Prüfung“ aus, so ist darunter die Kontrolle des Prüfungsgegenstands daraufhin zu verstehen, ob dieser ordnungsgemäß ist, den Erwartungen des Verbrauchers entspricht, d. h. insbesondere auch, ob er mangelfrei ist.420 Nun wird bei als Bausatz gelieferten Möbelstücken häufig erst im Wege der Montage ersichtlich, ob beispielsweise die vorgesehenen Einschubleisten gerade sind und die einzelnen Einlegeelemente bündig mit der Wand des Möbels abschließen oder nicht. Erst die Montage offenbart, ob das Möbel als Ganzes mangelfrei ist oder nicht. Man könnte demnach sagen, dass der Aufbau des Möbels eine notwendige Tätigkeit ist, um die Mangelfreiheit der Sache zu prüfen und daraus folgern, dass die Montage die „Prüfung“ darstellt. Eine ersatzpflichtige Ingebrauchnahme begänne nach diesem Verständnis frühestens mit dem Einräumen des Möbels, wenn hierdurch wertmindernde Gebrauchsspuren aufträten. Man könnte aber auch meinen, die Montage selbst stelle sich bereits als eine bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme dar. Nach dem Wortsinn wird man unter „Ingebrauchnahme“ nicht einen irgendwie gearteten Gebrauch der Sache, sondern allein ihren Erstgebrauch zu verstehen haben421; bestimmungsgemäß erfolgt dieser, wenn er dem Verwendungszweck des Gegenstands entsprechend vorgenommen wird. Dabei schließt das Wortlautverständnis des Begriffs der bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme durchaus auch schon vorbereitende Maßnahmen ein, die dazu dienen, den Gegenstand seinem Verwendungszweck nach überhaupt einsetzen zu können. Solche Vorbereitungsmaßnahmen wären etwa vorstehend beschriebene Montagehandlungen. Aber selbst, wenn man im Bausatzbeispiel nicht auf die Vorbereitungshandlungen abstellte, ließe sich die Montage als Ingebrauchnahme begreifen, weil 420 Regelmäßig wir es bei der Prüfung um die Kontrolle der Mangelfreiheit gehen. Das Prüfungsrecht aus § 357 Abs. 3 S. 2 BGB reicht allerdings noch weiter. Schon die Gesetzesmaterialien in BT-Drucks. 14 / 6040, S. 200 legen dies nahe, wenn sie bezüglich der Prüfung eines Buches davon sprechen, dass nicht nur eine Untersuchung auf Fehlerhaftigkeit hin, sondern auch hinsichtlich des Inhalts des Buchs als nicht ersatzpflichtige Prüfung anzusehen ist. Maßgeblich ist ganz allgemein, wie Schwab, in: Schwab / Witt (Hrsg.), S. 222 treffend bemerkt, ob die Sache den Erwartungen des Verbrauchers entspricht. Das folge insbesondere aus dem Schutzzweck des Fernabsatzrechts; dieses räume dem Verbraucher das Widerrufsund Prüfungsrecht ein, weil er aufgrund der besonderen Vertriebssituation vor der Lieferung keine Möglichkeit hat, die Sache in Augenschein zu nehmen. 421 Vgl. auch Canaris, Schuldrechtsmodernisierung, S. XXXVII.
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durch sie die einzelnen Elemente des Möbelstücks zum ersten Mal ihrem Verwendungszweck nach gebraucht werden. Das Wortlautverständnis der Begriffe führt bei der Abgrenzung von Zweifelsfällen somit nicht weiter. Erscheint der Gesetzeswortlaut insoweit defizitär, so liegt darin aber gleichzeitig die Chance, die verbraucherschutzdogmatisch verfehlte Ersatzpflicht aus § 357 Abs. 3 S. 1 BGB im Wege einer auf das telos des Verbraucherschutzes bezogenen Gesetzesauslegung ansatzweise zu korrigieren, in dem Sinne, dass eine ersatzpflichtige Ingebrauchnahme restriktiv anzunehmen ist. Eine solche Korrektur kommt freilich nur in den Grenzen des Wortlauts der fraglichen Bestimmungen in Betracht und unter Berücksichtigung möglicherweise entgegenstehender historischer und teleologischer Erwägungen. Blickt man in die Gesetzesmaterialien 422, finden sich zwei Beispiele für die Annahme einer bloßen Prüfung, nämlich das Aufschlagen und Durchblättern eines Buches und das Anprobieren eines Kleidungsstücks, nachdem es aus der Originalverpackung entnommen wurde. Als Beispiel für eine bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme wird hingegen die Erstzulassung eines Neuwagens angeführt. Die durch die Erstzulassung eintretende Wertminderung stelle eine bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme und keine Prüfung dar, weil die Wertminderung nicht prüfungsabhängig, sondern prüfungsunabhängig entstehe. Die Annahme, dass der durch die Erstzulassung entstehende Wertverlust mit der Prüfung des KfZ nichts zu tun habe, ja vielmehr unabhängig hiervon entstehe, lässt sich freilich mit guten Gründen anzweifeln.423 Indes wird an dieser Stelle der Materialien zumindest deutlich, dass ein sachliches Kriterium zur Abgrenzung von Prüfung und Ingebrauchnahme darin liegt, ob eine eingetretene Wertminderung auf die Prüfung der Sache zurückzuführen ist, oder aber unabhängig von dieser eintritt. Legt man dieses Kriterium zugrunde, so müsste der Wertverlust, der dadurch entsteht, dass ein Elektrogerät aus der Originalverpackung herausgenommen wird und nach Entfernen der Schutzfolie ans Netz angeschlossen und zum ersten mal in Betrieb genommen wird, als nichtersatzpflichtige Prüfung angesehen werden, weil die eintretende Wertminderung auf die Kontrolle der Funktionsfähigkeit des Gerätes rückführbar ist. Auch Gebrauchsspuren aufgrund der Montage im oben angeführten Bausatzbeispiel wären als Wertminderung infolge Kontrollmaßnahmen prüfungsbedingt, weswegen eine Wertersatzpflicht aufgrund bestimmungsgemäßer Ingebrauchnahme des Möbelstücks ausschied. Zu einem anderen Ergebnis gelangte man aber dann, wenn man auf das zweite, in den Materialien zumindest angedeutete „Abgrenzungskriterium“ abheben würde, nämlich dem, ob die Sache noch als „neu“ verkauft werden kann. Hierzu führt der Gesetzgeber aus, § 357 Abs. 3 S. 2 BGB habe v.a. eine „klarstellende Funktion“.424 Zu den folgenden Beispielen vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 200. Vgl. hierzu Schwab, in: Schwab / Witt (Hrsg.), Einführung in das neue Schuldrecht, S. 222; ähnlich Rott, VuR 2001, 78 (85). 424 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 200. 422 423
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
Denn, so heißt es in den Materialien, die Ersatzpflicht nach §§ 357 Abs. 3 S. 1 i.V.m. 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 HS. 2 BGB setze gerade voraus, dass durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme überhaupt ein Wertverlust eingetreten ist – eine Wertminderung, die darin liegt, dass die Sache nicht mehr als „neu“ verkauft werden kann. Eine solche Wertminderung trete aber „in der Regel“ sowieso nicht durch die bloße Prüfung der Sache ein, sondern erst durch einen darüber hinausgehenden Gebrauch – oder eben bei PkWs durch die Erstzulassung. Aus diesen Ausführungen ließe sich nun schlussfolgern, dass grundsätzlich von einer Ingebrauchnahme auszugehen wäre, wenn die Sache nicht mehr als „neu“ verkauft werden kann, weil die bloße Prüfung „in der Regel“ nicht zu einem solchen Wertverlust führt.425 Diese Einschätzung überzeugt indes nicht, weil schon die zugrunde liegende Prämisse, namentlich das unterstellte Regel-Ausnahme-Verhältnis fehlgeht. Bereits vorstehendes „Bausatzbeispiel“ belegt, dass eine Wertminderung, die so weit reicht, dass der Gegenstand nicht mehr als „neu“ verkauft werden kann, durchaus infolge von Kontrollmaßnahmen eintritt. Wer würde schon zum Neupreis einen Bausatz erwerben, der bereits einmal aufgebaut und schließlich wieder demontiert wurde? Bei elektronischen Geräten wird man eine derartige Wertminderung regelmäßige sogar schon in einem besonders frühen „Stadium“ der Kontrolle annehmen können. Schon die Entfernung einer Originalverschweißung oder eines Sicherheitssiegels zum Zweck der Inbetriebnahme und Kontrolle der Funktionsfähigkeit des Gerätes dürfte ausreichen, um das Elektrogerät nicht mehr als „neu“ verkaufen zu können; schließlich ist es bei elektronischen Geräten verkehrsüblich, diese in der Originalverpackung zu erwerben. Die vom Gesetzgeber getroffene Einschätzung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses bezüglich des Verlusts des Neuwerts überzeugt daher nicht.426 Der Verlust des Neuwertes tritt häufig schon allein infolge der Sachprüfung ein. Insoweit erscheint der Umstand, dass eine Sache nicht mehr als „neu“ verkauft werden kann, nicht als geeignetes Kriterium, um die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme von der bloßen Prüfung abzugrenzen. Im Übrigen würde ein solches Verständnis im Ergebnis dazu führen, dass in einer Vielzahl der Fälle der Verbraucher seiner gesetzlich eingeräumten Prüfungsmöglichkeit beraubt würde, weil die Kontrolle häufig den Erstgebrauch des Gegenstands voraussetzt. Damit bleibt es allein bei der Differenzierung danach, ob die eingetretene Wertminderung prüfungsabhängig oder prüfungsunabhängig eingetreten ist. Zur Konkretisierung dieses Abgrenzungsmaßstabs könnte man noch die durch die Belehrungsobliegenheit in § 357 Abs. 3 S. 1 a.E. BGB angesprochene Vermeidungsmöglichkeit der Wertminderung heranziehen. Nach § 357 Abs. 3 S. 1 a.E. BGB hat der Unternehmer den Verbraucher über die Wertersatzpflicht bei bestimmungsgemäßer Ingebrauchnahme aufzuklären und ihm eine Möglichkeit aufzuzeigen, wie er die Ersatzpflicht vermeiden kann. Demnach liegt es nahe, für die Differenzierung zwischen Prüfung und Ingebrauchnahme darauf abzuheben, ob über425 426
Vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 200. Wie hier Ring, in: AnwKom, § 357 BGB Rdn 34.
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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haupt eine Möglichkeit besteht, die Ersatzpflicht zu vermeiden. Freilich könnte man nun anführen, jede Ersatzpflicht ließe sich vermeiden, wenn der Verbraucher mit der Sache erst gar nicht in Berührung käme. Eine solcher Ansatz ginge indes fehl. Es darf nämlich nicht übersehen werden, dass dem Verbraucher kraft Gesetz (§ 357 Abs. 3 S. 2 BGB) ein Prüfungsrecht zusteht. Die Möglichkeit, die Ersatzpflicht zu vermeiden, kann daher nur so verstanden werden, dass sie bezogen auf Existenz und Effektivität des Prüfungsrechts beurteilt wird. Es ist also zu fragen, ob bei der Prüfung eine Möglichkeit besteht, die Ersatzpflicht zu vermeiden. Besteht keine Vermeidungsmöglichkeit einer Wertminderung, ist von einer Prüfung auszugehen. Besteht hingegen eine Möglichkeit, die eingetretene Wertminderung zu vermeiden und verhindert der Verbraucher den Eintritt der Wertminderung dennoch nicht, so ist von einer Ingebrauchnahme zu sprechen. Anders gewendet kommt es darauf an, ob die vorgenommene Handlung erforderlich ist, um die Sache (effektiv) zu kontrollieren. Ankommen muss es dabei auf die objektive Erforderlichkeit, nicht aber auf ein subjektives Verständnis einer der Vertragsparteien. Käme es nämlich auf die Sicht des Unternehmers an, könnte dieser das Prüfungsrecht des Verbrauchers durch ein zu enges Verständnis der Erforderlichkeit aushöhlen. Käme es auf die Perspektive des Verbrauchers an, könnte dieser sein Prüfungsrecht durch ein extensives Verständnis des Erforderlichen überspannen. Daher ist ein objektiver Maßstab anzulegen. Damit ist festzuhalten: Ist die vorgenommene Handlung objektiv erforderlich, um die Sache zu untersuchen, dann ist eine hierdurch eintretende Wertminderung „ausschließlich auf die Prüfung der Sache zurückzuführen“.427 Schließlich sollten bei der Beurteilung dessen, was zur Untersuchung des Gegenstands objektiv erforderlich ist, teleologische Erwägungen berücksichtigt werden. Es darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass durch die Ersatzpflicht für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme nach § 357 Abs. 3 S. 1 BGB das Widerrufsrecht des Verbrauchers tendenziell ausgehöhlt wird. Der Begriff des Erforderlichen sollte demnach so weit wie möglich ausgelegt werden, die Annahme einer nicht ersatzpflichtigen Prüfung sollte insoweit – wie bereits eingangs gefordert – großzügig erfolgen.428 Denn hierdurch wird das Vorliegen einer ersatzpflichtigen Ingebrauchnahme verneint und die Aushöhlung des Widerrufsrechts verhindert. 427 Im Ergebnis ebenso Schwab, in: Schwab / Witt (Hrsg.), Einführung in das neue Schuldrecht, S. 223. 428 Im Ergebnis ebenfalls für eine extensive Auslegung des Begriffs der „Prüfung“ plädiert Schwab, in: Schwab / Witt (Hrsg.), Einführung in das neue Schuldrecht, S. 221. Die hierfür angeführte Begründung, die Ersatzpflicht aus § 357 Abs. 3 S. 1 BGB sei verfehlt, weil den widerrufenden Verbraucher wie den Inhaber eines Rücktrittsrechts wegen § 347 Abs. 1 BGB ja gerade eine Nutzungsobliegenheit treffe, überzeugt indes kaum. § 357 Abs. 3 S. 1 BGB betrifft die Ingebrauchnahme, also den Erstgebrauch, § 347 Abs. 1 BGB hingegen den allgemeinen Gebrauch. Überzeugend ist es freilich, wenn ders. ebd., S. 222 f., anführt, für eine restriktive Anwendung des § 357 Abs. 3 S. 1 BGB spreche der Verstoß der Norm gegen Art. 6 Abs. 2 FernabsRL; aus letzterem Grund ebenfalls für eine extensive Auslegung des Begriffs der Prüfung, v. Westpalen, in: Henssler / v. Westphalen (Hrsg.), Praxis der Schuldrechtsreform, § 357 BGB Rdn 14.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
(c) Ergebnis Eine Wertminderung ist i. S. d. § 357 Abs. 3 S. 2 BGB „ausschließlich auf die Prüfung der Sache zurückzuführen“, wenn sie prüfungsbedingt eintrat und sich objektiv nicht vermeiden ließ, ohne dass die Prüfung des Vertragsgegenstands ineffizient geblieben wäre. Sie ist also nicht ersatzpflichtig, wenn sie prüfungsbedingt erfolgte und objektiv erforderlich war. Leitfaden der Auslegung ist aus Schutzzweckerwägungen eine extensive Auslegung des Begriffs der Prüfung.
bb) Wertersatz trotz Beachtung der eigenüblichen Sorgfalt – insbesondere die Überwälzung des Zufallsrisikos Neben § 357 Abs. 3 S. 1 BGB enthält auch § 357 Abs. 3 S. 3 BGB eine Haftungsverschärfung zu Lasten des Verbrauchers bei Verschlechterung oder Untergang des Vertragsgegenstands. Zu klären ist, wie sich diese Bestimmung unter Schutzgesichtspunkten auswirkt. Wie schon bei § 357 Abs. 3 S. 1 BGB ist auch die Vorschrift des § 357 Abs. 3 S. 3 BGB für das Verbraucherdarlehensvertragsrecht v.a. dann relevant, wenn ein verbundenes Geschäft vorliegt und die Verschlechterung oder der Untergang den finanzierten Gegenstand betrifft.
(1) Regelungsgehalt und Vergleich mit der alten Rechtslage Nach § 361 a Abs. 2 S. 4 BGB a.F. war der Verbraucher nur dann ersatzpflichtig, wenn er den Untergang oder die Verschlechterung zu vertreten hatte. Wenn er nicht ordnungsgemäß belehrt war und auch keine anderweitige Kenntnis vom Widerrufsrecht hatte, haftete er nach § 361 a Abs. 2 S. 5 BGB a.F. sogar nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Nunmehr hat der Verbraucher nach dem Wortlaut der §§ 357 Abs. 3 S. 3, 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BGB auch dann nach § 346 Abs. 2 BGB Wertersatz zu leisten, wenn die Verschlechterung oder der Untergang ohne sein Verschulden, mithin zufällig, eingetreten ist, sofern er nur über sein Widerrufsrecht belehrt wurde oder zumindest Kenntnis davon hatte. § 357 Abs. 3 S. 3 BGB schließt nämlich für die Fälle der Kenntnis des Widerrufsrechts die Anwendung des § 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BGB aus. Nach dieser Bestimmung entfällt die Verpflichtung zum Wertersatz aus § 346 Abs. 2 BGB, wenn derjenige, dem ein gesetzliches Rücktrittsrecht eingeräumt ist, die eigenübliche Sorgfalt beachtet hat; der Inhaber eines gesetzlichen Rücktrittsrechts wird insoweit gegenüber dem Inhaber eines vertraglichen Rücktrittsrechts privilegiert: der Inhaber eines gesetzlichen Rücktrittsrechts muss nicht für jedes sorgfaltswidrige Verhalten, sondern lediglich für die Nichtbeachtung der eigenüblichen Sorgfalt (§ 277 BGB) einstehen. Alleine, wenn der Verbraucher nicht über sein Widerrufsrecht belehrt wurde und auch keine anderweitige Kenntnis von der Widerrufsmöglichkeit hat, ist seine Haftung ebenfalls auf die eigenübliche Sorgfalt beschränkt.
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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Die Änderungen sind auf den ersten Blick vielschichtig und ein wenig verwirrend. Unterteilt man sie in Abweichungen gegenüber dem allgemeinen Rücktrittsrecht und in Abweichungen gegenüber dem Verbrauchervertragsrecht vor In-KraftTreten des SMG ergibt sich folgendes Bild: Bei Unkenntnis vom Widerrufsrecht hat der Verbraucher alleine für die Beachtung der eigenüblichen Sorgfalt einzustehen, ebenso wie der Inhaber eines gesetzlichen Rücktrittsrechts. Insoweit bestehen keine Unterschiede. Bei Kenntnis von der Widerrufsmöglichkeit hingegen weicht die Rechtslage wegen § 357 Abs. 3 S. 3 BGB zu Lasten des Verbraucherwiderrufsrechts von der Rechtlage beim gesetzlichen Rücktrittsrecht ab. Dabei ist die Abweichung allerdings nicht so weitreichend, wie der Wortlaut des § 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BGB vermuten ließe; nach zutreffender Literaturansicht muss die in § 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BGB vorgesehene Privilegierung des gesetzlichen gegenüber dem vertraglichen Rücktrittsrecht nämlich dann im Wege der teleologischen Reduktion entfallen, wenn der Inhaber des gesetzlichen Rücktrittsrechts von seinem Rücktrittsrecht Kenntnis erlangt, weil dann die Privilegierung gegenüber dem vertraglichen Rücktrittsrecht nicht mehr gerechtfertigt ist.429 Somit hat der Inhaber eines gesetzlichen Rücktrittsrechts ab Kenntnis nicht allein für die eigenübliche Sorgfalt einzustehen, sondern für jedwedes sorgfaltswidrige Verhalten. Das entspricht aber der aufgrund § 357 Abs. 3 S. 3 BGB geltenden Rechtslage beim Verbraucherwiderruf. Damit verbleibt gegenüber dem Verbraucherwiderruf allein der Unterschied, dass der Verbraucher nach dem Gesetzeswortlaut des § 357 Abs. 3 S. 3 BGB sogar für die zufällige Verschlechterung oder den zufälligen Untergang einzustehen hat, sofern er nur von der Widerrufsmöglichkeit Kenntnis hatte. Hinsichtlich der Überwälzung des Zufallsrisikos im Falle der Kenntnis des Widerrufsrechts wird der Verbraucherwiderruf also gegenüber dem gesetzlichen Rücktrittsrecht deprivilegiert. Vergleicht man die geltende Rechtslage mit derjenigen bis zum In-Kraft-Treten des SMG, so ergeben sich zwei Änderungen. Die erste Änderung besteht darin, dass im Fall der Unkenntnis vom Widerrufsrecht der Verschuldensmaßstab modifiziert worden ist. Hatte der Verbraucher zuvor alleine für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit einzustehen, ist er nunmehr für jede Verletzung der Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten verantwortlich, also für mittlere Fahrlässigkeit und u.U. sogar für leichte Fahrlässigkeit. Die Modifikation des Sorgfaltsmaßstabs erscheint allerdings unbedenklich, weil sich die praktischen Auswirkungen in Grenzen halten dürften und die Änderungen insbesondere eine systematisch sinnvolle Angleichung an das allgemeine Rücktrittsrecht bringen und insoweit gerechtfertigt sind. Die zweite Änderung geht dahin, dass das Risiko der zufälligen Verschlechterung und des zufälligen Untergangs auf den Verbraucher abgewälzt wird und nicht mehr wie bisher vom Unternehmer getragen wird.430 429 Vgl. ausführlich Schwab, in: Schwab / Witt (Hrsg.), S. 200 ff., insbesondere S. 202.; ebenso Hager, in: Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, § 5 Rdn 34.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
Zu klären ist demnach, ob sich die Überwälzung des Zufallsrisikos auf den Verbraucher, die sich als Schlechterstellung gegenüber dem allgemeinen Rücktrittsrecht und Absenkung des bisherigen Schutzniveaus darstellt, sachlich rechtfertigen lässt. (2) Regelungskritik Ob die Schlechterstellung des Verbraucherwiderrufs sachlich zu rechtfertigen ist, wird unterschiedlich beurteilt. Die Schlechterstellung gegenüber der Rechtslage beim gesetzlichen Rücktrittsrecht soll nach Ansicht des Gesetzgebers dadurch gerechtfertigt sein, dass der Verbraucher „aufgrund der schwebenden Wirksamkeit des Vertrages gesteigerte Pflichten hat“ und dem Unternehmer bei ordnungsgemäßer Belehrung keine Pflichtverletzung vorzuwerfen sei.431 Befürworter der gesetzgeberischen Linie führen zudem an, die Abweichung von der Rückabwicklung beim gesetzlichen Rücktrittsrecht und die Verschlechterung gegenüber der bisherigen Rechtslage sei gerechtfertigt, weil beim verbraucherschützenden Widerrufsrecht im Gegensatz zum Rücktrittsrecht der Grund für die Rückabwicklung nicht vom Unternehmer zu verantworten sei und bei ordnungsgemäßer Belehrung das Widerrufsrecht im Übrigen dem vertraglichen Rücktrittsrecht entspräche, auf das § 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BGB auch keine Anwendung finde.432 Die Gegenansicht lehnt die Haftungsverschärfung des § 357 Abs. 3 S. 3 BGB entschieden ab, insbesondere weil die Überwälzung der Gefahr eines unverschuldeten Untergangs dem Ziel widerspreche, dem Verbraucher die freie Entscheidung darüber zu belassen, ob er vom Widerrufsrecht Gebrauch machen will; die drohende Wertersatzpflicht werde den Verbraucher regelmäßig davon abhalten, von seinem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen433; konkrete Konsequenzen für die Normauslegung werden aus dieser kritischen Position, soweit ersichtlich ist, indes nicht gezogen. Tatsächlich ist die durch § 357 Abs. 3 S. 3 BGB bewirkte Überwälzung des Zufallsrisikos auf den Verbraucher unter Schutzgesichtspunkten außerordentlich problematisch. Das räumt auch Canaris als grundsätzlicher Befürworter der Regelung des § 357 Abs. 3 S. 3 BGB ein, wenn er in der Überwälzung des Zufallsrisikos zu Lasten des Verbrauchers „eine gewisse Beeinträchtigung seiner Entschei430 Bülow, NJW 2002, 1145 (1149) spricht hingegen unverständlicherweise von einer „Beibehaltung“ der alten Rechtslage für das Verbrauchervertragsrecht und erkennt alleine eine Schlechterstellung des Verbrauchers gegenüber den neuen Rücktrittsbestimmungen. 431 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 200. 432 Grigoleit, NJW 2002, 1151 (1154); St. Lorenz, in: Schulze / Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, 329 (349 ff.); ebenfalls in diese Richtung, allerdings nicht ohne „Unbehagen“, Canaris, Schuldrechtsmodernisierung, S. XLVIII. 433 Hager, in: Ernst / Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 429 (449 f.); die Gefahren für den Schutzzweck des Widerrufsrechts erkennt auch Canaris, Schuldrechtsmodernisierung, S. XLVIII.
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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dungsfreiheit und damit des Schutzgrundes des Widerrufsrechts“ erkennt.434 Die gewählte Formulierung verharmlost allerdings die Tragweite der Problematik. Hat nämlich der Verbraucher z. B. im Wege des verbundenen Geschäfts ein KfZ darlehensfinanziert erworben und ist dieses KfZ infolge eines nicht vom Verbraucher zu vertretenden Garagenbrands untergegangen, so ist der Verbraucher, wenn er von seinem Widerrufsrecht Kenntnis hatte und dieses nach dem Untergang des KfZ ausüben will, in erheblichem Umfang zum Wertersatz verpflichtet. Unabhängig davon, ob man den Umfang der Wertersatzpflicht für den untergegangenen Wagen in Höhe des vertraglichen Kaufpreises beziffert – wie dies der Wortlaut des § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 1 BGB nahe legt – oder ob man die Ersatzpflicht auf den objektiven Wert des KfZ beschränkt435, ist eine wirtschaftlich folgenlose Zunichtemachung der vertraglichen Bindung durch Ausübung des Widerrufsrechts nicht möglich. Das widerspricht dem tragenden telos des Widerrufsrechts. Dieses geht bekanntlich dahin, dem Verbraucher die in tatsächlicher Hinsicht freie Entscheidung über die Ausübung des Widerrufsrechts zu belassen, um die bei Vertragsschluss bestehende Beschränkung seiner Entscheidungsfreiheit effizient auszugleichen. Ausgangspunkt der schutzdogmatischen Bewertung des § 357 Abs. 3 S. 3 BGB ist damit die Einschätzung, dass das Widerrufsrecht wegen der mit seiner Ausübung einhergehenden wirtschaftlichen Belastungen als Schutzinstrument in erheblichem Maße entwertet ist. Zu fragen ist insoweit nach einer Rechtfertigung. § 361 a Abs. 2 S. 4 BGB a.F. ließ sich entnehmen, dass der Gesetzgeber einen lediglich beschränkten Schutz der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit dann als gerechtfertigt ansah, wenn den Verbraucher hinsichtlich der Verschlechterung oder des Untergangs ein Verschuldensvorwurf traf. Denn nur in diesem Fall, nämlich dem des Vertretenmüssens hatte der Verbraucher überhaupt Wertersatz zu leisten. Durch die nunmehr vorgenommene Überwälzung des Zufallsrisikos auf den Verbraucher trifft die Wertersatzpflicht den Verbraucher aber nicht etwa, weil er mit dem Vertragsgegenstand unsorgfältig umgegangen ist und ihm ein Verschuldensvorwurf zu machen wäre. Sie trifft ihn vielmehr allein und ausschließlich deswegen, weil er sich zunächst auf den Vertragsschluss, bzw. im Fall des verbundenen Geschäfts, auf die Vertragsschlüsse eingelassen hat. Der Verbraucher soll also schlichtweg die Folgen seiner ursprünglichen Entscheidung tragen, die er aufgrund einer Situation gestörter Vertragsparität in tatsächlicher Hinsicht nicht frei getroffen hat und typischerweise auch gar nicht frei treffen konnte. Der Schutz der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit, den die Einräumung des Widerrufsrechts gerade bezweckt, wird damit in nicht hinnehmbarem Maße verkürzt, ohne dass wie bei § 361 a Abs. 2 S. 4 BGB a.F. ein sachlicher Grund ersichtlich wäre. Nun könnte man freilich argumentieren, der Verbraucher, der über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist, habe sich bewusst auf vorgenanntes Haftungsrisiko eingelassen. Dieser Gedanke liegt wohl der wertungsmäßigen Gleichstellung des 434 435
Canaris, Schuldrechtsmodernisierung, S. XLVIII. Hierzu ausführlich unter C. V. 2. c) cc) (2).
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
Widerrufsrechts mit dem vertraglichen Rücktrittsrecht zugrunde.436 Allerdings enthält die Regelung des § 357 Abs. 3 S. 3 BGB – jedenfalls ihrem Wortlaut nach – keine entsprechende, explizite Hinweispflicht auf das diskussionsgegenständliche Haftungsrisiko. Man könnte eine solche Hinweispflicht freilich orientiert an § 357 Abs. 3 S. 1 BGB auch in Satz 3 hineinlesen437. Damit wäre zumindest die grundsätzliche Möglichkeit der Kenntnisnahme für den Verbraucher gegeben. Ebenso wie bei § 357 Abs. 3 S. 1 BGB wäre ein entsprechender Hinweis aber auch hier kaum geeignet, effektiven Schutz zu gewährleisten. Denn auch hier wird dem Verbraucher typischerweise keine oder jedenfalls keine ausreichend lange Überlegungszeit zur Verfügung stehen. Die Bestimmung des § 357 Abs. 3 S. 3 BGB verleitet den Unternehmer nämlich geradezu dazu, dem Verbraucher den Vertragsgegenstand bei ordnungsgemäßer Belehrung möglichst zügig zur Verfügung zu stellen, um das Haftungsrisiko schnell und effektiv abzuwälzen. Schließlich kann der Vergleich mit dem vertraglichen Rücktrittsrecht schon deswegen nicht überzeugen, weil die vorgenommene Gleichstellung das Bestehen einer verbrauchervertragstypischen Paritätsstörung und die dementsprechend erforderliche Überlegungsfrist unberücksichtigt lässt. Daneben geht der Vergleich mit einem vertraglichen Rücktrittsrecht auch insoweit fehl, als nach dem Gesetzeswortlaut des § 357 Abs. 3 S. 3 BGB auch jede anderweitige, vom Unternehmer unabhängige Kenntnis vom Widerrufsrecht ausreicht, um die Haftungsverschärfung eingreifen zu lassen. Soweit die Haftungsverschärfung zu Lasten des Verbrauchers dadurch gerechtfertigt werden soll, dass dem Unternehmer beim Widerrufsrecht im Gegensatz zum gesetzlichen Rücktrittsrecht bei vertragsgemäßer Erfüllung kein Pflichtverletzungsvorwurf zu machen sei, überzeugt auch dies nicht. Wie schon im Rahmen des § 357 Abs. 3 S. 1 BGB dargelegt, handelt es sich bei der Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers wegen gestörter Vertragsparität und dem Schutzbedürfnis wegen einer Pflichtverletzung des Unternehmers um zwei Regelungsfelder, die unterschiedlichen Schutzzwecken Rechnung tragen und deswegen nicht miteinander vermengt werden sollten. Sofern aber dennoch auf das Kriterium der Pflichtverletzung rekurriert wird, muss für den Fall der zufälligen Verschlechterung oder des zufälligen Untergangs zumindest in Rechnung gestellt werden, dass auch dem Verbraucher keine Pflichtverletzung anzulasten ist. Insoweit besteht in diesem Fall für die Überbürdung des Zufallsrisikos auf eine der Vertragsparteien unter dem Gesichtspunkt der Pflichtverletzung ein „Patt“. Dann sprechen aber die besseren Argumente dafür, nicht gerade die Vertragspartei mit dem Zufallsrisiko zu beschweren, deren Entscheidungsfreiheit beim Vertragsschluss in kompensationsbedürftiger Weise beschränkt war. 436 Explizit von einer wertungsmäßigen Gleichstellung spricht Grigoleit, NJW 2002, 1151 (1154); ähnlich, aber mit Bedenken Canaris, Schuldrechtsmodernisierung, S. XLVIII. 437 So Grigoleit, NJW 2002, 1151 (1154 Fn. 49). Konsequenterweise sollte man dann freilich auch bezüglich der anderweitigen Kenntnis des Verbrauchers vom Widerrufsrecht fordern, dass diese Kenntnis auch das Haftungsrisiko nach § 357 Abs. 3 S. 3 BGB erfasst.
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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Schließlich führt der Gesetzgeber als Grund für die Unanwendbarkeit der allgemeinen Rücktrittsregelung aus § 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BGB an, dass der Verbraucher „auf Grund des schwebend wirksamen Vertrages gesteigerte Pflichten hat“.438 Das ist im Ansatz durchaus einleuchtend. Denn derjenige, der sein Widerrufsrecht kennt, weiß, dass er mit der empfangenen Leistung sorgfältig umzugehen hat, weil sie noch nicht vollständig in sein Vermögen übergegangen ist; das rechtfertigt auch die differenzierte Behandlung des gesetzlichen und vertraglichen Rücktrittsrechts durch § 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BGB439 und vermochte bisher im Verbrauchervertragsrecht die Wertersatzpflicht nach § 361 a Abs. 2 S. 4 BGB a.F. zu begründen. Bezüglich der Überwälzung der Zufallsgefahr ist diese Argumentation allerdings vollkommen inhaltsleer. Gesteigerte Sorgfaltspflichten wegen schwebender Wirksamkeit begründen nämlich keine Zufallshaftung. Denn Zufall hat gerade nichts mit Pflichtverletzung auf Seiten des Verbrauchers zu tun. Im Übrigen bestehen bezüglich § 357 Abs. 3 S. 3 BGB ebenso wie bei § 357 Abs. 3 S. 1 BGB im Bereich des Fernabsatzrechts gemeinschaftsrechtliche Bedenken. Jedenfalls soweit die Gefahr der zufälligen Verschlechterung oder des Untergangs auf den Verbraucher abgewälzt wird, ist von der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Regelung auszugehen.440
(3) Teleologische Korrektur Zu klären bleibt, ob eine teleologische Reduktion des § 357 Abs. 3 S. 3 BGB für die Fälle des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung in Betracht kommt. Vom Gesetzeswortlaut sind diese Fälle ebenso erfasst wie die Fälle des Vertretenmüssens. Während allerdings die Haftungsverschärfung gegenüber § 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BGB für die Fälle des Vertretenmüssens gerechtfertigt erscheint, weil bei Kenntnis von der Widerrufsmöglichkeit dem Verbraucher gesteigerte Sorgfaltspflichten, die über die Beachtung der diligentia quam in suis hinausgehen, zumutbar sind, ist die Haftungsverschärfung für das Zufallsrisiko nicht begründbar. Sie führt, wie ausführlich dargelegt, zu einer nicht zu rechtfertigenden Aushöhlung des Widerrufsrechts. Deswegen liegt eine teleologische Reduktion des § 357 Abs. 3 S. 3 BGB nahe. Nicht in Betracht käme eine solche Gesetzesinterpretation freilich dann, wenn sie dem erklärten gesetzgeberischen Willen zuwider liefe. Indem die Gesetzesmaterialien die Regelung des § 357 Abs. 3 S. 3 BGB aber dadurch rechtfertigen, dass sie auf gesteigerte Sorgfaltspflichten bei Kenntnis der Widerrufsmöglichkeit abstellen, wird klar, dass der Gesetzgeber allein den Fall des BT-Drucks. 14 / 6040, S. 200. Vgl. hierzu ausführlich Schwab, in: Schwab / Witt, Einführung in das neue Schuldrecht, S. 200 ff. 440 Die Wertersatzpflicht für die verschuldete Verschlechterung und den verschuldeten Untergang wird man hingegen als zulässige Ausgestaltung des Widerrufsrechts nach Erwägungsgrund 14 FernabsRL ansehen können. 438 439
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
Vertretenmüssens geregelt wissen wollte. Für die Überwälzung der Zufallsgefahr wäre das argumentative Abstellen auf gesteigerte Pflichten nämlich vollkommen sinnlos. Daraus lässt sich zum einen schlussfolgern, dass der Gesetzgeber das Problem der Zufallshaftung entweder überhaupt nicht, oder zumindest nicht in aller Schärfe erkannt hat; zum anderen folgt daraus, dass das eigentliche telos der Regelung darin liegt, höhere Sorgfaltspflichten zu etablieren, nicht aber darin, die Zufallshaftung auf den Verbraucher abzuwälzen. Die teleologische Reduktion wäre aber auch dann ausgeschlossen, wenn sie zu einer Aushöhlung des § 357 Abs. 3 S. 3 BGB führte, in dem Sinne, dass dieser jeden Anwendungsbereich verlöre. Durch die Herausnahme der Fälle der Zufallshaftung wird der Anwendungsbereich des § 357 Abs. 3 S. 3 BGB zwar nicht unerheblich eingeschränkt. Die Norm behält aber ihre Bedeutung für die Fälle des Vertretenmüssens bei. Der Verbraucher hat abweichend von § 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BGB nicht nur für die Beachtung der eigenüblichen Sorgfalt, sondern für jedwedes Verschulden, insbesondere auch für leichte Fahrlässigkeit einzustehen. Mithin lassen sich keine Gesichtspunkte erkennen, die der aus Schutzgesichtspunkten notwendigen teleologischen Reduktion entgegenstehen. Daraus ergibt sich für die Normanwendung Folgendes: Hat der Verbraucher Kenntnis von der Widerrufsmöglichkeit des § 357 Abs. 3 S. 3 BGB, so haftet er entgegen § 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BGB für jedwedes Verschulden. Fehlt diese Kenntnis, bleibt es bei der Haftung allein für die eigenübliche Sorgfalt nach § 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BGB. Bei zufälliger Verschlechterung oder zufälligem Untergang ist § 357 Abs. 3 S. 3 BGB teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass er auf diese Fälle nicht anwendbar ist, weil die ansonsten eintretende Schwächung des Widerrufsrechts nicht gerechtfertigt werden kann.
cc) Der Umfang der Wertersatzpflicht nach § 346 Abs. 2 S. 2 BGB Verbraucherschutzdogmatischen Bedenken sieht sich aber auch § 346 Abs. 2 S. 2 BGB ausgesetzt, der den Umfang der Wertersatzpflicht bei der Rückabwicklung festlegt. (1) Regelungsgehalt des § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 1 BGB Nach § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 1 BGB441 ist bei der Berechnung des Wertersatzes die im Vertrag bestimmte Gegenleistung zugrunde zu legen. Die aufgrund der Formulierung „zugrunde zu legen“ enigmatisch-schillernde Bestimmung, erschließt sich ihrem Regelungszweck nach allein aus ihrer Entstehungsgeschichte.442 Gem. § 346 Abs. 2 S. 2 BGB in der Fassung des Regierungsentwurfs sollte an die Stelle 441 Durch das OLGVertrÄndG wurde Halbsatz 2 eingeführt. Die Bestimmung des Halbsatz 1 ersetzt § 346 Abs. 2 S. 2 BGB in der Fassung des SMG wortgleich. 442 Ausführlich zur Historie der Norm Hager, in: AnwKom, § 346 BGB Rdn 40.
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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des Wertersatzes ausnahmslos die vertraglich vereinbarte Gegenleistung treten. Begründet wurde dies damit, dass die Entgeltabrede bei Vertragsschluss privatautonom ausgehandelt sei und die Störung, die das Rücktrittsrecht begründet, nicht diese Abrede betreffe.443 Durch den strikten Gleichlauf von vereinbarter Gegenleistung und der Höhe des Wertersatzes wäre der Rückgewährpflichtige allerdings auch bei Mangelhaftigkeit des empfangenen Gegenstands zur Leistung von Wertersatz in Höhe der vereinbarten Gegenleistung verpflichtet gewesen. Da diese Regelung zu Recht als unsachgemäß kritisiert wurde444, entschied sich der Gesetzgeber für die nunmehr Gesetz gewordene „weichere“ Formulierung. Die Wendung „zugrunde legen“ soll demnach ermöglichen, dass etwaigen Mängeln der Leistung durch einen entsprechenden Abschlag Rechnung getragen werden kann.445 Grundsätzlich soll aber die vertraglich vereinbarte Gegenleistung den Umfang der Ersatzpflicht bestimmen446; anders als bei § 818 Abs. 2 BGB tritt an die Stelle des nicht zurückgewährten Gegenstands somit nicht allein dessen objektivee Wert, sondern der Wert, der subjektiv vereinbart wurde. Hat nun der Verbraucher z. B. im Wege des verbundenen Geschäfts ein KfZ darlehensfinanziert erworben und ist dieses KfZ untergegangen, so muss der Verbraucher, wenn er das Widerrufsrecht nach Untergang des KfZ ausübt und dieses wegen § 358 Abs. 2 S. 1 BGB auch den Kaufvertrag erfasst, grundsätzlich447 Wertersatz für das KfZ leisten. War das KfZ mangelfrei, so ist unter Zugrundelegung des vorstehenden Verständnisses des § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 1 BGB bezüglich des KfZ Wertersatz in Höhe der vereinbarten Gegenleistung zu leisten. Der Unternehmer könnte also den Vertragspreis einschließlich des darin enthaltenen Gewinnanteils fordern. Hingegen wäre nach bisheriger Rechtslage gem. § 361 a Abs. 2 S. 4 BGB a.F. allein der objektive Wert des KfZ zu ersetzen gewesen.448 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 196. Dezidiert Hager, in: Ernst / Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 429 (450 f.). 445 Vgl. BT-Drucks. 14 / 6857, S. 22 und BR- Drucks. 338 / 01, S. 40 f.; um das subjektive Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung auch bei der Rückabwicklung beizubehalten, erscheint es sinnvoll einen Abschlag in Höhe der entsprechend § 441 Abs. 3 BGB (proportional) geminderten Gegenleistung vorzunehmen, vgl. Arnold, in: Dauner-Lieb / Arnold / Dötsch / Kitz (Hrsg.), Fälle zum neuen Schuldrecht, S. 256; ebenso Canaris, Schuldrechtsmodernisierung, S. XXXIX; a.A. Kohler, JZ 2002, 682 (688 f.), der für eine bereicherungsrechtliche Lösung plädiert und beim gesetzlichen Rücktritt generell vom objektiven Wert der Gegenleistung ausgehen will. 446 Faust, in: Huber / Faust (Hrsg.), Schuldrechtsmodernisierung, Kap. 10 Rdn 41; Rolland, in: Haas / Medicus / Rolland / Schäfer / Wendtlandt, Das neue Schuldrecht, Kap. 4 Rdn 49; Schwab, in: Schwab / Witt, Einführung in das neue Schuldrecht, S. 196 f.; grundsätzlich in diese Richtung, allerdings vorbehaltlich wertungsbedingter Korrekturen Canaris, Schuldrechtsmodernisierung, S. XXXIX; kritisch Kohler, JZ 2002, 682 (689 f.) und Palandt – Heinrichs, § 346 BGB Rdn 10, die beim gesetzlichen Rücktrittsrecht generell nicht von der Gegenleistung, sondern vom objektiven Wert ausgehen wollen. 447 Nach hier vertretener Ansicht entfällt die Ersatzpflicht bei zufälligem Untergang. 448 Ausführlich zum Umfang der Wertersatzpflicht Ulmer, in: MüKo, § 361 a BGB Rdn 83. 443 444
17 Enders
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
(2) Regelungskritik und Erfordernis einer teleologischen Reduktion Die somit eingetretene Verschlechterung der Rechtsstellung des Verbrauchers sieht sich erheblichen Bedenken hinsichtlich des Schutzzwecks des Widerrufsrechts ausgesetzt. Bei wirtschaftlicher Betrachtung wird der Verbraucher nämlich durch die Neuregelung des Umfangs der Ersatzpflicht trotz Ausübung des Widerrufsrechts an den Folgen seiner ursprünglichen Entscheidung vollumfänglich festgehalten; die vertragliche Bewertung der Gegenleistung wird durch § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 1 BGB auch für die Rückabwicklung beibehalten und der Unternehmer kann trotz des Widerrufs seinen Gewinn realisieren. Im Bereich des allgemeinen Rücktrittrechts mag diese vom Gesetz formulierte und vom Gesetzgeber gewollte449 Fortgeltung des subjektiven Äquivalenzprinzips für die Rückabwicklung grundsätzlich zutreffend sein, weil in diesem Bereich des allgemeinen Privatrechts davon auszugehen ist, dass beide Parteien bei Vertragsschluss ihre Interessen angemessen zum Ausgleich gebracht haben.450 Wenn hier dennoch kritisiert wird, dass der Verkäufer beim Wertersatz wegen Untergangs einer mangelfreien Sache den vollen (subjektiv vereinbarten) Vertragspreis und somit auch den darin enthaltenen Gewinnanteil herausverlangen kann und damit besser steht, als in dem Fall, in dem die Sache vollständig in Natur zurückgewährt werden kann451, dann ist dem entgegenzuhalten, dass die gesetzliche Regelung zumindest grundsätzlich keine unsachgerechten Ergebnisse erzielt452; denn in einer freien Marktwirtschaft, in der Güter keine fixen Preise haben, sondern deren Wert von den jeweiligen Marktbedingungen abhängt, stellt die subjektiv vereinbarte Gegenleistung die bestmögliche Annäherung an den objektiven Wert eines Guts dar. Unter der Voraussetzung eines privatautonom ausgehandelten Vertrages entspricht die subjektiv ausgehandelte Gegenleistung weitgehend – freilich vorbehaltlich spezifischer subjektiver Wertvorstellungen und -präferenzen (z. B. Affektionsinteressen) – dem objektiven Marktwert eines Gutes. Diese Erwägung rechtfertigt es, dass anstelle des Gegenstands, dessen Rückgewähr nicht mehr möglich ist, nicht allein dessen objektiver Wert zurückzugewähren ist, sondern der subjektiv vereinbarte Wert der Gegenleistung. Die Maßgeblichkeit des subjektiven Äquivalenzprinzips für die Bestimmung der Höhe der Wertersatzpflicht ist insoweit grundsätzlich sinn449 Vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 196, wo das Ziel formuliert wird, „die von den Parteien privatautonom ausgehandelte Entgeltabrede“ für die Rückabwicklung beizubehalten. 450 Zur Beibehaltung des subjektiven Äquivalenzprinzips im Rahmen der Rückabwicklung vgl. Schwab, in: Schwab / Witt (Hrsg.), Einführung in das neue Schuldrecht, S. 196 f. 451 Hager, in: Ernst / Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 429 (450 f.); in diese Richtung auch Kohler, JZ 2002, 682 (689 f.), der einen Verstoß gegen den rücktrittsrechtlichen Grundsatz der restitutio in integrum zu erkennen meint; ferner Palandt – Heinrichs, § 346 BGB Rdn 10 und Faust, in: Huber / Faust (Hrsg.) , Schuldrechtsmodernisierung, Kap. 10 Rdn 41. 452 Wie hier Schwab, in: Schwab / Witt, Einführung in das neue Schuldrecht, S. 196 f.; Benicke, ZGS, 2002, 369 (375); grundsätzlich auch Canaris, Schuldrechtsmodernisierung, S. XXXIX.
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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voll, jedenfalls solange davon auszugehen ist – und das unterstellt der Gesetzgeber entsprechend dem Grundsatz der formalen Gleichheit der Privatrechtssubjekte in den Materialien zum allgemeinen Rücktrittsrecht453 –, dass die Vertragsparteien ihre Interessen beim Vertragsschluss angemessen zum Ausgleich bringen konnten. So verhält es sich im Verbraucherdarlehensvertragsrecht, wo der Verbraucher typischerweise situativ-vertragsgegenständlichen Beschränkungen seiner Entscheidungsfreiheit unterliegt und der Vertragsmechanismus als Instrument des Interessenausgleichs versagt, aber gerade nicht. Schon deswegen ist es völlig verfehlt, das vereinbarte Äquivalenzverhältnis als für die Widerrufsrückabwicklung maßgeblich anzusehen. Insbesondere aber würde der Verbraucher hierdurch an der ursprünglichen vertraglichen Vereinbarung festgehalten, obwohl diese gar nicht das Produkt eines freien Interessenausgleichs darstellt und obwohl die Vereinbarung vom Verbraucher ausweislich der Ausübung seines Widerrufsrechts – das auch den verbundenen Vertrag erfasst – gar nicht mehr gewollt ist. Der Zweck des Widerrufsrechts, die situativ-vertragsgegenständliche Störung der Entscheidungsfreiheit dadurch auszugleichen, dass der Verbraucher in eine Situation versetzt wird, in der er über die Geltung der vertraglichen Bindung und das vereinbarte Äquivalenzverhältnis noch einmal auf wohl informierter Grundlage und in tatsächlicher Hinsicht frei entscheiden kann, wird somit vollständig verfehlt. Das Widerrufsrecht ist wirtschaftlich sinnlos. Das erkennt auch Grigoleit, der im Übrigen das neue strenge Haftungsregime für Verbraucher ausdrücklich befürwortet.454 Er denkt insoweit eine teleologische Reduktion des § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 1 BGB dahingehend an, dass die Ersatzpflicht bei der Widerrufsabwicklung grundsätzlich auf den Ersatz des objektiven Wertes des Gegenstands unter Ausschluss des etwaigen Gewinnanteils beschränkt sein sollte.455 Aus Verbraucherschutzsicht ist dieser Vorschlag überzeugend. Denn durch die teleologische Reduktion des § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 1 BGB kann der Wertungswiderspruch vermieden werden, der dadurch entsteht, dass sich der Verbraucher einerseits mit Hilfe des Widerrufsrechts vom Vertrag lösen kann, andererseits aber bei der Rückabwicklung am vertraglich vorgesehenen Äquivalenzverhältnis festgehalten wird. Fraglich ist aber, ob die mit dem Vorschlag verbundene Überschreitung der Wortlautgrenze des § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 1 BGB nicht ein der Vorschrift fremdes telos an sie heranträgt und damit contra legem Verbraucherschutz produziert. Von einer (zulässigen) teleologischen Reduktion kann nämlich nur dann gesprochen werden, wenn die wortlautüberschreitende Interpretation einer Vorschrift vorgenommen wird, um die Norm selbst auf ihren Regelungszweck Vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 196. Vgl. Grigoleit, NJW 2002, 1151 (1154 f.). 455 Grigoleit, NJW 2002, 1151 (1154); ähnlich Benicke, ZGS 2002, 369 (375); vgl. ferner Palandt – Heinrichs, § 357 BGB Rdn 15, der darauf hinweist, der Unternehmer habe aufgrund des Widerrufsrechts keinen Gewinnanspruch mehr. 453 454
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
zurückzuführen.456 Vordergründiger Zweck des § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 1 BGB ist es, wie gesehen, die vertraglich vereinbarte Gegenleistung auch für die Rückabwicklung maßgeblich sein zu lassen. Das subjektiv, entsprechend dem Parteiwillen festgelegte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung soll insoweit nicht nur bei der Durchführung eines Vertrags, sondern auch bei dessen Rückabwicklung infolge Rücktritts maßgeblich sein. Abzüge von der vollen Ersatzpflicht sind möglich, allerdings ebenfalls nur bezogen auf das subjektiv Vereinbarte. Unabhängig davon, ob man in der Verwirklichung des subjektiven Äquivalenzverhältnisses die tragende Funktion des Vertragsrechts sieht, oder ob man es – wie in dieser Untersuchung vertreten457 – als bloßen Reflex der individuellen Selbstbestimmung der Privatrechtssubjekte ansieht, liegt der tiefere Sinn des § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 1 BGB also darin, der Vertragsfreiheit der Privatrechtssubjekte nicht nur beim Vertragsabschluss, sondern auch bei der Rückabwicklung Geltung zu verschaffen.458 Wenn es aber darum geht, Vertragsfreiheit zu gewährleisten, dann muss im untersuchungsgegenständlichen Verbraucherdarlehensvertragsrecht das Widerrufsrecht des Verbrauchers so ausgestaltet sein, dass die situativ-vertragsgegenständliche Beschränkung seiner Entscheidungsfreiheit bei Vertragsschluss effizient ausgeglichen wird. Dies erfordert eine Rückführung der Wertersatzpflicht von der subjektiv vereinbarten Gegenleistung auf den objektiven Wert des Gegenstands unter Ausschluss des etwaigen Gewinnanteils des Unternehmers. Das vertraglich vereinbarte Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung, resp. die vereinbarte Gegenleistung bildet nämlich unter keinem Gesichtspunkt eine geeignete Bezugsgröße für die Ersatzpflicht, da eine freie Festlegung der Gegenleistung durch den Verbraucher gerade nicht vorliegt. Daher sollte § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 1 BGB dahingehend teleologisch korrigiert werden, dass alleine der objektive Wert des Gegenstands unter Ausschluss des Unternehmergewinns den Umfang der Ersatzpflicht bestimmt. Grundsätzlich sollte insoweit – wie bisher – der Anschaffungspreis des Unternehmers zuzüglich der mit der Anschaffung und der Lagerhaltung verbundenen Kosten maßgeblich sein.459 Konsequenterweise wird man auch in parallel gelagerten Konstellationen eine entsprechende Korrektur vornehmen müssen. Hätte der Verbraucher z. B. einen als verbundenes Geschäft abgeschlossenen finanzierten Dienstleistungsvertrag rückabzuwickeln, so wäre eine Leistung zurückzugewähren, die ihrer Natur nach nicht zurückgewährt werden kann und daher eine Ersatzpflicht nach § 346 Abs. 2 S. 1 Zum Begriff vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 391 ff. Vgl. B II. 3. c) bb). 458 Canaris, Schuldrechtsmodernisierung, XXXIX sieht die Funktion des § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 1 BGB ebenfalls im Schutz der Privatautonomie, weil dieser „der Wahrung des subjektiven Äquivalenzprinzips“ diene. 459 Zur alten Rechtslage vgl. Ulmer, in: MüKo, § 361 a BGB Rdn 83; Bülow, VerbrKrG, § 7 VerbrKrG Rdn 219; a.A. nunmehr Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 495 BGB Rdn 206, der bei dem aus dem Gesetzeswortlaut des § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 1 BGB gewonnenen Ergebnis stehen bleibt. 456 457
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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Nr. 1 BGB auslöst. Auch in diesem Fall darf für den Umfang der Ersatzpflicht nicht von der vertraglich vereinbarten Gegenleistung ausgegangen werden, da sonst auch hier das vertraglich vereinbarte Äquivalenzverhältnis für die Rückabwicklung maßgeblich wäre, obwohl die Vereinbarung von Seiten des Verbrauchers „unfrei“ zustande kam und von ihm inzwischen gerade nicht (mehr) gewollt ist. Sachgerecht ist es vielmehr, auch in diesem Fall den objektiven Wert der Leistung, mithin die übliche Vergütung zum Ausgangspunkt der Ersatzpflicht zu machen; so sah es auch bis dahin § 361 a Abs. 2 S. 6 BGB a.F. vor.460 Nach dieser Bestimmung war bei der Gebrauchsüberlassung und anderen Leistungen, die nicht in Natur zurückgewährt werden konnten, allein der objektive Wert, respektive die übliche Vergütung zu ersetzen. Da die branchenübliche Vergütung, die den branchenüblichen Gewinnanteil enthält, allerdings bisweilen unverhältnismäßig hoch ausfällt – man denke etwa an einen Partnervermittlungsvertrag461 – könnte der Unternehmer auch noch durch Geltendmachung dieses objektiven Wertersatzes aus dem verbundenen Leistungserbringungsvertrag das Widerrufsrecht des Verbrauchers bezüglich des Darlehensvertrags faktisch aushöhlen.462 Deswegen war es unter Geltung des § 361 Abs. 2 S. 6 BGB a.F. verbreitete Ansicht, dass dem Verbraucher gegen den Ersatzanspruch des Unternehmers entsprechend § 818 Abs. 3 BGB der Einwand zustehen müsse, dass sein Vermögen nicht in Höhe des objektiven Werts der Leistung vermehrt sei.463 Damit belief sich der Ersatzanspruch regelmäßig auf die branchenübliche Vergütung, verkürzt um den Gewinnanteil des Unternehmers. Bedenken gegen die Übernahme dieser Argumentationsstruktur könnten sich nun allerdings aus der grundsätzlichen Anbindung der Widerrufsabwicklung an das allgemeine Rücktrittsrecht ergeben, denn hierdurch könnte der Rückgriff auf bereicherungsrechtliche Wertungen ausgeschlossen sein. Allerdings war die Anbindung an das allgemeine Rücktrittsrecht auch schon unter Geltung des § 361 a Abs. 2 BGB a.F. längst Realität464, was die Literatur nicht davon abhielt, § 361 a Abs. 2 S. 6 BGB a.F. weiterhin, d. h. ebenso wie vormals § 3 Abs. 3 HausTWG (i.V.m. § 7 Abs. 4 VerbrKrG a.F.), als „bereicherungsähnlich“465 einzuordnen. Es Vgl. Palandt – Heinrichs, 61. Auflage, § 361 a BGB Rdn 36, 37. Beispiel bei Arnold / Dötsch, NJW 2003, 187 (188). 462 Dementsprechend entschied das OLG Düsseldorf, NJW- RR 1992, 506 f. = WM 1991, 1998 (2000 f.) bei einem als Haustürgeschäft abgeschlossenen und widerrufenen Partnerschaftsvermittlungsvertrag dass Wertersatz nicht in Höhe der branchenüblichen Vergütung zu erstatten sei, sondern nur in Höhe der Kosten, die der Verbraucher selbst für die Kontaktanzeigen hätte aufwenden müssen. 463 Hierzu Ulmer, in: MüKo, § 361 a BGB Rdn 75 m. w. N.; aus der Rechtsprechung vgl. OLG Düsseldorf, WM 1991, 1998 (2001); ablehnend Werner, in: Staudinger, § 3 HWiG, 13. Bearbeitung (1998), Rdn 54. 464 Vgl. insbesondere den Verweis § 361 a Abs. 2 S. 1 BGB a.F., durch den das allgemeine Rücktrittsrecht vorbehaltlich etwaiger Sonderregeln für die Widerrufsabwicklung für anwendbar erklärt wurde. 465 Zur bereicherungsähnlichen Natur des § 361 a Abs. 2 S. 6 BGB a.F. und der Historie der Norm vgl. statt vieler Ulmer, in: MüKo, § 361 a BGB Rdn 75, einschließlich Fn. 172; zur 460 461
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
deutete sich insoweit – auch wenn dies nicht explizit ausgesprochen wurde – der Sache nach jedenfalls für den Bereich der Verbraucherverträge bereits schon hier eine vorsichtige Abkehr von der bis dahin vorherrschenden strengen Trennung von Rücktrittsrecht und Bereicherungshaftung an. Freilich soll und kann es an dieser Stelle nicht unternommen werden, eine allgemeine Anspruchskonkurrenz zu begründen oder abzulehnen.466 Es soll alleine gefragt werden, ob auf bereicherungsrechtliche Wertungen zurückgegriffen werden kann, wenn dem Rücktrittsrecht für den Bereich der Verbraucherdarlehensverträge keine sachgerechten Wertungen entnommen werden können. Für die Möglichkeit eines solchen Rückgriffs spricht zumindest, dass in § 346 Abs. 2 BGB nunmehr das allgemeine Prinzip eingeführt wurde, dass das Erlangte bei Rückgewährverhältnissen im Falle von Restitutionshindernissen dem Werte nach zu erstatten ist. Wenngleich für diese Ersatzpflicht nach § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 1 BGB grundsätzlich ein subjektiv-vertraglicher Maßstab gelten soll, wohingegen es im Bereicherungsrecht nach überwiegend vertretener Auffassung auf eine objektive Wertbemessung ankommt, ist die Parallele zu § 818 Abs. 2 BGB nicht zu verkennen, wird vom Gesetzgeber in den Materialien explizit herausgestellt467 und dementsprechend auch in der Literatur gezogen468. Bei näherer Betrachtung entsprechen sich indes nicht nur die Grundstruktur der Wertersatzpflicht, sondern auch der Maßstab ihrer Ausgestaltung. Es wurde nämlich vorstehend bereits dargelegt, dass für den Fall, in dem der Vertragsgegenstand als solcher (§ 346 Abs. 1 BGB) nicht mehr zurückgewährt werden kann und deswegen Wertersatz zu leisten ist, der subjektiv vereinbarte Wert der Gegenleistung, der auch den Gewinnanteil des Unternehmers enthält, nur dann eine sinnvolle und vom Gesetzgeber gewollte Bezugsgröße der Ersatzpflicht darstellt, wenn die entsprechende Vereinbarung privatautonom zustande kam. Denn nur in diesem Fall kann davon ausgegangen werden, dass das subjektiv Vereinbarte, das auch den Gewinnanteil des Vertragspartners enthält, annähernd dem objektiven Wert des Gegenstands entspricht, an dessen Stelle die Ersatzpflicht tritt. Da im Verbraucherdarlehensvertragsrecht die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers situativ-vertragsgegenständlich beschränkt ist, fehlt es an einer solchen privatautonomen Vereinbarung, so dass es an einer Rechtfertigung dafür fehlt, dass anstelle des Gegenstands nicht allein dessen objektiver Wert, sondern der subjektive Wert der Gegenleistung tritt. Fehlt aber insoweit die Rechtfertigung, dann ist nicht einzusebereicherungsähnlichen Natur des neuen § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB vgl. Canaris, Schuldrechtsmodernisierung, S. XXXVII. 466 Interessante Erwägungen zur „rücktrittsrechtlichen Bereicherungshaftung“ finden sich jüngst bei Kohler, JZ 2002, 682. 467 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 194 f. spricht davon, dass „für die Rückabwicklung nach Rücktritts- und Bereicherungsrecht, soweit als möglich, gleiche Prinzipien gelten sollten.“ Insoweit schien es dem Gesetzgeber sachgerecht, „das Modell der „Rückabwicklung dem Werte nach“ auf das Rücktrittsrecht zu übertragen.“ 468 Zur bereicherungsähnlichen Natur des § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB in der Fassung des SMG (= § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 1 BGB in der Fassung des OLGVertrÄndG) vgl. Canaris, Schuldrechtsmodernisierung, S. XXXVII; weitreichender Kohler, JZ 2002, 682.
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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hen, warum der Verbraucher als Rückgewährschuldner im Falle des Wertersatzes stärker belastet sein sollte, als in dem Fall, in dem die vorrangige Rückgewähr in Natur (§ 346 Abs. 1 BGB) noch möglich wäre. Deswegen ist die Ersatzpflicht auf den objektiven Wert zu beschränken. Insoweit entspricht der Maßstab im Verbraucherdarlehensvertragsrecht zumindest schon im Ergebnis dem objektiven Maßstab des § 818 Abs. 2 BGB. Im Übrigen besteht für das Verbraucher(darlehens)vertragsrecht schlichtweg ein dringendes Bedürfnis, einen handhabbaren Maßstab für die teleologisch zwingend gebotene Abweichung von § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 1 BGB zu finden. Die Wertungen aus § 818 Abs. 2, 3 BGB haben sich bis dahin als sachgerecht erwiesen und sollten daher auch künftig herangezogen werden. Eine Alternative hierzu ist nicht ersichtlich. Daher wird man davon auszugehen haben, dass der Verbraucher in Fällen, in denen die Leistung nicht in Natur zurückgewährt werden kann, allein den objektiven Wert, resp. die übliche Vergütung zu ersetzen hat; dabei sollte der Verbraucher entsprechend § 818 Abs. 3 BGB einwenden können, sein Vermögen sei durch die Leistung nicht in Höhe ihres objektiven Werts vermehrt worden. Problematisch könnte allerdings noch sein, dass die vorgeschlagene teleologische Reduktion durch § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 2 BGB ausgeschlossen sein könnte. Ob dem so ist, wird noch erörtert werden. Zunächst soll aber der Regelungsgehalt dieses zweiten Halbsatzes dargestellt werden.
(3) Sonderfall: Gebrauchsvorteile eines Darlehens, § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 2 BGB § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 1 BGB begründet eine der vorstehenden Erörterung vergleichbare Problemlage bei der Rückabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrags, auch dann, wenn dieser nicht mit einem Erwerbs- oder Leistungserbringungsvertrag zu einer wirtschaftlichen Einheit verbunden ist. Hier stellt sich v.a. die Frage des Umfangs der Wertersatzpflicht hinsichtlich der aus dem Darlehen gezogenen Gebrauchsvorteile. Nach § 346 Abs. 1 BGB gehören zu den zurückzugewährenden Leistungen auch Nutzungen. Nach § 100 BGB unterfallen dem Begriff der Nutzungen auch Gebrauchsvorteile. Beim Verbraucherdarlehensvertrag wird der Gebrauchsvorteil insoweit typischerweise darin liegen, dass der Verbraucher mit Hilfe des Darlehens fremde Forderungen begleichen kann und hierdurch ansonsten entstandene Verzugszinsen spart. Weil dieser Gebrauchsvorteil des Darlehens nach der Natur des Erlangten nicht herausgegeben werden kann, ist für ihn nach § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB Wertersatz zu leisten.469 Legte man insoweit gem. § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 1 BGB die vertraglich vereinbarte Gegenleistung zugrunde, so hätte der Verbraucher bis zum Zeitpunkt des Widerrufs den Vertragszins 469 § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB ist freilich überhaupt nur anwendbar, weil die Gebrauchsüberlassung Hauptleistungspflicht des Verbraucherdarlehensvertrags ist; zur Abgrenzung gegenüber § 347 Abs. 1 S. 1 BGB vgl. Hager, in: AnwKom, § 346 BGB Rdn 30.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
zu zahlen. Damit wäre auch hier das vertragliche Äquivalenzverhältnis nicht nur für die ursprüngliche vertragliche Vereinbarung, sondern auch für die Widerrufsabwicklung maßgeblich, so dass der Unternehmer insbesondere auch seinen Gewinnanteil realisieren könnte. Das ist mit dem Schutzzweck des Widerrufsrechts nicht vereinbar.470 Das erkannte schließlich auch der Gesetzgeber und fügte im Zuge des OLGVertrÄndG an den durch das SMG geschaffenen § 346 Abs. 2 BGB einen zweiten Halbsatz an. Dieser gilt für Verträge, die nach dem 1. 11. 2002 abgeschlossen wurden. § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 2 BGB bestimmt, dass in den Fällen, in denen Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines Darlehens zu leisten ist, dem Verbraucher der Nachweis offen steht, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war. Ausweislich der Gesetzesmaterialien soll hierdurch sichergestellt werden, dass „der Verbraucher nicht den Vertragszins zahlen muss, wenn er nur einen niedrigeren oder gar keinen Gebrauchsvorteil hatte. Indem dieser Nachweis möglich wird, muss der Verbraucher künftig bei einem geringeren Gebrauchsvorteil nur einen geringeren Zins zahlen. Wenn er gar keinen Gebrauchsvorteil hatte, entfällt die Zinspflicht ganz“.471 Der Gesetzgeber orientierte sich damit der Sache nach an der Rechtslage, wie sie vor dem SMG nach § 361 a Abs. 2 S. 6 BGB a.F. galt. Somit bestand also „allein“ in der „Übergangszeit“ zwischen In-Kraft-Treten des SMG (1. 1. 2002) und dem OLGVertrÄndG (1. 11. 2002) eine aus Verbraucherschutzsicht unbefriedigende Rechtslage. Da die in diesem Zeitraum bestehende Rechtslage – wie dargelegt – dem Schutzzweck des Widerrufsrechts aus § 495 Abs. 1 BGB zuwiderläuft, sollte bei der Abwicklung von Verträgen, die in genanntem Zeitraum widerrufen wurden, die Vorschrift des § 346 Abs. 2 S. 2 BGB in der Fassung des SMG (nunmehr: § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 1 BGB) teleologisch reduziert werden. Nach dem Vorbild des § 361 a Abs. 2 S. 6 BGB a.F sollte die Ersatzpflicht auf den objektiven Wert des Gebrauchsvorteils zurückgeführt werden, also die übliche Verzinsung. Fraglich ist, ob dem Verbraucher auch entsprechend § 818 Abs. 3 BGB die Nachweismöglichkeit eröffnet sein muss, dass der tatsächlich entstandene Gebrauchsvorteil geringer war. Für die Fälle des Widerrufs innerhalb der ersten zwei Wochen nach Vertragsschluss erscheint das nicht zwingend erforderlich, weil hier eine Aushöhlung des Widerrufsrechts durch eine übermäßige finanzielle Belastung kaum denkbar erscheint. Es lassen sich aber andere Fälle denken. Hatte der Verbraucher etwa mangels Belehrung von seinem Widerrufsrecht lange Zeit keine Kenntnis und will er dann viele Monate nach Vertragsschluss von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen, so könnte ihn die Möglichkeit des Unternehmers, den üblichen Zinssatz als objektiven Wertersatz zu fordern, davon abhalten, über die Ausübung seines Widerrufsrechts frei zu entscheiden. Im schlimmsten Fall könnte die drohende Ersatzpflicht eine freie Entscheidung de facto sogar ausschließen. 470 Ähnlich Schmidt- Kessel, ZGS 2002, 311 (315); als weniger bedenklich erachtet dies wohl Meinhof, NJW 2002, 2273 (2275). 471 BT-Drucks. 14 / 9266, S. 45.
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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Daher sollte dem Verbraucher auch für die Fälle des Wertersatzes für Gebrauchsvorteile eines Darlehens, die Nachweismöglichkeit eingeräumt werden, dass sein Vermögen nicht in Höhe des objektiven, also üblichen Zinssatzes vermehrt ist. (4) Unzulässigkeit einer teleologischen Reduktion des § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 1 BGB wegen Halbsatz 2? Zu klären bleibt die bereits aufgeworfene Frage, ob die zu § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 1 BGB unter Gliederungspunkt (2) vorgeschlagene teleologische Reduktion durch die Einführung des Halbsatzes 2 ausgeschlossen sein könnte. Aus dem Umstand, dass die Bestimmung eine Sonderregelung für die Rückabwicklung von Gebrauchsvorteilen eines Darlehens vorsieht, könnte man im Umkehrschluss folgern, dass es in allen übrigen Fällen bei der Berechnung der Ersatzpflicht anhand der vertraglich vereinbarten Gegenleistung gemäß Halbsatz 1 bleiben soll. Zwingend ist dieser systematische Schluss freilich keineswegs. Die Gesetzesmaterialien berufen sich zur Begründung der Neuregelung alleine darauf, es gehe darum sicherzustellen, dass der Verbraucher keinen Vertragszins zahlen muss, wenn er allein einen niedrigeren Gebrauchsvorteil hatte. Wenn es einer Regelung aber alleine darum geht, etwas „sicherzustellen“ 472, dann liegt der Schluss nahe, dass der Regelung alleine eine Klarstellungsfunktion zukommen soll. Klarstellen bedeutet aber das festzustellen, was ohnehin gilt. Wenn insoweit die Einschränkung der Ersatzpflicht für Gebrauchsvorteile eines Darlehens schon vor Einfügen des neuen Halbsatz 2 galt, dann konnte dieses Ergebnis nur aus einer teleologischen Reduktion der bisherigen Regelung des § 346 Abs. 2 S. 2 BGB entnommen werden. Dann ist aber nicht ersichtlich, warum in anderen Bereichen, also in Fällen, in denen nicht für Gebrauchsvorteile Ersatz zu leisten ist, eine Einschränkung der Norm ausgeschlossen sein sollte. Hinzu kommt, dass eine auf der systematischen Stellung des § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 2 BGB aufbauende Argumentation im Sinne eines Umkehrschlusses nur dann wirklich überzeugen könnte, wenn auch die systematische Stellung der Norm als solche überdacht wäre. Die Einordnung der Bestimmung in das allgemeine Rücktrittsrecht erscheint aber doch eher verwunderlich. Bedenkt man nämlich, dass der Rücktritt beim Darlehens-, resp. Verbraucherdarlehensvertrag nach Valutierung grundsätzlich nicht in Betracht kommt und die Regelung somit letztlich allein die Rückabwicklung beim Widerruf nach §§ 495 Abs. 1 i.V.m. 355 BGB betrifft, so hätte eine Regelung bei den Vorschriften des Verbrauchervertragsrechts wesentlich näher gelegen, als eine Einordnung in das allgemeine Rücktrittsrecht. Die Verwunderung über den gewählten Standort relativiert sich freilich ein wenig, wenn man bedenkt, in welcher Eile die Änderungen des Verbrauchschutzrechts in das OLGVertrÄndG eingefügt wurden, um schnellstmöglich den Vorgaben des EuGH aus dem „Heininger“-Urteil Rechnung zu tragen. 472 Wörtlich heißt es in BT-Drucks. 14 / 9266, S. 45: „Die Neuregelung des § 346 BGB stellt sicher. . . .“
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
Die Einfügung des § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 2 BGB erging im Zuge dieser hastigen „Korrektur“ des bisherigen Verbrauchervertragsrechts. Gerade dieses eilige Vorgehen spricht aber dagegen, der Regelung des Halbsatz 2 über ihren eigentlichen Regelungsgehalt hinaus weitere Bedeutung beizumessen. Das gilt umso mehr, wenn es wie hier darum geht, ob die Rechtsstellung des Verbrauchers durch Aushöhlung seines Widerrufsrechts in bedenklichem Maße verschlechtert wird oder nicht. Aus diesen Gründen kann und sollte § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 2 BGB nicht entnommen werden, dass er einer teleologischen Reduktion des Halbsatzes 1 bei der Rückabwicklung als Folge eines Verbraucherwiderrufs entgegensteht.473
dd) Zusammenfassende Bewertung Betrachtet man die Neuerungen im Bereich der Widerrufsabwicklungsmodalitäten in ihrer Gesamtschau, so ist zu konstatieren, dass diese das Widerrufsrecht als Kernstück des Verbraucherdarlehensvertragsrechts in bedenklichem Maße entwerten und das bisherige Schutzniveau absenken. An zahlreichen Stellen führt der Gesetzeswortlaut zu unsachgerechten Ergebnissen und bedarf der Korrektur. Problematisch sind insbesondere die verbrauchervertraglichen Besonderheiten gegenüber dem allgemeinen Rücktrittsrecht aus § 357 Abs. 3 BGB. Beim Verbraucherdarlehensvertrag sind diese v.a. beim Vorliegen eines verbundenen Vertrags relevant, auf dessen Rückabwicklung § 357 BGB wegen § 358 Abs. 4 S. 1 BGB Anwendung findet. Die Vorschrift des § 357 Abs. 3 S. 1 BGB weicht etwa zu Lasten des Verbrauchers von § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB dahingehend ab, dass sie ihm im Fall des Widerrufs bei entsprechender Aufklärung die Pflicht zum Wertersatz für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme des (finanziert) erworbenen Gegenstands auferlegt. Sie verschlechtert damit die Rechtsstellung des Verbrauchers gegenüber der bisherigen Rechtslage, wo eine solche Ersatzpflicht gerade nicht bestand (§ 361 a Abs. 2 S. 6 HS. 2 BGB a.F.) und deprivilegiert die Widerrufsabwicklung gegenüber der nach neuem Recht geltenden Rücktrittsabwicklung. Wenn dies damit begründet wird, dass dem Unternehmer beim Verbraucherwiderruf anders als beim Rücktritt keine Vertragsverletzung vorzuwerfen sei, so verquickt der Reformgesetzgeber zwei Regelungsfelder, die bis dahin aus gutem Grund streng voneinander getrennt waren. Der eigentliche Schutzgrund des verbraucherdarlehensvertraglichen Widerrufsrechts, die bei Vertragsabschluss bestehende situativ-vertragsgegenständliche Beschränkung der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers, wird hierdurch zwar nicht grundsätzlich in Frage gestellt, aber doch gefährlich verwässert. Das ist dogmatisch bedauerlich und unter Schutzgesichtspunkten außerordentlich problematisch. Die aufgrund § 357 Abs. 3 S. 1 BGB drohende 473 Zutreffend Arnold / Dötsch, NJW 2003, 187 (189); wohl auch in diese Richtung Schmidt- Kessel, ZGS 2002, 311 (315).
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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Ersatzpflicht kann nämlich solche Ausmaße annehmen, dass eine freie Entscheidung über die Ausübung des Widerrufsrechts faktisch ausgeschlossen ist und der Verbraucher trotz der ausgleichsbedürftigen Beschränkung seiner Entscheidungsfreiheit bei Vertragsschluss an dem Verbraucherdarlehensvertrag und dem verbundenen Leistungserbringungsvertrag faktisch festgehalten wird. Das Widerrufsrecht ist ausgehöhlt. Auch das Aufklärungserfordernis aus § 357 Abs. 3 S. 1 BGB vermag diese Schutzverkürzung nicht effektiv auszugleichen. Schließlich ist im Bereich des Fernabsatzrechts – das freilich für den Verbraucherdarlehensvertrag weniger relevant sein dürfte – auch von der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Ersatzpflicht aus § 357 Abs. 3 S. 1 BGB auszugehen. Der Gesetzgeber täte insoweit wohl am besten daran, diese verbraucherschutzdogmatisch verfehlte Regelung, die im Übrigen schwierige Abgrenzungsfragen zu § 357 Abs. 3 S. 2 BGB aufwirft, schlichtweg wieder zu streichen. Da dies indes vorerst nicht zu erwarten steht, bleibt einstweilen nur die Möglichkeit, die Ersatzpflicht wegen bestimmungsgemäßer Ingebrauchnahme möglichst restriktiv anzunehmen und d. h. im Gegenzug, eine extensive Auslegung des Gegenbegriffs der nichtersatzpflichtigen „Prüfung“ zu betreiben. Insoweit ist nach hier vertretener Ansicht eine Wertminderung i. S. d. § 357 Abs. 3 S. 2 BGB „ausschließlich auf die Prüfung der Sache zurückzuführen“, wenn sie prüfungsbedingt eintrat und sich objektiv nicht vermeiden ließ, ohne dass die Prüfung des Vertragsgegenstands ineffizient geblieben wäre. Sie ist also nicht ersatzpflichtig, wenn sie prüfungsbedingt erfolgte und objektiv erforderlich war. Neben § 357 Abs. 3 S. 1 BGB enthält auch § 357 Abs. 3 S. 3 BGB eine Haftungsverschärfung, die die Fälle des Untergangs oder der Verschlechterung einer (finanziert) erworbenen Leistung betrifft. Der Verbraucherwiderruf wird gegenüber der alten Rechtslage wie auch gegenüber dem neuen allgemeinen Rücktrittsrecht durch Statuierung eines strengeren Sorgfaltsmaßstabs und durch Überwälzung des Zufallsrisikos deprivilegiert. Die Überwälzung des Zufallsrisikos auf den Verbraucher, die sich als Schlechterstellung gegenüber dem neuen allgemeinen Rücktrittsrecht und als Absenkung des bisherigen Schutzniveaus darstellt, verkürzt den Verbraucherschutz in untragbarem Maße und ist sachlich nicht zu rechtfertigen. Bei zufälliger Verschlechterung oder zufälligem Untergang ist § 357 Abs. 3 S. 3 BGB daher teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass er auf diese Fälle nicht anwendbar ist. Im Übrigen gilt Folgendes: Hat der Verbraucher Kenntnis von der Widerrufsmöglichkeit des § 357 Abs. 3 S. 3 BGB, so haftet er entgegen § 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BGB für jedwedes Verschulden. Fehlt diese Kenntnis, bleibt es bei der Haftung allein für die eigenübliche Sorgfalt nach § 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BGB. Schließlich hat die Untersuchung ergeben, dass auch die in § 346 Abs. 2 S. 2 BGB gesetzlich vorgesehene Bestimmung des Umfangs der Wertersatzpflicht für das Verbraucherdarlehensvertragsrecht von der bisherigen Rechtslage abweicht, nach der grundsätzlich vom objektiven Wert der empfangenen Leistung auszugehen war, und es hat sich gezeigt, dass diese Abweichung verfehlt ist. Die Aufrechterhaltung des vertraglich vereinbarten Äquivalenzverhältnisses für die Widerrufsrückabwicklung, die § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 1 BGB nahe legt, ist mit dem Schutz-
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
zweck des Widerrufsrechts nicht zu vereinbaren. Deswegen ist die Bestimmung im Bereich des Verbraucherdarlehensvertragsrechts teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass Ausgangspunkt der Wertersatzpflicht des Verbrauchers im Fall der Widerrufsabwicklung der objektive Wert der empfangenen Leistung ist, nicht aber die vertraglich vereinbarte Gegenleistung. Ist beim verbundenen Geschäft also ein finanzierter Kaufvertrag rückabzuwickeln, ist für den Kaufgegenstand vom objektiven Wert auszugehen; ist der verbundene Vertrag ein solcher über eine Leistung, die nicht in Natur zurückgewährt werden kann, z. B. eine Dienstleistung, so ist von der üblichen Vergütung auszugehen. In letztgenanntem Fall sollte dem Verbraucher zusätzlich entsprechend § 818 Abs. 3 BGB der Einwand zustehen, dass die bei ihm vorhandene Bereicherung unterhalb des objektiven, resp. branchenüblichen Werts der Leistung liegt. Für den aus einem Verbraucherdarlehen gezogenen Gebrauchsvorteil gilt die Sonderregel des § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 2 BGB. Bezüglich der Gebrauchsvorteile eines Darlehensvertrages, der zwischen dem 1. 1. 2002 und dem 1.11. 2002 abgeschlossen wurde, ist § 346 Abs. 2 S. 2 BGB dahingehend zu reduzieren, dass allein die übliche Verzinsung verlangt werden kann und dem Verbraucher der Nachweis offen steht, dass der Gebrauchsvorteil sein Vermögen in geringerem Umfang vermehrt hat.
3. Vorschriften über verbundene Geschäfte Ebenso wie die Regelungen über den Widerruf blieben auch die, bereits an diversen Stellen der Untersuchung relevanten, Bestimmungen über verbundene Verträge und den Einwendungsdurchgriff (§ 9 VerbrKrG) durch das SMG und das OLGVertrÄndG nicht unberührt. Sie wurden in das allgemeine Schuldrecht, namentlich in die §§ 358, 359 BGB überführt. Dabei fasst § 358 BGB die Regelungen der bisherigen §§ 9 Abs. 1, 2, 4 VerbrKrG, 4 FernabsG, 6 TzWrG in einer einzigen Vorschrift zusammen und schafft hierdurch eine für das gesamte Verbrauchervertragsrecht einheitlich geltende Regelung über verbundene Verträge. Während § 358 Abs. 3 BGB den Begriff des verbundenen Geschäfts definiert, regeln § 358 Abs. 1, 2, 4 BGB die Rechtsfolgen, die eintreten, wenn ein Verbraucherdarlehensvertrag der Finanzierung eines Vertrags über die Lieferung von Waren, bzw. die Erbringung einer anderen Leistung dient und mit diesem eine wirtschaftliche Einheit bildet, und einer dieser beiden Verträge infolge eines Widerrufs entfällt. Insoweit sehen die Vorschriften des § 358 Abs. 1 und 2 BGB die Beachtlichkeit des Widerrufs auch für das verbundene Geschäft (Widerrufsdurchgriff) vor. § 358 Abs. 4 BGB schließlich enthält Regeln für die Rückabwicklung des verbundenen Vertrags. § 359 BGB tritt an die Stelle des vormals in § 9 Abs. 3 VerbrKrG geregelten Einwendungsdurchgriffs. Die Norm legt also fest, inwieweit der Verbraucher im Fall eines verbundenen Geschäfts dem Vertragspartner des Finanzierungsgeschäfts Einwendungen aus dem finanzierten Geschäft entgegenhalten kann.
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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a) Definition: Verbundenes Geschäft Da das Vorliegen eines verbundenen Geschäfts konstitutive Voraussetzung für die Anwendung des verbraucherschützenden Widerrufs- und Einwendungsdurchgriffs ist, ist zu klären, ob und gegebenenfalls inwieweit der Begriff des verbundenen Geschäfts im Zuge des SMG, resp. des OLGVertrÄndG inhaltlich modifiziert wurde. Wann ein verbundenes Geschäft vorliegt, ergibt sich aus § 358 Abs. 3 S. 1 BGB. Dort heißt es: „Ein Vertrag über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung und ein Verbraucherdarlehensvertrag sind verbunden, wenn das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrags dient und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden.“ Maßgeblich ist also, dass ein Verbraucherdarlehensvertrag der Finanzierung eines anderen Leistungserbringungsvertrags dient und darüber hinaus mit diesem eine wirtschaftliche Einheit bildet. Eine wirtschaftliche Einheit ist nach § 358 Abs. 3 S. 2 BGB „insbesondere anzunehmen, wenn der Unternehmer selbst die Gegenleistung des Verbrauchers finanziert, oder im Fall der Finanzierung durch einen Dritten, wenn sich der Darlehensgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrags der Mitwirkung des Unternehmers bedient.“ Die Definition des verbundenen Vertrags entspricht insoweit nach den Gesetzesmaterialien inhaltlich dem Begriff des verbundenen Geschäfts aus §§ 9 Abs. 1 VerbrKrG, 4 FernabsG und 6 TzWrG und fasst diese Bestimmungen lediglich zusammen.474 Diese Einschätzung des Gesetzgebers trifft jedenfalls dahingehend zu, dass weiterhin an einem objektiven Verständnis des Begriffs der „wirtschaftlichen Einheit“ festzuhalten ist; das folgt wie bisher aus dem Wortlaut des Regelbeispiels in § 358 Abs. 3 S. 2 BGB (vormals: § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG) und wird nunmehr noch durch § 358 Abs. 3 S. 3 BGB untermauert.475 Indes lassen sich dem Wortlaut der Neubestimmung zwei Abweichungen entnehmen, deren eine die Frage der Personenidentität von Darlehensgeber und Vertragspartner des finanzierten Geschäfts betrifft und deren andere den besonderen Verwendungszweck eines Immobilienerwerbs betrifft. Diese Abweichungen müssen näher beleuchtet und aus Verbraucherschutzsicht bewertet werden.
BT-Drucks. 14 / 6040, S. 201. Nach § 358 Abs. 3 S. 3 BGB liegt eine wirtschaftliche Einheit beim Immobilienerwerb u. a. dann vor, wenn der Darlehensgeber, den Grundstückserwerb fördert, indem er sich das Veräußerungsinteresse des Veräußerers „ganz oder teilweise zu eigen macht“ oder „den Veräußerer einseitig begünstigt“. Nun wird es aber für den Verbraucher typischerweise nicht erkennbar sein, ob sich der Darlehensgeber das Veräußerungsinteresse des Veräußerers zu eigen macht oder den Veräußerer einseitig begünstigt. Auch deswegen kann es für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit nicht auf die subjektive Sicht des Verbrauchers ankommen, vgl. hierzu schon C. IV. 1. b) dd) (1) (d) a.E. 474 475
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
aa) Personenidentität auf Unternehmerseite § 358 Abs. 3 S. 2 BGB stellt explizit klar, dass die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit zwischen Finanzierungsgeschäft und finanziertem Geschäft keineswegs daran scheitert, dass keine Drittfinanzierung vorliegt, sondern der Darlehensgeber und der Vertragspartner des finanzierten Geschäfts, z. B. der Verkäufer, personenidentisch sind. Die Frage war nach alter Rechtslage umstritten. Während eine Ansicht von einem Erfordernis der Personenverschiedenheit ausging und hierfür den Wortlaut des § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG heranziehen konnte476, vermochte die Gegenansicht477 in der Personenverschiedenheit von Kreditgeber und Verkäufer, bzw. sonstigem Leistungserbringer kein konstitutives Merkmal für die Annahme eines verbundenen Geschäfts erkennen. Sie brachte gegen erstbezeichnete Ansicht vor, dass es sich bei § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG lediglich um ein gesetzliches Beispiel für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit handelte, durch das anderweitige Fallgestaltungen nicht ausgeschlossen wären. Und auch wenn § 9 Abs. 1 VerbrKrG vom finanzierten Geschäft einerseits und vom Finanzierungsgeschäft andererseits sprach, so folgte daraus lediglich, dass für das Vorliegen eines verbundenen Geschäfts die Begründung mehrerer Vertragsverhältnisse konstitutiv war, nicht aber, dass der Verbraucher mehr als einem Vertragspartner gegenüberstehen musste. Die gegenteilige, eine Personenverschiedenheit postulierende Sicht, setzte sich, so wurde von den Befürwortern eines umfassenderen Verbraucherschutzes vorgebracht, mit dem telos des § 9 VerbrKrG in Widerspruch.478 Dem ist zuzustimmen. Die Bestimmungen über verbundene Verträge zielten vor wie nach dem SMG auf den Schutz des Verbrauchers vor schwerwiegenden Beeinträchtigungen seiner tatsächlichen Entscheidungsfreiheit bei Vertragsschluss, die durch die Aufspaltung eines Abzahlungsgeschäfts in zwei betont unabhängig voneinander formulierte Verträge entstehen. Geschützt wird der Verbraucher vor einem Vertragsschluss mit unausgewogener Risikoverteilung, die er nicht verhindern kann, zumal gerade im Bereich der Verbraucherverträge ein effizienter Konditionenwettbewerb fehlt, der das Marktversagen auszugleichen geeignet wäre.479 Die Gefahr einer unausgewogenen Risiko476 So etwa Ott, in: Bruchner / Ott / Wagner-Wieduwilt, § 9 VerbrKrG Rdn 25, 32 und 159, der aber im Einzelfall eine Analogie zulassen wollte; Vortmann, NJW 1992, 1865 f. 477 Hierzu Bülow, VerbrKrG, § 9 VerbrKrG Rdn 40; Dauner-Lieb, WM 1991, Beil. 6, S. 18; Habersack, in: MüKo, § 9 VerbrKrG Rdn 1, 45; Emmerich, in: v. Westphalen / Emmerich / v. Rottenburg, § 9 VerbrKrG Rdn 54 ff.; Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 9 VerbrKrG Rdn 23 m. w. N. 478 In ausführlicher Auseinandersetzung mit den Gesetzmaterialien Habersack, in: MüKo, § 9 VerbrKrG Rdn 45; ebenso Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 9 VerbrKrG Rdn 23. 479 Einer der zahlreichen Gründe für das Vorliegen eines Marktversagens im Bereich der Verbraucherverträge liegt darin begründet, dass der Verbraucher – im Unterschied zu einem professionell handelnden Rechtssubjekt – den konkreten Abwicklungsbedingungen des Vertrages für seine Vertragsentschließung keine Bedeutung beimisst. Das liegt nicht allein darin begründet, dass er diese für seine Willensentschließung als unbedeutend erachtet, sondern
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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verteilung infolge der „künstlichen“ Aufspaltung eines einheitlichen Geschäfts, kann aber ohne weiteres auch aufgrund einer sich in zwei Verträge teilenden Rechtsbeziehung zu ein und demselben Vertragspartner bestehen und ist nicht auf die Fälle der Personenverschiedenheit der Vertragspartner beschränkt.480 Sprachen somit schon nach alter Rechtslage die besseren Argumente dafür, die Personenverschiedenheit von Darlehensgeber und Verkäufer nicht als konstitutives Merkmal für die Annahme eines verbundenen Geschäfts anzusehen481, so findet diese Sicht nun ihre Bestätigung im neuen Gesetzestext. Das Gesetz wirkt insoweit allein klarstellend. Es behält entsprechend der in den Materialien formulierten Zielsetzung482 die bisherige Rechtslage bei. Änderungen des Verbraucherschutzniveaus sind daher nicht zu verzeichnen.
bb) Verwendungszweck „Immobilienkauf“ Inhaltliche Änderungen des Begriffs des verbundenen Geschäfts sind indes bei Verbraucherdarlehensverträgen zu verzeichnen, die mit einem Immobiliengeschäft zu einer wirtschaftlichen Einheit verbunden sind. Die maßgeblichen Änderungen sind bereits inzident im Kontext mit (immobiliar-)darlehensfinanzierten Immobiliengeschäften erläutert und unter Schutzgesichtspunkten bewertet worden, namentlich im Zusammenhang mit den Folgewirkungen der „Heininger“-Entscheidung des EuGH.483 Wegen der großen praktischen Bedeutung der Thematik v.a. im Bereich der Immobilientreuhandmodelle soll im vorliegenden Kontext aber zumindest noch einmal eine Zusammenfassung der wesentlichen Eckdaten der Rechtsentwicklung erfolgen. Schließlich soll der Regelungsgehalt des durch das OLGVertrÄndG neu eingefügten § 358 Abs. 3 S. 3 BGB noch ein wenig näher betrachtet werden. Es wurde bereits dargelegt, dass mit Einführung der neugefassten Definition des verbundenen Vertrags durch das SMG Unsicherheit darüber aufkam, ob Darlehen, die dem Erwerb einer Immobilie dienten, vom Anwendungsbereich der Bestimdass er, anders als ein professionell handelndes Rechtssubjekt, deren Tragweite aufgrund seiner notwendigerweise einzelfallbezogenen, außerprofessionellen Sichtweise typischerweise überhaupt nicht richtig einschätzen kann, vgl. näher unter B. III. 2. c). 480 So überzeugend Habersack, in: MüKo, § 9 VerbrKrG Rdn 45 f. 481 Diese Sicht wurde ferner auch auf ein aus § 3 Abs. 2 Nr. 4 VerbrKrG abgeleitetes systematisches Argument gestützt. § 3 Abs. 2 Nr. 4 VerbrKrG, der die Anwendbarkeit des § 9 VerbrKrG auf Spekulationsgeschäfte ausschloss, ließ sich entnehmen, dass der Gesetzgeber die Personenidentität von Kreditgeber und Verkäufer durchaus für möglich hielt, weil die Vorschrift sonst nahezu überflüssig gewesen wäre; schließlich ist beim finanzierten Wertpapierkauf, der den Hauptanwendungsfall der Bestimmung bildete, die Personenidentität von Finanzierer und Verkäufer gerade der Regelfall, vgl. ausführlich Habersack, in: MüKo, § 9 VerbrKrG Rdn 48; ähnlich Bülow, VerbrKrG, § 9 VerbrKrG Rdn 40. 482 Vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 200. 483 Hierzu insbesondere vorstehend C. IV. 1. b) dd) (1) (d).
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
mungen über verbundene Verträge ausgenommen sein sollten. Denn nach § 358 BGB musste das durch das Darlehen finanzierte Geschäft ein „Vertrag über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung“ sein, wohingegen nach § 9 Abs. 1 VerbrKrG die Bestimmungen über verbundene Verträge unproblematisch auf einen finanzierten „Kaufvertrag“, also auch auf einen Immobilienkaufvertrag, anwendbar waren. Die Untersuchung in diesem Kontext hat sodann ergeben, dass entgegen anderslautender Stimmen Gesetzeswortlaut, Systematik, gesetzgeberischer Wille wie auch das telos eines effizienten Verbraucherschutzes dafür sprechen, darlehensfinanzierte Immobilienkaufverträge nicht von der Anwendung der Bestimmungen über verbundene Verträge auszunehmen484; ferner wurde nachgewiesen, dass das Vorliegen eines verbundenen Geschäfts allein nach den allgemeinen Tatbestandsvoraussetzungen eines verbundenen Geschäfts zu beurteilen war, nicht aber anhand hiervon abweichender, qualifizierter Kriterien für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit.485 Durch die Einführung des neuen § 358 Abs. 3 S. 3 BGB im Zuge des OLGVertrÄndG fand diese Sicht ihre Bestätigung. Die dort niedergelegten qualifizierten Anforderungen an die Annahme eines verbundenen Vertrags im Fall von finanzierten Immobiliengeschäften machen nämlich nur Sinn, wenn Immobiliengeschäfte überhaupt in den Anwendungsbereich der Bestimmungen über verbundene Verträge fallen und unter die dort niedergelegten allgemeinen Tatbestandsvoraussetzungen einer wirtschaftlichen Einheit subsumierbar sind. Wären finanzierte Immobiliengeschäfte ohnehin ausgenommen, hätte sich der Gesetzgeber nicht veranlasst sehen müssen, qualifizierte Anforderungen an die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit zu stellen, um hierdurch die Zahl der erfassten Immobiliengeschäfte einzugrenzen.486 Festzuhalten ist damit, dass zur Finanzierung eines Immobilienkaufvertrags abgeschlossene Verbraucherdarlehensverträge nicht erst dann, wenn sie nach dem 1. 11. 2002, also seit Geltung des OLGVertrÄndG, geschlossen wurden, als verbundene Verträge i. S. d. § 358 Abs. 3 BGB qualifiziert werden können. Vielmehr galt dies auch schon nach § 358 BGB in der Fassung des SMG, so dass das SMG das unter § 9 VerbrKrG geltende Schutzniveau beibehielt. (1) Noch einmal: finanzierte Grundstücksgeschäfte und Immobiliardarlehen Bevor nun ein näherer Blick auf § 358 Abs. 3 S. 3 BGB geworfen wird, sei zur Begriffsklärung noch einmal darauf hingewiesen, dass die Frage des DarlehensverVgl. C. IV. 1. b) dd) (1) (c) (bb). Zu den inhaltlichen Anforderungen an das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit beim finanzierten Immobilienerwerb unter Geltung des § 9 Abs. 1 VerbrKrG sowie unter Geltung des § 358 BGB in der Fassung des SMG, vgl. vorstehend C. IV. 1. b) dd) (1) (d). 486 Der Gesetzgeber wollte durch § 358 Abs. 3 S. 3 BGB ausweislich der Gesetzmaterialien verhindern, dass nahezu jeder finanzierte Immobilienerwerb unter Verbraucherbeteiligung als verbundenes Geschäft anzusehen ist, vgl. BT-Drucks. 14 / 9266, S. 46. 484 485
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wendungszwecks „Immobilienkauf“ von der Frage der spezifischen grundpfandrechtlichen Sicherung eines Darlehens, die ein Darlehen zu einem „Immobiliardarlehen“ i. S. d. § 492 Abs. 1 a S. 2 BGB macht, durchaus zu unterscheiden ist, auch wenn dies zumeist nicht geschieht.487 Die Legaldefinition des § 492 Abs. 1 a S. 2 BGB knüpft ausschließlich an die spezifische grundpfandrechtlicheSicherungsform an, nicht aber an einen besonderen Verwendungszweck des Darlehens. Hingegen stellt § 358 Abs. 3 S. 3 BGB nicht auf das Vorliegen eines Immobiliardarlehensvertrags, sondern auf den besonderen Verwendungszweck „Grundstücksgeschäft“ ab. Dennoch besteht zwischen den beiden Problemfeldern ein Sinnzusammenhang, der gerade auch die Bestimmung des § 358 Abs. 3 S. 3 BGB betrifft: Immobiliardarlehensverträge wurden – wie bereits ausführlich dargelegt – veranlasst durch das „Heininger“-Urteil des EuGH im Zuge des OLGVertrÄndG generell widerruflich gestellt. Vor dem 2. 11. 2002 abgeschlossene Verbraucherdarlehensverträge waren indes nach § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB in der Fassung des SMG (vormals: § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG) vom Widerrufsrecht und den Bestimmungen über verbundene Verträge ausgenommen. Eine gemeinschaftsrechtlich gebotene Ausnahme war allein beim Vertragsschluss in einer Haustürsituation zu machen, in dem Sinne, dass dem Verbraucher hier ein Widerrufsrecht eingeräumt werden musste. Nach hier vertretener – dem BGH zuwiderlaufender Ansicht – galt es dann auch, den Widerrufsdurchgriff auf den mit dem Darlehensvertrag verbundenen Vertrag zu gestatten. In der Folge hat das OLGVertrÄndG zu einer begrüßenswerten Anhebung des Verbraucherschutzniveaus bei Immobiliardarlehensverträgen geführt. Durch Streichung des § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB wurden Immobiliardarlehensverträge generell widerruflich gestellt und die Vorschriften über verbundene Geschäfte wurden nicht mehr von der Anwendung auf Immobiliardarlehensverträge ausgenommen. Allerdings wurden gleichzeitig in dem neuen § 358 Abs. 3 S. 3 BGB Sondervoraussetzungen für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit für die Fälle eingeführt, in denen das vom Verbraucher aufgenommene Darlehen der Finanzierung eines Grundstücksgeschäfts dient. Da derartige Darlehensverträge typischerweise grundpfandrechtlich i. S. d. § 492 Abs. 1 a S. 2 BGB abgesichert werden, besteht ein enger, wenn auch nicht notwendiger Zusammenhang zwischen Immobiliardarlehen und darlehensfinanzierten Grundstücksgeschäften.
(2) § 358 Abs. 3 S. 3 BGB Für nach dem 1. 11. 2002 geschlossene Verträge ist demnach zu beachten, dass beim besonderen Verwendungszweck des finanzierten Erwerbs eines Grundstücks 487 Vgl. jüngst die ersten Stellungnahmen zu § 358 Abs. 3 S. 3 BGB, der unter dem Gesichtspunkt des Immobiliardarlehensvertrags diskutiert wird, ohne dass die Bestimmung das Vorliegen eines derartigen Vertrags voraussetzt; hierzu BGH ZIP 2002, 2210 (2211); Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 495 BGB Rdn 267 a, wo es in der Überschrift heißt „Besonderheiten für Immobiliardarlehensverträge (§ 358 Abs. 3 S. 3 BGB)“.
18 Enders
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
oder eines grundstücksgleichen Rechts nach § 358 Abs. 3 S. 3 BGB eine wirtschaftliche Einheit „nur dann anzunehmen [ist], wenn der Darlehensgeber selbst das Grundstück oder das grundstücksgleiche Recht verschafft oder wenn er über die Zurverfügungstellung von Darlehen hinaus den Erwerb des Grundstücks oder des grundstücksgleichen Rechts durch Zusammenwirken mit dem Unternehmer fördert, indem er sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt.“ Die vorstehend bezeichneten, verschärften Anforderungen für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit als Voraussetzung eines verbundenen Geschäfts, sind der Rechtsprechung des BGH zum Einwendungsdurchgriff nach § 242 BGB nachempfunden.488 Es wurde bereits dargelegt, dass die hierdurch eintretende Schutzverkürzung gegenüber dem allgemein geltenden Begriff der wirtschaftlichen Einheit aus § 358 Abs. 3 S. 2 BGB (§ 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG) nicht überzeugend zu rechtfertigen ist.489 Die rechtstatsächlichen Vertriebsbedingungen, auf die sich der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 358 Abs. 3 S. 3 BGB berief490, namentlich die regelmäßig schlecht ausgebauten Filialnetze von in der Immobilienfinanzierung tätigen Kreditinstituten, erklären zwar, dass die beteiligten Unternehmer typischerweise planmäßig und arbeitsteilig beim Vertragsschluss zusammenwirken, begründen aber gerade keine verminderte Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers. Ebenso wenig trägt das „Argument“, beim finanzierten Immobilienerwerb könne der Verbraucher klar zwischen den verschiedenen Vertragsverhältnissen unterscheiden. Denn für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit kommt es ausweislich des Gesetzeswortlauts des § 358 Abs. 3 S. 2 BGB nicht auf die subjektive Wahrnehmung des Verbrauchers, sondern auf das Vorliegen objektiver Verbindungselemente an. Das bestätigt gerade auch der neugeschaffene § 358 Abs. 3 S. 3 BGB. Wenn hiernach nämlich eine wirtschaftliche Einheit u. a. dann anzunehmen ist, wenn sich der Darlehensgeber die Veräußerungsinteressen des Veräußerers zu eigen macht, oder wenn er „den Veräußerer einseitig begünstigt“, dann kann es insofern gerade nicht auf den subjektiven Verständnishorizont des Verbrauchers ankommen, da diese Umstände schon der Wahrnehmung des Verbrauchers entzogen sind. Schließlich wurde auch das marktregulierende Bestreben, durch eine Verkürzung des Anwendungsbereichs der Bestimmungen über verbundene Verträge einer Verteuerung von Immobiliardarlehen entgegenzuwirken, als rechtfertigendes Argument abgelehnt, weil ein richtig verstandener Verbraucherschutz nicht der wirtschaftlichen Privilegierung einzelner Marktteilnehmer dient. Muss man die Norm des § 358 Abs. 3 S. 3 BGB insofern als verfehlt ansehen, so entbindet diese
488 Vgl. die entsprechenden Rechtsprechungsnachweise in BT-Drucks. 14 / 9266, S. 46 f., aber auch BT-Drucks. 14 / 9531, S. 3 f. 489 Hierzu wie zum Folgenden bereits C. IV. 1. b) dd) (1) (d). 490 BT-Drucks. 14 / 9266, S. 46; zu Rechtfertigungsversuchen im Kontext des § 358 Abs. 3 S. 3 BGB vgl. ferner BT-Drucks. 14 / 9531, S. 3.
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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Einschätzung den Rechtsanwender natürlich nicht von ihrer Beachtung als eindeutige gesetzgeberische Anordnung. Um die ihrem Wortlaut nach ein wenig aufgeblähte Bestimmung handhabbar zu machen, soll im Folgenden daher zumindest ihre Systematik offengelegt werden. Die Norm stellt für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit zwei alternative Voraussetzungen auf, nämlich das „Verschaffen“ der Immobilie, resp. des Rechts oder die „Fördermaßnahme“. Unzweifelhaft bezeichnet der Begriff des Verschaffens ein „mehr“ an Tätigkeit als eine bloße Fördermaßnahme. Unter „Verschaffen“ wird man insoweit ein Handeln des Darlehensgebers zu verstehen haben, durch das der Darlehensgeber den Erwerb vom Eigentümer (Rechtsinhaber) selbst herbeiführt; da der Darlehensgeber, typischerweise aber mangels Verfügungsbefugnis nicht das Eigentum an der Immobilie übertragen kann, wird es für das „Verschaffen“ ausreichen, dass er seine Rolle als Darlehensgeber verlassen hat491 und dem Verbraucher gegenüber wie ein Anbieter aufgetreten ist.492 Im Sinne der zweiten Alternative ist eine wirtschaftliche Einheit dann anzunehmen, wenn der Darlehensgeber den Erwerb des Grundstücks oder des grundstücksgleichen Rechts, den ein anderer Unternehmer dem Verbraucher anbietet oder verschafft, „fördert“; ein solches „Fördern“ liegt vor, wenn der Darlehensgeber eine der drei in der Vorschrift beschriebenen Förderhandlungen vornimmt. Die bloße Verwendung gemeinsamer oder aufeinander bezogener Formulare, die als Ausdruck eines planmäßigen und arbeitsteiligen Zusammenwirkens typischerweise ausreicht, um i.R.d. § 358 Abs. 3 S. 2 BGB eine wirtschaftliche Einheit und damit ein verbundenes Geschäft anzunehmen493, genügt insoweit nicht. Der Darlehensgeber muss sich entweder (1) das Veräußerungsinteresse des Veräußerers ganz oder teilweise zu eigen gemacht haben, (2) die Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts übernommen haben oder (3) den Veräußerer einseitig begünstigt haben. Das Gesetz zieht damit einen relativ engen Rahmen für die Annahme eines verbundenen Geschäfts beim finanzierten Immobilienerwerb. Dabei bieten die einzelnen Tatbestandsmerkmale allerdings in ihrer vom Gesetzgeber bewusst offen gehaltenen Formulierung494 durchaus Auslegungsspielraum. Wie die Gerichte diesen nutzen werden, bleibt abzuwarten. Da sich die von § 358 Abs. 3 S. 2 BGB abweichenden Sondervoraussetzungen nach hier vertretener Auffassung freilich nicht überzeugend begründen lassen, sollten die Gerichte den ihnen eröffneten Auslegungsspielraum dahingehend nutzen, bei der Entwicklung von Fallgruppen, die Anforderungen an die Annahme eines verbundenen Geschäfts nicht allzu hoch anzusetzen.
BT-Drucks. 14 / 9531, S. 3. Vgl. auch Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 495 BGB Rdn 267 c. 493 Zur Vorgängernorm des § 9 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG vgl. insoweit Dauner-Lieb, WM 1991, Sonderbeilage 6, 1 (15). 494 Ziel ist es, der Rechtsprechung die Ausbildung von Fallgruppen zu ermöglichen, vgl. BT-Drucks. 14 / 9531, S. 4. 491 492
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
b) Widerrufsdurchgriff Der verbraucherschützende Widerrufsdurchgriff ist v.a. in systematischer Hinsicht reformiert worden. Die im Laufe der Untersuchung bereits implizit, im Zusammenhang mit konkreten Fallfragen, angewandten neuen Regelungen sollen im Folgenden in ihrer neuen Systematik noch einmal klar herausgearbeitet werden, da aus dieser eine dogmatische Konsolidierung des Instituts des Widerrufsdurchgriffs ableitbar ist. Der im Zuge der Vereinheitlichung der Bestimmungen über verbundene Verträge geschaffene § 358 BGB regelt anders als § 9 VerbrKrG nicht allein die Auswirkungen des Widerrufs des Verbraucherdarlehensvertrags auf das finanzierte Geschäft, sondern lässt den Widerrufsdurchgriff auch wie vormals § 4 FernabsG und § 6 TzWrG vom finanzierten Geschäft auf den Verbraucherdarlehensvertrag zu. Hinsichtlich der Erstreckung der Wirkungen eines Widerrufs auf einen verbundenen Vertrag ist insoweit danach zu differenzieren, bezüglich welches verbundenen Vertrags ein Widerrufsrecht besteht: Während § 358 Abs. 2 BGB den Widerruf des Verbraucherdarlehensvertrags regelt, dessen Wirkung einen verbundenen Warenlieferungs- oder Leistungserbringungsvertrag erfasst, bestimmt § 358 Abs. 1 BGB, dass der Widerruf des finanzierten Geschäfts auf den verbundenen Darlehensvertrag durchschlägt, so dass dieser ebenfalls als widerrufen gilt. Sollten ausnahmsweise beide Geschäfte widerruflich sein, so bestimmt § 358 Abs. 2 S. 2 BGB den Vorrang des Widerrufsrechts aus dem finanzierten Geschäft: Der Widerruf nach § 495 BGB ist ausgeschlossen und der Widerrufsdurchgriff richtet sich allein nach § 358 Abs. 1 BGB. Ergänzt wird diese Kollisionsregel durch § 358 Abs. 2 S. 3 BGB, nach dem ein gleichwohl erfolgter Widerruf des Verbraucherdarlehensvertrags so zu behandeln ist, als beziehe er sich auf das finanzierte Geschäft.495 Insoweit führen die Vorschriften des § 358 Abs. 1 und 2 BGB zu einem – wie der Gesetzgeber formuliert – „Rückabwicklungsgleichlauf“, indem sie die Beachtlichkeit des Widerrufs auch für das jeweils verbundene Geschäft vorsehen496: Der verbundene Vertrag gilt ebenfalls als widerrufen, ohne dass es eines gesonderten Widerrufs der auf seinen Abschluss gerichteten Willenerklärung bedürfte und ohne, dass der verbundene Vertrag durch das Gesetz selbst widerruflich gestellt sein müsste. Der Gesetzgeber hat damit einen Rechtsgedanken aufgegriffen, der nach bisherigem Recht allein in Einzelregelungen, nämlich §§ 9 VerbrKrG, 4 FernabsG und 6 TzWrG enthalten war und hat diesen verallgemeinert: Die Regelungen über verbundene Verträge, resp. den Widerrufsdurchgiff sollen immer dann eingreifen, wenn dem Verbraucher ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB eingeräumt ist.497 Diese Neuerung ist unter schutzdogmatischen Gesichtspunkten zu 495 Rechtspolitische Kritik an § 358 Abs. 2 S. 3 BGB äußert Schäfer, in: Haas / Medicus / Rolland / Schäfer / Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 7 Rdn 39; ferner Habersack, BKR 2001, 72 (76). 496 Zum Begriff des Rückabwicklungsgleichlaufs vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 200 f.
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begrüßen. Der Gesetzestext untermauert nunmehr unzweideutig die in der „Securenta“-Rechtsprechung formulierte Notwendigkeit des Widerrufsdurchgriffs beim verbundenen Geschäft und stützt die in dieser Untersuchung vertretene (analoge) Anwendung des Widerrufsdurchgriffs beim Widerruf eines Immobiliardarlehensvertrags nach den Bestimmungen über Haustürgeschäfte. In beiden Fällen wurde die Anwendbarkeit des Widerrufsdurchgriffs – jedenfalls, soweit die Argumentation teleologisch gestützt war – damit begründet, dass eine Nichtanwendung zu einer Aushöhlung des Widerrufsrechts geführt hätte. Die Zulassung des Widerrufsdurchgriffs von einem Verbraucherdarlehensvertrag auf einen verbundenen Vertrag, etwa einen Kaufvertrag, war erforderlich, damit der Verbraucher ohne Furcht vor wirtschaftlichen Risiken, also in tatsächlicher Hinsicht frei über die Ausübung des Widerrufs bezüglich des Darlehensvertrags entscheiden konnte und so der Schutzzweck des Widerrufsrechts erreicht wurde. Indem die durch das SMG geschaffene Fassung des § 358 Abs. 1 und 2 BGB den in vorbezeichneten Einzelregelungen enthaltenen Rechtsgedanken verallgemeinert, beseitigt das Gesetz dogmatische Unsicherheiten, wie sie bis dahin in Einzelfällen bestanden. Gleichzeitig wird das verbraucherschützende Widerrufsrecht als Instrument zur Kompensation schwerwiegender Beschränkungen der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit bei Vertragsschluss gestärkt. Vervollständigt wird die Idee des „Rückabwicklungsleichlaufs“ durch § 358 Abs. 4 BGB, in dessen Satz 1 die Anwendbarkeit des § 357 BGB auf den verbundenen Vertrag erklärt wird. Schon nach bisheriger Rechtslage war der verbundene Vertrag ebenso wie der widerrufene Verbraucherdarlehensvertrag nach modifiziertem Rücktrittsrecht abzuwickeln, wenngleich dies bis dahin nicht explizit niedergelegt war. § 358 Abs. 4 S. 1 BGB dient insoweit allein der Klarstellung.498 Eine Rechtsänderung tritt freilich aufgrund der haftungsverschärfenden Neuerungen in § 357 Abs. 3 BGB ein, die in ihrer schutzabsenkenden Wirkung schon ausführlich kritisiert wurden, namentlich hinsichtlich der durch sie drohenden Aushöhlung des Widerrufsrechts aus §§ 495 Abs. 1, 355 BGB.499 Im Übrigen behält § 358 BGB, soweit das Verbraucherdarlehensvertragsrecht betroffen ist, die bisherige Rechtslage bei, so etwa das bereits erläuterte Konzept der bilateralen Rückabwicklung zwischen Verbraucher und Darlehensgeber aus § 9 Abs. 2 S. 4 VerbrKrG, das sich nunmehr in § 358 Abs. 4 S. 3 BGB findet.500 Die Neuregelung des § 358 Abs. 4 S. 3 BGB ist allein sprachlich allgemeiner gefasst, indem der Begriff des „Verkäufers“ durch den des „Unternehmers“ und der Begriff „Kaufvertrag“ durch den „verbundenen Vertrag“ ersetzt wird. Inhaltliche Änderungen folgen daraus nicht, da die 497 Vgl. hierzu BT-Drucks. 14 / 9266, S. 46 im Rahmen der verbraucherschutzrechtlichen Neuerungen durch das OLGVertrÄndG. Der Durchgriff soll im Übrigen ebenfalls auch dann zulässig sein, wenn ein Rückgaberecht nach § 356 BGB besteht. 498 Vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 201. 499 Vgl. zu den Änderungen beim Recht der Widerrufsabwicklung ausführlich unter C. V. 2. c). 500 Hierzu vorstehend C. IV. 1. b) dd).
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
Bestimmungen über verbundene Verträge bereits nach § 9 Abs. 4 VerbrKrG nicht allein auf Kaufverträge, sondern auch auf andere Leistungserbringungsverträge anwendbar waren.
c) Einwendungsdurchgriff Im Gegensatz zum Widerrufsdurchgriff stellt der Einwendungsdurchgriff eine spezifisch verbraucherkreditrechtliche Thematik dar, weswegen die Verlagerung des ehemaligen § 9 Abs. 3 VerbrKrG in das allgemeine Schuldrecht, namentlich nach § 359 BGB, systematischer Kritik ausgesetzt war501. Der sachliche Zusammenhang zu § 358 BGB besteht freilich in der Anknüpfung des § 359 BGB an das Vorliegen eines verbundenen Geschäfts. Neben dieser systematischen Standortverlagerung wurde die Norm entsprechend der neuen Ausrichtung des Verbraucherkreditrechts am Verbraucherdarlehensvertragsrecht v.a. terminologisch angepasst. Inhaltlich sind allein zwei Änderungen augenfällig, deren eine die Subsidiarität des Einwendungsdurchgriffs bei Mängelbehelfen betrifft und deren andere Vereinbarungen betrifft, die der Verbraucher und der Vertragspartner des verbundenen Vertrags nach Abschluss des Darlehensvertrags getroffen haben. Zu klären ist, wie sich diese Änderungen auf das bisher gewährleistete Verbraucherschutzniveau auswirken.
aa) Partielle Subsidiarität nach § 359 S. 3 BGB Grundsätzlich können wie bisher sämtliche Einwendungen, seien sie rechtshindernder oder rechtsvernichtender Natur wie auch Einreden aus dem verbundenen Leistungserbringungsvertrag sofort einredeweise gegen den Darlehensrückzahlungsanspruch des Darlehensgebers geltend gemacht werden.502 Ausnahmsweise ist die sofortige Geltendmachung nach § 359 S. 3 BGB ausgeschlossen, wenn der Verbraucher Nacherfüllung verlangen kann; in diesem Fall kann er die Rückzahlung erst verweigern, wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen 501 Hierzu Habersack, BKR 2001, 72 (76); Köndgen, WM 2001, 1637 (1645 f.); ders., in: Ernst / Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 457 (477 ff.); Schäfer, in: Haas / Medicus / Rolland / Schäfer / Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 7 Rdn 38. 502 Im Unterschied zur wenig konstanten Rechtsprechung vor In-Kraft-Treten des VerbrKrG verzichtete bereits § 9 Abs. 3 VerbrKrG und nunmehr § 359 BGB auf das Prinzip der Subsidiarität des Einwendungsdurchgriffs und gestattet dem Verbraucher Einwendungen aus dem Kauf-, resp. Leistungserbringungsvertrag auch dann dem Kreditgeber entgegenzuhalten, wenn ihm die Inanspruchnahme des Verkäufers möglich und zumutbar ist. Zur grundsätzlichen Aufgabe des Subsidiaritätsgrundsatzes vgl. Habersack, in: MüKo, § 9 VerbrKrG Rdn 99 ff.; ferner Dauner-Lieb, WM 1991, Sonderbeilage 6, 1 (5) mit umfangreichen Rechtsprechungsnachweisen.
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ist. Bereits nach § 9 Abs. 3 S. 3 VerbrKrG war der Einwendungsdurchgriff dann subsidiär, wenn der Verbraucher bei Mangelhaftigkeit der Sache aufgrund vertraglicher oder gesetzlicher Ansprüche Nachbesserung oder Ersatzlieferung verlangte; der Verbraucher konnte die Rückzahlung erst verweigern, wenn die Nachbesserung oder Ersatzlieferung fehlgeschlagen war. Der in § 359 S. 3 BGB verwandte Begriff der Nacherfüllung erfasst i. S. d. § 439 BGB Mängelbeseitigung und Ersatzlieferung, so dass insoweit keine Abweichungen zur Altregelung bestehen. Allerdings stellt seit dem SMG der Nacherfüllungsanspruch des Käufers aus §§ 437 Nr. 1, 439 BGB den unter den Mängelbehelfen vorrangigen Rechtsbehelf dar. Das folgt aus dem Erfordernis der Nachfristsetzung, das sowohl beim Rücktritts- als auch beim Minderungsrecht besteht und auch beim Schadensersatz wegen Schlechtleistung zu beachten ist.503 Insoweit ist durch das SMG die Bedeutung des Nacherfüllungsanspruchs gewachsen und damit mittelbar auch die Relevanz der partiellen Subsidiarität des Einwendungsdurchgriffs beim Nacherfüllungsverlangen. Zu kritisieren ist das nicht. Es handelt sich bei dieser Modifikation allein um die konsequente Anpassung der vormals in § 9 Abs. 3 S. 3 VerbrKrG enthaltenen Regelung an das geänderte Gewährleistungsrecht.
bb) Einwendungen aufgrund nachträglicher Vereinbarungen bei Unternehmeridentität Vollständig ausgenommen vom Einwendungsdurchgriff sind gem. § 359 S. 2 Alt.1 BGB Bagatellfälle, in denen das finanzierte Entgelt 200 A nicht überschreitet, sowie gem. § 359 S. 2 Alt.2 BGB Einwendungen, die auf Vertragsänderungen beruhen, die zwischen dem Vertragspartner des finanzierten Geschäfts und dem Verbraucher nach Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrags vereinbart wurden. Beide Ausnahmen vom sachlichen Anwendungsbereich des Einwendungsdurchgriffs waren bereits in § 9 Abs. 3 S. 2 VerbrKrG enthalten. Indes tritt im Rahmen der zweiten Alternative im Kontext mit dem neuformulierten Regelbeispiel des § 358 Abs. 3 S. 2 BGB ein Problem auf, das bis dahin – zumindest in dieser Deutlichkeit – nicht bestand.504 Da aufgrund der Neuregelung in § 358 Abs. 3 S. 2 BGB nunmehr auch die Unternehmeridentität von Darlehensgeber und Vertragspartner des finanzierten Geschäfts (Verkäufer) der Annahme eines verbundenen Geschäfts unzweifelhaft nicht entgegensteht, ist die Ausnahmereglung des § 359 S. 2 Alt.2 BGB auch auf diesen Fall ihrem Wortlaut nach anwendbar. Stimmt somit der Unternehmer nach Abschluss des Darlehensvertrags – in seiner Rolle als 503 Der Verkäufer hat insoweit ein „Recht auf zweite Andienung“, vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 89, 220 f.; instruktiv zum System der Käuferrechte bei Mangelhaftigkeit der Kaufsache vgl. statt vieler Schubel, in: Schwab / Witt, Einführung in das neue Schuldrecht, S. 129 ff. 504 Die Problematik bestand freilich schon bisher, wenn man die bis dahin umstrittene Frage, ob Unternehmeridentität der Annahme eines verbundenen Geschäfts entgegenstände, verneinte.
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
Partner des finanzierten Geschäfts, etwa als Verkäufer – einer Vereinbarung zu, aufgrund derer dem Verbraucher dann eine Einwendung zusteht, so muss er sich diese Einwendung in seiner Rolle als Darlehensgeber hinsichtlich seines Darlehensrückzahlungsanspruchs nicht entgegenhalten lassen. Die Sinnhaftigkeit dieses aus dem Wortlaut des § 359 S. 2 Alt. 2 BGB gewonnenen Ergebnisses ist in der Literatur angezweifelt worden.505 In der Tat ist fraglich, ob der durch § 359 S. 2 Alt.2 BGB intendierte Schutz des Darlehensgebers vor Einwendungen aufgrund nachträglicher Vereinbarungen im Fall der Unternehmeridentität entbehrlich ist. Insoweit stellt sich die Frage, ob die Regelung teleologisch zu reduzieren ist, weil sie über ihren Regelungsplan hinausgeht. Der Schutzzweck des § 359 S. 2 Alt.2 BGB erschließt sich ohne weiteres aus dem Wortlaut der Bestimmung. Der Darlehensgeber muss sich wegen § 359 S. 2 Alt.2 BGB nur solche Einwendungen entgegenhalten lassen, die dem Inhalt des Kaufoder Leistungserbringungsvertrags in dem Zeitpunkt entsprechen, in dem der Verbraucherdarlehensvertrag abgeschlossen wurde. Vereinbaren also der Verbraucher und der Verkäufer der finanzierten Sache z. B. nachträglich eine Kaufpreisreduzierung, so muss der Verbraucher dem Darlehensgeber den vollen Darlehensbetrag zurückerstatten und muss sich wegen der Kaufpreisdifferenz an den Verkäufer halten. Ebenso kann eine nach Vertragsschluss vereinbarte Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB, die Mängelansprüche begründet, dem Darlehensrückzahlungsanspruch nicht entgegengehalten werden; anders als wenn der Mangel schon auf der ursprünglichen Vereinbarung beruhte. Offensichtlich soll der Darlehensgeber also davor geschützt werden, dass nach Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrags die Risikoverteilung im verbundenen Geschäft zu seinen Lasten geändert wird, ohne dass er am Entstehen der Belastung selbst irgendwie mitgewirkt hätte oder mit ihr bei Vertragsschluss auch nur hätte rechnen müssen.506 Hingegen besteht bei Vereinbarungen, die bei Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrags vorlagen, kein Schutzbedürfnis des Darlehensgebers und der Einwendungsdurchgriff ist zulässig, da in diesem Fall für den Darlehensgeber die Möglichkeit bestand, das Risiko der Darlehensrückzahlung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses einzuschätzen, soweit dieses durch die Einwendungslage gestaltet wird. Diese Möglichkeit der Risikoeinschätzung bei Vertragsschluss liegt im Fall der Personenidentität wie selbstverständlich auf der Hand und besteht bei Personenverschiedenheit der Unternehmer wegen des arbeitsteiligen, planmäßigen Zusammenwirkens. Im vorliegend zu beurteilenden Fall der nachträglichen Vertragsänderung bei Unternehmeridentität muss der Darlehensgeber nicht nur mit dem Entstehen der Belastung rechnen, sondern er hat vielmehr bewusst an ihrem Entstehen – wenngleich auch in der Rolle des Verkäufers, resp. sonstigen Leistungserbringers – mit505 Einheitliche Kritik bei Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 495 BGB Rdn 351; Habersack, BKR 2001, 72 (76 f.); Schäfer, in: Haas / Medicus / Rolland / Schäfer / Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 7 Rdn 41. 506 Vgl. zu diesem telos schon BT-Drucks. 11 / 5462, S. 24; aus der Literatur statt vieler Habersack, in: MüKo, § 9 VerbrKrG Rdn 98.
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gewirkt. Macht der Verbraucher die Einwendung dann geltend, trifft ihn kein Risiko, mit dem er nicht zu rechnen brauchte. Ein Schutzbedürfnis, das die Ausnahme vom Regelfall des Einwendungsdurchgriffs ausnahmsweise rechtfertigen könnte, besteht insoweit nicht. Daher schießt die Regelung des § 359 S. 2 Alt.2 BGB über ihren Regelungsgehalt hinaus. Sie sollte teleologisch dahingehend reduziert werden, dass sie auf die Fälle der Unternehmeridentität keine Anwendung findet. Eine solche Korrektur wäre allerdings dann ausgeschlossen, wenn das Gesetz den Fall der Unternehmeridentität trotz der vorstehenden teleologischen Erwägungen erfasst wissen wollte. Im Gesetzgebungsverfahren regte der Bundesrat an, die ursprüngliche Formulierung „Einwendungen, die auf einer zwischen dem anderen Unternehmer und dem Verbraucher nach Abschluss des Darlehensvertrags vereinbarten Vertragsänderung beruhen“ durch die Formulierung „Einwendungen, die auf einer zwischen diesem Unternehmer und dem Verbraucher nach Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrags vereinbarten Vertragsänderung beruhen“ zu ersetzen, weil nach der neugefassten Definition des verbundenen Geschäfts auch die Fälle der Unternehmeridentität erfasst seien und dies auch bei § 359 S. 2 BGB deutlich werden müsse.507 Diesen Vorschlag griff die endgültige Gesetzesfassung auf. Nun könnte man denken, es handele sich insoweit um eine bewusste und durchdachte gesetzgeberische Entscheidung. Das wird wohl in der bisher erschienenen Literatur so gesehen, weil sich diese, soweit sie das Problem überhaupt anspricht, resignativ darauf beschränkt, die Sinnlosigkeit der Regelung für den hier diskutierten Fall festzustellen508, bzw. den fehlenden „Gerechtigkeitsgehalt“ zu beklagen509. Dabei will die vorliegende Untersuchung nicht stehen bleiben. Es sprechen nämlich gute Gründe dafür, dass das vorstehende Problem vom Gesetzgeber gar nicht erkannt wurde. Im Rahmen des vom Bundesrat gemachten Formulierungsvorschlags ebenso wie im Rahmen der Gegenäußerung der Bundesregierung wurde nämlich mit keinem Wort auf den Ausnahmecharakter der Bestimmung und ihren Sinn und Zweck eingegangen. Dabei wäre dies, wie vorstehende Diskussion zeigt, durchaus erforderlich gewesen, spricht doch das telos des § 359 S. 2 Alt.2 BGB zweifellos gegen eine Erfassung der Fälle der Unternehmeridentität. Insoweit erscheint die im Gesetzgebungsverfahren vorgenommene Wortlautmodifikation allein als eine formale, gesetzesästhetische Maßnahme510, die auf den ersten Blick wegen § 358 Abs. 3 S. 2 BGB systematisch durchaus stimmig ist, deren Auswirkungen hinsichtlich der Schutzzweckpervertierung der Norm des § 359 S. 2 Alt.2 BGB allerdings schlichtweg nicht erkannt wurden. Anders sind die fehlenden Einlassungen des Gesetzgebers nicht erklärbar. Vgl. BT-Drucks. 14 / 6857, S. 24 zu Nr. 83 = BR- Drucks. 338 / 01, S. 46 Nr. 83. Schäfer, in: Haas / Medicus / Rolland / Schäfer / Wendtland (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kap. 7 Rdn 41. 509 Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 495 BGB Rdn 351. 510 So wurde die Formulierung des § 359 S. 2 Alt.2 BGB in der Fassung des Regierungsentwurfs als „unschön“ bezeichnet, vgl. BT-Drucks. 14 / 6857, S. 24 zu Nr. 83 = BR- Drucks. 338 / 01, S. 46 Nr. 83. 507 508
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
Damit ist § 359 S. 2 Alt.2 BGB in den Fällen der Unternehmeridentität dahingehend zu reduzieren, dass er auf diese Fälle keine Anwendung findet. In Ermangelung einer Schutzbedürftigkeit des Darlehensgebers, die ein Abweichen vom Regelfall des Einwendungsdurchgriffs rechtfertigen könnte, ist dem Verbraucher der Einwendungsdurchgriff im Fall der Unternehmeridentität also auch dann zu gestatten, wenn die vorgebrachte Einwendung auf einer nach Vertragsschluss getroffenen Vereinbarung beruht.
d) Zusammenfassung Mit der Überführung des ehemaligen § 9 VerbrKrG in die §§ 358, 359 BGB sind allein marginale inhaltliche Veränderungen verbunden. Der Begriff des verbundenen Vertrags, vormals in § 9 Abs. 1 VerbrKrG enthalten, wird nunmehr einheitlich für das Verbrauchervertragsrecht in § 358 Abs. 3 BGB definiert. Eine klarstellende Abweichung gegenüber § 9 Abs. 1 VerbrKrG folgt allein aus dem Regelbeispiel der wirtschaftlichen Einheit in § 358 Abs. 3 S. 2 BGB, das nunmehr explizit macht, dass die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit zwischen Finanzierungsgeschäft und finanziertem Geschäft nicht daran scheitert, dass auf Unternehmerseite Personenidentität vorliegt. Ferner sind Besonderheiten beim besonderen Darlehensverwendungszweck des Immobiliengeschäfts zu beachten. Während der Verwendungszweck des Immobilienerwerbs, nach hier vertretener Ansicht, der Annahme eines verbundenen Geschäfts weder vor noch nach dem SMG entgegenstand und das Vorliegen eines verbundenen Geschäfts insofern auch nach den allgemeinen Tatbestandsvoraussetzungen des § 9 Abs. 1 VerbrKrG zu ermitteln war, stellt der durch das OLGVertrÄndG eingeführte § 358 Abs. 3 S. 3 BGB nunmehr qualifizierte Anforderungen für die Annahme eines verbundenen Geschäfts beim finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts. Das gilt für Verträge, die nach dem 1. 11. 2002 abgeschlossen wurden. Nach § 358 Abs. 3 S. 3 BGB soll in Abweichung von § 358 Abs. 3 S. 2 BGB ein verbundenes Geschäft alleine dann anzunehmen sein, wenn der Darlehensgeber die Immobilie oder das Recht „verschafft“ oder eine der drei in der Vorschrift genannten Fördermaßnahmen vornimmt. Bei der Konkretisierung dieser Tatbestandsmerkmale des „Verschaffens“ und des „Förderns“ sollten die Gerichte den durch die offene Formulierung der Tatbestandsmerkmale bestehenden Auslegungsspielraum dahingehend nutzen, die Anforderungen an die Annahme eines verbundenen Geschäfts nicht allzu hoch anzusetzen; schließlich lassen sich die von Satz 2 abweichenden Sondervoraussetzungen – jedenfalls nach hier vertretener Ansicht – nicht überzeugend rechtfertigen. Begrüßenswert ist hingegen die durch die Vereinheitlichung der Bestimmungen zum Widerrufsdurchgriff in § 358 Abs. 1 und 2 BGB vorgenommene Systematisierung der vormals verstreuten Einzelregelungen zum Widerrufsdurchgriff. Das Gesetz macht hierdurch deutlich, dass die Regelungen über den Widerrufsdurchgriff
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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immer dann eingreifen sollen, wenn dem Verbraucher ein Widerrufsrecht eingeräumt ist und ein verbundener Vertrag vorliegt. Das verbraucherschützende Widerrufsrecht allgemein und das verbraucherdarlehensvertragsrechtliche Widerrufsrecht im speziellen wird hierdurch in seiner Funktion als Instrument zum Schutz der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers dogmatisch gestärkt. Hinzu kommt, dass § 358 Abs. 4 S. 1 BGB nunmehr explizit die grundsätzliche Anwendbarkeit des modifizierten Rücktrittsrechts, namentlich die Anwendbarkeit des § 357 BGB auch auf den verbundenen Vertrag erklärt. Führen die Regelungen des SMG somit im Ansatz zu einer Aufwertung der Rechtsfigur des Widerrufsdurchgriffs und damit auch zu einer Stärkung des Widerrufsrechts, so hält das Gesetz diesen „Verbraucherschutzkurs“ in der konkreten Ausgestaltung der Rückabwicklungsvorschriften dann doch nicht konsequent durch. Durch das strenge Haftungsregime aus §§ 358 Abs. 4 S. 1, 357 BGB, das seine Auswirkungen bei der Rückabwicklung des finanzierten Geschäfts zeigt, wird das Widerrufsrecht bezüglich des Darlehensvertrags entwertet, weil das Haftungsrisiko aus dem verbundenen finanzierten Vertrag einer freien Entscheidung über die Ausübung des Widerrufsrechts entgegensteht. Hinsichtlich des Einwendungsdurchgriffs sind zwei inhaltliche Änderungen zu verzeichnen. Verändert wurde die vormals in § 9 Abs. 3 S. 3 VerbrKrG enthaltene und nunmehr in § 359 S. 3 BGB angeordnete partielle Subsidiarität des Einwendungsdurchgriffs bei Mängelbehelfen, weil nach dem neuen Gewährleistungsrecht der Nacherfüllungsanspruch des Käufers generell vorrangig ist. Die Neuregelung stellt insoweit allein eine konsequente Anpassung an die Änderungen des Gewährleistungsrechts dar. Problematisch ist hingegen die Bestimmung des § 359 S. 2 Alt.2 BGB, insoweit, als sie ihrem Wortlaut nach auch auf die Fälle der Unternehmeridentität Anwendung findet, obwohl in diesem Fall kein Schutzbedürfnis des Darlehensgebers besteht, das es rechtfertigen könnte, dem Verbraucher den beim verbundenen Geschäft grundsätzlich zulässigen Einwendungsdurchgriff ausnahmsweise zu versagen. Um eine Schutzzweckpervertierung zu verhindern, ist § 359 S. 2 Alt.2 BGB teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass er auf die Fälle der Unternehmeridentität keine Anwendung findet.
4. Sonderregeln im Verzug des Darlehensnehmers Die Bestimmung des konkret-qualitativen Schutzniveaus im neuen Verbraucherdarlehensvertragsrecht wäre unvollständig, ließe sie die spezifischen Sonderregeln, die im Verzug des Darlehensnehmers greifen, unberücksichtigt. Auch diese sind auf etwaige Änderungen der bis dahin geltenden Rechtslage „abzuklopfen“ und unter Schutzgesichtspunkten zu bewerten. Gerät der Verbraucher in Verzug, so sieht das Verbraucherdarlehensrecht in §§ 497, 498 BGB Sonderregelungen vor, mit denen die Situation des säumigen Verbrauchers verbessert und einer fortschreitenden Verschuldung entgegengetreten
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
werden soll; damit will das Gesetz einen Beitrag zur Bekämpfung des „modernen Schuldenturms“ leisten.511 Entsprechende Regelungen werden von der Verbraucherkreditrichtlinie nicht verlangt, sie sind aber als weitergehende Schutzbestimmungen nach Art. 15 VerbrKrRL zulässig. Im Einzelnen gilt Folgendes: § 498 BGB lässt in Übereinstimmung mit der Vorgängerregelung des § 12 VerbrKrG die verzugsbedingte Kündigung des Darlehensgebers bei einem Teilzahlungsdarlehen512 nur unter qualifizierten Voraussetzungen zu (Abs. 1) und regelt besondere Kündigungsfolgen (Abs. 2); relevante Änderungen sind mit der gesetzlichen Neufassung, die allein „unschöne“ terminologische Ungenauigkeiten aufweist513, nicht verbunden. Eingegangen werden soll im Folgenden aber auf § 497 BGB. In dessen Absatz 1 Satz 2 wurde eine bis dahin nicht vorgesehene Verzugszinspauschale für Immobiliardarlehen eingeführt. Diese Neuerung lässt sich als Ausnahmebestimmung allein im Regelungskontext zur allgemeinen Verzugszinspauschale bei (Verbraucher-)standarddarlehen (§ 497 Abs. 1 S. 1 BGB) verstehen, weswegen zunächst diese allgemeine Bestimmung und ihr Regelungsmechanismus dargestellt werden sollen. Schließlich enthält § 497 BGB wie seine Vorgängernorm (§ 11 VerbrKrG) noch weitere Modifikationen des allgemeinen Schadensersatzrechts, sowie Sonderregeln betreffs der Erfüllung.
a) Verzugszinshöhe aa) Allgemein Ebenso wie im allgemeinen Darlehensrecht, hat auch der Verbraucher, wenn er mit seiner Geldschuld in Verzug gerät, grundsätzlich – wie bisher auch – nach § 288 Abs. 1 BGB einen Verzugszinssatz in Höhe des um 5 Prozentpunkte erhöhten Basiszinssatzes zu leisten. Anstelle des Basiszinssatzes nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes (so § 288 Abs. 1 a.F.) tritt nach dem SMG allerdings der Basiszinssatz nach § 247 BGB.514 Die Verzinsungspflicht folgt für das allgemeine Darlehensrecht aus § 288 Abs. 1 BGB. Für den Verbraucherdarlehensvertrag folgt sie aus § 497 Abs. 1 S. 1 BGB, der auf § 288 Abs. 1 BGB verweist und damit der Vorgängerregelung in § 11 Abs. 1 HS. 1 VerbrKrG inhaltlich entspricht. 511 Bülow, Verbraucherkreditrecht, Einführung Rdn 24; ferner zu den entsprechenden Regelungen des VerbrKrG, BT-Drucks. 11 / 5462, S. 25 ff. 512 Teilzahlungsdarlehen sind Darlehen, bei denen nicht nur die Nebenleistungen wie Zinsen, sondern auch der Nettodarlehensbetrag i.S.v. § 492 Abs. 1 Nr. 1 BGB in Teilzahlungen zu tilgen ist, vgl. Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 498 BGB Rdn 13; ausführlich KessalWulf, in: Staudinger, § 12 VerbrKrG Rdn 4 f. zum Begriff des Teilzahlungskredits. 513 Hierzu Reiff, in: AnwKom, § 498 BGB Rdn 5. 514 Der Basiszinssatz wurde per 1. September 2001 auf 3,62% festgelegt und ändert sich entsprechend den Änderungen des Zinssatzes für Hauptrefinanzierungsoperationen der Europäischen Zentralbank zweimal jährlich am 1. Januar und 1. Juli. Der jeweils neu geltende Basiszinssatz wird dann unverzüglich im Bundesanzeiger bekannt gegeben, vgl. § 247 BGB.
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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Grundsätzlich folgt die verbraucherdarlehensrechtliche Schadensberechnung dem allgemeinen Verzugszinskonzept aus § 288 Abs. 1 BGB. Indes besteht hier die Besonderheit, dass durch die abstrakte Schadensberechnung nach Verbraucherdarlehensrecht (§§ 497 Abs. 1 S. 1 HS. 1 i.V.m. 288 Abs. 1 S. 2 BGB)515, die weitergehende abstrakte Schadensberechnung wie sie §§ 288 Abs. 4, 252 BGB zulässt, eingeschränkt wird, indem die dort mögliche Liquidierung des Verzugsschadens im Sinne des gesamten entgangenen Wiederanlagezinses ausgeschlossen ist.516 Damit dämmt § 497 Abs. 1 S. 1 BGB die Schuldenlast des im Verzug befindlichen Verbrauchers ein und leistet ebenso wie die entsprechende Vorgängernorm (§ 11 Abs. 1 VerbrKrG), einen Beitrag zur Bekämpfung des „modernen Schuldenturms“. Dem durch die Informationspflichten aus § 492 Abs. 1 S. 5 BGB über die anstehenden vertraglichen Belastungen informierten und über das Widerrufsrecht abgesicherten Verbraucher, wird ein zusätzliches, vertragsinhaltsbezogenes Schutzinstrument an die Hand gegeben, das am Gerechtigkeitskriterium „Bekämpfung des Schuldenturms“ ausgerichtet ist und die mit der Fehleinschätzung der eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verbundenen Gefahren zugunsten des Verbrauchers lindern soll.517 Damit zielt die besondere Verzugszinspauschale bewusst auf den Schutz des finanzschwachen, finanziell überforderten Verbrauchers. Die Maßgeblichkeit dieser sozial-ökonomisch begründeten Stoßrichtung zeigt sich auch daran, dass – Leistungswilligkeit unterstellt – Verzug typischerweise nur bei finanzieller Überforderung eintritt, so dass auch nur in diesem Fall die besonderen Verzugsregeln des Verbraucherdarlehensvertragsrechts überhaupt relevant werden. In Schutzansatz und Wirkweise verlässt die besondere Verzugszinsregelung in § 497 Abs. 1 S. 1 BGB mithin Grenzen einer liberalen, primär auf Transparenz und Information ausgerichteten Verbraucherschutzkonzeption. Die Regelung fügt sich allein in ein Schutzkonzept ein, das vertragsinhaltsbezogen der „wirtschaftlichen“ Schwäche bestimmter Personengruppen begegnen will. Eine weitere verbraucherdarlehensrechtliche Besonderheit der Regelung besteht darin, dass Gegenstand der Zinspflicht nach § 497 Abs. 1 HS. 1 BGB der „geschuldete Betrag“ ist, z. B. die Rate eines Darlehens, die sich nicht nur aus einem Kapitalanteil, sondern auch aus einem Zinsanteil zusammensetzt. Hingegen ist im allgemeinen Darlehensrecht der Zinsanteil von der Verzinsungspflicht nach § 288 Abs. 1 BGB ausgenommen, weil nach § 289 S. 1 BGB von Zinsen keine Verzugs515 Um ein Modell abstrakter Verzugsschadensberechnung handelt es sich bei § 497 Abs. 1 S. 1 BGB insoweit, als pauschal 3% an Refinanzierungskosten und 2% an erhöhten Verwaltungsaufwendungen abgedeckt werden sollen, vgl. Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 497 BGB Rdn 42. 516 OLG Zweibrücken, WM 2001, 24; ausführlich zur Schadensberechnung Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 497 BGB Rdn 36 ff. 517 Ausführlich zur verbraucherschutzdogmatischen Bewertung eines solchen Regelungsmechanismus vgl. schon B. III. 3 a); zur Unterscheidung von „prozedural“ wirkenden Schutzinstrumenten, d. h. solchen, die allein der Förderung einer freiverantwortlichen Entscheidungsfindng dienen und „vertragsinhaltsbezogenen“ Schutzinstrumenten vgl. auch schon unter B. II. 4. c).
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
zinsen zu leisten sind. Damit ist im Verbraucherdarlehensvertragsrecht das Zinseszinsverbot aufgehoben. Insbesondere wegen dieser inhaltlichen Abweichung gegenüber dem allgemeinen Darlehensrecht war die verbraucherdarlehensrechtliche Verweisregelung auch nicht entgegen der ersten Einschätzung des Reformgesetzgebers überflüssig518, weswegen dieser vormals in § 11 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG enthaltene Regelungsgegenstand letztlich auch nicht entfiel, sondern in § 497 Abs. 1 S. 1 BGB übernommen wurde.519 Entscheidend war dabei für den Gesetzgeber freilich nicht, den status quo um seiner selbst willen zu erhalten; man erkannte vielmehr die Bedeutung schon der ursprünglichen Regelung im Zusammenhang mit der „Schuldenturmproblematik“, so dass es letztlich um die sozialpolitisch motivierte Beibehaltung der wirtschaftlichen Privilegierung des finanziell schwachen Verbrauchers gegenüber sonstigen Darlehensnehmern ging520: Das Festhalten an der das Zinseszinsverbot aufhebenden Regelung ist nämlich entgegen dem ersten Anschein für den Verbraucher wirtschaftlich durchaus von Vorteil. Das allgemeine Zinseszinsverbot würde den Verbraucher nämlich ohnehin nicht wirksam entlasten, weil der Verzugsgläubiger nach allgemeinem Schadensrecht nicht gehindert ist, den durch die Vorenthaltung der Zinsen entstehenden Schaden gem. § 289 S. 2 BGB zu liquidieren.521 Dagegen hat die Aufhebung des Zinseszinsverbots in § 497 Abs. 1 S. 1 BGB entlastende Wirkungen im Regelungszusammenhang mit § 497 Abs. 2 BGB.522 § 497 Abs. 2 S. 2 BGB bestimmt, dass der Schadensersatzanspruch des Darlehensgebers wegen ausgebliebener Verzugszinsen nach Absatz 1523 zwar nach § 289 S. 2 BGB geltend gemacht werden kann, 518 Die Begründung des DiskE, S. 548 hielt eine dem § 11 Abs. 1 HS. 1 VerbrKrG entsprechende Regelung für „obsolet“. 519 Die Beibehaltung der bisherigen Rechtslage ist wohl maßgeblich der scharfen Kritik von Bülow, in: Schulze / Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, 153 (159) zu verdanken. 520 BT- Ducks. 14 / 6040, S. 256; vgl. zu den wirtschaftlich privilegierenden Wirkungen der Regelung Bülow, in: Schulze / Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, 153 (159). 521 § 289 S. 1 BGB bestimmt, dass von Zinsen, Verzugszinsen nicht zu entrichten sind, ordnet also ein Zinseszinsverbot an, vgl. BGH NJW 1993, 1260. Dieses bezieht sich aber nur auf den Verzinsungsanspruch aus § 288 Abs. 1 S. 1 BGB, lässt aber nach § 289 S. 2 BGB die Geltendmachung eines Verzugsschadens unberührt, der darin liegt, dass dem Gläubiger, vorliegend also dem Darlehensgeber, nicht nur der Hauptbetrag, sondern auch die Verzugszinsen vorenthalten werden, die er durchaus anderweitig hätte anlegen können. Der Gläubiger kann also nach der gesetzlichen Grundkonzeption den gesamten ihm aus dem Verzug entstehenden Schaden geltend machen, womit er bei ökonomischer Betrachtung so steht, als hätte er Zinseszinsen verlangt. 522 Reifner, NJW 1992, 337 (343) formuliert zur Vorgängernorm: „§ 11 II und III VerbrKrG sind als Einheit anzusehen.“ 523 Dass mit der Bezeichnung „diese Zinsen“ die Verzugszinsen nach § 497 Abs. 1 BGB (vormals: § 11 Abs. 1 VerbrKrG) gemeint sind, ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift, wie auch aus den Gesetzesmaterialien, vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 256. Es geht nicht um die Vertragszinsen, weil diese nach § 497 Abs. 1 BGB – die Vorschrift sieht vorbehaltlich einer konkreten Schadensberechnung eine Verzugszinspauschale (Basisizinssatz + 5%) vor –
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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aber maximal bis zur Höhe des gesetzlichen Zinssatzes, auch wenn der tatsächlich entstandene Schaden noch so hoch ist. Weil somit die in Absatz 2 aufgeführten „Zinsen“ die Verzugszinsen nach Absatz 1 bezeichnen, erfassen sie auch die Zinseszinsen, weswegen auch diese unter die besondere Zinsermäßigung des § 497 Abs. 2 S. 2 BGB fallen (vormals: § 11 Abs. 2 S. 2 VerbrKrG).524 Im Ergebnis läuft § 497 Abs. 2 S. 2 BGB also darauf hinaus, dass er das Recht des Darlehensgebers, Zinseszinsen zu verlangen, zwar nicht ausschließt, aber nachhaltig einschränkt.525 Der Verbraucher wird somit wirtschaftlich gegenüber professionell handelnden Darlehensnehmern, denen eine solche Entlastung nicht zugute kommt, privilegiert. In der letztendlich Gesetz gewordenen Fassung ergeben sich damit gegenüber der vor dem SMG geltenden Rechtslage keine Abweichungen. Das Problem des „modernen Schuldenturms“ wird als weiterhin fortbestehend erkannt und mit den gleichen Mitteln, nämlich solchen einer wirtschaftlichen Privilegierung des (finanzschwachen526) Verbrauchers begegnet.
bb) Sonderfall: Immobiliardarlehen Keine Entsprechung im alten Recht haben §§ 497 Abs. 1 S. 1 HS. 2 und Abs. 1 S. 2 BGB. Hiernach gilt für grundpfandrechtlich abgesicherte, als Immobiliardarlehen zu qualifizierende Verbraucherdarlehensverträge527, ein Verzugszinssatz von zweieinhalb Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Bis dahin galten für die Berechnung der Verzugszinshöhe bei Immobiliardarlehen die „allgemeinen Grundsätze“, weil auf Immobiliardarlehensverträge (Realkredite) die verbraucherrechtlichen Sonderregeln des § 11 VerbrKrG wegen § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG keine Anwendung fanden. Diese „allgemeinen Grundsätze“ waren einerseits durch § 288 BGB a.F., andererseits durch eine komplizierte, zu zahlreichen Rechtsstreitigkeiten führende Rechtsprechung bestimmt.528 Durch die Neuregelung beabsichnach Verzugseintritt nicht mehr verlangt werden können, vgl. Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 497 BGB Rdn 57. 524 Reiff, in: AnwKom, § 497 BGB Rdn 3. 525 So zur Vorgängerregelung des § 11 Abs. 2 S. 2 Reifner, NJW 1992, 337 (insbesondere 342 f.); im Übrigen vgl. schon BT-Drucks. 11 / 5462, S. 26. 526 Leistungswilligkeit unterstellt, wird allein beim finanzschwachen Verbraucher die Frage der verzugsrechtlichen Sonderregeln virulent. 527 Die hier verwandte Terminologie richtet sich nach der durch das OLGVertrÄndG geltenden Gesetzesfassung. Gemeint sind – nach alter Terminologie – die Realdarlehen aus dem durch das SMG geschaffenen § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB, der § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG ersetzte und schließlich im Zuge des OLGVertrÄndG gestrichen wurde. 528 Soweit die verbraucherdarlehensrechtliche Verzugszinsberechnung ausgeschlossen war, galt vorbehaltlich einer konkreten Schadensberechnung, eine abstrakte Schadensberechnung. Nach einer Grundsatzentscheidung des BGH im Darlehensrecht (BGHZ 104, 337 (347 ff.) kann der Verzugsgläubiger (hier also die Realkreditbank) den marktüblichen Brutto-
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
tigte der Gesetzgeber eine Vereinfachung der Rechtslage bezüglich der Verzugszinsberechnung, auch um eine größere Planbarkeit und Vorhersehbarkeit für die Vertragsparteien zu erreichen.529 Diese Regelungsziele sind durch die klare Regelung ohne weiteres erreicht. Insbesondere hielt der Gesetzgeber aber auch den Verzugszinssatz des § 288 Abs. 1 S. 2 BGB für unangemessen hoch, da die Refinanzierungskosten des Darlehensgebers bei Immobiliardarlehen deutlich geringer seien als bei Standarddarlehen.530 Hinter diesen Ausführungen steht der Gedanke, dass sich die niedrigeren Refinanzierungskosten deswegen in der Berechnung der Verzugszinshöhe niederschlagen müssen, weil die Verzugszinspauschale der Sache nach das Ergebnis einer abstrakten Schadensberechnung ist, für die neben den Verwaltungskosten die durchschnittlichen Refinanzierungskosten den wesentlichen Maßstab bilden.531 Der Gesetzgeber wollte demnach verhindern, dass die darlehensgebenden Kreditinstitute von der Verzugszinspauschalierung nach § 288 Abs. 1 S. 2 BGB übermäßig profitierten. Indem nun aber die Annäherung der pauschalierten Verzugszinshöhe an den Marktzins auf Immobiliardarlehensverträge und damit auf Verbraucherverträge beschränkt bleibt, professionell handelnden Darlehensnehmern hingegen nicht zugute kommt, die einen grundpfandrechtlich abgesicherten Darlehensvertrag zu vergleichbaren Bedingungen abschließen, wird das sozialpolitisch angelegte Regelungsziel der Neuregelung deutlich, zumal die neue Bestimmung in § 497 Abs. 1 BGB eingebettet wird, der – wie dargelegt – allein im Lichte des Regelungsziels „Bekämpfung des modernen Schuldenturms“ erklärbar ist: Gewollt war die wirtschaftliche Privilegierung des finanziell überforderten Verbrauchers, der seine Leistungsfähigkeit trotz der informationsbezogenen Schutzmechanismen in §§ 492, 495 BGB fehlerhaft eingeschätzt hat. Dieser Verbraucher wird gegenüber dem professionell handelnden Darlehensnehmer, für den weiterhin die allgemeinen Regeln gelten, aus sozialen Schutzerwägungen heraus, privilegiert. Unabhängig davon, wie man zu einem solchen (systematisch bedenklichen) Eingreifen des Gesetzgebers in das allgemeine Zivilrechtssystem steht, ist in der Literatur schnell aufgedeckt worden, dass die Neuregelung die ihr wohl zugedachten sollzins verlangen, wenn er den Anteil einzelner Kreditarten an seinem gesamten Aktivgeschäftevolumen unter Offenlegung der Geschäftsstruktur des Kreditinstituts darlegt; danach ist ein Durchschnittszinssatz auszurechnen, der der Verzugsschadensberechnung zugrunde zu legen ist. Wenn das Kreditinstitut diese ihm obliegende Darlegungslast nicht tragen will oder kann, ist ihr Zinsanspruch auf den marktüblichen Zinssatz der Anlageart beschränkt, die den geringsten Zinsertrag erbringt. Ohne eine solche Darlegung bleibt es beim Zinssatz nach § 288 Abs. 1 BGB. Bei Immobiliardarlehen besteht die Besonderheit, dass der marktübliche Bruttosollzins regelmäßig unter dem Zinssatz des § 288 Abs. 1 BGB liegt, vgl. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 256. Zur bisherigen Rechtslage vgl. Reiff, in: AnwKom, § 497 BGB Rdn 5; Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 11 VerbrKrG Rdn 2, 3. 529 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 256. 530 BT-Drucks. 14 / 6040, S. 256; vgl. auch schon BGH ZIP 1999, 1483. 531 Vgl. hierzu implizit BT-Drucks. 14 / 6040, S. 256; explizit zur Verzugszinspauschale aus § 497 Abs. 1 S. 1 HS. 1 BGB, Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 497 BGB Rdn 42.
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Privilegierungswirkungen nicht gerade effektiv entfaltet532, weil die vorgesehene Pauschale je nach Marktlage zu hoch liegen kann. Zur Illustration der rechtspolitisch verfehlten Höhe der Verzugszinspauschale, stellt Bülow im Anschluss an Reifner den Vergleich mit der Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank an533: Legt man den Basiszinssatz nach § 247 Abs. 1 S. 1 BGB von 3,62% (September 2001) zugrunde, dann ergibt sich mit der Pauschale von 2,5% ein vom Verbraucher geschuldeter Zinssatz von 6,12%. Dagegen lagen die Marktzinsen für Hypothekenkredite laut den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank für September 2001, nur zwischen 5,41 und 6,08%. Die gesetzlich vorgesehene Verzugsschadensberechnung belastet den Verbraucher also mit einem höheren Verzugszins, als es dem Vertragszins entspräche. Das dreht das Regel-Ausnahme-Verhältnis von verbraucherschützender Verzugszinspauschale und Vertragszins um. Denn dies geht nach der gesetzlichen Grundkonzeption bei Standarddarlehen dahin, eine Besserstellung des im Verzug befindlichen Verbrauchers zu bewirken, indem der Verbraucher vom Zeitpunkt des Verzugs an den vereinbarten Vertragszins, der bei Standarddarlehen typischerweise über der Pauschale des § 288 Abs. 1 S. 2 BGB liegt, nicht mehr zahlen muss; der im Verzug befindliche Verbraucher soll also durch die Pauschale wirtschaftlich entlastet werden.534 Das geschieht durch § 497 Abs. 1 S. 2 BGB wie gesehen aber nicht. Zusammenfassend lässt sich damit feststellen: Der ursprüngliche Ansatz, den Besonderheiten bei Immobiliardarlehensverträgen durch eine „nach unten“ korrigierte, an den Marktzins stärker angenäherte Verzugszinshöhe Rechnung zu tragen und dadurch die Immobiliardarlehensbanken gegenüber der alten Rechtslage schlechter zu stellen, nach der noch 5% über dem Basisizinssatz verlangt werden konnten, ist durchaus sachgerecht. Dass zu professionellen Zwecken handelnde Darlehensnehmer von dieser Regelung ausgenommen sind, lässt sich freilich, wie schon die verbraucherdarlehensrechtliche Sonderregelung der Verzugszinshöhe bei Standarddarlehen allein in einem sozial-interventionistischem Verbraucherschutzkonzept schlüssig rechtfertigen. Insoweit schreibt die Neuregelung diese im Verbraucherdarlehensrecht nur vereinzelt anzutreffende Schutzkonzeption fort. Das tut sie indes nicht konsequent und insbesondere nicht effektiv, denn die Entlastung des finanziell überforderten Darlehensnehmers wird zwar im Ansatz, nämlich verglichen mit der alten Rechtslage, nicht aber im Hinblick auf den maßgeblichen Bezugspunkt, nämlich den durchschnittlichen Marktzins erreicht. Insoweit liefert die Neuregelung des § 497 Abs. 1 S. 2 BGB auch ein prägnantes Beispiel für Ge532 Kritisch etwa Bülow, NJW 2002, 1145 (1147) im Anschluss an die scharfe Kritik bei Reifner, ZBB 2001, 193 (199); umfassend zustimmend hingegen Reiff, in: AnwKom, § 497 BGB Rdn 5; Köndgen, WM 2001, 1637 (1645). 533 Vgl. Bülow, NJW 2002, 1145 (1147) im Anschluss an Reifner, ZBB 2001, 193 (199). 534 Bülow, Verbraucherkreditrecht, § 497 BGB Rdn 45. Damit steht sich freilich der im Verzug befindliche Verbraucher besser als der pflichtgemäß Handelnde. Schon § 11 Abs. 1 VerbrKrG war wegen dieser die Zahlungsmoral konterkarierenden Wirkung rechtspolitisch umstritten, vgl. Habersack, in: MüKo § 11 VerbrKrG Rdn 10.
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fahren einer Verbraucherschutzkonzeption, die sozialpolitisch motiviert, die Privilegierung einzelner Marktteilnehmer durch vertragsinhaltsbezogene Korrekturen des allgemeinen Zivilrechts vornimmt.535 Sie zeigt nämlich, dass das Recht nicht nur bei dem Versuch einer Bestimmung des materiell-gerechten Äquivalenzverhältnisses von Leistung und Gegenleistung an seine Grenzen stößt, sondern vielmehr bei jedwedem Bemühen das „objektiv Richtige“ festzuschreiben, vor dem Problem steht, einen überzeugungskräftigen, übergeordneten, nach objektiven Kriterien bestimmten Maßstab festzulegen, an dem die Regelung auszurichten ist. Wie schwierig die Maßstabsetzung im Einzelfall sein kann und wie problematisch die Festschreibung einer konkreten Grenze ist, belegt obiges Beispiel, in dem entgegen der „guten Absicht“ das eigentliche Schutzziel, die Privilegierung des Verbrauchers, verfehlt wird. cc) Konkreter Schadensnachweis Keine Abweichungen zum bisherigen Recht ergeben sich im Hinblick auf die Möglichkeit eines konkreten Schadensnachweises, der nach § 497 Abs. 1 S. 3 BGB (vormals: § 11 Abs. 1 HS. 2 VerbrKrG) zulässig bleibt. Der Darlehensgeber kann wie jeder andere Verzugsgläubiger nach § 288 Abs. 4 BGB konkret nachweisen, dass sein Schaden höher ist, als die Pauschale von fünf Prozent über dem Basiszinssatz; das gilt nunmehr freilich auch für den besonderen Verzugszinssatz bei Immobiliardarlehen. Andererseits kann auch der Verbraucher nachweisen, dass der Schaden des Darlehensgebers im konkreten Fall geringer ist als die gesetzliche Pauschale, eine Möglichkeit die anderen Verzugsschuldnern nach § 288 BGB nicht offen steht.536 Allerdings wird diese schon im alten Verbraucherkreditrecht vorgesehene Privilegierung dem Verbraucher jedenfalls gegenüber einem Kreditinstitut kaum etwas nützen, weil hier der Nachweis kaum gelingen wird.537
b) Behandlung der Verzugszinsen Der Behandlung der Verzugszinsen widmet sich § 497 Abs. 2 BGB, der § 11 Abs. 2 VerbrKrG nahezu wörtlich übernimmt.538 Wie bisher gelten die BestimAllgemein hierzu unter B. III. 4 a) zusammen mit B. II. 3 c) aa). Im allgemeinen Schadensersatzrecht kann der Schuldner, wenn die Voraussetzungen einer abstrakten Schadensberechnung vorliegen, nicht geltend machen, im konkreten Fall wäre es zu einem Ersatzgeschäft nicht gekommen oder der Gläubiger habe das Ersatzgeschäft tatsächlich nicht durchgeführt und dadurch Aufwendungen erspart, vgl. BGHZ 104, 337 (348 f.). 537 Vgl. zum alten Recht Habersack, in: MüKo, § 11 VerbrKrG Rdn 21. 538 Nach Satz 1 sind nach Eintritt des Verzugs anfallende Zinsen weiterhin gesondert zu verbuchen und dürfen nicht in ein Kontokorrent eingestellt werden. Satz 2 enthält die aus § 11 Abs. 2 S. 2 VerbrKrG bekannte Zinsermäßigungsregel. 535 536
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mungen nicht für Realkredit- resp. Immobiliardarlehensverträge; das folgt seit InKraft-Treten des OLGVertrÄndG aus dem neu angefügten § 497 Abs. 4 BGB und war zuvor der Teilausnahmeregelung in § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB in der Fassung des SMG (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG) zu entnehmen. Eine inhaltliche Änderung ergibt sich alleine im Hinblick auf den nach § 497 Abs. 2 Satz 2 BGB zulässigen Maximalzinssatz im Bereich der Existenzgründerdarlehen. Es wurde bereits dargelegt, dass § 497 Abs. 2 S. 2 BGB für das Verbraucherdarlehen vom allgemeinen Schadensersatzrecht insoweit abweicht, als dieser eine niedrige Verzinsung des Verzugsschadens absichert: Der auf die Vorenthaltung der Verzugszinsen bezogene Schadensersatzanspruch des Darlehensgebers nach § 289 S. 2 BGB wird der Höhe nach durch § 497 Abs. 2 S. 2 BGB auf den gesetzlichen Zinssatz (§ 246 BGB) beschränkt, so dass ein Teil des typischerweise darüber liegenden Verzugsschadens entgegen § 289 S. 2 BGB nicht liquidiert werden kann. § 11 Abs. 2 S. 2 VerbrKrG entsprach dieser Regelung mit dem Unterschied, dass der Klammerzusatz „§ 246“ nicht enthalten war, vielmehr beschränkte sich die Regelung darauf, festzustellen, dass der Darlehensgeber, respektive Kreditgeber „Schadensersatz nur bis zur Höhe des gesetzlichen Zinssatzes verlangen kann“. Damit war nach allgemeiner Ansicht nach dem Gesetzeswortlaut bei Existenzgründungsdarlehen, die auf einem beiderseitigen Handelsgeschäfte beruhten, wegen § 352 Abs. 1 HGB auch eine Verzinsung von bis zu 5% und nicht allein bis zu 4% (§ 246 BGB) möglich.539 Der Wortlaut des § 497 Abs. 2 BGB schließt eine solche Ungleichbehandlung von Existenzgründern und Verbrauchern nunmehr aus, weil die Vorschrift des § 497 Abs. 2 BGB über § 507 BGB auch auf Existenzgründer Anwendung findet. Diese Änderung ist unter der gesetzlichen Prämisse einer vergleichbaren Schutzbedürftigkeit konsequent und insoweit zu begrüßen.
c) Anrechnung von Teilleistungen Keine sachlichen Änderungen ergeben sich bezüglich der besonderen Tilgungsreihenfolge bei Teilleistungen des Verbrauchers, die ursprünglich in § 11 Abs. 3 VerbrKrG enthalten war und sich nunmehr in § 497 Abs. 3 BGB findet.540 Dabei nimmt das Gesetz auch weiterhin Immobiliardarlehensverträge von der Geltung der besonderen Tilgungsbestimmung aus.541 Das bisherige sozial-ökonomisch begründete Schutzniveau bleibt insoweit unverändert erhalten.
Statt vieler Kessal-Wulf, in: Staudinger, § 11 VerbrKrG Rdn 28. Zum Regelungsmechanismus sowie zum schutzdogmatischen Hintergrund und seiner Bewertung vgl. ausführlich B. III. 3. 541 Seit dem OLGVertrÄndG folgt dies aus dem neu angefügten § 497 Abs. 4 BGB, der diesbezüglich an die Teilausnahmeregelung des § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB in der Fassung des SMG (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG) inhaltsgleich anknüpft. 539 540
19*
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C. Der Verbraucherdarlehensvertrag
d) Verjährung Nähere Betrachtung bedürfen indes die neuen Verjährungsbestimmungen. Bei Verbraucherdarlehen gelten für die Verjährung der Ansprüche des Darlehensgebers auf Darlehensrückerstattung und Zinsen grundsätzlich die gleichen Bestimmungen wie für das allgemeine Darlehensrecht: Seit In-Kraft-Treten des SMG verjähren fällige, nichttitulierte Ansprüche des Darlehensgebers auf Darlehensrückerstattung und rückständige Zinsen in der neuen Regelverjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB), im Fall ihrer Titulierung in 30 Jahren (§ 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 BGB); für titulierte, aber erst künftig fällig werdende Zinsansprüche bewendet es bei der 3-jährigen Frist.542 Gerät der Darlehensnehmer indes mit seinen Tilgungs- oder Zinsleistungen in Verzug, enthalten § 497 Abs. 3 S. 3 und 4 BGB Sonderregelungen. Nach § 497 Abs. 3 S. 3 BGB sind die Ansprüche des Darlehensgebers auf Darlehensrückerstattung und Zinsen vom Eintritt des Verzuges i. S. d. Absatz 1 an bis zu ihrer Titulierung gem. § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 BGB gehemmt, jedoch nicht länger als zehn Jahre seit ihrer Entstehung. Soweit die in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 BGB genannten Titel sich aber auf künftige Zinsen erstrecken, gilt für diese Ansprüche die lange Verjährungsfrist von 30 Jahren, weil die auf drei Jahre verkürzte Frist in § 197 Abs. 2 BGB wegen § 497 Abs. 3 S. 4 BGB keine Anwendung findet. Nach der Rechtslage vor dem SMG unterlagen fällige Darlehensrückerstattungsansprüche, egal ob tituliert oder nicht, ebenso wie titulierte Ansprüche auf rückständige Zinsen der 30-jährigen Regelverjährungsfrist (§§ 195 und 218 Abs. 1 BGB a.F.). Nichttitulierte Ansprüche auf rückständige Zinsen sowie titulierte Ansprüche auf künftig fällig werdende Zinsen verjährten grundsätzlich in vier Jahren (§§ 197 und 218 Abs. 2 BGB a.F.). Im Verbraucherkreditrecht waren die §§ 197 und 218 Abs. 2 BGB a.F. aber auf den im Verzug befindlichen Verbraucher wegen § 11 Abs. 3 S. 3 VerbrKrG nicht anwendbar, so dass auch insoweit die Regelverjährungsfrist von 30 Jahren griff. Will man die neugeschaffenen Sonderregelungen in § 497 Abs. 3 S. 3, 4 BGB erklären, so kann dies allein im Regelungszusammenhang zu § 497 Abs. 3 S. 1 BGB geschehen, wobei insoweit auch ein Blick auf die alte Rechtslage durchaus erhellend wirkt: Schon nach der „Vorgängernorm“ zu § 497 Abs. 3 S. 4 BGB, nämlich nach § 11 Abs. 3 S. 3 VerbrKrG, waren die §§ 197 und 218 Abs. 2 BGB a.F., die die zu diesem Zeitpunkt noch geltende 30-jährige Regelverjährungsfrist (§ 195 BGB a.F.) auf vier Jahre verkürzten, auf Verzugszinsen543 bei Verbraucherdarlehen unanwendbar, so dass die entsprechenden Zinsforderungen, egal ob tituliert oder nicht, in jedem Fall der regelmäßigen 30-jährigen Frist unterlagen. Die Regelung 542 Hierzu, sowie zu den Abweichungen gegenüber der alten Rechtslage vgl. vorstehend unter C. II. 5. 543 Nach überwiegend vertretener Auffassung betrifft die Sonderregelung nur den Verzugszins vgl. Kessal-Wulf, in: Staudinger; § 11 VerbrKrG Rdn 36.
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hatte ihren Grund in der gegenüber § 367 Abs. 1 BGB spezielleren Vorschrift des § 11 Abs. 3. S. 1 VerbrKrG über die Anrechnung von Teilleistungen. Danach waren Teilleistungen zunächst auf die Kosten, dann auf den geschuldeten Betrag und zuletzt auf die Verzugszinsen anzurechnen. So konnten Jahre vergehen, bis eine Leistung des Verbrauchers auf die Verzugszinsen anrechenbar war und inzwischen konnte der Anspruch auf die Verzugszinsen verjährt sein. Der Kreditgeber sollte aber nicht gezwungen sein, allein aufgrund von Verzugszinsansprüchen die Verjährungsunterbrechung etwa durch (zeit- und kostenintensive) Klageerhebung zu betreiben544 und so die Schuldenlast des Verbrauchers noch zu erhöhen. Deshalb wurde die kurze Verjährungsfrist für nicht anwendbar erklärt. § 497 Abs. 3 S. 1 BGB behält die von § 367 Abs. 1 BGB abweichende, der Bekämpfung des modernen Schuldenturms dienende545 Tilgungsbestimmung bei. Dementsprechend war auch nach neuer Rechtslage, nach der die kurze Regelverjährungsfrist von drei Jahren grundsätzlich auch auf Zinsansprüche Anwendung findet, vom Gesetzgeber eine Sonderregelung für die Verjährung von Verzugszinsen vorzusehen. Hieraus erklärt sich § 497 Abs. 3 S. 4 BGB, der § 197 Abs. 2 BGB für nicht anwendbar erklärt, wodurch sichergestellt wird, dass titulierte, künftig fällig werdende Zinsansprüche erst in 30 Jahren verjähren, ebenso wie titulierte rückständige Zinsen (§ 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 BGB). Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens erkannte der Gesetzgeber dann, dass wegen der besonderen Tilgungsbestimmung des § 497 Abs. 3 S. 1 BGB auch hinsichtlich nicht titulierter Zinsforderungen – entsprechend der alten Rechtslage – eine längere Verjährung als die dreijährige Regelverjährungsfrist erforderlich ist, um den vorbezeichneten Parteiinteressen Rechnung zu tragen546; ein ebensolches Bedürfnis erkannte er im Hinblick auf die Verjährung von Darlehensrückerstattungsansprüchen. Zur Umsetzung entschied sich der Gesetzgeber aber nicht für die Beibehaltung der alten 30-jährigen Verjährungsfrist, die nach dem SMG die absolute Ausnahme darstellt, sondern für die in Satz 3 vorgesehene Hemmungskonstruktion.547 Durch das 544 Palandt – Putzo, 61. Auflage, § 11 VerbrKG Rdn 9; nach der durch das SMG neu eingeführten Terminologie ist an die Stelle des Begriffs „Unterbrechung“ (§ 217 BGB a.F.) der Begriff „Neubeginn“ der Verjährung (§ 212 BGB) getreten; inhaltlich weicht die neue von der bis dahin geltenden Rechtslage aber insoweit ab, dass die Klageerhebung nach dem durch das SMG neugefassten § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB nur noch hemmende Wirkung i. S. d. § 209 BGB hat, also nicht mehr dazu führt, dass die Verjährungsfrist erneut zu laufen beginnt. 545 s. o. B. III. 3. 546 Die Gesetz gewordene Fassung geht auf die Stellungnahme des Bundesrates zurück, vgl. Drucks. 338 / 01 zu Nr. 119; zur Kritik des Regierungsentwurfs, nach dem Zinsansprüche im Fall der Titulierung in dreißig, nicht titulierte dagegen schon in drei Jahren verjährten, vgl. Bülow, in: Schulze / Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, 153 (160 f.); entgegengesetzte Kritik mit starkem sozialpolitischen Impetus übt Reifner, ZBB 2001, 193 (196 ff.). 547 Um die Hemmungswirkung nach § 209 BGB zu erzielen, muss der Darlehensgeber keine verjährungshemmenden Maßnahmen ergreifen, wie etwa die Klageerhebung i. S. d. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Die Hemmung beginnt gem. § 497 Abs. 3 S. 1 BGB „automatisch“ mit dem Verzug des Verbrauchers.
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OLGVertrÄndG wurde schließlich die Geltung des § 497 Abs. 3 S. 3 BGB auch auf Immobiliardarlehensverträge erstreckt.548 Im Übrigen ist die Anwendung des § 497 Abs. 3 BGB auf Immobiliardarlehensverträge aber wie bisher ausgeschlossen.549 Im Ergebnis bestehen bezüglich der verbraucherrechtlichen Sonderverjährungsvorschriften demnach allein für titulierte Zinsansprüche keine Abweichungen gegenüber der alten Rechtlage. Diese verjähren in 30 Jahren (§§ 497 Abs. 3 S. 4, 197 Abs. 2 BGB). Die vorgenommenen Änderungen im Hinblick auf nicht titulierte Zinsansprüche und nicht titulierte Ansprüche aus Darlehenrückerstattung verfolgen aber die gleichen Regelungsziele wie die Altregelungen und fügen sich in ihrer konkreten Ausformung – Verjährungshemmung bis zu einer Obergrenze von zehn Jahren – in das neue Regelungsregime der Verjährungsbestimmungen ein; die einzige Alternative zur Hemmungskonstruktion, nämlich die Einführung einer länger laufenden Sonderverjährungsfrist wäre mit dem generellen Reformziel, die Verjährungsbestimmungen zu vereinheitlichen und Sonderfristen zu vermeiden, nicht vereinbar gewesen.
e) Zusammenfassende Bewertung Die Sonderregeln für den im Verzug befindlichen, als Verbraucher handelnden Darlehensnehmer entsprechen bis auf redaktionelle Anpassungen an die neue Diktion des Verbraucherdarlehensvertragsrechts und die angepassten Verweisungen der bisherigen Rechtlage. Abweichungen ergeben sich allein bei Immobiliardarlehensverträgen und bei der Verjährung. Neu ist die Einführung einer Verzugszinspauschale für Immobiliardarlehen in Höhe des um 2,5% erhöhten Basiszinssatzes in § 497 Abs. 1 S. 2 BGB. Die Annäherung der Pauschale an den Marktzins ist im Ansatz begrüßenswert, weil Realkreditbanken ansonsten – wie bisher – den um 2,5% höheren pauschalen Verzugszinssatz von Standarddarlehen verlangen und aus dem Verzug des Darlehensnehmers somit unverhältnismäßigen Profit schlagen könnten. Die Beschränkung der neuen 548 Das folgt aus der Ausnahmeregelung des § 497 Abs. 4 BGB, die § 497 Abs. 3 S. 3 BGB nicht von der Anwendung auf Immobiliardarlehensverträge ausnimmt; der Gesetzgeber korrigierte hierdurch die Gesetzesfassung des SMG, nach der § 497 Abs. 3 S. 3 BGB durch § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB unbeabsichtigt für unanwendbar erklärt wurde, vgl. BT-Drucks. 14 / 9266, S. 48. 549 Die Ausnahmebestimmung des § 497 Abs. 4 BGB in der Fassung des OLGVertrÄndG entspricht insofern § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB in der Fassung des SMG (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG). Allerdings enthält die Bestimmung des § 497 Abs. 4 BGB mit dem Verweis auf § 497 Abs. 3 S. 5 BGB ein korrekturbedürftiges Redaktionsversehen: Da § 497 Abs. 4 BGB Anwendungsausnahmen von den besonderen verbraucherschützenden Teilzahlungs- und Verjährungsregeln vorsieht, würde die in § 497 Abs. 4 BGB geregelte Ausnahme von der Anwendungsausnahme des § 497 Abs. 3 S. 5 BGB nach der Wortlautauslegung dazu führen, dass § 497 Abs. 3 S. 1 bis 4 BGB doch anwendbar wären, was aber offensichtlich nicht gewollt ist. Vgl. hierzu auch Meinhof, NJW 2002, 2273 (2274).
V. Änderungen hinsichtlich des konkret-qualitativen Schutzniveaus
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Sonderpauschale auf Immobiliardarlehensverträge und damit auf Verbraucherverträge, diskriminiert allerdings Darlehensnehmer, die zu professionellen Zwecken handeln, und ist alleine im Rahmen eines sozial-interventionistischen Verbraucherschutzkonzepts zu rechtfertigen. Insoweit schreibt die Neuregelung diese im Verbraucherdarlehensvertragsrecht vereinzelt, namentlich im Verzugsrecht anzutreffende Schutzkonzeption fort. Das tut sie aber nicht einmal besonders konsequent und effektiv, denn die angesetzte Pauschale kann im Einzelfall, bezogen auf den Vertragszins immer noch zu hoch liegen, so dass die ursprünglich durch die Pauschale intendierte Entlastung des finanzschwachen Verbrauchers gar nicht eintritt. Bezüglich der besonderen Verjährungsbestimmungen tritt § 497 Abs. 3, 4 BGB an die Stelle des § 11 Abs. 3 S. 3 VerbrKrG. Die hier vorgenommenen Modifikationen waren durch die Änderungen im allgemeinen Verjährungsrecht veranlasst. Sie fügen sich in ihrer konkreten Ausformung in das neue System des Verjährungsrechts ein, wobei sie den Besonderheiten des Verbraucherdarlehensvertragsrechts in einer der Vorgängernorm vergleichbaren Weise Rechnung tragen. Man wird insoweit sagen können, dass das bis dahin bestehende Schutzniveau beibehalten wurde.
D. Abschließende Bewertung unter Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse Die Überprüfung der widerstreitenden marktwirtschaftlich-liberalen und der sozial-interventionistischen Verbraucherschutzkonzeptionen anhand des Instituts der Privatautonomie in ihrer Erscheinungsform der Vertragsfreiheit als grundlegendem Ordnungsprinzip des Vertragsrechts hat gezeigt, dass den Anforderungen einer modernen Wirtschaftsordnung an das Vertragrecht mit einer situationsbezogenen, an den Prämissen und Wirkmechanismen der marktwirtschaftlich-liberalen Modelle ausgerichteten Verbraucherschutzkonzeption Rechnung zu tragen ist. Sofern sich verbrauchervertragliche Sonderregeln in dem hierdurch vorgegebenen Rahmen halten, ist die in Abweichung von der formal-abstrakten Gleichbehandlung der Privatrechtssubjekte vorgesehene Ungleichbehandlung von Unternehmern und Verbrauchern gerechtfertigt. 1. Damit der Vertrag seine Funktion erfüllen kann, der Vertragsfreiheit des Einzelnen, resp. dessen wirtschaftlicher Entscheidungsfreiheit, beim vertraglichen Interessenausgleich zur Durchsetzung zu verhelfen, muss der Gesetzgeber besorgen, dass dem Privatrechtssubjekt neben der rechtlich-formalen, lediglich postulierten Entscheidungsfreiheit auch ein Mindestmaß an tatsächlich-materialer Entscheidungsfreiheit zur Verfügung steht. Wird die Divergenz zwischen postulierter und tatsächlich bestehender Entscheidungsfreiheit nämlich zu groß, versagt der Vertragsmechanismus als Instrument des Interessenausgleichs. Damit ist auch der funktionale Zusammenhang zwischen Vertragsfreiheit und Wettbewerb gestört. Die Vertragsfreiheit kann ihre wettbewerbsfördernde Wirkung nicht entfalten und das Fehlen eines funktionstüchtigen Wettbewerbs führt wiederum zu weiteren Einschränkungen der Entscheidungsfreiheit. In einer solchen Situation des Vertrags- und Marktversagens bedarf es legislativer Eingriffe in die ursprüngliche formale Konzeption der Privatautonomie. Dabei geht es nicht darum, die Wirksamkeit eines Vertrages von „richtigen“, wie auch immer zu definierenden heteronomen Kriterien (Vertragsgerechtigkeit, Sozialadäquanz) abhängig zu machen. Es geht vielmehr darum, sicherzustellen, dass Privatrechtssubjekte die Möglichkeit haben, Vermögensdispositionen autonom und eigenverantwortlich im Wege des Vertragsschlusses zu treffen. Als „Reflex“ hieraus folgen „subjektiv richtige“ Verträge, bei denen das vereinbarte Austauschverhältnis der autonom gefundenen und eigenverantwortlichen Wertschätzung des Rechtssubjekts entspricht.
D. Abschließende Bewertung
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2. Die formalrechtliche Grundkonzeption des Vertragsrechts ist daher im Interesse der Privatrechtssubjekte wie auch aus gesamtwirtschaftlichen Erwägungen durch Regelungen zu ergänzen, die dem Einzelnen in Situationen zur Seite stehen, in denen seine materiale Vertragsfreiheit, resp. seine tatsächliche Entscheidungsfreiheit ausgeschlossen oder zumindest erheblich gefährdet ist. Wenn nun das Verbrauchervertragsrecht, das die Rechtsbeziehungen zwischen Unternehmern und Verbrauchern regelt, derartige Beschränkungen der Entscheidungsfreiheit auf Verbraucherseite ausmacht und diese gezielt und behutsam ausgleicht, dann hat ein so verstandenes Verbraucherschutzrecht durchaus systemstabilisierende Wirkung. Abweichungen vom allgemeinen Privatrecht, die dem Unternehmer als Eingriffe in seine Vertragsfreiheit erscheinen, sind vor diesem Hintergrund lediglich als Maßnahmen zur Wiederherstellung der auf Verbraucherseite verloren gegangenen Vertragsfreiheit zu verstehen, durch die die Funktionsvoraussetzungen des Vertragsmechanismus erst geschaffen werden. 3. Abzulehnen sind Versuche, das Verbrauchervertragsrecht als eigenständiges, von der übrigen Privatrechtsordnung losgelöstes Sonderprivatrecht zu verstehen. Die einem solchen Verständnis zugrunde liegende Prämisse einer allgegenwärtigen strukturellen Unterlegenheit des Verbrauchers gegenüber dem Unternehmer als Marktgegenseite ist schon in tatsächlicher Hinsicht verfehlt und mit den tragenden Grundwerten der geltenden Rechtsordnung unvereinbar. Das auf Vertragsfreiheit gründende Vertragsrecht muss Rechtssubjekte voraussetzen, die zur rationalen Entscheidungsfindung und zur eigenen Interessenwahrnehmung fähig und bereit sind; das geschieht dementsprechend nicht nur im allgemeinen Vertragsrecht, sondern auch im Verbrauchervertragsrecht, wie schon die dort vorzufindenden umfangreichen Informationspflichten belegen. Der inflationäre Einsatz „interventionistischer“, vertragsinhaltsbezogener Schutzinstrumente, der dem Verständnis eines allgegenwärtig strukturell unterlegenen, zur eigenen Interessenwahrnehmung nicht befähigten, Verbrauchers korrespondiert, brächte ferner mit seiner Verpflichtung auf übergeordnete, „objektive“ Werte die Gefahr eines von Beliebigkeiten gekennzeichneten Vertragsrechts mit sich und führte nicht nur zur Beschränkung der Vertragsfreiheit des Schutzverpflichteten, sondern auch zur (staatlichen) Bevormundung des Schutzadressaten. Im Übrigen fehlt es auch an einem übergreifenden Verbraucherbegriff, wie er Voraussetzung eines eigenständigen Sonderprivatrechts wäre. 4. Für ein systemkonformes Verbrauchervertragsrecht geht es insofern darum, punktuell die relevanten Fallgestaltungen, in denen aufgrund situativer und u.U. auch vertragsgegenständlicher Ursachen der Vertragsmechanismus als Instrument des Interessenausgleichs gefährdet ist oder versagt, durch die Beobachtung von rechtstatsächlichen, wirtschaftliche und soziale Veränderungen erfassenden, Entwicklungen zu identifizieren. Die möglichen oder bereits aufgetretenen Störungen sind sodann auf ihre Intensität zu prüfen und, sofern der
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Gesetzgeber im Rahmen des ihm zustehenden Ermessensspielraums – der freilich auch durch Vorgaben des Gemeinschaftsrechts eingeschränkt ist – die „Beachtlichkeitsschwelle“ als erreicht ansieht, unter Beachtung der Prämissen und Wirkmechanismen des allgemeinen Zivilrechts zu beheben. Dabei sollte kein Paradigmenwechsel von einem formalen zu einem materialen Freiheitsverständnis stattfinden. Denn das formal-liberale Freiheitsverständnis gewährt dem Einzelnen ein Höchstmaß an Rechtssicherheit und Verlässlichkeit und der mit ihm korrespondierende Grundsatz der Vertragstreue hat eine für die bestehende Rechts- und Wirtschaftsordnung systemtragende Kraft. 5. Sofern in bestimmten Situationen auftretende Beeinträchtigungen der Entscheidungsfreiheit berücksichtigungsfähig und berücksichtigungsbedürftig sind, geht es für deren Behebung darum, die Gestaltungsfreiheit der Parteien durch gezielt auf das jeweils festgestellte Defizit bezogene Schutzinstrumente, zugunsten eines Vertragspartners so einzuschränken, dass eine Situation entsteht, in der privatautonomes Handeln wieder möglich wird. 6. Dabei richtet sich die Schutzbedürftigkeit des Einzelnen keineswegs nach vagen sozio-ökonomischen Kriterien, denen ein statusrechtlich-klassenbezogenes Rechts- und Gesellschaftsbild korrespondiert, das dem auf bürgerlicher Gleichheit gründenden deutschen Vertragsrecht fremd ist. Die Schutzbedürftigkeit folgt vielmehr ausgehend vom Ideal bürgerlicher Gleichheit aus sachlichen Gesichtspunkten, nämlich der im konkreten Fall vorliegenden Verhandlungssituation, die Gefahren für die Entscheidungsfreiheit einer Vertragspartei beinhaltet. 7. Zumeist wird die situative Beschränkung der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit bei Vertragsschlüssen zwischen Verbrauchern und Unternehmern auf zu Lasten der Verbraucherseite bestehende Informationsasymmetrien rückführbar sein. Zur Kompensation von auf Verbraucherseite wegen eines Mangels an bereichsspezifischen Kenntnissen bestehenden Informationsdefiziten eignen sich insbesondere Informationspflichten und Formvorgaben, die dem Unternehmer auferlegt werden. Auch Widerrufsrechte sind geeignet, bestehende Informationsdefizite auszugleichen, weil dem Verbraucher während des Laufs der Widerrufsfrist noch einmal die Möglichkeit eingeräumt wird, im informierten Zustand über den konkreten Vertragsabschluss zu entscheiden. All diesen Schutzinstrumenten ist gemein, dass sie der Stärkung der eigenverantwortlichen Entscheidungsfindung dienen, indem sie dem Verbraucher eine Chance zum Prüfen und Abwägen verschaffen, ohne den Vertragsinhalt als solchen zu beeinflussen. Es wird entsprechend den Wirkmechanismen eines liberalen Vertragsrechts alleine die verloren gegangene, bzw. beschränkte Entscheidungsfreiheit wiederhergestellt, im Gegensatz zu vertragsinhaltsbezogenen Instrumenten, die die individuelle Entscheidungsfreiheit substanziell durch hoheitliche Vorgaben ersetzen. 8. In Ausnahmesituationen ist ein hinreichendes Maß an Entscheidungsfreiheit und eine entsprechende Verhandlungsposition des Verbrauchers aber nicht
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alleine durch auf Information, resp. Aufklärung zielende Maßnahmen zu gewährleisten, weil Aufklärungsmaßnahmen praktisch nicht durchführbar wären, ineffizient blieben oder schlichtweg versagten, da die konkrete Form der Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit eine andere Ursache als ein Informationsdefizit hat („erweitertes Informationsmodell“). Denkbar ist – freilich vor dem Hintergrund eines grundsätzlich funktionstüchtigen Wettbewerbs – das auf extreme Ausnahmefälle begrenzte Fehlen realer oder zumutbarer Entscheidungsalternativen. Hier bedarf es stärkerer Regulierungen, die in ihrer Wirkweise nicht bei einer Einflussnahme auf den Vertragsprozess stehen bleiben, sondern „interventionistisch“ den Vertragsinhalt als solchen modifizieren, weil eine hinreichende Verhandlungsposition des Verbrauchers nicht allein durch prozedurale, d. h. auf den Vertragsmechanismus bezogene Maßnahmen erreichbar ist. Im Rahmen eines liberalen Vertragsrechts kommen solche Eingriffe in das Ergebnis von Vertragsverhandlungen freilich nur als ultima ratio in Betracht. Die Regelungen des Verbraucherdarlehensvertragsrechts (§§ 491 ff. BGB) folgen grundsätzlich einer dem liberalen Vertragsrecht verpflichteten Schutzkonzeption. Sie reagieren auf schwerwiegende Beschränkungen der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit auf Seiten des Verbrauchers, wenn dieser ein entgeltliches Darlehen von einem als Unternehmer handelnden Rechtssubjekt aufnimmt. Die insofern bestehende Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers ist nicht alleine aus der Abschlusssituation mit einem Unternehmer ableitbar. Wie im übrigen Verbrauchervertragsrecht – die Regelungen des Verbrauchsgüterkaufs (§§ 474 ff. BGB) bilden die „unrühmliche“ Ausnahme – reicht dieser situative Umstand nicht aus, um die Abweichung vom Ideal bürgerlicher Gleichheit zu rechtfertigen. Es muss ein weiterer situativer oder vertragsgegenständlicher Umstand hinzutreten. Beim Haustürgeschäft ist das die Überrumplungssituation, beim Fernabsatz die besondere Vertriebssituation unter vollständiger körperlicher Abwesenheit von Vertragspartner und Vertragsgegenstand und beim Teilzeit-Wohnrechtevertrag v.a. die besondere Komplexität der Vertragsmaterie. Beim Verbraucherdarlehensvertrag ist die Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers situativ-vertragsgegenständlich begründet. Die besondere Komplexität der Vertragsmaterie und der Umfang der zur Kenntnis zu nehmenden und zu verarbeitenden Daten, deren Auswertung für die richtige Abschätzung der künftig zu erwartenden finanziellen Belastungen konstitutiv und gerade bei langfristig laufenden Darlehensverträgen bedeutsam ist, führen im Zusammenwirken mit situationsspezifischen Besonderheiten der Abschlusssituation mit einem bereichsspezifische Kenntnis und Geschäftsgewandtheit besitzenden Unternehmer typischerweise zu einer situativ-vertragsgegenständlich begründeten Beschränkung der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit, die ausgleichsbedürftig ist. Der persönliche Anwendungsbereich des Verbraucherdarlehensvertragsrechts ist entsprechend dieser, unter liberalen Kriterien sachlich begründbaren, Schutzbedürftigkeit definiert.
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9. Der Begriff des Verbrauchers als Schutzadressat (§ 13 BGB) wird ebenso wie der „Gegenbegriff“ des Unternehmers (§ 14 BGB) bezogen auf den jeweils verfolgten Vertragszweck definiert. Im Verbraucherdarlehensvertragsrecht handelt als Verbraucher, wer ein Darlehen zu außerhalb gewerblicher oder selbständiger beruflicher Tätigkeiten dienenden Zwecken aufnimmt, wohingegen als Unternehmer handelt, wer ein Darlehen zu „professionellen“ Zwecken gewährt. Das Gesetz erteilt damit einem klassen- und statusbezogenen Schutzansatz eine Absage und definiert das Begriffspaar Verbraucher / Unternehmer „rollenspezifisch“. So wie ein Rechtssubjekt Schutz erfährt, nicht weil es Verbraucher ist, sondern weil es in einer bestimmten Vertragsschlusssituation als solcher handelt, so wird der Unternehmer vom Schutz nicht deswegen ausgenommen, weil er Unternehmer ist, sondern weil er in concreto als solcher agiert. Daher kann ein und dieselbe Person bei einem Rechtsgeschäft in den Genuss verbraucherschützender Bestimmungen kommen, wohingegen sie bei einem anderen Geschäft Einschränkungen ihrer Gestaltungsfreiheit hinzunehmen hat, weil sich die Gegenseite in einer Situation befindet, die eine verbraucherschützende Privilegierung rechtfertigt. 10. Die Abweichung vom bürgerlichrechtlichen Grundsatz der formalen Gleichheit der Verwendungszwecke ist in Art. 1 Abs. 2 lit.a VerbrKrRL vorgegeben und auch innerhalb des deutschen Vertragsrechts zu rechtfertigen. Im deutschen Recht steht dahinter die Vorstellung, dass im Rahmen von Rechtsgeschäften mit professioneller Zwecksetzung typischerweise eine bereichsspezifische Geschäftskompetenz anzunehmen ist, die außerhalb einer solchen Zwecksetzung oder im Fall einer Existenzgründung (§ 507 BGB) fehlt. Eine derartige Typisierung im Sinne einer Abstraktion von konkret-subjektiven Schutzbedürfnissen bringt freilich Unschärfen in Randbereichen bei der Bestimmung des erfassten Personenkreises mit sich. Sie ist aber gerechtfertigt, da allein sie – im Gegensatz zu einer einzelfallbezogenen Prüfung – ein hinreichendes Maß an Rechtssicherheit gewährt und dabei, jedenfalls im Verbraucherdarlehensvertragsrecht, das Regel-Ausnahme-Verhältnis von bestehender und nicht bestehender Schutzbedürftigkeit überzeugend bewertet. Auch wenn die nach § 13 BGB vom Schutz der §§ 491 ff. BGB ausgenommenen Selbständigen, Freiberufler und Gewerbetreibenden, die die Darlehensaufnahme zu professionellen Zwecken betreiben, nicht notwendigerweise über eine bereichsspezifische Geschäftskompetenz verfügen, weil der Abschluss von Darlehensverträgen nicht ihren Tätigkeitsschwerpunkt bildet, so gehört die Darlehensaufnahme doch zu den selbstverständlichen Maßnahmen ordnungsgemäßen Wirtschaftens. Möglicherweise bestehende Beschränkungen der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit erreichen insofern noch kein korrekturbedürftiges Maß, das eine Abweichung vom allgemeinen Darlehensvertragsrecht rechtfertigte. Diese gesetzgeberische Einschätzung erscheint weder sachwidrig noch realitätsfern. Nicht in einem liberalen Vertragsrecht zu rechtfertigen ist allerdings die Beschränkung des Schutzes auf natürliche Personen und die da-
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mit einhergehende ausnahmslose Ausgrenzung juristischer Personen. Dabei ist diese unsachgemäße, weil statusbezogene Einschränkung wegen ihrer relativ geringen Praxisrelevanz nicht überzubewerten. 11. Die Nichtgeltung der §§ 491 ff. BGB bei Darlehensverträgen zwischen zwei Verbrauchern oder zwei Unternehmern lässt sich in Abstraktion von der fehlenden situativ-vertragsgegenständlichen Gefahrensituation auch schon auf Erwägungen der Praktikabilität und Zumutbarkeit stützen. Bei Verträgen zwischen Verbrauchern wäre die Erfüllung der komplexen Anforderungen des Verbraucherdarlehensvertragsrechts (Informations- und Belehrungspflichten) wegen fehlender bereichsspezifischer Geschäftskompetenz weder zu erwarten noch zumutbar. Beim Vertragsschluss zwischen Unternehmern stände eine Beachtlichkeit der besonderen Schutzregeln schon einer zügigen und reibungslosen Geschäftsabwicklung entgegen. 12. Die im Verbraucherdarlehensvertragsrecht vorgesehenen Schutzinstrumente setzen gezielt an den situativ-vertragsgegenständlich begründeten Informationsdefiziten auf Verbraucherseite an. Sie intendieren, die hierdurch eingeschränkte Entscheidungsfreiheit durch prozedural wirkende Schutzinstrumente auszugleichen. Das strenge Schriftformgebot aus § 492 Abs. 1 S. 1 BGB gewährt dem Verbraucher einen ersten Schutz vor dem übereilten Eingehen einer ihn wirtschaftlich überfordernden Verpflichtung. Die besonderen Angabe-, resp. Informationspflichten aus § 492 Abs. 1 S. 5 BGB zielen in ihrer dem Transparenzgebot verpflichteten Ausgestaltung darauf ab, dem Verbraucher den Verpflichtungsumfang nicht nur wahrnehmbar, sondern auch verständlich zu machen. In einer „zweiten Stufe“ wirken diese informatorischen Schutzmechanismen dann bezüglich der rationalen Entscheidungsfindung über die Ausübung des Widerrufsrechts. Das Widerrufsrecht aus §§ 495 Abs. 1 i.V.m. 355 BGB, aufgrund dessen der Verbraucher noch einmal auf informierter Grundlage und ohne den Druck der konkreten Abschlusssituation abwägen und überprüfen kann, ob der Vertragsschluss für ihn wirtschaftlich sinnvoll ist, stellt eine zweckmäßige und notwendige Ergänzung der Form- und Angabepflichten dar, die die Abweichung vom allgemeinen Grundsatz der Vertragstreue rechtfertigt. Denn auch ein aufmerksamer und verständiger Verbraucher kann aufgrund der vertragstypenbedingten Komplexität der Materie und des Umfangs der für eine rationale Entscheidungsfindung zu verarbeitenden Daten überfordert sein, so dass ein hinreichender Ausgleich der Beschränkung der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit allein durch eine durch das Widerrufsrecht eingeräumte Überlegungsfrist möglich wird. Der Widerrufsdurchgriff auf einen verbundenen finanzierten Leistungserbringungsvertrag stellt die notwendige Ergänzung eines auf Wiederherstellung der bei Vertragsschluss gefährdeten Entscheidungsfreiheit dar, weil nur hierdurch eine in tatsächlicher Hinsicht freie Entscheidung über die Ausübung des Widerrufsrechts bezüglich des Verbraucherdarlehensvertrags gewährleistet ist. Da der Widerrufsdurchgriff in seiner Wirkweise aber vertragsübergreifend wirkt, bedarf es zu seiner Recht-
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fertigung noch der Heranziehung zusätzlicher materialer Gerechtigkeitserwägungen. Er dient, wie auch der Einwendungsdurchgriff beim verbundenen Geschäft, dem Schutz des Verbrauchers vor einer inadäquaten Risikoverteilung, wie sie bei planmäßigem und arbeitsteiligem Zusammenwirken von Unternehmern auf der „Vertragsgegenseite“ typischerweise auftritt. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten tragen die Bestimmungen über verbundene Verträge einem fehlenden effizienten Konditionenwettbewerb Rechnung. 13. Das Verbraucherdarlehensvertragsrecht verlässt aber die liberale, situativvertragsgegenständlich begründbare, Schutzkonzeption im Bereich der untersuchten Verzugsregelungen des § 497 BGB. Aus sozialen Schutzerwägungen („Bekämpfung des modernen Schuldenturms“) wird der finanzschwache Verbraucher – für andere Verbraucher sind die Regelungen, sofern man Leistungswilligkeit unterstellt, irrelevant – durch vertragsinhaltsbezogene Schutzinstrumente geschützt, wie besondere Verzugszinssätze (§ 492 Abs. 1, 2 BGB) oder die besondere Tilgungsbestimmung in § 497 Abs. 3 BGB. Diese Schutzinstrumente greifen ein, obwohl dem Verbraucher auf Grundlage der informatorischen Schutzmechanismen eine tatsächlich freie Entscheidung über die in Aussicht genommene vertragliche Belastung möglich ist. Zugunsten des finanzschwachen Verbrauchers wird das Risiko einer Fehleinschätzung seiner künftigen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eingedämmt. Die Eigenverantwortlichkeit des Rechtssubjekts, wie sie in einem liberalen Vertragsrecht das notwendige Korrelat zur autonomen Entscheidungsfindung bildet, wird dem finanzschwachen Verbraucher damit ein Stück weit abgenommen und aus sozialen Schutzerwägungen auf den darlehensgebenden Unternehmer verlagert. In der konkreten Ausgestaltung versucht der Gesetzgeber dabei freilich, soweit als durch das vorgegebene Schutzziel möglich, die Interessen des Darlehensgebers zu schonen. Mit vorbezeichneten Schutzmechanismen behält das Verbraucherdarlehensvertragsrecht die bereits unter dem VerbrKrG geltende, grundsätzlich liberale, nur an einzelnen Stellen durchbrochene Schutzkonzeption bei. Die im Zuge des SMG vorgenommene systematische Umstrukturierung der kreditrechtlichen Bestimmungen durch Ausrichtung am (Verbraucher-)darlehensvertragsrecht und die terminologische Bereinigung des Gesetzes ging allein mit zahlreichen Detailänderungen einher. Schließlich traten noch diverse Einzelmodifikationen durch das OLGVertrÄndG hinzu. Doch auch wenn das Gesetz insofern weder eine grundstürzende Änderung des bisherigen Schutzniveaus beabsichtigte noch herbeiführte, so hat sich doch im Rahmen der Untersuchung gezeigt, dass die vorgenommenen Einzeländerungen teilweise derart gravierend sind, dass sie die Effektivität der eingesetzten Schutzinstrumente ganz grundsätzlich betreffen und dadurch das bisherige Schutzniveau verändern. Im Bereich der generell-schutzeröffnenden Bestimmungen waren insofern, abgesehen von der Erweiterung des sachlichen Anwendungsbereichs der Schutz-
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bestimmungen auf Immobiliardarlehensverträge, allein geringfügige Modifikationen zu verzeichnen. 14. Unter Geltung des § 1 Abs. 2 VerbrKrG waren Gelddarlehen, ebenso wie Sachdarlehen (z. B. Wertpapierdarlehen) vom Anwendungsbereich der verbraucherkreditrechtlichen Schutzbestimmungen erfasst. Mit der Ausrichtung des Verbraucherdarlehensvertrags am Gelddarlehen fielen Sachdarlehen aus dem Anwendungsbereich der Schutzbestimmungen der §§ 491 ff. BGB heraus. Diese Verkürzung des bisherigen Schutzniveaus ist wegen der vergleichbaren situativ-vertragsgegenständlichen Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers sachwidrig. Sie widerspricht auch den Vorgaben der VerbrKrRL. Der Verstoß ist im Wege der richtlinienkonformen Auslegung des § 491 Abs. 1 BGB zu korrigieren. 15. Eine begrüßenswerte Ausweitung des bisherigen Anwendungsbereichs der verbraucherschützenden Sonderregelungen des ehemaligen VerbrKrG wurde durch das OLGVertrÄndG betreffend Immobiliardarlehensverträge bewirkt, indem das verbraucherschützende Widerrufsrecht und die Bestimmungen über verbundene Verträge nicht mehr von der Anwendung auf Immobiliardarlehensverträge ausgenommen sind, sondern auf diese wie auf andere Verbraucherdarlehensverträge Anwendung finden. Ursprünglich sah § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG Teilausnahmen vom Anwendungsbereich des Verbraucherkreditgesetzes für die im Sinne der Vorschrift grundpfandrechtlich abgesicherten Verbraucherkreditverträge, die zumeist als Realkreditverträge bezeichnet wurden, vor. Der durch das SMG eingeführte § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB übernahm diese Regelung mit terminologischen Änderungen, die sich an der neuen auf den Darlehensvertrag ausgerichteten Gesetzessystematik orientierten, inhaltsgleich. Seit dem OLGVertrÄndG werden Verbraucherdarlehensverträge, die in vorbezeichnetem Sinn grundpfandrechtlich abgesichert sind, als Immobiliardarlehensverträge (§ 492 Abs. 1 a S. 2 BGB) bezeichnet. Grundsätzlich waren Realkreditverträge, resp. Immobiliardarlehensverträge generell unwiderruflich gestellt. Die „Heininger“-Entscheidung des EuGH hatte indes für Haustürgeschäfte eine Ausnahme von dieser Grundregel erzwungen. Konnte der Verbraucher nunmehr wegen einer gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung des deutschen Rechts seine auf Abschluss des Immobiliardarlehensvertrags gerichtete Willenserklärung nach den Bestimmungen über Haustürgeschäfte (§ 1 HausTWG, bzw. § 312 BGB) widerrufen, so blieb dies – jedenfalls nach hier vertretener, dem BGH widersprechender Auffassung – nicht ohne Auswirkungen auf einen mit dem Darlehensvertrag zu einer wirtschaftlichen Einheit verbundenen Vertrag, der ebenfalls unwirksam wurde. Zu erzielen war dieses Ergebnis über eine teleologische Reduktion des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG und eine analoge Anwendung des § 9 VerbrKrG. Für Verträge, die zwischen In-Kraft-Treten des SMG und OLGVertrÄndG ge-
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schlossen wurden, galt es § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB entsprechend teleologisch zu reduzieren. Das OLGVertrÄndG führte zu einer erheblichen Erweiterung des sachlichen Anwendungsbereichs der darlehensrechtlichen Verbraucherschutzbestimmungen im Bereich der Immobiliardarlehensverträge. Diese sind nunmehr generell, d. h. nicht nur bei Abschluss in einer Haustürsituation widerruflich. Diese Rechtsänderung ist verbraucherschutzdogmatisch uneingeschränkt zu begrüßen, da die situativ-vertragsgegenständliche Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers hier nicht geringer ist als bei sonstigen Verbraucherdarlehensverträgen und der bisherige Ausschluss des Widerrufsrechts nicht überzeugend begründbar war. Konsequent ist auch die Entscheidung, nunmehr die Bestimmungen über verbundene Geschäfte, einschließlich des Einwendungsdurchgriffs (§§ 358, 359 BGB) zur Anwendung zu bringen. 16. Bezüglich des persönlichen Anwendungsbereichs ergeben sich keine Abweichungen gegenüber der bisherigen Rechtslage. Das bisherige Schutzniveau wird beibehalten. 17. Änderungen betreffen die Beweislast bezüglich der Schutzadressatenstellung. Das Gesetz bringt für Verbraucherdarlehen, ebenso wie für Existenzgründerdarlehen nunmehr uneingeschränkt den Grundsatz zur Anwendung, dass derjenige, der sich auf den Schutz einer Vorschrift beruft, die Beweislast für das Vorliegen ihrer Voraussetzungen trägt. Das ursprüngliche Konzept, nach dem die verbraucherkreditrechtlichen Schutzbestimmungen „im Zweifel“ anzuwenden waren, wurde aufgegeben. Die damit einhergehende Deprivilegierung ist als rechtspolitische Entscheidung hinzunehmen und führt auch nur in Ausnahmefällen zu einer spürbaren Schlechterstellung des Schutzadressaten. Für die Fallgruppe der wiederholten Existenzgründung ist die Neuregelung vom Ergebnis her ausdrücklich zu befürworten. 18. Modifiziert wurden die vormals in § 18 VerbrKrG enthaltene Bestimmung über das Abweichungsverbot. § 506 S. 1 BGB in der Fassung des SMG (§ 506 Abs. 1 S. 1 BGB in der Fassung des OLGVertrÄndG) stellte klar, dass jedwede für den Verbraucher nachteilige Abweichung von den §§ 491 ff. BGB unzulässig ist und entschied damit die bisherige Streitfrage, ob auch der einseitige Verzicht auf gesetzliche Schutzbestimmungen zulässig ist oder nicht. Die Entscheidung ist Ausdruck eines hohen Verbraucherschutzniveaus: Die halbzwingende Ausgestaltung der Schutzbestimmungen korrespondiert der typisierenden Gesetzeskonzeption, die das bestehende Regel-Ausnahme-Verhältnis von typischerweise bestehender und nicht bestehender Schutzbedürftigkeit zutreffend bewertet. Der sachfremde „überschießende“ Schutz im Einzelfall und die damit einhergehende „Vebraucherbevormundung“ ist der Preis für einen wirksamen Ausgleich der in der überwiegenden Zahl der Fälle bestehenden Beschränkung der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit bei Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags. Die Gefahren eines Missbrauchs von Unterneh-
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merseite und einer Aushöhlung bestehender Schutzinstrumente, die bei einer Disponibilität der Regelungen bestände, werden vermieden. Mit den durch das OLGVertrÄndG an § 506 BGB angefügten Absätzen 2 bis 4 verlässt der Gesetzgeber diese konsequente Verbraucherschutzlinie, jedenfalls für eine Übergangszeit bis zum 30. 6. 2005. Die Zulässigkeit, eine Widerrufserlöschensfiktion für nach dem 1. 11. 2002 geschlossene Verträge, die keine Haustürgeschäfte sind, vertraglich und formgebunden zu vereinbaren, ist verbraucherschutzdogmatisch noch unbedenklich. Die Disponibilität des Widerrufsrechts bei Immobiliardarlehensverträgen hingegen ist verfehlt. Die Formgebundenheit der Vereinbarung ist nicht in der Lage, das durch den Verzicht auf das zentrale Schutzinstrument „Widerruf“ entstehende Schutzdefizit auszugleichen. Nicht allein unter gesetzessystematischen Gesichtspunkten, sondern auch unter Schutzzweckerwägungen ist es daher zu begrüßen, dass ab dem 1. 7. 2005 wieder das gesamte Verbraucherdarlehensvertragsrecht halbzwingend ausgestaltet sein wird, weil die Absätze 2 bis 4 des § 506 BGB dann entfallen. Teilweise tiefgreifende Veränderungen des bisherigen Schutzniveaus sind im Bereich der konkret-schutzgewährenden Bestimmungen zu verzeichnen. 19. Das SMG hat die Bestimmungen über die Form- und Angabepflichten aus §§ 4, 6 VerbrKrG mit terminologischen und systematischen Anpassungen im Wesentlichen inhaltsgleich in die §§ 492, 494 BGB überführt. Neben marginalen Inhaltsänderungen, ist die einzige, wirklich bedeutsame Änderung in § 492 Abs. 4 BGB enthalten. Die Bestimmung hat in § 4 VerbrKrG keine Entsprechung. Nach § 492 Abs. 4 S. 1 BGB unterliegt die vom Verbraucher zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags erteilte Vollmacht der Schriftform des § 492 Abs. 1 S. 1 BGB, einschließlich der Mindestangaben aus § 492 Abs. 1 S. 5 BGB und muss die Angabe des effektiven Jahreszinses enthalten. Die durch diese Neuregelung bewirkte Einbeziehung des Verbraucherschutzgedankens in das Recht der Stellvertretung ist überzeugend, soweit der Verbraucher wegen unzureichender Kenntnis des Vertragsrisikos vor einer übereilten Bindung geschützt werden soll. Wegen der dem Schriftformgebot zukommenden Warnfunktion war schon unter Geltung des § 4 VerbrKrG die Regelung des § 4 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG analog auf die Vollmachtserteilung anzuwenden und § 167 Abs. 2 BGB entsprechend teleologisch zu reduzieren. Während allerdings zuvor eine Einschränkung des § 167 Abs. 2 BGB nur in Betracht kam, wenn durch die Vollmachtserteilung eine dem Vertragsschluss vergleichbare Bindungswirkung entstand, gilt das Schriftformgebot nunmehr generell, also auch bei widerruflichen Vollmachten. Diese Schutzerweiterung ist unter schutzdogmatischen Gesichtpunkten nicht zu beanstanden. Weniger überzeugend ist die Vorverlagerung des durch § 492 Abs. 1 S. 5 BGB primär bezweckten Transparenzschutzes auf den Zeitpunkt der Vollmachtserteilung. 20 Enders
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Das vertretungsrechtliche Repräsentationsprinzip und der damit verbundene Verkehrsschutzgedanke wird hierdurch zu weitreichend eingeschränkt und der Verbraucherschutz überdehnt; hinzu kommt, dass hierdurch prohibitive Wirkungen dahingehend entstehen, dass eine Vollmachtserteilung beinahe unmöglich, bzw. weitgehend sinnlos wird. Soweit die Regelung des § 492 Abs. 4 S. 2 BGB u. a. die für eine Vollmachtserteilung wirklich praxisrelevanten Fälle notariell beurkundeter Vollmachten zum Zwecke der Verkehrserleichterung von der Geltung des § 492 Abs. 4 S. 1 BGB ausnimmt, muss in diesen – zumindest nach hier vertretener Ansicht – der pflichtenbegründende Vertragsinhalt als inhaltlicher Mindeststandard enthalten sein. Das folgt aus der Warnfunktion des Schriftformgebots aus § 492 Abs. 1 S. 1 BGB, die auch bei einer notariell beurkundeten Vollmacht Geltung beansprucht. Hingegen scheidet eine analoge Anwendung der Mindestangabepflichten des § 492 Abs. 1 S. 5 BGB auf die notarielle Vollmacht unter teleologischer Reduktion des § 492 Abs. 4 S. 2 BGB grundsätzlich aus. Sie ist alleine dann in Betracht zu ziehen, wenn der Vertreter in einem besonderen Näheverhältnis zum Geschäftsgegner steht. 20. Das Widerrufsrecht nach §§ 495 Abs. 1 i.V.m. 355 BGB folgt wie bisher §§ 7 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG i.V.m. 361 a BGB a.F. dem Konzept der schwebenden Wirksamkeit und ist als rücktrittsgleiches Gestaltungsrecht konzipiert. Das SMG sowie das OLGVertrÄndG führten indes zu tiefgreifenden Änderungen im Detail wie auch im Grundsätzlichen. a) Zahlreiche Detailänderungen betreffen die in § 355 BGB geregelten Ausübungsmodalitäten des frist- und formgebundenen Widerrufsrechts. Zentral sind die Modifikationen hinsichtlich der Befristung des Widerrufsrechts bei unterbliebener oder fehlerhafter Widerrufsbelehrung. Um die Harmonisierung der unterschiedlichen verbraucherschützenden Widerrufsrechte voranzutreiben, führte der Gesetzgeber durch das SMG in § 355 Abs. 3 BGB eine einheitliche Maximalfrist von sechs Monaten ein. Damit wurde im Verbraucherdarlehensvertragsrecht neben unproblematischen Detailänderungen die bisher geltende Jahresfrist auf die Hälfte verkürzt. Veranlasst durch die „Heininger“-Entscheidung des EuGH, die freilich das haustürgeschäftliche Widerrufsrecht betraf, wurde dann im Zuge des OLGVertrÄndG der Anwendungsbereich der Maximalfrist durch den neuen Satz 3 des § 355 Abs. 3 BGB einheitlich für alle verbraucherschützenden Widerrufsrechte so weit eingeschränkt, dass diese Maximalfrist, jedenfalls im Verbraucherdarlehensvertragsrecht, keine Bedeutung mehr hat. Verbraucherdarlehensverträge sind daher in den Fällen nicht ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung grundsätzlich unbefristet widerrufbar. Im Ergebnis ist das zu begrüßen. Da das Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehensverträgen nicht allein situativ, sondern auch vertragsgegenständlich begründet ist, war die zuvor geltende 6-Monats-Frist deutlich zu kurz geraten, um den Verbraucher effektiv zu schützen und damit sachlich verfehlt. Die Widerruflichkeit wird freilich durch die allgemeinen
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Verwirkungsgrundsätze begrenzt (§ 242 BGB), wobei insofern hinsichtlich des Zeitmoments unterschieden werden sollte, ob eine Belehrung vollständig unterblieb oder allein rechtsfehlerhaft erfolgte. Aber auch wenn die nunmehr geltende Rechtslage bezüglich Verbraucherdarlehensverträgen sachgerecht erscheint, zeigen sich im historischen Prozess ihrer Entstehung Probleme grundsätzlicher Natur. Die vom Gesetzgeber favorisierte Harmonisierung der Widerrufsrechte ist wegen des Auslegungsmonopols des EuGH in gemeinschaftsrechtlichen Fragen im Hinblick auf die Rechtssicherheit im Verbrauchervertragsrecht äußerst problematisch. Denn notwendige Korrekturen in einem Regelungsfeld, zeigen Fernwirkungen in den anderen verbraucherschützenden Regelungsfeldern, indem sie diese erfassen. Gleichzeitig werden (ebenfalls einheitlich geltende) Folgeänderungen notwendig. So verzichtet das Gesetz seit dem OLGVertrÄndG für eine wirksame Widerrufsbelehrung auf eine gesonderte Unterschrift des Verbrauchers unter die Belehrung, wie dies noch in § 355 Abs. 2 S. 2 BGB in der Fassung des SMG erforderlich war (§ 361 a Abs. 1 S. 4 BGB a.F.), weil seit der „Streichung“ der Maximalfrist, der Unternehmer nur noch dadurch Rechtssicherheit erzielen kann, dass er die bei Vertragsschluss nicht ordnungsgemäß erteilte Belehrung nachholt; dann darf es der Verbraucher aber nicht in der Hand haben, durch eine Unterschriftsverweigerung den Beginn der Widerrufsfrist zu verhindern. Deswegen wurde das Unterschriftserfordernis gestrichen und gleichzeitig eine – freilich nicht erforderliche – Sonderfrist von einem Monat (§ 355 Abs. 2 S. 2 BGB in der Fassung des OLGVertrÄndG) bei nachgeholter Belehrung eingeführt. Als Folgeproblem bedurfte dann wiederum die durch die Streichung des Unterschriftserfordernisses im Fall einer ordnungsgemäßen Belehrung bei Vertragsschluss eingetretene Schutzverkürzung der besonderen Rechtfertigung. b) In weiten Teilen verfehlt ist die durch das SMG vorgenommene Ausgestaltung der Widerrufsabwicklungsmodalitäten. An zahlreichen Stellen bedarf das Gesetz einer teleologischen Korrektur, damit der durch das Widerrufsrecht intendierte Verbraucherschutz nicht ausgehöhlt wird. Bedenklich sind insofern die Haftungsverschärfungen gegenüber dem allgemeinen Rücktrittsrecht aus § 357 Abs. 3 BGB. Bei Verbraucherdarlehensverträgen sind diese, einheitlich für das Verbrauchervertragsrecht geltenden Bestimmungen v.a. beim Vorliegen eines verbundenen Vertrags relevant, auf dessen Rückabwicklung § 357 BGB wegen § 358 Abs. 4 S. 1 BGB anwendbar ist. Die Vorschrift des § 357 Abs. 3 S. 1 BGB bestimmt, dass der Verbraucher bei entsprechender Aufklärung in Abweichung von § 346 Abs. 2 Nr. 1 BGB Wertersatz auch für eine Wertminderung aufgrund bestimmungsgemäßer Ingebrauchnahme des finanziert erworbenen Gegenstands zu leisten hat. Sie verschlechtert damit die Rechtsstellung des Verbrauchers gegenüber der bisheri20*
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gen Rechtslage, wo eine solche Ersatzpflicht gerade nicht bestand (§ 361 a Abs. 2 S. 6 HS. 2 BGB a.F.) und deprivilegiert die Widerrufsabwicklung gegenüber der nach neuem Recht geltenden Rücktrittsabwicklung. Die vom Gesetzgeber hierfür angeführte „Begründung“, dem Unternehmer sei beim Verbraucherwiderruf anders als beim Rücktritt keine Pflichtverletzung vorzuwerfen, trägt die Haftungsverschärfung nicht. Sie verquickt zwei Regelungsfelder (Mängelhaftung und Verbraucherschutz), die bis dahin aus gutem Grund streng voneinander getrennt waren. Der eigentliche Schutzgrund des Widerrufsrechts, die bei Vertragsschluss typischerweise bestehende Beschränkung der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit, die beim Verbraucherdarlehensvertrag situativ-vertragsgegenständlich begründet ist, wird hierdurch zwar nicht grundsätzlich in Frage gestellt, aber doch gefährlich verwässert. Das ist dogmatisch bedauerlich und führt im Ergebnis zu einer bedenklichen Verkürzung des Verbraucherschutzes. Die aufgrund § 357 Abs. 3 S. 1 BGB drohende Ersatzpflicht, kann nämlich solche Ausmaße annehmen, dass eine freie Entscheidung über die Ausübung des Widerrufsrechts faktisch ausgeschlossen ist und der Verbraucher trotz der ausgleichsbedürftigen Beschränkung seiner Entscheidungsfreiheit bei Vertragsschluss, am Verbraucherdarlehensvertrag und dem verbundenen Leistungserbringungsvertrag faktisch festgehalten wird. Das Widerrufsrecht kann seine Funktion, den Verbraucher „zum zweiten Mal“, diesmal aber unter Ausgleich der zuvor bestehenden Informationsdefizite, in die Abschlusssituation zu versetzen, nicht erfüllen. Es ist ausgehöhlt. Auch das Aufklärungserfordernis aus § 357 Abs. 3 S. 1 BGB kann diese Schutzverkürzung nicht effektiv ausgleichen. Der Gesetzgeber täte insofern am Besten daran, diese verbraucherschutzdogmatisch verfehlte Regelung schlichtweg wieder zu streichen. Da dies freilich vorerst nicht zu erwarten steht, bleibt nur die Möglichkeit, die Ersatzpflicht wegen bestimmungsgemäßer Ingebrauchnahme möglichst restriktiv anzunehmen und d. h. im Gegenzug, den Begriff der nichtersatzpflichtigen „Prüfung“ extensiv auszulegen. Insofern ist nach hier vertretener Ansicht eine Wertminderung i. S. d. § 357 Abs. 3 S. 2 BGB „ausschließlich auf die Prüfung der Sache zurückzuführen“, wenn sie prüfungsbedingt eintrat und sich objektiv nicht vermeiden ließ, ohne dass die Prüfung ineffizient geblieben wäre. Sie ist also nicht ersatzpflichtig, wenn sie prüfungsbedingt erfolgte und objektiv erforderlich war. Unter systematischen Gesichtspunkten offenbaren sich im Zusammenhang mit vorbezeichneter Ersatzpflicht abermals die Schwierigkeiten der vom Gesetzgeber betriebenen, von bereichsspezifischen Besonderheiten abstrahierenden Harmonisierung der verbraucherschützenden Widerrufsrechte. Das Problem der Ersatzpflicht für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme stellte sich nämlich nach alter Rechtslage, zumindest in der Praxis, gar nicht. Denn der Unternehmer konnte die Gefahr, den durch eine Ingebrauchnahme der Sache eintretenden Wertverlust tragen zu müssen, schon dadurch vermeiden, dass er dem Verbraucher den (finanziert) erworbenen Gegenstand erst nach Ablauf
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der Widerrufsfrist zur Verfügung stellte. Diese Möglichkeit war dem Unternehmer alleine beim Fernabsatzgeschäft versagt, da die Fernabsatzrichtlinie den Beginn der Widerrufsfrist, jedenfalls bei „Waren“, davon abhängig macht, dass diese beim Verbraucher eingegangen sind (Art. 6 Abs. 1 FernabsRL). Allein im Bezug auf Fernabsatzverträge war daher zu entscheiden, ob Wertminderungen aufgrund bestimmungsgemäßer Ingebrauchnahme vom Unternehmer zu tragen sein sollen oder ob der Verbraucher hierfür ersatzpflichtig sein soll. Dennoch wurde eine einheitlich für das gesamte Verbrauchervertragsrecht geltende Ersatzpflicht etabliert, die, abgesehen von der fragwürdigen Rechtfertigung durch Beziehung der strengen Widerrufsabwicklungsmodalitäten auf das Fehlen einer Pflichtverletzung auf Unternehmerseite, maßgeblich mit dem Harmonisierungsbestreben im Verbrauchervertragsrecht begründet wurde. Der Preis dieser von bereichsspezifischen Besonderheiten abstrahierenden Harmonisierung, durch die eine dogmatische Konsolidierung der Widerrufsabwicklungsmodalitäten intendiert wird, ist hoch. Er besteht in der Schaffung einer Rechtslage, die nirgends – weder im Fernabsatzrecht, wo sie gemeinschaftsrechtswidrig ist, noch im sonstigen Verbrauchervertragsrecht, wo sie das Widerrufsrecht aushöhlt – so recht passt und die Rechtsstellung des Verbrauchers erheblich verschlechtert. Neben § 357 Abs. 3 S. 1 BGB enthält auch § 357 Abs. 3 S. 3 BGB eine Haftungsverschärfung, die die Fälle des Untergangs oder der Verschlechterung einer (finanziert) erworbenen Leistung betrifft. Gegenüber der bisherigen Rechtslage und auch gegenüber dem neuen Rücktrittsrecht wird der Verbraucher durch Statuierung eines strengeren Sorgfaltsmaßstabs und durch Überwälzung des Zufallsrisikos deprivilegiert. Die Untersuchung hat ergeben, dass die Überwälzung des Zufallsrisikos auf den Verbraucher den Verbraucherschutz in untragbarem Maße verkürzt und sachlich nicht zu rechtfertigen ist. Bei zufälliger Verschlechterung oder zufälligem Untergang ist § 357 Abs. 3 S. 3 BGB deswegen dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass er auf diese Fälle keine Anwendung findet. Im Übrigen ist die Absenkung des bisherigen Schutzniveaus hinnehmbar. Soweit § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 1 BGB für die Bestimmung des Umfangs der Wertersatzpflicht an das subjektiv vereinbarte Äquivalenzverhältnis anknüpft, mag dies für die Rücktrittsabwicklung zumindest nicht sachwidrig sein, für die Widerrufsabwicklung hingegen ist die Aufrechterhaltung des vertraglich vereinbarten Äquivalenzverhältnisses verfehlt. Sie lässt die beim Vertragsschluss auf Verbraucherseite typischerweise bestehende Beschränkung der Entscheidungsfreiheit unberücksichtigt und läuft dem Schutzzweck des Widerrufsrechts zuwider. Die Bestimmung ist daher teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass im Fall der Widerrufsabwicklung der Ausgangspunkt der Wertersatzpflicht nicht in der vereinbarten Gegenleistung, sondern wie bisher im objektiven Wert der empfangenen Leistung liegt. Ist beim verbundenen Vertrag also ein finanzierter Kaufvertrag rückabzuwickeln, so ist für den Kauf-
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gegenstand von dessen objektivem Wert auszugehen. Beim finanzierten Erwerb einer Dienstleistung, ist dem Verbraucher u.U. noch analog § 818 Abs. 3 BGB der Einwand zu gewähren, die bei ihm vorhandene Bereicherung liege unterhalb des objektiven, resp. branchenüblichen Werts. Für aus dem Verbraucherdarlehen gezogene Gebrauchsvorteile trifft seit dem OLGVertrÄndG § 346 Abs. 2 S. 2 HS. 2 BGB eine sachgerechte Sonderregelung; für Gebrauchsvorteile eines Verbraucherdarlehensvertrags, der zwischen In-Kraft-Treten des SMG und des OLGVertrÄndG geschlossen wurde, ist § 346 Abs. 2 S. 2 BGB in der Fassung des SMG (§ 346 Abs. 2 S. 2 HS. 1 BGB in der Fassung des OLGVertrÄndG) dahingehend zu reduzieren, dass allein die übliche Verzinsung verlangt werden kann und dem Verbraucher der Nachweis offen steht, dass der Gebrauchsvorteil sein Vermögen in geringerem Umfang gemehrt hat. 21. Wegen des strengen Haftungsregimes bei der Widerrufsabwicklung, das an zahlreichen Stellen korrekturbedürftig ist, bleibt die Stärkung des Widerrufsrechts als Instrument zum Schutz der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit, die die „Generalisierung“ des Instituts des Widerrufsdurchgriffs in § 358 Abs. 1, 2 BGB intendiert, als gut gemeintes Regelungsvorhaben im Ansatz stecken. Zwar ist nach den Bestimmungen in § 358 Abs. 1 und 2 BGB, die die bisher im Verbrauchervertragsrecht verstreuten Einzelregelungen zum Widerrufsdurchgriff harmonisieren und verallgemeinern, der Widerrufsdurchgriff immer dann vorgesehen, wenn dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zusteht und gleichzeitig ein verbundenes Geschäft vorliegt. Wegen des strengen Haftungsregimes bei der Rückabwicklung kann die Vereinheitlichung und Verallgemeinerung der Bestimmungen zum Widerrufsdurchgriff ihre positiven Effekte aber kaum entfalten; das gilt zumindest dann, wenn das Gesetz nicht, wie hier vorgeschlagen, korrigierend angewandt wird. Daneben sind im Bereich der verbundenen Verträge (§§ 358, 359 BGB) nur wenige und zumeist geringfügige Änderungen gegenüber § 9 VerbrKrG zu verzeichnen. Begrüßenswert ist, dass die Definition des verbundenen Vertrags (§ 358 Abs. 3 BGB) nunmehr unzweideutig klarstellt, dass eine Personenidentität auf Unternehmerseite der Annahme eines verbundenen Geschäfts nicht entgegensteht. Dadurch wurde freilich als Folgeproblem die Auslegung des § 359 S. 2 Alt.2 BGB virulent, der seinem Wortlaut nach auch die Fälle der Personenidentität erfasst. Die Bestimmung sieht ebenso wie vormals § 9 Abs. 3 S. 2 Alt.2 VerbrKrG zum Schutz des Darlehensgebers vor, dass Einwendungen, die aus nach Vertragsschluss zwischen Verbraucher und Vertragspartner des finanzierten Geschäfts getroffenen Vereinbarungen resultieren, vom grundsätzlich möglichen Einwendungsdurchgriff ausgenommen sind; sie können dem Darlehensgeber nicht entgegengehalten werden. Um eine Schutzzweckpervertierung im Fall der Unternehmeridentität zu vermeiden, ist § 359 S. 2 Alt.2 BGB aber dahingehend zu reduzieren, dass er auf die Fälle der Unternehmeridentität keine Anwendung findet. Die zweite inhaltliche Än-
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derung im Bereich des Einwendungsdurchgriffs, die Modifikation der partiellen Subsidiarität des Einwendungsdurchgriffs bei Mängelbehelfen, ist trotz der geringfügigen Zurückdrängung des Einwendungsdurchgriffs unter Verbraucherschutzgesichtspunkten unbedenklich, da sie allein eine konsequente Anpassung der Vorgängernorm des § 9 Abs. 3 S. 3 VerbrKrG an die neue Gesetzessystematik der Mängelbehelfe darstellt. Bedeutend ist die im Zuge des OLGVertrÄndG vorgenommene Einführung qualifizierter Anforderungen an das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit im Fall eines finanzierten Immobilienerwerbs in § 358 Abs. 3 S. 3 BGB. Die Vorschrift wurde im Zusammenhang der Erweiterung des sachlichen Anwendungsbereichs der verbraucherdarlehensrechtlichen Schutzbestimmungen auf Immobiliardarlehensverträge eingefügt, wobei ihre Anwendung, dem Wortlaut der Vorschrift nach, freilich nicht davon abhängt, ob das Finanzierungsgeschäft als Immobiliardarlehensvertrag zu qualifizieren ist, oder nicht. Bei der Bestimmung handelt es sich – jedenfalls nach hier vertretener Ansicht, nach der bis dahin keine Sonderanforderungen an das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit beim finanzierten Immobiliengeschäft zu stellen waren – um eine verbraucherschutzdogmatisch nicht gelungene Beschränkung des bisherigen Schutzniveaus. Die Rechtsprechung sollte die durch die offene Formulierung der Tatbestandmerkmale eröffneten Auslegungsspielräume nutzen, um die Anforderungen an die Annahme eines verbundenen Geschäfts nicht allzu hoch anzusetzen. 22. Schließlich hat die Untersuchung ergeben, dass die Sonderregeln für den im Verzug befindlichen als Verbraucher aus § 497 BGB bis auf redaktionelle Anpassungen an die neue Diktion des Verbraucherdarlehensvertragsrechts und die angepassten Verweisungen der bisherigen Rechtslage aus § 11 VerbrKrG entsprechen. Abweichungen ergeben sich allein bei Immobiliardarlehensverträgen und bei der Verjährung. Neu ist die Einführung einer Verzugszinspauschale für Immobiliardarlehen in Höhe des um 2,5% erhöhten Basiszinssatzes in § 497 Abs. 1 S. 2 BGB. Die hierdurch bewirkte Annäherung der Verzugszinspauschale an den Marktzins ist grundsätzlich zu begrüßen, weil hierdurch vermieden wird, dass Realkreditbanken – wie bisher – den um 2,5% höheren pauschalen Verzugszinssatz von Standarddarlehen verlangen können und somit vom Verzug des Darlehensnehmers unverhältnismäßig profitieren. Allerdings führt die Beschränkung der Sonderpauschale auf Immobiliardarlehensverträge i. S. d. § 492 Abs. 1a S. 2 BGB zu einer alleine im Rahmen einer sozial-interventionistischen Verbraucherschutzkonzeption zu rechtfertigenden Diskriminierung von Darlehensnehmern, die zu professionellen Zwecken handeln. Damit schreibt § 497 Abs. 1 S. 2 BGB diese im Verbraucherdarlehensvertragsrecht vereinzelt, namentlich im Verzugsrecht, anzutreffende Schutzkonzeption fort. Das tut er aber nicht einmal besonders konsequent und effektiv. Denn die angesetzte Pauschale kann im Einzelfall, bezogen auf den Vertragszins, immer noch zu hoch liegen, so-
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dass die mit der Sonderpauschale intendierte Entlastung des finanzschwachen Verbrauchers gar nicht eintritt. Bezüglich der besonderen Verjährungsbestimmungen tritt § 497 Abs. 3, 4 BGB an die Stelle des § 11 Abs. 3 S. 3 VerbrKrG. Die hier zu verzeichnenden Modifikationen waren durch die Änderungen im allgemeinen Verjährungsrecht veranlasst und fügen sich in ihrer konkreten Ausformung in das neue System des Verjährungsrechts ein. Da die Neuerungen den Besonderheiten des Verbraucherdarlehensvertragsrechts in einer der Vorgängernorm vergleichbaren Weise Rechnung tragen, wird man sagen können, dass das bis dahin bestehende Schutzniveau beibehalten wurde. In der Gesamtschau geben die untersuchten Neuerungen im Verbraucherdarlehensvertragsrecht ein uneinheitliches, ja ambivalentes Bild hinsichtlich der Änderungen des bisherigen Schutzniveaus ab. Einem vereinzelt zu beobachtenden Ausbau der Rechtsstellung des Schutzadressaten stehen teilweise bedenkliche Verkürzungen des bisherigen Schutzniveaus gegenüber, die nicht selten teleologisch zu korrigieren waren. Die Neuerungen durch das SMG und das OLGVertrÄndG entbehren insoweit einer klaren Zielrichtung im Sinne einer Werteverpflichtung auf ein hohes oder ein vermindertes Verbraucherschutzniveau. Eine dogmatische Konsolidierung der ehemals verbraucherkreditrechtlichen Bestimmungen, wie sie mit der Integration des VerbrKrG in das BGB eigentlich intendiert war und wie sie Grundlage eines verlässlichen, Rechtssicherheit gewährenden Regelungssystems ist, wird insofern nicht erreicht. Dabei wird die Gefahr eines nicht hinreichend verlässlichen Rechts zusätzlich durch das im gesamten Verbrauchervertragsrecht mit Nachdruck betriebene, von bereichsspezifischen Besonderheiten abstrahierende Harmonisierungsbemühen des Gesetzgebers geschürt. Die qualitativ wie quantitativ erheblichen Folgewirkungen der „Heininger“-Entscheidung des EuGH, die in den über das OLGVertrÄndG ins BGB eingefügten Änderungen zum Ausdruck kommen, sprechen insofern eine beredte Sprache. Umso wichtiger erscheint es, dass Gesetzgeber wie Rechtsanwender sich künftig wieder stärker auf die tragenden, aus dem allgemeinen Zivilrecht heraus entwickelten Wertungsgesichtspunkte besinnen, wenn es um die Beantwortung verbraucherspezifischer Fragestellungen geht.
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21 Enders
Sachregister Abweichungsverbot 30, 169, 170, 174, 180, 232, 304 Beweislast 22, 107, 162, 164, 165, 167, 168, 169, 304 Darlehen – Immobiliardarlehen 11, 12, 15, 82, 116, 122, 123, 124, 127, 133, 136, 146, 149, 155, 156, 159, 175, 176, 179, 190, 272, 273, 274, 284, 287, 288, 290, 294, 311 – Sachdarlehen 11, 97, 98, 99, 118, 119, 121, 303 Existenzgründer 12, 79, 81, 101, 116, 161, 162, 163, 164, 165, 168, 186, 187, 212 Form – Informationsfunktion 178, 183 – Transparenzfunktion 13, 201, 204, 206, 211 – Warnfunktion 13, 172, 178, 182, 183, 195, 196, 198, 199, 202, 203, 211, 212, 213, 220, 305, 306 Form- und Angabepflichten 13, 22, 81, 94, 102, 117, 121, 180, 181, 183, 188, 189, 190, 192, 193, 209, 212, 213, 237, 301, 305 Formnichtigkeit – Heilung 13, 185, 186, 189, 209, 210, 211 – Vertragsinhaltsmodifikation 13, 185, 186 Gebrauchsvorteile 15, 263, 265, 268, 310 Gemeinschaftsrecht 63, 65, 168, 170, 180, 232, 242 Haustürgeschäft – Haustürsituation 125, 127, 128, 132, 139, 142, 146, 159, 161, 273, 304
Immobilienkauf 15, 149, 154, 155, 271, 273 Informationsasymmetrie 64, 65, 79, 80, 86, 87 Kündigung 105, 107, 108, 109, 111, 112, 115, 284 Marktparadigma 46, 63 Nichtigkeit 13, 170, 185, 210, 213 Schuldenturm 90, 93 Schutzbedürfnis – situativ-vertragsgegenständlich 10, 74, 77, 78, 79, 94, 132, 134, 144, 161, 171, 181, 197, 231, 237, 259, 260, 262, 266, 299, 301, 302, 303, 304, 308 – sozio-ökonomisch 25, 34, 60, 71, 298 Sonderprivatrecht 297 Strukturvertrieb 189, 197, 207 Teilleistungen 15, 90, 93, 99, 124, 291, 293 Textform 194, 217, 218, 219, 220, 221, 233, 236, 241 Verbraucher – Durchschnittsverbraucher 10, 61 – homo oeconomicus 10, 26, 51, 61, 63 – klassenspezifisch 54 – rollenspezifisch 300 – statusrechtlich 298 – strukturell unterlegen 9, 51, 134, 297 Verbraucherschutzkonzept – marktwirtschaftlich-liberal 9, 25, 31, 61, 70, 296 – sozial-interventionistisch 9, 25, 31, 34, 50, 59, 60, 289, 295, 296, 311
Sachregister verbundene Verträge – Einwendungsdurchgriff 15, 21, 84, 85, 98, 100, 124, 138, 147, 150, 155, 156, 160, 217, 268, 274, 278, 279, 280, 282, 283, 302, 310 – Personenidentität 15, 269, 270, 271, 280, 282, 310 – Widerrufsdurchgriff 15, 138, 140, 141, 144, 147, 148, 150, 153, 159, 160, 268, 273, 276, 278, 282, 301, 310 – wirtschaftliche Einheit 12, 85, 87, 138, 145, 155, 156, 158, 160, 268, 269, 274, 275 Vertragsfreiheit – Abschlussfreiheit 35, 52, 53 – Gestaltungsfreiheit 39, 47, 52, 59, 60, 61, 71, 72, 73, 93, 172, 175, 177, 298, 300 Vertragsfunktion 24, 36, 38, 42, 44 Vertragsparität 43, 44, 49, 70, 72, 83, 89, 121, 166, 171, 237, 238, 242, 253, 254 Verzug 11, 15, 18, 22, 92, 109, 113, 114, 115, 283, 284, 285, 286, 289, 292, 293, 294, 311 Vollmacht 13, 19, 141, 188, 189, 190, 191, 192, 193, 195, 196, 198, 199, 200, 202, 203, 204, 206, 209, 210, 211, 212, 213, 305, 306 – Repräsentationsprinzip 13, 189, 191, 192, 194, 202, 204, 205, 206, 208, 213, 306 – Übermittlungsrisiko 206, 208, 213
21*
321
Wertersatz 14, 19, 235, 236, 250, 253, 255, 257, 258, 260, 261, 262, 263, 264, 266, 307 – Ingebrauchnahme 14, 19, 217, 235, 236, 238, 239, 240, 241, 242, 243, 244, 245, 246, 247, 248, 249, 266, 307, 308 – Zufallsrisiko 254, 255 Widerrufsrecht – Erlöschensfiktion 14, 174, 175, 232 – Maximalfrist 14, 222, 223, 224, 225, 226, 227, 233, 306, 307 – Sonderfrist 14, 222, 307 – Verwirkung 224, 230, 231, 232 – Widerrufsbelehrung 14, 122, 126, 127, 131, 173, 221, 222, 223, 224, 225, 227, 228, 229, 233, 306, 307 – Widerrufsform 13, 217, 220 – Widerrufsfrist 13, 14, 77, 82, 83, 84, 92, 133, 148, 169, 173, 180, 182, 184, 214, 216, 217, 220, 222, 223, 225, 227, 229, 233, 237, 238, 240, 241, 298, 307, 309 Zinsen – Verzugszinshöhe 15, 284, 287, 289 – Verzugszinspauschale 91, 284, 285, 286, 288, 289, 294, 311