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German Pages 108 [116] Year 1921
NEUE GRUNDLAGEN UND ANWENDUNGEN DER VEKTORRECHNUNG EINE ANLEITUNG ZUM ZAHLENRECHNEN MIT VEKTOREN (INSBESONDERE FÜR GEODÄTEN, BAU , MASCHINENUND ELEKTRO-INGENIEURE) NEBST EINFACHEN VEKTORLÖSUNGEN FÜR DIE HAUPTAUFGABEN DER TECHNISCHEN PRAXIS
VON
K. F R I E D R I C H OBERSTLEUTNANT UND KOMMANDEUR DER PIONIERSCHULE
MÜNCHEN UND BERLIN 1921 DRUCK UND VERLAG VON R. OLDENBOURG
A L L E RECHTE, INSBESONDERE DAS DER ÜBERSETZUNG, VORBEHALTEN C O P Y R I G H T 192t B Y R. O L D E N B O U R G , M Ü N C H E N
Vorwort. Diese kleine Schrift ist in erster Linie bestimmt für die Ingenieure (Bau-, Maschinen- und Elektroingenieure). Vgl. hierzu im besonderen die Anwendungen auf die vektorielle Statik, Kinematik und Elektrotechnik, sowie § 34. Ferner wendet sich die Schrift an die Geodäten. Vgl. die Vektorlösungen für den Vorwärtsabschnitt, Rückwärtseinschnitt und die Hansensche Aufgabe, vor allem auch die Ausdehnung der Vektorrechnung auf die Methode der kleinsten Quadrate, das vektorielle Grundgesetz der Netzausgleichung und die besonders vorteilhafte vektorielle Ausgleichung von P u n k t e n , Netzen und Polygonz ü g e n , sowie die vektorielle Auflösung der linearen Gleichungen. Aber auch der Mathematiker und Physiker an sich wird, wie ich hoffe, einiges Beachtenswerte finden. So z. B. eine neue Auflösung der Gleichungen 5. Grades, die vektorielle Auflösung höherer Gleichungen durch Annäherung, die Sätze über die Hyperbelvektoren und Vektorkoordinaten, die neue Exponentialdarstellung der räumlichen Vektoren, den vektoriellen Momentensatz der Ebene und die Lehre von der Kraftmitte und dem vektoriellen Trägheitsmoment. Die umfassende Bedeutung der Vektorrechnung bringt es mit sich, daß auch die Sondergebiete der Nautik, Aeronautik, Photogrammetrie, Astronomie, Optik und Ballistik (§ 26) an den Ausführungen dieser Schrift interessiert sind. M ü n c h e n , April 1921.
Der Verfasser.
Inhaltsverzeichnis. I. A b s c h n i t t , Die ebenen Vektoren.
§ § §
1. Allgemeines 2. Begriif und Bezeichnung des ebenen Vektors 3. Addition und Subtraktion, Multiplikation und Division der ebenen Vektoren § 4. Das Vektorinstrument § 5. Die vier Fundamentalaufgaben der Dreiecksrechnung (Die Summierung und drei Zerlegungen) § 6. Streckensummierung § 7. Komponentenbildung § 8. Gesetze der Komponentenbildung § 9. Fall 3 der Dreiecksrechnung § 1 0 . Fall 4 der DreieGksrechnung § 1 1 . Folgerungen § 12. Rechtwinklige Dreiecke § 1 3 . Lösung geometrischer Aufgaben II.
Seile
1 4 4 5 6 6 8 8 12 13 14 15 16
Abschnitt.
Anwendungen auf Algebra und Analysis. § 14. Multiplikation und Division reeller Zahlen § 15. Potenzen und Quadratwurzeln § 1 6 . Exponentialfunktionen und logarithmische Rechnungen § 1 7 . Die Hyperbel Vektoren . . . § 18. Die Vektorkoordinaten § 1 9 . Die Funktionen komplexer Größen § 20. Die linearen Gleichungen § 21. Die quadratischen Gleichungen § 22. Die kubischen Gleichungen § 23. Die biquadratischen Gleichungen § 24. Die Gleichung 5. Grades (Neue Lösung) § 25. Auflösung höherer Gleichungen durch Näherung . .• § 26. Die vektorielle Integration der Differenzialgleichungen. Die ballistische Kurve III.
20 21 22 26 28 30 32 34 36 37 39 41 46
Abschnitt.
Die räumlichen Vektoren. § 27. § 28. § 29.
Koordinaten-Systeme Die neue Exponentialdarstellung der räumlichen Vektoren Koordinatenverwandlung
48 49 50
VI
Inhaltsverzeichnis. Seite
§ § § § §
30. 31. 32. 33. 34.
Rechnen mit Zylindervektoren Multiplikation bei Polarkoordinaten Anwendungen auf die sphärische Trigonometrie Die räumlichen Komponenten Rechnerische Ausführung der räumlichen Komponentenbildung
. . .
50 51 52 52 54
IV. A b s c h n i t t . Vektorielle Statik, Kinematik und Elektrotechnik. § § § § § § § § § § § § § § § § §
35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51.
Allgemeines Einleitende Beispiele Die Cremonaschen Kräftepläne Die nicht einfachen Fachwerke Die statisch unbestimmten ebenen Fachwerke Die räumlichen Fachwerke Die Mittelkraft gegebener Kräfte und das Seileck Das Seileck mit Polstrahlen Der vektorielle Momentensatz der Ebene . .• Die Kraftmitte Anwendung des Momentensatzes auf ein Dreigelenkfachwerk Die Verschiebungspläne Trägheitsmomente Die K r a f t m i t t e im R a u m Zerlegung einer Kraft nach 6 gegebenen Richtungen Aufgaben aus der Kinematik Anwendungen auf die Elektrotechnik V.
. . . .
-. .
56 57 60 63 67 67 68 69 71 73 74 75 76 80 81 83 84
Abschnitt.
Vektorielle Geodäsie. § § § § § § §
52. 53. 54. 55. 56. 57. 58.
Allgemeines Der überbestimmte Vorwärtsabschnitt Der überbestimmte Rückwärtseinschnitt Doppel- und mehrfache Punkte, Netze Vorteile der vektoriellen Ausgleichung Ausgleichung von Polygonzügen Rechenbeispiele
88 89 93 96 96 97 101
I. Abschnitt.
Die ebenen Vektoren. § 1. Allgemeines. Die Vektorrechnung ist das Rechen verfahren der Zukunft; aber nicht einer fernliegenden, sondern einer Zukunft, die unmittelbar bevorsteht; nicht die Rechenweise eines kleinen Kreises von Gelehrten, sondern der breiten Masse der technischen Praktiker. Freilich hat die neue Rechenart in der langen Zeit seit Gauß, Hamilton und dem älteren Graßmann nur ganz allmählich Feld gewonnen. Neuerdings ist aber die Zahl ihrer Anhänger, nicht zuletzt durch den mächtigen Antrieb der Elektrotechnik, in immer wachsendem Maße gestiegen. Es ist nicht zu verkennen, daß bisher der Ausbreitung der Vektorrechnung in der Praxis mehrere Gründe entgegengewirkt haben: 1. In der gebräuchlichen Vektoranalysis wird meist nur mit Buchstaben gerechnet. Die praktischen Anwendungen verlangen aber gerade Zahlenrechnungen. In dieser Schrift sind daher die wichtigeren Ergebnisse grundsätzlich mit Zahlenbeispielen belegt. Dabei werden, wo die Untersuchungen nicht in der Ebene, sondern im Räume durchzuführen sind, die Rechnungen an e i n e n e u e E x p o n e n t i a l d a r s t e l l u n g der r ä u m l i c h e n V e k t o r e n angelehnt, die das Rechnen mit Raumrichtungen ermöglicht (§28). 2. Der Einheitlichkeit halber, aber sonst ohne zwingenden Grund, wird in der Regel in Übereinstimmung mit den räumlichen Vektoren auch für die Vektoren der Ebene die Hamiltonsche Form und nicht die Form der Gaußschen komplexen Zahlen verwendet. Dadurch wird die Multiplikation und Division der ebenen Vektoren unnötig erschwert. Der Vorteil, daß man mit den ebenen Vektoren wie mit reellen Zahlen rechnen kann, geht verloren. Im nachstehenden wird daher, wie dies auch in der Elektrotechnik bereits die Regel ist, die Hamiltonsche Form nur für die räumlichen Vektoren verwendet. Dagegen wird für die Ebene nur von den GaußF r i e d r i c h , Vektorrechnung.
1
2
I. Abschnitt.
Die ebenen Vektoren.
sehen Vektoren, d. h. also von den gewöhnlichen komplexen Zahlen, und außerdem von den sie dual ergänzenden H y p e r b e l v e k t o r e n Gebrauch gemacht. 3. Der hauptsächlichste Hinderungsgrund für die allgemeine Ausbreitung der Vektorrechnung war aber wohl der Umstand, daß die bisherige Rechenweise gerade den Hauptvorzug der vektoriellen Betrachtungsart, die Ermittlung der gesuchten Größen u n m i t t e l b a r an die A n s c h a u u n g u n d K o n s t r u k t i o n anlehnen zu können, nicht ers c h ö p f e n d ausnutzt. Es genügt nicht, um allen geometrischen Konstruktionen durch die vektorielle Rechnung folgen zu können, daß man auf die Vektoren (einschl. ihrer Differenzialoperatoren) die vier Grundrechnungsarten anwendet. V i e l m e h r b e n ö t i g t m a n a u c h einer F o r m e l s p r a c h e f ü r die Z e r l e g u n g der V e k t o r e n . Führt man aber, wie dies nachstehend geschieht, geeignete Rechenzeichen für die Zerlegung ein, so kann man alle g e o m e t r i s c h e n A u f g a b e n s o z u s a g e n in m a t h e m a t i s c h e r K u r z s c h r i f t lösen. Die so entstehenden Formeln ergeben durch die Verbindung von Rechnung und Konstruktion die zahlenmäßige Lösung in der denkbar knappsten Form: gerechnet werden die Multiplikationen und Divisionen der Vektoren, konstruiert nur ihre Summierungen und Zerlegungen. Die antike Geometrie arbeitete mit Lineal und Zirkel. Für die graphischen Fundamentalaufgaben dieser neuen Mathematik, also für die zahlenmäßige vektorielle Summierung und Zerlegung, genügt als einziges Zeichenmittel ein mit einem Linearmaßstab verbundener Transporteur (vgl. § 11). Will man sich aber, wie dies zweifellos erwünscht ist, von dem Zwange zu zeichnen ganz und gar frei machen, dann kann man zweckmäßig diese graphischen Ermittlungen der Summierung und Zerlegung durch die Ablesung an einem Instrument ersetzen und dadurch größere Bequemlichkeit, Beschleunigung und vor allem größere Genauigkeit der Rechnung erreichen. Dieses Hilfsmittel. ist das noch näher zu erörternde Vektorinstrument (D. R. P. Nr. 333548). Die Untersuchungen dieser Schrift gipfeln demnach in dem Ergebnis : Für alle der geometrischen Behandlung zugänglichen Aufgaben der mathematischen Praxis gibt die Vektorrechnung die günstigste zahlenmäßige Lösung. Dies aber nur, falls die vektorielle Zerlegung in die Rechenoperationen miteinbezogen und ferner für die Ebene die Hamiltonsche Form der Vektoren ausgeschlossen wird. Zur Erläuterung des Gesagten mögen hier aus den zahlreichen späteren Anwendungen einige derartige Formeln Platz finden.
§ 1. Anwendungsgebiet
Gesuchte Größe
Kinematik §50
Vektor des Beschleunigungspols
Statik der Baukonstruktionen § 36, Beispiel 7
Richtung des Auflagerdruckes gegeben durch den Vektor: Gesamtspannung einer Wechselstrom schleife mit dahinter geschalteter Induktionsspule
Elektrotechnik §51, 4
Elektrotechnik (Elektrische Kraftübertragung) §51, 6
EMK des mit konstantem Effekt arbeitenden Motors
Geodäsie, Han- Vektor zwischenden sensche Aufgabe beiden Neupunkten §13, 10 Der ausgeglichene Geodäsie, PunktausgleiFehlervektor chung § 53
3
Allgemeines.
Vektorformel
1+
/
Im Nenner steht eine Vektorsumme, deren ein Summand ein Vektorquotient ist. Differenz zweier Vektoren, von denen einer ein Zerlegungsvektor ist.
Q
R Rj R2
Ji R + R i -
(
am 90 e
+ t )
1 1V>
46° 7l 2 = Dann ist die Richtung nach dem Neupunkt || 1,590 « Anm.
1,090 348 || = || -
1 , 5 9 0 « + 0,56 J
= 250«.
Bei dieser Ablesung ist zu beachten, daß für jedes n ist a« bß k• u+ 6I , ;j n n
.
§ 13.
19
Lösung geometrischer Aufgaben.
10, Die H a n s e n s c h e A u f g a b e . Fig. 16. Der die Neupunkte C und D verbindende Vektor sei X die gegebenen Festpunkte A und B verbindende Vektor sei A. Dann ist DA
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54
III. Abschnitt.
Die räumlichen Vektoren.
§ 34. Rechnerische Ausführung der räumlichen Komponentenbildung. Gegeben seien r ^ , 31, 83, Wir zerlegen die Gleichung
Gesucht + +
m, n. = r s in
l cos 2i -f- m cos 93 + n cos © = r cos % und l sin 9t + m sin SS + n sin © = r sin ® und eliminieren etwa n. Dann entsteht l cos 21 sin (£ -f- m cos 33 sin © -f- n cos © sin 6 = r cos © sin © und l sin 2i cos (5 -j- m sin $8 cos © + n sin © cos K = r sin ® cos © l sin (91 —