Natura als Göttin im Mittelalter: Ikonographische Studien zu Darstellungen der personifizierten Natur [Reprint 2014 ed.] 9783050073811, 9783050031255

Die Natura des Mittelalters ist eine Traumerscheinung. So ist die Beschäftigung mit diesem Thema auch aus einem Seminar

215 110 116MB

German Pages 382 [384] Year 1997

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Table of contents :
Vorbemerkung
Einleitung
Teil I Die Anfänge
1. Von der Naturüberwindung zur Schöpferin Natura - die Bildgenese der personifizierten Natur
2. Die Erschaffung eines neuen Menschen durch Natura: Alain de Lille
2. 1. Alain de Lille - Werk und Forschung
2. 2. Zu den Handschriften
2.3. Die Zeichnungen
2. 4. Der homo novus in der Kritik
2.5. Die Erschaffung des Dauphin von Frankreich
3. Natura und Philosophia
3.1. Natura als Mutter der Wissenschaft
3.2. Natura und Philosophia als Gegensatz: Arbor sapientie
3.3. Natura als Teil der Philosophia
4. Das Reich der Natura: Brunetto Latini
4.1. Il Tesoretto
4.2. Die Zeichnungen
4.3. Wirkung
Teil II Natura im Rosenroman von Jean de Meun
1. Zum „Roman de la Rose“
1.1. Das Bildmaterial und die Forschung
1.2. Zu Erstbesitzern und Auftraggebern der Handschriften
1.3. Zu Künstlern
2. Die Klage der Natura
2. 1. Literarische Tradition der Klage der Natura
2.1.1.Genius im Mittelalter
2. 1.2. Die Frage nach der Bildtradition von Genius im Mittelalter
2. 1. 3. Natura und Genius als Paar
2.2. Die Bilder
2.2.1. Einordnung und Kontext
2. 2. 2. Deutung
3. Natura als Künstlerin
3.1. Literarische Tradition
3. 2. Die Bilder
3.2.1. Einordnung und Kontext
3.2.2. Natur und Kunst
3. 2. 3. Deutung
Teil III Der Rosenroman und die Folgen
1. Natura unterwirft sich der Gnade Gottes: Guillaume de Deguileville
2. Dichter als Botschafter der Natura
2.1. Guillaume de Machaut: ein Manifest
2. 2. Evrart de Conty: Les Echecs Amoureux
2. 3. Jean Perréal: Die Klage der Natura über den Alchemisten
3. Natura und Fortuna
3. 1. Natura als principium motus: Francesco da Barbarino
3. 2. Das Rad der Natura - ein Rad der Zeit
4. Natura und Tod
Schluß und Ausblick
Anhang
1. Handschriften des Rosenromans
2. Katalog von Rosenroman-Handschriften mit Darstellungen der Natura
3. Literaturverzeichnis
4. Abbildungsverzeichnis
5. Abbildungsnachweis
6. Personen- und Sachregister
Tafelteil
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Natura als Göttin im Mittelalter: Ikonographische Studien zu Darstellungen der personifizierten Natur [Reprint 2014 ed.]
 9783050073811, 9783050031255

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Mechthild Modersohn Natura als Göttin im Mittelalter

Acta humaniora Schriften zur Kunstwissenschaft und Philosophie

Mechthild Modersohn

Natura als Göttin im Mittelalter Ikonographische Studien zu Darstellungen der personifizierten Natur

Akademie Verlag

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG W O R T Titelbild: Natura. Brunetto Latini. Ii Tesoretto, Florenz, Bibl. Laur. MS Strozz. 146, fol. 2v

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Modersohn, Mechthild: Natura als Göttin im Mittelalter : ikonographische Studien zu Darstellungen der personifizierten Natur / Mechthild Modersohn. Berlin : Akad. Verl., 1997 (Acta humaniora) Zugl.: Hamburg, Univ., Diss., 1995 ISBN 3-05-003125-5

© Akademie Verlag G m b H , Berlin 1997 Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier Das eingesetzte Papier entspricht der amerikanischen N o r m ANSI Z.39.48 - 1984 bzw. der europäischen N o r m ISO T C 46. Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form - durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren - reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Layout und Satz: Petra Florath, Berlin Reproduktion: Reprowerkstatt Rink, Berlin Druck: G A M Media G m b H , Berlin Bindung: Druckhaus „Thomas Müntzer" G m b H , Bad Langensalza P r i n t e d in t h e Federal R e p u b l i c of G e r m a n y

Meinen Söhnen Lukas, Thilo und Oliver

Inhaltsverzeichnis

Vorbemerkung Einleitung

9 11

Teil I Die Anfänge 1.

Von der Naturüberwindung zur Schöpferin Natura - die Bildgenese der personifizierten N a t u r

23

2. 2. 1. 2. 2. 2.3. 2. 4. 2. 5.

Die Erschaffung eines neuen Menschen durch Natura: Alain de Lille Alain de Lille - Werk und Forschung Zu den Handschriften Die Zeichnungen Der homo novus in der Kritik Die Erschaffung des Dauphin von Frankreich

29 29 35 36 39 44

3. 3.1. 3. 2. 3. 3.

Natura Natura Natura Natura

47 47 53 54

4. 4.1. 4.2. 4.3.

Das Reich der Natura: Brunetto Latini II Tesoretto Die Zeichnungen Wirkung

und Philosophia als Mutter der Wissenschaft und Philosophia als Gegensatz: Arbor sapientie als Teil der Philosophia

57 58 59 68

Teil II Natura im Rosenroman von Jean de Meun 1. 1.1. 1.2. 1.3.

Zum „Roman de la Rose" Das Bildmaterial und die Forschung Zu Erstbesitzern und Auftraggebern der Handschriften Zu Künstlern

73 75 82 83

8

Inhaltsverzeichnis

2. 2.1. 2.1.1. 2. 1.2. 2. 1.3. 2. 2. 2.2.1. 2.2.2.

Die Klage der Natura Literarische Tradition der Klage der Natura Genius im Mittelalter Die Frage nach der Bildtradition von Genius im Mittelalter Natura und Genius als Paar Die Bilder Einordnung und Kontext Deutung

86 87 91 93 95 99 117 122

3. 3.1. 3.2. 3.2.1. 3. 2. 2. 3. 2. 3.

Natura als Künstlerin Literarische Tradition Die Bilder Einordnung und Kontext N a t u r und Kunst Deutung

126 127 130 142 151 155

Teil III Der Rosenroman und die Folgen 1. 2. 2.1. 2. 2. 2. 3.

Natura unterwirft sich der Gnade Gottes: Guillaume de Deguileville Dichter als Botschafter der Natura Guillaume de Machaut: ein Manifest Evrart de Conty: Les Echecs Amoureux Jean Perreal: Die Klage der Natura über den Alchemisten

161 167 167 170 173

3. 3.1. 3. 2.

Natura und Fortuna Natura als principium motus: Francesco da Barbarino Das Rad der Natura - ein Rad der Zeit

179 180 183

4.

Natura und Tod Schluß und Ausblick

184 189

Anhang 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Handschriften des Rosenromans Katalog von Rosenroman-Handschriften Natura Literaturverzeichnis Abbildungsverzeichnis Abbildungsnachweis Personen- und Sachregister

Tafelteil

193 mit Darstellungen der 198 245 273 280 283

Vorbemerkung

Die Natura des Mittelalters ist eine Traumerscheinung. So ist die Beschäftigung mit diesem Thema auch aus einem Seminar über „Traum und Traumdeutung im Mittelalter" hervorgegangen. Etwas von dieser Entrückung hat sich über die Jahre erhalten, von der Spannung dieser Figur zwischen Traum und Empirie, zwischen Himmel und Erde, sei es während des Studiums in den illustren Handschriftenlesesälen oder bei der Arbeit in Familie und Beruf. Die für den Druck gekürzte Arbeit wurde 1995 vom Fachbereich Kulturgeschichte und Kulturkunde der Universität Hamburg als Dissertation angenommen. Mein besonderer Dank gilt Professor Dr. Horst Bredekamp, der ein scheinbar aussichtsloses Vorhaben von Anfang an unterstützte und vorantrieb. Ebenso danke ich Professor Dr. Martin Warnke für viele Gespräche und Anregungen. Während des Wolfenbütteler Sommerkurses 1993 setzte mir Professor Dr. Kurt Flasch manches Licht auf. Professor Dr. Eberhard König stellte mir seine persönlichen Notizen zu Handschriften des Rosenromans in großzügiger Weise zur Verfügung. Ohne Unterstützung der Bibliotheken wäre die Bearbeitung des Themas nicht möglich gewesen, allen voran danke ich der Bibliothèque Nationale in Paris, der British Library in London, der Bodleian Library in Oxford, der Pierpont Morgan Library in New York, der Bibliothèque Royale in Brüssel, dem Musée Condé in Chantilly, aber auch allen anderen im Katalog genannten. Meinen Freundinnen und Freunden danke ich für ungezählte Anregungen, Einwände und Hilfen, genannt seien Stella von Boch, Claudia Brink, Michael Diers, Elisabeth von Hagenow, Thomas Ketelsen, Ralph Knickmeier, Petra Roettig, Charlotte Schoell-Glass und Ernst Seidl. Und immer wieder meinen Kindern, die mich beflügelt haben.

Einleitung

„II n'y a pas de nature" Paul Valéry

„Ich möchte aber wohl von dir hören, ob du jemals die Tugend, die Natur oder das Fatum mit eigenen Augen gesehen hast", so muß sich Jupiter auf einem Konzil der Götter fragen lassen, als es um die Reinigung des Olymp von neuen und fremden Göttern, von personifizierten Naturkräften und abstrakten Ideen geht. Alle Götter werden per Dekret aufgefordert, ihren Stammbaum vorzulegen. Dies beschreibt der Spötter Lukian um 165 n. Chr. (Conc. Deorum), der auch behauptet hat, die Götter verdankten ihr Leben allein den Bildern, als Bilder bevölkerten sie den Olymp und erhielten ihren Sitz im Götterrat nach dem Rang ihres Material- oder Kunstwertes, was, wie man sich vorstellen kann, zu Wertstreitigkeiten aller Art führen mußte (Jup. tragoedos). Die Frage an Jupiter impliziert so auch die Frage nach dem Bild der Natur. Die Säuberung des Olymp überlebte Natura unbeschadet, auch ohne Stammbaum. Man wird ihr vielmehr in späteren Konzilen wieder begegnen. Wie er sich Natura bildlich vorzustellen habe, wollte auch Ernst Robert Curtius wissen, der, nachdem er seine Literaturgeschichte des lateinischen Mittelalters geschrieben hatte, 1948 im Warburg Institute in London nach Bildern von Natura fragte und um ikonographische Aufklärung bat. Er begründete dies mit seinem Interesse an Goethes Naturstudien, nicht mit seiner „Göttin Natur" im Mittelalter, als traute er dieser keine rechte Bildkraft zu.1 Die vorliegende Arbeit knüpft mit dem Titel an Curtius an, dessen Begriff der „Göttin Natur" von der Forschung aufgenommen und kontrovers diskutiert wurde. George Economou hat das entsprechende Kapitel von Curtius zu einem Buch ausgeweitet.2 Peter Dronke stellt die Frage nach dem Status der Personifikation und kommt zu dem Ergebnis, daß von einer Göttin Natura erst seit Bernardus Silvestris' Cosmographia gesprochen werden könne. Andere Autoren reden von Dame oder Königin, während die neuere Forschung gar Schwierigkeiten mit der Großschreibung des Begriffes Natura hat.3 Zuletzt hat Christoph Huber die oszillierende Doppelexistenz der Natura zwischen naturphilosophischer Abstraktion und göttlichem Wesen untersucht. Diese Doppelexistenz von zugleich aufklärerischem und numinosem Charakter werde schon bei Lukrez manifest, dessen Lehrgedicht entmythisierend das atomistische Weltbild prokla-

1 Curtius 1948,114-135 ("1993,116-137), Wuttke 1989,170. Zum Motto vgl. Jauss 1989,207-225, bes. 222. 2 Economou 1972, vorher Freden 1958; Stock 1972, Index: „Natura, the goddess" mit 62 Hinweisen, weitere Beispiele der Vergöttlichung der Natur bei Pellicer 1966, 301ff., 470ff. und passim; Hager 1984, 421 bis 441, bes. 425,433. 3 Dronke 1980,16-31, Chenu: „One must take care to spell the word with a capital letter, for Nature became personified and (...) a goddess" (1968, 18), Berndt 1923 „Dame"; zur Diskussion um die Großschreibung Köhler 1991, 57.

Einleitung

12

miere und dennoch die Venus des Prologs und andere personifizierende Evokationen der N a tur einführe. 4 Mit der Frage nach der Göttin Natura

steht so am Anfang dieser Arbeit die Frage nach ver-

lorengegangenen Vorstellungen von der Natur. D e r Angriff Lukians richtete sich gegen stoische Tendenzen der Vergöttlichung von Natur und Tugend, wie sie Cicero beschrieben hat: Meine Ausführungen erstrecken sich also auf das gesamte Weltall (...), so daß sich bereits eine ziemliche Menge von göttlichen Wesen ergibt, die niemals ruhen (...). Bald wird jedoch auch die Sache selbst, der eine größere Kraft innewohnt, so benannt, daß die ihr innewohnende Kraft dann selbst als Gott bezeichnet wird, wie z. B. Fides oder Mens; diesen beiden ist ja, wie wir sehen, erst kürzlich von Marcus Aemilius Scaurus auf dem Kapitol ein Tempel geweiht worden, während der Fides von Aulus Atilius Calatinus schon vorher ein Heiligtum geweiht worden war. Du siehst den Tempel der Virtus und den von Marcus Marcellus wiederhergestellten Tempel des Honos, den Quintus Maximus schon viele Jahre vorher im Kriege gegen die Ligurer geweiht hatte. Wozu soll ich noch den der Ops, der Salus, der Concordia, der Liberias und der Victoria nennen; denn weil die Kraft all dieser Begriffe so groß war, daß nur ein Gott eine jede lenken konnte, hat eben der Begriff selbst den Namen eines Gottes erhalten .. .5 D o c h bereiteten außer der Stoa die verschiedensten philosophischen Strömungen und D i c h tungen, ausgehend von Piaton und Aristoteles, von Ovid und Lukrez bis Claudian, die mittelalterliche Apotheose der Natura

vor. 6 Im zweiten Jahrhundert n. Chr. wurde der Physis,

griechischen Schwester der Natura,

der

ein orphischer H y m n u s gewidmet, 7 doch einen Altar er-

hielt sie nie und nur ein einziges Bild der antiken Physis ist bekannt. 8 In Wörterbüchern zur Mythologie und in der Literatur zum Nachleben der Antike wird man Natura

vergeblich su-

chen, denn diese Figur der antiken Poetik, Rhetorik und Kosmogonie gelangte erst im Mittelalter zu voller Blüte. Zuerst einmal ist das Wort „Natur" ein Begriff mit vielerlei Bedeutungen. 9 A u f das Mittelalter wirkte besonders die vierfache Definition von Boethius: „ N a t u r " sei dasjenige, was allem, das erkannt wird, zugrunde liege (1.), was tätig sein und erleiden könne (2.), was Prinzip der Bewegung aus sich heraus und nicht beiläufig sei (3.) und was die spezifische Differenz, das Wesen eines jeden Dinges, ausmache (4.). 10 Alain de Lille nahm diese Bestimmungen auf und

4 Huber 1992, 151-172, hier 152. 5 Cicero, Vom Wesen der Götter (De natura deorum) II, bes. 59-70, hier 61. Zum Kult und Mythos von Personifikationen Deubner, in: Roscher Bd. III, 2071 und Register 2164. 6 Vgl. die Einführung von Economou 1972, 1-52, zu ergänzen ist Lukrez. Zur Wirkung von Lukrez im Mittelalter Brunhölzl 1995, 2164; zur Apotheose der Natur bei Lukrez Sallmann 1962, bes. 98-101, 141 ff., Erich Ackermann 1979, 181-215 (Der Mythos der Natur). 7 Freden 1958, 23ff., vgl. dazu unten S. 31f. 8 Auf dem Relief des Archelaos von Priene, vgl. Pinkwart 1965, 72ff, Kemp 1973, 178, Anm. 1. Dieser Ausnahme kann bis heute nichts hinzugefügt werden, vgl. Art. „Physis" in Lexicon Iconographicum Mythologiae Classicae Bd. 7, 1994, 409. 9 nasci = geboren werden, wachsen, entstehen. Cicero hält den Begriff für schwer definierbar: Naturam ipsam definire difficile est (De Inventione I, 24, 34), zur Einführung Hager 1984. 10 Contra Eutychen et Nestorium I, deutsch in: Boethius, Die theol. Traktate 1988, 64-115. Weiterführend grundsätzlich Flasch 1986, hier 58f.

Einleitung

13

führte sie weiter.11 Durch die Aristoteles-Rezeption wurde auch die Begriffserläuterung in der Metaphysik bekannt. 12 Wenn ein Begriff nun Gestalt annimmt, so geschieht dies unter verschiedenen Voraussetzungen, entweder innerhalb der Sprache selbst als Metapher und rhetorische Figur oder innerhalb der Literatur und Dichtung, von der Allegorie zur Personifikation und schließlich hin zu einer dramatischen Person in einer mythischen Erzählung. 13 Rüdiger Schnell unterscheidet drei Arten von Personifikationen: die reine Personifikation, die die im Begriff enthaltene Eigenschaft repräsentiert, die allegorische Personifikation, die mehrdeutig ist und einen neuen Bedeutungshorizont eröffnet und die mythische Personifikation, die selbst Handlung in Gang bringt und deren Wesen nicht in der vorgegebenen Bedeutung des verkörperten Begriffs aufgeht.14 Hans Robert Jauss hat den Prozeß beschrieben, den der antike Mythos beim Absinken in den allegorischen Status der Personifikation erlitten hatte und der ihn zum Exempel und Ornament hatte verkommen lassen. Am Beispiel der Natura aber lasse sich beobachten, wie im 12. und 13. Jahrhundert die zum Stillstand gekommenen Göttergeschichten durch Umerzählen in Bewegung gebracht werden, Natura wachse als „jüngste Göttin" des Mittelalters weit über ihre Rolle in der antiken Mythologie hinaus. Mit der Entstehung eines neuen Mythos erweise sich die Formel vom Nachleben der Antike als „mißbrauchte Metapher" (Jauss) oder als „drakonische Umarmung" (Stock), ungeeignet, auf die neuen imaginären Kräfte zu reagieren. 15 Der Ruf, der Mythologie des Mittelalters den ihr gebührenden Raum zu geben, wird immer lauter: „Pour une Mythologie du Moyen Age". 16 Dennoch führt uns Natura nicht in die Mythologie, sondern in die Philosophiegeschichte. Für die philosophische Dichtung hält das Mittelalter die Integumentum-Lehre bereit, die philosophische Wahrheit verhüllt vermittelt - oft durch eine mythische Fabel verhüllt. Anders als die Allegorie, die der theologischen Interpretation und Bibelauslegung diente und, mit einem Schlüssel versehen, gedeutet werden konnte, blieb die mythologische Verhüllung änigmatisch. In mittelalterlichen Kommentaren zur Aeneis Vergils, zu Martianus Capeila und zu Macrobius wurden diese Dichtungstheorien formuliert: In bezug auf die anderen Götter aber, wie ich gesagt habe, und auf die Seele wenden sie [die Dichter] sich nicht grundlos und nicht, um angenehm zu unterhalten, den mythologischen Bildern zu, sondern

11 In Distinctiones Dictionum Theologicalium, PL 210, 871 mit 11 Bedeutungen, dazu Speer 1991, 124ff., Köhler 1991, 58f. 12 Metaphysik (IV.1014b-1015a) mit sieben Bedeutungen, außerdem Physik II.192b8 (dazu Hager 1984, 430 bis 432); zu weiteren mittelalterlichen Begriffsbestimmungen vgl. N o v u m Glossarium Mediae Latinitatis 1959, „Natura" Sp. 1090-1098, Gregory 1984, 441-447, Huber 1992, 151. 13 Forschungsbericht zur Allegorie von C. Meier 1976,1-69, zur Personifikation 6-7, 58-64, Michel 1987, zur Personifikationsallegorie 571-594, Whitman 1987, zur Unterscheidung von Allegorie und Personifikation bes. 1-13, 269-272. 14 Schnell 1985, zur Abgrenzung von Personifikation und Allegorie 351-358, zum Verhältnis von Personifikation und Mythos 359-379, zu N a t u r 286-321 (aus Anlaß einer Untersuchung über A m o r als Gott und Personifikation der Liebe). 15 Jauss (Allegorese, Remythisierung und neuer Mythos) 1971, 187-209, zur Dikussion „Zitat und Wiederkehr des Mythischen", 617-638, zum „gefangenen Mythos" 206, Stock 1972,10 und 31-62, vgl. dazu Schnell 1985, 355f. und 370ff. 16 Aufsatzsammlung unter diesem Titel von Harf-Lancner u. Boutet 1988, darin bes. Strubel 61-72.

14

Einleitung weil sie wissen, daß der Natur eine unverhüllte und nackte Darstellung ihrer selbst verhaßt ist; wie sie [die Natur] dem gemeinen Verstand der Menschen das Begreifen ihrer selbst durch verschiedene Verhüllung und Bedeckung der Wesenheiten entzogen hat, so hat sie auch gewollt, daß ihre Geheimnisse von verständigen Menschen durch mythologische Bilder behandelt würden. So werden die Geheimnisse selbst durch die Kunstgriffe der Bilder bedeckt, damit die Natur sich sogar denen, die diese Dinge kennen, nicht unbedeckt von solchen Dingen darbietet . ..' 7

Natura

kann sich nicht nackt zeigen, so heißt es, sie verbirgt ihre Geheimnisse und verhüllt

sich. Vor der Entschleierung der Natura

durch Vernunft und Wissenschaft im 18. Jahrhundert

steht ihre Verschleierung durch die Dichter im Mittelalter. 18 Dieser Dichtungslehre folgend entstanden im Umfeld der Schule von Chartres bis 1184 vier große Dichtungen, die die personifizierte Natur zum Gegenstand haben: die von Bernardus Silvestris, De Planctu (um 1170), dessen Anticlaudian

Naturae

(Von der Klage der Natura)

Cosmograpbia

von Alain de Lille

( 1 1 8 1 - 8 4 ) und etwa gleichzeitig der Architrenius

von Johannes

de Hauvilla. Bernardus Silvestris beschreibt die Entstehung der Welt als Drama in zwei Akten, der E n t stehung des M a k r o - und des Mikrokosmos, mit den Hauptakteuren Nus, der Weltseele Piatons, Urania,

Natura

widmete. Natura

und Physis, eine Umerzählung der Genesis, die er Thierry von Chartres

klagt unter Tränen vor Nus über das Chaos der Welt, die Materie schreie nach

Formung. Sie tritt als Ich-Erzählerin auf, berichtet autobiographisch über die Entstehung der Welt und initiiert mit ihrer Klage ein „kosmologisches Reformprogramm". 1 9 Mit der Erschaffung von Welt und Mensch beauftragt, ist sie zwar zuerst noch im Zweifel über ihre Berechtigung dazu und reflektiert über ihr Verhältnis zu G o t t , wendet sich aber doch schnell praktischen Aufgaben zu, trennt die Elemente voneinander und baut daraus ein stabiles Gerüst für die Welt. D u r c h Bernardus Silvestris tritt die personifizierte Natura

um 1144 aus spätantiken

Umrissen in das volle Licht einer Gottheit. Als Vorbild diente der Timaios

von Piaton in der

Überlieferung und Kommentierung des Calcidius vom Ende des 3. Jahrhunderts n. Chr. Die spätantike Kosmologie aber wird umgearbeitet und neuen Bedürfnissen angepaßt, den Bedürf-

17 Macrobius, Commentarii in Somnium Scipionis 1.2,17: „De dis autem, ut dixi, ceteris et de anima non frustra se nec ut oblectent ad fabulosa convertunt, sed quia sciunt inimicam esse Naturae apertam nudamque expositionem sui, quae sicut vulgaribus hominum sensibus intellectum sui vario rerum tegmine operimentoque subtraxit, ita a prudentibus arcana sua voluit per fabulosa tractari. Sic ipsa mysteria figurarum cuniculis operiuntur ne vel haec adeptis nudam rerum talium Natura se praebeat...", ediert von Willis 1963. Zum Macrobius-Kommentar Hüttig 1990, der Vergil-Kommentar ediert von Jones und Jones 1977, der Kommentar zu Martianus Capella ediert von Westra 1986. Zur Integumentum-Lehre Brinkmann 1971, 314-339 und 1980, bes. 169-214, 277-291, Wetherbee 1972, Stock 1972, 11-62, Drenke, Fabula 1974, 13 -78, hier 47-50, Westra 1986, 23-33, 280, Whitman 1987, 94-98. 18 Das Motiv der Entschleierung, das Kemp auf die Isistradition der Natura zurückführt, kulminierte in der 2. Hälfte des 18. Jhs., die Bildtradition beginnt 1681 mit der Entschleierung der Natura durch die Anatomie, vgl. Kemp 1973, 164ff. 19 So Stock 1972,63, Edition der Cosmograpbia von Dronke 1978; engl. Übers, von Wetherbee 1973, deutsche Ubers, von Rath 195 3, 198 93. Für die Verszählung des Textes muß die Ausgabe von Barach (1876, repr. 1964) herangezogen werden, da die Sekundärliteratur davon ausgeht, Dronke verwendet eine abweichende Zählung, Rath gar keine. Zu Bernardus Silvestris bes. Stock 1972, Whitman 1987, 218-260, Kölmel 1991, 52ff., Huber 1992, 155-158.

Einleitung

15

nissen einer Zeit, die d u r c h vielfältige E i n f l ü s s e einen neuen E r k e n n t n i s h o r i z o n t erhalten hatte. 2 0 E i n e V e r j ü n g u n g klassischer Ideen, eine „ R e j u v e n a t i o n " ( S t o c k ) , ist die F o l g e , ja der B e griff N a t u r selbst w i r k t e als T e r m i n u s der E r n e u e r u n g dieser Zeit, w i e G e r h a r t L a d n e r gezeigt hat. 2 1 D a s Interesse an der N a t u r n a h m in allen B e r e i c h e n zu, in der G r a m m a t i k , d e m R e c h t , der T h e o l o g i e und der W i s s e n s c h a f t . B e r n h a r d s G ö t t i n Natura

ist deshalb als P e r s o n i f i k a t i o n

im breitesten K o n t e x t dieser W e c h s e l b e z i e h u n g e n des f r ü h e n 12. J a h r h u n d e r t s zu verstehen. 2 2 D i e m y t h i s c h e E r z ä h l u n g spiegelt den intellektuellen A n s p r u c h der Z e i t wider, N a t u r a n e i g n u n g bedient sich der Fabula.

E r k e n n t n i s i n t e r e s s e und M y t h o s gehen H a n d in H a n d . D i e s b e -

legt eine im M i t t e l a l t e r häufig k o m m e n t i e r t e A u s s a g e v o n Vergib „obscuris

vera

involvens"P

D i e D e b a t t e ü b e r das Verhältnis v o n M y t h o s und W i s s e n s c h a f t , die m i t A r i s t o t e l e s ' K r i t i k an P i a t o n s Timaios

b e g o n n e n hatte, w i r d in n e u e m K o n t e x t w i e d e r eröffnet. 2 4 B e r n a r d u s Silve-

stris f ü h r t e das m y t h i s c h e M o d e l l des Timaios

und die e n z y k l o p ä d i s c h e L i t e r a t u r v o n Plinius,

I s i d o r v o n Sevilla und B e d a Venerabiiis z u s a m m e n und e n t w i c k e l t e gleichzeitig eine p o e t i s c h t h e o r e t i s c h e G r u n d l a g e für p h i l o s o p h i s c h e D i c h t u n g e n . Natura

ist zugleich G ö t t i n und L e h r -

figur. In e i n e m K o m m e n t a r zu M a r t i a n u s Capella, der B e r n a r d u s z u g e s c h r i e b e n w i r d und zitiert zu w e r d e n verdient, h e i ß t es: Die Figur ist eine Art der lehrenden Darstellung. Die Figur nämlich ist eine Redeform, die man Verhüllung zu nennen pflegt. Diese aber ist zweigeteilt: Wir teilen sie nämlich in die Allegorie und das Integumentum. Die Allegorie ist aber eine Rede, die unter einer historischen Erzählung einen wahren und vom äußeren verschiedenen Verständnisinhalt verhüllt enthält, wie (die) vom Ringkampf des Jakob. Das Integumentum aber ist eine Rede, die unter einer erdichteten Erzählung einen wahren Verständnisinhalt einschließt, wie (die) von Orpheus. Denn sowohl jene historische als auch diese erdichtete haben ein verborgenes Geheimnis, das anderswo erörtert werden soll. Die Allegorie allerdings paßt zur Heiligen Schrift, das Integumentum aber zur philosophischen (...). Im übrigen, wenn von der Seele oder den Mächten des oberen oder unteren Himmels gehandelt wird, haben die Integumente ihren Platz. Deshalb benutzt Vergil Integumente, wenn er das zeitliche Leben des menschlichen Geistes mit dem Körper beschreibt. Und derselbe (Dichter) sagt, wenn er die Sibylle einführt, wie sie von den Göttern vorträgt: „indem sie das Wahre in Dunkles einhüllt", das bedeutet, die göttlichen Dinge mit Integumenten einschließt. 25

20 Zum Bildungshintergrund von Bernardus Stock 1972, 2 3 - 3 0 und passim, allgemein Benson und Constable 1982,421-535 (Philosophy and Science), Flasch 1986, 235-243. 21

Stock 1972, 31, zum Begriff von reformare und renasci bei Bernardus vgl. Ladner 1982, 6f.: „The word nasa, with which natura is often closely linked, is more important than the term renasci, and the terminology of nature, birth and growth represents one of the most characteristic aspects of the 12th century renaissance" (10).

22 Stock 1972, 6 4 - 6 5 , zum Paradigmenwechsel des 12. Jhs. zuletzt Kölmel 1991, bes. 45ff., weitere Aufsätze im selben Band „Mensch und Natur im Mittelalter", hrsg. von Zimmermann u. Speer. Aus der umfangreichen Literatur zur Renaissance des 12. Jhs. bes. Benson und Constable 1982, von Moos, 1988, 1-10.

23 Vergil, Aeneis VI.100 (die Sibylle von Cumae verkündet die Wahrheit durch dunklen Bericht verhüllt), dazu Stock 1972, 38 u. ö., Brinkmann 1980, 292-317, Whitmann 1987, 240ff. 24 Stock 1972, 6 und passim. 25 11.70-86: „Genus figura doctrine est. Figura, autem, est oratio quam involucrum dicere solent. Hec autem bipertita est: partimur namque eam in allegoriam et integumentum. Est autem allegoria oratio

16

Einleitung

Als Lehrer von Matthäus von Vendome, nach dessen Poetik-Lehre, der Ars versificatoria, an den mittelalterlichen Schulen Dichtung gelehrt wurde, hat Bernardus auch als Theoretiker weit über seine Zeit hinaus gewirkt. Alain de Lille (vor 1120-1202) nimmt die Anregungen von Bernardus Silvestris auf und setzt die Entwicklung mit neuen Akzenten fort. Als Artes-Gelehrter, Dichter, Philosoph und Theologe wählte Alain für seine Darstellung der Natura das Medium der Dichtung und die Vision und konnte so sein Denkmodell über dogmatische Grenzen hinaustreiben. Zwischen Mythos und Vision rollt auch hier ein Schauspiel ab mit Natura als Hauptdarstellern, das mit der Erschaffung eines neuen Menschen endet. Die Artes Liberales und alle Tugenden werden an der Erschaffung dieses homo novus beteiligt. Alain de Lille ist es auch, der Natura als Göttin und Mitgöttin, prodea, bezeichnet, die den Schöpfungsprozeß in Gang halten muß und für die creatio continua verantwortlich ist. Etwa hundert Jahre später träumt Jean de Meun diesen Traum im zweiten Teil des Rosenromans weiter. Eingebettet in eine Liebeslehre, die vor dem Leser eine philosophische Enzyklopädie ausbreitet, wird der Mythos vonNatura, Genius, Venus und Amor ein weiteres Mal umerzählt. Narratio fabulosa, Volkssprache und satirische Stilmittel verhüllen dabei den Standpunkt des Autors in mehrfacher Weise. Doch die Frage nach den Bildern bleibt. Ernst Robert Curtius erhielt auf seine Anfrage aus dem Warburg Institute einen Hinweis auf die vielbrüstige Diana Ephesia, die seit der Renaissance als Sinnbild der Natur gilt. Richtete er seine Anfrage heute an das Warburg Institute, so erhielte er 25 Hinweise auf Bilder, die allerdings sämtlich erst nach seinem Untersuchungszeitraum, dem Mittelalter, entstanden sind.26 In seiner Dissertation zur Ikonographie der Natura hat Wolfgang Kemp dem Mittelalter ein einleitendes Kapitel gewidmet und Bildthemen vorgestellt, die hier weitergeführt werden sollen, weil auch heute für das 12. bis 14. Jahrhundert noch gilt, was Kemp in seiner Vorbemerkung festgestellt hatte: „Lediglich ein Teilgebiet der Naturphilosophie, die Astrologie, wurde mit gleichem Nachdruck (wie die der antiken Mythen- und Allegorienwelt, d. V.) für die Deutung von Werken des 15. und 16. Jahrhunderts ausgewertet. Das Feld der spekulativen Naturphilosophie, der großen Systeme und Weltbilder, die sich zwischen Piaton und Aristoteles, zwischen Kabbala und Genesis bewegen, blieb hingegen weitgehend unbeachtet."27 Als Prämisse für die Ausbildung einer Allegorie im 15. Jahrhundert stellt Kemp ihre Unabhängigkeit von Beischriften und Erläuterungen fest. Eine Allegorie müsse, um im Kreis anderer erkannt werden zu können, Merkmale entwickeln, die ihr ein Spezifikum verleihen, kurz, sie müsse unter anderen Allegorien erkannt werden können und als Kunstform

sub historica narratione verum et ab exteriori diversum involvens intellectum, ut de lucta Iacob. Integumentum vero est oratio sub fabulosa narratione verum claudens intellectum, ut de Orpheo. Nam et ibi historia et hic fabula misterium habent occultum, quod alias discutiendum erit. Allegoria quidem divine pagine, integumentum vero philosophice competit (...) Ceterum cum de anima vel de ethereis aeriisve potestatibus agitur, locum habent integumenta. Unde Virgilius humani spiritus temporalem cum corpore vitam describens integumentis usus est. Qui idem introducens sibillam de deis agentem inquid: „obscuris vera involvens", id est, divina integumentis claudens." Ediert von Westra 1986, 4 5 - 4 6 . Ahnliche Definition auch im Kommentar zur Aeneide, der ebenfalls Bernardus zugeschrieben wird (ed. Jones/Jones 1977). 26 Er könnte heute auch anfragen beim Bildindex zur Politischen Ikonographie von Martin Warnke, Warburg-Haus, Hamburg, dort fände er 57 Bildkarten zu Natura, vom Princeton Index of Christian Art erhielte er acht Hinweise, im Marburger Index fände er neun. 27 Kemp 1973, 9-14.

17

Einleitung

autonom werden. In diesem Sinne gehören zu den Erkennungsmerkmalen der Natura ihre Nacktheit und das Motiv des Milchspendens. Da die mittelalterliche Natura diese Merkmale noch nicht entwickelt hatte, konnte sie nur als Vorform einer Allegorie gelten. Kemp geht von der Beschreibung einer Plinius-Illustration und der Miniatur in einer 1496 in Auftrag gegebenen Aristoteles-Handschrift aus28 und stellt zwei Einschnitte in der ikonographischen Ausbildung der Personifikation fest, die als exemplarisch gelten können, nämlich einmal die von der insignifikanten zur signifikanten Gestalt im 15. Jahrhundert und umgekehrt wieder zur insignifikanten an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert. Er behandelt zuerst die Diana Ephesia als Allegorie der Natur, die einmal statuarisch und dann als „Mischtyp", als handelnde Frau mit vielen Brüsten, auftritt. Diese vielbrüstige Gestalt hat das Bild der Natura weitgehend bestimmt. Die N y m p h e der „Hypnerotomachia Poliphili" und der Patera Martelli werden als „gemalte Naturtheorie" besprochen, ebenso die Natura Anima mundi des Robert Fludd. Das Thema der Natura mater führt von einem Fries der Medici-Villa in Poggio a Caiano (1490) über Darstellungen im Palazzo del Te in Mantua und der Natura als Schutzgeist der Geburt und Erzieherin des Menschen zu den Darstellungen der Französischen Revolution, wo Natura als Mutter gleicher Kinder, als Garantin der Menschenrechte galt und religiös verehrt wurde. 29 Eine noch an Texte und Bildtitel gebundene Personifikation kann aber, da das Problem einer Identifizierung nicht besteht, andere Varianten entwickeln und in ganz unterschiedlicher Gestalt auftreten. Hier liegt das Interesse der vorliegenden Arbeit, in der geprüft werden soll, ob mit dem Bedürfnis nach der Ausbildung von spezifischen Merkmalen Naturvorstellungen verlorengegangen sind, ob uns Bilder der Natura überliefert sind, die unseren Vorstellungshorizont erweitern können - eine Gewinn- und Verlustrechnung also. Denn der Gewinn einer schnellen Identifizierbarkeit scheint einherzugehen mit dem Verlust der Vielfalt von Darstellungsmöglichkeiten. Curtius hatte, auf Texte vor allem der Spätantike gestützt, einen Katalog von Funktionen der personifizierten Natura erstellt, der die Vielfalt der Vorstellungen aufzeigt und ihren möglichen Spielraum beschreibt. Da im folgenden mehrere der Natura-Typen aus dem Katalog von Curtius begegnen werden, sei er an dieser Stelle in Erinnerung gerufen: 1. Natura artifex mundi (Cicero, Plinius), Schöpferin der Welt 2. Natura parens omnium

rerum (Plinius),

Vater und Mutter aller Dinge 3. Natura domina omnium

rerum (Plinius),

Herrin aller Dinge 4. Natura plasmatrix

terrae et locorum (Statius),

Bildnerin der Erde und O r t e 5. Natura dotatrix hominum

(Ausonius),

Natura stattet den Menschen mit Gaben aus 6. Natura formatrix

hominum

(Ausonius),

Bildnerin des Menschen

28 Kemp spricht von Natura als einer Allegorie, zu Plinius u. Arist. 1973, 71-73, vgl. dazu Abb. 6 dieser Arbeit. 29 Kemp hat sich auch in Aufsätzen zu Natura geäußert, in dem Disegno-Aufsatz le der Ewigkeit" (1969).

(1974) und in „Die H ö h -

18

Einleitung 7. Natura Natura 8. Natura

domitrix feritatis

et materpietatis

(Statius),

als Bändigerin der Wildheit u n d M u t t e r der F r ö m m i g k e i t discretix veteris tumultus

(Claudian),

O r d n e r i n des C h a o s 9. Natura Natura

deos Iovifamulos

10. Natura plangens Klagende 11. Natura Natura 12. Natura

tradens

(Claudian),

f ü h r t J u p i t e r G ö t t e r als D i e n e r zu (Claudian),

Natura

de Phoenicis avis immortalitate

laborans

(Claudian),

ist tätig bei der Unsterblichkeit des Phoenix Pronuba

(Claudian),

Ehestifterin 13. Natura

Dei serva (Prudentius),

Dienerin G o t t e s 14. Natura

altrix bominum

(Prudentius),

E r n ä h r e r i n des Menschen. 3 0

Mit diesem Uberblick beleuchtet Curtius die Entstehung eines neuen Modells, das der Natura mater generationis, der Mutter aller Erzeugung, welches Bernardus Silvestris im 12. Jahrhundert einführte. „Wie durch eine geöffnete Schleuse strömt damit in die Spekulation des christlichen Abendlandes der Fruchtbarkeitskult ältester Zeiten wieder ein", meinte Curtius, eine Verherrlichung von Geschlechtlichkeit und Fruchtbarkeit, die der neuplatonischen Tradition ebenso fern gewesen sei wie dem Christentum. 3 1 Doch auch Boethius nennt Natura eine genetrix, die immer nach Zeugung begehre (Cons. III pr. XI, 105), und in der Metaphysik von Aristoteles heißt es: „Prozesse der Generation und des Wachstums heißen Natur". 3 2 Im Hintergrund der vorliegenden Arbeit steht schließlich die Frage nach der Epochengrenze. Aufgrund der Tradition dieser Personifikation seit dem 12. Jahrhundert erübrigte sich eine Wiederentdeckung. Dennoch hat sich das Bild der Natura grundlegend verändert. Die von der Renaissance aufgenommenen Anregungen der Diana Ephesia hatten im Mittelalter keine Wirkung. D o c h durch diesen Einfluß wurde das Nährmotiv als ikonographisches Attribut festgeschrieben, ein Motiv, das auch die christliche Polemik mit Prudentius der Natura zugestehen konnte, das aber von einem Mißverständnis ausgeht. Natura hatte die Menschen nie ernähren können ohne Hilfe der Kunst, zum Beispiel der Kunst des Ackerbaus, wie sie selbst klagend vor Jupiter gesteht (Claudian). O d e r der Kunst des Bergbaus. H o r s t Bredekamp hat diesen H o r i z o n t mit einem Holzschnitt von etwa 1490 zu Paulus Niavis' Iudicium Iovis vorgestellt. Das Blatt zeigt eine Gerichtsverhandlung des Götterrates. Vor Jupiter wird „Der Mensch als

30 C u r t i u s 1938, 180-197. 31 C u r t i u s (1938, 196; ders. 1948 130-131) hält die mater generationis f ü r eine Weiterentwicklung der Natura Pronuba des Claudian, angereichert durch „orientalische" Einflüsse z. B. des Asclepius. Stock weist nach, d a ß B e r n a r d u s den Begriff Natura mater generationis von A b u M a ' s h a r Introductorium in Astronomiam 1.2 ü b e r n o m m e n hat (Stock 1972, 6 5 - 6 6 , 222). 32 Metaphysik IV.1014bl6-1015al9. Z u m Einfluß von Aristoteles auf B e r n a r d u s Stock 1972 Index „Aristotle, influence".

Einleitung

19

M ö r d e r der N a t u r " angeklagt, der m i t d e m B e r g b a u den L e i b der Natura

zerstöre und zum

M u t t e r m ö r d e r werde. D e r A n g e k l a g t e verteidigt sich m i t einer G e g e n k l a g e . Natura

sei eine

Stiefmutter, die ihre S c h ä t z e verberge u n d den M e n s c h e n hartherzig zu T o d e quäle. 3 3 D e r P r o z e ß dauert an, u n d so ist es n u r folgerichtig, daß die A k t e n gesichtet w e r d e n . N a c h d e m so die V o r a u s s e t z u n g e n dieser A r b e i t s k i z z i e r t w o r d e n sind, wird in e i n e m ersten Teil ü b e r die G e n e s e der Natura-Darstellungen graphia

berichtet. In den H a n d s c h r i f t e n der

v o n B e r n a r d u s Silvestris finden sich keine B i l d e r v o n Natura.

kritische E d i t i o n b e s o r g t u n d nach frühen B i l d e r n v o n Natura melden. 3 4 A u c h in den H a n d s c h r i f t e n des Architrenius nicht. 3 5 G a u t i e r de C h ä t i l l o n behandelt Natura M e t z in Image

de monde,

Cosmo-

P e t e r D r o n k e , der die

gesucht hat, k o n n t e nichts ver-

v o n J o h a n n e s v o n H a u v i l l a erscheint sie

im 10. B u c h seiner Alexandreis

u n d G o s s u i n de

d o c h auch hier finden sich k e i n e Bilder. 3 6 E r s t mit Alain de Lille setzt

eine B i l d t r a d i t i o n ein, so daß sich das z w e i t e Kapitel m i t diesem A u t o r beschäftigen u n d der F r a g e nach der E r s c h a f f u n g eines homo

novus

deutung Alains für die G e s c h i c h t e der Natura

durch Natura

n a c h g e h e n wird. W e g e n der B e -

w e r d e n n e b e n e i n e m L i t e r a t u r b e r i c h t auch

D e u t u n g s m o d e l l e vorgestellt, die e i n f ü h r e n d e n C h a r a k t e r h a b e n und in e i n e m gewissen M i ß verhältnis zu den einfachen Z e i c h n u n g e n stehen m ö g e n . E i n weiteres Kapitel stellt die B e z i e hung zwischen Natura

und Pkilosophia

vor, danach w e r d e n Z e i c h n u n g e n einer H a n d s c h r i f t

v o n B r u n e t t o Latini im Kapitel ü b e r „ D a s R e i c h der Natura"

besprochen.

D e r z w e i t e Teil der A r b e i t behandelt die M i n i a t u r e n des Rosenromans. 120 H a n d s c h r i f t e n des Rosenromans

Dafür wurden über

untersucht, v o r allem in Paris, L o n d o n , O x f o r d , N e w

Y o r k , B r ü s s e l u n d Chantilly, aber auch einzelne H a n d s c h r i f t e n in B e r l i n , D ü s s e l d o r f , F l o r e n z und M ü n c h e n . D a fast alle vorgestellten M i n i a t u r e n u n v e r ö f f e n t l i c h t sind, war es n o t w e n d i g , z u r O r i e n t i e r u n g einen K a t a l o g der M a n u s k r i p t e des Rosenromans

mit D a r s t e l l u n g e n der

Na-

tura zu erstellen, der im A n h a n g beigegeben ist und 84 H a n d s c h r i f t e n m i t der d a z u g e h ö r e n d e n L i t e r a t u r enthält. D i e beiden T h e m e n , die K l a g e der Natura

u n d Natura

als K ü n s t l e r i n , bilden

den S c h w e r p u n k t der U n t e r s u c h u n g , der b e s t i m m t w i r d durch die Vielzahl der überlieferten M i n i a t u r e n . Z w e i zeitgenössische u n d für die G e s c h i c h t e der Natura

gleichbedeutende A u t o -

ren wie B r u n e t t o Latini und J e a n de M e u n k ö n n e n k u n s t h i s t o r i s c h nicht gleich behandelt werden, weil eine einzige illustrierte H a n d s c h r i f t des Tesoretto H a n d s c h r i f t e n des Rosenromans

etwa 160 überlieferten illustrierten

gegenübersteht. D i e s m u ß die P r o p o r t i o n einer k u n s t h i s t o r i -

schen B e t r a c h t u n g b e s t i m m e n . D e r B e d e u t u n g des Rosenromans

e n t s p r i c h t ein letzter Teil, der

seine W i r k u n g b e s c h r e i b t , wie sie sich in M i n i a t u r e n der H a n d s c h r i f t e n v o n G u i l l a u m e de D e -

33 In: Vestigia Bibliac 6, 1984, 261-283, in dem Holzschnitt kündigt sich um 1490 eine Vermischung von Natura- und Terra-Motiven an, denn die Leibmetaphorik der Terra ist für Natura sonst nicht feststellbar (vgl. dazu auch Bredekamp 1981, 5-37). 34 Dronke 1980, 46 Hss. der Cosmogr. sind überliefert, dazu Dronke Edition 1978, 6 4 - 6 7 . Die Hss. der Cosmogr. in Berlin, London, München, Oxford u. Paris habe ich geprüft, von den übrigen Bibliotheken die Angaben erhalten. 35 26 Hss. sind überliefert, vgl. Edition von Schmidt 1974, 93-103, hier ist der Bildschmuck beschrieben, einige Skizzen u. Initialen in 3 Hss., aber keine Natura. 36 Natura tritt in der 2. Redaktion der Image du monde von 1247 als Schöpferin auf: „Corament Nature fit un homme", hrsg. von Hilka 1928, in 21 Hss. überliefert, vgl. Hesse 1932, I I - I I I mit Beschreibung des Bildschmucks, meist Diagramme, so z. B. in der Hs. in Berlin Hamilton 577. Edition der Alexandreis des Gautier de Chätillon von Colker 1978, Aufsätze in Roussel und Suard 1980.

20

Einleitung

guileville, Guillaume de Machaut, den E c h e c s amoureux, von Jean Perréal, Francesco da Barberino und anderen äußert. Zum Schluß werden einige Bilder vorgestellt zum Verhältnis von Natura und Tod, die aber ein großes Thema, eine naturphilosophische Deutung des Todes, nur anreißen können. Alle Bildbeispiele gehören, bis auf die Ausnahme eines Emaillekästchens, der Buchmalerei an. Natura entwickelte ihre bildliche Aussagekraft zwischen Buchdeckeln, nicht im öffentlichen Raum. Würde der Sitz der Natura im Götterrat an ihrem Material- oder Kunstwert gemessen, so hätte sie, nur auf Pergament oder Papier überliefert, wohl kaum eine Chance, Gehör zu finden.

Teil I Die Anfänge

1.

Von der Naturüberwindung zur Schöpferin Natura - die Bildgenese der personifizierten Natur

Die mittelalterliche Bildwerdung der Natura beginnt mit einer Allegorie der Naturüberwindung. In einer byzantinischen Miniatur vom Ende des 11. Jahrhunderts sieht man einen Mann mit erhobenen Armen auf einer Leiter balancieren, den Blick nach oben gewandt, während sich ihm von rechts ein Engel nähert (Abb. 1). Am Fuß der Leiter liegt eine Frau, deren Arme auf dem Rücken gebunden sind und die es zu überwinden gilt, wenn sich der Mensch dem Himmel nähern möchte, Natura. Das Bild befindet sich in der Handschrift einer mönchischen Tugendlehre von Johannes Klimakus, eines Mönches vom Berge Sinai, der 40 Jahre lang als Anachoret gelebt hatte und in der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts eine „Himmelsleiter" verfaßte, die in 30 Stufen den Weg zu Gott weist und die in zahlreichen Handschriften überliefert ist. Das am reichsten illustrierte Manuskript befindet sich in der Vatikanischen Bibliothek.' Jede Stufe der Himmelsleiter wird mit dem Bild eines aufwärtsstrebenden Mönches illustriert und einer ergänzenden szenischen Handlung in der rechten Bildhälfte, die den Text einer Homilie versinnbildlicht. In der 15. Homilie über die Keuschheit wird die oben beschriebene Szene erläutert. Natura spricht zur Seele: „ Ubi meam tuamque certam et summam imbecillitatem cognoveris, manibus meis manicas injecisti" (Weil du meine sichere und grundsätzliche Schwachheit kennst, hast du mir die Hände gebunden). Der Engel empfängt den aufsteigenden Mönch, denn: „... qui naturam vicit, (...) jam paulo minor est angelis ..." (... derjenige, der die Natur überwindet (...), ist nur noch ein wenig geringer als die Engel). 2 In der rechten Bildhälfte sieht man einen Lehrenden, wohl Johannes Klimakus, der, zwei Mönchen zugewandt, mit der linken Hand auf drei weibliche Personifikationen weist, Caritas, Avarice und Impietas. Wie ein Cherub am Tor des Paradieses, so vertreibt Caritas auf Anweisung des lehrenden Mönches die Laster Avarice und Impietas aus dem klösterlichen Raum. Die Vertreibungsszene erinnert an die Vertreibung aus dem Paradies, die aufwärtsgereckten Arme aber und der zum Himmel gewandte Blick des Mönches erscheinen wie ein Sinnbild der Sehnsucht nach dem verlorenen Paradies, die so groß zu sein scheint, daß der Mensch zu jeder Gewalttat bereit ist - zur Gewalt gegen seine Natur. Die Uberwindung der Natur, eine Grundforderung heilsgeschichtlicher Restitutionslehre, ist knapp und krass verbildlicht worden. 3

1 Cod. gr. 394, fol. 89v, Ende 11. Jh., zu den Hss. Martin 1954, mit einem Katalog von 30 illustrierten Hss., 47-87, hier Kat.-Nr. 21, 177-181, Abb. 67-132, allgemein Völker 1968. Den Hinweis auf die Darstellung verdanke ich dem Princeton Index of Christian Art, das Foto der Bibl. Vaticana. Ahnlich ist die Szene illustriert in einer Hs. des 14. Jhs. im Kloster Stauronikita auf dem Athos (Cod. 50, fol. 123v), die abhängig von der vatikanischen Hs. ist, Martin Kat.-Nr. 6, 166-168, Abb. 152. 2 Martin 1954, 70, mit Abb. 108, Text Migne PG 88, 896C u. 904B; Martin korrigiert Katzenellenbogen 1939, der die am Boden liegende Person für Avarice

hält.

3 Zu den Folgen des Naturüberwindungstopos Krolzik 1981 u. Groh 1991.

24

I. Die Anfänge

Vor anderem Hintergrund findet sich das Naturüberwindungsmotiv wieder in einem Grammatiklehrbuch von Priscian, der Institutio de Arte Grammatica, entstanden in den Jahren vor 526, einem Lehrbuch, das zu den Grundpfeilern mittelalterlicher Grammatikunterweisung gehörte, mit der die Ausbildung in den Artes Liberales begann. Das erste Buch der Institutio enthält eine Einführung zu den Elementen der Sprache, zur Stimme, den Buchstaben und Silben, den Nomina und der Rede und beginnt mit einer P-Initiale: Philosophi definiunt, vocem esse aerem tenuissimum ictum velsuum sensibile aurium (...). Eine Handschrift der Bibliothèque Royale in Brüssel, MS 19.116, fol. 3, enthält an dieser Stelle eine historisierte Initiale. Uberwölbt vom bauchigen Rund des P ist eine Figur zwischen Mensch und Tier darin zu sehen, inschriftlich als Natura bezeichnet (Abb. 2). 4 Die Figur hat einen echsenartigen Panzer und gleicht einem Kriechtier. Dieses Tier aber hat einen menschlichen Kopf, dessen besonderes Merkmal eine Zunge ist-Symbol der Sprache. Durch die Sprache unterscheidet sich der Mensch vom Tier, erst die Sprache macht ihn zum Menschen. Es habe eine Zeit gegeben, in der die Menschen zerstreut auf den Feldern nach Art der Tiere umhergeschweift seien und nichts durch geistige Tätigkeit bewerkstelligt hätten, bis sie ihre Sprache entdeckt und durch Vernunft entwickelt hätten. Dieses Kulturentwicklungsmodell hatte Cicero in der Rhetorik formuliert, erst durch die Ausbildung der Sprache habe sich der Mensch zu einem vernunftbegabten Wesen entwickelt. 5 Das kleine Bildchen in der Initiale von Priscians Grammatik spiegelt diese Vorstellung von der Entwicklung des Menschen durch die Sprache wider. Die ersten beiden Bilder zeugen vom gebrochenen Verhältnis, welches das Mängelwesen Mensch, zwischen Erlösungssehnsucht und Fortschrittsglauben, zu seiner Natur hat. Es gab aber auch andere Vorstellungen von Natura. Dies zeigt ein Beispiel, das ebenfalls im Kontext einer Tugendleiter etwa hundert Jahre später entstanden und in einer Erlanger Sammelhandschrift (MS 8, fol. 130v) erhalten ist. Drei ganzseitige Zeichnungen aus dem letzten Viertel des 12. Jahrhunderts illustrieren den Text der Lamentationes Ieremiae mit der Glossa Ordinaria.6 Das letzte der drei Bilder zeigt eine Darstellung des breiten und des schmalen Lebensweges in Form des pythagoräischen Ypsilon (Abb. 3). In der unteren rechten Ecke der Zeichnung befindet sich ein Kopf mit zwei Händen, durch die Inschriftenrahmung höhlenartig eingefaßt und mit „natu" bezeichnet. Am Beginn des menschlichen Lebensweges steht die Geburt des Menschen. Eine nackte menschliche Figur entsteigt dem Mund des Kopfes, der dem Boden zu entwachsen scheint und diesem verhaftet bleibt. Die Umschrift innerhalb der Rahmung, die nur teilweise zu entziffern ist, lautet: Rebi nascendi dispensora(m) agendi Id siglum errati... Nach ihrer Geburt klettert die kleine Figur an einer Leiter empor, deren Stufen die fünf Sinne symbolisieren, Viso, Auditus, Gustus, Odoratus, Tactus.7 Hat der Mensch die fünf Sinne erklommen, so muß er sich bei der Y-Gabelung, dem Symbol des freien Willens, zwi-

4 Der Text von Priscian ist ediert von Hertz 1855; zu den Hss. Passalacqua 1978, Nr. 63, 30; zu der Brüsseler Hs. Thomas 1896, 96. Hinweis auf die Initiale bei Stock 1972, 73 A. 18 5 De inventione I. 2, ed. von Strobel 1925, dt. von Binder 1871. 6 Zu der Hs. Lutze 1 9 3 6 , 1 - 4 mit Übertragung der umlaufenden Rahmenschrift u. Abb. 4. Eine frühe Bildbeschreibung bei Hocker 1731, 13: „Tertium Schema Naturam sub figura capitis humani terrae suspinam delineatam habet . . . " , auch bei Irinischer 1852, 125f. O b oder wie die Glossen zu den Klageliedern Jeremias, die früher Walahfried Strabo zugeschrieben wurden, auf das Bild eingewirkt haben, kann hier nicht untersucht worden, der Text der Glossen in PL 114, 1 0 - 6 2 . 7 Zu den fünf Sinnen Nordenfalk 1976, 17-18 mit Abb. dieser Zeichnung, zum pythagoreischen Y Harms 1970, ohne vergleichbare Darstellung.

1. Von der Naturüberwindung zur Schöpferin

25

Natura

sehen T u g e n d u n d L a s t e r entscheiden. D e r W e g der Tugend führt ü b e r Pmdentia,

Temperantia,

Tortitudo und Justitia in den Himmel, der des Lasters über Inprudentia, Intemperantia, tas und Injustitia

Levi-

in die H ö l l e . A u f den t u g e n d h a f t e n M e n s c h e n w e r d e n die sieben G a b e n des

G e i s t e s ausgegossen, auf den lasterhaften die sieben G a b e n des Teufels. D e r K o p f der k n ü p f t an die I k o n o g r a p h i e der Terra an, die die griechische Gaia/Ge Tellus i m M i t t e l a l t e r b e e r b t hat. 8 Terra

Natura

oder römische Erdgöttin

oder Tellus erscheinen häufig als K o p f - o d e r B r u s t b i l d

derart, als w a c h s e n sie aus d e m B o d e n heraus und haften an ihrem E l e m e n t , v o n e i n e m aufgeblähten M a n t e l ü b e r f a n g e n . A u c h die b e i d e n H ä n d e zu Seiten des K o p f e s e r i n n e r n an D a r stellungen der Terra,

die ihre beiden A r m e z u r Seite ausbreitet u n d gelegentlich Z w e i g e o d e r

B ä u m e in H ä n d e n hält. 9 I k o n o g r a p h i s c h nicht f a ß b a r ist für Terra

j e d o c h das M o t i v einer

M u n d g e b u r t . O f f n e t sich der M u n d der E r d e , so geschieht dies nicht, u m zu gebären, s o n d e r n u m zu verschlingen. D a ß die E r d e M u t t e r des M e n s c h e n ist, wird n i c h t d u r c h einen G e b u r t s vorgang deutlich, v i e l m e h r präsentiert o d e r nährt Terra

m a n c h m a l eine kleine m e n s c h l i c h e

Figur, meist aber nährt sie Tiere. 1 0 K a r l - A u g u s t W i r t h hat darauf hingewiesen, d a ß traditionelle E r d v o r s t e l l u n g e n in der Z e i t nach 1 2 5 0 erstarrten u n d seit d e m 15. J a h r h u n d e r t auf

Natura

übertragen w o r d e n sind; e b e n s o hat auch P e t e r D r o n k e bei der F r a g e nach der V e r g ö t t l i c h u n g der Natura

auf U b e r n a h m e n aus der Tellus-

u n d 7 e r r a t r a d i t i o n v e r w i e s e n . " W i e die Z e i c h n u n g

in E r l a n g e n zeigen k a n n , hat dieser A b l ö s u n g s p r o z e ß s c h o n früher b e g o n n e n . D i e s e Ü b e r n a h m e weist auf die wechselseitige B e z i e h u n g v o n Terra u n d Natura schärfen für die innovativen Bildideen, die v o n Natura

u n d k a n n zugleich den B l i c k

ausgehen.

N e u e B i l d i d e e n k ü n d i g e n sich auch in der E n t w i c k l u n g der figurativen Initialen an. N i c h t m e h r ein erdverhafteter K o p f o d e r ein K r i e c h t i e r w i e bei Priscian, s o n d e r n ein geflügeltes W e sen, aufrecht u n d in voller G r ö ß e , s c h m ü c k t die Initiale in einer H a n d s c h r i f t ( u m 1 2 0 0 ) v o n De Planctu

Naturae

des Alain de Lille ( A b b . 4). 1 2 D i e F i g u r der Initiale e n t w ä c h s t e i n e m vegetabi-

len O r n a m e n t . A u s e i n e m bärtigen K o p f , der einer W u r z e l gleicht, e n t w i c k e l t sich ein S t a m m mit K n o s p e n , an dessen o b e r e r H ä l f t e eine w e i b l i c h e F i g u r a t i o n entsteht, die m a n als

Natura

deuten k a n n , da sie die H a u p t p e r s o n des W e r k e s ist u n d die einzige dieses G e s a n g e s . Sie hat F l ü g e l w i e die einer L i b e l l e , so daß ein K o m p o s i t u m entsteht aus P f l a n z e , T i e r u n d M e n s c h . D e m B u c h s t a b e n eingezeichnet, befindet sich Natura

in e m b r y o n a l e m Z u s t a n d o d e r i m Z u -

stand einer Larve. E i n g e k l e m m t in den engen R a h m e n des I n c i p i t - I v o n De Planctu

Naturae

e r h e b t sie ihr Klagelied:

8 Zu Gaia Moore 1988,171-177 und Abb. 97-99; Opelt 1962, 113-1179, bes. 1125-1130. Zu Terra Wirth 1967, 997-1104, 1030f., außerdem Engemann 1986, 2127. Zur Wiederentdeckung der Gaia Böhme 1992, 18-64. 9 Wirth 1967, 1032 mit Abb. 3, 14, 26; ähnlich kann auch Gaia dargestellt sein, sie ragt bis zu den Schultern oder der Brust aus dem Boden heraus, ihre meist leeren Hände führen eine flehende oder beschützende Gebärde aus, so Opelt 1962, 1129. 10 Wirth 1967 zum Verschlingen 1046, dargestellt ist meist das geöffnete Maul eines Tierkopfes, zum Präsentiergestus 1002, 1029, 1033, 1054, er symbolisiert die Geburt des Erichthonios schon in der Antike bei Gaia (Moore 1988, 13ff.). 11 Wirth 1967, 1090, Natura habe nach 1450 eine Reihe der kosmologischen Inhalte der Erd-Vorstellungen übernommen. Den Hinweis auf die Erlanger Zeichnung verdanke ich Herrn Wirth, Dronke 1980, 20-24. 12 „Incipit Hencheridion magistri Alani de conquestione nature", London, Brit. Libr. MS Stowe 37, fol. 1, Häring, datiert die Hs. als eine der drei frühesten Alanus-Hss. noch in die Lebenszeit des Autors (Mss 1978, 93-115, hier Nr. 45 105), 98, die Hs. in London enthält weitere Initialen.

26

I. Die Anfänge „In lacrimas risus, in luctus gaudia verto, In planctum plausus, in lacrimosa iocos; C u m sua N a t u r e video decreta silere, C u m Veneris monstro naufraga turba perit; C u m Venus in Venerem pugnans illos facit illas C u m q u e sui magica devirat arte viros." 15

Dem Alain de Lille erscheint die klagende Natura im Traum, sie klagt über den Menschen, der sich ihren Geboten widersetze und ihr die Nachfolge verweigere, über gleichgeschlechtliche Liebe und alle Arten der Liebe, die unfruchtbar sind und die Erhaltung der Menschheit gefährden. Eine spätere Initiale um 1265 zeigt Natura bereits gekrönt und mit Blütenzepter in einer Handschrift der British Library in London, im dritten Buch der Physik von Aristoteles (Abb. 5). Michael Camille hat die Handschrift beschrieben und mit anderen frühen Aristoteles-Handschriften verglichen. 14 Im dritten Buch der Physik beschreibt Aristoteles N a t u r als Prinzip der Bewegung. 15 Eine Vorzeichnung für diese Initiale befindet sich im unteren Rand des Blattes, ein Zeichen dafür, daß sich eine Bildfindung für die Aristoteles-Texte und auch für Natura erst entwickeln mußte. Eine Vielzahl von Möglichkeiten für die Illustrierung der Physik konnte so durchgespielt werden. Am häufigsten sind Autor-, Dialog- und Lehrszenen, aber auch christliche Schöpfungsmotive werden übernommen und variiert. 16 In einer Genfer Handschrift ist Gott auf einer Kosmosscheibe thronend mit Segensgestus zu sehen, die Kosmosscheibe wird von zwei Personen in Bewegung gehalten. Daneben sind drei Personen mit dem Bau eines Hauses beschäftigt. 17 Die reicher illustrierten Handschriften der Physik des 13. Jahrhunderts in London und Erfurt bringen eine Fülle neuer Motive zur Darstellung, vor allem zeigen sie handelnde Personen.' 8 In der Spätphase der Handschriftenillustrierung hat Natura das Frontispiz der Physik zurückerobert, sie nährt die Erde mit dem Strahl ihrer Milch (Abb. 6).19 Man wird

13 P N 1 , 1 - 6 , Häring (ed.), 806. „Zu Tränen das Lachen, zu Kummer die Freude muß ich wenden, zu Wehklage den Beifall, zu Gram die Scherze, da ich sehe, wie die Dekrete der Natura verstummen, wie eine schiffbrüchige Schar durch das Ungeheuer Venus verdirbt, wie Venus, gegen Venus im Kampf, aus „Er" eine „Sie" macht, wie sie mit ihrer verzaubernden Kunst Männer entmannt." Ich danke Johannes Köhler f ü r die Ubers, (unveröffentl. Habil. Hildesheim 1993), engl. Übers. Sheridan 1980, 67. Zu Alain de Lille ausführlich Kapitel 2. 14 15 16 17

Harley MS 3487, fol. 16v, vgl. Camille 1986, 31-44, hier 36 u. Abb. 6, außerdem Morgan 1988, Nr. 145. Weisheipl 1982, 521-536, dort die Literatur. Camille 1986, 33f. MS lat. 76, fol. 88v, Liber physicorum, fol. 88v-154v,vgl. Gagnebin 1976, Kat.-Nr. 21, Abb. 60, um 1260 datiert.

18 Camille 1986, 44: Bücherverbrennung (I, fol. 4, spielt wohl auf das Aristotelesverbot an), ein Mann beobachtet Tiere (II, fol. 10), Natura (III, fol. 16v), zwei Ringer kämpfen miteinander (V, fol. 34); in Erfurt, Amploniana Fol. 31: Löwe und schlafender Mann (II, fol. 4), Lehrender, daneben arbeitet Mann an einem Faß (III, fol. 15), ein Haus in S-Initiale (IV, fol. 21 v), zwei tanzende Mädchen (oder Ringer wie in Harl. 3487 ?) (VII, fol. 48v). Eine spätere H s . in Oxford, Balliol College MS 232B, ca. 1350, zeigt von fol. 6 - 3 8 5 Szenen handelnder Personen, vgl. Beschreibung von Mynors 1963, 250-253. 19 Ö N B Cod. phil. graec. 2, fol. 1 (1496), dazu H e r m a n n , Beschr. Verz. N . F. 6 (1933), 60f., Taf. V, X I I I , ebenso Neapel, Bibl. Gerolomini, Cod. 221, vgl. Kemp 1973, 72f., 76f. Zur Beschreibung einer ähnli-

1. Von der N a t u r ü b e r w i n d u n g zur Schöpferin Natura

27

die frühe Natura der Londoner Handschrift als Vorläuferin der späten des ausgehenden 15. Jahrhunderts ansehen können. Der Vergleich zeigt, daß die ältere Natura ikonographisch noch nicht festgelegt war, nur eine Krone und ein Zepter zeichnen sie aus. Wie in der Physik, so kann man auch in anderen naturwissenschaftlichen Werken einer weiblichen Personifikation begegnen, die man im Natura halten kann. Im Liber Pantegni von Constantinus Africanus erscheint eine gekrönte Person mit langem Kleid und Blütenzepter in einer Initiale (Abb. 7), sie wendet sich mit einer Spiraldrehung ihres Körpers dem Betrachter zu und weist auf den danebenstehen Text: „De re extra natura".20 Mit dem Liber Pantegni vermittelte Constantinus Africanus (ca. 1015-1087), der zu den führenden Gelehrten der Schule von Salerno und der Assimilation der griechisch-arabischen Medizin gehörte, dem frühen Abendland das erste umfassende medizinische Lehrbuch. In den anderen Initialen der Handschrift sind Pflanzen und Tiere dargestellt und charakterisieren das Umfeld der Natura. Im Anticlaudian, dem späteren Werk von Alain de Lille, begegnet uns etwa um die Mitte des 13. Jahrhunderts Natura in einer Zeichnung wieder (Abb. 8).21 Sie hat die einengende Umrahmung der früheren Initialen wie Eierschalen abgeworfen und sich frei als Marginalie an den Textrand gestellt, ist gekrönt und auf ein Postament erhoben, als wäre sie zum Denkmal geworden. Man könnte eine Vorzeichnung für eine Gewändefigur vermuten - Natura im Kathedralprogramm? Die Figur ist voller Dynamik, die sie zu mäßigen bemüht ist, wie ihr Handgestus zeigt. Auch die übrigen Figuren der Oxforder Anticlaudian-Y\.an10- J e t'lHUr? bim

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Abb. 36 Natura und Genius in der Schmiede der Natura. Roman de la Rose Paris, Bibl. Nat. MS Rothschild 2800, fol. 102

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Abb. 37 Beichte der Natura und Schöpfungshierarchie. Roman de la Rose, Tournai, Bibl. de la Ville, MS 101, fol. 280

313

Tafelteil

A b b . 38 Die Beichte der Natura. Roman Paris, Bibl. N a t . fr. 1565, fol. 109v

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A b b . 39 Beichte der Natura. Roman de la Rose D e n Haag, Mus. M e e r m a n n o Westrenianum MS 10B29, fol. 94

314

A b b . 40 D i e K l a g e d e r Natura. Roman de la Rose Paris, Bibl. N a t . fr. 1567, fol. 118v

Tafelteil

Tafelteil

315

A b b . 41 Natura und Genius. Roman de la Rose Paris, Bibl. N a t . fr. 1567, fol. 119v

A b b . 42 Die Beichte der Natura. Roman de la Rose Paris, Bibl. N a t . fr. 1567, fol. 120

Abb. 43 Die Beichte der Natura. Roman de la Rose Paris, Bibl. N a t . fr. 1567, fol. 123

A b b . 44 Die Beichte der Roman de la Rose

Natura.

Paris, Bibl. Sainte Geneviève MS 1126, fol. 117v

Tafelteil

316

Abb. 45 Die Beichte der Natura. Roman de la Rose London, Brit. Libr. Yates Thomsen 21, fol. 108

Abb. 46 Beichte der Natura. Roman de la Rose Montpellier, Bibl. Interunivers. Med. H. 246, fol. 118v

Abb. 47 Absolution der Natura. Roman de la Rose Montpellier, Bibl. Interunivers. Med. H. 246, fol. 136v

Tafelteil

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Abb. 48 Genius erteilt Natura die Absolution. Roman de la Rose Genf, Bibl. publ. et univ. MS fr. 178, fol. 143

Abb. 49 Absolution der Natura. Roman de la Rose N e w York, Pierpont Morgan Library MS 132, fol. 121v

318

Tafelteil

Abb. 50 Absolution der Natura. Roman de la Rose Florenz, Bibl. Laur. Cod. Acquisti e Doni 153, fol. 200v

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Abb. 51 Absolution der Natura. Roman de la Rose ehemalig Saint Helier, The Jersey Library, Roman de la Rose, fol. 112

Tafelteil

Abb. 52 Natura und Genius. Roman de la Rose Paris, Bibl. Nat. fr. 12596, fol. 151v

319

Tafelteil

320

Abb. 53 Natura und Genius bei der Himmelsbetrachtung. Roman O x f o r d , Bodl. Libr. MS e Musaeo 65, fol. 131

de la Rose

A b b . 54 Die Beichte der Natura. Roman de la Rose Paris, Bibl. N a t . fr. 380, fol. 108

Tafelteil

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Abb. 55 Beichte der Natura. Roman de la Rose Montpellier, Bibl. Interunivers. Med. H . 245, fol. 102v

Abb. 56 Absolution der Natura. Roman de la Rose Montpellier, Bibl. Interunivers. Med. H . 245, fol. 118v

Tafelteil

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Abb. 57 Beichte der Natura. Roman de la Rose Paris, Bibl. Nat. fr. 12595, fol. 121

Abb. 58 Beichte der Natura. Roman de la Rose Cambridge, The Fitzwilliam Museum MS 169, fol. 105v

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Abb. 59 Beichte der Natura. Roman de la Rose Malibu, J. Paul Getty Museum, MS Ludwig XV 7 (83.MR.177), fol. 103

323

Tafelteil

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Abb. 61 Absolution der Natura. Roman de la Rose Valencia, Bibl. de la Univ. MS 387, fol. 116va u. 132

324

Tafelteil

Abb. 62 Natura und Genius. Roman de la Rose Oxford, Bodl. Libr. Douce 371, fol. 107

Abb. 63 Die Beichte der Natura. Roman de la Rose Oxford, Bodl. Libr. Douce 371, fol. 110

Abb. 64 Genius und Natura, Absolution. Roman de la Rose O x f o r d , Bodl. Libr. D o u c e

371, fol. 127

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Tafelteil

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Abb. 100 Natura in ihrer Schmiede. Roman de la Rose Princeton, Univ. Libr. MS Garrett 126, fol. 113

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Abb. 145 Eine Frau schmiedet die Nägel f ü r die Kreuzigung Christi Queen Mary Psalter, L o n d o n , Brit. Libr. M S

Royal 2 B VII, fol. 256

Tafelteil

Abb. 101 Natura in ihrer Schmiede. Roman de la Rose Den Haag, Mus. Meermanno Westrenianum MS 10B29, fol. 89

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