Namenssparbriefe des Kapitalmarktes im Wertpapierrecht: Wertpapierrechtliche Besonderheiten bei Begründung, Übertragung und Erlöschen von Namensschuldverschreibungen des Kaptialmarktes, dargelegt anhand der Vertragsrealität von Sparkassenbriefen [1 ed.] 9783428491094, 9783428091096

Vergegenwärtigt man sich, in welchem hohen Umfang private Anleger von Kapitalbeträgen die Anlageform des "Sparkasse

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Namenssparbriefe des Kapitalmarktes im Wertpapierrecht: Wertpapierrechtliche Besonderheiten bei Begründung, Übertragung und Erlöschen von Namensschuldverschreibungen des Kaptialmarktes, dargelegt anhand der Vertragsrealität von Sparkassenbriefen [1 ed.]
 9783428491094, 9783428091096

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Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen Abteilung B: Rechtswissenschaft Herausgegeben von Walther Hadding und Uwe H. Schneider

Band 108

Namenssparbriefe des Kapitalmarktes im Wertpapierrecht

Von

Alexander Seitz

Duncker & Humblot · Berlin

ALEXANDER SEITZ

Namenssparbriefe des Kapitalmarktes im Wertpapierrecht

Untersuchungen über das

Spar-, Giro- und Kreditwesen Abteilung B: Rechtswissenschaft

Schriften des Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Herausgegeben von Prof. Dr. Walther Hadding und Prof. Dr. Uwe H. Schneider

Band 108

Namenssparbriefe des Kapitalmarktes im Wertpapierrecht Wertpapierrechtliche Besonderheiten bei Begründung, Übertragung und Erlöschen von Namensschuldverschreibungen des Kapitalmarktes, dargelegt anhand der Vertragsrealität von Sparkassenbriefen

Von

Alexander Seitz

Duncker & Humblot * Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Seitz, Alexander: Namenssparbriefe des Kapitalmarktes im Wertpapierrecht: wertpapier­ rechtliche Besonderheiten bei Begründung, Übertragung und Erlöschen von Namensschuldverschreibungen des Kapitalmarktes, dargelegt anhand der Vertragsrealität von Sparkassenbriefen / von Alexander Seitz. - Berlin : Duncker und Humblot, 1997 (Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen : Abt. B, Rechtswissenschaft : Schriften des Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ; Bd. 108) Zugl.: Mainz, Univ., Diss., 1996 ISBN 3-428-09109-4

Alle Rechte vorbehalten © 1997 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7352 ISBN 3-428-09109-4 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 ©

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 1996/97 vom Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur konnten bis einschließlich Oktober 1996 berücksichtigt werden.

Mein Dank gilt zunächst Herrn Professor Dr. Walther Hadding. Er hat durch seine stetige Betreuung maßgebend die Entstehung und Fertigstellung dieser Arbeit gefördert. Für die Erstellung des Zweitgutachtens danke ich Herrn Professor Dr. Hans Peter Pecher, an dessen Lehrstuhl ich als wissen­ schaftlicher Mitarbeiter wertvolle Hinweise und Anregungen erhalten habe und der mich bei der Anfertigung dieser Arbeit in jeder Hinsicht unterstützt hat. Besonders danken möchte ich meinen Eltern und meiner Frau, die meinen Werdegang in jeder nur erdenklichen Weise gefördert haben. Ihnen widme ich dieses Buch.

Mainz, im Oktober 1996

Alexander Seitz

Inhaltsverzeichnis § 1 Einleitung............................................................................................................................................17

I.

Zielsetzung....................................................................................................................................... 17

II. Die Namensschuldverschreibungen als eine vom Gesetzgeber vergessene Rechtsform.......... 17

III. Der Sparkassenbrief als „Prototyp“ der Namensschuldverschreibung....................................... 22 IV. Gang der Darstellung..................................................................................................................... 22

1. Teil: Der Sparbrief als eine Sonderform der Schuldverschreibungen des Kapitalmarktes.............................................................................. 24 § 2 Entwicklung....................................................................................................................................... 24

§ 3 Typikiuid verschiedenartige rechtliche Ausgestaltung der Anlagefonn Sparbrief........... 31 I.

Typik ............................................................................................................................................. 31

II. Verschiedenartige rechtlicheAusgestaltung................................................................................. 32

III. Statistisches Vorkommen; Beschränkung auf den Sparkassenbrief........................................... 34

1. Statistisches Vorkommen........................................................................................................... 34 2. Beschränkung der wertpapierrechtlichen Untersuchung auf den Sparkassenbrief............. . 37

2. Teil: Die Einordnung von Namensschuldverschreibungen in das System

eines Allgemeinen Teils des Wertpapierrechts am Beispiel der Ver­ tragsrealität von Sparkassenbriefen......................................... 39 § 4 Einführung in die Problematik..................................................................................................... 39

I.

Der Sparkassenbrief als „gesetzlich vorgesehenes Rektapapier“................................................ 39

II. Der Sparkassenbrief als effektives Wertpapier - Probleme eines Verzichts auf die Urkun­ denausstellung ......................................................................................................................... 40

III. Der Sparkassenbrief als Sparform mit Wertpapiercharakter - Probleme einer Qualifizierung als Namensschuldverschreibung............................................................................................ 41

§ 5 Entsteluuig des Rechts aus einem Namenssparkassenbrief, Begründung der Gläubiger­ stellung ........................................................................................................................................ 45

I.

Rechtsgeschäftliche Voraussetzungen zur Begründung des Rechts aus der Namensschuld­ verschreibung............................................................................................................................ 46

1. Entstehungstheorien................................................................................................................. 46 a) Kreationstheorie.................................................................................................................. 46

8

Inhaltsverzeichnis

b) Vertragstheorie.....................................................................................................................47 c) Rechtsscheintheorie............................................................................................................. 48

2. Bewertung................................................................................................................................. 49

3. Ausgabepraxis.......................................................................................................................... 53 4. Ergebnis.....................................................

54

II. Verhältnis von Urkunde und Recht................................................................................................ 55

1. Abgrenzung zwischen konstitutivem und deklaratorischem Wertpapier............................ 55 a) Charakter der Rechtsbeziehung beim Erwerbeines Sparkassenbriefs............................55 aa) Darlehensmodell........................................................................................................... 56

bb) Rechtskaufmodell......................................................................................................... 58

cc) Bewertung......................................................................................................................58

b) Konstitutiver Charakter der Urkundenausstellung.......................................................... 62

2. Abgrenzung zwischen abstrakter oder kausaler Qualität der Sparkassenbrief­ verbindlichkeit ................................................................................................................... 64 a) Rechtsgrund der Zahlungspflicht aus einer Namensschuldverschreibung..................... 65 aa) Objektive Rechtsgrundtheorie..................................................................................... 65

bb) Subjektive Rechtsgrundtheorie................................................................................... 65 cc) Bewertung......................................................................................................................67 b) Bestimmung des Abstraktionswillens anhand der vertragstypischen Erklärungen...... 70 c) Folgen für abstrakte Forderungsrechte.............................................................................. 72

3. Ergebnis.................................................................................................................................... 73

III. Urkundenausstellung als Wesensmerkmal einer Namensschuldverschreibung......................... 74

1. Allgemeine Tendenz zur Zurückdrängung der Verkörperung bei Kapitalmarktpapieren. 74 2. Terminus „Schuldverschreibung“.......................................................................................... 77 3. Abhängigkeit der Anwendbarkeit wertpapierrechtlicher Sonderregeln bei Namenswert­ papieren von der Urkundenausstellung.............................................................................78 4. Ergebnis.................................................................................................................................... 80 IV. Die rechtsgeschäftlichen Hauptbestandteile (essentialia negotii) bei Namensschuld­ verschreibungen......................................................................................................................... 81

1. Begründung eines abstrakten und konstitutiven Zahlungsversprechens............................. 81 2. Bezeichnung des Gläubigers und des Schuldners..................................................................82 3. Angaben zum Leistungsinhalt und den Leistungsmodalitäten............................................. 87 4. Ergebnis.................................................................................................................................... 88 5. Notwendigkeit der Niederlegung eines Vorlegungserfordemisses im Urkundentext ?...... 88

§ 6 Wertpapiereigenschaft von NamensschuldVerschreibungen sowie Rechtsprobleme im Zusanunenhang mit Geltendmachung und Übertragung des verbrieften Rechts. 89 I.

Stand der Diskussion...................................................................................................................... 89

1. Verbrieftingsiunktionen.......................................................................................................... 91 2. Verbriefungszweck beim Namenspapier................................................................................ 92 3. Der enge Wertpapierbegrift' und seine Auswirkungen auf das Namenspapier.................... 93

Inhaltsveizeichnis

9

a) Sachenrechtliche Ühertragungsform als Abgrenzungskriterium des Wertpapier­ begriffs............................................................................................................................. 94 b) Zessionsrechtliche Behandlung von Namenspapieren..................................................... 95 4. Der weite Wertpapierbegriff...................................................................................................99 a) Grad der LegitimationsWirkung - Vorlegungserfordemis als Abgrenzungsmerkmal... 99

b) Auswirkungen des Vorlegungserfordemisses auf das Zessionsrecht............................ 101

5. Der neuere WertpapierbegriffKümpels............................................................................... 104 a) Vorlegungserfordemis als Abgrenzungsmerkmal bei Namensschuldverschreibungen ungeeignet..................................................................................................................... 104 b) Umfassender Einwendungsausschluß als entscheidendes Merkmal des Wertpapier­ rechts ..............................................................................................................................107

6. Konsens und Unterschiede bei der Beurteilung des Rechts der Namensschuldverschrei­ bungen............................................................................................................................... 110 a) Wertpapiereigenschaft von Namensschuldverschreibungen.......................................... 110

b) Materielle Ausgestaltung des Rechts der Namensschuldverschreibungen................... 112

II. Untersuchung der Interessenlagen der am Rechtsverkehr Beteiligten und eigener Lösungs­ ansatz .....................................................................................................................................114

1. Ziel der Untersuchung.......................................................................................................... 114 2. Konfliktfelder und Gefahrensituationen.............................................................................. 115 a) Problemkreis: Leistung an den Nichtberechtigten, Bedeutung der Papiervorlage für die Rechtsausübung, Legitimationswirkung und Vorlagezwang............................. 116 aa) Zahlung an den Nichtberechtigten durch den Schuldner....................................... 116

bb) Verlust der Urkunde durch den Gläubiger; Problem der Zahlung ohne Urkun­ denvorlage............................................................................................................ 116 b) Problemkreis: Grad der sachenrechtlichen Verknüpfung von Urkunde und Recht.... 116 aa) Traditionswirkung der Urkundenübergabe............................................................. 116

bb) Legitimationswirkung der Urkundeninhaberschaft................................................. 117

c) Problemkreis: Umfang des Ausschlusses von Einwendungen gegenüber einem red­ lichen Zessionar............................................................................................................ 117 aa) Schicksal von Einwendungen aus dem Grundgeschäft zwischen Schuldner und Erstgläubiger........................................................................................................ 117

bb) Umfang der Berücksichtigung erst nach einer Rechtsübertragung zwischen Schuldner und Zedenten entstandener Einwendungen..................................... 117 cc) Schutz des Vertrauens bei Erwerb einer im Verkehr belassenen forderungsent­ kleideten Urkunde vor dem Einwand der Erfüllung.......................................... 117

3. Methode und Gang der Untersuchung............................................................................ 118 § 7 Voraussetzungen der Befreiungswirkung einer Leistung des Schuldners an den Nicht­ berechtigten ................................................................................................................................119 I.

Ausgangslage................................................................................................................................ 119

II. Interessenlage............................................................................................................................... 120

1. Die Interesssen des Schuldners..............................................................................................120 a) Überprüfung der Berechtigung.........................................................................................121

b) Interesse an geringer Übertragungshäufigkeit................................................................. 121

10

Inhaltsverzeichnis

c) Interesse an schneller und sicherer Leistungserbringung............................................... 122

d) Risiko bei der Beachtlichkeit von Zessionsanzeigen..................................................... 122

e) Interesse an befreiender Leistung auch ohne Urkundenvorlage..................................... 123

f) Ermittlung der Berechtigung eines Zessionars................................................................. 123 2. Die Interessen des Erstgläubigers.......................................................................................... 123

a) Kein Interesse an starker Legitimationswirkung des Papiers......................................... 123

b) Kein Interesse an Vorlagepflicht......................................................................................124 3. Die Interessen des Zessionars................................................................................................ 124 a) Kein Interesse an Anzeigeobliegenheit............................................................................ 125

b) Interesse an Beachtlichkeit von Zessionsanzeigen..........................................................125

c) Leichter Nachweis der eigenen Berechtigung................................................................. 126 III. Die Bewertung der Interessen unter dem Blickwinkel der unterschiedlichen Ansätze.......... 126

1. Die Interessen des Zessionars................................................................................................ 127

a) Unzureichende Erwerberschutzmechanismen bei uneingeschränkter Geltung von Zessionsrecht................................................................................................................. 127 b) Erhöhter Schutz des Zessionars bei teleologischer Reduktion des § 407 Abs. 1 BGB durch das Vorlegungserfordemis................................................................................. 129 2. Die Interessen des Erstgläubigers.......................................................................................... 130

3. Die Interessen des Schuldners............................................................................................... 131

a) Umfassender Schuldnerschutz unter Geltung von uneingeschränktem Zessionsrecht 132 b) Einschränkungen des Schuldnerschutzes bei Vorlagezwang......................................... 133 IV. Zwischenergebnis zum Problem der Zahlung an den Nichtberechtigten vor Berücksich­ tigung der Interessenlage bei Urkundenverlust..................................................................... 134 § 8 Verlust der Urkunde durch den Gläubiger, Zahlung ohne Urkundenvorlage................... 136

I.

Die Interessenlage der Beteiligten................................................................................................ 136

1. DieInteressen des Schuldners................................................................................................ 136 2. DieInteressen des Erstgläubigers........................................................................................... 137 3. DieInteressen des Zessionars................................................................................................. 138 II. Bewertung der Interessenlage unter dem Blickwinkel der unterschiedlichen Ansätze.......... 138

1. Die Interessen von Schuldner und Erstgläubiger................................................................. 139 a) Optimaler Interessenschutz bei uneingeschränkter Anwendung des §407 Abs. 1 BGB................................................................................................... 139 b) Nachteile einer teleologischen Reduktion des § 407 Abs. 1 BGB............................... 139

2. Die Interessen des Zessionars................................................................................................ 142 § 9 Abwägung der Interessen und notwendige Rechtsfolgen zu den in § 7 und § 8 aufge­ worfenen Problemen................................................................................................................ 143 I.

Ausgangslage................................................................................................................................. 143

II. Zulässigkeit eines Aufgebotsverfahrens als Voraussetzung für eine Restriktion des §407 Abs. 1 BGB.................................................................................................................... 144

1. Keine gesetzliche Regelung des Aufgebotsverfahrens von Namensschuld­ verschreibungen ............................................................................................................... 144

Inhaltsverzeichnis

11

2. Analoge Normanwendung als „gesetzlich bestimmter Fall“ i.S.v.§ 946 Abs. 1ZPO....... 145 3. Systemwidrige Regelungslücke durch Nichtregelung einerAufgebotsmöglichkeit.......... 147 a) Bewußte Nichtregelung oder unbewußte Regelungslücke............................................ 147

b) Motive des Gesetzgebers..................................................................................................149

c) Veränderungen der Rechtstatsächlichkeit........................................................................ 151 4. Vergleichbarkeit der Interessenlage - Unabweisbares Bedürfnis für ein AufgebotsVerfahren bei allen mit Vorlegungszwang ausgestatteten Papieren............................ 152

II. Abwägung der schutzwürdigen Interessen................................................................................. 153

1. Kaum schutzwürdige Interessen des Erstgläubigers........................................................... 153

2. Betrugsgefahr bei befreiender Zahlung ohne UrkundenVorlage........................................ 155 3. Risikoverteilung bei Erfüllung der Anzeigeobliegenheit i.S.v. § 407 Abs. 1 BGB........ 158 4. Überwiegen der Schutzwürdigkeit des Zessionars gegenüber den Erstgläubiger­ interessen........................................................................................................................... 158 5. Widersprüchliches Verhalten des Schuldners bei Zahlung ohne Urkundenvorlage........ 160

6. Fazit........................................................................................................................................ 162

IV. Ergebnis......................................................................................................................................... 164

§10 Rechtsscheinwirkung der Urkimdeniimehabung zu Lasten des Berechtigten................ 167

I.

Die Interessenlage..........................................................................................................................168

1. Die Interessen des Erstgläubigers......................................................................................... 168 2. Die Interessen des Zessionars................................................................................................169 3. Die Interessen des Schuldners...............................................................................................169 II. Interessenabwägung und notwendige Rechtsfolgen.................................................................. 169 1. Zur gesetzlichen Ausgangssituation..................................................................................... 170

2. Neubewertung aufgrund veränderter Interessenlage ?........................................................ 171 3. Mangelnde Schutzwürdigkeit des Erwerbers einer Namensschuldverschreibung ...........172

a) Zumutbarkeit einer Prüfung der Berechtigung des Veräußerers durch den Erwerber 172 b) Kein Vertrauen im Rechtsverkehr auf die Legitimation der Berechtigung des Ver­ äußerers durch ein Namenspapier............................................................................... 174

c) Verstoß gegen numerus clausus der mit sachenrechtlichen Eigenschaften ausge­ statteten Urkunden........................................................................................................175 4. Ergebnis.................................................................................................................................. 177

§11 Traditionswirkung der Papierübergabe.................................................................................. 178 I.

Anwendbarkeit des sachenrechtlichen Traditionsprinzips auf Namensschuld­ verschreibungen ..................................................................................................................... 179 1. Papierinnehabung kein Indiz für die Möglichkeit der Rechtsausübung............................ 181

2. Kein Schutz des Vertrauensauf Rechtsschein des Papierbesitzes....................................... 182 3. Keine Notwendigkeit der Publizität.................................................................................... 182 4. § 413 BGB auch auf Inhaberschuldverschreibungen anwendbar...................................... 183

5. Erlangung des Urkundenbesitzes als Erwerberobliegenheit................................................184 II. Ergebnis........................................................................................................................................ 185

12

Inhaltsverzeichnis

§ 12 Umfang eines Einwendungsausschlusses bei Namensschuldverschreibungen.............. 186

I.

Die Interessenlage..........................................................................................................................187

1. Die Interessen des Schuldners...............................................................................................187 a) Erhalt sämtlicher Einwendungen..................................................................................... 187

b) Insbesondere der Erfullungseinwand............................................................................... 187 c) Sicherungsinteresse überwiegt Interesse an erhöhter Fungibilität................................. 188

2. Die Interessen des Erstgläubigers......................................................................................... 188

3. Die Interessen des Zessionars................................................................................................189

a) Gefahr des Verlusts der Gegenleistung bei fehlendem Einwendungsausschluß......... 189 b) Interesse an Einziehung von forderungsentkleideten Urkunden durch den Schuldner 190 II. Interessenabwägung und Rechtsfolgen....................................................................................... 191

1. Vorüberlegung........................................................................................................................191 a) Differenzierung der Einwendungen aufgrund der Abstraktheit der Namensschuld­ verschreibung vom Kausalgeschäft............................................................................. 191 b) Bestimmte Einwendungen auch durch wertpapierrechtlichen Einwendungsaus­ schluß nicht präkludierbar........................................................................................... 193 2. Abgrenzung zwischen grundsätzlich präklusionsfahigen und generell nicht ausschließ­ baren Einwendungen gegen die abstrakte Forderung..................................................... 193 a) Unmittelbare Einwendungen...................................

194

b) Urkundliche Einwendungen.............................................................................................195 c) Zurechenbarkeitseinwendungen...................................................................................... 195

3. Zessionsrechtliche Grenzen für einen Einwendungsausschluß........................................... 197

a) Umfassender Einwendungsausschluß mit Übertragungsweise und Verkehrsinteres­ sen unvereinbar............................................................................................................. 197 b) Zessionsrechtliche Ansätze zum Ausschluß einzelner Einwendungen......................... 200 4. Ausschluß einzelner Einwendungen aufgrund der besonderen Interessenlage bei Na­ mensschuldverschreibungen............................................................................................. 201

a) Einwand der Erfüllung..................................................................................................... 201 b) Verkehrsinteresse an einem Ausschluß des Erfullungseinwands bei Belassen der wertlosen Urkunde im Verkehr durch den Schuldner............................................... 202 aa) Kein Vertrauenstatbestand im Verhältnis zum Zedenten........................................ 202

bb) Schutzwürdiges Vertrauen im Verhältnis zum Schuldner...................................... 204 c) Vereinbarkeit eines Ausschlusses des Erfullungseinwandes bei wissentlichem Be­ lassen der forderungsentkleideten Urkunde im Verkehr mit den Grundaussagen des Zessionsrechts........................................................................................................ 209 d) Anwendung auf weitere im Rechtsverkehr bedeutsame Einwendungen......................214 III. Ergebnis......................................................................................................................................... 216 § 13 Wertpapiereigenschaft von Namensscluildverschreibungeii............................................. 218 § 14 Zusaiiunenfassung der Ergebnisse zum 2.Teil...................................................................... 222

I.

Rechtsbegründung........................................................................................................................ 222

II. Wertpapiereigenschaft.................................................................................................................. 223

Inhaltsverzeichnis

13

III. Behandlung im Rechtsverkehr.................................................................................................... 224 1. Einschränkungen des Schuldnerschutzes durch Vorlegungserfordemis............................ 224

2. Unanwendbarkeit sachenrechtlicher Übertragungsregeln...................................................224 3. Einwendungsausschluß ....................................................................................................... 225

§ 15 Exkurs: Die Rektapapiere im schweizerischen und österreichischen Recht....................227

I.

Die „Namenpapiere“ im Obligationenrecht der Schweiz.......................................................... 227

II. Die Namenspapiere im System des österreichischen Wertpapierrechts................................... 232

3. Teil: Der Sparkassenbrief als umlauffähiges Anlagepapier im Geschäfts­ verkehr.......................................................................................... 236 §16 Emissionspraktiken...................................................................................................................... 238

I.

Tendenz zur Emission unverbriefter Rekta-„papiere“............................................................... 238

II. Die Urkundenausgabe.................................................................................................................. 240

III. Die Urkunde im Behalt der Sparkasse....................................................................................... 240 IV. Die „Stundungslösung“................................................................................................................ 242

1. Entstehung des Anspruchs aus dem Sparkassenbrief nach der „Stundungslösung“....... 244 2. Rechtsqualität der Urkunde bei späterer Verbriefung........................................................ 246 3. Rechtscharakter der Sparkassenbriefforderung bei der „Stundungslösung“................... 246 a) Unzulässigkeit der Depotverwahrung.............................................................................247

b) Einlagencharakter von Sparkassenbriefforderungen nach der „Stundungslösung“.... 248

§ 17 Problenisituationen bei Begründung der Sparkassenbriefforderung im Zweiperso­ nenverhältnis ....................................................................................................................... 253

I. Unwirksamkeit von Rechtsverhältnissen.................................................................................... 253

1. Fehlerhaftigkeit des abstrakten Zahlungsversprechens aus dem Sparkassenbrief........... 254 a) Isolierte Unwirksamkeit des Begebungsvertrags ohne Ausgabe einer Urkunde........ 255 b) Isolierte Unwirksamkeit des Schuldversprechens bei Urkundenausgabe.................... 257 2. Fehlerhaftigkeit der Begebungsabrede.................................................................................259 3. Fehlerhaftigkeit des Rechtskaufvertrags..............................................................................260 II. Sonderfall: Erwerb des Sparkassenbriefs durch Minderjährige.................................................262

§ 18 Anlage zugunsten oder auf den Namen eines Dritten........................................................... 266 I.

Sofortiger Rechtserwerb des Dritten bei Kauf des Sparkassenbriefs........................................ 267

1. Vertragliche Konstruktion.................................................................................................... 267 2. Rückabwicklung bei Unwirksamkeit einzelner Rechtsverhältnisse in der Dreieckskon­ stellation............................................................................................................................274 a) Störungen im Vollzugsverhältnis.................................................................................... 274 b) Störungen im Deckungsverhältnis................................................................................... 275 c) Störungen im Valutaverhältnis........................................................................................ 279

14

Inhaltsverzeichnis

II. Kauf eines Sparkassenbriefs mit zeitlich verzögertem Rechtserwerb des Dritten................... 279

1. Spätere Verfügung zugunsten eines Dritten mit unmittelbarem Gläubigerwechsel........281 2. Verfügung zugunsten eines Dritten mit zeitlich verzögertem Gläubigerwechsel............ 284 3. Sonderfall: Verfügung zugunsten eines Dritten auf den Todesfall.................................... 287

§ 19 Gläubigennehrheiten an Sparkassenbriefeii.......................................................................... 293 I.

„Oder“-Konstellation.................................................................................................................... 294

II. „Und“-Konstellation..................................................................................................................... 295 III. Rechtgeschäftliche Entstehungsvoraussetzungen...................................................................... 295

IV. Wirksamkeitsmängel.................................................................................................................... 297 § 20 Wirkungen einer schriftrechtlichen Haftung bei Sparkassenbriefen................................ 299

I.

Rechtsfolgen der schriftrechtlichen Haftung............................................................................... 300

II. Reichweite der schriftrechtlichen Haftung bei Sparkassenbriefen............................................ 303 §21 Rechtsprobleme bei Verwahrung und Verwaltung effektiver Sparkassenbriefe........... 306 § 22 Übertragung von Sparkassenbriefen ...................................................................................... 311

§ 23 Der Sparkassenbrief als Kreditsicherheit...............................................................................312

I.

Die Verpfändung.......................................................................................................................... 313

1. Gesetzliche Ausgangssituation............................................................................................. 313 a) Tatbestand!iche Voraussetzungen der Pfandrechtsbestellung an Sparkassenbriefen ..313

aa) Pfandrechtsbestellung an Namensschuldverschreibungen als ForderungsVer­ pfändung ............................................................................................................... 314

bb) Konstitutive Wirkung der Anzeige nach § 1280 BGB für die Pfandrechtsbe­ stellung.................................................................................................................. 315 cc) Reichweite der Belastung ......................................................................................... 320 b) Verwirklichungdes Pfandrechts an Namensschuldverschreibungen............................ 321 2. Die Verpfandung an die Schuldnersparkasse...................................................................... 323

a) Zulässigkeit der Begründung des Pfandrechts an eigener Schuld................................. 323 b) Bedeutung des AGB-Pfandrechts der Banken und Sparkassen................................... 325 aa) Reichweite des AGB-Pfandrechts.............................................................................325

bb) Faktische Entwertung des Sparkassenbriefs als Sicherungsmittel gegenüber einem anderen Sicherungsnehmer als dem Aussteller....................................... 327 cc) Enthaftung.................................................................................................................. 328 c) Verwertung des Pfandrechts an eigener Schuld.............................................................. 330 aa) Probleme bei unterschiedlichem Schicksal von Hauptforderung und Zinsansprüchen.................................................................................................... 333

bb) Pfandrecht an eigener Schuld als rechtsgeschäftlich verfestigte Aufrechnungs­ position ................................................................................................................. 335 3. Verpfändung an einen Dritten.............................................................................................. 336

II. Die Sicherungsabtretung.............................................................................................................. 337

1. Vollrechtsübertragung zu Sicherungszwecken an einen Dritten........................................337 a) Vollrechtsübertragung durch antezipierteAGB-Sicherungszession der Sparkassen...337

Inhaltsverzeichnis

15

b) Vollrechtsübertragung durch individuelle Sicherungsabtretung.................................. 341 c) Auswirkungen des AGB-Pfandrechts der Sparkassen.................................................... 341

2. Sicherungsabtretung an die Schuldnersparkasse................................................................ 343 § 24 Der Sparkassenbrief als Vennögensgegenstand in der Zwangsvollstreckung............... 346

I.

Das Verfahren der Zwangsvollstreckung in Sparkassenbriefe ................................................ 346 1. Sachpfändungsmodell............................................................................................................ 346 2. Forderungspfandungsmodell ................................................................................................ 348 3. Bewertung und eigene Ansätze............................................................................................ 349

II. Verwertungsmöglichkeiten......................................................................................................... 356

III. Zwangsvollstreckung in unverbriefte Sparkassenbriefe nachder Stundungslösung................ 358

Literaturverzeichnis............................................................................................................................ 359

Anhang Anhang I:

Marktstatistiken........................................................................................................ 371

Anhang II:

Formularsammlung................................................................................................... 379

Anhang III:

Auszugsweiser Abdruck schweizerischer und österreichischer Gesetzestexte...... 405

Sachwortregister...................................................................................................................................413

Abkürzungen ABGB

Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch für Österreich

AT

Allgemeiner Teil

BGE

Entscheidungen des schweizerischen Bundesgerichts

BT

Besonderer Teil

EvBl

Evidenzblatt der Entscheidungen und des Schrifttums (Österreich)

iVm.

in Verbindung mit

m.w.Nw.

mit weiteren Nachweisen

OR

Schweizerisches Obligationenrecht

SJZ

Schweizerische Juristen - Zeitung

SZ

Entscheidungen des österreichischen Obersten Gerichtshofes in Zivilsachen

Zbl

Zentralblatt für das Deutsche Reich

ZGB

Zivilgesetzbuch der Schweiz

Die übrigen Abkürzungen folgen Kirchner, Hildebert: Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 4. Auflage 1993, Berlin, New York.

§ 1 Einleitung L Zielsetzung Namensschuldverschreibungen, die überwiegend als Spar- und Sparkassen­ briefe1 am Kapitalmarkt zu finden sind, bilden eine Randerscheinung im deutschen Wertpapierrecht. Sie gehören nicht zu den gesetzlich typisierten Wertpapieren, und ihre Einordnung in das von der Rechtslehre entwickelte System eines allgemeinen Teils des Wertpapierrechts ist umstritten.

Diese Untersuchung verfolgt deshalb zwei Ziele: Mit der wertpapierrechtli­ chen Betrachtung von Namensschuldverschreibungen anhand der Vertragsge­ staltung der Spar- und Sparkassenbriefe soll die Praxis der Kreditinstitute im Umgang mit diesen Papieren auf ein festes wertpapierrechtliches Fundament gestellt werden. Die bei dieser Untersuchung gewonnenen grundsätzlichen Er­ kenntnisse sollen darüberhinaus einen Beitrag zur dogmatischen Aufarbeitung des Rechts der Namensschuldverschreibung leisten.

IL Die Namensschuldverschreibungen als eine vom Gesetzgeber vergessene Rechtsform

Die Einteilung der Wertpapiere in Inhaber-, Order- und Rekta- oder Na­ menspapiere, die sich überall in Rechtsprechung und Literatur findet, basiert auf der im Gesetz vorgesehenen Typik der abgestuften Umlauffreundlichkeit der Wertpapiere.2 Während Inhaber- und Orderpapiere eine reiche wissen­ schaftliche Bearbeitung erfahren haben und auch in den zusammenfassenden Darstellungen der Kommentare und Lehrbücher regelmäßig in aller Ausführ­ lichkeit behandelt werden, führt das Rektapapier ein wissenschaftliches „Mauerblütendasein“3

1 Zur näheren Differenzierung der vorkommenden Rechtsformen vgl. Teil AII1. 2 Koller, WM 1981, S.474.

3 Deutlich der Titel des Beitrags vvn Franke DB 1983, S.377: „Stiefkind der Juris­ prudenz: die Namensschuldverschreibung/' 2 Seitz

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§ 1 Einleitung

Es fällt auf, „daß auch der BGB-Gesetzgeber der Regelung der Rektapapie­ re wenig Beachtung geschenkt hat“.4 Dies mag seine Ursachen darin haben, daß Rektapapiere sich nicht als Rechtsobjekte mit einer einheitlichen Lebens­ bedeutung erfassen lassen, sondern verstreut im BGB und den Spezialgesetzen den unterschiedlichsten Zwecken dienen.3 So reicht ihre gesetzliche Regelung über die Verbriefung der Grundschulden (§§ 1192 iVm. § 1116 BGB), Hypo­ theken (§1116 BGB) und Rentenschulden (§§ 1199, 1192, 1116 BGB), die in ihrer sachenrechtlichen Ausgestaltung die Verwandtschaft zu den Wertpapie­ ren des öffentlichen Glaubens nicht verleugnen können,6 bis hin zu den schuldrechtlich geprägten Formen der Anweisung (§ 783 ff. BGB)7 und des qualifizierten Legitimationspapiers (§ 808 BGB).8 Daneben gehören einige spezialgesetzlich geregelte Randerscheinungen zur Gattung der Rektapapiere, wie Rektawechsel und -Scheck, die als Papiere des Zahlungsverkehrs lediglich geborene Orderpapiere mit negativer Orderklausel sind.9 Auch Ladescheine, Lagerscheine, Konnosseemente, kaufmännische

4 So Koller, Gutachten S.1430 (1456).

3 Koller, Gutachten S.1456. 6 Man beachte nur die Regelungen der § 1156 ff. BGB. Danach verschaffen die in der Regel auf dem Brief vermerkten öffentlich beglaubigten Abtretungserklärungen dem so legitimierten Letzterwerber eine ähnlich formal geschützte Rechtsposition, wie dies eine Indossamentenkette auf einem Wechsel, einem geborenen Orderpapier, be­ wirkt. Daneben finden sich auch bei diesen Papieren Grundzüge eines skripturalen Einwendungsausschlusses. Weil die Möglichkeit besteht, Einreden gegen das Grund­ pfandrecht durch Vermerk auf dem Brief zu dokumentieren, ist wegen §§ 1155/1157 BGB die Grundlage geschaffen, daß Gegenrechte vom gutgläubigen Erwerber eines nicht mit einem Vermerk versehenen Briefs „wegerworben“ werden können. Der Wertpapiercharakter dieser Papiere ergibt sich aus dem Vorlageerfordemis des § 1160 BGB (Baumbach-Hefermehl WPR Rz. 65).

7 Eine solche Anweisung ist zum Beispiel die eurocheque-Karte, durch die der Be­ nutzer des ec-Geldautomaten bei der kontoführenden Bank Geld abhebt oder eine an­ dere Bank ermächtigt, eine Zahlung an ihn zu Lasten der kontoführenden Bank vorzu­ nehmen {Baumbach-Hefermehl WPR Rz.66). 8 Das qualifizierte Legitimationspapier hat als Sparbuch die weiteste Verbreitung gefunden.

9 Art. 11 Abs. 2 WG und Art. 14 Abs. 2 SchG; zu den Rektapapieren gehören eben­ so die protestierten und präjudizierten Wechsel und Schecks nach Art. 20 WG und Art. 24 SchG.

§ 1 Einleitung

19

Anweisungen und Verpflichtungsscheine können gemäß § 363 HGB sowohl als Order- als auch als Rektapapiere ausgestellt werden.10

Die nicht im Gesetz typisierte Rechtsform der Rekta- oder Namensschuld­ verschreibung11 ist dagegen ein Produkt der Vertragsfreiheit. Die Ver­ tragspraxis des Kapitalmarktes hat mit ihr ein Instrument der Kapitalanlage geschaffen, das im Zeitraum der letzten dreißig Jahre wirtschaftlich immer stärker an Bedeutung gewonnen hat. Als Spar- und Sparkassenbriefe, Kom­ 10 Der Vollständigkeit halber mag an dieser Stelle noch der Kuxschein gemäß §§ 105, 108 PrAllgBergG genannt werden, der jedoch, weil die Bergrechtliche Gewerk­ schaft als Rechtsform verschwunden ist, seine praktische Bedeutung verloren hat. 11 Zur Terminologie: In der wertpapierrechtlichen Literatur und auch in der Recht­ sprechung hat sich die synonyme Verwendung der Begriffe Rekta- und Mzwe^spapier eingebürgert. Dies wird von einigen Autoren im Grunde zu Recht als unpräzise kriti­ siert (vgl. Bornemann, Rz. 0652; Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.22). Da die Be­ zeichnung „Namenspapier“ nur aussage, daß die Urkunde zwingend den Namen des Berechtigten tragen müsse, sei sie ein Oberbegriff für die Rekta- und die ebenfalls den Namen des ersten Nehmers mit einem Orderzusatz tragenden Orderpapiere. Diese Übergeordnetheit des Begriffs „Namenspapier“ beweise auch die Formulierung des Aktiengesetzes, das in den §§10 Abs. 1, 24 Abs. 1 S.l und 68 Abs. 1 AktG zwar von „Namensaktien“ spricht, jedoch anordnet, daß diese durch Indossament übertragen werden können und damit eindeutig Orderpapiere mit der Bezeichnung „Namens­ papier“ bezeichnet (heute unstreitig). Zuzugeben ist, daß die Verwendung des Begriffs „Namenspapier“ als Oberbegriff für Order- und Rektapapiere begrifflich und damit rechtlich exakter ist als die termino­ logische Gleichsetzung von Rekta- und Namenspapier. Andererseits ist die synonyme Verwendung der beiden Begriffe so verbreitet, daß auch sie als anerkannter terminus technicus anzusehen ist. Wegen der allgemein vorgenommenen gedanklichen Verknüp­ fung von Orderpapieren mit der Übertragungsfbrm des Indossaments und von Rektaoder Namenspapieren mit der zessionsrechtlichen Übertragungsweise erscheint es je­ doch zweckmäßig, weil unmißverständlicher, nicht begrifflich exakt zu unterscheiden. Wie verbreitet diese Begriffsbildung mittlerweile ist, beweist auch die Tatsache, daß verschiedene Landesgesetzgeber in den Sparkassengesetzen und -Verordnungen der Länder von Inhaber-, Order- und Nawensschuldverschreibungen (vgl. zum Beispiel § 8 SpkAO Thüringen, § 9 SpkVO NW ) sprechen und dabei mit Namensschuldverschrei­ bungen gesetzlich die Ausgabe von Rektapapieren vorsehen. Auch in der Praxis wer­ den die einheitlichen Vordrucke des Sparkassenverlages mit der Bezeichnung „Na­ mensschuldverschreibung“ für die Ausgabe von Rektapapieren verwendet (vgl. § 9 Niedersächsische SpkVO). In dieser Untersuchung werden deshalb die Begriffe Rektapapier und Namenspapier gleichbedeutend nebeneinander für die Bezeichnung von auf den Namen ausgestellten Urkunden ohne Orderklausel und mit grundsätzlich zessionsrechtlicher Übertragungs­ weise verwandt. 2*

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§ 1 Einleitung

munalobligationen und Hypothekenpfandbriefe sowie Industrieschuldver­ schreibungen werden heute bedeutende Kapitalmengen in Namensschuldver­ schreibungen angelegt.12

Umgekehrt proportional zu deren wirtschaftlicher Bedeutung erweist sich jedoch das Ausmaß der dogmatischen Durchdringung des Rechts der Namens­ schuldverschreibung. Der BGB-Gesetzgeber hat den Namensschuldverschrei­ bungen nur eine einzige Regelung zukommen lassen: § 806 BGB sieht eine Umschreibung von Inhaberschuldverschreibungen auf den Namen eines be­ stimmten Berechtigten und damit die Umwandlung in eine Namensschuldver­ schreibung vor. Doch schon die Rechtsfolgen einer solchen Umwandlung läßt der Gesetzgeber im Dunkeln. Auch die rechtswissenschaftliche Literatur wid­ met den Namensschuldverschreibungen nur sehr geringe Aufmerksamkeit.13 Dabei muß betont werden, daß das Recht der Namensschuldverschreibun­ gen durchaus kein für die Praxis unerhebliches Randgebiet des Wertpapier­ rechts bildet. Daß die Stellung des Namenswertpapiers zwischen Schuld- und Sachenrecht auch der Praxis nicht selten Probleme bereitet, zeigt eine Fülle von bundes- und oberlandesgerichtlichen Entscheidungen, die in letzter Zeit zu als Sparbriefen ausgegebenen Namensschuldverschreibungen ergangen sind.

Beispielhaft angerissen betreffen sie Schwierigkeiten bei der Anlage zu­ gunsten Dritter,14 Fragen bezüglich der Möglichkeit zur befreienden Leistung bei ungewisser Gläubigereigenschaft,15 Aspekte der Übertragung,16 Verpfän12 Zu näheren statistischen Angaben vgl. die Tabellen 1-5 im Anhang I. 13 Bezeichnend der Titel des Aufsatzes von Franke in DB 1983, S.377 ff, „Stiefkind der Jurisprudenz: die Namensschuldverschreibung“ vgl. bereits oben bei Fn.3.

14 OLG Hamm Beschluß vom 13.1.0.1986 (Aktz. 11 W 2/86), WM 1987, S.1128 f.; mit Anmerkungen Welter WuB I C 2. - 11.87 und Zotz EWiR § 328 BGB 1/87, S.547; OLG Hamm Urteil vom 28.11.1990 Aktz. 31 U 161/90, WM 1991, S.984 f; mit An­ merkung Denzer WuB I C 2. - 2.91; OLG Celle Urteil vom 10.1.1990 (Aktz. 3 U 45/89), WM 1990, S.1706 f.; mit Anmerkung Bales WuB I C 2. - 6.90; BGH Urteil vom 9.7.1992 (Aktz. XU ZR 156/90 Oldenburg), WM 1992, S.1987; mit Anmerkung Harder WuB IV A § 826 BGB 1.93; OLG Celle Urteil vom 16.2.1994 (Aktz. 3 U 84/93), WM 1994, S.1069; mit Anmerkung Vortmann EWiR § 276 BGB 5/94, S.641; OLG Celle Urteil vom 6.9.1995 (Aktz. 3 U 176/94),WM 1995, S.1953; OLG Köln Urteil vom 31.5.1995 (Aktz. 2 U 181/94), WM 1995, S.1954.

15 OLG Hamm Urteil vom 18.7.1986 (Aktz. 11 U 326/85), WM 1986, S.1552 ff; mit Anmerkungen Alisch EWiR § 362 BGB 1/87, S.25 und Welter WuB I C 2. - 4.87; BGH Urteil vom 7.7.1992 (Aktz. ZR 239/91 Köln), WM 1992, S.1522; mit Anmer­

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dung und Sicherungsabtretung verbriefter Forderungen,17 insbesondere bei unterschiedlichem Schicksal von Kapital- und Zinsforderungen18 bis hin zur Kündigungsmöglichkeit19 und der Vorgehensweise bei der Zwangsvollstrek­ kung in Sparkassenbriefe.

Daneben besteht eine Vielzahl von Problemen, deren rechtliche Lösung al­ lein deshalb nicht klar abgesteckt ist, weil die Praxis sie nicht im Wege des Konflikts, sondern der Kulanz zu lösen sucht.20 Diese Vorgehensweise er­ scheint wirtschaftlich und geschäftspolitisch sinnvoll, befriedigt jedoch aus rechtlicher Sicht nicht. Diese Untersuchung will deshalb einen Beitrag dazu leisten, anhand der beispielhaften Untersuchung bestimmter Namensschuldverschreibungen die Strukturen dieser Rechtsform offenzulegen, und mithelfen, den Namens­ schuldverschreibungen auf rechtlichem Gebiet jene Bedeutung zukommen zu lassen, die sie wirtschaftlich längst erlangt haben.

kung Harder WuB I B 2. - 1.93; OLG Düsseldorf Urteil vom 14.4.1994 (Aktz. 6 U 90/93), WM 1994, S.2236 ff.

16 BGH Urteil vom 25.6.1987 (Aktz. IX ZR 199/86, Köln), WM 1987, S.1038; mit Anmerkung Zotz WuB IV A. § 747 BGB 1.87. 17 LG Konstanz Urteile vom 27.11.1981 (Aktz. 3 HO 102/87) WM 1988, S.818 und vom 21.1.1988 (Aktz. 2 O 384/87), WM 1988, S.1124; mit Anmerkung zu beiden Ur­ teilen Soehring WuB IG 2 a. - 2.88; OLG Düsseldorf Urteil vom 16.7.1992 (Aktz. 6 U 140/91), WM 1992, S.1937 ff.; mit Anmerkungen Rimmelspacher WuB I F 2. - 1.93 und Steiner EWiR § 1283 BGB 1/93, S.255; BGH Urteil vom 19.9.1989 (Aktz. XI ZR 179/88, München), WM 1989, S.1640; mit Anmerkung Rimmelspacher WuB I D 1. 2.90. 18 OLG Düsseldorf Urteil vom 16.7.1992 (Aktz. 6 U 140/91), WM 1992, S.1937 ff ; mit Anmerkungen Rimmelspacher WuB I F 2. - 1.93 und Steiner EWiR § 1283 BGB 1/93, S.255.

19 BGH Urteil vom 23.10.1986 (Aktz. m ZR 144/85, Frankfurt), WM 1987, S.101 ff; mit Anmerkung Hadding EWiR § 247 BGB 1/87, S. 121. 20 Deutlich wird dies zum Beispiel bei den rechtlichen Folgen im Fall des Verlusts eines Sparkassenbriefs. Die Frage nach der Notwendigkeit eines Aufgebotsverfahrens wird deshalb weitgehend verdrängt, weil die Kreditinstitute idR. auch ohne Papiervor­ lage im Vertrauen auf die Bonität des Kunden auszahlen.

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§ 1 Einleitung

III. Der Sparkassenbrief als „Prototyp“ der Namensschuldverschreibung

Den zahlenmäßig weitaus größten Anteil an Vertragsabschlüssen über im Verkehr befindliche Namensschuldverschreibungen haben die von den Kredit­ instituten ausgegebenen Spar- und Sparkassenbriefe. Der Sparkassenbrief bil­ det aufgrund seiner gesetzlichen Festlegung21 auf die Rechtsform des Namens­ papiers dabei den Prototyp der Namensschuldverschreibungen des Kapital­ marktes. Es ist somit sinnvoll, die wertpapierrechtliche Untersuchung auf den Teilbereich der Vertragsrealität von Spar- und Sparkassenbriefen zu beschrän­ ken. Dabei kann und soll die rechtliche Qualifizierung und Einordnung der Spar-/ Sparkassenbriefe jedoch gleichzeitig dazu dienen, grundsätzliche Struk­ turen im Recht der Namensschuldverschreibungen darzulegen. Der exemplari­ schen Einordnung dieser Papiere kommt deshalb auch eine allgemeinere wert­ papierrechtliche Bedeutung zu.

IV. Gang der Darstellung

Nach einer Übersicht über die geschichtliche Entwicklung der Sparbriefe am Kapitalmarkt und einer Darstellung der Vielzahl der in der Vertragspraxis vorkommenden Rechtsformen bei der Ausgestaltung dieses Anlagepapiers sollen die Namensschuldverschreibungen am Beispiel des Sparkassenbriefs als der zahlenmäßig bedeutsamsten Namensschuldverschreibung des Kapital­ markts in ein allgemeines System des Wertpapierrechts eingeordnet werden. Dabei soll das Hauptaugenmerk auf die Entstehung und Übertragung des verbrieften Rechtes sowie dessen Einwendungsfreiheit im Rechtsverkehr ge­ richtet werden. Ausgangspunkt ist dabei die Vertragsrealität, Beurteilungs­ maßstab in Ermangelung einer gesetzlichen Regelung die Bewertung der In­ teressenlage der am Rechtsverkehr Beteiligten in spezifischen Konfliktsitua­ tionen.

21 Nach der Legaldefinition vieler landesrechtlicher Sparkassengesetze und -Ver­ ordnungen „...können Sparkassen auf bestimmte Personen lautende Schuldverschrei­ bungen (Namens- oder Rektapapiere) mit der Bezeichnung Sparkassenbrief ausgeben vgl. dazu in § 4 I die Nachweise der im einzelnen nur geringfügig abweichenden Formulierungen der SparkassenVerordnungen der einzelnen Bundesländer in Fn. 1 und

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Auf dem Boden der so gewonnenen grundsätzlichen Erkenntnisse können danach typische Problemfelder der Praxis zwischen Entstehung und Erlöschen der in Sparkassenbriefen verbrieften Rechte erörtert werden. Dies sind insbe­ sondere Anlageformen zugunsten Dritter und die Verwendung des Sparkas­ senbriefs als Kreditsicherheit bei Verpfändung und Sicherungsabtretung des verbrieften Rechtes. Den Abschluß bildet eine Untersuchung über die Zwangs­ vollstreckung in Sparkassenbriefe.

1. Teil: Der Sparbrief als eine Sonderform der Schuldverschreibungen des Kapitalmarktes

§ 2 Entwicklung Die Ausgabe von Sparbriefen reicht bis in das Jahr 1929 zurück.1 Nach dem Vorbild der von den englischen Sparkassen ausgegebenen „saving certifica­ tes"2 kam auch in Deutschland der Gedanke auf, Sparanlageformen zu verbrie­ fen, um für den Kleinanleger ein negotiables, aber gleichwohl kursrisikofreies Anlagepapier zu schaffen. Im Jahre 1929 begann zuerst die Deutsche Bankund Discontogesellschaft, später auch die Preußische Zentralgenossenschafts­ kasse, „Sparbriefe" in der Rechtsform des kaufmännischen Verpflichtungs­ scheins ohne Orderklausel gemäß § 363 Abs. 1 HGB auszugeben;3 diese waren bei einer Laufzeit von 2-3 Jahren auf Beträge von mindestens 50,- Reichsmark oder einem Vielfachen davon ausgestellt. Um die Liquidität des Kunden zu vergrößern und die Werbekraft des Sparbriefes auch für den Kleinstanleger zu erhöhen,4 wurde die Methode der Abzinsung gewählt, d.h. die Verzinsung wurde durch ein entsprechendes Disagio bei der Ausgabe des Sparbriefes er­ reicht. Während der Laufzeit des Briefs war dessen Übertragung vertraglich ausgeschlossen. Der Erwerber erhielt am Ende der Laufzeit gegen Rückgabe des Sparbriefes und Nachweis seiner Legitimation den Nennbetrag ausge­ zahlt.5

1 Avancini, S.42 mit weiteren Nachweisen in Fn. 163. 2 Hennig, Bankw 1930-31, S.398 (399); Berg, Bankw 1930-31, S.590. 3 Baumann, Der Volkswirt 1964, Beilage zu Heft 44, S.22. 4 So Hennig, Bankw 1930-31, S.399; Avancini S.42.

5 Diese „Sparbriefe“ stellten jedoch nur Beweisurkunden über Spareinlagen dar und waren keine echten Wertpapiere, Die Bank 1929, S.759 ff (N.N. „ Großbanken und Spargeschäft“); Baumann, Der Volkswirt 1964, Beilage zu Heft 44, S.22.

§ 2 Entwicklung

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Nachdem die damals ausgegebenen Papiere eine gewisse Verbreitung ge­ funden hatten, ging diese Form der Geldanlage bedingt durch die Wirren des zweiten Weltkriegs und die Auswirkungen der Währungsreform im Jahr 1948 wieder verloren.6 Erst 19647 wurde der Sparbrief von den Volksbanken als Bankengruppe in Deutschland „wiederentdeckt".8 Ziel einer Wiederbelebung dieser Anlageform war es, die Palette der Anla­ gemöglichkeiten durch ein Papier zu ergänzen, das eine Zwischenstellung zwischen den herkömmlichen Spareinlagen und den börsengängigen, festver­ zinslichen Wertpapieren einnehmen sollte.9 Daneben sollte durch die Ausgabe dieser wertpapierähnlichen Sparform eine neue Quelle der Mittelbeschaffung zur Deckung eines wachsenden längerfristigen Kreditbedarfes der mittelstän­ dischen Wirtschaft erschlossen werden.10 Zu diesem Zweck wurden in kleiner Stückelung ab 1000,- DM abgezinste wertpapierähnliche Obligationen ausge­ geben, die nicht an der Börse handelbar waren, deren Gegenwert somit der ausgebenden Bank über die Laufzeit erhalten blieb und die nach 5 Jahren zum Nennwert eingelöst wurden.11

Dieser Sparbrief war rechtlich als kaufmännischer Verpflichtungsschein ohne Orderklausel gemäß § 363 Abs. 1 RGB ausgestaltet,12 der von einer der fünf genossenschaftlichen Zentralkassen auf den Namen der jeweiligen Volks­ bank ausgestellt wurde. Dadurch wurde die damals für ähnlich ausgestattete Inhaberschuldverschreibungen erforderliche staatliche Genehmigung des Bun­ deswirtschaftsministers gemäß § 795 Abs. 1 BGB1' entbehrlich. In der Spar­ brief-Urkunde verpflichtete sich die Zentralkasse, an die Volksbank den ver­ brieften Betrag nach Ablauf von 5 Jahren gegen Urkundenvorlage zu zahlen. Die betreffende Volksbank verkaufte die Sparbriefe an ihre Kunden zu dem

6 Zu den katastrophalen Auswirkungen dieser Währungsreform und dabei insbeson­ dere der „Kopfquotenanrechnung" auf den Bestand der Sparverträge vgl. Ritter, S.l f.

7 Erstemission am 15. April 1964; Quelle: Baumann, Der Volkswirt 1964, Beilage zu Heft 44, S.21. 8 Obst/Hintner S.521; Lexikon des Bankrechts S. 1611.

9 Obst/HintnerS.52\. 10 Baumann, Der Volkswirt 1964, Beilage zu Heft 44, S.21.

11 Banklexikon, S. 1611. 12 Baumann, Der Volkswirt 1964, Beilage zu Heft 44, S.21; Avancini, S.43.

13 Aufgehoben durch Gesetz zur Vereinfachung der Emission von Inhaberschuldver­ schreibungen vom 17.12.1990, BGBl. 1 1990, S.2839.

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1. Teil: Der Sparbrief als Sonderform der Kapitalmarktpapiere

durch Abzinsung des Nennwertes verminderten Preis. Der Volksbank war im Text der Urkunde das Recht eingeräumt, die Forderung zur Erfüllung des Kundengeschäfts abzutreten. Eine Weiterübertragung durch den Erwerber war unzulässig.14 Im Jahr 1966 zog die Bank für Gemeinwirtschaff5 mit einer abgezinsten „Sparschuldverschreibung“ nach. Diese war rechtlich als nicht börsenfähige, jedoch übertragbare Inhaberschuldverschreibung ausgestattet und gemäß § 795 BGB genehmigungspflichtig.16 Das Inhaberpapier bot sowohl für den Anleger als auch für den Emittenten den Vorteil, daß die Rückzahlung ohne einen Identitätsnachweis an die durch die Innehabung der Urkunde legitimierte Per­ son möglich war.17 Die Sparschuldverschreibung hatte eine Laufzeit von 10 Jahren, wobei der Erwerber die Option besaß, das Papier nach Ablauf von 4 Jahren zum Tages­ wert an die ausgebende Bank zurückzugeben. Nach dem Vorbild der in ande­ ren Staaten bereits verbreiteten „Wachstumsobligationen“18 stieg die Verzin­ sung während der Laufzeit. Wurde das Papier über die volle Laufzeit gehalten, zahlte die BfG eine Bonifikation.19 Seit Anfang der siebziger Jahre haben mittlerweile nahezu alle Privatban­ ken Anlageformen dieses Typs auf den Markt gebracht.20 Als erste Großbank

14 Baumann, Der Volkswirt 1964, Beilage zu Heft 44, S.21; Avancini, S.43.

15 Erstemission am 26. September 1966. 16 Die Genehmigung des Bundesministers für Wirtschaft für die Erstemission bezog sich auf eine Tranche von 20 Mio. DM; (N.N. „BfG begibt Sparschuldverschreibun­ gen“) Bank-Betrieb 1966, S.270. 17 Vgl. auch Bank-Betrieb 1970, S.241 f. (N.N. „Dresdner Bank-Sparbrief - ein neues Angebot“). 18 Bank-Betrieb 1966, S.270 (N.N. „BfG begibt Sparschuldverschreibungen“) 19 Genauer zur Ausgestaltung der „Sparschuldverschreibungen“ (N.N. „BfG begibt Sparschuldverschreibungen“) Bank-Betrieb 1966, S.270 ff.; ( N.N. „Sparschuldver­ schreibungen der Bank für Gemeinwirtschaft“) ZKW 1966, 511.

20 1973 verfügten bereits 20 Institute aus dem Bereich der Privatbanken über haus­ eigene Sparbriefe, so die Badische Bank, Bayerische Hypotheken- und Wechselbank, Bayerische Vereinsbank, Bankhaus Gebrüder Bethmann, Commerzbank AG, Deutsche Bank AG, Dresdner Bank AG, DSK-Bank Deutsche Spar- und Kreditbank AG, Geestemünder Bank, Handels- und Gewerbebank Heilbronn AG, Handels- und Privatbank AG, Kreditbank Gladbach AG, KKB Kundenkreditbank KGaA, Bankhaus Neelmeyer AG, Oldenburgische Landesbank AG, Pfalz-Kredit-Bank GmbH&CO, Gebr. Röchling

§ 2 Entwicklung

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gab 1970 die Dresdner Bank Inhaberschuldverschreibungen unter der Be­ zeichnung „Sparbrief“ heraus.21 In der Rechtsform glichen sie den „Sparschuldverschreibungen“ der BfG. Ebenso wie diese konnten sie als Wert­ papiere des öffentlichen Glaubens depotverwahrt werden.22 Bei den „Sparbriefen“ der Dresdner Bank war während der gesamten Laufzeit eine Rückgabe ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zum Tageskurs möglich. Eine stetig steigende Verzinsung über die 6 Jahre währende Laufzeit sollte aber einen Anreiz zum Halten der Papiere bis zur Endfalligkeit geben.23 Dage­ gen schuf die Bethmann-Bank 1973 einen Sparbrief mit fallender Zinsstaffe­ lung, die als Mindestgarantiejeweils 1% über dem Durchschnittszinssatz von Spareinlagen mit 1-jähriger Kündigungsfrist liegen sollte. Mit diesem „fallen­ den Treppenzins“ glaubte die Bank dem damals hohen Zinsniveau entspre­ chen zu können, gleichzeitig aber eventuelle künftige Zinssenkungstendenzen zu berücksichtigen.24

Um dem sinkenden Vertrauen breiter Bevölkerungskreise gegenüber länger­ fristigen festverzinslichen Wertpapieren zu begegnen, die aufgrund der kon­ junkturellen Anspannung der Jahre 1965 und 1966 bei steigendem Marktzins empfindliche Kursverluste hinnehmen mußten, kündigte die Bundesregierung im Jahreswirtschaftsbericht 1968 die Ausgabe eines nicht mit Kursrisiken be­ hafteten „Sparbriefes der öffentlichen Hand“ an.25 Ziel war es, der starken Zu­ nahme des Kontensparens und ähnlicher Sparformen zu begegnen und den Typ eines festverzinslichen Wertpapiers am Übergang zwischen Kontensparen und Wertpapieranlage zu schaffen, um den Sparer allmählich zu anderen, län­ gerfristigen Wertpapieranlagen hinzufiihren.26 Dazu wurden 1969 die soge­ nannten „Bundesschatzbriefe“ von der Bundesregierung begeben - festverzins-

Bank, Karl Schmidt Bankgeschäft, Westbank AG (Angaben bei Eisele, Bank-Betrieb 1973, S.386 Fnl). 21 Die Erstemission erfolgte am 11. Mai 1970; (N.N. „Dresdner Bank-Sparbrief ein neues Angebot“) Bank-Betrieb 1970, S.241 f. 22 (N.N. „Dresdner Bank-Sparbrief - ein neues Angebot“) Bank-Betrieb 1970, S.242; Baumbach/Hefermehl, WPR Rz. 19. 23 (N.N. „Dresdner Bank-Sparbrief-ein neues Angebot“) Bank-Betrieb 1970, S.242. 24 (N.N. „Eine neue Sparbrief-Variante“) Bank-Betrieb 1973, S.244. 25 (N.N. „Sparbriefe der öffentlichen Hand angekündigt“) Bank-Betrieb 1968, S.77.

26 Ullmann, WM 1968, S.1338 f.

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1. Teil: Der Sparbrief als Sonderform der Kapitalmarktpapiere

liehe Wertpapiere mit jährlicher Zinszahlung, einer Laufzeit von 6 Jahren und stetig steigender Verzinsung, die nicht zum Börsenhandel zugelassen waren.27

Als rechtliches Novum für festverzinsliche Wertpapiere wurden für die „Bundesschatzbriefe“ keine effektiven Stücke mehr gedruckt. Stattdessen wur­ den diese als reine Wertrechte28 im Bundesschuldenbuch eingetragen.29 Nach Einzahlung des Gegenwertes erhielt der Käufer Gutschrift auf seinem Depot­ konto und konnte den Bundesschatzbrief jederzeit auf Dritte übertragen.30 Dem Erwerber stand nach Ablauf des ersten Jahres an vier Terminen im Jahr ein Rückgaberecht bis zu einem Höchstbetrag von DM 10.000,- pro Person und Rückzahlungstermin zu.31,32 Diese „Bundesschatzbriefe“ werden seither unter weitgehend unveränderten Bedingungen begeben.33 Seit 1967 werden auch Sparbriefe der Sparkassen ausgegeben.34 Mit der Ausgabe eines mittelfristigen Anlagepapiers sollte die Lücke im Angebotsfä­ cher der Sparkassenorganisation zwischen Sparkassenbuch und börsengängi­ gem Wertpapier geschlossen werden.35 Dem Kunden sollte die Möglichkeit eröffnet werden, seine Gelder mittelfristig zu einem im Vergleich mit traditio­ nellen Spareinlagen höheren Zinssatz anzulegen, dabei aber die gleiche Si­

27 Bekanntmachung des Bundesministers der Finanzen vom 27. November 1968 über die Ausgabe von Bundeschatzbriefen, Bundesanzeiger Nr. 224 vom 30. November 1968 = WM 1968, S.1341 f.

28 Vgl. Peters, WM 1976, S.890 (893); Meder/Emst, S.13 ff. 29 Mitteilung der Deutschen Bundesbank Nr. 9003/68 vom 27. November 1968 be­ treffend Bundesschatzbriefe - Abwicklung des Verkaufs Nr. II 1; Bundesanzeiger Nr. 224 vom 30. November 1968 = WM 1968, S.1342 f.

30 Zur technischen Abwicklung der Emission von Bundesschatzbriefen ausführlich Wesseli, WM 1969, S.1094 ff. 31 Bekanntmachung des Bundesministers der Finanzen aaO. (Fn. 27), Teil A.

32 Vgl. zur Kritik an dieser Ausgestaltung im Hinblick auf die Zielsetzung der Bun­ desregierung, auf die Kapitalmarktgestaltung Einfluß zu nehmen Ullmann, WM 1968, S.1338 ff. und Harter/FrankeiHogrefe!Seger, S.256 f. 33 Später wurde die Angebotspalette dahingehend erweitert, daß neben dem Typ A mit jährlicher Zinsauszahlung der Typ B mit Zinsansammlung herausgegeben wurde. Vgl. Handbuch für Anlageberatung, S.101 ff. 34 Im September 1967 begannen in Württemberg die ersten Sparkassen mit der Aus­ gabe von Sparkassenbriefen. 35 Herbst/Lang\ S. 11.

§ 2 Entwicklung

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cherheit vor Kursrisiken zu genießen.36 Die Sparkassen verkaufen seither als sogenannte „Sparkassenbriefe“ in kleiner Stückelung ab 1000,- DM sowohl normalverzinsliche (Typ „N“) als auch abgezinste Papiere (Typ „A“) mit Laufzeiten nicht unter 4 Jahren.37 Der Sparkassenbrief besitzt nach der gesetzlichen Vorgabe des Sparkassen­ rechts der Bundesländer die Rechtsqualität eines Rektapapiers.38 Die Abtre­ tung der verbrieften Forderung an einen Dritten ist jederzeit gestattet. Die Rückzahlung erfolgt grundsätzlich gegen Urkundenvorlage und Legitimation des Berechtigten. Eine vorzeitige Rücknahme durch die Sparkasse ist ausge­ schlossen.39

Die Sparkassenbriefe brachten den Sparkassen im Vergleich zu Kontenspareinlagen und dem Verkauf von börsenfähigen Wertpapieren anderer Emit­ tenten erhebliche Vorteile. Da die Sparkassenbriefe unter den aufgenommenen langfristigen Darlehen bilanziert werden durften, waren sie nicht mindestre­ servepflichtig und konnten in voller Höhe in das längerfristige Kreditgeschäft einfließen.40 Außerdem blieben der Sparkassenorganisation dadurch Mittel für das Aktivgeschäft über einen längerfristigen Zeitraum erhalten, die sonst in die Wertpapieranlage geflossen und somit den Sparkassen verloren gegangen wären.41 Die „Sparkassenbriefe“ erfreuten sich insbesondere bei den Kleinanlegern rasch großer Beliebtheit. Während der Absatz der Sparbriefe im Genossen­

36 Harter/Franke/HogrefeiSeger, S.262. 37 (N.N. „Sparkassen bieten „Sparkassenbriefe“ an“) Bank-Betrieb 1967, S.328 f. 38 Vgl. zum Beispiel § 9 Abs I Niedersächsische SpVO, § 9 Abs.I SpkVO SachsenAnhalt: Danach können die Sparkassen „auf bestimmte Personen lautende Schuldver­ schreibungen (Rektapapiere) mit der Bezeichnung Sparkassenbrief' ausgeben. 39 (N.N. „Sparkassen bieten „Sparkassenbriefe“ an“) Bank-Betrieb 1967, S.328 f.

40 Vgl. den Liquiditätsgrundsatz II des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen (vom 20. Januar 1969, abgedruckt im Bundesanzeiger Nr. 17/1969), der die Regelung des § 11 KWG konkretisiert, wonach Mittel so anzulegen sind, daß jederzeit eine aus­ reichende Zahlungsbereitschaft gewährleistet ist. Danach sind Sparkassenbriefe als „Verbindlichkeiten...gegenüber anderen Gläubigem mit vereinbarter Laufzeit von vier Jahren oder länger“ im Sinne dieses Grundsatzes II einzustufen und die Gegenwerte zu 100% als langfristige Finanzierungsmittel verwendbar (wohingegen sonstige Sparein­ lagen nur zu 60% langfristig ausgeliehen werden können). 41 (N.N. „Sparkassen bieten „Sparkassenbriefe“ an“) Bank-Betrieb 1967, S.329.

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1. Teil: Der Sparbrief als Sonderform der Kapitalmarktpapiere

Schafts- und Privatbankbereich anfangs eher schleppend verlief,42 brachte der „Sparkassenbrief4 den Durchbruch für die Verbreitung dieser Anlageform.43

42 Handbuch für Anlageberatung, S. 7. 43 Vgl. Tabelle 1 im Anhang I.

§ 3 Typik und verschiedenartige rechtliche Ausgestaltung der Anlageform Sparbrief I. Typik

In der rechtswissenschaftlichen Literatur werden Sparbriefe einheitlich als Rekta- oder Namenspapiere qualifiziert.1 Seit der Grundsatzentscheidung des BGH2 wird diese rechtliche Qualifizierung jedoch nicht näher begründet. Eine Untersuchung zur Tragbarkeit dieser Qualifizierung fehlt.3 Angesichts der Vielfalt der schon zur Zeit der Erstemissionen vorhandenen Sparbrieftypen und -formen4 erscheint eine solche rechtliche Einordnung je­ doch als zu undifferenziert.3 Vielmehr gilt es zu bedenken, daß heute am Markt eine breite Palette verbriefter Sparformen angeboten wird. Die einzel­ nen Kreditinstitute sind dazu übergegangen, einheitliche Anlageformen aus Wettbewerbsgründen eher zu vermeiden als anzustreben. Dabei unterscheiden sich die Papiere, die alle unter dem Oberbegriff „Sparbrief“ gehandelt werden, nicht allein in der hier nur am Rande interessierenden finanztechnischen Aus­ stattung,6 sondern auch in ihrer rechtlichen Qualität.

1 BGH WM 1987, S. 1038; OLG Hamm WM, 1987, S.1128 mit zustimmender An­ merkung von Welter in WuB I C 2 - 11.87; OLG Celle, WM 1990, S.1706; OLG Hamm WM 1991, S.984 mit Anmerkung Denzer WuB I C 2. - 2.91; Herbst/Lang, 1. Auflage Rz.2; Baumbach/Hefermehl WPR Rz.70; Harter/Franke/HogrefeiSeger, S.260; Staudinger-Marburger § 808 Rz.4; RGRK-Steffens § 808 Rz.89. 2 BGH WM 1987, S.1038; so schon Herbst/Lang 1967 in den Merkblättern des Deutschen Sparkassen und Giroverbandes „Sparkassenbriefe“ 1. Auflage 1967, Rz.2. 3 Vielfach wird einfach auf die in Fn.2 genannte Entscheidung verwiesen. So zum Beispiel Welter WuB I C 2. - 11.87, Denzer WuB I C 2. - 2.91, Erman-Hense-Hantl Vor § 793 BGB Rz.4, Palandt-Thomas Vor § 793 BGB Rz.2. 4 Vgl. oben § 2.

3 Zumindest zwischen Inhaber-/ Order- und Namenssparbriefen unterscheidend BuB 7/39; Obst/Hintner, S.522 f. 6 Ein Überblick über die Typik der finanztechnischen Ausstattung verschiedener Sparbriefe findet sich bei Eisele, Bank-Betrieb 1973, S.385 ff.

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1. Teil: Der Sparbrief als Sonderform der Kapitalmarktpapiere

Andererseits wird mit der Bezeichnung „Sparbrief4 ein bankvertragliches Produkt umrissen, das sich in technischen und wesentlichen rechtlichen Aspekten unterscheiden mag, das jedoch regelmäßig durch vier Elemente ge­ kennzeichnet ist.7 Es sind dies: - die Festverzinslichkeit eines bestimmten Kapitalbetrags bei mittelfristiger Anlagedauer, - die grundsätzlich im voraus festgeschriebene Laufzeit, - der phänotypische Eindruck der wertpapierähnlichen Ausgestaltung,

- die Kursrisikofreiheit aufgrund fehlender Börsennotierung.

II. Verschiedenartige rechtliche Ausgestaltung Neben den genannten Rechtsformen8 gestalten heute nach eigenen Angaben manche Banken ihre Papiere als qualifizierte Legitimationspapiere,9 andere als Namensschuldverschreibungen,19 wieder andere als kaufmännische Verpflichtungsscheine ohne Orderklausel (Rektapapiere) aus.11 Der Bundes­ schatzbrief wird nach wie vor als Wertrecht und reine Buchforderung ausge­ geben.12 In der Praxis tauchen auch vereinzelt Inhaber -und Ordersparbriefe auf.13 Wenngleich von verschiedener rechtlicher Qualität werden alle diese Anlageformen von der Bankwirtschaft als „Sparbriefe“ bezeichnet.14

7 Vgl. dazu die Formularsammlung im Anhang II. 8 Vgl. § 2. 9 So der Sparbrief der Citibank Privatkunden AG.

10 Die Sparkassenbriefe der Sparkassenorganisation und die Sparbriefe der Deut­ schen Bank AG werden von den Emittenten als Rektapapiere in der Form der Namens­ schuldverschreibung bezeichnet.

11 ObstlHintner, S.522 f. 12 ObstlHintner, S.522.

13 Vgl. Kümpel in BuB 7/39; Die Terminologie ist dabei uneinheitlich. Teilweise werden auch diese Inhaber- und Orderschuldverschreibungen vom Emittenten als „Sparbriefe“ bezeichnet, teilweise werden diese Papiere, wie bei der Sparkassenorga­ nisation unter dem Namen „Sparkasseninhaberschuldverschreibung“ oder „Sparkas­ senobligation“ (Orderpapier) ausgegeben (vgl. Sparkasseninhaberschuldverschreibung, Vordruck Nr. 168 810 des Deutschen Sparkassenverlages; Kaufauftrag über Sparkas­ senobligation Vordruck Nr. 168 586 im Anhang IP). Ähnliches gilt für den Genossen-

§ 3 Typik und verschiedenartige rechtliche Ausgestaltung

33

Aber schon eine oberflächliche Betrachtung der Vertragsgestaltung ergibt, daß sich hinter dem bankwirtschaftlichen Begriff des „Sparbriefs“ kein ein­ heitliches Rechtsgebilde verbirgt. Vielmehr wird deutlich, daß es diesem wirt­ schaftlich geprägten, eine bestimmte bankvertragliche Produktgruppe bezeich­ nenden Oberbegriff an der für eine Eignung als Rechtsbegriff erforderlichen terminologischen Trennschärfe mangelt. Der Begriff des Sparbriefes als sol­ cher ist also im Hinblick auf eine wertpapierrechtliche Spezifikation untaug­ lich. Deshalb muß die Erkenntnis festgehalten werden, daß die Bezeichnung „Sparbrief" kein technischer Begriff für ein aus der Wirtschaftspraxis entstan­ denes festumrissenes Institut des Wertpapierrechts ist,15 sondern daß Sparbrie­ fe in unterschiedlicher Rechtsform am Markt vorkommen und entsprechend dieser Rechtsform den allgemeinen Regeln des Wertpapierrechts für Papiere ihrer Gattung unterworfen sind. Deshalb ist es für eine wertpapierrechtliche Qualifizierung notwendig, Typengruppen zu unterscheiden, denen jeweils eine gleichartige Rechtsform zugrunde liegt. Als Differenzierungsmerkmal dieser Typengruppen bietet sich die klassische Einteilung der Wertpapiere nach der Bestimmung des Berechtigten in Inhaber-, Order- und Rektapapiere an.16

Die am Kapitalmarkt vorkommenden effektiven Sparbriefe lassen sich restlos in jeweils eine der drei Wertpapierkategorien einordnen.17 Im Einzelfall muß genau unterschieden werden, welchem Wertpapiertyp der einzelne Spar­ brief zugehörig ist. Schaftsbereich. Auch hier wird neben den eigentlichen Sparbriefen eine Inhaberschuld­ verschreibung als eigenes Produkt und unter diesem Namen ausgegeben (vgl. Vordruck 324 107 des DG Verlages im Anhang II).

14 Obst/Hintner, S.521 ff; Handbuch für Anlageberatung, S.7; vgl. auch Anm.7 zu S.24 der Statistischen Monatshefte der Deutschen Bundesbank, Teil: Bankenstatistik 12/1993.

15 Wie dies zum Beispiel den gesetzlich typisierten Instrumenten des Konnosse­ ments, des Lager- und Ladescheins, des kaufmännischen Verpflichtungsscheins, des Lieferscheins oder der Transportversicherungspolice eigen ist. Aus dem Bereich der Kapitalanlage ist in diesem Zusammenhang auch das Sparbuch mit gesetzlicher Kün­ digungsfrist zu nennen, das eine Berücksichtigung im Gesetz (§§21 und 22 KWG) als festumrissener Vertragstyp gefunden hat. 16 Koller, WM 1981, S.474.

17 Auch die als Wertrechte ausgegebenen Bundesschatzbriefe sind kraft Gesetzes (ReichsschuldbuchG vom 31.10.1910 (RGBl. I S.840), iVm. AnleiheG vom 29.3.1951 (BGBl. I S.218), iVm. VO vom 5.1.1940 (RGBl. I S.30), VO vom 31.12.1940 (RGBl. I S.21) und VO vom 18.4.1942 (RGBl. I S.183)) den Wertpapieren des öffentlichen Glaubens weitgehend gleichgestellt; vgl. MünchKomm-HüffeP Nor § 793 Rz.32. 3 Seitz

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1. Teil: Der Sparbrief als Sonderform der Kapitalmarktpapiere

Deshalb muß eine Untersuchung, die die wertpapierrechtliche Einordnung von Sparbriefen zum Thema hat, ihren Gegenstand präzisieren. Die Untersu­ chung soll aus folgenden Gründen auf eine wertpapierrechtliche Betrachtung solcher Sparbriefe beschränkt werden, die in Form des Rektapapiers am Kapi­ talmarkt zu finden sind: Die Behandlung von Sparbriefen, die als Inhaberschuldverschreibungen ausgestaltet sind, richtet sich unproblematisch nach den gesetzlichen Regelungen der §§ 793 ff. BGB. Es ist somit nicht erforder­ lich, diese umfassend erörterte Rechtsfigur einer erneuten Betrachtung zu un­ terziehen. Eine Untersuchung von Or^erschuldverschreibungen ist wegen der gefestigten wertpapierrechtlichen Dogmatik zu den Orderpapieren und ihrer teilweise erfolgten gesetzlichen Regelung gleichfalls nicht erforderlich. Das Recht der Mw/e^sschuldverschreibungen dagegen ist in der wertpapierrechtli­ chen Diskussion weitgehend unbeachtet geblieben und läßt deshalb eine nähe­ re Untersuchung geboten erscheinen. Einen weiteren Grund, sich bei der wert­ papierrechtlichen Betrachtung auf die Untersuchung von Sparbriefen in Form von Rektaschuldverschreibungen zu konzentrieren, mag eine kurze Betrach­ tung der Marktentwicklung und Marktstatistik18 verdeutlichen.

III. Statistisches Vorkommen; Beschränkung auf den Sparkassenbrief 1. Statistisches Vorkommen In den Jahren nach der Währungsumstellung von 1948 flossen Spargelder fast ausschließlich in die beiden „historischen"4 Anlageformen; nämlich die Spareinlage auf Basis eines Kontensparvertrags und das festverzinsliche bör­ sengängige Wertpapier. Nachdem sich jedoch aufgrund der Zinsentwicklung in den sechziger Jahren mehr als bisher das den börsennotierten Papieren mit ihren bis dahin langen Laufzeiten von regelmäßig mehr als 15 Jahren inne­ wohnende Kursrisiko empfindlich konkretisiert hatte, bestand eine wachsende Nachfrage nach sicheren, im Sinne von kursrisikolosen, aber trotzdem höherverzinslichen Anlagemöglichkeiten mit überschaubarer Laufzeit.19

Die Einführung der Sparbriefe Mitte der sechziger Jahre schloß somit eine Marktlücke. Zwar lief der Absatz gerade im Genossenschaftsbereich schlep­

18 Für die Darstellung des Zahlenmaterials wird auf den Anhang I „Marktstatisti­ ken “ verwiesen.

19 Handbuch für Anlageberatung, S. 7.

§ 3 Typik und verschiedenartige rechtliche Ausgestaltung

35

pend an,20 jedoch spätestens mit Einführung der Sparkassenbriefe hatte sich die Anlageform ihren Platz am Kapitalmarkt erobert.21 Im Verlauf der siebziger Jahre nahm der Absatz der Sparbriefe nahezu ex­ ponential zu.22 Insbesondere für die Sparkassen und Genossenschaftsbanken entwickelte sich der Sparbrief mit seiner Eigenschaft als günstiges Refinanzie­ rungmittel zum bedeutenden Faktor für das Passivgeschäft.23 Zwar ist das An­ lagegeschäft in Sparbriefen nach einem regelrechten Boom in der Mitte der achtziger Jahre, bedingt durch eine ständig steigende Zahl von Konkurrenz­ produkten, wie zum Beispiel die Anlage in Investmentzertifikaten, seit 1992 leicht rückläufig,24 doch betrug der Anteil der Sparbriefe am gesamten Volu­ men des Passivgeschäfts aller Bankengruppen im Oktober 1993 immerhin 3,4%25 (Anfang 1992 sogar noch 4,3%).26

Die größte Bedeutung für das Passivgeschäft haben die Sparbriefe bei den Sparkassen und den Kreditgenossenschaften erlangt. So wies im Oktober 1993 die Passivstruktur der Sparkassen einen durch die Ausgabe von Sparbriefen abgedeckten Anteil von 10,32% aus,27 der Anteil der Sparbriefe am Passivvo­ lumen der Kreditgenossenschaften betrug 9,33 %.28 Bezogen auf das gesamte Spareinlagengeschäft entfielen auf die Anlage in Sparbriefen bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken ca. 25%. Im Vergleich dazu ist der Anteil von Sparbriefen bei den Kredit- und Großbanken mit jeweils 1,86% am Passivge­ schäftsvolumen deutlich niedriger.29 Die geringere Bedeutung des Sparbriefgeschäfts im Privatbankbereich spie­ gelt sich auch in den Marktanteilen wieder. So halten Sparkassenorganisation und Kreditgenossenschaften seit nunmehr über zwanzig Jahren einen Markt­

20 Handbuch für Anlageberatung, S.7.

21 Handbuch für Anlageberatung, S.7; Tabelle 1 im Anhang I. 22 Vgl. Tabellen 1, 2 ,3 im Anhang I. 23 Herbst/Lang*, S.100; Tabelle 4 im Anhang I. 24 Vgl. Tabellen 1 und 2 im Anhang I.

25 Vgl. Tabelle 4 im Anhang L

26 Quelle: Statistiken der Deutschen Bundesbank, Stand Oktober 1994. 27 Der Anteil am Gesamtspargeschäft liegt dabei weit über 30%.

28 Quelle Monatsberichte der Deutschen Bundesbank, Heft September 1991; Obst/Hintner S.524 f. 29 Vgl. Tabelle 4 im Anhang I. 3*

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1. Teil: Der Sparbrief als Sonderform der Kapitalmarktpapiere

anteil von zusammen ca. 90%. Davon entfällt der Hauptanteil, ca. 2/3 des Ge­ samtmarkts, auf die Sparkassenbriefe.30

Ein Blick auf die Struktur der Nachfrageseite macht deutlich, daß der Spar­ kassenbrief ein Produkt des Massengeschäfts ist. In kleiner Stückelung ausge­ geben, wird er seit seiner Einführung zu 80-90% von Privatpersonen gehal­ ten.31 Die Statistik macht deutlich, daß mit den Papieren der Sparkassen (Spar­ kassenbrief)32 und der Genossenschaftsorganisation (Sparbrief der Volks- und Raiffeisenbanken)33 über 90% aller ausgegebenen Sparbriefe Namenspapiere sind.34 Davon entfällt wiederum mit 75% der Hauptanteil auf den Bereich der

30 Vgl. Tabelle 1 im Anhang I.

31 Vgl. Tabelle 3 im Anhang I,

32 Bereits der Kopf des vom Deutschen Sparkassenverlag herausgegebenen idR. standardmäßig verwendeten „Kaufauftrages für Sparkassenbriefe“ (Vordruck Nr. 168 579, Fassung November 1991 im Anhang II) enthält als definierendes Attribut den Begriff „Namensschuldverschreibung“. Eine Urkundenausstellung ist vorgesehen. Die Ausstellung kann aber durch den Gläubiger bis auf weiteres gestundet werden. In der Urkunde (Vordruck Nr. 168 531 -Große Sparkassenbrief-Urkunde ohne Nennwert- im Anhang II) ist unter der Überschrift „Sparkassenbrief4 die Bezeichnung „Namens­ schuldverschreibung“ eingedruckt. Die Urkunde enthält die genaue Bezeichnung des Gläubigers (vgl. Herbst/Lang, 1. Auflage, Rz.19 und 4. Auflage, Rz.35) nach den Worten „Wir zahlen an“ ohne jeglichen Inhaber- oder Orderzusatz. Setzt man, wie dies sehr verbreitet in der wertpapierrechtlichen Terminologie geschieht (a.A. Bornemann, S.50; Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.22), den Begriff Namenspapier mit dem des Rektapapiers gleich, so soll mit dem Kauf eines Sparkassenbriefs ein Rektapapier erworben werden. 33 Auch hier werden regelmäßig einheitliche Vordrucke des DG-Verlages verwendet (Vordruck Nr.322 354 des DG-Verlages, Stand April/1992 im Anhang II.) Nach dem Formulartext, „soll der Sparbrief auf den Zeichner als verfügungsberechtigten Gläubi­ ger ausgestellt werden''. Unabhängig von der damit implizierten Verbriefung in einem effektiven Stück geht aus dieser Formulierung hervor, daß die Sparbriefforderung auf einen bestimmten Gläubiger ausgestellt werden soll. Der Gläubiger, der durchaus vom Zeichner verschieden sein kann, wird im Zeichnungsschein und auch im effektiven Sparbrief selbst namentlich individualisiert. Aufgrund dieses Umstands und der Tatsa­ che daß der Zeichnungsschein bei der Gläubigerbezeichnung keine „Inhaber“- oder „Order“- Zusätze enthält, kann es sich bei dem Sparbrief der Genossenschaftsbanken nicht um ein Inhaber- oder Orderpapier, sondern nur um ein Namenspapier handeln.

34 Daneben statten auch zahlreiche Privatbanken ihre Sparbriefe als Rektapapiere aus, wie zum Beispiel die Deutsche Bank AG, vgl. Obst/Hintner, S.522.

§ 3 Typik und verschiedenartige rechtliche Ausgestaltung

37

Sparkassenbriefe. Diese Dominanz des Sparkassenbriefs auf dem Sparbrief­ markt spiegelt sich darin wider, daß ein Teil der bankwirtschaftlichen und auch der bankrechtlichen Literatur die Bezeichnungen Sparbrief und Sparkas­ senbrief unkorrekterweise synonym verwendet.35 Zwei von drei Sparbriefen in Deutschland sind von der Sparkassenorgani­ sation ausgegebene „Sparkassenbriefe“. Die Vielzahl der geschlossenen Ver­ träge über Sparkassenbriefe und die zum Teil erhebliche wirtschaftliche Be­ deutung für das Vermögen des Kleinsparers gebieten eine genaue wertpapier­ rechtliche Einordnung und eine Untersuchung typischer Problemfelder der Praxis.

2. Beschränkung der wertpapierrechtlichen Untersuchung auf den Sparkassenbrief Aufgrund seiner überragenden Bedeutung am Kapitalmarkt und seiner na­ hezu bundeseinheitlichen Vertragspraxis bietet sich der Sparkassenbrief als „Prototyp“ einer auf den Namen ausgestellten Schuldverschreibung für eine beispielhafte Untersuchung der Besonderheiten des Rechts der Namensschuld­ verschreibungen an.

Vorteilhaft für eine rechtstatsächliche Untersuchung wirkt sich dabei aus, daß in der Sparkassenorganisation bundesweit weitgehend einheitliche Ver­ tragsformulare für den Erwerb und die Ausstellung von Sparkassenbriefen ver­ wendet werden. Die Vordrucke des Deutschen Sparkassenverlages werden aus Rationalisierungsgründen von der Vielzahl kleiner und kleinster Sparkassen übernommen und regelmäßig einheitlich gebraucht. Dadurch besteht eine na­ hezu einheitliche Vertragspraxis bezüglich der Ausgabe von Sparkassenbrie­ fen. Die Vertragsrealität der Sparkassenbriefe eignet sich deshalb in besonde­ rer Weise, die wertpapierrechtlichen Besonderheiten der Namensschuldver­ schreibungen des Kapitalmarktes zu untersuchen und auf ein gefestigtes dog­ matisches Fundament zu stellen. Die nachfolgende Untersuchung nimmt des­ halb die Vertragspraxis bei Erwerb und Ausgabe des Sparkassenbriefs als

35 Z.B. Diepen/Sauter Teil B, S.230; RGRK-Steffens § 808 Rz.89; wohl auch Stau­ dinger-Marburger § 808 Rz.4.

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1. Teil: Der Sparbrief als Sonderform der Kapitalmarktpapiere

Grundlage für eine verallgemeinernde Betrachtung dieses Rechtsinstitutes auf der Grenze zwischen Schuld- und Sachenrecht.

2. Teil: Die Einordnung von Namensschuld­ verschreibungen in das System eines Allgemeinen Teils des Wertpapierrechts am Beispiel der Vertragsrealität von Sparkassenbriefen § 4 Einführung in die Problematik L Der Sparkassenbrief als „gesetzlich vorgesehenes Rektapapier“ Das Sparkassenrecht als Teil des Kommunalrechts liegt in der Gesetzge­ bungskompetenz der Länder. Nahezu in allen Bundesländern sind aufgrund der entsprechenden Sparkassengesetze Rechtsverordnungen erlassen worden, die den Geschäftsbetrieb der Sparkassen des Geltungsgebietes regeln sollen.1 Diese Sparkassenverordnungen erlauben den Sparkassen im Rahmen des Pas­ sivgeschäfts regelmäßig die Ausgabe von Schuldverschreibungen.2

War früher nur die Emission von Namensschuldverschreibungen gestattet, so sind heute auch Order- und Inhaberschuldverschreibungen, teilweise sogar mit der Möglichkeit einer Börseneinfuhrung, zugelassen.3 Dabei findet sich in den Sparkassenverordnungen häufig die folgende Formulierung: „...die Spar­ kasse kann auf bestimmte Personen lautende Schuldverschreibungen (Rekta­ papiere) mit der Bezeichnung „Sparkassenbrief* ausgeben...)T4 Der Ge­

1 Vgl. zum Beispiel: Niedersächsische SpVO vom 18.6.1990, Niedersächsische GVB1. S. 197; SpkVO von Sachsen-Anhalt vom 30.3.1992, GVB1. S.296; SpkVO des Freistaates Sachsen vom 18.6.1991, GVB1. S.190; SpkO des Freistaates Bayern vom 14.10.1970 (BayRS 2025-1-1-1); SpkAO von Thüringen vom 29.10.1991, GVB1. S.587; SpkVO von Nordrhein-Westfalen vom 8.11.1988, GV NW S.461. 2 So z.B.: § 8 Abs. 1 SpkAO Thüringen, § 9 Abs. 1 S.l SpkVO NordrheinWestfalen, § 4 Abs. 1 SpkO von Bayern, § 9 Abs. 1 SpVO Niedersachsen, § 9 Abs. 1 SpkVOen von Sachsen und Sachsen-Anhalt; anders zum Beispiel die vom modifizier­ ten Universalprinzip geprägte Regelung des § 2 des Sparkassengesetzes von Rhein­ land-Pfalz, das auf eine enumerative Darstellungsweise des Geschäftsbereiches ver­ zichtet.

3 § 9 Abs. 1 Satz 2 SpkVO von Nordrhein-Westfalen. 4 Diese Formulierung wiederholt sich wortgleich oder sinngemäß in den meisten Sparkassenverordnungen der Länder: vgl. zum Beispiel § 8 Abs. 1 SpkAO Thüringen,

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

setzgeber wendet hierbei eine ungewöhnliche Gesetzgebungstechnik an: In ei­ ner Art doppelter Legaldefinition wird die rechtliche Ausgestaltung einer Schuldverschreibung der Sparkassen, also eines privatrechtlichen Vertrags durch das Gesetz bestimmt. Darüberhinaus wird sogar der Produktname am Kapitalmarkt gesetzlich festgelegt.

Diese gesetzliche Zuweisung einer Rechtsform scheint oberflächlich bese­ hen die rechtliche Einordnung des Sparkassenbriefs in ein wertpapierrechtli­ ches System zu erleichtern. Bei genauerer Betrachtung ist indes das Gegenteil der Fall: Die vorgenannte Legaldefinition der verschiedenen Sparkassenver­ ordnungen ist rein öffentlich-rechtlich. Sie legt die öffentlich-rechtlichen Rah­ menbedingungen des Geschäftsverkehrs der Sparkassen als gemeinnützige Anstalten des öffentlichen Rechts landeseinheitlich fest und ist dabei um bun­ desweite Angleichung bemüht. Die Normen entfalten Regelungswirkung nur gegenüber den Sparkassen, sie haben keine direkte Außenwirkung gegenüber dem einzelnen Sparkassenkunden.5 Es handelt sich um Organisationsregeln für die Sparkassen, die die Zulässigkeit der Emission von Sparkassenbriefen an die Ausgestaltung als Rektapapier knüpft. Sie bestimmen somit lediglich, wann sich eine Sparkasse bei der Emission von Sparkassenbriefen rechtmäßig im Sinne einer öffentlich - rechtlichen Gesetzesbindung verhält, definiert je­ doch nicht zwingend den Inhalt eines Anlagevertrages unter der Bezeichnung „Sparkassenbuch in wertpapierrechtlicher, also privatrechtlicher Hinsicht. Die wertpapierrechtliche Qualifizierung des Sparkassenbriefs ist vielmehr al­ lein aus seiner Vertragsrealität zu entwickeln, die Legaldefmition kann dabei allenfalls als Indiz für den Parteiwillen der öffentlich - rechtlich gebundenen Emittenten verstanden werden.

II. Der Sparkassenbrief als effektives Wertpapier Probleme eines Verzichts auf die Urkundenausstellung

In der Formularpraxis und den Sparkassenverordnungen6 wird der Sparkas­ senbrief teilweise ausdrücklich als ^vt\Qx\sschuldverschreibung bezeichnet. Dem Begriff der Schuldverschreibung, gleichgültig, ob Inhaber-, Order- oder

§ 9 Abs. 1 SpVO Niedersachsen, § 9 Abs. 1 SpkVOen von Sachsen und SachsenAnhalt. 5 Vgl. dazu Heinevetter § 32 SpkVO NW Rz.2. 6 Vgl. oben Teil AI und II 1.

§ 4 Einführung in die Problematik

41

Namensschuldverschreibung,7 erscheint jedoch schon vom Sprachgebrauch her immanent, daß eine Forderung mit einer effektiven Urkunde verknüpft wird. Grundsätzlich ist somit offenbar Voraussetzung für das Entstehen einer Schuldverschreibung, daß eine Verpflichtungserklärung in Schriftform nie­ dergelegt wird.8 Die Sparkassen gehen jedoch mehr und mehr dazu über, auf die Ausstel­ lung effektiver Urkunden zu verzichten.9 Daneben besteht eine Praxis der Kreditinstitute, regelmäßig auch ohne Vorlage der gleichwohl noch ausgestell­ ten Urkunden jedenfalls Zinszahlungen zu leisten.10 Es stellt sich die Frage, ob ein solcher Verzicht auf Urkundenausstellung und Urkundenvorlage sowohl den öffentlich-rechtlichen als auch den wertpapierrechtlichen Anforderungen an Namensschuldverschreibungen genügt, und ob den vereinzelt ausgegebenen Urkunden noch die Qualität einer wertpapierartigen Verbriefung zuerkannt werden kann oder ob in diesen Papieren lediglich eine dem Schuldschein ver­ gleichbare Beweisurkunde gesehen werden muß, der die eigentliche Wertpa­ pierqualität fehlt.11

III. Der Sparkassenbrief als Sparform mit Wertpapiercharakter Probleme einer Qualifizierung als Namensschuldverschreibung Mit der Qualifizierung des Sparkassenbriefs als Namensschuldverschrei­ bung ist ungeachtet der unter II. angesprochenen Problematik im Hinblick auf seine rechtliche Behandlung im Verkehr wenig gewonnen. Die spezifischen Wirkungen der Verbriefung eines Rechts in einem Namenspapier sind nicht vollständig aufgearbeitet.12 Die Rechtsfolgen der Qualifizierung eines verbrief­ ten Rechts als Namensschuldverschreibung sind über den regelmäßig wieder­ kehrenden Satz hinaus, daß bei einem Namenspapier lediglich der im Papier

7 Richardis § 9 II 1, S.70. 8 Richardis § 9 ID 1, S.72.

9 Diese Praxis hat bei den Genossenschaftsbanken bereits Niederschlag im Vor­ druck des Erwerbsvertrages über einen Sparbrief gefunden, worin eine Urkundenaus­ stellung direkt ausgeschlossen wird, vgl. Vordruck Nr.322 354 des DG-Verlages im Anhang II. 10 MünchKomm-Hüffer Vor § 793 Rz. 17.

11 Sedatis, Rz.318. 12 Franke, DB 1983, S.377.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

namentlich Genannte oder sein nach allgemeinem Schuldrecht zu bestimmen­ der Rechtsnachfolger zum Fordern der versprochenen Leistung berechtigt sei, und das Rektapapier nicht den sachenrechtlichen Übertragungsregeln und damit dem Prinzip des Gutglaubenserwerbs sowie keinem weitgehenden wert­ papierrechtlichen Einwendungsausschluß unterliege,13 entweder umstritten oder sie liegen ganz im Dunkeln.

Es ist zum Beispiel nicht geklärt, ob die bereits angesprochene Praxis der Kreditinstitute, über das Recht aus der Namensschuldverschreibung gar keine (körperliche) Urkunde mehr auszustellen, bei Namenspapieren überhaupt ge­ eignet ist, Verpflichtungen in Form von Schuldverschreibungen zu begrün­ den.14 Daneben ist stark umstritten, welche Eigenschaften ein Rechtsverhältnis, das die Verbriefung eines Rechts vorsieht, haben muß, damit der verbriefen­ den, auf den Namen ausgestellten Urkunde überhaupt Wertpapiereigenschaft zukommen kann. Sofern eine Urkunde über die Schuldverschreibung ausge­ fertigt wird, bleibt bei der verbreiteten Praxis der Kreditinstitute, auch ohne Vorlage dieser Urkunde auszuzahlen13 unklar, ob die Urkunde wie bei Papie­ ren über Spareinlagen lediglich eine beweiserleichternde Funktion besitzt16 oder ob ihr echte wertpapierrechtliche Legitimationswirkung zukommt. Ge­ steht man aber der Urkunde über eine Namensschuldverschreibung mehr als bloße Beweiskraft zu, so stellt sich die Frage nach dem Umfang der wertpa­ pierrechtlichen Wirkungen des Papiers. Wertpapierrechtliche Legitimationsund Liberationswirkung sind eng verknüpft mit der Problematik einer Lei­ stung an einen nichtberechtigten Papierinhaber. Umfang und Voraussetzungen der Befreiungswirkung einer solchen Leistung sind bei Namensschuldver­ schreibungen ebenso umstritten wie die Rolle der Urkunde bei der Erfüllungsleistung. An die Frage nach der Bedeutung der Urkunde für die Geltendma­ chung des verbrieften Rechts schließt sich das Folgeproblem einer interessen­ gerechten Konfliktlösung bei Verlust oder Vernichtung der Urkunde an.

Ungeklärt ist weiterhin die Haftungswirkung unrichtig ausgestellter Urkun­ den sowie der Schutz des Erwerbers forderungsentkleideter Papiere. Im Pro­ 13 Vgl. nur die Ausführungen zum Rekta- oder Namenspapier bei Meyer-Cording, A m 1, S.5 f. 14 Vgl. auch oben bei Fn.9. 15 Franke, DB 1983, S.377; Koller, WM 1981, S.477 f; Kümpel, WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.7-15.

™ RGRK-Steffens § 808 Rz.89.

§ 4 Einführung in die Problematik

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blembereich von Übertragung und Erwerb von Namensschuldverschreibungen sind ebenfalls noch viele Fragen offen, zum Beispiel, ob es zur Übertragung des verbrieften Rechts der Urkundenübergabe bedarf und in welchem Umfang der Aussteller dem Zweiterwerber Einwendungen entgegenhalten kann.

Auch die Qualität des dem Sparkassenbrieferwerb zugrundeliegenden Kau­ salgeschäfts bedarf einer genaueren Betrachtung. Da sich der Sparbrief in ei­ ner Übergangszone zwischen Spareinlage und Wertpapier befindet, darf nicht übersehen werden, daß beide Begriffe und ihre Unterscheidung nicht bloß wirtschaftliche Aussagekraft haben, sondern Teile einer gefestigten bank­ rechtlichen Terminologie mit spezifischen Rechtsfolgen sind.17 Diese kurze Aufzählung ungeklärter Problembereiche mag verdeutlichen, daß es einer genauen Einordnung des Sparkassenbriefs und der sonstigen Na­ mensschuldverschreibungen des Kapitalmarktes bedarf. Bei der wertpapier­ rechtlichen Betrachtung muß vom Grundtyp der Namensschuldverschreibung, bei dem über ein Forderungsrecht eine effektive Urkunde auf einen bestimm-

17 Gemäß § 21 Abs. 1 KWG waren Spareinlagen Einlagen, die durch Urkundenaus­ fertigung besonders gekennzeichnet sind. § 21 II S.2 KWG verlangte, daß von vorn­ herein befristete Geldbeträge nicht als Spareinlagen angenommen werden dürfen (BGH WM 1975, S.733 (735)), wohingegen festverzinsliche Wertpapiere jedoch re­ gelmäßig mit einer bestimmten Endfälligkeit ausgestattet sind. Durch fehlende Urkun­ denausstellung und mögliche vorzeitige Rückzahlbarkeit wird die Zuordnung zu einer der beiden Rechtskategorien für verschiedene Ausprägungen der Sparbriefe unklar. Andererseits knüpft zum Beispiel § 21 Abs. 4 RechKredV spezifische Rechtsfolgen an die Eigenschaft als Spareinlage. So sind Urkunden über Spareinlagen grundsätzlich auszustellen und auszuhändigen und sie sind nicht für den Zahlungsverkehr bestimmt. Eine Verwahrung durch das Kreditinstitut war nach der Regel des § 21 Abs. 3 und Abs. 4 KWG nur in Ausnahmefällen zulässig. (Mit Aufhebung der §§ 21 und 22 KWG durch die Kreditwesengesetznovelle des Jahres 1993 können diese Regelungen des KWG grundsätzlich nicht mehr zur Argumentation herangezogen werden. Allerdings sollte nach dem Willen des Gesetzgebers zumindest eine Minimalregelung des Spar­ verkehrs mit einer den bisherigen Vorgaben entsprechenden Definition der Spareinla­ gen an geeigneter Stelle auch in Zukunft erhalten bleiben. Dies ist durch § 21 Abs. 4 der Verordnung über die Rechnungslegung von Kreditinstituten (RechKredV) gesche­ hen (BGBl. 1992, S.203 geändert durch erste Verordnung zur Änderung der Rech­ KredV, BGBl. 1993, S.924, vgl. auch die amtliche Begründung in BT Drucksache 12/4876, S.6.). Müßten Sparbriefe unter den Begriff der Spareinlage gezogen werden, so wäre die weitverbreitete Praxis eines Verzichts auf die Urkundenausstellung, bzw. die Verwahrung ausgestellter Urkunden durch die Kreditinstitute in ihrer Vereinbar­ keit mit dem KWG und der RechnKredV zweifelhaft.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

ten Gläubiger ausgestellt wird,18 ausgegangen werden. Erst im Anschluß daran kann auf die verbreitete Praxis eines Verzichts auf die Urkundenausstellung und dessen Zulässigkeit eingegangen werden. Dabei gilt es, zuerst beispielhaft die tatbestandlichen Entstehungsvoraussetzungen für Namensschuldverschrei­ bungen festzustellen. Danach muß anhand der Interessenlage ein System der Rechtsfolgen ermittelt werden, das einerseits dem fehlenden sachenrechtlichen Charakter des Namenspapiers Rechnung trägt und andererseits die Verkörpe­ rung eines Rechts in einer Urkunde berücksichtigt. Schließlich ist die Wert­ papiereigenschaft der verbrieften Schuldverschreibung zu überprüfen.

18 Trotz einer fortschreitenden Tendenz zur Entstückelung des Effektenwesens ist der Anteil der in Einzelurkunden verbrieften Rechte immer noch beachtlich wie MünchKomm-Hüffer § 793 Rz.3 f. anhand einer Beispielrechnung erläutert.

§ 5 Entstehung des Rechts aus einem Namenssparkassenbrief Begründung der Gläubigerstellung Die rechtsgeschäftlichen Vorgänge bei der Entstehung wertpapierrechtli­ cher Verpflichtungen haben die Literatur seit Anfang des 19. Jahrhunderts be­ schäftigt. Dabei behandeln die wertpapierrechtlichen Entstehungstheorien fast ausschließlich den Entstehungstatbestand von Inhaber- und Orderpapieren. Eine Untersuchung der Rechtsverhältnisse bei der Begründung von Namens­ schuldverschreibungen findet sich, soweit ersichtlich, in der Literatur bisher nicht.1 Die Darstellungen beschränken sich auf den Hinweis, daß bei Namens­ schuldverschreibungen die Normen des Zessionsrechts und damit auch die Re­ geln über die Entstehung von unverbrieften Forderungsrechten anzuwenden seien. Eine derart pauschale Verweisung macht jedoch deutlich, daß den spe­ zifischen wertpapierrechtlichen Eigenschaften, die auch Namensschuldver­ schreibungen anhaften, bei der Rechtsentstehung keine Aufmerksamkeit ge­ widmet wird. Es bleibt unberücksichtigt, daß sich Namensschuldverschreibun­ gen eben durch ihre Verbriefung von nicht verkörperten relativen Rechten unterscheiden.

Somit gilt es, den Entstehungstatbestand einer Namensschuldverschreibung anhand der Vertragspraxis beim Sparkassenbrief zu untersuchen und dabei sowohl der zessionsrechtlichen Übertragungsweise als auch den wertpapier­

1 So finden sich selbst bei Kümpel, WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2 („Zur Problema­ tik des Vorlegungserfordemisses bei Namens-Papieren am Beispiel der NamensSchuldverschreibung und des Sparbuches“) und WM 1983, Beilage 6 („Praktische Be­ dürfnisse für die Fortentwicklung des Wertpapierbegriffs“), Koller Gutachten S.1455 ff und WM 1981, S.474 ff. („Namensschuldverschreibungen des Kapitalmarktes - eine neue Wertpapierform ?“), Franke, DB 1983, S.377 ff. („Stiefkind der Jurisprudenz: die Namensschuldverschreibung“) keine Ausführungen zum Entstehungstatbestand von Namensschuldverschreibungen. Wie sehr auch die allgemeine wertpapierrechtliche Literatur an den Darstellungen zur Entstehung von Inhaber- und Orderpapieren orien­ tiert ist, zeigt die Schrift von Hupfer, „Der wertpapierrechtliche Begebungsvertrag“, der zwar die Rektapapiere eindeutig unter die Wertpapiere zählt (S.4), diese jedoch einfach ohne nähere Rechtfertigung aus seiner allgemeinen Betrachtung über die Ent­ stehung wertpapierrechtlicher Verpflichtungen ausschließt.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

rechtlichen Besonderheiten bei der Ausstellung einer effektiven Schuldurkun­ de über ein Forderungsrecht Rechnung zu tragen. Dabei sind die rechtsgeschäftlichen Voraussetzungen der Rechtsbegrün­ dung ebenso zu betrachten wie der Rechtsgrund des entstandenen Rechts und die Hauptbestandteile (essentialia negotii) einer Namensschuldverschreibung. Am Beispiel des Sparkassenbriefs sind außerdem die Bedeutung der Urkun­ denausstellung für die Rechtsbegründung sowie der Charakter der ausgestell­ ten Urkunde in Bezug auf das Rechtsgrundverhältnis zu untersuchen.

I. Rechtsgeschäftliche Voraussetzungen zur Begründung des Rechts aus der Namensschuldverschreibung

7. Entstehungstheorien Die rechtsgeschäftlichen Voraussetzungen für die Begründung wertpapier­ rechtlicher Verpflichtungen sind seit jeher umstritten. Der bestehenden Viel­ zahl an Erklärungsversuchen soll hier nicht ein weiterer hinzugefügt werden. Vielmehr ist von den Strukturen der grundlegenden theoretischen Ansätze2 auszugehen und zu untersuchen, inwieweit sich die für die Inhaber- und Or­ derpapiere herausgearbeiteten Gedanken auf die Begründung einer Namens­ schuldverschreibung übertragen lassen und in welchem Umfang für diese Wertpapierform Besonderheiten zu gelten haben.

Zur Erklärung der Entstehung wertpapierrechtlicher Verpflichtungen wer­ den heute drei grundlegende Ansätze unterschieden:

a) Kreationstheorie3 Die Kreationstheorie sieht das rechtsbegründende Moment für die Entste­ hung des verbrieften Rechts allein im einseitigen Ausfertigungsakt des Papiers

2 Es sind dies die Kreationstheorie, die Vertragstheorie und die heute überwiegend vertretene Rechtsscheintheorie.

3 Vorbereitet durch Einert, Das Wechselrecht nach dem Bedürfniß des Wechselge­ schäfts im 19. Jahrhundert (1839), S.91 und begründet von Kuntze, Die Lehre von den Inhaberpapieren (1857), 334 ff, 350 ff Heute hat diese Theorie nur noch vereinzelte Anhänger: Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.36-47 und ders., in Festschrift für Raiser, S.233 ff ; Huber, in Festschrift für Flume, S.99.

§ 5 Entstehung des Rechts und Begründung der Gläubigerstellung

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(der Skriptur) durch den Aussteller. Die Ausfertigung der Urkunde als einsei­ tige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung reiche bereits zur Kreation der wertpapierrechtlichen Verpflichtung aus. Der von einer rechtsgeschäftli­ chen Vereinbarung getragenen Entäußerung der Urkunde bedürfe es zur Ent­ stehung nicht.4 Ihre Stütze findet diese Theorie im Wortlaut des § 794 Abs. 1 BGB, wonach allein die Ausfertigung einer Inhaberschuldverschreibung zur Begründung der Verpflichtung genügt, auch wenn diese ohne den Willen des Ausstellers in den Verkehr gelangt.

b) Vertragstheorie5

In der gegenwärtigen Literatur wird ganz überwiegend die Vertragstheorie vertreten. Ausgehend vom Grundsatz des § 305 BGB, der zur Begründung je­ der rechtsgeschäftlichen Verpflichtung grundsätzlich eine einverständliche Vereinbarung verlangt, müsse zu dem stets erforderlichen Skripturakt, dem Realakt der Urkundenausstellung, ein Begebungsvertrag hinzutreten, wodurch mit Wissen und Wollen des zu Verpflichtenden das Forderungsrecht zur Ent­ stehung gebracht werde. Erst in diesem Begebungsvertrag werde der Wille des Ausstellers zur Begründung des verbrieften Rechts manifest, und erst darin könne deshalb ein verpflichtendes Rechtsgeschäft gesehen werden.6

Weder Kreations- noch Vertragstheorie vermögen jedoch die gleichwohl für die Verkehrspapiere aus Gründen des Verkehrsschutzes allgemein geforderte Entstehung des Rechts gegenüber einem redlichen Zweiterwerber zu erklären, wenn es an einer wirksamen Begebung fehlt, sei es aufgrund eines Mangels im Begebungsvertrag oder aufgrund eines gestörten Ausstellungsaktes. Bei einem fehlerhaften Begebungsvertrag würde nach der Vertragstheorie trotz ausgefer-

* Müller-Christmann/Schnauder, Rz.60 f.

5 Jacobi, Die Wertpapiere im bürgerlichen Recht, 2. Aufl. (1917), S.l 17 ff. und 158 ff.; ders. Ehrenbergs Handbuch IV 1 (1917), S.282 ff; Hueck/Canaris §312; Larenz, Schuldrecht B.T. 12. Auflage; Baumbach /Hefermehl WPR Rz. 27 f ; Zöllner, Wertpa­ pierrecht, § 6 V; Richardi § 7 ID; sowie die Rechtsprechung des BGH: BGHZ 64,11 (15); BGH WM 1971, S.744 (745); BGH WM 1973, S.66; BGH NJW 1975 S.1166 (1167). Eine Zwischenstellung zwischen Kreations- und Vertragstheorie nimmt Hup­ fer, S.46-52 ein. 6 Vgl. statt vieler Hueck/Canaris § 3 I 2.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

tigter Urkunde keine wertpapiermäßige Verpflichtung entstehen.7 Ebensowe­ nig vermögen die nicht interessengerechten Folgen der Kreationstheorie zu befriedigen. Die Entstehung einer Verpflichtung aus dem einmal ausgestellten Papier, auch ohne bewußtes und gewolltes Inverkehrbringen gegenüber jeder­ mann, also auch gegenüber dem Dieb oder dem unehrlichen Finder8 fuhrt zu unerträglichen Ergebnissen.9

c) Rechtsscheintheorie10 Um den redlichen Rechtsverkehr mit Wertpapieren zu schützen, wurde da­ her die Rechtsscheintheorie entwickelt. Ziel dieser Theorie ist es, in den Fäl­ len der fehlerhaften Begebung, den gutgläubigen Zweiterwerber des Papiers vor der Gefahr zu schützen, in Ansehung einer scheinbar fehlerfrei ausgestell­ ten Wertpapierurkunde aufgrund für ihn unerkennbarer Mängel des Bege­ bungsvertrages kein Recht zu erwerben. Basierend auf einer Verknüpfung von Zurechnungs- und Rechtsscheinsprinzip, läßt diese Theorie den Aussteller für den Inhalt einer wertpapiermäßigen Verpflichtung einstehen, sofern er durch zurechenbares Verhalten den Rechtsschein einer fehlerfreien Entstehung des Rechts begründet hat.11 Nur so könne die Umlauffunktion von Wertpapieren reibungslos erfüllt werden.

7 Vgl. die Beispiele zur Widerlegung der reinen Vertragstheorie bei Zöllner, Wert­ papierrecht, § 6 V 1-3. 8 Auch wenn dieses Ergebnis an sich aus § 794 BGB folgt und wohl auch dem Wil­ len des historischen Gesetzgebers entsprach (Motive II, S.697, bei Mugdan, S.389), wird es heute zu Recht als unerträglich abgelehnt. Aufgrund dieser Konsequenzen wurde die „strenge Kreationstheorie“ schon bald abgeschwächt und zu den Varianten der Redlichkeitstheorie (hauptsächlich Grünhut, Wechselrecht, Bd.I, S.266 (279)) und der Eigentumstheorie fortentwickelt. Danach sollte die Kreation des Papiers nur dann zur Verpflichtungsbegründung ausreichen, wenn sie mit dem Erwerb des Eigentums an der Urkunde einherging. Eigentum sollte dabei nur der berechtigte Ersterwerber bzw. der gutgläubige Zweiterwerber erlangen können. Durch diese Fortentwicklung nähert sich die Kreationstheorie jedoch stark an die Vertragstheorie an. Hueck/Canaris § 3 I 1 a) spricht sogar von einer „Selbstaufgabe“ der Kreationstheorie.

9 Hueck/Canaris § 3 I d). 10 Vgl. dazu Jacobi, Ehrenbergs Handbuch IV 1, S.241 ff. und 282 ff., sowie ders., Die Wertpapiere im bürgerlichen Recht, S.158 ff.; Canaris, Die Vertrauenshaftung, S.232 ff. (und die Nachweise dort auf S.232, Fußnote 3).

11 Hueck/Canaris § 3 II.

§ 5 Entstehung des Rechts und Begründung der Gläubigerstellung

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2. Bewertung

Die Rechtsscheintheorie bildet keinen Gegensatz zu Kreations- und Ver­ tragstheorie, sondern enthält für beide Theorien eine notwendige Ergänzung, wenn es um die Frage des Ausschlusses der Einwendung des fehlerhaften Be­ gebungstatbestandes gegenüber einem redlichen Dritten geht. 12Weil der von der Rechtsscheintheorie bezweckte Verkehrsschutz immer ein Schutz des gutgläubigen (potentiellen) Zweit- oder Dritterwerbers und kein Partnerschutz ist,13 ist die Rechtsscheintheorie systematisch im Bereich des Einwendungsaus­ schlusses gegenüber gutgläubigen Dritten angesiedelt.14 Nur dem Dritten ge­ genüber, nicht aber gegenüber dem ersten Nehmer soll dem Schuldner der Einwand der Mangelhaftigkeit des Begebungsvertrags abgeschnitten sein. Während die Kreations- und Vertragstheorie sich beim Versuch der Erklärung des mangelfreien Entstehungsvorganges gegenüberstehen,15 ist es Ziel der Rechtsscheintheorie, die Probleme bei Mängeln im Begründungstatbestand zu überwinden. Die Betrachtung des Einwendungsausschlusses bei Namensschuldverschrei­ bungen soll einem späteren Kapitel vorbehalten bleiben.16 Deshalb kann an dieser Stelle auf eine Untersuchung des fehlerhaften Entstehungstatbestandes und der Anwendbarkeit der Rechtsscheintheorie17 auf Namensschuldverschrei­ bungen verzichtet werden. Im Folgenden soll die Untersuchung einer fehler­ freien Entstehung der Verpflichtung aus dem Sparkassenbrief im Vordergrund stehen.

Bei einer fehlerfreien Begründung der Verpflichtung aus einem Wertpapier ist die Kreationstheorie jedoch der Vertragstheorie unterlegen. Sie befindet 12 Daß die Kreationstheorie ebenfalls einer Ergänzung durch den Rechtsscheinge­ danken bedarf, betonen auch deren Vertreter. Vgl. Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.42 (47); Hueck/Canaris § 3 II2.

13 Canaris, Die Vertrauenshaftung, S.239. 14 Müller-Christmann/SchnauderVzJV, Canaris, Die Vertrauenshaftung, S.232 und 237. 15 Hueck/Canaris § 3 II 2. 16 Vgl. §12.

17 Nach Zöllner, Wertpapierrecht, § 6 VI ist für die Anwendung der Rechtsschein­ theorie. bei Namensschuldverschreibungen kein Raum. Weil diese Papiere schon bei der Übertragung keinen Verkehrsschutz genießen, sei es auch nicht zulässig auf den Entstehungstatbestand Rechtsscheinregeln anzuwenden. Inwieweit sich diese These Zöllners als tragbar erweist, gilt es in § 12 zu untersuchen. 4 Seitz

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

sich durch die Konstruktion eines einseitigen Verpflichtungsgeschäfts im Wi­ derspruch zum Dogma des § 305 BGB, der für die Entstehung einer schuld­ rechtlichen Verpflichtung grundsätzlich einen Vertrag verlangt.18 Außerdem ist sie gezwungen, ihren rechtsgeschäftlichen Erklärungsansatz auf die Grund­ lage von Fiktionen zu stellen.19 Dadurch, daß sie den rein tatsächlichen Akt der Urkundenausfertigung bereits als Rechtsgeschäft ansieht, mißachtet sie den anerkannten Grundsatz, daß der objektive Tatbestand einer Willenserklä­ rung erst dann erfüllt ist, wenn die Endgültigkeit der Willensbildung objektiv feststeht. Vorher besteht kein Bedürfnis, eine rechtliche Bindungswirkung anzunehmen, da von einer in Selbstbestimmung gesetzten Rechtsfolgenanord­ nung durch den Erklärenden noch nicht gesprochen werden kann.20 Vielmehr liegt solange lediglich eine Vorbereitungshandlung vor, die bei schriftlichen Erklärungen als bloßer „Entwurf4 keine Rechtsbindung erzeugen soll und kann. Vor der eigentlichen rechtsgeschäftlichen Begebung ist dem Aussteller bewußt, daß er die Urkunde jederzeit noch zurückhalten, ändern oder vernich­ ten kann.21 Zum Rechtsgeschäft wird dieser Entwurf erst, wenn seine Endgül­ tigkeit dadurch manifestiert wird, daß er mit Wissen und Wollen des Ausstel­ lers aus dessen Machtbereich in den Rechtsverkehr gegeben wird.22 Eine Bin­ dungswirkung des bloßen Entwurfs kann deshalb allenfalls unter Vertrauens­ schutzaspekten im Sinne einer Rechtsscheinhaftung, niemals jedoch aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Sichtweise entstehen.23

Eine weitere problematische Folge der Kreationstheorie geht dahin, daß durch das Begründen der Verpflichtung infolge bloß einseitiger Skriptur vor Aushändigung der Urkunde an den Berechtigten ein subjektloses Forderungs­ recht entstünde. Es erscheint künstlich und konstruiert,24 entgegen den

18 Canaris, Die Vertrauenshaftung, S.234. 19 Jacobi, Ehrenbergs Handbuch IV, S.282 (283 f); Canaris, Die Vertrauenshaf­ tung, S.239; Larenz, Schuldrecht BT, S.343 f. 20 Canaris, Die Vertrauenshaftung, S.427.

21 Müller-Christmann/Schnauder, S.29. 22 Canaris, Die Vertrauenshaftung, S.234. 23 Canaris, Die Vertrauenshaftung, S.234. 24 Wenn auch nicht völlig undenkbar, wie die Regelung des § 1976 BGB beweist, vgl. Bornemann, S. 186; Müller-Christmann/Schnauder, S.27, wobei allerdings zu be­ achten ist, daß durch die Nachlaß Verwaltung die zwei Vermögensmassen des Eigen­ vermögens des Erben und des Nachlasses voneinander getrennt werden, und somit wenn auch keine Zuordnung zu unterschiedlichen Personen so doch zu verschiedenen,

§ 5 Entstehung des Rechts und Begründung der Gläubigerstellung

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Rechtsfolgen der Konfusion, eine Forderung des Ausstellers gegen sich selbst anzunehmen, die bis zur Ausgabe der Urkunde an den Berechtigten ruht.25 Dabei ist im Streit um die Anwendung von Kreations- oder Vertragstheorie eine zusätzliche Besonderheit der Rektapapiere zu berücksichtigen. Die Aus­ gabe einer Namensschuldverschreibung unterscheidet sich von der Emission einer vergleichbaren Inhaberschuldverschreibung dadurch, daß der vom Aus­ steller verschiedene Gläubiger namentlich im Text der Urkunde genannt wer­ den muß. Mag somit bei der Ausfertigung einer Schuldverschreibung auf den Inhaber oder bei der Ausstellung eines Wechsels an eigene Order ein zumin­ dest vorläufig ungerichtetes Forderungsrecht konstruktiv denkbar und durch einen gesteigerten Grad der Versachlichung des Rechts erklärbar sein, so ist die Entstehung der Verpflichtung aus einem Rektapapier ohne die Individua­ lisierung des Partners der relativen Rechtsbeziehung nicht möglich. Die Fest­ legung des Gläubigers im Text der Urkunde ist bei Namens- oder Rektapapie­ ren ein Wesensmerkmal.26 Die Notwendigkeit der namentlichen Ausstellung wird noch deutlicher, wenn es sich um ein abstraktes Wertpapier handelt. Bei Sparkassenbriefen wird die Zahlungspflicht aus der Namensschuldverschrei­ bung zwar eingegangen, um die Verpflichtung des Schuldners aus dem zu­ grundeliegenden Rechtskauf zu erfüllen. Inhalt und Bestand der verbrieften Zahlungspflicht sind jedoch unabhängig vom Kausalgeschäft.27 Sofern eine Verpflichtung keine Beziehung zu einem Schuldgrund aufweist, muß ihre Verbriefung deshalb den Namen des Gläubigers enthalten, um die Rechtsbe­ ziehung bestimmbar zu machen. Insofern unterscheidet sich die verbriefte For­ derung von der unverbrieften. Denn während letztere ihre Bestimmbarkeit aus der zugrundeliegenden kausalen Rechtsbeziehung erhalten kann, ist es gerade der Sinn eines abstrakten, konstitutiven Wertpapiers, diese Verknüpfung zum Grundgeschäft zu lösen. Ohne jeglichen Anhaltspunkt für die Person des Gläubigers ist die Rechtsbeziehung jedoch nicht hinreichend genug be­ rechtlich unterschiedlich zu behandelnden Verniögensmassen erforderlich wird. Auch spricht das Gesetz selbst in diesem Falle ausdrücklich von einer Fiktion des Fortbeste­ hens.

25 RGZ 147, S.243; Palandt-Heinrichs Überblick Vor § 362 Rz.4. 26 Baumbach/Hefermehl, WPR, Rz.60; MünchKomm-Hüffer1 Vor. § 793 Rz.17; Hueck/Canaris § 2 UI 1; Zöllner, Wertpapierrecht, § 2 II 2 ; Raiser , ZHR 101 (1935), S.35 (mit weiteren Nachweisen der älteren Literatur); a.A. Jacobi, Ehrenbergs Hand­ buch IV, § 37, S.435; Koller, Gutachten, S.I458 f. deren Aussagen sich jedoch haupt­ sächlich auf die nicht mit der Wertpapiereigenschaft ausgestatteten einfachen Beweisund Legitimationspapiere beziehen.

4*

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

stimmt.28 Die abstrakte Leistungspflicht muß daher durch Namensnennung im Urkundentext auf einen bestimmten Gläubiger konkretisiert sein. Da der Ur­ kunde über den Sparkassenbrief keine Liberations- und nur stark einge­ schränkte Legitimationswirkung zukommt/9 muß sich die Identität des zum Fordern der Leistung Berechtigten aus der Urkunde ergeben. Ist dies nicht der Fall, kann der Berechtigte seine Rechtsinhaberschaft nicht nachweisen, weil allein die Inhaberschaft der Urkunde nichts über seine Berechtigung aussagt. Dadurch verliert die Urkunde für die Beteiligten jedoch jede Funktion.

Für die Vertragstheorie spricht noch ein weiteres Argument. Die Begrün­ dung einer wertpapierrechtlichen Verpflichtung aus einem Rektapapier und damit auch aus einer Namensschuldverschreibung geht somit immer einher mit der Einräumung der Gläubigerstellung des individualisierten Berechtigten. Die Einräumung einer Gläubigerstellung ist jedoch infolge der rechtsgeschäft­ lichen Handlungsfreiheit eines jeden Rechtssubjekts im Bereich der Privatau­ tonomie nicht ohne die Zustimmung des Gläubigers zulässig, selbst wenn für diesen darin lediglich eine Begünstigung zu sehen ist. Die Gläubigerstellung einer bestimmten Person kann somit nicht ohne den Willen des Betreffenden erzeugt oder diesem entgegen seinem Willen aufgedrängt werden.30 Nach der reinen Kreationstheorie31 entsteht die Verpflichtung aus dem Wertpapier und somit auch die Gläubigerstellung dagegen ganz ohne Zustimmung des Be­ rechtigten allein durch den Skripturakt des Ausstellers. Das Hervorbringen der wertpapiermäßigen Verpflichtung aufgrund lediglich einseitigen Schöpftmgsaktes fährt damit zur Einbindung von Personen in ein Schuldverhälnis, ohne daß dies von deren Willen getragen ist. Ein solches Ergebnis ist mit dem Prinzip der Vertragsfreiheit selbstbestimmter Rechtssubjekte nicht vereinbar.

28 MünchKomm-Kramer § 214 Rz.2; Blomeyer, in Festschrift für Rabel I, S.307 f.; Staudinger-Kaduk § 398, Rz.80 und Staudinger-Schmidt Einl. zu § 241 ff., Rz.406; Planck-Siber, Vorbem. I 2 zu § 241. 29 Vgl. unten § 6 I 2 b. 30 Larenz, Schuldrecht AT, § 4 S.40 mit Verweisung auf diesen, auch § 333 BGB zugrundeliegenden Rechtsgedanken in den Motiven zu § 415 des 1. Entwurfes zum BGB bei Mugdan S. 151.

31 Aufgrund dieser systematischen Unstimmigkeiten wurde teilweise eine modifi­ zierte Kreationstheorie vertreten, die einen Doppeltatbestand von Skripturakt und Be­ gebung statuierte, wonach durch die Skriptur die Verpflichtung zwar schon entstünde, jedoch noch durch die Begebung in ihrer Wirksamkeit bedingt sei. Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.32 (38 f.).

§ 5 Entstehung des Rechts und Begründung der Gläubigerstellung

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Die Kreationstheorie ist deshalb für Namensschuldverschreibungen aus syste­ matischen Gründen abzulehnen.

Als Voraussetzung für die Begründung einer Verpflichtung aus der Na­ mensschuldverschreibung „Sparkassenbrief4 ergibt sich damit die Notwendig­ keit eines Begebungsvertrages zwischen Schuldner und Gläubiger.

3. Ausgabepraxis

Der Ablauf der Vertragsanbahnung beim Erwerb eines Sparkassenbriefs in der Praxis stützt die These einer Verpflichtungsbegründung durch zweiseitiges Rechtsgeschäft. Typischerweise tritt der Kunde mit dem Wunsch, einen Spar­ kassenbrief zu erwerben, an die Sparkasse heran, die diesem den „Kaufauftrag Sparkassenbrief432 vorlegt. Der mehrteilige Vordrucksatz wird vom Kunden auf dem Deckblatt unterschrieben, das das Angebot über den Abschluß eines Rechtskaufvertrages enthält. Die Sparkasse nimmt durch rechtsverbindliche Unterschriftsleistung auf dem zweiten Blatt (Kaufbestätigung) an. In den Vor­ druck werden dabei Name und Anschrift des Gläubigers, der Nennwert des Sparkassenbriefs, sowie weitere Angaben zur Verrechnung des Kaufpreises aufgenommen. Diese Angaben, insbesondere die Gläubigerbezeichnung, wer­ den im Wege des Durchschreibeverfahrens auf die weiteren Blätter des Vor­ drucksatzes übertragen. Durch die Angaben zur Frage nach der Gläubigerstel­ lung erklärt der Kunde konkludent seinen Willen, Berechtigter aus dem Spar­ kassenbrief zu werden.33 Daraufhin wird entweder die vereinfachte Sparkassenbriefurkunde auf Blatt 3 des Vordrucksatzes durch Unterschriftsleistung von zwei Zeichnungsbe­ rechtigten der Sparkasse erstellt oder auf Wunsch die „Große Sparkassenbrief­ urkunde44 auf den Namen des Berechtigten separat ausgefertigt. Durch die mit Abschlußwirkung versehene Unterschriftsleistung von zwei zeichnungsbe­ rechtigten Mitarbeitern unter den vervollständigten Urkundenvordruck ist der Skripturakt vollzogen. Gleichwohl ist die Verpflichtung noch nicht entstan­ den. Denn jederzeit könnte die Sparkasse bei Entdeckung eines Schreibfehlers etc. den Urkundenentwurf vernichten und eine neue Urkunde ausstellen, ohne

32 Vgl. Vordruck Nr. 168 585 des Deutschen Sparkassenverlags im Anhang II. 33 Es steht ihm jedoch frei, auch eine Dritte Person als Berechtigten aus dem Spar­ kassenbrief zu benennen.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

daß der Kunde dies als einen Eingriff in ein bereits erworbenes Recht verhin­ dern könnte/4

Die Sparkasse entäußert sich der Urkunde mit Wissen und Wollen durch die Übergabe an den Kunden. Erst durch diese einverständliche Entäußerung des Papiers wird dem vorher nur als Entwurf bestehenden Sparkassenbrief sei­ ne Rechtsbindungswirkung zugewiesen. Erst jetzt ist die Willenserklärung endgültig abgeschlossen. Durch die Entgegennahme der Urkunde nimmt der Kunde die Einräumung der Gläubigerstellung in der Schuldverschreibung an. Die Verpflichtung aus der Namensschuldverschreibung „Sparkassenbrief ‘ ist im Einverständnis der Parteien vertraglich begründet. Durch die Übergabe wird dabei jedoch nicht etwa eine Übereignung der Urkunde vollzogen. Nach § 952 BGB wird der Gläubiger bereits mit Entstehung der Verpflichtung kraft Gesetzes Eigentümer der Urkunde. Die Übergabe des Papiers hat allein die Bedeutung, die Endgültigkeit der Willenserklärung durch die Sparkasse zu dokumentieren. Lassen sich andere, eindeutige Indizien dafür finden, daß die Schuldnerin das ausgestellte Papier nunmehr nicht als bloßen Entwurf, son­ dern als mit Rechtsbindungskraft versehene Schuldurkunde auffassen will,33 entsteht die Verpflichtung aus dem Sparkassenbrief auch ohne Papierüberga­ be, ohne daß sich dadurch etwas an der Begründung der Verpflichtung durch Vertrag ändern würde.

4. Ergebnis Rechtsgeschäftliche Voraussetzung für die Begründung der Zahlungspflicht aus einer Namensschuldverschreibung wie dem „Sparkassenbrief' ist der Ab­ schluß eines Begebungsvertrages. Dabei erfolgt die einverständliche Begebung regelmäßig durch die Übergabe des vollständig ausgefertigten Urkundenent­ wurfes an den Erwerber.

34 Müller-Christmann/Schnauder, Rz.64.

33 Wie zum Beispiel die Inverwahrungnahme der Urkunde im direkten Anschluß an die Ausstellung auf Anweisung des Gläubigers, ohne daß sie diesem vom Schuldner vorher noch einmal ausgehändigt wurde oder die sofortige Übergabe an einen Dritten, zum Beispiel als Sicherungsmittel zum Zwecke der Verpfändung etc.

§ 5 Entstehung des Rechts und Begründung der Gläubigerstellung

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II. Verhältnis von Urkunde und Recht 1. Abgrenzung zwischen konstitutivem und deklaratorischem^ Wertpapier

Die Bedeutung der Urkundenausfertigung für die Entstehung des verbrief­ ten Rechts bemißt sich entscheidend danach, ob es sich bei Sparkassenbriefen um konstitutive oder deklaratorische Urkunden handelt. Konstitutiv ist ein Papier dann, wenn das verbriefte Recht erst durch die Wertpapierausstellung entsteht und entstehen kann, deklaratorisch dagegen, wenn das verbriefte Recht auch ohne die Verknüpfung mit dem Wertpapier besteht, also durch die ausgestellte Urkunde lediglich deklariert wird.37

a) Charakter der Rechtsbeziehung beim Erwerb eines Sparkassenbriefs Die rechtliche Ausgestaltung des Grundgeschäfts beim Erwerb eines Spar­ kassenbriefs bestimmt in nicht unerheblicher Weise, ob das Recht aus der Na­ mensschuldverschreibung durch die Urkunde begründet oder lediglich belegt wird. Faktisch stehen sich beim Erwerb eines Sparkassenbriefs in Form der Na­ mensschuldverschreibung die Erbringung der Kapitaleinlageleistung auf Sei­ ten des Kunden und die Ausgabe der beurkundeten Verpflichtungserklärung über die Zahlung des Nennwertes zuzüglich Zinsen auf Seiten der Sparkasse gegenüber. Die rechtliche Qualifizierung dieses Gegenseitigkeitsverhältnisses ist dabei nicht eindeutig. Vielmehr sind hier zwei typenvertragliche Modelle denkbar:38

36 Die Terminologie ist uneinheitlich. Zöllner, Wertpapierrecht, und Hueck/Canaris sprechen von einem „deklarativen“ Papier. Außer dieser rein sprachlichen Abweichung besteht jedoch Einigkeit in der Sache. Wie hier Müller-Christmann/Schnauder, S.23. 37 Zöllner, Wertpapierrecht, § 5 IV.

38 Vgl. dazu die schon im Zusammenhang mit der Ausgabe von „Inhabersparkarten“ in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts aufgetretene Abgrenzungsproblematik zwischen konstitutivem Wertpapier und deklaratorischem Beweispapier bei der Frage nach einer Pflicht zur Legitimationsprüfung gemäß § 165 Reichsabgabenordnung. Gut­ achten des Reichsfinanzhofes vom 28.9.1928 - V.D.2.28- abgedruckt in Deutsche Sparkassenzeitung Nm. 145 und 146 des Jahrganges 1928 und auszugsweise bei Herbst/Lang\ Rz.37.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

aa) Darlehensmodell Es ist möglich, den Erwerb der Anlageform „Sparkassenbrief4 aufgrund seiner Nähe zum Sparvertrag mit fester Rückzahlungsfrist und zum Termin­ geld als Konteneinlagengeschäft aufzufassen.39 Da es dem Einlagenbegriff sei­ nerseits an einem klar ausgeformten Tatbestand mangelt, ist der Einlagencha­ rakter von Ansprüchen gegenüber Kreditinstituten anhand von Indizien und der bankwirtschaftlichen Verkehrsauffassung zu ermitteln.40 Indem einerseits die interne Verbuchung des Sparkassenbriefgegenwertes regelmäßig auf einem Konto erfolgt41 und andererseits häufig über andere Einlagenforderungen, wie bei Sparbüchern und Sparkassenzertifikaten,42 ebenfalls Urkunden ausgestellt werden, müßte es sich bei der Geldanlage in Sparkassenbriefen trotz der Be­ zeichnung des Grundgeschäfts als „Kaufauftrag” in den Formularen der Spar­ kassen nicht zwingend um einen Vertragstyp handeln, der auf den Erwerb ei­ 39 So wohl RGRK-Steffens § 808 Rz.19, der Sparbriefe als über Spareinlagen aus­ gestellte (also deklaratorische) Urkunden versteht. Dieser Auffasssung liegt jedoch kein widerspruchsfreies System zugrunde, denn in § 808 Rz.20 hält Steffens zu Recht wegen § 21 Abs. 1 KWG Einlagen mit von vornherein erfolgter Befristung für mit dem Begriff der Spareinlage unvereinbar. Zwar kann § 21 Abs. 1 KWG nach seiner Aufhe­ bung im Jahre 1993 im Zuge der Novellierung des KWG heute nicht mehr zur Be­ griffsbestimmung herangezogen werden, doch ist in § 21 Abs. 4 der Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute (RechKredV BGBl I 1992, S.203 in der Form der ersten Änderungsverordnung BGBl I 1993, S.924) dem Willen des Gesetzgebers gefolgt worden, wonach weiterhin an geeigneter Stelle der Begriff der Spareinlage de­ finiert werden sollte (vgl. auch die amtliche Begründung in BT Drucksache 12/4876, S.6). § 21 Abs. 4 RechKredV entspricht inhaltlich weitgehend dem ehemaligen § 21 Abs. 1 KWG, so daß nach wie vor alle von vornherein befristet aufgenommenen Gel­ der nicht unter den Begriff der Spareinlage zu zählen wären.

40 BVerwG WM 1984, S.1364 (1367 f); Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz.3.9. 41 Häufig erhalten Sparkassenbriefe sogar eine eigene Kontonummer, vgl. den Spar­ kassenbrief-Kaufauftrag der Nassauischen Sparkasse Nr.68577/03.91 im Anhang II. Diesen Aspekt bedenkt auch der BGH (WM 1989, S.1640 (1641)). Die Vergabe einer Kontonummer soll jedoch nicht als Indiz für die Annahme eines Kontensparvertrages ausreichen. Vgl. dazu auch Rimmelspacher in WuB IDI.- 2.90 in der Anmerkung zum vorgenannten Urteil.

42 Vgl. die Sparzertifikate, die Urkunden über bestimmte erbrachte Spareinlagen darstellen. Sie setzen die Erbringung einer Spareinlage voraus und begründen keine eigene RückzahlungsVerpflichtung. Ist sie vorhanden, verleiht die Präsentationsklausel jedoch auch diesem deklaratorischen Papier Wertpapiercharakter. Vgl. den Vordruck Nr. 168 589 7/93 des Deutschen Sparkassenverlages 'm Anhang II.

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nes Wertpapiers gegen Gegenleistung angelegt ist. Vielmehr könnte darin auch ein Einlagengeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr.l KWG zu sehen sein.43 Bejaht man den Einlagencharakter, so kommen nach bisher vertretener Ansicht44 zur Begründung der rechtlichen Einordnung des Geschäfts entweder ein unregelmäßiger Verwahrungsvertrag gemäß § 700 BGB45 oder ein Darle­ hensvertrag nach § 607 BGB in Betracht.46 Da der wichtigste Unterschied zwi­ schen Darlehen und unregelmäßiger Verwahrung darin erblickt wird, daß die Rückzahlungsforderung beim Darlehen gemäß § 609 BGB nur nach vereinbar­ ter Frist, beim unregelmäßigen Verwahrvertrag nach § 700 Abs. 1 Satz 3 iVm. § 695 BGB jedoch grundsätzlich jederzeit fällig ist, wäre der Sparkassenbrief aufgrund seiner festen Endfälligkeit als Einlagengeschäft mit Darlehenscha­ rakter einzuordnen.47 Dabei würde die Rückzahlungsverpflichtung - gleich, ob nach Konsensual- oder Realvertragstheorie - gemäß § 607 Abs. 1 BGB entste­ hen, ohne daß es der Ausstellung einer Schuldurkunde bedürfte. Inhalt der Leistungspflicht aus der Schuldverschreibung wäre das Versprechen der Rückzahlung des Einlagenbetrages aus § 607 Abs. 1 BGB. Die Sparkassenbriefurkunde hätte lediglich deklaratorischen Charakter und würde allein Be­ weis über die Eingehung des Darlehensvertrages erbringen.

43 Zur näheren Konkretisierung des Einlagenbegriffs Canaris, BB 1978, S.227 (228); BGH Urteil vom 13.4.1993 -ft ZR 16/93 - NJW 1994, S.1801 (1805) und BGH Urteil vom 9.3.1995 - HI ZR 55/94 - BB 1995, S.994 (995 f), wonach der vom Gesetz nicht näher erläuterte Einlagenbegriff unter Berücksichtigung der bankwirtschaftlichen Verkehrsauffassung bestimmt werden kann. Ein Einlagengeschäft liege danach vor, wenn von einer Vielzahl von Geldgebern aufgrund typisierter Verträge darlehensweise oder in ähnlicher Weise Gelder entgegengenommen werden. 44 Zu einem eigenen Lösungsansatz vgl. unten § 16 IV 3 b.

45 Da zweifelsfrei das Geld der Bank nicht mit der Maßgabe übergeben wird, es als Eigentum des Kunden aufzubewahren, sondern in das Eigentum der Bank überzuge­ hen, kommt allein eine unregelmäßige Verwahrung in Betracht.

46 So Welter in WuB I C 2.-11.87 Anmerkung zu OLG Hamm, Beschluß vom 13.10.1986 (11 W2/86) = WM 1987, S.1128; Soergel/Welter, Nachtrag zu § 793 Rz.2. sowie Harder in WuB IV A § 826 BGB 1.93 Anmerkung zu BGH, Urteil vom 9.7.1992 (Xft ZR 156/90,Oldenburg) = WM 1992, S.1987. 47 Vgl. zur Abgrenzungsproblematik Canaris, Bankvertragsrecht3, Rz.l 163-1165.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

bb) Rechtskaufmodell

Dem Darlehensmodell steht die durch die Bezeichnung des Erwerbsge­ schäfts als „Kauf ‘ im Formulartext48 gestützte Konstruktion eines Rechtskauf­ vertrags49 gegenüber, der durch die Zahlung des Kaufpreises in Höhe des Nennwerts von Kundenseite und durch die Begebung des effektiven Sparkas­ senbriefs seitens des Kreditinstituts erfüllt wird. Anders als bei der Ausferti­ gung einer Urkunde über die in § 607 Abs. 1 BGB normierte Verpflichtung zur Rückzahlung des hingegebenen Darlehensbetrags, bedeutete damit die Be­ gebung des Sparkassenbriefs die Schaffung und Verschaffung einer neuen vom Grundgeschäft abgelösten Forderung auf Zahlung von Geld. Die Ausfertigung und Begebung der Sparkassenbriefurkunde begründete das verkaufte Recht erstmals, so daß dem Papier konstitutiver Charakter zukäme.

cc) Bewertung

Das Darlehensmodell deckt sich weder mit den Vorstellungen der Parteien beim Abschluß des Erwerbsvertrags über einen Sparkassenbrief, noch steht es im Einklang mit den im Erwerbsformular niedergelegten, beiderseitigen Er­ klärungen.

Kein Argument für die rechtliche Qualifizierung des Erwerbsgeschäfts als Rechtskauf im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ist allerdings die Tatsache, daß Sparkassenbriefe nur in fester Stückelung ausgegeben werden. Bei reinen Einlageforderungen, die gemeinhin als Darlehen oder als unregelmäßiger Verwahrvertrag aufgefaßt werden, ist es ebenfalls üblich, bestimmte Mindest­ beträge für die Anlage festzusetzen. Auch kann der Behauptung, daß es sich bei dem Erwerb des Sparkassenbriefs um ein „punktuelles Geschäft“ handele,30 das mit dem Erwerbsvorgang abgeschlossen sei, kein wesentliches Argument gegen ein vom langfristigen Charakter des Darlehens geprägtes Einlagenge­ schäft entnommen werden. Denn genau wie bei der Spareinlage besteht beim Sparkassenbrief ein Dauerrechtsverhältnis, das während der Laufzeit von Sorgfalts- und Fürsorgepflichten und nicht zuletzt durch die wiederkehrende

48 Vordruck Nr. 168 582 1/93 „Kaufauftrag für Sparkassenbrief4 des Deutschen Sparkassenverlages im Anhang II. 49 Herbst/Lang4, Rz.36. 30 Herbst/Lang4, Rz.36 sprechen vom „Einmalgeschäft“ beim Sparkassenbrief im Unterschied zum „Dauergeschäft“ bei einer Spareinlage.

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Zinszahlungsverpflichtung geprägt ist. Zuzugeben ist, daß anders als bei der klassischen Spareinlage der Endtermin des Rechtsverhältnisses klar bestimmt ist und beim Sparkassenbrief auch nicht die Eigenart eines ständig wechseln­ den Kontostandes besteht.51 Doch sind diese Umstände keine zwingend erfor­ derlichen Attribute der Konteneinlage, was ein Blick auf die ebenfalls nicht variablen und über eine feste Laufzeit hereingenommenen Termineinlagen beweist.52 Da somit die Aufbringung des Kapitalbetrages im Gegenzug zu Ausferti­ gung und Ausgabe der Sparkassenbriefurkunde nicht eindeutig einer bestimm­ ten typenvertraglichen Konstruktion zuzuordnen ist, kommt der den Parteiwil­ len widerspiegelnden Ausgestaltung der typischen Vertragsformulare eine ge­ steigerte Bedeutung zu.

Nach dem Wortlaut der verwendeten Vordrucke handelt es sich aus Sicht der Sparkasse bei der Veräußerung eines Sparkassenbriefs um einen Kaufver­ trag.53 Die Bezeichnung des Erwerbers als „Käufer“ und die Verwendung der Begriffe „Kaufpreis“ und „kaufe ich“54 sind eindeutige Indizien dafür, daß der Emittent dem Veräußerungsgeschäft den Charakter eines Rechtsverkaufs bei­ mißt. Die Formulierung im Kaufauftrag läßt erkennen, daß die Ausstellung der Urkunde und die Begründung der Verpflichtung aus der Namensschuld­ verschreibung „Sparkassenbrief' als Gegenleistung zur Erfüllung der Verkäu­ ferverpflichtung und nicht als Dokumentation der Darlehenshingabe aufgefaßt wird. Die Wortwahl „kaufe ich gegen bar“ verdeutlicht dies.55 Zwar kommt es auch bei dieser Konstruktion zu einem Kreditierungseffekt, der durch das Hin­ ausschieben der Fälligkeit der Zahlungspflicht um die Laufzeit des Sparkas­ senbriefs entsteht. Doch ist ein solcher Kreditierungseffekt jeder vom Grund­ satz der sofortigen Fälligkeit abweichenden Erfüllungmodalität immanent, ohne daß dabei immer der Vertragstyp des Darlehens vorliegen müßte.56

51 Herbst/Lang\ Rz.36. 52 Canaris, Bankvertragsrecht, Rz.l 165 f.

53 Vgl. den Vordruck Nr. 168 582 1/93 „Kaufauftrag für Sparkassenbrief' des Deut­ schen Sparkassenverlages im Anhang II.

54 Vgl. Vordruck Nr. 168 582 1/93 des Deutschen Sparkassenverlages im Anhang II. 55 Vgl. Vordruck Nr. 168 582 1/93 des Deutschen Sparkassenverlages im Anhang II. 56 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz.3.13.; Palandt-Putzo Einf. vor § 607 Rz.23.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

Weiterhin verdeutlicht das Verfahren bei der Abwicklung des Erwerbsge­ schäfts in der Praxis, daß es sich bei der Ausfertigung des Sparkassenbriefs nicht um die Verbriefung der Rückzahlungspflicht eines zuvor hingegebenen Geldbetrages handelt, sondern um die Begründung eines neuen, selbständigen Forderungsrechts.57 Indem bei der Veräußerung von Sparkassenbriefen in der Mehrzahl kein Erwerb gegen Bargeld stattfindet, sondern die Belastung des Gegenwertes auf einem Verrechnungskonto vorgenommen wird, entsteht bei der Urkundenausgabe ein gewisser Vorleistungseffekt der Sparkasse. Die Ausstellerin wird zwar die kontenmäßige Deckung des Betrages überprüfen, eine Verbuchung erfolgt jedoch erst nachträglich im Rahmen des täglichen Buchungsschnitts. Aus der Sparkassenbriefurkunde selbst geht jedoch nicht hervor, daß die Sparkasse ihre Verpflichtung allein für den Fall eingeht, daß die spätere Belastung des Erwerberkontos dazu führt, daß sie den Gegenwert auch tatsächlich erlangt. Das Zahlungsversprechen im Text der Sparkassenbriefurkunde ist unbedingt58 und nicht von der Erbringung der Gegenleistung des Erwerbers abhängig. Darin unterscheidet sich der Sparkassenbrief zum Beispiel von den ebenfalls urkundlich verbrieften „Sparkassenzertifikaten“, die als deklaratorische Urkunden über erbrachte Spareinlagen im Text der Urkun­ de bereits die Verknüpfung von Rückzahlungspflicht und „erbrachter Einlage“ enthalten.59 Das Fehlen eines Hinweises auf die bei Spareinlagegeschäften re­ gelmäßig Vertragsbestandteil werdenden Sonderbedingungen für den Sparver­ kehr zeigt, daß die Sparkassen selbst nicht vom Einlagencharakter des für den Brief gezahlten Gegenwertes ausgehen. Es findet sich nur ein Hinweis auf die Geltung fax Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkasse.60

57 Eine genaue rechtlichen Untersuchung der Entstehung der Zahlungspflicht aus dem Sparkassenbrief erfolgt sogleich unter bb).

58 Im Vordruck Nr. 168 531 des Deutschen SparkassenVerlags heißt es „Wir zahlen an... gegen Rückgabe dieser Urkunde am...“. 59 Vgl. den Vordruck Nr. 168 589 des Deutschen Sparkassen Verlags im Anhang II, in dem es heißt „Verzinst wird das Guthaben des Sparkassenzertifikats...Die Spareinlage kann jederzeit gekündigt werden... Das eingezahlte Guthaben..“. 60 Dagegen tragen die Sparkassenzertifikate als Urkunde über bereits erbrachte Spareinlagen ausdrücklich die Verweisung auf die Sonderbedingungen für das Spar­ einlagengeschäft, wie dies regelmäßig auch bei anderen Kontensparverträgen der Fall ist; vgl. Vordruck Nr. 168 582 1/93 des Deutschen Sparkassenverlages im Anhang II.

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Sähe man in der Ausfertigung der Sparkassenbriefiirkunde die Verbriefung des Rückzahlungsanspruchs aus einem Darlehensvertrag,61 so könnte die Ur­ kunde erst dann einen Anspruch verbriefen, wenn es auch zur Hingabe des Geldbetrags gekommen ist. Dies ergibt sich nach der Realvertragstheorie schon daraus, daß erst mit der Hingabe der Abschluß des Darlehensvertrags erfolgen soll.62 Aber auch nach der Konsensualtheorie entsteht ein Anspruch auf Rückzahlung der darlehensweise hingegebenen Werte erst dann, wenn auch deren Überlassung tatsächlich erfolgt ist.63 Entstehen beim Einziehen des Gegenwertes Probleme,64 wäre die ausgegebene Urkunde somit bis zu dem Moment funktionslos, in dem die Ausstellerin über den Geldbetrag verfugen kann. Ein solches Ergebnis ist aber nicht mit der unbedingten Form des Zah­ lungsversprechens im Text der Sparkassenbriefurkunde vereinbar. Die Partei­ erklärung geht vielmehr dahin, daß eine Verpflichtung sofort mit Ausgabe des Papiers entstehen soll;65 sie ist deshalb nicht auf die Eingehung eines Einlage­ geschäfts mit Darlehenscharakter gerichtet. Aufgrund dieses durch die Vertragserklärungen dokumentierten Parteiwil­ lens muß der Erwerb eines Sparkassenbriefs als Rechtskauf qualifiziert wer­ den.66 Mit dem Abschluß des Rechtskaufvertrags verpflichtet sich die Sparkas­

61 So insbesondere Harder in WuB IV A § 826 BGB 1.93 Anmerkung zu BGH, Ur­ teil vom 9.7.1992 (XII ZR 156/90,Oldenburg) = WM 1992, S.1987. 62 Erman-Schopp Vor § 607 Rz. 1.

63 BGH WM 1983, S.358; Palandt-Putzo § 607 Rz.19; Medicus Schuldrecht D BT § 93 I. 64 Ein solcher Umstand kann leicht beim von den Kreditinstituten mehr und mehr forcierten Geschäft mit Minderjährigen eintreten. Genehmigt der gesetzliche Vertreter die Kontenbelastung nicht, bliebe die Urkunde beim Darlehensmodell endgültig forde­ rungsentkleidet. Nach dem Rechtskaufmodell könnte der Minderjährige den abstrakten Zahlungsanspruch gegen die Sparkasse erwerben, da dies für ihn ein lediglich rechtlich vorteilhaftes Rechtsgeschäft ist. Aufgrund des dann unwirksamen Kausalgeschäfts Rechtskauf könnte diese die Sparkassenbriefförderung lediglich kondizieren. 65 Als einzige mit einer Bedingung verknüpfte Wirksamkeitsvoraussetzung wird da­ bei die eigenhändige Unterschrift zweier Zeichnungsberechtigter genannt. Eine Bedin­ gungsverknüpfung mit dem Erbringen des Gegenwertes erfolgt dagegen nicht. 66 Zumindest mißverständlich insofern Canaris, Bankvertragsrecht3 Rz.1188 mit seiner Aussage „...daher können Sparbücher im Einzelfall auch reine Rektapapiere darstellen....Letzteres gilt für die von den Sparkassen ...ausgegebenen Sparbriefe.“ Durch die Verknüpfung von Sparkassenbrief und Sparbuch wird der Eindruck erweckt, es handele sich beim Sparkassenbrief um ein Einlagengeschäft mit darüber ausgestell­

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se gemäß § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB gegen Zahlung des Nennbetrags zur Schaffung und Verschaffung einer neuen eigenständigen Geldzahlungsver­ pflichtung, die durch die Sparkassenbriefurkunde verkörpert wird.

b) Konstitutiver Charakter der Urkundenausstellung

Die Charakterisierung des Erwerbstatbestandes als Rechtskauf macht deut­ lich, daß der Anspruch aus der Namensschuldverschreibung in seiner Existenz nicht von der Aufbringung des Kapitalwertes durch den Erwerber abhängt. Als Zwischenergebnis kann somit festgehalten werden, daß die Urkunde je­ denfalls nicht nur eine Rückzahlungsverpflichtung aus einem Darlehensver­ trag deklariert. Es bleibt aber zu prüfen, ob die selbständige Verpflichtung aus der Na­ mensschuldverschreibung erst mit der Ausstellung der Urkunde entsteht - die Urkundenausfertigung also konstitutiv wirkt - oder ob diese Verpflichtung be­ reits vorher begründet und ihrerseits durch die Urkundenausstellung lediglich dokumentiert wird. Aus der Vertragsgestaltung wird deutlich, daß der Urkundenausstellung nach dem Parteiwillen Abschlußfunktion bei der Begebung der Schuldver­ schreibung zukommen soll: Sowohl die „große Sparkassenbriefurkunde“67 als auch die sogenannte „kleine“ oder „vereinfachte Urkunde“68 enthalten die Klausel: „Die Schuldverschreibung ist nur gültig, wenn sie von zwei Zeich­ nungsberechtigten der Schuldnerin eigenhändig unterschrieben ist“ Während die separat ausgestellte „große Sparkassenbriefurkunde“ regelmäßig erst nach ordnungsgemäßer Niederlegung der essentialia negotii im Urkundentext un­ terzeichnet wird, wird die vereinfachte Urkunde als Durchschrift des Kaufauf­ trags erstellt. Die essentialia der Namensschuldverschreibung werden somit direkt und gleichzeitig mit Abschluß der Kaufvertragsvereinbarung in den Sparkassenbrief übernommen. Der Durchschreibe-Vordrucksatz, der bei Er­ tem deklarativen Rektapapier. Der konstitutiven Bedeutung der Verpflichtung aus dem Sparkassenbrief wird dabei nicht Rechnung getragen. Ebenfalls gegen den Charakter eines Konteneinlagegeschäfts BGH WM 1989, S.1640 (1641); a.A OLG Düsseldorf, WM 1992, S.1937 (1940), das das Rechtsgrund­ geschäft beim Sparkassenbrieferwerb als Darlehensvertrag einstuft. 67 Vgl. Vordruck Nr. 168 531 im Anhang II. 68 Blatt 3 des Schnelltrennvordrucksatzes Nr. 168 585 1/93 des Deutschen Sparkas­ senverlages im Anhang II.

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Stellung der vereinfachten Urkunde verwendet wird, verdeutlicht jedoch mit dem Hinweis in der Unterschriftszeile: „Nicht durchschreiben!“, daß die Verpflichtung aus der Namensschuldverschreibung erst dann zur Gültigkeit gelangen soll, wenn die Urkunde, der eigentliche Sparkassenbrief, eigenhän­ dig und originär von zwei Zeichnungsberechtigten der Sparkasse unterschrie­ ben wurde.

Dabei ist es fernliegend, die Bedeutung des Wortes „Gültigkeit“ allein auf die Rechtserheblichkeit der Urkunde als solche zu beziehen, die Wirksamkeit einer bestehenden Verpflichtung aus dem Schuldverhältnis „Namensschuld­ verschreibung“ jedoch davon unabhängig zu betrachten. Vielmehr ist gemäß §§ 133/157 BGB unter Berücksichtigung der Verkehrsbedeutung des Wortes „Gültigkeit“ davon auszugehen, daß die Sparkasse erst dann aus der Namens­ schuldverschreibung verpflichtet sein will, wenn die beiden rechtsverbindli­ chen Unterschriften geleistet wurden. Auch der im Wege der Durchschrift er­ zeugten, vereinfachten Urkunde wird nach dem Willen des Ausstellers erst durch die abschließende Unterschrift Rechtswirkung verliehen. Die Richtigkeit dieser Auslegung wird durch die weiteren Formulierungen in der Urkunde belegt: „Die Schuldverschreibung ist beiderseits unkündbar“ und „Erfüllungsort für Leistungen aus der Schuldverschreibung..:'69 So wie hier­ bei nicht begrifflich getrennt wird zwischen dem Anspruch aus dem Rechts­ verhältnis Namensschuldverschreibung und der darüber ausgestellten Urkun­ de, genausowenig wird auch bezüglich der „Gültigkeit“ ein begrifflich exakter Unterschied zwischen Recht und Urkunde gemacht. Vielmehr wird deutlich, daß die ausgebende Sparkasse davon ausgeht, daß sowohl die Verpflichtung zur Zahlung erst mit der rechtsverbindlichen Unterzeichnung durch die Zeichnungsberechtigten entsteht, als auch die Wertpapierurkunde ihre von der Schuldnerin akzeptierte Rechtserheblichkeit mit dem Zeitpunkt der Unter­ schriftsleistung erhält. Formell korrekte Urkundenausstellung und Begrün­ dung der Verpflichtung aus der Namensschuldverschreibung fallen somit zu­ sammen. Wegen dieser Abschlußfünktion der Unterzeichnung entsteht der Zahlungsanspruch aus der Namensschuldverschreibung erst mit der vollstän­ digen Ausfertigung des „Sparkassenbriefs“.

Da also nach dem Willen der Schuldnersparkasse die Verpflichtung aus der Schuldverschreibung erst mit der ordnungsgemäßen Ausfertigung und Unter­ zeichnung der Urkunde zustande kommen soll, ist der Sparkassenbrief eine konstitutive Schuldurkunde.

69 Vgl. Vordruck Nr. 168 531 im Anhang II.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

2. Abgrenzung zwischen abstrakter oder kausaler Qualität der Sparkassenbriefrerbindlichkeit

Für die wertpapierrechtliche Qualifizierung des Sparkassenbriefs ist neben dem konstitutiven Charakter der Urkunde der Grad der Verknüpfung der ei­ genständigen Verpflichtung aus der Schuldverschreibung mit dem Rechts­ grundgeschäft von Bedeutung. Je nach ihrer Abhängigkeit vom Rechtsgrundgeschäfl werden abstrakte und kausale Wertpapiere unterschieden. Kausal ist ein Rechtsgeschäft, wenn der den Erwerb der Vermögenswerten Position legitimierende Grund zu seinem notwendigen Inhalt gehört.70 Verbriefte Rechte sind dagegen abstrakt,71 wenn sie in ihrem rechtlichen Bestand vom Schicksal des Kausalverhältnisses unab­ hängig sind.72 Eine zusätzliche Ebene der Abstraktion wird in der Losge­ löstheit von einem bestimmten Vertrags^/? des Rechtsgrundgeschäfts gese­ hen.73 Teilweise wird zur besseren terminologischen Unterscheidung die feh­ lende Verknüpfung mit dem Kausalgeschäft als „Nichtakzessorietät“,74 die fehlende Typenbezogenheit dagegen als „Typuslosigkeit“75 bezeichnet.

Die Untersuchung des Abstraktionsgrades eines Sparkassenbriefs ist jedoch erst dann sinnvoll möglich, wenn klar bestimmt ist, wovon eine Losgelöstheit bestehen soll. Vorab stellt sich deshalb die Frage nach dem eigentlichen Rechtsgrund zum Behaltendürfen des mit Eingehen der Verpflichtung aus der Schuldverschreibung zugewendeten Vermögenswertes.

70 MünchKomm-Hüffer § 780 Rz. 1.

71 Zu der teilweise verwirrenden Vielfalt der mit dem Begriff „abstrakt“ verbunde­ nen Bedeutungen vgl. die detaillierte Darstellung bei Müller-Christmann/Schnauder Rz.53 ff. und 77 ff. 72 Zöllner, Wertpapierrecht, §511; Hueck/Canaris § 2 VI.

73 Müller-Christmann/Schnauder Rz.80 ff. 74 Hueck/Canaris § 2 VI 1; gegen diese Bezeichnung aufgrund ihrer terminologi­ schen Vorbelastung aus dem Kreditsicherungsrecht Zöllner, Wertpapierrecht, §511. 75 Einheitlich Zöllner, Wertpapierrecht, § 5 I 4 und Hueck/Canaris § 2 VI 1; ver­ wirrend Richardi § 5 n. Eine Unterscheidung zwischen „vollkommen abstrakt“ und „halbabstrakt“ ist aufgrund der unpräzisen Begriffsbildung ungeeignet.

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a) Rechtsgrund der Zahlungspflicht aus einer Namensschuldverschreibung Die Namensschuldverschreibung wird durch einen eigenständigen Schuld­ vertrag begründet, der in Ermangelung einer besonderen gesetzlichen Rege­ lung auf ein den allgemeinen Regeln unterliegendes Schuldversprechen gemäß § 780 BGB zurückzufuhren ist. Das Schuldversprechen ist dabei nicht nur Voraussetzung auf dem Weg zu einem dinglichen Rechtserwerb, sondern ist selbst Erwerbstatbestand. Mit Abschluß des Begebungsvertrags erwirbt der Gläubiger die Forderung aus dem Sparkassenbrief76 Über den Rechtsgrund für das Behaltendürfen des so entstandenen Forderungsrechts besteht jedoch keine Einigkeit:

aa) Objektive Rechtsgrundtheorie Beim Sparkassenbrieferwerb ist die Begründung des Schuldversprechens Folge des Schuldverhältnisses „Rechtskauf4. Nach der Lehre vom objektiven Rechtsgrund11 bildet dieser Typenvertrag „Kauf4 den alleinigen Rechtsgrund für das Leistungsversprechen aus der Schuldverschreibung. Die Abstraktheit des Wertpapiers und somit seine Rechtsgrundunabhängigkeit bemißt sich nach dieser Ansicht am Grad der Einflußnahme von Mängeln im Kausalgeschäft auf das Bestehen der Verpflichtung aus der Namensschuldverschreibung.78 Bei abstrakten Wertpapieren sollen dem Berechtigten Mängel des Kausalgeschäfts nur über die Bereicherungseinrede des § 821 BGB entgegengehalten werden können,79 kausale Verpflichtungen dagegen teilten das Schicksal des Kausal­ geschäfts.

bb) Subjektive Rechtsgrundtheorie Anders urteilt dagegen die vom finalen Leistungsbegriff geprägte Theorie des subjektiven Rechtsgrunds™ Diese Ansicht geht von der zur Erklärung der 16 MünchKomm-HüffeJ § 780 Rz.2. 77 Larenz Schuldrecht II12, § 68 I b (S.529); Flume, AT des Bürgerl. Rechts II. Band, § 12 D 4 a) S.168 ff; Köhler, WM 1977, S.242 (245); BGH WM 1982, S.671 (672 f).

78 Köhler WM 1977, S.242 (245); RGRK-Steffens § 780 Rz.43 (m.w.Nw.). 79 Flume, AT des Bürgerl.Rechts, Band D § 12 D 4 a), S. 167-169. 80 Zeiss, AcP 164 (1964), S.71 ff.; Reuter/Martinek, § 4 HI 2, S.119 f; Hueck/ Ca­ naris § 17 I 1 a; MünchKomm-Lieb § 812 Rz.319; Larenz!Canaris § 68 I 4 b. 5 Seitz

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

Erfüllungswirkung von Leistungen entwickelten Zweckvereinbarungstheorie aus. Ihre Vertreter halten die bloß einseitige Festlegung des Leistungszwecks durch den Zuwendenden als Voraussetzung für den das Behaltendürfen recht­ fertigenden Rechtsgrund nicht für ausreichend für die Umgrenzung der Zweckbestimmung bei der bewußten und gewollten Mehrung fremden Vermö­ gens durch ein selbständiges Leistungsversprechen.81 Vielmehr sei der Rechts­ grund des Schuldversprechens in der von den Parteien getroffenen Leistungs­ zweckvereinbarung, der sogenannten Begebungsabrede, zu sehen. Typische Zuwendungszwecke seien dabei zum Beispiel die Erfüllung des den Anlaß der Begebung bildenden Typenvertrages, die schenkweise Hingabe oder der Er­ werb eines Rechts als Sicherheit. Rechtsgrund zum Behaltendürfen sei allein die Erreichung dieses Zwecks und nicht die Verpflichtung aus dem Grundge­ schäft als solche.82 Nach dieser Ansicht bestehen drei übereinandergelagerte Ebenen:83 Grund­ lage der Rechtsbeziehung sei der typenbezogene Austauschvertrag. Darauf baue der auf eine Zweckvereinbarung gerichtete Vertrag über die Hingabe des Wertpapiers zu einem bestimmten Zweck auf (Begebungsabrede, die der Si­ cherungabrede bei der Bestellung von Kreditsicherheiten vergleichbar sei und klar von dem Begebungsvertrag, der das Zustandekommen der wertpapier­ rechtlichen Verpflichtung zum Inhalt hat, unterschieden werden muß). Dieser Vertrag bilde den Rechtsgrund für die eigentliche Begründung der „nackten“ Zahlungsverpflichtung durch die Begebung des Papiers.84 Solange der Lei­ stungszweck ungestört erreicht werde, bleibe der Rechtsgrund für die Zah­ lungspflicht aus dem Wertpapier bestehen. Fehler im Bereich der Leistungs­ zweckvereinbarung sollen zur Kondizierbarkeit des begebenen Schuldverspre­ chens führen. Solche Fehler sollen sowohl in der Zweckvereinbarung selbst begründet sein können, als auch ihren Ursprung im Kausalgeschäft haben können. Denn entfalle der Kausalvertrag, so müsse trotz gleichwohl wirksa­

81 Müller-Christmann!Schnauder Rz.76. 82 Staudinger-Marburger Vor §§ 780-782 BGB Rz.l mit weiteren Nachweisen zu den Vertretern dieser „Theorie der Zweckerreichung“. Vgl. dazu besonders Zeiss AcP 164, 50 (71-77); Zöllner ZHR 148 (1984), S.313 (318 ff.) mit umfangreichen Nach­ weisen zur bereicherungsrechtlichen Literatur; Müller-Christmann/Schnauder, S.31 ff., mit einer übersichtlichen Darstellung des Streitstandes. 83 Vgl. Reuter/Martinek § 4 IH 2, S. 119 f.

84 Eine gleichartige, dreistufige Konstruktion findet sich bei Reuter/Martinek § 4 HI 2, S.120.

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mer Begebungsabrede, der Leistungszweck verfehlt werden,83 wenn die Bege­ bungsabrede gerade die Erfüllung des Kausalgeschäfts als Leistungszweck vorgesehen hatte. Das begebene Wertpapier mit der von ihm verbrieften Zah­ lungspflicht sei dann kondizierbar. Einwendungen aus dem Grundgeschäft ge­ gen das Schuldversprechen sind nach diesem mehrstufigen Rechtsgrundmo­ dell ebenfalls nur über den Umweg des Bereicherungsrechts möglich.

cc) Bewertung Besteht beim schlichten Austausch von materiellen Leistungsgegenständen zum Zwecke der Erfüllung des Rechtsgrundgeschäfts im Ergebnis kein Unter­ schied zur Theorie vom objektiven Rechtsgrund, so entfaltet die auf die Lei­ stungszweckvereinbarung abstellende Theorie ihre Bedeutung beim Eingehen dieser zusätzlichen Verpflichtung. Der mit der Eingehung einer zusätzlichen Verpflichtung verfolgte Leistungszweck sei nämlich häufig verschieden von dem der bloßen Erfüllung der Schuld aus dem Kausalgeschäft.86 Zweck der Zuwendung zum Beispiel bei der Ausstellung eines Wechsels oder eines

83 Müller-Christmann/Schnauder Rz.75-77 unterscheiden dabei noch einmal zwi­ schen einer „strengeren subjektiven RechtsgrundtheoneL\ bei der allein die Erreichung des durch die Parteien verfolgten Zwecks im Vordergrund steht, und einer Theorie, die auf dem Boden der objektiven Rechtsgrundlehre ein der obigen Darstellung entspre­ chendes dreistufiges Modell (Kausalforderung - Begebungs- oder Versprechensabrede - Schuldversprechen) entwickelt, bei dem der Leistungszweck bei der Hingabe des Schuldversprechens in der Erfüllung der vertraglich begründeten Begebungsabrede zu sehen ist. Bei Mängeln im Kausalgeschäft löst diese Ansicht die Kondizierbarkeit des Schuldversprechens über eine Verknüpfung der Versprechens- (bei Wertpapierforde­ rungen Begebungs-) abrede mit dem Kausalgeschäft über § 139 BGB oder einen Weg­ fall der Geschäftsgrundlage aus, so daß dadurch der eigentliche Rechtsgrund des Schuld versprechens, die Versprechensabrede, entfällt (Reuter/Martinek § 4 HI 2, S.120). Nichts anderes als einen Wegfall der Geschäftsgrundlage hat jedoch auch der An­ satz der strengeren subjektiven Rechtsgrundtheorie zum Inhalt, denn anders, als durch eine Zweckverfehlung, also einer Störung der Verknüpfung von Versprechens-( oder hier Begebungs-)abrede mit der Kausalforderung vermag auch diese Sicht die Kondik­ tion gemäß § 812 Abs. 2 BGB nicht zu begründen. Diese Varianten mögen sich jeweils durch den mehr objektiv oder subjektiv geprägten Lösungsansatz unterscheiden, im ei­ gentlichen Kernpunkt, der Dreiteilung der Rechtsgrundebenen und der Ermöglichung der Kondiktion erst über eine Zweckverknüpfung von Begebungs-/Versprechensabrede und Kausalforderung sind sie jedoch deckungsgleich. 86 Zeiss AcP 164 (1964), S.50 (54, 60, 62 ff.,71-77). 5*

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Schecks sei vorrangig die Modifizierung der Barzahlung, durch eine gewisse Stundungs- und Kreditierungsfunktion, daneben bestehe häufig auch die Ab­ sicht, dem Nehmer die Möglichkeit zur abgesicherten Refinanzierung zu ge­ ben. Die Verfehlung dieser Nebenzwecke der Leistung sei aber nicht geeignet, eine Kondiktion des Schuldversprechens zu begründen, weil diese Zwecke nicht zu den vom Gesetz anerkannten typischen und damit berücksichtigungs­ würdigen Leistungszwecken gehörten.87 Erfolge aber die Hingabe des Schuld­ versprechens zur Erfüllung einer spezifischen Leistungszweckvereinbarung, die diese Zwecke zum Inhalt hat, so werde causa solvendi geleistet, eine Kondiktion sei bei Zweckverfehlung möglich. Umgekehrt soll dann auch bei ungestörter Erreichung des Leistungszwecks, diese Leistungszweckvereinba­ rung (zum Beispiel der Übereinkunft der Abgabe eines Schuldversprechens erfüllungshalber) den Rechtsgrund für das Behaltendürfen des Wertpapiers bilden - nicht dagegen der zugrundeliegende Typenvertrag. Die unterschiedlichen Ansichten fuhren bei den causa solvendi begebenen Schuldversprechen jedoch regelmäßig zum selben Ergebnis.88 Der Streit wird lediglich bedeutsam, wenn einmal nur die Begebungsabrede fehlerhaft sein sollte. In diesem Fall könnte der Schuldner bei intaktem Kausalvertrag auf­ grund des Mangels in der Begebungsabrede die Zahlungspflicht aus dem Wertpapier kondizieren. Daß jedoch nur die Begebungsabrede unwirksam sein sollte, ist ein für die Praxis kaum vorstellbarer Fall. Denn regelmäßig fällt die­ se vertragliche Abrede entweder mit dem Abschluß des Kausalgeschäfts zu­ sammen oder/und geht zeitlich mit dem Abschluß des wertpapierrechtlichen Begebungsvertrags einher, der erst zur Entstehung der Verpflichtung führt, so daß Mängel in der Regel auch diese Abreden erfassen werden. Der Streit ist somit weitgehend theoretisch.89 Im Ergebnis besteht Einigkeit über das Schicksal von selbständigen Wertpapierverpflichtungen bei Mängeln

87 Zeiss AcP 164 (1964), S.54 f. 88 Hueck/Canaris § 17 I 1 a). Aufgrund der zeitlichen Koinzidenz wird somit regel­ mäßig zumindest auch einer der beiden anderen Verträge von einem Mangel beim Vertragsschluß erfaßt sein. In diesem Fall führen jedoch die Ansichten zum selben Er­ gebnis. 89 Wie nahe beide Auffassungen beieinander liegen, macht der Satz von Hüffer in MünchKomm-Hüffer § 780 Rz.43 deutlich: „Rechtsgrund dieser Leistung (d.h. der Zu­ wendung des abstrakten Schuldversprechens, Anm.d.Verf.) ist entgegen der h.M. nicht das Kausal Verhältnis selbst; sondern die Vereinbarung, eine abstrakte Forderung zu begründen, deren Verpflichtungswirkung allerdings regelmäßig mit dem Bestand des Kausalverhältnisses verknüpft ist“ So auch Canaris, in Hueck/Canaris § 1711 a), der

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im Grundgeschäft: Eine direkte Wirksamkeitsverknüpfimg zwischen Kausal­ geschäft und selbständiger Zahlungspflicht besteht nicht. Bei Mängeln im Kausalvertrag ist ein abstraktes Schuldversprechen kondizierbar.

Gleichwohl ist aus dogmatischen Gründen die Theorie vom subjektiven Rechtsgrund zu favorisieren. Nur sie vermag aufgrund der Dreiteilung infolge der zwischen Kausalvertrag und Schuldversprechen eingeschobenen und den Leistungszweck beinhaltenden Begebungsabrede die bloß mittelbare Verknüp­ fung von Schuldversprechen und Kausalgeschäft90 zu erklären. Nur so ist er­ klärbar, warum bei abstrakten Verpflichtungen trotz fehlerhaften oder gar feh­ lenden Kausalgeschäfts eine „nackte Verpflichtung“ mit eigenen Nebenpflich­ ten91 selbständig existent sein kann und lediglich kondizierbar ist. Nur durch die mittelbare Verknüpfung über die Begebungsabrede kann eine Leistungs­ zweckverfehlung im Wege der Kondiktion berücksichtigt werden, ohne daß, wie bei einer kausalen Verpflichtung, die Pflicht des Grundgeschäfts wesentli­ cher Inhalt des als zusätzliche Forderung eingegangenen Schuldversprechens werden muß.92 Soll eine Forderung nach der Konstruktion der objektiven Rechtsgrundtheorie abstrakt sein, muß sie eine Verknüpfung mit dem Grund­ geschäft so weit vermeiden, daß ein Zweck der Hingabe nicht mehr erkennbar ist. Fehlt jedoch ein erkennbarer Leistungszweck, kann eine Zweckverfehlung auch nicht mehr über das Kondiktionsrecht berücksichtigt werden. Ohne die Möglichkeit eines Interessenausgleichs ist jedoch das Abstraktionsprinzip konstruktiv nicht denkbar.93 Will die Theorie des objektiven Rechtsgrunds die­ ses Ergebnis vermeiden, muß auch sie in das farblose Schuldversprechen einen von den Parteien gewollten Leistungszweck hineinlesen,94 so daß sie sich von mit dem Rechtsgedanken des § 139 BGB oder mit einem Wegfall der Geschäftsgrund­ lage operieren will. Gleicher Ansicht Bulla, Jus 1983, S.757. Berechtigte Kritik an diesem Ansatz bei Zöllner ZHR 148 (1984) S.313 (321) und MünchKomm-Lieb § 812 Rz.314. 90 Reuter/Martinek § 4 HI 2, S.120.

91 Wie zum Beispiel bei Sparkassenbriefen die Zinszahlung gegen Urkundenvorla­ ge; vgl. Hueck/Canaris § 17 I a). 92 Daß für die Vertreter der objektiven Rechtsgrundtheorie als Rechtsgrund und Träger des Leistungszwecks allein das Grundgeschäft in Betracht kommt, betont zu Recht Zöllner ZHR 148 (1984), S.313 (323). 93 Nach MünchKomm-Hüffer § 780 Rz.43 sei eine solche Forderung ein Wider­ spruch in sich. 94 Genau dies tut Zöllner ZHR 148 (1984), S.313 (323), der den Vertretern der subjektiven Rechtsgrundlehre zu Recht entgegenhält, daß sich im Regelfall die Bege-

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

einem dreistufigen Modell kaum unterscheidet. Aus diesem Grund ist dem klareren Ansatz der subjektiven Rechtsgrundtheorie zu folgen. Rechtsgrund der Zahlungsverpflichtung aus dem Sparkassenbrief ist mithin die Zweckvereinbarung, zur Erfüllung der Verpflichtung aus dem Grundge­ schäft Rechtskauf ein eigenständiges Forderungsrecht in Form einer Namens­ schuldverschreibung zu begründen.

b) Bestimmung des Abstraktionswillens anhand der vertragstypischen Erklärungen

Ist ein forderungsbegründender Schuldvertrag im Regelfall kausal,93 so kennt das BGB doch auch die Möglichkeit eines abstrakten Schuldverspre­ chens. Ob ein abstrakter Schuldvertrag vorliegt oder ob lediglich der Inhalt ei­ ner Verbindlichkeit festgestellt werden soll, ist ein Problem der Vertragsausle­ gung.96 Nach der Bestimmung des Rechtsgrunds kommt es deshalb für die Einordnung des in der Namensschuldverschreibung abgegebenen Schuldver­ sprechens als abstrakte oder kausale Verpflichtung darauf an, welcher Grad der Abhängigkeit vom Grundgeschäft nach dem Willen der Parteien bei der Begebung des Sparkassenbriefs bezweckt wird. Durch die Qualifizierung des im Kaufauftrag Sparkassenbrief abgeschlossenen Erwerbsgeschäfts als Rechts­ kauf wird lediglich das kausale Rechtsgrundgeschäft charakterisiert. Gemäß § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB wird der Verkäufer durch den Kaufvertrag über das Recht nur zur Verschaffung des Rechts verpflichtet. Als Folge des allgemein geltenden Trennungsprinzips hat deshalb der Verkäufer eines bis dahin noch nicht existenten Rechts seine Gegenleistungspflicht durch die Schaffung und Verschaffung des Rechts97 aus dem Sparkassenbrief zu erbringen.98 Der zur Schaffung einer selbständigen Verpflichtung erforderliche Abstraktionswille läßt sich dabei allein durch Auslegung der vertragstypischen Erklärungen bei bungsabrede mit der Erfüllung der Verpflichtung aus dem Grund Verhältnis decke, eine spezielle Erfüllung dieser Begebungsabrede als Leistungszweck deshalb konstruktiv überflüssig sei, der jedoch eine gesonderte Leistungszweckvereinbarung zwischen Schuldversprechen und Grundgeschäft ebenfalls für erforderlich hält, um bei Zweck­ verfehlung zu einem Bereicherungsausgleich kommen zu können. 93 MünchKomm-Hüffer § 780 Rz.2.

96 MünchKomm-Hüffer § 780 Rz.9. 97 Vgl. Kleinbub, S.22 (28).

98 Herbst/Lang* Rz.31.

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der Begründung des Schuldversprechens ermitteln." Da für den Kunden nur in sehr engen Grenzen die Möglichkeit zur Durchsetzung eigener Sonderinter­ essen im formularmäßig abgewickelten Massengeschäft gegeben ist, be­ schränkt sich sein erklärter Wille im wesentlichen auf die Annahme oder Ab­ lehnung der vorformulierten Vertragsgestaltungen des ausgebenden Kredit­ instituts. Insofern muß Gegenstand der Vertragsauslegung die in der Formu­ largestaltung der Sparkassen zum Ausdruck kommende Willensrichtung des ausstellenden Kreditinstituts sein.

Bei der Ermittlung des Parteiwillens muß aus Gründen der Praktikabilität und der Sicherheit im Rechtsverkehr das äußere Erscheinungsbild der Erklä­ rung ein starkes Indiz für den Rückschluß auf das Vorhandensein eines Ab­ straktionswillens liefern.100 Daher ist regelmäßig eine abstrakte Verpflichtung indiziert, wenn die Urkunde den Schuldgrund oder einen irgendgearteten Hin­ weis darauf nicht enthält und somit nicht deutlich macht, daß die verbriefte Verpflichtung nur der Erfüllung eines Rechtsgrundgeschäfts dienen soll.101 Der Urkundentext102 des „Sparkassenbriefs“ nimmt in keiner Weise Bezug auf das Rechtsgrundgeschäft. Die Pflicht zur Zahlung aus dem Papier wird le­ diglich von der Vorlage der Urkunde durch den Berechtigten abhängig ge­ macht, nicht dagegen etwa von der Erbringung der Gegenleistung. Die ver­ briefte Zahlungspflicht ist dabei unbedingt. („Wir zahlen an...“).103 Jegliche verknüpfende gegenseitige Bezugnahme von Kausalgeschäft und Verpflich­ tung aus der Namensschuldverschreibung wird im Urkundentext vermieden. Auch aus dem Kaufauftrag104 geht nichts anderes hervor. Lediglich die Mög­ lichkeit, den Sparkassenbrief auch in abgezinster Form erwerben zu können, weist im Kaufauftrag eine lose Verbindung zwischen zu zahlendem Kaufpreis

99 MünchKomm-Hüffer § 780 Rz.16 ff.; Staudinger-Marburger Ngt § 780 BGB Rz.7. 100 So Enneccerus-Lehmann, S.820; Crezelius DB 1977, S.1541 (1546); RGRKSteffens § 780 Rz.8; gegen eine Überbewertung der äußeren Form der Erklärung als Indiz für den Abstraktionswillen MünchKomm-Hüffer § 780, Rz.19; Kübler S.93 f. 101 RGZ 67, S.261 (263); RGZ 76, S. 191; RGZ 142, S.303 (306); RG Recht 1929 Nr.30; BGH VersR 1965, S.1153 (1154); BGH WM 1967, S.825; BAG DB 1976, S.1532; OLG München VersR 1970, S.261 (262); Bay ObLGZ 4, S.774 (781); deutlich auch Enneccerus-Lehmann, S.820. 102 Vgl. Vordruck Nr. 168 531 des Deutschen Sparkassenverlages im Anhang II.

103 Vgl. Vordruck Nr. 168 531 des Deutschen Sparkassenverlages im Anhang II 104 Vgl. Nr. Vordruck 168 580 des Deutschen Sparkassenverlages im Anhang II.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

und der Zahlungsverpflichtung aus der Namensschuldverschreibung auf, da durch die andersartige Zinszahlungsmodalität der Kaufpreis ermäßigt sein muß. Doch kann darin kein Indiz für den Willen zu einer kausalen Verknüp­ fung gesehen werden, da die Abzinsung lediglich eine Verminderung des Kaufpreises für die ansonsten unveränderte Zahlungspflicht aus dem Sparkas­ senbrief bedeutet. Damit ist zwar der Kaufpreis in seiner Höhe von der Art und Weise der Zinszahlung abhängig, nicht aber umgekehrt, die Zahlungs­ pflicht aus der Namensschuldverschreibung von der Berechnung und Beglei­ chung des Kaufjpreises.

Ein weiteres Indiz für die Losgelöstheit der Verpflichtung aus der Namens­ schuldverschreibung vom Rechtsgrund Rechtskauf bildet die eigenständige Be­ stimmung der Verjährung der Schuld aus dem Sparkassenbrief. Die Tatsache, daß die Verjährung der Verpflichtung aus dem Sparkassenbrief gegenüber der Erfüllungspflicht aus dem Rechtskaufvertrag, die der Regelverjährung unter­ liegt, auf 10 Jahre nach Fälligkeit gemäß § 225 Satz 2 BGB verkürzt wird, verdeutlicht, daß beide Verpflichtungen unterschiedlichen rechtlichen Schick­ salen unterworfen sein sollen.105 Die Urkunde enthält somit keinen Hinweis darauf, daß sie nur zur Erfüllung der Pflicht aus dem Rechtskaufvertrag hin­ gegeben wäre.

Die Verpflichtung aus der Namensschuldverschreibungsurkunde ist mithin nicht vom Kausalgeschäft Rechtskauf abhängig. Sie ist vielmehr in doppelter Weise abstrakt: Weder besteht für sie eine akzessorische Verknüpfung zum zugrundeliegenden gegenseitigen Schuldverhältnis „Rechtskaufs, noch läßt sie einen Bezug auf den Vertragstyp Kaufvertrag erkennen. Die Namensschuld­ verschreibung „Sparkassenbrief ist deshalb ein „nichtakzessorisches"106 und „typusloses"107 abstraktes Forderungsrecht.

c) Folgen für abstrakte Forderungsrechte Als Folge der Abstraktheit ergibt sich, daß der Berechtigte aus dem Schuld­ versprechen den Rechtsgrund für den Erwerb des verbrieften Forderungsrechts weder darlegen noch beweisen muß. Es ist vielmehr Sache des Schuldners, die sich aus einem Fehler im Grundgeschäft ergebende Zweckverfehlung der Lei-

105 Staudinger-Marburger Vor. §§ 780-782 Rz. 11 und 12. 106 Hueck/Canaris § 2 VI 1. 107 Zöllner, Wertpapierrecht, §514; Hueck/Canaris § 2 VI 1.

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stung durch das Scheitern der Zweckvereinbarung einredeweise geltend zu machen. Insoweit kommt es zu einer Verschiebung der Behauptungs- und Be­ weislast zugunsten des Gläubigers.108 Dieser Umstand mag bei Verpflichtun­ gen aus Umlaufpapieren mit öffentlichem Glauben, wie Inhaber- und Order­ schuldverschreibungen unbedeutend sein, besteht doch für diese Papiere oh­ nehin eine Rechtsbestandsvermutung zugunsten des Inhabers (vgl. § 793 Abs. 1 S. 1 BGB, Art. 16 WG etc.) Jedoch bei den Rektapapieren und insbesondere den Namensschuldverschreibungen des Kapitalmarktes, denen eine solche Rechtsbestandsvermutung aufgrund bloßer Papierinhaberschaft nicht zu eigen ist, kommt diesem Aspekt eine eigenständige praktische Bedeutung zu.109

Daneben hat die Abstraktheit des Schuldversprechens zur Folge, daß die Einrede der Verjährung der Kausalforderung gegenstandslos wird. Die Schuldverschreibung unterliegt einer eigenständigen Verjährung, die auch nicht über den Umweg des Bereicherungsrechts ausgehebelt werden kann, wie sich aus § 813 Abs. 1 S. 2 BGB ergibt.110

3. Ergebnis Als Zwischenergebnis läßt sich festhalten: Beim Erwerb der Namens­ schuldverschreibung „Sparkassenbrief4 handelt es sich zunächst um den Ab­ schluß eines Kaufvertrages über ein Recht. Das von diesem Rechtskaufvertrag abstrakte Schuldversprechen der Sparkasse wird in einer konstitutiven Urkun­ de verkörpert. Rechtsgrund für das Behaltendürfen des Schuldversprechens bildet die zum Zwecke der Erfüllung der Verschaffungspflicht aus dem Rechtskaufvertrag begründete Begebungsabrede. Mängel des Kausalgeschäfts können nur einredeweise über das Kondiktionsrecht geltend gemacht werden.

108 MünchKomm-Hüffer § 780 Rz.44. 109 Müller-Christmann/Schnauder Rz.85. 110 Hueck/Canaris § 17 I a); ein Umstand der sich für den Berechtigten aus einem Sparkassenbrief ungünstig auswirkt, da im Text der Urkunde die Sparkassenbrieffor­ derung in Abweichung zur RegelVerjährung einer zehnjährigen Verjährungsfrist unter­ Anhang worfen wird; vgl. Vordruck Nr. 168 531 des Deutschen Sparkassenverlags II.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

IIL Urkundenausstellung als Wesensmerkmal einer Namensschuldverschreibung Zu dem geschilderten rechtsgeschäftlichen Entstehungstatbestand der Na­ mensschuldverschreibung steht die Praxis der Sparkassen im Widerspruch, bei der Geldanlage in Sparkassenbriefen in zunehmendem Maße auf die Ausstel­ lung von Wertpapierurkunden zu verzichten. Aus Kostengründen wird ver­ sucht, die Abwicklung der Geldanlage möglichst völlig von der Urkundenaus­ gabe abzulösen und auf eine reine Kontenbuchung zu beschränken.

1. Allgemeine Tendenz zur Zurückdrängung der Verkörperung bei Kapitalmarktpapieren In diesem Vorgehen wird eine allgemein vorzufindende Tendenz in der Entwicklung des modernen Effektenwesens deutlich. Die eigentliche Verbrie­ fung, die schriftliche Niederlegung eines Zahlungsversprechens auf einem Stück Papier, wird im Massenverkehr des heutigen Wertpapierhandels als pro­ blematisch angesehen. Die hohen Kosten der Aufbewahrung körperlicher Ge­ genstände in gesicherten Depots, die nicht zu unterschätzenden Druckkosten gerade bei kleineren Stückelungen, die Probleme, die eine körperliche Bewe­ gung der verwahrten Papiere im Falle der Rechtsausübung oder -Übertragung verursachen, haben in einer Zeit, in der es angesichts des Strebens nach zu­ nehmend höherer Mobilität und Flexibilität auf immer größere Schnelligkeit und Praktikabilität im Verkehr mit den Kapitalmarkteffekten ankommt, dazu geführt, daß sich die Verkörperung von Rechten in einer jeweils einzeln aus­ gestellten Urkunde als schwerwiegendes Hemmnis für notwendige Rationali­ sierungsbemühungen erwiesen hat.111 Eine immer weiter voranschreitende Zu­ rückdrängung des Verkörperungselementes im Effektenwesen ist die Folge.112

111 Zöllner, in Festschrift für Raiser, S.251; Einsele, S.12 ff.; Hueck/Canaris § 1 IH.

112 Vgl. zu diesem Themenbereich insbesondere Zöllner, in Festschrift für Raiser, S.249; Einsele, „Wertpapierrecht als Schuldrecht - Funktions Verlust von Effektenur­ kunden im internationalen Rechtsverkehr“; Lütticke, „Elektronische Verbriefung von Effektenrechten Körner, „Die Entstückelung des Effektenwesens“; Baumbach/ Hefermehl, WPR, Rz. 90-93; Koller, „Der gutgläubige Erwerb von Sammeldepotanteilen an Wertpapieren im Effektengiroverkehr“, 1 .Teil: DB 1972, S.1857, 2.Teil DB 1972, S.1905; Kümpel, „Der Bestimmtheitsgrundsatz bei Verfügungen über Sammeldepot­ guthaben“, WM 1980, S.422; Kümpel, „Ablösung der „Wertrechte“ durch Dauergloba­ lurkunden - Zu den Reformvorschlägen für das Wertpapierrecht“, WM 1982, S.730;

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Die in stetig wachsender Zahl emittierten Massenpapiere des Kapitalmark­ tes haben deshalb zur Schaffung eines weitgehend stückelosen Effektenver­ kehrs geführt. Dabei haben sich, mit den Worten Zöllners, „wie immer, wenn praktische Bedürfnisse übermächtig werden, Rechtsfiguren vornehmlich im Grenzbereich ungeklärter Interpretation, nicht selten aber auch contra legem Bahn“ (...gebrochen...).113 Die früher übliche Streifbandverwahrung der Ein­ zelurkunden des Bankkunden in gesonderten Depots wurde schon ab 1882 für die Eigenbestände der Banken114 und ab 1925 auch für die Kundenbestände in eine Sammelverwahrung, d.h. eine nach Gattungen für sämtliche Depotkun­ den zusammengefaßte Verwahrung, überführt. Dadurch wurde die rechtliche Beziehung zu einem bestimmten, körperlich individualisierten Wertpapier zu­ gunsten eines nach Nennbetrag oder Stückzahl umgrenzten Miteigentums nach Bruchteilen am Sammelbestand aufgegeben.115

Diese Rationalisierungstendenz setzte sich, verursacht durch das Bestreben, Verwahrung, Kontrolle und insbesondere Herstellung der immer noch vor­ handenen Stückemassen zu vermeiden, in der Zusammenfassung vieler gleichartiger Rechte in nur einer einzigen Sammel- oder Globalurkunde fort.116

Daneben setzte, angestoßen durch die Einrichtung des Reichsschuldenbu­ ches ab 1891, eine Entwicklung ein, die zu einer völligen Entmaterialisierung von Effekten zugunsten ganz und gar unverbriefter, lediglich noch als Wert­ rechte in einem Register eingetragener Forderungen geführt hat. Für Forde­ rungen gegen die öffentliche Hand und öffentlich-rechtliche Sondervermögen wurden diese „Wertrechte“ schließlich den beurkundeten Effekten in ihrer rechtlichen Behandlung durch Gesetz gleichgestellt.117 Neuere Ansichten in

Kümpel, „Zur Umstellung des französischen Effektenwesens auf Bucheffekten“, 1 .Teil: WM 1984, S.577, 2.Teil: WM 1984, S.613; Brink, „Rechtsbeziehungen und Rechts­ übertragung im nationalen und internationalen Effektengiroverkehr“, S. 67-80; Canaris, Bankvertragsrecht, Rz.2040 f ; Peters, „Bucheffekten - eine Alternative zum Wertpa­ pier ? - Möglichkeiten zur Weiterentwicklung des Effektenwesens“, WM 1976, S.890; Peters, „Wertpapierfreies Effektensystem“; Koller, Gutachten, S.1431 (1491 ff.).

113 Zöllner, in Festschrift für Raiser, S.251. ™Einsele, S.12; Brink, S.23-25.

115 Einsele, S.13. 116 Zur Entwicklung: Büchner, S.20 ff. 117 Durch die „Verordnung über die Behandlung von Anleihen des Deutschen Reichs im Bank- und Börsenverkehr“ vom 31.12.1940, RGBl. I von 1941, S.21; dazu Brink, S.33 f.; Lütticke, S.179 ff.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

der Literatur sehen jedoch auch für die Effekten privater Emittenten im Fest­ halten an der Verbriefung in einer Sammelurkunde nur noch eine „geistige Krücke“118 bzw. einem überflüssigen „Umweg“119 der schuldrechtlichen Bezie­ hungen über das Sachenrecht, der mit dem historischen und dogmatischen Ausgangspunkt des Wertpapierwesens, den schuldrechtlichen Forderungswert mit einer dem Inhaber zugänglichen und von ihm selbst möglicherweise in Besitz gehaltenen Sache zu verknüpfen, nichts mehr zu tun habe.120 Die Diskussion zu diesem Thema beschränkt sich jedoch weitgehend auf die Problematik der Anwendbarkeit von sachenrechtlichen Übertragungsfor­ men und Verkehrsschutzaspekten bei den girosammelverwahrten Inhaber- und Orderpapieren. Es wird versucht, über einen enormen Konstruktionsaufwand den Einigungs- und Umbuchungsvorgängen bei der Überweisung im Effek­ tengiroverkehr sachenrechtliche Wirkungen beizumessen, um damit den Wert­ papiercharakter der sammelverwahrten Effekten zu retten.121 Die problemati­ schen Folgen der Entmaterialisierung für die Rektapapiere des Kapitalmarktes sind dagegen weitgehend unbeachtet geblieben. Gleichwohl wird auch bei der Ausgabe von Sparkassenbriefen versucht, die Kosten der Urkundenausstellung und die Nachteile einer körperlichen Verwahrung und Verwaltung der Na­ mensschuldverschreibung zu vermeiden.122 So werden in der Praxis sehr häu­ fig gar keine Urkunden über die Sparkassenbriefforderungen mehr ausge­ stellt.123 Aufgrund einer Verzichtsklausel, durch die der Erwerber ganz oder vorübergehend vom Erhalt einer effektiven Urkunde absieht,124 wird eine rein kontenmäßige Verbuchung der unverbrieften Sparkassenbriefforderung vorge­ nommen. Angesichts dieser Praxis kommt deshalb einer Beantwortung der Frage Be­ deutung zu, ob ein Zurückdrängen des Verkörperungselementes bei Namens118 Zöllner, in Festschrift für Raiser, S.255.

119 Fabricius, AcP 162 (1963), S.456 (481). 120 Zöllner, in Festschrift für Raiser, S.255. 121 Träger des sachenrechtlichen Gutglaubensschutzes sei die durch die Wertpapiersammelbank vorgenommene Verbuchung des Übertragungsaktes, Koller, DB 1972, S.1905 f. 122 Herbst/Lang* Rz.12; Handbuch für Anlageberatung, S.32.

123 Nach Auskunft der Nassauischen Sparkasse beläuft sich der Anteil unverbriefter Sparkassenbriefe an ihrem Geschäftsanteil auf weit über 90%. 124 Vgl. „Kaufauftrag Sparkassenbrief', Vordruck Nr. 168 580 des Deutschen Spar­ kassenverlages im Anhang II.

§ 5 Entstehung des Rechts und Begründung der Gläubigerstellung

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Schuldverschreibungen ebenso möglich ist und ob dieses Vorgehen zumindest prinzipiell mit dem Wesen der Rektapapiere vereinbar ist, wie es sich bei den vergleichbaren Inhaberpapieren des Kapitalmarkts durchgesetzt hat. Dabei ist zu klären, ob die Ausstellung einer Urkunde über das Forderungsrecht zum Wesensmerkmal eines Rektawertpapiers gehört oder ob die wertpapierrechtli­ chen Besonderheiten auch auf Namensschuldverschreibungen anwendbar sind, bei denen auf die Ausstellung von Urkunden generell oder im Einzelfall ver­ zichtet wird.

2. Terminus „Schuldverschreibung^

Folgt man einer begrifflichen Argumentation, so ist dem Rechtsinstitut der Schuldverschreibung, gleich, ob sie auf den Inhaber oder einen namentlich be­ nannten Gläubiger ausgestellt ist, vom Wortsinn her immanent, daß es sich dabei grundsätzlich um etwas „Ausgeschriebenes“, also etwas „in einem Schriftstück Niedergelegtes“ handeln muß. Eine Schuldverschreibung unter­ scheidet sich von der schlichten, unverbrieften schuldrechtlichen Verpflich­ tung durch das Festhalten der essentialia negotii in einer Schuldurkunde. Die­ ser Begrifflichkeit folgt auch das Gesetz in der nicht nur auf Inhaberschuld­ verschreibungen begrenzten Legaldefmition des § 793 Abs. 1 S. 1 BGB, wo­ nach die Schuldverschreibung eine Urkunde ist, in der eine Leistung verspro­ chen wird. Voraussetzung für das Vorliegen einer Schuldverschreibung ist somit im­ mer die Urkundenausstellung.125 Die durch Niederschrift verkörperte Gedan­ kenerklärung kann dabei gleichermaßen als individuelles Schriftstück, wie auch als Sammel- oder Globalurkunde ausgestaltet sein.126 Da so auch für Na­ mensschuldverschreibungen die Ausstellung von Einzelurkunden konstruktiv vermieden werden kann, ist ein Anknüpfungspunkt für Rationalisierungsbe­ strebungen gegeben. Gleichwohl ist zuzugeben, daß Sammelurkunden bei Rektapapieren keinen großen Rationalisierungseffekt bewirken, können sie doch entweder nur alle Rechte eines bestimmten Gläubigers zusammenfassen oder aber die Namen aller aus ihr berechtigten Gläubiger tragen. Die bloße

125 MünchKomm-Hüffer § 793 Rz.5. 126 MünchKomm-Hüffer' § 793 Rz.5; Herbst/Lang^, Rz.12.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

EDV-mäßige Verbuchung oder die registermäßige Eintragung sind für den Beurkundungsvorgang nicht ausreichend.127

Mag sich bei den Bemühungen um eine Entstückelung des Effektenwesens die Tendenz zu immer größerer quantitativer Zusammenfassung von Forde­ rungsrechten in einer einzigen Urkunde ergeben, so ist doch qualitativ an der Ausstellung zumindest dieser einen Urkunde festzuhalten, da dies als letzter Kernbereich des Wertpapierrechts für die Möglichkeit der Anwendung wert­ papierrechtlicher Regeln unabdingbare Voraussetzung ist.128 Fehlt somit eine Urkundenausstellung ganz, so kann weder von einer Schuldverschreibung noch von einem Wextpapier gesprochen werden.

3. Abhängigkeit der Anwendbarkeit wertpapierrechtlicher Sonderregeln bei Namenswertpapieren von der Urkundenausstellung Auch die Übertragung wertpapierrechtlicher Sonderregeln auf unverbriefte Rechte, wie dies bei den sogenannten Wertrechten der Fall ist, kann bei Na­ mensschuldverschreibungen vom Erfordernis der Urkundenausstellung nicht befreien. Wertrechte als reine Bucheffekten, bei denen die Verkörperung in ei­ nem Papier durch Eintragung in einem mit öffentlichem Glauben129 versehe­ nen Register (Schuldbuch) ersetzt ist, sind im geltenden Recht nur als Schuld­ buchforderungen der Länder sowie des Bundes und seiner Sondervermögen bekannt.130 Diese Wertrechte sind kraft gesetzlich angeordneter Fiktion bezüg­ lich der Anwendbarkeit sachenrechtlicher Übertragungsgrundsätze den in Wertpapieren öffentlichen Glaubens verkörperten Forderungen gleichgestellt. Eine Ausdehnung dieser fiktiven Gleichstellung im Wege der Analogie auf sämtliche Emittenten und somit über den gesetzlich geregelten Bereich hin­

127 MünchKomm-Hüffer' § 793 Rz.5; Baumbach-Hefermehl, WPR, Rz.3. 128 Kümpel, WM 1982, S.730-733. 129 Kümpel, WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.18; ders. WM 1982, S.733 ff.; Fabri­ cius, AcP 162 (1963), S.461. 130MünchKomm-Hüffer, Vor. § 793, Rz.35.

§ 5 Entstehung des Rechts und Begründung der Gläubigerstellung

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aus, wie dies von der sogenannten Wertrechtslehrei3X vorgeschlagen wird, ist abzulehnen.132

Der einer fiktiven Gleichstellung der Wertrechte mit anderen Umlaufpapie­ ren zugrundeliegende funktionale Zweck ist gerade nicht auf Namensschuld­ verschreibungen sonstiger Emittenten übertragbar. Steht hinter der Gleichstel­ lungsfiktion von Wertrechten mit effektiven Kapitalmarktwertpapieren der Gedanke, durch die Anwendung sachenrechtlicher Übertragungsregeln auf Forderungsrechte einen erhöhten Verkehrsschutz und damit eine Steigerung der Fungibilität zu erreichen, so ist diese Funktion den Rektapapieren nicht immanent. Da die Namenspapiere einhellig nicht unter die Wertpapiere des öffentlichen Glaubens gezählt werden, weil ihre Übertragung nach den Regeln des Abtretungsrechts erfolgt und sachenrechtliche Verkehrsschutzregeln auf sie nicht anwendbar sein sollen, fehlt es für die Gleichstellung von Namens­ wertrechten mit sonstigen Wertpapieren des öffentlichen Glaubens an der ver­ gleichbaren Interessenlage. Daß Namensschuldverschreibungen nur dann einem wertpapierspezifischen Sonderrecht unterliegen können, wenn über sie eine effektive Urkunde ausge­ stellt ist, ergibt sich schließlich aus einem logischen Argument: Rektawertpapiere über reine Zahlungsverpflichtungen unterscheiden sich von unverbrief­ ten Forderungen nur durch eben diese Verbriefung. Während Inhaber- und Or­ derpapiere und die durch sie repräsentierten Rechte durch ihre sachenrechtli­ che Übertragungsweise konzeptionell im Falle der Verkörperung die Schwelle vom Schuld- zum Sachenrecht überschreiten sollen, folgen die Übertragungs­ akte von Rektapapieren grundsätzlich ebenso schuldrechtlichen Regeln wie die von unverbrieften Forderungen. Materiellrechtliche Konsequenzen zeigen sich deshalb für Namenswertpa­ piere einzig und allein in einer Anpassung des Systems des Abtretungsrechts an die Tatsache, daß über eine Forderung eine Urkunde ausgestellt wurde. Die Reduktion des § 407 Abs. 1 BGB, die Bedeutung des Vorlegungserforder­ nisses, die analoge Anwendung des § 405 BGB auf andere als die gesetzlich vorgesehenen Einwendungen133 sowie die Notwendigkeit eines Aufgebotsver­

131 Begründet von Opitz BankArchiv 1941, S.36 = Sammelband „Fünfzig depotrechtliche Abhandlungen“, S.426; Canaris, Bankvertragsrecht, Rz. 2053 f; Brink, S.74

132 Unklar bleibt dabei schon, wer die dann erforderlichen Register führen könnte und wie die Registerführung zu überwachen wäre. Vgl. MünchKomm-Hüffer, Vor § 793, Rz.35 und Kümpel, WM 1982, S.733 ff ; Koller, Gutachten, S.1497.

133 Unten § 12.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

fahrens134 sind ohne eine Urkundenausstellung weder notwendig noch denkbar. Wird somit über eine Forderung, bei der der Berechtigte ein bestimmter, na­ mentlich individualisierter Gläubiger ist,135 keine Urkunde ausgestellt, handelt es sich um eine ganz gewöhnliche, von jeglicher wertpapierrechtlichen Beson­ derheit freien Forderung, die ohne jede Einschränkung den Regeln des Schuldrechts unterliegt. Erst die Ausstellung einer Urkunde kann bei einem Rektapapier aus dieser „gewöhnlichen“ Forderung ein Rechtsverhältnis ent­ stehen lassen, daß nach einer Korrektur des Schuldrechts durch das Wertpa­ pierrecht verlangt.

Dieses Ergebnis ist auch von öffentlich-rechtlicher Relevanz. Da in den lan­ desrechtlichen Sparkassengesetzen und -Verordnungen bei der Ausgabe von „Sparkassenbriefen“ diese regelmäßig im Gesetzestext als „Rektapapiere“, „Namensschuldverschreibungen“ oder „auf den Namen ausgestellte Schuld­ verschreibungen“ bezeichnet werden,136 kommen die einzelnen Sparkassen den öffentlich-rechtlichen Vorgaben nur dann nach, wenn sie über den Sparkas­ senbrief eine Urkunde ausstellen.

4. Ergebnis

Die Begründung der Wertpapiereigenschaft und die Anwendung wertpa­ pierrechtlicher Sonderregeln ist bei Namensschuldverschreibungen des Kapi­ talmarktes ohne die Ausstellung einer Urkunde nicht denkbar. Erst die Ver­ briefung in einer Urkunde macht eine Forderung, die einen namentlich be­ nannten Berechtigten zum Gläubiger hat, zum Regelungsgegenstand des Wertpapierrechts. Wird beim Erwerb eines Sparkassenbriefs auf die Urkun­ denausstellung verzichtet, handelt es sich dabei weder um die Ausgabe einer Schuldverschreibung noch um ein Wertpapier.137

134 Unten § 9 H.

135 Und die auch nicht durch Indossament übertragen werden kann, weil sie nicht in einem Papier verkörpert ist, das einen Ordervermerk trägt. 136 So z.B.: § 8 Abs. 1 SpkAO Thüringen, § 9 Abs. 1 S.l SpkVO NordrheinWestfalen, § 4 Abs. 1 SpkO von Bayern, § 9 Abs. 1 SpVO Niedersachsen, § 9 Abs. 1 SpkVOen von Sachsen und Sachsen-Anhalt. 137 So deutlich &v&hEman-Hense-Hantl § 793 Rz.ll.

§ 5 Entstehung des Rechts und Begründung der Gläubigerstellung

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IV . Die rechtsgeschäftlichen Hauptbestandteile (essentialia negotii) bei Namensschuldverschreibungen Ist die Urkundenausstellung notwendige Voraussetzung für das Entstehen der Verpflichtung aus der Namensschuldverschreibung, so muß die Beurkun­ dung in ausreichendem Umfang geschehen. Daher müssen die essentialia ne­ gotii der Zahlungspflicht aus einer abstrakten und konstitutiven Namens­ schuldverschreibung ebenso eindeutig bestimmt sein, wie der Umfang der vor­ zunehmenden Beurkundung.

1. Begründung eines abstrakten und konstitutiven Zahlungsversprechens Aus der Urkunde muß hervorgehen, daß sich der Aussteller gegenüber einer bestimmten Person zu einer Leistung verpflichten will. Der Inhalt der Lei­ stung muß durch den Urkundentext eindeutig festgelegt sein. Leistungsinhalt kann jede denkbare Handlung sein, jedoch kommt bei Namensschuldver­ schreibungen des Kapitalmarktes ausnahmslos die Begründung einer Geldzah­ lungspflicht in Betracht. Für die wirksame Begründung der Zahlungspflicht aus der Namensschuldverschreibung als solcher kommt es nicht auf den ab­ strakten oder kausalen Charakter des Leistungsversprechens an. Ein Hinweis auf das zugrundeliegende Kausalgeschäft ist deshalb ohne Bedeutung. Entscheidend ist die Nichteinbeziehung des Rechtsgrundgeschäfts in den Urkundentext jedoch für die Qualifizierung als abstraktes und konstitutives Leistungsversprechen. Soll - wie bei einem Sparkassenbrief - eine von der Verpflichtung aus dem Grundgeschäft verschiedene, neue Leistungspflicht be­ gründet werden, muß jede Bezugnahme auf das Kausalgeschäft vermieden werden, um Zweifel bei der Ermittlung des Abstraktions- und Konstituie­ rungswillens zu beseitigen. Aufgrund einer stark formalisierten Ausle­ gungspraxis könnte die Nennung des Schuldgrundes sonst zur Annahme eines kausalen und rein deklaratorischen Schuldanerkenntnisses führen.138

138 RGZ 67, S.261 (263); RGZ 76, S. 191; RGZ 142, S.303 (306); RG Recht 1929 Nr.30; BGH VersR 1965, S.1153 (1154); BGH WM 1967, S.825; BAG DB 1976, S.1532; OLG München VersR 1970, S.261 (262). Massive Zweifel an der Tauglichkeit eines subjektiven Differenzierungskriteriums wie des Abstraktionswillens meldet Kübler, S.93 ff., an. 6 Seitz

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

Das Versprechen zur Leistung muß trotz Losgelöstheit vom Kausalgeschäft dabei nicht notwendig unbedingt erfolgen.139 Zwar ist es bei einem abstrakten Leistungsversprechen nicht zulässig, das Versprechen selbst synallagmatisch auszugestalten, da sich Abstraktheit und Abhängigkeit von der Gegenleistung aus dem Kausalgeschäft Rechtskauf ausschließen, jedoch ist die Aufnahme ei­ ner echten Bedingung in das Leistungsversprechen möglich.140 Klargestellt muß jedoch sein, daß der Aussteller gegenüber dem aus der Ur­ kunde Berechtigten eine neue eigenständige Verpflichtung eingehen will, mit der ein Forderungsrecht des Berechtigten korrespondiert. Dies ist notwendig, um der Urkunde den deklaratorischen Charakter des reinen Legitimationspa­ piers im Sinne des § 808 BGB zu nehmen. Sofern durch Auslegung ermittelt werden kann, daß es sich zum Beispiel bei der Klausel „...wir zahlen an...“ lediglich um eine Berechtigung des Ausstellers zur Erbringung seiner Erfiillungshandlung gegenüber dem namentlich Benannten handelt, besteht keine abstrakte und konstitutive Schuldverschreibung. In diesem Fall bildet die Ur­ kunde lediglich eine deklaratorische Beweis- oder Ausweisurkunde141 mit Li­ berationswirkung.

2. Bezeichnung des Gläubigers und des Schuldners

Notwendiges Element der Urkunde über eine Namensschuldverschreibung ist die genaue Bezeichnung eines bestimmten Berechtigten aus dem Zahlungs­ versprechen.142 Die namentliche Nennung des Berechtigten in der Urkunde ist Rechtsformspezifikum der Namenspapiere. Aus dem Urkundentext muß des­ halb eindeutig hervorgehen, daß der Aussteller nur an den in der Urkunde ge­ nannten Berechtigten leisten wird. Jede Verknüpfung der Gläubigerstellung mit der bloßen Papierinhaberschaft läßt die Rektapapiereigenschaft entfallen

139 Anders Art. 1 Nr.2 ScheckG und Art. 1 Nr.2 WG, wonach bei diesen Wertpapie­ ren die Unbedingtheit des Zahlungsversprechens im Urkundentext ein konstitutives Tatbestandsmerkmal ist. 140 Mit der Aufnahme einer aufschiebenden Bedingung gemäß § 158 Abs. 1 BGB in den Urkundentext könnte das Entstehen der Zahlungspflicht von der vorherigen Er­ bringung der Gegenleistung abhängig gemacht und dadurch eine Vorleistungspflicht installiert werden; vgl. BGH WM 1977, S.1025 (1027) und MünchKomm-Hüffer § 780 Rz.14.

141 Erman-Hense-Hantl § 793 Rz.4; MünchKomm-Hüffer § 793 Rz.9. 142 Vgl. dazu bereits oben § 5 I 2.

§ 5 Entstehung des Rechts und Begründung der Gläubigerstellung

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und macht die Urkunde zum Inhaberpapier. Rechtsformunschädlich ist der Hinweis, auch an den Rechtsnachfolger des Erstberechtigten zu leisten, sofern darin kein Orderzusatz in technischem Sinne gesehen werden kann.143

Die Individualisierung des Berechtigten ist Voraussetzung für die Charak­ terisierung der Verpflichtung als Namensschuldverschreibung.144 Die Ausstel­ lung eines Blankovordruckes ist deshalb noch nicht ausreichend für die Kon­ stituierung der Verpflichtung aus einem Rektapapier. Es fehlt an dem für die Identität des Schuldverhältnisses erforderlichen Partner der relativen Rechts­ beziehung.145 Die Begründung eines von vornherein nicht auf einen bestimm­ ten Gläubiger bezogenen Schuldverhältnisses, wie dies bei Inhaberpapieren gegenüber einer unbestimmten Vielzahl späterer Erwerber einseitig für mög­ lich gehalten wird,146 ist bei Rektapapieren konstruktiv undenkbar.

Abzulehnen ist ebenfalls eine Ansicht, die bei Rektapapieren allgemein nicht die Namensangabe im Papier für bedeutsam hält, sondern für die Be­ stimmung der Gläubigerstellung die materielle Rechtslage des zugrundelie­ genden Rechtsverhältnisses als ausschlaggebendes Kriterium ansieht.147 Diese Ansicht differenziert weder bezüglich eines konstitutiven oder deklaratori­ schen Schuldversprechens noch nach dem abstrakten oder kausalen Charakter des Rektapapiers. Ist nämlich ein Rektapapier (wie zum Beispiel der Sparkas­

143 Deshalb ist sowohl die Bezeichnung „oder an dessen Order" als auch der Hin­ weis auf eine Übertragungsmöglichkeit durch Indossament unzulässig.

144 Vgl. oben § 5 12. MünchKomm-Kramer § 241 Rz.2; Soergel-Teichmann § 241 Rz.4; Planck-Siber Vorbem. I 2 zu § 241; Staudinger-Kaduk § 398 Rz.80; Staudinger-Schmidt Einl. zu § 241 ff. Rz.406; Palandt-Heinrichs § 241 Rz.2; Blomeyer, in Festschrift für Rabel I, S.307 f.; ders. Allg. SchR § 2 2; Emmerich, in Grundlagen des Vertrags- und Schuld­ rechts, S.289. 146 MünchKomm-Hüffer § 793 Rz.7.

147 Viel zu wenig differenzierend sogar Jacobi, Ehrenbergs Handbuch, § 37, S.435; die dort für das Sparkassenbuch getroffenen Aussagen sind zwar für dieses deklaratori­ sche Rektapapier zutreffend, können aber keineswegs verallgemeinert werden. Auch die regelmäßig als Begründung dafür herangezogene (im deutschen Recht völlig al­ leinstehende) Vorschrift des § 4 VVG, wonach es auch Rektapapiere gebe, die nicht auf den Namen ausgestellt seien, (vgl. nur Zöllner, Wertpapierrecht, § 2 II2 e)) betrifft den Fall eines deklaratorischen Papiers. Im übrigen enthält § 4 VVG eine kraft Geset­ zes eingeführte Systemwidrigkeit, die schon aus diesem Grund keine Basis für allge­ meine Aussagen bilden kann. Für die Abschaffung de lege ferenda deshalb zu Recht auch Koller, Gutachten, S.1460. 6*

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

senbrief) konstitutiv und abstrakt, so kann das zugrundeliegende Rechtsge­ schäft gerade keine Rolle für den Inhalt der Verpflichtung aus der Schuldver­ schreibung spielen. Soll die Urkunde konstitutiven und abstrakten Charakter haben, muß der Berechtigte vielmehr aus der Urkunde selbst hervorgehen. Diskussionswürdig ist jedoch, ob die genaue namentliche Benennung des Gläubigers erforderlich ist oder ob die exakte Bestimmbarkeit nach in der Ur­ kunde festgelegten Kriterien für die Entstehung der Verpflichtung ausreichen kann.148 Fraglich kann deshalb allenfalls sein, ob auf eine namentliche Nen­ nung zugunsten einer Bezugnahme auf eine außerhalb der Urkunde liegende Bestimmungsmöglichkeit verzichtet werden kann, wie zum Beispiel die Aus­ stellung unter einer Nummer mit dem Hinweis auf die Zuordnung dieser Nummer in einer beim Aussteller geführten Liste.149 Dabei ist auf allgemeine, auch für unverbriefte Forderungen gültige Kriterien zurückzugreifen. Auch für die Begründung einer unverbrieften Forderung genügt es, wenn der Berechtig­ te zum Zeitpunkt des Entstehens der Berechtigung eindeutig bestimmbar ist. Während jedoch bei unverbrieften Forderungen sämtliche Indizien aus dem „Umfeld“ des Rechtsgeschäfts herangezogen werden können, ist dies bei einer verbrieften abstrakten Forderung nicht ohne weiteres möglich und zulässig. Aufgrund der Abstraktion muß dieses Rechtsverhältnis aus sich heraus exi­ stenzfähig sein. Dazu gehört die Bestimmbarkeit der Parteien dieser relativen Rechtsbeziehung nur mit Hilfe der Urkunde. Sofern die Urkunde selbst das Zuordnungskriterium aufdeckt, wäre dies mit dem strafrechtlichen Begriff ei­ ner „zusammengesetzten Urkunde“ vergleichbar, bei der eine außerhalb der Urkunde liegende Gedankenerklärung durch eine Bezugnahme in den Urkun­ dentext einbezogen wird.150 Macht man sich diesen zwar strafrechtlichen, aber durchaus auf das Zivilrecht übertragbaren Gedanken zu eigen, so wäre über die Verknüpfung im Urkundentext die in einer Liste niedergelegte Namens­ nennung in die Urkunde integriert und unterläge durch die Bezugnahme und den notwendigen inhaltlichen Zusammenhang ebenfalls der Beurkundung. Der Berechtigte wäre auch bei diesem Verfahren mit Hilfe der Urkunde ein­

148 Für Bestimmbarkeit zumindest in der besonderen Konstellation eines Vertrags zugunsten eines Dritten die oben in Fn. 145 genannten. 149 Entsprechend der Führung eines in Deutschland allerdings aus öffentlichrechtlichen Gründen unzulässigen Nummemkontos.

150 Schönke/Schröder24 § 267 Rz.36b.

§ 5 Entstehung des Rechts und Begründung der Gläubigerstellung

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deutig bestimmbar.151 Indem auch sonst die Bestimmbarkeit152 des Vertrags­ partners für die Entstehung eines Schuldverhältnisses ausreicht, kann unter wertpapierrechtlichen Gesichtspunkten solange nichts anderes gelten, als kein Anhaltspunkt für eine gesetzliche Verschärfung der Formstrenge vorliegt.153 Jedoch wird in aller Regel sowohl der Schuldner als auch der Berechtigte aus der Namensschuldverschreibung auf eine namentliche Nennung im Urkunden­ text bedacht sein. Denn indem der Schuldner nur befreiend an den wirklich Berechtigten leisten kann, bedeutet jede Komplizierung der Bestimmung sei­ nes Gläubigers im Leistungszeitpunkt einen erhöhten Verwaltungsaufwand.154 Für den Gläubiger wird dagegen ohne Namensnennung die Schuldverschrei­ bung praktisch unübertragbar, da ein Erwerber die Richtigkeit der Verknüp­ fung von Berechtigung und Urkunde kaum nachzuprüfen vermag, und die Ur­ kunde deshalb auch für den Ersterwerber keine Legitimationswirkung entfal­ tet.

Wirksamkeitserfordernis für das Entstehen einer Namensschuldverschrei­ bung ist deshalb die Begründung der Verpflichtung gegenüber einem bestimm­ ten Gläubiger. Dabei wird in aller Regel der Berechtigte im Text der Urkunde namentlich benannt werden, für den Entstehungstatbestand reicht jedoch aus­ nahmsweise die Bestimmbarkeit der Person des Gläubigers aus, sofern die Kri­ terien, die eine eindeutige Zuordnung zwischen Urkunde und Berechtigung erlauben, zum Zeitpunkt der Entstehung dieser Berechtigung schriftgemäß aus der Urkunde hervorgehen. Ist der Gläubiger eindeutig bestimmt, so ist ein weiteres Wirksamkeitser­ fordernis die Rechtsfähigkeit oder Rechtserwerbsfähigkeit der genannten Per­ son. Handelt es sich dabei um eine existente natürliche Person, ist die Rechts­ fähigkeit unproblematisch gegeben. Existiert die Person nicht oder handelt es sich um eine juristische Person, der aus den unterschiedlichsten Gründen Rechtsfähigkeit noch nicht oder nicht mehr zukommt, kann die Verpflichtung 151 Fälle fehlender Bestimmbarkeit RGZ 92, S.239; RGZ 98, S.200; RGZ 142, S.142; RGZ 155, S.26; BGH NJW 1965, S.2197; Darlegung der Kriterien in BGHZ 79, S.16.

152 Vgl. die Nachweise in Fn.145; für den Regelfall strengere Kriterien anlegend und anstatt Bestimmbarkeit Bestimmtheit [or^QV^Palandt-Heinrichs § 241 Rz.2.

153 Wie bei der Bezeichnung des Berechtigten und Verpflichteten im Text des Wechsels nach Art. 1 Nm. 3 und 6 WG. 154 Somit hat der Aussteller ein elementares Interesse daran, eine möglichst exakte Individualisierung des Gläubigers in den Urkundentext aufzunehmen, um durch Lei­ stung an den Berechtigten zuverlässig befreit zu werden. Herbst/LangA Rz.38.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

aus der Schuldverschreibung nicht entstehen. Die Existenz einer ungerichte­ ten, adressatenlosen Verpflichtung, wie sie wegen § 794 Abs. 1 BGB bei den sachenrechtlich geprägten Inhaberschuldverschreibungen für möglich gehalten wird,153 ist bei den von der Relativität der schuldrechtlichen Rechtsbeziehung bestimmten Namensschuldverschreibungen undenkbar. Fehlt dem als berech­ tigt angeführten Namensträger die Rechtsfähigkeit, so fehlt es an einem Gläu­ biger für die zu begründende Verpflichtung. Ohne rechtsfähige Parteien kann ein relatives Rechtsverhältnis nicht entstehen.

Besteht dagegen Rechtsfähigkeit, so ist die Gläubigerstellung nicht auf ei­ nen Einzelgläubiger beschränkt. Gläubigermehrheiten zum Beispiel Gesamt­ oder Gesamthandsgläubigerschaften sind unproblematisch möglich, sofern sich die Rechtsbeziehungen abschließend aus der Urkunde ergeben. Möglich ist auch, daß Vertragspartner des zugrundeliegenden Typenvertrags (meist Rechtskauf) und Berechtigter aus der abstrakten Namensschuldverschreibung unterschiedliche Personen sind, so daß sich die Begebung des Wertpapiers als Vertrag zugunsten eines Dritten gemäß § 328 Abs. 1 BGB darstellt.136 Anders stellt sich die Situation bei der Bestimmung der Person des Schuld­ ners dar. Aus dem insoweit auf alle Arten von Schuldverschreibungen zu ver­ allgemeinernden Wortlaut des § 793 Abs. 1 S. 1 BGB ergibt sich eindeutig, daß eine Schuldverschreibung stets die eigene Verpflichtung des Ausstellers zum Inhalt haben muß. Dies schließt die Konstruktion eines Vertrags aus, in dem der Aussteller einen anderen als Schuldner vorsieht und evtl, die Ver­ pflichtungsentstehung von dessen Einverständnis oder Annahme abhängig macht.137 Indem jedoch der Verpflichtungsinhalt gemäß §§ 793/780 BGB be­ urkundet werden muß, besteht für den Aussteller, der mit dem Schuldner iden­ tisch ist, gemäß § 126 Abs. 1 BGB die Pflicht, sich durch Namensunterschrift unter den Text der Verpflichtungserklärung in der Urkunde eindeutig zu legi­

133 So die Vertreter der strengen Kreationstheorie, nach denen mit einseitiger Krea­ tion des Wertpapiers durch den Aussteller die Verpflichtung entstehe, ohne daß zu die­ sem Zeitpunkt bereits der Berechtigte aus dem Wertpapier feststehe.Vgl. Einert, S.91; Kuntze, S.286, 334 ff., 350 ff; dagegen Hueck/Canaris § 3 I 1 a). 136 Vgl. dazu Müller-Christmann/Schnauder, S.31 ff. ; OLG Celle, Urteil vom 16.2.1994 - 3 U 84/93 = WM 1994, S.1069. 137 Der Wortlaut des § 793 Abs. 1 S.l BGB der bzgl. der Beschreibung der Ver­ pflichtungsstruktur nicht auf Inhaberschuldverschreibungen beschränkt ist, sondern ei­ ne allgemeine Aussage über Schuldverschreibungen enthält, verlangt, daß der Ausstel­ ler eine Leistung in der Urkunde verspricht. Eine Dreieckskonstruktion wie bei Wech­ sel oder Anweisung ist somit bei Schuldverschreibungen nicht zulässig.

§ 5 Entstehung des Rechts und Begründung der Gläubigerstellung

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timieren.138 Das Fehlen der namentlichen Unterschrift würde die Verpflichtung aufgrund Formmangels nichtig machen.

3. Angaben zum Leistungsinhalt und den Leistungsmodalitäten Ebenso wie die Person des Gläubigers muß auch der Leistungsinhalt, der bei den hier untersuchten Namensschuldverschreibungen des Kapitalmarktes fast ausschließlich139 in der Zahlung von Geldbeträgen besteht, in vollem Um­ fang aus dem Text der Urkunde hervorgehen. Wirksamkeitserfordernis sind diese Angaben, soweit sie erforderlich sind, um Inhalt und Umfang des Lei­ stungsversprechens festzulegen. Regelmäßig müssen deshalb die Urkunden­ vordrucke Angaben zum Nennbetrag des Kapitalwertes, zur Verzinsung und zur Laufzeit enthalten.160 Fehlen Angaben zum Kapitalwert und dessen Fällig­ keit, so ist die Verpflichtung wegen der Unbestimmtheit der Hauptforderung nicht genügend spezifiziert. Aufgrund der Bedeutsamkeit der Zinszahlung für diese Art der Anlageform wird man bei einem Schweigen des Urkundentextes zu den Nebenforderungen aus dem Gedanken des § 139 BGB heraus Unwirk­ samkeit des gesamten Vertrags annehmen müssen, es sei denn, die Na­ mensschuldverschreibung wäre erkennbar ausdrücklich unverzinslich ausge­ stattet.

Darüber hinausgehende Angaben, insbesondere zur Kündbarkeit der Schuldverschreibung oder zu besonderen vertraglichen Wirksamkeitsvoraus­ setzungen, sind möglich, aber als accidentalia negotii im Urkundentext nicht erforderlich.

138 Die Erleichterung einer Faksimilierung der Unterschrift unter die Schuldver­ schreibung, wie dies gemäß § 793 Abs. 2 S.2 BGB für Inhaberschuldverschreibungen gestattet ist, kann unproblematisch bei Namensschuldverschreibungen entsprechend zugelassen werden. 139 Als mögliche, wenn auch in der Praxis noch nicht vorgekommene Ausnahme wä­ re eine Namens-Wandel-Schuldverschreibung denkbar, deren Leistungspflicht dann auch auf die Ausgabe von Anteilsrechten gerichtet sein könnte. 160 Vgl. dazu Vordruck Nr. 168 531 des Deutschen Sparkassenverlages im Anhang II.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

4. Ergebnis

Als essentialia negotii einer Namensschuldverschreibung des Kapitalmark­ tes sind die Bezeichnung eines bestimmten Berechtigten und die genauen An­ gaben zum Nennbetrag des Kapitalwertes, zu Zinssatz und Laufzeit, als Rah­ mendaten der vom Aussteller gewollten und zum Ausdruck gebrachten Zah­ lungsverpflichtung, in den Text der ausgestellten Urkunde aufzunehmen. Fehlt es an der Beurkundung der essentialia negotii, so fehlt es bei abstrak­ ten und konstitutiven Namensschuldverschreibungen an wesentlichen, für die inhaltliche Bestimmtheit der neu geschaffenen Rechtsbeziehung erforderlichen Bestandteilen und somit an der wirksamen Begründung eines konstitutiven Schuldversprechens. Fehlt es an der selbständigen Verpflichtungserklärung oder werden die Angaben über Inhalt und Umfang der Zahlungspflicht (teil­ weise) durch eine Verweisung auf ein außerhalb der Namensschuldverschrei­ bungsurkunde bestehendes Rechtsverhältnis ersetzt, kommt die Eingehung ei­ ner konstitutiven und abstrakten Verpflichtung ebenfalls nicht in Betracht. In diesem Fall wird aufgrund fehlenden Abstraktionswillens die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses gerechtfertigt sein, wobei die Urkunde allenfalls den Charakter eines qualifizierten Legitimationspapiers im Sinne des § 808 Abs. 1 BGB oder lediglich den einer reinen Beweisurkunde haben kann.

5. Notwendigkeit der Niederlegung eines Vorlegungserfordernisses im Urkundentext?

Sehr problematisch ist die Beantwortung der Frage, ob die Aufnahme einer Präsentationsklausel in den Urkundentext zu den Wesenselementen einer Na­ mensschuldverschreibung des Kapitalmarktes gehört. Unter einer Präsentati­ onsklausel wird die vertragliche Anordnung verstanden, Leistungen auf die verbriefte Forderung nur dann erbringen zu müssen, wenn der Berechtigte dem Schuldner bei Fälligkeit das Papier präsentiert. Indem jedoch dem Vorla­ gezwang aufgrund einer solchen Präsentationsklausel in sehr komplexer und umstrittener Weise Bedeutung für die Wertpapiereigenschaft von Urkunden zukommt, soll für die Beantwortung dieser Frage auf das nächste Kapitel verwiesen werden.

§ 6 Wertpapiereigenschaft von Namensschuldverschreibungen sowie Rechtsprobleme im Zusammenhang mit Geltendmachung und Übertragung des verbrieften Rechts I. Stand der Diskussion

Das deutsche Gesetzesrecht kennt eine Definition des Wertpapierbegriffs nicht.1 Dies hat dazu geführt, daß der Wertpapierbegriff seit jeher stark um­ stritten ist. Die Terminologie wird zusätzlich dadurch kompliziert, daß der Gesetzgeber in verschiedenen Vorschriften die Wertpapiereigenschaft voraus­ setzt und daran ganz unterschiedliche Rechtsfolgen knüpft. Die Unterschied­ lichkeit der einzelnen Gesetzeszwecke bedingt umgekehrt, daß keinesfalls von einheitlichen Voraussetzungen für die Wertpapiereigenschaft ausgegangen wird.2 Während zum Beispiel im Bereich des Kapitalmarktes nur die massen­ haft ausgegebenen börsengängigen Effekten als Wertpapiere verstanden wer­ den,3 sind die Wertpapiere des Zahlungs- und des Warenverkehrs Urkunden über individuell geprägte Vertragsverhältnisse. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts ist die Rechtswissenschaft deshalb um die Definition eines Wertpapierbegriffs bemüht. Solche Papiere, die vom Gesetz­

1 Anders das Wertpapierrecht der Schweiz, das in Art. 965 Schweizer Obligationen­ recht (vgl. den Abdruck des 33. Titels des Schweizer OR im Anhang III) eine Definiti­ on des Wertpapiers enthält. Auch die Türkei besitzt mit Art. 557 ff. TürkHGB ebenso wie die Vereinigten Staaten von Amerika mit see. 3 des Uniform Commercial Code (UCC) eine allgemeine Begriffsbestimmung des Wertpapiers. 2 So versteht der Gesetzgeber im Anwendungsbereich des Depotgesetzes unter Wertpapieren allein die Effekten des Kapitalmarktes (§ 1 DepotG), weil die Aus­ tauschbarkeit der Papiere Voraussetzung für die Depotverwahrung ist. Andererseits un­ terfallen der Haftung zur Absicherung des Gastwirtes in § 702 BGB „alle wertvollen Urkunden“; vgl. Zöllner § 3 II; Hueck/Canaris § 1 I 1. Der mit dem BegriffWertpapier umschriebene Kreis an Urkunden ist somit je nach Normzweck und Anwendungsbe­ reich sehr verschieden.

3 So auch der Wertpapierbegriff des Depotgesetzes, das infolge seiner Aufgabe, die Verwahrung und Verwaltung massenhaft ausgegebener Papiere zu regeln, als Wertpa­ pier nur die vertretbare und deshalb depotverwahrfähige Urkunde versteht.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der NamensschuldVerschreibung

geber erkennbar in den Bereich der Wertpapiere einbezogen wurden,4 sollen gegenüber bloßen Beweisurkunden über Vermögensrechte abgegrenzt werden.5 Dabei muß der Begriffsbildung ein stark finales Element innewohnen. Denn, wie Canaris zu Recht betont,6 kann es sich nicht um ein Richtig oder Falsch, sondern allein um eine Zweckmäßigkeitsfrage handeln, ob man bei der Ab­ grenzung das Gemeinsame oder den Unterschied verschiedener in der Ver­ tragsrealität vorkommender Urkundenarten in den Vordergrund stellen will. Ziel einer abgrenzenden Definition kann es nur sein, von den rechtlichen Ei­ genheiten der Papiere ausgehend7 den dogmatischen Begriff des Wertpapiers so zu bestimmen, daß er mit den wirtschaftlichen und rechtlichen Funktionen der Papiere im Einklang steht.8

Allen Ansichten zur Bestimmung des Wertpapierbegriffs ist gemeinsam, daß es sich bei Wertpapieren jedenfalls um rechtsgeschäftliche Urkunden, d.h. in der Regel um schriftlich fixierte Gedankenerklärungen, handelt, die ein pri­ vates Vermögensrecht verbriefen.9 Damit ist jedoch noch nichts über das ei­ gentlich differenzierende Merkmal ausgesagt, das die Wertpapiere von der Vielzahl deijenigen Urkunden unterscheidet, mit denen lediglich der Bestand eines privaten Rechts bewiesen wird.10 Dieses Differenzierungsmerkmal wird übereinstimmend in der engen Verknüpfung von Recht und Urkunde gesehen. Seit jeher ist jedoch umstritten, was erforderlich ist, damit die bloße schriftli­ che Verbriefung in eine wertpapiermäßige Verkörperung11 des Rechts um­ schlägt.

4 Wie zum Beispiel Wechsel, Scheck, Inhaberschuldverschreibung, Aktie, Konnos­ sement, Ladeschein, Lagerschein, aber auch die auf den Namen ausgestellten Briefe über Grundpfandrechte.

5 Richardi, S.15.

6 Hueck/Canaris § 1 14 b).

7 MünchKomm-Hüffer vor § 793 Rz.5. 8 Baumbach/Hefermehl Rz.2.

9 Vgl. Brunner in Endemanns Handbuch S.147; enger noch Thöl, S.632; Hueck/ Ca­ naris § 1 I 2; Baumbach/Hefermehl, WPR, Rz. 3; Zöllner, Wertpapierrecht, § 3 HI 1-3; Richardi, S.19; Erman-Hense/Hantl ngt § 793 Rz.2 10 So sollen nach allgemeiner Meinung Schuldscheine, Schuldversprechen, Kaufver­ tragsurkunden, Bürgschaftserklärungen, aber auch Kraftfahrzeugbriefe nicht unter den Wertpapierbegriff gezogen werden.

11 Terminologisch besteht dabei Unklarheit über die Bezeichnung dieser Verknüp­ fung. Wird von manchen die bloße schriftliche Niederlegung des Rechts in einem

§ 6 Rechtsprobleme bei Geltendmachung und Übertragung des Rechts

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1. Verbriefungsfunktionen

Anknüpfungspunkt ist die Wirkung der Verbriefung für das Vermögens­ recht. Durch die Verbriefung kann das Recht in gewisser Weise „versach­ licht“12 und dadurch nach sachenrechtlichen Grundsätzen, die im Vergleich zum Zessionsrecht die Möglichkeit des redlichen Erwerbs vom Nichtberechtig­ ten eröffnen, umlauffahig gemacht werden.13 Durch die strenge Förmlichkeit einer schriftgemäßen Niederlegung der Schuldnerhaftung kann dem Erwerber ein Schutz vor etwaigen Einwendungen des Schuldners aus dem Grundgeschäft zuteil werden. Ein Ausschluß der Re­ geln der §§ 404 ff. BGB gibt dem Erwerber die Sicherheit, über den Wortlaut der Urkunde hinaus keinen Gegenrechten ausgesetzt zu sein. Durch Gesetz oder Vereinbarung kann die Legitimation des Gläubigers an die Urkundeninnehabung geknüpft werden. Diese Rechtsvermutung für die Gläubigereigenschaft des Inhabers der Urkunde kann sowohl zugunsten des Gläubigers wirken, der über die Vorlage der Urkunde hinaus keine weiteren Nachweise seiner Rechtsinhaberschaft erbringen muß, als auch zugunsten des Schuldners, der an den Urkundeninhaber mit befreiender Wirkung leisten kann.14

Zur Vereinfachung des Geschäftsverkehrs kann der Schuldner seine Lei­ stung von der Vorlage der Urkunde durch den Inhaber abhängig machen, so

Schriftstück als „Verbriefung“ bezeichnet, so soll eine Verknüpfung von Recht und Pa­ pier, die zu einer Einstufung als Wertpapier führt, als „Verkörperung“ verstanden wer­ den (so bei Richardt, S.20; Hueck/Canaris § 1 I 3 und 4). Andere verwenden diese Be­ griffe synonym, wobei dies einerseits für alle schriftlich fixierten Rechte geschieht (so Zöllner Wertpapierrecht § 3 LH 1; Baumbach/Hefermehl Rz.3, wohl auch Raiser in ZHR 101 (1935), S. 13 ff.); dagegen von anderen nur bei mit Wertpapieren verknüpften Rechten (so Bornemann Rz.0638 ). Um den unterschiedlichen Grad der Verknüpfung auszudrücken, empfiehlt es sich, mit Richardi zwischen urkundlicher Verbriefung und wertpapiermäßiger Verkörperung des Rechts schon terminologisch zu unterscheiden.

12 Historisch erklärt sich dieses Bestreben, Forderungen wie Sachen zu behandeln, aus dem Umstand, daß ursprünglich im römischen und germanischen Recht wegen des streng persönlichen Charakters von Forderungen diese überhaupt nicht übertragbar wa­ ren. Durch die Verbindung des Anspruchs mit der Urkunde konnte das bloß geistige Gebilde der Forderung sachlich konkretisiert und wie eine Ware geprüft werden (vgl. Meyer-Cording AII).

13 Baumbach/Hefermehl WPR Rz.4.

14 Baumbach /Hefermehl WPR Rz.4-6.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

daß ihm weitere Nachforschungen über die Gläubigerstellung des Papierinha­ bers erspart bleiben. Dies kann als Berechtigung oder in der strengsten Form auch als Zahlungspflicht gegen Präsentation der Urkunde ausgestaltet sein (vgl. zum Beispiel Art. 28 Abs. 1 iVm. Art. 38 Abs. 1 WG). Aufgrund dieser Wirkungen lassen sich die Funktionen der Verbriefung, die letztlich alle dem Zweck dienen, die Verkehrsfähigkeit des Papiers zu erhöhen, in drei Gruppen einteilen. Es sind dies - die Möglichkeit der Anwendung sachenrechtlicher Übertragungsregeln,

- der Ausschluß aller nicht im Text der Urkunde niedergelegten Einwen­ dungen - und die Verknüpfung der Präsentationsmöglichkeit der Urkunde mit der Legitimation der Berechtigung zur Vornahme aller Rechtshandlungen be­ züglich des verbrieften Rechtes.

2. Verbriefungszweck beim Namenspapier

Während bei den Inhaber- und Orderpapieren alle diese Verbriefungsfunktionen regelmäßig mehr oder weniger stark ausgeprägt sind, ist bei den Na­ menspapieren das Vorliegen jeder einzelnen Funktion stark umstritten. Einig­ keit besteht deshalb auch über die Einbeziehung der Inhaber- und Orderpapie­ re in den Kreis der Wertpapiere - nicht jedoch über die Wertpapiereigenschaft von Namenspapieren. Auch bezüglich der spezifischen Rechtsfolgen in den Rechtsverhältnissen zwischen Schuldner, Gläubiger und möglichem Zweiterwerber von Namens­ papieren im Rechtsverkehr wird eine Vielzahl von abweichenden Lösungsvor­ schlägen vertreten.

Im Folgenden soll deshalb vorab der Stand der Diskussion zur Abgrenzung der Wertpapiere von den sonstigen privatschriftlichen Beweisurkunden darge­ stellt werden. Ferner sind die Rechtsfolgen der Regelungsmodelle bei der Be­ handlung von Namensschuldverschreibungen im Rechtsverkehr darzulegen, um darauf eine eigene Betrachtungsweise aufbauen zu können.

§ 6 Rechtsprobleme bei Geltendmachung und Übertragung des Rechts

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3. Der enge Wertpapierbegriff und seine Auswirkungen auf das Namenspapier

Das systematisch stringenteste Kriterium zur Abgrenzung zwischen Wert­ papier und reiner Beweisurkunde findet sich bei den Vertretern des sogenann­ ten „engen Wertpapierbegriffs“, insbesondere bei Ludwig Raiser'5 und Eugen Ulmer.'6 Raiser teilt die im Rechtsverkehr vorkommenden Rektapapiere in vier nach wirtschaftlichen Aspekten gegliederte Gruppen.17 Die erste Gruppe bilden die hier am meisten interessierenden Namensschuldverschreibungen als Massen­ papiere des Kapitalmarktes,18 während die zweite Gruppe die Briefe über Grundpfandrechte umfaßt. Die dritte Gruppe enthält die Namenspapiere des Geldmarkts, Zahlungsverkehrs und Güterumschlags,19 die letzte Gruppe alle qualifizierten Legitimationspapiere im Sinne von § 808 BGB - im Grunde ein­ fache Beweisurkunden, denen durch eine Präsentationsklausel Ausweischarak­ ter zukommt.

Raiser leugnet einen allen diesen Papieren zugrundeliegenden einheitlichen Zweck der Rechtsverbriefung.20 Insbesondere sei ein solcher bei Rektapapieren

15 Raiser ZHR 101 (1935), S. 13-64. 16 Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S. 16-28.

" Raiser

101 (1935), S.25-31.

18 In den 30er Jahren, in denen der grundlegende Aufsatz Raisers zum engen Wert­ papierbegriffentstand ( vgl. ZHR 101 (1935), S.25 ff), war jedoch diese Form der Ka­ pitalmarktpapiere in Deutschland, anders als zum Beispiel in Italien, noch wenig ver­ breitet. Sie kamen dabei hauptsächlich in der Form von Namenskorporationspapieren vor, wie die Rektaaktie, der Rektainterimsschein, der Rekta-GmbH-Anteilsschein und der Rektareichsbankanteilsschein. Indem für die Geltendmachung dieser Rechte dem berechtigten Zweiterwerber aber niemals die bloße Inhaberschaft des Papiers genügte, vielmehr immer eine konstitutive Umschreibung in entsprechend geführten Büchern erforderlich war, blieb diesen Papieren allein die Bedeutung Vorbehalten, den Ausweis der Berechtigung durch das jeweilige Register vorzubereiten. Vgl. Raiser ZHR 101 (1935), S.27 und Jacobi, in Ehrenbergs Handbuch, S.214 ff.

19 Rektawechsel, -Scheck, -konnossement und -ladeschein, die anders als die glei­ chen Papiertypen mit Order- oder gar Inhaberklausel grundsätzlich nicht auf Umlauf im Rechtsverkehr gerichtet sind, Raiser ZHR 101 (1935), S.29 ff 20 Adler, in GrünhutsZ 33, S.737 ff und Wieland, in Festgabe für Huber, S.4 ff. und 14 ff. meinen, diesen gemeinsamen Zweck in der Steigerung der Umlauffähigkeit ge­ funden zu haben. Während Adler jedoch aus diesem Grunde die Rektapapiere aus dem

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

gerade nicht in der Steigerung der Umlauffähigkeit des Rechts zu erblicken.21 Nach seiner Ansicht ist einziges gemeinsames Merkmal der verschiedenarti­ gen und keinem einheitlichen wirtschaftlichen Zweck dienenden Rektapapiere ihre Ausweisfunktion für den Gläubiger bzw. den Neuerwerber gegenüber dem Schuldner bei der Geltendmachung des verbrieften Rechts .

a) Sachenrechtliche Übertragungsform als Abgrenzungskriterium des Wertpapierbegriffs

Raiser hält es für willkürlich und unsystematisch,22 lediglich die schlichten Legitimationspapiere aus dem Bereich der Wertpapiere auszuklammern, wie dies die seit Brunner überwiegende Ansicht in der Rechtswissenschaft getan hat.23 Aus seiner Sicht unterscheiden sich die Namenspapiere systematisch kaum von den ebenfalls wie ein Ausweis im Rechtsverkehr wirkenden Legiti­ mationspapieren.

Dagegen sei wegen erschwerter Negotiabilität und erhöhtem Schuldner­ schutz zu Lasten eines eingeschränkten Erwerberschutzes der Abstand zwi­ schen sowohl den schlichten Legitimations- als auch den Rektapapieren einer­ seits und den nach sachenrechtlichen Grundsätzen übertragbaren Inhaber- und Orderpapieren andererseits wesentlich bedeutsamer. Es sei deshalb systema­ tisch sinnvoller, die Grenze zwischen den beiden Urkundengruppen der Inha­ ber- und Orderpapiere auf der einen Seite und der Rekta- und schlichten Legi­ timationspapiere auf der anderen Seite zu ziehen, als künstlich zu versuchen, die Rektapapiere unter den Begriff des Wertpapiers zu subsumieren. Diese Be­ schränkung der Wertpapiereigenschaft auf Papiere, bei denen die in ihnen verbrieften Rechte sachenrechtlichen Übertragungsregeln unterliegen, engt den Kreis der echten Wertpapiere auf Inhaber- und Orderpapiere, die soge­ nannten „ Wertpapiere des öffentlichen Glaubens“, ein.

Kreis der Wertpapiere ausschließt, erklärt Wieland sie im Unterschied zu den Legiti­ mationspapieren ebenfalls zu Umlaufpapieren, so daß Rektapapiere in den Kreis der Wertpapiere einbezogen werden können. 21 Raiser ZHR 101 (1935), S.32. 22Raiser ZHR 101 (1935), S.61. 23 Zur Systematik des weiten Wertpapierbegriffs, dem seit seiner Begründung durch Brunner, (Die Werthpapiere, in Endemanns Handbuch des Deutschen Handels-, Seeund Wechselrechts II (1882), S. 140 ff.) die überwiegenden Ansicht in der wertpapier­ rechtlichen Literatur anhängt, sogleich unter b) ab S.95.

§ 6 Rechtsprobleme bei Geltendmachung und Übertragung des Rechts

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Der Ansicht Raisers in den dogmatischen Grundstrukturen sehr ähnlich geht E. Ulmer davon aus, daß tragender Gedanke der besonderen Verknüpfung von Recht und Wertpapier die Steigerung der Umlauffähigkeit des Rechts sei.24 Bildlich gesprochen solle „das verbriefte Recht mit dem Papier von Hand zu Hand wandern“ können. Gesteigerte Negotiabilität sei jedoch regelmäßig nur bei den Inhaber- und Orderpapieren zu finden, bei denen mit der Verfügung über das Papier zugleich über das verbriefte Recht verfugt werde.23 Durch die sachenrechtliche Übertragbarkeit werde ein erhöhter Verkehrs­ schutz und dabei insbesondere ein Schutz des gutgläubigen Papiererwerbers gewährleistet. Die schuldrechtlichen Regeln der Zession stellen demgegenüber den Schuldnerschutz zu Lasten eines gutgläubigen Erwerbers in den Vorder­ grund, da ein Erwerb im Zessionsrecht nur vom Berechtigten erfolgen könne und es dem Schuldner gemäß § 404 BGB gestattet sei, auch diesem gegenüber Einwendungen aus dem Grundgeschäft geltend zu machen. Da Papiere ver­ mehrt Gefahrenlagen für den Erwerber mit sich brächten, werde deren Nego­ tiabilität eingeschränkt.

Die Grenze zwischen bloßer Beweisurkunde und Wertpapier muß deshalb nach Ansicht E.Ulmer's dort gezogen werden, wo das in einem Papier ver­ briefte Recht bei seiner Übertragung den Regelungsbereich des Zessionsrechts verlasse und sachenrechtlichen Grundsätzen unterliege.26 Nur solche Papiere sind danach Wertpapiere, bei denen der altbekannte, jedoch die Vorgänge stark vergröbernde Satz zutrifft, „...daß das Recht aus dem Papier dem Recht am Papier folgt.“

b) Zessionsrechtliche Behandlung von Namenspapieren

Die gering ausgeprägte Versachlichung des verbrieften Rechts beim Rekta­ papier werde nach dem engen Wertpapierbegriff durch die Rolle der Urkunde bei der Übertragung und Belastung des Rechts bestätigt. Ihr komme die Funk­

24 Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.20.

23 Vgl. dagegen Adler, in GrünhutsZ 33, S.739, der gerade im Fehlen der Negotia­ bilität das Wesen des Rektapapiers zu erkennen meint; Wieland, in Festgabe für Huber S.4 ff. und 14 ff. 26 Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.21.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

tion des bloßen Zubehörs zum Recht zu.27 Eine Anwendung sachenrechtlicher Übertragungsregeln der Art, daß die Rechtsverhältnisse am bloßen Ausweis­ papier über das Schicksal des verbrieften Rechts entscheiden würden, sei un­ angemessen.28 Demnach gelte für die Übertragung von Namenspapieren reines Zessions­ recht, wobei das Papier gemäß § 952 Abs. 1 BGB dem Recht aus dem Papier nachfolge.29 Für die Wirksamkeit der Rechtsübertragung sei dabei die Überga­ be des Papiers selbst nicht erforderlich. Eine Übernahme des sachenrechtli­ chen Traditionsprinzips sei schon deshalb verfehlt, weil dessen Funktion in enger Verbindung mit dem gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten stehe, ein solcher dem Zessionsrecht jedoch fremd sei. Indem damit der Inhaber­ schaft des Papiers aufgrund der rein zessionsrechtlichen Mechanismen Dritten gegenüber keine Publizitätswirkung zukomme, sei ein Rechtserwerb beim Rektapapier auch ohne Übergabe der Urkunde wirksam.30 Nach Raiser gilt im Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner, anders als bei den negotiablen Inhaber- und Orderpapieren, bei denen aufgrund von Vorgängen des gutgläubigen Erwerbs und der Rechtsscheinwirkung der Papierinnehabung ein Sonderrecht angewandt werden müsse, normales Schuld­ recht, so daß der Schuldner allein durch Leistung an den wahren Gläubiger befreit wird. Im Unterschied zu Inhaber- und Orderpapieren muß sich somit der Schuldner einer in einem Rektapapier verbrieften Forderung von der Gläu­ bigerstellung seines Gegenübers überzeugen und kann nicht allein auf die blo­ ße Inhaberschaft des Papiers vertrauen, will er der Gefahr einer doppelten In­ anspruchnahme entgehen.

Besonderheiten ergeben sich mithin bei der Anwendung des § 407 Abs. 1 BGB: Da dem Rektapapier Ausweisfimktion zukomme, bestehe für den be­ rechtigten Gläubiger die Obliegenheit sich bei der Rechtsausübung durch das Papier auszuweisen, andernfalls brauche der Schuldner seine Leistung nicht zu erbringen. Darüber hinaus konstatiert Raiser als zentralen Satz der Rekta-

27 So die fast einhellige Meinung der Literatur, vgl. nur Jacobi, S.341 ff. und S.443 für die zeitgenössische, sowie Hueck/Canaris § 1 14 b) für die aktuelle Literatur. 28 A.A. lediglich v.Gierke, Deutsches Privatrecht, S. 104 ft'., 116 f.

29 Dies bestätigt § 952 Abs. 2 BGB ausdrücklich für eine spezielle Form der Rekta­ papiere, die Grundpfandrechtsbriefe. 30 Raiser ZHR 101 (1935), S.40, der sich damit bewußt von der Ansicht Jacobis, in Ehrenbergs Handbuch S.440, Gierkes, S.135 f. und Wielands, in Festgabe für Huber, S.9 abwendet.

§ 6 Rechtsprobleme bei Geltendmachung und Übertragung des Rechts

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papierlehre, daß der Schuldner auch nicht leisten dürfe, wenn der die Leistung verlangende nicht zum Ausweis durch das Papier in der Lage ist. Andernfalls verliere er den Schutz des § 407 Abs. 1 BGB." Grundsätzlich genieße zwar der Schuldner den Schutz des Zessionsrechts gemäß § 407 Abs. 1 BGB. Er könne an den ihm bekannten Zedenten leisten, solange dieser in der Lage ist, sich durch das Papier auszuweisen. Leiste er, ohne sich diesen Ausweis vorle­ gen zu lassen, gehe er jedoch des Schutzes des § 407 Abs. 1 BGB verlustig und begebe sich in die Gefahr, dem wahren Gläubiger, dem sich ausweisenden Zessionar, erneut leisten zu müssen.

Andererseits gelten auch die gesetzlichen Einschränkungen des § 407 Abs. 1 a.E. BGB. Eine Zessionsanzeige des Zessionars müsse der Schuldner beach­ ten. Bestehe deshalb ein Bedürfnis, das Papier in der Hand des Zedenten zu belassen, könne der Zessionar die Rechtsanmaßung eines Nichtgläubigers durch Zessionsanzeige verhindern. Somit werde dem Schuldner der Schutz des § 407 Abs. 1 BGB nur solange zuteil, als er schutzwürdig sei. Der Zessionar hingegen sei gegen Rechtsanmaßungen Dritter geschützt, solange er das Papier in den Händen halte. Sei er (ausnahmsweise) nicht Pa­ pierinhaber, erreiche er denselben Schutz durch eine Zessionsanzeige. Unter­ lasse er auch diese, fehle ihm die Schutzwürdigkeit.32 Keine Besonderheiten sollen für die Behandlung von Einwendungen des Schuldners gegenüber einem Zessionar gelten. Hier bleibe § 404 BGB unein­ geschränkt. Eine Reduktion der zugelassenen Einwendungen auf die schriftgemäßen Festlegungen, wie dies für die Inhaber- und Orderpapiere die Regel sei, finde bezüglich des verbrieften Rechts bei Rektapapieren keine Anwen­ dung.33

Auch die Verpfändung und die Zwangsvollstreckung in die verbriefte For­ derung vollziehen sich nach Raiser bei Rektapapieren in den Formen der nor­ malen Forderungspfandung gemäß §§ 828 ff. ZPO und -Verpfändung gemäß §§ 1273 ff. BGB. Insgesamt kommt dem Rektapapier nach Raiser lediglich die Bedeutung „eines Ausweises über die Rechtszuständigkeit, der vom rechtlichen Schicksal des verbrieften Rechts abhängt“" zu, im übrigen gelten, mit einer geringfügi­ 31 Raiser ZHR 101 (1935), S.36. "Raiser ZHR 101 (1935), S.34 ff "Raiser ZHR 101 (1935), S.55 f. "Raiser ZHR 101 (1935), S.58 f. 7 Seitz

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

gen Abweichung bei § 407 Abs. 1 BGB, für solcherweise verbriefte Rechte dieselben Regeln, die auch für unverbriefte Forderungen anzuwenden sind. Zum gleichen Ergebnis kommt E. Ulmer für diejenigen Vorlegungspapiere unter den Rektapapieren, die zum Umlauf geeignet sind.35 Für diese, zu denen aus seiner Sicht die Rektaschuldverschreibungen des Reiches als einzige da­ mals vorkommende Namensschuldverschreibungen zu zählen sind, mißt er dem Vorlegungserfordernis dieselbe Bedeutung zu wie Raiser: Aufgrund der sowohl Schuldner als auch Gläubiger bindenden Präsentationspflicht für die Geltendmachung des verbrieften Rechts müsse § 407 Abs. 1 BGB so einge­ schränkt werden, daß der Schuldner nur dann befreiend an den nicht mehr be­ rechtigten Altgläubiger leisten kann, wenn dieser ihm die Urkunde vorlegt.36 Danach ist auch auf Namensschuldverschreibungen bezüglich ihrer Über­ tragung grundsätzlich Zessionsrecht anzuwenden. Da der Sparkassenbrief re­ gelmäßig die Klausel einer Zahlung nur gegen Vorlage der Urkunde enthält,37 ist für diese Namensschuldverschreibungen jedoch § 407 Abs. 1 BGB einzu­ schränken.

In der Sichtweise des engen Wertpapierbegriffes ist strukturelles Unter­ scheidungsmerkmal zwischen echten Wertpapieren und sonstigen verbrieften Rechten die Rechtsform des Übertragungsaktes, hier nach sachenrechtlichen, dort nach zessionsrechtlichen Regeln. Aufgrund ihrer zessionsrechtlichen Übertragungsweise sind Namensschuldverschreibungen keine Wertpapiere im Sinne des engen Wertpapierbegriffes. Dem engen Wertpapierbegriff Raisers und Ulmers liegt mit der Form der Rechtsübertragung ein systematisch klar abgrenzendes Kriterium zugrunde. Andererseits fährt die harte Trennlinie zwischen den nach sachenrechtlichen Regeln übertragbaren Wertpapieren und sonstigen verbrieften Rechten zu ei­ ner starken Polarisierung, die gerade im Grenzgebiet des Wertpapierbegriffs angesiedelten Mischformen nicht immer gerecht wird,38 wie zum Beispiel bei 35 Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.100.

36 Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.100. 37 Vgl. die Sparkassenbriefurkunde des Deutschen Sparkassenverlages Vordruck Nr. 168 531, abgedruckt im Handbuch für Anlageberatung, S.31 und im Anhang II. 38 Vgl. Richardi, S.18; MünchKomm-Hüffer vor § 793 Rz.9; Zöllner, Wertpapier­ recht, § 3 DI 4 c): Das Ergebnis des engen Wertpapierbegriffs, Papiere, die je nach ih­ rer klauselmäßigen Ausgestaltung sowohl Order- als auch Rektapapiere sein können, einmal als Wertpapier zu klassifizieren, wenn sie die Orderklausel tragen und ihnen im anderen Fall nur wegen des Fehlens dieser Klausel, die Wertpapiereigenschaft abzu-

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den kaufmännischen Orderpapieren, die grundsätzlich als Namenspapiere an­ gelegt, durch den schlichten Zusatz „an Order“ zu Orderpapieren gekoren werden können und allein dadurch die Wertpapiereigenschaft erlangen.

4. Der weite Wertpapierbegriff

Ausgangspunkt des weiten Wertpapierbegriffs, wie er von Brunner*9 be­ gründet wurde und noch heute von der überwiegenden Meinung der Literatur zugrundegelegt wird,40 ist gerade diese Kritik an einer nicht interessengerech­ ten Grenzziehung. Die Vertreter dieser Ansicht sind ausdrücklich bemüht, sol­ che Rektapapiere, die traditionell als Wertpapiere aufgefaßt werden, unter den Wertpapierbegriff zu ziehen,41 um somit weniger den Unterschied in der Übertragungsform von Rektapapieren und Papieren öffentlichen Glaubens zu betonen, als vielmehr die Gemeinsamkeiten der Rechtsfolgen bei der Behand­ lung des verkörperten Rechts zu unterstreichen.42 Andererseits sollen schlichte Beweisurkunden ausgegrenzt werden.43

a) Grad der Legitimationswirkung - Vorlegungserfordernis als Abgrenzungsmerkmal Das Wesensmerkmal der Verkörperung eines Rechts in einem Wertpapier sehen die Vertreter des weiten Wertpapierbegriffs in der Notwendigkeit der Innehabung des Papiers für die Geltendmachung des Rechts. Die Besonderheit sprechen, wird als der entscheidende Mangel dieser Lehre angesehen. Dabei wird je­ doch regelmäßig übergangen, daß mit dem Hinzufügen bzw. Streichen gewisser Klau­ seln ganz bewußt auf das Aktivieren völlig unterschiedlicher Rechtsfolgen abgezielt wird. Das Hinwenden des Ausstellers zum Bereich der einen oder anderen Rechtsfol­ gen kann es durchaus rechtfertigen, den verbrieften Rechten eine unterschiedliche rechtliche Qualität beizumessen.

39 Brunner, Die Werthpapiere, in Endemanns Handbuch des deutschen Handels-, See- und Wechselrechts Band II 1882, S.140 ff.; vgl. zur dogmengeschichtlichen Ent­ wicklung Haag, S.34 ff. 40 Vgl. nur beispielhaft HueckICanaris § 1 I 4 b); MünchKomm-Hüffer Vor § 793 Rz.9; Zöllner, Wertpapierrecht, § 3 IH und IV; Richardi, S.18.

41 Zöllner, Wertpapierrecht, § 3 IH 4 c).

42 Hueck/Canaris § 1 14 b). 43 Zöllner, Wertpapierrecht, § 3 IH 4 c). 7*

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

der Verknüpfung von Recht und Papier soll bei Wertpapieren darin liegen, daß bei ihnen eine gewisse „Monopolisierungswirkung “ zugunsten der Urkunde eintrete: Nur wer die Urkunde innehabe, sie dem Schuldner präsentiere und zurückgebe, könne das verkörperte Recht geltend machen.44 Kriterium für die Wertpapierqualität ist damit nach dieser Ansicht die Be­ deutung der Legitimationswirkung des Papiers für die Geltendmachung des verbrieften Rechts. Unter wertpapierrechtlicher Legitimationswirkung sei zu verstehen, daß dem Gläubiger des verbrieften Rechts für den Beweis seiner Be­ rechtigung jedes andere Beweismittel als die Vorlage des verbriefenden Pa­ piers genommen wird.43 Mit diesem Kriterium werde die Grenze zu den reinen Beweisurkunden ge­ schaffen, deren Innehabung zwar für die Rechtsverwirklichung ebenfalls be­ weiserleichternd wirke, deren Existenz jedoch nicht in der Weise erforderlich sei, daß ohne sie eine Geltendmachung des Rechts grundsätzlich ausgeschlos­ sen wäre. Verliere zum Beispiel der Gläubiger einen Schuldschein, so ver­ deutliche § 371 Satz 2 BGB, daß ihm dadurch nicht die Rechtsausübung ver­ wehrt sei, sondern er gleichwohl auch ohne dieses Beweismittel gegen Hinga­ be einer entsprechenden, den Schuldner sichernden Erklärung Zahlung ver­ langen könne.46 Materiell-rechtlich knüpft damit das Kriterium des Vorlegungserfordernis ­ ses für die Geltendmachung des verbrieften Rechts an eine gesteigerte Legiti­ mationswirkung der Wertpapierinnehabung an. Nur Papiere, denen diese Le­ gitimationswirkung eigen ist, zählen danach zu den Wertpapieren. Sie ist bei Papieren, deren Übertragung sachenrechtlichen Regeln unterliegt, regelmäßig aufgrund dieser, die Umlauffähigkeit fördernden Ausgestaltung gegeben.47 Problematisch sind somit wiederum die im Randbereich auch dieses Wertpa­ pierbegriffes angesiedelten, nach zessionsrechtlichen Regeln übertragbaren Rechte. Für ein auf den Namen ausgestelltes Papier, ist es somit für die Erlan­

44 Hatte Jacobi, in Ehrenbergs Handbuch § 37, S.440 f. dies noch in dem strengen Sinn verstanden, daß auch zur rechtsgeschäftlichen Übertragung immer die Inneha­ bung, Vorlegung und Übergabe der Urkunde erforderlich sein sollte, so wird die Not­ wendigkeit der Innehabung heute allein auf die Geltendmachung des Rechts aus dem Papier beschränkt (Hueck/Canaris § 1 I 5 b); Zöllner, Wertpapierrecht, § 3 HI 4 b); ders. in Festschrift für Raiser, S.273; Raiser ZHR 101 (1935), S.39 ff). 43 Jacobi, in Ehrenbergs Handbuch, S.206 f.

46 Vgl. Hueck/Canaris § 1 I 5 a) sowie Jacobi, in Ehrenbergs Handbuch, S.200 f. 47 Baumbach/Hefermehl WPR Rz. 16.

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gung der Wertpapiereigenschaft entscheidend, ob ihm diese verstärkt legiti­ mierende Wirkung zukommt oder nicht..48

Verglichen mit der Terminologie Ulmers sind nach dem weiten Wertpa­ pierbegriff alle diejenigen Urkunden Wertpapiere, die als Vorlegungspapiere ausgestattet sind: Es sind dies die Wertpapiere des öffentlichen Glaubens und diejenigen Rektapapiere, die mit einem Vorlegungserfordernis versehen sind.49 Nur Papiere, die bei der Geltendmachung des Rechts vorgelegt werden müs­ sen, mit der Konsequenz, daß ohne deren Innehabung der Gläubiger an der Rechtsdurchsetzung gehindert ist, sind nach der Ansicht der überwiegenden Meinung Wertpapiere.50 Bezogen auf Namensschuldverschreibungen des Kapitalmarktes bedeutet dies: Wertpapiereigenschaft kommt einer Namensschuldverschreibung als ei­ nem Rektapapier im Sinne des weiten Wertpapierbegriffes nur dann zu, wenn in den Urkundentext eine Präsentationsklausel aufgenommen ist.51 Anderen­ falls wäre die Urkunde schlichtes Beweismittel, auf das § 371 Satz 1 BGB an­ zuwenden wäre. Indem bei Sparkassenbriefen der Urkundentext die Klausel „ Wir zahlen gegen Rückgabe der Urkunde... “52 enthält, sind jedenfalls diese Namensschuldverschreibungen mit einer Vorlegungspflicht ausgestattet und mithin als Wertpapiere im Sinne des weiten Wertpapierbegriffes aufzufassen.

b) Auswirkungen des Vorlegungserfordernisses auf das Zessionsrecht Hinsichtlich der rechtlichen Behandlung von Rektapapieren besteht unab­ hängig von den Unterschieden in der Begriffsbildung weitgehend Einigkeit unter den Vertretern des engen und des weiten Wertpapierbegriffs. Beide An­

48 Die LegitimationsWirkung der Urkunde führt andererseits zu einem Vorlegungszwang bei der Geltendmachung des verbrieften Rechts; Kümpel, WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.3. 49 Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.97 f. 50 Baumbach/Hefermehl,WPR Rz.16.

51 Fehlt jedoch eine solche Klausel, so käme der Schuldverschreibungsurkunde auch bei Anwendung des weiten Wertpapierbegriffes keine Wertpapiereigenschaft zu - ein Umstand der sich äußerst nachteilig dahingehend auswirken würde, daß solche Papiere zum Beispiel nicht depotverwahrfähig wären. Heinsius/Hom/Than § 1 Rz.20; Einsele, S.22 f, insbesondere Fn.104. 52 Vgl. Vordruck Nr. 168 531 des Deutschen Sparkassenverlages im Anhang II.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

sichten erachten für Rektapapiere die Anwendung sachenrechtlicher Übertra­ gungsformen, die mit einer erhöhten Rechtsscheinwirkung des Papiers und der Möglichkeit zu gutgläubigem Erwerb vom Nichtberechtigten verbunden sind, für nicht zulässig. Bei Rektapapieren, auch wenn sie Wertpapiere im Sinne des weiten Wertpapierbegriffs sind, wird das verbriefte Recht durch Abtretung übertragen. Aufgrund der besonderen Bedeutung, die die Legitimationswir­ kung der Urkunde auch bei Namenspapieren hat, werden aber dabei verschie­ dene Modifikationen nötig. Im Blickpunkt steht wiederum die Schuldnerschutzbestimmung des § 407 Abs. 1 BGB. Mit einer Präsentationsklausel ausgestattete Papiere begünstigten den Schuldner, weil sie ihm die Überprüfüng der Berechtigung des Anspre­ chers erleichtern. Zwar müsse der Schuldner weiterhin auf eigenes Risiko die materielle Gläubigerstellung des Vorlegenden überprüfen - die bloße Leistung an jeglichen Inhaber des Papiers befreie ihn nicht53 - doch brauche er sich nicht auf eine die Gefahr von Verfälschungen in sich tragende Beweisführung des die Leistung Verlangenden einzulassen. Vielmehr könne er jedem, der nicht in der Lage ist, das ausgestellte Papier vorzulegen, die Leistung verwei­ gern, ohne einer Beweispflicht über dessen Nichtberechtigung zu unterliegen.54

Dieser Vorteil des Schuldners würde sich aber ohne eine Modifizierung des § 407 Abs. 1 BGB voll zu Ungunsten eines Zweiterwerbers des verkörperten Rechts auswirken. Nach den allgemeinen Regeln muß der Zessionar eine nach der Abtretung erfolgende Leistung des Schuldners an den nicht mehr berech­ tigten Zedenten fürchten, da wegen § 407 Abs. 1 BGB bei Unkenntnis des

53 Die vorrangige Geltung des Zessionsrechts, dem die Berücksichtigung sachen­ rechtlicher, über die zessionsrechtlichen Schuldnerschutzbestimmungen hinausgehen­ der Rechtsscheingrundsätze fremd ist, verlangt mehr als den bloßen Rechtsschein der Berechtigung. Für eine befreiende Leistung des Schuldners muß dieser grundsätzlich an den wirklich Berechtigten leisten (vgl. § 362 Abs. 1 BGB). Die auf den Rechts­ schein der Papierinnehabung aufbauende „LiberationsWirkung", die befreiende Wir­ kung einer Leistung an jeden Papierinhaber, fehlt vielen Rektapapieren (zum Beispiel dem Hypothekenbrief). Auch bei Wechseln, den klassischen Orderpapieren, reicht die Innehabung des Papiers allein nicht aus. Vielmehr darf und muß der Schuldner die In­ dossamentenkette vom Erstnehmer bis hin zum letzten Indossatar überprüfen, um die Berechtigung des Vorlegers festzustellen. 54 Hueck/Canaris § 1 II 2b aa). Jacobi, in Ehrenbergs Handbuch, S.207 betonte schon Anfang des 20. Jahrhunderts, daß dadurch gerade bei Massenemissionen und vielfach vorkommenden Übertragungsvorgängen dem Schuldner eine starke organisa­ torische Erleichterung verschafft werde.

§ 6 Rechtsprobleme bei Geltendmachung und Übertragung des Rechts

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Schuldners von der Zession eine solche Leistung befreiende Wirkung entfaltet und damit zu einem Rechtsverlust des Zessionars führt.

Hinter dieser Regelung steht der Gedanke, daß die normalerweise nicht vergegenständlichte Forderung vom Schuldner völlig unbemerkt durch bloße Einigung nach § 398 Satz 1 BGB übertragen werden kann und dieser somit schutzbedürftig ist, wenn er in Unkenntnis der Abtretung an den Zedenten zahlt. Durch die Ausstellung eines mit einer Präsentationspflicht versehenen Wertpapiers werde dem Schuldner diese Schutzbedürftigkeit in gleicher Weise genommen, wie wenn ihm die Zession durch eine Abtretungsanzeige bekannt­ gemacht wurde.35 Wenn der Schuldner nämlich an den Altgläubiger leiste, oh­ ne daß er sich die verbriefende Urkunde zurückgeben lasse, obwohl er nur ge­ gen Vorlage zur Zahlung verpflichtet gewesen wäre, handele er auf eigenes Risiko.56 Durch die Legitimationswirkung werde somit die Anwendbarkeit der Rege­ lung des § 407 Abs. 1 BGB wenn nicht völlig ausgeschlossen, so doch in ent­ scheidender Weise eingeschränkt.57 Der Zessionar sei, sobald er sich die Ur­ kunde vom Zedenten aushändigen lasse, vor einem Rechtsverlust durch befrei­ ende Leistung des Schuldners geschützt, da § 407 Abs. 1 BGB ohne Papiervor­ lage nicht zu dessen Gunsten eingreife. Der Vorteil der „historischen Legiti­ mation“, den § 407 Abs. 1 BGB an die ursprüngliche Gläubigerstellung knüpfe, bestehe somit nur, solange der Erstgläubiger das Papier in Händen halte. Dieser „Rechtsschein der Nochberechtigung“ des Erstgläubigers werde entgegen § 407 Abs. 1 BGB mit Übergabe an den Zessionar von der nun stär­ keren Position des papierinnehabenden Neugläubigers abgelöst.58

55 Sedatis, S.170, Rz.317; Hueck/Canaris § 1 II 2b bb); Raiser ZHR 101 (1935), S.35. Nach Ansicht von Jacobi, in Ehrenbergs Handbuch, S.205 ff.; ders. ZHR 85 (1921), 21 ff, ZHR 1933, S.73 soll der Schuldner dagegen sogar dann befreiend an den papierbesitzenden Altgläubiger leisten dürfen, wenn ihm die Abtretung des Rechts inzwischen vom Zessionar angezeigt wurde. Vgl. auch Jacobi, in Ehrenbergs Hand­ buch S.447 für die Anzeige der Verpfändung.

56 So statt vieler Sedatis, S.170, Rz.316. 57 Die Vertreter des weiten Wertpapierbegriffes sprechen vielfach von einer teleo­ logischen Reduktion (vgl. Hueck/Canaris § 1 II2 b bb).

58 Jacobi, in Ehrenbergs Handbuch, S.205; Hueck/Canaris § 1 II 2 b bb); Kümpel, WM 1981, Beilage 1 zu Heft Nr.2, S.6 und Locher, S.ll sprechen plastisch von der Ersetzung der dem § 407 BGB zugrundeliegenden historischen Legitimation des Gläubigers durch eine wertpapiermäßige Legitimation.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

5. Der neuere Wertpapierbegriff Kümpels

Den jüngsten Beitrag in der Diskussion zur Abgrenzung des Wertpapierbe­ griffes und zur rechtlichen Behandlung von Namensschuldverschreibungen bildet der von Kümpel entwickelte „alternative Wertpapierbegriff. Dieser An­ satz geht aus vom Institut der Namensschuldverschreibung des Kapitalmark­ tes. Damit ist dieser Ansatz gerade um die Einordnung des sonst regelmäßig nur als Randbereich mitbehandelten Gebietes der Namenspapiere bemüht.59 Kümpel kommt es dabei weniger auf die Unterscheidung von Wertpapieren und schlichten Beweisurkunden an, als vielmehr darauf, das System der Rechtsfolgen, insbesondere bezüglich des Sonderrechts der Namenspapiere neu zu bestimmen. Bei seiner Grenzziehung nimmt Kümpel nicht, wie sonst üblich, die Wert­ papiere des öffentlichen Glaubens zum Ausgangspunkt, sondern richtet seine Betrachtungen an den Rektapapieren des Kapitalmarkts aus. Ebenso wie die Vertreter des weiten Wertpapierbegriffes ist er bemüht, diese Namenspapiere in den Kreis der Wertpapiere aufzunehmen.

a) Vorlegungserfordernis als Abgrenzungsmerkmal bei Namensschuldverschreibungen ungeeignet

Das Erfordernis der Vorlegung hält Kümpel als einheitliches Abgrenzungs­ kriterium der Wertpapiereigenschaft für ebensowenig sachgerecht wie die Form der Übertragung. Bei den Inhaberpapieren sei die Urkundeninnehabung als Legitimationsmittel sowohl für die Übertragung als auch für die Rechts­ ausübung unverzichtbar. Bei Namenspapieren werde dagegen die Urkunde als Legitimationsnachweis nicht benötigt.60

59 Vgl dazu Kümpel’. „Zur Problematik des Vorlegungserfordemisses bei Namens­ papieren am Beispiel der Namensschuldverschreibung und des Sparbuches“, WM 1981, Beilage 1 zu Heft Nr. 2; ders. „Praktische Bedürfnisse für die Fortentwicklung des Wertpapierbegriffes“, WM 1983 Beilage 6 zu Heft Nr. 25; kritisch Koller, WM 1981, S.474 ff.; Franke DB 1983, S.377 (379); Kritik auch bei Hueck/Canaris § 1 I 4 c), § 24 VH 2 a) und Zöllner, Wertpapierrecht, § 3 IV 3. 60 Der Ansicht Kümpels haben sich in neuerer Zeit einige instanzgerichtliche Ent­ scheidungen angeschlossen: vgl. LG Augsburg, Urteil vom 30.4.1982 (4 S 3835/81) = WM 1983, S.717 ff. und LG Krefeld, Beschluß vom 31.1.1980 (4 O 454/79) = WM 1980, S.351 f.

§ 6 Rechtsprobleme bei Geltendmachung und Übertragung des Rechts

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Aufgrund der Geltung zessionsrechtlicher Übertragungsgrundsätze sei der ursprüngliche Gläubiger oder der durch Zessionsanzeige oder Abtretungsur­ kunde nach § 409 Abs. 1 BGB legitimierte Erwerber zur Geltendmachung des Rechts in der Lage.61 Weil somit für das Papier lediglich die Funktion verblei­ be, in Modifikation der Regelung des § 407 Abs. 1 BGB die Nochberechtigung des Erstgläubigers sicherzustellen, erkennt er dem Vorlegungserfordernis ein Verkehrsbedürfnis ab.62 Sinn des Vorlegungserfordernisses sei fast ausschließ­ lich der Schutz des Zessionars vor der befreienden Leistung des Schuldners an einen nicht mehr berechtigten und das Papier nicht mehr innehabenden Gläubiger nach stiller Zession des verbrieften Rechts. Diesem Schutz diene allein die teleologische Reduktion des § 407 Abs. 1 BGB.63

Einem solchen Erwerberschutz64 und damit auch der teleologischen Reduk­ tion des § 407 Abs. 1 BGB sei jedoch jedes praktische Bedürfnis abzuspre­ chen. Der Gesetzgeber habe das Schutzbedürfnis des Zessionars nicht überse­ hen und auch Mechanismen zur Verfügung gestellt, die diesen Schutz gewähr­ leisten könnten:65 Durch Offenlegung der Zession könne der Erwerber die Ge­ fahr der schuldbefreienden Leistung jederzeit ausschließen. Das Ziel einer Si­ cherung des Zweiterwerbers werde dadurch genauso effektiv erreicht, wie durch die teleologische Reduktion des § 407 Abs. 1 BGB. Indem das Vorle­ gungserfordernis nur dazu diene, diese Einschränkung herbeizuführen, könne es ebensogut entfallen.

Verzichtet man hingegen auf das Erfordernis, für die Geltendmachung des Rechts aus Namenspapieren des Kapitalmarktes die Urkunde vorlegen zu müs-

61 LG Augsburg, Urteil vom 30.4.1982 (4 S 3835/81) = WM 1983, S.717 (718 f.) hält es deshalb nicht für zulässig, den gesetzlich nicht ausgeschlossenen Schuldner­ schutz des § 407 BGB zugunsten eines Gläubigerschutzes aufzugeben. Den Siche­ rungsinteressen des Erwerbers sei mit einer Abtretungsanzeige gedient. 62 Kümpel, WM 1981 Beilage 1 zu Heft 2, S.6.

63 Vgl. dazu § 6 12 b. 64 Nach LG Krefeld, Beschluß vom 31.1.1980 (4 O 454/79) = WM 1980, S.351 f. liegt die Legitimationswirkung eines Namenspapiers nur im Interesse des Schuldners.

65 Methodisch argumentiert Kümpel dabei mit der Regelung des § 405 BGB: Habe der Gesetzgeber den Zessionar bei der Ausstellung einer Urkunde über die Schuld ge­ gen mehr als den Einwand des Scheingeschäfts und des Abtretungsverbotes schützen, ihn nämlich außer durch Abtretungsanzeige auch mittelbar durch das Vorlegungserfor­ demis vor einer schuldbefreienden Leistung bewahren wollen, so wäre es naheliegend gewesen, in § 407 BGB dieses Erfordernis ausdrücklich niederzulegen. Zur genau ge­ genteiligen Schlußfolgerung aus der Regelung des § 405 BGB siehe unten § 12 H 4.

106

2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

sen, werden die Konsequenzen für den Gläubiger bei einem Verlust des Pa­ piers gemildert. Es besteht Einigkeit darüber, daß zwar der Gläubiger nach herkömmlicher Ansicht bei Verlust sein Recht ohne das Papier nicht geltend machen kann, aber daß andererseits ein mit dem Papierverlust einhergehender völliger Rechtsverlust unbillig wäre.66 Demnach müßten die Regeln des Auf­ gebotsverfahrens auf alle Vorlegungspapiere anwendbar sein. Einerseits sei je­ doch wegen des Enumerationsprinzips in § 946 Abs. 1 ZPO eine analoge An­ wendung des nur für bestimmte Wertpapiere ausdrücklich zugelassenen Auf­ gebotsverfahrens fraglich,67 andererseits sei mit der Durchführung eines sol­ chen Verfahrens, so man es denn zulasse,68 aufgrund der langen Warte- und Ausschlußfristen ein erheblicher finanzieller Nachteil für den Gläubiger ver­ bunden,69 der den Anlagezweck in Frage stelle. Könne deshalb der Schuldner in solchen Fällen auch ohne Papiervorlage befreiend leisten, ohne der Gefahr einer Doppelinanspruchnahme ausgesetzt zu sein, so ließen sich diese Nachtei­ le vermeiden, ein Aufgebotsverfahren wäre nicht mehr erforderlich. Dem Schuldner sei gemäß § 407 Abs. 1 BGB eine befreiende Leistung so­ lange möglich, als er nicht von einer Übertragung des Rechts erfahre.70 Dem Zessionar stehe es frei, durch eine Abtretungsanzeige den guten Glauben des Schuldners zu zerstören. Einzige Gefahr für den Rechtsverkehr bedeute dem­ nach der Fall, daß ein betrügerischer Altgläubiger dem Schuldner gegenüber den Papierverlust lediglich behauptet, in Wahrheit jedoch das Recht übertra­ gen und das Papier übergeben hat.

Diese Gefahr sei bei Namensschuldverschreibungen aber äußerst gering, da eine vorzeitige Geltendmachung des Rechts in der Regel ausgeschlossen sei und somit dem Zessionar bis zur Fälligkeit genügend Zeit zur Anzeige und somit zur Zerstörung der Redlichkeit des Schuldners verbleibe.71 Erwerbe der

66 Vgl. statt vieler Hueck/Canaris § 1 I 5 a). 67 Gegen eine analoge Anwendung auf gesetzlich nicht geregelte Fälle: Jacobi in Ehrenbergs Handbuch, S.437 f; Raiser ZHR 101 (1935), S.47 f.; Stein/Jonas/ Schlos­ ser™ § 1003 ZPO AnmlU. 68 So die heute überwiegende Ansicht: Canaris in Großkommentar zum HGB3 § 363 Anm.20; Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.99 f. hält diese Analogie „für nicht zu kühn“; Zöllner, Wertpapierrecht, § 7 II 1; Baumbach/Hefermehl WPR Rz.12; Kümpel WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.9 f.

69 Kümpel WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.7 ff. 70 LG Krefeld, Beschluß vom 31.1.1980 (4 O 454/79) = WM 1980, S.351 f.

71 LG Augsburg, Urteil vom 30.4.1982 (4 S 3835/81) = WM 1983, S.717 (718 f.).

§ 6 Rechtsprobleme bei Geltendmachung und Übertragung des Rechts

107

Zessionar jedoch bereits fällige Rechte, so gehe er bei Kapitalmarktpapieren ohnehin ein hohes Risiko ein, da eine Geltendmachung, die nicht zum Fällig­ keitszeitpunkt erfolgt, äußerst unüblich sei.72 Vor dem Restrisiko, daß der Altgläubiger die Forderung betrügerisch nach der Übertragung bei Fälligkeit geltend macht, schützt den Erwerber allerdings nach Kümpels Konzeption das Vorlegungserfordernis nicht mehr. Doch sei der Erwerber auch nicht völlig schutzlos gestellt. Aufgrund der dokumentierten Abtretung und der Inhaberschaft des Papiers sei für den Zessionar die betrü­ gerische Handlung des Zedenten leicht nachweisbar. Das dem Zedenten be­ wußte Risiko einer strafrechtlichen Sanktion reiche als Schutzmechanismus für diesen Ausnahmefall völlig aus.73 Da seine Nachteile überwiegen, fehle dem Vorlegungserfordernis zur Gel­ tendmachung des Rechts bei Namenspapieren ein anzuerkennendes prakti­ sches Bedürfnis.74 Vielmehr müsse dem Schuldner die Möglichkeit gegeben werden, in Ausnahmesituationen auch ohne Papiervorlage befreiend zu lei­ sten. Demnach bleibe § 407 Abs. 1 BGB bei Namensschuldverschreibungen uneingeschränkt anwendbar.75 Für die Umgrenzung eines auch Namenspapiere umfassenden Wertpapierbegriffs sei deshalb das Vorlegungserfordernis allein dogmatisch nicht haltbar.76

b) Umfassender Einwendungsausschluß als entscheidendes Merkmal des Wertpapierrechts

Wesentlicher Zweck wertpapiermäßiger Verbriefung ist nach Kümpel die Förderung der Verkehrsfähigkeit von Forderungen.77 Sind dem Zessionsrecht mit der Regelung des § 404 BGB weitreichende, nur den Schuldnerschutz zu Lasten des Erwerbers bezweckende Einwendungsmöglichkeiten eigen, so wer­ de eine Forderung erst dann als fungible Kapitalanlage interessant, wenn

72 Koller WM 1981, S.474 (478).

73 Kümpel WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.8 f. 74 Kümpel WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.7.

75 LG Krefeld, Beschluß vom 31.1.1980 (4 O 454/79) = WM 1980, S.351 f. für das Sparbuch. 76 Kümpel WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.21.

77 Kümpel WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.23.

108 2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

durch die Anwendung wertpapierrechtlicher Regeln der Erwerber vor Einwen­ dungsverlusten geschützt werde.78

In engem Zusammenhang mit der auf diese Weise erfolgenden Annäherung von Namenspapieren an die nach sachenrechtlichen Grundsätzen zu behan­ delnden Inhaberpapiere stehe auch das Postulat nach einer Möglichkeit des Schutzes redlicher Erwerber. Nach Kümpel ist der Schutz des guten Glaubens auch dem Zessionsrecht immanent, wie § 405 BGB belege. Durch Ausdeh­ nung dieses Rechtsgedankens sollte zumindest de lege ferenda auch bei Na­ mensschuldverschreibungen ein gutgläubiger Erwerb ermöglicht werden. Ein weitestgehender Einwendungsausschluß sei damit sowohl bei Inhaberals auch bei fungiblen Order- und Rektapapieren Kernbegriff des Wertpapier­ rechts. Damit korrespondiere die für den Erwerb eines handelbaren Rechts be­ deutsame Formstrenge des Urkundeninhalts. Diese vielfach als „skripturale Haftung“ bezeichnete Begrenzung der Schuldnereinwendungen gegenüber redlichen Dritterwerbern gegen das verbriefte Recht auf die in der Urkunde gemachten Angaben führten erst zu einer Standardisierung des Forderungs­ rechts, die Voraussetzung einer gesteigerten Fungibilität sei.79

Kümpel definiert deshalb das Wertpapier als eine .....Urkunde, in der ein privates Recht derart verbrieft ist, daß der Schuldner nach Maßgabe des In­ halts der Urkunde haftet und keine (ausschließbaren)^ Einwendungen geltend machen kann... “81

Damit kann er freilich nach eigener Auffassung neben den Inhaber- und Orderpapieren nur die Namenspapiere des Kapitalmarktes erfassen. Auf letz­ tere will Kümpel die Regeln des Einwendungsausschlusses in gleicher Weise durch eine Analogie zu §§ 796 BGB und 364 Abs. 2 HGB anwenden wie bei

78 Kümpel WM 1981, Beilage 1 zu Heft, 2 S.21. 79 Kümpel WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.24. 80 Diese Einschränkung ist notwendig, da Kümpel zwischen ausschließbaren und nicht ausschließbaren Einwendungen unterscheidet. Zu letzteren zählt er zum Beispiel auch den Einwand der Erfüllungswirkung einer Leistung an den Nichtberechtigten im Sinne des § 407 Abs. 1 BGB. Laut Kümpel hat dies seinen Grund in einer gesetzlichen Rechtsscheinhaftung des Zessionars, der es im Verkehr unterlassen habe, den An­ schein der Nochberechtigung des Zedenten durch Anzeige dem Schuldner gegenüber zu zerstören. Dieses Unterlassen führe zum Recht des Schuldners, sich dem Zessionar gegenüber auf die befreiende Wirkung des § 407 Abs. 1 BGB zu berufen.

81 Kümpel WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.30.

§ 6 Rechtsprobleme bei Geltendmachung und Übertragung des Rechts

109

den Inhaber und Orderpapieren, da sie liquide Kapitalanlagen verbriefen sol­ len und die Liquidisierbarkeit Fungibilität voraussetze.82 Gewisse Namenspapiere, so die Rektapapiere des Kredit- und Zahlungsver­ kehrs und des Güterumlaufs, müßten aufgrund der vollen Anwendbarkeit der zessionsrechtlich zulässigen Einwendungen ausgeklammert bleiben.83 Da je­ doch auch diese traditionell als Wertpapiere eingestuften Urkunden von einem Wertpapierbegriff erfaßt werden sollen,84 versucht Kümpel seine Definition mit der des weiten Wertpapierbegriffs zu kombinieren. Dadurch kommt er zu einem sogenannten „alternativen Wertpapierbegriff, wonach Wertpapiere „ ein privates Recht verbriefende Urkunden sind, deren Umlauffähigkeit dadurch gesteigert ist, daß der Aussteller nur die ihm unmit­ telbar gegen den Inhaber zustehenden Einwendungen geltend machen kann und/oder nur an diesen mit befreiender Wirkung leisten kann. “85

Nach Kümpels Ansicht ist es deshalb für die Wertpapiereigenschaft von Namensschuldverschreibungen unschädlich, wenn die Urkunde nicht mit einer Präsentationsklausel versehen ist. Stattdessen müsse Papieren, die am Kapi­ talmarkt übertragen werden, um ihre Fungibilität zu gewährleisten, ein ebenso weiter Ausschluß von Einwendungen aus dem Rechtsverhältnis Schuldner/Erstgläubiger gegenüber einem späteren Erwerber zukommen, wie dies bei den Wertpapieren des öffentlichen Glaubens der Fall sei. Dies sei durch die Aufnahme eines Einwendungsausschlusses in die Ausgabebedingungen oder, wo ein solcher fehle, durch Analogie zu §§ 796 BGB, 364 Abs. 2 RGB zu ge­ währleisten und auf alle Namensschuldverschreibungen des Kapitalmarktes auszudehnen. Besondere Ausgabebedingungen existieren bei Sparkassenbriefen jedoch nicht. Ebenso fehlt ein Einwendungsausschluß im Text der Urkunde. Ein um­

82 Kümpel WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.31; Koller, WM 1981, S.474 (478).

83 Kümpel WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.30.

84 Ein nur auf Kapitalmarktpapiere beschränkter Wertpapierbegriff wird als wissen­ schaftlich unbrauchbar abgelehnt; Zöllner, Wertpapierrecht, § 3 I. 85 Kümpel, WM 1983 Sonderbeilage 6, S.14. Das bestechende Argument, in der Einwendungsfreiheit ein alle drei Typen der Verkehrspapiere (Inhaber-, Order- und Rektapapiere) überspannendes, gemeinsames materielles Kriterium als Ordnungsprin­ zip nutzbar zu machen, wird durch diese „Altemativlösung“ jedoch stark relativiert. Bedenkenswert bleibt jedoch der Ansatz, zwischen Fungibilität und Einwendungsfrei­ heit eine notwendige Verknüpfung zu erblicken, die es auch auf Rektapapiere auszu­ dehnen gilt. Dazu unten §11.

HO

2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

fassender Einwendungsausschluß kommt aufgrund vertraglicher Vereinba­ rung deshalb nicht in Betracht.86 Ein Einwendungsausschluß ließe sich somit nur durch eine allgemeine Analogie zu den Regeln der Inhaber- und Order­ papiere des Kapitalmarktes (§§ 796 BGB, 364 Abs. 2 HGB) begründen. Al­ lerdings besitzt der Sparkassenbrief eine Präsentationsklausel, so daß er unter die zweite Alternative des alternativen Wertpapierbegriffes zu zählen wäre.87

6. Konsens und Unterschiede bei der Beurteilung des Rechts der Namensschuldverschreibungen

a) Wertpapiereigenschaft von Namensschuldverschreibungen In der Klassifizierung der Namensschuldverschreibungen als Wertpapiere stimmen die Ansichten der Vertreter des weiten und des alternativen Wertpa­ pierbegriffes im Ergebnis überein. Beide ordnen die mit einem Vorlegungserfordemis ausgestatteten Namensschuldverschreibungen, und damit auch die Sparkassenbriefe, als Wertpapier ein. Hängt man mit L.Raiser und E. Ulmer einem engen Wertpapierbegriff an, so gehören Namensschuldverschreibungen aufgrund ihrer zessionsrechtlichen Übertragungsweise nicht in den Kreis der Wertpapiere, sondern sind Beweisurkunden mit allenfalls wertpapierähnli­ chem Charakter.88

Die Unterschiede der Theorien liegen dabei auf verschiedenen argumentati­ ven Ebenen: Während sowohl die Vertreter des engen wie des weiten Wertpa­ pierbegriffes eine sachenrechtliche Übertragungweise unter Einschluß des Gutglaubensprinzips für Rektapapiere einhellig ablehnen, wird dieser dem en­ gen Wertpapierbegriff als Abgrenzungskriterium dienende Aspekt von Kümpel zumindest tendenziell in Frage gestellt.89

Auf einer anderen Ebene liegt die unterschiedliche Berücksichtigung einer Pflicht zur Präsentation der Urkunde im Rechtsverkehr. Während die Aus­ weiswirkung weitgehend als letzte wertpapiermäßige Funktion der Rektapa­ piere anerkannt ist, versucht Kümpel aus der Tendenz zu einer allgemeinen Verdrängung des Verkörperungselements im Bereich der Kapitalmarkteffek86 Zur Frage, inwieweit Namensschuldverschreibungen des Kapitalmarktes ein Einwendungsausschluß institutionell immanent ist, vgl. unten §11. 87 Kümpel WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.32; ders. WM 1983, Beilage 6, S.18 f.

88 Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.94. 89 Kümpel, WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.33 ff.

§ 6 Rechtsprobleme bei Geltendmachung und Übertragung des Rechts

111

ten heraus, seinen Wertpapierbegriff von der Verkörperung des Rechts in ei­ nem Papier zumindest teilweise abzulösen,90 um somit den Bedürfnissen der Praxis nach einer einheitlichen Behandlung im Umgang mit nebeneinander vorkommenden verbrieften wie unverbrieften Kapitalmarktrechten gerecht zu werden. Der Begriff des Vorlegungspapiers ist aus seiner Sicht bei der heuti­ gen Praxis einer elektronischen Verbuchung von Kapitalmarkteffekten ein Anachronismus, so daß der Vorlegungszwang zur Abgrenzung eines funkti­ onstüchtigen Wertpapierbegriffes untauglich geworden ist.91 Auf einer dritten Ebene findet sich die Frage der Einwendungsfreiheit von Rektapapieren des Kapitalmarktes. Während die überwiegende Ansicht seit Brunner zu diesem Thema undifferenziert auf § 404 BGB verweist, versucht erstmals Kümpel den besonderen Interessen des Rechtsverkehrs bei handelba­ ren Rektapapieren gerecht zu werden. Ob der wertpapierrechtliche Einwen­ dungsausschluß wirklich auf Rektapapiere übertragbar ist und inwieweit sich das Zessionsrecht selbst zur Begründung eines solchen Einwendungsaus­ schlusses heranziehen läßt, bedarf jedoch noch der genaueren Untersuchung.92

Die Diskussion um die Wertpapierqualität der Namensschuldverschreibun­ gen des Kapitalmarktes ist somit nicht zuletzt durch den Versuch Kümpels, neue Tendenzen in der rechtstatsächlichen Entwicklung einzubeziehen, nach wie vor offen.

90 Erklärtermaßen möchte er somit die unverbrieften Wertrechte wie die Schuld­ buchforderungen in das Wertpapierrecht einbeziehen; Kümpel, WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.32. Zwar behält Kümpel die Beachtung des Vorlegungserfordemisses in Form der sogenannten „Emittentenobliegenheit“ bei, das Bestehen einer solchen Emit­ tentenobliegenheit ist jedoch nicht mehr zwingend allein notwendiges Merkmal des Wertpapiers. Vielmehr steht als materielles Kriterium alternativ der Ausschluß von Einwendungen gegenüber einem Zweiterwerber, als für die Steigerung der Umlauffahigkeit des Rechts dienlicherer Aspekt sogar im Vordergrund. Kümpel, WM 1983, Sonderbeilage 6, S.5-7.

91 Ebenso Zöllner, in Festschrift für Raiser, S.267, der es, allerdings auf dem Boden des weiten Wertpapierbegriffes, für angezeigt hält, aufgrund der faktischen Fortent­ wicklung des Massenpapierwesens und den Überlegungen zur Gleichstellung von Wertrechten und Wertpapieren, „...manche liebgewordenen Überzeugungen aus dem Bereich des klassischen Wertpapierrechts neu zu überdenken.“ 92 Dazu unten § 12.

112

2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

b) Materielle Ausgestaltung des Rechts der Namensschuldverschreibungen

Bedeutsamer als der Streit über die Klassifizierung der Namensschuldver­ schreibung als Wertpapier ist jedoch die Unsicherheit bezüglich der Rechtsfol­ gen, die bei Rektakapitalmarktpapieren im Rechtsverkehr eintreten. Vergleicht man die Konsequenzen des engen und des weiten Wertpapierbe­ griffes, so fällt auf, daß zwar Uneinigkeit darüber besteht, ob die Namens­ schuldverschreibungen zum Kreis der Wertpapiere zu zählen sind, die mate­ riell-rechtliche Beurteilung dieser Papiere jedoch, insbesondere die Modifika­ tionen der zessionsrechtlichen Vorschriften, weitgehend gleichgerichtet ist. Einigkeit besteht also darin, daß die Rektapapiere im Unterschied zu den Wertpapieren mit „öffentlichem Glauben'" (den „Wertpapieren im engeren Sinne"\ wie diese von den Vertretern eines weitgefaßten Wertpapierbegriffs genannt werden) einem Sonderrecht unterliegen müssen, gleichgültig, ob sie nun als Wertpapiere zu bezeichnen sind oder nicht.93 Konsens besteht auch darüber, daß die Übertragungsvorgänge bei Namensschuldverschreibungen sich grundsätzlich nach Zessionsrecht richten. Gerade das Fehlen einer dem Sachenrecht angenäherten Verknüpfung von Forderungsrecht und Urkun­ deneigentum mache die Besonderheit des Namenspapiers im Vergleich zum Inhaber- und Orderpapier aus. Durchbrechungen der zessionsrechtlichen Übertragungsweise werden nur vorsichtig vollzogen infolge der Besonderhei­ ten, die die Ausstellung einer Urkunde über ein Forderungsrecht mit sich bringt. Anders sieht dies dagegen Kümpel. Zwar erkennt auch er die grundsätzli­ che Geltung des Zessionsrechts für die Übertragung von Namensschuldver­ schreibungen an, doch rückt er das Recht der Namensschuldverschreibungen durch die Öffnung für sachenrechtliche Gutglaubensregeln und einen weitge­ henden Einwendungsausschluß eng an die Inhaber- und Orderpapiere heran. Kümpel setzt bei einer Zurückdrängung der Bedeutung des Vorlegungserfor­ dernisses für Namensschuldverschreibungen an. Er vertritt eine uneinge­ schränkte Anwendung des § 407 Abs. 1 BGB auch für Papiere, die als Präsen­ tationspapiere ausgestaltet sind. Außerdem fordert er die Restriktion der Rege­ lung des § 404 BGB durch eine auf Analogie zum Recht der Inhaber- und Or­ derpapiere gestützte Ausdehnung des Kreises der dem Zessionar gegenüber ausgeschlossenen Einwendungen. Dadurch vermeidet Kümpel die Probleme, die sich bei Verlust einer Rektaschuldverschreibungsurkunde daraus ergeben,

93 So auch MünchKomm-Hüffer, Nor § 793 Rz.9.

§ 6 Rechtsprobleme bei Geltendmachung und Übertragung des Rechts

113

daß der Gesetzgeber es unterlassen hat, für diese Papiere ein Aufgebotsverfah­ ren zu normieren.

Diese Uneinigkeit über die rechtliche Beurteilung von Namensschuldver­ schreibungen führt zu einer Unsicherheit bei der Behandlung solcher Papiere im Rechtsverkehr. Die große Anzahl der im Umlauf befindlichen Einzelver­ träge allein in der Vertragsform des Sparkassenbriefs94 macht deshalb eine ge­ naue Untersuchung der vertretenen Varianten auf ihre Eignung, die Interessen der Beteiligten im Rechtsverkehr auszugleichen, erforderlich. Als einziger unbestrittener Satz des Rechts der Rektapapiere des Kapital­ marktes läßt sich somit festhalten, daß Namensschuldverschreibungen Urkun­ den über Forderungsrechte sind, die auf den Namen eines bestimmten Be­ rechtigten ausgestellt sind und deren Übertragung sich grundsätzlich nach dem Recht der Abtretung gemäß § 398ff BGB richtet. Darüberhinaus ist eine Vielzahl der in der Darstellung des Diskussions­ standes aufgeworfenen Fragen klärungsbedürftig. So gilt es, im Interesse der Sicherheit des Rechtsverkehrs für Namensschuldverschreibungen zu untersu­ chen, welche Modifikationen des Zessionsrechts sich aus dem Umstand erge­ ben müssen, daß über das zu übertragende Recht eine Urkunde ausgestellt wurde. Dazu gehört die Klärung der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Leistung des Schuldners an einen Nichtberechtigten schuldbefreiende Wirkung hat95 und, wie der Konflikt bei Verlust der Urkunde durch den Be­ rechtigten zu lösen ist96. Weiterhin gilt es zu überprüfen, welche Schutzme­ chanismen für einen Zweiterwerber des Rechts bestehen und welche Rolle das Vorlegungserfordernis dabei spielt. Im Zusammenhang mit dem Übertra­ gungsvorgang muß sowohl die Form der Übertragung untersucht werden, ins­ besondere, ob dabei die Urkundenübergabe zur Wirksamkeit der Rechtsüber­ tragung erforderlich ist97, als auch die Frage, ob der Schuldner durch die Übertragung gegenüber einem späteren redlichen Erwerber bestimmter Ein­ wendungen aus dem Verhältnis zum Ersterwerber verlustig geht98, sowie die Möglichkeit eines Gutglaubenserwerbs99.

94 Vgl. die Angaben im Anhang I. 95 Dazu unten § 6 II.

96 §8. 97 §11.

98 §11.

99 Ab § 10. 8 Seitz

114

2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

II. Untersuchung der Interessenlagen der am Rechtsverkehr Beteiligten und eigener Lösungsansatz

1. Ziel der Untersuchung Ziel der folgenden Untersuchung ist es, durch eine genaue Einordnung der Namensschuldverschreibung am Beispiel des Sparkassenbriefs Unklarheiten zu beseitigen und die erforderlichen Rechtsfolgen für typische Problemsitua­ tionen darzulegen. Dabei müssen die vorhandenen Lösungsversuche der Wert­ papierlehre berücksichtigt und auf ihre Tauglichkeit zur Lösung typischer In­ teressenkonflikte überprüft werden. Dazu ist es erforderlich, die Interessen der am Verkehr beteiligten Rechtssubjekte in bestimmten Konfliktsituationen zu erfassen und gegenüberzustellen. Basis für die Bewertung und die Herleitung der notwendigen Rechtsfolgen sollen allein grundlegende systematische Strukturen und die herausgearbeiteten Interessen sein. Dogmatisch anerkannter Ausgangspunkt ist die unbestrittene Auffassung, daß Namensschuldverschreibungen als Rektapapiere grundsätzlich den Über­ tragungsregeln des Zessionsrechts unterliegen. Dabei soll die Anwendung des Abtretungsrechts immer unter dem Aspekt gesehen werden, daß Objekt des Übertragungsakts keine schlichte, „entmaterialisierte“ Forderung ist, sondern ein Recht, das durch seine Verbriefung eine Verknüpfung mit einem körperli­ chen Gegenstand erfahren hat. Es gilt deshalb, diesen von den Vertragspartei­ en bewußt gewählten Unterschied bei der Betrachtung von Tatbestand und Rechtsfolgen der §§ 398 ff. BGB zu berücksichtigen.

Das Hauptaugenmerk der Untersuchung soll dabei auf die Spezifizierung der Rechtsfolgen im Rechtsverkehr gerichtet sein und weniger auf einer sy­ stematischen Einordnung unter einen bestimmten Wertpapierbegriff liegen. Gerade im Randbereich des Wertpapierrechts erscheinen Argumentationsbe­ mühungen, die stark von einem erklärten Bedürfnis nach einheitlicher Be­ handlung von Namenspapieren geprägt sind, die den unterschiedlichsten Zwecken dienen, als zu vordergründig systemorientiert. Ob Namensschuldver­ schreibungen Wertpapiere sind oder nicht, ist für den Rechtsverkehr weniger bedeutsam als die Antwort auf die Frage, nach welchen Regeln diese Namens­ schuldverschreibungen zu beurteilen sind. Deshalb muß es darauf ankommen, aus der Interessenlage der am Verkehr mit Namensschuldverschreibungen Beteiligten in bestimmten verkehrstypischen Situationen Schutzbedürfnisse

§ 6 Rechtsprobleme bei Geltendmachung und Übertragung des Rechts

115

und Konfliktlösungen zu entwickeln.100 Erst eine Gesamtschau dieser Konflikt­ lösungen kann zeigen, ob die Verkehrsbedürfhisse eine Einbeziehung von Namensschuldverschreibungen in den Kreis der Wertpapiere zuläßt oder nicht.

2. Konfliktfelder und Gefahrensituationen Wertpapierrechtlich verbriefte Forderungen und rein schuldrechtlich be­ gründete Forderungen, über die eine Beweisurkunde ausgestellt wurde, unter­ scheiden sich grundsätzlich hinsichtlich der Interessenlage der Beteiligten im Rechtsverkehr solange nicht, als die Betrachtung auf das Verhältnis zwischen Aussteller/Schuldner und Erstgläubiger beschränkt bleibt. Abweichungen entstehen erst durch die Berücksichtigung eines potentiellen oder tatsächlichen Wechsels in der Gläubigerstellung.

Auch wenn bei Namensschuldverschreibungen im Unterschied zu den In­ haberpapieren die Übertragung nicht der Regelfall ist, gilt es deshalb, den Schwerpunkt der Untersuchung auf den Übertragungsvorgang der mit einer Urkunde verknüpften Forderung und seine Folgen für die Erfullungswirkung der Schuldnerleistung zu legen. Dabei sind die Konfliktfelder durch die Regelungslage des Zessionsrechts teilweise vorgezeichnet, daneben aber auch durch die spezielle Verknüpfung von Recht und Papier bedingt. Entsprechend den materiellrechtlichen Grundfunktionen101 wertpapier­ rechtlicher Verkörperung sind folgende Problemkreise mit gegensätzlicher In­ teressenlage zu berücksichtigen:

100 Schon Wieland, in Festschrift für Huber, S.20 und Jacobi ZHR 85 (1921), S.33 betonen, daß allein eine Interessenabwägung zur richtigen Grenzziehung zwischen Wertpapier und bloßem Legitimationspapier führen könne. 101 Vgl. oben § 6 I. 8*

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

a) Problemkreis: Leistung an den Nichtberechtigten, Bedeutung der Papiervorlage für die Rechtsausübung, Legitimationswirkung und Vorlagezwang aa) Zahlung an den Nichtberechtigten durch den Schuldner

Die Möglichkeit einer stillen Zession und das Fehlen eines Publizitätsmit­ tels beim Übertragungsvorgang nach Zessionsrecht bewirken, daß der Schuld­ ner von einem Wechsel in der Gläubigerstellung nichts erfahren muß. Zahlt der Schuldner bei Fälligkeit an den ihm bekannten Ersterwerber, läuft er Ge­ fahr, an einen Nichtberechtigten zu leisten. Je nachdem, ob die Leistung des Schuldners an den Nichtberechtigten befreiende Wirkung besitzt oder nicht, besteht dabei grundsätzlich das Risiko des wirtschaftlichen Verlusts in Höhe der Erfüllungsleistung, entweder beim Schuldner oder beim Zessionar.

bb) Verlust der Urkunde durch den Gläubiger, Problem der Zahlung ohne Urkundenvorlage

Unterliegen Vorlegungspapiere einem strengen Präsentationserfordernis, besteht für den Gläubiger die Gefahr, mit dem Papier die Möglichkeit der Rechtsdurchsetzung zu verlieren. Läßt man dagegen eine befreiende Leistung des Schuldners auch ohne Papiervorlage zu, so kann dies zum Rechtsverlust des Zessionars führen, wenn der betrügerische Ersterwerber einen Verlust des Papiers dem Schuldner gegenüber nur vortäuscht, in Wahrheit aber das Recht unter Weitergabe der Urkunde veräußert hat.

b) Problemkreis: Grad der sachenrechtlichen Verknüpfung von Urkunde und Recht

aa) Traditionswirkung der Urkundenübergabe

Während bei den nach sachenrechtlichen Grundsätzen übertragbaren Wert­ papieren des öffentlichen Glaubens die Übergabe der Urkunde als „Übertra­ gungssymbol“102 zur wirksamen Rechtsübertragung erforderlich ist, ist zweifel­ haft, ob auch bei Namensschuldverschreibungen die Tradition des Papiers ein notwendiger Bestandteil des Übertragungstatbestandes ist.

102 Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S. 101.

§ 6 Rechtsprobleme bei Geltendmachung und Übertragung des Rechts

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bb) Legitimationswirkung der Urkundeninhaberschaft Fallen Urkundeninhaberschaft und Berechtigung aus dem verbrieften Recht auseinander, besteht die Gefahr, daß ein Erwerber redlich auf die Rechtsinha­ berschaft des das Papier innehabenden Veräußerers vertraut. Je größer die Le­ gitimationswirkung der Urkunde ist, desto eher wird ein gutgläubiger Rechts­ erwerb Folge des Vertrauenstatbestandes sein. Folge des Vertrauensschutzes im Rechtsverkehr ist aber ein Rechtsverlust auf Seiten des Berechtigten.

c) Problemkreis: Umfang des Ausschlusses von Einwendungen gegenüber einem redlichen Zessionar aa) Schicksal von Einwendungen aus dem Grundgeschäft zwischen Schuldner und Erstgläubiger

Bleiben alle Einwendungen des Schuldners aus dem Rechtsverhältnis mit dem Ersterwerber auch jedem weiteren Erwerber gegenüber bestehen, leidet darunter die Fungibilität von Namensschuldverschreibungen. Dem Schutz des Schuldners durch Erhalt aller Einwendungen gemäß § 404 BGB steht das In­ teresse des Erwerbers an dem Schutz seines Vertrauens auf die schriftgemäße Strenge des Inhalts der Schuldurkunde entgegen.

bb) Umfang der Berücksichtigung erst nach einer Rechtsübertragung zwischen Schuldner und Zedenten entstandener Einwendungen

Eine Zuspitzung der Problematik bedeutet es, wenn Einwendungen, die ge­ genüber dem Erstgläubiger erst nach der Rechtsübertragung entstanden sind, auch gegenüber einem Zessionar Berücksichtigung finden sollen. Wird der Zessionar nicht wirksam vor Rechtsgeschäften geschützt, die Zedent und Schuldner nach einer Abtretung in Ansehung der Forderung vornehmen, be­ deutet der derivative Erwerb einer Namensschuldverschreibung ein unkalku­ lierbares Risiko.

cc) Schutz des Vertrauens bei Erwerb einer im Verkehr belassenen forderungsentkleideten Urkunde vor dem Einwand der Erfüllung

Einen Sonderfall des Vertrauensschutzes bildet die Problematik einer Rechtsscheinwirkung von Urkunden, bei denen das verbriefte Recht getilgt ist,

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

die der Schuldner aber wissentlich nicht eingezogen oder entwertet hat. Klä­ rungsbedürftig ist, ob der auf einen solcherart zurechenbar gesetzten Rechts­ schein redlich vertrauende Erwerber vor dem Einwand der Erfüllung durch den Schuldner geschützt sein soll.

3. Methode und Gang der Untersuchung Anhand einer Untersuchung der gegensätzlichen Interessenlagen gilt es, die diskutierten Lösungswege in den obengenannten Problemfeldern auf ihre Tauglichkeit zum Ausgleich der schutzwürdigen Interessen zu überprüfen.

Getrennt nach den drei am Rechtsverkehr mit Namensschuldverschreibun­ gen beteiligten Rechtssubjekten - dem Schuldner als Aussteller der Schuldver­ schreibungsurkunde, dem Ersterwerber, -gläubiger oder Zedenten und im Falle der Übertragung einem möglichen Zweiterwerber oder Zessionar - erfolgt dazu eine „Bestandsaufnahme“ typischer Interessen. In einem zweiten Schritt wird, ebenfalls weitgehend getrennt nach den Be­ teiligten, die Bewertung dieser Interessen durch die verschiedenen in der Lite­ ratur vertretenen Lösungsansätze verdeutlicht. Nach dieser Gegenüberstellung der unterschiedlichen Berücksichtigung der einzelnen Interessen erfolgt eine eigene Interessenabwägung und Bewertung der dargelegten Lösungsansätze sowie eine Darstellung der sich als interessengerecht ergebenden Rechtsfol­ gen.

§ 7 Voraussetzungen der Befreiungswirkung einer Leistung des Schuldners an den Nichtberechtigten L Ausgangslage Nach der Grundkonzeption des Schuldrechts wird der Schuldner nur dann durch Leistung von seiner Verpflichtung frei, wenn er diese an den Berechtig­ ten, erbringt (§ 362 Abs. 1 BGB). Da ein Wechsel in der Person des Berechtig­ ten ohne Zustimmung, ja sogar ohne Kenntnisnahme des Schuldners herbeigefuhrt werden kann, kennt das Zessionsrecht für den Schuldner die Möglich­ keit, jedenfalls an denjenigen befreiend leisten zu können, der ihm von der Eingehung der Verpflichtung her als der ursprüngliche Gläubiger bekannt ist, solange ihm keine Kenntnis von einem Wechsel in der Berechtigung ver­ schafft wurde. Da der Schuldner also bei fehlender Kenntnis von einer Zession befreiend an den nicht mehr berechtigten Erstgläubiger zu leisten vermag, wirkt sich der Schuldnerschutz zu Lasten eines Zweiterwerbers aus, der wegen § 407 Abs. 1 BGB seinen erworbenen Anspruch gegenüber dem Schuldner nicht mehr durchsetzen kann.1

Die uneingeschränkte Aufrechterhaltung der Schuldnerschutzbestimmung des § 407 Abs. 1 BGB ist nun aber fraglich, wenn über das Forderungsrecht eine Urkunde ausgestellt ist, die bei der Geltendmachung des Anspruchs zu­ rückzugeben ist,2 so daß ohne deren Vorlage der Schuldner die Leistung ver­ weigern kann (Vorlegungserfordernis). Muß die Urkunde bei der Geltendma­ chung präsentiert werden, kommt ihr aufgrund des Zusammenspiels von Zes­ sionsrecht und Wertpapierrecht eine gewisse negative Ausweisfunktion über die Berechtigung zu. Zwar wird der Schuldner grundsätzlich auch jetzt nur

1 Der Schuldner kann allerdings auch, statt § 407 Abs. 1 BGB in Anspruch zu neh­ men, bei dem nichtberechtigten Erstgläubiger kondizieren und dann an den Zessionar leisten, und zwar mit rechtlichem Grund, d.h. der Zessionar verliert durch die in Un­ kenntnis der Zession an den Erstgläubiger erfolgte Leistung des Schuldners nicht seine Forderung; BGH LM Nr.3 zu § 407 BGB. Gleichwohl kann er sie, läßt sich der Schuldner nicht auf ein solches Vorgehen ein, diesem gegenüber nicht mehr erfolgreich geltend machen. 2 Vgl. Vordruck Nr. 168 531 des Deutschen Sparkassenverlags im Anhang IL

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

durch Leistung an den materiell Berechtigten befreit - die bloße Urkundeninnehabung berechtigt bei einem Rektapapier an sich nicht zur befreienden Lei­ stung gegenüber jedermann3 - doch soll umgekehrt der Schuldner sich nicht mehr auf die Schutzbestimmung des § 407 Abs. 1 BGB berufen dürfen, wenn der ihn Ansprechende nicht zur Rückgabe der Urkunde in der Lage ist, weil dann eine zu starke Indizwirkung dafür spreche, daß ihm das Recht nicht mehr zusteht. Wird nach überwiegender Auffassung diese teleologische Re­ duktion des § 407 Abs. 1 BGB als Kehrseite des im Text der Urkunde nieder­ gelegten Vorlegungserfordernisses gesehen,4 so soll nach anderer Ansicht § 407 Abs. 1 BGB zum Schutze des Schuldners in vollem Umfang anwendbar bleiben,5 auch wenn die Urkunde eine entsprechende Präsentationsklausel ent­ hält.

Welche der beiden Rechtsfolgen den Bedürfnissen des Rechtsverkehrs bes­ ser gerecht wird, muß eine Untersuchung der Interessen ergeben.

II. Interessenlage 1. Die Interessen des Schuldners Dem Schuldner liegt bei massenhaft ausgegebenen Schuldverschreibungen6 wie den Sparkassenbriefen daran, ohne großen Aufwand die Berechtigung der ihn als Gläubiger ansprechenden Person überprüfen zu können und in jedem Fall bei Auszahlung des geschuldeten Betrags befreiend zu leisten.7

3 Soll dies der Fall sein, muß das Rektapapier als qualifiziertes Legitimationspapier im Sinne des § 808 BGB ausgestaltet sein. 4 Vgl. oben § 6 I die Vertreter des „engen“ und „weiten“ Wertpapierbegriffs.

5 Vgl. oben § 6 I 3 die Aussagen zum „alternativen“ Wertpapierbegriff. 6 Daten über die Anzahl der abgeschlossenen Einzelverträge über Sparkassenbriefe lagen dem Autor nicht vor. Geht man jedoch von einem durchschnittlichen Anlagebe­ trag bei Privatpersonen von ca. 10.000,- DM aus, was bei der Ausgabe von Sparkas­ senbriefen in Stückelungen bis zu 100,- DM herab als ein sehr hoher Durchschnitts­ wert angesehen werden muß, so waren im Jahre 1993 bei einer Gesamtanlage von 115 Mrd. DM mindestens 10 Mio. Einzel vertrage allein aus dem Privatgeschäft im Umlauf. Vgl. Tabelle 3 im Anhang I.

7 Koller, Gutachten, S.1460; zur gleichen Interessenlage beim qualifizierten Legiti­ mationspapier „Sparbuch“, Pflug ZHR 140 (1976), S.191 ff.

§ 7 Befreiungswirkung einer Leistung an den Nichtberechtigten

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a) Überprüfung der Berechtigung Gerade im Massengeschäft ist für den Schuldner eine Entlastung durch Be­ freiung von einer umfassenden materiellen Legitimationsprüfung erstrebens­ wert. Der Schuldner muß anhand klarer, leicht beweisbarer Kriterien überprü­ fen können, ob der ursprüngliche Vertragspartner noch sein Gläubiger ist, oder ob eine Übertragung des verbrieften Rechts stattgefunden hat. Nur da­ durch kann er den organisatorischen Aufwand, der zur Erbringung der befrei­ enden Leistung erforderlich ist, gering halten und gleichzeitig Fehler in einer komplexen Legitimationsprüftmg vermeiden. Wenn daher der Schuldner nur den Nachweis der Berechtigung durch das ausgegebene Papier zulassen und keine andere Überprüfung vornehmen will,8 ist die Ausstellung eines Papiers mit starker Legitimationswirkung in seinem Interesse.

b) Interesse an geringer Übertragungshäufigkeit

Aus demselben Bedürfnis heraus wird für den Schuldner die Erhöhung der Fungibilität der Namensschuldverschreibungen nicht von großem Interesse sein.9 Aus seinem Sicherungsinteresse ergibt sich, daß es ihm vorrangig auf die Rechtsbeziehung zu seinem Erstgläubiger und auf die Möglichkeit, befrei­ end leisten zu können, ankommen muß.10 Gerade die Ausgabe einer Namens­ schuldverschreibung ist Indiz dafür, daß die Schaffung eines unbeschränkt übertragbaren Kapitalmarktpapiers seitens des Schuldners nicht im Vorder­ grund stehen kann, weil dieses Ziel durch die Emission von Inhaber- oder Or­ derschuldverschreibungen wesentlich effektiver erreicht werden könnte.11 Bei der Ausstellung eines Rektapapiers hingegen schließt der Schuldner Übertra­

8 Jacobi, in Ehrenbergs Handbuch, S.206. 9 Jacofr ZHR 85 (1921), S.24.

10 Schraepler, NJW 1973, S.1867.

11 Bis 1990 spielte das Fehlen eines Genehmigungserfordemisses bei den Namens­ schuldverschreibungen gemäß § 795 BGB gegenüber den genehmigungspflichtigen In­ haberschuldverschreibungen eine bedeutsame Rolle. Nach dem Wegfall des § 795 BGB und damit des behördlichen Genehmigungserfordemisses für Inhaberschuldver­ schreibungen durch das Gesetz zur Erleichterung der Emission von Inhaberschuldver­ schreibungen vom 17.12.1990 BGBl. 1 1990, S.2839 dürfte dieser Vorzug der Namens­ schuldverschreibungen egalisiert sein.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

gungsakte zwar nicht völlig aus, doch rechnet er regelmäßig damit, den Erst­ gläubiger bis zur Fälligkeit zu behalten.12

c) Interesse an schneller und sicherer Leistungserbringung

Der Schuldner hat ein Interesse daran, seine Leistungshandlung bei Fällig­ keit schnell und zuverlässig vornehmen zu können. Bestehen für den Schuld­ ner Unklarheiten über die Berechtigung, ist er unter Umständen auf das Erfül­ lungssurrogat der Hinterlegung gemäß § 372 Satz 2 BGB angewiesen, um sei­ ne Leistung erbringen zu können. Bei Massengeschäfiten mit Kleinanlegern entfällt in solchen Zweifelsfallen für das Kreditinstitut (dem regelmäßigen Schuldner bei der Ausgabe von Namensschuldverschreibungen) die Möglich­ keit einer standardisierten und automatisierten Bearbeitung, was zu zusätzli­ chen Verwaltungsaufwendungen führt. Eine starke Ausprägung der Liberati­ onswirkung des Papiers ist deshalb für den Schuldner von umso größerer Be­ deutung, je mehr sich die Ausgabe von Namensschuldverschreibungen von der individuell ausgestalteten Rechtsbeziehung zum Massengeschäft entwickelt.13

d) Risiko bei der Beachtlichkeit von Zessionsanzeigen Aus diesem Grund ist es für den Schuldner von Vorteil, wenn er nicht ge­ zwungen ist, Abtretungsanzeigen möglicher Erwerber zu beachten. Leicht kann aufgrund organisatorischer Fehler bei der Auszahlung eine solche An­ zeige trotz Kenntnis des Kreditinstituts unbeachtet bleiben. Da bei Kreditinsti­ tuten die Wissenszurechnung im internen Organisationsbereich zunehmend strengeren Regeln unterliegt,14 ist es leicht möglich, daß einer Zahlung keine

12 Nach Auskunft des Sparkassen- und Giroverbandes von Hessen und Thüringen e.V. vom 8.3.1995 sind höchstens bei ca. 1% der Sparkassenbriefe Übertragungen festzustellen. Die Übertragung der Sparbriefe der Genossenschaftsbanken sind sogar nur mit Zustimmung des ausgebenden Kreditinstitutes möglich, (vgl. Sparbrief-Zeich­ nungsschein, Vordruck Nr. 322 354 des DG Verlags im Anhang II).

13 Schraepler, NJW 1973, S.1864.

14 BGH WM 1989, S. 1364, (1367 ff); BGH WM 1993, S.541 (542).

§ 7 Befreiungswirkung einer Leistung an den Nichtberechtigten

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befreiende Wirkung zukommt, weil sich der Schuldner die Kenntnis von der Übertragung vorhalten lassen muß.13

e) Interesse an befreiender Leistung auch ohne Urkundenvorlage

Für den Fall, daß der Gläubiger die ausgegebene Urkunde verloren haben sollte, besteht für das schuldende Kreditinstitut das geschäftspolitische Interes­ se, seinem trotz der Unfähigkeit der Papiervorlage regelmäßig doch berechtig­ ten Kunden bei Verlust des Papiers die Nachteile eines Aufgebotsverfahrens zu ersparen und an diesen auch ohne Vorlage der Urkunde befreiend leisten zu können.16

f) Ermittlung der Berechtigung eines Zessionars

Ist dagegen eine Abtretung unter Übergabe der Urkunde erfolgt und ange­ zeigt worden, somit der Ersterwerber nicht mehr im Besitz des Papiers, so er­ schwert sich die Prüfung der Berechtigung für den Schuldner, da ihm nun we­ gen fehlender Redlichkeit die Wirkung des § 407 Abs. 1 BGB nicht mehr zu­ gute kommen kann. Hier ist er an einer effektiven aber einfachen Möglichkeit interessiert, die Berechtigung des nun vom Altgläubiger verschiedenen Zes­ sionars feststellen zu können.

2. Die Interessen des Erstgläubigers

a) Kein Interesse an starker Legitimationswirkung des Papiers Dem Erstgläubiger ist an einer Pflicht zur möglichst umfassenden Prüfung der materiellen Berechtigung gelegen, bevor dem Schuldner die Befreiungs­ wirkung seiner Leistung zugute kommt. Der berechtigte Inhaber der Forde­ rung will auch bei Abhandenkommen des Papiers sicher sein können, daß die 13 Dieses Problem erkennt bereits Jacobi, in Ehrenbergs Handbuch, S.207 und ZHR 85 (1921), S.24. 16 Dieses Ziel liegt der Argumentation Kümpels zugrunde, der das ausgebende Kreditinstitut zum einen vor der Gefahr der Doppelzahlung schützen will, diesem zum anderen aber auch ohne Papiervorlage jederzeit eine befreiende Leistung an den Alt­ gläubiger ermöglichen möchte; vgl. Kümpel WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.6-12.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

Durchsetzung des verbrieften Rechts nicht aufgrund der befreienden Zahlung des Schuldners an einen Nichtberechtigten gegen Vorlage der Urkunde verei­ telt wird. Eine starke Legitimationswirkung des Papiers ist für ihn insofern von Nachteil, weil er sich als Berechtigter immer in der Gefahr befindet, die Urkunde zu verlieren und dann nicht mehr in der Lage ist, das ihm zustehende Recht geltend zu machen.

b) Kein Interesse an Vorlagepflicht

Auch wird es dem ursprünglichen Gläubiger, solange er das Recht nicht übertragen hat und das Papier innehat, lästig sein, bei jedem „Rechtsgeschäft in Ansehung des verbrieften Rechts",17 das Papier vorlegen zu müssen. Weil für Namenssparbriefe regelmäßig keine Zinsscheine ausgestellt werden, wird er zum Beispiel kein Interesse an einer Vorlage des Briefs zu jedem Zinszah­ lungstermin haben;18 ein Anliegen, das dem Bedürfnis des Schuldners entge­ genkommt, jedwede nicht automatisierbare Verwaltungstätigkeit zu vermei­ den.

3. Die Interessen des Zessionars Hauptanliegen des Zweiterwerbers einer Namensschuldverschreibung muß es sein, darauf vertrauen zu können, daß der Schuldner nach der Übertragung nicht mit befreiender Wirkung an den Zedenten leisten kann. Davor soll ihn die Innehabung des Namenspapiers schützen.19

17 Vgl. den Wortlaut von § 407 Abs. 1 BGB. 18 Teilweise werden die Emittenten von großen Kapitalsammelstellen aus Prakti­ kabilitätsgründen gedrängt, auf das Erfordernis der körperlichen Vorlage der Urkunde bei Zinszahlung und Einlösung zu verzichten; vgl. Franke, DB 1983, S.377. 19 Koller, WM 1981, S.474.

§ 7 Befreiungswirkung einer Leistung an den Nichtberechtigten

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a) Kein Interesse an Anzeigeobliegenheit

Es liegt deshalb im Interesse des Zessionars, daß der Schuldner nicht an den Altgläubiger leisten kann, falls dieser unberechtigt noch Leistung verlan­ gen sollte. Der Zessionar wird zwar dem Schuldner die Zession in der Regel offenlegen wollen, denn ohne Anzeige an den Schuldner kann dieser dem Zinsdienst nicht ordnungsgemäß nachkommen,20 auch und gerade weil die Auszahlung der Zinsen in der Praxis häufig ohne Vorlage von Zinskupons erfolgt.21 Auf eine Obliegenheit dergestalt, dem Schuldner die Zession anzei­ gen zu müssen, um gemäß § 407 Abs. 1 BGB durch die Zerstörung der Gut­ gläubigkeit eine befreiende Leistung an den Altgläubiger zu verhindern, kann sich der Zessionar aus zwei Gründen nicht einlassen wollen: Er trüge dann das Risiko eines nicht oder verspätet erfolgten Zuganges der Anzeige beim Schuldner und im Konfliktfall die Beweislast bezüglich der Erfüllung dieser Anzeigeobliegenheit. Darüberhinaus wäre er bis zum Zugang der Anzeige vor den Handlungen eines betrügerischen Zedenten ungeschützt.

b) Interesse an Beachtlichkeit von Zessionsanzeigen

Andererseits kann es für den Zessionar Situationen geben, in denen er dem Zedenten die Inhaberschaft der Urkunde beläßt.22 Dann besteht für ihn das Be­ dürfnis, dem Schuldner, der in Unkenntnis einer Übertragung befreiend an den (noch oder wieder das Papier besitzenden) Altgläubiger zahlen könnte, diese Möglichkeit nehmen zu können, auch wenn er selbst das Papier nicht besitzt. In seinem Interesse ist es deshalb, wenn der Schuldner sowohl das

20 Kümpel, WM 1981 Beilage 1 zu Heft 2, S.6 f.

21 Häufig werden zu Namensschuldverschreibungen gar keine Namenszinsscheine ausgegeben. Denn der Ersterwerber der Schuldverschreibung ist dem Emittenten oh­ nehin bekannt, ein späterer Berechtigter müßte über die Vorlage der Kupons hinaus seine Berechtigung auch aus dem Zinsschein nach zessionsrechtlichen Prinzipien nachweisen. Anders als bei Inhaberkupons können spätere Inhaber von Namenszins­ scheinen den Zinsanspruch ohne den Nachweis ihres Forderungserwerbes nicht geltend machen; vgl. Kümpel WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.7 f. und Kümpel in BuB, Rz. 8/264 und 371; Sparkassenbriefe werden generell ohne Zinsscheine ausgegeben. 22 Dies können so verschiedene Anlässe wie eine sichernde Verpfändung oder die bloße Verwahrung des Erziehungsberechtigten für den minderjährigen Erwerber im Familienverband sein.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

Vorlegungserfordernis als auch etwaige Abtretungsanzeigen des Zessionars beachten muß.

c) Leichter Nachweis der eigenen Berechtigung

Dem Zessionar muß an einem möglichst leichten und effektiven Nachweis der eigenen Berechtigung dem Schuldner gegenüber gelegen sein. Dieser Nachweis ist für ihn beim Namenspapier wesentlich aufwendiger als beim In­ haberpapier. Bei letzterem kann durch die Versachlichung des Forderungs­ rechts über die Vermutung des § 1006 BGB von der Papierinhaberschaft auf das Papiereigentum und wegen der in § 793 Abs. 1 Satz 1 BGB angeordneten Legitimationswirkung darüberhinaus sogar auf die Forderungsinhaberschaft geschlossen werden. Somit kann sich über die Verknüpfung von Urkunden­ besitz und Gläubigerstellung der Zessionar durch die Innehabung der Urkunde wirksam legitimieren. Anders beim Namenspapier, wo diese enge sachenrechtliche Verknüpfung aufgrund der vorrangigen Geltung des Zessionsrechts fehlt: Will sich der Zes­ sionar nicht auf die Anzeige der Zession durch den Gläubiger verlassen, kann er sich nur durch die Dokumentation des Übertragungsvorgangs gemäß § 410 BGB als Berechtigter ausweisen. Käme der Urkunde bei der Namensschuld­ verschreibung eine ähnliche Legitimationskraft wie bei der Inhaberschuldver­ schreibung zu, so würde dies dem Zessionar den Nachweis der Berechtigung erleichtern.

Eine zu seinen Gunsten gesteigerte Legitimationswirkung der Papierinhaberschafit liegt deshalb im Interesse des Zessionars. Eine gleichwohl zu starke Legitimationswirkung, die auch zugunsten des Zedenten wirken müßte, ist da­ gegen für den Erwerber ebenso gefährlich, wie die uneingeschränkte Anwen­ dung des § 407 Abs. 1 BGB.

III. Die Bewertung der Interessen unter dem Blickwinkel der unterschiedlichen Ansätze

Das Spannungsfeld der Interessen von Schuldner, Ersterwerber und Zessio­ nar ist bezüglich der befreienden Leistung des Schuldners von der Frage be­ herrscht, welcher Grad an legitimierender Wirkung der Urkundeninhaber­ schaft sowohl zugunsten, als auch zu Lasten von Erstgläubiger und Zessionar gegenüber dem Schuldner zukommen soll. Diese Legitimationswirkung wird

§ 7 Befreiungswirkung einer Leistung an den Nichtberechtigten

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umso stärker ausgeprägt sein, je größere Bedeutung man der Präsentations­ möglichkeit der Urkunde bei der Geltendmachung des Leistungsbegehrens zu­ mißt.23 Sie wird umso schwächer, je mehr man die gesetzliche Regelung des § 407 Abs. 1 BGB uneingeschränkt auch auf Namensschuldverschreibungen mit Präsentationspflicht anwendet.24

1. Die Interessen des Zessionars

a) Unzureichende Erwerberschutzmechanismen bei uneingeschränkter Geltung von Zessionsrecht Wendet man § 407 Abs. 1 BGB auf Namensschuldverschreibungen in vol­ lem Umfang an, so könnte sich der Zessionar allein durch die zweifelsfreie In­ kenntnissetzung des Schuldners von der Abtretung vor einer befreienden Lei­ stung an den nicht mehr berechtigten Altgläubiger schützen. Dabei ist jedoch umstritten, was genau der Zessionar unternehmen muß, um den Schuldner bösgläubig werden zu lassen. Eine Zessionsanzeige durch den Zedenten ist zwar in jedem Fall ausreichend,25 doch wenn sich der Zessionar gerade vor der Gefahr schützen will, daß der Zedent unberechtigterweise vom Schuldner Zahlung verlangen kann, wird er sich auf dessen Handlungen nicht verlassen wollen. Eine Anzeige durch den Zessionar selbst kann zwar die Gutgläubig­ keit des Schuldners zerstören, wenn der Zessionar diesem „vertrauenswürdig erscheint ,26 aufgrund der verbleibenden Unsicherheiten sowohl auf Erwerberals auch auf Schuldnerseite kann sie für sich allein jedoch kein taugliches Schutzinstrument sein. Somit verbleibt für den Zessionar als sicherer Weg die Redlichkeit des Schuldners zu beseitigen, daß er die Anzeige seines Rechtser­ werbs mit einer vom Zedenten ausgefertigten Bestätigung über den Abtre­ tungsvorgang untermauert (§ 409 Abs. 1 Satz 2 BGB). Diese kann er gemäß § 403 Satz 1 BGB vom Zedenten verlangen und, da die Urkundenausfertigung eine Nebenpflicht aus dem zwischen Zedent und Zessionar bestehenden Rechtsgrundgeschäft ist,27 die Erbringung seiner Gegenleistung von der Aus­

23 Vgl. oben § 6 I 3. 24 So Kümpel WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.6 ff. 25 RGZ 102, S.387. 26 So RGZ 74, S.120; BGHZ 102, S.74; OLG Hamm VersR 1985, S.582.

27 Heck, Schuldrecht § 66 5b; MünchKomm-Roth § 402 Rz.2.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

fertigung abhängig machen.28 Den letzten Zweifel des Schuldners an der Kor­ rektheit der angezeigten Abtretung, dem dieser unter Umständen durch Hin­ terlegung des Geldbetrages begegnen könnte,29 vermag der Erwerber nur durch eine notariell beurkundete Abtretungserklärung zu beseitigen, deren Ausstel­ lung er zwar nach § 403 Satz 1 BGB ebenfalls verlangen kann, deren Kosten er jedoch selbst zu tragen hat (§ 403 Satz 2 BGB). Die Sicherung seiner er­ worbenen Rechtsposition durch die Zerstörung des Anscheins der Nochberechtigung des Altgläubigers verlangt vom Zessionar mithin einen hohen Aufwand, will er sich nicht auf die Redlichkeit seines Veräußerers verlassen.

Hinzu kommt, daß die Obliegenheit zur Abgabe einer Zessionsanzeige ein nicht unerhebliches Risiko in sich trägt. Denn nach der Regelung des § 407 Abs. 1 a.E. BGB schadet dem Schuldner nur positive Kenntniserlangung von der Nichtberechtigung des Empfängers der Leistung. Gelangt somit die abge­ gebene Anzeige aus irgendeinem Grunde dem Schuldner nicht zur Kenntnis,30 so besteht ohne Eigenverschulden des Zessionars die Gefahr, daß auf seine Forderung befreiend an den Zedenten geleistet wird. Das Risiko wird durch die in neuerer Zeit verschärften Maßstäbe der Wissenszurechnung im Bank­ gewerbe etwas gemildert.31 Jedoch verbleibt dem Zessionar in jedem Fall die Beweisfuhrungslast über die Vornahme der Anzeige.32 Der Zessionar ist somit bei Namensschuldverschreibungen unter der Gel­ tung von reinem Zessionsrecht nicht unerheblichen Gefahren ausgesetzt. Da­ bei fällt auf, daß, gegenüber der unverbrieften Forderung, deren Verbriefung in einer Namensschuldverschreibung für den Zessionar überhaupt keine Vor­ teile mit sich bringt. Da bei voller Anwendung des § 407 Abs. 1 BGB der Ur28 MünchKomm-Roth § 402 Rz.3 mit Hinweis auf RG HRR 1930 Nr.216 und 1932 Nr.2141.

29 So Palandt-Heinrichs § 410 Rz.2. 30 RGZ 135, S.251; OLG Karlsruhe, Die Justiz 1984, S.360 f.; BAG DB 1984, S.2703.

31 Für den Fall des Erwerbs eines erkennbar abhandengekommenen Verrechnungs­ schecks hat der BGH mittlerweile eine Zurechnung des Wissens nicht nur des Schal­ terangestellten, sondern auch des in einer zentralen Scheckabteilung tätigen Mitarbei­ ters nach § 166 BGB auf das Kreditinstitut akzeptiert; BGH WM 1993, 541 (542). Ob jedoch eine generelle „filialübergreifende Wissenszurechnung“ von Mitarbeitern an verschiedenen Filialen einer Filialbank als einer rechtlichen und organisatorischen Einheit bei Kreditinstituten erfolgen kann, wurde in BGH WM 1989, S.1364, (1367 ff.) noch ausdrücklich offengelassen. 32 Palandt-Heinrichs § 407 Rz.9.

§ 7 Befreiungswirkung einer Leistung an den Nichtberechtigten

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künde keine Ausweisfunktion zukommt/3 muß der Zessionar seine Berechti­ gung wie bei einem unverbrieften Recht nachweisen. Sieht man auch bei Rek­ tapapieren den Sinn einer Verbriefung wenigstens rudimentär in der Steige­ rung der Verkehrsfähigkeit aufgrund einer verbesserten Beweislage bezüglich der erworbenen Berechtigung,34 so wird dieser Zweck bei voller Anwendung des Zessionsrechts nicht erreicht.

b) Erhöhter Schutz des Zessionars bei teleologischer Reduktion des § 407 Abs. 1 BGB durch das Vorlegungserfordernis Wird dagegen § 407 Abs. 1 BGB derart teleologisch reduziert, daß eine Lei­ stung des Schuldners an den Erstgläubiger nur dann befreiende Wirkung hat, wenn jener auch das Papier präsentieren kann, so verbessert sich die Situation des Zessionars deutlich: Zwar ist er, will er die Leistung vom Schuldner ver­ langen, immer noch gezwungen, seine Rechtsstellung durch Dokumentation des Abtretungsvorganges nachzuweisen - der Urkunde käme auch in diesem Fall zugunsten des Zessionars keine Legitimationswirkung in der Art zu, daß durch die bloße Vorlage die Berechtigung des Zessionars dem Schuldner ge­ genüber dargetan ist - doch muß der Erwerber, ist er erst Inhaber der Urkunde, nicht mehr befurchten, daß der Schuldner an den Altgläubiger befreiend lei­ stet.

Damit kommt der Urkunde wenigstens die Funktion eines Ausweises über die Nochberechtigung des Altgläubigers zu:35 Ist nämlich der Altgläubiger noch Inhaber der Urkunde, darf der Schuldner von seiner Berechtigung ausge­ hen und befreiend an ihn leisten; besitzt er sie nicht mehr, ist das Indiz für ei­ nen Wechsel in der Gläubigerstellung so stark, daß es dem Schuldner verwehrt ist, sich auf § 407 Abs. 1 BGB zu berufen. Läßt sich der Zessionar die Urkunde vom Zedenten aushändigen, so kann er sich somit bis zur Fälligkeit der verbrieften Forderung mit der Inkenntnisset­ zung des Schuldners vom Gläubigerwechsel Zeit lassen, ein Rechtsnachteil ist für ihn nicht zu befurchten.36 Sieht man in der Ausstellung von Wertpapieren über Forderungsrechte den Sinn, zumindest bei Papieren, die Übertragungs-

33 So auchömpe/WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.6. 34 Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.20.

33 Raiser, ZHR 101, S.58 f.

36 Raiser, ZHR101,S36f. 9 Seitz

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

Vorgängen zugänglich sind, wie dies bei Namensschuldverschreibungen der Fall ist, einen gesteigerten Verkehrsschutz zu erreichen,37 so ist die teleologi­ sche Reduktion des § 407 Abs. 1 BGB durch das Vorlegungserfordernis die­ sem Ziel förderlich.

2. Die Interessen des Erstgläubigers

Bei der Interessenlage des Erstgläubigers ist zu unterscheiden: Hat der Erstgläubiger das Recht übertragen und das Papier übergeben, mithin seine Berechtigung verloren und den Ausweis darüber aus der Hand gegeben, hat er weiter kein schutzwürdiges Interesse, das für die Entscheidung zwischen einer uneingeschränkten Anwendung oder einer teleologischen Re­ duktion des § 407 Abs. 1 BGB erheblich sein könnte,38 weil er zur Geltendma­ chung der Forderung gegenüber dem Schuldner nicht mehr berechtigt ist. Vielmehr muß er dem Verlangen des Zessionars nach einer Zessionsanzeige und Dokumentation des Abtretungsvorganges nachkommen, da dieser sonst den Wechsel in der Berechtigung nicht nachweisen und sein Recht nicht durchsetzen kann.

Anders ist die Lage dagegen, wenn er das Recht nicht übertragen hat. Ist er noch Inhaber des Papiers, kann er sich nach beiden Auffassungen bei Fällig­ keit problemlos legitimieren und Zahlung vom Schuldner verlangen. Ist ihm die Urkunde abhanden gekommen und verlangt ein Dieb oder ein anderer un­

37 Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.20; Baumbach/Hefermehl, WPR Rz.17.

38 Allenfalls könnte er ein Interesse daran haben, daß der Zessionar dem Schuldner gegenüber die Abtretung nicht anzeigt. Dies kann dann der Fall sein, wenn der Erster­ werber die Rechtsübertragung lediglich im Rahmen einer Sicherungszession vorge­ nommen hat und ihm nicht daran gelegen ist, daß das ausstellende Kreditinstitut als sein Schuldner davon erfährt. Eine solche „stille“ Sicherungszession ist jedoch dann leichter möglich, wenn der Zessionar das Papier übergeben erhält und aufgrund des Vorlegungszwangs sicher sein kann, daß der Gläubiger nicht entgegen der Sicherungs­ abrede die Forderung unbefugt selbst einzieht. Für Sicherunsgeber und Sicherungs­ nehmer würde dann die Sicherungszession einer Namensschuldverschreibung die Vor­ teile von Pfandrecht und Sicherungszession übernehmen und ihre Nachteile jeweils ausschalten. Der Vorteil der Sicherungszession gegenüber dem Forderungspfand, die Möglichkeit, eine stille Sicherungsbestellung vornehmen zu können, wäre ebenso ge­ währleistet wie die Ausschaltung des § 407 Abs. 1 BGB, so daß eine Leistung an den Nichtberechtigten Sicherungsgeber gegenüber dem Sicherungsnehmer keine befreiende Wirkung hat; vgl. dazu auch § 23.

§ 7 Befreiungswirkung einer Leistung an den Nichtberechtigten

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berechtigter Inhaber unter Hinweis auf die Papierinnehabung Erfüllung, so braucht der Gläubiger nicht zu furchten, dadurch seine Forderung zu verlie­ ren: Die bloße Papiervorlage reicht als Berechtigungsnachweis zugunsten des vermeintlichen Erwerbers nicht aus. Da sich der Vorlegende nicht nach § 410 Abs. 1 Satz 1 BGB durch Dokumentation der Zession als Berechtigter legiti­ mieren kann, hat eine Zahlung des Schuldners an diesen dem Gläubiger ge­ genüber keine befreiende Wirkung. Dies gilt sowohl bei einer teleologischen Reduktion des § 407 Abs. 1 BGB als auch bei uneingeschränkter Anwendung des Zessionsrechts. Unterschiede ergeben sich erst, wenn der Gläubiger das Recht geltend ma­ chen will, obwohl ihm das Papier abhanden gekommen ist. Bleibt § 407 Abs. 1 BGB trotz der Präsentationspflicht uneingeschränkt anwendbar, so besteht für den Schuldner kein Grund, die Leistung zu verweigern. Wegen der befrei­ enden Wirkung der Leistung auch an einen Nichtmehrberechtigten geht der Schuldner auch dann nicht das Risiko einer Doppelinanspruchnahme ein, wenn er auf die Urkundenvorlage verzichtet.

Wird jedoch aufgrund des Vorlegungszwangs § 407 Abs. 1 BGB teleolo­ gisch reduziert, ist für den Gläubiger die Durchsetzung des Rechts in Frage gestellt, da der Schuldner zu seinem eigenen Schutz die Leistung nun verwei­ gern muß. Da die Problematik der Geltendmachung des Anspruchs bei Ur­ kundenverlust jedoch eng mit einer analogen Anwendung der Regeln über das Aufgebotsverfahren zusammenhängt,39 soll auf dieses Interesse des Gläubigers erst später eingegangen werden. Kommt dem Gläubiger die Urkunde dagegen nicht abhanden, sind seine Interessen durch eine teleologisch reduzierte Anwendung des § 407 Abs. 1 BGB genauso gut geschützt, wie durch eine uneingeschränkte Anwendung.

3. Die Interessen des Schuldners Bei den Interessen des Schuldners bestehen erhebliche Unterschiede, je nachdem, ob § 407 Abs. 1 BGB teleologisch reduziert oder ob eine Präsentati­ onspflicht zur Geltendmachung des Rechts nicht aufrechterhalten wird.

39 So auch Koller, Gutachten, S.1460. 9*

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

a) Umfassender Schuldnerschutz unter Geltung von uneingeschränktem Zessionsrecht Bleibt § 407 Abs. 1 BGB in vollem Unfang anwendbar, kann sich der Schuldner solange auf seinen guten Glauben an das Fortbestehen der Berech­ tigung des Erstgläubigers berufen, als nicht durch positive Kenntnisverschaf­ fung für ihn dessen Nichtmehrberechtigung nachgewiesen ist. Fehlt ein glaub­ hafter Nachweis von Seiten des Zessionars hinsichtlich eines Gläubigerwech­ sels, kann der Schuldner auch bei Nichtvorlage des Papiers seinen Erstgläubi­ ger als Berechtigten ansehen und befreiend an ihn leisten. Wird dagegen die Rechtsstellung durch den Zessionar bewiesen, kann er diesen gefahrlos als den neuen Gläubiger betrachten - unabhängig von dessen Papierinhaberschaft. Dem Schuldner obliegt bei der Zahlung an einen anderen als den Erstgläubi­ ger somit zwar nach wie vor die Prüfung der Berechtigung. Er bekommt das dazu erforderliche Beweismaterial jedoch lückenlos geliefert. Erfolgt kein lükkenloser Nachweis seitens des Zessionars, kann sich der Schuldner auf sein Recht aus § 407 Abs. 1 Satzl BGB zurückziehen und auch dann befreiend an den Altgläubiger leisten, wenn dieser das Papier nicht vorlegen kann. Im Falle des Papierverlustes kann so der Schuldner seinem Vertragspartner die mit ei­ nem Aufgebot40 zusammenhängenden Nachteile ersparen, ohne dabei der Ge­ fahr der Doppelzahlung ausgesetzt zu sein.

Einzige Gefahr birgt bei Kreditinstituten die Möglichkeit einer Kenntniszu­ rechnung bei durch den Schuldner zu beachtenden Abtretungsanzeigen, wenn die auszahlende Stelle diese (evtl, in Unkenntnis) unberücksichtigt läßt.41 Die­ ser Nachteil wirkt sich jedoch bei beiden Ansichten in gleicher Weise aus, da die Zerstörung der Redlichkeit des Schuldners durch Anzeige der Abtretung nach fast einhelliger Ansicht nicht von einer teleologischen Reduktion des § 407 Abs. 1 BGB erfaßt werden soll.42

40 Dazu sogleich unter § 8. 41 Vgl. dazu schon oben § 7 II 1 und § 7 II 3.

42 A.A. Jacobi, ZHR 85 (1921), S.23 ff., der abgesehen von Fällen der Arglist eine bloße Anzeige der Zession solange nicht für ausreichend erachtet, dem Schuldner die Möglichkeit zu einer befreienden Leistung an den ihm bekannten Ersterwerber zu neh­ men, als der Zessionar nicht in der Lage ist, das Papier zu präsentieren. Ähnlich auch Wieland, in Festgabe für Huber, S.3 ff.

§ 7 Befreiungswirkung einer Leistung an den Nichtberechtigten

133

b) Einschränkungen des Schuldnerschutzes bei Vorlagezwang

Bleibt jedoch das Vorlegungserfordernis erhalten, so verändert dies die An­ forderungen, die der Schuldner an den Nachweis der Berechtigung stellen muß. Verlangt ein Zessionar Zahlung, muß er sich wie bei einer unverbrieften Forderung dessen materielle Berechtigung nachweisen lassen. Zusätzlich muß dieser jedoch das Papier vorlegen. Erfolgt kein Wechsel in der Gläubigerstel­ lung, muß er auch von seinem ursprünglichen Vertragspartner die Urkunden­ vorlage verlangen.43 Kann ihm die Urkunde durch den seine Berechtigung nachweisenden Zes­ sionar nicht vorgelegt werden, steht der Schuldner vor dem Problem, daß er, obgleich die materielle Berechtigung anerkennend, gleichwohl nicht risikolos auszahlen kann. Denn hätte der Zessionar seinerseits unter Urkundenübergabe abgetreten, so müßte der Schuldner dem sich durch das Papier legitimierenden Dritterwerber erneut Zahlung leisten. Dasselbe gilt für den in der Praxis wohl häufigeren Fall, daß der immer noch berechtigte Erstgläubiger das Papier ver­ liert. Der Schuldner steht vor einem Dilemma.44 Zahlt er ohne Papiervorlage aus, so besteht die, wenn auch geringe, Gefahr eines Betrugsversuches durch den Gläubiger, in dem dieser einen Papierverlust nur vorgibt, obwohl er in Wahrheit eine Abtretung unter Urkundenweitergabe vorgenommen hat, so daß eine erneute Inanspruchnahme durch den Zessionar droht. Zahlt er jedoch nicht aus, so unterstellt er dem in den allermeisten Fällen ehrlichen Vertrags­ partner, für diesen klar erkennbar, eine betrügerische Absicht.43

Noch problematischer wird es für den Schuldner, der von einer (vermeint­ lichen) Abtretung durch Zessionsanzeige Kenntnis hat, bei dem aber nicht der Zessionar sondern der Altgläubiger das Papier vorlegt. Nimmt man den Vor­ lagezwang ernst, kann der Schuldner solange an beide Teile nicht auszahlen,

43 Wie Jacobi in Ehrenbergs Handbuch, S.204 plastisch formuliert, braucht sich der Schuldner nicht darauf einzulassen, ständig Veränderungen in der Gläubigerstellung zu verfolgen, vielmehr könne er „sämtliche, die Legitimation des Gläubigers betreffende Tatsachen alle auf einmal, wenn sich der Gläubiger an ihn wendet, dargelegt verlangen.“

44 Canaris, Großkommentar zum HGB, § 363 Anm.20. 43 In der Praxis wird dieses Dilemma, das durch die Unsicherheit darüber entsteht, ob § 407 Abs. 1 BGB nun uneingeschränkt anzuwenden ist oder nicht, dadurch gelöst, daß sich das schuldende Kreditinstitut ein sofort vollstreckbares Schuldanerkenntnis für den Fall geben läßt, daß der die Zahlung verlangende doch nicht der Berechtigte sein sollte, und daraufhin auch ohne Urkundenvorlage auszahlt.

134 2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

wie materielle Berechtigung und Papierbesitz auseinanderfallen.46 Dann aber bleibt ihm nur die Möglichkeit der Hinterlegung gemäß § 372 Satz 2, 2. Alt. BGB.47

Die Folgen einer teleologischen Reduktion des § 407 Abs. 1 BGB fallen für den Schuldner deutlich nachteiliger aus als eine unmittelbare Gesetzesanwen­ dung.

IV. Zwischenergebnis zum Problem der Zahlung an den Nichtberechtigten vor Berücksichtigung der Interessenlage bei Urkundenverlust Vorläufig läßt sich feststellen, daß sich bei der Interessenabwägung die Schuldnerinteressen und die Interessen des Zessionars gegenüberstehen. Durch das Vorlegungserfordernis wird die „historische“ durch eine „wertpa­ pierrechtliche“ Legitimation48 des die Zahlung Verlangenden verdrängt, so daß der Schuldner in Einschränkung des § 407 Abs. 1 BGB nur dann an den ihm bekannten Erstgläubiger mit absoluter Sicherheit befreiend leisten kann, wenn dieser noch Inhaber des Papiers ist. Dadurch wird der Zessionar eines verbrieften Rechts geschützt. Die Modifikation des § 407 Abs. 1 BGB verbes­ sert zu Lasten von Zedent und Schuldner den Schutz des Erwerbers und erhöht somit die Fungibilität des verbrieften Rechts.

Wendet man dagegen § 407 Abs. 1 BGB in vollem Umfang an, schützt dies vorrangig den Schuldner, der, solange er gutgläubig ist, jederzeit an den ihm bekannten Erstgläubiger befreiend leisten kann.

46 Anders lediglich dann, wenn man wie Jacobi (in Ehrenbergs Handbuch, S.200 ff. (deutlich: S.212), ZHR 85 (1921), S.21 ff. und ZHR 1933, S.73 mit Bezug auf RGZ 78, S.152 ) der Ansicht ist, daß der Schuldner sich immer auf § 407 Abs. 1 BGB beru­ fen kann, auch dann wenn ihm die Abtretung angezeigt worden ist, solange nur der Altgläubiger in der Lage ist, das Papier vorzuweisen. Dagegen wendet sich Raiser in ZHR 101 (1935), S.13 ff. (34-36) zutreffend mit dem Argument, daß der Schuldner nach Erhalt einer Anzeige über den Wechsel in der Berechtigung nicht mehr schutz­ würdig ist. 47 Vgl. zu den Schwierigkeiten, die der Versuch, auf diese Weise befreiend zu lei­ sten, mit sich bringen kann, den Fall OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.4.1994 (Aktz. 6 U 90/93), WM 1994, S.2236 ff.

48 Kümpel, WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.6; Locher, S. 11.

§ 7 Befreiungswirkung einer Leistung an den Nichtberechtigten

135

Damit ist auch der Erstgläubiger bei einem Papierverlust geschützt. Denn wenn der Schuldner an ihn auch ohne Vorlage des Papiers befreiend leisten kann, besteht für diesen selbst im Verlustfall kein Grund, die Zahlung zu ver­ weigern.

Darf dagegen der Schuldner bei einer teleologischen Reduktion des § 407 Abs. 1 BGB durch das Vorlegungserfordernis dem Gläubiger die Leistung des­ halb verweigern, weil dieser der Präsentationspflicht nicht mehr nachkommen kann, vermag der Erstgläubiger den Papierverlust nicht auszugleichen. Hier käme der Urkundenverlust faktisch einem Rechtsverlust gleich. Ein Rege­ lungskonzept, daß dieser Gefährdung des Gläubigers nicht Rechnung trägt, muß zu untragbaren Ergebnissen führen. Deshalb kann eine abschließende Be­ wertung der Interessen erst dann erfolgen, wenn dargelegt ist, welche Kom­ pensationsmöglichkeiten im Falle des Verlusts der Urkunde für den Gläubiger bestehen.49

49 Hueck/Canaris § 1 I 5 a) a.E.

§ 8 Verlust der Urkunde durch den Gläubiger Zahlung ohne Urkundenvorlage

Der Umfang der Anwendung des § 407 Abs. 1 BGB bestimmt zugleich über die Rechtsfolgen eines Verlusts der Urkunde durch den Berechtigten. Proble­ matisch ist dabei insbesondere, ob der Gläubiger auch ohne Urkundenvorlage Zahlung verlangen und unter welchen Voraussetzungen der Schuldner in die­ sem Fall befreiend leisten kann. Für die Lösung dieser Problematik kommt es in entscheidender Weise auf die Erforderlichkeit und Zulässigkeit eines ge­ setzlich nicht vorgesehenen Aufgebotsverfahrens1 für verlorene oder vernichte­ te Urkunden über Namensschuldverschreibungen an.

L Die Interessenlage der Beteiligten

1. Die Interessen des Schuldners Die Interessen des Schuldners entsprechen im Falle des Papierverlustes weitgehend der schon angesprochenen Situation.2 Für ihn ist bedeutsam, schnell und effektiv die Frage der Berechtigung klären zu können, auch wenn die von ihm für berechtigt gehaltene Person nicht in der Lage ist, das ausgege­ bene Papier vorzulegen. Dazu muß es ihm darauf ankommen, vom Gläubiger einen zweifelsfreien Nachweis seiner Nochberechtigung zu erhalten und sicher zu sein, auch ohne Vorlage der Urkunde befreiend zu leisten.

Ein geschäftspolitischer Aspekt darf bei der Beurteilung nicht außer Acht gelassen werden: Dort wo durch die Unkenntnis des Namens oder die regel­ mäßig große Zahl der Übertragungsvorgänge der Gläubiger für den Schuldner anonym bleibt (zum Beispiel bei Inhaber-Kapitalmarktpapieren), ist für ein ausgeprägtes Vertrauensverhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger regel­

1 Vgl. dazu bereits oben § 6 I 3 a). 2 Vgl. oben § 7 D 1 a).

§ 8 Verlust der Urkunde - Zahlung ohne Urkundenvorlage

137

mäßig wenig Raum.3 Anders stellt sich die Situation bei Namensschuldver­ schreibungen dar, bei denen der Bank schon wegen des Charakters des Na­ menspapiers zumindest der Name des Erstanlegers bekannt ist und bleibt. Hin­ zu kommt, daß die Veräußerungshäufigkeit bei Namenspapieren sehr viel ge­ ringer ist als bei den Inhaber- und Orderkapitalmarktpapieren, so daß der Erstgläubiger sehr häufig bis zur Fälligkeit Vertragspartner des Schuldners bleibt. Aufgrund des von vornherein auf längere Dauer angelegten Vertrags­ verhältnisses ohne Wechsel in der Berechtigung ist bei Namenskapitalmarkt­ papieren für den Schuldner eine gesteigerte Pflicht zur Berücksichtigung der Interessen des Vertragspartners erforderlich.4 Wegen des stärker ausgeprägten Vertrauensverhältnisses wird im Verlustfall der redliche Anleger zu Recht er­ warten, daß dem Schuldner mehr an seinem Schutz gelegen ist, als am Schutz eines potentiellen Erwerbers. Auch würde die Verweigerung der Zahlung bei Nichtvorlage des Papiers vom Kunden als eine schwerwiegende Verdächti­ gung verstanden werden können. Da das Nichtvorlegen des Papiers dem Gläubiger erst die Möglichkeit der zwischenzeitlichen Verfügung über das verbriefte Recht verschaffen könnte, würde ihm die Bank durch ein Beharren auf der Vorlegung, um sich vor einer doppelten Inanspruchnahme zu schüt­ zen, offensichtlich betrügerische Absichten unterstellen und das Vertrauens­ verhältnis stark strapazieren. Somit ist das Interesse des schuldenden Kredit­ instituts darauf gerichtet, dem Gläubiger auch in der für ihn unangenehmen Situation des Papierverlustes unbürokratisch, aber gleichzeitig risikofrei helfen zu können.

2. Die Interessen des Erstgläubigers

Bei Verlust der Urkunde ist für den Gläubiger aufgrund der Verknüpfung von Recht und Papier die Durchsetzung des verbrieften Rechts stark gefähr­ det.3 Deshalb ist er daran interessiert, sein Recht notfalls auch ohne Urkunde beim Schuldner einfordern zu können. Kann er dies nicht ohne weiteres, ist es für den Gläubiger entscheidend, einen Verlust der Urkunde kompensieren zu

3 Häufig tritt sogar der erste Erwerber eines Inhaberpapiers nach seiner Emission gar nicht mit dem Schuldner selbst, sondern mit einem die Veräußerung betreibenden Kreditinstitut in Kontakt. 4 Dies insbesondere auch dann, wenn für große Kapitalsammelstellen Namens­ schuldverschreibungen individuell ausgestaltet werden, ein Aspekt, der jedoch für die auf das Massengeschäft ausgelegten Sparkassenbriefe nicht zutrifft.

'Koller, WM 1981, S.474.

138

2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

können. Dabei ist für ihn der Hinweis auf die Durchführung eines Aufge­ botsverfahrens wenig attraktiv. Dieses teure und langwierige Verfahren6 ver­ langt vom Gläubiger einen hohen Kostenaufwand und einen zeitlich nicht un­ erheblichen Liquiditätsverzicht. Diese Nachteile können bei niedrigeren Anla­ gebeträgen den Zweck der Anlage ganz in Frage stellen.

3. Die Interessen des Zessionars

Der Zessionar wird nicht darauf vertrauen wollen, daß der Zedent es unter­ läßt, die in Wahrheit still abgetretene Forderung unter dem Vorwand des Pa­ pierverlustes einzuziehen, weil dabei für ihn die Gefahr der Verurteilung we­ gen Betruges zu groß sein könnte.7 Vielmehr muß er an einem wirksamen Mittel interessiert sein, die einmal erworbene Rechtsstellung nicht ohne eigene Mitwirkung wieder zu verlieren. Für ihn ist deshalb die Möglichkeit einer be­ freienden Leistung des Schuldners, auf die bloße Behauptung des Papierverlu­ stes durch den Erstgläubiger hin, nicht akzeptabel.8 Kann er dagegen sicher sein, daß der Zedent ohne das Papier nicht in der Lage ist, das Recht geltend zu machen, so besteht für ihn nicht die Gefahr eines Rechtsverlusts, solange er Inhaber der Urkunde ist.

II. Bewertung der Interessenlage unter dem Blickwinkel der unterschiedlichen Ansätze Wiederum hängt der Schutz der Interessen der Beteiligten vom Grad der Anwendbarkeit des § 407 Abs. 1 BGB ab.

6 Vgl. zu den Nachteilen im einzelnen Kümpel WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.ll f.

7 So aber Kümpel, WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.3, 11 f. Wie wenig die straf­ rechtliche Sanktion als Argument für einen zivilrechtlichen Interessenschutz tauglich ist, macht schon die bloße Existenz von § 407 Abs. 1 BGB deutlich: Dieser wäre schlicht überflüssig, wenn sich der Altgläubiger durch die Strafe des § 263 StGB so sehr einschüchtem ließe, daß er den Schuldner auf seine FehlVorstellung bezüglich seiner eigenen Gläubigerstellung stets hinweisen würde. Vgl. dazu auch BGHZ 47, S.95 (100); Schlechtriem, JZ 67, S.479 (481). 8 Bis zum Zugang der Anzeige wäre er gegenüber Betrugshandlungen des Gläubi­ gers schutzlos gestellt; Koller, WM 1981, S.476.

§ 8 Verlust der Urkunde - Zahlung ohne Urkundenvorlage

139

1. Die Interessen von Schuldner und Erstgläubiger

a) Optimaler Interessenschutz bei uneingeschränkter Anwendung des § 407 Abs. 1 BGB Die uneingeschränkte Anwendbarkeit des § 407 Abs. 1 BGB bedeutet für Gläubiger und Schuldner eine optimale Sicherung ihrer Interessen im Falle eines Urkundenverlusts des Berechtigten. Wenn keine Übertragung des verbrieften Rechts stattgefunden hat, kann der Schuldner seinem redlichen Gläubiger durch die risikofreie Auszahlung auch ohne Vorlage der Urkunde die Nachteile eines dann nicht erforderlichen Auf­ gebotsverfahrens ersparen. Wenn nämlich der Schuldner sich solange auf sei­ ne Gutgläubigkeit verlassen kann, wie ihm die Zession nicht angezeigt wurde, ist er auch ohne Urkundenvorlage auf die bloße Behauptung des Verlusts hin berechtigt, an seinen Vertragspartner mit befreiender Wirkung zu leisten, oh­ ne die Gefahr einer weiteren Inanspruchnahme befürchten zu müssen.

Selbst wenn der Zedent den Verlust in betrügerischer Absicht behauptet und in Wahrheit das Recht mit dem Papier längst veräußert hat, besteht für den Schuldner nicht die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme. Er kann sich auf die Befreiungswirkung des § 407 Abs. 1 BGB verlassen und an den ihm bekannten Altgläubiger leisten, auch wenn dieser nicht zur Papiervorlage in der Lage ist, solange ihm keine Kenntnis von der Abtretung verschafft wur­ de.9 Bei einem Dreiecksbetrug10 durch den Gläubiger würde deshalb allein der Zessionar geschädigt.

b) Nachteile einer teleologischen Reduktion des § 407 Abs. 1 BGB Der Schutz von Schuldner und Erstgläubiger ist deutlich schwächer ausge­ prägt, wenn § 407 Abs. 1 BGB durch das Vorlegungserfordernis einge­ schränkt wird. Wegen der dann fehlenden Obliegenheit des Zessionars, einen Wechsel in der Gläubigerstellung sofort anzuzeigen,11 darf der Schuldner dem Gläubiger bezüglich seiner Behauptung, das Papier verloren zu haben, nicht ohne weiteres Glauben schenken. Aufgrund des Vorlegungserfordernisses und 9 Um den Schutz dieses Schuldnerinteresses ist auch Kümpel in WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.6 ff. vorrangig bemüht.

10 Zum Begriff SchönkelSchröder24 § 263 Rz. 65 ff.

11 S.o. §7IU1.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

der daraus resultierenden Pflicht des Veräußerers, dem Rechtserwerber auch die Inhaberschaft der Urkunde zu verschaffen, muß er zumindest in Betracht ziehen, daß der ihm bekannte Erstgläubiger den Verlust zu Unrecht behauptet und in Wahrheit nicht mehr der Berechtigte ist. Würde der Zessionar bei Fäl­ ligkeit die Urkunde vorlegen und seine Berechtigung nachweisen, müßte der Schuldner erneut Zahlung leisten. Somit darf er, will er nicht eine doppelte In­ anspruchnahme riskieren,12 nicht auf die bloße Behauptung des Verlusts hin auszahlen. Damit unterstellt er aber seinem Vertragspartner, für diesen durch­ aus erkennbar, unlautere Absichten. Andererseits kann der Schuldner einen Betrugsfall nie ganz ausschließen. Deshalb muß er einen Ersatz für die Legitimation der Nochberechtigung des Altgläubigers durch die Urkunde verlangen dürfen. Eine solche Ersatzlegiti­ mation ist aus seiner Sicht auch schon deshalb unbedingt notwendig, um nicht entweder dem redlichen Vertragspartner die Durchsetzung seines Rechts ver­ weigern oder auf eine riskante Kulanzlösung nach Vorbild des § 371 Satz 2 BGB ausweichen zu müssen.13 Für den Gläubiger korreliert damit das Problem, daß er ohne die Papiervor­ lage auch als Berechtigter nicht Zahlung verlangen könnte. Denn es wäre un­ zumutbar, dem Schuldner einerseits eine Zahlungspflicht auch ohne die Pa­ piervorlage aufzuerlegen, ihn jedoch andererseits durch diese Zahlung nicht frei werden zu lassen.14 Mit Verlust des Papiers ginge der Gläubiger zwar nicht des Rechts verlustig, denn ein Untergang des Rechts durch Vernichtung

12 Koller, WM 1981, S.475.

13 Von den Kreditinstituten wird gleichwohl diese Kulanzlösung praktiziert. Gegen Ausfertigung eines vollstreckbaren Schuldanerkenntnisses zahlen die Kreditinstitute bei Fälligkeit auch dann aus, wenn keine Urkunde mehr vorgelegt werden kann, sofern an der Glaubwürdigkeit des Gläubigers nicht zu zweifeln ist. Vgl. die Beispiele bei Herbst/Lang* Rz.87 sowie Platz, S.29 f. Doch diese Praxis stößt gerade in Zweifelsfällen an ihre Grenzen. Soll denn der Gläubiger, der aufgrund äußerer Umstände zu Unrecht nicht das Vertrauen der Bank genießt, dann generell daran gehindert sein, sein Recht geltend zu machen?

14 So Jacobi ZHR 85 (1921), S.36. Anders dagegen Raiser ZHR 101(1935), S.49 ff., der ein Aufgebotsverfahren außer in den gesetzlich geregelten Fällen ablehnt und gera­ de in der Vernachlässigung des Schuldnerschutzes zugunsten des Erwerberschutzes das Spezifikum der Rektapapiere sieht. Raiser weist im Verlustfall dem Schuldner das Ri­ siko zu, auch ohne Papiervorlage und ohne die schützende Wirkung des § 407 Abs. 1 BGB zahlen zu müssen, da eine Versagung der Geltendmachung des Rechts dem Be­ rechtigten gegenüber unbillig wäre.

§ 8 Verlust der Urkunde - Zahlung ohne Urkunden Vorlage

141

der Urkunde bedeutete eine Überspannung des Verkörperungsgedankens.15 Der Anspruch wäre mangels Erfüllung nicht erloschen, er könnte jedoch dauerhaft nicht mehr geltend gemacht werden,16 was faktisch auf dasselbe hinausliefe. Ein solches Ergebnis wird aber allgemein als untragbar empfunden.17 Deshalb müßte, gleichwohl als Kehrseite einer ernstgenommenen Präsentationspflicht, dem berechtigten Gläubiger eine Chance gegeben werden, den Papierverlust wieder auszugleichen.

Ein Ersatz für das mit einem Wertpapier verlorene Legitimationsmittel läßt sich grundsätzlich nur über ein Aufgebotsverfahren nach § 1003 ff. ZPO schaffen. Dabei beschränkt sich gemäß § 946 Abs. 1 ZPO die Möglichkeit ei­ nes Aufgebotes jedoch auf die gesetzlich vorgeschriebenen Fälle. Zwar hat der Gesetzgeber auch für einige Namenspapiere ein Aufgebotsverfahren vorgese­ hen,18 für Namensschuldverschreibungen fehlt jedoch eine solche Anordnung. Die Entscheidung über eine Restriktion des § 407 Abs. 1 BGB hängt des­ halb davon ab, ob eine entsprechende Anwendung der Regeln über das Aufge­ botsverfahren bei Namensschuldverschreibungen zulässig ist. Verweigert man nämlich die Amortisationsmöglichkeit, so ist bei einem Beharren auf dem Vorlegungserfordernis der Urkundenverlust faktisch gleichbedeutend mit dem Rechtsverlust. Ein solches Ergebnis wäre bei Namenspapieren, die im Ver­ gleich zu Inhaber- und Orderpapieren den geringsten Grad der Verkörperung aufweisen, untragbar, weil es geradezu systemwidrig wäre.19

15 Hueck/Canaris § 1 I 5 c). 16 Meyer-Cording A IV 1 c).

17 So schon Savigny, Obligationenrecht Bd. II S. 180; Hueck/Canaris § 1 I 5 a); Ca­ naris, Großkommentar zum HGB3 § 363 Rz.20; Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.100 f. (besonders Fn.58), Zöllner, Wertpapierrecht, § 7 II 1; Baumbach/Hefermehl WPR Rz.12; Sedatis, Rz.314 Kümpel, WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.9 f.; wohl auch Richardi, S.65. 18 Art. 90 WG für Rektawechsel, Art. 59 SchG für Rektaschecks, § 808 Abs. 2 S.l BGB für Namenspapiere mit Inhaberklausel, §§ 1162/1192 Abs. 1 BGB für den Hypo­ thekenbrief und den Namensgrundschuldbrief und § 14 RSchO für kaum noch vorhan­ dene Rektaschuldverschreibungen des Reiches. 19 So auch Canaris in Hueck/Canaris § 1 I 5 a), der die Frage nach einer generellen Zulässigkeit der Anwendung der Regeln über das Aufgebotsverfahren bei Papieren, bei denen § 407 Abs. 1 BGB restringiert ist, plastisch als die „Achillessehne der h.L.“ be­ zeichnet.

142

2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

2. Die Interessen des Zessionars

Die Möglichkeiten des Zessionars, sich bei uneingeschränkter Anwendung des § 407 Abs. 1 BGB vor einem Rechtsverlust zu schützen, wurden bereits dargelegt.20 Es bestehen dieselben Schutzmechanismen wie beim Erwerb einer unverbrieften Forderung. Wendet man dagegen § 407 Abs. 1 BGB in einge­ schränkter Form an, so dient die Papiervorlage, dem Erwerberschutz wenig­ stens insoweit, als ein Betrug des Gläubigers durch die Behauptung des Ver­ lusts des Papiers unmöglich gemacht würde.

20 Vgl. oben §7 Dil.

§ 9 Abwägung der Interessen und notwendige Rechtsfolgen zu den in § 7 und § 8 aufgeworfenen Problemen I. Ausgangslage Zur Frage der Legitimationswirkung der Urkunde bei mit einer Präsentati­ onspflicht ausgestatteten Namensschuldverschreibungen und der Problematik der Zahlung an einen Nichtberechtigten stehen sich nach den bisherigen Aus­ führungen folgende Denkmodelle gegenüber:

-Uneingeschränkte Anwendung des § 407 Abs. 1 BGB. Wendet man die Re­ gelung des § 407 Abs. 1 BGB uneingeschränkt auf die Namensschuldver­ schreibungen des Kapitalmarktes an, so führt dies zu einer Begünstigung des Schuldners zu Lasten eines Zweiterwerbers. Da der redliche Schuldner in je­ dem Fall befreiend an den Erstgläubiger leisten kann, ist dieser auch bei Ver­ lust der Urkunde berechtigt, Zahlung zu verlangen. Ein Aufgebotsverfahren ist nicht erforderlich. Dabei entfällt das Vorlegungserfordernis als taugliches Kri­ terium zur Abgrenzung der Wertpapiereigenschaft, weil für die Geltendma­ chung des Rechts die Papiervorlage nicht mehr zwingend notwendig ist.

-Teleologische Reduktion des § 407 Abs. 1 BGB. Wird § 407 Abs. 1 BGB restringiert, ansonsten aber Zessionsrecht auf die Namensschuldverschreibun­ gen angewendet, so führt dies zur Begünstigung eines Zweiterwerbers. Dieser kann, ohne einer Anzeigeobliegenheit zu unterliegen, sicher sein, das erwor­ bene Recht nicht durch befreiende Leistung des Schuldners an den Zedenten zu verlieren, solange er im Papierbesitz ist. Der Schuldner darf, will er eine doppelte Inanspruchnahme vermeiden, nicht ohne Urkundenvorlage auszah­ len. Geht dem Gläubiger die Urkunde verloren, muß jedoch ein Aufgebotsver­ fahren möglich sein.1 Ist dies nicht zulässig, kann § 407 Abs. 1 BGB nicht re­ stringiert werden.

1 Sedatis, Rz.314; Hueck/Canaris § 1 I 5 a); MünchKomm-Hüffer Vor § 793, Rz. 10.

144 2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung II. Zulässigkeit eines Aufgebotsverfahrens als Voraussetzung für eine Restriktion des § 407 Abs. 1 BGB

Die Präsentation der Urkunde kann nur dann notwendige Bedingung für die Geltendmachung des Rechts aus der Namensschuldverschreibung durch den Gläubiger und die befreiende Leistung des Schuldners sein, wenn ein Abhan­ denkommen des Papiers kompensiert werden kann. Da es untragbar wäre, dem Gläubiger bei einem Verlust des Papiers die Geltendmachung des Rechts auf Dauer zu versagen, liegt sonst kein in sich geschlossenes Regelungssystem vor.

1. Keine gesetzliche Regelung des Aufgebotsverfahrens von Namensschuldverschreibungen

Soll die teleologische Reduktion des § 407 Abs. 1 BGB als gleichwertiges, abgeschlossenes Regelungskonzept bei einer Interessenabwägung neben dem Ansatz einer uneingeschränkten Anwendbarkeit des Zessionsrechts bestehen können,2 ist als notwendige Voraussetzung vorab zu untersuchen, ob eine Amortisation von Namensschuldverschreibungen möglich ist.3 Gemäß § 946 Abs. 1 ZPO iVm. §§ 1003 ff. ZPO ist ein Aufgebotsverfahren lediglich in den durch das Gesetz angeordneten Fällen zulässig. Zwar finden sich im Gesetz zahlreiche Einzelregelungen über die Kraftloserklärung be­ stimmter VameM.ypapiere (Art. 90 WG für Rektawechsel, Art. 59 SchG für Rektaschecks, § 808 Abs. 2 S. 1 BGB für Namenspapiere mit Inhaberklausel, §§ 1162/1192 Abs. 1 BGB für den Hypothekenbrief und den Namensgrund­ schuldbrief und § 14 RSchO für die kaum noch vorhandenen Rektaschuldverschreibungen des Deutschen Reichs4). Daneben ist in § 799 Abs. 1 BGB und § 365 Abs. 2 Satz 1 HGB die Amortisation anderer Schuldverschreibungsty­ pen geregelt. Eine ausdrückliche Aussage über die generelle Zulässigkeit des Aufgebots von Namensschuldverschreibungen fehlt jedoch im Gesetz.

Durch eine Anwendung der Regelungen zur Kraftloserklärung eng ver­ wandter Wertpapiere läßt sich die Amortisation von Namensschuldverschrei­ 2 Canaris, Großkommentar zum HGB,3 § 363 Anm.20.

3 Dies als nicht interessengerecht strikt ablehnend: Adler GrünhutsZ 33 (1906), S.741 f. 4 Ausgegeben gemäß § 9 Abs. 2 Reichsschuldenordnung vom 13.2.1924 (RGBl. I, S.95 ff.).

§ 9 Abwägung der Interessen und notwendige Rechtsfolgen

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bungen schwerlich begründen. Eine direkte Anwendung des § 799 Abs. 1 BGB auf Namensschuldverschreibungen würde zweifellos die Grenzen des Wortsinnes sprengen. Da § 793 Abs. 1 Satz 1 BGB die Inhaberschuldver­ schreibung gesetzlich definiert und aus der Überschrift des 22. Titels des 7. Abschnittes des BGB deutlich wird, daß die Anwendbarkeit dieser Regelungen auf die so umgrenzte Inhaberschuldverschreibung beschränkt sein soll, läßt sich die Namensschuldverschreibung nicht direkt unter § 799 Abs. 1 BGB subsumieren.5

Eine Anwendung der Regelung des § 808 Abs. 2 BGB scheitert an der bei Namensschuldverschreibungen fehlenden Inhaberklausel. § 808 Abs. 2 BGB weist zur Regelung des § 799 Abs. 1 BGB die Parallele auf, daß jeweils Papie­ re betroffen sind, bei denen eine befreiende Leistung des Schuldners an den Inhaber der Urkunde möglich ist. Diese Nähe zum Inhaberpapier macht eine Ausdehnung des Wortlautes des § 808 Abs. 2 BGB auf Namensschuldver­ schreibungen, denen diese Inhaberklausel fehlt, unmöglich. Auch mit einem weiteren, im BGB geregelten Namenspapier, dem Hypo­ thekenbrief, fehlt die Vergleichbarkeit. Da der Hypothekenbrief mit seiner Be­ deutung für das Verfahren der Zwangsvollstreckung in Grundstücke eigenen Regeln folgt und von den Funktionen eines Kapitalmarktpapiers stark ab­ weicht, ist ein direktes Heranziehen der Regelung des § 1162 BGB nicht an­ gezeigt. Somit stellt sich die Frage, ob die Zulässigkeit eines Aufgebotsverfahrens von Namensschuldverschreibungen im Wege der Analogie begründet werden kann.

2. Analoge Normanwendung als „gesetzlich bestimmter Fall" i. S. v. f 946 Abs. I ZPO

Die Gesetzeslage erscheint eindeutig: § 946 Abs. 1 ZPO iVm. §§ 1003 ff. ZPO läßt eine Amortisation von Urkunden nur in den gesetzlich bestimmten Fällen zu. In diesem Enumerationsprinzip hat ein großer Teil der Literatur seit

5 Selbst bei einer Umschreibung der Inhaber- in eine Namensschuldverschreibung werden die § 793 ff. BGB unanwendbar; vgl. MünchKomm-Hüffer § 806, Rz.5; Küm­ pel WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.10. 10 Seitz

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

jeher ein unüberwindliches Hindernis für eine entsprechende Anwendung der Regeln über die Amortisation auf Namensschuldverschreibungen gesehen.6 Jedoch ist der Wortlaut des § 946 ZPO aus methodischer Sicht im Hinblick auf die Zulässigkeit einer Analogie nicht so unüberwindlich, wie dies auf den ersten Blick erscheint. Gesetz im Sinne des § 946 ZPO ist gemäß § 12 EGZPO jede Rechtsnorm ohne Rücksicht auf Entstehung oder Erkenntnisquelle7 - also nicht allein das Gesetz im formellen Sinne8 Deshalb ist es nicht erforderlich, daß die eine Amortisation bestimmende Norm ausdrücklich aus dem Text eines formellen Gesetzes hervorgeht.9 Die Formulierung „gesetzlich bestimmt“ soll vielmehr die Entscheidung über die Durchführung von Aufgebotsverfahren ausschließ­ lich der Legislative zuweisen und damit eine richterliche Rechtsfortbildung im Einzelfall verhindern. Wird jedoch eine gesetzliche Bestimmung aus den Grundgedanken des sie tragenden Systems heraus auf eine ganze Fallgruppe angewendet, die der Gesetzgeber unbewußt nicht geregelt hat, die er jedoch zur sinnvollen Aufrechterhaltung dieses Sytems hätte regeln müssen, so wird der Wertung des Gesetzgebers nicht widersprochen. Vielmehr wird gerade der Wille des Gesetzgebers auch solchen Fällen zugänglich, die keine oder nur ei­ ne systemwidrige Regelung erfahren haben. Rechtsquelle für eine Rechtsnorm kann deshalb grundsätzlich auch eine Analogie und darauf aufbauendes Gewohnheitsrecht sein.10 Lassen sich die Voraussetzungen einer Analogie bejahen, so ist eine gewohnheitsrechtlich er­ folgende entsprechende Anwendung ebenfalls ein „gesetzlich bestimmter Fall.“ Methodisch ist somit § 946 Abs. 1 ZPO allein kein unüberwindliches Hindernis für eine analoge Anwendung der Regeln über das Aufgebotsverfah­ ren auf Namensschuldverschreibungen.

6 Gegen eine analoge Anwendung auf nicht ausdrücklich geregelte Fälle: AKSchmidt-von Rhein Vor § 946 ZPO Rz.9; Baumbach/Lauterbach-Hartmann Einführung vor § 1003-1023 ZPO Anm. 1 C c); Zöller-Schneider § 1003 Rz.l.

7 Inhaltlich gleichbedeutende Regelungen enthalten Art. 2 EGBGB, Art. 2 EGKO. 8 Vgl. Baumbach!Lauterbach-Albers Anm. 4 zu § 549 ZPO; Baumbach!LauterbachAlbers Anm. 2 B zu § 1 GVG; Stein/Jonas-Schlosser § 12 EGZPO; Kümpel WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.9. 9 Stein/Jonas-Schlosser § 12 EGZPO; Kümpel WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.9.

10 So auch Kümpel WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.9 f.

§ 9 Abwägung der Interessen und notwendige Rechtsfolgen

147

3. Systemwidrige Regelungslücke durch Nichtregelung einer Aufgebotsmöglichkeit

a) Bewußte Nichtregelung oder unbewußte Regelungslücke

Ein Hindernis könnte sich allein aus dem materiellen Recht ergeben, wenn nämlich aus der Regelung des § 799 Abs. 1 BGB und den vergleichbaren Normen der Wille des Gesetzgebers sich e contrario ableiten läßt, daß durch die ausdrückliche Anordnung der Amortisation von Inhaberschuldverschrei­ bungen, Orderpapieren und bestimmten Namenspapieren11 eben gerade kein Aufgebot von Namensschuldverschreibungen zulässig sein soll, somit keine ungewollte Regelungslücke, sondern eine bewußte Nichtregelung vorliegt.12

Für das bewußte Unterlassen einer Regelung spricht, daß der Gesetzgeber für andere Namenspapiere das Aufgebotsverfahren ermöglicht hat - wie für die qualifizierten Legitimationspapiere des § 808 Abs. 2 Satz 2 BGB und den Hy­ pothekenbrief (§ 1162 BGB). Auch für nach § 363 Abs. 1 Satz 1 HGB ausge­ stellte Orderschuldverschreibungen wird gemäß § 365 Abs. 2 Satz 1 HGB ein Aufgebotsverfahren ausdrücklich angeordnet. Die sich aufdrängende Schlußfolgerung, daß Namensschuldverschreibun­ gen mit Präsentationsklausel zum Aufgebotsverfahren absichtlich nicht zuge­ lassen sind, wird jedoch durch einen Blick auf das, diesen Regelungen zu­ grundeliegende, einheitliche Prinzip sogleich in Frage gestellt.13 Bei induktiver Betrachtung liegt allen genannten Regelungen eine einheitliche Wertung zu­ grunde:14 Die Aufgebotsmöglichkeit ist gleichsam die Kehrseite der Präsenta­ tionspflicht der Urkunde bei Geltendmachung des verbrieften Rechts. Bei allen Papieren, die zur Durchsetzung des Rechts zwingend körperlich erforderlich sind, hält der Gesetzgeber eine Möglichkeit zum Ersatz der Urkunde bereit. Die Anordnung der Amortisation gemäß § 808 Abs. 2 Satz 2 BGB für sol­ che Namenspapiere, die als qualifizierte Legitimationspapiere nicht zwingend zur Geltendmachung des verbrieften Rechts notwendig sind, bildet dazu nur

11 Vgl. §9111. 12 Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, § 124.

13 Wie Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, § 85 zu Recht betont, sind allgemeine Rechtsprinzipien „nicht nur Mittel der Lückenausfüllung, sondern auch be­ reits Maßstab der Lückenfeststellung.“ 14 Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, § 90.

io*

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

einen scheinbaren Gegensatz. Die Inhaberklausel nach § 808 Abs. 1 Satz 1 BGB rückt die qualifizierten Legitimationspapiere in ihrer praktischen Hand­ habung so nahe an die Inhaberpapiere heran, daß die Grenzen zwischen „ech­ ten Inhaberpapieren und Ausweispapieren flüssig“15 werden - das qualifizierte Legitimationspapier ist in der Praxis zum Präsentationspapier mit faktisch re­ gelmäßig eintretender Liberationswirkung gegenüber dem Inhaber geworden. Dieser fließende Übergang macht es aus Gründen der Rechtssicherheit erfor­ derlich, auch das qualifizierte Legitimationspapier zum Aufgebot zuzulassen: Wird nämlich der bloßen Innehabung des qualifizierten Legitimationspapiers im Rechtsverkehr eine derart große Bedeutung beigemessen, muß aus Gründen des Verkehrsschutzes bei Verlust ein den Berechtigten schützendes Aus­ schlußverfahren ermöglicht und dem Berechtigten ein Ersatz für seinen Aus­ weis im Rechtsverkehr verschafft werden.16

Auch bei den Orderschuldverschreibungen hat der Gesetzgeber allein den Schutz des Verkehrs mit diesen Papieren im Blick. Da der Schuldner gemäß § 364 Abs. 3 HGB auch bei diesen Orderpapieren nur zur Leistung gegen Rück­ gabe der Urkunde verpflichtet ist, besteht für sie dieselbe Interessenlage im Falle des Verlusts wie bei Inhaberschuldverschreibungen.17 Gleiches gilt für den Hypothekenbrief Dieser ist zwar auf den Namen aus­ gestellt, jedoch ist bei der Briefhypothek eine Übertragung der Forderung und somit der Hypothek auch nur durch Übergabe des Hypothekenbriefes möglich (§§ 1153, 1154 BGB). Ebenso kann der ablösungsbereite Grundstückseigen­ 15 Staudinger-Müller § 808 Rz.7 mit Bezug auf die Motive zum BGB (Protokolle II 564 f.); Kümpel WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.10. 16 Für das Sparkassenbuch als häufigsten Fall des Sparbuches ist gemäß § 808 Abs. 2 BGB iVm. den Sparkassengesetzen der Länder sogar ein eigenes Kraftloserklärungs­ verfahren durch den Vorstand der ausgebenden Sparkasse vorgesehen. Dieses verein­ fachte und zeitlich stark verkürzte Aufgebotsverfahren macht das Bedürfnis für die Amortisation von Papieren deutlich, die zwar auf den Namen ausgestellt sind und bei denen das verkörperte Recht nach Zessionsrecht übertragen wird, denen jedoch auf­ grund ihrer starken Ausweiswirkung bei der Präsentation fast der Charakter eines In­ haberpapiers zukommt.

17 Daß der Gesetzgeber diesen Papierarten ein einheitliches Verkehrsschutzbedürf­ nis zugrundelegte, beweist auch die nachträgliche Einführung des § 808a BGB, die ei­ ne Reaktion des Gesetzgebers auf die Versuche der Wirtschaft, das Genehmigungserfordemis des § 795 BGB für Inhaberschuldverschreibungen durch die Ausgabe von blankoindossierten Orderschuldverschreibungen zu umgehen. Beide Regelungen sind jedoch mittlerweile durch das Gesetz zur Erleichterung der Emission von Inhaber­ schuldverschreibungen vom 17.12.1990 BGBl. 1 1990, S.2839 aufgehoben worden.

§ 9 Abwägung der Interessen und notwendige Rechtsfolgen

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tümer seine Zahlung von der Rückgabe des Hypothekenbriefes abhängig ma­ chen (§ 1144 BGB) oder der Zwangsvollstreckung in sein Grundstück dann widersprechen, wenn der Gläubiger den Hypothekenbrief nicht vorlegen kann (§ 1160 Abs. 1 BGB). Hier ist die Rechtsausübung eng mit der Innehabung des Hypothekenbriefes verknüpft. Da jedoch die Rechtsverwirklichung nicht endgültig ausgeschlossen sein soll, wenn die Urkunde durch Zufall nicht mehr präsentiert werden kann, ist ein Aufgebot in § 1162 BGB angeordnet.

Allen diesen Regelungen liegt somit die einheitliche Wertung zugrunde, daß, wenn ein Papier zur Rechtsverwirklichung zwingend erforderlich ist (Vor­ legungszwang), es eine Möglichkeit geben muß, den körperlichen Gegenstand „ Urkunde “ zu ersetzen. Die genannten Papiere sind Verkehrspapiere, also Papiere, bei denen die Übertragung des verbrieften Rechts, wenn nicht die Regel ist, so doch ange­ messen häufig vorkommt. Dies erklärt auch, warum bei ihnen aus Gründen des Verkehrsschutzes, der insbesondere den Erwerberschutz umfaßt, sowohl der einen möglichen Zessionar schützende Vorlagezwang18 als auch die Amortisation zum interessewahrenden Regelungssystem gehören. Somit läßt sich als Grundsatz festhalten, daß der Gesetzgeber kein Verkehrspapierf bei dem zur Ausübung des Rechts die Urkundenvorlage erforderlich ist, von der Möglichkeit des Aufgebotsverfahrens ausgeschlossen hat.

b) Motive des Gesetzgebers Bezieht man diesen Grundsatz auf Papiere, die in nicht unerheblicher Wei­ se Übertragungsvorgängen im Rechtsverkehr ausgesetzt sind, so macht § 806 Satz 1 BGB dem gegenüber deutlich, daß der Regelung der Namensschuldver­ schreibungen im 22. Titel des BGB die Vorstellung des Gesetzgebers zugrun­ degelegen hat, die Übertragung dieser Papiere komme in der Praxis nicht oder nur in zu vernachlässigender Anzahl vor. Die im Zusammenhang mit der Übertragungsmöglichkeit auftretenden Probleme seien deshalb nicht rege­ lungsbedürftig. Daraus läßt sich jedoch nicht schließen, daß der Gesetzgeber allgemein die Amortisation derjenigen Namenspapiere für unzulässig gehalten hat, die zur Zeit des Inkrafttretens des BGB keine Regelung erfahren haben.20

18 Vgl. dazu oben ab S.139. 19 Und die Namensschuldverschreibung des Kapitalmarktes ist ein solches. 20 Canaris, Großkommentar zum HGB, § 363 Anm.20.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

Wo der Gesetzgeber später ein Verkehrsschutzbedürfnis erkannte, hat er auch nachträglich durch Zulassung des Aufgebotsverfahrens reagiert. Weder Art. 90 WG noch Art. 50 SchG21 unterscheiden zwischen Inhaber-, Order- und Namenspapier. Eindeutiges Beispiel ist die Regelung des § 14 Reichsschul­ denordnung,22 die sogar für die Sonderform der Rektaschuldverschreibungen des Reiches ein Aufgebotsverfahren anordnet.

Daraus wird deutlich, daß der Gesetzgeber weder von einer generellen Un­ zulässigkeit des Aufgebotes von Namenspapieren ausgegangen ist, noch die Rechtsform der Namensschuldverschreibung übersehen hat. Vielmehr war zur Zeit des Inkrafttretens des BGB die übertragbare und originär auf den Namen ausgestellte Schuldverschreibung kein berücksichtigungswürdiges Rechtsinsti­ tut. Namensschuldverschreibungen berücksichtigte der Gesetzgeber vielmehr nur als umgeschriebene, sogenannte „festgemachte“ Inhaberschuldverschrei­ bungen. Die Ausschaltung der Inhaberpapiereigenschaft und der bei langen Laufzeiten aus § 935 Abs. 2 BGB für den Gläubiger entstehenden Gefahren macht aber deutlich, daß diese Umschreibung nur (ausnahmsweise) ein Gläu­ biger verlangen wird, der auf die leichte Übertragungsmöglichkeit des Inha­ berpapiers gerade deshalb verzichten will,23 weil er ohnehin von seiner blei­ benden Gläubigerstellung ausgeht und sein Sicherheitsinteresse deshalb sein Veräußerungsinteresse überwiegt.24 Die Erzeugung von Sicherheit, durch die bei Namensschuldverschreibungen herabgesetzte Fungibilität, macht deutlich, daß Übertragungsvorgänge bei Namensschuldverschreibungen des Kapital­ marktes sowohl für den historischen BGB- als auch ZPO- Gesetzgeber keine berücksichtigungswürdigen Erscheinungen der Rechtsrealität waren. Da es an der Regelung eines allgemeinen Typs des Namenspapiers fehlte,25 sah der Gesetzgeber auch kein Regelungsbedürfnis für die untergeordnete Spezialfrage eines möglichen Aufgebotsverfahrens von Papieren, deren Bedeu-

21 Wechselgesetz vom 21.6.1933 RGBl. I S.399; Scheckgesetz vom 14.8.1933 RGBl. I S.597. 22 RGBl. I vom 13.2.1924, S.95 ff.

23 Denkschrift zum Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches, S.147. 24 Vgl. zu dieser früher gebräuchlichen Sicherung Mugdan Materialien II, S.713 Anmerkung zu § 700; ders. Motive II S.398. Daneben war im vorigen Jahrhundert die Außer-Kurssetzung des Papiers gebräuchliches Sicherungsmittel, die zu einer Unver­ äußerlichkeit des Wertpapiers führte; vgl. Mugdan Materialien Bd. II, S.714; Adler GrünhutsZ 33 (1906), S.741; Savigny, Obligationenrecht Bd. II, S.185. 25 Locher, S.30.

§ 9 Abwägung der Interessen und notwendige Rechtsfolgen

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tung für den Rechtsverkehr allenfalls marginal war.26 Aufgrund dieser Wert­ entscheidung des historischen Gesetzgebers fehlt es für die Regelung des Auf­ gebotsverfahrens bei Namensschuldverschreibungen an einer „unbewußten anfänglichen Lücke “ im Gesetz.27

c) Veränderung der Rechtstatsächlichkeit Die rechtstatsächliche Entwicklung am Kapitalmarkt, die besonders in den letzten dreißig Jahren eine enorme Aufwertung der Namensschuldverschrei­ bungen nach sich gezogen hat,28 macht jedoch deutlich, daß sich die Bedeu­ tung dieses Rechtsinstituts stark gewandelt hat. Die Vielzahl der Einzelverträ­ ge und die hohen Anlagesummen zeigen, daß sich diese Rechtsform im Rechtsverkehr etabliert hat. Ein Blick auf die Rechtsprechung der letzten Jah­ re beweist, daß dabei auch in zunehmendem Umfang Übertragungsvorgänge problematisch werden.29

Die Realität hat somit die seit Anfang des Jahrhunderts unveränderte Ge­ setzeslage überholt. Da die ursprünglich infolge der geringen Bedeutung der Namensschuldverschreibung getroffene Wertentscheidung des historischen Gesetzgebers nicht mehr von den Rechtstatsachen gestützt wird, die Entwick­ lung vielmehr aufgrund der großen Zahl sich mittlerweile im Umlauf befindli­ chen Namensschuldverschreibungen konträr zur Einschätzung des Gesetzge­ bers bei Inkrafttreten des BGB verlaufen ist, kann von einer bewußten Nichtregelung zum heutigen Zeitpunkt nicht mehr die Rede sein. Damit läßt sich heute von einer ungewollten „nachträglichen Regelungslücke bezüg­ lich der Amortisation von Namensschuldverschreibungen sprechen.

26 So auch Kümpel WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.10. 27 Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, § 126; Larenz, Methodenlehre, S.363 f. 28 Vgl. das Zahlenmaterial im Anhang I. 29 Z.B. OLG Düsseldorf Urteil vom 16.7.1992 (Aktz. 6 U 140/91), WM 1992, S.1937 ff.; mit Anmerkungen Rimmelspacher WuB I F 2. - 1.93 und Steiner EWiR § 1283 BGB 1/93, S.255.

30 Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, § 126; Larenz, Methodenlehre, S.363 f.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

4. Vergleichbarkeit der Interessenlage Unabweisbares Bedürfnis für ein Aufgebotsverfahren bei allen mit Vorlegungszwang ausgestatteten Papieren

Die zweite Analogievoraussetzung, die vergleichbare Interessenlage bei In­ haber-, Order- und Namensschuldverschreibungen, war Ausgangspunkt der Betrachtung und wurde bereits dargelegt: Sieht man im Vorlegungszwang das allen drei Wertpapierarten gemeinsame, die Wertpapiereigenschaft begrün­ dende Kriterium, so kann der Gläubiger einer Namensschuldverschreibung sein Recht ohne die ausgestellte Urkunde genausowenig geltendmachen wie der Berechtigte aus einem Inhaberpapier, wenn der Schuldner aufgrund einer geforderten teleologischen Reduktion des § 407 Abs. 1 BGB zugunsten des Zessionars bei Leistung ohne Urkundenvorlage an den Nichtberechtigten nicht befreit würde und deshalb die Zahlung verweigern müßte. Daraus ergibt sich umgekehrt die Notwendigkeit, dem Gläubiger eines in einer Namensschuld­ verschreibung verkörperten Rechts bei Verlust der Urkunde dieselben Mög­ lichkeiten der Kompensation zuzugestehen wie dem Berechtigten aus einer der übrigen amortisierbaren Urkunden, läuft er doch wie dieser Gefahr, mit dem Papier faktisch auch sein Recht zu verlieren. Wird § 407 Abs. 1 BGB durch das Präsentationserfordernis teleologisch re­ duziert, so ist es im Wege einer Rechtsanalogie zu den Vorschriften der §§ 799 Abs. 1, 808 Abs. 2, 1162 BGB und § 365 Abs. 2 HGB möglich, den Grundsatz, wonach für Papiere, die mit einem Vorlegungszwang ausgestattet sind, auch ein Aufgebotsverfahren zulässig ist, auf Namensschuldverschrei­ bungen zu übertragen.

Als Zwischenergebnis läßt sich somit festhalten: Der Restriktion des § 407 Abs. 1 BGB durch das Erfordernis der Papiervorlage steht nicht im Wege, daß der Berechtigte im Falle eines Papierverlustes ungeschützt ist. In Rechtsana­ logie zu § 799 Abs. 1 BGB und § 365 Abs. 2 HGB ist in diesem Fall auch für Namensschuldverschreibungen ein Aufgebotsverfahren möglich.31

31 So ebenfalls Baumbach/Hefermehl WPR, Rz.12; Hueck/Canaris § 1 I 5 a), Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.100; Canaris Großkommentar zum HGB § 363 Anm. 20; Zöllner, Wertpapierrecht, § 7 II 1; Kümpel, WM 1991, Beilage 1 zu Heft 2, S.9; Richardi § 8 EU 3 ; Staudinger-Marburger § 785, Rz.5; MünchKomm-Hüffer Vor § 793, Rz.10 und § 808 Rz.19, Sedatis, Rz.314.

§ 9 Abwägung der Interessen und notwendige Rechtsfolgen

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HL Abwägung der schutzwürdigen Interessen

Nunmehr ist nachgewiesen, daß beide Lösungswege, sowohl die uneinge­ schränkte Anwendbarkeit des § 407 Abs. 1 BGB trotz der Pflicht, das Papier bei der Geltendmachung des Rechts vorzulegen, als auch die aufgrund des eng verstandenen Vorlegungserfordernisses vorgenommene teleologische Redukti­ on des § 407 Abs. 1 BGB, abgeschlossene Regelungssysteme bilden. Somit kann untersucht werden, welcher der beiden Lösungsansätze den schutzwürdi­ gen Interessen der Beteiligten eher gerecht wird:

1. Kaum schutzwürdige Interessen des Erstgläubigers Berücksichtigungswürdige Interessen des Erstgläubigers bestehen in diesem Zusammenhang nur, solange er das Recht noch nicht übertragen hat. Danach ist er als Nichtberechtigter nicht mehr schutzwürdig. Seine Interessen, die da­ hin gehen, das Papier nicht bei jeder Transaktion, wie der Zinszahlung, der Beleihung oder der Verpfändung vorlegen zu müssen, bedeuten für ihn ledig­ lich ein Streben nach organisatorischer Erleichterung. Es mag zugegeben wer­ den, daß diese Organisationserleichterungen eine starke Bedeutung für die Ab­ satzfähigkeit von Namensschuldverschreibungen am Markt darstellen kön­ nen,'2 doch kann darin kein schutzwürdiges Interesse gefunden werden, das zu einem den Zweiterwerber benachteiligenden Verzicht auf die Papiervorlage berechtigen würde. Nimmt man die Verbriefung eines Rechts ernst, so können die Rechtsfolgen dieser Verbriefung nicht davon beeinflußt werden, daß gera­ de diese Verbriefung dem Erwerber einen erhöhten Organisationsaufwand be­ schert. Aufgrund der Vielfalt in der rechtlichen Ausgestaltung von wirtschaft­ lich vergleichbaren Anlagemöglichkeiten kann der Ersterwerber, wenn ihm der Vorteil der einfachen Legitimation durch das Namenspapier seinen Orga­ nisationsaufwand bei der Vorlagepflicht nicht aufwiegt, jederzeit in unver­ briefte Anlageformen, wie zum Beispiel Wertrechte, ausweichen. Ist seine wirtschaftliche Stellung stark genug, kann er den Verzicht des Schuldners auf die Vorlage bereits im Text der Urkunde erwirken. Damit bleibt unter den

'2 Nach Franke DB 1983, S.377 werden in der Praxis die Emittenten vielfach von den Kapitalsammelstellen gedrängt, auf die Vorlagepflicht für alle Geschäfte in Anse­ hung der Schuldverschreibung zu verzichten.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

Erstgläubigerinteressen allein der Fall des Papierverlustes berücksichtigens­ wert.33

Nimmt man die Präsentationspflicht ernst und versagt dem Erstgläubiger infolge einer teleologischen Reduktion des § 407 Abs. 1 Satz 1 BGB die Rechtsdurchsetzung, wenn er zur Vorlage der Urkunde bei der Geltendma­ chung des Rechts außerstande ist, so muß dieser das verlorene Papier aufbieten lassen. Sehr nachteilig wirkt sich dabei die lange Dauer eines Amortisations­ verfahrens aus. Unabhängig davon, wann der Verlust des Papiers beim Gläu­ biger eintritt, kann der Aufgebotstermin, da in der Regel bei Namensschuld­ verschreibungen keine Zinsscheine ausgegeben werden, gemäß § 1014 ZPO frühestens 6 Monate nach Fälligkeit des Papiers anberaumt werden. Verliert der Gläubiger die Urkunde in einem frühen Stadium der Laufzeit, muß er trotzdem bis ein halbes Jahr vor Fälligkeit des Papiers zuwarten, da wegen § 1015 ZPO das Aufgebot zu einem früheren Zeitpunkt nicht zulässig ist.34

Für den Gläubiger bedeutet diese Zeitverzögerung einen herben Liquiditäts­ verlust. Denn bei verbrieften Geldforderungen handelt es sich um Holschul­ den, bei denen, wie sich aus §§ 797 Satz 1, 808 Abs. 2 Satz 1 und 371 Satz 1 BGB ergibt, die Vorlage und Rückgabe der Urkunde zur Mitwirkungspflicht des Gläubigers gehören. Fordert ihn der Schuldner bei Fälligkeit eines Zinsan­ spruchs oder des Kapitals zur Vorlage des Papiers vergeblich auf, so gerät der Gläubiger in Annahmeverzug, während dessen Dauer dem Schuldner wegen §301 BGB der fällige Zins- oder Kapitalbetrag unverzinst zur Verfügung steht. Dieser Nachteil könnte jedoch gemildert werden, wenn den Schuldner eine Herausgabepflicht für gezogene Nutzungen aus der nicht zum Fälligkeits­ termin gezahlten Summe gemäß § 302 BGB als eine Nebenpflicht aus dem zugrundeliegenden Begebungsvertrag trifft, das Kreditinstitut also den zusätz­ lichen Zinsgewinn herausgeben muß.33

33 Die Nachteile der Verweisung auf ein Aufgebotsverfahren sind umfassend zu­ sammengestellt bei: Kümpel WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.l 1 f. 34 Somit ergeben sich ähnliche Fristen wie bei der Ausgabe von Zinsscheinen nach §1113 ZPO; vgl. Kümpel WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.ll f. Bei Sparkassenbrie­ fen, die regelmäßig nicht unter 4 Jahren Laufzeit ausgegeben werden, kann somit im ungünstigsten Fall eine „Wartezeit“ von dreieinhalb Jahren oder mehr eintreten. 33 Dazu ist eine Analogie zum Rechtsgedanken der § 324 Abs. 1 S.2 und § 615 BGB interessengerecht, um über § 302 BGB den durch den Verlust des Gläubigers zufällig und unberechtigt bevorzugten Schuldner zur treuhänderischen Verwaltung des Rück­ zahlungsbetrages anzuhalten; so Koller, WM 1981, S.477. Bei Kreditinstituten wird die Nutzung regelmäßig im gesparten Zinsaufwand für die Kapitalüberlassung zu se-

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155

Hinzu treten die Kosten des Aufgebotsverfahrens selbst, die bei niedrigeren Anlagebeträgen leicht den Zinsgewinn aus der gesamten Laufzeit der Schuld­ verschreibung übersteigen und somit den Anlagezweck überhaupt in Frage stellen können. Andererseits treffen alle diese Nachteile eine Partei, die durch das Verlieren der Urkunde erst in zurechenbarer Weise die Notwendigkeit des Aufgebotes herbeigeführt hat. Wenn bei der Vielzahl von Anlageformen am Kapitalmarkt der Gläubiger aus den unterschiedlichsten Beweggründen gerade die Ausferti­ gung einer urkundlich verbrieften Namensschuldverschreibung mit Präsentati­ onspflicht auswählt, so ist die sorgfältige Aufbewahrung der Urkunde eine Ob­ liegenheit, deren Verletzung in ihren Konsequenzen einzig und allein den Gläubiger treffen darf. Geht aus der Urkunde hervor, daß der Schuldner „nur gegen Vorlage“ derselben zahlt, so muß sich der Gläubiger des Risikos eines Verlustes von vornherein bewußt sein.36

Da ihm gerade die urkundliche Verbriefung beim Erwerb wichtig ist, würde er sich widersprüchlich verhalten, wenn er diese urkundliche Verbriefung aus­ gerechnet dann, wenn sie ihre einzige rechtliche Wirkung entfalten würde, negierte. Besteht somit der Gläubiger auf der Ausstellung einer effektiven Ur­ kunde, und verliert er diese, so ist ihm die Belastung mit den Nachteilen des Aufgebotsverfahrens zumutbar.

2. Betrugsgefahr bei befreiender Zahlung ohne Urkundenvorlage

Ein Aufgebot erscheint umso eher zumutbar, als der Schutz des Gläubigers durch die uneingeschränkte Anwendung des § 407 Abs. 1 BGB in der von ihm zu vertretenden Situation des Papierverlustes, mit der Gefahr erkauft würde, daß der Zessionar den Gefahren eines Rechtsverlustes durch betrügerisches

hen sein. Für den Ersatz auch von treuwidrig nicht gezogenen Nutzungen Erman-Battes § 302 Anm.l; Palandt-Heinrichs § 302 Anm.l. Eine derartige Ersatzpflicht könn­ te,wenn sich die Zinslage bei den doch meist mittelfristigen Namensschuldverschrei­ bungen in der Zwischenzeit verbessert haben sollte, auch zu einem Vorteil des Gläubi­ gers führen. Die Herausgabepflicht setzt jedoch voraus, daß überhaupt ein Anspruch auf Nutzungsherausgabe besteht. Ob man jedoch über eine Analogie zu §§ 324 Abs. 1 S.2 und 615 BGB ohne vorherige vertragliche Vereinbarung einen Anspruch auf Nut­ zungsherausgabe begründen kann und damit die Wertung der §§ 301/302 BGB unter­ laufen darf, ist fraglich. 36 Jacobi ZHR 85 (1921), S.36.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

Handeln des Zedenten ausgesetzt wäre.37 Bliebe § 407 Abs. 1 BGB voll an­ wendbar, könnte ein betrügerischer Zedent in der Zwischenzeit mit der Schuldnerbank andere Geschäfte abschließen, insbesondere zum Beispiel die Schuldverschreibung beleihen, ohne seine Urkunde vorlegen zu müssen. Denn es stünde dem Schuldner dann frei, nicht nur infolge der Behauptung des Ur­ kundenverlustes bei der Erfüllungsleistung auf die Vorlage zu verzichten, son­ dern, da dies für ihn wegen der Geltung des § 407 Abs. 1 BGB keine Nachteile mit sich brächte, bei jedem Rechtsgeschäft in Ansehung der Schuldverschrei­ bung den Gläubiger von seiner Vorlagepflicht zu entbinden. Solange der Schuldner gutgläubig ist, müßte der Zessionar jedes Rechtsgeschäft gegen sich gelten lassen. Dagegen wird eingewendet, daß die Auswahl seines Vertragspartners Sache des Zessionars sei.38 Auch könne er sich gegen solche Betrügereien sichern, indem er die Gegenleistung nur Zug um Zug gegen Ausfertigung einer Abtre­ tungserklärung und Bestätigung der Zessionsanzeige durch den Schuldner er­ bringt. Zusätzlich sei der Schutz des § 263 StGB, der den Zedenten wegen ei­ nes Dreiecksbetruges39 der strafrechtlichen Verfolgung aussetzt, ausreichend.40

Gegen die Schutzwürdigkeit des Zessionars wird in diesem Zusammenhang außerdem ein ernstzunehmendes praxisbezogenes Argument angeführt: Seien nämlich für eine Namensschuldverschreibung, wie dies regelmäßig geschehe, keine Zinsscheine ausgestellt,41 so sei der Zessionar schon deshalb gezwungen, die Zession dem Emittenten anzuzeigen und nachzuweisen, weil dieser sonst keine Möglichkeit habe, die Zinsen nunmehr ordnungsgemäß an ihn, statt an den Zedenten auszuzahlen. Zerstöre er auf diese Weise die Gutgläubigkeit des Schuldners, sei § 407 Abs. 1 BGB ohnehin „abgeblockt“. Dies sei ein Beweis dafür, daß § 407 Abs. 1 BGB uneingeschränkt angewendet werden könne, da der Zessionar eines weitergehenden Schutzes nicht bedürfe. Dabei wird jedoch folgendes vernachlässigt: Die Obliegenheit des Zessio­ nars, den Schuldner wegen der Zinszahlungen über einen Wechsel in der Be­ 37 Daß die Gefahr solcher Betrügereien kein nur theoretisches Argument ist, beweist der Fall von RGZ 87, S.388.

38 Koller, WM 1981, S.476. 39 Schönke/Schröder24 § 263 Rz.67.

40 So Kümpel WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.8 f. 41 Die Zinsen werden bei Sparkassenbriefen im Grundsatz zu den jeweiligen Fällig­ keitsterminen nur gegen Vorlage der Schuldverschreibungsurkunde ausbezahlt; Herbst/LangA Rz. 92.

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rechtigung zu informieren, führt zwar im Ergebnis in der Regel zu einer An­ zeige an die Bank. Jedoch muß diese Anzeige, um Betrügereien vorzubeugen, durch den ehemals berechtigten Gläubiger verifiziert oder legitimiert werden. Dies erfordert jedoch wiederum einer Mitwirkung des Zedenten.42

Außerdem können Zins- und Kapitalforderungen auseinanderfallen, so daß eine Anzeige der Abtretung der Hauptforderung nicht zum Ausschluß der Wirkung des § 407 Abs. 1 BGB bezüglich der Nebenforderungen führen muß.43 Dabei ist auch zu bedenken, daß die Zinszahlungspflicht regelmäßig nur einmal im Jahr fällig wird. Somit genügt eine Anzeige rechtzeitig vor dem Zinszahlungstermin. Bis zu diesem Zeitpunkt kann der Erwerber von einer Anzeige absehen, wenn er die Urkunde in den Händen hält. Wird aus der Ur­ kunde nicht deutlich, daß der Schuldner entgegen dem Wortlaut („Zahlung nur gegen Rückgabe der Urkunde“) auch ohne Urkundenvorlage Rechtsge­ schäfte mit dem Altgläubiger mit Wirkung gegenüber dem Zessionar abschlie­ ßen kann, so braucht der Erwerber nicht damit zu rechnen, schon vor diesem Termin tätig werden zu müssen. Die Argumentation mit der Anzeigeobliegen­ heit zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Zinsdienstes ist darüberhinaus ohnehin nur für normalverzinsliche Papiere möglich. Ein großer Teil gerade der Sparkassenbriefe wird jedoch in ab- oder aufgezinster Form ausgegeben. Bei diesen Papieren erfolgt die Zinszahlung erst mit der Rückzahlung der Kapitalsumme, so daß eine Anzeige vor Fälligkeit ohnehin nicht erforderlich ist. Weil jedoch unterschiedliche Zinszahlungsmodalitäten nicht dazu führen können, daß Papiere derselben Rechtsform unterschiedlichen Rechtsfolgen un­ terliegen, kann dieses Argument bei der Interessenabwägung keine Rolle spielen. Problematisch erscheint auch der Fall, daß die Urkunde erst nach der Abtre­ tung beim Zessionar verloren geht. Zeigt jetzt der Erwerber die Übertragung an und glaubt ihm der Schuldner seine Berechtigung auf die bloße Anzeige

42 Die Kenntnis oder Bösgläubigkeit des Schuldners ist nämlich bei einer Anzeige durch den Zedenten jedenfalls in der Regel anzunehmen, bei der Anzeige durch den Zessionar nur dann, wenn der Zessionar dem Schuldner vertrauenswürdig erscheint; vgl. Palandt-Heinrichs § 407 Rz.6 m.w.Nw. 43 Daß dies keine völlig unrealistische „Kathederkonstruktion“ ist, beweist der Fall vor dem OLG Düsseldorf, Urteil vom 16. Juli 1992 (6U 140/91) - WM 1992, S.1937 = WuB I F 2 ZI. 1993 mit Anmerkung Rimmelspacher, bei dem nur die Zinserträge abge­ treten wurden und daneben sogar noch die Kapitalforderung als Sicherheit verpfändet wurde. Das Problem unterschiedlicher Schicksale von Kapital- und Zinsforderung wird auch bei Herbst/Lang* Rz.92 angesprochen.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

hin nicht, so ist er auf die Dokumentation der Legitimationskette über den Ersterwerber angewiesen. Ist der Zedent dazu in betrügerischer Weise nicht bereit, könnte dieser jetzt die Zahlung einstreichen, da die bloße Behauptung einer Zession durch den Zessionar nicht ausreicht, um den guten Glauben des Schuldners zu zerstören.44 Wie sollte sich der Zessionar schützen, wenn nicht durch ein Aufgebotsverfahren, in dem die Urkunde ersetzt und auch gegenüber dem Schuldner verbindlich die Berechtigung klargestellt wird ?

3. Risikoverteilung bei Erfüllung der Anzeigeobliegenheit im Sinne des § 407 Abs. 1 BGB

Bei uneingeschränkter Anwendung des § 407 Abs. 1 BGB ist der Schutz des Zessionars völlig von der erfolgreichen Zerstörung der Redlichkeit des Schuldners abhängig. Der Zessionar muß nicht nur für den Zugang der An­ zeige sorgen, er muß darüberhinaus den Schuldner vom Wechsel in der Be­ rechtigung positiv in Kenntnis setzen, so daß Hindernisse der Kenntnisnahme, die im Organisationsbereich des Schuldners liegen, zu seinen Lasten gehen. Weiterhin muß er etwaige Zweifel des Schuldners an seiner Berechtigung durch einen vom Zedenten legitimierten Beweis zerstreuen.45 Für die Frage der Schutzwürdigkeit des Erwerbers ist demnach zu berück­ sichtigen, daß zwar bei einem Verzicht auf die uneingeschränkte Anwendung des § 407 Abs. 1 BGB eine Verletzung der Anzeigeobliegenheit durch den Zessionar unter Umständen zum Rechtsverlust fuhren kann. Jedoch ist der Schutz, den er durch Erfüllung dieser Obliegenheit genießen soll, nicht umfas­ send, da er von Faktoren mitbestimmt wird, die nicht ausschließlich im Ver­ antwortungsbereich des Zessionars liegen.46

4. Überwiegen der Schutzwürdigkeit des Zessionars gegenüber den Erstgläubigerinteressen

Auch wenn die Risiken für den Zessionar in der Praxis viel geringer sein mögen, als die hier geschilderten Gefahrensituationen es erscheinen lassen, so

44 Palandt-Heinrichs § 407 BGB Rz.6. 45 RGZ 135, S.251; OLG Karlsruhe, Die Justiz 1984, S.360 f; BAG DB 1984, S.2703.

46 Vgl. auch Koller WM 1981, S.476.

§ 9 Abwägung der Interessen und notwendige Rechtsfolgen

159

bleibt doch ein praktisch relevantes Restrisiko.47 Dessen bloße Existenz führt dazu, daß die Verkehrsfähigkeit von Namensschuldverschreibungen nicht er­ höht wird, solange der papierinnehabende Erwerber nicht sicher sein kann, daß auch nach Aushändigung der Urkunde allein an ihn befreiend gezahlt werden wird. Die Erhöhung der Verkehrsfähigkeit ist jedoch ein wesentlicher Effekt48, der bei Kapitalmarktpapieren gerade eine Verbriefung von Rechten motiviert.49 Die Erschwerung der Übertragbarkeit durch eine Herabsetzung des Erwerberschutzes wäre deshalb systemwidrig.50 Die letzte verbleibende wert­ papierrechtliche Funktion der Urkunde über eine Namensschuldverschreibung, alleiniger Ausweis über die Berechtigung zur Geltendmachung des Rechts zu sein, wäre ausgehebelt, wenn es im Belieben des Schuldners stünde, zu Lasten eines berechtigten Inhabers dieses Ausweises und zugunsten eines nichtbe­ rechtigten Nichtinhabers auf die vertraglich geforderte Präsentation des Aus­ weises zu verzichten, und dennoch befreiend seine Leistung erbringen zu kön­ nen.

Auch ohne den Übertragungsvorgang als Problemfeld überzubetonen, weil zu berücksichtigen ist, daß bei der Kapitalanlage in einer Namensschuldver­ schreibung statt in einer Inhaberschuldverschreibung zumindest bei Vertrags­ abschluß der Wille erkennbar ist, das Recht bis zur Fälligkeit zu halten, ist der Schutz eines tatsächlichen oder potentiellen Erwerbers im Vergleich zu dem das Papier verlierenden Erstläubiger51 höher zu bewerten:52

Denn während die Anwendung des § 407 Abs. 1 BGB auf Erstgläubigersei­ te allein die Nachteile einer selbstverschuldeten Unfähigkeit zur Einhaltung 47 Das sich auch durch praktische Beispiele konkretisieren läßt, vgl. RGZ 87, S.388.

48 Baumbach/Hefermehl WPR, Rz.9. 49 Zöllner, Wertpapierrecht, § 1 II1 a); so auch Kümpel WM 1983, Beilage 6, S.5.

50 Vgl. Wieland, in Festgabe für Huber, S.4 ff. und 14 ff.; a.A. dagegen Raiser, der gerade dann, wenn wirtschaftlich vergleichbare, besser übertragbare Wertpapierformen vorhanden sind, wie dies bei Namensschuldverschreibungen mit den Inhaberschuldver­ schreibungen gegeben ist, aus der Wahl des Rektapapiers auf den Willen von Schuld­ ner und Gläubiger schließen will, daß eine Zirkulation solcher Papiere von Schuldner und Erwerber eben nicht primär gewollt ist. 51 Es sei nur angemerkt, daß der Papierverlust durch den Gläubiger mit Sicherheit ein noch seltenerer Ausnahmefall ist als eine Rechtsübertragung. 52 Kümpel WM 1983, Beilage 6, S.6. Nach Schraepler, NJW 1973, S.1864, kann es geradezu die Aufgabe eines solchen Papiers sein, zur Förderung des Umlaufs und zur Sicherung des Zessionars, den Schuldnerschutz zugunsten des Erwerbers zu verdrän­ gen.

160

2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

der vertraglich festgelegten Obliegenheiten bedeutet, bürdet sie dem Zessionar Risiken auf, deren Vermeidung nicht allein in seinem Gefahren- und Verant­ wortungsbereich liegen.

5. Widersprüchliches Verhalten des Schuldners bei Zahlung ohne Urkundenvorlage

Das Interesse des Schuldners, schnell und sicher befreiend an den Berech­ tigten leisten zu können, wird durch beide gekennzeichneten Regelungsmodel­ le gleichermaßen gewahrt. Auch der Übertragungsvorgang birgt für den Schuldner keine Risiken, solange der jeweilige Berechtigte das Papier innehat.

Einzig bei Papierverlust durch den Gläubiger fuhren die Alternativen zu ei­ ner unterschiedlichen Berücksichtigung der Interessen des Schuldners. Da der Schuldner statt eines Inhaberpapiers eine Namensschuldverschreibung ausge­ geben hat, ist sein Wille regelmäßig auf ein andauerndes, sich nicht durch ei­ nen Wechsel in der Gläubigerstellung veränderndes Schuldverhältnis zu der im Papier namentlich benannten Person gerichtet.33 Das Bemühen um diesen Vertragspartner, der ihm näher steht als ein potentieller (und tatsächlich selte­ ner) Erwerber, wirkt schutzwürdig. Kommt der Schuldner dem Gläubiger ent­ gegen und will er an ihn sogar ohne Papiervorlage leisten, so erscheint es un­ zumutbar, ihn noch durch die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme zu belasten, dadurch, daß ihm der Schutz des § 407 Abs. 1 BGB versagt wird. Bei dieser Argumentation wird jedoch übersehen, daß das Bemühen des Schuldners, dem Gläubiger die Kosten eines Aufgebotes zu ersparen, eine freiwillige Reaktion ist, die ihren Beweggrund in der Bedeutung der relativen Rechtsbeziehung aus der Namensschuldverschreibung für die gesamte Ge­ schäftsbeziehung zwischen Gläubiger und Schuldner der verbrieften Forde­ rung hat. Der Schuldner würde kaum dem Gläubiger seine Leistung ohne die Einhaltung der vertraglichen Bedingungen gewähren und somit auf einen kurzfristigen Zinsgewinn verzichten, der durch die Verzögerung bei der Amortisation entstünde, wenn er sich nicht langfristig durch diesen Verzicht auf die Formalien einen Vorteil verspräche.

Trotzdem steht dem Schutz eines solchen Bemühens nichts im Wege, so­ lange sich die Folgen in ihrer Wirkung auf die relative Rechtsbeziehung be­ schränken. Hat jedoch das Nichteinhalten der vertraglichen Bedingungen eine

* Raiser ZHR 101 (1935), S.32.

§ 9 Abwägung der Interessen und notwendige Rechtsfolgen

161

noch so geringe „Außenwirkung“ gegenüber unbeteiligten Dritten, so ist des­ sen Schutzwürdigkeit sehr stark zu relativieren. Der Schuldner muß aber zu­ mindest die Möglichkeit der Weiterübertragung in Erwägung ziehen. Er kann sich nicht der Tatsache verschließen, daß bei einem Zweiterwerber der Urkun­ de die berechtigte Erwartung geweckt wird, die Klausel „Leistung nur gegen Rückgabe der Urkunde“ werde auch eingehalten. Diesem begründeten Ver­ trauen des Zessionars ist Rechnung zu tragen. Da der Aussteller durch die Aufnahme der Präsentationsklausel in den Urkundentext einen Vertrauenstat­ bestand geschaffen hat, müßte ihn nach allgemeinen Regeln bei schuldhafter Verletzung dieses Vertrauens auch eine Haftung für sein Verhalten treffen. Die Auszahlung ohne Beharren auf dem Vorlegungszwang, wenn dieser aus der Urkunde hervorgeht, wäre gegenüber dem Zessionar ein Verstoß gegen Treu und Glauben.54 In diesem Fall könnte der Schuldner sich selbst bei An­ wendung des § 407 Abs. 1 BGB nicht in vollem Umfang auf die Fiktion eines nicht erfolgten Wechsels in der Person des Berechtigten berufen, ohne sich zu­ mindest widersprüchlich zu verhalten und der Gefahr von Schadensersatzan­ sprüchen auszusetzen.

Wenn dieses Haftungsrisiko dem Schuldner aber durch die Anwendung des § 407 Abs. 1 BGB ohnehin nicht abgenommen wird, ist das Hauptargument gegen die einheitliche teleologische Reduktion des § 407 Abs. 1 BGB bei allen mit einer Präsentationspflicht versehenen Urkunden entkräftet.55 Vielmehr wä­ re den Interessen des Schuldners mit einer Einschränkung des § 407 Abs. 1 BGB sogar besser gedient, als mit der Anwendung von uneingeschränktem Zessionsrecht. Denn behauptet der Gläubiger den Verlust seiner Urkunde und verlangt gleichwohl Zahlung, so verbessert sich die Position des Schuldners bei der Argumentation diesem gegenüber, wenn er aufgrund seiner Einschät­ zung der Tatsachenlage auf dem dann nötigen Aufgebotsverfahren beharren will. Vertraut er jedoch den Aussagen des Gläubigers, kann der Schuldner je­ derzeit auf „Kulanzbasis“ zahlen. Zahlt er dabei an den Berechtigten, wird er selbstverständlich auch ohne Urkundenvorlage nach § 362 Abs. 1 BGB frei. Dabei ist aber noch einmal die Freiwilligkeit einer solchen Leistung des Schuldners an einen das Papier nicht innehabenden Gläubiger zu betonen: Es macht aus Sicht des Schuldners einen bedeutenden Unterschied, ob er zur Zahlung auch ohne Papiervorlage verpflichtet ist oder ohne Befreiungswir­ kung einer Leistung an den Nichtberechtigten dazu berechtigt ist. Erwirbt der Gläubiger ein Vorlegungspapier, besteht für ihn kein schutzwürdiges Interes­

54 Koller, WM 1981, S.476. 11 Seitz

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

se, auch ohne Papier Zahlung verlangen zu können. In diesem Fall existiert auch kein Bedürfnis für eine korrespondierende Zahlungspflicht des Schuld­ ners. Will der Schuldner trotzdem an den Gläubiger leisten, kann er dies im Bewußtsein des Risikos einer erneuten Inanspruchnahme tun, ohne zum Rechtsverlust bei einem Zweiterwerber beizutragen. Wird danach dem Schuld­ ner eine Zession mitgeteilt, und kann der Erwerber das Papier vorlegen, so sind alle Rechtsgeschäfte in Ansehung der Namensschuldverschreibung dem Zessionar gegenüber nicht wirksam. Dem Zessionar ist erneut Zahlung zu lei­ sten. Sein Vertrauen muß der Schuldner dann dort suchen, wo es geblieben ist - nämlich bei dem betrügerischen Altgläubiger. Es steht dem Schuldner frei, sein Risiko zum Beispiel durch die Hereinnahme eines abstrakten Schuldaner­ kenntnisses des Gläubigers zu sichern.56

6. Fazit

Im Problemkreis der Leistung des Schuldners an einen Nichtberechtigten bei Papieren, die mit einem Vorlegungserfordernis ausgestattet sind, überwiegt im Vergleich der Beteiligteninteressen die Schutzwürdigkeit des (potentiellen) Zessionars. Schuldner und Erstgläubiger haben aufgrund ihrer Vertragsfreiheit das Vorlegungserfordernis in den Urkundentext aufgenommen und waren sich über dessen Geltung einig. Die Nachteile, die der Ersterwerber bei Verlust der Urkunde infolge der Durchführung eines Aufgebotsverfahrens erleiden mag, rechtfertigen es deshalb ebensowenig, vom Erfordernis der Papiervorlage zur Geltendmachung des verbrieften Rechts abzurücken, wie das geschäftspoliti­ sche Interesse des Schuldners, auch ohne Urkundenvorlage leisten zu wollen, um seinem Vertragspartner diese Nachteile zu ersparen. Der Schutz des Zes­ sionars davor, daß er durch einverständliche Nichteinhaltung des Vorlegungs­ erfordernisses durch Schuldner und Zedent ohne eigenes Zutun sein Recht einbüßen könnte, ist vorrangig, zumal die Abwendung dieser Gefahr von ihm nicht vollständig beherrscht wird. Nach Untersuchung der Interessenlage ver­ dient deshalb ein Regelungsmodell den Vorzug, das bei Forderungen, die in Papieren verbrieft sind, welche zur Geltendmachung des Rechts präsentiert werden müssen, eine befreiende Leistung des Schuldners an einen nicht mehr

"Koller, WM 1981, S.476. 56 So auch nach Auskunft der Nassauischen Sparkasse und des Sparkassen- und Gi­ roverbandes von Hessen und Thüringen die Praxis im Falle des Verlusts von Sparkas­ senbriefen; vgl. auch Herbst/Lang Rz.87.

§ 9 Abwägung der Interessen und notwendige Rechtsfolgen

163

berechtigten Erstgläubiger nur dann zuläßt, wenn dieser im Text der Urkunde namentlich genannte Ersterwerber das Papier noch vorzulegen vermag.

Der Blick auf die Funktion der Verbriefung einer Forderung in einem Prä­ sentationspapier fuhrt zum gleichen Ergebnis. Wendet man § 407 Abs. 1 BGB uneingeschränkt an, besitzt die über das Forderungsrecht ausgestellte Urkunde bis auf eine Verbesserung der Beweislage des Berechtigten keine wertpapier­ spezifische Funktion im Rechtsverkehr. Selbst das Argument, die Kontrolle der Berechtigung werde durch die Vorlage des ausgegebenen „Ausweises“ er­ leichtert, spricht der Urkunde nur scheinbar einen anerkennenswerten Zweck zu. Dieser Ausweis wirkt nämlich nur solange als alleiniges Legitimationsmit­ tel, als er sich in der Hand des namentlich benannten Ersterwerbers befindet. Für jeden Zessionar ist die bloße Urkundenvorlage als Nachweis seiner Be­ rechtigung nicht ausreichend. Die Argumentation zugunsten einer uneinge­ schränkten Anwendung des § 407 Abs. 1 BGB versucht vielmehr die Wirkun­ gen der vom Schuldner in den Urkundentext aufgenommenen Präsentations­ klausel zu dessen Gunsten wieder zu egalisieren. Wird argumentiert, das Pa­ pier erleichtere dem Schuldner die Überprüfung der Tatsache, daß der Erster­ werber das Recht bei Geltendmachung noch nicht veräußert hat und er also noch befreiend an diesen zu leisten vermag, so wird dadurch nur dieselbe Si­ tuation beschrieben, die auch ohne Ausstellung der Urkunde vorgelegen hätte. Bleibt die Forderung nämlich unverbrieft, so ist dem Schuldner der Ersterwer­ ber ebenfalls namentlich bekannt. Leistet er an diesen in Unkenntnis einer möglichen Zession, so hat diese Leistung ohnehin Befreiungswirkung, und zwar gleichgültig, ob sie an einen Berechtigten oder an einen Nichtberechtig­ ten erfolgt. Wird nun § 407 Abs. 1 BGB nicht durch die Pflicht zur Präsentati­ on eines ausgestellten Papiers bei Geltendmachung der Forderung teleologisch reduziert, so soll lediglich erreicht werden, daß der Schuldner die Berechti­ gung des ansprechenden Erstgläubigers nach den Regeln des Zessionsrechts (also gar nicht) prüfen muß. Auf die Vorlage des Papiers kommt es dann nicht an. Steht jedoch die Möglichkeit der befreienden Leistung auch an den nicht­ berechtigten Ersterwerber im Vordergrund, so bleibt der Sinn der Ausstellung eines Papiers mit Präsentationsklausel durch den Schuldner im Dunkeln.57 Berücksichtigt aber der Schuldner schon bei der Ausstellung potentielle Übertragungsvorgänge und möchte er deshalb die Urkunde bei Geltendma­ chung vom Ansprecher präsentiert bekommen, so kann diese Präsentati­ onspflicht nur den Zweck haben, festzustellen, ob der Erstberechtigte, so er denn Zahlung verlangt, nicht das Recht in der Zwischenzeit veräußert hat. Da 57 Canaris, Großkommentar zum HGB3 § 363 Anm.20.

ii*

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

wegen der Präsentationsklausel eine Veräußerung ohne Weitergabe der Ur­ kunde undenkbar ist, kommt dem Umstand, daß der Ersterwerber das Papier nicht mehr innehat, ein so starkes Indiz für eine Rechtsübertragung zu, daß dem Schuldner die befreiende Wirkung seiner Leistung zu versagen ist. Damit erlangt die ausgegebene Urkunde eine negative Legitimationsfunktion.

Ermöglichte man in dieser Situation dem Schuldner eine befreiende Lei­ stung, so wäre die Präsentationsklausel auf der Urkunde nicht nur überflüssig, sondern, da widersprüchlich und irreführend, sogar potentiell verkehrsschädi­ gend. Daher muß gerade im Schutz des papierinnehabenden Zessionars vor einer befreienden Leistung des Schuldners an den nichtberechtigten Erstgläu­ biger der Sinn einer mit Präsentationspflicht ausgestatteten Urkunde über ein Namenspapier gesehen werden. Die Interessen des Erstgläubigers bei Papierverlust verlangen keine andere Wertung. Ihm ist durch die Zulässigkeit eines Aufgebotsverfahrens die Mög­ lichkeit eröffnet, den Verlust des Ausweises über seine noch bestehende Be­ rechtigung auszugleichen. Die durch die Amortisation entstehenden Nachteile sind ihm schon deshalb zumutbar, weil es zu seinen Obliegenheiten gehört, sich vor einem Verlust der Urkunde zu schützen.

Ist eine Namensschuldverschreibung mit einer Präsentationsklausel verse­ hen, muß § 407 Abs. 1 BGB durch das Vorlegungserfordernis teleologisch re­ duziert werden. Für die befreiende Leistung des Schuldners hat somit die von Raiser als zentraler Satz der Rektapapierlehre formulierte Aussage Gültigkeit, „ daß der Schuldner ohne das Papier nicht bloß nicht zu leisten braucht, son­ dern in dem Sinn nicht leisten darf, daß er dann den Schutz des § 407 Abs. 1 BGB nicht genießt, also Gefahr läuft, dem wahren Berechtigten, der das Pa­ pier vorlegen kann, ein zweites Mal leisten zu müssen. Anders gewendet: der Zessionar braucht Verfügungen des nichtmehrberechtigten Zedenten über das Recht, von dem Augenblick an nicht mehr zu fürchten, in dem dieser den Aus­ weis an ihn abgibt. Papierbesitz ersetzt die Zessionsanzeige an den Schuld­ ner. "58

IV. Ergebnis

Als Ergebnis der Interessenabwägung zur Problematik der Leistung an ei­ nen Nichtberechtigten ist festzuhalten: Ist über eine Schuldverschreibung eine

58&üserZHR 101 (1935), S.36 f.

§ 9 Abwägung der Interessen und notwendige Rechtsfolgen

165

Urkunde ausgestellt worden und geht daraus hervor, daß Zahlung nur gegen Urkundenvorlage an einen namentlich benannten Gläubiger geleistet wird, so ist das auf die Übertragung der in einem solchen Rektapapier verbrieften For­ derung grundsätzlich anwendbare Zessionsrecht teleologisch zu reduzieren. Die Regelung des § 407 Abs. 1 BGB ist für Rektapapiere mit Präsentations­ klausel insoweit eingeschränkt, als der Schuldner nur dann befreiend an den nichtmehrberechtigten Altgläubiger leisten kann, wenn dieser in der Lage ist, die Urkunde vorzulegen.59 Andernfalls ist der nachträglich das Papier präsen­ tierende Zessionar weiterhin berechtigt, bei Fälligkeit Zahlung zu verlangen. Zeigt der Zessionar dem Schuldner mit entsprechenden Nachweisen einen Wechsel in der Berechtigung an, so muß dies der Schuldner gemäß § 407 Abs. 1 a.E. BGB ebenso beachten60 wie bei einer unverbrieften Forderung und kann nicht mehr befreiend an den Erstgläubiger leisten.61

Ebenso wie die befreiende Erfüllungsleistung ist gegenüber einem berech­ tigten Zessionar die Wirksamkeit eines jeglichen Rechtsgeschäfts, das ein nicht mehr berechtigter Gläubiger mit dem Schuldner in Ansehung der Schuldverschreibung vornimmt, von dessen Innehabung des Papiers abhängig. Rechtsgeschäfte, die nach der Übertragung des Rechts zwischen Schuldner und Zedent abgeschlossen werden, muß der Zessionar damit nicht gegen sich gelten lassen, wenn er zum Zeitpunkt der Vornahme die Urkunde in seinem Besitz hatte. Beläßt der Zessionar jedoch die Urkunde im Besitz des Zedenten, so kann der Schuldner, der nichts von einer Übertragung weiß, befreiend an den ihm als ursprünglich Berechtigter bekannten Zedenten leisten, wenn ihm dieser die Urkunde präsentiert. Setzt sich der Zessionar dieser Gefahr einer befreienden Leistung des Schuldners aus, ist er nicht schutzwürdig. Ist er zum Belassen der Urkunde im Besitz des Veräußerers gezwungen, sei es, weil das erworbene Recht als Sicherheit dienen soll, sei es, weil eine andere fiduziarische Kon­ struktion dem Übertragungsvorgang zugrunde liegt, so bleibt dem Zessionar, die Anzeige des Gläubigerwechsels an den Schuldner vom Zedenten als Ne­ benpflicht aus dem Abtretungsvertrag zu verlangen oder selbst dem Schuldner von der Abtretung glaubhaft Kenntnis zu verschaffen.

59 Nach Jacobi, Das Wertpapier als Legitimationsmittel, S.3, ist dieser Effekt sogar die einzige wertpapierrechtliche Bedeutung des Rektapapiers.

60 Raiser ZHR 101 (1935), S.34; a.A. Jacobi, Das Wertpapier als Legitimationsmit­ tel, S.3 f.; ders., in Ehrenbergs Handbuch S.206 f.; ders. ZHR 1933; S.73.

61 Gleiches gilt erst recht, wenn die Anzeige durch den Zedenten erfolgt.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

Die Urkundeninnehabung ist für die Geltendmachung des verbrieften Rechts notwendige Bedingung. Nur durch die Pflicht zur Präsentation erfährt auch die in einem Namenspapier verbriefte Schuldverschreibung einen im Vergleich zur unverbrieften Forderung gesteigerten Verkehrsschutz. Aufgrund der starken Bedeutung der Urkunde für die Durchsetzung des verbrieften Rechts muß diese bei Verlust oder Vernichtung ersetzbar sein. Deshalb ist in analoger Anwendung der § 799 BGB und § 365 Abs. 2 HGB ein Aufgebot der Urkunde auch bei Namensschuldverschreibungen mit Präsentationsklausel zulässig.

§ 10 Rechtsscheinwirkung der Urkundeninnehabung zu Lasten des Berechtigten Die vorangegangenen Untersuchungen haben gezeigt, daß der Namens­ schuldverschreibung eine Zwischenstellung zwischen den unverbrieften Forde­ rungen und den Wertpapieren des öffentlichen Glaubens zukommt. Auf die Übertragung der in einer Namensschuldverschreibung verbrieften Forderung ist zwar grundsätzlich Zessionsrecht anzuwenden, doch kommen der Urkunde aufgrund des Vorlegungszwangs auch wertpapierrechtliche Funktionen und Eigenschaften zu.1 Berücksichtigt man die Nähe der Namensschuldverschrei­ bung zu den Wertpapieren des öffentlichen Glaubens, so stellt sich folgerichtig die Frage, ob aufgrund der besonderen Verknüpfung von Recht und körperli­ cher Urkunde ein gutgläubiger Erwerb der solcherart verbrieften Rechte mög­ lich ist.2 Voraussetzung für einen möglichen Gutglaubenserwerb ist das Vorhanden­ sein eines Anknüpfungstatbestands für das Vertrauen eines Erwerbers in die Berechtigung des Veräußerers. Bei Inhaberpapieren wird dieses Vertrauen schon dann geschützt, wenn der Veräußerer Inhaber der Urkunde ist. Zu un­ tersuchen ist daher, ob der Urkundeninnehabung bei Namensschuldverschrei­ bungen eine Rechtsscheinwirkung zukommt, die stark genug ist, um als Anker für einen gutgläubigen Erwerb des verbrieften Rechts vom Nichtberechtigten dienen zu können. Dabei muß überlegt werden, ob die Interessenbewertung des Zessionsrechts, das bei unverbrieften Forderungen der Erhaltung der Rechtsstellung des Berechtigten größeres Gewicht beimißt als dem Vertrau­ ensschutz eines redlichen Erwerbers, aufgrund einer andersgelagerten Interes­ sensituation der Beteiligten bei Namensschuldverschreibungen einer Korrektur bedarf. Daneben muß geprüft werden, ob sachenrechtliche Übertragungs­

1 Nach Ansicht der Anhänger des weiten und des alternativen Wertpapierbegriffes ermöglicht der Vorlegungszwang gerade die Qualifizierung als Wertpapier; vgl. oben § 61. 2 Für die Möglichkeit eines Gutglaubenserwerbs de lege ferenda Kümpel, WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.33 f. Seine Argumentation ist jedoch so angelegt, daß schon de lege lata ein redlicher Erwerb möglich sein soll.

168

2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

grundsätze auch auf in Namenspapieren verbriefte Forderungen übertragbar sind.3

L Die Interessenlage

1. Die Interessen des Erstgläubigers Für den Erstgläubiger ist es von entscheidender Bedeutung, daß er sein Recht, kommt ihm die Urkunde irgendwie abhanden, nicht durch die Veräuße­ rung eines Nichtberechtigten an einen gutgläubigen Erwerber der Urkunde verlieren kann. Für den Anleger ist der originäre Erwerb des in einer Namens­ schuldverschreibung verbrieften Rechts regelmäßig dadurch motiviert, daß ihm so im Vergleich zur Anlage in einem Inhaber- oder Orderpapier größere Sicherheit geboten wird.4 Besteht bei Inhaberpapieren die Gefahr eines Rechtsverlusts infolge eines redlichen Erwerbs vom Nichtberechtigten auch dann, wenn dem Gläubiger die Urkunde abhandengekommen, ja sogar, wenn sie ihm gestohlen worden ist (vgl. § 935 Abs. 2 BGB), so wird im Rechtsver­ kehr der Vorzug einer Namensschuldverschreibung allgemein darin gesehen, daß der Berechtigte im Falle eines Abhandenkommens der Urkunde vor einem Rechtsverlust durch redliche Dritterwerber geschützt ist, § 935 Abs. 2 BGB mithin nicht anwendbar ist.5 Verlöre der Erwerber einer Namensschuldver­ schreibung die Gewißheit, daß ein Unberechtigter allein mit der Innehabung der Urkunde nichts anzufangen vermag, so büßte für ihn diese Anlageform mit der Sicherheit vor einem Rechtsverlust den letzten verbleibenden Vorteil ge­ genüber einer Inhaberschuldverschreibung ein.6

3 So Kümpel, WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.33 f.

4 Dieser Sicherheitsaspekt wird in der einzigen Gesetzesstelle, die Namensschuld­ verschreibungen gewidmet ist, deutlich: Die Umschreibung einer Inhaberschuldver­ schreibung auf den Namen gemäß § 806 BGB hat einzig und allein den Zweck, die Nachteile der § 932 ff. BGB, insbesondere § 935 Abs. 2 BGB, auszuschalten. Dies ist ein Umstand, der die Verkehrserwartungen gegenüber Namensschuldverschreibungen maßgeblich prägt.

5 Auch der Gesetzgeber geht von einer solchen Wertung aus, was das mögliche „Festmachen“ einer Inhaberschuldverschreibung durch Umschreiben auf den Namen in § 806 BGB verdeutlicht. Bestünde der genannte Vorzug nicht, wäre der Regelung des § 806 BGB ihr Sinn genommen. 6 Hueck/Canaris § 24 VII 1.

§ 10 Rechtsscheinwirkung der Urkunde zu Lasten des Berechtigten

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2. Die Interessen des Zessionars Der Zessionar dagegen will die Gewähr haben, daß er, wenn er unter Ur­ kundenvorlage ein verbrieftes Recht erwerben möchte, nicht Gefahr läuft, die Gegenleistung zu erbringen, ohne vom in Wahrheit nicht mehr berechtigten Veräußerer eine Forderung zu erwerben. Der Zessionar will sicher sein, daß er bei einem unter Urkundenvorlage veräußernden Zedenten auf dessen Behaup­ tung seiner Berechtigung vertrauen darf. Fallen Urkundeninnehabung und Be­ rechtigung auseinander, so soll sein Vertrauen auf die Legitimationskraft der Urkundeninnehabung durch den gutgläubigen Erwerb des Rechts vom Nicht­ berechtigten geschützt werden. Die Anwendbarkeit der Regeln über den gut­ gläubigen Erwerb, insbesondere die volle Anwendung der §§ 935 Abs. 2 und 936 BGB würde seinen Interessen entgegenkommen.

3. Die Interessen des Schuldners

Interessen des Schuldners sind bei einem Rechtsverlust des Berechtigten infolge gutgläubigen Erwerbs nicht betroffen. Auf die Frage, ob das Vertrauen in die Forderungsträgerschaft einer sich noch im Verkehr befindlichen Urkun­ de über ein bereits durch Erfiillungsleistung erloschenes Recht gegenüber dem Schuldner erneut schuldbegründende Wirkung haben kann, ist noch einzuge­ hen.

II. Interessenabwägung und notwendige Rechtsfolgen Die Interessenabwägung reduziert sich somit darauf, ob die Sicherungsin­ teressen des Berechtigten dem Vertrauensschutz eines möglichen Erwerbers vorgehen7 oder ob, wie bei den Wertpapieren des öffentlichen Glaubens, die Verkehrsschutzinteressen den Vorzug verdienen.8

7 So fast die gesamte wertpapierrechtliche Literatur, vgl. statt vieler Koller, WM 1981, S.478 ff. 8 Für eine Zulassung des gutgläubigen Erwerbes und einer Gleichstellung von Na­ mensschuldverschreibungen des Kapitalmarktes mit den Inhaberschuldverschreibungen plädiert Kümpel, in WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.33 ff. zumindest de lege ferenda. Seine Ausführungen machen jedoch deutlich, daß er eine Analogie zum Recht der In­ haberpapiere auch auf dem Boden des geltenden Rechts für möglich hält (vgl. dazu auch toZ/er, WM 1981, S.478).

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

1. Zur gesetzlichen Ausgangssituation

Der Grund für die Wertung des Gesetzgebers, im Sachenrecht den Schutz des berechtigten Vertrauens des Erwerbers in die Rechtsstellung des Veräuße­ rers höher zu bewerten als den Erhalt der Rechtsstellung des dinglich Berech­ tigten, ist auf das Bedürfnis nach einem sicheren und leichten Verkehr mit beweglichen Sachen zurückzuführen.9 Die Tatsache, daß der Erwerber einer beweglichen Sache regelmäßig vor unüberwindlichen Schwierigkeiten steht, wenn er die Berechtigung des Veräußerers erforschen will, rechtfertigt die Durchbrechung des im übrigen stark bewehrten Schutzes des absoluten Rechts Eigentum, da ein Verkehr mit beweglichen Sachen ohne Vertrauensschutz zum Erliegen käme. Hinzu kommt die mögliche Anknüpfung an den ersichtli­ chen Besitz als Rechtsscheintatbestand (vgl. § 1006 BGB). An dieser Stelle ist deshalb die Frage zu stellen, ob es ein Bedürfnis gibt, den Verkehr mit Namensschuldverschreibungen ähnlich stark zu begünstigen und sich zu diesem Zweck auf die Urkundeninnehabung zu stützen. Weil die Namensschuldverschreibung sowohl zessionsrechtliche als auch wertpapier­ rechtliche Züge trägt, müssen als Vergleichsmaßstäbe der Verkehrsschutz bei unverbrieften Forderungen und das vom sachenrechtlichen Gutglaubensschutz geprägte Recht der Inhaberschuldverschreibung herangezogen werden. Da der Gesetzgeber bereits in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts einen regen Verkehr mit Inhaberpapieren vorgeftmden hatte, wurde mit dem Ziel eines effizienten Schutzes des Handels mit diesen massenhaft auftreten­ den, austauschbaren Kapitalmarktpapieren die Inhaberschuldverschreibung durch ausdrückliche Normierung den beweglichen Sachen gleichgestellt.10 Wie stark dabei der Verkehrsschutz im Vordergrund stand, verdeutlicht die Rege­ lung des § 935 Abs. 2 BGB, die im Schutz des Vertrauens redlicher Erwerber in die Berechtigung des Veräußerers von Inhaberschuldverschreibungen noch über das Fahrnisrecht hinausreicht. Dagegen ging der Gesetzgeber davon aus, daß ein Handel mit Namens­ schuldverschreibungen, wenn überhaupt, nur in sehr geringem Umfang vor­

9 Baur § 52 I 2; Wolff-Raiser § 68 II 1; Zweigert, RabelsZ 23, S.14; Heck, Sachen­ recht, §5811. 10 So wird gemäß § 1006 BGB das Eigentum an der Urkunde zugunsten des Inha­ bers vermutet, nach §§ 793 Abs. 1 und 794 BGB darüberhinaus jedoch auch dessen materielle Berechtigung in Bezug auf des verkörperte Recht.

§ 10 Rechtsscheinwirkung der Urkunde zu Lasten des Berechtigten

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handen war.11 Die einzige Stelle im BGB, an der Namensschuldverschreibun­ gen überhaupt erwähnt werden (§ 806 BGB), macht vielmehr deutlich, daß die Rechtsform der Namensschuldverschreibung allein dazu konzipiert war, die Fungibilität gegenüber den Inhaber- und Orderpapieren zu reduzieren. Mit der durch § 806 BGB eröffneten Möglichkeit, die Inhaberschuldverschreibung auf den Namen umzuschreiben, sollte den Sicherungsinteressen des Berechtigten gedient werden. Unter dem Blickwinkel des historischen Gesetzgebers muß man in diesem sogenannten „Festmachen" des Inhaberpapiers gerade den Sinn sehen, den Berechtigten von der Gefahr des Rechtsverlustes an einen gutgläu­ bigen Erwerber zu befreien und die Regeln der § 932 ff. BGB, insbesondere § 935 Abs. 2 BGB, auszuschalten.12

2. Neubewertung aufgrund veränderter Interessenlage ?

Wie sich aus den Kapitalmarktstatistiken der Deutschen Bundesbank13 er­ gibt, ist die Zahl der im Umlauf befindlichen Namensschuldverschreibungen sowohl bezüglich des Gesamtwertes der in dieser Rechtsform angelegten Geldmittel als auch bezüglich der Anzahl an abgeschlossenen Einzelverträgen in den letzten dreißig Jahren im Vergleich zur Jahrhundertwende exponential angestiegen.14 Da heute bei inländischen Emittenten die Namensschuldver­ schreibungen etwa einen Anteil von 20%15 des gleichzeitigen Umlaufs ent­ sprechender Inhaberschuldverschreibungen aufweisen, könnten die Interessen 11 Raiser bezeichnet noch 1935 in seinem grundlegenden Aufsatz über das Rekta­ papier in ZHR 101, S.26 (insbesondere Fn. 48 und 49) die Ausgabe von Namens­ schuldverschreibungen als „in Deutschland nicht üblich^. Wegen der Einführung des Systems der reinen Buchforderungen für staatliche Schuldbücher, sei „der Typ des Namenspapiers als Massenpapier des Kapitalmarktes...in Deutschland kaum vertre­ ten "(Hervorhebung des Verf.).

12 Vgl. zu dieser früher gebräuchlichen Sicherung: Mugdan, Materialien II, S.713 Anmerkung zu § 700; Motive H S.398; daneben war im vorigen Jahrhundert die Außer­ kurssetzung des Papiers ein gebräuchliches Sicherungsmittel, das zu einer Unveräus­ serlichkeit des Wertpapiers führte; vgl. Mugdan, Materialien Bd. II, S.714; Adler GrünhutsZ 33 (1906), S.741; Savigny, Obligationenrecht Bd. II, S.185.

13 Vgl. die Tabellen im^wAang I. 14 Dazu haben in nicht unerheblichem Maße die seit Ende der 60er Jahre herausge­ gebenen Sparkassenbriefe beigetragen (zur Marktentwicklung der Sparkassenbriefe vgl. bereits oben § 3 IV 1). 15 Vgl. Tabelle 5 im Anhang I.

172

2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

der Beteiligten in einem mittlerweile stark angewachsenen Verkehr mit Na­ mensschuldverschreibungen eine Durchbrechung der auf veralteten Rechtstat­ sachen aufbauenden, ursprünglichen Wertung des historischen Gesetzgebers erlauben oder gar verlangen. Der Anstieg des in Namensschuldverschreibungen angelegten Kapitalno­ minalwerts darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß sich das Anleger­ verhalten bezüglich der Übertragung von Namensschuldverschreibungen kaum gewandelt hat. Bei der Berücksichtigung dieser veränderten Marktsitua­ tion ist zu bedenken, daß der echte Verkehr mit Namensschuldverschreibun­ gen einen wesentlich geringeren Umfang hat, als der Marktanteil des in Na­ mensschuldverschreibungen angelegten Kapitals dies vermuten ließe. Typi­ scherweise werden Namensschuldverschreibungen auch heute in aller Regel nicht veräußert, sondern über die gesamte Laufzeit gehalten.16 Der Übertra­ gungsvorgang ist somit zwar nicht zu vernachlässigen, aber er ist nach wie vor ein den Zweck und die Charakterisierung des Papiers nicht wesentlich be­ stimmender Aspekt. Bei einer Übertragung muß der Erwerber zwar im Einzel­ fall vor typischen, nicht seiner Beherrschbarkeit unterliegenden Risiken ge­ schützt sein.17 Der Übertragungsvorgang selbst ist jedoch für Namensschuld­ verschreibungen eher untypisch und bedarf deshalb keines besonderen Anrei­ zes durch gesteigerten Verkehrsschutz. Die Veränderung der Marktsituation durch die Erhöhung des Anlagekapitalvolumens rechtfertigt damit allein keine Neubewertung der Interessenlage.

3. Mangelnde Schutzwürdigkeit des Erwerbers einer NamensschuldverSchreibung

a) Zumutbarkeit einer Prüfung der Berechtigung des Veräußerers durch den Erwerber Bei einem Vergleich mit der Regelung der Inhaberschuldverschreibung wird deutlich, daß ein Hauptgrund für die Gleichstellung von in Inhaberpapie­ ren verbrieften Forderungen mit beweglichen Sachen die in gleicher Weise 16 Für Sparkassenbriefe, die bzgl. der Anzahl der abgeschlossenen Geschäfte den mit Abstand größten Anteil an Namensschuldverschreibungen des Kapitalmarktes ausmachen, gilt dies nach übereinstimmender Auskunft des Sparkassen- und Girover­ bandes von Hessen und Thüringen sowie der Nassauischen Sparkasse für 98-99% aller erworbenen Papiere. 17 Vgl. oben §§ 7-9.

§10 Rechtsscheinwirkung der Urkunde zu Lasten des Berechtigten

173

sehr schwierige Überprüfbarkeit der Berechtigung des Veräußerers durch den Erwerber ist.18 Bei Inhaberschuldverschreibungen ist der Grad der Verknüp­ fung von Papier und Recht fast so stark wie bei den gesetzlichen Zahlungsmit­ teln. Deshalb fallt der lückenlose Nachweis der Berechtigung allein unter Zu­ hilfenahme außerurkundlicher Beweise schwer. Die Vermutungswirkung des § 1006 BGB, die dem Schutz des Vertrauens auf die Rechtsscheinwirkung des Besitzes Rechnung trägt, ist deshalb für den Verkehr unentbehrlich.19

Wenn jedoch die mangelnde Überprüfbarkeit der Berechtigung des Veräu­ ßerers als eine tragende Säule des gutgläubigen Erwerbs erkannt wird, ist das Interesse des Berechtigten am Fortbestand seines Rechts höher zu bewerten als das Vertrauen des Erwerbers auf die Verknüpfung von Papierinnehabung und Rechtsinhaberschaft, solange dem Erwerber risikofrei zugemutet werden kann, die Berechtigung seines Vertragspartners zu überprüfen. Dem Zweiterwerber einer Namensschuldverschreibung, der durch die bloße Innehabung der Urkunde noch nicht zur Geltendmachung des verbrieften Rechts legitimiert ist, obliegt es ohnehin, sich von der materiellen Berechti­ gung seines Vertragspartners zu überzeugen. Will er später vom Schuldner die Leistung einfordern, wird dieser von ihm neben der Urkundenvorlage auch den Nachweis über die seine Berechtigung begründenden Übertragungsvor­ gänge verlangen. Der Erwerber einer Namensschuldverschreibung muß des­ halb, aufgrund der Pflicht, dem Schuldner bei Fälligkeit die eigene Berechti­ gung nachzuweisen, dafür sorgen, daß er eine auf den im Papier namentlich Genannten zurückreichende Kette von Abtretungserklärungen erhält. Wenn also die Papiervorlage gegenüber dem Schuldner zwar eine notwendige, nicht jedoch eine hinreichende Bedingung für die Erfüllung seines Leistungsverlan­ gens ist, reicht es für den Zessionar nicht aus, sich allein auf die Papierinne­ habung des Veräußerers als Indiz für dessen Berechtigung zu verlassen.

Da der Zessionar daher ohnehin die Berechtigung des Zedenten im Interes­ se der eigenen Rechtsverwirklichung genau überprüfen muß, besteht für den Schutz seines Vertrauens auf die Berechtigung des Veräußerers infolge bloßer Papierinnehabung ein nur geringes Verkehrsbedürfnis.

18 Nach Baur § 52 I 2a) im Anschluß an Heck, Sachenrecht, § 58 I 1, Wolff-Raiser § 68 II 1 und Zweigert, RabelsZ 23, S.l (14) ist Rechtfertigungsgrund des Prinzips des gutgläubigen Erwerbes „...die Einsicht, daß es dem Erwerber einer beweglichen Sache in aller Regel ohne Einblick in den Lebensbereich des Veräußerers unmöglich ist, fest­ zustellen, ob dieser Eigentümer ist oder nicht.“ 19 Baumbach-Hefermehl WPR, Rz.41.

174 2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

Hinzu kommt, daß die Prüfung der Berechtigung bei Namensschuldver­ schreibungen viel leichter möglich ist, als bei beweglichen Sachen und Inha­ berschuldverschreibungen. Ist nämlich für jeden Zessionar zum Nachweis der eigenen Berechtigung die zumindest schriftliche Dokumentation aller Über­ tragungsvorgänge wichtig, so wird eine Übertragung auch immer nur unter Beifügung dieser Dokumentation erfolgen. Der Zessionar wird diese vom Ze­ denten gemäß § 403 Satz 1 BGB verlangen. Dabei besteht durch die namentli­ che Nennung des Erstberechtigten im Papier eine verläßliche Kontrolle für die Vollständigkeit der Dokumentation.20 Ist der Nachweis lückenhaft, so handelt der Zessionar auf eigenes Risiko, wenn er nicht von einem Erwerb der zwei­ felhaften Namensschuldverschreibung Abstand nimmt. Ein unabweisbares Be­ dürfnis für eine entsprechende Anwendung der Regeln über den gutgläubigen Erwerb auf Namensschuldverschreibungen besteht daher nicht.

b) Kein Vertrauen im Rechtsverkehr auf die Legitimation der Berechtigung des Veräußerers durch ein Namenspapier

Weiterhin ist zweifelhaft, ob die bloße Papierinnehabung des Veräußerers bei Namensschuldverschreibungen als Anknüpfungstatbestand für den Ver­ trauensschutz des Erwerbers überhaupt geeignet ist. Schon die Bezeichnung als „Namens“- oder „Rekta“-papier verdeutlicht, daß hier eine Forderung verbrieft wurde, die „rekta“, also direkt an eine be­ stimmte, namentlich genannte Person zahlbar ist. Jeder Erwerber ist somit schon durch die Wortwahl im Text der Urkunde gewarnt, daß Zahlung grund­ sätzlich nur der namentlich Genannte verlangen kann - allenfalls noch derje­ nige, der sein Recht von diesem nachweisbar ableitet. Selbst der rechtsunkun­ dige Erwerber wird nicht darauf vertrauen, daß er aus einer Urkunde vom Schuldner Zahlung verlangen kann, auf der der Name einer anderen Person als Berechtigter genannt ist, ohne dafür eine vernünftige und nachweisbare Begründung vorbringen zu können. Das Vertrauen in die Legitimationskraft der bloßen Innehabung der Urkunde ist allein schon aus diesem Grunde ge­ ring.

20 Somit kommt der privatschriftlichen Dokumentation der Übertragungsakte eine ähnliche Legitimationswirkung zu wie einer lückenlosen Indossamentenkette bei Or­ derpapieren. Eine vergleichbare Konzeption enthält auch § 1155 BGB für den Hypo­ thekenbrief.

§10 Rechtsscheinwirkung der Urkunde zu Lasten des Berechtigten

175

Ein Blick auf ein anderes im BGB umfassend normiertes Namenspapier unterstreicht dieses Ergebnis. Bezüglich des Hypothekenbriefs, der auf den Namen des Grundpfandrechtsgläubigers ausgestellt wird,21 ist das sachen­ rechtliche Gutglaubensschutzprinzip grundsätzlich ebenfalls nicht anwendbar. Dies ergibt sich e contrario aus § 1155 BGB. Die Möglichkeit eines gutgläubi­ gen Erwerbs des Grundpfandrechts ergibt sich nämlich keineswegs allein aus dem Rechtsschein der Innehabung des Hypothekenbriefes. Selbst wenn die Be­ rechtigung durch eine Kette von Abtretungserklärungen nachgewiesen wird, ist ein redlicher Grundpfandrechtserwerb vom Nichtberechtigten nicht mög­ lich. Eigentlicher Vertrauenstatbestand ist die Kette von öffentlich beglaubig­ ten Abtretungserklärungen, die bis auf die als Anker für den guten Glauben benötigte Grundbucheintragung zurückreichen muß, und nicht der Besitz des Briefs als solcher. Auch bei diesem wesentlich häufiger übertragenen Namenspapier ist An­ knüpfungspunkt für einen Schutz des redlichen Verkehrs gerade nicht allein der Papierbesitz.

c) Verstoß gegen numerus clausus der mit sachenrechtlichen Eigenschaften ausgestatteten Urkunden

Gegen eine entsprechende Anwendung der Regeln über den redlichen Er­ werb auf Namensschuldverschreibungen bestehen auch systematische Beden­ ken. Ließe man einen Gutglaubenserwerb bei Namensschuldverschreibungen zu, müßte darin ein Verstoß gegen den allgemein anerkannten numerus clau­ sus22 der nach sachenrechtlichen Grundsätzen übertragbaren Forderungsrechte gesehen werden.23 Ein solcher numerus clausus besteht zwar aufgrund des sachenrechtlichen Typenzwanges im strengen Sinne allein für die Verbriefung sachenrechtlicher Rechte.24 Doch kann es dem Rechtsverkehr nicht freigestellt sein, nach Belieben schuldrechtliche Forderungsrechte zu schaffen, die den

21 Richardi, S.95. 22 Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.22 ff; Koller WM 1981, S.479; Hueck/ Ca­ naris § 2 UI 2 und 3.

23 Koller WM 1981, S.479. 24 Hueck/Canaris § 2 DI 3 c).

176

2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

spezifischen sachenrechtlichen Verkehrsschutz genießen.25 Aufgrund ihrer ab­ soluten Wirkungen sind die dinglichen Rechte im Gesetz abschließend festge­ legt. Der Typenzwang erfaßt dabei sowohl den Inhalt der dinglichen Rechts­ institute als auch deren Übertragungsweisen. Deshalb ist die Möglichkeit der Anwendung sachenrechtlicher Übertragungsformen auf die gesetzlich geregel­ ten Fälle der Inhaber- und Orderpapiere beschränkt.26 Sofern Namenspapiere nach sachenrechtlichen Traditionsprinzipien übertragen werden können, ist dies im Gesetz ausdrücklich angeordnet.27 Der sachenrechtliche Typenzwang28 verbietet zwar nicht, schuldrechtliche Forderungen in Inhaberpapieren niederzulegen.29 Doch legt das Gesetz mit der Regelung des § 793 BGB abschließend fest, daß Forderungsrechte, die sachen­ rechtlichen Übertragungsregeln unterliegen sollen, allein in Form der Inhaber­ schuldverschreibung zu verbriefen sind.30 Für Mischformen, die grundsätzlich Zessionsrecht unterliegen, bei denen daher die Urkundenübergabe nicht zum konstitutiven Teil des Übertragunsgtatbestandes gehört, die aber andererseits dem sachenrechtlichen Gutglaubenserwerb voll und ganz unterliegen sollen, besteht deshalb weder ein Bedürfnis noch eine dogmatische Rechtfertigung.31

25 Hueck/Canaris § 2 HI 2 c); Koller WM 1981, S.479; Zweifel an der Zulässigkeit der Schaffung von Forderungspapieren mit sachenrechtlichen Eigenschaften „durch bloß private Willkür“ äußert bereits Savigny, Obligationenrecht Bd. H, S.124 ff.

26 Auch Koller, WM 1981, S.479 sieht hinter der Regelung des § 363 HGB über die Schaffung von lediglich eng begrenzten Typen schuldrechtlicher Orderpapiere und dem numerus clausus des Kreises der Inhaberpapiere ein generelles Prinzip, das ein belie­ biges Schaffen von Rechten mit sachenrechtlichem Gutglaubensschutz verbietet. 27 Vgl. §§ 1155 ff BGB für den Hypothekenbrief.

28 Zur Wandelbarkeit dieser Typenfixierung bei Veränderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse vgl. Palandt-Bassenge Vor. §854 Rz. 4. 29 Dies macht bereits die Regelung des § 793 BGB deutlich. Hueck/Canaris § 2 HI 3 c), Zöllner, Wertpapierrecht, § 4 V 2 a).

30 Richardi §111; Zöllner, Wertpapierrecht, § 4 V 2 a).

31 Koller, WM 1981, S.479 f.

§10 Rechtsscheinwirkung der Urkunde zu Lasten des Berechtigten

177

4. Ergebnis Abschließend ist festzuhalten, daß aufgrund der losen Verbindung von Recht und Urkunde bei einem Rektapapier an die Papierinnehabung bei Na­ mensschuldverschreibungen kein anerkennenswerter Vertrauenstatbestand an­ knüpfen kann. Die grundsätzliche Wertung des Gesetzgebers bei nach Zessi­ onsrecht übertragbaren Rechten, den Schutz des Berechtigten höher zu bewer­ ten als den Schutz des Vertrauens potentieller Erwerber, wird auch nicht durch die Ausstellung einer Urkunde über eine Namensschuldverschreibung durchbrochen. Die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs vom Nichtberech­ tigten nach sachenrechtlichen Übertragungsgrundsätzen ist deshalb für Na­ mensschuldverschreibungen nicht gegeben. Dadurch kommt der Urkundenin­ nehabung kein Rechtsschein zu Lasten des Berechtigten zu. Für einen Rechts­ verlust durch dem Berechtigten gegenüber wirksame Verfügungen eines Nichtberechtigten besteht bei Namensschuldverschreibungen keine Gefahr.

12 Seitz

§11 Traditionswirkung der Papierübergabe Lehnt man eine Rechtsscheinwirkung des Papiers für die Berechtigung des Inhabers ab, so daß diese nicht als Basis für einen gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten dienen kann, kommt der Urkundeninnehabung einer Na­ mensschuldverschreibung eine deutlich geringere Bedeutung zu, als bei den vergleichbaren Inhaber- und Orderschuldverschreibungen. Gleichwohl ist auch bei einem Rektapapier mit Vorlegungsklausel das Erlangen der Inhaber­ schaft an der Urkunde von großer Wichtigkeit für jeden Erwerber. Der Be­ rechtigte muß beim Einlösungsverlangen das Papier präsentieren. Dies kann er nur, wenn ihm die Innehabung der Urkunde zumindest als tatsächliche Zu­ griffsmöglichkeit verschafft wurde.1 Deshalb muß und wird jeder Erwerber eines mit einer Präsentationsklausel ausgestatteten Rektapapiers, die Innehabung der Urkunde zu erlangen trach­ ten. Kann der Erwerber faktisch sein Recht nicht ausüben, ohne die Urkunde übergeben oder die Zugriffsmöglichkeit erhalten zu haben, so stellt sich die Frage, ob die Verschaffung der Innehabung der Urkunde für den Übertra­ gungsvorgang derart rechtserheblich ist, daß sie als Übertragungssymbol2 zum zusätzlichen Wirksamkeitserfordernis eines Übertragungsakts werden muß, auch wenn die Übertragung des in einem Rektapapier verbrieften Rechts grundsätzlich durch Zession stattfindet.3

1 Nach Zöllner, in Festschrift für Raiser, S.271 ff. muß auch bei Vorlegungspapie­ ren aufgrund der veränderten technischen Abwicklung des Kapitalmarkt Verkehrs, die sich fast vollständig von der Ausgabe einzelner körperlicher Urkunden gelöst hat, der Begriff der „Innehabung“ nicht mehr positiv im Sinne eines unmittelbaren Besitzes an der Urkunde aufgefaßt werden, sondern vielmehr negativ als eine Rechtsstellung (die auch über den Weg eines mehrfach gestuften mittelbaren Besitzes ermöglicht werden kann), „bei der sichergestellt ist, daß eine Benützung durch andere, insbesondere etwa frühere Rechtsinhaber, praktisch ausgeschlossen ist/' 2 Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.101 f.

3 So Jacobi in Ehrenbergs Handbuch, S.440 ff. Die Übergabe des Wertpapiers bei der Zession entspreche - im Gegensatz zur Übergabe des bloßen Schuldscheins - der Sachübergabe bei der Übereignung: Ohne die Übergabe könne der Erwerber hier das Recht, dort das Eigentum noch nicht tatsächlich ausüben.

§ 11 Traditionswirkung der Papierübergabe

179

Aus den Grundprinzipien des Sachen- und des Schuldrechts ist deshalb zu entwickeln, ob die Übertragung einer Namensschuldverschreibung allein durch formlose Abtretung wirksam erfolgen kann4 oder ob darüberhinaus als Regelvoraussetzung auch die Übergabe des Papiers im Sinne einer sachen­ rechtlichen Besitzverschaffung erforderlich ist.5

L Anwendbarkeit des sachenrechtlichen Traditionsprinzips auf Namensschuldverschreibungen

Ausgangspunkt muß die Aussage des § 413 BGB sein. Danach schreibt das BGB durch Verweisung auf § 398 BGB für die Übertragung aller sonstigen Rechte, außer Forderungen und Sachenrechten, nur eine unabhängig vom Kausalgeschäft zustandekommende „Einigung“ durch Vertrag vor (sog. „Trennungsprinzip“), sofern nicht gesetzliche Sonderregeln etwas anderes bestimmen6 Die Grundform der Rechtsübertragung durch bloße „Einigung“ kommt somit ohne das sachenrechtliche Traditionsprinzip aus. Hält man Na­ mensschuldverschreibungen aufgrund der ihnen anhaftenden wertpapierrecht­ lichen Eigenschaften für mehr als bloße Forderungen, auf die unproblematisch § 398 BGB anzuwenden ist, so kann die Berücksichtigung des sachenrechtli­ chen Traditionsprinzips bei der Rechtsübertragung durch die Notwendigkeit der Urkundenübergabe nur zulässig sein,7 wenn sachenrechtliche Übertra­ gungsregeln in direkter oder entsprechender Anwendung die Grundnorm des §413 BGB modifizieren.

4 Für Übertragung des in der Namensschuldverschreibung verkörperten Rechts al­ lein nach § 398 S.l BGB durch Einigung spricht sich die heute überwiegende Meinung aus; vgl statt vieler: Hueck/Canaris § 1 I 5 b); Zöllner, in Festschrift für Raiser, S.273; Raiser ZHR 101 (1935), S.39 ff.; Koller, Gutachten, S.1462 f.

5 Für das zusätzliche Erfordernis der Urkundenübergabe als Übertragungsvorausset­ zung trat die um die Jahrhundertwende herrschend gewordene Meinung ein: Jacobi, Ehrenbergs Handbuch, S.440-445; Wieland, Handelsrecht, Band II, S.9; weitere Nach­ weise bei Raiser ZHR 101 (1935), S.39 FN 75; aus neuerer Zeit Herbst/LangA 1975, Rz.7; differenzierend danach, ob dem Papier im Verkehr die Bedeutung eines Übertragungssymboles zugewiesen ist, Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.101; Richardi S.35 f. 6 Baur § 51 I 1 b cc)

7 Adler GrünhutsZ 33 (1906), S.740. 12*

180

2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

Mangels positivrechtlicher Regelungen fehlt es an einer eindeutigen Aussa­ ge zum Traditionsprinzip bei Namensschuldverschreibungen. Rektapapiere haben nur ansatzweise eine Regelung im BGB erfahren. Dabei sind, wie beim Hypothekenbrief, bei dem die Übergabe des Briefs zur Entstehung und zum Übergang der Verkehrshypothek gemäß § 1117 Abs. 1 Satz 1 und § 1154 Abs. 1 Satz 1 BGB erforderlich ist, Spezialbereiche betroffen, die nicht auf Na­ mensschuldverschreibungen übertragbar sind.8 Auch § 792 Abs. 1 Satz 3 BGB wonach zur Übertragung einer Anweisung die Übergabe der Anweisungsur­ kunde notwendig ist, wird als irreguläre Sondervorschrift aufgefaßt, deren Existenz sich allein aus dem Bestreben des Gesetzgebers ergebe, die An­ weisung zu einem eigenständigen Rechtsinstitut auszugestalten.9 Deshalb kann für die Beurteilung von Namensschuldverschreibungen nur eine entsprechende Anwendung der vergleichbaren Regeln über Schuldverschreibungen mit ande­ rer rechtlicher Ausgestaltung, also Inhaber-10 und Orderschuldverschreibun­ gen11, und damit letztendlich der Regeln über die Übertragung beweglicher Sachen in Betracht kommen.

Somit stellt sich die Frage nach der funktionalen Vergleichbarkeit der Na­ mensschuldverschreibung mit der, weitgehend dem Recht der Fahrnis unter­ stellten Inhaberschuldverschreibung. Eine entsprechende Anwendung sachen­ rechtlicher Übertragungsregeln kann nur dann zulässig sein, wenn der Inne­ habung der Urkunde bei Namensschuldverschreibungen dieselbe oder zumin­ dest eine ähnliche rechtliche Bedeutung für das Forderungsrecht zukommt, wie der tatsächlichen Gewalt über einen körperlichen Gegenstand für das Sacheigentum. Besitz und Sacheigentum werden hinsichtlich der Rechtsübertragung durch drei Funktionsbereiche verknüpft, nämlich die der Publizität, d.h. der Ver­ deutlichung rechtlicher Beziehungen durch sichtbare faktische Umstände, der Vermutungswirkung, d.h. der Zulässigkeit eines Rückschlusses aus eben diesen faktischen Umständen auf die rechtliche Beziehung und den Rechtsschein, als Anknüpfungspunkt für den Vertrauensschutz redlicher Erwerber, d.h. der grundsätzlichen Höherbewertung des Vertrauens auf diese Faktizität gegen­ über der wahren Rechtslage im Rechtsverkehr. Nur wenn bei der Namens-

8 Hueck/Canaris § 1 I 5 b). 9 Vgl. Hueck/Canaris § 1 I 5 b); Raiser ZHR 101 (1935), S.41; Ulmer AcP 126, S.130 ff; Löwenfeld, S.l 1 ff. (42).

10 Baumbach/Hefermehl WPR Rz.31. 11 Baumbach/Hefermehl WPR Rz.52.

§ 11 Traditionswirkung der Papierübergabe

181

Schuldverschreibung eine ähnlich enge Verknüpfung von Papierinnehabung und verbrieftem Recht festzustellen ist, kann der Verschaffung der Papierin­ nehabung eine so starke Bedeutung im Rechtsverkehr beigemessen werden, daß sie als Wirksamkeitserfordernis für eine Rechtsübertragung angesehen werden muß.

7. Papierinnehabung kein Indiz für die Möglichkeit der Rechtsausübung

Es wurde bereits festgestellt, daß der bloße Papierbesitz für jeden Zweiter­ werber zur Rechtsausübung oder Nutzungsziehung aus dem Recht nicht aus­ reichend ist.12 Bei der Inhaberschuldverschreibung ist durch die Regelung des § 793 Abs. 1 BGB jeder Inhaber zur Geltendmachung des Rechts gegenüber dem Schuldner faktisch in der Lage und solange auch berechtigt, bis ihm der Schuldner nachweist, daß er zur Verfügung über die Urkunde nicht berechtigt, also trotz Urkundeninhaberschaft nicht der Rechtsinhaber ist. Die bloße tat­ sächliche Gewalt über das Papier gibt bei einem Inhaberpapier eine starke fak­ tische Position für die Nutzbarmachung des verbrieften Rechts auch für den Nichtberechtigten, da dem Schuldner die Schwierigkeit eines Beweises der fehlenden Berechtigung aufgebürdet ist.

Die Situation bei der Namensschuldverschreibung ist anders. Zwar kann auch hier, handelt es sich wie in aller Regel um ein Vorlegungspapier, das Recht nur über die Präsentation durch den Inhaber der Urkunde geltend ge­ macht werden. Doch ist die Urkundenvorlage lediglich eine notwendige Be­ dingung der Rechtsdurchsetzung. Gemäß der allgemeinen Regelung der §§ 241, 362 Abs. 1 BGB kann bei Namensschuldverschreibungen nur der be­ rechtigte Gläubiger Leistung vom Schuldner verlangen. Zumindest der Zweit­ erwerber muß deshalb dem Schuldner den Erwerb seiner Berechtigung nach­ weisen. Für diesen Beweis reicht jedoch die bloße Papierinnehabung nicht aus. Vielmehr muß der Zessionar die bis auf den im Papier namentlich genannten Ersterwerber zurückgehenden Übertragungsvorgänge dokumentieren. Erst dann kann er das Recht geltend machen oder die Nutzungen in Form von Zin­ sen ziehen. Anders als beim Besitz an einer Sache bedeutet die tatsächliche Gewalt über das Papier somit noch kein Indiz für die Möglichkeit der zumin­ dest faktischen Nutzbarmachung des verbrieften Rechts und erlaubt deshalb auch nicht den bei Fahrnis zulässigen Schluß vom Inhaber der tatsächlichen

12 Vgl. §10.

182

2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

Gewalt auf den absolut berechtigten Eigentümer.13 Da die bloße tatsächliche Gewalt über das Papier noch keine Aussage über die mögliche Rechtsaus­ übung und -Verwertung ergibt, ist für eine Vermutungswirkung der Papierin­ nehabung zugunsten der Rechtsinhaberschaft bei Namensschuldverschreibun­ gen kein Raum.

2. Kein Schutz des Vertrauens auf den Rechtsschein des Papierbesitzes

Wie schon festgestellt wurde, ist bei der Namensschuldverschreibung ein gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten ausgeschlossen. Der Urkundeninnehabung kommt infolge fehlender Vermutungswirkung auch keine Rechts­ scheinwirkung bezüglich der Berechtigung des Veräußerers zu.14

3, Keine Notwendigkeit der Publizität Weiterhin erscheint es nicht notwendig, die Rechtsübertragung durch Ab­ tretung mit Hilfe eines Übertragungssymbols zwingend publik zu machen.15 Die Rechtsverhältnisse um das verbriefte Recht werden durch die schuldrecht­ lichen Abreden der Beteiligten bestimmt. Anders als Inhaberschuldverschrei­ bungen unterliegen die Namensschuldverschreibungen nicht einer skripturalen Strenge.16 Die Urkunde ist nicht der einzige Anknüpfungstatbestand, der die Rechtsverhältnisse bezüglich des verbrieften Rechts bestimmt. Die dem Schuldner zustehenden Einwendungen und Einreden müssen deshalb nicht ab­ schließend aus der Urkunde hervorgehen und können sich sogar, sofern das Papier nicht abstrakt ausgestaltet ist, aus dem Grundgeschäft ergeben. Wenn somit die übrigen Rechtsverhältnisse einer Publizitätspflicht nicht unterliegen, ist es nicht systemkonform, dies nur beim Wechsel in der Person des Berech­ tigten zwingend vorzuschreiben.

13 Rainer ZHR 101 (1935), S.40.

14 Einsele, S.120 f. und oben § 10. 13 Zwar dient die Papierausstellung auch dazu, das unsichtbare Recht sichtbar zu machen. Doch kann dabei von einer echten Publizitätswirkung nicht die Rede sein. Ge­ rade bei Namensschuldverschreibungen bedeutete dies eine Überspannung des Ver­ körperungsgedankens; vgl. Raiser ZHR 101 (1935), S.40. 16 Dazu unter § 12.

§ 11 Traditionswirkung der Papierübergabe

183

4. § 413 BGB auch aufInhaberschuldverschreibungen anwendbar Aus ihrer Zugehörigkeit zum Vertragstyp der Schuldverschreibung läßt sich für Namensschuldverschreibungen ebensowenig ein Erfordernis der Urkun­ denübergabe für die Übertragung der verkörperten Forderung ableiten. Zwar ist sowohl bei Inhaber- als auch bei Orderschuldverschreibungen die Urkun­ denübergabe Wirksamkeitserfordernis der Rechtsübertragung.17 Der Begriff der Schuldverschreibung, der lediglich ein verbrieftes Schuldversprechen über einen beliebigen Schuldinhalt umschreibt, ist aber als Grundlage für eine Aus­ sage über eine bestimmte Übertragungsweise zu allgemein. Die Art und Weise der Übertragung wird in viel geringerem Maße durch die Zugehörigkeit zum Vertragstyp der Schuldverschreibungen bestimmt, als durch die Einordnung in die Wertpapiergruppen der Inhaber-, Order- oder Rektapapiere.18 Außerdem gilt es zu bedenken, daß nach vordringender Auffassung selbst bei Inhaberschuldverschreibungen keine ausdrückliche gesetzliche Beschrän­ kung auf rein sachenrechtliche Übertragungsformen besteht.19 § 935 Abs. 2 BGB besagt nur, daß eine Übertragung des verbrieften Rechts beim Inhaberpa­ pier jedenfalls auch im Wege der sachenrechtlichen Papierübereignung mög­ lich sein muß. Dadurch wird jedoch die Grundregel des § 413 BGB nicht um­ fassend ausgeschlossen. Vielmehr ist auch bei Inhaberpapieren eine Übertra­ gung durch Abtretung des Rechts gemäß §§ 398/413 BGB zulässig. In diesem Fall folgt gemäß § 952 Abs. 2 BGB das Eigentum am Papier dem verbrieften Recht nach. Zwar besteht bei dieser Übertragungsweise kein Gutglaubens­ schutz.20 Ein Auseinanderfallen von Urkundeneigentum und Forderungsbe­ 17 Baumbach!Hefermehl WPR. Rz.31 und 52. 18 Als Ausnahme wird teilweise für die Rektakonnossemente und Rektalade- und lagerscheine allein aufgrund ihrer Vertragstypik im Gütergeschäft die Übergabe als Wirksamkeitserfordemis in gleicher Weise angenommen, wie bei den Inhaber- und Orderpapieren; Ulmer, S. 101. 19 Zöllner, Wertpapierrecht, § 2 II 1 b); ders. Festschrift für Raiser, S.249 (272l^MuschelerWW 1981, S.658 ff; Baumbach!Hefermehl WPR Rz. 31; Jacobi ZHR 85 (1921), S.45; a.A. RGZ 88, S.292; RGZ 160, S.341; BGH NJW 1958, S.302; BGH WM 1970, S.245; Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.77 sieht bei Inhaberpapieren keinen Raum für eine zivilrechtliche Übertragung: „Eine Abtretung unter gleichzeitiger Übergabe des Papiers wäre im Rechtsleben von der Übereignung nicht zu unterschei­ den“; Jacobi in Ehrenbergs Handbuch, § 37, S.440-445; Brunner in Endemanns Handbuch Bd. II, S.149; Savigny Obligationenrecht Bd. II S.137 f ; differenzierend Hueck/Canaris § 1 I 5b).

20 Hueck/Canaris § 1 I 5 b).

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

rechtigung wird aber wegen § 952 Abs. 2 BGB auch hier vermieden. Die Übertragung von Schuldverschreibungen ist somit nicht auf eine sachenrecht­ liche Traditionsform festgelegt. Lediglich dann, wenn das verbriefte Recht so eng an das Papier geknüpft ist, wie dies kraft gesetzlicher Anordnung bei In­ haberschuldverschreibungen der Fall ist, wird auch eine sachenrechtliche Tra­ ditionsweise mit gesteigertem Verkehrsschutz zugelassen. Da jedoch bei der Namensschuldverschreibung alle drei genannten Aspekte fehlen, die die Inha­ berschuldverschreibung in die Nähe der Fahrnis rücken, ist allein aufgrund der Rechtsform als Schuldverschreibung eine sachenrechtliche Übertragungs­ weise nicht angezeigt.

5. Erlangung des Urkundenbesitzes als Erwerberobliegenheit

Wegen des Erfordernisses, das Papier bei Geltendmachung des verbrieften Rechts dem Schuldner vorzulegen, muß der Erwerber darauf bedacht sein, die Urkunde zu erhalten. Die Schutzmechanismen zugunsten des Zessionars, wie die Reduktion des § 407 Abs. 1 BGB, können ihre Wirkungen nur entfalten, wenn das Papier im Besitz des Berechtigten ist. Zusätzlich wird sich der Er­ werber eine Abtretungserklärung des Zedenten in schriftlicher Form verschaf­ fen,21 damit ihm der Beweis der Berechtigung gegenüber dem Schuldner ge­ lingt.

Kaum je wird deshalb im Normalfall eine Veräußerung ohne Besitzverschaffung der Urkunde stattfinden. Es wäre jedoch aus den genannten dogma­ tischen Gründen verfehlt, im Umkehrschluß daraus eine Übertragung nur bei Übergabe wirksam werden zu lassen. Vielmehr ist klar zwischen Rechtserwerb durch formlosen Zessionsvertrag und Notwendigkeit der Urkundeninhaber­ schaft zur Ausübung des Rechts zu unterscheiden.22 Ein Auseinanderfallen von Berechtigung und Urkundenbesitz wird bei Na­ mensschuldverschreibungen durch § 952 Abs. 2 BGB gewährleistet. Indem der durch Abtretung vom Zedenten gemäß §§ 413/398 Satz 1 BGB das ver­ briefte Recht Erwerbende die Urkunde zur Rechtsausübung benötigt, ist § 952 Abs. 2 BGB auch auf die Namensschuldverschreibungsurkunde anwendbar. Mit der Abtretung erwirbt der Zessionar somit Eigentum am Papier, das er gemäß §§ 985/986 BGB beim Zedenten vindizieren kann.

21 Das Recht darauf gewährt ihm § 403 S.l BGB. 22 Raiser ZHR 101 (1935), S.40.

§ 11 Traditionswirkung der Papierübergabe

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II. Ergebnis

Für eine Übergabe der Urkunde als konstitutiven Bestandteil des Übertra­ gungsakts besteht bei Namensschuldverschreibungen weder ein praktisches Bedürfnis noch ein dogmatisch haltbarer Grund.23 Der Besitzverschaffung der Urkunde kommt weder eine Publizitäts- noch eine Vermutungs- oder Rechts­ scheinwirkung zu.24 Die Situation bei der Namensschuldverschreibung ist damit nicht mit der bei beweglichen Sachen oder Inhaberschuldverschreibun­ gen vergleichbar. Somit besteht kein Anlaß, die grundsätzliche Regelung des § 413 BGB, die Übertragung sonstiger Rechte im Wege schlichter zessions­ rechtlicher Einigung vorzunehmen, zu korrigieren. Die Übertragung von Namensschuldverschreibungen erfolgt durch bloße Einigung gemäß §§ 398 Satz 1/413 BGB.23 Gemäß § 952 Abs. 2 BGB wird der Erwerber des verbrieften Rechts kraft Gesetzes Eigentümer der Urkunde.

23 Zöllner, Wertpapierrecht, § 2 II2 c); ders. in Festschrift für Raiser, S.273 Fn.71. 24 Einsele, S.120 f. 23 So die heute ganz überwiegende Meinung: vgl. statt vieler nur Zöllner, Wertpa­ pierrecht, § 2 II 2; Hueck/ Canaris § 1 I 5 b); Baumbach/Hefermehl WPR Rz.61, Meyer- Cording A HI 1, S.6.

§ 12 Umfang eines Einwendungsausschlusses bei Namensschuldverschreibungen Ein wichtiges Kriterium umlauffähiger Wertpapiere ist der weitgehende Ausschluß aller Einwendungen, die dem Schuldner aufgrund seiner Rechts­ beziehung zu einem früheren Inhaber, z.B. Zedenten, entstanden sind, gegen­ über einem später redlich auf die Einwendungsfreiheit des Rechts vertrauen­ den Erwerber der verbrieften Forderung, soweit nicht Einwendungen aus dem Text der Urkunde hervorgehen. Dieser als „wertpapierrechtlicher Einwendungsausschluß“ bezeichnete Effekt, wie er sich zum Beispiel in Art. 17 WG für den Wechsel findet, ist Voraussetzung für die gesteigerte Verkehrsfähig­ keit wertpapiermäßig verkörperter Rechte gegenüber den insoweit zessions­ rechtlich geprägten unverbrieften Forderungen. Die weitgehende Ausschal­ tung des § 404 BGB hat dabei eine Verschiebung in der Interessenwertung zur Folge. Im Vordergrund steht nicht mehr der umfassende Schuldnerschutz, sondern der Schutz des redlichen Erwerbers. Während der Erwerber einer unverbrieften Forderung allen Einwendungen aus der Rechtsbeziehung des Schuldners zum Zedenten ausgesetzt ist, beschränken sich die zulässigen Ein­ wendungen bei Verkehrspapieren auf die skriptural niedergelegten Gegenrech­ te, um so das berechtigte Vertrauen des redlichen Erwerbers in die ausschließ­ liche Relevanz des Urkundeninhalts für das verbriefte Recht zu schützen. Somit stellt sich die Frage, ob auch Namensschuldverschreibungen mit einem derartig umfassenden wertpapierrechtlichen Einwendungsausschluß gegenüber redlichen Zweiterwerbern ausgestattet sind.

Ausgangspunkt muß wegen der zessionsrechtlichen Übertragungsweise der Namensschuldverschreibung die Regelung des § 404 BGB sein, die dem Schuldner alle Einwendungen aus dem Verhältnis zum Zedenten erhält - auch solche, die dieser nicht kennt oder kennen muß. Während die überwiegende Ansicht wegen dieser Sperrwirkung des § 404 BGB einen Einwendungsaus­ schluß bei Namensschuldverschreibungen für nicht zulässig hält, sieht die Ge­ genansicht gerade auch bei Namensschuldverschreibungen den Einwendungs­ ausschluß als das allen zum Umlauf bestimmten Wertpapieren gemeinsame Merkmal an.1 1 Kümpel, WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.38.

§ 12 Umfang eines Einwendungsausschlusses bei Namensschuldverschreibungen 187

Um zu entscheiden, ob und inwieweit sich auch bei Namensschuldver­ schreibungen für Einwendungen gegenüber späteren Erwerbern Besonderhei­ ten und Korrekturen des Zessionsrechts daraus ergeben müssen, daß über die den Gegenstand der Übertragung bildende Forderung eine Urkunde ausgestellt ist, müssen die Interessenlage und die ratio legis der § 404 ff. BGB untersucht werden.

L Die Interessenlage 1 . Die Interesssen des Schuldners

a) Erhalt sämtlicher Einwendungen Im Interesse des Schuldners liegt es, daß sich seine Rechtsstellung durch eine Übertragung des verbrieften Rechts, die regelmäßig ohne seine Mitwir­ kung stattfmdet, nicht verschlechtert. Auch einem redlichen Erwerber will er alle Einwendungen, die ihm gegenüber dem Erstgläubiger zustanden, entge­ gensetzen können. Dieses Interesse beschränkt sich nicht auf Einwendungen, die die Gültigkeit des in der Namensschuldverschreibung verbrieften Rechts betreffen, sondern es erfaßt auch alle jene Gegenrechte, die ihm aus dem Grundgeschäft mit dem Erstgläubiger zustehen.

b) Insbesondere der Erfüllungseinwand

Für den Schuldner ist es von vorrangigem Interesse, daß er sich gegenüber dem Zessionar in jedem Fall auf das Erlöschen der Verpflichtung nach Erfül­ lung an den Berechtigten berufen kann (§ 362 Abs.l BGB). Die Vorausset­ zungen für eine befreiende Leistung des Schuldners an den Nichtberechtigten nach erfolgter Übertragung sind schon untersucht worden.2 An dieser Stelle ist auf die Rechtsfolgen der Situation einzugehen, in der der Schuldner dem zu dieser Zeit noch berechtigten Gläubiger gegenüber erfüllt, es aber unterlassen hat, die Urkunde einzuziehen und anschließend der befriedigte Gläubiger ent­ gegen Treu und Glauben diese Urkunde an einen redlichen Dritten unter der Behauptung, das verbriefte Recht bestehe noch, weiterveräußert hat. Die noch im Verkehr befindliche, in Wahrheit jedoch „forderungsentkleidete“ Urkunde könnte einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand zugunsten des redlichen 2 Vgl. oben § 7-9.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

Erwerbers erzeugen.3 In einem solchen Fall darf aus Sicht des Schuldners, ist die Forderung einmal getilgt, der bloßen Urkunde keine Bedeutung im Rechtsverkehr mehr zukommen. Eine Rechtsscheinhaftung, gar mit der Rechtsfolge einer möglichen doppelten Inanspruchnahme kann nicht im Inter­ esse des Schuldners sein.

c) Sicherungsinteresse überwiegt Interesse an erhöhter Fungibilität Stellt der Schuldner über eine gegen ihn gerichtete Forderung eine Na­ mensschuldverschreibung aus, so zeigt er, daß sein vorrangiges Interesse nicht auf die Schäftung eines stark fungiblen Wertpapiers gerichtet ist. Da die Mög­ lichkeit des Schuldners, sämtliche Einwendungen aus der Rechtsbeziehung zum Zedenten einem Zessionar entgegenhalten zu können, den Erwerb eines solchen Rechts für einen späteren Erwerber unattraktiv macht, macht der Schuldner bei der Ausgabe des Papiers schon deutlich, daß aus geschäftspoliti­ scher Sicht für ihn die verminderte Verkehrsfähigkeit am Kapitalmarkt gerin­ gere Bedeutung hat, als die Sicherung der eigenen Rechtsposition.

2 Die Interessen des Erstgläubigers

Der wertpapierrechtliche Einwendungsausschluß besteht ausschließlich zum Schutz des Dritterwerbers, nie zum Schutz des Partners.4 Die Einwen­ dungen im Verhältnis zwischen Schuldner und Erstgläubiger werden von ei­ nem solchen Einwendungsausschluß nicht berührt. So kann auch bei dem am stärksten von Einwendungsfreiheit geprägten Wertpapier, dem Wechsel, ge­ mäß Art. 17 WG der Wechselschuldner gegenüber dem unmittelbaren Wech­ selnehmer alle ihm zustehenden Einwendungen geltend machen.5 Ein Ein­ wendungsausschluß kommt erst in Betracht, wenn ein den Wechselumlauf be­ gründender Übertragungsvorgang stattgefunden hat.6 Zu Recht spricht Ulmer1 davon, daß auch bei abstrakten Forderungen die Loslösung vom Grundge­ 3 Canaris, Die Vertrauenshaftung, S.85 ff.; ders. Großkommentar zum HGB3, § 363 Anm. 70 ff. 4 Canaris, Die Vertrauenshaftung, S.239 und 549.

5 Baumbach/Hefermehl WG Art. 17, Rz. 1. 6 Baumbach/Hefermehl WG Art. 17, Rz. 15.

7 Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.62 f.

§ 12 Umfang eines Einwendungsausschlusses bei Namensschuldverschreibungen 189

schäft solange nur vorläufig ist, als das Papier dem ersten Nehmer zusteht. Diesem gegenüber könne der Aussteller jederzeit das Grundverhältnis aufdekken und sich einredeweise auf etwaige Mängel darin berufen. Erst durch die Weiterbegebung an einen redlichen Erwerber werde die Loslösung vom Grundverhältnis endgültig. Die Interessen des Erstgläubigers können deshalb allenfalls reflexartig be­ rührt werden, wenn es ihm gerade auf die Veräußerungsmöglichkeit des ver­ brieften Rechts ankommt und hierbei das Fehlen eines Einwendungsaus­ schlusses negativ auf die Kaufentscheidung eines potentiellen Erwerbers ein­ wirkt. Hat sich der Gläubiger jedoch für den Erwerb einer Namensschuldver­ schreibung entschieden, die von vornherein schon aufgrund der Nichtgeltung sachenrechtlicher Übertragungsregeln erkennbar schwerfälliger veräußerbar ist als ein vergleichbares Inhaber- oder Orderpapier, so kommt diesem Interes­ se kein allzu großes Gewicht zu.

3. Die Interessen des Zessionars

a) Gefahr des Verlusts der Gegenleistung bei fehlendem Einwendungsausschluß

Für einen späteren Erwerber des verbrieften Rechts ist ein möglichst umfas­ sender Ausschluß derjenigen Einwendungen von großer Bedeutung, die der Schuldner ihm gegenüber noch aus seiner Rechtsbeziehung zum Zedenten gel­ tend machen könnte. Nur bei einem Ausschluß aller Einwendungen, von de­ nen er keine Kenntnis hat oder haben muß, darf sich der Erwerber sicher sein, daß er trotz Übergabe der Urkunde überhaupt eine Forderung erwirbt und eine erworbene Forderung später auch mit Erfolg geltend machen kann. Deshalb ist es für ihn vorteilhaft, wenn alle zwischen Schuldner und Gläubiger möglichen Einwendungstatbestände abschließend aus der Urkunde hervorgehen. Bei ent­ geltlichem Erwerb besteht sonst für ihn die Gefahr des wirtschaftlichen Ver­ lusts der Gegenleistung. Da einem solchen Erwerb regelmäßig ein Rechtskauf zugrundeliegen wird, könnte der Erwerber zwar gemäß §§ 437 Abs. 1 / 440 Abs. 1 / 325 Abs. 1 Satz 1 BGB vom Veräußerer Schadensersatz wegen Nicht­ erfüllung verlangen, doch besteht die Gefahr, daß dieser Anspruch gegen den betrügerischen Zedenten ins Leere geht.8

8 Vgl. den Fall RGZ 87, S.388.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

b) Interesse an Einziehung von forderungsentkleideten Urkunden durch den Schuldner Dem Zessionar muß es weiterhin darauf ankommen, daß nach der Erfül­ lung oder nach Geltendmachung von rechtsvernichtenden Einwendungen ge­ genüber dem Zedenten die Urkunde vom Schuldner eingezogen wird. Ande­ renfalls bergen solche „forderungsentkleideten“ Urkunden für den Zessionar eine große Gefahr in sich: Ein betrügerischer Zedent könnte das Papier an ihn veräußern, ohne ihm als Erwerber das scheinbar noch darin verbriefte, aber tatsächlich erloschene Recht zu verschaffen. Wenn der Aussteller in die Urkunde eine Präsentationsklausel aufgenom­ men hat,9 besteht im Rechtsverkehr also ein Interesse daran, daß der Aussteller sich bei Erfüllung die Urkunde nicht nur vorlegen läßt, sondern diese auch einzieht oder entwertet.10 Wenn nämlich der Ausstellung des Papiers bei Na­ mensschuldverschreibungen nur der Zweck eines Ausweises zukommt, um die Nochberechtigung des Erstgläubigers nachzuweisen, so erweckt der Schuld­ ner, der die Urkunde nach Bezahlung im Verkehr beläßt, den Eindruck, daß dieser Zweck noch nicht erreicht sei, der Gläubiger den Ausweis noch zur Geltendmachung der Forderung benötige, die Forderung also noch bestehe.

Folgte der Erwerber dieser berechtigten Vorstellung, bestünde die Gefahr des Erwerbs des Papiers von einem betrügerischen Erstgläubiger, ohne daß es noch eine Forderung verbrieft. Um nicht den Schuldner um eine Bestätigung darüber ersuchen zu müssen, ob das verbriefte Recht noch besteht, möchte der Erwerber risikolos auf die materielle Rechtsträgerschaft der Urkunde vertrauen dürfen, solange sich diese im Verkehr befindet. Deshalb richtet sich sein Inter­ esse darauf, daß gewährleistet sein muß, daß forderungsentkleidete Urkunden im wahrsten Sinne des Wortes „aus dem Verkehr gezogen werden“. Wird dies vom Schuldner unterlassen, so will ein Erwerber sich jedenfalls darauf verlas­ sen können, daß er bei Abtretung unter Papierübergabe auch tatsächlich die scheinbar verbriefte Forderung erwirbt oder daß er zumindest sein getäuschtes Vertrauen durch einen Rückgriff beim Aussteller kompensieren kann und nicht auf einen zweifelhaften Erstattungsanspruch gegenüber dem betrügeri­ schen Zedenten angewiesen ist.

9 Regelmäßig findet sich dabei die Formulierung: „...zahlen wir gegen Rückgabe der Urkunde...^, vgl. die Sparkassenbriefurkunde, Vordruck Nr. 168 531 des Deutschen SparkassenVerlags im Anhang II.

10 Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.67.

§ 12 Umfang eines Einwendungsausschlusses bei Namensschuldverschreibungen 191

II. Interessenabwägung und Rechtsfolgen 1. Vorüberlegung

Um eine etwaige Korrektur des § 404 BGB durch einen wie auch immer ausgestalteten Einwendungsausschluß untersuchen zu können, müssen vorab diejenigen Einwendungen aus der Rechtsbeziehung zwischen Schuldner und Gläubiger ausgeschieden werden, deren Geltendmachung gegenüber einem Zessionar ohnehin schon aufgrund der Abstraktheit der Namensschuldver­ schreibung ausgeschlossen ist, ohne daß es dazu auf einen spezifisch wertpa­ pierrechtlichen Einwendungsausschluß ankommt. Danach ist zu untersuchen, welche der verbleibenden Einwendungen überhaupt präklusionsfahig sind und deshalb allein Gegenstand eines Einwendungsausschlusses sein können. Erst dann kann entschieden werden, ob ein Ausschluß dieser verbleibenden Ein­ wendungen interessengerecht und mit der grundsätzlichen Geltung des Zessi­ onsrechts bei der Übertragung von Namensschuldverschreibungen vereinbar ist.

a) Differenzierung der Einwendungen aufgrund der Abstraktheit der Namensschuldverschreibung vom Kausalgeschäft Aufgrund der Tatsache, daß die Zahlungspflicht aus der Namensschuldver­ schreibung regelmäßig abstrakt besteht, d.h. losgelöst vom zugrundeliegenden Kausalgeschäft Rechtskauf, ist auch unter der Geltung von Zessionsrecht der Besonderheit Rechnung zu tragen, daß sich hier Rechtsverhältnisse auf zwei verschiedenen Ebenen überlagern. Dabei ist klar zu trennen zwischen der Ebene des Rechtskaufvertrags und der daraus resultierenden Gegenrechte so­ wie der davon zu unterscheidenden Ebene der Zahlungsverpflichtung aus der Namensschuldverschreibung.

Die Zahlungsverpflichtung aus der Namensschuldverschreibung ist im dop­ pelten Sinne abstrakt. Sie ist losgelöst von einem bestimmten Vertragstyp und unabhängig vom zugrundeliegenden Rechtskaufvertrag.11 Deshalb können Mängel des Rechtsgrundgeschäfts „Rechtskauf' nicht direkt einem Erwerber der unabhängigen Zahlungspflicht aus der Schuldverschreibung entgegenge­ setzt werden,12 sofern sie sich nicht durch ein Überschreiten der gesetzlichen

11 Vgl. bereits oben § 5 II2.

12MünchKomm-Hüffer3 § 780 Rz.43.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

Grenzen privatautonomer Gestaltungsfreiheit ausnahmsweise direkt auch auf das abstrakte Schuldversprechen auswirken.13 Eine Geltendmachung von Mängeln des Rechtsgrundgeschäfts ist zwar nicht ausgeschlossen, sie ist je­ doch auf eine Berücksichtigung über den Umweg des Bereicherungsrechts be­ schränkt.14 Insofern ist der Kreis der über § 404 BGB dem Erwerber entgegen­ haltbaren Einwendungen schon aufgrund der Abstraktheit der Verpflichtung aus der Namensschuldverschreibung einzuschränken.

Von den Einwendungen aus der gesamten Rechtsbeziehung des Schuldners zum Ersterwerber bleiben deshalb nur jene übrig, die ihren Ursprung auf der Ebene der abstrakten Zahlungspflicht aus der Schuldverschreibung selbst oder aus dem, den Rechtsgrund bildenden, Begebungsvertrag haben. Alle anderen persönlichen Einwendungen, die aus dem Kausalgeschäft „Rechtskauf4 her­ rühren, sind infolge der Abstraktheit der Zahlungspflicht aus der Namens­ schuldverschreibung von der direkten Anwendung des § 404 BGB auszuneh­ men und können sowohl dem ersten Nehmer als auch einem Zweiterwerber nur über § 821 BGB entgegengehalten werden.

13 Zu diesen allgemeinen Durchbrechungen der Abstraktheit gehören gesetz- und sittenwidrige Geschäfte, die Eingehung von Namensschuldverschreibungen zur Erfül­ lung einer Verpflichtung aus Spiel, Wette oder Differenzgeschäften, die jedoch für Ka­ pitalmarktpapiere eher femliegend erscheinen. Als relevanter Fall verbleibt allerdings der Verstoß des Grundgeschäfts gegen das AGB-Gesetz; MünchKomm-Hüffer 3 § 780 Rz.46 ff. 14 Die Kritik Ulmers (Das Recht der Wertpapiere, S.63) an diesem Ansatz einer Lö­ sung über das Bereicherungsrecht mag zwar für solcherart wertpapierrechtlich verbrief­ te Forderungen, die einem umfassenden Gutglaubensschutz unterliegen, zutreffen, sie geht aber bei den Rektaschuldverschreibungen, denen ein umfassender Redlichkeits­ schutz fehlt, ins Leere. Nach Ulmer ist die bei abstrakten Verbindlichkeiten gezogene Parallele zu einer sachenrechtlichen Erfüllungsleistung, welche aufgrund ihrer Ab­ straktheit bei Mängeln im Grundverhältnis lediglich kondiziert werden kann, eine künstliche, die man nicht benötigt. Der erste Nehmer könnte sich direkt einredeweise auf die Mängel des Rechtsgrundgeschäfts berufen, ein späterer Erwerber brauche sich die Einwendungen aufgrund seines redlichen Erwerbs ohnehin nicht entgegenhalten zu lassen. Gerade der zweite Teil dieser Aussage ist aber für Rektaschuldverschreibungen un­ zutreffend. Aufgrund des fehlenden Redlichkeitsschutzes bleibt als konstruktive Lö­ sung nur, die Mängel aus dem Grundverhältnis der abstrakten Forderung aus der Na­ mensschuldverschreibung dem späteren Erwerber gegenüber einredeweise über § 821 BGB entgegenzuhalten.

§ 12 Umfang eines Einwendungsausschlusses bei Namensschuldverschreibungen 193

b) Bestimmte Einwendungen auch durch wertpapierrechtlichen Einwendungsausschluß nicht präkludierbar

Auch im Recht der Inhaberpapiere, die durch einen weitgehenden Einwen­ dungsausschluß bestimmt sind, gilt, daß dem Schuldner nicht jeglicher Ein­ wand gegen die abstrakte Verbindlichkeit gegenüber einem Zessionar von vornherein abgeschnitten sein kann. Das zwar wenig praxisnahe Beispiel von Wertpapieren, die unter dem Einfluß von vis absoluta ausgestellt werden und bei denen es niemals zu einer Verpflichtung des Ausstellers kommen kann,13 macht doch deutlich, daß bei der Verteidigung gegen die abstrakte Verpflich­ tung klar zu differenzieren ist zwischen Einwendungen, die präklusionsfähig sind, und solchen, bei denen ein Ausschluß auch gegenüber redlichen Erwer­ bern generell nicht in Betracht kommen kann.16 In anderem Zusammenhang wurden darüberhinaus bereits Einwendungen dargelegt, auf deren Ausschluß der Zessionar niemals vertrauen kann. So können Einwendungen, wenn sie aus dem Text der Urkunde selbst hervorgehen, wie die Endfälligkeit von Zin­ sen oder das Recht, ohne Papiervorlage die Zahlung zu verweigern, allein schon deshalb auch einem Zessionar entgegengesetzt werden, weil aufgrund ihrer Erkennbarkeit einem irgendgearteten Vertrauensschutz die Basis ge­ nommen ist.17 Als Zwischenergebnis läßt sich festhalten, daß auch auf der Ebene des ab­ strakten Forderungsrechts aus der Namensschuldverschreibung zu unterschei­ den ist zwischen grundsätzlich präkludierbaren Einwendungen und solchen, bei denen nach allgemeiner Ansicht ein wertpapierrechtlicher Einwendungs­ ausschluß auch gegenüber dem redlichen Erwerber nicht möglich ist.

2. Abgrenzung zwischen grundsätzlich präklusionsfähigen und generell nicht ausschließbaren Einwendungen gegen die abstrakte Forderung Auf dem Boden der mittlerweile als herrschend zu bezeichnenden Rechts­ scheintheorie18 werden die nicht ausschließbaren Einwendungen in drei Grup­ pen zusammengefaßt:

13 Canaris, Die Vertrauenshaftung, S.243; Zöllner, Wertpapierrecht, § 21 IV 3 a). "Canaris JuS 1971, S.443.

17 Canaris JuS 1971, S.443. 18 Begründet von Jacobi, Die Wertpapiere im bürgerlichen Recht, S.l 17 ff. und 158 ff wird sie in der heutigen wertpapierrechtlichen Literatur fast durchgängig vertreten: 13 Seitz

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

Zum einen sind dies die unmittelbar gegen den Zweiterwerber begründeten Einwendungen (unmittelbare Einwendungen). Zum anderen unterscheidet man solche Einwendungen, die auf den Inhalt der Urkunde zurückzufuhren sind und grundsätzlich gegenüber jedermann gelten (urkundliche Einwendun­ gen), sowie Einwendungen, bei denen das Vertrauen auf einen Rechtsschein von vornherein nicht schutzwürdig ist, weil der Anschein des Nichtbestehens dieser Einwendung dem Schuldner nicht zuzurechnen ist (Zurechenbarkeits­ einwendungen)!9

a) Unmittelbare Einwendungen

Unter die „unmittelbaren Einwendungen“20 fallen jene, die ihren Entste­ hungsgrund gerade in der neubegründeten Rechtsbeziehung zu dem Erwerber haben. Diese Einwendungen sind nicht Gegenstand der Problematik eines Einwendungsverlusts bei redlichem Erwerb, da sie erst nach dem Übertra­ gungsvorgang entstehen. Ein Ausschluß dieser Einwendungen kann nur durch Vereinbarung des Zessionars mit dem Schuldner erfolgen. Erweitert werden muß diese Gruppe noch um solche Fälle, in denen es an einem schutzwürdigen rechtsgeschäftlichen Übertragungsvorgang fehlt und somit mangels eines wertpapierrechtlichen „Umlaufs“ kein Anlaß für einen Einwendungsausschluß besteht: Sei es, daß der Übergang kraft Gesetzes statt­ gefunden hat - beim Erwerb kraft Gesetzes fehlt es an einem, dem Einwen­ dungsausschluß bei der Übertragung zugrundeliegenden Vertrauenstatbestand - sei es, daß kein „Verkehrsgeschäft“ im Sinne der sachenrechtlichen Termi-

vgl. Meyer-Cording, S.54 ff; Zöllner, Wertpapierrecht, § 6 VI und § 14; Richardi § 7 D 3; Hueck/Canaris §312; vgl. auch BGHZ 64, S.ll (15), BGH WM 1971, S.744 (745); BGH WM 1973, S.66. 19 Die Terminologie ist uneinheitlich: z.T. wird von „absoluten“ (gegenüber jeder­ mann geltenden) und „relativen“ (nur gegenüber bestimmten Personen geltenden) Einwendungen gesprochen; andere treffen eine Unterscheidung zwischen „dinglichen“ und „persönlichen“ Einwendungen. Vgl. zu dieser teilweise unbefriedigenden Termi­ nologie Canaris, JuS 1971, S.443, sowie ders., Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, S.238 insbesondere Fn. 4.

20 Im Folgenden wird der Terminologie von Canaris (Nachweise in Fußnote 19) ge­ folgt.

§ 12 Umfang eines Einwendungsausschlusses bei Namensschuldverschreibungen 195

nologie vorliegt, weil auf Veräußerer- und Erwerberseite nur formal verschie­ dene Personen beteiligt sind.21

b) Urkundliche Einwendungen Ebenfalls unproblematisch sind die sich aus dem Text der Urkunde erge­ benden Einwendungen, wie die Zinsfälligkeit, die Laufzeit, Vermerke bzgl. einer Vinkulierung, von der gesetzlichen Regelung abweichende Bestimmun­ gen über den Eintritt der Verjährung, den Erfüllungsort, sowie Formvorschrif­ ten für die Wirksamkeit der Verpflichtungserklärung des Schuldners.22 Hierzu zählen auch Quittungsvermerke auf der Urkunde oder das Anbringen von Zei­ chen oder Vorkehrungen, die eine Entwertung der Urkunde offenkundig ma­ chen sollen.

Für diese Einwendungen fehlt es aufgrund der eindeutigen Erkennbarkeit für den Zessionar klar an einem schutzwürdigen Vertrauenstatbestand, der ei­ nen Einwendungsausschluß bewirken könnte.

c) Zurechenbarkeitseinwendungen

Wendet man die für Inhaber- und Orderpapiere entwickelte Rechtsschein­ theorie auch auf Namensschuldverschreibungen an, so ergibt sich eine weitere Gruppe nicht ausschließbarer Einwendungen. Es sind dies solche Einwendun­ gen, die dem Erwerber zwar nicht erkennbar sind, so daß ein Vertrauensschutz zwar grundsätzlich in Betracht käme, auf deren Ausschluß der redliche Er­ werber sich gleichwohl dem Schuldner gegenüber nicht berufen kann. Grund dafür ist, daß es nicht möglich ist, den Rechtsschein der Einwendungsfreiheit 21 Dies sind die auch im Sachenrecht anerkannten Fälle des „Rückerwerbs des Nichtberechtigten“ (dazu zum Beispiel Baur § 52 IV 2). Auch umfaßt dies zum Bei­ spiel Übertragungen von der GmbH auf ihren einzigen Gesellschafter (vgl. dazu v. Bieberstein JZ 1965, S.403 ff; Baumbach/Hefermehl WG Art. 17 Rz.15 f., 21-25). Hinzuzählen will Canaris, Die Vertrauenshaftung, S.240, auch die Fälle einer verdeck­ ten, treuhänderischen Vollrechtsübertragung zu Inkassozwecken. 22 Vgl. dazu die Standardurkunde für Sparkassenbriefe des Deutschen Sparkassen­ verlages Formular-Nr. 168 531, abgedruckt im Handbuch für Anlageberatung und im Anhang II. Bis auf den Vinkulierungsvermerk tragen diese Sparkassenbriefurkunden die im Text genannten Vermerke und zusätzlich eine Aussage über die beiderseitige Unkündbarkeit der Schuldverschreibung. 13*

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

dem Schuldner zuzurechnen, weil es für eine solche Zurechnung an jeglichem, auf dem Prinzip der Selbstverantwortung beruhenden Anknüpfungspunkt im Rechtskreis des Schuldners fehlt.23 Dazu gehören die schon angesprochenen Fälle der unter Einfluß von vis absoluta zustandegekommenen Schuldverspre­ chen.24 Auch bei der Ausstellung der Urkunde durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht25 kann eine Zurechnung nicht erfolgen, da der Scheintatbe­ stand hier nicht durch den Schuldner, sondern durch einen Dritten geschaffen wurde.26 Allgemein anerkannt ist ferner der Ausschluß des Einwands eines Mangels in der vollen Geschäftsfähigkeit des Ausstellers,27 weil Zurechnung regelmäßig Zurechnungsfähigkeit voraussetzt, die entsprechend den Regeln der §§ 104 ff. BGB zu bestimmen ist, da die Rechtsscheinhaftung den Betrof­ fenen in gleicher Weise verpflichtet wie ein Rechtsgeschäft.28 Darüberhinaus kann der Schuldner dem Erwerber einer Namensschuldver­ schreibung jederzeit den Einwand des Fehlens eines Begebungsvertrages, zum Beispiel bei Diebstahl von Blankourkunden, sowie die Fälschung oder Verfäl­ schung der Urkunde entgegenhalten, da bei ordnungsgemäß ausgefüllter Schuldverschreibungsurkunde der Aussteller das Fälschungsrisiko nicht be­ herrscht.29 Diese Einwendungen bleiben auch jedem späteren gutgläubigen Erwerber gegenüber erhalten.30

23 Canaris JuS 1971, S.444; ders., Die Vertrauenshaftung, S.243 ff. 24 BGH WM 1975, S. 1002.

25 Interessant dazu: Kümpel, Die Emission von Wertpapierurkunden mit Unterschrif­ ten pensionierter oder verstorbener Vorstandsmitglieder, in Festschrift für W.Werner, S.472 zu dem Ausnahmefall, daß es dem Emittenten gerade darauf ankommt, die be­ reits vom ehemaligen Vertreter, dem mittlerweile die Vertretungsmacht fehlt, unter­ zeichneten Papiere aus Gründen der Wirtschaftlichkeit (Kostenersparnis für eine Neu­ ausstellung) noch in den Verkehr zu bringen. 26 Canaris JuS 1979, S.444; Zöllner, Wertpapierrecht, § 21 IV 1 c); Allenfalls nach den allgemeinen Regeln der Anscheinsvollmacht kann hier, sofern im Einzelfall die Tatbestands Voraussetzungen gegeben sind, eine Zurechnung erfolgen. 27 Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.241; Hueck/Canaris § 9 II 3 a; Zöllner, Wertpapierrecht, § 21 IV 1 b); v. Ballmoos, S.169.

28 Und nicht gemäß § 827 f. BGB; vgl. Hueck/Canaris § 9 II 3 a). 29 Canaris, JuS 1971, S.445; vgl. zur Gegenmeinung BGHZ 47, S.95 (99 f.); diffe­ renzierend nach dem Grad des Mitverschuldens des Ausstellers: Koller, WM 1981, S.210. 30 v. Ballmoos, S.169.

§ 12 Umfang eines Einwendungsausschlusses bei Namensschuldverschreibungen 197

3. Zessionsrechtliche Grenzen für einen Einsen dungsausSchluß Diese allgemein anerkannten Fälle von nicht ausschließbaren Einwendun­ gen sind unproblematisch auf Namensschuldverschreibungen übertragbar. Übrig bleiben somit nur noch die sogenannten persönlichen oder relativen Einwendungen aus dem Verhältnis Schuldner - Erstgläubiger. Diese Einwen­ dungen sind bei Inhaber- und Orderpapieren grundsätzlich präklusionsfähig. Es gilt der Grundsatz, daß alle sich nicht aus dem Text der Urkunde ergeben­ den persönlichen Einwendungen, vom Schuldner dem redlichen Erwerber auch nicht entgegengehalten werden können.

Für die Übertragung des wertpapierrechtlichen Einwendungsausschlusses auf Namensschuldverschreibungen kommen allein diese persönlichen Ein­ wendungen in Betracht.31 Es ist deshalb zu fragen, ob ein pauschaler Aus­ schluß aller präklusionsfahigen Einwendungen mit der vorrangigen Geltung des Zessionsrechts bei der Übertragung von Namensschuldverschreibungen, insbesondere den §§ 404-407 BGB und den Beteiligteninteressen vereinbar ist.

a) Umfassender Einwendungsausschluß mit Übertragungsweise und Verkehrsinteressen unvereinbar

Ein umfassender Ausschluß aller präklusionsfähigen Einwendungen er­ scheint unter mehreren Gesichtspunkten bedenklich: § 404 BGB macht deut­ lich, daß bei Rechten, die nach zessionsrechtlichen Regeln übertragen werden, die Möglichkeit der Geltendmachung von Einwendungen gerade nicht an die Erkennbarkeit oder die skripturale Niederlegung der Einwendungen im Text der Urkunde geknüpft ist. Auch würde ein grundsätzlicher Ausschluß aller Einwendungen gegenüber einem redlichen Erwerber das Namenspapier so nahe an die Inhaber- und Or­ derpapiere heranrücken, daß der schon angesprochene,32 allgemein anerkannte numerus clausus der mit spezifisch sachenrechtlichem Gutglaubensschutz ausgestatteten Forderungspapiere durchbrochen würde. Weiterhin ist die Bedeutung der Urkunde als Anknüpfungspunkt für das Vertrauen bei einem redlichen einwendungsfreien Erwerb zu berücksichtigen.

31 Im Folgenden sind somit nur noch diese Einwendungen Gegenstand des Begriffes „Einwendungsausschluß“. 32 Vgl. oben § 10 D 3 c).

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der NamensschuldVerschreibung

Wie dargelegt, kommt der Urkunde für die Berechtigung des Inhabers keine Vermutungs- und Rechtsscheinwirkung zu. Ausschlaggebend für die Rechts­ verhältnisse an der verbrieften Forderung ist in weitem Umfang die materielle Rechtslage, ohne daß es in besonderer Weise auf die Urkundeninnehabung an­ kommt. In dem Maße, in dem bei Inhaberpapieren das Recht durch die Ur­ kunde repräsentiert wird, ist bei ihnen auch das Papier alleiniger, abschließen­ der Maßstab für die Beurteilung der Rechtsbeziehungen an dem verbrieften Recht. Sind regelmäßig jedoch außerhalb der Urkunde liegende Umstände für das Schicksal des verbrieften Rechts bestimmend, wie dies bei Namensschuld­ verschreibungen der Fall ist, würde die Bedeutung der Urkunde stark überbe­ wertet, wenn es bezüglich der Einwendungen, die dem Schuldner gegen einen redlichen Zessionar zustehen, allein auf den Inhalt der Urkunde ankommen soll. Darüberhinaus brächte ein weitreichender Ausschluß aller persönlichen Einwendungen bei Namenspapieren große Gefahren für den Rechtsverkehr mit sich. Bei den Inhaber- und Orderpapieren muß kraft gesetzlicher Regelung die Bezeichnung „auf den Inhaber“ oder „an Order“ aus dem Text der Urkun­ de hervorgehen (§ 793 Abs. 1 Satz 1 BGB; § 363 Abs.l Satz 1 HGB). Dieser Klausel kommt eine vom Gesetz geforderte Warnfunktion zu,33 so daß die spe­ zifischen Gefahren, die durch den bei diesen Papieren normierten Einwen­ dungsausschluß entstehen können, schon durch die Bezeichnung des Wertpa­ piers deutlich werden.34

Diese Warnfunktion besäße eine mit umfassendem Einwendungsausschluß ausgestattete Namensschuldverschreibung dagegen nicht. Denn nach dem her­ gebrachten Verständnis vom Recht der Namenspapiere gelten die durch sie verbrieften Rechte im Verkehr als schwer übertragbar und als sicher vor Rechtsverlusten an redliche Erwerber. Mit der bloßen Bezeichnung als Na­ mensschuldverschreibung verbindet deshalb der gegenwärtige Rechtsverkehr nicht die Installierung eines weitgehenden Einwendungsausschlusses. Viel­ mehr werden die Attribute „Namens-“ oder „Rekta-“ gerade zum Ausdruck der Abkehr von sachenrechtlichen Übertragungsregeln und Gutglaubensschutz­ aspekten verwandt.

Hinzu kommt, daß die auf den Namen ausgestellten Papiere nach herr­ schender Ansicht zum Wertpapierbegriff, der auch das Verständnis der am

33 Koller, WM 1981, S.479. 34 Nach Art. 1 Nr. 1 SchG und WG ist die Bezeichnung des Wertpapiertyps sogar konstitutives Merkmal des Wertpapiers.

§ 12 Umfang eines Einwendungsausschlusses bei Namensschuldverschreibungen 199

Rechtsverkehr beteiligten Geschäftskreise geprägt hat, ihre Wertpapiereigen­ schaft aus der Bedeutung des Papiers für die Geltendmachung des Rechts be­ ziehen. Wertpapierrechtlicher Einwendungsausschluß kann jedoch allenfalls für solche Namenspapiere in Betracht kommen, die Wertpapiereigenschaft besitzen. Es käme dabei entscheidend auf die Formulierung der Präsentati­ onsklausel an, um die Wertpapiereigenschaft und damit die Möglichkeit eines Einwendungsausschlusses zu beurteilen. In diesem Grenzbereich könnte sich jedoch weder der Aussteller noch der Zessionar sicher sein, ob das von ihm ausgestellte oder erworbene Recht im Verkehr als Namensschuldverschreibung aufgefaßt wird und somit einem Einwendungsausschluß unterliegt oder, ob es als bloße Beweisurkunde z.B. in Form eines Schuldscheins, angesehen wird, für welche ein weitgehender Ausschluß von Einwendungen ohnehin nicht in Betracht kommen kann. Das Nebeneinander von Namenspapieren mit und ohne Wertpapiereigen­ schaft macht deshalb die Anwendung eines Einwendungsausschlusses be­ denklich, da der Urkundentext anders als bei Wertpapieren des öffentlichen Glaubens mit der Formulierung „an den Inhaber“ oder „an Order“ die Wert­ papiereigenschaft bestimmter Namenspapiere nicht unzweideutig offenlegt. Hier braucht nicht entschieden zu werden, ob ein umfassender Ausschluß von persönlichen Einwendungen durch entsprechende ausdrückliche Anordnung im Text der Urkunde einer Namensschuldverschreibung möglich ist.35 Dem Rechtsinstitut „Namensschuldverschreibung“ als solchem ist ein umfassender

35 Dies verneint eindeutig Koller, WM 1981, S.480, mit Hinweis auf ein fehlendes Bedürfnis für sachenrechtlichen Gutglaubensgrundsätzen unterliegende, aber nach Zessionsrecht übertragbare Forderungen. Denn ohne dogmatische Grundstrukturen zu verwischen, ließe sich dasselbe Ergebnis auch durch die Aufnahme bestimmter Ein­ wendungsmöglichkeiten in den Urkundentext von Orderschuldverschreibungen erzie­ len. Für die Unzulässigkeit eines vertraglich installierten umfassenden Einwendungs­ ausschlusses bei Rektapapieren spricht sich auch Raiser ZHR 101 (1935), S.58 aus. Dagegen hält Canaris in Hueck/Canaris § 24 VH 2 d) ein Versprechen des Ver­ zichts auf die Geltendmachung von Einwendungen gegenüber späteren Erwerbern im Wege eines Vertrags zugunsten Dritter für grundsätzlich zulässig. In Großkommentar zum HGB § 363 Rz.70a relativiert Canaris diesen Ansatz jedoch wieder stark, indem er zugibt, daß sich ein Parteiwille praktisch selten feststellen lassen wird, sofern man nicht zu Fiktionen Zuflucht nehmen will, und im übrigen häufig der persönliche Ein­ wand wegen § 334 BGB auch gegenüber einem Zweiterwerber erhalten bleiben wird.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

Einwendungsausschluß jedenfalls aus den vorgenannten Gründen nicht im­ manent.36

b) Zessionsrechtliche Ansätze zum Ausschluß einzelner Einwendungen

Andererseits kennt auch das Zessionsrecht in gewissem Umfang die Mög­ lichkeit eines Einwendungsausschlusses. Die Einwände des Scheingeschäfts und des Abtretungsverbots sind dem Schuldner bei Ausstellung einer Urkunde über eine Forderung nach § 405 BGB gegenüber dem Erwerber genommen. Deshalb kommen der urkundlich verbrieften Namensschuldverschreibung, auch unter der uneingeschränkten Geltung der Regeln des Zessionsrechts, zumindest rudimentäre Elemente eines Einwendungsausschlusses zu.37 Dabei knüpft das Gesetz nicht an den Inhalt der Urkunde an, sondern läßt die bloße Existenz der Urkunde für den Ausschluß dieser beiden Einwände genügen. Dies wirft die Frage auf, ob es nicht allein aufgrund der Tatsache, daß über ein Recht eine Urkunde ausgestellt wurde, unabhängig davon, welchen Inhalt diese Urkunde hat, einen gewissen Mindestumfang von ausgeschlossenen per­ sönlichen Einwendungen geben kann, deren Präklusion gegenüber einem red­ lichen Erwerber sich nicht auf wertpapierrechtliche Besonderheiten stützt, sondern zessionsrechtlichen Ursprungs ist. Als Zwischenergebnis läßt sich somit festhalten, daß ein umfassender Aus­ schluß aller präklusionsfähigen Einwendungen einem redlichen Erwerber ge­ genüber weder mit den Verkehrsinteressen noch mit der gesetzlichen Rege­ lungslage vereinbar ist. Andererseits kennt auch das Zessionsrecht in § 405 BGB den Verlust von sich nicht aus der Urkunde ergebenden Einwendungen gegenüber einen gutgläubigen Zessionar. Die Geltung des Zessionsrechts bei der Übertragung von Namensschuldverschreibungen verbietet somit nicht jeg­ lichen Einwendungsverlust auf Seiten des Schuldners. Vielmehr wird deutlich, daß auch die Urkunde über ein Namenspapier eine Basis für das Vertrauen auf einen eng umgrenzten Einwendungsausschluß bilden kann.

36 So die ganz h.M.; vgl. statt vieler Baumbach/Hefermehl WPR Rz.70 m.w.Nw.; a.A. nur Kümpel WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2 und ders. WM 1983, Beilage 6. 37 Kümpel, WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.22.

§ 12 Umfang eines Einwendungsausschlusses bei Namensschuldverschreibungen 201

4. Ausschluß einzelner Einwendungen aufgrund der besonderen Interessenlage bei Namensschuldverschreibungen

Auch wenn ein umfassender pauschaler Einwendungsausschluß gegenüber dem redlichen Erwerber bei Namensschuldverschreibungen nicht zulässig ist, können doch, wie bereits die Restriktion des § 407 Abs. 1 BGB durch das Er­ fordernis, bei der Geltendmachung des Rechts die Urkunde präsentieren zu müssen, bewiesen hat, aufgrund dieses Vorlegungserfordernisses bei einzelnen Einwendungen Modifikationen der §§ 404-407 BGB zulässig und erforderlich sein.

Somit gilt es, die in der Praxis bedeutsamsten Einwendungen gesondert auf ihre Präklusionsfähigkeit und die für einen Einwendungsausschluß erforderli­ chen Tatbestandsvoraussetzungen zu untersuchen.

a) Einwand der Erfüllung

Als wichtigste in der Kapitalmarktpraxis zu berücksichtigende Einwendung ist gegenüber dem Zessionar der rechtsvernichtende Einwand der Erfüllung nach § 362 BGB oder durch Erfüllungssurrogat zu betrachten. Ausgangspunkt müssen wiederum die typischen Konfliktfelder bei der Erfüllungsleistung durch den Schuldner sein. Bereits untersucht38 wurde der Fall, daß der Schuldner nach der Übertragung an den nicht mehr berechtigten Zedenten leistet. Aufgrund des Vorlegungserfordernisses wird § 407 Abs. 1 BGB teleo­ logisch reduziert und der redliche Schuldner nur dann durch Leistung an den Nichtberechtigten befreit, wenn dieser ihm das Papier vorlegen kann. Genau besehen handelt es sich bei dieser Konstellation nicht um die Problematik ei­ nes EinwendungsvenWes gegenüber dem Zessionar. Vielmehr erhält der Schuldner aufgrund der Schutzbestimmung des § 407 Abs. 1 BGB die Mög­ lichkeit, eine zusätzliche Einwendung gegenüber dem Zessionar geltend zu machen - bei Zahlung ohne Papiervorlage steht ihm dieses Recht nicht zu.39 Nicht untersucht wurde jedoch die Situation, daß der Schuldner noch vor Übertragung der Namensschuldverschreibung seine Leistung an den Gläubiger erbringt, ohne sich dabei die Urkunde aushändigen zu lassen oder das Papier durch geeignete Maßnahmen zu entwerten. Dann besteht die Gefahr, daß ein betrügerischer Gläubiger das auf der im Verkehr belassenen Urkunde aufbau­ 38 Vgl. § 9. 39 Koller, Gutachten, S. 1461; vgl. Jacobi, in Ehrenbergs Handbuch, Band V, S.200.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

ende Vertrauen eines Dritten darauf, daß das verbriefte Recht fortbesteht, zur entgeltlichen Veräußerung der forderungsentkleideten Urkunde mißbraucht.40 Läßt man hier den Erfiillungseinwand des Schuldners zu, so wird der Zes­ sionar auf seine Ansprüche gegen den betrügerischen Zedenten aus §§ 437 Abs. 1 /440 Abs. 1 /325 Abs. 1 Satz 1 BGB bzw. §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB verwiesen, deren Realisierung regelmäßig äußerst vage sein wird.

Schnitte man hingegen dem Schuldner diesen Einwand aufgrund seines Verhaltens ab, so müßte er dem papiervorlegenden Zessionar entgegen § 404 BGB erneut Zahlung leisten. Dies käme zumindest wirtschaftlich einem gut­ gläubigen Erwerb der durch Erfüllung erloschenen Forderung sehr nahe.

b) Verkehrsinteresse an einem Ausschluß des Erfüllungseinwands bei Belassen der wertlosen Urkunde im Verkehr durch den Schuldner aa) Kein Vertrauenstatbestand im Verhältnis zum Zedenten Ist ein Ausschluß des Erfüllungseinwands vordergründig betrachtet mit dem klaren Wortlaut des § 404 BGB nicht vereinbar, besteht doch gleichwohl ein starkes Verkehrsinteresse daran, den redlichen Zessionar in seinem Ver­ trauen auf die Richtigkeit umlaufender Urkunden zu schützen.

Wegen der Nichtanwendbarkeit sachenrechtlicher Übertragungsgrundsätze auf Namensschuldverschreibungen und der damit ausgeschlossenen Möglich­ keit eines gutgläubigen Erwerbs der verbrieften Forderung muß jedoch vorab klargestellt werden, daß ein möglicher Verlust des Erfüllungseinwands seinen Ursprung nicht in der Rechtsbeziehung des Zessionars zum Zedenten haben kann. Wie schon festgestellt, kommt der Urkundeninnehabung als solcher bei Namensschuldverschreibungen nur sehr begrenzte Legitimations- und damit Rechtsscheinwirkung zu. Aus den oben41 zur Ablehnung eines gutgläubigen Erwerbs von Namensschuldverschreibungen genannten Gründen wird deut­ lich, daß sich der Zedent gegenüber dem Zessionar durch bloße Papiervorlage nicht wirksam legitimieren kann. Die Legitimationswirkung der Urkunde be­ steht in eingeschränktem Umfang nur gegenüber dem Schuldner. Zwar kann der Schuldner immer dann darauf vertrauen, daß der ihm namentlich bekannte Ersterwerber, dessen Gläubigerstellung er selbst begründet hat, noch Berech­

40 Kümpel WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.10 f.; Ulmer, S.100 (Fn.59).

41 § io n 3.

§ 12 Umfang eines Einwendungsausschlusses bei Namensschuldverschreibungen 203

tigter ist, wenn er bis zur Fälligkeit keine Abtretungsanzeigen erhalten hat und der Altgläubiger noch im Besitz der Urkunde ist. Dem Zessionar gegenüber fehlt dem Zedenten hingegen ein solcher Nachweis des Fortbestehens der Be­ rechtigung. Der Veräußerer kann ihm nämlich, falls er der Ersterwerber war und in der Urkunde namentlich benannt ist, aus eigener Kraft nur nachweisen, daß er das Recht erworben hatte. Er kann dem Zessionar jedoch niemals allein abschließend nachweisen, daß er immer noch der materiell Berechtigte ist. Er­ bringt der Schuldner gegenüber dem berechtigten Ersterwerber die geschuldete Erfüllungsleistung, erlischt das verbriefte Recht, auch wenn sich der Schuld­ ner die Urkunde nicht zurückgeben läßt. Der Zedent ist ebensowenig noch aus der Schuldverschreibung berechtigt, wie wenn er das Recht an einen Dritten ohne Urkundenübergabe veräußert hätte.42 Gegenüber dem Zedenten kann also der Zessionar aus dessen Urkundeninnehabung weder sicher schließen, daß dieser das Recht nicht veräußert hat, noch, daß es durch Erfüllung oder durch ein Rechtsgeschäft mit dem Schuldner erloschen ist. Bezogen auf den Erfüllungseinwand bedeutet dies, daß der Schuldner mit der Rücknahme der Urkunde bei Erfüllung jeden Anschein einer bestehenden Verpflichtung zwar im eigenen Interesse zerstören kann. Unterläßt er dies, kann im Umkehrschluß vom Zessionar aber nicht sicher geschlossen werden, daß der Zedent trotz Papierinhaberschaft seine Forderung noch nicht durch Erfüllung verloren hat. Will der Zedent das Fortbestehen seines Rechts sicher beweisen, benötigt er deshalb gegenüber dem Zessionar eine Bestätigung durch den Schuldner. Der Urkundeninnehabung kommt im Zessionsrecht ge­ rade nicht die gesteigerte sachenrechtliche Rechtsscheinwirkung wie bei den Inhaber- und Orderpapieren zu. Da die Rechtsscheinwirkung des Namenspa­ piers nicht ausreicht, um einem Nichtberechtigten die Macht zu verleihen,

42 Gilt bei der Übertragung nicht das sachenrechtliche Traditionsprinzip, so könnte der Zedent das verbriefte Recht auch ohne Weitergabe der Urkunde veräußert haben. Das Vorlegungserfordemis und die daraus folgende Obliegenheit, sich bei derivativem Erwerb der Namensschuldverschreibung die Urkunde übergeben zu lassen, schützt den Zessionar nur in seiner vertypten Position im Dreiecksverhältnis als Beteiligter eines Übertragungsvorgangs vor der befreienden Leistung des Schuldners an den Zedenten. Dagegen kann ein Erwerber aus der Nachlässigkeit eines in von derselben Interessen­ lage geprägten Position stehenden anderen Erwerbers keine Schlußfolgerungen zu sei­ nem Schutz ableiten. Im Dreiecksverhältnis zwischen Schuldner/Zedent/Zessionar hat jede Beteiligtenposition nur die Möglichkeit, die für sie notwendigen Schutzmecha­ nismen gegenüber einer anderen Beteiligtenposition in Gang zu setzen. Wird jedoch dieses Ingangsetzen unterlassen, kann ein auf derselben Interessenebene angesiedelter Dritter daraus keine abschließenden Schlußfolgerungen ziehen.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

dem gutgläubigen Erwerber das Forderungsrecht zu verschaffen, kann ande­ rerseits auch das Vertrauen auf das Nochberechtigtsein des Veräußerers allein deshalb, weil dieser Inhaber der Urkunde ist, kein ausreichender Tatbestand für einen Verlust des Erfüllungseinwands beim Schuldner sein.

bb) Schutzwürdiges Vertrauen im Verhältnis zum Schuldner

Zwar begründet die Urkundeninhaberschaft für ein berechtigtes Vertrauen gegenüber dem Zedenten keine tragfähige Basis. Vom Vertrauenstatbestand im Verhältnis Zessionar/Zedent ist jedoch ein Vertrauenstatbestand im Ver­ hältnis Zessionar/Schuldner zu unterscheiden. Stellt nämlich der Schuldner eine Urkunde aus, in der er sich ausdrücklich vorbehält, nur gegen ihre Rück­ gabe zu leisten, darf der Zessionar gegenüber dem Schuldner darauf vertrauen, daß dieser von seiner Einrede auch Gebrauch macht.43 Nach einhelliger Ansicht kommt der Urkunde über eine Namensschuldver­ schreibung als einziger wertpapierrechtlicher Zweck die Aufgabe zu, dem Er­ sterwerber bei seinem Zahlungsverlangen als Ausweis seiner Nochberechtigung gegenüber dem Schuldner zu dienen. Dieser Zweck kommt sowohl dem Ersterwerber zugute, der dadurch abschließend seine Berechtigung nachwei­ sen kann, als auch dem Schuldner, der, solange der Erstgläubiger in der Lage ist, die Urkunde vorzulegen, befreiend an diesen leisten kann, und darüberhin­ aus sogar dem Zessionar, der, wenn er sich vom Ersterwerber das Papier aus­ händigen läßt, vor einer befreienden Leistung des Schuldners an den Nicht­ mehrberechtigten gemäß § 407 Abs. 1 BGB geschützt ist. Dieser Verkehrs­ zweck der Urkunde endet jedoch, wenn der Gläubiger Zahlung erhalten hat, das Papier somit keine Forderung mehr verbrieft und deshalb ein Ausweis über die Berechtigung von keiner Seite mehr benötigt wird.

Verliert die Urkunde aber ihren Verkehrszweck, liegt es im Interesse des Schuldners, durch die Rücknahme oder Entwertung der Urkunde jeden An­ schein eines Fortbestehens der Verpflichtung zu vermeiden. Dies ist schon deshalb der Fall, weil der Schuldner gegenüber einem, das nicht entwertete

43 Jacobi ZHR 85 (1921), S.29 ff. Bei Amortisierbarkeit des Wertpapiers könne der Zessionar zu Recht davon ausgehen, daß der Schuldner nur gegen Urkundenvorlage zahlt (S.34). Indem Jacobi den Schutzzweck der Urkundenausstellung aber hauptsäch­ lich darin sieht, die Interessen des Schuldners zu wahren, zieht er nicht die Konse­ quenz aus dem Vorlegungserfordemis, vom Schuldner auch sanktionsbewehrt die Ein­ ziehung der Urkunde zu verlangen.

§ 12 Umfang eines Einwendungsausschlusses bei Namensschuldverschreibungen 205

Papier präsentierenden Zessionar im Urkundenprozeß in Beweisnot darüber geraten würde, daß er seine Zahlung schon erbracht hat. Auf die Unterstüt­ zung des dann bereits betrügerisch tätig gewesenen Zedenten darf er nicht hoffen. Schon aus diesem Grunde ist es ein für den Schuldner zumindest un­ typisches Verhalten, wenn er nicht im Gegenzug zur Leistungserbringung die Urkunde aus dem Verkehr zieht. Läßt sich aus einem ungewöhnlichen Verhalten allein noch keine Haf­ tungswirkung ableiten, so ändert sich die Situation, wenn sich aus der Auf­ nahme des Vorlegungserfordernisses in den Urkundentext eine Pflicht oder zumindest eine Obliegenheit des Schuldners zur Rücknahme der Urkunde im Verhältnis zu einem Zessionar ergibt. Dazu gilt es, sich zu vergegenwärtigen, daß nach der in der Vertragspraxis gängigen Formulierung des Vorlegungser­ fordernisses, dieses sich nicht, wie der etwas mißverständliche Begriff vermu­ ten ließe, auf die Vorlage der Urkunde beschränkt, sondern daß die Leistung regelmäßig44 „...gegenRückgabe der Urkunde“ erfolgen soll. Ist aber das Vor­ legungserfordernis eigentlich ein „Rückgabe- oder Aushändigungserforder­ nis“,45 so stellt sich die Frage, ob der Schuldner nicht schon mit Aufnahme dieser Klausel in den Urkundentext durch rechtsgeschäftliche Erklärung eine Selbstverpflichtung zur Einhaltung dieser Erfüllungsbedingung eingeht.46 Dogmatisch ließe sich dies mit den Mitteln der Rechtsgeschäftslehre nach § 328 Abs. 1 BGB begründen, da die Person des Begünstigten beim Vertrag zugunsten Dritter nicht schon zur Zeit des Vertragsschlusses festzustehen braucht. Will man jedoch nicht Zuflucht zu Fiktionen nehmen, wird sich ein entsprechender Parteiwille nur äußerst selten feststellen lassen.47 Andererseits ginge eine solche Konstruktion insofern zu weit, als dadurch alle potentiellen Erwerber der erloschenen Forderung geschützt würden und nicht nur die red­ lich auf die Verbriefungswirkung der forderungsentkleideten Urkunde vertrau­ enden.48

44 Canaris, Großkommentar zum HGB3 § 363 Rz.18, spricht deshalb auch begriff­ lich exakter vom „Aushändigungserfordemis“. Die Urkunde des Sparkassenbriefs trägt denn auch die Formulierung "Wir zahlen an.... gegen Rückgabe dieser Urkunde“, vgl. Vordruck Nm. 168 531 und 168 585 des Deutschen Sparkassenverlags im Anhang II.

45 So Canaris, Großkommentar zum HGB3 § 363 Rz.18. 46 Für eine rechtsgeschäftliche Konstruktion schon bei der Einschränkung des § 407 Abs. 1 BGB: RGZ 78, S.149 (153 f.) und RGZ 119, S.119 (123 f).

47 Canaris, Großkommentar zum HGB3 § 363 Rz.70a. 48 Canaris, Großkommentar zum HGB3 § 363 Rz.70a.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

Fehlt es an einer Willenserklärung, so muß sich der Schuldner doch im­ merhin der faktischen Bedeutung seines Verhaltens bewußt sein. Als Norm­ zweck des Rückgabeerfordernisses bei vergleichbaren Papieren, wie in § 371 Satz 1 BGB für den einfachen Schuldschein, in § 785 BGB für die Anweisung, in § 364 Abs. 3 HGB für die kaufmännischen Orderpapiere und in § 797 Satz 1 BGB für die Inhaberschuldverschreibung, findet sich nicht nur der Schutz des Schuldners vor einer Verwendung des ausgestellten Schuldscheins als Be­ weismittel gegen ihn selbst, sondern zumindest gleichwertig ein Schutz des allgemeinen Verkehrsinteresses vor einer mißbräuchlichen Verwendung der Urkunde.49 Denn erwirbt der Zessionar unter Urkundenvorlage, kann er zwar nicht gegenüber dem Gläubiger darauf vertrauen, daß dieser noch der Berech­ tigte ist, doch in Bezug auf den Schuldner kann der Erwerber schließen, daß jener nicht durch Erfüllung zur Vernichtung des Rechts beigetragen hat. In diesem Rechtsverhältnis ist die Innehabung der Urkunde durch den Zedenten ausreichender Beweis. Denn wäre der Schuldner seiner Obliegenheit im Falle des Erlöschens der Forderung durch Erfüllung nachgekommen, könnte der Ze­ dent nicht mehr im Besitz der Urkunde sein. Wenn schon jeder Schuldschein im Interesse des Verkehrs eingezogen zu werden pflegt, kann sich der Aussteller einer Urkunde über eine Namens­ schuldverschreibung nicht der Tatsache verschließen, daß einer solchen Klau­ sel eine erhebliche faktische Aussagekraft50 bezüglich der Erwartungen des Rechtsverkehrs an eine Beseitigung der unrichtig gewordenen Urkunde zu­ kommt.51 Unterläßt er eine Einziehung der Urkunde, muß sich der Schuldner, der im Text der ausgegebenen Urkunde ausdrücklich darauf hingewiesen hat, daß Zahlung gegen Rückgabe der Urkunde erfolgen wird, den Vorwurf des venire contra factum proprium und einer durch nichts zu rechtfertigenden Gefährdung des Rechtsverkehrs gefallen lassen. Somit besteht Veranlassung, aufgrund des hervorgerufenen Vertrauens im Rechtsverkehr einen rechtsfol­ genbewehrten Scheintatbestand zu Lasten des Schuldners anzunehmen, wenn eine forderungsentkleidete Urkunde nicht eingezogen wird.52

49 MünchKomm-Heinrichs3 § 371 Rz.4; Palandt-Heinrichs § 371 Rz.3; StaudingerKaduk § 371 Rz.7; Hedemann JherJb. 48 (1904), S.90. 50 Nach Gemhuber, Die Erfüllung und ihre Surrogate, § 25 2., ist der Schuldschein ein der freien richterlichen Beweiswürdigung unterliegendes Indiz des Bestehens der Schuld, wenn und solange er sich im Besitz des Gläubigers befindet.

51 Erman-Westermann § 371 Rz.l. 52 Canaris, Großkommentar zum HGB3, § 363 Rz.72.

§ 12 Umfang eines Einwendungsausschlusses bei Namensschuldverschreibungen 207

Daneben ist auch eine Interessenwertung zu berücksichtigen. Die teleologi­ sche Reduktion des § 407 Abs. 1 BGB bei Namensschuldverschreibungen mit Präsentationsklausel soll den Effekt haben, den papierbesitzenden Zessionar vor Rechtsgeschäften des nicht mehr berechtigten, unredlichen Altgläubigers in Ansehung der noch bestehenden, also noch nicht durch Erfüllung erlosche­ nen Forderung mit dem Schuldner zu schützen. Wird dies aber als Sachgrund der teleologischen Reduktion des § 407 Abs. 1 BGB erkannt, so wäre der Schutz des Zessionars ausgehebelt, ließe man nach dem Erlöschen der Forde­ rung eine Konstellation zu, in der ein gleichermaßen betrügerischer Zedent dem Zessionar einen Schaden zufugen könnte, dessen Vermeidung von diesem deutlich schwieriger zu beherrschen ist.

Könnte der Schuldner sanktionslos die forderungsentkleidete Urkunde im Verkehr belassen, wäre die Restriktion des § 407 Abs. 1 BGB deshalb nicht verständlich. Es wäre ein Wertungswiderspruch, würde man den Zessionar durch Restriktion des § 407 Abs. 1 BGB davor schützen, den wirtschaftlichen Wert seiner Gegenleistung dadurch zu verlieren, daß der Schuldner nach der Abtretung befreiend an den Zedenten leisten kann, ihn im Falle des entgeltli­ chen Erwerbes einer getilgten Forderung aber ungeschützt zu lassen, weil da­ durch der Schutz von Schuldner und Zessionar genau umgekehrt zur jeweili­ gen Schutzwürdigkeit der Beteiligten ausgestaltet würde. Denn während der Zessionar nach Erwerb des bestehenden Rechts, durch Zessionsanzeige gegen­ über dem Schuldner zur Wahrung seiner Interessen beitragen und somit weit­ gehend die Gefahren des § 407 Abs. 1 BGB auch ohne die Papierinnehabung vermeiden kann, nützt ihm eine solche Anzeige nach dem Erwerb einer forde­ rungsentkleideten Urkunde im Verhältnis zum Schuldner nichts mehr. Ande­ rerseits wird der Schuldner im Rahmen des § 407 Abs. 1 BGB mit der Beach­ tung des Vorlegungserfordernisses belastet, obwohl er zur Übertragung des Rechts keinen Beitrag geleistet hat. Dagegen hat er beim Belassen der Urkun­ de im Verkehr durch das im Vergleich zu seinen Interessen widersprüchliche Verhalten erst die Gefahrenlage für den Erwerber erzeugt. Es wäre somit wi­ dersprüchlich, im ersten Fall den Zessionar zu Lasten des Schuldners zu schützen, ihn im zweiten dagegen der vom Schuldner erst verursachten Gefahr des kompletten Verlusts der Gegenleistung auszusetzen. Aus diesen Gründen ist es interessengerecht, vom Schuldner zu verlangen, daß er im Falle der Erfüllung die ausgestellte Urkunde Zug um Zug gegen Er­ bringung der Leistung entweder einzieht oder entwertet. Diese Obliegenheit bedeutet für den Schuldner lediglich eine problemlos zu erfüllende Selbstver­ ständlichkeit, muß ihm doch der Gläubiger ohnehin das Papier präsentieren.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der NamensschuldVerschreibung

Für den Zessionar dagegen bedeutet dies einen wirksamen Schutz vor einer jeglichen betrügerischen Handlung des Erstgläubigers.

Offen ist die Rechtsfolge einer Mißachtung dieser Obliegenheit. Interessen­ gerecht erscheint hier allein der oben diskutierte Einwendungsausschluß be­ züglich des rechtvernichtenden Einwands der Erfüllung.53 Anknüpfungspunkt für eine solche teleogische Reduktion des § 404 BGB kann die bereits ange­ sprochene Haftung des Schuldners für einen zurechenbar gesetzten Rechts­ schein sein. Eine derartige Rechtsscheinhaftung wäre zwar ihrem Ursprung nach nicht typisch wertpapierrechtlich, sie ist jedoch gleichwohl durch die be­ sondere Situation der Ausstellung einer Urkunde über eine Forderung bedingt.

Eine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs durch den voll deliktisch handelnden Zedenten kommt dabei nicht in Betracht. Denn wie auch in den Fällen des abredewidrig ausgefüllten Blanketts oder von abhandenge­ kommenen Willenserklärungen ist es der Schuldner und ursprüngliche Aus­ steller der Urkunde, der die Möglichkeit für das deliktische Handeln des Ze­ denten erst geschaffen hat. Es besteht somit ein unabweisbares Bedürfnis da­ für, als Rechtsfolge im Sinne der Verantwortung für den zurechenbar geschaf­ fenen Rechtsschein durch das Belassen der forderungsentkleideten Urkunde beim Zedenten, dem Schuldner den Einwand des Erlöschens der Forderung gegenüber dem Zessionar zu nehmen.54 Der Vorlegungszwang verlangt deshalb über die Restriktion des § 407 Abs. 1 BGB hinaus aufgrund der mit ihm verbundenen Rücknahmeobliegenheit 53 Ähnlich Canaris, Großkommentar zum HGB3, § 363 Rz.72. 54 Zur dogmatischen Problematik, daß die Forderung tatsächlich durch Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB erloschen ist und der Zessionar somit eigentlich nicht erwer­ ben kann, was nicht mehr besteht, sogleich unten. Jedoch wäre es allzu begrifflich ge­ dacht, würde man den Erwerb einer getilgten Forderung allein daran scheitern lassen, daß diese „erloschen“ sei; (für ein Wiederaufleben der erloschenen Forderung gegen­ über einem redlichen Erwerber spricht sich Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.67, aus). Vielmehr gilt es zu bedenken, daß im Zweiparteiensystem des Zivilprozesses besser in den Kategorien von „rechtsbegründend“, „rechtsvemichtend“ und „rechtshindemd“ gedacht werden muß. Die Erfüllung ist damit ebenso lediglich ein rechtsvemichtender Einwand, wie Anfechtung und Aufrechnung etc. Ist aber klargestellt, daß auch dem Umstand der Erfüllung keine absolute Bedeutung zukommen kann, so ist bei diesem Einwand, wie bei jedem anderen auch zu fragen, ob die Tatbestands Vorausset­ zungen erfüllt sind und inwieweit zwischen den Parteien das Berufen auf die Einwen­ dung zulässig ist. Muß letzteres im Verhältnis zu einer bestimmten Partei verneint werden, so ist es nicht ausreichend, daß allein der Tatbestand erfüllt ist und ein Beru­ fen darauf gegenüber einer anderen Partei zulässig wäre.

§ 12 Umfang eines Einwendungsausschlusses bei Namensschuldverschreibungen 209

auch eine Einschränkung des § 404 BGB in der Weise, daß der Schuldner dem Zessionar den Einwand des Erlöschens der Forderung durch Erfüllung schon vor dessen Erwerb nur entgegensetzen kann, wenn er sich bei seiner Erfül­ lungsleistung die Urkunde hat aushändigen lassen.53,36

c) Vereinbarkeit eines Ausschlusses des Erfüllungseinwandes bei wissentlichem Belassen der forderungsentkleideten Urkunde im Verkehr mit den Grundaussagen des Zessionsrechts

Auch wenn ein starkes Verkehrsinteresse den Ausschluß des Erfüllungs­ einwands bei wissentlichem Belassen der forderungsentkleideten Urkunde im

35 Um eine doppelte Inanspruchnahme zu vermeiden, muß der Schuldner deshalb si­ cher sein, daß die Urkunde nicht mehr im Rechtsverkehr unterwegs ist. Kann der Schuldner vom Gläubiger die Urkunde nicht zurückerlangen, sei es, weil dieser das Papier verloren hat, sei es, weil der Schuldner keinen Zugriff auf den Gläubiger hat, muß er diesen auf ein Aufgebotsverfahren verweisen (Canaris, Großkommentar zum HGB3 § 363 Rz.72) oder anstatt des Gläubigers das Aufgebotsverfahren betreiben, wo­ zu er nach Erlöschen der Forderung als Eigentümer der Urkunde nach § 952 Abs. 2 BGB berechtigt ist (vgl. Kümpel, WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.l 1). 36 Dieses vordringliche Verkehrsbedürfnis berücksichtigte bereits das Preußische Allgemeine Landrecht im Ersten Teil, 11. Titel §§ 395-397:

£ 395. Der Schuldner kann nur einem solchen Cessionario mit Sicherheit zahlen, welcher sich durch den Besitz des Instruments (d.h. der über eine Forderung ausgestell­ ten Urkunde, Anm.d.Verf.), und einer schriftlichen auf ihn gerichteten Cession zu­ gleich legitimirt.

§ 396. Nach geleisteter Zahlung muß er sich das Instrument ausantworten, oder wenn es nur eine Abschlagszahlung war, dieselbe auf dem Instrumente vermerken las­ sen. § 397. Hat der Schuldner diese Vorschriften (§§ 395, 396) vernachlässigt, so kann er sich mit der geleisteten Zahlung gegen einen dritten redlichen Inhaber der Forde­ rung nicht schützen. (Abdruck nach Rehbein/Reincke Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staa­

ten, 3. Auflage 1885) Dieses Prinzip einer Haftung aufgrund des Belassens der bezahlten Urkunde im Verkehr aus ALR I 11 § 397 wurde vom Reichsgericht immerhin noch auf den Hypo­ thekenbrief angewendet (RG GruchotsBeitr. 26, S.693 und 27 S.917 sowie Dernburg, PreußR.Band 2 (1889), S.215). 14 Seitz

210 2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

Verkehr verlangt, kann eine solche Rechtsfolge nur eintreten, wenn sie mit den Grundaussagen des Zessionsrechts vereinbar ist. Wie bereits dargestellt37, enthält auch die gesetzliche Regelung des Zessi­ onsrechts in § 405 BGB Ansätze eines Einwendungsausschlusses, wenn eine Urkunde über die Forderung ausgestellt wurde. § 405 BGB ordnet zwar ledig­ lich den Verlust des Einwands des Scheingeschäfts und des Abtretungsverbots einem gutgläubigen Zessionar gegenüber an, doch ist zu fragen, ob hinter der Regelung des § 405 BGB nicht ein über dessen engen Anwendungsbereich hinausgehender verallgemeinerungsfähiger Rechtsgedanke steht.38

Nach vordringender Ansicht ist § 405 BGB Ausdruck eines allgemeinen Prinzips der Haftung für einen bewußt geschaffenen Rechtsschein demjenigen gegenüber, der im Rechtsverkehr auf die Richtigkeit des Urkundeninhaltes vertraut hat.39 Zwar kennt das Gesetz keinen allgemeinen Schutz des Vertrau­ ens auf die Richtigkeit von Urkunden,60 doch läßt sich gerade durch den Aus­ schluß des Einwands des Scheingeschäfts und der Unabtretbarkeit auf die ratio legis des § 405 BGB schließen. Der Einwendungsausschluß hat seinen Ur­ sprung darin, daß derjenige, der ein Scheingeschäft beurkundet oder den ver­ einbarten Abtretungsausschluß nicht in den Text der Urkunde aufnimmt, wis­ sentlich den Anschein einer bestehenden oder übertragbaren Forderung schafft. Derjenige, der im Vertrauen auf diese Urkunde ein Rechtsgeschäft vornimmt, soll nicht mit dem Bestehen dieser Einwendungen rechnen müssen, eben und gerade weil sie dem Aussteller bekannt sind und man sich im redli­ chen Verkehr darauf verlassen darf, daß nicht bewußt ein der Wahrheit wider­ sprechender Rechtsschein erzeugt wird.61

37 Vgl. §12 n 3 b). 38 Von der überwiegenden Ansicht wird dies regelmäßig ohne nähere Begründung verneint. § 405 BGB sei eine bewußt eng gefaßte Ausnahmevorschrift, der kein verall­ gemeinerungsfähiger Rechtsgedanke innewohne: RGZ S.74, 416 (421); BGHZ 25 S.27 (30); Erman-Westermann § 405 Rz.3; Palandt-Heinrichs § 405, Rz.4; Oertmann § 405 Anm.l; Westermann, JuS 1963, S.5; Soergel-Zeiss § 405 Rz.l.

39 Vgl. zur dogmatischen Herleitung ausführlich Canaris, Die Vertrauenhaftung, S.85 ff. (insbesondere S.94), den Gedanken aufgreifend Larenz, Schuldrecht A.T. § 34 I; so auch StoZZ AcP 135 (1932), S.105. 60 Ein Umstand, der gerade auch aus der engen Fassung des § 405 BGB deutlich wird, die eben nur bestimmte Einwendungen erfaßt (vgl. Stoll AcP 135 (1932), S.104).

61 So teilweise wörtlich nach Canaris, Die Vertrauenshaftung, S.86; Stoll AcP 135 (1932), S.105.

§ 12 Umfang eines Einwendungsausschlusses bei Namensschuldverschreibungen 211

Wird dieses allgemeine Rechtsscheinprinzip aber als Telos der Regelung er­ kannt, so ist auch der Argumentation der überwiegenden Ansicht die Basis entzogen, daß § 405 als Sonderregel eng auszulegen und einer entsprechenden Anwendung auf andere Einwendungen nicht zugänglich sei. § 405 BGB ist keine „Ausnahmereger, sondern ein nicht zwingend abschließend gefaßter Ausdruck des vorgenannten allgemeinen Rechtsgedankens.62 Ist die Regelung des § 405 BGB aber nicht abschließend, so ist Raum für eine entsprechende Anwendung63 des zessionsrechtlichen Einwendungsverlustes auf den Fall, daß der Schuldner wissentlich eine forderungsentkleidete Urkunde im Rechtsver­ kehr beläßt.64 Daß dafür ein unabweisbares Bedürfnis aufgrund der vergleich­ baren Verkehrsinteressen besteht, wurde bereits dargelegt.63

Im Anschluß an Canaris66 ist deshalb festzuhalten: In Analogie zu § 405 BGB und damit in Einschränkung des § 404 BGB ist dem Schuldner der Ein­ wand der Erfüllung einem redlichen Zessionar gegenüber dann abgeschnitten, wenn er die nichtentwertete Urkunde über ein bereits durch Erfüllung erlo­ schenes Forderungsrecht wissentlich im Verkehr beläßt. Wenn der Schuldner von seiner Obliegenheit zur Rücknahme der Urkunde weiß, die mit dem von ihm selbst festgeschriebenen Vorlegungszwang verbun­ den ist, wird er, wenn er Zahlung leistet, ohne die Urkunde zurückzunehmen, regelmäßig wissentlich handeln und damit diesen Einwand verlieren. Ande­ rerseits ist aufgrund des Umstands, daß die Rechtsscheinhaftung an ein Unter­ lassen anknüpft, die Einhaltung allgemeiner Zurechnungsprinzipien zu beach­ ten.67 Die Zurechnung beim Unterlassen hängt davon ab, ob es dem Unterlas­ 62 Canaris, Die Vertrauenshaftung, S.89. Für eine Fortbildung in engen Grenzen Stoll AcP 135 (1932), S.113 f.

63 Für eine vorsichtige Analogie auch Larenz SchR AT § 34 I. 64 Nach allgemeinen Rechtsscheinregeln macht es keinen Unterschied, ob das Ver­ halten des Schuldners in einem Tun oder Unterlassen besteht. Denn gerade bei dem wissentlichen Unterlassen der Beseitigung von Rechtsscheintatbeständen macht es im Hinblick auf die Risikozurechnung keinen wertungsmäßigen Unterschied, ob an ein positives Tun oder ein Unterlassen angeknüpft wird. Anknüpfungspunkt der Haftung ist der zurechenbar gesetzte Rechtsschein. Die Qualität der Handlung, die zur Setzung dieses Rechtsscheins geführt hat, ist dabei irrelevant (vgl. Canaris, Die Vertrauenshaf­ tung, S.488).

63 Vgl. § 12114 b). 66 Canaris, Die Vertrauenshaftung, S. 101; ders., Großkommentar zum HGB3 § 363 Rz.71 ff. 61 Stoll AcP 135 (1932), S.108; Wellspacher, S.68. 14*

212

2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

senden mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln überhaupt möglich war, den Rechtsschein zu zerstören.68 Demnach muß der Schuldner zwar alles Er­ forderliche tun, um den Vertrauenstatbestand zu zerstören, andererseits sind diesem Handlungsgebot Grenzen gesetzt, da nur das in seiner Macht stehende Verhalten von ihm verlangt werden kann. Verweigert der Erstgläubiger die Rückgabe der Urkunde, muß der Schuldner deshalb die Herausgabe erzwin­ gen.69 Dazu hat er gegenüber jedermann den Anspruch aus §§ 985/986 BGB,70 gegenüber dem Gläubiger zusätzlich den aus § 371 Satz 1 BGB.

Behauptet dieser den Verlust des Papiers, so kann der Schuldner entweder solange die Zahlung verweigern, bis das Papier aufgeboten ist71 oder, sofern er dem Gläubiger vertraut, das Aufgebotsverfahren selbst durchfuhren.72 Er ist gemäß § 1014 ZPO zum Antrag berechtigt, da durch die Tilgung der Forde­ rung mittlerweile das Recht an der Urkunde an den Aussteller zurückgefallen ist und er durch den behaupteten Papierverlust des Gläubigers die Urkunde unfreiwillig nicht innehat.73 Durch die Kraftloserklärung verliert die Urkunde jede Eignung, als Ver­ trauensgrundlage für eine Rechtsscheinhaftung.74 Sollte es wegen der sich noch im Verkehr befindlichen Urkunde trotzdem zu einem Vertrauen auf das Nochbestehen der Forderung kommen, ist dem Schuldner dieser Vertrauens­ tatbestand nicht mehr zurechenbar, da er alles zu seiner Beseitigung notwen­

68 Canaris, Die Vertrauenshaftung, S.490. 69 Weil der Schuldner ein schutzwürdiges Interesse daran hat, die forderungsent­ kleidete Urkunde nicht nur vom Gläubiger, sondern auch von jedem, nicht zum Besitz berechtigten Dritten herausgegeben verlangen zu können, wird nach einhelliger Auf­ fassung grundsätzlich der Schuldner mit Tilgung der Forderung auch dann Eigentümer der Schuldurkunde, wenn er sie nicht vom Gläubiger zurückerhält. Dieser Eigentums­ erwerb wird aus dem Rechtsgedanken des § 952 Abs. 2 BGB geschlossen, der das Ei­ gentum der Urkunde stets dem Gläubiger der verbrieften Forderung zuerkennt. Ist nach der Tilgung eine Gläubigerschaft nicht mehr möglich, so ist das Urkundeneigentum dem Aussteller zuzuerkennen.

70 Zur Begründung vgl. Fußnote 69.

71 Vgl. § 9 IV. 72 So auch Kümpel, WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S. 11.

73 Kümpel, WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.l 1. 74 Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.67.

§ 12 Umfang eines Einwendungsausschlusses bei Namensschuldverschreibungen 213

dige getan hat. Darüberhinaus ist mit der Aufnahme in die Oppositionssam­ melliste75 ohnehin der gute Glaube potentieller Erwerber zerstört.76 Mit einer solchen Lösung wird die vorrangige Geltung des Zessionsrechts gewahrt - der Urkunde über eine Namensschuldverschreibung kommt keine spezifisch sachenrechtliche Rechtsscheinwirkung zu. Der Grundsatz, daß ein gutgläubiger Forderungserwerb dem Zessionsrecht fremd ist, besagt lediglich, daß das Vertrauen des Zessionars auf die Berechtigung des Zedenten zur Ver­ äußerung der Forderung nicht geschützt wird. Ist jedoch der Veräußerer bis zum Entstehen der Einwendung berechtigt gewesen, so ist allein das Vertrau­ en auf den Inhalt des durch die Urkunde repräsentierten Rechts zu betrach­ ten.77 Ein durchgängiger Einwendungsausschluß ist mit dem Zessionsrecht un­ vereinbar. Ein Einwendungsverlust aufgrund wissentlich gesetzten Rechts­ scheins steht dagegen mit der vorrangigen Geltung des Zessionsrechts für Na­ mensschuldverschreibungen im Einklang, weil er auf einem allgemeinen, dem § 405 BGB zugrundeliegenden Prinzip der Haftung für wissentlich gesetzten Rechtsschein beruht. Zugleich wird so in Fortbildung des Gedankens aus § 405 BGB die spezifische Interessenlage bei der Urkundenausstellung über eine Forderung berücksichtigt. Der Einwendungsverlust folgt somit nicht aus wertpapierrechtlichen Be­ sonderheiten, sondern aus dem allgemeinen Prinzip der Haftung für zurechen­ bar veranlaßten Rechtsschein. Er ist notwendiges Ergebnis einer Interessen­ abwägung mit Akzentverschiebung zu Lasten des Schuldners, weil diesem die Vermeidung der Gefahren für den Rechtsverkehr durch die Einhaltung einer selbst begründeten Obliegenheit am leichtesten möglich und am ehesten zu­ mutbar ist.

75 „Sammelliste mit Opposition belegter Wertpapiere“ herausgegeben von den „Wertpapier - Mitteilungen“.

76 Kümpel, WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S. 11. 77 So differenzierend auch Stoll AcP 135 (1932) S. 111 und 113.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

d) Anwendung auf weitere im Rechtsverkehr bedeutsame Einwendungen Dieser Einwendungsverlust kann auf alle vor einer Übertragung entstande­ nen rechtsvernichtenden Einwendungen ausgedehnt werden,78 bei denen vom Schuldner erwartet werden kann, daß er die Urkunde zurücknimmt. Anderer­ seits müssen alle diejenigen Einwendungen und Einreden erhalten bleiben, die das verbriefte Recht nicht endgültig vernichten, bei denen eine Rechtsaus­ übung noch aussteht oder bei denen der Schuldner die Urkunde weder zurück­ erlangen, noch ein Aufgebotsverfahren durchführen kann. In diesen Fällen kann aus der bloßen Tatsache, daß sich noch eine Urkunde im Umlauf befin­ det, nicht auf das Nichtbestehen der betreffenden Einwendung geschlossen werden.

Die Ausübung von Gestaltungsrechten, die zum Erlöschen der Forderung führt, wie die erfolgte Anfechtung des Begebungsvertrages nach § 123 BGB oder §§ 119/120 BGB, verpflichten den Schuldner insoweit zum Einziehen der Urkunde, als er ein Recht auf den Urkundenbesitz nach § 952 Abs. 2 iVm. §§ 985/986 BGB hat. Eine Rechtsscheinhaftung greift ebenfalls ein, wenn der Schuldner in Kenntnis der Nichtigkeit seiner Verpflichtung gemäß § 134 oder § 138 die ausgestellte Urkunde im Verkehr beläßt.79 Das gleiche gilt für den

78 Die ältere Literatur will die Anwendbarkeit des § 405 BGB auch in Bezug auf Nebenabreden, die bei Begründung der Forderung getroffen wurden, ausdehnen, sofern sie nicht aus der Urkunde hervorgehen; (vgl. Oertmann § 405 BGB Anm.2; Wellspacher S.65; Endemann § 152 1 c)). Eine solche Ausweitung ist hingegen nicht gerechtfertigt, da bei bürgerlich-rechtlichen Forderungsurkunden regelmäßig nicht von der Vollständigkeit der Beurkundung aller Abreden im Rechtsverkehr ausgegangen werden kann, (so schon Planck-Siber § 405 BGB Anm.2). Damit kommt dem Vertrau­ en auf den abschließenden Inhalt der Urkunde auch keine Schutzwürdigkeit zu. Eine Ausdehnung auf Nebenabreden würde die bürgerlich-rechtliche Forderungsurkunde zu sehr in die Nähe eines Wertpapiers mit umfassendem Einwendungsausschluß rücken. Die nur sehr geringe Rechtsscheinwirkung umfaßt eben gerade keine Aussage über die Vollständigkeit der Urkunde (Stoll AcP 135 (1932), S.115). Die Ansicht von Ende­ mann (Lehrbuch § 152 1c, S.678), der unbedenklich den Gedanken des § 796 BGB im Bereich des § 405 BGB heranziehen will, ist deshalb abzulehnen (vgl. dazu auch Wellspacher, S.65 insbesondere Fn.ll, und Oertmann § 405 BGB Anm.2). 79 Zustimmend Canaris, Großkommentar zum HGB, § 363 Rz.72, der sogar noch weiter geht und auch Änderungen des verbrieften Rechts nur dann dem Zessionar ge­ genüber für wirksam erachtet, wenn der Schuldner diese in der Urkunde vermerkt hat. Einer solchen Ausdehnung ist jedoch nicht zu folgen, da sie sich nicht mehr aus dem Grundgedanken herleiten läßt, daß bei Leistung auf die verbriefte Schuld, die Urkunde zurückzunehmen ist. Hier würde ein zu starkes Gewicht auf das Bestehen eines Ein­

§ 12 Umfang eines Einwendungsausschlusses bei Namensschuldverschreibungen 215

praktisch sehr bedeutsamen Fall der Aufrechnung. Führt eine Aufrechnungs­ erklärung zum Erlöschen (§ 389 BGB), so muß der Schuldner vom Erstgläu­ biger das Papier zurückverlangen. Ansonsten kann er sich nicht gegenüber dem redlichen Zessionar auf die Aufrechnung berufen.

In diesem Zusammenhang drängt sich bei Kapitalmarktpapieren die Frage auf, inwieweit eine uneingeschränkte Anwendbarkeit des § 406 BGB (insbe­ sondere die „Aufrechenbarkeit“ mit einer Forderung gegen den Zedenten) als ein für den Zessionar unbeherrschbares Aufrechnungsrisiko interessengerecht erscheint. Von den verschiedenen Konstellationen möglicher Aufrechnungslagen sind jedoch nur die Fälle relevant, bei denen die Aufrechnung mit einer dem Schuldner gegen den Zedenten zustehenden Forderung erst nach der Übertra­ gung erfolgen soll.80 Die Gefahr einer solchen „Aufrechenbarkeit“ der eigenen Forderungen mit Ansprüchen, die der Schuldner noch gegen den Zedenten hat, enthält jedoch eine spezifische Wertung des Zessionsrechts, die sich durch die Ausstellung und das im Verkehr Belassen einer Urkunde nicht verändert. Das Recht zur Aufrechnung steht deshalb dem Schuldner in den Grenzen des § 406 BGB zu. Dies bildet auch keinen Wertungswiderspruch zu der teleologi­ schen Reduktion von § 404 und § 407 Abs. 1 BGB.81 Verdeutlicht man sich die Prämisse, daß auf Namensschuldverschreibungen grundsätzlich Zessions­ recht anzuwenden ist und daß nur dort, wo die Interessenlage durch die spezi­ fische Situation der Urkundenausstellung eine uneingeschränkte Anwendung unmöglich macht, eine Korrektur dieser allgemeinen Regeln zulässig sein kann, so ist für einen Eingriff in das System des Gesetzes überall dort kein Platz, wo die Urkundenausstellung keinen Einfluß auf die Rechtsbeziehungen hat. Die Regelung des § 406 BGB mag die Interessen des Erwerbers stark be­ einträchtigen, doch gilt dies für verbriefte, wie für unverbriefte Rechte glei­ chermaßen. Wenn der Zessionar von der grundsätzlichen Geltung des Rege­ lungskonzepts des Zessionsrechts für die erworbene Namensschuldverschrei­

wendungsausschlusses infolge skripturaler Haftung gelegt, obwohl ein solcher bei Na­ mensschuldverschreibungen gerade nicht festgestellt werden kann. 80 Der Einwand der erfolgten Aufrechnung bleibt grundsätzlich erhalten, solange sich der Schuldner die Urkunde bei Erklärung der Aufrechnung zurückgeben läßt.

81 Nach Jacobi ZHR 85 (1921), S.25, könne es dem Erwerber eines Rektapapiers nicht darauf ankommen, „....daß ihm keine Einwendungen mehr innerhalb der Zeit von der Übergabe des Papiers bis zur Kenntnis des Schuldners von der Zession entstehen, während ihm doch unbekannte Einwendungen aus der ganzen Zeit vor der Zession, ge­ gen die er zweifellos nicht geschützt ist, gefährlich werden können.“

216

2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

bung Kenntnis hat und er nicht davon ausgehen kann, daß die Urkunde Hin­ weise auf weitere im Verhältnis Schuldner/Zedent bestehende Ansprüche ent­ hält, besteht aufgrund der bloßen Ausstellung der Urkunde über das Recht kein Anlaß, dem Schuldner die Aufrechenbarkeit unter den Voraussetzungen des § 406 BGB zu nehmen.

Der Einwendungsausschluß beschränkt sich bei Namensschuldverschrei­ bungen somit auf die Fälle, in denen der Schuldner eine forderungsentkleidete Urkunde wissentlich, d.h. in Kenntnis der Tatsache, daß das ehemals verbrief­ te Recht nicht mehr besteht, im Verkehr beläßt.82

HL Ergebnis Der umfassende Ausschluß sämtlicher Einwendungen aus dem Rechtsver­ hältnis des Schuldners zu dem Ersterwerber ist mit den Grundprinzipien des bei der Übertragung von Namensschuldverschreibungen anzuwendenden Zes­ sionsrechts unvereinbar. Nicht ausschließbar sind ohnehin die auch im Recht der Inhaberpapiere nicht präkludierbaren unmittelbaren und urkundlichen Einwendungen, sowie die Zurechenbarkeitseinwendungen. Aufgrund der zweifachen Abstraktheit der Forderung aus der Namensschuldverschreibung können jedoch Einwendungen aus dem Kausalgeschäft Rechtskauf einem Zweiterwerber nur über die Einrede aus § 821 BGB entgegengehalten werden. Wegen der sonst entstehenden, zu starken, Annäherung an die mit einem spezifisch sachenrechtlichen Gutglaubensschutz ausgestatteten Papiere des öffentlichen Glaubens ist aber auch ein Ausschluß aller darüberhinaus prä­ klusionsfähigen Einwendungen nicht zulässig. Dadurch würde der numerus clausus der mit sachenrechtlichen Wirkungen ausgestatteten Wertpapiere durchbrochen, ohne daß die Warnfunktion, die sonst durch die Bezeichnung dieser Papiere als sachenrechtlichen Regeln unterliegende Inhaber- und Or­ derpapiere aus dem Text der Urkunde hervorgeht, gewährleistet wäre.

Andererseits ist dem Zessionsrecht die Möglichkeit eines Verlusts einzelner Einwendungen gegenüber einem redlichen Erwerber nicht unbekannt. Das in § 405 BGB erkennbare allgemeine Prinzip der Haftung für einen wissentlich

82 Eine Ausdehnung der Haftung auf bloße Fahrlässigkeit ist mit den Aussagen des § 405 BGB nicht vereinbar. Für diese Fälle fehlt es an der für eine Analogie notwendi­ gen Rechtsähnlichkeit mit dem Tatbestand des § 405 BGB, der bewußtes Handeln des Schuldners voraussetzt (vgl. Canaris, Die Vertrauenshaftung, S.97; Stoll AcP 135 (1932), S.125).

§ 12 Umfang eines Einwendungsausschlusses bei Namensschuldverschreibungen 217

im Verkehr geschaffenen Rechtsschein durch Ausstellung einer Urkunde mit der Rechtsfolge des Einwendungsverlustes ist deshalb auf das wissentliche Be­ lassen von forderungsentkleideten Urkunden im Rechtsverkehr übertragbar. Unterläßt es der Schuldner, die Urkunde über eine Forderung, von der er weiß, daß sie mittlerweile erloschen ist, einzuziehen, so kann er sich gegenüber ei­ nem Erwerber, der redlich darauf vertraut hat, daß die ihm vom Veräußerer vorgelegte Urkunde noch ein bestehendes Recht verbrieft, in Anwendung des Rechtsgedankens des § 405 BGB nicht auf das Erloschensein der Forderung berufen. Der die Urkunde präsentierende Zessionar kann erneut Zahlung ver­ langen.

§ 13 Wertpapiereigenschaft von Namensschuldverschreibungen Nach dieser Untersuchung der Beteiligteninteressen in typischen Konfliktsi­ tuationen und deren Abwägung unter der Berücksichtigung der verschiedenen in der Literatur vertretenen Ansätze bleibt noch die Frage zu beantworten, ob Namensschuldverschreibungen des Kapitalsmarkts als Wertpapiere zu be­ zeichnen sind oder ob hierin lediglich wertpapierähnliche Beweisurkunden ge­ sehen werden können.

Namensschuldverschreibungen, obwohl auf ihre Übertragung vorrangig das Zessionsrecht anzuwenden ist, unterliegen in gewissem Rahmen einem wert­ papierrechtlich geprägten Sonderrecht. Durch die Ausstellung einer Urkunde über ein Recht verändert sich die Interessenlage im Vergleich zum einfachen Zessionsrecht bezüglich der Voraussetzungen für eine befreiende Erfullungsleistung und des Schicksals bestimmter Einwendungen. Ein umfassender Aus­ schluß von Einwendungen des Schuldners gegenüber einem redlichen Zessio­ nar ist jedoch dem Zessionsrecht und auch dem Sonderrecht der Namens­ schuldverschreibungen fremd. Als ein nicht allen einem wertpapierrechtlichen Sonderrecht unterliegenden Urkunden eigenes, materielles Merkmal ist des­ halb der Einwendungsausschluß als Abgrenzungskriterium zwischen Wertpa­ pier und bloßer Beweisurkunde untauglich. Ein Wertpapierbegriff, der die Wertpapiereigenschaft über dieses Merkmal definieren will, muß deshalb, wird er konsequent verfolgt und nicht durch eine Altemativlösung wieder weitgehend seiner Originalität beraubt,1 alle Rekta­ papiere aus dem Kreis der Wertpapiere ausscheiden, weil ihnen diese einzelne wertpapierspezifische Funktion nicht zukommt. Sinnvoll erscheint ein Wert­ papierbegriff jedoch als Abgrenzungsbegriff nur dann, wenn er den Kreis der unter ihm zusammengezogenen Papiere nicht nach einzelnen Funktionskrite­ rien bestimmt, sondern auf einem strukturellen Element aufbaut, das Voraus­ setzung all jener Ausprägungen an Funktionaltät ist, die allgemein wertpa­ piermäßig verbrieften Rechten zugemessen werden. Taugliches Abgrenzungs­ kriterium kann deshalb auch nicht die ebenfalls nur einen Einzelaspekt aus­ machende sachenrechtliche Art und Weise der Rechtsübertragung sein. Es 1 Vgl. oben § 6 I 3 b) den „alternativen Wertpapierbegriff4 Kümpels.

§ 13 Wertpapiereigenschaft von Namensschuldverschreibungen

219

muß vielmehr in der allen Wertpapieren gemeinsamen materiellen Ursache einer Modifikation der Übertragungsregeln von verbrieften im Unterschied zu unverbrieften Forderungen liegen.

Das Vorlegungserfordernis, d.h. das Recht des Schuldners, die Leistung nur gegen Aushändigung der Urkunde zu erbringen und die damit korrespondie­ rende Pflicht des Berechtigten, bei Geltendmachung des Rechts die Urkunde zu präsentieren, ist dieses elementare Merkmal aller Wertpapiere. Nur durch das Vorlegungserfordernis erklärt sich die starke Bedeutung der Urkunde für das verbriefte Recht. Wäre es nicht notwendig, die Urkunde bei Geltendma­ chung des Rechts zu präsentieren, ließe sich nicht sinnvoll begründen, warum in der Inhaberschaft der Urkunde eine so starke Legitimationswirkung zu er­ blicken ist, daß bei bestimmten Wertpapierarten sachenrechtliche Übertra­ gungsvorgänge mit der vorrangigen Geltung des Zessionsrechts für Namens­ schuldverschreibungen im Einklang hinsichtlich der Urkunde die Übertragung des verbrieften Rechts bewirken können und darüberhinaus ein Forderungser­ werb vom Nichtberechtigten ermöglicht werden kann. Nur wenn man die bei der Geltendmachung zurückzugebende Urkunde als vom Schuldner bewußt ausgegebenen einzigen Ausweis über das verbriefte Recht und die es bestim­ menden Rechtsverhältnisse im Verkehr begreift, kann erklärt werden, warum bei Präsentation dieses abschließend gefaßten Ausweises der Schuldner bei den Wertpapieren des öffentlichen Glaubens seiner aus der Urkunde nicht er­ kennbaren Einwendungen gegenüber einem redlich auf die schriftgemäße Ausschließlichkeit des Papiers vertrauenden Erwerber verlustig gehen kann. Nur durch diese Pflicht, die Urkunde zur Geltendmachung des Rechts präsen­ tieren zu müssen, werden auch die Modifikationen des ansonsten für Namens­ schuldverschreibungen geltenden Zessionsrechts erforderlich. Als materielle Ursache für die Modifikation des Zessionsrechts ist deshalb bei allen verbrieften Rechten das Vorlegungserfordernis taugliches Kriterium zur Abgrenzung der Wertpapiere von den bloßen Beweisurkunden. Es bildet das Mindestmerkmal der Verkörperung eines Rechts in einem Papier und somit den kleinsten gemeinsamen Nenner aller Wertpapiere. Der weite Wert­ papierbegriff der überwiegenden Ansicht erweist sich deshalb als den anderen Abgrenzungsversuchen überlegen, da er durch die Zugrundelegung der mate­ riellen Verknüpfung von Urkunde und Recht die Gemeinsamkeiten aller Wert­ papiere herausstreicht und nicht auf einer negativen Ausgrenzung aufbaut.

Für Namensschuldverschreibungen läßt sich somit festhalten: Das Vorlegungserfordernis ist in der Vertragspraxis regelmäßig Merkmal einer Namensschuldverschreibung. Die starke Modifikation des Zessionsrechts

220

2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

aufgrund der Verknüpfung von Recht und Papier läßt es auch zweckmäßig er­ scheinen, Namensschuldverschreibungen, die mit einem Vorlegungserforder­ nis versehen sind, als Wertpapiere zu bezeichnen, da sich durch die teleologi­ sche Reduktion des § 404 BGB und des § 407 Abs. 1 BGB in Namensschuld­ verschreibungen verbriefte Rechte viel stärker von unverbrieften Forderungen unterscheiden als Rechte, über die lediglich ein Beweispapier ausgestellt wur­ de. Anders als bei den Inhaber- und den Orderpapieren ist die Präsentati­ onspflicht jedoch dem Rektapapier und damit auch der Namensschuldver­ schreibung nicht stets immanent.2 Die Vielzahl der verschiedenartigen Na­ menspapiere, die unterschiedlichsten wirtschaftlichen und rechtlichen Zwekken zu dienen bestimmt sind, hindert eine einheitliche Klassifizierung als Prä­ sentationspapier. Auch die Nähe zu den Order- und Inhaberschuldverschrei­ bungen ist nicht so groß, als daß sich aus der Wahl des Vertragstyps „Schuldverschreibung“ bereits das Vorlegungserfordernis ergibt. Inhaber- und Orderschuldverschreibungen sind nicht deshalb Präsentationspapiere, weil sie Schuldverschreibungen, sondern weil sie Inhaber- und Orderpapiere sind. Der Begriff der Schuldverschreibung an sich ist neutral. Somit muß die Vorlage­ pflicht bei auf den Namen ausgestellten Schuldverschreibungen ausdrücklich aus dem Text der Urkunde hervorgehen. Trägt die Urkunde über eine Namensschuldverschreibung aber eine Präsen­ tationsklausel, so daß die Urkunde bei der Geltendmachung der verbrieften Forderung vorzulegen ist, so kommt ihr Wertpapiereigenschaft zu.

2 So aber wörtlich Hueck/Canaris § 24 VH 2 a); Franke, DB 1983, S.377 f. Nicht logisch erscheint dabei allerdings das Argument von Franke in DB 1983, S.377 f: Inhaberschuldverschreibungen seien unzweifelhaft Vorlegungspapiere. Wür­ den solche Inhaberpapiere gemäß § 806 BGB auf den Namen einer bestimmten Person festgeschrieben, so ändere diese Umwandlung von einem Inhaber- in ein Namenspa­ pier prinzipiell nichts an der Vorlagepflicht des Papiers zur Durchsetzung des Rechts. Somit liege es nahe, dem Begriff der Schuldverschreibung selbst das Vorlageerforder­ nis zuzuordnen. Dabei wird jedoch übersehen, daß Inhaberschuldverschreibungen nur deshalb so selbstverständlich als Vorlegungspapiere betrachtet werden können, weil sie als Inha­ berpapier mit einer umfassenden Liberations- und Legitimationswirkung ausgestattet sind. Verlieren sie jedoch die Inhaberpapiereigenschaft durch eine Umschreibung auf den Namen, so gehen auch diese Funktionen weitgehend verloren - gerade dies ist der eigentliche Sinn des „Festmachens“ der Inhaber schuld Verschreibung. Deshalb kann die ehemalige Inhaberpapiereigenschaft dann nicht mehr zur Begründung eines angeblich nach wie vor bestehenden Vorlegungserfordemisses herangezogen werden.

§ 13 Wertpapiereigenschaft von Namensschuldverschreibungen

221

Fehlt eine Vorlegungsklausel, so sind die meisten der angesprochenen Ein­ schränkungen des Zessionsrechts nicht aufrechtzuerhalten, da diese gerade auf dem Vertrauen der einzelnen Beteiligten in die Einhaltung dieser Vorlage­ pflicht basieren. Solche Papiere sind dann bloße Beweisurkunden im Sinne des §371 BGB und keine Wertpapiere.

§ 14 Zusammenfassung der Ergebnisse zum 2. Teil

Für die Einordnung von Sparkassenbriefen als effektive Namensschuldverschreibungen des Kapitalmarkts in das System eines allgemeinen Teils des Wertpapierrechts und ihre rechtliche Behandlung lassen sich als Ergebnisse festhalten:

L Rechtsbegründung Sparkassenbriefe sind Rektapapiere in der Rechtsform der Namensschuld­ verschreibung. Bei der Anlage in Sparkassenbriefen handelt es sich zunächst um den Abschluß eines Rechtskaufvertrages des Anlegers mit dem Aussteller. Die Zahlungsverpflichtung aus der Namensschuldverschreibung wird in einer konstitutiven Wertpapierurkunde abstrakt vom zugrundeliegenden Rechtskauf verkörpert.

- Zur Entstehung der abstrakten und konstitutiven Verpflichtung aus dem Sparkassenbrief ist der Abschluß eines vom Rechtskaufvertrag zu unterschei­ denden Begebungsvertrages zwischen Aussteller und Erwerber erforderlich. Die einverständliche Begebung liegt regelmäßig, aber nicht zwingend, in der Aushändigung der vollständig ausgefertigten Urkunde. Vereinbarter Zweck der Begebung der Schuldverschreibung ist die Erfüllung des abgeschlossenen Rechtskaufvertrages. Diese Zweckvereinbarung (Begebungsabrede) und nicht der lediglich den Anlaß der Begebung bildende Typenvertrag ist Rechtsgrund zum Behaltendürfen des verbrieften Rechts. Aufgrund dieser Abstraktion kön­ nen Mängel aus dem Grundgeschäft Rechtskauf gegenüber der Zahlungs­ pflicht aus der Namensschuldverschreibung nur einredeweise über das Kon­ diktionsrecht geltend gemacht werden. - Als essentialia negotii einer Namensschuldverschreibung des Kapital­ markts, wie dem Sparkassenbrief, sind die Bezeichnung eines bestimmten Be­ rechtigten und die genauen Angaben zum Nennbetrag des Kapitalwerts, zu Zinssatz und Laufzeit als Rahmendaten der vom Aussteller gewollten und zum Ausdruck gebrachten Zahlungsverpflichtung in den Text der Urkunde aufzu­ nehmen.

§ 14 Zusammenfassung der Ergebnisse zum 2. Teil

223

- Fehlt es an der Beurkundung der essentialia negotii, so fehlt es bei ab­ strakten und konstitutiven Namensschuldverschreibungen an für die inhaltli­ che Bestimmtheit der neu geschaffenen Rechtsbeziehung erforderlichen Be­ standteilen und somit an der wirksamen Begründung eines konstitutiven Schuldversprechens. Eine Umdeutung in ein deklaratives Schuldanerkenntnis ist wegen des Fehlens einer zu bestätigenden Forderung nicht möglich.

IL Wertpapiereigenschaft

Das Vorlegungserfordernis, d.h. das Recht des Schuldners, die Leistung nur gegen Aushändigung der Urkunde erbringen zu müssen, und die damit korre­ spondierende Obliegenheit des Berechtigten, bei Geltendmachung des Rechts die Urkunde zu präsentieren, ist elementares materielles Kriterium zur Be­ stimmung der wertpapiermäßigen Verknüpfung von Urkunde und Recht. Nur Papiere, die einem solchen Präsentationserfordernis unterliegen, sind Wert­ papiere. - Erst durch das Erfordernis, die Urkunde zur Geltendmachung des Rechts präsentieren zu müssen, werden verschiedene Modifikationen des ansonsten für Namensschuldverschreibungen geltenden Zessionsrechts notwendig. Das Vorlegungserfordernis ist Rektapapieren und deshalb auch Namensschuldver­ schreibungen nicht immanent. Namensschuldverschreibungen müssen deshalb im Text der Urkunde ausdrücklich eine Präsentationsklausel enthalten. Nur dann kommt ihnen Wertpapiereigenschaft zu. Im übrigen sind sie bloße Be­ weisurkunden, auf die uneingeschränkt Zessionsrecht anzuwenden ist. Spar­ kassenbriefe tragen diese Präsentationsklausel im Text der Urkunde und sind deshalb Wertpapiere.

- Vorlegungserfordernis und wertpapierrechtliche Verkörperung setzen die Ausstellung einer Urkunde voraus. Erst mit Ausstellung des Papiers entsteht eine „Schuldverschreibung“. Nur wenn über die Namensschuldverschreibung eine Urkunde ausgestellt wird, ist die Anwendung wertpapierrechtlicher Son­ derregeln möglich und erforderlich. Erst die Verbriefung in einer Urkunde mit Vorlegungszwang macht eine Forderung, die einen namentlich benannten Be­ rechtigten zum Gläubiger hat, zum Regelungsgegenstand des Wertpapier­ rechts. Wird beim Erwerb eines Sparkassenbriefs auf die Urkundenausstellung verzichtet, handelt es sich weder um die Ausgabe einer Schuldverschreibung noch eines Wertpapiers.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

IIL Behandlung im Rechtsverkehr

1. Einschränkungen des SchuldnerSchutzes durch Vorlegungserfordernis Trägt die über eine Namensschuldverschreibung ausgestellte Urkunde, wie dies bei Sparkassenbriefen der Fall ist, eine Präsentationsklausel, so ist das grundsätzlich für die Übertragung und Behandlung von Namensschuldver­ schreibungen im Rechtsverkehr geltende Zessionsrecht zu modifizieren.

- § 407 Abs. 1 BGB ist insoweit eingeschränkt, als eine befreiende Leistung des Schuldners an den nicht mehr berechtigten Altgläubiger nur gegen Vorla­ ge des Papiers möglich ist. Die Ausstellung eines Namenspapiers über eine Schuldverschreibung mit Präsentationsklausel hat neben der leichteren Kon­ trollmöglichkeit des Schuldners bezüglich der Nochberechtigung des vorle­ genden Ersterwerbers stets die Funktion, einen möglichen Zessionar vor der befreienden Leistung des Schuldners an einen Nichtberechtigten zu schützen. Ohne Präsentation der Urkunde besteht für den Schuldner keine Leistungs­ pflicht, da er in diesem Fall durch Leistung an einen Nichtberechtigten nicht befreit würde. Läßt sich der Zessionar beim Erwerb die Urkunde aushändigen, kann der Zedent vom Schuldner also nicht mehr Zahlung verlangen, da ihm die Rückgabe des Papiers nicht möglich ist. Hat der Zessionar die Urkunde in­ ne, ist ihm deshalb die Obliegenheit abgenommen, zur Vermeidung der Rechtsfolgen des § 407 Abs. 1 BGB die Übertragung anzeigen zu müssen. Zahlt der Schuldner, ohne sich die Urkunde vorlegen zu lassen, so handelt er auf eigenes Risiko.

- Aufgrund der starken Bedeutung der Urkundeninhaberschaft für die Gel­ tendmachung des verbrieften Rechts ist, wie bei allen Präsentationspapieren bei Verlust oder Vernichtung des Papiers, die Durchführung eines Aufgebots­ verfahrens in Rechtsanalogie zu den §§ 799 Abs. 1 BGB und 365 Abs. 2 HGB möglich und erforderlich.

2. Unanwendbarkeit sachenrechtlicher Übertragungsregeln

Wegen der im Vergleich zu Inhaber- und Orderpapieren nur schwach aus­ geprägten Verknüpfung von Recht und Papier kann an die bloße Urkundenin­ nehabung bei Namensschuldverschreibungen kein schutzwürdiger Vertrauens­ tatbestand in Bezug auf die Berechtigung des Zedenten anknüpfen. Da zur Geltendmachung des Rechts jeder derivative Erwerber gegenüber dem Schuldner den lückenlosen Nachweis der Ableitung der eigenen Berechtigung

§ 14 Zusammenfassung der Ergebnisse zum 2. Teil

225

vom im Text der Urkunde namentlich genannten Ersterwerber fuhren muß, kommt der Urkundeninnehabung keine Vermutungs- und Rechtsscheinswirkung für die Berechtigung des Veräußerers zu. Die Möglichkeit eines gut­ gläubigen Erwerbs vom Nichtberechtigten nach sachenrechtlichen Übertra­ gungsgrundsätzen ist bei Namensschuldverschreibungen deshalb nicht gege­ ben. - Zur Übertragung der Namensschuldverschreibung ist die Übergabe der Urkunde aufgrund der fehlenden dinglichen Vermutungs-, Rechtsscheins- und Publizitätswirkungen nicht erforderlich. Der Übertragungsvorgang bei der Namensschuldverschreibung erfolgt nach Zessionsrecht gemäß § 413 BGB durch formlose Einigung. Wegen § 952 Abs. 2 BGB erlangt der Erwerber des verbrieften Rechts das Eigentum an der Urkunde.

5. Einwendungsausschluß Für Namensschuldverschreibungen besteht kein umfassender wertpapier­ rechtlicher Einwendungsausschluß. Grundsätzlich kann der Schuldner dem Erwerber nach § 404 BGB alle Einwendungen entgegenhalten, die ihm gegen­ über dem Zedenten zugestanden haben.

- Die Grundzüge der skripturalen Haftung gelten auch bei Namensschuld­ verschreibungen. Soweit der Ausschluß einzelner Einwendungen aus der Ur­ kunde hervorgeht, kann sich der Zessionar darauf berufen. Dies ergibt sich je­ doch weniger aus einer spezifisch wertpapierrechtlichen Skripturhaftung als vielmehr aus dem Grundsatz des venire contra factum proprium. Deshalb kann der Erwerber umgekehrt nicht davon ausgehen, daß andere als in der Urkunde benannte Einwendungen nicht bestehen. Ein durchgängiger Ausschluß aller Einwendungen gegenüber dem Zessionar aufgrund einer strengen skriptur­ rechtlichen Haftung würde das Namenspapier zu sehr in die Nähe der Inhaberund Orderpapiere rücken und den numerus clausus der Papiere, für die sa­ chenrechtliche Redlichkeitsregeln gelten, sprengen.

- Einem Zweiterwerber können infolge der Abstraktheit der Schuldver­ schreibung vom Typenvertrag Rechtskauf alle Einwendungen aus der Ebene des Grundgeschäfits gegenüber nicht unmittelbar, sondern nur über den Um­ weg von § 821 BGB entgegengehalten werden. - Ein Einwendungsverlust des Schuldners nach dem allgemeinen Prinzip der Haftung für zurechenbar veranlaßten Rechtsschein ist mit den Regeln des Zessionsrechts vereinbar. Aufgrund der Tatsache, daß über ein Recht eine Ur­ 15 Seitz

226

2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

künde ausgestellt wurde, und des Umstands, daß das Zessionsrecht selbst unter engen Voraussetzungen bei verbrieften Rechten den Verlust bestimmter Ein­ wendungen gegenüber einem redlichen Erwerber anordnet, sind dem Schuld­ ner einzelne relative Einwendungen auch auf der Ebene der abstrakten Schuldverschreibung abgeschnitten. Durch die Ausstellung einer Namens­ schuldverschreibung mit Präsentationsklausel trifft den Schuldner gegenüber einem potentiellen Erwerber die Verpflichtung, die Urkunde aus dem Verkehr zu nehmen oder zu entwerten, wenn er um das Erlöschen des verbrieften Rechts weiß. Die Regelung des § 405 BGB enthält einen verallgemeinerungs­ fähigen Rechtsgedanken, wonach das wissentliche Belassen von solchen Ur­ kunden im Rechtsverkehr, bei denen das Recht bereits erloschen ist, dem Schuldner verbietet, gegenüber einem infolge des Rechtsscheins der umlau­ fenden Urkunde redlich auf das Fortbestehen des Rechts vertrauenden Erwer­ ber das Erloschensein des Rechts einzuwenden. Unterläßt der Schuldner die Einziehung wissentlich, kann er sich gegenüber dem unter Urkundenvorlage erwerbenden Zessionar nicht auf § 404 BGB berufen, selbst wenn er seine Erfüllungsleistung an den Berechtigten erbracht hatte. - Gleiches gilt von der Ausübung von Gestaltungsrechten, soweit durch sie die Forderung erloschen ist und deshalb die Rücknahme der Urkunde vom Verkehr erwartet werden darf. Insoweit ist § 404 BGB durch den Rechtsge­ danken des § 405 BGB zu beschränken. Außerhalb dieses eng umgrenzten Tatbestands für einen Einwendungsverlust bleiben dem Schuldner alle relati­ ven Einwendungen auch dem Zessionar gegenüber erhalten.

§ 15 Exkurs: Die Rektapapiere im schweizerischen und österreichischen Recht I. Die „Namenpapiere“ im Obligationenrecht der Schweiz Im Unterschied zum Recht der Bundesrepublik Deutschland ist in der Schweiz eine zusammenhängende Normierung des Wertpapierrechts und da­ bei auch des Rechts der „Namenpapiere”1 erfolgt.2 Dabei bestimmen die Arti­ kel 965 ff. (insbesondere Art. 974 ff.)3 des Schweizerischen Obligationenrechts (OR) die Voraussetzungen für die Entstehung und die Übertragbarkeit der Namenpapiere sowie die Stellung von Berechtigtem und Verpflichtetem aus dem Papier. Aus Art. 965 OR wird der Wertpapierbegriff des schweizerischen Rechts deutlich: Für die Wertpapierqualität einer Urkunde muß der Grad der Ver­ knüpfung von Papier und Recht derart stark sein, daß „das Recht ohne Papier weder geltendgemacht noch übertragen werden kann”.4 Grundlage der Entstehung eines Namenpapiers ist die schriftliche Aner­ kennung einer Verpflichtung oder mitgliedschaftlichen Berechtigung gegen­ über einem bestimmten Berechtigten (Art. 974 OR).5 Die bloße Ausfertigung erzeugt jedoch bei Namenpapieren, bei denen ein Verkehrsschutz bezüglich des Bestandes des verbrieften Rechts fehlt, noch keine Rechtswirkung und bil­ det auch keinen Anknüpfungspunkt für einen Vertrauenstatbestand. Vielmehr

1 Als sprachliche Besonderheit wird in den Gesetzestexten der Schweiz anstatt von Namenspapieren von „Namenpapieren” gesprochen. Dieser nationalen Eigenheit soll in diesem Kapitel auch sprachlich Rechnung getragen werden. 2 Guhl/Merz/Kummer, S.797 ff.

3 Vgl. den auszugsweisen Abdruck einzelner Vorschriften im Anhang III. 4 Vgl. Meier-Hayoz/von der Crone, S.10; Guhl/Merz/Kummer S.797.

5 Hinzukommen muß als negatives Merkmal, daß das Papier nicht als gesetzliches Orderpapier vorgesehen ist und auch keine Orderklausel trägt. 15*

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

muß ein wirksamer Begebungsvertrag hinzutreten, durch den das verbriefte Recht erstmals entsteht.6 Weiterhin müssen die Parteien eine doppelseitige Präsentationsklausel ge­ mäß Art. 975 OR vereinbart haben. Diese doppelseitige Präsentationsklausel fuhrt dazu, daß eine Zahlung nur bei Vorlage des Papiers vom Berechtigten verlangt und vom Schuldner in befreiender Weise geleistet werden kann (Art. 975 Abs. 2 OR).7 Die Funktion des Papiers bei der Geltendmachung des Rechts regelt Art. 975 OR mithin derart, daß wegen der Präsentationsklausel zu Lasten des Berechtigten8 der Verpflichtete nur an den Papierinhaber leisten muß und andererseits die Präsentationsklausel zu Lasten des Verpflichteten dahingehend wirkt, daß diesem nur eine befreiende Leistung an den „Papiervorweiser“ möglich ist.

Weiterhin erkennt das OR dem Namenpapier keine legitimierende Wirkung zu. Art. 975 Abs. 1 OR verlangt deshalb neben der Innehabung des Papiers, daß der Vorlegende auch materiell der auf dem Papier erwähnte Berechtigte oder dessen Rechtsnachfolger ist. Für die Geltendmachung des verbrieften Rechts müssen also beim Namen­ papier zwei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein: Der Ansprecher muß ei­ nerseits das Papier als dessen sachenrechtlicher Eigentümer innehaben9 und andererseits der daraus materiell Berechtigte sein. Der Verpflichtete kann aber seinerseits auch nur dann befreiend an den Ansprecher zahlen, wenn auf die­ sen gleichzeitig beide Aspekte zutreffen.10 Somit ist die Präsentation der Ur­

6 Meier-Hayoz/von der Crone, S. 135 Rz. 10.

7 Meier-Hayoz/von der Crone, S.26 Rz.88.

8 Meier-Hayoz/von der Crone, S.26 Rz.90.

9 Zwar verlangt Art. 967 Abs. 1 OR lediglich die Übertragung des Besitzes an der Urkunde, doch ist diese Regelung nicht mit derselben Begrifflichkeit zu messen wie im BGB. Die Besitzübertragung im Schweizer Recht ist, sofern es sich nicht um eine bloß schuldrechtlich verursachte Überlassung handelt, sondern Übergabe im Zuge einer Veränderung der Rechtszuständigkeit ist, ein Vertrag. Dieser Übergabevertrag wird als „Tradition“ bezeichnet. Er enthält neben dem tatsächlichen Übergabeakt ein Element vertraglicher Willensübereinstimmung und entspricht somit dem, was das BGB als Einigung und Übergabe in § 929 BGB festgelegt hat (vgl. Lirer in Meier-Hayoz, Schweizer Privatrecht Band V/l Sachenrecht, S.318; ungenau insoweit Jäggi, Kom­ mentar zum Schweizer ZGB Band V OR Teil 7, S.246 ff., der lediglich auf den Besitz des Erwerbers abstellt). 10 Meier-Hayoz/von der Crone, S.T1 Rz.93.

§ 15 Die Rektapapiere im schweizerischen und österreichischen Recht

229

künde eine für beide Seiten zwar notwendige, aber für keine Seite hinreichen­ de Bedingung, ihr jeweiliges Ziel zu erreichen.

Damit unterscheidet sich das Namenpapier von den auch im schweizeri­ schen Recht verbreiteten Beweis-, Präsentations- und Legitimationspapieren, bei denen die Zuständigkeit für die durch sie dokumentierten Rechte allein zessionsrechtlichen Regeln folgt.

Ein weiterer Umstand kompliziert die Rechtsverhältnisse im schweizeri­ schen Recht gegenüber dem deutschen jedoch zusätzlich. So kennt das schwei­ zerische Recht die Möglichkeit, daß das verbriefte Recht und das sachenrecht­ liche Eigentum am Papier unterschiedliche rechtliche Schicksale erleiden kön­ nen, was im BGB durch § 952 vermieden wird. Das OR trennt mithin die bei­ den Rechtsinhaberschaften und bildet damit eine zusätzliche Ebene der Ver­ selbständigung. Da wegen der fehlenden Akzessorietät des Papiereigentums zur Inhaberschaft des verbrieften Rechts das Recht am Papier nicht kraft Ge­ setzes bei Abtretung dem Recht aus dem Papier folgt,11 verlangt die Übertra­ gung eines solchen Namenpapiers auch eine doppelte rechtsgeschäfitliche Verfügungshandlung. Es ist dies zum einen die Übertragung des Papiereigen­ tums (Art. 967 Abs. 1 OR) und zum anderen die an eine schriftliche Form ge­ knüpfte Zessionserklärung (Art. 967 Abs. 2 OR),12 die jedoch nicht auf der Ur­ kunde angebracht werden muß. Da somit über das verbriefte Recht nur sowohl durch eine schuldrechtliche Zession als auch durch eine sachenrechtliche Ur­ kundenübereignung verfügt werden kann, erfüllt das Namenpapier die Wert­ papierdefinition des Art. 965 OR. Aufgrund der fehlenden gesetzlichen Anordnung einer untrennbaren Ver­ knüpfung zwischen Papiereigentum und verbrieftem Recht kommt eine andere Besonderheit des schweizerischen Privatrechts auch im Wertpapierrecht zum Tragen. Es ist dies das Nebeneinander von abstrakter und kausaler13 Verknüp­ 11 Anderer Ansicht Jäggi, Kommentar zum Schweizer ZGB, Band V, OR, Teil 7, S. 246 ff, der ein dem deutschen Recht in § 952 BGB vergleichbares Ergebnis über die Anwendung allgemeiner Rechtsgedanken und Zweckmäßigkeitsüberlegungen erreichen will. 11 Meier-Hayoz/von der Crone, S.28 Rz 101.

13 Das schweizerische Privatrecht kennt ebenso wie das deutsche, das Prinzip der Abstraktion von schuldrechtlichem Verpflichtungsgeschäft und der diese Verpflichtung erfüllenden Verfügung. Im Unterschied zum BGB, das alle Verfügungen gleich behan­ delt und in ihrer Wirksamkeit vom Grundgeschäft abstrahiert, differenziert das Zivil­ recht der Schweiz zwischen einer zessionsrechtlichen Übertragung und einer Verfü­ gung über Fahrnis. Während sich bei der Zession kein Unterschied zum BGB ergibt

230 2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

ftmg von Verfügungen über Rechte, die ihren Ursprung in unterschiedlichen Rechtsgebieten haben, mit dem jeweiligen schuldrechtlichen Grundgeschäft. Während somit, wie im deutschen Recht, die zessionsrechtliche Verfügung über das verbriefte Recht in ihrer Wirksamkeit vom schuldrechtlichen Grund­ geschäft losgelöst ist14 und deshalb, unbeschadet etwaiger Mängel desselben, der Erwerber die Rechtszuständigkeit übertragen erhält, scheitert die Papier­ übereignung bei fehlerhaftem Grundgeschäft regelmäßig an der kausalen Verknüpftheit der Fahmisverfügung.13 Leidet somit zum Beispiel lediglich der Verkauf einer Namenschuldverschreibung an einem zur Nichtigkeit führenden Willensmangel, so kann zwar die Abtretung des Forderungsrechts auch nach schweizerischem Recht wirksam erfolgen, die Einigung zur Papierübereig­ nung jedoch wird wegen der kausalen Verknüpfung vom Willensmangel mit­ umfaßt, und das Eigentum geht nicht auf den Erwerber über. Der Erwerber wird zwar Rechtsinhaber des verbrieften Rechts und unter Umständen auch Inhaber des Papiers, jedoch nicht dessen Eigentümer, so daß die Rechtszu­ ständigkeiten für das verbriefte Recht und das Papier auseinanderfallen. Diese für den Verpflichteten gefährliche Situation (er kann wegen des fehlenden Rechts am Papier eigentlich nicht befreiend an den Vorleger zahlen, da ein Element des Übertragungsaktes gescheitert ist und mit dem Papiereigentum eine Voraussetzung für den Erwerb der Rechtszuständigkeit für das Namen­ papier fehlt) wird durch Art. 966 Abs. 2 OR entschärft. Diese dem § 409 Abs. 1 Satz 2 BGB ähnelnde Regelung erlaubt es dem redlichen Schuldner, befrei­ end an den Inhaber des verbrieften Rechts zu leisten, wenn dieser in der Lage ist, das Papier vorzulegen.

(a.A. Jäggi, SJZ 1971 ,S.6 ff; Moecke, S.97), diese wird im schweizerischen Recht ge­ nauso als abstrakt vom schuldrechtlichen Grundgeschäft gehandhabt wie im BGB, sind Fahmisverfügungen immer „kausal“, d.h. ihr rechtliches Schicksal ist mit dem Schick­ sal des Grund- oder Kausalgeschäfts verknüpft. Wirksamkeitsmängel des Verpflich­ tungsgeschäfts „schlagen“ somit regelmäßig auf die Verfügung „durch“ (allgemeine Ansicht, seit dem Urteil des Schweizer Bundesgerichtes vom 29. November 1929; BGE 55 II (1929), S.302 ff.). Die Differenzen zwischen abstrakter oder kausaler Verknüpftheit von Verfügungen gehen schon auf die Digesten zurück. So vertritt Julian in D 41, 1, 36 die Abstraktheit der Tradition, während Ulpian in D 12, 1, 18 pr. eine kau­ sale Auffassung vertritt. 14 A.A., nämlich die kausale Verknüpfung auch bei der Zession annehmend: Jäggi Kommentar zum Schweizer OR , S.161 zu Art. 967 OR und ders. in SJZ 1971, S.6 ff ; Moecke, S.97.

13 Lirer in Meier-Hayoz, Schweizer Privatrecht Band V/l Sachenrecht, S.320; BGE 55 ft (1929); S.302 (306 f.).

§ 15 Die Rektapapiere im schweizerischen und österreichischen Recht

231

Auch bei der Weiterübertragung des Namenpapiers durch den Zessionar aus einem mit Fehlern behafteten Geschäft auf einen Dritten kann ein Mangel in der Rechtsstellung des Veräußernden überbrückt werden. Dabei ist jedoch zu unterscheiden: Hatte der jetzige Zedent wegen eines Mangels im vorausgehenden Abtre­ tungsvertrag nicht die Berechtigung aus dem Papier erworben, kann die feh­ lende Verfiigungsmacht auch nicht durch den guten Glauben des Dritten er­ setzt werden. Hatte jedoch der jetzige Zedent lediglich durch einen Mangel des Grundge­ schäfts kein Eigentum am Papier erworben, so kann der Dritte gemäß Art. 933 ZGB grundsätzlich kraft seines guten Glaubens Eigentum vom Nichtberechtig­ ten erwerben. Der Dritterwerber wird, da der Mangel im Grundgeschäft oh­ nehin die Zession nicht tangiert, uneingeschränkt rechtszuständig.16

Damit genießt das Namenpapier zumindest einen gewissen eingeschränkten Verkehrsschutz.

Da der Schuldner nur gegenüber dem Papierinhaber erfüllen kann, ist der Fall, daß ein Schuldner gutgläubig an den Altgläubiger leistet und das Recht durch diese Leistung untergehen könnte, nach der Übertragung der Urkunde auf den Zessionar ausgeschlossen. Eine Anzeige der Rechtsübertragung an den Schuldner ist deshalb nicht erforderlich.17

Bei Verlust der Urkunde sieht das OR in Art. 977 Abs. 1 und Art. 981 ff. eine richterliche Kraftloserklärung vor.

16 Meier-Hayoz/von der Crone, S.29 Rz.109 ff. 17 Meier-Hayoz/von der Crone, S.30 Rz. 116.

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2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

II. Die Namenspapiere im System des österreichischen Wertpapierrechts

Im österreichischen Recht ist,18 ebenso wie in Deutschland, eine zusam­ menhängende Regelung des Wertpapierrechts unterblieben.19 Parallel zur hie­ sigen Situation20 sind somit aus einer Vielzahl unterschiedlichster und frag­ mentarischer Regelungen allgemeine Prinzipien entwickelt worden, die in ih­ rer Zusammenstellung einen ungeschriebenen Allgemeinen Teil des Wertpa­ pierrechts bilden.21 Es fehlt dabei, anders als in der Schweiz, ein einheitlicher gesetzlicher Wertpapierbegriff.22

Konsens besteht jedoch wohl insoweit, daß für die Wertpapiereigenschaft einer Urkunde ein privates Recht derart eng mit einer Urkunde verknüpft sein muß, daß der Schuldner nur gegen Vorweisung der Urkunde leisten muß.23 Die Einteilung der Wertpapiere erfolgt nach dem Grad dessen, was der Schuldner als Berechtigungsnachweis vom vorlegenden Gläubiger verlangen kann und somit auch in Österreich nach Inhaber-, Order- und Rekta- (oder Namens-) papieren.24 Rektapapier ist dabei jenes Wertpapier, das weder unter die Inhaber- noch die Orderpapiere zu zählen ist. Der aus ihm Leistung Ver­ langende muß über die Vorlegung hinaus nachweisen, daß er der im Papier genannte Gläubiger oder dessen Rechtsnachfolger ist.25 In Rektapapieren verbriefte Rechte werden durch formlose Abtretung nach § 1392 ABGB übertragen. Umstritten ist in Österreich jedoch, ob es neben der Willenseinigung zwischen Zedent und Zessionar noch der körperlichen Über­ gabe des Papiers bedarf.26 Dieses Erfordernis wird von seinen Verfechtern am 18 Vgl. den auszugsweisen Abdruck einzelner Vorschriften im Anhang III. 19 Holzhammer, S. 199 ff. 20 Baumbach/Hefermehl, WPR, Rz. 1.

21 Holzhammer, S.199 ff. 22 Stanzl, S. 137); ebenso Avancini S.80. 23 Avancini, S.85. 24 Avancini, S.86. 25 Klang-Wolff Band VI, S.296.

26 Für dieses Erfordernis Krasnopolski, S.264 f.; Holzhammer, S.213 und 220; Klang-Wolff Band VI, S.300, S.287; für dieses Übergabeerfordemis auch die ältere Lehre im deutschen Recht: Jacobi, Ehrenbergs Handbuch Bd. V S.440 ff; Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.101 f.

§ 15 Die Rektapapiere im schweizerischen und österreichischen Recht

233

Wortlaut des § 427 ABGB festgemacht, wonach auch „Schuldforderungen durch Zeichen übergeben werden können“. Andererseits ist gemäß § 1392 ABGB für eine Abtretung die bloße Willenseinigung ausreichend.27 Jedoch hat sich in der neueren Literatur die Ansicht durchgesetzt, daß § 427 ABGB nicht zwingend eine Übergabe zur Wirksamkeit der Abtretung verlangt, vielmehr § 427 ABGB eng am Wortlaut auszulegen ist, der davon spricht, daß auch „bei Schuldforderungen eine Übergabe durch Zeichen gestattet sei.“ Somit wird ei­ ne Übergabe durch Zeichen nur für die Fälle gefordert, bei denen ein körperli­ cher Traditionsakt kraft Gesetzes erforderlich ist, wie zum Beispiel bei der Verpfändung.28

Zur Übertragung der in einem Rektapapier verkörperten Forderung bedarf es also allein der Abtretung des Rechts aus dem Papier. Auch Art. 11 Abs. 2 des österreichischen WG und Art. 14 Abs. 2 des österreichischen SchG bestä­ tigen, daß Rektapapiere lediglich durch schuldrechtliche Abtretung übertragen werden können. Anders als in Deutschland erwirbt der Zessionar nach öster­ reichischem Recht, das eine dem § 952 BGB entsprechende Vorschrift nicht kennt,29 mit der Forderung nicht kraft Gesetzes auch das Eigentum am Papier. Eine Übereignung der Urkunde wird aber idR. mit dieser Abtretung einherge­ hen, zumal sich der Zedent durch das Grundgeschäft, auf dem die Abtretung der Forderung basiert, zu einer Eigentumsverschaffung an der Urkunde ver­ pflichtet,30 denn diese ist zur Geltendmachung des Rechts aus dem Papier er­ forderlich.31 Gemäß §§ 424 f. ABGB unterliegt jedoch nicht nur das österreichische Sa­ chenrecht, sondern das gesamte Recht der Verfügungen, einem ähnlichen Kausalitätsprinzip wie das schweizerische.32 Die Übereignung („modus“33) er­ füllt danach immer einen bestimmten Zweck. Sie dient der Vollziehung des durch den Schuldvertrag erworbenen Rechtsgrunds, der als causa oder Titel

27 Nicht unbestritten, (a.A. z.B Krasnopolski UI 264 f.) aber wohl die h.M. in Öster­ reich: Ehrenzweig-Mayrhofer, S.480; Löbl, Zbl 1929, S.81 (82 ff.). 28 Avancini, S.95; Ehrenzweig-Mayrhofer, S.480 mit weiteren Nachweisen.

29 Avancini, S.97. 30 Avancini S.97; Stanzl, S. 154.

31 Klang-Wolff S.304. 32 Gschnitzer Sachenrecht § 14 B 1; ders. Schuldrecht AT, § 21 13; ders. AT § 23 B VI1.

33 Gschnitzer Schuldrecht AT § 21 13.

234

2. Teil: Wertpapierrechtliche Einordnung der Namensschuldverschreibung

bezeichnet wird.34 Somit sind Erwerbungsart („modus“) und Erwerbungsgrund („titulus“) derart eng miteinander verbunden, daß immer nur beide zusammen den Rechtsübergang bewirken können.33 Dieses Kausalitätsprinzip gilt für die sachenrechtliche Verfügung über das Papiereigentum gleichermaßen wie für die schuldrechtliche Abtretung des Rechts aus dem Papier.36 Daraus folgt, daß Mängel im Verpflichtungsgeschäft ohne weiteres auf die Abtretung der Forde­ rung genauso wie auf die Papierübereignung „durchschlagen“. Überträgt man dieses Prinzip in das Wertpapierrecht,37 so kann es, im Un­ terschied zur Rechtslage in der Schweiz, kaum zu Differenzen zwischen dem Erwerb des sachenrechtlichen Papiers und der Forderungszuständigkeit kom­ men. Mängel des Grundgeschäfts erfassen beide Verfügungen und führen da­ zu, daß sowohl Urkundeneigentum als auch Forderungszuständigkeit in der Hand des Zedenten verbleiben.

Der Schuldner (in der österreichischen Terminologie bei einer Abtretung des Rechts „Zessus“ genannt) hat gegenüber dem Zessionar die gleichen Rechte wie gegenüber dem Zedenten. So bleibt ihm zum Beispiel nach § 1442 ABGB der „Kompensationseinwand“, d.h. das Recht, mit Forderungen, die ihm gegen den Zedenten zustehen, aufzurechnen. Das österreichische Recht kennt jedoch eine dem deutschen Recht fremde Abstraktionsebene. So sind die Übertragungsakte der Forderung und des Papiereigentums zwar im Verhältnis zwischen Zedent und Zessionar zum Grundgeschäft kausal, dies gilt jedoch nicht gegenüber dem Zessus. Diesem muß der Zessionar nämlich nur nach­ weisen, daß der Zedent ihm die Forderung abgetreten hat. Er ist nicht ver­ pflichtet, dem Schuldner über das Grundgeschäft Auskunft zu geben, dieser ist nicht berechtigt, die Mängelfreiheit des Grundgeschäfts zu prüfen.38 Das kann jedoch lediglich solange gelten, als nicht die Ungültigkeit des Grundgeschäfts zur fehlenden Rechtszuständigkeit des Erwerbers führt.39 Wird dem Schuldner die Abtretung jedoch angezeigt, braucht er die Gültigkeit des Grundgeschäfts gar nicht zu prüfen (Gedanke des § 1401 Abs. 1 Satz 1 ABGB).40

34 Gschnitzer Sachenrecht § 14 B 1. 33 Bydlinski, in Festschrift für Larenz, S.1028; Gschnitzer, Sachenrecht, S.100.

36 Rummel-Ertl § 1392 Rz.l. 37 SZ48, S.81 = EvBl 1976, S.24. 38 Gschnitzer, Schuldrecht AT § 21 13. 39 Ehrenzweig-Mayrhofer 5.503.

40 Ehrenzweig-Mayrhofer S.480.

§ 15 Die Rektapapiere im schweizerischen und österreichischen Recht

23 5

Außer diesem Gültigkeitseinwand kann der Schuldner aus dem Schuldver­ hältnis zwischen Zedent und Zessionar somit keine Rechte geltend machen. Vom „kausalen Innenverhältnis“ ist somit das „abstrakte Außenverhältnis“ zu unterscheiden.41 Weil das Recht durch Verlust oder Vernichtung der Urkunde nicht unter­ geht, aber auch nicht geltendgemacht werden kann, sieht auch das österreichi­ sche Recht ein Kraftloserklärungsverfahren vor.42

41 Ehrenzweig-Mayrhofer S.258.

42 Zum Gang des Verfahrens: Holzhammer, S.223 f.

3.Teil: Der Sparkassenbrief als umlauffähiges Anlagepapier im Geschäftsverkehr

Die vorstehende Einordnung von Sparkassenbriefen als Namensschuldver­ schreibungen des Kapitalmarkts in das System eines allgemeinen Teils des Wertpapierrechts hat verdeutlicht, daß Rektaschuldverschreibungen infolge der Verbriefung in einem Vorlegungspapier in weitem Umfang einem Sonder­ recht unterliegen.

Die bisherigen Überlegungen zur Begründung des Rechts aus einer Na­ mensschuldverschreibung, ihrer Rechtsübertragung und Erfüllung sowie zur Wertpapiereigenschaft waren allgemein und darauf gerichtet, grundlegende Strukturen zu erarbeiten, nach denen sich das Schicksal solcher Papiere im Rechtsverkehr bestimmt. Nunmehr sollen die gewonnenen Erkenntnisse auf konkreten Problemfeldern im praktischen Umgang mit Sparkassenbriefen als den im Rechtsverkehr am weitesten verbreiteten Namensschuldverschreibun­ gen nutzbar gemacht werden.

Im Rahmen einer schwerpunktmäßigen Darstellung sollen Antworten auf wesentliche Fragestellungen im Umgang mit Sparkassenbriefen erarbeitet wer­ den. Anlaß zur Auswahl der anzusprechenden Problembereiche hat in weitem Umfang die bisherige Rechtsprechung zu Streitigkeiten aus der Vertragsform Sparkassenbrief gegeben.1

1 Im Vordergrund der Judikatur stehen Entscheidungen zur Rechtslage bei Anlage­ formen zugunsten Dritter: OLG Hamm, Beschluß vom 13.10.1986 (Aktz. 11 W 2/86), WM 1987, S. 1128 f.; mit Anmerkungen Welter WuB I C 2. - 11.87 und Zotz EWiR § 328 BGB 1/87, S.547; OLG Hamm, Urteil vom 28.11.1990 Aktz. 31 U 161/90, WM 1991, S.984 f; mit Anmerkung Denzer WuB I C 2. - 2.91; OLG Celle, Urteil vom 10.1.1990 (Aktz. 3 U 45/89), WM 1990, S.1706 f; mit Anmerkung Bales WuB I C 2. 6.90; BGH, Urteil vom 9.7.1992 (Aktz. Xü ZR 156/90 Oldenburg), WM 1992, S.1987; mit Anmerkung Harder WüB IV A § 826 BGB 1.93; OLG Celle, Urteil vom 16.2.1994 (Aktz. 3 U 84/93), WM 1994, S.1069; mit Anmerkung Vortmann EWiR § 276 BGB

Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

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5/94, S.641; OLG Köln, Urteil vom 29.3.1996 (Aktz. 19 U 163/95), WM 1996, S.1365 f; OLG Celle, Urteil vom 20.12.1995 (Aktz. 3 U 275/94), WM 1996, S.851; mit An­ merkung Hadding WuB IC 2. - 3.96. Weiterhin ergingen Entscheidungen zu folgenden Problembereichen: Möglichkeit der befreienden Leistung bei Ungewißheit über die Gläubigereigen­ schaft: OLG Hamm, Urteil vom 18.7.1986 (Aktz. 11 U 326/85), WM 1986, S.1552 ff; mit Anmerkungen^/^ EWiR § 362 BGB 1/87, S.25 und Welter WuB I C 2. - 4.87; BGH, Urteil vom 7.7.1992 (Aktz. ZR 239/91 Köln), WM 1992, S.1522; mit Anmer­ kung Harder WuB I B 2. - 1.93; OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.4.1994 (Aktz. 6 U 90/93), WM 1994, S.2236 ff. Aspekte der Übertragung: BGH, Urteil vom 25.6.1987 (Aktz. IX ZR 199/86, Köln), WM 1987, S. 1038; mit Anmerkung Zotz WuB IV A. § 747 BGB 1.87. Verpfändung und Sicherungsabtretung verbriefter Forderungen: LG Konstanz, Ur­ teile vom 27.11.1981 (Aktz. 3 HO 102/87) WM 1988, S.818 und vom 21.1.1988 (Aktz. 2 O 384/87), WM 1988, S.1124; mit Anmerkung zu beiden Urteilen Soehring WuB I G 2 a. - 2.88; OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.7.1992 (Aktz. 6 U 140/91), WM 1992, S.1937 ff ; mit Anmerkungen Rimmelspacher WuB I F 2. - 1.93 und Steiner EWiR § 1283 BGB 1/93, S.255; BGH, Urteil vom 19.9.1989 (Aktz. XI ZR 179/88, München), WM 1989, S. 1640; mit Anmerkung Rimmelspacher WuB IDI.- 2.90. Probleme beim Auseinanderfallen von Kapital- und Zinsforderungen: OLG Düssel­ dorf, Urteil vom 16.7.1992 (Aktz. 6 U 140/91), WM 1992, S.1937 ff; mit Anmerkun­ gen Rimmelspacher WuB IF 2. -1.93 und Steiner EWiR § 1283 BGB 1/93, S.255. Möglichkeit der Kündigung von Namensschuldverschreibungen: BGH, Urteil vom 23.10.1986 (Aktz. m ZR 144/85, Frankfurt), WM 1987, S.101 ff; mit Anmerkung Hadding EWiR § 247 BGB 1/87, S.121.

§ 16 Emissionspraktiken L Tendenz zur Emission unverbriefter Rekta-“papiere“ Das Wertpapierrecht ist eine zivilrechtliche Sondermaterie, die ihren Rege­ lungsgegenstand daraus bezieht, daß Forderungen oder andere Rechte zur Er­ leichterung des Rechtsverkehrs mit einer Urkunde verknüpft werden. Aus ei­ ner seit dem spätrömischen Urkundenwesen geübten Praxis heraus wurde be­ sonders seit der Mitte des 19. Jahrhunderts auf der Grundlage spärlicher ge­ setzlicher Normgebung ein Sonderrecht entwickelt, das der Vielzahl der im Rechtsverkehr vorkommenden Wertpapiere ein einheitliches Regelungskon­ zept zugrundelegen sollte.1 Ausgangspunkt aller Bemühungen um eine syste­ matische Aufarbeitung des Wertpapierrechts war jedoch immer der Verbriefungstatbestand, d.h. das Nebeneinander von Recht und Urkunde und ihre wechselseitige Verknüpfung. Neuere Tendenzen in der Praxis der „Wertpa­ pieremission" zielen seit einiger Zeit jedoch auf eine weitgehende Zurückdrängung des ursprünglichen Grundtatbestands, bei dem über das betreffende (einzelne) Recht eine (einzelne) Urkunde ausgestellt wird, die zu diesem in ei­ ner spezifischen Beziehung steht, ab. Die Problematik dieser Entwicklung liegt weniger in dem verständlichen Bestreben nach Rationalität und Effektivi­ tät in der Bewältigung riesiger Effektenmengen mit einer noch weit höheren Zahl an Umsatzgeschäften als in dem Umstand, daß auf die solcherart entstükkelten, also wieder entmaterialisierten Rechte gleichwohl in weitem Umfang das ursprünglich für verkörperte Rechte entwickelte Sonderrecht fortgelten soll.2 Diese Absicht mag bei Inhaber- und Orderpapieren (oder richtiger: bei Rechten, die den Regeln für Inhaber- und Orderpapiere unterliegen sollen) noch akzeptabel sein, weil dadurch die Vorteile der sachenrechtlichen Über­ tragungsweise, insbesondere die Möglichkeit des gutgläubigen und einwen­

1 Zur Entwicklungsgeschichte des Urkundenwesens seit dem spätrömischen Recht vgl. Schultze von Lasaulx, insbesondere S.20 ff. 2 Einsele, S.19; Fabricius AcP 162 (1963), S.482 will dabei den Besitz als Anknüp­ fungspunkt sachenrechtlicher Rechtsscheingrundsätze durch den Tatbestand der Ver­ buchung ersetzen.

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dungsfreien Erwerbs auch für weitgehend unverbriefte Rechte3 erhalten bleibt. Demgegenüber entziehen sich Rektapapiere den wertpapierrechtlichen Rege­ lungen, wenn bei ihnen auf eine Urkundenausstellung verzichtet wird. Wie dargelegt, ist nämlich der einzige Grund, Rektapapiere einem vom normalen Abtretungsrecht abweichenden Sonderrecht zu unterwerfen, der Umstand, daß eine Urkunde über ein Recht ausgestellt wurde. Ohne diese Voraussetzung be­ steht keine Rechtfertigung, das bürgerliche Schuldrecht zu korrigieren.4 Im 2. Teil wurde deshalb für die Untersuchung der wertpapierrechtlichen Besonderheiten von Sparkassenbriefen in Form der Namensschuldverschrei­ bung von dem wertpapierrechtlichen Ursprungstatbestand ausgegangen, daß der Anspruch auf Geldleistung aus der Schuldverschreibung in einer Urkunde mit Präsentationspflicht, einem Rektawertpapier, verbrieft ist. Es wurde jedoch bereits angesprochen,5 daß in der Praxis aus Kostengründen und im Zuge einer allgemeinen Tendenz zur „Entstückelung des Effektenwesens“ auch die Emit­ tenten von Sparkassenbriefen teilweise auf Ausfertigung und Ausgabe effekti­ ver Wertpapierurkunden verzichten. Neben der Ausfertigung effektiver Ur­ kunden kommt deshalb der Anlage in völlig unverbrieften Sparformen zu­ nehmende Bedeutung zu.6 Aus Vereinfachungsgründen hat sich daneben die Anfertigung einer Sparkassenbriefürkunde im Durchschreibeverfahren bei der

3 Faktisch ist das einzelne Recht auch bei der Ausstellung von Globalurkunden un­ verbrieft. Die komplizierten Konstruktionen, die über eine vielfache Staffelung von Besitzmittlungsverhältnissen den Mindestanforderungen für die Wertpapiereigenschaft (die Notwendigkeit der Urkundeninhaberschaft für die Rechtsausübung) solcher Rechte genügen will, ist im Grunde nichts anderes als eine „geistige Krücke“, die le­ diglich dazu dient, ein System des Wertpapierverkehrs aufrechtzuerhalten, das sich von seinem Ursprung schon vollkommen abgelöst hat. Zöllner in Festschrift für Raiser, S.260 dazu treffend: „....relativiert sich der mittelbare Besitz an verkörperten Sammel­ beständen, der sich in Buchungsposten rein kontenmäßig widerspiegelt und damit sei­ ne Denaturierung zum bloßen Anspruch offenbart. Selbst das vom Depotgesetz über­ formte Miteigentum an Sammelbeständen öffnet sich unter buchhalterischer Regie ei­ nem forderungsrechtlichen Verständnis. (...) Das Buchungssystem läßt vielmehr nur deutlich hervortreten, daß es im Grunde um eine Zuordnung von Werten in Forde­ rungsgestalt geht, bei denen unter bestimmter Verwaltungszuständigkeit das Dazwi­ schentreten einer Verkörperung belanglos wird.“ 4 Vgl. dazu bereits ausführlich § 5 HI 3.

5 Vgl. §5 13. 6 Nach Auskunft des Sparkassen- und Giroverbands von Hessen und Thüringen aus dem Jahre 1995 beläuft sich der Anteil der unverbrieft ausgegebenen Sparkassenbriefe gegenwärtig schon auf ca. 90%.

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

Ausfertigung des Kaufauftrags durchgesetzt, wobei das Papier regelmäßig durch die Sparkasse selbst verwahrt wird. Es gilt deshalb, diese verschiedenen Praktiken bei der Emission von Sparkassenbriefen unter Berücksichtigung der im 2. Teil getroffenen Grundaussagen auf ihre wertpapierrechtliche Relevanz zu untersuchen.

II. Die Urkundenausgabe

Die Ausfertigung einer effektiven Urkunde in der Rechtsform der Namens­ schuldverschreibung stellte ursprünglich den Regelfall der Sparkassenbrief­ ausgabe dar. Die Sparkasse fertigt dabei über die Namensschuldverschreibung ein konstitutives, abstraktes Wertpapier auf den Namen eines bestimmten Gläubigers aus, und verbrieft somit die Forderung aus dem Sparkassenbrief in einem Rektapapier, das sie dem Kunden aushändigt.7 Die wertpapierrechtli­ chen Untersuchungen im 2. Teil nehmen diesen Grundfall der Verbriefung in einem Rektapapier zum Ausgangspunkt der Betrachtung. Für die Charakteri­ sierung dieser effektiven Stücke kann deshalb auf den 2. Teil verwiesen wer­ den.8

III. Die Urkunde im Behalt der Sparkasse

Weiterhin ist es möglich und mit den im 2. Teil für effektive Namens­ schuldverschreibungen gefundenen Ergebnissen vereinbar, daß die Sparkasse zwar eine Urkunde über die Forderung ausstellt, jedoch mit dem Kunden ver­ abredet, daß die Sparkassenbriefurkunde im eigenen Behalt der Sparkasse ver­ bleibt. Eine spätere Aushändigung wird gleichwohl vorbehalten. Diese Verein­ barung hat für die ausgebende Sparkasse den Vorteil, daß damit alle Gefahren der Zahlung an einen Nichtberechtigten gebannt werden. Für den Kunden be­ deutet der vereinbarte Behalt einen Schutz vor Urkundenverlust, weil ihm die Obhut über die Sparkassenbriefurkunde abgenommen wird. Aufgrund der zes­ 7 Welche Ausgestaltung die Urkunde dabei erfahrt, ist wertpapierrechtlich belang­ los. Rektapapier ist deshalb die große Sparkassenbriefurkunde (Vordruck Nr. 168 531 des Deutschen Sparkassenverlags Anhang II) ebenso wie die im Durchschreibeverfah­ ren erstellte vereinfachte „kleine“ Urkunde (Blatt 3 des Vordrucks Nr. 168 585 des Deutschen Sparkassenverlags im Anhang II. Inhaltlich sind beide mit demselben Klau­ selwerk versehen und unterliegen derselben Begebungsweise. 8 Vgl. insbesondere § 6 und § 13.

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sionsrechtlichen Übertragungsweise bleibt eine Rechtsübertragung für den Er­ werber auch ohne Mitwirkung der Sparkasse weiterhin möglich. Bei Abtre­ tung des Rechts aus dem Sparkassenbrief geht der Herausgabeanspruch des Zedenten gegen die Sparkasse auf den Zessionar über.9 Da bei dieser Emissi­ onsweise ebenso eine Urkunde ausgestellt wird wie bei der Urkundenausgabe an den Kunden, bleiben die Regeln über effektive Namensschuldverschreibun­ gen in vollem Umfang anwendbar. Lediglich die Urkundeninhaberschaft wird widerruflich der Ausstellerin übertragen. Die rechtsgeschäftlich vereinbarten Besitzverhältnisse an der effektiven Urkunde sind jedoch für die wertpapier­ rechtliche Behandlung als Rektapapier nicht von Bedeutung. Aufgrund der Tatsache, daß der Kunde jederzeit die Aushändigung der Urkunde verlangen kann, trägt auch die Urkunde im Behalt der Sparkasse die Präsentationsklau­ sel, so daß der Urkunde Wertpapierqualität zukommt.

Für die Urkundenvorlagepflicht hat diese Aufbewahrungsform jedoch inso­ fern Konsequenzen, als die Sparkasse vom Kunden nicht verlangen kann, daß dieser bei Einlösung die Urkunde vorlegen wird. Gibt der Kunde die Urkunde der Sparkasse in Verwahrung, ist er weder zur Vorlage am Ende der Laufzeit in der Lage, noch bereit, die Verantwortung dafür zu übernehmen, daß sich die Sparkassenbriefurkunde auch zu diesem Zeitpunkt noch in der Obhut der Sparkasse befindet. Zwar wird der fehlende unmittelbare Besitz des Kunden dadurch ersetzt, daß die Sparkasse ihm aufgrund des Verwahrungsvertrags den Besitz vermittelt und deshalb die Präsentation der Urkunde durch den Hinweis auf den unmittelbaren Besitz der Sparkasse vollzogen werden kann, doch gilt dies nur, solange die Urkunde tatsächlich bei der Sparkasse körper­ lich vorhanden ist. Deshalb muß der Verwahrungsvereinbarung entnommen werden, daß die Sparkasse sich trotz des Präsentationserfordernisses schuld­ rechtlich zur Zahlung auch dann verpflichtet, wenn ihr die Urkunde abhanden kommen sollte. Gemäß Vereinbarung im Kaufauftrag nimmt die Ausstellerin den Sparkassenbrief auf Wunsch des Kunden in dauernde Verwahrung.10 In der Vereinbarung dieses Verwahrungsvertrags liegt gleichzeitig eine konklu9 Die Übertragung des Herausgabeanspruchs gegen die Bank auf die Sparkassen­ briefurkunde auf den Zessionar erfolgt dabei konstruktiv über eine entsprechende An­ wendung des § 401 BGB, da der Herausgabeanspruch als Nebenrecht zum Anspruch aus dem Sparkassenbrief angesehen werden kann. Lehnt man eine Analogie zu § 401 BGB ab, so wird regelmäßig die Übertragung des Herausgabeanspruchs vom Willen sowohl des Zedenten als auch des Zessionars umfaßt sein, so daß jedenfalls eine rechtsgeschäftliche Übertragung gemäß § 398 BGB erfolgt.

10 Vgl. die Klausel im Vordruck Nr. 168 585 (Kaufauftrag Sparkassenbrief) des Deutschen Sparkassen Verlags im Anhang II. 16 Seitz

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

dente Abrede über eine verschuldensunabhängige Haftung der Sparkasse für den Fall des Verlusts der Urkunde. Diese Haftung fuhrt im Verlustfall zur Pflicht der Sparkasse, bei Fälligkeit Zahlung auf eigenes Risiko auch ohne Ur­ kundenvorlage zu leisten. Ansonsten wäre es dem Erwerber nicht zuzumuten, das zur Ausübung des Rechts notwendige Papier in der Hand des Schuldners zu belassen.

Alle Gefahrensituationen, die durch die Urkunde im Rechtsverkehr entste­ hen können, sind bei der Verwahrung durch den Aussteller von vornherein ausgeschlossen.“ Würden der Sparkasse solche Urkunden gestohlen, fehlte es am Zurechnungszusammenhang für eine Rechtsscheinhaftung. Der Dieb oder ein späterer Erwerber könnten aufgrund fehlender materieller Berechtigung allein aufgrund der Urkundenvorlage ohnehin keine Leistung verlangen.

Die Begründung der Forderung aus dem Sparkassenbrief erfolgt in gleicher Weise wie bei der Ausgabe der Urkunde an den Kunden.12 Mit dem Unter­ zeichnen des Kaufauftrags bekundet der Erwerber sein Einverständnis mit der Einräumung der Gläubigerstellung hinsichtlich des abstrakten Zahlungsver­ sprechens aus dem Sparkassenbrief. Lediglich die ansonsten in der Briefüber­ gabe liegende Abschlußwirkung bezüglich des Begebungsvertrags wird durch die Vereinbarung des Besitzkonstituts über den Selbstbehalt zugunsten der Sparkasse ersetzt. Die Aushändigung einer Durchschrift des Kaufauftrags hat dann nur noch Quittungsfünktion. Am Charakter der Sparkassenbriefforderung als konstitutives abstraktes Schuldversprechen ändert diese Ausgabepraxis nichts. Grundgeschäft ist kein Darlehensvertrag, sondern ein Rechtskauf, dem lediglich ein gewisser Kredi­ tierungseffekt innewohnt.13

IV. Die „Stundungslösung“ Um die Nachteile und Kosten einer Urkundenverwahrung durch die Aus­ stellersparkasse zu vermeiden, sind viele Institute dazu übergegangen, auf die Ausfertigung einer Sparkassenbriefürkunde ganz zu verzichten. Um zumindest

11 Insbesondere Gefahren, die durch eine Rechtsscheinhaftung aufgrund wissentli­ chen Belassens einer forderungsentkleideten Urkunde im Verkehr entstehen können, sind ausgeschlossen, wenn die Urkunde die Hand des Ausstellers nicht verläßt. 12 Vgl. zur Rechtsbegründung bei Urkundenausgabe bereits oben §511.

13 Vgl. § 5 H 1 a cc).

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formal den Charakter des Sparkassenbrieferwerbs als Anlage in einem Wert­ papier zu erhalten, wird in der Formularpraxis jedoch die Ausstellung einer Urkunde nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Die Sparkasse ist vielmehr darum bemüht, sich vom Erwerber die Ausstellung der effektiven Urkunde „stunden“ zu lassen. Die Bezeichnung als „Stundung“ ist dabei jedoch eher irreführend.14 Begreift man Stundung zivilrechtlich als das Hinausschieben der Fälligkeit ei­ nes Anspruchs,15 so setzt dies zumindest die grundsätzliche Bereitschaft vor­ aus, ihn später geltend zu machen. Durch die Vereinbarung im Kaufauftrag besteht zwar nach wie vor ein Anspruch des Kunden auf wertpapiermäßige Verbriefung, faktisch wird aber in aller Regel während der gesamten Laufzeit keine Urkunde über die Sparkassenbriefforderung ausgestellt. Dadurch weicht der vorübergehende Charakter einer Stundung dem eines dauerhaften (wenn­ gleich widerruflichen) Verzichts auf die Urkundenausstellung.16

Im Unterschied zur Ausgabe von Urkunden, die im Behalt der Sparkasse verbleiben, bei denen also eine Verbriefung stattfindet, und lediglich auf die Aushändigung der Rektapapierurkunde verzichtet wird, entfällt bei der „Stundungslösung“ somit regelmäßig die Verbriefung der Forderung. Allein in den sehr seltenen Fällen, in denen der Erwerber während der Laufzeit seinen Anspruch auf Ausfertigung und Aushändigung des Sparkassenbriefs geltend macht, kommt es noch zu einer Verbriefung des Rechts. Bleibt jedoch die auf einen bestimmten Gläubiger bezogene Sparkassen“brief‘-Forderung tatsächlich unverbrieft, so muß die Anwendbarkeit der auf die Ausstellung effektiver Urkunden abstellenden Sonderregeln für Namens­ schuldverschreibungen überdacht werden. Daneben stellt sich die grundsätzli­ che Frage, ob es sich bei der Stundungslösung überhaupt um die Ausgabe ei­ ner Schuld- „Verschreibung“ handeln kann.

14 Diese Ausgabemethode wird in der sparkasseneigenen Literatur als „Stundungslösung“ bezeichnet; Herbst/Lang\ Rz.12; Handbuch für Anlageberatung S.32. Die Formularpraxis des Deutschen Sparkassenverlags (Vordruck Nr. 168 582 im Anhang If) spricht dagegen von einem Einverständnis des Kunden damit, „daß die Ausfertigung der Sparkassenbriefurkunde bis auf weiteres zurückgestellt wird. Der Gläubiger kann bis zur Fälligkeit jederzeit die Ausfertigung und Aushändigung des Sparkassenbriefs verlangen.“ 15 Palandt-Heinrichs §T1\ Rz.12

16 Rechtlich zutreffender deshalb z.B. die Formulargestaltung der Nassauischen Sparkasse, die mit dem Kunden einen Kaufvertrag unter dem jederzeit widerrufbaren Verzicht auf die Ausstellung und Aushändigung der Sparkassenbriefurkunde ab­ schließt; vgl. den Vordruck im Anhang II. 16*

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

I. Entstehung des Anspruchs aus dem Sparkassenbrief nach der „ Stundungslösung “

Bei der „Stundungsmethode“ wird bis auf die zusätzlich in den Vertrag ein­ bezogene Klausel über die Zurückstellung der Urkundenausfertigung17 ein in­ haltlich gleichartiger „Kaufauftrag Sparkassenbrief4 für den Sparkassenbrief­ erwerb verwendet wie bei der Anlage unter Aushändigung der Urkunde oder deren Selbstverwahrung durch die Sparkasse.18 Somit sind die Parteierklärun­ gen zum Abschluß des Rechtsgrundgeschäfts bei Urkundenausgabe und „Stundungslösung“ völlig gleichlautend. Aus denselben Gründen, wie oben darge­ legt, 19 muß deshalb auch hier das Kausalgeschäft als Rechtskauf qualifiziert werden. Der Kaufpreiszahlungspflicht des Erwerbers steht jedoch infolge des dauer­ haften Verzichts auf die Urkundenausfertigung als Gegenleistungspflicht der Sparkasse lediglich die Eingehung der Zahlungspflicht mit den im Kaufauf­ trag beschriebenen Leistungsbedingungen des Sparkassenbriefanspruchs ge­ genüber. Unabhängig von einer später doch noch erfolgenden Urkundenaus­ stellung muß deshalb bei Anwendung der „Stundungslösung“ die Begründung des Anspruchs auf Leistung aus der Anlageform „Sparkassenbrief4 ohne die Ausfertigung einer konstitutiven Urkunde auskommen.

Ebenso wie bei der Urkundenausgabe erfüllt gleichwohl die Sparkasse ihre Rechtsbegründungs- und -verschaffungspflicht durch die Abgabe eines Schuldversprechens. Erst mit der Eingehung dieses Schuldversprechens ent­ steht die Pflicht, den Kapitalbetrag und die Zinsen bei Fälligkeit zu zahlen. Das Schuldversprechen ist mithin konstitutiv. Dieses unverbriefte selbständige Schuldversprechen ist in gleicher Weise losgelöst vom zugrundeliegenden Ty­ penvertrag „Rechtskauf4 wie bei der verbrieften Sparkassenbriefforderung. Der notwendige Abstraktionswille ergibt sich aus dem Fehlen jeglicher gegenseiti­ ger Bezugnahme zwischen dem Abschluß des Rechtskaufvertrags und der Er­ füllung der Leistungspflicht aus der Sparkassenbriefforderung.20 Es handelt sich somit um ein konstitutives, abstraktes Schuldversprechen gemäß § 780 BGB.

17 Vgl. § 16 IV, Fn.14. 18 Siehe Vordruck Nr. 168 582 des Deutschen Sparkassenverlags im Anhang II. 19 Vgl. § 5 n 1 a cc). 20 Zur Ableitung des Abstraktionswillens aus den Parteierklärungen bereits aus­ führlich oben § 5 II2 b.

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Für den Rechtsgrund dieses abstrakten Schuldversprechens gilt das zu den Rechtsgrundbeziehungen der verbrieften Forderung Gesagte entsprechend:21 Nach der Theorie vom subjektiven Rechtsgrund bildet die Vereinbarung dar­ über, das abstrakte Schuldversprechen zum Zwecke der Erfüllung der Rechts­ verschaffungspflicht aus § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB abzugeben, für den Anleger den Rechtsgrund zum Behaltendürfen. Bei Mängeln im Kausalgeschäft Rechtskauf, ist die Zweckvereinbarung hinfällig, das Schuldversprechen des­ halb kondizierbar.

Offen ist nur der Entstehungstatbestand der Leistungspflicht aus dem Schuldversprechen, also der Abschluß des Begebungsvertrags. Wird keine Ur­ kunde ausgestellt, kann für die Abschlußwirkung die Aushändigung des Pa­ piers nicht herangezogen werden. Andererseits kann es auch nicht auf die Verbuchung der Zahlungspflicht unter einer bestimmten Kontonummer an­ kommen, da diese lediglich eine interne Registrierung darstellt,22 der keine Außenwirkung zukommen kann. Eine eigenständige schriftliche Niederlegung des Schuldversprechens außerhalb des „Kaufauftrags Sparkassenbuch findet ebenfalls nicht statt. Die Wahrung der Schriftform des § 780 BGB durch aus­ drückliche schriftliche Verpflichtungserklärung ist für das Kreditinstitut, dem Vollkaufmannseigenschaft zukommt (§ 6 HGB) und für das ein Handelsge­ schäft vorliegt (§§ 343, 344 HGB), gemäß § 350 HGB auch nicht erforderlich. Andererseits enthält der „Kaufauftrag“ schon alle wesentlichen Daten der Leistungspflicht bezüglich der Sparkassenbrieffbrderung. Mit seiner Unter­ zeichnung wird somit eine Einigung über die essentialia negotii der Zah­ lungspflicht aus der Anlageform vollzogen. Trotz seiner Bezeichnung als blo­ ßer „Kaufauftrag“, sind zwischen der Annahme des „Auftrags“ durch die Sparkasse und dem eigentlichen Erwerb des Sparkassenbriefanspruchs keine weiteren vertraglichen Schritte mehr vorgesehen. Die spätere Verbuchung kann als interner Vorgang keine konstitutive Wirkung entfalten.23 Deshalb liegt in der Annahme des Kaufauftrags durch die Sparkasse im Wege der Un­ terzeichnung durch einen Unterschriftsberechtigten gleichzeitig die Abgabe des abstrakten Schuldversprechens nach Maßgabe des im Kaufauftrag festge­ legten Inhalts. Der schriftliche Kaufauftrag verbrieft also nicht das abstrakte Zahlungsversprechen, sondern seine Unterzeichnung ist lediglich Indiz für die Willenserklärung zur Eingehung dieses Schuldversprechens. Das Schuldver­ 21 Vgl. § 5 n 2 a.

12 Liesecke, WM 1975, S.223 f.; Bauer JurBüro 1974, S.1355. 23 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz.4.21-4.23; Liesecke, WM 1975, S.223 f.; BGH WM 1979, S.533 (534).

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

sprechen selbst bleibt unverbrieft. Die Aushändigung einer Durchschrift des „Kaufauftrags“ an den Kunden hat deshalb nur noch Quittungsfunktion, sie ist wertpapierrechtlich ohne Bedeutung. Mangels Verbriefung entbehrt es jeglichen Anlasses für die Anwendung wertpapierrechtlicher Sonderregeln. Auf die so entstandene abstrakte Forde­ rung ist das bürgerliche Schuldrecht in vollem Umfang anzuwenden.

2. Rechtsqualität der Urkunde hei späterer Verbriefung Wird zu einem späteren Zeitpunkt doch noch eine Urkunde über das ab­ strakte Schuldversprechen ausgefertigt, so kann es sich dabei nur noch um ein deklaratorisches Papier handeln, da die verbriefte Forderung bereits besteht. Wird in die auf den Erwerber ausgestellte Urkunde ein Vorlegungserfordernis aufgenommen, handelt es sich bei der späteren Verbriefung um ein Rektawertpapier. Ansonsten besitzt die Urkunde bloße Beweisfunktion für das beim Er­ werb von der Sparkasse abgegebene Schuldversprechen. Infolge der Unab­ hängigkeit der verbrieften Forderung vom zugrundeliegenden Typenvertrag Rechtskauf ist auch das später ausgestellte Wertpapier als abstrakt zu bezeich­ nen.24

3. Rechtscharakter der Sparkassenbriefforderung bei der „Stundungslösung“ Hält man sich vor Augen, daß sich der Sparkassen-“brief‘ bei der „Stundungslösung“ in einem unverbrieften Schuldversprechen erschöpft, be­ steht Anlaß, die Zulässigkeit eines solchen Vorgehens bei der Emission im Hinblick darauf zu hinterfragen, daß in den Sparkassenverordnungen solcher Bundesländer, die von einer pauschalen Gestattung aller banküblichen Ge­ schäfte Abstand genommen haben,25 bei der Umschreibung der erlaubten Ge­ schäftstätigkeit regelmäßig von der Ausgabe von „Sparkassenbriefen“ in der Form von „auf bestimmte Personen ausgestellten Schuldverschreibungen (Rek­

24 Hueck/Canaris § 2 VI.

25 Das modifizierte Universalprinzip findet sich zum Beispiel in § 2 des Sparkas­ sengesetzes von Rheinland Pfalz.

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tapapiere)“ die Rede ist.26 Die Produktbezeichnung „Sparkassenbrief4 ist also gesetzlich auf die Ausgabe von Namensschuldverschreibungen beschränkt.

Dem Terminus „Schuldverschreibung“ ist aber kraft Legaldefmition, wenn auch keine wertpapiermäßige Verkörperung, so doch zumindest eine urkundli­ che Verbriefung begrifflich immanent.27 Ist jedoch der Anspruch aus dem „Sparkassenbrief4 nur in einem unverbrieften abstrakten Zahlungsversprechen der Bank niedergelegt, so unterscheidet sich diese Anlage nicht von einer sonstigen Termineinlage, zum Beispiel einem Festgeld. Zwar ist die Sparkasse durchaus zur Hereinnahme von Festgeldern berechtigt, diese dürften jedoch nicht unter der gesetzlich einem anderen Produkt zugewiesenen Bezeichnung als „Sparkassenbrief4 hereingenommen werden. Auf den ersten Blick erscheint diese Feststellung überspitzt, ändert sich doch materiell gesehen nichts an der Belastung der Sparkasse durch die einge­ gangene Verbindlichkeit und der Besicherungspflicht bezüglich des Zahlungs­ anspruchs des Kunden. Die inhaltlich gleichartig ausgestaltete Sparkassen­ briefforderung verbleibt bei der Stundungslösung lediglich unverbrieft, und dies, formal betrachtet, nicht einmal endgültig. Andererseits enthalten die Sparkassenverordnungen der Länder zwingendes Recht und stecken für die Sparkassen öffentlich-rechtlich verbindlich den Kreis der erlaubten Geschäfts­ tätigkeit ab. Deshalb sehen die Sparkassenverordnungen regelmäßig auch eine aufsichtsbehördliche Genehmigungspflicht bei Abweichungen vom Kreis der erlaubten Geschäfte vor.28 Der Vertrieb unverbriefter Sparkassenbriefforderun­ gen bedarf deshalb der aufsichtsbehördlichen Genehmigung.

a) Unzulässigkeit der Depotverwahrung Auch wenn man der öffentlich-rechtlichen Zulässigkeit wegen des formalen Charakters dieser Regelungen in den Sparkassenvorschriften der Länder zu Recht nur geringe Bedeutung zumißt, so sind doch die Folgen einer bankge­

26 Vgl. statt vieler § 9 Abs. 1 der Sparkassenverordnung von Niedersachsen vom 18.6.90, Nieders. GVB1. 1990, S.197 und die Nachweise oben § 4 H in den Fn.l - 4. 27 Vgl. § 5 m. 28 Ein Verstoß gegen die Vorschriften zum Umfang der Geschäftstätigkeit führt da­ bei allerdings lediglich zur öffentlich-rechtlichen Rechtswidrigkeit der Maßnahme, läßt aber die privatrechtliche Wirksamkeit des vorgenommenen Geschäfts unberührt; Hei­ nevetter, § 32 Rz.2.

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

schäftlichen Gleichbehandlung der unverbrieften Forderung mit den verbrief­ ten Namensschuldverschreibungen auch von materiell-rechtlicher Relevanz. In neuerer Zeit gehen Sparkassen vermehrt dazu über, auch Sparkassenbrie­ fe nach der „Stundungsmethode“ einer Verwahrung und Verwaltung im Rah­ men des Depotgeschäfts zuzufuhren und sie in die EDV-mäßig unterstützte Kundendepotbuchhaltung aufzunehmen.29 Grundsätzlich sind zwar auch Na­ mensschuldverschreibungen depotverwahrfähig.30 Das KWG definiert aller­ dings in § 1 Abs. 1 Nr. 5 das Depotgeschäft als „die Verwahrung und Verwal­ tung von Wertpapieren für andere.“ Ebenso ist Regelungsgegenstand des De­ potgesetzes die „Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren“ nach Maß­ gabe des § 1 Abs. 1 DepotG. Den Sparkassenbriefen nach der „Stundungsme­ thode“ fehlt jedoch jegliche Wertpapiereigenschaft. Sie können somit, anders als die verbrieften Rechte, nicht den Hinterlegungsschutzregeln des Depotge­ setzes unterfallen. Indem sie auch nicht wie andere unverbriefte Rechte öf­ fentlich-rechtlicher Schuldner als reine Wertrechte kraft Gesetzes den Regeln über verbriefte Wertpapiere unterstellt sind,31 ist eine Verwahrung im Rahmen des Depotgeschäfts unzulässig. Bei unverbrieften Rechten entfällt mangels körperlichen Substrats auch eine Verwahrung nach bürgerlichem Recht.

b) Einlagencharakter von Sparkassenbriefforderungen nach der „Stundungslösung“ Aufgrund der fehlenden Wertpapiereigenschaft kommt aus systematischer Sicht der Frage Bedeutung zu, ob solcherart unverbrieft eingegangene Ver­ bindlichkeiten in der Form eines abstrakten Schuldversprechens unter die bankrechtliche Kategorie des Einlagengeschäfts zu subsumieren sind - die Sparkassenbriefforderungen nach der „Stundungsmethode“ somit als reine Kontensparverträge einzustufen sind. Funktionell unterscheidet sich das Einlagengeschäft vom Depotgeschäft, das der Verwahrung und Verwaltung fremder Wertpapiere dient, dadurch, daß

29 Handbuch für Anlageberatung, S. 33 f. 30 Hanseatisches OLG Hamburg WM 1952, S.37; OLG Düsseldorf WM 1956, S.170 f ; Heinsius-Hom-Than § 1 Rz.20; Einsele, S.23; Kümpel BuB IV, Rz.8/5; Canaris Bankvertragsrecht2 Rz.2081.

31 Brink, S.30 ff.; vgl. zur Ausgestaltung des Bundesschatzbriefs als des Sparbriefs der öffentlichen Hand als reines Wertrecht Wessely WM 1969, S.1094.

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es die Verwahrung fremder Gelder zum Gegenstand hat.32 Dem Kunden steht dabei regelmäßig ein Anspruch auf Auszahlung des die Einlage bildenden Kontoguthabens in Form eines Anspruchs aus einem abstrakten Schuldver­ sprechen des Kreditinstituts zu, eventuell modifiziert durch vereinbarte Rück­ zahlungsbedingungen.33 Materiellrechtlich ist der Auszahlungsanspruch aus einer Konteneinlage somit ebenso ein abstraktes Zahlungsversprechen wie die Sparkassenbriefforderung. Fehlt es aber am Verbriefungstatbestand, so ähnelt die Sparkassenbriefforderung in ihrem phänotypischen Erscheinungsbild und ihrer praktischen Behandlung einem Auszahlungsanspruch aus einer Konten­ einlage viel eher als einer Wertpapierforderung.

Einer Qualifizierung unverbriefter Sparkassenbriefforderungen als Forde­ rungen aus Kontensparverträgen könnte entgegenstehen, daß für Einlagenge­ schäfte herkömmlicherweise bestimmte Vertragstypen als Rechtsgrundge­ schäfte vorausgesetzt werden.34 Bilden dabei in der Regel je nach Befristung der Einlage die Typenverträge des depositum irreguläre (§ 700 Abs. 1 BGB bei sofortiger Verfügbarkeit des Einlagebetrages) oder des Darlehens (§ 607 Abs. 1 BGB bei Verzicht auf sofortige Fälligkeit gegen Zinszahlung) Anlaß und Rechtsgrund der Entstehung des Auszahlungsanspruchs,35 so ist die Si­ tuation bei Begründung des Zahlungsanspruchs aus der Sparkassenbriefforde­ rung insofern atypisch, als diesem kein Verwahrungs- oder Darlehensvertrag, sondern ein Rechtskaufvertrag zugrundeliegt.

Relevanter Gegenstand des Einlagengeschäfts ist jedoch allein der übertra­ gene Geldbetrag oder der Anspruch auf Auszahlung dieses Betrages, nicht da­

32 Canaris Bankvertragsrecht2 Rz.l 163. 33 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz.4.7. 34 Das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen vertritt die Auffassung, daß Einla­ gen im Sinne des KWG nur dann vorliegen sollen, wenn Jemand von mehreren Geld­ gebern, die keine Kreditinstitute im Sinne des § 1 Abs. 1 S.l KWG sind, fremde Gel­ der aufgrund typisierter Verträge als Darlehen (§ 607 BGB) oder zur unregelmäßigen Verwahrung (§ 700 BGB) ohne Bestellung banküblicher Sicherheiten und ohne schriftliche Vereinbarung im Einzelfäll laufend annimmt“ (Nachweis bei Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz.3.8.). Unabhängig davon, daß diese Einschätzung der Behörde keine materiellrechtliche Wirkung hat, möchte auch das Bundesaufsichtsamt diese Begriffsbestimmung allenfalls als Faustregel verstanden wissen, die keine zwin­ genden Tatbestandsmerkmale aufstellt, sondern lediglich widerlegliche Indizien für das Vorliegen eines bankmäßigen Einlagengeschäfts enthält.

35 Canaris, Bankvertragsrecht,2 Rz.l 164; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz.3.25.

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

gegen die der Herkunft des Betrages zugrundeliegende typenvertragliche Konstruktion. Für den Einlagencharakter und die kontenmäßige Verbuchung kann es daher nicht darauf ankommen, ob ein Betrag infolge ausdrücklicher Darlehenshingabe der Verfiigungsmacht des Kreditinstituts untersteht oder als Gegenleistung aus einem Kaufvertrag anzusehen ist. Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Anspruch auf Auszahlung eines eingelegten Betrags unab­ hängig von der jeweiligen Herkunft der diesen Betrag bildenden Einzelposten ohnehin dem Mediatisierungsprozeß einer Umwandlung bei der Einzahlung in Buchgeld und bei Auszahlung zurück in Bargeld unterliegt. Substrat des Buchgeldguthabens ist deshalb ein abstraktes Forderungsrecht auf Auszahlung des entsprechenden Bargeldbetrags.36 Für das Girokonto ist anerkannt, daß ein einheitlicher Auszahlungsanspruch des Kunden gegenüber dem Kreditinstitut besteht, unabhängig von der Herkunft der den Saldo bildenden Gelder. Der Auszahlungsanspruch des Kunden kann durch eigene Einzahlung (ihm liegt dann als Rechtsgrundverhältnis ein depositum irreguläre zugrunde), durch Bareinzahlung eines Dritten oder durch Gutschrift infolge eines Überwei­ sungsauftrags entstehen. Stets ist er jedoch Folge eines abstrakten Schuldver­ sprechens der kontoführenden Bank auf Umwandlung des Buchgeldeinlagebe­ trags in auszuzahlendes Bargeld, um dem Buchgeldinhaber einen auf selb­ ständiger Grundlage bestehenden und von Einwendungen aus dem jeweiligen Deckungsverhältnis freien Anspruch zu verschaffen, der dem Bargeldbesitz möglichst nahekommt.37

Der Charakterisierung als Konteneinlage kann somit nicht entgegenstehen, daß bei der Anlage in Sparkassenbriefen nach der „Stundungslösung'4 dieses abstrakte Schuldversprechen der Sparkasse nicht infolge einer Darlehenshin­ gabe,38 sondern als Gegenleistung konstitutiv gegen Zahlung des Kaufpreises für dieses Recht entsteht.39

Bildet aber der Entstehungstatbestand keinen Hinderungsgrund, eine Kon­ teneinlage anzunehmen, so spricht doch vieles in der rechtstatsächlichen Be­ 36 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 4.6 f. 37 BGH WM 1988, S.1717 (1719); BGH WM 1991, S.1152; Canaris, Bankvertrags­ recht,3 Rz.415. 38 Zur Abgrenzung der Charakterisierung der Einlageleistung als Darlehen von der rechtlichen Einordnung als depositum irreguläre nach der Fälligkeit vgl. § 5 II1 a). 39 A.A: Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz.3.13 allerdings bezüglich des Kaufpreises für Inhaberschuldverschreibungen. Seine Formulierung läßt jedoch darauf schließen, daß Kümpel Kaufverträgen die Eignung als Rechtsgrundgeschäft für ein Einlagengeschäft generell absprechen will.

§ 16 Emissionspraktiken

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handlungsweise dieser unverbrieften Anlageform für ein solches Ergebnis. Er­ kennt man mit dem Bundesverwaltungsgericht einen offenen Einlagenbegriff an, nach dem das Einlagengeschäft als Geschäftszweig der Kreditinstitute der kontinuierlichen Ansammlung und Bereithaltung liquider Geldbeträge für die Finanzierung des Aktivgeschäfts anzusehen ist, dessen Abgrenzung im Einzel­ fall unter Bewertung aller Umstände und der Berücksichtigung der bankwirt­ schaftlichen Verkehrsauffassung vorgenommen werden muß,40 ist die Einge­ hung von Sparkassenbriefforderungen gegen Zahlung des Kapitalwerts mit guten Gründen als Einlagengeschäft anzusehen. Die Errichtung eines Sparkas­ senbriefkontos verbunden mit der Vergabe einer Kontonummer als notwendige Grundlage einer internen Buchführung mag zwar noch kein hinreichendes Indiz für die Qualifizierung als Konteneinlage sein. Dennoch unterstreicht die Wortwahl in den Vertragsbestimmungen im Kaufauftrag bezüglich der Verfü­ gungsberechtigung über den Anspruch aus dem Sparkassenbrief, daß die Spar­ kasse selbst von einer Verfügung über Konteneinlagen ausgeht. Wenn dabei in den notwendigen rechtsgeschäftlichen Vereinbarungen mit dem Kunden von Kontoinhaberschaft, Kontoauflösung und Kontoumwandlung bezüglich der Sparkassenbriefiforderung die Rede ist, kommt der darin zum Ausdruck kom­ menden Klassifizierung des Anspruchs aus dem Sparkassenbrief als Konten­ einlage mehr als nur interne Bedeutung zu und offenbart die Verkehrsauffas­ sung der betreffenden Kreditinstitute. Daneben dient die Eingehung von Spar­ kassenbriefverbindlichkeiten gegen Kaufpreis einer laufenden Finanzierung des Kreditgeschäfts und bezweckt die Erzielung einer positiven Differenz zwi­ schen den Sparkassenbriefzinsen und den Zinseinnahmen aus den Aktivge­ schäften des Kreditinstitutes.41 Der Verkauf von unverbrieften Sparkassenbrief­ forderungen ist somit als Konteneinlagengeschäft zu betrachten. Die Zuweisung der Begründung unverbriefter Sparkassenbriefforderungen zum Einlagen- anstatt zum Emissionsgeschäft ist nicht nur von theoretischer Bedeutung. Während das Emissionsgeschäft kein erlaubnispflichtiges Bankge­ schäft im engeren Sinne gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG ist,42 eröffnen Einla­ gengeschäfte als typische Geschäftstätigkeit der Kreditinstitute den Anwen­ dungsbereich der dem Kundenschutz dienenden Regelungen des Kreditwesen­ gesetzes. Nur für bankgeschäftliche Tätigkeiten im Sinne des KWG besteht

40 BVerwG WM 1984, S.1364 (1367 f.) 41 BVerwG WM 1984, S.1364 (1367 f.)

42 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 11.28.

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

eine Eingriffsbefugnis der Bankenaufsicht zum Schutz der Geldgeber.43 Dieser Anlegerschutz ist von umso größerer Bedeutung, als die Schutznormen des Depotgesetzes mangels Wertpapiereigenschaft der unverbrieften Sparkassen­ briefforderung ebenso keine Anwendung finden wie die Normen, die einen Anlegerschutz bei Emissionen bezwecken,44 da es sich bei unverbrieften Spar­ kassenbriefen nicht um Schuldverschreibungen handelt.

43 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz.3.5. 44 Gesetz betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibun­ gen vom 4.12.1899 BGBl, m, 4134-1.

§ 17 Problemsituationen bei Begründung der Sparkassen­ briefforderung im Zweipersonenverhältnis Im Regelfall der Kapitalanlage ist der Käufer eines Sparkassenbriefs iden­ tisch mit dem Gläubiger aus der Namensschuldverschreibung. Schon bei die­ ser Zweipersonenkonstellation kann es auf jeder der rechtsgeschäftlichen Ebe­ nen zwischen Abschluß des Verpflichtungsgeschäfts und Auszahlung des An­ spruchs aus dem Sparkassenbrief zu Störungen infolge von Gültigkeitsmän­ geln kommen. Praktisch bedeutsam ist deshalb die Frage, welche Auswirkun­ gen Willensmängel oder Unwirksamkeitsgründe in den einem Sparkassenbrie­ ferwerb zugrundeliegenden Rechtsgeschäften auf den Bestand der verbrieften Forderung haben. Dabei kann es an dieser Stelle nicht auf den Grund der Un­ wirksamkeit ankommen. Vielmehr müssen die Auswirkungen auf die gesamte Rechtsbeziehung betrachtet werden, wenn einzelne vertragliche Vereinbarun­ gen keine Wirksamkeit entfalten.

L Unwirksamkeit von Rechtsverhältnissen Für die rechtlichen Folgen von Wirksamkeitsmängeln beim Erwerb eines Sparkassenbriefs kommt es darauf an, welches der zwischen Erwerber und Sparkasse bestehenden Rechtsverhältnisse betroffen ist. Dabei gilt es, sich vor Augen zu halten, daß nach der hier vertretenen Theorie des subjektiven Rechtsgrunds eine dreifache Überlagerung rechtsgeschäftlicher Ebenen bei Be­ gründung der abstrakten Zahlungspflicht aus der Namensschuldverschreibung Sparkassenbrief besteht:

-Anlaß und tragende Basis bildet der Abschluß des Typenvertrags Rechts­ kauf. Gegenstand des Kaufvertrags ist der noch zu begründende, abstrakte Zahlungsanspruch aus der Namensschuldverschreibung Sparkassenbrief gegen Hingabe des Kaufpreises in Höhe des Nennwerts. -Neben der Vereinbarung der typenvertraglichen Hauptleistungspflichten kommen die Parteien in der Begebungsabrede überein, die Erfüllung der Ver­ käuferpflicht auf Verschaffung des Rechts durch die Hingabe eines abstrakten

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

Schuldversprechens (bei Urkundenausfertigung verbrieft in einem Rektapa­ pier) zu bewirken. -Durch die konstitutive Ausfertigung der Sparkassenbriefurkunde auf den Namen des Erwerbers wird schließlich das abstrakte Zahlungsversprechen mit den Modalitäten dieses Anlageproduktes in einem Wertpapier begeben. Mit Entstehung der Sparkassenbriefforderung erlischt die Schuld des Verkäufers aus dem Rechtskaufvertrag.

Rechtsgrund des „nackten“ Zahlungsversprechens aus der Namensschuld­ verschreibung ist die Begebungsabrede, die den unabhängigen Zahlungsan­ spruch mit dem Typenvertrag Rechtskauf verknüpft und den Zweck der Hin­ gabe des Schuldversprechens bestimmt.

1. Fehlerhaftigkeit des abstrakten Zahlungsversprechens aus dem Sparkassenbrief Unmittelbar auf die Zahlungspflicht aus dem Sparkassenbrief wirken sich Mängel aus, die zur Unwirksamkeit der Begründung des abstrakten Zahlungs­ versprechens selbst fuhren. Denkbar ist zum Beispiel die Möglichkeit eines Fehlers im Vertretungsverhältnis. Während Anlagen durch einen Bevollmäch­ tigten auf Kundenseite zwar in der Praxis die Ausnahme bilden, werden Wil­ lenserklärungen der Sparkasse als juristischer Person immer durch organ­ schaftliche Vertreter oder Bevollmächtigte abgegeben.1 Als absoluter Unwirk­ samkeitsgrund kommt auf Kundenseite die in der Praxis tückische, weil kaum erkennbare Geschäftsunfähigkeit im Sinne des § 104 Nr.2 oder § 105 Abs. 2 BGB in Betracht,2 um nur zwei Beispiele für denkbare Willensmängel und Unwirksamkeitsgründe zu geben.3

1 Einen zusätzlichen Ansatzpunkt für Mängel, die zur Unwirksamkeit der Vereinba­ rung führen können, bietet die in den Formularen der Kaufaufträge und der Urkunden festgelegte Bedingung, daß die Schuldverschreibung nur bei Unterschrift von zwei vertretungsberechtigten Mitarbeitern wirksam zustande kommen kann. 2 Zu den Folgen beschränkter Geschäftsfähigkeit infolge Minderjährigkeit sogleich unter II. 3 Für Irrtümer bei der Ausfertigung der Sparkassenbriefurkunde bleibt wenig Gele­ genheit, zumal die Formularpraxis einheitlich ausgestaltete Vordrucke verwendet, die lediglich der Ergänzung durch Betragshöhe, Laufzeit und Verzinsung, sowie den Na­ men des Gläubigers bedürfen. Allerdings können die Parteien auch jederzeit andere individuelle Vereinbarungen treffen, die dann fehleranfälliger sind; beispielhaft für

§ 17 Problemsituationen bei Begründung der Sparkassenbriefforderung

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Scheitert die Begebung des Schuldversprechens, so ist für das rechtliche Schicksal des gesamten Vertragsverhältnisses danach zu unterscheiden, ob ei­ ne Urkunde ausgegeben wurde oder nicht und ob sich der Unwirksamkeits­ grund allein auf die Begründung des abstrakten Zahlungsversprechens be­ schränkt oder ob er auch noch andere Ebenen des Schuldverhältnisses zwi­ schen Kunde und Sparkasse erfaßt.

a) Isolierte Unwirksamkeit des Begebungvertrags ohne Ausgabe einer Urkunde Ist lediglich die abstrakte Zahlungspflicht aus der Sparkasse nicht zur Ent­ stehung gelangt, sind aber sowohl Rechtskaufvertrag als auch Begebungsabre­ de fehlerfrei, hat die Sparkasse ihre Rechtsschaffungs- und -verschaffungspflicht aus dem Rechtskaufvertrag nicht erfüllt. Infolge der Einstandspflicht eines Rechtsverkäufers für den Bestand der verkauften Forderung gemäß § 437 Abs. 1 BGB bleibt der Anspruch des Kunden auf Erfüllung der Hauptlei­ stungspflicht bestehen, ohne daß es grundsätzlich auf ein Verschulden der Sparkasse für das Nichtentstehen der Forderung ankommt. Kommt die Spar­ kasse ihrer Leistungspflicht nicht nach, erwächst dem Kunden unter den Vor­ aussetzungen des § 326 BGB grundsätzlich neben einem Rücktrittsrecht ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung, der insbesondere auch den verlorenen Zinsgewinn umfaßt.4 Durchsetzbar ist dieser Erfüllungsan­ spruch jedoch nur dann, wenn der Mangel, der die Entstehung hindert, beheb­ bar ist.3 Scheitert die Rechtsverschafiung endgültig, haftet die Sparkasse nach §§ 440 Abs. 1, 325 Abs. 1 BGB, da sie grundsätzlich für die Existenz und

Auslegungsschwierigkeiten bei einer Vereinbarung über die Verfügungsbefugnis über einen Sparkassenbrief auf der Urkundenrückseite ist der Fall des BGH (Urteil vom 7.7.1992, XI ZR 239/91, Köln) WM 1992, S.1552 mit Anmerkung Harder WuB I B 2. - 1.93. Zur Ausgestaltung solcher Individualabreden in der Praxis vgl. Herbst/Lang* Rz.42-52. 4 Unbehebbarkeit könnte zum Beispiel bei Verstoß gegen eine sparkassenrechtliche Vorschrift eintreten.

3 Hat zum Beispiel ein nichtvertretungsberechtigter Sparkassenmitarbeiter eine Willenserklärung abgegeben und ist deshalb der Anspruch aus dem Sparkassenbrief nicht zustandegekommen, so läßt sich die Wirksamkeit durch Neuvomahme des Bege­ bungsvertrags mit einem vertretungsberechtigten Sparkassenangestellten unproblema­ tisch herstellen.

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

deshalb beim Verkauf zukünftiger Forderungen für das Entstehen des Rechts gemäß § 437 Abs. 1 BGB einzustehen hat. Diese verschuldensunabhängige Haftung des Verkäufers muß jedoch dort ihre Grenzen finden, wo die Verschaffung des verkauften Rechts an einem Umstand scheitert, der allein im Geschäftskreis des Kunden angesiedelt ist. Soll nämlich die Hauptleistungspflicht des Verkäufers dadurch erfüllt werden, daß dem Erwerber nicht ein bereits bestehendes, sondern ein zukünftiges, erst noch zu begründendes Recht gegen den Verkäufer selbst verschafft wird, so ist der Verkäufer für die Begründung des Rechts auf die Mitwirkung des zukünf­ tigen Gläubigers angewiesen. Seine Leistungspflicht zur Schaffung und Ver­ schaffung des Rechts kann nur die Pflicht zur Abgabe des Angebots auf Ab­ schluß des abstrakten Zahlungsversprechens beinhalten. Scheitert die Rechts­ entstehung bei Leistungsbereitschaft des Verkäufers allein aus Gründen, die in der Sphäre des Käufers liegen, so kann dafür der Verkäufer nicht einstehen müssen. Konstruktiv läßt sich dies mit dem Argument stützen, daß sich der Käufer dann mit einer Mitwirkungshandlung bei der Leistungserbringung im Verzug befindet. Gleichwohl setzt ein Verzug des Käufers immer dessen Fä­ higkeit zur Vornahme der Handlung voraus. Da der Erwerb des Zahlungsan­ spruchs aus dem Sparkassenbrief jedoch für den Käufer einen rechtlichen und auch wirtschaftlichen Vorteil bedeutet, wird es häufig so sein, daß der Gläubi­ ger nicht deshalb seine Mitwirkungshandlung unterläßt, weil er das Recht nicht erwerben will, sondern weil er zur Abgabe einer wirksamen Willenser­ klärung gar nicht in der Lage ist. Ist zum Beispiel der Erwerber als juristische Person nicht mehr existent, so kann eine Gläubigerstellung zu seinen Gunsten nicht mehr eingeräumt werden,6 ein Umstand der gemäß § 275 Abs. 1 BGB zum ersatzlosen Freiwerden der Sparkasse führen muß.7 Wegen § 323 Abs. 1

6 Eine solche Konstellation kann freilich nur dann entstehen, wenn zwischen Ab­ schluß des Rechtskaufvertrags und dem Eingehen der Verbindlichkeit aus dem Spar­ kassenbrief ein gewisser Zeitraum liegt. Praktisch wird dies in der Regel dadurch ver­ hindert, daß mit dem Formularsatz, der den Kaufvertrag über den Sparkassenbrief ent­ hält, im Durchschreibeverfahren gleichzeitig auch die Sparkassenbriefurkunde erstellt wird, die dann im Behalt der Sparkasse verbleibt. Werden dagegen konstitutive Urkun­ den gesondert ausgestellt, so ist ein zeitliches Auseinanderfallen durchaus denkbar.

7 Mag es im Zweipersonenverhältnis wenige Konstellationen geben, in denen die isolierte Unwirksamkeit des Zahlungsanspruchs aus dem Sparkassenbrief praktisch werden kann, so entfaltet diese Fallgruppe eine nicht unerhebliche Bedeutung bei Drittbegünstigungen. Lehnt nämlich der Begünstigte die Einräumung der Gläubiger­ stellung ab (§ 333 BGB), so scheitert die Erfüllung ebenfalls an einem Umstand, der nicht von der Sparkasse beherrschbar ist.

§ 17 Problemsituationen bei Begründung der Sparkassenbriefforderung

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BGB erlischt jedoch in diesen Fällen auch die Kaufpreiszahlungspflicht, so daß eine bereits erbrachte Leistung mangels Rechtsgrunds gemäß § 323 Abs. 3 iVm. § 818 BGB kondiziert werden kann.

b) Isolierte Unwirksamkeit des Schuldversprechens bei Urkundenausgabe

Denkbar sind daneben Fälle, in denen eine Urkunde mit Präsentationserfordemis ausgestellt worden ist, obwohl wegen Mängeln im Begebungsvertrag durch diese Urkunde keine Forderung verbrieft wird. Gelangt ein solches Pa­ pier in den Rechtsverkehr, stellt sich zugunsten potentieller Zweiterwerber die Frage nach dem Schutz des Vertrauens auf die Richtigkeit der ausgestellten Urkunde. Dabei ist es prinzipiell unerheblich, ob die Forderung von Anfang an nicht entstanden oder erst später erloschen ist, weil der Rechtsschein einer forderungsentkleideten Urkunde auch dann bestehen kann, wenn die anfangs wirksam entstandene Forderung aus dem Sparkassenbrief zum Beispiel durch Anfechtung oder auch durch einen Aufhebungsvertrag nachträglich entfallen ist.8

Ist die Urkunde noch im Besitz des Anlegers, kann die Sparkasse das Papier von diesem vindizieren.9 Dies ergibt sich aus dem aus § 952 BGB entwickelten Grundsatz, nachdem solche forderungsentkleideten Urkunden kraft Gesetzes ins Eigentum des Ausstellers und scheinbaren Schuldners fallen (oder dort verbleiben).10 Die Situation ändert sich dagegen grundlegend, wenn der Brief und die „Scheinforderung“ weiterübertragen worden sind. Als Rektapapier unterliegt der Sparkassenbrief den allgemeinen Regeln für effektive Namensschuldver­ schreibungen. Aus den dargelegten Gründen besteht auch bei Rektapapieren, auf die grundsätzlich § 404 BGB anzuwenden ist, im Rechtsverkehr unter ge­ wissen Umständen ein Ausschluß bestimmter Einwendungen des Schuldners.11 Aus der verallgemeinerungsfähigen zessionsrechtlichen Grundaussage des § 8 Verschreibt sich zum Beispiel der Angestellte bei der Höhe des Zinssatzes in der Sparkassenbriefurkunde, so besteht ein Anfechtungsrecht wegen Irrtums in der Erklä­ rungshandlung gemäß § 119 Abs. 1 2. Alt. BGB. 9 Der Kaufvertrag und die Begebungsabrede bilden kein Besitzrecht für den forde­ rungsentkleideten Brief, da es sich bei diesem nicht um die geschuldete Leistung han­ delt.

10 Kümpel WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S. 11; Staudinger-Gursky § 952 Rz.l8.

11 Vgl. § 12. 17 Seitz

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

405 BGB ergibt sich, daß der Schuldner und Aussteller einer Namensschuldverschreibung sich gegenüber einem auf den Rechtsschein der Urkunde ver­ trauenden Zessionar dann nicht auf das Erloschensein des verbrieften Rechts berufen kann, wenn er wissentlich und zurechenbar die über diese „Schemforderung“ ausgestellte Urkunde im Verkehr beläßt.12 Hat die Sparkasse Kenntnis vom Erlöschen oder Nichtentstehen der durch den Sparkassenbrief verbrieften Forderung, so ist sie gezwungen, die Urkunde vom Erwerber zurückzuerlan­ gen.1' Geht der Vindikationsanspruch ins Leere, so muß sie, will sie einen Ein­ wendungsverlust vermeiden, den Rechtsschein durch öffentliches Aufgebot der Urkunde zerstören.

Unterläßt sie auch dies in zurechenbarer Weise, besteht die Gefahr, daß ein Zessionar der Sparkasse am Ende der Laufzeit die Urkunde vorlegt und, legiti­ miert durch eine Abtretungserklärung des namentlich aus der Urkunde hervor­ gehenden Ersterwerbers, Zahlung verlangt. Infolge des sich aus einer entspre­ chenden Anwendung des § 405 BGB ergebenden Prinzips der Haftung für das wissentliche Belassen von forderungsentkleideten Urkunden im Rechtsver­ kehr, ist der Sparkasse dann ein Berufen auf das Nicht(mehr)bestehen der For­ derung abgeschnitten. Gegen Rückgabe der Urkunde ist sie zur Zahlung ver­ pflichtet. Ob sie in diesem Fall Rückgriff gegenüber dem Ersterwerber nehmen kann, hängt davon ab, ob dieser bei der Übertragung des Sparkassenbriefs an den Zessionar vom Nichtbestehen der Forderung wußte oder schon beim Erwerb des Briefs von der Sparkasse davon wissen mußte. Kannte dieser nämlich den Unwirksamkeitsgrund zur Zeit der Übertragung an den Dritten (§ 990 Abs. 1 Satz 2 BGB) oder lag Bösgläubigkeit schon beim Erwerb von der Sparkasse vor (§ 990 Abs. 1 Satz 1 BGB), so hat sich der Erwerber schuldhaft die Erfül­ lung der Rückgabepflicht bezüglich der Urkunde aus § 985 BGB gegenüber der Sparkasse unmöglich gemacht. Er ist gemäß § 990 Abs. 1 iVm. § 989 BGB zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dadurch entsteht, daß die Sparkasse den Brief nicht zurückerlangt. Dieser Schaden besteht bei einer er­

12 Zur Herleitung und Begründung dieser Obliegenheit als einer Kehrseite des Präsentationserfordemisses vgl. ausführlich oben § 12 II 4 a; Canaris, Die Vertrauenshaf­ tung, S. 101; ders. Großkommentar zum HGB § 363 Rz.71 ff.

13 Im Fall von Fn.8 sollte die Sparkasse deshalb schon bei Erklärung der Anfechtung versuchen, die Urkunde zurückzuerlangen.

§ 17 Problemsituationen bei Begründung der Sparkassenbriefforderung

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folgreichen Inanspruchnahme durch den Zessionar in der Zahlung des Nenn­ wertes zuzüglich Zinsen.14

War der Erwerber dagegen gutgläubig, so entfällt wegen § 993 Abs. 1 a.E. BGB jeglicher Schadensersatzanspruch. Ist der Rechtskaufvertrag vom Wil­ lensmangel nicht erfaßt und hatte die Sparkasse das Nichtentstehen der Spar­ kassenbriefforderung zu vertreten, so ist sie außerdem gegenüber dem Erster­ werber von ihrer Rechtsverschaffungspflicht noch nicht frei geworden und muß diesem erneut leisten.13

2. Fehlerhaftigkeit der Begebungsabrede

Eine isolierte Unwirksamkeit der Begebungabrede ist praktisch nicht denk­ bar, da diese regelmäßig in einer Nebenvereinbarung des Rechtskaufvertrags getroffen wird. Zwar ist die Übereinkunft, daß die Begebung des abstrakten Zahlungsversprechens zur Erfüllung der Hauptleistungspflicht aus dem Rechtskaufvertrag erfolgen soll, nach der Theorie vom subjektiven Rechts­ grund konstruktiv erforderlich, doch kommt ihr im Zweipersonenverhältnis nur insofern Bedeutung zu, als durch sie die Zuordnung des abstrakten Zah­ lungsanspruchs aus einem bestimmten Sparkassenbrief zu einem bestimmten Rechtskaufvertrag vorgenommen wird. Der übereinstimmende Wille zur Vor­ nahme dieser Zuordnung wird sich aber immer, sofern der Rechtskaufvertrag wirksam ist, aus den darin niedergelegten Abreden zur Leistungspflicht des

14 Die Schadensermittlung ist dabei vergleichbar den Fällen, in denen Verrech­ nungsschecks schuldhaft einem falschen Konto gutgeschrieben werden; vgl. zum Bei­ spiel OLG München NJW-RR 1993, S.117. Zwar verkörpert die Sparkassenbriefur­ kunde selbst kein Recht, doch ist durch die Rechtsscheinwirkung die Vermögensein­ buße für den Aussteller wirtschaftlich gleichwertig. Problematisch ist allenfalls ein Mitverschulden der Sparkasse, da diese ja ebenfalls in Kenntnis der Lage (Wissent­ lichkeit ist Voraussetzung für das Entstehen des Haftungstatbestands) nichts getan hat, um die Urkunde aus dem Verkehr zu ziehen.

13 Ob eine Vindikation oder Kondiktion des vom Zessionar gezahlten Kaufpreises beim Zedenten möglich ist, erscheint äußerst fraglich. Die Anwendung von § 281 BGB bei § 985 ff. BGB wird weitgehend abgelehnt (vgl. Palandt-Heinrichs § 281 Rz.3; seit RGZ 115, S.33 ständige Rechtsprechung). § 816 Abs. 1 BGB paßt tatbestandlich nicht, da der Zedent nicht über die (nicht existente) Sparkassenbriefforderung verfügt, son­ dern der Zessionar lediglich aufgrund des Rechtsscheinprinzips im Verhältnis zum Aussteller die Zahlung verlangen kann. Einer Eingriffskondiktion steht die Sperrwir­ kung der Leistungsbeziehung im Verhältnis Zedent/Zessionar entgegen. 17*

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

Verkäufers ergeben.16 Lediglich bei einer Drittbegünstigung, d.h. wenn die Be­ gebungsabrede die Hingabe der Schuldverschreibung an einen Dritten zur Er­ füllung der Hauptleistungspflicht bestimmt, ist deshalb eine eigenständige Un­ wirksamkeit denkbar.17

3. Fehlerhaftigkeit des Rechtskaujvertrags

In den meisten Fällen wird ein Mangel (zumindest auch) den Rechtskauf­ vertrag erfassen. Ist der dem Geschäft zugrundeliegende Typenvertrag unwirk­ sam oder fällt er später weg, so ist wiederum zu unterscheiden. Erfaßt der Mangel auch die Begebungsabrede und die Eingehung der abstrakten Zah­ lungsverpflichtung,18 so ergibt sich kein Unterschied zu den bereits genannten Fallgruppen. Die Problematik des Rechtsscheins einer forderungsentkleideten Urkunde ist vom Bestehen oder Nichtbestehen des Kausalgeschäfts unabhän­ gig.19 Allenfalls ist der bereits entrichtete Kaufpreis, weil rechtsgrundlos er­ langt, zurückzugewähren.

16 Nach überwiegender Ansicht ist deshalb eine Begebungsabrede konstruktiv über­ haupt entbehrlich. Zu den Vorteilen der Theorie vom subjektiven Rechtsgrund bei der Erfüllungleistung durch Hingabe eines abstrakten Schuld versprechens vgl. aber § 5 II 2 b. 17 Näher dazu § 18. 18 Z.B. infolge von Geschäftsunfähigkeit des Kunden. 19 Konsequenterweise muß die Sparkasse jedoch den Einwand der ungerechtfertig­ ten Bereicherung, der ihr gegenüber dem Ersterwerber zusteht, auch gegen den Zessio­ nar einer Scheinforderung erheben können. Nach § 405 BGB ist der Zessionar nur be­ züglich des Bestands der Forderung geschützt. Inhaltliche rechtsgrundbezogene Ein­ wendungen ergeben sich jedoch nicht abschließend aus dem Urkundentext. Da die völlige Einwendungsfreiheit vom Zweiterwerber nicht vorausgesetzt werden kann, kann er auch über eine Analogie zu § 405 BGB die Forderung im Vertrauen auf die Richtigkeit der Urkunde nur so erwerben, wie sie dem Ersterwerber zugestanden hätte, nämlich mit dem Einwand des fehlenden Rechtsgrunds. Hierin liegt auch kein Wer­ tungswiderspruch zum Schutz des Vertrauens des Zessionars auf den Rechtsschein der Urkunde, da die gesteigerte Schutzwürdigkeit des Zessionars einer verbrieften Forde­ rung gegenüber dem einer unverbrieften Forderung nur soweit reicht, wie sich aus der Verbriefung des Rechts spezifische Risiken ergeben. Die Einredebehaftetheit ist je­ doch ein Umstand, vor dem das Zessionsrecht den Erwerber nicht schützen will, unab­ hängig davon, ob die Forderung verbrieft ist oder nicht.

§17 Problemsituationen bei Begründung der Sparkassenbriefforderung

261

Ist dagegen das Schuldversprechen aus dem Sparkassenbrief fehlerfrei zu­ stande gekommen und lediglich der Rechtskaufvertrag unwirksam,20 so berührt der Mangel im Kausalgeschäft den Bestand der Sparkassenbriefforderung in­ folge deren Abstraktheit nicht. Fehlt es jedoch am Rechtskaufvertrag, so erfaßt dessen Unwirksamkeit auch die Begebungsabrede.21 Damit entfällt der Rechtsgrund zum Behaltendürfen des abstrakten Schuldversprechens und der Sparkassenbriefurkunde. Die Spar­ kasse kann gemäß § 812 Abs. 2 iVm. § 812 Abs. 1 Satz 1 1.Alt. BGB im We­ ge der Leistungskondiktion das Schuldversprechen und die Urkunde kondizieren. Eine Vindikation der Urkunde ist dagegen nicht möglich, da dem Erwer­ ber, solange er Inhaber der Sparkassenbriefforderung ist, wegen § 952 Abs. 2 BGB auch das Eigentum am Papier zusteht. Verlangt der Kunde am Ende der Laufzeit Zahlung unter Urkundenvorlage, kann ihm die Sparkasse die Berei­ cherungseinrede entgegenhalten. Dieses Recht steht ihr auch gegenüber einem Zessionar der Forderung zu, über die der Ersterwerber als Berechtigter verfü­ gen konnte.22 Da für Namensschuldverschreibungen des Kapitalmarktes kein umfassender Einwendungsausschluß besteht, kann der Zessionar die Forde­ rung gemäß § 404 BGB nur so erwerben, wie sie dem Zedenten zugestanden hatte - behaftet mit der Einrede aus § 821 BGB. Macht die Sparkasse die Ein­ rede geltend, ist der Zessionar trotz wirksamen Erwerbs der Sparkassenbrief­ forderung nicht in der Lage, diese durchzusetzen und deshalb auf seine Rechte gegenüber dem Zedenten aus §§ 437 Abs. 1, 440 Abs. 1, 320 ff. BGB23 ange­ wiesen.

20 Z.B: Ein Minderjähriger handelte als beschränkt Geschäftsfähiger ohne die Zu­ stimmung seiner Eltern.

21 Typenvertrag und Begebungsabrede bilden ein einheitliches Rechtsgeschäft. Die Begebungsabrede ist isoliert gesehen rechtlich und wirtschaftlich funktionslos und wird deshalb gemäß § 139 BGB von der Unwirksamkeit des Kausalgeschäfts miter­ faßt; vgl. dazu bereits oben § 5 II 2 a cc) die Ausführungen in Fn. 85; MüllerChristmann/Schnauder Rz.75 ff. 22 Hat der Ersterwerber die Forderung an einen Dritten abgetreten, so hat er als be­ rechtigter Rechtsinhaber verfügt. Ein Fall des Vertrauens auf den Rechtsschein einer forderungsentkleideten Urkunde liegt nicht vor. Der Zessionar erwirbt die Sparkassen­ briefforderung gemäß § 398 S.l BGB vom Berechtigten.

23 Die Haftung des Verkäufers eines wertpapiermäßig verbrieften Rechts umfaßt nicht nur den formalen Bestand der Forderung, sondern er muß - nach richtiger Auffas­ sung - auch dafür einstehen, daß das Recht nicht durch rechtliche Umstände oder Ge­

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

IL Sonderfall: Erwerb des Sparkassenbriefs durch Minderjährige In zunehmendem Maße betreiben die Kreditinstitute gezielt die Ge­ schäftstätigkeit mit Minderjährigen. Durch frühzeitige Bindung des Minder­ jährigen soll so die Basis zu einer langfristigen Geschäftsverbindung gelegt werden. Als Folge einer Vielzahl von in der Praxis vorkommenden Geschäften mit Minderjährigen treten dabei immer wieder Konflikte mit den Schutznor­ men des Rechts der beschränkten Geschäftsfähigkeit auf. Deshalb soll an die­ ser Stelle kurz auf die Problematik eines Verkaufs von Sparkassenbriefen an beschränkt geschäftsfähige Minderjährige eingegangen werden.

Kausalgeschäft des Sparkassenbrieferwerbs ist der Typenvertrag Rechtskauf nach § 433 BGB. Dieser Vertrag enthält aufgrund seines Austauschcharakters die beiden im Synallagma stehenden Hauptleistungspflichten der Rechtsverschafiung und der Kaufjpreiszahlung. Mit Abschluß des Kaufvertrags über den Sparkassenbrief geht somit der Minderjährige die schuldrechtliche Verpflich­ tung zur Entrichtung des Kaufjpreises entweder in Form der Übereignung von Bargeld oder durch Einwilligung in eine Belastungsbuchung auf einem in sei­ ner Inhaberschaft stehenden Konto ein. Dabei bedeutet für den Minderjährigen bereits die Belastung mit der Kaufpreiszahlungspflicht einen rechtlichen Nachteil. Durch die Übereignung von Bargeld sowie die Einwilligung in die Kontobelastung verliert er die Verfügungsbefugnis über diese Vermögenswer­ te. Alle diese Rechtsgeschäfte sind für ihn rechtlich nachteilig. Zum Abschluß des Kaufvertrags über den Sparkassenbrief bedarf deshalb der Minderjährige gemäß § 107 ff. BGB ebenso der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters wie zur Erfüllung der eingegangenen Verpflichtung. Die Sparkasse ihrerseits erfüllt die Rechtschaffüngs- und Verschaftüngspflicht aus § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB nach einverständlichem Inhalt der ver­ traglichen Begebungsabrede durch die Begebung des im Sparkassenbrief ver­ körperten abstrakten Schuldversprechens. Die vom Begebungsver/mg zu un­ terscheidende Begebungstf6rede24 bildet dabei die rechtsgeschäftliche Verein­ barung über die Eingehung der abstrakten Zahlungspflicht zum Zwecke der Erfüllung der Hauptleistungspflicht aus dem Typenvertrag Rechtskauf. Auch die Abgabe der Einverständniserklärung zu dieser Zuwendung zum Zwecke der Erfüllung ist, streng genommen, für den Minderjährigen nicht lediglich genrechte beeinträchtigt ist, die einer effektiven Geltendmachung entgegenstehen; Kleinbub, S.43 und 46 f. 24 Zur genauen Unterscheidung im Sinne der Theorie vom subjektiven Rechtsgrund vgl. § 5 n 2 a bb).

§17 Problemsituationen bei Begründung der Sparkassenbrieftbrderung

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rechtlich vorteilhaft. Mit Abgabe der zustimmenden Erklärung verliert er den Verschaffungsanspruch aus dem Rechtskaufvertrag.25 Aufgrund dieses rechtli­ chen Nachteils ist auch die Begebungsabrede in ihrer Wirksamkeit von der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters abhängig. Anders zu beurteilen ist dagegen die Begebung der verbrieften, abstrakten Forderung aus dem Sparkassenbrief selbst. Zwar entsteht die Zahlungspflicht der Sparkasse gegenüber dem Minderjährigen ebenfalls durch vertragliche Übereinkunft, doch ist dieser Begebungsvertrag nur einseitig für die Sparkasse verpflichtend. Der Erwerb des Anspruchs aus dem Sparkassenbrief ist als sol­ cher somit ebenso wie die Verschaffung des Eigentums an der Urkunde ledig­ lich rechtlich vorteilhaft und deshalb auch ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters wirksam.

Dagegen führt die Abrede der Stundung der Sparkassenbriefausfertigung (bei der Stundungslösung) zur Aufschiebung der Fälligkeit des Rechts auf Ur­ kundenausfertigung und beinhaltet somit einen rechtlichen Nachteil. Der be­ schränkt geschäftsfähige Minderjährige kann deshalb allein, kraft eigener Willenserklärung, Gläubiger der Sparkassenbrieffbrderung werden. Zum Ab­ schluß des Kaufvertrags, zur Erbringung der eigenen Erfüllungsleistung, zur Stundung der Urkundenausfertigung und zum Abschluß der Begebungsabrede bedarf er dagegen der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.

Die Problematik der unterschiedlichen Rechtsfolgen bei den einzelnen Rechtsgeschäften wird deutlich, berücksichtigt man den Umstand, daß in der Ausgabepraxis die für die verschiedenen Vertragsabschlüsse erforderlichen Willenserklärungen des Anlegers durch eine einzige Unterschrift unter den „Kaufauftrag Sparkassenbrief1 abgegeben werden. Nimmt nun der Minder­ jährige ohne Einwilligung des gesetzlichen Vertreters die Unterzeichnung des Kaufauftrags vor, und gibt die Sparkasse ohne Vorbehalt den Sparkassenbrief aus, so erwirbt der beschränkt Geschäftsfähige die Sparkassenbriefforderung und das Eigentum an der Urkunde. Alle anderen vertraglichen Abreden, ins­ besondere solche, die eine Verpflichtung zur Gegenleistung betreffen, sind da­ gegen bis zu einer Genehmigung des gesetzlichen Vertreters schwebend un-

25 Sehr streitig; a.A. z.B Harder JuS 1977, S.149 ff., der auf eine Gesamtbetrach­ tung des Geschäfts abstellt, das dem Minderjährigen durch den Erwerb der Erftillungsleistung einen rechtlichen Vorteil verschaffe; van Venrooy, BB 1980, S.1017 ff. Wie hier die wohl überwiegende Meinung Wacke, JuS 1978, S.80 ff; Gemhuber, BR § 50 II 3; Medicus BR, Rz.171; Brox AT Rz.240; Palandt-Heinrichs § 107 Rz.2; ErmanBrox § 107 Rz.7.

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

wirksam.26 Ein Widerrufsrecht gemäß § 109 Abs. 1 BGB steht der Sparkasse dabei nur für die schwebend unwirksamen Verträge zu. Die wirksam begrün­ dete Zahlungsverpflichtung aus dem Sparkassenbrief kann dagegen nicht mehr widerrufen werden. Verweigert der gesetzliche Vertreter die Genehmi­ gung, ist die Sparkasse darauf angewiesen, den Zahlungsanspruch aus dem Sparkassenbrief und die Urkunde bei dem Minderjährigen zu kondizieren.27

Täuscht der Minderjährige das Vorliegen einer Einwilligung des gesetzli­ chen Vertreters oder seine Volljährigkeit vor, besteht für die Sparkasse wegen arglistiger Täuschung das Recht, die Begebung des Sparkassenbriefs gemäß § 123 Abs. 1 BGB anzufechten, sofern die Täuschung zumindest mitkausal für die Eingehung des abstrakten Schuldversprechens gewesen ist.28

Daß der Minderjährige die Sparkassenbriefforderung auch ohne die Zu­ stimmung des gesetzlichen Vertreters erwerben kann, führt dazu, daß der Er­ werb eines Sparkassenbriefs durch einen Vollgeschäftsfähigen zugunsten und auf den Namen des Minderjährigen völlig ohne die Mitwirkung dessen ge­ setzlichen Vertreters erfolgen kann.29 Partner des Rechtskaufvertrags wird da­ bei der Vollgeschäftsfähige. In der Begebungsabrede vereinbart dieser die Ein­ gehung der abstrakten Zahlungspflicht gegenüber dem Minderjährigen (§ 328 Abs. 1 BGB) zum Zwecke der Erfüllung seines Rechtsverschaffungsanspruchs aus § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB. Ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters kann der Minderjährige den Zahlungsanspruch einverständlich mit der Spar­ kasse erwerben und, sofern im Valutaverhältnis eine Schenkung an den Min­ derjährigen vorliegt, auch den Schenkungsvertrag selbständig schließen.

26 Eine Ausdehnung der Unwirksamkeit mit Hilfe des Gedankens aus § 139 BGB würde das Abstraktionsprinzip umgehen und ist zum Schutz des Minderjährigen auch nicht erforderlich. 27 Einer Kondiktion steht § 814 BGB selbst dann nicht entgegen, wenn die Sparkas­ se die fehlende Einwilligung des gesetzlichen Vertreters gekannt hatte. § 814 BGB ist bei Leistungen auf schwebend unwirksame Verträge dann nicht anwendbar, wenn dem Leistenden deren Unwirksamkeit zwar bekannt war, die Leistung aber in der Hoffnung erbracht worden ist. 28 Dabei muß jedoch die Sparkasse, will sie sich vor einer Rechtsscheinhaftung ge­ genüber potentiellen Zweiterwerbem schützen, neben der Anfechtungserklärung ge­ genüber dem gesetzlichen Vertreter (§131 Abs. 2 BGB), die Urkunde vom Minder­ jährigen vindizieren.

29 Zur vertraglichen Konstruktion sogleich unter § 18.

§ 17 Problemsituationen bei Begründung der Sparkassenbriefforderung

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In der Praxis hat diese Konstruktion den Vorteil, daß so Sparkassenbriefe verkauft und auf den Namen eines Minderjährigen ausgestellt werden können, ohne daß dazu die Unterschrift der Eltern zwingend eingeholt werden muß.

§ 18 Anlage zugunsten oder auf den Namen eines Dritten Anlageformen zugunsten Dritter im Einlagengeschäft der Kreditinstitute sind häufig geprägt durch Konflikte infolge von Unklarheiten darüber, wer als Gläubiger einer Forderung gegen das Kreditinstitut zur Geltendmachung des Auszahlungsanspruchs berechtigt ist und wem gegenüber die Bank mit befrei­ ender Wirkung leisten kann. Oft haben diese Unklarheiten ihren Ursprung darin, daß bei Konteneinlagen zwischen der Person des Kontoinhabers und der des Einlagengläubigers unterschieden wird. Unter Kontoinhaber wird da­ bei die Person verstanden, auf die das Konto namentlich ausgestellt ist.1 Diese kann, muß jedoch nicht identisch mit dem Gläubiger der Einlagenforderung sein. Vielmehr besteht auch die Möglichkeit, einer dritten Person das Recht einzuräumen, die vom Kontoinhaber erbrachte Einlagenleistung zurückzufor­ dern. Umgekehrt kann der Einlagengläubiger auch ein Konto auf den Namen eines Dritten errichten lassen, ohne daß dieser namentlich benannte Kontoin­ haber das Rückforderungsrecht erwirbt.2 Fehlt eine im nachhinein eindeutig beweisbare Abrede und kommt es bei der späteren Auszahlung zum Konflikt, muß häufig durch Auslegung aller Vereinbarungen und aufgrund der tatsäch­ lichen Umstände ermittelt werden, wen der Anleger zum Zeitpunkt der Einla­ genbegründung gegenüber dem Kreditinstitut zum Gläubiger bestimmen wollte.3 Bei Einlagen, über die ein Sparbuch ausgestellt wurde, kommt es oft in entscheidender Weise auf die Besitzverhältnisse an diesem qualifizierten Legitimationspapier an.4 Da auch bei Sparkassenbriefen ein nicht unbeträchtlicher Bedarf für Anla­ geformen zugunsten Dritter besteht, gilt es, die Besonderheiten bei einem Sparkassenbrieferwerb zugunsten eines Dritten und die entstehenden Rechts­ beziehungen zu untersuchen, um, soweit möglich, Unklarheiten und die Not­ 1 BGHZ 21, S.148 (150); BGH WM 1994, S.2270 = NJW 1995, S.261; OLG Nürn­ berg NJW-RR 1990, S.881 (882). 2 OLG Koblenz NJW 1989, S.2545. 3 RGZ 73, S.221; BGHZ 21, S.148. 4 OLG Koblenz MDR 1995, S.812 f.; Ritter S.65 ff.; zur Reichweite der Legitimati­ onswirkung bei Sparbüchern, Pflug, ZHR 140 (1976), S.175 ff; Welter, WM 1987, S.1117.

§ 18 Anlage zugunsten oder auf den Namen eines Dritten

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wendigkeit nachträglicher Vertragsauslegungen zu vermeiden.5 Dabei soll vorausgeschickt werden, daß sich die Situation bei der Ausfertigung von Spar­ kassenbriefen zugunsten eines Dritten infolge der fehlenden Legitimationswir­ kung der Innehabung des Sparkassenbriefs grundlegend von derjenigen bei Ausstellung eines Sparbuches auf den Namen eines Dritten unterscheidet. Vergleichende Betrachtungen können deshalb allein der Abgrenzung und nicht der Übertragung von entsprechenden Erklärungsversuchen dienen.6

Bei den Anlageformen zugunsten Dritter sind infolge des Zusammenwir­ kens schuldrechtlicher und erbrechtlicher Vorschriften sinnvollerweise drei Typen zu unterscheiden. Während ein sofortiger Rechtserwerb des Dritten schon bei Abschluß des Kaufvertrags allein nach schuldrechtlichen Vorschrif­ ten zu beurteilen ist, kann es dann, wenn dem Dritten erst zu einem späteren Zeitpunkt das Gläubigerrecht aus dem Sparkassenbrief zugewendet werden soll, durch Vorversterben des bis dahin berechtigten Erwerbers zum Konflikt zwischen schuldrechtlichen (§ 331 BGB) und erbrechtlichen Regelungen (§ 2301 BGB) kommen. Von vornherein auf eine Umgehung des Erbganges angelegt ist die Vereinbarung einer Drittbegünstigung auf den Todesfall.

L Sofortiger Rechtserwerb des Dritten bei Kauf des Sparkassenbriefs 1. Vertragliche Konstruktion Bei Anlageverträgen zugunsten eines Dritten soll zunächst der Fall unter­ sucht werden, daß der Käufer des Sparkassenbriefs schon bei Abschluß des Rechtskaufvertrags dem begünstigten Dritten die Gläubigerstellung aus der Namensschuldverschreibung einräumt.

5 Zotz EWiR § 328 BGB 1/87, S.547 Anmerkung zu OLG Hamm Beschluß vom 13.10.1986 (11W 2/86) = WM 1987, S.1128; umfangreich zu den verschiedenen Aus­ legungskriterien Ritter, S.65-80. 6 Zustimmend Welter in WuB I C 2. - 11.87 Anmerkung zu OLG Hamm, Beschluß vom 13.10.1986 (11 W 2/86) = WM 1987, S.1128, der zu Recht betont, daß bei der Ausstellung eines Sparbuchs weniger die namentliche Bezeichnung des Kontoinhabers als die Liberationswirkung des § 808 Abs. 1 S.l BGB im Vordergrund steht. Ebenso Denzer WuB I C2. - 2.91 in Anmerkung zu OLG Hamm Urteil vom 28.11.1990 (31 U 161/90) = WM 1991, S.984.

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

Wirtschaftlich betrachtet liegt einem sofortigen Rechtserwerb des Dritten das Interesse des Sparkassenbriefkäufers zugrunde, mit eigenen Mitteln den Gegenwert des Sparkassenbriefs aufzubringen und dafür zu sorgen, daß der begünstigte Dritte das Anlageprodukt Sparkassenbrief zur eigenen Verfügung erhält. Der begünstigte Dritte soll im Ergebnis den Anspruch aus dem Spar­ kassenbrief erwerben - der Anspruch auf die Ausstellung des Briefs steht für ihn weniger im Vordergrund, weil die Sparkasse, sofern die Gegenleistung er­ bracht ist, der Anweisung des Erwerbers oder dem Verlangen des Dritten, den Brief auf seinen Namen auszustellen, Folge leisten wird.7 Der Sparkasse schließlich kommt es darauf an, die Rechtsverhältnisse bezüglich der Sparkas­ senbriefforderung verbindlich zu regeln und denjenigen zu kennen, an den sie mit befreiender Wirkung leisten kann. Dieser wirtschaftlichen Interessenlage wird rechtlich durch den Abschluß eines Vertrags zugunsten Dritter im Sinne von § 328 Abs. 1 BGB genügt. Die Drittbegünstigung8 ist typenvertraglich durch den im Deckungsverhältnis zwi­ schen Erwerber und Sparkasse vorliegenden Rechtskaufvertrag geprägt.9 Ab­ weichend vom Erwerb zu eigenen Gunsten vereinbart der Käufer (Verspre­ chensempfänger) mit der Sparkasse (Versprechender) die Ausstellung des Sparkassenbriefs auf den Namen des Dritten als Gegenleistungspflicht aus § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB.10 Bei der Hingabe eines abstrakten Zahlungsverspre­ chens zur Erfüllung des Rechtskaufvertrags ist aber streng zwischen dem An­ spruch auf Eingehung dieses Schuldversprechens und dem späteren Auszah­ lungsanspruch aus diesem Versprechen zu unterscheiden. Infolge des Ab­ 7 Der Sparkasse ist dabei die Person des Berechtigten in der Regel gleichgültig, sie führt jede Weisung des Erwerbers dahingehend aus. 8 Vgl. dazuMünchKomm-Gottwald3 § 328 Rz.l6. 9 Ablehnend Harder in WuB IV A. § 826 BGB 1.93, Anmerkung zu BGH Urteil vom 9.7.1992 (XII ZR 156/90) der bei einer Anlage zugunsten eines Dritten eine dar/eAew^vertragliche Abrede annimmt, eine Charakterisierung als Rechtskauf im ZweiPersonen-Verhältnis dagegen akzeptiert. Es erscheint jedoch widersprüchlich, das Grundgeschäft, das in beiden Fällen auf demselben Erwerbsformular abgeschlossen wird, einmal als Rechtskauf und das andere Mal als Darlehen zu qualifizieren. Die Kritik Harders, es bestünde noch kein Recht, das Gegenstand eines Kaufvertrages sein könnte, hindert gleichwohl die Annahme eines Rechtskaufs nicht, kann doch das ver­ kaufte Recht erst im Zuge der Erfüllung der Hauptleistungspflicht begründet werden (vgl. Erman-Weitnauer § 433 Rz.7).

10 Technisch wird dies dadurch erreicht, daß im „Kaufauftrag Sparkassenbuch der begünstigte Dritte als (zukünftiger) Gläubiger, der davon verschiedene Versprechens­ empfänger dagegen als Käufer aufgeführt werden.

§ 18 Anlage zugunsten oder auf den Namen eines Dritten

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straktionsprinzips erwirbt der Dritte durch die Vereinbarung im Deckungsver­ hältnis noch nicht die Sparkassenbriefforderung als solche, sondern lediglich das Recht, die Begebung des Sparkassenbriefs von der Sparkasse und damit die Ausfertigung der konstitutiven Urkunde auf seinen Namen mit der Folge der Begründung des abstrakten Schuldversprechens an sich zu verlangen.11 Erst mit der Erfüllung dieser Rechtsschaffungs- und -verschafiungspflicht durch die Sparkasse erwirbt der Dritte die Gläubigerstellung an der zu einem späteren Zeitpunkt fälligen Sparkassenbriefforderung.

Ob es sich bei der Vereinbarung im Deckungsverhältnis um einen „echten“ Vertrag zugunsten Dritter (Vertrag „zu Rechten Dritter“) oder um eine „un­ echte" Drittbegünstigung ohne eigenes Forderungsrecht des Dritten handelt,12 ist für den späteren Anspruch aus dem Sparkassenbrief praktisch wenig be­ deutsam und wirkt sich nur auf die Rechtszuständigkeit für die Vereinbarung der Begebungsabrede13 bezüglich des abstrakten Schuldversprechens aus: Bei einem „unechten Vertrag zugunsten Dritter“, bei welchem dem Dritten keine eigene Forderung auf die Hauptleistung zusteht, muß der Versprechensemp­ fänger mit der Sparkasse vereinbaren, daß die Hingabe des abstrakten Schuld­ versprechens, verkörpert im Rektapapier Sparkassenbrief, die Erfüllung der Gegenleistungspflicht aus dem Rechtskaufvertrag bewirken soll. Hat dagegen der Dritte ein eigenes Forderungsrecht infolge eines Vertrags „zu Rechten

11 So auch Harder WuB IV A. § 826 BGB 1.93 in Anmerkung zu Urteil des BGH vom 9.7.1992 (XII ZR 156/90) WM 1992, S. 1987. Folgt man einer weitverbreiteten Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum, so ist es gar nicht möglich, die Sparkassenbriefforderung als Erfüllungsleistung auf den Rechtskaufvertrag allein durch die Vereinbarung einer Drittbegünstigung entstehen zu lassen. Aufgrund seines Ausnahmecharakters zur Grundnorm des § 305 BGB sei da­ nach § 328 Abs. 1 BGB nur geeignet, schuldrechtliche VerpflichtungsVerträge zu er­ zeugen. Der Vollzug des Verpflichtungsgeschäfts als erfüllende Verfügung setzt dage­ gen die Mitwirkung des Dritten voraus. Vgl. Soergel-Hadding § 328 Rz.31 und 106 m.w.Nw.; a.A. Staudinger-Kaduk § 328 Rz.67 ff, der jede Verfügung zugunsten Drit­ ter für zulässig erachtet.

12 Die Formulierungen der einschlägigen Vertragsformulare lassen keinen eindeuti­ gen Schluß zu. Da jedoch der Gläubiger durch den Käufer bereits im Kaufauftrag na­ mentlich bestimmt werden soll und der häufigste Anwendungsfall der Anlage zugun­ sten eines Dritten in der Praxis ohnehin die schenkweise Zuwendung ist, ist zumindest zweifelhaft, ob nach dem Willen des Käufers dem Dritten bereits aus dem Rechtskauf­ vertrag ein eigenes Forderungsrecht auf Begebung des Sparkassenbriefs zustehen soll, über das dieser frei verfügen könnte. 13 Vgl. dazu oben § 5 II2 a cc).

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

Dritter kann auch er diese Vereinbarung treffen.14 Wegen der häufig zu­ grundeliegenden wirtschaftlichen Interessenlage, bei der der Erwerb des Spar­ kassenbriefs für den Dritten eine unentgeltliche Zuwendung ist, wird jedoch anzunehmen sein, daß regelmäßig mit der schuldrechtlichen Drittbegünsti­ gung beim Abschluß des Rechtskaufvertrags der Versprechensempfanger be­ reits selbst auch die Zweckbestimmung der Leistung durch Erfüllung an den Dritten mit der Sparkasse vereinbart. Mit Abschluß der Begebungsabrede auf Abgabe des Schuldversprechens gegenüber dem Dritten kann die Sparkasse nur noch an den Dritten durch Ausfertigung des Sparkassenbriefs auf dessen Namen befreiend leisten. Mit Eingehung des abstrakten Schuldversprechens, verbrieft in der Sparkassenbriefürkunde, ist unabhängig von dieser noch of­ fenstehenden Forderung aus dem Sparkassenbrief, die vereinbarungsgemäß erst zu einem späteren Zeitpunkt fällig werden soll, das Deckungsverhältnis abgewickelt. Weder der Dritte noch der Versprechensempfänger können aus dem drittbegünstigenden Rechtskaufvertrag weitere Rechte herleiten. Das For­ derungsrecht des Dritten beschränkt sich nun auf den Zahlungsanspruch aus dem Sparkassenbrief. Darüberhinaus kommen allenfalls Nebenleistungspflich­ ten (§ 242 BGB) in Betracht.

Kann das Recht auf Verschaffung des Sparkassenbriefs nach überwiegend vertretener Ansicht15 als schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft zugunsten des Dritten allein durch Vereinbarung zwischen Versprechensempfänger und Sparkasse auch ohne dessen Mitwirkung gemäß § 328 Abs. 1 BGB entstehen,16

14 Die Unterscheidung ist jedoch nur in seltenen Fällen von praktischer Relevanz, wenn nämlich der Dritte noch vor Ausfertigung des Sparkassenbriefs auf seinen Na­ men die Befugnis zum Abschluß der Begebungsabrede seinerseits für eine Drittzuwen­ dung nutzt und den Sparkassenbrief gleich auf den Namen eines Vierten ausstellen läßt. Dies ist ein Umstand, der jedoch meistens dem Zweck der Zuwendung eines per­ sönlichen Geschenks im Valutaverhältnis zuwiderläuft und deshalb vom Verspre­ chensempfänger nicht toleriert und durch eigenhändigen Abschluß der Begebungsabre­ de verhindert werden wird.

15 MünchKomm-Gottwald § 328 Rz.l; Staudinger-Kaduk Vor § 328 Rz.44. 16 A.A. Hadding, in Festschrift für Zajtay, S.185 (201 ff.) und Soergel-Hadding Vor § 328 Rz.10 ff. Seiner Ansicht nach bedarf es nach der Privatautonomie auch bei einer Drittzuwendung der Zustimmung des Begünstigten zum Rechtserwerb. § 328 Abs. 1 BGB sei im Sinne der alten Acceptationstheorie so auszulegen, daß der Dritte zwar unmittelbar, d.h. ohne Durchgangserwerb des Versprechensempfangers das zugewen­ dete Recht erwerben könne, diese Unmittelbarkeit jedoch nicht verlange, daß der Dritte sofort und ohne sein Wissen Rechtsinhaber würde. Vielmehr erwerbe er diese Rechtsinhaberschaft erst mit der Annahme der angebotenen ForderungsVerschaffung.

§ 18 Anlage zugunsten oder auf den Namen eines Dritten

271

so bedarf die Sparkasse zur Begründung der abstrakten Sparkassenbriefforde­ rung als schuldrechtlichem Verfügungsgeschäft der Zustimmung des Begün­ stigten als des künftigen Gläubigers.17 Ohne eine vertragliche Übereinkunft über die Begebung des Wertpapiers mit dessen erstem Nehmer kann die ver­ briefte Forderung nicht einseitig begründet werden. Es ist dabei unerheblich, in welcher Form diese Zustimmung erteilt wird. Wird der auf den Namen des Dritten ausgestellte Brief diesem sofort ausgehändigt, ist in der Entgegennah­ me unproblematisch die Zustimmung zur Einräumung der Gläubigerstellung aus dem Sparkassenbrief zu erblicken. Da mit dem Erwerb dieser Gläubiger­ stellung nur ein lediglich rechtlicher Vorteil verbunden ist, kann gemäß § 107 BGB auch ein wegen Minderjährigkeit beschränkt Geschäftsfähiger diese Zustimmungserklärung ohne Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters rechts­ wirksam abgeben.18

Zur Erfüllung des Erwerbstatbestands hat somit neben dem Abschluß des Vertrags zu­ gunsten des Dritten noch dessen rechtsgeschäftliche Einverständniserklärung hinzuzu­ treten. Die mögliche Zurückweisungserklärung nach § 333 BGB hätte dann nur noch deklaratorische Bedeutung für das Nichtentstandensein des Forderungsrechts in der Person des Dritten. 17 Dies ergibt sich aus dem Verbot eines Vertrags zu Lasten des Dritten. Denn er­ wirbt der Dritte durch die Vereinbarung einer Drittbegünstigung im Deckungsverhält­ nis auf der Ebene des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts das Recht, die Erfül­ lungsleistung zu fordern, so würde mit Einräumung der Gläubigerstellung aus dem Sparkassenbrief durch Verfügung dieser erworbene Anspruch erfüllt und wäre damit erloschen. Die bereits entstandene und gesicherte Rechtsposition würde ihm somit wieder entzogen. Der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Erwerb der Gläubigerstel­ lung des Sparkassenbriefs entsteht, darf dabei für die rechtliche Belastung nicht in An­ rechnung gebracht werden. Außerdem würde somit dem Dritten, ohne daß bei der Be­ gründung der Sparkassenbriefforderung im Verhältnis zwischen Sparkasse und Be­ günstigtem die vom Gesetz zugelassene Ausnahmesituation vom Grundsatz der Privat­ autonomie durch Abschluß eines schuldrechtlichen VerpflichtungsVertrags zugunsten Dritter mit dem Zurückweisungsrecht des § 333 BGB vorläge (Soergel-Hadding § 328 Rz.31 und 106), dem Begünstigten eine Gläubigerstellung aufgedrängt. Zustimmend Harder in WuB IV A. § 829 BGB 1.93 = Anmerkung zu BGH Urteil vom 9.7.92 (XII ZR 156/90). 18 Im Fall des OLG Hamm (Urteil vom 28.11.1990, 31 U 161/90) WM 1991, S.984 bedurfte es deshalb zum Entstehen der Gläubigerstellung der Zustimmung des gesetz­ lichen Vertreters nicht. Auch im Fall des OLG Celle (Urteil vom 16.2.1994, 3 U 84/93) WM 1994, S.1069 änderte deshalb der Eintritt der Volljährigkeit des im Sparkassenbrief namentlich be­ nannten Gläubigers während der Laufzeit nichts mehr an dessen Verfügungsbefugnis.

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

Der Dritte kann dem Erwerb der Gläubigerstellung an der Sparkassenbrief­ forderung auch auf andere Weise als durch sofortige Entgegennahme des Briefs aus der Hand des Ausstellers zustimmen, sei es, weil der Versprechensempfanger den Brief für den Begünstigten aufbewahren oder diesem zum Bei­ spiel im Zuge einer Handschenkung selbst übergeben will, sei es, weil der Brief im Behalt der Sparkasse verbleibt. In diesen Fällen kann jedoch die For­ derung aus dem Sparkassenbrief erst entstehen, wenn der Dritte seinen zu­ stimmenden Willen eindeutig betätigt hat, wobei allenfalls gemäß § 151 BGB auf den Zugang der Erklärung verzichtet oder der Versprechensempfänger zur Entgegennahme der Annahmeerklärung ermächtigt werden kann. Ohne ent­ gegenstehende Indizien wird deshalb regelmäßig eine eindeutige Erklärungs­ handlung des Dritten bezüglich des Erwerbs der Gläubigerstellung anzuneh­ men sein, wenn dieser gegenüber dem Versprechensempfänger die Zuwen­ dung des Sparkassenbriefs im Valutaverhältnis annimmt oder zurückweist (zum Beispiel durch Ablehnung der Schenkung des Sparkassenbriefs). Auch in einer Zurückweisung der Drittbegünstigung aus dem Rechtskaufvertrag gemäß § 333 BGB gegenüber der Sparkasse muß eine Ablehnung der Berech­ tigung aus dem Sparkassenbrief gesehen werden. Erst mit der Zustimmung des Dritten19 zum Erwerb der Gläubigerstellung ist das Erwerbsgeschäft abgewickelt. Durch Eingehung des abstrakten Schuld­ versprechens der Sparkasse gegenüber dem Dritten wird die Verpflichtung aus dem Rechtskaufvertrag erfüllt, der Rechtsschafhmgs- und Verschaftungsanspruch aus § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB erlischt gemäß § 362 Abs. 1 BGB. Der Dritte ist alleiniger Berechtigter aus dem auf seinen Namen ausgestellten Sparkassenbrief.20 Ihm gegenüber muß und kann die Sparkasse die Erfüllungs­ leistung auf die Schuld aus dem abstrakten Zahlungsanspruch, der im Spar­ kassenbrief verkörpert ist, am Ende der Laufzeit erbringen. Er allein ist zur Rechtsübertragung befugt, und nur für ihn bildet der mit einem Präsentati­ onserfordernis ausgestattete Sparkassenbrief einen Ausweis seiner Nochberechtigung gegenüber der Sparkasse. Der den Kaufpreis entrichtende Verspre­ chensempfänger kann aus dem Sparkassenbrief dagegen keine Rechte ablei-

19 Diese wird in den für die Praxis zahlenmäßig am bedeutsamsten Fällen der un­ entgeltlichen Zuwendung des Sparkassenbriefs regelmäßig gegeben sein, darf jedoch nicht ausnahmslos vorausgesetzt werden. Zu praktisch relevanten Gegenbeispielen vgl. Herbst/Lang4, Rz.55-58.

™Zotz EWiR § 328 BGB 1/87, S.547 und Welter in WuB I C 2. - 11.87 jeweils in der Anmerkung zu OLG Hamm (Beschluß vom 13.10.1986, 11W 2/86) = WM 1987, S.1128.

§ 18 Anlage zugunsten oder auf den Namen eines Dritten

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ten,21 gleichgültig, ob er sich die Inhaberschaft an der Sparkassenbriefiirkunde vorbehält oder diese dem Gläubiger sogleich aushändigt.22 Im Unterschied zu Konteneinlagen, wie zum Beispiel dem Sparbuch, wird deutlich, daß es bei Sparkassenbriefen nicht möglich ist, die Gläubigerstellung von vornherein unabhängig von der namentlichen Benennung im Sparkassen­ brief zu vereinbaren. Es ist allenfalls eine Abtretung des Ersterwerbers zu ei­ nem späteren Zeitpunkt oder mit später eintretender Wirkung möglich.23 Weil der Sparkassenbrief genau über die Schuld ausgestellt wird, die bei der Erstan­ lage begründet werden soll, muß er als konstitutive Urkunde auch die essen­ tialia negotii des abstrakten Schuldversprechens enthalten. Dazu gehört bei Rektapapieren in jedem Fall die Bezeichnung des Gläubigers im Text der Ur­ kunde. Ursprünglich Forderungsberechtigter aus einem Sparkassenbrief ist deshalb immer der im Brief namentlich benannte Gläubiger.24 Dies ist auch schon deshalb anzunehmen, weil dem Sparkassenbrief anders als einem Spar­ buch nicht die Liberationswirkung des § 808 Abs. 1 Satz 1 BGB zukommt. Die Sparkasse wird mit der Wirkung des § 407 Abs. 1 BGB nur dann durch Leistung an einen Nichtberechtigten frei, wenn dieser als Gläubiger nament­ lich benannt ist23 und den Brief vorlegen kann. Umgekehrt ist nur der das Pa­ pier innehabende Gläubiger berechtigt, die Leistung zu verlangen. Zwar ist es möglich, von Anfang an Verfugungsbeschränkungen zu vereinbaren, doch müssen solche Ergänzungen zur Verfügungsbefugnis des Gläubigers durch den Brief dokumentiert werden.26 Da die Ausfertigung des Briefs konstitutive 21 Vortmann EWiR § 276 BGB 5/94, S.641, Anmerkung zu OLG Celle (Urteil vom 16.2.1994, 3 U 84/93) = WM 1994, S.1069. 22 Zotz EWiR § 328 BGB 1/87, S.547 und Welter in WuB I C 2. - 11.87 jeweils in der Anmerkung zu OLG Hamm (Beschluß vom 13.10.1986, HW 2/86) = WM 1987, S.l 128; Vortmann EWiR § 276 BGB 5/94, S.641 Anmerkung zu OLG Celle (Urteil vom 16.2.1994, 3 U 84/93) = WM 1994, S.1069.

23 Dazu sogleich unter II. 24 Denzer WuB I C 2. - 2.91 Anmerkung zu OLG Hamm, (Urteil vom 28.11.1990, 31 U 161/90) = WM 1991, S.984; Welter in WuB I C 2. - 11.87 Anmerkung zu OLG Hamm (Beschluß vom 13.10.1986, 1 IW 2/86) = WM 1987, S. 1128.

23 Oder er nachweislich sein Recht von diesem ableitet. 26 Vgl. dazu das Urteil des BGH vom 7.7.1992 (XI ZR 239/91, Köln) = WM 1992, S.l 522. Hier wurde bei einem Sparkassenbrief auf der Rückseite eine die Verfügungs­ befugnis der auf der Vorderseite namentlich genannten Gläubigerin einschränkende Vereinbarung aufgenommen, wonach bis zum Ableben der Eltern der Gläubigerin die­ se statt ihrer über den Sparkassenbrief verfügungsberechtigt sein sollten. Nach Ansicht von Harder in der Anmerkung zu diesem Urteil in WuB I B 2. - 1.93 lag dieser Ver18 Seitz

274

3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

Wirkung hat, wird die Sparkassenbriefforderung auch bezüglich ihres Inhalts durch den Text der Urkunde bestimmt.

2. Rückabwicklung bei Unwirksamkeit einzelner Rechtsverhältnisse in der Dreieckskonstellation Störungen im Valuta-, Deckungs- und Vollzugsverhältnis haben unter­ schiedliche Kondiktionsansprüche zur Folge.

a) Störungen im Vollzugsverhältnis Kommt die Begründung der Sparkassenbriefforderung nicht zustande, weil der Dritte im Vollzugsverhältnis die Einräumung der Gläubigerstellung aus dem Sparkassenbrief ablehnt und/oder die Drittbegünstigung aus dem Rechts­ kaufvertrag gemäß § 333 BGB gegenüber der Sparkasse zurückweist,27 (Stö­ rung im Vollzugsverhältnis) so ist mit dem Nichterwerb des Rechts durch den Dritten der Zweck des drittbegünstigenden Deckungsverhältnisses verfehlt worden. Durch Auslegung ist daher zu ermitteln, ob das Geschäft insgesamt

einbarung ein Erwerb des Sparkassenbriefs zugunsten Dritter (hier der Eltern) zugrun­ de, mit der Folge, daß die Erwerberin nicht nur nicht verfügungsberechtigt, sondern nicht einmal Gläubigerin der Sparkassenbriefforderung geworden wäre. Dem ist nicht zu folgen. Zwar hatte die Gläubigerin zum Erwerb des Sparkassen­ briefs Mittel der Eltern verwendet, auch wurden diese im Ergebnis über die Sparkas­ senbriefforderung verfügungsbefugt, so daß sie wirtschaftlich die Berechtigten aus dem Sparkassenbrief waren, die Forderung aus dem Sparkassenbrief wurde jedoch durch Vertrag zwischen der Gläubigerin und der Sparkasse begründet und nicht durch eine Vereinbarung mit den Eltern. Originäre Partner des abstrakten Schuldversprechens aus dem Sparkassenbrief waren somit die Sparkasse und die Gläubigerin. Die in den Ur­ kundentext aufgenommene Vereinbarung bedeutete lediglich eine Einschränkung der Verfügungsbefugnis für die Gläubigerin bei gleichzeitiger Ermächtigung der Eltern zur Geltendmachung des Forderungsrechts, nicht aber die Einräumung der Gläubigerstel­ lung zugunsten der Eltern. Diese Einschränkung hatte deshalb allein einen Verzicht auf die Geltendmachung der Sparkassenbriefforderung durch die Gläubigerin zur Fol­ ge, der nur im Verhältnis zur Sparkasse und ihren Eltern Wirkung entfaltete. Gleich­ wohl blieb der Sparkassenbrief Teil des Vermögens der Gläubigerin und wäre zum Beispiel einem Pfandrecht der Sparkasse für ihre Verbindlichkeiten unterworfen gewe­ sen. 27 Zu denkbaren tatsächlichen Fallgestaltungen in der Praxis vgl. Herbst/Lang\ Rz.55 ff.

§ 18 Anlage zugunsten oder auf den Namen eines Dritten

275

gescheitert ist oder ob der Versprechensempfänger nunmehr die Einräumung der Gläubigerstellung zu seinen eigenen Gunsten verlangen kann.28 Besteht kein Eigeninteresse an dem Sparkassenbrief, so liegt für den Schuldner ein Fall der nachträglichen und von keiner Seite zu vertretenen Unmöglichkeit vor.29 Die Leistungspflicht des Schuldners erlischt nach § 275 Abs. 1 BGB. Wegen § 323 Abs. 1 BGB kann der Versprechensempfänger die auf den ge­ scheiterten Rechtskaufvertrag geleistete Kaufpreiszahlung kondizieren (§§323 Abs. 3, 818 BGB). Hatte die Sparkasse bereits eine Urkunde auf den Namen des Dritten ausgestellt, so muß sie diese einziehen, um Gefahren des Umlaufs im Rechtsverkehr vorzubeugen. Da die Urkundenaushändigung Teil der Ge­ genleistung aus dem Rechtskaufvertrag gegenüber dem Versprechensempfän­ ger ist, kann sie diesem gegenüber die Herausgabe des Kaufpreises einrede­ weise von der Rückgabe der Urkunde abhängig machen.30 Hat der Versprechensempfänger dagegen ein Eigeninteresse an dem Spar­ kassenbrief oder kommt eine anderweitige Drittzuwendung in Betracht, so wird die Sparkasse die Urkunde nach Rückgabe um- oder neu auf den Namen des Versprechensempfängers oder des neuen Dritten ausschreiben - durch Ver­ trag wird somit die Begebungsabrede abgeändert und die ursprüngliche Ver­ käuferpflicht durch Eingehen des Schuldversprechens mit dem neuen Begün­ stigten erfüllt.

b) Störungen im Deckungsverhältnis Weiterhin kommen Störungen im Deckungsverhältnis in Betracht, die nicht auf einem Scheitern der Drittbegünstigung beruhen. Bereicherungsrechtlich schwierig und umstritten ist der Fall, daß trotz unwirksamen Deckungsver­ hältnisses der Versprechende in Unkenntnis dieser Tatsache an den Dritten 28 Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob der Versprechensempfänger ein eige­ nes Interesse an dem Erwerb des Sparkassenbriefs besitzt oder nicht. MünchKommGottwald3 § 333 Rz.7. 29MünchKomm-Gottwald3 § 333 Rz.7. 30 Dabei steht ihr bei Nichtentstehung der Sparkassenbrieftbrderung die Vindikation der Urkunde gegenüber dem Dritten zu (vgl. zu der Eigentumslage an forderungsent­ kleideten Urkunden Staudinger-Gursky § 952 Rz.l8 m.w.Nw.) Da die Hingabe der Urkunde jedoch nach überwiegender Ansicht lediglich eine Leistung an den Verspre­ chensempfänger im Deckungsverhältnis darstellt, kann sie die Urkunde nur von diesem kondizieren. Vgl. dazu auch die Ausführungen zu Störungen im Deckungsverhältnis sogleich auf dieser Seite. 18*

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

geleistet hat.31 Hierbei ist danach zu unterscheiden, ob zwischen dem Verspre­ chensempfänger und der versprechenden Sparkasse ein unechter Vertrag zu­ gunsten Dritter ohne eigenes Forderungsrecht des Dritten oder, wie regelmä­ ßig gewollt, ein echter Vertrag zu Rechten Dritter mit einem eigenen An­ spruch des Dritten auf die Leistung geschlossen wurde.

Erwirbt der aus einem unechten Vertrag zugunsten Dritter begünstigte Dritte die Sparkassenbriefforderung, ist jedoch im Deckungsverhältnis der Rechtskaufvertrag zum Beispiel infolge erklärter Anfechtung wegen Willens­ mängel oder aufgrund Geschäftsunfähigkeit des Erwerbers unwirksam, so fehlt für die Leistung der Sparkasse (die Zuwendung des Sparkassenbriefs an den Dritten als Leistung an den Versprechensempfänger32) im Deckungsver­ hältnis der Rechtsgrund. Regelmäßig wird bei Dreiecksverhältnissen wie dem unechten Vertrag zugunsten Dritter eine Kondiktion nur „über s Eck“ zugelas­ sen, da Leistungsbeziehungen allein zwischen dem Versprechenden und dem Versprechensempfänger (im Deckungsverhältnis) sowie dem Versprechens­ empfänger und dem Dritten (im Valutaverhältnis) bestehen:33 Bei einem un­ echten Vertrag zugunsten Dritter leistet die Sparkasse allein auf ihre Ver­ pflichtung aus dem Deckungsverhältnis. Die Sparkasse stellt also den Brief auf den Namen des Dritten aus, um dadurch ihre Schuld aus dem Deckungsver­ hältnis gegenüber dem Versprechensempfanger zu erfüllen. Mangels eines ei­ genen Anspruchs des Dritten besteht zwischen der Sparkasse und diesem kei­ ne Leistungsbeziehung. Durch Ausstellung des Briefs leistet der Versprechens­ empfänger vielmehr gleichzeitig mit Hilfe der Sparkasse als Leistungsmittle­ rin auf seine Verpflichtung aus dem Valutaverhältnis gegenüber dem Dritten. Da einer Direktkondiktion der Sparkasse gegen den Dritten der Vorrang der Leistungsbeziehung im Valutaverhältnis entgegensteht, kann eine Kondiktion nur im Deckungsverhältnis erfolgen. Umstritten ist dagegen die Zulässigkeit einer Direktkondiktion im Voll­ zugsverhältnis zwischen Versprechendem und Drittem34 bei einem echten Vertrag zu Rechten Dritter. Hierbei erwirbt der Dritte gemäß § 328 Abs. 1

31 Vgl. MünchKomm-Lieb § 812 Rz.110 ff.; Canaris Festschrift für Larenz, S.828 ff; Hadding, Der Bereicherungsausgleich, S.93 ff. jeweils mit weiteren Nachweisen. 32 Vgl. MünchKomm-Lieb § 812 Rz.30 ff. 33 Vgl. statt vieler MünchKomm-Lieb § 812 Rz.32 m.w.Nw.

34 Dafür Lorenz AcP 168 (1968), S2M,Meyer, S.156 f.

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BGB ein eigenes Forderungsrecht auf die Leistung.33 Teilweise wird eine Di­ rektkondiktion im Vollzugsverhältnis mit dem Argument abgelehnt, diese be­ nachteilige den Dritten gegenüber einer Rückabwicklung im Valutaverhältnis. Gerade weil der Dritte bei einem berechtigenden Vertrag zugunsten Dritter ein eigenes Forderungsrecht auf die Ausfertigung des Briefs erwirbt, soll er da­ durch auch bei Unentgeltlichkeit der Zuwendung im Valutaverhältnis keine schwächere Rechtsposition eingeräumt bekommen als bei einem unechten Vertrag zugunsten Dritter oder gar bei schlichter Drittleistung mit Erfüllungs­ wirkung gemäß § 362 Abs. 2 BGB.36 Es wäre mithin unter Wertungsgesichts­ punkten widersprüchlich, ihn aufgrund dieses zusätzlichen Anspruchs einer Direktkondiktion auszusetzen.37

Diese Ansicht berücksichtigt jedoch zu wenig, daß bei einem berechtigen­ den Vertrag zugunsten Dritter der Versprechende auf eine eigene Verbindlich­ keit gegenüber dem Dritten leistet.38 Vorrangiger Zweck der Leistung an den Dritten ist die Erfüllung dieser Verbindlichkeit. Ist das Forderungsrecht des Versprechensempfängers (§ 335 BGB) abbedungen, so liegt darin sogar der einzige Leistungszweck.39 Auch unter Wertungsgesichtspunkten überzeugt diese Ansicht zumindest im Hinblick auf die in der Praxis weit überwiegenden Fälle der schwenkweisen Zuwendung des Sparkassenbriefs im Valutaverhält­ nis, die häufig aus einem Versorgungsverhältnis folgt, nicht. Die in § 816 Abs. 1 Satz 2 BGB niedergelegte und für das gesamte Bereicherungsrecht gültige Wertung des herabgesetzten Schutzes des unentgeltlich Erwerbenden gegen­ über einem Bereicherungsausgleich macht die geringe Schutzwürdigkeit des Dritten in diesen Fällen deutlich.

Deshalb ist für die Rückabwicklung gegenüber dem Dritten danach zu dif­ ferenzieren, ob das Valutaverhältnis zum Versprechensempfänger entgeltlich oder unentgeltlich ausgestaltet ist: Erfolgt im Valutaverhältnis eine Gegenlei-

33 Wird § 335 BGB abbedungen, hat sogar ausschließlich der Dritte dieses Forde­ rungsrecht. 36MünchKomm-Lieb § 812 Rz.l 14. 37MünchKomm-Lieb § 812 Rz.l 14.

38Meyer, S.l52 f; Lorenz, AcP 168 (1968), S.291 f. jeweils mit weiteren Nachwei­ sen. 39 Ist man mit Hadding AcP 171, S.403 ff. der Ansicht, § 335 BGB stelle kein eige­ nes Forderungsrecht des Versprechensempfängers, sondern lediglich eine Einziehungs­ ermächtigung dar, so erfolgt mangels Anspruch des Versprechensempfängers die Lei­ stung des Versprechenden immer nur auf die Forderung des Dritten.

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

stung des Dritten an den Versprechensempfänger, ist die Sparkasse auf eine Kondiktion gegenüber dem Versprechensempfanger zu verweisen. Dies ist auch deshalb für sie kein Nachteil, weil es der Sparkasse so lange nicht darauf ankommen wird, den ausgegebenen Sparkassenbrief zurückzuerlangen, wie sie in der Lage ist, den erhaltenen Kaufjpreis einzubehalten.40 Kann deshalb der Versprechensempfänger den Sparkassenbrief nicht durch Anweisung an den Dritten auf die Sparkasse zurückübertragen, so wird diese seinem Kondikti­ onsanspruch den eigenen Wertersatzanspruch aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Fall, 818 Abs. 2 BGB einredeweise entgegenhalten bzw. damit aufrechnen.41 Im Regelfall der schenkweisen Zuwendung im Valutaverhältnis oder wenn das Recht des Versprechensempfängers aus § 335 BGB abbedungen wurde, ist die Sparkasse dagegen zur Leistungskondiktion direkt gegenüber dem Dritten be­ rechtigt. 42

40 In der Praxis werden Sparkassenbriefe nur dann ausgegeben, wenn der Kaufpreis entweder bar bezahlt wird oder eine entsprechende Deckung auf dem Belastungskonto vorhanden ist. 41 Die fortbestehende Bereicherung des Versprechensempfängers liegt dabei in der Befreiung von seiner Verbindlichkeit aus dem Valutaverhältnis. 42 Für eine solche Differenzierung MünchKomm-Lieb § 812 Rz.119 f; BGH WM 1983, S.1240. Zum gleichen Ergebnis kommt auch Hadding, Bereicherungsausgleich, S.77-125, allerdings mit völlig anderem dogmatischen Ausgangspunkt. Da für ihn in jedem Fall das Forderungsrecht des Versprechensempfängers lediglich den Charakter einer Ein­ ziehungsermächtigung hat, leistet die Sparkasse regelmäßig nur auf ihre Verpflichtung gegenüber dem Dritten im Vollzugsverhältnis. Hadding stellt für die Möglichkeit der Leistungskondiktion der Sparkasse gegen den Dritten jedoch darauf ab, ob dieser im Verhältnis zur Sparkasse wirtschaftlich gesehen etwas erlangt hat und setzt damit be­ reits an den Tatbestandsmerkmalen des § 812 Abs.l S.l 1 .Fall BGB an. Da die Spar­ kasse bei ihrer Leistung im Vollzugs Verhältnis gleichzeitig als Leistungsmittlerin des Versprechensempfängers im Valutaverhältnis fungiert, verliert der Dritte durch diese Leistung gemäß § 362 I BGB den Anspruch auf die Gegenleistung gegen den Verspre­ chensempfänger, falls das Valutaverhältnis ein synallagmatisches war. Im Wege einer „Nachteilsanrechnung“ kommt Hadding damit zu dem Ergebnis, daß der Dritte in die­ sen Fällen im Verhältnis zur Sparkasse wirtschaftlich betrachtet schon nichts erlangt hat, so daß schon der Tatbestand einer Leistungskondiktion nicht erfüllt ist. Bei unent­ geltlichem Erwerb erleidet der Dritte dagegen im Valutaverhältnis keinen Rechtsver­ lust, so daß eine Nachteilsanrechnung entfallen muß und die direkte Leistungskondik­ tion möglich ist.

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c) Störungen im Valutaverhältnis

Treten Störungen im Valutaverhältnis auf, so kommt es darauf an, ob diese die Begründung der Sparkassenbriefforderung in ihrer Wirksamkeit tangieren. Hat der Versprechensempfänger zum Beispiel eine Schenkung an den Dritten widerrufen oder der Dritte die Zuwendung im Valutaverhältnis abgelehnt,43 ist er aber bereits Gläubiger des Sparkassenbriefs geworden, so kann der Verspre­ chensempfänger von ihm sowohl die Herausgabe der Urkunde als auch die Rückübertragung des Forderungsrechts durch Rückabtretung verlangen.44 Die Ausstellung des Sparkassenbriefs durch die Sparkasse stellt sich für den Drit­ ten (auch) als Leistung des Versprechensempfängers dar. Die Sparkasse ist da­ bei insoweit Leistungsmittler. Fehlt der Rechtsgrund für diese Leistung, weil zum Beispiel ein Schenkungsvertrag nicht zustande kommt, so erfolgt die Kondiktion45 allein im Valutaverhältnis. Ist der Dritte aufgrund der Ablehnung noch gar nicht Sparkassenbriefgläu­ biger geworden, ergibt sich dieselbe Situation wie beim Scheitern des Dekkungsverhältnisses.

II. Kauf eines Sparkassenbriefs mit zeitlich verzögertem Rechtserwerb des Dritten

Ein wesentlicher Unterschied zu der sofortigen Drittbegünstigung bei einem erst später erfolgenden Erwerb des Dritten besteht im Durchgangserwerb des Sparkassenbriefkäufers. Während zur Begründung einer originären Gläubi­ gerstellung der Brief direkt auf den Namen des Dritten ausgestellt werden muß, so ist, soll der Dritte erst zu einem späteren Zeitpunkt die Gläubigerstel­ lung erhalten und der Vermögensgegenstand Sparkassenbrief zumindest vor­ 43 Weitere Fallgestaltungen bei Herbst/Lang4, Rz.55.

44 Einer Aufhebung der einmal begründeten Sparkassenbriefforderung wird die Sparkasse aufgrund der festen Laufzeit und der Unkündbarkeit der Vereinbarung allein wegen eines Fehlers im Valutaverhältnis, an dem sie unbeteiligt ist, nicht zustimmen. Verkürzt sich nämlich durch eine Aufhebung die Laufzeit des Vertrags auf weniger als 4 Jahre, würde die Sparkasse für den Nennbetrag mindestreservepflichtig werden (vgl. unten § 23, Fn.2). Eine Pflicht zur Aufhebung besteht nicht; MünchKomm-Lieb § 812 Rz.37. 45 § 812 Abs. 2 BGB ist trotz des abstrakten Zahlungsversprechens aus dem Spar­ kassenbrief nicht einschlägig, da Schuldner aus diesem Schuld versprechen nicht der Leistende (der Versprechensempfänger) sondern die Sparkasse als Leistungsmittler ist.

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

läufig in das Vermögen des Käufers übergehen, dieser im Text der Urkunde als Gläubiger namentlich zu bezeichnen. Die Begründung der Sparkassen­ briefforderung erfolgt somit wie im Zweipersonenverhältnis. Ein Gläubiger­ wechsel findet erst zu einem späteren Zeitpunkt, aber noch vor Ende der Lauf­ zeit statt.

Für die späteren Rechtsverhältnisse an der Forderung aus dem Sparkassen­ brief kommt es dabei (anders als bei Sparbüchern) in keiner Weise auf die Besitzverhältnisse an der Urkunde an.46 Die bloße Vorlage der Urkunde durch einen Dritten berechtigt und verpflichtet die Sparkasse noch zu keiner befrei­ enden Leistung. Anders als beim Sparbuch,47 das als qualifiziertes Legitimati­ onspapier gemäß § 808 BGB ausgestattet ist,48 kann die Sparkasse immer nur an den Berechtigten aus dem Sparkassenbrief mit befreiender Wirkung aus­ zahlen. Wird ausdrücklich mit der Sparkasse vereinbart, den Sparkassenbrief einem Dritten zuzuwenden,49 schließt dies nach Vollzug des Gläubigerwech­ sels sogar die Möglichkeit der befreienden Leistung an den nicht mehr berech­ tigten, aber noch das Papier innehabenden Ersterwerber aus, da sich die Spar­ kasse bei der Leistung nicht mehr auf die in § 407 Abs. 1 BGB geforderte Gut­ gläubigkeit berufen kann. Da die Inhaberschaft der Urkunde keine Vermutungswirkung zugunsten der Berechtigung begründet, kann sich das Augenmerk allein auf die schuldrecht­ lichen Vorgänge bezüglich der Sparkassenbrie^örderwng richten.50 Für die rechtliche Qualifizierung bei der späteren Verfügung zugunsten eines Dritten

46 Zustimmend Hadding WuB I C 2.-2.86 in Anmerkung zu BGH, Urteil vom 16.4.1986 (IVa ZR 198/84, Frankfurt) = WM 1986, S.786, der auch bei Sparkonten dem Besitz am Sparbuch nur dann eine gewisse Indizwirkung zugesteht, wenn die Ab­ tretung des Guthabens nicht nachgewiesen werden kann. 47 Vortmann EWiR § 276 BGB 5/94, S.641 Anmerkung zu OLG Celle (Urteil vom 16.2.1994, 3 U 84/93) = WM 1994, S.1069. 48 Zur Bedeutung des Besitzes am Sparbuch, der in der Indizwirkung im Rang noch vor der Bezeichnung der Kontoinhaberschaft rangiert, für den Schluß auf die Berechti­ gung aus dem Konto vgl. Canaris, Bankvertragsrecht3 Rz.156 ff; zur Legitimations­ wirkung des Sparbuchs: Pflug, ZHR 140 (1976), S.175 ff. 49 Vgl. Vordruck Nr. 155 456 „Verfügung zugunsten Dritter mit sofortigem Gläubi­ gerwechsel“ des Deutschen Sparkassenverlags im Anhang IL 50 Zotz EWiR § 328 BGB 1/87, S.547 und Welter in WuB I C 2. - 11.87 jeweils in der Anmerkung zu OLG Hamm (Beschluß vom 13.10.1986, 1 IW 2/86) = WM 1987, S.1128; Vortmann EWiR § 276 BGB 5/94, S.641 Anmerkung zu OLG Celle (Urteil vom 16.2.1994, 3 U 84/93) = WM 1994, S.1069.

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ist es deshalb auch unerheblich, ob eine effektive Urkunde über die Sparkas­ senbriefforderung ausgestellt oder diese im Wege der „Stundungsmethode" be­ gründet wurde.

Auch wenn die Urkundeninhaberschaft an sich für die materielle Berechti­ gung aus dem Sparkassenbrief ohne Bedeutung ist, darf nicht übersehen wer­ den, daß der Dritte wie jeder Zessionar beim Einfordern der Erfüllungsleistung aufgrund des Präsentationserfordernisses zur Vorlage der Urkunde verpflichtet ist. Aus diesem Grund muß der Dritte dafür Sorge tragen, daß er die Urkunde, wenn auch erst zu einem späteren Zeitpunkt51 übergeben erhält.

Konstruktive Schwierigkeiten bei Anlageformen zugunsten Dritter entste­ hen dadurch, daß der regelmäßig unentgeltlich Zuwendende in der Praxis aus bestimmten (irrationalen, aber von den Kreditinstituten zu akzeptierenden) Gründen häufig davor zurückschreckt, die erforderlichen vertraglichen Ver­ einbarungen mit dem begünstigten Dritten selbst abzuschließen. Vielmehr möchte er alle Abreden mit der Sparkasse als Schuldnerin der Sparkassen­ briefforderung treffen und dabei im Falle seines Vorversterbens einen vor nachträglichen Widerrufen seiner Erben sicheren Rechtserwerb des Dritten ge­ währleisten. Ist ein sofortiger Rechtserwerb des Dritten bei Abschluß des Kaufvertrags über den Sparkassenbrief noch nicht beabsichtigt, ergeben sich folgende Ge­ staltungsmöglichkeiten :

1. Spätere Verfügung zugunsten eines Dritten mit unmittelbarem Gläub igerwechsel

In Betracht kommt eine Verfügung zugunsten eines Dritten mit unmittelba­ rem Gläubigerwechsel. Dabei handelt es sich um den (einfachen) Fall der späteren Übertragung eines dem Ersterwerber bereits zustehenden Forderungs­ rechts auf den Dritten mit sofortiger Wirkung. Im Verhältnis zwischen Erst­ erwerber und Drittem liegt an sich eine Abtretung des Forderungsrechts aus dem Sparkassenbrief vor. Wie jedoch bereits angedeutet, erfolgt in der Praxis die Vereinbarung zugunsten eines Dritten mit sofortigem Gläubigerwechsel52 nicht im Verhältnis Gläubiger/Dritter, sondern zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner aus dem Sparkassenbrief. Zu dieser atypischen Konstellation

51 Z.B. bei Ablauf der Befristung oder Eintritt der Bedingung.

52 Vgl. dazu Vordruck Nr. 155 456 des Deutschen Sparkassenverlags im Anhang IL

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

kommt es, weil der Gläubiger häufig ein Interesse daran hat, daß der Dritte von dem Gläubigerwechsel noch nicht sogleich erfährt,53 andernfalls wäre der Umweg über die Vereinbarung mit der Sparkasse nicht erforderlich und eine einfache Abtretungsvereinbarung mit dem Dritten zweckmäßiger. Durch bloße Vereinbarung des Gläubigers mit dem Schuldner über einen Wechsel in der Gläubigerstellung kann jedoch der Dritte nicht mit dinglicher Wirkung Inhaber der Sparkassenbriefforderung werden.54 Anders als bei schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäften, bei denen durch einen Vertrag zugunsten Dritter der Grundsatz der Privatautonomie insoweit eingeschränkt wird, als auch ohne Willen des Dritten ein Forderungsrecht zu seinen Gunsten entstehen kann, ist bei Verfügungen wie der Abtretung die Anwendung des § 328 Abs. 1 BGB ausgeschlossen.55 Zur Begründung der Gläubigerstellung aus dem Sparkassenbriefbedarf es deshalb gemäß § 398 Satz 1 BGB eines Vertrags des Gläubigers mit dem Dritten,56 Auch ginge es zu weit, in der Ver­ einbarung des Gläubigers mit der Sparkasse eine Neubegründung der Ver­ pflichtung mit gleichzeitigem Erlaß der alten Forderung zu sehen, wie dies vielfach zur Umgehung der Problematik von Verfügungen zugunsten Dritter vorgeschlagen wird.57 Aus der Formularpraxis geht eindeutig hervor, daß die Sparkasse selbst vom Fortbestehen der ursprünglichen Sparkassenbriefforderung ausgeht.58

53 Zu dieser im Geschäftsverkehr bei der Drittanlage äußerst verbreiteten „Geheim­ niskrämerei“, die zu einem enormen Aufwand der Kautelarjurisprudenz bei der Ver­ tragsgestaltung geführt hat, Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz.3.211 ff. 54 Zustimmend Harder in WuB IV A. § 826 BGB 1.93 = Anmerkung zu BGH Urteil vom 9.7.1992 (XII ZR 156/90). 55 Soergel-Hadding § 328 Rz.l 15; Palandt-Heinrichs Einführung vor § 328 Rz.8; BGHZ 41, S.95 (96) (ständige Rechtsprechung); zur Gegenmeinung vgl. die Nachwei­ se bei Soergel-Hadding Rz.108 Fn.9.

56 Harder WuB IV A. § 826 BGB 1.93 Anmerkung zu BGH (Urteil vom 9.7.1992; XII ZR 156/90) = WM 1992, S.l987. 57 Palandt-Heinrichs Einführung vor § 328 Rz.8; MünchKomm-Gottwald § 328 Rz.l50; Soergel-Hadding § 328 Rz.108 mit weiteren Nachweisen. 58 Der Vordruck Nr. 155 456 des Deutschen Sparkassenverlags im Anhang II spricht von einem Übergang aller Rechte aus dem Vertragsverhältnis auf den neuen Gläubiger und stellt dabei sogar klar heraus, daß eine Leistungspflicht nur in dem Umfang beste­ he, wie die Schuldnerin auch gegenüber dem früheren Gläubiger leistungspflichtig ge­ wesen sei.

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Auch die Annahme eines ermächtigenden Vertrags zugunsten Dritter, in dem sich der Schuldner nur dem Gläubiger verpflichtet, die Erfüllungsleistung nun gegenüber dem Dritten zu erbringen, ist mit dem Wortlaut der vertragli­ chen Abrede nicht vereinbar: Die Formularpraxis bedient sich der Formulie­ rung, „alle Rechte...gehen mit sofortiger Wirkung auf...(den Begünstig­ ten). ..über. Die...Rechte können von diesem ...in dem Maß geltend gemacht werden, wie sie dem Gläubiger ...zustanden.“5’ Dies weist eindeutig darauf hin, daß nicht nur eine Verpflichtungserklärung der Sparkasse gegenüber dem bisherigen Gläubiger abgegeben wird, sondern, daß der Dritte ein eigenes For­ derungsrecht, nämlich das Recht aus dem Sparkassenbrief erwerben soll. Aufgrund der Unzulässigkeit von Verfügungen zugunsten Dritter wird die­ ses Ergebnis aber durch schlichte Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner nicht erreicht. Der eigentliche Gläubigerwechsel vollzieht sich mit­ hin erst, wenn der Dritte sich mit der Rechtsübertragung in irgendeiner Weise einverstanden erklärt hat.60 Die „Verfügungsvereinbarung“ zwischen Gläubi­ ger und Schuldner aus dem Sparkassenbrief dokumentiert lediglich das Ange­ bot des Gläubigers an den Begünstigten. Wird die Vereinbarung nicht in Ge­ genwart des Begünstigten getroffen, verpflichtet sich deshalb der Gläubiger regelmäßig gegenüber der Sparkasse, für die Annahme des Abtretungsangebo­ tes zu sorgen.61 Lehnt dieser das Angebot ab, erlischt gemäß § 146 BGB der Antrag auf Abtretung, und die „Verfügung zugunsten des Dritten“ ist hinfäl­ ligIndem darin allein das Angebot des Gläubigers auf Abtretung der Sparkas­ senbriefforderung festgehalten wird, hat die formularmäßige „Verfugungsvereinbarung“ lediglich klarstellende Funktion, um der Sparkasse die spätere Erfiillungsleistung zu erleichtern und Gefahren der Leistung an einen Nichtbe­ rechtigten zu vermeiden.62 Für den Zessionar beweist diese schriftliche Nieder­ 39 Vgl. den Vordruck Nr. 155 456 des Deutschen Sparkassenverlags im Anhang II. 60 Dies kann durch sofortige Vereinbarung auf dem Vordruck, aber auch durch spä­ tere Übereinkunft zwischen Gläubiger und Drittem erfolgen. Die Bezeichnung im Vor­ druck Nr. 155 456 des Deutschen Sparkassenverlags im Anhang II ist deshalb insofern mißverständlich, als dort von der bloßen Information des Dritten die Rede ist.

61 Vgl. Ziffer 3 des Vordrucks Nr. 155 456 des Deutschen Sparkassenverlags im/h/hang II 62 Als dinglicher Nebeneffekt wird jedoch häufig die an den Dritten übertragene Sparkassenbriefforderung aus der Verhaftung des AGB-Pfandrechts der Sparkasse für zukünftige, d.h. zum Zeitpunkt der Übertragung noch nicht begründete Verbindlichkei­ ten des Gläubigers befreit werden. Zwar kann der Dritte die Sparkassenbriefforderung

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

legung der Abtretung den Rechtsübergang sowohl gegenüber dem Zedenten als auch gegenüber der Sparkasse, die auch dann nicht mehr befreiend an den Zedenten leisten kann, wenn dieser den Brief vorlegen sollte.63 Ein Vertrag zugunsten oder gar zu Rechten Dritter ist in der Vereinbarung also nicht zu sehen.

2. Verfügung zugunsten eines Dritten mit zeitlich verzögertem Gläubigerwechsel

Eine Begünstigung des Dritten derart, daß dieser erst mit dem Ablauf einer gewissen Zeitspanne oder nach Eintritt einer bestimmten Bedingung die Gläubigerstellung aus dem Sparkassenbrief erlangen soll, unterscheidet sich konstruktiv von der unter 1. untersuchten Konstellation nur durch die Auf­ nahme einer Befristung oder Bedingung in die Vertragsgestaltung. Die der Sparkasse gegenüber abgegebene Erklärung, die Sparkassenbriefforderung erst nach Eintritt eines bestimmten Ereignisses dem Dritten zuzuwenden, fuhrt nach dessen Eintritt ebensowenig zum Erwerb der Sparkassenbriefforderung durch den Dritten wie bei einer Verfügung mit sofortiger Wirkung. Notwendi­ ges zusätzliches Tatbestandsmerkmal für den Gläubigerwechsel ist gemäß § 398 Satz 1 BGB wieder das erklärte Einverständnis des Dritten mit der Ab­ tretung. Die Vereinbarung mit der Sparkasse hat wiederum allenfalls deklara­ torische Bedeutung, nämlich dann, wenn der Gläubiger mit dem Dritten unter denselben Bedingungen einen Abtretungsvertrag schließt. Auch die Vereinba­ rung der Unwiderruflichkeit der Bedingung mit der Sparkasse ist für den Gläubiger gegenüber dem zukünftigen Zessionar nicht bindend. Entschließt sich der Gläubiger zum Beispiel, dem Dritten den Sparkassenbrief sofort (vor Eintritt der Bedingung) abzutreten, ist er durch die Vereinbarung mit der

nur mit den Belastungen erwerben, die zur Zeit der Übertragung bestehen, doch ist die Sparkasse dann aus Nr. 22 ihrer AGB zur Freigabe verpflichtet, wenn zur Zeit der Übertragung keine zu sichernden Forderungen gegen den Gläubiger bestehen und auch in absehbarer Zukunft keine Ansprüche zu erwarten sind. Um eine sittenwidrige Über­ sicherung in diesen Fällen zu vermeiden, wird sie deshalb regelmäßig entscheiden, ob sie auf der Beibehaltung des Pfandrechts besteht oder die Forderung freigibt. Vgl. dazu auch den Bearbeitungsvermerk an der Unterkante des Vordrucks Nr. 155 456 des Deut­ schen Sparkassenverlags im Anhang II. 63 Eine Beurkundung der Abtretung gemäß § 403 BGB wird dadurch entbehrlich. Gleichwohl sollte aus Gründen der Rechtssicherheit die Urkunde über die Vereinba­ rung vernichtet werden, wenn der Dritte die Abtretung ablehnt.

§ 18 Anlage zugunsten oder auf den Namen eines Dritten

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Sparkasse daran nicht gehindert, bleibt er doch bis zum Übergang der Forde­ rung uneingeschränkt verfügungsberechtigt.

Etwas anderes gilt wiederum, wenn der Gläubiger mit dem Dritten einen bedingten Abtretungsvertrag mit gleichlautendem Inhalt geschlossen hat. Zwar erfolgt der Rechtserwerb des Dritten auch dann erst mit Eintritt der Be­ dingung und der Zedent bleibt bis zu diesem Zeitpunkt verfügungsberechtigt.64 Jedoch genießt der Dritte in diesem Fall den Schutz der §§ 161-163 BGB vor rechtsbeeinträchtigenden Zwischenverfügungen des Zedenten.65 Vereinbart der Zedent mit dem Zessionar der bedingten Übertragung einen Widerrufsvorbe­ halt bezüglich der Bedingung, kann er aber durch Ausübung dieses Widerrufs­ rechts die Rechtsbindung einseitig lösen.66

Eine solche Bedingung kann auch komplex ausgestaltet werden. Insbeson­ dere kann sie durch die Vereinbarung der Hinfälligkeit der Verfügung bei Versterben des Zessionars vor Bedingungseintritt oder durch eine Ersatzbe­ stimmung für diesen Fall erweitert werden.67 Nicht den Normen für bedingte Rechtsgeschäfte auf den Todesfall unterlie­ gen Zusatzvereinbarungen, die eine Zuwendung auf den Todesfall nicht ex­ plizit bezwecken, sondern lediglich die Eventualität berücksichtigen, daß der Gläubiger den Eintritt der Bedingung nicht erleben sollte, der Dritte aber noch nicht über die Zuwendung informiert ist. Anders als bei der Anlage zugunsten Dritter auf den Todesfall will sich der Gläubiger nicht erst mit seinem Tode der Verfügungsmacht begeben, vielmehr hat er lediglich den Dritten von sei­

64 MünchKomm-Westermann § 158 Rz.38.

65 Aus diesem Grund wird in der Formularpraxis regelmäßig eine Klausel in die Vereinbarung mit der Sparkasse aufgenommen, die dem Gläubiger ein Recht auf ge­ genüber dem Dritten wirksame ZwischenVerfügungen erhält. Vgl. Vordruck Nr. 155 455 des Deutschen Sparkassenverlags im Anhang II. Auch diese Abrede bedarf zu ih­ rer Wirksamkeit im Verhältnis Gläubiger/Dritter jedoch der einverständlichen Einbe­ ziehung in den Abtretungsvertrag. Wird jedoch unter Klausel 5.2. des Vordrucks diese Verfügungsmöglichkeit ausdrücklich aufrechterhalten, so ist die unter Klausel 4. ver­ einbarte Unwiderruflichkeit der Abrede (auch gegenüber dem Dritten) zumindest wirt­ schaftlich gesehen sinnlos, da der Gläubiger dann dem Dritten sein Recht jederzeit noch durch anderweitige Verfügung entziehen kann. 66 MünchKomm-Westermann § 158 Rz.39.

67 Vgl. Klausel 3 des Vordrucks Nr. 155 455 des Deutschen Sparkassenverlags im Anhang II. Besonderen Regeln folgt jedoch eine Vereinbarung, die den Rechtserwerb von einer Überlebensbedingung abhängig macht und an den Todeszeitpunkt des Ver­ äußerers knüpft; vgl. dazu sogleich unter 3.

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

ner zu Lebzeiten erfolgten und nicht auf den Todesfall befristeten Verfugungsofferte noch nicht in Kenntnis gesetzt. Für diesen Fall wird häufig der Sparkasse der Auftrag erteilt, die niedergelegten Willenserklärungen des Gläubigers bei Bekanntwerden von dessen Tod, dem Dritten zu übermitteln. Der gemäß § 672 BGB über den Tod des Auftraggebers fortbestehende Auf­ trag an die Sparkasse, den bis dahin uninformierten Begünstigten das Angebot auf Abtretung und regelmäßig auf schenkweise Zuwendung der Sparkassen­ briefforderung68 als Bote zu überbringen, enthält seinerseits einen Vertrag zu Rechten Dritter, da dem Dritten ein eigenes Forderungsrecht auf Tätigwerden der Sparkasse nach dem Ableben des Gläubigers verschafft werden soll.69 Weil die Angebote auf Abtretung und schenkweise Zuwendung gemäß § 130 Abs. 2 BGB durch den Tod des Antragenden nicht erlöschen, kann der Begünstigte diese auch danach noch annehmen und die Forderung erwerben (§ 153 BGB).70 Bis zum Zugang der Willenserklärungen steht jedoch den Er­ ben das Recht zu, die Angebote (§ 130 Abs. 1 Satz 2 BGB) oder den Auftrag (§ 671 Abs. 1 BGB) zu widerrufen. Auch wenn der Veräußerer bezüglich des Auftrags eine Unwiderruflichkeitserklärung gegenüber der Sparkasse abgege­ ben hatte, kann durch die Erben zwar die Auftragserfüllung nicht verhindert, wohl aber den Willenserklärungen des Gläubigers ihre Wirksamkeit entzogen werden, weil diese wegen § 130 Abs. 2 BGB grundsätzlich vor Zugang noch widerrufen werden können.71 Soll auch ein solcher Widerruf verhindert wer­ den, muß auf das Widerrufsrecht aus § 130 Abs. 2 BGB ausdrücklich verzich­ tet werden.72 Ein solcher Verzicht hat gegenüber dem Erben mehr als nur schuldrechtliche Verpflichtungswirkung. Eine bloße Pflicht zum Unterlassen des Widerrufs des Schenkungsangebots gegenüber der Sparkasse könnte dage­ gen einen gleichwohl erfolgenden Widerruf durch die Erben nicht verhindern,

68 Beide Willenserklärungen können und werden regelmäßig unter derselben Bedin­ gung abgegeben werden, wie für den Fall, daß der Veräußerer den Bedingungseintritt erlebt. 69 Muscheler, WM 1994, S.923; unterläßt die Sparkasse eine sofortige Information des Dritten und gelingt es den Erben, die jeweiligen Angebote zu widerrufen, so kann der Dritte Schadensersatz wegen Nichterfüllung geltend machen. 70 Ritter, S.102f.

71 Ausführlich zu diesem Widerrufsrecht Muscheler, WM 1994, S.921 (923 ft'.). 72 Zur Zulässigkeit der Vereinbarung eines Verzichtes auf das Recht aus § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB, der nach überwiegender Ansicht dispositives Recht darstellt, Küm­ pel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz.3.222 m.w.Nw. und ders. WM 1993, S.825; BGH WM 1976, S.l 130.

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sondern würde diese allenfalls zum Schadensersatz verpflichten. Durch den Verzicht erlischt das Widerrufsrecht entgültig auch mit dinglicher Wirkung gegenüber den Erben.73,74

3. Sonderfall: Verfügung zugunsten eines Dritten auf den Todesfall Grundsätzlich ist die Verfügung zugunsten eines Dritten auf den Todesfall lediglich ein besonderer Anwendungsfall der befristeten Abtretung im Sinne von II 2. Der Rechtsübergang ist auf den Todeszeitpunkt des Gläubigers befri­ stet.75 Darüberhinaus wird diese Befristung regelmäßig mit der Bedingung des Überlebens des Begünstigten kombiniert.76 Lediglich das Ineinandergreifen

73 A.A. OLG Celle (22. Zivilsenat), Urteil vom 22.12.1992 (22 U 298/91) = WM 1993, S.591 und Muscheler, WM 1994, S.937 f. Wie hier Hadding in WuB I C 2. - 2.93 in der Anmerkung zum vorgenannten Urteil des OLG Celle, der ein selbstverpflichtendes, einseitiges Rechtsgeschäft durch nicht­ empfangsbedürftige Willenserklärung des Verfügenden annimmt. Interessanterweise wurde derselbe Sachverhalt vom 3. Zivilsenat des OLG Celle erneut aber mit genau dem gegenteiligen Ergebnis, nämlich im Sinne der hier geäußerten Meinung, entschie­ den (vgl. OLG Celle, Urteil vom 20.12.1995 (3 U 275/94); WM 1996, S.851 = WuB I C 2. Sparkonto 3.96). 74 Die Gegenansicht wnMuscheler, WM 1994, S.934 ff., der die Möglichkeit eines solchen einseitigen Verzichts ohne vertragliche Miteinbeziehung des Dritten deshalb verneint, weil darin ein gesetzlich nicht vorgesehener verfügender Vertrag zugunsten Dritter liege, überzeugt nicht. Unabhängig von der Frage, ob die Widerrufsmöglichkeit des § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB ein Recht darstellt, dessen einseitige Aufgabe als rechtsändemde Verfügung angesehen werden kann, bleibt bei Muscheler und auch im Urteil des OLG Celle, Urteil vom 22.12.1992 (22 U 298/91) = WM 1993, S.591 offen, worin die direkte Drittbegünstigung in Form eines rechtlichen Vorteils gemäß § 328 BGB zu erblicken ist. Zwar wird der Dritte durch den Ausschluß der Widerrufsmöglichkeit der Erben mittelbar wirtschaftlich besser gestellt, doch kann dies für die Annahme eines verfügenden Vertrags zugunsten des Dritten nicht ausreichen. 75 Wegen der Sicherheit des eintretenden Ereignisses trotz Unvorhersehbarkeit des Zeitpunktes liegt eine Befristung und keine Bedingung vor; MünchKomm-Westermann3 § 158RZ.8. 76 Erfolgt keine eindeutige Regelung für den Fall des Nichteintritts dieser Bedin­ gung, so soll im Zweifel davon ausgegangen werden können, daß nicht die Erben des Dritten ersatzbegünstigt sein sollen, sondern es dem Willen des Gläubigers entspreche, daß das Recht auf Leistung in seinem Vermögen verbleibt. Hammen in WuB IV A. § 331 BGB 2.93 Anmerkung zu BGH Urteil vom 12.5.1993 (IV ZR 227/92, Hamm) = WM 1993, S.1276.

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

von schuld- und erbrechtlichen Regeln verlangt eine gesonderte Behandlung. Wesentlich für das Verständnis der Rechtsbeziehungen ist die Interessenlage, die zu einer Drittbegünstigung für den Fall des Todes des Gläubigers führt. Der Gläubiger möchte den Dritten erst zum Zeitpunkt seines Todes außerhalb des Erbgangs und ohne Einhaltung der testamentarischen Formvorschriften derart begünstigen, daß die Erben keine Möglichkeit besitzen, diesem den Ge­ genstand der Zuwendung wieder zu entziehen. Häufig tritt das Anliegen des Gläubigers hinzu, den Dritten vor seinem Tod von der Begünstigung nicht informieren zu wollen. Zum Verhältnis von erbrechtlichen Regeln und schuldrechtlichem Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall existiert mittlerweile eine kaum noch überschaubare Meinungsvielfalt. Die möglichen vertraglichen Konstruktionen erschöpfend darzulegen,77 würde den Rahmen dieser Untersuchung sprengen.78 Die Vielzahl der Beiträge allein zu diesem engen Thema macht eine grund­ sätzliche Behandlung der Problematik entbehrlich. Es kann an dieser Stelle deshalb nur darum gehen, die Besonderheiten hervorzuheben, die sich erge­ ben, wenn Gegenstand der in vielen Bereichen des Rechtsverkehrs üblichen Drittbegünstigung auf den Todesfall eine Namensschuldverschreibung des Kapitalmarkts ist.

Akzeptiert man die Zulässigkeit einer Drittbegünstigung auf den Todesfall, die nicht erbrechtlichen Formvorschriften unterliegt,79 so erfolgt die Zuwen­ dung der Sparkassenbriefforderung wie die einer jeden anderen unverbrieften Forderung. In ständiger Rechtsprechung erkennt dabei der BGH die Wirksam­ keit der folgenden Vertragskonstruktion an: Durch Vertrag zugunsten Dritter gemäß §§ 328, 331 BGB kann ohne Einhaltung der für Schenkungen von To­ des wegen geltenden Formvorschriften des § 2301 Abs. 1 BGB einem Dritten auch dann ein schuldrechtlicher Anspruch zugewendet werden, wenn es sich im Valutaverhältnis um eine schenkweise Zuwendung handelt und der Erwerb des Anspruchs erst mit dem Tod des Versprechensempfängers und unter der Bedingung des Überlebens des Dritten erfolgen soll. Mit dem Tod des Ver77 Ein Überblick über denkbare vertragliche Konstruktionen findet sich bei Musche­ ler, WM 1994, S.921 ff. und Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz.3.181-3.229.

78 Verwiesen sei dazu nur auf die Vielzahl der Dissertationen und Monographien allein zu diesem engen Themenbereich. Nachweise der Dissertationen bei Harder, Zuwendungen unter Lebenden auf den Todesfall. Zum sonstigen Schrifttum vgl. auch Soergel-Hadding § 331 vor Rz.l. 79 So in ständiger Rechtsprechung der BGH; zur umfangreichen Judikatur vgl. die Nachweise bei Muscheler WM 1994, S.921 Fn.1-3.

§ 18 Anlage zugunsten oder auf den Namen eines Dritten

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Sprechensempfängers erwirbt der Dritte einen eigenen Anspruch gegen den Versprechenden. Weder die Forderung noch das zu ihrer Erfüllung Geleistete fallen in den Nachlaß des Versprechensempfängers.80 Jedoch bedarf es für den Dritten, um nicht der Kondiktion der Erben ausgesetzt zu sein, eines Rechts­ grunds zum Behaltendürfen im Valutaverhältnis. Weil regelmäßig Unentgelt­ lichkeit der Zuwendung gewollt ist, muß als causa für einen endgültigen Rechtserwerb des Dritten ein Schenkungsvertrag mit dem Versprechensemp­ fänger geschlossen werden. Für den Fall des Todes wird die Sparkasse mit der Übermittlung der Schenkungsofferte81 und, sofern keine originäre Drittbe­ günstigung vorgenommen, sondern erst später eine Begünstigung auf den To­ desfall installiert wird, mit der Überbringung des Angebots auf Abtretung des vorher dem Versprechensempfänger zustehenden Zahlungsanspruchs aus dem Sparkassenbrief 2 beauftragt. Nimmt der Dritte an,83 bevor die Erben die Wil­ lenserklärungen widerrufen haben, wird der Dritte kondiktionsfest Gläubiger der Sparkassenbriefforderung. Nach Ansicht der Rechtsprechung greift bei dieser Konstellation weder im Deckungs- noch im Valutaverhältnis § 2301 Abs. 1 BGB ein, weil dieser Norm § 331 BGB als lex spezialis vorgeht und deshalb die Zuwendung wie eine Schenkung unter Lebenden lediglich den Re­ geln des Schuldrechts unterliegt.84 Unklar erscheint jedoch, welchen Anspruch genau der Dritte durch die Drittbegünstigung erwirbt. Bei einem Sparkassenbrief gestaltet sich nämlich der Erwerb des zugewendeten Forderungsrechts gegen die Sparkasse auf Zah­ lung aus dem Sparkassenbrief konstruktiv wesentlich schwieriger als das Zu­ standekommen des Schenkungsvertrags im Valutaverhältnis. Berücksichtigt man, daß dem Erwerb des Sparkassenbriefs ein Rechtskaufvertrag zugrunde­ liegt, der bei originärem Rechtserwerb des Dritten durch Eingehung eines ab­ strakten Schuldversprechens mit dem Dritten erfüllt wird, ist nach der hier 80 Muscheler, WM 1994, S.921.

81 Diese kann regelmäßig in der Information des Dritten von der Begünstigung ge­ sehen werden; Reiser Anmerkung zu OLG Hamm Urteil vom 14.12.1988 (31 U 169/87) = WM 1989, S.562 in WuB I C 2. - 2.89. 82 Eine direkte Drittbegünstigung derart, daß mit dem Tode das Recht des Gläubi­ gers ohne dessen Zutun direkt auf den Dritten übergeht, ist als Verfügung zugunsten Dritter unwirksam. 83 Eine Annahmeerklärung kann regelmäßig dann vorausgesetzt werden, wenn der Dritte gegenüber der Sparkasse seine Berechtigung erklärt; OLG Hamm, WM 1989, S.562. 84 Vgl. die Nachweise der Judikatur bei Muscheler WM 1994, S.921. 19 Seitz

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

vertretenen Ansicht der Erwerb des Anspruchs aus dem Sparkassenbrief von der Zustimmung des Dritten abhängig, gleichgültig ob dieser Erwerb erst mit dem Tod des Versprechensempfängers oder sofort eintritt. Enthält man dem Dritten jedoch die Kenntnis von seiner Begünstigung bis zu diesem Zeitpunkt vor, erwirbt er zwar aus dem Vertrag zugunsten Dritter im Deckungsverhält­ nis den Anspruch auf die Ausstellung des Sparkassenbriefs, nicht dagegen die Gläubigerstellung der Sparkassenbriefforderung selbst.

Selbst wenn man mit der Gegenmeinung85 noch die Möglichkeit akzeptiert, auch die abstrakte Zahlungspflicht aus dem Sparkassenbrief als schuldrechtli­ che Verpflichtung ohne die Mitwirkung des Dritten originär in dessen Person allein durch Vereinbarung von Versprechensempfänger und Sparkasse entste­ hen zu lassen,86 so ist damit allenfalls die Möglichkeit einer originären Dritt­ begünstigung auf den Todesfall ohne Mitwirkung des Dritten konstruktiv er­ faßt. Diese originäre Drittbegünstigung auf den Todesfall entspricht jedoch re­ gelmäßig nicht der Interessenlage der Beteiligten. Weist nämlich der Dritte die Begünstigung später gemäß § 333 BGB zurück, hat die Sparkasse dem Erwerber ein Papier ausgefertigt, das bis zu seinem Tod eine unbestimmte Zeit lang gar keine Forderung verkörpert hat. Unklar bleibt dann, woher der mit der Anlage bezweckte Zinslauf in der Zwischenzeit seinen Rechtsgrund findet und was bei Nichteintritt der Überlebensbedingung mit dem Vertrag und ins­ besondere dem Kaufpreis geschehen soll. Eine andere Möglichkeit besteht da­ rin, den Sparkassenbrief erst nach Annahme der Gläubigerstellung durch den Dritten auszufertigen, wobei wiederum die Verzinsung des beim Erwerb auf­ gebrachten Kaufpreises nicht erklärbar ist, weil auch die Hauptschuld aus dem Sparkassenbrief erst zu diesem Zeitpunkt entsteht. Oft wird der Entschluß des Gläubigers, dem Dritten eine Begünstigung auf den Todesfall einzuräumen, in der Praxis auch erst während der Laufzeit des Sparkassenbriefs gefaßt werden. Nicht gelöst ist auch die Problematik, die entsteht, wenn die Zuwendung an den Dritten und der Gläubigerwechsel erst zu einem späteren Zeitpunkt, näm­ lich bei Tod des Erwerbers stattfindet. Dem Willen und der Interessenlage des Anlegers entspricht im Regelfall, daß der Versprechensempfänger vorläufig selbst Inhaber des Sparkassenbriefs wird und ein Gläubigerwechsel nur bei Überleben des Dritten vollzogen werden soll, da so die Sparkassenbriefforde-

85 Vgl. statt vieler Staudinger-Kaduk § 328 Rz.67 ff m.w.Nw. 86 Die Einräumung der Gläubigerstellung an dem Sparkassenbrief stellt jedoch strenggenommen eine problematische Verfügung über ein Recht des Dritten dar, da da­ durch ohne seine Mitwirkung sein Anspruch auf die Verschaffung des Papiers erlischt.

§ 18 Anlage zugunsten oder auf den Namen eines Dritten

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rung selbst bei einer späteren Zurückweisung durch den Dritten, zumindest in der Person des Versprechensempfängers entsteht und auch verzinst wird.

Die spätere Zuwendung an den Dritten stellt eine Verfügung über das Recht aus dem Sparkassenbrief dar. Die Sparkassenbriefforderung steht bis zu einer solchen Vereinbarung im Vermögen des Ersterwerbers. Mit dinglicher Wir­ kung unter Lebenden kann sie deshalb aus dessen Vermögen nur durch Abtre­ tung ausscheiden, zu der es eines Vertrags zwischen Zedent und Zessionar be­ darf. Erneut muß an dieser Stelle deshalb betont werden, daß Verfügungen zu­ gunsten Dritter allein durch Vereinbarung zwischen Versprechendem und Versprechensempfänger mit unmittelbar dinglicher Wirkung nicht möglich und zulässig sind.87 Auch die Anwendung des § 331 BGB ändert daran nichts. §331 BGB ist lediglich eine Auslegungsregel, die voraussetzt, daß der Dritte Rechte aus einem Vertrag zu seinen Gunsten im Sinne des § 328 Abs. 1 BGB ableiten kann. Kann jedoch eine Abtretung zugunsten Dritter auch sonst nicht erfolgen, ändert sich an diesem Ergebnis auch dadurch nichts, daß diese Ab­ tretung auf den Todesfall befristet und mit einer Überlebensbedingung verse­ hen ist.88 Für die Möglichkeit, dem Dritten den Zahlungsanspruch aus dem Sparkassenbrief ohne seine Mitwirkung zu verschaffen, kommt es deshalb, auch wenn der überwiegenden Ansicht gefolgt wird, entscheidend darauf an, ob dieser originär aus dem Brief berechtigt sein oder das Recht vom Verspre­ chensempfänger abgeleitet erwerben soll. Bei einem abgeleiteten Rechtserwerb auf den Todesfall muß nicht nur Schenkungsvertrag als schuldrechtliches Kausalgeschäft mit Hilfe des Kredit­ instituts als Übermittler der Willenserklärungen des Erblassers geschlossen werden. Auch der dingliche Abtretungsvertrag über die Forderung aus dem Sparkassenbrief kommt erst zustande, wenn der Dritte die Abtretungsofferte annimmt, was auch noch nach dem Tod des Versprechensempfängers erfolgen

87 Soergel-Hadding § 328 Rz.108 und 115 ff; LAG Düsseldorf BB 1958, S.1169. 88 Verwunderlich ist deshalb die Rechtsprechung des BGH, die einerseits „ehern“ an der Unzulässigkeit von Verfügungen zugunsten Dritter festhält (vgl. nur RGZ 66, S.126; BGHZ 41, S.95 f.; deutlich auch LAG Düsseldorf BB 1958, S.1169), anderer­ seits in ihren Entscheidungen zu Verträgen zugunsten Dritter auf den Todesfall solche Verfügungen stillschweigend voraussetzt (laut Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz.3.217, ist der „spätere Erwerb des Kontoguthabens durch den Begünstigten im Verhältnis zur kontoführenden Bank unproblematisch. Hierzu bestimmt § 331 BGB, daß der Begünstigte mit dem Tod des Bankkunden das Recht aus diesem Guthaben er­ wirbt. ") und lediglich den sie tragenden Rechtsgrund problematisiert; vgl. zum Bei­ spiel BGHZ 46, S.l98 ff; BGHZ 66, S.8 ff. 19*

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

kann. Zur Übermittlung dieser Willenserklärung kann die Sparkasse in glei­ cher Weise beauftragt werden wie zur Überbringung des Schenkungsangebots. Die Verschaffung der Urkunde ist für den Rechtserwerb nicht erforderlich. Ist der Dritte aber Inhaber der Urkunde, kann dies ein starkes Indiz gegenüber dem, einen Widerruf aussprechenden Erben dafür sein, daß er die Angebote des Gläubigers auf Rechtsübertragung und unentgeltliche Zuwendung bereits angenommen hatte.89

Befindet sich die Sparkassenbriefurkunde in Verwahrung der Sparkasse oder fehlt es ganz an einer Verbriefüng, ergibt sich nichts anderes. Da es bei Namensschuldverschreibungen für die Rechtsverhältnisse an der Forderung nicht auf das Eigentum am Papier ankommt, ist eine vertragliche Konstrukti­ on, durch die dem Begünstigten das Eigentum an der Urkunde rechtsgeschäft­ lich verschafft wird, entbehrlich. Deshalb bedarf es selbst dann, wenn ein Sparkassenbrief vom Kreditinstitut verwahrt wird, keiner treuhänderischen Übereignung der Sparkassenbriefurkunde. Bei im Depot verwahrten Inhaber­ papieren ist die Verschaffüng von Miteigentum nämlich allein deshalb üb­ lich,90 um einen schuldrechtlichen Rückübereignungsanspruch zu erzeugen, der dann zwecks Eigentumsverschaffüng an der Urkunde an den Dritten im Wege einer vertraglichen Drittbegünstigung abgetreten werden kann. Da bei Sparkassenbriefen die Übertragung der schuldrechtlichen Zahlungspflicht im Vordergrund steht, bedarf es einer solchen Konstruktion nicht. Mit dem An­ spruchserwerb wird der Dritte nach § 952 BGB kraft Gesetzes Eigentümer der Sparkassenbriefürkunde91 und kann diese zwecks Vorlage bei der Geltendma­ chung von jedermann vindizieren.

39 Ritter, S.103.

90 Kümpel, WM 1977, S.1188; ständige Rechtsprechung vgl. nur BGHZ 41, S.95 (96).

91 Harder in WuB IV A. § 826 BGB 1.93 Anmerkung zu BGH Urteil vom 9.7.1992 (Xft ZR 156/90) = WM 1992, S. 1987; Denzer WuB IC2. - 2.91 in Anmerkung zu OLG Hamm Urteil vom 28.11.1990 (31 U 161/90) = WM 1991, S.984.

§ 19 Gläubigermehrheiten an Sparkassenbriefen Ebenso wie bei den Kontoverträgen über Spar- und Sichteinlagen besteht auch bei wertpapierrechtlich ausgestalteten Sparformen ein praktisches Inter­ esse daran, die Gläubigerstellung an dem verbrieften Recht mehreren Personen einzuräumen. Da die Begründung einer Forderung für eine Gläubigermehrheit gesetzlich vorgesehen ist und in Rektapapieren grundsätzlich jedes Forde­ rungsrecht verbrieft werden kann, ist die Ausstellung einer Namensschuldver­ schreibung auf den Namen mehrerer Gläubiger zulässig.1 Aufgrund der rechtsformspezifischen Eigenart der Rektapapiere, ihren Gläubiger im Text der Urkunde namentlich zu benennen, muß jedoch die Gestaltung der Rechts­ beziehung zwischen der Sparkasse und den Gläubigern und damit auch die Art der Gläubigerschaft eindeutig aus dem Papier hervorgehen.

Nach den allgemeinen Vorschriften des BGB über Gläubigermehrheiten sind bei der konkreten vertraglichen Ausgestaltung zwar die verschiedenar­ tigsten Gestaltungsformen möglich (Gesamtgläubiger, Mitgläubigerschaft in Form der Gesamthandsgläubigerschaft, Aufgliederung der Gläubigerstellung in Teilforderungen etc.), in der bankvertraglichen Praxis haben sich jedoch zwei standardisierte, fest umrissene Rechtsbeziehungen herauskristallisiert,2 die, von der gesetzlichen Regelungslage ausgehend, einige bankspezifische Besonderheiten aufweisen. Es sind dies die ursprünglich für Konteneinlagen konzipierten Formen des „Oder"- und des „Und“-Kontos, die in der Formular­ praxis auch bei der Ausgabe von Sparkassenbriefen verwandt werden.3

1 Locher, S.25. 2 OLG Köln WM 1990, S.l914.

3 Der „Kaufauftrag Sparkassenbrief4 Vordruck Nr. 168 585 des Deutschen Sparkas­ senverlags enthält für den Fall, daß mehrere Personen Gläubiger der Sparkassenbrief­ forderung werden sollen, zwei Alternativen zur Bestimmung der Gläubigerbeziehung, die zwar die dem Kunden nicht eindeutig verständliche „Und/Oder“-Terminologie nicht ausdrücklich verwenden, die aber exakt die Vereinbarungen für diese Kontenformen enthalten. Dagegen enthält der „Sparbrief-Zeichnungsschein44 der Genossenschaftsbanken Vordruck Nr. 322 354 des DG Verlags den Vermerk, daß mehrere Gläubiger als Ge-

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

I. „Oder“-Konstellation

Die Verwendung des Verbindungswortes „oder“ zwischen mehreren na­ mentlich benannten Gläubigern aus einem Sparkassenbrief signalisiert in der bankvertraglichen Praxis eine Konstellation, bei der unter mehreren Gläubi­ gern jeder berechtigt sein soll, allein über die gesamte Forderung zu verfugen. Nach einhelliger Meinung liegt bei solchen „Oder“- Vereinbarungen grund­ sätzlich Gesamtgläubigerschaft im Sinne von § 428 BGB vor.4 Vom gesetzli­ chen Regelfall der Gesamtgläubigerschaft unterscheidet sich die „Oder“- Kon­ stellation aber auch bei Sparkassenbriefen dadurch, daß die Sparkasse nach Sinn und Zweck der Einzelverfugungsbefugnis nicht nach freiem Belieben an jeden Gläubiger leisten darf, sondern an den Gläubiger leisten muß, der dies unter Vorlage des Sparkassenbriefs als erster von ihr verlangt.5 Durch Lei­ stung an ihn wird sie auch gegenüber den anderen Gläubigern frei (§ 429 Abs. 3 Satz 1 iVm. § 422 Abs. 1 BGB).6 Verletzt die Sparkasse dieses Priori­ tätsprinzip, macht sie sich wegen Erfullungsverweigerung schadensersatz­ pflichtig.

Da jeder Gläubiger ein volles Gläubigerrecht aus dem Sparkassenbrief be­ sitzt, ist er bei der „Oder“-Konstellation berechtigt, unabhängig von den ande­ ren seine Gläubigerstellung auf einen Dritten zu übertragen. Gemäß § 429 Abs. 3 Satz 2 BGB erwirbt der Zessionar die Forderung in der Form, wie sie der Zedent innehatte, die Rechte der anderen Gläubiger bleiben unberührt.7 Daneben ist er befugt, die Einzelverfugungsbefugnis in eine gemeinschaftliche umzuwandeln.8 Die Rechtsstellung der anderen Gläubiger kann er dagegen nicht beinträchtigen. Auch kann er keine Rechtsgeschäfte vornehmen, die den gesamten Vertrag gestalten.9 Tritt ein Gläubiger sein Forderungsrecht ab, ist

samtgläubiger im Sinne von § 428 S.l BGB berechtigt sind. Nach dieser Vereinbarung steht der Bank bei der Erfüllungsleistung ein echtes Wahlrecht zu. 4 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz.3.163 f.; Canaris, Bankvertragsrecht3, Rz.225 m.w.Nw.; BGH WM 1986, S.841 (843) und WM 1990, S.2067 (2068).

5 Wagner ZIP 1985, S.855; OLG Nürnberg NJW 1961, S.510; KG WM 1976, S.66. 6 Wagner ZW 1985, S.855; Canaris, Bankvertragsrecht3, Rz.225; Kümpel, Bankund Kapitalmarktrecht, Rz.3.164.

7 HerhstlLangA Rz.43. 8 Canaris, Bankvertragsrecht3, Rz.226; MünchKomm-K.Schmidt § 741 Rz.49. 9 BGH NJW 1986, S.1861 (1862); BGH WM 1987, S.1038. Zur Zwangsvollstrek­ kung in Gemeinschaftssparkassenbriefe vgl. § 24, Fn.35.

§ 19 Gläubigermehrheiten an Sparkassenbriefen

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der Zessionar in gleicher Weise wie der Zedent befugt, die Forderung insge­ samt geltend zu machen. Dadurch kann zumindest faktisch die Gläubigerstel­ lung der anderen Gläubiger völlig entwertet werden.

II. „Und“-Konstellation

Die Gläubigerstellung kann jedoch auch so ausgestaltet sein, daß nur alle Gläubiger (d.h. Gläubiger 1 und Gläubiger 2) gemeinschaftlich über die For­ derung verfügungsberechtigt sind und die Sparkasse nur an alle gemeinsam befreiend leisten kann. Bei der Bestimmung der Rechtsbeziehungen der Gläu­ biger untereinander und gegenüber Dritten kommt es entscheidend darauf an, ob es sich im Innenverhältnis um eine bloße Bruchteilsgemeinschaft oder um eine Gemeinschaft zur gesamten Hand handelt. Während bei der Bruchteils­ gemeinschaft nach § 741 BGB jeder Gläubiger ohne Mitwirkung der anderen über seinen Bruchteil verfügen kann, ist z.B. infolge der gesamthänderischen Bindung gemäß § 2232 BGB eine solche Verfügung bei der Erbengemein­ schaft nur mit Zustimmung aller Gläubiger möglich.10 Für eine neubegründete Kontobeziehung zur Sparkasse ist jedoch nicht dieses Innenverhältnis, son­ dern allein die Vereinbarung im Kontovertrag von Bedeutung.11

III. Rechtsgeschäftliche Entstehungsvoraussetzungen Für die Begründung von Gläubigermehrheiten über Sparkassenbriefforde­ rungen sind die Willenserklärungen zum Abschluß des zugrundeliegenden Rechtskaufs nicht von Bedeutung, vielmehr kommt es allein auf die Betrach­ tung der Begebung der Sparkassenbriefforderung selbst an. Während Käufer des Sparkassenbriefs auch nur einer der späteren Gläubiger oder gar ein Drit­ ter sein kann, muß die Begebungsabrede die Abgabe eines abstrakten Zah­ lungsversprechens an mehrere Gläubiger vorsehen. Nur wenn diese Bege­ bungsabrede bezüglich aller Gläubiger Wirksamkeit entfaltet, besteht für sie ein Rechtsgrund zum Behaltendürfen des zugewendeten Forderungsrechts.

Um das Forderungsrecht aus dem Sparkassenbrief auf einen weiteren Gläubiger als den Kaufvertragspartner zu erstrecken, bedarf es einer Abgabe des abstrakten Zahlungsversprechens gegenüber beiden Gläubigern und deren 10 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz.3.161.

11 Vgl. Hadding in Handbuch des Bankvertragsrechts § 35 Rz. 16 ff.

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

kumulativer Annahmeerklärungen. Liegt dem Erwerb gar eine Drittbegünsti­ gung zugrunde, so ist nach der hier vertretenen Ansicht die Zustimmung des Dritten zum Erwerb der Gläubigerstellung als Verfügungsgeschäft erforder­ lich. Nach anderer Ansicht ist zumindest als negatives Tatbestandmerkmal ei­ ne Nichtzurückweisung durch den Dritten gemäß § 333 BGB notwendig.12

In jedem Fall muß jedoch die ausgestellte Urkunde alle bezüglich der Gläu­ bigergemeinschaft getroffenen Vereinbarungen eindeutig enthalten. Da die Ausfertigung der Sparkassenbriefurkunde das abstrakte Zahlungsversprechen erst konstituiert und in dem Sparkassenbrief die Forderung, so verkörpert ist, wie sie materiell besteht, müssen in der Urkunde sowohl alle Gläubiger na­ mentlich benannt sein, als auch die Art und Weise ihrer Verfügungsberechtigung eindeutig festgelegt werden.13 Wird eine Gemeinschaftsanlage in Form der „Und44- Konstellation gewählt, muß aus dem Brief jedoch nicht das Innen­ verhältnis zwischen den Gläubigern hervorgehen. Ob diese lediglich Bruch­ teilsinhaber sind oder ob darüberhinaus eine gesamthänderische Bindung be­ steht, betrifft die Entstehung der Zahlungspflicht aus dem Sparkassenbrief nicht. In beiden Fällen können die Gläubiger nur gemeinsam Zahlung verlan­ gen.14 Dabei wird jedoch auch bei mehreren Gläubigern immer nur eine einzige Sparkassenbriefurkunde ausgestellt. Keinesfalls erhält jeder Gläubiger ein ei­

12 Vgl. dazu ausführlich § 18 I 1. 13 Der Vordruck Nr. 168 531 des Deutschen Sparkassenverlags (große Sparkassen­ briefurkunde) ist auf den Normalfall der Einzelgläubigerschaft zugeschnitten. Die ge­ meinschaftliche Gläubigerschaft muß deshalb bei Ausfertigung der großen Sparkassen­ briefurkunde durch einen manuellen Vermerk dokumentiert werden. Regelmäßig ge­ schieht dies durch die Namensangabe der Gläubiger hinter den Worten „Wir zahlen an...“ und durch eine genaue Darlegung der Gläubigervereinbarung auf der Rückseite der Urkunde, die durch Vermerk auf der Vorderseite in den Urkundentext einbezogen wird. Zu verkehrsüblichen Formulierungen bei der Umschreibung der einzelnen Kon­ stellationen der Gläubigergemeinschaft vgl. Herbst/Lang*, Rz.42-52. Die Durchschreibevordrucksätze bei Verwendung der kleinen Sparkassenbriefur­ kunde enthalten dagegen zwei vorformulierte, durch Ankreuzen auszuwählende Alter­ nativen, die genau den Gestaltungen der „Und“- bzw. „Oder“-Konstellation entspre­ chen. Wird auf eine Urkundenausstellung ganz verzichtet, müssen diese Angaben aus den Eröffnungsunterlagen hervorgehen.

14 Eine endgültige Fixierung des Innen Verhältnisses ist durch Aufnahme in den Text der Urkunde gar nicht möglich, da es im Belieben der Gläubiger steht, auch nachträg­ lich noch eine gesamthänderische Bindung zu installieren oder eine solche aufzuheben.

§ 19 Gläubigermehrheiten an Sparkassenbriefen

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genes Papier. Aufgrund des konstitutiven Charakters der Urkundenausstellung würde dies zu einer Verdoppelung der Schuld fuhren.13 Die so ausgefertigte Urkunde unterliegt dem Präsentationserfordernis und muß deshalb zur Gel­ tendmachung grundsätzlich von beiden Gläubigern gemeinsam vorgelegt wer­ den.16

IV. Wirksamkeitsmängel

Bei Gläubigermehrheiten sind die Folgen von Wirksamkeitsmängeln pro­ blematisch, wenn diese nicht den gesamten Begebungsvertrag erfassen, son­ dern sich lediglich auf einen der beteiligten Gläubiger beschränken, wie zum Beispiel bei Geschäftsunfähigkeit eines von beiden Ehepartnern bei gemein­ schaftlichem Erwerb eines Sparkassenbriefs. Aufgrund der Gläubigermehrheit gelten in solchen Fällen die Rechtsgedanken des § 429 Abs. 3 Satz 1 iVm. § 425 Abs. 1 BGB bei Gesamtgläubigerschaft und des § 432 Abs. 2 BGB bei Mitgläubigerschaft, wonach Umstände immer nur im Verhältnis zu dem Gläu­ biger Wirksamkeit entfalten, den sie betreffen. Dem steht § 139 BGB gegen­ über, wonach die Nichtigkeit eines Teils des Rechtsgeschäfts auch Auswir­ kungen auf das gesamte Rechtsgeschäft haben kann.

Gemäß § 139 BGB e contrario kann aber ein wirksamer Teil eines Rechts­ geschäfts erhalten werden, wenn das einheitliche Rechtsgeschäft teilbar und der nichtige Teil abtrennbar ist.17 Teilbarkeit kann nach Ansicht der Recht­ sprechung bereits dann gegeben sein, wenn auf einer Seite des Rechtsgeschäfts mehrere Personen beteiligt sind und der Nichtigkeitsgrund nur im Verhältnis zu einer dieser Personen eingreift.18 Ist jedoch eine der Personen, die gemein­ schaftlich Gläubiger einer Sparkassenbriefforderung werden wollen, geschäfts­ unfähig, so kann von diesem Gläubiger das Angebot der Sparkasse auf Einge­ hung eines abstrakten Schuldversprechens nicht angenommen werden. Der ge­ schäftsfähige zweite Gläubiger dagegen könnte grundsätzlich dieses Angebot für sich annehmen, und die Verpflichtung entstehen lassen. Regelmäßig ist je­ doch auch bei Teilbarkeit das ganze Rechtsgeschäft nichtig, es sei denn, aus­ 13A.A.:RGZ 87, S.388. 16 Bevollmächtigung einer Person zur Geltendmachung der Forderung ist jedoch in der Praxis die Regel. 17 Palandt-Heinrichs § 139 Rz. 11.

18 BGH WM 1970, S.350 (351); BGH DNotZ 1975, S.152; BGH WM 1987, S.1038 mit Anmerkung Zotz in WuB IV A. § 747 BGB 1.87.

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

nahmsweise ist ein mutmaßlicher Parteiwille zu ermitteln, dem das Geschäft, so wie es sich ohne den nichtigen Teil darstellt, entspricht. Betrachtet man je­ doch die Zusammenhänge bei der Begebung des Sparkassenbriefs, so kann nicht angenommen werden, daß es dem Willen der Sparkasse entspricht, nun­ mehr allein ein Forderungsrecht des geschäftsfähigen Gläubigers begründen zu wollen. Denn dem Kreditinstitut kommt es bei der Begebung des Sparkas­ senbriefs darauf an, ihre Hauptleistungspflicht aus dem Rechtskaufvertrag zu erfüllen. Sind der Kaufvertrag und die Begebungsabrede trotz des Willens­ mangels im Begebungsvertrag wirksam, so wird das Kreditinstitut nur dann von dieser Pflicht frei, wenn es die Forderung auch gegenüber beiden Gläubi­ gern gemeinschaftlich begründet. Die Eingehung der Schuld mit nur einem Gläubiger entfaltet demnach, weil nicht geschuldet, keine Erfüllungswirkung. An der Eingehung einer zusätzlichen abstrakten Schuld, die nicht die Erfül­ lung der Hauptleistungspflicht herbeiführt, ist der Forderungsverkäuferin nicht gelegen. Dasselbe Ergebnis ergibt sich, wenn auch der Rechtskaufvertrag von dem Willensmangel erfaßt ist, da die Sparkasse dann eine abstrakte Verbind­ lichkeit einginge, der es am Rechtsgrund mangelte.

War eine „Und“-Konstellation beabsichtigt, fehlt es auch auf Seiten der Er­ werber an einem Parteiwillen auf Erhalt des restlichen Rechtsgeschäfts, da diese den Willen hatten, nur gemeinschaftlich über den Sparkassenbrief verfü­ gen zu können. Aber auch bei Gesamtgläubigerschaft kann nicht ohne weite­ res davon ausgegangen werden, daß die Beschränkung der Gläubigerstellung auf nur einen der beiden Anleger dem Parteiwillen entspricht, da regelmäßig Gründe aus dem Innenverhältnis zu dieser atypischen Anlageform geführt ha­ ben werden. Darüberhinaus muß schon bezweifelt werden, ob, falls eine Urkunde auf beide Gläubiger ausgefertigt wurde, das nichtige Rechtsgeschäft überhaupt abtrennbar ist. Als konstitutive Urkunde verbrieft der Sparkassenbrief das ab­ strakte Zahlungsversprechen so, wie es dem Begebungsvertrag entspricht. Als Rektapapier muß es dabei den Gläubiger namentlich benennen. Es widersprä­ che aber dem Beweiszweck einer Urkunde, wenn diese von vornherein eine unrichtige Rechtslage dokumentierte. Ist der Sparkassenbrief erst einmal auf beide Gläubiger ausgestellt worden, kann die durch die Urkunde bezweckte Verbriefung des Forderungsrechts für beide Gläubiger nicht mehr auf eine Forderung allein gegenüber dem geschäftsfähigen Gläubiger reduziert werden. Da nicht angenommen werden kann, daß das Rechtsgeschäft auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen worden wäre, ist der Vertrag somit regelmäßig insgesamt unwirksam.

§ 20 Wirkungen einer schriftrechtlichen Haftung bei Sparkassenbriefen Mit der Ausfertigung eines konstitutiven Wertpapiers über eine Forderung wird nicht nur ein Recht begründet, sondern zugleich auch dessen Inhalt be­ stimmt. Das Maß der schuldrechtlichen Haftung richtet sich nach der im Pa­ pier niedergelegten Erklärung: die Haftung aus dem Papier ist schriftrechtli­ che Haftung} Der Urkundeninhalt umschreibt somit die Haftung des Ausstel­ lers in ihrem regelmäßigen Umfang. Jedem Berechtigten aus dem Papier steht grundsätzlich die Forderung nach Maßgabe des Papierinhalts zu. Das schließt nicht aus, daß der Aussteller gegenüber einem einzelnen Papierberechtigten ausnahmsweise Einwendungen geltend machen kann, die aus dem Papier nicht ersichtlich sind. Im Regelfall deckt sich jedoch die Haftung des Ausstel­ lers mit dem Papierinhalt.2 Von dieser schriftrechtlichen Haftung ist termino­ logisch der häufig synonym verwendete Begriff des speziellen wertpapierrecht­ lichen Einwendungsausschlusses zu unterscheiden. Während die schriftrecht­ liche Haftung unabhängig von Vertrauensschutzgesichtspunkten Art und Um­ fang der Schuldnerhaftung umgrenzt, basiert der wertpapierrechtliche Ein­ wendungsausschluß auf dem Schutz redlicher Zweiterwerber, die auf die Aus­ schließlichkeit der in der Urkunde gemachten Angaben und somit auf den Rechtsschein der Einwendungsfreiheit vertrauen.3

1 Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.56. 2 Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.57.

3 Terminologisch sollte deshalb der Begriff der „schriftrechtlichen (skripturalen) Haftung“ und der oft als gleichbedeutend gebrauchte Begriff des „Einwendungs­ ausschlusses“ nicht synonym verwendet werden. Während die schriftgemäße Haftung den Regelfall der Begebung positiv umschreibt, in dem der Aussteller durch die schriftliche Niederlegung in der Urkunde den regelmäßigen Umfang der Haftung im Hinblick auf den Begebungsvertrag festlegt, so ist der Einwendungsausschluß Folge einer Rechtsscheinwirkung, die zur Verschärfung der schriftrechtlichen Haftung fuhrt. Zwar erwirbt auch der Ersterwerber die Forderung so, wie sie im Papier schriftlich verbrieft ist, für einen späteren redlichen Zweiterwerber ist aber nur noch der Papier­ inhalt in unbedingter und abschließender Weise maßgeblich, während gegen die schriftlich festgehaltene Forderung dem Ersterwerber gegenüber auch noch außerhalb der Urkunde liegende Einwendungen geltend gemacht werden können. Aufgrund sei­

300

3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

Für Inhaber- und Orderwertpapiere sind sowohl die schriftrechtliche Haf­ tung als auch ein Ausschluß sämtlicher präkludierbaren Einwendungen ge­ genüber einem späteren redlichen Erwerber allgemein anerkannt. Für Rekta­ papiere gilt dagegen der Grundsatz des § 404 BGB. Der Schuldner kann des­ halb regelmäßig alle Einwendungen, die ihm gegenüber dem ersten Nehmer zustehen, auch späteren Erwerbern entgegenhalten.4 Schließt jedoch die Gel­ tung des § 404 BGB einen redlichen einwendungsfreien Erwerb der verbrief­ ten Forderung weitgehend aus, so ist hierdurch nur der wertpapierrechtliche Einwendungsausschluß betroffen. Die schriftrechtliche Haftung bleibt dagegen von der Aussage des § 404 BGB insofern unberührt, als damit nur der grund­ sätzliche Haftungsumfang aus dem Papier umschrieben wird, nicht aber die Ausschließlichkeit dessen Geltung. Kommt somit den Angaben in der Urkun­ de eines Rektapapiers eine schriftrechtliche Haftungswirkung ebenso zu wie bei Inhaber- und Orderpapieren, stellt sich die Frage nach deren Reichweite und rechtlicher Bedeutung für das Forderungsrecht.

L Rechtsfolgen der schriftrechtlichen Haftung Wird über eine Forderung eine Urkunde ausgestellt, so kommt dieser Ur­ kunde ein starker Beweiswert für die Richtigkeit ihres Inhalts zu. Da die Ur­ kunde, unabhängig davon, ob es sich um ein Wertpapier oder um eine schlich­ te Beweisurkunde handelt, regelmäßig mit Willen des Schuldners in den Ver­ kehr gebracht wird, bedeutet diese Begebung eine Bestätigung dessen Einver­ ständnisses mit der durch die Urkunde dokumentierten, ihn belastenden Rechtslage. Der Schuldner verzichtet damit noch nicht auf etwaige, sich unter Umständen erst später ergebende Einwendungen, sondern bescheinigt nur, daß er mit der Haftung im schriftlich niedergelegten Umfang grundsätzlich ein­ verstanden ist. Nach Urkundenausstellung bedeutet der Einwand des Schuld­ ners, die Forderung habe schlichtweg nie bestanden, ein venire contra factum

nes Vertrauens auf die schriftgemäße Strenge der Urkunde, werden gegenüber einem Zweiterwerber dagegen alle diejenigen Einwendungen ausgeschlossen, die gegenüber dem ersten Nehmer den regelmäßigen Umfang der schriftrechtlichen Haftung aus dem Papier noch einschränken konnten (so Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.57, der dies mit einer Verweisung auf das italienische Wertpapierrecht untermauert, das zwi­ schen letteralitä [schriftgemäße Niederlegung] und autonomia [Einwendungsaus­ schluß] auch terminologisch unterscheidet.)

4 Zu Ausnahmen und Einschränkungen dieses Prinzips, insbesondere durch die zes­ sionsrechtseigene Regel des § 405 BGB vgl. § 12 II 3.

§ 20 Wirkung einer schriftrechtlichen Haftung bei Sparkassenbriefen

301

proprium - mit ihm wird der Schuldner nicht gehört. Nichts anderes sagt auch § 405 BGB, der dem Schuldner das Berufen auf den Einwand des bewußt ab­ geschlossenen Scheingeschäfts versagt, wenn dieser über die Forderung eine Urkunde ausgestellt hat.

Mit der Urkunde bekommt der Berechtigte ein Beweismittel in die Hand, das ihm im Konfliktfall den ersten Anschein des Bestehens der Forderung ver­ schafft. Im Prozeß begründet dieser Schein der Berechtigung eine Vermutung für die Richtigkeit der in der Urkunde niedergelegten Rechtslage.5 Insofern kehrt sich die Beweislast bei der Durchsetzung des Anspruchs um. Anders als bei einem unverbrieften Recht muß der Berechtigte das Fortbestehen des Rechts nicht nachweisen. Vielmehr obliegt es dem Schuldner, existiert eine durch ihn begebene Urkunde, den für den Berechtigten sprechenden Anschein zu entkräften oder Tatsachen zu belegen, die einer Inanspruchnahme auf der Einwendungsebene entgegenstehen.6 Während bei Inhaber- und Orderpapieren dieser Anschein zusätzlich die Grundlage für das Vertrauen redlicher Dritter bildet, zu deren Gunsten alle präkludierbaren Einwendungen ausgeschlossen sind, beschränkt sich die Wir­ kung der schriftlichen Niederlegung bei Rektapapieren auf die vorgenannte Vermutungswirkung und die daraus folgende Beweislastumkehr. Dabei streitet diese Wirkung des Papiers für jeden späteren Erwerber in gleicher Weise wie für den ersten Nehmer, da § 404 BGB dem Schuldner diesem gegenüber zwar seine Einwendungen erhält, nicht aber von der Darlegungslast befreit. Die schriftrechtliche Haftung begünstigt insoweit jeden Gläubiger, als sie den Schuldner zwingt, die Unwirksamkeit oder Undurchsetzbarkeit der abstrakten Forderung nachzuweisen.

5 Thomas-Putzo § 593 ZPO Rz.6. 6 Bedeutsam ist dies besonders bei Rektapapieren, die mit einer stärkeren Legiti­ mationswirkung ausgestattet sind, wie die Papiere des § 808 BGB, insbesondere das Sparbuch. Auch hier legt die skripturale Niederlegung im Text der Urkunde das Lei­ stungsprogramm fest. Jede Abweichung davon ist nur mit Einvernehmen des Gläubi­ gers zulässig. Deshalb kommt Leistungen, die entgegen den skripturalen Parametern erfolgen (z.B. vorzeitige Rückzahlung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist an einen papierbesitzenden Dritten), nur dann Erfüllungswirkung zu, wenn sie infolge eines Änderungsvertrags mit dem Gläubiger erfolgen, dessen Vorliegen der Schuldner zu beweisen hat. Entgegen der herrschenden Lehre dogmatisch exakt deshalb Pflug ZHR 140 (1976), S.178 f. und die Entscheidungen des BGH zur Problematik in BGHZ 28, S.368; BGHZ 42, S.302; BGH NJW 1975, S.1507.

302

3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

Ein weiterer Effekt der schriftrechtlichen Haftung ergibt sich im Zusam­ menspiel mit der Abstraktheit der Sparkassenbriefforderung vom zugrundelie­ genden Rechtskaufvertrag. Da der Sparkassenbrief als abstraktes Zahlungsver­ sprechen konstitutiv durch die Ausstellung der Urkunde begründet wird, be­ darf es zum Beweis des Schuldversprechens allein der Urkunde. Darüberhin­ aus kann jedoch der Schuldner Mängel des zugrundeliegenden Kausalge­ schäfts infolge der Unabhängigkeit vom zugrundeliegenden Typenvertrag Rechtskauf nur über den Einwand der ungerechtfertigten Bereicherung geltend machen. Fehlt es am Kausalgeschäft, so ist die Zweckvereinbarung der Bege­ bungsabrede gescheitert und die Hingabe des Sparkassenbriefs zur Erfüllung des Rechtskaufvertrags rechtsgrundlos erfolgt. Das Scheitern der Zweckver­ einbarung infolge des Mangels im Kausalgeschäft hat jedoch gleichfalls der Schuldner zu beweisen, gleichgültig, ob er dies über die peremtorische Einrede des § 821 BGB oder selbständig in einem Rückforderungsprozeß geltend macht. Insofern führt die schriftgemäße Haftung nicht nur zu einer Bestands­ vermutung bezüglich des abstrakten Zahlungsversprechens, sondern auch zu einer Beweislastumkehr für dessen Rechtsgrund. Verfahrensrechtlich bedeutet dies, daß der Berechtigte den Zahlungsan­ spruch im Urkundenprozeß durchsetzen kann. Vermag der Berechtigte den Sparkassenbrief im Urkundenprozeß vorzulegen, so hat er alle anspruchsbe­ gründenden Tatsachen dargetan und erhält (bei Widerspruch des Beklagten) ein Vorbehaltsurteil, mit dem er ohne Sicherheitsleistung (§ 599 Abs. 3 iVm. § 708 Nr.4 ZPO) vollstrecken kann, sofern dem Schuldner nicht mit den dort zulässigen Beweismitteln7 der Beweis von rechtshindernden oder rechtsver­ nichtenden Einwendungen gegen den verbrieften Anspruch gelingt. Darüber­ hinaus wird im Falle eines non liquet vermutet, daß dem Gläubiger ein Rechtsgrund zum Behaltendürfen des abstrakten Zahlungsversprechens zu­ steht. Hierin erschöpfen sich jedoch die Rechtsfolgen der schriftrechtlichen Haf­ tung bei einer Namensschuldverschreibung. Ein weitergehender Effekt, wie die Eignung als Vertrauensgrundlage für einen redlichen einwendungsfreien Erwerb, kommt der schriftrechtlichen Haftung bei Sparkassenbriefen als Rek­ tapapieren wegen der Geltung von § 404 BGB nicht zu.

7 Gemäß § 595 Abs. 2 ZPO sind dies nur Urkundenbeweis und Antrag auf Parteivemehmung.

§ 20 Wirkung einer schriftrechtlichen Haftung bei Sparkassenbriefen

303

II. Reichweite der schriftrechtlichen Haftung bei Sparkassenbriefen

Die schriftrechtliche Haftung umfaßt den Entstehungstatbestand des ver­ brieften Forderungsrechts sowie alle mit diesem erkennbar verknüpften Ne­ benforderungen, die durch die Urkunde mitverbrieft werden. Dabei wird von der Beweiswirkung der Urkunde jedoch nicht allein der Grund der Zahlungs­ pflicht, sondern auch deren Umfang erfaßt, soweit er sich aus der Urkunde ergibt. So, wie dieser Umfang positiv aus den in der Urkunde niedergelegten Vereinbarungen hervorgeht, zeigt der Urkundentext aber auch die Grenzen der Verpflichtung auf. Durch die Aufnahme von Bedingungen kann sich der Schuldner gewisse Einwendungsmöglichkeiten offenhalten und die Schriftge­ mäßheit zumindest teilweise auch zu Lasten des Gläubigers wirken lassen. Enthält die Urkunde Klauseln, die den Schuldner begünstigen, so wird im Prozeß mit Vorlage der Urkunde die entsprechende Vereinbarung gleicherma­ ßen zu Lasten des Gläubigers bewiesen, so daß es nun diesem obliegt, ihre Wirksamkeit zu entkräften.

Bei der Ausfertigung des Sparkassenbriefs muß dieser als konstitutive Schuldurkunde sämtliche essentialia negotii des abstrakten Zahlungsverspre­ chens enthalten. Dies sind, neben der Begründung des Leistungsversprechens, die Bezeichnung von Gläubiger und Schuldner, der Zahlungsbetrag (Nennwert und Zinsen) sowie die Endfälligkeit (Laufzeit).8 Daneben muß die Urkunde das Präsentationserfordernis tragen, ohne das es an der Wertpapiereigenschaft fehlt.9 Um sich die Beweiswirkung der Urkunde zu sichern, steht es den Beteilig­ ten jedoch frei, weitere Klauseln in das verbriefte Zahlungsversprechen aufzu­ nehmen. In der „großen Sparkassenbriefurkunde“ des Deutschen Sparkassen­ verlags10 sind Klauseln zur Verjährung der Zahlungspflicht und zum Erfül­ lungsort formularmäßig vorgesehen. Neben einer beiderseitigen Unkündbar­ keitsklausel enthält die Urkunde als Wirksamkeitsvoraussetzung für das ab­ strakte Zahlungsversprechen das Erfordernis der Unterzeichnung durch zwei vertretungsberechtigte Mitarbeiter. Gerade diese Klausel verdeutlicht die Grenzen der schriftgemäßen Haftung zugunsten des Gläubigers. Gelingt der

8 Vgl. § 5 IV. 9 Vgl. dazu den Vordruck Nr. 168 531 des Deutschen Sparkassenverlags im Anhang

II.

10 Vordruck Nr. 168 531 des Deutschen Sparkassenverlags im Anhang II.

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

Sparkasse der Nachweis der fehlenden Vertretungsmacht eines der beiden Unterzeichner, so wirkt die Strenge der Urkunde gegen den Gläubiger. Die Unwirksamkeit des Leistungsversprechens geht dann aus dem Sparkassenbrief selbst hervor. Neben diesem formularmäßig vorgesehenen Umfang der schriftgemäßen Haftung können der Beweiswirkung der Urkunde auch Angaben zur Verfügungsbefugnis des Gläubigers, zur gemeinschaftlichen Gebundenheit mehrerer Gläubiger sowie Bedingungen in Bezug auf die verbriefte Forderung unterwor­ fen werden.11 Entscheidend für den Eintritt einer schriftgemäßen Haftung ist jedoch, daß die Vereinbarung selbst Gegenstand der Verbriefung ist. Vermerke auf der Rückseite des Sparkassenbriefs unterliegen dabei ebenso der Wirkung einer schriftrechtlichen Haftung wie Klauseln auf einem fest mit dem Sparkassen­ brief verbundenen Papier, da insofern eine einheitliche Beurkundung vorliegt. Nicht ausreichend ist dagegen die Niederlegung im Kaufvertrag oder an einer anderen Stelle außerhalb des Sparkassenbriefs, sofern nicht in der Urkunde ausdrücklich darauf Bezug genommen wird. Zwar entfaltet auch eine außer­ halb der Urkunde erfolgte Niederlegung Beweiskraft, doch ist diese von der schriftrechtlichen Beweiskraft der Wertpapierurkunde verschieden.

Eine schriftrechtliche Haftung mit den vorgenannten Wirkungen kommt je­ doch überhaupt nur zum Tragen, wenn über das Zahlungsversprechen eine Ur­ kunde ausgefertigt wurde, gleichgültig, ob diese auch ausgegeben oder der Sparkasse zur Verwahrung anvertraut wurde.12 Unterbleibt dagegen eine Ur­ kundenausfertigung oder wird diese dauernd gestundet, so fehlt es an einem Träger für die Schriftrechtlichkeit. Wird wie bei der Stundungsmethode nur der Kaufvertrag schriftlich niedergelegt, so kann dadurch allein Beweis für das Bestehen des Kausalgeschäfts geführt werden. Einen Urkundenbeweis für das Bestehen der abstrakten Sparkassenbriefforderung besitzt der Erwerber in die­ sem Fall nicht. Wird die Urkundenausstellung dagegen später nachgeholt, so entstehen durch die nachträgliche Verbriefung dieselben Wirkungen wie bei 11 Zulässig ist auch die Verknüpfung mit dem Kausalgeschäft oder mit der Erbrin­ gung der Gegenleistung über eine Bedingung. Durch eine solche Vereinbarung würde jedoch die Zahlungspflicht aus dem Sparkassenbrief im Einzelfall ihre Abstraktheit verlieren. 12 Wird eine Urkunde erstellt, kommt es somit nicht darauf an, ob diese eigenstän­ dig ausgefertigt oder im Wege des Durchschriftverfahrens erzeugt wird, solange es sich um eine Beurkundung des Zahlungsversprechens und nicht des Rechtsgrundgeschäfts handelt.

§ 20 Wirkung einer schriftrechtlichen Haftung bei Sparkassenbriefen

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einer originären Sparkassenbriefausstellung, da auch Urkunden mit lediglich deklaratorischem Charakter als Träger der schriftgemäßen Haftung geeignet sind.

20 Seitz

§ 21 Rechtsprobleme bei Verwahrung und Verwaltung effektiver Sparkassenbriefe Bei effektiven Sparkassenbriefurkunden ist die Möglichkeit einer Einbezie­ hung dieser Urkunden in das Depotverwahrgeschäft1 der Kreditinstitute unter­ suchungswürdig. Durch einen Verzicht auf gesonderte, organisatorisch vom eigentlichen Depotgeschäft getrennte körperliche Aufbewahrung der Sparkas­ senbriefurkunden könnten die vorhandenen EDV-unterstützten Organisations­ strukturen der Depotbuchhaltung für die Verwahrung und Verwaltung der Sparkassenbriefe eingesetzt und sowohl die Zinszahlungen als auch die Gut­ schriften der Sparkassenbriefnennwerte bei Fälligkeit ohne zusätzlichen Or­ ganisationsaufwand automatisiert abgewickelt werden.2

Die Einbeziehung in die Depotverwahrung und -Verwaltung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr.5 KWG setzt jedoch die Depotverwahrfähigkeit der Pa­ piere voraus. In § 1 Abs. 1 DepotG sind dabei die im Sinne des Depotgesetzes depotverwahrfähigen Wertpapiere abschließend aufgezählt.3 Da Sparkassen­ briefe als Namensschuldverschreibungen nicht unter die enumerativ genann­ ten Wertpapiertypen fallen, kann sich für sie der Anwendungsbereich des De­ potgesetzes nur erschließen, falls es sich bei ihnen um „andere vertretbare Wertpapiere“ handelt.4 Sofern über Sparkassenbriefe eine Urkunde ausgestellt und mit einem Prä­ sentationserfordernis versehen wurde, unterfallen sie auch als Rektapapiere 1 Unter dem Begriff des Depotverwahrgeschäfts ist dabei allein die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren im „offenen KundendepoU zu verstehen. Eine Aufbe­ wahrung von Sparkassenbriefen als Verwahrstücke im verschlossenen Umschlag oder eine Bereitstellung von Schließfächern zur Aufbewahrung von Urkunden („ge­ schlossenes Depot“) bemißt sich nach § 1 Abs. 2 DepotG. Verwahrer ist hier rechtlich der Mieter des Schrankfachs bzw. der Hinterleger des verschlossenen Umschlags, die Bank ist lediglich Verwahrer der Verpackung; vgl. Diepen/Sauter, Teil B S.353. 2 Handbuch für Anlageberatung, S.33.

3 Heinsius-Hom-Than, § 1 Rz.3. 4 Dabei kann eine Depotverwahrung selbstverständlich nur für solche Rechte in Be­ tracht kommen, die in irgendeiner Weise verbrieft sind. Die Sparkassenbriefforderun­ gen nach der „Stundungsmethode“ müssen deshalb als unverbriefte Forderungsrechte von vornherein aus der Betrachtung ausgenommen bleiben.

§ 21 Rechtsprobleme bei Verwahrung und Verwaltung

307

dem von § 1 Abs. 1 DepotG zugrundegelegten weiten Wertpapierbegriff, da bei ihnen zur Ausübung des Rechts die Innehabung der Urkunde erforderlich ist. Kann die Wertpapiereigenschaft der Sparkassenbriefe unproblematisch bejaht werden, so bereitet die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Vertret­ barkeit ungleich größere Probleme. Vertretbar sind Wertpapiere gemäß § 91 BGB, wenn sie im Verkehr nach Zahl oder Maß bestimmt zu werden pflegen.5 Vertretbarkeit wird deshalb teilweise angenommen, wenn sich massenhaft und serienweise ausgegebene Papiere nur durch kennzeichnende Buchstaben oder Nummern unterscheiden, im übrigen aber völlig gleichwertig ausgestattete Rechte verbriefen.6 Unterschiede in der Höhe des Nennbetrags sind dabei zu­ lässig, da Massenpapiere im Verkehr üblicherweise in fester, beliebig addier­ barer Stückelung ausgegeben werden’ und kein Anspruch auf Auslieferung ei­ ner bestimmten Stückelung besteht (§ 7 Abs. 1 DepotG). Daß solche Papiere auf den Namen einer bestimmten Person ausgestellt sind, soll dabei grund­ sätzlich die Annahme der Vertretbarkeit nicht hindern.8 Da Sparkassenbriefe eines Instituts in fester Stückelung und in großer Zahl ausgegeben werden und sich in der technischen Ausstattung nur bezüglich Zinszahlung und Nennbe­ tragshöhe unterscheiden, könnte danach die Vertretbarkeit bejaht werden.’ Eine Qualifizierung des Sparkassenbriefs als vertretbares Wertpapier fallt jedoch wesentlich schwerer, berücksichtigt man, daß bezüglich der Laufzeit und der Endfalligkeit der Sparkassenbriefe zwar standardisierte, feststehende Zeitspannen vorgegeben sind, daß jedoch Anfang und Ende dieser Zeiträume durch individuelle Übereinkunft zwischen Sparkasse und Anleger (regelmäßig bestimmt durch den Tag des Vertragsabschlusses) festgelegt werden. Damit sind selbst die von einem einzigen Institut zu einem identischen Zinssatz aus­ gegebenen Sparkassenbriefe nur dann untereinander austauschbar und damit vertretbar, wenn sie am selben Tag und mit derselben Laufzeit ausgegeben werden.

Entgegen der angeführten Meinung ist aber auch die bei Rektapapieren rechtsformspezifisch vorgegebene Ausstellung auf den Namen eines bestimm­ ten Gläubigers zu berücksichtigen. Auch wenn man Rektapapieren nicht gene­

5 Heinsius-Hom-Than, § 1 Rz.17; Kümpel BuB IV Rz.8/5. 6 Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S.30. 7 Heinsius-Hom-Than, § 5 Rz.28. 8 Kümpel BuB IV Rz.8/5; Heinsius/Hom/Than § 1 Rz.20; Hanseatisches OLG Hamburg WM 1952, S. 37 (38 f.); OLG Düsseldorf WM 1956, S.170 f.

’ Kümpel BuB IV Rz.8/5. 20*

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

rell die Möglichkeit der Vertretbarkeit absprechen will,10 wäre jedenfalls doch eine Sammelverwahrung im Sinne des § 5 DepotG mit der Rechtsfolge eines Verlusts des individuellen Papiereigentums zugunsten eines Miteigentumser­ werbs am Sammelbestand gemäß § 6 Abs. 1 DepotG bei Urkunden nicht denk­ bar, die den Namen des Gläubigers des verbrieften Rechts und damit wegen § 952 BGB ihres Eigentümers tragen.

Versteht man darüberhinaus Vertretbarkeit in dem Sinne, daß sich das Wertpapier von anderen der gleichen Art nicht durch ausgeprägte Individua­ lisierungsmerkmale abhebt und daher ohne weiteres austauschbar ist,11 so kann eine Wertpapierurkunde, die als Verkehrszweck die Legitimation des nament­ lich benannten Ersterwerbers gegenüber dem Schuldner besitzt, nicht gegen eine selbst über den gleichen Betrag und Zinssatz ausgestellte Urkunde aus­ tauschbar sein, weil beide den Erwerb durch einen anderen Gläubiger doku­ mentieren. Der Gläubigername steht als Individualisierungsmerkmal so stark im Vordergrund, daß ein Austausch mit einem ansonsten gleichartigen Papier eines anderen Gläubigers schon deshalb nicht möglich ist, weil der Erwerber mit diesem nicht auf seinen Namen ausgestellten Papier seine Berechtigung nicht mehr nachweisen könnte. Dem namentlich benannten Gläubiger ist des­ halb die Rechtsfolge des § 7 Abs. 1 DepotG, wonach er kein Recht auf die Rückforderung der individuell eingelieferten Stücke besitzt, unzumutbar. Auf­ grund der fehlenden Artgleichheit und Austauschbarkeit infolge der indivi­ duellen Laufzeiten und der Ausstellung auf einen bestimmten Gläubiger ist bei Sparkassenbriefen die von § 1 DepotG geforderte Vertretbarkeit deshalb nicht gegeben und eine Depotverwahrung nach Maßgabe des Depotgesetzes nicht möglich.12 Aus der fehlenden Vertretbarkeit der Sparkassenbriefe folgt jedoch nicht, daß diese von Kreditinstituten überhaupt nicht zur Verwahrung und Verwal­ tung entgegengenommen werden dürfen.13 Dieses Ergebnis wäre nur dann zwingend, wenn das DepotG eine Ausschließlichkeitsregelung träfe, so daß nur die unter § 1 Abs. 1 DepotG fallenden Wertpapiere von einem Kreditinsti­ tut verwahrt werden dürften, eine Verwahrung außerhalb des Anwendungsbe­ reichs des Depotgesetzes mithin unzulässig wäre. Eine solche Deutung ginge

10 Hanseatisches OLG Hamburg WM 1952, S.37 (38 f); OLG Düsseldorf WM 1956, S.l70 f; Kümpel BuB IV Rz.8/5; Heinsius/Hom/Than § 1 Rz.20.

11 BGHNJW 1966, S.2307; BGH NJW 1971, S.l974.

12 Herbst/Lang*, Rz. 114.

13 Herbst/Lang*, Rz.l 14; Schlierbach, § 26 Anm.3 B.

§ 21 Rechtsprobleme bei Verwahrung und Verwaltung

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aber über den Normzweck des DepotG weit hinaus. Nach der amtlichen Be­ gründung zum DepotG14 ist Normzweck der Schutz des Wertpapiersparers, der mit den berechtigten Belangen der Verwahrer und einem geordneten und be­ weglichen Wertpapierhandel in Einklang gebracht werden soll. Daraus folgt, daß der Gesetzgeber alle jene Wertpapiere, die er für eine massenhafte Depot­ verwaltung geeignet hielt, unter den Schutz des Gesetzes stellen wollte, nicht aber, daß er den Kreditinstituten für den davon nicht erfaßten Bereich eine Verwahrung nach den allgemeinen Vorschriften des BGB untersagt hat.13

Für Sparkassen ist darüberhinaus die Zulässigkeit der Sparkassenbriefver­ wahrung an den öffentlich-rechtlichen Normen der Sparkassengesetze und -Verordnungen über den Umfang der Geschäftstätigkeit zu messen. Nach weit­ gehend einheitlicher Formulierung in den entsprechenden Verordnungen der Länder ist den Sparkassen aber die „Verwahrung und Verwaltung von Wert­ papieren“16 ausdrücklich gestattet. Es besteht kein Grund, dabei von einem en­ geren Wertpapierbegriff auszugehen als ihn § 1 DepotG zugrundelegt. Wert­ papiere im Sinne der Sparkassenverordnungen sind deshalb auch Rektapapie­ re, auf ihre Vertretbarkeit kommt es dem Wortlaut der Normen zufolge nicht an.17 Daraus folgt, daß Sparkassenbriefe von Kreditinstituten nach den allge­ meinen Regeln des BGB (§§ 688 ff. unter Umständen in Verbindung mit § 675 BGB) verwahrt werden können, ohne daß dabei ein depotgeschäftliches Rechtsverhältnis begründet wird, auf das die Regeln des Depotgesetzes anzu­ wenden wären.18 Ist aber den Kreditinstituten die Verwahrung und Verwaltung der Sparkas­ senbriefe auch außerhalb des Geltungsbereichs des DepotG gestattet, so spricht nichts gegen die Zulässigkeit, die im Rahmen dieser Geschäftsbesorgung an­ fallenden Tätigkeiten über die Depotbuchhaltung abzuwickeln und sich deren EDV-Organisation nutzbar zu machen. Dadurch wird noch keine Unterstel­ lung unter das DepotG vollzogen. Vielmehr handelt es sich lediglich darum,

14 Reichsanzeiger Nr.29 vom 5.2.1937. 13 Heinsius-Hom-Than § 1 Rz.l; Schlierbach, § 26 Anm.3 B; Herbst/Lang4, Rz.l 14. 16 Diese Regelung findet sich zum Beispiel in § 22 Nr. 3 SpkAO von Thüringen vom 26.7.1990, GBl. d. DDR I S.1275 geändert durch Thür. VO vom 29.10.1991 GVB1. 1991, S.587; § 24 Nr.6 Niedersächsische SpVO vom 18.6.1990, GVB1. 1990, S.197; § 18 Abs. 2 Nr.3 Bayerische SpKO vom 14.10.1970, Bay RS 2025-1-1-1, zuletzt geändert durch VO vom 7.12.1994 GVB1. S.1068.

17 Herbst/Lang4, Rz.l 14; Schlierbach, § 26 Anm.3 B. 18 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz.9.7

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

die für die Verwahrung der dem DepotG unterliegenden Wertpapiere entwikkelten Organisationseinrichtungen im Interesse der Erleichterung des Verwahrungs- und Verwaltungsgeschäfts auch auf Sparkassenbriefe anzuwenden.19 Weil dies jedoch nicht soweit führen darf, daß verwahrte Sparkassenbriefe den Wertpapieren im Sinne des DepotG gleichgestellt werden, kommt hierbei eine der Sonder- oder Streifbandverwahrung ähnliche Aufbewahrungsform als die in § 688 BGB gesetzlich vorausgesetzte Grundform20 der Verwahrung in Be­ tracht.21 Auch jede sonstige, organisatorisch vom Depotgeschäft getrennte Aufbewahrungsweise der körperlich separierten Urkunden ist daneben jeder­ zeit nach Maßgabe der §§ 688 ff. BGB zulässig.

Diese Verwahrungsmöglichkeiten sind bei allen effektiven Sparkassenbrief­ urkunden gleichermaßen gegeben, gleichgültig, ob bei Ausfertigung die Ur­ kunde an den Kunden ausgehändigt worden ist oder ob die Urkunde von An­ fang an im Selbstbehalt der Sparkasse verbleibt. Für Sparkassenbriefforderun­ gen nach der „Stundungsmethode“ ist dagegen jegliche Verwahrung ausge­ schlossen. Gemäß § 688 BGB ist Voraussetzung der Verwahrung die Überga­ be einer beweglichen Sache. Sparkassenbriefe nach der „Stundungsmethode“ sind dagegen unverbriefte abstrakte Schuldversprechen, die sich mangels Kör­ perlichkeit einer Verwahrung von vornherein entziehen.

19 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz. 9.7; Herbst/Lang , Rz.l 14.

20 MünchKomm-Hüffer § 688 Rz.35. 21 Herbst/Lang4, Rz.l 14. NachÄ^ömpe/, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz.9.7 findet in der Praxis aus Sicherheitsgründen die Verwahrung solcher Papiere technisch ähnlich wie bei sich in Sonder- oder Streifbandverwahrung befindlichen Wertpapieren statt, wobei auch ein Verwahrungsvermerk im Depotbuch erfolgt. Sinnvoll erscheint dabei allerdings lediglich die Aufnahme im Personendepotbuch (§ 14 DepotG) und der Nummemkartei. Die Verbuchung im Sachdepotbuch ist aufgrund der fehlenden Zu­ sammenfaßbarkeit der einzelnen Sparbriefforderungen wenig effizient.

§ 22 Übertragung von Sparkassenbriefen Der Übertragungsvorgang des verbrieften Rechts war Schwerpunkt der im 2. Teil vorgenommenen Untersuchung über die Einordnung der Namens­ schuldverschreibungen in einen Allgemeinen Teil des Rechts der Wertpapiere. Die Übertragungssituation als Schnittpunkt der Interessenlagen von Gläubiger, Schuldner und (potentiellem) Zweiterwerber wurde dabei unter den verschie­ densten Gesichtspunkten problematisiert und diente als Prüfstein für die Auf­ stellung allgemeiner Regularien für die Namensschuldverschreibung als Ver­ mögensgegenstand im Rechtsverkehr. Eine Vielzahl theoretischer Erkenntnisse wurde gerade auch aus der Ver­ tragsrealität des Sparkassenbriefs als dem Prototyp der im Verkehr befindli­ chen Namensschuldverschreibungen des Kapitalmarkts entwickelt. Die Pro­ blematik der Übertragung von Sparkassenbriefen ist deshalb im Hinblick auf die hier interessierenden wertpapierrechtlichen Besonderheiten, die aus seiner Rechtsqualität als Namensschuldverschreibung des Kapitalmarktes entsprin­ gen, durch die Ausführungen im 2. Teil erschöpfend behandelt, so daß es einer Wiederholung der für Namensschuldverschreibungen gefundenen Übertra­ gungsregeln an dieser Stelle nicht mehr bedarf. Für die Behandlung des Über­ tragungsvorgangs bei Sparkassenbriefen kann auf die Ergebnisse des 2. Teils verwiesen werden.‘Hervorgehoben sei jedoch erneut der bereits angedeutete Grundsatz,2 wonach die im 2. Teil gewonnenen Erkenntnisse nur auf solche Sparkassenbriefe Anwendung finden können, die eine Verbriefung in einer effektiven Urkunde erfahren haben. Gänzlich unverbriefte Sparkassenbriefe, die nach der sog. „Stundungsmethode“ angelegt wurden, unterliegen uneinge­ schränkt den gesetzlichen Regeln über die Abtretung unverbriefter Forde­ rungen. Damit bedarf es jedoch auch für diese Anlageform keiner erneuten Problematisierung des Übertragungsaktes.

1 Vgl. § 14. 2 Vgl. § 161 und IV.

§ 23 Der Sparkassenbrief als Kreditsicherheit

Ein Blick auf die Struktur der Erwerbergruppen von Sparkassenbriefen macht deutlich, daß sich diese Anlageform als Massenpapier zu über 75% im Besitz von Privatanlegern befindet.1 Für den Kleinanleger bildet der Sparkas­ senbrief infolge höherer Mindestanlagebeträge häufiger noch als das Sparbuch einen bedeutenden Vermögensgegenstand. Wegen seiner strengen Bindung an die vertraglich vorgegebene Laufzeit und der regelmäßig2 daraus resultieren­ den Unmöglichkeit einer Rückzahlung des Anlagebetrages durch Vertragsauf­ lösung vor Ende der Laufzeit ist das im Sparkassenbrief festgelegte Kapital bei dringendem Liquiditätsbedarf des Anlegers schwer vorzeitig liquidisierbar. Für den Anleger kommt deshalb der Forderung aus der Namensschuldver­ schreibung nicht selten die Funktion zu, bei Liquiditätsengpässen als Sicher­ heit für einen aufgenommenen Kredit zu dienen? Dabei ist eine „Beleihung“

1 Vgl. Tabelle 3 im Anhang I. 2 Die Sparkassen nehmen die ausgegebenen Sparkassenbriefe in der Regel nicht vor Ablauf der Anlagezeit zurück. Dies hat seine Ursache in den Mindestreserverichtlinien der Deutschen Bundesbank. Die früher in den einzelnen Sparkassenverordnungen der Länder erfolgte gesetzliche Festlegung der Mindestlaufzeit für Sparkassenbriefe auf einen Zeitraum von 4 Jahren (vgl. § 11 Abs. 1 HessMuSa alte Fassung) ist weitgehend aufgehoben worden. Lediglich in § 4 Abs. 2 der bayerischen Sparkassenordnung findet sich die Untergrenze von einem Jahr für die Laufzeit von Sparkassenbriefen. Indem je­ doch die durch die Ausgabe von Sparkassenbriefen eingenommenen Mittel von den Sparkassen nur dann mindestreservefrei zu 100% als langfristige Kreditmittel verge­ ben werden können, wenn sie mindestens für eine feste Laufzeit von 4 Jahren ausgege­ ben wurden, müßten die Sparkassen zinslose Guthaben in bestimmter Höhe bei der Deutschen Bundesbank unterhalten, falls sie die Mindestanlagedauer von 4 Jahren nicht einhielten (§2 Abs. 1 der aufgrund § 16 Abs. 1 BundesbankG erlassenen Anwei­ sung der Deutschen Bundesbank über Mindestreserven (AMR) vom 11.11.1968 (Bun­ desanzeiger Nr.214/1968)). Nur in unerträglichen Härtefällen, wie einer unverschuldeten wirtschaftlichen Not­ lage wird deshalb die Sparkasse bereit sein, den Anspruch aus der Schuldverschrei­ bung vorzeitig zu erfüllen. Besteht der Wunsch nach einer vorzeitigen Liquidisierung des Geldes, so wird die Sparkasse entweder die Forderung beleihen oder bei der Ver­ äußerung an einen Dritten vermittelnd behilflich sein. 3 Koller, Gutachten, S.1465 für das insoweit vergleichbare Sparbuch.

§ 23 Der Sparkassenbrief als Kreditsicherheit

313

des Sparkassenbriefs, d.h. eine Kreditaufnahme, die speziell auf den Sparkas­ senbriefgegenwert als Sicherungsmittel zugeschnitten ist,4 ebenso alltäglich, wie der Einsatz des Sparkassenbriefs als Kreditsicherungsmittel für eine son­ stige Darlehensaufnahme des Sparkassenbriefgläubigers. Aufgrund seiner Übertragbarkeit kommen bei der Verwendung eines Spar­ kassenbriefs als Kreditsicherungsmittel zur Erreichung des Sicherungszwecks sowohl eine zur Darlehensschuld akzessorische dingliche Belastung als auch eine abstrakte fiduziarische Vollrechtsübertragung in Betracht. Im Folgenden wird deshalb auf die Möglichkeit einer Forderungsverpfändung ebenso einge­ gangen wie auf eine Sicherungsabtretung des Anspruchs aus der Namens­ schuldverschreibung.

I. Die Verpfändung

1. Gesetzliehe A usgangssituation a) Tatbestandliche Voraussetzungen der Pfandrechtsbestellung an Sparkassenbriefen

Als Ausgangspunkt für die Bestimmung der Tatbestandsvoraussetzungen bei der Bestellung eines Pfandrechts an Sparkassenbriefen sollen noch einmal die, wegen der parallelen Behandlung von Übertragung und dinglicher Bela­ stung im BGB relevanten Grundaussagen zur Übertragung von Namens­ schuldverschreibungen ins Gedächtnis zurückgerufen werden: Namensschuld­ verschreibungen, zum Beispiel Sparkassenbriefe, sind Wertpapiere, die ein Forderungsrecht auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme verbriefen. Dieses Recht ist durch Abtretung und somit allein durch vertragliche Einigung über den Rechtsübergang übertragbar. Eine Papierübergabe ist zur Rechtsübertra­ gung weder ausreichend noch notwendig. Mit der Übertragung der Forderung erwirbt der Berechtigte auch das Eigentum an der Urkunde gemäß § 952 Abs. 2 BGB.

* Herbst/Lang{\ S.25 f.; sog. Lombardierung.

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

aa) Pfandrechtsbestellung an Namensschuldverschreibungen als Forderungsverpfändung Für die rechtsgeschäftliche Bestellung eines Pfandrechts an anderen Ge­ genständen als Sachen unterscheidet der 2. Titel des 9. Abschnitts des Sachen­ rechts in einem Stufenverhältnis zunehmender Spezialität zwischen Rechten (§§ 1273 ff. BGB/ Forderungen (§§ 1279-1291 BGB) und Wertpapieren (§§ 1292-1296 BGB).

Die Anwendung der speziellen Regeln für die Verpfändung von Wertpapie­ ren in den §§ 1292-1296 BGB ist aber für die Pfandrechtsbestellung an Spar­ kassenbriefen ausgeschlossen. Dies mag überraschen, kommt doch den mit ei­ ner Präsentationsklausel versehenen Sparkassenbriefen Wertpapierqualität zu. Jedoch ist die Anwendbarkeit der Sonderregeln in den §§ 1292-1296 BGB aufgrund des eindeutigen Wortlautes auf Inhaber- und Orderpapiere be­ schränkt. Anknüpfungspunkt der gesonderten Regelungen für Wertpapiere öffentlichen Glaubens in den §§ 1292-1296 BGB ist ihre sachenrechtlich ge­ prägte Übertragungsweise, bei welcher der Übergabe des Papiers eine besonde­ re Erheblichkeit zukommt. Für den Sparkassenbrief als ein durch schlichte Zession übertragbares Rektawertpapier sind diese Normen daher nicht - auch nicht entsprechend - anwendbar.5 Da jedoch der Sparkassenbrief eine Forde­ rung auf Geldzahlung verbrieft, sind auf diesen gemäß § 1279 BGB vorrangig die Regeln über das Forderungspfand (§§ 1280-1290 BGB) anzuwenden, die allgemeinen Regeln der §§ 1273-1278 BGB gelten subsidiär.

Ausgangspunkt für die Bestellung eines Pfandrechts an der Forderung aus einer Namensschuldverschreibung ist somit der Grundtatbestand des § 1274 BGB.6 Danach sind für die Verpfändung des verbrieften Rechts dieselben Tat­ bestandsvoraussetzungen zu erfüllen, wie für dessen Übertragung. Weil zur Übertragung des Rechts aus einem Sparkassenbrief die schlichte Einigung über den Rechtsübergang im Sinne des § 398 Satz 1 BGB ausreicht, ist gemäß § 1274 Abs. 1 Satz 1 BGB auch zu seiner Verpfändung nicht mehr als ein Einvernehmen über die Belastung zwischen Rechtsinhaber und Sicherungs­

5 Lediglich § 1295 BGB, der für Orderpapiere mit einem Börsen- oder Marktpreis bei der Verwertung die Möglichkeit des freihändigen Verkaufs zuläßt, enthält einen verallgemeinerungsfähigen, gegebenenfalls auf Namensschuldverschreibungen über­ tragbaren Rechtsgedanken. 6 Rimmelspacher, WuB IDI- 2.90, Anmerkung zu BGH Urteil vom 19.9.1989 (XI ZR 179/88, München) = WM 1989, S.1640.

§23 Der Sparkassenbrief als Kreditsicherheit

315

nehmer erforderlich.7 Zum wesentlichen Inhalt des Verpfändungsvertrages ge­ hört damit allein die Einigung zwischen Pfandgläubiger und Verpfänder dar­ über, das Recht aus dem Sparkassenbrief zur Sicherung einer zumindest be­ stimmbaren Forderung mit einem Befriedigungsrecht für den Fall der Nicht­ erfüllung dieser gesicherten Forderung zu belasten.8 Aus diesem Grund ist auch § 1274 Abs. 1 Satz 2 BGB unanwendbar, der eine Pfandrechtsbestellung brevi manu, durch Übertragung des mittelbaren Besitzes oder durch Einräu­ mung von Mitbesitz ermöglicht, wenn für die Rechtsübertragung die Übergabe einer Sache erforderlich ist. Wegen der Bedeutungslosigkeit der Papierüberga­ be für den Vollzug des Rechtsübergangs bleiben diese Möglichkeiten der Fahrnisverpfändung bei Namensschuldverschreibungen gänzlich unberück­ sichtigt.

bb) Konstitutive Wirkung der Anzeige nach § 1280 BGB für die Pfandrechtsbestellung

Die für die Verpfändung aller Rechte geltende Grundregel des § 1274 Abs. 1 Satz 1 BGB wird jedoch für bestimmte Forderungen modifiziert. Gemäß § 1280 BGB ist die Bestellung eines Pfandrechts an einer Forderung, zu deren Übertragung die schlichte Einigung über die Abtretung ausreicht, aus Gründen der Publizität in ihrer Wirksamkeit von der Anzeige des Gläubigers an den Schuldner abhängig. Bedeutet Publizität bei der Verpfandung einer Forderung jedoch nur die Inkenntnissetzung des Schuldners von der dinglichen Verfü­ gungsbeschränkung des Gläubigers, so könnte bei Sparkassenbriefen aufgrund der Verknüpfung von Forderung und Papier die Anwendung des § 1280 BGB in Frage stehen, obwohl zur Rechtsübertragung bei Namensschuldverschrei­ 7 Sparkassenbriefe unterliegen in der einheitlichen Vertragspraxis der Sparkassen­ organisation keinem Abtretungsverbot, vgl. Vordruck Nr. 168 531 des Deutschen Spar­ kassenverlags im Anhang II. Zwar ist die Aufnahme eines Abtretungsverbots in den Text der Urkunde jederzeit möglich. (Die Sparbriefe der Genossenschaftsbanken un­ terliegen einem solchen Abtretungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt, vgl. Vordruck Nr. 322 354 des DG Verlags im Anhang II.) Soweit die Übertragung des Rechts aus dem Brief durch ein Abtretungsverbot ausgeschlossen ist, kann dieser auch gemäß § 1274 Abs. 2 BGB nicht verpfändet werden. Bei Sparkassen als juristische Personen des öffentlichen Rechts ist dabei jedoch § 354a HGB zu beachten, der gleichwohl eine Übertragung und damit auch eine Verpfandung ermöglicht. Gleiches gilt für alle Kre­ ditinstitute, wenn der Erwerb des Sparbriefs für den Gläubiger ein Handelsgeschäft darstellt. 8 Staudinger-Riedel/Wiegand § 1274 Rz.3.

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

bungen die Papierübergabe nicht erforderlich ist.9 Besteht nämlich eine Prä­ sentationspflicht bei der Einlösung des Papiers, so kann der Pfandgläubiger den Forderungsbetrag bei Pfandreife ohnehin nur gemäß § 1282 BGB einzie­ hen, wenn er dem Drittschuldner (Aussteller) die Urkunde vorzulegen ver­ mag.10 Somit könnte die Sicherung des Pfandgläubigers vor einer Erfullungsleistung an den Berechtigten auch ohne das Publizitätsmittel der Anzeige an den Schuldner, allein durch Besitzverschaffung der Urkunde erreicht werden.11 Eine solche Sichtweise verkennt jedoch, daß sich der Zweck des § 1280 BGB nicht allein darin erschöpft, den Pfandgläubiger vor einer befreienden Schuldnerleistung zu schützen. Die mit der Anzeige erzeugte Publizität hat nicht nur den Sinn, die Redlichkeit des Schuldners bezüglich der Vollberech­ 9 Ausdrücklich als „überflüssig“ bezeichnet Jacobi in Ehrenbergs Handbuch, S.446 f. deshalb die Verpfandungsanzeige bei Rektapapieren. Aus seiner Sicht hat dies zwei Gründe: Formal verlangt Jacobi als Wirksamkeitserfordemis für die Übertragung eines Rektapapiers die Übergabe der Urkunde. Schon aus diesem Grund wäre eine Anwen­ dung des § 1280 BGB durch dessen Wortlaut ausgeschlossen. Jedoch hält Jacobi § 1280 BGB auch bei denjenigen Rektapapiere für unanwendbar, bei denen aus­ nahmsweise die Papierübergabe kein Wirksamkeitserfordemis sein soll. Jacobi mißt dem Ausweiswert der Papierinhaberschaft eine große Bedeutung zu. Diese sei so stark, daß auch bei der Übertragung der Schuldner schon im Unterschied zur gesetzlichen Regelung des § 407 Abs. 1 BGB eine Abtretungsanzeige nur dann zur Kenntnis neh­ men müsse und ihm die Möglichkeit der befreienden Leistung an den nicht mehr be­ rechtigten Erstgläubiger genommen sei, wenn der Erwerber auch im Besitz des Papiers ist. In diesem Fall sei dann eine Anzeige jedoch aufgrund der teleologischen Reduktion des § 407 Abs. 1 BGB gar nicht mehr erforderlich, um dem Schuldner die Möglichkeit einer befreienden Leistung an den Nichtberechtigten zu nehmen. Jacobi überträgt die­ se Wirkung auf die Verpfändung des Rektapapiers. Eine Anzeige der Verpfändung brauche der Schuldner nur zu beachten, wenn der Pfandgläubiger auch über die Papie­ rinhaberschaft verfüge. Die Anwendung des § 1280 BGB wäre in diesem Fall aber sinnlos und daher überflüssig.

10 Wäre die Anzeige des § 1280 BGB zur Pfandrechtsbestellung entbehrlich, besä­ ßen Namensschuldverschreibungen gegenüber sonstigen Forderungen in der Praxis den unschätzbaren Vorteil, daß ihre Verpfandung auch „still“ erfolgen könnte. Die prak­ tisch aufwendige und vom Gläubiger unerwünschte Inkenntnissetzung des Schuldners von der Verwendung der Forderung als Sicherungsmittel ist der Grund, warum die Verpfändung von Forderungen im Rechtsverkehr als durch Individualvertrag bestelltes Sicherungsmittel nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Sie wird in zunehmendem Maße von der Sicherungsabtretung verdrängt, die eine treuhänderische Vollrechtsüber­ tragung ohne Wissen des Schuldners zuläßt; MünchKomm-Damrau Vor § 1204, Rz.5.

11 Vgl. zu diesem Weg auch die Kritik Raisers an Jacobi in ZHR 101 (1935), S.42 ff.

§23 Der Sparkassenbrief als Kreditsicherheit

317

tigung des Gläubigers zu zerstören.12 Daß die Bedeutung der Anzeigepflicht über das Verhältnis zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer hinaus­ geht, belegt auch § 1284 BGB, der die Anzeigepflicht nach § 1280 BGB der Disposition von Gläubiger und Pfandgläubiger entzieht. Die Anzeigepflicht entspricht nach einhelliger Ansicht dem Übergabeerfordernis bei der Verpfan­ dung einer beweglichen Sache gemäß § 1205 BGB. Die bei Rechten fehlende Unterwerfung unter die faktische, körperliche Verfügungsmacht des Pfand­ gläubigers wird bei der Verpfändung von Forderungen durch die Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner von der Belastung des Rechts ersetzt.13 Die vom Sicherungszweck des Pfandrechts geforderte Publizität darüber, daß der Verpfänder seine unbeschränkte Verfügungsgewalt über den verpfändeten Ge­ genstand verliert, wird beim Fahrnispfand durch bestimmte Übergabeformen14, beim Forderungspfand durch die Anzeige des Gläubigers an den Schuldner er­ reicht.

Betrachtet man jedoch den Zweck dieser Offenlegung der Verfügungsbeschränkung des Gläubigers, so steht die Zerstörung der Redlichkeit des Schuldners, die eine befreiende Leistung an den in seiner Verfügung be­ schränkten Gläubiger verhindert, viel weniger im Vordergrund als es den An­ schein hat. Denn ginge es lediglich darum, den guten Glauben des Schuldners an die Lastenfreiheit der Forderung zu zerstören, so hätte § 1280 BGB nicht in Abweichung zu §§ 1275/ 407 Abs. 1 BGB die Anzeige ausschließlich durch den Gläubiger angeordnet, sondern würde jede Kenntniserlangung auch von dritter Seite ausreichen lassen.15 Das Wirksamkeitserfordernis einer Anzeige durch den Gläubiger macht vielmehr deutlich, daß der Gläubiger sich durch diese Willensäußerung gegenüber dem Schuldner, für diesen und jeden inter­ essierten Dritten klar erkennbar, dazu bekennen soll, daß er die Verpfandung der Forderung gegen sich gelten lassen will.16 Gegenüber dem auch in §§ 1275/409 BGB vorgesehenen Schuldnerschutz geht § 1280 BGB deshalb einen

12 Staudinger-Wiegand § 1205 Rz.10; Staudinger-Riedel/Wiegand § 1280 Rz.l; Soergel-Mühl § 1280 Rz.3; RGZ 89, S.289 f.

13 RGZ 89, S.289.

14 Gerade im Hinblick auf den Publizitätszweck wurde das Übergabesurrogat der Einräumung eines Besitzkonstituts nicht für ausreichend erachtet, eine weitere Einwir­ kung oder Verfügung des Verpfänders erkennbar auszuschließen; Staudinger-Wiegand § 1205 Rz.l0. 15 RGZ 89, S.290. 16 Gruchot 49, S.97; RGZ 51, S.86; RGZ 68, S.281 (282).

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

Schritt weiter.17 Durch die Anzeige als Publizitätsmittel soll dem Verpfänder die Verfügungsgewalt über die Forderung in der Weise entzogen werden,18 daß auch weitere Kreditgeber (evtl, durch Erkundigung beim Schuldner) zumin­ dest erkennen können,19 daß die Forderung vom Vermögen des Verpfänders abgesondert ist20 und diesem nicht mehr als weitere Kreditunterlage dienen kann.21 Die Publizität der Anzeige des § 1280 BGB ist in ihrer Wirkung somit nicht auf die direkt an der Verpfändung beteiligten Parteien beschränkt. We­ gen dieser „Drittwirkung“ der Verpfändungsanzeige kann auch bei Bestehen einer Präsentationspflicht bei der Geltendmachung des verbrieften Rechts nicht auf das Publizitätsmittel einer gesonderten rechtsgeschäftlichen Hand­ lung des Forderungsinhabers verzichtet werden.

Der regelmäßig erfolgenden Übertragung des Besitzes am Sparkassenbrief auf den Pfandgläubiger ist dabei die Tauglichkeit abzusprechen, als rechtsge­ schäftliche Handlung des Verpfänders und Publizitätsmittel dienen zu können. Zwar wird der Sicherungswert des Forderungspfandes durch das Präsentati­ onserfordernis bei der Einziehung erst durch den Besitz an dem verbriefenden Papier gewährleistet, dies ist jedoch ein Aspekt, der lediglich die Interessenla­ ge im Verhältnis Pfandgläubiger/Verpfänder berührt und dem deshalb keine Publizitätswirkung gegenüber dem Schuldner oder einem dritten Kreditgeber zukommen kann. Darüberhinaus haftet dem Papierbesitz bei Namensschuld­ verschreibungen, anders als bei beweglichen Sachen und bei Forderungen, die in Wertpapieren mit öffentlichem Glauben verkörpert sind, weder eine Vermutungs- noch eine Rechtsscheinwirkung22 bezüglich der Rechtslage an der ver­ brieften Forderung an, so daß die Besitzverschafftmg ohnehin keinen eindeuti­ gen Beleg für eine bestimmte Rechtsfolge abgeben kann.

Trotz des Bestehens einer Präsentationspflicht kann bei Einlösung des Sparkassenbriefs nicht auf die Anzeige als Wirksamkeitserfordernis für eine Pfandrechtsbestellung verzichtet werden, weil durch einen Wechsel in der Besitzlage für Dritte nicht in gleicher Weise eine Absonderung der Forderung vom Vermögen des Verpfänders dokumentiert würde. Für einen Verzicht be­ steht darüberhinaus auch kein praktisches Bedürfnis, verschafft doch die An­ 17 RGZ 79, S.306; Staudinger-Riedel/Wiegand § 1280 Rz.6.

18 Staudinger-Wiegand § 1205 Rz.10. 19Staudinger-Riedel/Wiegand § 1280 Rz.l.

20 Soergel-Mühl § 1280 Rz.3.

21 Staudinger-Wiegand § 1205 Rz. 10. 22 Vgl. bereits § 10 II 3 b.

§ 23 Der Sparkassenbrief als Kreditsicherheit

319

zeige dem Pfandgläubiger sogar Vorteile bei der Verwertung der verpfändeten Forderung bei Eintritt des Sicherungsfalls. Der bloße Papierbesitz und damit die Urkundeninhaberschaft gibt nämlich auch dem Pfandgläubiger noch nicht die Möglichkeit zur Einziehung der Forderung. Ebenso wie ein Zessionar ge­ genüber dem Schuldner seine Berechtigung nachweisen muß, kann auch ein Pfandgläubiger nur dann die Forderung geltendmachen, wenn er sein Pfand­ recht und die daraus resultierende Berechtigung zur Einziehung nachweist. Eine bereits bei Bestellung erfolgte Anzeige des Berechtigten an den Schuld­ ner erleichtert ihm diesen Nachweis. Es besteht somit weder die Möglichkeit noch ein Bedürfnis, anstatt oder al­ ternativ neben der Verpfändungsanzeige, die Papierübergabe im Verhältnis zwischen Verpfänder und Pfandgläubiger für die Wirksamkeit der Pfand­ rechtsbestellung ausreichen zu lassen und von der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 1280 BGB abzuweichen.23 Eine Anzeige der Pfandrechtsbestel­ lung gegenüber dem Schuldner ist lediglich dann entbehrlich, wenn der Schuldner gleichzeitig der Pfandgläubiger ist, wie dies bei einer Verpfandung des Sparkassenbriefs an die Schuldnersparkasse der Fall ist.24

Die Anzeige ist eine formfreie empfangsbedürftige Willenserklärung des Verpfänders, die lediglich erkennen lassen muß, daß dieser die dingliche Be­ lastung gegen sich gelten lassen will.23 Nicht ausreichend ist jedoch die Abga­ be der Anzeige durch den Pfandgläubiger26 oder eine sonstige, nicht auf einer Abtretungsanzeige des Gläubigers beruhende Kenntnis des Schuldners von der Verpfändung.27 Aufgrund des Sicherungsvertrages kann deshalb der Pfand­ gläubiger die Anzeige vom Gläubiger verlangen28 und wird gegebenenfalls nur

23 Zustimmend Raiser ZHR 101 (1935), S.43; Baumbach/Hefermehl WPR, Rz.85; Welter, WM 1987, S.l 120; Kümpel, WM 1981 Beilage 1, S.15; Hueck/Canaris § 271 2 b, für Sparbuchforderungen; unklar insoweit Palandt-Bassenge § 1274 Rz.9. 24 Für eine zusätzlich neben der vertraglichen Verpfändungsabrede stehende Anzei­ ge ist bei Identität von Schuldner und Pfandgläubiger kein Raum mehr. Allgemeine Meinung, vgl. RGZ 57, S.358 (363); RGZ 116, S.198 (207); RG Recht 1923, 350 Nr.2; BGH DB 1956, S.183; BGH WM 1962, S.183; BGH LM § 610 Nr.l; StaudingerRiedel/Wiegand § 1280 Rz.5; Soergel-Mühl § 1280 Rz.2.

23 OLG Köln NJW-RR 90, S.485. 26 RGZ 79, S.306. 27 RGZ 89, S.289. 28 RG HRR 30, Nr.216.

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

Zug um Zug gegen Bestätigung der Anzeige durch den Schuldner die zu si­ chernde Leistung erbringen.29

cc) Reichweite der Belastung

Zeigt der Gläubiger ordnungsgemäß an, so erstreckt sich die Pfandrechts­ bestellung im Zweifel gemäß § 1289 Satz 1 BGB auch auf die Zinsforderun­ gen. Diese Erstreckung ist sowohl mit schuldrechtlicher Wirkung durch Fest­ legung im Sicherungsvertrag30 als auch mit dinglicher Wirkung durch eine entsprechend modifizierte Verpfändungsanzeige31 abdingbar. Bei der dingli­ chen Abbedingung steht dem Pfandgläubiger kein Pfandrecht an der Zinsfor­ derung zu,32 bei bloß schuldrechtlicher Abbedingung wird zwar der Zinsan­ spruch mit dem Pfandrecht dinglich belastet, im Verhältnis zum Verpfänder ist der Pfandgläubiger aber nicht zur Einziehung der Zinsen berechtigt.33 Mit dem Pfandrecht an der Forderung aus der Namensschuldverschreibung erwirbt der Sicherungsnehmer auch das Recht, die Inhaberschaft an der Ur­ kunde eingeräumt zu erhalten. Grundsätzlich gibt § 952 Abs. 1 Satz 2 BGB dem Pfandgläubiger an einer Forderung auch ein Pfandrecht an dem über sie ausgestellten Papier. Infolgedessen hat der Pfandgläubiger aus § 1227 iVm. § 985 BGB das Recht, die Urkunde von jedermann zu vindizieren. Gegenüber dem Sicherungsgeber gibt ihm der schuldrechtliche Sicherungsvertrag das Recht, die Urkundeninhaberschaft eingeräumt zu verlangen, da der Pfand-

29 Die Anzeige kann aber durch einen vom Gläubiger bevollmächtigten Stellvertre­ ter erfolgen (MünchKomm-Damrau § 1280 Rz.8; RGZ 79, S.306 (308); RGZ 89, S.289 (290)). In der Praxis läßt sich deshalb der Pfandgläubiger regelmäßig eine Verpfän­ dungsanzeige in Schriftform aushändigen, mit der Ermächtigung, diese in Vertretung des Gläubigers an den Schuldner weiterzuleiten; vgl. Vordruck Nr. 193 590 des Deut­ schen Sparkassenverlags im Anhang II. Die Zulässigkeit dieses Vorgehens war früher umstritten, ist aber seit BGH WM 1990, S.l359 anerkannt (Goßmann BuB 1 1/395). 30 KG Recht 14, Nr.2878.

31 KG OLGZ 12, S.286. 32 KG OLGZ 12, S.286.

33 RG WamR 1915, Nr.85; Rimmelspacher, Anmerkung zu OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.7.1992 (6 U 140/91) = WM 1992, S.l937, in WuB IF 2. - 1.93.

§23 Der Sparkassenbrief als Kreditsicherheit

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gläubiger bei Pfandreife ohne Urkundenvorlage die Forderung nicht einzuzie­ hen vermag.34 Ein gutgläubiger Erwerb des Pfandrechts an einer Forderung ist nur in dem Umfang möglich, wie auch ein Redlichkeitsschutz beim Forderungserwerb besteht.35 Der Vertrauensschutz des Erwerbers beschränkt sich auf die Fälle des § 405 BGB und des wissentlichen Belassens der forderungsentkleideten Urkunde im Rechtsverkehr.

b) Verwirklichung des Pfandrechts an Namensschuldverschreibungen

Infolge der Verpfandung kann der Schuldner, solange noch keine Pfandrei­ fe eingetreten ist, bei Fälligkeit der eigenen Schuld nur durch Leistung an den Pfandgläubiger und den Gläubiger gemeinschaftlich erfüllen (§ 1281 Satz 1 BGB). Nach Eintritt der Pfandreife kann der Schuldner befreiend nur noch an den nun allein zur Einziehung ermächtigten Pfandgläubiger leisten (§ 1282 Abs. 1 Satz 1 BGB). Hat die zu sichernde Forderung ebenfalls eine Geldzah­ lung zum Gegenstand, so gilt mit der Leistung des Schuldners auf den Spar­ kassenbrief die gesicherte Forderung in dieser Höhe als vom Gläubiger der Sparkassenbriefforderung gegenüber dem Pfandgläubiger berichtigt (§§ 1288 Abs. 2 iVm. 1282 Abs. 1 iVm. 1247 BGB).36 Gemäß § 1284 BGB enthalten die §§ 1281-1283 BGB dispositives Recht. Häufig werden deshalb die gesetz­ lichen Rechtsfolgen zugunsten eines auch schon vor Pfandreife bestehenden alleinigen Einziehungsrechts des Pfandgläubigers vertraglich abbedungen.37

Voraussetzung für die Einziehungsbefugnis des Pfandgläubigers ist aber neben der Pfandreife auch die Fälligkeit der verpfändeten Forderung. Hängt diese von einer Kündigung ab, so verteilt § 1283 BGB lediglich die Zustän­ digkeit für ein bestehendes Kündigungsrecht. Durch § 1283 BGB wird jedoch

Raiser ZHR 101 (1935), S.43 f. Konstruktiv ergibt sich dies aus der Regelung des § 1275 BGB, wonach die teleologische Reduktion des § 407 Abs. 1 BGB und damit das Präsentationserfordemis auch im Verhältnis zwischen dem Schuldner und dem Pfandgläubiger anzuwenden ist. 35 Reinicke/Tiedtke S.285; Staudinger-Riedel/Wiegand § 1274 Rz.l 1.

36 Reinicke/Tiedtke S.287. 37 Vgl. Vordruck Nr. 193 590 des Deutschen Sparkassenverlags im Anhang IL 21 Seitz

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

keinesfalls ein ansonsten nicht bestehendes Kündigungsrecht begründet.38 Tritt die Pfandreife vor Ende der Laufzeit des Sparkassenbriefs ein, so kann, weil für den Gläubiger eine vorzeitige Kündigung des Sparkassenbriefs aufgrund der festen Laufzeit ausgeschlossen ist, auch der Pfandgläubiger die Forderung nicht kündigen, sondern muß zur Einziehung das Ende der Laufzeit abwar­ ten.39

Allenfalls eine entsprechende Anwendung des § 1295 BGB, der bei Order­ papieren mit Börsen- oder Marktpreis einen freihändigen Verkauf vorsieht, könnte eine Erleichterung für den Pfandgläubiger bei der Verwertung der Sparkassenbriefforderung bewirken. Zwar besteht auch für Rektapapiere häu­ fig zumindest ein Marktpreis, und die vorzeitige Veräußerungsmöglichkeit längerfristig nicht mobilisierbarer Forderungen erscheint durchaus interessen­ gerecht, doch ist die Erstreckung des § 1295 BGB auf Rektapapiere schon deshalb ausgeschlossen, weil wesentlicher Effekt auch des freihändigen Ver­ kaufs ein weitgehender Gutglaubensschutz gemäß § 1244 iVm. § 1233 Abs. 1, § 1235 Abs. 2 und § 1221 BGB bei einer im Wege dieses Verfahrens erfolgten Rechtsveräußerung ist, der auf den Erwerb von Rektapapieren nicht übertrag­ bar ist.

Im übrigen gilt für das Verhältnis zwischen Pfandgläubiger und Schuldner die Regelung des § 1275 BGB. Danach hat der Schuldner gegenüber dem Pfandgläubiger die gleichen Rechte und Pflichten, wie gegenüber einem Zes­ sionar der Namensschuldverschreibung, insbesondere kann er ihm die glei­ chen Einwendungen entgegenhalten. Besonderheiten bei der Verpfandung von Namensschuldverschreibungen im Unterschied zu gewöhnlichen Forderungen bestehen dabei nur in der teleologisch eingeschränkten Anwendbarkeit des § 407 Abs. 1 BGB durch das Präsentationserfordernis sowie der Möglichkeit des Verlusts gewisser Einwendungen bei wissentlichem Belassen der Urkunde im Verkehr.40

38 Rimmelspacher, Anmerkung zu OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.7.1992 (6 U 140/91) = WM 1992, S.1937, in WuB IF 2. - 1.93.

39 Vgl. den Fall OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.7.1992 (6 U 140/91) = WM 1992, S.l 937. 40 Vgl. dazu § 12114 c.

§23 Der Sparkassenbrief als Kreditsicherheit

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2. Die Verpfändung an die Schuldnersparkasse a) Zulässigkeit der Begründung des Pfandrechts an eigener Schuld

Ist Sicherungsnehmer die Schuldnersparkasse, so wird sie, um die Proble­ matik der Konfusion bei einer Sicherungsabtretung der gegen sie selbst gerich­ teten Sparkassenbriefforderung zu vermeiden, den Sparkassenbrief als Kredit­ sicherheit nur dann akzeptieren, wenn ihr an der eigenen Schuld ein Pfand­ recht bestellt wird. Daß dem Pfandgläubiger auch ein Pfandrecht an einer ge­ gen ihn selbst gerichteten Forderung bestellt werden kann und dadurch Pfand­ gläubiger und Schuldner in einer Person zusammenfallen, ist allgemein aner­ kannt.41 Es besteht keine gesetzessystematische Notwendigkeit, daß Pfand­ gläubiger und Schuldner der gesicherten Forderung zwei verschiedene Perso­ nen sein müssen. Der Einwand, durch ein Pfandrecht an eigener Schuld ent­ stünde nichts anderes als eine dinglich abgesicherte Aufrechnungsmöglichkeit, übersieht, daß durch ein Pfandrecht auch Ansprüche auf ungleichartige Ge­ genstände gesichert werden können, bei denen eine Aufrechnung ausgeschlos­ sen ist.42 Die Einigung über eine Pfandrechtsbestellung kann dabei entweder durch Individualvertrag43 oder durch Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbe­ 41 Allgemeine Meinung, vgl. RGZ 57, S.358 (363); RGZ 116, S.198 (207); RG Recht 1923 Nr.2 350; BGH WM 1956, S.217 (218); BGH WM 1962, 183 = BGH LM § 610 Nr.l; BGH WM 1983, S.926 (927); BGHZ 93, S.71 (76); StaudingerRiedel/Wiegand § 1280 Rz.5; Soergel-Mühl § 1280 Rz.2; MünchKomm-Damrau § 1273 Rz.5; Welter, WM 1987, S.1120 f.; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rz.6.82. 42 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz.6.85; Welter, WM 1987, S.1120 f. (Fn.51). 43 Vgl. dazu Vordruck Nr. 193 590 des Deutschen Sparkassenverlags im Anhang II. Erfolgt die Verpfändung durch einen Vertrag, der die verpfändeten Rechte inhaltlich näher bestimmt, so werden Sparkassenbriefe weder durch die Formulierung der Ver­ pfändung „aller Kontoguthaben“ noch durch die Pfandrechtsbestellung an „allen Wertpapierdepots“ belastet. Aufgrund seiner Wertpapiereigenschaft verbrieft der Sparkassenbrief eine abstrakte Zahlungspflicht. Er ist Wertpapier in Form einer Na­ mensschuldverschreibung und keine Konteneinlage. Da jedoch ein Sparkassenbrief nicht depotverwahrt wird, worunter eine Verwahrung im Geltungsbereich des Depot­ gesetzes zu verstehen ist (vgl. oben § 21), kann er auch nicht durch die Verpfändung aller Wertpapierdepots von einem Pfandrecht erfaßt werden; so Rimmelspacher in WuB IDI.- 2.90 = Anmerkung zu BGH, Urteil vom 19.9.1989 (XI ZR 179/88) = WM 1989, S.1640. 21*

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

dingungen44 erfolgen. Weil aufgrund der Personenidentität von Schuldner und Pfandgläubiger keine dritte Person eingeschaltet ist, bedarf es zur Entstehung

44 Nr.21 AGB-Sparkassen lautet auszugsweise:

(1) Umfang: Der Kunde räumt hiermit der Sparkasse ein Pfandrecht ein an Werten jeder Art, die im bankmäßigen Geschäftsverkehr durch den Kunden oder durch Dritte für seine Rechnung in ihren Besitz oder ihre sonstige Verfügungsmacht gelangen. Zu den erfaßten Werten zählen sämtliche Sachen und Rechte jeder Art.(...) Erfaßt werden auch Ansprüche des Kunden gegen die Sparkasse (zum Beispiel aus Guthaben). Forderungen des Kunden gegen Dritte sind an die Sparkasse abgetreten, wenn über die Forderungen ausgestellte Urkunden im bankmäßigen Geschäftsverkehr in die Ver­ fügungsmacht der Sparkasse gelangen. (2) Ausnahmen: Gelangen Gelder oder andere Werte mit der ausdrücklichen Zweckbestimmung für eine bestimmte Verwendung in die Verfügungsmacht der Spar­ kasse, (...) so erstreckt sich das Pfandrecht nicht auf diese Werte. (...) Dasselbe gilt für die von der Sparkasse selbst ausgegebenen Genußrechte/Genußscheine und für die An­ sprüche des Kunden aus nachrangigem Haftkapital (...). (3) Gesicherte Ansprüche: Das Pfandrecht sichert alle bestehenden und künftigen, auch bedingten oder befristeten, auch gesetzlichen Ansprüche der Sparkasse gegen den Kunden, die sie im Zusammenhang mit der Geschäftsverbindung erwirbt. Das Pfand­ recht sichert auch Ansprüche der Sparkasse gegen Dritte, für deren Verbindlichkeiten der Kunde persönlich haftet. Ansprüche gegen Kunden aus übernommenen Bürgschaf­ ten werden erst ab deren Fälligkeit gesichert.

(4) Geltendmachung des Pfandrechts: Die Sparkasse darf die dem AGB-Pfand­ recht unterliegenden Werte nur bei einem berechtigten Sicherungsinteresse zurückhalten. (...)

Nr. 14 AGB - Banken lautet auszugsweise: (1) Einigung über das Pfandrecht: Der Kunde und die Bank sind sich darüber ei­ nig, daß die Bank ein Pfandrecht an den Wertpapieren und Sachen erwirbt, an denen eine inländische Geschäftsstelle im bankmäßigen Geschäftsverkehr Besitz erlangt hat oder noch erlangen wird. Die Bank erwirbt ein Pfandrecht auch an den Ansprüchen, die dem Kunden gegen die Bank aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung zustehen oder künftig zustehen werden (zum Beispiel Kontoguthaben). (2) Gesicherte Ansprüche: Das Pfandrecht dient der Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche, die der Bank mit ihren sämtlichen in- und auslän­ dischen Geschäftsstellen aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung gegen den Kunden zustehen. Hat der Kunde gegenüber der Bank eine Haftung für Verbindlichkeiten eines anderen Kunden übernommen (zum Beispiel als Bürge), so sichert das Pfandrecht die aus der Haftungsübernahme folgende Schuld jedoch erst ab ihrer Fälligkeit.

§ 23 Der Sparkassenbrief als Kreditsicherheit

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des Pfandrechts nicht der Anzeige nach § 1280 BGB.45 Zur Pfandrechtsbestel­ lung ist die schlichte Einigung ausreichend.46

b) Bedeutung des AGB-Pfandrechts der Banken und Sparkassen Dadurch, daß außer der Einigung über die Pfandrechtsentstehung keine weitere Rechtshandlung erforderlich ist, eignet sich das Pfandrecht an eigener Schuld sehr gut dazu, als Sicherungsmittel für alle denkbaren Forderungen des Kreditinstituts gegenüber seinem Kunden über eine Klausel in den Allgemei­ nen Geschäftsbedingungen, die Gültigkeit für die gesamte Geschäftsverbin­ dung entfalten, formularmäßig vereinbart zu werden.

aa) Reichweite des AGB-Pfandrechts

Nach Nr. 21 Abs. 1 Satz 4 AGB-Sparkassen / Nr. 14 Abs. 1 Satz 2 AGBBanken erwirbt das Kreditinstitut ein Pfandrecht auch an den Ansprüchen, die dem Kunden gegen das Kreditinstitut aus der bankmäßigen Geschäftsverbin­ dung zustehen oder zustehen werden. Weil die Ausgabe von Namensschuld­ verschreibungen zu den banküblichen Geschäften zählt und im Rahmen der Geschäftsbeziehung zwischen Kunde und Kreditinstitut stattfindet, unterliegt auch die Forderung des Kunden aus einem Sparkassenbrief grundsätzlich dem AGB-Pfandrecht. Da spätestens beim Abschluß des Rechtskaufvertrags über den Sparkassenbrief die AGB Vertragsbestandteil im Rechtsverhältnis zwi-

(3) Zweckgebundene Gelder und Werte des Kunden, eigene Aktien: Gelangen Gelder oder andere Werte mit der Maßgabe in die Verfügungsgewalt der Bank, daß sie nur für einen bestimmten Zweck verwendet werden dürfen, (...) so erstreckt sich das Pfandrecht der Bank nicht auf diese Werte. Dasselbe gilt für die von der Bank selbst ausgegebenen Aktien (eigene Aktien) (...). Außerdem erstreckt sich das Pfandrecht nicht auf die von der Bank selbst ausgegebenen Genußrechte/Genußscheine und auf die verbrieften und nicht verbrieften nachrangigen Verbindlichkeiten der Bank. 45 Goßmann, BuB I Rz. 1/393. 46 A.A. Herbst/Lang*, Rz.l08, wonach die Besitzverschaffung am Sparkassenbrief erforderlich sein soll, allerdings auch Einräumung des Mitbesitzes genüge, der jedoch regelmäßig nicht an dem Inhalt der im Sparkassengebäude angebrachten Schließfächer gegeben sei.

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

sehen Sparkasse und Kunde werden47 und gleichzeitig mit deren Einbeziehung der Kunde seine Zustimmung zur Entstehung des Pfandrechts gibt, steht die zeitlich danach begebene Forderung aus dem Sparkassenbrief dem ausgeben­ den Kreditinstitut seit ihrer Entstehung als Sicherheit zur Verfügung.48

Gemäß Nr. 14 Abs. 1 Satz 2 AGB-Banken und der inhaltlich gleichlaufen­ den49 Nr. 21 Abs. 1 AGB-Sparkassen erklärt der Kunde mit Einigung über die AGB seine Zustimmung sogar dazu, daß auch alle künftig entstehenden An­ sprüche gegen die Sparkasse vom AGB-Pfandrecht des Kreditinstituts erfaßt werden sollen. Zu diesem Zeitpunkt besteht an der nicht existenten Sparkas­ senbriefforderung noch kein Pfandrecht im eigentlichen Sinne,50 doch sind, da es weder einer Papierübergabe noch einer Anzeige bedarf, mit dieser Zustim­ mung des Kunden, die sich sowohl auf den Abschluß des Sicherungsvertrages als auch auf die dingliche Einigung über die Pfandrechtsbestellung bezieht, alle Elemente des Abschlußtatbestands antezipiert, so daß das Pfandrecht zu demselben Zeitpunkt entsteht, zu dem die Forderung aus dem Sparkassenbrief existent wird.51 Der für eine wirksame Antezipation erforderlichen Bestimm­ barkeit der verpfändeten Forderung steht es nicht entgegen, daß im Zeitpunkt der Einigung über die Verpfändung der Inhalt der verpfändeten Forderung

47 Das Kaufvertragsformular trägt regelmäßig die Verweisung auf die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, vgl. die Vordrucke Nm.168 580, 168 582, 168 585 des Deutschen Sparkassenverlags im Anhang II. Dies ist jedoch nur von Bedeu­ tung, wenn der Kauf des Sparkassenbriefs das erste Geschäft des Kunden mit dem Kreditinstitut ist, da ansonsten durch die Einbeziehung der AGB in einen anderen, zu einem früheren Zeitpunkt abgeschlossenen Vertrag die Einigung über die Pfandrechts­ bestellung auch bezüglich künftiger Forderungen aus der gesamten Geschäftsverbin­ dung bewirkt hat.

48 Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist die Klausel der Nm.21 AGBSparkassen und 14 AGB-Banken weder überraschend noch unangemessen im Sinne des AGB-Gesetzes. Sie beruhe auf einem vom Bankkunden vorhersehbaren und ver­ ständlichen Interesse der Bank, gewährte Kredite zu sichern (BGH WM 1983, S.926 (927); BGH WM 1985, S.688 und BGH WM 1988, S.859 = WuB IA. Nr. 19 AGB 3.88 mit Anmerkung Bruchner, Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rz.6.86.; Goßmann BuBIRz. 1/383). 49 Goßmann BuB I, Rz. 1/405. 50 A.A. Staudinger-Wiegand § 1204 Rz.23 ff; BGH WM 1983, S.213 (215); Küm­ pel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rz.6.78.

51 RGZ 82, S.227 (229 und 231); BGHZ 32, S.367 (369); MünchKomm-Damrau § 1273 Rz.4.

§23 Der Sparkassenbrief als Kreditsicherheit

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noch nicht bezeichnet werden kann52 - für diese Bestimmbarkeit genügt die pauschale Verpfandung aller Ansprüche des Kunden gegen die Sparkasse.53

Zwar ist das Forderungspfand ebenso wie das Fahrnispfand streng akzesso­ risch (§ 1273 Abs. 2 iVm. § 1204 BGB) und deshalb in seinem Bestand von der Existenz einer zumindest bestimmbaren zu sichernden Forderung abhän­ gig, doch zieht Nr. 14 Abs. 2 AGB-Banken den Kreis der möglichen abzusi­ chernden Forderungen so weit, daß nur, wenn die gesamte Geschäftsbeziehung zugunsten des Kunden auf Guthabenbasis geführt werden würde, das AGBPfandrecht nicht zur Entstehung gelangen könnte.54 Außerdem können Ge­ genstand der Absicherung auch alle künftig gegenüber der Bank entstehenden Verbindlichkeiten sein. Diese pauschale Umgrenzung genügt nach der Recht­ sprechung der erforderlichen Bestimmbarkeit der zu sichernden Forderung.55 In der Regel wird deshalb fast immer ein zumindest rangwahrendes Pfand­ recht56 des ausstellenden Kreditinstituts an einem Sparkassenbrief entstehen.

bb) Faktische Entwertung des Sparkassenbriefs als Sicherungsmittel gegenüber einem anderen Sicherungsnehmer als dem Aussteller

An Namensschuldverschreibungen kann ein Pfandrecht entstehen, ohne daß die Urkunde in den Besitz des Pfandgläubigers gelangt.57 Insofern unterschei­ det sich der Sparkassenbrief als Rektapapier von vergleichbaren Wertpapieren des Kapitalmarkts.58 Für die Verpfändung eines Inhaberpapiers ist gemäß 52 RGZ 136, S. 139 (140).

53 RG WamR 1911 Nr.274; Welter, WM 1987, S.l 120 m.w.Nw. in Fn.45. 54 Zulässig nach BGH NJW 1981, S.756; BGH WM 1980, S.1255.

55 RGZ 78, S.26 (27); BGH NJW 1965, S.965; OLG Bremen BB 1974, S.l54. Aus­ genommen sind lediglich solche Forderungen des Ausstellers gegen den Kunden, die nur deshalb von dritter Seite erworben werden, um sie unter die Deckung des noch nicht voll in Anspruch genommenen Werts der gestellten Sicherheiten zu ziehen. Inso­ weit ist die Klausel Nr. 14 Abs. 2 AGB-Banken inhaltlich einzuschränken; MünchKomm-Damrau § 1204 Rz.23.

56 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht Rz.6.79. 57 A.A. MünchKomm-Damrau § 1292 Rz.2 und § 1274 Rz.8, der jedoch nicht unter­ scheidet zwischen Rektapapieren, bei denen eine Übergabe des Papiers zur Rechts­ übertragung erforderlich ist und solchen, bei denen die bloße Abtretung ausreicht.

58 Welter, WM 1987, S.1120; Koller Gutachten, S.1465; Kümpel, WM 1981 Beilage 1,S.15.

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

§ 1293 iVm. § 1205 f. BGB die Papierübergabe oder ein Übergabesurrogat konstitutive Entstehensvoraussetzung. Bei Orderpapieren bedarf es entweder eines speziellen Pfandindossaments gemäß § 1292 BGB oder zumindest wegen § 1274 Abs. 1 Satz 2 BGB der Besitzverschaffung an dem nicht indossierten Papier (Nr.21 Abs. 1 AGB Sparkassen/Nr. 14 Abs. 1 AGB Banken), so daß für die Entstehung eines Pfandrechts zumindest noch eine, der mit Hilfe der AGB vorgenommenen antezipierten Einigung nachfolgende Handlung des Rechts­ inhabers erforderlich ist. Bei diesen Papieren kann somit der Berechtigte noch im Einzelfall entscheiden, ob er dem Kreditinstitut den Vermögenswert als Si­ cherheit überlassen will. Weil an dem Forderungsrecht aus der Namensschuld­ verschreibung Sparkassenbrief aber regelmäßig ein AGB-Pfandrecht des Aus­ stellers ohne weitere rechtsgeschäftliche Handlung des Berechtigten (wie einer Besitzübertragung an den Aussteller)59 entsteht, ist dieser Vermögenswert für den Kunden als Sicherungsmittel nur sehr eingeschränkt verwendbar. Insbe­ sondere wird er, solange der Aussteller auf sein vorrangiges Pfandrecht nicht verzichtet, den Sparkassenbrief nur als Sicherheit im Verhältnis zum Ausstel­ ler verwenden können, da ein dritter Pfandgläubiger daran allenfalls ein nachrangiges Pfandrecht oder, bei einer Vollrechtsübertragung, eine belastete Forderung erwerben würde.

cc) Enthaftung Eine Enthaftung des Sparkassenbriefs über einen Vorrangserwerb (im Sin­ ne von § 1208 BGB) durch einen gutgläubigen dritten Pfandrechtserwerber ist aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 1273 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht möglich. Das Vertrauen auf die Lastenfreiheit der verpfändeten Forderung wird nicht geschützt.60

Eine Enthaftung kann deshalb allein durch eine Verzichtserklärung des Pfandgläubigers erfolgen (§ 1255 Abs. 1 BGB). Praktische Bedeutung hat eine solche Erklärung in Form der sogenannten Freigabeklauseln erlangt, die zur Vermeidung einer Unwirksamkeit der Sicherheitsbestellung wegen sittenwid­ riger Übersicherung in die AGB der Kreditinstitute aufgenommen werden.

59 Baumbach/Hefermehl, WPR Rz.85, Hueck/Canaris § 27 I 2 b, für Sparbuchforde­ rungen; unklar insoweit Palandt-Bassenge § 1274 Rz.9.

60 MünchKomm-Damrau § 1273 Rz.7.

§23 Der Sparkassenbrief als Kreditsicherheit

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Diese in der Regel schuldrechtlichen Freigabeklauseln61 geben dem Siche­ rungsgeber einen Anspruch auf Freigabe einzelner Sicherheiten, wenn die Summe der gestellten Sicherheiten die Höhe der zu sichernden Forderungen, vermehrt um einen gewissen Risikozuschlag, übersteigt.62 Den Anspruch auf Freigabe muß der Kunde jedoch selbst verfolgen, das Kreditinstitut ist nicht verpflichtet, von sich aus bei Erreichen der Deckungsgrenze Sicherheiten frei­ zugeben.63 Macht der Kunde diesen Anspruch zu Recht geltend, so bleibt zwar das Kreditinstitut zur Berücksichtigung der Belange des Kunden verpflichtet, doch besteht im Rahmen von Treu und Glauben bei mehreren Sicherungsge­ genständen eine echte Wahlschuld (§ 262 BGB).64 Selbst bei Überschreiten der Deckungsgrenze hat der Kunde deshalb nicht die Gewähr, daß aufgrund der Freigabeklausel gerade das Pfandrecht an dem betreffenden Sparkassenbrief aufgehoben wird.

61 Zu den materiellen Voraussetzungen für die Wirksamkeit solcher Freigabeklau­ seln vgl. BGH WM 1994, S.414 ff. und, BGH WM 1994, S.419 ff. sowie Reinicke/Tiedtke, S.l64 ff. 62 Nr.22 AGB-Sparkassen lautet auszugsweise:

(2) Freigabe-Verpflichtung: Die Sparkasse ist auf Verlangen zur Freigabe von Si­ cherheiten nach ihrer Wahl verpflichtet, soweit der realisierbare Wert oder der in Si­ cherungsverträgen im einzelnen konkretisierte Wert aller Sicherheiten den Gesamtbe­ trag aller Forderungen der Sparkasse nicht nur vorübergehend um mehr als 20 v.H. übersteigt. Die Sparkasse wird bei der Auswahl der freizugebenden Sicherheiten auf die berechtigten Belange des Kunden tunlichst Rücksicht nehmen. Nr. 16 AGB-Banken lautet auszugsweise:

(1) Deckungsgrenze: Die Bank kann ihren Anspruch auf Bestellung oder Verstär­ kung von Sicherheiten so lange geltend machen, bis der realisierbare Wert aller Si­ cherheiten dem Gesamtbetrag aller Ansprüche aus der bankmäßigen Geschäftsverbin­ dung (Deckungsgrenze) entspricht. (2) Freigabe: Falls der realisierbare Wert aller Sicherheiten die Deckungsgrenze nicht nur vorübergehend übersteigt, hat die Bank auf Verlangen des Kunden Sicherhei­ ten nach ihrer Wahl freizugeben, und zwar in Höhe des die Deckungsgrenze überstei­ genden Betrages; sie wird bei der Auswahl der freizugebenden Sicherheiten auf die be­ rechtigten Belange des Kunden und eines dritten Sicherungsgebers, der für die Ver­ bindlichkeiten des Kunden Sicherheiten bestellt hat, Rücksicht nehmen. In diesem Rahmen ist die Bank auch verpflichtet, Aufträge des Kunden über dem Pfandrecht un­ terliegende Werte auszuführen.

6} Goßmann BuB I Rz. 1/476. 64 Goßmann BuB I Rz. 1/477 f ; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz.6.10.

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

Aufgrund dieses regelmäßig durch Nr. 21 Abs. 1 Satz 4 AGB-Sparkassen / Nr. 14 Abs. 1 Satz 2 AGB-Banken entstehenden AGB-Pfandrechts des Aus­ stellers des Sparkassenbriefs hat dieser als Sicherungsmittel hauptsächlich Be­ deutung im Verhältnis zur Ausstellersparkasse. Jeder andere Sicherungsneh­ mer wird erst auf einer ausdrücklichen Freigabe des Forderungspfandes beste­ hen.

c) Verwertung des Pfandrechts an eigener Schuld

Die Verwertung verpfändeter Geldforderungen durch den Pfandgläubiger erfolgt gemäß § 1282 Abs. 1 Satz 1 BGB durch Einziehung des Betrages. Bei einer eigenen Geldverbindlichkeit des Pfandgläubigers, der eben zugleich Schuldner ist, wird das Einziehungsrecht durch einfache Erklärung ausgeübt.65 Da die Einziehungserklärung des Pfandgläubigers gemäß § 1282 BGB das Erlöschen der Sparkassenbriefforderung nach sich zieht, steht die Einziehung rechtlich und wirtschaftlich der Geltendmachung der Forderung gleich. Mit Abgabe der Erklärung gilt der mit dem Schuldner identische Pfandgläubiger in Höhe der verpfändeten Forderung als befriedigt. Da diese nichtempfangsbe­ dürftige Erklärung die Einziehung bewirkt,66 kann sie auch nur unter densel­ ben Voraussetzungen abgegeben werden, unter denen im Fall einer Verpfän­ dung von Forderungen gegen Dritte eine Einziehung möglich wäre.67 Der Pfandgläubiger an eigener Schuld steht deshalb bezüglich der Einziehungsvor­ aussetzungen nicht günstiger als ein Pfandgläubiger an fremder Schuld. Wäre ein Dritter Pfandgläubiger, so müßte aufgrund des Präsentationserfor­ dernisses die Sparkasse auf ein Einziehungsverlangen nur dann leisten, wenn dieser ihr die Urkunde vorlegte. Zwar benötigt die Sparkasse die Urkunde sich selbst gegenüber nicht, um zur Geltendmachung der Sparkassenbriefforderung legitimiert zu sein. Sie kann eine Verrechnung mit der gesicherten Forderung auch ohne Urkundeninhaberschaft vornehmen. Jedoch besteht die Gefahr, daß, wird dem Verpfänder die Urkunde belassen, dieser bis zur Einziehung als Be­ rechtigter über das belastete Forderungsrecht verfugt und dem Zessionar auch die Urkunde aushändigt. Verlangt nun ein, das Papier präsentierender Zessio­ 65 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz.6.84; Rimmelspacher in Anmerkung zu OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.7.1992 (6 U 140/91) in WuB I F 2. - 1.93; Münch­ Komm-Damrau § 1282 Rz.4; RG JW 1931, 3101.

66 RG JW 1931, 3101; OLG Düsseldorf, WM 1992, S.l937 (1939). 67 OLG Düsseldorf, WM 1992, S.l937 (1939).

§ 23 Der Sparkassenbrief als Kreditsicherheit

331

nar bei Fälligkeit Zahlung, so könnte die Sparkasse nicht das Erlöschen durch Einziehung einwenden, da eine Leistung ohne Urkundenvorlage aufgrund der über § 1275 BGB bei der Einziehung gleichermaßen geltenden teleologischen Reduktion des § 407 Abs. 1 BGB auch dann keine Befreiungswirkung hätte, wenn der Pfandgläubiger eine dritte Person wäre.68 Deshalb muß die Sparkas­ se, auch wenn sie Schuldner und Pfandgläubiger in Personalunion ist, vor der Verwertung des Pfandrechts durch Erklärung der Einziehung die Sparkassen­ briefurkunde vom Gläubiger herausgegeben verlangen und nach erfolgter Ein­ ziehung entwerten, wenn sie sich nicht der Gefahr einer erneuten Inanspruch­ nahme aussetzen will. Auch wenn der Verpfänder vor Einziehung noch als Berechtigter über die Forderung verfugt, ist die Sparkasse nicht ungesichert. Der Zessionar ist auf­ grund des in § 1273 Abs. 2 Satz 2 BGB angeordneten Ausschlusses der Regeln des § 1208 BGB nicht in der Lage, die Forderung lastenfrei zu erwerben, auch wenn die Sparkassenbriefforderung unter Urkundenvorlage abgetreten wurde. Das Vertrauen auf die Lastenfreiheit wird für in Rektapapieren verbriefte For­ derungen nicht geschützt. Wegen § 1275 BGB kann deshalb die Sparkasse als Pfandgläubiger auch dem Zessionar das Pfandrecht entgegenhalten, über §§ 1227/985 BGB die Urkunde herausgegeben verlangen und die Forderung ein­ ziehen.69

Die Sparkasse kann den Gegenwert des Sparkassenbriefs erst mit der gesi­ cherten Forderung verrechnen, wenn einerseits Pfandreife der gesicherten For­ derung eingetreten70 und andererseits die Sparkassenbriefforderung selbst fal­ 68 Vgl. zur Einschränkung der Schuldnerschutzvorschrift des § 407 BGB durch das Präsentationserfordemis bereits § 9 II. 69 Auf dieses Ergebnis weisen Kümpel WM 1981, Beilage 1 zu Heft 2, S.l5 und Welter, WM 1987, S.l 119 (1120) für das AGB-Pfandrecht an Sparkassenbuchforde­ rungen hin, wenn diese ohne Urkundenvorlage ausgezahlt werden, nachdem sie bereits vorher von dem die Zahlung Verlangenden zediert wurden. Die Kritik Kollers, Gutach­ ten, S.1465, der im Pfandrecht an eigener Schuld lediglich eine vertraglich verfestigte Aufrechnungsbefugnis sieht und deshalb die Befugnisse des Pfandgläubigers durch ei­ ne entsprechende Anwendung des § 406 2.Halbsatz 2.Alt. BGB eingeschränkt wissen will, geht für die sich nicht durch ständige Ein- und Auszahlungen verändernde Spar­ kassenbriefforderung ins Leere. Vgl. auch die Kritik an den Thesen Kollers bei Welter, WM 1987, S.l 119 (1121 bei und in Fn.51).

70 Für das AGB-Pfandrecht enthält Nr.21 Abs. 5 AGB-Sparkassen verschärfte Ver­ wertungsvoraussetzungen. Danach ist vor einem Verwertungsrecht der Sparkasse die Pfandreife über die Fälligkeit hinaus an eine Mahnung mit Nachfristsetzung und eine Verwertungsandrohung geknüpft. Die Banken-AGB orientieren sich dagegen an den

332

3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

lig ist. Die Fälligkeit des mit einer Mindestlaufzeit von vier Jahren ausgestatte­ ten Sparkassenbriefs ist dabei häufig ein lästiges Verwertungshindernis. Zwar erstreckt sich das Pfandrecht und damit das Einziehungsrecht gemäß § 1289 BGB im Zweifel auch auf die Zinsansprüche aus dem Sparkassenbrief,71 so daß diese teilweise schon vor Ende der Laufzeit an den jeweiligen Zinsterminen eingezogen werden können. Der Kapitalbetrag (und bei ab- oder aufgezinsten Papieren auch die eingerechneten Zinsen) wird jedoch erst am Ende der ver­ einbarten Laufzeit fällig. Um eine Befriedigung in absehbarer Zeit zu errei­ chen, besteht deshalb ein starkes Bedürfnis nach einer vorzeitigen Fälligstel­ lung des Kapitalbetrages. Solange sowohl Zins- als auch Kapitalforderung vollständig vom Pfand­ recht an eigener Schuld umfaßt und auch sonst keine Interessen Dritter be­ rührt sind, wird man die stillschweigende Zustimmung des Gläubigers zu ei­ ner vorzeitigen Fälligstellung des Sparkassenbriefs durch einverständliche Vereinbarung des Schuldners mit dem Pfandgläubiger im Wege eines zulässi­ gen Insichgeschäfts vermuten müssen, da dem Verpfänder im Regelfall nicht an einem Herauszögern der Verwertung bis zum Laufzeitende gelegen sein kann. Infolgedessen könnte die Sparkasse den Anspruch aus dem Sparkassen­ brief sofort nach Pfandreife mit der gesicherten Forderung verrechnen. Anders zu beurteilen ist jedoch der Fall, daß durch die Laufzeitverkürzung sonstige Vermögensrechte Dritter oder des Gläubigers tangiert werden, wie z.B., wenn die laufenden Zinsansprüche nicht vom Pfandrecht erfaßt werden und entweder dem Gläubiger oder, infolge einer Abtretung, einem Dritten zu­ stehen.72 Dabei wird die prinzipielle Gleichstellung der Sparkasse als Pfand­ gläubigerin und Schuldnerin mit einem dritten Pfandgläubiger deutlich.

gesetzlichen Voraussetzungen. Diese Regelung gilt jedoch nur für das Pfandrecht nach AGB. Für Pfandrechte aus einzelnen Sicherungsverträgen wird vielmehr die Einzie­ hungsbefugnis sogar schon vor Fälligkeit der gesicherten Forderung vereinbart (vgl. Vordruck Nr. 193 590 des Deutschen Sparkassenverlags im Anhang II).

71 Anders der Fall OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.7.1992 (6 U 140/91) = WM 1992, S.l937, mit Anmerkung Rimmelspacher in WuB I F 2. - 1.93, bei dem die Zinsansprüche von der Verpfandung ausdrücklich ausgenommen worden waren. 72 So im Fall OLG Düsseldorf, WM 1992, S.l937 (1939); gleiches gilt auch für die Verpfändung des Sparkassenbriefs als Sicherheit für die Schuld eines Dritten, wobei durchaus denkbar ist, daß lediglich die Kapitalforderung als Sicherheit dienen soll, die Zinsen aber zur laufenden Einkunftserzielung bei der Besicherung ausgeschlossen bleiben sollen.

§ 23 Der Sparkassenbrief als Kreditsicherheit

333

aa) Probleme bei unterschiedlichem Schicksal von Hauptforderung und Zinsansprüchen Erfaßt das Pfandrecht am Sparkassenbrief nur die Hauptforderung, steht ei­ ner stillschweigenden Zustimmung des Gläubigers zur vorzeitigen Fälligstel­ lung der Sparkassenbriefforderung der Umstand entgegen, daß so der Zinslauf abgebrochen würde. Hat der Sparkassenbriefgläubiger sich einem Dritten ver­ pflichtet, die Zinsansprüche über die gesamte Laufzeit abzutreten, so würde er diesem gegenüber mit der Zustimmung zu einer vorzeitigen Fälligstellung, die sich direkt auf die Zinsansprüche auswirkte, vertragsbrüchig werden.

Auch aus der Sicherungsabrede bei der Pfandrechtsbestellung ergibt sich keine im voraus erteilte Zustimmung des Gläubigers zur frühestmöglichen Verwertung der Sparkassenbriefforderung: Sind die Zinsansprüche nicht mitverpfändet, drückt sich darin der Wille des Gläubigers aus, dem Pfandgläubi­ ger den Zugriff auf die Zinsen nicht zu ermöglichen.73 Diesem Willen des Gläubigers widerspräche es, hätte es der Pfandgläubiger durch eine Ände­ rungsbefugnis mittelbar doch in der Hand, auf den Zinslauf Einfluß zu neh­ men.

Fehlt es an einer konsensualen Lösung, so könnte eine vorzeitige Fälligstel­ lung nur Folge eines einseitigen Gestaltungsrechts sein. Zur Begründung eines vorzeitigen Kündigungsrechts wird dabei sowohl die Stellung der Sparkasse als Pfandgläubigerin als auch diejenige als Sparkassenbriefschuldnerin ange­ führt.74 Da die Rechtsstellung des Pfandgläubigers bezüglich der verpfändeten Forderung jedoch nicht weiter gehen kann als die des Gläubigers, ist eine vor­ zeitige einseitige Kündigung des Sparkassenbriefs durch die Sparkasse aus ih­ rer Stellung als Pfandgläubiger heraus nicht möglich, da ein vorzeitiges Kün­ digungsrecht des Anlegers bei Sparkassenbriefen vertraglich ausgeschlossen ist.75 Eine zwischen Gläubiger und Schuldner vereinbarte Fälligkeits- oder Kündigungsregel kann freilich durch eine neue Vereinbarung abgeändert wer­ den. Jedoch geht diese Änderungskompetenz bezüglich des Schuldinhalts nicht kraft Gesetzes auf den Pfandgläubiger über, sondern verbleibt beim Gläubiger der Sparkassenbriefforderung.76 Die Sparkasse kann deshalb als 73 Rimmelspacher in Anmerkung zu OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.7.1992 (6 U 140/91) WuB IF 2.-1.93. 74 Vgl. die Argumentation des beklagten Kreditinstituts im Fall OLG Düsseldorf WM 1992, S.1937 (1938).

75 Vgl. Vordruck Nr. 193 590 des Deutschen Sparkassenverlags im Anhang II.

76 Dies ergibt sich eindeutig aus der Regelung des § 1282 Abs. 2 BGB.

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

Pfandgläubiger nicht aus eigener Rechtsmacht die Laufzeit des Papiers ver­ kürzen.77

Unberührt von der in Personalunion bestehenden Pfandgläubigerstellung bleibt jedoch die Position der Sparkasse als Schuldnerin der Sparkassenbrief­ forderung. Als solche bleibt es ihr grundsätzlich nach § 271 Abs. 2 BGB un­ benommen, die Leistung auch schon vor Fälligkeit zu erbringen. Dies setzt aber voraus, daß die Forderung zu diesem Zeitpunkt erfüllbar ist. Aus der Re­ gelung des § 609 Abs. 3 BGB ergibt sich e contrario der nicht nur auf Darle­ hensverträge beschränkte Rechtsgedanke,78 daß bei einem vertraglich festge­ legten Zinslauf der Schuldner nicht zu einer vorzeitigen Rückzahlung ohne Kündigung berechtigt ist. Sparkassenbriefe tragen darüberhinaus im Text der Urkunde die ausdrückliche Klausel der beiderseitigen Unkündbarkeit.79 Un­ kündbarkeit von Seiten des Schuldners bedeutet aber, daß auch ein vorzeitiges, von der vertraglichen Festschreibung abweichendes Rückzahlungsrecht des Schuldners ausgeschlossen ist. Eine solche Klausel könnte wiederum nur mit Zustimmung des Gläubigers abgeändert werden, wofür jedoch auf die genann­ te Interessenlage verwiesen werden kann.

Zwar kann ein Sparkassenbrief wie alle Dauerschuldverhältnisse aus wich­ tigem Grund gekündigt werden, doch bildet die fehlende vorzeitige Verwert­ barkeit der verpfändeten Sparkassenbriefforderung keinen Grund, der zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte. Ein solches Kündigungs­ recht soll allein die Interessen eines Pfandgläubigers, der gleichzeitig Schuld­ ner der sichernden Forderung ist, an einer im Vergleich zum Pfandrecht an einer Drittschuld beschleunigten Verwertbarkeit begünstigen. Unterstützt der Gläubiger dieses Interesse nicht, liegt darin weder eine wesentliche Störung der Beziehung aus dem Vertragsverhältnis Namensschuldverschreibung, deretwegen der Sparkasse unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile

77 Sie ist insoweit (d.h. zum Abschluß eines Aufhebungsvertrags mit sich selbst oh­ ne Zustimmung des Gläubigers) „Nichtberechtigte“, wie Steiner in Kurzkommentar zu OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.7.1992 (6 U 140/91) in EWiR § 1283 1/93, S.256 for­ muliert.

78 OLG Düsseldorf, WM 1992, S.l937 (1939). 79 Die Unwirksamkeit eines ausdrücklichen Verzichts auf ein Kündigungsrecht bei der Ausgabe von Namensschuldverschreibungen (vgl. BGHZ 79, S.l63 (165); MünchKomm-von Maydell § 247 Rz.l 6 f.), die durch einen schuldrechtlichen Verzicht auf die Ausübung des gleichwohl bestehenden gesetzlichen Kündigungsrechts unterlaufen wurde und zu einer faktischen Unkündbarkeit führte, ist mit Aufhebung des § 247 BGB zum 1.1.1987 gegenstandslos geworden.

§23 Der Sparkassenbrief als Kreditsicherheit

335

nach Treu und Glauben eine Fortsetzung der Vertragsbeziehung nicht zugemutet werden könnte,80 noch ein Wegfall der Geschäftsgrundlage bezüglich des Anlageverhältnisses.81

Erfaßt das Pfandrecht nicht alle Ansprüche aus dem Sparkassenbrief und/ oder sind Dritte durch die Pfandverwertung betroffen und ist deshalb eine Zu­ stimmung des Gläubigers zu einer einverständlichen vorzeitigen Fälligstellung des Sparkassenbriefs nicht zu erlangen, kann die Sparkasse eine Einziehung der Kapitalforderung vor Ende der Laufzeit weder aus ihrer Stellung als Pfandgläubiger noch aus ihrer Schuldnerposition heraus vornehmen.82

bb) Pfandrecht an eigener Schuld als rechtsgeschäftlich verfestigte Aufrechnungsposition Funktional hat das Pfandrecht an eigener Schuld für die Sparkasse weitge­ hend die Bedeutung einer rechtsgeschäftlich abgesicherten Aufrechnungsmög­ lichkeit.83 In aller Regel wird sie das Pfandrecht durch Verrechnung der ein­ zuziehenden Forderung mit den Außenständen des Kunden realisieren. Das Pfandrecht geht aber über eine bloße Aufrechnungsmöglichkeit hinaus, wenn es zur Sicherung nicht aufrechenbarer Forderungen dient. Es kann damit auch ein zukünftiger Anspruch oder eine Forderung auf einen ungleichartigen Ge­ genstand abgesichert werden.84

Wirkt jedoch regelmäßig das Pfandrecht wie ein erweitertes Aufrechnungs­ recht, so wird teilweise auch eine Einschränkung der Pfandrechtsverwertung parallel zu den Regeln des Aufrechnungsrechts verlangt. Dabei soll, wenn die verpfändete Forderung übertragen wurde, für die Einziehung die Regelung des 80 Einer hierauf gerichteten Argumentation liegt ein Zirkelschluß zugrunde.

81 OLG Düsseldorf, WM 1992, S.l937 (1940). 82 Im Ergebnis mußte deshalb die Sparkasse im Fall OLG Düsseldorf, WM 1992, S.l937 dem Zessionar der Zinsansprüche noch 10 Jahre lang (!) Zinsen auszahlen, ehe sie die Forderung aus dem Sparkassenbrief mit dem gesicherten Anspruch gegen den Kunden verrechnen konnte, obwohl die Pfandreife bereits im ersten Laufzeitjahr des Sparkassenbriefs eingetreten war. 83 Koller, Gutachten, S.1456; Welter WM 1987, S.l 117 (1120 f); Kümpel, Bankund Kapitalmarktrecht, Rz.6.85. 84 Als Beispiel führt Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz.6.85 das Gegen­ überstehen von Kundenforderung und Anspruch der Bank auf Freistellung von einer für den Kunden übernommenen Verpflichtung (zum Beispiel aus Bürgschaft) an.

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

§ 406 BGB (insbesondere dessen zweiter einschränkender Halbsatz) Berück­ sichtigung finden.85 Die Bedeutung des § 406 BGB würde jedoch in ihr Gegen­ teil verkehrt, ließe man eine solche Erstreckung auf das vertraglich bestellte Pfandrecht zu. Diese Vorschrift enthält lediglich eine Ausnahme vom grund­ sätzlich im Rahmen der Aufrechnung erforderlichen Prinzip der Gegenseitig­ keit, und schützt den Schuldner, der lückenlos auf seine Aufrechnungsmög­ lichkeit vertrauen konnte, auch bei einer Übertragung. Bei einer entsprechen­ den Anwendung auf das vertraglich bestellte Pfandrecht käme § 406 2.Hs. BGB die Bedeutung zu, bei einer Abtretung der verpfändeten Forderung, dem Sicherungsnehmer die rechtsgeschäftlich begründete Sicherheit endgültig zu nehmen, allein deshalb, weil sie vorübergehend, mangels Fälligkeit der gesi­ cherten Forderung, nicht durchsetzbar ist.86 Einer entsprechenden Anwendung des § 406 BGB fehlt es deshalb an der vergleichbaren Interessenlage.

3. Verpfändung an einen Dritten Bei der Verpfändung der Sparkassenbriefforderung an einen Dritten, d.h. an einen von der Ausstellersparkasse verschiedenen Pfandgläubiger, ergeben sich keine Besonderheiten zu den bereits angesprochenen Regeln über die Ver­ pfändung von Namensschuldverschreibungen. Zur wirksamen Pfandrechtsbe­ stellung gehört in diesem Fall die Verpfändungsanzeige gemäß § 1280 BGB durch den Gläubiger an die Schuldnersparkasse.87 Die Verwertung bei Pfand­ reife erfolgt durch Einziehung der Sparkassenbriefforderung am Laufzeitende unter Urkundenvorlage beim Schuldner durch den Pfandgläubiger. Aufgrund des regelmäßig bestehenden AGB-Pfandrechts der Aussteller­ sparkasse, das für den Dritten lediglich den Erwerb eines nachrangigen Pfand­ rechts zuläßt, und der praktikableren Möglichkeit, zu Sicherungszwecken auch eine Vollrechtsübertragung vornehmen zu können,88 kommt der Ver­ pfändung an einen Dritten in der Praxis jedoch nur geringe Bedeutung zu.89

85 Koller, Gutachten, S.1456. Vgl. dazu bereits oben Fußnote 69.

86 Welter, WM 1987, S.l 117 (1121 insbesondere in Fn.51). 87 A.A. Herbst/Lang4, Rz.109. 88 Dazu sogleich unter II.

89 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz.6.364.

§ 23 Der Sparkassenbrief als Kreditsicherheit

337

IL Die Sicherungsabtretung 1. Vollrechtsübertragung zu Sicherungszwecken an einen Dritten Sparkassenbriefe unterliegen in der Formularpraxis keinem Abtretungsver­ bot und auch keiner Vinkulierungsklausel. Ihre Übertragung zum Zwecke der Kreditsicherung ist jederzeit möglich. Die Sicherungsabtretung hat dabei ge­ genüber der Verpfandung den Vorteil, daß sie zu ihrer Wirksamkeit nicht der Anzeige an den Schuldner gemäß § 1280 BGB bedarf und somit auch „still“ erfolgen kann. Läßt sich dabei der Sicherungsnehmer vom Sicherungsgeber die Sparkassenbriefurkunde aushändigen, so besteht gegenüber der Siche­ rungszession einer unverbrieften Forderung der Vorteil, daß § 407 Abs. 1 BGB ausgeschaltet ist und der Schuldner bei Fälligkeit nicht mehr befreiend an den Sicherungsgeber zahlen kann, da dieser das Papier nicht mehr vorzule­ gen vermag. Ohne daß die Zession aufgedeckt werden muß, ist so der Siche­ rungsnehmer vor der Gefahr geschützt, daß der sich in wirtschaftlich bedräng­ ter Situation befindliche Sicherungsgeber entgegen der sicherungsvertragli­ chen Vereinbarung versucht, doch über die Forderung zu verfugen.90 Die Si­ cherungszession einer Namensschuldverschreibung verbindet somit die Vor­ züge der Forderungsverpfändung mit denen der Forderungsabtretung zu Si­ cherungszwecken, ohne dabei deren Nachteilen zu unterliegen.

a) Vollrechtsübertragung durch antezipierte AGB-Sicherungszession der Sparkassen Anders als die AGB der Banken91 enthalten die Allgemeinen Geschäftsbe­ dingungen der Sparkassen in Nr. 21 Abs. 1 Satz 492 eine globale Antezipati-

90 Nach BGH WM 1984, S.357 (359) ist nach der Lebenserfahrung die Gefahr, daß ein Sicherungsgeber in wirtschaftlich prekärer Situation unberechtigt über das Siche­ rungsgut zu verfügen versucht, wesentlich höher einzuschätzen als das Risiko einer treuwidrigen Behandlung des Sicherungsguts durch das gesicherte Kreditinstitut; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz.5.429. 91 Diese enthalten in Nr. 15 AGB-Banken lediglich eine Sicherungszession von For­ derungen, die übereigneten Wechseln, Schecks oder sonstigen Einzugspapieren als Kausalgeschäft zugrundeliegen. Sparkassenbriefe könnten allenfalls dann Gegenstand dieser Sicherungszession sein, wenn sie ausnahmsweise einem Kreditinstitut mit der Maßgabe übergeben werden, den Gegenwert bei der ausstellenden Sparkasse für den Kunden einzuziehen - ein in der Praxis äußerst seltener Fall. 22 Seitz

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

onsklausel bezüglich der Abtretung aller Forderungen gegen Dritte, über die eine Urkunde ausgestellt wurde. Weil Sparkassenbriefurkunden über Forde­ rungen aus Namensschuldverschreibungen ausgestellt werden, sind sie taugli­ cher Gegenstand einer solchen Sicherungszession gemäß den AGB. Nach der genannten AGB-Klausel geht die Rechtsinhaberschaft bei Forderungen, über die eine Urkunde ausgestellt ist, in dem Augenblick auf die Sparkasse über, in welchem diese die Verfügungsgewalt über die Urkunde erlangt. Durch die Antezipation der zessionsrechtlichen Einigung im Sinne des § 398 Satz 1 BGB bei Einbeziehung der AGB in die Rechtsbeziehung zwischen Sparkasse und Kunde, bedarf es zur Vollrechtsübertragung lediglich noch des Eintritts der Bedingung des Gelangens der Urkunde in die Verfügungsmacht der Spar­ kasse im Wege des bankmäßigen Geschäftsverkehrs.93 Gleichzeitig wird durch diese AGB-Klausel der Abschluß des Sicherungsvertrags vorgenommen, der als Kausalgeschäft der fiduziarischen Vollrechtsübertragung den Rechtsgrund zum Behaltendürfen der gestellten Sicherheit bildet. Die Ausdehnung des Si­ cherungszwecks auf alle (auch künftigen) Forderungen aus der Geschäftsbe­ ziehung ist dabei AGB-rechtlich ebenso akzeptabel wie bei der Pfandrechtsbe­ stellung.94 Aufgrund der Abstraktheit der Vollrechtsübertragung zu Siche­ rungszwecken ist der Rechtsübergang bei der Sicherungszession über die zes­ sionsrechtliche Einigung hinaus von keinen weiteren Tatbestandsvorausset­ zungen abhängig - weder von einer Anzeige an den Schuldner noch von der Entstehung einer zu sichernden Forderung. Weil für Sparkassenbriefe keine Zinsscheine ausgegeben werden, ist der Anspruch auf die Zinszahlung in der Sparkassenbriefurkunde mitverbrieft und bei Gelangen der Urkunde in die Verfügungsmacht der Sparkasse mitabgetreten. Da das „Gelangen in die Verfügungsmacht der Sparkasse im Wege des bankmäßigen Geschäftsverkehrs“ die einzige tatsächliche Voraussetzung für den Bedingungseintritt bildet, kommt der genauen Abgrenzung dieses Vor­ gangs erhebliche Bedeutung zu. Unter Verfügungsmacht ist dabei sowohl der unmittelbare als auch jede Form des mittelbaren Besitzes oder des Mitbesitzes

92 Nr.21 Abs. 1 Satz 4 AGB-Sparkassen lautet:

Forderungen des Kunden gegen Dritte sind an die Sparkasse abgetreten, wenn über die Forderungen ausgestellte Urkunden im bankmäßigen Geschäftsverkehr in die Ver­ fügungsmacht der Sparkasse gelangen.

93 Canaris, Bankvertragsrecht2, Rz.2657; Liesecke, WM 1969, S.548. 94 Vgl. die Nachweise der Rechtsprechung in den Fußnoten 54 und 103, sowie BGH WM 1986, S.l545 (1549) und Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz.6.401.

§ 23 Der Sparkassenbrief als Kreditsicherheit

339

zu verstehen.95 Nicht ausreichend ist die Aufbewahrung der Urkunde in einem angemieteten Schrankfach. Durch die mietvertragliche Ausgestaltung des Ver­ tragsverhältnisses zwischen Schrankfachinhaber und Bank fehlt es der Bank als Vermieter am erforderlichen Besitz. Bei dem regelmäßig bestehenden Zweischlüssel-System ist wegen des Alleinbesitzwillens des Kunden kein Mit­ besitz des Kreditinstituts gegeben.’6

Die Urkunde muß außerdem in bankmäßiger Weise in die Verfügungsmacht der Sparkasse gelangt sein.” Diese Einschränkung schließt eine zufälli­ ge Besitzerlangung aus und ist aus dem Sicherungszweck der Zession erklär­ bar. Das Kreditinstitut erwirbt durch die Zession eine Sicherheit für die ge­ genwärtigen und künftigen Ansprüche aus der Geschäftsbeziehung. Um mit diesem Sicherungszweck zu dienen, muß die Sicherungsabtretung in einem in­ neren Zusammenhang mit der üblichen Geschäftstätigkeit des Kreditinstituts stehen.98 Dazu ist notwendig, daß das Kreditinstitut den Besitz oder die Verfü­ gungsgewalt mit Willen des Sparkassenbriefgläubigers erlangt. Dieser Besitzverschafiftingswille, der sich nicht auf einen bestimmten Gegenstand konkreti­ siert haben muß,” ist kein rechtsgeschäftlicher, sondern ein natürlicher Wil­ le100 - auf die Geschäftsfähigkeit des Sparkassenbriefgläubigers zum Zeitpunkt der Besitzverschaffung kommt es deshalb nicht an.101 Ist ein solcher Wille ge­ geben, so genügt auch die Besitzerlangung durch einen Dritten, wenn dieser für Rechnung des Sparkassenbriefgläubigers oder in dessen Auftrag handelt.102

95 Gößmann, BuB I Rz. 1/390.

96 OLG Celle JW 1927, S.73; OLG Dresden, Bank-Archiv 12, S.131; PalandtBassenge § 866 Rz.2; § 1205 Rz.7 und § 1206 Rz.2. 97 BGH WM 1983, S.926. 98 Gößmann BuB I Rz.1/392. BGH WM 1985, S.116 = WuB I A. Nr.19 AGBBanken 2.85 mit Anmerkung Fischer. 99 Graf von Westphalen, WM 1980, S.1406 (1421).

100 Bruchner in WuB IA. Nr.19 AGB Banken 3.88 Anmerkung zu BGH Urteil vom 25.4.88 (H ZR 17/87, Köln); Canaris, Bankvertragsrecht2 Rz.2712; Gößmann BuB I Rz.1/392. 101 BGH WM 1988, S.859 = WuB I A. Nr.19 AGB Banken 3.88 mit Anmerkung Bruchner.

102 BGH WM 1988, S.859; Gößmann BuB I Rz.1/392. 22»

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

Diese Form der formularmäßigen antezipierten Sicherungsabtretung ist von der Rechtsprechung für zulässig erachtet worden.103 Um eine Übersicherung zu vermeiden, die den Sicherungsgeber unangemessen benachteiligen würde und gemäß § 9 Abs. 1 AGBG zu einer Unwirksamkeit der antezipierten globalen Sicherungszessionsklausel fuhren müßte, besteht die schuldrechtliche Pflicht zur Freigabe von Sicherheiten.104 Hat diese Pflicht bei individueller Sicherhei­ tenbestellung ihren Ursprung schon in dem im Sicherungsvertrag niedergeleg­ ten Sicherungszweck, so bedarf es bei einer globalen Sicherungszession über Allgemeine Geschäftsbedingungen einer ausdrücklichen Festlegung in den be­ treffenden AGB selbst.105 Auf Verlangen des Kunden hat die Sparkasse des­ halb gemäß Nr.22 Abs. 2 AGB-Sparkassen die Forderung aus dem Sparkas­ senbrief zurückzuübertragen, wenn unter tunlicher Berücksichtigung der In­ teressen des Kunden der Wert aller Sicherheiten den Gesamtbetrag der ausste­ henden Forderungen um 20% übersteigt. Die Verwertung der Sparkassenbriefforderung erfolgt gemäß Nr.21 Abs. 5 AGB-Sparkassen erst, wenn bei Fälligkeit der gesicherten Forderung der Kun­ de trotz Mahnung, Nachfristsetzung und Androhung der Verwertung seiner Zahlungspflicht nicht nachkommt. Diese Regelung berücksichtigt das legitime Interesse des Sicherungsgebers, eine Offenlegung der bis dahin „stillen“ Zes­ sion zu vermeiden.106 In diesem Fall wird die Sicherheit durch Geltendma­

103 BGH WM 1985, S.l057; BGH WM 1986, S.l545 (1549); BGH WM 1988, S.859; BGH WM 1990, S.1910; Bruchner in WuB I A. Nr.19 AGB-Banken 3.88 An­ merkung zu BGH Urteil vom 25.4.88 (II ZR 17/87, Köln); Goßmann BuB I Rz. 1/445. 104 Beispiel für eine Freigabeklausel in einem Sicherungsvertrag bei Kümpel, Bankund Kapitalmarktrecht, Rz.6.422. 105 BGH WM 1994, S.419 (420 f.); BGHZ 98, S.303 (316); BGHZ 109, S.240 (245 ff.).

106 Durch eine solche Offenlegung kann die Kreditwürdigkeit des Sicherungsgebers in Frage gestellt werden, weil sie Dritten deutlich macht, daß dieser seine Verbind­ lichkeiten nicht erfüllt, und Zweifel an der Vertragstreue des Kreditnehmers und des­ sen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit aufwerfen. Eine Anzeige durch die gesicherte Bank an den Schuldner der sichernden Forderung kann somit leicht zum Abbruch der Geschäftsbeziehung mit außenstehenden Dritten führen, die eine weitere Verschlechte­ rung der wirtschaftlichen Lage des Schuldners bedeuten könnten. Anders als bei einer Forderungsverpfändung, bei der die Anzeige zur wirksamen Sicherheitenbestellung ge­ setzlich vorgeschrieben ist und deshalb keinen Anlaß zum Rückschluß auf eine Illi­ quidität oder Vertragsuntreue gibt, ist die Offenlegung einer Sicherungszession im Ge­ schäftsverkehr ein Alarmsignal, gerade weil die Sicherungszession bei ordentlicher

§ 23 Der Sparkassenbrief als Kreditsicherheit

341

chung des Anspruchs aus dem Sparkassenbrief am Ende der Laufzeit unter Vorlage der Urkunde und Nachweis des Gläubigerwechsels verwertet.

b) Vollrechtsübertragung durch individuelle Sicherungsabtretung Auch Sicherungsabtretungen von Sparkassenbriefen, die nicht über die ge­ nannten Klauseln der AGB Banken/Sparkassen durch vorweggenommene Ei­ nigung stattfinden, werden in der Praxis regelmäßig nicht durch Individual­ vertrag, sondern mit Hilfe von ebenfalls dem Geltungsbereich des AGBGesetzes unterliegenden Abtretungsformularen vereinbart.107 Für die AGB­ rechtliche Zulässigkeit und die Notwendigkeit der Aufnahme von Freigabever­ pflichtungen im Falle der Übersicherung gilt deshalb das zu a) Gesagte. Un­ terschiede ergeben sich nur dadurch, daß zum Rechtsübergang die Besitzer­ langung der Sparkassenbriefurkunde nach den allgemeinen Regeln nicht er­ forderlich ist. Der Anspruch aus einer Namensschuldverschreibung wird durch schlichte Einigung auf den Sicherungsnehmer übertragen. Dieser wird sich je­ doch, um vor einer unbefugten Einziehung der Forderung durch den Siche­ rungsgeber geschützt zu sein, im Rahmen der Sicherheitenbestellung auch die Urkunde aushändigen lassen.

c) Auswirkungen des AGB-Pfandrechts der Sparkassen

Ebenso wie die Verpfandung an einen dritten Pfandgläubiger ist auch der Wert einer Sicherungszession an einen Dritten stark durch das regelmäßig be­ reits bei Begründung des Anspruchs aus der Namensschuldverschreibung ent­ stehende AGB-Pfandrecht der Ausstellersparkasse beeinträchtigt. Der Siche­ rungsnehmer kann die Forderung aus dem Sparkassenbrief nur so erwerben, wie sie zur Zeit der Zession besteht. Das Vertrauen auf die Lastenfreiheit wird für in Rektapapieren verbriefte Forderungen nicht geschützt. Gemäß § 1275 BGB kann deshalb die Ausstellersparkasse als Pfandgläubiger auch dem Zes­ sionar einer Sicherungsabtretung das AGB-Pfandrecht entgegenhalten, die Herausgabe der Urkunde nach § 985 BGB wegen § 952 Abs. 2 BGB auch von diesem verlangen und die Forderung im Falle der Pfandreife einziehen.

Rückführung des gesicherten Kredits in aller Regel diskret und still rückabgewickelt wird; BGH WM 1992, S.l359 (1360).

107 BGH WM 1991, S.1499 f ; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz.6.399.

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

Um den Sparkassenbrief als wirksames Sicherungsmittel bei einem dritten Sicherungsnehmer einzusetzen, muß deshalb zuvor eine ausdrückliche Freiga­ beerklärung der pfandgesicherten Sparkasse erwirkt werden. Solche Freigabe­ erklärungen sind zugunsten von institutioneilen Anlegern weit verbreitet.108 Insbesondere wenn Sparkassenbriefforderungen in den Deckungsstock109 von Versicherungsunternehmen aufgenommen werden sollen, ist für die Absiche­ rung der Versicherungsnehmer erforderlich, daß ein solcher Verzicht auf die Geltendmachung von Pfandrechten und häufig auch sonstiger Einwendungen wie einer vollzogenen Aufrechnung auch für den Fall eines Vergleichs oder Konkursverfahrens Gültigkeit hat.110 Aber auch der private Anleger kann über die in den AGB verankerte Freigabeklausel die Aufhebung des Pfandrechts verlangen, sofern für die Ausstellersparkasse kein Sicherungsbedürfnis be­ steht.111

108 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz.8.57. 109 Sparkassenbriefe sind deckungsstockfähige Wertpapiere. Dies ergibt sich aus der Regelung des § 54 a Abs. 2 Nr. 3 Versicherungsaufsichtsgesetz. Danach kann des ge­ bundene Vermögen der Versicherungsuntemehmen in „...Namensschuldverschrei­ bungen, für die kraft Gesetzes eine besondere Deckungsmasse besteht...“ angelegt werden. Sparkassen in verschiedenen Bundesländern erfüllen die Voraussetzung dieser gesetzlichen Deckungsmasse, indem sie aufgrund der Sparkassengesetze und Verord­ nungen in ihren Satzungen eine Pflicht zur Errichtung von Deckungsmassen für Spar­ kassenbriefe aufgenommen haben (Hadding EWiR § 247 BGB 1/87, S.121 Kurzkom­ mentar zu BGH Urteil vom 23.10.1986 (HI ZR 144/85 - Frankfurt) = WM 1987, S. 101). Sofern keine gesetzliche Pflicht zur Bildung von Deckungsmassen für Sparkas­ senbriefe besteht, ist § 54 a Abs. 2 Nr. 9 VAG heranzuziehen, wonach die Anlage auch bei geeigneten inländischen Kreditinstituten erfolgen kann. Nach den Erläuterungen des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen in R 2/75 vom 11.3.1975 besteht diese Eignung, wenn das zur Einlagenannahme berechtigte Kreditinstitut die von der Bundesbank festgesetzten Mindestreservesätze nach § 16 BuBaG einhält und die Ei­ genkapital- und Liquiditätsgrundsätze des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen nach § 10 Abs. 1 KWG beachtet. Aufgrund der Gewährträgerhaftung, der Geschäftsbe­ schränkung und der Sonderaufsicht und Prüfung nach Landesrecht besteht für Sparkas­ sen an dieser Eignung kein Zweifel; Herbst/Langx\ S.31 f.

110 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rz.8.58. 111 Zu den Voraussetzungen für die Freigabe vgl. bereits § 23 12 a cc).

§23 Der Sparkassenbrief als Kreditsicherheit

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2. Sicherungsabtretung an die Schuldnersparkasse Gelangt oder verbleibt die Sparkassenbriefurkunde mit Willen des Kunden im Besitz der Sparkasse, steht der Wirksamkeit einer Sicherungsabtretung an die Ausstellersparkasse trotz antezipierter Einigung über den Forderungsüber­ gang in den AGB der Umstand entgegen, daß eine Konfusionslage eintritt, die zum Erlöschen der Forderung fuhrt. Nr.21 Abs. 1 Satz 4 AGB-Sparkassen trägt diesem Umstand Rechnung, indem die durch AGB antezipierte globale Sicherungsabtretung auf Forderungen gegen Dritte beschränkt wird. Aber auch durch Individualvertrag ist eine Sicherungsabtretung an den Schuldner aus dem Sparkassenbrief nicht möglich. Folge eines fehlenden rechtlichen Be­ dürfnisses am Aufrechterhalten einer relativen Rechtsbeziehung bei nur einer beteiligten Person ist regelmäßig das Erlöschen des Rechts.

Diese Erlöschenswirkung erfährt bei Identität von Gläubiger und Schuldner der Forderung aus einem Rektapapier nicht deshalb eine Ausnahme, weil eine wertpapierrechtlich verbriefte Forderung Gegenstand der Konfusionslage ist. Zwar ist allgemein anerkannt, daß bei Forderungen, die in einem Wertpapier verbrieft sind, durchaus ein Bedürfnis danach besteht, bei vorübergehender Vereinigung von Schuldner- und Gläubigerstellung ein Erlöschen des verbrief­ ten Rechts zu verhindern.112 Nur dann kann dieses mit allen Nebenrechten Ge­ genstand einer erneuten Veräußerung werden und die Umlauffunktion des Wertpapiers erhalten bleiben,113 ohne daß eine Neubegründung durch den Schuldner erforderlich wird. Bei Inhaber- und Orderpapieren rechtfertigen das durch die enge Verknüpfung von Recht und Papier stark ausgeprägte sachen­ rechtliche Element und der gesteigerte Umlaufzweck dieser Papiere eine Auf­ rechterhaltung des Schuldverhältnisses in der Konfusionslage. Im Interesse des Verkehrsschutzes bedarf es deshalb zum Untergang des konfundierten Rechts aus einem solchen Wertpapier noch einer eindeutigen Manifestation des Schuldnerwillens durch Entwertung der Urkunde. Bis dahin ruht das ver­ briefte Recht und kann jederzeit durch Veräußerung an einen Dritten Wieder­ aufleben.114 Eine rechtsvernichtende Konfusionslage tritt aufgrund des Um­

112 RGZ 147, S.243.

113 Pleyer, WM 1979, S.850 (852 f.) 114 RGZ 147, S.243. Umstritten ist dabei jedoch, ob das ursprüngliche Recht genau in der Form wiederauflebt (so Pleyer, WM 1979, S.850 (853); Zöllner § 14 IV 5), in der es in die Konfusionslage eingetreten ist, oder ob in einer Weiterveräußerung ledig­ lich die rechtsgeschäftliche Neubegebung des Rechts in seiner ursprünglichen Form zu erblicken ist (Jacobi, in Ehrenbergs Handbuch, S.428 ff.).

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

laufzwecks bei den Wertpapieren des öffentlichen Glaubens erst dann ein, wenn dem Papier dieser Zweck endgültig genommen wird, die Vereinigung von Schuldner und Gläubigerstellung somit nach dem Willen des Schuldners nicht nur vorübergehenden, sondern endgültigen Charakter haben soll.115

Unausgesprochen blieb bislang, inwieweit diese Grundsätze auf Rektapapie­ re in Form von Namensschuldverschreibungen übertragbar sind. Berücksich­ tigt werden muß, daß das Erlöschen infolge von Konfusion bei Forderungs­ rechten keinesfalls eine logische Notwendigkeit ist, sondern lediglich aus dem im Regelfall fehlenden Bedürfnis der Rechtsordnung resultiert, bei Personen­ gleichheit von Schuldner und Gläubiger das rechtliche Band der relativen Rechtsbeziehung aufrechtzuerhalten.116 Das Schuldverhältnis hat dann seinen Sinn verloren.117 Nur wenn ein, mit dem bei Inhaber- und Orderpapieren be­ stehenden, vergleichbares Bedürfnis an der Aufrechterhaltung des Anspruchs besteht, kann deshalb auch bei Namensschuldverschreibungen ein „Ruhen“ der verbrieften Forderung bis zu einer erneuten Übertragung angenommen werden. Ein solches Bedürfnis könnte sich jedoch allein aus einer gesteigerten Umlauffunktion des verbrieften Rechts ergeben, die eine bloß vorübergehende Identität von Gläubiger und Schuldner so stark überlagert, daß infolge der zu erwartenden Weiterübertragung des Wertpapiers eine Aufrechterhaltung des Schuldverhältnisses nicht sinnlos ist. Eine solche Umlauffunktion ist jedoch Namensschuldverschreibungen abzusprechen.118 Zwar sind auch Namens­ schuldverschreibungen übertragbar, doch steht der Umlauf des in einem Rek­ tapapier verbrieften Rechts als Zweck der Verbriefung nicht funktional im Vordergrund. Dem Rektapapier kommt keine TraditionsWirkung zu.119 Statt­ dessen sieht sogar der Gesetzgeber als einen Verbriefungszweck bei Rektapa­

115 Jacobi, in Ehrenbergs Handbuch, S.427. 116 Larenz, SchuldR AT, § 19 I b). 117 Gemhuber, Die Erfüllung und ihre Surrogate, S.388.

118 Vgl. dazu bereits § 12 II 3 a). Zwar sind Namensschuldverschreibungen keine Kapitalmarktpapiere, bei denen Übertragungsvorgänge nicht oder nur in zu vernach­ lässigendem Umfang vorkommen, doch ist aufgrund der im Vergleich zu vergleichbar ausgestatteten Inhaberschuldverschreibungen der Verkehrszweck des Papiers nicht auf eine häufige Übertragung gerichtet, so daß die Übertragbarkeit nicht das prägende Kriterium der Namensschuldverschreibung ist.

119 Vgl. §11.

§23 Der Sparkassenbrief als Kreditsicherheit

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pieren die Verringerung der im Vergleich zu Inhaber- und Orderpapieren be­ stehenden Umlauffahigkeit vor, um den namentlich genannten Gläubiger vor der Gefahr des Rechtsverlusts zu bewahren.120 Bei Rektaschuldverschreibungen fuhrt deshalb anders als bei Wertpapieren des öffentlichen Glaubens die Kon­ fusion regelmäßig zum Erlöschen des verbrieften Rechts. Allenfalls in auch für unverbriefte Forderungsrechte anerkannten seltenen Ausnahmesituatio­ nen121 kann trotz Vereinigung von Schuld und Forderung in einer Person das Recht fortbestehen. Die Sicherungsabtretung an die Schuldnersparkasse gehört nicht zu diesen Fällen.122

120 Zur Bedeutung des „Festmachens" von Inhaberschuldverschreibungen durch Umschreibung auf den Namen eines bestimmten Gläubigers vgl. bereits § 10 II 1 mit weiteren Nachweisen. 121 Es sind dies hauptsächlich Fälle, in denen zwar eine formale Personenidentität besteht, jedoch Gläubigerschaft und Schuldnerschaft verschiedenen, zwar derselben Person zugeordneten, jedoch wirtschaftlich und auch rechtlich getrennten Sonderver­ mögen zuzuordnen sind (Gemhuber, Die Erfüllung und ihre Surrogate, S.388 ff. mit weiteren Nachweisen). So bleibt z.B. der Erbe des eigenen Gläubigers mit seinem frei­ en Vermögen Schuldner, wenn der Nachlaß von einem Testamentsvollstrecker verwal­ tet wird (BGHZ 25, S.275 (282) und BGHZ 48, S.214 (218 ff.)). 122 Der Sinn der Sicherungsabrede bei der Sicherungsabtretung ist vielmehr mit ei­ ner Aufrechterhaltung der Umlauffahigkeit des Rechts nicht vereinbar. Ist nämlich der Sicherungsfall eingetreten, hat die Sparkasse gerade kein Interesse an einer Übertrag­ barkeit, da in diesem Fall eine Rückübertragung nicht mehr beabsichtigt ist. Stattdes­ sen will sie dem verbrieften Recht nun seine Verkehrsfähigkeit endgültig dadurch nehmen, daß sie es einzieht.

§ 24 Der Sparkassenbrief als Vermögensgegenstand in der Zwangsvollstreckung I. Das Verfahren der Zwangsvollstreckung in Sparkassenbriefe

Die Stellung der Namensschuldverschreibung auf der Grenze zwischen schuldrechtlich übertragbarer Forderung und wertpapierrechtlich geprägtem Recht bereitet auch bei der Zwangsvollstreckung in Sparkassenbriefe Schwie­ rigkeiten. Erneut muß berücksichtigt werden, daß Sparkassenbriefe, über die eine Urkunde ausgestellt wurde, aufgrund des Erfordernisses, für die Geltend­ machung des Rechts die Urkunde vorlegen zu müssen, einerseits echte Wert­ papiere sind, daß jedoch in Namensschuldverschreibungen verbriefte Rechte andererseits nur einen geringen Grad an wertpapierrechtlicher Verknüpfung von Recht und Urkunde aufweisen und deshalb auf sie sachenrechtliche Übertragungs-, Vermutungs - und Rechtsscheinregeln unanwendbar sind und sich ihre Übertragung vielmehr nach Zessionsrecht richtet. Die Urkunde ist dabei nur in beschränktem Maße ein Ausweis über die Berechtigung. Ihr rechtliches Schicksal ist gemäß § 952 BGB vom Schicksal der Forderung abhängig. Aufgrund dieser Zwischenstellung, die Namensschuldverschreibungen zwar unter den Wertpapierbegriff zieht, hingegen eine Versachlichung des Rechts vermissen läßt, wird die Behandlung von Sparkassenbriefen und anderen Na­ mensschuldverschreibungen in der Zwangsvollstreckung kontrovers diskutiert.

7. Sachpfändungsmodell Nach überwiegend vertretener Ansicht unterfalle die Pfändung von Rekta­ papieren wie bei allen Wertpapieren (bei Orderpapieren über den Umweg des §831 ZPO) den Regeln der Sachpfändung gemäß §§ 808 ff. ZPO. Der Wert­ papierbegriff der ZPO in § 808 und § 821 ZPO sei identisch mit dem weiten Wertpapierbegriff und erfasse alle jene Urkunden als Wertpapiere, in denen ein privates Recht in der Weise verbrieft sei, daß zur Geltendmachung des Rechts die Innehabung der Urkunde notwendig sei. Da Sparkassenbriefen, so1 Zur genauen Umgrenzung des weiten Wertpapierbegriffs vgl. § 6 12.

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fern über sie eine Urkunde mit Präsentationserfordernis ausgestellt würde, die­ se Wertpapiereigenschaft zukomme, seien sie wie bewegliche Sachen nach § 808 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch den Gerichtsvollzieher zu pfänden.2 Die Ver­ strickung der Forderung geschehe im Wege der Urkundenwegnahme durch den Gerichtsvollzieher. Ihre Verwertung unterliege jedoch der Sonderregel des § 821 ZPO?

Zwar sei bei Rektapapieren nicht das Eigentum an der Urkunde maßgeblich für die Rechtsinhaberschaft, vielmehr folge umgekehrt das Recht am Papier dem Recht aus dem Papier nach, doch sei auch ein Rektapapier Träger der verbrieften Forderung und deren Geltendmachung nur durch die Präsentation der Urkunde möglich.4 Deshalb erstrecke sich bei Rektapapieren die Pfändung der Urkunde durch den Gerichtsvollzieher5 auch auf das Forderungsrecht, so daß eine gesonderte Forderungspfändung nach § 829 ff. ZPO durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluß nicht geboten sei? Mit der Wegnahme durch den Gerichtsvollzieher entstehe bereits auch das Pfändungspfandrecht an der verbrieften Forderung. Nur für die schlichten Beweis- oder Legitimati­ onspapiere, zum Beispiel das Sparbuch,7 gelte anderes.

2 Brox/Walker, Rz.233 und693.

3 Stein/Jonas-Münzberg § 821 Rz.3; MünchKomm-ZPO-Schilken § 821 Rz.2 und 3; Zöller-Stöber § 821 Rz.4; Jacobi, in Ehrenbergs Handbuch, S.359 ff. (366); Brox/Walker, Rz.693; Rosenberg/Gaul/Schilken § 55 IV 2 b); Stöber, Rz.2102; unklar Baumbach/Lauterbach-Hartmann § 821 1) A.

4 Nach Jacobi, in Ehrenbergs Handbuch S.361 sei eine zu bildhafte Vorstellung der „Trägerschaft“ für die Argumentation ungeeignet. Seiner Ansicht nach seien aber Rektapapiere schon deshalb Träger des verbrieften Rechts, weil ihr Besitz zur Rechts­ ausübung notwendig sei. 5 LG Berlin Rechtspfleger 1970, S.361. 6 Stein/Jonas-Münzberg § 821 Rz.6, Rz.l; RGZ 61, S.330 f; Brox/Walker, Rz.233.

7 Heute unstreitig; vgl. statt vieler Stein/Jonas-Münzberg § 821 Rz.4 und Geißler DGVZ 1986, S.l 11. Jacobi, in Ehrenbergs Handbuch S.361 hält dagegen eine Diffe­ renzierung zwischen Rektapapieren und gewöhnlichen Legitimationspapieren im Sinne des § 808 BGB für widersinnig, sei doch unerfindlich, warum die im Verhältnis zu Rektapapieren mit einer verstärkten Legitimationswirkung ausgestatteten Papiere des § 808 BGB außer der Pfändung des Papiers noch eine Pfändung des verbrieften Rechts nötig machen sollten, die bei gewöhnlichen Rektapapieren nach der überwiegend ver­ tretenen Ansicht, der er sich im übrigen anschließt, auch nicht erforderlich sei. Hierin liegt ein nicht von der Hand zu weisendes Argument, nach dessen Anführung sich nur die Frage aufdrängt, ob es nicht der Qualität der Rektapapiere näher käme,

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

Die Anwendbarkeit der Vorschriften über die Sachpfändung auf Rektapa­ piere lasse sich mittelbar aus § 822 ZPO ableiten, wonach dem Gerichtsvoll­ zieher die Zuständigkeit zur Umschreibung der gepfändeten Rektapapiere in der Zwangsverwertung auf den Namen des Käufers zugesprochen werde - eine Kompetenz, die nur dann sinnvoll erklärbar sei, wenn auch zuvor schon die Verstrickung durch den Gerichtsvollzieher und nicht im Wege des Pfändungsund Überweisungsbeschlusses durch das Vollstreckungsgericht herbeigefiihrt sei.8

2. Forderungspfändungsmodell

Nach anderer Ansicht stehe bei der Zwangsvollstreckung in Namens­ schuldverschreibungen, anders als bei der Pfändung von Inhaber- und Order­ papieren, nicht die Verstrickung der Wertpapierurkunde durch Wegnahme gemäß § 808 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO sowie § 831 ZPO im Vordergrund, son­ dern die Beschlagnahme und Verwertung des verbrieften Forderungsrechts selbst. Infolge ihrer fehlenden sachenrechtlichen Übertragbarkeit stünden Na­ mensschuldverschreibungen in Vollstreckung und Verwertung den schlichten Legitimationspapieren und Beweisurkunden näher als den Wertpapieren des öffentlichen Glaubens. Im Unterschied zur Zwangsvollstreckung in Wertpa­ piere des öffentlichen Glaubens, auf die allein die Regelung des § 821 ZPO zu­ geschnitten sei, seien deshalb auf Sparkassenbriefe die §§ 828 ff. ZPO über die Zwangsvollstreckung in Forderungen und sonstige Rechte anzuwenden.9 Des­ halb sei für die Verstrickung der Sparkassenbriefforderung gemäß § 829 ZPO ein Pfandungsbeschluß des Vollstreckungsgerichts zu erwirken. Die Ver­ wertung der Forderung erfolge durch Überweisung nach § 835 ZPO. Im Wege der Hilfspfändung könne dabei der Gerichtsvollzieher die für die Geltendma­ chung der Forderung erforderliche Sparkassenbriefurkunde beim Vollstrekkungsschuldner wegnehmen.

würde man alle, auch die schlichten Legitimationspapiere nach dem Recht der Forde­ rungspfändung behandeln; dazu sogleich unter 3. * Brox/Walker, Rz.233. 9 Raiser ZHR 101 (1935), S.44 f ; Baumbach/Lauterbach-Hartmann § 821 1) A; Zöller-Stöber § 829 Rz.33; Herbst/Lang4, Rz.l 11; im Ergebnis ebenso: Stöber, Rz.l 14 (allerdings infolge anderer, mit den Ergebnissen der vorstehenden wertpapierrechtlichen Untersuchung unvereinbarer Begründung. Stöber behandelt Sparkassenbriefe oh­ ne Begründung als Schuldscheindarlehen, so daß mangels Wertpapiereigenschaft die hier angesprochene Problematik für ihn keine Rolle spielen kann.)

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3. Bewertung und eigene Ansätze Der überwiegenden Ansicht, die eine Zwangsvollstreckung in Namens­ schuldverschreibungen nach dem Recht der Sachpfändung favorisiert, ist zu­ zugeben, daß sie auf den ersten Blick eine einfache und deshalb die in der für den Gläubiger ohnehin mit Schwierigkeiten beladenen Zwangsvollstreckungs­ situation praktikablere Methode der Verstrickung des Sparkassenbriefs anzu­ nehmen scheint. Gleichwohl kann ihr nicht gefolgt werden.

Die grundlegende systematische Unstimmigkeit dieser Ansicht hat ihre Ur­ sache in einem problematischen Rückschluß vom Verwertungsverfahren des § 821 ZPO auf das Beschlagnahmeverfahren. § 821 ZPO spricht zwar von der Verwertung gepfändeter Wertpapiere, die ZPO enthält jedoch (außer für Or­ derpapiere über Forderungsrechte in § 831 ZPO) keine Regelung darüber, in welchem vollstreckungsrechtlichen Verfahren dieses Pfändungspfandrecht an Wertpapieren entstehen soll. Zwar ist eine Wertpapierurkunde als körperliche Sache immer nach § 808 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch den Gerichtsvollzieher pfändbar, auf die Qualität als Inhaber-, Order- oder Rektapapier kommt es in­ soweit nicht an. Das bloße Pfändungspfandrecht an der Urkunde infolge deren Wegnahme durch den Gerichtsvollzieher nützt dem Vollstreckungsgläubiger bei einem Rektapapier jedoch wenig.10 Er kann zwar so die Rechtsausübung durch den Vollstreckungsschuldner verhindern, nicht aber die Belastung oder Veräußerung des Rechts, da die Übergabe der Urkunde dazu bei einem Rekta­ papier nicht zwingend erforderlich ist.11 Durch ein Pfändungspfandrecht an der Urkunde ergeht nämlich weder ein Verfügungsverbot an den Vollstrek10 Raiser ZHR 101 (1935), S.45. Auf dem Boden der im 2. Teil gewonnenen Er­ kenntnisse deshalb unzutreffend die Aussage Jacobis, in Ehrenbergs Handbuch S.360, mit der Pfändung der Urkunde erwerbe der Vollstreckungsgläubiger die tatsächliche Herrschaft über die gepfändete Forderung derart, daß er nunmehr imstande sei, sie zu verwerten oder veräußern zu lassen. Diese Aussage ist selbst dann zu weit gefaßt, wenn man berücksichtigt, daß Jacobi davon ausgeht, daß zur Rechtsübertragung bei einem Rektapapier regelmäßig die Übergabe der Urkunde erforderlich ist.

11 Zur fehlenden Bedeutung der Urkunde als Übertragungssymbol bei Namens­ schuldverschreibungen vgl. §11; a.A. Jacobi, in Ehrenbergs Handbuch S.360 f. Die Argumentation mit § 931 BGB, wonach auch durch Abtretung des Herausgabean­ spruchs die Sachübereignung ohne Besitzübergabe möglich und doch zur Pfändung die Inbesitznahme der Sache erforderlich sei, verfängt nicht. Jacobi argumentiert hier mit dem Ausnahmefall eines Übergabesurrogates und projiziert dies auf den Regelfall der Rechtsübertragung bei Rektapapieren, ohne auf die unterschiedliche materielle Bedeu­ tung des Besitzes in Bezug auf das Eigentum an der Sache und das im Rektapapier verbriefte Recht einzugehen.

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

kungsschuldner, noch erlangt der Vollstreckungsgläubiger ein Pfandrecht an der Sparkassenbrief)Wder^g, das vorläufig den Rang wahren und ihm ein Verwertungsrecht geben könnnte. Beides verschafft ihm bei Rektapapieren nur die Verstrickung der Forderung selbst durch einen Beschluß des Vollstrekkungsgerichts.12 Auch der von der überwiegenden Ansicht vollzogene Rückschluß von der einheitlichen Verwertungsweise aller Wertpapiere gemäß § 821 ZPO auf eine einheitliche Beschlagnahme durch den Gerichtsvollzieher erscheint nicht zwingend. Zwar besteht weitgehende Einigkeit, daß die Verwertungsmöglich­ keit für Wertpapiere gemäß § 821 ZPO auch Wertpapiere in der Rechtsform der Rektapapiere erfassen soll.13 Aus diesem Umstand zieht die überwiegende Ansicht aber den Schluß, daß auch das Pfändungspfandrecht einheitlich ge­ mäß § 808 ZPO entstehen müsse. Nur so ließe sich die spätere Verwertung von Rektapapieren im Wege des freihändigen Verkaufs durch den Gerichts­ vollzieher begründen. Hierbei wird jedoch ein unzulässiger Rückschluß von der Verwertungsweise auf das Vollstreckungsverfahren vollzogen. Die Form der Verwertung ist grundsätzlich von der Art und Weise der Verstrickung un­ abhängig.14 So ist für Orderpapiere anerkannt, daß diese (und die in ihnen ver­ brieften Forderungen) zwar wegen der ausdrücklichen Anordnung in § 831 ZPO vom Gerichtvollzieher gepfändet werden, die Verwertung dagegen nach § 835 Abs. 1 ZPO durch Überweisungsbeschluß des Vollstreckungsgerichts erfolgt.13 Daß sich bei einer Vollstreckung in Namensschuldverschreibungen nach den Regelungen zur Forderungsverstrickung Unterschiede zur Pfändung von Inhaber- und Orderpapieren ergeben, bedeutet keinen systematischen Bruch,

12 Raiser ZHR 101 (1935), S.45. 13 Wobei jedoch auch von der überwiegenden Ansicht sowohl für Order- als auch für Rektapapiere Einschränkungen gemacht werden, wenn sich die entsprechenden Werte nicht zur Versteigerung eignen, weil es an einem Börsen- oder Marktpreis fehlt. Jaco­ bi, in Ehrenbergs Handbuch S.368 f., unterscheidet deshalb, ob die gepfändeten Wert­ papiere ihren Verwertungswert überwiegend in einem Einziehungswert oder einem Verkaufswert haben. Je nachdem sei (nach seiner Sicht zumindest bei Orderpapieren) die Verwertung nach § 835 ZPO durch das Vollstreckungsgericht oder nach § 821 ZPO durch den Gerichtsvollzieher vorzunehmen. Dies beinhaltet eine Differenzierung, die zwar zweckmäßig erscheint, jedoch in der Praxis ganz erhebliche Bewertungsschwie­ rigkeiten beinhaltet und zur Rechtsunsicherheit beiträgt.

14 Raiser ZHR 101 (1935), S.45. 13 Stein/Jonas-Brehm § 831 Rz.5; Brox/Walker Rz.695.

§ 24 Der Sparkassenbrief in der Zwangsvollstreckung

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sondern ist notwendige Folge der unterschiedlich starken Verknüpfung von Recht und Papier. Dabei offenbart sich der auf einer geringeren Verkörpe­ rungswirkung beruhende Unterschied zwischen Inhaber- und Rektapapieren auch im Hinblick auf ihre vollstreckungsrechtliche Behandlung. Da Inhaber­ papiere bei Übertragung und rechtsgeschäftlicher Verpfandung regelmäßig den beweglichen Sachen gleichgestellt sind, besteht kein Anlaß, im Vollstrekkungsrecht von dieser Wertung abzuweichen.16 Wenn bei Inhaberpapieren die Verkörperungswirkung aufgrund der Anwendung sachenrechtlicher Übertra­ gungsregeln so stark ausgeprägt ist, daß eine Gleichstellung dieser Papiere mit den beweglichen Sachen auch im Vollstreckungsrecht interessengerecht und dogmatisch konsequent ist, folgt daraus jedoch nicht, daß dieses Prinzip auf alle Wertpapierarten übertragen werden muß. Steht bei Inhaberpapieren die tatsächliche Innehabung als formale Legitimation im Vordergrund, weil sie die Grundlage für alle daran anknüpfenden Vermutungs-, Gutglaubens- und Rechtsscheinregeln bildet, so sind in Order- und erst recht in Rektapapieren verbriefte Forderungen in erheblich geringerem Maße von den Rechtsverhält­ nissen an der Wertpapierurkunde bestimmt. Diesem Umstand muß auch das Vollstreckungsverfahren Rechnung tragen. Gegen die Beurteilung von Sparkassenbriefen nach den Vollstreckungsre­ geln der Sachpfändung streitet auch ein materiell-rechtliches Argument. Auf­ grund der Bedeutungslosigkeit der Urkunde für die Rechtslage an der verbrief­ ten Forderung werden Namensschuldverschreibungen dem Anwendungsbe­ reich des § 952 BGB unterstellt. Danach können an der Urkunde keine ande­ ren Rechte bestehen als an dem durch sie verbrieften Recht. Aus diesem Rege­ lungsprinzip jedoch abzuleiten, die Rechtsverhältnisse an der Urkunde er­ streckten sich kraft Gesetzes auf das verbriefte Forderungsrecht, würde eine Verkehrung der Aussage des Gesetzes in ihr genaues Gegenteil bedeuten. Vielmehr erstreckt sich umgekehrt nach dem Regelungszweck des § 952 BGB eine Belastung des Forderungsrechts auch auf die Urkunde.17 Ein bei allen Wertpapiergattungen gleichermaßen gezogener Schluß von der Sachqualität der Wertpapierurkunde auf ein auch die verbriefte Forderung erfassendes Pfandrecht durch Sachpfändung dieser Urkunde berücksichtigt nicht den unterschiedlichen Grad wertpapierrechtlicher Verknüpfung bei In­

16 Jacobi, in Ehrenbergs Handbuch S.363. 17 Vgl. nur Palandt-Bassenge § 952 Rz.6; MünchKomm-Quack § 952 Rz. 10 und 20.

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

haber-, Order- und Rektapapieren.18 Vielmehr ist eine solche Pfandrechtser­ streckung, betrachtet man die sonstige Bedeutung der Urkunde für das Recht, mit der rechtlichen Qualität des Rektapapiers unvereinbar: Einzige Verbrie­ fungsfunktion der Rektapapierurkunde ist ihre Eignung als Ausweis der Nochberechtigung des Ersterwerbers gegenüber dem Schuldner und die aus dem Präsentationserfordernis resultierende Möglichkeit des Schuldners, gegen Ur­ kundenvorlage befreiend auch an den nicht mehr berechtigten, namentlich im Papier benannten Erstgläubiger leisten zu können. Ansonsten fehlt der Urkun­ deninnehabung bei Namensschuldverschreibungen jegliche Vermutungs- oder Rechtsscheinwirkung sowie die Funktion eines Übertragungssymbols.19 Selbst bei Geltendmachung der Forderung durch einen Zweiterwerber ist die Urkun­ deninhaberschaft zwar eine notwendige, keinesfalls aber hinreichende Bedin­ gung der Rechtsverwirklichung - der Erwerber muß zusätzlich seine vom im Papier namentlich Benannten abgeleitete Forderungsinhaberschaft nachwei­ sen.

Daneben ist auch für die rechtsgeschäftliche Pfandrechtsbestellung an Na­ mensschuldverschreibungen die Urkundenübergabe zur Rechtsentstehung we­ der ausreichend noch erforderlich. Anders als es die Regeln der §§ 1292 und 1293 BGB für Inhaber- und Orderpapiere anordnen, spielt die Besitzverschaf­ fung an der Urkunde bei der Verpfändung von Rektapapieren keine Rolle. Vielmehr folgt auch die rechtsgeschäftliche Verpfändung ganz den Regeln über das Pfandrecht an Forderungen. Es würde dem sonstigen Charakter des Rektapapiers vollkommen wider­ sprechen, käme allein bei der Zwangsvollstreckung dem Pfandrecht an der Urkunde eine so starke Wirkung für das verbriefte Recht zu, daß dieses von der Verstrickung mitumfaßt würde.20 Eine Erstreckung des im Wege der Weg­ nahme durch den Gerichtsvollzieher an der Urkunde entstandenen Pfändungs­ pfandrechts auf den Anspruch aus der Namensschuldverschreibung ist deshalb nicht zu begründen.

18 Bezeichnend ist die Aussage Jacobis, in Ehrenbergs Handbuch S.359, der sein Kapitel über die Zwangsvollstreckung in Wertpapiere mit dem Satz beginnt: „Die ZPO rechnet die WP. im Sinne der Bestimmungen über die Zv. grundsätzlich zu den Sa­ chen, nicht zu den Rechten,...“ 19 Jacobi, in Ehrenbergs Handbuch S.359 ff., kommt teilweise auch deshalb zu an­ deren Ergebnissen, weil er die Übergabe des Rektapapiers als Wirksamkeitsvorausset­ zung der Übertragung ansieht; vgl. auch ders. S.348.

20 Rawer ZHR 101 (1935), S.45.

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Die ZPO selbst geht außerdem keineswegs von einer einheitlichen Erstrekkung des Pfandrechts an der verbriefenden Urkunde auf die verbriefte Forde­ rung aus. Dies ergibt sich aus der ausdrücklichen Anordnung der Pfändung von durch Indossament übertragbaren Forderungspapieren21 im Wege der Wegnahme durch den Gerichtsvollzieher in § 831 ZPO. Systematisch gehört diese Regelung in das Kapitel III des 2. Abschnitts des 8. Buchs der ZPO über die Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte und macht somit deutlich, daß der Gesetzgeber die indossablen (also alle) Order­ papiere und deshalb erst recht die, sachenrechtlichen Übertragungsvorgängen unzugänglichen, Rektapapiere (selbst den mit einer gewissen Rechtsschein­ wirkung ausgestatteten Hypothekenbrief in § 830 ZPO) grundsätzlich nicht bei den Regelungen über die Sachpfändung eingeordnet hat. Lediglich aus Zweck­ mäßigkeit erfolgt für Orderpapiere, die ein Forderungsrecht verbriefen, die notwendige Verweisung auf § 808 ZPO. Erst dadurch wird eine bei den von sachenrechtlichen Gutglaubensschutzregeln geprägten Orderpapieren über Forderungsrechte sinnvolle Erstreckung des Pfandrechts an der Urkunde auf die verbriefte Forderung ermöglicht und eine reine Forderungspfändung nach § 829 ZPO für Papiere dieser Art ausgeschlossen.22 Für Rektapapiere fehlt dagegen eine solche Verweisung.23 Ohne ausrückliche gesetzliche Anordnung kann eine Erstreckung des Pfandrechts an der Ur­ kunde auf die verbriefte Forderung entgegen dem Prinzip aus § 952 BGB aber nicht wie selbstverständlich vorausgesetzt werden.24 Somit wird das Sachpfandungsmodell durch die Systematik des Gesetzes widerlegt. Systematisch konsequent ist deshalb allein, wenn bei der Vollstreckung und Verwertung von in Rektawertpapieren verbrieften Forderungen die beiden

21 Also Orderpapieren, die eine Forderung verbriefen. 22 Stein/Jonas-Brehm § 831 Rz.2.

23 § 831 ZPO ist auch nicht entsprechend auf Rektapapiere anzuwenden, MünchKomm-ZPO-Smid § 831 Rz.4. 24 So aber Jacobi, in Ehrenbergs Handbuch S.360 f. Bei der abgestuften sachen­ rechtlichen VerkörperungsWirkung von Inhaber-, Order- und Rektapapieren mutet es systematisch geradezu paradox an, daß in der Kommentarliteratur zu § 821 ZPO (vgl. statt vieler Stein/Jonas-Münzberg Rz.3) Inhaber- und Rektapapiere völlig unproblema­ tisch einheitlich unter diese Norm subsumiert werden, nicht dagegen Orderpapiere, die Forderungen verbriefen, obgleich diese den Inhaberpapieren systematisch viel näher stehen als die Rektapapiere. Danach ist es nur noch ein kleiner Schritt bis zur einheit­ lichen Erstreckung des Pfandrechts an der Urkunde auf die verbriefte Forderung bei allen Wertpapieren (Stein/Jonas-Münzberg § 821 Rz.6). 23 Seitz

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

Vollstreckungsorgane Zusammenwirken. Mit der Vollstreckung in diese Ver­ mögensgegenstände ist ein Grenzbereich der grundsätzlichen Verteilung der Zuständigkeiten im Vollstreckungsverfahren betroffen. Dem Vollstreckungs­ gericht ist die Forderungs- und Immobiliarzwangsvollstreckung zugewiesen, so daß es für die Verstrickung der verbrieften Forderung sorgt. Weil der Ge­ richtsvollzieher die Zuständigkeit für die Zugriffsakte der Fahrnis- und Her­ ausgabevollstreckung besitzt, obliegt ihm dagegen die Wegnahme der Urkun­ de als körperlichem Gegenstand. Ein solches Zusammenwirken beider Voll­ streckungsorgane ordnet für Namenspapiere die Regelung des § 822 ZPO so­ gar an, die für die Umschreibung auf den Namen des Käufers bei einem frei­ händigen Verkauf des Rektapapiers die Abgabe der erforderlichen Erklärun­ gen durch den Gerichtsvollzieher anstelle des Vollstreckungsschuldners von der Ermächtigung durch das Vollstreckungsgericht abhängig macht. Zur Begründung des Pfändungspfandrechts an der Forderung aus einem Sparkassenbrief genügt deshalb nicht die bloße Wegnahme der Urkunde. Die Pfändung erfolgt vielmehr durch Pfändungsbeschluß (§ 829 ZPO), für den re­ gelmäßig das Amtsgericht am Sitz des Schuldners (§ 828 Abs. 1, hilfsweise gemäß § 828 Abs. 2 iVm. § 23 Satz 2 ZPO am Sitz der Sparkasse) zuständig ist. Dabei muß im Antrag des Gläubigers an das Vollstreckungsgericht die zu pfändende Forderung hinreichend individualisiert werden. Neben der Be­ zeichnung von Vollstreckungsschuldner und Drittschuldner ist deshalb die ge­ naue Bezeichnung der Forderung aus dem Sparkassenbrief erforderlich.25 Al­ lerdings dürfen an die Genauigkeit der Angaben im Antrag des Vollstrekkungsgläubigers für die Annahme einer hinreichenden Bestimmtheit der zu pfändenden Forderung keine überzogenen Anforderungen gestellt werden.26 Zwar muß die Forderung im Antrag und im Pfändungsbeschluß so genau be­ zeichnet werden, daß auch für Dritte die Identität des Pfändungsgegenstands eindeutig erkennbar ist. Solange jedoch kein echter Anlaß zu Zweifeln an der Identität der Forderung besteht, sind Ungenauigkeiten bei der Bezeichnung

25 Fehlende hinreichende Bestimmtheit der Forderung im Pfändungsbeschluß macht die Pfändung nichtig. Eine nachträgliche Berichtigung auf Antrag des Vollstreckungs­ gläubigers ist aber zulässig (§ 174 Nr. 3 GVGA). Dabei ist die Angabe der genauen Nummer des Sparkassenbriefs aber schon deshalb nicht erforderlich, weil sie lediglich eine interne Buchungserleichterung des Drittschuldners bedeutet; Liesecke, WM 1975, S.223 f.; Bauer JurBüro 1974, S.l355. Wird dagegen eine Kontonummer angegeben, muß die Pfändung auch nicht auf diesen Sparkassenbrief beschränkt bleiben (BGH NJW 1988, S.2543).

26 BGH NJW 1983, S.886.

§ 24 Der Sparkassenbrief in der Zwangsvollstreckung

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unschädlich,27 zumal der vollstreckende Gläubiger die Verhältnisse des Schuldners regelmäßig nur oberflächlich kennt.28

Mit Zustellung des Pfandungsbeschlusses an die Ausstellersparkasse wird der Anspruch aus dem Sparkassenbrief beschlagnahmt („verstrickt“), und das Pfändungspfandrecht an der Forderung entsteht. Die Sparkassenbriefurkunde kann nicht selbständig Gegenstand von Rechten sein und ist in ihrem rechtli­ chen Schicksal gemäß § 952 Abs. 2 iVm. § 952 Abs. 1 Satz 2 BGB vom Schicksal der verbrieften Forderung abhängig. Deshalb erstreckt sich das un­ mittelbar nur auf die verbriefte Forderung bezogene Pfändungspfandrecht auch auf die Urkunde - und nicht etwa umgekehrt. Nur bei dieser Form der Voll­ streckung wird dem Charakter des Rektapapiers Rechnung getragen, bei dem „das Recht am Papier dem Recht aus dem Papier folgt“. Weil der Vollstreckungsgläubiger die Sparkassenbriefurkunde aber wegen des Präsentationserfordernisses zur Geltendmachung der Forderung gegenüber dem Drittschuldner benötigt, wird er sie im Rahmen der Überweisung des ge­ pfändeten Sparkassenbriefs vom Vollstreckungsschuldner zu erlangen trachten (§ 835 Abs. 3 Satz 1 iVm. § 829 Abs. 2 Satz 2 ZPO).29 Gibt dieser den Brief, wozu er nach § 836 Abs. 3 S.l ZPO verpflichtet ist, nicht freiwillig an den Vollstreckungsgläubiger heraus, muß gegen ihn gemäß § 836 Abs. 3 Satz 2

27 Zu eng deshalb AG Dortmund DGVZ 1980, S.29 für Versicherungsscheine, bei denen im Antrag zum Pfändungsbeschluß die genauen Nummern nicht angegeben wa­ ren. 28 BGH WM 1965, S.517. Praktisch bedeutsam ist, ob beantragte und erlassene Pfändungsbeschlüsse, die sich auf „alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen aus laufender Geschäftsverbindung“ oder auf „Guthaben aller Art“ oder „alle Kontogutha­ ben“ erstrecken, auch Forderungen aus Sparkassenbriefen erfassen. Aufgrund der qualitativen Verschiedenartigkeit von Einlagenforderungen und wertpapiermäßiger Verbriefung werden Sparkassenbriefe jedenfalls dann nicht vom Pfändungspfandrecht erfaßt, wenn eine Vollstreckung pauschal in „Kontoguthaben“ erfolgt (BGH WM 1989, S.l640 (1641); Herbst/Lang4, Rz.l 12 ). Auch die Beschlagnahme von „Wert­ papierdepots“ kann eine Verstrickung von Sparkassenbriefen nur im Falle ihrer tat­ sächlichen Depotverwahrung bewirken (BGH WM 1989, S.l640 (1641)). Unzulässig, weil zu nichtssagend und unbestimmt, ist auch die Pfändung „aller Forderungen aus Bankverbindung mit der X-Bank“ (OLG Frankfurt am Main, NJW 1981, S.468). Wei­ tere Beispiele bei Baumbach/Lauterbach-Hartmann § 829 2 C cc). Nicht erforderlich ist jedoch die genaue Bezeichnung der Betragshöhe (OLG Celle, Die Sparkasse, 1966, S.201 (202); Herbst/Lang4, Rz.l 12).

29 Raiser ZHR 101 (1935), S.46. 23*

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3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

ZPO im Wege der Hilfspfändung (§ 156 GVGA) vorgegangen werden.30 Voll­ streckungstitel ist der Überweisungsbeschluß, sofern er die Urkunde bezeich­ net (§ 174 Nr. 2 GVGA), in Verbindung mit dem vollstreckbaren Titel, aus dem die Pfändung und Überweisung erwirkt wurde.31 Zulässig und sogar rat­ sam ist es, die Hilfspfändung der Sparkassenbriefurkunde gemäß § 808 ZPO schon vor der eigentlichen rangbestimmenden Forderungspfändung zu betrei­ ben,32 um dem Gläubiger die Möglichkeit zu nehmen, infolge der Zustellung des Überweisungsbeschlusses gewarnt, durch anderweitige Verfügung über das Recht, den Vollstreckungserfolg zu vereiteln.33

II. Verwertungsmöglichkeiten

Die Verwertung des Pfandungspfandrechts erfolgt grundsätzlich ebenfalls nach den Regeln über die Zwangsvollstreckung in Forderungen und sonstige Rechte, bei Geldforderungen wie dem Anspruch aus dem Sparkassenbrief also gemäß § 835 Abs. 1 ZPO durch Überweisung an den Gläubiger zur Einzie­ hung (selten an Zahlungs Statt). Die Sparkasse als Aussteller und Schuldner des Sparkassenbriefs kann ab der Zustellung des Überweisungsbeschlusses nur noch befreiend an den Vollstreckungsgläubiger leisten.34, 35 Dabei bleiben je­ 30 Bauer JurBüro 1974, S.l356.

31 Fehlt die Bezeichnung der Urkunde im Überweisungsbeschluß, so ist dieser auf Antrag durch das Vollstreckungsgericht ergänzbar, LG Limburg DGVZ 1975, S.l 1; Thomas-Putzo § 836 Rz.l5.

32 In diesem Fall ist jedoch der Vollstreckungsgläubiger verpflichtet, binnen ange­ messener Frist (Geißler DGVZ 1986, S.l 11 =2 Wochen; Stein/Jonas-Münzberg § 821 Rz.4 = 1 Monat) einen entsprechenden Pfändungsbeschluß bezüglich der Forderung beizubringen, andernfalls ist dem Schuldner die Urkunde zurückzugeben. 33 Geißler DGVZ 1986, S.l 11. 34 Die Anwendung der zweiwöchigen Sperrfrist des § 835 Abs. 3 S. 2 ZPO erscheint bei Sparkassenbriefen zweifelhaft. Diese Sperrfrist soll dem Vollstreckungsschuldner die Wirkung des Antrags nach § 850 k ZPO sichern, der seinerseits den Schutz des bargeldlos bezahlten, wiederkehrenden Arbeitseinkommens bezweckt. Zwar sind auch Sparkassenbrieftbrderungen im weitesten Sinne Guthaben bei einem Kreditinstitut, doch steht hierbei die Anlagefunktion so sehr im Vordergrund, daß sie wohl nicht dem Schutzzweck des § 835 Abs. 3 S. 2 ZPO unterfallen.

35 Sind Sparkassenbriefe auf mehrere Gläubiger angelegt, so ist bei einer Pfändung zu unterscheiden: Bei der „Oder-Konto“-Konstellation kann der Sparkassenbrief­ schuldner bei der Pfändung gegen einen Gläubiger auch gegenüber den anderen nicht

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doch Rechte des Drittschuldners, die ihm gegenüber dem Vollstreckungs­ schuldner zugestanden hatten, auch gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger erhalten. Er ist deshalb berechtigt, die Zahlung solange zu verweigern, bis ihm der Vollstreckungsgläubiger die Urkunde vorlegt und den lückenlosen Nach­ weis der Berechtigung des Vollstreckungsschuldners erbringt, sofern dieser nicht als Ersterwerber namentlich aus der Sparkassenbriefurkunde hervorgeht. Weiterhin kann der Vollstreckungsgläubiger die Forderung erst am Ende der Laufzeit einziehen. Bei Restlaufzeiten von erheblicher Dauer besteht deshalb ein Interesse daran, Sparkassenbriefforderungen auch auf andere Weise ver­ werten zu können. Auf Antrag kann deshalb das Vollstreckungsgericht gemäß § 844 ZPO eine andere Verwertungsart anordnen. In Betracht kommen dabei der freihändige Verkauf oder die öffentliche Versteigerung durch den Ge­ richtsvollzieher unter Diskontierung des Kapitalwerts.36 Zum selben Ergebnis fuhrt die im Rahmen der Verwertung des nunmehr gepfändeten Rektapapiers systematisch zulässige Anwendung des § 821 ZPO.37 Neben den Einwendungen gegen den Inhalt der Hauptschuld bleiben dem Drittschuldner auch alle anderen Gegenrechte erhalten. Bedeutsam ist hierbei wiederum das in der Regel bei Ausgabe entstehende AGB-Pfandrecht der Ausstellersparkasse. Im Verhältnis des vertraglichen Forderungspfands zum Pfändungspfandrecht gilt das Prioritätsprinzip, so daß das Pfändungspfand­ recht dem AGB-Pfandrecht im Rang regelmäßig nachstehen wird. Besteht ein Sicherungsinteresse der Ausstellersparkasse, kann sie dem Vollstreckungs­

mehr befreiend auszahlen. Zwar bleibt die Verfügungsbefugnis des anderen Kontoin­ habers von der Pfändung unberührt; dessen Zahlungsanspruch wird hiervon nicht er­ faßt (MünchKomm-K.Schmidt, § 741 Rz.51). Doch liegt in der Zustellung des Über­ weisungsbeschlusses ein Zahlungsverlangen des Vollstreckungsgläubigers, dem die Bank nach dem für das Oder-Konto geltenden Prioritätsprinzip nachkommen muß, wenn sie sich nicht wegen Erfüllungsverweigerung schadensersatzpflichtig machen will (Wagner ZJP 1985, S.849 (855 f.)). Bei der „Und-Konto“-Konstellation folgt die Verfügungssperre schon aus der nur gemeinschaftlichen Verfügungsbefugnis über die Sparkassenbriefforderung. 36 Thomas-Putzo § 844 Rz.3. 37 So Raiser, ZHR 101 (1935), S.46. Einer Verwertung von Sparkassenbriefforde­ rungen im Wege des freihändigen Verkaufs dürften jedoch praktisch zwei Umstände entgegenstehen. Einerseits kann auch der Erwerber im Zuge einer öffentlichen Ver­ steigerung bei Rektapapieren nie ganz sicher sein, daß er die Sparkassenbriefforderung auch lastenfrei erwerben wird, andererseits und teilweise als Folge daraus und aus dem Umstand, daß es an einem öffentlichen Absatzmarkt für Sparkassenbriefe fehlt, wird sich ein Marktpreis nur schwer bilden lassen.

358

3. Teil: Der Sparkassenbrief im Geschäftsverkehr

gläubiger jederzeit das eigene Pfandrecht entgegenhalten und die Einziehung der Forderung durch diesen vereiteln.

III. Zwangsvollstreckung in unverbriefte Sparkassenbriefe nach der Stundungslösung

Für die Zwangsvollstreckung in unverbriefte Sparkassenbriefforderungen erübrigt sich die durch die wertpapierrechtlichen Besonderheiten der effekti­ ven Namensschuldverschreibungen angestoßene Diskussion um eine Anwen­ dung des Sachpfändungsverfahrens. Mangels einer Urkunde, die durch den Gerichtsvollzieher weggenommen werden könnte, kommt allein das Verfahren der Forderungspfändung in Betracht. Wie bei der Verstrickung sonstiger Forderungen erfolgt deshalb die Be­ schlagnahme von Sparkassenbriefen nach der Stundungsmethode durch Pfän­ dungsbeschluß (§ 829 ZPO) und ihre Verwertung durch Überweisung gemäß § 835 ZPO.

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Stanzl, Gustav: Wechsel-, Scheck- und sonstiges Wertpapierrecht, Graz, Köln, 1957 Staub's Kommentar zum HGB, Band 3, §§ 343-375, bearbeitet von Koenige u.a.; 12. und 13. Auflage, 1926 Staudinger's Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen; 12. Auflage, Berlin

2. Buch, Recht der Schuldverhältnisse: Band Einleitung § 241, §§241 und 242, AGBG, 1983; Band §§ 328-397, 1994; Band §§ 398-432, 1994; Band §§ 741822, 1986 3. Buch, Sachenrecht: Band §§ 937-1011; ErbbVO, 1989; Band §§ 1018-1296, 1981

Stein, Friedrich/ Jonas, Martin: Kommentar zur ZPO, bearb. von Bork, Reinhard u.a. ; 21.Auflage, Tübingen, 1995, Band 6, §§ 704-863 ZPO; Band 7, Teilband 2, §§ 946-1048 ZPO und EGZPO Steiner, Claus: Anmerkung zu OLG Düsseldorf Urteil vom 16.7.1992, Aktz. 6 U 140/91, (= WM 1992, S.1937), EWiR § 1283 BGB 1/93, S.255

Stöber, Kurt: Forderungspfändung, Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensgegenstände, 10. Auflage, Bielefeld, 1993 Stoll, Heinrich: Haftung aus Bescheinigung; AcP 135 (1932), S.89

Thöl, Heinrich: Das Handelsrecht, Band 1,6. Auflage, Leipzig, 1879 Ullmann, Klaus: Bundesschatzbriefe - Wertpapiere für den kleinen Mann oder Speku­ lationspapier?; WM 1968, S.l338

Ulmer, Eugen: Das Recht der Wertpapiere; 1938 — Akkreditiv und Anweisung; AcP 126 (1926), S. 129

Ungnade, Dieter: Die Zulässigkeit der staatlichen Einflußnahme auf den primären Rentenmarkt speziell im Hinblick auf § 795 BGB, München, 1972

Literaturverzeichnis

369

van Veenroy, Gerd: Erfüllung gegenüber dem minderjährigen Gläubiger; BB 1980, S.1017 Voegeli, Paul: Der Gutgläubige Erwerb von Wertpapieren unter besonderer Berück­ sichtigung kriegsbedingter Erscheinungen im Wertpapierhandel; Zürich, 1951

Vortmann, Jürgen: Anmerkung zu OLG Celle Urteil vom 16.2.1994, Aktz. 3 U 84/93; (= WM 1994, S.1069 f.) ,EWiR § 276 BGB 5/94, S.641

Wacke, Andreas: Nochmals: Die Erfüllungsannahme durch den Minderjährigen - le­ diglich ein rechtlicher Vorteil; JuS 1978, S.80 Wagner, Eberhard: Pfändung der Deckungsgrundlage - ungeklärte Fragen bei der Zwangsvollstreckung in Girokonten; ZIP 1985, S.855

Wellspacher, Moritz: Das Vertrauen auf äußere Tatbestände im bürgerlichen Recht Wien, 1906 Welter, Reinhard: Aktuelle Rechtsfragen zum Sparbuch; WM 1987, S.l 117 — Anmerkung zu OLG Hamm Urteil vom 18.7.1986, Aktz. 11 U 326/85; (= WM 1986, S.1552), WuB IC 2.-4.87

— Anmerkung zu OLG Hamm Beschluß vom 13.10.1986, Aktz. 11 W 2/86; (=WM 1987, S.l 128 f); WuB I C 2 -11.87

Wesseli, Wolfram: Der Bundesschatzbrief als Sammelschuldbuchforderung und seine Emission; WM 1969, S.1094 Westerhoff, Theo: Forderung und Wertpapier; Köln, 1938

Westermann, Harry: Die Grundlagen des Gutglaubensschutzes; JuS 1963, S.5 Westphalen, Friedrich Graf von: Die AGB der Privatbanken im Licht der jüngsten Judikatur und Literatur; WM 1980, S.1406

Wieland, Carl: Wertpapier und Legitimationspapier, Festgabe der Baseler Juris­ tenfakultät für Eugen Huber, Basel, 1919 Wolff Martin /Raiser, Ludwig: Sachenrecht; 10. Bearbeitung, Tübingen, 1957

Zeiss, Walter: Der rechtliche Grund (§ 812 BGB) für Schuldanerkenntnisse und Sicherheitsleistungen; AcP 164 (1964), S.50 Zöller, Richard: Zivilprozeßordnung mit GVG und Einführungsgesetz, mit interna­ tionalem Zivilprozeßrecht, Kostenanmerkungen; bearb. von Reinhold Geimer u.a.; 19. Auflage 1995 Zöllner, Wolfgang: Wertpapierrecht; 14. Auflage, München, 1987 — Die Wirkungen von Einreden aus dem Grundverhältnis gegenüber Wechsel und Scheck in der Hand des ersten Nehmers; ZHR 148 (1984), S.313

Zotz, Brigitte: Anmerkung zu OLG Hamm Beschluß vom 13.10.1986, Aktz. 11 W 2/86; (= WM 1987, S.l 128 f.), EWiR § 328 BGB 1/87, S.547

24 Seitz

370

Literaturverzeichnis

— Anmerkung zu BGH Urteil vom 25.6.1987, Aktz. IX ZR 199/86, Köln, (= WM 1987, S.l 038), WuB IVA. §747 BGB 1.87

Anhang I

Marktstatistiken

Tabelle 1 Wert der ausgegebenen Sparbriefe und Marktanteile bei den Kreditinstitutsgruppen im Bundesgebiet

Jahr

1974 Mrd.DM % 1976 Mrd.DM % 1978 Mrd.DM % 1980 Mrd.DM % 1982 Mrd.DM % 1983 Mrd.DM % 1984 Mrd.DM % 1985 Mrd.DM % 1986 Mrd.DM % 1987 Mrd.DM % 1988 Mrd.DM % 1989 Mrd.DM % 1990 Mrd.DM %

Sparkassen­ organisation

Genossenschafts­ banken

Kreditbanken

Gesamtbetrag

17,1 80,7

2,4 11,3

1,7 8,0

21,2 100,0

30,8 75,9

4,1 10,1

5,7 14,0

40,6 100,0

44,9 69,5

5,8 9,0

13,9 21,5

64,6 100,0

67,0 68,6

11,6 11,9

19,0 19,5

97,6 100,0

82,9 67,0

20,3 16,4

20,6 16,6

123,8 100,0

90,6 66,0

25,2 18,4

21,5 15,6

137,3 100,0

99,3 64,4

32,0 20,8

22,9 14,8

154,2 100,0

104,7 62,3

38,6 22,9

24,8 14,8

168,1 100,0

112,9 60,0

44,6 23,7

30,8 16,3

188,3 100,0

123,8 60,8

47,7 23,4

32,2 15,8

203,7 100,0

131,2 62,2

48,0 22,8

31,5 15,5

210,7 100,0

151,2 64,2

53,4 22,7

30,8 13,1

235,4 100,0

175,2 65,8

61,1 22,9

30,0 11,3

266,3 100,0

Anhang I

374

Jahr

1991 Mrd.DM % 1992 Mrd.DM % 1993 Mrd.DM % 1994 Mrd.DM % 1995 Mrd.DM %

Sparkassen­ organisation

Genossenschafts­ banken

Kreditbanken

Gesamtbetrag

194,9 66,7

67,9 23,2

29,5 10,1

292,3 100,0

197,6 65,6

71,0 23,5

33,3 n,o

301,9 100,0

196,7 67,0

68,3 23,2

28,7 9,8

293,7 100,0

178,5 64,8

66,2 24,1

30,6 11,1

275,3 100,0

200,2 65,8

71,0 23,3

33,2 10,9

304,4 100,0

Quelle: Statistiken der Deutschen Bundesbank; Stand: Oktober 1995

Anhang I

375

Tabelle 2 Entwicklung des Gesamtbestandes an Sparkassenbriefen und ihre Verteilung auf die Zinszahlungsformen

Jahr

Bestand an Sparkassenbriefen insgesamt Mrd.DM

%

Laufende Zinszahlung

Mrd.DM

Abgezinster Typ

%

Mrd.DM

%

1970

4,1

100

3,3

80,5

0,8

19,5

1972

8,3

100

6,4

77,1

1,9

22,9

1974

15,8

100

10,5

66,5

5,3

33,5

1976

28,4

100

16,6

58,5

11,8

41,5

1978

41,8

100

22,3

53,3

19,5

46,7

1980

63,3

100

31,3

49,4

32,0

50,6

1982

72,2

100

35,4

49,0

36,8

51,0

1984

81,8

100

42,8

52,2

39,0

47,8

1985

83,9

100

45,1

53,8

38,8

46,2

1986

90,7

100

51,0

56,2

39,7

43,8

1987

97,3

100

56,0

57,6

41,3

42,4

1988

99,6

100

62,8

63,0

36,8

37,0

1989

108,2

100

72,2

66,7

36,0

33,3

1990

108,9

100

69,9

64,2

39,0

35,8

1991

121,8

100

81,3

66,7

40,5

33,3

1992

119,9

100

89,7

74,8

30,2

25,2

1993

108,0

100

83,0

77,0

25,0

23,0

Quelle: Deutscher Sparkassen- und Giroverband e.V., Bonn

Anhang I

376

Tabelle 3 Verteilung des Sparkassenbriefbestandes auf Erwerbergruppen

Jahr

Bestand Sparkassen­ Privatpersonen briefe insgesamt Mrd.DM

%

Mrd.DM

%

Unternehmen

Mrd.DM

%

Öffentliche Haushalte

Mrd.DM

%

Sonstige

Mrd.DM

%

1968

1,4

100

1,2

85,7

0,1

4,8

0,1

4,8

0,1

4,8

1970

4,1

100

3,7

90,2

0,1

2,5

0,2

5,0

0,1

2,5

1972

8,1

100

7,4

91,4

0,3

3,7

0,2

2,5

0,2

2,5

1974

15,8

100

14,6

92,4

0,5

3,2

0,4

2,5

0,3

1,9

1976

28,5

100

26,6

933

0,9

3,2

0,4

1,4

0,6

2,1

1978

41,8

100

38,6

92,3

1,5

3,5

0,6

1,4

1,1

2,6

1980

63,3

100

58,9

93,0

2,0

3,2

0,8

1,3

1,6

2,5

1982

72,2

100

67,5

93,5

2,0

2,8

0,9

1,2

1,8

2,5

1984

81,8

100

75,3

92,0

3,0

3,7

1,1

1,3

2,4

2,9

1985

83,9

100

75,7

903

4,3

5,1

1,3

1,5

2,6

3,0

1986

90,7

100

80,0

88,2

6,2

6,8

1,6

1,8

2,9

3,2

1987

97,3

100

84,8

87,2

7,7

7,9

1,8

1,9

3,0

3,1

1988

99,6

100

84,8

85,1

9,5

9,5

2,1

2,1

3,2

3,2

1989

108,2

100

89,9

83,1

12,5

11,6

2,3

2,1

3,5

3,2

1990

108,9

100

90,8

83,4

12,0

11,0

2,4

2,2

3,7

3,4

1991

121,8

100

102,4

84,1

13,1

10,8

2,4

2,0

3,9

3,2

1992

119,9

100

98,1

81,8

15,1

12,6

2,6

1,8

4,1

3,4

1993

115,0

100

84,9

73,8

19,4

16,9

2,7

2,3

6,8

5,9

Quelle: Handbuch für Anlageberatung

39,6

232,6

Groß- und Kreditbanken

Alle Bankengruppen

3,4

1,9

9,3

821,8

227,6

206,1

13,0

10,6

28,1

32,3

414,6

10,3

877,0

473,4

103,0

192,9

Mrd.DM

13,9

22,1

:

14,1

15,0

%

Sichteinlagen

Quelle Statistiken der Deutschen Bundesbank; Stand Oktober 1993

68,4

Genossenschafts­ banken

%

Mrd.DM

Sparkonteneinlagen

%

Sparbriefe

__________________ Mrd.DM Sparkassenorganisation 132,2

Bankengruppe

2314,7

854,4

254,6

339,6

Mrd.DM

36,6

40,0

34,7

26,5

%

Termineinlagen

2080,8

542,60

100,6

202,5

Mrd.DM

732,7

1281,8

Mrd. DM

32,9

6326,9

100

100

100

100

%

Geschäftsvolumen

25,4 2137,6

13,7

15,8

%

sonstige Passiva

Anteile von Sparbriefen am Passivgeschäft der Kreditinstitutsgruppen

Tabelle 4

Anhang I

377

Anhang I

378

Tabelle 5 Umlauf von Bank-Namensschuldverschreibungen; Nominalwert und Relation in Prozent zum gleichzeitigen Umlauf von Inhaberschuldverschreibungen der entsprechenden Wertpapierart

Jahr

Bestand an Namensschuldver­ schreibungen insgesamt in Mio. DM

%-Anteil am Bestand vergleichbarer Inhaberschuldv.

1981

75.900

15,7

1982

79.467

15,0

1983

86.298

14,8

1984

97.887

15,8

1985

119.374

18,2

1986

142.314

20,8

1987

171.714

24,0

1988

201.233

28,4

1989

219.309

28,8

1990

226.120

25,1

1991

232.026

22,3

1992

238.662

20,6

1993

254.676

19,6

Quelle: Deutsche Bundesbank Kapitalmarktstatistik, Stand Dezember 1993

Anhang II

Formularsammlung

Anhang II

A

IM 531

381

Anhang II

382

Sparbrief E(U)

Emission 14

10 OOO,* DM

o

Dresdner Bank Aktiengesellschaft

Emission 14 DM 10000,-

Nr. 00000

Sparbrief E(U) überlOOOO Deutsche Mark 2-jährige Schuldverschreibung auf den Inhaber Zinssatz VA Rückzahlungsbetrag D^UA

dem Inhqbör die^ Sparbriefes den Betrag von zehntausmweiJtsche Mark zuzüglich Zinsen gemäß decnjmstehenden Bedingungen zu zahlen.

Dresdner Bank

Aktiengesellschaft

Ausgegeben im:

Dresdner Bank

383

Anhang II

Sparkassenzertifikat •

• •

*

*



















I









Sparurkunde Nr.

Serie

± . ' 3 ~

über i.W.

Deutsche Mark DM.

Verzinst wird das Guthaben des Sparkassenzertifikates ab im 1. Jahr mit im 2. Jahr mit im 3. Jahr mit

% % %

Die Spareinlage kann jederzeit - jedoch nicht vor Ablauf von Monaten nach Ausgabe dieser Urkunde - gekündigt werden. Es gelten die Bedingungen für Spar­ einlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist. Das eingezahlte Guthaben wird mit Zinsen und Zinseszinsen - ggf. vermindert um die im Zeitpunkt der Fälligkeit geltende Kapital­ ertragsteuer - nur an den Gläubiger oder einen von ihm der Sparkasse bezeichneten Begünstigten gegen Rückgabe dieser Urkunde ausgezahlt. Nach Ablauf des 3./ . Jahres vergütet die Sparkasse den Zinssatz für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist, sofern nichts anderes vereinbart wird. Dasselbe gilt, falls Teilbeträge vorzeitig zurückgefordert werden, für den Restbetrag vom Zeitpunkt der Verfügung an.

Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß für dieses Vertragsverhältnis ergänzend die Bedingungen für den Sparverkehr Vertragsbestandteil sind. Auf Wunsch werden sie dem Sparer ausgehändigt.

Ort. Datum

Stempel und Unterschriften der Sparkasse

Kontrollnummer_______________

'

HK -Normalverz./Aufgezinste/AbgezinsteSparkassenbnefaim Umlauf«.

D atum ------------------------

I

l

Mehrzweckfeld ---------------------------------------------------



_______________________

Nr. ---------------------------------------

I

LJ Gegen bar

kaufe(n) ich/wir den oben näher

LJ des Gläubigers LJ ____________________________________________________________

LJ nachträglich zu den Zinsterminen

—ggf.

bezeichneten Sparkassenbrief über vermindert um die zur Zeit der Fälligkeit geltende Kapitalertragsteuer dem o. a. Zinsgutschriftskonto gutgeschrieben werden. Das Konto lautet auf den Namen

Zu Lasten Konto

Die Zinsen sollen



I

1

-

_________________________ I

OM ------------------------------------------

I

1

I

1

______________________________________ i

HK-Nr. ---------------------------------------------------------------

l

Fälligkeit---------------------

Zinsgutschriftskonto -------------------------

Laufzeit----------------------

Zinstermin ---------

Hinterleg.-Nr.---------------

Zinssatz ------------

Brief N r. -----------------------

Sparkasse

Vordrucksatz bitte vor Unterschriftsleistung des Kunden trennen!

Käufer (falls nicht zugleich Gläubiger)--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------________________________________________________________________________________________________________________________

Gläubiger (Name. Vorname, Geburtsname; Geburtstag; Beruf; Anschrift)-----------

Kaufauftrag Sparkassenbrief

2hk gem.inneroetnebi.Arbeitsanweisung.-

384

Anhang II

HK-Nr2 ------------------------------------

-

D M ------------------------------------------

________________________

|

D M ------------------------------------------

_________________________

I

I

_________________________

I

gutzuschreiben.

LJ Den Sparkassenbrief händigen Sie mir/uns bitte aus. N r. -------------------------------------------

Bei Fälligkeit ist der Gegenwert des Sparkassenbriefes gegen Rückgabe der Urkunde auszuzahlen.

Bei Fälligkeit ist der Gegenwert des Sparkassenbriefes dem Konto

Den Sparkassenbrief nehmen Sie bitte für mich/uns in Verwahrung.

bis zur Fälligkeit jederzeit die Ausfertigung und Aushändigung des Sparkassenbriefes verlangen.

Der Gläubiger ist damit einverstanden, daß die Ausfertigung der Sparkassenbriefurkunde bis auf weiteres zurückgestellt wird. Der Gläubiger kann

_________________________

I

W ert ____________________

I

_________________________

DM ------------------------------------

I

_________________________

I

.

l

|

Legitimationsprüfung und Bearbeitungsvermerke s. Rückseite Unterschnft(en) (bitte nicht durchschreiben!)

Umwandlung unterrichten. LJ Nur gemeinschaftliche Verfügungsberechtigung der Gläubiger Allgemeine Geschäftsbedingungen: Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die derzeit geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Sparkasse Vertragsbestandteil sind. Sie hängen/liegen in den Kassenräumen zur Einsichtnahme aus. Der Kunde erhält ein Exemplar der Bedingungen, sofern er es wünscht.



Die Schuldverschreibung ist beiderseits unkündbar. Der Kapitalanspruch aus dem Sparkassenbrief verjährt 10 Jahre nach Eintritt der Fälligkeit. Erfüllungsort für alle Leistungen aus der Schuldverschreibung ist der Sitz der Schuldnerin. Einzelverfügungsberechtigung: Sind mehrere Personen Gläubiger, so ist jede von ihnen berechtigt, über den Sparkassenbrief zu verfügen sowie Dritte zu bevollmächtigen. Im Todesfall kann der überlebende Ehegatte als Kontomitinhaber das Konto auflösen oder auf seinen Namen umschreiben lassen. Jeder Kontoinhaber kann im Einvernehmen mit der Sparkasse und mit Wirkung für die Zukunft das Konto insoweit umwandeln, als die Konto­ inhaber nur noch gemeinschaftlich Rechte aus dem Gemeinschaftskonto geltend machen. Die Sparkasse wird die anderen Kontoinhaber über die

□ □ □ □

Fälligkeitstag erfolgt ggf. vermindert um die anfallende Kapitalertragsteuer. Somit sind zu belasten/zu zahlen



—. auf den Kaufpreis angerechnet werden (Abzinsung). Bei Fälligkeit des LJ Sparkassenbriefes erfolgt die Auszahlung des Nennbetrages ggf. vermindert um die anfallende Kapitalertragsteuer. dem Nennbetrag zugeschlagen werden (Aufzinsung). Die Auszahlung am

Anhang II

385

'

Zinstermin ---------

i

i_

Fälligkeit---------------------



O

des Gläubigers

O

i

HK-Nr?--------------------------------------------------------------

i

I

1

OM

ggf. vermindert um die zur Zeit der Fälligkeit geltende Kapitalertragsteuer

___________________________________________________________

-

Nennbetrag |_________________

I

------------------------ - Mehrzweckfeld------------------------------------------------ —

dem o. a. Zinsgutschriftskonto gutgeschrieben werden. Das Konto lautet auf den Namen

Die Zinsen sollen nachträglich zu den Zinsterminen

-

_________________________________________

Deutsche Mark in W orten ---------------------------------------------------------------------------

i

I

I

Hinterieg.-Nr.---------------

I



Zinsgutschriftskonto------------------------- ,

Laufzeit----------------------

_ zzzz_

Zinssatz ------------



Brief N r. ----------------------

Sparkasse

Vordrucksatz bitte vor Unterschriftsleistung des Kunden trennen!

__ Z Z I _____ ll___________ _______ ________________ Datum ---------------------------------------- _______ II

Gläubiger (Name. Vorname, Geburtsname; Geburtstag; Beruf; Anschrift)------------

Kaufauftrag Sparkassenbrief

*

HK - Normalverz. .Aufgezinste/Abgezinste Sparkassenbnefe im Umlauf«. hk gem.mneroetneoi.Arbeitsanweisung.

2

386 Anhang II

D M -----------------------------------------

________________________

I

HK-Nr.2 ------------------------------------

_________________________

I

I

_________________________

I

I

j

D M ------------------------------------------ . i

Zu Lasten Konto

______________________

N r. ----

I

Bei Fälligkeit ist der Gegenwert des Sparkassenbriefes dem Konto

------------------------------------------

________________________

I

gutzuschreiben.

Legitimationsprüfung und Bearbeitungsvermerke s. Rückseite

I

Un(erschnft(en> (bitte nicht durchschreiben!)

I

Dritte zu bevollmächtigen. Im Todesfall kann der überlebende Ehegatte als Kontomitinhaber das Konto auflösen oder auf seinen Namen umschreiben lassen. Jeder Kontoinhaber kann im Einvernehmen mit der Sparkasse und mit Wirkung für die Zukunft das Konto insoweit umwandeln, als die Konto­ inhaber nur noch gemeinschaftlich Rechte aus dem Gemeinschaftskonto geltend machen. Die Sparkasse wird die anderen Kontoinhaber über die Umwandlung unterrichten. LJ Nur gemeinschaftliche Verfügungsberechtigung der Gläubiger Allgemeine Geschäftsbedingungen: Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die derzeit geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Sparkasse Vertragsbestandteil sind. Sie hängen/liegen in den Kassenräumen zur Einsichtnahme aus. Der Kunde erhält ein Exemplar der Bedingungen, sofern er es wünscht. Käufer (falls nicht zugleich Gläubiger) i ____________________________________________________________________________________________________________________________________________

LJ Bei Fälligkeit ist der Gegenwert des Sparkassenbriefes gegen Rückgabe der Urkunde auszuzahlen. LJ Einzelverfügungsberechtigung: Sind mehrere Personen Gläubiger, so ist jede von ihnen berechtigt, über den Sparkassenbrief zu verfügen sowie

LJ

Nr.

LJ Den Sparkassenbrief händigen Sie mir/uns bitte aus.

I

W ert ---------------------------------------D M -----------------------------------------LJ Gegen bar ________________________ |________________________

kaufe(n) ich/wir den oben näher bezeichneten Sparkassenbrief CJ Den Sparkassenbrief nehmen Sie bitte für mich/uns in Verwahrung.



Die Schuldverschreibung ist beiderseits unkündbar. Der Anspruch aus der Urkunde verjährt, wenn sie nicht binnen zehn Jahren nach Eintritt der Fälligkeit zur Einlösung vorgelegt wird. Die Schuldverschreibung ist nur gültig, wenn sie von zwei Zeichnungsberechtigten der Schuldnerin eigenhändia unterschrieben ist. Erfüllungsort für alle Leistungen aus der Schuldverschreibung ist der Sitz der Schuldnerin.

I

Fälligkeitstag erfolgt ggf. vermindert um die anfallende Kapitalertragsteuer.

—. auf den Kaufpreis angerechnet werden (Abzinsung). Bei Fälligkeit des _ I Sparkassenbriefes erfolgt die Auszahlung des Nennbetrages ggf. vermindert um die anfallende Kapitalertragsteuer. LJ dem Nennbetrag zugeschlagen werden (Aufzinsung). Die Auszahlung am

.

Anhang II

387

HK ••Normalverz. Aufgezinstö'Aögezmste Sparkasse^onefe

Kaufauftrag Sparkassenbrief

Ä

HKgem mnefpetnepi Arbeitsanweisung

1

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HK-Nr. -------------------------------------

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dem Nennbetrag zugeschlagen weroen (Aufzinsung). Die Auszahlung am

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des Gläubigers [Z I __________________________________________________________________

— . auf den Kaufpreis angerechnet werden (Abzinsung). Bei Fälligkeit des I Sparkassenbriefes erfolgt die Auszahlung des Nennbetrages ggf. verm indert um die anfallende Kapitalertragsteuer.



-

bezeichneten Sparkassenbrief über nachträglich zu den Zinsterminen ggf. vermindert um die zur Zeit der Fälligkeit geltende Kapitalertragsteuer dem o. a. Zinsgutschriftskonto gutgeschrieben werden. Das Konto lautet auf den Namen

Nr. ---------------------------------------EZJ Gegen bar kaufe(n)



Die Zinsen sollen

_________________________

Zu Lasten Konto



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DM --------------------------------------

I

D M ----------------------------------------- .

____________________________ _

DM --------------------------------------------

___________________________ ,

Anhang II

I

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Mehrzweckfeld ------------------------------------------- - ---- -

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II

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Vordrucksatz bitte vor Unterschriftsleistung des Kunden trennen!

Käufer (falls nicht zugleich G läubiger) ______________________________________________________________________________

_______________________

Gläubiger (Name. Vorname. Geburtsname: Gecurtstag; Beruf; Anschrift)------------

-

388

I

Der G läubiger ist dam it einverstanden, daß die Ausfertigung der Sparkassenbriefurkunde bis auf weiteres zurückgestellt wird. Der G läubiger kann

i

Bei Fälligkeit ist der Gegenwert des Sparkassenbriefes dem Konto ___________________________ Bei Fälligkeit ist der Gegenwert des Sparkassenbriefes gegen Rückgabe der Urkunde auszuzahlen.

iNr

O

l

I

gutzuschreiben.

bis zur Fälligkeit jederzeit die Ausfertigung und Aushändigung des Sparkassenbriefes verlangen. Den Sparkassenbrief nehmen Sie bitte für m ich/uns in Verwahrung. Den Sparkassenbrief händigen Sie mir/uns bitte aus.

Legitim ationsprüfung und Bearbeitungsvermerke s. Rückseite Unterschrift(en) (bitte nicht du renschreiben!)

Nur gemeinschaftliche Verfügungsberechtigung der Gläubiger Allgemeine Geschäftsbedingungen: Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die derzeit geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Sparkasse Vertragsbestandteil sind. Sie hängen/liegen in den Kassenräumen zur Einsichtnahme aus. Der Kunde erhält ein Exemplar der Bedingungen, sofern er es wünscht.



LZI Einzelverfügungsberechtigung: Sind mehrere Personen Gläubiger, so ist jede von ihnen berechtigt, über den Sparkassenbrief zu verfügen sowie Dritte zu bevollm ächtigen. Im Todesfall kann der überlebende Ehegatte als Kontom itinhaber das Konto auflösen oder auf seinen Namen umschreiben lassen. Jeder Kontoinhaber kann im Einvernehmen mit der Sparkasse und mit W irkung für die Zukunft das Konto insoweit umwandeln, als die Konto ­ inhaber nur noch gem einschaftlich Rechte aus dem G em einschaftskonto geltend machen. Die Sparkasse wird die anderen Kontoinhaber über die Um wandlung unterrichten.

Die Schuldverschreibung ist beiderseits unkündbar. Der Kapitalanspruch aus dem Sparkassenbrief verjährt 10 Jahre nach Eintritt der Fälligkeit. Erfüllungsort für alle Leistungen aus der Schuldverschreibung ist der Sitz der Schuldnerin.

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Anhang II

389

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Ich/wirkaufe/n gegen bar zu Lasten meines/unseres Kontos:

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70 Herren

§ 428 BGB.

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Der Sparkassenbrief ist beiderseits unkündbar; soweit der Nassauischen Sparkasse ein vertraglich nicht auszuschließendes gesetz­ liches Kündigungsrecht (BGB § 247) zusteht, wird sie von diesem Kündigungsrecht keinen Gebrauch machen. Das Recht aus dem n _____1_________ • * ___ • ___. ________ _______ • Va ! •____ t r t T _1 ______________ 1___ 1^. ____ 1 __________ L l ___ • __ 1 17» g ~ n ___________ _______________ ____ 1 ___

Bei normalverzinslichen Sparkassenbriefen erfolgt die Zinszahlung nachträglich zum 31.12. eines jeden Jahres. Bei abgezinsten Sparkassenbriefen werden die Zinsen und Zinseszinsen auf den Kaufpreis angerechnet Fällige Zins- und Kapitalbeträge werden bis zum Eingang gegenteiliger Weisungen den unten angegebenen Konten mit befreiender Wirkung gutgeschrieben.

von

I Mehrere Gläubiger I sindGesamt-

einen Sparkassenbrief unter dem jederzeit widerrufbaren Verzicht auf Ausstellung und Aushändigung der Sparkassenbriefurkunde zu folgenden Bedingungen:

□ □

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Geburtsdatum

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Zusatzbezeichnung

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40 Eheleute

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Schlüssel

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10 Herr

20 Frau

... __ __ __ ... 1__ __ __ __ __ __ — — —J— L_J gläubiger t a

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Titel * Vorname’ Name (max. 24 Zeichen)

I

I

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Schlüssel

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III

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I

LJ normalverzinslich 06 TypN -abgezinst 07 Typ A

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I

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PLZ/Wohnort

Straße/Hausnummer

voraame/n,-Name/n des/der Gläubiger/s

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SparkassenbriefKontonummer

I

Sparkassenbrief-Kaufauftrag

- Ausfertigung für Sparkasse 390

Anhang II

I

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31.12.

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Qnein

•Nicht zutreffendes bitte streichen.

erfaßt. d.h. von der Zinsabschfagsteuer befreit werten.



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Sparkassenbnef*

Kto.-Nummer Zinsen

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Kto.-Nummer Kapital

S p a r ä c n tfr d ie s e r

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sei! von demiör mich' für uns besehenden Freisle!lungsau!trag

Dieses

BLZ (nur fremdes K I)

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BLZ (nur fremdes K I)

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Normalverzinslicher SparkassenbriefTypN ।

Ausgewiesen durch:------------------------------------------

Persönlich bekannt:-------------------------------------------

-Ausstellungsdatum ----- - ---- — ------

:

— — ------------------------------------ ---------------------Unterschnft/en

Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß ergänzend die „Allgemeinen Geschäftsbedingungen” der Sparkasse (AGB) in ihrer jeweils gültigen Fassung gelten. Die AGB liegen in den Geschäftsräumen aus und weiden auf Wunsch ausgehändigt

Zinsfälligkeit

Linsen

S S t,

Zinssatz

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« Kaufpreis

““

•/• Abzinsungsbetrag

1 1 ................

Abgezinster Sparkassenbrief Typ A

Anhang II

391

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Gebietsansässiger

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Selbständig

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Gebietsfremder



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Staatsangehörigkeit

Fälligkeit der jeweiligen Jahresraten

Ausgabepreis DM

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Zurbankirrternen Bearbeitung

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Zahl dar Jahresraten

Zfnstermin

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ohneUrkunde

□erSparbriefsoil auf den Zeichner als verfffgüngsberechtigteriG WeitereAngaben^zumZeichner ; Geburtsdatum'. . Telefon'.• Beruf/Branche



, Höhe der Jahresraten

Nur furTyp

zu einem Zinssatz von %,

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zeichnet einen Sparbrief Typ y der Bank

Straße/Haus-Nr.

DerZetchner " ' Name/Vornamey

Sparbrief-Zeichhungsschein 392

Anhang II

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-ausstellehde Behörde

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Mitarbeiter der Bank

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hat stch-äusgewiesehdbrch;(Urkunde)

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Bet mehreren Gläubigern als G esam tgliubiger gem. 5 428 Satz

Ort, Datum

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U rsch rift fü r den Zeichner

Ausstellungsdatum.

Ausstellungsdatum

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jw urde(n) von mir geprüft.

auch verfügungsberechtigterGläubige^ wemr nicht Identisch mit Zeichner

Ort-Datum

DenGläubiger - J hatsich aUsgewiesen durch ( Urkunde)! [ istm ir persönlich bekannt /[~ T | - ? - ? - ; . ! ; ~ 7 "

' Nr.

Der Zeichner istvmir persönlich bekannt.

K

Für die ban k in te m e B earbeitung Die Unterschrift(en)xunter diesem Sparbrief-Zeichnungsschein ? | ]\A/urde(n) vor mir von dem/den Unterzeichnerin) geleistet?

Ort; Datum

Zeichner.

Ort,. Datum a

Ergänzend gelten die A llgem einen Geschäftsbedingungan.der BahkfAGBKDie AGB können inden Geschäftsräumen der Bank eingesehän werden; aiif Verlangen werden sieausgehändigt, > >< 1

DerGegenwert des Sparbriefe wird;

• ■ '•

deStGläubigere überS/viesen Werden^yeränsuncNridMtätoifctoegihhett FälUgkeitstag/beim Ratönsparbnefmit dem Fälligkeitstag der letzten Rate^DieSparbrröfforderungistbeiderseits unkündbarrsie kann nur mit Zustimmung der ausgebenden Bank*abgetreten und verpfär^deFwerdön. . . -

yeremDamn&sgemaB e rn a ira e r^ ic n fw ,p z w tn a u D ig e r^ Qleichwdhl kann der Gläubiger Die anfallenden Zinsen und äaskapfel^tteirTfRätenspaffi

Anhang II

393

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Die Zinsen und Zinseszinsen werden durch Aufzinsung dem Nennbetrag zugeschlagen. Danach Einlösung dieser Sparkassenobligation bei Fälligkeit mit

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Rückseite

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Ausgabe -----------------------

Kenn-Nr. -----------------------

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Fälligkeit -----------------------

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Aufzinsungsbetrag



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HK 3 --------------------------------------------

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Zinsen fü r --------------HK 3 ------------------------------------------D M ---------------------------------------I________ .___ ____________________________________ — ____________________________

oben angegeben verzinst. Die Zinsen werden Kursabschlag in % —. ggf. verm indert um die zur Zeit der Fälligkeit I geltende Kapitalertragsteuer jährlich nachträg- -----------------lieh gezahlt. Ergänzend gilt Ziffer 1 der auf der Kurszuschlag in % —. Rückseite abgedruckten Bedingungen. ________________

Bis zum Fälligkeitstag wird der Nennbetrag wie

Legitim ationsprüfung Vordrucksatz bitte vor Unterschriftsleistung des Kunden trennen!

Anhang II

________________________

Deutsche Mark in Worten ________________________________________________

_______________________________________________________ oder Order

----------------------------- 2---------------------Z----------------------------------------------------------------

(Gläubigen

Kaufauftrag

Sparkassenobligation

Wir zahlen bei Fälligkeit an

^3

’ Hier ist bei nachträglicher Aushändigung der Urkunde die Nr. der ausgegebenen Soarkassenobligation einzusetzen HK -Normaiverz /Aufgezinste'Abgezinste Sparkassenobligationen im Umlauf«. HKgem mnerbetnebi Arbeitsanweisung

394

Die Zinsen werden durch Anrechnung auf den Kaufpreis vergütet. Bei Fälligkeit der Sparkassenobligation erfolgt die Auszahlung des Nennbetrages ggf. verm indert um die anfallende Kapitalertragsteuer. Ergänzend gilt Ziffer 2 der auf der Rückseite abgedruckten Bedingungen. HK3 ---------------------------------------I

____________________________

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A bzinsungsbetrag I

Zu Lasten Konto

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Nr. ----

I



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W ert ---------------------------------------DM -----------------------------------------Gegen bar ____________________________ I I

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I

Jeder einzelne G läubiger kann die G läubigergesam theit allein vertreten und ist bis zum schriftlichen W iderruf gegenüber der Sparkasse allein berechtigt, gegen Vorlage der Sparkassenobligation die gesamte fällige Leistung (Zinsen an den Zinszahlungsterm inen, Kapital) an sich zu fordern. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die derzeit geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Sparkasse Vertrags­ bestandteil sind. Sie hängen/liegen in den Kassenräumen zur Einsichtnahme aus. Der Kunde erhält ein Exemplar der Bedingungen, sofern er es wünscht. Käufer (fails nicht zugleich Gläubiger) ---------------------------------------------------------------------------------Unterschrift(en) (bitte nicht durchschreiben!) -----------------------------------------------

-

L J Bei Fälligkeit ist der G egenw ert der Sparkassenobligation gegen Rückgabe der Urkunde auszuzahlen.



kaufe(n) ich/w ir die oben näher bezeichnete Sparkassenobligation. Die Sparkassenobligation nehm en Sie bitte für m ich/uns ins Depot. L J Die Sparkassenobligation händigen Sie m ir/uns bitte aus. (Sonderverwahrung) Nr.------------------------------------------L J Bei Fälligkeit ist der G egenw ert der Sparkassenobligation dem Konto ____________________________ gutzuschreiben.



I

|

Die Schuldverschreibung ist beiderseits unkündbar. Der Anspruch aus der Urkunde verjährt, wenn sie nicht binnen zehn Jahren nach Eintritt der Fälligkeit zur Einlösung vorgelegt wird. Die Schuldverschreibung ist nur gültig, wenn sie von zwei Zeichnungsberechtigten der Schuldnerin eigenhändig unterschrieben ist. Erfüllungsort für alle Leistungen aus der Schuldverschreibung ist der Sitz der Schuldnerin.



Anhang II

395



-

-

falls nicht zugleich Gläubiger

-

Nr.

________________________

I

Wert -------------------------------------------

________________________

I

____________ _

-

Gegen bar

den oben näher bezeichneten Sparkassenkapitalbrief.

LJ

EJ

Bei Fälligkeit ist der Gegenwert des Sparkassenkapitalbriefes dem Konto Den Sparkassenkapitalbrief händigen Sie mir/uns bitte aus.

Den Sparkassenkapitalbrief nehmen Sie bitte für mich/uns in Verwahrung.

des Gläubigers

DM

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gutzuschreiben.

Nennbetrag I________________

Bei Fälligkeit ist der Gegenwert des Sparkassenkapitalbriefes gegen Rückgabe der Urkunde auszuzahlen. Der Kapitalanspruch aus dem Sparkassenkapitalbrief verjährt 10 Jahre nach Eintritt der Fälligkeit. Die Schuldverschreibung ist nur gültig, wenn sie von zwei Zeichnungsberechtigten der Schuldnerin eigenhändig unterschrieben ist. Erfüllungsort für

□ □

LJ

Fälligkeit

Zinsgutschriftskonto

l l Mehrzweckfeld

HK-Nr?

Die Zinsen sollen nachträglich zu den Zinsterminen ggf. vermindert um die zurZeit der Fälligkeit geltende Kapitalertragsteuer dem o. a. Zinsgutschriftskonto gutgeschrieben werden. Das Konto lautet auf den Namen

-

Zu Lasten Konto

kaufe(n) ich/w ir



Laufzeit

Zinstermin

I________________________

Datum

Hinterleg.-Nr.

Zinssatz

Brief Nr.

d e r(S p a rk a s s e >

(Name, Vorname, Geburtsname, Geburtstag, Anschrift)_______________________________________________________________

______________________________________

Deutsche Mark in Worten

Käufer

_____________________________________________________________________________

Beruf; Anschrift)

nachrangige Namensschuldverschreibung

Kaufauftrag

-

Sparkassenkapitalbrief

Gläubiger (Name. Vorname. Geburtsname; Geburtstag:

S9 396 Anhang II

Nachrangabrede

-

-

Einzelverfügungsberechtigung: Sind mehrere Personen Gläubiger, so ist jede von ihnen berechtigt, über den Sparkassenkapitalbrief zu

Nur gemeinschaftliche Verfügungsberechtigung der Gläubiger.

Legitimationsprüfung und Bearbeitungsvermerke s. Rückseite

7.

Rechtsverbindliche Unterschrift(en)______________________________

Allgemeine Geschäftsbedingungen Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die derzeit geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkasse Vertrags­ bestandteil sind. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen hängen/llegen In den Kassenräumen zur Einsichtnahme aus. Der Kunde erhält ein Exemplar der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, sofern er es wünscht



verfügen sowie Dritte zu bevollmächtigen. Im Todesfall kann der überlebende Ehegatte als Kontomitinhaber das Konto auflösen oder auf seinen Namen umschreiben lassen. Jeder Kontoinhaber kann im Einvernehmen mit der Sparkasse und mit Wirkung für die Zukunft das Konto insoweit umwandeln, als die Kontoinhaber nur noch gemeinschaftlich Rechte aus dem Gemeinschaftskonto geltend machen. Die Sparkasse wird die anderen Kontoinhaber über die Umwandlung unterrichten.



6. Bei Gemeinschaftskonto

5. Sonstiges Nachträglich können der Nachrang nicht beschränkt sowie die Laufzeit und die Kündigungsfrist nicht verkürzt werden. Eine vorzeitige Rückerstattung ist der Sparkasse ohne Rücksicht auf entgegenstehende Vereinbarungen zurückzugewähren, sofern nicht das Kapital durch die Einzahlung anderen, zumindest gleichwertigen haftenden Eigenkapitals ersetzt worden ist (vgl. § 10 Abs. 5a Satz 5 KWG).

4. Sicherheiten Für die Verbindlichkeiten aus diesem Sparkassenkapitalbrief werden weder vertragliche Sicherheiten durch die Sparkasse noch durch Dritte gestellt.

von Jahren/ Monaten2 jeweils zum Ende eines Geschäftsjahres frühestens zum kündigen, wenn entweder eine Rechtsvorschrift in der Bundesrepublik Deutschland erlassen, geändert oder in einerWeise angewendet wird, die bei der Sparkasse zu einer höheren Steuerbelastung im Zusammenhang mit der Ausgabe von nachrangigen Verbindlichkeiten führt als zum Zeitpunkt ihrer Ausgabe, oder die Anerkennung nachrangiger Verbindlichkeiten als haftendes Eigenkapital im Sinne des KWG entfällt oder beeinträchtigt wird.

-

3. Außerordentliches Kündigungsrecht Die Sparkasse behält sich ein außerordentliches Kündigungsrecht vor. Danach kann sie den Sparkassenkapitalbrief unter Einhaltung einer Kündigungsfrist

2. Aufrechnungsverbot Die Aufrechnung des Rückerstattungsanspruches aus diesem Sparkassenkapitalbrief gegen Forderungen der Sparkasse ist ausgeschlossen.

Das auf den Sparkassenkapitalbrief eingezahlte Kapital wird im Fall des Konkurses oder der Liquidation der Sparkasse erst nach Befriedigung aller nicht nachrangigen Gläubiger zurückerstattet; der Sparkassenkapitalbrief ist für beide Vertragsparteien während der Laufzeit vorbehaltlich Ziffer 3 unkündbar.

1.

I

Anhang II

397

des/der bei der Sparkasse bestehenden Sparkontos/Sparkonten Nr.________________________________________

nachstehend der Gläubiger genannt - ist verfügungsberechtigter Gläubiger

3 /9 3

.

.

in

gegenüber nur insoweit leistungspflichtig, wie sie unter Berücksichtigung etwaiger Pfand- und Sicherungsrechte dem Gläubiger gegen ­ über im Zeitpunkt des Übergangs leistungspflichtig war.

in dem Maße geltend gemacht werden, wie sie im Zeitpunkt des Überganges dem Gläubiger zustanden, die Sparkasse ist dem Gläubiger

über. Die dem Begünstigten aus dieser Vereinbarung zufallenden Rechte können von diesem nur

____________________________________________________________________________________________________

- nachfolgend der Begünstigte genannt -

wohnhaft

H e r r n / F r a u __________________________________________________________________ geboren am _______________________

Alle Rechte aus dem/den obengenannten Konto/Konten - Sparkassenbrief(en) einschließlich der Rechte aus einem etwaigen Verwahr­ verhältnis bezüglich der über die Forderungen ausgestellten Urkunden gehen mit sofortiger Wirkung auf

1

des/der von der Sparkasse ausgegebenen Sparkassenbriefe(s) Nr._________________________________________ Gläubiger und Sparkasse treffen folgende Vereinbarung:

□ □

-

Herr/Frau

Verfügung zugunsten Dritter mit sofortigem Gläubigerwechsel (Sparkonto/Sparkassenbrief)

5

An die (Sparkasse)

398 Anhang II

I

Beruf/berufl. S te llu n g ----------------------------------------------------------------------------------------------------

B ra n c h e ----------------------------------------------------

Güterstand --------------------------------------------

Staatsangehörigkeit ------------------------------

1

Begünstigten_________________________________

2._des

Achtung: Vor der Ausfertigung dieses Vordrucks die Pfandfreiheit (Nr.

Legitimation geprüft und für die Richtigkeit der Unterschrift(en) :

Gläubigers___________________________________

I

1._des

Legitimation

Ort, Datum

I

21

AGB) der zu übertragenden Werte prüfen!

Unterschriften der Sparkasse

I

_______□ I

Unterschrift des Begünstigten (siehe Nr. 3, 3. Alternative)

I

Aufenthaltsland bei Gebietsfremden -------

____________________________________________________

Unterschrift des Gläubigers

__ _______ __________

Familienstand ---------------------------------------

I_______________________________________________________________________________________________________________________________________________________

Gesetzlicher Vertreter des neuen G lä u b ig e rs _____________________________________________________________________________________________________________________________

ggf. neue Konto-Nr. ------------------------------

Bearbeitungsvermerke für die Kontoneuanlage:

S p errverm erk ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Das Konto/Die Konten ist/sind bis zum Eintritt folgenden Zeitpunktes bzw. folgender Bedingung gesperrt, sofern diese Sperre nicht durch den bisherigen Gläubiger vorzeitig aufgehoben wird:

Verfügung einer Sperre

Die Sparkasse weist ausdrücklich darauf hin, daß - auch im Verhältnis zum Begünstigten - ergänzend ihre derzeit geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) Vertragsbestandteil sind. Die AGB hängen/liegen in den Kassenräumen zur Einsichtnahme aus. Der Gläubiger/Begünstigte erhält ein Exemplar der AGB, sofern er es wünscht.

4



|

I

__ uie unierncniung oes Degunsugien uuiieyi alieni uem oiauuiyci. Der Gläubiger weist darauf hin, daß der Begünstigte von ihm bereits informiert wurde. Diese Vereinbarung erfolgt in Gegenwart des Begünstigten, der sie zur Kenntnis und annimmt.

I

Anhang II 399

-

-

Begünstigter/Begünstigte

-

I

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__ wird damit diese Verfügung hinfällig.

i

----

Die dem Begünstigten aus dieser Vereinbarung zufallenden Rechte können von diesem nur in dem Maße geltend gem acht werden, wie sie im obengenannten Zeitpunkt dem G läubiger zustanden; die Sparkasse ist dem Begünstigten gegenüber nur insoweit leistungspflichtig, wie sie unter Berücksichtigung etwaiger Pfand- oder Zurückbehaltungsrechte dem G läubiger gegenüber im obengenannten Zeitpunkt leistungspflichtig war Sollte der Begünstigte vorher sterben,

3 Pfand- oder Zurückbehaltungsrechte, Vorversterben des Begünstigten

Der Übergang der Rechte soll mit folgendem Zeitpunkt bzw. mit folgender Bedingung erfolgen:

2 Zeitpunkt des Übergangs

(Name. Vorname. Geburtsname Geburtstag: genaue Anschrift):

Alle Rechte aus dem /den obengenannten Konto/Konten Sparkassenbrief(en) einschließlich der Rechte aus einem etwaigen Verwahrverhältnis bezüglich der über die Forderungen ausgestellten Urkunden gehen nach Maßgabe der Nr. 2 auf den/die folgende(n) Begünstigten/Begünstigte übe r

1

'



ist verfügungsberechtigter Gläubiger des/der bei der Sparkasse bestehenden Sparkontos/Sparkonten Nr. __ des/der von der Sparkasse ausgegebenen Sparkassenbriefe(s) Nr. Gläubiger und Sparkasse treffen folgende Vereinbarung:

_

X— I-------------------------z

Frau____________________________________________________________________________________________

~ nachstehend der Gläubiger genannt

Herr

Verfügung zugunsten Dritter mit späterem Gläubigerwechsel (Sparkonto/Sparkassenbrief)

S

-

400 Anhang II

---

!

Diese Vereinbarung erfolgt u n w id e rru flic h .

-

__

!

Das Recht der Sparkasse, an jeden Vorleger eines Sparkassenbuches mit befreiender W irkung zu zahlen, bleibt unberührt.

:

-

-

Unterschrift des Sachbearbeiters (mit Pers.-Nr.):

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___________________________________________________________ i

I

i

I

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Für die Sparkasse:_________________________________________

______________________________________________________________________________

Unterschrift des Begünstigten (siehe Nr. 6,3. Alternative)__________

Sofern die Drittbegünstigung weiter bestehen soll, hat der Gläubiger dies der Sparkasse mitzuteilen, damit für das andere Konto eine entsprechende Verfügung getroffen werden kan r

Legitimation geprüft und für die Richtigkeit der Unterschriftfen):

1.

des Gläubigers 2. des Begünstigten ________________ __________________________________ ______

Legitimation_____________________________________________

I

Unterschrift des Gläubigers__________________________________

Die Sparkasse weist ausdrücklich darauf hin, daß auch im Verhältnis zum Begünstigten ergänzend ihre derzeit geltenden Allgem eine^ G eschäftsbedingungen (AGB) Vertragsbestandteil sind. Die AGB hängen/liegen in den Kassenräum en zur Einsichtnahm e aus. Der G läubige' Begünstigte erhält ein Exemplar der AGB. sofern er es wünscht.

-

Diese Vereinbarung erfolgt in Gegenwart des Begünstigten, der sie zur Kenntnis und annimmt.

7 Allgemeine Geschäftsbedingungen

__

Die Unterrichtung des Begünstigten obliegt allein dem Gläubiger.

Der Gläubiger weist darauf hin, daß er den Begünstigten bereits inform iert hat.

;

__

-

_.

6 Unterrichtung des Begünstigten

-

_____________________________________________________

1

-

5.2 Das Recht des Gläubigers, bis zum Eintritt des/der in Nr. 2 genannten Zeitpunkts,'Bedingung über das Konto/die Konten den die Sparkassenbrief(e) frei zu verfügen, wird von dieser Vereinbarung nicht berührt. Vom G läubiger erteilte Vollmachten über das Konto gelten unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Erteilung nur bis zum Eintritt des/der in Nr. 2 genannten Zeitpunkts/Bedingung. Verfügungen, die die Sparkasse danach, aber in Unkenntnis davon, aufgrund von W eisungen des Bevollm ächtigten oder aufgrund früher erteilter W eisungen ces Gläubigers ausführt, sind auch gegenüber dem Begünstigten wirksam.

5.1

5 Verfügungen bis zum Übergang der Rechte

*

Ort, Datum ________________________________________________________

i

-

Diese Vereinbarung kann vom Gläubiger widerrufen werden, solange w eder der Zeitpunkt gemäß Nr. 2 erreicht, noch der Sparkasse c e r Eintritt der in Nr. 2 genannten Bedingung bekannt ist. Der W iderruf ist der Sparkasse schriftlich zu erklären. Die V erem oarurg w ird h in fä llig , w enn das G uthaben auf ein anderes K onto übertragen w ird /

__

1

4 Widerrufbarkeit

;

'

-

bei vorversterben des Gläubigers soll sich der Übergang der Rechte mit seinem Tod außerhalb des Nachlasses vollziehen. Die Sparkasse wire soweit er noch nicht inform iert ist benachrichtigen. Sie kann jedoch keine Verpflichtung hierzu und w eder dem Gläubiger noch dem Begünstigten gegenüber eine Haftung für rechtzeitige Benachrichtigung übernehm en.

in diesem Falle den Begünstigten

I

Anhang II 401

Geschäftszeichen

Nr----------------------------------------------- über z. Z ___________________________ DM beider ____________________________________________

N r. ___________________________ über z. Z ___________________________ DM beider ____________________________________________

Nr----------------------------------------------- über z. Z ___________________________ DM beider ____________________________________________

______________________________________________ ______________________________________________

N r. ___________________________ überz.Z _________________________DM der

Nr____________________________ über z. Z _________________________DM der

Sparkonto

Festgeldkonto Kündigungs­ geldkonto

Sparkassenbrief

Sparkassenbrief

nebst Zinsen. Über das Guthaben ist ein _____________ ________________________________________________________________________ auf den Namen

N r. ___________________________ über z. Z ------------------------------------------------ DMbeider ___________________________________________

Verpfändete Guthaben

und künftigen1

Sparkonto

1

unter Nr. 1 näher bezeichneten Guthaben.

- nachstehend der Verpfänder genannt - der Sparkasse ein Pfandrecht an dem derzeitigen

zur Sicherung aller Ansprüche aus der gesamten Geschäftsverbindung gemäß Nr. 2 bestellt/bestellen

Verpfändung von Guthaben

s 402

Anhang II

11

-

Ort, Datum Firma und Unterschrift des Verpfänders Legitimation geprüft und für die Richtigkeit der Unterschrift(en): ____________________________________________________ __________________________________________________________________________________ , Unterschrift des Sachbearbeiters Bei mehreren Verpfändern Raum für weitere Unterschriften Nichtzutreffendes bitte streichen. 2 Streichen, falls Kreditnehmer und Verpfänder identisch sind. 3 Jeder Vertragspartner der Sparkasse erhält ein Exemplar der AGB, soweit noch keine Geschäftsverbindung besteht und der Vertragsabschluß außerhalb der Sparkasse erfolgt.

Die Sparkasse weist ausdrücklich darauf hin, daß ergänzend ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) Vertragsbestandteil sind. Die AGB hängen/liegen in den Kassenräumen der Sparkasse zur Einsichtnahme aus 3.

7 Allgemeine Geschäftsbedingungen

Sollten Vereinbarungen, die in diesem Vertrag getroffen sind, ganz oder teilweise der Rechtswirksamkeit ermangeln oder nicht durchgeführt werden, so sollen dennoch die übrigen Vereinbarungen wirksam bleiben.

6 Rechtswirksamkeit

.

Wird die Sparkasse durch den Verpfänder oder durch Pfandverwertung befriedigt, so gehen die Forderungen der Sparkasse gegen den Kreditnehmer auf den Verpfänder über, wenn die Sparkasse wegen aller ihrer Ansprüche vollständig befriedigt worden ist; bis dahin gelten Erlöse aus den Pfandgegenständen oder Leistungen des Verpfänders nur als Sicherheitsleistung2. Soweit der Sparkasse noch andere, nicht vom Kreditnehmer gestellte Sicherheiten zur Verfügung stehen, die sie selbst nicht mehr benötigt, prüft die Sparkasse nicht, ob der Verpfänder Ansprüche auf diese Sicherheiten hat. Sie wird solche Sicherheiten Grundsätzlich an den Sicherungsgeber zurückgeben, soweit der Verpfänder nicht nachweist, daß die Zustimmung des Sicherungsgebers zur Herausgabe an ihn vorliegt Die über d^as/die Guthaben ausgestellte(n) Urkunde(n) ist/sind dem Verpfänder zurückzugeben, sobald die Sparkasse wegen aller ihrer Ansprüche vollständig befriedigt

4 Einziehungsrecht der Sparkasse Die Sparkasse ist berechtigt, auch bevor ihre eigene Forderung fällig ist, die Zinsen sowie etwaige sonstige Erträgnisse der verpfändeten Guthaben, ggf. auch den Kapitalbetrag, ohne Mitwirkung des Verpfänders bei Fälligkeit einzuziehen. Soweit nicht die Forderung der Sparkasse nach § 1288 Abs. 2 BGB als durch die Einziehung berichtigt gilt, ist die Sparkasse berechtigt, ohne Mitwirkung des Verpfänders den Erlös nach § 1288 Abs. 1 BGB bei sich auf Sparkonto auf den Namen des Verpfänders anzulegen. An dem Sparguthaben wird der Sparkasse hiermit ein Pfandrecht unter den Bedingungen dieses Vertrages bestellt. 5 Übergang von Rechten

Die Sparkasse ist berechtigt, falls ihre durch das Pfandrecht gesicherten Forderungen nicht innerhalb _______________________________ Woche(n) nach Eintritt der jeweiligen Fälligkeit befriedigt werden, das Guthaben ohne Mitwirkung des Verpfänders zu kündigen und den geschuldeten Betrag allein in Empfang zu nehmen und darüber zu quittieren. Das Kreditinstitut, bei dem das Guthaben unterhalten wird, darf nur unmittelbar an die Sparkasse leisten.

3 Verwertung der Sicherheiten

nachstehend der Kreditnehmer genannt aus ihrer Geschäftsverbindung (insbesondere aus laufender Rechnung, Krediten und Darlehen jeder Art und Wechseln) sowie aus Wechseln, die von Dritten hereingegeben werden, Bürgschaften, Abtretungen oder gesetzlichem Forderungsübergang bestellt. Ist der Kreditnehmer eine Personenmehrheit, werden in gleicherweise auch Forderungen gegen jede Einzelperson gesichert. Das Pfandrecht bleibt auch bei einem Wechsel des Inhabers oder einer Änderung der Rechtsform der Firma des Kreditnehmers in Kraft und sichert in diesen Fällen alle Forderungen gegen den Rechtsnachfolger des Kreditnehmers.

-

Das Pfandrecht wird zur Sicherung aller bestehenden und künftigen, auch bedingten oder befristeten Forderungen der Sparkasse gegen

2 Sicherungszweck



V .« W« ' w « • •*«v»a» v v w v * 'W»| » w« 'W • vva^raM fa^v« •••v»«iM% fe w y I V 1V I I W VII IV I I I IV ^ I V V I I U V I jV W V I^ V H I^ V /~1WUI V« U ^ U I Sparkassenbriefes an die Sparkasse. Er übergibt ihr weiter eine Verpfändungsanzeige, die sie dem Kreditinstitut übersenden soll, gegen das sich die vorgenannten Ansprüche richten. U l IV n U O l ICÄI

Anhang II

403

IV II^U II 1^

VIC7O

Anhang III

Auszüge aus Gesetzestexten Schweizerisches Obligationenrecht Österreichisches ABGB

Schweizer Obligationenrecht1 Fünfte Abteilung

Die Wertpapiere 33. Titel

Die Namen-, Inhaber- und Orderpapiere Erster Abschnitt

Allgemeine Bestimmungen

965. Wertpapier ist jede Urkunde, mit der ein Recht derart verknüpft ist, daß es ohne die Urkunde weder geltend gemacht, noch auf andere übertragen

werden kann.

966. Der Schuldner aus einem Wertpapier ist nur gegen Aushändigung der Urkunde zu leisten verpflichtet.

Der Schuldner wird durch eine bei Verfall erfolgte Leistung an den durch

die Urkunde ausgewiesenen Gläubiger befreit, wenn ihm nicht Arglist oder

grobe Fahrlässigkeit zur Last fallt.

967. Zur Übertragung des Wertpapiers zu Eigentum oder zu einem be­ schränkten dinglichen Recht bedarf es in allen Fällen der Übertragung des

Besitzes an der Urkunde.

Bei Ordrepapieren bedarf es überdies der Indossierung, bei Namenpapieren

einer schriftlichen Erklärung, die nicht auf das Wertpapier selbst gesetzt wer­ den muß.

Gesetz vom 30.3.1911

408

Anhang III

Durch Gesetz oder Vertrag kann für die Übertragung die Mitwirkung anderer

Personen, wie namentlich des Schuldners, vorgeschrieben werden.

968. Die Indossierung erfolgt in allen Fällen nach den Vorschriften über

den Wechsel. Das ausgefüllte Indossament gilt in Verbindung mit der Übergabe der Ur­ kunde als genügende Form der Übertragung.

969. Mit der Indossierung und der Übergabe der indossierten Urkunde ge­

hen bei allen übertragbaren Wertpapieren, soweit sich aus dem Inhalt oder der Natur der Urkunde nicht etwas anderes ergibt, die Rechte des Indossanten auf

den Erwerber über.

[ ] 971. Wird ein Wertpapier vermißt, so kann es durch den Richter kraftlos erklärt werden.

Die Kraftloserklärung kann verlangen, wer zur Zeit des Verlustes an dem

Papier berechtigt ist

972. Nach der Kraftloserklärung kann der Berechtigte sein Recht auch ohne

die Urkunde geltend machen oder die Ausstellung einer neuen Urkunde ver­ langen. Im übrigen kommen für das Verfahren und die Wirkung der Kraftloserklä­ rung die bei den einzelnen Arten von Wertpapieren aufgestellten Bestimmun­

gen zur Anwendung.

Anhang III

409

Zweiter Abschnitt

Die Namenpapiere 974. Ein Wertpapier gilt als Namenpapier, wenn es auf einen bestimmten

Namen lautet und weder an Ordre gestellt noch gesetzlich als Ordrepapier er­ klärt ist.

975. Der Schuldner ist nur demjenigen zu leisten verpflichtet, der Inhaber

der Urkunde ist und der sich als die Person oder als Rechtsnachfolger der Per­ son ausweist, auf welche die Urkunde lautet.

Leistet der Schuldner ohne diesen Ausweis, so wird er gegenüber einem Dritten, der seine Berechtigung nachweist, nicht befreit.

976. Hat sich der Schuldner im Namenpapier das Recht vorbehalten, jedem

Inhaber der Urkunde leisten zu dürfen, so wird er durch die in gutem Glauben erfolgte Leistung an den Inhaber befreit, auch wenn er den Ausweis über das

Gläubigerrecht nicht verlangt hat; er ist indessen nicht verpflichtet, an den In­ haber zu leisten.

977. Die Namenpapiere werden, wenn keine besonderen Vorschriften auf­ gestellt sind, nach den für Inhaberpapiere geltenden Bestimmungen für kraft­

los erklärt.

Anhang III

410

Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch2 § 424. Der Titel der mittelbaren Erwerbung liegt in einem Vertrage; in ei­ ner Verfügung auf den Todesfall; in dem richterlichen Ausspruche; oder in der

Anordnung des Gesetzes.

§ 425. Der bloße Titel gibt noch kein Eigentum. Das Eigentum und alle dinglichen Rechte überhaupt können, außer in den in dem Gesetze bestimmten Fällen, nur durch die rechtliche Übergabe und Übernahme erworben werden.

[ •] § 427. Bei solchen beweglichen Sachen aber, welche ihrer Beschaffenheit nach keine körperliche Übergabe zulassen, wie bei Schuldforderungen,

Frachtgütern, bei einem Warenlager oder einer anderen Gesamtsache, gestattet

das Gesetz die Übergabe durch Zeichen, indem der Eigentümer dem Über­ nehmer die Urkunde, wodurch das Eigentum dargetan wird, oder die Werk­

zeuge übergibt, durch die der Übernehmer in den Stand versetzt wird, aus­

schließend den Besitz an der Sache zu ergreifen; oder, indem man mit der Sa­ che ein Merkmal verbindet, woraus jedermann deutlich erkennen kann, daß die Sache einem anderen überlassen worden ist.

[...]

§ 1392. Wenn eine Forderung von einer Person an die andere übertragen und von dieser angenommen wird; so entsteht die Umänderung des Rechtes

Gesetz vom 1.6.1811; JGS 946.

Anhang III

411

mit Hinzukunft eines neuen Gläubigers. Eine solche Handlung heißt Abtre­

tung (Zession), und kann mit oder ohne Entgelt geschlossen werden.

[.] § 1401. (1) Insoweit der Angewiesene das zu Leistende dem Anweisenden bereits schuldet, ist er diesem gegenüber verpflichtet, der Anweisung Folge zu

leisten. Wenn durch die Anweisung eine Schuld des Anweisenden bei dem Empfänger, der die Anweisung angenommen hat, getilgt werden soll, ist der

Empfänger verpflichtet, den Angewiesenen zur Leistung aufzufordern. [...]

[...]

§ 1442. Wenn eine Forderung allmählich auf mehrere übertragen wird; so kann der Schuldner zwar die Forderung, welche er zur Zeit der Abtretung an

den ersten Inhaber derselben hatte, sowie auch jene, die ihm gegen den letzten

Inhaber zusteht, in Abrechnung bringen; nicht aber auch diejenige, welche ihm an einen der Zwischeninhaber zustand.

Sachwortregister Abstraktes Zahlungsversprechen 64 ff; 257 ff.

Bundesschatzbriefe 28

Abstraktionswillen 70 ff

Darlehensmodell 56 f.

AGB-Banken 324; 329 AGB-Pfandrecht 325 ff.; 341 f. Verwertung 330 ff.

Deklaratorisches Wertpapier 55 ff. Depotverwahrung 247; 306 ff.

AGB-Sparkassen 324; 329; 338 ff. Analogie 145 ff.

Einwendungsausschluß 107 ff.; 186 ff.

Anlage zugunsten Dritter 266 ff. auf den Todesfall 287 ff.

sofortiger Rechtserwerb des Dritten beim Kauf 267 ff.

Rückabwicklung bei Störungen im DeckungsVerhältnis 275 f. ValutaVerhältnis 279 Vollzugsverhältnis 274 f. zeitlich verzögerter Rechtserwerb des Dritten 279 ff. Anzeigeobliegenheit 158 ff.

Aufgebotsverfahren bei Namens­ schuldverschreibungen 144 ff. Interessenlage 153 ff. des Erstgläubigers 153 ff. des Schuldners 154 f. des Zessionars 155 Motive des Gesetzgebers 149 Rechtstatsächlichkeit 151 Systemwidrige Regelungslücke 147 ff.

Begebungsabrede 67 ff; 253; 262 Fehlerhaftigkeit 259 f.

ausschließbare Einwendungen 201 ff; 214 ff.

Grenzen 197 ff. Interessenlage 187 ff. des Erstgläubigers 188 f. des Schulners 187 f. des Zessionars 189 f.

nicht ausschließbare Einwendungen 193 ff. unmittelbare Einwendungen 194 f. urkundliche Einwendungen 195

Zurechenbarkeitseinwendungen 195 ff Entstehung bei Stundungslösung 244 ff. Entstehungstheorien 46 ff. Entstückelung 74 ff.

Forderungsentkleidete Urkunde 190; 204 ff. Forderungspfändungsmodell 348 ff. Geschichtliche Entwicklung 24 ff. Inhaberschuldverschreibung Umschreibung auf den Namen des Gläubigers 170 f.

414

Sachwortregister

Konstitutives Wertpapier 55 ff. Konteneinlage 248 ff Kreationstheorie 46 f. Kreditsicherheit 312 ff LegitimationsWirkung 99 f.; 169 ff; 181 Minderjährige, Erwerb durch 261 ff

Namensschuldverschreibung Bestimmbarkeit des Gläubigers 84 ff Einwendungsausschluß 187 ff essentialia negotii 81 ff Leistungsinhalt 87 Traditionswirkung 179 ff Verbriefungszweck 91 f. Wertpapiereigenschaft 218 ff Wesensmerkmale 74 ff

Nichtberechtigter, Leistung an den 116 Befreiungswirkung 119 ff Interessenlage 120 ff des Erstgläubigers 123 f; 130 f. des Schulners 120 ff; 131 ff des Zessionars 124 ff; 127 ff

Präsentationsklausel vgl. Vorlegungserfordemis

Rechtsgrundtheorien objektive 65 subjektive 66 Rechtskaufmodell 58 Rechtskaufvertrag 260 f. Rechtsscheintheorie 48 Rechtsscheinwirkung 167 ff; 211 ff

Rektapapiere

im schweizerischen Recht 227 ff.

im österreichischen Recht 231 ff. Sachpfändungsmodell 346 ff. Schriftrechtliche Haftung 299 Rechtsfolgen 300 ff. Reichweite 303 ff.

Sicherungsabtretung 337 ff. an die Schuldnersparkasse 343 ff. Sparbrief Arten und Rechtsformen 25 ff; 32 ff.

Typik 31 f. wirtschaftliche Bedeutung 34 ff. Sparkassenbrief Ausgabepraxis 53 f.

Emissionspraktiken 238 ff. Entwicklung 28 ff. gesetzliche Definition 39 schriftrechtliche Haftung 300 ff.

Verwahrung und Verwaltung 306 ff. wirtschaftliche Bedeutung 34 ff. Sparkassenbriefforderung Anlage zugunsten Dritter 266 ff. Entstehung 45 ff EntstehungsVoraussetzungen 49 ff. Gläubigermehrheiten 293 ff. „Oder“-Konstellation 294 ,,Und“-Konstellation 295 Wirksamkeitsmängel 297 ff. Probleme im Zweipersonenverhält­ nis 253 ff. Rechtsgrund der Zahlungspflicht 65 ff.

Zwangsvollstreckung 346 Sparkassengesetze 39 f. Stundungslösung 242 ff. Rechtscharakter der Sparkassen briefforderung 246 f.

Sachwortregister

Teleologische Reduktion des § 407 Abs. 1 BGB 96 f.; 129; 139 ff.; 159 ff.; 205 ff. TraditionsWirkung 178

415

von Namensschuldverschreibungen

als ForderungsVerpfändung 314 ff. Vertragstheorie 47 f.

Typenzwang, sachenrechtlicher 175 f.

Vorlegungserfordemis 96 f.; 100 ff.; 104 ff.; 164; 204 ff.

Urkundenausstellung

Wertpapierbegriffe

Konstitutiver Charakter 62 f, Urkundenverlust 120 ff.; 154 ff. Interessenlage 120 ff.

alternativer 104 ff. enger 93 ff.

weiter 99 ff.

des Erstgläubigers 137 f.; 139 ff.

Wertrecht 78 f.

des Schulners 136 f.; 139 ff. des Zessionars 138; 142

Zessionsanzeige 122

Verfügung zugunsten Dritter 283 ff. auf den Todesfall 287 ff. Verpfändung 313 ff. an die Schuldnersparkasse 323 ff.

Verwirklichung des Pfandrechts 321 ff.

Zwangsvollstreckung 346 ff. in unverbriefte Sparkassenbriefe 358

Verfahren 346 ff. Verwertung 356 ff.